TEEN
a
ne
— = ee
— — —— a ne a u eh — —
—
— —
ee
a di
j ü De I — ’ j J 4 J u \ © Br J 9 J Ist z i 2 N 4 . 4 nz j j i J J = De J u 5 ir 1 i J J U u . J J — ii A i J 5 - U ) u " I A 2 OD D An FB di Al LE s D 9 I J D u 2 J
He
u
u =
— Arun ak | von
my. 2
— oitnsro KAHN
N)
ANNALEN DES VEREINS
FÜR
NASSAUISCHE ALTERTUMSKUNDE
UND
GESCHICHTSFORSCHUNG
Erster Band
Dr. Martin Sändig oHG.
1972 Dr. Martin Sändig oHG. 6229 Walluf bei Wiesbaden
Unveränderter Neudruck der Ausgabe von 1827 - 1830 ISBN 3 500 24730 X _ Printed in Germany
——— — eeee immun
YA — — m
— —
—— —
J J u
Sa
Annalen ves Vereins für PassauischeAltertbumskunde
und
Geschichtsforschung.
Erter Band
Mit ein und zwanzig lithographirten Tafeln. ls mE —— — —
Wiesbaden, 1830.
Auf Koſten des Vereins.
Annalen ves Vereins
Dassauische Altertbumskunde
und
Ge8schichtsforschung.
Erfies Heft.
Mit fehs Fithographirten Tafeln, ——— ———,s ——— es TAiesbaden, 1827.
urn Women Des Bereung,
Ardua res est, vetustis novitatem dare, novis auctoritatem, obsoletis nitorem, obscuris lucem, fastidis gratiam, dubiis fidem, omnibus vero naturam , et naturae suae omnia.
ltaque etiam non assecutis, voluisse abunde pulcrum est,
Priınıus.
Yorwort
Seitdem durch Veranlaffung Herzoglicher Landesregier⸗ ung, eine Gefellfchaft vaterländifcher Alterthums= und Gefchichtöfreunde, unter dem befondern Schuß Sr. Herz zoglichen Durdylaucht zufammentrat, fprach ſich das In— terefje an diefem wiffenfchaftlichen Inftitste von Seiten der verehrien Mitglieder fortwährend auf eine fo erfreu- liche Weife aus, daß dem Vereinsvorftand die ange- nehme Pflicht auferlegt wurde, die Leiftungen der Eins zelnen zur allgemeinen Kunde zı bringen.
Durch die gedrucdten Circulare und Protocolle der öffentlichen Sahresverfammlungen find die entfernteren Mitglieder bisher wohl im Allgemeinen mit den Ergeb- niffen der angeordneten Arbeiten befannt geworden, ber Raum der verfendeten wenigen Bogen verftattete indefjen nicht die Mittheilung ausführlicher Vorträge und Berichte.
Der Vorſtand fieht fich daher durch den vielfad, geäufferten Wunfd) bewogen, in einer Zeitfchrift dies jenigen Auffäge niederzulegen, wodurch fich die Thätig- feit der Mitglieder für die Zwecke des Vereins beurfundet.
Die hier erfcheinenden Annalen feyen alfo das Drgan, durch welches die Beftrebungen der Vereinsglieber zur öffentlichen Anerfennung und Würdigung gebracht wer: ben; in ihnen fey der Vereinigungspunct für die wechfel- feitigen Mittheilungen, der Aufbewahrungsort für Die
IV
Arbeiten der eifrigen Mitglieder, die zur Nachfolge er: muntern, zum Austaufch der Anfichten auffordern follen. Denn nur auf diefe Weife kann die Theilnahme an vaterländifcher Gefchichtsfunde allgemeiner verbreitet, und der Aufgabe unfers Vereins entfprechend, durch Aufs fuchung und Benutzung noch verborgener hiftorifcher Huͤlfs— quellen, der Grund zu einer Sammlung mehrfeitig ges prüfter Materialien gelegt werden, aus welchen der Ge— ſchichtſchreiber in der Folge eine gründliche und umfaffende Landesgefchichte mit Sicherheit darzuftellen im Stande ift.
Bon dem DVereinsvorftand mit der NRedaction diefes eriten Heftes beauftragt, defjen früheres Erfcheinen ſich durch mandherlei Hinderniffe verzögerte, glaube ich zuerjt über die Gefchichte der Entitehung des Vereins Einiges fagen zu müffen.
Das Beduͤrfniß, die fchäsbaren Nefte einer merk würdigen DBorzeit der Zerftöorung und Bergeffenheit zu entziehen, und zur Erläuterung der vaterländifchen Gefchichte zu benugen, war befonders im Kauf der vor— legten Decennien Tebhaft gefühlt worden.
Es ftanden Einzelne auf, die durch ihre Forfch- ungen im Gebiete der Alterthbumsfunde und Gefchichte die ehrenvolle Bahn raſtlos verfolgten, auf welcher fo bochverdiente Gelehrten, unter denen ich nur Kremer und Herrn Geheimen Rath 5. von Arnoldi in Dillens burg nenne, bereits ruͤhmlich voran gefchritten ware.
Durch die gegenfeitigen Mittheilungen und Erörter- ungen in öffentlichen Blättern mußte natürlich der Wunſch vege werden, daß ein gefelliges Band diejenigen einander mehr nähern möge, welche nach einem gemein-
V
jchaftlichen Ziele binftrebten,, deffen Erreichung nur vereinter Kraft möglid) ift.
So wurde diefe Angelegenheit ſchon im Sahr 1811 (durch Hrn. Pfr. Luja in Dosheim, im Intelligenzblatt Nro. 29. und 44.) zur Sprache gebracdıt und mein ver— ftorbener Vater erfucht, unter feiner Leitung die Gruͤnd— ung eines Vereins zur Erhaltung und Erforfchung vater- ländifiher Denkmäler zu veranlaſſen.
Mit Genehmigung der höchiten Kandesbehörden wurde von demjelben bereitwillig das Erforderliche vorbereitet und bald hatten fich in Folge der im In- und Aug: land angefnüpften Verbindungen, den gemeinfchaftlid) mit Herrn Geheimen Rath von Gerning ent worfenen Statuten, eine Anzahl Gelehrter ald Mit: arbeiter unterzeichnet, deren Jitterarifcher Ruf das Gedeihen und Fortblühen diefer Gefellfehaft verbürgte. Seider verhinderte jedoch der im Febr. 1814 erfolgte Tod meines unvergeplichen Vaters das öffentliche Her— vortreten des Vereins. Nachherige BVorfchläge zur Wiedererneuerung defjelben wurden nicht realifirt.
Herzoglicher Landesregierung war das Verdienſt vorbehalten, den erlofchenen Verein in anderer Form wieder ind Leben zu rufen. Nach der durch den provi— jorifchen Borftand (ſ. Anl. 1.) erlaffenen Einladung, conftituirte fich nad) Maasgabe der neuen Grundgefege Cl. Anl. II.) am 5. Dec. 1821 der gegenwärtige Verein für vaterländifche Alterthbumsfunde und Gefchichtsforfch- ung und feierte feither jährlich am Namenstage Sr. Durclaucht ded Herzogs Cd. 28. Mai) das Feſt feiner Stiftung.
vi
Der Wirfungsfreis unſers Vereins iſt in ben Statuten vorgezeichnet. Die Refultate der bisherigen Thaͤtigkeit find durd; die Jahresberichte des zeitlichen Directors den Mitgliedern uͤberſichtlich mitgetheilt worden. Die geeigneten ausführlichern Auffäge follen nun im gegenwärtigen Blättern and Licht treten über deren Plan und Umfang ich mir noch einige Worte erlaube.
Das erfte Heft der Annalen zerfällt in vier Abfchnitte, deren erfter für die größeren Abhandlungen und Berichte beftimmt ift. Unter den intereflanten Ausarbeitungen, welche unfer Bereinsarchiv aufbewahrt, wurden bei der Aufnahme in diefes Heft vorzüglich dies jenigen berüdfichtigt, aus denen fich, den vorgefchriebenen Grenzen unferer Thätigfeit angemeffen, die Mannigfaltig- feit unferer Forfchungen entwicelt. Sie umfaffen dem— nach fowohl die römifche Zeit, ald das Mittelaiter in unferm Herzogthum. Die Auffäse find alfo zunaͤchſt für das Inland berechnet, und follen ald Früchte eines befcheidenen und anfpruchlofen Wirkens durdy einfache Darjtellung einem größern Kreis von Lefern verftändlich ſeyn. Diefer Grundfaß leitete die Auswahl des vor: liegenden Materiald, und aus diefem Gefichtspunft mögen fie wohl eine billige Beurtheilung anfprechen.
Leidenfchaftslofe Belehrungen werden zur Förderung der Wahrheit, als der Grundbedingung hiftorifcher Forſch— ungen ftets höchft willfommen ſeyn.
Da wo e8 der Sache angemeffen fihien, wurden die Abhandlungen zuweilen abgefürzt oder mit Bemerkungen begleitet, und intereffante Gegenftände des Alterthums durch lithographirte Abbildungen veranſchaulicht. Mit
vn
danfbarer Anerfennung müffen hier die fchäßbaren Abs handlungen unferer ausländifchen verehrten Mitglies der, der Herren Dr. Lehne und Dr. Schaab, genannt werben, indem erfterer unter den zahlreichen gefchichtlichen Ueberreften unfers Flaffifchen Bodens diejenigen Puncte aus der römifchen Zeit hervorhebt, die fic zu einer genauern Unterfuchung vorzugsweife eignen, lekterer ein Monument des’ Mittelalters erläubert, welches die Erinnerung an die Familie des gefeierten Erfinders der Buchdruderfunft bewahrt, die in der früheften Zeit ſchon in unferm Rheingau Schuß und Pflege fand.
In dem zweiten Abfchnitte werden unter der Rubrif Miscellen, Auffäse von minderem Umfange, kurze Notizen, Anfragen, felbft einzelne merfwirdige Urfunden, die zur Erörterung und Aufhellung einer , hiftorifchen Thatfache Beranlaffung geben können, Anzeigen hierher gehöriger neuer Schriften u, f. w., ihre Stelle finden. Auc für die Kenntniß antiquarifch-hiftorifcher Ent— dedungen der Nachbarländer, die fo häufig in naher Beziehung zu unferer vaterländifchen Gefchichte ftehen, ift bereit8 Durch den intereffanten Beitrag meines fehr verehrten und fenntnißreichen Freundes Dr. Braun, der durd) feine Geburt dem Vaterland noch angehört, ein fhöner Anfang gemacht worden, und wir dürfen ferner von dem Wohlwollen der achtbaren auswärtigen Vereine, die dem unfrigen zu gegenfeitiger wiffenfchaft- licher Unterftügung zuworfommend die Hand boten, bes lehrende Mittheilungen erwarten.
Die dritte Abtheilung ift der Aufnahme biogra- phifher Nachrichten von folchen ausgezeichneten Männern gewidmet, welche die vaterländifche Ger
VIII
ſchichte und deren Huͤlfswiſſenſchaften zur Aufgabe ihrer litterariſchen Thaͤtigkeit machten. Es wuͤrde erwuͤnſcht ſeyn, wenn die verehrten Mitglieder, welche im Beſitz von Notizen ſind, aus denen ſich das Leben, Wirken und der Entwickelungsgang der wiſſenſchaftlichen Aus— bilduug dieſer um das Vaterland verdienten Gelehrten entnehmen läßt, uns durch Mittheilung derfelben in den Stand fegen wollten, ihnen in diefeıt Blättern ein wuͤr— diges Ehrendenfmal zu ftiften.
Sn den Anlagen find die Urfunden uber die Gruͤn— dung des Vereins, die Liſte der dermaligen Mitglieder, fo wie die Protocolle der öffentlichen Sahresverfamme lungen enthalten, in welcyen der Director über die durch den Borftand eingeleiteten Arbeiten Bericht erſtat— tet, und über die Verwendung der Beiträge Rechnung ablegt. In dieſen zur Ueberficht zufammengeftellten Actenftücen findet der Kefer die Richtung unferer Wirk— famfeit feit der Bildung des Vereing angegeben.
Ein Berzeichniß der Gegenftände welche theils durch liberale Stiftungen der Mitglieder, theils durch unfere Ausgrabungen oder Anfauf die Grundlage zu einem Landes-Mufeum bildeten, dürfte, vervollitändigt durch die mannigfaltigen neuen Erwerbungen, mit vorzüglicher Berüdfichtigung des Fundorts fo wie des Namens der Geber den folgenden Heften beigefügt werden.
Möchten diefe Blätter fich einer wohlmollenden Auf: nahme erfreuen und dem Zwecke ihres Erſcheinens gemäß dazu beitragen, das Intereſſe an vaterlandifcher Geſchichte zu beleben und zu erhalten.
Schierftein, im November 1827.
% 68 Habel.
na Tot
I. Abhandlungen und Berichte.
1) Die Gauen des Taunus und ihre Denkmäler, von Hrn. Prof. Dr. Lehne in Mainz # A &
2) Hiftorifche Bemerkungen über den merfiwürdigen Grab: ftein des Jakob von Sorgenloch, von Hrn. Dr. Schaab U IN AUG En ne ee ea Bruns
3) Unterfuchung ‚einiger Grabhügel bei Kemel, von Hrn. Geom. Wagner dafelbft . . & e
4 Bortfesung der Ausgrabungen bei Kemel, von er Si Spießund Hrn. Wagner . .. RE
5) Bericht über die Entdeckung von Silbermünzen bei Her: genroth, von Hrn. Pfarrer SchIoffer in Wefterburg
6) Erläuterung der Hergenrother Münzen, von Hrn. Pfarrer Vogel in Schönbadh . r 3 e s R
7) Bericht über die Ausgrabungen in der Kohlhecke und dem Srauenfteiner Sorft, von Hrn. Sekretär Zimmermann in Wiesbaden . h SER: 5
8) Bericht über die Unterfuchung des römifchen ——— bei Marienfels, von Hrn. Pfarrer Brinkmann in
Dielen. 2% 5 a 9) Die römifhen Ruinen bei Sererüßeim von 8. ©. abe inocieritet 02 a .
10) Beitrag zur Gefchichte des Münzweſens im grittelatter, aus Urkunden gefammelt von Hrn. Geheimenrath Joh. von Arnoldi in Dilfenburg : : 2 :
11) Sefchichte der Kirhe und Pfarrei — von Hrn. Pfarrer Vogel in Shönah . . .
Eeite.
37
40
99
1. Miscellen. Seite,
1) Entdefungen im Gebiet der Alterthumsfunde in der Rheingegend, von Hrn. Prof. Dr. Braun in Main . 113 2) Anfragen, — von Hrn. Pfarrer Vogel . . 780 5) Preisaufgabe der Königl. Akademie der MWiffenfchaften in: Bel un 2" Von al ee PA 5) Ritierarifche Anzeigen: en aa een
III. Biographifche Nakhrichten von verdienten vaterländifchen Gelehrten. Georg Philipp Kraus, Inſp. zu Idſtein, von Hrn. Pfarrer Luja in Dosheim — N “2,125
IV. Anlagen. 1) Refeript Herzoglicher Landesregierung, die Stiftung de3 Naff. Alterthums-Vereins betreffend . 5 z 381 2) Die Statuten der Gefellfchaft . : - P 2 2) Derzeichniß der DVereinsmitglieder nn ne IE 4) Protocol der erften Generalverfammlung des Vereins « 145 By FF DER SWEItEh no 0" a 0 eu 6) — der dritten . 4 A S s ” 153 7) — der vierten . en PRO, . 166
l.
Abhandlungen unv Berichte
u u‘ au"
r Sb I Mn IT ee una De Ri a Ar y in eu in Men Bi a San. oe ne BA E > 5 a ” >» su
BE lEEBESREED (GES | > — > 5
ie Darst Bir SEUIVILTTTEE 4 [vnteiın Beer, Ze are ie
> DRS
DAL EEIE Sau nun
» Is Deidz ua, BE Ve ——
> BE EEE te EEE | >
Dr ri aa Eee
2 2 en — ———
Der Du’ ı —
u Ps
J — ⸗ u
Die Gauen des Taunus und ihre Denfmäler, von Herrn Prof. Dr. Lehne, Stadtbiblio— thefar in Mainz.
Sir die erften befannten Bewohner der Gauen dee Taunus zwifchen dem Main nıd der Xahne halte ich die Ufiveter. Acht und fünfzig Sahre vor unfrer Zeite rechnung wurden fie von den Sueven, welchen Cwie ihre Gefandten Caͤſarn fagten) felbft die unjterblichen Götter nicht zu widerftehen vermögten, aus ihrem Lande vertrieben, als diefe durch das Mainthal ihrem in Gallien fiegreichen Feldherrn Arioviſt zu Hilfe eilten, oder vielmehr famen um in der Theilung Gallien ihm zu helfen. Nach diefer Vertreibung irrten die Ufipeter drei Jahre in Deutfchland umher, ohne einen feften Siß finden zu fünnen, bis fie im Sahr 55 (v. ehr.) über den Rhein fielen, ald eben Cäfar die Belgier bifiegt hatte und von neuen friegerifchen Gäften in Gal— lien nichts hören wollte. Er fihlug ihre Bitte um Land zus Wohnung ab, überftel und nöthigte fie, fich zu den Sicambern auf das rechte Ufer zu flüchten, wo wir fie mit den Tenkterern am Niederrhein, an der Kippe und, nad) der Auswanderung der Ubier, zwifchen der Sieg und Lahne finden. In ihr altes Stammland
4
famen fie nie mehr zuruͤck. Doch feheint mir es, daß in ihrem Namen felbft fich das Andenfen an daffelbe erhalten habe.
Obſchon es längft erfannt iſt, wie unficher und oft wie widerfinnig die Etymologien der alten Völfernamen find, fo ift doch nicht überall der DVerfuch ihrer Her: leitung zu tadeln, am wenigftien wenn fie aus der Sprache des Landes felbft genommen werden Fann. Daß der Name Ufipeti eine römifche Corruption eines germanifchen Wortes fer, it einleuchtend. Suchen wir nun in der auffallendften Eigenfchaft des Landes dieſes Wort, fo werden wir es ohne Zwang in den Hiß— pätern (Heißbaͤdern, Hizbädern ) deffelben finden; denn in den Alteften Gloffarien wird Bad mit einem P ges fchrieben und das Wort heiß in hiß verfürzt. Die Römer, die überhaupt den harten Buchftaben H ver: mieden, verwandelten das Wort Hiß in Uft, vielleicht weil die Deutfchen e8 wie Huis ausfprachen und fo mag der Name Ufipeter oder Heißbäder, den man dem Bolfe wegen der Cigenfchaft feines Landes beilegte, ent- ftanden feyn. Diefer Name fcheint auch der Stadt Wiß baden aus gleicher Urfache gegeben worden zu feyn; dena ein Bad auf einer Wiefe, wie ihre Kronifenfchreibr zur Ableitung annehmen, ſcheint mir weniger ert— fprechend, da wir wiffen, wie gewöhnlich das H vor 3 in der alten Schrift fidy in JB verändert hat. Auch das Flüßchen Us, an welcem Ufingen liegt, koͤnnte ein Reſt des römifchen VBölfernamens der Ufipeti ſeyn. Doc mehr als genug davon, da, wie idh fagte, folche Ableitungen felten ein befriedigendes Re—
5
fultat Darbieten, das überhaupt der Gefchichte gleich- gültig feyn kann.
Rad) der Vertreibung der Ufipeter zogen fich die Sueven auf die Nachricht der Niederlage Ariovift’s vom Rheine zuruͤck, wahrfcheinlich nachdem fie, ihrem Gebraudye nach, das Land verwüftet hatten. Sie wurden von den Ubiern verfolgt ohne daß diefe die menfjchenleeren Gauen des Taunus wieder zu bevölfern wagten, um ſich nicht felbft dem Angriffe der mächtigen Sueven bloszuftellen. Das Land fcheint daher bis zur Zeit des Drufus wuͤſte und unbewohnt geblieben zu feyn.
Der Suevenbund, eine Vereinigung vieler deutfchen Volfsftämme, dem der eigentliche Stamm der Sueven*) blog den Namen gegeben hatte, wurde nach dem Miß— lingen der Arioviftifchen Expedition nach Gallien, für welche er entftanden war, aufgelößt. An feine Stelle trat, als die Römer fih am heine befeftigten und daher den Germanen Beforgniffe einflößen mußten, im Norden der Cherusferbund, im Süden der Kattenbund, das heißt: faft alle germanifche Volksſtaͤmme verbanden fih zur DVertheidigung bei der nahenden Gefahr der Unterjochung durch eine erobernde Nation, deren fieg- gewöhnte Adler fie ſchon kennen gelernt hatten.
Zu dem Kattenbunde gehörten die Mattiafer, welche die erjten gewefen zu feyn fcheinen, die fich furz vor
*) Mannert zweifelt an dem früheren Daſeyn eines befondern Volkes der Sueven; er dachte nicht an die Schlachtordnung Ariovifte, mo es nebſt den andern genannt ift.
6
Ankunft ded Drufus wieder dem Rheinufer, das fie von den Sueven verlaffen fanden, genähert hatten, wenn fie auch nur jenfeits des Taunusruͤckens wohnten.
Der römifche Feldherr fah gleich die Nothwendigkeit ein, gegen den mächtigen Kattenbund eine Schutwehr zu habe, welche feine Hauptfeftung Magontiacum gegen plögliche Anfälle dee, um fo mehr, da er den Plan hatte, die Deutfchen im innern Lande heimzufuchen und alfo im Fall war, die Nheinlinie an VBertheidigern zu ſchwaͤchen. Er z0g daher auf der Höhe des Taunus— gebuͤrges noch eine Linie von Berhauen und Verſchanz— ungen, die er an die Nida bei der Saalburg anfchloß und von hieraus den Fluß bis an den Main benugte,- Wenn er auch nicht die ganze Linie, vielleicht nur einige Gaftelle, vollendete, wie es bei ihrer fchnellen Zerftörs ung durd; die Katten augenfcheinlich wird, fo konnte er doch feine andere Abficht haben, weil es die von der Natur vorgezeichnete Bertheidigungslinie ift, welche fein Sohn wiederherjtellte und Trajan und Hadrian fo fehr befeftigten, daß fie drei Jahrhunderte durch das Bollwerf von Magontiacum war.
Germanicus fah das Drohende der Annäherung ber Katten wohl ein, und glaubte fie gleich im Anfange durch einen unvermutheten Angriff ſchrecken zu müffen. Sie hatten ſich bei dem Anfcheine des Krieges hinter die Eder (Adrana), zuruͤckgezogen und erleichterten ihm dadurch den Ueberfall. Ehe fie ſichs verfahen, paſſirte er den Fluß und verbrannte ihren Hauptort Mattium. Daß man darunter feine Stadt verftehen müffe, ift nad; den deutfchen Sitten klar, doch muß es eine An—
7
fiedelung von größerer Zahl von Holzhütten gemefen feyn, wohin fie ihre Weiber und Kinder geflüchtet hatten, welche wahrfcheinlich auf einem grünen Raum in der Waldung Matte) lag, und dadurd; den Namen erhielt, dem die Nömer die Endung ihrer Sprache gaben. Man fuchte lange dieſes Mattenheim, wie es die Deutfchen genannt haben mögen, bei Marburg; aber ohne alle Wahrfcheinlichkeit, indem man bei dem Worte Adrana feine Berfchreibung anzunehmen Urfache hat. Andere finden es in dem Orte Maden an der Eder. Genug daß wir beiläufig die Gegend wiffen, wo die Anftedelung jenfeits des Flüßchens lag.
Der Berluft, den die Römer in der varifchen Schlacht erlitten hatten, machte fie gegen die ihnen fürchterlich gewordenen Germanen vorfichtiger. Sie glaubten ein anderes Syftem annehmen zu müffen, al3 die Zwangmittel der Varus. Der liftige Tiber wußte bald Zwietradyt zwifchen den Cherusker- und Kattens bund zu fien. Man behandelte diefe fchonend und es gelang, den Römern Freunde unter ihnen zu werben. Die Eiferfucht des Segeft gegen feinen Schwiegerfohn Herrmann beförderte die Schwächung des Cherugfer- bundes und die Hülfe, welche Germanicus dem Segeft leiftete, verpflichtete den Römern einen großen Theil feiner Anhänger. Den Feldherrn mußte daran liegen, befreundete Stämme an ihren Grenzen zu haben und diefen fogar Land im Innern ihrer Linie einzuräumen, um den Boden nicht unbebaut zu laffen und die Nahrs ung ihrer Grenzbefagungen zu fihern.. Es gelang ihnen die Mattiafer, den benachbarten Rattenjtamm,
8
zu gewinnen und einen ihnen gemwogenen Theil der— felben in die Ebenen dieſeits des Taunus zu ziehen. Dieß geſchah hoͤchſt wahrſcheinlich ſchon unter der Regierung Tibers und ward durch das friedliche Syſtem des Claudius, der auf alle Eroberungen in Deutſchland verzichtet hatte, bedeutend befoͤrdert. Von nun an finden wir die Mattiaker in den Gauen des Taunus, wenigſtens mit Gewißheit dieſeits des Pfal— grabens, doch iſt es kaum zu bezweifeln, daß ſie auch jenſeits einen bedeutenden Strich Landes im Beſitze hatten, weil der kleine Theil, der unter roͤmiſcher Botmaͤſigkeit lebte, es ſchwerlich gewagt haben wuͤrde, die Hauptfeſtung Magontiacum anzufallen, wie es im bataviſchen Kriege geſchah. Sie waren noch, wie wir aus den Inſchriften erſehen, ruhige Beſitzer dieſer Gauen unter Alerander.
Gott weiß, welches germaniſche Wort Ptolomaͤus verketzerte, wenn er ein voͤllig unbekanntes Volk, die Ingrionen, in dieſe Gauen ſetzt. Er hat ſich gewiß geirrt, da wir ſowohl vor als nach der Zeit Marc— Aurels nur die Mattiaker daſelbſt finden, bis ſpaͤterhin Ammian Marcellin die Buccinobanten, als der Stadt Magontiacum gegenuͤber wohnend, nennt. Wahrſchein— lich iſt dieß nur ein Beiname der Mattiaker, der vielleicht von einem kriegeriſchen Gebrauche der Buc- cina (des Waͤchterhorns) feinen Urſprung hat; denn gewiß iſt es, daß noch in der ſpaͤteſten Zeit des roͤmi— ſchen Kriegsweſens die Mattiafer Cohorten im Solde der Roͤmer hatten, welche man in Mattiaci seniores und janiores nach der Epoche ihrer Werbung unters
9
ſchied. Sie lagen in Italien und im Oriente. Die Mattiaker gehoͤren zu den wenigen deutſchen Staͤmmen, deren Name am fpäteften erloſch, denn obſchon fie in ihrer Verbindung mit den Allemannen unter dem aigemeinen Bundesnamen begriffen wurden, fo läßt fi) Doch nicht annehmen, daß fie ihren angeftammten aufgegeben hätten. Nur für die Römer waren fie als» dann Allemannen.
Bon den Verhältniffen diefes Volkes zu den Römern, mit welchen fie fich, im Kaufe von mehr als drei Sahr- hunderten, völlig vermifchen mußten, wiffen wir wenige tens fo viel, daß fie eigne Beamten, eine den römie fchen Munipien gleiche Municipalverfaffung , ihre Duumvirn, Decurionen, Curatoren und auguftalifche Sevirn hatten. Die neuen Entdeckungen, beſonders zu Gaffel und Hädernheim, haben darüber viel Licht verbreitet.
Bon den Städten des Landes fennen wir manche mit Gemwißheit, andere mit höchfter hiftorifcher Wahrfchein- lichkeit. Sch will über beide einige Worte nur fagen, weil eine gedehntere Ausführung hier nur nach und nach Raum faffen Fann.
1) Die Hauptftadt der Mattiafer unter römifcher Botmäfigfeit fand unter dem Schutze des Castelli Drusi, de8 heutigen Kaffel, Mogontiacum gegenüber, wo es ald Brücdenfopf unftreitig von Drufus angelegt wurde, Die bürgerliche Stadt lag auf der nordöft: lichen Geite des Caſtells und ein Theil des heutigen Ortes und der Feltung fteht auf ihren Trümmern, wie fid) bei Gründung der letztern deutlich zeigte, Mehrere
10
gefundene Sinfchriften aus der erften Hälfte des dritten Sahrhunderts nennen fie Civitas Mattiacorum, wie in diefer Zeit alle Hauptftädte der Volksſtaͤmme ihren Namen führten. 5. B. Civitas Vangionum (Worms) Civitass Nemetum (GSpeier) Civitas Triboccorum (Brumpt) u. f.w. Das Dafein ſowohl, als die Eigen» fehaft diefer Civitas Mattiacorum ift feinem Zweifel unterworfen, wie in der Folge durch die Infchriften bewiefen werden wird.
2) Ein zweites bedeutended® Municipium muß bei Eronenberg gejtanden haben. Auf einem Fragmente einer Ara vom Jahr 204, welche dafelbft gefunden wurde, kommen Duumviri vor. Diefe Magiftrate findet man aber nur in Municipien, da weniger an- fehnliche Drte nur Magistri vici hatten. Gronenberg, im Rüden der DVertheidigungslinie an der Nida, hat aud; ganz die Lage, um zur Bewahrung der Kriegs— Magazine und zur Beobachtung des flachen Landes benußt zu werden. Es feheint mir deßwegen das eigentliche Gaftell des Drufus auf dem Taunus, das Germanicus wiederherftellte.
