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ANNALEN

DER

PHYSIK UND CHEMIR

NEUE. FOLGE.

BAND XLII.

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ANNALEN

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PHYSIK UND CHEMIE.

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HEUE FOLGK BAND XLII.

(INTIfB MITWIKKUNO l PHTEIEAIilSCHBM QBSELLBCa&fT DT BEBLCt

H. VON HELMHOLTZ

0. WIEDEMANM.

MtSST rCNV I

LEIPZIO, 1891. VERLAG VON JOHANN AMBEOSIDS BABTH.

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ci.ims^.

- ^0*

Inhalt.

Neue Folge. Band XLU.

Erstes Heft.

S«lto I. G. Hüfoer und £. Albrecht. Ueber die Durchlässigkeit

des Wassers ftU* Licht von verschiedener Wellenlänge . . 1

IL S. Arrhenius. Ueber die Leitung von Electricität durch

heisse Salzdämpfe 18

m. R. R. Koch. Ueber eine Veränderung, welche die Ober- flächen der Electroden durch die Polarisation erfahren und über die Ocdusion der Gase 77

IV. J. Bergmann. Die Inductionswage in Verbindung mit Dis-

junctor und Galvanometer 90

V. £. Lövaj. Verhältniss der Stromarbeit zur chemischen Energie

bei galvanischen Elementen 103

VI. B. Sissingh. Ueber das Kerr^sche magneto-optische Phäno- men bei äquatorialer Magnetisirung an Eisen 115

VII. £. Lecher. Ueber die Messung der Dielectricitätäconstante

mittelst Hertz'scher Schwingungi^n 142

VIII. H. Eubens. Ueber stehende electrische Wellen in Drähten

und deren Messung 154

■>

VI Inhalt

Seite

IX. A. Elsas. Ucber Widcrfctandsmessungen mit dem Differen-

tialinductor 165

X. L. Natanson. Thermodynamik che Bemerkungen .... 178

XI. P. Drude. Bestimmung der optibchen Constauten dea Kobalts 186

XII. K. Prytz. Intermittirende Quecksilbcrfallluftpumpe . . . 191

Geschlossen am 15, Decemher 1890.

Zweites Heft.

I. A.Ob erb eck. üeber das Verhalten dünner Niederschlags- schichten gegen den electrischen Strom 193

II. A. Oberbeck und J. Edler, lieber die electromotorischen

Kräfte galvanischer Ketten 209

III. G. Wiedemann. Ueber die Bestimmung des Ohm . . . 227

IV. W. V. Siemens, üeber das allgemeine Windsystem der Erde 257

V. J.Stefan. Ueber die Theorie der Eisbildung, insbesondere über die Eisbildung im Polarmeere 269

VI. H. Brückner. Ueber innere Reibung von Salzlösungen . . 287

VII. H. Kayser. Ueber den Ursprung des Banden- und Linien-

spectrums 310

VIII. 8. Czapski. Ueber die Doppelbrechung schnell gekühlter

Glasplatten 319

IX. S. Czapski. Zur Frage nach der Richtung der Brcnnlinien

in unendlich dünnen optischen Büscheln 332

X. A. Appunn. Ueber Combinationstöne und Summationstöne 338

XI. Carlo Del Lungo. Ueber den Druck und das specifische

Volumen der gesättigten Dämpfe 344

XII. M. Margules. Bemerkungen zu Hrn. Galitzine's Abhandlung:

,Ueber das Dalton'sche Gesetz*' 348

»'

XIII. Gg. H. Zahn. Ueber die Widerstandsmessung des Wismuths

mit constantem und oscillirendem Strom 351

Geschlossen am 15, Januar 1891,

Inhalt. VII

Drittes Heft.

Seite I. W. König. Hydrodynamiscli-akustische Untersuchungen . 353

IL J. J. Ac worth. B?ziehim^ zwischen Absorption und Empfind- lichkeit sensibilisirter Platten 371

III. H. Hertz. Ueber die mechanischen Wirkungen electrischer Drahtwellen 407

IV. I. K 1 e m e n ö i ö. Ueber die Untersuchung electrischer Schwin- gungen mit Thermoelementen 416

V. G. Wiedemann. Ueber die Bestimmung des Ohm . . . 425

VI. F. Braun. Beobachtungen über Electrolyse 450

VII. K Riecke. Ueber electrische Ladung durch gleitende Reibung 465

Vin. E. Riecke. Das thermbche Potential für verdünnte Lö- sungen 483

IX. A. Oberbeck. Ueber die Messung starker Ströme mit Hülfe

des Spiegelgalvanometers 502

X. B. Walter. Eine charakteristische Absorptionserscheinung

des Diamanten 505

XL B. Walter. Ueber das nt - Moiiobromnaphtalin 511

Geschlossen am 12. Februar 1091.

Viertes Heft. L C. Dieterici. Calorimctrische Untersuchungen 513

IL F. Drude und W.Voigt. Bestimmung der Elasticitätscon-

Btanten einiger dichter Mineralien 587

IIL W. König. Hydrodynamisch-akustische Untersuchungen . 549

IV. J. Elster und H. Goitel. Notiz Über eine neue Form der Apparate zur Demonstration der lichtelectrischen Entladung durch Tageslicht 564

V. F. Drude und W. Kernst. Einfluss der Temperatur und des Aggregatzustandes auf das Verhalten des Wisiimths im Magnetfelde 568

VI. Lt. Arons und H. Rubens. Ueber die Fortpflanzungsge- schwindigkeit electrischer Wellen in isolirenden Flüssigkeiten 581

vni Inhalt.

Seit

VII. M. Wien. Das Telephon als optischer Apparat zur Strom- messung 59:

VIII. G. Stern. Ueber mikrophonischo Tonstärkemessung ... 62

IX. J. Moose r. Ueber die durch Zerstäuben der Kathode er- haltenen Metallschichten 68

X. K. Olszewski. Ueber das Absorptionsspectrum und über die Farbe des flüssigen Sauerstofis 66

XI. P. Drude. Ueber die Brechung des Lichtes durch Metall- prismen 66

XII. G. J. Micha(3lis. Ueber die Moleculartheorie der Elasticität

fester Körper 67

Berirhtigung 68

Geschlossen am 1. März 1691.

Nachweis zu den Figurentafeln.

Tafel I. H. Rubens.

II. G. Wiedemann.

Tir f J* ^' Acworth.

IV. J

V. B. Walter.

1891. ANNALEN -^ i-

DER

PHYSIK UND CHEMIE.

NEUE FOLGE. BAND XLH.

I. Veher die Durchlässigkeit des Wassets

für Licht voll verschiedener Wellenlänge f

van G. Hilfner und E. Albrecht.

Soviel uns bekannt, sind ausser einigen Messungen von F. Boas ^) ezacte systematische Versuche über die vorstehende Frage bisher noch niemals durchgeführt worden. Zwar be- sitzen wir schon aus früherer Zeit Angaben über den Inten- sitätsverlust, den der sogenannte chemisch wirkende Antheil des gewöhnlichen Lichtes beim Durchgange durch reines Wasser erleidet. Wir erinnern in dieser Beziehung an einige Ergebnisse aus den photochemischen Untersuchungen von ßunsen und Roscoe^), ferner an die Resultate ähnlicher Messungen, die W. HankeP) ausführte. Dagegen beziehen sich die von H. Wild^) mit seinem vortrefflichen Photometer gefundenen Zahlen lediglich auf die für das Auge direct sichtbaren Strahlen in ihrer Gesammtheit, sind also bloss Mittelwerthe, die über die Durchlässigkeit für die einzelnen farbigen Strahlen leider nichts aussagen; während endlich Glan's^) mit demselben Apparate ausgeführte Messungen nur für durch rothes Glas filtrirte Lichtstrahlen Geltung haben.

1) F. Boas, Beiträge zur Erkenntniss der Farbe des Wassers. In- auguraldiss. JCiel 1881. Boas arbeitete mit rothem, gelbem und blauem Lichte. Siehe hierüber die Bemerkungen weiter unten, p. 12.

2) Bunsen u. Roscoe, Pogg. Ann. 101« p. 245. 1857.

3) W. Hankel, Abhandl. der math.-phys. CI. der Kgl. Sachs. Ges. . Wiss. 6. p. 84. 1864.

4) H. Wild, Pogg. Ann. 99. p.272. 1856; ferner 134. p. 583. 1868.

5) Gl an, Pogg. Ann. 141. p. 66. 1870.

Ann. d. Phys. u. Chem. N. F. XLII. 1

2 G, Hüfner u, E. Albrecht,

Nicht blos die Wichtigkeit, welche die Entscheidung unserer Frage für die Lösung jenes alten Problems besitzt, das uns in der Eigenfarbe der natürlichen Gewässer immer von Neuem entgegentritt, mehr noch ihr grosses physiologi- sches Interesse, die Bedeutung, die ihre Beantwortung namentlich für die Beurtheilung der biologischen Resultate der Tiefseeforschungen gewinnen muss, hat uns veranlasst, die Durchlässigkeit des Wassers für eine grössere Anzahl verschiedener Spectralfarben zu untersuchen und womöglich die entsprechenden Extinctionscoefficienten genau festzu- stellen.

Allgemeiner Versuchsplan.

Die Methode unserer Untersuchung sollte im wesent- lichen dieselbe sein, wie bei der quantitativen Spectralanalyse. Es kam also darauf an, unmittelbar über oder unter dem Spectrum eines direct von einer Lichtquelle zum Spectro- photometer gelangenden Lichtstrahles das Spectrum eines zweiten, ursprünglich gleich intensiven Strahles zu entwerfen, welcher aber durch eine längere Schicht reinen Wassers ge- gangen ist, und sodann die Intensitäten einer Reihe gleich- namiger Regionen beider Spectren miteinander messend zu vergleichen.

Zu den bezüglichen Messungen konnte somit das auf die Anwendung polarisirten Lichtes gegründete Spectrophoto- meter dienen, das der Eine von uns vor einiger Zeit be- schrieben hat. ^) In Betreff der speciellen Einrichtung des Apparates und seines Gebrauches muss auf jene Beschrei- bung verwiesen werden. Hier sei nur einiges Wenige davon wiederholt, weil es zum rascheren Verständniss unserer Ver- suchsanordnung nothwendig ist.

Die Trennung des Spectrums in zwei durch eine zarte Horizoutallinie von einander getrennte Hälften ist bei unserem Apparate durch einen mit zwei planparallelen Flächenpaaren versehenen Plintglaskörper bewirkt, dessen efine scharfe Kante, in welcher zwei solcher Flächen unter bestimmtem spitzen Winkel zusammenstossen, unmittelbar vor dem CoUi- matorspalte und zwar so nahe an demselben gelegen ist, dass

1) G. Hüfner, Zeitschr. f. phys. Chem. 8. p. 562. 1889.

Durchlässigkeit des fVassers Jür Licht. 3

man beide praktisch als in die gleiche Ebene fallend be- trachten kann. Durch diesen Körper wird zugleich die gegenseitige Lage zweier paralleler Lichtbündel, die auf ihn fallen und durch ihn hindurchgehen, umgekehrt. Die halb- schematische Zeichnung Fig. 1 , in welcher die einzelnen Theile in halber Grrösse und in der Anordnung wiedergegeben sind, welche gerade für den vorliegenden Zweck als die beste erfunden wurde, gibt davon eine genügende Vor- stellung. Darin ist m das Collimatorrohr , / der fragliche Flintglaskörper. Bei ff befindet sich die Ebene des Spaltes, bei h die halbirende Horizontalkante des Körpers; r und / sind die beiden Lichtbündel, die in der Richtung der Pfeile zum Photometer kommen, und n ist ein vor der metal- lenen Fassung des Glaskörpers/ angebrachtes NicoPsches Prisma, durch welches der Strahl r vollständig polarisirt wird. In den Gang des anderen Strahles, r , wird das dia- phane Medium eingeschaltet, dessen Lichtschwächungsver- mögen untersucht werden soll.

m

r..

Fig. 1.

Das zu prüfende Wasser füllt man am besten in mes- singene Röhren ein, die innen sorgfältig mit scharfem Sande gereinigt, alsdann aber zur Vermeidung des Glanzes mit einer Reihe von gleichfalls messingenen, durch Salpetersäure schwarzgebeizten Blendungen versehen sind. Die Glasplatten, die zum Verschlusse der Röhre dienen, müssen, damit die Brechungsverhältnisse derselben die gleichen sind, aus der nämlichen Tafel geschnitten sein.

Um aus der Messung denjenigen Lichtverlust zu elimi- niren, der durch die mehrmaligen Reflexionen beim U eber- gange des Lichtes aus dem einön in ein anderes Mittel bedingt wird, kann man gleichzeitig zwei verschieden lange

4 G. Hüfner u. E. Albreckt.

WassersäuleD, z. B. eioe 2,0 und eine 0,2 m lange, anwenden^ deren eine, die kürzere, in den Gang des Strahles r, deren andere in denjenigen von / zu liegen kommt. Die im Photometer beobachtete Helligkeitsdifferenz wird dann nur von der Länge einer Wassersäule erzeugt sein, um welche das eine Rohr kürzer ist als das andere.

Sollen solche Versuche unter Anwendung künstlichen Lichtes, z. B. von Petroleumlicht, ausgeführt werden, so sind hierzu wegen der geringei) Flammenhöhe *zwei besondere Lichtquellen nöthig, und es müssen dann die beiden Wasser- säulen senkrecht gegeneinander gerichtet, und das aus der einen austretende Licht durch ein Vergleichsprisma in das Photometer geleitet werden. Dagegen ist es nicht nöthig, die Helligkeit beider Spectra schon vor Einlegung der Röh- ren gleich gross zu machen; wenn nur beide Röhren zugleich erst leer und sodann gefüllt vor den Apparat gebracht wer- den und in beiden Fällen gemessen wird, um wieviel dunkler das Spectrum des Strahles ist, der das lange Rohr durch- laufen hat, als das Spectrum desjenigen, der durch das kurze gegangen ist Die Entfernung der beiden Lichtquellen vom Photometer wird dabei am besten die gleiche sein.

Wir haben in der That im Laufe des letzten Winters eine Reihe derartiger Versuche erst mit Petroleumlicht, später mit dem ungleich helleren Au er 'sehen Gaslichte an- gestellt, aber niemals ausreichend sichere Resultate erhalten. Wohl lehrten diese Versuche bereits übereinstimmend, dass die Lichtabsorption durch das Wasser auf der minder brech- baren Seite des Spectrums am grössten ist, und dass sie gegen das brechbarere Ende hin verhältnissmässig rasch ab- nimmt; allein infolge der Enge der Röhren, die ihrerseits durch die geringe Höhe und Breite des gleichmässig leuch- tenden Flammentheiles bestimmt war, ging erstaunlich viel Licht verloren, und so war namentlich die genaue Photo- metrie der blauen, selbst schon der blaugrünen Strahlen des Spectrums auch bei 0,5 mm Breite des Collimatorspaltes äusserst schwierig, ja beinahe schon unmöglich gemacht.

Es blieb uns, sollte das Spectrophotometer mit mehr Glück benutzt werden, nichts anderes übrig, als auf künst- liche Lichtquellen ein für alle Mal zu verzichten und die

Durchlässigheit des Walsers für Licht 5

Ausführung der Versuche lieber auf dauernd sonnenhelle, womöglich wolkenlose, Tage zu verschieben. In dieser Be- ziehung bot der schöne September dieses Jahres die beste Gelegenheit.

Endgültige Versuchsanorduung.

Die Anwendung des Sonnenlichtes gestattete uns folgende endgültige Versuchsanorduung.

Auf den vor dem Fenster stehenden Heliostaten folgt zunächst eine mattgeschliffene Glasplatte, mit welcher die Oefihung im Fensterladen des Dunkelzimmers geschlossen ist, und auf diese eine grosse GoUectivlinse von 23 cm Brenn- weite und 10,5 cm Oeffnung in solcher Entfernung von der Platte, dass die letztere genau in der Focalebene der ersteren liegt. Hierauf kommt, in der Richtung des Mittelstrahles gelegen, die die Wassersäule einschliessende Messingröhre und endlich das Photometer.

Die Einschaltung der mattgeschliffenen Platte hat den Zweck, das durch die Spiegelung am Heliostaten theilweise polarisirte Licht wiederum zu depolarisiren ; denn die Con- struction unseres Photometers setzt ja, wie die Beschreibung^) lehrt, voraus, dass die am Apparate ankommenden Strahlen nur aus gewöhnlichem Lichte bestehen. Um nun das so depolarisirte, dafür aber auch sehr zerstreute Licht wieder zu parallelstrahligen Bündeln zu vereinigen, dazu dient die grosse Collectivlinse.

Das an drei Punkten seiner Länge unterstützte Messing- rohr / (vgL Fig. 1), in dem sich das Wasser befindet, hat 2 m Länge und 28 mm lichte Weite. Es ist, wie oben erwähnt, mit Blendungen (siehe Fig. 1) und zwar mit 20 derselben von je 2 mm Breite versehen, sodass der Durch- messer des austretenden Strahlenbündels auf 24 mm vermin- dert ist. Das Rohr besteht aber nicht aus einem einzigen Stücke allein, sondern ist absichtlich aus zwei wasserdicht aneinandergeschraubten Theilen zusammengesetzt , einem längeren von 180 und einem kürzeren von nur 20 cm Länge. Zwischen diese beiden ungleichen Röhrenstücke lässt sich, so

1) G. Hüfner, 1. c. p. 566.

6 G, Hufner u, JE, Albrecht,

oft es nöthig, eine gläserne Verschlussplatte einpressen, welche wiederum aus derselben Tafel geschnitten ist, wie diejenigen {p)f die sich vor den äusseren Rohröffnungen be- finden und daselbst durch Schraubenmuttern {u) mit zwischen- gelegter Lederscheibe wasserdicht aufgepresst sind. Auf diese Weise ist es möglich gemacht, das Rohr entweder seiner ganzen Länge nach, also auf 2 m Länge, oder nur auf eine Strecke von 20 cm mit Wasser zu füllen. Ist nur die kürzere Abtheilung gefüllt, so unterbleibt der G-lasyerschluss des längeren Stückes. Das Rohr bewahrt, mag es die lange oder die kurze Wassersäule enthalten, immer die gleiche, unver- rückbare Lage, und die durchgehenden Strahlen treffen immer genau auf dieselbe Stelle des Glaskörpers / des Photo- meters. Oberhalb des Messingrohres gelangt ein anderes Bündel, r, von der grossen Collectivlinse ausgehender Farallelstrahlen direct zum Photometer, und zwar zum Nicol n.

Es mag noch bemerkt werden, dass zum Zwecke der Abhaltung jeglichen störenden Lichtes vom Auge des Beob- achters der Oculartheil des Photometers von einem aus dunkler Pappe gefertigten Gehäuse umstellt und dass die jedesmalige Ablesung des Einstellungswinkels am Theilkreise durch Hervorziehung eines Wachslichtchens ermöglicht ist, das während der Beobachtung selbst hinter dem Gehäuse versteckt bleibt.

Die Aufgabe ist nun, unmittelbar nacheinander zwei Versuchsreihen durchzuführen. In der ersten vergleicht man die Intensität der gleichnamigen Spectralfarben der Strahlen r und /, nachdem r die kurze, in der zweiten, nachdem er die lange Wassersäule durchlaufen hat. In beiden Fällen wird sich das Spectrum von r gegenüber demjenigen von r sehr wesentlich verdunkelt zeigen, und zwar wird diese Ver- dunkelung hauptsächlich durch die Einschaltung des Rohres als solches veranlasst sein; denn selbst das ganz leere Rohr übt in dieser Hinsicht schon einen sehr beträchtlichen Ein- fluss aus. Da indessen die Helligkeitsdifferenz durch Ein- schaltung der langen Wassersäule doch noch merklich er- höht wird, so kann man aus diesem Plus, dessen Werth in den einzelnen Spectralregionen durch Messung sich sicher

Durchlässigkeit des Wassers für Licht 7

ermitteln lässt, den Extinctionscoefficienten des Wassers für die yerschiedeDen Wellenlängen sehr einfach berechnen.

Sei nänilich die nach Durchstrahlung einer 20 cm langen Wassersäule noch übrig bleibende Lichtstärke irgend eines Farbentones J und die Intensität desselben Farbentones nach Dorchstrahlung einer 10 Mal längeren Wassersäule J', so gilt zunächst die Proportion:

J:J'«100:x, d. h. man erfährt aus Gleichung:

(1) ar = 100.^,

wieviel Procente jener Strahlengattung von einer 180 cm dicken Wasserschicht hindurchgelassen werden.

Vor der Ausführung der Versuche gaben wir dem Col- ^matorspalte ein für alle Mal eine Breite von nur 0,05 mm, während der Ocularspalt so weit geöffnet ward, dass er dem Auge in der deutlichen Sehweite etwa 1,5 mm breit erschien. In der Gegend zwischen den Fraun ho fernsehen Linien B und C entsprach seine Breite einem Intervall von 23 ^, zwischen C und D einem solchen von 18 /i, zwischen D und E von 1 1 fi, zwischen E und F von 8 ^ und zwischen F und G von 6 u.

Da sich ferner zeigte , dass die Helligkeitsdifferenz der beiden aneinandergrenzenden Spectren schon nach Einschal- tung der kurzen Wassersäule eine so grosse war, dass es einer Drehung des analysirenden Nicols bis über 70^ be- durfte — dieser Winkel heisse (p , ehe beide Hälften eines durch die Ocularschieber ausgeschnittenen Streifens gleich hell erschienen, und dass dann bei Einschaltung der langen Wassersäule der betreffende Drehungswinkel er sei mit qt' bezeichnet selbst für die stärkst absorbirten Strahlen infolge der Gültigkeit des Cosinusquadratgesetzes nur um wenige Grade grösser wurde, so haben wir in unseren ent- scheidenden Versuchsreihen die Helligkeitsdifferenz von r und r sogleich von vornherein durch ein in den Gang von r eingeschaltetes und vor dem Nicol n befestigtes Rauchglas vermindert. Dadurch wuchsen die Unterschiede der corre- spondirenden Drehungswinkel, (p' (f, und eine um einen bestimmten Bruchtheil eines Grades fehlerhafte Bestimmung

8 G. Hüfner u. E, Albrecht.

eines oder beider Winkel musste natürlich jetzt bei grösserer Winkeldifferenz auf die Feststellung des Verhältnisses J' jj einen minder schädlichen Einfluss ausüben, als wenn jene Winkeldifferenz selbst nur eine kleine war.

Zugleich war aber ein solches Bauchglas auch ein nütz- liches Yexirmittel. Da nämlich dasselbe durchaus kein völlig gleichmässiges, sondern vielmehr ein schwach electives Ex- tinctions vermögen besass, so ergab sich bei seiner Anwen- dung trotz gleicher Reihenfolge der nacheinander unter- suchten Spectralregionen eine andere Folge von Winkel- grössen, als früher, wo es nicht angewandt worden. Erst nach Berechnung der J- und J'-Werthe aus den beobach- teten Grössen von (p und tp' und bei Aufstellung des Quo- tienten J'jJ konnte sich zeigen, ob der Gang der Licht- absorption, die das Wasser auf die verschiedenen Farben ausübt y gegen das Ende solcher Versuchsreihen der gleiche geblieben war, wie am Anfange derselben. So diente also die Einschiebung des Bauchglases als ein heilsames Gegen- mittel gegen etwaige Selbsttäuschung. Denn gar zu leicht erliegt man bei derartigen, auf die Empfindlichkeit des eigenen Auges gegründeten Messungen, wenn auch unbe- wusst, dem Drange, während der Beobachtung selbst ein ganz bestimmtes, mit früheren übereinstimmendes, wenn auch vielleicht dem wirklichen Thatbestande widersprechendes Be- sultat zu erzwingen, nur weil man es von vornherein um der früheren willen als richtig voraussetzte.

Auf die Herstellung des zu solchen Versuchen zu be- nutzenden destillirten Wassers muss nach den übereinstimmen- den Erfahrungen vieler Beobachter die allergrösste Sorgfalt verwendet werden. Wir haben uns dasselbe unmittelbar vor jedem Paare zusammengehöriger Versuchsreihen frisch be- reitet Ein nochmaliges Filtriren desselben haben wir aber sehr bald unterlassen; denn selbst wenn wir das feinste schwedische Filtrirpapier dazu verwandt hatten, erwies sich das Wasser nach dieser Operation meist weniger trans- parent, als vor derselben, besonders für die brechbareren Strahlen.^)

1) Vergleiche über derartige Erfahrungen, die bereits von mehreren Beobachtern gemacht sind, die Bemerkungen von M. J. L. Soret in den

Durchlässigkeit des fVcusers für Licht. 9

Wir stellten unsere Versuche in zehn yerschiedenen Spectralregionen an: 1) im Roth, zwischen den Fraun- hofer'sehen Linien B und Q speciell bei den Wellenlängen 658—671 u\ 2) im Orange und Gelb zwischen C und D und zwar einmal näher bei Q bei 622 640 fjLy sodann näher bei Df bei 593 611 /u; 3) im Gelbgrün zwischen D und JS, zu- nächst bei 571 582 und weiter bei 546 557 ju; 4) im Grün- blau z¥rischen E und F, bei 523—531 /i und bei 502 510^; 5) im Hellblau in der Umgebung von F, speciell bei 483 bis 491 fi, und endlich 6) im dunkleren Blau zwischen F und G, bei 465—471 fi und bei 446—452 fi.

Weiter gegen das brechbarere Ende hin waren sichere Bestimmungen nicht mehr möglich, einmal wegen zu geringer Lichtstärke, mehr aber noch wegen des wechselnden Ein- flusses von allerlei trübenden Bestandtheilen, die sich kaum Tollständig aus dem Wasser entfernen lassen. Aber auch weiter nach dem rothen Ende des Spectrums hin war keine Messung mehr ausführbar; die Strahlen von 730 fi Wellen- länge nnd darüber erschienen uns bereits als vollständig aus- gelöscht.

Da die Intensitätsmessung bei Anwendung unseres Fhoto- meters auf der Herstellung gleicher Helligkeit in zwei anein- ander grenzenden Feldern beruht und diese durch Drehung eines Nicols um eine bestimmte Anzahl Grade geschieht, deren Betrag (p, bez. (p\ jedesmal an einem Theilkreise ab- gelesen werden muss, so wurden, um den Punkt gleicher Helligkeit möglichst sicher zu ermitteln, für jede einzelne Region stets mehrere Einstellungen gemacht, und zwar Ein- stellungen in je zwei yerschiedenen Quadranten. In den bei- den ersten Versuchsreihen wurden je zwei oder auch drei solcher Doppeleinstellungen zur Erlangung eines brauchbaren Mittelwerthes von (p, bez. (p\ für genügend erachtet; in den beiden letzten aber, welche übrigens beide einander ergänzen, wurden dazu jedesmal fünf Doppeleinstellungen vollführt, sodass man deren Resultate wohl als die genauesten (natür-

Archives des sciences physiques et naturelles. Nouvelle period. Ol. p. 33S, an deren Scblusse es heisst: „II r^sulte de 1^ que si Ton veut op^rer avec pr^cision, il faut autant que possible eviter les filtrations."

10

G, Hüfner u. E. Albrecht.

lieh auch nur für das jeweilen beDutzte Wasser gültig) be- trachten darf.

Die Versuche wurden an vier yerschiedenen, völlig nebel- freien und wolkenlosen Septembertagen ausgeführt

In der folgenden Tabelle sind die in unseren einzelnen Versuchsreihen ermittelten Procente an Licht verschiedener Wellenlänge zusammengestellt, welche von einer 180 cm langen fVofsersäule bei einer zwischen 17^ und 18^ C schwankenden Temperatur lundurchgelassen werden.

Tabelle I.

Wellenlänge

Durchgelassene Procente.

Mittelwerthe

671—658

48,11

50,55

^^

49,08

49,25

640—622

60,60

57,98

61,93

60,17

611-593

63,16

64,42

63,54

63,70

582—571

84,48

80,74

79,30

81,50

557—546

89,41

84,21

88,26

87,29

531—523

93,09

92,12

91,59

92,27

510-502

93,13

92,82

91,96

92,63

491—483

93,89

95,02

91,83

93,58

471—465

95,35

95,04

95,19

452-446

94,88

95,87

^^~

94,42

95,06

Das Resultat unserer Versuche ist hiemach zweifellos und zugleich sehr lehrreich.

Wie schon unsere ersten, bei künstlicher Beleuchtung angestellten Versuche, so zeigen auch diese, dass die Licht- extinction durch das Wasser im allgemeinen um so mehr zunimmt, je länger die Lichtwellen werden; allein sie lehren noch mehr. Schon andere Beobachter^) haben darauf auf- merksam gemacht, dass das Spectrum des reinen Wassers bei genügend dicker Schicht des letzteren mehrere Absorp- tionsbänder zeigt: ein breites im Roth, von A bis C reichend (in der Mitte ein wenig heller), und ein zweites im Orange, näher der Z>-Linie. Die Existenz solcher Bänder an ziemlich

1) Schönn, Pogg. Ann. Ergbd. 8. p. 670 1878. Russell und Lap- raik, Nature. 22. p. 368. 1880. Die Letzteren haben in ihrer Abhand- lung sogar eine Abbildung davon gegeben. Soret und Sarasin, Arch. d. sc. phys. et natur. III. p^riode. 11. p. 327 ff. 1884.

^

Zhtrchlästiffkeil des Wauer$ ßtr Licht. 1 1

den gleichen Stellen') geht auch aus unseren MeBSungea berTor.

Construirt man n&mlich mit Hülfe unserer Zahlenmittel eine Curre, deren Abscissen die Wellenlängen, deren Ordi- naten die durcbgelassenen Lichtmengen angeben, so siebt man (vgl. Fig. 2), dass dieselbe durchaus keinen gleich- mftsBigen Verlauf hat, sondern dass sie vielmehr sowohl in der Gregend tod D, wie in derjenigen von C sehr entschie- dene Sprünge aufweist.

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WfUaJängen in u. Fig. 2.

Der starke Absorptionsstreifen im GrOn dagegen, den znerst H. W. Vogel*) bei der spectroskopischen ITnter- SQcbung des aus dem Wasser der blauen Grotte zu Oapri kommenden Lichtes wahrnahm und den später Aitken^) im Spectrum dee Mittelmeerwassers abermals auffand, ist nach

1) Nur lautlich" ; denD auf uuBerer Fig. 2 greift das breite im Both befindliche Band etwas Über die C-Liaie in daa Intervall iwiachen C und D herüber, während es bei Bussell und Lapraik •elurf mit C abicbneidet. Diese Veracbiedenbeit ist wahrscheinlich nur die Folge der geringen DisperBion im rothen Theile des Spectruma. Vielleicht war nttmlich der OcularBpalt unseres Apparates für die feinere Ansmittelung und die schärfere Abgrenzung verschiedener Intensitäts- stnfen in dieser Gebend etwas zu breit.

2) H. W. Vogel, Pogg. Ann. 166. p. 325. 1875. »Die beiden Linien E und b", heiaet es dort, tilloasen eu einem deutlichen dicken Absorptiona- streifeD EasammeD."

3) Aitken, fieibl. 1. p. 372. 18SS.

12 G. Hüfner u, E. Albrecht.

unseren ^) Beobachtungen im Spectrum des reinen Wassers durchaus nicht vorhanden; er kommt also wohl dem Mittel- meerwasser eigenthümlich zu.

Wir wenden uns jetzt zu den absoluten Werthen unserer Messungsresultate.

Es ist bereits im Eingange zu dieser Abhandlung mit- getheilt worden, dass exacte Messungen der wirklichen Licht- mengen, die vom Wasser absorbirt werden, aus früherer Zeit nur vereinzelt vorliegen und dass die wenigen Versuche, die sich auf die Absorption farbigen Lichtes beziehen, nur drei Farben, Roth, G-elb und Blau, betreffen. Von diesen dreien aber war wiederum nur das Gelb (in Boas' Versuchen) wahrhaft homogenes Licht, nämlich Natriumlicht; dagegen hatten sich sowohl Boas wie 61 an ihr rothes Licht durch Benutzung eines rothen Glases, Boas sein Blau durch Herbeiziehung einer Kupfervitriollösung erzeugt. Immerhin lassen auch die so gewonnenen Resultate mit unseren eigenen Messungs- resultaten einen recht guten Vergleich zu.

Die drei Beobachter, Wild, Gl an und Boas, haben die Resultate ihrer bezüglichen Messungen als Werthe des sogenannten AbsorptionscoSfficienten^) bezeichnet und unter diesem die Lichtmenge verstanden, welche übrig bleibt, wenn ein Lichtstrahl von der Intensität 1 die Längeneinheit des absorbirenden Mediums durchlaufen hat. Als solche Längen- einheit aber hatte Wild anfangs') den Pariser Zoll ge- wählt, später^) den Decimeter, während Glan und Boas den Centimeter.

Wir wählen als Maass des Lichtschwächungsvermögens eines diaphanen Körpers ein für alle Mal den von Bunsen und Roscoe^) eingeführten Extinctionsco^fficienten, worunter man bekanntlich den reciproken Werth der Schichtendicke zu verstehen hat, nach deren Durchstrahlung die ursprüng-

1) Dasselbe fanden Sorot und Sarasin, Arch. d. sc. phys. et nator. III. Periode. 11. p. 82S. 1884.

2) Wild nennt diesen Coäfficienten später (Pogg. Ann. 134. p. 583. 1 868) iiDurchsichtigkeitscoSfficienten«.

3) Wild, Pogg. Ann. 99. p. 272. 1856.

4) Wild, Pogg. Ann. 184. p. 583. 1868.

5) Bunsen und Koscoe, Pogg. Ann. 101. p. 237. 1857.

Durchlässigkeit des Wcusers für Licht. 13

liehe Lichtintensit&t bis auf Vio vermindert ist, und ertheilen ihm das Zeichen e.

Da nun zwischen der ursprünglichen Intensität eines Lichtstrahles J und der nach Passirung eines diaphanen Mediums übrig bleibenden Lichtstärke J' allgemein die Be* Ziehung besteht:

(2) -^'=4'

worin 1/it den Bruchtheil, bis auf welchen der Strahl beim Durchgänge durch die Schichteinheit geschwächt wird, und m die Anzahl der durchlaufenen Schichteinheiten bedeutet, so erhält man, wenn •/= 1 und .7' = Vio gesetzt wird, zu- nächst:

(3) m log n = 1 ,

und wenn wir weiter gemäss der Definition des Extinc- tionscoSfficienten anstatt m das Zeichen l/e einführen:

(4) log n =s €.

Da andererseits nach Gleichung (2):

w log n = log J— log •/',

so gilt, wenn wir beiden Grössen, sowohl J wie m, den Werth 1 beilegen:

(5) log n = log J* oder

(6) 6 = - log J'.

Als Einheit der Schichtendicke m aber wählt man in der quantitativen Spectralanalyse aus practischen Gründen allgemein den Centimeter,^) Die in unseren Versuchen ge- messenen Lichtstärken bezogen sich auf eine Dicke der Wasserschicht = 180 cm; man findet daher aus:

(7) ,.iog„ = -y.

Wir haben die Extinctionscoefficienten des Wassers für die einzelnen von uns untersuchten Spectralfarben in solcher Weise berechnet und ferner nach Gleichung:

(8) J' = -^

1) Nicht mehr den Millimeter, was Bunsen und Roscoe zuerst ge- than (L c. p. 245).

14

ö. Hufner u, E. Albrecht

auch die Werthe der Lichtstärke, welche jeder einzelne Farbenstrahl behalten wird, wenn er Wasserschichten einiger verschiedener, practisch in Betracht kommender Dicken durch- laufen hat. Folgende Tabelle gibt alle diese Werthe zu- sammengestellt.

Tabelle IL

WellenläDge

J' bei

» = 1 om ' «1=1000 om m = 10000cin » = 100000om

671—658 fx

640—622

611—593

582—571

557—546

531—523

510—502

491—483

471—465

452—446

0,001 0,001 0,001 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000

709 226 088 494 328 194 185 160 119 122

0,99610 0,99716 0,99749 0,99885 0,99923 0,99950 0,99957 0,99967 0,99972 0,99972

0,0196 0,0594 0,0817 0,3206 0,4699 0,6397 0,6530 0,6918 0,7603 0,7551

123.10~'** 182.10"^^ 759.10"® 0,00001 0,00053 0,01222 0,01413 0,02512 0,06457 0,06026

794.10 398.10 631.10 251 .10 631.10 251.10

32.10

10

126.10

159.10

—108

-120

—106

-47

-30

-17

—17

-17

r-»

—10

Für den Vergleich unserer Messungsresultate mit denen früherer Beobachter sind vor Allem einige Zahlen wichtig, welche in der dritten Columne vorstehender Tabelle ver- zeichnet sind. Wir heben sie im Folgenden besonders herr aus und stellen sie mit den entsprechenden Befunden unserer Vorgänger in der kleinen Tabelle III zusammen.

Tabelle IIL

Lichtart

Bunsen u.Eoscoe

Hankel WUd

Roth

Gelb Blau

Chem. Strahl. J 0,9886*) Weiss i'

0,9932*)

0,9974 (0,9988)

0,9978*)

Hüfner a. Albrecht

0,9966 0,99745

0,9961 u.

0,99716

0,99749

0,9986 0,99972

Die mit einem Sternchen bezeichneten Zahlen sind von uns aus den für andere Schichteinheiten geltenden Angaben der betreffenden Autoren auf 1 cm als Schichteinheit berech- net. Speciell die zweite Zahl ergibt sich aus zwei nach dem photographi^chen Verfahren angestellten Versuchen H an kePs, in welchen Licht von der Intensität 1 nach dem Durchgange durch eine mit Quarzplatten verschlossene, mit „frisch destil-

Durchlässigkeit des Wassers für LichL 15

lirtem'' Wasser gefüllte Röhre, deren Länge das eine Mal 64 mm, das andere Mal nur 8 mm betrug, im ersten Falle bis auf 0,77, das zweite Mal bis auf 0,80 geschwächt gefun- den wurde. Ist nämlich der beide Male durch die Quarz- platten verursachte Lichtverlust r, so hat man die beiden Gleichungen:

^ = 0,77 und ^-,^ = 0.8,

und erhält somit für e = log n die Zahl 0,00296 und für a, d. h. für J' in 1 cm Tiefe, obigen Werth 0,9932.

Wie man sieht, herrscht zwischen unseren Werthen and denen des Hern. Boas, soweit sie das Roth und Grelb betreffen, eine recht gute Uebereinstimmung; für das Gelb, wo auch Boas völlig homogenes Licht benutzen konnte, ist die Uebereinstimmung sogar eine beinahe vollkommene. Nur im Blau weicht Boas' Zahl verhältnissmässig bedeutend von der unsrigen ab.

Es wurde bereits oben bemerkt, dass eine. Messung der Lichtinteusität weiter gegen das rothe Ende des Spectrums hin, etwa in der Gegend der Linie J3, in unseren Versuchen, d.h. bei einer Länge der Wassersäule von 2m, um ihrer ausserordentlichen Schwäche willen schon nicht mehr möglich war. Die Extinction des Lichtes scheint hier auch abge- sehen von besonderen Absorptionsbändem mit Zunahme der Wellenlänge ausserordentlich rasch zuzunehmen; denn dürfte man sich nach dem Gange des oben construirten Theiles der Litensitätscurve (siehe Fig. 2) einen Schluss auf den weiteren Verlauf derselben erlauben, so wäre es der, dass bei einer Wellenlänge von 760 ju, also etwa bei der Fraunhofer'schen Linie A, nur wenig über 0 Procent Licht durch eine 180 cm lange Wasserschicht hindurchgeht. In der That fand auch TyndalP) bei Wiederholung von Melloni's Versuchen über die Diathermansie der Flüssigkeiten, dass eine 0,14 Zoll (= 3,58 mm) dicke Wasserschicht von den Strahlen, die ein durch den galvanischen Strom rothglühend gemachter Platin- draht aussandte, nur 9 Proc. hindurchgehen liess. Dieser Werth

1) Tyndall, Die Wärme, betrachtet als eine Art der Bewegung. Deutsche Ausg. III. Aufl. Braunschweig 1875. p. 482.

16 G. Hüfner u. E, Albrechi,

entspricht aber einem Extinctionscoefficienten 6=2,91900 und einem Absorptionsco^fficienten a (auf 1 cm bezogen) =0,00123, im Vergleiche zu dem von uns für rothes Licht in der Nähe von C gefundenen a = 0,9961!

Ueber den Einfluss der Temperatur auf das Extinctions- vermögen des Wassers noch besondere Versuche anzustellen, haben wir um der vielfältigen Schwierigkeiten willen, welche uns die bisherige Untersuchung schon an sich geboten, ab- sichtlich vermieden. Wir haben uns vielmehr, da Wild's^) Versuche einen solchen Einfluss wahrscheinlich zu machen schienen, gerade sorgfältig bemüht, unsere Messungen bei möglichst gleicher Temperatur auszuführen. Da die Unter- schiede im Extinctionsv ermögen, die Wild bei verschiedenen Temperaturen gefunden, wohl sehr bedeutend, indessen noch bedeutender diejenigen sind, die durch das vermehrte oder verminderte Auftreten suspendirter Theilchen im Wasser hervorgerufen werden, so möchte man beinahe auf die Ver- muthung kommen, diese Unterschiede seien überhaupt beide Male durch dieselbe Ursache und zwar gerade durch die suspendirten Theilchen bedingt gewesen. Diese Theilchen vielleicht, dass es niedere Organismen sind mögen bei höherer Temperatur entweder zahlreicher oder lebendiger^ d. h. mehr in Bewegung und durch die Flüssigkeit vertheilt, bei niederer dagegen entweder weniger zahlreich oder ruhiger gewesen sein, d. h. mehr auf dem Boden oder an den Wän- den des Gefässes gebangen haben.

Den Einfluss suspendirter Theilchen zeigen die Zahlen- werthe aufs deutlichste, die Wild bei Beobachtungen mit weissem Lichte und bei gleicher Temperatur an drei ver- schiedenen Wasserproben gefunden hat.^) Davon war die^ eine durch grobes, die zweite durch mittelfeines und die dritte^ durch feinstes Filtrirpapier filtrirt.

Es ergab sich der Absorptionsco^fficient a:

bei grobem Papiere = 0,9872, ?> mittelfeinem ,? = 0,9922,

u feinstem j> = 0,9978.

1) Wild, Pogg. Ann. 134. p. 583. 1868.

2) Wild, Pogg. Ann. »». p. 272. 1856.

Dtirchlässigkeii des Wassers für Licht 1 7

Dagegen gaben Wasserproben, die sämmtlich durch das gleiche Papier filtrirt worden waren, bei drei verschiedenen Temperaturen^) folgende Werthe:

a bei 6,2» C.

= 0,9946,

*> 17,0 ?>

= 0,9938,

?i » 24,4 u

== 0,9915.

Alle diese Zahlen sind wieder aus den Wild 'sehen Daten fQr 1 cm als Einheit des Weges berechnet.

Es dürfte in der That sehr schwierig sein, durch Ver- suche zu entscheiden, ob die Zunahme der Extinction mit wachsender Temperatur mehr eine Folge des yeränderten specifischen Gewichtes und Volumens des Wassers oder einer Zunahme der Trübung desselben durch fremde Bestandtheile ist Die Hauptschwierigkeit liegt am Wasser.

Tübingen, im October 1890.

1) Wild, Pogg. Add. 134. p. 583. 1868.

Ann. d. Phys. u, Cbcm. N. F. ZLII. o

II. Veher die Leitung von Mectricität dwtch heiase Salzdämpfe; von Svante Arrheniua.

(Aus dem BihaDg der Stockholmer Acad. vom 8. Oct. 1890. ^)

In der letzten Zeit ist die Ansicht immer mehr zur Geltang gekommen, dass die gasförmigen Körper sich zu einem durch dieselben gehenden electrischen Strom wie Elec- trolyte verhalten. Mit anderen Worten, in eioem von Elec- tricität durchströmten Gase sollen nach dieser Ansicht einige Gasmolecüle in mit gleich grossen Mengen von Electricität geladene Ionen zersetzt sein. Eine gewisse Schwierigkeit bietet die Durchführung dieser Ansicht bei den aus gleichen Atomen zusammengesetzten Gasen, wie Sauerstoff (O^), Stick- stoff (Nj) und Wasserstoff (Hg), und noch mehr bei Queck- silber (Hg), indem alle uns bisher bekannte Eiectrolyte in ungleiche Ionen zerfallen, was offenbar in den angeführten Beispielen nicht der Fall sein kann. Und es ist nicht recht klar, warum die zwei Atome eines Molecüls, von denen man annimmt, dass sie vollkommen gleich sind, sich im Augen- blick der Trennung mit verschiedenen Electricitäten beladen. Diese Schwierigkeit fällt gänzlich weg für die Molecüle der Salzdämpfe, von welchen man weiss, dass sie in einem dem Gaszustande sehr ähnlichen Zustande, demjenigen der Lö- sung, in ihre Ionen theil weise zersetzt sind. Es ist daher zu vermuthen, dass die Salzdämpfe sich bei dem Durchgang der Electricität einfacher verhalten, als die gewöhnlich unter- suchten Gase (Ng, O, und H^). Und wenn es nicht gelingen würde, für die Electricität leitende Salzdämpfe zu zeigen, dass sie sich wie Eiectrolyte verhalten, so würde man auch kaum eine electrolytische Leitung der anderen Gase als wahr- scheinlich darstellen können. Da nun die Herren E. Wiede-

1) Eine vorläufige Mittheilung über die Resultate dieser Untersuchung ist in Wien. Ber. Abth. II. 99. p. 731. 1890. veröffentlicht

Electricitätsleüung durch Salzdämpfe, 19

mann und Ebert bei einer Untersuchung der Salzdämpfe in der Flamme eines Bunsenbrenners zu dem Schlüsse kamen, dass diese Dämpfe nicht electrolytisch leiten^), und dieser Schluss mir nicht einwurfsfrei schien, so sah ich mich ver- anlasst, eine ausführliche experimentelle Untersuchung dieses Gegenstandes vorzunehmen, um zur Lösung der wichtigen Frage beizutragen. Die unten beschriebenen Versuche wur- den im physikalischen Institut der Universität Graz ausge- führt, wo Hr. Prof. Boltzmann in zuvorkommender Weise mir die nothigen B&umlichkeiten und mehrere Instrumente zur Verfügung stellte.. Andere Instrumente und die meisten zum Theil recht kostbaren untersuchten Verbindungen be- kam ich durch die Freundlichkeit des Hrn. Prof. Skraup. Diesen Herren sowohl wie den Herren Prof. Klemencift, Dr. Czermak und Dr. Neumann, welche mich häufig bei meinen Versuchen in liebenswürdigster Weise unterstützten, erlaube ich mir hier meinen aufrichtigen Dank zu sagen.

1. Die Beobachtungsmethode.

Die Beobachtungen wurden in so einfacher Weise wie möglich ausgeführt. Die Salzdämpfe, welche untersucht werden sollten, wurden in die Flamme eines gewöhnlichen Bunsenbrenners mittelst der von Hrn. Gouy*) zuerst be- nutzten Methode hineingeführt. Da dieselbe sowohl von Hrn. Gouy wie von Hrn. Ebert') ausführlich beschrieben worden ist, so glaube ich, dass eine kurze Andeutung dar- über hier genügen wird. Das Princip der Methode ist fol- gendes. Die Flamme eines Bunsenbrenners brennt ohne (merkbare) Lichtentwicklung, wenn die äussere Luft durch (zwei) Löcher am Fusse des Brenners mit dem Leuchtgase gemischt wird. Anstatt nun reine Luft in diese Löcher hineinzuführen, presst man daselbst eine mittelst eines Zer- stäubers mit feinen Tröpfchen einer Salzlösung gemengte Luft hinein. Die Tröpfchen der Salzlösung werden in die Flamme von dem Gasstrom hineingeführt und verdampfen

1) E. Wledemann und H. Ebert, Wied. Ann. 3ö. p. 255. 188H.

2) Gouy, Ann. de chim. et de phys. (5) IH. p. 23. 1879.

3) Ebert, Wied. Ann. 32. p. 345. 1887.

o*

20 S. Arrkeniuf.

daselbst zu WaBser- und Salzdampf. Die von mir beDutzte VersuchsanordnuDg ist folgende. Eine gewöholicbe Wasser- luftpumpe P (Fig. 1) liefert comprimirte Luft, welche durch ein Bleirohr (r) zu einem etwa 50 1 haltenden, mit Mano- c .^ meter (M) verae- ^i<"' *■* henen Ballon (B),

auf dessen Boden etwas Wasser (W) ^. liegt, geführt wird. Dieser als Wind- kessel dienende Ballon steht weiter mit dem Zerstäu- ber [S) durch einen Qummischkuch in Verbindung. Von dem Zerstäuber wurde die jetzt mit Flilesigkeitströpfchen beladene Luft zu der die Luftlöcher eines gewöhnlichen Bunsenbrenners umge- benden Kapsel {K) geleitet. Wurde nun auch Leuchtgas durch die üeffnung (e) zugelassen, so brannte nach ÄnzUn- dung aus dem Schornstein eine von dem Salze gefä.tbte Flamme, dessen Lösung sich im Zerstäuber [S] befand. In der Bunseuflamme hingen gleich über der Spitze des Flam- menkerns zwei Platinplatten (Pund /''], welche als Flammen- electroden dienten. Diese Platten waren durch eine Draht- leitung verbunden, in welcher sich ein Galvanometer (G) mit Commutator (C) und eine Electricitätequelle (E), ebenfalls mit Commutator {€') befanden.

Die Wasserluftpumpe (F) konnte einen Druck von 85 cm Wasser (abgelesen auf M) liefern. Bei allen definitiven Ver- suchen wurde dieser Druck verwendet.

Die Wassermasse ( W) diente dazu, die von der Wasser- luftpumpe gelieferte Luft einigermaassen mit Wasserdampf zu sättigen. Es zeigte sich, dass in dieser Weise die bei Versuchen mit ziemlich concentrirten Lösungen leicht ein- tretende Verstopfung der ZerstäuberöfFnung durch kleine Salzkrystalle zum grossen Theil beseitigt werden konnte.

Der Zerstäuber (S) war folgendermaassen zusammen- gesetzt (Fig. 2). Die äussere „Luftröhre" (/) war 97 mm lang, hatte einen inneren Durchmesser von 11 mm und endete in

mK

Electricitätsleitung durch Salzdämpfe. 21

einer Spitze von 1,5 mm innerem Durchmesser. Durch das 30 mm lange Seitenrohr (rw) wurde die comprimirte Luft ein- geleitet, welche durch die Spitze entwich. In der Axe von / war die 107 mm lange „Flüssigkeitsröhre** (/) mit- telst eines kleinen Korkes befestigt. Diese Röhra hatte einen inneren Durchmesser Ton 3,5 mm und endete in Fi 2

einer fein ausgezogenen

Spitze von 0,6 mm innerem und 1 mm äusserem Durch- messer. Diese lag in der Mitte der Spitze der „Luft- röhre**. Das Rohr / war zweimal umgebogen und endete unter der Mitte von / in einem verticalen Rohr von 53 mm Länge. Dieses stand in einem 80 ccm haltenden Porzellan- becher [A)j welcher die zu untersuchende Lösung enthielt Der durch die äussere Spitze stürzende Luftstrom zog die Flüssigkeit als kleine Tröpfchen aus A durch die innere Spitze mit sich. Die so entstandene, mit Flüssigkeitströpf- chen gemengte Luft wurde in die mittelst eines Korkes be- festigte, 50 mm lange und 19 mm im Durchmesser haltende Vorlage ( V) geführt, worin die grösseren Tröpfchen sich ab- setzten und durch ein kleines Rückflussrohr (n) zu A zurück- geführt wurden. Die mit feinen Tröpfchen beladene Luft wurde durch das Rohr o zur Kapsel [K) des Brenners mit- telst eines kurzen Gummischlauches geführt; die Weglänge von der Vorlage bis zur Kapsel war 20 cm. unter den ge- nannten Umständen lieferte der Zerstäuber in der Secunde 70,5 ccm Luft und zerstäubte in einer Minute 4 ccm Flüssig- keit, welche zum allergrössten Theil durch n zu ^ zurück- kehrte.

Die Verbindung zwischen dem Bunsenbrenner und der Gasleitung war mit einem kleinen Wassermanometer ver- sehen. Der Gaszufluss wurde so lange regulirt, bis die Flamme gerade nicht-leuchtend aussah, in welchem Fall der Gasdruck sich gleich 6,5 mm Wasser erwies. Durch ver- schiedene Messungen wurde erwiesen, dass unter diesen Um- ständen 32 ccm Leuchtgas per Secunde in den Brenner

22 S, Arrhenius.

hineintraten. Die Flamme war dann offenbar so heiss wie möglich.

Die beiden Electrodenplatten waren je mittelst zweier dünner Platindrähte, welche durch je zwei kleine Löcher im oberen resp. unteren Theile der betreffenden Platte gezogen waren, zwischen vier an einem Holzklotze befestigten, 2 mm dicken Messingstäben eingespannt. Die Platten standen ein- ander in einer Entfernung von 5,6 mm - gegenüber. Sie waren anfangs gleich gross, bei den definitiven Versuchen war der untere Band der einen Platte etwas abgebrannt und ihre Dimensionen waren: Breite 10,8 mm; Höhe 23,5 resp. 27 mm. Der untere Band der Platten lag etwas oberhalb des Flammenkerns, 10 cm über der 0,9 cm grossen Oeffnung des Brenners. Die Flamme umgab symmetrisch die beiden Platten, hatte auf ddr Höhe derselben einen Durchmesser von etwa 2 cm und ragte etwa 9 cm über den oberen Band der Platten empor. Der die Platten tragende Holzklotz war an einem Stativ befestigt. Die Galvanometer und Electricitäts- quelle enthaltende Leitung stand mit zwei von den acht mit den Platten verbundenen Messingstäben in Contact.

Die Electricitätsquelle {E) bestand entweder aus einem (selten zwei) mittelst eines Bheostaten in beliebiger Weise abzuzweigenden Daniellelements, oder aus 1 40 Clarkele- menten. Die electromotorische Kraft des Daniells wurde mit Hülfe eines Normalclark zu 1,14 Volt bestimmt. Die von mir benutzten Clarkelemente waren sonst wie die gewöhn- liehen, die Zinksulfatlösung war aber nicht concentrirt, son- dern 20-procentig. Sie hatten etwas grössere electromotorische Kraft, 1,46 Volt, als ein Normalclark (1,43 Volt), bei der- selben Temperatur (22^ C, Zimmertemperatur). Die vier- zig benutzten Clarkelemente waren unter einander ziemlich gleich; eine ungewöhnlich grosse Abweichung vom Mittel zeigte das mit Nr. 1 bezeichnete Element, welches 1,457 Volt ergab, eine in praktischer Hinsicht jedenfalls ganz einflusslose Verschiedenheit. Der Widerstand eines Clark betrug im Mittel 155 Ohm (bei 22^0.).

Das benutzte Galvanometer besass einen Widerstand von 3600 Ohm, hatte kurze Schwingungsdauer und grosse Däm- pfung, sodass die Einstellungen in kurzer Zeit (etwa 10 bia

Electricitätsleitung durch Salzdämpfe, 28

15 See.) fertig waren. Die Umkehrung eines Stromes von 10"-® Amp. (richtiger 1,015 10~® Amp. im Mittel) gab eine Aenderung der Nadelstellung von 1 Scalentheil. Dieses Ver- h&ltniss änderte sich ein wenig mit der Zeit, was natürlich häufig bestimmt wurde.

Um zu ermitteln, wieviel Salz die Flamme enthält, wur- den die folgenden Versuche angestellt. In das Gefäss A unter dem Zerstäuber wurde eine normale (d. h. 103 g per Liter haltende) Bromnatriumlösung gegossen. Die Stärke des von der Bunsenflamme ausgesandten Lichtes wurde mit- telst eines gewöhnlichen Bunsenphotometers geschätzt. Sie wiurde in einem beliebigen Maasse gleich .2,19 gefunden. Nachher wurde eine kleine auf einem Flatindraht befestigte Salzperle von Bromnatrium in die Flamme, welche jetzt von dem Zerstäuber nur Wasser erhielt, etwa 3 cm oberhalb des unteren Flammenrandes hineingeschoben.^) Durch Regu- lirung der Lage dieser Salzperle konnte man schnell er- reichen, dass die neue Flamme einigermaassen gleich stark wie die frühere leuchtete. Nachher liess man die Salzperle 10 Minuten in der Flamme bleiben unter steter Regulirung der Lage und Ablesung der Lichtintensität. (Eine Ablesung wurde pro Minute genommen.) Die Salzperle wurde vor und nach dem Versuch gewogen, der Gewichtsverlust war 8,5 mg. Die mittlere Lichtintensität während der 10 Minuten war 2,5. Nun wurde wieder die Stärke der von normaler Natrium- lösung gespeisten Flamme bestimmt, sie war 2,13. Die Lichtstärken dieser Flamme und der Salzperlenflamme ver- hielten sich also im Mittel wie 216:250. Nun verhalten sich nach Hrn. Gouy^) die Lichtstärken von zwei Flammen, welche, übrigens gleich, verschiedene Mengen desselben Salzes verbrauchen, sehr nahe wie die Quadratwurzeln aus den pro Zeiteinheit verbrauchten Salzmengen (wenn diese Menge nicht allzuklein ist). Ich habe mich ausserdem über- zeugt, dass dies auch bei meinen Versuchen sehr nahe statt-

1) Wenn man nämlich, wie gewöhnlich, annimmt, dass der dunkle Flammenkem ein Conus ist, so treten die Salzpartikeln vom Zerstäuber im Mittel 3 cm über dem Brennerrande in den leuchtenden Theil der Flamme hinein.

2) Gouy, L c. p. 93.

24 S, Arrheiiius,

fand. So yerhielten sich z. B. die Lichtstärken von Flammen, welche mit 1 -normaler, ^/^-normaler und ^/jg-normaler NaCl- Lösung (anter übrigens gleichen Umständen) gespeist warden, wie resp. 1005, 496 und 256, also innerhalb der Versachs- fehler wie 4:2:1, während die in der Flamme glühenden Salztheile sich offenbar wie 16:4:1 verhielten. Viele Ver- suche mit anderen Na -Lösungen wurden von mir mit dem- selben Erfolg angestellt. In unserem vorigen Beispiel mit den Bromnatriumflammen, welche von 1- normaler NaBr- Lösung und der Na Br- Salzperle herrührten, und deren Lichtintensitäten sich wie 216:250 verhielten, standen daher die in der Zeiteinheit verbrauchten Salzmengen im Verhältniss 216^ : 2501 Da nun die letzte Flamme in 10 Minuten 3,5 mg NaBr verzehrte, so lieferte also der Zerstäuber in derselben Zeit zur Flamme 3,5. 2I6V25Ö2 = 2,6 mg NaBr. Zwei andere Bestimmungen gaben die Werthe 2,7 und 2,65 mg. Im Mittel wurden also in einer Minute aus einer Normallösung (von NaBr) 0,265/ 103 = 0,257 . 10-^ mg-Mol. = 0,257 . 10-» g- Mol. Salz in die Flamme hineingetrieben. Aehnliche (drei) Versuche mit Chlornatriumlösung ergaben 0,237 . 10""^ g-Mo- lecüle pro Minute. Diese sechs untereinander sehr gut über- einstimmenden Versuche zeigen also, dass aus einer Normal- lösung etwa 0,25. 10~»g-Molecüle in einer Minute zur Flamme geführt wurden.

Diese Substanzmenge wurde nun in den Flammengasen vertheilt, und es erübrigt uns jetzt zu berechnen, wie viele Grammmoleküle Salz in einem Liter der glühenden Gase enthalten waren. Nach dem Vorigen traten in einer Secunde in die Flamme 32 ccm Leuchtgas hinein. Leuchtgas hat im Mittel folgende Zusammensetzung in Volumenprocent:

48 Vol. IL (Wasserstoflf) verbrauchen 24 Vol. 0, (Sauerstoö)

37 ,, CH. (Sumpfgaa) » 14 ,, 0,

6 » CjH4 (Aethjlen) 18 » 0,

9 » CO (Kohlenoxyd) » 4,5 » 0^

100 Vol. Leuchtgas verbrauchen 120,5 Vol. Sauerstoff. Nebenbei steht nach den einfachen Reactionsformeln für vollständige Verbrennung die nach Avogadro's Gesetz für die Verbrennung erforderlichen Mengen Sauerstoff. Nach denselben Formeln berechnet man, dass aus den 100 Volu- men Leuchtgas plus den 120,5 Volumen Sauerstoff 48 -f 111

EUctricitätsleitung durch Salzdämpfe, 25

+ 24 + 9 = 192 Volumen Verbrennungsproducte entstehen. Da nun die Luft aus 21 Volumprocenten Sauerstoif und 79 Proc. Stickstoff besteht (und bei der ausserordentlich kurzen Verbrennungszeit die Wirkung der Diffusion ver- nachlässigt werden kann), so müssen zur Verbrennung von 100 Volumen Leuchtgas 120,5/0,21 Volumen Luft durch Strömung in die Flamme hineingeführt werden. Zur Ver- brennung von den in einer Secunde zuströmenden 32 ccm Leuchtgas sind also 32 . 1,205/0,21 = 183,7 ccm Luft erforder- lieh. Nun liefert der Zerstäuber nach dem Vorigen nur 70,5 ccm Luft in der Secunde zur Flamme, also müssen die fehlenden 113,2 ccm, d. h. etwa anderthalb Mal so viel aus der umgebenden äusseren Luft genommen werden. Dass eine brennende Bunsenflamme etwas mehr Luft auf der äusseren als auf der inneren Seite aufnimmt, dürfte nicht eigenthümlich erscheinen, da die äussere Oberfläche viel grösser ist als die innere. Wahrscheinlich kommt noch etwas mehr Luft hinein, als was gerade zur vollständigen Verbrennung (mit nichtleuchtender Flamme) nöthig ist, wir wollen aber, da der Leuchtgaszufluss so regulirt war, dass gerade eine nichtleuchtende Flamme erschien, annehmen, dass die über- flüssige Luftmenge vernachlässigt werden kann. Es ver- brennen also in unserer Flamme pro Secunde 32 ccm Leucht- gas mit 183,7 ccm Luft Aus den darin enthaltenen 82 ccm Leuchtgas und 38,6 ccm Sauerstoff entstehen durch die Ver- brennung 70,6. 192/220,5 = 61,4 ccm Verbrennungsprodukte; die 145,1 ccm Stickstoff bleiben unverändert. Vor der Ver- brennung ist also das Volumen der hinzutretenden Gase 215,7 ccm (pro Secunde), nach derselben 206,5 ccm. Nun sind die hinzutretenden Gase bei Zimmertemperatur (= 295® absoL Temperatur) gemessen und in der Flamme werden sie, da die Platinbleche gelbglühend erscheinen, in der Nähe derselben auf etwa 1200® C. (= 1473® absoluter Temperatur) erwärmt.^) Aus den 215,7 ccm werden also vor der Ver- brennung in der Nähe der Platinelectroden 215,7.1473/295 = 1077 ccm nach der Verbrennung 1031 ccm. Angenommen

1) Vgl. Rossetti, Beibl. 2. p. 333. 1878. Rossetti gibt im Mittel etwa 1220^ C. an.

26 S, Arrhenius.

also, dass die Gase in der Nähe der Flatinbleche etwa halb- verbrannt waren, so war das Volumen der in der Secunde in die Flamme eintretenden Gase in der Nähe der Platinbleche etwa 1050 com. In diesem Volumen verbreiteten sich nun die per Secunde hinzutretenden Salzmengen, also wenn eine Normallösung zerstäubt wurde , 0,25 . 10-^ 60 = 0,42 . 10-^ Grammmoleküle. Die Flamme war daher in der Nähe der Platten 0,42. 10-^ 1>05 = 0,4 . lO-^-normal. Diese waren die concentrirtesten von mir benutzten Flammen, die verdünn- testen enthielten im allgemeinen nur ^266 ^^ ^^^^ ^^^ (= 1,6. 10~^^ Grammmolekül per Liter). Natürlich geben diese Zahlen nur eine annähernd richtige Vorstellung von der Salzmenge in der Flamme. Zur Vergleichung mag er- wähnt werden, dass die verdünntesten von Kohlrausch untersuchten Salzlösungen 10~^ Grammmolekül pro Liter enthielten, also etwa 250 bis 60000 Mal so concentrirt waren wie die jetzt von mir untersuchten Flammen.

Hr. Ebert hat eine andere Methode benutzt um die Salzmenge -in der Flamme zu bestimmen. ^) Ich will mit einigen Worten andeuten, warum ich diese Methode nicht benutzt habe. Ur. Ebert Hess die vom Zerstäuber kom- menden Luftmengen, welche Wasserstaub enthielten, durch ein an den Bunsenbrenner angesetztes Chlorcalciumrohr streichen. Dabei wurde das Wasser, sowohl das flüssige wie das gasförmige absorbirt. In unserem Falle liefert der Zer- stäuber von einer Normallösung pro Minute 0,25. 10""* Gramm- molekül. Da nun ein Grammmolekül einem Liter Wasser entspricht, so gab der Zerstäuber pro Minute 0,25. 10-* Liter = 0,25 . 10~* Kubikcentimeter Lösung. Gleichzeitig gingen 60 . 70,5 ccm Luft hindurch. Diese Luftmenge enthält, wenn sie bei 22^ C. mit Wasserdampf gesättigt ist 8 . 10-* g Wasser, welches auch von einem Chlorcalciumrohr absorbirt wird. Das gasformige Wasser ist also in etwa 32 Mal so grosser Menge vorhanden als das flüssige, und man ist daher in diesem Falle in keiner Weise berechtigt, das von einem Chlorcalciumrohr absorbirte Wasser als ein Maass der vom Zerstäuber gelieferten Menge von Wassertropfen anzusehen.

1) Ebert, Wied. Ann. 34. p. 87. 1888.

Electricitätsleitting durch Salzdämpfe, 27

Ich habe deshalb geglaubt, auf diese Bestimmungsweise bei meinen Versuchen verzichten zu müssen.

Die verwendeten Lösungen waren Normallösungen. Aus diesen wurden durch Verdünnung im Verhältniss 1 : 4 nacheinander V*» Vie» Ve* ^^^ ^^l^^^-noxm^X^n Lösungen be- reitet. Bisweilen wurde die Verdünnung noch weiter ge- trieben. Wenn mehrere Lösungen von demselben Salz nach- einander untersucht wurden, so fing ich immer mit destil- lirtem Wasser an, dann kam die verdünnteste Lösung und so' weiter und zuletzt die concentrirteste. Wenn zwei verschie- dene Salze nacheinander in Untersuchung kamen, so wurde der Zerstäuber dazwischen mit destillirtem Wasser ausge- spült Das Gefäss A unter dem Zerstäuber wurde immer mit 80 ccm Flüssigkeit gefüllt, unter welchen Umständen die Spitze des Zerstäubers 25 mm über der freien Ober- fläche der Flüssigkeit lag.

Es wurde bei den Versuchen angenommen, dass immer dieselbe Menge Flüssigkeit, unter übrigens gleichen Umständen, von dem Zerstäuber geliefert wurde, unabhängig von der Concentration und der Art der Flüssigkeit. Dass diese Annahme recht gut mit der Erfahrung übereinstimmt, hat schon Gouy^) nachgewiesen. Kleine absichtliche Aende- mngen im Gasdruck, im Luftdruck in dem Ballon B und in der Höhe der Flüssigkeit in A, welche grösser als die in einer Versuchsreihe vorkommenden Aenderungen waren, hatten nur einen Einfluss, welcher von der Grösse der Beobachtungs- fehler war, und konnten daher keine Unregelmässigkeiten bei den Versuchen von ähnlichen Umständen herrühren. Da- gegen änderte sich der Zerstäuber in uncontrollirbarer Weise mit der Zeit. Anfangs waren diese Aenderungen sehr häufig und gross, sie wurden aber allmählich, nachdem mehr Er- fahrung gewonnen virar, kleiner und kamen sehr selten vor. Aus diesem Grunde sind nur solche Beobachtungen als untereinander vergleichbar angesehen worden, welche un- mittelbar nacheinander gemacht wurden, und bei welchen der erste und der letzte Versuch, welche mit gleicher Flüs- sigkeit ausgeführt wurden, innerhalb der Beobachtungsfehler

Ij Gouy, 1. c. p. 91.

28 S, Arrhenius,

(etwa 2 Proc.) gleiche Werthe ergaben. Man bekam also in dieser Weise die relativen Werthe für die verschiedenen in einer Reihe untersuchten Salzlösungen. Eine Reihe, bei welcher die verschiedenen Normallösungen geprüft wurden, wurde als Hauptreihe für die anderen Werthe (in Abthei- lung 3) zu Grunde gelegt. Andere Versuchsreihen, welche bisweilen bis zu 25 Proc. abweichende Werthe geben konn- ten, wurden mit Hülfe der Beobachtung für eine Normal- lösung, durch einfache Proportionirung zur Vergleichbarkeit mit der Hauptreihe umgerechnet. Die Hauptreihe entsprach auch den vorhin berechneten Mengen von Salz in der Flamme. Die Versuche wurden so ausgeführt, dass nachdem der Luft- druck im Ballon B zu 85 cm (Wasser) gewachsen und der Gasdruck fegulirt war, die zu untersuchende Lösung in A gegossen wurde. Eine bestimmte electromotorische Kraft wurde eingeschaltet und die Differenz der Ausschläge bei Umlegen des Commutators vor dem Galvanom^er abge- lesen. Nachher wurde der Commutator vor der Electrici- tätsquelle umgelegt und dieselbe Beobachtung gemacht. Das Mittel aus diesen Beobachtungen gibt den als richtig ange- sehenen Ausschlag. Dieser erwies sich durch specielle Ver- suche als der Stromstärke proportional. Der Ausschlag ist daher ein Maass des Leitungsvermögens der Flamme, vor- ausgesetzt, dass man die Widerstände des Galvanometers und der Electricitätsquelle vernachlässigen kann. Eine leichte Rechnung zeigte, dass dies immer für den Wider- stand der Electricitätsquelle der Fall war. Dagegen musste eine kleine (niemals 5 Proc erreichende) Correction für den Widerstand des Galvanometers bei den am besten leitenden Flammen angebracht werden.

2. Verhältniss zwischen Stromstärke und electromotorischer

Kraft.

Nach dem Vorigen wurde bei jeder Bestimmung die Richtung der electromotorischen Kraft commutirt, damit, wenn electromotorische Kräfte in der Flamme existirten, dieselben einmal verkleinernd, das andere Mal vergrössernd auf die Stromstärke wirkten. Es zeigte sich dabei, dass (bei der symmetrischen Stellung der Electroden) die elec-

Electricitätsleitimg durch Salzdämpfe. 29

tromotorische Kraft der Flamme, wenn von einer solchen die Rede sein konnte, nur einen Bruchtheil von 0,1 Volt betrug. Ferner ergab sich eine gewisse unipolare Leitung, indem die Ausschläge beim Commutiren auch bei relativ grossen electromotorischen Kräften nicht gleich blieben. Als Beispiel gebe ich folgende für 1 -normale Natronlauge beobachteten Ziffern. {E = electromotorische Kraft; i == Galvanometerausschlag, nicht corrigirt für die reine Flamme.)

E^

»« =

1 =

E

=r

'l =

=

t

0,025 Dan.

9,1

1,5

5,3

l Clark

75

67

71

0,05 »

14,5

8,8

11,6

2

»

86

77,5

81,7

0,1

24,5

18,7

21,6

5

»

121

99

110

0,2

42

35

38,5

10

»

142

126

134

0,5 »

65,3

58,8

62,0 :

20

»

197

175

186

1 »

74

66,4

70,2

so

»

240

212

226

40

»

280

248

264

7^ ist der Ausschlag, wenn die wirkende electromotorische Kraft in der einen Richtung, i, wenn sie in der anderen Rich- tung den Strom durch die Flamme treibt. Wenn man eine electromotorische Kraft (von thermoelectrischer Natur) in der Flamme annimmt, so muss diese offenbar kleiner als 0,025 Dan. sein. Die Differenzen bei höheren electromoto- rischen Kräften können aber durch Annahme einer solchen electromotorischen Kraft nicht erklärt werden, sondern man muss eine unipolare Leitung oder etwas ähnliches zu Hülfe nehmen. Da es nicht meine Absicht war, diese eigenthüm- liche Erscheinung, worüber schon sehr viele Untersuchungen Torliegen^), näher zu studiren, so habe ich angenommen, dass die davon herrührenden Störungen auf den Mittelwerth keinen erheblichen Einfluss ausüben, und zwar um so eher, da die Abweichungen zwischen i^ und i^ nicht besonders gross sind, wenigstens für grössere electromotorische Kräfte. Die unten beschriebenen, in dieser Weise gefundenen Regelmässig- keiten werden a posteriori diese Behandlungsweise des Beob- achtungsmaterials, wie ich hoffe, vollkommen rechtfertigen. Die Versuche über den Zusammenhang zwischen electro- motorischer Kraft und Stromstärke wurden theils mit einer Batterie von 1 bis 40 Clarks theils mit Unterabtheilungen von 1 Daniell ausgeführt. Ich gebe zuerst die Versuchs-

1) Vgl. Wiedemann, Electricität. 4. p. 888. 1885.

30 S, Arrhenius.

daten, welche mit Hülfe der Bacterie gewonnen wurden. Die Stromstärken sind in Einheiten von 10"® Amp. angegeben. Wenn kein Salz in der Flüssigkeit in A sich befand, so bekam man doch einen Ausschlag, welcher übrigens gleich gross war, ob die Flüssigkeit in A (Wasser) zerstäubt wurde oder nicht. Dieser Ausschlag rührte yermuthlich theils von kleinen Staubpartikelchen, theils von einer wahr- scheinlichen electrolytischen Leitung der Flammengase her. Folgende Ausschläge wurden für diesen Fall erhalten.

JE (in Clarks) = 1 2 5 10 20 40 i = 5,3 6,7 10,0 14,8 21,2 34

Wenn nun eine Salzlösung in den Zerstäuber hinein- gebracht wurde, so wuchs der Ausschlag. Es wäre aber unrichtig, diesen Ausschlag gänzlich dem Leitungsvermögen der Salzdämpfe zuzuschreiben, sondern mau muss eine Cor- rection für das Leitungsvermögen der reinen Flamme an- bringen. Diese Correction habe ich in derselben Weise ausgeführt, wie sie bei der Bestimmung des Leitungsvermögens von verdünnten Salzlösungen gewöhnlich ist, indem das Leitungsvermögen des Lösungsmittels (hier der reinen, nicht salzhaltigen Flamme) von dem beobachteten Leitungsver- mögen abgezogen wurde. Hier ist nun das Leitungsvermögen dem Ausschlag proportional; also wurde von dem für eine bestimmte Salzlösung erhaltenen Ausschlag der entsprechende für destillirtes Wasser abgezogen, und der Rest wurde als der für die gegebene Salzlösung eigenthümliche Ausschlag angesehen.

Es muss noch eine Bemerkung gemacht werden. Oben ist der Ausschlag für die reine Flamme angegeben. Dieser gilt aber nur, wenn kein Salz in der Zeit nächst vor der Bestimmung zerstäubt worden ist. Gleich nach dem Zer- stäuben einer Salzlösung findet man etwas höhere Werthe, sodass eine unter diesen Umständen gemachte Bestimmung his zu 2,5 mal grössere Werthe als die oben für / angeführ- ten geben kann. Diese grösseren Werthe sind für verschie- dene Salze verschieden und nähern sich um so mehr den oben angegebenen, je grösser die Verdünnung der Salzlösung ist. Ueber die vermutliche Ursache dieser Erscheinung, welche in relativ geringem Grade bei den Alkalisalzen, mit

Electricitätsleitung durch Salzdämpfe,

31

welchen wir uns zaerst ausschliesslich beschäftigen wollen , hervortritt, verweise ich auf dasjenige , was unten, das ähn- liche Verhalten der Mg- , , Ca-, Sr- und ßa-Salze betref- fend, gesagt wird. Inzwischen ist klar, dass man zur Cor- rection des Leitungsvermögens der Flamme diese höheren Werthe benutzen muss. Ich habe daher unmittelbar nach- dem die Ausschläge für eine bestimmte Salzlösung bei ver- schiedenen electromotorischen Kräften abgelesen waren, Was- ser in den Zerstäuber gebracht und die Correctionswerthe fiir 40 und 1 Clark abgelesen. Da diese grösseren Werthe recht schnell abnehmen, so konnte man nicht mehr als etwa zwei Bestimmungen machen. Die Correctionswerthe für 2, 5, 10 und 20 Clarks wurden durch eine Art von Interpolation gewonnen, indem angenommen wurde, dass die Zahlen, welche das Verhältniss der richtigen Correctionszahlen zu den oben für salzfreie Flamme angegebenen ausdrücken, linear zwischen 1 und 40 Clarks sich ändern.

Nach diesen Bemerkungen gebe ich die beobachteten und corrigirten Grössen von i (in 10-^ Amp.) bei verschie- denen electromotorischen Kräften. Oben ist die Salzlösung angegeben, welche im Zerstäuber sich befand. Zuerst habe ich den Einfluss der Concentration ermittelt. Zu diesem Zweck habe ich eines von den bestleitenden Salzen (KJ) in sehr verschiedenen Concentrationen untersucht.

40

n

1920

(1920)

811

53 59,9 76,1 99,9 132 (811) 427 I (427) ;' 186

52,2 59,9

75,8 99,7 130 (186)

LdBong

V,56 1

fi RJ

/lOSi '

*beob. 7,1

n KJ

JB

*beob. _J

*ber.

1 Clark

20,0

20,0

6,9

2 »

23,3

23,0

7,9

7,9

5 n

1 29,7

29,1

10,0

10,1

10 ,7 1

38,5

37,4

13,5

13,0

20 y,

50,5

49,6

1 18,4

17,2

40

71,2

("1,2)

24,8

l24,8)

V4090 » KJ

^beob.

2,3 3,1 3,5 4,4 6,6 9,0

^ber.

2,7 2,9 3,7 4,7 6,3 (9,0)

32

& Arrhenius,

Die berechneten Werthe von i, welche zur Verglei- chung neben die beobachteten geschrieben sind, wurden unter der Voraussetzung gefunden, dass die Ausschläge bei verschiedenen electromotorischen Kräften untereinander in demselben bestimmten Verhältnisse stehen, sodass:

»40 *2o : *io : »6 : H : h = 1 ^fi^'^ ' 0,526 : 0,408 : 0,323 : 0,281

{i^Q bedeutet die Stromstärke, wenn 40 Clarks eingeschaltet waren u. s. w.). Wie man sieht, ist diese Bedingung sehr nahe erfüllt; die grösste Abweichung beträgt nur etwa 4 Proc. {i^Q bei Vie » KJ)> ^^^ ®s ist sehr wohl denkbar, dass ein sol- cher Fehler bisweilen vorkommen kann, da die beiden Werthe i'beob. und iber., der letztere durch Proportionirung aus i^^ ge- wonnen, Beobachtungsfehler von etwa 2 Proc. enthalten kön- nen, und ausserdem die Correctionen für die reine Flamme kleine Fehler hineinführen können. Die letztgenannten Feh- ler machen sich natürlich besonders bemerkbar, wenn die Correction grösser ist, als der corrigirte Werth selbst, wie in den Zahlen für V409e " J^J ^^^ theil weise Vi 024 ^ ^J*

Lösung i

1 n LiCl

1 n NaBr

r

1 n NaNO, .

1 n NaC^HjO,

E

*beob.

1 *ber.

! h)eob. *ber.

*beob.

1 *ber.

; 54,7 1

*beob.

1

»ber.*

1 Clark

10,3

10,7 '

117 ' 115 1

' 57,6

, 54,7

1 56,2

2

, 12,4

12,8

1 136 , 133 :

64

63

66,1

64,6

5 y,

' 15,4

15,5

' 171 169

80,4

79,8 1

83,3

81,6

10 »

19,6

20,1

219 216

106,5

100,2

' 108,5

105,2

20

27,3

27,1 1

283 1 287

142

136

140

139,4

40 1

38,7 1

(38,7)

411 4 11)

195

(195)

200

(200)

Lösung

m

*beob. 42,9

NTaCl

•ber. 44,9

1 , '

*beob. 1 *ber. 1 242 i 243 ,

'beob. 226

KNO,

" ■"!

231 1

1 'u n :

RbCi

E !

1

1 .

' *beob.

*ber.

1 Clark

397

418

2 '

50,8

51,4

i 275 279

260

265 '

5 V

66,1

64,6

f 352 353

336

: 336 1

580

607

10 »

84,8

83

452 454

424

433 f

20 ,,

, 111,4 ,

110 1

612 604

575

. 575

1054

1036

40

158

(158)

865 (865) '

823

(823)

1487

(1487)

Unter diesen Umständen kann der procentische Fehler etwas grösser werden, die vorkommenden Diflferenzen zwischen 4eob. und i'ber. können sehr wohl aus den Beobachtungsfehlern erklärt werden. Die Beobachtungen bestätigen also voll-

Electricitätsleitung durch Salzdämpfe,

33

kommen unsere Voraussetzung, dass die Ausschläge i^^, i'^qj ho' h' '2 ^^^ h ^^ einander in einem ganz bestimmten und Ton der Concentration unabhängigen Verhältniss stehen. Wir werden jetzt untersuchen, ob dieses Verhältniss auch von der Natur des gelösten Salzes unabhängig ist. (Vgl. Tab. p. 32.)

Wie aus den für verschiedene Li-, Na-, K- und Rb- Salze gültigen Zahlen hervorgeht, gilt ganz allgemein, dass, wenn man schreibt:

/=Ä/(£), man durch eine passende Wahl der Constante A, f(E) einen und denselben Functionswerth für alle Alkalisalze bei verschiedenen Concentrationen zuertheilen kann. Dies haben wir jetzt für -E-Werthe bewiesen, welche zwischen 1 und 40 Clarks (=1,46 und 58,4 Volts) liegen.

Wir gehen jetzt zu kleineren electromotorischen Kräf- ten über. Es dürfte zu erwarten sein, dass dieselbe Regel- m&ssigkeit auch da obwaltet Ein besonderes Interesse bietet dieses Gebiet, da ausserdem zu erwarten ist, dass für kleine Werthe von E und i Proportionalität zwischen diesen Grössen herrscht.

Für die reine Flamme wurde gefunden:

E (in Daniells) = 0,02 0,05 0,1 0,2 0,5 1 1,28 (= 1 Clark) i = 0,2 0,5 1,1 2,2 8,8 4,7 5,3.

Betreffs dieser Ausschläge sind natürlich dieselben Be- merkungen, wie oben für höhere electromotorische Kräfte, zu machen.

Folgende Beispiele mögen genügen:

Losimg

l»NaC,H,0,

_

*beob. *b«r.

1 n NaCl

*b©ob. h)er.

V4 n RbCl

V,.» CsCl

. 1 n LiCl

^ ,

h>eob. *ber.

^beob.

•ber.

*b«ob.

*bcr.

1,28 DU.

57,9 56,2 i

46,2 (46,2)1 397

418 !

299

(299)

10,7

10,7

1

55,1 54,2

44,6 44,5 h 387

402

279

288

10,2

10,3

0,5

48,1 48,1

42 39,6 346

358

244

256

9,0 1 9,2

0,2

80,0 1 30,1

25,8 24,7 215 224 '

152

160 '

5,4 5,7

0,1

15,8 16,0

12,4 13,2 120 , 119 ,

82,4

85,5

3,2 3,0

0,05

7,9 8,0

6,2 6,0 61 , 60

,42 ; 43

h'i

1,5

0,02

3,3 3,2

1

'■

- 1

Von den letzten Tabellen sind diejenigen für Chlor- lithium, Natriumacetat und Chlorrubidium als Fortsetzungen ?on den oben für höhere electromotorische Kräfte gegebenen

Ann. d. Phys. n. Cbem. N. F, XLU.

34 S, Arrhenius,

anzusehen, die übrigen zwei sind mit dem beobachteten Werth für 1 Clark als Ausgangspunkt der Rechnung um- gerechnet. Die Werthe von /(£), welche für diese niederen f-Werthe benutzt sind, findet man in folgender Tabelle:

E (in Daniell) 1,28 1 0,5 0,2 0,1 0,05

f(E) 0,281 0,270 0,242 0,151 0,080 0,040.

Der Ausschlag ist also der electromotorischen Kraft proportional, wenn diese nicht 0,1 Daniell übersteigt, und bei 0,2 Daniell ist die Abweichung noch beinahe unmerkbar, sie beträgt nur etwa 6 Proc. Bei höheren electromotorischen Kräften ist die Abweichung sehr gross, so \%if{E) für j?= 1 Clark 0,281 und für JB= 40 Clark gleich 1 anstatt resp. 1,024 und 40,96, welche Ziflfern gültig wären, wenn die bei niederen electromotorischen Kräften stattfindende Proportionalität zwischen E und /(£) (Ohm'sches Gesetz) auch bei höheren electromotorischen Kräften obwalten würde.

3. Leitungsvermögen der Alkalisalze in verschiedenen

Verdünnungsgraden.

Nachdem wir erkannt haben, dass die in einer Flamme zufolge einer beliebigen electromotorischen Kraft herrschende Stromstärke berechnet werden kann, sobald sie für eine bestimmte electromotorische Kraft bekannt ist, so genügt es jetzt, für jedes einzelne Salz in verschiedenen Verdünnungen die Stromstärke bei einer einzigen electro- motorischen Kraft zu untersuchen. Als gemeinsame electro- motorische Kraft habe ich 0,2 Daniell benutzt, theils weil unter diesen Umständen das Correctionsglied für die reine Flamme einen in Procenten von der beobachteten Grösse kleineren Betrag erreicht als für höhere electromotorische Kräfte, theils weil das Ohm 'sehe Gesetz unter dieser Be- dingung mit recht grosser Annäherung erfüllt ist, sodass man leicht die Correctionen wegen des Widerstandes des Galvanometers ermitteln kann.

Bei den Versuchen mit verschieden concentrirten Lö- sungen in dem Zerstäuber wurde angenommen, dass, unab- hängig von der Menge und der Natur des gelösten Salzes, gleich viel Lösung in der Zeiteinheit in die Flamme hineintrat.

Electricitätsleitung durch Salzdämpfe, 35

Mit anderen Worten, es standen unter dieser Annahme die Zahlen der in der Zeiteinheit in die Flamme hineingeführten Salzmolecüle in demselben Verhältniss wie die Concentra- tionen (in Grammmolecülen pro Liter) der benutzten Salz- lösungen. Die Richtigkeit dieser Annahme ist schon früher von Hrn. Gouy erwiesen.^) Ausserdem sprechen dafür die oben angeftlhrten Versuche mit NaBr und NaCl (p. 24) und andere Versuche mit verschiedenen Natriumsalzen (NaOH, NaNOj, NaCjHgOa, NaBr und NaCl), welche alle sehr nahe der Flamme dieselbe Lichtstärke ertheilten, wenn äquimole- culare Lösungen derselben zerstäubt wurden. Versuche mit den beiden benutzten Lithiumsalzen (Acetat und Chlorid) er- gaben ein ähnliches Resultat. Die Salze der anderen Metalle (K, Rb, Ca und Tl) gaben zu schwach leuchtende Flammen, um durch ihre Lichtstärke ein Prüfungsmittel für unsere Annahme zu ergeben. Nun ertheilen gleiche Mengen von einem Alkalimetall der Flamme gleiche Lichtstärke, un- abhängig von dem negativen Radical , mit welchem das Metall in die Flamme hineingeführt wird.') Folglich wurden aus den verschiedenen äquimolecularen Lösungen gleiche Mengen Metall in die Flamme hineingeführt. Ich glaube daher, dass die oben gemachte Annahme, die von Allen, welche bisher mit dem Zerstäuber arbeiteten, gemacht wurde, vollkommen durch die Versuche gerechtfertigt wird.

Die Normallösungen wurden aus den besten zugänglichen Präparaten gemacht. Da es bei den Alkalisalzen keine Schwierigkeit bietet, durch Trocknen bei hoher Temperatur vollkommen wasserfreies und unzersetztes Ausgangsmaterial zu bekommen, so sind die Normallösungen im Allgemeinen von gewogenen getrockneten Salzen zubereitet worden. Die Lithiumsalze wurden durch Lösung von getrocknetem Car- bonat in abgewogener Menge dargestellt. Die Alkalihydrate wurden mittelst Titration bestimmt. Einige von den Kalium- Präparaten enthielten, jedenfalls unschädliche, Spuren von Natrium; die Rubidium und Cäsiumchloride waren etwas mit Chlorkalium und Chlornatrium verunreinigt. Da ich von

1) Gouy, 1. c. p. 91.

2) Gouy, 1. c. p. 95.

3*

36

S, Arrhenius,

den letztgenannten theuren Präparaten nur kleine Mengen besass, musste ich auf eine Reinigung derselben verzichten; die unten gegebenen Ziffern zeigen, dass die Verunreinigungen zu klein waren, um die Eigenthümlichkeiten dieser Salze zu verdecken. Die verwendeten K-, Na- und Tl- Salze waren alle sehr schön krystallisirt.

Um untereinander vollkommen vergleichbare Ziffern zu erhalten, habe ich die oben (p. 28) angegebenen Maass- regeln getroffen. Für die reine Flamme war der Ausschlag 2 bis 3 (10*"® Amp.), welche Grösse von der beobachteten ab- gezogen ist. In der folgenden Tabelle steht links der Gre- halt der Lösungen und oben die untersuchte Verbindung. Die Zahlen der Tabelle sind die corrigirten -Stromstärken (in 10~® Amp.), welche dem Leitungsvermögen proportional ist.

Gebalt

ji:OH,KCl

1

KBr| KJ

KNO,

V,K,SO,

LiCl

lLiC,H,0,

TIHS

249 1221 243 ' 294

230

242

8,1

' 8,4

^■^

:4 |127 1127 137 136

119

121

5,1

5,4

7,8

:16 70,8

67,9. 71,3; 64,4

60

56,5

3,9

8,8

4,3

:64 1 31,1

30,4 33,4! 30,7

29,7

28,9

1,6

2,1

3,2

:256 1 12,2! 12,6; 12,9' 12,2

11,8

12,4

1,6

Gebalt

NaOHJNaCl

NaBr NaNO,

1

NaCgHaOjj

VsNa^SO,

NaC,H,Oe

RbCl

1

CsC

1

•* i

43,4

41,0

62,6 31,7

30,2

32,8

__

^^

.4

19,6

16,3

21,9 16,1 :

17,2

15,2

18,1

161

16

i 9,3

8,4

8,7 ; 7,7 1

6,8

6,7

8,7

83,5

121

:64 i 4,1

4,2

4,1 4,1 ;

3,5

8,4

4,3

43,9

59,i

256 , 2,1

2,0 , 2.1 2,3 :

1,9 '

1,9

1,8

19,5

27,i

1024

1

1 1

7,T

11/

4096

""" i

1

3,t

Bei diesen Zahlen ist es sehr auffallend, dass für gleiche Concentrationen alle Ealiumverbindungen beinahe gleich gut leiten, ebenso ist das Leitungsvermögen der verschiedenen Natriumverbindungen von derselben Grössenordnung und die beiden Lithiumsalze sind sehr wenig untereinander ver- schieden. Nimmt man das Mittel aus den Leitungsvermögen aller Kaliumverbindungen und aller Natriumverbindungen, so findet man das Lei tungs vermögen für:

Electricitätsleitung durch Salzdämpfe, 37

Kaliumverbindungen: NatriumverbiDdungen:

Gehalt t Grösste Abweichung Gehalt i Grösste AbweichuDg

1 247 + 19 und - 10 O/o 1 40,3 + 55 und - 25 \

1:4 128 +7 -7 1:4 17,7 +24 -15

1:16 65,1 +10 -13 1:16 8,0 +16 -16

1 : 64 30,7 +9 - 6 1 : 64 4,0+7 15

1 : 256 12,3 +5 - 4 1 : 256 2,0 +15 - 10

Den Zahlen sind die grössten procentischen Abwei- chungen vom Mittel beigefügt. Diese werden im allge- meinen um so kleiner, je grösser die Verdünnung ist, ob- gleich die Versuchsfehler mit der Verdünnung wachsen. Bei den grössten Verdünnungen der Natriumverbindun- gen, wo die beobachtete Grösse von i nicht grösser ist als das <3orrectionsglied für die reine Flamme (2 3), wirken schon die Versuchsfehler, wie natürlich, so nachtheilig, dass die Abweichungen etwas grösser werden als bei der nächst- grössten Verdünnung. Es dürfte also, abgesehen von dieser unbedeutenden und wohl nur scheinbaren Ausnahme, be- rechtigt sein, folgenden allgemeinen Schluss zu ziehen:

Die verschiedenen Verbindungen eines Alkalimetalls (Kalium, Natrium oder Lithium) besitzen im Gaszustande ein sehr nahe gleiches Leitungs vermögen, besonders bei grossen Verdünnungen. Bei höheren Concentrationen macht sich die Individualität der verschiedenen Salze desselben Metalls etwas mehr geltend.

Besonders gross ist die Abweichung bei Bromnatrium (mehr als doppelt so gross als bei irgend einer anderen Ver- bindung), und überhaupt schliessen sich die Ealiumsalze näher aneinander als die Natriumsalze. Bemerkenswerth ist, dass die Bromide etwas besser leiten als die Chloride und (in der grössten Concentration) das Jodid (von E) besser als das entsprechende Bromid.

Eine weitere sehr deutliche Regelmässigkeit zeigt sich in der Aenderung der Leitungsfähigkeit mit der Concen- tration. Bei jeder Verbindung ist, wie man leicht aus der Tabelle ersieht, ein Werth von i sehr nahe der doppelte von dem nächstfolgenden (die grösseren Concentrationen von NaBr ausgenommen). Besonders deutlich tritt dies in den Mittelwerthen hervor, wo zufällige Abweichungen sich gröss- tentheils ausgleichen. Das Bromnatrium zeigt bei höheren Con-

38

S, Arrhenius,

Centrationen grosse Abweichungen, weshalb ich in den unten- stehenden Mittelwerthen die zwei höchsten Concentrationen davon ausgeschlossen habe. (Wie viel die Wegnahme dieser beiden Werthe bei der Berechnung der Mittelwerthe aus- macht, kann man leicht durch Yergleichung der vorigen und der folgenden Tabelle ersehen.) Neben den Mittelwerthen habe ich unter ber. Näherungs werthe geschrieben, welche im Verhaltniss 1 : V2 V4 Vs ^/le stehen.

Gehalt

Li

ber.

Na

ber.

; p:

ber.

1

' 8,3

11

34,9 !

34

247

256

1:4

i 5,3

5,5

17,1

17

i 128

128

1:16

3,9

2»« ,

7,9

8,5

; 65,1

64

1:64

1,9

1,4

3.9 '

4,2

, 30,7

32

1:256

2,0

2,1

12,8

16

Gehalt

V^Rb

1

ber.

1

ber. 116

Tl

ber.

l

161

164

121

1

.^^_

1:4

83,5

82

59,5

58

7,8

10

1:16

43,9

41

27,5 ,

29

4,8

5

1:64

19,5

20,5

11,7

14,5

3,2

2,5

1:256

7.7

10,2

3,9

7,3

1,6

1,3

Das Leitungsvermögen eines Salzdampfes nimmt nach der vorigen Tabelle sehr nahe in dem YerhUtniss 1:2 zu, wenn der Gehalt im Verhältniss 1 : 4 wächst. Mit anderen Worten, das Leitungsvermögen ist sehr nahe der Quadrat- wurzel aus der Concentration proportional. Wenn man nach dieser Regel die Leitungsvermögen berechnet, so findet man bei den am besten leitenden Salzen (K-, Os- und Bb-Salze) für die grössten Verdünnungen etwas grössere Werthe als die beobachteten, d. h. das Leitungsvermög«n wächst etwas schneller als proportional der Quadratwurzel aus der Con- centration. Umgekehrt ist es bei den höheren Concentra- tionen von den am schlechtesten leitenden Salzen (Li- und Tl-Salze), wo das Leitungs vermögen etwas langsamer zu- nimmt als die Quadratwurzel aus der Concentration.

Eine dritte Begelmässigkeit findet man auch gleich bei der Betrachtung der vorigen Tabelle. Je grösser das Atom- gewicht des Alkalimetalls, desto grösser ist die Leitfähigkeit Nehmen wir die unter ber. stehenden angenäherten Werthe

Electricitätsleitung durch Sahdämpfe. 39

des Leitungsvermogens für Vie*^^^™^^^ Lösungen, so finden wir f&r:

Metall Li Na K Rb Cb T1

Atomgewicht 7 23 39 85 138 204

Leitungsvermögen 2,5 8,5 64 82 116 5

Das Thallium passt offenbar in diese Reihe nicht hinein. Thallium steht auch in anderen Hinsichten nur halbwegs in der Gruppe der Alkalimetalle und nähert sich sehr den schweren Metallen, besonders Blei. Das Leitungsvermögen seiner Dämpfe entspricht also gänzlich seiner chemischen Stellung, und man braucht es nicht als eine Ausnahme an- zusehen.

4. Leitungsvermögen der Wasserstoff- und Ammonium-

verbindungen.

Im Vorigen haben wir gesehen, dass die Stromstärke in der reinen (nichtsalzhaltigen) Flamme in 10"^ Amp. folgende Werthe annimmt.

F

= 40 Clarks

» = 34

*b*r

= n,i

DiflF.

= - 16,9

20 r,

21,2

WVA

11,9

- 9,3

10 »

14,3

9,0

5,3

5 »»

10,0

7,0

- 8,0

- ,,

6,7

5,5

- 2,2

l 1,

5,3

4,8

- 0,5

0,78 »

•*,7

4,6

- 0,1

0,39

3,8

4,0

+ 0,2

0,156

2,2

2,6

+ 0,4

0,078

1,1

1,4

+ 0,3

Wenn man diese Ziffern mit Hülfe der oben gegebenen Verhältnisszahl der Ausschläge zu denjenigen für 40 Clarks, nämlich :

1 : 0,697 : 0,526 : 0,408 : 0,323 : 0,281 : 0,270 : 0,242 : 0,151 : 0,08

berechnet, so findet man eine Beihe, oben als tb«,. tabellirt, welche in keiner Weise mit den Beobachtungen in lieber- einstimmung zu bringen ist. Rechnet man so, wie oben, dass die beiden Reihen für niedere electromotorische Kräfte eini- germaassen übereinstimmen, so sind die Abweichungen für höhere electromotorische Kräfte, wie man aus der Tabelle ersieht, ziemlich nahe der electromotorischen Kraft propor- tional. Man kann daher den Ausschlag für die reine Flamme mit genügender Genauigkeit durch die folgende Forme] aus* drücken : i = kf{E) + k^ E.

40 S, Arrhenius,

Wir werden später sehen, dass feste (oder flüssige) Par- tikelchen eine Leitung der Flamme verursachen, welche mit ziemlicher Annäherung dem Ohm' sehen Gesetze folgt. Die obige Formel könnte also in folgender Weise gedeutet wer- den: Die reine Flamme leitet die Electricität in zweierlei Art, theils wie die (Alkali-) Salze, theils durch suspendirte nicht-gasförmige Partikelchen. Der Theil des Stromes, wel- cher durch die erstgenannte Leitung vermittelt wird, ist durch das Glied hf{E), derjenige zufolge der nicht-gasformi- gen Partikelchen durch das Glied k^E dargestellt. Dass feste (oder flüssige) Partikelchen in der Flamme vorkommen, geht schon daraus hervor, dass sie ein, obgleich sehr schwaches, continuirliches SpectrUm besitzt Uebrigens ist es leicht, diese Leitung bedeutend zu vergrössern, wenn man den Luft- zufluss aus dem Zerstäuber vermindert. Es erübrigt jetzt die Frage: wovon kann die mit der Leitung der Alkaliver- bindungen analoge Leitung der Flamme herrühren? Von den in der Flamme vorkommenden vielen Verbindungen kommt wohl der Wasserdampf (HÖH) in chemischer Be- ziehung einigen Alkaliverbindungen (KOH, NaOH etc.) am nächsten. Es wäre daher in erster Linie zu vermuthen, dass der Wasserdampf auch etwas an der Leitung theilnehmen würde. Untersuchen wir diese Vermuthung näher. Von 100 ccm Leuchtgas entstehen, wie leicht zu berechnen ist (vgl. p. 24), 134 ccm Wasserdampf vom gleichen Druck. Neh- men wir an, dass in der Nähe der Electroden nur die Hälfte des Leuchtgases verbrannt sei, so entsprechen 67 ccm Was- serdampf 100 ccm des zuströmenden Leuchtgases. Nun kom- men in der Secunde 32 ccm Leuchtgas vom Atmosphärendruck in die Flamme hinein, folglich entspricht dies einem Zufluss von 22 ccm Wasserdampf per Secunde. Diese 22 ccm enthalten (bei Atmosphärendruck) sehr nahe 0,001 Grammmolecül HgO; in einer Minute fliesst folglich 0,06 Grammmolecül zu. Von einer Normallösung werden (vgl. p. 24) 0,25 . 10"^ Gramm- mol. Salz pro Minute aus dem Zerstäuber mitgeführt. Die Menge von Wasserdampf in der Flamme ist also dieselbe, wie wenn eine 0,06/0,25. 10"^ = 24000-normale Wasserlösung zerstäubt würde. Es ist daher ziemlich gleichgültig, ob Wasser aus dem Zerstäuber mitgenommen wird oder nicht,

Electricitätsleitung durch Salzdämpfe, 41

da die Yom Zerstäuber gelieferte Wassermenge sich zu der aus dem Leuchtgas entstehenden wie 55,5 zu 24000 verhält. Ange- nommen weiter, dass das Leitungsvermögen des Wasserdampfes, wie dasjenige der Salzdämpfe, proportional der Quadratwurzel aus der Menge ist , so würde die Flamme gespeist durch eine Normallösung von Wasser im Zerstäuber (wenn kein anderes Wasser zur Flamme zugeführt würde) ^24000 =155 mal schlech- ter leiten, als sie thatsächlich zufolge ihrem Wassergehalt thut. Dieses letzte Leitungsvermögen gibt für 0,2 Daniell eine Stromstärke von etwa 2,4 . 10~® Amp. Also würde eine zer- stäubte Normallösung von Wasser, unter gleichen Umständen, eine Stromstärke von 1,5 . 10~^^ Amp. ergeben , also etwa ^«00 ^®® Leitungsvermögens von den am schlechtesten leiten- den Alkaliverbindungen (Li-Salze) besitzen. Wenn wir daher annehmen, dass der Wasserdampf, ausser den Staubpartikel- chen, die Leitung der reinen Flamme verursacht, so ist jeden- falls das Leitungsvermögen des Wassers unvergleichlich viel kleiner als dasjenige der Alkaliverbindungen.

Man könnte vielleicht vermuthen, dass die im destillirten Wasser vorkommenden Salze das Leitungsvermögen der reinen Flamme theilweise bedingen. Dies kann aber nicht gut der Fall sein, denn Wasserleitungswasser, welches dieselben Salze in sehr viel grösserer Menge enthält, gab zerstäubt eine Flamme, welche nur wenig (etwa 10 bis 20 Proc.) oder gar nicht besser leitete als diejenige mit destillirten Wasser. (Uebrigens ist die Leitung der reinen Flamme so gut wie unabhängig von dem Wasserzuöuss vom Zerstäuber.)

Ebenso wie Wasserdampf kein merkbares Leitungsver- mögen besitzt, so ist dies der Fall mit den anderen Wasser- stoffverbindungen, den Säuren. Ich habe von diesen drei starke anorganische Säuren, welche voraussichtlich unter den feuerbeständigsten sind, nämlich HCl, HBr und flsSO^ ge- prüft. Ich fand folgende Ausschläge (nach Correction für die reine Flamme) gültig für 0,2 Daniell:

2-n HCl 0,33-71 HBr H,S04 - 0,2 + 0,1 + 0,2

Diese Grössen fallen gänzlich innerhalb der Beobach- tungsfehler, alle untersuchten WasserstoflFverbindungen haben daher kein merkbares Leitungsvermögen. Sicherlich zerfällt

42 S. Arrhenius.

H3SO4 (wenigstens theilweise) in der Flamme, HCl und HBr dürften aber nicht in bemerkenswerthem Grade bei dieser Temperatur zersetzt sein. Ich habe auch Versuche mit Essig- säure (4-normale) angestellt, ebenfalls mit negativem Resultat, was ja erklärlich ist, da sie in der Flamme gänzlich zu Was- ser und Kohlensäure verbrennt.

Ebenso wie die Säuren verhalten sich die Ammonium - salze, von welchen ich nur Chlorammonium (in normaler Lösung) untersucht habe. Sie zerfallen nämlich in Ammoniak, welcher verbrannt wird, und Säure, und da die Verbrennungs- producte (HgO und N^j) ebensowenig wie die Säure die Flamme leitend machen, so muss man dieses Verhalten der Ammo- niumsalze erwarten.

5. Leitungsvermögen der Verbindungen von Mg, Ca, Sr und Ba.

Während bei den Alkaliverbindungen die Flamme in äusserst kurzer Zeit ein bestimmtes und nachher unverän- derliches Leitungs vermögen annimmt, zeigen obengenannte Verbindungen ein ganz anderes Verhältniss. Wenn sich in dem Zerstäuber eine Lösung dieser Verbindungen befindet, so nimmt der Ausschlag an dem Galvanometer allmäh- lich zu, bisweilen sehr langsam, und wächst bis zu einem Grenzwerth. Wenn man dann den Zuöuss vom Zerstäuber unterbricht und denselben mit destillirtem Wasser ausspült, so verschwindet die Wirkung der Metallverbindung nicht wie bei den Alkalisalzen in ein paar Minuten, sondern die Leit- fähigkeit der Flamme bleibt sehr gross und die Electroden können stundenlang geglüht werden, ohne dass diese Nach- wirkung ausbleibt. In einigen Fällen kann man durch wie- derholtes Waschen der Electroden mit Wasser die Ursache dieser Nachwirkung entfernen, bisweilen hilft auch dies nicht, sondern man muss die Electroden wiederholt mit Chlorwas- serstoff waschen und dazwischen ausglühen, um die Platten in ihren ursprünglichen (reinen) ^) Zustand zu versetzen. Bei diesem Waschen der Platten mit HCl wurde ein sehr aus-

1) In einigen Fällen konnte ich vor dem Waschen einen deutlichen weissen Anflug auf den Platten bemerken. Beim Ausglühen der Platten war die Flamme von der betreffenden Verbindung gefärbt (sehr deutlich bei Ba).

Electricitätsleltung durch Salzdämpfe. 43

geprägter Geruch nach Schwefelwasserstoff bemerkbar, sobald eine Baryum- oder Strontiumverbindung untersucht war» Au8 allen diesen Umständen geht deutlich hervor, dass die Platten während des Versuches sich allmählich veränderten^ indem sie sich mit einem festen (oder flüssigen) Körper über- zogen, welcher nur sehr langsam durch Glühen verschwand oder mit Wasser weggewaschen werden konnte oder sogar erst durch Behandlung mit Chlorwasserstoff zu entfernen war. Der Geruch nach Schwefelwasserstoff deutet darauf hin^ dass der betreffende feste Körper, welcher auf den Platten abgesetzt wird, ein Sulfid ist (bei Strontium und Baryum). Wahrscheinlich bildet sich aus den Verbindungen dieser Metalle mit Hülfe des im Leuchtgas immer vorkommenden Schwefelwasserstoffes (und Wassers) die so häufig bei hohen Temperaturen auftretende Mischung von Sulfid und Oxyd. Bei Magnesium und Calcium spielt wahrscheinlich das Oxyd aUein dieselbe Bolle.

Am einfachsten verhalten sich die Magnesiumsalze. Wenn man eine Normallösung von JMgSO^ oder IMgOl, in den Zerstäuber bringt und den Ausschlag beobachtet, so erhält man in der ersten Zeit keine andere Stellung der Galvano- metemadel als für die reine Flamme. Eine electromotorische Kraft von 0,2 Daniell ergab für diese beiden Salze im ersten Augenblick nur 0,3 und 0,2 Scalenth. [k 10"® Amp.) mehr als für die reine Flamme (2 Scalenth.). Bald wächst der Ausschlag, jedoch ziemlich langsam, sodass man den Verlauf gut verfolgen kann. Zuletzt erhält man einen stationären Zustand mit einem Ausschlag von 22 Scalenth., wovon 2 auf die Wirkung der reinen Flamme kommen, also 20 von der eingeführten (auf den Electroden befindlichen) Magnesia (MgO) herrühren. Für andere electromotorische Kräfte findet man folgende (für die Wirkung der reinen Flamme corrigirte)

Ausschläge.

E = 0,1 Dan.

f = 10,4

i^^^ =10(10 «Amp.

0,2

20

20 5,

0,5

56

50

1 ))

103

100 r,

1,28

123

128 rj

2,56

257

256 ?)

44 S. Arrhenius.

Wie man aus den nebengeschriebenen nach dem 0hm'- schen Gesetz berechneten Ausschlägen {i ber.) ersieht, wird dasselbe sehr nahe befolgt. Die Ausschläge sind in diesem Falle nicht so constant wie bei den Alkaliverbindungen, da- her sind die vorkommenden Abweichungen erklärlich. Die an den Electrodenplatten befindlichen Magnesiapartikelchen laden sich proportional der electrischen Ladung der Platten, welche offenbar dem Potential derselben proportional ist Da nun, wenigstens bei nicht allzu grossen Ladungen, die Menge von Magnesiatheilchen, welche sich von den Platten loslösen, immer dieselbe bleibt, so wird die von den Platten in der Zeiteinheit fortgeführte Electricitätsmenge proportional der electromotorischen Kraft. Die Partikelchen werden von der Gasströmung mit in die Höhe geführt, wo die von der positiven und negativen Platte kommenden Theilchen ohne Zweifel allmählich ihre Ladungen ausgleichen. Es ist also die durch diese scheinbare Leitung fortgeführte Electricitätp- menge und daher die zu den Platten von der Electricitäts- quelle strömende Electricität der electromotorischen Kraft proportional; d. h. das Ohm' sehe Gesetz gilt.^)

Mit 1,18-normaler Chlorcalciumlösung und 0,25-normaler Strontiumnitratlösung sind ähnliche Versuche ausgeführt; es zeigte sich, dass, im Ganzen genommen, das Ohm'sche Ge- setz gültig war. Folgende corrigirte Ausschläge wurden erhalten:

für 0,25 - n SrCNOg), : 2 für 1,18 - w CaCU ; 2

E = 0,05 Dan. i =17,5 0,2 Dan. 1 Dan. Ber. 0,2 70 i = 175

1 » 2b0 (ber. 350) 200 935 935

225 1025 1060

245 1112 1175

1) Diese Gültigkeit des Ohm 'sehen Gesetzes für convective Ent- ladungen kann nur so lange stattfinden, als die geladenen Partikelchen nicht von einer Eleetrode zu der anderen wandern, sondern auf dem Wege sich gegen entgegengesetzt geladene Partikelchen entladen. Wenn die ge- ladenen Partikelchen zwischen den Electroden oscilliren würden, so müsste die Stromstärke viel schneller als der electromotorischen Kraft propor- tional wachsen. Spuren von einer solchen Wirkung scheinen bei Blond - lot's Untersuchungen über die Leitung erhitzter Luft sich bemerkbar gemacht zu haben (Journ. d. phys. (2) 6. p. 124. 1887).

Electricitätsleitung durch Salzdämpfe, 45

Bei der ChlorcalciumlösuDg wurden, da der Grenzwerth noch nicht erreicht war, Ausschläge wechselweise für 0,2 und 1 Dan. abgelesen, und die berechneten Ziffern sind aus dem Ohm 'sehen Gesetz gefunden unter der Annahme, das» die Zunahme des Ausschlags regelmässig vor sich ging. Wie aus den Ziffern ersichtlich, sind die berechneten Werthe für 1 Dan. immer etwas grösser als die beobachteten, bei dem Strontiumsalz sogar um 20 Proc. Dies kommt wahr- scheinlich von der wirklichen Leitung der Salzdämpfe. Da diese bei den Magnesiumsalzen verschwindet, ist dies hier nicht mehr der Fall. Bei Chlorcalcium, wo der Grenzwerth recht langsam erreicht wird, ist dies sehr deutlich zu beob- achten. Der Ausschlag gleich nach dem Einbringen einer 0,3 normalen CaClg-Lösung war für:

0,2 Dan. 11,3 1 Dan. 22,8.

Natürlich mussten die Platten zwischen diesen Ver- suchen gewaschen werden. Die beiden Ausschläge folgen in keiner Weise dem Ohm 'sehen Gesetz, welches ein Verhältniss derselben von 1 zu 6 verlangt, während das thatsächliche wie 1 zu 2,02 ist. Vielmehr nähert sich diese Ziffer der bei den Alkalisalzen gefundenen 1 zu 1,8. Bei der Chlorcalcium- fiamme findet also eine zweifache Leitung statt, theils durch eine Art von Oonvection, theils, aber viel unbedeutender im Grenzzustande, durch eine derjenigen der Alkalisalzdämpfe ähnlichen Leitung. Bei den Strontium- und Baryumsalzen wird der Grenzwerth viel schneller erreicht als bei Chlor- calcium, daher habe ich für diese Salze keine genauen Initial- werthe erhalten. Da bei diesen Salzen die Verhältnisse viel verwickelter und die Versuchsfehler grösser als bei den Alkalisalzen sind, und ausserdem die wenigen Versuche^ welche man über die eigentliche Leitung des Salzdampfes, anstellen kann, die Uebereinstimmung dieser Leitung mit derjenigen der Alkalisalzdämpfe andeuten, so habe ich die Untersuchungen betreffend die Salze der alkalischen Erden nicht weiter ausgedehnt. Einige Begelmässigkeiten, welche bei den Beobachtungen gefunden wurden, mögen kurz ange- deutet werden. Der Grenzzustand bildete sich um so schneller aus, je höher das Atomgewicht des Metalls und je concen- trirter die Lösung war. Die Stromstärke zufolge sowohl

46 S. Arrhenius.

<ler coDvectiven wie der eigentlichen Leitung scheint mit <iem Atomgewicht des Metalls zu steigen.

Nach dem oben gesagten ist leicht zu verstehen, warum ich früher die Leitung der reinen Flamme in zwei Theile, eine convective und eine nach Art der Alkalidämpfe verlegt habe.

6. Leitungsvermögen der Salze schwerer Metalle.

Ich habe die Salze (gewöhnlich die Chloride) der ver- schiedensten Metalle durchgemustert, um zu finden, ob die Dämpfe anderer Salze als der oben erwähnten der Flamme ein vergrössertes Leitungsvermögen ertheilen. Unter allen diesen Salzen habe ich nur zwei, nämlich Silbernitrat und Bleinitrat, gefunden, welche diese Eigenschaft in geringem aber doch messbarem Grade besitzen. Es wurden folgende Werthe beobachtet.

Für Silbernitrat (1 n AgNOg) Für Bleinitrat (1 n iPhNjO«)

E = 1 Clark 40 Clarks E = 1 Clark 40 Clarks

i = 3,0 9,0 i = 2,0 9,0

Da diese Werthe so klein sind, dass vermuthet werden könnte, dass sie von Spuren von Verunreinigungen her- rührten, so habe ich zwei andere schön krystallisirte Präpa- rate untersucht, wovon jedenfalls das eine, das Silbernitrat, infolge der Bereitungsmethode keine merkbaren Spuren von Alkalisalzen enthalten konnte. Ich fand genau dasselbe Resultat wie vorhin. Es ist also wahrscheinlich, dass die Silber- und Bleisalze der Flamme ein sehr kleines Leitungsver- mögen vertheilen. (64 Aequivalente dieser Salze wirken ungefähr so stark, wie ein Aequivalent der schlechtestleitenden Alkali- salze, d. h. der Lithiumsalze.] Da nun in chemischer Be- ziehung Silber recht nahe mit den Alkalimetallen und Blei mit Thallium und Baryum verwandt sind, so könnte eine solche kleine Einwirkung des Bleis und des Silbers, welche bei den anderen schweren Metallen nicht vorzukommen scheint, verständlich erscheinen.

Ich gebe unten die beobachteten und corrigirten Aus- schläge für die anderen untersuchten Salze bei electromoto- rischen Kräften von 1 und 40 Clarks.

Ekciricitäisleitung durch SaUdämpfe, 47

1 Clark 40 Glarks

n iCuS04, Kupfersulfat 0,2 0

n iCuCl,, Kupferchlorid 0,1 1,0

n iZnClj, Zinkchlorid 0 —1,0

n iZnSO«, Zinksulfat 0,3 0

,7n |SnCl4, Zinnchlorid 0,1 0

n ^ CdClg, Cadmiumchlorid .... 1,1 4

n ^FeN.H98.0ß, Ammoniumferrosulfat 0,8 1

n iNiSO«, Nickelsulfat 0 4

n iCoCL, Kobaltchlorür 1,8 6

n |MnCl^, Manganchlorür 1,4 8

n i CrCl,. Chromchlorid 1,0 1,5

n IAINsOs, Aluminiumnitrat .... 0 1

Ich habe von jedem Metall im allgemeinen nur eine einzige Verbindung untersucht, da es sich früher herausge- stellt hat, dass verschiedene Verbindungen desselben Metalls sich sehr ähnlich verhalten. Die untersuchten Cadmium- und Chrom verbin düngen enthielten anfangs sehr grosse Mengen von Alkalisalzen, ihre Flamme zeigte starke Natrium- reaction und die Ausschläge waren für 1 Clark resp. 9 und 39 Scalentheile. Um diese Alkalisalze zu beseitigen, wurden die Lösungen der Cadmium- und Chromsalze mit Ammoniak gefällt und die Fällungen wiederholt mit Wasser gewaschen. Nach zweitägigem Auswaschen wurden sie abfiltrirt und in Chromwasserstoff gelöst. Die so erhaltenen Präparate waren ohne Zweifel etwas chlorammoniumhaltig, da aber die Am- moniakverbindungen nicht leiten, so schadete diese Verun- reinigung nicht. Die Flamme zeigte wohl noch deutliche Natriumreaction , das Leitungsvermögen der Flamme war aber auf einen Sealentheil für 1 Clark reducirt. Da nun ein Sealentheil in diesem Falle etwa ^/^qqq n NaCl oder \'j^j^^^ n KCl entspricht, so ist es höchst wahrscheinlich, dass die noch übrige Wirkung der Cadmium- und Chrom- salze auf einer verschwindenden und schwer zu entfernenden Spur von Alkalisalz beruht. Aehnlich ist es wohl auch der Fall mit den benutzten Mangan- und Kobaltsalzen, welche beide eine deutliche Natriumreaction in der Flamme er- gaben. Die übrigen Salze gaben keine Spur von Natrium- reaction, und ihre Wirkung auf die Flamme liegt gänzlich innerhalb der Versuchs fehler. Zu erwähnen ist weiter, dass die Eisen-, Kobalt- und Nickelsalze ein kräftiges continuir- liches Spectrum der Flamme ertheilten, ohne dass jedoch

48 Ä Arrhenius.

die convective Leitung der Flamme nennenswerth vergrössert wurde.

Ich komme also zu dem Resultat, dass alle anderen (untersuchten) Salze, als diejenigen der Alkali- und alka- lischen Erdmetalle, wozu auch Silber und Blei gerechnet werden können, der Bunsenflamme kein merkbares Leitungs- vermögen ertheilen.

7. Leitungsvermögen von Mischungen.

Ich habe theils einige Versuche mit Mischungen von Natriumsalzen, theils einige mit Mischungen von Natrium- und Kaliumsalzen angestellt. Im ersten Falle ergab sich, dass eine Mischung von a Grammmolecülen NaCl mit b Gramm- molecülen NaOH oder NagSO^ der Flamme dasselbe Lei- tungsvermögen ertheilte, wie a + b Grammmolecüle NaCl, was ja sehr leicht aus dem früher Gesagten zu verstehen ist,, da alle Natriumsalze in äquivalenten Mengen nahezu dieselbe Wirkung ausüben.

Mehr Interesse bieten die Versuche mit Mischungen aus Kalium- und Natriumsalzen, welche ich deshalb hier an- führe. Die Versuche wurden mit einer electromotorischen Kraft von 1 Daniell ausgeführt. Die angewandten Lösungen waren Mischungen aus verschiedenen Mengen Kaliumsulfat oder Chlorkalium mit ^I^Q-normaAen Lösungen von resp. Na- triumsulfat oder Chlornatrium. Das Leitungsvermögen der reinen Flamme entsprach fünf Scalentheilen, welche von den beobachteten Ausschlägen abgezogen wurden. Da die beiden Keihen sehr nahe gleiche Werthe ergaben, was ja nach dem Vorigen zu erwarten war, so habe ich bei den Berechnungen das Mittel aus den beiden Reihen mit dem für beide Fälle berechneten identischen Werth verglichen. Ausserdem habe ich die Resultate in 10~^ Amp. und auf eine electromoto- rische Kraft von 0,2 Daniells umgerechnet. Die Resultate

sind folgende:

Ausschlaf: ujii*x-.i i in 10~' Amp.

'ber.

5.3 6,8

Ausschlag

Mittel

i in 10~' Amp.

A

= -iSO,

A = Ci

für 0,2 DIL

^V NaA

7,8

7,5

7J

4,8

Wo€ KA

2,3

2,3

2,3

1,4

,f..KA4-^NaA

8,6

7.9

8,3

5,2

ttf'.t KA

7,6

8,0

7,8

4,9

T^^,,KA-h J, NaA

11,^)

11,1

11,5

7,2

,lc KA

21,3

23,3

22,3

13,9

Electricitätsleitung durch Salzdämpfe, 49

Auaschlag \f;**^i * '^^ 10~ Amp.

A = iSO, A = Cl ^^^^^^ ftir 0,2 Dan. tber.

,1^ KA + NaA 18,7 21,1 19,4 12,1 12,8

^ KA 51,0 54,6 52,8 32,9

5»g KA + 5>ft NaA 41 41 25,6 27,2

^ KA 108 102 105 65

^ KA + 3'« NaA 84,8 84,5 84,7 53 53,1

Die in der vierten Columne stehenden Zahlen sind aus denen der dritten Columne durch Multiplication mit 65/105 berechnet Das Leitungsvermögen einer von 7i6^ Kalisalz- Ukiung gefärbten Flamme ist nämlich bei 0,2 Dan. durch die StromstSxke 65.10~~® gekennzeichnet (ygl. p. 36). Die unter i'bcr. stehenden Ziffern sind unter der Annahme gefunden, da88 die beiden in der Flamme gemischten Salzdämpfe Elec- trolyte sind, welche ein gemeinsames Ion besitzen. In Bezug auf den Gang der Kechnung verweise ich auf ähnliche Be- rechnungen über in Wasser gelöste Electrolyte.^) Dabei wurde auch angenommen, dass die betreffenden Kali- und Natronverbindungen in äusserster Verdünnung ein nahezu gleiches moleculares Leitungsvermögen besitzen. Wenn auch diese Grösse etwas, aber nicht sehr viel, variirte, so übte dieser Umstand keinen nennenswerthen Einfluss auf das Ergebniss der Rechnung aus. Die Rechnungen stimmen genügend gut mit der Erfahrung überein. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass die bei der Rechnung gemachten Vor- aussetzungen sich der Wirklichkeit recht nahe anschliessen.

Andere Versuche betrafen das eigenthümliche Verhalten von Bromnatrium in höheren Concentrationen. Es ist sehr wahrscheinlich, wie wir später zeigen, dass alle Natrium- salze in der Flamme in Natron und Säure umgesetzt werden. Es findet also ein Gleichgewichtsverhältniss zwischen den vier Gasen HBr, HÖH, NaBr und NaOH statt Wenn man die Menge von HBr in der Flamme vergrösserte, so würde die Menge von NaBr auf Kosten der Menge von NaOH wachsen. Es wäre möglich, dass NaBr besser leitete als NaOH, und da der Procentgehalt an NaBr mit zunehmender Concentration wächst, so würden concentrirte Lösungen von NaBr besser leitende Flammen als ent- sprechende NaOH -Lösungen geben. In äusserster Verdün-

1) Arrhenius, Zeitschr. f. phys. Chem. 5. p. 1. 1890. Ann. d. Phys. o. Chem. N. F. ZLII. 4

50 S. ArrJienius,

nung wäre aber das NaBr so gut wie vollkommen in nicht- leitendes HBr und NaOH zersetzt, also würden dann NaBr und NaOH gleich gut leitende Flammen ergeben. Wenn diese Erklär ungs weise zutreflFen würde, so müsste aber eine NaBr-Lösung eine besser leitende Flamme geben, wenn HBr sich darin befände, als wenn dies nicht der Fall wäre. Die Versuche ergaben:

E = 0,2 Daniel!. Lösung j\ NaBr i = 9,2 Scalentheile.

^ NaBr + j\^ HBr 9,4

is NaBr + -^^ HBr 9,3

Vs NaBr + j\ HBr 9,6

Die beobachtete Yergrösserung des Leitungsvermögens ist so klein, dass sie innerhalb der Versuchsfehler tUUt, und diejenige, welche wir zu erwarten hätten, ist viel grösser.

Dies erkennt man am leichtesten an einem numerischen Beispiel. Wenn wir annehmen, dass in der von einer Nor- mallösung herrührenden Flamme die Hälfte des NaBr in NaOH und HBr zerfallen wäre, so würden wir für diesen Fall aus der Gleichgewichtsgleichung: (MengeHBr)x (Menge NaOH) » Gonstantex (Menge HÖH) x (Menge NaBr)

für die constante Grösse Constante x (Menge HÖH) den Werth V2 erhalten. Nehmen wir nun Vis-^^ormale NaBr- Lösung, so finden wir aus derselben Gleichung, dass in diesem Falle 88 Proc. des NaBr in NaOH und HBr zer- setzt sind. Ebenso finden wir, dass, wenn 7i2^ HBr zuge- setzt wird, nur etwa die Hälfte (45 Proc.) des NaBr zerfällt. Ebenso also, wie 1 n NaBr die Flamme anderthalbmal besser leitend macht als In NaOH, so müsste ^is^ NaBr + ^jgW HBr die Flamme auch etwa anderthalbmal besser leitend machen als Via'* NaOH oder, was dasselbe ergibt, ^is** NaBr allein. Aehnliche Resultate bekommt man auch für andere Annahmen über die Grösse der Zersetzung von NaBr in der von einer Normallösung gelieferten Flamme. Da wir nun thatsächlich durch Zusatz von Vis'^ HUr keine merk- bare Aenderung der Leitfähigkeit bekommen, so ist unser Versuch, in der oben angeführten Weise die Abweichungen des NaBr in concentrirteren Lösungen zu erklären, unhaltbar.^)

1) Diese Beweisführung könnte natürlich leicht etwas strenger ge- halten werden. Da sie aber nur ein negatives Resultat ergibt, habe ich es vorgezogen, sie nur kurz anzudeuten.

E^ectricitätsleitiing durch Salzdämpfe, 51

Wir haben oben angedeutet, dass vielleicht der Wasser- dampf in der Flamme in äusserst geringer Menge electro- lytisch dissociirt ist und dadurch die Leitung der reinen Flamme zum Theil verursacht. Unter diesen Umständen kann man die Richtigkeit der oben benutzten Corrections- weise für die Wirkung der reinen Flamme in Zweifel ziehen. Wahrscheinlich werden die corrigirten Werthe durch die be- nutzte Behandlungsweise etwas zu klein. Da es aber äusserst schwer wäre, mit Hülfe unserer jetzigen mangelhaften Kennt- nisse über die Grösse des Leitungsvermögens in unendlicher Verdünnung für HÖH (vgl. weiter unten) die unserer Hypo- these von der electrolytischen Leitung entsprechende Cor»- rection zu ermitteln, so habe ich die für flüssige Electrolyten verwendete Correctionsweise benutzt. Dies habe ich um so eher gethan, als durch diese einfache Behandlungsart die Uebersichtlichkeit bewahrt wird. Auf die Berechnungen über den Einfluss der electromotorischen Kraft auf die Stromstärke würde übrigens die angedeutete Aenderung der Correction voraussichtlich keinen bedeutenden Einfluss aus- üben. Jedenfalls muss man den grösseren Ziifern, bei wel- chen die Correction unbedeutend ist, grössere Bedeutung zuschreiben als den kleineren.

8. Electromotorische Erregung durch die Flamme.

Da die meisten oben erwähnten Versuche für eine elec- trolytische Leitung der Salzdämpfe sprechen, habe ich auch untersucht, ob ein Strom zwischen zwei verschiedenen in die Flamme eingetauchten einander berührenden Metallen entsteht. Dies ist wirklich der Fall Da die Flamme für die meisten Metalle zu heiss war, konnte ich nur die schwer- schmelzbarsten verwenden, nämlich ausser Platin auch Nickel und Eisen. Die electromotorische Kraft wurde, in gewöhn- licher Weise, nach der Poggendor ff sehen Methode ge- messen. Der Strom ging immer vom Eisen oder Nickel zum Platin durch die Flamme, also genau wie wenn die Flamme eine Salzlösung gewesen wäre. Dies letzte gilt aber nur, wenn die beiden eingetauchten Platten auf beiden Seiten von der Flamme umspült werden. Stand die eine Platte (Fe oder Ni) am Rande der Flamme, sodass nur die eine Seite

52 S. Arrhenius,

des Metalls von der Flamme berührt wurde, so waren die Störungen so gross, dass eine Umkehrung der Stromesrich- tung vorkommen konnte. Umgekehrt wurde die electro- motorische Kraft sehr stark vergrössert, wenn man die Platinplatte an den Rand der Flamme stellte. Um die Fehlerquellen so weit wie möglich zu beseitigen, wurden Be- stimmungen bei drei Lagen der Platten in der Flamme aus- geführt. Erst wurden die Electroden so geschoben, dass die Axe der Flamme in ihre Mitte fiel. Nachher wurden die beiden Electroden so unsymmetrisch wie möglich zu den beiden Seiten gestellt, ' ohne dass die Flamme aufhörte, die beiden Platten zu umgeben. Das Mittel aus diesen drei Bestimmungen wurde genommen. Es wurde gefunden:

Für Fe | Pt. Für Ni ( Ft.

in Flamme von: in Flamme von:

1 n KOH 0,27 Dan.

IniK^SO^ 0,25 InLiCsHjOa 0,23 »

Mittel 0,25 Dan. =0,29 Volt

1 n NaCl 0,47 Dan.

1 n J. NalSO^ 0,43 » In KOH 0,44 »

Mittel 0,45 Dan^ = 0,51 Volt.

Da die Eisen- und Nickelplatten etwas dicker waren als die PlatinplattOy und dies vielleicht einen Einfluss haben konnte, so untersuchte ich die Potentialdifferenz zwischen einer dickeren und einer dünneren Platinplatte. Dieselbe wurde im Mittel gleich 0,02 Dan. gefunden, eine Grösse, welche innerhalb der Versuchsfehler liegt. Der Strom ging durch die Flamme von der dünnen zu der dicken Platte, wie es auch von früheren Beobachtern gefunden ist.^) Die oben angegebenen Potentialdifferenzen Fe|Pt und Ni|Pt sind also eigentlich etwas zu vergrössern. Dies hat aber keinen Einfluss auf unseren Schluss, dass die Salzdämpfe enthaltende Flamme sich wie ein Electrolyt verhält in Bezug auf die Potentialdifferenz zwischen darin eingetauchten ver- schiedenartigen Metallplatten, indem diese Potentialdifferenz von demselben Zeichen und derselben Grössenordnung ist, wie bei den wässerigen Electrolyten. Uebrigens hat Hankel schon vor über dreissig Jahren nachgewiesen, dass die Alkohol- flamme sich in dieser Beziehung wie ein Electrolyt verhält^

1) G. Wiedemann, Electricität. 4. p. 897. 1885.

2) Hankel, Pogg. Ann. 108. p. 148. 1859. G. Wiedemann, Elec- tricität. 4. p. 879. 1885.

Electricitätsleitung durch Salzdämpfe. 5B

9. Zusammenstellung.

Wir wollen jetzt sehen, zu welchen Schlüssen ¥rir durch die oben erwähnten Beobachtungen geführt werden. Wir haben zwei verschiedene Arten von Leitung zu betrach- ten gehabt, eine convective (von festen oder flüssigen Par- tikelchen herrührende) und eine für die Salzdämpfe eigen- thümliche. Die charakteristischen Merkmale für die convec- tive Leitung, welche am ausgeprägtesten bei den Magnesium- salzen hervortritt, sind folgende. Sie fängt im allgemeinen nicht an, sobald der Salzdampf in die Flamme hineinkommt und hört nicht auf, wenn der Salzdampf aus der Flamme ver- schwindet, sondern sie nimmt allmählich von Null an zu wäh- rend des Einblasens von Salzlösung, wächst zu einem Maxi- mum, um dann langsam abzunehmen, nachdem der Zufluss der Salzlösung aufgehört hat. Sie wird offenbar nicht primär von den Salzdämpfen hervorgerufen, sondern ist eine Folge von der Wegführung der Ladung durch kleine feste (oder flüssige) Partikelchen, wahrscheinlich aus Oxyden und Sul- fiden bestehend, welche aus dem Salz entstehen und eine Zeit lang an den Platten haften bleiben, wie es in einigen Fällen nachgewiesen ist (besonders für Ba- und Sr-Verbin- dungen). Diese Leitung folgt mit ziemlich grosser Annähe- rung dem Ohm'schen Gesetz, was nur dadurch erklärlich wird, dass die kleinen geladenen Partikelchen nicht zwischen den Electroden oscilliren, sondern sich durch Begegnung mit entgegengesetzt geladenen Partikelchen (von der anderen Electrode) neutralisiren. Diese Art von Leitung kommt allein bei den Magnesiumsalzen vor, ist vorherrschend bei den Salzen von Ca, Sr und Ba, und findet sich nur spuren- weise neben der eigentlichen Dampfleitung bei den Alkali- verbindungen (vgl. p. 31). Ausserdem kommt sie in der Leitung der reinen Flamme vor.

Von ganz anderer Natur ist die eigentliche Leitung der Salzdämpfe. Sie tritt gleich ein, sobald der Salzdampf in die Flamme hineinkommt und hört gleichzeitig mit dem Verschwinden desselben aus der Flamme auf. Sie ist also als eine wesentliche Eigenschaft des Salzdampfes anzusehen. Sie folgt dem Ohm'schen Gesetz nur bei sehr niederen elec-

54 S. Arrhemus.

tromotorischen Kräften, bis zu etwa 0,2 Volt, und weicht dann sehr stark von demselben ab. Es findet aber eine grosse Begebnässigkeit für alle Salzdämpfe statt, indem die Stromstärken bei zwei verschiedenen electromotorischen Kräften in demselben Verhältniss stehen, unabhängig von der Natur des Salzdampfes. Bei niederen electromotorischen Kräften gilt, wie gesagt, das Ohm'sche Gesetz, welches be- kanntlich, streng genommen, nur für die Metalle und nicht für die Electrolyte, wegen der eintretenden Polarisation, Gel- tung hat. Indessen haben die Untersuchungen vonClark^) und in letzter Zeit die von Foincare^) erwiesen, dass in Electrolyten bei sehr hohen Temperaturen infolge der DiflFu- sion der Zersetzungsproducte keine Polarisation eintritt. A fortiori muss dieser Umstand sich bei den glühenden Gasen geltend machen. Es ist daher die Gültigkeit des Ohm'schen Gesetzes für die Dampfleitung bei niederen elec- tromotorischen Kräften kein Hinderniss für die Annahme, dass diese Leitung electrolytischer Natur sei.

Dass das Ohm'sche Gesetz bei höheren electromotori- schen Kräften nicht gültig ist, kann von zwei verschiedenen Umständen herrühren. In erster Linie kann man an fol- gende Möglichkeit denken. Das Ohm'sche Gesetz bei den Electrolyten verlangt, dass die Ionen in dem umgebenden Mittel einen Reibungswiderstand erfahren, welcher ihrer Ge- schwindigkeit genau proportional ist. Dies könnte bei den wässerigen Electrolyten sehr wohl der Fall sein, da sogar bei dem wohl selten vorkommenden Potentialabfall von 1 Volt pro Millimeter die Geschwindigkeit der Ionen nur einen Bruchtheil von einem Millimeter (pr. See.) erreicht^), eine Grösse, welche wahrscheinlich gegen die Geschwindigkeit der Molecüle vollkommen verschwindet. Dies braucht aber nicht für die von uns untersuchten Gase der Fall zu sein.

Um dies besser zu beurtheilen, müssen wir uns einen Begriff über die Geschwindigkeit der Gasionen bilden. Zu

1) Clark, Phil. Mag. (5) 20. p. 37. 1885.

2j Poincar6, Compt. rend. 110. p. 950. 1890.

3) F. Kohlrausch, Wied. Ann. 6. p. 206. 1879. G. Wiedemann, ElectricitÄt 2. p. 966. 1883.

ElectricitätsUitiing durch Salzdämpfe. 55

diesem Zwecke benutzen wir die von Nernst^) abgeleitete Beziehung zwischen Diffusionscoefticient und Beweglichkeit der Ionen, sowie die von Loschmidt gefundenen Gesetze für die Grösse des Diffusionscoefficienten der Gase. Nach Loschmidt^ ist der DiflFusionscoefficient (ä) für Kohlen- säure gegen Luft bei 0^ C. und 760 mm Druck.

Ä = 0,05123^^^' = 0,142 g.

Der Diffusionscoefficient ist nach N ernst unter übrigens gleichen Umständen umgekehrt proportional dem Reibungs- widerstande, welchen die Moleküle bei ihrer Bewegung er- leiden. Nach Loschmidt ist weiter der Diffusionscoefficient eines Gases gegen Luft der Quadratwurzel aus dem Mole- culargewicbt des Gases nahezu proportional. Diese Regel- mässigkeit, welche rein empirischer Art ist, können wir als gültig annehmen, so lange die Moleculargewichte nicht sehr verschieden sind von. den Molekulargewichten der von Lo- schmidt untersuchten Gase. Um also einen mit Kohlensäure, dessen Moleculargewicht 44 ist, vergleichbaren Electrolyt zu nehmen, berechnen wir die Verhältnisse für Ealihydrat, dessen Ionen die Moleculargewichte K = 39 und OH = 17 haben. Die Reibungswiderstände bei der Bewegung von E und OH in Luft verhalten sich zu denjenigen von COj in Luft resp. wie V39/44 und wie V17/44. Wenn wir also annehmen, dass dissociirtes Kalihydrat gegen Luft diifundirt, so wird der Diffusionscoefficient :

-=^ ^ ,^_^- 0.142 = 0,182 ^—

V39/44 + V17/44 ^ec.

Die treibende Kraft ist nämlich in diesem Falle ver- doppelt, herrührend sowohl von dem Partialdruck (den Be- wegungen) des Ions K wie des Ions OH, und die Reibung ist gleich der Summe der Reibungen für K und OH. ^) Dies gilt bei 0*^ C. und Atmosphärendruck; bei einer anderen Temperatur T (absolut) ist nach Loschmidt der DiflFusions- coefficient (für dissociirtes KOH):

1) Nernat, Zeitschr. f. phys. Chem. 2. p. 613. 1888.

2) Loschmidt, Wien. Ber. Abth. 2. Ö2. p. 476. 1870.

3) Nernst, 1. c. p. 621.

56 iS. Arrhenius,

*!- 0,182 ^-^Jj,.

Nun ist weiter nach einer von Nernst entwickelten Formel:

h == 1,121 .10-*Do , Q— ' ^ ' ^^^^ K 4- r See.

WO Pq den Druck von 1 Grammmolekül Gas in 1 ccm dar- stellt (in Kilogramm per cm»); also p^ = 23080 T/273.1) Durch Einführung dieser Grösse bekommen wir (f&r dissocürtes KOH bei der absoluten Temperatur T und Atmosphären- druck) :

*i=0,182^j, =5,17^-1 A^.

«V

Hier sind u und v die von Kohlrausch für verschie- dene Ionen bestimmte Leitungsvermögen (in ä.-E.). Nun ist V = \^b Uj wo 1/ auf K und v auf OH Bezug hat, da nach dem Vorigen m: v = yi7 :y39 = 1 : 1,5.m und v sind nämlich die Geschwindigkeiten, welche K und OH annehmen, wenn sie durch dieselbe Kraft getrieben werden, also den Bei- bungswiderständen umgekehrt proportional. Berechnen wir u und V aus der oben gegebenen Formel mit Einführung von r= 1200 + 273, so bekommen wir:

u = 0,316, V = 0,478.

Zur Vergleichung mag angeführt werden , dass in wässeriger Lösung bei 18*^ C. die Leitungsvermögen für K und OH nach Kohlrausch sind:

M = 48.10-^ t; = 141.10-^2)

Nun beträgt die Geschwindigkeit von K-Ionen in wäs- seriger Lösung (bei 18® C), wenn der Potentialfall 1 Dan. per mm ist, 0,058 mm per See. Weiter sind diese Geschwin- digkeiten der Grösse von u proportional, folglich ist die Ge- schwindigkeit (A) von K-Ionen in der Flamme (bei 1200*^ C.) sfleich *

A= *^. 0,058^ =382 |5-

48.10""' ^ec. See.

1) Nernst, 1. c. p. 616.

2) F. Kohlrausch, Wied. Ann. 6. p. 183. 1879. Nach neuereu An- sichten sind die Zahlen u = 59.10"^ und v =* 152.10~^ richtiger, da aber dies keinen Einfluss auf unsere Berechnungen hat, so habe ich die älteren Ziffern ungeändert gelassen.

ElectricitätsUitung durch Salzdämpfe, 57

Da in dem vorliegenden Fall die Electroden 5,6 mm voneinander entfernt sind, so wird, wenn als Stromquelle 1 Dan. benutzt wird, der Fotentialabfall 5,6 Mal kleiner und daher die Geschwindigkeit der Ionen, welche dem Potential- abfall proportional ist, nur 68 cm per See. Die entsprechende Zahl für OH ist 102 cm per See. Unter der Annahme, dass die Geschwindigkeit dem Potentialfalle proportional wächst, würde bei den höchsten von mir benutzten electromotorischen Elräften (40 Clark = 51 Dan.) die Geschwindigkeit folgende Werthe erreichen:

h = 3470 cm per See, Aj •= 5200 cm per See.

Als Vergleich mag der MaxwelTsche Mittelwerth für die Geschwindigkeit der Luftmolecüle bei 1200^ C. dienen. Dieser beträgt 103800 cm in der See, ist also unvergleichlich Tiel grösser als die Geschwindigkeiten der Ionen.

Obwohl die oben berechneten Zahlen für die Geschwin- digkeit der Ionen wegen der Anwendung der von Loschmidt bei gewöhnlicher Temperatur gefundenen Regelmässigkeiten auf sehr hohe Temperaturen nicht sehr genau sein können, so dürften sie doch als Grundlage für die unten angestellten Betrachtungen dienen können.

Wir wollen jetzt die Grenzen bestimmen, welche die lonengeschwindigkeiten erreichen können, ohne dass das Ohm 'sehe Gesetz verletzt wird. Wir benutzen dabei den von Stefan^) abgeleiteten Ausdruck für die von einer Art Engeln (die Ionen) an eine andere Art von Kugeln (die Moleküle der Verbrennungsgase) abgegebene Bewegungs- grösse, wenn die beiden Arten von Kugeln im selben Raum sich geradlinig bewegen, wie man es von den Molecülen der Gase annimmt. Es seien in der Raumeinheit n^ Kugeln der ersten Art (Ionen) mit den Geschwindigkeitscomponenten li + "i> Vi ^ßd fj, und «2 Kugeln der zweiten Art (Moleküle der Verbrennungsgase) mit den Komponenten Ig + "2» V2 ^^^ i^, so ist die relative Geschwindigkeit der beiden Systeme:

und die von den Kugeln erster Art an die Kugeln zweiter Art abgegebene Bewegungsgrösse W\

1) Stefan, Wien. Ber. Abth. IL 65. p. 355. 1872.

58 & Arrhenius,

^ = ^'' ^+1, 2 "' "*'•' (^' - ^1 + «1 - «*)'

wo 5 die Summe der Radien zweier Kugeln der beiden Arten, m^ und m^ die Massen derselben Kugeln sind. 2 bedeutet doppelte Summirung nach n^ und n^.

Schreiben wir der Einfachheit halber li--|2==l> MjS=u (die Geschwindigkeit der Ionen zufolge electrischer Elr&fte) und u^^^Q (die Moleküle der Verbrennungsgase werden durch keine äusseren Kräfte verschoben), so ist | in unserem Falle die relative Geschwindigkeit eines von uns betrachteten Ions zu der eines Molecüls des umgebenden Gases in der Richtung der or-Axe, welche mit der Stromrichtung zusammenfällt, ftlr den Qrenzfally dass die Stromstärke unendlich klein wird (m = 0). Setzen wir für diesen Fall r =ir und entwickeln nach dem Taylor'schen Satz:

2yx 8V7* 16 Vj«

so haben wir hierin Vz = r und ä = 2|w + m* einzuführen» Wir erhalten dann:

Wir haben hier die Reihenentwickelung bis zur sechsten Potenz von u verfolgt. Nun lässt sich diese complicirte Reihe höchst bedeutend vereinfachen. Es ist nämlich:

2n^n^r ^ = 0,

da für dasselbe r ebenso viel positive wie gleich grosse nega- tive Werthe von | existiren. Aus demselben Grunde sind alle Glieder:

wo a und b ganze Zahlen sind. Weiter wird: und ebenfalls:

Electricüäüleitutiff durch Saizdämpfe.

^^»+iS -^-j+iV -^;jfiS ^^2.r^+*'^ '

Durch Einfiihrung dieser Abkürzungen findet man:

'^-^V■^2".""'■|^" + AT.-lf.^

1) Diese Formel wird sehr einfach folgendeTmuusen abgeleitet Bilten wir uns xn eineni beatimroten Wertb r der relativen Geschwin- digkeit, BO sind fSr diesen '^Wertli mlle Richtungen der relttiTeu Geschwindigkeit gltich stark Teprllscntirt. Dmos folgt zuerst, dasB:

if*= £ti*= X;* und

Socben wir jetzt das Ver- hlltaiM £S* : 2"f'i,'. Zu <Jie6eiii Zwecke zerlegen wir ^ Sphire mit dem Ea- diuF in ringförmige Schnitte sm die f-Axe, and setsen: f = rcoad; 5 = reänff coaip. pjg g

Du FUcbenelement wird:

iA = rtan&d»dif. Folglich wird:

Ii*:2'S*,l' = fcoB*»AD»d»Jd^ ■.fzoB*äBia''»d»fei fcoB'»Bia,td»fdq' = 2nfcoe'»t\n9d9 - ■*- - j cos'^ d<fi = lBin*r(idq;=!i/<i^()!=7i, »•» rfS = Jcoa '<? Bin * dff- Jcos'» sin ff rf» = f -

Folglich:

fcoA'a&ia'tfdsfeoR'ifdq, =

Dies gilt fOr jedes beliebige r. Folglich ist es für eine Summe, worin r wechselnde Werthe hat, auch gültig und die obenstehende For- mel richtig.

und 2'f* : ^S'r.

60 S. Arrhenius.

Alle gerade Potenzen von u sind verschwunden. Wenn nun u gegen r sehr klein ist, so kann man alle Glieder ausser dem ersten vernachlässigen, sonst nicht. Zur n&heren Erläuterung nehmen wir ein paar numerische Beispiele. Wenn M = ^^r, so wird das zweite Glied {B) nur ^J^ vom ersten Glied {A) und das dritte Glied (C) ^^^ von A. Wenn e/ = |r, wird B ^ ^A und C^ ^^A. Im ersten Falle kön- nen wir daher die höheren Potenzen von u vollkommen ver- nachlässigen. Erst wenn u ungefähr den halben Werth von r erreicht, beträgt die Correction, welche von den höheren Potenzen herrührt, eine merkbare Grösse (etwa 5 Proc).

Kehren wir jetzt zu unserem Beispiel, glühende KOH- Dämpfe, zurück. Die grösste Geschwindigkeit der Ionen, welche bei den Versuchen vorgekommen sein kann, fanden wir gleich 52 m in der See. (für OH bei 40 Clarks). Die rela- tive Geschwindigkeit r der OH-Ionen zu den Molecülen des umgebenden Mediums (die Verbrennungsgase) ist:

1088 1/^^ + j^ = 1730 m pro See,

wenn wir das mittlere Moleculargewicht der Verbrennungs- gase zu 27,1 aus den oben (p. 26) gegebenen Daten berechnen (29 ist das mittlere Moleculargewicht der Luft), u ist also hier nur etwa ^33 ^^^ ^j ^^^ ^^ ^^^ daher nicht wohl mög- lich, dass JV merkbar von der Proportionalität mit u abwei- chen kann. Wenn aber die verlorene Bewegungsgrösse ( W) der Geschwindigkeit (u) der Ionen proportional ist, so will dies nichts anderes sagen, als dass der Reibungswiderstand gegen die Bewegung der Ionen ihrer Geschwindigkeit pro- portional bleibt, d. h. dass das Ohm' sehe Gesetz gilt.

Man könnte vielleicht einwenden, dass, obgleich die mitt- lere relative Geschwindigkeit 1730 m pro See. ist, doch einige Combinationen vorkommen, wo die relative Geschwindig- keit 100 m pro See. nicht erreicht. Da indessen in diesen Fällen }V nicht besonders grosse Werthe annimmt und diese eben nach dem Max weil' sehen Gesetz nur ausserordentlich selten vorkommen, so dürfte dieser Einwand kein Bedenken gegen die Richtigkeit unserer Schlussfolgerung erwecken können. Ebenso wenig dürfte der Umstand, dass der Werth 52 m pro See. nur annähernd richtig ist, bedenklich erschei-

Eketriciiätsleitunff durch Salzdämpfe, 61

nen. Dies um so weniger, da die oben beobachteten Abwei- chungen vom Ohm 'sehen Gesetz schon bei etwa 100 mal kleineren electromotorischen Kräften (0,5 Dan.) und Geschwin- digkeiten der Ionen sehr beträchtlich sind.

Die Vorstellungen, welche wir über die Natur der Elec- tricitätsleitung in den Gasen angenommen haben, sind also mit der Thatsache unvereinbar, dass diese Leitung wirklich nicht dem Ohm' sehen Gesetz folgen sollte.

Wir müssen uns daher entschliessen, die beobachtete Abweichung für eine scheinbare zu erklären. Bei der Ab- leitung des Ohm 'sehen Gesetzes wird angenommen, dass in dem leitenden Electrolyten gleich viele Electricität trans- portirende Theile (Ionen) sich befinden, unabhängig von der Grosse des Potentialabfalles. Wenn z. B. bei grösseren Poten- tialabfällen weniger Ionen in dem Electrolyt befindlich wären, als bei niederen, so müsste, da theils die Stromstärke dem Product Yon Geschwindigkeit und Anzahl der Ionen, theils die Geschwindigkeit dem Potentialabfalle proportional ist, die Stromstärke langsamer als. der electromotorischen Kraft pro- portional wachsen. Es gibt nun viele früher beobachteten DmBtöade, welche andeuten, dass diese Annahme mit der Wirklichkeit übereinstimmt. So fand Hittorf, dass die Grösse der Abweichungen vom Ohm'schen Gesetz von der Vertheilung der Flammengase abhängig ist und unter um- ständen sehr unbedeutend werden kann.^) Noch wichtiger ist folgende Beobachtung von Giese.^) Er setzte in eine Flamme zwei Electrodenpaare hinein, das eine über dem anderen. Wenn dann das obere Paar mit einer Electricitäts- quelle und einem Galvanometer verbunden und ein Strom durch das untere Paar geleitet wurde, so war der Aus- schlag des Galvanometers um so kleiner, je grösser die Stärke des Stromes zwischen den unteren Electrodeh war. Es verhält sich also als ob der untere Strom aus der Flamme die Electricität transportirenden Theilchen (Ionen) ausschei- den würde und diese nicht momentan durch Zerfall von

1) Hittorf, Pogg. Ann. 136. p. 233. 1869. 2) öiese, Wied. Ann. 17. p.256. 1882. Wiedemann 's Electricität 4. p. 875. 1885.

62 S. Arrhentus.

nicht-dissociirten Molecülen ersetzt werden würden.^) Daher sind die Flammengase ärmer an Ionen beim Vorübergehen an den oberen Electroden, wenn die Ionen vorher theil- weise durch den unten gehenden Strom ausgeschieden sind, als wenn dies nicht der Fall ist Aus diesem Grunde erklärt auch Giese die beobachteten Abweichungen vom Ohm'schen Gesetz für nur scheinbar.

Als Beispiel wollen wir den folgenden Fall untersuchen. Nehmen wir an, dass die ausgeschiedenen Ionen nicht merk- bar ersetzt werden, und dass eine electromotorische E[raft von 1 Dan. zwischen den bei unseren Versuchen benutzten Electroden wirkt. Wenn die Flammengase vertical hinauf- strömen, so braucht, bei dem Durchmesser der Flamme von 2 cm, 11 von den Flammengasen, welche Menge per Se-

cunde zuströmt, ^120'^^^'' ^^ ^^ ^^^ ^y*^ ^^ hohen Platten vorbei zu streichen. Da für eine Stromquelle von 1 Dan. die Geschwindigkeit der Ionen (K) etwa 68 cm in der See. beträgt und der Abstand der Platten 0,56 cm ist, so werden offenbar alle die Ionen, welche zwischen den Platten sich befinden, in 7i2o ^®^' 2^r Seite geführt. 2) Mit anderen Worten, die Flammengase zwischen den Platten würden, wenn sie am obe- ren Rande derselben heraustreten, vollkommen nicht-leitend sein. Dies trifft natürlich nicht ein, denn schon früher ist der Potentialabfall durch die veränderten Concentrationsver- hältnisse in der unmittelbaren Nähe der Electroden vermin- dert worden, wodurch auch die Geschwindigkeit der Ionen {K) kleiner ausfällt als oben angenommen wurde. Inzwischen ist ersichtlich , dass diese veränderten Concentrationsverbält- nisse theils bei sehr kleinen Stromstärken verschwindend klein ausfallen, theils bei electromotorischen Kräften , die unter 1 Dan. liegen, schon einen merklichen Einfluss haben müssen. Dies stimmt gut mit der oben gemachten Erfahrung überein, dass die ersten merkbaren Abweichungen vom Ohm'- schen Gesetz bei etwa 0,2 Dan. auftreten. Man sieht auch leicht, dass, wenn wir die richtige Ursache gefunden haben,

1) Einige Umstände (vgl. Abtb. 2) deuten darauf hin, dass bei unse- ren Versuchen der Ersatz nahezu vernachlässigt werden kann.

2) Das andere Ion OH wird noch anderthalb mal schneller ausge- schieden.

Electricitätsleitunff durch Salzdämpfe. 63

die Abweichung vom Ohm'schen Gesetz bei um so niedereren electromotorischen Kräften auftreten muss, je näher die Elec- troden aneinander stehen, und je grösser ihre Höhendimen- sionen sind. Da also unsere Hypothese noch experimentell sehr leicht bestätigt werden kann, stehen wir hier von einer weiteren Discussion derselben ab.

Alle anderen untersuchten Eigenschaften der Salzdämpfe lassen sich einfach durch die Annahme einer electrolytischen Dissociation derselben erklären. Zuerst will ich die electro- motorische Kraft eines aus Flammengasen und zwei metallisch verbundenen verschiedenen Metallplatten (Pt und Fe oder Ft und Ni) zusammengesetzten Elementes nennen, welche von demselben Zeichen und derselben Grössenordnung ist, wie wenn die Flammengase electrolytisch leitende Lösungen wären. Von den drei Metallen ist Platin am meisten negativ, da- nach kommt Nickel und zuletzt Eisen, genau wie bei den EUectrolyten.

Der Umstand, dass verschiedene Verbindungen desselben Metalls gleich gut leiten, ist auch leicht mit der Annahme einer electrolytischen Dissociation zu vereinigen. Wenn das Salz merkbar dissociirt ist, und, wie wir gefunden haben, die Säure des Salzes keine merkbare Leitungsfähigkeit oder eine Leitungsfahigkeit von der Ordnung derjenigen des Wasserdampfes besitzt, so muss ein Gleichgewichtsverhält- niss entstehen, wo, infolge der grossen Menge von anwesen- dem Wasserdampf, das Salz beinahe vollständig in Säure und Basis zersetzt wird. Es verhält sich ganz einfach so, als ob das Wasser und die Säure des Salzes zwei ungefähr gleich starke Säuren wären, unter welchen Umständen das in grossem Ueberfluss vorkommende Wasser (vgl. p. 42) die Säure des Salzes so gut wie vollkommen verdrängen muss, wie dies leicht aus der Theorie der electrolytischen Dissociation abgeleitet werden kann.^) Wenn wir also ver- schiedene Kalisalze in die Flamme hineinführen, so entsteht doch immer das Hydrat und die nichtleitende Säure (falls sie nicht weiter zerfällt). Es ist daher kein Wunder, dass die verschiedenen Kaliumsalze sehr nahe gleich gut leiten.

Wir kommen also zu dem Schlüsse, dass die leitenden

1) A^rrhenius, Zeitschr. f. phys. Chem. 5. p. 1. 1890.

64 & Arrhenius.

Verbindungen in der Flamme die Oxydhydrate der betreffen- den Metalle sind. Es entsteht dann die Frage, ob diese Hydrate wohl bei der hohen Temperatur der Flamme existi- ren können. Was die schweren Metalle betrifft, so wird man wohl diese Frage verneinen müssen, ihre Verbindungen sind aber Nichtleiter, und sie kommen daher nicht in Betracht. Die Hydrate der Alkalimetalle Lithium, Natrium, Kalium, Rubidium und Caesium können, soweit bisher bekannt ist, die höchsten vorkommenden Hitzegrade aushalten, ohne merkbar zersetzt zu sein. Dasselbe ist der Fall mit Baryt- hydrat, dagegen können Calciumhydrat und nach einigen Angaben Strontiumhydrat durch Rothglühhitze entwässert werden. Diese Angaben betreffen aber den Fall, dass kein Wasserdampf in beträchtlicher Menge anwesend ist. Das letzte trifft bei unseren Versuchen nicht zu, und dies ändert bedeutend die Verhältnisse, sodass es wohl denkbar ist, dass in der Bunsenflamme sowohl Calcium- als Strontiumhydrat, wenigstens zum grossen Theil, bestehen können, obgleich die Rothglühhitze überschritten ist. Was das Wasser selbst be- trifft, ist es bei den von uns benutzten Temperaturgraden nicht merkbar zerfallen.

Anders liegen die Verhältnisse bei den übrigen drei leitenden Körpern, Thallium, Blei und Silber. Von den Hydraten dieser Metalle dürfte man nicht gut annehmen können, dass sie, wenn auch grosse Wassermengen in Dampf- form anwesend sind, bei höheren Temperaturen existiren können. Betreffs des Thalliums haben wir auch gesehen, dass es nicht seinen Platz unter den Alkalimetallen ein- nimmt, sondern viel schlechter leitet, als man vermuthen müsste, wenn man es für ein regelmässiges Alkalimetall hielte. Silber- und Bleiverbindungen leiten nur äusserst* wenig. Welche Körper bei den Thallium-, Silber- oder Blei- haltigen Flammen die Rolle des Leiters übernehmen, ob die Oxyde oder die Sulfide oder Spuren der unzersetzten Salze, kann aus unseren bisherigen Erfahrungen wohl kaum er- mittelt werden.

Wir haben oben gesehen, dass, obgleich verschiedene Verbindungen eines Metalls sehr nahe gleich gut leiten, doch, besonders bei grösseren Concentrationen, die Individualität

Electricitätsleitung durch Salzciämpfe, 65

des angewandten Salzes etwas hervoi tritt. Sehr deutlich zeigte sich dies bei Bromnatrium. Durch eigene Versuche mit diesem Salz bei Anwesenheit von Bromwasserstoff wur- den ¥dr zu dem Schlüsse geführt, dass die Massenwirkung der SpaltuDgsproducte (NaOH und HBr) nicht gut dieses Resultat verursachen kann. Man könnte sich vielleicht diese Abweichungen folgendermaassen zurechtlegen. Das Salz kommt in kleinen Wassertröpfchen in den untersten Theil der Flamme hinein. Zuerst verdunstet das Wasser und erst später wird das Salz verflüchtigt. Die Salzdämpfe bilden daher wahrscheinlich im ersten Moment kleine abgesonderte (jasmassen, in welche der Wasserdampf hineindiffundirt und das Salz sehr schnell zersetzt. Es wäre ja denkbar, dass, bei der grossen Gresch windigkeit der Flammengase, noch nicht alle Salzmolecüle zersetzt sind, wenn sie zwischen den Electroden auftreten, und dies könnte um so leichter ein- treffen, je mehr Salzmolecüle nebeneinander liegen, das heisst, je mehr Salz in den Tröpfchen vorhanden ist oder je con- centrirter die Lösung im Zerstäuber ist. Dieser störende Umstand i&t jedoch von relativ geringer Bedeutung.

Wir kommen jetzt zu der Frage nach der Veränderung der Leitfähigkeit mit dem Concentrationsgrade. Wie wir oben mit grosser Regelmässigkeit in allen untersuchten Fällen gefunden haben, ist die Leitfähigkeit auffallend nahe der Quadratwurzel aus der Concentration proportional. Ein ähnliches Verbältniss finden wir bei den schwachen Säuren in wässeriger Lösung, was ja auch von der Dissociations- theorie verlangt wird. Wenn also unsere Substanzen in den Flammengasen sehr wenig dissociirte Körper wären, so würde ihr Verhalten in dieser Beziehung vollkommen regelrecht sein. Um dies zu beurtheilen, suchen wir den Dissociationsgrad annähernd zu bestimmen. Aus den oben berechneten Wer- then für das Leitungsvermögen von K und OH in der Bun- senflamme geht hervor, dass die moleculare Leitfähigkeit u^ (in äusserster Verdünnung) von vollkommen dissociirtem KOH bei 1200« C.

u^ = M + ü = 0,316 + 0,478 = 0,794 (S.- E.) beträgt. Bei den angegebenen Dimensionen des Leiters (25,2 . 10,8 qmm Querschnitt und 5,6 mm Länge) würde

Ana. d. Phys. u. Ohem. N. F XLII. 5

66 & Arrhenius.

eine Flamme vom Gehalt 1 unter Einwirkung einer elec- tromotorischen Kraft von 1 Volt eine Stromstärke von 0,794 . 1,06 . 25,2 . 1Q,8/ 0,0056 = 40900 Ampfere ergeben. i) Daher würde eine electromotorische Kraft von 0,23 Volt (s= 0,2 Daniell) bei einer Concentration der Flamme von 1,6.10-^*^ (Zerstäubung von V266" Lösung) die Stromstärke 0,23. 40900. 1,6. 10-i<> = 15,05 10-' Amp. liefern, wenn voll- kommene Dissociation obwalten würde. Nun erhält man thatsächlich eine Stromstärke von 1,23. 10~~' Amp. Es sind also 1,23/15,05 = 0,082 Theile des KOH dissociirt.*) Dies ist, wenn wir die Caesium- und Rubidiumsalzdämpfe aus- nehmen, der am meisten dissociirte Salzdampf, welcher unter- sucht worden ist. Wenn der Dissociationsgrad sehr klein ist, so muss nach der Gleichgewichtsgleichung:

ar« = Ä . F(l - x)

(wo X =s Dissociationsgrad, k = Disspciationsconstante und F=s Verdünnung = 1 : Gehalt), da x gegen 1 verschwindet, der Dissociationsgrad umgekehrt proportional der Quadratwurzel aus der Concentration sein. Da nun weiter das Leitungsver- mögen eines Electrolyten gleich dem Product von Concen- tration und ^.jii^ ist, so muss, da fi^ constant bleibt, das Loitungsvermögen der Quadratwurzel aus der Concentration proportional sein.

Was lA^ betrifft, so sollte dasselbe nach derLoschmidt'- schen Regel um so geringer werden, je grösser das Atom- gewicht des Mefalls ist. Wenn wir nach dieser Regel wie oben ^30 berechnen, so finden wir für:

LiOH NaOH KOH RbOH CsOH ^i3e= 1,26 0,92 0,82 0,72 0,67.

1) Hierbei wird die kleine Correction wegen der Biegung der Strom- linien vernachlässigt

2) Der oben verwendete Werth von ^t^ ist noch mit 1/^^9.27,1 zu multipliciren , da das mittlere Moleculargewicht der Ycrbrennuugsgase 27,1 beträgt, während das oben berechnete jUoo ^i* die Bewegung der Ionen in Luft (mittl. Mol. -Gew. = 29) gilt. In demselben Verhältuisse wird natürlich der Werth für den Dissociationsgrad vermindert. Ausser- dem ist dieser Werth um 6 Froc. zu vergrössern wegen der Abweichung vom Ohm ^schen Gesetz, welche für 0,2 Dan. etwa 6 Proc. erreicht. \Vir bekommen daher jUo© = 0,82 und den Dissociationsgrad (für ^\^ KOH) = 0,084, welche Ziffern wir später verwenden werden.

Electricitätsleitung durch Salzdämpfe, 67

Hierbei ist zu bemerken, dass aus den Untersuchungen von Kohlrausch hervorgeht, dass bei den flüssigen Electrolyten keineswegs ju^ abnimmt, während das A^tomgewicht des Me- talls zunimmt, sondern eher das Gegentheil eintrifft. Da nun unsere Vorstellungen über den Vorgang der Leitung in Gasen und Flüssigkeiten gleichartig sind, so ist es wohl kaum wahrscheinlich, dass bei den Salzdämpfen die Werthe Ton u^ so stark mit steigendem Atomgewicht abnehmen, wie es die obige Rechnung ergibt. Da indessen eine con- sequente Durchführung der Berechnungsweise, welche wir eingeschlagen haben, wohl der Zuhülfenahme von mehr oder weniger willkürlichen Annahmen über die Grösse von H^ vorzuziehen ist, so habe ich den Dissociationsgrad für die anderen Verbindungen in genau derselben Weise be- rechnet, wie oben für KOH, und finde für Flammen, welche durch Zerstäubung von Vsse'^^^^^^®^ ^^^ 1- normalen Lö- sungen entstehen, folgende Werthe:

LiOH NaOH KOH RbOH CsOH

Vm» 0,0042*) 0,012 0,084 0,16 0,23

In 0,00014 0,00083 0,0065 0,010«) 0,016»).

Bei den untersuchten Caesium- und Rubidiumverbin- dangen erreicht der Dissociationsgrad so hohe Werthe, dass die oben abgeleitete Proportionalität zwischen Leitungsver- mögen und Quadratwurzel aus der Concentration nicht mehr gilt. Anstatt dessen wächst das Leitungsvermögen schneller als der Quadratwurzel proportional, wie es die Theorie ver- langt. Um dies deutlich zu zeigen, habe ich aus dem Leis- tungsvermögen für ^I^^Q-normeAe Lösung diejenigen für nächst- liegende Concentrationsgrade berechnet und mit den gefun- denen in der folgenden Tabelle zusammengestellt:

RbCl.

CsCl

Gehalt

gef.

ber.

gef.

ber.

ber.^

1:64

43,9

40,7

59,5

58,7

59,6

1:256

19,5

(19,5)

27,5

(27,5)

(27,5)

1 : 1024

7,7

8,9

11,7

12,0

11,7

1 : 4096

3,9

4,7

4,4

l) Ausschlag für 0,2 Dan. gleich 0,95 angenommen (=0,5.1.9.

vergl. p. 36).

1. p. oo;.

2) Ausschlag fUr 0,2 Dan. gleich 322 angenommen (= 2. 161).

3) Ausschlag für 0,2 Dan. gleich 484 angenommen (=4. 121).

68 S. Arrhenitis.

Die Uebereinstimmung ist so gut als man erwarten kann. Besonders kommt für CsCl der berechnete Werth dem be- obachteten äusserst nahe. Es ist offenbar, dass man umge- kehrt aus den Abweichungen von der Proportionalität zwischen Leitungsvermögen und Quadratwurzel aus dem Qe- halt den Dissociationsgrad berechnen kann. Man bekommt um so genauere Werthe, je grösser diese Abweichungen sind. Führen wir diese Rechnung für CsCl aus, so finden wir den Dissociationsgrad gleich etwa 0,275 für ^j^^^-normdle Lösung. Die unter Annahme dieses Dissociationsgrades berechneten Ziffern stehen unter ber.g geschrieben, unter dieser Vor- aussetzung wird der Dissociationsgrad für l:4096-n CsCl 0,70; wir sehen also, dass bei diesen grossen Verdünnungen jedenfalls einer von den untersuch ton Salzdämpfen recht nahe an den Grenzzustand , vollkommene Dissociation, ge- kommen ist.

Aus der oben gemachten Annahme, dass die bei niedriger Temperatur gefundenen Regelmässigkeiten der Gasdiffussion auch bei der Temperatur der Glühhitze obwalten, haben wir den Dissociationsgrad für die aus einer ^l^^^-norm^en CsCl- Lösung stammenden CsCl-Dämpfe gleich 0,23 berechnet. Aus dem direct beobachteten Leitungsvermögen lässt sich dieser Dissociationsgrad jm 0,275 ermitteln. Diese Uebereinstim- mung ist viel besser als wir erwarten könnten, und es ist wohl kein Zweifel, dass wir dieselbe zum Theil dem Zufalle verdanken.^) Diese Rechnung wurde hauptsächlich durch den neulich gemachten Einwand veranlasst^), dass unsere

1) Es verdient wohl bemerkt zu werden, dass der oben berechnete Werth des Dissociationsgrades von dem benutzten Tempcraturwerth un- abhängig ist. Denn nach p. 56 ist /< oo = ^ + t? der absoluten Temperatur proportional und dasselbe ist der Fall mit dem Volumen, in welchem l Qrammmolecül Salzdampf sich befindet (vgl. p. 27). Bei der Berech- nung des Dissociationsgrades geht die eine dieser Grössen in den Nenner, die andere in den Zähler ein (vgl. p. 66). Zwei Corrcctioncn , welche schwer zu berechnen sind, aber in entgegengesetzter Richtung wirken und nicht all zu erheblich sein dürften, seien noch erwähnt Die eine wäre wegen der Biegung der Stromlinien zwischen den Electroden, die andere wegen der nach vollständiger Verbrennung überschüssigen Luft in der Flamme^ einzuführen.

2) J. J. Thomson, Phil. Mag. (5) 20. p. 446. 1890. Vgl. weiter unten.

Electricitätsleitung durch Salzdämpfe. 69

Kenntnisse über die Beweglichkeit der Molecüle in Gasen and Flüssigkeiten und über die Grösse des Leitungsver- mögens wässeriger Lösungen ein ausserordentlich viel grös- seres Leitungsvermögen als das beobachtete bei den Gasen verlangt, wenn wir annehmen, dass in beiden Fällen die elec- trolytische Dissociation Ursache der Leitung sei. Jeden- falls lehrt die Rechnung, dass diese Behauptung absolut unhaltbar ist.

Die Abweichungen, welche bei den wenig leitenden Lithium- und Thalliumsalzen vorkommen, können vielleicht in derselben Weise gedeutet werden, wie diejenigen bei Brom- natrium.

Die oben angeführten Versuche mit IVüschungen von Kalium- und Natriumverbindungen lassen sich auch leicht berechnen unter der Annahme, dass die Dämpfe Electrolyte mit einem gemeinsamen Ion sind. Wie wir oben gefunden haben, ist das gemeinsame Ion wahrscheinlich Hydroxyl (OH).

Wir kommen daher zu dem Schlüsse, dass die hier antersuchten Eigenschaften der Salzdämpfe sich alle, mit Ausnahme der Abweichungen vom Ohm' sehen Gesetz, leicht ableiten lassen, wenn man annimmt, dass die Dämpfe elec- irisch dissociirt sind. Der Dissociationsgrad ist viel kleiner als für andere untersuchte Electrolyte in gleicher Verdün- nung, was ganz einfach davon herrührt, dass eine so kleine Zersetzung bei flüssigen Electrolyten in wässeriger Lösung kaum sicher festgestellt werden könnte. Die Grössenordnung der Dissociationsconstanten (berechnet aus den Daten für '/266 t- Lösungen) wird durch folgende Ziffern dargestellt:

LiOH NaOH KOH ßbOH CsOH

2,9.10"^^ 2,4.10-^* 1,2.10"^^ 4,4.10""^* 1,1.10""^^

Da aber sehr häufig die Ansicht ausgesprochen worden ist, dass die Leitung der Salzdämpfe von convectiver Natur sein könnte, wollen wir zum Schluss nachweisen, inwiefern diese Hypothese mit unseren Erfahrungen vereinbar ist. Eine convective Leitung kommt bei den Flammen von Magnesium-, Calcium-, Strontium- und Baryumverbindungen vor, rührt aber nicht von gasförmigen Producten her und kann also nicht gut als eine Leitung der Dämpfe rubricirt werden.

70 & Arrhenius,

Die Annahme von einer convectiven Leitung durch Gas- partikelchen, ^reiche sich an den Electroden laden und ent- laden, würde zuerst sehr schwer mit unseren andei weitigen Erfahrungen, dass Gase nicht electrisch geladen werden können, zu vereinbaren sein. Weiter müs&te man wohl an- nehmen, dass, die entladenden Theile mögen gasförmig sein, oder nicht, die Stromstärke proportional der electromoto- rischen Kraft oder noch schneller wachsen würde (vgl. p. 45). Der Ausweg, welcher sich bei der Annahme electroly tischer Leitung in der Ansicht, dass die Dissociation nicht momentan vor sich geht, zur Erklärung der Abweichung vom Ohm-^ sehen Gesetz darbietet, kann kaum in modificirter Form bei der Annahme convectiver Leitung benutzt werden. Man würde vielleicht die electromotorische Kraft der Platin- eisen- und Platinnickelelemente in der Flamme bei einer convectiven Leitung derselben erklärlich machen können, aber jedenfalls nicht so ungezwungen wie mit der oben be- nutzten Annahme. Es wäre auch schwer zu verstehen, warum die verschiedenen Verbindungen eines Metalls unge- fähr gleich gut durch Convection leiten, ebenso warum die chemischen Eigenschaften und die Atomgewichte der Metalle einen so ausgeprägten Einfluss haben. Dagegen stehen die chemischen Eigenschaften der Electroly te, wie es von den wässerigen Lösungen bekannt ist, im engsten Zusammen- hange mit ihrem Dissociationsgrad.

Die Erklärung der Veränderlichkeit des Leitungsver* mögens mit der Concentration würde aber für eine Convec- tionshypothese die grösste Schwierigkeit bieten. Denn die convectiv leitenden Partikelchen, welche von den Salzen her- rühren, müssten doch wohl in ungefähr doppelter Menge vor- handen sein, wenn doppelt so viel Salz in die Flamme gebracht wird, oder, mit anderen Worten, die Leitfähigkeit müsste wenigstens in erster Annäherung dem Salzgehalt direct pro- portional sein. Dies wird aber in entschiedenster Weise durch die Versuche verneint.

Alle unsere Erfahrungen über die Leitung der Salz- dämpfe (wenn nicht feste oder flüssige Theilchen sich daraus ausscheiden) weisen also die Convectionshypothese zurück.

Zuletzt will ich nebenbei auf eine nicht uninteressante

Electricitätsleitung dutch, Salzdämpfe, 71

Analogie aufmerksam machen. In den Säuren CH3COOH; CHjClCOOH, CHCljCOOH und COjCOOH (Essigsäure und ihre Chlorsubstitutionsproducte) steigen die Gewichte der negativen Ionen von der einen zur nächstfolgenden mit dem Betrage 34,5. Grleichzeitig wächst, nach Ostwald^), der Logarithmus der Dissociationsconstante von einer Säure zur nächstfolgenden mit einer annähernd constanten Grösse nämlich resp. 1,94, 1,52 und 1,87 (die absoluten Werthe sind 0,25—5, 0,19—8, 0,71—2 und 0,08). Ebenso nimmt in den (gasförmigen) Hydraten LiOH, NaOH und KOH, das Ge- wicht des positiven Ions von einem Hydrat zum nächst- folgenden um die Grösse 16 zu (absolute Werthe 7, 28 und 89 resp.). Der Logarithmus der Dissociationsconstante steigt gleichzeitig mit ungefähr gleichen Werthen 1,19 und 1,71 (absolute Werthe 0,19— 15 2>, 0,88—14 und 0,09—12 resp). Eine zweite ähnliche Reihe bilden die positiven Ionen von KOH, RbOH und CsOH. Die DifiFerenzen für die Gewichte sind resp. 46,8 und 47,8 (absolute Werthe 39, 85,8 und 182,6), and für den Logarithmus der Dissociationsconstante 0,56 und 0,40 (absolute Werthe 0,09—12, 0,65—12 und 0,05—11).

10. Bemerkangen über die Resultate der Arbeiten von Herren

J. J. Thomson und E. Wiedemann und H. Ebert betreffend die

electrische Leitung beisser Dämpfe.')

Die beiden erwähnten Untersuchungen führten ihre Ver- fasser zu untereinander sehr verschiedenen und von den oben abgeleiteten sehr abweichenden Schlüssen.

Ich will hier kurz die wahrscheinliche Ursache dieses Umstandes andeuten und fange dabei mit der Abhandlung der Herren E. Wiedemann und Bbert an.

Die Versuche dieser beiden Physiker wurden auch mit nach der Gouy 'sehen Methode gefärbten Flammen ausge- führt. In anderen Hinsichten war aber die Versuchsanord-

1) Ostwald, Zeitschr. f. phys. Chem. 3. p. 176. 1889.

2) Wegen der grossen Veränderlichkeit der Dissociationsconstante für LiOU , habe ich dieselbe aus den Beobachtungen für 1 n und ^ '^ n Lösung berechnet, und das geometrische Mittel daraus benutzt.

3) J. J. Thomson, Phil. Mag. (5) 20. p. 358 und 441. 1890. E. Wiedemann und H. Ebert, Wied. Anfa. 35. p. 287. 1888.

72 S. Arrheniiis,

nung sehr verschieden von der oben beschriebenen. So wurden nur sehr hohe electromotorische Kräfte benutzt, und was vielleicht noch mehr die von meinen abweichenden Resultate veranlasst hat^ die Electroden scheinen nicht sehr warm gewesen zu sein. Darauf deutet besonders der Um- stand, dass dieselben, welche für gewöhnlich aus millimeter- dicken Platindrähten mit Endkugeln von 2 mm Durchmesser bestanden, bisweilen gegen andere Metalle, unter anderem Quecksilber, oder sogar gegen befeuchtetes Fliesspapier ver- tauscht wurden. Dass unter diesen Umständen die Ent- ladung disruptiver Natur war, dürfte kaum befremden, da die den Electroden nächstliegenden Gaspartien nicht stark erwärmt waren. Wenn aber eine gewöhnliche Leitung (durch Electrolyse oder Convection) stattfand, so müsste man er- warten, dass, bei der niederen Temperatur der Electroden, welche wohl Condensationen veranlassten, und bai den hohen electromotorischen Kräften (wenigstens 200 Volt), der convec- tive Theil eine sehr grosse Rolle gespielt hat. Bei 200 Volt wurde auch gefunden, dass durch Zerstäubung von ^j^-uot- maier Chlorkaliumlösung der Galvanometerausschlag nur etwa verdoppelt wurde (der Ausschlag für reine Flamme als Einheit), während bei meinen Versuchen (0,2 Dan.) der 100- fache Ausschlag durch 1-normale Lösung hervorgerufen wurde, obgleich der von mir verwendete Zerstäuber etwas schwächere Wirkung gehabt zu hab3n scheint. Ausserdem haben die Herren E. Wiedemann und Ebert bei ihrer Anwen- dung von relativ kalten Electroden mit grossen Schwierig- keiten wegen unipolarer Leitung zu. kämpfen gehabt. So kam es bisweilen vor, dass der Strom von 2ü0 Volt elec- tromotorischer Kraft in der einen Richtung einen Ausschlag von 4,0, in der anderen Richtung von 0,0 Scalentheilen ergab.

Die Herren E. Wiedemann und Ebert haben, wie gesagt, diese disruptiven Entladungen und die Umstände, welche dieselben bedingen, untersucht. Die von mir ausge- führten Versuche über die Leitung der Flammen beschäf- tigen sich also eigentlich mit einem anderen Gebiet als die Untersuchungen der Herren E. Wiedemann und Ebert. Nur der Umstand, dass diese Gelehrten durch eine viel zu

ElectricitäUleitung durch Salzdämpfe, 73

weit gebende Verallgemeinerung die Existenz einer wirk- lichen Leitung, als dessen Gegensatz sie disruptive Gas- entladungen^) setzen, verneinten, hat mich zu den oben ge- nannten Bemerkungen veranlasst.

Die Versuche von J. J. Thomson sind den von mir angestellten ähnlicher. Er brachte die zu untersuchen- den Körper in ein in einem Fletcher-Ofen befindliches, von Eisen und Asbest umgebenes Platinrohr, wo sie in Gasform übergingen. In dieses Rohr ragten zwei Elec- troden hinein, welche mit einem Galvanometer und einer Batterie von Daniellelementen verbunden waren. Die Aus- schläge des Galvanometers waren sehr unstet, und der Verfasser sagt selbst, dass, obgleich bisweilen Ausschläge angegeben sind, dieselben eher von qualitativer als von quantitativer Bedeutung sind. Um den Beobachtungen des Hrn. Thomson volle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, gebe ich seine Tabelle in extenso. Die Röhre war gelb- glühend.

Luft Kleiuer Ausschlag; etwa 10—12 Scaienth. fUr

156 Daniel].

Stickstoff Ungefähr wie Luft.

Kohlensäure Etwas weniger wie Luft.

Ammoniak Dasselbe

Wtaserdampf Bedeutend weniger wie Lufr.

Schwefelsäure Kleiner Ausschlag; unbedeutend mehr wie Luft.

Salpetersäure Ungefähr wie Luft.

Schwefel (in Stickstoff) Kleiner Ausschlag.

Schwefelwasserstoff (in

Stickstoff) Sehr kleiner Ausschlag, bis Weissglühhitze er- reicht wurde.

Quecksilber Höchst unbedeutender Ausschlag, kleiner wie

für Luft.

Chlorwasserstoff .... GrosseAblenkung, ausserhalb der Scala für 12 Dan.

Jodwasserstoff Aeusserst grosse Ablenkung, grösser als für HCl.

Jod Sehr grosser Ausschlag, vergleichbar mit HJ.

Brom Grosse Ablenkung.

Jodkalium Leitet sehr gut, aber nicht wie HCl, HJ oder J.

Chlorammonium .... Leitet gut.

Chlomatriam Grosse Ablenkung.

Chlorkalium Dasselbe.

1) Die Versuche von Perrot deuten darauf hin, dass die disruptiven Entladungen (in Wasserdampf) dem F ar ad ay' sehen Qesetse folgen, also electrolytischer Natur sind. Ann. de chim. et de phys. 61. p. 161. 1861. G. Wiedemann, Elcctricität. 4. p. 829. 1883.

74 5. Arrhenius.

Die Versuchsmethode des Hrn. Thomson unterscheidet sich von der oben benutzten hauptsächlich darin, dass die untersuchten Gase im ersten Fall nicht wie im zweiten mit grossen Mengen Yon Wasserdampf (und anderen Yerbren- nungsgasen) gemischt sind. Es ist aber sehr schwer zu ver- stehen, wie durch diesen Umstand die verschiedene Leitung der Wasserstoffsäuren in den beiden Fällen erklärt wer- den kann. Nach meinen Versuchen leiten diese Säuren (HCl und HBr) nicht merkbar, nach den Versuchen des Hrn. Thomson sind sie (HCl und HJ) die besten unter- suchten Leiter, besser wie die K- und Na -Salze. Ebenso mit dem Chlorammonium. Dass Luft, Stickstoff, Kohlen- säure, Ammoniak, Schwefelsäure, Wasserdampf und Salpeter- säure äusserst schlecht leiten, stimmt mit meinen Versuchen. Es ist auch schwer, die Resultate des Hrn. Thomson unter- einander in Einklang zu bringen. Hr. Thomson sagt näm- lich, dass Gase, welche in Atome zerfallen sind, leiten, die- jenigen, welche in Molecüle zerfallen, leiten aber nicht. Als Beispiele der ersten Gattung werden nun HCl und HJ an- geführt, für die zweite Gattung H,0 und H3N. Wenn HCl und HJ zerfallen (HCl zerfällt nach Grafts und Meyer erst merkbar bei 1500, also über Gelbglühhitze, HJ etwas früher), so zerfallen sie in H^ und Clg resp. Jj, wenn diese Molecüle existenzfähig sind, was jedenfalls für H, ausser Zweifel steht, und nicht in H und Cl resp. J, wie Hr. Thom- son annimmt. Weiter kann ein Theil von Clg und J, in einfache Atome (Cl, jedenfalls unbedeutend bei Gelbglüh- hitze) zerfallen. Es wäre aber sonderbar, wenn diese Chlor- und Jodmengen, welche höchstens einen Partialdruck von ^/3 Atmosphäre besitzen können (wenn HCl und HJ total zersetzt wären), besser leiteten, als Chlor und Jod selbst, wenn sie in grösserer Menge (1 Atmosphäre) vorhanden sind. Und doch soll nach Hrn. Thomson's Angabe HJ besser leiten als Jg. Chlor ist leider nicht untersucht worden. Und Quecksilbergas, welches schon bei niederen Tempera- turen als aus Atomen bestehend angesehen wird, leitet schlechter als Luft.

Hr. Thomson wird durch seine Versuche zu der An- sicht geführt, dass die Leitung der Gase von einer electro-

Electricitätsleitung durch Salzdämpfe. 75

1} tischen Dissociation herrührt. Obgleich wir seine Prämissen zum grössten Theil nicht billigen können , so stimmen wir ihm gänzlich in diesem Schluss bei. Wie Hr. Thomson sagt, würde es ,,beim ersten Blick^^ natürlich erscheinen, dass die Leitungsfähigkeit der Flüssigkeiten auf einem ähnlichen Umstand beruht Es ist aber nach Hrn. Thomson nicht so, denn wenn es so wäre, müsste man vermuthen, dass Jod- dampf, welcher bei höheren Temperaturen sehr stark disso- ciirt ist, viel besser leiten würde als z. B. Jodkalium in Lösung. Nun gilt aber das Gegentheil , d. h. Jodkalium leitet viel besser, als es sollte, wenn man annimmt, dass die Jodatome, in welche Jod theilweise bei höherer Tempera- tur zerfällt, alle mit positiver oder negativer Electricität nach Faraday's Gesetz geladen seien. Dieser Schluss ist richtig. Wer kann aber beweisen, dass Joddampf in lauter Ionen zerfällt, er könnte ja in ungeladene Atome zerfallen, wie Hr. Thomson von Quecksilber anzunehmen geneigt ist? Nun haben wir oben aus den Daten für die Leitfähigkeit der Salzlösungen und für die Bewegungshindernisse der Molecüle in Gasen und Flüssigkeiten die Leitfähigkeit von Chlorcaesium berechnet und in sehr guter Uebereinstimmung mit der Er- fahrung gefunden. Hr. Thomson's Einwand ist also voll- kommen hinfällig und der wahrscheinlich richtige Schluss aus seinen Daten ist, dass Joddampf nur zu einem verschwin- dend kleinen Bruchtheile in geladene Ionen und hauptsäch- lich in ungeladene Atome zerfällt. Und vielleicht wird eine nähere Untersuchung zeigen, dass die kleine Leitfähigkeit, welche bei dem Joddampf beobachtet wurde, nicht von der Anwesenheit von Jod-Ionen, sondern von anderen Umständen herrührt.

Die Resultate der Arbeiten von Hrn. Thomson und E. Wiedemann und Ebert scheinen mir daher in keinem Punkte eine Aenderung meiner oben gezogenen Folgeruugen veranlassen zu können.

Das Hauptresultat der obigen Untersuchung lässt sich folgendermaassen zusammenfassen: Die ungemein fruchtbare Hypothese von Van 't Hoff, dass die Materie in Form von Gas und in Form von verdünnter Lösung vollkommen ana- loge Eigenschaften besitzt, ist bisher überall in der eclatan-

76 S, Arrhenhis, Ekciricitätsleitung durch Salzdämpfe,

testen Weise bestätigt worden, und mit Hülfe der Gasgesetze hat sie ein bisher ungeahntes Licht auf die !Natur der Lö- sungen geworfen. In der Yorliegenden Abhandlung habe ich den umgekehrten Weg benutzt, und mit Kenntniss der elec- trolytischen Eigenschaften der verdünnten Lösungen dieselben Eigenschaften bei den Gasen, welche in dieser Beziehung relativ unbekannt sind, nachgewiesen. Es herrscht also auch auf diesem Gebiet vollkommene Analogie zwischen den bei- den genannten Zuständen der Materie.

üpsala, im October 1890.

IlL Veber eine Veränderung, welche die Ober-

pichen der JElectroden durch die Polarisation

erfahren und über die Occlusion der Oase;

von K. JR. Koch.

1. Nachdem ich im Jahre 1879 beobachtet hatte \ dass die BeibuDg einer Platinkugel gegen eine Glasplatte, wenn erstere auf letzterer ruhend drehende Schwingungen in verdünnter Schwefelsäure ausführte, durch eine an der Kugel hervor- gerufene Sauerstofifpolarisation vergrössert wurde, sind von den Herren Waitz*) und KrouchkolP) diese Versuche wiederholt und meine Beobachtungen zum Theil bestätigt und erweitert worden; in einigen Funkten sind jedoch die beiden Beobachter zu abweichenden Resultaten gekommen. Ich habe deshalb geglaubt, die Versuche nochmals aufneh- men zu müssen, zumal durch eine kürzlich erschienene Arbeit des Hrn. Arons^) das von mir gefundene Resultat über- haupt in Frage gestellt wird. Denn nach Hrn. Arons wäre die von mir beobachtete Reibungszunahme bei der Sauerstofifpolarisation nur ein vorübergehender Zwischen- ZQstand zwischen zwei Endzuständen, bei welchen, gleich- g&ltig ob Sauerstofif- oder Wasserstofifpolarisation vorhanden, eine Abnahme der Reibung stattfindet. Hr. Arons folgert n&mlich aus seinen Versuchen, dass die polarisirte Fläche von ibrer Unterlage bei jeweiligem Eintreten einer Sauerstofif- oder Wasserstofifpolarisation abgehoben wurde, woraus natür- lich bei jeglicher Polarisation eine Abnahme der Reibung folgen müsste; er glaubt die von mir beobachtete Zunahme hei der Sauerstofifpolarisation nur dadurch erklären zu können, ;)das8 die 0-Entwickelung nicht lang genug fortgesetzt wurde, um die vorhergehende H- Polarisation zu überwinden."

1) K. R. Koch, Wied. Ann. 8. p. 92. 1879.

2) Waitz, Wied. Ann. 20. p. 285. 1883.

3) KrouchkoU, Compt. rend. 95. p. 177. 1882. Ann. de chim. et de phys. 17. p. 182. 1889.

4) Arons, Berl. Ber. 38. p. 969. 1890.

78 K. K Koch.

2. Es mag hier zuerst eine Beschreibung des veränder- ten Apparates, mit welchem ich meine Versuche wiederholt habe, eine Stelle finden. Wie früher, so bestand auch jetzt der Apparat (Fig. 1) aus zwei Systemen, einem äusseren, der Hauptsache nach gebildet aus einem flachen Ringe ^), der durch drei Stützen an einem Eupferdraht aufgehängt war, und dessen Trägheitsmoment, wenn derselbe in Schwingungen versetzt war, diese unterhielt und einem inneren Systeme, das im wesentlichen aus der reibenden Kugel und deren Be- lastungsgewichten bestand und das mit dem äusseren so verbunden war, dass es mit ihm gemeinsame Schwingungen ausführte, welche durch die stattfindende Reibung der Kugel gegen eine Glasfläche, auf der die Kugel frei ruhte, gedämpft wurden. Die Verbindung des inneren mit dem äusseren System, welche bei dem früheren Apparat durch Verbin- dungsbügel hergestellt war (vgl. die Beschreibung derselben in der Arbeit des Hrn. Warburg und v. Babo*) war hier so bewirkt, dass ein axialer Stift [G) des äusseren Systemes in einen gut cylindrisch abgedrehten Theil [E) endigte, über den gut passend sich die Büchse [F) des inneren Systemes leicht auf und nieder verschieben Hess, ihre seitliche Drehung aber um den axialen Stift durch einen in einem verticalen Schlitze der Büchse sich bewegenden, genau passenden Stift (/) verhindert wurde. So war dies innere System in verticaler Richtung frei beweglich, in horizontaler aber bildete es mit dem äusseren einen^ starren Körper. Die Belastungsgewichte [P) griffen auch wieder wie bei dem früheren Apparate vermittelst Bügel {b) und Kreuzschnei- den am inneren Systeme an und pressten die reibende Kugel gegen ihre Unterlage, eine sorgfältig geschliffene concave Glasfläche (Ä). Nothwendige Bedingung ist natür- lich, dass das innere System gegen das äussere centrirt ist, d. h. dass der Punkt, mit dem die reibende Kugel auf der tiefsten Stelle der Glasfläche ruhte, genau in die Drehungsaxe des Apparates, also in die verlängerte Axe des

1) Das Trägheitsmoment desselben konnte darcli Auflage weiterer passender Kinge beliebig verändert werden.

2) Warburg u. v. Babo, Wied. Ann. 2. p. 406. 1877.

Oberßächenveränderung polaritirter Electroden. 79

Aufh&ogedrahtes f&llt. Dieses Centrireo konnte bei dem mir seiner Zeit von den Herren Warburg und t. Babo über- lassenen Apparate infolge der von mir fUr meine Yersuche ftD demselben angebrachten Abänderuiigen nur sehr unvoll- kommeo ansgefllhrt werden, und icb finde bierio bauptsäch- lieh den Grund, dass ich so schwankende Werthe bei meineu ersten Versuchen erhielt, deren Inconstanz mir sogar einen Theil der Erscheinung, nämlich die im Gegensatze zur Aen- derang bei der 0-Polarisation nur geringe Abnahme der Sdbung mit der H- Polarisation ver- deckt hat. Ich habe deshalb diesmal dem Apparat eine solche Form ge- geben, dass die Centrirung, einmal ansgefbhrt, auch bei Auswechselung dei reibenden Kugel erhalten blieb. -- Dies wurde dadurch bewirkt, dass" [If\, {F). das für K bestimmte Ge- winde und damit K selbst auf der Drehbank auf das genaueste centrirt wurden. Nachdem dann der Appa- rat am Drahte C aufgehängt und in SchwinguDgen versetzt war, wurde die letzte Correction der Centrirung 80 ausgeführt, dass die ^Stellung des axi^eo Theiles mit den Schrauben {a) 80 lange verändert wurde, bis das Bild der Kugel von unten ver- mittelst eines Beäexionspriamas im Mikroskop betrachtet, bei den Schwin- gungeo ruhend erschien ; da das Ganze schon vorher auf der Drehbank cen- tiirt war, so war diese Correction nur minimal Wie schon oben erwähnt,muss die Kugel im tief- sten Punkte der concaven Glasfläche ruhen, weil sonst ein Hin- nnd Herrutscben derselben auf der Glasfläche eintritt, wodurch die Werthe unzuverlässig und schwankend werden; diese Lage konnte der concaven Glasfläche dadurch gegeben werden, daBS der dieselbe tragende Stab in einer Hülse durch sechs Schrauben (ähnlich wie in einem Klemmfutter einer Dreh-

80 K. R, Koch.

bank) yerstellt werden konnte. Eine weitere Verbesserung dieses neuen Apparates bestand darin, dass die Ablenkung desselben aus seiner Buhelage nicht mehr vermittelst eines mit dem System fest verbundenen Magneten bewirkt wurde hierbei wird leicht ein einseitiger Zug ausgeübt, der die Centrirung des Systemes gegen die concave Glasfläche ändern kann sondern durch folgende Vorrichtung. An Stelle des Magneten waren an einem Querarm [A B), Fig. 2, zwei gebogene Eisenstäbchen AC und BD befestigt, deren Krümmung so beschaffen war, dass sie Theile eines Kreises bildeten, dessen Mittelpunkt in der Drehungsaxe des Systems lag. Die Enden dieser Stäbchen befanden sich gegenüber den Oeffnungen

zweier gebogener Drahtspulen SjÄ,, deren Axe eine Portsetzung der Kreis- bogen AC und BD war. Durch die Windungen dieser Spulen konnte ein Strom von passender Dauer und Stärke geschickt werden; hierdurch wurden die Eisenstäbchen in die Spulen hinein- gezogen und eine passende Ablenkung des Apparates hervorgerufen. Wurde der Strom dann wieder unterbrochen, so vollführte das System sich selbst überlassen die beabsich- tigten Schwingungen um seine Gleichgewichtslage. Auf die concave Glasplatte wurden alsdann einige Tropfen des zu benutzenden Electrolyten (gewöhnlich verdünnte Schwefel- säure) gebracht; in die Flüssigkeit tauchte ausserdem noch ein Platinring, der die Kugel concentrisch umgab. Durch geeignete Vorrichtungen konnten dann Kugel und Ring be- liebig positiv oder negativ durch eine Batterie von einem oder mehreren Elementen polarisirt werden.

3. Man kann mit diesem Apparate offenbar auf zwei Arten die Reibung der Kugel gegen ihre Unterlage unter- suchen, entweder, wie es bisher von mir geschehen ist, durch Beobachtung der Dämpfung, welche die Schwingungen er- fahren, oder dadurch, dass man die Grösse der ersten Am- plitude bestimmt, um die das Systeip bei Anwendung einer Kraft von bestimmter und gemessener Intensität aus seiner Gleichgewichtslage gedreht wird. Die letztere Methode stimmt

Oberßäclunverdnderung polarisirter Electroden. 81

in ihrem Princip mit der von Hm. Waitz angewandten fiberein. Durch Einschaltung eines Galvanometers, dessen Empfindlichkeit passend regulirt war, in den Strom, der die Spulen S^ und S^ erregte, konnte vermittelst eines automa- tisch wirkenden Stromschlüssels, durch den der Strom nach Belieben längere oder J^ürzere Zeit geschlossen wurde, ein Stromstoss von gemessener Grösse und damit eine bestimmte Kraft auf den Hebelarm AB ausgeübt werden; die dadurch hervorgerufene grössere oder geringere Ablenkung aus der Gleichgewichtslage gibt ein Maass für die Grösse der statt- tiadenden Keibung. Während offenbar die erstere Methode bei unveränderlicher Reibung (während des Versuches) die empfindlichere ist, könnte man doch geneigt sein, der letz- teren Methode den Vorzug zu geben, weil es möglich wäre, dass durch die Bewegung der Kugel und hierdurch hervor- gerofene Erschütterung der Electrode der Polarisationszu- stand an derselben und damit auch die Grösse der Reibung geändert würde. Der hierdurch etwa bedingte Fehler wäre bei der ersteren Methode wohl grösser als bei der letzteren. Die Versuche selbst bestätigen jedoch diese Annahme nicht; es ist vielmehr die Methode, die Reibungsänderung aus der Dämpfung der Schwingungen des Systems zu ermitteln, jener anderen bedeutend überlegen.

4. Mit dem so verbesserten Apparate konnte nun leicht nachgewiesen werden^ dass nicht nur bei der 0-Polarisation eine Zunahme der Reibung eintrat, sondern auch bei der HPolarisation, wie von den Herren Waitz und Kreuch - koll behauptet ist, eine Abnahme, die allerdings bei meiner Versuchsanordnung immer weit, ihrer Grösse nach, hinter der Beibungsänderung bei der O- Polarisation zurückblieb. Mit meinem früheren Apparate konnte ich bei Kugeln aus ISkarätigem Gold keine Reibungsänderung sicher nachwei- sen; die Wiederholung dieses Versuches mit dem verbesserten Apparate gestattete, auch diese zu constatiren. Folgende Tabellen erläutern dieses. Die Zahlen entsprechen der mitt- leren Abnahme der Schwingungsamplituden und sind berech- net nach der in der Arbeit der Herren War bürg und v. Babo abgeleiteten Formel.

Ann. d. Phya. a. Chem. N. F. XLIJ. r,

82 K. R. Koch,

A. Platin in verdünnter Schwefelsäure.

I. Reihe. I IL Reihe.

Unpolarisirt . . . 7,87

inpo [-Po]

H-Polarisation . . 6,06

Unpolarisirt ... 7,82

H-PolarisaHon 6,15 I Unpolarisirt

Unpolarisirt . . . 5,70

5,13

inpo H-Polarisation O-Polarisation

QDO

H-Polarisation Unpol^urisirt

B. Grold (ISkarätig) in verdünnter Schwefelsäure, I. Reihe. 1 H. Reihe. I HL. Reihe

18,33 7,40 4,76 7,40

Unpolarisirt . . 9,57 I Unpolarisirt . . 7,32 Unpolarisirt O-Polarisation . 20,60 i O-Polarisatiou . 24,32 0-Pol:

7,5

11,8

8,0

6,1

Polarisation . 20,60 > O-Polarisatiou . 24,32 O-Polarisation Unpolarisirt . . 9,97 | Unpolarisirt . . 10,05 Unpolarisirt . H-Polarisation . 7,78 H-Polarisation . 8,87 H-Polarisation

Natürlich sind die einzelnen Reiben, weil der Apparat inzwischen auseinander genommen war, nicht miteinander vergleichbar.

Wie die gegebenen Zahlen zeigen, ist die Aenderong der Reibung bei der H-Folarisation bedeutend geringer, als bei der OFolarisation , ja dieselbe kann sogar noch viel kleiner werden als im vorigen Fall, wie folgende Versuche lehren.

Fiatin in verdünnter Schwefelsäure.

1) Unpolarisirt . . . 5,13 2) Unpolarisirt . . . 7,51 H-Polarisation . . 5,00 H-Polarisation . . 7,14

Es ist mir nicht gelungen, zu einer einwurfsfreien Er- klärung für diese nur geringe Aenderung der Reibung durch die H-Folarisation bei der von mir angenommenen Versuchs- an Ordnung zu kommen. Von Hm. Erouchkoll ist die Ver- muthung ausgesprochen worden, dass die Belastung der reibenden Kugel pro Flächeneinheit bei meinen Versuchen zu gering gewesen sei, und dass hierdurch sich mir ein Theil der Erscheinung verdeckt habe; diese Erklärung kann ich in dieser Fassung nicht für zutreffend halten, da die bei meinen Versuchen angewandten Belastungen jedenfalls grösser waren als die von Hrn. Erouchkoll und Waitz angewandten. Das gesammte Belastungsgewicht mit dem die Kugel auf ihrer Unterlage ruhte, schwankte zwischen 100 g und 160 g, es ist mithin die Belastung pro Flächeneinheit eine verhält- nissmässig grosse, da die Kugel mit der Glasfläche nur in einer kleinen Fläche, entsprechend der elastischen Zusam- mendrückung der Kugel, in Berührung sein kann. Anderer-

Oberflachenveränderung polarisirier Electroden, 83

seits besteht zwischen dem Trägheitsmoment des Systemes, der Torsionskraft des Drahtes und der von dem Belastungs- gewicht des inneren Systemes abhängigen Beibungsdämpfung ein bestimmtes günstigstes Verhältniss, bei dem die Aende- mng der Reibung mit der Polarisation ihren grössten Werth annimmt Bei ungünstiger Wahl dieses Verhältnisses kann die Erscheinung ganz ausbleiben; möglichenfalls ist bei meinen früheren Versuchen mit der Goldelectrode dieses Verhältniss nicht günstig gewählt gewesen.

Einen weiteren Differenzpunkt zwischen den Resultaten des Hm. Waitz und den meinigen bildet seine Behauptung, dass bei so starken electromotorischen Kräften, bei denen eine sichtbare Gasentwickelung stattfindet, immer eine Ver- minderung der Reibung eintrete, gleichviel ob 0-Polarisation oder H-Polarisation an der reibenden Fläche vorhanden wäre, „da dann die starke Adhäsion, welche eine dünne Flüssigkeitsschicht zwischen zwei festen Körpern bewirkt, theilweise aufgehoben wird^^ (sobald Gase an der Metallfläche auftreten). Schon in meiner ersten Mittheilung habe ich darauf bezügliche Versuche mitgetheilt^), die zeigen, dass auch bei stärkeren electromotorischen Kräften, bei denen es zu einer wirklichen Gasentwickelung kommt, die Erscheinung auftritt, dass es mithin nicht die sichtbar ausgeschiedenen Gase sein können, welche die Reibungsänderung hervorrufen. Eine Wiederholung der Versuche führte zu demselben Resultate.

Platin in verdünnter Schwefelsäure:

unpolarisirt 15,22

OPolariBation durch zwei Elemente . 40,00

» »> » vier 41,41

unpolarisirt 17,91

O-rolarisation durch ein Element . . 41,40

Aehnliche Verhältnisse ergaben sich bei der H-Polarisa- tion. Die Gasentwickelung war hierbei zum Theil stürmisch.

5. Alle diese Resultate würden nun nach Hrn. Arons in anderer Weise zu erklären sein, wenn die von ihm beob- achtete Erscheinung zur Erklärung der Aenderungen der Reibung benutzt werden dürfte. Der von ihm angestellte Ver-

1) Auch Hr. Arons scheint diese Versuche übersehen zu haben, denn er sagt, ich hätte nur „mit Ki*äfteu gearbeitet, die zur Wasserzersetzimg nicht ausreichten". 1. c. p. 969.

6*

84 K, R. Koch.

such ist folgender: Auf einem auf G^las hergestellten Platin- spiegel, der beliebig mit dem positiven oder negativen Pole eines Elementes verbunden - werden konnte, ruhte eine Glas- linse; zwischen beiden werden bei passender Beleuchtung mit Natriumlicht Newton'sche Ringe beobachtet werden können. Beides steht in einer Schale, die mit verdünnter Schwefelsäure gefällt ist; in dieselbe taucht dann noch ein Platinblech als zweite Electrode. Hr. Arons hat nun den Spiegel bald zur Kathode, bald zur Anode gemacht, und beim jedesmaligen Schluss des Elementes ein Wandern der Interferenzringe beobachtet, und zwar entsprach die Richtung des Wanderns immer einer Vergrösserung des Abstandes zwischen Spiegel und Linse, unabhängig davon, ob am Spiegel eine positive oder negative Polarisation hervorgerufen war. Wechselte er mit Hülfe eines eingeschalteten Commutators den Sinn der Polarisation, so fand zuerst ein Wandern der Streifen in entgegengesetzter Richtung statt, das aber, sobald die frühere Polarisation durch die neue beseitigt war, wieder in ein Wandern im Sinne einer Hebung der Linse überging. Hiernach sollte sowohl die Wasserstoff- wie die Sauerstoff- polarisation eine Verminderung der Reibung hervorrufen. Hr. Arons sagt über die von mir im Gegensätze hierzu beobachtete Zunahme der Reibung bei der 0-Polarisation: „Wenn die früheren Beobachter bei der 0-Polarisation theil* weise eine Zunahme der Reibung fanden, so kann ich mir das nur so erklären, dass die 0-Entwickelung nicht lange genug fortgesetzt wurde, um die vorhergehende H-Polarisa- tion zu überwinden/' Dies wird einmal dadurch widerlegt, dass auch frisch ausgeglühte Platinelectroden, die noch nie- mals polarisirt waren, die grosse Zunahme der Reibung bei der Sauerstofifpolarisation sofort zeigen, ausserdem bleibt die grössere Reibung bei der Sauerstofifpolarisation selbst nach 24 stündiger Dauer bestehen, ohne eine merkliche Abnahme zu zeigen.

1) Unpolarisirt . O-Polarisation

2) Unpolarisirt . O- Polarisation H-Polarisatioii

18,3

28,8 nach 24*» Dauer 28,9

17,91

41,40 nach 15^ Dauer 40,00

15,30

Wäre ferner die Erklärung des Hrn. Arons richtig, so

Oherflächenveränderung polarisirter Electroden, 85

müaste bei jedesmaligem Stromwechsel also beim Ueber- gang TOD der Sauerstoff- zur Wasserstoffpolarisation an- fänglich eine Vermehrung der Reibung eintreten; hiervon zeigen jedoch die Versuche auch niemals eine Andeutung. Es wird hiemach wohl die Behauptung gerechtfertigt erscheinen, dass die interessanten Beobachtungen desHrn. Arons mit der Reibungs&nderung bei der Polarisation nichts zu thun haben.

6. Die Ursache dieser Aenderung der Keibung habe ich in der Anwesenheit des an der Electrode verdichteten und wahrscheinlich dort occludirten Gases gesucht und diese Er- klärung dadurch als richtig zu erweisen getrachtet, dass ich der Flüssigkeit einen Stoff zusetzte, der die Eigenthümlich- keit besass, das durch die Polarisation etwa ausgeschiedene &a8 sofort zu entfernen. In der That zeigte sich bei der Sauerstofiipolarisation keine Zunahme der Keibung, wenn dem angesäuerten Wasser Pyrogallussäure zugesetzt wurde, resp. die bei einem Versuche beobachtete Zunahme verschwand sofort wieder, wenn jener Zusatz gemacht wurde. Hiernach wftrde die Heibungsänderung verursacht werden durch eine Aenderung der Oberfläche der Electrode selbst. Es wäre nan aber auch möglich, dass die Erscheinung durch eine Ver- änderung hervorgerufen würde, welche die zwischen der Elec- trode und dem Glase befindliche Flüssigkeitsschicht erlitte. Nach Hrn. Warburg ^) geht von einer Metallelectrode in einem luft-, resp. sauerstoffhaltigen Electrolyten etwas in Lösung über; die Electrode ist daher von einer schwachen Salzlösung des eigenen Metalles umhüllt; von diesem Metall- salz ist etwas an der Metalloberfläche verdichtet. Bei der Polarisation wird nun die Dichtigkeit des condensirten Me- tallsalzes verändert und zwar wird sie an der Anode ver- grössert, an der Kathode verkleinert, und es wäre nun denk- bar, dass mit diesen Vorgängen die Aenderung der Reibung bei der Polarisation zusammenhinge. Nach einigen unter diesen Gesichtspunkten angestellten Versuchen scheint dies jedoch nicht der Fall zu sein.

7. Wäre nämlich diese Erklärung richtig, so würde bei solchen Combinationen, bei deren Electrolyse keine Gase

li Warburg, Wied. Ann. 38. p. 321. 1889.

86 K, R, Koch,

auftreten, vorausgesetzt, dass die Electroden nicht geändert werden, eine entsprechende Aenderung der Reibung beob- achtet werden müssen. Wenn man also ein Metall in einer Lösung seines Salzes hat, z. B. Zn in ZnSO^, so wird wenn die Lösung so concentrirt ist, dass secundäre Processe ausgeschlossen sind an der Anode durch die fortwährende Auflösung des Metalls die Lösung concentrirter sein wie an der Kathode, dementsprechend sollte denn auch unter Vor- aussetzung der Richtigkeit der Erklärung an der Anode eine Zunahme der Reibung, an der Kathode eine Abnahme er- folgen. Die angestellten Versuche ergaben kein bestimmtes Resultat; während bei Verbindungen, wie Zn in ZnSO^, Cu in CuSO^ etc. bei + Polarisation in der Regel eine Rei- bungszunahme zu beobachten war, trat bei —Polarisation keine Abnahme der Reibung ein, sogar nahm die Reibung manchmal zu. Bei manchen Versuchsreihen wurde überhaupt ein starkes Wachsen der Reibung mit der Zeit beobachtet, gleichgültig ob eine Polarisation vorhanden war oder nicht Hatte jedoch bei der + Polarisation eine Zunahme der Rei- bung stattgefunden, so wurde dieselbe durch eine hervorge- rufene — Polarisation nur wenig verkleinert; was wohl gegen die Annahme spricht, dass eine Concentrationsänderung in der Nähe der Electrode die Ursache der Reibungsänderung ist. Bei Pt- Electroden trat in concentrirter wie verdünnter PtCl^-Lösung bei 4- Polarisation eine starke Zunahme, bei

Polarisation eine Abnahme der Reibung ein.

Man könnte auch noch in anderer Weise verfahren, um diese Frage zu lösen. Hat man als reibende Kugel reines Zink in verdünnter Schwefelsäure und stellt dem Zink Pla- tin in der Flüssigkeit gegenüber, so bilden Zink Flüssigkeit

Platin ein galvanisches Element. Es wird nun allerdings in unmittelbarer Nähe des Zinks immer etwas Zink in Lö- sung sich befinden, diese Menge wird aber vermehrt werden, wenn das Element in sich geschlossen wird. Durch Schliessen des Elements würde also um das Zink herum die Flüssig- keit concentrirter werden, mithin müsste die Reibung, wenn abhängig von einer Concentrationsänderung, bei geschlossenem Zustande grösser sein als wie bei offenem. Bestimmte man die Reibung bei offenem und geschlossenem Element, so erhielt man:

Oberflachenveränderung polarisirter Electroden. 87

offen: 10)35 und 11,00 aus zwei Versuchsreiben,

geschlossen: 10,42 10,48 10.52 ,, drei

offen: 10,52.

Aehnliche Versuche wurden noch mit anderen Metallen [Platin gegenüber) angestellt, jedoch gleichfalls mit negativem Erfolg.

Auf Veranlassung des Hrn. Warburg habe ich unter diesem Gesichtspunkte auch noch den folgenden Versuch gemacht. Platin in Kochsalzlösung zeigt, wenn polarisirt, die besprochene Reibungsänderung, d. h. als Anode eine Zu- nahme als Kathode eine Abnahme derselben. Man bestimmt nun zuerst die Grösse der Reibung, indem man die Platinkugel und den Platinring miteinander metallisch verbindet; dann setzt man, ohne eine Polarisation hervorzurufen, PtCl4-Lösung hinzu, es müsste hierdurch die Reibung grösser werden, wenn anders diese Zunahme durch eine Concentrationszunahme in der unmittelbaren Nähe der Platinkugel verursacht würde. Die angestellten Versuche ergaben eine solche Zunahme nicht.

Diese Versuche scheinen mir zu beweisen, dass jene oben aufgestellte zweite Hypothese, nach der eine Concen- trationsänderung der zwischen den reibenden Flächen befind- lichen Flüssigkeit die Ursache für die Aenderung der Reibung wäre, nicht zulässig ist. Man muss mithin annehmen, dass die verschiedenen Werthe für die Reibung in einer Ober- flächenänderung der Electroden ihren Grund haben. Da man femer wohl nicht annehmen kann, dass sich die ausgeschie- denen Gase in einer besonderen Schicht zwischen der Blec- trode und der Flüssigkeit befinden, so kann man sich vor- stellen, dass die Gase in den oberflächlichen Schichten des betreffenden Metalles occludirt vorhanden sind und mit ihm eine Art Verbindung einem Amalgam etwa ähnlich bilden. Es würde dann durch die Polarisation die Beschaffenheit der Electrode selbst, wenigstens in ihren oberflächlichen Schich- ten, geändert und hierdurch würde eine Aenderung der Rei- bung gegen die Glasfläche begreiflich erscheinen.

8. Unter dieser Annahme schien es mir von Interesse zu sein, auch das Verhalten anderer ausgeschiedener Gase zu untersuchen. So wurde zuerst Platin in concentrirter Salzsäure untersucht; bei der Electrolyse findet bekanntlich,

88

K, R. Koch,

wenn nicht die Säure stark verdünnt ist, eine Zerlegung in Wasserstoff und Chlor statt. Die Versuche ergaben:

Platin in concentrirter Salzsäure. I. Reihe. | II. Reihe. M

Unpolarisirt .... 5,8 Unpolarisirt .... 6,6

Cl-Folarisation . . . 22,1 H-Polarisation ... 5,5

H-Polarisation ... 6,0 Cl-Polarisation . . . 24,9

UDDolarisirt .... 15,7 H-Polarisation ... 4,4

H'PoIarisatiou ... 5,6 Unpolarisirt . . . 19,0

Es bewirkt hiemach die Cl- Polarisation gerade so wie die 0-Polarisation eine Zunahme der Keibung, die H-Pola- risation wie auch sonst eine Abnahme. Die H-Polarisation ist ferner jedoch, wie aus den obigen Zahlen hervorgeht^ nicht im Stande die Cl-Polarisation sofort ganz aufzuheben, sondern der durch die Cl-Polarisation hervorgerufene Zustand des Platins sucht sich nach Aufhören (^er H-Polarisation wieder herzustellen; ein Beweis dafür, dass das Chlor in das Innere der Electrode eingedrungen, mithin occludirt ist; erst durch Ausglühen wird der Einfluss der Cl-Polarisation beseitigt. Es findet also entgegen den sonstigen Annahmen auch eine Occlusion des Chlors im Platin statt.

Ist dem Wasser Ammoniak zugesetzt, so bildet sich be- kanntlich „an der positiven Electrode Stickstoff, indem das Ammoniak durch den daselbst ausgeschiedenen Sauerstoff oxydirt wird".^) Die Versuche ergaben:

I. Reibe: Unpolarisirt N-Poiarisation H-Polarisation

10,9 (1 oder 2 Eiern. ) 28,3 (durch 1 Element)

43,0 28,9 (durch 2 Elemente)

II. Beihe: Unpolarisirt N-Polarisation 37,8 46,3

III. Reihe: (die Platinkugel frisch ausgeglüht) Unpolarisirt H-Polarisatioii

9,6 9,3

IV. Reihe:

Unpolarisirt H-Polarisation 29,75 22,7

V. Reihe: Unpolarisirt H-Polarisation N-Polarisation Unpolarisirt H-Polar. 14,18 12.00 52,6 51,7 41,25

nachlöi^H-Pol. 33,0

1 ) Um die Reste der Cl-Polarisation zu vernichten, war die Pt-Rugel frisch ausgeglüht.

2) G. Wiedemaiin, Galvanismus 3. Aufl. 2. Nr. 633. p. 559.

Oberßächenveränderung polarisirter Electroden, 89

VI. Reihe: Unpolarisirt N-PolarisatioD H- Polarisation N-Poiar.

»•»* ««•0'* *J2 j ^„^^h , E,^^^„^ 52,5

34,3 durch 2 Elemente.

Bei der Polarisation von Platin in Ammoniak tritt also die sonderbare Erscheinung auf, dass durch Umschaltung der polarisirenden Elemente die Keibungszunahme der voraus- gegangenen N- Polarisation nur in sehr geringem Maasse rfickg&ngig durch die H-Polarisation gemacht werden kann; am dies zu bewirken, muss die Electrode ausgeglüht werden. Ü8 beweist dies wohl, dass hierbei nicht etwa der primär entwickelte Sauerstoff die Keibungszunahme veranlasst haben kann, sondern dass es in der That der Stickstoff sein muss, der dies bewirkt, da die sonstigen Versuche dargethan haben, dass die durch die 0-Polarisation hervorgerufene Zunahme der Reibung durch eine nachfolgende H-Polarisation sofort &a%ehoben wird. Dieser occludirte Stickstoff verbindet sich dann entsprechend der geringen Abnahme der Reibung nur langsam mit dem Wasserstoff oder man müsste annehmen, wenn diese Verbindung doch sogleich stattfinde, dass dann das 80 gebildete Ammoniakgas die Bolle des occludirten Gases übernähme. Dies möchte durch einen Versuch mit Eisen- electroden in Ammoniak noch wahrscheinlicher werden, in- dem hierbei die Beibungszunahme bei der N- Polarisation durch die darauf folgende H-Polarisation noch vergrössert wird, wie beistehende Zahlen dies zeigen.

Eisenelectrode in Ammoniak.

Unpolarisirt 25)1

N-Folarisation .... 30,0 (2 Elemente) H-Polarisation .... 48,8

Diese im letzten Abschnitte beschriebenen Versuche er- geben — wenn anders die gemachten Voraussetzungen richtig sind dass wahrscheinlich nicht nur Wasserstoff, Sauerstoff und Eohlenoxyd occlusionsfähig sind, sondern auch Chlor, Stickstoff und vielleicht auch Ammoniak diese Eigenschaft besitzen.

Aachen, im October 1890.

IV. Die Inductimiswage in Verhlndung mit

jDißjunctor und Galvanometer;

von J. Sergmann.

(Im Auszage mitgetheilt aus dem Jahresbericht der Schlesischen GresellBch. für vaterl. Cultur, Bd. 68 p. 24 der naturwissenschaftl. Section).

Bei den Untersuchungen, welche in neuerer Zeit mit Hülfe der Inductionswage ausgeführt worden sind, hat als Messinstrument das Electrodynamometer Verwendung gefun- den. Man kann dasselbe ersetzen durch das G-alvanometer, wenn man einen für diesen Zweck geeigneten Disjunctor zur Verfügung hat. Ein Hülfsinductorium ist dann nicht mehr erforderlich, sodass die Versuchsanordnung sich einfacher gestaltet; ausserdem aber hat man den grossen Vortheil, dass ihre Empfindlichkeit in ganz erheblichem Maasse gesteigert wird.

In der Wiener medicinischen Presse veröfi'entlichte nun vor kurzem R. Lewandowski ^) eine Reihe von Abband* lungen über ^^die einfachste Methode zur Erzielung gleich- gerichteter , galvanometrisch messbarer Inductionsströme^. Ein dort angegebenes, im Princip auch von H. von Helm- holtz angewandtes Mittel habe ich mit dem akustischen Stromunterbrecher nach Bernstein zu einem Disjunctor zu vereinigen gesucht und diesen mit der Inductionswage in Verbindung gebracht. Eine Ankündigung des Disjunctors erfolgte schon in diesen Annalen.^) Nunmehr liegen mit Hülfe desselben angestellte Beobachtungen vor, und es sei gestattet, über sie an dieser Stelle zu berichten.

1. Die Inductionswage setzte sich zusammen aus zwei Inductorien, dem Disjunctor, der Kette für die Stromquelle im primären und dem Galvanometer als Messinstrument im secundären Kreise.

1) R. Lewandowski, Wiener med. Presse, Jahrg. 1888. Nr. 9 u. fF. Ferner Beibl. 12. p. 603. 1888.

2) J. Bergmann, Wied. Ann. 36. p. 784. 1889.

Induetiontwage. 91

Die Indmstorien waren ao Form und (rrOsse einan- der gleich. Die Bollen eines jeden standen einander cod- uial gegeoUber und waren auf Schlitten mit guter Führung iwfestigt Bei einem Inductorium , es sei mit / bezeichnet, kannte die Entfernung der Bollen mit einer Fuhrungsachraube geändert werden, bei dem anderen Indnctorium // waren die Schlitten direct verschiebbar. Die primären Bollen hatten je 469 Windungen von 1 mm starkem , die secundSren 3054 und 3057 Windungen Ton 0,31 mm starkem Kupferdraht.

Der Disjnnctor ist zunächst ein gewöhnlicher selbst- tbätiger Stromunterbrecher mit Platinquecksilbercontact und wild durch ein besonderes Element in Gang gesetzt. Beine GiarichtQDg ist in Fig. 1 gezeichnet. Auf ein Brett A ist

eine metallene S&ule S aufgeschraubt, welche eine electro- magnetisch in Schwingungen zu versetzende Stahllamelle L trägt Ueber L betindet sich der Electromagnet E, da- runter ein eisernes Quecksilbernäpfchen N auf einer Stell- schraube, sodass es gehoben und gesenkt werden kann. Ein in L befestigter Flatinstift vermittelt durch Eintauchen in (Quecksilber den Stromschluss. Der Eisenkern des Blectro- niagnets kann durch Drehen an dem Schraubenkopf K gleich- falls gehoben oder gesenkt und dadurch in die passende Entfernung von der Lamelle gebracht werden. Zur Aende-

92 •/. Bergmann,

rang der Schwingungszahl lässt sich die Lam^e länger oder kürzer einstellen.

Wenn der Unterbrecher in Thätigkeit ist, so geht der treibende Strom von R durch N in L und die Säule 5, von da über P durch den Electromagnet E nach Q.

Zu einem Disjunctor wird er dadurch, dass die Lamelle ausser dem beschriebenen activen noch zwei weitere, ge- wissermaassen passive Contacte schliesst und unterbricht, von denen sich jeder für sich in einen Stromkreis einschalten lässt. Die Quecksilbemäpfchen für diese passiven Contacte sind N^ und N^; sie sind gleichfalls auf Stellschrauben an- gebracht, damit man ihre Höhen ändern kann. Die zuge- hörigen Platinstifte sind lanzettförmig zugespitzt und für die Zwecke des Reinigens ebenso wie die Quecksilbemäpfchen abnehmbar.

Die Leitung für einen Strom, welcher den einen Contact durchläuft, geht über E^ N^ Quecksilber und Platinstift, von da durch einen seitlich an L isolirt befestigten Draht, der in D^ zum Vorschein kommt und nach Q,. R^ und Q^ bilden also die Zuleitungen zu diesem Contact.

Für einen Strom, welcher den anderen Contact durch- laufen soll, ist der Weg in ähnlicher Weise: R^y N^f Queck- silber und Platinstift, sodann ein an der anderen Seite von L isolirt befestigter Draht, der sich in D^ zeigt und nach Q2 führt, sodass R^ und Q^ zu dem zweiten passiven Con- tact die Zuleitungen bilden. Ein Kork an der Stelle, an welcher die Drähte die Lamelle verlassen, schützt sie vor dem Abbrechen.

Wenn Beobachtungen gemacht wurden, so war der Dis- junctor auf einem Bleiblock befestigt und auf sicherer Grund- lage aufgestellt. Ferner wurde der Funken des activen, wie auch desjenigen passiven Contactes, durch welchen der in- ducirende Strom ging, durch eine vorgelegte Zweigleitung von geeignetem Widerstände abgeschwächt. Trug man dann noch Sorge für reine Platinstifte, reines Quecksilber und reine Näpfchen, so arbeitete der Disjunctor zu jeder Zeit und völlig gleichmässig, so lange das treibende Element Strom gab und die Contacttheiie rein waren.

Den inducirenden Strom lieferten in der Regel drei

lnductiofuu)ag€. 98

Accumulatoren. Alle Beobachtungen wurden ausgeführt mit Schliessungsströmen nach der durch Fig. 2 veranschaulich- ten Versuchsanordnung.

Im primären Elreise geht der Strom von der Kette K durch einen der passiven Contacte U^ des Disjunctors, da- nach durch die primären Rollen der Inductorien / und II und zur Kette zurück. In den secundären Kreis sind eingeschaltet: die secundären Rollen der Inductorien, der andere der passi- C'

■■■"■" "' t

mntator C befindet. Das Galvanometer war ein Siemens'sches mit 1500 Win-

sen Contacte U^ und das Galvano

meter, vor welchem sich noch der Com- )t i (

t

T

dangen und starker Kupferdämpfung. ^^ j=iV\\\>

Fig. 2.

Um nach Herstellung der Verbin- dungen die Inductionswage für die Versuche einzurichten, wurden die Rollen von Inductorium iiin einer gewünschten Entfernung befestigt, darauf der Dis- junctor in Thätigkeit gesetzt und ermittelt, ob in den secundä- ren Bollen die Induction in entgegengesetztem Sinne erfolgte. Für diesen Versuch ist das von Hughes eingeführte Telephon als Prüfungsmittel recht empfehlenswerth. Es wurde an Stelle des Gtilvanometers eingeschaltet und die üntfemung der Rollen von Inductorium / vermittelst der Ffihrungsschraube variirt. Waren die Verbindungen der- artig getroffen, dass die inducirten Ströme entgegengesetzt gerichtet waren, so fand sich alsbald die Stellung heraus, fär welche die Telephontöne ein Minimum zeigten. Trat das Minimum nicht hervor, so genügte es, die Zuleitungen zu einer beliebigen der vier Rollen zu vertauschen. Hier- nach wurde wieder das Galvanometer angewendet und die letzte Correction vorgenommen während der Beobachtung mit Scala und Fernrohr.

Mit Hülfe des Galvanometers liess sich ausserordentlich viel sicherer und sorgfältiger feststellen, als mit dem Elec- trodynamometer, ob in dem secundären Kreise Stromgleich- gewicht vorhanden war oder nicht.

Im allgemeinen konnten nach diesen Vorbereitungen, die

94 J. Bergmann.

sich aber auch ohne Zuhülfenahme des Telephons trefifen Hessen, die Störungen des Stromgleichgewichts durch induc- tionsfähige Körper, welche zwischen die Bollen eines Induc- toriums gehalten wurden, schon am Galvanometer beobachtet werden. Wegen des zeitlichen Verlaufs der Inductionsströme waren die Ablenkungen unter sonst gleichen Umständen aber sehr verschieden gross, je nach dem Zeitintervall, wel- ches zwischen der Herstellung von Contact U^ und U^ in Fig. 2 bei jeder Schwingung der Lamelle verging. Das Inter- vall hängt unter anderem ab von der relativen Stellung bei- der Quecksilberoberflächen in den Näpfchen zu den Platin- spitzen und kann leicht geändert werden, indem man bei unveränderter Stellung von N^ das andere Näpfchen iV, hebt oder senkt. Auf diese Weise kann man, auch während der Disjunctor in Thätigkeit ist, die Aenderung ohne Mühe be- wirken.

Um eine Uebersicht zu gewinnen, wurden die Schrau- benköpfe, welche N^ und N^ in Fig. 1 tragen, mit Kreis- theilungen versehen, die Stellung der Quecksilberoberfläche im primären Kreise unverändert gelassen, dagegen diejenige im secundären Kreise um je zwei Zehntel der Theilung ge- hoben. Dann bewirkte eine dünne Kupferplatte (Dicke 0,2 mm), nach Herstellung des Stromgleichgewichtes in das Inductorium / eingeführt, im Galvanometer folgende (doppelte) Ablenkungen:

Tabelle I.

Stellung

der

Ab- ^ Stellung der

Ab-

Quecksilberoberfl.

lenkung Quecksilberoberfl.

lenkung

0

+ 107 1

12

+ 180

2

+ 113 1

14

+ 188

4

1

+ 119

16

+ 194

6

1

+ 143 i

18

+ 192

8

+ 160

20

+ 152

10

+ 171 1

22

- 17

Die Ablenkungen wachsen also allmählich bis zum Maximum + 194 bei der Stellung 16, von 18 an nehmen sie schnell ab, um zwischen 20 und 22 negativ zu werden. Vor und bis zu 18 waren sie ausserdem durchaus constant, bei 20 zeigten sich Schwankungen um die abgelenkte Gleichgewichtslage

Inductionswage, 95

▼on 0,4 bis 1, nach 22 bis 3 Scalentheilen, im späteren Ver- lauf als die Platinspitze mehrere Millimeter tief in das Queck- silber eintauchte, nicht mehr feststellbare Unregelmässig- keiten. Hiemach war es leicht, nach vorgenommener Rei- nigung der Gontacttheile, geänderter Aufstellung des Dis- iunctors und dergl sich schnell über die für die passiven Contacte geeignete Stellung der Quecksilbemäpfchen zu Orientiren.

2. Mit der Inductionswage in Verbindung mit Galva- nometer und Disjunctor habe ich das electrische Leitungs- Termögen bestimmt von Kupfer, Zink, Zinn und Blei, auch Messing, bezogen auf Quecksilber von der Temperatur 0^ als Einheit. Die Messungen wurden ausgeführt an kreis- fönnigen Platten von 85 mm Durchmesser, die aus gewalz- ten Blechen von verschiedenen Dicken ausgeschnitten worden waren. Die Platten wurden conaxial zwischen die Bollen derlnductorien gestellt, während die inneren Flächen der letz- teren 15 mm voneinander entfernt waren.

Die üntersuchungsmethode war das Compensationsver- &hren und als compensirendes Material dienten kreisför- mig ausgeschnittene Stanniolblätter von gleichfalls 85 mm Darohmesser. Es wurden deren 10, 10 andere, 20 und 60 aufeinander gelegt, in Papier gehüllt und zur Compensation der Störungen des Stromgleichgewichtes die so erhaltenen Tier Combinationen so verwendet, wie die Stücke eines Gre- wichtssatzes bei einer gewöhnlichen Wage. Vor ihrem Ge- brauch wurden sie geprüft; zu dem Zwecke wurde ein be- zeichnetes Stück 10' als Normalstück gewählt, ihm wegen der Blätterzahl der Werth 10 zuertheilt und damit die übrigen verglichen. Die Werthe für alle vier Combinationen waren dann:

Stück (lO'j (10) (20) (50) = 10,0 9,9 19,7 49,7.

Weniger als 10 Blätter zusammen sind nicht zur Ver- wendung gekommen, da die unter 10 liegenden Werthe in einfacher Weise interpolirt werden konnten. Die Bruch- theile der Stanniolblätter sind aufzufassen als Bruchtheile ihrer Dicken.

Der Gang der electrischen Untersuchung einer jeden

96 J. Bergmann,

Platte gestaltete sich bei Anwendung des Galvanometers aht Messinstrument und dem Oompensationsverfahren ebenso^ wie mit Hülfe des Electrodynamometers. Während Strom- gleichgewicht vorhanden war, wurde dieselbe conaxial zwi- schen die Rollen eines Inductoriums gestellt Das hatte zur Folge, dass das Galvanometer einen entsprechenden Aus- schlag anzeigte. Darauf wurden zwischen die Rollen des anderen Inductoriums gleichfalls in conaxialer Stellung so viel Stanniolblätter später auch schon bestimmte Platten gebracht, bis dass die Ablenkung im Galvanometer nahezu auf Null zurückgeführt, also die Störung annähernd compen- sirt war, sodann wurde noch ein* weiteres Stück (10) oder (20) als Uebergewicht für die Interpolation hinzugefügt Nach Art der doppelten Wägung wurden endlich Blätter und Platte in den Inductorien miteinander vertauscht und die Beobachtungen noch einmal vorgenommen. Die so er- mittelte Summe der nahezu compensirenden Blätter imd der durch Interpolation gefundenen bildeten dann den „Induc- tionswerth" der Platte.

Für die Untersuchung des Quecksilbers wurden beson* ders hergestellte Gefässe aus Glas verwandt Dieselben waren so beschafiPen, dass die in sie eingegossenen Quecksilber- quantitäten die Form kreisrunder Platten von 85 mm Durch- messer annahmen und nun ebenso vorgegangen werden konnte, wie in allen übrigen Fällen.

Im ganzen sind 17 Platten untersucht worden. Aas ihren Inductionswerthen kann man das electrische Leitungs- vermögen herleiten auf Grund folgender £rwägung: Da die Platten gleiche Durchmesser haben und conaxial und sym- metrisch zvrischen den Rollen der Inductorien standen, so sind die Inductionswerthe innerhalb gewisser Grenzen dem Product aus der Dicke S und der Leitungsfähigkeit X pro- portional. Berechnet man sie daher für irgend ein Sj so erhält man relative Werthe für die Leitungsfähigkeit

Die Dicken der Platten wurden ermittelt durch W&gung und zu dem Zwecke bestimmt: der Durchmesser (an drei Stellen) mit Hülfe eines Meyerstein'schen Comparators, das Gewicht und das specifische Gewicht. Aus diesen Daten kann man die Dicke berechnen.

Indut'Honswage,

97

Die Tabelle II enthält unter J die Inductionswerthe der Platten, unter 8 die berechneten Dicken, unter JjS die In- ductionswerthe für 1 mm Dicke. Die Platten desselben Ma- terials sind der Reihe nach mit A B C D bezeichnet, und

es fand sich :

Tabelle IL

Platte

J J in mm

Jjö

Platte

J

d in mm

JlÖ

Kupfer.

Blei.

Ä

53,8 . 0,094

572,4

A 1

24,0 1 0,484

49,6

B

50,3 0,091

571,6

B

50,0 1,016

49,2

Zink.

C

72,0 1,446

49,8

Ä

107,3

0,648

165,6

Messing.

B

107,4

0,648

165,7

A

66,9 ; 0,458

146,1

c

190,6 1 1,156

164,9

B

67,5

0,461

146,4

Zinn.

C

140,0

1,011

139,5

Ä

39,9 0,513

77,8

Quecksilber.

B

82,5 1,036

79,6

A

60,19 i 5,5

10,94

C

122,7 1,523

b0,6

B

111,12

10,3

10,79

D

32,0

, 0,403

79,4

i

Aus dieser Tabelle kann man ersehen, dass unter den VersnchsbedinguDgen die Inductionswerthe einzelner Platten desselben Materials den Dicken proportional sind, also die obige Annahme gerechtfertigt ist.

Für den allgemeineren Fall, dass gleichzeitig Platten Ton Terschiedenen Dicken ö und verschiedenen Leitungs- fähigkeiten k compensirt werden, besteht die Proportiona- lität für die Summe der Producte JA. In dieser Beziehung wurde bereits angedeutet, dass an Stelle der Stanniolblätter Ar den Zweck der Gompensation beliebige Platten von be- kanntem Inductionswerth angewendet werden können. Im- merhin sei noch ein Versuch hierüber vollständig mitgetheilt, bei welchem die Platten Kupfer A und Zinn A zusammen bestimmt und dabei die Bleiplatte A zur Gompensation zu Hülfe genommen wurde. Das BeobachtungsprotocoU gestal- tete sich folgendermaassen:

Inhalt vom Inductorium

I I II

Stell, d. Comm. links I rechts

Abi.

Con- trolie

(SnA) (CuA)

(50) (lOj (PbA) (^20) (50) (10) (PbA)

(50) (10) (PbA) 454,4

(50) (10) (PbA) (20) 462,8

(SnA) (CuA) 454,6

V I 463,0

»

464,8 457,2 465,0 456,8

Ann. d. Fhjn. u. Chem. N. F. XLII.

+ 10,4 +10,4

- 5,6 - 6,0 + 10,4! +10,4

- 6,2 , - 6,2

7

98

J. Bergmann.

Hieraus findet sich mit Hülfe des Stückes (20) = 19,7 als Uebergewicht der Betrag 10,0, sodass man als Compen- sation hat:

Stück (50) = 49,7 I .

,, (10) = 9,9 I ^^ ^' ^^'

Bleiplatte U) = 24,0 Tabelle II. InterpolatioD = 10,0

Summe = 93,6.

Entnimmt man den Inductionswerth für jede der beiden Platten aus Tabelle II, so ist derselbe:

für Kupfer A = 53,8 Zinn A = 39,9

Summe = 93,7

Es zeigt sich also eine recht gute Uebereinstimmung zwischen den durch Beobachtung und Rechnung gefundenen Zahlen für die Stanniolblätter, welche zur Compensation erforderlich waren.

Bei der Berechnung der Leitungsfähigkeiten wurden die in Bezug auf Durchmesser und Temperatur erforderlichen Correctionen berücksichtigt. Die Inductionswerthe wurden auf 85 mm als Normaldurchmesser reducirt, wenn die Platten nicht genau diesen Durchmesser hatten. Ferner wurde dem Umstände Rechnung getragen, dass die Metalle und Legi- rungen nicht denselben Temperaturco&fficienten haben.

In der Tabelle III sind unter Jq die corrigirten Quo- tienten Jj8 enthalten, unter X die aus ihnen berechneten Leitungsf&higkeiten der Platten, unter s die specifischen Gewichte.

Tabelle IIL

Platte

s

Jo

1

Platte

s

^0

X

Kupfer.

Blei.

A

8,909 i 581,0

50,658

A

11,372 1 50,0

4,876

B

8,921 ; 576,7

, 56,236

B

, 11,371 49,8

4,856

Zink.

C

11,369 1 50,1

4,886

A

7,183 164,3

16,022

Messing.

B

7,183 164,9

1 16,080

C

7,153 164,4

1 16,0:V2

.1

8,473 147,0

13,700

Zinn.

B

8,478 , 146,4

13,644

C

, 8,435 138,8

12,936

A

i 7,297 78,5

7,655

1 / . /

/ ^

B

; 7,298 79,8

' 7,782

Quecksilber.

C

. 7,298 81,1

, 7,909

D

7,301

! 5^0,1

. 7,811

% (-4 + i

?) = A =

1.

InducHonswage, 99

Die Werthe von A, welche für Platten desselben Mate- rials gefanden worden sind, weichen nur wenig voneinander ab. Die Grenzen nähern sich am meisten für Blei.

lo Bezug auf die Reinheit der Metalle ergab die che- mische Analyse, dass das Zink stark bleihaltig war, Kupfer, ZJDD und Blei erwiesen sich als rein bis auf äusserst geringe ! Spuren von £isen, welche vermuthlich von dem Durchgang ! der Bleche durch eiserne Walzen herrührten. Das Queck- silber war wiederholt destillirt worden.

Unter den Physikern, von welchen Bestimmungen über das electrische Leitungsvermögen vorliegen, haben Mat- thiessen und v. Böse, Benoit und H. F. Weber auf Reinheit der untersuchten Metalle Werth gelegt. Bei der früher mit der Inductionswage in Verbindung mit Electro- djnamometer und Hülfsinductorium ausgeführten Untersu- chuDg galten die verwendeten Metalle gleichfalls als rein. Die arithmetischen Mittel von X aus der vorstehenden Ta- belle will ich vergleichsweise mit den anderweitig für reine Metalle angegebenen und hierhergehörigen Zahlen zusam- menstellen.

Tabelle IV.

Leitimgsf&higkeit verschiedener Metalle bei C*, bezogen auf Quecksilber

von derselben Temperatur als Einheit.

Nach |j Kupfer Zink Zinn

Blei

Matthicssenu v.Bose 60,86 hart 17,62 7,56 5,02

B6noit 55,86 weich {g^Johart** ^'^^"^ i ^'^^^

H. F. Weber - 16,65 9,876 , 5,111

Mit der Inductionswage i

früher 54,87 15,93 9,045 ' 4,688

jetzt 56,447 16,045 7,789 | 4,87H

Die Werthe von Kupfer, Zinn und Blei der neuen Be- stimmung liegen zwischen denjenigen, welche Matthiessen und v. Böse und Benoit fanden. Die Zahl für Zink macht hiervon eine Ausnahme und erreicht die von Benoit für hartes Zink aufgestellte nahezu.

Nicht unerheblich sind die unterschiede zwischen den Werthen, welche mit Hülfe der Inductionswage früher und

100

«/. Bergmann,

jetzt ermittelt worden sind. In beiden Fällen habe ich di Untersuchungen mit der gleichen Sorgfalt ausgeHihrt. Di Abweichungen können ihren Grund haben in der Verschii denheit der untersuchten Metallplatten, sodann aber auch i dem Umstände, dass die Empfindlichkeit der Inductionswag in Verbindung mit dem Galvanometer sehr viel grösser is als wenn mit dem Electrodynamometer beobachtet wird. Alle spricht dafür, dass die Anwendung des Galvanometers z genaueren Resultaten geführt bat, sodass die für Kupfe Zinn und Blei angegebenen Werthe als zutreffend angesehe werden können.

3. Dass starkes Erhitzen, Ausglühen der Metalle i ihrem electrischen Leitungs vermögen bleibende Aenderunge zur Folge hat, ist eine bisher hauptsächlich an Drähte mehrfach nachgewiesene Erscheinung. In manchen Fälle wurde das Leitungsvermögen, in anderen der Widerstan vermehrt. Für einige Leiter habe ich diesen Vorgang beol achtet an Platten, welche nach der Einwirkung hoher Ten peraturen gleichfalls theils besser, theils schlechter leiten geworden waren. Ich habe die Versuche fortgesetzt an de beiden Kupferplatten und zweien A und B von Messing. D: Platten wurden zwischen Kupferblech gelegt, geglüht un nach allmählicher Abkühlung noch einmal auf dieselbe Weif untersucht, wie vorher.

Die Resultate dieser Bestimmungen sind enthalten i Tab. V und zwar angegeben: unter J die Inductionswerth unter J^ diejenigen für 1 mm Dicke mit Berücksichtiguo der Correction für den Durchmesser, unter s die specifischc Gewichte und unter X die Leitungsrähigkeiten, wiederum b* zogen auf Quecksilber von der Temperatur 0^ als Einhei

Tabelle V.

Platte

s

A B

A

B

55,6 51,8

66,5 67,3

Kupfer.

602,4 593,9

Messing.

145,6 ' H3,6 I

8,905 8,902

8,508 8,483

58,744 57,915

13,560 13,884

Inductionswage, 101

Wenn man die vorstehenden Zahlen unter X vergleicht mit den entsprechenden in Tab« III, so ist das Leitungs- Termögen:

Tabelle VI.

Von Platte Vor dem Glühen Nachher

A 56,658 58,744

B 56,286 57,915

A 13,700 13,560

B 18,644 13,884

Kupfer I Messing |

Das Glühen hat also beim Kupfer eine Zunahme, bei dem Messing eine Abnahme des Leitungsvermögens bewirkt. Die Aenderungen für die einzelnen Platten betragen:

A

B

för Kupfer

4-3,68

+ 2,99 Proc.

Messing

- 1,02

- 1,91 »

Die frühere Untersuchung hatte unter Anderem fQr Kupfer gleichfalls eine Zunahme, für die Legirung Neusilber eine geringe Abnahme ergeben.

4. Die im Vorstehenden mitgetheilten Resultate sind erhalten worden nur mit Schliessungsströmen nach der auf p. 93 angegebenen Versuchsanordnung. Will man von den Oeffnungsströmen Gebrauch machen, so lässt sich dies durch eine kleine Aenderung bewirken. Man schaltet zu dem Zwecke den Contact U^ nicht direct in den secundären Kreis, sondern als Zweigschluss vor das Galvanometer. In dem- selben beobachtet man dann die Oeffnungsströme, während die durch Schliessung erhaltenen durch den Contact hin- durchgehen.

Mit Hülfe dieser ^Aenderung erhält man in umgekehrter Weise Schliessungs- oder Odffnungsströme im Galvanometer, wenn man nach dem Vorgange von v. Helmholtz im pri- märea Kreise anstatt durch Unterbrechung die Indaction in der Weise bewirkt, dass der Contact Z7j in einen Zweig vor die primären Rollen der Inductorien gelegt wird. Somit er- geben sich vier verschiedene Versuchsanordnungen, zwei für Schliessungs-, zwei für Oeflfnungsströme im Galvanometer.

102 •/. Bergmann. Inductionsvcage.

Alle vier Anordnungen lassen die Anwendung der Con sationsmethode zu.

Der Verlauf der BeobachtuDgen Hess erkennen, das quantitative Bestimmungen nach dem angewandten Verfs das Galvanometer den Vorzug verdient vor dem Tele und dem Electrodynamometer. Die Steigerung der Emf lichkeit, welche durch dasselbe die Inductionswage eri ist eine erheblich grosse, und man kann nun der Frage i treten, ob und in wie weit die von Hughes und vielen deren in analytischer Beziehung an sie geknüpften Hof gen begründet sind.

Breslau, im November 18C0.

V. Verluiltniss der Stroniarheit zur chemischen

Energie bei yulvanlschen Elementen;

von Edvard Levciy.

(Vorgetragen in der naturwinseuschaftlicben Section des Siobenbiirgischen

Maseumvereins. )

I. Der Zweck meiner UntersuchuDgen war, bei einigen galvanischen Elementen durch genaue Bestimmung der che- mischen Wärme und des Wärmeäquivalents der Stromarbeit den Unterschied zwischen beiden quantitativ festzustellen, ilit Rücksicht auf die Wichtigkeit der vorliegenden Frage und des Umstandes, dass ich die Stromarbeit auf eine andere Art, als Jahn es that, bestimmte, erachte ich es als lohnend, den Gang meiner Untersuchungen, deren Resultate und die Uebereinstimmung derselben mit den Jahn'schen zu veröffent- lichen. Hierbei kann ich nicht unterlassen, dem Hrn. Prof. Dr. Anton Abt, in dessen physikalischem Laboratorium ich diese Untersuchungen ausführte, für seine Rathschläge und freundliche Unterstützung meinen Dank auszudrücken.

Der Unterschied zwischen meiner und Jahn's Methode besteht darin, dass ich sowohl die im Elemente, als die im Schliessungsbogen auftretende Wärme im Calorimeter selbst bestimmte, letztere mittelst eines Silbervoltameters, welches sammt dem Elemente in dem Calorimeter sich befand, wäh- i'end Jahn die, ausserhalb des Calorimeters befindlichen, im Schliessungsbogen auftretende Wärme auf galvanometrischem ^ege nach Joule's Gesetz bestimmte. Letzteres Verfahren ist mehr Fehlerquellen ausgesetzt, als die einfache Gewichts- bestimmung bei dem Silbervoltameter.

1. Die Bestimmung der chemischen Wärme aus dem am positiven Pole des Elementes ausgeschiedenen Metalle geschah in folgender Weise. Es sei m die Quantität des am posi- tiven Pole in t Minuten ausgeschiedenen Metalles, Q die im Calorimeter auftretende Wärme und a das chemische Aequi- valent dieses Metalles, so ist m// die in der Minute ausge- schiedene Menge und Qjt die entsprechende Wärme. Die

104 E. Leoay,

dem (T entsprechende chemische Wärme ff^ ergibt sich aus der Proportion:

M7 *w Q (T : ^ = - : ~ ?

nämlich: ^ff'=^^.

In dieser Formel ist 6 bekannt, Q wird direct am Calori- meter beobachtet und m nach Beendigung des Versuches mittelst der Wage bestimmt.

Zur Con trolle kann man nach beendigtem Versuche die Gewichtsänderung der zum Element gehörigen Metalle be- stimmen, diese mit den bekannten Verbrennungswärmen mul- tipliciren und die auf 1 Atom des ausgeschiedenen Metalles entfallende chemische Wärme berechnen.

2. Die Stromarbeit wurde mittelst eines Silbervolta- meters aus der in derselben Zeit t ausgeschiedenen Menge des Silbers berechnet. Als Grundlage dieser Bestimmung diente die durch den Strom von 1 Amp. in der Minute aus- geschiedene Silbermenge, nach Eohlrausch's Bestimmung 67,09 mg, und das entsprechende Wärmeäquivalent von 1125,77 Calorien. Daraus ergibt sich, wenn der Strom der von mir untersuchten Elemente in i Minuten e Gramm Silber ausscheidet, die entsprechende Stromarbeit L auf 2 Atom Silber in Calorien ausgedrückt:

i = 2.^^^'-'-^'^^-,

67,09 t

oder, wenn 2.(1125,77/67,09) = a gesetzt wird:

Die Secundärwärme S ist dann:

II. Um genaue Resultate zu erhalten, bedurfte ich eines zweckmässigen Calorimeters, eines kleinen Silbervolta- meters, möglichst chemisch reiner Substanzen und galvani- scher Elemente mit einer solchen Einrichtung, dass sie im Calorimeter selbst leicht geschlossen oder geöfiPnet werden konnten.

Als Calorimeter benützte ich ein Bunsen'sches Eis- calorimeter mit Capillarrohr, welches zur Vermeidung der

ülromarbeii and chemische Energie.

105

GorrectioDeDuuf Anratben des AasiBtenten Dr. Peter Pfeiffer mit eiDem QuecksilbermaDOmeter (Fig. 1} rerbuDden war. Da Dimlich im äusseren (jefflsae des Galoriineters das Wasser nur uDter dem Druck der Atmosphäre steht, zu welchem im Calonmeter noch der Druck der Quecksilbersäule aa sich gesellt, so muss die Schmelztemperatur im Oalorimeter ge- ringer seia, als im äusseren GefUsse. Aus dieser Ursache erfaielteo Thao, sowie auch Schutler und Wartha bei ihren G&lorimetern ein ständiges Schmelzen.

Fig- I.

Calorimelpr,

Zur Compensirung des Druckes der Quecksilbersänle aa' *arde am Ende des Capillarrohres das Queksilbermano- meterinTn' in der Weise angebracht, dass das Quecksilber in na' und im Capillarrohr c von dem im Manometer mm' beGodlicben Quecksilber durch einen Schwefelsäuretropfen i getrennt war, der zugleich als Index bei der Ablesung des Qu eck Silbers tandes im Capillarrobr diente. Dadurch wurde ein gekrammter Heber hergestellt, dessen einer Arm aa', dessen tnderer m ist, mittelst dessen der Quecksilberdruck tod aa dorch den im Manometerarm m ausgeglichen werden konnte; Mch konnte ich nach Bedürfniss durch Äenderung des

106 JE". Levay.

Quecksilberniveaus einen positiven oder negativen Druck auf das Eis im Calorimeter bewerkstelligen.

Durch diese Einrichtung war es möglich, bei vollstän- diger Compensation der Quecksilbersäule aa einen unver- änderlichen Stand des Index i zu erreichen, bei welchem weder ein Gefrieren, noch ein Schmelzen im Calorimeter stattfand. Wenn dieser Fall eintritt, sollte das Quecksilber- niveau in rn mit jenem im Calorimeter gleich hoch stehen. Dies war aber nicht der Fall, da nach meinen Beobachtungen zur Bewegung des Quecksilbers im Capillarrohr ein Queck- silberdruck von 2 bis 3 mm erforderlich war.

Auf die Reinheit des Wassers im Calorimeter und im äusseren Gefässe musste die grösste Sorgfalt verwendet wer- den, da die geringste Menge fremder Substanzen einen be- deutenden Unterschied im Schmelzpunkte verursachte.

Die Gleichheit der Niveauhöhen im Calorimeter und in m bei unveränderlichem Stande des Index, in welchem Falle die Schmelzpunkte im Calorimeter und im äusseren Ge&sse ganz gleich sind, ist fast nicht zu erreichen.

Die Höhe der Quecksilbersäule im Manometer wurde an einer Millimeterscala abgelesen, deren Nullpunkt o mit dem Quecksilberniveau im Calorimeter auf gleicher Höhe stand ; diese Höhen sind in der vierten Rubrik der folgenden Tab. I eingetragen, und zwar mit + Zeichen, wenn sie übery mit , wenn sie unter dem Quecksilberniveau im Calori- meter standen.

Die ursprüngliche Lage des Index, welche während der Messung infolge der Einsaugung des Quecksilbers in das Capillarrohr sich änderte, wurde mit Hülfe der Vorrich- tung hb' in der Weise wieder hergestellt, dass nach der OefFnung des Hahnes b' der in das Gefäss b eintauchende Glasstab tiefer in das Quecksilber hinabgedrückt wurde; dadurch wurde die eingesaugte Quecksilbermenge ersetzt, und es konnte der Index i in eine beliebige Lage gebracht wer- den. Nach Herstellung dieser Lage wurde der Glashahn b' geschlossen.

Die als Maass der Einsaugung dienende Veränderung der Lage des Index wurde an einer fein getheilten Milli-

Stromarbeit und chemische Energie,

107

meterscala aus Glas mittelbt eines Meyerstein'schen Com- parators aus einer Entfernung von 1,5 m abgelesen.

Inwiefern es durch diese Einrichtung gelang, die er- wähnten Correctionen zu eliminiren, ergibt sich aus folgender Tabelle, in welcher ich einige meiner Beobachtungsdaten zusammengestellt habe.

T[

stbelle I.

1

Beobach- tungszahl

Zimmer-

1

1 Quecksilber-

Dauer

Verschiebunff des

T J

Datum 1890 Jan.

5

temp. in ' C.

7,0

höhe im Mano- meter in mm

+ 150,0

d. Beob. in Min.

120

Index m mm

totale ' in 1 Min.

l

-3,8 -0,03166

2

5

1 "^^

+ 76,0

90

-1,5 -0,01666

3

6

6,8

+ 26,0

480

-3,0 1 -0,00627

4

7

6,2

+ 12,0

240

-0,8 -0,00333

5

mm

i

6,3

+ 6,0

180

-0,3 -0,00166

6

8

6,0

~ 16,0

240

+ 1,0 -hO,004l4

7

y

6,3

- 5,0

360

4-0,5 4-0,00138

J5

10

5,9

0,0

600

4-0,5 4-0,00083

9

12

5,6

+ 2,6

1020

-0,5 -0,00049

10

14

6,4

+ 2,2

720

4-0,4 1 4-0,00055

11

Febr. 16

7,0

+ 2,6

360

4-0,2 4-0,00055

12

»

26

3,8

-f- 2,6

600

4-0,3 4-0,00050

In den beiden letzten Coluinnen dieser Tabelle bedeutet 4- ein Gefrieren, ein Schmelzen der Mischung.

Aus der Tabelle folgt, dass der Zustand des Calori- meterinhaltes bei einem Drucke von 2,6 mm eine so unbe- deutende Aenderung erleidet, dass dieselbe pro Minute kaum 0,036 mm beträgt, was bei dem verwendeten Capillarrohr einer Aenderung von 0,001 mg Quecksilber entspricht. Dies gibt, in Calorien umgerechnet, einen so geringen Werth, dass er bei den Beobachtungen ohne weiteres unberücksich- tigt bleiben kann. Doch muss bemerkt werden, dass dieser Gleichgewichtszustand, wo weder Schmelzung, noch Gefrieren statttindet, nur kurze Zeit anhielt und zwischen + und innerhalb der Correctionsgrenzen sich änderte.

Da die Abkühlung im üalorimeter nur langsam statt- tindet, so fand ich es zweckmässig, um den Moment, wo dieselbe beendigt ist, schärfer beobachten zu können, im Calorimeter ein geringes Gefrieren zu erhalten, was anfäng- lich bei 2,2, dann bei 2,6 mm Druck erreicht wurde. Durch die Wahl eines ziemlich weiten Manometerrohres wurde der

108

E. Lioaif.

Vortheil erreicht, dass beim Einsaugen des Index durch die ganze Länge des Capillarrohres eine kaum merkbare Aen- derung des Quecksilberstandes im Manometer stattfand, so- daBS auch dieser Umstand auf die Genauigkeit der Resultate einen nur sehr geringen Einfluss ausübte.

Als Wärmeeinheit wurde die mittlere specifische Wärme des Wassers zwischen 0 und 100° gewählt und die Oalibrirung der CapUlarröhre nach dieser Einheit zunächst aus der Bunsen'schen Formel berechnet, und dann behufs Cootrol- lirung des so erhaltenen Werthes auch experimentell be- stimmt.

Die durch Oalibrirung erhaltenen Resultate sind in der folgenden Tab. II zusammengestellt.

Tabelle IL

Lange des Queckailberfadena inmm 1 Gewicht ! Der Wänne- Beobach- j,q, geraden 1 am gebog, 1 ^^' Queck- : einheit ent- ^

tungasahi Enifid. Ca- |EDded.& Mittel I silberhidans | eprechende

pillarrohra pillarrohra , i" ß | Länge in mm

143,2 122,1 152,2

7,217

145,10 0,fll27 122,05 . 0,2631 152,10 I 0,8277 j 7,825 Mitt«r i 7,225

Es entspricht also bei diesem Capillarrohr der Wärme- einheit eine Einsaugung Ton 7,225 mm. Die experimentelle Bestimmnng dieses Werthes habe ich in folgender Weise ausgeführt. Eine bestimmte Menge luftfreies Wasser wurde in ein kleines Gl-iagefäss e (Fig. 2) ein- geschlossen und aus einem in Fig. 2 dargestellten Erwärmungs- und Fall- apparat in das Calorimeter fallen ge- lassen.

Dieser Erwärmung^apparat bestand

aus einem doppelwandigen Qefäss, wel-

^ ches aus zwei Glasröhren mit Hülfe

von Korkpfropfen zusammengestellt

wurde; am oberen und unteren Ende

a waren Glasröhren angebracht

Stromarbeit und chemische Energie,

109

zur Ein- und Ausströmung des Dampfes. In das innere Gref&ss reichte eine aus Glasröhren hergestellte Zange ab^ welche das kleine Gefäss e mittelst der Feder c so lange fest hielt, bis es durch Drehung des Hebelarms d frei wurde und in das Calorimeter fiel. Ein durch den Pfropfen gehen- des, nach Zehntelgraden getheiltes Thermometer A, dessen Gefäss knapp an e sich befand, gestattete eine genaue Be- stimmung der Temperatur.

Nach der Erwärmung und dem Hinabiallen des Geß^sses e wurde an der hinter dem Capillarrohr angebrachten Milli- meterscala die Grösse der Einsaugung beobachtet und daraus der Werth für die Wärmeeinheit berechnet. Um auch die Einsaugung, welche das Gefäss selbst verursachte, zu be- stimmen und in Abrechnung bringen zu können, wurde ein Stück Ton demselben Glas, aus welchem das Gefäss e ange- fertigt war, abgewogen, aus dem Erwärmungsapparat in das Calorimeter fallen gelassen und die erfolgte Einsaugung be- obachtet. Aus dieser, aus der Temperatur und aus den Ge- wichten des Glasstückes und des Gefässes e wurde die durch das Gefäss erfolgte Einsaugung ermittelt. Diese ergab sich auf 100® reducirt aus mehreren Versuchen im Mittel = 77,6 mm.

Die in der letzten Rubrik der folgenden Tab. III an- geführten Werthe geben die durch das Wasser verursachte Einsaugung für die Wärmeeinheit.

Tabelle III.

Ver- Erwär- zahl °^^°«*»^-

Grösse der Einsaugang in mm

im ganzen

1 2 3

97,95 98,10 97,65

372,9 378,5 372,0

auf 1000 reducirt

380,7 380,7 380,9

nach Abzug d.

Antheils des

Gefässes

Einsaugung für die Wär- meeinheit in

mm

303,1 303,1 303,3

7,321 7,321 7,324

Mittel Gewicht des Wassers im Gefäss e\ 0,414 g.

7,322

Dieser Mittelwerth ist etwas grösser, als der durch

Calibrirung erhaltene (7,225). Dies kommt daher, weil bei

der Calibrirung das Capillarrohr trocken war, während bei

der calorimetrischen Messung von der als Index verwendeten

Schwefelsäure etwas an dem Rohr adhärirte, wodurch der

110 E. Lioay

QueckBÜberfaden etwas dünner und länger wurde. Be nen Berechnungen habe ich das Mittel 7,273 diesen beiden Werthen zur (Grundlage genommen.

Das Silber? ol tarnet er bestand aus einem k Silb3rgefÄ38 a (Fig. 3) und einem spiralförmigen Silbei b, welches sammt dem galvanischen Elemente bequem Catorimeter eingefühlt werden konnte. mit Silbernitrat gefüllte 6efäss wurde mi negativen, und die in der Mitte des Ge angebrachte Spirale mit dem positiven des Elementes verbunden.

Die Ginrichtung des Elementes wui der Weise getroffen, dasa man dasselbe halb des Calorimeters leicht schliessen öffnen konnte, ohne genöthigt zu sein, da aus dem Calorimeter herauszunehmen. Aufnahme der Flüssigkeiten des Elen dienten die Grlas^geflLsse e und / (Fig. S) welchen letzteres unten mit Pergamenti geschlossen war; c ist die positive, d die tive Electrode; beide standen, wie aus der ersichtlich ist, mit dem Voltameter in I der Verbindung. Von den Gilasstäben g, ) letzterer das (jrlasgefäss e mit der FlUssi in welche die positive Electrode c einget werden konnte; während g die übrigen ' des Elementes und d is Voltameter trug. 1 Verschiebung des Stabes g konnte das El nach Belieben geschlossen oder geöffnet wi Das obere Ende des tiefässes f war mit Korkpfropfen verschlossen und mittelst Pi_ 3 durch einen (rummiring an der Leitung bef

Element. Zur Herstellung der Elemente wurden

liehst chemisch reine Stoffe verwendet, d aus dem physikalischen Laboratorium erhielt, nur das E wurde aus dem Handel bezogen.

Der Gang der Versuche war folgender. Die M des Voltameters und des Elementes wurden mit HQlfe sehr empfindlichen Wage abgewogen , in der in Fig.

Stromarbeit und chemische Energie, 111

gedeuteten Weise zusammengestellt und dann bei offenem Elemente in ein mit Schnee umgebenes Kiihlgefäss ge- iDracht, hier einige Stunden lang belassen und dann das Clement offen gelassen in das Calorimeter eingeführt. Vor der Einführung wurde der Stand des Caloriraeters be- obachtet und im Falle, dass die Einführung der Elemente eine Aenderung in der Lage des Index verursachte, so lange abgewartet, bis auch die kleinste Temperaturdifferenz aus- geglichen war.

Nach erfolgter Ausgleichung wurde der Stand des In- dex abgelesen, das Element geschlossen, der Zeitpunkt des Schliessens notiil und das Element beliebig lange geschlossen gelassen.

Nach dem Oeffnen des Elementes wurde wieder so lange gewartet, bis die durch den Strom erwärmte Kette auf 0^ abgekühlt war, was wegen der langsamen Abkühlung der Flüssigkeiten ziemlich lange dauerte. Sobald die Lage des Index sich nicht mehr änderte, wurde dieselbe wieder abge- lesen und das Element sammt Voltameter aus dem Calori- meter herausgenommen, und die einzelnen Theile mit destil- lirtem Wasser gut ausgewaschen, dann getrocknet und die Gewichte der Metalle des Elementes und des Voltameters neuerdings gemessen.

Bei dem Voltameter war die Gewichtszunahme des Ge- ftsses in der Regel nur wenig verschieden von der Gewichts- abnahme der Spirale, deshalb wurden die daraus sich even- tuell ergebenden Temperaturdifferenzen als verschwindend kleine Grössen unberücksichtigt gelassen. Dies konnte um so mehr geschehen, da der Wärme werth, welcher jener Ge- wichtsdifferenz entsprach, niemals den hundertsten Theil einer Calorie überschritt, und das Plus des Gewichtes ein- mal am Gef&ss, das andere mal an der Spirale beobachtet wurde.

III. Nach dem angegebenen Verfahren habe ich drei Versuche mit einem DanielTschen und je drei Versuche mit einem Warren de la Rue'schen Elemente bei ver- schiedenen Concentrationen des Zinkchlorids ausgeführt. 1. DanielTsches Element von der Zusammensetzung: Cu, CuSO^-LösunglZnSO^-Lösung, Zn.

112

E, Levay,

In Ermangelung von chemisch reinem Kupfer wurde käuflich erhaltene Kupfer mit einer dicken Kupferschich^ überzogen. Das Zink wurde vor jedem Versuch frisch amal gamirt. Die Kupfervitriollösung war bei 0^ gesättigt un die Zinkvitriollösung soweit concentrirt, dass auf 1000 Flüs sigkeitstheile 0,5 g Salz gerechnet wurde. Die specifischeik^ Gewichte waren bei der Kupfervitriollösung 1,174, bei der- Zinkvitriollösung 1,095.

Zur Grundlage der Berechnung wurden folgende Atom- gewichte benutzt:

Cu = 68,17, Ag = 107,66, Zn = 64,90.

Die Resultate der drei Versuche habe ich in der Tab. IV zusammengestellt. Bei jedem dieser Versuche war di.8 Ele- ment im Calorimeter 30 Minuten lang geschlossen.

Tabelle IV.

a Ausgesch. Auflgesch. Grösse der Em

IS 8über im Kupfer im sauffunfl:

S SS Voltameter Element jj in mg in mg

m mm

m Calorien

1 2 8

45,0 45,6 45,4

13,7 15,0 14,3

78,9 87,3 82,9

10,85 12,00

Cbem. Wärme

Wärme-

werth d.

Strom -

arbeit

Secun-

däre

Wärme

-0,311 -0,475 -0,427

Mittel I 50,308 | 50,712 | -0,404

Aus den drei letzten Rubriken dieser Tabelle ist zu entnehmen, dass bei dem DanielV sehen Element die Stromarbeit die chemische Wärme übenciegt. Das Element arbeitet mit Wärmeabsorption.

2. Warren de la Rue'sches Element von der Zu- sammensetzung:

Zn, ZnClg + IGOHgOi AgCl, Ag.

Bei dieser galvanischen Combination war die Zusammen- stellung des Elementes etwas abweichend von der des Da- nielTschen. Das obere Grlasgefäss habe ich ganz beseitigt und als positiven Pol des Elementes ein kleines Silbergefäss verwendet, welches mit der Spirale des Voltameters leitend verbundeo, mit festem äilberchlorid dicht gefüllt und an den freien Stellen mit Guttapercha sorgfältig überzogen wurde. Bei der Hinabschiebung der Zinkplatte tauchte zugleich das

Stromarbeit und chemische Energie.

113

Silbergefäss in die Zinkchloridlösung, sodass das Element geschlossen war. Dabei erfuhren weder die Electrolyten, noch die electromotorische Kraft, noch die chemische Wärme des Elementes eine Veränderung, da Silberchlorid in Zink- chlorid vollkommen unlöslich ist.

Da bei diesem Elemente die ausgeschiedene Silbermenge direct nicht gemessen werden konnte, so wurde dieselbe aus der Yerbrauchten Zinkmenge berechnet.

Die Resultate dieser Versuche sind der Tab. V enthalten.

Tabelle V.

OB

JB Um

>

Ausgesch. Ausgesch. | Grösse der Ein- | Wärme-

Silber im i Silber im saugung Chem. I werth d.

Voltameterl Element

l 2 3

m mg

43,5

43,3 43,3

m mg

58,0 58,2 58,4

m mm

in Wärme Galerien

Strom- arbeit

Secun-

däre

Wärme

103,0 ! 14,16 52,566 104,0 I 14,30 52,904 105,5 14,50 ' 53,460

48,662 +8,904

48,427 +4,477

48,427 +5,033

Mittel i 52,976 ! 48,505 | +4,471

3. Warren de la Rue'sches Element von der Zu- tömmensetzung:

Zn, ZnCla + SOHgO ! AgCl, Ag. Die Versuchsresultate mit diesem Element, welches von dem vorigen nur in der Concentration der Zinkchloridlösung ver- schieden war, sind in der Tab. VI enthalten.

Tabelle VI.

Auagescb. ' Ausgesch. ' Grösse der Em- 1

Silber im ; Silber »»^"Pf , Chem.

im Element! in in ! Wärme | Strom-

mg mm .Calorien, i arbeit

Wärme- werth d.

ü N iVoltameter

>_, ia mg

Secun-

däre

Wärme

T

1 0

42,0 42,1 42,4

66,2 66,0 69,2

112.0 15,40 50,090 110,6 15,20 I 49,588

117.1 16,10 ; 50,096

46,984 +3,106

47,085 +2,503

47^20_^ +2^676

Mittel" ! 49,924 47,163 ' +2,761

4. Warren de la Rue'sches Element von der Zu- sammensetzung:

Zn, ZnClj + 25H2O i AgCl, Ag.

Die Versuchsresultate von diesem Element enthält die Tab. VII.

Aon. d. Phf8. u. Chem. N. F XLII. 8

114 E. Lhoay. Stromarbeit und ckemisehe Energie.

Tabelle VII.

t OD

AuBgesch.

Silber im

Voltameter

in mg

AusgeAch.

Sm>er im Element

in mg

Grösse der Ein- sangong

Chem. Wärme

Wärme- werth d. Strom- arbeit

Secon-

däre

Wärme

11

>

. < m m

mm tCalorien

1

2 3

39,5 39,8 89,0

53,2 58,8 58,1

88,6 ' 11,50 84,4 11,60 82,2 11,80

46,544 46,861 45,822

44,185 44,521 43,628

-h 2,859 -h 2,340 +2,194

Mittel I 46,409 \ 44,111 | +2,298

Aus den drei letzten Tabellen ist ersichtlich, dass die Stromarbeit geringer ist, als die chemische Wärme, dass also dieses Element mit Wärmeausstrahlung arbeitet Zugleich ergibt sich aus diesen Resultaten die Richtigkeit des Helm- holtz' sehen Satzes, nach welchem bei solchen Elementen, wo unter starker Wärmeentwickelung lösliche Salze ange- wendet werden, die electromotorüche Kraft bei zunehmender Cbn- cetUration der Lösung abnimmt

Behufs Vergleichung und Beurtheilung der Grenauigkeit meiner Resultate habe ich in der Tab. VIII neben meinen Resultaten die von Jahn mitgetheilten zusammengestellt.

Tabelle VIII.

Bezeichnung der Elemente

ji.

Meine Resultate

Chem. Strom- Secund. Wärme arbeit 'Wärme

Jahn's Resultate

Chem. Wärme

Cu, CUSO4 -Lösung , ZnSO^-Lösung , Zn

Ag, AgCl I Zn, ZnCl« + 100 H5O

Ag, AgCl IZn, ZnCl, + 50H^O

Ag, AgCl I Zn, ZnCl^ + 25H,0

50,308 I 50,712 | -0,404 52,976 48,505 ' +4,471

;, 49,924 46,409

47,163 ' +2,761 44,111 I +2,298

50,110 52,170 49,082

Strom- 1 Secund. arbeit i Wärme

50,526 I -0,416 47,506 I +4,664 46,896 + 2,186

47,147 144,908 +2,239

Mit Rücksicht auf die grosse Genauigkeit, mit welcher beiderlei Versuche ausgeführt wurden, lässt sich wohl be- haupten, dass die geringen Unterschiede zwischen meinen und den Jahn 'sehen Resultaten ihren Grund wesentlich in der materiellen Beschaffenheit der verwendeten Stoffe haben.

VI. Ueber das Kerr^sche magnetO'Optische Phüna^ men hei äquatorialer Magnetisirung a/n Eisen;

van S. Sissingh.

1. Kerr fand in den Jahren 1877 und 1878, dass bei der Reflexion parallel oder senkrecht zur Einfallsebene pola- risirten Lichtes durch magnetisirtes Eisen im reflectirten Lichte neben der von der metallischen Reflexion gelieferten Componente eine senkrecht zu letzteren polarisirte magneto- optische entsteht. ^) Eine genaue Beschreibung dieser Erschei- nnng erfordert die Bestimmung der Amplitude und Phase der magneto-optischen Componente und ihrer Abhängigkeit vom Einfallswinkel Diese Bestimmung für eine Magnetisirung des Eisens parallel zur Einfallsebene und spiegelnden Fläche i«t der Zweck folgender Untersuchung, in welcher die erhal- tenen Resultate mit der Theorie yon H. A. Lorentz, ver- glichen werden.*) Diese Theorie gestattet auch der Be- schreibung eine einfachere Form zu geben. ^

2. Beobachtungsmethode. Steht der Polarisator senkrecht oder parallel zur Einfallsebene und der Analy- sator in einer zu dieser senkrechten Ebene, so wird das reflectirte Licht bei der magnetischen Reflexion durch den Analysator nicht ausgelöscht, indem die magnetische Lichtcomponente nicht ungeschwächt aus dem Analysator tritt. Es kann aber durch eine Drehung eines oder der beiden NicoTschen Prismen die Intensität des Lichtes zu einem Minimum oder Null gemacht werden. Diese Dre- hungen werden Minimum- und Nulldrehungen genannt und durch 9?*/*\ ^T<i^\ y^f**^ vTa^^ bezeichnet. Die Indices m und o bezeichnen die Art der Drehungen, p und a das

1) J. Kerr, PhiL Mag. (5) 8. p. 321. 1877, ebendas. (5) 5. p. 161. 1878.

2) H. A. Lorentz, Verslagen en Meeded. der Acad. Amsterdam, I^eeks 2, Deel 19. 1883. Beibl. 8. p. 869. 1884.

3) Betreffs ausführlicher Angaben wird auf die Abhandlung in den »Verhandelingen der Akad. van Wetenschappen , Amsterdam, Deel 28^^ verwiesen.

8*

116

R, Sissingh.

Ni cor sehe Prisma, welches gedreht worden ist, i und / die Polarisationsebene des einfallenden Lichtes, i nahe parallel, / nahe senkrecht zur Einfallsebene. Prof. van der Waals hat gezeigt, wie man mit Hülfe dieser Drehungen die Ampli- tude u und Phase m der magnetischen Lichtcomponente be- stimmen kann.^)

Zur unzweideutigen Bestimmung der beobachteten Crrössen soll erst die positive Richtung der Drehungen definirt und die Arty in welcher die Phasen unterschiede angegeben sind, genau festgesetzt werden. Denkt man sich in den Weg des einfallen- den oder reflectirten Lichtes gestellt, das Gesicht dem Spiegel zugewandt, so sind die Drehungen der NicoTschen Prismen positiv, wenn man sie in derselben Richtung wie die Be- wegung der Ohrzeiger beobachtet. Die Phasendifferenz def Lichtstrahlen, deren Schwingungen nicht einander parallel sind, ist Null, wenn die grössten Abstände von der Gleichgewichtslage zu gleicher Zeit erreicht werden. Letztere, welche im gewissen Sinne willkürlich sind, habe ich so ge- wählt, wie sie in Fig. 1 durch Oy, Oa, Ob angegeben werden,

Ot/ für einfallendes und reflectirtes Licht parallel zur Einfallsebene, Oa für einfallendes Licht und Ob für reflectirtes Licht, bei- des senkrecht zur Ein- fallsebene polarisirt. In dieser Figur ist AO der einfallende Strahl, OB der reflectirte, SiS der Spiegel. Oa und Ob liegen in der Einfallsebene, Oa±A0j ObJLOB. Oy steht senkrecht zur Einfallsebene. Die Pha- senunterschiede sind immer Verzögerungen, bezogen auf den reflectirten, parallel zur Einfallsebene polarisirten Strahl. Gemäss den Bestimmungen aller früheren Beobachter heisst die Magnetisirung positiv, wenn die Nordpole der magneti- schen Molecüle nach derjenigen Seite der Spiegelnormale gerichtet sind, wo sich der Polarisator befindet.

\) Vgl. P. C. Kaz, Ovar de terugkaatsing van het Licht door mag' neteu. Dissertation, Amsterdam, 1884. auch Beibl. 9. p. 275. 1885.

Herrisches Phänomen. 117

3. Es sollen nun, falls das einfallende Strahlenbündel parallel zur Einfallsebene polarisirt ist, die Formeln abge- leitet werden, welche zur Bestimmung der Amplitude /i und Phase m der magnetischen Lichtcomponente dienen. In diesen Formeln sind / und h die Amplituden des reflectirten parallel und senkrecht zur Einfallsebene polarisirten Lichtes, falls das einfallende Lichtbündel mit der Amplitude 1 in derselben Ebene polarisirt ist. ^ ist die relative Phasen- verzögeruDg dieser beiden Lichtbündel bei der metallischen Reflexion.

Der Polarisator sei parallel zur Einfallsebene gestellt; die Amplitude des auf den Spiegel fallenden Lichtes 1. Man drehe den Polarisator um einen kleinen Winkel y,-,. Es f{^en dann anf den Spiegel:

ein Lichtbündel, parallel zur Einfallsebene polarisirt, Amplitude 1,

ein Lichtbündel, senkrecht zur Einfallsebene polarisirt, Amplitude qp«,.

Durch die Reflexion erhält man:

ein Lichtbündel, parallel zur Einfallsebene polarisirt, AmpUtude /, Phasenverzögerung 0,

ein Lichtbündel, senkrecht zur Einfallsebene polarisirt, Amplitude A^,,, Phasenverzögerung 4>,

ein Lichtbündel, senkrecht zur Einfallsebene polarisirt, Amplitude ^i, Phasenverzögerung mj.^)

Wird nun der Analysator aus der Stellung, in welcher, ehe der Polarisator gedreht und der Spiegel magnetisirt ist, das reflectirte Licht ausgelöscht wurde, um einen Winkel tpai gedreht, so treten aus dem Analysator:

ein Licht- {-/(piaf Phasenverzögerung 0, bündel mit der htfipj i^ ^,

Amplitude l fiij >? //li.

Die resultirende Intensität ist:

[—/(fia + h(fip cos Q^ + fXi cosm,]2 + [htfip sin <P + fjLi sin m»]-. Sie wird ein Minimum, wenn qr.a, (pip die Worthe qpj^, fff

L) Die an /i and m angehäiigUrn Indices weisen darauf hin, dass die ^olariaationsebene des einfallenden Lichtbändels parallel oder senkrecht wr Einfallsebene ist.

118 R. Sissingh.

bekommen, welche durch folgende Grleicfaungen bestimmt werden :

<■) I

-^fVTa + ^^V'ip COS * + «I. cos W^ = 0,

Diese Gleichungen können auch abgeleitet werden aus der geometrischen Construction der resultirenden Amplitude der Lichtbündel, welche aus dem Analysator treten.

Wenn das einfallende Lichtbündel senkrecht zur Ein- fallsebene polarisirt ist, erhält man in der nämlichen Weise:

Bei dieser Ableitung sind Grössen von der Ordnung (9>ip)S fxcpif, u. s.w. vernachlässigt, weil die Drehungen (p nur wenige Minuten betragen und fi kleiner als 0,001 ist.^)

4. Wenn bei der Umkehrung der Magnetisirungsrich- tung auch die Amplitude ii der magnetischen Lichtcompo- nente das Zeichen wechselt, die Phase m aber nicht geändert wird, so ergibt sich aus den Formeln (1) und (2), dass die Minimumstellungen der NicoPschen Prismen nur dann symme- trisch zur Einfalls- und einer dazu senkrechten Ebene sind, wenn das einfallende oder reflectirte Lichtbündel in einer dieser Ebenen polarisirt ist. Es sollen rfi^^ (fia, (pip, <fia gleich Null sein. Nennt man die Winkel zwischen den Mini- mumstellungen der Nico!' sehen Prismen bei positiver und negativer Magnetisirungsrichtung tp"^^ u. s. w., so folgt aus (1) und (2) unter derselben Annahme:

(3)

1 ftvZ fvZ

tg nn = - ctg a> - . /'^ , ju, = + -'y-^-

sin 0 fWa 2 cos tn^

tgm, = - ctg a> - / ''/': . (it= + ^^ -

sm 0 fffUp 2 C08 fiij

^) Vtp» <P<a» Vi»» ^la bezeichnen die kleinen Winkel der PolariBa- tionsebenen der NicoTschen Prismen mit der Einfallsebene \ind einer zu dieser senkrechten Ebene. Die Indices f und / zeigen an, dass das ein- fallende Lichtbündel nahe parallel oder senkrecht zur Einfallsebene pola- risirt ist. Der Analysator steht ungefähr in einer zu dieser senkrechten Ebene.

Herrisches Phänomen. 119

Die Intensität des aus dem Analysator tretenden Licht- bündels ' ist nach der Minimumdrehung ^p^ (siehe die erste der Formeln (1) § 3) (h(pi^ sin 4> + jU^ sinm{)^ Dreht man den Analysator aus der Minimumstellung um einen Winkel c, 80 ändert sich diese Intensität um f^%\ Da eine kleine Aen- derung der Intensitäten um so leichter beobachtet wird, je geringer die ursprüngliche Intensität ist, so ist die Genauig- keit, womit die Minimumdrehungen beobachtet werden können, am grössten bei kleinen und grossen Einfallswinkeln, am geringsten in der Nähe des Haupteinfallswinkels, wo die hier angegebene Intensität am grössten ist. Diese Genauigkeit ist nicht dieselbe bei positiver und negativer Magnetisirung, es sei denn, dass ^«p, ^ja, 9)1^, (fu gleich Null sind.

5. Die Stellungen der NicoTschen Prismen, in welchen das vom magnetisirten Spiegel reflectirte Licht durch den Analysator ausgelöscht wird, also die Nulldrehungen, erhält man aus der in § 3 abgeleiteten Formel für die Intensität. Es folgt dann:

(4)

ctgnii^--^ . .+ctga>, .iii=- -: - \

/g)f_ 1 . h cpi^ sin 0

ctg m, = - -^-q'- . -r + ctg *, !<t ^"

hqfi^ an0 Bintn

i

Aendert die Amplitude /i, nicht die Phase m der mag- netischen Lichtcomponente das Zeichen mit der Magnetisi- rungsrichtung, so können in (4) für (p?^ u. s. w. die zweimal grösseren Winkel t/7^^ ... eingesetzt werden, zwischen den Null- stellungen der Nicol'schen Prismen bei positiver und nega- tiver Magnetisirungsrichtung. Es erhält dann der Nenner in den Formeln für fii und fii den Factor 2. Es kann nun leicht nachgewiesen werden, dass die Nulldrehungen am genauesten beobachtet werden, wenn sin 4> (^ = Phasenunterschied der Metallreflexion) am grössten ist, also in der Nähe des Haupt- einfallswinkels. Beim Haupteinfallswinkel sind die Null- und Minimumdrehungen einander gleich.^)

1) Betrefib näherer Angabeo muas auf die Originalabhandlung ver- wiesen werden.

120 R. Süsinffh.

6. Beschreibung der Apparate. Die Spiegel waren an eisernen Ringen angeschliffen, welche mit sieben Reiben Windmigen von 1,5 bis 2 mm starkem Kupferdraht um- wickelt waren. Fig. 2 gibt einen Querschnitt dieser Ringe senkrecht zur spiegelnden Fläche. Die Windungen treten

^ . nicht über die Fläche des *

Spiegels hervor. Der Mag-

netisirungsstrom wurde

^DrMwiDdungen geliefert von 15 Bun-

sen' sehen Elementen, je drei nebeneinander ge* schaltet, und die Magne- tisirung nach der von ^ Rowland angegebenen

*^* ' Methode gemessen.^) Sie

war in der Mitte des Spiegels für die Volumeneinheit 1400 C.-G.-S. bei einer Stromstärke von 15 Ampere. Der Spiegel war ungefähr gesättigt, da der Magnetismus bei einer Steigerung der Strom inten sität von 7,5 bis 22 Amp. sich um 8 Proc, bei einer Steigerung von 15 bis 22 Amp. um 2 Proa änderte. Diese Ringe bieten den Yortheil, geringe Eisen- massen stark magnetisiren und ein Spectrometer zu der Untersuchung verwenden zu können. Es wurden zwei Spiegel untersucht. Der Durchmesser der Ringe war 10 cm, die Dicke 6 mm, die Länge des Spiegels 3 cm, die Breite 2,8 cm. Die optischen Constanten wurden mit dem Babinet'scben Compensator bestimmt.')

Spiegel Haupteinfallswinkel Hauptazimuth

1 770 23,5'») 26'» 34'

II 7C 30,5 «) 26 44

7. Bei den Beobachtungen wird ein paralleles, linear polarisirtes Strahlenbündel vom Spiegel reflectirt und mit

1) Rowland, Phil. Mag. (4) 46. p. 140. 1873.

2) Betreffs der Einrichtung des Compensators und der Beobachtungs- methode vgl. Sissingh, Dissertation, Leiden 1885 u. Arch. N^erl. 20. p.l71.

3) Es besteht also ein auffallender Unterschied zwischen den Haupt- einfallswinkeln der zwei auf die nämliche Weise geschliffenen und polirten Spiegel. Geschieht das Schleifen und Poliren nicht auf ähnliche Weise, so wurden öfters von mir Unterschiede zwischen «7 und H beobachtet. Ich hoffe später dies Beobachtungsmaterial benutzen zu können.

Kerr*sches Phänomen, 121

dem Analysator die Intensität des retlectirten Lichtes zu Null oder einem Minimum gemacht. Damit bei sehr kleiner und auch bei normaler Incidenz Messungen angestellt wer- den können, sind der Collimator, welcher das parallele Strah- lenbündel liefert, und der Polarisator, vom Spectrometer getrennt. Diese drei Theile, Collimator, Polarisator und Spectrometer sind so aufgestellt, dass sie sich zwischen den Wangen einer Drehbank yerschieben lassen. Ein Schlitten ermöglicht eine Bewegung des Polarisators in einer zu dieser senkrechten Richtung. Dieser Schlitten trägt eine Sänle mit Axenlager, in das der Polarisator hineingelegt wird. Dieser Apparat gestattet, den Polarisator um eine verticale und horizontale Axe zu drehen und in verticaler Kichtung zu bewegen. Auf diese Weise ist man im Stande, die Polarisatoraxe mit der Collimatoraxe in eine Linie zu bringen und die Spectrometeraxe senkrecht zu dieser zu stellen. Die Binge mit den angeschliffenen Spiegeln werden v^en ihres beträchtlichen Gewichtes nicht auf den Spectro- metertisch gestellt, sondern auf eine über demselben befind- liche Brücke. Die Ringe können auf dieser um eine ver» ticale Axe gedreht und durch zwei senkrecht zu einander verschiebbare Schlitten in horizontaler Richtung verstellt werden. Dies erlaubt die Mitte des Spiegels in die Axe des einfallenden Lichtbündels und den Spiegel für jeden Einfalls- winkel genau einzustellen. Für geringere Einfallswinkel als 24^ wird auch der Analysator vom Spectrometer getrennt, und auf eine Querleiste, die sich auf der Drehbank verschie- ben lässt, ähnlich wie der Polarisator aufgestellt. Da die ZQ messenden Drehungen nur wenige Minuten betragen, ist es unumgänglich noth wendig, dass die verschiedenen Theile genau eingestellt und in der richtigen Lage sicher befestigt Werden können.

8. Zur genauen Bestimmung der kleinen Drehungen geschehen die Einstellungen mit den NicoTschen Prismen in parallelem Lichte.^) Mit einem hinter dem Analysator befindlichen Fernrohr wird auf den Collimatorspalt einge- stellt In jedem Punkte dieses Spaltbildes erhält man auf

\) Sissingh, Dissertation, Leiden 1885; auch Arcli. N^erl. 20. p. 178. Lippicli, Wien. Ber. 85. p. 268. 1882.

122 B. Sissingk.

diese Weise nur diejenigen StraMen, welche in derselben Eichtung durch die Nicoi 'sehen Prismen gehen und also is^ diesen die nämliche Polarisationsebene haben. Bei gekreuztes Stellung der Prismen beobachtet man einen schwarzen Stre^* fen, der sich bei einer Bewegung des Polarisators oder lysators in paralleler Eichtung über das Spaltbild hinschieb Sind die Axen des OoUimators und der NicoTschen Prismee einander parallel, so geht bei gekreuzter Stellung der risatoren der Streifen über die Mitte des Spaltbildes, diese Stellung des Streifens werden alle Drehungen der P larisationsebene zurückgeführt. Es treten also die Ortsb Stimmungen des Streifens an die Stelle der Schätzungen d< Helligkeit, wenn dieselbe nach der älteren Methode ein Mi mum werden soll. Zur bequemeren Einstellung ist die Mittr ^ des Collimatorspaltes durch einen Querfaden markirt H^-^ Streifen erscheint scharf begrenzt, wenn die Intensität d& ^ Lichtes eine nicht zu geringe ist. Auch dürfen die Axeitf^ der Ni cor sehen Prismen keinen erheblichen Winkel mit ^ einander bilden. Der Polarisator ist ein Lippich'sche^Si Prisma mit geraden Endflächen, welche nur einen kleinec^ Winkel, ungeföhr T, miteinander bilden.^) Der Rand de^^ Röhre, in welche das Prisma eingesetzt ist, wird mittelst dreierr^ Druck- und dreier Zugschrauben am Rande einer zweiten R5hr9 befestigt, welche sich in der Mitte des getheilten Kreises be-- findet. Nach der Gauss'schen Methode kann durch die Beob-^ achtung der reflectirten Bilder der Spinnenräden des Fernrohrs an den Endflächen des Prismas die Axe desselben parallel zur Collimatoraxe gestellt werden. Die Genauigkeit war grösser als T. Das Zapfenlager des Polarisators wird so gestellt, dass die Axe des einfallenden Lichtbündels in die Polarisatoraxe fällt. Man erhält die Axe des einfallenden Lichtbündels durch eine auf die Fassung der Collimator- linse aufgepasste Büchse mit feiner Oeffnung in der Mitte. Der Analysator ist ein NicoTsches Prisma mit schiefen Endflächen. Es zeigte sich beim Gebrauch dieses Prismas der schwarze Streifen am deutlichsten. Die Bedingung für die richtige Stellung des Analysators war, dass das von der

1) Lippich, Wien. Ber. 91. p. 1079. p. 1885.

Kerr'sches Phänomen, 123

Endfläche des Nicols reflectirte Lichtbündel bei der Drehung desselben einen Kreis um die Axe des einfallenden Bündels beschrieb. Es wurde auch die Umdrehungsaxe des Analy- sators in die Axe des reflectirten Lichtbündels gebracht

Diese Sorgfalt in der Einstellung der NicoTschen Pris- men wird unbedingt erfordert, um den schwarzen Streifen bei jedem y sei es noch so kleinen, Einfallswinkel scharf beob^ achten zu können. Die neue Beobachtungsmethode setzt uns dafür in den Stand, sehr kleine Drehungen mit einer früher nicht erreichten Genauigkeit zu bestimmen.^)

9. Da die Null- und und Minimumdrehungen bei der magnetischen äquatorialen Reflexion nur wenige Minuten betragen und die kleinen Kreise der NicoT sehen Prismen in Grade getheilt sind, und kein Nonius angebracht ist, worden diese Drehungen durch Spiegelung gemessen. Es be&nden sich in einem Abstände von 2,5 m vom Polarisator Scala und Femrohr, womit das Bild der Scala in den auf dem Polarisator befestigten Spiegeln beobachtet wurde. Diese Spiegel befanden sich auf den Seitenflächen eines viereckigen, um die Polarisatorröhre gelegten hohlen Prismas. Die Spie- gelnormalen liegen ungefähr in einer Ebene und bilden Winkel von ungefähr 90^ miteinander.^) Der Polarisator wird mit- telst eines langen Hebels gedreht. Beim Analysator ist dieser an einem Ringe befestigt, der um den Analysatorkreis gelegt nnd mittelst einer Schraube festgeklemmt wird. Dieser Ring trägt den Spiegel zur Ablesung. Da für die Spiegelablesung eine Scala und zwei nebeneinander gestellte Femrohre ge- braucht wurden, kam, wenn nicht der Einfallswinkel gross oder klein war, noch ein Hülfsspiegel dazu, um die Analy-

1) Diese Methode, welche früher von mir zur directen Bestimmung der HauptstelluDgen der NicoT sehen Prismen, in welchen die Polarisa- tionsebenen parallel und senkrecht zur Einfallsebene sind, verwendet wurde, ist nun auch angewendet zur Messung kleiner Drehungen der Po- larisationsebene bei der magnetischen Reflexion. Es werden auf diese Weise die Hauptstellungen mit einer weit ^össeren Genauigkeit bestimmt, als nach der fast immer gebrauchten indirecten Methode. Vgl. Sissingh, Dissertation p. 28; Arch. N6erl. 20. p. 8. Righi, Ann. de chim. et de phys. (6) 4. p. 446. 456. 1885; 9. p. 127. 131. 1886; 10. p. 208. 1887. Vgl. auch § 13.

2) Diese Einrichtung wurde getroffen, weil der Polarisator nur in den Stellungen gebraucht wird, in welchen seine Polarisationsebene un- gef^r parallel oder senkrecht zur Einfallsebene ist.

124

R. Sisthffh.

BatorspiegelableBung auf diese Weise zu ermÖglicheD. Die Scalen waren in Millimeter getheilt, eine Minute betrug 1,^ bis 1,8 mm.^) Die UnveiHuderlichlteit der Aufstellung diesem Spiegel ab le SU ng war immer eine sehr genügende. Be vnrd^ diese Methode schon seit 1886 benutzt.

10. Zu diesen Verucfaen wurde Sonnen- oder electrisclie^ Licht verwendet. Letzteres lieferte eine Siemeos'scheLampe - welche vom Beobachter in verticaler Richtung verstellt wer- den konnte, damit der Krater des positiven Pols immer deMB Mitte des Collimatorspaltes gegenüber stand. Durch Ströme voic:

Fig. ;).

abwechselnder Richtung, deren absolute Grösse sich der Null uäherte, wurde der Spiegel entmagnetisirt Einschaltung von Widerstand, der aus Kohlen für Bogenlicht angefertigt war, verringerte den Strom auf 2,3 Amp. Es wurde dann der Ring in einen Nebenschluss gebracht, wodurch man die Strom-

1 1 Zar KedactioD der ScalenablcHungmi auf MiDuteo benuUt man dio AbleauDgeD bei Einatcllung der Nicol'BchcD Priemen auf zwei anfeiDaii- derfolgende Grade.

Kerr*sche8 Fhänomeiu 125

intensität weiter bis auf 0,02 Amp. hinabsetzte. Diese Ein- richtung war auf einem Schaltbrett angeordnet und ist in Fig. 3 mit Stromwender, Amp^remeter und zwei Stöpselum- schaltern abgebildet Der Schlüssel des Stromwenders dreht sich um 9 und setzt 1 mit 2, und 6 mit 7, oder 1 mit 3 und 4 mit 5 in Verbindung. Der Magnetisirungsstrom geht von A nach 5, e (oder/), C, Stöpsel rf,, D, E, \, 2, Ring, 3, 6, 1,8, Fj Stöpsel b^y G, Ist der Ring im Nebenschluss, so ist der Hauptstrom Ay B, /, C, Stöpsel Cg, der Nebenschluss //,«; L, G, M, N, 1, 2, Ring 3, 6, 7, 8, F, P, Stöpsel c, T, R, 11. Prüfung der Beobachtungsmethode. Aen- dert die Amplitude /i, nicht die Phase« m der magneti- schen Lichtcomponente, ihr Zeichen mit der Magnetisirungs- richtang, so braucht man nicht den Winkel tp^ sondern nur V 4, 5) zu bestimmen. Die Bestimmung der Winkel qp erfordeii; die Eenntniss der Hauptstellungen der Nicol'schen Prismen, in welchen die Polarisationsebenen parallel oder senkrecht zur Einfallsebene sind. Es würde dies immer eine Entmagnetisirung des Spiegels wegen des remanenten Magnetismus erfordern. Zuerst wird nun nachgewiesen, dass bei der in § 10 beschriebenen Entmagnetisirung die Haupt- stdlnngen der NicoT sehen Prismen die nämlichen sind, welches Zeichen auch der kleinste Magnetisirungsstrom von 0,02 Amp. hat. Der Rest des Magnetismus übt also keinen merklichen Einfluss auf die Reflexion aus.

Entmagnetisirung durch Ströme Der Spiegel aufs Neue eutmagnet.

von abwechselnder Richtung von 1 Entmagnetisirungsströme v. abwechs. + 15 Amp. bis + 0,02 Amp. i Richtung v. + 15 Amp. bis - 0,02 Amp.

Hauptstellungen des ! Hauptstellungen des

Polarisators Analysators | Polarisators Analysators

144,7

304,0

3,8

4,T

4,0

8,9

5,1

4,0

5,0

5,8

5,3

5,1

5,0

4,5

5,1

3,8

144,75

304.4

l>et Scalenwerth

einer Drehuue: 1'

des Polarisators und Analysators ist

1,56 und 1,66.')

1) Es wird

dies

im Folffendt

l',= 1.56, !'„ =

1,66.

144,9

304,9

4,5

3,3

4,9

5,8

5,2

4,8

4,5

3,9

i 4,7

3,8

i 5,4

4,4

4,7

3,8

144,8

304,3

immer bezeichnet werden durch

126 H. Sisaingh.

Nach der ersten Entmagnetisirung waren die NicoP- sehen Prismen in der letzten Stellung stehen geblieben. Efl zeigte sich nun, dass der schwarze Streifen bei der zweiten Entmagnetisirung seine Lage nicht geändert hatte. Dies und die üebereinstimmung der Mittelwerthe der Einstellungen beweisen die völlige Entmagnetisirung des Spiegels in der angegebenen Weise. Zuletzt führe ich noch die Ergebnisse einiger Beobachtungsreihen an.

EntmagnetisiruDgs- HauptstelluDgen Minimumstelliuigen

ströme bis Polaris. AnalyB. Polaris. Analys.

+0,02 Amp. 144,75 304,4

-0,02 144,8 304,3

+ 2,3 «, . 142,5» 308,0

-2,3 n 147,3 300,5

+0,02 I, 145,0 304,5

Sie bestätigen die obige Angabe. Bei einer Entmagne- tisirung bis 2,8 Amp. sind die Minimumdrehungen des Po- larisators infolge des remanenten Magnetismus —2,3 und +2,45, des Analysators -f-3,6, —3,9, oder, in Minuten um- gerechnet — 1,5' und 1,6'; +2,2 und —2,3'.

Diese Beobachtungen geschahen beim EinfEdlswinkel 5P 22', weil hier die Minimumdrehungen noch mit grosser Genauigkeit beobachtet werden können (vgl. § 4), während der Einfluss des Magnetismus nicht zu gering ist, da dieser für einen Einfallswinkel zwischen 60 und 70^ ein Maximum wird (vgl. § 16).

12. Einen zweiten Beweis für die völlige Entmagneti- sirung liefert die Üebereinstimmung der mit einem Silber- und dem entmagnetisirten Eisenspiegel erhaltenen Haupt- stellungen der NicoTschen Prismen. Es müssen unmittelbar nach einander die Hauptstellungen mit dem Silber- und Eisenspiegel beobachtet werden. Der Tisch des Spectro- meters mit dem Silberspiegel kommt an die Stelle der über dem Spectrometer befindlichen Brücke mit dem Eisen- spiegel. Wie grosse Sorgfalt man auch darauf verwendet, den Spiegel bei dieser Operation in der richtigen Lage zu erhalten, so muss doch immer die Stellung und Centrirung des Spiegels aufs neue geprüft und, wenn nöthig, wieder her- gestellt werden. An die Stelle des Analysators kommt dann das Fernrohr des Spectrometers. Zuweilen wird auch der

Kerr^sckea Phänomen. 127

Polarisator entfernt, weil die Ablenkung des Lichtes, obwohl eine sehr geringe (1'), doch einer richtigen Centrirung und Stellung des Spiegels schädlich ist Es ist nicht leicht bei diesen Operationen jede Aenderung der Spiegelablesung zu yermeiden. Die Beobachtungen ergaben für die Hauptstellungen \ der Nicol 'sehen Prismen

m\ dem entmagnetisirten Eisenspiegel mit dem Silberspiegel Polarisator Analysator Polarisator Analysator

t 388,8 279,9 „«q , «70 0

387,0 280,2 f^/. ^79,^

389,4 281,4 ^^^'^ ^^^^

388,4 280,5 388,25 2807r »)

Eine zweite Beobachtungsreihe, bei welcher die Scalen- ablefiungen nicht ganz dieselben waren ^), lieferte

Eisenspiegel, entmagnetisirt Silberspiegel

Polarisator Aniuysator Polarisator Analysator

387,3 283,7 ^^7,2 2M,6

^ 283,3 ||^ 2|,6

387,6* 283,5 387,8 :ib3,8

Da bei diesen Beobachtungen 1^ = 1,33, U 1)23 die fieduetionswerthe der Scalenablesungen in Minuten sind, kann in Anbetracht der Schwierigkeit der Bestimmungen hieraus gefolgert werden, dass die Hauptstellungen der NicoT sehen Prismen beim entmagnetisirten Eisenspiegel und beim Silber* Spiegel mit einander übereinstimmen.

13. Nachdem so die völlige Entmagnetisirung nach- gewiesen ist, kann der weitere Nachweis geliefert werden, dass die Amplitude /i der magnetischen Componente ihr Zeichen mit der Magnetisirungsrichtung wechselt, die Phase m sich aber dabei nicht ändert. Aus den Formeln (1) und (2) § 3 und (4) § 5 ergibt sich, dass dies der Fall ist, wenn die Minimum- und Nulldrehungen bei positiver und negativer Mag- netisirung nur durch ihr Zeichen, nicht durch ihren abso- luten Werth sich voneinander unterscheiden.

Beim Einfallswinkel 51^ 22' wurden die Minimum- drehungen bei positiver und negativer Magnetisirung be- stimmt, also nach jeder Reihe von Beobachtungen bei einer bestimmten Magnetisirungsrichtung der Spiegel entmagne-

1) Jede dieser Zahlen ist das Mittel aus 8 EinstelluDgen.

2) Da der absolute Werth der Scalenablesun^ hier nicht in Betracht kommt, wurde auf diese Aenderung keine Rücksicht genommen.

128 R, SUsingh.

tisirt. Eine genaue Bestimmung der Minimumdrehui erforderte aber, dass man den Collimatorspalt durch e Querspalt bis auf eine sehr geringe Höhe verkü Wurde dies unterlassen, so beobachtete man immer einer Drehung des Polarisators oder Analysators, um i der Magnetisirung des Spiegels die Helligkeit in der JV des Analysatorfeldes, also in der Mitte des Bildes des C matorspaltes auf ein Minimum zu reduciren, das gr( Minimum nicht in der Mitte, sondern etwas über oder u dieser Stelle. Es machte dies Minimum eine genaue Stellung auf grösste Dunkelheit in der Mitte des Spaltb: fast unmöglich und musste daher durch eine Querspalte gerade die Mitte freigelassen werden.

Es wurden die Minimumdrehungen (p^ und (p^ besti bei den zwei Stellungen, in denen der Polarisator par oder senkrecht zur Einfallsebene ist, und bei jeder lung des Polarisators der Analysator in zwei, um 180^ schiedene Azimute gestellt. Es folgt zuerst eine Beol tungsreihe, damit man über die Genauigkeit zu urth im Stande ist, dann die Mittelwerthe der Minimumdrehu: aus den übrigen Reihen.

Polarisator senkrecht zur Einfallsebene. Der Spiegel enlmagnetisirt. Der Spiegel aaf s Neue entmagne

Polarisator Analysator Polarisator Analysato;

± Einfallsebene !l Einfallsebene 1 Einfallsebene li Einfallsebe

885,5

281,7

385,6

283,0

5,5

2,1

6,2

3,1

6,0

2,4

6,8

8,5

6,0

3,2

6,4

3,7

5,8

3,3

6,6

4,2

5,5

2,8

5,7

2,7

5,7

2,7

6,7

3,7

5,5

2,6

5,7

3,0

385,7 282,6 386,2 283,8»

Mittel aus diesen Beobachtungen: Polarisator ± Einfallsebene 385,9^ Analysator li Einfallsebene 281

Polarisator X Einfallsebene. Analysator || Einfallseben

Minimumstellungen des Analysators Minimumstellungen des Polarii

i -f

Magnetisirung

bei +

Magnetisin

278,0

288,2

382,4

389,6

7,6

8,1

1,8

89,4»

8,8

8,8

1,9

90,4

^,1

9,2

2,0

90,1

278,1 288,6 382,0 389,9.

Kerr^sches Phänomen, 129

Es folgt hieraus:

(f*^ bei +Magneti8irung - 4,9, cpJJ, bei + Magnetisirung 3,9',

Tija » »» 4- 5,6, » » » 3,9*.

Der Spiegel wurde auf's Neue entmagnetisirt und die Beob- achtuDgen ergaben Polarisator J. Einfallsebene 386.8, Ana- lysator II Einfallsebene 283,6^ Es stimmen diese Zahlen genau mit den früher erhaltenen überein.

Die Mittelwerthe der Drehungen bei positiver und nega- ÜTer Magnetisirung sind:

«" «• «.■* «.** «.■* .«•» ^■»

^fipj Vipy Viay T»o> ^Ipt ^Ipy Vto» ^laJ

rMagn. —Magn. +Magii. Magn. +Magn. Magn. +Magn. Magn.

+ 5,2» - 4,2» + 3,6 - 4,0 - 3,9» +3,9» - 4,9 + 5,6

5,3* 5,8» 3,7 3,5 4,5» 3,75 4,6 4,6^

5,5 4,9 3,9» 3,7 4,6» 3,4 5,3 5,1

4,7» 5,6» 4^5» 4,5^ __3^4 4^ b,4 5,0

+ 5,2 -~5,Ö +3,9» —3,9» -4,1» +3,9 -5,0» +5,1.

Da die Scalenwerthe der Drehungen gleich einer Minute sind, Ip = + 1,30, 1«'= - 1,27, erhält man für die Minimum- drehungen in Minuten:

«."* «" ^^ «.■*

9^ip 9>ia 9lp Via

+Magn. —Magn. +MagD. —Magn. +Magn. —Magn. +Magn. —Magn. + 4,0 - 3,8» - 3,1 + 3,1 - 3,2 + 3,0 + 4,0 - 4,0.

Eine Discussion der gesammten ßeobachtungsreihen er- gab für den mittleren Fehler der Mittelwerthe aus jeder fieihe ungefähr |', sodass also die Endwerthe der Minimum- drehangen eine noch etwas grössere Genauigkeit besitzen. Innerhalb der Beobachtungsfehler stimmen die absoluten Werthe der Minimumdrehungen bei positiver and negativer Magnetisirung überein. Der mittlere Fehler in den Haupt- stellungen der Nico 1' sehen Prismen, in welchen die Polari- sationsebenen parallel und senkrecht zur Einfallsebene sind, hat ungefähr die nämliche Grösse. Wie schon in § 8 her- vorgehoben wurde, liefert also diese directe Methode der Bestimmung der Hauptstellungen viel genauere Resultate, als die bis jetzt üblichen indirecten Methoden.

14. Da man die Amplitude fji und Phase m der magneto- optischen Componente sowohl aus den Minimum- als aus den Nulldrehungen erhält, muss die Uebereinstimmung dieser

Ann. d. PbTS. a. Chem. N. F. XLII. 9

130 R. ISissingh.

Resultate noch erwiesen werden. Es wurden zu diesev Zwecke beim Einfallswinkel 51^22' auch die Nulldrehunge bestimmt, weil bei grossen und kleinen Einfallswinkeln di Genauigkeit der Beobachtungen eine erheblich geringer ist, und die Minimumdrehungen, welche gerade dann sid am genauesten bestimmen lassen, für diesen Einfallswinke noch mit genügender Schärfe erhalten werden. Da schoi der Nachweis geführt ist, dass nur die Amplitude /u, nich die Phase m der magnetischen Lichtcomponente das Zeichei mit der Magnetisirungsrichtung wechselt, braucht man na die Winkel \p zwischen den Nullstellungen der NicoTsche] Prismen bei positiver und negativer Magnetisirung zu be stimmen (vergL § 6). Es werden im Folgenden immer / und m für eine positive Magnetisirung angeführt Die be obachteten Drehungen sind:

2<r?p 2v?a ^<p1p 2^?a

^0,B -6,4' -6,6' Ig^ -0,4 |_

-6,9 / ^»''^ -0,4' I "'*

0,6 7,3 6,9 0,3

0,45 6,85 6,8 - 0,35,

Eine Discussion der verschiedenen Beobachtungsreihen zeigt dass der mittlere Fehler in diesen Zahlen noch geringer is als 0,5'. Aus den Minimum- und Nulldrehungen wurdei folgende Werthe von fe und m erhalten^):

2<)P?a

o o

2Vtj>

2<rra

/'i

fl

m- m^

-0,4-'' 1,2»*

-6,8»' -6,6»*

-6,8'

-6,8»*

-0.3*' -0,5"

+ 0,79X10 0,69*

^ +0,81x10- 0,78* V

'•' 180«- 1«9' 180»— 0 » -3040'* 1

2^^,

^^Tj>

'^^Ta

7,y'

7,8^

-6.2' -6,2*

-6,8' -6,4*

8,0'

T,8*

0,754 »

0,750 jy

0,756 » 0,765*

>i +5«85' +7 + 3047'* _o

Aus den mit einem "^ bezeichneten willkürlich angenomme nen Werthen der Drehungen sind fi und m berechnet, um de Einfluss einer kleinen Aenderung in den beobachteten Zahlen av die berechneten Grössen zu bestimmen. Da für <3p* ^^^ = yJ*J*^ un fp^(o) = (/«(<>); u.Ts u und TW = TW,: kann ein solcher Schlus

1) Die Formeln (3) und (4) § 4 und § 5 lassen das Zeichen der Ad plitude pL unbestimmt, indem sich der Quadrant der Phase m hicmac richtet. Hier sind immer fi^ und iij positiv gewählt.

Kerr\ches Phänomen, 131

auch aus den beobachteten Drehungen und den aus diesen abgeleiteten Werthen von /i und m gezogen werden. Zwei der Nulldrehungen, nämlich 9?^ und (p'l^, sind für diesen Ein- fallswinkel ungerähr Null. Das Yom magnetisirten Spiegel reflectirte Licht kann demnach durch eine Drehung eines der beiden Nicol' sehen Prismen ausgelöscht werden. Der Einfluss der Magnetisirung ist bei diesem Einfallswinkel also fast einer Drehung der Polarisationsebene gleich. Die beiden anderen Nulldrehungen ^?^ und <jp^ können sich dann nur wenig von den Minimumdrehungen rf>^^ und <jrp unter- scheiden, was auch der Fall ist.

Es erhellt aus den mitgetheiltcn Beobachtungen, dass innerhalb der Beobachtungsfehler die Minimum- und Null- drehungen dieselben Resultate liefern. Die Genauigkeit der ans y;* erhaltenen Amplituden fi und der aus rf>^ berech- neten Phasen rn, ist ziemlich gross. Der Fehler übersteigt nicht 1 Proc.

15. Bei den Beobachtungen ist genau darauf zu achten, dass die Reflexion gerade in der Mitte des Spiegels stattfindet, weil das magnetische Spectrum zeigte, dass nur an dieser Stelle die Kraftlinien parallel zur spiegelnden Fläche sind. Lässt man mittelst eines um 45^ gegen die Spiegelnormale geneigten Hülfsspiegels das Licht senkrecht auffallen, so wird immer ein Einfluss der Magnetisirung be- obachtet, wenn die Reflexion nicht gerade in der Mitte des Spiegels stattfand. Es kann dies nur eine Folge der zum Spiegel normalen Componente der Magnetisirung sein. Wie gering auch die Neigung der Kraftlinien ausserhalb der Mitte gegen den Spiegel war, konnte das Zeichen der Mag- netisirung immer aus der Verschiebung des Streifens im Felde des Analysators bestimmt werden. Um jeden Ein- fluss einer normalen Componente der Magnetisirung auszu- schliessen, wurde der Durchschnitt des einfallenden Licht- bündels bis auf einige Quadratcentimeter verringert.

16. Zusammenstellung der Resultate. Verglei- chung mit der Theorie. Die Null- und Minimumdrehun- gen sind für verschiedene Einfallswinkel mit den beiden Spiegeln bestimmt. Dieselben wurden so gewählt, dass der Phasenunterschied der metallischen Reflexion sich von einem

132 M. Sissingh.

zum anderen um Vie Wellenlänge änderte, oder bei den Einfallswinkeln kleiner als 36^ sich auf die Hälfte reducirte. Der Einfallswinkel 61^30' wurde zur schärferen Bestimmung des Maximums der Amplitude fjL herbeigezogen. Es folgt nun die Zusammenstellung der beobachteten und berech- neten Grössen.

Magnetische Reflexion. Die Kraftlinien parallel zur spiegelnden Fläche. Magnetisirung der Yolumeneinheit 1400 C.-G.-S.

Spiegel I /= 770 23,5' JH'=26«34' n^iu^o t ;«v,f ^ ,r II /= 76 30;5 TT = 26 44 ^^^^« ^^*^^*-

Ein- falls- winkel

Spie- gel

Bez.

d.

Dreh.

Beobachtete

Drehungen

2^r/^ 2cprj'»

lO^X/Uf

lO^X/zj

W1.-I8OO

mj-1

860— '

II

(f,^

-1,8

-1.7

-1,7

-1,8

-F0,28

+0,28

29^26'

29«2

82 30

II

(pO

4,0*

-4,9*

-5,0

-3,7*

+0,50

+0,56

25 39

23

76 30,5

II

q>o

2,7

-5,2*

-4,8*

2,6*

+ 0,74

+ 0,69

14 23

15 1

71 25

II

(po

2,2

-5,9*

-5,2*

2,2

+0,86

+ 0,77

9 29

10 3

61 30

I

(pO

-0,4«^

-5,9*

-6,3

-0,2*

0,81

0,83

2 22

1

51 22

I

q>o

-0,9*

-6,8

-6,5

-0,3

0,75

0,77

2 24

-0 4

I

(pO

-0,2*

-6,8

-7,0

-0,6

0,82

0,80

-0 85

1 2

II

qpo

-0,4*

-6,8*

-6,8

-0,3*

0,79

0,81

-1 9

-0 5

II

qp"*

7,9

—6,2

-6,2

-8,0

0,75*

0,75*

5 35 1 15

7 2

I

qo*

8,0

-6,5

-6,5

8,2

0,79*

0,80

5

36 10

II

<pO

-3,7

-8,9

-8,5

-3,8

0,66

0,60

5 31

6 1

I

<pO

-6,9*

-3,0

0,50

5 8

I

(p^

6,1

-5,7

-5,6*

6,3*

0,68

0,66

14 7

2 5

24 16,5

11

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3,9

-3,7

-3,8

3,9

0,41

0,45

3,9*

-4,0

0,61*

12

I

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2,0

-1,9*

-1,9*

2,0

0,26

0,26

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2,1*

0,54*

6 -

II

(jp«»

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-1,0

-0,96

-0,96*

0,14

0,11

1,0*

-0,991

r*

0,10*

1,0*

-0,95*

1

1,18*

Die mit * bezeichneten Werthe sind willkürlich ange- nommene Grössen und zeigen den Einfluss einer kleinen Aenderung der beobachteten Drehungen auf die berechneten Amplituden und Phasen der magnetischen Lichtcomponente. Eine Discussion zeigt, dass der mittlere Fehler in fx 0,03 X 10""^, in m P ist. Bei Einfallswinkeln kleiner als 5P ist die Ge- nauigkeit der aus (p^ erhaltenen Phasen m eine sehr geringe, während für i = 24^ und kleiner eine kleine Aenderung in dem Unterschiede von tp^^ und q&J^ oder rff und ^p^ die Amplitude fi sehr erheblich ändert.

Die erhaltenen Resultate zeigen, dass innerhalb der 6e-

Kerr'sches Phänomen. 133

43bachtung8fehler y^^**^ = qp«j<*) , ^ J*^*'^ = qpf j**^. Es folgt hieraus ^j =3 j[i{, Hl; = }ii{. Alle früheren Beobachter haben das näm- liche Resultat erhalten. Man muss aber dabei auf die zur unzweideutigen Bestimmung von /i und m angegebenen De* finitionen achten.^)

In der Nähe des Einfallswinkels i = 60^ sind die Null- drehungen (fl und (fl^ gleich 0. Die Magnetisirung be- wirkt dann nur eine Drehung der Polarisationsebene. Beim Einfallswinkel 80^ ungefähr sind die Minimumdrehungen ^? = qpJJ, = 0. Die ümkehrung des Zeichens dieser Drehun- gen kann schon aus der Tabelle gefolgert werden, weil beim Haupteinfallswinkel J= 76^30,5' die Minimum- und Nulldreh- nngen einander gleich sind. Dies wurde noch durch directe Beobachtungen bestätigt. Für diesen Einfallswinkel ist der Unterschied der Phasenverzögerung der magneto-optischen Componente und der Componente der metallischen Beflexion, senkrecht zur Einfallsebene polarisirt, 90^.

Fällt ein parallel zur Einfallsebene polarisirtes Licht- bündel auf einen magnetisirten Eisenspiegel, so ist das reflec- tirte Licht im allgemeinen elliptisch, nur in der Nähe von 60^ linear polarisirt. Ist das einfallende Lichtbündel senk- recht zur Einfallsebene polarisirt, so tritt ungefähr bei 80^ die Eigenthümlichkeit auf, dass die Axen der Ellipse, welche die Bahnen der Aethertheilchen darstellt, parallel und senk- recht zur Einfallsebene sind.^)

17. Prof. H. A. Lorentz hat gezeigt, wie die Hall'sche Wirkung zu einer Erklärung der magnetischen Reflexion führt, indem man annimmt, dass jede Electricitätsbewegung

1) Bighi fand zum Beispiel 7)^ = ^/J^, <jpj"^ = «jrj^. Durch eine Aenderung der gewählten positiven Richtung der Drehungen eines der Ni cor sehen Prismen kann man auch die Zeichen zur Uebereiustimmung bringen.

2) Righi, Ann. de chim. et de phys. (6) 10. p. 212, 219. 1887, führt an, dass der Eiufluss der Magnetisirung in einer Drehung der Polarisa- tionsebene und EUipticität des reflectirten Lichtes besteht. Für einen Einfallswinkel von 60° ist die EUipticität, für einen von 80° die Drehung Null. Bighi nennt den ersten Einfallswinkel „Incidence siuguli6re^^, den zweiten den Haapteinfallswinkel des magnetisirten Eisens. Aus dem oben Angeführten geht hervor, dass dies nur für eine bestimmte Polarisations- ebene des einfallenden Lichtes zutrifft.

134 R. Sissinyk,

in einem magnetischen Felde von einer transversalen electxo motorischen Kraft begleitet wird. In dieser Theorie wirc die Annahme eingeführt, dass die Constante der magnetischei Polarisation in Luft und Eisen die nämliche ist, also die magnetischen Eisenmolecüle sich nicht nach den schnell ab wechselnden magnetischen Kräften der electrischen Licht- bewegungen richten können. Ich habe für diese Annahme einen experimentellen Beweis geführt, indem gezeigt wurde, dass die Reflexion an Eisen sich nicht im mindesten von dei Reflexion an nicht magnetischen Metallen unterscheidet.^) Die Theorie betrachtet weiter das Verhalten der gewöhnlichen electrischen Ströme und der periodischen electrischen Licht- bewegungen als das nämliche. Dies wird aber bis jetzt nichi durch die Beobachtungen bestätigt. So habe ich keine Aen- deruDg der Reflexionsconstanten des Eisens bis 120^ con- statiren können, wiewohl der ziemlich grosse Temperatur- einfluss auf den electrischen Leitungswiderstand der Metalle nach dieser Analogie eine solche erwarten liess.^) Es ist aber sehr wichtig, die Beobachtungsresultate mit der Theorie zu vergleichen. Man erhält auf diese Weise experimentelle Andeutungen über das Verhalten der electrischen Lichtbe« wegung in Metallen.^)

Achtet man auf den Unterschied der hier zur unzwei« deutigen Bestimmung der Phasenunterschiede eingeführten positiven Schwingungsrichtungen und derjenigen, welche den theoretischen Betrachtungen zu Grunde gelegt sind, so ergibt sich aus der electromagnetischen Theorie der magnetischen Reflexion^), dass:

(7* sin « 271 , «T (}Pi lU cos-'« T ^

irii = wi = 3r w -J 2Ö^ ()\ {ö,^ Ö^).

1) Sissingh, Dissertation p. 129; auch Arch. Neerl. 20. p. 213. 1886.

2) Sissingh, ebendaselbst p. 133; ebendaselbst p. 215. 1886.

3) Sissingh, ebendaselbst p. 130; ebendaselbst p. 218. 1886. Kundt hat die Richtigkeit dieser Schlussfolgcrung in Frage gestellt (Wied. Ann. 34. p. 189. 1888). Sie findet aber eine Bestätigung in dem geringen Temperaturein fluss bei der normalen polaren magnetischen Re- flexion, den Du Bois fand (Wied. Ann. 39. p. 35. 1890).

4) H. A. Lorentz, V^ersl. en Meded. der Acad. Amsterdam, Reeks 2

Herrisches Phänomen, 135

u ist der Einfallswinkel, er, (), r, oo sind Hülfsgrössen aus der Theorie der metallischen Reflexion. ^) Die übrigen Grössen werden bestimmt durch die Gleichungen:

. ^ m sin (t + o>) . ^ m sin {i + (o)

^ * 1 + m cos (t + w) \ 1 + w cos (r + Dj)

w sin (r + w)

tg ^\ =

tg * a + m 008 (t + cü)

/>j^ = 1 + w^ + 2m COS (r + «), __ o;^ 2\

p^«= tg*a + m2-|-2tg^«mcos(r + ö}), "" cos«

Nach diesen Formeln sind für die verschiedenen Einfalls- winkel /i und m berechnet. Der theoretische Werth der Amplitude erhält den Factor [2nlT),E^hN, in welchem N die magnetische Kraft, T die Schwingungszeit der electri- schen Lichtbewegung, b^ die Constante der dielectrischen Polarisation der Luft und h die Grösse der HaH'schen transversalen electromotorischen Kraft angibt. Letztere ist nämlich gleich hN mal der Componente des electrischen Hauptstromes, aus welcher sie infolge der magnetischen Kraft N entsteht. Wegen der unbekannten Grösse kann dieser Fac- tor, welcher im Folgenden A genannt wird, nicht angegeben werden. Es sind also für die theoretischen Amplituden nur denselben proportionale Zahlen berechnet. In der folgenden Tabelle sind nur die Mittel der Werthe für im» und jUj, und % angegeben, nachdem 16) der Nachweis geführt ist, dass diese innerhalb der Beobachtungsfehler miteinander überein- stimmen.

Aequatoriale Magnetisirung der Volumeneinheit (1400 C.-G..S.).

Spiegel I J = 77<' 23,5' H = 26<> 34' ..^i. ,,, j . .i . ,r II c/ = 76 30;5 if = 26 44 ^«^^«« ^'''^^'

Deel 19. 1883; van Loghem, Theorie der terugkaatsing van het Licht door magneten. Leiden 1883, Dissertation; auch Beibl. 8. p. 869. 1884.

1) Vgl. § 19.

2) Eine Discustiion der theoretischen Betrachtungen gibt die Zeichen der in diesen Formeln stehenden Grös.sen und die Quadranten der Win- kel t, 0* und die verschiedenen 8, Vgl. Verhandel. Acad. Amsterdam. Deel 28. 1890.

136

jß. Sissinffh.

g. Amplitude der

Spie- £ « " magnetischen Beob.Ampl.

^®^ Winkel Lichtcomponente B^yASipL

Deou*

10-'

Phase der

Beob.

II II 11 II I

II II II II II

her. xA

magnetischen _ berechn. Lichtcomponente ^^^ ber. beob.

86* ' 82 30 76 30,5 71 52 61 SO 51 22 36 10 24 16,5 12 6

0,226 0,358 0,493 0,548 0,598 0,545 0,426 0,266 0,152 0,074

XlO

0,284 0,530 0,715 0,815 0,820 0,760 0,630 0,430 0,260 0,125

A 1,26 1,48 1,45 1,48 1,37 1,39 1,48 1,62 1,69 1,69

180«

180'

-54n6,5' +29026' +83*42,5'

62 22

69 51,5

73 44,5

81 36,5

85 55

90 1,5

•91 56

98 2,5

93 1,5

+24 22 + 14 49 + 10 3 + 1 49

- 1 0

- 5 51

+ 86 44 + 84 40,5 + 83 47,5 + 83 35,5 ^86 55 + 84 49

Da in dem Factor A die Hall 'sehe Constante h f&r Eisen positiv ist, was mit der Wahl des Coordinatensystems zusammenhängt und die Richtungen der magnetischen Kraft Nj welche in der Theorie der magnetischen Reflexion und bei diesen Beobachtungen als die positive definirt worden ist, einander entgegengesetzt sind, stimmen die Zeichen der beob- achteten und berechneten Amplituden nicht miteinander über- ein, da diese immer für eine positive Magnetisirung ange- geben wurden. Das Zeichen der Amplitude einer Lichtbe- wegung kann aber geändert werden , indem man die Phase um 180^ grösser oder kleiner macht. Es werden im Folgenden die berechneten Phasen um 180° geändert, damit die beob- achteten und berechneten Amplituden das nämliche Zeichen haben. Die in der letzten Columne angegebenen Unterschiede werden dann um 180° grösser oder kleiner.

Den Beobachtungen zufolge ist /w, = jUt, m, = nti. Auch die Theorie führt zu dieser Beziehung. Da man nur im Stande ist Proportionalzahlen für die theoretischen Ampli- tuden anzugeben, stimmen die beobachteten und berechneten Amplituden innerhalb der Beobachtungsfehler mit einander überein. Es tritt aber zwischen den beobachteten und be- rechneten Phasen ein constanter Unterschied auf. Die Ab- weichungen vom Mittelwerthe liegen innerhalb der Beobach- tungsfehler. Vielleicht weist dieser Unterschied von nahezu 90° auf ein verschiedenes Verhalten der gewöhnlichen elec- trischen Ströme und der periodischen Electricitätsbewegungen der electrischen Lichttheorie hin. Wie schon angeführt

Kerr*8che8 Phänomen, 137

wurde, kann dies auch aus anderen Beobachtungen gefolgert werden. *)

18. Eerr, welcher den Einfluss der Magnetisirung auf die Mexion an Eisen entdeckte, gibt nur das Zeichen, nicht die Grrösse der Minimumdrehungen. Die Angaben stimmen mit meinen Beobachtungen überein. Auch hier tritt eine Aenderung dieses Zeichens etwas oberhalb des Haupteinfalls- winkels ein. Kerr fand ein Maximum der Minimumdrehun- gen in der Nähe von 60^ Hier ist die Amplitude der mag- netischen Lichtcomponente ein Maximum zwischen 60 und 70^. Es fällt aber nicht das Maximum einer Drehung mit einem Maximum der Amplitude zusammen. Es ist sehr bemerkens- werth, dass auch Eerr schon die Bewegung des dunklen Streifens im Analysatorfelde als das schärfste Kennzeichen f&r die Beobachtung anführt. In Bezug auf die Phase der magneto-optischen Componente gibt Kerr an, dass diese unterhalb des Haupteinfallswinkels sich mehr der Null als ^0^ nähert. Meinen Beobachtungen zufolge ist dies für jeden Einfallswinkel, wo sich die Phase genau bestimmen lässt, der Fall

Das Zeichen und die Grösse der von Kundt mitge- theilten Minimumdrehungen des Analysators stimmen mit den meinigen überein, nur in Bezug auf die Grösse treten bei näherer Betrachtung einige Unterschiede hervor.^)

Righi's Untersuchung^) erschien im Jahre 1887, als diese Arbeit schon längst angefangen war. Ich habe aus den von Righi für viele Einfallswinkel angegebenen Dreh- ungen die Amplituden und Phasen der magnetischen Licht- componente berechnet. Es sind für den Haupteinfallswinkel and das Hauptazimuth die für Spiegel II gefundenen Werthe angenommen.

1) Wiewohl die Theorie, welche Fitzgerald für die magnetische Mexion aufgestellt hat, eigentlich nur auf durchsichtige Medien anwend- bar *ist, sind die nach ihr berechneten Amplituden ebenfalls den beobach- teten proportional

2) Kundt, Wied. Ann. 23. p. 244. 1884.

3) Righi, Ann. de chim. et de phys. (6) 10. p. 200. ISST.

188

B, Sissinffh.

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Herrisches Phänomen, 139

Sind für einen Einfallswinkel zwei Werthe von u und m angegeben, so sind die oberen Zahlen aus dem Minimum-, die unteren aus den Nulldrebungen berechnet. £s kann aas diesen Beobachtungen nicht gefolgert werden, dass die beobachteten und berechneten Amplituden einander propor- tional sind, ebenso wenig, dass der Unterschied zwischen der beobachteten und berechneten Phase eine constante Grösse ist. Die Drehungen müssen, damit diese Schlüsse gezogen werden können, mit einer grösseren Genauigkeit bestimmt werden. Zur Erreichung dieser Genauigkeit ist auch die Prüfung der Beobachtungsmethode unumgänglich nothwendig. Der Einüuss der Beobachtungsfehler verdeckt nun diese Beziehungen. Da Righi keine Amplituden und Phasen be- rechnet, verlegt er den Schwerpunkt auf die Drehungen und bestimmt ausführlich die Zeichenänderungen. Auch werden der Haupteinfallswinkel des magnetisirten Eisens und der singulare Einfallswinkel eingeführt. Diese gelten, wie schon \ 16 bemerkt wurde, nur für eine bestimmte Polarisation des einfallenden Lichtes.

19. Die hier mitgetheilten Beobachtungen gestatten eine genaue Darstellung der magnetischen Reflexion, welche durch die Vergleichung mit der Theorie eine einfache Form erhält. Um dies deutlich hervortreten zu lassen, folgt eine Zasammenstellung der constanten Grössen und der Bezieh- ungen zwischen diesen und den beobachteten, welche die metallische und magnetische Reflexion vollständig bestimmen.

Oewöbnliche Metallreflexion. Magnetische Metallreflexion.

Jamin*8che Constanten: Constanten der äquatorialen Re-

^ = Haupteinfallswinkel. flexion :

H = Hanptazimut. ' (9 = 1^5 x lO » , 6' = 85 «. >)

Die zur Darstellung verwendeten Grössen:

^ = Phasenunterschied des parallel J = Phase der magnetischen Licht- end senkrecht zur Einfallsebene componente. P<»larisirten reflectirten Lichtes.

1) ^ ist das Verhältniss der beobachteten zur berechneten Ampli- ^<ie. S der constante Unterschied zwischen der beobachteten und be- rechneten Phase.

140

R, Sissingh,

f = Amplitude der reflectirten Com- ponente, parallel zar Einfallsebene polarisirt.

h = Amplitude der reflectirten Com- ponente senkrecht sar Einfalls- ebene polarisirt.

Cauchy'sche Formeln zur Berech- nung des Amplitudenverhältnis- ses und des Phasenunterschieds ftlr den Einfallswinkel a :

. ^ - f XX fr. X sin*« ) tgÖ> = sm(T+ci})tg{2arctg >,

^ V / o^ ^(TpCOS«)

cos(2arctgyj =

. L X sin*« \

cos (r + «} sm <2arctg \

^ ' l ^ (rpcosa)

Hülfsgrössen, bestimmt durch J und

R'. a, T.*)

Hülfsgrössen, bestimmt durch/, K^ « :

p, w.') Beobachtete Gröjsen:

0, = Azimut der wiederher-

gestellten Polarisation.

\i, = Amplitude der magnetischen Lichtcomponente.

Formel zur Berechnung der Ampli- tude, der Form nach der Theorie entlehnt:

/^ = /*t =

0"' sm o

QPi^Pi cos*«

9.

Formel zur Berechnung des Phasen- unterschieds:

-4= Jo + 5,

71

Jo = 3r-a>-h 2 ^2dr-ö^-(ö.'-d,).

Hülfsgrösscn, bestimmtdurch/, H, a :

^M ^t» ^4» PlJ Pa'^)

Beobachtete Grössen:

Beziehungen zwischen den beob- achteten und berechneten Grössen siehe §§ 4, 5.

20. Wiewohl die Beziehung der Amplitude und Phase zum Einfallswinkel durch diese Beobachtungen fest-

1) a und r werden bestimmt durch:

2H = j +

0)

cos 2 1/ = : -

t^('r+^' ^ - ^ V cos(r- «y

2) ^ und werden bestimmt durch:

ctg2(u =

d'

sin*« sin2i

ctg 2 t, (j-'sin 2(ü ^

sin*« sin2r

(j'

3) Die Formeln zur Berechnung diesen Grössen sind in § 17 an- gegeben.

Kerr'sches jnänomen. 141

gestellt ist, bleibt noch die stark ausgeprägte Dispersion, welche Righi zuerst angab und die ich bei meinen Beob- achtungen bestätigt fand, zu untersuchen übrig. ^) Weiter gibt die schon angefahrte Theorie ein einfaches Yerhältniss für die Amplitude der magnetischen Componente bei polarer und äquatorialer Reflexion, sodass sie auch in dieser Rich- tung geprüft werden kann.

Diese Untersuchung ist ausgeführt im physikalischen Laboratorium der Universität zu Leiden. Ich kann es nicht unterlassen, dem Director, Hrn. Prof. H. Eamerlingh Onnes, meinen herzlichsten Dank auszusprechen für das In- teresse, welches er dem Fortgange derselben widmete, und für die yielen Hülfsmittel, welche zu meiner Verfügung ge- stellt wurden.

1) £s iflt bemerkenswerth , dass der dunkle Streifen im Analysator- leide nie die geringste Färbung zeigte.

VIL lieber die Messung der Dielectricitäts- constante mittelst Hertz^ scher Schwingungen;^}

von Ernst Lecher.

]

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass die von Max well geforderte Uebereinstimmung zwischen der Dielectrici tätsconstante und dem Quadrate der Brechungsexponentei in der Mehrzahl der Fälle nicht stattfindet, dass daher, man an der Richtigkeit der MaxwelPschen Theorie fest- halten will, noch störende Nebenerscheinungen bei der ge- wöhnlich als Dielectricitätsconstante gemessenen Grösse auf- treten. Während bei vollkommenen Isolatoren dereiC^^ Anzahl aber eine sehr kleine ist die Uebereinstimmuni noch eher befriedigen könnte, sind die Abweichungen minder guten Isolatoren sehr beträchtlich. Nun hat Schil ler^) gezeigt, dass für einige Substanzen bei einer sehr kur- zen Ladungszeit die Dielectricitätsconstanten sich mehr dei MaxwelTschen Forderung nähern als bei Versuchen mit?- statischer Electricität. Ebenso scheint auch aus den Ver- suchen und üeberlegungen von E, Cohn und L. Arons') ein Anwachsen der Dielectricitätsconstanten mit der Ladungs- dauer sich zu ergeben. Es liegt daher die Idee sehr nahe, dass nur bei äusserst kurzen Ladungszeiten die Ueberein- stimmung zutrifft.

Von ähnlichen Gesichtspunkten ausgehend, hat J. J. Thomson*) einige Dielectricitätsconstanten mit Hülfe der Hertz' sehen Schwingungen gemessen. Ich habe nun ohne Kenntniss der Thomson* sehen Arbeit fast identische Versuche angestellt. Da aber meine Resultate von denen Thomson's abweichen, so erlaube ich mir, dieselben hier mitzutheilen.

1) Im Auszuge vom Herrn Verfasser mitgetheilt aus Wien. Ber. 99. p.480. 1890.

2) Schiller, Pogg. Ann. 152. p. 535. 1874.

3) E. Cohn u. L. Aron;s, Wied. Ann. 2S. p. 454. 1886 u. 38. p. 13. 1888.

4) J. J. Thomson, Proc. Lond. Roy. Sog. 40. p. 292. 1S89.

DielectricitäUcoustante, 143

Ich fand nämlich, dass bei vier Substanzen, welche ich untersuchte, die Dielectricitätsconstante, in der einfachen und nächstliegenden Weise aus der Capacität berechnet, bei kürzeren Ladungszeiten nicht nur nicht sank, sondern bei Hertz' sehen Schwingungen sogar grösser wurde.

Wenn ich den Ausdruck „Dielectricitätsconstante" ge- brauche, so ist dies eigentlich nicht richtig. Ich habe näm- lich immer nur Capacitäten miteinander verglichen, wobei entweder Luft oder die zu untersuchende Substanz zwischen den beiden Platten sich befand. Es wurden also bei den Ton mir gefundenen Resultaten neben der Dielectricitätswir- knng auch die Leitung, Rückstandsbildung und sonstige un- bekannte Fehler in die Messung einbezogen. Man hätte nun erwarten können, dass diese Nebenumst&nde: Leitung, etc., bei den raschen Ladungen der Hertz' sehen Schwingung schon ganz eliminirt seien; es zeigt sich aber, dass selbst bei 80 ungemein kurzen Ladungszeiten diese Nebenumstände immer noch, und zwar in sogar stärkerem Maasse den wirk- lichen Werth der Dielectricitätsconstante vergrössem, vor- ausgesetzt natürlich, dass überhaupt die Anschauungen von Maxwell maassgebend sind.

Ich habe zwei feste Körper, Hartgummi und Glas, und zwei Flüssigkeiten, Petroleum und Wasser, mittelst dreier verschiedener Methoden untersucht Die Ladungszeit betrug:

0,5, OyOjS und OyOyS Secunden.

Versuche mit Hertz'schcu Schwiugungen.

Eine nähere Untersuchung aller Bedingungen, welche in dieser Methode zur Geltung gelangen, habe ich in der bereits veröffentlichten Abhandlung: „Studie über electrische Re- sonanzerscbeinungen" ^) geschildert. Es wurde bei gegen- wärtiger Arbeit genau derselbe Apparat angewendet. In zwei parallelen Drähten (Fig. 1), st und st\ von je 1122 cm Länge (in der Figur stückweise gezeichnet) und einer gegen- seitigen Entfernung von 31 cm werden in bekannter Weise electrische Oscillationen durch oscillatorische Ladung der

1) E. Lecher, Wied. Ann. 91. p. 850. 1890. Wien. Ber. 90. p. 340. 1890.

144 E, Lecher,

Condensatoren AB und AB' mittelst des Funkens F er- zeugt. Von den Enden der beiden Hauptdrähte t und f führen zwei weiche Kupferdrähte von je 69,7 cm Länge zu zwei kreisförmigen Condensatorplatten [R = 9,68 cm); die

B

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Fig. 1,

??

letzteren können mit Hülfe einer Mikrometerschraube pa- rallel verschoben werden. Durch Ueberbrückung der Haupt- drähte an bestimmten Stellen kommt die luftleere Glasröhre GG' zum Leuchten. Jede Veränderung der Capacität am Ende der Drähte verschiebt den Schwingungsbauch; man muss daher die Querbrücke an eine andere Stelle bringen, damit die Röhre wieder aufleuchte.

Ich habe nun zunächst die Wellenlänge einiger Schwin- gungen, wenn nur Lnft zwischen den Condensatorplatten war, sehr genau gemessen. Hierauf wurden die Condensator- scheiben auseinander geschraubt und die zu untersuchende Substanz zwischen dieselben geschoben. Durch einige flüch- tige Vorversuche wurde die ungefähre Abhängigkeit des Schwingungsbauches von der Entfernung der Platten be- stimmt und dann für eine oder zwei der zuerst gefun- dene Entfernungen neuerdings die Lage des Schwingungs- bauches möglichst genau bestimmt. Es war somit schliesslich in den beiden Fällen, die ich verglich, die Hauptschwingung die gleiche: die Ueberbrückung genau an derselben Stelle; nur die Entfernung der Condensatorplatten an den Draht- enden war eine verschiedene, je nachdem Luft oder die untersuchte Substanz zwischen denselben sich befand. Da nun in beiden Fällen, bis auf die Capacitäten am Ende, Alles absolut gleich blieb, so setzte ich auch diese Capaci- täten einander gleich und konnte sohin in einfacher Weise die Dielectricitätsconstante der untersuchten Substanz (oder genauer nur dasjenige, dem man oft fälschlich diesen Namen gibt) berechnen.

Wenn Luft zwischen den Condensatorplatten war, ergab sich entsprechend den Entfernungen der Platten von:

DielectricitäUconstujite. 145

0,791, 0,880, 0,870 1,U6, 1,186, 1,227, 1,266, 1,324, 1,360 cm

als Entfemung des ächwingungsbauches a vom Drahtanfange im Mittel:

641,48, 633,68, 629,18 .... 592,74, 586,72, 583,84, 580,35, 573,65, 570,54 cm

und ferner entsprechend einer Condensatordicke von:

1,146, 1,186, 1,227, 1,266 cm

als Entfernung des Scbwingungsbauches c vom Drahtanfange im Mittel:

1015,74, 1043,70, 1041,73, 1038,64 cm.

Die Bedeutung von a und c ist dieselbe, wie die in meiner oben citirten Arbeit über electrische Resonanz. Die betreffenden Wellenlängen verhalten sich wie 1 zu 2. Für je eine Condensatordistanz sind 10 Einstellungen der Quer- brücke gemacht worden. Nach jeder Messung wurde die Quer brücke von einem Gehülfen soweit verschoben, bis die Röhre ganz dunkel wurde, so dass jede neue Einstellung durch äusserst vorsichtiges Gleiten der Quer brücke längs den Drähten immer wieder erst von Neuem gefunden wurde. Trotzdem betragen die höchsten Schwankungen 5—6 cm, ge- wöhnlich aber noch weniger. Bei 1800 Einstellungen, welche ich im Ganzen gemessen, war nur dreimal eine Abweichung vom Mittel um 5 cm als äusserster Fehler constatirt.^)

Nach diesen Zahlen habe ich drei Curven gezeichnet und getrachtet, nach Einschiebung der zu untersuchenden Substanz den neuen Schwingungsbauch innerhalb der eben gefundenen Grenzen unterzubringen, was durch eine ent- sprechende Verschiebung der Condensatorplatten leicht gelingt.

Hartgummi. Wenn zwischen den Condensatorscheiben eine Hartgummiplatte, 0,7164 cm dick, sich befand, erhielt ich entsprechend den Distanzen der Condensatorplatten von 1,266 und 1,701 cm für den Schwingungsbauch a die Lage von 611,63 und 585,46 cm; fdr den Schwingungsbauch c entsprechend einer Condensatordicke von 1,701 die Lage 1040,42 cm.

Die Dicke der Hartgummiplatte wurde mit Hülfe einer

1) Eiuige der Original ineäsuiic^eu sind ausführlich initgethcilt in Wien. Ber. 99. p. 483-486. 1^90.

Ann. d. PhTS. u. Chem. N. F. XLll XO

146 E. Lechir.

eigens zu diesem Zwecke construirten Mikrometerschraube, welche in einem Messingrahmen befestigt war, gemessen. Dieser Messingrahmen ist so gross, dass die Schraube an alle Stellen des Dielectricums gebracht werden konnte. Der Hartgummi wurde innerhalb des Bezirks, der zwischen den Condensatorplatten lag, in Quadrate getheilt und die Dicke an den Ecken dieser Quadrate gemessen. Die obige Zahl ist das Mittel aus Messungen an 20 verschiedenen Stellen, und es ist dieser mathematische Mittelwerth, wie schon Boltzmann^) gezeigt, gewiss auch, innerhalb der Fehlergrenze, der hier in Betracht kommende electrische Mittelwerth.

Der erste der jetzt gefundenen Schwingungsbäuche^ 641,63 cm, entspricht aus erwähnter Ourve einer Entfernung der Condensatorplatten von 0,791 cm für den Fall, wo Luft zwischen denselben sich befand. Es ist daher die Capacität des Condensators bei einer Entfernung von 0,791 cm, wenn Luft zwischen den Platten ist, ebenso gross, wie bei einer Entfernung von 1,266 cm, wenn die Hartgummiplatte sieb dazwischen befindet. Die Difi'erenz 0,475 entspricht der Zu- nahme der Oondensatordicke infolge der Einschiebung der Hartgummiplatte.

Für die Lage des zweiten gemessenen Schwingungs- bauches von 585,46 cm hatten wir beim Luftcondensator eine Dicke von 1,205^ während nach Einschiebung der Hart- gummiplatte dieselbe 1,701 war. Die Differenz ist 0,495.

Für den dritten Schwingungsbauch, 1040,92 cm, endlich hatten wir bei Luft eine Plattendistanz von 1,234. Die Dif- ferenz ist hier 0,467.

Diese drei Differenzen 0,475, 0,495 und 0,467 sollten eigentlich gleich sein. Da die Abweichung weder hier noch in späteren Fällen irgend welche Begelmässigkeit zeigt; da sie für den Schwingungsbauch a und für den Schwingungs- bauch f, welch' letzterer einer doppelt so raschen Schwin- gung entspricht, bald grössere, bald kleinere Werthe ergibt; da sie endlich auch in keinerlei regelmässigem Zusammen- hange mit der Entfernung der Condensatorscheiben zu stehen

1) lioltzniaLn. Pogg. Ann. 151. p. 56S. Ib74.

DitlectricitäUconstanie. 147

scheint, so dürften obige Differenzen durch Fehler in den Messungen entstanden sein, und zwar in erster Reihe infolge der Schwierigkeit, die Oondensatorplatten parallel zu ver- schieben. Es wäre aber trotzdem die Uebereinstimmung der- selben eine ziemlich befriedigende; sie wird aber selbstver- ständlich immer schlechter, wenn wir zur wirklichen Berech- nung der Dielcctricitätsconstante übergehen, und es fällt hierbei die Abweichung um so grösser aus, je grösser die gemessene Dielectricitätsconstante ist. Ich nehme hier und in allen fol- genden Fällen das Mittel dieser Differenzen und berechne mit demselben die Dielectricitätsconstante.

Das Mittel obiger drei Messungen ist 0,479 cm. Es wird dann der so berechnete Werth von der Dicke des Di- electricums (0,716) abgezogen, die Differenz (0,237) in das Dielectricum hineindividirt und der Quotient ergibt die Di- electricitätsconstante. Für Hartgummi erhalte ich auf diese Weise 3,01 als Werth der Dielectricitätsconstante bei so kurzen Ladungsdauern, welche nach Hundertmilliontel Se- cunden zählen. Die halbe Wellenlänge der kürzeren Schwin- gung c beträgt ca. 1000 cm.

Glas. Wenn zwischen den Oondensatorplatten eine Glasscheibe, 0,8797 cm dick, sich befand, erhielt ich ent- sprechend den Plattendistanzen 1,582 und 1,954 cm für a die Lage 634,57 und 587,54; hingegen entsprechend der Plattendistanz 1,954 cm für c die Entfernung 1042,74 cm. '

Diese Zahlen benützte ich in derselben Weise wie die früheren. Die Entfernung der Condensatorscheiben voneinan- der differirt, je nachdem die Glasplatte eingeschoben war oder nicht, um 0,758, 0,767 und 0,753 cm. Für die Dielec- tricitätsconstante findet sich ein Werth von 7,31.

Petroleum. Um die Flüssigkeitsschicht zwischen die Condensatorscheiben zu bringen, nahm ich einen Holzring, dessen innere Lichte im Durchmesser 14 cm betrug. Beider- seits wurden zwei dünne Glasplatten angeklebt und so ein Bcheibenformiger Hohlraum zur Aufnahme der Flüssigkeit hergestellt. Die Dicke des ganzen Systems wurde an 30 Stel- len gemessen, aber erst nach Einfüllung der Flüssigkeit,

10*

148 E, Lecher,

um auch die durch den Druck derselben hervorgerufene Ausbauchung in die Messung einzubeziehen. Vorerst wur- den die beiden anzuklebenden Glasscheiben gleichfalls an 30 Stellen gemessen und hierdurch die Flüssigkeitsdicke genau bestimmt.

Wenn die beiden Glasplatten, 0,4338 cm dick, zwischen den 1,590 cm geöffneten Condensatorplatten sich befanden, lag der Schwingungsbauch a 583,93 cm vom Drahtanfange entfernt; der gleiche Schwingungsbauch entsprach nach den Messungen p. 145 dem Luftcondensator von 1,223 cm Dicke. Die Differenz betrug 0,367. Man erhält dann für die Dielec- tricitätsconstante des hier verwendeten Glases (Solinglas) 6,50, welcher Werth jedoch weniger genau sein dürfte als die anderen in dieser Arbeit angegebenen, weil die Glas- scheiben zu dünn waren.

Um die Dielectricitätsconstante des Petroleums zu er- halten, habe ich zunächst für den Schwingungsbauch 571,93, wenn Petroleum und zwei Glasscheiben zwischen den Con- densatorplatten waren, eine Distanz von 2,848 cm und, wenn nur liuft dazwischen war (nach p. 145), von 1,348 cm. Die Differenz dieser Zahlen, 1,500, muss noch um 0,367 vermin- dert werden, welche Zahl, wie oben gezeigt, die Differenz für die zwei Glasscheiben bedeutet. Nach Wegnahme des 1,9272 cm dicken Petroleums allein (fictiv, die Glasscheiben blieben drinnen) müsste ich die Condensatorplatten um l,l33 cm zusammenschieben und erhalte somit als Dielec- tricitätsconstante des Petroleums 2,42.

Djis hier verwendete Petroleum war die gewöhnliche, zum Brennen käufliche Flüssigkeit und enthielt etwas Wasser.

Wasser. Wenn ich in den Holzring destillirtes Wasser (Dicke des Wassers allein = 1,9342 cm) gab, erhielt ich bei einem Condensatorplattenabstand von 3,160 cm als Schwin- gungsbauch a die Lage 635,47 cm.

Die Differenz, ebenso behandelt wie bei Petroleum, gibt hier 1,953 cm für eine Dicke des Dielectricums von 1,934 cm. Es ist also der Beobachtungsfehler schon zu gross; wollte ich aber auch hier ebenso wie vorhin die Dielectricitätscon- stante berechnen, so wäre dieselbe für Wasser unendlich.

Dielectric'dätsco instante.

149

trde

Versuche mit Ruhmkorff-SchwiDgungeD.

Zur BestimmuDg der Dielectricitätsconstante mittelst Ruhmkorffscher Schwingungen habe ich 'ein Verfahren angewendet, welches sehr bequem und einfach ist und eine recht genaue Messung ermöglicht. Diese Methode ist in mancher Beziehung der von Gordon ^) angewendeten ähnlich, ist aber viel einfacher als die letztere. Der eine Pol eines kleinen Induction sapparates B (Fig. 2) ist zur Erde abgeleitet; vom zweiten Pol geht eine Leitung über r zum Condensator (7, die zweite zum Vergleichscondensa- tor E, Die beiden anderen Platten dieser Condensatoren, C und E\ sind mittelst zweier paralleler Drähte mit den beiden Quadran- ten q und q' eines Quadrant- Electrometers verbunden. Die Leinniscate / des Electrometers ist zur Erde abgeleitet. Die Wir- kung dieser Anordnung ist un- mittelbar ersichtlich. Sind die beiden Condensatoren gleich, so werden die beiden Quadranten in gleicher Weise abwechselnd ge- laden und die Nadel bleibt in Ruhe. Ist der eine Conden- sator kräftiger, so erfolgt augenblicklich ein Ausschlag der Lemniscate nach dem betreffenden Quadranten.

Zunächst wurde nun die zu untersuchende Platte xx' zwischen die Scheiben des einen Condensators CC gebracht und der andere EE' (ein gewöhnlicher Kohlrausch'scher Plattencondensator) ungefähr eingestellt. Die schliessliche Einstellung erfolgte durch die Mikrometerschraube des Con-

1) G. Wiedemanii, Electiicität 2. p. 38. 1888. Nachdem diese Arbeit bereits der Wiener Acadcmie am 16. Mai 1890 überreicht war, erschien die somit gleichzeitige Abhandlung von Do nie, Wied. Ann. 40« p. 307. 1890. Unsere Methoden sind fast identisch, nur setze ich an Stelle des Electrodynamometers ein Electrometer, was mir in mehreren Punkten vortheilhaffer und einfacher scheuit.

150

E, Lecher,

densators CC, desselben, den ich bei den Versuchen des vorigen Abschnittes verwendet habe. Die Ablesungen der Electrometerausschläge geschahen mit Hülfe eines Fern- rohres.

Diese Methode ist von einer überraschenden Empfind- lichkeit; die Einstellungen sind sehr leicht auszuführen und auch eventuelle störende Einflüsse durch das rasche Auf- treten der Wirkung leicht zu erkennen: Das Aufheben einer Hand, das Vorübergehen einer Person bringt momentan einen Ausschlag hervor.^)

War die Einstellung mit dem zwischengeschobenen Dielec- tricum xx bewerkstelligt, so wurde xx entfernt und sodann ohne geringste Veränderung an EE' die Platte CC so weit genähert, bis das Spiegelbild wieder auf Null zurück- gekehrt war.

In folgender Tabelle sind die Messungen zusammengestellt. Die Zahlen geben die Distanz der Condensatorplatten in cm, wenn in obiger Weise die Capacität gleich gehalten wird.

Hartgummi \ Glasplatte (0,7164 cm) ; (0,8797 cm)

Petroleum + Wasser -i- Zwei Glas- zwei Glaspl. ' zwei Glaspl. platten

(1,9272 ' (1,9342 | + 0,4338 cm) i +0,4338 cm);

(0,4338 cm)

MitDielec tricum. .2,1610

1,6090

Mit Luft . Differenz .

1,5785! 1,0249

; 0,5825 0,5841

, 2,6278 2,0325 \\ 3,6590|3,6560 1,7240^1,1285 1,81201,8240

0,9038 0,9040 1,8470,1,8320

4,2100 4,0035 1,3410 1,1200

2,8690 2,8835

1,8834 1,924( 1,4401 1,485$

0,4433,0,4381

Man erhält dann für die Dielectricitätsconstante von:

Spiegelglas Solinglas Hartgummi Petroleum Wasser 5,34 5,09 2,81 2,35 OC

Diese Zahlen sind abgesehen von den Fehlern in

1) Ich möchte nebenbei bemerken, dass, wenn man an C oder au E Capacitäten anhängt, die Aenderung in der Einstellung eine bedeu- tende ist; dass hingegen das Einschalten einer Spule in die Leitung, welche von C oder E' zu den Quadranten führt, weniger ausgibt. Das Selbstpotential der InductionsroUe ist eben ein sehr grosses, die Capa- citäten hingegen verhältnissmässig klein. Auf den störenden Einfluss. welcher infolge einer Dämpfung der Schwingung durch das Einschieben der Platten geschieht, werde ich noch zurückkommen.

Dil Icctricitätsconstante, 151

der Methode genauer als die des vorhergehenden Ab- schnittes; am wenigsten stimmen die einzelnen Messungen der nächsten Methode.

Versuche mit einer statischen Ladung.

Die Anordnung ist genau so wie die in Fig. 2 des vorigen Abschnittes , nur wird an Stelle des Inductoriums eine kleine Influenzmaschine gebracht. Die Pole werden nur auf 0,05 cm geöffnet, sodass die überspringenden Funken und die Potentialdifferenzen ganz minimale sind. Der eine Pol ist zur Erde abgeleitet, der andere Pol wird dann rasch durch etwa 0,5 Secunden mit dem Punkte r in Verbindung gebracht. Im übrigen erfolgt die Einstellung und Verglei- chung der beiden Condensatoren genau so wie früher.

Für Wasser und Petroleum konnte ich hier keine Mes- sung gewinnen, weil in diesem Falle xx wie ein zur Erde abgeleiteter Schirm wirkte. Ich musste, um hier die Lemnis- cate auf Null zu bringen, mit E' in unendliche Entfernung von E gehen. Es machte sich die geringe Spur Wasser, die das Petroleum enthielt, und die dadurch verursachte Ab- leitung in so auffälliger Weise geltend.

Für die übrigen Substanzen gibt folgende Tabelle die Messungen :

Zwei Glas- platten (0,7164 cm) (0,8797 cm) 1 (0,4338 cm)

Hartgummi Glasplatte

Mit Dielectriciim Mit Luft

1,5820 I 2,0640 ! 2,4885 i 1,9820 i' 1,8681 1 1,9942 1,0090 i 1,4863 1, 1,6150 ; 1,1062 |, 1,4330 1,5638

Differeuz l 0,5730 0,5777 , 0,87f5 , 0,8758 0,4301 | 0,4304

Als Dielectricitätsconstanten erhält man:

für Spiegelglas Solinglas Hartgummi 4,67 4,64 2,64

Zusammenstellung der Resultate.

Eine Zusammenstellung der nach den drei Methoden, die alle auf Anwendung hoher Spannungen basireo, erziel- ten Resultate ergibt Nachstehendes:

152

E. Lecher.

Ladungszeit in Secunden

0,5

0,0,5 0,0y3

Dielectricitätsconstante von

Spiegelglas Solinglas Hartgummi i Petroleum Wasser 0,8797 cm ' 0,4838 cm | 0,7164 cm 1,9272 cm 1,9842 cm

4,67 5,34 7,81

4,64 5,09 6,50

2,64 2,81 3,01

Nicht gemessen 2,35 i 00 2,42 ! 00

Die Dielectricitätsconstante wird bei raschen Schwin- gungen, wenn wir dieselbe wie in vorliegender Arbeit und wie dies auch J. J. Thomson gethan einfach ans der Capacität berechnen, nicht nur nicht kleiner, sondern sie wächst sogar erheblich. Wir haben diese Erscheinung bei sämmtlichen untersuchten Substanzen gefunden und es sind die Dififerenzen entschieden zu gross, als dass man annehmen dürfte, dieselben rührten von nebensächlichen Fehlerquellen her. Ich meine daher im Gegensatze zu J. J. Thomson, dass man auch mit Hülfe der Hertz'- sehen Schwingungen der wahren Dielectricitätsconstante im allgemeinen nicht näher kommen wird.

Für die Schwingungsdauer gilt mit Vernachlässigung einiger hier nicht in Betracht kommender Grössen die Formel:

wo p das Selbstpotential, c die Capacität und X die Däm- pfung der Schwingung bezeichnet. Diese Dämpfung X wird bei raschen Schwingungen immer grösser und es wäre nicht unmöglich, dass bei unserer Hertz' sehen Schwingung die durch die Dämpfung hervorgerufene Verzögerung der Schwin- gungsdauer die Hauptursache der eben constatirten Ver- grösserung der Dielectricitätsconstante wäre. Die Vorgänge im Dielectricum sind jedoch bei so raschen Schwingungen jedenfalls zu complicirter Natur, als dass ich diese Erklärung für das Ansteigen der Dielectricitätsconstante bei raschen Schwingungen als sicher aussprechen wollte.^)

]) Dass die Ersehe inuDgen nicht so einfach sind und dass man in manchen Fällen, zu welchen auch die Messungen von J. J. Thomson zu zählen wären, durch die Hertz' sehen Schwingungen auch eine Ab- nahme der Dielectricitätsconstante herausbekommen kann, zeigt folgender Versuch :

Diclectricitätsconstante, 1 53

Es dürfte nun wohl für die meisten Substanzen ein ähn- Lches Wachsen der Dielectricitätsconstante, wie ich es bei en von mir untersuchten Körpern gefunden habe, zu er- warten sein, und es scheint mir das Experimentiren mit angsamen Schwingungen eher Aussicht auf Erfolg zu haben, ia man dann, wie dies Schiller oder Cohn und Arons ersucht, die Nebenerscheinungen experimentell leichter tren- len und gesondert zur Beobachtung bringen kann.

Phys. Cabinet dor Univ. Wien, Mai 1890.

Die Coudensatorplatten sind auf ca. 28 cm Di&tanz geöffnet und wischen dieselben ein Wassertrog von 27 cm Litnge gestellt. Die Capa- itftt dieses Condensators ist, nach meiner Methode mit Kuhmkorff- chen Schwingungen gemessen, ganz gleich, ob das Gefäss destillirtes Nasser oder aber Wasser mit 10 Proc. Schwefelsäure enthielt. Bei den iertz'schen Schwingungen hingegen wirkte das destillirte Wasser, in Kescr grossen Aosdchnong angewandt, so, als ob es eine Dielectrieitäts- »nstante von etwa 3(0 hfttte. Giesst man aber nur einige Tropfen Schwefelsäure dazu, so hört die Schwingung ganz auf oder ist wenigstens lach meiner Methode nicht mehr sichtbar. Es wäre das Zwischenstellen io dicker Schichten insofern von Vortheil, als man die grossen Dielec- tricitätsconstanten nicht mit Luft, sondern mit der Dielectricitätscon- stante OO vergleicht. Leider lösst sich aber dieses Verfahren bei Ilertz'- schen Schwingungen nicht unmittelbar anwenden, weil die Einschaltung eines 27 cm langen Leiters die Liinge der Schwingungsbahn zu merklich Terändert.

VIII. lieber stehende electrische Wellen in Drähtewi und deren Messung; von Heinrich Buben s.

(Illerxa Taf. 1.)

Die Herren Sarasin und de la Rive^) haben den Nachweis geliefert, dass die Anwendung Hertz 'scher Re- sonatoren^) zur Bestimmung der Wellenlänge electrischer Schwingungen nicht ohne weiteres zulässig ist. Dagegen ist es Hrn. B. Lee her ^) gelungen, durch Beobachtung von Resonanzerscheinungen anderer Art mit Hülfe der Geissler'schen Röhre die Länge stehender electrischer Wellen in einwurfsfreier Weise zu ermitteln.

Es ist der Zweck der nachstehenden Mittheilung, über eine Methode zu berichten, welche es möglich macht, nicht nur die Länge, sondern auch Schwingungsform und Amplitude stehender electrischer Wellen mit grosser Schärfe festzu- stellen.

Im 40. Bande dieser Annalen habe ich in Gemeinschaft mit Hrn. R. Ritter^) den Nachweis geliefert, dass das von Hrn. A. Paalzow^) und mir construirte Dynamobolometer in hohem Grade dazu geeignet ist, electrische Schwingungen von kurzer Periode zu messen. Die sich daran anschliessen- den Messungen befassten sich mit der Wiederholung der Hertz' sehen Hohlspiegelversuche, insbesondere mit dei Untersuchung des Einflusses, welchen parallele Drahtgitter auf electrische Schwingungen ausüben.

Weitere Versuche haben nun gezeigt, dass die nämliche Methode mit einigen Modificationen, wie sie durch die neuen

1) E. Sarasin u. L. de la Rivc, Arch. des sc. phys. et uat. 28. p. 113. 1890.

2) H. Hertz, Wied. Ann. M. p. 551. 1»8».

3) E. Leclier, Wien. Ber. 99. p. 1, auch Wied. Ann. 41. p. 5*50. 1890.

4) H. Rubens u. R. Ritter, Wied. Ann. 40. p. 55. 1890.

5) A. Paalzow u. H. Rubens, Wied. Ann. IJ7. p. 769. 1890.

Stehende electrische Wellen. 155

Versuchsbedingungen gefordert werden, auch im Stande ist, über die räumliche Vertheilung der Energie in electrisch scüwingenden Drähten Auskunft zu geben.

Eine genaue Beschreibung des Bolometers sowie der Beobachtungsmetbode findet sich in den beiden unter (4) und (5) citirten Arbeiten. Ich werde mich daher vorkommenden- falls mit Hinweisen auf diese Abhandlungen begnügen.

Zur Erregung der electrischen Oscillationen diente nach Vorschrift des Hrn. Hertz ein grösseres Inductorium R (Pig. 1) und ein primärer Leiter, bestehend aus den üblichen ZK'ei quadratischen Metallplatten A und B von 40 cm Seite, verbanden durch einen geradlinigen Draht rs von variabler Lange, in dessen Mitte sich eine mit Polkugeln versehene Funkenstrecke C befand, bei welcher die Zuleitungsdrähte vom Inductorium einmündeten. Den Platten A und B des primären Leiters gegenüber befanden sich zwei kleine Metall- platten D und E von 10 cm Seite, von deren Mitten die beiden Drähte / und m ausgingen, in welchen stehende Wellen erregt werden sollten. Von den Platten D und E aus fährten diese Drähte erst ca. 83 cm aufwärts zu den Punkten F und G und von da ab in einem Abstand von 8 cm parallel in gerader Linie 570 cm in den Raum hinaus. Ihr Ende wurde wieder durch kleine Metallplatten {H und •/) gebildet.

Will man das Bolometer zur Messung der an einzelnen Stellen der Drähte herrschenden Energie verwenden, so ist leicht einzusehen, dass dies nicht in der Weise geschehen darf, dass man die betreffenden Drahtstellen mit dem Bolo- meter in leitende Verbindung bringt. Die dadurch hervor- gerufene Vermehrung der Capacität würde der Schwingung ohne Zweifel einen ganz anderen Charakter geben. Die Drähte der Bolometerleitung müssen daher in einer solchen Entfernung von den electrisch oscillirenden Drähten endigen, dass einerseits die dadurch verursachte Zunahme der Capa- cität die Schwingung nicht merklich beeinüusst, andererseits aber die Wirkung auf die Bolometerleitung noch ausreicht, um im Bolometer messbare Erwärmungen hervorzubringen. Nach mannigfachen Versuchen fand ich, dass die folgende Vorrichtung diesen beiden Bedingungen genügt.

156 H. Rubens.

Ueber die beiden Drähte / und m wurden zwei ca. 5 cm lange Stücke eines dickwandigen Capillarrohres aus Glai geschoben, an welche die Enden der Bolometerleitung nach einmaliger Umwindung durch Siegellack befestigt wurden. Es wurden so zwei kleine Leydener Flaschen von aa88e^ ordentlich geringer Capacität gebildet. Durch electrostatische Induction wurde die Oscillation der „inneren Belegung'^ d.h. der Drähte / resp. m, auf die ,,äussere Belegung 'S d. i. auf den Bolometerdraht übertragen. Um eine gleichmässige Ver Schiebung der beiden „Flaschen'^ auf den frei ausgespannten Drähten zu bewirken, wurden sie durch ein Querholz stair miteinander verbunden. Die Lage dieses Schlittens konnte an einem zwischen den Drähten aufgespannten Bandmaa» abgelesen werden.

Eine Abbildung des Schlittens findet sich in Fig. % l und m bedeuten wie in Fig. 1 die electrisch schwingenden Drähte; a und b die kleinen Leydener Flaschen; c ist dtf Querholz, d und e die Zuleitungsdrähte zum Bolometer- widerstand.

Zwei weitere kleine Leydener Flaschen (p und q)^ der Construction nach mit den eben beschriebenen fast identisch, nur von grösserer Capacität, befanden sich ständig an den Enden der Drähte / und m, nämlich bei J und H (Fig. !)• Durch Umlegen einer Wippe konnte der Beobachter jeder- zeit statt der beweglichen diese festliegenden Flaschen mil dem Bolometerwiderstand in Verbindung bringen. Man er* reichte dadurch einen doppelten Vortheil.

Einmal war es möglich , mit Hülfe dieser festen Flaschen den Nachweis zu führen, dass die Capacität der beweglichen zu klein ist, um die Schwingung der Drähte merklich zu beeinflussen. Man fand nämlich, dass die Energie am Ende der Drähte von der Stellung des Schlittens voll- kommen unabhängig ist Dies ist durchaus nicht mehr der Fall, wenn man die Capacität der beweglichen Flaschen künstlich vergrössert, indem man z. B. statt des 7s ^^ breiten Drahtes einen ca. 20 mm breiten Blecbstreifen als äussere Belegung um die Capillarröhren legt. Man erhält dann je nach der Stellung des Schlittens sehr verschiedene Werthe für die Intensität der Schwingung am Ende.

Stehende elecirische H'ellen. 157

Zweitens aber gestattet jene Vorrichtung jederzeit ein Jrtheil zu fällen über die Constanz der Schwingung während ioer jeden Versuchsreihe, welche mit wanderndem Schlitten isgefüLrt wurde. Praktisch wurde diese Controle in der ^eise gehandhabt, dass nach einer gewissen Anzahl (ge- $hnlich 5) Beobjichtungen der Energie an verschiedenen ;eUen der Drähte / und m mit Hülfe der beweglichen laschen die Wippe umgelegt und eine Beobachtung der nergie am Ende mittelst der festen Flaschen vorgenommen orde. DifFerirte der hierbei gefundene Werth wesentlich m dem zu Beginn der Versuchsreihe erhaltenen, so wurde i^se nicht weiter fortgesetzt und als unbrauchbar angesehen. Ke in diese Mittheilung aufgenommenen Versuchsreihen lad daher sämmtlich bei befriedigender Constanz der pri- Q&ren Schwingung ausgeführt.

Das angewandte Bolometer^) unterscheidet sich wesent- ich in keiner Weise von dem in Gemeinschaft mit Hrn. EL. Ritter benutzten Instrumente. Ich möchte daher nur erwähnen, dass es mir gelungen ist, die Stromemptind- lichkeit desselben durch Anwendung eines weit feineren lüsendrahtes ^) als Material für die Bolometerwiderstände noch bedeutend zu erhöhen. Diesem Umstand und der ausser- ordentlichen Empfindlichkeit meines bereits in der citirten Abhandlung erwähnten Thomson' sehen Galvanometers ist es zu danken, dass die ganze Untersuchung mit sehr schwachem Uülfsstrom ausgeführt werden konnte. Diesen, d.i. den Strom für die Wheats tone' sehe Brücke, lieferte UD Accumulator, in dessen Stromkreis 30 100 Ohm Wider- tand eingeschaltet wurden; die Constanz dieser Stromquelle •ewährte sich vortrefflich. Infolge der geringen Intensität nd Constanz des Hülfistromes waren die Schwankungen 68 Nullpunktes ausserordentlich gering. Die Temperatur- mpfindlichkeit des Bolometers betrug bei den meisten Ver-

Ij Das Bolometer wird zu meiner volieu Zufriedenheit von Hm. lechaniker Nöhden im hiesigen Institut angefertigt.

2) Der früher verwendete Ei^endraht hatte einen Radius von r = 0,035 id besass einen Temperaturco^fficientcn k = 0,00514. Für den neu ein- ezogeuen ergab sich r = 0,023 und k = 0,00608, also hinsicbtUch der zu wartenden Stromempfindlichkeit erheblich günstigere Werthe.

158 H. Rtlbens,

suchen nicht mehr als 0,0001"^ per Millimeter Ausschlag and wurde nur in einigen Fällen bis auf 0,0^3^ gesteigert, ein Empündlichkeitsgrad, den ich reichlich noch um das Fünf- fache hätte tibertreffen können.^)

Versuche.

Wenn man in der oben beschriebenen Weise mit Hülfe des Bolometers und der beweglichen Flaschen die Energie an einer Reihe von äquidistanten Stellen der Drähte in Form von Gralvanometerausschlägen misst, die an dem Bandmaass ab« gelesenen Entfernungen d des Schlittens vom Nullpunkte als Abscissen, die Ausschläge a als Ordinaten aufträgt, so erhält man Curven von deutlich ausgesprochenem Wellencharakter, jedoch im allgemeinen geringer Regelmässigkeit der Form. Aendert man jedoch die Drahtlänge {rs Fig. 1) des primären Leiters derart, dass man von der Länge 0 beginnend zu grösseren Werthen fortschreitet, so findet man, dass die Curven immer ausgeprägter und regelmässiger werden. Bei einer Drahtlänge von ca. 60 cm ergeben sich die besten und regelmässigsten Curven. Ueberschreitet man diesen Wertb, so verlieren sie wieder an Deutlichkeit.

Ich möchte hieraus den Schluss ziehen, dass für eine Drahtlänge des primären Leiters von 60 cm zwischen den Schwingungen der Drähte / und m und derjenigen des pri- mären Leiters Resonanz stattfindet. In Fig. 3 sind die Er- gebnisse einer unter diesen Bedingungen beobachteten Ver- suchsreihe in der oben beschriebenen Weise graphisch dar- gestellt. Die als Abscissen aufgetragenen, am Bandmaass abgelesenen Drahtlängen von / resp. m sind hier wie in allen folgenden Darstellungen von F resp. G (Fig. 1) an gerechnet. Man beobachtet in Fig. 3 zwei stark ausgesprochene Minima (Knoten), das eine bei /=50, das andere bei /=465cm. Die halbe Wellenlänge beträgt somit 415 cm. Eine Berech- nung der zugehörigen Schwingungszahl des primären Leiters ist unterblieben, da sich die Capacität der Platten A und B nur in sehr roher Annäherung schätzen lässt. Der als

1) üeber die Methode zur Bestimmung der Temperaturempfindlich- keit siehe die auf p. 154 unter 4) citirte Arbeit.

Stehende lUctrische H^ien. 159

Voduct aus Wellenlänge und Schwingungszahl sich ergebende t^erth für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit electrischer chwingungen im Kupferdraht würde daher nur in der rössenordnung richtig sein. Diese ist aber bereits durch :e Untersuchung des Hrn. Hertz ^) mit hinreichender icherheit festgelegt worden.

Die in Fig. 3 abgebildete electrische Welle zeigt noch amer eine scharf hervortretende Unregelmässigkeit. Das rste Minimum (bei /= 50) ist merklich weniger scharf aus- eprägt als das zweite (bei / = 465). Eine Hebung dieses lissstandes war, wie bereits erwähnt, durch Veränderung er Länge des primären Leiters nicht zu erzielen. Man be- ibachtete sogar, dass diese Eigenheit dann noch viel krät- iger hervortrat. Es zeigte sich jedoch bald, dass es mög- ich ist, auf anderem Wege Wellen von noch viel grösserer ^gelmässigkeit zu erhalten.

In der bereits zu Anfang erwähnten Arbeit hat Hr. Lecher den Beweis geliefert, dass man durch Aufsetzen einer verbindenden metallischen Brücke die Drähte / und m in zwei getrennte Inductionskreise zerlegt, welche inducirend aufeinander einwirken. In gewissen bevorzugten Stellungen des Brückendrahtes ist diese Einw^irkung eine besonders kräftige, was aus dem Aufleuchten einer über die Draht- enden gelegten evacuirten Röhre geschlossen wurde. Hr. Lech er zeigte nun ferner, dass diese bevorzugten Stellen in Systeme von äquidistanten Punkten zerfallen, und dass Dan weiterhin, wenn man eine Verbindungsbrücke auf den Tsten Punkt eines solchen Systems setzt und mit einer weiten Brücke den Draht absucht, nur noch in den Punkten ieses einzigen Systems Resonanz und infolge dessen Auf- mchten der Röhre erhält.

Diese Beobachtungen sprechen dafür, dass man es in em Inductionskreis jenseits der ersten Brücke mit einfachen chwingungen zu thun hat; eine Vermuthung, die durch die )äteren Versuche vollkommen bestätigt wurde.

Meine Aufgabe bestand nun zunächst darin, nach Hrn. ech er 's Verfahren mit wandernder Brücke die bevorzugten

1) H. Uertz, Wied. Ann. 34. p. 558. 1888.

160 //. Rubens.

Punkte aufzusuchen, in welchen Resonanz der beiden Induc- tionskreise auf einander stattfindet. Als Brücke diente bei diesen Versuchen ein 14 cm langer Kupferdraht, in der Mitte mit einem Holzgriff versehen, also der von Hrn. Lech er benutzten Vorrichtung durchaus ähnlich. Die Beobachtungen wurden mit Hülfe des Bolometers und der am Ende der Drähte / und m befindlichen festen Flaschen p und q (Fig. 1) ausgeführt. Unternimmt man eine -graphische Darstellung der vom Galvanometer erhaltenen Ausschläge a als Functioi^ der zugehörigen Brückenstellung /, wie das in Fig. 4 geschehet^ ist, so ist die Lage der erwähnten singulären Punkte durck' das Auftreten der Maxima gekennzeichnet.

Um den Einfluss hervortreten zu lassen, welchen di^ primäre Schwingung auf die Zahl und Stärke dieser letzte'' ren ausübt, gebe ich vier solcher Curven. Die erste (Fig. 4r , ist bei einer Drahtlänge rs des primären Leiters von 50 die zweite (Fig. 5) bei einer solchen von 20 cm, die dritt und vierte endlich (Fig. 6) bei einer solchen von 3 cm aus- geführt.

Die den beiden Curven der Fig. 6 zu tirunde liegendec:^ Versuchsreihen sind an verschiedenen Tagen mit verscbie dener Stärke des Hülfsstromes ausgeführt Ihr sich stet^ gleichbleibender Parallelismus zeigt, wie sicher man nacb^ dieser Methode zu messen im Stande ist.

Die Curve in Fig. 4 enthält vier charakteristische Maxima«- In Fig. 5 sind zu diesen fünf weitere hinzugekommen, voi^ denen das eine {B) die merkwürdige Erscheinung zeigt, dass es in manchen Versuchsreihen auftritt, in anderen wiederum verschwindet. Die in Fig. 6 dargestellten Curven endlich enthalten weitere zwei, also im Ganzen elf Maxima. Das in allen Figuren auftretende Maximum E bildet fast genau die Mitte des Drahtes, wenn man berücksichtigt, dass jenseits des Nullpunktes noch 83 cm vorhanden sind. Um dieses gruppiren sich die übrigen Maxima im Grossen und Ganzen symmetrisch. So entspricht dem Maximum J das Maximum il und den Maxima K und L zwei bei 19, resp. —50 beob- achtete Maxima a und ß, welche nicht mehr auf der Figur zu sehen sind. Ferner entsprechen den Maxima bei FG und // diejenigen bei CD und /i.

Stellende elecirische Wellen, 161

Ein etwas eingehenderes Studium über die Einwirkung der beiden durch das Aufsetzen der Brücke gebildeten In- ductionskreise, führt zu einer einfachen algebraischen Be- ziehung, durch welche die Lage dieser Maxima gegeben ist.

Wir nehmen an, die Stellung der Brücke ÜV (Fig. 1) sei 80 gewählt, dass der am Ende der Drähte / und m, näm- lich bei J und H beobachtete Ausschlag ein Maximum ist. Es liegt dann ohne Zweifel in dem Inductionskreis £K17Z> bei E und D ein Schwingungsbauch, zwischen U und V ein Knoten. Bezeichnet P die Mitte zwischen U und F, so ist DVP mithin ein ungerades Vielfaches einer Viertelwellen- l^nge. Gleichzeitig ist in dem Inductionskreis HUVJ bei J und H ein Bauch, bei P ein Knoten der electrischen Schwingung. Es muss daher auch das Stück HUP dem ungeraden Vielfachen einer Viertelwellenlänge gleich sein. Wäre die Capacität bei D und H nicht grösser als an jeder anderen Stelle des Leiters /, so müssten sich die Draht- längen DUP und HUP demnach verhalten, wie zwei un- gerade ganze Zahlen. Dies ist aber keineswegs der Fall, denn wir haben in diesen Punkten die Capacität durch An- setzen der Platten bei D und H künstlich vermehrt. Um zu der erwähnten einfachen Beziehung zu gelangen, brauchen wir uns indessen nur die Capacität bei D und H durch hin- zugefügte Drahtlängen ersetzt zu denken.^)

Seien a und b die diesen Capacitäten entsprechenden Drahtlängen, c die Länge des Brückendrahtes in Centimetem, \ die am Bandmaass abgelesene Lage eines Maximums, so muss die Belation stattfinden:

a + DUP __ ^ + 83 + -|->/, ^ 2n-l

b-i- HUF r c ,„^ , '■2W-1 '

J + -g- + 570 - li

worin n und m beliebige ganze Zahlen sind. Nimmt man

1) Dass das Hinzufügen von Capacität an den Enden der Drähte der Wirkung nach einer Verlängerung derselben gleichkommt, hat schon Hr. Lech er gezeigt. Allerdings ergeben sich aus seinen Versuchen für dieselbe Capacität verschiedene Längenwerthe, wenn man Schwingungen von verschiedener Dauer anwendet. Da in der folgenden Rechnung je- doch diese Längen nur als Correctioncn auftreten, so genügt es, für die- selben constantc Werthe anzunehmen.

Ann. d. Phjs. o. Chem. N. F. XLII. H

162

H. Rubens.

für a =3 55 cm, für i = 60 cm und setzt ftlr c seinen Werth 14 cm, so erhält man:

145 + 1^ _ 2w— 1 637— /i "" 2m- 1 '

Die folgende Tabelle zeigt, dass diese Formel in der That die Lage sämmtlicher Maxima der Fig. 6 im Grossen und Ganzen richtig wiedergibt, wenn man m und n sämmt« liehe Werthe von 1 bis 4 beilegt. Da die Beobachtungen in Intervallen von 10 zu 10 cm angestellt wurden, ist eine grössere Debereinstimmung kaum zu erwarten. In einem Falle jedoch erreicht die Differenz zwischen der beobachteten und berechneten Lage eines Maximums {H) die Grösse von 16 cm. Diese Abweichung ist allerdings durch Beobachtungs- fehler nicht zu erklären. Da jedoch das ganze Bechenver-

m

n

2f»-l

2n-l

^ber.

l b eob.

Bezeichn. d. Max.

4

1

7

1

-47

-49

«

3

1

5

1

-14

—12

ß

2

1

3

1

+51

+ 50

Ä

4

2

7

3

+ 89

+ 86

B

3

2

5

8

148

143

C

4

3

7

5

181

182

D

2

2

3

3

246

245

E

3

4

5

7

311

805

F

2

3

3

5

343

384

G

2

4

3

7

4ü2

386

U

1

2

1

3

441

443

J

1

3

1

5

506

503

K

1

4

1

7 .

529

523

L

fahren (vgl. die Anmerkung auf p. 161) nur in erster An- näherung richtig ist, glaube ich, dass diese einzelne Abwei- chung keinen Beleg gegen die entwickelte Anschauungsweise des Vorgangs zu liefern vermag. Zur Stütze dieser Annahme möchte ich noch bemerken, dass die Yorstehende Tabelle zur Auffindung der Maxima a und ß geführt hat. Auch ist aus den Figuren zu ersehen, dass diejenigen Maxima, welchen nach obiger Anschauung einfache Eesonanzverhältnisse der beiden Inducti«nskreise entsprechen, wie ^(1:3); E{\\\)\ J(3:l); ^"(5:1); L[l\\), kräftig hervortreten, während D und Fj welchen die Verhältnisse (5 : 7) und (7 : 5) zukommen, am schwächsten ausgeprägt sind. Diese beiden letzten fehlen

Stehende electrische Wellen. ' 163

gänzlich in der Curve der Fig. 5; in Fig. 4 sind nur noch Aj Ej J und K deutlich sichtbar.^)

Setzt man die Brücke auf irgend eine Stelle der Drähte / und f/i, an welcher die Curve ein Maximum aufweist, sagen wir z. B. a oder A^ so wird man, der bisherigen Ueberlegung folgend, von Aj resp. a bis zum Ende der Drähte, 3 resp. 5 Viertelwellen erwarten dürfen, da sich die halben redu- cirten Längen der beiden Inductionskreise in diesen beiden Fällen verhalten wie 1 : 8, resp. wie 1 : 5. Die in den Fig. 7 und 8 graphisch dargestellten Versuchsreihen erweisen die Richtigkeit dieses Schlusses.