3) Ein drittes bedeutended Municipium muß bei Wißbaden gelegen haben, um den Gebrauc, der Bäder zu begünftigen. Dbfchon der Aquae Mattiacae bis itt feine Infchrift gedenft, fo wiffen wir doc; aus den Gefchichtfchreibern, befonders Tacitus Plinius und Ammian Marcellin diefe Benennung und die Benukung der Bäder mit Beftimmtheit. Sch hege die Hoffnung, daß es der Alterthumsgefellfchaft gelingen werde, auch diefed Municipium näher zu beleuchten, wie es durd)
11
die unermädliche Sorgfalt unfere Habel hinfichtlich Hädernheims ſchon gefchehen ift.
4) Sch übergehe die verfchiedenen Gaftelle, melde den Pfalgraben (vallum romanum) in Zwifchenäumen, die wahrfcheinfich mit Verhauen und Gräben ausgefüllt waren, vertheidigten. Herr Geheimerath v. Gerning und der verjtorbene Herr Hoffammerrath Habel haben durch vorläufige Unterfuchungen Alles geleiftet, was darüber augenblicklich zu hoffen war. Nur von der bedeutenderen Kinie längs der Nida noch einige Worte. Daß diefe Linie ſchon in dem Plane des Drufus und Germanicus gelegen habe, zeigt fich von felbit, fobald wir, nach dem Zeugniffe des Tacitus annehmen müffen, daß fie die Höhe des Taunus gegen die Anfälle der Katten befeftigt haben. Unmoͤglich Fonnten fie in dem fo Teicht zugänglichen Mainthale ihre Flanken blos— geftellt Taffen, welches die Befeftigung des Gebirge unwirffam und überflüffig gemacht haben würde. Dod) war der Aufenthalt diefer Feldherrn zu furz, als daß man glauben fönnte, fie hätten diefe Flanke durch regelmäfjige Feitungen gededt. Auch die Kaftelle des Pfalgrabend mögen nur nach und nach unter ihren Nadı- folgern entjtanden feyn. Erſt ale Zrajan dad ehe- malige, von Claudius verlaffene, Occupations-Syſtem wieder annahm, dachte er an die Linie der Nida, die ihm bei feinen Planen der Ausdehnung der römis fchen Grenze in das Herz von Deutfchland einen fichern Rückhalt geftattete und die Hauptfeftung Magontiacum erſt nach ihrer Ueberfchreitung angreifbar machte.
12
Bei der Aufgabe, die Nida zu befeftigen, ftellte ſich zuerft die Nothwendigfeit hervor, ſich des Ausfluſſes derfelben in den Main zu verfichern. Sch war längjt überzeugt, daß hier das Munimentum Trajani, das Julian wiederherftellte, gefucht werden müffe. Bei einem kurzen Aufenthalte zu Höchit im Jahre 1808 wollte ich fehen, ob ſich feine Spuren mehr faͤnden. Da id) nicht graben laffen Fonnte, mußte ich mid; mit oberflädh- lichen Forfchungen begnügen; war aber fo glüdlich, ſo— gleich eine Menge Badjteine der XXX. Legion, welche von Trajan, ihrem Stifter, den Beinamen Ulpia führte, zu entdeden. Auch fand ich ſolche Steine der Legio VII. Augusta und der XXI. Primigenia, nebjt einer Menge zertrimmerten Gefäße der ſchoͤnſten famifchen Erde, fogar Stücke großer Amphoren. Weitere Unter: fuchungen mußte ich auf gelegnere Zeit verfchieben, aber die Entdedungen feheinen mir hinlänglic;, meine Mei— nung, daß hier Cetwas oberhalb dem heutigen Orte kida gegenüber) das Munimentum Trajanı gelegen habe, zu beftätigen. DBielleicht gelingt es Fünftigen Forfchungen enifcheidendere Spuren zu finden.
5) Trajan ſcheint durch feine dacifchen Kriege abges halten worden zu feyn, durch ein Central-Eaſtell die Linie zu verftärfen.. Sein Nachfolger, Hadrian, ob- fchon er das Eroberungsſyſtem wieder aufgab, fah doch die Wichtigkeit diefer Pofition für die Sicherheit der römifchen Grenzen zu wohl ein und wir wifjen durd) feine Biographen, daß er fich jtarf mit diefer Sicher: ftellung in allen Theilen des Neiches befchäftigte. Es ift alfo hoͤchſt wahrfcheinlih, daß er der Gruͤnder des
15
Hädernheimer Gaftrums ift, welches fihon der Name Hädernheim glaublich macht. Beftimmtheit können wir darüber nicht erwarten, wenn nicht Steinfchriften wefentlichen Inhalts gefunden werden. Bon der Wich— tigfeit Diefes Caſtrums, das bedeutender als ein Gajtell war unter Alerander, liefern feine Ruinen, deren Plan wir Herrn Habel verdanken, unzweifel- hafte Beweiſe. Unter der Regierung diefes Kaiſers entjtand, wie bei allen Feftungen, ein Dorf Vicus novus durch die von ıhm mit Gütern belehnten Vete— ranen, das in die Ningmauern der Feftung zu mehres rer Sicherheit eingefchloffen worden zu feyn fcheint.
6) Die Saalburg war das dritte Gaftell, das die Aufferfte Flanfe der Linie der Nida deckte. Wir wiffen nicht weiter von ihm, als daß e8 um das Jahr 212 die vierte Cohorte der Bindelicier zur Beſatzung hatte, von welcher man viele Badjteine fand.
7) Die lateinifchen Benennungen, welche mehrere Orte des Rheingaus in der Merovingifchen und Garo- Iingifchen Epoche noch führen, machen ihren römifchen Urfprung unzweifelhaft. Zu diefen rechne ich Alta villa (Elfeld) und Vinicella (Winfel). Doc, fann davon erit die Nede feyn, wenn römifche Spuren die Ver: muthung beftätigen.
Diefe allgemeine Ueberficht des Landes glaubte ich der Erflärung der darin gefundenen Infchriften voraus— fenden zu müffen, indem ich diefe nur als Urkunden und Belege feiner Gefchichte anfehe, ſelbſt wenn fie nicht eigentlich hiftorifchen Inhalts find. Immer bleiben fie Zeugniffe für die Lofalität und ihrer Wichtigkeit in einer der bedeutendften Epochen der Weltgefchichte,
14 J.
IN... APOLLINI TOV TIORIGI L. MARINIVS MARINIA N VS. DA DE 6 UT: GEM. P. F. ALEXAND. D. D. D. FORTVNAE. VO TL COMPOSs.
Zur Ehre des göttlichen Haufes, dem Toutio— rifchen Apollo hat Lucius Marinius Marinianus Genturio der Tten Kegion, der gedoppelten redlichen getreuen Alerandrinifchen, dieſen Gelübdjtein ges weihet und zugleich dem Glüde, das feine Wiünfche erfüllt hat.
Diefe Ara wurde im Sahr 1784 ald man die Fun damente des Schügenhofs zu Wißbaden legte, gefunden, und ift noch in dem dortigen Bade, aber leider! zu hoch und übertüncht eingemauert. Noch vor diefer Entjtellung habe id die Schrift abgefchrieben.
Apollini Toutiorigi. Eine von den topifchen Ber nennungen, die meiftens von Drten hergenommen wur— den, welche uns unbefannt find. Vielleicht hat der Steinhauer Toutiorigi au Teutonici gemacht; vielleicht auch ift das Wort aus Teut und Origo fomponirt und bedeutet den Apollo deutfchen Urfprungs, denn ſchon die Römer brauchten das Wort Teutoniceus, wenn fie die Deutfchen im Allgemeinen bezeichnen wollten, eben
15
fe wie Germani, obfchon jenes im Grunde nur einer nördlichen Voͤlkerſchaft, den Teutonen, zufam, bie fie aber mit den Cimbern am erjten Fennen Ternten; vielleicht aud) (weil man fich bei völliger Ungemwißheit nur mit Vermuthungen helfen Fann), hieß das Bad, in welchem Marinius Genefung fand, von feinem Er- bauer Balneum Toutiorigis, (Teuterich) und daher gab man der Heilquelle den Namen des Bades. Mit Sicherheit laͤßt fich nichts beftimmen.
Marinius Marinianus find beides befannte Namen, beide abgeleitet von Marius, Marinus, Marinius, Marinianus; den lestern findet man auch ald Stammes name: 3. B. Marinianus Loscus, u. f. w.
Centurio legionis VII. geminae piae felicis Alex- andrinae. So wie die meiften Legionen unter den Antoninern den Namen Antoninianae angenommen hats ten, fo nahmen fie unter ihrem Nachfolger Alexander Severus den Namen Alexandrinae an. Wir wiffen fhon dur; mehrere Steinfchriften unfrer Gegend, daß dies mit der 22ten der Fall war.
Auch auf diefer Steinfchrift haben die Anhänger Marimind verfucht diefe Benennung auszulöfchen ; fie blieb aber noch ziemlich lesbar.
D. D. D. Donum dedicat fortunae voti compos. Er weiht ihn zugleich dem Glüde, das die Heilfräfte Apollo's beguͤnſtiget hat.
16
u. DEO MERCVRIO NVNDINATORI. Dem Gotte Merkur, Beſchuͤtzer der Märkte,
Diefer kleine Botivftein ift an dem Gemeindehaufe zu Birftadt zwifchen Caſſel und Wißbaden eingemauert und wurde auf dem Wege nad, erfterm Drte gefunden. *) Ober der Infchrift fieht man zwei fißende Figuren, wovon die männliche offenbar Merkur ift, die beide den Schlangenftab in der Hand haben. Die weibliche Figur halte ich für Dea Nundina, welche Valerius Maximus als Göttin anführt.
Die Römer nannten die Zeit vom einem Marfttage zum andern Nundinae, (gleichfam Novendinae, weil alle 9 Tage Markttag war) obſchon auch behauptet wird, dag nur die Marfttage felbft fo heißen und fie für bie Epoche der Arbeitstage, bis zur Zeit Alexanders Ges vers, wo die Wochen (hebdommada) aus dem Driente aufgenommen wurden, feine Benennung hatten. Dem fei wie ihm wolle, fo fiheint doch gewiß, daß die Markttage ihre Göttin hatten, und wer fünnte anders auf diefem Steine die Gefährtin Merfurs des Nun— dinators feyn, ald die Nundina, die unter feinen Aufpizien ihnen vorftand. Die Perfoniftzirung der Nun- dina ift um fo mehr auffer Zweifel, da man diefes Wort fogar ald Perfonalname gebraudht.
So ließt man auf einem bei der Burg Soned, unweit Cilley, gefundenen Grabjteine: sibi et Nundinae hiliae.
* 6. Schenk, Merkw. d. Stadt Wiesbaden 1782. 1. p. 56.
17
111.
MARTI LEVCETIO PRO SALVTE IMP. DOMINI N AVG.
PILQ. VOCONIUS VIEVEVS LEG AXIL PR.P.F.PONENDVM
CVRAVIT.
(Tab. I. Fig. ı.) Dem Leucetifchen Mars; zum Heile des Kaifers, unfers Gebieters, Augufts des Frommen, ließ Duintus Voconius Vitulus, Genturio der 22. Legion der erfigebildeten, redlichen, getreuen, diefen Stein fegen *).
Marti Leucetio. Die Inſel Leuce liegt im ſchwar— zen Meere unweit der Mimdung des Dniefters und wurde zu Flein Scythien Cder heutigen Fleinen Tartarei) gerechnet. Nach Strabo war fie dem Achilles geweiht
*) Schon Huttich theilte diefe Inſchrift in feinen Collect. Antigg. dv. J. 1520 mit, und bemerkte, fie fei in der Wand einer Capelle bei Srauenftein Cohnweit Wiesbaden ) « dieti zum Armudt » eingemauert.
Conf. Joannis Rer. Mog. T. III. Tab. 24. Längſt ift diefe Eapelle verfchwunden, und die Baumaterialien wurden bei der Erbauung des Hofes Armada benutzt. Hier fand ich vor zwei Jahren die Hälfte diefes Wotivfteins zu einer Treppe verwendet. Nur wenige Buchitaben . des oberen Theils find noch erhalten, die übrigen Schriftzüge des Steins aber durch Zeit und Gebrauch erlofchen.
d. ‘9, 2
18
und fein Schatten ſollte nad) der Fabel darauf wandelt. Es iſt die höchite Wahrfcheinlichfeit, daß der Heros hier felbft unter dem Namen des leucetifchen Mars gemeint fei und unter dieſer Benennung dafelbft ver: ehrt wurde, Durch die neuern Entdeckungen in Der Krim ift es unzweifelhaft, daß er am Bosphorus allge: meine Verehrung genoß und fogar den Namen Pontard) oder Gebieter des Pontus trug *).
Die Veranlafjung diefer Ara ift folgende: die Tau— rofcythen, welche die heutige Krim bewohnten, bedraͤng— ten die Milefifche Eolonie Dlbia CS Stunden von dem heutigen Dfzafov) welche Plinius als eine große Han— delsftadt anführt. Antoninus Pius ſchickte ein Heer ihr zu Hülfe, ſchlug ihre Feinde und zwang fie, den Dlbiopolitanern Geifeln zır ftellen *).
Boconius empfahl daher bei Anfang diefes Kriegs das Waffenglüdf des Kaifers, dem Mars der dortigen Gegend. Die Zeit der Weihe des Altars ift unftreitig das Sahr 139. Antonin ordnete nur zwei Friegerifche Unternehmungen an amd wurde auch nur zweimal als Smperator begrüßt, Durch die Münzen wiffen wir aber bejiimmt, daß es zum zweitenmale wegen Des Siegs über die Britten im Sahr 140 gefchah; da num das Jahr 139 das erjte feiner Regierung it, nachdem Hadrian im Juli 138 gejtorben war, fo folgt nothe wendig, daß die Erpedition gegen die Taurofeythen,
*) ©. Antiquites grecques du Bosphore Cimerien par Raoul- Rochette. **) ©, Spartian cap. ı.
19
welche ihm allein ven erften Ssmperatorgruß erworben haben Fonnte, im angegebenen Sahre ftatt gefunden habe, wenn gleich die Gefchichte darüber fchweigt. Den Titel Pins, der ihn befonders bezeichnet und Daher auch ohne feinen Namen verftändlicd; war, hatte er fhon 138 erhalten, kurz nad; dem Tode Hadrians. Der Name Voconius ift befannt. Man fand von diefer Familie mehrere Steinfchriften zu Murviedro, dem alten Sagunt in Spanien.
IV.
FORTYNArN RF
DO BIVS ER VOEO SVSCEPERVN. PRO
3A 2. DMB!!D N SEWV ALEXANDRE AYG.
(Subseripti.)
(Tab. I. Fig. 2.)
Zur Ehre des göttlichen Haufes und feiner zurück führenden Glüdsgöttin haben Cdie Ungenannten) zum Heile unfers Herrn des Kaiſers Severus Alerander Auguftus diefen Gelübdftein zu errichten unternommen ....
Sm Sahr 1824 zu Dotzheim bei Wißbaden von Herrn Pfarrer Luja als Schlußftein zu einem Gewölbe gefun- den. Wahrfcheinlich ward er vor diefem Gebrauche in den Ruinen der römifchen Anfiedelung in der Nähe des
20
Ortes entdeckt, die man Fürzlich zum Theile aufgegraben hat und von weldyen man noch intereffante Ausbeute erwarten darf.
Man wird bemerken, daß obige Ergänzung nicht der lithographirten gleich fe. Da der Stein zu arg befchädigt ift, erlaubt er mehrere Ergänzungen, worüber die Alterthumsfenner entfcheiden mögen. Die litho— graphirte wurde dadurch erzeugt, daß ſich auf der Schrift feine Namen derjenigen finden, die ihn ge— weiht haben. Da aber auf vielen Aren bemerft wird, daß wenn die Namen in größerer Zahl find, fie auf die beiden Nebenfeiten übertragen werden, fo Fonnte dieß aud hier der Fall gewefen feyn. Ueberhaupt feheint mir die Inſchrift nicht vollendet. Vielleicht wurde fie durch Aleranderd Tod unterbrochen. Dbige Ergänzung halte ich für die richtigere aus mehreren Gründen.
In honorem Domus Divinae et Fortunae reduci ejus. Diefe Weihe bedarf weniger Erläuterung. Das Wort Fortuna ift zu Far ausgedrückt und muß dem Raume nad von einem Beinamen begleitet gemwefen feyn, worauf ſich das eius bezieht. Diefer Beiname fcheint mit am entfprechendften der Fortuna redux zu gelten, da fein andrer anwendbar ift. So finden wir auf einer Infchrift zu Nom diefelbe Meihe mit andern Worten: Fortunae reduci Domus Augustae sacrum. *) Die Worte Domus divina find befanntlid; mit Domus Augusta gleichbedeutend.
*) Gruter, pag. 78, 3. 4.
21
Bei der Weihe unſrer Ara, die offenbar im letzten Jahre Aleranders, in welchem er zum erftennale am Nheine war, errichtet wurde, war feine ihn begleitende Mutter mitbegriffen, daher Domus divina, und da er im Begriffe ftand, in Germanien einzufallen, daher For- tunae reducıi.
Die wahrfcheinfichfte Epoche der Weihe wäre alfo das Jahr 235. Mehr läßt ſich aber auch nicht über eine allzu fragmentarifche Infchrift fagen, die nur wegen des Ortes, wo man fie fand, einiges Intereffe einflößen Fann.
( Sortfegung folgt, )
2)
Hiſtoriſche Bemerkungen über den merkwürdigen Grabftein des Sakob von Sor genloch, genannt Gensfleiſch, eines Verwandten von Johann Gutenberg, von Herrn Dr. C. A. Schaab, Richter am Kreisgericht zu Mainz.
Sm Monat Suni 1823 entdeckte man bei einer Ver— tiefung des Kirchhofs in Eltville, an der Nordfeite der Kirche, in dem Einfchnitt, welchen zwei Strebepfeiler an der linfen Seite des Chors bilden, 1 ’/, Schuh mit Erde bedeckt, den fihönen Dedftein des Grabes von Safob Sorgenloch, genannt Gengfleifch. Am 24. April 1825 begab ich mich an Ort und Stelle, um den Stein in Augenfchein zu nehmen Er hat 5 8 12, Länge zu 37 4° (Rhein.) Breite. Auf ihm find zwei
22
Wappenfchilder neben einander eingehauen. Das zur rechten ift das der Gensfleifche, das zur linfen das Bech— termuͤntzſche. Ueber beiden ift die Sorgenloch Gensfleifche Helmverzierung und oben darauf drei Reiherbüfche. Diefe Wappenbilder umgiebt folgende Randfchrift: Anno. dni. meccelxxbiii. vtt. mondag. nach sant. albang. dag. starp. Der. best. jacob. von. sorgenloch. dem. got. genedich. und barmhercich. sy. Diefer Jakob von Sorgenloch genannt Gengfleifch, ftammte in der fünften Generation von Claus zum Gensfleifch, dem Stammpater der nachherigen Sorgen— Iocher- Brandye ab. Jakobs Vater war Peter Gene: fleifch, welcher fich zum erjtenmal im Sahr 1435 mit feinen beiden Brüdern Jakob und Georg, von Sorgen— Ioch oder Selgenloc nannte. Peter fommt von den Sahren 1411 bis 1435 in den Urfunden vor und hatte eine Neefe (Agnes) von UÜdenheim zur Frau. Sorgenloch lebte zu Eltville, feit 1464 verheirathet mit Elfe (Elifabeth) Bechtermins, einer Tochter von Heinrich Bechtermuͤntz. Diefe Heirath mag Die Beranlaffung zu der Verbindung geworden feyn, welche Gutenberg mit diefem Schwiegervater feines Vetter anfnüpfte, ald er im Sahr 1465 dem Hoflager feines Fürften Erzbifchof Adolphs II. Cvon Naffau), nad) Eitville gefolgt und ihm dort feine mitgebrachte Druderei überlaffen hat. Diefer muß gleich mit der Arbeit anges fangen haben, denn fchon im Sahr 1467 erfchien das feltene Vocabularium ex quo, in deſſen Schlußfchrift es heißt — «per Henricum Bechtermüntze in Altavilla inchoatum.» Heinrich Bechtermüns hatte Grede von
25
Schwalbach zur Frau. Nach Bodmann*) foll er zu Eltville den 3. Sult 1467 geftorben feyn und feine Grabjtätte in der dortigen Pfarrkirche gefunden haben, wo auch noch das ihm errichtete Denkmal zu fehen fen. Sch habe mich genau darnadı umgefehen, aber e8 nirgends gefunden.
Jakob von Sorgenloch gehörte, wie der ganze im Rheingau wohnende Adel, zur Parthei des dem Kur: fuͤrſten Diether entgegengefesten Adolph von Naffau, und gewiß war er derjenige, welcher bei einer Ueber- fahrt über den Rhein von den Anhängern Diethers gefangen und mißhandelt wurde. Das befannte Manu— feript % über die Fehde zwifchen Diether und Adolf erzählt den Vorgang mit den Worten: «Es begab ſich auch, daß den Fritag nach dem heil. Gruzetag etlid) Volk uf dem Ringaw wolten gen Meng uf den Wuchen— marft und als fie zu Walluf berüber waren gefaren, ftiefen die fint, nemlich des von Sfenburg anhenger uf fie und namen geen fieben gefangen und fhuͤrtenß hinwegf in das Wefterich off ein Schloß am Dornfpergf CDonnersberg) gelegem, geen etlich fehlugen fie übel und etliche bis vff den Thot. Alfo wart auch Safob Genßfleiſch gehawen.»
Er ſtarb am Montag nach St. Albanustag, den 9. Juni 1478. Dieß beweiſt nicht allein die Umſchrift des Steins, ſondern auch ein in der Kirche, an der linken Seite des Chors, wo er außerhalb wider die Kirchen—
=) Rhein. Alterth. I. 154. *) Rheiniſches Archiv, herausgegeben von N, Vogt und Weigel, V. 45,
24
mauer begraben wurde, ihm erricytetes Denkmal. Unſer gelehrter Antiquar, der Domvifar Georg Helwich hatte in den Sahren 1611 und 1623 die ganze Mainzer Dioͤ— zes bereift und in allen Kirche‘. die Denkmäler aufger nommen. Diefe in lateinifcher Sprache verfaßte Bes fehreibung nannte er Taphographia, und fie ift noch im Manufeript unter dem Nachlaß des Prof. Bodmann's vorhanden; darin fagt er von der Pfarrfirche zu Elts ville: « Templum hoc exstructum est sub Gerlaco Archiepiscopo an. 1555. Dann von J. Sorgenlochs Denfmal «Anno dni. MCCCCLXXVII. IX. die mensis junii obiit validus Jacobus de Sorgenloch armiger. c.a.r. ĩ. 5. P. a.» und bemerft dabei: «ibidem sub historia s. Georgii militis depietus cernitur in specie armigeri, cum suae gentis insignibus.» Unter diefen Wappenbildern befanden fich die der Familien Sorgens loch, Bechtermüns, UÜdenheim und Schwalbach. Diefes Epitaph ift jeßt nicht mehr fichtbar, fondern durch einen weißen Anftrich bedeckt,
Der Berjtorbene hinterließ zwei Kinder, Philipp und Margarethe, Erfterer heirathete Walpurg von Rum— penheim, Er ftarb am Dienftag acht Tag nadı Mars tini, 19. Nov. 1510, und wurde in der Klofterfirche zu Eberbad; begraben. Darin erhielte er eine Grab— fehrift, welche Helwich gefehen und in feine Tapho- graphia aufgenommen hat. Er fagt: « Ante altare s. Magdalene et Agate inscriptio sepulcralis; Anno dni. mccccer vff Dienfiag den Sten Tag nah Martini ift geftorben der veft pfilips von forgenlocdh, dem got genedig fy. Majores; Sorgenloch, Bechtermüntz,
25
Udenheim, Schwalbach. Durch die großen in biefer fchönen Klofterfirche in den erften Sahren diefes Jahr— hunderts gefchehenen Zerftörungen, ift auch dieſe Grab— fchrift mit den meiften andern verſchwunden. Sorgen lochs Tochter Margarethe heirathete *) einen Johann von Molsberg, deffen Familie in unfrer Gegend nod) blüht. Daher befinden fich auch unter den 16 Ahnen des, dem am 19ten November 1614 verftiorbenen Philipp von Molsberg, in der Kirche zu Bodenheim errichteten Denfmals, die Wappen der von Sorgenloch und Bech— termuͤntz.
Jakobs Wittwe Elſe heirathete im Jahr 1488 den Better ihres Mannes Hanns von Sorgenloch genannt Gensfleifch, weltlichen Richter in Mainz, welcher vor: her fchon mit Magdalena von Grefenroth oder Gräven- röth verheirathet gewefen.
Bei dem in dieſem Deckftein eingehauenen Sorgen loch'ſchen Wappenfchild, ift zu bemerfen, daß 1) der Pilger nicht, wie in der Gensfleifchen Hauptbrande von der linfen zur rechten, fondern von der rechten zur linfen Seite gebt. D Daß er die Schale in der linfen, den Stab aber in der rechten Hand trägt, was bei dem Gensfleifchen Pilger der Hauptbrandye der umgewendete Fal if. 3) Daß er die fieben Kreuze um ſich hat, die man bei der Gengfleifchen Haupts brandye niemals findet. 4 Daß hier anftatt des halben Pilgerbildes der Gensfleifche erfter Branche, drei Reiherbüfche auf der Helmbedeckung fiehen.
*) Bodmann’s rhein. Alterth. I. 135.
26
Noch bemerfe ich, daß in der Nähe dieſes Dediteins des Jakobs von Sorgenloch, aud) der eines Syfrids von Schwalbad) entdedt worden.
3.
Unterſuchung einiger Grabhuͤgel bei Kemel, von Herrn Geometer Wagner daſelbſt.
Die bedeutende Anzahl Grabhuͤgel, welche ſich bei Kemel in dem Walddiſtrikte Forſt vorfinden, erregte ſchon lange meine Aufmerffamfeit, und ich befchloß mit einem Freunde, dem Herrn Oberförfter Spies von Springen, einen Verſuch mitteljt Aufdeckung einiger diefer Hügel zu veranftalten.
Das Lokal in welchem fich diefe Grabhuͤgel befinden, ift fo befchaffen, daß daſſelbe einen der höchften Standpunkte der Umgegend ausmacht, und nach Suͤd— weft zu, einen fcehwachen, lang ausgedehnten Abhang bildet. Die unterften der Grabhigel, welche überhaupt in unregelmäßiger Lage gegeneinander liegen, beftnden fich in fumpfigter Bodenlage, um welche herum mehrere Quellen entfpringen die fich in einen Bache vereinigen, der füdlichen aufs nahe unter den Gräbern einen Wiefengrund, mit Namen Nömersgrund, erreicht. Der ganze Diftrift überhaupt befindet fich von dem bei Kemel herziehenden Pohlgraben in füdmelt- licher Richtung 1900 Schritte entfernt.
Wir nahmen alfo einen der unterften diefer Grab- hügel vor, da uns hier das Gehölze nicht zu fehr hin—
27
derte, bejfen Umfang 47 Schritte und feine Höhe 4 Meter betrug. Dben auf der Spike, dicht unter der Dberfläche fanden fich zuerft mehrere Quarz und Schie— ferfteine von mäßiger Größe vor, worunter aud) zwei Dreiedfteine waren, Die feilförmige Geftalt des einen ijt befonders merfwürdigz; doch feheint er nicht Durch Kunſt, fondern blos von der Natur zu diefer regulären Geftalt gebildet worden zu feyn.
Die fernere Erde diefes Grabes beftand aus reinem Lehinboden, und fanden fich darin bei einem Scuh Tiefe, einzelne Kohlen von eichenem Holze und Scher— ben vom obern Rande eines Topfes aus rothfarbiger Maſſe (terra sigil.) Bei 3 1%, Meter Tiefe wurde bie Branderde häufiger und wir fanden jeit Die eigentliche Branditätte von 3’ Durchmeffer, 2" hoch aus Kohlen bejtehend, auf welcher eine Menge Knochen ſich befan- den, die indeffen fo miürbe waren, daß ein ganzes Stuͤck nicht zu erhalten war. Die Menge der Knochen, fo wie die Structur einzelner Theile derfelben ließ ſchließen, daß das Leibroß des Verftorbenen, vielleicht auch noch mehrere Thiere gleichzeitig mit verbranut worden find. Auch gab der, auf diefen Knochen ges fundene, ganz in Gruͤnſpan übergegangene Ring zu diefer Vermuthung Anlaß, da er unffreitig von der Stange eined Pferdezaums herrübrt.
Auffer mehreren Scherben zerbrochener Opfers und fonftiger Gefäße, Aufferft grober Bearbeitung, von ſchwarz und rother Farbe, woraus aber fein Ganzes zu bringen war, fanden fid) weiter feine Merkwürdigkeiten vor; doch muß diefer Hügel noch weiter geöffnet werden.
28
Der zweite Grabhügel, den wir gleichzeitig aufzus graben befcyloffen, ift 30 Schritte vom erftern entfernt. Der Umfang defjelben betrug 40 Schritte, feine Höhe 2 1/, Meter.
Bei 1%, Schuh Tiefe fanden fich ſchwere Steine von Quarz, auch gebrödelte Kohlen, welche nicht von eichenem Holze gewefen zu feyn fcheinen. Nachdem mehrere Ddiefer fehr ſchweren Steine, welche fich noch bi8 auf 7 Tiefe dicht aufeinander gelegt fanden, herausgehoben und abgemälzt waren, fam die noch mit Kohlen, Afche und Knochen bededte 1 1/, Schuh im Durchmeffer haltende Brandftätte zum VBorfchein. Auf derfelben fand ſich eine Menge zerbrochener Scherben vor, von ähnlicher Qualität wie im erften Hügel, nur waren die Knochen hier nicht fo häufig als in jenem.