Fig. 7 giebt uns ein Bild von der Energievertheilung in den Drähten / und 77? , wenn die Brücke sich dauernd bei + 50 befindet Die der Curve zu Grunde liegende Versuchs- reihe wurde mit Hülfe des Bolometers und der beweglichen Flaschen ausgeführt. Denkt man sich die Wellenlinie bis zu einer Drahtlänge von 687 cm fortgesetzt, so erkennt man, dass die Curve zwischen den Abscissen 50 und 637 aus 8 Viertelwellen besteht. Ebenso geht aus Fig. 8, welche die Resultate zweier bei der Brückenstellung 10 angestellten Versuchsreihen im Mittel wiedergiebt, deutlich hervor, dass zwischen den Abscissen •— 10 und + 637 die erwarteten 5 Viertel wellen liegen.*)

Beide Curven lassen an Regelmässigkeit wenig zu wün- sehen übrig. Es lässt sich sogar zeigen, dass man es mit nahezu reinen Sinusschwingungen zu thun hat Zu diesem Zweck sind aus den in Fig. 8 als Ordinaten aufgetragenen

1) Man erkennt, dass mit zunehmender Drahtlänge rs des primären Leiters die Zahl der Maxima abnimmt, und zwar versehwinden diejeni- gen cnerst, welche einer Resonanz der beiden Inductionskreise entsprechen, bei welcher einer Ton beiden in 7 oder 5 halben Wellen schwingen muss. Dieser Umstand scheint eine Fol^e des Anwachsens der mittleren vom primären Leiter ausgesaudten Wellenlänge zu sein.

2) £s ist zu den in den Figuren 7 und 8 abgebildeten Curven zu bemerken, dass die als Ordinaten aufgetragenen Ausschläge in Wirklich- keit niemals vollkommen auf 0 sanken. Die mittlere Grösse der Minimal- ausschläge, die jedenfalls zum Theil von störenden Nebeneinflüssen her- rühren, wurde nach beendeter Versuchsreihe von sämmtlichen Ausschlägen sobtrahirt und so die Minima künstlich auf 0 gebracht. Will man aus den mitgetheilten die direct beobachteten Ausschläge erhalten, so braucht man nur die Abscissenaxe in Fig. 7 um 30, in Fig. 8 um 20 mm nach unten zu verlegen.

Einige charakteristische Stellen der Curven, besonders die Maxima, wur- den öfters wiederholt und aus den Einzelbeobachtungen das Mittel genommen.

11*

164 H, Rubens, Stellende electrische Wellen,

Ausschlägen die Wurzeln gezogen und in Fig. 9 zu den nämlichen Abscissen als Ordinalen eingezeichnet worden. Die punktirte Linie ist eine geometrisch construirte Sinus- curve. Die beobachteten Punkte gruppiren sich um dieselbe in fast vollkommen symmetrischer Yertheilung.

Ich möchte schliesslich nicht unterlassen, darauf hin- zuweisen, dass man durch die beschriebene Methode in den Stand gesetzt ist, die Länge electrischer Wellen mit grösserer Genauigkeit zu messen, als dies bisher der Fall war. Sind die Wellen von so grosser Regelmässigkeit, wie die zuletzt beschriebenen, so bedient man sich dabei am besten des folgenden Verfahrens: Man verbinde die beob- achteten Punkte durch gerade Linien, construire f&r eine jede halbe Welle daraus die Schwerlinie und bestimme durch eine grössere Anzahl von Messungen den mittleren Abstand zwischen zwei benachbarten Schwerlinien. Man erhält so einen recht genauen Werth flir die Viertelwellenlänge.*)

In den Figuren 7 und 8 sind die Schwerlinien in die zugehörigen Curven eingezeichnet. Man erkennt, dass jene sich wenig von geraden Linien unterscheiden.

Nach der eben beschriebenen Methode erhält man für die beiden Viertelwellenlängen

in Fig. 7 Y =" ^^^'^ ^^' ^^ ^^8- 8 t =" ^^^'^ ^^' Zwei weitere, hier nicht im einzelnen angeführte Versuchs- reihen ergaben für dieselben Grössen:

^ = 198,4 cm, ^ = 148,5 cm.

Die relativen Abweichungen betragen demnach nur Bruchtheile eines Procents.

Meinem geehrten Collegen, Hrn. L. Arons^ spreche ich für die mannigfachen Unterstützungen, die er mir während der ganzen Arbeit, besonders bei der Ausführung der Ver- suchsreihen hat zu Tbeil werden lassen, meinen herzlichsten Dank aus.

Phys. Inst, der Univ. Berlin, im November 1890.

1) Um die Grösse der Beobachtungsfehler hervortretreten zu lassen sind in Fig. 7 die Abstände der beiden benachbarten Schwerlinien in Centimetern an verschiedenen Stellen eingetragen worden.

IX. Veber Widerstandsmessungen mit dem Differentiali/nductor ; van A. Elsas.

Zweite Abhandlung.^)

In der ersten kurzen Mittheilung über die Benutzung von Differentialinductoren zur Messung electrischer Wider- stände habe ich gezeigt, dass mit einem kleinen, sehr ein- fachen Apparate recht gut gearbeitet werden kann, wenn metallische inductionsfreie Widerstände vorliegen, aber gleich- zeitig betont, dass der Anwendung dieses Apparates bei electrolytischen Widerständen nicht unerhebliche Schwierig- keiten entgegenstehen. Ich habe zwar ein Mittel angegeben, diese Schwierigkeiten zu beheben, dasselbe aber nur kurz erwähnt, weil ich die bessere Lösung zu finden hoffte, von der ich jetzt zu berichten habe.

§ 1. Der neue Apparat. Differentialinductoren lassen sich nach zweierlei Methoden einrichten. Erstens kann man zwei genau gleiche Drähte miteinander zu einer Spirale auf- wickeln, dann darüber noch einen Draht spulen, und die beiden gleichen Drähte mit einer Quelle periodischer elec- trischer Ströme verbinden, sodass sie in entgegengesetztem Sinne durchflössen werden und demnach auf die umgebende Spirale^ mit welcher wir ein Telephon verbunden denken wollen, keine Inductionswirkung ausüben. Bei dieser An- ordnung entsprechen die beiden gleichen inducirenden Wicke- lungen den Bollen eines Differentialgalvanometers, während an die Stelle der Galvanometernadel die inducirte Bolle mit dem Telephon tritt.

Zweitens kann man über eine inducirende Spirale, durch welche periodische Ströme gesandt werden, zwei genau gleiche Drähte wickeln und beide mit den Klemmen des Telephons

1) Vgl. A. Elsas, Wied. Ann. 35. p. 828. 1888.

166 A. Elsas. 1

Bo rerbinden, dass der Drabt des Telephons in entgegen gesetztem Sinne von den Inductionsströmen der beiden glet eben Zweige durchflössen wird und somit keine E in wir kun^s^ auf den Magnet und die Platte des Telephons stattfindet.

Nach der ersten Methode war der früher beschrieben^^ Apparat gewickelt. Die zweite Änordnungsweise verdien t aber in jeder Hinsicht den Vorzug, sodass ich mich jetz" t auBschliesalicb ihrer bediene.

Den Apparat in der (Testalt, welche sich nach vieler Versuchen als die zweckmässigste erwiesen bat, stellt Fig. 1 in etwa '/^ der wirklichen Grösse dar.

Rg. 1.

Die primäre Wickelung, gut isolirter Kupferdraht von 0,7 mm Dicke, ist in sechs Lagen zu je 101 bis 102 Win- dungen auf einen 12 mm dicken Kern von weichem Eisen gebracht worden; die Länge der Bolle beträgt 91 mm. Der Draht der bifilaren Wickelung ist 0,15 mm dick, doppelt mit Seide besponnen und stark paraffinirt (von J, Ubermaier in Nürnberg bezogen). Er umgibt die primäre Wickelung in 26 Lagen mit zusammen 10380 Umwindungen, sodass auf jeden Inductionsdraht 5190 Umwindungen kommen.

Mit der primären Wickelung ist eine ünterbrechungs- feder in ähnlicher Weise verbunden, wie bei dem viel- gebrauchten F. Kohl rausch 'sehen Inductionsapparat. Da

IVidersiandsmessungen. 167

die Einrichtung der Unterbrechungsvorrichtung aus der Figur genügend ersichtlich ist, bemerke ich nur, dass die aus bestem Uhrfederstahl gefertigte Feder aus theoretischen Gründen die Gestalt eines gleichseitigen Dreiecks erhalten hat^) und keinerlei RegulirungsYorrichtung am befestigten Ende bedarf. Die Form der Feder bringt den Vortheil mit sich, dass ein ^erhältnissmässig schwacher Strom zum Betriebe genügt und dass die Spitze, an der ein rechtwinkelig nach unten gebo- tener Platindraht angelöthet ist, so grosse Excursionen macht, dass die Regulirung durch Höher- oder Tieferschrau- ben des Quecksilbemapfes sehr leicht bewerkstelligt werden kann.

Bedient man sich eines frisch bereiteten grossen Chrom- Bäureelementes zum Betriebe der Unterbrechung, so müssen mindestens 4 S.-B. Widerstand eingeschaltet werden, wenn nicht der Strom stärker werden soll, als für die Telephon- beobachtung zweckmässig ist Sinkt die electromotorische IKraft des Elementes beim Gebrauch, so schaltet man diesen Sallastwiderstand allmählich aus. Die Unterbrechungsvor- richtung spricht indessen immer noch gut an, wenn das Ele- ment ohne Erneuerung der Flüssigkeit wochenlang täglich l)enatzt wird.

Die Enden der beiden Inductionsdrähte sind durch Schrauben an Messingstücken befestigt, von denen jedes eine £[lemmschraube trägt. Damit diese Messingstücke und hierdurch die Drahtenden beliebig zu zweien verbunden wer- den können, sind dem Apparat zwei Stöpsel mit Hartgummi- griffen beigegeben.

Die bitilare Wickelung, zu welcher der Draht von der Fabrik auf zwei Rollen gespult geliefert worden war, hat der hiesige Universitätsmechaniker Fr. Engel mit anerkennens- prerther Sorgfalt ausgeführt. Um jede Möglichkeit einer nerklichen Längendifferenz zwischen den beiden Drähten aus- suschliessen, wurde jedesmal nach Vollendung einer Lage die rechts liegende Spule mit der links liegenden vertauscht.

1) Die Schwingungsform einer solchen Feder ist auf meine Veran- asflung erörtert worden von F. Meyer zur Capellen, Wied. Ann. ^. p. 661. 1888.

168 A. Elsas.

§ 2. Friifung des Apparates. BezeichDen A^ un E^ Anfang und £nde des einen Drahtes eines Differential galvanometers, A2 und E^ Anfang und Ende des zweitei Drahtes, so pflegt man die Gleichheit der Drähte in Bezuj auf die Induction zu prüfen, indem man E^ und E^ mitein ander, Ay^ und A^ mit einem Element verbindet; dann dar die Nadel keinen Ausschlag geben. Entsprechend müsst^^ bei unserem Apparat das Telephon schweigen, wenn man et zwischen A^ und A^ schaltet und E^^ mit E^ verbindet, di der Inductionsstrom der Spirale A^E^^ in entgegengesetzte] Bichtung durch diesen Stromkreis fliesst, wie der Inductioni Strom der Spirale ^2^2* Diese Probe schlägt indessen bei langen dünnen Drähten stets fehl; das Telephon tönt stets merklich, sogar intensiv, so sorgfältig die Arbeit auch aus- geführt sein mag, und man kann auf keine Weise dorcl Zufügen von Windungen zur einen oder anderen Wickelunj den Ton auslöschen.

Diese Erscheinung hat wahrscheinlich ihren Grund ii electrostatischen Ladungen des Drahtes, welche sich aucl beim Durchgange electrischer Schwingungen durch bifilai gewickelte Widerstandsrollen von grossem Widerstände stö- rend bemerkbar machen.^) Sie hindert indessen nicht, dasi die beiden Drahthälften sich merklich inductionsgleich zeigen. ^ -^ Bei der Sorgfalt, mit welcher meine Apparate gewickelt worden waren, durfte ich ohnehin annehmen, dass eine Un- gleichheit der Drähte nur in einer Verschiedenheit des Wider- standes bestehen könne.

Diese betrug bis zu ^2 Proc. des Gesammtwiderstandes. Bei der Prüfung wurden die Bollen ebenso geschaltet, wie es bei der Prüfung des Differentialgalvanometers üblich ist, nur dass an die Stelle des Elementes das Telephon tritt (Fig. 2). Bei dieser Anordnung ist ^ mit E^ durch den Stöpsel ver- bunden, W und R bedeuten die beiden Theile eines durch kurze Kabel von geringem Widerstände mit A^ und E^ ver- bundenen Drahtrheostaten, zwischen dessen Schleifcontact

1) F. Kohlrausch, Wied. Ann. 26. p. 170. 1885. S. Sheldon, Wied. Ann. lU. p. 122. 1888. G. Chaperon, Compt rend. 108. p. 799. 1889.

Widerttandsmessungen.

169

und A^ das Telephon eingeschaltet ist. Die Stellang, welche man dem Schleifcontact geben muss, um den Ton des Tele- phons auf ein Minimum zu reduciren, zeigt dann die Grösse des Widerstands- unterschiedes zwischen beiden Zwei- gen an.

Dieser Unterschied wurde ausge- glichen durch einen bifilaren Zusatz- draht, der auf ein flaches, in den Boden des Apparates eingelassenes Röllchen gewickelt, mit dem einen Endo der kleineren Spirale sorgfältig Terlöthet und andererseits an den zugehörigen Messingblock angeklemmt -wurde.

Bei dem durch Fig. 1 dargestellten Apparat betrug der TJnterschied der Diflferentialspiralen nach der Abgleichung "«weniger als 0,01 S.-E., während beide Spiralen zusammen -459,00 8.-E. Widerstand hatten.

Wenn die Abgleichung der Zweige erfolgt ist, überzeugt :Knan sich von der Inductionsgleichheit, indem man zwei gleiche Widerstände W und Ä, etwa die beiden Hunderter ^nes Stöpselrheostaten, mit den Spiralen nach dem Schema ^er Fig. 2 verbindet; das Telephon darf dann keinen Strom «:«nzeigen.

§ 3. Messungen. Der Apparat war zu dem Zwecke ^onstruirt worden, Widerstände inductionsfreier Drähte und polarisationsfreier Electrolyte durch Vergleichung mit einem Stöpselrheostaten beziehungsweise einem Rheochord zu mes- sen, wobei verlangt werden musste, dass der Bereich der Anwendbarkeit nicht kleiner sei, als bei der Brückeneinrich- tung von F. Kohlrausch, und dass mindestens der gleiche Grrad der Genauigkeit erreicht werde, wie bei dieser Ein- richtung. Können diese Bedingungen erfüllt werden, so bietet die Diiferentialmethode den Yortheil, dass man jeder Rechnung überhoben und bei jeder Messung über den mög- lichen Fehler unterrichtet wird. An Einfachheit des Appa- rates und Bequemlichkeit im Gebrauch steht sie der Brücken- methode jedenfalls nicht nach.

170 A. Elsas.

£s ist ohne Weiteres klar, dass die directe Vergleichung eines Widerstandes J'F mit einem Rheochord oder Wider- standssatz R keine brauchbaren Resultate liefern kann, wenn /r und R sehr klein sind im Yerhältniss zum Widerstände der Differentialspiralen. Bei unserem Apparat wird es eben merklich, wenn der Unterschied zwischen den beiden Spi- ralen 0,01 S.-E. betragt Man wird also Widerstände von 1 S.-£. höchstens auf 1 Proc. genau bestinunen können, während für einen Widerstand von 10 S.-E. ein Fehler von 0,01 S.-E. nur Vio Proc des Ganzen beträgt Nun ist frei- lich diese Genauigkeit nur selten zu erreichen, weil die ge- ringste Phasenverschiebung in einem der Stromzweige die Empfindlichkeit der Messung beeinträchtigt; ich habe aber bei gut biälar gewickelten Drähten und anderen inductions- freien metallischen Widerständen selten Fehler von mehr als 0,2—0,3 Proc, constatirt

Nur bei bestleitenden Blectroljten wird man Wider- stände von wenigen S.-E. zu messen haben. Es sind aber Flüssigkeiten selbst Z¥rischen grösseren gut platinirten Platin- electroden um so weniger polarisationsfirei, je besser sie leiten, und dieser Umstand bringt es mit sich, dass bei unserer Methode wie bei der Kohlrausch'schen das Tele- phon nicht vollständig zum Schweigen gebracht, sondern nur ein mehr oder minder charakteristisches Minimnm erreicht werden kann. Man kann dementsprechend gut leitende Flüssig- keiten nur mit geringerer Genauigkeit messen und wird den möglichen Fehler nicht leicht unter 1 Proc herabdrücken.

Mit fortschreitender Verdünnung werden die Flüssig- keiten immer vollkommener polarisationsfirei, das Tonniini- mum tritt entsprechend schärfer hervor« und damit wird die Genauigkeit der Messung immer grösser. Setzen wir nun voriktts, dass ein verdünnter Electrolyt oder ein indactions- freier metallischer Widerstand von etwa 100 S.-E. TorUegt, so betrii^ der mögliche Fehler der Messung höchstens :r iU>5 S,-E.. und man erreicht also schon eine Genauigkeit von ^ . f Proc«, wenn man einen Stöpselrheostaten mit Zehn- teln lor Messung verwendet* Bei 2500 &-£. trat nach er- n>igter Ahf leioiiung der Ion des Telephons merklich wieder aal w^an 0>i mehr oder weniger geiogen wunie.

Widerstnndsmessungen. 171

Bei noch höheren Widerständen hat man mit der Schwierigkeit zu kämpfen, dass selbst gut bifilar gewickelte Drähte von hohem Widerstände nicht inductionsfrei er- scheinen. In den Präcisionsrheostaten von Siemens und Halske sind die Rollen von 1000 S.-E. und darüber gar nicht, die Bollen von 500 S.-E. zuweilen kaum noch für Messungen mit Wechselströmen zu benutzen, da die Stärke der verwendeten Drähte es mit sich bringt, dass die Länge derselben grösser wird, als dass durch bifilare Wickelung „Inductionsfreiheit^^ erreicht werden könnte. Nach meinen Erfahrungen hat der Widerstand nichts mit der störenden Phasenverschiebung in bifilar gewickelten Rollen zu thun, sondern lediglich die electrostatische Gapacität des Drahtes. IBifilar gewickelte Drähte von 30 m Länge gaben mir immer ein gutes Tonminimum, wenn die Rolle nicht zu flach war, also nicht viele Lagen übereinander kamen; bei 50 60 m liänge aber durften die Drähte nicht viel mehr als 0,1 mm Dicke besitzen, und Kupferdraht verhielt sich dabei nicht besser als Neusilberdraht, obwohl er nur den 15. Theil des ^Widerstandes besass. Es müssten also die höheren Wider- stände für Messungen mit Wechselströmen aus so dünnen IDrähten von möglichst geringer Leitungsfähigkeit gewickelt werden^ dass die Längen in den angegebenen Grenzen bleiben. IMan würde also 5000 S.-E. aus Neusilberdraht von 0,06 mm bersteilen können.

Leider ist mir die oben citirte Arbeit des Hm. Cha- peron bis vor Kurzem unbekannt geblieben und habe ich die von ihm empfohlene Methode, sehr dünne Drähte ein- fach aufzuspulen, aber jedesmal nach Vollendung einer Lage die Windungsrichtung umzukehren, noch nicht prüfen können.

Will man mit bifilar gewickelten Drähten Widerstände über 5000 S.-E. herstellen oder bei Widerständen bis zu 5000 S.-E. nicht so dünne Drähte verwenden, so beachte man, dass eine Reihe hintereinander geschalteter Rollen keine Phasenverschiebung der Wellen veranlassen, wenn jede einzelne Rolle inductionsfrei '^ ist Ich habe die Probe ge- macht und einen electrolytischen Widerstand von ca. 2500 S.-E. gemessen, indem ich einen dünndrähtigen Tausender, einen Sie mens' sehen Widerstandssatz von zusammen 1000

172 A. Elsas.

S.-E., einen anderen von zusammen 400 S.-E. und noch eii bifilare Rolle von 10 Ohm miteinander verband; das Toi minimum war sehr charakteristisch. Ich halte es für leicbn^it ausführbar, brauchbare Widerstände von 50000 S.-E. aifl^^ 10 Kellen zusammenzusetzen, habe aber den Versuch nicl^B^t gemacht, weil er mir zwecklos erscheint.

Man kann nämlich auch mit einem Siemens'schei Bheostaten, der 1000 Einheiten umfasst, höhere Widerständi bestimmen, wenn man sich einen inductionsfreien Tausende: herstellt und diesen parallel mit dem zu messenden Wider stände W in den einen, den Rheostat in den anderen Diffe rentialzweig einschaltet. In dem Rheostaten muss dam R = 1000 ^/(lOOO + W) gezogen werden, woraus folgt:

■" 1000 -ä"'

Es ist das dieselbe Formel, aus welcher sich W berechne wenn man sich der Methode von Kohlrausch bedient, un da H bis auf ± 0;1 S.-E. sicher bestimmt werden kann, er- hält man für ein fF= 20 000 S.-E. noch sehr gute Resultate^ wenn man sicher ist, dass der Tausender wirklich mit de 1000 S.-E. des Rheostaten übereinstimmt. Man kann abe diese Uebereinstimmung leicht prüfen und eventuell die Cor rectur ermitteln.

Selbst bei Untersuchungen über electrolytische Lösunge in äusserster Verdünnung wird es sich vermeiden lassen dass man Widerstände von über 100000 S.-E. zu messe bekommt. Sollen aber so hohe Widerstände bestimmt wer den, so ist nur ein Widersta^dssatz, der 5000 S.-E. umfasst und ein Nebenschluss von 5000 S.-E. nöthig. Aus der For- mel fF= 5000/2/(5000- Ä) und der Thatsache, dass man 0,5 S.-E. unterschied zwischen den DiflFerentialzweigen noch erkennen kann, berechnet sich der mögliche Fehler bei 100000 S.-E. auf etwa V5 Proc. Man wird aber bei Elec- trolyten auch mit geringerer Genauigkeit zufrieden sein und deshalb die angegebenen Hülfsmittel auch für noch höhere Widerstände anwenden können, da die Temperatureinflüsse, chemische Aenderungen und andere Ursachen ohnedies eine genaue Messung illusorisch machen.

Widerstandsmessungen.

173

§4. Bestimmung kleiner Widerstände. Um kleine Widerstände W und R zu yergleicben» empfiehlt es sich, dieselben mit dem Telephon zu einem Stromkreise zu ver- binden und den einen Inductorzweig an die Enden von W^ den anderen an die Enden von R anzulegen, aber so, dass die Inductionsströme in W und R in entgegengesetzter Rich- tung fliessen. Man kann die Verbin- dungen nach Fig. 3 herstellen; die Kirchhoff' sehen Gleichungen ergeb en für diese Schaltungsweise leicht, dass der Strom im Telephondraht verschwin- det, wenn fV=R ist und die in den Differentialzweigen inducirten Ströme gleich sind. Es setzt also diese An- ordnung die vollkommene Gleichheit der Inductorzweige voraus, und man ixrird, um kleine Ungleichheiten un- schädlich zu machen y einen Commu- lator zur Vertauschung der Wider- stände anwenden müssen.

Indessen braucht man nicht bei jeder Messung zu com- 3Diatiren, sondern kann A^ und A^ durch einen blanken X)raht verbinden und von einer darauf verschiebbaren Klemme <3en Draht zur Verbindungsstelle von }V und R führen, womit €3ie Möglichkeit gegeben ist, durch Verschiebung der Klemme ^ie Differentialzweige gleich zu machen, was man daran er- liennt, dass bei Vertauschung der Widerstände der zum Ver- schwinden gebrachte Ton nicht wieder auftritt.

Von diesem Verfahren habe ich bei den folgenden Bei- apielen Gebrauch gemacht Drei Widerstände: I. eine dünne Bogenlampenkohle zwischen angelötheten dicken Kupfer- drähten, II. verdünnte bestleitende Schwefelsäure zwischen Platinelectroden, III. ein Stahldraht von 1 m Länge, wur- den zunächst direct mit Hülfe eines gut calibrirten Mess- drahtes von 1 m Länge und 1 S.-E. Gesammtwiderstand und einer Siemens*schen Normaleinheit bestimmt. Das com- pensirende Stück des Messdrahtes konnte beim Widerstand I auf 1 mm genau ermittelt werden, indem die Mitte zwischen zwei Stellungen des Schleifcontactes bestimmt wurde, für

174

A* Elsas.

welche das Telephon mit gleichmerklicher Intensität töa'66; bei der Schwefelsäure aber war das Tonminimum sehr wenig charakteristisch.

Zweitens wurde zur Abgleichung ein Stopselrheostat be- nutzt, zu welchem ein zweiter parallel geschaltet wurde. Im ersteren wurde ein Widerstand B^ gezogen, der etwas grösser war als der zu bestimmende Widerstand fV, und dann mit Hülfe des zweiten bestimmt, wieviel Widerstand JS, minde- stens und höchstens zu R^ parallel geschaltet werden musstei um das Auslöschen des Tones zu bewirken.

Es ergaben sich die folgenden Resultate:

Wider- stand

direct gem.

Äj Äg

als Mittelwerth

I. IL II.

III.

1

1,403 S.-E. 1,19 » 1,19 » 0,503 M

1 1,5

1,2 1,3

0,6

i 1

) 21,5 t 22,0

j 150 \ 170

) 14,2 t 14,3

1 3,1 1 3,2

1,4022 \ 1,4043 1

1,1905 1 1,1916 1

1,1909 1 1,1928 1

0,5027 ^ 0,5053 1

1,4082 S.-E. 1,1911 ,, 1,1916 0,5040 »

Beiläufig möge bemerkt werden, dass man den Differen- tialinductor stets in Nebenschluss legen, also auch höhere Widerstände nach dem Schema von Fig. 3 messen kann. Die Empfindlichkeit dieser Anordnung ist bis zu 1000 S.-B. nicht merklich kleiner als die der Schaltung nach Fig. 2.

§ 5. Gefässe für electrolytische Widerstände und deren Aichung. Das Gefäss, dessen ich mich bei der Bestimmung electrolytischer Widerstände von grosser Verdünnung bedient habe, hat die Form (Fig. 4), welche sich seit Ostwald's Untersuchungen eingebürgert hat. i) Nur habe ich den Hartgummideckel mit zwei der Länge nach durchbohrten, aufgeschlitzten Schrauben versehen, um den Electrodenabstand verändern und beliebig fixiren zu können, indem die über die kupfernen Zuleitungsdrähte ge- kitteten Glasröhrchen diese Schrauben durchsetzen und mit sanfter Reibung darin verschiebbar sind, während sie in den

\) Ostwald, Zeitschr. f. physik. Chem. 2. p. 561. 1888.

WidentandtmeKungen. ] 75

c*i}[iningen festgehaJlsn werden , wenn man die darüber K&scbranbteD messingenen Muttern anzieht. FeÜBtriche auf

den GlasrShrchea markiren bestimmte

Stellnogen derPlatinelectroden, deren

Dorcbmeeser 35,2 mm beträgt.

Zur Ermittelang der Wideretands*

capacität eines Gefässes fUr Flassig-

keiten empfiehlt Hr. F. Kohlrauscb, den Widerstand *r, den eine Flüssig- keit von bekanntem Bpecifischeo Lei- tnngsTermögen K in dem Gefä.sse bat, zu bestimmen; dann ist die Capacit&t Y = W.K. Nicht ohne Vortheil scheint mir indessen ein anderes Verfahren za sein, welches ich vielfach angewen- det habe. Mao kann eine starkwan- dige Glasröhre mit eben geschliffenen Enden durch platinirte Blectroden ganz in derselben Weise abschliessen, wie man die SaccharimeterrÖhren durch Glasplättchen abzuschliessen pflegt, und sie in einen Stromkreis einschalten mittelst dicker Kupfer- difthte, die rechtwinkelig auf den Electroden &ngel5thet sind. Dabei wird man die Verschraubungen zweckmässig aus Hart- gummi herstellen. Die Capacität einer solchen Röhre ist leicht durch Bechnung zu bestimmen. Hat man die Länge / gemessen und den mittleren Querschnitt q durch Auswägen mit Quecksilber ermittelt, so ist die Üapacität y = ljq, wo l in Metern, q in QuadratmilLimetern zu rechnen ist. Die C&pacit&t eines anderen Gefässes aber lässt sich dann mit Hälfe dieser „Kormalröhre" bestimmen, indem man den Widerstand einer und derselben Flüssigkeit bei derselben Temperatur in beiden Gefässen miest Ist tV der Wider- stand in der Normalröhre, f, in dem GefUss, dessen Capa- cität Y\ gesucht wird, so ist y^ = y. W^jW. Die einzige Schwierigkeit des Verfahrens besteht darin, dass man die Fiassigkeit ohne Luftblasen in die Röhre bringt; aber diese Schwierigkeit ist hier nicht grösser, wie bei der Füllung einer Sacchari meterröhre.

Pig. 4.

176 A. Elsas.

Die von mir benutzte Köhre hatte 179,8 mm Länge, und der mittlere Querschnitt betrug 47,8 qmm. Hieraus berech- net sich die Capacität t' = 10~^.3761. Zur Controlle wurde der Widerstand einer gesättigten NaCl- Lösung, deren Lei- tungsvermögen nach F. Kohlrausch 10-«[2015-i-45(^-18)] ist, gemessen und bei /=-16,4^ gleich 193,0 S.-E. gefunden. Hieraus ergibt sich y = 10-». 1943 . 193 = 10-«. 3751. Nach einer neuen Füllung war ^ = 16,3% ^=194,1 S.-E., 7^ = 10-«. 3766.

Mit Hülfe der Normalröhre habe ich die Capacität des oben beschriebenen Gefässes bei etwa 20 mm Electroden« abstand bestimmt. Beide Gefässe, welche mit eifern Becher- glas voll stark verdünnter Schwefelsäure in demselben Flüs- sigkeitsbade gestanden hatten, ergaben einige Zeit nach der Füllung mit dieser Säure:

W^ 1930,5; W^ = 10,45 S.-E.; eine Stunde später:

fF= 1932,4; ^^ = 10,55 S.-E. Darauf wurde die Flüssigkeit verdünnt und wieder gemessoi^ (die Normalröhre unter Nebenschaltung von 1000 S.-E. nac3^ der in § 3 angegebenen Methode). Es ergab sich fr=:7401, W^i« 40,20, und wieder eine Stunde später fr= 7542, W^ = 41,00. Dabei wurde jede Bestimmung als Mittelwe aus zwei Messungen gewonnen, zwischen denen eine Messur::^ mit dem anderen Gefässe erfolgte.

Mit Hülfe dieser Daten berechnet sich:

W.y^ = 20359; 20533; 20429; 20444,

und wir erhalten für die gesuchte Capacität den Mittelwert! -

r^ = 10-8.2044.

Hat man das Gefäss bei demjenigen Abstände der Elec^ troden, für welchen y^ ermittelt ist, benutzt und will b^ geringerem Electrodenabstande beobachten, um bei starke^ Verdünnungen den Widerstand zu verringern, so verfähr" man wieder auf die angegebene Weise und misst den Wider ^ stand einer Flüssigkeit erst beim ursprünglichen, dann beinc^ geänderten Abstand der Electroden. Nehmen wir dabei 5 mn:* als kleinsten Abstand und 10000 S.-E. als den grössten nacb^ unserer Methode gut zu messenden Widerstand an, so ent-^ spricht diesen Werthen ein specifisches LeitungsvermögeiP-

WiderstaJidsmessungen, 177

von etwa 10-^®. 5. Hieraus, folgt, dass unsere Hülfsmittel, das Widerstandsgefäss , ein Siemens'scher Rheostat von 1000 Einheiten Gesammtwiderstand, der Nebenschluss wider- stand von 1000 S.E. und der Differentialin ductor, auch noch für die stärksten Verdünnungen der Electrolyte ausreichen, und die Möglichkeit gewähren, das specifische Leitungsver- mögen des reinsten destiUirten Wassers in einer solchen An- näherung zu ermitteln, die für die meisten Zwecke genügt. § 6. Widerstände galvanischer Elemente und Batterien können mit Hülfe des Differentialinductors ebenso gut gemessen werden, wie mit der Kohlrausch'schen Brücke. Nur hat man stärkere Ströme in den Differentialzweigen zu vermeiden und muss nöthigenfalls (besonders bei Benutzung des Differentialinductors im Nebenschluss) zum Telephon noch einen grösseren Widerstand zufügen. Das Tonminimum ist bei Elementen mit grosser Electrodenfläche in der Regel bedeutend besser, als bei gut leitenden Electrolyten.

Marburg, im October 1890.

▲bil d. Phyt. a. Chem. N. F. XLJI. 12

X. T/ier^modynamische Bemerkungen; van Ladislaus Natanaon.

I. Ueber die Eiutheiluug der inneren Energie.

Mit ^wollen wir die totale innere Energie eines homogenen Körpers, mit s und v dessen Entropie und Volumen bezeich- nen. Der Körper soll die absolute Temperatur t haben und unter dem gleichförmigen, normal zur Oberfläche wirkenden Drucke p stehen. Sein Zustand soll dadurch Yollständig bestimmt sein, dass von den vier Parametern s, v, ty p be- liebige zwei gegeben sind.

Für die Functionen F=^U—t8 und G = ts hat be- kanntlich H. V. Helmholtz die Bezeichnungen „freie^S resp. „gebundene Energie" vorgeschlagen.^) Obwohl mit dieser Eintheilung der inneren Energie ein hochwichtiger Fort- schritt der mechanischen Wärmetheorie verbunden war, so glaube ich doch, dass dieselbe in rein thermodynamischen Problemen einer Modification bedarf, wodurch auch diö Bezeichnungsweise eine entsprechende Aenderung erfahren müsste.

Zunächst wollen wir bemerken, dass wenn miidQxxnädM' die während einer elementaren Veränderung aufgenommene Wärme, resp. geleistete Arbeit bezeichnet werden, und man dB anstatt —sdt setzt, für beliebige umkehrbare thermo- dynamische Veränderungen die Gleichungen gelten:

(1) dG=dQ--dR\ dF^dR-dir, oder umgeschrieben:

(2) dQ = r/G -h dR-, dR=^dF-\- d H\

Aus diesen Gleichungen sieht man ein, dass dR die Energie- menge vorstellt, die sich in einer elementaren Veränderung aus gebundener in freie Energie verwandelt. Würde man daher die fl e 1 mh o 1 tz ' sehe Bezeichnungsweise adoptiren, so könnte man dR die „umgesetzte" oder „transformirte"

1) H. V. Helmholtz, Wisaensch. Abhandl. 2. p. 959. 1883.

Thermodf/namische Bemerkungen, 179

xinere £oergie nennen. Indessen möchte ich vorsehlagen, B als transformirte Wärme zu bezeichnen, was in der Folge l>egründet werden soll.

Von Ol. MaxwelP), v. Oettingen*) u. a. ist bekannt- lich in thermodynamischen Begriffen und Gleichungen ein eigenthümlicher Dualismus hervorgehoben worden. Alle Be- ziehungen der Wärmetheorie lassen sich in zwei Reihen spalten, derart, dass der Temperatur, der Entropie, der Wärmemenge in der einen der Druck, das Volumen und die Arbeitsgrösse in der anderen entsprechen. Da nun die freie Energie F für isotherme Veränderungen die Rolle eines beliebig erschöpfbaren Arbeitsvorrathes spielt, so liegt es nahe (wie dies von v. Oettingen geschehen) die Function aufzusuchen, die für isobare Veränderungen dieselbe Bedeu- tung hätte. Offenbar bildet:

diese -Function, während U—J=Ui-pv, die wir mit// bezeichnen wollen, der früheren G entspricht. Wird näm- lich — vrfj? = rfF gesetzt, so kommen die Gleichungen:

{3} dn=^(iQ--dV', dJ^dV-dW,

oder umgeschrieben:

(4) dQ^dh + dV; dV ==dJ+ dH\

die den früheren (1), resp. (2), vollkommen entsprechen. Man sieht, dass jetzt J freie Energie, H gebundene Energie and £^ F transformirte Energie genannt werden könnten. In- dessen möchte ich vorschlagen, dV als transformirte Arbeit zu bezeichnen, und zwar aus Gründen, die alsbald angeführt werden sollen.

Betrachten wir adiabatische Veränderungen, so gelten die Gleichungen:

(5) t/Q = ü; -dU=^dW',

alsdann ist also die gesammte innere Energie freie Energie. Für isometrische Veränderungen ist dagegen:

(6; dQ = dU; O^dW;

1) Cl. Maxwell, Theorie der Wärme, übers, von F. Auerbach, p. 197. 1877.

2) V. Oettingen, Mem. de i'Acad. des Sciences de St. P^rersbourg. (7) 32. Nr. 17. 1(385.

12*

180 L. Natanson.

in diesem Falle muss die gesammte innere Energie als bundene angesehen werden.

Danach scheint die Eintheilung der gesammten inner Energie in freie und gebundene Energie, je nach den XJ Standes y zu wechseln. Ich möchte mir daher erlauben , svx? die Stelle dieser Anschauung folgende nur wenig abweichende vorzuschlagen.

Führen wir die bekannte Function:

Ä'= U'-tS +pv

ein, und behalten unsere früheren Bezeichnungen und An- sätze, so können wir folgendes System von Gleichungen bilden:

dK^dR-dV:, dJ ^dV -dW\

d(i=-dG + dR', dR^dK\+dV\ dV ^dJ +dW,

Die totale innere Energie U haben wir demgemäss in drei Bestand theile einzutheilen: in die Energicen C, «/und K, Wir wollen G die innere thermische Energie j J die innere mechanische Energie und K die innere potentielle Energie nen- nen. Diese Bezeichnungen ergeben sich aus folgenden , in den Gleichungen (7) und (8) enthaltenen Sätzen. In einer elementaren (umkehrbaren) Veränderung wird dQ, der inne- ren thermischen Energie von aussen zugeführt, dR aus inne- rer thermischer in innere potentielle verwandelt, dV aus innerer potentieller in innere mechanische verwandelt, und endlich dW auf Kosten der inneren mechanischen Energie nach aussen abgegeben. Dadurch sind auch die früher f&r dR und dV vorgeschlagenen Bezeichnungen („transformirte Wärme" und „transformirte Arbeit") gerechtfertigt.

Die beiden Hauptsätze der mechanischen Wärmetheorie können daher für umkehrbare Processe in die Form folgen- der Sätze gebracht werden, worin alle bezügliche Relationen zusammengefasst sind.

Durch Wärmezufuhr wächst die innere thermische Energie^ durch Wärmevmsalz (Transformation) nimmt sie ab. Durch

Thermodynamisclie Bemerkungen, 181

ffarmeumsatz wächst die innere potentielle Energie, durch Arbeits^ ^imsatz nimmt sie ab. Durch Arbeitsumsatz wächst die innere mechanische Energie, durch Arbeitsleistung nimmt sie ab, AVärme wird zugeführt, wenn die Entropie zunimmt. Wärme wird (positiv) transformirt, wenn die Temperatur sinkt. Arbeit wird (positiv) transformirt, wenn der Druck abnimmt. Arbeit wird geleistet, wenn das Volumen zunimmt. Natürlich gelten auch die entgegengesetzten Theoreme.

Es verdient hier noch bemerkt zu werden, dass die be- kannten, von Maxwell als „thermodynamische Beziehungen'^ be.^eichneten Gleichungen:

nichts anderes als die Existenzbedingungen für die Func- tionen Uj Hy F und K bilden.

Dass in der Theorie der Reactionen die Function K eine besonders wichtige Rolle spielt, ist aus den Unter- suchungen von Gibbs, Duhem und Planck wohlbekannt.

U. Ueber den dreifachen Punkt.

Befinden sich zwei Aggregatzustände einer und derselben Substanz in Berührung, und werden (trotz etwa eintretender Reaction) Temperatur und Druck durch thermische und mechanische Einwirkung eines umgebenden Mediums con- stant erhalten y so kann stabiles Gleichgewicht nur dann bestehen, wenn die innere potentielle Energie, der Massenein- heit in beiden Körpern gleichen Werth hat. Bezeichnen wir daher mit k^ und k^ die auf die Masseneinheit bezogene innere potentielle Energie für die beiden einwirkenden Kör- per / und //, so stellt die Gleichung ä^ Äj = 0 die noth- wendige Bedingung des Gleichgewichtes* vor. (Dass diese Gleichung zugleich die für das Gleichgewicht genügende Be- dingung enthält, kann aus dem zweiten Hauptsatze nicht gefolgert werden und ist als eine unabhängige Voraussetzung zu betrachten.) Da k^ und k^ bestimmte Functionen der Temperatur t und des Druckes p sind, so entspricht diese

182 L. Natanson,

Gleichung einer Curve zusammengehöriger U und ;>-Werthe, die von Planck „die neutrale Linie" genannt worden ist.

Befinden sich in gleicher Weise drei Aggregatzustände einer Substanz in Berührung (wir wollea sagen die Körper I^ Ily III) ^ so sind zwischen denselben drei Reactionen mög- lich und die nothwendigen Bedingungen des Gleichgewichtes lauten:

(1) ^2 sss A3; «3 = Äj ; Äj = «2,

worin k^, k^j k^ A\e innere potentielle Energie der Massen- einheit für die Körper /, //, /// bedeuten. Die Substanz wird sich bei einer Temperatur t^ („Fundamentaltemperatui" nach Planck) und einem Drucke Pq („Pundamentaldrucke*") in allen drei Zuständen nebeneinander im Gleichgewichte befinden können, wenn die Gleichungen (1) für t^ und p^ gleichzeitig erfüllt werden. Dies ist bekanntlich für Wasser bei der Temperatur von -|- 0,0076® C. und einem Drucke von etwa 4,57 mm der Fall. In diesem Punkte dem dreifachen Punkte schneiden sich die drei Neutrallinien des Wassers^ die Verdampfungscurve, die Sublimationscurve, die Schmelz- curve. Diese drei Curven wollen wir mit a, ä, c bezeichnen; die längs derselben genommenen Drucke sollen pa, pj,, /?<. heissen. Unter den Körpern I, II, III sollen resp. Eis, flüs- siges Wasser und Wasserdampf verstanden werden.

Vom dreifachen Punkte ausgehend, können wir un» nach den drei Richtungen a, b, c bewegen. Bewegen wir uns längs der Verdampfungscurve, so werden wir Tempera- turen und Drucke begegnen, die nach der Gleichung:

(2) Ä2 (pay t) = A3 (7>a, t)

zusammenhängen. Längs der Sublimationscurve, resp. der Schmelzcurve werden Temperaturen und Drucke vorkommen, deren gegenseitige Beziehung durch:

(3) K^Pi>,t)^k,[p^,f), resp. durch:

(4) k,{pc,f) = k^(pc,t)

gegeben ist. Nehmen wir an, dass wir uns jedesmal vom dreifachen Punkte (Pq, /(,) nur unendlich wenig, um dt z. B., entfernt haben. Dann können die sechs in (2), (3) und (4) befindlichen Functionen in folgende Gestalt gebracht werden:

Thermodynamische Bemerkungen. 183

Werden diese Werthe in (2), (3) und (4) eingeführt, und darauf diese Gleichungen addirt, so kommt:

-X I '"dpo~ " dl '^ dp7 'dt"^ dpo" ' dt" __ dh (Po ,^ ö/>„ dl\(p^^) ^ dp^ dl'^ip^ 'bl.^^_±. " ~~ ~dpo de "^ ' "ä7»o~ ' ör "^ dp^' * "öj? '

Wir wollen mit r^, üj, üj die Volumina der Massen- einheit für die Körper /, //, /// im dreifachen Punkte he- zeichnen; dann kann man:

/ON dk, (Po,fo) _ . ^^2 0^0,^) __ . Ö^s (Po,Q __

setzen, wodurch aus (7) die bemerkenswerthe Gleichung re- sultirt:

i9) (^2 - 1^3) Qi + K - ^'i) Qi + K - "2) ec = ^•

Da diese Gleichung für die Theorie des dreifachen Punktes besondere Wichtigkeit haben zu können scheint, so dürfte es berechtigt sein, dieselbe als charakteristische Gleichung des dreifachen Punktes zu bezeichnen.

Ihre physikalische Bedeutung ist aus Folgendem erkenn- bar. Es bedeute r«, r^, den auf die Masseneinheit be- zogenen Werth der latenten Verdampfungs-, Sublimations-, resp. Schmelzwärme im dreifachen Punkte. Dann ist:

(10) ra = tAv,-n,y^}',

(11) n=-t,{v^-r,) ^j\

(12) r,^t,[v,-v,y^^

Daher hat die Gl. (9) die einfache Bedeutung, dass im dreifachen Punkte:

(13) Tc = Tb Ta.

Das gleiche Ergebniss können wir auch unmittelbar aus dem zweiten Hauptsatze herleiten, indem wir einen umkehr-

184 L, Natanson.

l)aren, isothermen, die drei betreffenden Aggregatszustands- änderungen einschliessenden Kreisprocess ausfahren und das Integral /rfQ = 0 für denselben berechnen. Aus der Gl. (9) folgt ferner:

diese Grleichung ist bereits von K. y. Helmholtz auf einem ganz anderen Wege gefunden worden.^) In ähnlicher Weise findet man ferner:

und eine dritte ähnliche Gleichung, die sich aus (14) und (15) ergibt.

Werden Drucke /?a> Phj Pc untereinander bei einer Tem- peratur verglichen, die von der Fundamentaltemperatur nur sehr wenig verschieden ist, so kann:

Pa—Po + -ÖJ^^ U.S.W.

gesetzt werden; daher dürfen die Ausdrücke:

durch pa pb, Pc Pb u. s. w. ersetzt werden. Alsdann wird (14) in die Gleichung verwandelt:

i'f 1\

(16) pa - Pb = (pc - Pb) 7- / ;

man wird auf diese Weise auf die von Planck gegebenen 2) Beziehungen geführt, die zu Zahlenrechnungen sich beson- ders eignen.

Aus den Gleichungen (10) und (11) wird gefunden:

,j7. ^b __ Ö/V ^ J ( ^^ ^o

^ ^ df df faKv^ v^ fg i'a

und diese Gleichung ist vollkommen exact Werden hierin t;^ und v^ gegen v^ vernachlässigt, so resultirt die bekannte Kirchhoff'sche Gleichung:

1) R. V. Helmholtz, Wied. Ann. 30. p. 407. 1S87.

2) M. Planck, Wied. Ann. 15. p. 450. 1882.

(18)

Thermodynamische üemerkungeiu 185

dt df /o«'»' wird dagegen nur die Differenz zwischen v^ und v^ vernach- lässigt und die 61. (14) zu Hülfe gezogen, so entsteht die von R. V. Helmholtz aufgestellte Doppelgleichung:

(\q\ ^'^i _ ^ = (-^S. _ ?M !i" ^ _''^_

^ ^ ^ dl df [dt dt 1 r^- r, t^ (Og'- v\) '

Wenn indessen R. v. Helmholtz^) daraus den Schluss zieht, dass die J. Thomson' sehe Gleichung:

dp. r^

'^ dt toiv.-v,)

,,nicht ganz genau ist, sondern dass noch dphldtson dpejdt zu substrahiren ist^', so beruht dieser Schluss auf einem off^enbaren Irrthum. Denn in der Doppelgleichung (19) ist wie aus obigem ersichtlich das erste Glied streng dem zweiten gleich, dagegen sind beide dem dritten nur nähe- rungsweise gleich. Dass die Gl. (20) strenge Gtütigkeit be- sitzt, folgt schon daraus, dass sie oben zur Gl. (13) führte. Uebrigens stellt sie bekanntlich^) nur eine andere Form der fundamentalen Bedingung Äj (p<., t) = k^ {pc, t) vor.

1) R. V. Helmholtz, 1. c. p. 408.

2) Vgl. z.B. M. Planck, Wied. Ann. 30« p. 573. 1887.

XI. Bestimmung der optischen Constanten des

Kobalts; von P. Drude.

In einer früheren Arbeit ^) habe ich von einer Reihe von Metallen die optischen Constanten nach der Reflexions- methode bestimmt. Es fehlte in dieser Reihe das Eobalt, welches mir damals nicht zur Verfügung stand. Hr. Dr. H. E. J. 6. du Bois in Berlin hatte die Güte, mir neuerding» ein Stück Kobalt zu senden, und da die Herren du Bois und Rubens^) vor kurzem den Brechungsexponenten des Kobalt nach der Prismenmethode bestimmt haben, so hat es wohl ein gewisses Interesse, die jetzt von mir nach der Re* flexionsmethode erhaltenen Zahlen anzugeben, zumal da ihr^ Kenntniss beim Studium des am Kobalt auftretenden Kerr*' sehen Phänomens von Wichtigkeit ist.

Betreffs der genaueren Beschreibung der angewandte^ Methode verweise ich auf meine oben genannte früher^ Arbeit. Das Beobachtungsinstrument war dasselbe, wie da^^ dort angewandte.

Hr. Privatdocent Dr. Buchka in Göttingen hatte di^^ Güte, die chemische Analyse des Stückes anstellen zu lassen ^^ Dieselbe ergab:

Co 96,5; Ni 1,5; Fe 0,9; Cu 0,6 Proc.

Es wurde stets unter dem Einfallswinkel qp = 75^ beob- achtet. — Im Folgenden bedeutet in bekannter Bezeich- nungsweise xp den Winkel der wiederhergestellten Polari- sation, J die relative Phasendifferenz des parallel zur Ein- fallsebene und des senkrecht zur Einfallsebene polarisirten reflectirten Lichtes. C bedeutet die Einstellung des Ba-' binet'schen Compensators. Für Natriumlicht entsprach C= 36,18 einer relativen Phasendifferenz J = ;r, Cs= 45,09 entsprach J = 0.

Durch unten angefügte Indices 1 und 2 bezeichne ich die in denjenigen beiden Lagen des Metallspiegels Ibeobachteten Werthe, in welchen die durch die mechanische Bearbeitung erzeugten Risse parallel oder senkrecht zur Einfallsebene lagen. Es ergab sich für Natriumlicht:

1) P. Drude, Wied. Ann. 39. p. 481. 1890.

2) H. E. J. G. du Bois u. H. Rubens, ßerl. Ber. 38. p. 955. 1890. Wied. Ann. 41. p. 507. 1890.

Optische Constanten des Kobalts.

187

Grob gefeilt:

Fein gefeilt:

Mit einem Messer geschabt:

Mit Schmirgelpapier Nr. 2 behandelt

(erob) : Mit Nr. 1 gerieben:

Mit Nr. 0 gerieben:

Mit Nr. 000 gerieben:

Mit Nr. 0000 gerieben:

2 if>, 2x1,, 2tp, 2ip,

I 2V'i

2v't 2 t/',

2u/i

2 t/'.

^V'i

9

2 Vi 2 Vi =

2^2 =

64° 3 55 25 64 8 57 ?S 63 2 57 35 63 0 48 20 63 30 48 16 63 0

57 5 63 5

58 10 63 3

59 15

C, - C, =

C, =

c; = c, =

c, = c, = c, =

c, = a =

c; =

39,95, 40,72. 40,01, 40,38. 40,07, 40,41. 40,15, 40,53. 40,14, 40,56. 40,10, 40,10. 40,28, 40,26, 40,13, 40,23.

Diese Zahlen zeigen, dass beim Kobalt der Einfluss der Risse qualitativ sich in ganz derselben Weise geltend macht, wie bei den übrigen Metallen. Die mit dem Index 1 be- hafteten Werthe stimmen überall angenähert überein und ergeben daher Zahlen, welche auch ungefähr für den „nor- malen^' Zustand des Spiegels erhalten werden müssen, die mit dem Index 2 behafteten Werthe nähern sich um so mehr den obigen (mit Index 1 behafteten), je feiner die Risse des Spiegels sind. Zu beachten ist,* dass bei grober Bearbeitung 2i('j sich stark von 2x^2 unterscheidet, während dies beim Äckel und Stahl nicht der Fall ist. Aus der Tabelle er- gibt sich ferner, dass Kobalt durch die Behandlung mit Schmirgelpapier nicht verunreinigt wird, was sehr wesentlich ist, falls man eine hohe Politur erreichen will.

Um diese zu erhalten, genügte es nicht, den Kobalt- spiegel mit dem Polirstahl zu behandeln, da er zu hart war, als dass man ihn durch den Stahl hätte glätten können. Ich versuchte daher, analog wie bei den harten Metallen Eisen und Nickel, die letzten Risse durch Reiben auf Pariser Roth zu entfernen, welches nur trocken angewandt wurde und auf einem Stück noch unbenutzten Putzleders aufgestreut war. Bs zeigte sich, dass man in der That dadurch eine hohe Politur dem Kobalt geben kann, ohne es wesentlich zu ver- unreinigen.

Nach einigem Poliren auf Pariser Roth erhielt ich die

Zählen*

2v'i=.63M8', C, =39,90;

2v'2 = 62 23, Cj = 39,91.

188 P. Drude.

Die Differenz von t//^ gegen ^p^ zeigt, dass noch Kratzen vorhanden waren, wie man auch bei genauer directer Be- sichtigung bemerken konnte, die kleinen Compensatorzahlen weisen auf grosse Reinheit der Oberfläche hin.

Um dieselbe möglichst rein zu erhalten, wurde der Spiegel darauf wiederum auf Schmirgelpapier Nr. 0000 ab- gerieben und dann weitere Politur mit Pariser Roth fort- gesetzt. Ich erhielt:

2i//, == 62*^ 39', C, = 39,82 2^/2 = 62 42, C2 = 39,89. Der Spiegel enthielt noch Eratzen nach mehreren Rieh* tungen. \i\ und \p^ haben hier daher nur die Bedeutung, dass sie die für zwei zu einander rechtwinkligen Lagen des Spiegels erhaltenen Azimuthe der wiederhergestellten Pola- risation bedeuten. Die Compensatorzahlen sind die kleinsten, welche am Kobalt beobachtet sind; das Mittel derselbeiii nämlich C = 39,86, ist daher als dem reinsten Zustande des Spiegels entsprechend den folgenden Rechnungen zu Grunde gelegt.

Die Politur wurde nun nait Pariser Roth noch fortgesetzt, bis dass ich eine grössere Stelle (Rechteck von 5 und 1 1 mm Seitenlänge) erhielt, die kratzenfrei war. Nach Abbiendung der weniger gut polirten Stellen des Spiegels erhielt ich:

2v', =64Mr, C, = 40,02, 2i/'2 = 64 8, C2 = 40,00.

Die Coincidenz von xp^ und \p^^ sowie die Uebereinstim- mung mit den bei grober mechanischer Bearbeitung erhal- tenen Werthen von ijj^ zeigt an, dass merkbare Kratzen nicht mehr vorhanden waren. Die gegenüber der letzten Beobachtung vergrösserten Zahlen des Compensators weisen auf eine geringe Verunreinigung des Spiegels hin. Bei dem geringen Einfluss, den diese auf t/' hat, sind trotzdem die hier erhaltenen Zahlen als für den „normalen^^ Zustand gültig angenommen, d. h. für ihn ist gesetzt:

2r// = 64^9'; C= 39,86; J = ;r - 74'>24'.

In unveränderter Lage des Spiegels wurde auch im rothen Lichte beobachtet, indem das von einem Linne- mann 'sehen Zirkonbrenner herrührende weisse Licht durch rothes Glas abgeblendet wurde. Das so erhaltene Licht hat

optische Constanten des Kobalts. 189

igefthr eine Wellenlänge von 640. 10-® mm. Es ergaben ;h die Zahlen:

2xp==WU\ C= 40,20.

Nach dieser Beobachtung ergab eine Wiederholung des tzten Versuchs im Natriumlicht:

2i^ = 64<> 8', C= 40,07.

Es ist also C innerhalb der seit der ersten Beobachtung rstrichenen Zeit (fast V2 Stunde) von C= 40,02 (der Spiegel fand sich bei den letzten Versuchen nur in der Lage 1), f 40,07 gewachsen, was auf geringe während dieser Zeit ontan eingetretene Verunreinigung deutet. Demnach ist igenommen , dass 40,05 die Compensatoreinstellung im atriumlicht für die Zeit der Beobachtung im rothen Lichte swesen wäre, d. h. dass im rothen Lichte C um 16 Trommel- leile gegen die Compensatoreinstellung im Natriumlicht ächst.

Es sind daher für rothes Licht als dem normalen Zu- lande des Spiegels entsprechend angenommen:

2v/ = 64M4', C= 40,01.

Aus letzter Zahl berechnet sich auf Grund der für rothes jicht gültigen Reduction der Compensatoreinstellungen:

J = ;r~72«0'.

Im Folgenden gelten die ungestrichenen Werthe für latriumlicht, die gestrichenen für rothes Licht der genannten irt. Es bedeuten: n den Brechungsexponenten, nx den bsorptionscoefficienten, J die unter senkrechter Incidenz iflectirte Intensität, falls das einfallende Licht die Inten- tät 100 besitzt, X die Wellenlänge, xf) das Hauptazimut h, den flaupteinfallswinkel. Ferner ist i7*=n*(l + x^ ge- tzt Auf Grund der früher von mir angegebenen Formeln ^) Igt dann aus den mitgetheilten Beobachtungen:

n = 2,12; n' = 2,22.

nx = 1,03; n X = 4,19; n'x . A//' = 3,80.

x = l,90; X =1,89.

t/=67,5; J =68,5.

172 = 20,7; 1/2^22,5.

■^ = 78^ 0; ^' = 78^29'.

^ = :nUO'; iT/ = 3F35'.

~ irpTÖTude, 1. c. p. 504, 507, 512.

d

190 P* Drude. Optische Constanten des Kobalts.

Der Werth von U^ ist hiernach beim Kobalt von un- gefähr derselben Grösse, wie bei den meisten übrigen Me- tallen. Ebenso verhält sich dasselbe hinsichtlich der Dis- persion des n und des (p den meisten Metallen analog, indem beide mit wachsender Wellenlänge zunehmen. Da J sieb nicht wesentlich von J' unterscheidet, so deutet dies auf keine ausgeprägte Färbung im reflectirten Lichte hin, was die Anschauung bestätigt. Dagegen ist aus der Differenz von nx \)1 gegen nx\X zu schliessen, dass Kobalt rothes Licht besser durcHlässt, als gelbes.

Die von den Herren du Bois und Eubens nach der Prismenmethode gewonnenen Zahlen sind:

72 = 2,76; n' = 3,10. Dieselben ergeben sich also höher, als die hier mitgetheilten. Die Differenz ist eine ähnliche, wie sie beim Eisen nach den beiden verschiedenen Methoden erhalten ist, dagegen stim- men die beim Nickel nach beiden Methoden gewonnenen Zahlen gut überein.

Frühere Beobachtungen des Hrn. Quincke ^j ergaben:

Für rothes Licht (Linie C): 76° 45' 30° 59' Für grünes Licht (Linie j&'j: 75 8 31 56

Diese Werthe unterscheiden sich von den von mir er- haltenen hauptsächlich nur hinsichtlich des y. Dass Hr. Quincke kleinere Haupteinfallswinkel beobachtet hat, steht im Einklang mit der von mir ausgesprochenen Ansicht, dass die früheren Beobachtungen über Metallreflexion an nicht reinen Spiegeln angestellt sind.

Göttingen, Phys. Inst., November 1890.

1) Q. Quincke, Pogg. Ann. Jubelbd. p. 336. 1874.

IntermtUirende Qitech-sitberfalfluftptinipe; von K. Pryt».

T Herstellung eines voUkommeneD Vacuiims mit gerin- rbrauche von Quecksilber habe ich die folgende Pumpe irt. ^SC ist eine 80 cm hohe 16 Röhre, welche sich in der

CD fortsetzt. CD hat eine Neigung gegen die Horizontale t an die Fallröhre EF aoge- sen. BCD und EG sind unge cm weit.

iter D verengert sich die Fall luerst schnell, dann aber lang odass sie einen spitzen Tiichter Idet; der Trichter setzt sich in

1 mm weiten, ca. 150 cm langen

GF fort. Die schräge Röhre ad der Trichter sind die für Pumpe eigenthllmlichen Theile hre DE fuhrt nach dem zu ent> en Raum.

iber die Mündung der Röhre AB in unten mit Äbäussrohre und jrscbluss versehenes öefUss ge*

von diesem läast man Queck ^ V / ait geeigneter Geschwindigkeit lo V__^ oeinfallen. Unter F wird ein ■*

zur Aufnahme des Quecksilbers

enn man mit der Pumpe arbei-

1, füllt man die Röhre ABC bis

Quecksilber und regutirt dann

schwindigkeit so, dass dasselbe

n in CD hinaufsteigt. Bei D

IS Quecksilber wegen der Gapil- ?

zurflckgehaiten , bis zuletzt der Druck zu gross ge-

i ist; dann äiesst auf einmal eiae gewisse Menge in

192 K. Prytz. Intermittirende QuecksilberfaJUuflpumpe.

den Trichter DG über; ein Theil der Luft darin wird dur^^ das abfliessende Quecksilber abgesperrt und in die en£e Röhre GF getrieben. Der Trichter muss gleichförmig » die enge Röhre GF übergehen und muss so spitz sein, d^s^ die übergeflossene Menge Quecksilber eine hinlänglich grosse Höhe bekommt, um weiter zu fallen und so die abgesperri^ Luft vor sich hintreiben zu können.

Inzwischen häuft sich das Quecksilber wieder in d^^ schrägen Röhre CD an, bis eine neue Menge in den Trichtö^ '' hinabfällt, wodurch eine neue Menge Luft mitgerissen wir^ Es fliesst also das Quecksilber in dieser Pumpe intermittB^* rend in die Fallröhre, während in den anderen mir bekancB- - ten Fallpumpen ein stetiger Strom von Quecksilber eintrit^^r welches sich in der Fallröhre in Tropfen theilt. In meinem ^ Pumpe geht jede Menge fast ungetheilt wie ein langer Fade' durch die Röhre. Der NutzefPcct wächst proportional de» Länge der Röhre GF.

Durch den intermittirenden Gang kann man erreiche] dass kein Quecksilber nutzlos hindurchgeht, indem die jed< mal abfliessende Quecksilbermenge so klein gewählt wirdE ' dass sie höchtens die enge Röhre GF füllt.

In dem hier beschriebenen Exemplar meiner Pump^^ geht bei jeder Intermittenz ungefähr Vs cbcm Quecksilbei über, welches bei Atmosphärendruck jedesmal 1,26 cbci Luft mit sich nimmt.

Um die Vollständigkeit des Vacuums zu prüfen, zog icfak- die Röhre DE zu einer oben zugeschmolzenen Spitze 2^^s^ und Hess die Pumpe eine ziemlich lange Zeit arbeiten. Am. Ende dieser Zeit fiel das Quecksilber mit metallischem Klange und man sah keine Luftblasen in der Fallröhre. Darauf sperrte ich die Fallröhre unten ab und füllte die ganze Pumpe mit Quecksilber. Ich konnte dann auch mit der Lupe keine Luftblase in der Spitze der Röhre DE wahr* nehmen.

Phys. Inst. d. Polytechn. Kopenhagen.

Druck TOD Metsgcr k Wltti^ iii Leipzig.

1891. ANNALEN -^ 2,

DER

PHYSIK UND CHEMIE.

NEUE FOLGE. BAND XLII.

I. Veber das Verhalten dünner Niederschiags- schichten gegen den eiectrischen Strani;

von A. Oberheck.

1. Die weitgehenden ISchlüsse, welche man in neuester Zeit aus der Thatsache allein, dass es halbdurchlässige Wände oder Niederschlagsmembranen gibt, gezogen hat, haben auf dieselben die allgemeine Aufmerksamkeit gelenkt. Von ver- schiedenen Seiten sind weitere Untersuchungen ihrer Eigen- schaften ausgeführt oder in Aussicht gestellt worden. Auch cLas Verhalten dieser Membranen gegen einen hindurch- gehenden electrischen Strom wurde vor kurzem untersucht. Zunächst hat W. Ostwald*) durch einen Versuch den ^Nachweis geliefert, dass eine Niederschlagsmembran von Fer- X'ocyankupfer zwischen den Lösungen von Ferrocyankalium nsd Kupfersulfat keineswegs isolirt, dass aber der electrische Strom nach kurzer Zeit erheblich geschwächt wird und dass femer infolge des Stromdurchganges durch die Membran in derselben eine electrische Gegenkraft sich ausbildet. Ost- wald entwickelt im Anschluss an diesen Versuch seine An- Bchauung von dem ganzen Vorgang, wobei er von dem Satz ausgeht, dass „von einer Durchlässigkeit oder Undurchläs- ^igkeit der Membranen für bestimmte Salze nicht wohl die '^ Kede sein kann, wohl aber von einer solchen für bestimmte i Ionen".

' Ferner hat G. Tammann*) den Widerstand von Nieder-

schlagsmembranen mit Hülfe von Wechselströmen unter- siicht und gefunden, dass derselbe bei Membranen von Ferro-

1) W. Ostwald, Zeitschr. f. phys. Chom. 6. p. 70. 1890.

2) G. TammanD, Zeitschr. f. phys. Chem. 6, p. 237. Ib90. Ann, d. Phy». n. Chem. N. F. XLII 13

194 A. Oberbeck.

cyankupfer und Ferrocyanzink, welche für die Membran- bildner undurchlässig sind, verschwindend klein ist und lange Zeit unverändert bleibt, dass dagegen der Widerstand durch- lässiger Membranen verhältnissmässig gross ist und mit der Zeit noch erheblich wächst.

Es schien mir von Interesse, den angeregten Gegenstand eingehender an einer grösseren Zahl von Niederschlags- schichten, — undurchlässigen und durchlässigen zu unter- suchen^ besonders auch die Bildung electromotorischer Gegen- kräfte an solchen Grenzschichten näher zu verfolgen. Die Beobachtung ergab, dass dieselben in einer grossen Zahl von Fällen wirklich vorhanden und zum Theil von recht er- heblicher Grösse sind.

2. Bevor ich zu einer Beschreibung meiner Versuche übergehe, erwähne ich noch eine Reihe früher beobachteter Thatsachen, welche mit den hier untersuchten Erscheinungen in Beziehung stehen.

Polarisationserscheinungen an der Grenze ungleichartiger Electrolyte sind zuerst von Du Bois-Reymond^) beobach- tet worden. Hier handelte es sich aber um Flüssigkeiten, welche keine Niederschläge an ihrer Grenze bilden. Auch waren die unter dem Einfluss einer starken Kette entstan- denen electromotorischen Kräfte stets sehr klein.

Näher verwandt mit dem untersuchten Gegenstand ist wahrscheinlich die ebenfalls von Du Bois-Reymond*) ent- deckte „innere Polarisation'^ Geht ein starker Strom durch poröse, mit electrolytischen Flüssigkeiten getränkte Sub- stanzen, so entstehen in denselben electromotorische Gegen- kräfte. Diese Erscheinung erklärt sich durch die Annahme, dass die festen Substanzen eine, allerdings nur geringe Lei- tungsfähigkeit besitzen und daher bei Eintritt und Austritt des Stromes Anlass zur Ausscheidung polarisirender Ionen geben.

Endlich sind die mannigfaltigen qualitativen älteren Ver- suche über den Durchgang des electrischen Stromes durch

1) Du Bois-Heymond, Monatsber. d. Berl. Acad. 1S56. p. 395.

2) Du Bois-ßcyinond, Monatsber. d. Berl. Acad. 1856. p. 450.

1SÖ9. p. 68.

Ekctritches Verhallen von Niederschlagsschichten. 105

verschiedene, aneinandergrenzende Flüssigkeiten hier zu er- wähnen. Dieselben sind von Gr. Wiedemann^) zusammen- gestellt worden. In einigen Fällen grenzen Flüssigkeiten aneinander, welche bei Berührung feste Niederschläge bilden, die durch den Strom verändert werden. Als Beispiel will ich den Versuch Nr. 48 anführen. Die Strombahn besteht aus Kupfersulfat und Kalilauge, getrennt durch eine feste Membran. An derselben findet sich nach dem Stromdurch- gang ausser Kupferoxydhydrat auch metallisches Kupfer. Hierzu bemerkt G. Wiedemann: „Dies konnte davon herrühren, dass das in den Poren der Blase durch die Kali- lauge gefällte Metalloxyd sich wie ein metallischer Leiter verhält, an welchem sich einerseits aus dem Metallsalz das Metall, andererseits aus dem Kali Sauerstoff abscheidet Bei einem derartigen Vorgang muss man erwarten, dass die Niederschlagsschicht der Sitz einer electromotorischen Pola- risation wird. Letztere würde sogar ein sehr empfindliches Mittel sein, das Vorhandensein derartiger Ausscheidungen festzustellen, auch wenn dieselben noch nicht sichtbar ge- worden sind.^ Hiernach schien es wünschenswerth, eine grössere Zahl derartiger Combinationen mit Rücksicht auf die entstehende Polarisation zu untersuchen und besonders auch festzustellen, ob undurchlässige und durchlässige Schich- ten in dieser Beziehung sich verschieden verhalten.

8. Da es sich um längere Durchleitung stärkerer Ströme durch die Niederschlagsmembranen handelt, so konnte eine freie Membran, wie bei den Versuchen von Tammann, nicht benutzt werden. Vielmehr musste dieselbe durch einen festen Träger fixirt werden.

In den meisten Fällen habe ich hierzu, wie Ostwald Pergamentpapier benutzt. Einige Versuche wurden auch nach dem Vorgange von Pfeffer mit Thonzellen als Trä- gern der Membranen angestellt.

Gewöhnlich wurde die folgende Versuchsanordnung be- nutzt. Die eine der beiden Flüssigkeiten befand sich in einem Becherglas. Mit der anderen Flüssigkeit wurden zwei

1) Gc. Wiedemann, Lehre von der Electricität. 2. p. 597.

2) Vgl. A. Oberbeck, Wied. Ann. 31. p. 337. 1887.

13*

196 A. Oherbeck.

unten durch Pergamentpapier verschlossene Glasröhren Ton etwa 20 mm Durchmesser gefüllt. Dieselben tauchten in die erste Flüssigkeit soweit ein, dass die freien Oberflächen gleich hoch standen. Bei gutem Verschluss der Röhren ent- stand in den meisten Fällen weder innen noch aussen eine Trübung durch den Niederschlag, welcher sich nur in der trennenden Papierschicht ausbildete.

Da nur die Polarisation an den Berührungsstellen der Flüssigkeiten gemessen werden sollte, so mussten unpolarisir- bare Metallelectroden benutzt werden. Hierzu konnten zu- nächst amalgamirte Zinkstäbe in Lösungen von Zinksnlfat und Zinkchlorid dienen. Aus geeigneten Vorversuchen ergab sich indess, dass auch Kupferelectroden in den Lösungen verschiedener Kupfersalze bei den angewandten Strömen so schwach polarisirt wurden, dass man von der Berücksichti- gung dieser Polarisation absehen konnte.

Da es sich zunächst um eine allgemeine Orientirung auf diesem Gebiet handelte, so wurde die Polarisation nach schnellem Umlegen einer Wippe gemessen. Die in dem secundären Stromkreis vorhandene electromotorische Kraft wurde durch den Zweigstrom einer Kette von drei Daniell compensirt. Neben diese war ein grosser Widerstand ein- geschaltet. Ein Widerstandskasten bildete die Zweigleitung In demselben wurde der Widerstand so regulirt, dass bei dem Umlegen der Wippe an einem Spiegelgalvanometer eben noch ein kleiner Ausschlag von 1 bis 2 Scalentheilen im Sinne der zu messenden Polarisationskraft entstand. Nach dieser ersten Zuckung ging die Nadel schnell- durch den Nullpunkt nach der anderen Seite. Die entstandene Pola- risation verhielt sich ganz wie diejenige gewöhnlicher Metall- electroden, welche unmittelbar nach Unterbrechung des pri- mären Stromes mehr oder weniger schnell abnimmt. Die beobachteten Werthe sind daher etwas zu klein. Doch zeigte ein langsameres oder schnelleres Umlegen der Wippe, dass der Unterschied jedenfalls nur sehr gering war. Selbstver- ständlich wurde bei der eigentlichen Beobachtung die Um- schaltung so schnell wie möglich bewerkstelligt. Durch einen anderen Umschalter konnte ein Clarkelement an Stelle der Polarisationszelle gesetzt und durch dieselben drei Daniell

Electrisches Verhalten von Niederschlagsschichten. 197

compensirt werden. Hiernach wurde die electromotorische Kraft der Polarisation in Volt umgerechnet

Bei einer weiteren Reihe von Versuchen sollte aus- schliesslich die an der einen oder an der anderen Nieder- schlagsmembran erregte Polarisation einzeln gemessen wer- den. Dann wurde noch eine dritte, unten durch eine Papier- membran geschlossene Glasröhre, mit der entsprechenden Salzlösung geföUt und mit der Zink- oder Kupferelectrode versehen, in die Flüssigkeit eingeführt und die Verbindung so hergestellt, dass durch Umlegen der Wippe diese Röhre mit einer der beiden anderen, polarisirten Röhren zu einem Stromkreis combinirt wurde.

Endlich wurde auch die Stärke des primären Stromes bei allen Versuchen verfolgt. Hierzu diente dasselbe Spie- gelgalvanometer. Durch eine weitere Rolle desselben ging ein schwacher Zweigstrom des primären Stromes. Aus der Ablenkung konnte nach vorangegangener Vergleichung mit einem Amperemeter auf die Stärke des Hauptstromes ge- schlossen werden. Selbstverständlich war dieser Zweig offen, wenn die Polarisationsbeobachtungen angestellt wurden.

Der primäre Strom wurde durch eine Kette von sieben Daniell'schen Elementen geliefert; derselbe hatte also nahe- zu eine electromotorische Kraft von 8 Volt.

4. Nach dem Plane der Untersuchung sollten ausser den bekannten, Membranen bildenden Flüssigkeiten noch weitere Combinationen angewandt werden, bei denen an der Grenze Niederschläge entstehen, welche jene Eigenschaft nicht besitzen. Eine einfache Betrachtung zeigt, dass man dabei zwei Gruppen unterscheiden kann.

Der galvanische Strom durchläuft von der Anode aus zunächst eine Flüssigkeit (Lösung von Kupfer- oder Zink- salzen), deren Ionen A (Anion) und K (Kation) sein mögen, sodann eine zweite Flüssigkeit, deren Ionen mit A' und K' bezeichnet werden, schliesslich wieder die erste Lösung. Je nach der Natur der Lösungen kann nun der feste Nieder- schlag aus K und A' oder aus A und K' sich bilden, wäh- rend in beiden Fällen die beiden anderen Bestandtheile zu löslichen Salzen sich verbinden. Als Beispiel der ersten Gruppe würde Kupfersulfat und Ferrocyankalium dienen,

198 A. Oberbeck.

aus welchen sich das unlösliche Ferrocyankupfer bildet. Als Beispiel der anderen Q-ruppe mag Eupfersulfat und Blei- nitrat genannt werden, wobei sich das unlösliche Bleisulfat bildet. In dem ersten Fall werden durch die Electrolyse an die der Anode nächstliegende Grenzfläche diejenigen Ionen herangeführt, welche dort den Niederschlag verstärken. Im zweiten Fall geschieht das gleiche an der der Kathode näher liegenden Grenzschicht.

Zur Abkürzung will ich diese beiden Grenzschichten als Anoden- und als Eathodenmembran bezeichnen. Dann kann man die beiden Gruppen von Flüssigkeitscombiuationen da- durch unterscheiden, dass bei der ersten durch Electrolyse die Anodenmembran, bei der zweiten die Eathodenmembran verstärkt wird.

Wie schon bemerkt, wurde die Polarisation sowohl bei* der Grenzschichten als auch diejenige jeder einzelnen unter- sucht. Im letzten Fall ergab sich durchgängig, dass die Polarisation nur an derjenigen Grenzschicht ihren Sitz haty welche durch die Electrolyse verstärkt wird. Es wird daher genügen, wenn hier nur diejenigen Versuche mitgetheilt wer» den, bei denen die Gesammtpolarisation bestimmt wurde.

Soweit mir bekannt, ist noch keineswegs allgemein fest- gestellt, welche Niederschlagsmembranen für die Membran- bildner undurchlässig sind. Ausser der bekanntesten Membran des Ferrocyankupfers soll nach Tammann nur noch das Ferrocyanzink dieselbe Eigenschaft besitzen. Dagegen gibt es, wie schon M. Traube^) in der ersten Untersuchung dieses Gegenstandes gezeigt hat, jedenfalls noch viele Nieder- schläge, die Membranenform annehmen können.

Hiernach bildeten selbstverständlich die beiden erst- genannten Membranen den Ausgangspunkt der Untersuchung. Sie konnten durch üombinationen von Ferrocyankalium mit allen löslichen Eupfer- und Zinksalzen hergestellt werden. Es lag nahe, im Gegensatz dazu dieselben Salzlösungen mit Ferrocyankalium zu combiniren. Die dabei entstehenden Niederschläge zeigen äusserlich keine Neigung zur Membran-

1) ß. Keichert u. E. du Bois-Reyinond, Archiv tilr Anatomie u. Phyf?iologie. 1867. p. 124.

Eiectrisches Verhalten von Niederschkigsschickten. 199

bilduDg. Auch ist mir kein Versuch bekannt, aus welchem zu schliessen wäre, dass die entsprechenden Niederschlags- schichten undurchlässig wären. Es konnten ferner dieKupfer- und Zinksalze mit den Carbonaten der Alkalien combinirt werden. Alle diese Combinationen gehören der ersten Gruppe an. Um auch einige Beispiele für die zweite Gruppe zu untersuchen, wurden zwischen die Sulfate des Kupfers oder Zinks die Lösungen der Salze solcher Metalle eingeschaltet, welche unlösliche oder mehr oder weniger schwerlösliche Sul- fate bilden. Solche Metalle sind Blei und Barium, dann auch Strontium und Calcium. Ferner wurde zwischen die Chloride des Zinks oder Kupfers Silbernitrat gebracht, wo- bei das unlösliche Chlorsilber die Grenzschicht bildete. Die Niederschläge dieser Gruppe gelten wohl allgemein als durch- lässig.

5. Bekanntlich bildet sich die Polarisation an Metall- electroden erst einige Zeit nach dem Stromschluss vollstän- dig auB. Auch hängt dieselbe von der Stärke des polari- sirenden Stromes oder genauer von der Stromdichtigkeit an der Electrode ab. Ein gleiches Verhalten zeigten auch hier die Polarisationen. Daher wurde die Zeit vom Strom- schluss an gezählt und dann in gewissen Intervallen die Intensität des primären Stromes und die electromotorische Kraft der Polarisation in der früher besprochenen Weise festgestellt. In den folgenden Tabellen ist stets die Zeit, welche seit dem Stromschluss verflossen war, in der Co- lumne t in Minuten angegeben. Unter i ist die Stärke des primären Stromes in Milliampere zu verstehen. Endlich geben die Zahlen unter p die beobachteten electromotorischen Kr&fte der Polarisation in Volt

Ich theile zunächst in den beiden folgenden Tabellen vier Beobachtungsreihen ausführlich mit. Zum besseren Vergleich sind die Versuche mit den beiden Blutlaugensalzen nebeneinander gestellt.

200

A. Oberbeck,

0 5

15 25

Tabelle 1.

Kupfersulfat.

Ferrocyankalium

27,1

•7,1 4,3

4,0

0,61 0,89 0,93

Ferricyankaliuin

8,5 4,0 3,1 2,9

0,96 1,09 1,20

Tabelle 2.

Kupfernitrat.

0 5 15 30 40 60

Ferncyankalium

14,3 3,4

2,7 2,4 2,8

0,70 0,87 0,91 0,93

18,6

7,1

0,63

5,7

0,66

3.7

0,85

2.1

0,92

Zu diesen Tabellen mag zunächst bemerkt werden, dass unmittelbar nach dem Stromschluss stets ein grosser Aus- schlag beobachtet wurde. Bevor jedoch die Magnetnadel trotz starker Dämpfung eine neue Gleichgewichtslage ein- nahm, war die Stromstärke noch erheblich kleiner gewor- den. Diese erste, langsam sich verändernde Einstellung ist unter ^ = 0 wiedergegeben. Die Stromstärke nimmt auch dann noch, zuerst schnell, später langsamer ab und erreicht nach einiger Zeit einen Werth, der jedenfalls nur ein ganz kleiner Bruchtheil des Anfangswerthes ist.

Die Polarisation wächst anfangs schnell, später lang- sam — und erreicht einen Grenzwerth von nahezu einem Volt (bei der einen Versuchsreihe von etwas mehr als einem Volt). Ein irgendwie charakteristischer Unterschied der vier Reihen tritt nicht hervor.

Hiernach wird es genügen, von sechs weiteren Reihen kurz die Hauptresultate anzugeben.

Ekctrisches Verhalten von Nieder Schlagsschichten, 201

Tabelle 3.

Kupferchlorid \ Ferrocyankalium f ,

Kupferchlorid \ Ferricjankalium | i

0 15

0 15

50,0 1 14,8

52,9 9,0

0,93 0,89

Zinksulfat ( 1 Ferrocyankalium | i

Zinksulfat | Ferricyankalium | '

0 15

20,0 2,4

0,34

0 15

28,6 ' 2,0

0,29

Zinkchlorid 1 Ferrocyankalium j '

0 20

; 28,6 1 ^'4

0,48

Zinkchlorid [ ; Ferricyankalium f

0 45

17,1 1,9

0,41

Der Verlauf der hier nur in den Anfangs- und End-

l>«obachtungen mitgetheilten Reihen ist im Ganzen derselbe^

^^ie bei den Tabellen 1 und 2. Als bemerkenswerth mag

^vinächst die viel geringere Abnahme der Stromstärke bei

Ersetzung des Kupfersulfats oder Nitrats durch das Chlorid

Ixenrorgehoben werden. Dagegen schliesst sich das Verhalten

^er Stromstärke bei den Zinksalzen wieder vollständig den

ersten Reihen an, während die Grenzwerthe der Polarisation

^ier stets sehr viel geringer sind, als bei dem Kupfer.

Da es bei allen bisher mitgetheilten Versuchen ganz ausgeschlossen ist, dass die bedeutende Abschwächung des Stromes von der Gegenkraft der Polarisation allein oder auch nur hauptsächlich herrührt, so kann dieselbe nur durch den schnell anwachsenden Widerstand der Niederschlags- schichten bewirkt werden.

Da femer durch die Electrolyse nur eine Verstärkung der Anodenmembran stattfindet, so war anzunehmen, dass in dieser der grosse Widerstand zu suchen ist, welcher am Ende der Versuche meist mehr als das Zehnfache des Anfangs- widerstandes des ganzen primären Stromkreises betrug. Die Veränderung der Anodenmembran mit der Zeit hängt wesent- lich von der Stromdichtigkeit an derselben ab. Durch Ver- ringerung der letzteren musste daher die Stromschwächung verlangsamt werden. Ich habe diese Schlussfolgerung ge-

202

A. Oberbeck,

prüft, indem ich als Träger der AnodeDmembranen Tbon- zellen wählte, welche die kleinen Pergamentpapierschich- ten an Oberfläche ganz erheblich übertrafen. Zu diesem Zwecke wurden die zuerst längere Zeit mit destillirtem Was- ser getränkten Tbonzellen in Lösungen von Kupfer- oder Zinksulfat gestellt und mit den Lösungen von Ferrocjan- kalium oder Ferricyankalium gefüllt, sodass sich innerhalb der Wand die Niederschlagsmembran ausbildete. In diesem Zustande blieben dieselben 24 Stunden. Die Lösungen innen und aussen erwiesen sich auch nachher als ganz klar. In die Sulfate wurden Cylinder der entsprechenden Metalle ge- bracht, welche bei den späteren Veruchen stets als Anoden dienten. In die Ferrocyansalzlösung tauchte eine unten mit Pergamentpapier versehene Röhre, welche innen die ent- sprechende Salzlösung und die Kathode enthielt. Die Ver- suche wurden sonst ganz ebenso angestellt, wie früher be- schrieben. Sie zeigten sämmtlich einen gleichen Verlauf, sodass ich hier nur eine Reihe mittheilen will.

Tabelle 4.

Kupfersulfat-Ferrocyankalium.

i

i

P

l

P

0

37,1

60

14,6

1,23

10

30,7

0,93

100 ;

11,1

1,37

20

25,0

1,04

210 '

6,9

1,49

40

18,7

1,17

Erst nach einer Versuchsdauer von 3^8 Stunden war die Stromstärke hier so tief gesunken, wie bei der entsprechen- den Reihe (Tab. 1) in fünf Minuten. Dass die Polarisation hier etwas schneller anwuchs als dort und nach langer Strö- mung grössere Werthe annahm, ist bei der viel stärkeren Strömung leicht erklärlich. Weitere Reihen mit den Com- binationen Kupfersulfat- Ferricyankalium, Zinksulfat- Ferro- cyankalium, Zinksulfat Ferricyankalium zeigten dieselbe lang- same Abnahme des Stromes und der Werthe der Polarisa- tion, welche sich von den früher gefundenen nicht wesentlich unterschieden. Es geht hieraus auch hervor, dass abge- sehen von dem erörterten Einfluss der Stromdichtigkeit -'

Ekctrütches Verhalten von Niederschlaff sschichten. 203

die Natur des Niederschlagsträgers keinen merklichen Ein- fluss ausübt.

Das Resultat der bisherigen Versuche ist also dahin zusammenzufassen, dass infolge des andauernden electrischen Stromes in der Anodenmembran eine Verstärkung des Nie- derschlages und eine Bildung einer electromo torischen Gegen- Jcraft stattfindet Letztere hängt wesentlich von dem an der Anode anlangenden Kation (Kupfer oder Zink) ab. Für ^rsteres ist sie mehr als doppelt so gross, wie für letzteres. X)agegen ist sie nur wenig verschieden, wenn man das Ferro- c:yankalium durch das Ferricyankalium ersetzt.

Von anderen zu dieser Gruppe gehörenden Combinatio- s3en mag noch erwähnt werden: Natriumcarbonat- Kupfersulfat. £[ier blieb bei abnehmender Stromstärke die Polarisation stets sehr klein. Grössere Werthe lieferte dagegen die Po- larisation einer Schicht von Berliner Blau. Hierzu war dsenchlorid mit Ferrocyankalium zusammengestellt. In die £isenchloridlösungen tauchten aber an Stelle von Eisenelec- troden (zur Vermeidung der starken Polarisation derselben) engere, unten mit einer Papiermembran verschlossene Bohren von Zinkchlorid mit Zinkelectroden. Die Polarisation war in diesem Falle erheblich grösser als bei directer Berührung des Ferrocyankaliums mit Zinkchlorid, dagegen kleiner als beim Kupferchlorid.

Ich gehe nun zu der zweiten Gruppe über und stelle an die Spitze die Versuche mit löslichen Bleisalzen zwischen den Sulfaten von Kupfer und Zink.

T

abelle

5.

BI

6 i n i t r a t

i

Kapfersulfat

'1

Zinksulfat

P

1 1

P

0

1

^—

1

51,4

5

28,6

1

2,03

1

1

56,6

2,00

10

30,0

2,08

1

62,9

2,03

15

31,4

1

2,11

67,1

2,09

20

31,4

1

2,11

'i 1

25

1

71,4

2,10

40

77,1

2,18

204 A. Oberbeck.

Hier ist zunächst das eigenthümliche Verhalten der Stromstärke zu beachten. Soweit sich dies beobachten liess, war im ersten Augenblick der Strom ziemlich stark, sank dann schnell auf einen kleinsten Werth und stieg im wei- teren Verlauf langsam wieder an. Die Polarisation ist sehr gross und hat jetzt ihren Sitz an der Kathodenmembran. Letztere war nach Beendigung des Versuches mit einer dicken Schicht von Bleisulfat und Blei überzogen. Ausser- dem trat an derselben eine lebhafte Gasentwickelung jedenfalls von Wasserstoff auf. Im Laufe des Versuches lösten sich auch Metalltheile von der Membran los und fielen als schwärzliches Pulver auf den Boden des Gef&sses. Die Ursache der starken electromotorischen Kraft kann hier- nach nicht zweifelhaft sein: sie liegt in der Zwischenschal-* tung einer schwammigen Bleischicht, welche mit Wasserstoff bedeckt ist.

Die langsame Zunahme der Stromstärke findet vielleicht ihre Erklärung durch das Eindringen des metallischen Bleis in die schlecht leitende Niederschlagsschicht und die dadurch bewirkte Verbesserung der Strombahn.

Die Ersetzung des Bleinitrats durch das Bleiacetat än- derte wenig an den Versuchsresultaten. Die erreichte Pola- risation war etwas schwächer. Die Sulfate des Bariums und Strontiums sind ebenfalls fast unlöslich; etwas besser löslich ist das Calciumsulfat. Die Untersuchung der Chloride dieser drei Metalle zwischen den Lösungen des Zinksulfats lieferte das folgende Resultat.

Tabelle 6.

Zinksulfat.

t

Chlorcalcium

Chlorstrontium !

Chlorbarium

P

^ i

1

P

0

64,3

—^

65,7

1.

62,0 ,

5

57,7

0,06

9,8

0,12 i

64,8 ,

0,64

10

40,G

0,07

6,1

0,17 !

70,0

0,69

20

17,1

0,08

5,4

0,23

71,4

0,73

40

5,4

0,84 '

1

60

1

1

ö,3

0,89

Während die Polarisation am Calciumsulfat klein bleibt, erreicht dieselbe merkliche Werthe bei dem Strontiuin und

EUctrisches Verhalten von Nieder Schlagsschichten, 205

noch erheblich grössere bei dem Barium. Da diese Me- talle das Wasser zersetzen, so ist anzunehmen, dass es sich hier überall am Wasserstoffpolalisation gehandelt hat, wenn auch die Entwickelung von Blasen, wie bei dem Blei, nicht zu erkennen war.

An weiteren Combinationen wurde noch Silbemitrat untersucht und zwar sowohl zwischen Kupferchlorid- als auch zwischen Zinkchloridlösungen. In beiden Fällen war zwar die Polarisation nicht bedeutend und entwickelte sich erst nach einiger Zeit. Sie unterschied sich aber von allen übri- gen untersuchten Polarisationen dadurch, dass sie das ent- gegengesetzte Vorzeichen besass, also im Sinne des polari- sirenden Stromes wirkte. Dass dieselbe, wie in allen Fällen der zweiten Gruppe, nur ihren Sitz an der Kathodenmembran hatte, wurde noch besonders festgestellt.

Tabelle 7. Silbernitrat.

Kupferchlorid

1

Zinkchlorid

t

P

t

1 * 1

P

0 10 30 40

54,3 34,3 21,3 ' 17,9 !

-0,13 -0,25 !

-0,26

1

0 10 35 50

85

54,3 ' 39,3 31,9 t 27,4 , 19,4

-0,03 -0,10 -0,20 -0,24

6. Bei Durchmusterung der mitgetheilten Versuche ergibt sich das gemeinsame Resultat, dass viele dünne Niederschlags- schichten zwischen den Lösungen derjenigen Salze, aus wel- chen sie entstehen, infolge des Durchganges eines electri- schen Stromes selbst electromotorisch wirksam werden, und dass der Sitz dieser electromotorischen Kraft stets in der- jenigen Niederschlagsschicht sich befindet, welche durch den Strom verstärkt wird. Die nächste Ursache dieser Erschei- nung kann nicht zweifelhaft sein. Sie liegt in der Ausschei- dung von Ionen an den Niederschlagsschichten, also besonders von Zink und Kupfer an den Anodenmembranen, vielleicht auch von Wasserstoff, ferner von der Ausscheidung von Blei und Wasserstoff oder von Wasserstoff allein (bei den Salzen der Erdalkalimetalle), schliesslich von Silber an der Kathc- denmembran.

206 A. Oberbeck.

Diese Schichten werden dann noch weiter dadurch elec- - tromotorisch wirksam, dass sie sich an der Grrenze verscbü dener Salze befinden.

Zum Theil sind die ausgeschiedenen Schichten an de: Beschaffenheit und Farbe der Membranen nach Durchleituni des Stromes zu erkennen.

Viele der benutzten Membranen wurden nach Beendigunj der Versuche zuerst längere Zeit in destillirtes Wasser ge- legt, um alle löslichen Salztheile aus ihnen zu entferne] Hierauf wurden sie getrocknet. In dieser Weise behandelt=:^ erwies sich die Anodenmembran des Ferrocyankupfers erheb— -•- lieh dunkler als die Kathodenmembran, welche die charak— -=^- teristische, rothbraune Farbe des Niederschlages zeigte. Be: dem Versuche mit Berlinerblau war die Anodenmembrai gelbbraun gefärbt, während die Kathodenmembran die reii blaue Farbe zeigte. Ich glaube annehmen zu dürfen, das^ im ersten Falle die dunklere Färbung von oxydirtem Kupfer* im zweiten die gelbbraune Färbung von oxydirtem Eisei herrührt. Von dem eigenthümlichen Aussehen der mit Blei: überzogenen Kathodenmembran war schon bei den ent^ - sprechenden Versuchen die Rede.

Dass andererseits bei manchen anderen Versuchen, z. B,.^^ bei den Niederschlägen der Bariumsulfate etc., äusserlich nichts zu erkennen war, ist nicht zu verwundern.

Die Ausscheidung dieser Ionen ist indess weniger ein- fach zu erklären.

Am nächsten liegt es, anzunehmen, dass die Niederschläge metallisch leiten. Dann würde der Strom sich theilen zwi- schen den festen Leitern und den, dieselben durchziehenden, engen Canälen, welche mit sehr verdünnter Salzlösung erfüllt sind. Die Ausscheidung der Ionen wird dann von dem ersten Stromtheil so lange bewirkt, bis die Polarisation einen ge« wissen Grenzwerth erreicht hat. Andererseits wird man sich nur ungern entschliessen, den Salzen eine andere, als eine electrolytische Leitung zuzuschreiben. Einmal zeigen alle festen Salze bei erhöhter Temperatur zweifellos electrolytische Leitung. Ferner gibt es nach Gross ^) eine ganze Anzahl

1) Gross, Moniitsbcr. der Berl. Acad. 1877. p. 500.

Ekctnsches Verhalten von Niederschlag sschichten, 207

von trockenen, festen Salzen, welche schon bei gewöhnlicher Temperatur electroly tisch leiten.

Durch eine Leitung, bei der die festen Niederschläge zersetzt werden, lassen sich aber die hier beobachteten Polarisationen nicht erklären, da dieselbe schliesslich nur eine Verstärkung des Niederschlages selbst herbeiführen kann.

Es bleibt noch eine andere Möglichkeit der Erklärung.

Sind die festen Niederschläge Isolatoren, so bleiben in den

Poren derselben noch leitende Bahnen, welche mit Wasser

^der wahrscheinlicher mit den ausserordentlich verdünnten

Xösungen der niedergeschlagenen Salze erfüllt sind, da man

dieselben doch nicht für absolut unlöslich ansehen wird.

Wir hätten es dann mit einer Strombahn zu thun, bei wel-

-^her zwei gut leitende Stücke von grossem Querschnitt durch

<^ine dünne Schicht von sehr kleinem Querschnitt und sehr

geringer Leitungsfähigkeit getrennt sind. Die von beiden

ILieitern herangeführten Ionen würden sich dann nur zum

TITheil durch die engen Canäle verbinden können, während

^in anderer Bruchtheil sich zu Massen von endlicher Grösse

"bereinigt und an den festen Substanzen ablagert. Es wäre

^ies ein ähnlicher Vorgang, wie die Abscheidung von Ionen

^n der freien Ober Bäche einer Flüssigkeit, in welche die

IPunken einer Electrisirmaschine oder eines Inductoriums

tiberspringen.

Ich habe die von mir beobachteten Erscheinungen zu erklären versucht ohne Rücksicht auf die Durchlässigkeit oder Undurchlässigkeit der Niederschlagsschichten gegen die Membranbildner oder die Ionen derselben. Es entspricht dies dem vielfach festgestellten Versuchsresultat, dass ein charakteristisch verschiedenes Verhalten der durchlässigen und undurchlässigen Niederschläge nicht zu erkennen war. Die Ferrocyankupfermembran ist zweifellos längere Zeit un- durchlässig und behält diese Eigenschaft auch schnell wech- selnden Strömen gegenüber (3. Tammann). Bei dem an- \ dauernden Durchgang eines constanten Stromes kann sie jedenfalls die Vereinigung eines grossen Theiles der heran- geführten Ionen zu neuen Niederschlagsschichten nicht ver- hindern, da die Verstärkung des Niederschlages sich in

208 A, Oberbeck. Niederschlagsschichten,

durchaus unzweideutiger Weise durch das Anwachsen A- ^^ Widerstandes zu erkennen gibt.

Vielleicht bewirkt aber der electrische Strom selbst d^^^^ Uebergang der anfangs undurchlässigen Membran des Ferr^ ^o* cyankupfers in eine durchlässige von Ferricyankupfer, da durch den Strom fortdauernd die Ionen Fe(CN)g an die Mei bran herangetrieben werden.

Jedenfalls schien es mir nothwendig, für die entstanden^^n Polarisationen eine andere Erklärung zu geben, als diejeni^^ge von W. Ostwald, welche ausschliesslich auf der Undun lässigkeit der Niederschläge für die Ionen beruht

Greifswald, den 24. November 1890.

Heber die^ electromotarischen Kräfte galvani'

scher Ketten; von A. Oberbeck und J. Edler.

US den MittheituDgen des Daturwissenschaftlichcu Vereins von Neuvor- □unem und Rügen. 22. Jahrg. 1890 mitgetheilt von den Herren' Verf.)

Uebersicht der bisherigen theoretischen Untersuchungen

über galvanische Elemente.

Seit der Entdeckung der galvanischen Ketten ist die rörterung der letzten Ursache der an den Polen auftreten- n Potentialdifferenzen der Gegenstand eingehendster Unter- changen und lebhaftesten Streites gewesen. Insbesondere Lben zwei Theorieen^ die allerdings beide im Laufe der Zeit Bsentliche Veränderungen erfahren haben, einander gegen- 3er gestanden: die Contacttheorie und die chemische Theorie, ine endgültige Entscheidung für die eine oder andere heorie ist noch nicht erfolgt.

Nur soviel ist jetzt wohl als erwiesen anzusehen, dabs ie ganze electromotorische Kraft einer Kette gleich ist der Igebraischen Summe der Potentialdifferenzen an allen Be- Ahrungsstellen heterogener Leiter. Hiernach würde es sich UDächst um die Bestimmung der Potentialdifferenzen ein- 3lner Leiterpaare handeln. Aber gerade diese ist beson- ers schwierig. Die von W. Ostwald^) angegebene Me- iode der Tropf elektroden zur Bestimmung der Potential- fferenz von Quecksilber und Flüssigkeit scheint erst in der )n E. Paschen^ verbesserten Form für diesen Zweck rauchbar zu sein.

Viel leichter als die Bestimmung der einzelnen Sum- landen ist diejenige der Gesammtsumme. Auch bietet die- )lbe dadurch zunächst ein grösseres Interesse, dass es bis »tzt nur für diese in einigen, besonderen Fällen gelungen t, aus anderen Eigenschaften der Bestandtheile der Kette ie electromotorische Kraft derselben zu berechnen.

1) W. Ostwald, Zeitschr. f. physik. Chem. 1. p, 582. 1887.

2) E. Paschen, Wied. Ann. 41. p. 41. 1890.

Ann. d. Phys. iL Chem. N. F. XLII. 14

210 A, Oherbeck u, J. Edler,

Die ausschliessliche Vorbedingung hierfür war bis je! die vollständige Umkehrbarkeit der Vorgänge, welche eil treten, wenn der Strom die Kette in dem einen oder deren Sinne durchläuft. Als vollständig umkehrbar kan: man eine Kette definiren, wenn die Gesammtheit aller ch( mischen Processe bei Stromdurchgang in einem Sinne voll ständig rückgängig gemacht wird, durch den Durchgang dei selben Electricitätsmenge in dem entgegengesetzten Sinn^^^- Man kann eine Kette auch dann ab umkehrbar bezeichne! wenn infolge des Stromdurchganges in dem einen oder an deren Sinne keine Elemente oder Verbindungen neu auf treten, welche nicht zuvor vorhanden waren. Der electrischi Strom darf daher nur eine Vermehrung oder Verminderunj oder eine andere räumliche Vertheilung der vorhandene] Bestandtheile der Kette bewirken.

Am einfachsten wird diese Bedingung bei den sog. Con- centrationsketten erfüllt. Tauchen zwei Platten desselbei Metalls in die Lösungen eines Salzes des betreffenden Me-^*^^ talls, welche an den beiden Polen verschiedene Concentra -^^ tion haben, so zeigen die Metalle eine PotentialdifferenZp und zwar ist die in der concentrirten Lösung befindlich« Metallplatte der positive Pol der Ooncentrationskette. Bei Schliessung dieser Kette tritt durch die Wirkung des Strom< eine Verringerung der Concentrationsunterschiede ein, df gleichzeitig Metall von der Anode zur Kathode, dagegen Salz' im umgekehrten Sinne wandert. Dieser Vorgang bei Strom- schluss ist aber nicht allein in dem oben definirten Sinne umkehrbar. Derselbe kann auch wie H. von Helm- holt z zuerst auseinander gesetzt hat^) durch einen me- chanischen Vorgang rückgängig gemacht werden.

Es kann nämlich der ursprüngliche Zustand der Con- centration durch Verdampfung von Wasser an der Kathode und Condensation des Dampfes an der Anode wiederher- gestellt werden. Durch Gleichsetzung der electrischen und mechanischen Arbeitsgrössen erhält man dann den folgenden Ausdruck für die electromotorische Kraft der Concentra* tionskette, unter gewissen, vereinfachenden Annahmen:

Ij H. von Ilelmholtz. Wisscii.-chaftl. Abhandl. 1. p. 840. 1832. Wied. Ann. .3. p. 201. 1^77.

Eleciromotorische Kräfte rjalvanischer Ketten, 211

£ = Ä.F,n -«) lg ^"J)

In demselben bedeutet h die Constante in der Formel ir die Verminderung des Dampfdrucks über einer Salz- sung im Vergleich zu dem Dampfdruck über reinem Wasser, t ersterer p, letzterer bei gleicher Temperatur /j^j so ist

inäbemd :

h

jnn q diejenige Wassermenge ist, welche ein electrolytisches equivalent des Salzes enthält. Ferner sind qa und qit die ^sprechenden Wassermengen an der Anode und Kathode, id es ist n die ,,Ueberführungszahl des Kations*'.

In etwas anderer Weise hat vor Kurzem W. Nernst') Drmeln für die electromotorische Kraft von Concentrations- itten abgeleitet, welche für die Berechnung noch bequemer ttd. Die Polgerungen der Theorie wurden von J.Moser') id W. Nernst*) geprüft. Als Beispiel mag die electro- otorische Kraft der Kette:

Iber I Silbernitrat YioDormal | Silbernitrat Vioo normal | Silber

geführt werden, welche bei der Beobachtung 0,055 Volt b und nach der Rechnung 0,0572 Volt betragen sollte, ähnlicher Weise lassen sich auch einige Classen von üssigkeitsketten berechnen.

Für die bei weitem wichtigste Classe der umkehrbaren etten, welche nach dem Typus des DanielPschen Elementes (bildet sind, glaubte man schon frühzeitig einen einfachen usdruck der electromotorischen Kraft gefunden zu haben, ßhon im J. 1847 hat H. v.Helmholtz^) darauf hingewiesen, äss möglicherweise die electromotorische Kraft einer solchen ^ette der algebraischen Summe derjenigen (mit dem mecha- ischen Wärmeäquivalent multiplicirten) Wärmetönungen leich sein könnte, welche den bei Durchgang der Strom- inWt erfolgenden chemischen Processen entsprechen.

1) 1. c. p. 84S.

2) W. Nernst, Zeitschr. f. iihysik. Chem. 4. p. 154 u. 163. 1889.

3) J. Moser, Wied. Ann. 14. p. 62. 1878.

4) W. Nernst, 1. c. p. 155.

'>) H. V. Helmholtz, Wissenschaftl. Abhandl. 1. p. 50. 1832.

14*

212 A. Oberbeck u. J. Edler.

Etwas später hat Sir W. Thomson^) die gleiche Ziehung aus dem Grundsatz der Erhaltung der Energie z; beweisen gesucht. Da durch die electromagnetische Stro einheit in der Secunde 0,01118 g Silber abgeschieden we den, so werden durch denselben Strom 0,01118/(2.108) ele trolytische Aequivalente irgend einer anderen Verbindun zerlegt.

Diese Zahl ist mit der Differenz der Wärmetönunge der betreffenden Verbindungen zu multipliciren und ferne durch Multiplication mit dem mechanischen Wärmeäqu valent: 4,2.10^ in Arbeitseinheiten umzusetzen.

um endlich die electromotorische Kraft in Volts zu e halten, ist noch mit 10® zu dividiren.

Hiemach ist die electromotorische Kraft E in Volts :

^ 0,01118 4,2.10^, . ^.

E=^0fi,2lU{A^K)=^^-,

wenn A die Wärmetönung des an der Anode, K diejeni des an der Kathode sich abspielenden chemischen Vo: ganges ist.

Benutzt man die J. J. Thomson' sehen Zahlen für di Wärmetönungen :

Zn, O, SO.jAq. = 106 090,

Qu, O, SOjAq. = 55 960,

entsprechend dem DanielTschen Element, so würde dasselbe:

^ = iÜÜfö = 1>089 Volt sein. Diese zufällig sehr günstige Uebereinstimmung mit dem wahren Werth der electromotorischen Kraft hat bewirkt, dass man längere Zeit hindurch der oben angegebenen Formel allgemeine Gültigkeit zuschrieb.

Durch die eingehenden Untersuchungen von F. Braun-) und Alder Wright und C. Thompson^) wurde aber fest-

1) W. Thomson, Phil. Mag. (4j 2. p. 429 u. 551. 1851.

2) F. Braun, Wied. Ann. 5. p. 182. 1878; 16. p. 561. 1882; 17. p. 593. 1882.

3) Alder Wright u. C. Thompson, Phil. Mag. (5) 19. p. 27, 102, 197. iJSSo.

Electromotorüche Kräfte galvanischer Ketten, 213

gestellt, dass dieselbe sich durchaus nicht in allen Fällen als richtig bewährt. Es ergaben sich dabei die folgenden Resultate:

1) Es gibt Ketten, bei denen die oben auseinander- gesetzte Berechnung der electromotorischen Kraft nahezu zutrifft. Dieselben bestehen aus Combinationen von Zink, Cadmium oder Kupfer in den Lösungen ihrer Sulfate oder Acetate.

2) Bei anderen Ketten ist die beobachtete electromoto- xische Kraft kleiner, als die berechnete (hauptsächlich wenn der positive Pol derselben Silber oder Blei ist).

3] Es gibt Ketten, bei denen die beobachtete electro- xnotorische Kraft die berechnete übertriflFt. Dies findet be- sonders statt, wenn der positive Fol Eisen oder Quecksilber ist, oder wenn Blei den negativen Pol bildet.

Ja es gibt sogar Ketten, bei denen die electromotorische -Kraft das entgegengesetzte Vorzeichen hat^), wie die berech- siete und andere, bei denen das Vorzeichen mit der Tempe- :x:atur sich ändert, bei welcher die Beobachtung stattfindet. Für den ersten dieser beiden Fälle mag die Kette: Alu- ^Küinium und Zink in den Lösungen ihrer Sulfate als Beispiel angeführt werden.') Dieselbe sollte nach der Berechnung die electromotorische Kraft 0,982 Volt mit Zink als posi- t:iYem Pol besitzen. Die Beobachtung gibt dagegen Alu- minium als positiven Pol und die electromotorische Kraft 0,537 Volt.

Ein merkwürdiges Element, bei welchem mit der Tem- peratur eine Veränderung des Vorzeichens der electromoto- rischen Kraft stattfindet, hat F. Streintz^) untersucht. Es besteht dasselbe aus Silber in Silbersulfatlösung und Queck- silber in Berührung mit Quecksilbersulfat. Bei niedriger Temperatur ist Silber, bei höherer Quecksilber der positive Pol. Die Temperatur des Zeichenwechsels ist verschieden bei den einzelnen Elementen, liegt aber zwischen 10^ und 30^ Da die oben besprochene Berechnung der electromotori-

1) Eine Zusammenstellung dieser Ketten bei AI der Wright und C- Thompson, I. c. p. 211.

2) A. P. Lauric, Phil. Mag. (5) 22. p. 213. 1886.

3) F. Streintz, Wien. Ber. 98. Abth. IIa. 1889. Wied. Ann. 38. p.5U.

214 A. Oberbeck u. J. Edler,

sehen Kraft auf den Satz der Erhaltung der Energie zurück- geht, indem sie auf der Erwägung beruht, dass die Arbeit der electrischen Kräfte bei dem Stromdurchgang durch das Element der Arbeit der chemischen Kräfte gleich sein mixss, so ist die Frage von grossem Interesse, worin der Mangel an Uebereinstimmung zu suchen ist.^)

Derselbe kann zunächst darin seinen Grund haben, da.BS die zur Berechnung herangezogenen chemischen Proce^s® überhaupt gar nicht in der angenommenen Weise verlauf^^* Dies ist z. B. bei der oben erwähnten Aluminium-Zinkke fcte sicher der Fall. Bei derselben ist wahrscheinlich auch ^f^^ nicht das Aluminium als solches in Berührung mit der S ^^^' fatlösung. Vielmehr ist anzunehmen, dass dasselbe dur ^cb eine dünne Schicht eines Suboxyds von der Flüssigkeit ^^^' trennt ist.

Dann aber treten nachweislich in allen bis jetzt bekaiMi*^^' ten Fällen des Ueberganges von Electricität von eifern Mets^*^* zu einer Flüssigkeit und umgekehrt directe, locale Wärn^^^'

entwickelungen (gewöhnlich Production von Wärme an d -^^

Anode und Verbrauch an der Kathode) auf. Letztere müS8< selbstverständlich bei dem Ansatz der Energiegleichung mi berücksichtigt werden.

Bezeichnet man wie oben die Wärmetönung desu^^ chemischen Processes für die Stromeinheit und Zeiteinhe^ ^^ an der Anode mit A, an der Kathode mit Ä', mit c de ° oben berechneten Factor, die wirklich bei Stromdurchgan 8 auftretende Wärmeerzeugung an der Anode mit o, den durcZ^^^ Abkühlung zu erkennenden Wärmeverbrauch an der Kathod ^ mit k, beide Wärmemengen nach mechanischem Maass messen, so ist jetzt an Stelle der GleichuDg:

E=c\A-K\

zu setzen: E == c{A K) [a A).

Man kann für die letzte Gleichung auch schreiben:

oder: E = c { Ax Ky ] ,

1) Vgl. G. Wiedemann, Electricität 2. p. 665. E. F. Herroun Phil. Mag. (5) 11. p. 209. 1S^S9.

Electromotorische Kräfte galvanischer Ketten. 216

cJ "^ cK

gesetzt wird. Der Ausdruck für die electromotorische Kraft ist dadurch auf eine Form gebracht, welche derselben bereits von F. Braun*) gegeben wurde.

Die Factoren x und y bezeichnet derselbe als electro- motorische Nutzeffecte.

Andererseits hat H. von Helmholtz^) nachgewiesen, dass die local entwickelten Wärmemengen a und k der ab- soluten Temperatur & proportional sind, sodass:

zu setzen ist. Denn in diesem Falle ist, vorausgesetzt, dass ^ und K oder wenigstens die DiflfereDz A K von & un- abhängig ist, die Bedingung zu erfüllen, dass:

fiiernach wäre der Ausdruck für die electromotorische Kraft:

E=^c{A-K)-{u-?c)&,

Ist die eben gemachte Annahme nicht allgemein gestattet, sind A und K ebenfalls Functionen der Temperatur, so hätte man die Differentialgleichung:

zu lösen, deren rechte Seite eine Function von & ist. Das Integral dieser Gleichung kann man in der folgenden Form schreiben :

In den meisten Fällen ist die Veränderung der Ver- i' binduDgswärmen A und K in gleicher Weise von der Tem- peratur abhängig, sodass das letzte Glied keinen erheblichen Einfluss haben kann.*)

Schliesslich mag hier noch auf eine Formel für die elec- tromotorische Kraft hingewiesen werden, welche J. J. Thom-

li F. Braun, Wied. Ann. 16. p. 561. 1882; 17. p. 593. 1882.

2) H. V. Helmholtz, Wissenschaftl. Abb. 2. p. 962.

3) Vgl. hierüber G. Lippmann, Compt. rend. 99. p. 895. 1885.

216 A. Oberheck v. J. Edler.

8on^) entwickelt hat. In der hier angenommenen Schreib weise würde die dort aufgestellte Differentialgleichung laute

&'^

d^

j-^^T^ + E^c{A^K).

Hiernach wäre die Berechnung der electromotorischen Kra.:^^ streng umkehrbarer Ketten zurückgeführt auf die Kenntni^^^ der WärmetöDungen der chemischen Processe und auf di jenige der localen Wärmeentwickelungen bei Uebergang d Electricität von Metall in die Salzlösung des Metalles.

Für letztere liegen directe Beobachtungen vor va Bouty2), H. Jahn») und W. Gill^), die zum Theil noc zu verschiedenen Resultaten geführt haben. Selbstverstän lieh können nur diejenigen Wärmeentwickelungen hier Betracht kommen, welche bei einem Zustande der Salzlösuni erfolgen, bei dem der Vorgang noch ein vollständig um kehrbarer ist. Diese Bedingung hört im allgemeinen au erfüllt zu werden, wenn ein starker Strom lange Zeit dure die Lösung geht oder wenn letztere sehr verdünnt is W. Gill hat übrigens noch das beachtenswerthe Resulta gefunden, dass die genannten Uebergangswärmen von de Concentration abhängen und bei grösserer Verdünnung (be den Lösungen der Sulfate von Zink, Cadmium und Kupfer) kleiner werden. Hiernach müssten dieselben auch einen Ein- tluss auf die Berechnung der Goncentrationsketten ausüben, bei denen derselbe bisher nicht berücksichtigt wurde.

2. Plan und Anordnung der Untersuchung.

Aus dieser kurzen Uebersicht kann man entnehmen, dass die Anzahl derjenigen galvanischen Ketten, deren elec- tromotorische Kraft aus anderen Eigenschaften ihrer Com- ponenten bis jetzt wirklich berechnet werden kann, noch eine kleine ist. Gerade die wichtigste und einfachste Be- ziehung, diejenige zu den Wärmetönungen, ist keineswegs

1) J. J. Thomson. Anwendungen der Dynamik auf Physik und Chemi<\ Autorisirte Ueborsetzung. Leipzig 1800. p. 312.

2) Bouty, Compt. rend. 89. p. 146. 1879 u. 90. p. 987. 1880. 3j H. Jahn, Wied. Ann. 34. p. 755. 1S88. 4) W. Gill, Inauguraldiss. Greiföwald 1889 und Wied. Ann. 40.

p. li:>. 1890.

Eketromotorische Kräfte galvanischer Ketten, 217

b die Erfahrung allgemein bestätigt worden. Bestände Ibe durchweg, so könnte man sie als Grrundlage einer srnen chemischen Theorie der galvanischen Kette be- nen. Andererseits lässt sich eine gewisse , allgemeine ogie zwischen den Potentialdifferenzen eines Metalles Q eine Salzlösung einerseits und der Wärmetönung bei mg dieses Salzes nicht yerkennen. So ist z. B. die enfolge der Metalle nach ihren Wärmetönungen bei mg der hauptsächlichsten Salze im Granzen dieselbe, wie m sogenannten electrischen Spannungsreihen der Metalle. Es schien uns daher Yon Interesse, eine Reihe hierhin render, noch keineswegs erschöpfend behandelter Fragen r zu untersuchen. Dabei glaubten ¥rir nicht jnehr bei umkehrbaren Ketten stehen bleiben zu sollen. Es schien im Gegentheil von Wichtigkeit, festzustellen, ob und in ber Weise ähnlich zusammengesetzte, constante und in- kante Ketten sich in ihrer electromotorischen Elraft rscheiden. Lässt man z. B. in der Clark' sehen Kette:

Zink I Zinksulfat | Quecksilbersulfat | Quecksilber ^uecksilbersulfat fort, so wird die Kette sehr inconstant. geringste Strom, welcher Zink in das Quecksilber treibt, gt, um die electromotorische Kraft der Kette fast auf herunterzudrücken. Wie unterscheidet sich nun die mit jicht untersuchte Kette von der Clark'schen? Wie wird

ferner die electromotorische Kraft ändern, wenn man dieser Kette das Zinksulfat durch die Sulfate anderer skUe ersetzt, ferner wenn man die gleichen Untersuchun- fur die Chloride, Bromide und Jodide anstellt? Wir haben uns hierbei zunächst auf eine kleine Anzahl Metallen beschränkt, und um dieselben in Oberflächen- Inden zu benutzen, welche möglichst unverändert erhalten len können, haben wir dieselben als schwache Amalgame iwandt Es ist bekannt und noch vor Kurzem durch

eingehende Untersuchung von S. Lindeck^) bestätigt

len y dass sich die Amalgame der meisten Metalle auch

ziemlich geringem Procentgehalt electromotorisch fast

VI ebenso verhalten wie die Metalle selbst. Diese Amal-

1) S. Lindeck, Wied. Ann. 35. p. 311. 1888.

218 A. Oberbeck u, J, Edler.

game sind bei einem Grehalt an Metall von 1 bis 2 Proc. noch vollkommen flüssig. Sie wurden in U- förmige Glas- röhren gefüllt. In den längeren Schenkel konnte ein Platin- draht getaucht werden. Doch konnte die Oeffnung desselben auch mit einem kleinen Compressionsapparat yerbunden wer- den, durch welchen die Höhe des Amalgams in dem kür- zeren Schenkel regulirt wurde. Letzterer tauchte in die zu untersuchende Flüssigkeit. Durch Heben und Senken der Quecksilbersäule wurde die Flüssigkeit in das obere Ende der Röhren eingeführt und in Berührung mit der Queck- silberoberfläche gebracht. Der Vortheil dieser Anordnung im Vergleich zu festen Metallelectroden besteht vor Allein darin, dass man durch Ausstossung eines oder einiger Tropfen von Amalgam stets leicht eine ganz neue und absolut rei^^ Oberfläche hervorbringen kann.

Wir haben in dieser Weise die Amalgame von Zi^^ Cadmium, Zinn, Blei, Wismuth stets im Vergleich zu reia ^^ Quecksilber untersucht.

Zur Untersuchung der electromotorischen Kraft unse ^'^'^ Elemente:

Quecksilber { Flüssigkeit | Amalgam wurde die Compensationsmethode mit Anwendung eic^^^ Spiegelgalvanometers benutzt. Die beiden Rollenpaare d^^*" selben hatten über 10000 S.-E. Widerstand. Als compe^^' sirende Kette dienten drei DanielTsche Elemente, neb^^^ welche ein Widerstand von 3000 S.-E. eingeschaltet war. D ^^ zu verändernde Zweigwiderstand bestand aus einem Wid^-^' Standskasten von Hartmann und Braun.

Zur ControUe der Daniells diente ein Clarkelemen ^' welches stets abwechselnd mit den zu untersuchenden El^' menten durch die 3 Daniell compensirt wurde. Anfängliot* benutzten wir ein selbstverfeitigtes Element, welches häufig mit einem Normaldaniell verglichen wurde. Dasselbe wa.^ zwar recht constant, hatte aber eine etwas grosse electrc^"^ motorische Kraft von 1,465 Volt. Später wurde dasselb^^ durch ein von R. Fuess bezogenes und von der physikalisch^*^ technischen Reichsanstalt in Charlottenburg geprüftes Clark ^ ' Clement ersetzt.

Ebenso wurde anfänglich käuÜiches, sogenanntes chemisct

Electromotorische Ki äfkh f/alvanisc/ier Ketten. 219

Quecksilber benutzt, und es wurden die Amalgame durch Einführung käuflicher chemisch reiner Metalle

Quecksilber hergestellt. Nachdem wir indess in den

eines Weinhold 'sehen Quecksilberdestillationsappa- ;elangt waren, wurde das Quecksilber zweimal destillirt. wurden die Amalgame durch electrolytische Abschei- der Metalle auf einer Quecksilberkathode hergestellt,

wir annehmen dürfen, bei diesen letzten Reihen wirk- it chemisch reinen Materialien gearbeitet zu haben, ei dem Wismuth gelang uns die electrolytische Bildung inalgams nicht. Hier wurde daher reines Wismuth in 3inen Quecksilber aufgelöst.

3. Ergebnisse der Versuche.

nsere ersten Versuche behandelten die electromotori- Kräfte der oben angeführten Amalgame gegen Queck- in einer grösseren Anzahl von Lösungen von Sulfaten iloriden, welche zum Theil auch in verschiedenen Con- tionen benutzt wurden. Um unser Forschungsgebiet 'maassen zu beschränken, haben wir vorläufig die stark inten Lösungen ausgeschlossen, bei welchen eigenthüm- V^eränderungen der electromotorischen Kräfte mit der itration vorzukommen scheinen.^) ^ir stellen die Ergebnisse zunächst für Zink und Cad- gegen Quecksilber in den beiden folgenden Tabellen nen. Die neben den Salzen stehenden Zahlen bedeuten Bcifischen Gewichte der Lösungen.

Tabelle 1.

Lösungen

Zink

! Cadmium

MgSO,

1,204

1,270

0,845

K,SO,

1,027

1,308

0,890

K,SO,

1,071

1,319

' 0,902

Na^SUj

1 ,039

1,307

: 0,872

Na,SO,

1,108

1.310

' 0,878

(NHJ.SO^

1,091

1 ,278 !

i 0,849

ZnSO^

1,181

1,290

0,867

1,195

1,237

0,880

ZnSO,

1,403

1,187 '

0,863

Cd8(>,

1,139

0,810

CdSO^

1,159

1

0,809

MnSO,

1,132

1,257

0,842

Vjfl. (;. Gore, Phil. Mag. (5) 2\). p. 401. isyo.

220 A. Oberbe^ w. J. Edler.

Ta

be

»lle 2.

Lösi

mgen

1

1 1

Zink

Cadmium

.. . , _ j

KCl

NaCi

NH.Cl

ZnCl,

CdCl,

1,153 1,190 1,064 1,054 1,213

1,132 1,108 1,116 1,062

0,775 0,767 0.764 ! 0,758 0,680

Da ein Clarkelement die electromotorische Kraft 1,4$- ^> ein Calomelelement diejenige 1,074 besitzt, so sieht man, durch Uebergang von der constanten zur inconstanten in dem einen Falle die electromotorische Kraft etwas kleine im anderen etwas grösser geworden ist.

Der Anblick der beiden Tabellen lässt ohne weiten erkennen, dass das Metall der Salzlösung keinen erhebliche Einfluss auf die electromotorische Kraft ausübt. Nur in dei Falle sind die Werthe derselben kleiner, wenn das betreffem Metall dasselbe ist, wie dasjenige der einen Electrode (Zin oder Cadmium). Dagegen sind die electromotorischen Kr&ftrr:^ der beiden Combinationen erheblich geringer, wenn man vor '^ den Sulfaten zu den Chloriden übergeht. Die Werthe dei selben sind ferner, wie uns der Vergleich mit anderen Reihei gezeigt hat, innerhalb gewisser aber ziemlich enger Grenzen variabel. Eine der Hauptursachen dieser Erschei nung hat vor Kurzem E. Warburg ^) eingehend untersucht die Einwirkung der in der Lösung enthaltenen Luft, ins^ besondere des Sauerstoffs auf die Electroden. Bestehen beidt Electroden aus demselben Metall, ist aber die Flüssigkeil um die eine Electrode luftfrei, um die andere lufthaltig, s( ist die „Vacuumelectrode*' anodisch gegen die ,.Luftelectrode'*^ oder es ist letztere der positive Pol des auf diese gebildeten Elementes.

Der Luftzutritt zu unseren stets zuvor ausgekochten Flüssigkeiten war nicht ausgeschlossen. Jedoch war unsere ganze Anordnung derart, dass jedenfalls keine schnellen Aenderungen des Luftgehaltes in der Nähe der Electroden stattfinden konnte. Aus diesem Grunde zeigten auch unsere

1) E. Warburg, Wied. Ann 3^. p. 322. 1881».

Electromotoriiche Kräfte galvanischer Ketten, 221

Messungen in einem Zeiträume von etwa einer halben Stunde in den bei weiten meisten Fällen ganz constante Werthe.

Mit Berücksichtigung dieser Umstände schlössen wir schon aus unseren ersten Versuchen, dass die electromotori- schen Kräfte ausser von den beiden Metallen hauptsächlich Ton dem electronegativen Bestandtheil des gelösten Salzes abhängig seien. Es handelte sich also darum, diese Ab- Mngigkeit für eine Reihe der wichtigsten Fälle festzustellen.

Die folgenden Tabellen enthalten die Resultate dieser mit reinen Materialien angestellten Versuche.

Tabelle 3. Chloride.

LösuDgen

NaCl 1,082

KCl 1,098

ZnCls 1,104

CdClj 1,075

Zink Cadmium Zinn

1,121 1,126 1,025

0,756 0,752 0,757

0,698

0,587 0,609 0,647 0,597

Blei Wismuth

0,563 0,562 0.527 0,565

0,257 0,329 0,258 0,231

Tabelle 4. Bromide.

Ldsungen

NaBr 1,105 KBr 1,090 ZnBr« 1,115 CdBr. 1,075

Zink Cadmium

0,982 1,010 0,881

0,630 0,641 0,624 0,561

Zinn

0,542 0,567 0,500 0,472

Blei

0,448 0,462 0,404 0,451

Wismuth

0,215 0,228 0,148 0,173

Tabelle 5. Jodide.

Lösungen

Zink Cadmium

NaJ 1,063 , 0,830

KJ 1,031 0,831

ZnJ, 1,112 ! 0,675

Cdj; 1,059 I

0,463 0,457 0,476 0,418

Zinn

0,453 0,484 0,845

0,326

Blei

0,248 0,272 0,236 0,313

Wismuth

0,041 0,050 0,033 0,053

Tabelle 6. Sulfate.

Lösungen

NajSO^ 1,116

K,SO^ 1,070

ZnSO. 1,150

CdSO^ 1,127

Zink

1,361 1,394 1,274

Cadmium

0,935 0,961 0,963 0,923

Zinn

0,873 0,877 0,847 0,837

Blei

0,801 0,795 0,778 0,883

222

A, Oberbech v. J, Edler.

Tabelle 7. Nitrate.

Lösungen

Zink Cadm.

Blei Wiam

NaNOg 1,070 (neutral) NaNOj 1,095 (neutral) NaNOa mit Säure Zn(N08)* (sauer r.) Zn(N03)i mit Säure CdcNOa)^ (sauer r.)

1,328 1,331 1,484 1,295 1,439

0,887 0,880 1,089 0,919 1,092 1,042

0,821 0,762 0,906 0,761 0,905 0,940

0,736 0,745 0,918 0,740 0,910 0,929

Tabelle 8. Säuren.

Lösungen

Zink

Cadmium Zinn

Blei

Wismu

H^SO^ 1,017

1,521

1,124

0,958

HNOj 1,0095

1,509

1,111

0,942

CIH 1,0035

1,152

0,779

0,788

0,949 0,907 0,553

Tabelle 9. Carbonate und Alkalien.

0,483 0,493 0,163

Lösungen

Zink

Cadmium

Zinn

Blei

Wismui

NaHO

KHO

NH,0

1,316 1,816 1,378 1,375 1,3Ü1

0,844 0,849 0,804 0,812 0,792

0,989 0,987 1,063 1,079 0,904

0,738 0,722 0,975 0,984 0.550

0,456 0,454 0,516 0,484 0,286

Aus den vorstehenden Tabellen ziehen. wir die folgender Schlüsse:

L Die electromotorischen Kräfte der von uns untersuchtem Ketten hängen hauptsächlich ab:

aj von dem Metall der beiden Electroden,

b) von dem electronegativen Bestandtheil der Salzlösung.

Die Reihenfolge der Metalle in den Salzlösungen is überall dieselbe, wenn auch die einzelnen Metalle zum Thei etwas weiter, zum Theil etwas näher rücken.

Ein gleiches gilt auch für die freien Säuren. Dageg konnten auch wir die schon bekannte bemerkenswerthe Ver- änderung der Spannungsreihe ^) für die Alkalien constatiren; bei welchen Zinn und Blei eine auffallend hohe Stellung (be- sonders im Vergleich zu Cadmium) einnehmen.

Am grössten und nahezu gleich sind die electromotori- schen Kräfte für Schwefelsäure und Salpetersäure. Für die

1) G. Wicdemann, Die Lehre von der Electricität. 1. p. 652. 1882.

EUctromotorische Kräfte galoanischer Ketten. 223

Salzsäure sind dieselben viel kleiner und nur wenig grösser als für die neutralen Chloride.

Für die Salzlösungen folgen die electromotorischen Kräfte der Grösse nach in der Reihe:

Sulfate, Nitrate, Carbonate, Chloride, Bromide, Jodide. Die drei ersteren sind wenig voneinander verschieden. Die electromotorischen Kräfte der Nitrate gaben zum Theil leicht veränderliche Werthe. Die geringste Spur von freier Säure Hess die electromotorische Kraft erheblich ansteigen.

2) Von dem Metall der SalzVösuny sind die electromotori- schen Kräfte nur dann abhängig, wenn dasselbe mit dem Metall der einen EUctrode übereinstimmt. In diesem Fall ist die elec- tromotorische Kraft kleiner.

Diese Thatsache wurde für Zink und Cadmium con- ^tatirt bei den Sulfaten, Chloriden, Bromiden, Jodiden. Bei den Nitraten war dieselbe zum Theil durch den Einfluss der «auren Beaction der Salzlösungen verdeckt. Die electromo- torischen Kräfte erwiesen sich gegen Spuren freier Salpeter- säure ausserordentlich empfindlich. Die von uns benutzten Salze von Zink und Cadmium reagirten sämmtlich schwach sauer. Diesem Einfluss schreiben wir es auch zu, dass auch Zinn, Blei und Wismuth in einzelnen Fällen abweichende Werthe von den electromotorischen Kräften in den Lösungen der neutralen Alkalisalze zeigten. Ueberhaupt ist das Wis- muth ein Metall, bei welchem die Bestimmungen der elec- tromotorischen Kraft oft erhebliche Schwankungen zeigten, und besonders auch auf Erschütterungen reagirten. Aus diesem Grunde sind für Schwefelsäure die Werthe für Wis- muth fortgelassen.

Eine Erklärung dieser Ergebnisse scheint uns in der von E. Warburg^) herrührenden Auffassung der inconstanten Elemente zu liegen. Die Grundlage derselben bildet die Annahme, dass an der Grenze Metall-Salzlösung eine geringe Menge des Metalls in Lösung übergeht. Da es sich hierbei nur um eine Grenzschicht von molecularer Dicke handelt, so genügen hierzu Metallmengen, welche mit den gewöhnlichen

1) E. Warburg, Wied. Ann. 38. p. 327 u. 338. 1889. Vgl auch W. Kernst, Zeitschr. f. phys. Chem. 4, p. 147. 1889.

224 A. Oberdeck u. J, Edler,

chemischen Hilfsmittel nicht mehr nachweisbar sind. Au oh ist die neuere AuflFassung in der Chemie, nach welcher A^t grössere Theil der Molecüle eines gelösten Salzes in seixi^^ Theilmolecüle zerfallen ist, dieser Annahme günstig. Nac^h derselben ist es wohl denkbar, dass z. B. an der Grenze ein^r Chlornatriumlösung gegen Zink vorübergehend sich Chl<^:ar- zinkmolecüle bilden und zersetzt werden, jedoch in der Weis^^r dass fortdauernd eine gewisse Anzahl derselben vorband^ i^ ist. Hiernach würde die electromotorische Kraft einer Ketfc^r bestehend aus den Metallen M^ und M3 in der Lösung ein^s^ Salzes M3S, anstatt aus den Potentialdifferenzen:

MJM2S + M2S|M3,-

aus der Oombination:

M, I MjS + MjS i M.,S + M3S I M3S + M3S I M3 bestehen.

Diese Anordnung als wirklich vorhanden vorausgesetz^^t würde sich das Element in ein umkehrbares verwandeÜ^^ haben.^) Selbstverständlich wird es sich als solches nich^^^ einem electrischen Strom von endlicher Grösse gegenüber ^ verhalten. Alle theoretischen Betrachtungen über die ele< tromotorischen Kräfte setzen aber auch nur die Umkehrbai keit für beliebig kleine Electricitätsmengen voraus.

Es schien daher auch nicht unangemessen, die Wärme tönung des chemischen Processes zum Vergleich heranzu- ziehen. Man ersieht zunächst, dass dabei die Verbindungs- wärme des Metallsalzes herausfällt und im wesentlichen di( Wärmetönungen der Endglieder übrig bleiben. Es steht da^- mit in bester Uebereinstimmung das Resultat, dass die elec^ tromotorischen Kräfte von dem Metall der Salzlösung nfhezu^ unabhängig sind.

Wir lassen hier noch einige thermochemische Daten für die Bildungswärmen einer Reihe wässeriger Salzlösungen nach J. Thomsen^) folgen.

1) E. Warburg, 1. c. p. 338.

2) J. Thomsen, Thermochem. Untersuch. 3. p. iOö, 506, 508, 509, 516, 518. Leipzig 1883.

EkotromotoriMche Kräfte gahatäseher Ketten, 225

Tabelle 10.

k . . .

Imium . .

11

»E

ecksilber .

106 090 89 880 73 800

102 510 86 000 68 070 37 070

112 840 96 250 76 970 59 860

90960 75640 54410

Jodide

60540 47870

Vergleicht man die entsprechenden Differenzen dieser ärmetönungen mit den beobachteten electromotorischen räften, so ist eine gewisse Analogie nicht zu verkennen, e Werthe nehmen meist ab, wenn man von den Chloriden den Bromiden, von diesen zu den Jodiden übergeht, ebenso 8 die electromotorischen Kräfte. Bei Vergleich der Ni- ite und Chloride sind die Differenzen für erstere über- egend, weil die Reihe steiler abfällt, als bei den Chloriden.

Die folgende Tabelle 11 enthält eine Zusammenstellung r Einzelresultate, wie sie sich nach der oben gemachten mahme ergeben. Hierbei sei noch bemerkt, dass zu den erthen der beobachteten electromotorischen Kräfte die- ligen herangezogen wurden, welche den neutralen K- und Ei-Lösungen entsprachen.

T

abelle 11.

1

Electroden

LöSUDg

berechn.

beob.

Differenz beob.— her.

Zn-Cd

Sulfat

' 0,852 '

0,429

i +0,077

11

Nitrat

,0,358

0,446

+0,088

II

Chlorid

0.361 j

0,369

+0,008

II

Bromid

0,333 '

0,361

+ 0,028

II

Jodid

0,275

0,870

+0,095

Zn-Hg

Nitrat

1,422 ,

1,329

-0,093

II

Chlorid

1,151

1,123

-0,028

Cd-Hg

Nitrat

1,064

0,883

1 -0,181

II

Chlorid

0,790

0,747

! -0,043

Zn Pb

1 Sulfat

0,702

0,579

-0.123

II

Nitrat

0,748

0,589

' -0,159

II

Chlorid

0,802

0,561

-0,241

II

Rroinid

0,794

0,541

-0,253

Cd-Pb

1 Sulfat

0,350

0,150

1 -0,200

II

Nitrat

0,390 '

0,143

' -0,247

Chlorid

0,441

0,192

-0,249

II

Bromid

0,461 i

0,180

1 -0,281

Pb-Hg

i Nitrat

0,674

0,740

+ 0,066

II

Chlorid

0,349 ;

0,562

+ 0,213

^«»o d Phyr u. Chem. N. F XLII.

15

226 A, Oberbeck u. J, Edler, Electramotarisehe KräfU etc.

Die Unterschiede der beobachteten und berechneten elec- tromo torischen Kräfte sind von derselben Grössenordnong wie bei den constanten Ketten. Ist Blei oder Quecksilber der positive Pol, so sind die beobachteten Werthe zu kleiOf ist dagegen Blei der negative Pol, so sind dieselben zu gross. Die Mitberücksichtigung der localen Wärmeentwickelung an den Electroden scheint hier erst recht unerlässlich. Dieselbe kann wahrscheinlich als Maass der Arbeit für die Verände- rung der angenommenen Grenzschichten angesehen werden.

Die bemerkenswerthe Erscheinung, dass Zink und Gad- mium in ihren eigenen Salzen etwas geringere electromoto- rische Kräfte liefern, als in den Salzen der Alkalien, b&^ man wohl dadurch zu erklären, dass die Grenzschicht in d^ fremden Salzlösung stark verdünnt, diejenige in der eigea^>^ Lösung der Natur der Sache nach concentrirt ist. Das ^ der concentrirten Lösung stehende Metall steht aber tief^ in der Spannungsreihe, als dasjenige in der verdünnten, ^^^ electromotorische Kraft des ersteren gegen Quecksilber ^^ also kleiner.

Es scheint hiernach, dass für die Theorie der galva^^' sehen Ketten die wesentlichsten Grundlagen gefunden sii»-^

1) Die electromotorische Kraft ist zu berechnen aus d^^^ Wärmetönungen der chemischen Processe, aber mit BerncB^' sichtigung der an den Electroden sich abspielenden localen '^ Wärme Vorgänge.

2) Die inconstanten Ketten sind auf die constanten Kef:^^ ten durch die Annahme molecularer Schichten von Lösun der Electrodenmetalle zurückzuführen. Letztere sind als vei^ dünnte Lösungen aufzufassen. Ihre Concentration hängt v mancherlei Umständen ab, welche noch durch weitere Ver-' suche festgestellt werden müssen.

öreifswald, den 15. August 1890.

IIL Ueber die BentinimMng des Ohm; von Gustav Wiedemann,

(HIerBB Taf. II.)

Die folgende AbhandluDg ist eine Bearbeitung einer isfübrlichen Beschreibung meiner bereits vor einigen Jahren isgef&hrten Bestimmung des Ohm. ^) Dieselbe hat, vermuth- ii infolge der geringeren Verbreitung der Academieschrif- n, in denen sie niedergelegt ist, eine verh'ältnissmässig nur »ringe Beachtung gefunden. Da doch wohl die schon ter angeregte Frage nach einer anderen Normirung des hm über deren Zweckmässigkeit man übrigens verschie- tner Ansicht sein kann von neuem gestellt werden irfte, so erlaube ich mir infolge wiederholter Aufforde- ngen, das Wesentlichste meiner Untersuchungen auch in n Annalen mitzutheilen, um so mehr, als auch die meisten »rigen deutschen Ohmbestimmungen in denselben erschie- n sind. Bei dieser Gelegenheit habe ich die betreifenden schnungen, zum Theil selbst, einer erneuten Gontrole iterworfen, wobei sich einige, wenn auch nur in den Zehn- asenteln liegende Abweichungen von den früheren Resul- ten ergeben haben.

Diese Untersuchungen waren nach einer von W.Weber seiner Abhandlung „zur Oalvanometrie*^ angegebenen ethode in den Jahren 1879 und 1880 von ihm im Verein it Fr. Zöllner') begonnen. Die zu den Versuchen erfor- irlichen Statife mit grossen Drahtrollen und den zugehöri- an Windungsapparaten waren in ganz vorzüglicher Weise OB Hm. Bepsold in Hamburg angefertigt. Auch waren inige Vorversuche angestellt worden, welche indess durch ien Tod von Fr. Zöllner unterbrochen wurden.

Es erschien mir als eine Pflicht der Pietät gegen ien ehrwürdigen Begründer der absoluten electromagneti-

l) G. Wiedemann, Ueber die BestimmuDg des Ohm, Abhandl. i«r k. Acad. der Wisaensch. zu Berlin. Phye. Cl. 1884. Abb. III.

2j Fr. Zöllner, Berichte der math.-pbys. CL der k. sächs. Ges. der ^Maensch. 1880. Heft 2.

15*

228 G. Wiedemann.

sehen Maasseinheiten , seine Untersuchungen möglichst zu einem definitiven Abschluss zu bringen.

Für genauere Bestimmungen mussten indess die Draht- rollen neu gewickelt und alle übrigen Einrichtungen neu entworfen und construirt werden. Auch befanden sich die Apparate bei den Vorversuchen von Weber und Zöll- ner in einem durchaus ungenügenden Local, welches keine feste Aufstellung gestattete, von allen Seiten dem Wind und den Sonnenstrahlen zugänglich, höchst bedenklichen Tem* peraturschwankungen und ausserdem sehr bedeutenden loca- len magnetischen Einflüssen ausgesetzt war.

Mit Dank muss ich dabei der Unterstützung gedenkest | welche mir von verschiedenen Seiten zu Theil wurde. V^^ königliche Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig übe^' Hess mir die Apparate von Weber und Zöllner, die köniS* liehe Aeademie der Wissenschaften zu Berlin gewährte ^^® erforderlichen Geldmittel und die Verwaltungsbehörden 3^^ Universität Leipzig und der Oberbibliothekar, Hr. GeheiiO*'^ Rath Krehl, stellten ein sehr geeignetes Local zur Verfüguf^^"

I. L o o a 1.

Das Local (Taf. II Fig. 1) ist ein früheres, 17,6 m lang^*» 8,2 m breites, mit seiner Längsaxe etwa von OSO nach WN'^'^ gerichtetes, ganz aus Sandstein erbautes Klosterrefectoriui^ welches auf allen Seiten von, namentlich in den abendlich^^ Beobachtungsstunden, kaum begangenen Kreuzgängen ua^ Höfen umgeben und, abgesehen von wenigen , in den Mittag^' stunden auf die obersten Theile einiger, überdies durch Läde^ geschützter Fenster fallenden Sonnenstrahlen ganz gege^ äussere Temperatureinflüsse geschützt ist. Die Temperatur schwankte darin von Mitte December 1883 bis Ende Februar 1884 nur ganz allmählich zwischen 4,5 und 6,5® C. Grösser^ Eisenmassen waren nicht in der Nähe. Ueber dem Refec^ torium lagerten Bücher, darunter in einer Tiefe von 4,5 ä» unter dem Fussboden Fässer, welche während der ganzef' Versuchszeit unverändert an ihrem Platze blieben.

II. Besohreibung der Apparate.

1) Inductor und Galvanometer. Es wurden di^ schon von W. Weber und F. Zöllner benutzten, vof^

Bestimmung des Ohm. 229

Hm. Repsold in Elamburg construirten Apparate ver wendet y an welchen indess mannigfache Abänderungen an gebracht worden waren. Dieselben bestehen aus zwei Draht tpiralen (Fig. 2 und 3), welche auf 25,4 cm breite Hohl ^linder von sehr altem, getrockneten und mit Oel ge rankten Mahagoniholz von etwa 06 cm äusserem Durch nesser aufgewunden waren, die beiderseits Yon Mahagoni ingen von 6 cm Breite und 23 cm Höhe begrenzt waren und lieh in festen, aus starken Eichenholzbalken geformten Sta- ;ifen drehten. Die neueren Versuche beweisen, dass sich liese Drahtrollen seit ihrer Benutzung durch W. Weber ind F. Zöllner nicht geändert haben. Auch war ihr Um- Eang durch die Drahtwindungen nicht im geringsten einge- drückt. Sie enthielten in zwölf Lagen 792 Windungen, nach ier Neuwindung je 800 Windungen von doppelt überspon- lenem, etwa 3,27 mm dickem Kupferdraht.

Jede Bolle war mit ihrer Axe in horizontaler Lage auf sin 96 cm im Durchmesser haltendes, 4 cm dickes, kreisför* niges Mahagonibrett {A Fig. 2 und 3) geschraubt, welches ron einem durch eine Schraubenvorrichtung hoch und nieder :u stellenden, in einem Messinglager laufenden Conus von iCessing getragen wurde. Oben war auf jeder Rolle ein i cm dickes, 39 cm im Quadrat grosses viereckiges Maha- {onibrett B befestigt, welches in der Mitte eine aussen 3 cm, nnen 1,4 cm weite Messingröhre C als obere Drehungsaxe Ier Rolle trug. Dieselbe lief in einer Messinghülse, welche n ein über dem ganzen Apparat hinlaufendes Brett E ein- gesetzt war. Letzteres war oben an dem Statif befestigt, in «reichem die Drahtspirale sich drehen konnte. Durch die Uessingröhre waren die zusammengedrehten Enden der Drähte hindurch geführt, welche daselbst durch einen Kautschuk- Schlauch vor Verletzungen der Isolation geschützt waren. In ihrem weiteren Verlauf waren die äusseren freien Enden der Drähte mit festem Leinenband zusammengeflochten.

Um die Inductionsrolle / (Fig. 1 und 2) genau um eine in ihren Windungsebenen liegende verticale Axe um 180^ Un- und herdrehen zu können, waren bei meinen Versuchen folgende Einrichtungen getroffen. An dem einen verticalen Ständer y (Fig. 2) des Statifs war ein 2 cm breites, 5 cm

230 G. Wiedemann.

hohes und 4 cm nach innen hervorragendes, auf eine 1 cm dicke Messingplatte aufgelöthetes Parallelepiped h (Fig. 4) | von Messing angeschraubt. Auf die die Drahtrolle tragende Holzscheibe A waren zwei C förmige, in radialer Richtung 4 cm breite, in peripherischer 7,2 cm lange Klammem t von Messingguss , welche die Peripherie der Holzscheibe genau umfassten, mittelst zweier starker Messingschrauben aufge- schraubt (s. die Details in Fig. 5). Dieselben trugen nach aussen hervorragende starke Vorsprünge kj in welche sich in tangentialer Richtung zur Holzscheibe 1,8 cm dicke Mes- singschrauben einsetzten. Durch Gegenmuttern konnten die- selben in jeder Lage festgestellt werden. Die abgerundeten vorderen Enden dieser Schrauben schlugen beim Umwenden der Inductorrolle gegen das Messingparallelepiped A, weichet mit ganz dünnem Handschuhleder überzogen war. Um die Stösse beim Anschlagen, welche eine Verrückung des App*^ rates hätte verursachen können, zu vermeiden, war über dei^ Parallelepiped h an dem verticalen Statifbalken eine de^* selben umfassende viereckige Klammer / von 4 cm starka^ harten Holz mittelst zweier Holzschrauben befestigt, an w^^' eher unterhalb ein crT> förmiger, von oben mit seinen t0^ Kautschukzeug überzogenen federnden Armen bis an d^ Parallelepiped heranreichender Messingbügel m angeschraut^^ war. Die Breite desselben betrug 5 cm, die Länge jeä0^ Hälfte 40 cm, die Metalldicke 0,2 cm, der Abstand der unt^' ren Arme von dem oberen Theile in der Mitte 7.5 cm. Beid^ Umschlagen des Inductors drückte der Vorsprung k gege^ die Arme des Bügels und dadurch wurde die Bewegung all^ mählich gedämpft. Dabei war darauf zu achten, dass durcl^ die Federkraft des Bügels die InductionsroUe nach dem Axk'^ schlagen von dem Messingparallelepiped nicht wieder zurück^ gedrückt wurde.

Zur Einstellung der Multiplicatorrolle des Galvanc meters war auf dem unteren Holzbrett (Fig. 3) desselben eil» 2.2 cm breites^ 1,1 cm dickes, 2,7 cm hohes Messingparallelepiped n (Fig. 6), an dem verticalen Balken des Statifs eine sehr feste horizontale, 12 cm breite und 3 cm dicke Holzgabel befestigt, in deren Armen zwei horizontale Messingschrauben pp^ mit Gegenmuttern in Messinglagern liefen, durch deren Drehuog'

Besämmunff des Ohm. 231

las zwischen ihnen eingepresste Parallelepiped und somit die KoUe Yerschoben und festgestellt werden konnte.

In der Galyanometerrolle hing an der bereits zu den i^onrersuchen benutzten Aufhängungsvorrichtung (Fig. 7) an linem Bündel Ton möglichst wenigen, vorher mit verdünnter iodalösung ausgekochten und mit Wasser sorgfältig ausge- raschenen und getrockneten Coconiäden das durch die Ströme abzulenkende Magnetsystem. Dasselbe bestand zunächst aus lern Stahlmagnet a (Fig. 8 besonders gezeichnet) von läng- ich parallelepipedischer Form, welcher an den Enden zuge- spitzt war, in der Richtung der horizontalen Diagonale 7,5 cm, n der der verticalen 2,4 cm maass und 0,24 cm dick war. Dieser Magnet wurde zwischen zwei verticalen parallelen Messingrahmen b durch Schrauben festgehalten. Dicht vor len letzteren war zwischen drei Schrauben, welche je eine deine, mit einer tiefen Nuth versehene Messingplatte trugen, lin dünner Glasspiegel c eingesetzt.^) Unten war an dem Nahmen ein 0,6 cm dicker, 27,0 cm langer, horizontaler Mes- tingstab d befestigt, auf welchen 57 g schwere, cylindrische gewichte «^ an verschiedenen Stellen zur Veränderung des Frägheitsmomentes aufgeschoben werden konnten.

Der den Magnet in sich schliessende Doppelrahmen latte zwei Haken, welche sich in zwei, in einen horizontalen ylindrischen Stab von 3,5 cm Länge eingedrehte Nuthen :enau einfügten. Der letztere Stab trug oben einen fförmi- :en Bügel ff von Aluminiumblech, dessen oberer horizontaler [?heil von einem feinen Loch durchbohrt war, durch welches lie das Magnetsystem tragenden Coconfäden hindurchgingen, unterhalb waren dieselben an einer kleinen, innerhalb des Bügels angebrachten Rolle h befestigt, durch deren Drehung das System gehoben und gesenkt werden konnte.

Mit ihren oberen Enden gingen die Coconfäden durch ein verticales Messingrohr i (Fig. 7 und 9), welches oben mit einer Messingplatte mit einem V förmigen Ausschnitt be- deckt war, in den sich die Coconfäden einlegten, sodass sie

1) Leider gelang es nicht, einen Stahlmaguet mit direct aufgeschliffe- Ben spiegelnden Flächen zu erhalten, welche hinlänglich deutliche Bilder segeben hätten.

232 G. fViedemann.

bei der Verticalstellusg des Apparates genau in der Axe des Rohres hingen. Hinter dem Ausschnitt waren sie an einem drehbaren Messingknopf geknüpft Das Messingrohr drehte sich in einer, auf eine Messingplatte mit nach unten schräg zusammen laufenden Rändern aufgesetzten Fas- sung und war mit einem Theilkreis yersehen, welcher an einem an der Messingplatte angebrachten Zeiger yorbeilief. Die Platte selbst setzte sich zwischen zwei oben an der Rolle auf einer besonderen Messingplatte befestigten Messingleisten ein und wurde dazwischen durch eine seitliche , in einen drei- eckigen Ausschnitt eingreifende Schraube stets in derselben Lage festgehalten.

Das Magnetsystem war von einem Holzkasten (Fig. 1) umgeben, welcher durch einen yerticalen Längsschnitt in zwei Hälften getheilt war, deren eine leicht entfernt werden konnte. Der Kasten setzte sich mittelst dreier Stellschrau- ben auf ein in die Drahtrolle eingeschraubtes Brett auf. Vorn vor dem Spiegel am Magnetsystem war er mit einer Oefihung versehen, welche mit einer etwas schräg nach unten gestellten, planparallelen Glasplatte verschlossen wurde.

2. Ablesefernrohre. Als Ablesefernrohre behufs Be- stimmung der Ablenkung des Magnetsystems u. s. f. dienten zwei aufMessingdreifüssen drehbare Fernrohre von Steinheil mit Objectivöffnungen von 5 cm Durchmesser. Jedes Fernrohr lag mit seiner horizontalen Axe auf zwei an einer starken Messinggabel a (Fig. 10) angebrachten Lagern. Letztere war auf einer verticalen, in dem Dreifuss drehbaren und durch eine seitliche Schraube festzustellenden Axe befestigt. Auf die Messinggabel war ein starker Arm b von Buchsbaumhols aufgeschraubt, auf welchem sich unterhalb des Objectivs des Fernrohrs ein gegen die Axe desselben nahezu senkrechter, horizontaler, 2,2 cm dicker, 6,5 cm breiter und 40 cm langer Stab c von gleichem Holze mittelst einer in einem Messing- lager laufenden verticalen Messingaxe drehte. Letztere konnte durch eine Flügelschraube fixirt werden. An beiden Enden waren in den Stab zwei verticale Messingfutter eingelassen, in welchen sich durch seitliche Schrauben festzustellende verticale Messingstäbe d von etwa 1 cm Durchmesser (vgl Fig. 11) verschieben Hessen. Dieselben trugen oben läng-

Bestimmung des Ohm, 233

liehe Messingrahmen, durch welche die zur Spiegelablesung dienenden Scalen e gesteckt wurden. Eine unten in dem Rahmen angebrachte Schraube a mit breiterem Kopf diente bei der feineren Einstellung zum Heben und Senken, yier Schrauben ßydi in den Seitenflächen der Rahmen zum Vor« und Zurückstellen und Verticalisiren der Ebene der Scala. Ein hinten an dem Holzarm b angebrachtes Gegengewicht/ (Fig. 10) äquilibrirte die y orderen Theile des Armes mit der Scsda.

Die Scalen waren auf etwa 0,7 cm dicken, 125 cm langen und 4 cm breiten Streifen von Spiegelglas von Hrn. Otto Wiegand in Würzburg sehr schön getheilt. Hr. F. Kohl - rausch hatte die Freundlichkeit, dieselben in seinem Labo- ratorium controliren zu lassen. Die Abweichungen waren nur sehr gering. Dieselben Resultate ergaben sich in mei- nem Laboratorium.

Die Scalen wurden auf der Hinterseite mit einer sehr dünnen y durchschimmernden Schicht yon weisser Oelfarbe überzogen und von hinten durch kleine Petroleumlampen mit horizontalen, halbcylindrischen Reverberen beleuchtet.* Die Lampen waren so weit von den Scalen entfernt, dass die- selben nicht merklich erwärmt wurden. Auch wurden Glas- kasten mit Alaunlösung zwischen Lampen und Scala gestellt.

Obgleich sich die Fehler infolge einer geringen Schief- stellung der Scalen gegen die Fernrohraxen bei den Beob- achtungen in den meisten Fällen compensirten, hielt ich es doch für zweckmässig, auch diese Fehlerquelle von yorn- herein durdi richtige Einstellung der Scalen, genau senk- recht gegen die Fernrohraxen, zu beseitigen. Hierzu wurden die beiden Fernrohre mit ihren Scalen auf zwei gleich (70 cm) hohen, sehr soliden und schweren Dreifüssen von Eichenholz in einem Abstand von etwa 7 m voneinander aufgestellt und mittelst einer auf die Lager an der Messinggabel aufgesetz- ten Libelle durch Verstellen der Stellschrauben des Drei- &sses die Drehungsaxen der Fernrohre vertical gestellt. Darauf wurden die Scalen durch eine Libelle horizontalisirt. Kun wurde in der Mitte zwischen den Fernrohren ein dünner, unten belasteter Silberdraht (/) als Hülfsloth aufgehängt und das eine Fernrohr B mit seinem Fadenkreuz auf letzteres

234 G, medemann,

eingestellt. Darauf wurde das Fadenkreuz des anderen Fem- rohrs A vom Ocular aus beleuchtet und dasselbe so lange verschoben, bis bei Verstellung des Oculars von B dessen Fadenkreuz auch mit dem von A und mit Loth (/) coin- cidirte. Hierauf wurde vor die Mitte des Objectivs des Fernrohrs A ein zweites Loth (//) mit Silberfaden aufge* hängt und le^teres so lange seitlich verschoben, bis es eben- falls bei Durchsicht durch Fernrohr B mit dem Loth (/ und den Fadenkreuzen von A und B zusammenfiel, also i der durch die Axen beider Femrohre gelegten Verticaleben hing. Die analoge Einstellung wurde mit einem vor Fem röhr B aufgehängten Loth (///) vorgenommen. Das (//) wurde nunmehr durch eine seitliche Lampe und eine im Winkel von 45^ dahinter gehaltenen Spiegel hell beleuch tet, und die Scala des Fernrohrs B so lange um ihre ver ticale Axe gedreht, bis das durch Femrohr A gesehen Spiegelbild von Loth (//) in der erwähnten Scala mit dem Loth (///) vor B zusammenfiel. Dann stand die Scala von Fernrohr B auf der Axe beider Fernrohre senkrecht Au gleiche Weise wurde die Scala von Fernrohr A richtig orientirt Durch Wiederholung des Verfahrens konnte die Genauig- keit der Einstellung weit über die Grenzen der übrigen Be- obachtungsfehler hinaus getrieben werden. Eine Abweichung des Spiegelbildes des Lothes (//) in der gegenüberliegenden Scala um ein Millimeter von der verlangten Lage, welche Abweichung lange nicht erreicht wurde, würde nur einen Winkel von 14 Secunden zwischen der auf der Axe des Fem- rohrs B senkrechten Ebene und der Ebene der Scala in horizontaler Richtung bedingen.

Bei diesen Beobachtungen waren die Fernrohre so auf- gestellt, dass sie, ohne von ihrem jeweiligen Standpunkt verrückt zu werden, mit ihren Scalen nur um ihre verticalen Axen gedreht zu werden brauchten, um sofort zu den Mes- sungen der Ablenkungen des Magnetsystems verwendet wer- den zu können.

Zwischen den Versuchsreihen wurde wiederholt unter- sucht, ob auch die Scalen ihre richtigen Lagen bewahrt hatten.

Bestimmung des Ohm, 285

in. AiifiBtelluiig der Apparate.

1) Zuerst wurden die Drehungsaxen des Inductors und Galyanometers vertical gestellt. Auf das obere Ende der auf einen jeden dieser Apparate aufgesetzten, als Drehungsaxe die- nenden Metallröbren wurde eine horizontale Metallplatte auf- geschraubt und darauf eine Libelle mit drei Stellschrauben ge- setzt, deren Sealentbeile je einer Minute entsprachen. Durch sehr spitze Keile von hartem Holz, welche unter die Ecken der Gestelle der Apparate geschoben wurden, konnte bewirkt wer- den, dass nach richtiger Einstellung der Stellschrauben der Libelle die Luftblase in derselben nicht um einen Theilstrich von der Mitte auswich, wenn die Spirale um ihre Axe gedreht wurde. Eine Einstellung der Apparate durch Stellschrauben war bei ihrem grossen Gewicht nicht ausführbar; doch genügte vollkommen die Anwendung der Keile. In der That erfor- derte eine Aenderung der Neigung der Axe um eine Minute je nach der Richtung eine Hebung der einen Seite der Ge- stelle um 0,7 oder 0,35 mm.

Nach jeder Versuchsreihe wurde geprüft, ob die richtige Einstellung der Apparate sich nicht geändert hatte.

2) Darauf wurde untersucht, ob die Ebenen der Spiralen der Drehungsaxe parallel waren, letztere also nicht gegen die mittlere Ebene der Spiralen geneigt waren und zugleich, ob die Drehungsaxe in die verticale Halbirungsebene der Spira- len in der einen oder anderen Richtung fiel. Zu diesem Zwecke wurde die Breite der Spirale selbst, sowie die der sie seitlich begrenzenden Holzringe an verschiedenen Stellen gemessen. Dieselbe erwies sich überall als wesentlich gleich. Sodapn wurde die Spirale festgestellt, auf die auf dieselbe aufgesetzte Metallplatte ein Tisch mit drei Stellschrauben und darauf eine planparallele Glasplatte mit ihrer Ebene in verticaler Lage gestellt und etwa in der Entfernung von IJ m davon ein Fernrohr 1 mit einer Scala so aufgestellt, dass das Spiegelbild des unter der Mitte seines Objectivs befindlichen NuUpunktes der Scala mit dem Fadenkreuz des- selben coincidirte. Hierauf wurden zwei Lothe zu beiden Seiten der Spirale aufgehängt und so lange Terschoben, bis sie genau mit der einen Seitenfläche derselben in eine Ebene fielen, also beim Visiren mittelst eines 3 m entfernten Fern-

286 G. Wiedemann,

rohres // mit derselben coincidirteD. Dann wurde die Spirale um ihre verticale Axe um 180^ gedreht, bis der Nullpunkt der Scala des Fernrohres / wiederum in der Hinterä&che der Glasplatte in Coincidenz mit dem Fadenkreuz erschien. Die Ebene der zweiten Seitenfläche der Spirale fiel dann, wiederum mit der Ebene der Lothe zusammen, ein Beweis^ dass, dank der ganz vorzüglichen Ausführung durch Hrn. Repsold, die Seitenflächen der Spirale nicht nur der ver« ticalen Drehungsaxe parallel, sondern auch gleich weit yoi ihr entfernt waren.

Das gleiche Verfahren diente dazu, um nachzuweisen dass auch die Windungen der Spirale in der durch den hori zontalen Durchmesser gelegten Horizontalebene nach beide Seiten gleich weit von der Drehungsaxe entfernt waren Diese Uebereinstimmung bewährte sich sowohl bei der In— ductor-, wie bei der Galvanometerrolle in ausgezeichnete Weise.

3) Eine dritte Untersuchung betraf die Frage, ob Magnetsystem mit den tragenden Coconfäden genau in de Drehungsaxe in die Spiralen eingehängt werden konnte. Daz wurde nach dem Einbringen der dasselbe tragenden Röhr mit dem an den Coconräden hängenden System in die ein oder andere Spirale mittelst eines entfernten Fernrohrs mi Fadenkreuz auf das Bündel Coconfäden visirt und die betref- fende Spirale um ihre verticale Axe gedreht. Auch wurde der Magnet des Magnetsystems durch eine gleich schwere und gleich gestaltete Messingplatte ersetzt. Dabei verschob sich bei den verschiedenen Stellungen der Spiralen das Bild der Coconfäden höchstens um 0,5 mm.

4) Sodann wurde geprüft, ob der Kupferdraht der Spi- ralen einen merklichen Magnetismus besass. In dem Spiegel des in die eine oder andere Spirale eingehängten Magnet- systems (s. unter Nr. 6) wurde mittelst eines der oben be- schriebenen Fernrohre die 3 4 m davon entfernte Scala beobachtet und die Spirale gedreht. Durch Einvisiren auf einen Funkt des Torsionskreises an dem Träger des Magnet- systems konnte die Grösse dieser Drehung abgelesen werden. Der Torsionskreis wurde darauf um ebensoweit zurückge- dreht, sodass der Coconfäden wieder torsionsfrei war. Dabei

Beitimmung des Ohm, 237

blieb das Bild der Scala im Fernrohr anverrückt. Zunächst in der Mitte der Spiralen ist also ein etwaiger Gehalt des Drahtes an magnetischen Stoffen auf das Magnetsystem. ohne Einfluss.

Auch wurde auf einem an einem besonderen Statif be- festigten, durch die untersuchte Spirale hindurchgehenden Brett die auf drei Stellschrauben stehende, dicke, dämpfende Kupferhülse eines Spiegelgalvanometers ^) meiner Oonstruc- tion, in welcher an einem einfachen Goconfaden ein kreis- förmiger magnetisirter Stahlspiegel hing, an verschiedenen Stellen, in der Mitte und möglichst nahe den Windungen, aufgestellt, das Bild einer Scala in dem Stahlspiegel mittelst Fernrohr beobachtet und die Spirale gedreht. Auch hierbei wurde der Magnetspiegel nicht merklich abgelenkt.

Bei der grossen Masse des Eupferdrahtes hätte sich schon ein geringer Eisengehalt zeigen müssen.

5) Nach diesen Vorversuchen wurden die Spiralen mit ihren Axen gegen den erdmagnetischen Meridian richtig orientirt.

Bei der Galvanometerrolle geschah dies zunächst an- nähernd dadurch, dass auf das sie tragende Holzbrett eine Feldmessbussole mit quadratischer Bodenplatte aufgelegt, mit der einen Kante gegen die eine äussere Fläche der Rolle geschoben und die Bolle gedreht wurde, bis die Nadel auf Null stand, der Ebene der Rolle also parallel war. Zur genaueren Einstellung wurde möglichst in der Mitte der Spirale, welche durch ein von der Suspensionsvorrichtung des Magnetsystems herabhängendes Loth, sowie die Ereu- Zungspunkte zweier über die beiden Oeffnungen der Spirale diametral gespannter Fadenkreuze bezeichnet war (s. w. u.)^ der Dämpfer der Spiegelbussole mit dem Magnetspiegel auf- gestellt und durch die Spirale der Strom einer No ersehen Thermosäule geleitet Der Strom ging vorher durch einen Pohl' sehen Gyrotrop und einen Umschalter von constantem Widerstand, bestehend aus einem Brett von Hartgummi mit vier Quecksilbernäpfen (Fig. 12), in welche sich ein Doppel- bugel von 5 mm dickem, an den Enden amalgamirten Eupfer-

1) G. Wiedemann, Electncit&talehre 8. p. 289.

288 G. Wiedemann.

draht einlegte. Waren die Näpfe a und b mit der Yon der Säule durch den Gryrotrop kommenden Leitung, die Näpfe c und d mit der Spirale verbunden, so wechselte der Strom in letzterer die Richtung, wenn die Bügel nacheinander die Näpfe ac und bd oder ad und bc untereinander verbanden. Bei wechselnder Stellung des Gyrotrops wurde die Spirale so lange gedreht, bis bei Umlegen des Umschalters die an einer etwa 4,8 m entfernten Scala mittelst eines der Beob- achtungsfernrohre abgelesenen constanten Ablenkungen des Magnetspiegels (ca. 500 Scalentheile) nach beiden Seiten gleich waren. Dann wurde die Spirale des G-alvaüometers festgestellt.

6) Nach dieser Einstellung wurde die das Mftgnetsystem tragende Röhre in die Spirale eingeschraubt, und die Länge der Coconfäden durch Drehen der daran befestigten Rolle so weit verändert, dass die horizontale Längsdiagonale des Mag- nets mit der Ebene der horizontalen Fäden der beiden Faden- kreuze auf den Oeffnungen der Spirale zusammenfiel. Diese Einstellung geschah durch Visiren auf dieselben mittelst eines so lange verschobenen entfernten Fernrohres, bis beide Horizontalfäden und zugleich die horizontale Diagonale des Magnets mit dem Fadenkreuz des Fernrohres coincidirten. Auch bei Drehung der Spirale um ISO® musste die Coin- cidenz bestehen bleiben.

Dass die Mitten der Fadenkreuze gerade mit den Mitten der Spiralenöffnungen zusammenfielen, wurde auch durch Mes- sung mittelst eines vertical oder horizontal gestellten Ka- thetometers constatirt.

Nachdem die die Coconfäden tragende Röhre so lange gedreht war, dass man den Nullpunkt der Scala am Fernrohr gerade in Coincidenz mit dessen Fadenkreuz erblickte, wurde der Magnet mit einem ihm gleich gestalteten Messingparal- lelepiped vertauscht. Die Stellung des Spiegels am Magnet- system blieb unverändert, falls der dasselbe tragende Faden vorher keine Torsion besass. Sonst wurde die die Cocon- fäden tragende Röhre gedreht und das Beobachtungsfernrohr mit der Scala verschoben, bis dieses Verhalten eintrat

War die Galvanometerspirale richtig nach dem Meridian orientirt, so mussten wiederum beim Durchleiten des Ther-

Beatimmunff des Ohm, 289

oiostromes im eiDen oder anderen Sinne die Ablenkungen des Magnetsystems gleich und entgegengesetzt sein.

In einzelnen Fällen wurde die Einstellung der G-aWano- meterrolle nicht soweit fortgeführt, dass die beiderseitigen Ablenkungen völlig gleich waren. Sind dieselben a und ß, so ist die Abweichung ^ der Rolle aus der Meridianstellung gegeben durch die Formel:

ctg <jp = J (ctg a - ctg ß). ^)

7) Bei der Einstellung der Inductorrolle wurde zuerst dasselbe Verfahren eingehalten. Um sodann die Anschläge so zu richten, dass die Ebene der Rolle beim Anliegen der- selben an das an dem Statif des Apparates befestigte Mes- singparallelepiped nach der einen oder anderen Seite auf der Ebene des magnetischen Meridians senkrecht stand, wurde auf die oben auf die Drehungsaxe aufgeschraubte Messing- platte eine zweite Platte mit drei Stellschrauben und darauf ein rechtwinkliges tilasprisma gestellt. Dann wurde ein mit einer Scala versehenes Fernrohr im Abstand von 1,68 m so aufgestellt, dass das Spiegelbild des unter dem Objectiv lie- genden Nullpunktes der Scala in der einen Kathetenfläche mit dem Fadenkreuz zusammenfiel Jetzt wurde die Induc- torrolle so lange gedreht, bis auch bei der Reflexion des Bildes der Scala von der zweiten Eathetenfläche dieselbe üoincidenz eintrat. Hierbei war von vornherein das Prisma »o eingestellt, dass sich bei der Drehung das Bild der Scala in verticaler Richtung nicht verschob, also die Eatheten- Sächen vertical waren. Eine kleine Abweichung des Winkels ies Prismas von 90^ wurde dabei berücksichtigt und nach 1er Einstellung die Schraube des einen Anschlags so gedreht lind mittelst der Gregenmutter fixirt, dass die Inductionsrolle 6eim Gegenliegen derselben gegen das Messingparallelepiped üese Einstellung beibehielt. Das gleiche Verfahren diente ixa Einstellung des zweiten Anschlags, wobei die Spirale 2[egen ihre erste Lage um 180® gedreht war.

Endlich wurde zur Controle statt des Prismas eine einer- seits versilberte Glasplatte mit spiegelnder Silberfläche mit ihrer Ebene vertical auf den das Prisma tragenden Tisch

1) G. WiedemaDD, Electricitätslebre 3. p. 249.

240 G, Wiedemnnn.

gestellt, sodass beim Anliegen des einen Anschlages das in der einen Fläche der Glasplatte gesehene Spiegelbild des Nullpunktes der Scala unter dem vorher zur Einstellung der Spirale dienenden Fernrohr mit dem Fadenkreuz des letzteren coincidirte, und beobachtet, ob beim Drehen der Spirale um 180^ und Andrücken des zweiten Anschlages an das Messing- parallelepiped sich dasselbe bei der Reflexion des Scalenbildes von der anderen Fläche der Glasplatte ergab. Da ein Sealentheil einer Drehung der Spirale um etwa eine Minute entspricht, ist die Genauigkeit dieser Einstellung mehr als genügend. Während des Gebrauches des Apparates wurde wiederholt constatirt , dass dieselbe unverändert geblie- ben war. ^)

8) Die durch die röhrenförmigen oberen Enden der Drehungsaxen fortgeführten, mit Band zusammengeflochtenen Enden der Drähte des Inductors und Multiplicators wurden durch einen Quecksilberschluss miteinander verbunden, wel- cher zugleich gestattete, schnell in den Schliessungskreis beliebige Widerstände, z. B. Siemens'sche Etalons, einzu- schalten.

Drei überall dick mit geschmolzenem Schellack über- zogene Holzkästchen, a, h, c (Fig. 13), deren mittleres b durch eine Glaswand in zwei Abtheilungen getheilt war, wurden mit Quecksilber gefüllt und ebenso dick lackirte Deckbretter daraufgeschraubt, welche von den Löchern 1 bis 8 durch- bohrt waren, von denen je zwei aufeinander folgende 1, 2, resp. 3, 4 dicht aneinander lagen. In die Löcher 6 und 8 setzten sich die Enden 1 und // des Drahtes der Inductions- rolle, in die Löcher 3 und 7 die Enden III und IV des Drahtes der Galvanometerrolle ein, welche dazu mit wohl amalgamirten, 0,6 cm dicken und 3,5 cm langen Kupferstäben verlöthet waren, in 4 und 5 zwei oberhalb durch ein sehr dickes Kupferstück (von 0,7 cm Dicke, 0,5 cm Breite und

1) Die Anordnung dea Statifd des Apparates gestattete nicht, durch directe Beobachtung des in der Spirale aufgehängten Magnetspiegels ca untersuchen, ob bei der richtigen Einstellung der Spirale beim Durch- leiten emes Stromes der ersterc keine Ablenkung zeigte. Statt dieses directen Weges zur Einstellung musste deshalb der obige eingeschlagen werden.

Bestimmung des Ohm, 241

3,4 cm Höhe) verbandene 0,6 cm dicke und 3,6 cm lange, sehr gut amalgamirte Eupferstäbe (Fig. 13b) ein. Sollte ein Widerstand, ss. B. ein Siemens' scher Etalon, eingefügt wer- den, so wurde das Ende von Drath IV in Loch 1 eingelegt, und die amalgamirten Enden des Etalons, welche den oben erwähnten Eupferstäben gleich waren, in die Löcher 2 und 5. Auf diese Weise wurde der, freilich fast verschwin- dende Widerstand der Zuleiter zu den eingeschalteten Eta- lons eliminirt.

In die Spiralen wurden zwei auf Fiinftelgrade getheilte, mit einem Luftthermometer verglichene Quecksilberthermo- meter eingelegt.

9) Etwas seitlich von den Visirlinien zwischen den Femrohren und den Mitten des Inductors und Gralvanometers standen 70 cm hohe Tische, auf welchen nahe in ostwestlicher Lage etwa 24 cm lange und 6,5 cm dicke Drahtspiralen lagen, welche durch zusammengeflochtene Drähte mittelst je eines nahe an dem am Femrohr sitzenden Beobachter aufgestellten Qaecksilbergyrotrops mit einem Chromsäureelement verbun- den wurden. Wurde der Strom wechselnd in entgegenge- setzter Richtung rechtzeitig durch die Spiralen geleitet, zuerst mit Einlage eines Eisenkerns, dann ohne denselben, so konnte das schwingende Magnetsystem schnell so weit beruhigt wer- den, dass seine Elongationen nur etwa 0,5 bis 1 Sealentheil betrugen.

IV. Messungsmethode.

Die Messungen wurden nach der Multiplicationsmethode aosgeftihrt, da ein einzelner Inductionsstoss bei Umdrehung der InductorroUe um 180® das Magnetsystem im Galvano- meter nicht hinlänglich stark ablenkte.

Nachdem das Magnetsystem möglichst bemhigt war, wurde die mit der Galvanometerrolle verbundene Inductor- roUe möglichst schnell um 180® gedreht und so ein Induc- tionsstrom durch das Galvanometer geschickt. Die Inductor- roUe wurde wiederum jedesmal auf ein Zeichen des am Femrohr sitzenden Beobachters um 180® zurückgedreht, sobald das Magnetsystem durch die NuUlage hindurchging und dieses Umschlagen wiederholt, bis die Ausschläge die

Ann. «L Phys. iL Chcm. N. F. XLII. 16

242 G. ffiedemaniu

Grenzen der Scala erreicht hatten. Dieselben wurden yod Anfang an notirt.

Die Dauer des Umschlagens betrug höchstens 2 Secunden.

Bei wiederholten Versuchsreihen wurde die InductorroUe beim ersten Stoss häufig nach der entgegengesetzten Seite gedreht.

Hr. Mechanicus Krille hatte, wie schon bei den Vor- versuchen von W. Weber und F. Zöllner, die Güte, die ermüdende und andauernd grosse Aufmerksamkeit erfordernde Arbeit des Umschlagens zu übernehmen, und hat dieselbe mit ausserordentlicher Begelmässigkeit während der ganzen Be- obachtungsreihen durchgeführt. Hierfür, sowie für die schnelle und vortreflfliche Ausführung der zu den Versuchen erfor- derlichen Hülfsapparate bin ich ihm zu ganz besonderem Dank verpflichtet.

Auf die Anwendung der Subtractionsmethode und ande- rer combinirter Methoden habe ich verzichtet, nicht nur, weil in ihnen zur Einhaltung der richtigen Zeit der Stösse eine weitaus grössere , und somit leichter ermüdende Auf- merksamkeit erforderlich ist, sondern auch, weil dabei die Benutzung jeder einzelnen Beobachtung weniger einfach ist.

V. Bereohnung.

1) Behufs der Berechnung der hierbei erhaltenen Re- sultate wollen wir annehmen, der Magnet im Galvanometer habe auf irgend eine Weise (s. w. u.) eine in der Länge eines Bogens für den Radius Eins gemessene Ablenkung Xq aus seiner durch die Richtung der Horizontalcomponente der erdmagnetischen Kraft bedingten Ruhelage erhalten und schwinge aus ersterer ia letztere zurück. Er erhalte dadurch die Geschwindigkeit Q. Ist X das logarithmische Decrement^ Tg die Schwingungsdauer des Magnets ohne Dämpfung, so ist, wenn wir

arc tif - p ff '=2

setzen :

(1) C;, = a:^.r. I^-e-^

9

Erhält nunmehr die Nadel durch einen Inductions stoss die Geschwindigkeit C, so ist ihr erster Ausschlag:

Bestimmung des Olim, 243

Zur Nulllage zurückgekehrt, hat sie die Geschwindigkeit:

^[C,+ C)e-K

Erhält der Magnet hierzu die Geschwindigkeit C^ so ist die jetzige Geschwindigkeit:

und der folgende Ausschlag:

In der darauf folgenden Nulilage hat die Nadel die Ge- schwindigkeit:

+ {C; e-i + C (1 + e-^)\e-^ = C;, e-2i + C ie-'^ + e-^-^) ,

WOZU sie noch einmal die Geschwindigkeit C erhält. Dann wird der dritte Ausschlag:

Somit werden die gesammten Schwingungshogen:

s,^+{x,^x,)^{C,{l+ e-^j + C (2 + e- ■) j ^ | ,

TT *>

s„ = - K - X.,] = |Co {e-^ + e-^'i + C{2 + 2^'- + e-'-')] '^ *

und ebenso ist der nie gesammte ächwingungsbogen:

«. = ± K - ^«+i) = {Co («-C-»'i + e-»^)

71 2

(•^)

+ C(2 + 2e'-A + 2e-2i. . . + 2c-''»-i^^ + e-«i)S -^

71 S

^ l ' f n z

Setzt man hier den Werth für Q aus Gleichung (1) ein, so wird:

1 C 71 Ä

Ist otq = 0 oder Q = 0, so ist der Schwingungshogen «„

derjenige, welchen der Magnet durch n + 1 Inductionsstösse

erhalten hatte, wenn er bei dem ersten derselben in absoluter

Ruhe in der Nulllage gewesen wäre.

Ist « = 00, so ist:

2 r. 1

\ e n z

16

244 6r. Wiedemann.

der gesammte Schwingungsbogen, welchen die Nadel nach unendlich vielen Inductionsstössen zurücklegen würde.

2. Es sei nun:

D das Drehungsmoment, welches auf das in der Null- lage befindliche Magnetsystem im Galvanometer durch einen Strom von der Intensität Eins ausgeübt wird,

K das Trägheitsmoment des Systems,

M das magnetische Moment desselben,

J die Intensität des durch Umdrehung des Inductors um 180^ erzeugten und durch das Galvanometer fliessenden Stromes,

C die dem Magnetsystem in der Nulllage durch diesen Strom ertheilte Geschwindigkeit,

X das logarithmische Decrement der Schwingungen des- selben bei geschlossenem, aus Multiplicator und Galvano- meter bestehenden Kreise,

Hg und Hi die Grösse der Horizontalcomponente des Erdmagnetismus an der Stelle des Galvanometers und an der des Inductors,

Tg und Ti die Schwingungsdauer des Magnetsystems beim Einbringen in das Galvanometer und in den Inductor bei geöiFneter Kette,

^ die Torsionsconstante der Aufhängefäden des Systems,

F die von dem Draht des Inductors umspannte Fläche,

r der reducirte Radius des Multiplicators des Galva- nometers,

n die Windungszahl desselben,

G = 2nnjr,

W der Gesammtwiderstand der den Inductor und das Galvanometer enthaltenden Schliessung,

dann ist zunächst:

r '

und, wenn der Inductor aus der Lage, in welcher die Ebe- nen seiner Windungen auf dem erdmagnetischen Meridian senkrecht stehen, um 180^ gedreht wird:

Bestimmung des Ohm, 245

, , ^ J.D 2ILF G.M

daher: c^^^ ^ -^ . ^. .

Ferner ist: (l + C) MHi T:^ = n^K,

- , . ^ 2n^ F.G

woraus folgt: C= ^.^^ +>, H* *

Führen wir diesen Werth in die Gleichung (3) p. 243 ein, so erhalten wir:

(5)

^ IT A,

Hiernach sind zu bestimmen die Werthe F, Gj T^, Ti, ^,

VT, Beobachtungen.

Bei allen £inzelbestimmungen wurde, wenn irgend mög- lich, das Princip festgehalten, die Beobachtungen jedesmal nach zwei voneinander unabhängigen Methoden anzustellen. Wo mir zuweilen die eine derselben weniger genau erschien, als die andere, wurde sie nur als Controle benutzt und das Resultat der ersten als maassgebend angesehen. Wie die im Folgenden erwähnten Daten ergeben, sind indess die Ab- weichungen stets sehr gering.

1) Ausmessung der Dimensionen des Inductors und des Drehungsmomentes des Multiplicators. (Be- stimmung von F und G). Da die von W. Weber und F. Zöllner benutzten Drahtrollen, wie der Augenschein zeigte, nicht ganz regelmässig gewunden waren, wurden sie nach wiederholten Messungen mit ihnen von neuem gewickelt. Hierzu wurde jede dieser Rollen nach Entfernung des den oberen Theil ihrer Axe führenden Brettes des Statifs in die Höhe geschraubt und in ihr mittelst Schraubbolzen ein genau hin- einpassendes eisernes Futter befestigt, welches ausserhalb ein 97 cm im Durchmesser haltendes eisernes Zahnrad mit 180 Zähnen trug. Sodann wurden an die verticalen Balken des Statifs Stützen mit Axenlagern geschraubt, auf welche die Axe des Zahnrades durch Niederschrauben des Zapfens unten an der Bolle gesenkt wurde. Die Rolle wurde darauf ge-

246 G, Wiedemann,

dreht und von ihr die den oberen und unteren Theil der Axe tragenden Holzstücke abgeschraubt.

Nachdem auf diese Weise die Rolle frei gemacht war, wurde zunächst mittelst eines 1,8 cm breiten Stahlbandes an äquidistanten, vorher bezeichneten Stellen der Peripherie ihr Umfang bestimmt. An das eine Ende des Stahlbandes war ein Bügel gelöthet, durch welchen das andere Ende dessel- ben hindurchgezogen wurde. An einer Stelle waren in das Band fünf kleine Löcher nebeneinander gebohrt. Dasselbe wurde vermittelst des Bügels und einer an dem freien Ende befestigten Schraubenzwinge an den betrefi'enden Stellen der Rolle fest angezogen und dann wurden durch eine Stahlspitze die je unter einem Loch liegenden Stellen des Bandes markirt

Auf dem Stahlband waren in Abständen von etwas weniger als einem Meter feine Transversallinien gezogen, deren Abstand bei verticaler Aufhängung desselben ^urch ein Kathetometer bestimmt war. Auch der Abstand der Löcher und Punkte von den nächsten Strichen wurde in gleicher Weise gemessen.

Ausserdem wurde das Stahlband auf einem langen hori- zontalen Lager ausgebreitet. Auf ein 3,2 cm starkes und 4 m langes Brett war der Länge nach ein zweites 16 cm hohes und 4,2 cm breites, auf seiner oberen Fläche möglichst ebenes Brett aufgeschraubt, auf welchem drei zusammen 4 m lange, 4 cm breite und 0,8 cm dicke Streifen von Spiegelglas mittelst Glaserkitt befestigt waren, sodass sie bei Prüfung mit einer Wasserwage in einer Horizontalebene lagen. Durch von der Seite übergreifende Klammem wurde das Stahlband auf dieser ebenen Bahn der Länge nach ausgespannt. Mit- telst einer auf Glas getheilten Scala, welche mit der getheil- ten Seite auf das Stahlband gelegt wurde, konnte der Ab- stand der Löcher und Punkte vom nächsten Theilstrich des Bandes bis auf 0,1 mm genau abgelesen werden.^) |

1) Papierstreifen eignen sich für ganz exacte Messungen dieser Art nicht gut, da sie durch Spannung und Belastung gedehnt werden. So verlängerte sich nach Kathetometerbeobachtungen ein durch 266g belastete^ Streifen von Zeichenpapier von 47 mm Breite bei weiterer Belastung m."^ '^ 1073 g von 604,66 bis 605,02 mm; ein mit Hausenblase gefimisster, 27 mi breiter Längsstreifen von Pausleinewand (bei den Vorversuchen vo' Weber und Zöllner gebraucht) von 796,32 bis 797,58 mm.

Bestimmung des Ohm, 247

Zur Controle wurde der Inductor-, bez. Multiplicator- rolle in der Ebene ihrer mittleren Windung ein Katheto- meter gegenüber gestellt und das Fernrohr an demselben bei drei je um 60^ gedrehten Lagen der Rolle so eingestellt, dass der Horizontalfaden seines Fadenkreuzes gerade die unterste oder oberste Stelle der Windungen tangirte.

Die Kathetometerbestimmungen dürften hier weniger ge- nau sein, als die Messungen mit demBandmaass, sowohl wegen der Bauhheiten der Ueberspinnung des Drahtes bei Mes- sung der äusseren Durchmesser der Rollen, als auch weil die Messungen nur an einzelnen Stellen des Querschnittes der Bollen anzustellen waren.

Nach Bestimmungen mit diesen Rollen wurde ihr Draht einzeln auf eine 3—4 m von ihnen entfernte Holzrolle von etwa 1 m Durchmesser, welche mit den Händen gedreht wurde, übergewickelt, wobei die Zahl der Windungen jeder Lage controlirt wurde. Sodann wurden die Rollen neu ge- wickelt, indem dieselben durch ein kleines eisernes Zahnrad gedreht wurden, welches in das grosse, an ihnen befestigte Zahnrad eingriff und auf einer ihrer Axe parallelen Welle befestigt war. Die Holzrolle wurde von unten durch eine Bremsvorrichtung gepresst, bestehend aus einem Brett, wel- ches gegen ihre Ränder schleifte und an einem 2,5 m langen Balken befestigt war, der sich um eine nahe dem Brett an- gebrachte Axe drehen konnte und an seinem freien Ende belastet war. Bei gleichförmiger Drehung wurde so der Draht mit möglichst gleichförmiger Spannung auf die Rollen aufgewunden. Beim Beginn war er von dem äussersten Rande des Holzrahmens der einen oder anderen Rolle in einer Nuht direct in radialer Richtung bis auf den Boden desselben geführt und dann herumgelegt. Dabei wurden Keile von Pressspahn zwischen die erste Windung und die Holz wand der Rolle gedrückt, sodass sich der Draht nach einem Umgang ganz allmählich um eine Drahtdicke von der zuerst von ihm berührten Seitenfläche entfernte und ohne scharfe Biegung an die erste Windung anschloss. Der Draht wurde beständig während des Windens beobachtet und jede einzelne Windung mit grosser Sorgfalt von Hrn. Mechaniküs Krille so geschoben, dass sie ganz gleichmässig die vorher-

248 G, Wiedemann,

gehende berührte. Auf diese Wejse gelang es ohne beson- dere Pressung, auf die Bollen nebeneinander, statt 66 Win- dungen deren 67 im Mittel zu bringen. Von der letzten obersten Windung wurde der Draht noch bis zum Ausgangs- radius der ersten innersten Windung weitergeführt, mit dem Anfangsende des Drahtes nach Ueberschieben eng an- schliessender Kautschukrobre zusammengedreht und dann weiter geführt.

Die Messung der Dimensionen der neu gewickelten Bollen geschah wie oben bei den älteren Bollen angegeben ist.

Aus den gemessenen Dimensionen des Inductors und Multiplicators kann man die von dem Draht des ersteren umspannte Fläche F und das Drehungsmoment D des zwei- ten ableiten.

Bei der Berechnung der Fläche, welche von den Win- dungen des Inductors umspannt wird, kann man bei der Grösse seines Badius im Verhältniss zum Querschnitt des Drahtes ohne wesentlichen Fehler annehmen, dass der den- selben durchfliessende Strom in der Axe des Drahtes con- centrirt ist.^) Ist dann der Badius des Holzcylinders, auf welchen .der Draht gewickelt ist,- gleich r, der äussere Ra- dius der Windungen i?, die Drahtdicke ^, so sind die Ra- dien der Drahtaxen der innersten und äussersten Windung r + \d und R ^d. Da man ferner annehmen kann, dass die 12 Schichten der Windungen in der Richtung des Badius der Bollen gleichmässig vertheilt sind, so sind danach die Badien der einzelnen derselben:

Ist 2y die Zahl der Windungen auf jeder Schicht, so ist danach die von dem Draht des Inductors umspannte Fläche:

12 12

1 1

Hierzu kommt dann noch das Flächenstück, welches begrenzt ist durch die zu dem Anfang und dem Ende der Win- dungen führenden Badien und das zwischen ihnen liegende

1) Vgl. hierüber auch F. Kohlrausch, Wied. Ann. 18, p. 518. 1888.

Bestimmung des Ohm, 249

Drahtstück über der obersten Windung. Ist der Winkel zwischen den Radien a, so ist diese Fläche gleich:

Um das Drehungsmoment g der einzelnen Schichten des Multiplicators auf eine in ihrer Mitte liegende Magnetnadel zu berechnen, wurde dieselbe Annahme für die Stromwir- kung im Draht gemacht, wie oben für den Inductor, sodass die Schicht gewissermaassen durch einen unendlichen Blech- cylinder dargestellt ist, dessen Kadius r, dem der Mitte jeder Windungsschicht, dessen Breite 2b gleich der des Multiplicatorrahmens ist. Dann ist das gesammte Drehungs- moment des Multiplicators:

1 i ^ V '

Der kleine Fehler, welcher durch die Annahme bedingt wird, <lass der Strom gleichmässig den die Drahtwindungen er- setzenden Cylinder bis zu beiden Seiten des Multiplicator- rahmens durchfliesst, liegt ganz innerhalb der Grenzen der Beobachtungsfehler.

Die Constanten für die neu gewickelten Rollen ergeben sich hiernach wie folgt:

A. Inductor. Breite ^ = 25,4 cm. Aeusserer Um- fang mittelst des Bandmaasses:

826,45 ; 326,46 ; 326,45. Mittel 326,453 cm,

also äusserer Durchmesser 103,9132 cm.

Aeusserer Durchmesser mittelst des Kathetometers:

103,958; 104,698; 103,962. Mittel 103,98B cm.

Innerer Umfang mittelst des Bandmaasses an 5 Stellen:

302,06; 301,91; 301,81; 302,31; 301,71; Mittel 301,96 cm.,

also innerer Durchmesser gleich 96,1168 cm.

Mittelst des Kathetometers ergab sich derselbe gleich:

96,104; 96,072; 96,060; Mittel 96,079 cm.