Als weiter um die Brandftätte herum gearbeitet wurde, fand ſich etwas von Roſt zerfreffenes Eifen etwa drei Finger breit, und nicht fehr Yang, davon die Gestalt nicht ausfindig zu machen war. Bei diefem Eifen aber lagen drei Ringe, welche fich vortrefflich erhalten hatten, und mit dem edlen grünen Roſte bedeckt waren. (Tab. Ill. Fig. ı.) Einer diefer drei Ringe war an feinen Enden aufgebogen, welces von dem Drud der auf ihm geruhten Laſt entftanden feyn fann. Es wurde hier mit möglichfter Vorficht weiter gegraben, und bald darauf fam wieder Eifen zum Vorfchein, welches ſich etwas beffer ald das erjtere erhalten hatte und folgt Nro. 3. Bei diefem Eifen fanden ſich noch drei Ringe ganz den erfteren gleich, vor. Der eine davon war in drei Stiüde zerbrochen, die beiden andern aber
29
hingen ineinander, woraus wir fchloffen, daß alle ſechs eine Kette gebildet haben, welche fich erftens durch den an feinen Enden aufgebogenen, und dann durd die zerbrochenen Ringe getrennt haben mochte.
Einen halben Meterfchuh von der Brandftätte ent- fernt lagen diefe Ringe, deren Stoff dem jegigen eng- lifchen Bronze Ähnlich zu feyn fcheint.
Die fumpfige Lage des Grabes, welche das wei— tere Nachgraben fehr erfchwerte, ließ uns daſſelbe vers laffen und feine fernere Aufdeckung bis zu trodener Sahreszeit verfchieben, in welcer die hier noch zu vermuthenden Merkwürdigkeiten, beffer erhalten, zu Tage gebracht werden koͤnnen.
Gin nahe hierbei gelegener dritter Grabhügel follte unfere Arbeit für den Tag befchließen. Er hatte 28 Schritte Umfang und 3 Meterfchuh Höhe.
Bei 1 Schuh Tiefe fanden fih, wie im eriten, zerbrödelte Kohlen, auch fchwarze Scherben, mitunter Knochenſtuͤckchen. Dabei fand nad) Weiten eine Urne mit Knochen, etwa 3/, Schuh Durchmeffer haltend. Die Stuͤcke dieſes Gefäßes, welche ſich zufammenfegen laffen, und welche ich wie fie aneinander gehören numerirt habe, folgen unter Nr. 4 bei. Den obern Rand dieſes Topfes konnten wir nod, nicht erhalten.
Nach Dften jtand noch ein Gefäß mit Knochen, worin ein Theil des Bodens mit Knochen angefüllt, hier auch mit Nr. 5 bezeichnet beiliegt.
Zwifchen diefen Gefäßen lag ein Stüd eines Fleinen Ringes Nr. 6.
50
Die einbrechende Nacht machte unferen Arbeiten ein Ende. Es folgen nur noch mehrere Scherben zer: brochener Gefäße, aus jenen Gräbern, bei.
Bei dem oben gemachten Verſuche habe ich gefun— den, daß die vorthbeilhaftefte Art der Aufgrabungen diejenige ift, wenn der Grabhügel oben von der Spise an, bis zu feinem Fuße, horizontal abgehoben wird, wie dieſes mehrere ſchon vorgefchlagen haben. —
Mit Vergnügen würde ich die Aufjicht über diefe Arbeiten übernehmen und über den Befund alles Merf- würdigen genaue Relation dem Vereine zugehen laffen.
Kemel, den 16. April 1823.
A.
Fortfeßung der Ausgrabungen bei Kemel von Herrn Oberförfter Spies, und Herrn Geometer Wagner.
Unfere Nachgrabungen festen wir heute in der Gegend des Hinterlandswaldes ohngefähr 1500 Schritte wejtlih vom Gladbacher Forfihaufe in dem Diftrift Igelskerb fort.
Ein Grabhügel nahe an einem alten Wege ftel ung befonders auf, und wir befchloffen zuvoͤrderſt denfelben mittelft eines Einfchnitts, da das horizontale Abdecken wegen des darauf befindlichen Gehölzes nicht thunlich war, zu öffnen. Der Hügel hat 50 Schritte im Umfang und 4 Werkfuß Höhe. Der Einfchnitt gefchah ın der Richtung von Suͤdweſt nad) Nordoften.
1
Wir gelangten dabei vorerft auf einen noch ziemlich gut erhaltenen Schädel, welcher jedoch aller ange: wandten Mühe ohngeachtet, nicht unbefchädigt aus der Erde zu erhalten war. Die Stüde davon folgen unter Niro. 1.
Auf der linfen Seite des Schädeld Cder Körper lag nämlich mit dem Kopfe nach Südoften) befand fi) Die Spiße des Speer unter Nro. 35 etwa in der tage als habe er neben dem Körper gelegen, und reichte wohl 1 Schuh länger hinaus, ald der Körper lang ger weſen ſeyn Fonnte. Unter dem Speer, auf der linfen Seite neben dem Körper hinunter, befanden fich Stüde des Schwerts Niro. 4. Seine Spike lag nad) den Füßen des Körpers. Im der Nichtung zwifchen dem Speer und Schwert fand man die Ringe Nro. 5. Ob fie zur Stange ded Speers oder zum Griff des Schwerts ge: hörten, fonnte nicht ausgemacht werden.
Etwa in der Mitte des Körpers befand fich ſtehend die Urne Wr. 6. (Tab. IM. Fig. 2.) Unter ihr lag der Knochen Ar. 7. Sie war mit etwas Erde angefüllt, welches Afche zu feyn fiheint, übrigens war fie un- bedeckt.
Das Zuſammenſetzen des zerbrochenen Randes der Urne, wollte uns, da es an Materialien fehlte, nicht gluͤcken.
Dicht unter dem Kopfe, etwas auf der linken Seite des Halſes, befand ſich der metallne ſchlangenfoͤrmig gebogene Ring Nro. 8 Weder Kohlen noch Branderde fanden ſich im Hügel, nur in der Gegend der Urne ſchien etwas Afche zu liegen.
32
Im übrigen beftand diefer Hügel aus fehr reinen Lehm, ohne die mindejten Steine.
Jenſeits des Weges gegen diefem Hügel über, be— ſchloſſen wir den zweiten aufzudeden. Er hatte etwas weniger Umfang und Höhe als der erjte.
Gleich unter der DOberfläcye fand ſich Branderde und einige grob gearbeitete Scherben eines Gefäßes vor. Die Erde dieſes Hügel! war mit fehr fteinigten Schichten durchzogen, und wir fanden weder Knochen, noch fonft eine Merfwürdigfeit in diefem Grabe, und befchloffen daher für heute unfere Arbeit, die wir zur gelegenen Zeit fortfegen, und dem DBereine die NRefultate davon einfenden werden.
Gladbacher Forſthaus den 10. Suni 1823.
5
Bericht uͤber die Entdeckung einer Anzahl Silber— muͤnzen bei Hergenroth, von Herrn Pfarrer Schloſſer in Weſterburg.
Ueber die Entdeckungen der Hergenrother Muͤnzen habe ich, nach ihrem Wunſche, an Ort und Stelle fol— gende Erkundigung eingezogen. Auf dem ſogenannten Reichenſcheid eine Viertelſtunde von Weſterburg ent— legen, hatte die Gemeinde Hergenroth eine ſumpfige Stelle, die als Viehweide beinahe ganz unbrauchbar geworden war, auszutrocknen beſchloſſen. Bei dem Auswerfen des Abzuggrabens, zeigten ſich bald einzelne Silbermuͤnzen. In der folgenden Nacht waren jedoch durch einen ſtarken Regen mehrere dieſer Stuͤcke reins
35
geſpuͤlt worden, welche durch ihren Glanz die Arbeiter aufmerkſam machten. Bei ſorgfaͤltiger Durchſuchung des Schlammes fanden ſich nun viele Muͤnzen und einer der Leute hatte das Gluͤck, ohngefähr 1 1/, Fuß tief unter der Erdoberfläche, die Truͤmmer des Gefäßes zu entdeden, in welchem die Münzen vergraben worden waren.
Es war ein ungefähr 1 Maas haltender, baudhiger Krug von GSteingut, in deffen Innerem die Münzen in mehreren Rollen aufrecht geftanden zu haben fchienen, Wiewohl der Inhalt des Kruges, zum Theil durd dag Herumgehen des DViehes in dem Sumpfe zerftreut ge- weſen war, fo mochte die Ausbente im Ganzen fich dod) auf etwa 400 Stüd belaufen, von denen ich nur noch wenige für die Vereinsfammlung erhalten Fonnte,
Wefterburg den 7. Suni 1833,
Erläuterung der Hergenrother Münzen von Herrn Pfarrer und Schulinfpeftor Vogel in Schönbad.
Sch halte die bei Hergenroth gefundenen Münzen für eines erzbifchöfl. Fölnifchen Schlages, auf welchem Stuhle vier Brunos faßen. Die Umfchrift läßt fich dahin auch
3
34
leicht fuppliren: Brun (o Archiep)s. Colon (iensis) mon- (eta.) Der Ort, wo die Münzen gefunden feyn follen, hatte zwar nie ein Klojter, wohl aber eine in ber Gegend fehr heilig geachtete Kirche, Deren wohl erhaltene Ruinen recht3 an dem von Hergenroth nach Wefterburg führen- den Wege, auf der Höhe, die der Reichenſtein heißt, liegen. Diefelbe war zwar nie eine Pfarrfirdye mit Seelforge , fondern nur eine Kapelle der Mutter Gottes gewidmet, und daher u. I. 5. Kapelle, wie von ihrem angeblichen Stifter Gr. Reinhard von We— fterburg, die Reinhard Kapelle genannt. Die Zeit ihrer Stiftung ift nicht befannt, fällt aber vermuthlich in den Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts. Die von ihr im gräflichen Archive zu Wefterburg noch vorhan- denen Urfunden und Nachrichten, beginnen mit d. J. 1487 und enden mit 1620, nad; welchem Jahre fie bald zer- ftört worden it, und enthalten nur unbedeutende ‚Schenfungen und Reſte von Rechnungen. Ein wun— derthätiges Marienbild brachte dieſe Kirche bei ihren Zeitgenoffen in großes Anfehen, veranlapte die Stif— tung von vier Brüderfchaften bei derfelben, und mehrere Prozeffionen dahin.
Die Opfer und Allmofen die hier fielen, waren fehr bedeutend. Noch in den neueren Zeiten brachte die Frömmigfeit der benachbarten Fatholifchen Eins wohner Butter, Käfe und Eyer, auch wohl Geld, und legte es als Opfer in die Ruinen der Kirche nieder. Sollten die in dem Topfe bei diefer Kirche gefundenen Münzen nicht von diefem Opfer früherer Jahrhunderte herftammen? Mir fcheint dieſes fehr wahrfcheinlich.
30
Nahe bei diefer Kirche liegt der Wald Reichenfcheid, der im J. 1490 an die Brüderfchaften der Kirche Fam, Schoͤnbach den 18. Auguft 1823.
Zufaß des Herausgebers,
Sn einem Werfe von Pohl »), findet fid unter den Münzen des Erzbifchofs Bruno von Trier, (Grafen von Lauffen, erwählt 1102. F 1124) ein Denar befchrieben, der dem vorliegenden ähnlich ift, mit folgender Legende:
«A. BRUNO ARS. Bruftbild mit einer Perlen-
binde, rechts den Stab, links ein Buch haltend.
R. 7 CONTLVENTA. Eine Kirche mit drei
Thuͤrmen.
Diefe Münze wird von Mader (Th. J. ©. 120.) für Bruno I. Erzbifchof zu Coͤln (1136) zugehörig gez halten, welcher diefelbe als Verweſer des Trierifchen Stift hatte ſchlagen laffen. Er führt als befondern Grund an, daß bis gegen die Mitte des 14. Jahr: hunderts fonft durchaus nichts von einer Münze in Eoblenz vorfomme; man wifje erft von Erzbifchof Bal- duin, (erw. 1307. 7 1354) daß er zu Coblenz habe münzen laffen, und erft von deſſen Nachfolger, Boes mund II., habe man ein dort geprägtes Stud, Die Kiehtigfeit feines Grundes geht daraus hervor, daß ſchon unter Eberhard (1047—1066) und Udo (1068 —
*) 5. I. Pohl, die trierifhen Münzen, chronologiſch geord— net und befchrieben. Coblenz 1825. Seite 21,
56
1077) dort gemuͤnzt wurde, wie die von mir unter diefen Erzbifchöfen angeführten Münzen mit der Legende CONFLVENTIA darthun; aud; von Balduin hat man dort gefchlagene. Die Form und Bildung ift offenbar mehr den gleichzeitigen koͤlniſchen, als den trierifchen Münzen ähnlich; allein Fonnte nicht der trierifche Bruns fölnifche Stempelfchneider für feine Münze in Coblenz beftellt haben?» —
Wir finden unfere Münze, die ich nach mehreren vor mir liegenden Driginalien eines Gepräges, Giedod von mehr oder minder guter Erhaltung), oben in Holzfchnitt abbilden ließ, fowohl in Avers als Revers von der oben angeführten verfchieden. Auf der Vorderſeite führt nämlid; der Name Bruno zwei N und flatt ARS (Archiepiscopus) fteht E + S (Episcopus). Das durd)- firichene P zwifchen E und S ift kaum von einem Kreuz zu unterfcheiden. Auf der Nücfeite ift ftatt des T ein deutliches I fihtbar. Im Uebrigen ftimmt die in obigem Werke angegebene Größe wie das Gewicht (Gr. 14 L., Gew. 13 A, 14 Loth.) ziemlich mit unferm Denar überein, deffen Rüdfeite wahrfcheinlich die alte Baſilica des heil. Florin in Coblenz darftellt, welche Erzbifchof Bruno erneuert und erweitert hatte *).
% ©. Brower. Annal. Trey. II. p. ıg. Hontheim Hist. Trev. II. p. 766.
37 a
Bericht Uber die Ausgrabungen in der Kohlhecke und dem Frauenfteiner Forft, von Herrn Bibliothek fefretär Zimmermann in Wiesbaden.
Da ich die zum Behufe einer Unterfuchung der römifchen Ueberrefte bei der Amöneburg (unweit Kaffel) bemwilligte Summe, wegen deren mir vorher unbefannt gewefenen Lage im Heffifchen Gebiete, nicht verausgaben Fonnte, fo glaubte ich diefe Summe nicht beffer, als durd; Deffnung einiger Gräber in der Kohls hecfe verwenden zu koͤnnen.
Am 9. und 10. Mai wurde der Anfang mit den Ausgrabungen gemacht. Der erfte halbmondförmig von Oſten geöffnete Tumulus auf dem Rüden der Kohl- hecke, lieferte ald Ausbeute einen ovalen etwa 6 Zoll in die Länge und 4 in die Breite haltenden Bronz- Ring, ohne weitere Verzierungen, nebft einer Unters faßfchale mit Knochen; lettere zwar zerbrochen, doc reftaurationsfähig. Das DOffuarium war durch das niedergeftürzte Gewölbe, aus rohen Waldfteinen, gänz- lich zertrimmert ; ebenfo auch, wie fich aus der Menge von Scherben erfehen ließ, einige Ginerarien. —
Sm zweiten Hügel fand ſich außer einer Menge von Scherben und vielen Ueberreften gebrannter Steine, nichts als Afche vor.
Sch ließ nun einen weiteren Verſuch am Abhange der Kohlkede in der Nähe, wo die uralte Bleidens ftädter Straße bergabwärts durch die Klofter Claren—
98
thaler Wiefe zog, und nächft des heutigen Dotsheimer Waldwegs, machen. Ein fihöner Hügel hatte dort ſchon längjt meine Aufmerkfamfeit erregt. Er zeichnete fidy nicht fowohl durd; Höhe, als durch Breite aus. Lestere öfters bedeutfam als Kennzeichen von Opfer: fätten. Schon durd; die große Menge fchwerer Feldfteine, welche von dem Tumulus abgewälzt werden mußten, wurde meine Hoffnung fehr gefpannt. Gegen die Mitte des Hügels vorgedrungen, fand ſich unter einem Steingewölbe, der Knochentopf, bis auf eine Heine Befchädigung am Nande, die fich leicht wieder - ausbefjern läßt, gut erhalten. Die Form ift angenehm und die Waffe eine ſchwarzgraue, ziemlich rohe Thon— erde. Nebenbei lag ein Feines, gut erhaltenes Gefäß von gleicher Mafjfe, ein eiferner, durch Roſt fehr zer: ftörter Stiel eines Meffers und dann eine verfteinerte Seemugchek Einige Schuhe weiter fortgrabend, ftießen Die Arbeiter auf eine Steinplatte, die auf einer fejten, traßartigen Unterlage ruhte. Sch ließ das Ganze behut- fam abräumen und fand hier eine unverfennbare ger: manifche Opferftätte. Die Steintafel hielt in der Länge etwas über 3 Fuß, in der Breite ungefähr 2 Fuß und die Dicke betrug 4 Zoll. Ihre Schwere war fo bedeutend, daß die Arbeiter fie nicht einmal lüften konnten. Regel: mäßig war die Gonftruction, Die Urne ftand mit ihren Beilagen gegen Sonnen-Aufgang, die Opfer: ftätte aber gegen Sonnen-Untergang. Gerne würde ich dieſes Religiong-Denfmal unferer Borvordern unberührt gelaffen haben, wenn ich die Hoffnung feiner Erhaltung, in der Nähe einer fteinbedürftigen Chauffee, gehabt
59
hätte. Bedeutfam war ein anderer Stein, Ahnlich den alten Grabjteinen, fenfrecht auf diefe Steinplatte nad der Suͤdſeite zu aufgeftellt.
Zwei andere, in der Nähe geöffnete Huͤgel gaben auffer einem Bronzringe und zwei Fleineren ineinander hängenden Ningen, nebſt einem hufeifenformigen Stuͤck Gifenblech von einem halben Schuh Durchmeffer, Feine weitere Ausbeute, weil die überaus große Feuchtigfeit die Urnen wieder in Erde verwandelt hatte. Daffelbe in allen übrigen Hügeln am Abhange der Kohlhecfe vermuthend, jtellte ich die weitern Ausgrabungen ein, und dirigirte Die Arbeiter in den Dosheimer und dann in den Frauenfteiner Forſt, wo fic in, der Nähe des aufgehobenen Nonnenflojters Dieffenthal andere Grabhügel, die Heidenfüppel beim Volk genannt, in einem alten, lichten Eichenwald vorfinden.
An erſterem Orte fand ſich in zwei Gräbern nicht dag mindefte vor; Dagegen war in einem dritten Hügel die Ausbeute reichhaltiger. Nach Abräumung der Rafens defe fand fich ein trefflich gearbeiteter Armring in gegofjener Arbeit, Tab. IH. Fig. 5. im Innern des Hügels ein zweiter, diefem gleich, Tab. IM. Fig. 4. und ein vom Roſt zerjiörtes Schwert, das beim Be: rühren zerfiel. Diefe Ueberrefte habe ich aufbewahrt. Zwei Fleinere Ringe, Fig. 5. wahrfcheinlic, vom Pferdes fhmud, lagen beim Schwert. Die Urne war zerdrüct und nur ein Fleines Gefaß aus ſchwarzer Erde laßt fich nothdürftig zufammenfegen. Später fand ficy zufällig in der Nähe diefer Hügel, das Fig. 6. abgebildete einem Meifel nicht unahnliche Inftrument in Bronze.
40
Da ein am 3. dieſes noch weiter geöffneter Hügel Feine Gegenftände zur Aufbewahrung enthielt; fo habe ich vor der Hand die Ausgrabungen auch da eingeftellt.
8.
Bericht über die Unterfuhung des römifchen Caſtrums bei Marienfeld von Herrn Pfarrer Brinfmann in Michlen.
Zufolge des verehrlichen Erlaffes vom 26. Februar 1824 habe ich mic; des andern Tages nad; Marienfels begeben, um vorläufige Nachrichten zur Beantwortung der aufgegebenen Punkte einzuziehen.
Daß ein römifches Lager auf dem Plage, worauf jest Marienfeld erbaut ift, geftanden habe, ift ſchon durch die vorgefundenen Töpfergegenftände und Münzen beurfundet worden. Es wird aber ganz auffer Zweifel gefeßt durch die aufgefundenen Legionfteine, deren 2 der Herr Pfarrer zu Marienfeld befist. Beide find nicht mehr ganz; fondern, wie es wahrfcheinlich ift, von Maurern behauen, und als Mauerfteine gebraucht worden. Auf dem einen befindet ſich die Inſchrift ganz erhalten, nämlich: LEG. XXII. PR. — Auf dem andern ift nur: XI. PR. *) zu fehen; das vordere Stüd ift abgefchlagen. Bei meiner vorgenommenen Unterfuchung fand ich ein Stud Töpferarbeit von terra sigillata,
*) Ohne Zweifel ebenfalls von der Leg. XXII. PRimigenia Pia Fidelis,
d. H.
41
weldyes dem Anfcheine nach, eine Schyüffel gemefen, worauf in erhabener Arbeit ein liegender Xöwe und unter demfelben ein anderes Thier in liegendem Zus ftande abgebildet war. Ebenfo befizt der Herr Pfarrer zu Marienfeld ein ähnliches Stud, auf weldyem ein Siegeswagen mit zwei Pferden befpannt und mit einem ftehenden Manne auf dem Wagen befindlic, iſt. Weil ein großer Pla auf der Nordmeftfeite von den Bes wohnern zu Marienfeld aufgegraben und auf die Aeder zum Düngen gefahren worden ift, wie noch immer ges fhieht, fo hat man, außer vielerlei Scherben von Töpferarbeit, auch römifche Münzen gefunden. Die Außerften reichten, wie id; vernommen, bis zu Marc Aurel; alfo bis gegen das Ende des zweiten Sahr- hunderts.
Nach meiner Anficht fteht das jetzige Marienfels auf dem nördlichen Theile des ehemaligen römifchen Lagers. Der Ort ift in länglichter Form gebaut und befteht aus einer Straße mit Häufern auf beiden Sei- ten; auf der Nordfeite begrenzen ihn fumpfige Wieſen. Weiter Fann nach diefer Seite das Lager nicht gereicht haben; und hier hat man auch nocy nichts von roͤmi— ſchen Alterthimern entdeckt. Auf der Suͤdſeite erftredt fih, hinter tem Orte hin, der übrige Plas, auf welchem das römifihe Lager war, und man kann, meinem Ermeffen nach, den ganzen Umfang defjelben an etwa 400 Schritte lang und 150 breit anfchlagen. Daß der Ort felbft auf diefem Lager fteht, beweifen die bei dem Fundamentgraben der Häufer und in den anftoßenden Gärten gefundenen Gegenjtände.
42
Ton der Nordmweftfeite ber, bis etwa in die Mitte des Lagers, it eine „große Strede ausgegraben wor— den. Diefe Ausgrabung reicht bis an den fogenannten Kirchgarten, welcher mit einer ſtarken Mauer, die zwar nicht uͤber, aber tief unter die Erde geht, ein— gefaßt und welcher Garten, von Norden nach Suͤden, etwa 140—150 Schritte lang und ungefähr halb fo breit ift. Quer durch diefen Garten hat ehemals eine mit Kies überfchüttete Straße geführt, die man vor dem Garten bei der ftattgefundenen Ausgrabung entz det hat.
Meine Vermuthung geht dahin, dab auf dem Castro Romano zum Theil und noch weiter gegen Süden und Weſten ein großer Ort, vielleicht das Hauptitädtchen der Gegend, geftanden habe, wie die unterirdifchen Mauern, welche ſich weit ins Feld hinein und bis an den Drt Marienfeld erfirefen, bezeugen. Man hat aber, meines Wiffens , feine Nachrichten darüber. Die um Nath gefragten Kirchenbücher reichen nur bis zum Sahr 1678 und fagen: daß die früheren Kirdyenbicher durch Kriegsunruhen verloren gegangen ſeyen *). — Eine Sage hat fich erhalten, daß weftlid) von Marienfeld und nadı den Mauern zu fihließen,
*) Ob die Spuren des ausgegangenen Drtes, der römifchen Zeit (etwa als Ueberrefte eines Municipiums, in der Nähe des Gaftells) angehören, oder vielleicht der Gib des alten Gaugerichtes im Einrich (Pagus Einricha) waren, von dem vah Urkunden des 10. und 11. Jahrh. ver Comilatus Marvelis den Namen führte, müffen genauere Unterfuch- ungen entjcheiden. — ©. eine Abh. meines verftor. Vaters in Nr. 222. des Reicheanzeigerg von 1803.
45
auch auf der Sidfeite ein Ort, Namens Dennighofen, gejtanden hätte. Diefer Name findet ſich auch auf alten Kandfarten, ftatt Marienfeld, und die Dafige Feldmark führt noch denfelben Namen. Es ift wahr: ſcheinlich, daß der erfiere Ort, welcher auf dem Castr. geftanden, in den mittlern Jahrhunderten unterger gangen, vielleicht verbrannt ift, da man fo viele ver— witterte Kohlen bei den Ausgrabungen findet. Hernach mag der Ort Dennighofen dafelbft aufgebaut worden ſeyn, welcher, nachdem die Freiherren vom Stein zu Naſſau die dortige Kirche in den Zeiten der Kreuzzüge erbaut und die Bewohner Dennighofens ſich mehr herunter in's Thal nach der Kirche hin, welche auf der rechten Seite des Ortes, am weitſten nördlich, auf einem Felfen an der Mühlbach ficht, gezogen und angebaut haben, verfchwunden ift und dem jegigen Marienfels Platz gemacht hat.
Es ift, wie ich glaube, mit Recht anzunehmen, daß der vorhin genannte Kirchgarten, welcher fich in Der Mitte des römifchen Lagers befindet, der Platz war, wo— rauf die alte Kirche von Dennighofen oder dem nod) früheren Orte geftanden und um welche der Kirchhof gelegen war. Dieß ift wohl daraus zu fließen, daß in diefem Garten, wie man an der einen Seite, wo die Mauer niedergeriffen ift, fehen kann, viele Knochen von Menfchen, Scherben von römifchen Vaſen und verfaultes Holz von den Särgen hervorragen. Anz genommen, daß diefer Plak ein Kirchhof war, fo iſt er herumgegraben und es dürfte fich fehmwerlich etwas vor römifchen Alterthümern hier auffinden laſſen. Aber
4%
eben fo feheint mir auch der übrige Theil des Lagers herumgewühlt, weil auf demfelben nachher der Ort Dennighofen gejtanden, wie die unterirdifchen Mauern, welche bei jeder Aufgrabung fich zeigen, darthun. Wie vorhin ſchon bemerft, find die Ueberbleibfel von den römifchen Töpferarbeiten zu den Fundamentmauern der nachmals dort erbauten Häufer gebraucht worden. So viel mir befannt, und wie auch der Herr Pfarrer zu Marienfels verfichert, ift noch fein ganzes Stud von römifchen Töpferarbeiten aufgefunden worden. Ueber dem Kirchgarten befindet ſich das Aderfeld und hier zeigen fidy ebenfall3 bei jeder Aufgrabung Fundament— mauern. Auf der andern Seite des Gartens befinden ſich kleine Gärten der Einwohner, welche auch fchon zum Theil tief ausgegraben find. Wenn Nachgrabungen angeftellt werden follen, fo müffen fie entweder über dem Plate, der von den Bewohnern Marienfels fchon ausgefahren worden, welcher Aderfeld ift, oder auf der andern Seite des Kirchgartens, am erften aber noch in den Gärten zwifchen den Häufern, wo noch feine Ausgrabungen ftatt gefunden haben, vorgenom- men werden; denn bis dahin, wo Marienfels jest ſteht, fcheint ſich das alte Dennighofen nicht erſtreckt zu haben. Im Kirchgarten dürften wohl auch noch manche Seltenheiten angetroffen werden, und wenn er nicht etwa ein Kirchhof gemwefen wäre, fo ließe ſich hier das Meifte gewiß auffinden, weil diefer Plaß die Mitte des römifchen Lagers geweſen zu feyn feheint. Miehlen, den 20. April 1824. Bortfehung folgt).
45
9. Die römifhen Ruinen bei Hedernheim von % ©. Habel in Scdierftein.
Patet omnibus veritas, nondum est occupata, multum ex illa etiam futuris relictum est. SENECA.
Eine Stunde nordweftlicd von Franffurt am Main, in der Richtung nad; dem Gipfel des Feldbergs hin, liegt am rechten Ufer des Fleinen Niddafluffes das Dorf Hedernheim, in deffen Nähe die merfwürdigen Ueberrefte des Alterthbums entdeckt wurden, die vor längerer Zeit fehon die Aufmerffamfeit der Gelehrten in Anfpruch nahmen. ,
Durch die Werke eines Huttich), Gruterd), Reinefius I, Windelmann ), Bernhard 5), Lersner 6) u. a. m. find die Inſchriften aufbewahrt worden, welche, früher in der Umgebung des ge— nannten Dorfes gefunden, eine feſte Anftedelung der Römer in dieſer Gegend beurfunden.
Dem gelehrten Benedictiner P. Joſeph Fuchs 7), der im Jahr 1769 auf Befehl des Churfürften Emeridh
*) J. Huttich Collectanea Antiggq. in urbe atq. agro Mogunt. repert. Mog. ı520, in Joannis Rer. Mogunt. Tom. III. 2) J. Gruter Corp. Inscript. 3) Reinesius Syntagma Inscript. ) Windelmann, Heffifhe Ehronif. >) Bernhard, Alterthümer der Wetterau. 1745. 6) Lersner, Frankfurter Chronik. 7». Joſeph Fuchs alte Gefhichte von Mainz, 1771. ©, 1. p. ı2. ı01. II. p. ı3. 263 seqg.