Hieraus folgt:

250 G. Wicdemann.

V z r^ f

1. 66,728 48,2219 487 468

2. 67,000 48,5465 496 072

3. 67,000 48,8712 502 725

4. 67,000 49,1958 509 428

5. 67,000 49,5205 576 072

6. 67,000 49,8451 522 941

7. 67,000 50,1690 529 797

8. 66,883 50,4944 535 739

9. 67,039 50,8191 543 915

10. 67,056 51,1437 551027

11. 66,989 51,4644 557 487

12. 67,039 51,7930 564 494

803,734 6 317 165'

Hierzu kommt noch der Flächenraum zwischen den B dien des vom Ende der obersten Windung bis zum Ai gangspunkt der Windungen reichenden, 0,266 des Umfan der Bolle umfassenden Drahtstücks, sodass die Gesammtza der Windungen 804 ist. Dieser Flächenraum ist 2179 qc also die ganze von den Windungen des Inductors umspani Fläche : F == 6 3 1 9 344 qcm.

B. Multiplicator. Breite b = 25,4 cm. Aeusserer Ui fang mittelst des Bandmaasses:

327,14; 327,18; 327,30; 327,50; Mittel 327,280 cm,

also äusserer Durchmesser 104,166 cm. Derselbe mittelst des Kathetometers:

104,300; 104,146; 104,172; Mittel 104,206 cm.

Innerer Umfang mittelst des Bandmaasses an 5 Stellen:

301,97; 302,00; 301,99; 301,ü6; 301,95. Mittel 301,97,

also der innere Durchmesser gleich 96,119 cm.

Mittelst des Kathetometers wurde derselbe an di Stellen gleich:

96,140; 96,110; 96,104.

beobachtet. Hieraus folgt:

V

z

1.

06,872

2.

67,117

3.

66,794

4.

66,978

f>.

66,995

6.

67,016

7.

67,117

8.

66,939

9.

67,077

10.

67,039

11.

66,845

12.

67,000

803,789

)4.

Mittel 96,118 cm

''v

9

48,2231

842 592

48,5591

840 016

48,9520

830 758

49,2312

827 735

49,5673

822 661

49,9033

817 711

50,2393

813 800

50,5754

806 470

50,9114

803 214

51,2477

797 798

51,5835

790 604

51,9195

787 598

9 780 957

Bestimmung des Ohm, 251

Das Drehungsmoment des 0,211 des Umfanges umfas- senden, über der obersten Drahtschiebt liegenden Draht- stückes, welches die Windungszahl zu 804 ergänzt, betrug 0,02454, demnach das ganze Drehungsmoment der neu ge- wundenen Rolle:

G = 97,83411.

Berechnet man das Drehungsmoment der Windungen, indem man annimmt, dass sie den durch ihre Grenzflächen bestimm- ten Cylinder ganz ausfüllen, so ergibt sich dasselbe gleich 97,85050. ^)

Die Drehungsmomente G sind für eine unendlich kleine Magnetnadel in der Mitte der Multiplicatorrolle berechnet, und sind deshalb wegen der endlichen Länge der Nadel zu corrigiren, deren Magnetismen wegen des relativ grossen mittleren Rs^dius der Rolle in ihren Polen concentrirt ge- dacht werden können. Ist / der halbe Abstand der Pole, r der Radius einer Windung der Spirale, e der Abstand ihrer Ebene von dem Mittelpunkt der Windungen, so ist G noch 2u multipliciren mit:

1) In Betreff der Einzelheiten der Ausmessungen der älteren von W. Weber und F. Zöllner verwendeten Drahtrollen verweisen wir auf die frühere Abhandlung, da die Windungen nicht ganz so regelmässig lagen, dass eine durchaus genügende Sicherheit für das Endresultat geboten war. Wir führen deshalb, namentlich zur Vergleichung mit den von obigen Physikern selbst erhaltenen Zahlen , nur folgende Werthe an:

1. Inductor. Flächenraum nach der Neuberechnung 6 22S 4SI qcm. W. Weber und F. Zöllner hatten denselben nach Ausmessung des Umfanges mit Papierstreifen, welche sich indess bei der Anspannung etwas dehnen (s. p. 246 Aum.) zu 6 222 000 qcm gefunden.

2. Multiplicator. Drehungsmoment 96,36907. Wird dasselbe dem eines massiven Metallcylinders gleich gesetzt, dessen Höhe die Breite h des Muitiplicatorrahmens , dessen innerer und äusserer Radius c und (l + a)c ist, so erhält man, wenn z die Windungszahl der Spirale ist, nach der Formel:

(? = lognat - 1_^^= -

«<? l-f-Vl + i^

G = 96,3492, während W. Weber und F. Zöllner nach derselben For- mel O = 96,4015 gefunden hatten.

252 G. fViedemann.

Der Polabstand wurde in üblicher Weise bestimmt, in- dem die Magnetnadel in ostwestlicher Kichtung in verschie- denen Entfernungen <f vor dem in einer dämpfenden Kupfer- hülse schwingenden Magnetspiegel des von mir constniirten Galvanometers (in diesem Falle einem Glasspiegel, auf dessen Hinterseite sieben in gleicher Richtung magnetisirte Uhrfedern aufgeklebt waren und der zwischen zwei ihm möglichst ge- näherten, nahezu planparallelen Glasplatten schwebte) in hori- zontaler Lage hingelegt wurde. Aus den Ablenkungen a des Magnetspiegels, dem Abstände der Scala von demselben (176,5 cm) und der Höhe (1,75 cm) der Mitte des Spiegels über der mittleren Horizontalebene des Magnetes wurde der Polabstand / in üblicher Weise berechnet. So war:

1. 2. 3. 4.

/ = 270,79 300,41 450,87 500,65 « = 464,55 386,47 89,46 71,70

woraus sich berechnet nach den Beobachtungen:

1 und 4. 2 und 4. 1 und 3. l = 22,56 21,00 20,15

Werden hiernach die Drehungsmomente der in der Mitte liegenden obersten und untersten Windung so wie der am weitesten rechts und links von der Mitte liegenden Windun- gen in der obersten und untersten Schicht berechnet, so ergeben sich die Werthe:

ß = 1,000 919 8; 1,000 850 1; 1,001 457 4; 1,001 255 3;

im Mittel ß = 1,001042.

2) Abstand der Scala am Fernrohr von dem im Galvanometer häng enden Spiegel des Magnetsystems. Diese Messung wurde der Controle wegen wiederum in dop- pelter Weise ausgeführt, einmal direct, sodann vermittelst eines Theodolits.

Bei der directen Messung wurde vor der Scala und dem übjectiv des Fernrohres über derselben ein Loth in der Weise aufgehängt, dass es, beim Hindurchvisiren durch den das Magnetsystem im Galvanometer tragenden Coconfaden auf den Nullpunkt der Scala mittelst eines zweiten hinter

Bestimmung des Ohm, 253

dem Galvanometer aufgestellten Fernrohres, in die Ebene des Coconfadens und des Nullstriches der Scala bez. der Axe des Fernrohres fiel. Der Abstand dieses Lothes von der Scala wurde durch einen horizontal gestellten Elfenbein- maassstab direct gemessen. Sodann wurde der Horizontal- abstand des Lothes von dem Spiegel des Magnetsystems bestimmt Hierzu diente die bereits p. 246 beschriebene, mit Grlasstreifen belegte Bank, auf welche das Stahlband fest- geschraubt war. Sie wurde mittelst einer Libelle zwischen dem Loth und dem Spiegel genau horizontal gestellt. Auf ihre Enden wurden Schlitten geschoben, welche vorn zuge- spitzte, 20 cm lange Elfenbeinmaassstäbe trugen. Die Bank wurde so hingestellt, dass die Spitzen derselben beim Vor- schieben das Loth und die Mitte des Spiegels trafen. Dann wurden die Stellungen der hinteren Enden der Maassstäbe auf dem Stahlband durch feine, mit einer Stahlschneide eingeritzte Linien verzeichnet und deren Abstände von den nächsten Theilstrichen gemessen.

Zur Messung des Abstandes von Spiegel und Scala mittelst des Theodolits wurde wiederum ein Fernrohr hinter dem Galvanometer so eingestellt, dass die Ebene des das Magnetsystem tragenden Coconfadens und des Nullpunktes der Scala durch seine Axe hindurchging. Sodann wurden zwischen der Galvanometerrolle und Scala in derselben Ebene im Abstand von etwa 120 cm zwei Lothe aufgehängt. Gegen dieselben wurde genau bis zur Berührung die sorgfältig hori- zontirte Scala des zweiten Beobachtungsfernrohres als Hülfs- scala geschoben und nun durch einen vor der Scala befind- lichen, vorher richtig eingestellten Theodolit auf einzelne Punkte der Hülfsscala, auf den Nullpunkt der Theilung der Fernrohrscala und einen in der Mitte des Spiegels bezeich- neten Punkt visirt. Dabei wurde über die Mitte des Ob- jectivs des Theodolits ein Loth gehängt, und die Einstellung desselben bestimmt, bei welcher das Spiegelbild des Lothes gerade in der Hülfsscala gesehen wurde, welche hierbei auf der durch die Axe des Theodolitenfernrohres gelegten Ver- ticalebene senkrecht stand Diese Einstellung wurde als Nullstellung des Theodolits angenommen.

Hiernach wurde bei Aufstellung der neu gewickelten

254 G, Wiedtmann,

Spiralen der Abstand der Vorderfläche des Magnetspiegels im Galvanometer von der Fernrohrscala gefunden:

1) mittelst des Bandmaasses 432,07; 432,18 cm;

2) mittelst des Theodolits i) 431,81 cm, also im Mittel 432,02 cm.

Nach Addition von 0,16 cm als ^/g der Spiegeldick und Subtraction von 0,063 cm als '/a der Dicke des Deckglase ergibt sich der in Berechnung zu ziehende Abstand gleich

432,12 cm.

3) Messung der Schwingungsdauer und des loga rithmischen Decrementes des Magnetsystems i Galvanometer oder Inductor. Das Magnetsystem vnirde durch rechtzeitige Bewegung des Beruhigungsmagnets in Schwingungen versetzt und die Ausschläge nach beiden Seiten wurden während etwa 20 Schwingungen notirt. Zugleich wurden die Durchgänge der im Spiegel am Magnet reflec- tirten Scalen theile 0, ±100, ±200, ±300 durch das Faden- kreuz des Beobachtungsfernrohres mittelst eines Chrono, graphen von Hipp registrirt. Die Zeichen, welche durch eine Uhr mit Secundenpendel mit Krille'schem Unterbrecher (in welchem ein feines Glimraerblatt einen die Leitung ver- mittelnden Quecksilbertropfen zwischen zwei feinen, horizontal einander gegenüber liegenden OeflFnungen durchschneidet) auf dem Papierstreifen des Chronographen angegeben werden, haben einen Abstand von etwa 10 mm, sodass sich vierzigstel Secunden mit Hülfe einer mit ihrer Theilung auf den Papier- streifen aufgelegten Glasscala bequem schätzen lassen.

Die Uhr wurde von Zeit zu Zeit mit der Normaluhr der Leipziger Sternwarte verglichen und die übrigens für die vorliegenden Zwecke sehr geringfügigen Abweichungen vom richtigen Gange (15—16 Secunden in 24 Stunden) wurden in Rechnung gezogen.

Durch directe Versuche wurde nachgewiesen, dass die Electromagnete des Chronographen weder die Einstellung, noch die Schwingungsdauer des Magnetsystems irgend merk- lich beeinflussten.

1) In Bezug auf die Einzelmessungen mittelst des Theodolits ver- weisen wir auf die Abhandlung in den Abb. d. Berl. Acad.

Bestimmung des Ohm. 255

Die Schwingungsdauer im Galvanometer wurde erst be- obachtet, nachdem das Magnetsystem etwa 12 Stunden darin aufgehängt und während dieser Zeit wiederholt in Schwin- gungen versetzt war, da unmittelbar nach dem Einhängen sich die Elasticität und namentlich die elastische [Nachwir- kung der Goconfäden noch zu sehr änderte. Deshalb konnte auch nach dem Umhängen des Magnetsystems in den In- ductor, welches unmittelbar nach den Inductionsbeobachtun- geuy bezw. der Bestimmung der Schwingungsdauer Tg im (ralvanometer erfolgte, die Ablesung der Schwingungen da- selbst nicht sofort sichere Resultate für die Schwingungs- dauer Ti im Inductor ergeben, vielmehr musste dazu ebenfalls eine längere Zeit gewartet werden.

Wenn sich nun auch die erdmagnetische Horizontalinten- sität innerhalb dieser Zeit nicht bedeutend veränderte, so war es doch sehr wünschenswerth, durch unmittelbar auf- einanderfolgende Beobachtungen das Verhältniss HgjHi der Intensitäten des Erdmagnetismus am Orte des Gralvanometers und des Inductors controliren zu können. Hierzu diente in "vortrefflicher Weise mit geringen constructiven Abänderun- gen^) das Variometer von F. Kohlrausch.

Da in der Umgebung des Beobachtungsiocais grössere Eisenmassen nicht vorhanden waren und kleinere nicht be- wegt wurden, blieb das Verhältniss der erdmagnetischen Horizontalintensität Hgj Hi am Galvanometer und Inductor während längerer Zeit sehr nahe das gleiche.

Aus diesem Verhältniss folgt das Verhältniss der Schwin- gungsdauem Tg und Ti^ zunächst ohne Einfluss der Dämpfung. Ist Tg direct beobachtet, so wird:

TT

Die direct beobachteten Schwingungsdauern bedürfen noch einer zwiefachen Correction, einmal für das logarith« mische Decrement, sodann für die Schwingungsweite.

Ist Ti die beobachtete Schwiugungsdauer unter Einfluss

1) F. Kohlrausch, Wied. Aun. 19. p. 130 1883; vgl. die Original- abhandlung.

256 G, Wiedemann. Bestimmung des Ohm,

^^ •• ^^

der Dämpf ang, X das logarithmische Decrement, so ist die

Schwingungsdauer T ohne jenen Einfluss:

Bei den verschiedenen Versuchsreihen war X etwa gleich 0,007. Demnach ist diese Correction ganz zu vemachläs- sigen.

Ist ferner bei der Schwingungsweite a die Schwingungs- dauer gleich T, so ist sie für unendlich kleine Bogen:

T,^T{\-\^m^\a).

Der grösste Ausschlag bei Bestimmung der Schwingungs- dauern betrug allerhöchstens 60 cm bei einem Abstand der Scala vom Spiegel von etwa 432 cm. Danach ist das Maximum des Ausschlagswinkels 3^ 57' 18", also Jsin^ |a = 7,440. 10-«. Auch dieser Werth liegt ganz innerhalb der sonstigen Beob- achtungsfehler.

4) Bestimmung der Torsion des Aufhängefaden». Die Bestimmung der Torsionscoefficienten ^ geschah in üb- licher Weise, indem der die Fäden mit dem Magnetsystem tragende Kopf um eine bestimmte Anzahl Grade i/; nach rechts und nach links gedreht und die entsprechenden Ab- lenkungen i//j des Magnetsystems beobachtet wurden.

(Fortsetzung im nächsten Heft.)

IV. Veber das allgemeine Wi/ndsystem der Erde;

von Werner von Siemens.

(Aus den Sitzungsber. der KönigL Preuss. Acad. der Wiss. zu Berlin;

mitgetheilt vom Hm. Verf.)

Hr. A. Sprung . hat im Maiheft der Meteorologi- schen Zeitschrift unter dem Titel: „Ueber die Theorien des allgemeinen Windsystems der Erde u. s. w.^' eine verglei- chende Kritik der in meiner Mittheilung an die Akademie vom 4. März 1886: „Ueber die Erhaltung der Kraft im Luft- meere der Erde'* aufgestellten Berechnung der Richtung und Stärke der allgemeinen Luftströmung mit der älteren Fer- r einsehen Theorie gebracht, weiche mich zu einigen Bemer- kungen Teranlasst. Diese sollen nicht die, zum Theil ganz zutreffenden, Einwendungen des Hrn. Sprung gegen die strenge Gültigkeit meiner Rechnungsresultate, sondern die Annahme zurückweisen, dass ich, in gleicher Weise wie Ferrel, den Versuch gemacht hätte: „auf theoretische Be- rechnungen eine Theorie des allgemeinen Windsystems der Erde aufzubauen'*. Ganz abgesehen davon, dass ich mich in der mathematischen Technik dafür nicht stark genug fühle, halte ich diesen Weg auch für durchaus ungeeignet. Ein so ausserordentlich complicirtes Problem, wie das des allgemeinen Windsystems, lässt sich unmöglich rückwärts auf Grund mathematischer Berechnungen construiren. Es fehlt dazu bisher die einfache, alle Erscheinungen beherr- schende Grundlage. Ich habe in meinen Betrachtungen „über die Erhaltung der Kraft im Luftmeere der Erde^' zu- nächst versucht, die Kräfte festzustellen, welche die Luft- bewegang hervorrufen, erhalten und hemmen, und demnächst gesucht, die durch ihr Zusammenwirken verursachte allge- meine Luftbewegung nach Richtung und Grösse durch Rech- nung zu bestimmen. Es ist daher nicht richtig, dass ich: „in gleicher Weise, wie früher Ferrel, durch Rechnung einen Urzustand der atmosphärischen Bewegung nachweisen wollte'', um denselben demnächst meinen weiteren Specula- tionen zu Grunde zu legen. Ebensowenig richtig ist es, dass ich bei meinen Rechnungen von der Hemmung der Luft- bewegung durch Reibung ganz abgesehen hätte. Die von

Ann. d. Phjs. u. Chem. N. F. XLII. 17

258 ^\ V, Siemens,

Hrn. Sprung sehr treffend als „Grundcirculation^' bezeich- nete meridionale Luftströmung, auf der meine Theorie des allgemeinen Windsystems begründet ist, beruht ja gerade auf dem Gleichgewicht zwischen der Beschleunigung der Luft im äquatorialen Auftriebe infolge der Ueberhitzung der untersten Luftschichten der heissen Zone durch Sonnen- strahlung und den Eraftverlusten, welche die bewegte Luft auf ihrem Ereislaufe zu erleiden hat. Die Mischung der Luftmassen y welche ohne eine Grundcirculation <' mit der Geschwindigkeit der Erdoberfläche, auf welcher sie ruhen, rotiren müssten, ist durch dieselbe im Laufe der Jahr* tausende erfolgt. Ich gebrauchte das mathematische Bild der plötzlichen reibungslosen Mischung der Luftschichten aller Breiten nur, um diesen seit der Urzeit schon vorhan- denen Bewegungszustand in einfacher Weise nach Richtung und Grösse zu bestimmen. Ferrel geht nicht, wie ich, von einer Grundcirculation aus, welche die mit ihrer Breiten- geschwindigkeit rotirenden Luftschichten fortlaufend aus- tauscht und dadurch allmählich mischt, sondern lässt diese Mischung durch eine, nicht näher motivirte, reibungslose Verschiebung der rotirenden Luftringe verschiedener Breiten in meridionalem Sinne bewirken. Es ist dies im wesentlichen dieselbe Rechnungsgrundlage, wie die meinem Mischungs- bilde zu Grunde liegende, und Perrel kommt daher auch zu demselben Rechnungsresultate, wie ich, soweit es die Richtung der Windströmungen betrifft. Dagegen besteht eine wesentliche Verschiedenheit in unseren Angaben über die relativen Windstärken nördlich und südlich der 35. Brei- tengrade. Der Annahme des Hi*n. Sprung, dass keine der beiden Theorien als vollkommen correct zu betrachten sei, pflichte ich vollständig bei. Ich habe die meinige nie anders als eine erste Annäherung an die Wahrheit betrachtet. Ich habe in diesem Sinne auf die Rechnung complicirende Ein- flüsse, wie die nach den Polen hin abnehmende Temperatur und das nicht Zusammenfallen der Richtung der Oentri- fugalkraft mit der der Schwerkraft, ausser Betracht gelassen. Letztere Thatsache, deren Wirkung auch aus der Betrach- tung hervorgeht, dass die in höherer Breite rotirende Luft- masse überall die Tendenz haben muss, sich in grössten

Windsystem der Erde, 259

Kreisen fortzubewegen, also dem Aequator zuzustreben, würde eine Abnahme des Luftdruckes mit Annäherung an die Pole bewirken und müsste dadurch das Resultat der Mischungsrechnung wesentlich beeinträchtigen, wenn diese Tendenz nicht durch andere Kräfte, welche die entgegen- gesetzte Wirkung haben, compensirt würde. Es sind aber nicht diese, sondern andere Annahmen principieller Natur, welche zwischen beiden Auffassungen einen sehr wesent- lichen Unterschied bedingen und die zu ganz abweichenden Resultaten führen. Einmal ist dies die Annahme FerreTs, dass der sogenannte Flächensatz in der Form der Erhaltung des Rotationsmomentes bei der Verschiebung der mit der Erdoberfläche rotirenden Luft im meridionalen Sinne zur Geltung käme. Ich kann dem nicht beipflichten, muss im Gegensatz entschieden bestreiten, dass die Erhaltung des Rotationsmomentes bei der Luftbewegung Platz greift.

Das der Astronomie entnommene Flächengesetz besagt, dass eine Masse, welche sich frei um eine andere bewegt, in gleichen Zeiten gleiche Flächen umschreibt. Es geschieht dies infolge der Beschleunigung der rotirenden Masse bei der Annäherung an den Anziehungsmittelpunkt der fest- stehenden Masse und der Verzögerung derselben bei ein- tretender Entfernung von demselben. Die durch Beschleu- nigung erlangte grössere Geschwindigkeit hat die Beschrei- bung eines grösseren Bogens in der Zeiteinheit zur Folge und führt dadurch zum Flächengesetz. Nach Ferrel müsste nun eine in irgend einer Breite mit der Erdoberfläche roti- rende Luftmenge bei einer Verschiebung im meridionalen Sinne nicht, wie ich es annahm, mit unveränderter absoluter Geschwindigkeit, also unter Beibehaltung ihrer lebendigen Kraft, ihren Weg fortsetzen, sondern ihr Rotationsmoment müsste constant bleiben was einer bedeutenden Geschwin- digkeitsänderung entspricht. Damit das Rotationsmoment constant bleiben kann was der Fall ist, wenn die lineare Geschwindigkeit des rotirenden Körpers sich derart ändert, dass in gleichen Zeiten gleiche Flächen von ihm umkreist werden muss also eine bedeutende Arbeitskraft aufge- wendet werden, um die Geschwindigkeitsänderung der trägen Luftmasse hervorzubringen. Es fehlt aber die Kraft gänz-

17*

260 fV. V. Siemens,

lieh, welche diese Arbeit leisten könnte. Wenn man den Rotationsradius einer rotirenden festen Masse verkürzt, so muss die Kraft, welche die Verkürzung bewirkt, die Centri- fugalkraft überwinden. Die Summe der Producte aller über- wundenen Centrifugalkräfte mit den zurückgelegten Wegen gibt die zur Beschleunigung der rotirenden Masse aufge- wendete Arbeit, und diese reicht gerade hin, um das Flächen- gesetz aufrecht, d. i. also hier das Rotationsmoment constant zu erhalten. Bei der Bewegung der Luft auf der Erdober- fläche sind aber gar keine analogen Verhältnisse vorhanden. Auf der Erdoberfläche findet bei tangentialer Verschiebung keine Aenderung der Schwerkraft und keine Beschleunigung der verschobenen Masse durch die Gravitation statt. Eben- sowenig lässt sich erkennen, wodurch ein Druck benachbarter Luftschichten auf die zu verschiebenden entstehen sollte, welcher die gewaltige Beschleunigungsarbeit, die die Erhal- tung des Rotationsmomentes verlangt, zu leisten im Stande wäre! Eine Verschiebung der ganzen Luftmasse eines roti- renden Ringes in meridionalem Sinne ist übrigens gar nicht ausführbar, da der Rauminhalt eines solchen Ringes von ge- gebener Dicke sich mit dem Cosinus der Breite verändert Es muss also bei einer polaren Verschiebung ein entspre- chender Theil der Ringmasse zurückbleiben, bez. zum Aequa- tor zurückkehren. Aber auch fär den wirklich in polarer Richtung verschobenen Theil des Luftringes ist gar kein physikalischer Grund zu finden, warum die Erhaltung des Rotationsmomentes bei den Luftströmungen angenommen werden müsste. Es würde im Gegentheil diese Annahme zu den grössten Widersprüchen und Discontinuitäten führen« Denn in dem angenommenen Urzustände, in welchem noch keine meridionale Luftströmung stattfand, von dem Ferrel sowohl wie ich ausgegangen sind, rotirte die Luft jeder Breite mit der Geschwindigkeit des Bodens, auf dem sie ruhte. Die Geschwindigkeit der Luftmasse nahm daher mit dem Cosinus der Breite ab. Dies Verhältniss hätte sich nm nach Ferrel mit dem Eintritt meridionaler Luftströmung nicht nur umkehren müssen, es hätte anstatt der AbnahiDO sogar eine Zunahme der Bewegungsgeschwindigkeit der Luft in noch weit höherem Verhältniss eintreten müssen, wenn

lVindsy$tem der Erde, 261

das Rotationsmoment der Luft constant bleiben sollte. Warum dasselbe aber constant bleiben muss und welche Kräfte dann diese gewaltige Vergrösserung der in der rotirenden Luft- masse aufgespeicherten lebendigen Kraft herbeiführen konn- ten, bleibt gleich unfassbar.^)

Auch mit einer anderen Annahme FerreTs kann ich mich nicht einverstanden erklären. Es ist die, dass auf ge- neigten Flächen gleichen Lufdruckes ein Hinabgleiten der überlagernden Luftschichten stattfinden könnte. Auf iso- baren geneigten Flächen findet ebensowenig wie auf Niveau- flachen ein Antrieb zu tangentialer Verschiebung statt. Dass eine solche Verschiebung überhaupt nicht bestehen könnte, ergibt sich auch schon aus der Betrachtung, dass ein nieder- gehender Luftstrom, falls er wirklich einträte, sogleich eine Druckänderung herbeiführen, mithin das Druckgleichgewicht stören und sofort einen Rückstrom veranlassen müsste. Es folgt hieraus, dass eine stetig fortschreitende Erwärmung der Atmosphäre, wie sie in Wirklichkeit von Störungen abgesehen von den polaren Gegenden ab bis zum Aequa- tor hin stattfindet, noch keinen Grund für meridionale Luft- strömungen bildet, wie auch Dove es annahm. Es lassen sich durch eine solche ungleich erwärmte Atmosphäre in allen Höhenlagen isobare Flächen legen, die vom Aequator bis zu den Polen reichen und auf welchen keine freiwillige Luftbewegung eintreten kann. Trotz grosser Verdünnung oder „Auflockerung" der Luft durch die Wärme der äqua-

1) Ich miiss daher die Erklärung des Hrn. Dr. Sprung, „dass meine Annahme der constanten Rotationsgeschwindigkeit der Luft derselbe, allerdings nahe liegende, Irrthum wäre, welcher die ganze Hadley- Dove*8che Auffassung vom Einflüsse der Erdrotation auf die Luftbewe- gongen beherrschte", entschieden zurückweisen. Hr. Dr. Sprung ffihrt ganz mit Unrecht als Stütze ftlr diesen Ausspruch die Abhandlung von Helmholtz's „Ueber atmosphärische Bewegungen*' an. v. Helmholtz hat in dieser mathematischen Untersuchung den hypothetischen Fall be- handelt: „Wenn wir uns einen rotirenden Luftring denken, dessen Axe mit der Erdaze zusammenfällt und der durch den Druck der benach- barten ähnlichen Ringe bald mehr nördlich, bald mehr südlich geschoben wird, so muss nach dem bekannten allgemeinen mechanischen Prineip das Rotationsmoment constant bleiben.*^ Das ist ja unzweifelhaft richtig, da in diesem angenommenen Falle der Druck der benachbarten Ringe die Beschleunigungsarbeit leistet. Die vorliegende Frage ist aber eben die, ob Kräfte nachzuweisen sind, welehe diesen Verschiebungsdnick be- wirken?

262 W. V. Siemens,

torialen Zonen würde die Atmosphäre daher in Ruhe blei- ben, wenn keine Störung des indifferenten Gleichgewichtes in irgend einem Theile derselben stattfände. Das indiffe- rente Gleichgewicht mit der ihm zugehörigen adiabatischen Temperaturscala ist der wahre Zustand des Gleichgewichtes und der relativen Ruhe der Atmosphäre. Dasselbe besagt, dass abgesehen von aller Reibung kein Arbeitsaufwand erfordert wird, um eine Luftmasse aus einer Höhenlage in eine andere zu bringen, das heisst also hier, dass die bei der arbeitenden Ausdehnung der Luft verbrauchte Energie im Wärmeverluste derselben durch Abkühlung ihr Aequi- valent findet und umgekehrt. Die allgemeine Herrschaft des indifferenten Gleichgewichtes in der Atmosphäre ist daher der Zustand der relativen Ruhe desselben, und jede Störung dieses Gleichgewichtes tritt als Kraftansammlung auf mit der Tendenz, durch Luftbewegungen die Herrschaft des in- differenten Gleichgewichtes wieder herzustellen. Der Grund dieser Störungen ist ausschliesslich in der ungleichen Er* wärmung der Luftschichten durch die Sonnenstrahlen, sowie in der ungleichen Abkühlung derselben durch die Ausstrah- lung der Wärme in's Weltall zu suchen. Die Sonnenstrahlen erwärmen vorzugsweise den Erdboden und durch ihn die ihm zunächst liegenden tieferen Luftschichten. Der hierdurch bewirkte Temperaturüberschuss über die adiabatische Boden- temperatur, welche der mittleren Erwärmung der ganzen überlagernden Luftsäule entspricht, bildet eine Ansammlung freier Energie, gleichsam eine gespannte Feder, welche sich nur dadurch wieder ausgleichen kann, dass das gestörte in- differente Gleichgewicht durch Ausbreitung des vorhandenen Temperaturüberschusses der tiefsten Schichten auf sämmt- liche überlagernde Luftschichten bewirkt wird. Dies kann praktisch nur durch Luftströmung geschehen. Bei localer Begrenzung der Ueberhitzung wird sich irgendwo an local begünstigter Stelle eine Erhebung der überhitzten Luft her- ausbilden, welche dann an Höhe schnell zunimmt, da der Auftrieb proportional der Höhe des so gebildeten natür- lichen Schornsteins wächst. Dieser Schornstein unterscheidet sich aber ausser seiner Höhe von den gebräuchlichen we- sentlich dadurch, dass er elastische Wände hat und dass

Wvndsystem der Erde. 263

Druck und Dichtigkeit der Luftschichten innerhalb wie ausserhalb derselben mit der Höhe abnimmt Es muss also die Luftgeschwindigkeit während des Auftriebes im umge- kehrten Verhältnisse der Dichtigkeit zunehmen, da ja in jedem Zeitabschnitte gleich viel Luftmasse durch alle Quer- schnitte des Schornsteins strömen muss. Da bei der geringen Höhe der Atmosphäre im Vergleich mit dem Erdradius keine in Betracht kommende Zunahme des Raumes mit der Höhe innerhalb derselben stattfindet, so muss ganz allgemein die Geschwindigkeit der Luftströmungen beim Auf- und Niedergehen mit dem örtlich herrschenden Luftdrucke zu- und abnehmen. Es wird daher auch beim Auftriebe der Luft ein grösserer Theil der in ihr angesammelten Sonnen- energie in lebendige Kraft bewegter Luftmasse verwandelt, wie ohne eine solche Beschleunigung der Fall sein würde. Bei dem Auftriebe local begrenzter, am Boden überhitzter Luft wird das Endresultat ein localer Auftrieb mit beschleu- nigter Geschwindigkeit bis in die höheren und höchsten Luftregionen und gleichzeitig ein Niedergang der den Auf- strom umgebenden Luftschichten mit während des Nieder- ganges verminderter Geschwindigkeit und schliesslich eine Ausbreitung der das Gleichgewicht störenden Wärmeansamm- lung am Erdboden auf sämmtliche überlagernde Luftschichten unter Wiederherstellung des gestörten indifferenten Gleich- gewichtes dieses Theiles der Atmosphäre sein.

Im wesentlichen ebenso, aber in der äusseren Erschei- nung ganz verschieden tritt diese Ausgleichung der Störung des indifferenten Gleichgewichtes durch Sonnenstrahlung auf, wenn sich die Ueberhitzung der dem Boden benachbarten Luftschichten auf ganze Brdzonen ausdehnt. Dann kann der Auftrieb kein local begrenzter mehr sein, sondern er muss die ganze heisse Zone systematisch umfassen. Er kann auch nicht mehr zeitlich begrenzt sein, sondern der Ausgleich muss ebenso wie die Störungsursacbe unbegrenzt fortdauern. Ei8 muss sich mithin ein die ganze Atmosphäre umfassendes Strömungssystem herausbilden, welches schliesslich die Auf- gabe erfüllt, die Ueberhitzung der dem Boden benachbarten Luftschichten der heissen Zone continuirlich der gesammten Atmosphäre in allen Höhenschichten und Breiten zuzuführen

264 tV. V. Siemens.

und dadurch das in der heissen Zone gestörte indifferente Gleichgewicht durch fortlaufende Luftströmungen wiederher* zuteilen. Wenn man unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich Strömuni^sbahnen nicht schneiden können, femer des Umstandes, dass die Stromgeschwindigkeit eines auf- steigenden Stromes mit der Höhe, umgekehrt proportional dem daselbst herrschenden Luftdrucke, zunehmen muss, und endlich des Umstandes, dass die Luft die einmal erhaltene Geschwindigkeit so lange unverändert beibehalten muss, bis sie durch Reibung, Mischung oder Compressionsarbeit auf- gezehrt ist, die möglichen Strömungsbahnen construirt, so gelangt man mit Nothwendigkeit zu dem Yon mir angenom- menen Windsysteme, welches wesentlich auf dem Beharrungs- yermögen der durch den äquatorialen Auftrieb in beschleu- nigte Bewegung gesetzten überhitzten Luft aufgebaut ist. Dies Beharrungsvermögen treibt nicht nur die beschleunigt aufgestiegene Luft in den höheren Luftschichten den Poleo zu, es ist auch die Ursache der Rückkehr derselben in den niederen Luftschichten zum Aequator.

Es würde mich über den beschränkten Rahmen dieser Mittheilung hinausführen, wollte ich auf eine nähere Erörte- rang dieser Trägheits Wirkungen dieser Luftmasse, sowie auf den dieselben vielfach modificirenden Einfluss des Wasser- dampfes eingehen. Es sei mir aber gestattet, noch einige Worte über die Entstehung der grossen localen Kraft- ansammlungen, wie sie im Maximum und Minimum des Luftdrucks ihren Ausdruck finden, hinzuzufügen. Die Summe des Luftdrucks aller Theile der Erdoberfläche muss eine Constante sein, da diese Summe das Gewicht der unver^ änderlichen Gesammtmasse der Luft darstellt. Einer localen Verminderung des Luftdruckes muss daher nothwendig immer eine gleichzeitige Druckvermehrung an anderen Orten gegen* , überstehen. Es ist offenbar unthunlicb, die Ursache des ESnt- ^ Stehens der Maxima und Minima in localen Zuständen der Atmosphäre zu suchen. Dieselben werden häufig durch das- Barometer schon angekündigt, bevor irgend eine Verände rung in der Beschaffenheit der Atmosphäre am Erdbodei::^* hervorgetreten ist. Nur pflegen häufig leichte Wolkenstrich^^ eine eingetretene Aenderung in den höheren Luftschichte]

IVinHiystem der Erde, 265

zu verrathen. Ich habe daher auch schon in meinem Auf- satze „Deber die Erhaltung der Kraft im Luftmeer der Erde'' den Entstehungsgrund der Maxima und Minima in die oberen Luftschichten verlegt. In diesen finden fort- währende Aenderungen der Temperatur und Bewegungs- geschwindigkeit der Luft statt, welche von dem Orte des Aufstieges der Luft, d. i. von ihrer Temperatur und ihrem Wassergehalte vor dem Aufstiege, herrühren. Wenn kein Wechsel der Jahreszeiten stattfände, so würde wahrschein- lich auch in den Strömungen der Luft in den höheren Schichten eine grosse Regelmässigkeit obwalten, die dann auch den Witterungsverhältnissen eine gewisse Folgerichtig- keit geben würde, die bisher nicht zu erkennen ist. Wir können bisher nicht beurtheilen, woher die Luft stammt, die auf irgend einer Stelle der Erdoberfläche augenblicklich in den höheren Luftschichten polwärts strömt. Von dem Orte des Aufstiegs und der Jahreszeit wird es aber abhängen, welche Temperatur und Geschwindigkeit diese Luft besitzt. Denn da der Wärmeverbrauch beim Aufstiege der Luft, also bei der arbeitenden Ausdehnung derselben, ganz vom Grade der eingetretenen Verdünnung, also von der Höhe des Aufstiegs, abhängt, so wird bei warmer wie bei kalter Luft nahe dieselbe Temperaturverminderung stattfinden. Es muss also ein Wärmeüberschuss, den die Luft vor dem Auf- triebe besitzt, der durch denselben verdünnten und abge- kühlten Luft erhalten bleiben. Es müssen daher in allen Atmosphärenhöhen Temperaturdifi'erenzen vom Betrage der auf der Erdoberfläche vorhandenen auftreten. Aus diesem Grunde wird im allgemeinen der Zustand der Atmosphäre nicht der des labilen Gleichgewichtes, sondern ein soge- nannter stabiler sein, da die höheren Luftschichten wegen ihrer äquatorialen Provenienz durchschnittlich wärmer und leichter sein werden, als es die adiabatische Temperatur- scala des Ortes verlangt, über welchem sie sich befinden. Je höher der Temperatur überschuss der Luft vor ihrem Aufstiege war und je mehr Wasserdampf sie dabei enthielt, desto grösser muss aber auch die Geschwindigkeit werden, welche sie beim Aufstiege gewinnt. Es müssen also in den höheren Luftschichten der mittleren und höheren Breiten

266 fV, V. Siemens.

relativ warme und dadurch leichte Luftströme grosser tie- schwindigkeit mit kälteren und langsamer strömenden ab- wechseln. Ein solcher Luftstrom relativ leichter und war- mer Luftj welcher den oberen noch lufterfüllten Raum ganz oder theilweise einnimmt, stört nun aber seinerseits das in- differente Grleichgewicht der tiefer liegenden Luftschichten. An der Berührungsgrenze der Schichten muss die tiefere, relativ ruhige Luft unter zu grossem Drucke stehen. Sie muss sich also ausdehnen und von der über sie schnell fort- strömenden leichteren Luft mit fortgerissen werden. Wie von Helmholtz nachgewiesen hat, muss diese Fortführung unter Wellenbildung mit grosser Energie von Statten gehen. Die Folge muss also eine Ausdehnung und Aufströmung der unteren Luftmenge sein, welche so lange fortdauern muss, bis das durch den Minderdruck der oberen Luft- schichten gestörte indifferente Gleichgewicht wieder herge- stellt ist. Der umgekehrte Fall wird eintreten, wenn der Luftdruck der oberen Schichten sich durch Abkühlung und Anstauung infolge der Verengung des Strombettes mit wach- sender Breite über das ihrer Höhenlage zukommende Maass vergrössert. Dann wird ein Hinabsinken der Grenzschichten eintreten, wodurch eine Verdichtung der unteren Luftschichten mit entsprechender Druckvermehrung stattfindet. In beiden Fällen muss schliesslich das gestörte indifferente Gleich- gewicht dadurch wieder hergestellt werden, dass die unter- halb der Störungsquelle liegenden Luftschichten durch auf- oder niederwärts gehende Ströme soviel Luftmenge abgeben oder aufnehmen, bis der Zustand des indifferenten Gleich- gewichtes in der ganzen Höhe der Atmosphäre wieder her- gestellt ist. Um dies zu bewirken, muss zunächst der Luft- druck der unteren Schichten sich so lange vergrössern oder vermindern, bis derselbe sich der Druckscala des indiffe- renten Gleichgewichtes der störenden oberen Luftschichten angepasst hat. Es heisst das, dass der Druck am Erdboden sich mit der Druckänderung in der Höhe seinerseits pro- portional ändern muss wodurch die überraschende Grösse der an der Erdoberfläche beobachteten Luftdruck&nderungen ihre vollständige Erklärung findet. Diese Aenderung des Zustandes der unteren Luftschichten wird auch nach diesem

fVindsystem der Erde, 267

Ausgleiche noch so lange fortdauern, als die Ursache der Störung in den oberen Luftschichten andauert. Bis dahin müssen Luftdruckminima mit aufsteigenden Luftströmen oder Lnftdruckmaxima mit niedergehender Luftbewegung andauern "und die Atmosphäre in weiterer Umgebung in wirbelnde

^Bewegung setzen. Erst wenn die Luftströmung in den höhe- ren Schichten der Atmosphäre wieder normale Verhältnisse

.angenommen hat, wird wieder mittlerer Barometerstand und

ZÄ-elative Luftnihe am Erdboden herrschen.

Die Theorie des allgemeinen Windsystems lässt sich

Xiiernach in folgenden Sätzen zusammenfassen.

1. Alle Luftbewegungen beruhen auf Störungen des in- -^liifferenten Grleichgewichtszustandes der Atmosphäre und er- rf^en den Zweck der Wiederherstellung desselben.

2. Diese Störungen werden bewirkt: durch Ueberhitzung Ler dem Erdboden zunächst liegenden Luftschichten durch

r^onnenstrahlung , durch unsymmetrische Abkühlung der .oberen Luftschichten durch Ausstrahlung und durch An- >^t;auungen bewegter Luftmassen beim Auftreten von Strö- mngshindernissen.

3. Die Störungen werden ausgeglichen durch aufsteigende T^uftströmungen, bei welchen eine derartige Beschleunigung eintritt, dass die Zunahme der Luftgeschwindigkeit der Ab- nahme des Luftdruckes proportional ist.

4. Den Auf Strömungen entsprechen gleich grosse Nieder- strömungen, bei welchen eine der Beschleunigung beim Auf- strome entsprechende Verminderung der Luftgeschwindigkeit stattfindet.

5. Ist das Gebiet der eingetretenen Ueberhitzung der unteren Luftschichten ein örtlich begrenztes, so findet ein localer Aufstrom statt, der bis in die höchsten Luftregionen reicht und die Erscheinung von Wirbelsäulen mit im Innern spiralförmig aufsteigenden, ausserhalb in gleich gerichteten Spiralwindungen niedergehenden Luftströmen darbietet. Das Resultat dieser Wirbelströmungen ist Ausbreitung des Wärmeüberflusses der unteren Schichten, durch welche das adiabatische Gleichgewicht gestört wurde, auf die ganze überlagernde Luftsäule, die an der Wirbelbewegung Theil nahm.

268 ^. r. Siemens.

6. Falls das Gebiet der Störung des indifferenten (oder des adiabatischen) Gleichgewichtes sehr ausgedehnt ist, also z. B. die ganze heisse Zone umfasst, so kann die Temperatur- ausgleichung nicht mehr durch locale aufgehende Wirbel- strömungen erfolgen. Es müssen sich denn Wirbelströmungen bilden, welche die ganze Atmosphäre umfassen. Es gelten für dieselben die für locale Wirbel aufgestellten Bedingungen des beschleunigten Aufstieges der Luft und des verzögerten Niederganges, derart, dass die durch Wärmearbeit entstan- dene Geschwindigkeit der Luftbewegung in den verschiedenen Höhenlagen annähernd dem dort herrschenden Luftdrucke umgekehrt proportional ist.

7. Da das ganze Luftmeer infolge der stetigen durch ^ Wärmearbeit hervorgerufenen und erhaltenen meridionalen ^

' Strömung annähernd in allen Breiten mit derselben abso- - luten Geschwindigkeit rotiren muss, so combiniren sich die ^ durch Ueberhitzung erzeugten meridionalen Strömungen mit ^ den terrestrischen zu dem grossen, die ganze Erde umfassen- ' den Luftströmungssysteme, welches den Zweck erf&llt, die - ganze Atmosphäre an der überwiegenden Wärmezufuhr in der heissen Zone Theil nehmen zu lassen, äquatoriale Wärme und Feuchtigkeit den mittleren und höheren Breiten zuzu- führen und die Entstehung der localen Luftströmungen der letzteren zu vermitteln.

8. Das letztere geschieht durch die Erzeugung von wechselnden localen Erhöhungen und Verminderungen des Luftdruckes durch Störung des indifferenten Gleichgewichtes in den höheren Schichten der Atmosphäre.

9. Minima und Maxima des Luftdruckes sind Folgen der Temperatur und Geschwindigkeit der Luftströmungen in den höheren Schichten der Atmosphäre.

Man kann hiernach als wesentlichste Aufgabe der Me- teorologie die Erforschung der Ursachen und Folgen der Störungen des indifferenten Gleichgewichtes der Atmosphäre und als wichtigste Aufgabe der Wetterprognose die Er- forschung der geographischen Herkunft der Luftströme be- trachten, die auf ihren Wegen nach den Polen hin über uns fortziehen.

V. lieber die Theorie der Eisbildung, insbesondere über die Eisbildn/ng im Polarmeere;

von J. Stefan.

(Aus den Sitzungsber. der kais. Acad. d. Wiss. in Wien, math.-natorw. Cl. Bd. 98, AbtL IIa. yom 4. Juli 1889; mitgetheilt vom Hrn. Verf.)

Von mehreren polaren Expeditionen wurden Messungen über das Wachsen des Eises im Laufe des Winters angestellt. In den Contributions to our knowledge of the Meteorology of the arctic regions, vol. I, London 1885, sind solche Beob- achtungsreihen mitgetheilt, welche im Gulf of Boothia (1829—82), in der Assistance Bay (1850—51), in Port Bowen (1824—26), in der Balker Bay (1851—52), Cambridge Bay (1852—53), Camden Bay (1858—54), auf den Princess Royal- Inseln (1850 51) und in der Mercy Bay (1851 58) aus- geführt worden sind. Die zweite deutsche Nordpolfahrt in den Jahren 1869—70 hat ebenfalls solche Messungen vor- genommen und die Resultate in dem zweiten Bande ihres Berichtes (Leipzig 1874) veröffentlicht. Der verehrte College Hr. J. Hann hatte die Güte, mich auf diese Publicationen aufmerksam zu machen und mir dieselben mitzutheilen.

Die Eisbildung ist ein Vorgang des Wachsthums, dessen Bedingungen genau angegeben werden können. Die Theorie dieses Wachsthums bildet ein Problem der Theorie der Wärmeleitung von besonderer Art. In einer früheren Ab- handlung^) habe ich zuerst eine solche Aufgabe behandelt. Dieselbe bezieht sich auf folgenden Fall.

Es sei eine ausgedehnte Wassermasse gleichförmig auf die Temperatur ihres Grefrierpunktes abgekühlt. Fällt die l^emperatur der Luft über ihr auf a Grade unter den Gefrier- punkt des Wassers und bleibt unveränderlich auf diesem Stande, so beginnt gleichzeitig an der Oberfläche des Was- SQfs die Eisbildung, und diese schreitet nach unten fort, sodass die Eisschichte mit wachsender Zeit immer dicker

l) J. Stefan, Wien. Ber. 98. Abth. IIa. p. 478. 1889.

270 J. Stefan.

wird. Die Dicke des Eises ist durch eine sehr einfach Formel bestimmt Dieselbe ist der Quadratwurzel aus der Zeit, welche seit dem Beginne der Eisbildung verflossen is proportional.

Zu diesem Gesetze und auch zu einem angenäherte Werthe der in ihm enthaltenen Constanten führt aber auc eine ganz elementare Betrachtung. Es genügt^ anzunehmen dass die Kälte innerhalb der Eisdecke von dem Werthe den sie in der Oberfläche hat, bis zum Gefrierpunkte an de unteren Begrenzungsebene des Eises nach dem Gesetze eine geraden Linie abfalle. Nimmt man den Gefrierpunkt ali Nullpunkt der Kältescala an und bezeichnet die Dicke d Elises zur Zeit t mit A, so ist a\h das Gefälle der Kälte Bedeutet K das Wärmelei tungs vermögen des Eises, so is Kajh.dt die Wärmemenge, welche in der Zeit ef^ durch das Eis dem Wasser entzogen und an die Oberfläche geführt oder, was dasselbe bedeutet, die Kältemenge, welche durch das Eis dem Wasser zugeführt wird. Diese Kältemenge erzeugt eine Schichte Eis von der Dicke dh und ist:

(1) Kadh^^dt.

A bedeutet die latente Wärme, a das specifische Gewicht des Eises. Aus dieser Gleicliung folgt:

(2) //2=*^f-''/.

Die exacte Behandlung der Aufgabe liefert für den Factor von / in dieser Formel einen etwas kleineren Werth. Die Annahme des linearen Abfalles der Kälte entspricht eben nur annähernd den thatsächlichen Verhältnissen. Das Gefälle der Kälte ist in der Wirklichkeit an der Oberfläche grösser, als an der Berührungsfläche von Wasser und Eis» Das letztere Gefälle bestimmt die Geschwindigkeit des Wachs- thums des Eises. Mit diesem Wachsthum ist aber zugleich eine weitere Abkühlung der voranliegenden Eisschichten ver- bunden und um die dazu erforderliche Kältemenge ist das Gefälle der Kälte an der Oberfläche grösser. Dass die An- nahme des Constanten Gefälles eine für viele Fälle ausrei- chende Approximation bietet, ist aber darin begründet, dass die specifische Wärme des Eises c = 0,5 gegen seine latente

Eisbildung. 2t 1

Värme A == 79 eine kleine Grösse ist. Die zur Abkühlung es Eises nöthige Kälte ist also auch klein gegen diejenige, reiche zur Bildung desselben erforderlich ist.

Der Fehler, welchen man bei der Anwendung der For- lel (2) begeht, ist um so geringer, je kleiner a ist. Es ist ber selbst fllr a = 30® C. der Factor von t in der Formel ur um 6 Proc. zu gross; die nach dieser Formel berech- ete Eisdicke würde also den wahren Werth nur um 3 Proc. bersteigen.

Der Fall, auf welchen sich die Beobachtungen über die Sisbildung im Polarmeere beziehen, ist jedoch viel compli- irter, als der oben behandelte. Die Temperatur der Ober- läche ist nicht constant, sondern in der Weise veränderlich, lass die Kälte mit dem Nullwerthe beginnt, allmählich bis :u einem Maximum steigt und dann etwas rascher, als der ^.nstieg war, wieder bis zum Nullwerthe herabsinkt. Neben ier einen Ursache, welche in dem vorhin betrachteten Falle iie Abweichung des Kältegefälles von dem Gesetze der ge- -aden Linie bedingte, gibt es nun noch die zweite, dass die Veränderungen der Temperatur an der Oberfläche sich nicht plötzlich in der ganzen Eismasse in der ihrem Betrage ent- sprechenden Weise fühlbar machen, sondern in den tieferen Schichten später, als in den oberen. Bei zunehmender Kälte st auch aus diesem zweiten Grunde ihr Gefälle an der Ober- Üäche grösser, als an der unteren Grenzfläche des Eises. Mit wachsender Eisdicke nimmt diese Differenz zu, sie wird aber später, wenn die Kälte ihrem Maximum nahe kommt, irieder geringer, weil dann die Variationen der Kälte selbst klein werden.

Die deutsche Expedition hat auch Messungen über die Temperatur des Eises in verschiedenen Tiefen desselben an- gestellt, aus welchen das Kältegefälle in diesen Tiefen abge- leitet werden kann. Am 11. November wurde die Temperatur in der Oberfläche des Eises = 17,2 R. beobachtet, in den riefen von 8, 12, 14, 24 Zoll wurden die Temperaturen

14,6, 11,6, —8,3, —4,2 gefunden. Die gesammte Eis- äiqke betrug 81 Zoll, die Temperatur des Meerwassers

1,7 R. Daraus folgen für das Gefälle der Kälte der Reihe dach die Zahlen 0,825, 0,750, 0,550, 0,683, 0,343. Am

272 ./. Stefan,

24. November wurden an der OberBäche und in den Tiefen von 7,5, 13, 16,5, 23, 27,5, 30 Zollen die Temperaturen -14,2, -11,2, -8,7, -6,9, -5,4, -4,7, -3,6 beobachtet. Die gesammte Eisdicke betrug 36,5 Zoll. Für das Gefalle erhält man daraus die Zahlen 0,400, 0,455, 0,327, 0,333, 0,155, 0,440, 0,293. Man sieht aus dieser und der früheren Reihe, dass die Annahme eines constanten Gefälles der Kälte mit den Beobachtungen, die ja eine grosse Genauigkeit nicht besitzen können, in angenäherter Uebereinstimmung steht Grösser sind die Abweichungen einer späteren Beobachtungs- reihe vom 18. Februar. An der Oberfläche und in den Tiefen von 14,4, 19, 35,9, 45,6 und 50,6 Zollen wurden die Temperaturen -21,7, -17,4, -15,9, -10,9, —9,8 und 7,2 gefunden. Die Dicke des £ises war 57 Zoll. Daraus erhält man für das Gefälle die Zahlen 0,299, 0,326, 0,29§ 0,113, 0,520, 0,859.

Wenn für die ersten Wintermonate angenommen werden kann, dass die Annahme eines gleichförmigen Gefälles für eine approximative Berechnung des Wachsthums des Eises ausreichen wird, so ist dies für die Zeit der abnehmenden Kälte von vornherein nicht zu erwarten. In dieser Zeit sind die Vorgänge anders gestaltet, als in der früheren. Die wesentlichste Aenderung, welche allerdings nicht sofort, son- dern erst später eintritt, ist die, dass das Eis durch die Oberfläche nicht mehr Kälte aufnimmt, sondern abgibt. Der Ort der grössten Kälte liegt dann innerhalb des Eises, von diesem Orte fliesst die Kälte nach oben und nach unten ab, wo die weitere Eisbildung lediglich auf Kosten der im Eise aufgespeicherten Kälte erfolgt Würde die Kälte, nachdem sie ihr Maximum erreicht hat, sehr rasch absinken, so müsste dieser Fall mit dem Beginne dieses Absinkens eintreten. Erfolgt aber die Abnahme der Kälte so langsam, wie es in der Wirklichkeit geschieht, so tritt die zweiseitige Bewegung der Kälte erst später ein. Es geht dies auch aus den Beob- achtungen über das Wachsthum des Eises hervor. Die Zu- nahme der Eisdicke in der Periode der fallenden Kälte ist nämlich um Vieles grösser, als sie der ganzen zur Zeit des Kältemaximums im Eise vorhandenen Kälte entsprechend sein könnte. Es muss also durch einen längeren Zeitraum

EitbOdung. 273

dieser Periode noch fortwährend Kälte durch die Oberfläche aufgenommen werden.

Ee liegt auch eine Beobachtung der deutschen Expedition Yor, welche den zweifachen Abfall der Kälte nach oben und nach unten zeigt Am 21. Mai wurden an der Oberfläche und in den Tiefen 17, 26,5, 81, 38 Zollen die Temperaturen -2,3, -3,8, -2,6, -2,6, -2,3 gefunden.

Trotz dieser Complicationen, welche das Problem dar- bietet, fährt die exacte Behandlung desselben, welche am Schlüsse dieser Abhandlung mitgetheilt wird, doch zu dem Resultate, dass die Formel, welche unter der Annahme eines Constanten Oefälles der Kälte gewonnen wird, nicht nur für die Zeit der wachsenden, sondern auch für die Zeit der sinkenden Kälte die Eisdicke in grosser Annäherung angibt.

Ich will daher zunächst die Ol. (1) auf den vorliegenden Fall anwenden. In dieser Oleichung ist nunmehr a eine Ton der Zeit t abhängige Orösse. In dem Integral dieser Oleichung tritt dann an die Stelle des Ausdruckes at \n der Formel (2) das von o bis t genommene Integral von adt. Dieses Integral bedeutet die Kältesumme für die Zeit t oder auch, wenn man die Temperaturen vom Oefrierpunkte ab- wärts zählt, die mittlere Temperatur in der Zeit t multipli- cirt mit dieser Zeit. Bezeichnet man die Kältesumme mit T. so ist:

(3) = ^.

Eine grössere Annäherung gewährt die Formel:

KT

M *'(i + S) = ^.^

in welcher / die Temperatur an der Oberfläche des Eises am Ende der Zeit t bedeutet. Die an der Formel (3) anzu- Mngende Correction erhält ihren grössten relativen Werth, ^6Qndie Kälte im Maximum sich beflndet; sie nimmt dann mit sinkender Kälte ab. Es gilt dies nicht in gleicher Weise für den absoluten Betrag der Correction, da auf diesen auch die immer wachsenden Werthe von h einen Einfluss nehmen. Diese absoluten Werthe der Correctionen kommen in Be- tracht, wenn man, wie es im Folgenden geschehen soll, die

Differenzen der zu verschiedenen Zeiten beobachteten Eis- Ann, d. Phys. u. Chem. N. F. XLII. 18

274 J. Stefan,

dicken berechnet. Handelt es sich aber nur um die Berech nung der Eisdicke, welche sich vom Beginne bis zum Endt des Winters entwickelt hat, so genügt dazu die Formel (3) Der Zeitpunkt des Beginnes der Eisbildung ist gewöhn lieh nicht angegeben. In der citirten englischen Publicatioi sind auch die Tagestemperaturen nicht angegeben, sonden nur die monatlichen Mittel. Es kann also der ab8olut< Werth von T nicht bestimmt werden. Ist jedoch f&r einei anderen Zeitpunkt ^ die Dicke h^ des Eises gegeben, so be steht neben (4) die Gleichung:

worin 7\ die Kältesumme für die Zeit t^ bedeutet. Die Dif ferenz der beiden Gleichungen gibt:

und ist T ^ T^ die auf das Zeitintervall t t^ entfallend« Kältesumme. Da die Beobachtungen der Eisdicken meis zu Anfang der Monate gemacht wurden, so kann man aui den Monatmitteln der Temperaturen unmittelbar die Werth< von T T^ ableiten. Zur Berechnung der Correctionen dei Quadrate der Bisdicken ist die Kenntniss der Temperaturei an den ersten Monatstagen erforderlich. Da diese nich angegeben sind, habe ich für dieselben die halbe Summe aui der Temperatur des vorhergehenden und folgenden Monate* angenommen. Im Folgenden sind die Ergebnisse, zu weichet die Anwendung der vorstehenden Gleichung auf die Beob acbtungen geführt hat, enthalten.

Gulf of Boothia. Die Messungen wurden im Wintei 1831 32 gemacht und sind p. 48 der Eingangs citirtei Publication mitgetheilt.

Dicke des Eises am 31. Oct. = 19, 30. N. = 33, 31. D = 48, 3. F. = 60, 31. März = 84 Zoll.

Mittlere Temperatur des Monates Oct. = +8,9, N. = 1 2 D. =-24.0, J. =-27,6, F. =-3.^^,7, M. =-31.4, A. = -4,< Fahr.

Der Gefrierpunkt des Meerwassers liegt F. unter jener des reinen Wassers, also bei +28^ der Scala von Fahrenher

Eisbildung. 275

Bei der Bildaog der Kältesummen ist also jeder der ange- gebenen negativen Temperaturzablen 28 hinzuzufügen.

Bildet man die Quadrate der Eisdicken, corrigirt die- selben in der angegebenen Weise und nimmt die Differenzen dieser corrigirten Wertbe, so geben diese durch die den entsprechenden Zeitintervallen zukommenden Kältesummen dividirt folgende

Quotienten: 0,878, 0,812, 0,740, 1,079.

Mittel =0,877.

Assistance Bay, p. 153.

Dicke des Eises am 2. Oet. = 15,75, 3. N. =30, 3. D. =40,5, 3.J.=51, l.P. =64, 3. M. -72,75, 3.A. =85, 11. Mai 91 Zoll.

Mittlere Temperatur im Sept. = +21,4, O. = + 1,5, Nov. = -6,8, D. =-21,5, J. =-29,0, F. =-30,2, M. =-22,1, A. =-3,3, M. = + 12,3.

Quotienten: 0,789, 0,754, 0,679, 0,974, 0,719, 1,277, 0,766.

Mittel =0,851.

Port Bowen, p. 312.

Dicke des Eises am 1. .lan. = 45,3, 2. F. = 55,9, 2. M. = 73,0, 2. A. = 82,0, 4. Mai = 86,5 Zoll.

Mittlere Temperatur im Dec. =-19,0, J. =-28,9, Feb. = —27,3, M. «-28,4, A. =-6,5, M. =+17,6.

Quotienten: 0,633, 1,516, 0,787. 0,541.

Mittel =0,869.

Walker Bay, p. 379.

Dicke des Eises am 1. Nov. = 6, 23. D. = 34, 2. F. = 52, 1. M. = 65, 1. A. = 67,5, 1. M. = 63 Zoll.

Mittlere Temperatur im Oct. = + 14,1, N. =—5,0, Dec. = --16,9, J. = -18,1, F. = 16,3, M. = ^22,6, A. = + 9,9.

Quotienten: 0,597, 0,862, 1,299, 0,178.

Der letzte der Quotienten ist auffallend klein, entspre- chend dem geringen Wachsthum des Eises im Monate März, welcher doch nach der mittleren Temperatur als der kälteste Monat erscheint. Eine noch grössere Anomalie bietet die Beobachtung am 1. Mai dar, welche eine Abnahme der Eis- dicke im Monate April ergibt, obgleich die mittlere Tem- peratur dieses Monates 18,1 unter dem Eispunkte liegt. Es gibt sich also in den Beobachtungen gegen das Ende des

18*

276 J. Stefan.

Winters eine bedeutende Störang kund. Nimmt man nur die ersten drei Quotienten als yerwerthbar an, so geben sie ein Mittel » 0,919.

Cambridge Bay^ p. 391.

Dicke des Eises am 1. Not. =19, 1. D. =32,5, 1. J. =48,5. 1. P. = 66, 1. Ä. = 79, 1. Mai = 98 Zoll.

Mittlere Temperatur im Oct. = + 4,4, N. «—7,2, Dec. = -29.9, J. =.-36,2, P. =-29 3, M. = - 17,0, A. =-2,9, M. « + 17,1 , J. = -f 32,5.

Quotienten: 0,700, 0,784, 1,078, 0,617, 3,583.

Mittel =0,780.

Bei der Berechnung dieses Mittels ist der letzte unge- wöhnlich grosse Werth des Quotienten weggelassen worden. Die Angabe der Eisdicke = 98 Zoll für den 1. Mai ist mit den vorhergehenden nicht vereinbar. Die Eisdicke nahm in den beiden Monaten Pebruar und März zusammen nur um 13 Zoll zu, während für den Monat April allein eine Zu- nahme von 19 Zoll angegeben ist. Auch ist noch eine Mes- sung angeführt, welche die Dicke des Eises am 1. Juni a 86 Zoll angibt, also um 12 Zoll kleiner, als am 1. Mai, dessen mittlere Temperatur +17,1, also noch IP unter dem Eispunkte war.

Camden Bay, p. 403.

Dicke des Eises am 1. Oct. = 7, 1. N. = 26, 1. D. = 35, l.J.=52, l.P. =60, l.M. =72, I.A. «74, I.Mai =84,5 Zoll.

Mittlere Temperatur im Sept. =+20,4, 0. = 0,8, Nov. = - 9,5, D. = - 24,9, J. = - 15,2, P. = - 30,6, M. = - 18,8, A. =-1,2, Mai = + 22,4.

Quotienten: 0,730, 0,522, 0,955, 0,732, 1,016, 0,149, 1,788.

Mittel aus den fünf ersten Quotienten =0,791.

Princess Royal Islands, p. 414.

Dicke des Eises am 2. Nov. =20, 4. J. =44, 3.P. =57,5, 3. M. = 67,75, 1. A. = 77, 1. Mai = 83 Zoll.

Mittlere Temperatur im Oct. = + 0,2, N. = 10,2, Dec. = -23,4, J. =-32,4. P. =-37,7, M. =-28,8, A. =-4,8, Mai = + 18.9.

Quotienten: 0,577, 0,821, 0,744, 0,802, 0,832.

Mittel =0,755.

EisbUdung. 277

Mercy Bay, p. 428.

Beobachtangen im Winter 1851 52.

Dicke des Eises am 3. Not. = 18, I.März » 67,5, 1. April = 76, I.Mai =80 Zoll.

Mittlere Temperatur im Oct =+3,3, N. «= 14,4, Dec. = -20,0, J.=-27,3, F. --25,8, M. = -28,4, A. = +1,4, Mai = + 10,3.

Quotienten: 0,754, 0,706, 0,638.

Mittel =0,700.

Beobachtungen im Winter 1852 53.

Dicke des Eises am l.Noy. = 18, I.Jan. =52, l.F. =71, 1. M. =80, 30. A. =86Zoll.

Mittlere Temperatur im Oct. =—5,6, N. = 16,6, Dec. = 26,1, J. =-43,8. F. =-38,5, M. =-25,4, A. =-4,0, Mai = + 15;2.

Quotienten: 0,850, 1,144, 0,752, 0.495.

Mittel =0,810.

Deutsche Nordpolfahrt.

Dicke des Eises am 28. Sept. =7, 11. Oct. = 15, 11. N. = 31, 24. N. =36,5, 20. J. =53, 18. F. = 57, 21. Mai = 79 Zoll.

Der Bericht über diese Fahrt enthält eine Tafel der Tagestemperaturen in Graden Reaumur. Nach dieser wur- den die Kältesummen unter der Annahme des Gefrierpunktes = 1,7® R. berechnet und für obige Intervalle = 84, 364, 172, 839, 434, 1183 gefunden. Für den 11. N., 24. N., 20. J., 18. F. und 21. Mai sind die Temperaturen der Oberfläche des Eises = -17,2, -14,2, -14,3, -21,7, -2,3 angegeben ^nd wurden diese bei der Berechnung der Correctionen be- i^Ützt, f&r den 29. Sept. und 11. Oct. die Lufttemperaturen 4,9 und - 10,3.

Quotienten: 2,151, 2,116, 2,185, 1,819, 1,194, 2,393.

Mittel: 1,976.

Um diesen Mittelwerth mit den früheren auf gleiches Maass zu bringen, hat man ihn mit der Verhältnisszahl der B.eaumur'8chen zu den Fahrenheit'schen Graden, also Äiit Yq, zu multipliciren und erhält:

Mittel =0,878.

Die Werthe der Quotienten, welche aus den Beobach- tungen derselben Station gefunden werden, zeigen zum Theil

278 J. SUfan.

sehr grosse Abweichungen voneinander. Es ist dies schon aus der Natur der Messungen erklärlich, welche eine grosse Genauigkeit nicht zulassen. Auch greifen Störungen in die Eisbildung ein. Eine bedeutende Störung kann, namentlich in den ersten Wintermonaten, der Schnee verursachen, wel- cher das Eis bedeckt, die Eältezufuhr vermindert und damit die Eisbildung verlangsamt. Es sollte die Oberfläche des Eises freigehalten oder aber die Temperatur der Oberfläche des Eises von Tag zu Tag beobachtet werden.

Es scheint mir umsomehr bemerkenswerth , dass die Mittel werthe der Quotienten von vier Beobachtungsreihen, welche keine Anomalien darbieten, sehr nahe zusammen- fallen. Es liefert Grulf of Boothia den Quotienten 0,877, Assistance Bay 0,861, Port Bowen 0,869 und die Station der deutschen Nordpolfahrt 0,878. Die Stationen, bei wel- chen sich grosse Unregelmässigkeiten ergaben, liefern Walke^i Bay 0,919, Cambridge Bay 0,780, Camden Bay 0,791. Di^ kleinsten Quotienten liefern Princess Royal Islands 0,71 und Mercy Bay 0,700 für den ersten Winter, dagegen letztere Station für den zweiten Winter den grössere^ Werth 0,810.

Wenn man die Beobachtungen an den vier ersten Sts^ tionen als maassgebend annimmt, so kann man sagen, da£^ die Formel (4) eine hinreichend genaue Darstellung des Voi ganges der Eisbildung im Polarmeere darbietet und mai

h^(\ 4-3{) = 0,869r

setzen kann.

Gribt eine Beobachtungsreihe für den Factor von einen beträchtlich kleineren Werth, so kann man darauf schliessen, dass an dem Beobachtungsorte Verhältnisse walten^ welche der Eisbildung ungünstig sind, dass z. B. der Beob— - achtungsort in dem Bereiche einer Strömung sich befindet^ durch welche wärmeres Wasser zugeführt und dadurch das- Wachsthum der Eisdecke verlangsamt wird.

Der Zahl 0,869 liegen der Fahren hei t' sehe Grad, der englische Zoll und der Tag als Einheiten zu Grunde. Will man die Temperaturen nach der hundertheiligen Scala und die Längen nach Oentimetern messen, so ist die Zahl 0,869

EUhildung. 279

mit */f und (2,54)' zu multipliciren. Man erhält die Zahl 10,092.

Es ist von Interesse, diese Zahl mit dem Werthe zu yergleichen, welcher ihr nach der Formel (4) zukommt. Dazu ist die Kenntniss des Wärmeleitungsvermögens des £ises nothwendig. Die Angaben der Physiker über diese Grosse gehen jedoch sehr weit auseinander. In' Everett's „Phy- sikalische Einheiten und Constanten ^' sind zwei Werthe angef&hrt, 0,0057 nach Neu mann und 0,00223 nach Forbes. Nach einer neueren Bestimmung von Mitchell^) ist A = 0,005. Die Einheiten der Länge und Zeit, welche diesen Zahlen zu Grunde liegen, sind Centimeter und 8e- cnnde. Diese Bestimmungen beziehen sich auf das aus reinem Wasser gebildete Eis. Das aus dem Meerwasser gebildete hat eine andere Structur, ist vor Allem nicht so hart, es kann daher sein Leitungsvermögen von dem des reinen Eises verschieden sein. Bei dieser Sachlage scheint es mir angemessen, den Factor von T in der Formel (4) nicht aus den vorhandenen Daten zu berechnen, sondern umgekehrt aus diesem Factor den Werth des Leitungsver- mögens des Eises abzuleiten. Setzt man in:

?^= 10,092

ftir A den Werth 79 und ö^lQjW, so folgt AT« 362,4. Diese Zahl gilt für den Tag als Zeiteinheit Wählt man als solche die Secunde, so ist diese Zahl durch 86400 zu divi- diren, und man erhält A'» 0,0042. Dieser Werth schliesst sich der Bestimmung von Mitchell am nächsten an und l^ann als ein angenäherter Werth des Leitungsvermögens des Polareises angesehen werden.

Die Bewegung der Kälte im Eise ist durch die Diti'e- fentialgleichung:

(5) '!" = AJ^"

l) Mitchell, Proc. Roy. Soc. Kdinburg 1885—86. p. 592. Beibl. 12. P- 45. 1888.

280 J. Siefan.

bebtimmt. u bedeutet den Kältegrad der Schichte, welche in der Tiefe x unter der Oberfläche sich befindet. A ist def CoSfficient der Temperaturleitung des Eises gleich demt— Wärmeleitungsvermögen K, dividirt durch die specifischsi^ Wärme der Volumeneinheit des Eises ^ coj wenn c dessen ^ specifische Wärme, g das specifiscbe Gewicht desselben be- deuten.

Für die Oberfläche, d. i. für j? = 0, ist ti als Function ^ der Zeit, etwa u »/(O gegeben. An der unteren Grenz- ebene der Eisdecke ist ti &= 0. Die Lage dieser Grenzebene ist ebenfalls eine Function der Zeit, deren Bestimmung den wesentlichen Theil der Aufgabe bildet Ist h die Abscisse dieser Ebene zur Zeit t, so ist der Zuwachs dh, welchen h in der Zeit dt erhält, einerseits durch die latente Wärme X, andererseits durch die zugeführte Kälte bestimmt, sodass die Gleichung:

. ah ,, /aK\

dt "" \f^r)»^h

oder, da K^kca ist, die Gleichung:

/^v dh hc ldu\

(®) dt^^TKd-xk

besteht. Diese Gleichung kann man noch in eine andere Form bringen. Hat man u als Function von x und t dar- gestellt, so muss tt = 0 werden, wenn man in seinem Aus- drucke X ^ h setzt. Dies gilt für jeden beliebigen Werth der Zeit i. Es muss also auch das totale Differential von u nach der Zeit t der Null gleich sein, d. h. es ist:

du M^\ ^^ ^ 0 dt "^ id^jfc dt"

Man kann aus dieser und der Gl. (6) dhjdt eliminiren und erhält:

/-v du kc IduS^

^^' dt "■ l \dx)h

Eine einfache Auflösung des Problems bietet die Formel:

m

(8) 71 = A fe-*'dz,

X

2/1(1

in welcher A und a zwei Constanten bedeuten. Setzt man T a 0, so nimmt u einen constanten Werth an. Soll dieser

EUbOdung. 281

einem gegebenen Werthe a gleich sein, so hat man A so zu wählen, dass:

(9) a=^Aje-'*dz

0

u wird = Oj wenn man xl2Vkt =^ a annimmt; es gibt also:

<10) h = 2aYkt

^as Gesetz an, nach welchem die Eisdicke wächst Die noch

-■inbestimmte Constante a folgt aus der GL (7). Man erhält

as (8):

«^ «•

du . Akt X du . Akt 1

-r: =^ Ae ^—J ,- = Ae

Setzt man in diesen Ausdrücken ;r &= A = 2 a VA ^ und dieselben in die Gl. (7) ein, so erhält man :

^er mit Berücksichtigung der Gl. (9): 11) «^'/*"**^^ = ll'

0

xid diese Gleichung dient zur Bestimmung von a. In erster -/Annäherung gibt diese Gleichung:

^ folgt also in gleicher Annäherung aus (10) auch:

.• 2ackt

h* j^,

welche Gleichung identisch ist mit der Gl. (2) im Eingange dieser Abhandlung. Eine zweite Annäherung bietet die ÖL (11) in der Form:

aus der man: «2^-.(l + |fj

erhält. Es ist also auch h^ kleiner, als der Ausdruck (2) es angibt, in dem Verhältnisse, in welchem 1 kleiner ist, als 1 + ac/SX, Aus einer für den Ausdruck auf der linken Seite der Gl. (11) berechneten Tafel kann für jeden Werth von

282 •/. Stefan.

acl2k der zugehörige Werth von a gefunden, das Wachsthum der Eisdicke also genau berechnet werden. Die exacte Lö- sung stimmt in diesem Falle mit der approximativen in der Form des Gesetzes vollständig überein, der Unterschied zwi- schen beiden liegt nur in dem Werthe der Constanten.

Eine zweite einfache Auflösung der Gleichungen (5) und (7) gibt die Formel:

(12) M= ^('^"'"'"'- 1)*

in welchem Ay a und m constante Grössen bedeuten. Damit dieser Ausdruck ein Integral der Gl. (6) darstellt, muss:

a =s km^ genommen werden.

Der NuUwerth von u ist durch a^— mx = 0 bestimmt, es wächst also:

(13) k = -

gleichförmig mit der Zeit. Die Gl. (7) liefert die Bedingung:

A^

Äa* ka

welche zwischen a und A die Beziehung:

(14) « = 4-'

fordert.

Für i:=0 erhält man unter Berücksichtigung der letzteren Relation:

(15) ''=^'+:-r2 + ;.A.3+--

Soll also h eine lineare Function der Zeit sein, so muss u an der Oberfläche rascher, als nach dem Gesetze der ge- raden Linie wachsen, und zwar in der durch die vorstehende Formel bestimmten Weise.

Um diese Ergebnisse mit der approximativen Formel (3) vergleichen zu können, hat man zunächst (13) in:

.., aV« .., 2K At*

m* k IT 2

zu transformiren und aus (15) das Integral von udt, d. i. T zu bilden. Es ist:

•'■-11

+ 1 3 +r«- 12 +•••■]•

EUbUdung, 283

sonach kann man die vorhergehende Formel durch:

V ^ i 3 ^ 12 ^ j In

ersetzen. Der Vergleich mit der Formel (3) lehrt, dass die- selbe auch in diesem Falle h} zu gross gibt. Der corrigirende Factor ist jedoch nicht, wie in dem ersten Falle, constant, «ondern wächst mit der Zeit. Es unterscheiden sich im vor- liegenden Falle die approximative und die exacte Lösung 4lurch die Form des G-esetzes f&r das Wachsthum von A.

Ich gehe nun zu einer allgemeinen Auflösung der Auf- gabe über. Die allgemeinen Lösungen der GL (5) lassen sich in geschlossener Form als bestimmte Integrale darstellen. Sie enthalten entweder eine oder zwei willkürliche Functionen. Die Integrale, welche Lösungen des vorliegenden Problems sein sollen, müssen zwei solche Functionen enthalten. Hier Handelt es sich vor Allem darum, zu einfachen, für die Be- rechnung geeigneten Resultaten zu kommen. Ich glaube, dass sich für diesen Zweck von den verschiedenen Lösungen der Gl. (5) am besten die Reihe:

«=/+ 2U./'+.rI./"+ •••+'-^+ Sil ^"+54^"+ -

eignet Darin bedeuten / und F zwei beliebige Functionen i«r Zeit t, /', F\ /", F'\ . . . ihre Ableitungen nach t Dieses integral der Gl. (5) hat die Eigenschaft, dass u für x = 0 in ^ übergeht. Ist / vorgeschrieben, so genügt es dieser ersten Bedingung. Setzt man darin für x die erst zu bestimmende Function A, so soll u = 0 werden. Man hat somit:

: 1 6) 0 -/ + 2!*^ /'+ ... + hF+ 3*V F'+...

Es muss aber u für x a A auch noch der zweiten Be- dingung, welche durch die Gl. (6) oder (7) ausgedrückt ist, genügen. Ich nehme diese Bedingung in der ersteren Form an. Sie lautet:

Die Gleichungen (16) und (17) dienen zur Bestimmung der Function k und auch der Function F. Letztere gibt den Werth an, welch6n dujdx für x 5=0 hat. Durch sie ist also ^ie Yom Eise durch die Oberfläche aufgenommene Kältemenge

284 J. Stefan.

bestimmt und ihre Ermittelung bildet gleichfalls einen Them ^ der Aufgabe.

Soll zuerst h bestimmt werden, so handelt es sich darui aus den Gleichungen (16) und (17) die Function F und ihr Ableitungen zu eliminiren. Multiplicirt man die zweite de Grleichungen mit h und addirt sie zur ersteren, so fftllt i aus und es bleibt:

Diese Gleichung gibt die approximative, in der Formel ([ enthaltene Lösung, wenn man auf ihrer rechten Seite ni das erste Glied/ beibehält

Man erhält eine zweite Gleichungi welche jP nicht enthält-:^ wenn man (16) nach t differenzirt und mit (17) verbindet^ Man gelangt zu derselben auch, wenn man aus der Gl. (6)itf und der folgenden {duldx)h eliminirt Sie ist:

(19) '^ =/'+ -Sif"+ ■■■+ hF'+ ^;,F"+...

Aus dieser und der Gl. (18) kann man nunmehr auch F' eliminiren und bekommt:

(20) ^ (l + **:) =/- -*-;/'+ ,-ä,/"+ ... + ^. F"+ ...

Man kann in dieser Weise fortfahren und der Reihe nach jp", jP'" u. 8. w. eliminiren. In die resultirenden Gleichungen treten dann auch die höheren Difierentialquotienten von k ein. Ich will jedoch die Rechnungen in dieser Weise nicht fortführen, sondern mich auf einige Bemerkungen beschrän- ken, welche sich an die letzte Gleichung anknüpfen lassen.

Nimmt man an, dass die Veränderungen der Functionen/ und F sehr langsam vor sich gehen und man die zweite Seite der Gleichung auf ihre zwei ersten Glieder beschränken kann, so bietet die Gleichung:

(21) ^^'O + äl =/-;*/'

eine zweite approximative Auflösung der Aufgabe.

Man kann zunächst diese Gleichung so deuten, dass die Geschwindigkeit des Wachsthums von h zur Zeit / nicht durch die zur selben Zeit in der Oberfläche vorhandene Tem- peratur/ bestimmt ist, sondern durch den Werth, welchen

Eisbildnng. 286

diese Temperatur zu einer um h^jQk früheren Zeit hatte. Man kann nämlich annähernd:

/-£/--/('- :i)

setzen. Die Veränderungen der Temperatur in der Oberfläche machen sich in der unteren Grenzfläche des Eises erst nach einer Zeit fühlbar, welche mit der Tiefe h im quadratischen Verhältnisse wächst. Nimmt man A = 770 an, so findet man für A » 100 und 200 cm diese Zeit =: 2,2 und 8,7 Tage. Dieser Umstand hat auch zur Folge, dass das Wachsthum des Eises noch einige Zeit fortdauert, nachdem die Kälte an der Oberfläche schon den NuUwerth erreicht hat.

Betrachtet man den Factor von XhKjck in der Gl. (21) als eine von der Einheit wenig verschiedene Grösse, so kann man:

oder auch: ^^j^ ^/-rflltT)

setzen und erhält daraus:

A*!»^-*^ oder-

(22) ''*(l + S) = T?''

worin T das von 0 bis t genommene Integral von fdty also die Kältesumme für die Zeit t bedeutet.

Diese Formel ist oben zur Berechnung der Beobachtun- gen verwendet worden. Es ist zu bemerken, dass das f ent- haltende Oorrectionsglied für das Ende des Winters, wenn f=sO wird, ganz wegfällt. Es bleibt aber doch auch für diesen Fall eine Correction übrig, welche von den bei der Ableitung der Formel (22) vernaclilässigten Gliedern herrührt. Behält man auch die Glieder zweiter Ordnung bei, so findet man die Gleichung:

Man gelangt zu derselben am einfachsten, wenn man erst die Gl. (18) nach t integrirt. Das Besultat ist:

2cÄ;""^ 2\kJ V.k^J '" 3!A-^""5!^*^

286 J. Stefan. Eisbildung.

Verbindet man damit die Öl. (16) in der Weise, dass die Function F ausfällt, so folgt:

ZU welcher (j^leichung man übrigens auch durch Integratio von (18) kommt. Führt man in dieselbe den entsprechende Näherungswerth von F' ein, so kann man das Resultat au die obige Formel reduciren.

Ich will an einem Beispiele die Werthe nachweisen welche diese Correctionen erreichen. Es 8ei/=a8inÄ^ ge geben und a = 30® C. für bt—nlAy nf2y injA und n wird^ die erste Correction =0,0447, 0,0633, 0,0447 und 0, die- zweite Correction =-0,00138, -0,00160, 4-0,00258, +0,00560^ Daraus ist zu ersehen, dass zur Berechnung von Beobach- tungen, wie die oben mitgetheilten, die Formel (22) wohl eine genügende Genauigkeit gewährt. Die Glieder zweiter Ordnung kämen erst bei den Beobachtungen in der letzten Zeit des Winters in Betracht

Eliminirt man aus den Gleichungen (16) und (19) die Function F', so kann die resultirende Gleichung zur Be- stimmung von F verwendet werden. Man erhält in erster Annäherung:

A/ = -/-;^(/ä+4/'T;.

Nimmt man wieder das obige Beispiel /= a sin 6/ und a = 30«C., so hndet man, dass für ^^ = 166«= 180<>- 14<^ die Function i'' « 0 wird. Die durch diesen Werth von bt bestimmte Zeit ist diejenige, zu welcher das Eis aufhört, Kälte von aussen aufzunehmen, und anfängt, solche dahin abzugeben. Da die ganze Dauer des Winters durch den Bogen werth 180® dargestellt ist, so liegt dieser Zeitpunkt um 14/180 oder um 7/90 der ganzen Dauer des Winters vor dem Ende desselben. Nimmt man diese Dauer zu neun Mo- naten an, so tritt der bezeichnete Wechsel 21 Tage vor dem Ende des Winters ein und ist die gleichzeitige Temperatur des Eises an der Oberfläche 7,26^' C. unter dem Gefrier- punkte.

VI. Heber innere Reihung von Salzlömmgen ;

von Hugo Brückner.

§1. Einleitung.

VorsteheDde AbhandluDg schliesst sich eng an die Arbei- '^4BTL an, die C. Bender^) im Jahre 1884 und 1887 in diesen ^nnalen unter dem Titel: „Studien über Salzlösungen*' ver- ^^ffentlicht hat, und in denen einige Chloridsalzlösungen und bre Mischungen in Bezug auf Dichte, Ausdehnungscoefti- dienten und electrisches Leitungsvermögen untersucht sind. ^Is yyCorrespondirende^' Salzlösungen bezeichnet Bender in liesen Arbeiten solche untereinander chemisch inactive Lö- sungen, welche die Eigenschaft haben, dass ihre physikali- schen Constanten in die Mischung gleicher oder verschiede- ner Volumina der Lösungen ohne Aenderung ihres Werthes eintreten, sodass die physikalische Constante der Mischung das arithmetische Mittel bildet aus den betreffenden physi- kalischen Constanten der Einzellösungen. . Die zahlreichen und sorgfältig ausgeführten Beobach-

tungen Bender's ergaben nun, dass für die drei oben ge- nannten physikalischen Constanten solche correspondirende Chloridsalzlösungen in der That existirten, und dass ferner die Molecülzahlen dieser Lösungen für jede Constante in einem ganz bestimmten einfachen Zahlenverhältnisse standen. Nach S. Arrhenius^) lassen sich hingegen in Bezug auf das electrische Leitungsvermögen für correspondirende verdünnte Säurelösungen keine einfachen Molecülzahlverhält- nisse feststellen, während nach Rother') wiederum die von ihm untersuchten Salzlösungen einige Chlorid- und einige schwefelsauren Salze für jede beliebige Molecülzahl in Bezug auf specifische Cohäsion mit einander correspondiren iQüssten. Andere Untersuchungen über correspondirende I^sungen dürften zur Zeit weiter nicht vorliegen.

1) C. Bender, Wied. Ann. 22. p. 179. 1884 u. 31. p. 872. 1887. 9) S. Arrhenius, Wied. Ann. 30. p. 52. 1887. 3) Rother, Wied. Ann. 21. p. 576. 1884.

288 H. Brückner.

Ich habe nun Versuche angestellt über innere Reibung Ton einigen ühloridsalzlösungen und ihren Gemischen. Da- I bei habe ich folgende Fragen zu beantworten gesucht:

1. Gibt es auch für die Reibungsconstante correspou- dirende Lösungen, sodass also für solche die Gleichung:

»1 + o,

bestehen muss, worin ri^ und rj^ die Reibungsconstanten d^^ einzelnen Lösungen vor der Mischung, 17 diejenige d^^ Mischung selbst, a^ und o, die Raumtheile der der MischuiB.^ unterworfenen Einzellösungen bedeuten?

2. Wenn solche correspondirende Lösungen gefund^ '^ werden, stehen dann die Molecülzahlen in einem bestimmt» '^ Verhältnisse?

Die im Folgenden mitgetheilten Versuche habe ich i meiner Wohnung in Forst i. L. ausgeführt, nachdem vorher den Versuchsapparat in dem physikalischen Laboi torium der Universität zu Halle a. S. zusammengestellt un* ebendaselbst die an den benutzten Instrumenten nöthigei Vergleichungen und Correctionen vorgenommen hatte.

An dieser Stelle sei es mir auch verstattet, dem Direc^^^ tor des physikalischen Institutes der Universität Halle a. S ^ Hrn. Prof. Dr. Dorn, meinen wärmsten und aufrichtigstes Dank auszusprechen für die überaus freundlichen und wohl wollenden Rathschläge, die er mir zu jeder Zeit bereitwilligst zu Theil werden Hess.

§ 2. Versuchsmethode.

Um die Reibungsconstante zu ermitteln, Hess ich nach der gewöhnlich angewandten Methode die Flüssigkeit durch eine Capillarröhre hindurchströmen. Die Construction meines Versuchsapparates ist leicht aus der Fig. 1 zu verstehen. In einem das Wasserbad enthaltenden Glaskasten W befanden sich auf einem starken Drahtgestell in gleicher Höhe die beiden durch die Capillare K in Verbindung stehenden Qlas- gefässe A und A% beide von gleicher Form und von fast genau gleichem Rauminhalt. Ein jedes Gefäss bestand aus einer Hohlkugel V, die oben eine 19 cm lange Glasröhre a besass, deren innerer Durchmesser unten in der Nähe der

Reibung von Salzloiungen,

289

Kugel kleiner wurde und so in einer Länge von 20 mm un- gefähr 2 mm betrug. An V schloss sich unten durch eine starkwandige Bohre b von etwa 10 mm Länge und 2 mm innerem Durchmesser ein zweiter eiförmiger Kaum R an, in welchem sich in der Flüssigkeit etwa noch vorhandene Staub- theilchen absetzen sollten. Bei m, m^, w! und m/ waren Marken eingeätzt.

Das über dem Wasserbade befindliche Böhrensystem ermöglichte es, durch passende Stellung der Glashähne H^ H\ H^ , H( leicht die Communication der Bäume V und V nach

Fig. 1.

blieben mit der äusseren Luft oder durch die Bohre/ mit dem Luftbehälter L^ in dem mittelst einer Luftpumpe durch die Bohre g die Luft verdünnt wurde, herzustellen und somit mehrmals hintereinander mit derselben Flüssigkeit Versuche vorzunehmen. War H und H( geschlossen und Hy^ und W ge5£fhet, so musste die Flüssigkeit aus V nach V strömen, waren aber umgekehrt die Hähne H^^ und H! geschlossen und JJ und H( offen, so musste sie den entgegengesetzten Weg einschlagen. Die Zeit wurde an einem mit Holzpendel versehenen und 0,74083 Secunden schlagenden Begulator, die Temperatur des Wasserbades, das durch eine Gebläsevorrich- tung fast in fortwährender Bewegung erhalten wurde, an dem in ^/j^ getheilten Thermometer 7\, der Druck, unter dem die Flüssigkeit beim Hindurchströmen durch K stand, an dem Manometer M abgelesen. Die Temperatur des Queck-

Ann. d. Pbft. u. Chem. N. F. XLII.

19

290 H. Brückner.

Silbers im Manometer wurde noch durch das Thermometer angegeben. Ausführlicheres über die anzubringenden Co rectionen, über den Gang der Untersuchung etc. findet sie in meiner Dissertation.^)

Zur Berechnung der Reibungsconstante benutzte ich di von O. E. Meyer*) verbesserte Poiseuille'sche Formel:

Hierin war (^ « 9,811 m pro Secunde, r der Radius der C pillare = 0,012 6923 cm, / die Länge derselben == 29,642 c K= 9,1214 ccm das Volumen der unter dem Drucke p i der Zeit t durch die Capillare hindurchgegangenen Elüssigkei Das specifische Gewicht des Quecksilbers von wurd = 13,596 angenommen. Die corrigirte Formel, die bei alle Versuchen zur Verwendung kam, lautet somit:

_ 13,596 . 98,11 . 71 . 0,012 692 3*. 0,74083 . (1 - 0,0,178 T)p.z ^' " 8 . 9,1214 . 29,642

= 0,07372442(1 •-Qfi^\l^T)p.z,

wo p die in Millimetern abgelesene Höhe der Quecksilbersäule. T die Temperatur derselben und z die Anzahl der Pendel— schlage bedeutet.

Bei den Vorversuchen mit destillirtem Wasser verglich ic meine Werthe mit den aus der Formel von 0. E. Meyer und Rosencranz») // = 0,01775/(1 + 0,01104 T) (1 + 2 . 0,01104 T) erhaltenen. Es zeigte sich jedoch, dass bei Anwendung von Wasser, welches einfach durch Filtrirpapier filtrirt war, über- einstimmende Werthe nur dann erzielt wurden, wenn ich die Versuche sofort nach dem Füllen der Gefässe Aj A' aus- führte. Geschah dies später, etwa 24 Stunden nachher, so fielen meine Werthe stets zu gross aus. Ich glaubte zuerst, dass im Anfange noch ein Gleiten der Flüssigkeit an der Röhrenwand stattfände und dass die von der Theorie ge- machte Voraussetzung der unendlich grossen Reibung zwi- schen Flüssigkeit und Glasfläche sich erst allmählich ver- wirkliche. Versuche aber, die ich mit durch Glaswolle

1) H. Brückner, „üeber innere Reibung von Salzlösungen *^ In- auguraldissertation. Halle a. S. 1890.

2) 0. E. Meyer u. Rosencranz, Wied. Ann. 2. p. 387. 1877.

3) 0. E. Meyer u. Rosencranz, 1. c.

Reibung vofi »Salzlösungen, 291

filtrirtem und von absorbirter Luft vollständig befreitem W^asser anstellte, ergaben eine von der Zeit unabhängige Uebereinstimmung der verglichenen Werthgrössen , sodass also die früher eingetretene Vergrösserung der Constanten nur von der Anhäufung kleiner, von dem Filtrirpapier mitgerissener Fasern oder von angehäuften Luftbläschen in der CapiUare herrühren konnte. Bei den Hauptversuchen wurden demnach die Lösungen stets durch Glaswolle filtrirt und mit der Luftpumpe von absorbirter Luft möglichst frei gemacht.

§ 8. Versuche mit Salzlösungen.

Zur Untersuchung kamen Lösungen von Chlornatriumy Ohlorbarium, Chlorkalium und Chlorammonium bei den ver- schiedensten Concentrationsgraden. Die ersten beiden Salze hatte ich von der Firma H. Trommsdorffin Erfurt und die beiden letzten aus Schering's Grüner Apotheke in Berlin bezogen. Hr. Privatdoc. Dr. £rdmann in Halle a. 8. hatte die Freundlichkeit, concentrirte Lösungen dieser Salze auf ihre chemische Reinheit nochmals prüfen zu lassen, wofür ich ihm hiermit meinen herzlichsten Dank ausspreche. Die Analyse, welche unter Aufsicht und ControUe der genannten Herren stattfand, ergab folgendes Resultat:

1. Die Chlornatriumlösung war rein bis auf Spuren von Chlorkalium und Chlormagnesium.

2. Die Chlorbariumlösung hinterliess nach Ausfällung des Bariums durch Schwefelsäure auf 20 ccm einen Glüh- rückstand von 0,004 g, entsprechend einer Verunreinigung von 0,06 Proc. auf das feste Salz berechnet. Die Verunrei- nigung bestand aus den Chloriden des Kaliums und Calciums, Debst Spuren von Aluminium und Strontium.

3. Die ChlorkaUumlösung wies nur geringe Spuren von schwefelsaurem Kali auf.

4. Die Chlorammoniumlösung hinterliess keinen wäg- baren Glührückstand.

Von jedem Salze wurde zunächst eine concentrirte Grund- lösuDg hergestellt und sodann wie oben das destillirte Wasser durch Glaswolle filtrirt Aus dem durch salpetersaures Silber gefällten Chlorsilber berechnete ich den Salzgehalt der Lö-

19*

292 H. Brückner.

sangen, wobei ich wie bei allen späteren Berechnungen d Atomgewichte Ton L. Meyer und Seubert^) benutzte.

Aus den Grundlösungen wurden dann durch Verdünn< mit Wasser die übrigen Lösungen erhalten, indem 4ie da erforderlichen Mengen der Grundlösung und des destillirtt Wassers auf einer empfindlichen Wage abgewogen wurde Die specifischen Gewichte, welche zur Berechnung der ei zelnen Mengen nöthig waren, entnahm ich aus der Arbeit y< Bender*): „Dichte-Regelmässigkeiten normaler Salzlösungen

Die Mischungen der Lösungen erhielt ich durch Zusai mengiessen gleicher Volumina der einzelnen Lösungen b 15^0.

Der ControUe halber wurde noch von jeder Lösun bevor sie zur Untersuchung kam, das specifische Gewicht b einer Temperatur von 16® C. mittelst einer Mohr 'sehen Waj bestimmt. Die specifischen Gewichte selbst sind in all« Fällen auf den luftleeren Raum berechnet und auf Wass von C. als Einheit bezogen worden, sie können bis in d dritte Decimalstelle als genau gelten, was Versuche n destillirtem Wasser bestätigten.

Mit jeder Lösung stellte ich bei zwei verschiedenen Tei peraturen, bei etwa 15® C. und 20® C, je zwei Versuche hinte einander an und nahm von den zwei ein und derselben Tei peratur zugehörigen Werthen der Reibungsconstanten d< Mittelwerth. Die beiden Mittelwerthe dienten dann zur B rechnung der zwei in der Formel:

^ = i^ht enthaltenen Constanten a und b. Mit Hülfe dieser Form wurden die Reibungsconstanten bei genau 15® C. und 20® berechnet.

In folgenden Tabellen bedeutet nun:

/LI die den specifischen Gewichten von Bender entspr chenden Molecülzahlen, wie sie bei der Herstellung der Sal lösungen zur Berechnung verwendet wurden,

rfjg das von mir bestimmte specifische Gewicht bei 15® (

1) Loth. Meyer u. Seuberc, Die Atomgewichte der Elemente. ISl

2) C. Bender, Wied. Ann. 30. p. 560. 1883.

Reibung von Salzlösungen.

293

II Ä

« II die meinen specifischen Gewichten entsprechenden und nach der Formel:

d^^ (nach Bender)

berechneten Molecülzahlen,

J7j^ and 9^20 ^^^ Beibungsco^fficienten bei 15^ C, resp.

loga und log^ die Logarithmen der in der oben ge- nannten Interpolationsformel auftretenden Constanten a und b. Den Werthen muss immer noch die negative Eennzi£fer ^10 angeh&ngt werden.

A. Einfache Lösungen.

Innere Reibung der NaCl-Lösungen.

Tabelle 1.

NaCl * 58,365. (Fig. 2 16.)

1

r

0

«16

7i» 7«o

loga

logft

0

' 0,9992

0,011439 0,010086

__

,

0,5

0,4998

1,0196

0,011826 i 0,010 482

8,28376

8,62000

1

0,9996

1,0398

0,012 355 ' 0,010 962

8,30013

8,61313

1,5

1,5001

1,0592

0,012 951 0,011513

8,31625

8,60160

2

2,0005

1,0792

0,013 651 0,012 147

8,33669

8,59515

2,5

2,4996

1,0974

0,014 475

0.012 878

8,36256

8,59629

3

2,9987

1,1160

0,015 435

0,013 745

8,38875

8,59160

3,5

3,4996

1,1343

0,016 518

0,014 682

8,42215

8,60229

4

4,0005

1,1524

0,017 833 ^ 0,015 889

8,45717

8,60690

4,5

4,4980

1,1702

0,019 315 0,017 089

8,50122

8,63130

5

4,9955

1,1877

0,021 178

0,018 673

8,54959

8,65243

Innere Reibung der }(BaCl2)-Lösungen.

Tabelle 2.

i(BaCljj = 103,80. (Fig. 2 16.)

0

0,5

1

1,5 2

2,5 3

r

0 0,4999 0,9999 1,5002 1,9975 2,5013 3,0000

0,9992 1,0447 1,0891 1,1334 1,1765 1,2212 1,2654

0,011 439 0,012 018 0,012 687 0,013 413 0,014 238 0,015 203 0,016 388

'/iO

loga

0,010 086 0,010 645 0,01 1 285 0,011 967 0,012 722 0,013 615 0,014 688

8,29222 8,30575 8,82310 8,34547 8,36908 8,39886

logft

8,62378 8,59744 8,57890 8,56902 8,55521 8,54756

1) /i bedeutet hier halbe Molecüle.

294

H, Brückner,

Innere Reibung der KCl-Lösungen.

Tabelle 3.

KCl = 74,40. (Fig. 2 is.)

^

t ^

0,9992

»7l5

^«0

loga

log 6

0

0

0,01 1 439

0,010 086

.—

_

0,5

0,5006

1,0225

0,01 1 247 0,009 990

8,25691

8,60675

1

1,0013

1,0457

0,011140 1 0,009 952

8,23966

8,57107

1,5

1,5013

1,0680

0,01 1 065

0,009 923

8,22794

8,54611

2

2,0022

1,0899

0,011085

0,009 980

8,22014

8,52082

2,5

2,5021

1,1116

0,01 1 105

0,010 045

8,21100

8,49019

3

3,0039

1,1332

0,011212 0,010175

8,20820

8,46788

3,5

3,5014

1,1540 i

0,011 346

0,010 314

8,20973

8,45591

Innere Reibung der NH^Cl-Lösungen.

Tabelle 4.

NH^Cl = 53,38. (Fig. 2 16.)

f*

/ ^

^5

»718

V'io

loga

log 6

0

0

0,9992

0,011 439

0,010086

0,5

0,4999

1,0073

0,011267 0,009 992

8,26132

8,61683

0,75

0,7496

1,0118

0,011 183

0,009 940

8,25268

8,60208

1

0,9997

1,0153

0,011 129

0.009 924

8,24328

8,58234

1,5

1,4996

1,0231

0,01 1 000

0,009 845

8,22974

8,55871

2

1,9996

1,0306

0,010 913

0,009 806

8,21756

8,58338

2,5

2,4990

1,0376

0,010 862 0,009 789

8,20914

8,51421

3

2,9983

1,0445

0,010 826 0,009 794

8,19957

8,48902

3,5

3,4982

1,0520

0,010 810

0,009 813

8,19182

8,46610

4

3,9982

1,0582

0,010 861

0,009 897

8,18584

8,43930

4,5

4,4953

1 ,0648

0,010 906

0,009 967

8,18205

8,41978

5

4,9923

1,0712

0,01 1 065

0,010108

8,18914

8,42266

Der mittlere wahrscheinliche Beobachtungsfehler beträgt bei den NaCl- und KBaCU)- Lösungen in der fünften Deci- male ± 2,4, bei den KCl- und NH^Cl- Lösungen dagegen ±1,8.

Die vorstehenden Tabellen sowie die Reibungscurven für 15^ C. in Fig. 2 i5 zeigen, dass die Reibung bei den Chlor- natrium- und den Chlorbariumlösungen mit zunehmendem Salzgehalt wächst, während sie bei den Chlorkalium- und den Chlorammoniumlösungen Anfangs abnimmt, um nachher wieder zuzunehmen, sodass die Reibungsconstante bei der Temperatur 15^ C. für alle Concentrationen selbst kleiner bleibt als die Constante für Wasser. Dabei fallt, wie schon

Reibung von Salzlösungen. 295

Sprung^) festgestellt hat, das Minimum der Reibung auf ine um so höhere Goncentration, je tiefer die Temperatur legt. Dieses eigenthümliche Verhalten, das nach Sprung*) .uch noch andere Salze, wie Brom- und Jodkalium, salpeter- aures und chlorsaures Kali und salpetersaures Ammonium- >xyd besitzen, hat bis jetzt noch keine genügende Erklärung inden können. In jüngster Zeit hat Arrhenius') den be- ichtenswerthen Versuch gemacht, die Schwierigkeiten durch lie Annahme von Dissociation der einzelnen Molecüle in hre Ionen zu heben. Mit Clausius^) ist er der Ansicht, lass ein Theil der Molecüle eines Electrolytes in seine Ionen, lie eine voneinander unabhängige Bewegung haben sollen, lissociirt ist, während die Ionen der übrigen Molecüle mit- iinander fest verbunden bleiben. Erstere Molecüle nennt er Lctiv, letztere dagegen inactiv. In äusserster Verdünnung etzen sich alle inactiven in active Molecüle um.

Auf Grund der nach Ostwald ^) feststehenden That- ache, dass bei der electrolytischen Leitung der Flüssigkeiten lie Wanderungsgeschwindigkeit der Ionen von der Zahl der n ihnen enthaltenen Atome abhängt, und zwar so, dass sie ait der Zusammengesetztheit der wandernden Complexe ab- limmt, glaubt Arrhenius den activen Molecülen eine ver- ingemde Einwirkung, den inactiven dagegen, da sie zu- ammengesetzter sind, eine vergrössemde Einwirkung auf lie innere Reibung zuschreiben zu dürfen. In einer Lösung, reiche eine geringere Reibung als Wasser hat, würde somit [er negative Einfluss der in grosser Anzahl vorhandenen .ctiven Molecüle den positiven der inactiven überwiegen. )a nun bei zunehmender Concentration die activen Mole- üle gegen die inactiven zurücktreten, so wäre danach auch as fernere Verhalten eben dieser Salzlösungen, ihre Reibung •ei grösserem Salzgehalt wieder zu vergrössern, erklärbar.

Um aber die Richtigkeit der Annahmen von Arrhe- ius nachzuweisen, wäre es vor allen Dingen erforderlich,

1) A. Sprung, Pogg. Ann. 159. p. 1. 1876.

2) A. Sprung, 1. c.

8) S. Arrhenius, Zeitschr. f. phys. Cham. 1. p. 296 u. 631. 1887.

4) Clausias, Pogg. Ann. 101. p. 338. 1857.

5) Ostwald, Zeitschr. f. phys. Chem. 1. p. 98. 1887.

H. Brückner.

Werthe der Eeibangsconstanten bei 16' C.

Gmmi der beobachteten Werthe.

Corron der berechneten Uittelwerthe.

1 mm c= i Einh^ten der ft. Decimale.

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1

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^

Reibung von SakKsungen,

297

en Activitätscoefficienten a^ d. i. das Verhältniss zwischen er Anzahl der activen und der Summe der activen und in- ctiven Molecüle, für verschiedene Concentrationsgrade bei estimmten Temperaturen aufzustellen. Es müsste dann in llen Fällen ein Parallelismus zwischen Activitäts- und Rei- ungscoSfficienten vorhanden sein. Arrhenius^) hat nun ie Activitätscoefficienten unter der Annahme, dass 1 g des alzes in 1 1 Wasser gelöst worden ist, berechnet und für ^aCla : a = 0,77, flir NaCl : u = 0,82, für NH^Cl : u = 0,84 und ir KCl : u = 0,86 gefunden. Eine gewisse Analogie zwischen LCtivitäts- und ReibungscoSfficienten lässt sich hiemach icht verkennen. Nach den gezeichneten Curven in Fig. 2 i5 )lgen bei der angegebenen Verdünnung die erwähnten Salze 1 Bezug auf die Grösse ihrer Reibung so aufeinander, wie lan es dann nach den Werthen ihrer Activitätscoefficienten rwarten muss. Diejenigen Salzlösungen, welche die relativ rösste Anzahl von activen Molecülen enthalten, haben die elativ kleinste Reibung.

B. Mischungen von Lösungen.

i. Mischungen gleicher Raumtheile verschieden concentrirter

Lösungen desselben Salzes.

Tabelle 5. NaCl/i + NaCl/ij.

M

f*i

^\b 1

»716

A. ,

'?«o

^,0

1

2

1,0592

0,012 951

+ 52 !

0,011513

+42

3

1,0T92

0,013 651

+244

0,012 147

+ 207

4

1,0974 !

0,014 475

+ 619

0,012 878

+ 528

5

, 1,1160

0,015 435

+ 1332

0,013 745

+ 1073

2

3

, 1,0974 .

0,014 475

+ 72

0,012 878

+ 68

4

1,1160

0,015 485

+307

0,018 745

+248

5

, 1,1343

0,016 518

+ 897

0,014 682

+ 728

3

4

1,1343

0,016 518

+ 116

0.014 682

+ 110

5

1,1524

0,017 833

+ 474

0,015 839

+870

4

5

1,1702

0,019 315

Tabe

+ 191

lle 6.

•iCBaCl,)^

0,017 089

+ 167

M

A*!

rfl5

715

1

^20

^,0

1

2

I 1,1334

0,013 413

\ +50

0,01 1 967

+ 36

3

1,1765

0,014 238

+ 297

, 0,012 722

+ 265

2

1 3

1,2212

0,015 203

+ 108

0,018 615

+ 90

1) S. ArrheniuB, I. c. p. 635.

298

H, Brückner,

Tabelle 7. KCl|u +KCV,.

2 8 8

1,0680 1,0899 1,1116

»715

^u

i?«©

0,011 065 0,011085 0,011 105

+ 48

+ 102

+ 44

0,009 923 0,009 980 0,010 045

'to

+ 43 + 84 + 33

Tabe

lle 8.

NH^Cl^u + NH,C1^,.

/^

1

^.

71»

^i5

'/so

^«0

1

2

1,0281

0,011000

+ 21

^ 0,009 845

+ 20

3

1,0306

0,010 913

+ 65

0,009 806

+ 53

4

1,0376

0,010 862

+ 133

0,009 789

+ 122

5

1,0445

0,010 826

+ 271

0,009 794

+ 222

2

8

1,0376

0,010 862

+ 8

0,009 789

+ 11

4

1,0445

0,010 826

+ 61

0,009 794

+ 58

5

1,0520

0,010 810

+ 179

0,009 813

+ 144

3

4

1,0520

0.010 810

+ 34

0,009 813

+ 33

5

1,0582

0,010 861

+ 85

0,009 897

+ 54

4

5

1,0648

0,010 906

+ 57

0,009 967

+ 36

In den letzten vier Tabellen sind ebenso wie in allen späteren Tabellen der Einfachheit halber nur die angenäher- ten Molecülzahlen ju angegeben. A bedeutet immer die Dif- ferenz zwischen dem arithmetischen Mittel der Keibungs- constanten der einzelnen Lösungen vor der Mischung bei derselben Temperatur und dem angegebenen beobachteten ßeibungscoefficienten der Mischung.

Man sieht, dass für alle vier Salze bei den beiden Be- obachtungstemperaturen von 15^ C. und 20^ C. der beob- achtete ßeibungscoefficient der Mischung stets kleiner ist als der berechnete Mittelwerth. Die Differenz A nimmt von Null aus, in welchem Falle gleich concentrirte Lösungen mit einander gemischt sind, immer mehr zu, je weiter die Con- centrationsgrade der gemischten Lösungen auseinander liegen. Jjß ist dabei stets grösser als Jgo*

„Somit lassen sich von den NaCl-, iBaClj-, KCl- und NH^Cl-Lösungen nur diejenigen Lösungen ein und desselben Salzes als correspondirende auffassen, die gleichen Salzgehalt oder gleiche Molecülzahl besitzen."

Reihung von Salzlösungen,

299

b. Mischungen gleicher ßaumtheile von Lösungen ver- schiedener Salze.

n. Mischungen der NaCl- und i(BaC],)-IjÖ8ungen.

Tabelle 9. NaCV = 1 + HBaCli)u = x (Fig. 2 2.)

l

1

1,0196

0,01 1 826 '

^1» + 71

780

' 0,010 482

1 + 42

loga

log 6

8,28376

8,62000

,5

1,0417

0,012 146

+ 41

0,010 779

+ 25

8,29228

8,61195

1,0646

0.012 520

+ 1

0,011 125

-1

8,30243

8,60398

.5

1,0868

0,012 863

+21

i 0,011444

+ 21

8,31139

8,59652

1,1082

0,013 249

+ 53

0,011 807

+ 35

8,32045

8,58625

5

1,1305

0,013 633

+ 146

' 0,012159

+ 130

8,33085

8,58078

1,1540

0,014 128

+ 241

0,012 617

+ 208

8,34337

8,57256

Der mittlere wahrscheinliche Beobachtungsfehler beträgt er wie in den beiden folgenden Tabellen in der fünften ecimale ± 2,3. Die Mittelwerthe sind stets grösser als e beobachteten Reibungsconstanten. Beide Werthe nähern 3h jedoch bei beiden Versuchstemperaturen für ju = 1 auf n Minimum. Trägt man, wie es in Fig. 2 2 geschehen ist, e beobachteten Werthe und die entsprechenden Mittel- erthe als Ordinaten, die Concentration als Abscissen auf, ) berühren sich die Curven einander bei ]U = 1.

„Die NaCl- Lösung von der Molecülzahl /li = 1 corre- pondirt demnach mit der KBaClj)- Lösung von derselben lolecülzahl.'*

NaCl ii =

Tabelle 10. = 2 + 4 (BaCl,) u =

0-. (Fig.

2 8.)

r

i

,5

■5

it.

1,0898 1,0843 1,1059 1,1276 1,1502 1,1730

»71»

0,012 355 , 0,013110 0,013 475 0.013 934 0,014 369 0,014 942

^15 '72('

+ 190 ' 0,010 962 + 59 0,011 666 + 57 0,012 008 + 16 0,012 412 + 58 0,012 834 + 75 0,013 345

: ^.0

+ 155 + 50 + 49 + 5 + 47 + 73

loga

8,30013 8,31911 8,32777 8,34332 8.35038 8,36751

log 6

1 8,61313 1 8.59511 1 8,58621 ; 8,58895 8,57161 8,57206

Aus dieser Tabelle geht hervor, dass eine Berührung r beiden Reibungscurven (Fig. 2 3) für beide Temperaturen i ^ = 2 vorhanden ist, wenn man berücksichtigt, dass die

300

H, Brückner,

dieser Molecülzahl entsprechenden Differenzen A innerhalb der zulässigen Fehlergrenzen liegen. y,Die NaCl-Lösung von der Molecülzahl /li=2 correspondirt demnach mit der KBaClj)- Lösung von derselben Molecülzahl."

NaCl ^ =

Tabelle 11.

= 3 + l(BaCl2),a =

X. (Fig. 2 4.)

^

rf|5

»715

^6 720

Jjo log «

log 6

0

1

2 8

1,0592 1,1029 1,1461 1,1911

0,012 951 0,018 798 0,014 756 0,015 891

+ 486 + 263 + 81 + 18

0,011 513 0,012 297 0,018 167 0,014 200

+ 408 + 218 + 67 + 16

8,81625 8,88798 8,86417 8,39309 .

8,60160 8,58594 8,57782 8,56882

Auch diese Tabelle lässt erkennen, dass eine Berührung der beiden Reibungscurven bei /li = 3 (Fig. 2 4) für beide Tem- peraturen stattfindet. Somit sind auch die NaCl- und }(BaCl2)-Lösungen von der Molecülzahl jti s= 3 als correspon- dirende anzusehen. Da die Löslichkeit des Chlorbariums die höchste hier angewandte Concentration von /li = 3 nur wenig überschreitet, so ist es unzweckmässig, noch weitere Versuchs- tabellen mit concentrirteren Chlornatriumlösungen aufzu* stellen.

Als Resultate der in den drei letzten Tabellen angege- benen Versuche lassen sich folgende Sätze aussprechen:

1. „Die correspondirenden Chlorbariumlösungen stehen für den ReibungscoSfficienten in dem Molecülzahlenverhält- niss 1:1. Dieses Verhältniss findet durch alle Goncentra^ tionsgrade hindurch statt.'^

2. „Die Reibungsconstante der Gemische von nicht cor- respondirenden Chlornatrium- und Chlorbariumlösungen ist in allen Fällen kleiner als der berechnete Mittelwerth aus den entsprechenden Constanten der Einzellösungen vor der Mischung. Der Unterschied der berechneten und gefunde- nen Werthe nimmt in dem Maasse zu, in welchem die Molecülzahlen der Einzellösungen verschiedener werden.**

Reihung von Salzlösungen,

301

ß* Mischungen der KCl- und NH4Cl'Lö8ungen.

Tabelle 12.

KCl |u = 2 + NH^Cl /i = or. (Fig. 2 6.)

f*

^5

1,0457

»716

^15

'7to ^0,009 952

J,o

loga

log6

0

0,011 140

+ 122

+ 81

8,23966

8,57107

1

1,0533

0,011 042

+ 65

0,009 907

+ 45

8,22587

8,54281

2

1,0602

0,010 988

+ 16

0,009 881

+ 12

8,21768

8,52548

3

1,0676

0,010 956

- 1

0,009 889

- 2

8,20948

8,50388

4

1,0742

0,010 945

+ 28

0,009 917

+22

8,20092

8,47826

5

1,0812

0,010 974

+ 101

0,009 967

+ 77

8,19702

8,46182

Der mittlere wahrscheinliche BeobachtuDgsfehler liegt hier wie in den beiden nächsten Tabellen in der fünften Decimale zwischen ±1,8. Innerhalb der zulässigen Fehler- grenzen sinkt in dieser Tabelle die Differenz A^^ und A^^^ auf Null herab f&r ju » 3, sodass sich die in Fig. 6 gezeich- neten Reibungscurven für diese Molecülzahlen berühren müssen.

,yZu der KCl-Lösung von der Molecülzahl /i = 2 gehört demnach als correspondirende die NH^Cl-Lösung von der Molecülzahl fi = 3.'<

Tabelle 13. Ka fi = 1 + NH4CI fi^x. (Fig, 2 6.)

f*

d..

'/IS

^1.

V20

i^so log «

log 6

0

1,0225

0,011247

+ 43

0,009 990

+ 29 8,25691

8,60675

1

1,0304

0,011 129

+ 6

0,009 930

+ 8 8,24196

8,57865

1,5

1,0847

0,011072

- 2

0,009 896

+ 2 8,23568

8,56745

2

1,0379

0,011 021

+ 6

0,009 880

1 i 8,22694

8,54832

2,5

1,0424

0,010981

+ 21

0,009857

+ 13 8,22241

8,53972

3

1,0454

0,010 939

+ 45

0,009 836

+ 87

8,21708

8,52886

4

1,0528

0,010 908

+ 98

0,009 839

+ 86

8,20797

8,50566

5

1,0600

0,010 889

+214

0,009 856

+ 174

8,20097

8,48550

In dieser Tabelle unterscheiden sich die gefundenen Beibungsconstanten und ihre zugehörigen berechneten Mittel- werthe von ju = 1 bis ju = 2 nur sehr wenig. Die Reibungs- curven laufen, wie Fig. 2 s zeigt, unter äusserst spitzem Winkel gegeneinander, und die Curve der Mittelwerthe legt sich an die Curve der gefundenen Werthe von |m = 1 bis /li = 2 sehr eng an, sodass eine genaue Bestimmung des Berührungs- punktes unmöglich ist. Unter Berücksichtigung der Tab. 15

802

H. Brückner.

erscheint es jedoch höchst wahrscheinlich , dass der Beruh rungspunkt beider Curven bei ju =s 1,5 liegt. ^^Demnach coi^ respondirt aller Wahrscheinlichkeit nach die EClLösunj von der Molecülzahl /i = 1 mit der ^NH^Cl-Lösung von de: Molecülzahl ju = 1,5.«

Tabelle 14.

KClii* =

: 3 + NH4CI fi-=X.

(Fig. 2

7.)

f*

d,.

0,011065

^15 720

^«0 +208

loga

log 6

0

1,0680

+ 261 0,009 923

8,22794 ■' 8,54611

1

1,0752

0,011 028

+ 143 1 0,009 928

+ 122 1

8,21799 1 8,52109

2

1,0821

0,011006

+ 57 0,009 945

+ 46

8,20919 8,49681

3

1,0890

0,011008

+ 11 0,009 976

+ 9 1

8,20303 8,47696

4

1,0956

0,011039 .

- 2 , 0,010 033

+ 3

8,19883

8,45757

4,5

1,0992

0,011067

- 8 0,010 068

+ 3

8,19763

8,45147

5

1,1021

0,011 122

+ 17 0,010127

+ 15 i

8,19784

8,44501

Auch die nach dieser Tabelle gezeichneten Beibungs curven in Fig. 2 7 treten unter sehr spitzem Winkel einande nahe und schmiegen sich zwischen ju = 3 und ju = 5 sehr en aneinander y sodass die Lage des Berührungspunktes nich genau zu ersehen ist. Berücksichtigt man aber die Ergeb nisse der Tabellen 15 und 16, so ist wohl mit Sicherhei anzunehmen y dass der Berührungspunkt auf u = 4,5 fälltr und dass also die KCl-Lösung von der Molecülzahl 11 = mit der NHjCl-Lösung von der Molecülzahl ju -= 4,5 cor— respondirt.

Fassen wir die Resultate der drei letzten Tabellen zu— sammen, so ergeben sich folgende Sätze:

„Die correspondirenden Chlorkalium- und Chlorammo- niumlösungen besitzen höchst wahrscheinlich das Molecül* zahlverhältniss 2 : 3."

„Das Gemisch der nicht correspondirenden Chlorkalium- und Chlorammoniumlösungen hat stets eine geringere Rei- bung als das arithmetische Mittel aus den Constanten der einfachen Lösungen angibt."

Die wenigen negativen Differenzen A sind auf Beobach- tungsfehler zurückzuführen.

Verfolgt man in den einzelnen Versuchsreihen den Gang der Reibungscoefficienten 7/15 und 7/20» ^^ bemerkt man, dass die Reibung mit zunehmender Concentration der NH^Cl-

Reibung von Salzlösungen,

803

Lösung bis zu einem Minimom abnimmt und dann wieder wächst. Dieses Minimum fällt für 7/^g stets auf eine höhere Molecülzahl als für rj^^j sodass für jede einzelne Mischungs- reihe der früher erwähnte Sprung' sehe Satz gültig ist. Vergleicht man nun aber weiter die einzelnen Mischungs- reihen mit einander, so liegt das erwähnte Minimum ^,5 und 9/2Q bei einer um so kleineren Molecülzahl , je grösser die Concentration der KCl-Lösung ist. Wie aus nachfolgenden Zusammenstellungen der Reibungswerthe zu ersehen ist, tritt ganz die analoge Erscheinung ein, wenn bestimmte NH^Cl- Lösungen von verschiedenem Salzgehalt gemischt werden.

Tabelle 15.

NH^CV = 1

+KCl|i*=a?

NH^Cl|i* = 2 + KCV=arj

|NH,CV=8+KCl/i=a?

/*

7i»

1

1\b ' »/io

0,01 1 900 0,010 989 0,010 956 0,011008

7jo

0

1

2

3

0,011 267 0,011 129 0,011 042 0,011028

0,009 992 ' 0,009 980 { 0,009 907 0,009 928

0,011129 f^ 0,009 924 0,011082 1 0,009 880 0,010 983 0,009 881 0,01 1 006 0,009 945

0,009 844 0,009 886 0,009 889 0,009 976

NH,Cl|u = 4+KCl|it=ar|| NH^Cl/* = 5 + KCV =;r

0 1 2 8

Vis

Vso

0,010 918 0,009 806

0,010 903 0,009 839

0,010 946 0.009 917

0,011039 0,010 033

Vib

7«o

0,010 862 0,010 889 0,010 974 0,011 122

0,009 780 0,009 856 0,009 967 0,010 127

^Nach diesen Erörterungen lässt sich der Sprung'sche Satz lür Gemische von KCl- und NH^Cl-Lösungen in fol- gender veränderter Form aussprechen:

„Mischt man eine bestimmt concentrirte Lösung des einen Salzes der Reihe nach mit verschieden concentrirten Lösungen des anderen Salzes, so fällt das Minimum der Reibung auf eine um so höhere Concentration der zweiten Salzlösung, je tiefer die Temperatur und je geringer der Salz- gehalt der ersten Lösung ist.^<

Dass dieser Satz auch für die anderen früher genannten Salze, welche die Reibung des Wassers verkleinern, Gültig- keit hat, kann wohl mit grosser Wahrscheinlichkeit ange- nommen werden.

304

H, Brückner,

Y- Mischungen der NaCi- und RCi-Lösungen.

Tabelle 16. NaCl /i = 1 + KCl /i = J-. (Fig. 2 8.)

u

<^16

«716

^15

V^a

^,0

loga

log 5

0

1,0196

0,011 826

+ 71

0,010 482

+ 42

8,28376

8,62000

0,5

1,0311

0,011 768

+ 33

0,010 450

+ 26

8,27725

8,60851

1

1,0426

0,011 722

+ 26

0,010 440

+ 17

8,26868

8,59007

1,5

1,0537

0,011 661

+ 49

0,010 408

+ 35

8,26145

8,57647

2

1,0651

0,011 658

+ 62

0,010 431

+ 40

8,25572

8,56078

8

1,0873

0,01 1 659

+ 125

0,010 471

+ 98

8,24724

8,53622

Der mittlere wahrscheinliche Beobachtungsfehler betrag hier und in allen folgenden Tabellen in der fünften Deci malstelle ±1,9.

Die Reibungscurven der gefundenen Werthe von ^/^^ un fj^Q nähern sich den entsprechenden Curven der Mittelwerth bei ju = 1 auf ein Minimum. Für rj^^ kann man noch an nehmen, dass die beiden zugehörigen Curven bei ju = 1 eine Berührungspunkt haben, da sich die Differenz Jjo == + 1 noch auf Beobachtungsfehler zurückführen lässt. Für tj^ dagegen (Fig. 2 s) ist das Vorhandensein eines Berührungs Punktes der beiden Reibungscurven unwahrscheinlich. Somi correspondirt die Chlornatriumlösung von der Molecülz; fi = 1 für die Reibung bei der höheren Temperatur von 20® C mit der Chlorkaliumlösung von der Molecülzahl ju = 1 , die Reibung bei der niedrigeren Temperatur von 15® C. abe nicht mehr.

Tabelle 17.

NaCl ti

= 2 + KCl ^ = J«.

(Fig. 2 0.)

/*

^5

Vis

^.5

^iO

^,0

logÄ

\ogh

0

1,0398

0,012 355

+ 190'

0,010 962

+ 155

8,30013

8,61818

1

1,0622

0,012 289

+ 107

0,010 963

+ 87 8,28534

8,57954

1,5

1,0730

0,012 259

+ 98 : 0,010 961

+ 74 8,27910

8,56511

2

1,0841

0,012 275

+ 93 j 0,010 989

+ 75 8.27680

8,55708

2,5

1,0951

0,012 277

+ 101 ! 0,011018

+ 78 8,27141

8,54181

3

1,1059

0,012 334

+ 98 0,011077

+ 84

8,27183

8,58668

3,5

1,1167

0,012 351

+ 148

0,011 116

+ 115

8,26775

8,52277

Die Curven der Mittelwerthe und der gefundenen Werthe laufen für diese Mischungsreihe zwischen ju = 1 und /u a S in einiger Entfernung ziemlich parallel nebeneinander her und berühren sich nicht (Fig. 2 9). Ihre grösste Annäherung

Reibung von Salzlösungen,

305

werden sie, wenn man noch die vorige Tabelle mit berück- sichtigt, sicher bei ^ = 2 erreichen. Eine correspondirende KCl- Lösung besitzt also die NaCl- Lösung von der Molecül- zahl |Ei a= 2 für die Reibung bei den beiden Versuchsterope- raturen nicht Dasselbe ist auch der Fall für die höher concentrirten NaCl-Lösungen, wie folgende beiden Tabellen erkennen lassen.

Tal

belle 18.

NaCl fi

= 3 + KCl ^ = jp.

(Fig. 2 10.)

1

^15

Vis

^15

lio

^■20

loga

log 6

0

1,0592

0,012 951

+ 486

0,011513

+403

8,31625

8,60160

1

1,0814

0,012 943

+ 345

0,01 1 550

+ 299

8,30710

8,57748

2

1,1027

0,013 006

+ 254

0,011645

+ 218

8,30149

8,55.^85

3

1,1242

0,013110

+ 214

0,011784

+ 176

8,29644

8,53107

3,5

1,1353

0,013170

+ 220

0,011850

+ 180

8,29628

8,52464

Tabelle 19.

NaCl/i

= 4 + KCl ^ = ar.

(Fig. 2 11.)

^

rft»

7l5

^15

790

^20

loga

log 6

0

1,0792

0,013 651

+ 985

0,01 2 1 47

+ 816

8,33669

8,59515

1

1,1006

0,013 705.

+ 782 j 0,012 234

+ «61

8,33108

8,57510

1,5

1,1108

0,013 757

+ 692 0,012 305

+ 576

8,32835

8,56285

2

1,1224

0,013 842

+ 617 0,012 401

+ 508

8,32739

8,55249

2,5

1,1324

0,013 906

+ 563 1 0,012 469

+ 473

8,32747

8,54694

3

1,1429

0,014 016

+ 507 i 0,012 567

+ 440

8,33086

8,54687

3,5

1,1531

0,014115

+ 475

0,012 703

+ 374

8,32582

8,52303

In Tab. 18 fällt die grösste Annäherung der beiden jedesmal zusammengehörigen Reibungscurven für 15^ C. und 20^ C. auf ju = 3, während dieselbe in Tab. 19 allem Anschein Xiach bei ^ = 4 liegen wird. Letztere Behauptung lässt sich jedoch nicht experimentell bestätigen, da die geringe Lös- lichkeit des Chlorkaliums die Fortsetzung der Versuchsreihe ^icbt weiter zuliess.

Werfen wir nun einen Blick auf sämmtliche vier Tabelr len, so sehen wir, dass die Differenzen J^^ und J^o ^^ einer ^ischungsreihe mit einer NaCl- Lösung von geringerem Salz- gehalt entsprechend kleiner sind als in einer Reihe, in wel- c^her eine NaCl -Lösung mit höherem Salzgehalt gemischt "Vrurde. Da nun in Tab. 16 die Differenz z/go für ju = 1 so gering war, dass man für ^20 ^^^ betreffenden Lösungen noch

Ann. d. Phys. u. Cham. N. F XLII. 20

306

Ä Brückner.

als correspondirend ansehen konnte, auch das entsprechende J^5 nur wenig grösser ist als Jgo' ^^^ ^^ ferner diejenigen NaCl- und KCl- Lösungen , für welche in den einzelnen Ta- bellen J^g und ^20 ^^^ Minimum erreichten, in dem Molecül- zahlverhäitniss 1:1 stehen, so lässt sich mit Sicherheit er- warten, dass die NaCl Lösungen, deren Molecülzahl unter /u «= 1 liegt, mit den KCl -Lösungen von derselben Molecül- zahl correspondiren. Diese Folgerung bestätigte sich durch, den nachstehenden Versuch:

NaCl ^ = 0,5 + KCl fi

= 0,5 (gleiche Volumina gemischt).

rf,6

»71 5

^i.

Vio

^20 loga

log 6

1,0210

0,01 1 547

-10

0,010 238

-2

8,27272

8,61815

Aus diesen Betrachtungen ergeben sich nunmehr fol gende Sätze:

„Nur für geringer concentrirte Chlornatriumlösungen deren Molecülzahl etwa unterhalb jti = 1 liegt, existiren die Reibung bei 15® C. und 20® C. currespondirende Chlor kaliumlösungen. Die Conceutration^grenze der Chlornatrium lösungen, bis zu welcher correspondirende Chlorkaliumlösun gen auftreten können, liegt um so höher, je höher di Reibungstempiratur ist."

„Die correspondirenden Chlornatrium- und Chlorkalium lösungen stehen in dem Molecülzahlverhältniss 1 : 1."

Die Molecülzahlen der correspondirenden KCl- und NH^Cl- Lösungen standen nach den Versuchen unter ß, in dem wahrscheinlichen Verhältniss 2 : 3, die der correspondirenden NaCl- und KCl-Lösungeii aber in dem Verhältniss 1:1; dem- nach werden die NaCl- und NH^Cl-Lösungen auch für das Molecülzahlverhältniss 2 : 3 entweder correspondiren, oder die DiflFerenzen /l^^ und J.^q werden in den einzelnen Versuchs- reihen für dieses Verhältniss der Molecüle wenigstens ein Minimum besitzen.

Reibung von Salzlösungen,

807

d. Mischungen der NaCl- und NH^Cl-Lösungen.

Tabelle 20.

NaCl |u = 1 + NH^Cl II = x, (Fig. 2 12.)

0

0,5

1

1,5

2

3

4

5

1,0196 1,0237 1,0276 1,0318 1,0353 1,0428 1,0499 1,0565

0,011 826 0,011761 0,011710 0,011648 0,011593 0,011519 0,011 455 0,011 430

NaCl

ViQ

'«0

log a log 5

+ +

+ + + +

71 50 32 29 41 72

+ 153 + 270

0,010 0,010 0,010 0,010 0,010 0,010 0,010 0,010

482 444 418 396 364 329 313 327

+ + +

+

42 83 25

7

+ 20

+ 49 + 117 + 208

8,28376 8,27675 8,27050 8,26098 8,25503 8,24558 8,23428 8,22562

Tabelle 21.

2 + NH4CI |u = *. (Fig. 2 18.)

8,62000 8,60791 8,59629 8,57650 8,56575 8,54666 8,52050 8,49686

^

rfis

»^16

^15

^720

^to

loga

log 5

0

1,0398 0,012 855

+ 190 0,010 962

+ 155 8,30013

8,61313

1

1,0476 0,012 228

+ 162 1 0,010 891

+ 144 8,28675

8,58938

2

1,0546

0,012 136

+ 146

0,010 858

+ 118 8,27331

8,56105

3

1,0616

0,012 094

+ 144

0,010 858

+ 112 8,26418

8,58921

4

1,0687

0,012 084

+ 172

0,010 878

+ 144 8,25783

8,52146

5

1,0753

0,012 0*^7

+ 281

0,010 928

+ 204

8,24753

8,49048

Tabelle 22. NaCl /* = 4 + NH.Cl ^^x, (Fig. 2 h.)

0 1 2 3 4 5

'16

»?15

^V

ViO

'80

log a log b

1,0792 1,0859 1,0924 l,«'99l 1,1056 1,1122

0,013 651 0,013 608 0,013 609 0,013 G42 0,013 689 0,013 824

+ 985 + 873 + 764 + 688 + 658 + 625

0,012 147 0,012 152 0.012 197 0,012 246 0,012 332 0,012 487

+ 816 + 730 + 626 + 571 +536 + 487

8,33669 8,32656 8,31910 8,31652 8,31049 8,30889

8,59515 8,57139 8,54986 8,53939 8,51691 8,49894

In Tab. 20 ist J^o Air ju = 1,5 gering genug, um die l)etreffenden Lösungen fQr 9^20 correspondirende nennen zu können y was für ^^^ jedoch nicht mehr zulässig ist. Gleich- wohl erreicht auch J^^ bei fx == 1,5 seinen Minimalwerth.

In Tab. 21 besitzen die Diflferenzen d^^ und J20 ^^^ fi = 3, in Tab. 22 jedenfalls bei der hypothetischen Molectil- zahl ^ = 6 ihr Minimum. Durch ganz ähnliche Betrachtun- gen, wie unter y, kommt man zu dem Schlüsse, dass für die Reibung bei beiden Versuchstemperaturen die NaClLösun- gen und NH^Cl-Lösungen von geringerem Salzgehalt, als die

20*

308 Ä Brückner.

Molecülzahl ju = 1 angibt, bei dem Molecülzahlverh&ltniss 2 : 3 correspondiren werden.

Der folgende Versuch ergab die Richtigkeit dieses Schlusses.

NaCl ^ = 0,5 + NH^Cl fi = 0,75 (gleiche Volumina gemischt).

^15

»;i6 ^15

7so

^20

loga

log 6

1,0157

0,011 512 -7

0,010 213

-2

8,26985

8,61415

Somit gelten für die NaCl- und NH^Cl-Lösungen genau dieselben Gesetze wie unter y, nur stehen die Molecüle der correspondirenden Lösungen in dem Verb&ltniss 2 : 3.

Der früher für Mischungen von KCl- und NH^Cl-Lösun- gen aufgestellte veränderte Sprung'sche Satz hat auch noch, wie leicht aus den Tabellen 16—22 ersichtlich ist, für Mischungen von NaCl- Lösungen einerseits und KCl- und NH^Cl- Lösungen andererseits Gültigkeit, jedoch mit der Be- schränkung, dass nur eine NaCl-Lösung der Reihe nach mit den verschiedenen Lösungen des einen der beiden letzten Salze gemischt wird und nicht umgekehrt.

Was nun noch die Chlorbariumlösungen anbetrifft, so werden sich dieselben den KCl- und NH^Cl- Lösungen gegen- über ganz ebenso verhalten, wie die NaCl- Lösungen, da ja die correspondirenden NaCl- und ^(BaClg) Lösungen in dem Molecülzahlverhältniss 1 : 1 standen. Genauere Untersuchun- gen mit solchen Lösungsgemischen habe ich jedoch nicht angestellt.

§ 4. Schluss.

Die gefundenen Resultate der vorstehenden Arbeit mögen zum Schlüsse nochmals kurz zusammengefasst werden.

1. Von den Chlornatrium-, Chlorbarium-, Chlorkalium- und Chlorammoniumlösungen sind diejenigen Lösungen ein und desselben Salzes in Bezug auf innere Reibung bei 15^C. und 20^ C. als correspondirende aufzufassen, die in der Vo- lumeneinheit bei bestimmter Temperatur eine gleiche Anzahl Grammmolecüle enthalten.

2. Von den unter 1. genannten Lösungen correspon- diren für die Reibung bei 15® C. und 20® C. ferner miteinan- der die Lösungen von:

Reibung von Salzlösungen, 809

n. NaCl u = n und ^ßaCl,) u ^ n^

ß. KCl lA^n NH,Cl /i = Jw,

SNaCl u = w » KCl M = n,

. NaCl /i = n NH.Cl ^u =. 5»,

die Lösungen unter a. und /9. bei allen Ooncentrationsgraden, diejenigen unter y, und 8, aber nur bei geringerem Salz- gehalt, wenn im allgemeinen ^ < 1 ist. Die Concentrations- grenze der letzteren Lösungen, bis zu welcher correspon- dirende Lösungen vorhanden sein können, ist jedoch noch von der Temperatur abhängig. Sie liegt um so höher, je höher die Temperatur ist, bei welcher die Reibung statt- findet

3. Die Reibungsconstante der Mischung irgend zweier Lösungen ist stets kleiner als das arithmetische Mittel aus den Constanten der Einzellösungen. Die Differenz beider Werthe wird um so grösser, je mehr sich das Molecülzahl- verhältniss der einzelnen Losungen von demjenigen der cor- respondirenden Lösungen entfernt. Während diese Differenz für wirklich correspondirende Lösungen annähernd I^uU ist, erreicht sie bei den höher concentrirten Lösungen der unter y, und S. angegebenen Salze für dasselbe Molecülzahlverhält- niss, f(ir welches die geringer concentrirten Lösungen der- selben Salze correspondiren, nur ein Minimum, das weit von Null verschieden sein kann.

4. Mischt man eine bestimmt concentrirte Lösung der vier genannten Salze der Reihe nach mit verschieden con- centrirten Lösungen eines Salzes, das die Reibung des Was- sers verringert, so nimmt die Reibung der Mischung anfangs bis zu einem Minimum ab, um dann wieder grösser zu wer- den. Dieses Minimum fällt auf eine um so höhere Concen- tration der zweiten Lösung, je tiefer die Reibungstemperatur und je geringer die Concentration der ersten Lösung ist.

Porst i. L., Januar 1891.

VII. Ueber den Vrspru/ng des Banden^ und j I lAnienspectrvms; von H. Kayser.

Es wird heute wohl allgemein anerkannt, dass eine grosse Anzahl von Elementen zwei sehr verschieden aus- sehende Spectren, das Banden- und das Linienspectrum, geben können. Ebenso allgemein zugegeben wird, dass ersteres bei niedriger, letzteres bei höherer Temperatur auf- tritt. Aber über den Ursprung der Spectren herrscht noch Meinungsverschiedenheit: während fast alle Spectroscopisten in der Annahme übereinstimmen, das Bandenspectrum rühre von einem anderen Molecül her, als das Linienspectrum^ ersteres entspreche einem Molecül mit weit mehr Atomen^ letzteres einem stark dissociirten Molecül mit weniger Ato- men, vertritt A. Wüllner eine andere Ansicht. Nach ihoL- ist das emittirende Molecül unverändert dasselbe, aber di^-^-^ Dicke und Dichte des emittirenden Dampfes ist von Ein fluss. Er geht dabei von einer durch Zöllner^) aus Kirchhoff'schen Satze gezogenen Consequenz aus: be zeichnen wir mit c das Emissionsvermögen einer Schich von der Dicke 1, mit a ihr Absorptionsvermögen, mit e das Emissionsvermögen eines absolut schwarzen Körpers, alles bezogen auf die gleiche Wellenlänge und Temperatur, so ist £ ==: ae, Haben wir eine Schicht von der Dicke cf , so emittirt dieselbe jE'= [1 (1 ä)'^e\ da a ein ächter Bruch, nähert sich {\ uY niit wachsendem d der Null, also nähert sich e. Wenn also a für alle Wellenlängen von Null verschieden ist, muss das Spectrum ein continuirliches wer- den, nnd vor dieser Grenze muss für jede Wellenlänge die Intensität wachsen. Es können also neue, vorher nicht ge- sehene, Wellenlängen sichtbar werden, es können aber nie- mals Lichtmaxima verschwinden bei zunehmender Dicke der Schicht.

Der Kirchhoff 'sehe Satz würde folglich die Ent- stehung des Bandenspectrums aus dem Linienspectrum durch

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1) Zöllner, Pogg. Ann. U2. p. 88. 1871

Banden' und Linienspectrum. Sil

zunehmende Dicke nur dann ergeben können , wenn zu den hellen Linien des Linienspectrums nur noch neue Maxinaa hinzugefügt zu werden brauchten, um das Ban- denspectrum zu erhalten. Das ist indess, wie auch Wüll- ner zugibt^}, durchaus nicht der Fall. Wüllner ist daher gezwungen, erstens eine andere Temperatur für das Bandenspectrum anzunehmen, als für das Linienspectrum. und zweitens vor allem die Hypothese einzuführen, a sei für verschiedene Wellenlängen eine verschiedene Function der Temperatur. Damit kann er dann erklären, dass die Lichtmaxima des Banden- und Linienspectrums an ganz anderen Stellen liegen.

Wüllner geht aber mit Zöllner noch einen Schritt weiter: Die Absorption hängt, wie in vielen Fällen nach- gewiesen, nur von der Zahl der getroffenen Molecüle ab; daher soll es einerlei sein, ob wir die Dicke der Schicht vermehren, oder ihre Dichte, sodass, wenn wir die Dichte einer emittirenden Dampfschicht mit d bezeichnen, auch die Gleichung gelten soll: i?= [1 (1 a)«^]«.

Sehen wir nun zu, was für Erscheinungen aus diesen Annahmen folgen müssten. Wenn wir bei constanter Tem- peratur die Dicke oder Dichte einer Gasmasse steigern, so dürfte eine Verschiebung der Mazima nicht eintreten, son- dern sie müssten heller werden, und daneben müssten noch neue sichtbar werden» Wenn wir dagegen Dichte und Dicke ganz oder nahezu ungeändert lassen und die Temperatur ändern, so müssten die Maxima sich verschieben. Wenn man aber schon die Hypothese zulässt, a sei eine verschiedene Function der Temperatur für verschiedene A, so wird man wenigstens annehmen müssen, a sei stets eine continuirliche Function; denn sonst verlieren wir den Begriff eines bestimmten Spec- trums ganz aus den Händen. Dann aber würde bei allmäh- lich geänderter Temperatur eine allmähliche Aendeiung des Spectrums eintreten, die hellen Linien würden sich allmäh- lich verschieben, verblassen oder stärker werden können, das Bandenspectrum würde sich bei steigender Temperatur allmählich in das Linienspectrum verwandeln; dieses müsste

1) Wällner, Wied. Ann. 8. p. 593. 1879.

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312 H, Kayser.

aber ebenso weitere Modificationen erfahren wenn man nicht etwa die neue Hypothese einführen will, von der Tem- peratur an, wo das Linienspectrum erreicht ist, würden die a für alle Wellenlängen die gleiche Function der Tempe- ratur — kurz das Spectrum eines Elementes wäre überhaupt nichts bestimmtes, sondern bei jeder anderen Temperatur ein wesentlich anderes, wie es auch Wüllner^) direct aus- spricht. Ferner sollte nach Wüllner's Ansicht „das Ban- denspectrum nur dann auftreten, wenn eine relativ dicke Schicht des Grases leuchtet, das Linienspectrum dagegen, wenn die leuchtende Schicht von verschwindender Dicke ist^^*) Bevor wir diese Consequenzen mit der Erfahrung ver- gleichen, seien kurz die Consequenzen aus der anderen Hypo- these, der der Veränderlichkeit der Molecüle gezogen, damit wir nachher vergleichen können, welche besser mit der Er- fahrung übereinstimmen. Bei niedriger Temperatur haben wir zusammengesetzte Molecüle, die daher ein linienreicheres Speotrum geben, das Bandenspectrum. Steigern wir die Tem- peratur, so kommt eine Grenze, bei welcher die heissestoi Molecüle zerfallen; da wir stets die Emission der ganzen Gasmasse beobachten, legt sich auf das Bandenspectrum das lichtschwache Linienspectrum. Je höher die Temperatur steigt, desto mehr Molecüle werden dissociirt, desto heller wird also das Linienspectrum, während das Bandenspectrum verblasst^), bis es schliesslich ganz verschwindet. Yen da an muss das Spectrum im Grossen und Ganzen unverändert bleiben, falls nicht ein noch weiterer Zerfall bei einer noch höheren Temperaturstufe eintritt, was zwar theoretisch mög- lich wäre, wofür aber kein sicheres Beispiel Bekannt ist, man müsste denn die Thatsache, dass im Funkenspectrum meist einige neue Linien im Vergleich zum Bogenspectrum

1) Wüllner, Wied. Ann. 8. p. 600. 1879.

2) Wüllner, Lehrb. d. Phys. 4. Aufl. 2, p. 299.

8) Es ist daher ein Irrtbum, wenn Wüllner (Berl. Sitzungsber. 88« p. 793. 1889) mir die Aussage zuschreibt, das Bandenspectrum verwandle sieh sprungweise in das Linienspectrum ; dies gilt für jedes einzelne Mo- lecül, nicht aber für eine Gasmenge gerade so, wie bei variabler Dampf- dichte zwar jedes Molecül sprungweise zerfällt, aber die Dampfdichte sich doch allü:iählich ändert.

Banden- und Linienspectrum, 313

auftreten, als Beweis einer beginnenden weiteren Dissociation auffassen. Es können sich im allgemeinen nur noch die rela- tiven Intensitäten der Linien etwas ändern, insofern die Stärke der Molecularstösse auf die Schwingungen von Ein- fluss ist

Die Dicke der emittirenden Schicht kann nur die Hellig- keit des Spectrums vergrössern, weil die Zahl der emittiren- den Theilchen zunimmt; sie kann also auch früher zu schwache Linien sichtbar machen. In dieser Beziehung stimmen also beide Theorien völlig überein. Anders ist es in Bezug auf die Dichte: bei zunehmender Dichte wächst erstlich allge- mein die Helligkeit, weil wieder die Zahl der emittirenden Theilchen zunimmt; zweitens wird die Dauer der Stoss- zeiten relativ länger gegen die Zeit der freien Bewegung der Molecüle, d. h. die während des Stosses erzwungenen Schwingungen nehmen an Helligkeit zu, die Linien ver- breitem sich; drittens werden bei zunehmender Dichte, wenn die Temperatur niedrig ist, die Molecüle sich zusammen lagern können, complicirter werden, wodurch eventuell also neben dem Linienspectrum das Bandenspectrum auftreten kann.

Nun wollen wir sehen, was die Beobachtungen ergeben haben. Betrachten wir zuerst den Einfluss der Temperatur, so finden wir stets bei niedriger Temperatur das Banden- spectrum, bei höherer das Linienspectrum. Sobald aber einmal letzteres erreicht ist, bleibt es in hohem Grade un- veränderlich. In dieser Beziehung ist vielleicht Magnesinm am eingehendsten untersucht, namentlich von Liveing und Dewar; Magnesiumband in Luft verbrennend gibt dasselbe Spectrum, wie Magnesium im Eohlebogen verbrennend, ob- gleich die Temperatur von 1000 2000 <^ auf 4000—5000^ gesteigert ist. Auch die stärksten Inductionsfunken zeigen das gleiche Spectrum; wir wissen freilich recht wenig über die Temperatur des Inductionsfunkens, aber wahrscheinlich liegt sie doch weit über 5000^. Die einzige Wirkung der gesteigerten Temperatur ist hier, ebenso wie bei anderen Elementen, dass einige Linien heller werden, namentlich die ultravioletten. Niemals ist der Fall beobachtet worden, dass eine Linie sich verschöbe. Auch die Selbstumkehrung der Linien können wir dafür anführen, dass in weiten Tempe-

314 H. Kayser.

raturgrenzen das Maximum der Emission und Absorption an genau derselben Stelle bleibt. Mir ist nur ein Fall be- kannt, wo man nach genauen Messungen eine Verschiebung glaubte beobachten zu können: nämlich bei der Linie D^] aber dies ist, wie an anderer Stelle gezeigt werden soll, eine Täuschung: D^ verbreitert sich nicht gleichmässig nach bei- den Seiten, daher scheint sich die Mitte etwas zu verschieben, aber der hellste Theil, die eigentliche Linie bleibt genau an ihrer Stelle.

Viel ungeeigneter zur Untersuchung des Temperatur- einflusses sind die InductionsentladuDgen in Geissler'schen Röhren ; denn einmal wissen wir nie, welche Temperatur wir haben, daE. Wiedemann^) zeigte, dass sie zwischen 0^ und 100000^ liegen könne, und zweitens bringen wir die ange- nommenen Temperaturänderungen hauptsächlich durch Aen- derung der Dichte hervor. Ich würde daher diese Versuche als nicht entscheidend ganz bei Seite lassen, wenn nicht gerade durch sie WüUner seine Anschauungen beweisen zu können glaubte. Er^) ändert in Geissler'schen Röhren die Dichte uhd die Stärke der Entladung, und findet, dass mit abnehmender Dichte das Bandenspectrum verblasst, das Linienspectrum heller wird. Da abnehmende Dichte ge- steigerter Temperatur entspricht, weil die electrische Wir- kung sich auf immer weniger Molecüle vertheilt, so ist das genau das Resultat, welches die möleculare Theorie erwarten lässt. Die Wüllner'sche Hypothese sollte doch das Banden- in das Linienspectrum überführen durch allmähliche Ver- schiebung und Intensitätsänderung; aber eine Verschiebung hat weder Wüllner noch sonst Jemand jemals beobachtet.') Wenn also Wüllner von einem „allmählichen Uebergang" des einen Spectrums in das andere spricht, so ist darunter ein ganz anderes „allmähliche^ zu verstehen, als was seine

1) E. Wiedemann, Wied. Ann. 6. p. 298. 1879.

2) Wüllner, Wied. Ann. 8. p. 590. 1879; Berl. Siteungsber. S8» p. 793. 1889.

3) Eine Verschiebung ist auch schon dadurch ausgeschlossen, dass nach den neueren Untersuchungen die Linien sowohl des Banden-, ab des Linienspectrums nach bestimmten Gesetzen gelagert sind; solche hätten sich aber gar nicht finden lassen, wenn die Linien hin and her schwanken könnten.

Banden- und Linienspectrum, 315

Theorie ergibt, ein ,, allmähliches welches der molecularen Theorie entspricht. Mir scheinen gerade die letzten Wüll- ner 'sehen Versuche den schönsten Beweis gegen ihn zu liefern: er findet, dass, je weiter das Entladungsrohr ist, desto mehr bei gleichem Drucke das Bandenspectrum über das Linienspectrum überwiegt; das weitere Rohr hat eben mehr Molecüle, daher bei gleicher Entladung geringere Tem- peratur und daher weniger dissociirte Molecüle.

Was nun ferner die Dicke der leuchtenden Schicht be- trifiPt, so stimmen beide Theorien darin überein, dass mit wachsender Dicke, wenn Temperatur und Dichte constant bleiben, alle Maxima heller werden. Wenn daher Wülln er ^) in langen Röhren das Bandenspectrum heller sieht als in kurzen, so ist das durchaus kein Beweis für ihn; er beob- achtet eben nur bei solchen Temperaturen, wo Linien- und Bandenspectrum vorhanden sind. Daher wird bei seinen Versuchen mit zunehmender Dicke das Bandenspectrum ver- stärkt, aber zweifellos wird auch das Linienspectrum heller geworden sein, wenn nicht etwa infolge der verlängerten Schicht die Temperatur gesunken war, wodurch dann allein das Bandenspectrum hätte gewinnen können. Bei hoher Temperatur wird aber nie durch Verlängerung der strahlen- den Schiebt das Bandenspectrum hervorgerufen, es existirt nicht immer gleichzeitig. Das beweisen die zahlreichen Fälle, in denen man zur Verstärkung des Linienspectrums Geiss- ler'sche Röhren mit Längsdurchsicht benutzt hat^

Mit Hülfe des galvanischen Bogens können wir dünne und dicke Schichten auf hohe Temperatur bringen, aber wir erhalten dabei, sobald die Temperatur die gleiche ist, nur das Linien- oder nur das Bandenspectrum. Im offen brennen- den Bogenlicht beträgt die Dicke der leuchtenden Schicht einige Millimeter; lassen wir den Bogen im Innern eines Kohleblocks entstehen, so kann die Dicke der leuchtenden Schicht 50 100 mm betragen. Und doch zeigt die Kohle in beiden Fällen nur das Bandenspectrum und eine Linie des Linienspectrums, nämlich 2478,64; die übrigen Elemente dagegen zeigen in beiden Fällen nur das Linienspectrum, keine Spur von Banden.

1) WülTner, Lehrb. d. Physik. 4. Aufl. 2. p. 299. 1883.

316 H. Kayser,

Wir kommen endlich zum Einfluss der Dichte. Die Versuche zeigen, dass bei zunehmender Dichte nur wenige Linien unverändert bleiben oder höchstens heller werden. Die grosse Mehrzahl dagegen verbreitert sich, entweder nach beiden Seiten oder nur nach der Seite der grösseren Wellen, sehr selten nur nach der Seite der kleineren Wellen. Darin sieht die moleculare Theorie eine Wirkung der Stösse und der erzwungenen Schwingungen, die um so leichter auftreten, je näher sie den Eigenschwingungen der Atome stehen. Die andere Theorie erklärt die Erscheinung gar nicht, die Dichte sollte ja wirken wie die Dicke, d. h. die Linien heller machen, resp. neue hervorbringen. Es wird zwar behauptet, auch die Verbreiterung der Linien sei eine Folge des Kirchhoff- schen Gesetzes; das implicirt aber wieder die neue Hypo- these, die a für bestimmte A seien desto grösser, je näher die A dem Werthe einer bekannten Emissionslinie liegen.

Der für Entscheidung unserer Frage wichtigste Versuch ist durch Janssen^) angestellt. Er füllt eine lange Röhre mit Sauerstoff und beobachtet dessen Absorptionsspectrum bei zunehmender Dicke und bei zunehmender Dichte. Er findet ein Linienspectrum, dessen Dunkelheit proportional der Dicke zunimmt, ebenso proportional der Dichte in ge- wissen Grenzen. Er findet ferner ein Bandenspectrum, dessen Dunkelheit zunimmt proportional der Dicke der Schicht, aber proportional dem Quadrat der Dichte. Hier haben wir einen Beweis, dass Dichte und Dicke nicht unter allen Umständen äquivalent sind. Die moleculare Theorie erklärt die Erscheinung sehr einfach: bei zunehmender Dichte ballen sich die Molecüle zu grösseren Complexen, sodass die Zahl der zusammengesetzten Molecüle in der Masseneinheit proportional dem Druck wächst; da aber gleichzeitig die Masse der Volumeneinheit proportional dem Druck zunimmt, muss die Zahl der zusammengesetzten Mo- lecüle proportional dem Quadrat der Dichte wachsen, und ebenso die Dunkelheit des von ihnen erzeugten Spectrums. Versuche mit Absorptionsspectren, wie dieser, sind deshalb so wichtig, weil wir hier sicher jeden TemperatureinSuss

1) Janssen, Compt. rend. 102. p. 1352. 1886.

Banden- und Linienspectrum, 317

eliminiren , die Wirkung der Dichte ganz rein beobachten, während die* Emissionsspectren in Geissler'schen Röhren stets verschieden gedeutet werden können, je nachdem man der Temperatur oder der Dichte mehr Einfluss zuschreibt. Mir scheint dieser Janssen' sehe Versuch durchaus ent- scheidend zu sein; er zeigt, dass der Zöllner'sche Schluss so lange gilt, als die Molecüle unverändert bleiben was meines Wissens auch die Anhänger der molecularen Theorie nie bestritten haben; er zeigt aber weiter, dass die Molecüle nicht immer unverändert bleiben, er zeigt endlich, dass sie bei complicirterem Bau das Bandenspectrum geben, bei ein- facherem Bau das Linienspectrum. Ist diese Erklärung richtig, so sollte bei immer mehr zunehmender Dichte schliesslich das Linienspectrum ganz verschwinden und nur das Bandenspectrum übrig bleiben. Auch dieser Beweis scheint mir durch Olszewski^) erbracht, welcher im flüs- sigen Sauerstoff nur die Banden, aber keine Spur der Linien sah; freilich kann man hier einwenden, dass die Temperatur Tiel niedriger war.

Es gibt noch einige neuere Versuche, die sehr schön mit der molecularen Theorie übereinstimmen. E. Wiede- mann^) zeigte, dass Jod in Schwefelkohlenstoff violettes Licht durchlässt, Jod in Alkohol braun aussieht. Er schloss, dass in letzterem Fall das Molecül coraplicirter sei, und be- wies dies, indem er die Schwefelkohlenstofflösung auf etwa 100® abkühlte, bei welcher Temperatur sie die braune f*ärbung zeigte. Manche Farbstoffe zeigen in Lösung und fest ein verschiedenes Absorptionsspectrum, offenbar, weil die Molecüle im festen Zustande andere sind, als in Lösung, Wahrscheinlich zusammengesetztere. Stenger ^) zeigte, dass, Wenn man die molecularen Aenderungen verhindert, indem ^an die Farbstofflösung in Gelatinelösung giesst und das d^anze erstarren lässt, das feste Präparat das Absorptions- ^pectrum der Lösung behält.

Dies sind einige von den Beispielen, die sich zum Be-

1) Olszewßki, Wied. Ann. 88. p. 570. 1888.

2) ELWiedemann, Sitzungsber. der phys.-med. Societät zu Erlangen, ^rz 1887. Wied. Ann. 41. p. 299. 1890.

3) Stenger, Wied. Ann, 33. p. 577. 1888.

318 H. Kayser. Banden- und IJnienspectrum,

weise dafür anfiibren Hessen, dass moleculare AendeniDgen stattfinden und dass sie das Spectrum verändern.

Mir scheint, die angeführten Thatsachen sprechen deut- lich genug. Sie sprechen nicht etwa gegen ZöUner's Ck)n- Sequenz aus dem Kirchhoff 'seh er Gesetz, sondern nur gegen dessen unbegrenzte Anwendung durch W tillner. So lange das Molecül unverändert bleibt, und so lange die Zeit der Stösse ungeändert denselben Bruchtheil der Zeit der freien Bewegung bildet, gilt das Gesetz, darüber hinaus aber nicht, sondern hier muss man die Beschaffenheit und die Bewegung der Molecüle mit berücksichtigen. Sobald das Molectil ein anderer Körper wird, werden « und ce der Kirchhoff'schen Formel ganz andere, das Spectrum ändett sich nicht quantitativ, sondern qualitativ. (Nebenbei sei be- merkt, dass die qualitative Verschiedenheit des Banden- und Linienspectrums schon durch das verschiedene Gesetz der Lagerung der Linien bewiesen wird; für das Bandenspectrum ist das Gesetz durch Deslandres^), für das Linienspectram durch Balmer*), Kayser und Runge^), Rydberg*) auf- gestellt.) Nimmt man aber moleculare Aenderungen an, so braucht man die Wüllner'sche Hypothese nicht mehr, dass die Grösse a für jede Wellenlänge eine andere Function der Temperatur sei, und die weiteren oben angeführten Hülfs- hypothesen. Dass dagegen die Annahme, die Molecüle der Dämpfe zerfielen bei höheren Temperaturen, keine ad hoc ausgesonnene Hypothese, sondern eine zweifellose Thatsache ist, zeigen die in neuerer Zeit so vielfach gefundenen Bei- spiele von veränderlicher Dampfdichte.

Hannover, December 1890.

1) Deslandree, Compt. rend. 103. p. 375. 1886; 104. p 972. 1887.

2) Balmer, Wicd. Ann. 25. p. 80. 1885.

3) Kayser und Runge, Abhandl. d. Berl. Akad. 1890.

4) Rydberg, Zeitschr. f. phys. Chem. 5. p. 227. 1890.

VIII. Ueber die Doppelbrechung schnell gehühlter Glasplatten f von 8. Czapski.

Die Doppelbrechung bezw. Polarisation von Glas, in welchem durch schnelles Erkalten beim Uebergang aus dem weichen in den festen Zustand starke innere Spannungen hervorgebracht sind, war seit Brewster schon öfters Gegen- stand der Untersuchung.^) In der That bietet dieselbe so- wohl vom rein theoretischen Gesichtspunkte aus Anhalte zu Schlüssen über die Ursachen und das Wesen der Doppel- brechung, als auch für den praktischen Optiker bezw. Fabri- kanten optischen Glases ein erhebliches Interesse wegen der Störungen, die solches Glas auch schon bei sehr geringem Grade von Spannung in der dioptrischen Wirkung nament- lich von grösseren Fernrohrobjectiven verursacht.

Letzterer Umstand bot die Veranlassung für das hiesige Glastechnische Laboratorium, sich mit dieser Frage eben- falls näher zu beschäftigen. Dabei kam es natürlich vom praktischen Gesichtspunkte im wesentlichen nur darauf an, Mittel und Wege zu finden, um das Eintreten solcher Spannung zu vermeiden bezw. sie, wenn vorhanden, zu be- seitigen.

Doch war die Bearbeitung und Lösung auch dieser praktischen Aufgabe nicht ohne ein näheres rein physika- lisches Studium der Erscheinungen und ihrer Ursachen niöglich.

Ueber die wesentlichen Resultate dieser Arbeiten, welche sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren erstreckten ^Qd zur Construction eines genügend sicher functionirenden jjl'einkühlapparates** geführt haben , hat Hr. Schott in ^iner besonderen in Interessentenkreisen verbreiteten „Mit-

1) S. die Literaturangaben bei Kerr, Phil. Mag. (5) 26. p. 321. 1888.

320 S. Czapski.

theiluDg'^ ^) kürz berichtet, wegen näherer Details auf spätere Publicationen verweisend.

Ohne diesen vorgreifen zu wollen, möchte ich hier nur in Kürze eine Methode beschreiben, welche gestattet, meh- rere Eigenschaften gespannter Glasscheiben zu constatiren, die neuerdings auch Kerr in seiner oben citirten Publication mitgetheilt hat. Während aber die XJntersuchungsmethode Kerr's die Benutzung eines wie er selbst angibt sehr subtilen und kostbaren Apparates voraussetzt (grosse Kalk- spathrhomboeder, Compensator u. dergl.), erfordert die meinige nur die gewöhnlichsten, in jedem Laboratorium vorhandenen Mittel: zwei gewöhnliche Nicols, einen CoUimator und ein Fernrohr. Da sonach die Wiederholung dieser Versuche für Jeden ohne Weiteres möglich ist und die ihnen zu Grunde liegende Idee, wie ich glaube, in mancher Hinsicht ein gewisses Interesse beanspruchen kann, so erschien mir eine Veröffentlichung derselben nicht überflüssig, wiewohl sie in den Resultaten gegenüber Kerr's Mittheilungen nichts wesentlich Neues bringt.

Während nämlich Kerr 's Methode darauf hinauskommt, den Polarisationszustand und die Verzögerung zu messen, welche ein einzelnes an irgend einer Stelle des comprimirten bezw. dilatirten Glasstückes durchgegangenes enges Strahlen- büschel gegenüber dem durch eine ungespannte Stelle ge* tretenen erfährt, habe ich die dioptrische und Interferenz- Wirkung betrachtet, welche das ganze Glasstück auf ein es ausfüllendes und durchsetzendes weites Büschel ausübt.

S. Exner^) hat vor einiger Zeit darauf aufmerksam ge- macht, dass ein Cylinder mit planen Endflächen gegenüber einem der Axe parallelen Büschel wie eine Linse wirken kann, nämlich dann, wenn der Brechungsindex des Cylinders von der Axe nach der Peripherie hin zu- oder abnimmt Diese Thatsache, auf welche Exner durch das Studium der Insectenaugen hingeführt wurde und die er durch Versuche

1) Der EinfluBs der AbkühluDg auf das optische Verhalten des GlajBes etc. Mittheilung aus dem Glastechnischen Laboratorium Schott u. Gen. in Jena, S. auch Zeitschr. f. Instr. 10. p. 41. 1890. BeibL 14. p. 497. 1890.

2) S. Exner, Pflüger's Archiv f. d. ges. Physiol. 38. p. 274. 18S6.

Doppelbrechung schnell gekühlter Glasplatten, 821

mit quellenden Gelatinecylindem u. dergl. bestätigte, war an sichy wie Matthiessen später bemerkt hat^), nicht ganz neu, indem die Probleme, welche die Bildwirkung in den Augen der Wirbelthiere und Fische, sowie die atmosphärische Strahlenbrechung darbieten, schon früher auf das gleiche Besultat gefährt hatten. Immerhin wurde durch Exner's Untersuchungen die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf dieselben gelenkt. Als das eigentlich Merkwürdige an ihnen fällt wohl vor Allem der Widerspruch auf, in welchem sie zu einer rein „geometrisch optischen" Auffassung stehen. Denn unter blosser und strenger Anwendung des Brechungs- gesetzes würde folgen, dass auch in einem Cylinder von con- centrisch variablem Index ein der Axe paralleles Strahlen- bündel keine Ablenkung erfährt, da ja jeder „Strahl^^ per- manent in einer durch planparallele Endflächen begrenzten Schicht Constanten Indicis weitergehen müsste. Diese Wir- kung wird vielmehr erst verständlich, wenn man die Ver- zögerung bezw. Beschleunigung betrachtet, welche eine zur Axe senkrechte ebene (oder auch anders gestaltete) Wellen- fläche — die Normalfläche des eintretenden Strahlenbündels von der Axe nach der Peripherie' hin erfährt. Durch diese Verzögerung wird ihre Gestalt geändert, und wenn mnn die austretenden Strahlen wieder als Normalen zu dieser ge- änderten Wellenfläche construirt, so gelangt man leicht zu dem angegebenen Resultate.

Aehnliche Beobachtungen, wie mit quellenden oder halb- eingetrockneten Leim- und Gelatinecylindem kann man nun auch mit Glascylindern machen, welche durch plötzliche Ab- kühlung — etwa indem man das flüssige Glas unmittelbar in eiserne Röhren giesst in eine starke radiale Spannung ver- setzt sind. Denn diese Spannung verursacht einestheils un- mittelbar eine Dichteänderung des Glases, wie Schott früher nachgewiesen hat'), anderntheils eine Modification des Aethers im Glase, welche ebenfalls als Aenderung des Brechungsindex zum Ausdruck kommt. Solche Cylinder wie sie Schott auf Anregung von S. Exner im Jahre 1886 hergestellt hat stellen, auch wenn sie genau plane zur Axe senkrechte End-

1) Matthiessen, Exner's Repert. 22. p. 333. 18b6.

2) Schott, Verb. d. Ver. z. Bef. d. Gew.-Fl. 1879. p. 291.

Ann. d. Phys. a. Chem. K. F. XLII 21

822 S. Czapshi.

flächen haben, gleichsam Linsen dar und zwar (gemäss dem Process ihrer Entstehung) innerhalb gewisser Grenzen ihrer Länge stets Concaylinsen von einer Brennweite, die dieser Länge caet. par. umgekehrt proportional ist Zwischen ge- kreuzten Nicols zeigen dieselben auch in parallelem Lichte lebhafte Interferenzerscheinungen, ähnlich denen einer ein- axigen zur Axe senkrechten Ery stallplatte im conyergenten Lichte, d. h. ein System concentrischer farbiger Ringe.

Doch eignen sich solche Cylinder zu einem näheren Studium dieser Erscheinungen aus dem Grunde weniger, weil es sich nicht vermeiden lässt, dass ihre Substanz stark Yon Schlieren ^^ durchzogen und auch die Spannung selbst meist nicht regelmässig genug ist. Aus diesem Grunde ist es vortheilhafter, Glasstücke zu untersuchen, welche zwar nicht so starke Wirkungen zeigen wie jene Cylinder, welche aber dafür im Material reiner . und im Verlaufe der Span* nung regelmässiger sind. Als solche bieten sich am nächsten die Platten dar, welche nach dem gewöhnlichen Verfahren der Glasschmelzerei dadurch erhalten werden, dass man ein rohes Bruchstück reinen Glases in einer Chamotteform durch allmähliches Anwärmen sich erweichen, in der Form ausein- anderfliessen und so deren Gestalt, d. h. die einer runden oder vierseitigen Platte annehmen lässt. Wenn man solche ,.rammollirte^^ oder „gesenkte^' Platten vom Zustande der Erweichung an einigermaassen schnell erkalten lässt, so zeigen auch sie an den schmalen Seiten anpolirt und im parallelen polarisirten Lichte durch diese hindurch unter- sucht — deutliche Interferenzphänomene. Dieselben bestehen hier in der Mitte der anvisirten Fläche in ziemlich geraden, in weissem Licht farbigen Streifen, welche den horizontalen Kanten dieser Fläche einigermaassen parallel sind. Und auch diese Platten zeigen eine deutliche dioptrische Wirkung, näralich gleich der von Cy linderlinsen, deren Axe parallel den anvisirten Kanten ist.

Vergegenwärtigt man sich, in welcher Weise der üeber- gang vom weichen zum festen Zustande bei solchen Platten stattfindet, so muss man in der That von vornherein schliesseUi dass in ihnen von der Mitte nach den Oberflächen hin ein allmählicher Uebergang von dem gedehnten in den gepressten

Doppelbrechung schnell gekühlter Glasplatten, 328

Zustand stattfinden mass, das heisst, es muss in den mitt- leren Schichten der Platte die Dehnung in radialer Rich- tung, resp. in der Richtung nach der nächsten Fläche gleicher Spannung hin stärker sein, als die dann senkrechte; in den Randschichten der Platte umgekehrt. In einer zwischenliegenden Zone muss ein indifferenter Zustand herrschen^ sodass sich dort das Glas wie spannungsloses verhält Die Zonen gleicher Spannung werden Flächen von nahezu gleichem Charakter wie die Glas- oberfläche selbst sein; bei einer Platte speciell, die mittelsten relatir noch platter, die äusseren der Glasoberfläche nahezu paralleL Diese Schlüsse werden von der Untersuchung der Platte durch die Endflächen hindurch zwischen gekreuzten Ni- cols Tollkommen bestätigt Die zu beobachtenden Interferenz- cur?en stellen nämlich in der That etwa die Curven gleicher Spannung oder die Querschnitte der betrefi'enden Flächen gleicher Spannung mit einer zur Blickrichtung normalen Ebene yor. Denn ihre Entstehungsweise ist ja, wie kurz erinnert werden mag, folgende:

Sei OP die Polarisationsrichtung eines in die horizontal liegende Platte eintretenden parallelen Lichtbüschels. Jede Schwingung wird dann in der Platte zerlegt in eine zur Platte (nahezu) parallele OR und eine zu ihr senk- rechte OS, da man wenigstens in einem verticalen Mittelschnitt der Platte die Richtungen der Hauptspannungen zwei- fellos als so gelegen annehmen muss. Der Analysator nimmt Ton jeder der beiden Componenten nur die in seine Polarisationsebene OA fallende Com- ponente OR', resp. OS' auf, welche beim Austritt miteinander interferiren können. Dieselben haben schon durch die zweimalige Zerlegung eine Phasendifferenz von ^2 Schwin- gung erfahren, wie aus der Fig. 1 hervorgeht. Dazu kommt dann die Phasendifferenz, welche in der Spannung, d. h. in dem verschiedenen Brechungsindex der nach OR und der nach OS schwingenden Theile ihren Grund hat.

Wenn nun die untersuchte Platte durch planparallele

21*

TT-

Fig. 1.

324 S. Czapski,

Endflächen begrenzt ist, wie bei uns der Fall, so kann die in parallelem Lichte zwischen gekreuzten Nicols thats&chlich sich darbietende Interferenzerscheinung offenbar nur darin ihren Grund haben, dass die Doppelbrechung im Schnitte OS von der Mitte nach dem Rande der Platte ihrer Grösse, resp. ihrem Charakter nach variirt. Eine solche Verschie- denheit der Spannung muss man, wie oben bemerkt, nach dem Processe ihrer Entstehung in der That schon a priori annehmen.

Beobachtet man mit weissem Lichte, so sind die Streifen intensiv gefärbt; wendet man monochromatisches Licht an, so sind sie abwechselnd hell und dunkel. Continuit&t der Variation vorausgesetzt, können wir schliessen, dass von zwei benachbarten hellen oder dunklen Streifen in dem einen die Wegdifferenz der nach OB und der nach OS polarisirten Strahlen um eine Wellenlänge grösser ist, als im anderen Umkehrstellen ausgenommen. Eine Umkehrstelle (Symmetrie- ebene) müssen wir in der horizontalen Mittellinie der Er- scheinung annehmen; dies wird auch durch die unverhältniss- mässige Breite der Streifen daselbst bestätigt. Zählen wir ▼on dieser Mittellinie an die schwarzen Streifen nach beiden Seiten bis zum Bande, so ist diese Zahl ein genaues Maass für die gesammte Spannung der Platte, wenn man noch die Tiefe und Höhe der letzteren in Anschlag bringt.

In derjenigen Zone, in welcher die Spannung in allen Richtungen gleich ist, daher eine Zerlegung des Lichtes gar nicht stattfindet, sind auch die Wellenlängen von parallel und senkrecht zur Platte polarisirtem Lichte einander gleich, auf Luft bezogen = l^. Der zum Polarisator senkrecht stehende Analysator bewirkt ohne weiteres Auslöschung, also einen schwarzen Streifen. In derjenigen Zone, in welcher der nächste schwarze Streifen liegt, muss die Phasendifferenz des parallel und des senkrecht zur Platte polarisirten Lichtes das kleinstmögliche ungerade Vielfache einer halben Wellen- länge betragen. Da nun durch die Zerlegung selbst schon eine Phasendifferenz von jA herbeigeführt ist, so muss die gesammte Phasendifferenz dort f A betragen; auf die inner- halb der Platte selbst erfolgte verschiedene Verzögerung der beiden interferirenden Strahlen entfällt also der Betrag iL

Doppelbrechung schnell yekühlter Glasplatten, 325

Zwischen zwei anderen benachbarten Interferenzstreifen ist

der Wegunterscbied ohne weiteres, infolge der verschiedenen

Yerzögerungen allein je = A.

Ist also dX der Unterschied der Wellenlängen in Glas

des parallel und senkrecht zur Platte polarisirten Strahles

in dem der neutralen Zone nächsten Streifen, d/. = /.^ /«,

so ist f&r diesen:

DD ^ .

In jedem folgenden Streifen sind die Wellenlängen der beiden interferirenden Strahlen um dieselbe Grösse dl mehr ▼erschieden.

Sind daher von der Symmetrieebene an nach einer Seite hin q Streifen gezählt, so ist der Unterschied der Wellen- längen (in Glas) der beiden senkrecht zu einander polari- sirten Strahlen am Rande um q.dl grösser als in der Mitte, also bei leicht yerständlicher Bezeichnung:

(^jj.ß K,r) {Ap,m '^'s,m) = y . ÖA. Der Wellenlänge A entspreche der Brechungsindex n, dem Zuwachs dX in jener, der Zuwachs dn in diesem. Dann geht unter Benutzung der stets gültigen Beziehungen i^ = nA = (n + ö/i) (A + ÖA) obige Gleichung einfach über in l>.ön=Ao, worin dn analoge Bedeutung hat, wie vorhin d).\ es wird also auch bei gleichartiger Bezeichnung:

(np,R «,,r) (iip^M n,^M) = y . ön = ^ ^

Die Differenzen auf der linken Seite dieser Gleichung können wir aber auch anders gruppiren, nämlich:

(«p w#)a' - [rip ng)M = [nR nM)p (w/? - wj/)« setzen. Wir erhalten also in dem Ausdrucke ^g.lQJD den Betrag, um welchen der Brechungsexponent von der Mitte nach dem Rande hin für horizontal polarisirtes Licht mehr tüächst als för vertical polarisirtes. Die Zählung der in paral- lelem Lichte zwischen gekreuzten Nicols sichtbaren Inter- ferenzstreifen in Verbindung mit der Abmessung der Platten- länge gibt uns alle hierfür nöthigen Data in die Hand.

Die auf der rechten Seite der letzten Gleichung stehen- den Differenzen sind nun einer Messung im einzelnen noch

326

«S'. CzapskL

auf einem anderen Wege zugänglich, nämlich indem wir die dioptrisehe Wirkung der Glasplatte für horizontal und ver- tical polarisirtes Licht heranziehen.

Sei Fig. 2 eine Seitenansicht der Platte, deren Länge := D deren Dicke (Höbe) = 2r ist. Der Brechungsindex der einen Lichtart z. B. der parallel zur Plattenoberfläche polarisirten

I

^-

Fig. 2.

(Fig. 1 nach OR schwingenden) sei in der Mittelebene, resp. Axe = njf, seine Wellenlänge = >ljf. Am Kande seien die- selben Grössen bezw. = ns und Ib* Die Wellenlänge des be- trefifenden Lichtes in Luft ist dann = Aq = tim^m = nEks, sodass jedenfalls (»^ timjItirs^ {?.m Xb)I^^m, wofür wir auch setzen können {na nji)/n = [ku Aä)/^, wenn n und k ohne Index die Werthe der betreifenden Grössen für eine mitt- lere, etwa die Indififerenzzone sind.

Nach X Schwingungen habe das Licht die Axe der Platte durchlaufen, sodass x^Djkj^. Am Rande ist der nach X Schwingungen zurückgelegte Weg =^ xkn. Die Differenz dieser Wege ist also:

= a: (Aij Aj/) = -r-

M

(/ä - hl) = - z> -^

»D yi

Der Rand der Wellenfläche ist um diese Strecke dem Scheitel yorangeeilt, resp. gegen ihn zurückgeblieben. Beim Austritt aus dem Glas in Luft wird diese Differenz n mal vergrössert, erreicht also den Betrag:

h = D {nji wjf) = D An.

Nehmen wir was bei einer massigen Verzögenings- wirkung immer erlaubt sein und durch den Versuch bestätigt wird den Querschnitt der Wellenfläche nach ihrem Aus-

Doppelbrechung schnell gekühlter Glasplatten. 827

tritt als kreisförmig (die Wellenfläche selbst als ein Segment eines Kreiscylinders) an, so können wir aus dem Vorstehen oder Zurücktreten des Scheitels um h gegenüber dem in einer gegebenen Entfernung von ihm liegenden Rand in bekannter Weise auf den Radius des betreffenden Kreises schliessen. Derselbe ergibt sich aus diesen Daten zu ^ « (r^/2^) + A/2. Es folgt also: wenn man durch die Glasplatte nur Licht treten lässt, welches in einer Richtung polarisirt ist, entweder parallel oder senkrecht zur Platte, so muss diesem gegenüber die Platte wie eine Cylinderlinse wirken. Bei schlecht ge- kühltem Glase (bei welchem dn stets > 0) ist das austre- tende Strahlenbüschel divergent, sein Divergenzpunkt vom vorderen Rande der Platte an gerechnet in einer Entfer- nung Rj welche sich aus der Dicke der Platte und der Deformation der Wellenfläche in ihr berechnen l&sst. Dieser Dwergenzpunkt muss nun gemäss der früheren Beachtung ver- schieden liegen für das senkrecht und das parallel zur Platte polarisirte Licht.

Ist umgekehrt R gemessen, so kann hieraus in Verbin- dung mit der Grösse von r h berechnet werden (als Pfeilhöhe eines Kreisabschnittes von gegebener Krümmung und Basis) und hieraus die Grösse Jn^ n^ wj/. Thun wir dies für parallel (p) und für senkrecht {s) zur Platte polarisirtes Licht einzeln, so erhalten wir die Grössen {nji Tisi)p= /Inp und {riB njijg =^ ^ Ttf einzeln, deren Differenz wir aus der Zahl der Literferenzstreifen zwischen gekreuzten Nicols berechnen konnten. Der Index n selbst der Platte braucht hierfür gar nicht bekannt zu sein. Auf den Vergleich dieser beiden Methoden gingen meine Versuche aus.

Graphisch ausgedrückt, kamen diese beiden Methoden darauf hinaus, die Differenz der .,Pfeilhöhen'< (sinus versus) zweier Kreisbögen zu bestimmen das eine Mal dadurch, dass man die einzelnen Pfeilhöhen misst (dioptrische Beobach- tung),* das andere Mal dadurch, dass man den gegenseitigen Abstand der beiden Bögen am Rande und am Scheitel be- stimmt (Zählung der Interferenzstreifen zwischen gekreuzten Nicols).

Die Beobachtungen selbst waren, wie eingangs hervor- gehoben und aus dem Vorstehenden von selbst ersichtlich,.

328 S. Czapski.

mit keinerlei Schwierigkeiten verknüpft. Ein Oollimator und ein Fernrohr von je = 36 mm Oeffnung und 880 mm Objec- tivbrennweite wurden einander horizontal gegenüber gestellt, zwischen ihnen die zu untersuchende Platte ebenfalls hori- zontal, die anpolirten planen und einander nahezu parallelen Endflächen senkrecht zur gemeinsamen Axe von Fernrohr und Oollimator. Eine etwaige kleine prismatische Wirkung der Platte infolge Nichtparallelität der Endflächen ist ohne Belang; hingegen muss die Bedingung der Ebenheit bei die- sen Flächen natürlich erfüllt sein. In der Brennebene des CoUimators befindet sich ein horizontaler Spalt, das Fernrohr ist zunächst auf unendlich eingestellt.

Vor den Spalt des CoUimators wird ein Nicol gebracht, dessen Hauptschnitt beliebig schräg gegen die Horizontale steht; dieser wird von hinten durch eine Lampe beleuchtet und zunächst das Fernrohr so gerichtet, dass das Bild des Spaltes im Sehfeld erscheint. Wird nun das Ocular des Fernrohrs durch einen Analysator ersetzt und der Aus- zug so weit vermindert, dass das Auge in den Brennpunkt kommt, so erblickt man durch das Fernrohrobjectiv hin- durch das oben erwähnte und kurz skizzirte System von Interferenzstreifen. Durch Verschiebung der Platte seitlich oder vertical kann man alle Theile dieses Systems nach einander in das Sehfeld bringen. Wenn der verticale Mittel- schnitt der Platte etwa mit der Fernrohraxe zusammenfällt, so besteht der sichtbare Theil der Interferenzcurven, wie ein- gangs bemerkt, in graden, annähernd einander und der Platte parallelen Streifen. Die Indifferenzzonen heben sich in weissem Lichte als schwarze Streifen, zu denen die Färb- folge der anderen symmetrisch ist, auf den ersten Blick her- vor. Es werden nun die Streifen von der Mitte der Platte nach oben und unten hin gezählt. Hierbei wendet man am besten monochromatisches (Na) Licht an. Aus ihrer Zahl q und der wirksamen Dicke der Platte 2r d. h. entweder deren voller Dicke oder, wenn dieselbe den Durchmesser des Fernrohrobjectivs übersteigt, aus dem letzteren berechnet sich, wie oben angegeben, die Grösse:

duji ~ öum = /trip— Afig,

Dafür, dass nur parallelstrahliges Licht für die Erschei-

Doppelbrechung schnell gekühlter Glasplatten. 329

nung mitwirkt, ist bei obiger Anordnung jede mögliche Ga- rantie gegeben.

Wird dann wieder der Analysator durch das Ocular des Polarisators ersetzt und mit dem Hauptschnitt parallel dem Spalt y also horizontal gestellt, so erscheint das Bild dieses Spalts bei einem bestimmten, von dem normalen um einen leicht messbaren Betrag e^ abweichenden Auszug des Oculars scharf. Wird der Polarisator mit dem Hauptschnitt senk- recht zur Platte gestellt, so erscheint der Spalt bei einer anderen, ebenfalls zu messenden Auszuglänge e, scharf. Aus dieser Veränderung e der Oculareinstellung auf den Spalt unter den oben angegebenen Umständen gegenüber der auf unendlich (ohne Platte) ergibt sich, wenn man noch die Brennweite des Objectivs kennt, nach der Formel ^{a— /)=/^ der Abstand a des Centrums der in das Objectiv tretenden, das Bild des Spalts formirenden Büschel vom Objectiv selbst. a = (J^je) +/ und hieraus der gesuchte Radius R der aus der Yorderääche der Platte tretenden Strahlen. Man findet so das eine Mal Rp, das andere Mal R, bei analoger Be- zeichnung wie früher und aus diesen Grössen in Verbindung mit der wirksamen (s. oben) Dicke der Platte = 2r die Pfeil- höhe h des wirksamen Theils der Wellenfläche, d. i. die Ver- zögerung der Wellenfläche am Rande gegenüber dem Scheitel, hieraus endlich die Differenz der Brechungsexponenten pa- rallel oder senkrecht zur Platte polarisirten Lichtes an Rand und Mitte.

Auf diese Weise ergaben sich u. A. folgende Werthe der beobachteten und aus ihnen abgeleiteten Grössen.

A runde Scheibe von Crownglas an zwei gegenüber- liegenden Stellen des Randes mit planen Endflächen ange- schliffen. Entfernung dieser beiden Flächen gleich unserem D,

B dieselbe, aber obere und untere Schicht bis zu den Indifferenzzonen abgeblendet.

C parallelipedische Platte von Flintglas. Dimensionen 156 X 37 X 175 mm.

Die gemessenen Grössen sind die Mittelwerthe zahlreicher und zu verschiedenen Zeiten angestellter Beobachtungen.

k

S. Czapski.

D

^r\.

e. 1 Jn,

...

Jn^-An,

3-.„-a-„

J UO

28 8

18,0

.,o[

0914

-0,000 0468

0,000 0446

0,000 04SS

B 110

15 3

18,0

9.0

0303

0155

0148

0161

C 156

38 1 9

21,5

n,o|

1465

nee

02!)9

0302

WO // n, B= (Mb iij,)p J Ji, = {»B Bjf),

Snu = {n, - n,)« ^«ä = ("^ «•)»

Wir kOnneQ ans diesen ErgebDissea folgende Schlasse ziehen :

1) Eine schnell gekühlte Platte ist in der Richtung senkrecht zur FlattenSäche in ihrer Mittelschicht gedehnt, nahe den Oberflächen comprimirt, dazwischen befindet sich eine neutrale Zone, in welcher sie sich nach allen Rich- tungen hin gleich verhält, wie ein spannungsfreier Körper.

2) Ffir Licht, velches die Platte der Tiefe nach durch* setzt, findet eine stärkere Verzögerung am Rande der Platte statt als in der Mitte derselben; diese Verzögerung ist f&r Licht, welches senkrecht zur Platte polarisirt ist, etwa halb BD stark als fQr parallel zur Platte polariairtes.

3) Diese Verzögerung kann als eine stetige Zu- nahme der Brechungsexponenten der Platte von der Mitte nach dem Rande hin aufgefasst werden, welche Zunahme also fUr parallel zur Platte polarisirtes Licht etwa doppelt so stark ist als für senkrecht zu ihr polarisirtes. Die Aen- deruDg der Brechungsexponenten innerhalb ein und derselben Platte kann bei einer Dicke derselben von ca. 30 mm eine Einheit der vierten Decimale erreichen.

Ich will noch hinzufügen, dass in verschiedenen Stückei»« eines von der gleichen Schmelzung herrührenden Glasen wenn dieselben verschieden stark gespannt sind, jene Diff^^ renz eine Einheit der dritten Decimale betragen kanc:=3 Durch einen guten Kühlprocess wird diese Differenz vol— ^ ständig ausgeglichen was dafür spricht, dass sie vorb^^

nur in einem Unterschied des physikalischen Zustandes un.

nicht der chemischen Beschaffenheit beruhte. Der Brecbung^^ exponent entspannter Glashtücke wird in Prismen fast steC^ und bis zu dem genannlen Betrage, grösser gefunder:^^ als der des schlecht gekühlten.

Doppelbrechung schnell gekühlter Glasplatlen, 331

Auf die Verschiedenheit des Verhaltens yon spannungs- freiem und mit Spannung behaftetem Glase wird oft nicht genügende Bücksicht genommen.

Ausser bei der Anwendung zu dioptrischen Instrumenten iiat man, so viel bekannt, nur bei der zu Thermometern dieser Fehlerquelle die gebührende Aufmerksamkeit ge- schenkt. (Das säculare Ansteigen des Nullpunktes von Thermometern hat wahrscheinlich nur in der Spannung bezw. ^dlmählichen Entspannung des Gefässes ihren Grund.)

Die Kühlung des Glases dürfte aber auch noch bei xnanchen anderen Anwendungen dieser so vielfach benützten Substanz eine Bolle spielen.

Jena, Optische Werkstätte, August 1889.

IX. Zur Frage nach der Richtung der Brennlinien

in unendlich dünnen optischen BüscJtMn;

von S. Cxpaaki.

Wäbreod man seit den Untersuchungea von Sturm, Hamilton, Kummer, MöbiuB, t. Helmlioltz u. a. bisher allgemein anoahm, dass in dem allgemeinen (nicht- homocentrischen, „astigmatischen") optischen Strahlenbflschel die beiden Brenulinien, sowohl in zwei zueinander senkrech- ten Bbenen, als auch je senkrecht zum Hauptstrahle des BtiBchels gelegen sind, sucht neuerdings Matthiessen') nachzuweisen, dass zwar der erste Theil dieser Lagenbestim- mung zutreSend sei, der zweite aber auf einem Irrthum be- ruhe, bezw. jeder Begründung entbehre.

Seine Argumentation ist etwa folgende: Legt man durch den Schnittpunkt 0 eines Strahles mit der WellenÜäche des ßfischels, welchem derselbe angehört und als dessen Haupt- strahl wir ihn wählen wollen, die Bogen der grSssten und

der kleinsten Krümmung der Wellenfläche M^ N^ und A/j A",. so ist aus der allgemeinen Flächentheorie bekannt, dass diese aufeinander in 0 senkrecht stehen, also in zueinander senk- rechten Ebenen liegen. Die durch diese beiden Bogen gehen-

1) Matthieaseii ith. 4. p. 177. 1884

. läitzuDgaber. d. MUnch. Acad. 1883. p. 85. AcU Zeitscbr. f. Math. u. Phya. 3S, p. 167. 18SB.

Brennlinien. 333

den Strahlen des Büschels schneiden sich natürlich je in deren Krümmungsmittelpunkt, die einen in F^, die anderen in F^. F^ und F^ sind dann die Brennpunkte des Büschels. Denkt man sich durch irgend einen Punkt O^ des Bogens ^flN^ wiederum die Bogen kleinster und grösster Krüm- mung der Wellenfläche gelegt , so ist ohne weiteres ersicht- lich, dass bis aaf unendlich kleine Abweichungen der eine mit M^N^ selber zusammenfallen, der andere zu M^N^ parallel sein wird. Der Brennpunkt (Krümmuugsmittelpunkt) der ersteren ist also wiederum F^ ; der des anderen, F^ liegt auf dem Strahle O^i^, also jedenfalls in der Ebene F^M^N^ der ersten Hauptkrümmuog bei O.

Wo F^ auf OjFj gelegen ist, lässt sich, wie Mat- tbiessen ganz mit Recht bemerkt a priori nicht angeben. XKes hängt eben ganz davon ab, nach welchem Gesetze der JKrümmungsradius der Wellenfläche in deren beiden Haupt- schnitten bei O von Punkt zu Punkt variirt. Im allgemei- :Kien wird also F^F^ eine im ersten Hauptschnitt gelegene £iber gegen OF^ unter, endlichem JVinkel geneigte Gerade sein. C^onstruirt man die den verschiedenen Paukten von M^N^ entsprechenden Punkte F^j so bilden diese ein unendlich leines Stück einer Curve, begrenzt durch die äussersten •Strahlen M^F^ und iV^i^, welches Stück in erster Näherung Is Gerade betrachtet werden kann.

Ganz ebenso ist einzusehen, dass die Erümmuugsmittel- »unkte der zu M^N^ parallelen Bogen (erster Hauptkrüm- Lung) das Element einer durch jP^ gehenden, in der zweiten [auptkrümmungsebene M^N^F^ gelegenen, gegen OF^ eben- ^^Is beliebig geneigten Curve bilden.

Beide Curven sind nichts anderes, als Theile der Causti- ^len in jenen Ebenen.