46
Joſeph, die Alterthümer des Mainzer Gebietes zu unterfuchen anfıng, verdanfen wir die erften aus— führlichern Nachrichten über den Fundort diefer Denk— mäler. Die etwas zu oberflächliche Anficht der Loca— lität, verleitete ihn jedoch zu manchen Irrthuͤmern und gewagten Hypotheſen, welde Gerden!), der einige Sahre fpäter diefe Gegend ſah und befchrieb, mit fait zu großer Strenge rügt. Wenn auch Fuchs ſich zuweilen von feiner lebhaften Phantafie zu weit hinreißen läßt, fo gebührt doc; feiner gründlichen Gelehrfamfeit, und der Erhaltung fo vieler fchäßbaren Monumente eine danfbare Anerkennung.
Ein Frankfurter Gelehrter H. ©. Huͤsgen 9 war zuerft darauf bedacht, den dAußern Umfang diefer Ruinen, durch eine wiewohlunvollfommene, Zeichnung zu veranfchanlichen; er nahm jedod, feinen Anftand ohne nähere Unterfuchung auf die Auctorität von Fuchs, geradezu dieſem laß den Namen Castrum Hadriani beizulegen, während Kremer) und Andere, das Mu- nimentum Trajanı dafelbjt zu finden glaubten. Die DBeweisftellen der Glafjifer, welche zur Unterftügung der verfchiedenen Hypothefen angeführt wurden, konnten jedoch Wenckq) nicht beſtimmen, fich für eine dieſer Mein— ungen zu erklaͤren. Indem er vielmehr das Munim.
) P. W. Gercken, Reifen ıc. 1788. IV. p. 204 seqq.
?) ©. deſſen verrätherifche Briefe von Hiftorie und Kunft. Sranff. 1776. II. p. 88.
>) Kremer, rheinifches Franzien p- 7. Note n.
) H. B. Weuck, Heſſiſche Landesgefchichte. 1785. J. p. 14. Note,
47
Trajanı mit Spener!) und Sattler?) in die obere Graffchaft Katzenellenbogen verlegt, fett er die Gruͤnd— ungsperiode der römifchen Niederlaffung bei Hedernheim in die Zeit des Kaifers Saracalla (211—217). Als ein Winterlager Hadrians, von diefem Kaifer, mit der Saalburg bei Homburg durd; eine gepflafterte Heerſtraße verbunden, bezeichnet es aud; Neuhof), und diefe An- ficht fcheinen die meijten Alterthumsforfcher 9 zu theilen.
Unter den Gelehrten, welche mit Scharffinn und Gründlichkeit die dort gefundenen, jedoch früher meift fehlerhaft edirten Inferiptionen berichtigend erläuterten, it unter den Aeltern Lamey 5) unter den Neuern Lehneb) mit Auszeichnung zu nennen. Durch von Ger- nings 7) und Braung 8) Schilderungen wurde diefer hiftorifch intereffante Ort wiederum hervorgehoben. Die fpätern Entdeckungen find zum Theildurd; Doromw9) und Zimmermannio) befannt geworden. Nach fo vielfei- tigen Erörterungen von denen ich hier nur einen Theil
) J. C. Spener. Notitia Germ. antiq. 1717 p. 170.
») E. 8. Sattler, Gefchichte von Würtenberg. I. p. 327.
>) E Neuhof, Nachricht v. d. Alterth. bet Homburg vor der Höhe. 1780. p. 16.
*) Pauli in der Didasfalia. Juli 1826. v. Gerning u. a. m.
>) Deffen Abh. in den Act. Acad. Theod. Palat. III. p. 175.
s) Deffen Abhandfungen im rheinifchen Archiv, herausg. von Vogt und Weitzel.
RNv. Gerning, die Heilquellen am Taunus, iu den Noten. Deifen Lahn- und Maingegenden 1821. p 106.
*) Braun’s Ubh. in der Charis 1824. Nr. 28.
) Dorow, im Eotta’fhen Kunftblatt 1823. Nr. 145.
o) Zimmermann, Wiesbaden und feine Umgebungen. 1827.
48
überfichtlicy berührte, erfcheint e8 auffallend, daß zur endlichen Aufklärung des oft befprochenen Gegenjtandes nicht früher an diefer Stelle regelmäßige Nachgrab— ungen veranftaltet wurden, die fo belohnende Ausbeute hoffen ließen. So reich audy der claffifche Boden unfers DBaterlandes an intereffanten Denfmälern der Vorzeit ift, fo glaubte der neu ind Leben getretene Alterthumsverein feine Wirkffamfeit auf feinen merk— würdigern Punkt richten zu fünnen, als auf einen Ort, von dem man, nach der Ausdehnung feiner Ruinen und den bisher nur zufälligen Entdeckungen, wichtige Auf- ſchluͤſe über die fo mangelhafte Gefchichte jener Zeit erwarten durfte.
Im Frühling des Jahrs 1823 fand ſich daher der Dereinsvorjiand veranlaßt, eine genaue Xocalunter- fuhung anzuordnen und mir die Leitung derfelben zu übertragen, deren Ergebniffe ich, ſoweit es bis jetzt bei der noch unvollendeten Arbeit möglich ift, in diefen Blättern vorzulegen verfuchen will.
Lage im Allgemeinen.
Hedernheim felbft enthält, wie Einige irrig an— nehmen, Feine Spuren römifcher Ueberrefte, dagegen 500 Schritte weftlich von diefem Dorf gelangt man auf dem nad) Praunheim führenden Vizinalwege zu einem großen, durch einen Erdwall begrenzten Feld, welches die Landleute das Heidenfeld nennen. ©, den Plan Tab. V. 1).
) Der größere, von mir aufgenommene, Plan wird fpiter mit: getheilt werden, um durch das Hinzufügen der neueften
49
Der rings herum laufende Fahrweg wird in ben älteften Flurbüchern durh «Manermweg,» der von einer Dbftbaumreihe umgebene große Bezirf, mit «Burgfeld» 1) bezeichnet.
Auf dem höchften Punkt?) (w) dieſes auf fanfter Ans höhe liegenden Feldes, eröffnet ſich nach allen Geis ten auf mehrere Meilen hin, eine weite Ausficht.
Deftlich erfcheint zunächft Hedernheim, dem kur— beffifchen Dorf Efchersheim gegenüber 3), fammt den andern auf der Nordfeite der Nidda, gegen den alten
Entdedungen ihm mehr Vollſtändigkeit geben zu Fönnen. An deſſen Stelle folgt daher einftweilen nur zur Ueberficht des Ganzen, eine verkleinerte Eopie defjelben als Skizze.
) Häufig finden fich die Orte wo römifche Lager und Befeftige ungen ehemals flanden, felbft wo äußere Epuren gänzlich verfchwunden find, in Slurbenennungen alter Lagerbücher, und felbit im Munde des Volks erhalten. Die oft in unferer Gegend vorfommenden Namen: alte Burg, Heiden: fchloß, Heidengraben, Deidenmauer ꝛc. deuten auf den früheren Urfprung hin.
Es ift daher fehr zu empfehlen, vor jeder Rocalunter- fuchung fih zuerft aus den älteften Sturbüchern und Urfun- den mit der früheften Benennung der Dertlichkeit bekannt zu machen. Man findet hier oft trefflihe Winke.
2) Die alten Lagerbücher nennen diefe ehemals als Gerichts: ftätte umzäunte Stelle, die jetzt größtentheild der zahl: reihen israelitifchen Gemeinde als Begräbnißplatz einge: räumt ift, den « Haak» (Hag, Gehäge).
2) Die Brüce, welche beide Orte mit einander verbindet, foll ehemals von der Stadt Frankfurt (gleich der bei dem Dorf Nied, vom Fahr 1549,) errichtet und unterhalten worden ſeyn. Noc immer find die ftarfen Pfeiler von Sandfteinguadern nur mit einem fehmalen Steg für Zußgänger belegt!
4
30
MWettergau 1) bin liegenden Ortfchaften. Ein fchmaler MWiefengrund trennt die Suͤdſeite des Burgfeldes von der Nidda, die in. fübweftlicher Richtung, auf ihrem Lauf Haufen "und Rödelheim berührend, vor ihrer Bereinigung mit dem Main bei dem Dorfe Nied, die Rudera eines Nömercaftelld von drei Seiten umftrömt, in welchem die hochverdienten Forfcher der alten Geographie, Mannert I, Lehne 3), Wil— helm?) .c. Ammians Munimentüm Trajanı5) mit Wahr— foheinlichfeit vermutben 6). In der Ferne tritt die Stadt Frankfurt a M. mit den Ortfchaften ihrer Um— gebung vor dem Gebirgshintergrund der Bergftraße hervor. Deftlich bildet der genannte Mauerweg die Gemarfungsgrenze des von hier nur 300 Schritte ent— entfernten furhefjifchen Dorfes Praunheim 7).
Auf der Nordfeite ift der Horizont durch den Feld» berg und Altfing, die beiden Bergcoloffe der Taunus— fette gefchlofjen.
*) Pagus Wedtereiba, in caroling. Urf. ©. Cod. Lauresham. dipl. T. III. p. 4.
2) Mannert, Germanien.
») Lehne, ©. d. rhein. Archiv. 1. c.
) A. B. Wilhelm, Germanien und feine Bewohner. Wei: mar 1823, 8. mit Charte. ©. 147.
2) Ammian, Marcellin. Lib XVII. c. ı.
*%) Die genaue Unterfuchung des dortigen höchft intereffanten
Rocald, fo wie die Befanntmachung der dafelbft entdedten
Alterthümer bleibt der Folge vorbehalten.
Wird im 12. Sahrh. unter den Ortfchaften des Pagus
Nitachgowe (Niedgau) Prumheim genannt. ©. Wend. 1. c. IT. p. 513. N. ı.
2 —
51
Keine Stelle der ganzen Umgegend mochte fich für die Römer zur Anlegung eines feften Platzes mehr eignen, als cben diefe. Sie entfpricht allen Erforders niffen, welche Polyb, und Hygin!) von einem guten Lagerort verlangen. Die fanfte, von feinem nähern Berg beherrfchte Anhöhe gewährt einen freien Blick nach dem genannten, nur zwei Stunden entlegenen Nidvdacaftell bei Höchft, welches mit dem alten Moguns tiacum durch den Mainfluß, und mit dem, Mainz gegenüber liegenden Caſſel 2), durch eine gute Heer— firaße verbunden, unferm Vicus auf der Wejtfeite fehirmend zur Seite ſtand, während die nur drei Stunden entfernte Saalburg mit der ganzen Reihe der Pfahlgrabencaftelle jenfeitS des Taunus, deffen Nord und Dftfeite deckte. So ſchuͤtzte e8 zugleich die Verbind— ung von Mainz mit dem befeftigten römifchen Limes, der hier den nördlichen Theil der decumatifchen Fel- der 3) zwifchen dem Main und dem Höhegebirg einfchloß. Schon aus der Ausdehnung der Anlage, die außerdem noch, durch den Ueberfluß und die Nähe der Baumates rialien aller Art, fo wie durch die Lage fehr begunftigt war, läßt fih die Wichtigkeit und Nothwendigfeit dieſes Punktes für die Kriegsoperationen der Römer ermefjen.
y S. Naft, röm. Kriegsalterthüimer. Halle 1782. p- 293.
2) Nah Fuchs, (I. p. 355) und Lehne ıc. das Castellum Drusi. «in Cattis ad ipsum Rhenum etc.» S. Dio Cas- sius. Lib. 54. c. 33.
®) Agri decumates. Tac'tus Germania, cap. 29. ©. Sul. Leichtlen. das Zehendland. Wilhelm. l.c. p. 290 seqq.
52
Betrachten wir die Figur und den äußern Umfang des Burgfeldes, fo nähert ſich das Areal im Ganzen etwa der Form eines von irregulären Linien eingefchlofz fenen Zrapezoids, deſſen Grenzen durch den Mauerz weg, wie ich oben bemerfte, beftimmt find.
Gegen den Taunus hin, bildet die Nordfeite A—C, den flachen Bogen eines Zirfelfegments bis zum Aus— gang der fogenannten Elifabethenftraße C, wo fie im Allignement des Hedernheimer Kirchthurms in gerader Linie fortlaufend, bei D fih in ftumpfem Winfel der Dfifeite anfchließt. Bis hierhin hat dieſe Seite eine Ausdehnung von 2592 rhein. Fuß 2).
Die Oſtſeite D— I, welche merklich über das etwas tiefer liegende Feld der äußern Umgebung hervortritt, ift bei E ftumpfwinflich gebrochen und fenft fich von F, (dem Eingang des Hedernheimer Bizinalwegs), gegen die Nidda hin allmählig herab. Mit Einfchluß der 400 Fuß langen Linie D E mißt diefe Seite 1868 Fuß.
Auf der Südfeite I — M einer mehrmals ein- und auswärts gebogenen Linie, von 3185 Fuß Länge, ift die höhere Lage des Burgfeldes am bemerfbarften. An mehreren Orten dafelbft ift e8 6—8 Fuß über die an— fioßenden Wiefen erhaben, ein jähes Ufer bildend, an defjen Fuß der genannte Fahrweg nad Praunheim bin zieht. Ehemals ſcheint die Nidda ſich mehr den Mauern an diefer Seite genähert zu haben, indem man
1) Ich habe allen Meffungen das rheinifhe Fußmaaß zum Grunde gelegt, welches jih nach neuern Beflimmungen, zum alt röm. Fuß (pes romanus) mie 100 zu 105 verhält.
33
das alte Flußbett in dem fehmalen Wiefengrund an einigen Stellen ald Sandgrube benust hat.
Die Weftfeite M — A in einer Ausdehnung vor 1241 Fuß, vom Ausgang des Pizinalmegs N, gegen A fanft anjteigend, fehließt die Figur des Hei— denfeldes, deffen Umfang über 9000 rom. Fuß be- trägt.
So erfcheint äußerlich die Lage fo wie der Umfang des fogenannten Burgfeldes , defien Bezirf, ein Areal von beinahe 300 Morgen Flächengehalt, faum noch die Stelle erfennen läßt, wo vor 1600 Sahren eine anſehn⸗ liche römifche Munizipalftadt mit Namen Vovus Vicus 1) geftanden hatte. Die ganze Oberfläche diefes Feldes, ift mit Trümmern zerftörter Gebäude und Gefäße bes det. Seit Jahrhunderten dienten diefe ausgedehnten Ruinen dem Landmann als Steinbrucd für fein Baus beduͤrfniß. Alles Mauerwerk, welches man an Gebäus den in Hedernheim, Praunheim 3 und den Wegen der nächiten Ortfchaften wahrnimmt, Fommt aus dieſem Felde,
2) Die Infchriften, aus welchen der Namen diefer Niederlaffung hervorgeht, folgen weiter unten in einem befondern Abfchnitt.
2) Sin einer Grenzregulirungs = Urkunde zwifchen Praunheim und Hedernheim vom 8. Dechr. 1610 heißt es: « Revers von Joh. Glock, Schultheiß und Claus Heinburger, Bür— germeifter zu Praunheim, Namens der dafigen Gemeinde, daß, nachdem im 5. 1609 die Hanauer und Solmsifche Herr: fhaft, die Pfläfterung des Orts Praunheim begehret, fie deshalb den Junker Philipp Wolf von Praunheim und Eonforten gebeten hätten, ihnen die Steine dazu in den Hedernheimer Burgmanern günſtig verabfolgen zu laffen ic. »
>4
Mandyes fchäsbare Denfmal mag wohl durch Unwifs fenheit als werthlos zerjtört worden feyn, gleich unzaͤh— ligen Münzen, die ehemals nach Negengüffen, auf dors tigem Felde in Menge gefammelt, größtentheils in die Schmelztiegel wanderten, oder durch Unachtfamfeit fonft verfommen find. Man kann jedoch annehmen, daß bei weiten der größte Theil der Fundamentmauern im Innern noch vorhanden fey. Denn wahrfcheinlich wurden die Ningmauern, theild wegen ihres Gehaltes an größern zum Theil behauenen Steinen, theild wegen der Ber quemlichfeit bei dem Ausbrechen und Wegfahren der— felben, ohne Nachtheil der Feldeultur innerhalb des Bezirfs, wohl am früheften hinweg genommen. Dies fheint aud; aus den Kagerbüchern hervorzugehen, in welchen fchon im 16. Jahrhundert der Namen Mauer: weg vorfömmt, der jest noch über den Spuren der alten Stadtmauer hinzieht. Durch das Ausbrechen der Umfafjungsmauer mußte allein ſchon eine folche Maffe yon Steinen gewonnen werden, daß das größere Be- duͤrfniß für die Bauten, befriedigt werden Fonnte. Wenn man ferner erwägt, daß die Mauern nur des Steingewinnes wegen bisher verfolgt wurden, obne das Innere der Gebäude zu beachten, fo laßt fich er— flären, warum im Ganzen früher fo wenig größere Monumente zu Tage gefördert wurden. Erſt feit wenigen Sabren, wo der Berfauf der neben den Mauern zufällig gefundenen Alterthümer, Bronzen, Münzen ıc., durch die Goncurrenz mehrerer Sammler in der Wachbarfihaft, den Yandleuten einen neuen ein— träglichen Induſtriezweig eröffnete, ift man auf das
55
Innere der Gebäude aufmerffamer geworden, und dieſer eifrigen Nachfuchung verdanft unfere Bereinsfammlung fhon manches intereffante Stud. Sehr wenige Ges bäude find indefjen erft im Innern gehörig unterfucht worden. Died begründet die Hoffnung einer reichen Ausbeute bei regelmäßigen Nachgrabungen und beſei— tiget den oft erhobenen Einwurf, als fey dieſes Feld an Alterthimern bereits erfchöpft; vielmehr ift es eine dringende Aufforderung für die Freunde vaterländifcher Gefchichtsforfchung, die noch zahlreich, verborgenen Denf- mäler, nicht länger der Zerfiörung und Zerftreuung preis zu geben.
Einige Bemerfungen über die muthmaßliche Entftehs ung der Anlage mögen, durch mehrere Schriften verans laßt, bier ihre Stelle finden.
Es ift eine beinahe allgemein angenommene Meins ung, als fey unfer Vicus ein regelmäßiges Gaftell, welches feine Gründung dem Kaifer Hadrian verdanfte. So befchrieb e8 auch Fuchs 1) mit folcher Umſtaͤnd— lichkeit und Genauigfeit, daß er viele zu diefer Anz nahme verleitete.
Mit Bitterfeit äußert fich daher erden 9 über ihn, als er bei feiner Reife fich vergeblich nach dem Prätorium, und den wohlerhaltenen Thoren ıc. umfah und in der ganzen Schilderung nur ein Trugbild ans tiquarifcher Phantafie erkannte,
) © d. I. u. 11. Bd. d. Mainzer Gefchichte. ) Gerden 1. c. IV. p. 209.
36
Schon bei oberflächlicher Anficht ergiebt ſich die große Verfchiedenheit von der regelmäßigen Gaftellform, wie wir fie in unferer Gegend, befonders nadı Hygins 1) Borfchrift erbaut fehen. Wollte man auch mit Uebers fehung der irregulären Linien, die Grundform im Ganzen einem Dblong entfpredyend finden, fo tritt dagegen die ungewöhnliche Größe defjelben bedeutend vor allen Gaftellen hervor, welche den römifchen Limes von der Donau bi8 an den Taunus in beſtimmten Sintervallen befchüsten. Unter diefen Gaftellen möchte vielleicht das bei Humetroth im Ddenwalde ?), bie Saalburg bei Homburg vor der Höhe 3), das Gaftell bei Niederbieber unweit Neuwied u. a. m., Deren Dimenfionsverhältniffe ziemlich üubereinftimmen, zu den größten gehören. Zur vergleichenden Ueberficht der Aug» dehnung reduzirte ich auf dem Plan Tab. II. nad) dems felben Maaßjtabe das lestere, dur Hoffmann?) und Hundeshagen5) genau unterfucte Roͤmerwerk.
) Die gleichfeitige Quadratform der Lager, nach der ältern Polybifchen Gaftrameration, findet fich bei ung felten.
2) J. 5 Knapp, römiſche Denkmäler des Ddenwaldes, Heidelb. 1813. p- 94-
>) ©. Neuhof. c. p. 13.
GC, F. Hoffmann, über die Zerftörung der Römerftädte an dem Rheine ꝛc. Neuwied. 1825.
Much in den Memoires et Actes de la Societe des
Sciences et Arts à Mayence. J. pag. ı68. seqq-
>) &, Doromw’s röm. Alterthümer bei Neuwied. Berlin 1827. pag. 3ı segqg. Tab. Il,
37
Dem Begriff eines Caſtrums widerſpricht ferner, nicht allein die innere irregulaͤre Eintheilung, welche durch die Localitaͤt bedingt wurde, ſondern hauptſaͤchlich der auf mehreren Inſchriften enthaltene Name Novus Vi- eus, welcher offenbar auf eine bürgerliche Niederlaſſung hinweif’t, deren ftarfe Befeftigung von außen, durch die drohende Nachbarfchaft Friegerischer Germanen geboten wurde. Daß folche größere Militärcolonien ſchon in der früheften Zeit vorfamen, fagt Living 2) an mehreren Drten; und Div Gaffius 9 redet namentlich von Städten, die unter Augufts Regierung, von den Römern in den eroberten Provinzen Deutfchlands bei den Gaftel- len angelegt, die befiegten Germanen durch friedlichen Verkehr allmählig an das römifche Soc gewöhnen follten. Diefe befeftigten Munizipalſtaͤdte, welche, mit den Gaftellen verbunden, nicht blos im Smnern der römifchen Pro— vinzen, fondern wohl häufiger an den Grenzen des ungeheuren Roͤmerreichs entftanden, gaben alfo einer großen Mafje alter Soldaten Wohnung und Linter- halt, die nach Vollendung ihrer fiürmifchen Dienftjahre dem bürgerlichen Leben zurücgegeben wurden. Bei and- brechendem Kriege waren die friedlicien Munizipien ohne Koften für den Staat fchnell unter der Leitung des Gaftellbefehlshabers in wohlgerüftete Feltungen um— gewandelt, da ihre Bevoͤlkerung meift aus erprobten und fampfgenbten Kriegern beftand.
Aus diefer Urfache bedurfte der ausgedehnte römi- ſche Limes fo wenig große regelmäßig befeftigte Winter- a. Lib. 35. cap. 9. il, c. 40. etc.
*) Dio Cassius Lib. 56. cap. 18.
38
lager für mehrere Xegionen, fondern es genügten klei— nere Gajtelle, die hoͤchſtens 1— 2 Cohorten faßten, fo wie wir ſie zwifchen größeren Niederlafungen bier und da wahrnehmen 1). Die Doppelte Beftimmung der Grenzitädte erhielt fich während der ganzen Dauer der Nömerherrfchaft auf deutfchem Boden, ungeachtet der häufigen Klagen, ja Empoͤrungen der ausgedienten Legionäre?), welche um die ihnen zur Belohnung anges wiefenen Ländereien beftindig mit den Germanen zu kaͤmpfen hatten. Auch Alerander Sever behielt diefe Fuge Einrichtung feiner Vorgänger confequent bei, wie Lampridius 3) berichtet. indem er die verdienten Feld- herrn und Soldaten der Grenzfeftungen mit den erober: ten Ländereien befchenfte, ficherte er fich ihre Wachſam— feit und Treue; denn «fie würden, fagte er, aufmerfs famer dienen, wenn fte ihre eignen Felder vertheidigten. » Die angeführten Stellen eines Livius, Tacitus, Div Caſſius ꝛc. begrinden alfo die Vermuthung, daß an der Seite eines früher hier erbauten Gaftell8 auch unfer Vicus und wahrfcheinlich auf einmal nach feiner gegen- wärtigen Ausdehnung entjtanden fei, indem eine fucs cefftive Anftedelung nicht wohl anzunehmen ift, da die offenen Wohnungen gegen einen Ueberfall des wach— famen Feindes durch eine Befeftigung von fo großem Umfang nicht fchnell genug geſchuͤtzt werden Fonnten,
13.8. bei der Saalburg, Marienfeld, Ems u. f. w.
2) Tacitus Annal. Lib. I. cap. ı7. 28.
?) Acl. Lampridius in Alex. Sev. cap. 58. «Sola quae de lıostibus capta sunt, limitaneis ducibus et militibus
donavit,» etc.
59
Denn wohl möchte ihnen die frühere Erfahrung im batavifchen Kriege größere Vorficht empfohlen haben, als die am Unterrhein commandirenden Feldherrn Mum— mius Lupercus und Numifius Rufus, die um das Gaftrum Vetera (Kanten) in langem Frieden erbauten Borftädte, bei plößlichem Kriegsansbruch niederzureißen genöthigr waren, damit fie dem Feinde feinen Nugen gewährten H.
Es erforderte alfo die Sicherheit der neuen Anz fiedelung, alsbaldige Errichtung einer feiten Stadt— mauer. Der Gefammtmaffe der dahin beorderten Vete— ranen war e8 leichter möglich, unter dem Schutze der Caſtellbeſatzung ungeftört die Ringmauer aufzuführen, welche fämmtliche Gebäude fichernd umgeben follte. So entitand wahrfcheinlich die Befeftigung des Vicus auf einmal nach feinem gegenwärtigen Umfang auf der Weſtſeite des Gafteld, vor deſſen Decumanthor die beiden Hauptftraßen der bürgerlichen Stadt fich ver— einigten und fo die unregelmäßige Abtheilung des Areals veraxlaßten, die wir im Innern wahrnehmen,
Wenn man der Ausfage einiger Kandleute Glauben beimefjen koͤnnte 2), welche an der Stelle (x) Die Fundamente eines Thurmes ausgebrochen haben wollen,
) Tacitus Histor. IV. 22. «subversa longae pacis opera, haud precul castris in modum municipi exstructa, ne ho- stibus usui forent. »
2) Auf ſolche unbeftimmte Angaben, welche fo oft oberflächliche Befchreiber irre führten, ift jedoch nie Gewicht zu legen, ehe eine genaue und vorurtheilsfreie Local=Unterfuchung das Sachverhältniß aufgeflärt hat.
60
fo würde die Vermuthung für die Lage ber Porta decumana noch mehr an Wahrfcheinlicyfeit gewinnen, und die weftlichen Grenzen des Gaftell8 näher beftimmt feyn, welches fihon der Lage nadı, bier auf. dem höchften Punkte des Feldes, die ſchicklichſte Stelle fand. Auch der auf einer bei (k) entdedten Ara enthaltenen Namen der Straße (F—x.) foheint von der Verlänger: ung der prätorifcheir Straße des Altern Gaftelld (x—G) entjtanden zu feyn.
Nehmen wir daher die Straße (gg. ii) ald Grenze für die Sudfeite des früheren Gaftell8 an, fo werden wir bei (n. F.) die nördliche Seite aufzufuchen haben und es erfihiene dann die dem Feinde zugefehrte Ditfeite mit der Porta praetoria, an die Ningmauer angelehnt.
Db das Gaftell, welches ich mit einer Gitadelle der neuern Befeftigungsart vergleichen möchte, nach Vol— lendung der bürgerlichen Stadt als ein für ſich bes ftehendes Fort, feine innere Einrichtung und Abtheilung beibebielt, oder nad) Hinwegnahme der Äußeren Bes feftigung zu der Stadt gezogen wurde, müffen nähere Unterfuchungen entfcheiden 1),
Das Dafeyn einer bürgerlichen Stadt, welches durch Bezeichnung mit Novus Vicus unzweifelhaft wurde, gab
:) Die Spuren von Gebäuden in der Umgebung des Gaftells bei Neuwied, fo wie die bei der Eaalburg, machen es wahrfcheinlich, daß das Fleinere Caftell gewöhnlich als ein von der bürgerlichen Stadt unabhängiges Ganze befeftiget war. Möchte bei fortgefesten Unterfuchungen an dieſen interref- fanten Orten, auch auf die in der Nähe diefer Gaftelle vorkommenden Gebaude geachtet werden,
61
auch Fuchs 1) zu einer Unterfuchung über die eigente liche Lage derfelben Anlaß.
Bon der irrigen VBorausfekung ausgehend, daß der ganze Bezirf des Heidenfeldes das römifche Gaftrum begrenze, glaubte er den genannten Bicus auffer- halb defjelben fuchen zu müffen.
Die damals noch vorhandenen Ueberrefte der öftlich gelegenen Burg ), (W) deren Mauern, gleich den meiften Gebäuden der nächften Ortfchaften von Steinen des nahe gelegenen Burgfeldes, mithin aus römifchemn Material errichtet waren, leitete ihn auf die Idee, hier habe der auf den Infchriften erwähnte Vicus geftanden,
ı) Fuchs J. c. II. p. 16. seqq.
?) Diefe an einem Abhang gegen die Nidda zu gelegene Burg, deren Ueberrefte in neuerer Zeit gänzlich abgebrochen wurden, Fommt in Lagerbüchern als Sreiherrlich von Breidtbach'— fhes Eigenthum unter dem Namen Philippsed vor Hüsgen 1. c. p. 103 theilt eine Infchrift mit, welche auf einem rothen Sandftein über dem unteren Thor diefer Burg, in erhabenen Buchſtaben noch im Jahr 1746 deutlich lesbar gemwefen fenn foll.
« Als man zahlt 1480 Jahr
Ich von neuem angefangen war
Zu bawen, da ich war ein Aderfeld
on Philippe Wolfen von Praunheim umb fein Geld
Den man funft nennt Klettenberg
Darumb jesund um diefes Werf
Steht in Gottes Segen und Hand
Zu Philippseck werd ich genant. » Aus dem Befis des Herrn von Greifenberg, fen dies Gebäude an einen Herrn von Nied, und von diefem an die von Breidtbach’fche Familie übergegangen.
62
eine VBorftadt bildend, auf deren Ruinen die fpätere Burg, fo wie das nahe gelegene Hedernheim erbaut worden fey. Auch den jesigen Namen ded Dorfes, welches nach Tacitus « haud procul castris in modum municipii » erbaut fey, fünne man von Hadrian, dem erftien Erbauer des Gaftri, wie die vielen, dafelbft gefundenen Münzen diefes Kaifers andeuteten, leicht ableiten.
Sb Hadrian der Erbauer des Gaftri gewefen, wie gerwöhnlich angenommen wird, ift bis jest noch uner- wiefene Bermuthung.
Uebrigens findet ſich, nach genauer Unterſuchung, weder in Hedernheim, noch in der oͤſtlichen Umgebung des Heidenfeldes eine Spur roͤmiſcher Gebaͤude, und auch die Herleitung des Namens von Hadrian, erhaͤlt durch die urkundlichen Benennungen fruͤherer Jahrhun— derte keine Stuͤtze, indem das Dorf im Anfang des 9. Jahrhunderts Phetterenheim ) und im 12. Hedteren— heim 3) genannt wird.
Ebenfo ift der Name Hedernum, als Latinifirung
des dortigen Provinzialism Hedernem, nur poetifihe Lizenz.
2), Taeitz ——
2) An einer Urfunde v. 20. Oftbr. d. 5. 802 heißt eg — «in pago Nitachgowe, in villa Phetterenheim.» — ©. Codex Lauresham. dipl. Tom. III. N. 3401. pag. 105. Chron. Gottwic. 1. Pag. 711.
3) Eine Urkunde v. Erzb. Mdalbert I. v. Mainz v. J. 1132 nennt den Ort Hedterenheim. ©. Joannis Rer. Mogunt. T. II. p. 546. Gudenus Codex dipl. 1. p. 103.
65
Sn den auf der weftlicyen Seite des Vicus nahe bei Praunheim gelegenen Trümmern eines alten Ritter— ſitzes, die Klettenburg !) (Q. R) genannt, glaubte Fuchs 2) ebenfalls die Spuren einer DVorftadt zur Bewohnung
1) Die Klettenburg war, nah Nachrichten, die ich der Güte eines Freundes verdanfe, bis in das 16. Jahrhundert Eigenthum der Junker von Praunheim einen alt adelichen Gefchlecht, das in dem Hanau und Solmſiſchen Orte gleiches Namens, Häufer und Güter befaß. Durch Verkauf ging das Haus fammt Defonomiegebäuden ıc. im J. 1658 an den Grafen Joh. Aug. von Solms Rödelheim über, von dem es den Namen Auguftusburg erhielt.
Das vieredige Gebäude, (Q) deffen Ruinen in einem moorigen, von fleiler Anhöhe begrenzten Wiefengrund dief- feits der Steinbach Tiegen, fcheint das eigentliche Wohn gebäude gewefen zu fern, welcher ein Enfel des Erbauers Graf Joh. Ernft Earl zu Solms als Theil feiner Apanage bewohnte, und von welchem es dem regierenden aräflichen Haufe zufiel. Wegen Baufälligkeit wurde das Haus ſchon um das Jahr 1760, die auf einer Anhöhe gegenüber gele= genen Defonomiegebäude (R) im J. 1791 abgebrochen.
Nah Hüsgen 1. c. p. 101 foll die Klertenburg mit Graben und Aufziehbrüce verfehen und noch im Jahr 1746 über dem Thor des verfalfenen Gebäudes zwei unfenntliche Mappen mit der Jahrzahl 1670 fichtbar geweſen feyn.
In den noch übrigen Schutthaufen der gänzlıch ausge: brochenen Mauer, finden ſich noch röm. Backſteine und Ziegel, wie auh P. Fuchs bemerft hatte. Ein behauener Sandftein mit der gothifchen Inſchrift:
Anno. Domini. M.ceeee. der aus den Ruinen der genannten Burg herfommen foll, fiegt gegenwärtig nicht weit davon unter dem Steg über die Steinbach. ?) Suds. 1. c. IT. p. 18.
64
der Legionäre, zu erfennen. Al Argument für den römifchen Urfprung nimmt er die bei dortigem Gemäuer gefundenen rom. Ziegel, fo wie mehrere früher dort entdeckten Grabjteine von Legionſoldaten.
Man muß fid) wundern, wie Fuchs an der Stelle von Gräbern bürgerlihe Wohnungen vermuthen Fonnte. Die Erinnerung an das befannte 12. Tafelgeſetz, welches das Beerdigen innerhalb der Städte unterfagte, hätte ihn fogleic; von feinem Irrthum überzeugen follen.
Aufferbalb der Weftfeite des Heidenfeldes in der Um— gebung von Praunheim und im Garten des Herrn Fell ner dafelbft (T), findet fich allerdings die Begräbnißftätte der Einwohner des Vicus. Da die Befchreibung der, in diefen Gräbern gefundenen Gegenftände weiter unten einen eignen Abfchnitt bildet, fo wenden wir und, um nicht weit abzufchweifen, zur Unterfuchung der Webers refte diefer Niederlaffung, unter der Erdoberfläche.
Die Ringmauer.
Bor allem fchien es mir erforderlih, die Richtung der Außern NRingmauer genau fennen zu lernen, deren Lage bis jest noch nicht unterfucht, nur auf Ders muthungen beruhte. Der Sage nad follte unter der Rafendede des Erdwalles, der das ganze Heiden- feld umgiebt, die alte Stadtmauer verborgen feyn. Die Lagerbücher deuteten ebenfalls, durd den Ausdrud « Mauerweg » darauf hin.
Ich begann daher auf der Dftfeite mit Durdy- fehneidung des in der Mitte am höchften hervortre- tenden Ufers, welches vielleicht P. Fuchs zur Annahme der Porta Praetoria verleitet haben mochte; aber weder
65
diefer noch die übrigen Verſuche an andern Stellen gaben das gehoffte Nefultat. Nur einzelne Bruchfteine ohne Spuren von Mörtel, Fragmente von Gefäßen ıc. fanden ſich in der aufgefchütteten Erde. Dieß leitete mic; auf die Vermuthung, daß Ddiefer hohe Aufwurf wohl ein erhöheter Weg gewefen feyn möchte, der an die innere Seite der Ningmauer angelehnt, den Ber: theidigern zum Standort gedient hatte, von dem fie unter dem Schuß der Bruftwehr und Zinnen ficher herab jtreiten Fonnten. Auf der innern Seite des Walles fand fich bis jest noch Feine Spur einer para- lellen Futtermauer wie fie Vegez 1) bei der Wallbes feftigung vorfchreibt. Der Schutt der zeritörten Ges bäude mochte fich bis zur Walhöhe angehäuft und mit diefer durch die Feldeultur geebnet haben. Sch Tieß alfo aufjerhalb einfchlagen, und hier fanden fich denn die Grundlagen der Stadtmauer, welche an den bis jest unterfuchten Stellen, meift unter dem Weg vor- famen was zu der Benennung Mauerweg, in den Slurbüchern wohl Veranlaffung gegeben hatte.
Die Fundamente derfelben, ein Mauerwerk von Kalk: mörtel und unbehauenen Bruchfteinen, fanden fich 4—5 Fuß tief unter der Dberfläche in einer Dice von 7 rhein. Fuß. Die an mehreren Drten gefundenen Dediteine der oberen Bruſtwehr, theild® von Sandftein, theils von poröfem Bafalt ꝛc., hatten die Geftalt gefpaltener
’) Vegetius, c. 3. Solche Suttermanern fand Knapp an eini- gen Gaftellen des Odenwaldes und Lehne in Mainz. Ein erhöheter abgeböjchter Weg fol nah Hoffmann fich inner: halb des Gaftelts bei N. Bieber gefunden haben.
5
J
66
Cylinder mit einem Durchmeffer von 21/, Fuß, bei einer Länge von 4 Fuß. Die Dide der Dedfteine bejtimmte die Stärfe der oberen Bruftwehr, und wahrfcheinlid, hatte die Mauer, um dem Drud des innern Erdwalles beffer widerftehen zu Fonnen, von auffen etwa bis zur Höhe der Bruftwehr, eine Boͤſchung. Aus der Länge der Deckſteine ergiebt fi der Zwifchenraum und die Breite der Zinnen, welche die Bertheidiger gegen das Gefchoß der Belagerer fihüsten.
Aehnliche Deckſteine beobachtete audı Knapp bei mehreren Pfahlgrabencaftellen des Ddenmwaldes, und fhon in der früheften Zeit, pflegte man folche Zinnen (pinnae) auf die Bruftwehren der Bertheidigungsmauern zu feßen, wie Cäfar 1) an mehreren Drten, 5. B. bei der Belagerung von Alefia Cin Gallien) erzählt. Auch Tas citug 2) redet von den Mauerzinnen, bei der Belagerung von Betera durd) den Bataver Fuͤrſten Eivilis ꝛc.
Die Thore.
Auf der MWejtfeite der Ningmauer find zwei Haupt— eingange bemerfenswerth, durch deren unteren (N) noch jeßt der Vizinalweg führt. Die viereckigen Thürme welche den Thorweg einfchloffen, find jedoch vor längerer Zeit fchon ausgebrochen worden, fo daß eine genaue Beftimmung der Maasverhältniffe nicht wohl mehr möglich ift. So weit die Spuren noch erfennbar
) Caesar. Bell. Gall. L. V. C. 40. und Lis. VII. cap. 72. Hier heißt eg — «huic (vallo) lorican pinnasque ad- jecit. » —
27 Tacit. Hist. IV. c. 23.
67
find, dirften die Seiten diefer Thuͤrme, ungefähr 30 Fuß in die Länge und Breite gehabt haben.
Bei Unterfuchung des obern Straßeneingangs (P), deffen Thürme jedoch ebenfalls nicht mehr vorhan— den waren, fanden fih, auf der innern und Außern Seite der 7 Fuß diden Ringmauer, behauene Steine in großer Menge, die zur dußern Mauerbefleidung ge- hört hatten. Es waren kleine Sandfteinguaber von 8 Zoll Länge zu 5 Zoll Höhe, deren Vorderfeite, in dia— gonaler Richtung mit dem Breideifen bearbeitet war. Der mittlere Raum dieſer doppelten Futtermauer, war mit Abfallgeftein und Kalfmörtel (farctura) fchicht- meife ausgefüllt, eine Mauergattung von faft unzers ftörbarer SFeftigfeit, welche der rom. Baumeifter Vi— trup 1) mit dem Namen Emplecton (d. Gefüllte) be— zeichnet 9. Die regelmäßige Fügung der behauenen Futtermanerfteine, (frontati) erfchien noch befonders durch den aͤußern Kalfauftrag hervorgehoben, indem die Zwifchenräume der in Verband gelegten Quader, durch feicht gezogene Rinnen angedeutet waren, Die mit rother Farbe ausgefüllt, der Mauer von Außen ein Anfehen von Zierlichkeit gaben 3).
) M. Fitruvius Pollio, de Architectura. Lib. II. c. 8.
2) Auch an mehreren größern Gebänden des Wicus fand ich häufig dieſe fogenannten Gußmauern, jedoeh nicht in folher Stärfe, fondern meift 4 Zuß did‘.
3) Solche äußere Mauerverzierungen beobachtete Hoffmann l. c. p. 57. an der Vertheidigungsmauer des Caſtells bei Neuwied, Schöpflin und Knapp auch an Gräbern der Bergitraße und des Odenwaldes. S. Schoepflin, de sepul-
68
Die Grundmauern des Thores, weldyes bei (B) den nördlichen Ausgang der Straße (L B) beſchuͤtzte, follen erjt in neuerer Zeit ausgebrochen worden fein.
Auf derfelben Nordfeite führt gegenwärtig noch die fogenannte Elifabethenftraße,, welche die alte römifche Straße bedeckt, durch ein Thor der Ningmaner bei (C) deſſen Dimenfionen jedod; wegen Befamung des Feldes noch nicht unterfucht werden fonnten. Auſſerhalb des Eingangs fanden fich viele Trümmer von Gefimstheilen und großen Werfjtüden von Sandftein, die dem Thore angehört zu haben feheinen.
Auf der Dftfeite nach Hedernheim zu, war unftreis tig bei (G) noch ein Hauptthor, defjen Auffuchung, der frequente Mauerweg bisher nicht erlaubte. Nur in dem Uferabhang der abgerundeten Ede bei (I), fand ich einen Ausgang in der Ringmauer, von 10 Fuß im Fichten 1). Die den nördlichen Thoren (B u. C) ent: fprechenden Ausgänge der Suͤdſeite bei (K u. L), ber dürfen noc; einer genauen Unterfuchung. Uebrigens ijt Die Aufgrabung der füdlichen Ringmauer durch die benachbarte Nidda fehr erfchwert, indem das fchnell eindringende Wafjer, ein tieferes Einfchlagen am Fuße des Ufers verhindert.
cro rom. prope Schrieshemium reperto, in den Act. Acad. Palat. T. IL p. 107. Snapp 1. c. p. 11a,
Dr. Hundeshagen giebt das Lichte der Thormwege an dem Römercaftell bei Neuwied zu 12—14 Zuß römifch an. ©. Dorow. Alrerth. b. Neum. p.35. Knapp fand die Thore an einigen Gaftellen des Odenwaldes 9—12 Schuh breit. ©. deifen Denkm. d. Odenw. p. 53. 71.
- —
69
Nur durch eine vollftändige Aufdeckung der ganzen Ningmauer, was freilich wegen ihrer großen Aus— Dehnung fehr Foftfpielig fein wirde, wäre es möglich, ein ganz genaues Bild derfelben zu erhalten und alle Thore und vorfpringenden Thuͤrme kennen zu lernen, wie wir fie nach Begez;!) und Vitruv’8 9 Bor: fehrift, fowie den Beobachtungen Hofmanngıc. 3) auch hier zu vermuthen Urfache haben. Die Thore der Ringmauer, deren wir bi jeßt wenigftens 8 annehmen fönnen, führen uns nun zunächft zu den Straßen und Duartierabtheilungen der bürgerlichen Niederlaffung im Innern.
Die Straßen.
Aeußerlich find Feine Straßen mehr fichtbar, doc) deuteten einige vor längerer Zeit Dort entdeckte In— fehriften, auf das Dafeyn derfelben hin. Aus dem vor- fommenden Ausdruck Genio Plateae novi vici, folgerte fhon Lamey 9%, unfer Vicus habe nur eine Straße ge- habt und diefer Meinung trat auh Gerfens als der wahrfcheinlichften unbedingt bei. Cine nähere Unter: fuchung, würde bald zur Berichtigung diefes Irrthums geführt haben, indem der Kauf, der durch den Schutt der zerftörten Gebäude, 1—21/, Fuß unter der Erd- oberfläche verborgenen Straßen, fib in den Saat-
!) Veyetius. cap. 2.
2) Pitruv. Lib, I. c. 5.
») Hofmann. c. p. 56. deßgl. in Dorow. 1. c. p. 34.
») A. Lamey Diss. ad. lap. ant. Heddernh. etc. in d. Act. Acad. Th. Palat. III. p. 184.
>) Gerden 1. c. IV. p. 207.
70
feldern durch Störung der Begetation verräth und bei aufmerkffamer Beobachtung mehrere, derfelben fich erkennen laſſen. Ich will hier nur auf die Haupt— fraßen und deren Entdefung aufmerkſam machen. Ein ehemals fehr uncbener Weg (N. w.), der einen Theil des Heidenfeldes von Dften nady Welten durd)- fehjneidet und dann bei (w) fich nördlich nach (C) wendend, den PVicus verläßt, war feid undenflicher Zeit, alg Vizinalweg unter dem Namen «Elifabethen- ftraße» befannt, eine Benennung, die wohl von den häufigen Wallfahrten zu dem Grabe der heil. Eliſa— beth entjtanden fein mag, da er der Sage nad, von Gaffel bei Mainz bis Marburg führen foll. Bei der neuern Ausbefjferung dieſes verfallenen Weges und deffen Bepflanzung mit Obftbäumen, kam man auf der ſuͤdl. Seite deffelben, einige Fuß tiefer, auf die obere Kies— bedefung eines Altern Weges, nach deffen Durdy- brechung fich die untere Grundlage von fehweren Bruch— jteinen zeigte, Dies war ohne Zweifel die alte römifche Heeritraße, welche das frühefte Caſtell ſammt dem Vicus mit Gaffel verband und deren Ueberreſte mit rohen Steinen hberfchättet, fpäter den Namen Elifa- bethenftraße erhielten. Cine zweite Hauptſtraße von gleicher Breite fanden wir im nördlichen Theil des Burgfeldes bei (P). Sie läuft von hier in ſuͤdweſt— licher Richtung gegen den Judenkirchhof (m) hin, unter» halb deffen Süpfeite fie mit der untern Straße bei (x) in fpißem Winkel zufanmentrifft. An diefem Punct vereinigen ſich die beiden convergirenden Straßen mit einem von Suͤdoſt nach Nordweft durch die Breite des
71
Vicus ziehenden Weg, deffen unterer Theil (x X) gegen die Nidda hin mit 2—2/, Fuß Erde bededt ift, der obere (x C) meift durch fpätern Steinauffchutt erhöht, die Fortfegung der von Praunheim herfommenz- den Elifabethenftraße bildet.
Beinahe parallel mit der Weſtſeite des Vicus, 1075 Fuß von derfelben entfernt, durchzieht eine zweite Straße (B L) von Nord nadı Sud ebenfalls den Vicus der Breite nach, indem fie bei (g) und (s) die beiden vorhergenannten Wege durchkreuzt.
Die Entdeckung diefer Straße wurde durch einen Stein veranlaßt, deſſen Infchrift einer Platea praetoria und Quintana gedachte. Diefe merfwürdige Sufchrift, welche fowohl über die Anlage des PVicus, als über deffen Straßen und Quartierabtheilungen Xicht verbrei- tet, beftimmte mich, die Stelle (k), welche man mir als Fundort bezeichnet hatte, genau zu unterfuchen, und fo fand fich, nahe an diefem Drte die darauf genannte Platea praetoria (P. x) von der Quintana (B L) wirflich durchfehnitten.
Die urfprünglichen Benennungen dieſer beiden Straßen waren alfo durch diefe Anfchrift nicht allein auffer Zweifel, fondern hierdurd, ergaben fich auch die Kamen der übrigen Hauptitraßen, da man mit hoher Wahrfcheinlichfeit daraus folgern konnte, daß der Areal: abtheilung der bürgerlichen Stadt, im Ganzen die innere Einrichtung der regelmäßigen Gaftelle ſamt deren Guartier und Straßenbenennungen zum Grunde lag.
Die doppelte Beftimmung des Bicus, als bürgerliche Stadt und als Feftung, erforderte daher eine bürgerliche
72
und militärifche Verfaffung, wie dies befonders bei den Grenzfeftungen in der Nachbarfchaft feindlicyer Völker gewöhnlich war 1).
Da die beiden convergirenden Straßen (Px u. Nx) wahrfcheinlich zu der Porta quintana des Ffleinern und frühern Caſtells führten und die Verlängerung von deffen Platea praetoria (x G) bildeten, woher fie, wie ih ©. 60 bemerfte, wohl den Namen erhielten, fo fönnen wir, analog mit der befannten innern Caſtell— einrichtung, die Straße (N x) Platea praetoria dextra, und die obere (P x) sinistra, fo wie das Thor der Eriteren (N) Porta decumana dextra, oder auch infe- rior, und das der obern Straße bei (E) P. decumana sinistra oder superior nennen. Beide hatten ihre ger meinfchaftliche Porta praetoria bei G.
Die Quintanftraße BL endigte mit ihrer Porta dex- tra bei L, mit der sinistra bei B.
Die Straße CK möchte demnach den Namen Platea principalis, und deren oberes Thor bei (C) Porta prin- cipalis sinistra, das untere dextra geführt haben.
Indem alfo unfer Vicus durch die beiden prätorifchen Straßen der Länge nach getheilt, der Breite nad) von
1) ©. Schelii Comment. ad Hygin. in Graevır Thesaur. Antigq. rom. Tom. X. p. 1110. — «Ista hibernacula non tantum exterius adversus omnes conatus hostiles magno opere emuniebantur, sed et interius laxius disponeban- tur multo paratu multaque cura. Saepe lapide vel saxo contra inclementiam et injurias a@ris aedificabantur, praesertim quae in finibus imperii aut ferocibus et non- dum satis pacatis nationibus; pluriumque annorum hi- berna, rationem quidem et ordinem castrorum, caelerum
omnia in modum municipii habebant. »
75
der Platea principalis und quintana durchfchnitten war, zerfiel das Ganze in drei größere Quartiere, Deren oberes (CD KI) Praetentura, das mittlere zwifchen der Prinzipal und Quintanftraße (BC KL) Prae- torium — und das unterfte (A BL M) Retentura genannt wurde 1).
So viel über die allgemeinen Duartierabtheilungen des Vicus; nun noc Einiges über die Inſchrift des oben gedachten Steines.
Durch Anfauf war derfelbe, bald nach deſſen zu— fäliger Entdefung von einem Hedernheiner Land» mann, in den Bett des Herrn Dr. Dorow gefommen, der die Infchrift im Aöten St. des Cotta’fchen Kunfts blattes v. 5. 1823 befannt machte.
Nach der Erwerbung dieſes Steines für unfern DBerein, wurde bei Gelegenheit der Anzeige unferer Sahresverfammlung im Mai 18249, eine andere Kefeart (des Hrn. Prof. Lehne) mitgetheilt 3), — worauf in der 135. Nummer der Berliner Zeitung, als Berichtigung das von Niemand beftrittene und beneidete Verdienſt der frühern Bekanntmachung, fo wie das der Er: rettung (2) und Erhaltung des Steins, für Herrn Dorom pindizirt und auf die im Kunftblatt von ihm gegebene Erläuterung verwiefen wurde. Zur partheiz lofen Beurtheilung möchte daher hier wohl eine Zufanmenz ftellung der verfchiedenen Anfichten erwartet werden.
') ©. Naftl. c. p. 279. ?) In der Frankfurter Ober - Poft- Zeitung Nro. 156. >) Das Inſerat war nicht von mir,
74
Nach Hrn. Dr. Dorom lautet die Snfchrift: INNE HDD. RENT. sPRAHT OR. ARAM QVI I GENIVM SATONIVS GBEABRVSHIB: WD. I MP Aa AVG. III. ET. DIONEHEBSS «In honorem domus divinae Plateae Praetoriae Aramque et Genium Sextus Antonius gratus dono dedit Imperatore Aurelio Augusto III. ei Dione Consulibus. » Man vergleihe nun die Schriftzüge des Steines auf Tab. VI.) In der dritten Zeile find die Worte ARAM QYT in Aramque willführlich zufammengezogen, Die Trennung beider Worte ift jedoch eben fo deutlich alg die Endung der lesten Silbe mit I, und es ijt um fo weniger Grund vorhanden, einen Srrthum des Bildhaners anzu— nehmen, da durch das unmittelbar darauf in der fol- genden vierten Zeile vorfommende ET, eine ganz überflüffige Wiederholung der Bindewörter que und et entftehen würde. Sn der fünften Zeile iſt bei dem auf Inſchriften öfterd vorfommenden Namen Sattonius der horizontale Querſtrich über der Spike des Buchſtabens A für die
70
Abbreviatur eines fehlenden n angefehen, und obwohl diefelbe Zufammenziehung der Buchftaben a und t in der zweiten Zeile bei Plateae ſchon einmal vorfam, hieraus der Name Antonius gebildet worden, der nod) aufferdem durch Trennung des Buchjtabens S und Sup— plirung einer nicht vorhandenen Snterpunction zwifchen S und A, den Vornamen Sesctus erhielte.
Der nicht feltene Zuname Gratus auf der fechsten Zeile ift für ein Beiwort des vorhergehenden Namens (ſtatt grato animo) genommen und die Buchitaben D. D. weldye durch dat, dedicat hier dem Sinn ents fprechend zu Iefen find, mit dono dedit überfest.
Die abſichtlich ausgetilgte Schrift der fiebenten Zeile zwifchen den Worten IMP. und AVG. wird durch Au- relio ergänst.
Bei genauerer Anficht findet man jedoch noch die deutlichen Spuren des Wortes ALEX., wodurch alfv die Leſeart Aurelii von felbft berichtigt wird. Auf mehreren Denfmälern und namentlid) aud) auf dem Fußgeftel des befannten Hedernheimer Genius vom J. 230., ſo wie dem auf der vorhergehenden ©. 19. N. IV. von Lehne erläuterten Botivftein, findet man den Namen des Kaifers Alerander Sever auf Befehl feines rohen Nachfolgers Marimin ausgelöfcht, der wohl die Erinnerung an die veranlaßte Ermordung feines Wohlthäters, mit dem Namen deffelben zu vertilgen glaubte.
Unfer verehrter Prof. Lehne giebt über diefen Stein folgende Erflärung, deren Nichtigkeit durd) die Local— unterfuchung beftätigt wurde.
76
IN. H (onorem) D (omus) D (ivinae) PLAT. (eae) PRAETOR. (iae) ARAM QVI (ntanaın) ET. GENIVM SATTONIVS GRATVS. D. (at) D. (edicat) IMP. (eratore) ALEX (andro) AVG (usto) III ET DIONE Co (n)S (ulibus) «Zur Ehre des göttlichen Haufes. Der praͤto— rifchen Straße weiht Sattonius Gratus Diefen Marftaltar und das Bild des Schußgeiftes unter dem 3. Sonfulate des Kaifers Alerander und Div, «Die römifchen Feftungen, ganz nach den Grundfägen ihrer Lager gebaut, wo e8 der Boden erlaubte, wurden von drei Hauptftraßen durchfchnitten, von welchen eine in die Länge, zwei in die Breite zogen. Bon beiden legtern hieß die eine und bedeutendfte Via oder Platea principalis, fo wie die Thore principalis dextra et sinistra, die fie mit einander verband. Die andere platea quintana von dem Marftplage des Lagers, wo Handel und Wandel getrieben wurde. Diefes Forum hatte mit dem Prätorium Verbindung durch ein befon- deres Thor, das Porta quintana hieß und fich wahrs fcheinlich blos in den castris stativis oder den gebauten Feftungen, nicht aber in jedem Lager befand, weswegen fein Dafein mehreren neuern Schriftftellern zweifelhaft wurde; aber Feftus und Hygin fprechen zu Deutlich darüber.
Die dritte Hauptſtraße, von dem Prätorium aus theils nadı der Porta praetoria, theild nach der
77
Porta decumana ziehend, hieß davon Platea praetorin. Dieß mußte ich vorausfenden, um obige Infchrift Die fehr wenig correct eingehauen ift, zu erflären,
Plateae praetoriae aram quintanam et genium. Die auf dem Steine befindlichen Worte aram qui boͤten feinen Siun dar, wenn wir hier nicht eine Abfürzung annähmen, welche der Lage angemefjen ift. Der auf unferer Ara ftehende Genius foll offenbar der Schuß» gott der prätorifchen Straße fein, und die Ara feld erhielt ihren Namen von dem Forum quintanum, auf welchem fie in der Platea praetoria ftand, da wo fich derfelbe mit der Platea quintana freuzte. Freilich follte das» qui nit quint verkürzt fein, allein die Unacht— famfeit und Nachläffigkeit der Steinhauer find wegen ihrer unzählbaren Beifpiele nicht auffallend. Panvinius führt eine Infchrift an, welche eine Ara der Via quin- Lana weiht, fo wis die Hedernheimer der Via praeto- ria geweiht ift: «aram et signa viae quinctanae dedi- cavit» 1).
Der Name Sattonius fiammt von dem Serfonal- namen Satto, welchen wir auf einem in Gaffel gefundes nen Botivftein des Merfurs angeführt finden; Gratus ist befannter.
Die Ara wurde unter dem dritten Gonfulate Aleranz der Severs und des Gefchichtfchreiberd Cassius Div im Sahr nach Chr. 229 gefest. Dio war vorher ſchon einmal Consul suflectus wie er felbft in feinem Werke anführt. »
t) Gruter, p. 129. 5.
78
Der eben genannte Stein befteht aus fehwärzlichem poröfem Bafalt, welcher in den alten Steinbrüchen des benachbarten Dorfes Efchersheim vorfommt. Die Scriftzüge deffelben find gut, jedoch nur feicht ein- gehauen. Die Xaubverzierungen der Seiten und des obern Theiles erlaubten wegen der grobzelligen Tertur des Steines feine forgfältigere Bearbeitung.
Die obere Seite deffelben zeigt Feine Vertiefung gleich einer Patera, wie man fie bei den Opferaltären wahrnimmt, fondern eine ebene Fläche. Der Stein diente alfo wohl nicht als DOpferaltar felbft, fondern nur als Fußgeftel des dort genannten Genius, der über der erwähnten Ara erhöht aufgerichtet war 1).
Aus der Snfchrift diefes Steines folgert Herr Dr. Doromw nun weiter:
«Bis jest war alfo der Altar der alten Haupt: ftraße noch nicht betannt; — diefer Altar erfcheint nun ald der Hauptaltar des römifchen Lagerortes, ift vom Sahr 229 n. Chr. Geb., alfo ein Jahr älter als das Gegenſtuͤck, welches zur Straße des neuen Quar— tiers gehörte, während der jett gefundene dem Haupt: quartier von einem vornehmen Römer gefchenft ward. »
Wir lernen hier die Platea praetoria als die alte Hauptitraße fennen, im Gegenfas mit der Platea novi vici, welche die Straße des neuen Quartier genannt wird, da die Infchrift ein Sahr fpäter gefett ift. Er wird ald Hauptaltar bezeichnet, weil er Alter
1) P. S. Bartoli, Admiranda rom. antiqq. Vestigia Tab. 28.
29. 30. 31. Montſaucon, Antiquitcs expliques.