Der Fall, dass diese Curvenelemente zu OF^F^ senk- ^^^cht stehen, wird o£fenbar nur dann eintreten, wenn die -^Crümmung der Wellenfläche in Bezug auf Af^iV^ oder M^N^ ^^mmetrisch verlaufen, bezw. constant sind. In Bezug auf ^ie zu M^N^ parallelen Bogen ist dies z. B. stets der Fall l>«i der Brechung eines Büschels an einer Rotationsfläche, ^^ren Axe mit der des Büschels in einer Ebene liegt. Dann i^t also die erste durch F^ gehende Brennlinie zu OF^ in

334 S. CzapskL

der That senkrecht. Die zweite Brennlinie ist es nicht, son- dera sie bildet z. B. in dem Falle, dass der ursprüngliche Objectpunkt auf der Axe der brechenden Fläche selbst liegt, ein Stück dieser Axe um F^ herum. Auf diese Lage der Brennlinien wird man ohne weiteres hingeführt, wenn man in irgend einem speciellen Falle die Lage der Brennlinien zu bestimmen sucht, wie dies z. B. Beusch^) für die Kugel gethan hat.

Nun ist aber zunächst zu bedenken, dass im allgemeinen wenn über das physische Zustandekommen des Büschels keine besonderen Voraussetzungen gemacht werden die oben definirten Punkte i^', und ebenso der analoge, J'j' genau genom- men, gar nicht wirkliche Yereinigungspunkte von Strahlen sind; denn, wie schon bemerkt, sind die durch die Punkte von M^ N^ und M^N^ gehenden Hauptkrümmungsbogen nur bis auf unendlich kleine Abweichungen identisch, bezw. parallel zu diesen Bogen. Im allgemeinen variirt auch die Richtung dieser Bogen von Punkt zu Punkt. An den oben definirten Punkten F^^ bezw. F^ gehen die betreffenden Strahlen des Büschels nur sehr nahe vorbei und zwar so nahe, dass ihre Entfernung von F^\ bezw. F^' stets unendlich klein ist gegen die selbst unendlich kleinen Querdimensionen des Büschels, also klein von der zweiten Ordnung.

Lässt man aber einmal als Bildpunkte des Büschels bezw. als Punkte von dessen Bildlinien solche gelten, die nur diese Eigenschaft haben, so ist leicht einzusehen, dass der Quer- schnitt jeder durch F^ oder F^ unter endlichem Winkel gegen die Axe geneigten Ebene mit dem Büschel als Bildlinie an- gesehen werden darf. Dieser Querschnitt hat etwa die Form einer 8. Die Axen der beiden in F^ bezw. F^ liegenden 8 liegen senkrecht zu einander und sind des Näheren das, was man Bildlinie nennen würde. Unter diesem Gesichtspunkte haben also die zum Hauptstrabi senkrechten „Bildlinien** für die allgemeine Theorie mindestens die gleiche Berech- tigung wie jede anders geneigten.

Es würde sich also nur fragen können, ob das Büschel für die eine oder andere Lage der Bildlinien besonders aus-

1) Keusch, Pogg. Ann. 130. p. 497. 1867.

Brennlinien. 335

gezeichnete Eigenschaften besitzt, die uns veranlassen können, gerade diese und keine andere Lage den Bildlinien schlecht- hin zu ertheilen.

In dieser Form stellt denn neuerdings Matthiessen*), anscheinend veranlasst durch eine Note Weingartens^), deren Inhalt sich wesentlich mit dem oben Angeführten deckt, auch seinerseits das Problem.

Vergleichen wir also die besonderen Eigenschaften der Keusch-Matthiessen'schen und der Sturm' sehen Brenn- linien.

Die Beusch-Matthi essen' sehen Brennlinien besitzen als Krümmungsmittelpunktslinien jedenfalls die ausgezeich- neten Eigenschaften, 1) dass jeder ihrer Punkte auch im physischen Sinne „Brennpunkt'^, nämlich Treffpunkt optisch gleich langer, also bei Cobärenz im Ausgangspunkte sich summirender Elementar wellenzüge (Strahlen) ist, dass also in diesen Punkten von vornherein mit Sicherheit eine ver- mehrte Lichtintensität erwartet werden darf, was Matthiessen seinerseits zwar nicht erwähnt, mir aber in der That sehr wesentlich erscheint.

2) Dass in diesen Linien, wie Matthiessen hervorhebt, der Querschnitt des Büschels ein Minimum ist, unter Um- ständen sogar unendlich klein von höherer Ordnung, als der aller anderen Schnitte.

Infolge dessen würden, wie zuzugeben ist, in der That auf einer diffus reüectirenden Tafel, welche man in den Weg des dünnen Büschels stellt und mittels deren man die ver- schiedenen Querschnitte vergleichend untersucht, diese be- sonders auffallen.

Bei Büscheln endlicher üeffnung die man allein zur Anwendung und Beobachtung bringen kann wird dies keineswegs eo ipso auch, und in vermehrtem Grade, der Fall sein , wie Matthiessen behauptet , sondern nur dann, wenn diese Büschel in dem einen Brennpunkte (wie die von Reusch und Matthiessen betrachteten, an Kota- tionsflächen gebrochenen im zweiten) genau oder wesentlich

1) Matthiessen, ßerlin-Eversbusch, Zeitschr. f. vergl. Augen- heilk. 0. p. 104. 1889.

2) Weingarten, Crelle's Jouni. 9S. p. 281. 1885.

336 S. Czapski.

gleichartig sich verhalten wie jedes einzelne Partialbüschel, aus dem sie zusammengesetzt sind. Schlechthin ist dies durchaus nicht der Fall, z. B. auch bei jenen Büscheln nicht im ersten Brennpunkte.

Der obengedachte Fall, dass man mit einem Schirm von variirbarer Neigung die Querschnitte eines Büschels aus- wählt, ist aber nicht der gewöhnliche, bei den optischen In- strumenten in Betracht zu ziehende. Hier ist vielmehr die Neigung des das Büschel auffangenden Schirms wohl stets unveränderlich gegeben als Einstellungs- oder Mikro- meterebene in den Instrumenten, als Netzhaut im Auge selber. Um zu bestimmen, wie der Querschnitt des Büschels mit diesen Flächen beschaffen ist, hätte man je nach den gegebenen Umständen auf der Axe des Büschels in dem fraglichen optischen System nach rückwärts gehend die zu jener Auffangefläche conjugirte in den einfallenden und allen folgenden Büscheln zu bestimmen und, wofern dies ein Interesse bieten sollte, die jeweiligen Querschnittsformen zu untersuchen. Gemäss dieser im Allgemeinen sehr sterilen, aber ohne Weiteres lösbaren Aufgabe würde also von vorn- herein keine besondere Richtung der „Brennlinien^^ vor der anderen zu bevorzugen sein. Zur Lösung selbst würde man sich allerdings mit Yortheil der Matthiessen'schen Unter- suchungen über die Lage der Querschnittsminima bedienen können.

Das bei künstlichen optischen Instrumenten gewöhnlich vorliegende Problem andererseits ist dies, den Astigmatismus schiefer Büschel aufzuheben, die beiden Brennpunkte in einen einzigen und damit die beiden Brennlinien in einen Punkt zusammenfallen zu machen. Nur in diesem Falle hat man es ja überhaupt mit einer scharfen Abbildung zu thun. In jenem allgemeinen, wo Astigmatismus noch besteht, findet eine Art „Abbildung^' nur für gewisse Liniensysteme statt, nämlich nur für solche, die zum ersten und für solche, die zum zweiten Hauptschnitt senkrecht sind. In diesem, wie in dem vorbezeichneten Falle hat aber die Neigung der Brenn- linie innerhalb ihres Hauptschnittes gar kein Interesse, son- dern nur die Lage dieses Hauptschnittes selbst besitzt ein solches. Im Falle der homocentrischen Vereinigung nament-

Brennlinien.

337

lieh ist es a priori ganz gleichgültig, wie man diese Linien in ihrem Schnitte gelegen annimmt, denn immer hat man es nur dahin zu bringen, dass das letzte zur Beobachtung ge- langende Bild dieser Linie sich auf einen Punkt reducirt, resp. mit dem des anderen Hauptschnittes coincidirt. Prak- tisch ist es aber dann viel bequemer und einfacher, die Brennlinien als senkrecht zum Hauptstrahl liegend anzuneh- men, wie schon ein vergleichender Blick auf die unter der einen und anderen Annahme abgeleiteten Formeln Mat* thiessen's^) und C. Neumann's^) lehrt.

Theoretisch aber haben die Stürmischen Brennlinien, wie ebenfalls unmittelbar aus ihrer Definition folgt, die aus- gezeichnete Eigenschaft: die schmälsten Stellen der Wellen* flächen des Büschels zu sein. Also ist von einem leuchtenden Punkte bis zu seiner Sturm 'sehen Brennlinie die optische Länge aller Strahlen dieselbe und ebenso die von einer solchen Brennlinie zur nächsten und zu dem homocentrischen Vereinigungspunkt, in welchen man sie überzuführen strebt.

Aus diesen Gründen sehe ich meinerseits keine Veran- lassung, die „klassischen'^ Brennlinien aufzugeben.

Jena, Optische Werkstätte, August 1889.

1) Matthiessen, Zeitschr. f. Math. u. Phys. 33. p. 167. 18S8 unil Zeitschr. f. yergl. Angenheilk. p. 122. 1889.

2) C. Nenmann, Sitzungsber. d. Leipz. Acad. 1880 p. 50.

Axin. cL Phys. a. Chem. N. F. XLII.

22

X Veber Combinationstötie und SummatiotistOne;

von Ant. Apjßunn,

Die Comhinationstöne bilden sich bekanntlich aus den Differenzen der Schwingungen zweier primärer Töne und werden deshalb auch von H. v. Uelmholtz mit „Differenz- töiie'' bezeichnet, wahrend die Summationstöne aus der Summe der primären Töne gebildet werden.

D.is Vorhaüdensein der von Hrn. H. v. Helmholtz entdeckten Summationstöne ist eine unanfechtbare Thatsache.

Erfordert scijon das Beobachten der Comhinationstöne eine angestrengte Aufmerksamkeit und ganz besondere Uebung, 80 ist das betbachten der Summationstöne eine wesentlich schwierigere Aufgabe.

Wenn man sich den aufzusuchenden Summationston nicht vorstellen, oder wenn er nicht vorher auf einem 8<»ge- nannten Obertöneapparat oder irgend einem musikahschen Instrument angegeben werden kann, so findet ihn ein unge- übtes Ohr überhaupt nicht auf.

Am besten und leichtesten ist der Summationston z\l^ erkennen, wenn man die Intervallveihältnisse der primäreik^ Töne sehr weit auseinander Ugt, z. B. :

1 :12; 1:10; 1:8 u. s. f.

Das Verhältniss 1:12 würde also einen Summationston

(1 + 12)== 13, (las Verhältniss 1 : 10 einen solchen (l + lü) = ll und das Verhältniss 1 : 8 ebenfalls einen Summationston (1 + 8) = 9 bilden.

Lässt man zuerst den Piimärton = 1 allein erklingen, so hört man, aber ganz leise, den Summationston 13 schon als dreizehnten Oberton des Grundklanges = 1 mitklingen; sobald aber der zweite Priniäiton 12 hinzukommt, tritt der Summationston (1 + 12) = 13 ro lebbaft hei vor, dass er auch von einmi wenig geübten Ohr ziemlich stark wahrge- nommen werden kann.

Auf dieselbe Wt-ise boobachtet man auch die Summa- tionstöne (1 + 10) = 11 und (1 + 8) = 9.

Combinationstbne und Summationstöne, 339

Nachdem man sich vollkommen überzeugt hat, dass man diese Summationstöne, auf die eben beschriebene Art her- vorgerufen^ hört und auch bei jeder Wiederholung hört, dann mache man dieses Experiment umgekehrt, indem man den primären Ton 12, bezw. 10 und 8, zuerst angibt, erklingen lässt

Hierbei ist das Ohr noch nicht auf den Ton 13, 11 oder 9 vorbereitet, aber der Beobachter kennt schon den Effect der Töne 13, 11 und 9 aus der vorhergegangenen Uebung. Fast in demselben Moment, in welchem der pri- märe Ton s= 1 zu dem Tone 12, 10 oder 8 hinzukommt, hört man auch schon, in grosser Ueberraschung, den Summations- ton 13, 11 oder 9 stark herausklingen.

Ich halte dieses Experiment für den kräftigsten Beweis der thatsächlichen Existenz der Summationstöne. Dass die Existenz der Summationstöne schon durch H. v. Helm- holtz festgestellt und erwiesen worden ist, habe ich vorhin schon angeführt; dass aber auch durch die Combinationstöne Summationstöne gebildet werden, dürfte wohl noch unbe- kannt sein. ^)

Ich schicke voraus, dass ich die Versuche auf meinem natürlich reinen Enharmoniuro, welches die Combinationstöne, wie auch die Summationstöne in vorzüglicher Weise darstellt, gemacht habe; auch habe ich die Tonquellen getrennt, ich habe Stimmgabeln verwendet oder habe jeden Zungenton der primären Töne auf einen besonderen Windkasten erklingen lassen. Das Resultat blieb stets dasselbe.

Das Harmonium ist fQr solche Versuche den Stimm- gabeln vorzuziehen, weil man hier einen gleichmässigen wie stnbaltenden Ton beobachten kann, was bei der besten Con- Btruction der Stimmgabeln nicht ermöglicht werden kann. Die hohen Obertöne oder die verschiedenen Combinations- und Summationstöne werden nicht sofort eikannt; erst nach Beobachtung während oft vieler Secunden kommt allmählich einer nach dem anderen zum Vorschein.

1) In einem Bericht der Wetterauischeu Gesellschaft f. d. gesammte Naturkunde za Hanau, Jahrg. 1863—7, hat mein verstorbener Vater schon Summationstöne höherer Ordnung erwähnt, aber nicht weiter verfolgt.

oo*

??

340 A. Appunn.

Auch sind die Zungentöne, ihrer vielen hohen Obertöne wegen geeigneter, um den Beweis führen zu können, dass sich die Summationstöne nicht als Combinationstöne aus den Obertönen der primären Töne bilden.

Lässt man nun das Verhältniss 5 : 6 erklingen, so bilden sich hieraus Combinationstöne verschiedener Ordnungen, z. B.:

(6 5) = 1, Oombinationston L Ordnung

(5-1) = 4, r II.

(4 - 1) = 3, r IIL

(3-1) = 2, V IV.

Die Obertöne nehmen ebenso wie die Combinationstöne mit der Steigung ihrer Ordnungszahlen an Tonstärke ab.

Ein jedes akustische Lehrbuch betont ganz besonders, dass die ungeradzahligen Obertöne bedeutend stärker als die geradzahligen aus der harmonischen Tonreihe hervortreten. Die Ursache dieses Vorganges kann doch nur darin gesucht werden, dass die Obertöne unter sich wieder Combinations- töne und auch Summationstöne veranlassen.

Beobachtet man z. B. die Combinationstöne des eben angeführten Verhältnisses 5:6, so hört man den Oombina- tionston dritter Ordnung = 8 ganz besonders stark vor den anderen drei hervorklingen.

Woran liegt das?

Die Obertöne der primären Töne 5 und 6 bilden Com- binationstöne , welche dieselben Ordnungszahlen aufweisen wie diejenigen der primären Töne selbst, und nehmen auch wie diese nach Höhe ihrer Ordnung an Tonstärke ab.

Die Obertöne der primären Töne sind folgende:

Obertöne des Primärtones 5 = 10: 15:20 u. s. f. ,j V V 6=12:18:24

Combinationstöne I. Ordnung bilden sich hieraus:

(12- 10) = 2; (18 -15) = 3; (24 -20) = 4.

Combinationstöne II. Ordnung sind:

(3-2) =1; (4-2) =2; (4-3) =1.

Sämmtliche Combinationstöne dieser verschiedenen Ord- nungsgrade bieten keine Veranlassung zur Verstärkung des aus den primären Tönen 5 und 6 so besonders stark hervor-

Combinationstöne und Summationstö'ne, 341

tretenden Gombinationstones III. Ordnung. Die Verstärkung dieses Tones kann nur durch das Zusammenfallen der Sum- mationstöne , welche sich in mehrfacher Zahl auf diesem Tone s= 3 vereinigen, hervorgerufen werden.

Die Combinationstöne der primären Töne 5:6 bilden Summationstöne :

(1+4) = 5; (1 + 3) = 4; (1 + 2) = 3.

Die Combinationstöne der Obertöne derselben Primär- töne bilden Summationstöne I. Ordnung:

(2 + 3) = 5; (2 + 4) = 6; (3 + 4) = 7.

Summationstöne II. Ordnung:

(1 + 2) = 3; (2+1) = 3; (1 + 1) = 2.

Stellen wir diese ermittelten Summationstöne des Ver- hältnisses 5:6 zusammen, so ergeben sich für die Verstär- kung der Combinationstöne der vier Ordnungsgrade unter den primären Tönen folgende Wiederholungen:

1 nur einmal; 3 dreimal;

2 V ij \ 4 nur einmal.

Es ist also hieraus klar zu erkennen, dass dieser Ton = 3, weil mit 3 multiplicirt, auch so bedeutend stärker aus der Beihe hervortreten muss.

Wenn ich das Verhältniss 5 : 6 erklingen lasse, so höre ich die folgende harmonische Tonreihe:

1:2:3: 4: (5:6): 7:8: 9: 10: 11: 12: 13: 15: 16: 18 u. s. f.-

alle deutlich, den einen Ton stärker oder schwächer als den anderen, mitklingen.

Es wird nun nicht schwer sein, auch die Entstehung der- jenigen mitklingenden Töne nachzuweisen, welche sich über den primären Tönen bilden.

Die Töne 7, 9, 11, 13 u. s. f. (ich höre sie, also sind sie auch vorhanden) können doch gewiss nicht als Combina- tionstöne der Obertöne von 5 und 6 nachgewiesen werden.

Welcher Art mtissten z. B. die Obertöne sein, welche den Combinationston = 7 bilden sollten?

XJeberhaupt ist auch die Intensität der hohen Obertöne so unbedeutend, dass dieselben nicht im Stande sind, einen für unser Ohr wahrnehmbaren Combinationston zu entwickeln; sie müssen unbedingt aus den Summen der Combinations-

342 A, Appunn.

töne, sowie auch aus den Summen, welche die Combinations- töne mit den Summationstönen bilden, entstehen.

Das Yerhältniss 5 : 6 bildet ia Verbindung mit seinen Combinationstönen folgende Summationstöne:

(5 + 6)= 11. (5 mit dem Combinationston 4) » 9 (5 5? V '> 3) = 8

(5 V » 2) = 7

(5 ?• ?? 1) = 6 .

Ebenso: (6 + 4) = 10; (6 + 3) = 9;, (6 + 2) = 8; (6 + 1) = 7.

Also einmal 11, einmal 10, (10 ist ausserdem auch erster Oberton von 5), zweimal 9, 8 und 7.

Der Ton 12, welcher ebenso wie 13, am stärksten er- scheint, bildet sich, ausser als erster Oberton von 6, aus den Summen:

(5 + 7), (4 + 8), (3 4- 9), (2 + 10), (1 + 11) = 12;

der Ton 13 aus den Summen:

(6 + 7), (5 + 8), (4 + 9), (3 + 10), (2 + 11), (1 + 12)

= 13.

Der Ton 14 ist nicht vorhanden, weil er weder als Com- binationston , noch als Summationston gebildet wird ; eifl Beweis für die Richtigkeit meiner Aufstellung.

Die höheren Töne 15, 16, 18 u. s. w. sind vorzugsweis Obertöne der primären Töne.

Ein weiterer Versuch mit dem Verhältniss 6:8 wird di- Richtigkeit des Vorausgegangenen noch weiter bestätigen.

Dieses Verhältniss bildet sehr wenige Combinationstöi und deshalb auch sehr wenige Summationstöne. CombiDi tionstöne sind:

(8 - ()) = 2 und (0 - 2) = 4.

Summationstöne bilden diese nur zwei Combinationstöne ib- den primären Tönen:

(6 + 8)= 14; (8 + 4)= 12;

(6 + 4) = 10; (8 + 2) = 10.

(0 + 2) = 8.

Obertöne bilden 6:8 = Hi. 18, 24 u. s. f.

Combinationstone und Summationstöne, 343

Es kommen also bei diesem Verbal tniss nur zwei Sum- mationstöne in Betracht, nämlich 10 und 14; von 12 an sind es nur Obertöne der primären Töne. Beim Erklingen des Verhältnisses 6:8 hört man f«ilgende einfache Tt»nnihe:

2:4:(6:8):10:12:14:16:18:20:24 u s. f.

Die ungeradzahligen Ton Verhältnisse wie:

1:3:5:7:9:11:13:15 u. m.

sind hierin nicht enthalten.

Aus diesen beiden Beispielen haben wir ersehen, dass die ungeradzahligen Intervallverhältnisse eine bedeutend grös- sere Anzahl von Summationstönen erzeugen als die gerad zahligen; es ist daher auch wohl leicht zu begreifen, dass die ungeradzahligen Obertöne aus der harmonischen Tonreihe eines Grundklanges so bedeutend stärker als die geradzahli- gen heraustönen müssen.

Wir haben ferner erkannt, dass sich Summationstöne nicht allein aus den Summen der primären Töne, sondtrn auch aus den Summen der Combinationstone bilden.

Hanau, 29. August 1890.

XI. Ueber deii Druck u/nd das speciftaclie Volumen

der gesättigten Dämpfe^); von Carlo Del Lungo.

Um den Druck p eines gesättigten Dampfes als Fanc- tion der absoluten Temperatur T darzustellen, haben Ban« kine, sowie Dupr6 und Bertrand die Formel:

(1) iog/.«Ä-J-Mogr

benutzt. Bei angemessener Bestimmung der Constanten k^a^h stellt diese Formel, obwohl sie statt der sechs Constanten der Begnault'schen Interpolationsformel nur drei enthUt, die Resultate der Beobachtungen mit grosser Genauig- keit dar.^

Die Formel (1) lässt sich aus der bekannten, von Cla- peyron und Clausius für die Verdampfungswärme r auf- gestellten Gleichung:

(2) r^AT(s-ö)^-^,

in welcher s das* specifische Volumen des gesättigten Dam- pfes, a das der Flüssigkeit und A = V424 ^^^ Wärmeäqui- valent bedeutet, theoretisch herleiten. Man setzt dabei das Gesetz von Boyle und Gay-Lussac:

(3; ps=.RT,

wo R constant ist, als gültig voraus, vernachlässigt o gegea s, nimmt endlich mit Clausius an, dass r sich als lineare Function von T: (4) /• = « - ^^ T

1) Auszug aus der Inauguraldiss. Pisa 1890.

2) Vergl. die Tabellen in Bert ran d 's Tbermodyuamiquc. 188T. p. 93 u. f.

Druck und specifisches Volumen gesättigter Dämpfe, 345

darstellen lässt, und erhält durch Integration die Gl. (1) mit einer solchen Bedeutung der Gonstanten, dass gesetzt ist:

aAR^a, bAR = ß.

Auf demselben Wege kann man auch für das specifische Volumen s des Dampfes eine Formel von derselben Gestalt:

(5) log5 = Ä' + |- + i'logr

herleiten, in welcher k\ a und h' constante Grössen sind. Die beiden letzteren erfiillen die Bedingungen:

(6) " a' = a, ^' = ^ + 1, was auch aus der Gl (3) in der Gestalt:

log/' + log 5 =r log R •\-\o%T

unmittelbar zu erkennen ist.

Der Verfasser legt den Formeln (1) und (5) jedoch nicht wegen dieser theoretischen Herleitung aus den nur ange- nähert gültigen Gesetzen (3) und (4) grossen Werth bei, sondern nur wegen dej Thatsache, dass die Functionen p und s in ihrer Abhängigkeit von T dem wirklichen Ver- halten der gesättigten Dämpfe entsprechend durch die For- meln dargestellt werden. Die Function p wächst mit T, so lange bT < a bleibt, und erreicht für bT== a ihren grössten Werth. Dieses entspricht der Thatsache, dass der Druck eines gesättigten Dampfes von dem Werthe p = 0, welchen er im absoluten Nullpunkt T = 0 besitzt, mit steigender Temperatur zunimmt, bis er bei der kritischen Temperatur seinen grössten Werth erreicht; für noch höhere Tempe- raturgrade verliert der Begriff des gesättigten Dampfes seine Bedeutung. Der Verfasser zieht daher den Schluss, dass der Werth:

die kritische Temperatur bezeichne. Diese Annahme wird durch die Bemerkung bestätigt, dass für diese Temperatur die Verdampfungswärme:

(4) r = AR{a-bT)

den Werth 0 annimmt.

Ganz ähnliche Eigenschaften besitzt die Function s, welche nach der Formel (5) mit wachsendem T abnimmt.

346 Carlo Del Lungo.

so lange VT' <a bleibt; für 7aO wird also das speci- fische Volumen ^ == cx); es erreicht seinen kleinsten Werth für die durch die Formel h'T ^d bestimmte Temperatur. In dieser Temperatur erblickt daher der Verfasser wiederum die kritische Temperatur , über welche hinaus die Formel ihre Bedeutung verliert, da hier von gesättigten Dämpfen nicht mehr die Bede sein kann.

Wenn diese beiden Bestimmungen der kritischen Tem* peratur aus den Formeln (1) und (5) mit einander überein- stimmen sollen, so muss zwischen den Constanten die Be- ziehung: (7) ai' = a'b

stattfinden. Der Verfasser verwirft daher die aus den nur angenähert richtigen Formeln (3) und (4) hergeleiteten Be- ziehungen (6), indem er noch darauf hinweist, dass die aus (3) durch Differentiation folgende Formel:

nicht damit in Einklang zu bringen ist, dass bei der kri* tischen Temperatur der Druck sein Maximum und das spe^^ cifische Volumen sein Minimum erreichen solle.

Anders aber stellt sich die Sache, wenn man statt de Gleichung (3) die von Zeuner aufgestellte Formel:

^;a« = const,

in welcher z. B. für gesättigten Wasserdampf n = 1,0646 setzen ist, als das richtige Gesetz ansieht. Nach diesenc:^ Gesetze würde:

sein, sodass mit dem Maximum von p zugleich das MinimuniC^ von 8 eintreten mtissto. Das Product beider Grössen:

ps = const. 5-^"-^^

würde an dieser Stelle ein Maximum besitzen.

Die Zeuner' sehe Gleichung befindet sich aber nichts allein in Uebereinstimmung mit den Formeln (1) und (5^,^ sondern sie kann auch aus diesen hergeleitet werden, wenn

Druck und spccifisches Volumen gesättigter Dämpfe. 347

die Bedingung (7) gilt. Setzen wir nämlich dieser Bedingung entsprechend:

log;; = Ä - ^ - w^' log r,

log^ = Ä'+-J-^'logT,

wo n constant sein soll, so erhalten wir:

log/? + wlog5 = Ä + nk' oder: ps"^ = conat,

d. h. die Zeuner'sche Gleichung.

XII. Bemerkungen zu Hfm. GaUtHdte^s Ahhand^

limg: „lieber das Dalton^sche Gesetz^ ^;

von Max Margules.

Im 41. Bande dieser Annalen ist eine Abhandlung über das D alt on 'sehe Gesetz erschienen; sie beschäftigt sich u. a. mit einem Gegenstand, den ich kurz zuvor bearbeitet habe.^) Nur zu diesem Theile der Rechnungen Galitzine's erlaube ich mir einige Bemerkungen zu machen, welche das Ver- dienst der sehr ausführlichen und umfassenden Arbeit nicht angreifen.

Die Zahlen auf p. 597, 598 1. c. weichen von denen, die ich angegeben habe, nicht unbedeutend ab. Die grösseren Unterschiede kommen beim Stickstoff vor und sind dadurch entstanden, dass ich die Druckwerthe den Messungen gemäss zu bestimmen suchte, während Galitzine sich der älteren Zustandsgieichung von Sarrau^ bediente, ohne sie mit den bekannten Beobachtungsreihen zu vergleichen. ^ Vor dieser Formel hatte ich schon zuvor gewarnt, weil ich bei Be- nützung derselben systematische und ziemlich grosse Ab- weichungen von den Messungen bemerkte. Sie stimmt mit Regnault nicht überein, und sie gibt beispielsweise im Inter- vall von 10 bis zu 80 Atm. bei 31^ die Abweichungen vom Mariotte'schen Gesetz in umgekehrtem Sinne, als es die Zahlenreihen Amagat's verlangen.

In der neuesten Zeit hat nun Hr. Sarrau eine andere Zustandsgieichung des Stickstoffes gerechnet^) und nicht, wie vordem, blos Amagat's Reihen von 1881, sondern auch des- selben Physikers Messungen von 1888 und sowohl die Re- sultate von Regnault, wie auch diejenigen von Wroblewski und Olszewski berücksichtigt.

Die neue Formel scheint allerdings innerhalb weiter

1) M. Margules, Wien. 13er. OS. p. 883. 1889.

2) Sarrau, Compt. reiid. 94. p. 719. 1882.

3) Sarrau, Compt. rend. 110. p. 880. 1890.

DaltovLSches Gesetz. 349

Grenzen den Beobachtungen gut angepasst und man kann sie mit grösserer Bernhiguag zur Berechnung des Stickstoff- druckes anwenden. (Bei niedrigem Druck, wo es auf Ge- nauigkeit ankommt, ist zu beachten, dass sie für ^ = 0^ und /• = 1 nicht ;? = 1 Atm., sondern 0 9994 gibt.)

Vergleicht man meine Zahlen und jene von Galitzine mit den nach der neuen Gleichung von Sarrau berechneten, 80 findet man, dass die von Galitzine (G) bei der Temperatur 2,2^ besser sind als die meinigen, während bei allen anderen Temperaturen meine Zahlen (M.) fast genau mit den neu- gerechneten (S. II) übereinstimmen. Ich führe aus jeder Reihe einige Beispiele an:

(S. II)

(M.)

(G.)

t = 2,2«

V = 0,03159 0,02151 0,00994

p = 31,9

46,9

103,4

31,5

46,2

100,2

31,8 Atm. 46,6 » 101,9 M

t^ 7,5«»

V = 0,02646 0,01414 0,00707 0,00476

38,3 71,4

146,0

230

38,3 71,3

146,2

229

38,7

72,6 »

150,3

239 »

( = 31,?iO

V = 0,02340 0,01423 0,00660

47,4

78,0

176,4

47,3

77,7

177,0

47,9 ,,

79,3 »

181,6 »

/ = 48,5«

V = 0,02909 0,01130 0,00753

40,5 106,1 163,9

40,5 105,7 163,7

40,9 »

108.0

168.1

Da ich die Druckwerthe bei 31,3® und 48,5® durch di- recten Anschluss der Beobachtungen Amagat's ron 1884 an seine Messungsreihen bei hohem Druck gewonnen habe, so ist die Uebereinstimmung mit der neuen Sarrau' sehen Formel ein Beweis für die Verwendbarkeit dieser Zustands- gieichung. Für die niedrigen Temperaturen liegen Messungen bei hohem Druck nicht vor, und ich habe darum zum Noth- behelf einer Extrapolation gegriflfen; die Stickstoffreihe, welche ich so für 5,8® hergestellt habe, benützte ich zur Correction des Mariotte'schen Gesetzes sowohl bei 2,2®, wie bei 7,5®. Bei der letzteren Temperatur ist die Uebereinstimmung mit S. II. zufällig sehr gut; um so grösser müssen die Unter- schiede bei 2,2® sein.

Die beim Druck der Kohlensäure vorkommenden Diffe- renzen zwischen meinen Zahlen und denen von Galitzine rühren daher, dass ich die aus der Zustandsgieichung von

350 M, Marffuks, Daltorisches Gesetz.

Olausius (Hr. Galitzine schreibt sie irrthttmlich Blümcke zu) gerechneten Druckwerthe durch Vergleichung mit den Beobachtungen corrigirt habe.

In meiner Arbeit habe ich mich darauf beschränkt, die Druckverhältnisse eines Gasgemisches mit denen eines ein- fachen Gases in Parallele zu setzen und dadurch zu zeigen, dass dieselben Ursachen, welche man f&r die Abweichungen vom Mariotte' sehen Gesetz vermuthet, auch für diejenigen vom Gesetz des Partialdrucks anzunehmen sind. Hr. Ga- litzine hat das Problem mit grösserem Muth in Angriff genommen; im dritten Theil seiner Abhandlung macht er den Versuch, die Druckverhältnisse in einem comprimirten Gemisch aus der Gastheorie abzuleiten. Er weist selbst auf die Schwierigkeit der Rechnung und auf die Noth wendigkeit unangenehmer Zusatzconstanten hin. Ich möchte dazu nur Folgendes bemerken. Wenn man, wie Hr. Galitzine, die Rechnung unter der Apnahme führt, dass die Molecüle im comprimirten Gase isolirt bleiben (sich nicht zusammen- ballen), so sind zur Prüfung der Theorie nicht allein die bei hohem Druck sehr spärlichen Beobachtungen an Gemischen, sondern auch die Messungen der Zusammendrückbarkeit einfacher Gase geeignet. Man kann jede Masse eines Gases zusammengesetzt denken aus mehreren Theilen von gleicher Temperatur und gleichem Volumen und das Ganze als Ge- misch dieser Theile ansehen. Man hätte also zur Prüfung einer Theorie des Partialdrucks sehr reichhaltiges Material.

Wien-Döbling, December 1890.

Nachschrift. Die neueste Untersuchung von Amagat, über welche eben jetzt ein vorläufiger Bericht in den Compt rend. vom 8. üec. 1690 erschienen ist, war mir zur Zeit der Absendung dieser Notiz nicht bekannt. Ich entnehme daraus, dass die Correction des W asser stofimanometers mittelst der Sarrau'schen Formel zu keinem bedeutenden Fehler geführt hat. Für Stickstoff bewährt sich die zweite Gleichung von Sarrau aa den neuen Zahlen bei 100^ und 200^ sehr gut, dagegen sind bei 0^^ und 10 J bez. 200 Atmosphären die Ab- weichungen schon 1,3 bez. 1,7 Atmosphären.

16. Januar 1891.

XIII. Ueber die Widerstandsmessung des Wisniuths mit constantem und oscHHrende^n Stnym;

von Gg. H. Zahn.

Hr. Lenard*) fand bei den von ihm untersuchten Wis- muthspiralen einen etwas verschiedenen Widerstand, je- nachdem er denselben mit constantem. oder oscillirendem Strom bestimmte. Aus Veranlassung eines Berichtes über diese Arbeit habe ich, im Zweifel, ob nicht doch irgend ^reiche Nebenumstände den Unterschied bewirkt haben könn- ten, Hm. Lenard's Versuche wiederholt und qualitativ dasselbe gefunden, während die Zahlenwerthe einige Abwei- chung zeigen.

Die Wismuthspirale von Hartmann und Braun welche zu den Versuchen verwendet wurde, hatte die zur Messung magnetischer Felder bestimmte Form und besass «inen Widerstand von ca. 38 Ohm. Die Versuchsanordnung war, wie bei den späteren Versuchen von Hrn. Lenard derart, dass constanter und oscillirender Strom gleichzeitig durch die vor Luftströmungen geschützte Spirale gingen, um die durch Erwärmung entstehenden Fehler zu eliminiren; ein Commutator gestattete, Galvanometer und Telephon mitein- ander zu vertauschen. Zur Messung diente eine Eohl- rau8ch*sche Brückenwalze, welche durch Hinzufügung von Zusatzwiderständen auf zehnfache Empfindlichkeit gebracht werden konnte.

Die erhaltenen Resultate sind in der folgenden kleinen Tabelle zusammengestellt

Widerstand der Wismuthspirale im Magnetfeld o.

I. Empfindlichkeit einfach.

Für const. Für oscill. Differenz d h « i

Strom Strom o~k P"^"*^' Bemerkuug

Ohm Ohm Olim i

87,488 I 37,444 I -0,044 ; -0,118 i ( Je lOBeobacht. m. d.Ver-

37,669 I 37,620 i —0,049 —0,13» | gleichawiderst. 10 u. lüO

37,«52 I 37,618 ; -0,034 -0,090 ! Jel2Beobacht.m. lOu. 100

Als Mittelwerth ergibt sich: ose. const. = 0,llProc.

1) Leuard, Wied. Ann. 39. p. 619 u. f. 1890.

352 Gg. H, Zahn. Widerstandsmessung des WismiUhs.

Die zehnfache Empfindlichkeit wurde zunächst durch das schlechte Tonniinimum illusorisch gemacht, welches bei Anwendung von Rheostatenwiderständen zur Vergleichung auftrat; es wurde deshalb anstatt der letzteren eine Glüh- lampe benutzt, die eine befriedigende Einstellung auf das Tonminimum gestattete.

IL Empfindlichkeit zehnfach.

Const. Strom

OsciU. Strom

Differenz

Proc.

Bemerkung

Obm 38,010 37,970 37,612 38,111

Ohm 37,966 37,931 87,569 38,063

Obra -0,044 -0,039 -0,043 -0,048

-0,115 —0,103 -0,114 -0,125

Je 10 Beobacht. mit [ einer Glühlampe als Ver- J gleichswiderstaud

Mittel: ose const. = —0,114 Proc.

Der Widerstand des Wismuths wurde also in üeberein- stimmung mit Hrn. Lenard bei der Messung mit oscilliren- dem Strom kleiner gefunden, als mit constantem Strom, und zwar betrug der Unterschied 0,11 Proc, während Hr. Le- ijard das Doppelte (023 Proc.) beobachtete.

Es wurde schliesslich noch eine Reihe von Messungen in einem starken Magnetfeld, (welches nachträglich als nahe- zu 5000 [cm-g-sec] ermittelt wurde) gemacht und zwar bei senkrechter Stellung der Spirale zu den Kraftlinien. Hier- bei fand sich, wie bei Hrn. Lenard, der Widerstand des Wismuths mit oscillirend^m Strom gemessen grösser, es war nämlich: Widerstand bei constantem Strom = 49,872 Ohm, bei oscillirendem Strom = 50,168 Ohm; DiflFerenz ose. const^ = + 0,296 Ohm oder + 0,59 Proc.

Phys. Inst, Strassburg i, E., December 1890.

Druck Tuii Metzger k Wittif^ iu Leipzig.

1891. ANNALEN -^ ^

DBR

PHYSIK UND CHEMIE.

NEUE FOLGE. BAND XLII.

I. Sydrodynaniisch' akustische Untersuchungen;

van Walter Köniff.

Vor einiger Zeit habe ich in den Berichten der Kgl. Sachs. Gesellschaft der Wissenschaften einige Betrachtungen über die Entstehung der Kundt'schen Staubfiguren ver- öffentlicht. Ich will versuchen, die neue Erklärung dieser Erscheinung, die ich an jener Stelle aufgestellt, aber nur in den allgemeinen Umrissen angedeutet habe, im Folgenden durch ausführliche Darlegung genauer zu begründen.

Die Kundt'schen Staubfiguren und überhaupt die so- genannten akustischen Bewegungserscheinungen sind offen- bar nichts anderes, als Bewegungen fester Körper, welche durch die Vorgänge in der die Körper umgebenden Flüssig- keit hervorgerufen und unterhalten werden. Die Vorgänge in der Flüssigkeit sind von doppelter Art, Bewegungen und Dichtigkeitsänderungen; dementsprechend könnte man er- warten, dass sich in dem Verhalten fester Körper in einer solchen schwingenden Flüssigkeit zwei Gruppen von Erschei- nungen unterscheiden Hessen, solche, bei denen die Flüssig- keit durch ihre Bewegung eine ungleichmässige Vertheilung des Druckes auf der Oberfläche der in ihr befindlichen festen Körper und dadurch eine Bewegung dieser veranlasst, und solche, bei denen das Gleiche im Zusammenhange mit den Dichtigkeitsänderungen der Flüssigkeit statt hat. Die ersteren würden an den Bäuchen, die letzteren in den Kno- ten einer stehenden Schwingung wahrnehmbar sein. Von den bekannten akustischen Bewegungserscheinungen gehört die Mehrzahl der ersten Gruppe an, so die Kundt'schen Staubfiguren, die Schallradiometer, die Rayleigh'schen

Ann. d. Phjs. u. Chem. N. F. XLII. 23

354 JT. König.

Scheibchen; sie zeigen alle ihre charakteristischen Bewegun- gen am schärfsten ausgebildet im Bauche einer Schwingung und beweisen dadurch, dass man in erster Linie die Be- wegung der umgebenden Luftmasse als Ursache der Bewe- gung der festen Körper zu betrachten hat Infolge dessen wird es für die Erklärung dieser Erscheinungen wenig- stens in erster Annäherung genügen, von den Dichtig- keitsänderungen der schwingenden Luftmasse überhaupt voll- kommen abzusehen. Dann vollziehen sich also die Erschei- nungen so, als ob sich die festen Körper in einer hin- und herströmenden incompressiblen Flüssigkeit befänden , und man gewinnt den Vortheil, bekannte Sätze der Hydrodyna- mik auf sie anwenden zu können. Streng genommen würde diese Betrachtungsweise nur gültig sein für die unmittelbare Nachbarschaft der genauen Mitte des Schwingungsbauches, weil hier thatsächlich keine Dichtigkeitsänderungen eintreten, und sie würde für diesen Raum gelten unter der Voraus- setzung, dass die Dimensionen der eingelagerten festen Kör- per und soweit ihre gegenseitige Beeinflussung in Betracht kommt ihre Abstände von einander unendlich klein gegen die Wellenlänge sind. Dass man unter diesen Bedingungen für eine elastische Flüssigkeit zu denselben Bewegungsformen kommt, wie für eine incompressible , sieht man deutlich an einem Beispiele, das Kirchhoff in seiner Mechanik behan- delt^) Kirchhoff findet für das tieschwindigkeitspotential einer Kugel, die in einer elastischen Flüssigkeit Schwin- gungen in der Richtung der z-Axe ausführt, den Ausdruck:

rv . cos 2

0

f = Fz'^

r r I

in dem R den Kugelradius, T die ächwingungsdauer der Kugel und X die Länge der durch diese Schwingungen er- zeugten Luftwellen bedeuten. Der Ausdruck lässt sich in anderer Form schreiben:

+ 2;r^^sin2.T(''-^~^) + 2.T[^cos2,-r(;:^-.^)}x

4

1) Kirchhoff, Mechanik. 2. Aufl. p. 321.

Hydrodynamisch" akustische Unter suchunyen. 355

und geht, wenn R und r gegen X unendlich klein sind, unter Vemachlässignng aller unendlich kleinen Grössen über in:

d- (f = f^C082;i^- + B^\ii2n~\ ^^

Dieser Ausdruck aber hat die Form des Geschwindigkeits- potentials für eine schwingende Bewegung der Kugel in einer incompressiblen Flüssigkeit. Da die Lycopodiumkügelchen oder Korkstückchen, die man zur Erzeugung der Kund ti- schen Staubtiguren anwendet, stets sehr klein gegen die Wellenlänge der benutzten Töne sind, so ist die Anwendung der genannten Betrachtungsweise auf diesen Fall unmittelbar gerechtfertigt.

Es genügt ferner, um die hydrodynamische Deutung der Erscheinungen im Princip darzulegen, hinsichtlich der G^estalt der in der Flüssigkeit befindlichen Körper die ein- fachsten Annahmen zu macheu. Die Kräfte, welche die strömende Flüssigkeit vermöge der Überflächendrucke auf sie ausübt,' sind im allgemeinen sowohl bewegende als drehende Kräfte. Um die beiden Fälle gesondert zu behandeln, sollen zuTörderst die Drehungsmomente durch die Annahme aus- geschlossen werden, dass die Körper kugelförmig seien. Dann übt die schwingende Flüssigkeit zunächst auf jede einzelne Kugel direct Kräfte aus, welche wie die Bewegung der Flüssigkeit selber periodisch ihre Richtung wechseln. Infolge dieser periodischen Antriebe wird die Kugel selber in eine schwingende Bewegung gerathen, und es soll zu- nächst untersucht werden, wie gross die Mitbewegung der Kugel bei der schwingenden Bewegung der Flüssigkeit ist. Da hierbei nur die unmittelbare Wirkung der Flüssigkeits- strömung auf jede einzelne Kugel in Betracht gezogen wer- den soll, so genügt es, eine Kugel in einer unendlich aus- gedehnten, geradlinig hin- und herströmenden Flüssigkeit anzunehmen. Die Rechnung ergibt, dass bei den gewöhnlich Torliegenden Verhältnissen (Lycopodiumkügelchen oder Kork- stückchen in Luft) der Grad des Mitschwingens im allgemei- nen gering sein, d. h. der Körper erheblich hinter der Be- wegung der Flüssigkeit zurückbleiben wird. Infolge dieses

28*

356 fV. König.

Zurückbleibens müssen sich in der Flüssigkeit in der Nähe des Körpers Strömungen ausbilden, wie sie durch eine ruhende Kugel in einer strömenden Flüssigkeit bewirkt wer- den. Befinden sich dann statt einer mehrere Kugeln in der schwingenden Flüssigkeit, so verursacht eine jede in der Nähe jeder anderen eine Störung der ursprünglichen Strö- mungsform, und aus der Asymmetrie, welche die Verthei- lung des Oberflächendruckes nunmehr annimmt, folgt eine neue bewegende Kraft zweiter Ordnung, welche die Flüssig- keit auf die Kugeln, oder scheinbar die Kugeln auf einander ausüben. Um den Typus dieser Kräfte kennen zu lernen, genügt es, sie für den Fall zweier Kugeln zu berechnen. Diese Kräfte hängen von den Quadraten der Greschwindig- keit der Flüssigkeitsströmung ab; sie sind bei einer schwin- genden Flüssigkeit auch periodisch in ihrer Grösse, aber constant in ihrer Richtung; sie können daher zu einer Fort* bewegung der Körper Veranlassung geben. In der That sind diese Kräfte so beschaffen, dass sich die eigenthümliche rippenförmige Anordnung der Korktheilchen in den Kund ti- schen Staubfiguren unmittelbar aus ihnen folgern lässt.

Auch bei der Behandlung der Drehungsmomente will ich die Betrachtung auf den einfachsten Fall beschränken. Es genügt hier, die unmittelbare Wirkung der strömenden Flüssigkeit auf einen einzelnen in ihr ruhenden Körper zu betrachten. Nimmt man als Form des Körpers die eines Rotationsellipsoides, so erhält man leicht zu berechnende Formeln, die für den Fall einer unendlich dünnen, kreisför- migen Scheibe eine besonders einfache Form annehmen. Auch dieses Drehungsmoment ist, wie die oben erwähnten Kräfte zweiter Ordnung, abhängig von dem Quadrat der Strömungsgeschwindigkeit; es ist periodisch in seiner Grösse, aber es hat in jeder Phase der Bewegung der Flüssigkeit denselben Sinn. Das hieraus folgende Bestreben des Kör- pers eine bestimmte Stellung einzunehmen, gibt die Erklärung für die von Rayleigh^) beobachtete Einstellung kleiner, leicht beweglicher Scheibchen im Schwingungsbauche einer

1) Rayleigh, Proc. Roy. Soc. 5. Mai 1881. p. 110; Phil. Mag. (&) 14. p. 186. 1882.

Hydrodynamisch' akustische Untersuchungen. 857

Luftsäule. Hr. Rayleigh und nach ihm Hr. ÖrimsehP) haben diese Thatsache zur Messung der Schallstärke zu yer- werthen gesucht. Unsere Betrachtungen werden uns zu einer einfachen Formel fähren, welche dieses Verfahren unmittel- bar zur absoluten Messung der Schallstärke brauchbar machen würde. Doch dürfte es vor der Hand noch zweifelhaft er- scheinen, ob die Anwendung der Grundsätze der reinen Hydrodynamik zur vollständigen Formulirung der Gesetz- mässigkeit dieser Erscheinung ausreicht, oder ob man noch etwa die Reibungsvorgänge innerhalb der Flüssigkeit in Form eines Correctionsgliedes in Rechnung zu setzen hat. Dar- über hätte eine Vergleichung der Formel mit der Erfahrung zu entscheiden.

Ich bemerke noch, dass, soviel mir bekaniit ist, bisher nur eine Art akustischer Bewegungserscheinungen auf Grund von Ergebnissen hydrodynamischer Berechnungen erklärt worden ist: das sind die sogenannten akustischen Anziehun- gen und Abstossungen , welche von Guyot, Schellbach, Guthrie und Dvol-äk beobachtet worden sind. 2) Ihre Er- klärung beruht auf denselben Grundsätzen, wie sie in den hier zu behandelnden Fällen zur Anwendung kommen, ist aber erheblich complicirter. Die Kundt'schen Staubfiguren nnd die Rayleigh'schen Scheibchen dürften wohl die ein- fachsten Beispiele auf diesem Gebiete der Anwendung der Hydrodynamik darstellen.

I. lieber das Mitschwingen einer Kugel in einer

schwingenden Flüssigkeit.

Vorausgesetzt wird eine unendlich ausgedehnte Flüssig- keit, welche in geradliniger Bahn periodisch hin- und her- strömt. Die Richtung dieser Bewegung wählen wir zur Z-Axe. Kräfte sollen auf die Theilchen der Flüssigkeit nicht wirken mit Ausnahme derjenigen Kräfte, welche die verlangte periodische Bewegung unterhalten; diese aber sollen aus-

1) Grimsehl, Wied. Ann. 34. p. 1028. 1888.

2) Vgl GutTirie, Phil. Mag. (4) 41. p. 405. 1871; DvofAk, Pogg. Ann. 157. p. 42. 1876. Hinsichtlich der theoretischen Erklärung vgl. Schiötz, Gott. Nachr. 1877. p. 306, sowie auch Basset, a Treatise on HydrodynamicB 1. p. 246 ff. 1888.

358 W. König.

schliesslich Oberflächendrucke sein, welche auf die im Un- endlichen befindliche Begrenzung der Flüssigkeit wirken sollen. Diese können wir uns etwa gebildet denken aus einem unendlich weiten und unendlich langen Kreiscylinder, der die Z-Axe zur Axe hat und in der positiven und nega- tiven Unendlichkeit dieser Axe durch bewegliche, zur Axe senkrechte Stempel verschlossen ist. Denken wjr uns diese Stempel durch von aussen wirkende Kräfte gleichzeitig mit constantem Abstand hin- und herbewegt, so besitzt die in dem Räume zwischen ihnen befindliche Flüssigkeit die Ter- langte Bewegung. Jene äusseren Kräfte brauchen nicht weiter specialisirt zu werden. Die ganze Bewegung würde gewissermaassen in mikroskopischer Vergrösserung den Vor- gang darstellen, der sich in einem unendlich kleinen Raum- element im Schwingungsbauche einer tönenden Luft- oder Flüssigkeitssäule abspielt.

So lange die Flüssigkeit den Raum ganz und ausschliess- lich erfüllt, wird sie sich offenbar als ein Ganzes, d. h. ohne gegenseitige Verschiebung ihrer Theilchen bewegen, nicht anders als ein fester Körper. Die Bewegung wird sich daher nicht ändern, wenn wir uns die Theilchen, die ein beliebig umgrenztes Volumen der Flüssigkeit ausmachen, starr mit- einander verbunden denken. Betrachten wir die Bewegung dieses starren Theiles der Flüssigkeit für sich, so können wir sagen, dass sie ausschliesslich durch die Drucke, welche die umgebende Flüssigkeit auf diesen starren Theil ausübt, unterhalten wird. Die Grösse dieser bewegenden Kraft ist durch die Art der Bewegung und durch die bewegte Masse gegeben. Nennen wir die letztere m' und to ihre Geschwin- digkeit zur Zeit t, so muss die bewegende Kraft, d. h. die Resultante der von der Flüssigkeit ausgeübten Drucke, die wir Z nennen wollen, = mdwjdt sein. Specialisiren wir den Fall noch, indem wir uns den starren Theil der Flüssigkeit als Kugel vom Radius R denken; ist dann /u die Dichtigkeit der Flüssigkeit, so ist m'=|;rÄ^jM. Endlich sei die Bewe- gung der Flüssigkeit gegeben durch:

w = Wq cos 2 ;r ^ ?

eine Bewegung, der offenbar das Geschwindigkeitspotential:

Hydrodynamisch - akustische ^ Untersuchungen, 359

qpj = WQZ,cos2nY

entsprechen würde. Denken wir uns die Flüssigkeitskugel ersetzt durch eine andere starre Kugel von gleicher Grösse, aber von anderer Masse m, so ist, damit auch diese Kugel die beschriebene Bewegung ausführt, eine auf sie wirkende Kraft von der Grösse mdwjdt erforderlich. Die in gleicher Bewegung befindliche Flüssigkeit übt nur eine Kraft von der Grösse rn dwfdt aus. Folglich muss, damit auch in diesem Falle Kugel und Flüssigkeit sich wie ein starres System bewegen, ausser denjenigen Kräften, welche die Flüs- sigkeitsbewegung erzeugen, eine auf die Kugel allein wir- kende Zusatzkraft F^ von der Grösse (m -- m')dwldt ge- geben sein.

Besteht keine derartige Kraft, so werden, wenn m und m Yon einander verschieden sind, relative Bewegungen der Flüssigkeitstheilchen gegen die Kugel entstehen, und es wer- den sich um die Kugel herum Störungen der geradlinigen Strömung ausbilden von der Art derjenigen, welche eine rahende Kugel in einem Flüssigkeitsstrome erzeugt. Wir betrachten zunächst noch diesen Specialfall; die Combination beider Fälle wird dann die Lösung unseres Problems ergeben. Wenn in einer Flüssigkeit, die mit der constanten Ge- schwindigkeit OD in der Richtung der positiven Z-Axe strömt, eine Kugel vom Radius R ruht und deren Centrum zum Anfangspunkte der Coordinaten gewählt wird, so hat das Qeschwindigkeitspotential die Form^):

Aus dem Geschwindigkeitspotential berechnet sich der in der Flüssigkeit herrschende Druck, abgesehen von einem constanten Gliede, nach der FormeP):

und die Kenntniss dieser Grösse ergibt die Componenten des von der Flüssigkeit auf den ruhenden Körper ausgeübten

1) Kirchhoff, Mechanik. 2. Aufl. p. 222.

2) Kirchhoff, 1. c. p. 171.

360 fV. Kamg.

Gresammtdruckes mittelst der über die Oberfläche des E pers auszudehnenden Integrale:

X = —fp cos« rf S, F«= fp cosßdSj Z^—fp cos/' i

wobei Uf ßf y die Winkel der nach aussen gerichteten K male derEörperoberfl&che mit den Coordinatenazen bedeu* Das Ergebniss der Rechnung fär den Fall einer stationfi Bewegung ist bekannt; ein mit constanter Gesch windig! fliessender Strom einer reibungslosen Flüssigkeit übt auf c in ihm ruhende Kugel überhaupt keine fortbewegende Ki aus. Anders, wenn die Bewegung nicht stationär ist A dann wird der Einfluss einer in der Flüssigkeit ruhen Kugel durch obigen Werth des Gheschwindigkeitspotentii dargestellt; nur ist dann m nicht mehr als constant, sond als eine Function der Zeit zu betrachten^) und infolge« sen hat dtf/dt nicht mehr den Werth Kuli, sondern ^z{l + R^I2r^)d(oldt, also für die Oberfläche der Ki == Idrn I dt.z. Dies in den Ausdruck für p und in obigen Integrale eingesetzt, ergibt als Resultante der auf Kugel ausgeübten Flüssigkeitsdrucke eine bewegende K] in Richtung der Flüssigkeitsströmung von der Grösse:

Das Resultat entspricht dem bekannten Satze, dass c Kugel, die sich in einer ruhenden Flüssigkeit geradlinig Teränderlicher Geschwindigkeit bewegt, seitens der FIüb keit eine Gegenwirkung erfährt, die durch das Product der halben Masse der verdrängten Flüssigkeit in die schleunigung der Kugel gemessen wird.

Nehmen wir im Besonderen:

(O = Wq cos 27l-j^

an, so haben wir wieder eine mit der Periode T hin- herströmende Bewegung der Flüssigkeit im Unendlichen; Geschwindigkeitspotential :

1) W. Voigt, ElemeDtai't' Mechanik, p. 363.

Hydrodynamisch' cütusHsche Untersuchungen, 361

stellt den Einfluss einer im Coordinatenanfang ruhenden Kugel auf eine solche Bewegung dar, und dabei muss auf diese Kugel, wenn sie frei schwebend in der Flüssigkeit ruhen soll, eine äussere Kraft wirken, welche in jedem Augen- blicke der von der Flüssigkeit ausgeübten beschleunigenden Druckkraft das Gleichgewicht hält, d. h. eine Kraft von der Form:

/Od) , «271 f '^ n ^

Fj = Jm -^ = + §-y «0^'* sin2;r y

Wir combiniren schliesslich die beiden besprochenen Lösungen der hydrodynamischen Gleichungen in der Art, dass wir uns zu der zuletzt erörterten Bewegung der Flüs- sigkeit bei ruhender Kugel eine periodische Gesammtbewe- gung des ganzen Systems nach Art der zuerst besprochenen Bewegungsform hinzugefügt denken; die Periode beider Be- wegungen sei dieselbe; Amplitude und Phase der ersten Be- wegungsform aber sollen so gewählt werden, dass die Zusatz- kraft Fy^ welche zur Herstellung dieser Bewegung auf die Kugel wirken muss, in jedem Augenblicke der Zusatzkraft F^, welche zur Herstellung der zweiten Bewegungsform erforder- lich ist, gleich und entgegengesetzt gerichtet ist. Bezeichnet man die Geschwindigkeit, die dem ganzen System ertheilt wird, wie vorhin mit Wj wobei:

w « Wq cos 1 2 ;r ^ + ö

zu setzen ist, so lautet die Bedingung F^ + JFj == 0:

/ /. die - / db) f\

Ist die Bedingung erfüllt, so wirken auf die Kugel offenbar gar keine äusseren Kräfte mehr ein. Die Bewegung der Kugel ist dann also anzusehen als ausschliesslich durch die Bewegung der Flüssigkeit hervorgebracht. Die Geschwin- digkeit der Kugel ist tr, die der Flüssigkeit w + co =^ v, und das Yerhältniss der Maximalgeschwindigkeiten Wq/vq, das zugleich das Yerhältniss der Amplituden der Bewegung ist, gibt uns das gesuchte Maass für die Stärke des Mitschwin- gens der Kugel in der schwingenden Flüssigkeit. Die auf- gestellte Bedingung ergibt die Gleichung:

(m m')M>(,.sinf2;r ^ + S\ Imuj^ sin2:T^ = 0.

362 fV. König.

Da diese für alle Werthe von t erfüllt sein soll, so muss S = 0 sein, und man erhält:

im " «1 "

und daraus für das Amplitudenverhältniss:

Wq ?^_

Vo ~" 2 m + m'

Bezeichnet man noch das Yerhältniss der Dichtigkeiten der Substanz der Kugel und der Flüssigkeit, also das Yer- hältniss der Massen tu/tu' mit (T, so ist schliesslich:

«fo _ 3 , Vo "2<r + 1 '

Die vorstehenden Betrachtungen setzten eine reibungs- lose Flüssigkeit voraus. Will man den Einfluss der Reibung berücksichtigen, so kann man ebenfalls von einem bereits gelösten, bekannten Probleme ausgehen und auf dieses eine der soeben benutzten ganz ähnliche Betrachtungsweise an- wenden. Die Pendelschwingungen einer Kugel in einer rei- benden Flüssigkeit sind mehrfach behandelt worden, so von Stokes, O. E. Meyer, Kirchhoff. Ich verweise hinsicht- lich der Einzelheiten auf die Hydrodynamik von Basset^) und entnehme der von ihm gegebenen Darstellung direct den folgenden, unserer Bezeichnungsweise angepassten Ausdruck für den Widerstand, den die schwingende Kugel seitens der Flüssigkeit erfährt:

^=-T{(l + 2iÄ)^ + 2fe(l + A)^l-

Dabei bedeuten R den Kugelradius, m' die Masse der verdrängten Flüssigkeit, (o die G-esch windigkeit der Kugel, T^2nln die Schwingungsdauer und K den Werth von (n/Ei/2A)*^«, unter k die Reibungsconstante verstanden. Neh- men wir (a in der Form an:

a> = (Uq cos 2n-^

und führen noch die Bezeichnung ein:

R V an

1) Basset, A Treatise on Hydrodynamics 2. p. 268. 1S88.

Hydrodynamisch' akustische Untersuchungen, 368

80 hat Z den Werth:

Bedeutet f die Verrtickung der Kugel zur Zeit t, so wür- den wir durch die Annahme, dass auf die Kugel eine äussere Kraft Z' Yom Betrage a'i^ wirke, Pendelschwingungen der Kugel von abnehmender Amplitude erhalten. Damit die Kugel entsprechend dem obigen Werthe von m »Schwingungen von constanter Amplitude beschreibt, muss offenbar eine äussere Kraft:

(2) Z'= -a2;-Z

auf sie wirken; denn dann lautet die Bewegungsgleichung der Kugel:

7W j^ = - «2^— Z+ Z.

Da in diesem Falle ^a^^=: m.dwjdt ist, so erhält man unter Benutzung von (1) für die die beschriebene Art der Schwingung unterhaltende äussere Kraft den Ausdruck:

Z'« - r»,^(m + ^ + f m'i) sin2;ri,

(3) I +aj,i^f^'m+b)cos27t^,

= - J5sin[2;r^ - d). wenn B und S durch die folgenden Gleichungen definirt sind:

IJ5cos^= (ÜQ^lm 4-^ + fm'Ä),

Zu der so bestimmten Bewegung denken wir uns eine periodische Gesammtbewegung des ganzen Systems, als eines starren, in der Weise hinzugefügt, wie wir es oben bei dem Falle einer reibungslosen Flüssigkeit bereits besprochen haben. Da hierbei relative Verschiebungen der Theilchen nicht vorkommen, so sind die Bewegungsgleichungen für eine reibende Flüssigkeit auch hierbei selbstverständlich erfüllt, und die Summe beider Lösungen wird daher, entsprechend der Form jener Differentialgleichungen, wieder eine mögliche Lösung dieser Gleichungen darstellen. Diese zweite Bewegung, die ebenfalls parallel der Z-Axe und mit derselben Periode

364 fV. König.

wie die erste erfolgen soll, erfordert einerseits auf die Flüs- sigkeit wirkende Druckkräfte, deren Angriffsflächen im Un- endlichen liegen sollen, und andererseits eine auf die Kugel wirkende äussere Kraft Z" von der Grösse (m m').//«/^//, wenn t; die Geschwindigkeit des Systems in diesem Falle bedeutet Amplitude und Phase dieser zweiten Bewegung sollen so gewählt werden, dass die durch sie bestimmte Kraft Z" in jedem Augenblicke der zur Erzeugung der ersten Bewegung erforderlichen Kraft Z' gleich und entgegenge- richtet ist. Demnach muss v die Form haben:

(5) v = üo cos(2;i~ d\y

und es muss die Bedingung bestehen:

Die Summe der auf die Kugel wirkenden äusseren Kräfte ist dann in jedem Augenblicke gleich Null und die resul- tirende Bewegung der Kugel kann daher angesehen werden als ausschliesslich hervorgebracht durch die Drucke, welche die Flüssigkeit infolge der durch (5) definirten Bewegung auf die Kugel ausübt. Die Bewegung der Kugel im Verhältniss zu der der Flüssigkeit, d. h. der Grad des Mitschwingens bestimmt sich dann leicht in folgender Weise:

Die resultirende Geschwindigkeit der Kugel w ist nach dem Gesagten:

W =i 0) + V

I B(ioBÖ r\ _o t BninÖ T . ^ i

(7) { = h - ^ _v 2^J^^^2;r^ ~ --_--. - 9in2;r^,

= ivq cos i^nY + «)> wobei ?r„ und durch folgende Bedingungen bestimmt sind:

(8)

BcosÖ T troCOS6=coo-^__^-. 2-

" »I in

Mittelst der Gleichungen (4) und (8) sind die gesuchten Grössen , nämlich die Phasendifferenz b + S zwischen der Schwingung der Kugel und der der Flüssigkeit im Unend-

Hydrodynamisch -akustische Untersuchungen. 365

liehen, und das Verhältniss u^o/^o ^^ berechnen; letzteres gibt wieder wie vorhin das Maass für die Stärke des Mitschwin- gens ab. Wir erhalten zunächst durch Einführung von (4) in (8):

f tr^cose«- -"^«-.fa^ + fm'Ä),

(9) ] ^ ^ '

tOn sin = -— "Im bi\ +b),

und folglich: ^8« = ~* tt a '

ferner aus (4):

, -3- - + 0

wenn wir das Amplitudenverhältniss in der reibungslosen Flüssigkeit 3/(2 <7+l) mitl/a bezeichnen. Aus der Vereini- gung beider Gleichungen folgt:

(10) tg(* + a) = - 5(a - 1)-„ ^ w^^^J^W^i^'

Andererseits ergibt sich aus (4) und (6):

und aus (9): also:

Die Grieichungen (10) und (11) enthalten die Lösung des Problems, wenn wir hinzunehmen, dass:

2(r+ 1 j , 1 1 /kT . .

a =3 - - - und ^ = -ö1/ ist.

Man ersieht aus ihnen, dass für er = 1, d. h. wenn die Masse der Kugel gleich der der verdrängten Flüssigkeit ist, die Phasendifferenz « + ^ = 0 und w^ = v^ wird. Andererseits verschwindet die Phasendifferenz für 6 = 0; dies ist offenbar der Fall bei einer reibungslosen Flüssigkeit; das Amplituden- verhältniss wird bei diesem Werth von b:

Wo _ J 3

■" a "" 2(7+ 1 '

366 fr. König.

wie wir es oben bereits gefunden hatten. Das Auftreten einer Phasendifferenz zwischen der Schwingung der Flüssig- keit und der dadurch verursachten Schwingung der Kugel ist also durch die Reibung der Flüssigkeit bedingt; derartige Phasendifferenzen zwischen den verschiedenen Schichten der bewegten Flüssigkeit treten bei oscillatorischen Bewegungen reibender Flüssigkeiten immer auf. Die Gleichung (10) lehrt aber ferner, dass die Phasendifferenz auch dann gegen Null convergirt, wenn b sehr gross wird, so gross, dass alle übri- gen Glieder gegen b^ zu vernachlässigen sind. Das würde bei gleichem Kugelradius für sehr grosse Werthe der Schwin- gungsdauer und bei bestimmter Schwinguugsdauer für ausser- ordentlich kleine Werthe des Kugelradius eintreten können. Für diesen Fall wäre zugleich Wq = v^. Auch dieses Ergeb- niss ist unmittelbar verständlich. Eine unendlich kleine Kugel wird die Bewegungen der Flüssigkeit vollständig mitmachen. Da demnach die Phasendifferenz zweimal gegen Null con- vergirt, so muss sie für einen bestimmten Werth von b ein Maximum besitzen.

Die Gleichungen sind unter der Annahme abgeleitet, dass die Flüssigkeit incompressibel sei. Nach dem in der Einleitung Bemerkten wird man erwarten dürfen, dass diese Gleichungen wenigstens als eine angenäherte Lösung auch für den Fall compressibler Medien angesehen werden kön- nen, vorausgesetzt, dass der Kugelradius sehr klein ist gegen die Länge der Schallwelle, welche in dem vorausgesetzten Mittel der gegebenen Schwingungsdauer entsprechen würde. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn wir die Gleichungen anwen- den, um uns über die Mitbewegung kleiner Körper im Schwingungsbauche einer stehenden Luftwelle, z. B. des Staubes in der Kundt' sehen Röhre, eine ungefähre Vor- stellung zu machen. Allerdings könnte hier ein anderer Einwand erhoben werden. Der Behandlung unseres Aus- gangsproblems, der Schwingungen einer Kugel in einer rei- benden Flüssigkeit, liegt, wie bei allen Reibungsproblemen, die Voraussetzung zu Grunde, dass die Geschwindigkeiten unendlich klein seien. Diese Voraussetzung dürfte aber bei den schnellen akustischen Schwingungen, um die es sich hier handelt, kaum mehr zutreffen; die Versuche, welche Hr.

Hydrodynamisch 'akustische Untersuchungen. 867

Kayser über die Schallgeschwindigkeit in Röhren ange- stellt hat^), sprechen vielmehr entschieden gegen diese Vor- aussetzung. Denn auch die Formel, welche Kirchhoff für den Einfluss der Reibung und der Wärmeleitung auf die Schallbewegung in Röhren abgeleitet hat'), beruht auf der Annahme unendlich kleiner Geschwindigkeiten. Hr. Kayser aber findet, dass diese Formel zwar der Form nach den Be- obachtungen genügt, dass jedoch dem Co^fficienten des Cor- rectionsgliedes nicht derjenige Werth, welcher sich aus den üblichen Bestimmungen der Reibung und Wärmeleitung er- geben würde, sondern ein viermal grösserer zuertheilt werden muss, wenn die Formel zu dem richtigen Werthe der Schall- geschwindigkeit führen soll. Der genannte Coefficient y ent- hält die Reibungsconstante k und die Constante der Wärme- leitung V in der Form:

wobei a den wahren, b den Newton'schen Werth der Schall- geschwindigkeit bedeutet. Nach Kirchhoff dürfte beson- ders die Berechtigung, den gewöhnlichen Wärmeleitungs- coefficienten für v zu setzen, zweifelhaft erscheinen. Dar- nach würde der Hauptantheil der Kayser'schen Correction auf das zweite Glied des Coefficienten fallen, und man würde jedenfalls fQrden Reibungscoefficienten schon zu hoch greifen, wenn man die Correction gleichmässig auf beide Glieder ver- theilen, d. h. jeden der Coefficienten 16 mal grösser als sei- nem gewöhnlichen Werthe nach annehmen wollte. Auch in unserem Probleme handelt es sich um den Einfluss der Rei- bung bei Schallschwingungen, und die Analogie mit den Versuchen Kayser' s könnte den Gedanken nahe legen, dass auch unsere Formeln der Wirklichkeit besser entsprechen würden, wenn man in ihnen der Reibungsconstante statt des gewöhnlichen Werthes einen anderen, ähnlich wie bei den Versuchen Kayser's zuertheilte. Aber der Einfluss der Reibung ist' gerade bei Luftschwingungen überhaupt nur gering. Denn wegen der geringen Dichte der Luft gegen

1) H. Kayser, Wied. Ann. 2. p. 218. 1877.

2) G. Kirchhoff, Pogg. Ann. 134. p. 177. 1868.

368 fV. König.

die der festen und flüssigen Substanzen wird a stets sehr gross sein, b dagegen wird wegen des geringen Betrages der Schwingungsdauer bei den höheren, für die Eundt'schen Versuche meist benutzten Tönen im allgemeinen klein sein und gegen a nur dann ins Gewicht fallen, wenn der Radius der Kugel ausserordentlich klein ist. Um die Verhältnisse zu veranschaulichen, mögen einige Beispiele berechnet wer- den. Dabei sollen, um den Einfluss der Reib\ing deutlicher hervortreten zu lassen, die Berechnungen sowohl mit dem gewöhnlichen, als auch mit einem 16 mal grösseren Werthe des Reibungsco@fficienten durchgeführt werden.

1. Die Kugel sei aus Kork und von der G-rösse der Korkst&ubchen, die man zur Erzeugung der Kund t' sehen Staubfiguren verwendet, also R etwa 0,02 cm. Nehmen wir die Dichtigkeit des Korkes == 0,2, die der Luft u 8 0,0012, so ist as 111,4. Also das Amplitudenverhältniss in einer reibungslosen Flüssigkeit:

^ = 0,009.

Die Schwingungszahl des benutzten Tones sei 2000, also T= 0,0,5 sec; dem würde ein Knotenabstand von 8,26 cm in der Kundt'schen Bohre entsprechen. Endlich ist für Luft der gewöhnliche Werth des Reibungscoöfficienten:

Ä = 0,0,19 ^ . ' * cm sec

Mit diesem Werthe der Reibungsconstanten berechnet sich b zu 0,2510 und daraus:

"^ = 0,013, fi + ^= _ 18^39',

w&hrend für einen 16 mal grösseren Werth von k sich er- geben würde:

^ = 0,035 und e + ^ = -~ 48« 46'.

n

2. Die Kugel sei ein Wassertröpfchen von der Grösse eines Wolken- oder Nebelelementes. Nehmen wir ihren Radius = 0,001 cm an, so würde nach der Stokes'schen Formel ihre infolge der Luftreibung constante FallgeschMrin- digkeit in vollkommen ruhiger Luft ungefähr 1 cm betragen.

Hydrodynamiich' akusHiche üntenuchungen, 369

FOr eine solche Kugel ergibt unsere Formel a = 555,8; also das Amplitudenyerhältniss ohne Berücksichtigung der Reibung:

"^ = 0,0018.

Für h s 0,0,19 ist b = 5,020 und daraus:

^«0,082, « + -74M6',

während der 16 mal grössere Werth von k zu den Werthen führen würde:

Nimmt man in dem zweiten Beispiele den Werth Yon R nur halb so gross, also R » 0,0,5 cm die Fall- geschwindigkeit würde dann ungefähr 3 mm in der Secunde betragen so erhält man für den kleineren Werth von k\

^ - 0,28 und « + * = -68<> 15',

für den grösseren dagegen:

^ = 0,97 und « + J = - 12« 27'.

Man ersieht aus diesen Beispielen, wie bedeutend der Einfluss der Reibung wird, sobald die Grrösse der Kugeln so gering ist, dass auch ihre Geschwindigkeit beim freien Falle ausschliesslich durch den Reibungswiderstand bestimmt ist. Aber abgesehen von diesen extremen Fällen wird selbst bei Körpern von so geringen Dimensionen, wie sie Korkstaub hat, und selbst unter dem Einflüsse der Reibung der G-rad des Mitschwingens immer nur ein sehr geringer sein. Das gilt für den Fall einzelner Kugeln, die allseitig von der Flüssig- keit umgeben sind; es wird in erhöhtem Maasse gelten, wenn die Körper auf einer festen Unterlage ruhen. Man könnte einwenden, dass Cl. Neumann ^) durch intermitti- rende Beleuchtung ein thatsächliches Hin- und Herschwingen der Rippen der Kundt'schen Staubfiguren beobachtet hat. Doch lassen sich aus unseren, für eine einzelne Kugel ab- geleiteten Formeln natürlich keinerlei Schlüsse auf den Grad des Mitschwingens ziehen, der einer solchen wandförmigen Gruppirung von Körperchen zukommen würde.

1) CL Neumann, Wien. Anzeiger. 1870. Nr. 28. p. 221.

Ann. d. Phyi. n. Cham. V. F. JÜLU. 24

870 fV.HSniff. JFfydrocfynamisch'okustiscke üniersuchungen.

Jedenfalls glaube ich aus diesen Betrachtungen folgende zwei Schlüsse ziehen zu können:

1. Wenn wir im Schwingungsbauche einer Kund ti- schen Röhre den Staub beim Tönen in Bewegung gerathen sehen, so werden diese Bewegungen anderen Kräften als der rein fortführenden Wirkung der hin- und herströmenden Luftmasse zuzuschreiben sein.

2. Für die weitere Behandlung der akustischen Be- wegungserscheinungen, im besonderen für die fierleitung der die Bewegung des Staubes erzeugenden Kr&fte aus hydro- dynamischen Principien wird es in anbetracht des geringen Grades des Mitschwingens gestattet sein, die festen Körper- chen in der schwingenden Flüssigkeit überhaupt als ruhend zu betrachten.

PhysikaL Inst, der Univ. Leipzig, Dea 1890.

II. Beziehung zwischen Absorption und Empfind' lichkeit sensihilislrter Platten; von J. J. Acworth.

(Hleriv Tar. III n. IV.)

Einleitung.

In einer Notiz über „Luminescenz und chemische Wir- kungen des Lichtes" hat E. Wiedemann^) eine Theorie in Bezug auf die Schwingungen der Molecüle, ihre Amplituden und die damit zusammenhängenden Zersetzungserscheinungen etwa mit folgenden Worten gegeben:

,,Das Auftreten von Luminescenz^) ist ein Zeichen, dass innerhalb eines Molecüles sehr lebhafte Schwingungsbewegungen vorhanden sind. Derartige gesteigerte Schwingungsbewegungen müssen offenbar in allen Fällen auftreten, wo eine Absorp- tion eines einfallenden Lichtstrahles stattfindet, denn die Ab- sorption beruht in der Vergrösserung der Amplituden der Schwingungen im Molecül auf Kosten der einfallenden; die in diesen Schwingungen innerhalb des Molecüls vorhandene Energie wird dann sei es in Strahlung, sei es in Wärmebewegung ver- wandelt Wir können beide Vorgänge als eine Art Dämpfung auffassen. Bei der Fluorescenz spielt der erste Factor eine grosse Rolle, bei der Absorption ohne Lichtentwickelung der zweite.

Ist a die Amplitude des einfallenden Lichtes, a eine dem Absorptionscoefficient entsprechende Grösse, ß eine Grösse, die die Dämpfung misst, so ist die Amplitude in den absorbiren- den Theilchen zur Zeit t nach Beginn des Versuches, wenn C eine Constante ist:

Die grösste Amplitude, die überhaupt entstehen kann, ist:

p

1) £. Wiedemann, Eder's Jahrbuch. 1890.

2) E. Wiedemann, Wied. Ann. 37. p. 177. 1889.

24*

872 J. J. Acworth.

Ist ein Körper durch einfallendes Licht zersetzbar, so tritt diese Zersetzung ein, wenn infolge der Absorption die Amplitude 8 im Molecül eine bestimmte Grösse erreicht hat* Bleibt der Maximalwerth von d, d. h. Z>, unter einer bestimm- ten Grösse, so kann überhaupt keine Zersetzung stattfinden. Der Werth Yon D hängt aber einmal von a und dann Ton ß ab; ist £(«0, d.h. ist die Absorption Null, so ist auch D^Q^ also die chemische Wirkung Null; ist ß sehr gross, findet also die Umwandlung der Bewegung innerhalb des Mole- cfils sehr schnell statt, so zeigt sich trotz starker Absorption keine Zersetzung.

Nun ist ß wahrscheinlich f&r die Stellen stärkster Ab- sorption am grössten, daher kann, wenn wir mit der betreffen- den Substanz eine Platte sensibilisiren , sehr wohl für ein- fallende Strahlen, die diesem Maximum entsprechen, nicht das Maximum der Empfindlichkeit eintreten, sondern für andere ihnen benachbarte.^'

Auf Veranlassung von Hm. Prof. E. Wiedemann habe ich in dieser Richtung Versuche angestellt, um sowohl die Absorption, als auch die Sensibilität (Empfindlichkeit) für Platten zu bestimmen, die mit einer durch Farbstoffe sensibilisirten Bromsilberemulsion überzogen waren.

Zunächst soll eine kurze historische Uebersicht über frühere Arbeiten in dieser Sichtung gegeben werden; ich möchte aber gleich bemerken, dass bisher nicht die Absorption der Brom- silberplatte selbst genauer untersucht wurde, die für yerschiedene Theile des Spectrums sensibilisirt war, sondern dass dies für gefärbte Gelatineplatten ohne Bromsilberzusatz oder mit Lö- sungen des Farbstoffes geschah.

fl. W. Vogel hat gezeigt, dass eine Sensibilität in dem- jenigen Theile des Spectrums eintritt, in dem auch die Ab- sorption sich zeigt eine Thatsache, die natürlich richtig ist; aber er ging noch weiter, indem er annahm, dass das Sensi- bilitätsmaximum und das Absorptionsmaximum zusammenfallen»

Auch Abney stellt die Behauptung auf, dass Sensibilität und Absorption der Lage nach im Spectrum durchaus über- einstimmen. In einem Vortrage^), den er letztes Jahr hielte sagte er:

1) Abney, Photo. News. 21, Juni 1S89.

Sensibilinrte Platten. 873

yyDieses Papier wurde mit Bromsilber bedeckt, und wenn man eine Bromsilberschicht vor den Spalt stellt, sieht man, dass die Absorption genau au der Stelle auftritt, wo die che- mische Wirkung stattgefunden hat."

C. H. Bothamley bemerkt in einem Vortrage, den er am 30. Januar 1887 vor der chemischen Industriegesellschaft gehalten hat, folgendes: „Wenn die Absorptionsspectra (eines mit dem Farbstoff überzogenen Gelatinehäutchens) , die auf diese Art beobachtet werden, mit der Sensibilisirungswirkung der einzelnen Farbstoffe yerglichen wurden, so findet man, dass in jedem Falle das Absorptionsband und das Band der Sensi- bilisirungswirkung einander entsprechen, aber nicht zusammen- fallen. Die Stelle der Sensibilisirungswirkung ist dem rothen Ende des Spectrums näher, wie die des Absorptionsmaximums. Dies Verschieben rührt von der Verbindung des Farbstoffes mit den dichten Theilchen des Silberbromids her, übereinstim- mend mit dem Gesetze von Kundt. Wenn jedoch das Ab- sorptionsspectrum der gefärbten Bromsilbergelatine selbst un- tersucht wird, so findet man, dass das Absorptionsband und die Stelle der Sensibilisirung absolut übereinstimmen, ein Re- sultat, das eine weitere Bestätigung der zuerst von Drap er gefundenen und von H. W. Vogel u. A. sicher bestätigten Thatsache liefert, dass, wenn Lichtstrahlen irgend eine Wirkung auf eine Substanz ausüben sollen, sie von dieser Substanz ab- sorbirt werden müssen.

Einige Versuche von J. B. Messerschmitt ^), welcher die Absorptionscoöfficienten einer Reihe von Farbstoffen bestimmte, die in verschiedenen Lösungsmitteln gelöst waren, ftlhrten diesen zu dem Schlüsse, dass die Absorptionsbanden der Farbstoffe keine bestimmte Lage im Spectrum haben, sondern dass diese bedeutend durch daa umgebende Medium beeinflusst wird. Mit der Zunahme der Dichtigkeit des Lösungsmittels wächst auch die Verschiebung der Absorptionsbänder gegen das Roth. Die von ihm bestimmten Lagen des Absorptionsmaxima und Sensibilisirungsmaxima üällen durchaus nicht zusammen; er glaubt aber, dass wir uns ein Lösungsmittel so dicht den- ken können, dass die Verschiebung der Absorptionsbanden so

l) J. B. Messerschmidt, Wied. Ann. 25. p. 655. 1885.

874 •/. •/. Acworth.

gross wird, dass sie mit den Lagen der SensibilisinmgRwirlamg^ zuBammenfallen. £r naiun an, dass dies bei dem dichten Brom- silber der Fall sei.

Eder sagt in seinem neuen Werke: „Photographie mit Bromsilbergelatine'' so ziemlich dasselbe, was die Yerschiebmig der Sensibilisirungs Wirkung gegenüber der Absorption des Farb- sto£fe8 selbst betrifft. ,^Dadurch ist bewiesen, dass das Maxi- mum der Sensibilisirung bei gefärbten Bromsilbergelatineplatten mit dem Maximum der Absorption in gefärbter Gelatine nicht identisch ist, sondern dass man die Färbung des Bromsilbers selbst in Betracht ziehen muss. Dass das Bromsilbermolecül thatsächlich gefärbt wird, habe ich experimentell gezeigt Zur Erklärung der grösseren Verschiebung des Maximums der mit Lichtabsorption verbundenen photographischen Sensibilisirung Yon Bromsilber kann das Kundt'sche Gesetz angeführt wer- den, nach welchem in den meisten Fällen mit der Zunahme des Brechungsyermögens des Mediums der Absorptionsstreifen des Yon ihm eingeschlossenen Farbstoffes gegen das rothe Ende hin verschoben wird."

Apparat und Methode.

Spectralapparat Zur Untersuchung der spectralen Absorption und der spectralen Sensibilität benutzte ich ein Spectroskop, das im wesentlichen nach dem Modell der Kirch- hoff-Bunsen' sehen Spectroskope gebaut war.^)

Das Prisma war aus Flintglas, die brechende Oberfläche war 60 qmm; die Linsen des CoUimators und des Beob- achtungsfemrohres hatten 41 mm im Durchmesser und eine Brennweite von 82,5 cm. Die Rohre des Collimators und des Beobachtungsfernrohres konnten von 27 bis auf 39 cm ausge- zogen werden. Das CoUimator-, Beobachtungsfemrohr und Sca- lenrohr liessen sich ausser um die Axe des Apparates noch um eine horizontale Axe drehen und dadurch mehr oder weni- ger gegen die verticale Axe neigen. Durch möglichst solide Constmction des Ganzen war die Gefahr der Verschiebung der einzelnen Theile des Apparates vermieden.

1) Dasselbe war in vorzüglicher Weise von dem Mechaniker des physikalischen Institutes in Erlangen, Hrn. Böhner, ausgefCIhrt

Sensibiliavrte Platten. 375

Cassette. Nahe dem Ocular war in dem Fernrohr ein Rahmen mit seitlichen Oeffnungen eingesetzt, in welchen eine Cassette von folgender Construction eingeschoben werden konnte.

Sie besteht (Fig. 1 Taf.UI, perspectivische Ansicht Fig. 2, Querschnitt) aus einem Messingrahmen Ay A^ A, B i%i ein rechtwinkliger Ausschnitt in der Cassette, 27 auf 39 mm. C ist eine schmale Leiste, auf der die lichtempfindliche Platte ruht D ist ein Schieber, der längs der ßückenwand der Cassette in einer Rinne sich bequem hin und her verschiebt. E ist ein anderer Schieber an der Vorderseite der Cassette, der sich ebenso in einer passenden Rinne leicht bewegen lässt. Sind die beiden Schieber eingesetzt, so ist die Cassette licht- dicht verschlossen. Um die Platte möglichst fest in ihrer Lage zu halten, wurde zwischen dem hinteren Theile der Platte und dem Schieber D eine aus einer dünnen Uhrfeder hergestellte Feder (Fig. 4), die passend gebogen war, eingesetzt. Um die Cassette immer genau an dieselbe Stelle im Apparate zu bringen, wurde sie mit einem kleinen Loch F versehen. Diesem entsprechend befand sich ein ähnliches kleines Loch in dem obenerwähnten Rahmen am Spectralapparat; durch beide Löcher wird ein kleiner Stift gesteckt

Sollte die Absorption bestimmt werden, so wurde eine in besonderer Weise sensibilisirte Platte in die Cassette ein- gesetzt Vor den Schlitz wurde die Platte gestellt, deren Absorption zu bestimmen war, und zwar entweder ein mit Farbstoff getränktes Gelatineblättchen oder die mit dem Farb- stoff sensibilisirte Bromsilberplatte. Diese Platte, welche ge- wöhnlich ungefähr 27 mm breit war und verschiedene Längen hatte, wurde in einen Rahmen (Fig. 3) von folgender Construction gestellt: A ist die untere Seite eines dicken Holzklotzes; jB, B und B stellen den oberen Theil und die Seiten eines Schlitzes vor, durch welchen die absorbirende Platte geschoben wird. C, C ist ein Schlitz, welcher ca. 1,5 mm breit, nämlich etwas breiter ist) als die Dicke der Platte, an welcher der Versuch gemacht werden sollte. D ist eine ca. 3 mm breite und ca. 20 mm hohe Oefihung. Durch diese Oeffnung fällt das Licht durch die absorbirende Platte hindurch auf den Spalt. An meinem Apparat ist CD ungefähr 30 cm. Während eines Versuches

876 J. J. Acworth.

wurde die Platte in kurzen Interyallen mit der Hand Torge« schoben^ sodass beständig neue Theile der Platte Tor den Spalt traten. War die Platte sehr lichtempfindlich, so wurde sie rascher bewegt

Zur Bestimmung des Sensibilitätsmaximum wurden die Platten genau entsprechend den Dimensionen der Cassette aus- geschnitten.

Die Scalentheile der Millimeterscala wurden stets auf der Platte mitphotographirt, wenn diese entweder zur Aufiiahme des Absorptions- oder des Sensibilitätsspectrums gedient hatte. Ge- wöhnlich wurden beide Au&ahmen zu gleicher Zeit gemacht Um den oberen Theil der Platte f&r das Bild der Scala frei zu lassen, wurde die untere fiälfte des Spaltes bedeckt

Vorversuche ergaben die günstigste Ezpositionszeit

Die Lichtquelle. Um stets unter möglichst gleichen Bedingungen zu arbeiten, habe ich bei den folgenden Versuchen mit einer oder zwei besonders erwähnten Ausnahmen nur eine Art von Lichtquelle yerwendet, nämlich einen Gas- brenner nach Welsbach. (Der wesentliche Bestandtheil dieses Brenners besteht aus einem Mantel^ der dadurch herge- stellt wird, dass man einen passend geformten gazeartigen Stoff mit einer Mischung der seltenen Erden (Lanthan, Cer etc.) tränkt Vor dem Gebrauch wird die organische Materie verbrannt, wobei ein zerbrechliches erdiges Gerüst zurück- bleibt Wird der Mantel durch einen Bunsenbrenner weiss- glühend gemacht, wie es bei der Welsbach'schen Yorrichtong der Fall ist, so glüht er mit einem Licht, das reich an blauen und violetten Strahlen ist Ich verwendete Mäntel, die ein ausgezeichnetes weisses Licht gaben. Li einigen Fällen dauerte die Exposition nur Secunden; in anderen aber 5, 10 und so- gar 20 Stunden, je nach der verwendeten Platte.

Die Millimeterscala war immer durch einen Fischschwanz* brenner beleuchtet

Bestimmung der Wellenlängen mit Bezug auf die Millimeterscala. Um die Wellenlängen zu bestimmen, die den verschiedenen Tbeilen der Scala entsprechen, welche an derselben Stelle blieb, wovon ich mich besonders über-

Sen$ibilmrte FlaUen. 377

Igte, photographirte ich das Sonnenspectrum und die Scala f derselben Platte.

Nachdem die Scalentheile bestimmt waren, die den yerschie- nen Fraunhofer'schen Linien entsprechen, habe ich eine irve gezeichnet, bei der als Abscissen die Scalentheile, als rdinaten die Wellenlängen dienten. Aus derselben ent- hm ich dann die einem beliebigen Sealentheil entsprechende 'ellenlange. Die folgende Tabelle enthält eine Zusammen- ^llung der Scalentheile und der entsprechenden Wellenlängen:

B2 A- 7604 35 - 7200 88 B- 6867

40 6625

41 C - 6582 45 - 6650

50 2) —5892 55 5580 60 5315 61,5 E- 5269 65 —5100

70 4915 72 F— 4860 75 4770 80 4620 85 ~ 4475

90 4350

92,5 G- 4307

95 4250

100 —4155

111 Ä —3968

Herstellung der Emulsionen. Die Emulsionen wor- in in folgender Weise hergestellt.

Sollte dieselbe Platte sowohl auf die Absorption als auch if ihre eigene spectrale Empfindlichkeit untersucht werden, so osste die Emulsion möglichst durchscheinend sein, damit sie cht zuviel Licht absorbirt; mit anderen Worten, die Emul- on musste „feinkörnig'' sein, dann sind aber die Platten sehr lempfindlich. Eder^) bemerkt gelegentlich über die Schwie- gkeiten bei derartigen Versuchen: „ParbstoflFlösungen geben Eknz andere Absorptionsspectra, als trockene Farbstoffe. Am esten hätten wohl gefärbte Bromsilberblättchen entsprochen; a jedoch diese schwer herzustellen sind, begnügte ich mich mit efärbten Gelatinefolien "

Der Farbenzusatz musste in genügender Menge erfolgen, m eine sichtbare Absorption hervorzurufen. Dieses hatte äafig zur Folge, dass die allgemeine Sensibilität und zwar edeutend erniedrigt wurde; besonders bei einigen Anilinfar- en, bei denen ein Ammoniakzusatz nicht angewendet werden onnte, um die allgemeine Sensibilität zu erhöhen.

In vielen Fällen erfordert es ziemlich viel Uebung, um i jeder Hinsicht gute Resultate zu bekommen. Die Farb- offioienge, welche im Verhältniss zu dem vorhandenen Silber- romid zugesetzt wurde, variirte bedeutend: von 0,5 bis 25 Ge-

1) Eder, Photograohie mit Bromsilbergelatine p. ITS.

378 •/. •/. Acwortk.

wichtsprocenten. In den meisten Fällen waren die Platten^ welche für die Absorption gebraucht worden, dünner mit der Emulsion überzogen, als jene, die auf ihre eigene spectrale Sensibilität untersucht wurden.

Dm die Absorptionsspectra zu photographiren, musste eine Platte hergestellt werden, die ohne Unterbrechung vom ultra- violetten bis zum äussersten sichtbaren Roth, ohne Maxima und Minima der Sensibilität zu zeigen, empfindlich war. Ich versuchte dies durch Zusatz verschiedener Stoffe so von Chlorophyll, von verschiedenen gelben Farbstoffen und organi- schen Körpern, die verschiedene Farbstoffe enthielten, zu den Emulsionen zu erreichen, aber ohne Resultat. Dagegen er- gaben sich die gewünschten Resultate bei Zusatz von Jabo- randi-Tinctur. Die Tinctur enthält ausser dem Alkaloid eine beträchtliche Menge eines grünlich - gelben Farbstoffes. Sie kann zu der Bromsilbergelatine- Emulsion entweder vor oder nach Herstellung der Emulsion gesetzt werden. Die Gegenwart von Ammoniak ist nothwendig, sowie der kleinste mögliche Ueber- schuss von Silbemitrat. Leider gelang es mir nicht immery mit diesem Präparat gute Resultate zu erzielen. Von 9 oder 10 Emulsionen waren nur ungefähr 3 brauchbar. Eine solche Unsicherheit ist indessen bekanntlich bei vielen Emulsionen zu finden. Wird die Tinctur der Emulsion zugesetzt, gerade bevor man mit ihr die Platten überzieht, so muss man ausser Ammo- niak noch etwas Silbernitrat hinzusetzen. Die so sensibilisirte Bromsilberplatte zeigt von F gegen das brechbarere Ende des Spectrums hin eine Empfindlichkeitscurve, wie gewöhnliches Bromsilber; von F bis B nimmt die Sensibilität ungefähr bis auf 7s 9 &ber ganz gleichförmig ab. Sie zeigt kein irgend er- hebliches Maximum oder Minimum. Bei einigen Emulsionen zeigte sich ein ganz schwaches Maximum bei C, das aber bei anderen nicht zu beobachten war. Diese Platten wirken leider sehr langsam, ungefähr 100 mal langsamer, als die gewöhnlichen Platten des Handels.

Entwickelung der Negative. Bei allen folgenden Versuchen wurde ein Hydrochinon-Entwickler benutzt. E!r be- stand aus:

SensibilUirU Flauen. 37»

A

B

Hydrochinon KBr

18 g

Natronhydrat 11,5g

3,5 »

Wasser 1000 ccm

Natrittmsulfit

100 »

Wasser

1000 ccm

Gtewöhnlich wurden von beiden Flüssigkeiten gleiche Vo- lumina angewandt. Manchmal wurde je nach den Um- ständen — etwas mehr yon A mit £rfolg angewandt.

Zeichnungen. Nach den Aufnahmen werden dann die auf der Tafel III enthaltenen Zeichnungen entworfen. Dabei entspricht die Curve E^, E^,,,,En stets der Empfindlichkeit^ a der Absorption der mit dem Farbstoff allein getränkten Gelatineschicht, öj, a^,...an, der Absorption der mit Farbstoff und Bromsilber versetzten Gelatineschicht, a^ und E^, a^ und E^ . . . beziehen sich jeweilig auf dieselbe Emulsion. Die klei- neren Zahlen bezeichnen die laufende Nummer der der Zeich- nung zu Grunde gelegten Platte. Bei der Reproduction der nach den Negativen hergestellten Positivs auf Tafel IV ist zu beachten, dass eine helle Stelle im Empfindlichkeitsspectrum einem Maximum der Empfindlichkeit entspricht.

Beobachtungen.

Bromsilber- Emulsion. Die Bestimmimg der spec- tralen Absorption war infolge mehrerer Ursachen mit ziemlichen Schwierigkeiten verknüpft Diese waren wesentlich dreierlei Art 1) Das Maximum der Empfindlichkeit von AgBr er- streckt sich über einen ziemlich grossen Spectralbezirk und ist nicht sehr ausgeprägt 2) Die Absorption ist in dem ganzen Bereich, in dem die Platte lichtempfindlich ist, sehr bedeutend. 3) Mangelt eine passend sensibilisirbare Platte, um auf ihr die spectrale Absorption der Bromsilberemulsion zu photographiren.

Nr. 1) und 2) lassen sich nicht umgehen. Um einiger- maassen von Nr. 3) herrührende Irrthümer zu eliminiren, habe ich eine Reihe der Absorptionsspectra von AgBr aufge- nommen (die Zeichnungen sind rechts oben auf Tafel lU) und zwar auf Platten von verschiedener spectraler Empfind- lichkeit, so z. B. a) auf der AgBr-Platte selbst, ß) auf einer AgBr, AgCl-Platte, /) auf einer AgJ, AgBr, AgCl-Platte unter folgenden äusseren Bedingungen:

380 J. J. Acworlh.

' 1) Die optischen Theile des Spectroskopes aus Glas er^ lialten das Licht yon einem weissglühenden Welsbach 'sehen. Oasbrenner. Zeichnung Nr. 1. A Absorption, E Sensibilit&t

2) Die optischen Theile des Spectroskops sind aas G-las, als Lichtquelle diente das durch einen Heliostaten reflectirte Sonnenlicht Hier erhielt ich ähnliche Sensibilit&ts- und Ab- sorptionscuryen wie in Nr. 1.

Bei 1) und 2) erscheinen die Sensibilitätsmazima gegen das Roth gegen die Absorptionsmaiima verschoben.

3) Die optischen Theile des Spectroskops waren aus Quarz und erhielten das Licht von einer weissglühenden Zii^on- platte.

Bevor das Licht zur Bestimmung der Empfindlichkeit auf den Spalt fällt, geht es durch ein doppeltes Blättchen von Celluloid und Gelatine. Zur Bestimmung der Absorption «teilte ichy um Glas gänzlich zu vermeiden, mir ein Blättchen von Gelatinesilberbromid in folgender Weise dar: Eine Glas- platte wurde zuerst mit einer passenden Auflösung von Pyroxy- lin übei^ossen, dann getrocknet und hernach mit Bromsilber- Emulsion überzogen. Dann wurde sie wieder getrocknet (in der Dunkelkammer) und alsdann das ganze Häutchen vom Glase abgenommen. Bei der Untersuchung einer Reihe von Negativen auf verschiedenen Platten und bei verschiedenen Expositionsdauem erhielt ich Resultate, die denen unter den Bedingungen 1 und 2 gewonnenen ähnlich sind. Obschon es schwierig ist, genau anzugeben, wo das Absorptionsmaximum wirklich liegt, so glaube ich doch mit Sicherheit schliessen zu können, dass die Absorption im Ganzen imd auch die Ab- sorptionscurven etwas gegen den brechbarerem Theil des Spec- trums gegen das Empfindlichkeitsmaximimi verschoben ist.

Anilinfarben: Sie zeigen sehr geringes Bestreben, sich mit Silbersalzen zu verbinden und verringern die Empfindlichkeit beträchtlich. In vielen Fällen war es infolge ihrer geringen Löslichkeit in Wasser oder in Wasser und Alkohol unmög- lich, sie in genügender Menge zu verwenden, um Resultate zu erhalten.

Alkaliblau.^) 6 B.) Dieser Farbstoff löste sich leicht in Wasser oder in einem Gemisch von Wasser und Alkohol und gab

1) Ich erhielt diesen Farbstoff von Dr. T. Schuchardt.

SensibiHiirte Platten. 381

einen theilweisen Niederschlag mit Silbernitrat Ein mit einer kleinen Menge dieses Farbstoffes gefärbtes Gelatinehäutchen gibt ein Absorptionsmaximum bei Z>; bei grösseren Farbstoffzusatz beginnt die Absorption bei E und wächst fortwährend nach der weniger brechbaren Seite des Spectrums hin. Setzt man den Farbstoff zu einer feinkörnigen Bromsilberemulsion, so wird dadurch die allgemeine Sensibilität vermindert. Ich fand, dass das beste Verhältniss des Farbstoffes zum Silberbromid ungefähr 2% ^^i"; ^^^^ ^^ allgemeine Sensibilität zu fördern^ setzte ich 0,05 g AgNO, zu je 2 g des yorhandenen AgBr. Dieser Farbstoff sensibilisirt von A bis C mit einem Maximum bei B, Von C bis Z> nimmt die Sensibilität wieder ab, worauf sie wieder anwächst und ihr Maximum im Blau und jenseits desselben erreicht.

Die Absorption dieser Emulsion beginnt zwischen B und r, erreicht ein Maximum bei Z>, behält dieses bis F, wo sie plötzlich bis G zu einem breiten Minimum abnimmt, nach welchem sie wieder zunimmt

Anilinblau ist löslich in Alkohol oder in einem Gemisch von Alkohol und Wasser und giebt keinen Niederschlag mit Silbemitrat. Die Absorption eines mit diesem Stoff gefärbten Gelatinehäutchens ist am intensivsten zwischen C und E und erreicht ungefähr bei D ein Maximum. Die besten Resultate mit mit diesem Farbstoff sensibilisirten Platten wurden da- durch erhalten, dass man auf je 2 g des verwendeten AgBr^ 0,08 g Anilinblau verwandte und 0,05 g AgNOj, uro die Emulsion empfindlicher zu machen. Die Sensibilität beginnt bei C und erreicht ein Maximum bei Z>, nach welchem sie aihnählich bis F abnimmt, wo die Sensibilität von neuem an* wächst upd bald ihr höchstes Maximum erreicht. Es ist be* merkenswerth, dass bei diesem Farbstoff das SensibiUtätsmaxi- mum nahe mit seinem Absorptionsmaximum bei der gefärbten Gelatine zusammenfallt. Diese Erscheinung ist eine Ausnahme gegenüber der sonst festgestellten Thatsache, dass die sensibi- Usirende Wirkung eines Farbstoffes beträchtlich gegenüber dem Absorptionsmaximum nach dem rothen Ende verschoben ist.

Es ist mir kein anderer Farbstoff unter die Hände ge- kommen, der eine so geringe Verschiebung des Sensibilisirungs- maximums gegen sein eigenes Absorptionsmaximum in Gelatine

382 J. J. Acwarth,

gezeigt hätte. Sie scheinen fast identisch zu sein. Weitere Ver- suche sollen hierüber noch angestellt werden. Die Absorption der gefärbten Emulsion beginnt ungefähr bei Bj steigt sehr langsam an und erreicht ungefähr bei F ein Maximum, nimmt dann wieder ab bis G, von wo an sie wieder wächst, wie aus der Zeichnung zu ersehen ist

Safranin. Cj^fl^^N^HCl. Dieser Farbstoff ist leicht in Wasser löslich, ohne eine Fluorescenz zu zeigen; erlöst sich auch in Alkohol mit gelber Fluorescenz, ist aber unlöslich in Aether. Er färbt sehr stark, und drückt die allgemeine Empfindlichkeit beträchtlich herunter, selbst wenn er in kleinen Quantitäten angewendet wird. AgNO, gibt einen theilweisen Niederschlag, der in Wasser unlöslich ist. Ein mit Safranin gefärbtes Gelatine- häutchen zeigt ein Absorptionsspectrum mit zwei Bändern; die Absorption beginnt bei D ^ E, erreicht ein Maximum ge- rade vor E, von da fällt sie rasch zu einem kleinen Minimum bei E^F ab; von hier aus steigt sie zu einem zweiten Maxi- mum etwas vor Fy worauf sie rasch auf Null bei F^ G herab- sinkt Zur Erhöhung der Sensibilität war es am besten zu je 2 g AgBr, die in einer Emulsion enthalten waren, 0,025 g des Farbstoffes zuzusetzen und ausserdem 0,050 g AgNO, und 0,06 cc Ammoniak vom spec. G^w. 0,937. Diese Emulsion gab bei D ein etwas nach dem brechbaren Ende gelegenes Sensibilitäts- maximum, sie zeigte indessen eine Sensibilisirung durch das Grün, worauf die gewöhnliche AgBr Empfindlichkeit beginnt Eder sagt: „Safranin ist ein guter Sensibilisator für grün, seine Wirkung erstreckt sich bei genügend langer Belichtung bis 6twas über £>. Die Wirkung im Grün stieg bei meinen Ver- suchen zu keinem starken Maximum an, sondern verläuft bis Ey wonach die Curve der Wirkung gegen Blau rasch auf- eteigt^^ „Photographie mit Bromsilbergelatine,'^ p. 166.

Aus Eder's Versuchen ergibt sich sicherlich eine Curve, die von der nach den meinigen gezeichnten verschieden ist; warum weiss ich nicht.

Eine bemerkenswerthe Eigenschaft sensibilisirter Safra- ninplatten, welche sich bei allen meinen B.esultaten zeigte, die auf dem gewöhnlichen Wege dargestellt und entwickelt wurden, ist die, dass an der Stelle, wo die spectrale Sensibilität endet, an der weniger brechbaren Seite zwischen

SenMibütsirte Platten. 383

C und D gegen das Ende des entwickelten Spectrnms jenseits A, sich deutlich nicht bloss ein gänzlicher Mangel an Sensi- bilität zeigt, sondern auch eine bedeutende bleichende Wir- Ining. Platten, die dem Spectrum ausgesetzt waren, wider- standen absolut in dieser Gegend dem Entwickler, sie blieben hell und klar. Für diese Erscheinung finde ich zunächst keine Erklärung.

Obgleich der Farbstoff für ein Band allein sensibilisirt, zeigt die gefärbte Emulsion, sowohl photograpbisch wie mit blossem Auge, zwei Absorptionsbanden, die dem des Farbstoffs sehr ähnlich sind.

Anilinroth. Zu Versuchen mit diesem Farbstoff ver- wendete ich Rosanilinchlorhydrat. ^) Ich fand diesen Farb- stoff sehr leicht löslich in Wasser, das etwas Alkohol ent- hielt. Zusatz von AgNOg verursacht leichtes Opalisiren und lässt die Farbe beträchtlich tiefer erscheinen. In einem mit Anilinroth gefärbten Gelatinehäutchen beginnt die Ab- sorption bei Z>, steigt rasch zu einem Maximum an bei D \ E\ von da nimmt sie zuerst langsamer bis ungefähr gegen F ab. Als günstigstes Verhältniss des Farbstoffzusatzes zu dem vorhandenen AgBr fand ich 1 Proc. Ich setzte auch etwas Ammoniak zu, doch, wie ich glaube, so wenig, dass die spectrale Sensibilisirungswirkung nicht beeinträchtigt wurde. Diese Emulsion gab ein Empfindlichkeitsband, das bei B be- gann, vor C ein Maximum erreichte und bei D \ E verschwand. Bei D \ E zeigt sich erneut geringe Sensibilität, bis in die Gegend der blauen und violetten Sensibilität. Die Absorption dieser Emulsion beginnt ungefähr bei Z>, und erreicht rasch ein Maximum bei D \ E\ von da fällt sie schwach bis D \ E^ von wo sie bis F\ G sich gleich bleibt; daselbst nimmt sie wieder etwas ab. Das Sensibilitätsmaximum der mit Anilinroth gefärbten Platte ist stark nach dem Roth gegen das Absorptions- maximum verschoben.

Chrysanilin C^^jHjyNgHNOg löst sich recht gut in einem Gemisch von Alkohol und Wasser. Das mit ihm gefärbte Gelatinehäutchen zeigt eine Absorption, die bei E\ F beginnt und ein Maximum auf der brechbareren Seite von F erreicht.

1) Bezogen von Dr. Bender und Hobein in München.

884 J. •/. Aeworth,

Ton wo an es eine allgemeine Absorption bis gegen das Ende des Spectmms zeigt um die mit dem Farbstoff yersetzte Emulsion mögliebst empfindlich zu machen, benutzt man auf je 2 g AgBr ca. 0,07 g Chrysanilin ; dazu wurde eine kleine Menge Ammoniak gesetzt Diese Emulsion gab zwei SensibiliUkts- b&nder, ein schwaches bei C ) Z>, ein starkes bei F^ zwischen beiden liegt ein Minimum bei Z>. Die Absorption dieser Emulsion beginnt bei D und erreicht bei F) 6r ein Ma^'rnuTw, nach welchem sie allmählich schwächer wird bis Gj yon wo an sie wieder etwas zunimmt

Aldehyd grün. Mit diesem Farbstoff erzielte ich nicht besonders gute Resultate. Er ist fast unlöslich in Wasser und nicht sehr löslich in Alkohol. Ich verwendete ungefähr 0,005 g desselben auf je 2 g AgBr unter Zusatz von etwas Ammoniak. Die Absorption eines mit diesem Stoff gefärbten Gelatinehäutchens beginnt bei B, erreicht ein Maximum bei C\Dj von wo aus sie wieder abnimmt bis E\ F mit einem sehr schwachen Maximum bei D. Die gefärbte Emulsion zeigt ein einfaches Sensibilitätsband, das bei C\D beginnt und bei C\D ein Maximum erreicht; von da nimmt die Sensibilität rasch ab und zeigt bei E bis F gleiche Sensibilität, wo dann die gewöhn* liehe Sensibilität von AgBr für das Blau und Violett beginnt Die Absorption dieser Emulsion bestimmte ich mit blossem Auge es war dies der einzige Fall, in welchem dies allein geschah, sonst habe ich stets dieselbe photographisch verfolgt Im Roth zeigt sich allgemeine Absorption und ein Maximum bei Dj femer eine allgemeine Absorption bis über F\ G hinaus, wo sie beträchtlich zu steigen begann.

Malachitgrün^), leicht löslich in Wasser. In G elatine zeigt dieser Faurbstoff ungefähr an derselben Stelle ein Absorptions» maximum, wie AldehydgrüD. Das Band beginnt bei C und steigt rasch zu einem Maximum an, von wo es bis D abnimmt Die Absorption im Blauen und darüber hinaus verhält sich ähnlich« Um Emulsionen zu erhalten, die nach Zusatz des Farbstoffes noch empfindlich sind, setzte ich denselben sowohl vor wie nach Herstellung der Emulsion hinzu und zwar mit gleichem Erfolge. Als bestes Yerhältniss fand ich ungefähr 0,03 g des Farbstoffes

1) Bezogen von Dr. Kahlbaum.

Sensibilisirte Platten. 385

auf je 2 g AgBr. In einem einzigen Falle setzte ich noch etwas Ammoniak zu, um die Sensibilität zu erhöhen (ein grösserer Zusatz bleicht die Farbe); in anderen Fällen verwendete ich Ammoniak und AgNOj zu demselben Zwecke mit gleichem Erfolge. Die Emulsionen gaben eine Sensibilitätscurve, die nahe mit der von Eder gezeichneten übereinstimmt, näm- lich ein Maximum bei C, dann eine Lücke bis E, von wo die Sensibilität allmählich zunimmt und ein Maximum bei G er- reicht Die Absorption dieser Emulsion beginnt bei B \ Cj wächst zu einem Maximum bei C^ D und nimmt allmählich gegen D hin ab; von hier aus bleibt sie schwach, steigt schwach an bis Fj von wo aus sie zu einem zweiten Minimum bei G herabsinkt und hernach wie gewöhnUch steigt.

Jod grün. Dieser Farbstoff ist leicht löslich in Wasser und gibt keinen Niederschlag mit AgNOs- ^^ Gelatine zeigte der Farbstoff zwei Absorptionsbänder die Absorption be- ginnt bei B \ Cj erreicht bei C ein Maximum , sinkt von hier aus zu einem Minimum bei C \ D ,herab , steigt hierauf wieder zu einem zweiten Maximum bei D an und nimmt bei E aber wieder ab. Dieser Farbstoff zeigt in Gelatine eine merkwürdige, zunächst nicht zu erklärende Erscheinung. Es kann nämlich auf derselben Platte, die mit dem gefärbten Häutchen überzogen ist, jedes von den zwei Bändern die grös- sere Absorption zeigen. Bevor ich diese Thatsache mit Sicher- heit feststellte, glaubte ich, bei einer Keihe von Messungen Fehler begangen zu haben, denn beim Vergleichen meines Negatives mit dem gefärbten und direct spectroskopisch unter- suchten fläutchen konnte ich in dem letzteren überhaupt nur ein deutliches Band finden, während das negative Bild zwei zeigte. Als ich einen anderen Teil desselben Häutchens unter- suchte, sah ich das fehlende Band und fand, dass es das erstere sogar an Intensität übertraf. Die Erscheinung könnte auf einer verschiedenen Beschaffenheit des Jodgrüns an ver- schiedenen Stellen der Platte beruhen.

Mit Jodgrün war es ausnehmend schwierig, einigermaassen gute Resultate zu erhalten. Der Farbstoff ist ein äusserst empfindlicher Körper hinsichtlich seiner Behandlungsweise , er setzt die Empfindlichkeit sehr herab; manchmal erhielt ich Sensibilitätsbänder, manchmal auch nicht. Ein gutes Resul-

Ann. d. Phys. o. Chem. N. F. ZLII. 25

386 J. J. Aaoortfi.

tat erhielt ich, wenn ich zu je 2 g des vorhandenen AgBr vor Herstellung der Emulsion 0,03 g des Farbstoffes hinseu- fügte. Bei anderen Versuchen setzte ich 15 Proc. des Färb* Stoffes dem vorhandenen AgBr zu, indessen ohne Erfolg. Bessere Resultate erhielt ich dann, wenn ich den Farbstoff in dem Moment zusetzte, ehe die Platten mit AgNO, mit oder ohne Ammoniak übergössen wurden. Das Maximum der Sensibilisirungswirkung scheint so ziemlich in allen Fällen das nämliche zu sein. Die allgemeine Sensibilität variirt aber inner- halb äusserst weiter Grenzen. Bei einer Emulsion wäre es noth- wendig gewesen, dieselbe ungefähr eine Woche zu exponiren, um ein Resultat zu erzielen, bei anderen waren eine oder zwei Stunden völlig genügend. Obgleich der Farbstoff in Gelatine oft zwei Absorptionsmaxima zeigt, zeigt die gefärbte Emul- sion in allen Fällen, die ich untersucht habe, nur eines. Die Empfindlichkeit beginnt bei C\ D , erreicht ein Maximum bei C\ Dy nimmt« bis D wieder ab und behält denselben Werth bis /'J G, wo sie wieder grösser wird und ein zweites Maxi- mum bei F\ G erreicht. Die Bestimmung der Absorption ergab keine befriedigende Resultate. Aenderungen in der In-* tensität der zwei Absorptionsbänder kamen ebenso vor, wie bei dem gefärbten Gelatinehäutchen ohne Bromsilber. Jedoch. dürfte die Absorption für durch Jodgrün sensibilisirte Emul- - sionen im allgemeinen so verlaufen, wie sie die Figur darstellt - Die Absorptionsbänder variiren zwar in ihrer Intensität je nach der Menge des vorhandenen Farbstoffes, aber die Lage ' derselben bleibt in allen Fällen die gleiche. Die Absorptions- bänder der Emulsion liegen an derselben Stelle, wie die Ab- sorptionsbänder des gefärbten Gelatineblättchens. Bei dem ersteren findet aber eine bedeutende allgemeine Absorption von E bis F statt, welche bis zu einem Minimum bei F\G abnimmt, bevor sie sich zum grössten Absorptionsmaximum bei h erhebt.

Coupierblau^) (Sulfosäure des nach dem JNitrobenzolver- lahren gewonnenen Violanilins) sensibilisirt für alle weniger brechbaren Strahlen von E bis ins Rothe hinein. Dieser Farb- stoff löst sich sehr leicht in Wasser. Ein mit ihm gefärbtes

1) Bezogen von Dr. Schuchardt.

Semibilmrie Platten. 887

Oelatineblätichen zeigte, dass die Absorption ungefähr bei a be- ginnty bei C f&ngt sie an sehr rasch zu wachsen und zeigt bei D ein Maximum, nimmt bis D^E ah, um allmählich bei G zu verschwinden. Zur Herstellung der gefärbten Bromsilber- gelatineplatten fand ich, dass ungefähr 0,010 g des Farbstoffes auf je 2 g des vorhandenen AgBr das günstigste Resultat lieferten; grösserer Zusatz verzögerte die Wirkung der Platte beträchtlich und färbte sie auch zu dunkel.

Eder gibt an, dass dieser Farbstoff nur zwei Sensibilitätsbän- der zeigt Bei genauerer Untersuchung fand ich, dass ausser dem gewöhnlichen Maximum im Blauen fünf andere Bänder in dem weniger brechbaren Theile des Spectrums liegen. Das erste beginnt auf der weniger brechbaren Seite von A, erreicht sein Maximum zwischen A und a\ das zweite Maximum erscheint bei C, das dritte bei C|Z), das vierte bei DiE und das fünfte gerade vor £; je zwei Maxima werden durch ein Minimum getrennt. Das dritte oder mittlere dieser Maxima ist das in- tensivste. Die Absorptionsmaxima der gefärbten AgBr-Emul- sion in der Photographie erscheinen zu undeutlich, als dass sie mit Sicherheit gezeichnet werden könnten. Die Absorp- tion beginnt bei a, von wo aus sie ziemlich regelmässig un- gefähr bis D verläuft. Hier zeigt sie ein schwaches, nicht sehr deutliches Maximum, das wahrscheinlich dem Maximum <les Empfindlichkeitsbandes bei C^D entsprach; von D ist ^e Absorption wieder nahe constant, bis gerade vor E, wo- selbst sie wieder wächst und ungefähr bei E ein Maximum erreicht, das bis F^G reicht, dann fällt sie wieder; bei G erreicht sie ein Minimum und nimmt unmittelbar hernach noch einmal zu.

Anilin Safrosin. Ich verdanke eine reine Probe dieses Farbstoffes der Güte des Hern. Prof. 0. F. Fischer. Es ist leicht löslich in Wasser; AgNOj bewirkt einen schweren Nieder- schlag, der in Wasser, das kein AgNOj enthält, löslich ist Xn einem mit diesem Farbstoff gefärbten Qelatinehäutchen er- ^bt sich das Absorptionsspectrum sehr nahe mit jenem von Sosin übereinstimmend. Die Absorption beginnt bei D^E \mA erreicht ein Maximum bei Z)}^; von da sinkt sie zu einem Minimum ungefähr bei E herab und erhebt sich wieder zu einem zweiten kleineren Maximum, alsdann verschwindet sie

i 25*

388 •/. «/. Acworüi.

gegen F zu. Auf den Negativen ist auch ein schmales Ab- sorptionsband bei C zu sehen, doch bin ich über seine Existenz nicht absolut sicher.

Anilin Safrosin verzögert die Lichtempfindlichkeit einer AgBr -Emulsion in hohem Grade, wie das Safranin. Um die beste Sensibilisirungswirkung mit dem Farbstoff zu erzielen, setzte ich | bis 2| Proc. desselben zu dem angewandten AgBr. Die erstere Menge gab bessere Resultate. Sensibilitätsbänder sind drei vorhanden, das erste zwischen A und a, das zweite zwischen B nnd C, das dritte Hauptband erstreckt sich von C\D aus und erreicht ein Maximum gerade vor D, bei D^E verschwindet es. lieber F hinaus beginnt die gewöhnliche Sensibilität für das Blau und Violett.

Dieser Farbstoff zeigt ebenso wie das Safranin die merk- würdige Erscheinung, dass er während der Entwicklung ge- bleicht wird an der weniger brechbaren Seite des Spectrums.

Das Absorptionsspectrum dieser Emulsion scheint zunächst aus einem Band bei C— CJ D zu bestehen (über dessen Ehri- stenz ich indess nicht ganz sicher bin); ein zweites Absorp- tionsband beginnt bei D^E und erreicht ein Maximum bei D\E. Von E aus nimmt die Absorption ab und endet bei F\G, Bei G beginnt die der Absorption von AgBr ent- sprechende Absorption, die bald ein Maximum erreicht.

Fuchsin, CaoHjgNjHCl, ist leicht löslich in Wasser oder in einem Gemisch von Wasser und Alcohol. AgNO, gibt keinen Niederschlag. Die Absorption in einem mit Fuchsin gefärbten Gelatinehäutchen ist jener von Anilinroth sehr ähnlich. Das Maximum liegt bei D\E, es fällt jedoch nicht so steil auf der brechbareren Seite ab. Zu einer Emulsion, die mit diesem Farbstoff sensibilisii*t werden sollte, setzte ich 0,05-^0,10 g des Farbstoffes zu je 2 g des vorhandenen AgBr; zu dieser Menge fügte ich auch 0,050 AgNOj, aber kein Ammoniak. Die Emul- sion gab ein ziemlich breites, aber intensives Sensibilitätsband bei C^ Dy welches vor D beinahe verschwand und schwach bis zum Beginn der blauvioletten Sensibilität des gewöhnlichen AgBr blieb. Das Absorptionsmaximum erscheint gegen das Sensibilitätsmaximum bedeutend verschoben; es steigt steil zu einem Maximum bei Z>J £" an; bei Z^f^" verschwindet die Ab-

Sensibiiisirte Platten. 389

Sorption fast gänzlich, bis nach G hin, woselbst sie wieder wächst, entsprechend der normalen Absorption des AgBr.

Die Anilinfarben, welche ich verwendete, zeigten durchaus wenig oder gar kein Bestreben, sich mit Silber zu verbinden; in mehreren Fällen drückten sie die Gesammtempfindlichkeit des AgBr herab und stets war es schwierig, wirklich gute Re- sultate für die Sensibilisirung nnd Absorption zu erzielen.

Magdalaroth (rothes Naphthol, Chlorhydrat des Rosa- naphtylamin, CjoHjjNgHCl) ist unlöslich in Wasser, aber lös- lich in einem Gremisch von Alcohol und Wasser. Ein mit diesem StoflF gefärbtes Gelatinehäutchen zeigt bei D^E ein starkes Absorptionsmaximum; vor E nimmt die Absorption beträchtlich ab und verschwindet ganz bei F, Magdalarot, das einer AgBr- Emulsion zugesetzt wird, seiisibilisirt sehr stark fiir das Gelb, ohne zugleich die Gesammtempfindlichkeit so stark zu reduoiren, wie das bei Anwendung der meisten Anilinfarben eintritt.

Auf je 2 g des vorhandenen AgBr in der Emulsion sind ungefähr 0,05 des Farbstoffes zuzusetzen, um eine gute Sen- sibilisimngs- und Absorptionswirkung zu erhalten. Ich setzte auch ein wenig Ammoniak zu, um die Sensibilität zu erhöhen. Die Sensibilisirungswirkung beginnt bei CJ D, wächst zu einem breiten Maximum auf beiden Seiten von D an (aber haupt- sächlich auf der brechbareren), wird dann bedeutend kleiner hei D\E und verschwindet ungefähr bei /'ganz; die Emulsion zeigt geringe Sensibilität im Blauviolett, sogar bei sehr langer Elxposition. Die Absorption dieser Emulsion beginnt bei D^E, steigt steil zu einem Maximum an bei D^E und nimmt dann ab zu einem Minimum kurz vor E; dann wächst sie wieder auf der brechbareren Seite von E und weit darüber hinaus, welche mit der dem AgBr entsprechenden Absorption übereinstimmt. Cyanin, Cgj^Hj^Nj J. ^) Der Farbstoff löst sich leicht in einem Gemisch von Wasser und Alkohol. In Gelatine beginnt die Absorption bei C|£>, erreicht rasch ein Maxi- mum, welches bis über D hinausgeht, bei D\E sinkt sie zu einem Minimum; von da an steigt die Absorption zu einem zweiten Maximum an bei D\E, das aber nicht so intensiv

1) Bezogen von Dr. S. Hobein und Bender.

390 J, J, Acworth.

ist, wie das erste, und darauf nimmt sie allmählich ab bis Null, ungefähr bei E^F. Hinsichtlich der Sensibilisining»- wirkung erhielt ich mehrere nicht ganz übereinstimmende Resultate.

Eine erste Emulsion (N 20) erhielt ich durch Hinzu- fligung von Cyanin zu einer fertigen Brom- Jodsilber-Emulsion mit Ammoniak, und zwar im Verhältniss von 1 mg Cyanin zu einem Gramm des gemischten Silbersalzes. Die Verschiebung der Sensibilisirungswirkung gegenüber der Absorptionswirkung des Farbstoffes selbst ist in diesem Falle nicht gross. Die Sensibilität beginnt bei C, erreicht bei C|£> ein Maximum und bei D ein Minimum, steigt dann zu einem zweiten grösse- ren Maximum bei D\E an und sinkt allmählich auf Null herab etwas jenseits £*, worauf starke Sensibilität fiir das Blau- violett beginnt

Dieses Resultat steht beim Vergleich meiner Resultate mit denen Eder's diesen am nächsten; aber wahrschein- lich habe ich schon mehr Farbstoff, als er bei seinen Ver- suchen zugesetzt. Ich photographirte die Absorption dieser mit Cyanin gefärbten Bromjodemulsion nicht, weil sie, da das Kern zu gross war, für Licht zu undurchsichtig war.

unter vielen anderen Versuchen, die meistens wegen des auftretenden Schleiers beim Entwickeln misslangen, erhielt ich mit Gelatine-ßromchlor-Silber Resultate, die ganz unerwartet waren (siehe Nr. 81). Die Sensibilitätsbänder werden betiucht- lich getrennt.

Das weniger brechbare Band bleibt an derselben Stelle, dann folgt ein breites Minimum, das sich bis D\E ausdehnt, woselbst es steil zu einem Hauptmaximum bei D^E ansteigt; dann nimmt die Absorption wieder rasch ab und verschwindet gänzlich etwas jenseits von E. Das brechbarere Maximum, welches bei Brom Jodsilber das kleinere war, und jetzt das Hauptmaximum geworden ist, zeigt gegenüber der Lage der Absorptionsstreifen und der Emulsion das normale Verhalten, d. h. es ist nach dem Roth verschoben. Gegenüber der Lage der Absorptionsstreifen des Farbstoffes in Gelatine allein, ist es aber nach dem Blau verschoben, es ist dies der einzige Fall, in dem ich eine solche Verschiebung constatiren konnte. Die Absorption dieser farbenempfindlichen Emulsion beginnt

SensMäirte Platten. 391

bei C\ D und steigt rasch zu einem Maximum bei Cj D an, welches durch D hindurch constant bleibt: nimmt dann ab zu einem nicht sehr tiefen Minimum bei D\E und erhebt sich dann zu einem zweiten Maximum bei D^E, hierauf fallt die Absorption und wird jenseits E unbestimmt.

Die meisten meiner Versuche wurden mit AgBr angestellt; bei dem einen (Zeichnung Nr. 144) wurden 0,04 g Cyanin zu je 2 g des vorhandenen AgBr gesetzt, ausserdepi wurden noch 0,045 AgNO, .und 0,25 Ammoniak (0,937) verwendet. Dieser Versuch gab ein Resultat, das von den anderen wieder ganz verschieden war.

Die Sensibilisirungswirkung erstreckt sich wahrscheinlich wegen der Anwendung einer grösseren Farbstoffmenge weiter nach beiden Seiten, aber besonders gegen das Rote hin. Das weniger brechbare Band beginnt bei B und erreicht etwas jen- seits C ein breites Maximum; hierauf nimmt die Sensibilität zu einem breiten Minimum ungefähr bei C|Z> ab imd wächst wieder zu einem zweiten breiten Maximum ungefähr hei D^E an, worauf sie rasch gegen E hin abnimmt. Die Absorption dieser Emulsion ist jener der Bromjodemulsion sehr ähnlich, obwohl hier ein bedeutender Unterschied in der gesammten Sensibilität vorhanden ist. Das dem weniger brechbaren Band entsprechende Absorptionsband ist gegen den brechbareren Theil des Spectrums hin beträchtlich vei^choben; bei dem brech- bareren Band ist die Verschiebung, wenn überhaupt eine solche v(Hrhanden ist, ganz gering.

erfordert grosse Sorgfalt, um beim Sensibilisiren mit grossen Quantitäten von Cyanin das Auftreten von Schleiern zu verhüten. Viele interessante Punkte, so z. B. die Gründe für die Verschiebung der Lagen des Sensibilitätsmaximums und der Umkehrung des Maximums erfordern weitere Untersuchungen.

Zum Schlüsse möchte ich noch bemerken, dass bei Nr. 20, Cyanin und Ammoniak zu einer gewöhnlichen Bron^jod- emulsion vor dem Giessen gesetzt wurden. Nr. 81 war eine Brom- Chlorsilber-Emulsion, zu welcher Cyanin allein zugesetzt wurde; Nr. 144 war eine Bromsilberemulsion, zu welcher Cyanin mit AgNOs und Ammoniak gesetzt wurden.

Wir wenden uns nun zu den Farbstoffen aus der Eosin* reihe.

392 J. J. Acworth.

FluorescelD, CjoH^s^s' '^^^ ^^^^ ^ einem Gemisch von Alkohol mid Wasser und bi^et nur schwer einen Niederschlag mit AgNO). In Gelatine zeigt die Farbe eine bedeutende Absorption durch das ganze sichtbare Spectrum hindurch. Sie scheint bei a zu beginnen und bleibt klein bis D ^ £. Bei E beginnt sie zu steigen und erreicht das grösste Maximum beiderseits von F, dann nimmt sie wieder gegen das brechbare . Ende des Spectrums hin langsam ab, ohne Maxima und Minima zu zeigen. Um eine AgBr Emulsion mit Pluoresce'in zu sensibilisiren, verwendete ich Mengen yon in Alkohol und Wasser aufgelöstem Fluoresceln, die von 0,03 bis 0,200 g auf je 2 g des anwesenden AgBr variirten. Ammoniak wurde in allen Fällen zugesetzt. Die Sensibilisi* rungswirkung entspricht bei dem geringsten Farbstoffzusatz zu- nächst einem schwachen Band gerade vor Z>, verschwindet dann beinahe ganz, steigt hernach wieder rasch zum grössten Maxi- mum der Sensibilisirungswirkung bei D ^ E; von E nimmt sie allmählich ab bis F und wird bei i^| 6? Naill. Ueber G hinaus zeigt sich nur geringe Empfindlichkeit in dem brechbareren Teile des Spectrums. Die Absorption dieser Emulsion beginnt bei Dy sie bleibt andauernd klein bis etwas nach £*, wo sie ziem- lich rasch zu steigen beginnt und ein Maximum bei /^erreicht; dann sinkt sie wieder zu einem Minimum ungefähr bei G herab, woselbst sie wieder zu steigen beginnt.

Wird mehr Farbstoff einer Emulsion zugesetzt, so ändert sich natürlich das Aussehen des Absorptionsspectrums etwas. Bei Zusatz von 10 Proc. des Farbstoffs zu AgBr bleibt das schwache Band im Gelb so ziemlich dasselbe, aber das starke Band im Grün bei D\ E wird auf beiden Seiten steiler und jenseits von i'JF herrscht nur geringe Sensibilität in dem brech- bareren Teile des Spectrums. Die Absorption dieser Emulsion ist im wesentlichen dieselbe in Bezug auf die Lage des grossen Absorptionsmaximums wie diejenige einer Emulsion, welche weni- ger Farbstoff enthält; hier erscheint indessen ein beträchtliches Anwachsen der Absorption gerade vor F, dann wird sie etwas geringer, wächst aber hernach wieder, wie aus der Zeichnung zu ersehen ist. Die Verschiebung des Maximums der 'Sensi- bilisirungswirkung gegenüber ihrer eigenen Absorption ist bei diesem Farbstoff sehr bedeutend.

Sensibilisirte Platten. 393

Meine Farbensensibilisirungscurven lassen sich nicht mit den von Eder angegebenen vergleichen, weil ich mehr Farbe als er bei seinen Versuchen verwendete.

Uranin, Pluorescelnnatrium, CjjoHjQOgNaj, ist in Wasser leicht löslich und gibt mit AgNOg einen orangefarbigen, leicht löslichen Niederschlag. Wird ein Gelatinehäutchen nicht zu stark damit gefärbt, so beginnt die Absorption ungefähr bei £, steigt dann auf einmal rasch zu einem Maximum bei E \ F an, beginnt dann zu fallen, wird bei F\G fast Null und ist bis ans Ende des brechbareren Theiles des Spectrums schwach. Wird ein Häutchen intensiver gefärbt, so beginnt die Absorption bei D \ E und steigt rasch zu einem Maximum an, welches bis ans Ende des brechbareren Theiles des Spec- trums andauert.

Zum Zwecke des Sensibilisirens benutzte ich Quanti- täten von Uranin, die von 0,1 bis 0,3 g auf je 2 g des in der Emulsion enthaltenen AgBr variirten. Nr. 110 stellt die Sen- sibilitätscorve dar, bei welcher der erste Betrag verwendet wurde. Die Sensibilisirungswirkung gleicht der von Fluoresceln. Die Sensibilität beginnt bei C\ D und erreicht ein sehr kleines Maximum gerade vor D\ von da sinkt sie zu eiuem kleinen Minimum bei D \ E herab, worauf sie plötzlich zu einem breiten Maximum bei D\ E sich erhebt, das bis jenseits E reicht, von wo aus die Sensibilität rasch abnimmt bis F, wo sie fast ganz verschwindet; darüber hinaus zeigt sich eine nur schwache Sensibilität für das Blau und Violett. Die Absorp- tion beginnt bei C § X> und wächst erst langsam an bis X>, von da rascher zu einem Maximum auf beiden Seiten von F, dann nimmt sie wieder zu einem breiten Minimum ungefähr bis G ab, hierauf steigt sie wie gewöhnlich.

Bei grösserem Zusatz von Urauin, z. B. von 0,3 g zu je 2 g des vorhandenen AgBr wird die spectrale Sensibilität etwas verändert, bei kurzer Exposition steigt die Sensibilität plötzlich bei D\ E zu einem breiten intensiven Maximum an, nimmt aber dann wieder von E sehr rasch zu einem Minimum ab, dem- ein zweites Maximum bei F folgt, welches rasch auf Null zwischen F und G herabsinkt. Darüber hinaus zeigt sich nur geringe Sensibilität. Bei einer längeren Exposition ist das Besultat ein ähnliches, die Sensibilität erstreckt sich jedoch

894 J. J. Acwortk.

weiter nach der weniger brechbaren Seite des Spectrums fast bis C Das Absorptionsmaximum der stärker gefärbten JSmul- sion ist ausgesprochener und gleicht eher dem des Farbstoffes in Gelatine.

Eosin oder Tetrabromfluoresce'in CgoH^Br^OgKg+öHgO. Wird ein Gelatinehäutchen schwach mit diesem Stoff gefärbt, so beginnt die Absorption ungefähr bei X> ) £* und erreicht hierauf ein Maximum bai D\ E E\ von E fallt sie rasch beinahe auf Null; ist aber nicht zu viel Farbstoff benutzt, so zeigt sich gerade vor F ein zweites schwaches Maximum. Zum Sensibiliren setzte ich 5 Proc. Farbstoff zu dem verwen- deten AgBr nebst Ammoniak. Bei dieser sensibilisirten Emul- sion fand ich, dass die spectrale Sensibilität bei C\D beginnt, rasch zu einem Maximum bei D anwächst, welches bis D \ E reicht; dann sinkt sie wieder rasch beinahe auf Null und er- hebt sich wieder zu einem kleinen breiten Maximum bei E\ F, das bis £ 2 /^reicht, worauf die Sensibilität fast ganz wieder verschwindet Im Blauen und Violetten und darüber hinaus ist die spectrale Sensibilität sehr schwach.

Das Absorptionsspectrum dieser Emulsion gleicht sehr stark dem des reinen Eosins ohne Bromsilber in Gelatine. Es besteht aus zwei Bändern; das erste und grösste beginnt bei D ^ E und erreicht bei Z> § £ ein Maximum , das dem- jenigen des Eosins selbst sehr ähnlich ist. Weiter hinaus ist geringe Absorption im Violetten vorhanden, wie es in der Figur wiedergegeben ist.

Erythrosin^) (Tetrajodfluorescöin C^oH^OßJ^Kj) ist wohl von allen Eosinfarbstofien derjenige, der am eingehendsten auf seine farbensensibilisirende Kraft untersucht wurde (ortho- chromatische Photographie).

In Gelatine ist seine Absorption durch ein intensives Band charakterisirt, das an derselben Stelle wie jenes von Tetra- bromfluoresceln liegt; auf der brechbareren Seite scheint jedoch das kleinere Band zu fehlen. Von E fällt die Absorption rasch ab bis E\ F, dann verschwindet sie bis etwas über F hinaus. Auf der weniger brechbaren Seite des grossen Ab- sorptionsbandes ist die Absorption schwächer als bei Eosin.

^) Bezogen von Dr. S. Hobein und Bonder.

SeMibilisirte Platten, 396

Das SUbersalz des TetrajodfluoresceXn ist unlöslich in Wasser, das AgNOs enthielt. Ich stellte diese Verbindung her, indem ich Silbemitrat zu einer Lösung von Eosin setzte, dann den Niederschlag auf ein Papierfilter brachte und ihn so lange auswusch, bis er frei von Silber war. Dann löste ich ihn in destillirtem Wasser und fügte ihn zu Gelatine, die sorgfältigst mit destillirtem Wasser ausgewaschen worden war. Die Silber- erythrosin- Gelatine zeigte eine spectrale Absorption, die mit jener des Farbstoffes selbst übereinstimmte.

Um farbenempfindliche Emulsionen zn gewinnen, verwen- dete ich verschiedene Mengen des Farbstoffes von 5—25 Proc. von dem Gehalt des vorhandenen AgBr.

Nr. 40 stellt die Sensibilitätscurve einer Emulsion dar, die mit 5 Proc. Erythrosin des verwendeten AgBr sensibilisirt wurde. Die Sensibilität beginnt bei C\ D und steigt auf ein- mal zu einem Maximum an; bei D fällt sie wieder zu einem schwachen Minimum, dann erhebt sie sich wieder zu einem zweiten Maximum bei D \ E, fallt hierauf wieder bei D \ E beinahe auf Null gerade vor E\ hernach erhebt sie sich wieder zu einem geringeren Maximum bei £" § F und fällt wieder nach F ab. In dem brechbareren Teile des Spectrums zeigt diese Emulsion nur geringe Sensibilität. Die Absorption scheint auf beiden Seiten von D mit einem matten Band zu beginnen. Die Hauptabsorption beginnt bei D\ E und erreicht rasch ein Maximum; bei E sinkt sie rasch. Etwas jenseits F erhebt sie sich wieder zu einem zweiten schwachen, aber breiten Maximum, dann kommt die Stelle der geringsten Absorption vor 6r, worauf sie wieder wächst.

Nr. 108 stellt die Sensibilitätscurve dar, die einer Emulsion entspricht, die man erhält, wenn man 25 Proc. Erythrosin und Ammoniak zu dem verwendeten AgBr hinzusetzte. Das Haupt- l)and speciell scheint etwas mehr gegen das weniger brechbare JiDde verschoben es beginnt ungefähr bei C\ Dj wächst xasch zu einem Maximum an und fällt wieder plötzlich gerade Tor D zu einem Minimum, dann erhebt es sich schwach zu einem zweiten Maximum h&i D\ E und sinkt auf Null herab bei D\ E, Für die Strahlen jenseits des Blau-Violetten zeigt diese Emul- sion keinerlei merkliche Sensibilität Die Absorption scheint mit einem unsicheren matten Band auf beiden Seiten von D

896 «/. •/. Acwarth.

zu beginnen. Die Hauptabsorption beginnt bei D \ E und steigt steil zu einem Maximum an; bei E fällt sie wieder plötzlich und hernach verläuft sie allmählich abnehmend bis kurz vor F.

Nr. 121 stellt die Sensibilitätscurve einer Emulsion dar, bei welcher Erythrosin (5 Proc.) und 0,06 g AgNOj auf je 2 g des vorhandenen AgBr zugesetzt wurden und zwar ohne Ammoniak. Diese Curve ist jener von 40 sehr ähnlich; das Maximum, welches gerade vor F liegt, ist jedoch schwächer. In diesem Falle erscheint noch weniger Sensibilität im Blau und Violett vorhanden zu sein. Die Absorption dieser Emulsion, hat auch Aehnlichkeit mit der Absorption von Nr. 40 (Nr. 58)-

Nr. 123 war ein Theil derselben AgBr Emulsion, wie siö ftLr Nr. 121 verwendet wurde. Hier wurde indessen kein freies AgNOg zugesetzt, sondern statt dessen 0,05 cc Ammoniak zu j( 2 g des vorhandenen AgBr. Zwischen dieser Emulsion nnc Nr. 121 ist nur ein sehr kleiner Unterschied. Derselbe er- scheint beim dritten schwachen Maximum an der Stelle voi E\F, welches rasch auf Null bei ^ | /^ herabsinkt; alsdanojfli zeigt sich eine Lücke vor dem Beginn der Sensibilität iisuM Blau und Violett, welche indessen gering ist. Die Absorption -^ ist auch ein wenig von jener in Nr. 121 (Nr. 171) verschieden,-^ Bei 157 beginnt die Absorption bei D \ E, dann wächst sie ^ zu dem gewöhnlichen Maximum an. Das zweite Maximum ^ gerade vor F ist ausgeprägter und dies steht wahrscheinlich - in Zusammenhang mit dem dritten farbensensitiven Band bei E J /:

Ich finde auch, dass wenn zu einer ausgereiften Brom- jodemulsion Erythrosin im Betrage von 5 Proc. des vorhandenen AgBr hinzugefügt wird^ diese Emulsion in drei Theile geteilt wird und zum ersten Theil nichts beigefügt, zum zweiten Theil 0,25 cc Ammoniak zu je 2 g des vorhandenen AgBr, zum dritten Theil 0,25 cc Ammoniak und 0,0b g KBr zu je 2 g des vor- handenen AgBr, dass in Bezug auf ihre qualitative spectrale Sensibilität kaum ein Unterschied vorhanden ist, wohl aber in Bezug auf ihre allgemeine Sensibilität.

Setzt man die Sensibilität von Nr. 2 = 1, so ist die von Nr. 1 = J und die von Nr. 3 = i.

Sensibüisirte Phtien. 897

Die Bilder von Spectren würden bei den entsprechenden Sixpoaitionsdaaem ganz ähnlich sein.

Bengala-Roth ( Tetrajoddichlorfluoresceln - Kalium CjoH^Cl^OgEI^) gleicht hinsichtlich seiner Löslichkeit in Wasser dem Eosin und Fluoresceln. Sein Silbersalz ist abweichend von dem Verhalten des entsprechenden Salzes des Eosin und Erythrosin unlöslich in Wasser. In Gelatine beginnt die Ab- sorption der Farbe bei D ^ E und erhebt sich auf einmal zu einem breiten Maximum, fällt dann wieder plötzlich zu einem Minimum bis D\ E herab ; bei E steigt sie wieder zu einem kleineren Maximum an gerade vor F^ worauf sie rasch auf Null herabsinkt Sein Silbersalz zeigt in Gela- tine eine bedeutende Verschiebung der Absorption gegen das weniger brechbare Ende des Spectrums. Diese beginnt bei C\ D und wird bei X> bis X> } £ ein Maximum , das zweite If aximum erscheint gerade vor E.

Zum Zweck des Sensibilisirens setzte ich 0,02—0,1 g des Farbstoffes zu je 2 g des verwendeten AgBr und fiigte in hei- len Fällen Ammoniak hinzu, sowie genügend viel freies Silber- ütrat, um sich mit dem Farbstoff zu verbinden. Nr. 104 (teilt eine Sensibilitätscurve fiir den grössten Zusatz des Farb- stoffes dar. Das Hauptsensibilitatsband beginnt ungefähr bei C^ D und wächst rasch zu einem Maximum an, dem wieder ein Minimum von D \m D \ E folgt; dann erhebt sich die Sensibilität wieder zu einem zweiten kleinen Maximum bei D\ Ej von welchem aus sie auf Null in dem Blauvioletten herabsinkt Die Absorption beginnt bei C\ D und erhebt sich schnell zu einem Maximum bei />, fällt dann zu einem Minimum bei D\ E herab und erhebt sich wieder zu einem Maximum bei i?, worauf sie bei E\F beinahe ganz ver- schwindet; darüber hinaus zeigt sich nur geringe Absorption. Das Absorptionsband dieser Emulsion ist sehr intensiv, seine Verschiebung ist gegenüber dem Sensibilitätsband nicht sehr gross; dagegen ist sie bedeutend, wenn wir sie mit der Ab- sorption des gefärbten Gelatinehäutchens vergleichen.

Nr. 113 (kurze und lange Expositionen) z^gt die Seusi- bilisirungswirkung bei Zusatz von 1 Proc. des Farbstoffes zu dem vorhandenen AgBr. Es zeigen sich einige kleine Unterschiede zwischen der Farbensensibilität dieser Emulsion

398 J. J. Acworth.

und einer, die mehr Farbe enthält Bei kürzerer Exposition beginnt die SensibiUtät bei C\ D^ wächst zu einem schmalen Maximum an gerade vor D und fällt von D aus in zwei breiten Stufen auf Null bei E\ F\ darüber hinaus zeigt sich nur schwache Sensibilität im Violett. Bei längerer Exposition beginnt die Lichtwirkung bei C\ Dj erhebt sich rasch zu einem breiten Maximum bei D und fällt allmählich h\& D \ Ej und Ton da wieder durch eine breite Stufe bei E\ F fast auf Null bei F, Hier bemerkt man, dass die Verschiebung des Farben* Sensibilitätsmaximums gegen das weniger brechbare Ende des Spectrums nicht so gross ist, als wenn mehr Farbstoff vor- handen ist. Die Absorption dieser Emulsion ist jener der intensiver gefärbten Platte sehr ähnlich, nur sinkt die Absorp- tion auf der brechbareren Seite von E allmählicher zu einem breiten Minimum bei Gj nach welchem sie wieder wächst Diese Abweichung scheint sehr nahe der Sensibilitätscurve derselben gefärbten AgBr-Emulsion zu entsprechen.

Phloxin (Tetrabromdichlorfluoresceln CgoH^Cl^Br^OjK,} ist in seinem physikalischen Verhalten dem Bengala-RoUi sehr ähnlich. Es ist in Wasser leicht löslich und bildet mit AgMO, einen nicht sehr leicht löslichen Niederschlag.

In einem Gelatinehäutchen zeigt eszwei Absorptionsbänder; das erste beginnt bei D \ E und erreicht ein Maximum bei D \ E\ von da sinkt es zu einem Minimum bei D \ E und steigt wieder zu seinem Hauptmaximum ungefähr bei D \ E— E, dann fällt die Absorption anfangs rasch und hernach langsamer gegen F hin. Tetrabromdicblorfluorescelnsilber zeigt in Grela- tine eine kleine Verschiebung des Hauptabsorptionsbandes gegen das weniger brechbare Ende des Spectrums, aber nicht in dem Maasse, wie bei Bengala- Roth.

Beim Sensibilisiren geben 0,1 Phloxin auf je 2 g des in der Emulsion enthaltenen AgBr vortreffliche Resultate. Die Emulsion sensibilisirt für drei Gegenden. Die wenigst brech- bare, der bei weitem die stärkste Sensibilisiinmg entspricht^ beginnt bei C \ D y von hier erhebt sich die Sensibilisi- rung rasch zu. einem Maximum, bei D D\E wird sie ein Minimum. Das zweite Maximum beginnt bei D { E und erreicht den höchsten Punkt bei D \ E, von da tritt ein Minimum der Sensibilisirungswirkuug ein, die auf einer

Seruibilisirte Plauen. 899

Strecke constant bleibt Der dritte, indess nur schwach sensi- bilisirende Bereich liegt zwischen E und F. Diese EmulsionT zeigt Sensibilität im Blau und Violett nur in geringem Maasse. Die Absorption zeigt zwei Bauptmaxima. Das weniger brech- bare mit dem Maximum bei D ist gegenüber dem Sensibili- tätsmaximum, dem es entspricht, nur wenig verschoben. Die Hauptabsorption beginnt bei D \ E, erreicht rasch ein Maxi- mum und fällt wieder bei E gegen G hin, zuerst rasch, aber hernach langsamer; dann steigt sie wieder.

Das Band des Absorptionsmaximums stimmt keineswegs mit dem Band des Maximums der Sensibilisirungswirkung über- ein. Für das am wenigsten brechbare Band ist die Sensibilisi- rung bei weitem am grössten; dagegen entspricht das entspre- chende Absorptionsband einer mittleren Absorption.

Bhodamin. Ich schliesse die Besprechung der Sensibi- lisirungs- und Absorptionswirkung dieser Farbstoffe mit dem Rhodamin, da es eine enge Verwandtschaft mit denen der Eosingruppe zeigt, denn es ist ein Dimethylamidphtale'in. Rho- damin ist leicht löslich in Wasser, auch das Silbersalz löst sich leicht, und zwar noch yiel leichter als das entsprechende Eosinsalz. Ein mit diesem Stoff gefärbtes Gelatinehäutchen zeigt ein xitensives Absorptionsband im Gelben und Qrüuen; im Ver- gleich mit dem entsprechenden des Eosin liegt es weiter gegen len weniger brechbaren Theil des Spectrums zu. Die Absorp- tion beginnt etwas jenseits Z>; ein wenig auf der brechbareren Beite Ton D erhebt sie sich auf einmal zu einem Maximum bis jenseits D\Ej dann fällt sie zuerst rasch und dann lang- em und endet gerade vor F.

Zu sensibilisirenden Zwecken benutzte ich Mengen des Farb- stoffes, die von 0,05 bis 0,2 g auf je 2 g des verwendeten AgBr irariirten, Ammoniak wurde zugesetzt. Nr. 41 stellt die Sensibi- ütatscurve einer Emulsion vor, welche fast 10 Proc. des Farb- stoffes in dem vorhandenen AgBr enthielt Die Sensibilität beginnt bei C\D und erreicht ein auf beiden Seiten von D gleich starkes Maximum. Ueber D hinaus fällt sie zuerst raach und hernach langsamer und endet bei F. Jenseits von F zeigt sich nur wenig blauviolette Sensibilität. Die Absorp- tion dieser Emulsion (Nr. 51) beginnt bei D\E und steigt rasch zu einem ^Maximum beiderseits von Z> | £* an. Hierauf

400 •/. •/. Acworth.

nimmt sie zuerst wieder rasch ab, hernach langsamer nnd endet gänzlich bei F; jenseits F beginnt im Blauen die Ab- sorption wieder. Mit einer Emulsion, die weniger Farb- stoff enthält (ungefähr 5 Proc.), bekam ich eine sehr ähnliche Curve für die Sensibilität (Nr. 47) und für die Absorption (Nr. 54).

Cor allin. Es ist löslich in Alkohol; AgNO, gibt keinen Niederschlag. In einem Gelatinehäntchen ist Corallin durch eine staike Absorption im Blauen charakterisirt (in Alcohol und Wasser liegt diese zwischen dem Gklben und Ghrünen). Die Absorption beginnt ungefähr bei D und erhebt sich nicht be- sonders bis E\ hernach wird sie allmählich grösser und er- reicht ihr Maximum bei F, dann sinkt sie langsam bis un- gefähr G. Darüber hinaus zeigt sich eine gewisse continuirliche Absorption. Meine Negative zeigen scheinbar deutlich eine schwache Wirkung im Bothen zwischen a und B,

Zum Sensibilisiren mit diesem Farbstoff benutzte ich 0,05 bis 0,2 g desselben auf je 2 g des yorhandenen AgBr. Die Sensibilisirungswirkung erstreckt sich auf ein starkes Band, das sich auf beiden Seiten Yon D ausdehnt Auf der einen Seite fällt sie rasch bis D\C und auf der anderen Seite zu- erst rasch bis D\Ej aber hernach langsamer bis Null gerade vor F. Ueber F hinaus beginnt die Sensibilität fbr das Blau- yiolett und variirt im umgekehrten Verhältniss zu der vorhan* denen Farbstoffmenge.

In mit Corallin gefärbten Emulsionen sind die Mazima der Absorption und der SensibiUsirungswirkung sehr weit gegen- einander verschoben. Man darf annehmen, dass die Absorption erst bei D beginnt und ihr Maximum nicht viel vor F er- reicht; jenseits F bleibt sie sich ziemlich constant bis zum Ende des sichtbaren Spectrums.

Mit einem anderen Farbstoff dieser Reihe, fluorescirenden Besorcinblau, stellte ich ein paar Versuche an, ohne indess zu ausgedehnteren Resultaten zu gelangen. Ein Sensibilitäts- maximum reichte von a bis ungefähr B{C. Eine Absorption war unmöglich zu beobachten.

Von den sogenannten Azofarbstoffen exf^erimentirte ich

SensibiliMtrU Platten. 401

mit Azoblau.^) Azoblau ist leicht löslich in Wasser und gibt keinen Niederschlag mit AgNOg.

In einem Gelatinehäutchen zeigt dieser Farbstoff ein breites, aber nicht sehr dunkles Absorptionsband hauptsächlich im Gel- ben des Spectrums. Die Absorption beginnt bei C\D und erreicht etwas vor D ein Maximum. Von DJf an wird sie allmählich geringer und etwas nach E Null.

Zu fEurbensensibilisirenden Zwecken ist ungefähr 0,05 bis 0,1 g auf je 2 g des vorhandenen AgBr zu verwenden. Ich setzte auch 0,05 AgNOj zu, um die Sensibilität zu fördern, aber kein Ammoniak. Die spectrale Sensibilität beginnt auf der weniger brechbaren Seite von A , steigt jedoch bis a nicht stark; bei B erreicht sie ein Maximum, von welchem an sie ü&i auf Null bei D herabsinkt, dann bleibt sie constant bis zum Beginn der Sensibilität im Blau, wo sie rasch zum Hauptmaximum ansteigt. Die Absorption dieser Emulsion be- ginnt gerade vor C, steigt allmählich bis Z>, worauf sie ziem- lich constant bleibt bis nahe an das Ende des brechbareren Theiles des Spectrums, wo sie wieder steigt

Von natürlichen Farbstoffen habe ich nicht sehr viele untersucht

Bei Chlorophyll erhielt ich sehr viele unsichere Resul- tate. Eines von den erfolgreicheren ist in der Zeichnung unter [a^) gegeben, welche die Sensibilitätscurve darstellt. Nr. 2 entspricht der Absorptionscurve derselben Emulsion. Die Sensibilitäts- curve besteht wenigstens aus drei Bändern, die in dem weniger brechbaren Theile des Spectrums liegen. Das erste und haupt- ^^hlichste beginnt bei B und wächst zu einem Maximum bei C an, dann fällt die Absorption zu einem Minimum bei CJZ>. Das zweite Maximum erscheint gerade vor D und das dritte zwischen D und E. Auf der brechbareren Seite ^on E zeigt sich wieder ein Anwachsen der Sensibilität, welche ^ich jenseits von F rasch zum Hauptmaximum erhebt, wobei ^ich die blaüviolette Sensibilität zeigt.

Die Absorption dieser Emulsion ist, was das Haupt- und

weniger brechbare Band betrifft, deutlich ausgeprägt. Dieses

V>eginnt etwas vor C, erreicht bei C\D ein Maximum; jenseits

1] Bezogen von Dr. Schuchardt. Ana. d. Phja. o. Chem. N. F. XLII. 26

I

402 «/. J, Acworth.

desselben ist die Absorption nicht hinlänglich scharf zu ver- folgen, um sie genau zeichnen zu können

Ausser den bereits beschriebenen, habe ich, obgleich er- folglos, mit den folgenden Farbstoffen experimentirt:

Ooeruleln. Von Dr. Schuchardt erhielt ich eine Probe Ton CoerulelQsuliit (Coeruleln S.). Mit dieser Farbe konnte ich keine bestimmbare Farbensensibilität in dem weniger brech- baren Theile des Spectrums erhalten.

Naphtolblau gab mit meinen Emulsionen Schleier.

Methylblau zeigt intensive Bänder, das eine im Orange, das andere im Bothen. Ich gab mir besonders Mühe, mit diesem Farbstoff Resultate zu erhalten, und versuchte zu diesem Zweck jedes Mittel, aber ohne Erfolg. Stets bildeten sich Schleier und ich konnte keinen Weg auffinden, um dies zu vermeiden. Die Quantitäten des angewendeten Farbstoffes variirten von 0,02—0,05 g auf je 2 g des in der Emulsion vorhandenen AgBr. Die meisten dieser Emulsionen zeigten schöne- Absorptions- spectren.

Auch Versuche mit Farbstoffen der Alizaringruppe waren erfolglos. Ich stellte Versuche mit Alizarin, Alizarinblau und Purpurin auf. Die Ursache des Misslingens lag in den Lös- lichkeitsverhältnissen dieser Körper. Mit Purpurin versuchte ich es auf mehrere Arten, eine grössere Quantität des Farbstoffee in die Emulsion einzuführen, aber ohne befriedigende Resultate.

Allgemeine Resultate.

Zur leichteren Vergleichung der vorhergehenden Resultate habe ich sie tabellarisch zusammengestellt. Die Zahlen beziehen sich in der ersten Tabelle auf die Millimeterscala. Aufgeführt sind alle Sensibilitätsbänder sammt ihren Maximis, die Absorp- tionsbänder sammt ihren Maximis sowohl für die reine mit dem Farbstoff gefärbte Gelatine, als auch für die gefärbte Silberbromid- Emulsion.

^1 ^2 ^s ^^^^ ^^^ Sensibilitätsbänder unter „Sensibilität'' und die Absorptionsbänder unter „Absorption''

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Sensibilisirte Platten, 405

In der zweiten Tabelle sind die Wellenlängen aufgeführt für die Sensibilitätsbänder mit ihren Maximis und die Absorp- tionsbänder sammt ihren Maximis für die geßlrbte Silber- Emulsion.

Vergleichen wir die Zahlen für die Absorptionsmaxima und för die Sensibilitätsmaxima, so finden wir: die Lagen der Sensibilitäts- und Absorptionsmaxima, die an dersel- ben Platte bestimmt werden, stimmen nicht überein, die letzteren sind nach dem brechbareren Theil des Spectrums hin verschoben.

Zu beachten sind die folgenden besonderen Fälle:

1) In einigen wenigen Fällen ist die Verschiebung sehr gering, so bei Aldehydgrün, Phloxin, Bengala- Roth und bei einem der Cyaninbänder; in anderen Fällen ist sie sehr bedeutend, so bei Fluorescein, Fuchsin etc.

2) Wenn zwei Sensibilitätsmaxima und auch zwei Ab- sorptionsmaxima existiren, kann sich die Anordnung der Inten- sität in ersteren bei den letzteren umkehren, wie z. B. beim Cyanin.

3) Kommen zwei oder mehrere Absorptionsmaxima vor, so kann für eins oder mehrere derselben kein entsprechendes Sensibilitätsmaximum vorhanden sein, wie bei Jodgrün, Safra- nin etc.

4) Die Verschiebung ist für die verschiedenen Absoiptions- und Sensibilitätsmaxima sehr verschieden, wie oben angeführt wurde, und ebenso für das Maximum der Sensibilisirungs- Wirkung des nämlichen FarbstoflFes selbst, wie bei Cyanin, wenn er Emulsionen verschiedener Silberhaloidsalze zuge- setzt wird.

Das oben aufgestellte allgemeine Endresultat steht, wie es scheint, in naher Beziehung zu dem freilich manchen Aus- nahmen unterworfenen Gesetz von Stokes für die Fluorescenz- erscbeinungen, so wie zu den von H. Ebert u. a. constatirten einseitigen Verbreiterungen der SpectralUnien nach dem Roth.

Die von Messerschmitt, Eder u. a. angestellten Unter- suchungen über die Lage der Absorptionsspectra von Gelatine- blättchen die mit Farbstoffen gefärbt waren und die der Sensibili- tätsmaxima können gleichfalls als eine Stütze für das obige Ergebniss herangezogen werden. Wenn wir nämlich die Zah-

406 J. J. Acwarth. Sensibi/isirte Platten.

len, wie sie oben fbr das Absorptionsmaximum des ge- färbten Gelatinebäutchens allein angegeben wurden , mit den für die Absorption des mit einer Bromsilber-Emulsion gefärb- ten Häutebens angegebenen Zahlen Ycrgleichen, eo finden wir als allgemeine Begel, dass sie nicht bloss einander ent- sprechen, sondern in der Mehrzahl der fälle sehr nahe über- einstimmen. In einigen Fällen jedoch, so z. B. bei Phloxin und Bengala-Roth, zeigt sich eine bedeutende Verschiebung, und zwar besonders bei einem der Absorptionsbänder des Ben- gala-Both.

Die Verschiebung des Maximums der Empfindlichkeit (Sen- sibilität) gegen das Maximum der Absorption hat nicht ihren Grund in der grösseren Dispersion oder Dichte der Brom- silberplatten, sondern findet ihre vollständige E) klärung in der Ton E. Wiedemann gegebenen, oben mitgetheilten theore- tischen Entwickelung.

Am Schlüsse meiner Arbeit möchte ich Hrn. Professor E. Wiedemann für die reichliche Unterstützung, welche er mir hat zukommen lassen, sowie für das Interesse, das er an meiner Arbeit genommen hat, meinen Dank aussprechen. Auch Hm. Dr. Ebert danke ich bestens für die Freundlichkeit, mit welcher er mir immer zu helfen bereit war.

Erlangen, im Mai 1890.

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III. Veber die mechanischen Wirkungen electrischer Drahtwellen; van H. Hertz»

Die Untersuchung der mechanischen Kräfte, welche ein Leiter im Inneren eines electrischen Wellenzuges erfährt, erschien mir wünschenswerth aus verschiedenen Gründen. Erstens können diese Kräfte ein Mittel zur quantitativen Untersuchung solcher Wellen abgeben, falls sie sich mit hin- reichender Stärke und Regelmässigkeit zur Beobachtung bringen lassen. Bisher hat zu quantitativen Bestimmungen fast nur die Wärmewirkung der Wellen gedient, welche in den Händen der Herren Bubens und Bitter^) vortreflfliche Resultate gab, vor welcher aber die Beobachtung der mecha- nischen Kräfte in vielen Fällen den Vorzug grösserer Ein- fachheit besitzt. Zweitens erwartete ich in der Betrachtung der Art und Yertheilung der mechanischen Kräfte ein Mittel zu finden, um das Vorhandensein der magnetischen Kraft neben dem der electrischen zu erweisen. In allen bisheri- gen Beobachtungen hat sich allein die electrische Kraft offenbart ^ und da zur Nachweisung der magnetischen Kraft die gewöhnlichen Mittel versagen, so erschien es nicht un- interessant, ein neues Mittel auf seine Brauchbarkeit zu prüfen. Drittens endlich und dies war der eigentliche Zweck meiner Untersuchung hoffte ich, die Beobachtungen an Wellen im freien Lufträume anstellen zu können, unter Um- ständen also, unter welchen die etwa eintretenden Bewegun- gen nicht auf irgend welche Fernkräfte zurückgeführt werden könnten. Diese letztere Hoffnung wurde durch die Schwäche der Wirkung unter solchen Umständen vereitelt; ich musste mich begnügen, die Wirkung der in Drähten fortgeleiteten Wellen zu verfolgen, obwohl dabei das Interesse der Ver-

1) H. Kubens a. R. Kitter, Wied. Ann. 40. p. 55. 1890.

2) Wenn ich selber früher gelegentlich von der Beobachtung der Kno- ten der magnetiBchen Wellen gesprochen habe, so war diese Ausdrucks- weise nur durch die Theorie gerechtfertigt, nicht durch die Versuche gefordert

408 Ä Hertz.

suche in dem wichtigsten Punkte verloren ging. Die mecha- nischen Wirkungen der Drahtwellen kann und wird man ansehen als die Anziehungen der auf den Drähten sich an- sammelnden Electricitäten und der in denselben fliessenden Ströme. Zu einer Entscheidung zwischen älteren und neue- ren Anschauungen können demnach die Versuche mit Draht- wellen nicht angezogen werden. Stellen wir uns freilich von vornherein auf den Standpunkt, von welchem aus die Draht- wellen nur als eine besondere Form der in Luft fortgeleite- ten Wellen erscheinen, so ist es gleichgültig, an welcher von beiden Formen wir die Versuche anstellen.

1. Das benutzte Welleosystem.

Nachdem ich verschiedene Anordnungen der Wellen geprüft und dabei in den wesentlichen Punkten überein- stimmende Resultate erhalten hatte, blieb ich bei der An- ordnung Hm. Lecher's^) als der für reine Versuche geeig- netesten stehen. Fig. 1 zeigt die Form derselben.

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Fig. 1.

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AA ist derselbe Leiter, welcher früher stets als pri- märer Leiter verwendet wurde, bestehend aus zwei quadra- tischen Platten von 40 cm Seitenlänge und einem Verbin- dungsdraht von 60 cm, welcher die hier etwa 2 mm lange Funkenstrecke enthielt. Als Erreger diente ein kleines In- ductorium , dessen grösste Funkenlänge nur 4 cm betrug, gespeist durch zwei Accumulatoren. Die einzelne Entladung dieses kleinen Apparates war zwar weniger wirksam als die eines grossen Inductoriums, dieser Ausfall aber wurde durch die schnellere Folge der Entladungen mehr als compensirt Den Platten A und A' stehen in 10 cm Abstand gegenüber die Platten B und B'j von welchen aus zwei parallele, etwa 80 cm voneinander entfernte Drähte bis auf eine Entfernung

1) E. Lecher, Wied. Ann. 41. p. 850. 1890.

Mechanische IVirkung electrischer DrahUtelkn, 409

von 6,8 m fortlaufen , um sich dort zwischen & und b' mit- einander zu vereinigen. In einer variabeln Entfernung vom Ursprung bei aa sind diese Drähte durch eine zweite Ver- bindung, die Brücke, mit einander in Verbindung gesetzt. Bei einer gewissen Einstellung dieser Brücke, etwa 1,2 m von BB' entfernt, entsteht in dem Interval zwischen aa und bb' eine sehr lebhafte Schwingung, welche die halbe Wellenlänge einer stehenden Welle darstellt und welche, wie Hr. Lecher nachgewiesen hat, erregt wird durch Resonanz zwischen dieser Schwingung selbst und der primären Schwin- gung, welche sich hier in dem Lufträume zwischen AA' einer- seits und Baa B' andererseits ausbildet. Eine Verschiebung der Brücke vergrössert gleichzeitig die eine der beiden Schwingungsdauern und verkleinert die andere, daher die besondere Schärfe der Einstellung bei dieser Anordnung. Ausser ihren allgemeinen Vorzügen bietet dieselbe für unse- ren augenblicklichen Zweck noch eine Reihe besonderer Vortheile. Da die zu beobachtenden Kräfte sehr klein sind, so haben wir die denselben unterworfenen Leiter vor frem- den electrostatischen Einflüssen sorgfältig zu schützen. Dies ist in der benutzten Anordnung möglich, weil die Drähte, welche wir den Prüfungskörpern nothwendig nähern müssen, ein in sich zusammenhängendes Leitersystem darstellen. Um- geben wir in unseren Versuchen die wirksamen Theile mit einem Drahtnetz, welches wir mit den Knotenpunkten in und bb' in Verbindung setzen, so ist ohne Störung der Schwingung der Schutz ein vollkommener. In dieser Weise wurde also in den Versuchen verfahren. Da ferner die Leiter, welche wir im Folgenden dem Einfluss der Kräfte unter- werfen, nicht wie die früher benutzten Resonatoren eine be- stimmte Schwingung aus der gesammten Bewegung heraus- lesen, so erhalten wir von vornherein unübersichtliche Re- sultate, wenn wir nicht auf anderem Wege Sorge dafür tragen, eine reine Schwingung von bestimmter Wellenlänge und be- kannter Lage der Knoten zu erregen. Bei der obigen An- ordnung ist dieser Bedingung genügt, es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Punkte aa und bb' Knotenpunkte s&mmtlicher zwischen ihnen erregten Schwingungen sind und dass unter diesen nur die längste Schwingung durch Reso-

410 H. HerU.

nanz verstärkt zu merklicher Höhe anschwillt. Dass wir uns mit der Untersuchung einer halben Wellenlänge begnü- gen, ist offenbar keine Beschränkung der Versuche. Bnd- lich sind die Verhältnisse unserer Schwingung ziemlich un- abhängig davon, ob die beiden Drähte geradlinig ausgespannt oder in beliebiger Weise gekrümmt nebeneinander verlaufen, in ähnlicher Weise wie es für die akustischen Schwingungen der Luft in Röhren nicht sehr wesentlich ist, ob die Röhren gerade oder gekrümmt sind. Wir können demnach mit Leich- tigkeit unsere Schwingung in alle möglichen relativen Lagen zu dem in fester Lage gehaltenen Prüfungskörper bringen. In der That wurden die verschiedenen relativen Lagen stets durch Verschiebung der Drähte hergestellt, auch in den Fällen, in welchen im Folgenden so gesprochen wird, als habe man den Prüfungskörper verschoben.

2. Die electrische Kraft.

Zur Messung der mechanischen Wirkung der electriscfaen Kraft benutzte ich ein cylindrisches Röhrchen von Goldpapier von 6,5 cm Länge und 0,7 cm Durchmesser. Dasselbe war mit horizontaler Richtung der Axe an einem Coconfaden aufgehängt, ein sehr kleiner Magnet gab dem Röhrchen eine feste Ruhelage, ein kleiner Spiegel gestattete die Ablenkun- gen aus derselben zu messen. Das ganze System hing in einem Glaskästchen. Fig. 2 gibt ein Bild des kleinen Appa- rates. Wurde derselbe der Wirkung der Schwingung unter- worfen, so suchte sich die Nadel in die mittlere Richtung der electrischen Kraft einzustellen und Ablenkungen aus der Ruhelage erfolgten. Um denselben grössere Werthe zu er- theilen, näherte ich in der Nähe des Apparates die beiden Drähte einander und dem Prüfungskörper bis auf einige Centimeter und verstärkte sie gegenüber den Enden des letzteren durch kleine Platten, wie es für einen besonderen Fall in der Figur angedeutet ist. Unter diesen Verhält- nissen waren erste Ausschläge von 100 Scalentheilen und grössere zu erhalten. Die Regelmässigkeit, mit welcher diese ersten Ausschläge erfolgten, war befriedigend; bei mehrfacher Wiederholung desselben Versuches wichen die Einzelresultate nur um wenige Procent voneinander ab. Die Unterschiede

zr.

Mechanische IVirkuag eUctrUcher Drahtweikn. 411

der einzelnen EotlftduDgeD dfirften riel grOsaer seiD, aler der Ausschlag der Nadel gibt schon die mittlere Wirkunt; von sehr vielen Entladungen. Als Beispiele für die Brauchbar- keit dieser Ablenkungen zu mes- senden Versuchen führe ich zwei Beobachtungsreihen an. Durch die erste derselben sollte die Wirksamkeit der Resonanz zur Anschauung gebracht werden. Der Apparat wurde bei c im Bauche der Schwingung aufge- stellt, die Drähte ab und a'b' wurden in der Weise demselben genähert, wie es Fig. 2 angibt. Nun wurde die Brttcke aa' in verachiedenen Entfernungen e vom Ursprung BB' der Drabt- leitong aufgelegt, der Induc- tionsapparat in Thätigkeit ge- setzt und die Gr&sse i des ^1 ersten Ausschlages gemessen. Die zasammengehörigen Werthe von des Maximams waren:

' und

Fig-. 2.

in der Nähe

100 110 120 ISO 140 150 I 21,8 C>1,2 44,1 19,3 10,8 5,1

160 cm 4,2 Scth.

Trägt man die Ausschläge graphisch auf, so siebt man, dass dieselben einen regelmässigen Verlauf und ein ausge- sprochenes Maximum zwischen 110 und 120 cm zeigen. In der That erreichten die Ausschläge ihren grössten Werth I = 60,6 Scalenth. bei e = 114 cm.

Die zweite Beobacbtungsreihe sollte die Abnahme der Intensität der Schwingung vom Bauche c gegen den Knoten b hin Teranschaulichen. Zu dem Ende wurde diese Strecke in 12 gleiche Abschnitte getheilt und der Apparat in die 13 Endpunkte dieser Abschnitte eingeschaltet. Es wurden die folgenden ersten Ausschlaget erhalten:

Nr. 1 2 3 4 6 e 7 S 9 10 11 12 13 i = 80,6 80,5 79,0 77,0 66,6 67,8 50,0 38,5 27,5 17,5 7,0 1,0 0

412

H. HtrU.

Aach diese Werths zeigen einen hinreicheod glatten Verlauf, um darnach die Form der Schwingung beortheilen und sich überzeugen zu kfinnen, dass dieselbe von einer ein- fachen Sinne Schwingung merklich abweicht

Andere Versuche, welche ich anstellte, betrafen die Bichtung der etectrischen Kraft in der Nachbarschaft der Dr&hte überhaupt; diese Versuche ergaben keine Thataaches, welche nicht bereits Torher als feststehend gelten konnten. In dem Zwischenräume der Drftbte suchte sich die Nadel in die kürzeste Verbindungslinie der Drfthte einzustellen, ausserhalb dieses Zwischenraumes strebte sie die Richtong auf den nächstgelegenen Draht hin anzunehmen. Es wurden also stets die Enden des RShrchens Ton den näcbs^elegenen Theileu der Dr&hte scheinbar angezogen.

3. Die magnetische Kraft Zum Nachweis der magnetischen Kraft diente ein kreis- förmiger Keif Ton Aluminiumdraht. Der Durchmesser des Reifs betrug 65 mm, der des Drahtes 2 mm. Der Reif wurde nm einen seiner Durchmesser drehbar aufgehängt, und wie Torher der Cylinder mit Magnet, Spiegel und Q-Usgehäuse verse- hen. Fig. 3 gibt eine Skizie des nunmehr benutzten Apparates. Sehen wir zunächst für einen Augenblick von unserer Kennt- niss der magnetischen Kraft ab, so werden wir Termuthen, dass sich der Reif unter dem Einfluss der Schwingung ebenso wie der Cylinder verhält, und dass dabei die Richtung der grössten Ent- fernungen Ton der Drehungsaxe, also der horizontale Durchmes- ser des Reifs die Rolle der Ijängsaxe des Cylindere über- nimmt. Wir werdeo also ver-

I'ig. !

Mechanische Wirkung ekctnscher DrahtweUen, 4 IS

mutheiiy dass die Endpunkte des horizontalen Durchmessers überall von den nächstgelegenen Theilen der wellentragenden Drähte angezogen werden, dass diese Wirkung am grössten ist im Bauche der Schwingung und wegfällt in der Nähe der Knoten, woselbst die electrische Kraft verschwindet. Hängen wir nun aber wirklich den Reif in dem Knoten bb' auf, in der Weise, wie es die Fig. 3 angibt, so sehen wir andere unerwartete Erscheinungen eintreten. Erstens bleibt unter dem Einfluss der Schwingung der Ring nicht in Ruhe, son- dern nimmt Ablenkungen an von derselben Grössenordnung wie diejenigen,. welche der Cylinder im Bauche der Schwin- gung zeigte. Zweitens zeigt die Richtung der Ablenkung keine Anziehung, sondern eine Abstossung der benachbarten Punkte des Reifes und der Drähte an. Dass die Abstossung eine Folge der Schwingung selbst ist, geht daraus hervor, dass sich ihre Grösse nach dem gleichen Gesetze durch die Resonanz bestimmt erweist, wie die der electrischen Wirkung. Belassen wir den Reif im Inneren der Drahtschleife bb\ ändern aber im übrigen die relative Lage der letzteren gegen ersteren, so finden wir, dass der horizontale Durchmesser stets und von allen Seiten einer Richtung zustrebt, welche auf der Ebene der Drahtschleife senkrecht steht Ohne anderweitig gewonnene Kenntniss, allein aus diesen Versu- chen dürfen wir also aussagen, dass sich neben der elec- trischen Schwingung noch eine Schwingung anderer Art geltend mache, deren Knotenpunkte nicht mit jener der electrischen Schwingung zusammenfallen, dass diese Schwin- gung, wie die electrische sich durch eine gerichtete Zustands- änderung des Raumes bemerkbar mache, dass aber die charakteristische Richtung der neuen Schwingung auf der der electrischen senkrecht stehe. In Wahrheit werden wir, über die Beobachtung hinausgehend, die neue Schwingung ohne weiteres mit der von der Theorie geforderten magne- tischen Schwingung identificiren. Die schnell wechselnde magnetische Kraft muss in dem geschlossenen Reif einen in gleichem Rythmus wechselnden Strom induciren und auf diesen zurückwirkend den Reif ablenken. Die magnetische Kraft hat ihren grössten Werth im Knoten der electrischen Schwingung und ihre Richtung ist daselbst senkrecht auf

414 H. Hertz.

der Ebene der Drahtschleife. Dass sie eine Abstossung der benachbarten Theile des Reifes and der festen Dr&hte be- wirken musSy erkennen wir am schnellsten, wenn wir sie als die Wirkung der in diesen Bahnen umlaufenden Ströme be- trachten. Der in dem Beif inducirte Strom muss im Inneren des Beifes beständig den Einfluss der inducirenden Strömung aufheben, also dieser in jedem Augenblicke entgegengerichtet sein, demnach von ihr abgestossen werden.

Alle weiteren Bewegung^erscheinungen, welche man an dem aufgehängten Reif wahrnimmt, fügen sich ohne Zwang der gegebenen Erklärung. Complicationen treten unter Um- ständen ein. Belassen wir zum Beispiel die Anordnung in dem Zustande, welchen Fig. 8 uns angibt, entfernen dabei aber den Reif von dem Knoten bb' gegen den Bauch der Schwingung hin, so nimmt die Abstossung sehr schnell ab, wird in einiger Entfernung Null und geht dann in eine An- ziehung über, welche bis zur Erreichung des Wellenbauches zunimmt. In einem besonderen Falle betrug zum Beispiel die Abstossung bei bV 20 Scalen theile, verschwand in einer Entfernung von 95 cm vom Ende und ging in eine Anziehung über, deren Maximalwerth durch 44 Scalentheile gemessen wurde. Offenbar erklärt sich dieser Verlauf nicht aus dem Verhalten der magnetischen Kraft allein, sondern aus dem Zusammentreffen derselben mit der electrischen Kraft, von welchen die letztere bei c, die erstere bei bb' bedeutend über- wiegt. Wir können diese Vermuthung bestätigen und den Verlauf der magnetischen Schwingung verfolgen, indem wir die electrische Kraft eliminiren. Zu dem Ende stellen wir parallel den Drähten ab und ab' zwei weitere, aber nur etwa 20 cm lange Drähte in solcher Lage auf, dass dieselben sym- metrisch zu den Drähten ab und ab' in Bezug auf die Ruhe- lage des Reifes liegen, wie es die punktirten Linien a^ b^ und a/Ä/ der Fig. 3 angeben. Wir verbinden ab mit a^b^ und ab' mit a^b^'. Hierdurch ist offenbar die electrische Wir- kung fast aufgehoben, die magnetische nur wenig beein- trächtigt. In der That beobachten wir nunmehr in allen Entfernungen eine Abstossung des beweglichen Ringes von den festen Drähten. Diese Abstossung nimmt von den Enden der Schwingung gegen ihre Mitte hin beständig ab und er-

Mechanische Wirkung electrischer Drahtwellen, 415

reioht dort ein Minimum, in dem erwähnten Beispiel ein solches von 4 Scalentheilen. Wäre die electrische Schwin- gung eine reine Sinusschwingung, so müsste in ihrem Bauche die magnetische Kraft verschwinden; schon aus der Verthei- lung der electrischen Kraft sahen wir, dass diese einfache Voraussetzung nicht genau zutrifft, und so können wir auch den Rest der magnetischen Kraft im Bauche der Schwingung wohl verstehen.

Die mechanischen Wirkungen der electrischen und der magnetischen Kraft erweisen sich, wie es der Theorie ent- spricht, im allgemeinen von gleicher Grössenordnung; das Ueberwiegen der einen oder der anderen in jedem besonderen Falle ist wesentlich von den Verhältnissen der nächstbenach- barten Theile des Binges und der festen Leitungen bedingt. Je mehr sich dieselben verschwindend dünnen Drähten nähern, desto mehr vermag die magnetische Kraft zur Geltung zu kommen, je breitere Flächen sich dieselben zuwenden, desto mehr wird die magnetische von der electrischen Kraft in den Hintergrund gedrängt. Schon aus den einfachen Bei- spielen von Leiterformen, welche wir zur näheren Unter- suchung herausgehoben haben, geht hervor, dass ein beliebig gestalteter Leiter im Inneren eines electromagnetischen Wel- lenzuges verwickelte und nicht immer leicht versUlndliche Be- wegungsantriebe erfahren muss.

Bonn, im Januar 1891.

IV. Ueber die Untersuchung electrischer Schtvingungen mit Thermoelementen f

van Igna» Klemencic.

(Aus den Sitzungsber. der kais. Acad. d. Wiss. in Wien, math.-natarw. Classe, Bd. 99 Abth. IIa. Juli 1890 mit einigen Ergänzungen mitgetheilt

vom Hm. Verf.)

Die grosse Wichtigkeit der Hertz'schen Entdeckungen bringt es mit sieb, dass sich die Physiker lebhaft bemühen^ neue Beobachtungsmethoden zu erfinden, theils um die Ver- suche einem grösseren Zuhörerkreise in objectiver Weise zu zeigen, theils um genaue quantitative Messungen aus^führen. In dieser Beziehung seien erwähnt die Methoden von Wie- chert^), Fitzgerald'), Boltzmann^, Dragoumis^) und die von Rubens und Ritter') angewendete bolometrische Methode, mittelst welcher die beiden zuletzt genannton Be- obachter das Verhalten von Drahtgittern gegen electrische Schwingungen quantitativ untersuchten. Nachfolgend will ich einige Messungen beschreiben, welche ich mit einem zwischen die beiden Secundärinductoren eingeschalteten Ther- moelemente machte. Es wurde auf diese Weise der aus dem Primärspiegel tretende Strahl längs seiner Axe und senk- recht zu derselben untersucht und weiter die Verstärkungs- zahl eines Secundärspiegels bestimmt Unter der Verstär- kungszahl verstehe ich dabei das Verhältniss der vom Ther- moelemente angezeigten Energie, wenn sich dasselbe im Secundärspiegel befindet, zu jener, welche es anzeigt, wenn es an derselben Stelle im Räume, aber ohne Secundärspiegel aufgestellt wird. Ich machte auch einige Messungen mit dem Bolometer, allerdings nicht mit einer Doppelbrücke nach

1) Wiechcrt, Tageblatt der Natnrforscherversamml. zu Heidelbeig. 1889. p. 212.

2) Fitzgerald, Nature. 41. p. 295. 1890.

3) Boltzmann, Wied. Ann. 40. p. 399. 1890.

4) Dragoumis, Nature. 559. p. 548. 1889.

5) Rubens u. Ritter, Wied. Ann. 40. p. 55. 1890.

Electrische Schwingungen,

417

Art der von Rubens und Ritter angewendeten, sondern mit einer einfachen, welche mir auch ganz gute Resultate lieferte; fQr die erwähnten Messungen schien mir jedoch die Anwendung von Thermoelementen zweckentsprechender. Ein nicht geringer Vorzug der letzteren liegt darin, dass die Compensation der Widerstandsveränderungen gänzlich ent- fällt. Durch Wahl passenderer Drähte und Combinirung Ton mehreren Elementen kann jedenfalls die Empfindlichkeit der hier beschriebenen Methode noch bedeutend gesteigert werden, und dieser Bericht möge daher nur als ein vorläu- figer angesehen werden.

1. Die Beobachtangsmethode and die Thermoelemente.

Zwischen den beiden einander zugekehrten Enden eines Secundärinductors ist in einer aus der Fig. 1 ersichtlichen Weise ein Thermoelement, bestehend aus einem Platin- und

Fig. 1.

einem Patentnickeldrahte ^), angebracht. Bei c ist die Löth- stelle, wo die beiden feinen Drähte zusammenstossen. Die Entfernung ab beträgt 3 cm und ac ist ungefähr gleich cb. Bei a und b sind die Drähte an die Secundärinductoren, bei d und e an einen 1,2 mm dicken Kupferdraht {l^^ l^ und dieser wieder an den Secundärinductor angelöthet. Das ganze Element sammt den Secundärinductoren wird von Glasplatten eingeschlossen, so dass es vor Luftströmungen

1) Eine von Basse und Salve in Altena erzeugte Metalllegirang, welche sich zur Anfertigung von Widerständen besonders gut eignet. Die Legirang wurde untersucht von Feussner und Lind eck (Zeitschr. f. Instrumentenk. 9. p. 233) und auch vom Verfasser (Wien. ßer. 97, p. 838. 1888), wobei sie jedoch fälschlich als Nickelin bezeichnet wurde.

Ann. d. Phy». u. Chem. N. F. XLM. 27

418 l Kkmendii.

und Beschädigungen geschützt ist (vgl Fig. 2). Eine in der Mitte des Elementes um die 'Glasplatten gelegte Lage von Baumwolle soll den Einfluss der äusseren Temperaturschwan- kungen vermindern«

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Fig. 2.

Von den Eupferdrähten führt eine Leitung zu dem in einem Nebenzimmer befindlichen Oalvanometer, an welchem die durch die Temperaturänderungen der Löthstelle beding- ten Ströme beobachtet werden. Der benutzte Patentnickel- draht hat eine Dicke von 0,11 mm, der Flatindraht eine solche von 004 mm (Wollaston'scher Draht). Die thermo- electrische Kraft dieser Combination beträgt 24,8 Microvolt pro 1^. Besser als diese Combination würde sich ein Ele- ment' aus Eisen und Patentnickel mit einer thermoelectri- sehen Kraft von 43 Microvolt pro 1^ empfehlen, falls nur solche Drähte von genügender Feinheit zu erhalten wären. Mit einem einzigen Elemente lassen sich vergleichende Mes- sungen an verschiedenen Stellen des von den Strahlen be- schienenen Raumes ziemlich schwer ausführen, da die Grösse der Wirkung von der BeschafiFenheit der Oberfläche der Pri- märinductoren abhängt und diese letztere mitunter sehr rasch wechselt und selbst nach jedesmaligem Putzen kaum immer die gleiche wird. Man überwindet zum Theil diese Schwie- rigkeiten, wenn man gleichzeitig zwei Secundärinductoren mit den entsprechenden Elementen in die Galvanometer- leitung einschaltet und von diesen das eine als Normal- element an irgend einer passenden Stelle des beschienenen Raumes dauernd aufstellt, das andere aber an die zu unter- suchenden Stellen bringt. Beobachtet man dann immer die Summe und die Differenz der Wirkung, so bekommt man Daten, die miteinander gut vergleichbar sind. Es braucht kaum erwähnt zu werden, dass für eine und dieselbe Auf- stellung Summe und Differenz mehrmals hinter einander be- obachtet wurden, um auf diese Weise die allmählichen Ver- änderungen der Funkenwirkung zu eliminiren.

Eleetrisehe Schwingungen. 419

Ein einziger Funke ist nicht genügend wirksam , um eine am Galvanometer beobachtbare Erwärmung der L5th- stelle hervorzubringen; ich habe daher immer eine Reihe von Funken (ungefähr 100) durch 10 Secunden lang erregt, sowie es die Herren Rubens und Ritter (1. c.) bei ihrer bolo- metrischen Methode machten. Vor Beginn der Funkenerregping wurde der Stand der Galvanometernadel, sodann die unter dem Einflüsse des 10 Secunden dauernden Funkenstromes erreichte grösste Ausweichung und schliesslich der erste Um- kehrpunkt nach Aufhören der Funken abgelesen und die Differenz zwischen der grössten Ausweichung und dem Mittel der beiden anderen Ablesungen als beobachteter Ausschlag notirt Dieser Ausschlag ist dann ein Maass für die im Thermoelemente entwickelte Energie.

2. Die Spiegel und die Indactoren.

Die Spiegel sind genau nach den Angaben von Hertz ^) hergestellt. Zur Erregung der primären Schwingungen dien- ten zwei verschiedene Inductorenpaare; das eine, in der von Hertz (1. c.) angegebenen Grösse verfertigt, war in mehre- ren, aus verschiedenem Material hergestellten Exemplaren vorhanden ; das zweite Paar war aus Messing und doppelt so lang als das erste; die übrigen Dimensionen waren bei bei- den gleich. Die Primärinductoren wurden durch Messing- hülsen in der gewünschten Lage im Spiegel gehalten.

Von den verschiedenen Materialien, welche zur Herstel- lung der Primärinductoren verwendet wurden, hat sich Platin am besten bewährt. Messing oder Kupfer geben zwar ebenso gute Resultate; allein bei diesen vermindert sich die Wirkung nach dem Putzen ziemlich rasch, während er beim Platin längere Zeit ungeschwächt bestehen bleibt. Bei allen Mes- sungen, wo ein Funkenstrom zur Verwendung kommt, empfiehlt es sich daher, die einander zugekehrten Oberflächen des In- ductionspaares aus Platinblech herzustellen. Die Funken- strecke zwischen den Primärinductoren betrug 3 mm. Die Reinigung der Kugeln geschah mit Wienerkalk und Alkohol mit Wasser.

1) Hertz, Wied. Ann. 36. p. 769. 1889.

27

420 1. KlemeniiL

Die primären Funken wurden mit Hülfe eines grossen, durch zwei Accumulatoren betriebenen Inductoriums (ron Siemens und Halske) erregt. Statt des Foucault' sehen Interruptors benutzte ich einen Torsionsinterraptor, der nach den von Paul Czermak^) angegebenen Principien construirt ist Durch Belastung des schwingenden Hebels wurde die Schwingungszahl auf 10 in der Secunde herab- gedrückt. Bei dem verwendeten Inductorium empfiehlt es sich nicht, eine grössere Häufigkeit der Unterbrechungen zu gebrauchen, weil sich dann der Eisenkern des Inductoriums zu wenig magnetisirt.

Die secundären Inductorenpaare waren in ähnlicher Weise wie die von Bubens und Bitter verfertigt. Sie be- standen aus breiten Streifen Messingblech. Bubens und Bitter bekamen mit dem Bolometer eine sehr gute Wir- kung bei Anwendung von 10 cm breiten Stanniolstreifen. Um einen Einfluss der Breite des Inductors zu constatiren, hatte ich drei verschiedene Paare von je 2,5, 5,0 und 10 cm Breite zur Verfügung; die Länge war bei allen die gleiche und zwar 30 cm für jede Inductorhälfte. Das verwendete Messingblech hatte eine Dicke von 0,25 mm. Obwohl eine sichere Angabe über den Zusammenhang zwischen der Breite des Inductors und der beobachteten Wirkung nicht gemacht werden kann, da ja die verschiedene Menge des an der Löth- stelle haftenden Zinns eine solche nicht zulässt, so kann man aus den Beobachtungen doch mit einiger Wahrschein- lichkeit schliessen, dass die verschieden breiten Elemente unter sonst gleichen Umständen auch ganz gleich wirken würden und dass ein Einfluss der Breite kaum vorhan- den ist.*)

1)P. Czermak, Centralzeitung für Optik u. Mechanik. 9. Jahrg. 88. Nr. 14. p. 157.

2) In neuerer Zeit habe ich neben den oben erwähnten drei Induc- torenpaaren noch ein solches mit 1 cm Breite untersucht und die Ther- moelemente der vier Inductoren mittelst gewöhnlicher Condensatorent- ladungen untereinander verglichen. Hierbei zeigte es sich, dass die durch Hertz^sche Schwingungen inducirte und vom Thermoelement angezeigte Energie der Quadratwurzel aus der Breite des Secundärinductore propor- tional ist.

Electrische Schwingungen. 421

S. Das Galyanometer.

Das benutzte GalyaDometer ist ein Thomson'sches von Carpentier in Paris mit Rollen aus 0,8 mm dickem Drahte und 5,7 Ohm Widerstand bei 18 ^ Die Entfernung der Millimeterscala vom Spiegel betrug 1800 mm und die Schwin- gungsdauer der Galyanomtternadel 12,4 Secunden. Ein ein- seitiger Ausschlag von 1 mm zeigte eine Stromstärke von 3,5 X 10'^ Ampöre an. Der gesammte Widerstand des Gal- vanometers der Thermoelemente und der Zuleitungsdr&hte machte 10,3 aus.