79
und dem Hauptquartier von einem vornehmen (?) Roͤmer gefchenft fei.
Die Platea praetoria fcheint demnach mit Praetorium (Hauptquartier) identifch genommen. — Daß Novus Vi- eus hier fein «neues Quartier» 1) oder eine Vors ftadt ?) bedeuten koͤnne, habe ich früher ſchon bemerft.
Die Bezeichnung Fleiner Drte, befejtigter Städte, Niederlaffungen ꝛc. durch Vicus, findet ſich öftere auch in unſerer Nachbarſchaft am Rhein und der Nahe; z. B. Vicus Julius zwiſchen Rheinzabern und Speyer >), Vicus Brittanorum 4), bei Mainz. Bei Bingen GBingium) am Ausflug der Nahe, erfcheint ebenfalls ein Bicus 5). Die Bewohner von Alzey Fommen auf einer Snfchrift vom Anfang des 3. Jahrhunderts ald Ficani Altiai- enses 6) vor ıc.
) Die hier citirte von Fuchs, Hüsgen, Lamey, Gerden, Lehne u. a. m. erläuterte Inſchrift auf dem Fußgeſtell des oft erwähnten Straßengenius v. J. 230, wurde nebft dem Fleinern Genius mit gleicher Erwähnung des Novus Vicus, ziemfich nahe bei dem oben gedachten Stein, auf der weftlichen Seite der Plat. quintana bei (q) gefunden. Weiter unten das Nähere.
2) Fuchs JL. c. II. p. 18.
?) Notitia dignitatum imperii etc. Lugd. 1608. fol. p. 179. Schoepflin Alsatia illustrata I. p. 230. Man hält es für Germersheim. ©. 3. E. C. Schmidt Geſch. d. Groß: herzogthums Helfen. 1819. II. p. 363.
) Brezzenheim, das alte Sicila, wo Kaif. Alex. Sever. und feine Mutter Jul. Mammaea im J. 235 ermordet wurde. ©. Kehne Rhein. Archiv Jahrg. 1810. 5. Heft p. 242.
5) Ausonius in Mosella (im Anf. ).
6) Schmidt 1. c. p. 359. Dr. Emele Befchreibung ron.
80
Das Dorf Hedernheim wird von Hrn. Dr. D. im Anfang feines Aufſatzes «ein von Hadrian ange— legtes Gaftell genannt, in dem fid) täglich viele merfwürdige Alterthimer fänden. »
An Drt und Stelle hätte er fich leicht unterrichten koͤnnen, daß Hedernheim weder ein Baftell war, noch daß fich in dem Drt, oder defjen Umgebung big an das Heidenfeld, je roͤm. Alterthimer fanden.
Als Fundort des Altars wird die Stelle be— zeichnet, «wo Alterthumgsfundige das Caſtrum hin— fegen. » ?
Bei diefer fehr allgemeinen Angabe die weder auf die Localität überhaupt, noch auf den eigentlichen Fundort bei (k) paßt, follte man beinahe eine Ver— wechslung mit Praetorium und eine DBerfesung des Dorfs Hedernheim in den Bezirk des Vicus vermuthen, zumal da Hr. Dr D. noch zum Scluß «eines in Hedernheim ausgegrabenen und in das koͤnigl. Mufeum in Bonn gefommenen geflügelten Merfurfopfs erwähnt, der zu dem obengenannten Altar gehört zu haben fcheine. »
Alfo auch noch ein zu dem Altar gehöriger Genius mit einem geflügelten Merkurkopf! und diefer in dem Saftell Hedernheim ausgegraben, einer Entfern- ung von mehr ald 1000 Schritten!
und deutfcher Alterthümer in Rheinheffen, Mainz; 1825. p- 77. Die Inſchrift Tautet: Vicani Altiaienses aram posuerunt — — X Kal. Dec. Maximo ct Aeliano cousu- libus. (d. 22. Nov. d. G. 2255 — nidt «21. Nov. 224»).
81
Sp viel über die Erläuterungen des Herrn Hofrath Dorow, denen ic, bei diefer Beranlafjung nur deshalb einige Bemerfungen beifügte, da in der nachmaligen Berufung auf defjen frühere Abhandlung, eine Aufz forderung zur Anerfennung oder Berichtigung feiner Anfichten zu liegen ſchien.
Zur Erflärung der Platea Quintana gehörig, möchte ferner noch ein Botivftein zu betrachten feyn, der ſchon in früherer Zeit, nicht ferne vom Fundort der eben befchrie- benen Ara entdeckt, und an der füdlichen Seite eines Nebengebäudes im Freiherrlich von Breidtbady’fchen Hof zu Hedernheim eingemauert wurde, Die fehlende vordere Hälfte diefes Fragments veranlaßte fo viele Sonjecturen über die Bedeutung der Schrift, daß ic; mich beftimmt fah denfelben an Ort und Stelle genau zu zeichnen und die Abbildung auf Tab. VI. beizufügen. Unter den abwei— chenden Xefearten eines Öruter, Reineſius, Lip— fing, Lersner, und Fuchs, möge nur die des Lep- tern hier ihre Stelle finden, welche er Cim I. Theil feiner Mainzer Gefchichte p. 61.) mit der Verfichgrung mittheilt, «den Stein felbft gefehen und die Buchftaben abgefchrieben zu haben. »
«J4:H: .D..;D. DEAE FORT #l..AFIIO DORVS IAIA..MAVRA BR Von Pa ala M.»
82
«I (n) H (onorem) D (omus) D (ivinae) DEAE. FORTVN (ae) AEM (ilius) AELIO DORVS PR (aefectus) ALAE MAVRO (rum) EX V (oto) P (osuit) L (ibens) L (aetus) M (erito). » « Zur Ehre des göttlichen Haufes, der Göttin Fortuna, hat Aemilius Aelio Dorus, Dberfter des Flügeld der maurifchen Keuter, diefen Stein willig, freudig, begnügt geſetzt, aus Gelubd. »
Fuchs giebt mehrere Budyftaben der Iinfen Seite als wirflic; vorhanden an, von denen fich auf dem Stein feine Spur wahrnehmen läßt; andere Buch— ftaben mußten ſich nach dem Sinne bequemen, den er der Inſchrift beilegte.
Wäre der Stein nicht vorher als Fuchs ihn fah, fehr hoch eingemauert und dadurch vor Zerjtörung ger ſchuͤtzt geweſen, fo Fönnte dies auf die Vermuthung leitet, daß die fehlende Seite, fpäter beim Einſetzen verloren gegangen ſey.
Sch will hier (salvo meliori) verfuchen, die muth- maßlich nach Verhältniß des Raumes vorhanden gewe— fene Schrift, durch Punkte auf der Abbildung Tab. VI. zu ergänzen.
Wenn wir die fehlenden Buchftaben der gewoͤhn— lichen erften Formel IN als Maafftab für die Breite des fehlenden Stuͤcks annehmen, fo läßt fich fchliegen, daß bei dem erjten Wort der zweiten Zeile, mehr als ein Buchftabe verloren gegangen feyn müffe.
85
Sch habe es durch Plateae ergänzt, da dieh zu dem darauf folgenden Wort FORI am beften zu paſſen fehien, und diefe Vermuthung auch durch den Fundort des Steins bei (k) unterftüßt wird.
Das Heinere I (bei fori) ijt zu Deutlich, ale daß fich durch die Verwandlung defjelben in ein gleichgroßes T die Lefeart «Fortunae » rechtfertigen Tieße.
Bon den Anfangsbuchftaben des folgenden Wortes ift nichts mehr vorhanden als I oder ein Theil eines andern Buchftabene. Das Wort ARAM würde ben fehlenden Raum vollfommen ausfüllen.
on dem Worte AFLIO der vierten Zeile, ift ber Buchftabe F nicht zu verfennen. Dieſe Schriftzuͤge moͤch— ten jedoch auf Feine Weife zu den Buchſtaben der fols genden Zeile gehören, da diefe viel größer find. Am aller wenigften läßt fi) der Name Aelidorus daraus bilden, indem einestheild der Endfilbe OR wenigftend 2—3 Buchftaben vorher gegangen feyn müffen, anderntheild die Buchftaben VS durch einen deutlichen Punkt von dem vorhergehenden Wort getrennt find,
Die Erklärung und vollfiändige Grgänzung ber uͤbrigen Schriftzuͤge überlaffe ich dem Scharffinne ge— übterer Ausleger, indem ich noch bemerfe, daß fich aus fleineren Buchftaben der legten Zeile, da die Oberfläche des Steins durch beftändige Einwirkung der Witterung fehr gelitten hat, wohl fihwerlich ein Praefectus alae maurorum herausbringen lafje, und von der Endformel ex voto posuit, libens, laetus, merito, ſich feine Spur vorfindet. — Durch die Xefeart FORI würde Dagegen in Uebereinftimmung mit dem Fundort Des
Si
Steins, die Lage des Forums bezeichnet, welches von der Platea Quintana den Namen Forum Quin- tanum führte.
Auffer den genannten Hauptftraßen, auf deren Seite ſich Gebäude an Gebäude in ununterbrochener Folge reiheten, finden ſich noch viele Eleinere Nebenftraßen, (Vieinales 1), Angiportus) 2), die parallel mit den größern, den Vicus in fleinere Quartiere abtheilen. Bis jest wurde erfi eine Fleine Anzahl derfelben ent: det, welche auf dem Plan Tab. IV. angegeben find.
Die Bauart der Straßen ift nadı Verhältniß ihrer Größe verfchieden. Die Hauptftraßen in einer Breite von 18—24 Fuß, find nach Art unferer Chauffeen in der Mitte etwas gewölbt und auf der Seite mit einem tiefern Banquett verfehen 3). Bei Durchbrech= ung mehrerer Straßen, welches wegen der dauerhaften Anlage derfelben, fehr mühfam und fchwierig war, ließ ſich die zwedmäßige und forgfältige Verfertigungsmeife erfennen. Cine Unterlage von fchweren Bafaltmaffen von 1— 2 Fuß cub. Gehalt bildet bei den größern Straßen die Grundlage (Geſtuͤck); grobes Abfallgeftein und Kiefel von 3—6 Zoll Durchmeſſer, füllt die Zwiſchen— räume ber unterftien Schicyte; Schutt und Kleinere Steine bildet die dritte Lage, und ein mäßig grober
1). HMygin L. c. S.
6
)) Die gepflaſterten Straßen in Herculanum waren nad Windelmann, 25 röm. Palm breit, (1 Palm — $'/, parif. Zoll) mit erhöhetem 10'/, Palm breitem Banquett für die Fußgänger.
85
Kies ebnet die Ungleichheiten der Wölbung. Das Ban; quett auf beiden Seiten der Straße hat feine fchwere Steinunterlage, fondern deffen Fläche ift nur mit einem etliche Zoll dicken Kiesauffchutt abgeglichen 1).
Den kleineren Berbindungsftraßen, welche gewöhnlich in einer Breite von etwa 12 Fuß vorfommen, mangelt nur die erſte ſchwere Grundlage; im Mebrigen tft ihre Bauart den andern gleich.
Die forgfame Anlage und Unterhaltung der Straßen im Innern des Vicus ſcheint die Hinzufügung eines Pflafters entbehrlich gemacht zu haben, wie man es hie und da an den römifchen Heerftraßen wahrnimmt. Ich begreife daher nicht, wie Hüsgen (p. 92.) behaupten fonnte, «daß nach mehrmaliger Befichtigung, der ge: pflafterte Weg der von der Saalburg durc das Ca- strum Hadriani (unfern Bicus) führte, alle Aehnlichkeit mit der rom. Via Appia und Flaminia gehabt hätte!» 2.
Db die römifche Heerfiraße, welche den Vicus mit Gafjel bei Mainz verband, gepflaftert gewefen, oder in
——
) Die Straßen im Innern des Gaftellg bei Niederbieber zeigten eine weniger dauerhafte Anlage. Nad Dr. Do: row’s Alterth. v. Neuwied p. 35. follen fie, «nach einer vorgenommenen Schlemmung, aus einer Art Pife be: ffanden haben, einer Mifchung, deren Hauptbeftandtheile Zraß mit Sand und Ihonerde war. »
>) Hüsgen ſah wahrfchernlich die Reſte der neuern Eliſa— bethenftraße, die, wie ich oben bemerkte, durch den Vicus führt, für ein röm. Pflafter an, wiewohl daffelbe ihm zu einer Vergleichuug mit der Via appia etc., nach den Schilderungen eines Procop. de bello goth. etc. und mehreren neuern Schriftfteller, wahrlich Feine Veranlaſſung geben konnte.
86
Anfehung ihrer Bauart mit der im Innern übereins jtimme, bedarf noch einer Unterfucdyung.
Neuhof!) behauptet wenigftend «daß von der Saal— burg bei Homburg aus, eine erhaben gepflafterte vömifche Straße nach dem Castr. Hadriani führe», und Dies wird auch von Andern wiederholt.
Auch Dr. Dorom ?) erwähnt ſolcher gepflaiters ten Straßen in der Umgegend von Neuwied.
(Fortſetzung folgt.)
») Neuhof J. c. p- 16.
2) Deffen Alterth. b. Neumied 1. c. p. 13. «Gie follen aus Quarzgeſchieben und Bachfiefeln mit Mörtel verbunden, 37—4 Fuß unter der jesigen Erdoberfläche erfcheinen. Das Steinpflafter diefer 14—16 Fuß breiten Straßen, an deren Seiten, Spuren von Gebäuden und vielleicht Befeſtig— ungs=Thürmen (2?) vorfämen, ruhe dreifach über ein: ander gelegt, auf Traß.» Diefe von Hofmann fehon im Sahr 1793 bei Heddesdorf entdeckten Straßen, fcheineu einer ähnlichen unter dem Schutze des Caftelles bei Nied. Bieber gegründeten Niederlaffung, angehört zu haben, und es ift zu erwarten, daß eine aufmerffame Unterfuchung diefer Puncte böchft intereffante Refultate liefern werde.
87
10.
Beitrag zur Gefhihte des Münzmwejens, gefammelt aus Urkunden des Archives in Dil: lenburg, von des Herrn Johann von Ur: noldi, Königl. Niederl. Gcheimenrath3 und Com: mandeurs des belgifchen Töwenordens Excellenz.
Vorwort des Einſenders.
Da die Kenntniß des Muͤnzweſens einen hoͤchſt wichtigen Theil der hiſtoriſchen Huͤlfswiſſenſchaften aus— macht, und manche Urkunden ſich Ohne dieſelbe nicht gehoͤrig erklaͤren laſſen; die Muͤnzen ſelbſt aber in den verſchiedenen Gegenden und Laͤndern des deutſchen Va— terlandes verſchiedene Gattung und Benennung hatten; fo muß jeder Beitrag, der diefe Kenntniß zu befördern zum Zwecke hat, dem Gefchichtsfreunde angenehm feyn. Sn diefer Borausfegung folgen bier, von der Meifterhand eines würdigen Hiftoriographen, Wotigen ber das Münzwefen unferer Gegend aus dem 13. bis ins 17. Sahrhundert, Die derfelbe aus dem Archive in Dillens burg mit befannter diplomatifcher Genauigkeit und
großer Sachkenntniß gefammelt hat. Sl.
Ehronologifhes Berzeihniß von Münzen, mit Bemerfung ihres Wertbs, aus Urfunden. 1294. Denarius Wedereibensis. 2 = ı denar. Colon. 1509. Denarius Coloniensis. ı = 5 Hallensibus.
— — Marburgens. ı = 2 Ballens. s. Hallerıs.
85
1509 Denarius Wedereibens. ı = 2 Hallens. s. Halleris.
— Denarius, Nummus, (Synonyma.)
1313 Penninge. 1 = 5 Hallere.
— ein Schilling Penninge.
ı320 Marca Coloniensis. ı — ı2 Solıidis.
— Solidus, Denarius, (Synon.) ı = 5 Halleris.
1324 1 Marf — 36 Schilling Heller.
— eine Marf geler Penninge.
1343 Goldene Schilde. 1 = 16 Königs Turnos.
1544 Alte Turnos.
— Gute Guldeg.
— 1 Pfund Heller = 12 alten Grofchen.
— 1 Pfund Heller = 1 Heinen Gulden.
1346 Kleine Gulden von Florentien, auch parui floreni de florentia boni auri.
— Parui turonenses veteres.
— Grossus denariorum argenti.
— Florenus scuteus boni auri. Siehe 1350.
1347 1 Libra = 1 Floreno.
— ein Verdüng Geldes, Farthing, ferto.
1350 1 Scdildgulden = 1%!/, Turnos. Scildgulden, Schilde, (ſynonyn.)
— Goldene Hallinger cHolländifche Gulden) 1=1!/,
1359 1 Marf = 12 Scillingen.
— 1 Schild von Golde = 15 alten großen Königs» turnofen.
1362 1 Libra = 8 Grossis.
1363 Motteyne, vielleicht fynon. mit Brabant’fcher Moutons d’or, deren 1 = 2 Goldgulden.
1364 1 Golden Schild — 16 alten großen Könige- turnofen.
89
1369 1 Turnos = WM Haller. . 1383 Gute alte Gulden Schilde, gut von Golde und recht von Gewichte von Münzen des Kaifers zu Nom oder des Königs von Frankreich, 1591 Nheinifche Gulden. 1395 Gute ſchwere Kleine Gulden. 1 = 10 guten alten Zurnofen. 1398 1401 1401 Ein Pfund Heller. 1406 1 Marf Brabäntifh = 12 Weißpfenningen. — 1 Gulden =? alten Schilden. 1412 1 Libra — 10 albis denariorum. — 1 Gulden = 10 Turnofen. 1419 1 Krone — 20 Brabäntifchen Botdregeri. 41424 1 Oberländifcher Gulden = 8 Schillingen und 6 Pfenningen. 1433 Engelchen. ©. 1452. 1444 1 Schilling = 12 Heller. — 24 Scdillinge = 1 Gulden. 1447 1 fchwerer oberländifcher Nheinifcher Gulden — 24 guten Weißpfenningen, (Siegenifcher Währung). 1452 1 Engländer = 7, Heller. 1454 1 Albus = 9 Heller. — 1 Turnos = 24 Heller. — 12 Turnos = 1 Gulden. 1456 Goldene Pojtulates Gulden. 1458 1 Rheinifcher Gulden — 11/, Pfund Heller. 1 Gulden = 4 Marf.
1466 RN. : 41 Marf = 12 Schilling.
1 Marf = 15 Turnofen.
90
1466 | 1 Schilling = 12 Pfenningen.
1 Rädergulden = 24 Albus vd. 192 Pfenninge. Nach diefer Berechnung ijt der zu 4 Marf ange—
fihlagene Goldgulden — 3 Raͤdergalden oder 576
Pfenningen.
1466 1 Marf nach dem Münzwerth von 1349 = 1 Y,
Gulden.
1472 1 Poftulatengulden — 16 Albus.
— ein Pfund Gelds, (Mainzer Währung).
1478 60 Gulden on 9 Stoeffer vor 1 Gulden, madıt
an gemeinen Gulden 67 Gulden 6 Turnos. — auch 1494. 1 Gulden = 4 Mark Coͤllniſch. — endel befcheiden Gulden, verm. Rädergulden.
1486 1 Gulden an Gold = 30 Weißpfennigen.
— 1 — — Siber=24 — — 1 Schilling = 2 Weißpf. 3 Heller.
1495 Wilhelmus Schilde.
1495 18 junge 9. = 1NR. alb. Salte = 17 junge. 9. 1 fchlechter Alb. = 125. Alb. 1 Cölfn. m. Krone=15. 1fL.=24NR. alb. 1 Goldg. = 26 od. 39 fehl. Alb. 3 Coͤlln. Turn. = 2 8. Turn.
1505 1 Schilling = 3 Raͤderalbus.
1506 8 Hornsgulden = 3 Gulden 15 Albue.
1507 1 Goldgulden Coͤlln. = 26 Räderalbus,
1539 Joachimsthaler.
Schredenberger.
1540 1 Goldgulden = 16 Bazen oder 32 Albus.
1 gold. Franz. Krone = 38 Brab. Stüber.
1543 2 1 Derzog Philipps Burg. Guld. =Z253 —
1 balbe Reale = 30 Brab. Stüber.
91
1 Goldgulden = 20 Brab. Stüuͤber. 1543 1 Sarolusgulden = 20 — =
1 Sohanı Horns Gulden = 12 Brab, Stüb.
1 Soacyimstbaler = 25 Br. ©t.
1543 1 Goldgulden = 28 Br. St.
1544 1 Joachimsthaler = 31 Raͤderalbus.
1546 1 Thaler = 31 Näderalbus.
1550 1 Gulden = 60 Kreuzer.
1552 1 Gulden = 15 Baten oder 20 Blapperten.
1556 1 Krone — 40 Brabant. Stüber.
1556 Sächfifche Thaler mit gefchorenen Köpfen.
1 Rheinifcher Goldgulden = 11/, Frank furter Gulden zu 15 Baßen.
1 Doppelter Ducaten = 3 Thaler.
1 Ungarifcher Gulden = 1Y, Thaler.
1 Sonmnenfrone — 24 Basen.
1 Stalienifche Krone = 231%, Basen.
1 Portugalefer = 25 Basen.
1 Reyder (Räder) Gulden = 24 Albus.
1 Thaler zu 171/, und zu 18 Basen.
1 Baten = 4 Kreuzer.
1557 Kleine Silbermünzen: Schredenberger, Pauliner, auch Papeler, Basen, Kreuzer, halbe Basen, Snfpruder, Regalen, doppelte, ganze, halbe.
1557 1 Dert = 0 Kreuger.
' Eißbrüder. Regalen.
1570 4 Papalen oder Dreibäsner.
Doppel: und Halbeſtuͤcke zu 20 Bazen. 1 Portugalefer = 16 Thaler.
1557
92
+ 4 Ungarifcher Gulden = 11, Thaler. 1 Königsthaler = 20 Batzen. Gemeine Thaler = 171, Basen. Achtzehnbagenthaler. 1 Goldgulden = 19 Basen, Rofenobel — 4 Gulden. halber Portugalefer Ducate = 25 Baren. doppelter PBortugaler = 32 Thaler. Engelott — = 2 Gulden 10 Basen. Doppelducate = 4 Gulden. Ungarifcher Ducate = 29 Bagen. halbe Kreuzducate = 28 Basen. Sonnenfrone —H EEE Piftolet —$ ri doppelte Piftoletfrone = 50 Baten. 4 doppelte Piftolet = 100 Basen. Kiederländifcher Gulden = 12 Basen. 1 Ducate = 28 Baten. 1586 | Piftoletten, vier=, zwei= und einfache; die einfahe = 24 Basen. 1586 1 Goldgulden = 20 Bapen. Realen, doppelte und einfache; 1 einfache = 08. 1 Sonnenfrone = 25 Batzen. 1 Erufate = 27 Bagen. 1 Milerefe = 28 Batzen. Bononier. 1 NReichsthaler = 18 Basen. 1 Reichsgulden — 15 Baken.
1543
1570
—T
1581
Mm MA je
95
Ausfprucdh des K. u. R. Kammergerichts zu Speyer in einer Müngzftreitigfeit. 1559. 15. Mer;.
Bon G. Gn. Wir Michael Bifchoue zu Mörfenburg Kaiferl. Kammerrichter, Bekhennen, AUS der Wolgeb. Wilhelm Graffe zu Naſſaw, Gatenelnbogen, Vianden und Dieg, gegen auch vnſern befondern Eberharten von vnd zu der Thann in Ablöfung 2000 Gulden Widers Iofungsgullten in vngleichen Verſtanndt vnd Irrung fhommen vnd Graf Wilhelm es darfür gehalten, das er in Erlegung — obgenannter Summa — den Gulden anders noch höher dann in Frankfurter Wehrung, d. i. zu 27 Weißpfenning für einen yden Gulden gerech- net, zu erlegen vnd zu bezallen, dargegen aber gen. Eber— hart von vnd zu der Than fürgewendet, das die Wortt in der Hauptverfchreibung, «nämblich gutter genemer NRheinifher Gulden der vier Churfürften Ming oder Franffurtter Werung» — Goldtgulden, vnnd nit Ming Frannffurtter Werung bedeutten, vnd er der- wegen andere Ming noch Werung in Bezallung vnnd der Abloefung anzunemen, nit fchuldig were Alles — Innhalts ainer befigelten Supplication — fo vns vnd den vers ordneten des Kaif. Cammergerichts Beyſitzern Als come promittirten Richtern beede Theil — fürbringen und — uns vmb — fummarifche enntliche erclärung — vnnd endtfchidt — res vngleichen Verftandts erfuchen laffen, Das demnach Wir vnd die Beyſitzer bemelts K. Cammer— gerichts auf follic; der Partheyen Compromiff — Die vberfannte Supplication vnd ſach — zu befichtigen — vnd zu ermefjfen bewilliget. Darauff auch zulegt an heut
9%
datum nach notturfftiger angehörter Relation — Enndtlidh decidirt vnd erclärt haben, wie von Wort zu Wort hers nad) befchriben, In der veranlaßten fachen zwifchen ıc. Iſt erfhenndt, das Graf Wilhelm mit 2000 Gulden Haubtgelts Frandfurtter Werung den Gulden zu 277 WeißPfenning gerechnet die verfaufte 100 genemer Rheinifher Gulden der 4 Chur fürften Müng oder Frandfurtter Werung järliher nußgung, von Ime Eberh. v. u. zu der Thann widerumb an fich Fhauffen möge, Auch Er Eberhart — diefelbigen in obberurter Werung alfo antzunemen fchul- dig feye, Sollicher ytzt obbegriffener Decifion vnd erklärung haben Wir in vnnſer felbs, vnd dann der zugeordneten Beifigere, als der mit Compromittirten Namen, wol — ond ehegemelten Partheyen — dife Vhr- fundt vonder vnſerm anhangenden Innſigel verferttigen laffen, Doch uns im andere wege vuuergrifflich vnd fonnder Nachtaill. Geben in des H. R. Stat Speier am 17. Tag des Mon. Martii nach Chr. vnſers lieben Hern Seligmachers vnd erlöfers gepurdt 1550.
Edictmäßiger Werth der Münzen im Naffaus fhen, vor und in den Zeiten des dreißig— jährigen Kriegs.
Gulden. Albus. Im Jahr 1606. 1 alter Rofeno! el = 6 12
1 neuer — 1. Schiffnobel — 5 —
Im Sahr 1606.
Sm Jahr 1609
95
1 Doppelducat — . halber Ducat = halber Albertiner — alter Engellot = Milleſer — Sonnenkron = Cruſade = Spanifche einfache Piſtolet — . Stal. u. a. Piftolett — Goldguld. vd. Neal = Reichsthaler — Koͤnigsthaler — Fuͤnf Ort —
— — — —— 2 — —
Reichsguldener Frank Franzoͤſiſcher Dick
— er — — —
1 Lothringer Die — 5 Schredenberger oder Scaffhäufer — 20 Eifbrüder = 1 Masblanf — 1 halber Basen =
Schiffnobel Sonnenfrone Grufade
alte Roſenobel Albertiner
Te ES
ae |
Gulden. Abus. 5 8 2 10 1 18 4 —— 2 6 2 6 2 5 2 6 2 4 1. >24 1 15 1 18 1 18 1 7
14
= 10 4 Pdf.
—
1 3
1 3
1 6 7»
Gulden. Bapen. 4 4 2 — 2 1
9b
Gulden, Bagen.
Im Sahr 1609. 1 Goldgulden 1 Ducat 1 Reidysthaler 1 Koͤnigsthaler 1 Silberfrone 1 Rofenobel 1 Reichsgulden 1 doppelter Albertiner 1 alter Englot 1 Poftulatenfrone 1 Mesblanf 1 Schredenberger — 3%
1
m» or o m m Mn
Eee nee!
10 4
6 8 9
Im Jahr 1620. Den Gulden nach ſchlechtem Geld zu 24 Alb. und den Alb. zu 8 Pf. ge
rechnet:
Goldmün zen: Gulden, Abus,
1 Roſenobel 1 Goldgulden 1 Ducat 1 einfache Crone 1 Pijtolet 1 Grufade 1 Bouillonifcher Güls denthaler = 2 1 Portugalefer == 1 Portugallifcher Te— ftumen oder 1/, Porz tugalefer = 14 Silberne Münzen. 1 Reichsthaler = 2
ae
—
8 12
16
97
Im Jahr 1620. 1 Albertiner od. Kreuz- Gulden, Albus. thaler == 2 12 1 filberne Krone — 3 2 1 Königsthaler a
1 neuer Albertiner mit doppeltem Angefiht — 3 5 4Pf.
1 neuer Hollaͤndiſcher Thaler = 1 16 4Pf. 1 Sechsbaͤtzner — — 12 1. leichter Sechsbaͤtin. — 9
1 alter Schaffhäufer oder Dreibäßner = .— 6 1 neuer — ee 4 1 alter Dreikreutze = — 1 4Pf.
1 neuer Reichs Drei— kreutzer — — 1 Sm Jahr 1623. Den Gulden zu 60 Kreußer gerechnet: Goldmünzen: Gulden. Ar. 1 Rofenobel = 5 4 1 Schiffnobel = 4 3 1 Engelott u 24 1 Ducat = 2 24 1 Kreußducat — ar. 10 1 Welfche Krone = 3 — 1 Goldgulden = 1 44
1 Span. oder franz. Krone = 2 4
w
98
Silbermuͤnzen.
Im Jahr 1623. 1 ſilberne Krone
1Philippsthaler
1 Reichsthaler
1 halber —
1Ortsthaler
1 Reichsthaler mit der
Zahl 72
1 Reichsgulden
Sm Sahr 1624. Den Gulden zu 24
Gulden.