4. Resultate.

Nachfolgend bezeichne ich mit D die Entfernung der Primär- von den Secundärinductoren, mit S das Standard- element, mit T das bewegliche Thermoelement und mit a den beobachteten Galvanometerausschlag. Bei allen Ver- suchen habe ich den Primärspiegel verwendet. Es sei femer bemerkt, dass der Funkenstrom mittelst eines Schlüssels vom Beobachtungsstuhle erregt werden konnte. Als Beispiel führe ich in Tab. 1 eine Beobachtungsreihe an, welche unter fol- genden Bedingungen gemacht wurde. T im Secundärspiegel. 5 41 cm von der Mitte des austretenden Strahles und 19 cm Tor der vorderen Begrenzungsebene des Primärspiegels. Die kleineren Primärinductoren, Z>= 2,85 cm. T+ S bedeutet, dass beide Elemente im gleichen Sinne, T— S, dass sie im entgegengesetzten Sinne wirkten. Es wurde immer S com- mutirt

Tabelle 1.

T+S T-S

Ti8

a

36,0 41,5 42,6

26,0 30,7

5,S

Die angeführte Beobachtungsreihe ist eine solche von mittlerer Qualität, was die Constanz und Grösse des Aus- schlages anbelangt. In beiden Richtungen werden gewiss noch bedeutende Verbesserungen zu erreichen sein.

422

L KlemenSii.

a) Die Energievertbeilung senkrecht zur Mittel- linie des austretenden Strahles. Die Anordnung ist aus Fig. 8 ersichtlich. D = 1,26 m, diesmal gez&hlt von den

Primftrinductoren bis zu dem mit

0 bezeichneten Punkte der in der Figur verzeichneten Scala; an dieser selbst sind die Entfernungen in Cen- timetem ausgedrückt und in der nachfolgenden Tab. 2 mit e bezeich- net. Bei diesen Beobachtungen wurde der Secundärspiegel nicht verwendet. Der Ausschlag a ist fdr ^«0 gleich

1 gesetzt. Kl. P. 1., Gr. P. I bedeu- tet, dass resp. das kleine oder das grosse Primärinductorenpaar verwen- det wurde. Es sei noch bemerkt, dass der Primärspiegel nur für die kleineren Primärinductoren abgestimmt ist^), nicht aber fCLr die grossen. Das Normalelement befand sich in einer Entfernung von 22 cm von der Mittellinie des Strahles.

5*

60 40 20

' » t » > I 80 iiO 60

Fig. 8.

Tabelle 2.

0

KL P. I.

Gr. P. I.

^

ff

0

1

1

15

1,05

0,87

30

0,H7

0,56

45

0,37

0,49

60

0,17

0,45

75

0,12

0,26

Durch die Zahlen der angeführten Tabelle ist die con- centrirende Wirkung des Primärspiegels deutlich ausgedrückt. Bei Anwendung der kleineren Primärinductoren ist eine Strecke von 15 cm nach jeder Seite der Mittellinie ziemlich homogen. Der Werth von a für « = 15 deutet ein kleines Maximum an. Bei allen diesen Versuchen ist jedoch zu be- achten, dass in einem geschlossenen Locale Störungen durch die Umgebung wohl kaum zu vermeiden sind. Insbesondere bei Messungen ohne Secundärspiegel werden Beugungen und Eeflexionen vielfach störend einwirken, sodass die obigen Zah-

1) Vgl. Hertz, Wied. Ann. 36, p. 772. 1889.

Ekctrische Schwingungen.

423

len nur ein angenähertes Bild des Verlaufs der Energie dar- bieten.

b) Die Energievertbeilung längs der Mittellinie des Strahles. £s wurden Versuche bei zwei verschiedenen Werthen von D mit und ohne Secundärspiegel , sowie mit den kleinen und grossen Primärinductoren gemacht. Tab. 8 bezieht sich auf die Versuche ohne Secundärspiegel, Tab# 4 auf jene mit Secundärspiegel, im letzteren Falle konnten die Entfernungen D natürlich bedeutend grösser genommen werden. T: 8 bedeutet wieder das Verhältniss der von T und 8 angezeigten Energie. 8 befand sich 41 cm von der Mitte und 19 cm von der vorderen Begrenzungsfläche des Primärspiegels D entfernt. Der Ausschlag a für das klei- nere Z> ist =1 gesetzt. *)

Tabelle 3.

(Ohne SecondärspiegeL)

D

1 Kl. P. I.

Gr. P. I.

m m

T: S 1 «

TiS 1 «

'1,25

2,85

8,26 1 ; 0,80 0,245

1,98 1 0,60 0,*811

Tabelle 4.

(Mit Secundärspiegel.)

D

m

Kl.

P. I.

Gr. P. I.

m m

TiS a

TiS

o

2,85 6,72

5,6

1,8

1 0,821

1,61 0,44

1 0,272

Es liegen zu wenig Beobachtungen vor, um ein genaues Gesetz für die Energieabnahme längs der Mittellinie des Strahles aufzustellen, das kann man jedoch mit einiger Wahrscheinlichkeit sagen, dass die Energie weniger rasch als das Quadrat der Entfernung D abnimmt. Bei diesen Versuchen ist zu beachten, dass der Secundärspiegel auf das Normalelement zurückwirken kann, dass es also bei ver-

\) Ausführlichere Daten für den Fall „Kl. P. J. ohne Secundärspie- gel'' gibt die folgende Tabelle:

Dia m

T:S

a

rt X 2>

0,60

2,11

1

0,6

0,80

2,78

1,32

1,06

1,20

1,91

0,91

1,09

1,60

1,32

0,63

1,01

2,00

1,03

0,49

0,98

2,80

0,51

0,24

0,67

Die Abnahme geschieht eine Strecke hindurch proportional der Ent- fernung, dann wird sie viel grösser. Die Daten für 2) = 0,6 deuten auf eine Schwächung durch Interferenz.

424 /. Klemen6i6. Electrische Schwingungen.

8chiedenem D kein Kormalelement mehr ist. Ich hatte S wohl 80 aufgestellt, dass dieser störende Einfluss nicht gross sein konnte; um jedoch ein Urtheil zu gewinnen, ob und in wel- cher flöhe ein solcher Einfluss vorhanden sein könnte, habe ich bei einer anderen Versuchsreihe das Normalelement absichtlich so aufgestellt, dass genannter Einfluss voraus- sichtlich ziemlich gross ausfallen musste. Es wurde gefun- den für die kleinen Primärinductoren:

D = 2,85 m

T: 5 = 8,75

1

»6,72

» 1,02

»0,28

und für die grossen Primärinductoren:

D = 2,85 m T: Ä =: 1,86 a = 1

« 6,72 - 0,80 = 0,22.

Ein Vergleich der zuletzt angeführten a mit jenen der Tab. 4 zeigt, dass in der That eine Rückwirkung auf das Standardelement vorhanden sein kann; doch glaube ich, dass der Einfluss dieser Rückwirkung bei der früheren Aufstel- lung des Normalelementes die Beobachtungsfehler nicht über- steigt.

c) Die Verstärkungszahl des Secundärspiegels. Aus den Daten der Tabellen 3 und 4 berechnet sich diese Zahl, die ich mit K bezeichnen will, bei D = 2,85 m:

für die kleineren Primärinductoren K = 7,0 yt i> grösseren » b 2,7.

Die beiden Zahlen zeigen deutlich, dass die Spiegel nur den kleineren Inductoren angepasst sind.

y. lieber die Bestimmung des Ohm,; van Gustav Wiedemann.

(HUrm Taf. II.) (Fortsetzoiig von p. 256.)

5.^ Bestimmung des Ausschlags s^ des Magnet- systems im Galvanometer infolge der Inductions- stösse bei Umdrehung des Inductors. Bei der ge- wöhnlichen Anwendung der Multiplicationsmethode werden dem Magnetsystem bei dem jeweiligen Durchgang durch die Nulllage in abwechselnder Richtung so viele Anstösse ertheilt, bis die endliche Schwingungsweite s^ constant wird. Bei diesem Verfahren hat ein kleiner Fehler in der immer- hin etwas schwierigen Bestimmung des logarithmischen De- crementes einen grossen Einfluss auf das Resultat.

Steigt z. B. die Differenz J der Briggischen Logarith- men zweier aufeinander folgenden Schwingungen von 0,0030 bis 0,0031, die der natürlichen Logarithmen k von 0,00691 bis 0,00714, so ändert sich der Werth e-^ von 0,9931 bis 0,9928, also 1 e-^ im Verhältniss von 69:72, und im um- gekehrten Yerhältniss der aus den Versuchen abgeleitete Werth des Widerstandes W (vgl. die Formel p. 245). Aus diesem Grunde habe ich es vorgezogen, die Zahl der In- ductionsstösse nur so weit zu yermehren, etwa bis auf 19 oder 20, dass die Ausschläge noch innerhalb der Grenzen der Scala fielen. Dabei wird auch der Uebelstand vermie- den, dass bis zur Constanz der Ausschläge mindestens drei- Tiertel Stunden vergehen, wobei die Aufmerksamkeit der Beobachter am Fernrohr und Inductor ermüdet und sich auch die äusseren Versuchsbedingungen, die Ruhelage des Magnetsystems u. s. f., sehr bedeutend ändern kOnnen.

Bei nur zwanzig Stössen würde eine Aenderung der Differenz J von 0,0030 bis 0,0031 in dem Werth (2 €-»^— r-(*+^)^)/(l tf-^) nur eine Aenderung im Ver- hältniss von 36,5 zu 36,6 hervorrufen, und dementsprechend auch in dem resultirenden Werth des Widerstandes.

426 G. Wiedemann.

Auf diese Weise war es möglich, eine grössere Anzahl einzelner Beobachtangsreihen auszufahren, bei denen die ersten Ausschläge abwechselnd nach entgegengesetzter Seite gerichtet waren.

In den folgenden Tabellen sind die Beobachtungsresul- tate verzeichnet. Zunächst sind die Torsionsbeobachtungen aufgeführt, dann die bei den Schwingungen des Magnet- systems im Galyanometer bei geschlossenem Kreise beobach- teten Elongationen und die daraus berechneten logarithmi- schen Decremente A. Denselben schliessen sich die Bestim- mungen der Schwingungsdauern Tg und Ti des Magnet- systems im Galvanometer und Inductor an. Auch sind an dieser Stelle die Ablesungen am Variometer aufgeführt. Endlich sind die Eloogationen verzeichnet, welche das Mag- netsystem nach den einzelnen Inductionsstössen erhielt, die beim Durchgang durch die Nulllage abwechselnd in entgegen- gesetzter Richtung darauf wirkten.

Diese Versuche sind ausgeführt, einmal indem Inductor und Galvanometer unter sich zu einem geschlossenen Kreise vereint waren, dann, als in den letzteren noch ein Siemens'- scher Widerstandsetaion von 10 Quecksilbereinheiten einge- schaltet war.^)

Neu gewundene Bollen.

Zahl derUmwinduDgen des Galvanometers und Inductors 801,

Fläche des In duetors jP= 6 319 344 qcm,

Drehungsmoment des Multiplicators . G = 97,83411, Abstand der Scala vom Spiegel am Magnetsystem 432,12 cm.

Torsionsbeobachtungen.

Stellung des

Sealentheil

Stellunir des

Sealentheil

Torsionskreises rp

Vi

Torsionskreises rp

Vi

I. 0

603

IL

0

601,95

- 58,8

496,70

•f 50

694,75

-108,8

412,85

+ 100

785,2

+ 61,2

715,9

- 50

509,52

+ 111,2

806,4

-100

419,62

1) Wir geben hier wiederum nur die Resultate mit den neu gewun- denen Rollen ausführlicher und verweisen aus dem schon angeführten G runde wegen derer mit den älteren Rollen auf die Originalabhandlang.

1142

58,2

1184,1

61,4

1126,7

69,1

1119,4

77

1112,1

84,6

BetUmmunff des Ohm. 427

Ist £ der TorsioDscoSfficienty so ergibt sich im Mittel nach der ersten Reihe . . 1 + ^ » 1,01229 nach der zweiten Reihe . a 1,01287

im Mittel « 1,01233.

Die Reihen I nnd II waren am Anfang und Ende der übrigen Beobachtangsreihen ausgeführt; der Torsionsco^ffi- cient hatte sich also während derselben nicht merklich ge- ändert

Erste Reihe.

Gewichte 2 cm vom Ende des Stabes.

A. Inductor und Galyanometer allein in der

Schliessung.

a) Schwingungsbeobachtangen.

Nullpunkt 593,62—597,32.

1104.8 92,1 1097,6 99,1

1090.9 106,4 1088,9 113,9 1077,2 121

Daraus folgt: X == 0,007 123 7 (log.br = 0,003 093 8).

Schwingsdauer : Tg = 55,44 Ti = 55,7 3. Aus den Angaben des Variometers folgt: TrjTg^lfill 105, wahrend die direct gefundenen Werthe Ti^l T^ = 1,0102 ergeben.

b) Indactionsbeobachtungen.

1. Nullpunkt 2. Nullpunkt 3. Nullpunkt

599,25. 601,5. 602,5.

657,1 482,2 660,1 485,1 548,9 719,1

778 367,2 776 370,1 428 834

888,3 253,9 890,2 257 313,8 947,6

1000 141,1 1003 144,5 201 1059,8

1112,2 29,6 1114,8 33 89 1171

Temperatur 5,65 ^ 0.

R Inductor, GaWanometer und 10 S.-E. in der

Schliessung.

a) Schwingungsbeobachtangen.

Nullpunkt 603,0 - 603,8.

40 1162,1

48 1154,2

56 1146,6

64 1139,2

72 1131,8

Daraus folgt: X » 0,007 045 2 (log br ^ 0,003 059 7).

79,1

1124,3

87

1117

94

1109,8

101,2

1102,6

108,6

1095,6

428 G. Wiedemann.

Die Schwingangsdauern sind die gleichen wie ohne Ein- schaltung von 10 S.-E.

b) Indactionsbeobachtungen. 1. Nullpunkt 603,6 2. Nullpunkt 603,5

572,4

664

512,5

728,6

458,5

782,2

895

840,1

887,2

897,5

280,9

958,9

688,8 698,6 752,5

810,9

548,1 488,8 424,9 867,1

868,2 924,6

809,6 252,9

1058

155,1

1051,4

162,1

1045,1

169

1089

176

1032,8

182,1

Temperatur 5,85 ^ C.

Zweite Beihe. Gewichte 1,5 cm vom Ende des Stabes.

A. Inductor und Galvanometer allein in der

Schliessung.

a) Schwingungsbeobachtungen.

Nullpunkt 603,6 605,9.

1091.5 1 19,6

1088.6 126,8 1077,5 184 1071 141,2 1064,5 148,1

ffieraus folgt: X = 0,007 332 7 (log br = 0,003 1845).

Schwingungsdauer: 7^ = 57,77 7i = 58,09. Nach den Beobachtungen am Variometer ist: Ti^jTg^^ 1,01137, während die direct gefundenen Werthe Ti^jTg^^ 1,0111 er- geben.

b) Inductionsbeobachtungen.

l.NuUp. 606,5 2. NuUp. 607,8 3.NuIlp. 610,6 4.NuUp.610,4

668 495,1 551,5 720,1 554,2 722,1 554 728

774.7 886,4 440,4 880,9 448 882,6 448,9 888,2

884.8 276,2 880,6 989,8 888,1 941,2 883,1 948 . 998 168,5 222,2 1048 224 1049,2 225 1050

1100,2 61,9 115 1154,9 117 1155,6 117,8 1156,5

Temperatur 5,90 ^ C.

B. Inductor, Galvanometer und 10 S.-E. in der

Schliessung.

a) Schwingungsbeobachtungen. Nullpunkt 607,3 607,8.

37,5 1173,2

45,2 1165

53,5 1157,1

61,1 1149,6

69 1141,9

Daraus folgt: l « 0,007 137 8 (log br « 0,003 099 9).

77

1134,5

85

1127

92,6

1119,5

100

1112,2

107

1105,2

Bestimmung des Ohm. 420

Die Schwingungsdauern sind die oben erwähnten, wie ohne Einschaltung von 10 S.-E.

b) Inductionsbeobachtungen. 1. Nullpunkt 610,9 2. Nullpunkt 610,6

581,4

669,2

689,1

558

528,9

726,4

696,6

495,8

467

782,6

758,1

489

411

838,8

809,1

883,8

855,7

898

864,8

828,5

801

947,2

918.9

*

274

Temperatur

6,10

c.

89,1

1180,8

78,9

47,6

1128

86,6

56

1115,2

94

68,8

1108

101,2

71,2

1100,6

108,8

Dritte Beihe.

Gewichte 1 cm vom Ende des Stabes.

A. Inductor und Galvanometer allein in der

Schliessung.

a) Schwlngungsbeobachtungen.

Nullpunkt 602,8—602,7 1171

1162,2 1154,4 1146,2 1188,2

Daraus folgt:

Ä = 0,007 240 1 (log br = 0,008 144 3).

Schwingungsdauer :

Tg = 60,06, Ti = 60,37.

Aus den Angaben des Variometers folgt 7^«/^^*= 1,0 10 095, während die direct gefundenen Werthe T^^/T^* = 1,0103 er- geben.

b) Inductionsbeobachtungen.

1. Nullpunkt 2. Nullpunkt 3. Nullpunkt 4. Nullpunkt 607,3 607,3 607,7 608,1

661 499,7 558,2 715,4 662,2 499,8 555 716

768,1 898,2 446,1 822 769,5 398 448 822,8

873,8 288 340,2 926,8 875,1 288 842,2 927,1

978 188,8 286 1080,4 979,6 184 288 1081,1

1031,5 81 132,7 1138 1082,8 81,2 134,1 1134,1

1183,4 29,8 1185 32

Temperatur 5,75^ C.

480

G. Wiedemann.

B. Indactory Gralyanometer und 10 S.-E. in der

Schliessung.

a) Schwingungsbeobachtangen. Nullpunkt 597,4-^599,5

1114,8

84,2

1079,1

122

1107

92,8

1072,2

129

1100

99,9

1065,6

186

1098

107

1059

148

1086

114,8

1052,5

149,9

Daraus folgt: X « 0,007 228 5 (log br ^ 0,003 189 3).

Die Schwingungsdauern sind die gleichen wie ohne Ein- schaltung Yon 10 S.-E.

b) Inductionsbeobachtungeii.

1. Nullpunkt 600,8

629.8 544,7 685,5 490 740,2 436 794,5 882,8

847.9 830,8 900,1 278 951,9 226,8

2. Nullpunkt 605,5

688,6 550

689.1 495,4

744.2 441,5

798.1 388,2

852.2 885,9 905,2 283,8 957 233

3. Nullpunkt 608,0

579.1 664,5 524 719,6 469,6 774 416 828 362,6 880,5

810.2 982,5 258,1 983,6

4. Nullpunkt 608,3

636,7 551.5

692 496,1

746.3 441,8 800,1 888 853 335

905.4 282,9 957 281,3

Yierte Beihe.

G-ewichte am Ende des Stabes.

Inductor und Galvanometer allein in der

Schliessung, a) SchwingungsbeobachtuDgen.

Nullpunkt 597,6*-599,3

1122,6

76,6

1088,8

116,3

1114,6

84,8

1076,6

124,2

1106,6

92,9

1069,2

182,1

1099

100,8

1062,1

139,9

1091,3

108,8

1055,2

146,9

Daraus folgt:

X = 0,007 785 5 (log br = 0,003 381 2). Schwingungsdauer :

7^ = 64,67, ri = 65,02. Nach den Angaben des Variometers ist 7^2/^^*= 1,01056, während die directen Bestimmungen 7^2/7^2 = 1,0108 er- geben.

Bestimmung des Ohm, 431

b) Inductionsbeobachtungen.

1. Nullpunkt 2. Nullpunkt 3. Nullpunkt 4. Nullpunkt 600 601,4 602,6 603,4

549 701,8 652,2 500,9 552,5 703 654 502,5

449,6 800,1 752,1 402,9 452,9 801,8 758,2 408,9

351,8 898 850,1 305,3 355 899 851,2 306,3

255,5 994 947 209,2 258 995,1 947,9 210,3

160 1089,1 1042 114,2 162,2 1090 1043 115

66 1183 1136,2 20 67,9 1183,9 1137,6 20,6

Temperatur 5,90<» C.

B. Inductor, Galvanometer und 10 S.-E. in der

Schliessung.

a) SchwingungsbeobachtuDgen. Nullpunkt 601,8—601,6

25

1174

67,9

1131

34

1165,1

76

1123

43

1156,5

84

1115

51,6

1148

91,8

1107,2

59,8

1139,3

99,8

1099,8

Daraus folgt: X = 0,007 627 1 (log br = 0,003 3124).

Die Schwingungsdauera sind die gleichen wie ohne Ein- schaltung von 10 S -E.

b) Inductionsbeobachtungen. 1. Nullpunkt 604,2 2. Nullpunkt 604,6

578,8 656

527,1 707,1

476,4 757,2

426.8 807,1 "377,2 856

328.9 904,3 280,9 951,6

Temperatur 5,90<» C.

VII. Berechnung der Versuohsresultate.

1) Berechnung der Widerstände. Aus diesen Beob- achtungen sind nach der Formel:

631,1

552

682,8

501

733,1

450,4

783,2

401

832,5

352,1

881,2

303,9

929,1

256,3

K

l + fTf«' - i_«

X . n 1 arc tg -j-

, «a-o(iJ-"'+iJ-"("+^^')

e

k

432 G. fViedemann.

die Widerstände W der aus Inductor und Galvanometer mit und ohne Einschaltang von 10 S.-E. gebildeten Schliessungs- kreise zu berechnen. Dabei bedarf es indess noch mehrerer Correctionen.

Zunächst erfolgen die Inductionsstösse nicht, wie in obiger Rechnung vorausgesetzt ist, momentan beim Durch- gang der Magnetnadel durch die NulUage, sondern verlaufen während einer Zeit von etwa 2 Secunden. Es bezeichne v^ die Geschwindigkeit, welche die Nadel bei einem Durchgang durch die Nulllage hat, y die durch einen momentanen Stoss ihr in dieser Lage von neuem ertheilte Geschwindigkeit Erfolgt dann der Inductionsstoss nicht momentan, sondern während einer die Zeit 2fh dauernden gleichförmigen Drehung des Inductors, so ist nach den gründlichen Berechnungen von Dorn^) die Geschwindigkeit, welche sie beim Durchgang durch die Nulllage haben müsste, um die gleiche Geschwin- digkeit, wie hierdurch, zu erhalten:

WO 7 die Schwingungsdauer der Nadel ist.

Berechnet man aus den Ausschlägen x die Geschwindig- keiten Vq, welche die Nadel bei jedem Durchgang durch die Nulllage besitzt, nach der Formel:

«^0 = ^2^^

und danach den Zuwachs y an Geschwindigkeit bei jedem Inductionsstoss, so lässt sich nach obiger Formel bestimmen, wie viel grösser die jeweilige Geschwindigkeit der Nadel ge- wesen wäre, wenn sie, wie bei der Aufstellung der Formel angenommen war, in der Nulllage von dem ganzen Induc- tionsstoss getroflFen worden wäre. Der Factor sei A, So ist z. B. bei der Reihe 3 der zweiten Abtheilung der Beobach- tungen (Gewichte 2 cm vom Ende) die Schwingungsdauer r= 55,44 Secunden und:

1) Dorn, Wied. Aim. 17. p. 654. 1882.

Bestimmung des Ohm, 433

19* ro » 152 093 189 660 226 175 263 390 299 555 386 141 371 900 10« y = 87 344 37 567 36 515 37 215 36 165 36 586 35 759 10* J ~ 89 30 29 24 22 18 16

Analoge Resultate ergeben sich z. B. bei der Reihe 4 der zweiten Abtheilung (Gewichte am £nde), wo die Schwingungs- dauer 64,67 Secunden ist:

10* Vo » 13 966 16 736 19 398 22 106 24 718 27 489 29 988 10« y = 27180 27 700 26 620 27 080 26 070 27 260 25 490 10» J =r 18 5 16 14 15 10 8

Aehnliche Rechnungen wurden für die übrigen Reihen durch: geführt. Diese Correctionen sind freilich nur klein, sie sind indess doch in Rechnung gezogen worden.

Ferner ist eine geringe Correction für den Gang der ühr anzubringen, welche während der Versuche pro Tag etwa um 16 Secunden vorging. Danach sind die Zeiten Tg und Ti durch IjOjlSS zu dividiren. Der Widerstand W wird in demselben Verhältniss grösser.

Ausserdem kann (abgesehen von der Dämpfung) die Ge- schwindigkeit der Nadel nicht direct dem Ausschlags winkel a proportional gesetzt wenden, sondern sie entspricht dem Werth 2sin|c^. Infolge dessen erscheinen die direct aus den Ausschlägen berechneten Widerstände etwas zu klein. Indess ist auch diese Correction sehr klein; sie beträgt bei den grössten Ausschlägen nur 24/100000, ist aber auch bei den Berechnungen mit beachtet worden.^)

Bei der Ableitung der oben erwähnten Formel wird ferner vorausgesetzt, dass jeder Inductionsstoss der Nadel einen gleichen Zuwachs an Geschwindigkeit nach der einen oder anderen Seite ertheilt und dieselbe während der Ein- wirkung der Inductionsstösse sonst keinen Antrieb erhält. Geht man daher von der Nulllage des Magnetsystems {^o=^) aus, und gibt demselben in dieser Lage den ersten Induc- tionsstoss, so müssen unter obiger Voraussetzung die aus den Summen je zweier aufeinander folgenden Ausschläge s^^ x^ x^, ^3 = (j*, ^"3). . . . berechneten Widerstände fV einander gleich sein. Dies trifft auch in der That bei den einzelnen Reihen sehr annähernd zu, abgesehen von den

1) Die Correction wegen Abweichung der Ebene des Galvanometer- spiegels aus der Verticalebene ist völlig zu veruachlässigen. Ann. d. Phys. o. Chem. N. F. XLII. 28

434 G. Wieäemann,

ersten Werthen, bei denen die Ausschläge nur klein sind und deswegen geringe Ungenauigkeiten in der Ablesung schon sehr grosse Fehler in den Resultaten bedingen. Zuweilen beobachtet man dabei eine, freilich sehr geringe stetige Zu- oder Abnahme der Werthe W. Dies rührt davon her, dass einmal das Magnetsystem bei dem ersten Inductionsstoss nicht völlig in der Nulllage war; sodann, dass anfangs, bei dem Uebergang aus der Ruhe in die Bewegung, ein durch die Reibung der Coconfäden aneinander bedingter grösserer Widerstand zu überwinden ist, als nachdem die ein wenig aneinander haftenden Fasern voneinander gelöst worden sind. £ndlich ändert sich durch den Einfluss des Erdmagnetismus die Nulllage des Magnetsystems während der Versuche im einen oder anderen Sinne. Indess ist letzterer Einfluss sehr gering, da nur an Tagen beobachtet wurde, an denen sich die Declination nur sehr langsam und regelmässig änderte.

Es erschien deshalb angezeigt, um diese, wenn auch sehr kleinen Fehler zu eliminiren, bei Entwickelung der Formel anzunehmen, das Magnetsystem habe gleich von vorn herein vor den Inductionsstössen eine bestimmte Geschwindigkeit Q erhalten, die in der p. 242 flF. erwähnten Weise einem Initial- ausschlag ^r^ entspräche, und zu welcher sich dann die ihm durch die späteren Inductionsstösse neu ertheilten Geschwin- digkeiten addirten.

Die hier erwähnten Einflüsse könnten einzeln in Rech- nung gestellt und so der Werth x^ abgeleitet werden. Immer- hin haben indess die Beobachtungsfehler bei den ersten klei- neren Elongationen einen relativ zu grossen Einfluss. Deshalb erschien es zweckmässiger, aus den späteren grösseren Elon- gationen jenen Werth x^ zu berechnen.

Da die verschiedenen in einer Reihe beobachteten Werthe von Sn zu demselben Werth W führen müssen, lässt sich bei Einsetzung zweier derselben in die Gleichung der Werth x^ der ersten Elongation ableiten, welcher dieser Bedingung entspricht. Die relative Grösse der hierbei verwertheten ^„. z. B. 5j(j oder s^^ und s^ vermindert bei diesem Verfahren die Störungen durch etwaige Beobachtungsfehler.

So ist in den folgenden Reihen Xq berechnet und nach Substitution desselben in die Gleichung aus jedem einzelnen

Bestimmung des Ohm. 485

Werth «« der Widerstand fV abgeleitet. Entsprechend den geringen Abweichungen der Werthe fT untereinander, wie sie sich schon ohne diese Correctionen aus den aufeinander folgenden Beobachtungen von s^ in jeder einzelnen Reihe ergeben, sind die derartig berechneten Werthe Xq nur wenig von den wirklich beobachteten ersten Ausschl&gen ver- schieden.

Im Folgenden sind die aus den je letzten sechs Werthen«« bei jeder Beobachtungsreihe resultirenden Werthe von fF verzeichnet Wegen der schon wiederholt hervorgehobenen grösseren Einflüsse zufälliger Fehler bei den kleineren Elon- gationen sind die aus diesen letzteren abgeleiteten Werthe als weniger zuverlässig nicht mit in Betracht gezogen.

Den Werthen fV sind für jede Reihe die beobachteten und berechneten Werthe des ersten Ausschlages ^^ in Secun- den beigefügt Wie man sieht, sind diese Werthe nur bei einzelnen Reihen, bei welchen sich auch sonst in der Lage des Nullpunktes durch Aenderung der Richtung des Erd- magnetismus Abweichungen zeigten, voneinander verschieden, und dann auch meist unerheblich.

Bei der Ausführung der weitläufigen Rechnungen bin ich namentlich durch Hrn. Dr. Rudolf Overbeck mit grosser Hingebung und unermüdlicher Sorgfalt unterstützt worden; auch die Herren Carl, Cole und Dr. Wittstein haben sich an denselben betheiligt, wofür ich hiermit mei- nen besten Dank ausspreche.

Widerstände. Drahtrollen mit je 804 Windungen.

a) Indactor und Multiplicator allein in der Öchlieflsung. Gewichte 2 cm vom Ende. Temperatur 5,65® C.

1. 10,0744 10,0861 10,0937

2. 10,0758 10,0910 10,0968

3. 10,0718 10,0785 10,0856

Mittel Wj, =

10,0904 10,0970 10,0920

10,0887.

10,0890 10,0669 10,0927

10,0908 10,0998 10,0966

Die Werthe Xq sind:

Reihe 1.

2.

8.

«0 beob. 57,85 Xo ber. 58,90

58,20 58,82

58,60 58,98

28'

*

436 G. Wiedemmm.

Gewichte 1,5 cm vom Ende. Temperatur 5,95^ C.

1. 10,1028 10/)765 10^)681 10,0866 10,0886 10,0911

2. 10,0881 10,0912 10,0916 10,0879 10,0884 10,0904

3. 10,0954 10,1027 10,0875 10,0861 10,0907 10,0952

4. 10,0092 10.0818 10,0878 10,1021 10,1009 10,1028

Mittel IF;, » 10,0916.

Die Werthe x^ sind:

Reihe 1. 2. 3. 4.

jr« beob. 56,50 56,50 56,40 56,40 X. her 56,50 56,68 56,34 56,40

Gewichte 1 cm vom Ende. Temperatur 5,75^ G.

1. 10,0893 10,0923 10,0958 10,0885 10,0843 10,0892

2. 10,0894 10,0926 10,0938 10,0911 10,0892 10,0893

3. 10,0804 10,0797 10,0782 10,0808 10,0867 10,0838

4. 10,0802 10,0871 10,0825 10,0757 10,0764 10,0802

Mittel IF»» 10,0850.

Die Werthe x^ sind:

Reihe 1. 2. 3. 4.

j-o bcob. 53,30 54,10 54,50 53,10 x^ ber. 54,23 53,60 54,50 53,56

Gewichte am Ende. Temperatur 5.90^ 0.

1. 10,0925 10,0981 10,0879 10,0842 10,0881 10,0871

2. 10,0815 10,0798 10,0856 10,0835 10,0807 10,0819

3. 10,0803 10,0702 10,0705 10,0688 10,0706 10,0718

4. 10,0810 10,0839 10,0788 10,0796 10,0772 10,0748

Mittel fF;, B 10,0809.

Die Werthe x^ sind:

Reihe 1. 2. 3. 4.

j-o beob. 53,00 51,70 50,10 50,60 a-o ber. 53,00 51,70 50,64 50,60

Oesammtmittel T^ =:: 10,0864 bei 5,82'' C.

b) Inductor, Multiplicator und der Siemens*8che 10 Q.-E.

Etalon in der Schliessung.

Gewichte 2 cm vom Ende. Temperatur 5,65® C.

1. 19,4666 19,4695 19,4594 19,4548 19,4756 19,4790

2. 19,4»27 19,4887 19,4858 19,4784 19,4092 19,4827

Mittel FF^^.. = 19,4756.

Die Werthe x^ sind:

Reihe 1. 2.

a-y beob. 30,70 30,50 Xq ber. 30,78 30,38

Bestimmung des Ohm. 487

Gewichte 1,5 cm vom Ende. Temperatur 5,90^ C.

1. 19,4162 19,4554 19,4546 19,4652 19,4595 19,4642

2. 19,4704 19,4699 19,4738 19,4779 19,4765 19,4681

Mittel FF«^. = 19,4666.

Die Werthe Xq sind:

Reihe 1. 2.

Xq beob. 29,50 28,50 j-o ber. 29,29 28,70

Gewichte 1 cm vom Bnde. Temperatur 5,75^ C.

1. 19,4476 19,4586 19,4557 19,4581 19,4696 19,4743

2. 19,4366 19,4538 19,4577 19,4415 19,4247 19,4302 S. 19,4901 19,4610 19,4504 19,4665 19,4648 19,4739 4. 19,4737 19,4582 19,4717 19,4664 19,4676 19,4688

Mittel H\+, = 19,4582.

Die Werthe j-q sind:

Reihe 1. 2. 8. 4.

Xo beob. 28,50 28,10 28,90 28,40 a-o ber. 28,62 27,53 28,73 28,75

Gewichte am Ende. Temperatur 5,95"® C.

1. 19,5086 19,4816 19,4585 19,4563 19,4658 19,4608

2. 19,4240 19,4376 19,4348 19,4357 19,4809 19,4826

Mittel IF;,^.. » 19,4523.

Die Werthe Xq sind:

Reihe 1. 2.

0*0 beob. 25,40 26,50 j-o ber. 26,02 26,63

eesammtmittel W^+s ^ 19,4626 bei bfiO^ C.

Da bei diesen Reihen die Rollen des Inductors und Galvanometers sich in ihren normalen Stellungen befanden, bedarf es fQr eine etwaige Abweichung hiervon keiner Cor- rection.

2) Endresultat. Hieraus lässt sich das Verh&ltniss der Widerstände fVu der aus Inductor und Multiplicator be- stehenden Schliessung zu dem der 10 S.-E. direct ableiten.

Nach den Versuchen ist der Widerstand der Kette Wu » 10,0864 bei 5,82^, also wegen des Temperaturco^ffi- cienten des Kupferdrahtes (s. w. u.) :

H\ = 10,0855 Ohm bei 5,80^ und der Widerstand der gleichzeitig die 10 S.-E. enthalten- den Schliessung:

438 G. fViedemann.

lVu+, « 19,4626 Ohm bei 5,80^

woraus folgt der Widerstand fV, der 10 S.-B.

»; = 9,3771 Ohm.

Nach den sehr sorgfältigen, unter gütiger Leitung des Hrn. Dr. 0. Fr ö lieh im Laboratorium des Hrn. W. Siemens ausgeführten Bestimmungen ist die 10 S.-E. richtig bei 16,9« C, ihr Temperaturcoöfficient für V gleich OjOjSOl. Danach ist der Widerstand derselben Einheit gleich

9,9667 Q.-E. bei 5,80^ also

1 Obm « 1,06386 Q.-E.

Diese Bestimmung ist von yielen Nebenumständen frei, namentlich von dem Einfluss der Seibstinduction und des ziemlich grossen Temperaturco^fficienten des Widerstandes des verwendeten Kupferdrahtes.

Vm. Früftmg der 10 S.-Einbeit.

Die vorherige Ohmbestimmung ist unter Voraussetzung der Richtigkeit der verwendeten 10 S.-Einheit ausgef&hrt Die Prüfung derselben konnte kaum anderswo mit vortrefifliche- ren Einrichtungen und mit grösserer Sorgfalt vorgenommen werden, als bei Hrn. W. Siemens. Dennoch habe ich der Vollständigkeit halber dieselbe noch einmal mit einer eigens dazu hergestellten Quecksilbereinheit verglichen.

Die hierzu verwendete Wheatstone'sche Brücke hat im wesentlichen die bereits in meiner Electricitätslehre Bd. I § 483 beschriebene Construction, bei welcher die Enden des Neusilbermessdrahtes durch einen 8 cm breiten, 1 cm dicken, an dem einen Ende durch einen schmalen Schlitz durch- brochenen Kupferstreifen miteinander verbunden sind. Neben dem Messdraht, einem 0,5 mm dicken, sorgfältig gezogenen Neusilberdraht trug ein auf Silber getheilter Millimetermaass- stab von Pistor und Martins einen Schieber mit einem Nonius, welcher hundertel Millimeter abzulesen gestattete. An demselben war der durch eine Feder in die Höhe zu stellende Contact (vgl. 1. c.) angebracht.

Die Verbindung mit den zu vergleichenden Widerstän- den geschah an dem einen Ende des Messdrahtes vermittelst

Bestimmung des Ohm, 439

einer VorrichtuDg, welche zugleich in eiofacher Weise die GraduiruDg des Bheostaten gestattete.

A und E (Fig. 14) sind die Enden des Kupferstreifens und des einen dicken Kupferstückes, in welches das eine Ende des Messdrahtes eingeschraubt ist Vor demselben ist ein durch isolirende Querwände in vier Abtheilungen ge- theilter, überall dick mit geschmolzenem Schellack überzoge- ner Kasten B von trockenem Buchsbaumholz aufgestellt, welcher mit einem, über jeder Abtheilung von drei Löchern a bis iJL durchbohrten Deckel bedeckt ist. In die Löcher £ und ^ senken sich zwei 6 mm dicke, yon A und E kommende, amalgamirte Kupferbügel.

Zur Graduirung des Messdrahtes wird neben der Brücke eine zweite einfachere Brücke (Fig. 15) aufgestellt, welche nicht getheilt zu sein braucht und aus einem zwischen zwei Wirbeln auf einem Holzbrett aufgespannten Neusilberdraht bestehen kann, dessen Enden durch dicke an^elöthete und amalgamirte Kupferbügel mit den Löchern X und (i verbun- den sind.^) Auf dem Neusilberdraht verschiebt sich eine Schneide C von Messing. Ausserdem sind an einem vier- eckigen Ebonitbrett B (Fig. 16) vier 6 mm dicke, unten amal- gamirte Kupferfüsse /, m, n, o befestigt, welche in die in den Ecken eines Quadrats stehenden Löcher Uy ß, y, d hinein- passen. Die Füsse / und m sind oben durch ein dickes Kupferblech, n und o durch einen in einem Glase voll Ter- pentinöl befindlichen, zickzackförmig zusammengelegten, über- sponnenen Neusilberdraht verbunden , dessen Widerstand etwa dem von 30 50 mm des Messdrahtes gleich ist. In die Löcher i und x werden zwei mit den Polen einer Säule verbundene, amalgamirte, dicke Kupferdrähte eingesetzt.

Als Säule diente bei diesen, wie bei den folgenden Be- stimmungen eine kreisrunde No^'sche Thermosäule von 20 Elementen, deren Mitte nur so schwach durch eine kleine Weingeistflamme erwärmt wurde, dass die üontactstellen höchstens die Temperatur von 60^ C. erreichten.

Zuerst wurde in das Loch & ein dicker amalgamirter

1) Bei den vorliegenden Versuchen wurde hierzu eine besser con- struirte Brücke verwendet. Eine ähnliche Graduirungsmethode ist schon von Hm. Carev Porster (Joum. of the Soc. of Telegr. Engineers 1872. Wied. Ann. 26. p. 289. 1885) verwendet worden.

440 G. Wiedemann,

Eupferstab eingesenkt, und dieser, sowie der Contact C mit einem empfindlichen Spiegelgalvanometer verbunden. Der Einsatz B war so gestellt, dass die Neusilberspirale zwischen Y und Sy der dicke Eupferbügel zwischen a und ß lag; der Contact G der Messbrücke kann geöffnet bleiben. In den Schliessungskreis der Säule sowie in die das Galvanometer enthaltende Bräckenleitung war ein Doppelschlüssel^) ein- gefügt, durch welchen zuerst der zweite, dann der erste dieser Zweige geschlossen wurde. Der Contact C der Hülfsbrücke wurde verstellt, bis die Nadel des Galvanometers bei der Schliessung auf Null stand. Dann wurde der Einsatz B um 180^ gedreht, dass der Neusilberdraht zwischen ce und /?, der Kupferbügel zwischen y und ö lag. Darauf wurde der Kupferstab aus & entfernt, dafür aber der Contact G der Messbrücke mit dem Galvanometer verbunden und verscho- ben, bis dasselbe auf Null einstand. Der Widerstand des Stückes des Messdrahtes von G bis zum Ende E und der Zuleitung bis zu & war dann dem des Neusilberdrahtes gleich. Wiederum wurde Einsatz B um 180^ zurückgedreht, der Neu- silberdraht dadurch zwischen y und 5 eingefügt und der Contact C der Hülfsbrücke bis zur Nullstellung des Galvano- meters verschoben. Durch Drehen des Einsatzes B wurde darauf der Neusilberdraht zwischen a und ß gebracht und durch Verstellen des Contactes G das Galvanometer wieder auf Null eingestellt u. s. f.

Bei der Verwendung der Brücke zur Vergleichung zweier Widerstände y^ und y^ (Fig. 14) wurde die Hülfsbrücke ent- fernt. Dann wurden die Enden derselben mit dicken, amal- gamirten Kupferbügeln verbunden, deren eine amalgamirte Enden dicht nebeneinander in einen dick mit Schellack lackirten Holztrog D mit dreifach durchbohrtem Deckel voll Quecksilber eintauchten. Dicht neben dieselben wurde ein dritter amalgamirter Kupferbügel C eingesenkt, welcher mit dem Galvanometer in Verbindung stand. Die an den ande- ren Enden der Widerstände y^ und y^ befestigten Bügel tauchten in die Löcher X und fi. In die Löcher x und i wurden die von der Thermosäule kommenden Leitungen ein-

1) Vgl. G. Wiedemann, Electricitätslehre 1. p. 643. Fig. 213.

Bestimmung des Ohm. 441

gesetzt, zwischen a und p, sowie / und S, dicke Kupferbügel, welche an den Brettern B und B* (Fig. 17 und 18) befestigt waren und entweder direct a mit ß und y mit S, oder ge- kreuzt a mit 8 und ß mit ;^ verbanden. Auch hier war in den von der 8&ule kommenden Theil der Leitung, sowie in die das Galvanometer enthaltende Brückenleitung der Dop- pelschlüssel eingesetzt, welcher beide schnell nacheinander schloss. Es war dies namentlich bei Einschaltung der Spi- ralen des Inductors und Galvanometers des grossen Appa- rates nöthig, um den Einfluss der Extraströme zu vermeiden.

Der Widerstand der dicken Kupferbügel an den Brettern £ und ^ (Fig. 17 u. 18) war vollständig zu vernachlässigen. Bei der grossen Constanz der Temperatur im Beobachtungslocal waren auch die störenden Einflüsse etwaiger Aenderungen der- selben beseitigt. Die verwendeten Ströme waren so schwach und wurden immer nur so kurze Zeit geschlossen, dass ihre erwärmende Wirkung ebenfalls ohne jede Bedeutung war.

Der Quecksilberwiderstand, mit welchem mittelst dieses Apparates die 10 S.-E. verglichen wurde, bestand aus zwei 7,9 cm hohen und 4,2 cm weiten Glasfiaschen (Fig. 19) mit eingeschliffenen Glasstöpseln, welche seitlich Tubuli trugen, in die eine sorgfältig calibrirte Capillarröhre eingeschliffen war. Der Stöpsel der einen Flasche B war nicht durch- brochen, der der anderen A trug ein Rohr mit einem Schliff, an welchen der Hals einer dickwandigen Retorte B angesetzt war. An das Rohr war seitlich ein anderes Rohr C mit einem Hahn angeschmolzen. In die Retorte wurde möglichst reines Quecksilber gefüllt, welches aus reinem käuflichen Quecksilber durch Auflösen in reiner Salpetersäure, Ab- dampfen der filtrirten Lösung, Erhitzen des Rückstandes bis zur Bildung von Qaecksilberoxyd in einer offenen Schale und Destillation des letzteren aus schwer schmelzbaren Ver- brennungsröhren erhalten war. Das durch ein Lederfiltrum hindurch gepresste Quecksilber wurde in einer Weinhold'- schen Pumpe nochmals im Vacuum destillirt. Nach dem Einbringen in die Retorte wurde der Apparat BAB wieder- holt während mehrerer Tage sorgfältigst evacuirt und mit Luft, welche durch wasserfreie Phosphorsäure getrocknet war, gefüllt Dann wurde nach erneutem Evacuiren das

442 G. Wüdemann.

Quecksilber in der Betorte zum Sieden erhitzt und nachher das Vacuum noch mehrere Tage unter wiederholtem Aus- pumpen erhalten, um alle an den Glaswänden anhaftenden Spuren von Gas zu entfernen. Hierauf wurde die Retorte im Schliff um 180^ gedreht und so das Quecksilber in den Apparat eingebracht. Nach dem Oeffnen der Hähne wurden die Stöpsel entfernt und daflir nur lose schliessende, oben in Glasröhren endende Stöpsel (Fig 20) eingesetzt, in welche 1 cm dicke Kupferstäbe eingekittet waren, die in dem Queck- silber der Gläser 0,2 cm dicke, 3,3 cm breite und 4 cm hohe, sehr sorgfältig amalgamirte Eupferplatten trugen. Dieselben verblieben nur während der Zeit der Messungen im Queck- silber. Die Eupferstäbe waren oben mit etwa 2 cm breiten Quecksilbernäpfen versehen, in welche 1 cm dicke, an den Enden sehr gut amalgamirte Kupferstangen mit ihrem einen Ende eingesenkt werden konnten, durch die die Verbindung mit den Löchern X und jii, sowie D^ und D^ hergestellt wurde. Der ganze Apparat wurde in einen langen Trog voll Petroleum gestellt, welcher aussen durch Eis gekühlt werden konnte. Das Petroleum wurde beständig umgerührt.

Die Länge des Capillarrohres wurde bestimmt, indem über die abgerundeten Enden desselben zwei Messingröhren mit seitlichen Druckschrauben geschoben wurden, welche an zwei diametral gegenüberliegenden Stellen Ringe zur Be- festigung von Schlingen von Seidenschnüren trugen. Mittelst der einen derselben wurde die Röhre vertical aufgehängt, die andere durch ein Gewicht belastet. Die Länge wurde dann an einem Kathetometer aus der Werkstatt der Soci6t6 Genevoise pour la construction d'appareils de pr^cision ab- gelesen. Dieselbe betrug 106,398 cm bei bfi^ G. Die Cali- brirung des Rohres geschah mittelst einer Theilmaschine von Lingke in Freiburg in bekannter Weise durch Messung der Länge eines in demselben verschobenen Quecksilber- fadens. Die Abweichungen von der Cylinderform waren relativ nicht erheblich.

Zur Bestimmung des Volumens der Röhre wurde das eine Glasgefäss (Fig. 19) von derselben über einer Porzellan- schale abgezogen und während des Ausflusses des Queck- silbers aus der Röhre das freie Ende mittelst einer mit

Benämmung des Ohm, 443

einem dünneji Kautschuk&berzug bedeckteDi gegengedrückten Eisenplatte geschlossen. Dann wurde das eben geschlossene Ende nach unten gesenkt, das zweite Quecksilbergefäss ent« fernt und das andere Bnde der Röhre in gleicher Weise geschlossen. Nach Abstreifung aller etwa noch seitlich haf- tender Quecksilbertröpfchen wurde die Röhre über einem Platintiegel geöffnet und sämmtliches Quecksilber hinaus- gelassen. Das Gewicht wurde nach der Bor da' sehen Me- thode mit Hülfe eines Normalgewichtssatzes von Platin ermittelt Nach den erforderlichen Correctionen für den Gewichtsverlust in der Luft war das Gewicht bei 22^ C. gleich 9,6928 g, das Volumen bei derselben Temperatur gleich 0,715 693 ccm. Mit Berücksichtigung des (cubischen) Ausdehnungscoefficienten des Glases (0,0^24), ist das Volu- men bei 1,0^ C. (bei welcher Temperatur die Vergleichung des Widerstandes vorgenommen wurde) gleich

0,715833 ccm,

der mittlere Querschnitt gleich

0,672 318 qmm,

und der für diese Dimensionen und flir die Temperatur des Quecksilbers gleich 0^ berechnete Widerstand in Queck- silber-Einheiten gleich 1,58225, wobei zunächst die Röhre als cylindrisch angenommen ist.

Mit Berücksichtigung der Calibrirung der Röhre wurde dieselbe in eine Anzahl (10) Abtheilungen von der Form abgestumpfter Kegel getheilt, welche sich aus der graphi- schen Verzeichnung der Länge der Röhre als Abscissenaxe und der Radien der einzelnen Stellen als Ordinaten ergeben hatten. Der Widerstand der abgestumpften Kegel wurde einzeln berechnet und summirt. Dadurch erhöht sich der Gesammtwiderstand der Röhre auf 1,682 600 Q.-E. bei 0^

Hierzu kommt noch der Widerstand an den Ein- und Austrittsstellen von der Röhre zu den Zuleitungsgefässen, welcher nach Lord Rayleigfa gleich dem einer Quecksilber- säule vom Querschnitt der Röhre und einer Länge gleich 0,82 ihres Radius gesetzt werden kann. Danach wird der Widerstand bei Q^ gleich 1,58368. Mit Berücksichtigung des

444 G. Wißdemann.

Temperaturco^fficienten des Widerstandes des Quecksilbers, 0,Qg869 nach Lenz, wird der Widerstand bei 1,00^ gleich

1,58506 Q.-E. Bei der Yergleichung dieses Normalwiderstandes W^ mit dem W^ einer Siemens 'sehen (1) Einheit ergab sich im Mittel aus vielen Versuchen, welche um nicht mehr als 04 mm bei den einzelnen Einstellungen voneinander ab- wichen, während die Temperatur der Sie mens' sehen Ein- heit 5,60^ 0. betrug:

uncorrigirt: corrigirt:

W^ : Wi 691,20 : 435,10 1 100,08 : 691,60

also: »;« 0,996423 Q.-E.

Nach den Bestimmungen im Laboratorium des Hrn. Siemens ist die 1 S.-E. richtig bei 15,5^ der Temperatur- coSfficient 0,03340. Danach berechnet sich der Widerstand bei 5,6 <> zu 0,996 651.

Die Differenz zwischen dem direct bestimmten und aus den letzterwähnten Versuchen hervorgehenden Widerstand beträgt also nur 0,0,2, war also jedenfalls weit ausserhalb der von der Pariser Conferenz verlangten Genauigkeit (1/1000).

Mit der so geprüften 1 S.-E. wurde der bei den Haupt- versuchen verwendete 10 S.Etalon verglichen, indem erst die 1 S.-E. (/) mit einer etwa aus dem Jahre 1860 stammenden alten 1 S.-E. (/«) (in schwarzer Holzbüchse), dann der Wider- stand beider, durch tiefe Quecksilbernäpfe hintereinander verbundenen Einheiten mit denen zweier, aus übersponnenem und in zwei Hälften übereinander gelegten Neusilberdraht hergestellten Etalons IIa und //( von annähernd 2 Q.-E. Widerstand in Vergleich gestellt wurde. Die hintereinander combinirten Etalons I+IIa + IIb wurden mit zwei ebenso hergestellten, nahe 5 Q.-E. entsprechenden Etalons Va und Vi verglichen, und letztere hintereinander verbunden mit dem 10 S.Etalon. Ausserdem wurden mannigfache Zwischen- vergleichungen der verschiedenartig combinirten Etalons, z. B. IIa mit Ilbj Va mit Vj, vorgenommen, welche die directen Bestimmungen vollkommen bestätigten. Alle Versuche wur- den bei 9,91^ C. angestellt. Wir führen nur die directen Vergleichungen an, bei denen jede Zahl das Mittel aus vier EinzelbestimmuDgen ist, die je nur um 0,1 mra unter sich

Bestimmung des Ohm. 445

abwichen. Der Messdraht ist ein anderer, als bei den frü- heren Yersnchen.

1. Yergleichung der Siemens'schen (1) Einheit / mit der alten Einheit hi

ancorrigirt corrigirt

I^ : / 564,46 : 564,16 566,1 1 : 565,81 I^ « 1,0,58 /.

2. Vergleich ung des Etalons Ih mit 1+ h'

ancorrigirt corrigirt

11^ : (/ + /J 566,1 5 : 562,36 567,80 : 564,01 11^ = 2,01397 L

3. Yergleichung des Etalons Ih mit I + h:

uncorrigirt corrigirt

Ifj, : (/ + /„) 567,76 : 560,75 569,41 : 562,35 /ij = 2,02565 /.

4. Yergleichung des Etalons Va mit /+//« + IIi,:

uncorrigirt corrigirt

V^:{I-[- 11^ + //j) 558,18 : 570,50 559,78 : 572,15 V^ = 4,93066 J.

5. Yergleichung des Etalons Vi mit I+Ila + Ih:

uncorrigirt corrigirt

r^ : (1 + 11^ + /ij) 565,23 : 563,60 566,88 : 565,25 Vf, « 5,05415 /.

6. Yergleichung des 10 S.- Etalons mit Va + V^:

uncorrigirt corrigirt

10S.:( F„+Fj) 564,87:563,90 566,52:565,55 lOS.-E.« 1,0,207 bei 9,90« C.

Die nach der Bestimmung im Siemens'schen Labora- torium bei 15,5^ richtige Z 8.-B. hat den Temperaturcoefii- cienien 0,03340. Danach berechnet sich der Widerstand bei 9,90<> 0. gleich 0,99757 Q.-E. Infolge davon wird der Wider- stand der 10 S.-E., deren Temperaturco^fficient nach den oben erwähnten Bestimmungen gleich OyOgSOl ist, bei 16,9^, bei welcher Temperatur er nach ebendenselben richtig sein

soll, gleich

10,0011.

Die Uebereinstimmung ist also sehr befriedigend.^)

1) Nach diesen Bestimuningcn hatte sich die alte Siemeus'scbe Einheit während etwa 21 Jahren nur um 0,002 ihres Werthes geändert.

446 G, Wiedemann.

IX. Vergleichung der 10 S.-E. mit der aus Induotor und Multiplioator bestehenden Schliessung mittelst der Wheat-

stone'sohen Brücke.

Zu dieser Vergleichung bedurfte es noch der Bestim- mung des Temperaturcoefficienten des auf die Rollen ge- wundenen Kupferdrahtes. Zwei etwa 10 m lange Stücke r^ und r^ des Drahtes wurden sorgfältig mit Schellackfirniss überzogen und in hin-, und hergehenden Windungen in zwei mit Petroleum gefüllte Glaskästen von 50 cm Lange, 6 cm Breite und 15 cm Höhe gelegt. Ihre einen Enden wurden durch dicke Kupferbügel mit den Löchern X und ^, ihre anderen Enden durch ebenso dicke Bügel mit den Löchern D^ und Z>2 (Fig. 14) verbunden.

Der eine Kasten mit dem Drahtstück r^ blieb auf der Temperatur der Umgebung, der andere war auf 35® erw&rmt und erkaltete unter beständigem Umrühren des Petroleums sehr langsam.

So ergab sich u. A. das Verhältniss r^ : r^ der Wider- stände:

Temperatur

n/'-j

n/^j

n r^

uncorrigirt

corrigirt

4,20 31,5

535,25 : 590,50

532,35 : 587,60

4,40 29,25

538,45 : 589,20

535,55 : 586,30

4,60 27,55

589,60 : 586,90

536,70 : 584,00

5,05 19,70

548,75 : 577,85

545,85 : 574,95

5,21 18,20

550,40:577,50

547,50 : 574,60

Die uncorrigirten Werthe von r, und r, entsprechen den directen Ablesungen, die corrigirten den Resultaten nach der Correction derselben infolge der Graduirung der Rheostaten.

Hieraus und aus anderen wiederholten Bestimmungen ergibt sich die Zunahme des Widerstandes des Kupfer- drahtes für 1 0 C. gleich 0,00429.

Schliesslich wurde der Widerstand der aus Inductor und Multiplioator bestehenden Kette mit dem des 10 S.-Etalons verglichen, indem dieselben an Stelle der Widerstände y^ und y^ Fig. 14 in den Brückenapparat eingeschaltet wurden. Die Schliessung der Leitungen durch den Doppelschlüssel durfte nicht allzu schnell geschehen, damit vor der endlichen

Bestimmung des Ohm. 447

Verbindung mit dem Galvanometer die Extraströme in den Spiralen abgelaufen waren.

Auch wurde die Rolle des Inductors so gedreht, dass durch die vereinte Wirkung des Stromes in ihr und in der MultiplicatorroUe der Maguetspiegel des Galvanometers nicht abgelenkt wurde.

Von den wiederholten Vergleichungen dieser Art, welche alle bis auf 1/5000 miteinander übereinstimmende Resultate gaben, erw&hne ich beispielsweise nur die folgenden Verhält- nisse des Widerstandes der 10 S.-E. zum Widerstand der Kette direct beobachtet:

Tj : r2 = 544,00 : 584,975 bei 5,95^ C, welches Verhältniss bei der Correction in Folge der Graduirung des Messdrahtes sich umwandelt in:

ri(c):r,(c) = 541,10:582,075. Der Widerstand der Kette war gefunden gleich 10,0864 bei 5,82 ^ also mit Berücksichtigung des Tempera turcoefficienten des Kupferdrahtes gleich 10,0919 bei 5,95 ^ Der Widerstand der 10 S.-E. ist bei 5,95« gleich 0,96715 S.-E.; also ver- hält sich:

10,0919 fl: 9,96715 S.-E. = 582,075:541,10. Demnach ist:

1 Obm ^ 1,06243 Qnecbsilbereinheiten.

Das Mittel aus dieser Bestimmung und der p. 438 an- gebenen (l Ohm B 1,06286 Q.E.) ist demnach:

1 Ohm = 1,06265 m/qmm Hg von 0^^)

1) Von den mit den älteren Rollen erhaltenen Resultaten fiihr^ wir hier nur zwei ohne und zwei mit Einschaltung der 10 S.-E. erhaltene, zum Theil nicht in der früheren Abhandlnng erwähnte Beobachtungsreihen an, welche unmittelbar hintereinander bei einer fast gleichen Temperatur TOD C. (in nächster Nähe des Inductors und Multiplicators) ange- stellt waren.

Abstand der Scala votn Spiegel nach der Correction wegen der Dicke des Spiegels und des Deckglases 432,627 cm.

a) Inductor und Multiplicator allein in der Schliessung, Gewichte 20 cm vom Ende, Temperatur 5,80—6,20, im Mittel C.

Torsion -jbeobachtungen : Stellung des Toisionskreises ^, ^AO - 90 +50 +90

Sealentheil tf -86,5 -192,8 +107,4 +193,8.

448

G. fViedemann,

Hieraus und aus weiteren Beobachtungen folg^: ! + {;=: 1,01455.

Schwingungsbeobachtungen: Nullpunkt 597,8—598,5. Elongationen:

62 68,9 76,2 84 90,8 9S,6 106

1141 1138,5 1126,2 1118,8 1111,3 1104,2 1097,2

Daraus folgt: X » 0,007 108 8 Oogbr » 0,008 080 7). Schwingungsdauer: T^ = 54,96", T^ = 55,28".

Inductionsbeobachtungen :

112,9 1090,2

120 1088,5.

0 = 897,8

541 425 312 199,4 87,3

714

830,2

943,9

1056

1167,5

0 = 601,9

659,8 488,9

775,2 869,7

889,6 256,6

1002,2 144 1118,5 33

0 = 598,3 540,1 714,2

424,6 311 198,2 86

829,1

942,6

1054,9

1165,9

0 = 601,3

661,1 484

773 369,9

889,8 266,9

1002,2 144,8

1113,8 33,6

Daraus folgen die Widerstände:

9,88666 9,89818

9,89089 9,88989

9,93158 9,92702

9,91625 9,91966

1. 9,88176

2.

3. 9,89680

4. 9,91183

9,89286 9,87516 9,92153 9,91973

9,89051 9,88456 9,92116 9,91496

9,88976 9,89142 9,92679 9,91876

Mittel Wj, 9,90301.

Die Werthe 2^ sind:

Reihe

4 59,80 58,95.

1 2 3

0 beob. 56,80 57,90 58,20 «0 her. 57,58 57,65 58,78

b) Inductor, Multiplicator und 10 S.-E. im Schliessungskreise, Ge- wicht 20 mm am Ende, Temperatur im Mittel 6 ® C.

Schwingungsbeobachtungen: Nullpunkt 604,6—603,6. Elongationen:

1158 1150,7 1148 1135,2 1128 1120 1113 1106,6 1998,6 1091,6 54,9 62,1 70 77 84,1 91,1 98,9 105,7 113 119,4

Daraus folgt: X « 0,0069906 (logbr = 0,0030360). Schwingungsdauer: Tg = 54,96 See, T^ = 55,28 See).

Inductionsbeobachtungen :

19,2865

1. 19,2809

2. 1 9,2858

19,2883 19,2932 19,2809 19,2796

19,2885

19,2912 19,2787

19,2732 19,2729

Mittel TT^^, 19,2826.

Die Werthe x.

sind :

Reihe 1 0*0 beob. 29,15 Xq her. 29,15

2

29,95 29,95.

Bei diesen Reihen mit den früheren Windungen ist ausser den sonstigen Correcturen noch eine solche für die nicht ganz richtige Orien- tirung der Rollen gegen den magnetischen Meridian eingeführt. Die Ab- weichung von der Normalstellung betrug für den Inductor 1^ 23', för den Multiplicator 2<> 0' 16" (vgl. d. frühere Abhandlung). Bei den im

Bestimmung des Ohm, 449

Text angefiihrteD neueren Reihen waren beide Rollen richtig eingestellt. Der Widerstand der 10 S.E. beträgt bei 6<> C. 9,9674 Q.-E. Nach Abzug des Widerstandes Wj^ der aus luductor und Multiplicator bestehenden Schliessung von dem Widerstand Wj^_^^ derselben Schliessung mit Ein- schluss der 10 S.-E. ist der Widerstand der S.-E. bei 6«:

TT, = 19,2826- 9,9030 « 0,3796 Si.

Demnaeh ist:

1 Ohm = 1,06207 Quecksilbereinbeiten.

Bei Vergleichung mittelst der Wheats tone* sehen Brücke verhielt sich bei 5,^5^ der Widerstand des 10 S.-Etalons zum Widerstand der Kette nach der Graduirung des Messdrahtes:

TT, : F'"^ = 544,05 : 574,10.

Der Widerstand des 10 S.-£talons ist aber bei 5,95'> gleich 9,9672 Q.-E., der der Kette in Berücksichtigung des Temperaturco^cienten des Kupferdrahtes gleich 9,90087 Si, also ist:

1 Ohm = 1,06229 Qaeeksilbereinheiten.

Im Mittel ist also hiemach:

1 Ohm = 1,06248 Qaeeksilbereinheiten,

ein Werth, welcher mit dem durch die Reihen mit den neugewundenen Rollen erhaltenen 1,06265 gut übereinstimmt.

Leipzig, im Januar 1891.

Ann. d. Phys. u. Cbem N. F. XL II. 29

(

VI. Beobachtungen über Mectrolyse ; von Ferdinand Braun.

(AuB den Sitzungsber. der KgL preusa. Acad. d. Wiss. zu Berlin yom

20. Not. 1890; mitgetheilt vom Hm. Verf.)

(Erste Mittheilong.)

1. Im Verfolg yon Versuchen, deren Deutung auf Schwierigkeiten führte, kam mir eine Beobachtung in Er- innerung, welche Grotthuss ganz gelegentlich gemacht und in Gilbert's Annalen^) vom Jahre 1819 beschrieben hat» Das Wesentliche seiner Erfahrung ist- das Folgende: Grott- hu88 hatte in der Absicht, Jodwasserstoff zu bereiteui eine unten zugeschmolzene, ziemlich dicke Glasröhre mit einer alkoholischen Jodlösung gefüllt und mit ihrem unteren ge- schlossenen Ende in ein Kelchglas voll Wasser gestellt Die Pole einer 100 paarigen Volta' sehen Batteiie tauchten je in eine der beiden Flüssigkeiten, und beide sollten später durch angefeuchtete Asbestfäden leitend verbunden werden. Nach einigen Stunden bemerkte er, dass in der Jodlösung schon Wirkung stattgefunden hatte, ohne dass die Communication gemacht war. Bei näherer Untersuchung fand sich ein sehr feiner Riss am unteren Ende der Röhre, .,durch den aber ohne Mitwirkung des Galvanismus die Flüssigkeit nicht heraus- zudringen vermochte".

„Er reinigte nun*'» um mit seinen eigenen Worten fort- zufahren, „den Apparat, füllte die Röhre und das Kelchglas zum Theil mit einer Auflösung von Silbersalpeterkry stallen in Wasser, und stellte die Röhre, wie vorher, in das Kelch- glas. Als darauf der positive Fol mit der Flüssigkeit des Kelchglases und der negative Pol mit der Flüssigkeit der Röhre in Verbindung gesetzt wurde, bemerkte er Folgendes. Am positiven Pol bildete sich graphitfarbiges Silber-Hyper- oxyd, welches sich fest und in krystallinischer tetraedrischer Gestalt am Platindraht anlegte. Am äusseren Riss der Röhre schlug sich reines, sehr weisses blätterförmiges Silber

1) Grotthuss, Gilbert's Ann. 61. p. 65 ff. 1819.

Electrolyse. 451

metallisch nieder. Der innere Riss gab nur Gas, das ohne Zweifel Sauerstoffgas war, und der negative Pol (gleichfalls Platindraht) hatte sich, so wie der äussere Riss, mit metal- lischem, dendritisch geordnetem Silber belegt^^ Grotthuss schliesst ans dem Versuch, dass „diese höchst dünne, zwischen den Glasflächen eingepresste Wasserschicht sich wie ein fester Leiter, oder vielmehr wie ein edles Metall verhalte^^

Wenn aber, wie nach den Angaben des Verfassers zu vermuthen ist, trotz der Reinigung in dem feinen Riss Jod- lösung blieb, so wird sich in dem Spalt ein Niederschlag von Jodsilber gebildet haben. Jodsilber leitet bekanntlich die Electricität, und zwar electrolytisch. Wenn nun die aus der Lösung dem Jodsilber zugefährten Ionen sich vollständig mit denen des Jodsilbers austauschten, so könnte höchstens eine Verschiebung der ganzen Jodsilberschicht eintreten. Findet aber und das ist ja fast die Regel der Aus- tausch nicht vollständig statt, so lässt sich eiüe Abscheidung von Silber wohl denken. Ist aber eine kleine Menge Metall entstanden, so ist auch ein Weiterwachsen desselben erklär- lich. Es braucht an der einen Seite des Silbers nur eine dünne Schicht des metallisch leitenden Superoxydes zu ent- stehen, so kann sich von ihm aus Sauerstoff entwickeln, während an der anderen Seite sich neues Metall ansetzt. Diese Sauerstoffentwickelung beobachtete auch Grotthuss thatsächlich an den zu Anfang des Versuches gebildeten Superozydschichten der Platinanode.

2. Ich möchte glauben, dass die Grotthuss'sche Be- obachtung meist in dieser Weise gedeutet worden sei. Wenig- stens habe ich sie früher so aufgefasst. Es schien mir aber jetzt wahrscheinlich, dass der Versuch auch unter reinen Bedingungen gelingen möchte. Als ich in die etwa 1 mm starke Wand eines unten zugeschmolzenen Glasröhrchens einen feinen Riss gemacht, das Röhrchen innen und aussen mit einer ziemlich concentrirten Lösung von Silbemitrat imigeben und den Strom von fünf Accumulatoren in der Dichtung von aussen nach innen etwa eine Stunde lang liatte hindurchfliessen lassen, fand ich thatsächlich auf der äusseren Seite den Riss mit fest anhaftenden Silberstück- chen umgeben, während innen ein continuirlicher Strom von

29*

452 F. Braun.

feinen Grasbläschen aufstieg. Die Nadel eines in den Strom- kreis eingeschalteten Multiplicators war dabei in fortwähren- den Schwankungen begriffen.

3. Silbersalze werden, namentlich im Licht, leicht durch organische Substanzen reducirt. Eine, selbst dem bewaffneten Auge vielleicht unsichtbare Quantität metallischen Silbers, die sich im oder am Spalt abgeschieden hat, kann, ja moss sogar nach dem oben mitgetheilten Verhalten des Silbers weiter wachsen. Die Beobachtung hätte daher, eine solche Anregung zur Metallbildung zugegeben, kein weiteres Inter- esse. Ist die Metallabscheidung aber nicht durch diese Eigen- schaft der Silbersalze bedingt, so wird man annehmen müssen, dass die Erscheinung allgemeiner Natur sei. Die Versuche, welche ich in der damit gegebenen Richtung anstellte, schie- nen aber diese Auffassung nicht zu unterstützen. Eine ge- sättigte Lösung von Kupfervitriol zeigte nicht das Verhalten des Silbernitrats. Da die Natur der Säure m$glicherweiae eine Bedeutung haben könnte, so wurde Kupfemitrat ver- sucht, gleichfalls ohne Erfolg. Ebensowenig zeigte sich eine Wirkung bei Salpetersäure und Chlorkaliumlösung. Als der Lösung von Silbernitrat etwas Salpetersäure zugefftgt wurde, in der Absicht, die freiwillige Reduction zu verhindern, war auch keine electrische Wirkung mehr zu beobachten. Natür- lich rechnete man dabei nicht auf ein Ausfallen von Metall, sondern auf das Sichtbarwerden einer Gasentwickelung durch secundäre Umsetzung. Das negative Ion schien danach nicht frei zu werden, wenn nicht gleichzeitig das positive sich metallisch ausscheiden konnte, was gegen unsere sonstigen electrolytischen Erfahrungen geht. Auch aus einer gesättig- ten, aber nicht angesäuerten Lösung von Silbersulfat schied sich kein Metall aus.

4. Schwefelsaures Silber löst sich nur zu etwa 1 Proc. in Wasser. Es könnte die Concentration von Einfluss sein. In der That, als ich eine verdünntere Lösung von Silbemitrat dem Versuch unterwarf, schieden 12 Accumulatoren in 2 Stun- den keine bemerkbare Silbermenge aus. Mit dem Strom von 20 Elementen war aber sofort die Wirkung wieder da. Dem- nach scheint es, als ob jeder Concentration eine gewisse Stromstärke zugehöre, unterhalb deren keine Zersetzung eintritt

EUctrohjse. 453

5. Ehe man aber darauf näher einging, schien es mir förderlicher, unter Benutzung der gewonnenen Erfahrung weitere Metallsalze zu prüfen. Ich griff zunächst nach den Salzen des dem Silber chemisch analogen Bleies. Eine ziem- lich concentrirte Lösung von Bleiacetat gab in der That bei mehreren Versuchen deutliche Schüppchen von Blei, welche aber bald abfielen, sodass eine irgend auffällige Erystallisa- tion nicht zu erreichen war. Sie schienen mir vom Spalt weggestossen zu werden, als ob sich zuerst eine Verbindung gebildet hätte, welche wieder von selber zerfällt

6. Silber und Blei bilden metallisch leitende Superoxyde; beide absorbiren auch in beträchtlicher Menge Wasserstoff. Erwägungen, die ich hier bei Seite lasse, legten den Ge- danken nahe, dass Metalle, welche die eine oder andere JSigenschaft besitzen, ausschliesslich oder wenigstens beson- ders stark die gesuchte Erscheinung zeigen möchten. Aber weder Wismuthchlorid, noch Wismuth in alkalisch weinsaurer Lösung, welche die bekannten prachtvollen Superoxydschich- ten bildet^), ergaben ein Resultat. Auch das hierher gehörige Mangansulfat wurde vergeblich versucht Die Fähigkeit, Superoxyde zu bilden, scheint daher nicht maassgebend zu sein. Aber die Eigenschaft Wasserstoff zu absorbiren? In der That, als eine gesättigte Lösung von Palladiumnitrat verwendet wurde, bedeckten bald eine Menge spiessförmiger Krystalle den Spalt. Palladiumnitrat ist ein Körper, welcher auch in gesättigter Lösung einer lange Zeit fortschreitenden Spaltung in basisches Salz unterliegt. Die Wände von Glas- gefässen, in denen eine solche Lösung steht, bedecken sich bald mit einer glänzenden Haut, deren Aussehen den Ver- dacht eines metallischen üeberzuges nahelegt, und somit will der Versuch nichts beweisen. Goldchlorid, eine stabilere Verbindung, zeigte in etwa fünfprocentiger Lösung nach kurzer Zeit auf der einen Seite des Spaltes Wülste von metallischem Gold, während auf der anderen Seite Gasblasen aufstiegen. Durchsetzte der Spalt das vertical gestellte Böhr- <hen theilweise in horizontaler Richtung, so konnte man den Spalt durch Zug am Röhrchen erweitern, ohne dass die

1) Wernicke, Pogg. Ann. 189. p. 132ff. 1870; 141. p. I09ff. 1870.

454 F. Braun,

Oasentwickelung aufhörte. Bei Zusammendrücken schien sie stärker zu werden: Der Verdacht, dass Wasserstoff^ der von der Kathode aus in die Lösung gelangt, zuerst chemisch Oold niederschlage, war aber zu nahe gelegen, als dass der Versuch beweiskräftig erschien. Dieser Verdacht wurde noch dringender, als in einer zehnprocentigen Lösung des Tiel weniger leicht reducirbaren Platinchlorides keine Metallfäl- lung am Spalt beobachtet wurde. Dies schien auch gegen öinen Zusammenhang mit dem Vermögen, Wasserstoff zu occludiren, zu sprechen. Aber die Concentration oder di^ Stromstärke konnte nicht passend gewesen sein. Ich gin^ daher weiter: eine gesättigte Lösung des sehr leicht löslichen^ Cobaltnitrates gab wirklich nach längerem Stromdurchgang^ auf der einen Spaltseite warzenförmige, sehr feste Bröckchen metallischen üobalts. Mit diesem Resultat schienen mir zum ersten Male alle Bedenken, welche ich gegen die anderen Versuche hatte , beseitigt. Aber die Lösung ist so wenig durchsichtig, dass man den Vorgang nicht verfolgen kann. Mit Nickelsulfat, Nickelammonsulfat und mit Lösungen des sehr leicht löslichen Nickelchlorürs konnte ich keine Metallabscheidung erzielen. Diese Verschiedenheit von Nickel und Cobalt ist auffallend. Dennoch versuchte 'ich Eisensalze. Bei Eisenchlorid war Metallabscheidung nicht zu erwarten, sondern nur Gasentwickelung einerseits, Ent- färbung durch Chlorürbildung andererseits. Der Versuch war ohne Erfolg. Dagegen lieferte eine gesättigte, frisch hergestellte Lösung von Ferrosulfat auf der einen Spaltseite einen unzweifelhaften, festhaftenden Belag mit metallischem Eisen; auf der anderen Spaltseite entwickelten sich anfangs keine Gasbläschen, jedenfalls weil sie in der Lösung für chemische Processe verbraucht wurden. Nach einiger Zeit trat aber auch Gasentwickelung ein.

Erst damit schienen mir alle Bedenken erledigt; weder Wasserstoff, welcher von der Kathode diffundirt, kann hier Metall ausscheiden, noch kann Sauerstoff, der von der Anode stammt, eine metallisch leitende Verbindung am oder im Spalt erzeugen. Den Versuchen mit Silbemitrat darf man nun auch mehr Vertrauen entgegenbringen. Ich überzeugte mich nochmals, dass Silbernitrat die Erscheinung gibt, auch

EUectrolyse, 455'

unter Bedingungen, wo nicht wohl von den Electroden aus Wasserstoff oder Sauerstoff zum Spalt gelangen konnte.

Stellt man die positiven Ergebnisse der Versuche zu- sammen, so wären es diese:

1) Silbernitrat; Bleiacetat, Bleinitrat; Goldchlorid; Co- baltnitrat; Palladiumnitrat; Eisensulfat zeigen die Erscheinung.

2) Es existirt für jede Concentration (und Spaltdimen- sion) eine gewisse Stromstärke, welche erreicht sein muss, ehe Metallabscheidung eintritt; z. B. wurden hindurchgeführt durch eine gesättigte Lösung von Eisen sulfat:

Intens. Resultat

keine Wirkung

von 10 Acc. während 20' die relat. £1-Menge 2640 \ 132

I, 15 i> n 8' » V ,r 1760 217

» 21 ,, » 3/4' 270 ' 360

» 21 -i » 3' n )) 19 780 260

Gas am Spalt Gas und Metall am Spalt.

Die Stromdichte, für welche Zersetzung eintritt, will ich drenzdichte nennen.

7. Diese letztere Erkenntniss legt den Gedanken nahe, zunächst durch starke Ströme, wenn auch von nur kurzer Dauer, eine Metallabscheidung einzuleiten, um sie dann durch schwache Ströme weiter zu entwickeln. Man sollte zu dem Ende den Primärstrom eines Inductionsapparates schnell abfallen und langsam ansteigen lassen, und die so erzeugten Indttctionsströme durch den Spalt schicken. Das Inducto- rium erfallt diese Bedingung bekanntlich von selber, wenn auch nicht so vollkommen, wie für unsere Zwecke wohl wünschenswerth ist. Immerhin schienen mir einige Versuche in dieser einfachen Form von Interesse. Als man die secun- däre Spule eines mittelgrossen Apparates durch einige Flüs- sigkeiten sich entladen liess, schössen bei den Lösungen von Silbernitrat und Bleiacetat sofort nach beiden Seiten des Spaltes Gasblasen, gemeinschaftlich mit stark erwärmten Flüasigkeitsschichten heraus; im Spalte bildeten sich Funken. Auch hatte sich im Riss etwas Blei und, wie es schien, auch etwas Silber abgelagert. Mit Kupfersulfat, Schwefelsäure, Zinksulfat, Chlorkaliumlösung, welche durch den constanten Strom nicht zerlegt wurden, gab auch der Inductionsstrom nichts Bemerkenswerthes. Möglicherweise liefert daher das Verhalten im inducirten Kreise ein bequemes Verfahren, die

456 F. Braun.

im Spalt zerlegbaren Körper zu erkennen. Doch sind die Verhältnisse zu complicirt, um schon jetzt nach dieser Rich- tung weiter zu gehen.

8. Ich wende mich daher wieder zu den einfacheren Erscheinungen zurück. Betrachtet man den Glasspalt, wäh- rend ein zur Zersetzung ausreichender Strom hindurchgeht, genauer, so erkennt man schon mit blossem Auge, besser bei schwacher Vergrösserung, wie der Spalt pulsirt Bei stärkeren Strömen tritt ein knatternder, oft durch das ganze Zimmer hörbarer Ton auf. Man beobachtet, dass im Spalt sich Gasbläschen bilden, welche in Form einer Schlangen- linie sich durch den engen Baum hindurchwinden, den Spalt auseinandertreiben, auf der einen Seite entweichen und ihn dann wieder zusammenfallen lassen, um einer neuen Gas- schicht Platz zu machen. Ich habe aber nicht erkennen können, dass die Bichtung, in welcher die Gasblasen wandern, in einer directen Beziehung zur Stromrichtung stünde. Es scheint mir yielmehr, wenn ich alles Beobachtete zusammen- fasse, als ob die Bewegungsrichtung der Bläschen bestimmt sei: 1. durch die hydrostatische Druckdififerenz. Macht man die Flüssigkeitssäule im Rohre höher, so erscheinen mehr Bläschen ausserhalb des Spaltes; und 2. durch die electrische Fortführung der ganzen Flüssigkeitsmasse durch den Spalt hindurch. Dass die Bläschen am freien Spaltrande sich oft längs desselben in die Höhe begeben, ist natürlich. Sie er- scheinen aber wohl auch an Stellen, welche tiefer gelegen sind, als der auf der anderen Seite befindliche Ort der Me- tallabscheidung. Sie werden durch den Capillardruck, da sie wie flachgepresste Tropfen im Spalt liegen, nach den brei- testen Stellen hingedrückt. Dass das Metall etwa auf der einen Seite, das Gas auf der anderen Seite des Spaltes ent- stehe, möchte ich nicht glauben.

Auch Säurelösungen (HCl, HgSOJ, desgleichen Lösun- gen von Alkalisalzen zeigen bei grossen Stromdichten Pul- siren des Spaltes und Gasabscheidung. Wenn ich auch für den Augenblick eine sichere Entscheidung noch nicht geben möchte, so sprechen mir doch viele Thatsachen für die An- nahme, dass dies absorbirte Gase seien, welche in dem (vom Stromdurchgang erwärmten) Riss freigemacht werden. Es

Electrolyse, 457

ist schwieriger ein sicheres Resultat zu gewinnen , als man denken möchte.

Eine andere, auffallende Erscheinung fand ich aber bei Silbemitrat. Wird eine Lösung mittlerer Concentration und ein Strom von 20 Accumulatoren benutzt, so tritt bald Me- tallabscheidung und Gasentwickelung ein. Aber nach kurzer Zeit entstehen im Spalt auch Funken, bisweilen schon im Hellen sichtbar, welche bald hier, bald dort aufblitzen und bisweilen den Spalt von oben nach unten und dann wieder rückwärts durchwandern. Bei kleineren Stromstärken fallen die Funken weg. Man überzeugt sich, wenn man halbhell macht oder im verfinsterten Zimmer die Helligkeit nach Be- lieben rasch wechseln kann, dass die Fünkchen da auftreten, wo man im Hellen ein Gasbläschen springen sieht. Der nächstgelegene Gedanke, man habe es mit Funkenentladun* gen in der Flüssigkeit zu thun, stösst auf viele Schwierig- keiten, z. B. die, dass im Spalt sich immer noch zusammen- hängende Flüssigkeitsschichten befinden, welche dem Ausgleich der Electricität einen widerstandsfreieren Weg bieten. Femer, dass bei anderen Substanzen, wie Schwefelsäure, Salzsäure^ welche auch ein Pulsiren des Spaltes und Gas im Inneren zeigen, kein Licht auftritt. Wir wollen aber, ohne diese Nebenerscheinung ganz unbeachtet zu lassen, doch zunächst die electrolytische Zersetzung weiter verfolgen.

9. Die Spalten im Glas waren immer so weit, dass sie von den Flüssigkeiten in kurzer Zeit durchdrungen wurden» Metallische Niederschläge in denselben konnten durch Säuren gelöst und diese wieder durch Wasser und Salzlösungen ver- drängt werden. Sie sind daher noch keineswegs von mole- cularen Dimensionen. Eine merkliche Concentrationsände- rung an den Wänden des Bisses scheint nicht stattzufinden. Wenigstens gaben Bestimmungen des Widerstandes, den ein solcher Spalt, mit verschiedenartigen Flüssigkeiten gefüllt^ zeigt, Werthe, welche soweit die Genauigkeit der Messun- gen reichte proportional dem in weiten Röhren bestimmten Widerstände waren. Man konnte daher bei bekannter Wand- stärke und Länge des Spaltes seine Breite berechnen. So ergab sich z. B. für einen vielfach benutzten aus einer Wi- derstandsmessung mit fünfzigprocentiger Silbernitratlösung

458 F. Braun.

seine Breite zu O^üjSS mm. Für die gleiche Lösung und den- selben Spalt fand sich die Grenzdichte zu 8,2 (Amp./mm*). Wenn nur der Querschnitt des Flüssigkeitsfadens entschei- dend wäre ^ so sollte bei dieser Stromdichte auch die freie Lösung gespalten werden.

Es ist freilich kaum anzunehmen, dass eine Lösung, welche etwa in einem genau cylindrischen Oapillarrohr sich befindet, durch den Strom gleichzeitig an allen Stellen zer- legt werde. Abgesehen davon, dass man niemals diesen Fall wird realisiren können, würde sonst die Lösung in ihrer ganzen Ausdehnung kurz unterhalb der Grenzdichte in einem labilen Gleichgewichtszustande sich befinden, und es müsste bei Ueberschreitung der Grenzdichte plötzlich eine enorme electromotorische Kraft auftreten. Wenn auch möglicher- weise solche Dissociationsarbeiten in der räthselhaften elec- tromotorischen Gegenkraft des Lichtbogens, vielleicht auch sonst bei Gasentladungen vorkommen, so waren die That- sachen für Flüssigkeiten doch noch zu wenig gesichtet, als dass man an eine Prüfung dieser Möglichkeit denken konnte.

Aber der kleine Werth der gefundenen Grenzdichte liess es möglich erscheinen, auch mit verhältnissmässig kleinen electromotorischen Kräften in Spalten von makroskopischen Maassen die Erscheinungen aufzufinden, wenn die Dicke der Wand entsprechend herabgesetzt würde.

In ein Glimmerblättchen von 0,08 mm Dicke wurde mit einem gewöhnlichen Messer ein Spalt von 15 mm Länge ge- schnitten. Man konnte ihn mit blossem Auge erkennen. Das Blättchen wurde als Scheidewand in einen kleinen Glas- trog gekittet und derselbe mit einer ziemlich verdünnt^i Lösung von Silbernitrat gefüllt Der Strom von 21 Accu- mulatoren, welcher mit einer Intensität von etwas über 0,1 Ampfere die Lösung durchfioss, gab fast momentan mit Stromschluss eine Abscheidung schwammigen Silbers an der einen Seite des Spaltes. Der Spalt wurde nach Reinigen mit Salpetersäure in der Mitte mehr klafifend erweitert Wie- der trat Bildung von Silber, zunächst an den dünnsten Stellen des Spaltes ein, sistirte aber in der Nähe der Oeffnung. Dasselbe fand statt, als die Mitte des Spaltes zu einem kleinen Loche erweitert war. Da im ganzen Querschnitt die

EUctrolyse, 459

ätromdichte wesentlich die gleiche ist, so kann diese allein nicht entscheidend sein. Die Vermuthung, dass es auf eine :aus den Maassen des Spaltes bestimmte Zahl im Verhältniss zu der Winkelöflfnung des angrenzenden, mit dem Blectro- lyten gefüllten Raumes ankomme, konnte ich bisher weder genügend bestätigen, noch widerlegen. Doch wird sie durch eine Anzahl Thatsachen, auf welche ich, ebenso wie auf die Frage selber, demnächst ausführlicher zurückkommen möchte, unterstützt.

Der obige Spalt war ziemlich unregelmässig. Mit einem besser geschnittenen, dessen Breite ich unter dem Mikroskop 2u 0,06 mm bestimmte, gelangen die Versuche gleichfalls sehr gut. Eine solche Breite ist mit blossem Aug6 oder einer «chwach vergrössemden Lupe deutlich zu erkennen.

10. Die bisherigen Versuche hatten lediglich den Zweck •einer etwas breiteren Orientirung. Bei dem grossen Umfang, den sie annahmen, und den vielen Fragen, welche entstan- den, schienen messende Versuche zunächst kaum angebracht. Allerdings erhielt man keinen Aufschluss darüber, wie die günstigsten Bedingungen als Function der Concentration •einerseits, der von ihr abhängigen Stromstärke andererseits seien. Es wurde jetzt nöthig, um eine leichtere Lösung wei- terer Aufgaben herbeizuführen, darauf einzugehen. Ich gebe im Folgenden eine üebersicht von Messungen, welche sich auf Silbernitrat beziehen. Dieser Körper gewährt den Vor- theil, dass man die Concentration in sehr weiten Grenzen ändern und die ersten Metallniederschläge, namentlich in verdünnten Lösungen, sehr scharf beobachten kann. Der Spalt war mit einem feinen Scalpell in ein 0,04 mm dickes Glimmerblättchen geschnitten. Er war 3,6 mm lang und im Mittel 0,017 mm breit, sein Querschnitt daher ungefähr

0,061 qmm.

Silbernitrat.

Gkhalt an

Salz in 100 Lösung

Grenzdichte ' Grenzdichte Bemerkungen

relativ ! absolut Procentgeh.

Proc. I Amp. Amp. / mm"

50 >0,700 > 1 1 ,48 Sterkes Zischen, kein Gas

20 I 0.420 6,88 0,021 Gas. feinstaubiges Silber

! I wird durch die Flüssi«^

I keit geschleudert

460

F, Braun,

Gehalt an

Salz in 100 Lösung

Grenzdichte relativ I absolut

Grenzdichte

Procentgeh.

Bemerkungen

Pro«. 10

5

2

1

0,5

0,1

0,05

0,01

1 Amp. 0,210

Amp. /mm* 3,44

0,110 0,032

1,80 0,524

0,0090 0,0030 0,0015 0,0009 0,0002

0,147 '

0,049

0,0246

0,0147

0,0041

0,021 0,022 0,016

0,009 0,006 0,015 0,018 0,020

Gas, feinstaubiges Silber Gasentwickelung Starke Gasentw., Ag- Ab- scheidung Gasentw. und Metall

n

Auf eine nähere Discussion der Zahlen will ich nicht eingehen; doch folgt aus ihnen, dass die Grenzdichte mit dem Procentgehalt abnimmt und in erster Annäherung mit demselben proportional ist.

Wiederholt man nach der jetzt gewonnenen besseren Einsicht und in der Ueberzeugung, dass man eine nicht durch secundäre Einflüsse hervorgerufene Erscheinung vor sich habe, die Versuche mit Spalten in Glasröhren, so bemerkt man, dass in der That auch dort in sehr yerdünnten Lösungen die Ausfällungen rasch und sicher erfolgen. Eine 0,5procentige Lösung z. B. gibt fast momentan eine Abscheidung feinen Silberpulvers. Wenn bei den Vorversuchen umgekehrt grössere Concentrationen günstiger schienen, so rührte dies wohl we- sentlich daher, dass das feine Silberpulver leicht vom Spalt abfällt, vielleicht auch weil die Wirkungen so überraschend schnell eintreten, dass man bei den ersten Beobachtungen daran denken musste, es sei durch eine von den vielen Ge- legenheiten, welche sich bieten, etwas Metall an den Spalt gefuhrt worden.

11. Es ist eine überraschende Erscheinung, wenn an der makroskopischen Spalte eines Glimmerblättchens, welches zwei ganz verdünnte Silberlösungen trennt, mit dem Strom- schluss fast momentan ein Silberschwamm sich zu bilden beginnt. Es erscheinen am Spalt zuerst schwarze, runde, pilzartig aussehende Fleckchen; diese dringen durch den Riss, während auf der anderen Seite sich neues Silber ansetzt. Das Metall ist dabei so dunkel, dass man es fast für Super- oxyd halten möchte. Lässt man die Metallbildung weiter-

EUctrolyse. 461

gehen, so entflürbt es .sich aber an manchen Punkten und wird mattgrau. Das Gleiche tritt nach StromöfiFnung ein.

Diese Aenderung hat die folgende Ursache. Die schwarze Ausscheidung ist kein reines Silber; es ist dem Metall viel- mehr, wahrscheinlich durch Occlusion, Wasserstoff beige- mengt So lange der Strom das Silber durchsetzt, behält es die durch die Gegenwart des Wasserstoffes bedingte schwarze Farbe. Trennen sich Theile desselben ab, sodass sie aus der Strombahn herauskommen, so tritt (vermuthlich unter Reduction des Nitrates zu Nitrit) die Umwandelung in reines Silber ein, die sich durch die Entfärbung bemerklich macht.

Diese Deutung gründet sich auf die Beobachtung, dass die gleichen Farbenwandelungen auch das an der Silber- kathode ausgeschiedene Metall durchmacht. Auch dieses ist so auffallend schwarz, dass ich zuerst glaubte, mich in der Stromrichtung getäuscht zu haben. Das Metall ist dabei so stark aufgebläht, dass es oft in der Flüssigkeit schwimmt Trennt sich ein Ballen desselben ab, so wird er grau. Oeffnet man den Strom, so entfärbt sich die Masse und man sieht deutlich, wie die Farbenänderung von aussen nach innen durch den Metallschwamm fortschreitet^)

12. Neben den chemischen 2!<ersetzungen hatte ich fort- während mit fast gleichem Interesse die in einzelnen Fällen beobachteten sonderbaren Lichterscheinungen im Auge be- halten, weil ich mich des Gedankens nicht entschlagen konnte, dass es Leuchten durch einen chemischen Process sei, indem etwa die Ionen, welche in den engsten Theilen des Spaltes unter Wirkung des Stromes dissociirt werden, sich wieder ▼ereinigen, sobald sie an breitere Stellen kommen. Sieht man von den Entladungserscheinungen des Inductoriums ab, wo electrische Funken mitspielen mögen, so war bei con- stantem Strom ein Leuchten nachzuweisen mir nur bei Silber- nitrat gelungen. Die zuletzt beschriebenen Versuche hatten mich belehrt, dass Silber, wie es auch schon von anderen Autoren angegeben ist, thatsächlich energisch Wasserstoff in sich ansammelt Mit dieser Eigenschaft konnte das

1) Vgl. übrigens betreffd einer anderen Aufiassung Poggendorff in Pogg. Ann. 75. p. 337. 1848.

462 F. Braun.

Leuchten zusammenhängen, und ich fragte mich, ob ich nicht bei anderen Stoffen von ähnlichem Verhalten antreffen möchte. Mit Platinchlorid hatte ich zwar früher, als ich zehnprocentige Lösung anwendete, überhaupt keine Abschei- dung bemerkt Vielleicht aber war das Metall gleich vom Spalt abgefallen. Ich griff daher wieder auf diese Substanz zurück, dampfte die Lösung auf etwa Y5 ein und wiederholte den Versuch. Es trat sofort lebhafte G-asentwickelung au^ der ganze Spalt glühte in einem durch die gefärbte Lö- sung gesehen rothorangefarbenen Licht, und als man nach einiger Zeit das Böhrchen herauszog, fand sich der grösste Theil des Spaltes dicht mit metallischen Nadeln besetzt^ welche an dem äusseren Bande fest hafteten. Die nächst- gelegene Annahme war, dass das Platin durch den Strom^ der sich nach Zehntel Ampöre bemaass; glühend geworden sei. Dann sollte der Versuch auch gelingen« wenn man die Platinlösung durch eine ebenso gut leitende andere ersetzte. Es wurde daher das ausgewaschene Böhrchen in verdünnte Schwefelsäure gesetzt und wieder der Strom von 21 Accu* mulatoren hindurchgeleitet. Der Spalt leuchtete sofort so hell auf, dass man das Licht in massiger Dämmerung gut sehen konnte. Es ist aber nicht wohl Yerständlich, ?rarum der Spalt gleich weissglühend werden soll. Es fiel ferner auf, dass das Licht, jetzt durch die farblose Schwefelsäure gesehen, bläulich erschien, an das Pluorescenzlicht des Chinin- sulfates erinnernd.

Das kleine Quantum Flüssigkeit wurde rasch sehr heiss durch den Strom. Als man die Schwefelsäure durch neue ersetzte und die Versuche mehrfach wiederholte, entstanden allerhand Unregelmässigkeiten. Das Leuchten trat bisweilen gar nicht, bisweilen nur bei Stromschluss blitzartig auf und blieb dann während des ganzen Stromschlusses verschwunden, obschon die Stromstärke keine wesentliche Aenderung er- fahren hatte. Auch die Stromrichtung schien Einfluss zu haben. Ich will mich kurz fassen: Das Leuchten trat am stärksten auf und blieb während der ganzen Versuchsdauer bestehen, wenn man 1. den Strom von innen nach aussen leitete und 2. die innere (Platin-) Electrode möglichst tief in das Bohr eintauchen liess. Es blieb aus oder trat nur im

Electrolyse, 468

ersten Moment des Stromschlusses ein, wenn die Innenelec- trode ganz oberhalb des Spaltes lag.

Die Erkl&mng ergibt sich demnach von selber. Am Platin des Spaltes scheidet der Strom, wo er in das Metall eintritt, WasserstofiF ab, an der Innenelectrode Sauerstoff^ der die Flüssigkeit des nur etwa 1 cm weiten Rohres in leb» hafte Bewegung setzt. Diese beiden Gase vereinigen sich am Platin unter Lichtentwickelung. Wird die Innenelectrode höher gehoben, sodass sie etwa nur der oberen Spalthälfte gegenüber steht, so erglüht auch nur diese. Hebt man sie noch mehr und lässt den Strom einige Zeit unterbrochen, so ▼ertheilt sich durch Diffusion der Sauerstoff durch den In- halt des Rohres; bei Stromschluss tritt daher ein erstes Aufblitzen ein, welches aber erlischt, sobald der Sauerstoff verbraucht ist

Wir haben es also mit einer Lichtentwickelung zu thun, welche gut definirten chemischen Processen entspricht und bei Temperaturen vor sich geht, welche unterhalb 100^ liegen. Darin, dass wir durch den gleichen chemischen Vorgang eine Lichtemission erbalten, die wir gewöhnt sind, nur bei hoher Temperatur auftreten zu sehen, und welche wir nun auch bei variirbaren niederen Temperaturen verfolgen können, scheint mir das Interesse an diesem Versuch zu liegen. .

18. Er klärt uns aber auch über die Natur der Funken auf, welche im Spalt entstehen, wenn eine Silberlösung mitt- lerer Concentration dem Stromdurcbgang unterliegt. Wäh- rend das Silber einerseits Wasserstoff bei seiner Ausschei- dung einschliesst, bildet sich andererseits da, wo der Strom einen Silberfaden verlässt. Sauerstoffgas. Wenn diese Sauer- stoffbläschen bei ihrer scheinbar ganz unregelmässigen Bewe- gung durch den Spalt eine Schiebt Silber Wasserstoff über- streichen, so tritt auch hier diese chemische Phosphorescenz ein. Das sind die wandernden Fünkchen im Spalte. Es stimmt mit dieser Erklärung überein, dass der Funke immer da auftritt, wo man im Hellen ein Gasbläschen bemerkt.

14. Ich habe im Vorstehenden von jedem Erklärungs-^ versuche noch Abstand genommen. Denn wenn auch die Zahl der Beobachtungen, aus denen ich die mitgetheilten herausgegriffen habe, nicht unbeträchtlich ist, so verkenne

464 F, Braun, . Electrolyse,

ich doch durchaus nicht, dass sie uns erst an den Anfang einer umsichtigen Untersuchung geführt haben. Auch dar- über, ob die hier mitgetheilten Erscheinungen mit den von A. und E. Becquerel wiederholt beschriebenen „electro- capillaren Beactioüen^^ in Beziehung stehen, möchte ich noch gar keine Yermuthung aussprechen. Ebenso sehe ich auch von Folgerungen ab. Wie weit die Thatsachen im Gebiete der Mineralogie zur Erklärung metallischer Abscheidungen, wie weit sie für die biologischen Wissenschaften Bedeutung gewinnen können, sind alles Fragen, auf welche man zweck- mässiger Weise erst wird eingehen, wenn genauer festgestellt ist, wie die Erscheinungen selber von der Natur der Stoffe und den geometrischen Verhältnissen ihres Bildungsortes bedingt sind, und wenn wir im Anschlüsse daran eine gut begründete Anschauung über den Vorgang selber gewonnen haben. Ich hoffe bald weitere Mittheilungen machen zu können.

Tübingen, d. 12. Nov. 1890.

yiL Veber electrische Ladung durch gleitende Iteibung; van Eduard Stecke.

(Au« den Gott Nachr. vom 8. Nov. 1890 mit einem Zusatz mitgetheiit

vom Hm. Verf.)

Biess^) hat im Jahre 1876 eine Reihe Ton Versuchen mitgetheUt, welche sich auf die Bestimmung der durch Rei» bung erregten Electricit&tsmengen bezogen. Die kreisför- mige Fläche des Beibzeuges hatte einen Durchmesser von 4 cm; sie bestand aus Leder, welches mit einer dünnen Schicht von Kienmayer's Amalgam überzogen war. Die geriebene Fläche bestand aus einer Tafel von Hartgummi mit glänzender Oberfläche, von 73 cm Länge und 32,5 cm Breite. Seine Versuche beschreibt Biess in folgender Weise. Das unbeschwerte Beibzeug wurde auf die Hartgummitafel gestellt uüd mit Hülfe eines isolirenden Handgriffs in gerader Linie um 1 Zoll » 2,7 cm behutsam fortgeftlhrt. Die dabei stattgefundene Beibung wird zur Einheit der Beibungsmenge genommen. Dann wurde das Beibzeug behutsam abgenom- men, auf eine frische Stelle der Platte gesetzt, wiederum einen Zoll weit fortgeführt u. s. w. Die Anzahl dieser Ope- rationen bestimmte den Werth der Beibungsmenge. War die gewünschte Menge erreicht, so wurde mit dem Beiher der Knopf eines Sinuselectrometers berührt und die erregte Electricitätsmenge gemessen. Bei einer zweiten Versuchs- reihe wurden die Beibungsmengen dadurch gewonnen, dass der Beiher in einem Zuge über eine grössere oder geringere Strecke der Hartgummitafel fortgezogen wurde. Als Besul- tat dieser Untersuchungen ergaben sich die folgenden Sätze:

„Durch fortgesetzte Beibung wird desto weniger Elec- tricität erregt, je grösser die Torangegangene Beibung war.^^

„An zwei vorläufig electrisirten Flächen erregt die Bei- bung eine kleinere Electricitätsmenge, als wenn die eine Fläche unelectrisch ist."

1) Riesa, Berl. Monatsber. 1876. p. 301. Ann. cL Phyi. o. Chem. N. F. XLII. 30

466 E, Rieche.

Durch die Versuche Yon Biess wurde ich yeranlasst zu dem Versuche einer Theorie der Electricitätserregung durch Reibung^), welche auf den folgenden Grundlagen be- ruht. Es wird zunächst angenommen, dass der Beiber die Q estalt eines Rechteckes besitzt, dessen Breite äusserst klein ist im Vergleich zu seiner Länge. Wird ein solcher Beiber parallel mit seiner Breite über . die geriebene Fläche fort- geführt, so wird die erregte Electricitätsmenge proportional der Oberfläche des Beibers und proportional der geriebenen Fläche gesetzt: ausserdem wird angenommen, dass eine fort- dauernde Wiedervereinigung der geschiedenen Electricitäten erfolge nach demselben Gesetze, welches f&r die Zerstreuung der Electricität in der Luft gilt Die theoretischen Folge- rungen aus diesen Annahmen standen in Uebereinstimmung mit den Versuchen von Biess und ebenso mit den Beob- achtungen, welche Carl Schering auf meine Veranlassung hin ausgeführt hat*)

Der Zweck von Beobachtungen, welche ich im Februar und März 1888 angestellt habe, war es, das zur Zeit noch sehr unzulängliche Beobachtungsmaterial zu vermehren; dabei wurde im wesentlichen die von Biess angegebene Methode der Beobachtung beibehalten, dieselbe wurde nur auf eine grössere Zahl verschiedenartiger Körper in Anwendung ge- bracht; zur Messung der erregten Electricitätsmengen wurde ein Goldblattelectroskop benutzt und es wurden endlich die an diesem Electroskop beobachteten Ausschläge auf abso- lutes electrostatisches Maass reducirt

1. Die reibenden Körper.

Als reibende Körper wurden benutzt: Platten von Bern- stein, Glas, Hartgummi, Holz, Nickel, Schellack, Schwefel und Siegellack. Dieselben hatten meist eine rechteckige, bezw. quadratische Form; eine von einem natürlichen Schwe- felkrystall abgeschnittene Platte hatte die Gestalt eines Parallelogramms, eine zweite ebensolche die Gestalt eines Paralleltrapezes; zwei Holzplatten waren kreisförmig begrenzt.

1) Riecke, Gott. Nachr. 1877. Nr. 25. Wied. Ann. 3. p.414. 1878.

2) C. Schering, Wied. Ann. 3. p. 465. 1878.

Electrische Ladung durch Reibung. 467

In der Mitte war an allen Platten ein dünner Stil von Hart- gummi befestigt von einer Länge von beiläufig 15 mm; oben trag dieser Stil ein rechtwinkeliges Kreuz von Hartgummi, dessen Arme eine Länge von 30 mm besassen. Bei der Rei- bung wurden die Platten mit den Spitzen von vier Fingern in den Endpunkten des Kreuzes gefasst und mit massigem Drucke und geigneter Geschwindigkeit über eine zuvor ab- gemessene Strecke der geriebenen Fläche hinweggeführt. Sie wurden sodann abgehoben und mit dem einen Arme des Kreuzes über dem Knopfe des Goldblattelectroskopes aufge- hängt, welches zur Messung der Electricitätsmengen diente. Die Entfernung zwischen den Platten und dem Knopfe des Electroskops betrug etwa 6 cm.

2. Die geriebenen Flächen.

Als geriebene Körper wurden vorzugsweise verwandt Flanell und Seide; bei einer kleineren Zahl von Versuchen auch Katzenpelz. Flanell und Seide wurden in rechteckigen Stücken verwandt, welche aus mehreren Lagen über einander bestanden; ihre Länge betrag 83 cm, ihre Breite 11 cm. * An ihren breiten Seiten waren die Stücke auf Hartgummicylin- dern befestigt; diese wurden mit ihren vorstehenden Enden in zwei feste Lager eingelegt, sodass die geriebenen Flächen zwischen denselben in horizontaler Richtung sich ausdehnten, um eine ebene Reibungsfläche von genügender Festigkeit herzustellen, wurde gegen die Flanell- oder Seidenstücke von unten eine horizontal gestellte Glasplatte gedrückt, sodass dieselben straff gespannt waren und keine Faltung zeigten. Wurde die Länge der geriebenen Flächen von dem Reiber mehrmals durchlaufen, so wurde darauf geachtet, dass dies stets an einer neuen Stelle geschah. Nach jedem einzelnen Versuch wurde die geriebene Fläche durch Bestreichen mit einem Spitzenkamm, die Fläche des Reibers mit Hülfe einer Flamme entladen.

3. Das Electroskop.

Das Electroskop war ein einfaches Goldblattelectroskop, welches zum Schutze gegen äussere Störungen in einen metal- lenen Kasten eingeschlossen war. Dieser war an zwei ein-

30*

468 E. Rieche.

ander gegenttberliegenden Stellen mit Oeffnnngen yersehen, sodass die Yerbindongslinie derselben senkrecht zu der Diver- genzebene der Bl&tter stand. Die hintere Oeffnung diente zur Beleuchtung der Bl&tter; die Tordere trug eine Linse, durch welche das Bild der Blätter auf den Glasmaassstab geworfen wurde, an welchem ihre Dirergenz beobachtet wurde.

Die Beduction der Ausschläge des Electroskopes auf absolutes electrostatisches Maass geschah in folgender Weise. Ueber den Knopf des Electroskops wurde die geladene Stand- kugel einer electrischen Drehwage gestellt und der hierdurch erzeugte Ausschlag gemessen; es wurde hierauf die Stand- kugel in die Drehwage gebracht und die Abstossung ihres B^kens beobachtet Sodann wurde die Standkugel in das Electroskop zurückgestellt und von neuem der Ausschlag gemessen; diese alternirenden Beobachtungen wurden fort- gesetzt, bis die Ausschläge infolge der Zerstreuung auf einen nur noch kleinen Betrag gesunken waren. Die electrische La- dung der beweglichen Kugel der Drehwage war zu Anfang der ganzen Beobachtungsreihe in absolutem Maasse bestimmt worden; ihre Abnahme im Verlauf der Beobachtungen wurde berechnet mit Hülfe des Werthes, welcher sich aus den Messungen selbst für den Zerstreuungsco^fficienten in der Drehwage ergab.

Wir stellen zunächst die Ladungen e^ der Standkugel (mm, mg, sec) zusammen mit den entsprechenden Ausschlägen A des Electroskops und dem Verhältniss eJA.

e,IJ

Im Mittel ist ej^ = 304.

Bezeichnen wir durch g^^ die Capacität der Standkugel der Drehwage, wenn sie dem Knopfe des Electroskops gegen- übergestellt ist, durch q^^ ^^^ 6apacität dieses letzteren, so ergibt sich für die Ladung der Goldblälter der Werth:

Die Gapacitäten ergeben sich mit Hülfe der Formeln, welche ich in einer früheren Abhandlung ^) entwickelt habe, aus den

1) E. Kiecke, Gölt. Nachr. 18ö5. p. 416. Wied. Ann. 28. p.65. 1886.

8770

6378

5208

4880

4200

2055

28,8

16,7

18,4

15,4

13,9

6.7

803

822

283

314

808

807.

EUctrische Ladung durch Reibung. 469

Darchmessern und dem Centralabstand der beiden Engeln. Nnn war der Halbmesser der Standkugel a ^ 6,07 mm , der Halbmesser der Kugel des Electroskops b =^ 5,80 mm; der Centralabstand c a 18,62 mm. Hiernach ergibt sich:

?ii« 6,867, ^13 = - 2,168 und somit die electrische Ladung der Qoldbl&tter in mm,'mg, sec :

<'3 = 96A

Dieses Resultat stimmt nahe überein mit dem in der angeführten früheren Arbeit gefundenen, obwohl die Ver- hältnisse des Versuches wesentlich andere sind. Der früher gefundene Werth ist e^^91 A (mm, mg, sec).

Es mögen endlich noch die Formeln angeführt werden, mit Hülfe deren die auf den Beiberfläcben erzeugten elec« trischen Dichtigkeiten aus den Ausschlägen des Electroskops berechnet wurden.

Vorausgesetzt ist, dass die Fläche der Platten senkrecht stehe gegen die Linie, welche den Mittelpunkt der Electro- skopkugel mit dem Mittelpunkt der Platten verbindet. Be- zeichnen wir den Abstand einer Platte von dem Mittelpunkt der Kugel durch d, den Halbmesser der Kugel durch o, die electrische Dichtigkeit an der Oberfläche der Platte durch a, so wird die Menge der in der Kugel inducirten ungleich- namigen, der in den Goldblättem sich sammelnden gleich- namigen Tnfluenzelectricität gegeben durch:

+ 1/2 Jrbß

d^ drj

ff

-Iß —6/^

I und // sind die rechtwinkligen Coordinaten mit Bezug auf zwei in der Ebene der Platte durch ihren Mittelpunkt hindurchgelegte Axen, / ist die Länge, b die Breite der Platte. Die Integration nach ^ gibt:

+ t/2

e„ = « 6 I ag lüg - -.i.

Woraus durch partielle Integration:

|/rf2 + i*±"_ + 6/2 +V«

/*+6'

470 E. Rieche.

und:

4aa6arc sm

4Vrf» + 6«/4Vrf* + ^'*/4

Sind die Dimensionen der Platte klein gegen die Entfernung d^ 80 kann man setzen:

^3

Führt man an Stelle der electrischen Ladung der Gold- blätter ihre Divergenz A ein, so ergibt sich zur Berechnung der electrischen Dichtigkeit e die Formel:

•"7('--83^1-»«'^-

Ist die Platte durch einen Kreis Tom Halbmesser r begrenzt, so lautet dieselbe:

*"'-*5(»-44)=«6^-

4. Versuche mit Hartgummischeiben.

Es war nothwendig, zunächst mit Benutzung eines und desselben Stoffes eine grössere Zahl von Versuchen auszu- führen, um ein Urtheil über den gesetzmässigen Verlauf der- selben und die Constanz der Resultate zu erhalten. Es wurden zu diesem Zwecke drei Platten von Hartgummi be- nutzt, welche aus einer Tafel von 6,5 mm Dicke heraus- geschnitten waren. Die Ergebnisse der Versuche sind in den folgenden Tabellen zusammengestellt. Die Länge der Platten ist mit /, ihre Breite mit b bezeichnet; T ist die Temperatur, q die relative Feuchtigkeit, A der beobachtete Ausschlag des Electroskops, s die von der Platte durch- laufene Strecke in Centimetern. Bei zwei Scheiben wurden je drei, bei der dritten vier correspondirende Versuchsreihen ausgeführt. Die geriebene Fläche bestand aus Flanell.

Electrüche Ladung durch Reibung,

471

L Scheibe. / = 29,2 (mm) b » 10,4 (mm)

15,5

a = 25,2 (cm).

T

1 19,»

19,9

19,5

?

. 62

51

47

9 (cm)

1 1

Ä

A Mittel

A berechn.

25

8,4

10,3

10,0

9,6

9,8

50

18.8

12,7

14,2

1 13,6

13,3

75

15,4

14,2

14,7

' 14,8

14,7

150

! 15,5

14,3

14,8

14,9

16,5

300

15,5

14,7

15,4

, 15,2

15,5

Die berechneten Werthe sind erhalten mittelst der Formel:

Führt man die Platte über eine Strecke von u = 25,2 cm der geriebenen Flanelloberfläche hinweg, so erhält man hier- nach 63 Proc. der schliesslich erreichten electrischen Ladung. In derselben Weise sind auch die Beobachtungen der fol- genden Tabellen berechnet.

n. Scheibe. / « 29,9 (mm) b = 19,9 (mm)

22,7

u = 29.9 (cm).

T

17,2

51

17,5 53

18,8 50

s (cm)

A 1 A Mittel , berechn.

26

11,2

13,4

12,8

50

17,4

19,5

19,1

75

20,4

21,7

21,0

160

21,1

22,2

22,3

800

22,8

22,3

III. Scheibe. /

12,5 18,7 21,0 21,9 22,5

b 30,1 (mm)

27,7 cc = 42,7 (cm).

12,8 18,4 20,9 22,6 22,7

T Q

8 (cm)

19,0 60

19,2 53

17,9 51

17,3

48

25

6,5

12,1

50

14,8

19,6

75

, 20,7 25,6

26,3

150

27,2

300 !

27,8

28,8

15,4 20,3 24,2

27,6

27,8

14,6 22,6 25,7 27,2 27.2

A Mittel

12,1 19,3 24,2 26,9 27,7

A berechn.

12,3 19,1 23,0 26,8 27,7

472 E. Riecke.

Mit Bezug auf die Art und Weise, in welcher die vorher- gehenden Beobachtungsreihen gewonnen wurden, möge noch Folgendes bemerkt werden.

Aus einer Beihe Ton Torläufigen Versuchen ergab sich, dass die electrische Erregbarkeit der Platten durch den Process der Reibung vermehrt wurde. Von einem Versuche zum anderen wurden dieselben in einem mit concentrirter Schwefelsäure getrockneten Becipienten aufbewahrt Wurde nun eine Platte aus diesem Baume herausgenommen und über eine bestimmte Strecke des in derselben Weise aufbe- wahrten Flanellstückes weggeführt, so ergab sich zunächst eine ziemlich schwache electrische Ladung. Diese steigerte sich aber bei jeder Wiederholung der Operation bis zu einem schliesslichen constant bleibenden Betrage.

Es möge dies an einem Beispiele erläutert werden. Der Versuch wurde ausgeführt mit der quadratischen Hartgummi- scheibe; die geriebene Flanellstrecke hatte eine Länge von 75 cm. Die bei Wiederholung der Reibung der Reihe nach beobachteten Ausschläge des Electroskops waren folgende:

10,6

14,5

15,8

18,0

18,4

18,6

19,4

21,6

21,8

22,1

22,8

23,9

28,6

23,9

22,0

23,8

22,5

23,0.

Um nun die Beobachtungen von dem Binfluss dieser Verän- derung zu befreien, wurde jede Beobachtungsreihe damit be- gonnen, dass die zu untersuchende Platte wiederholt über eine Strecke von 75 cm gerieben wurde, bis schliesslich keine Vermehrung der electrischen Ladung mehr zu beobachten war. Erst nachdem auf diese Weise eine constante Ober- fiächenbeschaffenheit der Platte hergestellt war, wurde mit der eigentlichen Versuchsreihe begonnen, bei welcher in der Regel von kleinen Reibungsstrecken zu grösseren fortge- schritten wurde. In dieser Weise schloss sich an die Ver- suche, deren Ergebniss in den obigen Zahlen enthalten ist, die folgende Beobachtungsreihe an.

Reibungssirecke 5 = 25 cm.

Ausschläge des Electroskops bei den einzelnen aufein- anderfolgenden Versuchen:

ElectrUche Ladung durch Reibung. 478

-4 = 13,0 12,6 14,5 18,0 14,2 15,7 18,9 13,6 15,3 13,7 14,7 16,7

15.0 15,5 15,0 17,2 17,4 16,8

Mittel A = 15,4.

Reibungsstrecke « = 50 cm.

AuMchlige: A » 18,8 19,0 20,9 21,2 19,7 20,8

20.1 21,6 20,8 20,8 20,6 20,8

Mittel A = 20,3.

Reibungsstrecke « = 75 cm.

Ausschläge: A ^ 25,7 23,2 26,0 24,5 25,0 24,7

24,4 23,1 24,0 24,0 24,4 24,4

Mittel A » 24,4.

Reibungsstrecke « ^ 150 cm.

Auflschlftge: A = 27,9 24,0 26,0 29,0 26,0 28,0

27,0 29,9 26,3 29,3 27,5 27,6

Mittel A = 27,6.

Reibungsstrecke s » bOO cm.

Ausschlüge : A == 26,8 27,6 29,3 28,0 28,1 27,0

26,7 29,3 27,7 28,7 27,8 27,5

Mittel A » 27,8.

Man sieht, dass bei dieser Beobacfatungsreihe auch durch die TorauBgegangene wiederholte Reibung keine vollkommen constante Beschaffenheit der Oberfläche erreicht war; es findet bei den beiden kleinsten Reibungsstrecken noch ein deutliches Ansteigen der Ladung bei wiederholter Reibung statt, und der bei der Strecke « == 75 cm erreichte Betrag der Ladung ist grösser als bei den Vorversuchen. Uebrigens mus8 hervorgehoben werden, dass mit Bezug hierauf die Beobachtungsreihen im ganzen günstigere Verhältnisse dar- bieten, als die hier mitgetheilte.

5. Zusammenstellung der Dimensionen der bei den Versuchen benutzten Platten.

Die Länge derselben ist ebenso wie früher mit /, die Breite mit &, die Dicke* mit h bezeichnet; d ist der Abstand, in welchem die geriebene Fläche der in das Electroskop ge- hängten Platten von dem Mittelpunkte der Kugel sich be- fand; die Angaben beziehen sich auf das Millimeter als Längeneinheit.

474

E. Riech:,

«

l

b

h

ä

.'

I i

27,9 ' 27,9

4,8

72,3

Bernstein . . <

ni

25,4 25,2

20,1 23,2

2,4 1,9

73,9 75,1

i : IV

27,5

19,4

3,8

73,7

f I

29,1

29,1

2,1

73,8

Glas .....

II

29,8

14,7

2,1

73,7

III

29,6

29,6

1,0

74,8

l ; IV

29,7

14,8

1,0

75,2

f ' I

30,1

80,1

6,6

69,8

II

29,9

19,9

6,5

69,8

Hartgummi .

III

29,2

10,4

6,5

69,9

IV

29,7

29,7

2,0

74,8

V

30,1

20,2

2,0

74,7

VI

29,8

10,1

2,0

74,8

Holz { jJ

r = 15,6

6,0

70,0

r = 15,1

6,0

70,0

Nickel .... 1 JJ

20,4

20,4

2,8

73,8

20,4

20,4

2,8

73,7

T

Schellack - { jj

28,6 29,7

28,6 14,4

6,0 6,0

71,3 70,9

f ' A

30,6

30,6

6,2

70,7

Schwefel . .

n ;

m

30,3 22,9

15,0 14,8

6,2 6,0

69,9

68,8

ii IV

24,6

12,8

5,4

69,5

5tiA0>p1lAl»Ic 1 ^

29,4 29,4 1

6,0

70,9

OlCgCUaUlk . . V

'

II

29,4 ;

14,8

6,0

71,7

Von den beiden Holzplatten war die erste aus Buchsbaom- holz, die zweite aus einem schwarzen, harten Holze kreis- förmig ausgedreht. Von den Schwefelplatten bestanden die beiden ersten aus käuflichem Stangenschwefel, die dritte und vierte waren aus einem natürlichen Schwefelkrystall ge- schnitten, und zwar die dritte in der Form eines Parallel- trapezes parallel einer Octaederfläche, die vierte in der Form eines Parallelogramms parallel der Geradendfläche; bei der dritten bedeutet / die halbe Summe der parallelen Seiten, bei der vierten ö die Höhe des Parallelogramms.

Von den Glasplatten stammten die beiden ersten von einer Scheibe farblosen, die dritte und vierte von einer Scheibe grünen Glases. Die beiden ersten Bemsteinplatten waren durchsichtig gelb, die dritte und vierte milchig getrübt.

6. Die beobachteten Maxima der electrischen Ladung und die Flächendichtigkeiten der Rcibungselectricität

Im Folgenden sind für die einzelnen Platten die Aus- schläge A^ zusammengestellt, welche sich bei fortgesetzter

EUclritche LaduHff durch Reibung. 476

YergrOsseraDj; der beim Reiben dnrchlaufenen Strecke schliflBslicb ergaben; es siod ausserdem die electriscben Dicbtigkeiten in cm-g-sec angegeben , welche mit Hülfe der frOber angegebenen Formel aus den betreffenden Werthen von A^ folgen.

Wolle

Pela

Seide

J.

J.

l^^

_^-?!._

'.

I

1 2i,5

8,89

_

-

28,3

8,65

Benutein . . 1

11 III

1S,7 17,0

4,56 3,89

11,8

2,90

18,0

4,39

1

IV

17,1

4,00

_

_

18,8

3,93

I

1 -

15,4

2,81

ClM

u

11,8

3,21

_

11,8

3,35

III

12,0

1,76

10,4

1,68

IV

1 9,e

2.64

1ü;9

8,16

1

27,7

8,88

23,6

3,30

II

22,7

4,54

18^7

2,54

20,9

4,18

»art^moii .

UI IV

; 15,5

; 22,9

8,00 3,3 t

13,8 20,6

0.34

a,oi

V

1 n,ö

3,66

11,0

2,30

11,1

3,67

VI

1 12,5

5,21

11,1

4,68

Hula

1 u

! 22,*

6,8

3,43

I

-

18^2

8,02

Nickel

I II

10,8

8,45

z

z

11,0 10,9

8,62 8,49

Schellack . .

I II

28,0 21,6

3,47

6,07

11,6

8,26

22,0 19,8

8,32 6.56

I

27,2

3,54

25,9

3,37

Schwefel ..

u III

21,6

5,64

14,0

3,65

21.3 11,7

6,58 3,99

IV

12,5

4,55

Siegellack . .

I II

25,8 22,0

3,36

13,3

3,70

25,0

20,8

3,65

fi,78

Av düur ZuiammentteUung ergibt tick xunächtt unztoeideatig die Thatiache, dau die durch die Reibung erzeugte maximale eiectritehe Diehiigkeit um so /deiner itt, je grbtter die t^che det Reiber». Man kann zunächst vermuthen, dass der Unterscbied zwischen den beobachteten Dichtigkeiten nicht sowohl durch die Terecbiedenbeit der Ördsse, als durch die der Form be- dingt ist; dass aber die Form für die schliesslich erreichten «lectriscbea Dichtigkeiten wenigstens nur von untergeord- neter Bedeutung ist, ergibt sich aus Versuchen, bei welchen Platten von länglicher Form das eine mal der Breite, das andere mal der Lauge nach fortgeführt wurden; die hierbei beobachteten Ausschläge A sind im Folgenden zusammen- gestellt

476

E. Rieche.

I

1

s

Der Breite nach

Der Länge nach

Hartgummi \ Schwefel .

II III HI VI i

IV

225

75

150

150

75

20,0 13,2 13,2 10,6 12,5

20,4 18,8 12,3 11,1 11,0

Um eine Vergleichung der bei den yerschiedenen Körpern auftretenden electrischen Dichtigkeiten zu erhalten, kann man die beobachteten Werthe von e^ auf gleichen Inhalt der Beiberflächen reduciren. Es empfiehlt sich zu diesem Zwecke eine Fläche von 5 cm^ und mit Bezug auf diese er- geben sich dann die folgenden Werthe.

Maximale electrische Dichtigkeit bei einer Reiberfläche von 6 cm^ Inhalt

Reibung an Wolle

Siegellack .... Schellack .... Schwefel .... Hartgummi I— III . Bernstein I u. II Bernstein III u. IV Hartgummi IV-IV

Glas III u. IV . .

5,70 5,57

5,48 4,82 4,60 4,18 3,90

2,65

Siegellack . . . Schwefel . . . Schellack . . . Hartgummi I— III Bernstein I u. II Bernstein III u. IV Hartgummi IV— VI Glas I u. II . . . Glas in u. IV . .

5,40 5,39 5,12 4,48 4,40 4,11 3,80 3,18 2,90

Bei den Holzplatten, den Nickelplatten und den aus einem Schwefelkrystall geschnittenen Platten ist eine Reduction auf einen Flächeninhalt von 5 cm^ nicht ausführbar. Bei einem Flächeninhalt von 7,6 cm^ würden die Hartgummiplatten III VI eine electrische Dichtigkeit c^^ = 3,42 liefern; es würde also die erste Holzplatte eine electrische Erregung zeigen von derselben Stärke wie die zweite Reihe der Hart- gummiplatten. Die bei der Reibung der Nickelplatten an Seide erregte electrische Dichtigkeit stimmt ebenso überein mit der durch die Reibung einer gleich grossen Fläche der ersten Glassorte erzeugten. Die Erregbarkeit der nach der Geradendfläche des Krystalls geschnittenen Schwefelplatte erweist sich als nahezu gleich der Erregbarkeit der zweiten Hartgummisorte; die Erregbarkeit der der Octa^derfläche

Eledruche Ladung durch Reibung, 477

parallelen Platte ist geringer. £ine sehr schwache Erreg- barkeit zeigt endlich die Holzplatte IL

Aus der Betrachtung der im Vorhergehenden gegebenen Zasammenstellung ergibt sich Folgendes:

Alle Körper j welche mit Wolle und Seide gerieben negativ electrisch werden j geben mit fVoÜe grössere electrische Dichtig- keiten als mit Seide»

Glas, welches bei der Reibung an Wolle und Seide positiv electrisch wurde, gibt mit Seide eine grössere electrische Dichtig- keit als mit Wolle,

Ordnet man die als Reiber benützten Stoffe nach der bei gleicher reibender Fläche erreichten electrischen Dichtigkeit, so ist, mit einer einzigen kleinen Ausnahme, die Reiherifolge dieselbe bei Wolle, wie bei Seide.

Besteht für die Spannungen, welche durch Reibung ver- schiedenartiger Stoffe an ihrer Oberü&che erzeugt werden, ein dem Volta'schen Spannungsgesetze analoges Gesetz, so würde die Differenz der Dichtigkeiten, welche bei der Rei- bung eines und desselben Körpers an Wolle und Seide auf- treten, der Dichtigkeit entsprechen, welche durch Reibung von Seide an Wolle erzeugt wird.

Den in der vorhergehenden Tabelle enthaltenen Zahlen zufolge schwankt jene Differenz zwischen 0,09 und 0,45; im Mittel ist sie gleich 0,28. Hiernach lassen sich die Resultate unserer Messungen in der einen Spannungsreihe vereinigen:

Olas I-II Glas lU-IV Wolle Seide Holz II Nickel 2,95 2,65 0 0,23

Hartgummi IV— VI Bernstein III, IV Bernstein I, II

HokI

8,90 4,18 4,60

Hartgummi I— III Schwefel Schellack Siegellack 4,82 5,48 5,57 5,70.

Die unter den Stoffen stehenden Zahlen geben die elec- trischen Dichtigkeiten in cm, g, sec, welche bei der Reibung von 5 cm' grossen Flächen an Wolle erzeugt wurden.

478

E, Rieche.

7. Ueber die Zunahme der electrischen Ladang mit wachsender Reibungsstrecke.

Wir haben im vierten Abschnitte die mit den Hart- gummiplatten bei der Reibung an Wolle erhaltenen Beob* achtungen mit Hülfe der Exponentialformel:

00

(l-. ^)

dargestellt. Die Zahl a^ welche den Nenner des Exponenten bildet, gibt die Strecke an, über welche der Reiber hinweg- geführt werden muss, damit die erreichte Ladung 63 Free der schliesslichen Ladung beträgt. In diesem Sinne würde die Angabe der Zahl a auch dann zur Charakterisirung der Yersuchsergebnisse dienen, wenn das obige Gesetz nur n&he- rungsweise gültig sein würde. Nur bei einem Theile der Beobachtungen lag eine solche Zahl zusammengehörender Werthe von A und s vor, dass eine Berechnung der Wege a versucht werden konnte. Für diese sind im Folgenden die maximalen electrischen Dichtigkeiten mit den entsprechen- den Werthen von a zusammengestellt; die letzteren sind ia Centimetem angegeben.

Bernstein Glas . .

Hartgummi

Holz . Nickel

Schellack .

Schwefel . Siegellack .

I

III

I

II

III

I

II

III

IV

V

VI

I

I

1

II I

II I

Wolle

8

OD

3,69

3,21 1,76 3,88 4,54 6,00 8,34 3,55 5,21 3,43 3,45 3,47 6,07 3,54 5,64

41

Seide

3,55

a

2,81

350

3,35

400

43

3,30

80

4,18

25

5,34

37

3,01

33

3,57

28

4,68

52

32

46

3,82

63

83

37

1

3,55

39

260 160

22 55 15 25 37 16

35

Ekctrische Ixidung durch Reibung. 47 ^

Nimmt man von den in dieser Tabelle enthaltenen Werthen die Mittel, so ergibt sich die folgende Zusammenstellung^ welche eine Vergleichung der den einzelnen Stoffen ent- sprechenden Wege wenigstens der Grössenordnung nach ge- stattet

Bernstein Glas Hartgummi I— III Hartgummi IV— VI n (cm) 40 290 92 29

Holz Nickel Schellack Schwefel Siegellack

n (cm) 52 32 51 60 39

Hiemach ist die Grössenordnung von a bei der Mehr* zahl der Stoffe dieselbe; nur das Glas zeichnet sich aus durch den grossen Betrag, welchen a insbesondere bei der Reibung an Wolle erreicht. Dem entspricht der Umstand^ dass bei den Glasplatten die Reibung in der Regel bis zu einer Strecke von 12 m ausgedehnt wurde, um den Maximal- betrag der Ladung zu erhalten, während bei den übrigen Platten eine Strecke von 8 m im allgemeinen genügend war. *

Den Yon mir früher auf theoretischem Wege abgeleiteten Formeln nach müsste zwischen den Grössen e^ und a ein gewisser Zusammenhang bestehen. Bezeichnet man n&mlichi durch u die Geschwindigkeit, mit welcher der Reiber gegen die geriebene Fläche bewegt wird, durch q den Coefficienten der Zerstreuung bei der Berührung zwischen Reiber und Reibzeug, durch x einen Coefficienten, welcher der elec- trischen Spannung zwischen den beiden sich berührenden Flächen proportional ist, so würden die Beziehungen statt* finden :

6„ = und a =

und es müsste hiemach «oo/^ ^^^^ ^^ ^^^ Reibung zweier Stoffe charakteristische Constante sein. Man überzeugt sich leichty dass diese Beziehung durch die in der Torhergehenden Tabelle zusammengestellten Zahlen nicht bestätigt wird. Es mag dies seine Erklärung zunächst darin finden, dass die Voraussetzungen der Theorie bei den Versuchen nicht erfüllt sind. Diese letztere beruht auf der Annahme einer con- stauten Geschwindigkeit u. Bei den Versuchen war die Ge- schwindigkeit am Anfang und Ende der Strecke von 76 cm,, welche jeweilig in einem Zuge durchlaufen werden konnte,.

480 E. Rieche.

jedenfalls geringer als in der Mitte derselben. Die Theorie betrachtet ferner die aneinander geriebenen Fl&chen als voll- kommen isolirend; sie sieht ab von den Electricitätsmengen, welche an die Luft und an die nicht berührten Stellen der geriebenen Oberflächen abgegeben werden; sie nimmt endlich keine Rücksicht auf die Aenderung der Ladungen, welche durch dielectrische Polarisation der Platten bedingt ist Ausserdem muss aber hervorgehoben werden, dass die Werthe von a, wie sie aus den Beobachtungen abgeleitet wurden, mit einer ziemlichen Unsicherheit behaftet sind. Die für Hartgummi mitgetheilten Tabellen zeigen, dass in den ein- zelnen Beobachtungsreihen zwar die schliesslich erreichten Ladungen nahezu dieselben sind, dass aber in der Art des Ansteigens der Ladung grosse Verschiedenheiten obwalten. Ferner ist die Zahl der zu der Berechnung von u verwend- baren Werthpaare A^ s eine sehr kleine, in den meisten F&Uen . nur gleich 8, bei ülas gleich 4 6. Durch diese Um- stände wird es bedingt, dass die mitgetheilten Werthe von a im allgemeinen nur bis auf 10 Einheiten, bei Glas bis auf 50 Einheiten als richtig zu betrachten sind. Die genauere Bestimmung des Zerstreuungscoefficienten erscheint als eine Aufgabe von grossem Interesse. Man kann nämlich ver- muthen, dass eine Spannungsreihe existirt für die CoSfflcien- ten x; mit dieser Reihe würden die aus der Beobachtung der maximalen Ladung sich ergebenden nur dann übereinstimmen, wenn die Zerstreuung für alle aneinander geriebenen Stoffe die gleiche wäre; Abweichungen verschiedener Reihen können durch die Verschiedenheit der Zerstreuung bedingt sein. Durch die vorhergehenden Untersuchungen ist mit Sicherheit nachgewiesen, dass der Weg u für Glas wesentlich grösser, die Zerstreuung also wesentlich kleiner ist als bei den ande- ren Stoffen. Würde man also den Uebergang machen von den maximalen Dichtigkeiten e^ zu den Constanten ic^ so würde zwar die aufgestellte Reihe dieselbe bleiben, aber es würde das Glas der Wolle erheblich näher rücken.

Es ist endlich zu bemerken, dass die Annahme über die Menge der durch Reibung entwickelten Electricität, welche ich früher als Grundlage für die theoretischen Entwickelun- gen benützt habe, nur innerhalb gewisser Grenzen richtig

Electrüche Ladung durch Reibung, 481

sein kann. Man wird sich nämlich von dem Vorgang bei der Aeibung zweier Isolatoren etwa die folgende Vorstellnng bilden können. Der Reiber berührt zunächst die geriebene Oberfläche in einer gewissen Anzahl von kleinen Kreisen; in jedem derselben stellt sich eine bestimmte Potentialdiffe- renz und eine entsprechende Ladung der beiden Isolatoren her. Bei der Fortbewegung des Reibers durchlaufen die* Contactkreise an seiner Oberfläche irgend welche Streifen; die electrische Ladung des Reibers nimmt zu proportional mit dem Flächeninhalte dieser Streifen, vorausgesetzt, dass dabei die doppelt berührten Stellen der Oberfläche nur ein- mal gezählt werden. Die Zunahme des Flächeninhaltes wird zu Anfang der Verschiebung des Reibers proportional gesetzt werden können; später wird sie abnehmen, schUessUch wird die ganze Oberfläche des Reibers von den Streifen bedeckt sein. Jetzt würde das Maximum der Ladung erreicht sein, wenn nicht inzwischen Electricitätsverluste durch Zerstreuung stattgefunden hätten. Es wäre hiernach möglich, dass auch bei fehlender Zerstreuung die Zunahme der electrischen La- dung durch eine Exponentialfunction dargestellt würde; aber der Exponent derselben müsste dann wesentlich durch räum- liche Verhältnisse, nicht durch die physische Beschaffenheit der geriebenen Oberflächen bestimmt sein. Verschiedenheiten, wie sie im Vorhergehenden zwischen Glas und den übrigen Körpern hervortraten, werden immer nur durch den Einfluss einer specifischen Zerstreuung zu erklären sein. Wenn nach genügend langer Reibung ein stationärer Zustand sich ein- gestellt hat, so muss die durch Fortführung des Reibers um die Längeneinheit geschiedene Electricität gleich sein der w&hrenddem zerstreuten, As^/u.a^; ehe der stationäre Zustand erreicht ist, muss die bei jener Verschiebung er- zeugte Ladung grösser sein; stellt man sie beispielsweise dar durch einen Ausdruck von der Form x-l-x'^""*, so ergibt sich zur Berechnung der electrischen Ladung des Reibers die Gleichung:

dB . g , / ^_^-

ds u '

woraus:

Ann. d. Phfs. n. Chem. N. F. XLIi. 31

482 E. Rieche. Ekctrische Ladung durch Reibung.

= X \ 1 « " X

Für eine unendlich lang fortgesetzte Reibung ist wie zuvor:

aber es leuchtet jetzt die Möglichkeit ein, dass x, welches seither als eine Constante betrachtet wurde, gleichfalls von der Zerstreuung q und der Geschwindigkeit u abhängt. Eine Entscheidung wird nur durch weitere Versuche zu gewinnen sein, bei welchen die Geschwindigkeit u genau zu messen und innerhalb weiterer Grenzen zu yariiren sein wird.

VIII. Das theimiische Fotentidl für verdünnte Lösungen; von Eduard Rieche.

(Aas den Gtött Nachr. vom 8. Nov. 1890 mit einem Zusatz mitgetheilt

vom Hrn. Verf.)

In der folgenden Mittheilung wird zunächst im Änschluss an die Untersuchungen von Planck^) das Potential für die Componenten einer verdünnten Lösung berechnet. Es wer- den sodann die gefundenen Werthe benützt, um die Gesetze der Dampf9pannung$'j Gefrierpunkts ' und LösUchheiUerniedri" gung^ der Dissodation in verdünnter Losung, der Vertheilung eines Stoffes ztoischen zwei Lösungsmitteln, das Gesetz des osmo' tischen Druckes und das Henry Dal ton* sehe Gesetz zu ermit- teln. Es deckt sich demnach der Inhalt der folgenden Zeilen zu einem Theile mit den Untersuchungen, welche Planck über verdünnte Lösungen angestellt hat; es schien mir aber nicht überflüssig, zu zeigen, wie die betreffenden Beweise auf dem Boden der Potentialtheorie zu führen sind. Dass die analytischen Entwickelungen, wie sie in der Theorie von Planck sich gestalten, jederzeit in die Potentialtheorie über- tragen werden können, ergibt sich daraus, dass der Unter- schied der beiden Theorieen zunächst als ein rein formaler aufgefasst werden kann. Mit Bezug hierauf möge noch Fol' gendes bemerkt werden.

Die Theorie von Gibbs geht aus von der Gleichung:

de = Tdff pdv + ix^dm^ + fi^dm^ + •••>

in welcher die Entropie tj, das Volumen t;, und die Massen m der chemischen Componenten als unabhängige Veränderliche erscheinen; den Uebergang zu den Variabein p, T, m^^ vtj . . . macht Gibbs durch die Einführung der Function

^= e i]T + pv, für welche:

JJ = f/dT+ vdp + fJiidm^ + jt^s^^s H

1) Planck, Wied. Ann. 32. p. 485. 1887.

31

484 E. Rieche.

Die Function £ ist gleich der von Planck benützten Fnnc- tion (p negativ genommen und multiplicirt mit der absoluten Temperatur. Der Vorzug, welchen die Darstellung von G-ibbs besitzt, beruht auf der Einführung des Namens „Potential^' für die Differentialquotienten ju, auf der Einfach- heit des Ausdruckes, welcher hierdurch für den fundamen- talen Satz der Theorie, auf der Uebersichtlichkeit des Schemas, welches f&r die weiteren Rechnungen gewonnen wird.

Setzt man nach Gibbs die Energie gleich einer homo- genen Function der Entropie i;, des Volumens v, der Mas- sen fiijy in,, ... der einzelnen Phasen oder chemischen Com- ponenten, und bestimmt man den Zuwachs der Energie durch den obigen Ausdruck , so ergeben sich die weiteren Gleichungen :

6 = Tf3'-pv + jUjWii + fA^m^ H

0 ^ fjdT —vdp + m^ äfi^ + m^ dfjL^ +

Gleichgewicht ist vorhanden, wenn:

fiidm^ + fi^dm^ -f ... = 0. Der natürliche Process verläuft so, dass:

fjL^dm^ + fi^dm^ H < 0.

Da für jede einzelne chemische Componente die Be- ziehung erfüllt sein muss JSdm =sO, so ergibt sich weiter der Satz:

Zwischen den Phasen eines aus mehreren physikalisch und chemisch verschiedenen Theilen zusammengesetzten Syste- mes besteht Gleichgewicht, wenn das Potential jeder einzelnen chemischen Componente in allen Phasen je einen und den- selben Werth hat.

I. Potentiale der Componenten eines Oasgemisches.

Der ganze von den Gasen eingenommene Baum sei v- die Massen der einzelnen Gase m^, m^, m, . . ., ihre Partial- drucke Pu P21 Pz * -i ^^^ Gesammtdruck p\ bezeichnen wir durch itj, iij, n, . . . die Anzahl der Grammmolecüle, welche von den einzelnen Gasen in dem Volumen t; enthalten sind, so ergibt sich für Gramm und Centimeter als Einheiten nach dem Boyle-Gay Lussac'schen Gesetz:

Thermisches Potential. 485

vp^ = 8451 1 nj T, vp^ = 8451 In^T, ... und

(1) vp = 84511 (n, + «3 + nj + •) ^•

Verstehen wir unter c^i, c«i, Cp%f c^j ... die specifiscben Wärmen der einzelnen Componenten, unter R^j R^, ... die denselben nach dem Boyle-Gay Lussac'schen Gesetze entsprechenden Constanten, so sind ihre Potentiale gegeben durch die Ausdrücke:

|ii, = JSi + t[r, log';^! - «c.i log T+ «cpi - ä;},

^, = £3 + t[r, log^ - ac,2 log T+ «cp, - Äi[,

Hier sind die E und H Constante, deren Werthe lediglich von den Normalzuständen der einzelnen Componenten ab- hängen, 9 das mechanische Aequivalent der Wärme, T die Temperatur.

Setzen wir für v den aus der Gleichung (1) sich ergeben- den Werth, so erhalten wir:

«1 = £. + T[ji, log g^j?^- - «cp. log r+ «0,1 - Äi)

oder, wenn wir durch y^ das Moleculargewicht der ersten Componente bezeichnen:

I -«c^ilogT+ac,,-«, J Nun ist YiBi = 84511, und somit:

(2) ^ =£, + tIr, log J^- - «... log T+R, log ;^,;^^-

Durch entsprechende Ausdrücke werden die Potentiale der übrigen Componenten dargestellt.

IL Potentiale der Componenten einer verdünnten Lösung.

Nach dem Vorgange von Planck ^] setzen wir die Energie e und das Volumen v der Lösung gleich linearen Functionen der Massen der einzelnen Componenten:

ü = iwjüi + mgVa + wijtjj . . .

1) Planck, 1. c. p. 486.

(3)

486 E. Rieche.

Für die Entropie der Lösung ergibt sich dann ein Ausdruck von der Form:

V = ^i {Vi + ^) + »w, (^2 + Äj) + ...

wo die Grössen ViyVt"* ^^^ ^9^ P ^^^ ^' ^^^ Integrations- Constanten A^ i A, ... nur von den Massen m abhängig sind. Nun genügen die Potentiale fß^, fi^ ... der einzelnen Com- ponenten der Di£ferentialgleichung:

= m^ {v^dp VidT- k^dT) + m^{v^dp'^VidT-k^dT)

+

Da diese Gleichung für alle möglichen Werthe von

i7ii, ffi, ... erfüllt sein muss, so ergibt sich:

dfi^ ^v^dp'-'fj^dT-'k^dT, dpi^^v^dp^fj^dT^k^dT

und hieraus:

ii^-^^M,-- k, T, fjL^ = Af, - AjT,.. . .

Uebertragen wir die von Planck mit Bezug auf die Fntropie geführte Untersuchung auf das Potential, so ergibt sich, dass das in /jl^ auftretende Glied —k^T mit demjenigen Terme des Potentials der gasförmigen Componente überein- stimmen muss, welcher von den Massen, beziehungsweise den Anzahlen der Grammmolecüle abhängig ist. Die Grössen k müssen also die Werthe besitzen:

Für die Potentiale der einzelnen Componenten der Losung ergeben sich somit die Gleichungen:

(4) ^, = M,+Ä.riog-^"-, ^,^M,+R,T\o^-^^,

in welchen die Grossen My^ , M^ > ^ w abhängig sind von p und T.

Zu dem Falle einer verdünnten Lösung, bei welcher die erste Componente durch das Lösungsmittel gebildet wird, gelangen wir, wenn wir die Zahlen n^ , 713 ... als sehr klein annehmen gegenüber von Wj . Für das Potential des Lösungs- mittels ergibt sich dann der Ausdruck:

Thermisches PotenüaL 487

> (4') ^ = ^ Ä i!L±^±^ T.

Hier ist M^ nichts anderes als das Potential des reinen LösungS' mittelsj entsprechend »den gegebenen Werihen von Temperatur und Druck, und kann daher durch den Ausdruck dargestellt werden:

(5) M,=E, + T{^c^v- Ä^-acpi log T) + ^p.

HL Anwendung der Theorie vonQibbs auf verdünnte Lösungen. 1. Erniedrigung der Dampfspannung.

Die Temperatur werde constant erhalten auf dem Be- trage T, Dann wird die Dampfspannung p^ des reinen Lö- sungsmittels nach dem Fundamentalsatze bestimmt durch die Gleichung:

(^(Po^T)^fi'{p^,T), wo fi und f4! die Potentiale des Lösungsmittels im gasför- migen und flüssigen Zustand bezeichnen. Es werden nun in dem gegebenen Mittel geringe Mengen irgend welcher Kör- per gelöst, sodass auf n Grammmolecüle des Lösungsmittels n^, n^j n^ ... Grammmolecüle von denselben kommen; ist die hierdurch bedingte Erniedrigung der Dampfspannung gleiche, so ist das neue Potential der gasförmigen Phase des Lösungs- mittels gleich:

fjL{p,^n,T):=^fi(p,,T)-j^^n. Andererseits ist das neue Potential der flüssigen Phase:

Gleichgewicht zwischen der flüssigen und gasförmigen Phase ist vorhanden, wenn das Potential des Lösungsmittels in beiden denselben Werth besitzt. Es ergibt sich somit die Bedingung:

Im Falle einer einzigen Componente ist aber nach Gl. 3) dfildpo^v/mj dyLJdpQ^vjm'j wo v und v die Volumina,

488 E. Rieche.

m und m' die Massen der beiden Phasen bezeichnen; ver- nachlässigen wir vjm' gegen vjm, so ergibt sich:

Ln== R ^* "*""*'*'•• T,

m n « '

oder mit Rücksicht auf das Boyle-Gay-Lussac 'sehe G-esetz:

n nj + n, + . . .

Vernachlässigt man die Aenderung, welche das Potential der flüssigen Phase durch die Aenderung des Druckes erleidet, so ergibt sich mit Hülfe des im ersten Abschnitte gegebenen Ausdruckes für das Potential eines gasförmigen Körpers die allgemeiner gütige Beziehung:

^ SS ^ + ^ + ^ + - " Q^ßj. iE «1 4- + » . . p n p n '

WO p der erniedrigte Dampfdruck.

Nimmt man den Druck constant, die Temperatur yari- abel, so ergibt sich mit Rücksicht auf die Beziehung dfildT=^ ^ f^/m das Gesetz der Siedepunktserhöhung &:

&W _ »t + «» + "

WO IV die Verdampf ungswärme, 0q der normale Siedepunkt

2. Gefrierpunktserniedrigung.

Der Gefrierpunkt des reinen Lösungsmittels wird be- stimmt durch die Gleichung:

WO ju" das Potential der festen Phase bezeichnet. Durch Lösung von n^, n^j n^ ... Grammmolecülen irgend welcher anderer Körper in n Grammmolecülen des Lösungsmittels wird der Gefrierpunkt erniedrigt um t; die neuen Poten- tiale sind:

/^" {Py ^0 - ^) = f^^iPy ^o) - Jn ^• Die Gleichsetzung der Potentiale gibt:

dji'^ _ ^i" \r PT ^1 + ^2 + . . .

oder mit Benutzung von Gl. 3):

Thermisches Potential. 489

X - -C) r = RT. "1 + »« +

Bezeichnen wir durch Q die Schmelzwärme für die Gewichts- einheit des Lösungsmittels, so ergibt sich:

tQ _ »1 + n^ + . . .

Benutzen wir als Einheit der Kraft den Druck von 1 g auf 1 cm*, so ist für Wasser als Lösungsmittel Q= 80x42800, ^ = 84511/18 = 4695 und somit:

T Wi + ^2 + . . .

102 "" n

3. Dissociation in verdünnter Lösung.

In der Lösung sei eine beliebige Zahl von Stoffen ent- En alten, welche der Dissociation, bezw. der wechselseitigen dm Wandlung fähig sind; wir bezeichnen sie durch ©ay ®ij Sc, ®d Dieselben seien in bekannter Weise zusammen- gesetzt aus einer gewissen Zahl anderer Stoffe, welche ihrer- seits bei allen in der Lösung vor sich gehenden Umwand- lungen völlig unzersetzt bleiben mögen; wir bezeichnen diese ^tzteren durch @j, @2» ®3

Die chemische Zusammensetzung der Componenten @a^ ^i, @c, ©«£••• sei gegeben durch die Formeln:

a®a = «1®! + «2®2 + «3®3 +

^©6 = /?,@i+/?2©2+Ä®3+ •••

C®c = /i®! + y2®2 + ?'3®8 +

rf®d = <J,®a + ^2®2 + ^3®3 +

bezeichnen wir durch ^a, ui, ^cj ^d* die Potentiale der ^u der Lösung befindlichen Componenten, durch iiia, mi,, nicf ^i , . , die von denselben vorhandenen Massen, so besteht (Gleichgewicht, wenn:

fiadnia + fibämt + iXcdnic + fiddmd + .. . = 0

vorausgesetzt, dass das Lösungsmittel selbst an den Reac- tionen der gelösten Stoffe nicht betheiligt ist. Nun sind aber die Veränderungen der Massen m der Bedingung unter- worfen, dass durch dieselben die Masse der Stoffe (S^, ©^^ 83 . . . nicht verändert werden kann. Wir erhalten somit für die Variationen dvia, dmj,, dnic, dm^ ... die Gleichungen:

490 E. Rieche.

a o c a

^dma+ ^dmt + ^dm, + ^dma + ... =0

a o c a

^dma+^dmt+^dmc + ^dnkL+ ... =0

Durch diese werden die Verhältnisse der dm im allgemeinen nur dann bestimmt, wenn ihre Zahl um die Einheit kleiner ist als die Zahl der Componenten a, by c^ d . . . Die Zahl der Gleichungen stimmt überein mit der Zahl der Stoffe @^, @2 9 @s * ' * ^^ Verhältnisse der chemischen Umtoandlung sind also im allgemeinen nur dann in eindeutiger Weise bestimmt^ wenn die Zahl der unveränderlichen Bestandtheile um eins kleiner ist, als die Zahl der veränderlichen Componenten. Verstehen wir unter A^^ Aj, A3 . . . gewisse unbekannte Factoren, so er- halten wir aus den obigen Bedingungen die Formeln:

c c c

Ist die im Vorhergehenden besprochene Bedingung erfüllt, so ist die Zahl dieser Gleichungen um Eins grösser, als die Zahl der unbekannten Factoren A^, A^, A3 . . . und wir er- halten durch Elimination derselben eine Gleichung von der Form:

A{iia + B^i, + TjMc + ^y^d H = 0.

Setzen wir für die Potentiale die in den Gleichungen (4) auf- gestellten Ausdrücke, so ergibt sich:

log Wfl rib nc . . = log iV

Die auf der linken Seite dieser Gleichung stehende Function der Zahlen n ist dieselbe, wie in dem Falle einer Mischung gasfbrmi'

Thermisches Potential,

491

{ftr Componenten, die auf der rechten Seite stehende Function von T igt eine andere.

Die GleichuDgen:

ßi

a 0 c

0, ^rfw, + ^' dm» + Jidw, + ... = 0.

0,

rfw„ + % rfwJi + J^ rflBe + . . .

a b c

bestimmen die Verhältnisse der dmay dm^^ dnie . . . auch bei gleicher Zahl der yeränderlichen Componenten @a, @6y ®e und der unyeränderlichen Bestandtheile ©^ , @2 , @3 . . . , so- bald die Determinante:

a a

b

ßi h

b

T\ . . . c

Zi . . .

c

ri ...

c

verschwindet. Es ist dies der Fall bei den Umsetzungen infolge doppelter Wahlverwandtschaft und das Problem der Dissociation iit daher auch in diesem Falle ein vollkommen bestimmtes.

Wir betrachten noch zwei allgemeinere Fälle von Dissocia» tion. Zunächst nehmen wir an, es sei der eine der in der Losung befindlichen Körper ^ etwa @ay gleichzeitig auch in festem und in gasförmigem Zustand vorhanden. Wir bezeichnen die Massen, welche den verschiedenen Zuständen entsprechen, durch JWa, »Wa, ma\ die Potentiale durch iia^ ««', jUa'. Wir erhalten die Gleicbgewichtsbediugungen:

f^adma +fia dma + Ua" dma" + Hhdmi + licdmc -i = 0,

^(dma + dma + dma") + ^dm^ + '^ dmc + -^ ^ 0, a ^ * 0 e

^{dma + dma + dm^') + ^ rfm» + 2^' dm^ + . . . = 0,

woraus:

492 E. Rieche.

.'^i + ^^ + ^l' + '-'^O,

6 ' '^ 6

Man sieht sofort, dass ud' = fCa = jUa und dass aasserdem zwischen den Potentialen Uaj ju^, jUe . . . dieselben Beziehun- gen bestehen wie früher.

Allgemein ergibt sich das Resultat: Wenn irgend welche Componenten ausser in der Lösung noch in festem oder gas- förmigem Zustand vorhanden sind, so wird dadurch die Be- ziehung zwischen den Potentialen der gelösten Bestandtheile nicht verändert, es tritt zu derselben nur noch die Bedingung hinzu, dass für jede Componente das Potential in den yer- schiedenen Phasen denselben Werth besitzen muss.

Wir behandeln endlich noch den Fallj dass die chemische Reaction in der Losung keine bestimmte ist, d. h. dass die Zahl der unveränderlichen Bestandtheile um mehr als Eins kleiner ist, als die Zahl der veränderlichen Componenten. Wir er- halten in diesem Falle die Gleichungen:

Uadma + fibdmb + Ucdm^ + . . . = 0, 'li dma^ |i rfmt + ^-^rfme + . . . = ü,

-'- dma + k dmb + I-rfw, + ... =0. a 0 c

Nehmen wir an, die Zahl der unveränderlichen Bestand- theile @^, @2) @3 ••• sei um 2 kleiner, als die Zahl der Componenten @a, ©&> @c . . Die Zahl der Bedingungs- gleichungen, welche sich auf Grund der stöchiometrischen Verhältnisse für die Zuwüchse rfnia, rfiw^, dmc . . . ergeben, ist dann gleichfalls um 2 kleiner als die Zahl der dm\ wer- den 2 von den Zuwüchsen dm willkürlich gewählt, so sind die übrigen bestimmt. Wir können zunächst den Zuwachs dm^ gleich Null setzen; die ihm entsprechende chemische Com- ponente scheidet dann aus der Beaction aus, diese verläuft in vollkommen eindeutiger Weise zwischen den übrigen Com-

Thermisches Foteniial. 498

ponenten und ihre Potentiale genügen der früher entwickelten Gleichung; eine zweite solche Gleichung erhalten wir, wenn wir dm^ssO setzen u. s. f. Am übersichtlichsten ergibt sich das System der von den Potentialen zu erfüllenden Glei- chungen, wenn man zu dem System der Bedingungsgleichun- gen der dm noch eine lineare homogene Gleichung zwischen dmaj dm^j dmc . . . hinzufügt:

udm^ + vdm^ + tcdmc + . . =»0.

Die Zahl der Gleichungen stimmt dann überein mit der Zahl der Zuwüchse; bildet man nun die Determinante der Co^ffi- denten, so erhält man die gesuchten Gleichungen, indem man die Unterdeterminanten nach u, v, tr . . . gleich Null setzt

Ein einfaches Beispiel für den zuletzt betrachteten Fall gibt die Dissociation zweier binärer Electrolyte mit einem ge^ meinsamen BestandtheiL Die stöchiometrischen Gleichun- gen sind:

wo a^^ß^. Bezeichnet man mit Ha, ni die Anzahlen der nicht dissociirten g-MoIecüle, mit 14, n,, 113 die Zahl der durch Dissociation gebildeten g-Molecüle von ©j, ©,, ©,, mit JV die Zahl der g-Molecüle des Lösungsmittels, so er- geben sich die Gleichungen:

wo fij =3 Tij + n^; wir bezeichnen femer durch iV« =s + nj, iV^ = + 71, die Zahl der ursprünglich Yorhandenen g-Mole- cüle der Stoffe ©a und ©5. Zunächst ergibt sich:

^ "" *t i^h - »»)

Setzt man hiernach:

iii = xka {Na Wj), Wa = xki {Nj, n,), so ergibt sich:

Die Dissociationsgrade werden:

494 E. Riecke.

k^x k^x

Endlich ergibt sich zur Bestimmung von x die Gleichung:

u + ifca'^i + vy

Befindet sich in der Lösung nur der eine Electrolyt, etwa ©ay so gelten die auf Molecülzahlen und Dissociationsgrade sich beziehenden Gleichungen unverändert, nur die Gleichung zur Bestimmung von x wird eine andere, nämlich:

k N x^

1 +*a*

Betrachtet man N als eine veränderliche Ordinate, so gehen die durch die vorhergehenden Gleichungen bestimmten Curven für sehr kleine Werthe von x und N in Parabeln Qber, welche durch die Gleichungen gegeben sind:

{KNa-^-KN^x^^N und KN^x^^N.

Für sehr grosse Werthe von x und N werden die Curven geradlinig und zwar sind ihre Richtungstangenten gegen die or-Axe gegeben durch Na-^-^h^ beziehungsweise Na*

Aus dem hierdurch bestimmten Verlauf der durch die beiden Gleichungen dargestellten Curven ergibt sich, dass bei gegebenem Werthe von N die zweite Gleichung einen grösseren Werth von x liefert als die erste. Daraus folgt aber weiter der Satz:

Wird der Losung eines EUctrolyten ein zweiter Electrolyt zugesetzt^ welcher mit dem ersten ein Ion gemeinschaftlich besitzt^ so wird der Dissociationsgrad des ersten vermindert.

Dieser Satz wurde vonNernst^) und Arthur Noyes*) einer experimentellen Prüfung unterworfen. Die Verhält- nisse der angestellten Versuche waren aber einfacher insofern, als bei denselben gesättigte Lösungen zur Anwendung kamen. Dadurch ergeben sich für die Potentiale der gelösten und nicht dissociirten Componenten noch zwei weitere Gleichun- gen, welche sich auf die Form bringen lassen na = Nla und

1) Nernst, Zeitachr. f. phys. Chem. 4. p. 372. 1889.

2) A. Nojes, Inau^araldiss. Leipzig 1890.

Thermisches Potential, 495

m s Nl^j unter la und 4 zwei nur von Temperatur und Druck abhängende Grössen verstanden.^)

4. Vertheilung eines Stoffes zwischen zwei Lösungsmitteln.

Von den beiden Lösungsmitteln , welche sich wechsele seitig nicht lösen sollen, seien N und N' g-MolecüIe gege- ben; in dem ersten seien n, in dem zweiten n' g-Molecüle eines dritten Körpers gelöst. Gleichgewicht ist yorhanden, wenn:

M(p, r) + Äriog^= Ai'(/>, T) + ÄTlcgJ;.

Die Brüche njN und n jN' bezeichnen wir als die Löslich- keitsco^fficienten des dritten Körpers. Setzen wir sie gleich X und X'j so ergibt sich:

^og^='~^{M'{p,T)-M{p,T)\.

Das VerhäUniss der Löslichkeiten bleibt dasselbe, welches auch die ConcentraUoneHy d. h. die Werthe von n und n' sind. Dies gilt rächt mehry wenn der gelöste Stoff in dem einen der beiden Lösungsmittel der Dissociation unterworfen ist. Wir nehmen an, dass von den n g-Molecülen des Stoffes, welche sich in dem ersten Lösungsmittel befinden, n^ nicht dissociirt, n,» dissociirt seien und zwar so, dass jedes Molecül in zwei zer- falle. Wir erhalten dann die Gleichungen:

^•V = ^' (n) 'iT^^^'

WO A und B gewisse Functionen von Druck und Tempe- ratur. Die LöslichkeitscoSfficienten sind:

A = üi+J?. und k'^^r- N n

Wir erhalten:

Bezeichnen wir den Dissociationsgrad des Stoffes in dem ersten Lösungsmittel durch x=s «2/(^*1 + ^2) ^^ ergibt sich:

1} Vgl. noch: Arrhenius, Zeitschr. f. phys. Chem. p. 284. 1888;^ 5. p. 1. 1890.

496 E. Rieche.

.^}fÄBl^

i + l/§i

Vi

Der Dissociationsgrad nimmt ab mit wachsender Concen- tration.

Noch etwas complicirter gestalten sich die Verhältnisse in dem von Nernst^) behandelten Falle, in welchem der geloste Körper in beiden LösungsmiUeln der Dissociation unUr* warfen ist Wir beschränken uns dabei, mit Beziehung auf die von N ernst ausgeführten Experimentaluntersuchangen, auf die Dissociation eines Molecüles in zwei unter sich gleiche. Es seien wieder N und N' die Anzahlen der g-Molecttle, welche von den beiden Lösungsmitteln gegeben sind, n^ sei die Zahl der normalen, n^ die Zahl der dissocürten Mole- c&Ie in dem ersten Lösungsmittel; n^ und n^ haben die- selbe Bedeutung für das zweite Mittel. Bezeichnen wir das Moleculargewicht für die normalen Molecüle durch y^j f&r die durch Dissociation entstehenden durch y^j so ist y^^^yili* Ist R^ die Constante des Gasgesetzes für die normalen Molecüle, R^ dieselbe Constante für die durch Dissociation gebildeten, so ist R^y^ '='^2X2' ^^^P R^^2Ry Die Werthe der vier in Betracht zu ziehenden Potentiale sind:

fi, = M,{p, T) + R, riog^, m/= M,'(p, T) + R.Tlog'^,

f*i - ^2{P^ T)+R,T log ^, <= A/;(p, T) + Ä, riog^. Zwischen denselben bestehen die vier Gleichungen:

Dieselben sind nicht voneinander unabhängig, denn wenn man von der Summe der beiden links stehenden die Summe der beiden rechts stehenden abzieht, so ist das Resultat Null. Die Auflösung der Gleichungen gibt:

Jfi'— M^

Mt'—JL

»1

N

BiT

'h

N

B^T

»1'

"

N'

e =

^'

N'

e =

M, - u.

J/,'— H,'

n,«

_

N

e =

Nk;

'9

_^

N'

B,T

e =

N'k'.

»1

^l

1) Nernst, Gott. Nachr. 1890. Nr. 12.

thermisches Potential, 497

Die nur von p und T abhängenden Grössen 2^ und ^ kön- nen wir als Tbeilungsconstanten, die ebenfalls nur von p und T abhängenden Grössen k und k' als Dissociationscon- stauten bezeichnen. Zwischen denselben besteht die Be- ziehung:

Bezeichnen wir die Dissociationsgrade in den beiden Lösungs- mitteln durch-

x^ -'- und y= -,^-

>o wird:

\ X ' i x'

Somit das Theilnugsverhältniss:

Da die Dissociationsgrade abhängig sind von der Concen- tration, so gilt gleiches von dem Theilungsverhältniss. Von den mannigfachen Ausdrücken, welche f&r dieses letztere aus den obigen Gleichungen abgeleitet werden können, möge noch der folgende angeführt werden:

»I, + «3 ^ yy_K+_y^^

durch welchen das Theilungsverhältniss in seiner Abhängig- keit von der Zahl der normalen Molecüle in dem ersten Lösungsmittel dargestellt wird.

Betrachtet man Wj, n,, n,', Wj', A, A', /j, /, als Unbe- kannte, so müssen zu den obigen Gleichuugen noch vier weitere hinzugefügt werden, um ihre Berechnung zu ermög- lichen. N ernst hat zu diesem Zwecke die Gesammtzahl der in den beiden Lösungsmitteln enthaltenen g-Molecüle be- stimmt ni+ii,=c^, Wj'+Tij' = Cj'; ferner betrachtet er k und ^ als gegeben.

5. Gesetz des osmotischen Druckes.

Dieses Gesetz ist kürzlich von Planck^) aus den all- gemeinen Principien der Thermodynamik hergeleitet worden.

1) Planck, Zeitschr. f. phjs. Chem. 5. p. 187. 1890.

Ann. d. Phyi. a. Chem. N. F. XL II. 32

498 E. Rieche.

Ich füge im Folgenden den auf der Benutzung des Poten- tiales beruhenden Beweis hinzu, welchen ich schon Tor län- gerer Zeit gefunden hatte. Im Inneren einer Ton einer halbdurchlässigen Membran umschlossenen Zelle befinde sich eine Lösung, in welcher auf n ^Molecüle des Lösungsmittels 'H' '^y '^ * * '^-Molecüle der gelösten Körper kommen; der Druck sei p\ ausserhalb der Zelle stehe das reine Lösungs- mittel unter dem Drucke Pq, Ist Gleichgewicht vorhanden, so muss das Potential des Lösungsmittels zu beiden Seiten der Zellwand nach Gibbs^) denselben Werth haben; es er- gibt sich somit die Gleichung:

M[p, T) - Är-?iJL^iii:==i^/(^^, T),

oder mit Rücksicht auf den für M in Gleichung (6) gege- benen Werth:

^ (P - Po) = - K +n.,+ . . .).

Verstehen wir unter v das Volumen der Zelle, unter m das Gevricht des in derselben enthaltenen Lösungsmittels, so ist mjn gleich dem Moleculargewicht des Lösungsmittels und demnach R min = 8451 1 ; somit ergibt sich für den osmoiachen Druck p Po ~ ^ ^*^ Gleichung des Boyle-Gag^Lusscui* sehen Gesetzes:

vn = 84511 (wj + «2 H ) ^•

Diesem Resultat entsprechend liegt es nahe, die Ursache des osmotischen Druckes in den StÖssen zu suchen, welche von den Molecülen des gelösten Korpers auf die Membran ausgeübt wer- den. Dass nach dieser von van t'Hoff begründeten An- schauung der osmotische Druck in der That gleich ist der Differenz der hydrostatischen Drucke zu beiden Seiten der Membran ergibt sich aus der folgenden Ueberlegung. Die Zelle sei hergestellt aus einer durch die Membran unten yerschlossenen Glasröhre, welche mit Salzlösung gefüllt und in ein mit dem Lösungsmittel gefülltes Gefäss gestellt wird. Die freie Oberfläche der Salzlösung wird durch die gegen sie gerichteten Stösse gehoben, bis der Druck der gehobenen Säule gleich dem osmotischen durch die Stösse verursachten Druck ist. Der Druck der gehobenen Säule ist aber ande-

1) Gibbs, Trans, of the Connecticut Ac. 3. p. 188.

Thermisches Potential. 499

rerseits gleich der Differenz der hydrostatischen Drucke zu beiden Seiten der Membran, womit die Behauptung bewie- sen ist.

Unter der Voraussetzung, dass der osmotische Druck durch die Stösse der Moleciile gegen die halbdurchlässige Membran, bezw. gegen die freie Oberfläche der Flüssigkeit hervorgebracht werde, ergibt sich aber andererseits:

wo PL das Molecularge wicht, g die Geschwindigkeit der ge- lösten Molecüle. Ist diese letztere dieselbe wie im Gas- zustände, so ist das Gesetz identisch mit dem entsprechen- den Gesetze der Gastheorie. Der Unterschied zwischen einem freien und einem in Lösung befindlichen Gase würde dann wesentlich durch die verschiedene Länge' der freien Wege begründet sein.

Wir geben endlich noch zwei Anwendungen der Po- tentialtheorie, welche nicht ebenso sicher erscheinen, wie die im Vorhergehenden behandelten, da sie zwei weitere Annahmen von einigermaassen hypothetischer Natur noth- wendig machen. Die erste Annahme besteht darin, dass wir die Potentialtheorie auch für solche Veränderungen als gültig betrachten, welche zu labilen Zuständen der Ueber- oder Untersättigung führen. Die zweite Annahme ist, dass die in den Gleichungen (4) gegebenen Ausdrücke auch für die Potentiale gesättigter Lösungen gelten, vorausgesetzt, dass die gelösten Körper in dem Lösungsmittel nur wenig löslich sind.

6. Erniedrigung der Löslichkeit.

Wir betrachten mit Nernst^) zwei Flüssigkeiten a und bj welche nur wenig ineinander löslich sind; schichten wir dieselben übereinander, so bilden sich zwei Lösungen, von welchen die eine auf Ua g- Molecüle von a n g-Molecüle von &, die zweite auf n^ g- Molecüle von b Va g -Molecüle von a enthalten möge. Die Gleichgewichtsbedingungen sind:

1) N ernst, Zeitschr. f. phys. Ghem. 6. p. 16. 1890.

32*

500 E. Riecke.

Ua{p,T)-RaT {^ - Ma (/), T) + B, Tlog ^

,,„ ip, T)-RiT^^ M,(p, T) + Ä»riog^ .

Es mögen nun in der Componente a irgend welche in h nicht löBliche Körper in geringer Menge gelöst werden; die Folge davon wird sein, dass ein Theil der g-Molecüle von üy welche bisher in b gelöst waren, nach a zurückwandert; es bildet sich ein neuer Gleichgewichtszustand zwischen den beiden Lösungen aus, bei welchem einerseits auf n^ g-Mole- cüle von a iV g-Molecüle von bj und n^jn^^n^,.. g-Molecfile der fremden Körper, andererseits auf Vh Molecüle b Mo- lecüle von a kommen. Die neuen Oleichgewichtsbedingun- gen sind:

//, (p, T)^B,T '-- = M, (p,T) + R^ riog ^ .

Die Verbindung dieser Gleichungen mit den vorhergehen- den gibt:

''5 - ''fc' - ("i + »« + 0 ^ __ j _*;«' ^ _ »•» *'a'

^a ^a *'a

Vernachlässigt man (i'6 «V)/"«, so ergibt sich:

>*« ~~ >'«

__ «t + «i +

*'a "c

oder allgemeiner mit Benützung der Gleichung (4):

»l +■ »2 + . .

a a

und dies ist der von Nernst in einer Reihe von Fällen ex- perimentell bestätigte Satz.

7. Das Henry^sche Absorptionsgesetz.

Betrachten wir den in Gleichung (4) gegebenen Aus- druck für das Potential eines in geringer Menge in einer Flüssigkeit gelösten Stoffes als gültig auch für den Fall der Absorption eines Gases durch eine Flüssigkeit, so ergibt sich durch Gleichsetzen der Potentiale des freien und des absorbirten Gases:

Thermiscfies PotenUaL 501

j?riog;)/Ä+JE:+r(«c,-/^-«cjogr) = M+Äriog«/A:

Hier bezeichnet n die Anzahl der absorbirten Grammmole- cüle des Gases, N die Zahl der Molecüle der absorbirenden Flüssigkeit. Setzen wir zur Abkürzung:

«c,,-Ä^~«c,logr=Ä©,

9

BT

60 ergibt sich: n = Np * p

Soll das Henry 'sehe Gesetz erfüllt sein, so muss in dem Falle eines absorbirten Gases die im allgemeinen von p und T abhängende Function M sich auf eine Function von T allein redociren.

Mit Hülfe desselben Ansatzes ergibt sich, wie man leicht sieht, auch das Dalton'sche Gesetz über die Ab- sorption eines Gasgemenges.

Wir betrachten endlich noch den Fall eines Gases, welches sich bei der Absorption dissociirt. Der Einfachheit halber nehmen wir an, dass jedes Molecül des Gases in zwei Theilmotecüle zerfalle. Ist n^ die Anzahl der nicht dis- sociirten g-Molecüle in der Flüssigkeit, n, die Anzahl der dissociirten, so erhalten wir die beiden Gleichungen:

n^^NAp und "^^NB,

wo A allein abhängig ist ?on der Temperatur, B von Tem- peratur und Druck. Hiemach ergibt sich für die Gesammt- zahl der absorbirten g -Molecüle der Werth:

dieselbe ist dem Drucke nicht mehr proportional.

IX. Ueber die Messung starker Ströme mit BtUfe des Spiegelgalvanavneters; van A. Oberbeck.

In dem Decemberheft dieser Annalen bat F. Himstedt^) eine Methode beschrieben, sehr starke Ströme recht genau mit Hülfe der Tangentenbussole zu messen. Dieselbe beruht auf der Di£ferenzwirkung zweier entgegengesetzt durch- strömter Kreise auf die Magnetnadel.

Ich möchte hieran den Vorschlag einer ähnlichen Methode knüpfen, bei welcher die stärksten Ströme auch ohne Ein- schaltung eines Zweigwiderstandes so kleine Ablenkungen geben, dass man dieselben mit Hülfe von Spiegelgalvano- metern beobachten kann.

Bekanntlich wird eine kurze Magnetnadel durch einen Stromkreis von kleinem Radius stärker abgelenkt, als durch einen grossen Stromkreis, wenn die Nadel im Mittelpunkt des Stromkreises oder demselben nahe sich befindet, wäh- rend bei grösseren Entfernungen die Wirkung des grösseren Kreises überwiegt. Es muss daher eine bestimmte Entfer- nung der Nadel und des Mittelpunktes zweier concentrischer Stromkreise von verschiedenem Radius geben, bei welcher die Wirkungen derselben auf die Nadel gleich gross sind oder bei entgegengesetzten Stromrichtungen sich aufheben.

Die meisten Spiegelgalvanometer neuerer Construction gestatten die Feststellung der Rollen in verschiedenen Ent- fernungen vom Mittelpunkt der Magnetnadel. Bei den In- strumenten von Hartmann und Braun kann die Entfer- nung des Rollenträgers mit Hülfe einer Schraube verändert werden. Ersetzt man die eine Rolle bei einem dieser Gal- vanometer durch zwei verticale, concentrische Stromkreise von verschiedenem Radius, so kann man dieselben zunächst in eine solche Entfernung von der Nadel bringen, dass ihre Wirkungen sich aufheben. Eine geringe Verschiebung nach der einen oder anderen Seite lässt die Wirkung des grösse-

1) F. Himstedt, Wied. Ann. 41. p. 870. 1890.

Messung starker Ströme. 503

reu oder kleineren Kreises überwiegen. Es würde hiemach nur noch nöthig sein, den RoUentr&ger mit einem Nonius oder die Schraube mit einer Theilung und einer Marke zu versehen, um die Verschiebung genau messen zu können. Man hat dann die Möglichkeit, die Wirkung der Stromkreise von Null bis zu einer erheblichen Grösse zu steigern.

Um ein Bild yon der Wirkung solcher Vorrichtungen zu erhalten, habe ich die einfache Berechnung derselben aus- geführt und theile hier kurz die Resultate mit.

Das Drehungsmoment eines Stromkreises vom Radius a cm, dessen Mittelpunkt vom Nadelmittelpunkt z cm entfernt ist, betr&gt, bei Vernachlässigung yon Gliedern höherer Ord- nung:

j/ { 1 I - ^^ - (1 o sm ■«) I cos a.

Sieht man zunächst auch von dem, bei Spiegelgalvano- metem stets kleinem zweiten Glied in der Klammer ab, so heben sich die Wirkungen zweier Stromkreise mit den Ra- dien a und b bei der Entfernung z auf, wenn:

6*

Hieraus folgt:

VöTä

]/n-f

h

a

Da man zwei von den drei Grössen a, &, z beliebig wählen kann, so ist es zur Ausführung von Zahlenrechnungen be- quem, eine Zahl tj einzuführen und zu setzen:

Setzt man z. B. z = 10 cm, so erhält man die folgenden Werthepaare von a und b je nach der Wahl von fj:

0,7 ' 18,63 cm 10,91 cm

0,8 ; 16,77 jt 12,00 »

0,9 i 15,32 » I 18,ü7 M

Da es unzweckmässig sein dürfte, einen der beiden Stromkreise sehr gross zu wählen, so werden die beiden

504 A. Oberbeck. Messung starker Strome.

letzten Werthepaare zur EiDrichtung eines solchen Doppel- kreises sich empfehlen.

Da von den Gliedern nächst höherer Ordnung bei dieser Berechnung abgesehen wurde, so hebt sich die Wirkung der angegebenen Doppelkreise nicht ganz genau in der Entfer- nung von 10 cm auf. Es ist aber leicht zu übersehen, das» man dies durch eine kleine Verschiebung des Systems nacli der einen oder anderen Seite bewirken kann. Diese Com pensation wird dann nur für grössere Ablenkungsvdnkel einer kleine Aenderung erleiden, welche man ohne Mühe berech- nen und als Correction an den beobachteten Werthen an< bringen kann.

Eine weitere Verschiebung des Systems von dem Com« pensationspunkt an, durch welche z um die viel kleinere Grosses^ ^ verkleinert werden mag, gibt dann in erster Annäherung ein Drehungsmoment:

%nil (1 + I?) 7 cos«

Wählt man z. B. die Zahlenwerthe:

J = 0,5 cm, z = 10 cm, 7/ = 0,8, und nimmt für die Horizontalcomponente 0,18, so würde ein Strom von 50 A. eine Ablenkung von ungefähr 8^ geben.

Je nach der Stärke der zu messenden Ströme ist die Verschiebung l, zu wählen.

Selbstverständlich kann man noch auf mannigfaltige andere Weise die Wirkungen zweier verschieden grosser Stromkreise auf die Nadel einander gleich machen. Man kann die beiden Kreise aus verschiedenen Entfernungen wir- ken lassen und dann beide gleichzeitig oder auch nur den einen verschieben. Man kann auch an Stelle der Strom- kreise die gewöhnlichen Rollen auf beiden Seiten mit ent- gegengesetztem Zeichen wirken lassen. Ist bei gleichen Ent- fernungen die Wirkung aufgehoben, so tritt dieselbe bei einer kleinen Verschiebung der einen Bolle wieder ein u. s. w.

Von allen diesen Anordnungen schien mir die hier be- schriebene die einfachste.

Greifswald, im Januar 1891.

X. JEtfie charakter^istische Absorptionserscheinung des Diamanten: tfmi B. Walter.

(Separatabdruck aus dem Jahrbuch der Hamburgischen wissenschaftlichen Anstalten. VIII 1890, mitgetheilt vom Herrn Verf.)

(Hlersa Taf. Y.)

Vor einigen Monaten bestellte ich bei Hrn. Diamanteur E.Winter hierselbst ein dreiseitiges, an allen Seitenflächen geschliffenes Diamantprisma, dessen Flächen möglichst plan, dessen Kanten möglichst parallel und dessen brechende Winkel annähernd 60^ sein sollten. Das gelieferte Prisma, dessen Gewicht etwa Vg Karat betrug \ zeigte die verlangten Eigenschaften thatsächlich in einer vorher nicht erwarteten Weise. Die Flächen waren so gut plan, dass sie trotz ihrer Kleinheit das im Brennpunkt des Objectivs befindliche Fa- denkreuz eines Gauss' sehen Oculars deutlich wiederspie- gelten. Die Messung der brechenden Winkel ergab femer 60^0' 40'; 60^ 38' 25" und 59<'2r22", woraus dann auch, da die Winkelsumme nahezu 180^ ist, die genügende Parallelität der Kanten folgte. Dieselbe ergab sich übrigens auch schon dadurch, dass das Prisma sich auf dem Spectrometer so justiren Hess, dass das Spiegelbild des wage rechten Fadens im Ocular bei allen drei Flächen so nahe mit dem Faden selbst zusammenfiel, dass man die Abweichungen fast auch schon der Ezcentricität des Instrumentes zuschreiben konnte.

Ich führe diese Thatsachen an, weil möglicherweise dieses Prisma das erste seiner Art ist, und es also von Interesse sein dürfte zu wissen, was man selbst bei einem so harten Materiale an Genauigkeit erwarten darf.

Als ich nun durch dieses Prisma, welches, nebenbei bemerkt, zu Versuchen über Befiexionsfarben bestimmt war, einen Sonnenstrahl so hindurchgehen Hess, dass er die erste Fläche senkrecht traf^ dann im Innern an der zweiten Fläche an der sich aussen eine Fuchsinschicht befand refiectirt wurde und hiernach die dritte Fläche wieder nahezu senk-

1) 1 Karat = 0,205 g.

506 ' Ä IValter.

recht durchsetzte, dann ferner diesen Sonnenstrahl mit dem Spalte eines Spectroskopes auffing, zeigte das Spectrum des* s^ben ausser einigen von der Fuchsinschicht herrühren' den, hier nicht näher zu erörternden Erscheinungen im Orange unerwarteterweise auch im Violett zwischen den Fraunhofer' sehen Linien G und h einen schwachen dunklen Streifen a (Spectrum II, Taf. V), welcher im normalen Sonnen- spectrum (Spectrum I, Taf. V) nicht vorhanden war. Da dieser Streifen aus theoretischen Gründen nicht Ton der Reflexion an der Diamant-Fuchsinschicht herrühren konnte, so diiingte sich die Vermuthung auf,, dass er ein Absorp- tionsstreifen des Diamanten selbst war, ein Schluss, der sich natürlich sofort dadurch bestätigen liess, dass man bei obiger Versuchsanordnung die Fuchsinschicht entfernte. Der Strei- fen a blieb dann thatsächlich in unveränderter Stärke erhalten.

Es entstand nun die Frage, ob die sonach unzweifelhaft vorliegende Absorption dieses einen Diamanten eine charak- teristische Eigenschaft des festen krystallisirten Kohlenstoffe überhaupt oder ob sie nur auf eine zufällige Verunreinigunf^ meines speciellen Exemplares zurückzufahren war. Dies liess^ sich am einfachsten dadurch entscheiden, dass man möglichst^^ viele Krystalle zur Untersuchung heranzog, was mir denn.- auch durch die Liebenswürdigkeit einer hiesigen Diamanten- Import-Firma, der Herren Bozenhardt & Co., in reichlichem Maasse ermöglicht wurde.

Bei diesen Beobachtungen, die sich hauptsächlich auf geschliffene Brillanten, häufig aber auch auf rohe Steine be- zogen, vereinigte ich das vom Heliostaten kommende Sonnen- licht durch eine starke Brennlinse von 20 cm Brennweite auf eine möglichst glatte Fläche des Krystalles bei Brillan- ten stets auf die kleinste der beiden parallel angeschliffenen Flächen sammelte das auf der anderen Seite hervortre- tende Licht durch eine ähnliche Linse von 40 cm Brennweite und fing es dann mit dem Spalte des Spectroskopes auf. Zur Herstellung der in der Taf. V beigegebenen Photographien wurde das Licht zuvor noch durch einen engen Spalt ge- schickt, der sich, um möglichst grosse Intensität zu erzielen, kurz hinter dem Brennpunkt der ersten Linse befand. Weiter wurde hierbei das durch die zweite Sammellinse wieder nahezu

Absorption des Diamanten, 507

parallel gemachte Licht durch ein Monobromnaphtalinprisma geschickt, und endlich durch eine dritte, unmittelbar hinter dem Prisma stehende Sammellinse von 85 cm Brennweite das scharfe Spectralbild entworfen. In dieses wurden unter Anwendung einiger Vorsichtsmaassregeln gewöhnliche photo- graphische Trockenplatten gesetzt und dieselben nach der geeigneten Expositionszeit gleichfalls in der gewöhnlichen Weise entwickelt und fixirt. Von den so erhaltenen Nega- tiven wurden behufs Herstellung der Lichtdruckplatte von Hrn. Dahlström hierselbst zun&chst gewöhnliche positive Abzüge gemacht, diese in der aus der Taf. V ersichtlichen Reihenfolge auf ein Cartonblatt geklebt und das ganze aber- mals photographirt. Von diesem zweiten Negativ wurde das Bild auf die eigentliche Chromgelatine -Druckplatte über- tragen, mit welcher die Tafeln selber hergestellt sind. Bei dieser vierfachen Uebertragung ist natürlich etwas von der Schärfe der Originale verloren gegangen, immerhin genügen aber die Abdrucke, um von der Charakteristik der Erschei- nungen eine ausreichende Vorstellung zu geben.

Die nähere Untersuchung möglichst vieler und verschie- denartiger Diamanten es waren im Ganzen etwa 50 ergab nun sehr bald, dass der Absorptionsstreifen a weder eine Bigenthümlichkeit des festen krystallisirten Kohlensto£fs sein konnte dann hätte ja die Stärke des Streifens in einem bestimmten Verhältniss zur Dicke der Krystalle stehen müssen, was keineswegs der Fall war , dass hier aber an- dererseits auch nicht eine zufällige Beimengung jenes einen Krystalles vorlag. Der Streifen a fand sich nämlich bei der weitaus grössten Mehrzahl der von mir untersuchten Steine wieder, und zwar ohne Ausnahme bei alten grösseren ^ farblosen Krystalknj also z. B. bei allen weissen Brillanten von über ein £^at Gewicht. Die Intensität des Streifens wechselte von einem Stein zum andern in ganz regelloser Weise; je- doch immerhin in ziemlich engen Grenzen, in deren Mitte etwa der Streifen u der Fig. II gehört-.

'Das sogenannte Wasser*' des Diamanten, d. h. seine Farblosigkeit, scheint durch die Anwesenheit jener Absorp- tion, so lange sie einen gewissen Grad nicht überschreitet, nicht zu leiden; denn oft zeigten Steine, die mir als feinste

508 B. Walter.

Waare bezeichnet wurden, den Streifen a erheblich stärker als andere, weniger werthvolle Krystalle.

Auch der Herkunftsort des Minerals machte keinen Unterschied; denn ebenso wie die zahlreichen Eapdiamanten ▼erhielten sich auch solche aus Brasilien, und selbst ein ostindischer, ungeschliffener Stein, welcher mir durch die Freundlichkeit des Hrn. Gottsche aus der mineralogischen Sammlung des hiesigen Naturhistorischen Museums über- lassen wurde, zeigte den Streifen a in der normalen St&rke.

Bei den kleineren, farblosen Brillanten war die Ab- sorption — wahrscheinlich wegen der geringeren Dicke der absorbirenden Schicht nicht immer festzustellen, sodass z. B. bei einer Partie von 16 kleinen Brillanten von ^/^ Karat Durchschnittsgewicht bei einem gar nichts, bei dreien oder vieren eine zweifelhafte und bei den übrigen eine deutliche Absorption zu erkennen war.

Die Untersuchung farbiger Krystalle ergab weiter, dass bei den seltneren und meist nur kleineren Exemplaren von röthlicher, grünlicher oder bräunlicher Farbe gewöhnlich nur eine verwaschene Absorption auftritt, von dem Streifen a aber meistentheils nichts zu sehen ist, dass dagegen die so häufig und auch so oft in grösseren Krystallen vorkommende^ liellgelbe Sorte den Streifen in einer ganz ausserordentlichen^ Stärke aufweist, wie dies aus den Photographien IV und T der Taf. V hervorgeht. Die Fig. III dagegen zeigt das nor» male Sonnenspectrum von F bis H zum Vergleich mit der Fig. IV.

Bei Krystallen dieser Art ist der Streifen u stets noch von einigen anderen Absorptionserscheinungen begleitet, die von derselben Ursache herzurühren scheinen und daher eine genauere Aufmerksamkeit, verdienen. Neben dem sehr star- ken Streifen a nämlich, dessen Mitte bei der Wellenlänge A =: 415,5 liegt, sieht man hier zunächst, etwa bei X 471* einen äusserst schwachen, etwas breiteren und mehr ver- waschenen Absorptionsstreifen J, der in dem Spectrum IV, Taf. V leider nicht zum Vorschein kommt und daher nur durch den darüber stehenden Buchstaben d angegeben ist Ausserdem aber zeigen die heilgelben Steine auch stets noch, wie dies aus den Figg. IV und V hervorgeht, eine ziemlich

Absorption des Diamanten. 509

tarke Absorption im letzten Violett und im Ultraviolett, ie durch ein deutlich sichtbares, kurz vor H liegendes lelligkeitsmazimum (s. Fig. V) in zwei Theile, ß und y, zer- illt. Die Absorption y scheint sich über das ganze Ultra- iolett auszudehnen, soweit sich dies wenigstens mit den an- ewandten Glasapparaten etwa bis N verfolgen Hess.

Die Gesammtbeit der vorstehend angegebenen Beobach- iingen macht es nun wohl unzweifelhaft, dass die Ursache sner Absorption a in einer Beimengung des Diamanten zu achen ist, welche vielleicht nicht ohne Einfluss auf die Ent- behung des Erystalles gewesen ist. Die Natur dieser Bei- lengung festzustellen, ist zwar Sache der Chemie, doch darf ;h mir in dieser Richtung wohl noch die folgenden Bemer- ungen erlauben. Der erste Gedanke richtet sich hierbei atürlich auf jene Metallgruppe, deren Verbindungen dafür ekannt sind, Absorption sspectren mit linienartigen Streifen d gebeUt auf die Gruppe der seltenen Erden. Von den bis )tzt bekannten Stoffen dieser Art gibt aber nur ein einziges, as Samarium, einen Absorptionsstreifen {X » 416,7), welcher nn&hernd mit unserem Streifen a {l^ 415,5) zusammenf&Ut. lin zweiter; breiterer Streifen, welcher dem Samarium zu- eschrieben wird , liegt bei X == 477,7, und würde sich also ach nicht sehr weit von dem Streifen S des Diamanten . = 471) entfernen. Indessen ist aber andererseitß hervor- iheben, dass das Samarium zugleich mit dem zweiten Streifen ei A SS 477,7 stets noch einen dritten, ebenso starken bei = 463.2 zeigt, von dem beim Diamanten keine Spur zu ^hen ibt, und dass ferner keine einzige der hier in Betracht 3mmenden seltenen Erden eine so allgemeine Absorption ?8 Ultraviolett aufweist, wie der fragliche Diamantstoff sie )ch zu besitzen scheint.

Einem solchen Vergleiche zwischen der Lage von Ab- Tptionsstreifen steht aber ferner auch noch die Schwierigkeit itgegen, dass dieselben sich von einem Lösungsmittel zum ideren verschieben und zwar im allgemeinen um so mehr, je ^rschiedener die Brechungsexponenten der Mittel sind. Nach ^r Kundt'schen Regel würde man nun zu erwarten haben, ISS die in Rede stehende Diamantbeimengung in wässeriger ösung falls sie darin überhaupt Absorptionsstreifen zeigt.

510 B. IValter, Absorption des Diamanten.

was auch noch nicht sicher ist den Streifen u weiter nach dem Ultraviolett zu verschoben zeigt, während der oben erwähnte Samariumstreifen im Gegentheil etwas nach dem Roth zu liegt.

In anderer Weise suchte ich einen Fingerzeig durch die Bestimmung der specifischen Gewichte zu erhalten, jedoch waren die Unterschiede zwischen den Steinen mit schwachem und solchen mit starkem Streifen a so gering und so schwankend, dass sich daraus nichts entnehmen liess. Auch Schrötter^) fand z. B. für drei grössere blassgelbe Steiae das durchschnittliche specifische Gewicht 8,51465 und ftr drei fast ebenso grosse farblose Krystalle die Zahl 8,51458, während sich z. B. für zwei andere farblose Steine resp- 3,51869 und 3,51058 ergab.

Auch die Brechungsexponenten der verschiedenen Kry* stalle zeigen keine Unterschiede, die nicht auch schon de^ Beobachtungsfehlern zugeschrieben werden könnten. Da j^^ doch auf diesem Gebiete bisher nur sehr unvollständige ur^ meist auch sehr unzuverlässige Angaben vorliegen, so mög^^ hier schliesslich noch die Mittel werthe mehrerer, Ton an verschiedenen Erystallen angestellter Beobachtungsreihi angegeben werden, deren Zahlen fQr 16^ G. gelten.