Albus, 8
Kr. 44
20 Kur⸗
fürftenpfenninge zu 1 ſchwerem Alb., 9 andere Pfenninge aber zu 1 Alb.
gerechnet: Goldmünzen 1 Rofenobel 1 Sciffnobel 1 Englott
1 Ducat
1 Kreugducat
1 Welfch oder Pifto- letfrone
1 Goldgulden
1 fpan. und franz. Krone
1 Portugalefer
1 Teſton
1 doppelter Gulden- Ritter
Gulden, — 5 == d
3
[85
Il a
36 9
lee
N ke) }
Abus, 15
2Pf.
99
Bulden. Abus, Sm Jahr 1624. 1 Jacobiner = 6 16 Silbermüngzen: 1 Silberfrone == 1 22 1 Philipps- oder Koͤ⸗ nigsthaler, auch 6 ganze u. 10 halbe Kopfſtuͤcke == 1 20 4Pf 1 ganze ſpan. Matte= 4 Kopfſt. 1 Reichsthaler = 1 16 1 halber Thaler u 20 1 Reichsort — 10 1 Reichsthaler mit der Zahl 72 —17 4Pf. 1 Reichsgulden mit der Zahl 60 = 1 12
11.
Gefhihte der Kirhe und Pfarrei Hoen, von Herren Pfarrer und Schulinfpector Bogel in Schönbad).
Das Kirchfpiel Hoen liegt auf der Höhe des Weſter— waldes, gehörte in der Vorzeit zur Graffchaft Dietz und fpäter zum Firftenthum Naffan- Hadamar. Auf der einen Seite war es von der Grafjchaft Weſterburg, auf der anderen von der Nifter gegen Die alte Herr— fchaft zum Wefterwald begrängt.
100
Daß die Herleitung feines Namens von Hain (ab indagine) die richtige fei, beweifei die alte Schreibart deffelben. Folgende Dörfer bilden daffelbe: Hoen, wo die Pfarrfirche fiehet, Urdorf, Dellingen, Schönberg, der Sit der Pfarrei, Hahn, Kadenberg, Dreisbad) und Ailertgen 2). Die Orte Hinterfirchen, Hoͤlzen— haufen, das ausgegangene Nieder-Bellingen und Püfchen gehörten von den früheften Zeiten an auch dazu, find aber 1816 nadı Rotzenhan, wohin fie ſchon immer ihre Todten beerdigten, verwiefen worden. Auch die Dörfer Hildenhan, Neuftadt, Schellenberg, Pottum und das ausgegangene Schornberg, urfprünglic; alle Weſter— burgifch und nach Gemünden eingepfarrt, fchloffen fich, ehe fie 1614 dem neuen Kirchfpiele Rennerod zugetheilt wurden, einige Zeit dem hiefigen Kirchfpielsverbande an.
Schon im zehnten Jahrhundert fommt es unter dem Kamen Hana, ald Eigenthum des Herzogs Hermann von Allemannien vor, der e8 Damals mit der Kirche in Humbach, dem jegigen Montabauer?), an das Klofter
*) Hier entfpringt die Elbe, die unter Limburg in die Lahn fließt. Der Ort ihres Urfprungs heißt in den Elben (Ellern oder Erlen Betula alnus, Lin.) Daher ihr Name.
2) Die von mir im erften Bande der Naflauifchen Kirchen: und Gelehrtengefhichte von ©. 57 an mitgetheilte, auf hohe Wahrſcheinlichkeit begründete Nachricht, daß das alte Hum— bad) das jegige Montabauer fei, ift nunmehr zu dipfoma= tifcher Gewißheit erhoben. Ein Manufeript auf Pergament aus der erften Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts, enthält auf 13 Foliv-Seiten «Antiqua jwra Archiepiscopi Treviren- sis,» und unter anderen dag befondere Rubrum: Haec sunt jura Archiepiscopi Trevirensis in banno ville de Himbach.
101
der heiligen Maria, das nachherige Floringftift in Cob— lenz fchenfte 5). Das Iegtere ift hoͤchſt wahrfcheinlich aud) bald darauf der Erbauer der hiefigen Kirche und der Gründer der Pfarrei, deren Sit von Anfang an in dem Dorfe Schönberg war, geworden. Beide waren wenigftens im Sahre 1100 ſchon vorhanden. Damals befchreibt der Pfarrer Johannes von Driedorf die Lage des Pfarrgutes und eines Pfarrwaldes zwifchen der Niſter und der Hirzbach, welches noch jetzt bis auf den Wald, der als Eigenthum an die Gemeinden überges gangen ift, übereinftimmt.
Sm folgenden Jahrhundert kommt diefes Kirchfpiel unter dem Namen einer Provinz vor, welche Benennung aber wohl nichts weiter ald die Gegend von Hoen und feiner angrenzenden Nachbarn bezeichnen fol. Su diefe Provinz oder Gegend fiel im Jahr 1114 ein Lehns—⸗ mann des Grafen Ulrich8 Coon Idſtein) mit einer Rotte böfer Buben unvermuthet ein, veruͤbte mandhe Grau— famfeiten und ließ viele Menfchen verftimmeln und toͤdten. Die Einwohner, von Natur wild und unbändig,
Eine fpätere Hand fchrieb zwiſchen 1319 und 1523 da= hinter: quae nunc Munthabur appellatur. Hiermit ift aljo bewiefen, daß der 1200 noch Humbach genannte Ort im folgenden Jahrhundert Montabauer hieß. Denn daß er in der von mir gelieferten Urfunde Humbach und hier Him— bach heißt, daran wird fich wohl niemand ftoßen.
) Diefe Schenfung umfaßte quidquid dux predii in Hana comprobatur habere. 8. 1. ©. 75. des angef. Archives. Ih war früher Ca. a. DO. ©. 68.) ungewiß, was unter Hana zu verftehen fei, weil mir damals die Rechte und Einfünfte des Floringftiftes in Hoen noch unbekannt waren.
102
wurden dadurc aufs Höchfte gereist, und dem erhobenen Yandgefchrei folgend, verfammelten fie fih von allen Seiten zu blutiger Rache. Sie fchlugen ihre Dränger und Würger in die Flucht und verfolgten fie bis an die Lahn. Hier mußte Ulrich wegen der vielen aus— geriffenen und ermüdeten Laftthiere Halt machen. Ein Theil feiner Fußgänger warf die Waffen weg, und fuchte fich in einem Walde zu verbergen, die übrigen aber glaubten Sicherheit in der Kirche zu Limburg, wohin fie flüchteten und fich flehend vor den Altären niederwarfen, zu finden. Die Erbitterung ihrer Vers folger aber fchonte auch das Heiligfte nicht mehr. Die Kirche wurde mit Gewalt erbrochen, und die darin ergriffenen Flüchtlinge niedergemact. Cine Vorftellung der Stiftöperfonen in Limburg an den Erzbifchof Bruno von Trier, um Beftrafung diefer frevelmüthigen Ent— weihung ihrer Kirche, bat ung diefe Nachricht aufs bewahrt 1).
Eine andere für das Kirchfpiel ebenfall® ungluͤckliche Begebenheit mag hier als an jchieflicher Stelle folgen, vb fie gleich viel fpäter if. Die befannte Fehde zwifchen Dietrich von Sfenburg und Adolph von Naffau um den Erz;bifchöflichen Stuhl in Mainz, die mehr durch Raub und Verheerung als offened Schlagen geführt wurde, verbreitete ihre fihreclichen Folgen bis in diefe Gegend. Philipp der Aeltere von Kasenellenbogen nd Ger: bard II. von Sayı nahmen, diefer auf des Iegteren, jener auf des erfteren Seite, daran Theil. Philipp
‘) Broweri Annales Trevir. II. 12.
105
riickte 1462 gegen Sayn aus, und verbrannte auf feinem Zuge am 4. Mai, die Kirche zu Hoen, die Pfarrgebäude zu Schönberg und mehrere Dörfer des Kirchfpielß.
Das Klorinsftift in Goblenz übte bei der Kirche Hoen alle Nechte des Archidiacons aus, hielt Die Synode und beftätigte die vorgefchlagenen Geiſt— lichen, wofür e8 denn die Zehnten und Sendhafer 3091). Diefe Einfünfte hat es zwifchen 1607 und 1621 an Graf Georg von Naſſau-Katzenellenbogen verfauft, ift aber bis 1752 im Beſitze des Inveſtiturrechts ges blieben,
Neben diefem finden wir das Nonnenklofter Dber- werben in der Graffchaft Walde, von den früheften Zeiten an im Befis des Präfentationsrechtes dieſer Kirche, und fo vieler Huben, oder einzelner Bauern— guͤter, daß es die Errichtung eines ihm eignen Huben⸗ gerichtes 2) nothwendig achtete. Wann und wie dafjelbe zu diefem Eigenthum gefommen, ift unbekannt. Der Schirmherr diefes Klofters Graf Volkwin (won Walde)
2) Diefes ift der Grund, warım fih Hoen im Decanat: vegifter von Dikirchen nicht findet, und wornach das darüber B. J. ©. 55. des Archives, Gefagte verbeffert werden muß.
2) Die befonderen Gerechtiamen dieſes Hubengerichtes giebt ein Urtheil der Amtleute in Dieb von 1546, 16. März, näher an. Es hatte die Entſcheidung in allen Eivilrechtsfachen, welche die Huben und Hubener angiengen. Die Erecution feiner Urtheife volzog der Tandesherrliche Gentaraf. Die Apellation gieng von ihm an den Oberhof in Dies. Alle Griminalfälle, die auf den Huben vorfielen, gehörten vor den Grafen. Es beftand aus einem vorfisenden Schultheis und 12 Schöffen.
104
hatte ohne deſſen Wiffen und Einwilligung die Vogtei über diefe Rechte und Güter in Hoen an Giegfriel von Runfel, für 20 Mark verpfändet. Dadurcd, erlitt daffelbe eine merfliche Schmälerung feiner Einfünfte, und fuchte deshalb 1209 den Grafen Volkwin zur Wieder- einlöfung der Vogtei zu bewegen, die Runfel, wie es ſcheint, gerne länger behalten hätte 1). — Später ge- langte die Abtei Marienftadt bei Hachenburg zum Mit- befige diefer Güter und des Hubengerichts, bis fie end- lich, nachdem Graf Philipp von Walde zur Zeit der Einführung der Kirchenverbefferung, in feinem Lande das Klofter DOberwerben aufgegeben hatte, das Ganze an ſich brachte. Diefes gefchah 1560, 31. Juli, durch einen in Siegen abgefchloffenen Kauf. Walde erhieit 30 Thaler und eben fo viele Goldgulden von Marien: ftadt. Der Churfürft Johann von Trier beftätigte ale Ordinarius am 8. Auguft der Abtei diefe neue Beſitzung, und er fowohl ald Graf Johann von Naſſau-Katzen— ellenbogen, welche beide damals die Graffchaft Dies noch in Gemeinfchaft befaßen, ließen fie 1561, 20. Juni durch ihre Amtmänner Dietrich von Dies und Andreas von Brambach in diefelbe wirklich einführen. Dadurd) war denn aud) der Kirchenfas an diefe Abtei gefommen, von der fie bei der eben erledigten Pfarrei fogleich Gebrauch machte, und 1561, 15. Mai, den Sebaftian Floere von Altenfirchen dem Florinsftifte präfentirte. Unterdeffen hoben Trier und Nafjau ihre Gemein fchaft in der Graffhaft Dies auf, und theilten fich
) Diefe Urkunde ift unten mitgetheilt.
105
1564 ab. Dadurch gelangte Naffau zum alleinigen Befige des Kirchfpield Hoen. Kaum fah ſich Graf Johann der Aeltere von feinem läftigen Mitregenten befreit, als er Luthers Religionslehre hier einzuführen begann. Der Pfarrer Floere oder Floretus fing noch in diefem Jahre an, das Evangelium nad) den Grund: fügen diefes Theologen zu predigen, und das Abend- mahl unter beiden Gejtalten auszutheilen. Die Meffe und Dhrenbeichte aber wurden noch eine Zeitlang bei- behalten. So ſchonend und liebend fuchte man hier die geläuterten Anfichten der Religion zu verbreiten, und ohne daß man fie jemand aufdrang oder irgend ein Gewiffen beläftigte, wurden fie bald in allen Gemeinden herrfchend. Diefer erften Reformation folgte bald eine zweite, wodurch das reformirte Bekenntniß eingeführt wurde.
Nach diefer Aenderung des ganzen Firchlichen Kultus und der Einführung vernunft- und fchriftgemäßer Lehren, fuchte man dem Abte von Marienftadt feinen Einfluß auf die Befegung der Pfarrei zu entziehen, weil man beforgte, daß ein Fatholifcher Abt an der Befekung einer proteftantifchen Stelle nie fs reines Sntereffe haben koͤnne, und feine Einmifchung dem firchlichen Leben mehr hinderlich als förderlich fein möchte. Der Pfarrer Erasmus Floretus wurde demnad; um 1602 von Naffau hier angeftellt, ohne vom Abte präfentirt zu ſeyn. Anfangs fcheint diefer fich dabei beruhigt zu haben, fing aber 1614 an, über diefe Entziehung feines Rechts beim Grafen Johann Ludwig von Naſſau-Hada— mar Klage zu führen. Diefes wurde von ihm 1623 wiederholt. Nach mancherlei Verhandlungen von beiden
106
Seiten wurde endlich die Sache 1628, 24. Suli dahin verglichen, daß Marienftadt im Beſitze des Präfens tationgrechtes bleiben, und bei dem Pfarrer Erasmus Floretus die unterbliebene Präfentation noch nachgeholt werden folle; wie e8 denn auch gefchah.
Hierauf trat das für dad Naffau- Hadamarifihe Kirchenwefen fo entfcheidende Sahr 1629 ein. Graf Sohann Ludwig machte 1630, 30. Mai den Abt in Marienjtadt mit feiner Religionsveränderung und mit dem Plane, feine Unterthanen zur fatholifchen Confeſſion zurück zu führen, befannt. Er bat ihn zu der Pfarrei Hoen, die Floretus nicht länger befiken Eönne, einen tuͤchtigen Fatholifchen Geiftlichen vorzufchlagen. Der Abt verfprach diefes, und der evangelifche Geiftliche hatte am 31. Auguft die Pfarrei fchon verlaffen. Doc fcheinen fid; hier dem DVorfchreiten der neuen Confeffton viele Hinderniffe entgegen gejtellt haben; wenigſtens wurde die Pfarrei erft 1644, 24. Suni, mit einem Katho- Iifen befetst. Das Collatur-Inſtrument fagt « ob infesti- nationem haereseos» habe fie fo lange offen bleiben müffen. Von jest an uͤbte Marienftadt das Gollatur und das Florinftift das Inveſtiturrecht ungeftört aug, und immer waren e8 Marienftädter Gonventualen, die hier die geiftlichen Functionen verrichteten und Die Pfründe genoffen, — Als aber die Naſſau-Hadamariſche Linie längft ausgeftorben, und das Kirchfpiel Hven an die Diesifche oder Dranien - Naffauifche Linie gefallen war, ergriff diefe 1752, 27. Sunt, am Todestage des let:- ten hiefigen Gonventuals aus Marienjtadt, von der Pfarrei Befiß, und geftattete der Abtei ferner feine Präfenta- tionen mehr. Hieruͤber entfpann ſich ein Rechtsſtreit,
107
da fich die Iegtere an das Neichs- Kammer = Gericht wandte, und es erfchienen von beiden Seiten Druds fohriften 1) zur Erläuterung der Sache.
Dranien- Nafau gründete vorzüglid, fein Recht auf das im Weftphälifchen Frieden feftgefeste Normal-Gahr 1624, worin fich die Abtei auffer dem Befisftande des Präfentationsrechtes befunden, und daſſelbe erft 1628 wieder erlangt habe.
Hoen war und blieb für Marienftadt verloren, und vergebens war defjen Vorficht gewefen, noch beim Leben des alten Pfarrers 1751, 25. Suli, einen anderen, den Theodor Link, in Borfchlag zu bringen und vom Florinftifte betätigen zu laffen. Diefer konnte niemals zum Beſitze der Stelle gelangen.
Fir das Kirchfpiel wurde dieſe Veränderung eben nicht ven günftigen Folgen begleitet. Kaum waren die Brüder von der Negel des heil, Berhards gewichen, als es in die Hände von Bettelmönchen fiel, und ſich deren mannichfachen Geld und NaturaliensTerminationen ausgefest fah 2). Diefe gehören wahrfcheinlich mit zu
1) Non Seiten Dranien-Naffaus erfchien : Conspectus causae cum summaria recapitulatione ante actorum ad processum Marienstadiensem, puncto juris praesentationis. (Herborn 1753.) Folio. Ron Geiten Mlarienftadts: « Rechtliche Erörterungen einiger Fragen aus dem Weſtphäliſchen Srieden, oder nöthig befundene Erörterung in Sachen Abts und Con— vents Marienftadt, contra die fürftl. Naff. vormundfchaftl. Regierung, quasi mandatum de non turbando in possess. vel jur. constit. parochum. » MWeblar 1757. Folio. Man fehe darüber nach: Ueber die Pfarreiverwaltung der Sranzisfaner Mönche, befonders im Fürftenthum Naſſau— Hadamar. Ein Sendfchreiben. Diüffeiderf 1783. 8.
{7} —
108
wirffamen Urfachen feiner traurigen öfonomifchen Rage, in der es fich noch jest befindet. Die biefige Pfarrei wurde nämlich dem Franzisfaner - Klofter in Hadamar übergeben, bei dem fie bis zu deffen Säcularifation blieb. Seit 1816 aber wird fie von Weltgeiftlichen verfehen.
Die Einnahmen der Pfarrei beftehen in Geld, Zehn- ten, Brandholz und Hafer, welche die Kirchfpiele- glieder liefern. Auffer dem befist fie fehr bedeutende Grundſtuͤcke, welche ihre Hauptrente bilden.
Die Kirche zu Hoen liegt auf dem höchften Puncte des Kirchfpiels, und fo offen, daß fie von allen Sei— ten aus ziemlicher Ferne gefehen werden kann. Sie ift ein altes Gebäude mit drei Glocden, welche 1462, 1723 (die alte 1495) und 1738 gegoffen worden find, und durch ihre Harmonie erfreuen. — Sohannes der Täufer und Valentinus waren früher der Kirche Patrone, feit 1644 aber ftebet fie unter dem Schuße der hochgelobten Jungfrau. Diefer zu Ehren war ſchon 1490 hier ein Nebenaltar mittelft Schenfungen der Kirchfpielsgenoffen errichtet, der durch einen befonderen Altariften bis zur Neformationgzeit bedient wurde,
Mit der Einführung der Reformation wurde auch die Schule errichtet, und die Einfinfte des Gloͤckners zur Befoldung des Schullehrers verwendet. Diefer war ein wiffenfcdaftlich gebildeter Theologe, und zugleich Diafon des Pfarrers.
Als Pfarrer haben bier geflanden:
Sohannes von Driedorf, im Jahr 1000 und noch 1124.
Johann Zane, 1405,
109
Cuno Koch, am Schluffe des 15. Sahrhunderte.
Sohann Heimann, 1508.
Johannes Fabri von Schönftein, 1546 } 1560.
Sebaftian Floere oder Floretug, 1561 F 1614.
Anton Mofer, Diaconus 1563.
oft Heyderich, Pfarradjunct feit 1595. 1596.
Erasmus Floretus, 1602, zog ab 1630.
Sohannes Kranenfus aus Marienftadt, von 1644 bis 1650.
oh. Caspar Pflüger, von 1650 bis 1658, wo er Abt in Marienftadt wurde.
oh. Wolfgang Sparmapyer, 00n1659 big 1663.
Anton Steinen, von 1663 bid 1684.
Henrich Holzflau, 1684 bis 1707.
Bincenz Keffenius, 1707, ftarb 1722, 3. Novbr.
Wilhelm Emons, 1733, ftarb 1752, 27. Suni.
Hier folgt die oben v. J. 1209 angeführte Urkunde.
In nomine sancte et individue trinitatis amen. Ego Bertholdus Dei gratia sancte Marie et sancti Georgii in Verve prepositus notum facio tam futuri quam presentis evi fidelibus ad quos hujus pagine series pervenerit, quod dominus Folcwinus comes illustri ortus prosapia ex libera electione nostra coe- nobii nostri advocatus abutando jure suo ad quod de gratia erat invitatus advocatiam quorundam bonorum cenobii nostri in Zene cujus jus cum prepositus recla- maret in pignore viginti marcarum domino Sifrido de
Runcgel obligavit. Cum itaque protractu temporis ex ob-
110
ligatione predicta cenobium in suis redditibus sentiret defectum multa precum instantia hoc apud dominum Volcwinum obtinuit, quod divine majestatis intuitu et in anime sue salutem predietorum bonorum advoca- tiam de rebus suis redempiam beate Marie cum uxore et filiis devotus offerret et omni jure suo quod in jam dietis bonis se dixit habere renunciaret. Audita hac bonorum redemptione dominus Sifridus cui erat impignorata adyocatia et in cujus erat vicinia timens sibi vel successioni sue imposterum aliquod gravamen suboriri nequaquam bona a se redimi permisit nisi de hoc certus efficeret quod cenobium beate virginis cum advocatia et cum alia utilitate predicta bona possideret et nisi cenobium privilegii sui attestatione firmaret si aliquem advocatum eligere vellet imposte- rum, quod tamen juramento se nunquam facturum promisit, dominum Sifridam vel filium ejus eligeret ut igitur hec que inter presentes acta sunt inconyulse firmitatis robur obtineant et illibata perseverent in testimonium redemptionis advocatie a domino Sifrido et nostre promissionis ei facte scriptum hoc sigillorum nostrorum munimine roboramus. Acta sunt hec anno dominice incarnationis Millesimo ducentesimo nono indictione nona presidente Romane sedi domino Inno- cencio anno pontificatus ejus undecimo et domino Öttone regnanlte anno regni ejus primo et domino Sifrido fasciam Moguntinam sedem gubernanie et domino Henrico in Seina comile. In nomine Domini
amen.
Il.
Mmiscellen.
J
0
N ” — ci ee, > til ran pink
* nn, ar Mau ar 7 mel: 1 in '
i zei we, N ua » TIEFER? oe Are
rue ni put ru
ia hal : nue —
ruhe Dom a
u sus B H | ablatiı wuck A
Lite dt F Eu
an yon ao PN. zu
) { \ yon er —XR ee ee EUARAREO EN KEUSERTEE 7 3 Yuan ü L ran ar ss ® Dr‘ ji 7 gi J * —A — ie — — —V — TE surahe) FOR —8R ALLEN nunewti Br u T DT wuingam ai Lie —
—R asp al 222 Dre
TEL TEN? Er #). sie a — a ihn bu —
base: Nam un. ee
⏑⏑ ae jrenitents Ki
Pr
Saan.be Ani wre ° War Pr ah un * en ag 66 u
Entdefungen im Gebiet der Alterthumsfunde in der Rheingegend, von Dr. ©. C. Braun, Prof. in Mainz.
I.
In der Haͤlfte des Monats Juni 1827 entdeckten die Arbeiter an dem neuen Werke der Kreuzſchanze, welches zu Mainz neben der Straße nach Hechtsheim, unter der Leitung des kunſtſinnigen und die Gegenſtaͤnde des Alterthums mit Einſicht wuͤrdigenden k. k. öfterr. Genie— Hauptmannes von Pittel, angelegt wird, in einer Tiefe von 14 Schuh, eine Stelle mit einigen Knochen und einer eiſernen Maske in der natuͤrlichen Groͤße eines Menſchengeſichts. Die Erde ſchien an dieſer Stelle, welche der Grabendurchſchnitt iſt, trichterfoͤrmig aufgeſchuͤttet und zeigte, da nicht mehr die gewoͤhn— lichen Schichten in ihrer Ordnung vorkommen, daß hier vor Zeiten eine Oeffnung war, vielleicht eine natuͤrliche Vertiefung, welche ſpaͤter zugefuͤllt wurde. Daß dieſe Maske, deren ganze Arbeit ſogleich als antik auffaͤllt und ſich in großgezeichneten, ja edlen jugendlichen For— men, wie kaum irgend ein in hieſiger Gegend aufge— fundenes antikes Werk, ausſpricht, einem Menſchen angehoͤrt habe, ſcheint aus den dabei befindlichen weni— gen Knochen, meiſt Wirbelbeinen, geſchloſſen werden zu koͤnnen. Die uͤbrigen Gebeine, welche einwaͤrts nach dem Graben lagen, ſind vermuthlich, ehe man auf— merkſam wurde, weggeſchafft worden, wie auch der In— halt der Maske, an der noch Spuren verwitterten 8
114
Gebeins von der Nafenbeugung zu baften fcheinen. Wenn die Maske, wie man fonft auch vermuthen Fönnte, einer Mufenftatue angehört hätte, wie fam fie in dieſe Tiefe an einem Drte, wo nie bewohnte Stätte gewefen, denn es ift davon feine Spur zu finden, feine Ziegel, fein Mauerwerk; alles roher Boden, der nur an diefer Stelle einmal aufgeftört erfiheint. Sodann hätte ſich auch irgend ein Altar, ein Theil von der Statue dabei finden müffen. Daß alfo diefe Masfe als Geſichts— bedefung einem Menfchen angehört habe, ift wahr— fcheinlih. Sie paßt fehr gut auf ein Geficht und hat aufferdem noch einen Haft von Bronze mit 2 Niethnägeln, woran fie mit dem Helme zufammenhing und wahr: fcheinlich durch ein Gewerbe zurücgefihlagen werben fonnte, fo weit, daß das Geſicht bis gegen die Augen frei wurde; fo wie unter den Dhren zwei Knöpfe, woran ein Band fejtgehalten werden fonnte, das ſich vermuthlich hinten um den Unterfopf zog und auf der einen Seite ge- fnüpft wurde. Da findet ſich denn aud) die ganz unver- fennbare Spur eines ledernen Riemens, den das darüber liegende Kupferoryd vor Verwitterung gefhüst hat. Am meiften fpricht für wirklichen Gebraud) die unter dem Kinn befindliche, nach der Anatomie eingerichtete, ſchmale Einfaffung von Bronze, welche, geglättet, die zarten Theile vor der Reibung ſchuͤtzte. Daß man aber in den Alteften Zeiten fchon ſolche Geſichtsbedeckungen hatte, welche man zurüdfchlagen konnte, ſieht man an den Aginetifchen Statuen, bei denen die Bededungen über die Nafe heruntergehen und auch an den Helm hinaufge- fchoben werden fonnten. Auch in Millins Galerie mythol.
115
Tab. 145. Nro. 168. u. Tab. 162. find auf altgriechifchen Bafenzeichnungen Figuren, deren Gefichter bis unter das Kinn bedeckt erfcheinen. So mag auch das Geficht des perjifchen Neiterbefehlshabers Maſiſtius bedeckt gemefen feyn, indem er nicht anders getödtet werden fonnte, als bis ihm einer durchs Auge ftah. CHerodot. 9. Buch. 22. Rap.) Silius Pun. 1. XIV., 656 fagt von Römern: galeis abscondunt ora u, velatur casside pallor. Sie bergen in Helmen das Antlig und verhehlen die Blaffe.
Die Formen der Maske zeigen abe roffenbar antifen Geſchmack und koͤnnen nidyt dem Mittelalter angeeignet werden, welches zwar auch ganze Gefichtsbededungen hatte, die man zurüdichlagen fonnte, wie eine Figur an der alten Burg im Garten zu Bibrich beweift. Es fcheint vielmehr, daß hier, unfern der römifchen Land— ftraße, welche über die Hohe nad) Oppenheim (Bauco- nica) führte, dad Grab eines Kriegerd war, von dem jener Ueberreft herrührt. Dielleicht auch ward der, welcher ihn trug, bei einem feindlichen Weberfall der Barbaren hier erfchlagen und, nach Beraubung feines übrigen Schmucdes, in diefe Vertiefung geworfen. Dafür fpricht die ganz fichtbare Spur eined Hiebs an ber Iinfen Seite des Schlafs, welche offenbar alt ift und den Rand des Eiſens einbog, was wahrfcheinlich den Tod des Beſitzers herbeiführte. Auch die Lage der Maske felbft, welche unterwärts etwas zur Seite ges fehrt war, ſcheint mehr eine zufällige als abfichtliche gemefen zu feyn. ine fpätere Nachgrabung zeigte noch die Gelenke zweier Pferdsknochen und darnadı hätte dies Thier mit feinem Netter bier fein Grab gefunden.
116
Ron roͤmiſchen Minzen fanden fich in diefem Werke, jedoch nicht gerade in der Tiefe des Fundes, eine von Germanicus mit signis receptis devictis German. und dem Triumphwagen, von Tiberius , Domitian, Caracalla, Hadrian, Revers der donnernde Jupiter, von Silber. Wollte man darnach der Arbeit jener Masfe eine muthmaßlicye Zeit anmeifen, jo wäre es bie des Hadrian, unter welchem die griechifche Kunſt befonders nachgeahmt und auch auf römifche Geftaltung über: tragen wurde. Die Geficytsbildung ift eine fehr fchöne jugendliche , nicht weibliche, wie einige glauben, wo— gegen die Panfratiaftenohren, (die bei Athleten platt an den Kopf gedrücdten) fo wie die mehr männlich ge— bogene Nafe ftreiten. Es tft vielmehr die vollfommen fchöne, nach griechifchem Ideal veredelte römifche Ge— fichtsbildung eines Juͤnglings, wie wir fie am Antiz nous und andern Statuen der hadrianifchen Zeit be- wundern.
11.