Brechungsexponenten des Diamanten:

AB C D E F O H

2,40245 2,40735 2,41000 2,41784 2,42694 2,43589 2,45141 2,464'

Die Buchstaben bedeuten die Fraunhofer 'sehen Linie '■ Hamburg, phys. Staatslaboratorium, October 1890.

l) Schrötter, Wien. Ber. 68. p. 467. 1871.

XL lieber das a-Manobramnaphtalin;

van B. Walter.

Bei Arbeiten über Fiuorescenz, Phosphorescenz u. s. w. kommt es oft vor, dass man die bekannteren stark disper- girenden Medien, Flintglas- und Schwefelkohlenstoffprismen, nicht anwenden kann, weil dieselben den ultravioletten Theil des Spectrums vollständig auslöschen. Es dürfte daher an- gezeigt sein, die Aufmerksamkeit auf die hervorragende Eigenschaft des cr-Monobromnaphtalins zu lenken, dass es neben seiner grossen Dispersionskraft auch eine höchst voü» kammene Durchlässigkeit für ultraviolette Strahlen besitzt Ich liess z. B. ein mittelst eines solchen Flüssigkeitsprismas hergestelltes Sonnenspectrum auf eine mit Aesculinlösung gefüllte Wanne fallen und konnte das Sonnenspectrum im Ultraviolett bis über N hinaus verfolgen. Dass aber die von hier ab auftretende Absorption nicht durch das Monobrom- naphtalin, sondern durch die verschiedenen Gläser, die ich anzuwenden gezwungen war, verursacht wurde, folgt wohl schon daraus, dass das Spectrum unveiilndert dasselbe blieb, gleichviel ob ich die Strahlen nahe an der Basis oder nahe an der Spitze durch das Flüssigkeitsprisma hindurchgehen liess. Auch durch vergleichende Photographien von Gitter- und Monobromnäphtalinspectren habe ich mich überzeugt, dass die Absorption der gewöhnlichen Krongläser gerade bis in jene Spectralregion hineinreicht. Die zur vorstehenden Abhandlung beigegebenen Photographien sind mit einem solchen Flüssigkeitsprisma hergestellt (s. besonders Fig. II Tafel V).

Rechnet man nun noch zu den erwähnten beiden Eigen- schaften des Monobromnaphtalins, seiner grossen Dispersion und seiner Durchlässigkeit für Ultraviolett, die weiteren hinzu, dass sein Siedepunkt erst bei 277^ G. liegt, dass es femer nicht den widerlichen Geruch des Schwefelkohlenstoffs besitzt und dass endlich seine Brechungsexponenten sich für ^en Grad Celsius nur um 0,0,48 gegenüber 0,0380 beim

512 B. Walter, Monobromnaphtalin,

Schwefelkohlenstoff ändern, so ist klar, dass die Optik mit dieser Substanz eine ganz unschätzbare Bereicherung erbal- ten hat. Dieselbe soll sich allerdings mit der Zeit etwas verändern; indessen kann dies nicht sehr erheblich sein, da die seit einem halben Jahre in meinem Besitze befindliche Flüssigkeit noch unverändert dieselben Eigenschaften zeigt, wie bei ihrer Ankunft. Auch stimmen die von mir gemes- senen Brechungsexponenten recht gut mit den vereinzelten Angaben älterer Beobachter (Fock, Pulfrich) überein. Nur die Zahlen von Dufet^) weichen erheblich ab, trotz- dem unsere beiden Substanzen aus derselben Fabrik stammen.

Brechungsexponenten des a-Monobromnaphtalins

bei 20« C.

A a B C B E

1,64051 1,64867 1,64688 1,64948 1,65820 1,67049

F Hy G Hd H

1,68195 1,70410 1,70595 1,71855 1,72898.

Die Buchstaben bedeuten hier im allgemeinen die Fraunhofer'schen Linien, nur Hy und HS bezeichnen die entsprechenden Wasserstofflinien. Der Brechungsexponent der Z>- Linie nimmt für 1 ® C. um 0,0,48 ab. Die Dichte meines Monobromnaphtalins, bezogen auf Wasser von 4^ C. beträgt 1,4916 bei 20<> und nimmt für l^C. um Ofij^lO ab Die Substanz war von Dr. Th. Schuchardt in Grörlitz bezogen.

Hamburg, phys. Staatslaboratorium, Oct. 1890.

1) Dufet, Journ. de Phya. (2) 4. p. 415. 1885.

Draok tod Metzger & Wittig in Leipzig.

1891. ANNALEN -^ *.

DER

PHYSIK UND CHEMIE.

NEUE FOLGE. BAND XLII.

I. Calarimetrische Unter sv chtingen ; von C. Dieterici.

III. Die Dampfspannungen einiger wässeriger Salzlösungen

bei 0^

In einer früheren Mittheilung ^) habe ich eine Methode mitgetheilt, nach welcher das specifische Volumen des bei 0^ gesättigten Wasserdampfes bestimmt wurde. Dieselbe bestand darin, dass man aus einem kleinem Wasserreservoir Wasser in einen luftleer gemachten Ballon von bekannter Grösse und Temperatur hineinverdampfen liess. Die Menge Wassers, welche verdampfte, wurde nicht direct durch Wä- gung des Reservoirs ermittelt, sondern dadurch, dass die Wärme, welche beim Verdampfen des Wassers absorbirt wurde, der Messung unterlag, und aus der vorher ermittel- ten Verdampfungswärme die Gewichtsmenge des verdampften Wassers berechnet wurde. Unter Anwendung des Bunsen'- schen Eiscalorimeters als Wärme messenden Apparat konnte constatirt werden, dass der über reinem Wasser bei 0^ gesät- tigte Dampf bei einer Ueberhitzung dem Gesetze von Gay- Lussac folgt, und es konnte weiter der Einfluss erkannt und vermieden werden, welchen die Wandungen des Ballons im Sät- tigungspunkte durch die Condensation des Dampfes auf die Messung des specifischen Volumens des bei 0^ gesättigten Wasserdampfes ausübten. Die Erkenntniss, dass das Gay- Lussac'sche Gesetz für den bei 0^ über reinem Wasser gesät- tigten Dampf volle Gültigkeit besitzt, stützte die Annahme,

1) Dieterioi, Wied. Ann. 38. p. 1. 1889. Ann. d. Phys. o. Chem. N. F. XLII 33

514 C Dieterici.

dass auch das Mariotte'sche Gesetz anwendbar sei, und es konnte daher aus den ausgeführten Messungen der Druck berechnet werden, den der über reinem Wasser gesättigte Dampf bei 0^ ausübt; Er ergab sich p^ = 4,62 mm Hg.

Es lag nahe und war auch schon sogleich in's Auge ge- fasst, dieselbe Methode zur Untersuchung des Druckes an- zuwenden, den der über einer wässerigen Salzlösung bei 0^ gesättigte Dampf ausübt, um so zur Beantwortung einer Frage zu kommen, welche in mehr als einer Hinsicht wesent- liches Interesse beansprucht, der Frage nach der Dampf- spannungsverminderung durch gelöste Salze.

Hätte man dabei in genau derselben Weise, wie es in der citirten Arbeit für reines Wasser geschehen war, auch mit Salzlösungen verfahren wollen, also so, dass man das im Eiscalorimeter enthaltene Reservoir mit wässerigen Lösungen verschiedener Salze in verschiedenen Concentrationen be- schickte, aus diesem Yorrath sich Dampf entwickeln liess in einen gut luftleer gemachten Ballon von bekannter Grösse und die .beim Verdampfen verbrauchte Wärme durch das Calorimeter ermittelte, so hätte man, um die verdampfte Wassermenge zu berechnen, die Verdampfungswärmen aller in Anwendung kommenden Salzlösungen kennen müssen^ hätte also, wenn anders man sich nicht auf anderweitige unsichere Daten stützen wollte, dieselbe Arbeit für alle jene^ Salzlösungen ausführen müssen, die ich für reines Wassei^ vorher ausgeführt hatte. Die Umständlichkeit dieses Weg entschied dafür, ihn nicht zu betreten. Dagegen eröffnete^ der im Folgenden beschriebene Weg Aussicht auf Erfolg.

2. Ein grosser Glasballon B (vgl. Figur 1), welcher von einem grossen Wasserbade constanter Temperatur um- geben ist, steht nach der einen Seite hin durch eine Böhren- leitung, in welche ein Hahn 1 eingefügt ist, mit einem kleinen Reservoir R^, in Verbindung, welches in einem Bun- sen' sehen Eiscalorimeter steckt. Nach der anderen Seite vermittelt eine mit zwei Hähnen 2 und 4 versehene Glas- röhrenleitung die Verbindung des Glasballons durch ein mit Phosphorsäure- Anhydrid gefülltes Trockengefäss T zu einer guten Töpler -Hage naschen Quecksilberluftpumpe. Zwi- schen den Hähnen 2 und 4 ist rechtwinklig nach unten ein

Dampfspannungen Kätteriger Salzlösungen.

515

Glasrohr angeblasen, velches unter Einschaltung eines Hahnes 3 die Verbindung zu einem zweiten grösseren aus einer weiten Glasröhre gefertigten Reservoir R, herstellt. Pumpe i

Fig. 1.

Vor Beginn des Versuches wird das ganze aus dem Ballon und den Röbrenleitungen bestehende System sorg- fältig eyacuirt. Die Reservoire B^ und B, sind mit Flüssig- keiten beschickt, und zwar B, mit einer Salzlösung bekannter Concentration und j?« mit reinem Wasser; durch fortge- setztes Pumpen werden die Flüssigkeiten von der in ihnen absorbirten Luft befreit und, nachdem dies geschehen, die Hähne 1 und 3 geschlossen, die Hähne 2 und 4 geöffnet. Bei dieser Stellung der Hähne ist der Ballon B durch das Phosphorsäure-Gefäss mit der Pumpe verbunden; ein ruhiges Stehenlassen etwa eine Stunde lang genügt, um den Ballon auszutrocknen. Inzwischen wird das Reservoir B, von einem mit klein gestossenem Eis gefüllten Gef&ss umgeben. Nach- dem die in B, enthaltene Salzlösung die Temperatur 0^ an- genommen hat, wird Hahn 4 geschlossen, Hahn 3 geöffnet Der Ballon B füllt sich nun mit Wasserdampf von der Spannung p«, welche der Wasserdampf bei 0^ über der Salz- lösung hat; der Dampf ist im Ballon B überhitzt zur Tem- peratur des Wasserbades. Nach einiger Zeit, nach welcher der Ballon sich ganz mit Dampf erfüllt hat, wird der Hahn 2 geschlossen und Hahn 1 geöffnet. Nunmehr ist der Dampf im Ballon in Berührung mit dem in B^ enthaltenen reinen Wasser, welches im Calorimeter ebenfalls die Temperatur 0^ hat; es wird also von diesem so viel verdampfen müssen, dass der Dampf im Ballon die Spannung p^, erhält, welche

33*

516 C, Dieter icL

der Dampf bei 0^ über reinem Wasser besitzt Die Menge reinen Wassers, welche noth wendig ist, um in Dampffonn im Ballon die Spannung des Wasserdampfes Yon p, auf p^ zu erhöhen, wird gemessen, und zwar in derselben Weise, wie ich es bei der Bestimmung des speciii sehen Volumens des bei 0^ gesättigten Wasserdampfes gethan, dadurch, dass die bei der Verdampfung dem Eiscalorimeter entzogene Wärme- menge beobachtet und aus dieser mit Hülfe der Verdam- pfungswärme des reinen Wassers die Menge des verdampften Wassers berechnet wird.

Man erkennt, dass bei der geschilderten Art der Ver- suchsanordnung auf calorimetrischem Wege die Dampf- spannungsverminderung direct und nicht durch die Differenz zweier Beobachtungen bestimmt wird. Dieses ist ein wesent- licher Vorzug; denn gerade die durch gelöste Salze hervor- gebrachte Verminderung der Dampfspannung ist von her- vorragendem theoretischen Interesse. Weiter erkennt man, dass in die Berechnung nur die Zahl für die Verdampfungs- wärme des reinen Wassers eingeht, welche mit grosser Sicherheit ermittelt ist.

In Bezug auf die G-enauigkeit der Methode verweise ich auf die früher dargelegten Gründe, welche bei Messung kleiner Dampfspannungen die calorimetrische Methode der kathetometrischen überlegen sein lassen. Die Sicherheit der Beobachtung macht es wünschenswerth, dass die aus dem Reservoir /?„ verdampfende Wassermenge möglichst gross ist; diese Menge ist bestimmt durch die Dampfspannungs- verminderung n =^pu, ps und durch das Volumen des Bal- lons; es musste also, wenn man auch auf schwach concen- trirte Lösungen die Beobachtung ausdehnen wollte, der Ballon möglichst gross genommen werden. Ich hatte mir als Grenze der Genauigkeit die gesetzt, dass die Dampf- spannungsverminderung n durch eine Beobachtung auf 0,005 mm Hg genau beobachtet werden sollte, und daraus ergab sich, dass man einen Ballon von' mindestens 15 1 Volumen wählen musste.

Der ganze Aufbau der Apparate erscheint etwas com- plicirt; indessen ist zu bedenken, dass, nachdem das ganze durch passend eingefügte Glasschliffe verbundene System

Dampfspannungen wässeriger Salzlösungen. 517

einmal zusammengesetzt und ausgepumpt war, die Beob- achtungen schnell hintereinander ausgeführt werden konnten. Denn wollte man von einer Salzlösung zu einer anderen übergehen, so hatte man nur nöthig, das Reservoir R,, wel- ches in einem Schliff an der nach unten gehenden Röhren- leitung anhing, nach Schluss des Hahnes 3 abzunehmen und nach gründlicher Reinigung mit der neuen Salzlösung zu füllen. Setzte man R^ dann wieder an, öffnete die Hähne 3 und 4y während 2 geschlossen war, so konnte man durch die Pumpe das Reservoir R, und die neu eingefüllte Salzlösung von aller Luft befreien, ohne dass der Ballon B sich mit Luft füllte. Dies musste vermieden werden; denn gerade das Auspumpen der letzten Spuren von Luft aus einem Ballon von 15 1 Volumen mit einer Quecksilberluftpumpe, deren Vo- lumen nur wenig mehr als 0,5 1 betrug, ist eine sehr zeit- raubende Arbeit.

3. Eine Reihe von specielleren experimentellen Vor- sichtsmaassregeln erwies sich zum sicheren Gelingen der Versuche als nothwendig. Sie seien im Folgenden erwähnt:

In Bezug auf die Behandlung des Eiscalorimeters ver- weise ich auf meine früheren Arbeiten; auch hier wurde die von Schuller und Wartha eingeführte Beobachtungs- methode angewendet, durch das Gewicht der von der Saug- spitze ausgestossenen bez. eingesogenen Quecksilbermenge die Veränderung des Eismantels zu bestimmen. Nach den Beobachtungen von Bunsen, Schuller und Wartha und Veiten schmilzt beim Zuführen von 1 g Calorie so viel Eis im Oalorimeter, dass 15,44 mg Hg von der Saugspitze ein- gesogen werden. Die spontane Veränderung des Eismantels hängt, wenn alle Wärmezufuhr abgeschnitten, wesentlich nur ab von dem Druck, unter welchem das Eis steht. Diesen kann man verändern dadurch, dass man die Saugspitze und zugleich damit das Niveau der aussen angesetzten Queck- silbernäpfe vei^ndert. Es wurde nicht eher mit den Beob- achtungen begonnen, als bis man dieses Niveau so verändert hatte, dass in einer Stunde ruhigen Stehenlassens höchstens ± 3 mg Hg von der Saugspitze ausgestossen bez. eingesogen wurde, im Durchschnitt jedoch betrug die stündliche Ver- änderung nicht mehr als 1,5 mg Hg. Der constante Gang

518 C. Dieter id.

des Oalorimeters wurde stets in der Zeit zwischen den ein- zelnen Versuchen (1 2 Stunden) beobachtet; der Wärme- ausgleich im Calorimeter beim Verdampfen aus R^ dauerte 20 Minuten. Am Anfang und Ende dieser Zeit wurde also das Quecksilbergefäss an der Saugspitze gewechselt, und die beim Versuch eingetretene Gewichtsänderung durch Wägung bestimmt. Um den Wärmeausgleich im Calorimeter zu be- schleunigen war das Aeservoir J?« aus einem Platinrohre von 5 mm Durchmesser hergestellt, welches unten zu einer Erweiterung von etwa 4 ccm Volumen ausgebaucht war; das Flatinrohr war direct an ein Glasrohr angeschmolzen, es war, soweit es im Calorimeter steckte, von Quecksilber um- geben.

Wichtig war es, dass sämmtliche Hähne weite 3 mm Durchbohrungen hatten; denn bei den geringen Drucken, welche namentlich concentrirte Salzlösungen bei 0^ ausüben, verlangsamt die Reibung, welche ein Hahn mit enger Durch bohrung dem Dampfe entgegensetzt , den Verdampfungs- process. Dasselbe gilt f&r den Fall, dass sich der Ballon schon mit dem Dampf der Salzlösung gefüllt hat und nun nach Schliessen des Hahnes 2 und Oeffnen des Hahnes 1 nur der geringe üeberdruck p„ p^ in Wirksamkeit tritt, den der Dampf des reinen Wassers über den der Salzlösung hat. Noch ein anderes Moment erwies sich für das Ge- lingen der Versuche als sehr wichtig und war für die Form und Grösse des Reservoirs J7« Ausschlag gebend. Zunächst war klar, dass soviel Salzlösung in R, enthalten sein musste, dass bei mehrfacher Wiederholung ein und desselben Ver- suches durch die Verdampfung in den Ballon keine merk- liche Concentrationsänderung der Salzlösung eintreten durfte. Da bei jedem Versuche etwa V12 ^^® V20 8 Wasser aus der Salzlösung entwich , so waren etwa 20 g Salzlösung in A, jedenfalls genügend, um Concentrationsänderungen auszu- schliessen. Trotzdem jedoch die Menge der Salzlösung so gross gewählt wurde, zeigten sich dennoch anfänglich auf- fällige Unsicherheiten in den Beobachtungen. Der Grund derselben lag darin, dass, wenn R^ mit seinem Vorrath von Salzlösung beschickt und nun nach vorheriger Evacuation die Verbindung zum Ballon hergestellt wurde, der Dampf

Dampf Spannungen wässeriger Salzlösungen, 519

vornehmlich nur der Oberfläche der Lösung entzogen, die oberflftchliche Schicht daher concentrirter wurde; die zwischen der obersten und den tieferen Schichten entstandenen Con- centrationsunterschiede gleichen sich nur sehr langsam und unregelmässig durch die Diffusion aus und daher entstanden jene Unregelmässigkeiten in den Beobachtungen. Ich ver- mied diese Störungen dadurch, dass ich dem Reservoir R^ die aus der Figur ersichtliche längliche Grestalt gab und während der Zeit, während welcher zwischen /?« und dem Ballon die Hähne geöffnet waren, R^ mehrfach in dem Schliff, durch den es mit der Röhrenleitung verbunden war, hin und her drehte. Es floss dann die Lösung in dem läng- lichen Gefäss hin und her; die entstandenen Concentrations- unterschiede glichen sich aus.

Endlich seien noch einige Bemerkungen über den Glas- ballon B gemacht Bei den Beobachtungen über das speci- fische Volumen des bei 0^ gesättigten Wasserdampfes hatte sich die Condensation des Dampfes auf den Glaswandungen als ausserordentlich störend erwiesen, und ich versuchte daher, ob und in welchem Maasse sich dieselbe vermeiden lasse. Von den verschiedenen Glassorten, welche alle nach Warburgs Erfahrungen vor dem Gebrauch mit siedendem Wasser behandelt wurden, ervdes sich thüringer Glas am schlechtesten; bei weitem besser, aber auch noch ziemlich stark condensirend, zeigten sich schweres schlesisches Kali- glas und ebenso auch das in Deutschland hergestellte Blei- glas. Am wenigsten condensirte das ganz gewöhnliche grtLne Flaschenglas, und aus diesem wurde auch der bei den Ver- suchen benutzte Ballon gewählt. Weitere Versuche, die Glas- sorten für diesen Zweck brauchbarer zu machen dadurch, dass man sie nach Weber den Dämpfen der conc. Salzsäure aussetzte, schlugen fehl, ebenso Versuche, bei denen ich die Wandungen mit einer dünnen Paraffinhaut überzog. Es er- schien mir nicht aussichtslos, zu versuchen, ob nicht ein Ueberziehen der Wandungen mit einer Substanz, an der das flüssige Wasser nicht adhärirt, die Condensation des Dampfes vermeiden sollte; indessen ergaben die Versuche ein nega- tives Resultat.

Der Einfluss der Condensation an den Wandungen kommt

520 C Dieterici

zudem bei den in dieser Arbeit mitgetbeilten Versucben nicht in Betracht; denn die Wasserbaut stellt sieb scbon ber, wäh- rend der Ballon sieb mit dem Dampf der Salzlösung fallt; wird nachber durcb Oeffnen des Habnes 1 nocb die Span- nung von Pf auf py, erböbt, so findet der neu eintretende Dampf die Wandungen scbon beladen mit der Wasserbaut vor; da letztere innerhalb so kleiner Druckänderungen unab- hängig von dem Drucke ist, so wird sich also nichts von dem neu eintretenden Dampf condensiren können und daher die Beobachtung der Dampfspannungsverminderung unabhängig von dem störenden Einfluss der Condensation sein.

Völlig vermieden wird die Condensation nach meinen früheren Versuchen, wenn man den Ballon über die Sätti- gungstemperatur erhitzt, und da dies zugleich den Vortheil mit sich führte, dass man nicht so ungeheure Quantitäten von Eis verbrauchte, wie sie notbwendig gewesen wären, um den grossen Ballon Wochen hindurch auf der Temperatur 0^ zu erhalten, so umgab ich denselben mit einem Wasser- bade von etwa +10^ Dies bringt keine Unsicherheit der Berechnung mit sich, denn durcb den Nachweis der Gültig- keit des Gay-Lussac' sehen Gesetzes für Wasserdampf, der über reinem Wasser bei gesättigt ist, ist auch die Gültig- keit desselben für Dampf geringerer Spannung gewährleistet

4. Bei Beobachtung der angeführten Vorsicbtsmaassregeln gingen nun die Versuche ohne Störungen vor sich.

Die Berechnung derselben ist einfach und ergibt sich aus folgender Ueberlegung:

Die Menge tt), Wassers, welche aus der Salzlösung im Reservoir Ä, verdampft, um das Volumen V des Ballons B zu erfüllen, ist:

wobei (0,^ die Dichte des Wasserdampfes von der Span- nung /?« des Wasserdampfes über der Salzlösung bei ,9-^ = 273 = 0^ C. und überhitzt zu der Temperatur & des Wasserbades bedeutet. Bezeichnet man mit v,^ das Volumen von 1 g Wasserdampf unter denselben Bedingungen , so ist

also:

1

m,

= V

^^

Dampfspannungen toässeiiger Salzlösungen, 521

Die Menge Wassers, welche den Ballon unter den- selben Umständen erfüllen würde, wenn an Stelle der Salz- lösung reines Wasser gesetzt wird, ist in analoger Be- zeichnung:

Also ist die beim Versuch gemessene Wassermenge:

1 1

^w W, == V'

Da nun bei constanter Temperatur x^:

ist, so folgt:

i\& 'Pw = i'»&'P»j also r, ^ = r^^ -*'

m^ -— mg s= V'

«•^

P^-P»

_, j/^ ^

«'•,* Pu>

Oder: w^ m^ = V , g^^^ . _ .

Von den in dieser Gleichung vorkommenden Grrössen wird ?7/« w,, d. i. die aus dem Reservoir Ä« verdampfende Wassermenge durch das Calorimeter gemessen.

V das Volumen des Ballons gerechnet vom Hahn 1 bis Hahn 2 ist ein für alle Male durch Auswägen mit Wasser ermittelt.

Qtt& die Dichte des Wasserdampfes von der Spannung /?» des bei 0^ über reinem Wasser gesättigten Dampfes über- hitzt zur Temperatur & des Wasserbades ist ebenso wie p», selbst in meiner vorigen Arbeit ermittelt.

Somit sind alle Grössen bis auf n bekannt, dieses also berechenbar.

In Worten kann man die Gleichung einfach so aus- sprechen, dass das Verhältniss der Wassermenge, welche aus B^ noch hinzu verdampft, nachdem der Ballon schon mit Dampf von der Spannung p, erfüllt war, zu der Wasser- menge, welche aus R^ verdampfen würde, wenn der Ballon "vorher ganz evacuirt war, direct das Verhältniss der Dampf- cpannungsverminderung zur gesammten Dampfspannung er- gibt. Da nun die aus der Saugspitze des üalorimeters aus- tretenden Quecksilbermengen direct den Wassermengen pro*

622 C, DUterici.

portional sind, so ergibt sich als einfachste und kürzeste Be- rechnung des Verhältnisses njp^ die, dass man die beim Versuch beobachtete Quecksilbermenge diyidirt durch die- jenige Quecksilbermenge, welche aus der Saugspitze des Calori- meters austreten würde, wenn der Ballon sich ganz mit Dampf aus R^ füllt. Diese Quecksilbermenge ist direct aus meinen früheren Versuchen berechenbar.

5. Die Beobachtungen wurden zunächst nur auf wasser- frei krystallisirende Salze ausgedehnt. Mit den gut getrock- neten Salzen wurden Normal-, Doppelt-, Drei- und Vierfach- NormallOsungen hergestellt, indem die Anzahl von Grammen, welche durch das Molecülargewicht des Salzes angegeben wurde, bez. deren Multipla in 11 Wasser gelöst wurden. Diese Lösungen wurden in hinreichender Quantität ca. 20 ccm in Rt eingeführt. Untersucht wurden die Lösungen von NaCl, KCl, NaNO,, KBr, KJ und LiCl in verschiedenen Concentrationen. Für jede Concentration wurden mindestens vier Beobachtungen ausgeführt, für die weitere Berechnung die Mittelwerthe der Beobachtungen benutzt.

Im Folgenden gebe ich für NaCl Tab. I die einzelnen Beobachtungen an, um ein Bild von der Sicherheit der Mes- sungen zu geben.

Tabelle L

Es bedeutet t Temperatur des Wasserbades um den Ballon B in Celsiusgraden.

77t die Gewichtsmenge Hg in mg, welche beim Versuch aus der Saugspitze des Calorimeters austrat.

Corr. die Correction, welche wegen der spontanen Ver- änderung des Eismantels im Calorimeter der Beobachtung von m hinzugefügt werden muss.

777c das corrigirte 777.

771^0 die Gewichtsmenge Hg, welche aus der Saugspitze ausgetreten wäre, wenn der Ballon B genau die Temperatur + 10» C. gehabt hätte.

Dampfspannungen w&$$eriger Salzlösungen,

628

NaCl. Molecolargewicht 58,5.

1. n- Normal-L^jflung. 5,85 g NaCl + 100 g aq.

m

Corr.

m.

m

10

10,5»

10,8

9,8

8,4

10,7

10,2

9,7

25,3 mg

25,7 ,,

28,3

22,0

21,4

23,3

23,9

-1,5 mg

-1,3 »

0

+ 1,1 +0,8

+ 0,8

+0,8

II

II II

28,8 mg

24,3

23,3

28,1

22,2

24,1

24,7

II » II II II

23,8 mg

24,4 I,

28,3

22,9

22,3

24,1

24,7

II »I »I II

llittel: 23,64 mg 2. 2fl - zweifach Normal-Lösung. 11,70 g NaCl + 100 g aq.

10,6»

9,8

10,7

10,4

47,6 mg

47,6

47,6

48,3

II

II

0,4 mg

•0,8 II •0,8 II 0,8 II

47,2 mg 46,8 II 46,8 47,5

II II

47,3 mg

46,8 46,9 47,6

II II

II

Mittel: 47,15 mg

3. s dreifach Normal-Lösung. 17,55 g NaCl + 100g aq.

8,5<> 8,1 9,9 9,7

78,4 mg

-0,8 mg

j 72,6 mg

72,2 mg

74,5 II

—0,8 II

' 73,7 II

73,2 ,1

73,4 ,,

-0,5

72,9 1,

72,9

74,2 II

-0,5 1,

73,7 1,

73,6 ,1

Mittel: 73,0 mg 4. 4n = vierfach Normal-Lösung. 28,40g NaCl + 100g aq.

10,5« 6,0 10,2

9,8

100,7 mg 104,5 ,1 101,0 II 102,7 II

+ 0,5 mg -0,3 II -0,3 11 —0,3 II

101,2 mg 104,2 II 100,7 II 102,4

II

101,3 mg 103,0 II 100,8 II 102,3 I,

Mittel: 101,85 mg

5. := fünffach Normal -Lösung. 29,25 g NaCl + 100 g aq.

6,7«

8,4

9,7

11,1

10,4

131,9 mg 132,9 i> 131,3 II 133,6 II 135,5 II

0,0 mg 0.0 II 0,0 I, + 0,4 » 0,0 11

131,9 mg 132,9 II 131,3 II 134,0 11 135,5 II

130,3 mg 132,1 II 131,1 n 134,5 I. 135,7 11

6. 6n s= sechsfach Normal-Lösung.

10,4<> 168,4 mg ' -2,5 mg

9,8 166,7 I, ' -2,5 »

8,8 166,0 V ' -0,8 I,

9,0 165,7 i -0,8 I,

Mittel: 182,5 mg 35,50 g NaCl + 100 g aq.

165,9 mg 164,2 II 165,2 II 164,9 II

166,1 mg

164.1 11

164.2 II 164,5 II

Mittel: 164,7 mg

Ein Blick auf die in der vorstehenden Tabelle enthal- ^^en Beobachtungen y welche übrigens als die zuerst aus-

9

624 C. Dieterici.

gefiihrten noch verhältnissmässig unsicherer als die spätem waren, zeigt dass im Allgemeinen die Beobachtungen am Calorimeter in einem Intervall von etwa 2 mg Hg schwanken, also eine Beobachtung als sicher auf 1mg Hg angesehen werden kann.

Das Volumen des Ballons B bei 10^ war 15701,8 ccn. £s würde also nach meinen früheren Beobachtungen in den vollständig evacuirten und zu +10^ überhitzten Ballon soTiel Wasser hineinverdampfen, dass 682 mg Hg aus der Saog- spitze austräten. Diese würden einen Druck im Ballon Ton Pt, = 4,62 mm Hg hervorbringen; also bringt eine Unsicher- heit der Beobachtung von 1 mg Hg am Calorimeter eine Un- sicherheit der Dampfspannungsbeobachtung von 4,62/682 nun Hg = 0,0068 mm Hg hervor. Das Mittel aus vier Beobach- tungen wird also gewiss als auf 0,003 mm Hg sicher ange- sehen werden können. Eine derartige Sicherheit ist durch kathetometrische Beobachtungen überhaupt nicht erreichbar; im Uebrigen hindert Nichts durch Wahl eines noch grösseren Ballons die Sicherheit der Beobachtungen noch beliebig zu vergrössern.

In der folgenden Tabelle sind die Mittelwerthe der am Kochsalz und den anderen Salzen gemachten Beobach- tungen und die sich daran anschliessende Berechnung der Dampfspannungsverminderungen enthalten.

Tabelle IL

Es bedeutet n, 2n, 3n etc. Normal-, Doppelt-, Drei* fach etc. Normallösung.

'S' die Gewichtsmenge trockenen Salzes, welche i^ 100 g aq zugesetzt, die Lösung ergibt.

m^Q der Mittelwerth der bei den Versuchen beobachte- ten, aus der Saugspitze ausgetretenen QuecksilbermengeQ in mg.

J die Differenzen der einander folgenden m^^.

^^Pw—Ps die Dampfspannungsverminderung. 71 = Wjo/682./?«, (siehe vorher).

Pt die Spannung des bei 0^ über der Lösung gesättig' ten Wasserdampfes.

Fjo Volumen des Ballons B bei lO'' = 15701,8 ccm.

Dampftpannungen lo&aieriger Salzlösungen. MaCl Moleculargewicht 5S,5.

CooMntntion _ 1

SI

P.

S "H ^

mmoiHg

JnmmHg

ö.85e 83,6* mj |^** 11,10,, 47,16,, ll'tl n,OJ ia,u ,. 2 g.

0

4,620

Im

0.1601 mm 0,8 1B4

4,460 4,301

3n

(J,4946 >,

4,126

4ii

23,40 101,85 ll'll 39,26 1 132,50 l^'Z 35,50,, I 164,70,, ! ^^'^'J

0,6000 .,

3,930

5n

0,8976

a,722

6ji

1,1157

3,504

KCl Molecalargew. 74,5.

Oa

0

21,86 mg' 21,86

ü

4,620

VSg

0,1481 mm

4,472

2n

14,90

68,60 ' JX'l 79;20 >^''

0,2941

4,326

88,85

0,4301 »

4,190

B,B3n

88,5

0,5366

4,083

NaNO, Moleculargew

84,9.

Oa

0

88,0 "'^

IT* " 'm i2i;53 :: 3«-'3

0

4,620

8,46 g

0,1369 uro

4,483

16,98

0,2574

4,363

4n

33,98

0,4742

4,146

Sn

58,94

0,6666

3,953

67,92

0,8707

3,749

KBr Moleculargew.

119.

On

0 0 1 „, , 11,9 g : 21,3 mg ll'l.

51: »;:' 11

0

4,620

In

0,1443 mm

4;476

U

0,2957

4,324

Sx

0,4336 ,.

4,186

47,6

86,1 1 "'■"

0,5833

4,037

KJ Moleculargew. 166.

LiCl Moleculargew. 42,5.

1,9»

: 50,20 mg

115,70 .. I 279,85 n I 367,90 >,

50,2 68,10 163,55

88,65

a,T86 2,128

Uebersieht man die in der Toretehendeo Tabelle ent- iltenen Kesultate, bo ergibt sich zunftchat als allgemeines esnttat, dase bei den Salzen ECI, EBr und KJ die Dampf- annnngBTerminderung so nahezu dem Salzgehalt propor- mal ist, daSB man die Abweichungen als durch Beobach-

586 C. DUterwi.

tnogsfehler bedingt ansehen kann. FQr diese Salze gilt alao bei 0" das WuUner'sche Q-esetz, dass die DampfspannangB- Termindernng proportional dem Salzgehalt ist

Dieses Q-esetz gilt aber nicht mehr für NaNO,, denn dort zeigt sich deutlich, dase die DampfspannungsTerminde- msg mit zunehmendem Salzgehalt abnimmt, w&bread sie bei NaCl und in noch viel Bt&rkerem Maasse bei LiCl mit zunehmendem Salzgehalt zunimmt.

Die in der Fig. 2 gezeichneten Curven geben als Ordi- nateo die Dampfspannung p, gemessen in mm Hg in ihrer Abhllngigkeit von der Concentration , welche als Abscisse au^etra- gen ist Es sind nur die Gurren fOr NaCl, LiCl, KCl und NaNO, gezeichnet; diejenigen von KBr und KJ fei- len so nahe mit der- jenigen von KCl za- sammeD,dass ihre Wie- dergabe die Uebersicht- lichkeit stören würde. Ich muBs gestehen, dasa das Ergebniss mei- ner Versuche, dass die Abhängigkeit der Dampfspannungsver- minderung von der

\

^^

^

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^

Fig. 2.

Concentration f^r verschiedene Salze verschieden ist, mich sehr in Erstaunen setzte, denn ich hatte erwartet, dass sich alle Salze so verhielten, wie NaNO,, dass also die Dampf- spannungsverminderung mit zunehmender Concentration ab-

Zu dieser Yermuthung hatten mich verschiedene Ueber- legungen veranlasst; unter anderen auch die, dass nach der Theorie von van 'tHoff die Dampfspannungsverminderung nur abhängt von der Zahl der gelösten Molecüle; nehmen wir weiter mit Arrhenius an, dass in verdUnnteren

Dampfspannungen wässerit/er Salzlösunffen. 527

Lösniigen mehr Molecüle dissocirt sind, als in concentrir- leren, so folgt, dass in verdünnteren Lösungen relativ mehr Ionen auf die Herabsetzung der Dampfspannung wirken, als in concentrirteren , und daraus folgt, dass die Dampfspan- nungsverminderung mit zunehmender Concentration abneh- men müsse.

Die Thatsache jedoch, dass die Abhängigkeit der Dampf- spannungsverminderung für verschiedene Salze verschieden ist, erscheint zweifellos; auch ist dieselbe von früheren Be- obachtern, so von Tammann^) und £. Emden^) für die- selben Salze, aber ftkr andere Temperaturen ebenfalls beob- achtet

Ein genauer Vergleich der neuen Daten mit denen der genannten Beobachter lässt diese Thatsache klar hervor- treten; dieser Vergleich ist aber noch in anderer Beziehung wichtig, denn er gestattet ein Urtheil zu gewinnen über die Gültigkeit des zuerst von von Babo ausgesprochenen Ge- setzes, dass das Verhältniss der Dampfspannung p^ des reinen Wasser zu derjenigen einer Salzlösung p, bei dersel- ben Temperatur constant, d. h. von der Temperatur unab- hängig sei.

Zu diesem Vergleiche benutze ich die Beobachtungen Tammann's. Ich beschränke mich auf einen Vergleich mit diesen, weil einmal das Beobachtungsmaterial Tammann's sehr reichhaltig ist und zweitens die Beobachtungen sicher bei constanter Temperatur 100^ C. ausgeführt sind. Die Beobachtungen Emden 's ergeben übrigens, soweit ein Ver- gleich mit meinen Beobachtungen möglich ist, dasselbe Besultat

In der folgenden Tab. III stelle ich nebeneinander Tam- mann's bei 100^ und meine bei 0^ geltenden Dampfspan- nungen der Salzlösungen p^ und der sich daraus ergebenden Werthe des Verhältnisses pw'p$»

1) G. Tarn mann, M^m. de l'acad. des sdences St. Peterbarg. (7) 86. No. 9. 1887.

2) R. £mden, Wied. Ann. 31. p. 1. 1887.

528

C. Dieterici,

Tabelle IIL

' Tammann

Concentration:^=1000 />^ = 760mmHgi

NaCl

n 2n 3n 4n bn

Ps

734.8 mm

707.9 » 680,0 )) 649,0 v 617,0 V 583,5 ))

Pw'Pi

Dieterici ^ = ^0 ;>^=4,62mmHg.

Pw'Ps

1,033 1,073 1,118 1,171 1,232 1,302

4,460 mm Hg 4,301 ' 4,125 8,980 3,722 3,504

->-

[ ^

735,6

mm

1,083

KCl

2n 3n

711,2 685,9

V 1

1,069 1,108

l 3,8371

663,7

>l

1,145

! 4,472

i 4,326

' 4,190

4,083

»

11 11

11 11 11 11

NaNO,

n 2n in Bn

8n

KBr

KJ

n 2n 3n

2n 4n

67t

7,57»

737,5 mm 713,8 11

669.7 )) 628,3 11 592^2_,,_

735.8 mm 709,2 ,, 683,5 11 654,5 11

707,8 mm 647,8 588,2 11 548,0 11

1,0305 1,065 1,135 1,209 2,283

1,033 1,072 1,112 1,16J

1,074 1,173 1,292 1,387

4,483 4,368 4,146 3,958 3,749

11 11 11 11 11

1,086 1,074 1,120 1,176 1,241 1,315^

1,033

1,068

1,103

J[,181_

1,0805

1,059

1,114

1,169

1,232

LiCI

27t 47t

7,971 IOt»

702,9 mm 627,5 453,5 11 366,5 11

1,081 1,211 1,676 2,074

I 4,476 I 4,324 I 4,186 i 4,037

4,316 4,012 3,704 3,474

1

11 11 11 11

1,032 1,069 1,104 1,144

11 11 11 11

1,071 1,151 1,247 1,830

4,280 8,836

2,728 2,128

11 11 11

1,080 1,204 1,694 2,171

\

Der Vergleich der Zahlen, welche das Verhältniss Pu,:ps darstellen, ergibt den entschiedenen Beweis für das thatsächliche Bestehen des v. B ab o' sehen Gesetzes. Einige der Zahlen weichen ja voneinander ab, so namentlich die Zahlen für die stark concentrirten Lösungen von NaNO,, KJ und die letzte von LiCl; möglich dass hier oder dort Beobachtungsfehler vorliegen. Sehen wir aber von diesen wenigen abweichenden Zahlen ab, so tritt mit unerwarteter Schärfe das Resultat hervor, dass der Quotient p^lp, aus den bei 103^ von Tammann gemachten Beobachtungen sich als derselbe berechnet, wie der aus meinen Beobachtungen für 0^ sich ergebende. Die ausserordentlich gute Ueberein- stimmung zwischen beiden Zahlenreihen ist um so auffallen- der, als die Beobachtungen nach ganz verschiedenen Metho-

Dampfspannungen wässeriger Sahlösungen, 520

den ausgeführt sind; denn Tammann bat einfach direct die Depression beobachtet, welche die Salzlösungen im Baro- meter hervorbrachten, während meine Beobachtungen und Berechnungen auf calorimetrischem Wege gewonnen sind und sich stützen auf die Resultate meiner früheren calori- metrischen UntersuchuDgen. Wenn auf zwei so yerschiedenen Wegen und für zwei so weit auseinanderliegende Tempera- turen sich die Constanz des Verhältnisses pw'p$ ergibt, so können wir den experimentellen Beweis für die allgemeine Gültigkeit des von Babo' sehen Gesetzes als erbracht er- achten.

B. Emden hat aus seinen bei mittleren Temperaturen nach kathetometrischer Methode ausgeführten Beobachtungen ebenfalls schon dasselbe Gesetz als gültig nachzuweisen ge- sucht. Konnte man gegen diesen Beweis noch Einwen- dungen erheben, dass ein Fehler der Methode etwa Spuren von Luft im Vacuum des Barometers vorlag, oder dass man der Constanz der Temperatur bei den Beob- achtungen nicht sicher genug sein konnte, oder endlich, dass das Temperaturintervall, in dem die Beobachtungen ausge- führt sind, nicht weit genug war, so kann man jetzt diese Einwendungen nicht miBhr erheben, sondern muss den Satz als gültig jedenfalls im Temperaturintervall von 0 100^ und für die weniger concentrirten Lösungen der unter- suchten Salze ansehen, dass das Verhältniss der Dampf- spannungen zweier verschieden concentrirter Salzlösungen eine von der Temperatur unabhängige Grösse sei.

6. Dieses Ergebniss ist für die Theorie von grosser Wichtigkeit. Es ist bekannt, dass sowohl Kirchhoff aus der Theorie der „Wirkungsfunction^^ wie auch von Helm- hol tz aus der Theorie der „freien Energie^' für die Lösungs- wärme / eines Salzes in einem Lösungsmittel bez. für die Verdünnungswärme eine Gleichung gefolgert haben, welche die mechanisch gemessene Lösungswärme JA aus der abso- luten Temperatur & und den Dampfspannungen des Lösungs- mittels — p^ für Wasser und der entstandenen Salzlösung p, zu berechnen gestattet. Dieselbe lautet:

Ann. d. Phjs. a. Ch«m. N. F. XLII. 34

530 C DUUn-icL

worin R die Grasconstante also in unserem Falle ftbr Waaser- dampf bedeutet.

Die Gültigkeit dieser Gleichung beruht auf der An- wendung des Mariotte-Gay-Lussac'schen Gesetzes. Die- ses ist fQr Wasserdampf bei 0^ nachgewiesen, also ist die Gleichung für anwendbar.

Oben ergab sich aber, diiss ebenfalls für Wasserdampf Pm'-P* ▼on der Temperatur 19* unabhängig ist, und daher er- gibt die obige Gleichung bei 0^:

J/ = 0.

Wir wissen aber, dass die Lösungs wärmen der Salze bei 0^ nicht Null sind, und um sichere Daten zu gewinnen, habe ich ausserdem durch Herrn B. Scholz die Lösungs- wärmen bei 0^ derselben Salze, welche ich auf ihre Dampf- spannung untersuchte, sorgfältig in ihrer Abhängigkeit von der Concentration untersuchen lassen; das Ergebniss der Untersuchung war, wie erwartet wurde, dass die Lösungs- bez. Verdünnungswärmen dieser Salze sehr erhebliche sind und mit abnehmender Concentration im allgemeinen zu- nehmen. Die genauen Zahlen wird Herr Scholz selbst mit- theilen.

Der Widerspruch, der hier zwischen Theorie und Er- fahrung hervortritt, ist schon mehrfach bemerkt L. Arons^) suchte ihn dadurch zu beseitigen, dass er an Stelle des Mariotte-Gay-Lussac'schen Gesetzes für den Wasser- dampf die Zustandsgieichung von Clausius einführte; das Ergebniss war ein negatives, der Widerspruch liess sich nicht durch diese Annahme beseitigen. Diesen Weg zu be- treten sind wir aber jetzt auch nicht mehr berechtigt, nach- dem die Gültigkeit des Mariotte-Gay-Lussac'schen Ge- setzes für den bei 0^ gesättigten Wasserdampf erwiesen ist Weiter hat Duhem*) die Kirchhoff- Helmholtz'sche Gleichung für die Lösungswärme dadurch zu erweitern ge- sucht, dass er noch die Aenderung der Löslichkeit mit der Temperatur in die Formel einführte. Auch dieser Versuch hebt den bestehenden Widerspruch nicht auf; denn erstens

1) L. Aroiiß, Wiöd. Ann. 25. p. 408. 1885.

2) Duhem, Ann. ^c. norm. ßup. Paris. (8) 4. p. 381. 1887.

Dampf tpannungen wässeriger Salzlösungen. 581

ergibt sich ans den Gleichungen Duhem's, dass die Yer- dünnnngswärmen f&r Salze, welche dem B ab o' sehen Gesetze folgen, gleich Null sein müssen: dies widerspricht der Er- fahrung. Zweitens müssten die Lösungswärmen für solche Salze, welche eine der Concentration proportionale Dampf- spannungsverminderung zeigen, also wie KCl, KBr und KJ nach unseren Beobachtungen, unabhängig von der Concen- tration sein; auch diese Folgerung widerspricht der Er- fahrung.

Man könnte weiter annehmen, dass die mit dem Lösen des Salzes verbundenen Contractionen die Differenz herbei- führen. Berechnet man jedoch mit Hülfe der bekannten ContractionscoSfficienten und der Compressibilitätsco6fficien- ten der Salzlösungen, wie sie von Röntgen und Schneider beobachtet sind, die Compressionsarbeiten und versucht, ob vielleicht die Lösungswärmen allein als ein Aequivalent jener Compressionsarbeiten aufgefasst werden können, so erkennt man bald, dass die letzteren viel zu klein sind, als dass sie die grossen Werthe der Lösungswärmen ausmachen könnten. Abgesehen von einer Uebereinstimmung in den Zahlen- werthen ist nicht einmal eine solche in der Grössenordnung vorhanden.

Wir müssen uns also der Theorie selbst zuwenden, und ich will im Folgenden anzugeben suchen, wodurch die Diffe- renz veranlasst ist.

Die Gleichung für die Lösungs wärme:

(1) J.l^R.&\-f^liJ''

kann, indem man die Differentiation ausführt, geschrieben werden in der Form:

(1.) Jl^/i,//2l/j- Jfr^2l^Pl^

Vergleichen wir hiermit die bekannte Gleichung für die mechanisch gemessene Verdampfungswärme Jo^ des Wassers:

(2) JVW^V.Ö-. j^y

welche wir unter Anwendung des Mariotte-Gay-Lussac*- schen Gesetzes schreiben können in der Form:

84*

532 G Dieterici.

(2a) J'Qw ■= Ä.^^^-. ^'

SO erkennen wir, dass die obige Formel (U) die Lösungs- wärme / des Salzes darstellt, als die Differenz der Ver- dampfungswärme Qu> des Wassers und derjenigen (>« der Salz- lösung, indem analog:

(2b) y.(,. = Ä.*ä.l.^

gesetzt ist. Es sagt also die Gleichung (U) dasselbe, wie die Gleichung:

(3) /=(>«, -(>*,

wobei Lösungs- und Verdampfungswärmen alle bei derselben

Temperatur 0^ genommen sind.

Diese Gleichung scheint richtig zu sein, denn verstehen wir unter (>« die Verdampfungswärme einer concentrirten Salz- lösung, 80 sagt sie aus, dass die Wärme, welche beim Lösen hat zugeführt werden müssen, um die Temperatur constant zu halten, beim Verdampfen und dem damit verbundenen Auskrystallisiren des Salzes wiedergewonnen wird. Lidessen stellt die Formel (2b) nicht den gesammten calorimetri- sehen Effect dar, der beim Verdampfen einer Salzlösung auftritt; denn dieser besteht erstens aus derjenigen Wärme. welche nöthig ist, um das Wasser der Salzlösung in Dampf von der Spannung />, und der Temperatur &^0^ über- zuführen, und zweitens aus derjenigen Wärme, die der Arbeit äquivalent ist, welche aufgewendet werden muss, um die gelösten Salzmolecüle zu festem Salz zu vereinigen, eine Arbeit, welche wir als negative Disgregationsarbeit bezeichnen können, oder auch nach van 't Hoff Arbeit gegen den osmotischen Druck. Nur die erst genannte Wärmemenge gibt die Gleichung (2b), während sie die zweite nicht enthält; sie gibt also die Verdampfungs wärme des Was- sers, wenn das Salz ungelöst neben dem Wasser im Dampf- raum vorhanden ist, und ist nur anwendbar auf Fiüssig- keiten, welche beim Verdampfen in ihren eigenen Dampf übergehen und aus diesem allein durch Condensation wieder gewonnen werden können.

Ich halte es nicht für überflüssig, noch durch einen anderen Gedankengang die Unrichtigkeit der Formel (3) zu

Dampfspannungen wässeriger Salzlösungen, 533

erweisen: Durch die Gleichung (3) ist folgender isotherme Kreisprocess als reversibel ausgesprochen:

Es sei gegeben 1 g Wasser und getrennt davon so viel Salz, als zu einer concentrirten Lösung nöthig ist, also p g Salz, beide bei 0^.

1. Operation: Das Salz werde bei 0^ gelöst; zur Con- stanterhaltung der Temperatur muss die Wärme / zugeführt werden.

2. Operation: Das Wasser der Salzlösung werde bei constanter Temperatur in Dampf von der Spannung p, über- geführt, wozu gemäss den bisherigen Bezeichnungen die Wärme zugeführt werden muss.

3. Operation: Der Dampf von der Spannung p^ werde vom Salz getrennt und auf p^ isotherm comprimirt. Da der Dampf sich wie ein vollkommenes Gas verhält, wird die bei der Compression geleistete Arbeit in Wärme umgesetzt und diese bei Constanterhaltung der Temperatur wieder gewonnen.

4. Operation: Der Dampf werde isotherm comprimirt, er condensirt sich zu reinem Wasser und wir gewinnen die Condensationswärme oder die negative Verdampfungswärme. Also pK = c* + l-

Der durch diesen Kreisprocess erreichte Endzustand ist derselbe wie der Anfangszustand, wir erhalten Wasser und Salz getrennt bei derselben Temperatur.

Dieser Kreisprocess ist aber nicht reversibel, weil die Operation 1 nicht reversibel ist. Wohl kann man die Ope- rationen 4, 3, 2 rückwärts ausführen und dadurch zu einer concentrirten Salzlösung von Gekommen; von dieser können wir aber nicht zu dem Anfangszustand zurückgelangen, ohne dass wir noch eine Arbeit leisten, welche darin besteht, dass wir aus der Salzlösung die Salzmolecüle zusammenziehen und sie zu festem Salz vereinigen; dies ist dieselbe Arbeit, auf welche wir vorher schon geführt wurden, die negative Disgregationsarbeit oder die Arbeit gegen den osmotischen Druck. Gesetzt, wir könnten diese Arbeit d leisten, so er- gibt nunmehr die Gleichsetzung der zu- bez. abgezogenen Wärmemengen die Gleichung:

Ptr =(>• + / + d,

534 C. Dieterici

und da wegen der Gültigkeit des Babo'schen Gesetzes:

Qw = Q$ ist, folgt:

also ist die Lösungswärme abgesehen von dem kleinen auf Volumencontraction entfallenden Antbeil allein ein Aequi- Talent der Arbeit, welche nöthig ist, um die Salzmolecüle im Wasser zu vertheilen, oder, wenn wir die zwar bestimm- ten, aber noch streitigen Anschauungen yan 't Hoff 's an- nehmen, die Arbeit, welche der osmotische Druck bei der Lösung leistet.

Die Theorie der freien Energie, wie sie Herr von Helmholtz durchgeführt und auf den Lösungsvorgang an- gewendet hat, führt zu der .besprochenen Gleichung für die Lösungs- bez. Verdünnungswärme dadurch, dass man die Di£ferenz der freien Energie von reinem Wasser und der Salzlösung bildet. Ich habe mich bemüht, die Gleichung dadurch zu erweitern, dass ich die Aenderang der Gesammt- energie zu berechnen suchte. Die Ueberlegungen haben nicht zu einem klaren Ziele geführt, weil die Theorie der freien Energie basirt ist auf der Anwendbarkeit des zweiten Haupt- satzes der mechanischen Wärmetheorie, dieser aber nur auf unseren Kreisprocess angewendet werden kann, wenn man jene hypothetische osmotische Arbeit mit in den Kreis der Betrachtung zieht.

Ein weiteres Eingehen auf diese Frage muss ich mir bis zur Veröffentlichung der genauen Werthe für die Lösungs- wärmen einiger Salze bei 0^ yersparen.

7. Die gewonnenen Resultate fordern noch weiter zu einem Vergleich heraus mit der Theorie des osmotischen Druckes, die von van *t Hoff eingeführt, von Ostwald, Arrhenius und Anderen weiter ausgebaut ist. Nach dieser Theorie ist die relative Dampfspannungsverminderung J, welche durch Zusatz von P g eines Salzes vom Molecular- gewicbt M zu 100 g eines Lösungsmittels vom Molecular- gewicht-Ä/' hervorgebracht wird, gegeben durch die Gleichung:

^ " itf 100

Dampftpannungen wässeriger Salzlösungen.

535

Für wässerige Normallösungen ist PaO,l.J/und M'^\%,

also:

also bei 0^:

J =

Pw-P^

'w

55,5 '

Pw

p,=.^.p^^ 0,0832 mm Hg.

Es ist bekannt, dass Arrhenius für Electrolyte den Widerspruch zwischen der Theorie und der Erfahrung durch die Einf&hrung eines Activit&tsco^fficienten i zu heben sucht, welchen er aus den Gefrierpunktserniedrigungen und aus der electrischen Leitfähigkeit berechnet.^) In der folgenden kleinen Tabelle IV stelle ich nebeneinander die für Normal- lösungen der hier in Betracht kommenden Salze von Ar- rhenius berechneten Werthe von i und denselben CoSffi- cienten berechnet aus meinen Dampfspannungsbeobachtungen.

Tab«

eile

IV.

.

i aas Gefrier-

i am

\ electr.

1

Leit- j

aach 1

i auB den Dampf-

1 punktsbest. nach

fähigkeit i

spannungsbeob-

— =r

Arrhenius.

1

A

rrhenius.

achtungen.

NaCl

1 1,90

1,82

1

1,92

KCl

1 1,82

1,86

1

1,78

KBr

1,90

1,92

1

1,74

KJ

1,90

1,92

1,82

LiCl

1,99

1,75

1,92

NaNO,

1,82

1,82

1

1,65

Die Uebereinstimmung der neu berechneten Werthe von i mit den Zahlen von Arrhenius ist keine sehr gute, in- dessen sind doch die Yorkommenden Abweichungen nicht grösser als diejenigen, welche sich auch zwischen den Wer- then von Arrhenius zeigen.

Um einen weiteren Vergleich zu ermöglichen, habe ich noch einige Beobachtungen über die Dampfspannungsvermin- derungen bei 0^ von Nichtleitern ausgeführt, und zwar an Bohrzucker und an Harnstoff. Die Beobachtungen sind in der folgenden Tabelle V enthalten, welche genau ebenso an- geordnet ist, wie Tabelle II.

1) Arrhenius, Zeitdchr. f. phys. Chem. 1. p. 631. 1887.

586 C. Dieterici. Dampfspannungen wäuerü/er Salzlösungen.

Tabelle V.

Concentration S „f^^ 1 A " ^Ä^S^^^' ?•

mg Hg verminaenmg

Rohrzucker, Moleculargewicht 341. 0 i ' 26,6 4,62

2 n 68,2 g I 26,6 mg 0,181 mm Hg 4,439

Harnstoff, Moleculargewicht 60.

! I

On

2n 12,0 19,99 J^V,;

An 24,0 I 39,00

6n 36,0 i 60,20

19,01

21,2

18,0

; 4.62

0,1354 4,485

0,2642 I 4,856

0,4078 4,212

0,6517 3,968

10 n 60,0 . 96,20

Die Beobachtungen zeigen, dass die durch diese Stoffe hervorgebrachten Dampfdpannungsyerminderungen nur etwa halb 80 gross sind, wie die durch die Salze bewirkten; die Activitätsco^fficienten ergeben sich für Rohrzucker = 1,08 und für Harnstoff = 0,84 , liegen also dem geforderten Werthe 1 ebenso nahe, wie diejenigen Werthe, welche Ar- rheniuB für verschiedene llichtleiter aus den G-efrierpunkts- beobachtungen berechnet.

Wenn nun auch die bisher aufgewiesene Uebereinstim- mung die Dissociationstheorie zu bestätigen scheint , so muss doch ein Punkt hervorgehoben werden, welcher gegen sie spricht. Nach der Hypothese von Arrhenius müs- sen wir annehmen, dass i von der Concentration abhängt^ und zwar mit zunehmender Concentration abnimmt; zu dieser Annahme zwingen uns die Beobachtungen über die Abhängigkeit der electrischen Leitfähigkeit der Salzlösun- gen von der Concentration. Berechnen wir an der Hand der neuen Beobachtungen die Activitätsco@fficienten für die verschiedenen Concentrationen , so finden wir nur in einem Falle, bei den Lösungen von KaNOj eine, wenn auch geringe, Abnahme der i mit zunehmender Concentration, für KCl, KBr und KJ würde i constant und für NaCl und LiCl sogar zunehmend sein mit steigender Concentration.

Diese Thatsache steht mit der Dissociationshypothese in Widerspruch; an der Realität derselben wird man aber nicht zweifeln können, wenn man bedenkt, dass Tammann und Emden bei denselben Salzen die gleiche Beobachtung gemacht haben.

Breslau 1891.

II. Bestimmung der Masticitätsconstanten

einiger dichter Mineralien;

von P. Drude und W. Voigt.

Mitgetheilt von W. Voigt

Die im Folgenden mitgetheilten Untersuchungen über die Elasticitätsverhältnisse dichter Mineralien sollen einer- seits nur Zahlenwerthe für gewisse wohldefinirte und nach ^er Wahrscheinlichkeit, wie auch nach dem Eesultat der eingestellten Prüfungen sehr vollständig isotrope Körper liefern, sindererseits aber und hauptsächlich zur Prüfung der von mir früher mitgetheilten Theorie der Elasticität für isotrope IKörper dienen.

Nach dieser Theorie^) bestehen die meisten, yielleicht alle uns isotrop erscheinenden Körper aus Ejrystallfragmen- ten, welche in allen möglichen Orientirungen theils mit, theils ohne ein zwischenliegendes Bindemittel aneinander gefügt sind. Sind diese Krystallbrocken sämmtlich von gleicher Substanz, dabei klein gegen die Dimensionen der beobachteten Stücke des Mittels, aber gross gegen die Molecularwirkungs- sphäre, und erfüllen sie ohne fremde Zwischenschicht den ganzen Körper, so ist es möglich, die Elasticitätsconstanten des aus ihnen gebildeten ^,quasi isotropen'^ Körpers aus den- jenigen der regelmässig krystallisirten Substanz zu berechnen. Befinden sich aber zwischen den einzelnen Fragmenten Bäume von derselben Grössenordnung, welche mit Luft oder einem andem2Mittel von sehr geringem elastischen Widerstand er- füllt sind, so werden die absoluten Werthe der Constanten zwar kleiner ausfallen, als die vorstehende Berechnung er- gibt, ihr Verhältniss aber wird den berechneten Werth sehr nahe annehmen müssen.

Eine experimentelle Prüfung der auseinandergesetzten Theorie erfordert die Bestimmung der Elasticitätsconstanten mehrerer Substanzen sowohl im regelmässig krystallisirten, als im dichten Vorkommen ; über die Schwierigkeit der Auf-

1) W. Voigt, Wied. Ann. 38. p. 573. 1889.

538 P. Drude u. W. Voigt

findung hierzu brauchbaren Materiales habe ich früher ge- sprochen.

Der Untersuchung sind unterworfen worden: Dichter Flussspath, Solnhofener Lithographenstein, zwei Sorten dich- ter Baryt, Feuerstein, Opal, zwei Sorten Obsidian; die Mit- theilung der an ihnen erhaltenen Resultate bildet den In- halt der nachfolgenden Arbeit.

Die Zahlwerthe, welche die Beobachtung der erstgenann- ten vier Substanzen geliefert hat, sind, soweit sie zur Prü- fung der erwähnten Theorie dienen konnten, schon früher mitgetheilt worden.^) Die üebereinstimmung der beobach- teten mit den berechneten Constantenverhältnissen war im Allgemeinen befriedigend, in einem Falle sogar sehr gut.

Von den an den übrigen Mineralien erhaltenen Con- stanten kommen die auf die Obsidiane bezüglichen fbr die Prüfung der Theorie garnicht in Betracht. Von den Feuer- stein und Opal entsprechenden Zahlen möchte man von Yom- herein das Gleiche annehmen; indessen wird sich zeigen, dans ihnen doch für die angeregte Frage eine gewisse und, wie mir scheint, sehr entscheidende Bedeutung zukommt.

Von den Messungen hat Hr. Drude den grössten Theil der Dimensions- und Biegungsbeobachtungen ausge- führt, ich habe die übrigen, sowie sämmtliche Drillungs- beobachtungen angestellt. Die Mittheilung der Resultate geschieht im Folgenden ebenso auszugsweise, wie in den früheren, die Elasticitätsconstanten regelmässiger Krystalle betreffenden Publicationen; etwas ausführlichere Beobach- tungstafeln finden sich an den unten angeführten Orten ^. In den Tafeln habe ich, weil mitunter die absoluten Werthe der Biegungs- und Drillungswiderstände E und T für verschie- dene Stäbchen in Folge von Unregelmässigkeiten der Form oder von innern Störungen ziemlich von einander abweichen, ihre Verhältnisse aber, auf welche jene Umstände weniger einwirken, nahezu gleich sind, alle auf dasselbe Stäbchen be- züglichen Beobachtungen zusammengestellt.

Um eine gewisse Sicherheit dafür zu erlangen, dass

1) W. Voigt. 1. c. p. 585.

2) P. Drude u. W. Voigt, Gott. Nachr. 1889, Nr. 19. 18£0, Nr. 16.

EtoMtieit&ttconitanten dickter Mineralien. 589

innerhalb der untersuchten Körper merkliche Veränderungen der Elasticität mit der Richtung nicht stattfinden, sind, so- weit es anging, die Stäbe so geschnitten, dass die Breitseite der einen Gattung (A) in die Ebene der Schmalseite der anderen (B) fällt, während die Längsrichtungen beider über- einstimmen. Wären die Richtungen normal zur Längsaxe elastisch ungleich werthig, so müssten im Allgemeinen die Drillungen bei diesen beiden Gattungen von Stäben verschie- dene Widerstände finden. Indessen hat die Beobachtung in keinem Falle derartiges ergeben.

Die Bedeutung der Bezeichnungen in den folgenden Tafeln ist dieselbe wie in den früher mitgetheilten. Z, J3, D sind die bei den bezüglichen Messungen in Rechnung zu ziehenden Dimensionen der benutzten Prismen, die ersteren in mm, die letzteren in (1/992,6) mm ausgedrückt. Die 17 sind die in 0,000 295 4 mm ausgedrückten Biegungen bei der Belastung P, die 17' die Eindrückungen der Lager resp. der Bclastungsschneide bei derselben Belastung, berechnet mit Hilfe Ton besonderen Biegungsbeobachtungen, welche die Stäbchen in der Länge von nur 14 mm benutzten. Die c sind die bereits von der Tangente auf den Bogen reducirten Ablesungen an der Beobachtungsscala, die erhalten wurden bei einer Drillung des Stäbchens mit dem Gewicht P an dem Hebelarm R » 36,80 mm, ausgedrückt in Millimetern der Scala, die um 0,003 74 zu gross waren. Die Scala stand um ^ SS 517 3 mm von den mit dem gedrillten Stäbchen ver- bundenen Spiegeln Ah,

& ist die Temperatur nach Reaumur, bei welcher die Messungen vorgenommen sind; wo dieselbe nicht ausdrück- lich erwähnt ist, war sie nahe 14^

Die Berechnung der Biegungswiderstände E und Bie- gungscoSfficienten E geschah nach der Formel:

1 PL^

die der Drillungswiderstände T und DrillungscoSfficienten T

nach:

^_j__ ePRLA

2)»i?f l-^0,63o]'

540 P. Drude u. JV. Voifft.

aus ihnen folgen die beiden Elasticitätsconstanten a und b durch die Beziehungen:

_ T(4T-E) , _ T(i:-2T)

Die Erfüllung der Poisson' sehen Belation:

verlangt, dass: -^ = 2,5.

1. Dichter Flnssspath von Stolberg am Harz; ich verdanke das bezügliche Stück Herrn Prof. Liebisch.

Farbe grau mit röthlichen Flecken; Gefüge äusserst fein- kömig, doch nicht ganz frei von Störungen und Sprüngen. Gestalt der Stäbchen sehr regelmässig, Politur ziemlich vollkommen.

A 1. Biegung. L = 64,07, B = 5986, D = 1854,7, P = 110,

rj = 60,55, tj' = 1,70 ^ = 10 570 000.

Drillung. L = 50,07, B = 5991, D = 1855,9, P = 100.

(T = 42,0 T == 4 280 000.

^/!r=2,47. Der Werth von T ißt nicht sehr sicher.

All. Biegung, i = 14,07, J? = 5970, i> = 1858,1, P=110,

^ = 2,85; L = 58,07,

jj = 45,95, jy' = 1,70 £ = 10 420 000.

Drillung. L = 45,54, B = 5976, D = 1858,8, P » 100,

(T == 38,25 T = 4 285 000.

JS/T = 2,44.

A m. Biegung, i = 48,07, -B = 6008,5, 2)= 1841,8, P=110,

ri = 27,25, 17' = 1,60 JS = 10 420 000.

Drillung. L = 29,06, B = 6009, D = 1842,3, P = 100,

a = 25,0 T= 4800 000.

EIT^ 2,48.

B I. Biegung. L = 64,07, B = 6135, JD = 1836,8, P = 110,

»7 -= 61,25, tj' = 1,60, JE = 10 490 000.

Drillung. i = 49,95, ^ = 6139, 2) = 1837,9, P=100,

(T = 42,05 T = 4 254 000.

JEIT= 2,465.

B II. Biegung. L = 14,07, B = 5888, J) = 1857,3, P = 110,

rj = 2,15; X = 48,07, 7 = 27,35, j/' = 1,60 E= 10 840 000.

JSlasticitätsconstanten dichter Mineralien, 541

DrilluDg. L = 52,45, B = 5901, D = 1855,0, P = 100,

(r = 44,8 T= 4290000.

HIT = 2,41.

Gesammtmittel £7 == 10 450 000, £ = 9,570.10-% £;/T=T/E = 2,44.

T = 4 2S2,000, T = 23,85 . 10" ^ a=r 11 900000, & = 3370000, a = 3,53.&.

2. Solnhofener Lithographenstein, in der bekannten feinkörnigen Structur.

A I. Biegung. L = 14,07, B = 5948, D = 1751,3, P = 110,

fi =3 3,7; L = 64,07,

fj 128,65, 17' = 2,3 J5; = 5 885 000.

Drillung. L = 48,50, B = 5945, Z) = 1753,7, P = 50,

(7 = 43,8 r = 2 346 000.

^/r=2,^i.

B I. Biegung. L = 64,07, B = 5957, D = 1769,3, P = 110,

17 = 124,65, fj' = 2,30 £ = 5 890 000.

Drillung. L = 52,02, B = 5953, 2) = 1771,0, P = 50,

(T = 45,3, T = 2 362 000.

JF/r= 2,495.

Mittel ^ = 5 888 000, E = 16,98 . 10"% JB/ T = T/ E = 2,505. T = 2 354 000, T = 42,48 . 10- \ a = 7070 000, &=:2 370 000, a = 2,99.&.

3. Dichter Baryt von Clausthal im Harz, hell grau- grünlich; anscheinend ziemlich homogen und wenig gestört. Eingeschlossene Körnchen einer härteren Substanz bilden auf den polirten Flächen kleine Erhebungen und erschweren die Bestimmung der Dicke der Stäbchen.

A I. Biegung. L = 61,07, B = 6120, D = 1268, P = 110,

Tj = 282,9, fj' = 2,7, £7 = 5 880 000.

Drillung. L = 48,20, B = 6128, D = 1267, P = 40,

CT = 86,6, T = 2 270 000.

^/ r = 2,59.

A IL Biegung. L = 14,07, ^ = 6125, JD = 1269, P = 110,

tf = 5,8; L = 61,07,

7 = 289,2, 7' = 2,3, E^b 880 000.

Drillung. L = 32,33, B = 6127, D = 1252, P = 40,

a=»58,5, T= 2380000.

EIT= 2,52.

542 R Drude u. W. Voigt

B I. Biegung. L = 14,07, B = 5949, D - 1263, P = 110,

L = 57,07,

17 = 237,5, 17' = 2,2, £7 » 5 960 000»

Drillung. L = 46,32, J? = 5954, D * 1261, P - 40,

a = 83,25, T = 2 326 000.

El T = 2,57.

B n, Biegung. L = 57,07, B = 5978, D = 1275, P = 110,

7 = 282,6, ij' = 2,2, ^ = 6 890 000.

Drillung. L = 42,50, P = 5982, D = 1273, P= 40,

(7 = 38,1, T= 2 340000.

^/ r = 2,52.

Mittel £ = 5 900 000, E = 16,98 .10-% ß/ T = T/ B = 2,54. T = 2 320 000, T « 42,48 . lO"«. a= 7400000, 6 »2760000, a = 2,68.6.

4. Dichter Baryt von Clausthal im Harz, hellröth- licli; ansoheinend ziemlich homogen und wenig gestört. Die Stäbchen haben gute Politur angenommen, nur einige Flecken sind matt geblieben; ihre Form ist nicht sehr regelmässig.

A I. Biegung. L = 66,97, B » 6043, D = 1589, P = 110,

7 = 190,4, rj'^ 2,9, E= 9 970000.

Drillung. L = 56,24, B = 6050, D = 1588, P = 50,

(T = 66,33, T » 2 320 000.

£IT== 2,58.

A K. Biegung. L = 14,07, B = 6044, D = 1558, P = 110,

j = V;

L = 66,97, rj = 202,1, 17'= 2,9, 15 = 5 950 000.

DriUung. L = 64,60, P = 6051, Z) = 1556, P = 50,

<T = 64,55, T = 2 320 000»

JEIT= 2,56.

B I. Biegung. L = 66,97, B = 5813, Z) = 1592, P = 1 10,

17 = 198,7, 17' = 2,6, ß = 5 900 000.

Drillung. L = 52,70, B = 5821, 2) = 1591, P = 50,

(T = 65,9, T = 2 280 000.

p/ r = 2,59.

B 11. Biegung. L = 14,07, P = 5834, D = 1583, P = 110,

n = 4,55; X = 66,97, 17 = 204,0, 17' = 2,6, JB = 5 840 000.

Drillung. L = 55,89, P = 5841, D= 1582, P = 50,

(7 = 71,5, r= 2260 000.

£ I T = 2 59 Mittel JB = 5 915 000, E = 16,90 . 10 »,

T= 2295000, T = 43,57.10% ^/T = T/E = 2,58.

a = 7720 000, & = 3130 000, a = 2,46.&.

ElasticiiäUconstanten dichter Mineralien. 548

5. Fenersteiit von der Insel Rügen, durch die Güte des Hm. Prof. Cohen in Greifswald erhalten. Im ganzen Stücke dunkelgrauy zu Stäbchen geschnitten im durchgehen- den Lichte hell gelbbraun. Die Herstellung der Stäbchen liat infolge der Zähigkeit des Materiales grosse Schwierig- Iceiten verursacht.

AI. Bi^ung. i=U,07, ^ = 6312, JD=1226,7, P=110, ^=14,

7 = 5,0, Z= 70,07, »7 = 353,4, i7'=:2,l, JE = 7 698 000.

Drillung. i=57,ll, 5 = 6318, D=1227,3, P=50, ^=14,5, (7=87,8, T= 3510000.

EjT = 2,17.

JIU. Biegung. X«66,07, J?=6838, Z)=1222,2, P=110, i^ = 15,

fl = 298,7, j/' = 2,1, £7 = 7 590 000.

Drillung. i=52,23, 5=6337, i)=1223,4, P=50, ^ = 16, (7=80,5, T= 3 522 000.

EIT ^ 2,155.

Am. Biegung. i:=66,07, J?=5740, 2)=1180,2, P=110, ;^ = 14,

rj = 367,4, ri' = 2,4, JB7 = 7 583 000.

BI. Biegung. i=14,07, 5=6432, 2)=1215,6, P=110, ;^ = 14,5,

» = 5,0; X= 64,07,

i;=273,2, 17=2,1, JE7 = 7589000.

Drillung. i = 56,84, 5=6438, JD= 1217,1, P=50, ^=15,

(7=87,3, T= 3 522 000.

EIT= 2,155.

BK. Biegung. i«64,07, 5=6436, 2)=1224,0, P=110, ^ = 14,3,

jy ^ 265,8, i?' « 2,1, E^l 640 000.

Drillung. X=55,08, 5=6437, 2)= 1224,6, P=50, ^=14,5, (7=83,05, T= 3 520 000.

EiT=^ 2,165.

Bin. Biegung. i=62,07, 5=6434, D=1218,l, P=110, ^ = 14,

ri = 247,7, 17' = 2,1 , ii^ = 7 568 000.

Drillung. X=48,00, 5=6441, D=1218,5, P=50, ^=13,2, (7=88,1, T= 3523000.

Mittel JB = 7 597 000, £ = 13,16 . 10'%

±7200 ±0,012

T = 8 521 000, T = 28,41 . 10"% ^/T = T/E = 2,158.

± 1800 ± 0,015

Hieraus a = 7 700 000, h = 523 000, a » 14,71 . h .

6. Opal aus Mexiko; von Hrn. Prof. Liebisch mir freundlichst überlassen.

Ein wasserhelles Stück ohne Farbenspiel, von einigen

544 P. Drude u. W. Voigt

Sprüngen durchsetzt, die sich beim Schneiden der Stäbchen noch ausbreiteten. Dieser Umstand gestattete nicht, die Stäb- chen in zwei Orientirungen A und B, sondern nur in einer herzustellen. Eine strenge Prüfung der elastischen Isotropie war sonach nicht möglich, auch besitzen die erhaltenen Zahlen der Kürze der Stäbchen wegen nur geringe Ge- nauigkeit.

L Biegung. Z=- 14,07, 5 = 6145, 2) = 608,4, P=105, ^ = 14,

2 = 49,5; L = 22,07, ^ = 181,1, 7=3,7, £; = 3S70 000.

Drillung. i= 17,05, 5 = 6146, D = 602,8, P=10, d^=13,5,

CT =81,5, T= 1^33 000.

IL Biegung. X = 14,07, J5 = 6134, 2) = 607,5, P=105, ^ = 14,

17 = 48,5, ri' = 3,7, i? = 3 908 000.

III. Biegung. X = 20,07, 5 = 6144, i) = 600,4, P=105, ^ = 14,

ri = 139,3, v' = 3,7, JE = 3 870 000.

Drillung. Z = 15,70, 5 = 6144, D = 599,6, P=10, V9^=14,2, (T = 76.6, T = 1 824 000.

Mittel ^ = 3 880 000, E = 25,8 . 10" %

T = 1 829 000, T = 54,7 . 10", ^/ T = T/E = 2,12, Hieraus a = 3 910 000, & = 272 000, a = 14,4 . b,

7. Obsidian von den Liparischen Inseln von Hrn. Dr. Sella in Biella mir freundlichst besorgt.

Farbe unregelmässig hell- und dunkelgrau gefleckt; die Stäbchen sind parallel der Dickenrichtung ziemlich durch- sichtig. Die Färbung wird durch in der hellen Grundmasse suspendirte Flocken und Körnchen hervorgebracht. Das Mineral ist ein relativ grobes Gemisch und eine Bestimmung seiner Constanten mit der äussersten Genauigkeit hat keinen Zweck.

Die mir verfügbaren Stücken erlaubten die Herstellung von Stäben in einer Länge bis nahe 11 cm; da mein Tor- sionsapparat aber die Verwendung so langer Stäbe nicht gestattete und die an einigen kürzeren erhaltenen Werthe von T unter sich gut stimmten, so habe ich die längeren Stücke nicht um der Drillung wegen kürzen mögen.

AI. Biegung. Z=85,07, 5 = 5944, Z)= 1462,7, P=60, 6^=14,

7 = 246,1, i/' = l,5, £J = 6 671000,

Drillung. Z = 65,24, 5 = 5932, 2)= 1463,0, P=50, ^=13,

(r = 80,4, T= 2 859 000.

Eiasticitätsconsfanten dichter Mineralien. 545

AIL Biegung. 7.«105,07, ^ = 5946, /)=1458,1, P=60, .^ = 14,

i/ = 470,6,

17' =-1,5,

A' = 6 ttl5 000.

AUL

Biegung.

Z= 14,07, i7 = 3,0; Z= 105,7,

J?=59.M,

2) = 1442,4,

P=.60, ;^ = 14,

17 = 480,5

7' = 1,5,

1^: = 0 0H6 000.

Bl.

Biegung.

Z= 14,07, ,7 = 2,3; Z = 85,07,

Ä=6(K)6,

7) =1457,7,

p=r.o, d = i4,

,7 = 246,4,

V = l,5,

A' =r 6 659 000.

Drillung.

Z- 64,78, «7=79,95,

Ä=^6006,

/)= 1457,2,

P=50, ^-14,1, T = 2 840 000.

BIl.

Biegung.

Z= 98,07,

5=0009,

/)= 1463,1,

P=.60, ^ = 14,

.

r/ = 817,8,

,7' «1,5,

K = 0 675 000.

Bin.

Drillung.

Z = 58,27,

J?-6010,

/)= 1454,8,

P-50, .*^«13,2,

(7 = 72,75, r- 2 819 000.

Mittel f; - « «51 000, E -^ 16,03 .10 %

± 9000 ± 0,02

- 2 841 000, T = »5,20 . 10 \ Kj T^TIE^ 2,34. ±8000 ±0,10

Iiierau>$ a ^ 7 153 000, /> = 1 470 000, a * 4,Hft . h.

8. Obsidian von ArnarfeÜB (»lokul auf Island) durch die Güte des Hrn. Prof. C. Klein in Berlin erhalten; von tiefschwarzer Farbe.

Ein Beobachtungsmaterial ersten Ranges von seltener Homogenität, wie dies das Aussehen des Minerales und die grosse Uebereinstimmung der im Folgenden mitgetheilten Zahlen erweist Das schöne Stück gestattete die Herstellung von Stäben, deren Länge fast 13 cm erreichte; ihre Gestalt ist sehr regelmässig ausgefallen.

Für die Drillungsbeobachtungen wurde nur ein kürzerer Stab der Gattung B und ein in zwei Hälften zerlegter langer der Gattung A benutzt. Da die an ihnen erhaltenen Dril- lungswiderstände sehr gut übereinstimmten, habe ich, um das schöne Material iür andere Bestimmungen aufzusparen, wei- tere Drillungsbeobachtungen unterlassen.

I

AI. Biegung. Z:=l()0,ü7, P=6005, 7>=1468,1, P=60, ^ = 15,1,

V = 355,7, iy' = 1 ,3, K = 7 340 000.

All. Biegung. /.= 14,07, P=5999, /;=1473,3, y;=60, »V = 15,l,

V = 2,15; L = 100,07,

ly = 353,0. rf = 1,3, E^l 3«8 000.

▲iui.''d. Ehjt- u- Cb«BL N. K XLJl 35

546 P. Drude u. fV. Voigt

AIII. Drillung. X«48,99, Ä=6010, Z)=rl472,7, P-60, ^=14,

(r= 48,65, T ==9085000.

A IV. Drülung. i=46,62, J9=600l, i)« 1478,9, P=»50, ^=18,5,

(r= 50,65, T= 3100 000.

BI. Biegung. X=ilOO,07, .0=6018, 7)=1483,3, P=60, ^=15,1,

17 = 843,6, j?' = 1 ,3, J5 = 7 846 000,

BIl. Biegung. Z== 14,07, P=6018, Ü=1482,8, P==:60, ^=15,1,

17 = 2,5; Z= 100,07, ff = 844,8, 7' = 1,3, ^ s 7 845 000.

Bin. Biegung. i=100,07, P-6021, 0=1476,9, P=60, ^=15,1,

17 = 348,3, 17' = 1,3, J5 = 7 380 000.

B IV. Drillung. i=60,55, . P=6019, 7>=1479,7, P=50, ^ = 18,1,

er = 65,65, T = 3 096 000.

Mittel JS » 7 337 000, £ = 18,63 . 10 %

± 3000 ± 0,005

T = 3 094 000, T = 32,31 . 10 % EjT^TIE^ 2,37.

± 3000 ± 0,03

Hieraus a = 8 017 000, & = 1 828 000, a = 4,39 . b .

Den vorstehend mitgetheilten Constantenwerthen habe ich, nachdem die Hälfte von ihnen schon früher Verwendung gefunden hat, nur wenig hinzuzufügen.

Die für die beiden Obsidiane geltenden Zahlen liegen njcht allzuweit von denjenigen, die ich ehedem an zwei künst- lichen Glassorten bestimmt habe^); das Yerhältniss a/b ist bei ihnen gleichfalls erheblich grösser als 3 gefunden worden.

Ein besonderes Interesse besitzen die für Opal und Feuer- stein erhaltenen Constanten werthe, namentlich die letzteren, welche mit einem sehr geringen wahrscheinlichen Fehler be. haftet, also sehr zuverlässig sind.

Aus ihnen folgt für Feuerstein das Constantenverhältniss

~= 14 7

eine Grösse, welche weit abliegt von allen bisher gefundenen Werthen, wie auch von dem Poisson'schen fl/^ = 3.

Einerseits widerlegen sie endgültig die mitunter ausge- sprochene Vermuthung, dass die bisher bei anderen Körpern gefundenen Abweichungen von der Poisson'schen Zahl eine Wirkung irgend welcher Störungen wäre, denn das Material,

1) W. Voigt, Wied. Ann. 15. p. 497. 1882.

EUuticiiäinconstanien dichter Mineralien. 547

auf welches sie sich beziehen, ist durch die Beobachtungen selbst als höchst ToUkommen isotrop erwiesen.

Andererseits liefern sie eine eigenthüuiliche Bestätigung der oben erwähnten Theorie der Elasticität quasi-isotroper Körper.

Feuerstein besteht nach der wohl allgemein angenom- menen Auf&ssung in der Hauptsache aus krystallisirter Kieselsäure mit einer mehr oder weniger grossen Beimengung von amorpher Kieselsäure; letztere wird mitunter als ver- schwindend klein betrachtet. Ob die krystallisirte Kiesel- säure im Feuerstein in der Form des Quarzes oder des (vhalcedones oder einer dritten Varietät vorkommt, ist, so- viel ich weiss, noch nicht entschieden. Nun findet Folgen- des statt.

Die Elasticitätsconstanten des regelmässig krystallisirten Quarzes habe ich früher bestimmt und mitgetheilt^), auch später aus ihnen die beiden Constanten des dichten, quasi- isotropen Quarzes berechnet. Diese Zahlen, welche aus sechs an sich nicht sehr sicheren Werthen durch eine umständliche Rechnung, also mit noch grösserer Unsicherheit bestimmt sind, geben, wie ich schon früher angefahrt habe'), das von allen ähnlich berechneten weit abliegende Verhältniss:

I - 13,7 .

Dieser Werth liegt in Anbetracht seiner geringen Genauig- keit dem oben für Feuerstein erhaltenen, gleichfalls unge- wöhnlichen:

=147 h *

so nahe, dass man diesen Umstand als eine Bestätigung der aufgestellten Theorie bezeichnen darf, wenngleich noch nicht entschieden ist, ob die krystallisirte Kieselsäure im Feuer- stein überwiegend als Quarz enthalten ist

Auch die für Opal gefundenen Zahlen stehen mit der angeregten Frage in einem gewissen Zusammenhange. Ist nämlich auch zwar der elastische Widerstand des Opals nur

1) W. Voigt, Wied. Ano. 31. p. 701, 1887.

2) W. Voigt, WiecL Add. 38. p. 582. 1889.

85'

548 P. Drude u, W, Voigt, Elasticitätscon$tanten etc.

etwa die Hälfte von dem des Feuerstein, so findet sich doch für seine beiden Constanten das Verhältniss:

= 144

welches mit dem bei Feuerstein geltenden fast TöUig zusam- menfällt.

Dies Resultat scheint mir zunächst zu verlangen, dass die amorphe Kieselsäure aus Fraggienten einer wahr- scheinlich von Quarz und Chalcedon abweichenden dritten krystallinischen Varietät besteht. Denn, wie ich schon früher betont habe^), gilt für einen Körper ^ der in dem 8inne amorph und isotrop ist, dass seine, gleichviel welche polaren Kräfte ausübenden, Molecüle in ihm aUe möglichen gegenseitigen Lagen besitzen, mit Nothwendigkeit die Beziehung:

b '-'^'

Die Bestimmung der Elasticitätsconstanten einer Substanz bietet hiemach ein, vielleicht auch in anderen Fällen vortheil- haftes Mittel, um die kryptokrystallinische Natur derselben festzustellen.

Der für Opal gefundene Werth des Verhältnisses ajb scheint mir ferner auch die Beweiskraft der für Feuerstein gefundenen Zahl zu steigern. Denn einmal zeigt er, dass die Frage, in wie weit in Feuerstein amorphe Kieselsäure vorhanden ist, für unseren Zweck ganz irrelevant ist; denn ihre Beimischung würde das Constantenverhältniss nicht än- dern. Und auch die Frage, ob die krystallisirte Kieselsäure in ihm just in der Form von Quarz vorhanden ist, verliert an Bedeutung; denn die an Opal beobachteten und die aus den am Quarz gefundenen Zahlen berechneten Constanten geben das- selbe Verhältniss von rund ajh => 14, sodass man dieses mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit als der Kieselsäure indi- viduell betrachten möchte.

Göttingen, Januar 1891.

1) W. Voijct, Wied. Ann. »S. p. 574. IHö«.

III. ITydrodyu€ifni^ch''ak9istiscIie Vnterstichiingen ;

van Walter König.

II. lieber die Kräfte zwischen zwei Kugeln in einer schwin- genden Flüssigkeit und über die Entstehung der Kundt'schcn

Staubfiguren.

Wir gehen wieder von der Voraussetzung einer unbe- grenzten Flüssigkeit aus, die in der Richtung der Z-Axe geradlinig hin- und herströme. Statt einer sollen sich zwei starre Kugeln in der Flü^fsigkeit befinden; ihre Massen seien gegen die der von ihnen verdrängten Flüssigkeit gross genug, um ihre Mitbewegung mit der Schwingung der Flüssigl:eit vernachlässigen, d. h. die Kugeln als in der Flüssigkeit ruhend betrachten zu können. In diesem Falle wird die Symmetrie der Flüssigkeitsbewegung und der Druckverthei- lungy welche um eine einzelne Kugel herum statt hat, durch die Anwesenheit der zweiten Kugel gestört, und es ergeben sich für jede Kugel Resultanten der Flüssigkeitsdrucke, welche die Kugeln in bestimmten, von ihrer gegenseitigen Lage ab- hängigen RicMungeli fortzubewegen suchen. Die Art dieser Kräfte, Welche die beiden Kugeln scheinbar aufeinander aus- üben, ist durch die theoretischen und experimentellen Arbei- ten von Bjerknes^) klargelegt worden. Diese Arbeiten behandeln allerdings den umgekehrten Fall, dass nämlich die Flüssigkeit ruht und die Kugeln sich bewegen ; aber man katnn offenbar von der Lösung dieses Problems ganz unmittel- bar zu der Lösung unseres Problems dadurch gelangen, dass man sicl^ dem ganzen, aus Flüssigkeit und Kugeln bestehen- den Systeme in jedem Augenblick die gleiche, aber gerade entgegengesetzte Geschwindigkeit ertheilt denkt. Wie sie. Bjerknes bei seinen Kugel voraussetzt. Dann werden in Wahrheit die Kugeln ruhen Und die Flüssigkeit wird sich

1) Bjerknes, Rep. der reinen und angewandten Mathematik. 1. p. 264. 1876. Schiöta, Gott. Nachr. 1877. p. 291.

560 fV. König.

bewegen; jene scheinbaren Kräfte zwischen den Kugeln aber werden durch diese Gesammtbeweguug des Systems nicht geändert werden.

Bjerknes gibt das Potential der scheinbaren Kraft, die zwischen zwei in einer Flüssigkeit bewegten Kugeln Ton un- veränderlichem Volumen besteht, in zwei Terschiedenen For- men.^) Die eine Form gibt mit ihren Ableitungen den Werth der Kraftcomponenten in einem einzelnen Augenblicke , die andere gestattet den Mittelwerth der Kraft zu berechnen für den Fall, dass beide Kugeln gleichzeitig periodische Schwin- gungen ausfahren. Es ist bekannt, dass diese Kräfte in Grösse und Richtung den fortbewegenden Kräften entsprechen, welche zwei magnetische Molecüle am Ort der Kugelmittel- punkte auf einander ausüben. Aber zwischen den beiden genannten Fällen besteht nach Bjerknes folgender unter- schied. Die Kraft, welche die erste Kugel auf die zweite in jedem Augenblicke ihrer Bewegung ausübt, ist so beschaffen, als ob in jedem Kugelcentrum ein Magnet läge, dessen Axe der Bewegungsrichtung der ersten Kugel parallel oiientirt ist; umgekehrt entspricht die Kraft, welche die zweite Kugel auf die erste ausübt, der Wirkung zweier Magnete, deren Axen der Bewegungsrichtung der zweiten Kugel parallel sind. Dagegen ist die mittlere Kraftwirkung zweier schwin- genden Kugeln aufeinander gleich der Wirkung zweier Mag- nete, deren jeder der Bewegungsrichtuug der Kugel, au deren Stelle er tritt, parallel orientirt ist. Dabei ist vor- ausgesetzt, dass die Richtung der fortschreitenden Bewegung immer als Richtung eines bestimmten Poles, etwa des Mord- poles, genommen wird, und es gilt ferner bei dieser Art der Festsetzung die Einschränkung, dass die hydrodynamischen Wirkungen den magnetischen zwar gleich, aber dem Vor- zeichen nach gerade entgegengesetzt sind; d. h. ftir diese Analogien gilt der Satz: gleiche Pole ziehen sich an, un- gleiche stossen sich ab.

Vergleicht man die beiden Formeln, welche Bjerknes f)ir die eine und die andere Form der hydromagnetischen Wir- kung aufgestellt hat, so sieht man, dass sie identisch werden.

1) Bjerknes, 1. c. p. 270 u. 271.

Hydrodi/nainüfch' akustische Untersuchungen. 551

wenn die beiden Kugeln sich in parallelen Richtungen und in jedem Augenblicke mit gleicher Geschwindigkeit bewegen. In dem Fall also, dass die beiden Kugeln Oscillationen in parallelen G-eraden mit gleichen Amplituden und in gleichen Phasen ausführen, ist die mittlere Kraft, mit der eie auf- einander wirken, direct gleich dem mittleren Werthe der Kraft, welche in jedem einzelnen Augenblicke zwischen ihnen besteht Dieses ist aber gerade derjenige Fall, von dem wir bei der Behandlung unseres Problems ausgehen müssen.

Um die besonderen, für unseren Fall geltenden Formeln aufzustellen, will ich an diejenige Darstellung anknüpfen, welche Kirchhoff in der 18. und 19. Vorlesung seiner Mechanik Ton diesem Gegenstande gegeben hat. R und R' seien die Radien der beiden Kugeln, uvwj uvw die Com- ponenten ihrer Geschwindigkeiten, a, b, c, d b' c die Coor- dinaten ihrer Mittelpunkte, r^ der Abstand der Mittelpunkte der Kugeln und r und r die Abstände eines beliebigen Punk- tes X y z von dem einen und dem anderen Mittelpunkte. Bewegen sich die beiden Kugeln in parallelen Geraden mit in jedem Augenblicke gleichen Geschwindigkeiten, und setzen wir die Z-Axe ihrer Bewegungsrichtung parallel, so sind die Geschwindigkeitscomponenten u^v^u^v^nQ und w a w'. Das Geschwindigkeitspotential ist durch eine iinendlichc Reihe darstellbar, deren erste Glieder sich nach diesen Fest- setzungen auf die folgenden Werthe reduciren^):

öl

2 de ■*" 2 de 4

Bade\dä "*" da\

e.L(e^ el\ e^^la^ e^

dbdeXdb ^ db'l^ de* \dc ^ de

Endlich sind die Kräfte, welche die beiden Kugeln scheinbar aufeinander ausüben, für den Fall, dass ihre Bewegung eine gleichförmige, also w eine Constante ist, die nach abc^ bez. d V c' genommenen partiellen Differentialquotienten des Aus- druckes*):

1) Kirchhoff, Mechanik, p. 280. 1877.

2) Kircbhoff, Mechanik, p. 251. 1877.

552 »'. König.

a.i

»•o

Denkt man sich zu dieser Bewegung eine Gesammt- bewegung des ganzen aus der Flüssigkeit und den beiden Kugeln bestehenden Systems von gleicher, aber der Bewe- gung der Kugeln entgegengerichteter Geschwindigkeit hinzu- gefügt, so sind in Wahrheit die Kugeln in Ruhe und die Flüssigkeit strömt in der Unendlichkeit mit *der Geschwin- digkeit w in der Richtung der —Z-Axe. Bezogen auf ein ruhendes Coordinatensystem hat das Geschwindigkeitspoten- tial dann die Form:

ff. = ir

"■ "^ "^ 2 dz "^ 2 dz 4

k'(r-v)

dadc dx

«i*-^]-^AT^i)

^ dbdc By ^ de* dz

Die zwischen den beiden Kugeln bestehenden, scheinbaren Kräfte werden durch diese gleichförmige Gesammtbewegung des Systems nicht geändert werden.

Ist die Bewegung der Flüssigkeit bei rahenden Kugeln keine gleicliförmige, sondern eine periodische, so sind gleich- wohl gemäss der oben aus der Arbeit von Bjerknes gezogenen Folgerung die genannten Kräfte in jedem Augenblick durch den obigen Werth von Q bestimmt und dieser Ausdruck gestattet uns , den Mittelwerth dieser Kräfte ohne weiteres zu berechnen. In der That braucht man in dem Ausdrucke für q) an Stelle der constanten Geschwindigkeit to nur ein- zuführen:

w = Wq cos2;i y ,

um den für diesen Fall der Bewegung gültigen Werth des Geschwindigkeitspotentials zu erhalten, und dementsprechend braucht man auch in ii nur diesen Werth von w einzu- setzen und den mittleren Werth für die Dauer einer Schwin- gung zu berechnen, um den Mittelwerth der Kräftefunction für diesen Fall zu bekommen. Also ist dieser Mittelwerth:

Hi^drodt/tiamixch' aktutixchf! UntertiLchungen, 5B8

0

lieber die Lage der JT-Axe waren bisher keine An- nahmen gemacht; sie werde so gelegt, dass die XZ- Ebene die Mittelpunkte der beiden Kugeln enthalte. Bezeichnen wir noch den Winkel , den die Verbindungslinie der beiden -Kugeln r^ mit der Z-Axe bildet, mit i9-, so lassen sich die Oom])onenten der Kraft, welche auf die erste Kugel schein- bar von der zweiten ausgeübt wird, in der Form schreiben:

Xgz -- = n^ . - sm tV- (1—5 cos^iV-)

da 2 ro* ^ ^

db " Z^^ß = -%''*'*>'co8,*(3-5co8».n

Oft •■ »Q

Die Kraft liegt also in der durch die Bewegungsrich- t;ung der Flüssigkeit und die Vorbindungslinie der Kugel- oentren gelegten Ebene und bildet mit der +Z-Axe einen Winkel rpy der bestimmt ist durch:

tg<)P = tg*3-,,-^,^.

Die Kraft fällt also mit der Richtung der Verbindungs- linie der beiden Kugeln nur zusammen, wenn if ein Viel- faches von 7r/2 ist, und zwar ist in diesen Fällen die Kraft eine abstossende vom Betrage SnfJiR^R'^WQ^/rQ*, wenn & ssO oder n ist, d. h. die beiden Kugeln in Richtung der Bewegung hintereinander liegen, dagegen eine anziehende

vom Betrage f7tjwiPÄ''M?o*/V> ^^^^ *o=^/2 oder 3 fr/2 ist d. h. die Verbindungslinie der Kugelcentren senkrecht zur Schwingungsrichtung der Flüssigkeit gelegen ist. Nimmt man die Richtung der Kraft in jedem Punkte als Tangente einer Cnrve, so stellen diese Curven die scheinbaren Ejraft- linien dar, die von der zweiten Kugel ausgehen, und auf denen sich die erste Kugel bewegen würde, wenn die zweite

554

fF. König.

ruhte. Nimmt man den Mittelpunkt dieser zweiten Kugel als Anfangspunkt der Coordinaten, so lautet die Gleichung dieser Kraftlinien in Polarcoordinaten:

r =a C sin i^- V C50S 1^ ,

unter C eine willkürliche Constante verstanden. Die Form dieser Curven und die Richtung der Kraft in ihnen wird durch die beifolgende Figur veranschaulicht, in der ZZ die Richtung der FlüssigkeitsstrGmung bedeutet.

Andererseits wirkt auf die zweite Kugel eine scheinbar von der ersten ausgehende Kraft, welche der an der ersten Kugel angreifenden gleich und parallel, aber entgegengesetzt gerichtet ist. Könnte man sich die beiden Kugeln starr mit einander verbunden denken ohne Aenderung der FltLssigkeitsbewegung« so würden sich die beiden an ihnen angreifenden Kräfte, da sie im Allgemeinen nicht in die Richtung der Verbindungs- linie ihrer Angriffspunkte fallen, zu einem Kräftepaar zu> sammensetzen, welches das System der beiden Kugeln so zu drehen suchen würde, dass die Verbindungslinie ihrer Mittel- punkte senkrecht zur Schwingungsrichtung der Flüssigkeit zu liegen käme. Es ist das ein besonderer Fall des allge- meinen Satzes, dass jeder Rotationskörper in einer strömen-

Hydrodynamisch 'akusiische Untersuchungen. 566

den Flüssigkeit sich mit seiner Längsrichtung quer gegen die Strömung zu legen sucht. ^)

Wie oben bereits erwähnt, gelten die gleichen Formeln und die gleichen Bemerkungen, nur unter Umkehrung des Vorzeichens der Kraft für die Wirkung zwischen zwei Mag- neten, und zwar Magneten von den Momenten R^WoVitiAJi und R^w^ynfil2, wenn ihre Dimensionen klein gegen ihren Ab- stand sind, ebenso wie in dem hydrodynamischen Problem die Eugelradien als klein gegen den Abstand der Kugeln voraus- gesetzt sind. Nur fallen natürlich bei den Kugeln in der reibungs- losen Flüssigkeit die Drehungsmomente fort, welche die beiden Mas^nete noch ausser der fortbewegenden Kraft aufeinander ausüben. Daraus folgt dann der weitere Unterschied, dass bei starrer Verbindung zweier Magnete alle Drehungsmo- mente sich gegenseitig aufheben, bei starrer Verbindung der beiden Kugeln dagegen das aus den fortbewegenden Kräften entstehende Drehungsmoment in der besprochenen Weise in Wirksamkeit tritt.

Dass in einer schwingenden Flüssigkeit, z. B. im Schwin- gungsbauche einer tönenden Luftsäule Kräfte der beschrie- benen Art bestehen, lässt sich mit Hülfe eines einfachen Versuches zeigen. In eine Kundt'sche Röhre von beträcht- lichem Durchmesser ftLhre man einen steifen Draht ein, von dem aus an möglichst biegsamen Coconf&den zwei Kork- oder HoUundermarkkügelchen bis in die Mitte der Röhre herabhängen. Man muss dafür Sorge tragen, dass die Kugeln möglichst nahe bei einander hängen, ohne sich jedoch zu berühren. Schiebt man den Draht so weit hinein, dass die Kugeln an einer Stelle sich befinden, an der beim Tönen ein Schvringungsbauch entsteht, so sieht man beim Erregen der Schwingung deutlich, dass sich die Kugeln abstossen, wenn die Verbindungslinie ihrer Mittelpunkte der Röhrenaxe parallel liegt, dass sie sich dagegen anziehen, wenn diese Linie senkrecht zur Röhrenaxe gerichtet ist.

Befinden sich statt zweier viele Kugeln in einer solchen schwingenden Flüssigkeit, so werden die auf sie ¥ärkenden

1) Thomson u. Tait, Theoretische Physik, deutsch. Braanschweig 1S71. 1. TheiL p. 303.

556 IV. König.

Kräfte in erster Annäherung als die Resultanten der Kräfte der besprochenen Art angesehen werden können, welche zwi- schen je zweien dieser Kugeln bestehen. Dabei ist der in- directe Einfluss vernachlässigt, den eine Kugel auf eine zweite dadurch ausüben wird, dass sie die Wirkung einer dritten Kugel auf die zweite verändert ^) Infolge dieser Kräfte wer- den sich die Kugeln in bestimmter Weise gruppiren, ähnlich wie man es bei den vielen kleinen Magneten wahrnimmt, die man erhält, wenn man Eisenfeilspähne in ein magnetisches Feld bringt. Aber wegen des entgegengesetzten Vorzeichens der Kraft in den beiden Fällen muss auch die Anordnung der Kugeln und der Magnete einen charakteristischen Gegen- satz zeigen. Die magnetisch gewordenen Eisenstückehen ziehen sich in der Richtung der magnetisirenden Kraftlinien an und stossen sich in allen dazu senkrechten Richtungen ab. Sie reihen sich daher hintereinander zu Curven, welche den Elraftlinien folgen und sich senkrecht zu diesen wegen der Abstossung in dieser Richtung deutlich voneinander sondern und in gewissen Entfernungen halten. Besser als in der gewöhnlichen Art durch Bestreuen eines Papieres mit Eisenfeile nimmt man diese Erscheinungen wahr, wenn man Eisenfeile in einer zähen Flüssigkeit vertheilt und diese in das Magnetfeld bringt. Umgekehrt ziehen sich die Kugeln in der schwingenden Flüssigkeit in allen zur Strömungsrich- tung senkrechten Richtungen an und stossen sich in der ihr parallelen Richtung ab. Sie müssen daher das Bestreben haben, sich in Flächen aneinander zu reihen, welche auf der Strömungsrichtung senkrecht stehen, und welche sich wegen der Abstossung in der Richtung ihrer Normalen deutlich voneinander absondern werden. Da die Kraft mit der vierten Potenz der Entfernung abnimmt , so wird die abstossende Wirkung beim Auseinanderrücken der Kugeln schnell an Intensität verlieren. Es verdient aber hervorgehoben zu werden, dass, wie aus den Ausdrücken für die Componenten X und Z hervorgeht, die Kraft, wenn die Kugeln oder die Magnete in der Richtung der Z-Axe hintereinander liegen, doppelt so gross ist, als wenn sie in der Richtung der JiT-Axe

1) Peaisou. Quarterly Journal 20. p. 60. 18S5.

Hydrodynamuch-ahuitische Untersvchuvyeu, 557

nebeneinander liegen. Also ist unter sonst gleichen Um- ständen in dem hydrodynamischen Probleme die Abstossung in der Richtung der Z-Axe doppelt so gross wie in dem magnetischen Probleme die Abstossung senkrecht zur Z-Axe, und man wird daher erwarten können, dass bei den Kugeln in der Flüssigkeit die Sonderung der Flächen voneinander noch deutlicher hervortritt, als die 8onderung der Curven bei den Feilsp&hnei^ im Magnetfelde.

Eine G-ruppirung der hier beschriebenen Art ist gerado dasjenige, was für die Kundt'schen Staubiiguren so beson- ders charakteristisch ist Denn die bekannten und vielbe- sprochenen Rippen oder Querwände, die der Staub im Schwin- gungsbauche einer Kundt' sehen Röhre bildet, sind nichts anderes als Anordnungen des Staubes in Flächen, die auf der Schwingungsrichtung senkrecht stehen. Die Ueberein- stimmung dieser Erscheinung mit den aus unseren theoreti- schen Betrachtungen gezogenen Folgerungen ist eine so augenscheinliche, dass sich hierin die denkbar einfachste und natürlichste Erklärung für die bisher noch immer als etwas räthselhaft angesehene Rippenbildung darzubieten scheint. Auch die Thatsache, dass diese Rippen im Schwingungs- bauche am stärksten ausgebildet sind und nach den Knoten zu schwächer werden und enger aneinander rücken, stimmt mit dieser Auffassung ihrer Ursache überein; denn die wir- kenden Kräfte hängen von dem Quadrat der Geschwindigkeit der Luftbewegung ab, und diese ist im Bauch am grössten, im Knoten Null. Dabei mag es übrigens dahingestellt blei- ben, ob der Abstand zweier Rippen als Maass der Entfer- nung angesehen werden muss, in welcher die Kräfte be- reits zu schwach sind, um noch eine Weiterbewegung des Staubes zu veranlassen. Denn es wirken auf jede Quer- wand von beiden Seiten abstossende Kräfte, und für die stabile Lage einer solchen Wand wäre offenbar die Bedin- gung ausreichend, dass die Differenz beider Kräfte klein genug ist, um nicht mehr wirksam zu sein. Dass sich dabei die Rippen sehr gleichmässig und in regelmässigen Abständen ausbilden müssen, dürfte aus dieser Art der Zu- sammenwirkung der Kräfte ebenfalls ohne Schwierigkeit er- sichtlich sein. Wenn man sie übrigens durch wiederholtes

568 fF. Köniff.

leises Anstreichen des tonerzeugenden Stabes allmählich ent- stehen l&sst, wobei sich zuerst kleinere Rippen bilden , die sich dann zu grösseren vereinigen, so bemerkt man auch in den zufälligen Unregelmässigkeiten, wie sie bei derartiger schwächerer Wirkung deutlicher hervortreten, eine so voll- kommene Analogie mit der Art der allmählichen Ausbildung der magnetischen Ourven bei leiser Erschütterung der das Eisenpulver tragenden Membran, dass die Vorstellung eines in beiden Fällen gleichartigen Spieles von Kräften sehr nahe gelegt wird.

Mit dieser Auffassung steht die Bedeutung, welche der Beschaffenheit des Pulvers f&r die Ausbildung der Figuren zukommt, durchaus im Einklang. Ist das Pulver so fein, dass es in der Flüssigkeit schwebt, wie Rauch oder Salmiak- nebel, so erhält man keine rippen- oder wandf5rmigen An- ordnungen der Theilchen, einerseits weil in diesem Falle die Theilchen nach den Ergebnissen des ersten Abschnittes die Bewegung der Flüssigkeit fast vollständig mitmachen werden und die beschriebenen hydrodynamischen Kräfte sich daher gar nicht entwickeln können, andererseits weil, selbst wenn diese Kräfte auch hier vorhanden wären, die Reibung ihrer Wirksamkeit ebenso hinderlich sein würde, wie der der Schwerkraft Ausserdem schwächt eine derartige Vertheilung fester Körperchen in der Luft von vornherein die Intensität der Luftschwingungen ausserordentlich ab, wie Dvof'&k^) an mit Salmiaknebeln gefüllten Resonanzröhren beobachtet hat. Ist das Pulver gröber, aber specifisch schwer, so lag^ es zu dicht und fest auf dem Boden, als dass die Luftschwin- gungen zwischen seinen Theilchen sich kräftig genug ent- wickeln könnten, oder ist überhaupt zu schwer, um von den immerhin schwachen hydrodynamischen Ejräften bewegt zu werden. Daher müssen die Versuche mit einem nicht zu feinen, specifisch leichten, lockeren Pulver, wie Korkfeilicht oder Kieselsäure am besten gelingen. Doch wird auch hier eine zu grosse Menge des Pulvers die Luftbewegung erheblich schwächen und dadurch die Ausbildung der Figuren beein- trächtigen.

1) Dvotkk, Pogg. Ann. 157. p. 60. 1876.

HydrodynamUch- akustische Untersuchungen, 569

Es könnten aber vielleicht einige Einwände gegen diese Erkl&rungsweise der Rippenbildung erhoben werden, denen ich Yon Yornherein begegnen möchte. Man könnte erstens bemerken, dass die entwickelten Formeln auf der Voraus- setzung der Kleinheit der Radien im Verhältniss zu den Abständen der Kugeln beruhen, während sie angewandt wer- den auf Theilchen^ die einander sehr nahe liegen und sich unter der Wirkung dieser Kräfte theilweise bis zur Berüh- rung nähern. Hiergegen wäre auf die ganz directen, hydro- dynamischen Versuche hinzuweisen, durch welche Bjerknes und Schiötz die Folgerungen der Theorie geprtLft und qua- litativ durchaus bestätigt gefunden haben, obwohl auch bei diesen Versuchen jene Bedingung der Theorie keineswegs erftült war. Daraus kann man wohl schliessen, dass der Charakter unserer Kräfte bei Nichterfüllung 'jener Bedingung zum mindesten nicht wesentlich geändert sein kann. Eine andere Schwierigkeit könnte darin erblickt werden, dass die innere Reibung der Flüssigkeit vernachlässigt worden ist. Ueber den Einfiuss dieser auf die Luftbewegung in einer Kundt'schen Röhre hat Lord Rayleigh^) eine Berechnung angestellt und mit deren Hülfe die Entstehung der eigen- thümlichen Strömungen erklärt, welche Hr. Dvoi'ä.k^ in solchen Röhren beobachtet hatte. Diese Strömungen stellen einen Luftaustausch zwischen Bauch und Knoten dar in Form eines Wirbelringes; die Bewegung ist an der Wand vom Bauch zum Knoten gerichtet, entfernt sich im Knoten von der Wand nach dem Röhreninneren zu, kehrt im inneren Theile der Röhre nach dem Bauch zurück und ist im Bauch wieder von dem Lineren nach der Wand zu gerichtet. Hr. Rayleigh bemerkt in der Einleitung seines Aufsatzes, dass diese Luftströmungen als die „augenscheinliche Ursache der Bildung der Staubfiguren^' anzusehen wären, beschreibt aber nicht näher, wie dieser Vorgang zu denken wäre. Ich muss gestehen, dass ich mir kein Bild von dem Zusammenhange machen kann, der zwischen dieser, der eigentlichen Schwin- gungsbewegung der Luft gegenüber verhältnissmässig schwa- chen Strömung und der Entstehung der hohen Querwände

1) Lord Rayleigh, Phil. Traus. 175. p. 1. 1S84.

2) Dvof &k, Pogg. Ann. IWl. 61. 1876.

560 fV. König.

der Kund tischen Staubfiguren bestehen könnte. Auch die anderen bisher aufgestellten Erklärungen der Rippenbildong, welche eine genauere Vorstellung von der Art ihres Ent- stehens zu geben versuchten, gehen in erster Linie auf die Wirkung der Beibung zurück, abgesehen von dem £irkl&- rungsversuche Bourget's^), welcher Obertöne zu HttUe nimmt. Denn sowohl Hr. Dvoi*ak^) als auch Hr. Stefan') und ebenso die Herren Schell bach und Böhm^) sehen als die eigentliche Ursache für die Bewegung des Staabes die directe fortführende Wirkung an, welche die Flüssigkeits- bewegung auf jedes einzelne Theilchen des Staubes ausübt; die leichteren Theile sollen mitgenommen werden und an den compacteren in Buhe gebliebenen sich verfangen und hängen bleiben. Diese Auffassung überträgt auf die akusti- schen Staubfigur^n das, was man an langsameren, gröberen Flüssigkeitsbewegungen beobachtet hat Wenn Wasser über einer ebenen, mit Sand bestreuten oder aus Sand bestehen- den Unterlage in eine oscillatorische Bewegung versetst wird, so gruppirt sich auch der Sand in langgestreckten Linien oder häuft sich zu flachen wellenartigen Bippen an, die stets senkrecht zur Bewegungsrichtung des Wassers verlaufen, und die gleiche Oberflächengestaltung erzeugt der Wind über einer trockenen Sandfläche. Dem Greologen sind diese Ge- bilde als Wellenspuren oder Bippelmarken bekannt^, und die experimentelle Untersuchung über ihre Entstehung, die wir Hrn. 6. H. Darwin®) verdanken, hat gezeigt, dass sie in erster Linie durch die mitführende Wirkung der Wasserbewe- gung hervorgebracht werden, dass aber ferner zugleich mit den Kippen auf und zwischen ihnen eigenthümliche Wirbel- bewegungen der Flüssigkeit entstehen, welche die weitere Ausbildung und den Bestand der Rippen unterstützen. Ob man aber wegen dieser Analogie berechtigt ist, den gleichen

1) Vgl. Neesen, Wied. Ann. 30. p. 482. 1887.

2) DvoHk, Pogg. Ann. 151. p. 634. 1874. 3j Stefan, Wien. Ber. 65. p. 424. 1872.

4) Schellbach u. Böhm, Wied. Ann. 7. p. 1. 1879.

5) Vgl. Walt her, Abhdlg. der inath.-phys. KlaHse des sack», des. d. WiHB. 16. p. 528. 1890.

tl) G. 11. Darwin, Proc. Koy. Soc. London. S6* p. 18. 1884.

Hydrodynamüch'akuiiiiche Untersuchungen, 561

Vorgang der Entstehung auch bei den akustischen Staub- figuren anzunehmen, das erscheint mir mindestens sehr zwei- felhaft. Denn gerade in den wichtigsten Punkten weichen die Verhältnisse bei den beiden Gruppen von Erscheinungen am meisten voneinander ab. Bei den Sandrippen ist der Unterschied der specifischen Gewichte der Flüssigkeit und des festen Körpers relativ gering, die Bewegungen der Flüs- sigkeit sind langsam und von grosser Periode. Bei den K und t' sehen Staubfiguren dagegen hat man eine grosse Verschiedenheit der specifischen Gewichte und sehr schnelle Schwingungen von erheblicher Intensität Unter diesen Um- ständen muss nach den Ergebnissen des ersten Abschnittes unserer Betrachtungen die fortführende Wirkung der Flüs- sigkeitsbewegung im ersten Falle thatsächlich sehr gross, im zweiten dagegen ausserordentlich gering sein. In dem Maasse aber, als infolge der Abnahme der Schwingungsdauer die Reibungswirkungen mehr und mehr zurücktreten, werden die Wirkungen der rein hydrodynamischen Kräfte, welche von den Quadraten der Geschwindigkeit abhängen, mehr und mehr zur Geltung kommen müssen. Dass diese letzteren die Oberhand über die ersteren gewinnen, kann sogar bei fort- scbreitender, nicht periodischer Bewegung eintreten, wie ein interessantes Experiment beweist, welches Hr. v. Helmholtz beschrieben hat^) Eine Kugel, welche in einem verticalen, mit Wasser gefüllten Rohre herabfällt, hat bei langsamem Sinken stets das Bestreben, sich nach der Mitte des Rohres zu begeben, während sie bei schnellem Fallen mehrmals gegen die Wand der Röhre anschlägt. Die erstere Erscheinung ist eine Wirkung der Reibung, die letztere eine Wirkung der oben besprochenen hydrodynamischen Kräfte; denn die Flüssigkeitsbewegung ist im zweiten Falle eine solche, dass die Kugel gewissermaassen von ihrem neben und mit ihr zugleich herabfallenden Spiegelbilde angezogen wird und in- folgedessen sich der Wand bis zur Berührung nähert. So wie in diesem Beispiele die Reibung infolge der vermehrten Geschwindigkeit hinter dem Einflüsse der hydrodynamischen Kräfte zurücktritt, so wird dasselbe bei den akustischen

1) H. V. Helmholtz, Wiäsenschaftl. Abhdlg. 1. p. 223. Ann. d. Pbjm. a. Chem. N. F. XLii.

562 W. Kdfdg.

Schwingungen gegenüber den gröberen Schwingungen einer ganzen Flüssigkeitsmasse wegen der Verkürzung der Periode eintreten, und gerade hierin scheint es mir begründet zu sein, warum gewisse hydrodynamische Wirkungen bei akusti- schen Schwingungen so besonders deutlich hervortreten. Es sei endlich darauf hingewiesen, dass auch die Form der Kundt' sehen Staubrippen mit jenen der erwähnten Sand- rippen doch keine so unbedingte Aehnlichkeit besitzt. Denn die Sandrippen sind flach ansteigende, schwach gewölbte Hügel, die Rippen der akustischen Staubfiguren dagegen steile, hohe, dünne Querwände. Auch hierin scheint sich mir der verschiedene Charakter der vorherrschenden Kräfte auszudrücken, und wenn mit diesen üeberlegungen die Mög- lichkeit des Einflusses der Reibung auf die Entstehung dieser Figuren auch nicht vollkommen abgeleugnet werden soll, wenn auch zugegeben werden kann, dass vielleicht gerade für die anfängliche Lockerung und Aufwirbelung des Staubes die Reibungswirkungen in Betracht zu ziehen sind, so glaube ich doch die charakteristische Form der Kundt' sehen Staubfiguren in erster Linie den hydrodynamischen Kräften der behandelten Art zuschreiben zu dürfen.

Es erübrigt schliesslich an einem numerischen Beispiel den Nachweis zu führen, dass diese Kräfte gross genug sein können, um die verlangten Bewegungen des Staubes zu be- wirken. Nehmen wir, wie im ersten Abschnitt, Korkkugeln von 0,02 cm Radius an. Ihre Mittelpunkte sollen sich in 1 mm Abstand (r^ s= 0,1 cm) von einander befinden, und die Verbindungslinie dieser Centren soll senkrecht gegen die Schwingungsrichtung der Luft gelegen sein. Dann besteht zwischen den beiden Kugeln eine anziehende Kraft von der Grösse: _ R^E'^w^^

Fragen wir, wie gross das Verhältniss dieser Wirkung F zur Wirkung G der Schwerkraft auf die Kugeln ist, wenn die Schwingungszahl des Tones 2000 beträgt und die Amplitude mit a bezeichnet wird. Zwischen dieser letzteren und der Maximalgeschwindigkeit besteht die Beziehung w^ = a27ijT. Die Wirkung der Schwerkraft ist:

Hydrodynamisch -akustische Untersuchungen, 668

unter yi! die Dichte der Substanz der Kugeln (0,2) unter g die Beschleunigung durch die Schwere Terstanden (981 cm/sec^. Dann ist:

= 44 «*, oder = 0,44 a*,

wenn a in Millimetern ausgedrückt wird. Die hydrodyna- mische Wirkung in diesem Falle würde also derjenigen der Schwerkraft gleich sein für eine Amplitude Yon ungefähr 1,5 mm. Dieser Werth dürfte für die kurzen Wellen, die hier yorausgesetzt sind, zu gross sein; aber man kann die Amplitude erheblich kleiner annehmen, und man wird unter Berücksichtigung der starken Abhängigkeit der hydrodyna- mischen Kräfte an der Entfernung immer noch Wirkungen erhalten, die gross genug wären, uxh die beobachteten Be- wegungen des Staubes hervorzubringen.

Pbys. Inst, der Univ. Leipzig, Februar 1891.

86*

IV. Notiz über eine neiw Form der Apparate zfir DemofiHtration der lichtelectrisehen Entladung

durch Tageslicht; von J. Elster wnd H. Geitel.

Unlängst haben wir in diesen Annalen ^) Apparate be- schrieben, welche die lichtelectrische Entladung in zerstreu- tem Tageslichte zeigen, auch wenn dies durch Glas hin- durch gegangen ist, und zwar nicht nur bei Verwendung statischer Ladungen, sondern selbst wenn die lichtempfind- liche Electrode dauernd mit dem negativen Pole einer trocke- nen S&ule von grossem inneren Widerstände in leitender Verbindung steht. Die Art der Herstellung brachte es mit sich, dass sich an den von der Quecksilberluftpumpe abge- schmolzenen Recipienten Glasrohransätze von mehreren Centimetem Länge befanden, in welche, da der Apparat bis auf wenige Hundertel Millimeter Quecksilberdruck evacuirt ist, das Natriumamalgam leicht mit Heftigkeit unter Be- schädigung der Abschmelzstellen hineinstürzt. Ihre Hand- habung erforderte daher die grösste Vorsicht.

Wir haben uns deshalb bemüht, Recipienten herzu- stellen, welche von diesem Uebelstande frei sind.

3

ca. nat. Gr. Fig. 1.

Fig. 1 stellt die neue Form dieser lichtelectrischen Re- cipienten dar. In der mit einem undurchsichtigen Lack über-

1) J. Elster u. H. Geitel, Wied. Ann. 41. p. 161. 1890.

Licktekctrische EnÜadung,

565

zogenen Kugel A befindet sich, wenn der Apparat nicht gebraucht wird, eine Quantität flüssigen Natriumamalgams, das durch Neigen, indem es die Filtrirvorrichtung F passirt, jederzeit leicht in die Kugel B hinübergeschafft werden kann. Das Zwischenstück MN ist mit Schellackfirniss überzogen, ebenso die unmittelbare Umgebung der eingeschmolzenen Platinelectroden E und Ey Man kann so den Apparat gut isolirt aufstellen, indem man MN in einem Halter fest- klemmt. Etwaige Fehler in der Isolation sind durch ober- Üächliches Erwärmen des Schellacküberzuges leicht zu be- seitigen.

Wie man aus der Figur ersieht, sind Ansätze irgend nennenswerther Grösse vermieden worden: Es ist x die Schmelzstelle, an welcher das Bohr sass, durch das der Re- cipient mit Natriumamalgam be- schickt wurde, y die Stelle, an welcher der Apparat von der Quecksilberluftpumpe ab- geschmolzen wurde.

Die electrische Ladung der lichtempfindlichen Amalgam- Üäche bewirken wir durch eine Zamboni'sche Säule folgender Construction.

Auf einen dünn mit Schel- lackfirniss überzogenen Ebonit- stab AB (Fig. 2) von 23 cm Länge und 0,5 cm Dicke sind zwei Metallfassungen aufgekit- tet. Die untere trägt die ver- nickelte, mit ihr fest verbun- dene Platte jP, während in die obere ein Gewinde G einge- schnitten ist. Die Platte P^ ist mittelst der Hülse M auf G auf- schraubbar Und kann innerhalb

gewisser Grenzen der Platte P genähert werden. Die aus unächtem Gold- und Silberpapier in bekannter Weise

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Fig. 2.

566 J. EUter u. H, GeäeL

zusammeDgesetzten quadratischen Plattenpaare von je 16 qcm Oberfläche sind in der Mitte darchlocht und werden auf den Ebonitstab aufgereiht und durch Herabschrauben der Platte P^ zusammengepresst Die Schräubchen s und s^ dienen zum Befestigen der Leitungsdrähte, die Häkchen h und h^ zum Anhängen der Säule an ein passendes Stativ. Die nach diesem Princip construirte Säule von 1080 Plattenpaaren zeigt neu an den Polen eine Spannung von ca. 320 Volt.

Die Vortheile dieser Oonstruction gegenüber der sonst üblichen bestehen einmal in dem Fehlen jeder Glasumhüllung; diese ist stets hygroskopisch und drückt so namentlich bei hohem Dampfgehalt der Luft die freie Spannung an den Polen der Säule erheblich herunter.

Sodann verfügt man über electrische Spannungen von Null bis zur Maximalspannung der Säule. Will man mit zwischenliegenden Spannungen arbeiten, so verbindet man den nicht abgeleiteten Poldraht mit dem direct zwischen die Plattenpaare einschiebbaren und mit Klemmschräubchen K versehenen Metallbleche z.

Für lichtelectrische Versuche ist es ferner von Vortheil, die Electricitätszufuhr von Seiten der Säule innerhalb ge- wisser Grenzen reguliren zu können. Manche Apparate, welche bei directer Verbindung der Amalgamfiäche mit dem negativen Pol derselben im Tageslicht die fragliche Erschei- nung nur unvollkommen erkennen lassen, erweisen sich sofort wirksam, sobald man in die Zuleitung einen Leiter von grossem Widerstände einschaltet. Man trenne deshalb bei Verwendung einer Lichtquelle geringer Intensität das oberste Plattenpaar von der Metallscheibe /\ durch zwei oder drei mit passendem Ausschnitt versehene Pappscheiben von etwa 1 mm Dicke. Durch Anziehen der Schraube steigert, durch Lockerlassen verringert man alsdann die Electricitäts- zufuhr.

Als Electroskop ist jedes beliebige Goldblattelectroskop verwendbar; entschiedenen Vorzug verdient das von F. Exner construirte transportable Aluminiumblattelectroskop; und zwar eignet sich zu den Versuchen besonders ein nach dem glei- chen Princip construirtes, in etwa den anderthalbfachen Di-

Ldchlekctrische EnÜcuiunff, 567

mensionen ausgeführtes Instrument. Mit diesen Apparaten ^) lassen sich folgende Erscheinungen zeigen:

1) die L c. beschriebene lichtelectrische Entladung durch Sonnen- und Tageslicht;

2) die Hemmung dieser Entladung im magnetischen Felde.«)

Bei Anstellung des letzten Versuches orientirt man den Apparat zwischen den Schenkeln eines Electromagneten zweckmässig so, dass E^j vgl. Fig. 1, senkrecht zur Verbin- dungslinie der Pole steht Die Intensität des verwandten Lichtes ist so lange durch theilweises Schliessen der Fenster- laden abzudämpfen, bis die Erscheinung deutlich hervortritt

Wolfenbüttel, im Januar 1891.

1) Dieselben fertigte Louis Müller-UnkctL Ulastechniker, Braun- schweig.

2) J. Elster u. 11. Geitel, Wied. Ann. 41. p. 166. Ib90.

y. Binfiu88 der Temperatur und des AggregtU- zusta/ndes auf das Verhalten des Wismuths

i/m Magnetfelde; van P. JDrude wnd W. NernsU

(Au0 den Gott. Nachr. Nr. 14 1890; mitgetheilt yon den Herren Verf.)

In den letzten Jahren ist eine Anzahl eigenthümlicher Erscheinungen aufgefunden worden, welche in aus metallisch leitendem Materiale gefertigten Platten auftreten, wenn die- selben sich senkrecht zu den Kraftlinien eines magnetischen Feldes befinden und entweder yon einem galvanischen oder von einem Wärmestrome durchflössen werden. Es sind dies die von Hall entdeckte Drehung der Aequipotentiallinien eines galvanischen Stromes, die von Righi zuerst beobach- tete Widerstandszunahme (Hall 'scher Longitudinaleflfect); ferner die thermomagnetischen Transversal- und Longitu- dinaleffecte, welche in von einem Wärmestrome durchflösse- nen Platten auftreten (von Ettingshausen und Kernst), sowie die Uthkehrungen derselben, nämlich der galvanomag- netische Transversaleffect (von Ettingshausen) und der galvanomagnetische Longitudinaleffect (N ernst), welche wie- derum in von einem galvanischen Strome durchflossenen Platten beobachtet werden.

Das Interesse, welches den soeben aufgeführten Phä- nomenen an sich dargebracht werden muss, weil sie einer neuen Wechselwirkung zwischen den magnetischen und elec- trischen Kräften, sowie der strömenden Wärme ihre Ent- stehung verdanken, wird noch erhöht dadurch, dass sie allen Anzeichen nach einst eine gewisse Bedeutung erlangen wer- den, wenn es sich um die Lösung der Frage nach der Natur der galvanischen Stromleitung in den Metallen handelt. So haben wir es denn unternommen, zu dem experimentellen Studium dieser Phänomene einen Beitrag nach einer Seite hin zu bringen, welche bisher nur ganz vereinzelt gestreift wurde, nämlich zu der Frage, wie dieselben , speciell beim

Wismuth im Magnetfelde, 569

Wismuth, von der Temperatur und dem Aggrogatzustande beeinflusst werden, und zwar wählten wir unter ihnen die beiden zuerst aufgezählten, weil der Untersuchung der übrigen in ihrer Abhängigkeit yon der Temperatur nicht unbedeu- tende Schwierigkeiten im Wege stehen.

Der Electromagnet, dessen wir uns bei unseren Ver- suchen bedienten, besitzt aufrechtstehende Schenkel, auf denen zwei Polschuhe horizontal verschoben werden können; derselbe ist nach den Angaben von Hrn. Prof. Biecke ge- baut und hat einige Aehnlichkeit mit dem grossen Electro- magnet der Berliner Academie. ^) Der magnetisirende Strom wurde von einer Dynamomaschine geliefert und schwankte bei unseren sämmtlichen Versuchen nur wenig um den Mittel- werth 10 Ampere; die Intensität des magnetischen Feldes, welche dieser Stromstärke und dem bei unseren Versuchen ebenfalls constant erhaltenen Abstände der beiden Polschuhe (Länge 20 cm, Breite und Dicke 4 cm) entsprach, betrug etwa 7000 cgs, wie wir aus der Grösse des Halleffectes und der Widerstandszunahroe des Wismuths schätzten.

Das Galvanometer, an dem der Halleffect und die Wie- derstandszunahme gemessen wurde, war eines der bekannten Wiedemann'schen Form; es besitzt zwei dickdrähtige Bol- len von zusammen etwa 2 8.-E. Widerstand und war durch Astasirung auf genügende Empfindlichkeit gebracht. Es be- fand sich ausserdem in hinreichendem Abstände vom Elec- tromagnet, um nicht von der directen Feme Wirkung dessel- ben in störender Weise beeinflusst zu werden.

Bei messenden Versuchen ist es natürlich unbedingt er- forderlich, die zu untersuchenden Platten auf constanter Tem- peratur zu erhalten, damit nicht durch Thermoströme und durch die Beeinflussung, welche diese und die in der Platte verlaufenden Wärmeströmungen durch den Magnetismus er- fahren, die Beobachtung der betreffenden Wirkungen unmög- lich gemacht oder wenigstens sehr gestört würde. Wir er- zielten die gewünschten hohen Temperaturen durch Dampf- bäder, in welche die Platten direct eintauchten; als Heiz-

1885.

1) Man sehe die Zeichnung bei Quincke, Wied. Ann. 24» p. 859.

670

P. Drude u. W. Nermt.

öüBBigkeiten verwendeten wir Wasser (Siedepunkt 100") Ben- zoefläureamylester (254") und Diphenylamin (SlO*)*

Ber ErliitzungBapparat muBste in Hinblick darauf con* struirt werden, dass der zur Verlegung stehende Raum bei der geribgen Ausdehnung, welche man einem magnetischen Felde geben darf, wenn mau nicht auf HomogenitAt und Stfirke Terzichten will, ein sehr beBchränkter ist Wir haben schliesslich den beistehend (Fig. 1} abgebildeten Appa- rat als in jeder Hinsicht zweckmässig gefunden; der- selbe beBteht auB einem 7 cm breiten, 23 cm hohen und 1 cm dicken Kasten, 1.-. welcher aus 0,8 mm dickem Messingblech gefertigt und in allen seinen Theilen hart gelSthet war. Der Kasten wurde zwischen die Pol- schuhe PP des EUectromag- nets fest eingeklemmt {id, Fig. \), an der directen Be* rUbrung jedoch durch As- bratpappe gebindsi:t. Um ein Entweichen der sieden- den Dämpfe zu verhüten, waren an sein oberes Bade zwei Messingkästen angel&thet, welche mit Wasser gefüllt nach Art eines Kückflasskühlera in so vollständiger Weise wirkten, dass ein Verschluas des mittleren Kastens ttberüassig war. ein Umstand, welcher der bequemen Einführung der ni untersuchenden Platten in hohem Grrade förderlich war. In die unmittalbare Nähe der Platten wurde stetB die Queck- silberkugel eines Thermometers gebracht. Um einerseits eine intensive Erwärmung des Kastens zu erzielen, anderer- seits aber die Rollen des Electromagnets , welche für die Anbringung der Heizäammen nur einen sehr beschränkten Raum übrig Hessen, nicht der Uefahr des Verbrennens aus- zusetzen, construirten wir aus einem einseitig geschlossenen und seitwärts mit fünf Löchern versehenen Messingrobre einen Brenner, der mit einem Gemisch von Leuchtgas und

Wismuth im Magnetfelde, 571

Luft gespeist wurde; letzteres wurde dadurch erzeugt, dass ein vor den Brenner geschaltetes T-Rohr mit der Gasleitung und mit einem Wassergebläse communicirte. Diese Vor- richtung gefährdete die UmspinnuDg der Rollen, welche durch Messingbleche vor directer Strahlung geschützt wurden, nicht im geringsten und lieferte zugleich Wärme genug, um auch die hochsiedenden Flüssigkeiten nach wenigen Minuten in heftiges Kochen zu bringen.

Das bei den nachstehend beschriebenen Versuchen be- nutzte Wismuth schmolz bei 267^ und war jedenfalls sehr rein; es ist gleicher Herkunft wie dasjenige, welches das Material zu Platte Nr. II lieferte, die früher ^) bezüglich der HaH'schen Wirkung eingehend untersucht worden ist, und hat auch sonst mehrfach zu ähnlichen Versuchen gedient.

Hallphänomen im Wismuth. Eine quadratfÖrmige, 0,5 cm dicke Wismuthplatte war mit vier an den Mitten ihrer Seiten eingeschmolzenen Kupferdrähten versehen, von denen alternirend zwei zu einem Bunsenelemente, welches den Primärstrom lieferte, und zwei zum Galvanometer führ- ten, an dem der Transversaleii'ect beobachtet wurde. Indem so die Anwendung von Loth vermieden war, konnte die Platte bis auf dem Schmelzpunkt nahe Temperaturen erhitzt werden, ohne dass die Zuleitungen, welche gleichzeitig der Platte als Träger dienten, sich lösten. Als die letztere in der unten stehenden Reihenfolge auf die Temperaturen t ge- bracht wurde, beobachteten wir folgende, auf gleichen Pri- märstrom bezogene electromotorische Kräfte e des Hall'- schen Stromes, diejenige bei der Anfangstemperatur gleich eins gesetzt.

e 20« 254« 28«

e 1,000 0,418 1,005.

Da nach obigen Zahlen der Halleffect kurz vor dem Schmelz- punkte, wenn auch erheblich schwächer wie bei gewöhnlicher Temperatur, doch immerhin in mit anderen Metallen ver- glichen von grosser Stärke zu constatiren war, so erschien der Versuch, denselben auch in flüssigem Wismuth zu unter-

1) von Ettingshaasen u. Nernst, Wien. Ber. 94. p. 592. 1886. Vgl. auch Nernst, Wied. Ana. 81. p. 772. 1887.

572

P. Drude u. W. Nemtt

suchen, besonders verlockend, weil man aus dessen Verhal- ten am ehesten zu schliessen geneigt sein wird, ob das Hall'sche Phänomen vorwiegend an den krystallinischen Zustand gebunden ist oder nicht. Der diesbezügliche Ver- such ergab, dass bei der zur Verwendung gelangten Probe von geschmolzenem Wismuth das Hall'sche Drehungsver-

mögen, wenn überhaupt messbar, so doch

/^

sicherlich weniger wie ^/-«, wahrschein

Fig. 2.

li«h weniger wie ^1^^^ von dem bei Zim- mertemperatur beobachteten Werthe be- trägt.

Die Untersuchung des geschmolze- nen Wismuths gelang in einer unten zugeschmolzenen, aufgeblasenen und hier- auf platt gedrückten Glasröhre, welche mit drei eingeschmolzenen Platindiilhten versehen war (cf. Fig. 2). Die vierte Zuleitung geschah mittelst eines von oben eingeführten Platindrahtes. Das Rohr wurde leer in den Dampf des sie- denden Diphenylamins gebracht, hierauf mit Wismuth beschickt, indem dieses in kleinen Stückchen durch das 0,5 cm weite Glasrohr hinein- geworfen wurde, und sodann unter den gleichen Bedingungen wie die erste Platte untersucht. Mit Commutiren des magnetisi- renden Stromes trat allerdings eine deutliche Ablenkung auf. die jedoch mit der Richtung des Primärstromes nicht die eigene wechselte, also keinesfalls von einer HalTschen Wir- kung herrührte. Worauf dieselbe beruht, müssen wir vor- läufig dahingestellt sein lassen; sie verschwand, als man den Primärstrom öffnete, schien jedoch im übrigen mehr secun- dären Ursprungs zu sein. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist sie an den flüssigen Zustand gebunden, wie daraus geschlos- sen werden kann, dass eine ähnliche Wirkung und zwar etwa gleich stark auch dann auftrat, als der Apparat mit Quecksilber anstatt mit flüssigem Wismuth beschickt war (s. unten), und dass sie verschwand, sowie das Wismuth er- starrte.

Unmittelbar nachdem das Wismuth fest geworden und

Wümuih im Majgnetfelie, 578

bis auf 50^ abgekühlt war, wobei wider Erwarten das Grlas- gefilss von dem beim Erstarren sich ausdehnenden Wismuth nicht gesprengt wurde, konnten wir den Halleffect in einer der Dicke der Platte entsprechenden Grösse beobachten; bei weiterer Abkühlung bis auf 15^ wurde er um etwa 2 Proc. kleiner.

Mit der unveränderten Platte stellten wir hierauf, um uns über die Abhängigkeit des Transversaleffectes von der Temperatur bis in die Nähe des Schmelzpunktes zu orien- tiren, folgende Messungen an:

t 14» 248^ 100* 140

e 1,00 0,23 1,23 1,16.

Das Wismuth kehrte beim Abkühlen somit nicht ganz in den früheren Zustand zurück, eine bei der vielfach beob- achteten Abhängigkeit des Transversaleü'ectes von der Be- handlung, welche man dem Metall hat angedeihen lasseü, nicht unerwartete Erscheinung. Auch dieser Versuch zeigt, dass das Ha ir sehe Drehungsvermögen beim Abkühlen von 100 auf 14^ abnimmt, was mit einer älteren Beobachtung in Uebereinstimmung sich befindet^); die Abnahme desselben bei höherer Temperatur ist hier nicht unerheblich grösser ¥rie bei der ersten Platte. Jedenfalls ist aber die Abnahme in dem Intervall von 243 bis 310^ in welches die Verflüssi- gung des Wismuths fällt, eine ausserordentlich viel stärkere, wie in dem ganzen übrigen untersuchten.

Widerstandszunahme des Wismuths im Magnet- felde. Wie bekannt') übt der Magnetismus ausser dem Hall- effect noch eine zweite Wirkung auf ein von einem galvani- schen Strome senkrecht zu den Kraftlinien des Feldes durch- flossene Wismuthplatte aus, welche gewöhnlich als Wider- standsänderung gedeutet wird, aber natürlich mit gleichem Rechte als eine durch den Magnetismus erzeugte electromo-

1) von Ettingshaasen u. Nernst, Wien. ßer. 94. p. 593. 18S6. Eine zweite, aus WiBmuth anderer Herkunft gefertigte Platte hingegen lieferte bei den Temperaturen 0, 21, 99^ fär das Drehungsvermögen die Werthe S,l, 7,3, 4,1, zeigte also eine starke Abnahme schon bei gewöhn- licher Temperatur. Vgl. auch Leduc, Compt rend. 102. p. 358. 1886.

2) Righi, Joum. de Phys. (2) 8. p.355. 1884.

574

P. Drude u. ff. Nemst

torische Gegenkraft , d. h. als longitudinaler Halleffect anf- gefasst werden kann.^)

Ueber den Einfluss der Temperatur auf die Grösse dieses Effectes liegen bis jetzt nur einige vereinzelte An- gaben vor, welche sich auf ein beschränktes Intervall er- strecken. So constatirte bereits Righi (I.e.), dass bis 100® die Widerstandsvermehrung infolge von Erregung des Mag- netfeldes kleiner wird. E. von Aubel^ theilte kürzlich einen Versuch mit, wonach dieselbe bei 99,7® nur 0,415 Proc. betrug, während sie unter sonst gleichen Umständen bei 2,9 Proc. war, constatirte also eine sehr bedeutende Verän- derlichkeit mit der Temperatur, was die mitzutheilenden eigenen Versuche durchaus bestätigen.

Bei unseren Messungen, welche sich wiederum bis über den Schmelzpunkt hinaus erstrecken, befand sich das Wis- muth im Inneren einer dünnwandigen Glascapillare, welche

senkrecht zu den Ejraftlinien des Feldes in den Erhitzungsapparat eingeführt wurde (ci Fig. 3). Die Zuleitungen des Primärstroms und die Ableitungen zum Galvanometer wur- den durch je zwei, zur gegenseitigen Isola- tion mit Glascapillaren überzogene Platin- drähte vermittelt. Der Ausschlag, welchen das Galvanometer bei geschlossenem Primär- strome anzeigt, ist dem Widerstände des Wismuthstäbchen proportional und kann durch ihn die Zunahme dieses bequem gemessen werden. Zur besseren Ausnutzung der Scala des Galvanometers wurde gewöhnlich mittelst einer durch Abzweigung von einem Hülft- elemente erzeugten electromotorischen Kraft der Ausschlag compensirt. Diese Methode hat den grossen Vortheil, unabhängig von etwaigen Ueber- gangs widerständen zu sein, welche an den Zuleitungen zum Wismuth ihren Sitz haben könnten. Auch die Glascapilla- ren sprangen nicht, wenn das Wismuth wieder festen Aggre- gatzustand annahm.

1) Nermt, Wied. Ann. 31. p. 783. 1887.

2) £. von Aubel, Phil. Mag. (5) 28. p. 342. 1889.

Fig. 3.

H^irmuth im Mcigneffelde. 575

In der folgenden Tabelle sind die bei den daneben stehenden Temperaturen t beobachteten Werthe für die Widerstandszunahme infolge der Magnetisirung Aw in Proc. verzeichnet; in der dritten Columne befindet sich der Wider- stand w des Wismuthstäbchens in S.-E.

t

J«r

VJ

16«

21,9 Proc

0^50

100

8,0 »

0,227

223

0,96 n

0,250

290

0,41

0,117

35

15,1 n

0,207

18

18,6 n

0,208

Die Zahlen sind in der Reihenfolge mitgetheilt, in der wir sie erhielten; zwischen der vorletzten und letzten Messung lag ein Zeitraum von mehreren Stunden. Sowohl an der Widerstandszunahme, wie besonders an der absoluten Grösse des Widerstandes ist deutlich erkennbar, dass beim Abküh- len sich der frühere Zustand nicht genau wieder herstellte. Möglicherweise wirkte hier eine Auflösung des Platins der Zoleitungsdrähte im geschmolzenen Wismuth mit, welche bei der leichten Legirbarkeit dieser Metalle mindestens spuren- weise erfolgen muss.

Bei 290^ war das Wismuth geschmolzen; die Erschei- nung, dass der specifische Widerstand dieses Metalles beim Schmelzpunkte plötzlich sehr viel kleiner wird, ist bereits wiederholt^) beobachtet worden und findet sich auch in den von uns für w gefundenen ^Werthen ganz auffallend wieder. Die Widerstandszunahme des flüssigen Wismuths infolge der Magnetisirung war unzweifelhaft vorhanden, wenn auch ausser- ordentlich viel kleiner, wie die des festen Metalls bei ge- wöhnlicher Temperatur. Ob dieselbe in beiden Eällen einer gleichen Wirkung entspringt, oder ob vielleicht Strömungen, welche infolge der vom Electromagnet auf den flüssigen Leiter ausgeübten ponderomotorischen Elraft entstehen kön- nen, eine secundäre Rolle spielen, muss vorläufig dahin-

1) Inabesondere sind unsere Resultate im Einklang mit den Beob- achtungen von G. L. Weber (Wied. Ann. 27. p. 145. 1886), sowohl was die bedeutende Widerstandsabnahme beim Schmelzen, wie den Umstand anlangt, dass beim Abkühlen sich häufig der friUiere Zustand nicht wie- der herstellt

576 P. Drude u. W. Nemst

gestellt werden. Poch sprechen die beim Quecksilber ge- machten Beobachtungen (s. u. p. 578) mehr für die letsstere Auffassung. Jedenfalls zeigen longitudinaler wie transver- saler flalleffect beide die Erscheinung, dass sie bei hoher Temperatur an Intensität sehr stark abnehmen; aber der Grad der Abnahme geht keineswegs bei beiden parallel Während die Wiederstandszunahme schon bei erheblich unter dem Schmelzpunkt liegenden Temperaturen einen sehr klei- nen Betrag annimmt, liegt beim Halleffect das Gebiet der schnellen Abnahme entweder sehr nahe beim Schmelzpunkt oder aber er verschwindet plötzlich, wenn das Wismuth den flüssigen Aggregatzustand annimmt Die Entscheidung zwi- schen letzteren beiden Möglichkeiten dürfte erhebliches Inter- esse bieten, war uns zu treffen bisher aber nicht möglich.

Bei einer zweiten mit Wismuth gleicher Herkunft be- schickten Capillare fanden wir die Werthe:

t 29» 3100 254» 32» 100« 84»

Aio . 16 0,1 1,2 20 9,1 22,0 Proc.

und mit einer dritten:

t 25« Bio^ Jw 33,3 0,4 Proc.

Resultate, welche mit dem früheren Ergebnis» in Ueberein- stimmung sich befinden.

Aus den bisherigen Ergebnissen kann man wohl mit einiger Sicherheit den Schluss ziehen, dass auch die ther- momagnetischen Phänomene bei hohen Temperaturen an Stärke bedeutend einbüssen werden; thatsächlich ist denn auch bereits früher von einem von uns eine Abnahme der- selben mit zunehmender Temperatur mehrfach constatirt worden.^) Denn wenn auch eine zahlenmässige Beziehung zwischen den Intensitäten, mit welchen die verschiedenen magnetischen Effecte des Wismuths auftreten, bisher sich nicht hat auffinden lassen, so ist doch ein inniger Znsam- menhang durch die Versuche an Wismuth-Zinnlegirungen^ wohl ausser Zweifel gestellt.

Es ist bemerkenswerth , dass auch andere physikalische

1) Nemst, 1. c. p. 772 u. 781.

2) E. V. Ettiugshausen u. Nemst, Wied. Ann. 83. p. 790. Ibb^i.

WUmuth im Magnetfdde. 577

Eigenschaften des Wismuths eine ähnlich grosse Veränder- lichkeit mit der Temperatur aufweisen; so wird nach Beob- achtungen YonPlücker und Matteucci^) äitT Diamagnetismus des Wismuths beim Schmelzpunkt ausserordentlich stark erniedrigt. Ferner verliert Wismuth bei höherer Tempe- ratur die für dies Metall so charakteristische Sprödigkeit, indem es sich in Drahtform pressen^), ja sogar bei Tempe- raturen von 230 bis 260^ mit Anwendung einiger Kraft kne- ten lässt.') Für einen derartigen Parallelismus sprechen auch die an anderen Metallen gemachten Erfahrungen; denn es lässt sich im grossen und ganzen nicht verkennen, dass ausser Wismuth gerade die durch ihre Sprödigkeit ausge- zeichneten, metallisch leitenden Stoffe, wie Kohle, Antimon und besonders Tellur, sich besonders activ erweisen.

Hallphänomen im Antimon. In der gleichen Weise, wie beim Wismuth, bestimmten wir auch beim Antimon den Einfluss der Temperatur, wobei wir uns einer viereckigen Platte, welche mit vier am Rande als Electroden mittelst einer Stichflamme eingeschmolzenen Platindrähten versehen war und eine Dicke von 0,201 cm besass, bedienten. Wir erhielten der Reihe nach folgende Werthe:

t 17» 210<> 230<> 30<> 23<> e 1 0,78 0,72 0,76 0,91.

Es fällt bei diesen Zahlen auf, wie geringfügig der Einfluss der Temperatur beim Antimon verglichen mit Wismuth ist Hiermit steht vielleicht wieder der Umstand in Zusammen- hang, dass Antimon sich erst bei erheblich höheren Tem- peraturen als Wismuth und da nur mit Anwendung viel grösseren Druckes zu Draht pressen lässt. ^)

Hallphänomen mit Quecksilber. In dem gleichen Apparate, in welchem geschmolzenes Wismuth zur Unter- suchung gelangt war (Fig. 2), wurde Quecksilber der Mes- sung unterworfen. Wir beobachteten, wie schon erwähnt, einen deutlichen Ausschlag bei Commutiren des magnetisi- renden Stromes, welcher jedoch mit der Richtung des das

1) G. Wiedemann, Galv. 2. p. 586.

2) Matthiessen, Pogg. Ann. 100. p. 177. 1357.

3) Ph. Lenard, Wied. Ann. 39, p. 641. 1890.

4) Lenard, 1. c. p. 639.

Ann. d. Phys. o. Chem. N. F. XI^II. 37

J

578 R Drude u. fV. NernsL

Quecksilber durchfliessenden Stromes die eigene nicht wech- selte und demgemäss nicht von einer Hall 'sehen Wirkung herrührte; und zwar betrugen die wegen der directen Fem- wirkung des Electromagnets auf die Galvanometemadel cor- rigirten Nadelausweichungen bei beiden Richtungen des Primärstromes 49, bezw. 46 Scalentheile. Das Quecksilber hatte Zimmertemperatur. Als das Glasgef&ss, in welchem sich jenes befand, zur Verminderung etwaiger durch Peltier- effecte oder Joule' sehe Warme erzeugter Temperaturver- schiedenheiten in ein Gefäss mit Wasser gesetzt wurde, be- trugen unter sonst gleichen Umständen die bei den Er- regungen des Magnets auftretenden Ausschläge 53, bezw. 48 Scalentheile. Bei der Grösse der störenden Nebenwirkung wäre es gewagt, die halben Differenzen, welche in beiden Fällen mit gleichem Vorzeichen bei Umkehr des Primär- stromes auftreten und 1,5 im ersten, 2,5 Scalentheile im zweiten Falle betragen, als Hall'sche Wirkung zu deuten; doch sei der Vollständigkeit halber angeführt, dass dieselben einer Hall'schen Wirkung entsprechen würden, welche in gleicher Bichtung aber etwa 300 mal schwächer aufträte, wie beim Wismuth unter sonst gleichen Bedingungen.^)

Widerstandszunahme im Quecksilber. Das Metall wurde in dem gleichen Apparate, Fig. 3, wie das geschmol- zene Wismuth bei Zimmertemperatur untersucht. Es ergab sich in der That eine kleine, aber unzweifelhafte Vergrösse- rung des Widerstandes der mit Quecksilber erfüllten Capil- lare infolge der Wirkung des Magnetismus, wie die nach- folgenden Zahlen beweisen.

Strorast&rkee J tu

0,086 An.p^re O^^l Proc. Magnetfeld ca. 8000.

Die Widerstandszunabme ändert sich also merklich mit der Intensität des das Quecksilber durchfliessenden Stromes und wird so die Auffassung nahe gelegt, besonders bei Be* rücksichtigung der im vorstehenden Absatz mitgetheilten Resultate, dass obige Widerstandszunahme nicht mit der beim festen Wismuth beobachteten in Parallele zu stellen ist, sondern vielleicht einer directen electrodynamischen Wir-

1) Vgl. dazu Roiti, Journ. de Phys. (2) 2. p. 513. 1883.

Wismuth im Magnetfelde. 579

kung des Magnetismus auf den flüssigen Leiter ihre Ent- stehung verdankt.

Anhang, die optischen Eigenschaften des Wis- muths im Magnetfelde betreffend, Yon P. Drude.

Es wurde vor einiger Zeit das Wismuth auf eine even- tuelle Aenderung seiner optischen üonstanten im Magnet- felde durch Beobachtung von reflectirtem Lichte untersucht; das einfallende Licht war linear unter dem Azimuth 45^ gegen die Einfallsebene polarisirt Es wurde eine Wismuth- sorte untersucht von grosser Reinheit, welche bei den oben angeführten Versuchen eine starke Widerstandsänderung im Magnetfelde zeigte und eine weniger reine Sorte, welche nicht hinsichtlich des letzteren Verhaltens geprüft ist.

Die beiden Pole des Electromagnets waren stets sehr gen&hert, zum Theil bis auf 3 mm. Wenn der Gang der Lichtstrahlen es gestattete, waren die Wismuthspiegel in der Mitte zwischen den Polen angebracht, sodass sie sich in sehr starkem magnetischen Felde befanden.

Es wurden die drei Fälle untersucht: 1) dass die Kraft- linien senkrecht zum Spiegel verliefen, oder 2) parallel dem Spiegel und in der Einfallsebene des Lichtes oder 8) parallel dem Spiegel und senkrecht zur Einfallsebene. In keinem Falle war eine Aenderung der optischen Constanten zu con- statiren, weder eine solche, welche sich mit der Magnetisi- rungsrichtung umkehrte, noch eine solche, welche von der Richtung unabhängig und die eventuell nur an das Vorhan- densein des magnetischen Feldes überhaupt geknüpft gewesen wäre. Dieser letztere Fall wäre denkbar gewesen, wenn die Aenderung der optischen Constanten des Wismuths ganz parallel verliefe mit der des electrischen Widerstandes. Die- ser ist bekanntlich von der Magnetisirungsrichtung unab- hängig, jedoch verschieden parallel oder senkrecht zu den Kraftlinien. Im letzteren Falle müsste der Wismuthspiegel sich wie ein reflectirender absorbirender Krystall verhalten und diese Erscheinung müsste daran zu erkennen sein, dass die elliptische Polarisation des reflectirten Lichtes durch Er- regung des Magnetfeldes geändert und dann von der Lage

37*

580 P. Drude u. If. Nernst. IVismuth im Magnetfelde,

der Einfallsebene abhängig würde. In keinem Falle war aber eine solche Modiücation deutlich zu bemerken, indem sowohl die relative Phasenverzögerung als auch das Anipli- tudenverbältniss des reflectirten Lichtes bei unerregtem mag- netischen Felde dieselben waren, wie bei erregtem und zwar in allen oben angeführten drei Versuchsanordnungen.

Wenn eine Aenderung der Natur des reflectirten Lich- tes eintreten sollte, welche sich mit der Magnetisirungsrich- tung umkehrt, so würde dies ein dem ron Kerr entdeckten Verhalten der magnetischen Metalle, Eisen, Nickel, Cobalt analoges Phänomen sein. Um eine solche eyentuelle Aende- rung noch besser entdecken zu können, wurde mit sehr in- tensivem weissen Lichte beobachtet, welches in oder senk- recht zur Einfallsebene polarisirt war. Eine Drehung der Polarisationsebene in dem Betrage von V wäre noch zu con- statiren gewesen. Es war über eine solche nicht vorhanden. Bei einem Stahlspiegel war bei denselben Versuchsanord- nungen das Kerr'sche Phänomen sehr deutlich zu beobach- ten, unter gewissen Bedingungen^) ergaben sich Drehungen der reflectirten Polarisationsebene bei commutirtem Magnet- feld bis zum Betrage von 32'.

Das sich aus meinen Beobachtungen ergebende nega- tive Resultat am Wismuth befindet sich im Einklang mit Beobachtungen des Hrn. Righi*) und im Widerspruch mit Beobachtungen Hrn. Hurion's^, nach welchem am Wis- muth das Kerr'sche Phänomen bei senkrechter Incidenz den Betrag von 18' erreichen soll. Ich halte indess dieses Beobachtungsresultat nicht für sicher, da das Licht zweimal eine Glasplatte durchsetzte, welche der Polarisationsebene eine sehr starke electromagnetische Drehung ertheilte. Bei meiner Versuchsanordnung waren solche Glasplatten ver- mieden und das Resultat ist aus derselben also jedenfalls in directerer Weise abgeleitet, als bei Hrn. Hurion.

Göttingen, Phys. Inst., Oct. 1890.

1) Wenn nämlich die magnetische Axe senkrecht zum Spiegel stand, der Einfallswinkel 68® betrug und das einfallende Licht parallel zur Eiu- fallsebene polarisirt war.

2) Righi, Ann. de cliim. et de phys. (6) 4. p. 443. 1885. a) Hurion, Joura. de Phys. (2) 3. p. 360. 1884.

VI. Ueber die FoHpßanzungsgeschwlndigkeit

elecirlscher Wellen in isolirenden Flüssigkeiten;

von X. Arons und H. Rubens.

Maxwell hat bekanntlich eine Theorie entwickelt, der zufolge zwischen der Fortpflanzungsgeschwindigkeit electri- scher Wellen in isolirenden Substanzen und der Dielectri- citätsconstante derselben eine enge Beziehung besteht. Diese Beziehung findet ihren Ausdruck in der Formel n}=fA, worin n das Verhältniss der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Welle im Vacuum (resp. in Luft) zu derjenigen in der fraglichen Substanz, /ti die Dielectricitätsconstante der letz- teren bedeutet ^) Bisher war es nur möglich, diese Beziehung experimentell zu prüfen unter der Annahme, dass die Licht- schwingungen electrische Schwingungen seien (electromag- netische Lichttheorie). Nun ist aber der optische Brechungs- exponent n wesentlich abhängig von der Wellenlänge; man hat diese Schwierigkeit dadurch zu umgehen gesucht, dass man mit Hülfe der Dispersionsformeln (Cauchy) den Bre- chungsexponenten für unendlich lange Wellen durch Extra- polation zu bestimmen versuchte. Selbstverständlich kann auf die so gefundenen Werthe von n^ kein grosses Gewicht gelegt werden. Nichtsdestoweniger zeigte sich bei einer Anzahl von festen Körpern und Flüssigkeiten die MaxwelT- sche Beziehung erfüllt und dieser Umstand bildet eine der Stützen der electromagnetischen Lichttheorie. Eine wesent- liche Ausnahme bildeten jedoch bisher eine Beihe pflanz- licher und thierischer Oele; so fand Hr. Hopkinson^):

1) Kirch hoff hat für den specielleu Fall eines Kabels den abgeleitet, dass die Fortpflanzungsgeschwindigkeit electrischer WeUen in demselben der Warzel aus der Dielectricitätsconstante der isolirenden Schicht umgekehrt proportional iut Monatsber. d. Berl. Acad. 29. Oct 1877. Gesammelte Abhandl. p. 182.

2) Hopkinson, Phil. Trans. 2, p. 355. 1881. Beibl. 6. p. 110. 1882.

582 Z. Arons u, H. Rubens.

DiefeetridtiUs-j

OODft. ßl

Wob

2,18 1,4674

1,78 ! 1,4598

Bicinusöl . . . i 4,78

Olivenöl ... 3,16

Klaaenöl ... I 3,07 1,75 1,4578

Spermacetiöl | 8.02 1,74 1,4611

Die angefCOirteD Oele sind sämmtlich gute Isolatoren. Nach einer Methode^), die das etwa vorhandene Leitungs- vermögen nnd die Dielectricitätsconstante getrennt zu be- stimmen gestattet, ergab sich beispielsweise ftir Ricinusol jM SS 4,82, während das Leitungsvermögen zu 7,7.10—^^, be- zogen auf Quecksilber gleich 1, gemessen wurde.

Hr. Hopkinson hat später die Yermuthung ausge- sprochen, dass diese Oele im ultrarothen Theile des Spec- trums anomale Dispersion zeigen könnten. In diesem Fall kann der Brechungsexponent jede beliebige Grösse erreichen.

Durch die Untersuchungen von Hertz ist nunmehr die Möglichkeit gegeben, das Verhältniss der Fortpflanzungs- geschwindigkeit electrischer Wellen in Luft und anderen Isolatoren zu messen und so die von Maxwell entwickelte Theorie direct experimentell zu prüfen. Wir haben für eine Reihe von Flüssigkeiten das erwähnte Verhältniss der Fort- pflanzungsgeschwindigkeiten bestimmt^) und werden im Fol- genden diese Verhältnisszahl in Analogie mit der Ausdrucks- weise der Optik, als Brechungsexponenten der untersuchten Flüssigkeit bezeichnen.

VerBuchsanordnung und Apparate.

Die Versuchsanordnung schliesst sich unmittelbar an einen der ersten Hertz' sehen Versuche') an. Hr. Hertz führte zu einem Drahtviereck von 125 cm Länge und 80 cm Breite, welches in der Mitte der einen Seite aufgeschnitten und mit einer kleinen Funkenstrecke versehen war, einen Draht. Dieser vermittelte die Verbindung des Vierecks mit der einen von zwei Electroden, zwischen welchen durch ein

1) £. Cohn u. L. Arons, Wied. Ann. 28. p. 454. 1886.

2) Die Versuche des Hrn. Waitz (Wied. Ahn. 41. p. 435. 1890) über die Länge electrischer Wellen in isolirenden Flüssigkeiten haben bisher keine zuverlässigen Resultate ergeben.

3) H. Hertz, Wied. Ann. 31. p. 421. 1887.

Electrische Wellen. 583

Indactorium sehr schnelle electrische Schwingungen erregt wurden. In der Funkenstrecke des Drahtvierecks beobach- tete Hr. Hertz kleine Fünkchen, welche nur dann ausblie- ben, wenn der Zuleitungsdraht von der primären Electrode das Drahtviereck im Mittelpunkte der der Funkenstrecke ^ gegenüberliegenden Seite berührte. Hr. Hertz bezeichnet diesen Punkt als Indifferenzpunkt. Wurde eine zweite Seite des Drahtvierecks aufgeschnitten und zwischen die so ent- stehenden Endpunkte ein Draht Yon grösserer Länge ein- geschaltet, so verschob sich der Indifferenzpunkt nach der verlängerten Seite hin; durch Einschalten der gleichen Draht* länge auf der gegenüberliegenden Seite konnte er wieder in seine alte Lage zurückgebracht werden. Wurde der einge- schaltete Draht zu einer Spirale zusammen gerollt, so zeigte sich wiederum eine Verschiebung des Indifferenzpunktes, da die Fortpflanzungszeit eine Function der Selbstinduction und die Lage des Indifferenzpunktes dadurch bestimmt ist, dass der Weg von dieser Stelle aus nach der einen und der anderen Electrode der Funkenstrecke gleich ist.

Das von uns benutzte Drahtviereck hatte eine Länge von 230 cm und eine Breite von 35 cm. Die Funkenstrecke war fortgelassen; statt derselben befanden sich an den Enden kleine quadratische Metallplatten von 5,5 cm Seite; dieselben standen sich in einem Abstände von 7 cm einander gegen- über. Die Beobachtung des Indifferenzpunktes geschah mittelst des von einem von uns ') zu ähnlichen Zwecken bereits benutzten Bolometers. Unmittelbar an den Endplatten waren an den Draht des Vierecks kurze Seitendrähte angelöthet; auf diese waren (wie in der soeben citirten Arbeit) mittelst Glasröhr- chen kurze Stückchen Messingrohr isolirt aufgeschoben, welche als die äusseren Belegungen kleiner Leydener Flaschen betrachtet werden können, wenn die Drähte als innere Be- legungen gelten. Befindet sich die Zuleitungsstelle im In- differenzpunkt, so wird der Ausschlag des Galvanometers ein Minimum sein. Er müsste vollkommen verschwinden, wenn

1) H. Bubons, Wied. Ann. 41, p. 154. 1890. lieber das Bolometer siehe auch H. Rubens u. R. Ritter, Wied. Ann. 40. p. 55. 1890 n. A. Paalzow u. H. Rubens, Wied. Ann. 37. p. 769. 1889.

584

L. Arons u. H. Rubens,

die Anordnung in jeder Beziehung zum Indifferenzpunkt symetrisch wäre.

Bewegt man den Zuleitungsdraht nach der einen oder anderen Seite vom Indifferenzpunkt fort^ so erhält man grössere und grössere Ausschläge. Die Lage des Indiffierenz- punktes lässt sich, wenn man die Ausschläge des Galvano- meters als Function der Einstellung am Drahte aufträgt, sehr leicht nach der Methode der Schwerlinien ermitteln./)

Zur Ausführung der Versuche bedienten wir uns einer etwas anderen Anordnung, welche gegenüber der bisher be- schriebenen einige wesentliche Vortheile bot. "Wir spannten statt eines Drahtvierecks deren zwei aus, AB CD und EFGH

lMtf*tJmi^iitiJ*Ht^,ul*ttifHt(J*t*ff*Ufl*Mi^^f^^^^

(s, Figur), welche in einem Abstand von 8 cm vertical über- einander lagen. Wir konnten so beide Pole des Inducto- riums benutzen, indem von jedem eine Zuleitung zu einem

n H. Rubens, Wied. Ann. 42. p. 164. 1891.

Electrische Wellen, 585

der Drahtvierecke hergestellt wurde. Diese Verbindung war jedoch keine directe. Von den Polen P und Q des Induc- toriums führten Drähte zu der Funkenstrecke S des primä- ren Leiters. Dieser bestand aus zwei 15 cm langen, vertical stehenden Messingstangen e und e^j welche an den einander zugekehrten Enden die Polkugeln der Funkenstrecke, an den anderen Enden zwei quadratische Metallplatten von 40 cm Seite trugen. Diesen letzteren gegenüber befanden sich in einem Abstand Yon 3 bis 4 cm zwei kleine Blechplatten X und y von 8 cm Seite; dünne Drähte, welche in Schleif- contacten endigten, yermittelten die Verbindung zwischen diesen Plättchen und den Drahtvierecken. Die Schleifcon- tacte u und v waren durch einen verticalen Holzstab starr miteinander verbunden; letzterer trug in seiner Verlänge- rung einen Zeiger, welcher über einer Millimeterscala spielte. Die Einstellungen konnten bei dieser Anordnung mit grosser Schärfe vorgenommen werden. Durch die verticale Stellung des primären Leiters wurde die störende Einwirkung dessel- ben auf die horizontalen Vierecke durch directe Strahlung vermieden. Zur grösseren Sicherheit befand sich ausserdem zwischen dem Inductorium und dem primären Leiter einer- seits, den Drahtvierecken andererseits ein 2 m hohes und ebenso breites Gitter aus verticalen Drähten, welches in der Figur nicht angedeutet ist. Die Zuleitungsdrähte zu den Drahtvierecken waren zwischen den Gitterdrähten durch Glasröhren isolirt hindurchgeführt.

Die beiden Drahtvierecke waren, wie oben beschrieben, in der Mitte der einen Längsseite aufgeschnitten, mit Platten verbunden und mit Ansatzstücken nebst Leydener Flaschen Jj K und i, M versehen. Die äusseren Belegungen dieser Leydener Flaschen waren überkreuz miteinander verbunden, nämlich J mit M und K mit i. Von diesen Verbindungs- drähten je zweier Belegungen führten die Leitungen zu den Endklemmen des Bolometers. Auch bei dieser Anordnung tritt, wie leicht ersichtlich, das Minimum des Ausschlags ein, wenn die Zuleitung der Schwingungen sich im Indif- ferenzpunkt befindet; nur ist das Minimum weit schärfer ausgeprägt, wie bei Anwendung eines einzigen Drahtvierecks. Ein weiterer Vortheil war es, dass fast die ganze electrische

586 L. Arons u. U. Rubens.

Bewegung in dem Baume zwischen den beiden Drähten vor sich ging, also von äusseren Gegenständen nicht wesentlich beeinflusst werden konnte.

Durch Yorversuche mit kleinen y^Leydener Flaschen^ welche auf den Drähten rerschiebbar waren ^), hatten wir uns von dem Schwingungszustand des Systems ein Bild ge- macht. Wir hatten es mit stehenden Wellen zu thun; an der Zuleitungsstelle und an den Endplatten J, K^ Lf Mho- fanden sich Schwingungsbäuche, ungefähr in der Mitte zwischen diesen Punkten Schwingungsknoten. Die Endplatten bewirken, dass die Knotenpunkte ein wenig zu ihnen hin Terschoben sind. Das ganze System schwang also in völliger Analogie mit einem Stab, der im ersten und dritten Viertel seiner Länge eingespannt ist und in der Mitte angeschlagen wird.

Es ist uns nicht gelungen, den Ausschlag des Gulyano- meters vollkommen zum Verschwinden zu bringen, wenn sich die Zuleitungsstelle im Indififerenzpunkt befand. Es be- trug der dann beobachtete Ausschlag noch etwa Vio ^^ ^^ grösserer Entfernung (1 m) vom Indififerenzpunkt erhaltenen. Ein Ausschlag von derselben Grössenordnung ergab sich aber auch, wenn die Zuleitungsdrähte vom primären Leiter von den Drahtvierecken abgetrennt wurden. Einen Einfluss auf die Bestimmung des IndifiTerenzpunktes konnte ein solcher constanter Ausschlag nicht ausüben.

Vorversuche.

Natürlich lassen sich mit unserer Anordnung sämmtliche Versuche wiederholen, die Hr. Hertz^) mit dem Drahtviereck anstellte und zwar quantitativ. So schalteten wir z. B. auf der einen Seite des Doppel Vierecks Drähte bis zu 1«50 m Länge ein; die Verschiebung der Zuleitung bis zu dem neuen Indififerenzpunkte betrug immer genau die Hälfte der zuge- schalteten Drahtstrecke. Die Fehler in der Bestimmung des IndifiTerenzpunktes überschritten bei diesen, wie allen folgen- den Bestimmungen in jeder Versuchsreibe nicht 1 cm.

Ersetzte man die eine kurze Seite des Doppelvierecks durch Drähte, welche horizontal in regelmässigem Zickzack

1) Rubens, 1. c. p. 156.

2) Hertz, 1. c. p. 422.

Electrische Wellen. 687

geführt waren, so betrug die Verschiebung bis zu dem neuen Indifferenzpunkt weniger als die Hälfte der hinzugekommenen Drahtlänge. Die scheinbare Verkürzung war um so stärker, je zahlreicher die Biegungen der Drähte waren. Ein ahn- Uches Resultat ergab sich, wenn die Drähte zu Spiralen ge- wunden waren. Je grösser die Zahl und je kleiner der Ra- dius der Windungen wurde, desto mehr näherte sich die ,,scheinbare Länge'S d. h. das doppelte der gemessenen Ver- schiebung der Länge der Spiralenaxe.

Es war für uns von Wichtigkeit, zu untersuchen, welchen Einfluss die Veränderung der Capacität eines Theiles der Drahtvierecke auf die Lage des Indifferenzpunktes ausüben würde. Eine Annäherung der Drähte aneinander hatte bei dem kleinen Durchmesser des Drahtes (1 mm) sicher nur einen geringen Einfluss auf die Capacität. Ersetzten wir die eine der kurzen Seiten des Doppelvierecks durch Draht- bögen von 60 cm Länge, deren mittleren Abstand wir von 12 cm auf 3 cm verringerten, so zeigte sich bei dieser Ver- änderung keine merkliche Verschiebung des Indifferenzpunk- tes; dagegen erschien das Minimum weniger ausgeprägt. Dasselbe Ergebniss erhielten wir, als wir die beiden Draht- vierecke auf ihrer ganzen Länge in einen verticalen Abstand von 3 cm voneinander brachten.

Um die Capacität eines Theiles der Leitung zu verän- dern, ersetzten wir deshalb eine Strecke von 30 cm (die kurze Seite des Doppelvierecks) durch Zinkbleche von 1,2, resp. 2,5 cm Breite. Die Grösse der hierdurch hervorgeru- fenen Capacitätsänderungen bestimmten wir durch Beobach- tung des galvanischen Leitungswiderstandes ^), welchen eine beliebige Flüssigkeit (wir verwendeten eine Kochsalzlösung in einem grossen Glastrog) zwischen Electroden von der Form und Grösse unserer Drähte und Bleche besitzt. Die Widerstandsmessungen wurden mit Wechselströmen und dem Electrodynamometer ausgeführt. Bei einem Abstand der Electroden von 7 cm betrug der Widerstand der Flüssigkeit:

Zwischen Drähten Zwischen Blechstreifen Zwischen Blechstretfen Yon 0,1 cm Durchm. von 1,2 cm Breite von 2,5 cm Breite

21,0 Ohm 9,3 Ohm 4,7 Ohm

1) E. Cohn Q. L. AroDs, Wied. Ann. 28. p. 474. Id86.

588 L, Arons u. H, Rubens.

Die gesuchten electrostatischen Capacitäten verhalten sich umgekehrt wie diese Widerstände. Es war mithin bei unseren Versuchen die Capacität der Leitung auf eine Strecke von 30 cm ungefähr im Yerhältniss 1 : 2,3 : 4,9 verändert Die Lage des IndifFerenzpunktes erwies sich jedoch in allen drei Fällen als innerhalb der Versuchsfehler identisch. Nach der Auffassung, dass die metallische Leitung nur dazu dient, die Bahn der electri sehen Bewegung zu bestimmen, ist dieses Resultat selbstverständlich.

Die Versuche.

Nach der modernen Auffassung der electrischen Vor- gänge geschieht bei unserer Anordnung die Fortpflanzung der Schwingungen in dem Räume zwischen dem oberen und unteren Drahtviereck. Bringt man in einen begrenzten Theil dieses Raumes statt der Luft ein anderes Medium, so wird hierdurch die Weglänge geändert werden; diese Aenderung der Weglänge lässt sich durch die Verschiebung des Indif- ferenzpunktes bestimmen; das Verhältniss der Weglänge in irgend einem Medium zu derjenigen in Luft ergibt den Brechungsexponenten. Hierbei ist vorausgesetzt, dass aaf die betrachtete Länge des Drahtvierecks die Schwingungeo. welche vorher in Luft verliefen, bei dem Versuch mit der Flüssigkeit vollständig in dieser verlaufen.^) Um diese Be- dingung zu erfüllen, bedienten wir uns folgender Einrichtung:

An Stelle der einen Schmalseite des Doppelvierecks konnten Drähte eingesetzt werden, welche durch einen 18 cm langen, 13 cm breiten und 14 cm hohen Blechkasten mittelst Gummistopfen isolirt hindurchgeführt waren. Die ausserhalb des Kastens bis zu den Ansatzstellen an die übrigen Tfaeile des Doppelvierecks führenden Drahtstücke verliefen immer in der gleichen Weise geradlinig. Der im Kasten befindliche Theil war entweder auch geradlinig oder in der oben be- schriebenen Weise im Zickzack geführt. Da der Einflns» | der Kastenwände auch auf die äusseren Enden des Drahtes nicht vernachlässigt werden durfte, mussten Differenzbestin-

1) Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Fortpflanzungsgeschwin- digkeit der electrischen Schwingungen zwischen den Drähten dieselbe ist, wie im unbegrenzten Räume.

Electrische Wellen. 589

angen Yorgenommen werden, deren Berechnung sich aus Igendem Scheiba ergibt:

Bezeichnet man die Länge der ausgeschalteten Draht- srecksseite mit d, die scheinbare Länge des ausserhalb des astens befindlichen, an ihrer Stelle eingesetzten Drahtes it A, die scheinbare Länge des Drahtes im Eisten mit Dg, mn wir es mit einem geraden » mit Du^ wenn wir es mit aem im Zickzack geführten Draht zu thun haben, so ergibt ;h Folgendes:

Ist zu Anfang die Lage des Indifferenzpunktes p^j so ssen wir, dass die Längen / rechts und links von diesem 3 zu den Endplatten einander gleich sind. Führen wir den eisten mit geradem Draht ein, so ergibt sich aus einer Ver- hiebung des Indifferenzpunktes bis p^ für die beiden Längen chts und links von diesem Punkt:

'{

oder ^, = 2(;?i-/>o) + (rf-Ä).

benso findet sich nach Einsetzen des gebogenen Drahtes:

) A = 2(/>3-po) + (^-Ä).

Füllt man den Kasten in dem einen und anderen Falle llständig mit einer Flüssigkeit, deren Brechungsexponent t n bezeichnet wird, so ändert sich nur die Weglänge aerhalb des Kastens und zwar wächst sie auf das n fache; r erhalten also, wenn p^ und p^ die entsprechenden Lagen s Indifferenzpunktes sind:

nDg^2(p,-po) + {d-k),

nDj,^2{p^-'Po)+{d-k).

IS diesen vier Gleichungen folgt:

P% P\

Man erkennt^), dass wir zur Bestimmung eines Brechungs« ponenten die Lage von vier Indifferenzpunkten kennen müs-

1) Die vorstehende Entwickelung lässt sich natürlich genau in der- Den Weise durchführen unter der Voraussetzung, dass 2> ebenfalls K>gen und nur von anderer Lauge ist wie Dj^,

590

L. Arons u. H. Rubens,

sen, nämlich derjenigen für zwei verschieden lange Drähte sowohl in Luft als in Flüssigkeit.

Wir haben diese Messung des Brechungsexponenten Ar vier Flüssigkeiten ausgeführt. Bei zwei derselben (Xylol und Petroleum) ist die Beziehung zwischen der Dielectricit&ts- constante /i und dem optischen Brechungsexponenten n, fi^v? sehr nahe erfüllt. Die beiden anderen gehören der in der Einleitung angeführten Reihe von Oelen an; wir haben die- jenigen gewählt, deren Dielectricitätsconstanten den grössten Werth zeigen, nämlich Ricinusöl und Olivenöl. Für Rici- nusöl haben wir zur Controle der Methode eine Reihe von Messungen mit verschiedenen Drahtläogen innerhalb des Kastens ausgeführt In der folgenden Tabelle sind die Be- obachtungsergebnisse dieser Versuche zusammengestellt:

Tabelle I. Lage des Indifferenzpunktes.

Draht Nr.

Kasten gefüllt mit Luft I Ricinusöl

■I

I

III

IV

10,5 10,7 12,1 29,1

28,6 28,8 35,1 35,4 35,6 48,0 48,1 48,6

11,2

28,8

35,4

48,2

J

,2 I

74,0 I

74,2 [

74,7 J

24

25

25

61,6

62

62

25,3

61,9

74,3

100,2 100,0 100,8

100,3

Combinirt man die Zahlen für die Drähte:

T j TT £ ^ L 61,9 25,3 36,6

lund II, so folgt «- 28,8 -li;2= 1776

T TTT 74.3 - 25,3 49,0

i 111, « = 3j 4 _ 11 2 = 24,2

1 ?> IV, ?) >?

n =

35,4 - 11,2 100,3- 25,3 75,0

48,2 - 11,2 47,0

2,08, 2,08, 2,03,

Mittel: n = 2,05. Bei der Messung der Brechungsexponenten der übrigen Flüssigkeiten wurden nur der gerade Draht (I) und der längste (IV) der gebogenen Drähte in Anwendung gebracht Die Resultate sind in der folgenden Tabelle aufgeführt.

Ekctrische Wellen.

5»1

Tabelle IL Lage des Indiiferenzpunktes.

Dielectricum im Rasten

Draht Nr. I

Draht Nr. IV

48,0

48,1

48,6

87,4

86,8

86,9

75,9 I

76,3 [

77,0 J

69,8

70,1

70,3

48,2

87,0

76,4

70,1

Hiernach ergibt sich der Brechungsexponeiit des Olivenöls n^'^^^^'^^^l^U,

_ 76,4 - 20,8 _ 55^ _ 1 r;rt " - 48,2 - 11,2 ^ 37,0 "" *''^"'

_ 70,1 ~ 18,3 _ 51^ _ 1 40 '^ " 48,2 -11,2"" 37,0 ■"'^'*"'

des Xylols des Petroleums

Da einige der benutzten Substanzen nicht chemisch definirt sind, haben wir an demselben Material die Dielec- tricitätsconstanten /i nach der Methode von Schiller ge- messen. Die verwendeten Schwingungen hatten eine Dauer von 30 bis 70 mal 10-« Secunde.

In der Tab. III haben wir neben diese von uns gemes- senen Werthe die Zahlen von Hopkinson und Cohn und Arons angeführt Die Uebereinstimmung ist bei den wohl definirten Substanzen eine vollkommene; bei Ricinusöl und Olivenöl fanden wir etwas kleinere Werthe als die anderen Beobachter. Für die Grösse Yyi, wurden nur die von uns l)eobachteten Zahlen in Rechnung gezogen.

Tabelle HL

Dielectricum

Dielectricitätsconst. ju nach

Hopkin- i Cohn u. | Arons u. son I Arons Rubens

y— I Brechungsezponent

iA=6.10-'m

Ricinusöl

4,78

4,82

4,67

2,16

Olivenöl

3,16

3,08

1,75

Xylol

2,36

2,35

1,53

Petroleum j

2,07

2,06

1,44

A == 6 m

1,48 1,47 1,49 1,45

2,05 1,71 1,50 1,40

592 L, Arons n, H. Rubens, Electrische Weilen,

Für diejenigen Flüssigkeiten, bei welchen die Gleichheit der Wurzel der Dielectricitätsconstanten und des optischen Brechungsindex besteht, ist der von uns gemessene Brechuogs- exponent für sehr lange Wellen (ca. 6 m) nahezu gleich dem- jenigen für kurze (A = 6 . 10"^ m, 2) = Linie); wo diese Ueber- einstimmung fehlt, ist die von uns gemessene Grösse sehr nahe gleich der Wurzel aus der Dielectricitätsconstanten. (Grösste Abweichung 5 Proc.) Wir betrachten dieses Ergebniss eine Bestätigung der MaxwelPschen Beziehung n^ = ^.

Phys. Inst, der Univ. Berlin, Januar 1891.

VII. Das Telephon als optischer Apparat zur Strommessung; von Max Wien.

Es ist schon mehrfach der Versuch gemacht worden, die Bewegungen der Telephonplatte sichtbar zu machen, beson« ders hat in letzter Zeit Fröhlich^) mit Hülfe eines Spiegels, der zwischen Mitte und Band der Telephonplatte aufgeklebt wurde, die Stromcurre eines Wechselstromes, also den Ver- lauf der einzelnen Schwingung studirt. Dies ist im Folgen- den nicht meine Absicht, sondern es ist dies ein Versuch, das Telephons zur Messung der Intensität von constanten sowohl wie von alternirenden Strömen zu benutzen.

Zu diesem Zweck wurde eine sehr empfindliche Spiegel» Übertragung angewandt, welche in meiner Arbeit: „Ueber die Messung der Tonstärke^' ^) genauer beschrieben und ähnlich derjenigen ist, welche vonBöntgen') für Aneroidbarometer Torgeschlagen ist Diese letztere besteht im wesentlichen darin, dass ein in der Mitte der Aneroidbarometerkapsel angebrachter Stift auf einen zu ihm senkrechten Spiegel wirkt, der um eine Axe drehbar ist. Die Drehung des Spie- gels ist proportional der Bewegung des Stiftes« Bei sehr kleinen und schnellen Bewegungen, wie die der Telephon- platte, ist die Spiegelübertragung in dieser Form nicht brauch- bar, da es nicht möglich ist, den

Spiegel so um eine Axe drehbar cEl

zu machen, dass er genau die- sen Bewegungen folgt. Die Axe wurde daher durch ein Stück feinsten ührfederblechs ersetzt, das auf dem einen Ende {Ä) ^^* ^'

eingeklemmt war und auf dem anderen einen kleinen leich- ten Spiegel {S) trug. Senkrecht gegen die Feder drückt bei

1) Fröhlich, Electr. Zeitschr. 10. p. 65. 1889.

2) M. Wien, Inaug.-Diss. Berlin 1888. p. 6. Wied. Ann. 84. p.836. 1889.

3) Röntgen, CarPs Rep. 20. p. 44. 1878. Wied. Ann. 4. p.d05. 1877.

Ann. d. Phys. u. Chem. N. F. XLII. 3g

F=^

wmm^ ^

594 M. Wien.

B der in der Mitte der Telephonplatte angebrachte Stift. Bewegt sich derselbe, so biegt sich das Blech zwischen A und B^ und der Spiegel dreht sich, wobei, wie sich theore- tisch und experimentell nachweisen lässt^}, diese Drehung proportional der Bewegung des Stiftes ist und '^ mal so gross, als wenn der Spiegel bei A um eine Axe drehbar wäre. Die Empfindlichkeit dieser Spiegelübertragung ist offenbar abhängig von der Entfernung AB\ ich wählte die- selbe zwischen 0,5 und 1 mm. Es lässt sich berechnen, dasa bei einer Bewegung des Stiftes um 1 ^, der Spiegel eine<^ Winkel von -ca. 0,002 beschreibt, während sich mit der Pog^ gendorff'schen Methode ein lOOmal kleinerer Winkel nocBc^ bequem beobachten lässt. Bei den folgenden Versnchex:^ wandte ich jedoch nicht diese Ablesungsmethode an, 8ondere=^ ich betrachtete einen beleuchteten Spalt in dem Spiegel durch ein Fernrohr mit Oculartheilung. Diese Theilung > mit einem Diamant auf 0,1 mm in Glas eingeritzt, und das Fernrohr etwa 20 mal vergrösserte, so konnte noch bequenc::^^ auf 0,1 Sealentheil abgelesen werden. 100 Scalentheile im Gesichtsfeld sichtbar. Die Entfernung vom Femrohr Spiegel betrug ca. 70 cm, die vom Spiegel zum Spalt ca. 260

Da der Apparat nur zur Messung galvanischer Ströme dienen sollte, so brauchte auf die akustischen Eigenschaftec=^^ des Telephons keine Rücksicht genommen zu werden, un< ich ersetzte daher die dicke Eisenplatte durch eine dünn< gewellte Neusilbermembran, wie sie zu Aneroidbarometenc^^' gebraucht werden. In der Mitte derselben, gegenüber dem^ ^ Telephonmagnet, war ein Stück weichen Eisens aufgelöthefS^?

Schickt man nun einen constanten Strom durch d< Apparat, so ändert die Membran ihre Gleichgewichtslage^ es springt daher die Lichtlinie im Gesichtsfeld mit vollkom- mener Dämpfung ein Stück weiter und bleibt ruhig stehen, so lange der Strom währt. Und zwar ist dieser Ausschlag proportional der Stromintensität, da wegen des starken, con- stanten Telephonmagnets die Bewegung der Membran dem Strom proportional ist. Um dies experimentell nachzuwei-

1) Vgl. meine Diss. p. 7 u. 8.

2) Ich gedenke in nächster Zeit eine ausführliche Beschreibung des Apparates iu etwas abgeänderter Form zu geben.

Telephon. 596

sen, wurde benutzt, dass bei der W he at st one'schen Brücke in der Nähe des Nullpunkts die Stromintensität der Wider- standsänderung, d. h. der Verschiebung des Schleifcontacts Tom Nullpunkt proportional sein muss. Der auch später immer benutzte Brückendraht hatte einen Widerstand von 1,92 Siemens bei einer Länge von 1 m. Es wurden auf bei- den Seiten 10 Siemens zugeschaltet und auch die beiden anderen Widerstände zu je 11 Siemens gewählt Ich erhielt folgende Zahlen; die erste Reihe gibt die Entfernung vom Nullpunkt in Centimetern Brückendraht an, die zweite den Ausschlag in Scalentheilen der Oculartheilung; die dritte den jedesmaligen mittleren Ausschlag für 10 cm.

cm : -50 -40 -80 —20 -10 0 +10 +20 80 40 50

A : -9,6 -7,8 -5,7 -3,8 -1,95 0 +1,9 3,9 5,7 7,6 9,6

10 cm: 1,92 1,95 1.90 1,90 1,95 0 1,90 1,95 1,90 1,90 1,92

Die Differenzen liegen innerhalb der Beobachtungsfehler. Es lässt sich hieraus zugleich die Empfindlichkeit des Appa- rates berechnen; es ergab sich für 10 cm = 0,019 S. Wider- standsänderung ein Scalenausschlag von 1,92. Nun war das benutzte Element ein Daniell, in jedem Zweige waren 11 Siemens Widerstand, im Brückenzweig 201, demnach ergibt sich ein Sealentheil Ausschlag für ca, 5. 10""^ Ampfere.

Die Einstellung auf den Strom Null geschieht, indem man das Fadenkreuz mit der Mitte des ziemlich schmalen Spaltbildes zusammenfallen lässt und nun die Widerstände so lange ändert, bis der Faden bei Stromschluss oder Wechsel nicht mehr die Mitte des Lichtstreifens verlässt. Hierbei sind noch Ströme von 10~® Ampäre und darunter merklich.

Damit ist jedoch noch lange nicht die Empfindlichkeit guter Galvanometer erreicht, der Vorzug des Apparates be- steht darin, dass man die Stromstärke momentan ablesen kann, so dass er sich zur Beobachtung mit der Zeit verän- derlicher Ströme, z. B. des Polarisationsstroms, vorzüglich eignet. Auch die Einstellung auf Null ist schnell und be- quem, ich habe daher im Folgenden sämmtliche Widerstands- messungen mit diesem Apparat gemacht.

Bedeutend empfindlicher ist das „optische Telephon'^ wie ich es der Kürze halber gegenüber dem Hörtelephon nennen möchte, bei der Messung von Wechselströmen.

38

596 M. Wien.

3eht ein einfacher Sinusstrom, mit dem wir uns vor* läufig nur beschäftigen wollen, durch den Apparat, so vibrirt die Membran, der Spiegel dreht sich schnell hin und her, und es erscheint im Femrohr statt einer Lichtlinie ein Licht- band, dessen Breite proportional der Amplitude des Sinus* Stroms ist.

Ausser von der Amplitude ist jedoch dieser Ausschlag auch noch von der Schwingungszahl des Sinusstroms ab- hängig, da, wie jedes Stück Metall, auch die Membran und die Feder mit dem daraufgeklebten Spiegel Eigentöne haben ; je näher die Schwingungszahl des Stromwechsels einem dieser Eigentöne liegt, desto grösser wird die Bewegung des Spie* gels und die Breite des Lichtbandes sein nach der Formel: tf = jB/(n* p^^), worin n die Sehwingungszahl der freien Schwingung, also des Eigentons ist, p die des erzwungenen, also des Sinusstromes.

Ist p s 0, d. h. lasse ich eine constante Kraft auf die

Platte wirken, so ist:

E

E

0 ;,«

«0 n*

a E

n*-/>«

^ = - [i]'-

Wir betrachten zwei Grenzfälle: es sei n bedeutend grösser als p, was man dadurch erreichen kann, dass man die Platte dick und den Spiegel klein nimmt. Dann ist näherungsweise a = UQ, d. h. ich kann den Ausschlag durch den Sinusstrom direct mit dem durch einen constanten Strom hervorgerufenen vergleichen, also die Amplitude des Sinus- stroms absolut messen. Da die in der Technik gebrauchten Wechselstrommaschinen annähernd Sinusströme und zwar von verhältnissmässig niedriger Sehwingungszahl liefern, so wäre der Apparat zur Messung dieser Ströme geeignet.

In dem anderen Grenzfall, wenn p = n ist, d. h. wenn der Eigenton der Membran und die Schwingungszahl des Sinusstroms übereinstimmen, wird der Ausschlag sehr gross. Dieser Fall wird uns im Folgenden ausschliesslich beschäftigen, da es auf diese Weise möglich wird, sehr schwache Wechsel- ströme zu messen, um besonders gute Wirkungen zu er-

1) Rayleigh, Theory of sound. 2. § 43.

Telephon. 697

zieleoi müssen n und p genau übereinstimmen, und muss ich vor allem auseinandersetzen, wie dies erreicht wird.

Man beginnt damit, dass man die Dicke der Membran und das Gewicht des aufgelötheten Eisenstücks so wählt, dass ihr Qrundton in dem Bereich liegt, in welchem man zu arbeiten wünscht; bei mir ca. 150 Schwingungen in der äecunde. Darauf stellt man die Feder (cf. Fig. 1) ein, deren Eigenton man dadurch ändern kann, dass man sie verlängert oder verkürzt, indem man sie bei Ä (Fig. 1) mehr oder weniger weit einklemmt. Das rohe Einstimmen gesichah nach dem Gehör, zum feineren wandte ich eine Stimmpfeife mit * verschiebbarem Stempel an, und sah in dem Spiegel nach einer scharf begrenzten Linie, etwa einem Fensterrand, wo- bei eine Bewegung des Spiegels sofort merklich wird. Bei Aenderung des Pfeifen tons traten zwei Maxima auf, das eine dem Eigenton der Membran, das andere dem der Feder entsprechend. Darauf wurde die Länge der Feder so lange geändert, bis beide Maxima zusammenfielen. Das nun auf- tretende Maximum war ein ziemlich breites, sodass der Apparat nicht allzuleicht verstimmt werden konnte.

Die höheren Eigentöne des Systems sind nur sehr wenig ausgebildet. Bei der Membran ist die Hauptmasse in dem in der Mitte aufgelötheten Eisenstück concentrirt, wo auch der Wirkungspunkt der Kraft liegt. Der grösste Theil der Feder ist durch den aufgeklebten Spiegel starr und nur ein kleiner und leichter Theil biegsam. Infolge dessen können bei beiden die höheren Eigentöne nur schwach oder gar nicht auftreten; wenigstens habe ich nie irgend einen Ein- fluss derselben merken können.

Schliesslich muss nun noch die Schwingungszahl des Wechselstroms mit dem Grundton der Membran in Ueber- einstimmung gebracht werden. Es wurde der secundäre Strom eines Inductionsapparates benutzt, dessen primärer Strom durch eine electromagnetisch getriebene Saite unter- brochen wurde. Dieselbe arbeitet sicherer und bequemer als eine Stimmgabel und ist die Einrichtung dabei folgende. Eine Eisensaite wird unter einem Electromagnet aufgespannt; ungefähr in der Mitte derselben werden zwei Kupferdrähte {K^ und K^\ s. Fig. 2) angelöthet, die in zwei Quecksilber-

598 M. Wien.

näpfchen tauchen. Ein Accnmulator {4i)$ der Electromagnet und ein Qnecksilbercontact werden in bekannter Weise zum Betriebe der Saite gebraucht. Der andere dient als Unter- brecher des primären Stromes des Inductionsapparates. Der

Fig. 2.

Vorzug der Methode ist, dass man die Tonhöhe bequem:^ schnell und in einem grossen Bereich ändern kann, ohn^9 dass dabei die Saite zu schwingen aufhört. Dazu kommt ein sehr ruhiger und gleichmässiger Gang, auch wenn ein Daniell als treibende Kraft dient.

Der Contact zwischen der Saite und den Quecksilber- näpfchen wurde nicht durch Platindrähte , sondern durcl dünne I amalgamirte Kupferdrähte bewirkt, wobei der Con* tact viel gleichmässiger ist, so dass das Lichtband im Fem- rohr ganz ruhig steht und auch bei grossen Ausschiffe] bequem auf Vio Sealentheil abgelesen werden kann. Dem* nach kann mit diesem Apparat die Amplitude eines alter- nirenden Stroms auf mindestens 1 Proc. genau gemessen werden.

Um nun die Saite auf den Eigenton des Apparates ein- zustimmen, wird derselbe in den BrQckenzweig der Wheat- stone'schen Brücke gebracht und der Schleifcontact so ver- schoben, dass ein passender Ausschlag entsteht. Nun wird der Ton der Saite durch Spannen so lange geändert, bis dieser Ausschlag ein Maximum erreicht

Die ganze eben beschriebene Einstimmung der drei Töne aufeinander ist bei einiger Uebung in einer Viertel- stunde leicht zu vollenden. Der Apparat bleibt, einmal eingestellt, wochenlang brauchbar, ohne dass eine neue Ein* Stimmung nothwendig wäre. Bei der Saite war dies öfter nothwendig, da sie vor dem Fenster stehen musste, wo sie

Telephon. 599

TemperatorveränderuDgen u. s. w. ausgesetzt war; im Zimmer rief ihr Ton einen kleinen Ausschlag hervor, der bei den meisten Untersuchungen störend gewirkt hätte.

Wie bei allen empfindlichen Apparaten war es nicht möglich mit Sicherheit Ausschläge auf einander zu beziehen, welche an verschiedenen Tagen beobaohtet waren; jedoch ist dies im allgemeinen auch nicht nöthig. Im Folgenden habe ich nur solche Ausschläge miteinander verglichen, die durch Umschalten unmittelbar hintereinander erfolgten, wo also ein Fehler durch etwaige Aenderungen der Einstimmung absolut ausgeschlossen ist.

Es ist oben stillschweigend anstatt eines einfachen Sinus- stroms der Strom eines Inductoriums eingeführt. Die Form des letzteren hängt wesentlich von dem Inductorium und der Art der Unterbrechung ab. Jedenfalls besteht er ausser dem Sinusstrom von der Periode der Unterbrechung aus einer Anzahl von Sinusströmen höherer Perioden, welche in dem System alle nebeneinander f&r sich bestehen und wenn man den Strom durch ein Hörtelephon schickt, als Obertöne auftreten.

Das optische Telephon nun zeigt für den Strom, auf dessen Periode es eingestimmt ist, einen mehr als 100 fachen Ausschlag, wie für jeden anderen; infolge dessen kann der Ausschlag fdr die Sinusströme höherer Periode vernach- lässigt werden, besonders wenn man ein Inductorium mit festem Eisenkern anwendet, wo die Stromcurve annähernd sinusförmig verläuft, sodass die Ströme höherer Periode ver- hältnissmässig schwach sind. Auf einen scharfen experimen- tellen Beweis dieser Eigenschaft des optischen Telephons komme ich weiter unten (p.6l4) zu sprechet. Man hat dadurch den grossen Vortheil, dass man den durch eine Saitenunter- brechung gelieferten Inductionsstrom, dessen Periode con- stant ist und genau bestimmt werden kann, in Bezug auf den Apparat als einfachen Sinusstrom ansehen kann. Im Gegensatz hierzu muss man, wenn man mit dem Dynamo- meter Sinusströme studiren will, einen Sinusinductor anwen* den, bei dem ein gleichmässiger Gang und eine genaue Be* Stimmung der Schwingungszahl nicht möglich ist.

Ferner unterscheidet sich der Apparat dadurch von dem

600 M. Wien.

DTnamometer, dass der Ausschlag direct proportional der Stromamplitude ist, während dies bei dem Dynamometer nur bei der Wheatstone'schen Brücke mit Hülfe eines Konst- griJBfs zu erreichen ist, indem man die feste Bolle, also einen verhUtnissmässig grossen Widerstand in den Hauptzweig bringt.

Die Proportionalität zwischen Ausschlag und Strom- amplitude musste experimentell bewiesen werden. Es ge- schah dies in derselben Weise wie oben bei constantem Strom, indem bei der Wheatstone'schen Brücke der Schleifcontact in der Nähe des Nullpunktes verschoben wurde, wobei der durch die Brücke gehende Strom dieser Verschie- bung proportional ist.

Die Widerstände in den vier Zweigen waren dieselben, wie oben.

Ich erhielt folgende Tabelle, in welcher die erste Columne die Verschiebung des Schleifcontacts vom Nullpunkt in Cen- timeter Brückendraht angibt, die zweite den beobachteten Ausschlag, die dritte den aus dem Mittelwerth der beobach- teten berechneten Ausschlag, die vierte die Abweichungen:

cm

beob. Ä

ber. ^

A

0

0

0

0

5

10,3

10,15

+0.15

10

20,2

20,3

-0,1

15

30,6

30,45

+ 0,15

20

40,6

40.6

±0.0

25

50,7

50,75

+0,05

80

60,8

60,9

-0,1

35

70,9

71,05

-0,15

40

81,0

81,2

-0,20

Die Abweichungen liegen innerhalb der Beobachtungs- fehler, somit ist die Proportionalität bewiesen.

Es konnte hieraus nicht in so einfacher Weise die Empfindlichkeit des Apparates bestimmt werden, wie oben bei constantem Strom. Einen angenäherten Werth erhielt ich, indem die mittlere electromotorische Kraft eines Sinus- inductors, welcher ungefähr soviel Umdrehungen in der Secunde machte, wie die Schwingungszahl des optischen Te- lephons betrug, mittelst eines Dynamometers festgestellt wurde. Darauf wurde bei gegebenen Widerständen in der Wheatstone'schen Brücke der Ausschlag des optischen

Telephon. 601

Telephons für den Strom des Sinusinductors abgelesen. Hieraus berechnete sich, dass, um einen Ausschlag von 1 Sealentheil hervorzurufen, eine mittlere Intensität des Sinusstroms Yon etwa 6 . 10-^ Ampere nothwendig war. Bei der Einstellung auf den Strom Null waren ca. 10~^ Ampfere noch merklich. Die Nulleinstellung geschieht am besten, indem ein dünner Draht in dem Spalt aufgespannt wird, der ziemlich breit und nicht zu hell beleuchtet sein muss. Geht ein Strom durch den Apparat, so erscheint der Draht breiter und weniger intensiv dunkel.

Das angewandte Dynamometer bedurfte für einen Aus- schlag von einem Scalenthei] einer mittleren Stromintensit&t von ca. 10~^ Ampere; jedoch war auch bei der Nulleinstel- lung die Empfindlichkeit nicht viel grösser, da wegen der langsamen und schwierigen Ables.ung die Fehlergrenze ziem- lich hoch lag.

Bei der grossen Verschiedenheit dieser beiden Apparate zur Messung von Wechselströmen dient vielleicht die Ge- nauigkeit der Nulleinstellung bei der Messung eines induc- tionsfreien Widerstandes am besten zum Vergleich ihrer Empfindlichkeit Ich gebe daher für jeden Apparat zehn Einstellungen in Centimetern des Brückendrahtes, der einen Widerstand von 1,92 Siemens besass, während 100 Siemens auf beiden Seiten hinzugefügt waren; in den beiden anderen Zweigen befanden sich auch je 101 Siemens. In der Brücke war einmal die bewegliche Rolle des Dynamometers mit einem scheinbaren Widerstand von 250 S., das andere mal das Telephon mit 234 S., sodass beide Apparate sich unge- fähr unter denselben Bedingungen befanden. Ich erhielt folgende Werthe:

Dynamometer

Optisches Telephon

cm A

cm

d

45,9 4,5

50,9

0,4

54,0 3,6

50,3

0,2

51,6 1,2

50,8

0,8

47,1 8,3

50,5

0,0

50,6 0,2

51,1

0,6

43,6 6,8

50,8

0,2

52,9 2,5

50,8

0,8

55,2 4,8

50,0

0,5

58,1 2,7

50,0

0,5

50,8 0,1

50,2

0.3

504,8 29,7

504,9

3,3

602 M. Wien.

Es ergibt dies einen mittleren Fehler in der Wider- standsbestimmung beim Dynamometer Yon 0,11 Proc., bei dem optischen Telephon von 0,012 Proc. Wichtiger jedoch als die grössere Genauigkeit ist die grössere Bequemlichkeit und Schnelligkeit der Einstellung. Zu zehn Einstellungen mit dem optischen Telephon waren nur etwa 3^4 Minuten er- forderlich.

Das Hörtelephon lässt sich nicht in dieser Weise mit den anderen Apparaten vergleichen; jedenfalls kommt man nicht über eine Genauigkeit von Vio P^o^« hinaus. Es ist übrigens bei Anwendung des Sinusinductors als Stromquelle, also f&r reine Sinusströme, wie schon F. Kohlrausch bemerkt, sehr unempfindlich. Die Möglichkeit einer genauen Null- einstellung bei gewöhnlichen Inductionsströmen beruht auf der Empfindlichkeit des Hörtelephons für Wechselströme sehr hoher Periode, was jedoch wieder andere Uebelstände mit sich bringt. Ich komme auf diesen Punkt weiter unten zurück.

Der Widerstand des Telephons von ca. 200 Siemens ist bei sehr grossen oder sehr kleinen Widerständen in den vier Zweigen der Brücke nicht günstig. Um dem abznhel* fen, benutzt Chaperon^) zur Messung von Flüssigkeits- widerständen bis zu 100 000 Ohm einen Transformator, dessen eine Rolle 5000 Ohm hatte. Diese war in die Brücke ein- geschaltet. Die andere hatte den Widerstand des Telephons und war mit demselben verbunden. Da ich oft mit kleinen Widerständen zu thun hatte, benutzte ich das entgegen» gesetzte Princip, indem ich in die Brücke die primäre Rolle eines Inductoriums mit weichem Eisenkern brachte, welche etwa 1,4 S. besass. Mit dem Telephon war die secundäre von etwa 90 S. Widerstand verbunden. Bei je 1 Siemens in den vier Zweigen der Brücke erhielt ich etwa den fünf- fachen Ausschlag, wie bei directer Einschaltung.

Die Haupteigenschaften des optischen Telephons sind also noch einmal kurz zusammengefasst, folgende:

1) Dasselbe misst mit grosser Empfindlichkeit einen Sinusstrom einer bestimmten Periode, unbekümmert um an- dere Ströme in dem System.

1) Chaperon, Journ. de Phye. 9. p. 481. 1890.

Telephon. 603

2) Der Ausschlag ist proportional der Amplitude dieses Sinusstromes.

Anwendungen.

Geht ein Wechselstrom durch eine Wheatstone'sche Brücke und befindet sich in einem Zweige derselben eine Inductioüsrolle oder eine Flüssigkeitszelle, oder ist ein Con- densator nebengeschaltet, so ist es nicht möglich, durch alleinige Widerstandsänderung den Strom in dem Brücken- zweig zum Verschwinden zu bringen, sondern man erhält nur ein Minimum. Und zwar fällt dieses Minimum nicht mit dem wahren Nullpunkt zusammen, d.h. mit dem Punkte des Brücken- drahtes, wo tr^tr^s w^w^ ist. Diese Differenz zwischen Mini- mum und Nullpunkt einerseits, der Vergleich der Strom- amplituden im Minimum und Nullpunkt andererseits geben Werthe für die Capacität, das Selbstpotential und die Pola- risation. Da sich auf diese Weise nur sehr grossQ Capa- citäten bestimmen lassen, so habe ich mich im Folgenden besonders mit der Selbstinduction und der Polarisation be- schäftigt, mit letzterer bis jetzt nur, insofern sie bei der Messung von Flüssigkeitswiderständen in Betracht kommt

Messung von Selbstpotentialen.

Es müssen zuerst die nothwendigen Formeln abgeleitet werden; ich gebe die ersten Gleichungen im Anschluss an Oberbeck. ^) Geht ein veränderlicher Strom durch einen Leiter mit Selbstinduction, so besteht die Gleichung:

Hierin ist p das Potential des Zweiges auf sich selbst, J dio Stromstärke zur Zeit i, w der Widerstand und E die elec- tromotorische Kraft.

Dann lauten die Ei rchho ff 'sehen Gleichungen; für jeden geschlossenen Kreis von Zweigen, in denen der Hauptzweig •— der Sitz der electromotorischen Kraft nicht vorkommt:

für jeden Verzweigungspunkt:

1) Oberbeck, Wied. Ann. 17. p. 820. 1882.

604 M. ffien.

2^ = 0.

Ist in dem Hauptzweig ein einfach periodischer Strom mit der Amplitude 1, J =a e^, so lauten die Gleichufigen:

a ^ inp + w eine Grösse, welche von den Engländern' Wider- standsoperator genannt wird.

K ist die Amplitude in jedem Zweige und lässt sich aus den obigen Gleichungen berechnen. Z. B. für den Brückenzweig der Wheatstone'schen Brücke:

Fig. 8. Ä =

Ol a^ a^a^

(«i + a,) (ffj + a^) + w{ai + a, + Oj + aj

Hierin sind a^ bis a^ die Widerstandsoperatoren der vier Zweige der Wheatstone'schen Brücke und w der Wide^ stand des Brückenzweiges.

K ist im allgemeinen eine complexe Zahl ^ (i + 1>; führt man die Rechnung durch, indem man überall für +i 2 setzt, so erhält man K'^ fi iv. Nun soll ein einfacher Sinusstrqm:

•7 a= cos n^ = } (e«°* + <r-*"*) durch das System gehen, dann ist die Stromstärke für jeden Zweig:

J =s J (m + iv) e*°' + J (ju iv) e- *°* = fi cos n/ v sin n( = Vfi^ + v^ cos [nt - €) = VäT" cos {nt - t).

Die PhasendiflFerenz c = arctg(— v/ju) hat Oberbeck zur Bestimmung von SelbstinductionscoSfficienten benutzt. Uns interessirt im Folgenden nur die Amplitude u = YKK'.

Es befinde sich nun in dem Zweige 1 der Wheat- stone'schen Brücke eine Inductionsrolle, in den anderen sei die Selbstinduction zu vernachlässigen. Dann ist:

Demnach im Brückenzweig:

Es sei 2^73 und tr^, wie gewöhnlich, durch einen Schleifcon- tact veränderlich; der Punkt des Brückendrahtes, wo bei

Telephon. 605

nstantem Strom im Brückenzweig der Strom Null ist, sei wahrer Nullpunkt'^ genannt und die dazugehörigen Werthe t u7o3 und w^ bezeichnet. Ferner sei 8 der Widerstand s Stückes des Brückendrabtes, um welches der Schleif- ntact von dem wahren Nullpunkt entfernt ist. Dann wird:

Wenn man den Schleifcontact auf dem Brückendraht ver- liebt, so ändert sich nur 8\ aus diesem Grunde ist 8 als le Grösse eingeführt

Da im Nenner nur die Summe w^ + w^^ w^^ + w^^ = dem iderstand des ganzen Brückendrahtes vorkommt, so ist : Nenner von 8 unabhängig und ich bezeichne ihn mit N.'^)

Der Zweck der folgenden Rechnung ist, zu zeigen, an Icher Stelle des Brückendrahtes, also für welches 8 ein nimum des Ausschlages eintritt

Da diese Rechnung sich noch ein paar mal wiederholt, 1 ich sie schematisch durchführen, a} hat die Form:

«= N

ir den wahren Nullpunkt (d = 0) wird offenbar a nicht 0, sondern:

wird ein Minimum, wenn da'jdä =sO, d. h. :

Dann ist die Intensität im Minimum:

- ÄC—B*

1) Es ist hier die etwas ungewöhnliche Einrichtung getroffen, dass r Schleifcontact nicht mit dem ßrückenzweig, sondern mit dem Hanpt- eig, dem Sitz der electromotorischen Kraft, verbunden ist. Wendet n die gewöhnliche Form der Brücke an, so tritt d im Nenner der sichnng (1) auf, ist aber von verschwindendem Einfluss auf seinen 3rth, so lange ö klein gegen w^ was hier im allgemeinen immer der U sein wird, da b ein Stück des Brüchendrahts, also ein Bruchtheil 1 1 Siemens ist, während w der scheinbare Widerstand des Telephon ^^ 234 S. betrftgt

V

«06 M. Wien.

Bilden wir («o* «i*)/^* = p', so wird: (6) Q^ ^

y AC-B*

Im vorliegenden Fall Inductionsspule im Zweige 1, Glei- chung (1) ist:

.s.»s.

Hieraus:

Wir haben hier zwei Gleichungen für np, sodass w durch eine Einstellung gleichzeitig zwei voneinander unab- hängige Werthe für diese Grösse erhalten, den einen durch die Bestimmung von 8^, den anderen durch die Bestimmang von Q, Der Gang des Versuchs ist im einzelnen folgen- der. Mittelst eines Umschalters leitet man zuerst einen Constanten Strom durch das System, stellt auf den wahren Nullpunkt ein und erhält dadurch zugleich w^. Darauf leitet man durch Umschalten den Wechselstrom hindurch und liest den Ausschlag am Nullpunkt {a^) ab; nun verschiebt man den Schleifcontact bis der Ausschlag ein Minimum wird und liest denselben {a^) ab; damit erhält man:

1 Ao*-gt*

und den einen Werth von np. Den anderen erhält man zugleich durch S^ (das Stück des Brückendrahtes, um das der Schleifcontact vom Nullpunkt verschoben ist).

Im allgemeinen ist die Bestimmung von np aus der Gleichung np={w^ + w2)Q vorzuziehen, da bei grösserer Selbst- induction der Ort des Minimums und damit S^ unsicher wird.

Um mit grösserer Sicherheit q bestimmen zu können, wurden zwei Schleifcontacte angewandt, der eine auf den Nullpunkt, der andere auf das Minimum eingestellt; mit- telst einer Wippe konnte jeder derselben nach Belieben eingeschaltet werden. Nun konnten durch einfaches Um- legen der Wippe die Ausschläge a^ und a^ kurz hinter-

TekphotL

«07

einander abgelesen werden , ohne dass Fehler von der In- constanz des Wechselstroms u. s. w. zu befQrchten waren. Bei einer Messung ist hierbei der Fehler etwa 1 Proc. Man kann jedoch durch Aenderung von tr, und tr^, welche in obigen Gleichungen nicht vorkommen, beliebig viele unab- hängige Werthe für Q erhalten; und femer durch Aenderung

Fig. 4.

Ton U7j + 1^3 beliebig viele verschiedene g^ die alle dasselbe np ergeben müssen; so dass man auf diese Weise np leicht bis auf 7io Pfoc. und genauer messen kann. Die einzelne Messung ist sehr schnell gemacht, sodass ich in zwei Stun- den über 30 Werthe für einen Selbstinductionsco^fficienten erhielt

Hiermit ist np gegeben, um p selbst zu erhalten, muss n^2nlT bestimmt werden. Mittelst der Methode der Schwe- bungen fand ich 1/7« 149,8; also n^r 941,2.

In den wenigen Tagen, in welchen, nachdem die Methode einmal festgestellt, die hier angegebenen Selbstinductions- coefficienten gemessen wurden, blieb die Schwingungszahl innerhalb der Fehlergrenzen constant. Es wurde dies ausser durch den Vergleich mit einer eingestimmten Stimmgabel noch durch Wiederholung der Messung von np bei einigen Hollen bewiesen, die bis auf Bruchtheile eines Procents die- selben Werthe ergab.

Zur besseren Veranschaulichung gebe ich für eine Rolle die ausführlichen Zahlen, w^, tr^, np in Siemens, 8 und ir^ in Centimeter Brückendraht, a^, a^ in Scalentheilen.

608

M. Wim.

tPl+W,

ö

»4

np

«0

«i

np

2,11

28,3

19,2

2,56

20.1

12,7

2,57

3,11

26,1

38,5

2,56

22,8

17,6

2,57

2,11

42,7

30,0

2,55

25,8

16,1

2,55

3,11

61,8

36,5

2,57

28,1

21,3

2,59

I

Bemerknngeo

1 SiemenB zu «^ zugeschaltet

Mittelwerth np s 2,565 S., mittlerer Fehler der einzelnea Beobachtung ca. V2 P^oc« Um p in absolutem Maass m erhalten, muss die Zahl mit 10^.0.943/941,2 multiplicirt wer- den; es wird also p = 2,57 . 10® cm.

Die secundäre Rolle eines du Bois' sehen Schlittenappa- rates gab bei einem Widerstand von 251 S. np a 902,5, so- dass der scheinbare Widerstand bei dieser niedrigen Schwin« gungszahl schon 937 S. beträgt. Eine Drahtrolle von 0,285 8. hatte einen Selbstinductionscoefficienten np = 0,122 S.; mit einem Kern aus dünnem Eisendraht np « 1,103 S.

Bei sehr kleinen Ausschlägen, also bei kleiner Selbst- induction und verhältnissmässig grossem begleitendem Wider- stände, wird die Bestimmung von q und 8 sehr ungenau; man thut dann am besten solche Selbstinductionscoefficienten direct mit anderen grösseren zu vergleichen. Dies geschieht auf folgende Weise: im Nullpunkt ist a^ ^npjN. Demnach verhält sich, wenn sonst alles gleich bleibt und nur p im Zweige 1 geändert wird : p:p' r=: a^: ccq. Hierbei ist nur da- rauf zu achten, dass die Widerstände in den Zweigen 3 und 4 gross gegen np sind, damit der Nenner trotz der Aenderung von np merklich denselben Werth beibehält Da der Vor- aussetzung nach np klein sein soll, ist dies leicht zu erfüllen. Auf diese Weise ermittelte ich die Aenderung der Selbst- induction einer Rolle beim allmählichen Hineinschieben eines Eisendrahtkems. Indem auf dem Drahtkern eine Theilnng angebracht und eine Tabelle dazu angefertigt wurde, erhielt ich eine Drahtrolle mit bekannter, variabler Selbstinduction, die mir später nützlich wurde. Trotz der sehr niedrigen an- gewandten Periode lassen sich selbst sehr kleine Selbstinduc- tionscoefficienten in dieser Art messen, z. B. der eines ein paar Mal um eine Bleifeder gewickelten Kupferdrahtes. Auch geradlinige Eisendrähte oder dicke Kupferdrähte zeigen noch merkliche Selbstinduction und hoffe ich hierüber bei höherer Schwingungszahl bald genauere Werthe zu erhalten.

Telephon. 609

Bei Bollen mit festem Eisenkern erhielt ich ganz falsche Resultate. Es liegt dies daran, dass infolge der in der Eisen- masse selbst entstehenden Ströme der Eztrastrom eine Pha- senverzögerung erleidet Oberbeck ^) hat mit Hülfe des Dynamometers und des Sinusinducters diese Phasenverzöge- rung gemessen und zur genaueren Berechnung der inducirten magnetischen Momente benutzt

Wenn wir die Phasenverzögerung in die obigen Formeln einfahren, so muss bei einem Strom J = e^^ im Hauptzweig, in dem Ausdruck für die electromotorische Kraft des Extra- Stroms p.dJ/dt statt J=sf*°*, Jsse^c»*-^') gesetzt werden. Dann wird der Widerstandsoperator o^ = ir -|- ipn.r-^^; fttr den Strom e"^^ im Hauptzweig Oj' ^w inpe+^^. Dem- nach ist f&r einen Sinusstrom die Inteußit&t im Brücken- zweig (JT = {a^a^ - a^a^)IN):

s 5*(tPt + 10,)* + n'p* (tPo4 ~ Sy^ 2np sin y (tgp^ ^) ^ (tP| + tg,)

a^ hat wieder die Form:

Ah^-lB^^r C

N

und es folgt aus Gl. (6) p. 606):

B np + (tO| + 10,) Bin y

V^C-5* (wi + 10,) cos yf

np » (tTj + tTj) {q cos i;; sin yj) .

Aus zwei oder mehreren Paaren von Beobachtungen bei verschiedenem {w^ + w^) erhält man xp nach der Gleichung:

tgt/;=i g («^t + to,) - g' (tr>' + tp,0 ,

(fOg + 10,) (lOj' + 10,')

Dann bestimmt man durch Einsetzen von \p in die Glei- chung np =3 (tTj^ +u>%)[q cos 1/; sin t/;} aus denselben oder anderen Beobachtungen np.

Nnn konnte das hier mchtige Selbstpotential eines Tele- phons bestimmt werden. Dasselbe besass einen Widerstand von 202,0 S. und ich fand :

tg tp « 0,190, yj - 10,8<*; np « 121,0, p « 1,213 . 10« cm.

1) Oberbeck, Wied. Ann. 21. p. 672. 1888. Ann. d. Phji. o. Chcm. N. F. ZLII. 39

610 M. Wien.

Es ist in den meisten Fällen bequemer \p f&r sich auf eine etwas andere Art zu bestimmen.

Bringt man nämlich die Inductionsrolle Yorläufig ohne Eisenkern nicht in den Zweig 1, sondern in den Zweig 8 als Zuschaltüng zum JBrückendraht, so wird, der Widerst&nds- operator o^ a tr^, ^s = ^ai ^^^z'\- ^^Pj ^4 ^ ^4 und:

^2 _ ^* («Pi + «p«)' + »*y*«p«* .

0* Aus dcc^ldS « 0 folgt 8^0: es fällt das Minimum mit

dem wahren Nullpunkt zusammen; nebenbei bemerkt, ergibt

sich hieraus die Möglichkeit den wahren Widerstand eines

Leiters mit Selbstinduction durch Wechselströme zu messen.')

Wenn nun ein Eisenkern in der EoUe ist, so tritt eine

Phasenverzögerung des Eztrastromes auf und es wird:

a - JV '

^ = 2 J(wi + w^y - 2np ti?3 (wj + tTg) sin t/; = 0,

Es fällt also hier nicht Nullpunkt und Minimum zu- sammen.

Daraus ergibt sich erstens ein Mittel, um das Vorhan- densein einer Phasendifferenz (bei Rollen mit Drahtkem) zu erkennen, und zweitens diese Phasendifferenz genau zu mes- sen, da sie unabhängig von den Widerständen in den vier Zweigen nur von dem Verhältniss der Ausschläge im Mini- mum und Nullpunkt abhängt. Durch Variiren der vier Widerstände kann man demnach beliebig viele unabhängige Werthe für 1^ erhalten.

Auf diese Weise wurde für eine Rolle mit Eisenkern tgi/; = 0,465 1// = 25^ bestimmt; mit einem Kern von Eisen-

1) Widerstände mit Selbstinduction lassen sich auch bei der gewöhn- lichen Anordnung der Wheatstone'schen Brücke mit dem optischen oder mit dem Hörtelephon messen, wenn man einen constanten Strom durch das System schickt und den Brückenzweig durch eine Stimmgabel oder Saite unterbricht. Das Telephon kann sowohl direct, als mit Hülfe eines Inductoriums (vgl. p. 602) eingeschaltet werden. In dem wahren Nullpunkt werden Ton und Ausschlag su Null.

Telephon. 611

drabt Ton einem Durchmesser von 2 mm v^= 10,5^ Je dünner der Eisendraht und je kürzer die Bolle, desto klei- ner ist %l). Bei einer Rolle von 8 cm Länge und 3 cm Durch- messer mit einem Drahtkern von feinstem Blumendraht war keine Phasendifferenz mehr nachzuweisen.

Die eben abgeleiteten Formeln stimmen deshalb nicht ganz genau, weil der von der Rolle selbst herrührende Theil des Eztrastromes ohne Phasendifferenz verläuft. Dieser Theil wird im allgemeinen nur klein sein und daher der Fehler auch nur klein, sodass für die Praxis die Formeln ausreichen dürften. Oberbeck^) trennt die beiden Theile des Extra- stromes und bestimmt den von dem Magnet selbst herrühren- den Theil für sich, wodurch er den inducirten Magnetismus erhält. Thun wir dies auch, so erhalten wir folgende Glei- chungen. Der Werth von ö^ bleibt ähnlich:

^ 3f n . sin t(^ . 10, 3f sin w

Ö, =s ; ' > Q = , ^ ^

* tOi + t^t f -{■ M cos ^

Hierin hat M dieselbe Bedeutung, wie bei Ob erb eck; mit der Stromintensität multiplicirt ist es das electromag- netische Potential des Eisenkernes in Bezug auf die Rolle und kann daher M als Maass des inducirten Magnetismus gelten. Wenn p, das Selbstpotential der Rolle ohne Eisen- kern, vorher für sich bestimmt ist, kann M und t/; aus ein oder mehreren Beobachtungen mittelst obiger Gleichungen berechnet werden.

Messung von Flüssigkeitswiderständen and Polarisation

bei Wechselströmen.

Geht ein Wechselstrom durch eine Flüssigkeitszelle, so entsteht infolge der Polarisation an den Electroden eine neue periodische electromotorische Kraft e. Ueber diese electro- motorische Kraft macht F. Kohlrausch') die Annahme, dass sie proportional der jedesmaligen Belegung der Electroden sei, also proportional der Electricitätsmenge, welche seit dem Zeicbenwechsel des primären Stromes durch die Zelle hin- darchgegangen ist. Indem er nun c die Gapacität der Elec-

1) Oberbeck, L c. p. 675.

2) F. Kohl rausch, Pogg. Ann. 148. p. 158. 1878.

89*

612 M. Wien.

troden nennt, d. h. das Reciproke des Potentials, zu welchem sie durch die Electricitätsmenge 1 geladen werden, erhftlt er:

Für J«= sinn^: e= cosf n^— -J|«

nc V 2/

Es ist also jedem Sinusstrom, der durch eine Flüssig- keitszelle geht, ein anderer entgegengesetzt gerichtet, der mit dem ersten eine Pbasendiflferenz von | n hat und dessen Amplitude umgekehrt proportional der Electrodenfläche und der Schwingungszahl ist.

Es müssen wieder die Formeln für die Wheatstone'- sehe Brücke abgeleitet werden: Ist im Hauptzweig J^^^ so ist die electromotorische Kraft einer Flüssigkeitszelle, durch welche der Strom geht:

1 fjdt = X e^^\

e J tne

Daraus folgt der Widerstandsoperator des Zweiges 1, in welchem die Zelle sich befinden soll:

^*=*^ + f^' Ö2=«^2> ös^M's» a^=-to^.

Die Amplitude a im Brückenzweig, wenn ein einfacher Sinus^trom durch das System hindurchgeht, ergibt sich, wie gewöhnlich mit Hülfe der Gleichung K ^ [a^a^^ a^a^) j N be- rechnet, als:

N

Der Ausdruck hat genau dieselbe Form, wie oben f&r eine InductionsroUe im Zweige 1, nur dass überall für np Ijnc zu setzen ist. Demnach ergibt sich für den Ausschlag im Minimum:

und für die Abweichung des Nullpunktes vom Minimum:

^1 ■" 1 + n'

tr,

04

Es folgen hieraus zwei Fehler bei der Messung von Flüs- sigkeitswiderständen mit Dynamometer oder Hörtelepboo;

i

Telephon,

613

Xtellungsfehler, weil man auf das Minimum schlecht N^ann, und ein principieller Fehler d^.

i* ^2) ^^ Nenner quadratisch vorkommti so sind \Fehler nur gross für Flüssigkeiten mit gerin- ande. F. Kohlrausch hat beide Fehler ver- ändern er grosse platinirte Electroden anwandte, a c vergrössert wird, und indem er die Schwingungs- . möglichst hoch wählte. Zugleich hat er jedoch ein ^ttel angegeben, bei Sinusströmen die Fehler a priori zu vermeiden, nämlich durch Hinzufügung einer InductionsroUe in demselben Zweige. Es wird dann der Widerstandsoperator des Zweiges 1:

cu = u>, + t n p + - i 1 ' f^ * %ne

Hieraus immer in derselben Weise berechnet:

«2 =

5«{iü, + 10.)«+ [np - ^)W- ^y

N

Für np^l/nc fällt das zweite Glied des Zählers fort, wir erhalten cc* = S^{w^ + w^y/N, wie wenn weder Selbst- induction, noch Polarisation in dem Zweige 1 wäre; a a 0 für ^=0, d. h. im wahren Nullpunkt wird der Ausschlag gleich Null.

Die Erscheinung wird physikalisch durch beifolgende schon von F. Kohlrausch gegebene Zeichnung klarer; darin bedeutet den primären Strom, den Polarisations- strom, den Selbstinductionsstrom. Es ist augenschein- lich, dass die beiden letzten Ströme sich bei gleicher Am- plitude aufheben müssen.

Fig. 5.

612 M. Wien.

troden nennt, d. h. das Beciproke des Potentials, zu welchem sie durch die Electricit&tsmenge 1 geladen werden, erh&lt er:

Für J«s sinn^: « = cosf n^— ^l«

ne \ 2/

Es ist also jedem Sinusstrom, der durch eine Flüssig- keitszelle geht, ein anderer entgegengesetzt gerichtet, der mit dem ersten eine Pbasendiflferenz von \ n hat und dessen Amplitude umgekehrt proportional der Electrodenfläche und der Schwingungszahl ist.

Es müssen wieder die Formeln für die Wheatstone'- sche Brücke abgeleitet werden: Ist im Hauptzweig J=if^^ so ist die electromotoriscbe Kraft einer Flüssigkeitszelle, durch welche der Strom geht:

-i- fjdt « ^ e^^K e J tue

Daraus folgt der Widerstandsoperator des Zweiges 1, in welchem die Zelle sich befinden soll:

Die Amplitude cc im Brückenzweig, wenn ein einfacher Sinus^trom durch das System hindurchgeht, ergibt sich, wie gewöhnlich mit Hülfe der Gleichung K=s {a^a^-- ^^)/^ be- rechnet, als:

(»04 - 5)*

=

ö* (wi + ta,)* +

t^s

n'e

N

Der Ausdruck hat genau dieselbe Form, wie oben f&r eine InductionsroUe im Zweige 1, nur dass überall für np 1/nc zu setzen ist Demnach ergibt sich für den Ausschlag im Minimum:

und für die Abweichung des Nullpunktes vom Minimum:

S = ^

1 1 + n^c'' (iTi + IT,)«

Es folgen hieraus zwei Fehler bei der Messung von Flüs- sigkeitswiderständen mit Dynamometer oder Hörtelephon;

Telephon,

613

ein Einstellungsfehler, weil man auf das Minimum schlecht einstellen kann, und ein principieller Fehler d^.

Da (to^ + w^ im Nenner quadratisch vorkommti so sind offenbar diese Fehler nur gross für Flüssigkeiten mit gerin- gem Widerstände. F. Kohlrausch hat beide Fehler ver- kleinert, indem er grosse platinirte Electroden anwandte, wodurch c vergrössert wird, und indem er die Schwingungs- zahl möglichst hoch wählte. Zugleich hat er jedoch ein Mittel angegeben, bei Sinusströmen die Fehler a priori zu vermeiden, nämlich durch Hinzufügung einer Inductionsrolle in demselben Zweige. Es wird dann der Widerstandsoperator des Zweiges 1:

CL = tr, + inp + ■;

" 1 ^ ' tnc

Hieraus immer in derselben Weise berechnet:

{A rs ^ '-

N

Für np^ Xjnc fällt das zweite Glied des Zählers fort,

"wir erhalten «•= 3*(frj + ti?2)'/iV, wie wenn weder Selbst-

:induction, noch Polarisation in dem Zweige 1 wäre; a a 0

:für ^»0, d. h. im wahren Nullpunkt wird der Ausschlag

gleich Null.

Die Erscheinung wird physikalisch durch beifolgende :schon von F. Kohlrausch gegebene Zeichnung klarer; darin

^bedeutet den primären Strom, den Polarisations-

^trom, den Selbstinductionsstrom. Es ist augenschein- Üch, dass die beiden letzten Ströme sich bei gleicher Am- ditude aufheben müssen.

Fig. 5.

614 M. Wien.

F. Kohlrausch selbst hat dieses Mittel nicht benutzt, offenbar wegen der Schwierigkeit, die Rotation des Sinus- inductors, also n, constant zu erhalten. Denn es wird np 1/nc nur für eine bestimmte Periode n « IfVpc^) zu Null; ftlr alle anderen ist np^Xjnc und bei geringen Aen- derungen der Rotationsgeschwindigkeit wird die Bestimmung des Nullpunktes mit dem Dynamometer sehr unsicher. Aus demselben Grunde kann man dasselbe Mittel beim Hörtele- phon nicht anwenden, da die höheren Obertöne infolge der Selbstinduction so verstärkt werden, dass man, obgleich der Grundton verschwindet, überhaupt kein Minimum des Ge- sammtklanges mehr herauszu finden im Stande ist.

Hingegen reagirt das optische Telephon nur auf eine einzige Sinusschwingung, infolgedessen gelingt es leicht, den Ausschlag zu Null zu machen, wenn man in einer Inductions- rolle einen Kern aus dünnem Eisendraht verschiebt. Da auch bei starker Polarisation und demgemäss starker Selbst- induction der Ausschlag vollkommen zu Null wird, wie beim Oeffnen des Stromes, so ist dies ein scharfer Beweis daf&r, dass die Ströme höherer Schwingungszahl für das optische Telephon zu vernachlässigen sind, und es merklich nur auf eine bestimmte Sinusschwingung reagirt (p. 599).

Da man sowohl den Widerstand, als auch die Selbstinduc- tion bei der Nulleinstellung variiren muss, so ist dieselbe nur durch Näherung möglich, jedoch ist dies leicht zu machen, besonders, wenn die Polarisation nicht allzu stark ist.

Um die Genauigkeit der Messung von Flüssigkeitswider- ständen mit dem Hörtelephon und dem optischen Telephon zu vergleichen, wurde mit jedem dieser Apparate für einen Flüssigkeitswiderstand 10 Einstellungen gemacht, und zwar abwechselnd je eine mit dem einen und dann mit dem ande- ren. Die benutzte Flüssigkeit war verdünnte Schwefelsäure bester Leitungsfähigkeit, das Widerstand sgefäss hatte die von F. Kohlrausch angegebene Form mit platinirten Electro- den von ca. 500 qmm Fläche. Mittelst einer Wippe wurde bei dem optischen Telephon die compensirende Indnctions-

1) Es ist dies die Zahl der electrischen Eigenschwingung des Zwei- ges, wenn man die Flüssigkeitszelle als wirklichen Condensator mit der Capacitätc auffasst Vgl. Mascart-Joubert, 2. p. 441.

Telephon. 615

rolle, bei dem Hörtelephon ein derselben gleicher inductions- loser Widerstand eingeschaltet. Ich erhielt folgende Ein- stellungen:

HOrtelephon

cm

J

ickendrahl

t in mm

48,5

7,0

49,8

4,0

49,8

6,0

50,5

13,0

49,5

3»0

48,2

10,0

49,4

2,0

48,5

7,0

50,5

8,0

48,7

5,0

Optisches

Telephon

cm

J

Brtickendraht

in mm

51,5

0,8

51,4

0,2

51,4

0,2

51,5

0,8

51,4

0,2

51,8

1,2

51,4

0,2

51,4

0,2

51,4

0,2

51,5

0,8

491,9 65,0 514,2 4,8

Da ZU dem Brttckendraht von 1,92 S. Widerstand 10 Sie- mens hinzugefügt waren, so ergibt sich ein mittlerer Ein- stellungsfehler für das optische Telephon von 0,018 Proc, fOr das Hörtelephon von 0,25 Proc, wobei beide Werthe durch geringe Schwankungen der Temperatur, während der 10 Mi- nuten, die zu sämmtlichen Einstellungen gebraucht wurden, etwas vergrössert sein können.

Sehr auffallend ist die Differenz zwischen dem Mittel der Einstellungen beider Apparate, welche für den Wider- stand einen um über 72 Pi^oc. verschiedenen Werth ergeben. und zwar ist, im Gegensatz zu den oben abgeleiteten For- meln, welche verlangen, dass die Einstellung auf das Mini- mum mit dem Hörtelepfaon einen grösseren Widerstand ergeben soll, gerade dieser der kleinere. Ich hoffe diese Differenz weiter unten genügend zu erklären. Mit dem Dy- munometer erhielt ich ungefähr denselben Werth, wie mit dem optischen Telephon, jedoch war wegen der langsamen Ablesung der Einstellungsfehler etwa Vs Proc.

Bei der Einstellung auf das Minimum (ohne Inductions- roUe) mit dem optischen Telephon erhielt ich einen um ^/lo ?roc. grösseren Werth für den Widerstand, wie bei der Nulleinstellung mit demselben Apparat.

Um diese Differenzen zu erklären, muss ich vor allem auf die Eigenschaften des Hörtelephons und auf die Art und Weise der Einstellung mit demselben etwas eingehen.

Der Strom eines Inductoriums lässt sich in eine Reihe

616 M. Wien.

von Sinusströmen zerlegen (p. 599). Das Hörtelephon rea- girt auf alle diese Schwingungen, im allgemeinen auf die höheren besser als auf die tieferen, ganz besonders stark aber auf die sehr hohen Töne, welche bei der Stromunter- brechung durch die electrischen Eigenschwingungen des Systems hervorgerufen werden. Lenard^) bezeichnet die- selben als das Telephongeräusch und tazirt ihre Schwingungs- zahl auf ca. 10000 in der Secunde. Man darf deshalb nie- mals mit einem Hörtelephon Einstellungen machen, welche Yon der Periode des Wechselstroms abhängig sind und Tor allen Dingen nicht die Periode der Unterbrechung als die richtige ansehen. Dieser Fall tritt ein, wenn in einem Zweige der Brücke sich eine Flüssigkeitszelle befindet oder derselbe eine merkliche Gapacität oder Selbstinduction hat Was die Wirkung der Polarisation anbetrifft, so ist infolge derselben, wie oben abgeleitet, d^^too^ll + n^e^{w^ +w^)\ also die Einstellung von n abhängig. Für jedes n entsteht ein Minimum. Diese Minima liegen alle nebeneinander auf dem Brückendraht und zwar die der höheren Töne dicht bei einander, die der tieferen in grösseren Abständen. Bei einigermassen geschultem Ohr kann man die Aenderung der Klangfarbe um das Minimum heraushören.

Die Einstellung erfolgt im allgemeinen allein auf das Minimum des Telephongeräusches, also der ganz hohen Töne, da dieselben stärker und hervortretender sind, als die weiche- ren, tiefen Töne. Es ist die Einstellung auch etwas von der Art und Weise der Unterbrechung abhängig, da die Form der Stromcurve, also das Verhältniss der verschiedenen Am- plituden davon abhängt; jedoch ist die Aenderung der Ton- höhe der Unterbrechung ohne merklichen Einfluss.

Infolge dieser Einstellung auf ganz hohe Töne ist der durch die Polarisation verursachte Fehler verschwindend, da hierbei 8^ mit dem Wachsen der Schwingungszahl stark abnimmt; nur dass die Einstellung wegen des verwaschenen Minimums ungenau wird.

1) Lenard, Wied. Ann. 89. p. 619. 1890. Diese Arbeit bestfttigt die hier ausgesprochene Ansicht über das Bedenkliche der Widerstands- meesong mit dem Hörtelephon.

Telephon, 617

Dagegen ist Selbstinduction oder Capacität äusserst »f&hrlichy da hierbei S mit dem Quadrat der Tonhöhe zu- mmt. Nun ist bei der Widerstandsmessung in dem einen weig die Flüssigkeit, in dem anderen Drahtwiderstände, ie Flüssigkeit hat jedenfalls keine merkliche Selbstinduction, ngegen hat sie eine condensatorartige Wirkung, da mehrere trschieden leitende Schichten hintereinander yorkommen letall, Oberflächenschicht mit Gas, Flüssigkeit). Wie klein r Einfluss auch sein mag, jedenfalls hat sie die Wirkung, uss der Widerstand der Flüssigkeit, wie immer durch Gon- iDsatoren, bei Wechselströmen verkleinert erscheint.

Die Drahtwiderstände im anderen Zweige sind zwar fllar gewickelt, dennoch ist die Selbstinduction nie ganz . Termeiden und bei den sehr hohen Schwingungen des örtelephons dürfte sie jedenfalls schon von merklicher Wir- mg sein. Hierzu tritt die Yergrösserung des Widerstandes »n Drähten bei schnellen Wechselströmen, welche von der igleichen Stromdichte innerhalb desselben Querschnitts des rahtes herrührt.^)

Infolge der Selbstinduction erscheinen die Drahtwider- ände zu gross. Capacität in dem einen Zweig, Selbstinduc- >n in dem anderen bewirken also zusammen, dass die instellung anf das Geräuschminimum des Telephons für lüssigkeiten einen zu kleinen Widerstand ergibt.

Wie gross dieser Fehler ist, lässt sich schwer unter- ichen, weil bei irgend grösserer Polarisation oder Selbst- duction es überhaupt nicht mehr möglich ist, ein Minimum it dem Hörtelephon zu finden.

Indem ich nun zum optischen Telephon übergehe, be- erke ich, dass das Dynamometer mit Sinusinductor als tromquelle dieselben Fehler hat, wie das optische Telephon, enn man damit ohne compensirende Bolle auf das Minimum nstellt, weil beide Apparate mit Sinusströmen niedriger eriode arbeiten. Diese Einstellung auf das Minimum zeigt imer einen etwas grösseren Widerstand der Flüssigkeit i als die Nulleinstellung, wie es sich auch aus der Theorie .gibt [d, = u^j{\ + n^c^{w^ + w^Y)]. -

1) Rajleigh, Phil. Trans. 21. p. 381. 1886.

618 M. Wien.

Bei Untersuchungen über Polarisation zeigte Bich, dass auch die Nulleinstellung mit. einem, wenn auch im allgemei- nen kleinen Fehler behaftet ist.

Die Grösse der Polarisation ergibt sich bei der Null- einstellung direct aus der Grösse der compensirenden Selbst- induction (nj? = 1/nc). Diese wiederum war, wie oben er- wähnt, für jede Stellung des Drahtkemes bei der benutzten Rolle bekannt

Besonders genau Hess sich jede Aenderung der Polari- sation constatiren, da man dann durch blosse Widerstands- änderung nicht mehr Null, sondern nur ein Minimum erhielt Um den Ausschlag wieder zu Null zu machen, musste dann auch die Selbstinduction geändert werden.

Leider habe ich bis jetzt so inconstante und unüber- sichtliche Resultate hierüber erhalten, dass ich noch keine Zahlenangaben machen kann; ich hoffe jedoch durch etwas geänderte Yersuchsanordnung und besonders durch Anwen- dung verschiedener Tonhöhen zu besseren Resultaten zu kommen.

Qualitativ kann ich mittheilen, dass die Polarisation nicht nur von dem Metall und der Grösse der Electroden, ihrer Oberflächenbeschaffenheit und von der chemischen Zusam- mensetzung des gelösten Körpers abhängt, sondern dieselbe auch mit steigender Temperatur und Concentration abnimmt und auch etwas von der Entfernung der Electroden vonein- ander abhängig ist

Die Schwierigkeit dieser Untersuchung beruht besonders auf einer Fehlerquelle, die sich nur schwer vermeiden lässt Es ist nämlich die Phasendifferenz zwischen dem primären und dem Polarisationsstrom nicht immer, wie Kohlrausch annimmt, gleich Jtt, sondern dieselbe ist oft geringer. In- wiefern hier die von Mengarini^) bei der Electrolyse durch Wechselstrom beobachteten Erscheinungen mitsprechen, kann ich noch nicht übersehen.

Bei der Messung von Flüssigkeitswiderständen ist diese Abweichung der Phasendifferenz von \n deshalb wichtig, weil man trotzdem durch Hinzufügung eines geeigneten Selbst- induetionscoefficienten den Ausschlag zu Null machen kann. Jedoch Tällt dieser Nullpunkt nicht mit dem wahren Null-

Telephon. 619

punkt zusammen, sondern der Flüssigkeitswiderstand er- scheint zu gross. Bei grossen platinirten Electrpden ist die Abweichung der Phasendififerenz von \n sehr gering, ausser- dem e gross, weshalb 8 bei dem oben angewandten Kohl- rausch'schen Widerstandsgefäss 0,1 Proc. keinesfalls über- steigt, sodass sich hiermit mit einiger Sicherheit Flüssig- keitswiderstände messen lassen.

Um zum Schluss ein Beispiel einer exacten Wider- standsmessung zu geben, wurde die Leitungsfähigkeit ver- dünnter Schwefelsäure zwischen 1,200 und 1,250 spec. Gew. bestimmt, also um die beste Leitungsfähigkeit herum. Es wurden in diesem Bereiche 25 Punkte ermittelt, während Kohlrausch darin nur die Leitungsfähigkeit für 1,224 spec. Gew. » 691,4 angibt. Die Tabelle an sich hat wohl wenig 2weck, es soll damit nur die Genauigkeit der Methode dar- gelegt werden.

Die verschiedenen Flüssigkeiten wurden hergestellt, in- <dem von einer Mischung von 1,250 spec. Gew. vorher berech- xiete Mengen mittelst Pipetten mit einer leichteren Mischung vertauscht wurden, sodass nachher die Mischung 1,248 ... 1,246 u. s. w. spec. Gew. hatte. Zur Controle wurden häufig IPyknometerwägungen gemacht.

Wegen des grossen Temperaturcoefficienten war es noth- \?endig, auf die Temperatur besonders Acht zu geben. Die ganze Beobachtungsreihe wurde an einem Tage gemacht, bei einer Zimmertemperatur von ca. 17,5^ C, welche möglichst constant gehalten wurde. Das Widerstandsgefäss befand sich in einem Wasserbade und wurde jedesmal 10 15 Minuten darin gelassen, bevor die Widerstandsmessung vorgenommen wurde. Ein Thermometer war so in das Wasser gesenkt, dass das Quecksilbergefäss sich unmittelbar neben der Wider- standsröhre befand. Durch die Freundlichkeit des Hrn. Dr. Scheel war das Thermometer in dem Egl. Aichungsamt mit einem Wasserstoffthermometer aus dem internationalen Bureau in Paris verglichen worden. Der Temperaturco^ffi- cient wurde für drei Flüssigkeiten von 1,200, 1,225 und 1,250

1) Mengarini, Electrolisi colle correnti altemanti. Academia dei Lincei. Roma 1890.

620 M. Wim.

spec. Gew. in dem Intervall von 16 19^ C. bestimmt als 1,65, 1,64, 1,72 Proc. für P 0.

Da die Widerstände der benutzten Rheostaten auf Vioo P^oc* übereinstimmten, wnrden sie als richtig angenom-* men und nur die Temperaturcorrection gemacht Die Po— larisation war, wie erwähnt, sehr gering und für alle Flüssig keiten ziemlich constant, sodass auch nur ein constante: Fehler entstehen konnte. Bei der gleich zu beschreibende Bestimmung der absoluten Leitungsfähigkeit fiel derselb wegen des grossen Widerstandes in den Zweigen 1 und so gut wie ganz fort, sodass in der ganzen Tabelle de fehler durch Polarisation verschwindend ist

Die absolute Leitungsfähigkeit wurde für die am besten leitende Mischung in der Weise ermittelt, dass der Wider- stand derselben in einer dünnen Glasröhre bestimmt wurde, deren Länge genau gemessen und deren Querschnitt durch Quecksilberwägungen festgestellt war. Der benutzte Maass- stab wurde mit einem Normalmeter verglichen und das Queck- silber hatte ein spec. Gew. von 18,588. Der Querschnitt ergab sich aus fünf Wägungen als: 2,870 ± 0,0016 qmm.

An beiden Enden der Röhre wurden ähnlich wie bei Kohlrausch zwei weite Glasgefässe angebracht, in die zwei grosse, platinirte Platinelectroden eiirtauchten. Für eine Länge von 868,8 mm und 18^ C. ergab sich ein Widerstand von 1855,6 S., also eine Leitungsfähigkeit = 691,6. Bine zweite Bestimmung mit einer Röhre von 8,72 qmm Quer- schnitt ergab 692,2. Hieraus das Mittel 691,9, welche Zahl bis auf 0,1 Proc. sicher ist Hierauf reducirt, erhielt ich folgende Tabelle, in welcher die erste Columne das berech- nete specifische Gewicht angibt, die zweite die Controlwägun- gen mit dem Pyknometer, die dritte die Temperatur, die vierte die abgelesenen Theilstriche des Brückendrahtes, die fünfte die auf 18*^ C. reducirten Theilstriche und die sechste die Leitungsfähigkeit In den Zweigen 1 und 2 der Brücke befanden sich ca. 22 S. Der Brückendraht hatte 1,92 S. Widerstand und waren auf beiden Seiten je 10 S. hinzu-

Tekphon.

LeitDD

gBf&higkeit »on verdünnter

Schwe

feh&D

zwischen 1,200 und L250 spec. Oev.

Sp. a«w

Pykn. W.

Temp.

Tb«il«tr.

Gore. Tbeibtr,

nügk«

1,800

1,2008

17,38" C.

53,80

56Ji5

684,6

1,808

17,31

54,25

57,95

68^8

1,804

n,28

54,S0

57,73

686,1

1,S06

11,30

55,00

58,15

1,208

n,32

65,40

58,50

688,5

n,39

55.95

58,76

1,812

17,39

5R,20

69,00

689,8

1,814

17,37

56,35

59,25

690,4

1,816

58,35

690,7

1,818

1T,80

56,35

59,57

691,0

1,220

17,29

56,45

1,288

17,26

56,40

59,85

1,224

1,2241

17,30

56,35

59,95

691,9

1.226

59,92

691,8

1,228

17,21

selio

60,81

691,6

IJK»

56,00

69,80

691.5

1,232

17,15

59,70

691,8

1,2340

17,18

55,45

59,57

1,28«

17,14

55;25

59,85

690,5

1,238

17,18

55,00

59,17

690,1

1,240

17,24

55,40

690,0

1,848

17,21

55,00

58,87

689,4

1,844

1,2441

17,30

55,05

58,58

1,846

17,18

54,10

58,15

687,7

t,348

17;iS

58,45

57,75

686,8

1,8»

1,2498

17,11

52,95

67,32

685,8

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«ii.

Fig. 6.

Fig. 6 zeigt, dass die Punkte im atlgemeinen der Corve sehr nahe liegen; die Abweichungen Bind vermuthlich eine Folge der Temperatarschwanku'ngen.

Phye. Inst, der Unir. Berlin, Dec. 1890.

VIII. Ueber mikrophoniache Tonstärkemessung ;

von Georg Stern.

(Aasmg des Herrn Verfassers aus seiner Inaug^ral-Diasertation ')

1. Frühere Versuche, telephonische Ströme zu messen, scheiterten an der Unempfindlichkeit der damals gebrauch^ liehen Dynamometer. Die letzte Arbeit ist in dieser Bezie* hung die von Oberbeck*) veröffentlichte. Inzwischen, ist von Giltaj') auf Grund eines von Bellati^) angegebenea Principes ein empfindliches Dynamometer construirt worden. Die bewegliche Drahtspule des Web er' sehen Instrumentes^ wird hier vertreten durch ein Bündel weicher Eisenst&be, welches durch den zu messenden Strom magnetisirt und ge- dreht wird. Es ist mir übrigens wahrscheinlich, dass man zu einem noch empfindlicheren Instrumente bei anderer Form des Eisenkörpers und der Windungsöffimng kommen könnte. So habe ich ein Kohlrausch'sches^ Dynamometer zu einem Bellati'schen dadurch umgewandelt, dass ich in dem elliptischen Cylinder desselben eine Anzahl von elliptischen Eisenringen, die durch zwischengeklebtes Papier von einander isolirt und einzeln aufgeschnitten waren, an einer bifilaren Suspension anbrachte. Trotzdem der Versuch nur ganz roh ausgeführt wurde, erhielt ich eine Empfindlichkeit, welche der des Giltay'schen Instrumentes schon recht nahe kam.

Giltay hat in einer an alle physikalischen Institute versandten Ankündigung seinen Apparat in einer zweiten, un- wesentlich veränderten Form beschrieben, und ein Instrument dieser zweiten Construction stand mir zu den vorliegenden Untersuchungen zur Verfügung.

1) G. Stern, Uebcr mikrophonische Tonstärkemessung. Königsberger Inaug.-Diss. Leipzig, Ambrosius Barth, 1890.

2j A. Oberbeck, Wied. Ann. 13. p. 222. 1881.

3) J. W. Giltay, Wied. Ann. 25. p. 325. 1885.

4) Bellati, Atti del. R. Ist. Ven (6) p. 563. 1883. Beibl. ?• p. 617.

5) F. Kohlrausch, Wied. Ann. 18. p. 556. 1882.

Mikrophonische Tonstärhemessung, 628

Die Angaben über die Leistungsfähigkeit dieses neueren Apparates, wie sie in jener Ankündigung gemacht waren, nach denen die Empfindlichkeit des älteren noch weit übertroffen sein sollte, fand ich nicht ganz bestätigt, auch dann nicht, als ich die dort aufgeführten Versuche ohne Flüssigkeitsdämpfung wiederholte. Ich erhöhte jedoch die Empfindlichkeit noch in wesentlichem Maasse durch Verlängerung der Aufhängefäden und -röhre, wobei ich freilich auf den Vortheil einer kurzen Schwingungsdauer verzichten musste, sowie durch definitives Aufgeben der Dämpfung. Als Beweis für die überaus leichte Beweglichkeit des schwingenden Theiles mag gelten, dass häufig, wenn der Apparat ohne Hülle stand, er auf einen aus grösserer Entfernung laut gesungenen Ton wie ein GfrimsehTsches^) Phonometer reagirte, dass also die Spiegelfläche sich senkrecht zur Bewegungsrichtung der Luft zu stellen strebte. Auf die Gonstanz der Ruhelage haben, wie schon Giltay bemerkte, Temperaturänderungen grossen Einfluss. Eine Annäherung der Handfläche an die Glasröhre bewirkte eine augenblickliche Verschiebung des Nullpunktes um einige Centimeter, ja selbst nadidem ein Pappcjlinder den Apparat verdeckte, konnte man lequem kleine Schwankungen der Zimmertemperatur an der Sewegung des Spiegels bemerken. Erst nachdem ein Papp- cjlinder mit doppelter Wandung über das Instrument gesetzt 'war, konnte diese Störung als beseitigt angesehen werden. Die Entfernung der Scala vom Spiegel betrug 3900 Scalenth. und 1 Scalenth. entsprach 1 mm. Nach Ausschlägen bis zu 300 Scalenth. stellte sich stets die alte Ruheläge wieder ein; bei stärkeren Wechselströmen war mitunter eine bedeutende Yerrückung zu constatiren, die ich anfänglich, gemäss der von G-iltay abgegebenen Erklärung, als verursacht durch im Eisen- bündel zurückbleibenden Magnetismus ansehen zu müssen glaubte. Spätere Erfahrungen haben mich aber überzeugt, dass bei nicht allzu kräftigen Wechselströmen von dieser Seite keine Störungen zu befürchten sind, dass vielmehr jene Variation des Nullpunkts sich ungezwungener aus der losen Aufhängung der Drehungsaxe in der Bifilarsuspension herleiten lässt. um allzugrosse Drehungswinkel oder gar Umschlagen des Bündels

1) E. Grimsehl, Wied. Ann. 34. p. 1082. 1888.

624 G. Stern.

zu verhindern, wurde daher eine einfache Arretirung angebracht vermittelst eines über den senkrecht zur Drehungsaxe befind- lichen, sich mitbewegenden Aluminiumzeiger gesetzten, ausge- schnittenen Korkes.

Während ich mit den vorliegenden Untersuchungen be- schäftigt war, erschien eine eingehende theoretische und experi- mentelle Abhandlung über dieses Dynamometer von Behn- Eschenbach^), deren Resultate mit meinen Erfahrungen nicht ganz übereinzustimmen scheinen.

Einmal ist wohl die Empfindlichkeit meines Apparates eine beträchtlich grössere, als des von Behn-Eschenbach benutzten, da ich mit ihm Ströme von der Ordnung 1(H cm"^« gVt sec*^ nachweisen kann, wie später gezeigt werden wird. Damit ist wohl auch die äusserste Grenze erreicht, bis zu der man die Empfindlichkeit des Instruments iareiben kann; denn bei noch schwächeren Strömen würden die durch die Bewegung des Eisenkörpers in die Windungen rück^i^irta inducirten Ströme die Grössenordnung der primären Ströme nahezu erreichen und so jede Messung unmöglich machen. Nun zeigen die theoretischen Untersuchungen von Behn- Eschenbach, dass bei der einfachsten Form eines Wechsel- stromes die Ablenkungswinkel nicht einfach dem Quadrate der Intensität proportional sind, sondern es tritt noch die 4. Potenz von t in eine Constante multiplicirt additiv zu dem Ausdrucke hinzu. In den Beobachtungen des genannten Autors lässt sich auch der Einfluss dieses Gliedes erkennen, jedoch braucht man es wohl kaum zu berücksichtigen, sobald man sich auf kleinere Drehungswinkel beschränkt, als sie in jener Arbeit benutzt sind. Aus den dort gemachten Angaben berechnet sich der Winkelwerth eines Scalentheiles zu bV\ während bei mir ein Scalth. s 26". In den Tabellen findet sich nur einmal ein Ausschlagwinkel von 43' beobachtet, sonst stets Winkel > 1*^2', ja sogar bis zu 7^. Da ich mich bei Messungen auf Aus- schläge bis zu 200 Scalenth. beschränkte, also auf Winkel von höchstens 1^27', und stärkere Ströme vermittelst Ver- zweigungen maass, so wird in diesen Grenzen jene einfache Be- ziehung als bestehend angenommen werden können. Mit G«-

1) H. Behn-Eschenbach, Beibl. 14. p. 61. 1890.

Mikrophonische Tonstärkemessung, 626

loigkeit lassen sich nur Ströme gleicher Schwingungszahl und bromform unmittelbar miteinander vergleichen, was in meinem alle eine nothwendige Einschränkung der auf diesem Wege zu iedigenden acustischen Fragen zur Folge hat Wenn man ferner ich auf absolute Messungen verzichten muss, so wird das Eisen- ectrodynamometer für Intensitätsvergleichungen undSchätzun- m von Grössenordnungen sicherlich brauchbares leisten; es ird wohl auch sicherlich die Fehlergrenze bei meinen rela- ven Messungen eine engere sein, als Behn-Eschenbach e annimmt. Denn die Grründe für die Ungenauigkeiten der eobachtungen formulirtBehn-Eschenbach wesentlich dahin, ISS einmal der Temperaturwechsel die Torsion der bifilaren ufhängung ändere, dass remanente Magnetismen die erdmag- 3tische Bichtkraft beeinflussten, dass femer die Buhelage sehr iränderlich und meist im Sinne der vorhergegangenen Ab- nkung abzuweichen bestrebt sei, und schliesslich die Dämpfungs- issigkeit in Folge von Verdunstung und Bläschenbildung bömngen verursache. Wie man den Temperatureinfiuss iminiren kann, habe ich schon gesagt, ebenso, dass bei schwachen rechselströmen, wie ich sie allein benutzte, kein magnetischer Ackstand zu befürchten sei; die Aenderung der Nulllage ist n so grossen Drehungswinkeln, wie sie Behn-Eschenbach iobachtete, aus früher angegebenen Gründen nicht auffällig id lässt sich durch Anlegung einer Verzweigung für stärkere tröme vermeiden. Ich habe auch nicht bestätigen können, tös die Buhelage „oft im Verlauf von wenigen Stunden sich n ein paar Bogengrade änderte^'; häufig blieb die Buhelage lehrere Tage hindurch vollständig constant und nie betrug e Verschiebung mehr als 20 ScaJentL = 9 Bogenminuten von ag zu Tage, ausser wenn Erschütterungen oder sonstige örende Einflüsse wirksam waren. Da ich schliesslich von der 'ämpfung keinen Gebrauch machte, kommt auch diese Fehler- lelle ^ meine Beobachtungen in Abzug.

Aus dem Vorhergehenden ergibt sich mit Nothwendigkeit, tös der Ejreis der acustischen Fragen, die man auf dem Wege 3r Verwandlung acustischer Schwingungen in electrische er- digen will, durch die Natur dieses einzig dazu verwend- iren strommessenden Apparates eng umgrenzt ist. Absolute [essungen sind ausgeschlossen, ebenso lassen sich relative

AniL d. PhTS. u. Chem. N. F. XLII. 40

626 G. Stern.

Messungen der Stärke von Tönen verschiedener Schwingongs- zahl ohne Weiteres nicht ausführen, wohl aber kann die Frage nach der Schallvertheilung im Baume gelöst werden, da man hierbei nur die Intensität der Luftbewegungen, die durch einen bestimmten Ton erregt sind, an verschiedenen Stellen des be- treffenden Baumes zu vergleichen hat. In erster Beihe wird also eine Bestimmung der Maxima und Minima, die durch Interferenz verschiedener Wellenzüge entstehen, möglich sein nach Lage und Intensitätsverhältniss; nach dieser Bichtang habe ich hauptsächlich die Methode auszubilden gesucht

2. Bei den meisten Versuchen bediente ich mich offener Holzpfeifen, die der Beihe nach die Partialtöne eines tiefen Grundtones angaben. Um aber eine stetige Tonreihe zur Ver- fügung zu haben, da, wie später gezeigt werden wird, häufig ganz geringe Aenderungen der Tonhöhe vorgenommen werden mussten, wurden über die hauptsächlich benutzten, dünnwan- digen Pfeifen verschiebbare Zinkhülsen gestreift, sodass ich jede beliebige Tonhöhe mir verschaffen konnte. Grespeist wurden die Pfeifen, die tieferen durch zwei, die höheren durch ein Wasserstrahlgebläse, das an die Wasserleitung angeschlossen wurde. Nun hängt die Constanz der Tonstärke und -hohe, auf die es mir wesentlich ankam, in erster Beihe von der Con- stanz des G^ebläseluftdruckes ab; dieser macht jedoch die meh- rere Meter betragenden Schwankungen im Druck der städtischen Wasserleitung mit, wie ein neben die Pfeife geschaltetes Manometer anzeigte. Dieses Manometer bestand einfach aus einer grossen mit Wasser geftlllten Flasche, in die von oben durch einen durchbohrten Kork ein G^lasrohr bis fast an den Boden geführt war. An den Aenderungen der Höhe der Luftsäule im Grlasrohr, gerechnet bis zum Niveau des Wassers? konnte man die Schwankungen des Luftdruckes in der Pfeife ablesen. An diesem Manometer können noch Aenderungen des Druckes bemerkt werden, wenn auch das Ohr die dadurch bedingte Variation der Tonstärke und -höhe nicht mehr em- pfindet — Unmittelbar an dem Ü-ebläse wurde eine grosse leere Flasche mit einem luftdicht schliessenden Kork, durch den zwei kurze Glasröhren führten, angebracht und da- hinter ein grosser Gummiballon, wie er zu Gasmotoren ge- braucht wird, eingeschaltet. Die Flasche sollte eigentlich nur

Mikrophonische Tonüärkemessung, 627

dazu dienen, bei etwaigem Eindringen von Wasser in den Loftschlaach, diesem zum Abfluss zu dienen und somit die Pfeife zu schonen, aber es glich als grösseres Luftreservoir vermöge der Elastizität der Luft schon einen Theil der Druck- schwankungen aus^ was durch den Ballon, der ein Keservoir mit elastischer Wandung vorstellte, vollständig geleistet wurde. Bei dieser Einrichtung konnte der Pfeifenton als genügend constant angesehen werden, wenigstens waren im Manometer kaum noch Schwankungen bemerkbar. Die Schwingungs- zahlen der später hauptsächlich benutzten Töne lagen zwischen 1050 und 1250.

3. Das gemeinsame Princip der unübersehbaren Reihe Ton Mikrophonconstructionen besteht darin, dass ein oder mehrere lose Kohlencontacte (selten Metallcontacte), die in einen Stromkreis eingeschlossen sind, durch Luftschwingungen in entsprechende periodische Widerstandsschwankungen gerathen und damit die Stromstärke Schwankungen gleicher Periode unterwerfen. Bei Benutzung des Mikrophons zum Sprechen Icann das Empfangstelephon auf zweifache Weise geschaltet werden. Einmal direct in den Mikrophonkreis oder in die secundäre Spirale eines Inductoriums, dessen primäre Mikro- phon und Batterie enthält, so dass die Stromschwankungen im primären Kreise oscillirende Ströme im secundären erregen, die das Telephon ansprechen lassen. Ln vorliegenden Falle wird das Empfangstelephon durch das Electrodynamometer vertreten; es kann die erste Art der Schaltung gar nicht in Frage kommen, weil ja das Instrument dann stets eine grosse Ablenkung durch den Batteriestrom anzeigen würde. Es wurde also Mikrophon und Batterie mit der primären Spule eines Inductionsapparates, dessen Unterbrechungsvorrichtung ausge- schaltet war, das Dynamometer mit der secundären verbunden. Eine Erregung des Mikrophons versetzte dann das Eiseubündel in Schwingungen.

Als Ziel der Untersuchungen über das Mikrophon möchte ich bezeichnen: es soll ein Mikrophon construirt werden, welches, während die Tonquelle an derselben Stelle bleibt, herumge- tragen werden kann und an jeder Raums'telle Aufschluss über die Tonstärke daselbst gibt. War dies erst erreicht, so konnte man in gewissem Sinne einen Fortschritt gegenüber den bisher

40*

628 G. Stern.

üblichen Methoden sehen. Denn sowohl das Grrimsehi'sche Phonometer als die Wien'sche^] manometrische Kapsel sind Apparate an denen die unmittelbare Wirkung der Luftschwin- gung vermittelst Scala und Femrohr abgelesen werden muss^ die deshalb nicht transportabel sind. Die genannten Autoren haben sich nun dadurch geholfen, dass sie die Tonquelle be- weglich machten; die Berufung auf das flelmholtz'sche^ Beciprocitätsgesetz ist wohl unstatthaft, wenn man den Schall im geschlossenen Zimmer untersucht; denn dasselbe gilt streng nur für einen theil weise unbegrenzten Baum.

lieber die mannigfachen Versuche mit Mikrophonen ver- schiedenartigster Construction einem Kohlenkömermikro- phon, dem Berliner'schen^) Transijaitter, dem Mix und Genest'schen^), sowie mit einem Mikrophon, dessen Schema von dem Assistenten des Instituts, in welchem diese Arbeit ausgeführt ist, Hm. Dr. Mi 1 thaler, angegeben ist habe ich an anderer Stelle^) ausführlich berichtet Das letztere allein hat sich einer Umgestaltung fähig gezeigt, welche ein für mich brauchbares Instrument lieferte. In seiner end- gültigen Form ist es von dem Mechaniker des Instituts, Prill, angefertigt worden und hier in Fig. 1 und 2 gezeichnet

Eine 0,07—0,08 mm dicke Glimmerplatte b ist am Rande eingeklemmt zwischen zwei starken, von den Schrauben c zu- sammengehaltenen Messingringen aö', deren innerer .Durch- messer 4,3 cm beträgt An den Endpunkten des horizontalen Durchmessers sind zwischen den Ringen die Zapfen dd fest- gelöthet, um welche der Messingbügel ee zugleich mit dem Zeiger / gedreht werden kann. Letzterer spielt über einem in d fest angebrachten Kreisausschnitt g, der mit einer Theilung versehen ist In dem Messingbügel ist eine Vulcanfiberplatte h befestigt, welche bis nahe an die Glimmerplatte heranreicht Auf derselben ruhen die Kohlenstifte ii" (Durchmesser 0,8 cm), welche mit den Schrauben kk\ die in den kleinen Messing- bügeln II stecken, auf die Fiberplatte festgedrückt werden

1) Wien, Wied. Ann. 36. p. 834. 1889.

2) H. V. Helmholtz, Grelles Journal Bd. 57. 1860.

3) Berliner, Electrotech. Zeitschrift 8. p. 375. 1887.

4) Mix und Genest, Electrotech. Zeitschrift 8. p. 245. 1887.

5) Vgl. Inaug.-Diss p. 13—23.

MArophonüclte Torutärkemetnmg. 629

k&ntniL Die Schrauben drUcken nicht direct auf die Kohlen, sondern auf kleine Kupferbleche, die wie Sättel auf den Kohlen liegen. Auf den festen Kohlen ii" ruht der lose Kohlenstift irr, der gegen die kleinen auf dieOlimmerplatte geklebten Oamnii' streifen nn lehnt. Das Heben und Senken der Piberplatte mit den Kohlen wird bewerkstelligt durch die Schraube o, die in dem an a befestigten Messingstreifen p beweglich isrt Die Schraube a drQckt gegen eine kleine Glasplatte q, die an der

unteren Seite der Fiberplatte angeklebt ist. Schraubt man o herauf, so dreht sich der BQgel mit der Vulcanitplatte um äd, schraubt man o herunter, so drUcken die Federn x die Platte auf die Schraube herunter. Die Qrösse des Drehungswinkels iBt an dem Zeiger f auf der Kreistheilung g abzulesen. Die Lage der Zapfen ild und damit die Drehungsaxe des beweg- lichen Theiles ist so gewählt, dass bei jedem beliebigen

630 G. Stern.

Drehungswinkel die Lage der losen Kohle zur Membran un- verändert bleibt. In die Vulcanitplatte sind von unten die Schrauben rr eingeschraubt und zwar so, dass r mit dem einen Messingbügel /, r mit dem anderen r in leitender Ver- bindung stehen. Zwei dünne Drahtspiralen führen zu den Eupferdrähten ss^ die parallel dem Ständer t laufen und in den auf dem Fusse u isolirt angebrachten Klemmschrauben vv' endigen. Der in v zugeleitete Strom wird also durch den Kupferdraht s zur Schraube r, durch den Bügel /, die Schraube k in die feste Kohle i fliessen, an der Contactstelle in die lose Kohle m und von da in analoger Weise durch i" / A' r' *' in die Klemmschraube v gehen. Mit Hülfe der Stellschrauben tctoio wird der Apparat in die verticale Lage gebracht, welche an dem über der Theilung i/ hängenden Lote x zu erkennen ist

Die Messingringe aa' sind auf der Seite, mit der sie auf der Glimmerplatte aufliegen, mit concentrischen Billen ver- sehen, welche konisch angeordnet sind und zwar so, dass beim Aufeinanderlegen der Ringe die Rillen sich schliessen. Zwi- schen Messingring und Membran befindet sich je ein dünner Gummiring. Wenn eine Glimmerplatte eingespannt werden sollte, so wurden die Messingringe, die übrigens sich von dem Ständer t abschrauben lassen, längere Zeit auf die Tempera- tur 0" gebracht und dann erst die Schrauben fest gezogen; stand dann das Mikrophon kurze Zeit im warmen Zimmer, so gab die Membran beim Anschlagen einen kräftigen und reinen Ton von sich. Eine solche Aufspannung hielt mehrere Wochen hindurch an. Die Töne, auf welche die verschie- denen von mir benutzten Membrane in diesem Mikrophon am kräftigsten resonii-ten, lagen in den Grenzen von 1047 1245 Schwingungen in der Secunde. Das Mikrophon wurde auf ein Messingtischchen gesetzt von fast gleicher Grösse wie der Fuss des Mikrophons. Dieses Tischchen befand sich in einem Roh- renstativ, das beliebig verkürzt und verlängert werden konnte, sodass das Mikrophon an jede beliebige Stelle leicht gebracht werden konnte.

Ich habe auch das hier beschriebene Mikrophon zu Sprech- versuchen benutzt und, wie vorauszusehen war, wurde eine sehr bedeutende Empfindlichkeit constatirt. Wurde in einer Ent* femung von 5 6 m vom Mikrophon mit starker, doch nicht

Mikrophonische Tonstärkemessung. 631

erlauter Stimme gesprochen, so konnte in einem fernen Tele- on jedes Wort deutlich gehört werden. Sehr empfindlich ist ner das Mikrophon gegen äussere Erschütterungen.

Das beschriebene Mikrophon erfiillt die Forderungen, die L zu stellen hatte: es hatte eine möglichst compendiöse >TUiy sodass es nicht selbst den Schallwellen zu Keflexionen ilass gab, da seine Dimensionen möglichst klein im Yer- Itmss zur Wellenlänge der benutzten Töne: ferner hatte es Qstanten Widerstand, d. h. es konnte frei herumgetragen rden und lieferte stets an gleicher Stelle des Zimmers dche Stromstärken. Diese Eigenschaft mangelte allen deren untersuchten Mikrophonen, und gerade das zum rechen vorzüglichste, das Berlinerische, zeigte die gröss- i IncoAstanzen . auch bei unveränderter Stellung. Zur lobachtung der Widerstandsänderung benutzte ich ein Kugel- Ivanometer und zwar mit folgender Schaltung. In einem Zweige ler Wheatstone'schenDrahtcombination befand sich das Mi- :)phon, in dem 2. ein Eheostat, in den beiden letzten zwei nahezu dche Widerstände von ca. 50 S.-E. Das Galvanometer wurde eine Verzweigung der Brücke gebracht. War das Mikrophon Kühe, so wurde der Widerstand so abgeglichen, dass die ücke stromlos war, jede Widerstandsänderung im Mikro- on liess Strom durch die Brücke fliesseu. Mit Hülfe einer nschaltung konnte schliesslich an Stelle des Mikrophons ein eiter Bheostat in den betiefifenden Zweig gebracht werden, d somit auch der wirkliche Widerstand des Mikrophons messen werden. Als Batterie wurden stets 4 Daniell'sche icher gewählt, deren Strom jetzt nicht in seiner ganzen ürke das Mikrophon durchfloss, sondern nur nach Ab- iwächung durch eine Verzweigung von 100 S.-E. Da es ^htig war, zugleich mit der Dynamometerbeobachtung den iderstand zu beobachten, wurde die Scala des Gralvanometers rmittelst eines Prismas in das Dynamometerfemrohr hinein- enkt und zwar so, dass sie über der Dynamometerscala jehen wurde. Das Bild, welches man jetzt von den Wider- jidsverhältnissen bekommt, ist ein sehr klares. Die perio- chen Widerstandsänderungen haben, als zu rasch in ent- ;engesetzter Bichtung aufeinander folgend, keinen Einfluss \ die Nadel, wohl aber alle anderen zufälligen und störenden

632 G. Stern.

Aenderungen. So wurde stets daa Hughes 'sehe Phänomen, das Oberbeck seiner Methode zu Grunde legte, wahrgenomm^, eine Abnahme des Widerstandes beim Beginn der Erregung. JBierYon ist zu scheiden das aUmähliche Sinken des Wider- standes auf ein Minimum. Während das erste Phänomen aus- nahmelos bei jeder Beobachtung sich zeigt, tritt das letztere nur am Anfange einer jeden Beobachtungsreihe auf, bis nach einiger Zeit das Minimum erreicht ist. War dieses einmsl eingetreten, so musste während des Blasens der Pfeife die Galvanometerscala in Buhe bleiben, wenn anders die Dynamo- meterbeobachtung brauchbar sein sollte. Die Empfindlichkät des Gralvanometers wurde so regulirt, dass SchwankungeD, welche zu kleine Amplituden hatten, als dass sie im Dynamo- meter merkliche Ströme hätten induciren können, .gar nicht mehr wahrgenommen wurden, dass also nur die störenden be- obachtet werden konnten. Als günstigste Kohlensorte stellte sich die künstliche Kohle heraus, wie man sie zu electrischen Lampen verwendet, mit einem Durchmesser von 0,8 cm. Ich habe die Kohlenstifte mit verschieden feinem Schmirgelpapier behandelt und geftmden, je rauher die Ober- fläche, desto lauter und unreiner der Ton im Telephon, desto grösser die Inconstanz des Widerstandes, je glatter die. Oberfläche, desto constanter und unempfindlicher das Instru- ment. Wurde die Kohle polirt, so wirkte das Mikrophon gar nicht, der Widerstand wurde unendlich gross. Wesentlich ist auch die völlige Grleichmässigkeit der Oberfläche. Auch ist es von Uebel zu viel Kohlenstaub nach dem Abschmirgeln auf den Kohlen zu lassen, da sonst die lose Kohle sich in den Staub einlagert und schwer beweglich wird. Als das zweckmässigste Verfahren hat sich schliesslich das folgende herausgestellt. Es wurde an der Drehbank die Kohle mit feinem Schmirgelpapier (Nr. 1) behandelt und dann der sich bildende Staub mit weicher Estampe auch an der Drehbank über die ganze Oberfläche vertheilt, so dass dieselbe ein gleich- massig mattes Aussehen bekam. Die Empfindlichkeit des Mikrophons ist wohl am besten dadurch charakterisirt, dass ich in einer Entfernung von ca. 15 m von der Ton- quelle noch deutlich Maxima und Minima nachweisen konnte. Die Empfindlichkeit variirte mit variirenden Tonhöhen; jedoch

Mikrophonische Tonstärhemessung. 633

mass bei den diesbezüglichen Untersuchungen mit Vorsicht Yerfahren werden. Wenn nämlich das Mikrophon an einer be- stimmten Stelle auf einen Ton c einen grossen Dynomometer- ausschlag zeigte, auf den Ton eis aber einen geringen, so konnte dieser unterschied auch davon herrühren, dass das Mikrophon fiir c wohl in einem Maximum sich befand, für eis jedoch nicht mehr. Deshalb kann man eigentlich nur in den Maximis glei- cher Ordnung solche Vergleichungen anstellen. Dass aber ein yerschiedenes Verhalten gegenüber verschiedenen Tonhöhen statt- findet, ist leicht verständlich, da doch die Glimmermembran einen bestimmten Eigenton haben wird, auf den sie am leich-« testen anspricht und bei dem sie die einfachste Schwingungs- form annimmt. Um diesen Ton zu finden, wurde das Mikro- phon in der Nähe der Pfeife horizontal befestigt und feiner Korkstaub auf die Glimmerplatte gestreut. Es wurde dann eine Tonhöhe ausfindig gemacht, bei der die Staubbewegung am lebhaftesten und die Staubfigur ein radiales Schwingen er- gab. Geringe Aenderungen der Tonhöhe, die das Ohr nicht mehr empfand, machten sich in dem Verhalten des Staubes sofort bemerkbar. Deshalb war es eben so wichtig, einen con- Btanten Ton zu erhalten.

4. Der Gang einer Beobachtung ist der folgende: Zuerst wird das Mikrophon in wagrechter Stellung an einem Stativ befestigt und vermittelst der Korkstaubfigur die Pfeife genau auf den Eigenton der Membran eingestellt Diese Bestimmung hat man nur am Anfang einer Reihe von Beobachtungen aus- zufahren, wenn nicht grössere Temperaturschwankungen in- zwischen eintreten. Dann wird das Mikrophon an die zu tintersuchende Stelle gebracht, vertical gestellt, und dem Kohlenlager die passende Neigung zur Horizontalen gegeben. Dieser Neigungswinkel muss einmal empirisch als der gün- stigste gefunden bei allen Beobachtungen der gleiche bleiben. Bei dem beschriebenen Mikrophon fand ich ihn zu ca. 2^. Während die Pfeife tönt, klopft man mit einem Stäbchen leise gegen die lose Kohle; dieser Eingriff bewirkt einmal, dass die Kohle leichter in Schwingungen geräth und ist besonders an Orten schwacher Bewegung nothwendig; sodann aber verursacht er das schnelle Sinken des Contactwiderstandes auf das später constant bleibende Minimum. Dann schliesst man den primären

634 G. Stern.

Stromkreis, schaltet das Telephon in den secundären Kreis, um zu erkennen, ob der Batteriestrom nicht zu stark ist^ was sich durch Auftreten der Yerbrennungsgeräusche anzeigt, uird überzeugt sich am Stande der Galvanometerscala, ob das Mikro- phon normalen mittleren Widerstand hat. Ist der Widerstand zu gross oder zu klein, so kann man geringe Differenzen durch einen leisen Druck auf die lose Kohle ausgleichen, ist der Widerstand auffallend gross, so sind die Contactstellen Yer- brannt und man muss die Kohlen drehen oder yerschieben. Verbrennungsstellen markiren sich auch dem blossen Auge durch das Auftreten kleiner tief schwarzer Punkte. Ist die Kohle schon allseitig verbrannt, so muss man sie durch neue, nach den obigen Angaben hergestellte, ersetzen. Ist dann der mittlere Widerstand regulirt, so kann man den secundären Stromkreis, der das Dynamometer enthält, schliessen. Der auf der Scala des Dynamometers abgelesene Werth ist aber nur brauchbar, wenn während der Beobachtung die Scala des Galvanometers sich gar nicht oder nur ganz langsam wenige Millimeter bewegt hat.

Ich habe mit Hülfe des Mikrophons die Lage der Maxima und Minima im Beobachtungszimmer untersucht. Eine genauere Angabe ist insofern überflüssig, als ihre Yertheilung durch die Form des Zimmers und die zufällige Stellung der reflectiren« den Körper in ihm bedingt ist und das Ergebniss deshalb kein allgemeineres Interesse hat. Ich theile daher, um eine An- schauung von der Anwendbarkeit der dargelegten Methode zu geben, nur eine kurze Beobachtungsreihe mit

In der Kichtung des Hauptschallstrahles wurde das Mikro- phon von einem als Nullpunkt gewählten Maximum von der Pfeife fort verschoben und die Maximal- und Minimalausschlfig6 notirt. Es wurden an jeder Stelle je drei Beobachtungen ge- macht und zwar nach jeder einzelnen Beobachtung das Mikro- phon fortgenommen und dann wiederum an die alte Stelle gesetzt. Der mittlere Widerstand lag nahe an 12 S.-E. Die Wellenlänge betrug 30 cm.

Mikrophonische Tonstärkemessung,

685

d = Ab- Dynamo- 1 stand vom meteraus- ' Galvano- Nullpunkt I schlau in | meteracala in cm Scaßh.

d = Ab- Dynamo- stand vom meteraus- Nullpnnkt \ schlae in in cm ScaTtb.

Galvano- meterscala

« !

15

30

45

60

I

165 165 165

75 115 120

205 200 195

4 6 5

310 370 370

rubig

»>

rubig \ etwas Be- ( wegung

etw.Beweg. ruhig

»

rubig

etw.Beweg. I rubig

75

90

105

120

135

(i

»

3 4 6

rubig

»» etw.Beweg

40 30 30

etw.Beweg ruhig

5 5

5

rubig

150 140 150

ruhig

7 9

ruhig

Die beobachteten Stellen liegen alle in einer Ebene; so erklärt sich auch, dass an der Stelle r^ = 90 cm kein beson- deres Maximum herrscht. In solchen Fällen fand sich wenige cm über oder unter der Beobachtungsstelle das fehlende Maxi- mum. Häufig wird auch ein secundäres Minimum mit einem primären Maximum zusammenfallen und somit der geringere Ausschlag an einer Maximimistelle sich erklären lassen.

Ich habe versucht, empirisch den Zusammenhang zwischen Tonintensität und Dynamometerausschlag aufzufinden, und wenn auch die bisherigen Versuche keine befriedigenden Re- sultate ergaben, so möchte ich doch kurz den Gedankengang der Methode angeben, weil ich glaube, dass sie bei gewissen Modificationen der betreffenden Versuche sich als fruchtbar erweisen werde.

Bringt man nämlich das Mikrophon unter den Kecipienten einer Luftpumpe und variirt in ihm den Luftdruck, so lässt sich theoretisch leicht verfolgen, in welcher Weise die A ende- rang der Tonintensität mit der des Luftdruckes zusammenhängt, wenn in der Nähe des B;ecipienten ein constanter Ton ge- blasen wird.

Nach Hayleigh^) ist die Intensität des Schalles definirt durch:

1) Rayleigh, Theorie d. Schalles 2. §. 245. 1880.

«86 G. Stern.

1) y=jp«(^)V

WO Q die Dichtigkeit des Mediums

a die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles in dem- selben,

k die Wellenlänge des betreffenden Tones,

A seine Amplitude. Ich betrachte die hier vorkommenden Grössen als Functionen des Druckes. Nun ist bekanntlich a und k vom Druck unab- hängig; ich kann also setzen:

J=z c .g. A^ oder da:

2) J = c.p , A^,

Es ist nun zu ermitteln in wiefern A durch eine Aende- rung von p beeinflusst wird. Es sei das Geschwindi^eits- Potential einer einfachen Welle, die auf ein zweites Medium unter dem Winkel & trifft^):

q> s= A cos -^ \x cos t^ + 1/ sind- + at\

wo arcosi?- -f ysin?9- = Const die Richtung der Wellenebene gibt; es wird dann die in das zweite Medium gebrochene Welle da^ gestellt durch:

Q cotän v^

cf ist zugleich der Ausdruck für die Welle unter dem Eeci- pienten, wenn in ihm der äussere Luftdruck p herrscht; qp, gelte dann für den Luftdruck p^ Es wird dann a = a^, A = A^ und, da die Welle ungebrochen in dünnere Luft eintritt, & == t^i« Die Amplitude der Welle im verdünnten Raum ist dann:

daraus folgt analog 2)

1) 1. c. §. 270. A. Green, Ou the reflexion and refraction of eound. < Cambridge transactions Vol. 6. 183S.

Mikrophoräsche Tonstärkemessung. 637

wobei die Constanten in den Ausdrücken 2) und 3) die näm- lichen sind« Es ergibt sich:

Wird also die Intensität des Tones unter dem Recipienten bei einer gewissen festen Stellung der Pfeife vor demselben bei p=^Pi zur Einheit gewählt, so kann man die Scala des Dy- namometers auf diese Weise in Schallintensitäten calibriren. Die mir zur Verfügung stehenden constanten Töne erwiesen sich aber zu diesem Zwecke als zu schwach. Wurde nämlich das Mikrophon unter den Kecipienten gesetzt, so dämpfte die dicke Glasglocke den Schall so sehr, dass das Dynamometer keinen Ausschlag mehr anzeigte. Im Telephon konnte der Ton noch wahrgenommen werden und es war, wenn der Re- cipient evacuirt wurde, auch eine Abnahme der Tonintensität deutlich wahrnehmbar. Das Mikrophon wurde übrigens, um directe Schallleitung zu verhindern, auf dicke Gummistücke gesetzt und die Zuleitungsdrähte wurden möglichst dünn ge- wählt. Bei Anwendung der Siemenstrompete erhielt ich nur einen Ausschlag bis zu 2 cm; wenn man aber bedenkt, dass der Ton dieser Trompete unharmonisch zum Eigenton der Mikrophonmembran war, so wird wohl zu erwarten sein, dass, wenn man den richtigen Ton constant mit grosser Stärke blasen lässt, die erwähnte Calibrirung auf diese Weise möglich sein wird.

Um die Dynamometerscala in Ampere zu calibriren, wurde der Reductionsfactor einer Tangentenbussole electrolytisch aus- jewerthet. Man kann das Bellatische Instrument der Wirkung ies Erdmagnetismus wegen nicht für constante Ströme be- lutzen, sondern muss es mit Hülfe eines zweiten Dynamo- neters anderer Construction caKbriren. Das Kohlrausch'sche [nstrument lässt sich übrigens, wie ein Versuch mich belehrte, iueh nicht ohne ein anderes auswerthen. Denn da die Zu- eitung zur beweglichen Rolle durch Schwefelsäure geführt wird, ;ritt bei durchgeschicktem constanten Strom Polarisation ein. Mittelst des Weber'schen Dynamometers fand ich dann den Amperewerth eines Scalentheils zu 4 . 10~^ oder in absolutem

j^aasse

1 Seit. = 4 . 10-8 cm V, g V, sec-K

638 G, Stern, Mikrophonische Tonstärhemessung.

Nach einer Angabe von Bosscha^) genügen aJtemirende Ströme von der Stärke 7,7. 10-®cm*^«g''«sec-S um im Tele- phon einen deutlichen Ton zu erzeugen. Diese Bestimmung scheint aber fär die neueren Telephone, besonders das Siemens- sche Hufeisentelephon nicht zu gelten, denn ich konnte noch im Telephon einen Ton vernehmen, der das Dynamometer nicht mehr ablenkte, der also höchstens einen Strom von der Grössenordnung 10~^ erregt haben kann; wahrscheinlich lassen aber noch viel schwächere Ströme das Telephon ansprechen. Liess ich den f&r das Mikrophon gewählten Ton auf das Telephon wirken, wenn die Telephonplatte ca. 2 cm vom Pfeifen- ende entfernt war, so erhielt ich Ströme von der Ordnung 10-*cmV«gVi8ec-S während im Mikrophon uater gleichen Bedingungen Ströme von der Ordnung 10~~^ nachzuweisen waren. War die Pfeife nur 20 cm vom Telephon entfernt, so waren die Ströme schon nicht mehr nachweisbar, also jeden- falls < 10~^ während das Mikrophon in Maximis, die 5 m ent- fernt lagen, noch Ströme bis zu 10"* inducirte. Der Strom, der durch Anblasen der Siemenstrompete mit ELlöppel im Tele- phon erzeugt wird, ist von gleicher Grrössenordnung, wie der stärkste Mikrophonton, der durch die bedeutend schwächere fiolzpfeife hervorgerufen wird, nämlich 10"'cm*^«g''«8ec'^. Diese starken Ströme wurden stets mittelst Verzweigung ge- gemessen.

Zum Schluss sei es mir gestattet Herrn Prof. Pape ftr das Interesse und die Anregung, die mir im Laufe der Tor- liegenden Untersuchungen durch ihn zu theil wurden, auch an dieser Stelle meinen ehrerbietigen Dank auszusprechen.

Physik. Inst, der Univ., Königsberg i. Pr., Ende Mai 1890.

1) Bosscha, Arch. Nderland. 13. p. 250. 1878. Beibl. 2. p. 513. 18W.

IX. Veber die durch Zerstäuben der Kathode erhaltenen Metallschichten; von J. Moos er.

Einleitung.

Das Zerstäubungsphänomen der Kathode gehört zu den interessanten Erscheinungen, welche bei electrischen Entladungen in stark verdünnten Grasen sich darbieten. Die einschlagenden experimentellen Untersuchungen einer grossen Anzahl von Physikern haben bewiesen, dass das Wesen der Crookes'schen ^^strahlenden Materie" niit ihrer motorischen Kraft, ihrer Rich- tüngsänderung unter dem Einfluss von Magneten, ihrer spec- tralen Erscheinung u. s. w. zur Hauptsache darin besteht, dass die an der Oberfläche der negativen Elektrode gelegenen elek- trisch erregten Molecüle sich von ihr lostrennen und in den um- gebenden Baum geschleudert werden. Die Ursache dieser Er- scheinung ist noch nicht völlig aufgeklärt; dass aber die Ab- gabe occludirten Grases dieselbe wesentlich beeinflusst, geht aus den Untersuchungen von A. Berliner^) hervor.

Dieses Zerstäuben oder Verdampfen der Kathode ist zu- erst von Wright^) zu einem technischen Zwecke verwendet worden. Er liess eine Glasplatte bestäuben und erhielt auf diese Weise einen Metallspiegel.

Vor einigen Jahren haben A. Kundt*) und B.Dessau*) die nähern Bedingungen für gutes Zerstäuben verschiedener Electrodensubstanzen aufgesucht.

Kundt^) zeigte die krystallinische Natur der durch Zer- stäuben erhaltenen Metallschichten, indem er an ihnen Doppel- brechung nachwies; er fand, dass die aus magnetischen Sub- stanzen hergestellten Schichten ein grosses optisches Drehungs-

1) A. Berliner, Wied. Ann. 33. p. 289. 1888.

2) Wright, Sillim. Joum. 18. p. 49 und 14. p. 169. 1877.

3) A. Kundt, Wied. Ann. 27. p. 59. 1886.

4) B. Dessau, Wied. Ann. 29. p. 353. 1886.

5) A. Rundt, Wied. Ann. 27. p. 59. 1886; 27. p. 191. 1886; 34. p. 469. 1888.

640 J. Mooser.

vermögen besitzen und es ist ihm auch gelungen mit ihrer Hülfe Brechungsexponenten von Metallen zu ermitteln.

Behufs quantitativer Bestimmungen dieser Grössen ist aber die Kenntniss der räumlichen Yertheilung der die Schiebt bildenden Metallmolecüle unumgänglich nothwendig. Zu diesem Zwecke hat O.Wiener ^) Dickebestimmungen an verschiedenen Stellen der Schicht ausgeführt. Die angewandte Methode basirte auf der Messung von Wellenlängen von Lichtstrahlen, welche durch Interferenz ausgelöscht werden.

Auf den Vorschlag meines hochverehrten Lehrers Hm. Prof. Dr. A. Kleiner habe ich versucht die geometrische Ver- theilung der durch Zerstäuben erhaltenen Metallmasse mit Hülfe von Widerstandsmessungen an derselben zu studiren. Diese Methode, welche sich für diesen nächsten Zweck als sehr geeignet herausstellte, hat sich auch überaus fruchtbar erwiesen zur Ermittlung verschiedener Eigenschaften der zer- stäubten Substanz.

I. Herstellung der Metallsohiohten und allgemeine Beobach- tungen über die Art und Weise des Zerstftubens.

In Bezug auf die Herstellimg der Metallschichten kann ich mich kurz fassen, da dieselbe in den im Eingang erwähnten Schriften ausführlich angegeben ist.

Der Apparat, welcher mir hierzu diente, besteht aus einem trichterförmigen Glasgefäss A (Fig. 1), das bei C erweitert ist^ um mittelst Quecksilberverschluss die luftdichte Verbindung des Trichters mit der Glasröhre B herzustellen. Li das untere Ende der Glasröhre ist eine der Electroden in Drahtform ein- geschmolzen. Der Trichter wird auf eine dicke Glasplatte D gesetzt. Diese trägt einen Ring Ej der wieder zur luftdichten Abschliessung mittelst Quecksilber dient. Die Platte wird von einem Röhrensystem getragen, das ein verkürztes Quecksilber- manometer enthält und bei G auf eine Quecksilberluftpunipe gesetzt werden kann. Diese, nach Art der bei der Fabrikation von Glühlampen benutzten, ganz aus Glas construirte Pumpe lässt sich sehr bequem handhaben und erlaubt unter Anwen*

1) O. Wiener, Wied. Ann. 31. p. 629. 1887.

Metalltchichten durch Zerstäuben der Kathode,

641

düng passender Vorsichtsmaassregeln mit Leichtigkeit den Grasdnick auf Bruchtheile eines mm zu erniedrigen. Durch die mit dem Hahn H versehene Bohre können beliebige Gase in den abgeschlossenen Baum eingeführt werden. Bei F ist die zweite Electrode eingeschmolzen. Die zu bestäubende kreis- runde Platte J aus Spiegelglas ruht auf kurzen Glasröhrchen.

£J

Fig. 1.

r\

Für einige Zerstäubungsyersuche wurde statt des Trichters eine lange, oben verschlossene Glasröhre auf die Platte D gesetzt

Ist der Becipient bis auf wenige mm G^dmck evacuirty so bringt man die Electrodenenden so in Verbindung mit den Polen eines Buhmkorff sehen Inductionsapparates, dass die obere Electrode zur Kathode wird. Diese zerstäubt nun während des Durchgangs der Electricität ihre Substanz und ein Theil davon lagert sich auf der Glasplatte ab, dort eine Metallschicht bildend, die senkrecht unter der Electrodenspitze am dicksten

Ann. d. Phjs. n. Chem. V. F. XLII. 41

642 •/. Mooser.

und mit der Entfernung von der Mitte sichtbar immer dünner wird. Geht die Zerstäubung in atmoq>h&rischer Luft vor sich, so werden die von der Kathode abgerissenen Molecüle sofort oxydirt und die Metallschicht zeigt intensive farbige Binge, S^nlich den auf electrolytischem Wege unter geeigneten Um« ständen erhaltenen N ob ili 'sehen Bingen. Die Oxydation wird aber, wenn auch nicht ganz aufgehoben, so doch bedeutend reducirt, wenn die Entladung in Wasserstoff oder Stickstoff vor sich geht. In diesem Falle sind die noch auftretenden Binge wahrscheinlich !New ton 'sehe, also gebildet durch Inter- ferenz der an der vordem und hintern Fläche der Metall- schicht reflectirten Lichtstrahlen.

Wenn wir nun auf einige Erscheinungen bei der Ze^ stäubung näher eintreten wollen, so werden wir leicht durch wenige Versuche cbnstatiren können, dass die Ghestalt und Ausbreitung des die Kathode umgebenden sogenannten Glimm- lichts in innigem Zusammenhang steht mit der räumlichen Aus- breitung der abgestossenen Molecüle und mit der Intensität des Zerstäubens. Wie das Glimmlicht die drahtf5rmige Elathode vollständig umgibt, so findet auch Verdampfung nach allen Seiten derselben statt

Wählen wir aber statt einer kurzen, eine im Vergleich zur Distanz der Electrodenspitzen lange drahtförmige Kathode, welche in das eine Ende einer Glasröhre eingeschmolzen ist, so wird nicht mehr die anscheinend cylindrische Gestalt des Glimmlichts, wie sie bei kurzer Electrode beobachtet wird, auftreten. In diesem Fall erfüllt das Glimmlicht einen Baum, der von einer kegelähnlichen Fläche um den Draht eingehüllt und gegen die Anode zu von einer Kugelfiäche begrenzt ist Die Höhe dieses Lichtkegels, dessen Spitze irgendwo in der Axe des zerstäubenden Drahtes liegt, ist bedingt durch den Gasdruck und die Intensität des electrischen Stromes. Je grösser das Potential in einem Punkte der Kathode ist, um so grösser ist auch der Durchmesser des ihn umhüllenden Glimmlichts. In der That wächst auch die Intensität des Zerstäubens mit der Ausbreitung des Glimmlicht& Um dies nachzuweisen, lassen wir die Kathode eine cylindrische Glas- röhre bestäuben, welche so in den zu evacuirenden Baum ge- bracht wird, dass der Draht mit ihrer geometrischen Axe

Metallschichten durch Zerstäuben der Kathode. 643

zusammenfällt Wir werden dann leicht erkennen, dass die Dicke der auf der Innenseite der Glasröhre sich ablagernden Metallschicht gegenüber der Spitze der Kathode am stärksten ist and abnimmt bis zu den Stellen, welche der Spitze des Lichtkegels gegenüber liegen. Die Untersuchung in Bezug auf die Vertheilung der Molecüle der so erhaltenen Metallschicht würde uns wieder eine neue Quelle eröffnen für das Studium des 2^rstäubimg8Yorganges.

Weitere Versuche zeigen, dass die räumliche Ausbreitung des Zerstäubungsproduktes yon der Form der Kathode ab- hängig ist Versehen wir die Spitze derselben mit einer kleinen Metallkugel, so ist auch das Glimmlicht, das von ihr ausge- strahlt ¥m*d, kugelförmig begrenzt und es ist höchst wahrschein- lich, dass die Molecüle senkrecht zur Oberfläche, längs der Badien dieser Kugelfläche fortgeschleudert werden. Wir hätten dann eine ein&ch definirbare Ausbreitung der zerstäubten Sub- stanz mit dem Mittelpunkt der Kugel als Zerstäubungscentrum. Die Annahme einer solchen Vertheilung ist aber gerechtfertigt, auch auf Grund theoretischer Betrachtung über die Gestalt der Niveauflächen wenn der Badius des Kügelchens ver- schwindend klein ist gegenüber seiner Distanz von der Anode.

Eine nicht ganz geschlossene Hohlkugel, welche die kugel- förmige Kathode als Mittelpunkt enthält, wird daher auf ihrer innem Fläche von einer Metallschicht überdeckt, welche in allen Punkten dieselbe Dicke hat. Dies bestätigte sich an einer Zerstäubung, welche in einer, mit einem kleinen Ansatz- röhrchen versehenen Glaskugel vor sich ging. Aus der in allen Punkten gleichen Durchsichtigkeit dieser Schicht war auf überall gleiche Dicke derselben zu schliessen.

Die meisten der von mir auf ihre geometrische Vertheilung untersuchten Metallschichten sind erhalten worden durch Zer* stäuben einer Kugelelectrode aus Platin. Das an die draht- förmige Kathode angesteckte Kügelchen wurde auf der Dreh- bank hergestellt und hatte einen Durchmesser von 8 mm. Wichtig ist, dass seine Oberfläche in Bezug auf metallische Reinheit fehlerfrei sei. Die Zerstäubimg ging in Wasserstoff von etwa 1mm Druck vor sich. Der dem Entwicklungsapparat ent- strömende Wasserstoff hatte, zum Zwecke seines Trocknens,

41*

644 •/. Mooser,

eine mit Caiciumstücken gefüllte Glasröhre und eine Säule von concentrirter Schwefelsäure zu durchlaufen. Der Becipient wurde mehrmals abwechselnd mit Gas gefüllt und ausge- pumpt Diese Operationen allein reichen aber nicht hin allen Sauerstoff zu entfernen; ein grosser Theil des Bestes wird noch bei der Zerstäubung auf Kosten rein metallischer Schichten verzehrt Es ist daher empfehlenswerth, vor der definitiven Bestäubung der Glasplatte, die electrischen Entladungen einige Minuten lang in umgekehrtem Sinne vorsichgehen zu lassen, d. h. so, dass das Kügelchen zur positiven Electrode wird.

II. Die räumliche Vertheilung des ZerstäubungsproduoteB.

In diesem Abschnitt soll die geometrische Vertheilung der zerstäubten Substanz auf einer Ebene näher untersucht werden. Zur Erreichung dieses Zieles führen zwei ganz verschiedene Weg& Wir können erstens nach dem Vorgang von.O. Wiener direct die Dicke der Schicht in verschiedenen Distanzen von ihrem Mittelpunkt bestimmen. Zweitens können wir aber auch Anfangs rein theoretisch verfahren, indem wir den Berech- nungen eine Hypothese über die räumliche Ausbreitung des Zerstäubungsproduktes zu Grunde legen und dann durch das Experiment die nöthigen Zahlenwerthe ermitteln. Wir haben diese letztere Bestimmungsweise eingeschlagen und uns durch folgende üeberlegungen leiten lassen.

a) Theoretischer Theil.

Unter Voraussetzung einer zerstäubenden Kugelelectrode, an deren Oberfläche das Potential constant ist, sind sämmt< liehe Potentialniveauflächen sphärisch. Weicht die Kathode von dieser Form ab, so werden immerhin die Niveauflächen mit wachsender Distanz die Kugelgestalt anstreben. Wir dürfen nun annehmen, dass die Bichtung der Bewegung der frei werdenden Kathodentheilchen diejenige der aus der Potential- niveaufläche austretenden Kraftlinien ist. Diese Richtung, welche bekanntlich zu den Niveauflächen senkrecht steht, werden sie, insofern keine äusseren Ursachen den Vorgang beeinflussen, beibehalten vermöge der ihnen innewohnenden Inertie. Machen wir aber diese Hypothese einer vom Centrum der Kugelschale

MetalUchichten durch Zerstäuben der Kathode,

646

ausgehenden radialen materiellen Strahlung, welche Annahme die im vorigen Abschnitt angeführten Versuche zur Genüge als richtig bestätigen, so wird es ein leichtes sein, die uns ge- stellte Aufgabe zu lösen.

Angenommen die Kugelelectrode befinde sich im Abstand h (Fig. 2) über einer Ebene und zerstäube in der Zeiteinheit die Masse e, also in der Zeit t die Masse et, dann erhält die Flächeneinheit der um den Mittelpunkt der Kathode beschriebenen Kugelfläche vom Radius g in der Zeit t

die Masse:

et

4w^'

Fig. 2.

Das Element der Kugelzone vom Radius g hat den Inhalt 2ng*Wiadcc. Durch diese Fläche strömt die Masse:

et

-. i2nQ^BiRada

und yertheilt sich auf eine Ringfläche, deren Inhalt unter Vor- aussetzung kleiner Breite:

2nRx, wo a: =

COSa

Somit ist, wenn Sr die Dicke der Schicht im Abstand R vom Mittelpunkt und J die Dichte der zerstäubten Substanz bedeuten:

j-27ismada = 27iRq ~'Sb * A^

woraus:

oder:

<Jä =

et A

cosa et sinct.cosot

4nJ £.^ et

^nA Q* 4^^y(J2« + A')»*

Das Maximum der Dicke tritt im Mittelpunkt der Schicht ein und ist:

c et

weshalb auch geschrieben werden kann:

^2= Sr

V(Ä« + Ä«)»

646

J. Moo$er.

Ein zur bestäubten Ebene senkrechter, durch den Mittelpunkt der Metallschicht gehender, ebener Querschnitt hat daher eine äussere Begrenzung, die durch folgende Curve dargestellt wird:

Rg. 3.

Die Dicke der Schicht nimmt von der Stelle, welche die kürzeste Entfernung von dem Zerstäubungspunkte hat mit zu- nehmendem Badius erst langsam, dann immer rascher ab bis zu dem E^reise, der die Inflexionspunkte enthält. Von da an wird die Abnahme der Dicke immer geringer, sie nähert sich asymptotisch dem Werth ^uU, der flir ein unendlich grosses R eintritt

Für die Anwendung dieser Metallschichten zu optischen Untersuchungen spielt der die iDflezionspunkte enthaltende Kreis eine wichtige Rolle. Er besitzt den Badius Ri = und die Dicke der Schicht in dieser Entfernung vom Mittel- punkt ist:

Die Inflexionstangenten schneiden die Ebene in einem Kreise vom Badius = 4A/3 und ihre Neigung bestimmt sich aus:

. 8 /4V/«c5o

Dieser grösste Werth des Neigungswinkels wird bewirken, dass allfällige Newton'sche Binge in der Nähe des Kreises der Inflexionspunkte am dichtesten aufeinander folgen, sowohl im durchgehenden als im reflectirten Lichte. Zur BestimmoDg der Brechungsexponenten von Metallen wird man am vortheil- haftesten den Lichtstrahl an der Stelle eines Inflexionspunktes einfallen lassen, da dort der brechende Winkel verhältniss- massig leicht und genau berechnet werden kann.

Zu obigen Anwendungen der Schichten kann man auch das Zerstäubungsprodukt einer Drahtelectrode auf einer zu derselben parallelen Glasfläche auffangen. Ein Durchschnitt dieser Doppelprisma ähnlichen Schicht, senkrecht zur Draht-

Metallschichten durch Zerstäuben der Kathode. 647

richtang wird eine Gestalt besitzen, welche aus der hierf&r

geltenden Formel:

s mt h i *'

Ob = ^ ^ r^o = Ot^

zu bestimmen ist. m bedeutet die in der Zeiteinheit von der Längeneinheit des Drahtes zerstäubte Masse.

b) Experimenteller Theil.

Obwohl aus den Dickebestimmungen von 0. Wiener die grösste Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der hier ge- gebenen Theorie heryorgeht, so wollen wir sie dennoc)i prüfen und zwar nach einer anderen, vielleicht genauem Methode, nämlich mit Hülfe von Widerstandsmessungen an den Metall- schichten.

Denken wir uns einen Theil der Schicht abgegrenzt durch concentrische, auf der bestäubten Ebene senkrecht stehende Cylinderfiächen, in deren Axe das Centrum der Schicht liegt, so ist die Fläche q eines cylindrischen Querschnittes vom Radius R:

Bedeutet m den specifischen Widerstand der zerstäubten Substanz, so ist der Leitungswiderstand fFi,2 zwischen con- centrischen Cjlinderflächen der Radien R^ und R^\

Bt St

^ ^ f(odB ^ r2JtoV(B^-'W^j^

Wird der Ausdruck 2A(olcth als constant vorausgesetzt, so wird:

VÄ1Ä + VÄg' + ÄvJ

Beachtet man, dass

cth

= 4;iV(Ä2 + Ä2)'.dÄ,

648 «/. Mooser.

80 lässt sich die Schichtendicke in der Entfernung R vom Centrum in der Form ausdrücken:

und specieU für i? = 0 wird die maximale Dicke:

Hieraus ist ersichtlich, dass unter Voraussetzung der Kenntniss des specifischen Widerstandes 'der zerstäubten Sub- stanz die Dickebestimmung mit Hülfe einer einzigen Wider- standsmessung ausgeführt werden kann.

Ist 8q bekannt, so berechnet sich die von der Kogel- electrode in der Zeiteinheit zerstäubte Masse nach der Formel:

c ^—8,.

Da im Quotienten zweier Widerstä^nde von Schichten yer- schiedener Ausdehnung verhältnissmässig leicht messbare Grössen auftreten, so werden wir ihn benutzen, um unsere Annahme über die geometrische Yertheilung der Metallmasse auf einer Ebene auf ihre Bichtigkeit zu prüfen.

Bedeutet fV^n den Widerstand der Schicht zwischen den Badien iZm und Rn, ^«,t denjenigen zwischen den Halbmessern Rt und Rt, so soll theoretisch die Gleichung ezistiren:

'^m.n

'*:*■>«.■+»■ "■ ;*■>«.■+*■

W ,

^ 4'A* + Ä* 4Ä* + i2'

^»A

' 2 1 ' I/ä « I A2

Q r •**« T '• Q V ■«*# T '*

, ,.JJ^n^^yB,'^^^

U„Ä + ]/£„«+*»>'

+ Ä3/„f5*^^^''-^n

Im Vorausgehenden haben wir die Dichte und den speci' fischen Widerstand nicht als Funktion der Entfernung vom

Metallschichten durch Zerstäuben der Kathode. 649

Mittelpunkt der Schicht vorausgesetzt und wollen nun an diese Annahme folgende Yorläufige Betrachtungen knüpfen.

Was die Dichte der zerstäubten Substanz anbelangt, so wird sie ohne Zweifel an denjenigen Stellen der Schicht con- stant sein, wo wir eine grossere Dicke als die moleculare an- treffen, wo also die Eathodentheilchen schon in solcher Zahl aufgefallen sind, dass sie sich übereinander lagern müssen. Hingegen wird in der Ebene ein Kreis existiren, dessen Badius von der Intensität und Dauer der Zerstäubung abhängt, ausser- halb welchem die Molecüle so spärlich vertheilt sind, dass sie keine cohärente Masse bilden. Ausserhalb dieses Kreises finden unsere Widerstandsbestimmungen natiirgemäss keine Anwendung.

Haben wir es mit metallisch reinen Schichten zu thim, so ist nicht einzusehen, dass der specifische Widerstand eine Funktion des Radius R wäre, so lange B innerhalb der cohärenten Schicht bleibt. Anders wird es sich aber wahr- scheinlich bei oxydirten Schichten verhalten. Die auf der zu bestäubenden Ebene sich ablagernden Kathodentheilchen haben, je nach ihrer Entfernung von der Mitte der Schicht, ver- schieden lange Wege durch das sie oxydirende Medium durch- laufen, wesshalb der specifische Widerstand mit wachsendem Badius zunehmen muss, weil, wie in einem spätem Abschnitt gezeigt wird, der specifische Widerstand flir oxydirte Metall- schichten viel mal grösser ist, als für rein metallische Schichten. Da femer das Quantum von Sauerstoff im Becipienten während der Dauer der Zerstäubung beständig abnehmen muss, so ist einer gesetzmässigen Abhängigkeit zwischen specifischem Wider- stand und Entfernung von der Mitte der Schicht nur äusserst schwierig rechnerisch beizukommen. Unsere Messungen sind aber an möglichst reinen Schichten vorgenommen worden, wo wir den specifischen Widerstand als constant voraussetzen durften.

m. Widerstandsmessungen an Metallsohiohten.

Das Frincip, nach welchem Widerstandsbestimmungen an den Metallschichten auszuführen sind um die Vertheilung der Substanz zu ermitteln, geht aus der im vorigen Abschnitt

650

J. Mooter.

entwickelten Theorie hervor. Dort wurde der Wideratasd einer durcb Zerstänben erhaltenen Metallmasae von ringf&rm^ Basiaääche berechnet untar der Yonuiasetzang, dass das Cen- tmm der Itingfläche mit demjenigen Punkte der Schiebt m- sammenfaUe, über welchem die Dicke der zerstäubten Snbstaaz die grÖBste ist. Es wird somit unsere Aufgabe sein, rüig- ääcbige Contacte mit der Schicht herzustellen und diesen einen «lectrischen Strom zuzuführen.

Es bat sich gezeigt, dass wohl kaum bessere Contacte in bewerkstelligen sind, als solche, welche das Quecksilber liefert Dieses Metall verbindet sich rasch mit dem zerstäubten Pla- tin zu einem Amalgam, das d«i Strom ohne erbeblichen Wider- stand der Metallschicht zufllhil Unter diesen Umst&nden dürfen wir annehmen, daea die Strom- laden, aus der Zerstäubiuige- schiebt austretend, direct nadi den nächstliegenden Contact- stellen abbiegen. Der Apparat, der zur Herstellung der Con- tacte construirt wurde, ist in Pig. 4. skizzirt In einer Hob- platte A, die von zwei auf einem Brett B befestigten Pfosten C getragen wird, sind mebreie 1,5 bis 2 mm breite und 2 ti^ 3mm tiefe concentrischeEinnen ausgedreht Jede Itinne con- municirt mit einem am untern Ende der Platte eingekitteten Glae- röhrchen. Letzteres ist durch einen Kautschukschlauch mit einem Röhrchen verbunden, das in dem Holzrahmen D in verticaler Richtung verschiebbar ist.

Die Glasplatte wird so auf die Holzplatte gelegt, dass die bestaubte Schicht dieser zugekehrt ist. Daselbst wird sie mittelst Metallfedern festgehalten. Um eine Beschädigung der Schiebt durch Berührung mit dem Holz zu verhindern, sind die er- habenen Ringöächen so abgedreht, dass zwischen ihnen und

Fig. 4.

Metallschichten durch Zer stauben der Kathode, 651

der Glasplatte noch ein Zwischenraum von etwa 0,2 mm übrig bleibt, somit die Glasplatte nur auf derjenigen Holzfläche auf- liegt, welche ausserhalb der Einne von grösstem Radius sich befindet Durch die yertical stehenden Glasröhrchen wird den Binnen reines Quecksilber zugeführt Das Quantum des Queck- silbers wird so gross genommen, dass bei einem gewissen Stande der Bohren die Binnen vollständig ausgefüllt werden und das Quecksilber gegen die Metallschicht drückt, ohne von einer Binne in eine benachbarte überfliessen zu können. Dieser Apparat wird in einen Zweig der Wheatstone'schen Brücke eingeschaltet Der electrische Strom wird den Contactflächen durch Drähte, die in das Quecksilber der Glasröhrchen tauchen, zugeleitet Zuerst ist der kreisflächige Oontact mit der Mitte der Schicht herzustellen durch Aufziehen des entsprechenden Böhrchens, dann ist die Binne von grösstem Badius mit Queck- silber zu füllen und der Widerstand der so abgegrenzten Metallschicht zu messen. Hierauf füllt man die zweitäusserste Binne, macht wieder eine Widerstandsbestimmung und fährt so fort, bis alle Contacte hergestellt sind.

Indem wir zuerst den Oontact mit der Mitte und dem äussersten Binge bilden, wird ein gewisses Lufbquantum abge- sperrt Durch die Füllung der zwischenliegenden Quecksilber- rinnen wird diese Luft immer mehr zusammengepresst und ist im Stande das Quecksilber der schon gebildeten und zur Messung benutzten Contacte zurückzustossen. Es muss daher am Apparat durch Luftcanälchen dafür gesorgt werden, dass die Luft zwischen den Bingen mit der äussern Atmosphäre commu- niciren kann.

Die Badien der Oontactringe werden am besten erst be- stimmt, nachdem sämmtliche Widerstandsmessungen gemacht sind. Die vom Quecksilber berührt gewesenen Schichten zeigen sich nämlich auch bei abgenommener Platte deutlich sichtbar und scharf begrenzt Zum Zwecke dieser Messungen diente ein mit Faden versehenes Mikroskop, das auf einem Maassstab verschiebbar war. Damit konnten die Durchmesser sowohl der äussern als der innem Peripherien der Contactflächen mit grosser Genauigkeit ermittelt werden.

Wir wollen im Folgenden die Besultate von Widerstands- bestimmungen an einigen Schichten zerstäubten Platins mit-

652

«/• Mooser.

theilen. Mit Bttcksicht auf die Art und Weise der Messung fähren wir folgende Bezeichnungen ein:

Es sei {J?n der Aadius der innem, a^n derjenige der äussern Fheripherie der durch Quecksilbercontact gebildeten nten Ringfläche. Femer bedeute allgemein IV^^ den Leitungs- widerstand der Metallschicht begrenzt von der äussern Pen- pherie des mten und dem innem Umfang des nten Queck- süberringes.

Die Widerstände sind in Ohm, die Längenmaasse in Centi- meter angegeben. Der Abstand h wird am einfachsten Tor dem definitiven Aufisetzen des Trichters gemessen. Hiena wird man etwa eine Schicht von Glasplättchen auf die zu be- stäubende Ebene legen und die Dicken der einzelnen Flättchen so wählen, das ihre Summe gleich der Entfernung des Mittel- punktes der Kugelkathode von der Glasfläche ist

Mit Hülfe der Grössen W, R und h lässt sich die im Frühem pag. 648 für das Widerstandsverhältniss gegebene Formel ausrechnen.

Vier Platinschichten ergaben nachstehende Werthe:

Platte L

Radien.

GremesseDe Widerstände.

Verhältniss

gemessener

Widerstände.

Berechne- tes Wider- standsver- hältniss.

Abweichung in Proc de« theoretischen Verhältniaaei.

0,74

a^i

i^9

a^3

i^i

0,065 0,312 0,427 0,737 0,885 1,245 1,415 1,740

^1,8

^«.8 ^4.5

5,809

11,312

18,868

33,487

3,875

6,411

9,399

^9

W^

^,.8 »n.4 ^4.5

J?k4

« _

0,512 0,301 0,173 1,499 0,906 0,618 0,604 0,412 0,682

0,557 0,299 0,178 1,524 0,927 0,629 0,608 0,413 0,679

8,0 0,7 2,8 1,6 2,2

1,8 0,6 0,2 0,4

M^aÜtchichten durch Zeratäuben i Platte U.

A

Qoniewen« Vcrhältniaa

Berechne- te« Wider.

sÄndsver- haltnisa.

AbweiehuDg in Proc. dee

theorpdichen VerhältniMCs.

JO»

A - 0.065

IT,., = 7,502

^ = 0,591

0^66

4,4

(fi, - 0,810

r.j = 12,878

■^ - 0.892

0^1

2.8

.B, - 0,«5

W,^- 18,102

.5^; = 0,269

0,268

2.2

^, - 0,162

W,t = 27,885

^^ = .,999

2,008

0,4

^, = 0,900

»r„= 3,758

wf, = ^'■'"

1,815

7.5

,fi.=. 1,252

JF..- 4,318

^-'■«^*

M15

0.1

,fi. = 1,450

ir.^= 5,708

^ = 0,S89

0,804

8.0

,fi, - 1.757

^ = 0,658

0,854

0,6

^ = 0,758

0,814

1.1

k

lUdien.

GemeeBene WiderotHncle.

Vcrh&llnisa \^derBtftnde.

Berechne- tes Wider-

Btandsver- bältnisa.

Abweichung in Proc. dea

theoretiicheo VerhSltnissea.

,74

Ä. = 0,082

W,, = 5,045 ^ = 0,466

0,462

0,9

,fi, = 0,290

»Ti.» 10,817| S,! = 0,258

0.256

1.2

.fi. - 0,446

IF,_, = 19,902, -pJ - 0,142

0,146

2.7

fR, - 0,725

»',,,= 35,480 -2i« = 1,385

ues

h*

.Ä. - 0,905

W,^= 8,642

1^ = 0,826

0,B2S

0,4

ifi. - 1,»S0

»"„= 6,091

^ = 0,485

0,492

1.4

,fi, - 1,420

H% - 10,408

S* = 0,593

0,606

1.8

,J^ - 1,755

■^ - 0,349

0,360

3,0

^ = 0,685

0,694

1.6

654

«/. Mooser.

Platte IV.

Radien.

Gemessene Widerstände.

Verhältniss

gemessener

Widerstände.

Berechne- tes Wider- standsver- hältniss.

Abweichoqg in Proc. dei theoretifleheD Yerhäitnissei.

0,92

i-ßs

i-Bj

0,075 0,310 0,430 0,742 0,920 1,251 1,445 1,755

5,331

10,330

15,859

25,766

3,469

3,988

6,062

TT.

TT.

lii s

4^

^..4

t^ =

TT,

fr.

«Ä =

4^

^V

•m* =

0,516 0,336 0,207 1,586 1,337 0,879 0,869 0,572 0,658

0,515 0,335 0,219 1,496 1,823 0,957 0,884 0,639 0,723

0,2 0,3 5,4

2,6

I

1,1

8,2

IJ 9,7

8,9

Die Uebereinstimmung zwischen den berechneten Widerstands- Verhältnissen und denjenigen, welche aus dem Experiment sich ergeben ist, wie am besten aus den in Procenten des theoretisch bestimmten Wiederstandsverhältnisses angegebenen Abweichun- gen erkannt werden kann, keine besonders gute zu nenneU' Währenddem die Abweichungen in einigen Fällen unter 1 Proc liegen, steigen sie in andern auf nahe 10 Proc. an. Von den vielen Schichten, an welchen Widerstandsbestimmungen vor- genommen wurden, stimmten die hier angeführten vier mit den Rechnungen am besten überein. Bei manchen der übrigen stiegen die Abweichungen auf 20 und mehr Procent an. TroU dieser Differenzen darf man doch nicht den Schluss ziehen, dass der Massenvertheilung in der Schicht eine wesentlich andere Gesetzmässigkeit zu Grunde liege, als diejenige, welche wir angenommen, vielmehr muss man die Ursache der Ab- weichungen in verschiedenen, voneinander unabhängigen Fehler- quellen suchen, welche theils in der Schicht selbst liegen, theils den Messungen entspringen.

Metallschichten durch Zerstäuben der Kathode. 656

Was die' letztere Gattung von Fehlerquellen anbelangt, so erkennt man aus den Tabellen, dass geringe Aenderungen in R und h schon grosse Differenzen in den theoretischen Wider- standsverhältnissen nach sich ziehen. Während die Sadien nur um zehntel Millimeter variiren, ändert sich das Yerhältniss in einem Fall um über 20 Proc. Kleine Unsicherheiten in der Bestimmung der linearen Grössen R und h können also schon grosse Abweichungen in den genannten Verhältnissen veranlassen. Ferner erinnere man sich, dass in der theoretischen Widerstandsbestimmung der Mittelpunkt der Schicht mit dem Centrum des Bingsystems der Quecksilbercontacte zusammen- fallend vorausgesetzt wird. Obwohl nun die zu den Messungen verwendeten Metallschichten immer einige schwache Farbenringe zeigten, welche das Centriren erleichterten, so darf man doch nicht annehmen, dass obige Forderung mit mathematischer Genauigkeit realisirt war. Die Grösse der durch einen Oentrirungsfehler her- vorgerufenen Abweichungen zwischen den gemessenen und den theoretisch bestimmten Widerständen ist abhängig von den zu den Singschichten gehörigen innern und äussern Eadien. Setzen wir, der leichtem Ueberlegung wegen, voraus, wir hätten es nur mit sehr schmalen Singschichten zu thun, so wird man erkennen, dass kleine Oentrirungsfehler für sehr enge, sowie für sehr weite Singe und ebenso für Singe ganz in der Nähe des Kreises der Inflexionspunkte minimale Abweichungen veran- lassen, dass hingegen maximale Differenzen auftreten müssen für Sü)gschichten, welche in den Zonen stärkster Krümmung der Metalloberfläche liegen. Demgemäss sollten in unsem Seispielen die gemessenen Widerstände ^1,3 und fV^^ nicht erheblich abweichen von den theoretischen, hingegen könnten die Widerstände fVi^^ und fV^^i mit grossem Fehlem behaftet sein. In der That lässt sich der Einfluss eines Oentrirungs- fehlers bei allen vier Schichten mehr oder weniger gut nach- weisen, er ist aber meistens verwischt durch Fehler, welche in den Metallschichten selbst zu suchen sind. Es darf kaum er- wartet werden, dass die Beschaffenheit der Kathodenoberfläche so vollkommen homogen sei, dass von jedem Flächenelement aus gleichviel Substanz zerstäubt werde. Ist also die dies- bezüglich in der Theorie gemachte Annahme nicht erfüllt, so werden auch die Schichten nicht überall dieselbe Gesetz-

656 J, Mooser.

mässigkeit in der DickeabDahme mit wachsendem Badius zeigen; es werden Stellen mit mangelhafter Bestäubmig auftreteD, welche eine Abweichung des gemessenen von dem theoretisch bestimmten Widerstände bedingen. Durch solche Unregel- mässigkeiten in der Bestäubung lassen sich nun die grossen Unterschiede in den Widerstandsquotienten erklären, welche bei manchen Platten zum Vorschein gekommen sind. Ferner ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass die Oxydationsverh&ltnisse, welche die G-rösse des specifischen Widerstandes in hohem Maasse beeinflussen, nicht durch die ganze Schicht die gleichen sind.

Da es unmöglich ist, alle die oben genannten Fehlerquellen zu eliminiren, so werden die gemessenen Widerstände nie genau übereinstimmen können mit denen, welche Schichten von der von uns theoretisch bestinmiten G-estalt zukonunen. Berücksichtigen wir diesen Umstand, so wird es denn doch höchst wahrscheinlich, dass die entwickelte Theorie Ül>er die räumliche Ausbreitung der zerstäubten Substanz den That- sachen entspricht

An dieser Stelle wollen wir noch einer bei den nach der beschriebenen Methode gemachten Widerstandsmessungen all* gemein auftretenden Erscheinung Erwähnung thun.

Wir haben als Oontactmittel Quecksilber gewählt, weil es mit den Schichten rasch eine metallische Verbindung ein- geht; allein es hat den Nachtheil, dass es sich in der dünnen Metallschicht seitlich immer mehr ausbreitet, indem es das Metall verzehrt, um mit ihm ein Amalgam zu bilden. Ein Tropfen Quecksilber auf eine durch Zerstäuben erhaltene Gold- schicht gebracht, breitet sich ziemlich rasch über eine Fläche aus, deren Grösse von der Masse des Quecksilbertropfens ab- hängt. Diese Vergrösserung der Oontactfläche tritt u. A. aocb bei Silber-, Palladium- und Flatinschichten auf, allerdings in weit geringerem Maasse als bei Goldschichten. Die Breite einer durch die Quecksilbercontacte abgegrenzten ringförmigen Metallschicht nimmt also mit wachsender Zeit ab, indem sich der innere Umfang vergrössert, der äussere verkleinert und zwar um so mehr, je grösser der Druck ist, mit dem d»s Quecksilber gegen die Schicht presst. Dies bedingt eine Ab- nahme des Widerstandes von annähernd asymptotischem Ver» lauf. Die Grösse dieser Aenderung kann bedeutend reducirt

MetaUschichten durch Zerstäuben der Kathode. 657

werden, wenn man dafür sorgt, dass der Ueberdruck des Queck- silbers an der Schicht klein wird.

Infolge dieser, allerdings sehr langsam fortschreitenden Amalgamation, die schliesslich einen Grenzwerth erhält, werden auch die Widerstände einem Minimum zustreben und es ist angezeigt den Zeitpunkt seines Eintritts abzuwarten und dann die Ausmessung der Contactringe direct nach den Wider- standsbestimmungen vorzunehmen.

IV. Der speciflsohe Widerstand zerstäubter Substanz.

Wie die Erfahrung lehrt, vermehrt die Oxydation den Leitungswiderstand eines Metalls in ganz erheblichem Maasse, desshalb lässt sich auch vermuthen, dass der specifische Wider- stand zerstäubten Metalls grösser ist, als derjenige des nicht zerstäubten, indem die von der Kathode abgestossenen Mole- cüle beim Durchgang durch das nicht ganz sauerstofiffreie Gas eine mehr oder weniger starke Oxydation erleiden. Nach A. Schuster^) ist es sogar unmöglich, durch Zerstäuben voll- kommen reine Metalle zu erhalten, da die Molecüle selbst der einüachen Gase unter dem Einfluss des electrischen Stromes in Atome zerfallen. Eine Kupferschicht, unter gleichen Be- dingungen hergestellt wie eine Platinschicht imd von ungefähr gleicher Durchsichtigkeit, zeigte zwischen denselben Contact- ringen einen viel grössern Widerstand als letztere, obgleich im festen, nicht zerstäubten Zustand Kupfer besser leitet als Platin.

Die Bestimmung des specifischen Widerstandes zerstäubter Substanz erfordert eine Volumausmessung. Um diese mög- lichst einfach zu gestalten wollen wir das Zerstäubungsprodukt nicht auf einer Ebene, sondern auf einer Kugelfläche auf- fangen, da nach den Auseinandersetzungen auf p. 643 die Dicke einer so erhaltenen Schicht in allen Punkten constant ist, wenn die Zerstäubung vom Gentrum der Kugelfläche aus- geht. Die Wägung der zu bestäubenden Kugelschale vor und nach der Bestäubung und ihre Flächenausmessung werden daim, normale Dicke vorausgesetzt, die nöthigen Daten liefern zur angenäherten Berechnung der Schichtendicke. Eine an der Schicht ausgeführte Widerstandsmessunlg wird schliesslich

1) A. SchasteFf Proc. of the Royal Society of London 37. p.317. 1884. Ann. d. FhjB, u. Chem. N. F. XLLI. 42

^58

•/. Mooser.

auf den specifischen Widerstand führen. Bedeutet m das Ge- wicht der auf der Fläche / abgelagerten Substanz vom speci- fischen Gewicht A, so ist die Dicke 8 der Schicht:

^ =

m

Zum Zwecke der Berechnung der Leitungsfähigkeit der sphärischen Metallschicht denken wir uns letztere in unend- lich schmale zonenförmige Schichten der Dicke 8 zerlegt. Er- scheint dann die Breite einer solchen Zone vom Mittelpunkt der

Kugel des Radius r ans gesehen unter dem Winkel d(/, so ist mit Hülfe der in nebenstehender Figur ein- getragenen Bezeichnungen das Differential des Wider-

standes :

dW=^w.

r . 0?« 2nq. 6

wo unter w, wie früher, der specifische Widerstand verstanden ist Da nun () = rsina, so ergibt sich der Widerstand der Schicht zwischen concentrischen Kreislinien deren Radien unter den Winkeln a^ und a^ gesehen werden zu:

«'2 117 CO C d^ ^ 1

2 7idJ ßinot 2 710

fc?\

"1

tff

nt,

\ •' 2-/

woraus

(O =

2nd,W

»('^f/'^D

Zur Messung des Widerstandes sphärischer Schichten wurde ein dem früher beschriebenen ähnlicher Apparat benutzt, welcher erlaubte einen kreisflächigen Quecksilbercontact mit der Mitte und einen ringförmigen mit den äussern Partien der Metallschicht herzustellen. Die zu bestäubende Fläche einer sphärischen Glasschale vom Radius 1,1 cm hatte einen Inhalt von 6,3108 qcm.

Die Resultate der Widerstandsmessungen an sphärischen Platinschichten bestätigten die Vermuthung, dass der specifische Widerstand des zerstäubten Platins grösser ist als derjenige

Metalhchichten durch Zerstäuben der Kathode. 659

des nicht zerstäubten und dass im allgemeinen die Leitungs* fähigkeit rasch abnimmt mit sich vermehrender Oxydation der Schicht. Von meinen diesbezüglichen Bestimmungen will ich hier 3 Beispiele anführen, von denen zwei die extremsten Werthe für den specifischen Widerstand zerstäubten Platins geben, die ich gefunden.

1) Die Platinkugel, im geometrischen Mittelpunkt der Glasschale zerstäubend, gab in der Zeit von ^2 Stunde an letztere eine Masse von 0,0324 g ab. Nehmen wir das speci- fische Gewicht des zerstäubten Platins zu 21,5 an, also dem- jenigen des nicht zerstäubten Platins gleich, so berechnet sich die Dicke dieser Schicht zu 0,0ßl76cra. Es war grosse Sorg- falt darauf verwendet worden, dass der Recipient möglichst reinen Wasserstoff enthielt. Die Schicht schien metallisch rein zu sein, im durchgehenden Lichte bräunlich und wie aus der in allen Punkten gleichen Durchsichtigkeit zu schliessen war, überall gleich dick. Der Widerstand zwischen den Queck- silbercontacten, für welche

cfi = 7<> 48,8' f^2 = 68ö 54,4' war, wurde gefunden zu 35,690 Ohm. Aus diesen Angaben be- rechnet sich der specifische Widerstand, im absoluten Maass, zu:

(f) = 171 144cm*sec-^ Matthiessen fand den specifischen Widerstand des gewöhn- lichen, festen Platins 0,1548 mal so gross als denjenigen des Quecksilbers. Letzterer ist 944 00 cm^sec^ Für gewöhnliches Platin wäre also der specifische Widerstand = 14 961 cm^sec—^ Nach obigen Angaben wäre somit der specifische Widerstand von zerstäubtem Platin 11,3 mal grösser, als derjenige des nicht zerstäubten.

2) Eine andere, auch in Wasserstoff hergestellte Schicht

war OyOjjlOg schwer, hatte einen Widerstand von 25,516 Ohm,

* Ferner war:

£^1 = 2" 36,2', a, = 69« 56,8'.

Daher co = 345 6^0 cm* sec-^

also 23,1 mal grösser als der 'specifische Widerstand des ge- wöhnlichen Platins.

3) Eine sehr stark oxydirte, in Luft hergestellte Platin- schicht wog 0,0220 g, hatte für:

c^i = 55', c^2 = ö9'' 56,8'

42*

660 •/. Mooser.

einen Widerstand von 30,912 Ohm, somit einen specifischen yod

«0 = 1231800cm*8ec-i der 82,3 mal so gross ist als derjenige des gewöhnlichen Platins.

Da beim Zerstäubungsvorgang die Oxydation der Metall- molecüle nie vollständig aufzuheben ist, so fragt es sich, ob die obige Annahme betreffend die Dichte zulässig sei oder nicht Obwohl die geringsten Beimengungen von Oxyd den speci- fischen Leitungswiderstand eines Metalls ganz erheblich zu ändern vermögen, so wird eine bedeutsame Veränderung des specifischen Widerstandes nicht nothwendig eine erhebliche Aenderung der Dichte nach sich ziehen. Diesbezügliche nume- rische Angaben sind mir nicht bekannt, hingegen spricht das metallische Aussehen der Schichten dafür, dass der weitaus wesentlichste Bestandtheil reines Metall ist Das specifische Gewicht des zerstäubten !^latins ist ohne Zweifel etwas kleiner als 21,5, wenn wir aber dennoch diese Zahl zur Berechnung der Dicke einführen, so begehen wir einen Fehler, der die Grössenordnung der Dicke nicht sehr beeinflusst.

Die nach der hier entwickelten Methode erhaltenen Werthe für den specifischen Widerstand liegen innerhalb so weiter Grenzen, dass wir uns genöthigt sehen, den specifischen Widerstand einer auf einer Ebene ausgebreiteten Metallschicht, deren Oxydations- verhältnisse unbekannt sind, deren Dicke wir aber bestimmen wollen, direct zu ermitteln. Hierzu benutzen wir die Formel:

^ 2 J 0)

4h' + EJ . ,-rr^ ^ 4Ä« + Ä »

"^ y /^„2 + /,2 «_ yß^2 + ^2

in der wir in erster Linie die ganze Masse et, die von der Kathode überhaupt zerstäubt worden, ermitteln. Nehmen wir an, im Abstand h über dem Mittelpunkt einer Kreisfläche vom Radius R befinde sich das Centrum der zerstäubenden Kathoden- kugel. Auf der Fläche lagere sich die Masse // ab. Er- scheint dann der Radius R vom Zerstäubungscentrum aus ge- sehen unter dem Winkel «, so ist die ganze von der Kugel zerstäubte Masse:

Metallschichten durch Zerstäuben der Kathode, 66 ^

11.1800 et = ^ s

«0

Ist dann AF|»,« der Widerstand der Schicht zwischen den ring- förmigen Contacten m und n, so kann cj aus obiger Formel leicht berechnet werden.

Bei einer ebenen Platinschicht, die unter ähnlichen Ver- hältnissen in Bezug auf Quantum und Qualität des Grases, sowie Electricitätsmenge, wie bei den vier Schichten, deren Widerstandsverhältnisse in den Tabellen angegeben wurden, hergestellt worden war, hatten wir folgende Werthe bekommen:

R = 2,3, h = 0,8, a = 70<> 49', u = 0,034, et = 0,0399584.

fri.4 = 41,937 X 10»,

/?! = 0,05, iR^ = 1,25,

= 275 408.

Dieser Werth des specifischen Widerstandes ist 18,41 mal grösser als derjenige des gewöhnlichen Platins.

Da für ähnliche Oxydationsverhältnisse nach der ersten Methode für den specifischen Widerstand zerstäubten Platins Zahlen gefunden wurden, welche von der soeben berechneten nach oben und unten nicht weit abweichen, so leistet diese üebereinstimmung einen Beweis für die Richtigkeit beider Be- stimmungsarten. Letztere ist insofern einfacher als erstere, weil sie die sehr complicirte Volumbestimmung für ebene Schichten vollständig umgeht.

Zahlreiche Messungen haben dargethan, dass der speci- fische Widerstand zerstäubter Substanz keineswegs eine con- stante Grösse ist.

Meine diesbezüglichen Untersuchungen sind noch nicht so weit gediehen, dass ich die Ursache oder Ursachen der Varia- tion des spec. Widerstandes mit voller Sicherheit erklärn könnte. Immerhin scheint aus denselben die Vermuthung berechtigt zu sein, dass die Widerstandsvariationen, wenigstens zum grössten Theil, von chemischen Veränderungen herrühren, denen die dünnen Metallschichten an der Luft ausgesetzt sind.

ß62 J. Mooser,

V. Dickebestimmung der Metallschichten.

Wir gehen nun dazu über, die für die maximale Dicke geltende Formel (p. 648) auf die vier in den Tabellen ange- führten Platinschichten anzuwenden.

Als Werth des specifischen Widerstandes nehmen wir die Zahl 275 408, welche für eine Platinschicht gefunden wurde, die sich unter ähnlichen Verhältnissen gebildet hat, wie jene vier. Dann erhalten wir folgende Dicken:

I) -^0 = 2.. 0,401224° 5.80.7rö-> " 0^6879 = 0,0,128 cm

") «^o = ,„.Jn%02.^0^ ''^3J5 = 0,0,95 cm

I") -^o = 2..o,4or224"5.045.i0» ' 0>5556 = 0,0,1 19 cm

IV) ^0 = 2„.0,Z'Zn.X0^ ' 1'1683 = 0,0,123 cm.

Ferner berechnen sich die Dicken der Schichten in den lu- flexionspunkten zu

I) 3i = 0,059165 cm II) Si = 0,056822 cm

III) 3i = 0,058524 cm IV) Öi = 0,058826 cm

Die Winkel, welche die Inflexionstangenten mit der Ebene bilden, sind:

I) « = 3,066" II) a = 1,756"

III) u = 2,852" IV) « = 2,375".

Die Ermittlung der Dicke gibt über manche wichtige optische Eigenschaften dünner Metallschichten Auskunft. So er- gab sich, dass eine Platinschicht in einer Dicke von 0,23 x 10~*cm nicht mehr gut reflectirte; ferner dass, wenn der Molecular- durchmesser von Platin annäherungsweise zu 0,01 X 10~*cin angenommen wird, bei Platte I über 1200 Molecüle über- einander lagen, welche, da die Schicht an jener Stelle immer noch schwach durchsichtig war, nicht genügten, um alles ein- fallende Licht zu absorbiren.

Metalbchichten durch Zerstäuben der Kathode, 663

Die Fruchtbarkeit der in dieser Arbeit befolgten Methode zur Untersuchung der durch Kathodenzerstäubung erhaltenen Metallschichten ist vollkommen nachgewiesen und an ihnen ausgeführte Widerstandsmessungen werden ohne Zweifel noch manche interessante Eigenschaften des Zerstäubungsproductes zu Tage fördern.

Die vorliegenden Untersuchungen sind im physikalischen Institut der Universität Zürich ausgeflihrt worden. Dem Leiter desselben, Herrn Prof. Dr. A. Kleiner spreche ich an dieser Stelle den wärmsten Dank aus für die von ihm ausgegangene Anregung zu dieser Arbeit und für die vielfache Unterstützung die er derselben angedeihen Hess.

X. Ueber das Absorption sspectrum und ii^er die

Farbe des flüssigen Sauerstoffs;

von K. Olszewski.

(Aus dem Anzeiger der Acad. d. Wiss. in Krakau, Januar 1891; mit-

getheilt vom Hm. Verf.j

In seiner früheren Arbeit^) fand der Verfasser vier Ab- sorptionsbanden im Spectrum des flüssigen Sauerstoffes ent- sprechend den Wellenlängen 628, 577, 535 und 480. Liveing und Dewar^, welche später das Absorptionsspectrum des gasförmigen Sauerstoffes in einer langen Stahlröhre unter starkem Drucke beobachtet haben ^ fancfen dieselben vier Absorptionen in dem sichtbaren Theile des Spectrums, ausser- dem aber in äusserstem Roth zwei, den Fraunhofer'schen Linien A und B entsprechende Banden , welche auch von Egoroff und Janssen beobachtet worden sind. Ein zur Verflüssigung grösserer Quantitäten des Sauerstoffes neulich^

1) K. Olszewski, Wien. Ber. II. Abth. 15. p. 258. 1887.

2) Liveing u. Dewar, Phil. Mag. (5) 26. p. 286. 1888.

3) K. Olszewski, Bull, de TAcad. d. Sc. de Cracovie. 1890. p. 176.

664 K. Olszewski.

vom Verfasser construirter Apparat erlaubte demselben, seine früheren Experimente zu wiederholen und das Absorptions- spectrum einer dickeren Schicht flüssigen Sauerstoffes im äussersten Roth genauer zu untersuchen.

Der flüssige Sauerstoff wurde in eine dünnwandige, unten zugeschmolzene und, zum Schutze gegen die äussere Erwär- mung, in einen Satz von drei Bechergläsern dicht eingepasste Glasröhre aus dem Verflüssigungsapparate eingegossen. Die Dicke der Sauerstoffsäule betrug 30 mm, die Höhe etwa 60 mm. Der flüssige Sauerstoff erhielt sich in der genannten Glasröhre unter dem Atmosphärendruck und bei seiner Siede- temperatur ( 181,4^) in einer zur Ausführung des Versuches genügenden Menge ^ über eine halbe Stunde, wiewohl dem- selben eine bedeutende Wärmemenge zugeführt wurde, na- mentlich durch das mittelst einer Sammellinse concentrirte Drummond'sche Ealklicht, welches der Verfasser zur Dar- stellung des Absorptionsspectrums benutzte. Zur Unter- suchung des Absorptionsspectrums wurde ein Uniyersalspec- troskop von Krüss, mit einem Kutherford'schen Prisma, angewendet. Die Versuche ergaben ausser den vier bereits früher beobachteten Absorptionen noch ein fünftes, der Fraunhofer'schen Linie A entsprechendes, verwaschenes Band, welches namentlich dann ziemlich deutlich hervortrat, wenn zwischen die Lichtquelle und den Spalt des Spectro- skopes ein rothes Glas eingeschaltet wurde. Dieses Band erschien schwächer als die drei den Wellenlängen 628, 577 und 480 entsprechenden Absorptionen, stärker jedoch als die Absorption bei 535. Bei dieser verhältnissmässig kleinen Dispersion konnte das Band A selbstverständlich nicht in Linien aufgelöst werden. Eine der Fraunhof er'schen Linie B entsprechende Absorption konnte auch diesmal nicht beobachtet werden.

Der flüssige Sauerstoff ist auf Grund der im Jahre 1888 ausgeführten Versuche, bei welchen nur kleine Quantitäten desselben gewonnen werden konnten, als eine farblose Flüs- sigkeit beschrieben worden. Seit jener Zeit beobachtete der Verfasser zu wiederholten Malen, so oft er den Sauerstoff in etwas weiteren Glasröhren verflüssigte, dass derselbe in durchfallendem Lichte, in etwa 15 mm dicken Schichten, eine

Absarptionsspectntm des Sauerstoffs, 665

bläuliche Farbe zeigte. Bei den oben beschriebenen Ver- suchen, bei welchen zum ersten Male eine yerhältnissmässig grosse Quantität flüssigen Sauerstoffes in einem Glasgefässe aufgefangen wurde, trat die hellblaue Farbe desselben ent- schieden zum Vorschein. Um sich zu vergewissern, dass der zu Versuchen verwendete, aus chlor saurem Kali und Braun- stein dargestellte Sauerstoff nicht etwa Spuren von Ozon enthält I von welchem die blaue Farbe herrühren könnte, wurde er in dieser Beziehung sorgfältig geprüft. Jodkalium- Stärkekleisterpapier färbte sich beim Aufbewahren in dem geprüften Sauerstoff gar nicht; auch bei stundenlangem Durchleiten des Gases durch eine Lösung von Jodkalium und Stärkekleister trat keine Bläuung auf. Der zum Ver- such verwendete Sauerstoff verblieb übrigens in der eisernen Flasche, in welche er eingepumpt wurde, wochenlang in Be- rührung mit festem Kalihydrat, wobei derselbe von CO,, von Chlor und Wasserdämpfen vollkommen befreit wurde. Nach diesen Versuchen unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass der Sauerstoff in flüssigem Zustande und in etwa 30 mm dicken Schichten eine entschieden hellblaue Farbe besitzt. Diese Farbe des Sauerstoffes stimmt übrigens sehr gut mit seinem Absorptionsspectrum überein. Es war wohl recht auffällig, dass eine farblose Flüssigkeit denn als eine solche galt bisher der Sauerstoff ein so ausgeprägtes Absorptionsspectrum gibt, in welchem die Absorptionen in Orange, in Gelb und in Koth überwiegen. Nachdem aber durch die eben angegebenen Versuche des Verfassers die blaue Farbe des flüssigen Sauerstoffes constatirt wurde, ist dieser scheinbare Widerspruch beseitigt worden.

Zum Schlüsse noch ein Wort über die Farbe des Him- mels. Es existiren bekanntlich so viele Hypothesen, welche dieselbe zu erklären suchen, dass der Verfasser kaum wagt. Doch eine neue hinzuzufügen. Jedenfalls aber dürfte, seiner Meinung nach, diese Erscheinung am einfachsten dadurch erklärt werden, dass man die blaue Farbe des Himmels liesem Hauptbestandtheile der Atmosphäre zuschreibt, wel- cher — wenigstens im flüssigen Zustande die blaue Farbe t>e8itzt.

XI. Ueber die Brechung des Lichtes durch MettUlprismen ; vmi P. Drude.

Hr. Voigt ^) hat früher darauf hingewiesen, dass es im allgemeinen keineswegs richtig ist, die Brechung in absor- birenden Prismen nach denselben Formeln zu berechnen, wie in durchsichtigen. Nur falls der Prismen- und der Einfalls- winkel klein sind, ist dieses gestattet. Die von Hrn. Voigt gegebenen Formeln sind für den Fall, dass der Einfallswin- kel gross ist, complicirter Natur. Sie sind besonders f&r den Einfallswinkel qp = 0 specialisirt. Im Folgenden sollen durch Einführung zulässiger Näherungen vereinfachte und für die Rechnung bequeme Formeln aufgestellt werden, welche aber auch für grosse Einfallswinkel gültig bleiben. Dieses hat deshalb jetzt mehr Interesse gewonnen, weil neuerdings von den Herren Du Bois und Rubens^) die Abhängigkeit der Brechung in Metallprismen vom Einfallswinkel einer expe- rimentellen Forschung unterworfen ist. Diese bestätigt voll- ständig die nach der Theorie sich ergebenden Gesetze.

Das Medium, in welchem das Licht einfällt, sei durch den Index 0, das Metall durch den Index 1, das Mediun), in welches das Licht austritt, durch den Index 2 bezeichnet Die optischen Constanten der drei Medien seien charakte- risirt durch die Grössen «q, u^^ a^j wobei a^ und cfj reell sind und die reciproken Quadrate der Brechungsexponenten der beiden Medien gegen den leeren Kaum bedeuten, falls man die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes in dem- selben gleich 1 setzt, und wobei ist:

K«, unter n den Brechungsexponenten des Metalls gegen den leeren Raum verstanden, unter x seinen Absorptionsindex.

1) W. Voigt, Wied. Ann. 24. p. 144. 1885.

2) H. E. J. G. du Bois u. H. Rubens, Berl. Ber. 38. p. 955. 1890. Wied. Ann. 41. p. 507. 1890.

Brechung des Lichtes durch Metaliprismen,

667

Die Elongation des Lichtäthers in einem der drei Me- in ist gegeben als der reelle Theil einer Grösse:

A^e

\ ('-'■>'.

i*T»««

0)

m = 0, 1, 2,

Is die arz- Ebene in die Einfallsebene fällt, und die Pris- jnkante in die y-Axe. Dabei muss wegen der Differential- jichungen der Bewegung des Aethers sein:

^vT + 7tJ=^ m = 0, 1 , 2.

m

Da wir hier nur die Richtungen der Wellennormalen nnen lernen wollen, so kommt es uns nur auf die Kennt- 38 der Grössen ^ und ;r, nicht auf die der Amplituden an. Ir diesen Zweck genügt als Grenzbedingungen die Gleich- it der Elongation der Aethertheilchen zu beiden Seiten ler Grenze.

Bezeichnen wir den Frismenwinkel durch y und legen 3 z-Axe senkrecht zur Grenze (12), so ist für letztere z=0, r die Grenze (Ol):

7 = tgy.

Aus den Grenzbedin- ingen folgt daher:

IfA^ cos y + TTo sin y = jUj cosy + 71^ sin;'.

Wir wollen annehmen, AS das Licht im Medium 0 ofalle. Es ist dann u^ und reell und zwar ist:

3 (p den Winkel der ein- Uenden Wellennormale iV« it dem Lothe auf der ersten

rismenfläche Nq bezeichnet, d. h. den Einfallswinkel. Unter Rücksicht auf die Gl. (1) folgt aus (2):

( vF " ^^ ^^^^V= ^r^^sinV = (^ "^2') ^^^ Vi

668 P. Drude.

Im» Bin S;

d.h. (3) ^,«-2co8y^iU3+5!^-2?^=0.

Aus dieser Gleichung bestimmt sich /i,, wenn ijp bekannt ist, und da n^^ \\a^— \i^ ist, so ist in dem Problem alles durch (]p und y ausgedrückt, d. h. dasselbe ist gelöst

Setzt man: (4) /^a = wi, - « 'Wj', ^r, = ft ift',

so wird die Lichtbewegung im Medium 2 dargestellt durch den reellen Theil der Grösse:

Aus der Gl. (3) folgt ein complexer Werth von fi,. £8 ist daher m^ von Null verschieden. Dies ist auf den ersten Anblick überraschend, da man hiernach an eine Absorption im Medium 2 denken sollte. Indess ist dies nicht der Fall Die W ellennormale N^ im Medium 2 hat die Richtungscosinas ^a/VV+fa* «egön die ar-Axe, ft/VV + ft* gegen die z-Axe. Wenn man daher auf Nd um das Stück q fortschrei- tet, so ändert sich der Exponent von e um die Grösse:

Diese hat aber den Werth Null, weil M2*+^2* ®^°® reelle Grösse ist, d. h. die Lichtwelle pflanzt sich mit längs ihrer Wellennormalen constanter Amplitude fort; letztere variirt aber in der Wellenebene. ^)

Nennt man den Austrittswinkel der Wellennormale, d. h. den Winkel zwischen N^ und der Normale N^ der zweiten Prismenfläche, welche ja die z-Axe ist, (p\ so ist:

Wir wollen jetzt die Formeln für den Fall specialisiren, dass der Prismenwinkel y sehr klein ist. Dieser Fall ist in praxi stets erfüllt, weil die Prismen sonst nicht durch- sichtig sind.

In der Formel (3) kann daher y'^ für sin*;' gesetzt wer- den, für cos y muss man bis zu y^ in der Entwickelung gehen,

1) Cf. W. Voigt, 1. c. p. 153.

Brechung des Lichtes durch Metallprismeru 669

weil Glieder der Ordnung y^ in (3) auftreten. In dem CoSfficienten 2 sincjp/Ve^o./ij von dem Gliede y^ kann man aber unbedenklich denjenigen Näherungswert!! von fi^ ein* ftihren, welcher sich für /=sO ergibt. Es ist dies /i^s sin ^/Vc^o« Gl. (3) wird daher:

('^--Äf)"-^"('-5""'^)' '^'■■

Die Wurzel, mit welcher y multiplicirt ist, ist positiv zu nehmen, wie sich aus dem Sinne ergibt, in welchem tp' positiv gerechnet ist (cf. die Fig. 1 auf p. 667).

Setzt man:

1 /i - 1l sin «g>

(7) L^'o^ = a + bi,

so ist nach (4) und (6):

.

(8) m^^^J -ay, m^ ^ by .

Ktto

Nach (1) und (4) ist nun:

Vi - Pi^ = r - ('"a' - 'Wj'^ » ViV% = ^3 'w/-

«8

Für p^ erhält man daher eine quadratische Gleichung durch Elimination von p^ aus diesen beiden Gleichungen. Berücksichtigt man nur diejenige Wurzel der quadratischen Gleichung, welche positives f^^ d. h. reelles p^ liefert, so erhält man:

2ft^ - ^ - -.'+ V+ j/(i - <- <')*+ ^*-

Der Ausdruck l/u^ m^ rn^'^ ist nun im allgemeinen gross gegen m^'. Nur für solche Einfallswinkel tp sind beide Ausdrücke von gleicher Grössenordnung, für welche ist:

sin2qp = -^ = ^,»

d. h. für den Grenz winkel der Totalreflexion an dem Me- dium 2. In den unten zu berechnenden Versuchen ist ÜQ^n^ zu setzen. Für nahezu streifende Incidenz würden daher jene beiden Ausdrücke gleiche Grössenordnung erhalten.

670 P. Drude.

Indess müssen bei der Kleinheit der noch die Durchsicht gestattenden Prismenwinkel y die Einfallswinkel sehr nahe an 90^ fallen, damit beide Ausdrücke vergleichbar werden. Bei den zu berechnenden Versuchen ist y kleiner als 15''. Für (f = 87® würde sein bei den untersuchten Metallen :

(i - m,^ - <2)'= 10-«, ^^' = 0,2 . 10-«,

daher ist der letztere Ausdruck unbedenklich gegen den ersteren zu vernachlässigen, wenn man eben Einfallswinkel ausschliesst, die sich der streifenden Incidenz, resp. dem Winkel der Totalreflexion um mehr als nähern. Unter dieser Voraussetzung wird:

und nach (5):

(9) sin9.' = »,3V^, = ^ = ^(8in9,-:^^).

Die Grösse a ist durch die Gl. (7) definirt. Die dort auftretende complexe Grösse a^j welche die optische Natur des Metalles angibt, ist nun bei allen Metallen so klein, dass das Quadrat ihres Moduls gegen 1 vernachlässigt werden kann. Es ist also zu setzen:

a + ^2 = -=(1 —1— sin 2«)),

d. h. nach der Bedeutung von Va^ nach p. 666:

a = n(l - I sin V „,(;;,.)) und nach (9):

Wir erhalten einen Ausdruck für qp', wie er aus dem Snellius' sehen Brechungsgesetz folgen würde, ein Gesetz, welches Gültigkeit hätte, falls x Null wäre, wenn man in dem nach Gl. (7) definirten Ausdruck für a den Werth von a^ reell annimmt, d. h. x^O setzt und diesen Werth von fl in (9) substituirt. Es würde folgen:

(10') (sin <p') = ^^ {sin rp-Y^ |/l-sin>^' )

Brechung des Lichtes durch Metallprismen,

671

Da man (10) auch schreiben kann:

(10") sio<^'=g{sin^-,^|/l-8inV-.^,^),

SO sieht man, dass durch Wirkung der Absorption das Licht mehr von der brechenden Kante des Prismas weg gebrochen wird, d.h. dass für n^u^ die Ablenkung des Lichtstrahles verstärkt wird.

In den genannten Versuchen von Du JBois und Ru- bens fiel das Licht nicht direct auf die Metallkeile, sondern durchsetzte zunächst eine Glasplatte. Auf derselben war ein Metalldoppelkeil nie- dergeschlagen, dessen Prismen Winkel y^ und Y^ sein mögen; direct gemessen war der Einfallswinkel in Luft (i), die Summe der Prismenwinkel

und die Richtungs- diflferenza der austre- tenden Lichtstrahlen. Führt man in der

Fig. 2.

Grl. (10) den Einfallswinkel i in Luft ein an Stelle des Ein- fallswinkels (f in tilas, 80 wird dieselbe:

(11) 8in<,.'=8m,-y,*,(l-|-.f.':-J,

WO unter n^ der Brechungsexponent des Metalles gegen Luft verstanden ist.

Nennt man die Austritts winkel des Lichtes an beiden Metallprismen resp. 9/ und ^j'y ^^ ^^^-

/ /1 1 sin*» \

smy, =8m.-r,«4l-J-.(^-^-^j)>

/ . , /, M ein'» \

8m9P,=8iD»+y,n,(l-|^,^^^^.J.

Setzt man ^^' = 1 + 6^, (p2=i+^j wo e kleine Winkel sind, für deren cos man 1 setzen kann, so ist:

672 P. Drude.

sin (pi' = sin i + e^ cos i, sin tp^ =^ sin i + «, cos i, d, h. «1 - «2 = 9^1 - 9^8 = ^5^^

- _ i^ f 1 « 1 »"^'* ^ .

Die Richtungsdiflferenz der beiden austretenden Wellen- normalen ist offenbar gegeben durch:

a = qpj' (pi ß y daher:

Nach dem Sn e 11 ius' sehen Gesetz würde die entspre- chende Formel lauten:

(a + ^ = l5Li/l_«^_;i

^ ' *^' C08» |/^ »i

Man sieht, dass die hiernach aus i und ß berechneten Werthe für a zu klein ausfallen müssen, und zwar um so mehr, je kleiner n^ ist« Du Bois und Rubens haben in der That eine Abweichung in diesem Sinne vom Snellins'« sehen Brechungsgesetz gefunden, und zwar von den drei untersuchten Metallen: Eisen, Kobalt und Nickel am stärk- sten bei letzterem, welches auch den kleinsten Brechungs- exponenten besitzt.

Infolge des beträchtlichen Werthes, welchen n^^{\ +x*) bei diesen Metallen besitzt, lässt sich die Formel (12) noch dadurch vereinfachen, dass man das jene Grösse im Nenner enthaltende Glied ganz fortlässt. Es wird dadurch höch- stens ein Fehler von 2V2 Froc. herbeigeführt, und zwar er- reicht er diesen Betrag nur beim Nickel, für welches n^{l-\-x^ am kleinsten ist (für rothes Licht ca. 16), und auch dort nur für den grössten, bei den Untersuchungen an- gewandten Einfallswinkel (qp = 65®). Die Formel (12) schreibt sich dann:

(13) a + ß=^n,-^,'

^ ' ' / i cos l

In der folgenden Tabelle stelle ich die nach dieser Formel berechneten Werthe mit den von den Herren Du Bois und Rubens beobachteten zusammen. Es ist so verfahren, dass für n^ zunächst der Mittelwerth der sich aus den Einzel, beobachtungen nach Formel (13) berechneten Werthen ange-

Brechung des Lichtes durch Metallprismert,

67S

nommen wurde (er ist neben die Namen der Metalle ge- setzt), und dann mit Hülfe dieses Mittelwerthes die Ablen- kungen a zurückbarechnet wurden.

Eisen.

«1 = 3,01

30°

40^

50«

55<»

60»

65<>

ft beob. a ber.

51,7" 51,7

66,7 63,8

73,3 75,3

98,5 94,6

107,3 108,9

125,7 129,0

153,9 156,7

Cobalt.

n, = 3,16.

a beob. a ber.

47,0 51,0

61,2 62,5

72,2 73,6

95,1 92,2

118,0 106,1

124,0 125,8

152,4 152,4

I

>(ickel.

«1 = 1,91.

a beob. n ber.

27,3 25,2

31,3 33,3

36,8

41,3

51,0 54,6

61,2 64,7

84,4 75,5

114,4 97,7

Die Uebareinstimmung zwischen den beobachteten und berechneten Werthen ist eine sehr gute, sodass die Formel (13) als durch den Versuch bestätigt anzusehen ist.

Die nach (13) berechneten Mittelwerthe von n^ weichen nur wenig ab von denjenigen Werthen, welche Du Bois und Rubens aus den Beobachtungen unter kleineren Ein- fallswinkeln bei Zugrundelegung der gewöhnlichen Brechungs- formel gefunden haben.

Da die Formel (13) durch die Beobachtungen vollauf bestätigt wird, wodurch man in den Stand gesetzt ist, auch bei schiefem Einfall den Brechungsexponenten streng zu berechnen, so empfiehlt sich, zu seiner Bestimmung die Brechung bei schiefem Einfall zu beobachten, wie die Herren Du Bois und Rubens vorschlugen, weil dadurch die Ab- lenkungen vergrössert werden. Es ist allerdings dabei nicht ausser acht zu lassen, dass kleine Unebenheiten des Prismas dann auch grössere Fehler in a hervorrufen.

Bei Anwendung der Formel (13) ist jedesmal zu prüfen, ob v} (1 + x^) für das betreffende Metall genügend gross ist Wenn dies auch für die bei weitem meisten zutrifft, so gibt es doch einige Ausnahmen, z. B. Kupfer und Gold. Für diese Metalle ist die strengere Formel (12) anzuwenden.

Göttingen, November 1890.

Ana. d. Phys. u. Chem. N. F. XL II.

43

^

XII. lieber die Molecularth eaHe der JElasticität fester Körper; von O. J. Michaelis.

Die Theorie des Gleichgewichts eines Systems beliebig gestalteter gleicher Molecüle, welche Hr. Warburg*) auf- gestellt hat, erklärt qualitativ die Erscheinungen der ela- stischen Nachwirkung. Ich habe gezeigt^), wie durch Ein- fahrung von Kräften, welche die Molecüle in ihren ursprüng- lichen Richtungen festzuhalten bestrebt sind, die Ergebnisse der Theorie besser mit der Erfahrung in üebereinstimmuDg gebracht werden können, ohne auf Betrachtungen über die Entstehungsweise einzugehen. Solche Kräfte können aber aus der Voraussetzung entwickelt werden, dass bei den elastischen Erscheinungen die Wechselwirkung der Molecüle nur in kleinen Entfernungen merklich ist, dass demzufolge die Theilchen in einer Wirkungssphäre als parallel be- trachtet werden können und ihre Schwerpunkte nicht gleich- förmig angeordnet sind, wenn auch die mittlere AnordnuDg in einem endlichen Theil des Körpers isotrop ist«

§ 1. Ich nehme an, dass zwischen den Punkten zweier gleichen Molecüle Kräfte wirken, welche verschiedene Func- tionen der Entfernungen sind. Der Abstand von zwei Puncten A und A' werde mit r, der Abstand der Schwer- punkte mit R bezeichnet. Es sei F\r) das Potential von A auf A\ In Bezug auf zwei rechtwinklige Coordinaten- Systeme, welche in beiden Molecülen gleiche Lagen haber^ gilt die Entwicklung, bis auf Glieder zweiter Ordnung genau:

(1)

wenn F der Werth von F[r) für r =i B ist.

1) Warburg, Wied. Ann. 4. p. 232. 1878.

2) G. J. Michaölis, Wied. Ann. 17. p. 726. 1882.

Moleculartheorie der Elasticität fester Korper. 675

Das Potential U = 2F[r) der Molecüle aufeinander ist, wenn ihre Azen parallel sind, eine Function der relativen Coordinaten ihrer Schwerpunkte. Ich setze, um complicirten Rechnungen zu entgehen, in den Molecülen drei rechtwink- lige Sjmmetrieebenen voraus, von denen zwei gleichwertig sind. Dann wird:

Dieser Ausdruck gilt auch, wenn zwei Punkte, von denen der eine bezüglich der yz- Ebene das Spiegelbild des ande- ren ist, entgegengesetzte Eigenschaften haben, wie es in Magneten der Fall ist.

Durch den Schwerpunkt des einen Molecüls denken wir uns drei rechtwinklige Axen |, ^, ^ gelegt, welche im Raum feste Richtungen behalten mögen; a, ß, y seien die Richtungs- cosinus der :r-Axe in Bezug auf die neuen Azen. Setzt man diese in die Gleichung (2) ein, so kann das Potential von allen in der Wirkungssphäre des betrachteten Tfaeilchens ent- haltenen Molecülen aaf dieses, in der symbolischen Form ge- schrieben werden:

(3) U,^l2ih^-k>){uY,+ß'^+/£j-

Es wird nämlich nur der von den Richtungscosinus ab- hängige Theil des Potentials in Betracht gezogen.

Wenn die Anordnung der Schwerpunkte in der Wir- kungssphäre symmetrisch zur ^-Axe ist, findet sich:

{4) t/, = J«'^(Ä»-A«)(|^-|^) = Gco8V

Die Molecüle sind daher im stabilen Gleichgewichte, wenn die x-Axen mit der §-Axe zusammenfallen. Haben sie, durch irgend eine Ursache, eine gleich grosse Drehung erfahren, so ist das zurücktreibende Moment:

(5) |^=-iG8in2;,.

Bei allgemeineren Voraussetzungen ergibt sich, dass die Molecüle im Gleichgewicht sind, wenn Azen, welche von den ursprünglichen Entfernungen der Schwerpunkte abhängig sind, mit bestimmten Richtungen der Wirkungssphäre zu- sammenfallen.

43*

676 G. J, Michaelis.

Das System erleide eine kleine virtuelle Deformation; die Coordinaten §, rj, ^ eines Punktes ändern sich nach der gewöhnlichen Ausdrucksweise in:

(6) I V^-^'hl + VfiV + ^i^^

Setzt man diese Werthe in (3) ein, so findet man für den Theil des Potentials, der mit t/|. t/^ u. s. w. proportional ist, wenn man in demselben den Einfluss der Anisotropie vernach- lässigt und die Hauptaxen des ElasticitätsEUipsoids zu den |, ^7, S-Axen wählt:

(7) r= \2{h^ - Ä«) {aH, + /S^r, + ;.%;-) (s 0 - | g^)

Hieraus kann gefolgert werden, dass nach einer Formände- rung des Körpers zwei Drehungsmomente auf jedes MolecQl wirken: das eine ist bestrebt, seine Axen parallel den Haupt- axen des Elasticitäts-Ellipsoids einzustellen, das andere, sie in die früheren Lagen zurückzudrängen.

§ 2. Das elastische Potential eines Körpers kann aus der Theorie abgeleitet werden. Es seien p^, p^, p^ die Com- ponenten der Drehung, welche ein Molecül nach den festen Axen erfahren hat, nachdem der Schwerpunkt in einer neuen Gleichgewichtslage angelangt ist. Die äusseren Kräfte, welche auf der Oberfläche des Körpers angreifen, werden als sehr klein betrachtet. Sind jetzt im natürlichen Zustande des Körpers die x, y, z- Axen mit den |, 7j, f-Axen gleich gerichtet, so verwandeln sich die Coordinaten (xyz) eines Punktes der Wirkungssphäre in:

(8) I v + {n P3)^ + Vr,v + (^: + Pi)C ^V + Sv,

Das Potential JSf{xyz) von den in der Wirkungssphäre vor- handenen Molecülen auf ersteres ist bis auf Glieder zweiter Ordnung genau:

Ich betrachte zunächst die Glieder zweiten Grades. Ueber Zusammensetzung und Anordnung der Theilchen werden jetzt

Moleculartheorie der Elasticitdt fester Körper, 677

keine besonderen Voraussetzungen getroffen. Es sei n die Anzahl der Molecüle in einer Yolumeneinheit des Körpers. Wären alle parallel, so würde W ^ n/22f{xi/z) das Potential der Wechselwirkung sein. Um die Spannungen zu berechnen, werde dem System, nachdem die Schwerpunkte in die Gleich- gewichtslagen gekommen sind, eine unendlich kleine Defor- mation eitheilt, indem dabei die Richtungen der Molecular- axen unvariirt bleiben. Die Arbsit ist 2{dW jdu^Svi, Somit erhalten die Spannungen die Werthe:

(9)

du.

Die Gleichgewichtsbedingungen sind bekanntlich: Erstere Gleichung kann in die Form gebracht werden:

(10^ r+p f^-^Uü f^-^Up f^-^Wo

7\ ist eine homogene Function ersten Grades der Grössen t/|, Vrj u. s. w. und demnach « ^.dT^jdu^.u^. In den beiden anderen Gleichungen werden die Symbole T^ und T^ in glei- cher Weise benutzt

Werden aus diesen Gleichungen p^, p^, p^ aufgelöst und die erhaltenen Werthe in die Formeln (9) eingeführt, so wird der Coefficient von in X^:

(11)

D

dUc

du-

BT, ar,

BT,

BT,

BUr

-. -i

BT^ But

BT^ BT^

Bv.

BT^

-^ = >

Bu^ BT^ BT^

BT^ BT,

Bui

Bio.

BT,

Bvr

Bu

C

Bwt

Bv^ BT^

BT^

Bu^ Bw.

BTt BT^ BTs BT^

BVD.

ü-^ >

Bv. dir.

Bv

C

D ist die Determinante der CoSfficienten von p^, p^, p^ in den Gleichungen (10). Der Factor von Vrj wird aus (11) abgeleitet durch Vertausch ung der ersten Horizontalreihe mit:

(12)

B^W BuiBu,

BT, Bu^

BT^

Bu^

ar.

678 G. J. Michaelis.

Man ersieht leicht| dass die Determinanten, welche jnit 2/, und mit v^ multiplicirt sind, einander gleich sind. Der CoSfficient von u^ in der Spannung X^ wird aus (11) erhalten durch Vertauschung der ersten Verticalreihe mit den GrOssen (12). Verwechselt man in (11) die erste Horizontal- und Ver- ticalreihe mit —Wy T^y T^, T3, so können die Ausdrücke aller Spannungen aus derselben entwickelt werden. Der Coefficient yon v^ in X^j findet man z. B. durch Differentia- tion der einen Reihe nach t/^, der anderen nach v^. Wird ein

solcher Ausdruck mit J "^ bezeichnet, dann bestimmen:

^«^ ^u! "• 8. W. ,

die Spannungen. Da ein oberer Index mit einem unteren vertauscht werden darf, ergeben sich 21 Co^fticienten, die im allgemeinen alle y erschieden sind.

fr ist somit eine homogene Function zweiten Grades von M|, V,, i/?5, (i/^ + v^), (ttf + tri), (tr, + v^.

Um fF zu berechnen bei der Annahme, dass in der Volumeneinheit alle möglichen Axenrichtungen in gleicher Weise vertreten sind, muss die Function auf beliebige Coor- dinatenaxen bezogen und der Mittel werth bestimmt werden. Diese Rechnung ist von W. Voigt ^) ausgeführt. Das Po- tential eines isotropen Körpers enthält dann zwei unabhän- gige Constanten.

§ 3. Die Glieder ersten Grades der Grössen u^, ti^ u. s.w. ergeben Spannungen, welche blos durch die Drehungen der Molecüle andere Werthe erhalten. Um in einem einfachen Falle den Einfluss einer solchen Drehung zu berechnen, gehe ich aus von den speciellen Annahmen im § 1. Zunächst mögen die Molecüle in einer Volumeneinheit wieder alle als gleichgerichtet betrachtet werden. Setzt man fV^=s^nV, in- dem n die Anzahl der Molecüle und V die Function (7) be- deutet, so erhält man in gleicher Weise, wie im § 2 die Formeln:

O) Xt = - > A„ = -ä— ^ > Ar SS -5— i u. 8. w.

Es sei ein Cylinder im Gleichgewichte unter der Wir*

1) W. Voigt, Abhandl. d. Gott. Acad. 34.

MoUculartheorie der ElcLsticität fester Körper, 679

ang von zwei Kräften, welche auf seinen Endflächen, parallel )iner Axe angreifen. Die Formänderung ist dann bestimmt arch:

Die Winkel, welche die jr-Axen der Molecüle mit der .xe des Körpers bilden, werden im natürlichen Zustande mit ^, nach der Drehung mit q^ bezeichnet. Dann ist:

Das Drehungsmoment, das mit X proportional ist, erhält en Werth:

Es muss dem Drehungsmomente (5) gleich sein. Die -leichge Wichtsbedingung ist daher:

G sin 2;? =s Q (1 + (i)X sin 2^2 [ier aber ist: p zsz q^ ^ q^, .Iso: co^273 = K + coB2g, ^

^^ Vl + 2Kcoü2qi+ X*

enn K= Q(l +fA)XIG ist. Die Spannungsdifferenz ist:

A;"- ;!f|' = JnQ(cos*y2 - cos Vi).

Sind aber die Molecularaxen nach allen Richtungen in

leicher Weise vertreten, dann muss dieser Ausdruck mit

sin q^ dq^ multiplicirt und zwischen den Grenzen o und n

itegrirt werden. Man findet, wenn K eine kleine Grösse

t, nahezu:

X{' - X{ ^ nQi^K + i,K\

Es entsteht durch die Drehung der Molecüle eine Span- ungsdifferenz, welche der äusseren Kraft ungefähr proportional t, wie bei der elastischen Nachwirkung beobachtet wird.

§ 4. Wirkt auf den Cylinder eine magnetische Kraft X i der Richtung seiner Axe, so hat das Moment, das Ton 5r Anisotropie einer Wirkungssphäre herrührt, wahrschein- i;h eine untergeordnete Bedeutung. Die magnetische Wech- ilwirkung ist nämlich auch in endlichen Entfernungen irksam. Es entwickelt sich dennoch auch hier während )r Drehung ein zurückführendes Moment, das durch die

680 G. J. MickaSlU. MaleeulartluoTk etc.

OhwoUoD'Bcha Theorie erklärt'} witd. Die bi Weber'sche Gleichang für daa Q-leicbgewicht eioes Wol« cUls, die, wie aus der genannten Tlieorie hervorgeht, nur annähernd richtig ist, lautet, wenn D die Directionskraft ist

X sin y, fl sin (y, j,) oder, wenn: -^ ^ K^ gesetzt irfrtf

°^^ ^^ ~ jr,* + aÄ*, cosj, +T Substituirt man diesen Werth in der erstereo der Bai mein (ISj, so findet man: ^,

^1 - A= - j y n Sin q, x.'TiÄ; cos?, +T Es muss jetzt wieder mit | sin 7, d^, multiplicirt ' zwischen den Grenzen o und n integrirt werden. Ist K^ < kleine GrSsse und werden Glieder von der dritten und 1 reu Ordnung vernachlässigt, so ist:

Die Theorie ergibt eine Spannnngsdifferenz, «elclH nahezu der zweiten Potenz der fiassereu magnetischen Kraft proportional ist. Dieses Resultat ist im Einklänge mit dsr Beobachtung, dass ein Eisenstab, der inagnetisirt wird, eioQ Verlängerung erleidet, welche mit der zweiten Potenz 1 Magnetisirnng proportional ist,

Arnbeim, 26. Januar 1891.

1) ChwolBOtt, Pogg. Ana E:«bd. 7. p. &3. IHU.

Berichtignng. ngh.) p. Hb Z. 7 T. o. liea „uDgeacbwächf ■! „nicht ungeschwächt". p. ni Z. e V. u. lies „änige QuadrälmllltaMl statt „lijuadratcentiioelw".

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PHYSIK UND CHFME

REORCNDKT L'NI> KÜR'lOCPCjlKT DURCH

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HAND XLII. HEFT 1.

HER GANZEN F<»LOK KWEIlirNDEK'l Av lirrSraTKHZIUHTEN BAN'DK»

EKSlEf* IIFFT.

UNTKK AllTWIKKUXG

DER PFIYSIKALISCHEN OESEM.SCHAFT Zr RKRLIN

NU TNSHKHdNPKRK I»Kb HERRN

H. VON HELMHOLTZ

WKRAl'H(>KOI-ni:N VON

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A.

Inhalt.

Salt« I. fi. liüfner uud K. Albrecht. Ueber die Durchlässigkeit

des Wassers für laicht von verschiedener Wellenlänge . . 1 II. Ö. Arrhenius. Ueber die Leitung von Electricität durch

heissc Salzdämpfe 18

III. K. R. Koch. Ueber eine Veränderung, welche die Ober- Hächen der Electroden durch die Polarisation erfahren und über die Occlusion der Gase 77

IV. J. Borgmaiui. Die Inductiouswage in Verbindung mit Dis- jimctor und Galvaiiomefer 90

V. E. L c vay . V^erhiiltni.'is der Struiiiarbeit zur chemischen Energie

bei galvanischen Elementen 103

VI. R. Sissingh. Ueber das Ke.rr'sche magneto-optische Phäno- men bei äquatorialer Magneti^irung an Eisen 115

VII. E. Lecher. Ueber die Messung der Dielectricitätsconstaute

mittelst liertz'schcr Schwhigungen 142

VIII. H. Rubens. Ueber stehende electrische Wellen in Drähten

und deren Messung 1 54

IX. A. Elsas. Ueber Widerstandsmessungen mit dem Differt?n-

tialiuduetur 1()5

X. L. Natan.son. Thermodynamisehe Bemerkungen .... \1^

XI. I'. Drude. Bestimnmng der optischen Constanten des Kobalt.^ 186

XII. K. Prvtz. Iiitermitün*nde Quecksilberfallhiftpumpe . . . HU

hie getihrtcui Herren Mitarbeiter erlaubt sich die Kedaction der Aunalen behufs rieht i«rer Ht^rstellung und N'ersendung der Sonderabdrücke ergebeust zu ersuciien:

1) die Zeichnuiisrcn in niö<jrlieh.st r^urgl'altiger Ausführung den Abband - hiiijüT«*!! auf b«*.-<iiuJeren Hliittern beizulegen (nicht in das Ma- nnst ripf >elbst •'lu/.u/.tiirbneiii. h^owif. «la die Fij;uren fortan möglichst i!i «i«. II Ii'xt einjictuiit Wfr<lt'ii sollen. r«'«'lit genau die Stelle des .M:\iin - irspf «s an /.ugeben . w u >i«' hingeiiuren: Hl fitiile .1 •; llmsii ..dt*, uutiMi auf eleu Seiten der Manu- '! r-.|»; :)iKlif in «ifin 'i\-.\t .-Ibsi» unil /war inöglicli.*<t in der in .1- . r.'i; ••!•'•*•♦ tih der I'liy.:.-K"' (iblielioii Turm mit Angabe des '. . •• :«■' ;".. :--i-. ii- ij unrl ,1 ;ihr«'.-;ZMlil aufzuführen;

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PHYSIK UND CHEMIE.

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(J. WIEDEMANN.

HJT Cg.VGS Tittt-

tiErPZIG. 1891.

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PHYSIK UND CHEMIE.

REOHÜNDKT INI» FOR'IOEFL'IIRT DURCH

F. A. r. CIRK.W L W. r.ll.BKKT. l (. mGEKDORFF.

NKl E FOLttE

BAND XLII. HEFT 1.

D£K OAMZEN FOLnV. '/.WKIlirNDEKT ACH rrNnSIKRZIMBTER RANDKB

KRrfiF.S HEFT.

UNTKU MITWIUKUNG

DER PHYSIKALISlMIflX GESETiLSCHAFT ZU REBLIN

i.NI» ISHHKSOSl>ERK 1*1.» HERRN

H. VON HELMHOLTZ

MKRAlflUKOkni-.S VON

(3. W I E l> E 31 A N N.

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Inhalt.

I. (i. HüfntT und K. Alb recht. Uebcr die Durchlässigkeit

des Wassers für Ijicht von verschiedener Wellenlänge . . 1 IL S. Arrhenius. Ueber die Leitung von Eiectricität durch

heisse Salzdämpt'e 18

HL K. R. Koch. Ueber eine Veränderung, welche die Ober- flächen der Eieetroden durch die Polarisation erfahren und

über die Occlusion der Gase 77

IV. J. Bergmann. Di«' Inductiunswage in Verbindung mit Dis-

jiiuctor und Galvanometer «M>

V. E. Le va y. V'erhältni^^s der Str«)niarbeit zur ithemischeu Energie

bei ^ralvanisehcn Elementen U»3

VL R. Sirfsingh. Ueber das Kerr'sche magneto-optische Phäno- men bei :ü)uatorialer Magneti-sirung an Eisen 11;>

VIL E. Leeh«*r. Ueber di«* Messung der Diclectricität^constante

mittelst Ilertz'.scher Scliwingungr'ii 142

VII L IL Rubens. Ueber stehendf «^leetrische Welk».n in Drähten

und «leren Messung 154

IX. A. Elsas. U«'b<'r Wid<*rstanilsmessungen mit dem Difteren-

tialuiductor 105

X. L. Natansoii. 'rherniodynamische Bemerkungen .... 17>

XL P. Drudf. pM'srimuiung der optischen Constauten des Kobalt> 186

XII. K. Prvtz Iiiterinitlir«:iKh' ^iifek-^ilbcrfallhiftpumpe . . . \V*\

hif ^reflirh'ii li«Treii .Mitarixiti.T erlaubt sich d\<^ Redaction der AniiaUMi bi»h"i»"- rielifijer Ib'r.st«.-ll«ni^' und V"ri?endung der Sonderabdrücke

1) u't* /.••ivliHUny:en in iini';rlifJi->t -"rt^jldtiirer Ausführung den Abband-

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Mit i'i' HoImiiW- II. ■! FWbuilOfdn. ». A«S«tr<t- i'TriB Ji l<r.— ; p-b.1, H„M(

EtnniliroB;; in dai pliv.iti , i <

Df mi-n^ioiifu iikI ititsi)! i :

L. I in it (! M|jutt>-Ilti<<rr

telirbupli dpi' i'lijutik. ^ .

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EleiHPiilf der i'liyKik, Mi

IV»f.Dr.Pwil ItiflB, 4.»0.l-'-^ ,V'.|l. M-^ ^N JWLi.hn,"l'i^l. ^

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Inhalt.

S«ite

F, C Dicterici. ( 'alorinu*tri.si!lu? IJuteräucliungen 51H

H. P. Driul«.' mid W. Voigt, ßestiiniiiung der Elasticitätsiuii-

stantfii einiger dichter Mincraliiu b'M

III. \V. Künig. Hydrodyiiarnisch-akiisti.Hcho Uiitcrsuelmugeti . r»4S«

IV. J. Elster uud H. Geitel. Xotiz über eine neue Form der Apparate zur Demonstration der lichtelectrischen £iitladuiig durch Tageslicht 564

V. P. Drude und W. X<*rust. Eintluss der Temperatur und de> Aggri'gatzustandes auf das Verhalten des Wismuths im

Magut'tfVlde .^i;j<

VI. L. Arou.s und H. Kubent«. Ueber die Fortpflanzungsge- schwindigkeit eleetristlier Wellen in isolirendcn Flüssigkeiten .'»81 VII. W. Wit'n. Das Telephon als optischer Apparat zur Strom- messung 5*aJ{

VIII. (i. Stern. Ueber mikrojihonisehe Tonstärkemessung . . . *>22 IX. J. Moos er. UelxT die durch Zerstäuben dtjr Kathode er- haltenen Mctallschiehten iJ39

X. K. Olszewski. Ueber das Absorptionssp<.'ctrum und über

di(! Farbe des flü>.sigcn Sauerstoffs 0(>3

XI. P. Drude. Ueber die Brechung deh Lichttjs durch Metall- prismen litit»

XII. G. J. Miohacli.s. Ueber die Moleeulartheorie der Elasticität

fest«'r Körper ^74

lierichtijrung ... »»so

Die geehrten Ht'rren Mitarbeiter i^rlaubt sich die Kedaction der Annalen ergebenst zu ersuchen: ^

1) Die Manuscripte druckfertiir einzuliefern und in den Correcturcn d«'n beim Diiick für sie verwendeten Kaum nicht zu überschreiten.

'J) die /eichnuiiiren in möglichst sorgfaltiger Ausführung den Abhand- lungen auf besonderen Kliittern beizulegen i nicht in das Ma- nuscrijit .selbst einzuzeichnen i, .'<owie, <1h die Figuren fortan möglichst in den Text eingefütrt werden sollen. rt*elit genau die Stelle des Manu.»«criptes anzugeben, wo «^i«* hingeliören;

'A) (*ita(e am liande oder unti'n auf den Seiten der Manu- scripte (nicht in tlem Text selbst» und zwfir möglichst in der in den ..I-'ort.>chritt»Mi der Physik** üblichen Form mit Angabe dci« Xanuns. der Hand-, Seiten- und Jahrt^szahl aufzutühreu;

4) falls au-^nahuKsweise mehr als die .')0 von der Verlagsbuchhandlung kostenfrei g«*lieferten Soiiderabdrlleke gewünscht werden, dies bei KückstMuiunu: de^ ersten ( -orrecturbogens an die Druckerei auf dessen erster Seit«« irefälligst bemerken, alle anderen. <lie Sonderabdritcke b«'tr«'rt'iinjiii Mitteilungen aber :iu die Verlagsbuchhandlung: rieht«!! ;'■• vv^illeu.

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Dziobek, Otto. I>i^ iiuitheiiiutf- -ohcn Theorien iler Planelfn- lieKesunrcn. pr. ->". VIII. :iiis

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Stokes, George Gabriel. l>a» I.lclit. Zwölf V..rWuii.reu . ir.- lullten in Ab-rd-'di ISSS— s;..ii.bst /wi'i V.irlesuiigi'n üIkt Absi-i-ptifii iüd.w Lieht''!'. .\ut.-

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