Sm Monat Auguft wurde zu Bad-Emsd ein römi- fches Grab entdeckt, welches fich, nach einem Briefe, der mir zu Geficht gefommen, von gewöhnlichen Begräbniffen diefer Art wenig unterfchied. Die Urne, welche bei der Herausnahme zerbrochen wurde, hatte, ihrer Form und Arbeit nad), nichts Ausgezeichnetes, allein fie enthielt folgende den Brief begleitende Gegenftände, welche auf eine weibliche Begräbnißftätte fchließen laffen:
1) Einen großen Kamm von einem Horn, in halb- mondförmiger Geftalt, die Zähne in den innern Einbug
117
gefeßt, von etwa 3/, Fuß lang mit vielen netten Vers zierungen. Daß er zum Einfteden in die Haare diente, wie die Frauenmünzen unter Alerander Sever beweifen, wo aus dem Kopfpuse jtatt des frühern Diadems zwei Hörner auf der Stirne hervorfichen, ift eine Ders muthung jenes Brieffehreibers. Er kann auch zu einem Badekamm gedient haben, um die durchnäßten Haare auszufimmen, wie man die Venus in Diefer Ber: richtung auf antifen Werfen fieht. Die Form anderer Kaͤmme, die zum Theil in Futteralen ſteckten, hat Dr. Emele in der Befchreibung feiner Alterthimer befannt gemacht.
2) Eine Schnalle, um dad Gewand wahrfcheinlich auf der Schulter fejtzuhalten, von Silber, mit ge färbtem rothem Glaſe fternförmig eingelegt. Unter den Glasſtuͤcken befinden fich Silberplättchen.
3) Ein gut erhaltener Fingerhut von Bronze, fehr reine Arbeit und
4) eine Anzahl Fünftlicher Kuͤchelchen mit einem mehrfarbigen Fluffe verziert, welche ficher zu einer Hals» oder Kopffchnur gedient haben. Man findet fie nicht felten in Gräbern. Ein metallner Spiegel, ber fich gleichfalls in der Urne befand, war vom Roſte fo zerfreffen, daß er zerftel. Einige Nadeln fprachen von ihrer ehemaligen Befigerin.
111.
Bei der Fundamentausgrabung zweier Häufer Cder Hrn. Nell und Mellinger) in Mainz, beide an den Plas Gutenberg ftoßend, fand man bedeutende Leber:
118
reſte römifcher Gebäude. Sn dem Boden des Hr. Nell kam eine fehr regelmäßige Mauer zum Vorfchein, welche, dem Anfehen nach, einem fehr großen Gebäude angehörte. Dabei waren große Quaderſtuͤcke, Fragmente von Säulen, eins aus Granit, Demfelben woraus die befannten Ingelheimer bejtehen, und das Bruchſtuͤck eines bewaffneten Kriegerd. An kleinern Gegenftänden, eine Goldmünze vom Kaifer Leo, ein Kleiner Herkules von Bronze, eine Bulla, erftere im Befige von Hr. Well, legtere des Hr. Aichfommiffairse With in Mainz Sm dem andern Haufe wurden die unterirdifchen Gänge eined Hypocauftums oder heizbaren Zimmers, aus Zier gelplatten gebildet, ausgebrochen und ein, in feiner ganzen Befleidung und dem weißen Anftrich, der eine rothe Einfaffung hatte, noch ſtehendes, vierecktes Zimmer mit der Fenfteröffnung. Diefe Mauern ftanden alle auf feuchtem Boden, und ihr Grund fonnte wegen des eins dringenden Waſſers nicht genau unterfucht werden. Das rom. Zimmer fcheint durd; Thon gegen Die Feuchte von unten gefchüßt worden zu feyn. Unter den hier gefundenen Gegenftänden bemerfte man eine goldene Kette, ein Gefäß, welches einem Senftopfe nicht un— aͤhnlich ſieht, von dem grobförnigen weißen Marmor, welchen man Salino nennt; mehrere Röhren von Knochen mit Löchern, vielleicht Theile einer Flöte, viele Griffel, Haarnadeln, Schlüffel, 2 filb. Hafen zum Befeftigen des Kleides und über 150 Münzen aus verfchiedenen Zeiten, 3. B. mehrere feltene von Balentinian, das meifte gegenwärtig im Bejige des Hrn. With. Die römifche Givilftabt erſtreckte fich alfo ficher bis in bie
119
Gegend des Doms herunter, denn überall find hier die Spuren der Bewohntheit, aber gegen 8 Fuß unter der Erde. Die verfchiedenen Schuttlagen fprechen die Gefchichte mehrerer Hauptzerftörungen im Lauf der Jahrhunderte fehr eindringlich aus,
IV.
In der Nähe von Kreuznach, gegen Planig hin, {ft noch ein vömifches Gaftell in feinem ganzen Mauers umfange fihtbar. Die Mauern ragen zum Theil noch hoch über die Erde empor. In der Mitte liegt Aders land, alles über die Erdoberfläche erhöht. Sch mache den Alterthumsverein auf diefes Werf aufmerffam, daß man es im Grundriß aufzeichne und dadurch Die Form ſolcher Saftelle genauer fennen lernen möge. Die Münzen darin fangen von den erften Kaifern an und gehen bis fpät herunter. Hr. 9. Kaufmann in Kreuznach befigt deren eine Anzahl. Sn der Nähe diefes Gaftell8 wurde aud, ein Fund von verfchier denem Metallgeräthe gemacht, von welchem die Ber: jierungen eines Prachtftuhls an Hr. With gefommen find. Geſchmackvollere Arbeit als diefe fann man nicht fehen, und es ift zu glauben, daß fie von Stalien mit hierher gebracht worden.
Die hier gegebenen Nachrichten werden fortgefegt werden. Für ihre Nichtigfeit bürge ich um deßwillen mit der Ehre meines Namens, weil durch falfch ange gebene Fundorte und andere in Zeitfchriften ausge— freute Lügen fchon fo viel Verwirrung in die Alters thumsfunde gebracht worden if.
120 Anfragen I.
Die alte Kaurenburg, in der Efterau, bie im Anfange des 12. Jahrhunderts dem Naſſauiſchen Gras fengefchlechte Wohnung und Namen gab, foll ihre Benennung von einem Walde Lure haben. Es vers dient eine nähere Unterfuchung, ob in der Nähe der Burg wirklich ein fo genannter Wald oder Berg liegt, und angenehm wäre ed, wenn einer der Herrn Geifte lichen, die in der Nähe wohnen, darüber Erfundig- ungen einziehen und deren Refultate mittheilen würde.
II.
Wenn ed in Nordhofü chronic. Marc. apud Mei- bom p. 387 heißt: «haud procul ab Zöpern Rheno adjacet oppidum Baccharach in quo antiquissimi quondam Nassoviae comites sepulti jacent, » fo fragt es fi), findet man, oder hat man jemals Spuren diefer Begräbniffe in Bacharacı gefunden? Die Grafen von Kagenellenbogen ſtammen von der nahe über Bachas rad) gelegenen Burg Stahled, und es wird doc wohl feine Verwechslung hier jtatt finden.
Loͤpern, Lichtborn ift das Kipporn auf dem Ein- rich in der Nähe der Abtei Schönau. Hier follen fich noch die deutlichen Spuren einer alten Burgfchale nad Reinhard Chiftor. jur. Ausführungen II., 105) vors
finden. ft dies gegrindet ? ©. D. Vogel.
121 II.
Preisaufgabe der hiftorifch = philologifchen Klaffe der koͤniglich-preußi— fchen Akademie der Wiffenfchaften für das Sahr 1828.
« Eine, neben der Benugung der Gefchichtfchreiber «und Seographen, befonders auf Sprach», Kunſt- und « andere biftorifche Denfmale gegruͤndete Mufterung der « jettlebenden Europäifchen Gebirgsvölfer, von der « obern Wolga, Dina, Dnepr an, zwifchen den Schwarz «zen und dem Baltifchen Meere gegen Suͤdweſt bis zum « Adriatifchen, und von diefem längs des nördlichen «Poufers zu den Oſtufern der mittlern Rhone, Saone «und des mittlern Rheins, zum Behuf einer Grundlage «der Ethnograpbie und Sprachenfarte von Europa. »
Als Hauptgefichtspunfte bei diefer Mujterung der Gebirgsvölfer würde zu berüchfichtigen feyn:
1) Beſtimmung der Bölfer in ihren größten und klein— ten Abrheilungen und Sonderungen, nad) den Gefchichtfihreibern, nach den Sprachflaffen, den Dialeften, den bürgerlichen Gorporationen, dem einheimifchen Gebrauche und der Gewohnheit der Fremden.
2) Beftimmung der jetigen Wohnſitze nach natuͤr— lichen Sandesverhältniffen und politifchen Laͤnder— t5eilen, nebſt gegenwärtigem Zuftande der Völker.
3) Hiſtoriſche Entwidelung ihres Schickſals von eriten Auftreten, oder ıhrer Einwanderung, An— fiedlung , VBermifchung, Verzweigung in ein groͤ— feres Ländergebiet, oder ihrer Goncentrirung in engere Wohnſitze, nebſt Hinweifung auf die Ver— ſchwundenen ihres Volks nach Gefchichte und Mo: numenten; was insbefondere auch fir die Aus— breitung und Slavenſtaͤmme gegen den Weſten von erfter Wichtigfeit feyn wird.
+) Sprache im Munde des Volks, Dialekte, Poefie, Muſik, Sprachdenkmale der ältern Zeit bie auf apellativen Bedeutungen der Namen von Orten, Alüffen, Bergen, Rädern u.f. w. und die ganze Sphäre der aus diefem Sprachzweige geographiſch
122
vorhandenen Appellative. Bei Spracht ergleidy- ungen würden nicht bloß gleichlautende Wörter, fondern befonders der grammatifche Bau der Sprachen zu beriikfichtigen feyn, wenn Schlüffe daraus gezogen werden follten.
5) KRunjtwerfe, Architekturen, Grabjtätten, Verthei— dDigungsanftalten und andere hitorifche Denfmale, nebjt der Sphäre ihres Vorfommens.
6) Körperbildung, Geftalt, Sitte, Lebensweiſe, Kenntniffe, Gaben und Eigentbimlichfeit in Ader- bau, Viehzucht, Kriegführung und den bürger- lichen Einrichtungen.
7) Sharafteriftit und Verhältniß jedes befondern Volkszweiges zum Allgemeinen innerhalb der anges gebenen Gränzen.
Der Einfendungstermin ift der 31. Merz 1830. Die Ertheilung des Preifes von 50 Dufaten gefchieht in der öffentlichen Sisung am Sahrestage von Leibnitz, den 3. Juli deflelben Jahres.
IV. Ftrerariige Anzeigen
1) Handbuch der Gefchichte de8 Haufes Naffau, nebft einer ausführlichen Kebensbefchreibung Ad olfs von Naffau, von Sofeph Muth. 5. Hada— mar 1527.
2) Die Gefhichte der Erfindung der Bud druderfunft in Mainz, pragmatifch aus den Quellen bearbeitet mit 268 noch ungedrudten Urkunden, welche die Genealogie Gutenberg’6, Fuſt's und Schöffer’8, in ein neues Licht jtellen, von Dr. C. A. Schaab, Richter am Großh. Heſſ. Kreisgericht zu Mainz.
Diefes intereffante Werk erfcheint in drei Bänden; jeder Band wird aus 35 —40 Bogen in ar. 8. beftehen. Der Subferiptions- preiß für jeden Band ift 5 fl.
5) Die Fortfesung der Limburger Chronif, von Georg und Adam Emmel, und Joh. Mech tel, wird, von Hrn. Pfarrer C. D. Bogel mit erläurernden Anmerkungen begleitet, auf Subferips tion herausgegeben.
ill.
Biograpbische Nachrichten
von
verdienten vaterländifhen Gelehrten.
buinpm Mepleiien, Ge Berafte ie —W warn ee elerchkinrende up nr — Beer Nee Ara — FIRE ET u EHER Kuh KHOU r Birauk Atı "nenne Kür J ae ETEnT2T * ————— — J —0— par HM eſh⸗ y —6 — ku) u n BIN ELET Tee; DT ee a PR:
m T an ——
bu: fe ER Ye . J er alt AR Bes: a Pest ru im Hr, N in ” Er BERUn Er — — — ern * Fr ENTE OBEN, 577 9 al NN rennen the ee ra
s ir oe abs
DE m IE Rd rettet TE — En Noel ber wer reg
Naruto Ka Wan yinam Be: 9 Sn BU TIL ; DT |
ifrniin,, lee era ee
Bu a ie re ar
. rin. 2. MH Ehhaal, Re a ri |
Ei J Are in un rn u il.
u rung Br rei bei DR) I her!
hei An m ar & werden 4 4 |
er, m rn Ba —9— F
— er J ——— ban an eeet um > f
vet denne (7
—— —
—— — BEIGE « J
j | Be
Georg Philipp Krauß, Infpector in Idſtein, von Herrn Pfarrer Luja in Doßheim.
Wir eröffnen unfere antiquarifchbiographifchen Schils derungen mit einem Manne, ber fich in jeder Hinficht große Verdienfte erwarb; denn er war ein Geiftlicher im fcehönften Sinne des Worts, und was ihn befonders augzeichnete, faft in allen Fächern der Gelehrfamfeit wohl bewandert. laffifche Literatur, Gefchichte und mathematifche Wiffenfchaften,, heiterten in Mußeftunden fein Gemüth auf; nur ift zu bedauern, daß er von feinen vaterländifchen Zeitgenoffen nicht nach Verdienſt erfannt wurde. Am verftorbenen Herrn Hoffammerrath Habel, PBater unferd Vorſtandsmitgliedes Herrn Habel in Scierfiein, fand er einen fehr gelch- rigen, eifrigen, geliebten Schüler, und fpäterhin fehr vertrauten amntiquarifchen Freund, der feines verehrten Lehrers ſtets mit danfbarer Hochachtung ge: dachte. Beide gingen vereint den fehr richtigen, von ihnen zum erftenmal eröffneten Weg: ohne alle vorge: faßte Meinung, aus der reinen Quelle der Glaffifer, mit denen fie höchft vertraut waren, zu fchöpfen, fich weder von Zonangebern, noch durch die Mehrheit der Stimmen irren zu laffen, und ausgerüftet mit genauefter, ſelbſt erforfchter Lokalkenntniß unfers Hlaffifchen vater: ländifchen Bodens, neue Entdedungen zu machen, welche theils in mehreren Zeitfchriften, theils in eigenen Drud-
124
fchriften befannt gemacht wurden, theild aber auch noch in binterlaffenen Manuferipten verborgen liegen. Mit Wahrheit fann man behaupten, daß mit dem Zeitpunfte ihres Wirkens, die erfte Morgenröthe der vaterlänz difchen Alterthumsfunde aufgegangen fey, wozu er denn freilich den erften Impuls gab. Der von ihm entzim- dete Funfe glüht noch immer fort, und fteigt zu immer fchönerem Lichte empor. Hätte er in die Zufunft blifen und in unferer Zeit die Stiftung und den Flor unfers allgemeinen Nafjauifchen Vereins für vaterläns difche Alterthumsfunde und Gefchichtsforfchung voraus— fehen können, wie unendlic; würde feine Freude, wie viel beflitgelter fein Eifer, wie vollftändig feine Satisfaction über den endlichen Sieg der guten Sache gemwefen feyn. Ein für die Zwede unfers Vereins fo merfwürdiger, und für ung im voraus fo thätiger Mann, verdient doch wohl durch Anführung der hauptfächlichiten Mo— mente feiner Lebensgefchichte, hier ein Ehrendenfmal. Er war Sohn des Pfarrers Sohann Reinhart Kraus in Panrod, im jegigen Amte Wehen, wo er den 13. Dez. 1713 geboren wurde. Einige Zeit nach feiner Konftrmation ftarb fein Vater, worauf die Mutter mit ihren Kindern nach Idſtein zog, um diefen Sohn das immer berühmte Gymnaſium daſelbſt frequentiren zu laffen. Von 1735 bis 40 ftudierte er auf der Univerfität Sena, wo er durch eine fchwere Krankheit fein Gehör verlor. Dennoch ließ er fidy nicht abhalten, auf die Fächer der Theo— logie, Linguiftif, Mathematif und Himmelskunde be- fondern Fleiß zu verwenden. Als heimgefehrter Gans didat wurde er zwei Jahre lang Hofmeifter ın Der
125
Familie des Herrn Obriſt-Lieutenants Frhr. v. Du Thil in Braunfels, woraufer zu Idſtein, in gleicher Eigenfchaft bei dem Herrn v. Hain ftand. 1742 wurde er Gonrector ın Ufingen, dann 1745 Nector in Wiesbaden, und endlich 1750 zweiter Pfarrer und Lehrer der Mathematif am Gymnaſium zu Idſtein. Während feines Nectorats in Wiesbaden, entdecdte man bei Anlegung eines neuen Fahrweges nach der Fafanerte römische Ueberbleibjel, zum Theil mit Snfchriften verfehen. Um diefe nicht ver: fommen zu laffen, befahlen Seine Durchlaucht der da- malige Fürft Carl, daß Alles dem fachfundigen Nector Kraus zugeftellt werden follte. Diefe Funde in diefer Gegend erwecten in ihm die VBermuthung, daß Die topographifchen Nachrichten eines Cellarius, Cluver und Anderer, nicht auf feften Gründen beruheten, und blos an der Hand der Klafjifer würden fich ganz andere Ortsbeſtimmungen herausjtellen. Zu Idſtein aber gingen feine aufdämmernden Vermuthungen in helles Licht über, Den erjten Anlaß dazu gab ihm der Schullehrer von Ober- und Niederlibbacy, durch die Nachricht, daß auf ihrer Heide nody eine römifche Schanze vorhanden fey. Bon diefem Zeitpunfte an datiren fich feine antis quarifhen Wanderungen nach römifchen Ueberreiten , und vorzüglich dem größten derfelben, dem bis jest noch nicht gehörig unterfuchten Pfahlgraben, einem merfwürdigen Niefenwerfe der Römer. Auf hochliegen- den Stellen dejjelben erwachte in ihm durch die freie Ausfiht in die Nähe und Ferne die Ueberzeugung, daf noch Niemand die Orte der Rheinuͤbergaͤnge Caͤſars, richtig angegeben habe; auch muͤßten auf vaterlaͤndiſchem
126
Boden Noömerfchlachten vorgefallen feyn, an die man noch nicht gedacht habe. Diefer Gedanke ergriff ihn fo lebendig, daß er ſich ſogleich fehriftlich daruͤber erklärte. Was zu erwarten war, gefchahz; er fand Opponenten, die ihm indefjen nur noch mehr anfeuerten, feine einmal betretene Bahn unverdroffen weiter zu verfolgen. Um in jedem ihm obliegenden Face ganz das zu feyn, was er feyn follte und wollte, häuften fich um diefe Zeit feine Xucubrationen zum Schaden feiner Gefundbeit.
Früherhin fiheint er abgeneigt gewefen zu jeyn, etwas von feinen Schriften ins Ausland gelangen zu laffen ; denn einen von Mainz, vermuthlich vom Herrn Weihbiſchof Würdtwein, gefchehenen Antrag beantwor- tete er: er arbeite nur für fein Vaterland. Späterhin zeigte er fich aber dennoch dem gelehrten Auslande als Mitarbeiter an der von Herru Hofrath Gatterer herausgegebenen « allgemeinen hijtorifchen Bibliothek, » und dem vom Herrn Superintendenten Stocdhaufen beforgten Hanauifchen Magazine). Einige Fleinere Ab- handlungen gab er ſelbſt in Drud. Durdy ein chrono— Iogifches Werk, erft lateinıfch, nachher deutfch und bes vorredet von Herrn Profeſſor Suͤßmilch in Berlin, wurde er dem König Friedrich II. befannt, der ihn, bes fonders feiner mathematifchen Kenntniffe wegen, an der Kadettenfchule angeftellt zu fehen wuͤnſchte, welches er jedoch ablehnte.
) S. d. Hanauifhe Magazin v. J. 1785. 1) Ueber Naffau. S. 2—7. 2) Vorfchlag zu näheren geographifchen Unter: fuhungen, in Beifpielen aus unferer Gegend. &. 129 — 159.
127
1773 wurde er erfter Stadtpfarrer in Sdftein, und 1777 als dyarafterifirter Inſpector in den Ruheftand verfett. Das Jahr darauf ernannte ihn die gelehrte Gefellfchaft der Univerfität Göttingen zu ihrem ordent— lichen Mitgliede, und 1779 desgleichen die patriotifcye Gefellfchaft zu Homburg vor der Höhe. Erſteres Ehrenamt trat er feierlich an durch, eine lateinifche Abhandlung: Lapidem literis Romanis inscriptum, in aspectum lucemque protulit Georg. Philipp. Kraus, Sacrorum Inspector Idsteinae, et Instituti Regii Göt- tingensis Sodalis Ordinarius 1778; letzteres durch Ein— fendung eines Manuſcripts über den Pfahlgraben mit einer felbftgefertigten Sharte darüber. Eine Abhandlung unter dem Titel: Merkmale der ehemaligen römifchen Kriegsanftalten in der Gegend des Ausgangs an dem Mainftrom ꝛc., welche eine Erflärung zweier römifchen nferiptionen vom Jahr 213 enthält, ift abgedrudt in den Memoires de la Societe des Antiquites de Cas- sel. (1780 4.) Tom. I. p. 515—332.
Als Mufter ungeheuchelter Frömmigkeit, treuefter Amtsführung und gelehrten Fleißes, ftarb er von Sedermann geliebt und verehrt, an Altersfchwäche den 26. Dezember 1792, 79 Jahre, 9 Monate, 13 Tage alt.
Seiner Schriften mögen viele gewefen feyn. Durch vielvermögende Fürfprache Fam ein Theil derfelben nach Mainz; manches verfchicte er felbft auf Verlangen ohne es wieder zu befommen, und der nad, feinem Tode noch vorfindliche Reſt wurde in den Kriegszeiten und auch durch Umachtfamfeit verfchleudert oder vernichtet. Seinem Sobne, dem dermaligen Medizinalaffiftenten Herrn
128
Ludwig Kraus in Idſtein, iſt unfer Verein durch die Stiftung der interefjanten römifchen Inſcrip— tion aus dem Nömercaftell an der Liebbacher Haide, fo wie durch die forgfältige Sammlung der zerjtreuten Manufceripte feines Vaters, die er bei einem Mitgliede zu beliebigem Gebrauche deponirte, zu großem Danke verpflichtet. Was auf diefe Art wieder gefammelt wurde, führt folgende Auffchriften: Befchreibung von Wiesbaden in 4 Abtheilungen. Befchreibung von Idſtein. Particulae de monte Tauno explicatae. Jul. Caesar bis ponte Rhenum transivit, nebjt einem Modell der Säfarsbriüce, in Wiesbaden befindlih. Francia, mit einer Beilage Uber die gefhwornen Montage. Flucht Kaifer Heinrichs IV. über Ximburg. Ueber die Franfen. Cajus Germanicus. Straße von Mainz nad; Limburg, mit einer dazu gehörigen Charte. Naſſau. Die Franfen. Sulius Cäfars zwei Brüden, ein ganz verftümmeltes Brudjftif. Antiqua varia. Saliſch fränfifches Ger fehlecht. De Bonifacie. Geſchlecht der Herren von Ried— efel. Straßen über die Hühnerfirde und über die Klüppelhaide. Bon der Hühnerfirdye. Alte Eintheilung in Gauen. Die Katten feine Sueven. Gefundene Stein: fehrift. Cohortes Vindelicorum. Geld und Gemidt. Gerichtliche Termini aus dem Driente. Julius Caesar, ubi ponte facto Rhenum transierit. Zuftand Deutſch— lands zur Zeit der romifchen Heereszuͤge.
IV.
anlage m
| me yohE u a u
> De ALTE u ue u ee AT STIER KiT-\ ji rang MR f { nz Yo“ ver DE B PR door 8 {
ihren
BT
Eu Fauel URL? De Tail 9 or fi re Ba A fr Arie ver Deren ET Er ch Ber ' Hits ev her. Welten zus vr’ die —— ’ ANA
L« 7 "es
I.
Die Herzogli Naffauifhe Landesregiers ung an den proviforifhen Vorſtand der Herzogl. Naffauifchen Alterthumsgeſellſchaft:
Herrn Bauratb Zengerle dabier, Herren Pfarrer Luja in Dotzheim, Herrn Habel in Scieritein,
Die Errichtung einer Geſellſchaft für Naſſauiſche Alterthumsfunde und Ge: fchichtsforfehung betreffend.
« Unter verfchiedenen Entwürfen von Statuten für einen Verein Naffauifcher Alterthbumsfreunde, hat der in Abfchrift hier beigefügte, die Genehmigung Sr. Herzogl. Durchlaucht erhalten. — Zugleich haben Höcjtdiefelben der neu zu bildenden Gefellfchaft, nachftehende Begunftigungen zu bewilligen geruht. »
1) Diefelbe wird unter den befondern Schuß der Negiernng geftellt, und als die für diefen Zweck Callein) im Herzogthum beftehende Gefelffchaft anerfannt und privilegirt,
2) Es wird derfelben, der bei Feftfekung des hiefigen Bibliothef- Büdjets, jährlich zur Ausgrabung von Alterthümern bewilligte Credit, als Zufchuß für ihre Ausgaben, zur Dispofition geftellt.
152
3) Ein zu ihren Berfammlungen und zu bem zu
errichtenden Mufeum fchieliches Lokal eingeräumt.
4) Die augsfchlieglihe Berechtigung ertheilt, auf
Domanial-Gemeinde- und Stiftungs- Eigenthum, gegen Grundentfchädigung „ Ausgrabungen vor— nehmen zu laffen; und
5) follen alle in einzelnen Drten des Herzogthums
fhon vorhandene üffentlihe Sammlungen und Alterthümer in das neue Mufeum gebracht und dafelbft aufbewahrt werden.
« Wenn gleich der nun fich bildenden Gefellfchaft, die freie Wahl ihres aus 7 Mitgliedern beftehenden Vorſtandes zugeftanden worden ift, fo ift es doch hoͤchſten Orts zweckmaͤßig erachtet worden, zur nächften Einleitung und Beförderung der erften Einrichtung, den, um Naflauifche Alterthbnmefunde und Geſchichts— forſchung bereits rüuhmlicyft verdienten Herrn Gehei— menrath von Gerning, als Director, fodann Sie zu Mitgliedern des Vorjiandes zu beſtimmen.
Herr Geheimerath von Gerning, hat nun zwar, zur Annahme des ihm zugedachten Directoriums, ſich nicht abgeneigt — zugleich jedoch erflärt, daß feine Berhältniffe ihm nicht geftatteten, einen befonders thä= tigen Antheil an den Verhandlungen der Gefellfchaft zu nehmen; wogegen er die Verbreitung der Statuten im Auslande, an die zum Beitritt Geeigneten befor= gen, auch fchriftliche Ausarbeitungen übernehmen und zu den ihm etwa mitgetheilten, die nöthigen Bemerf- ungen und Anträge ſich vorbehalten wolle,
155
Damit nunmehr, der höchften Intention gemäß, der Verein baldigft conftituirt werden koͤnne, erfuchen wir Sie, die hier beigefügten Statuten in hinlänglicher Anzahl abdruden, und im Herzogthum zur Sammlung der Unterfchriften circuliren, auch die deshalb zu ers laffende Aufforderung dem Herrn Geheimenrath von Gerning zur Mitunterfchrift zufommmen zur Iaffen.
Sobald alddann eine Anzahl von etwa 50 Mitglies dern fich unterfchrieben haben wird, wollen Sie eine Zufammenfunft der Gefellfchaft, in dem Bibliothefg- oder Schulgebäude veranftalten, damit die Wahl der übrigen Borftands » Mitglieder nad) Maasgabe der Statuten vorgenommen werde.
Herr Geheimerath von Gerning wird die Stelle eines Chrendirectord, befonders für die auswärtigen Mitglieder des Vereins beizubehalten wohl feinen Anz fand finden, und ift alsdann nur auf die Wahl eines innländifchen Directors, deſſen Wohnfig am fchiclichften in Wiesbaden ſeyn dürfte, Nücficht zu nehmen.
Sobald der Verein fich volftändig conftituire haben wird, fehen wir darüber einer Anzeige mit dem DBerzeichniß der beigetretenen Mitglieder, fo wie de’ erwählten Borjtandes entgegen,
Wiesbaden, den 4. September 1821.
Möller. Vt. Wendenbad.
134 II. Statuten
der
Gefellfhaft für Naffauifhe Alterthums— funde und Gefhidhtsforfchung.
1.
Der Zwe der Gefellfchaft für Naffanifche Alters thumsfunde und Gefchichtsforfhung ift: die Aufſuch— ung, Sammlung und Befchreibung ber römifchen und deutfchen Alterthimer im Herzogthum Naffau, und bie Beförderung der darauf Bezug habenden geographifchen, ftatiftifchen und gefchichtlihen Aufflärungen, wie nicht weniger die Sorge für die Erhaltung der vorhandenen Denfmale, auch die des Mittelalterd mit eingefchloffen.
2.
Einländer und Ausländer ohne Befchränfung auf eine gewiſſe Zahl, fünnen in diefe Geſellſchaft aufges nommmen werden,
3. Die Gefellfchaft befteht a) aus ordentlidyen oder activen Mitgliedern, b) aus Ehrenmitgliedern, und c) aus Gorrefpondenten. Sie hat 4. einen Vorſtand aus den activen Mitgliedern, nämlich einen Director,
155
vier Borfteher, deren einer bei Abwefenheit oder Verhinderung des Directorg Diefen vertritt, einen Gecretär und
einen Gaffirer, der zugleich die Rechnung führt.
Diefer nach der Stimmenmehrheit zu wählende Borftand befleidet fein Amt zwei Jahre und ift hernach wieder wählbar.
Er führt die Gefchäfte fiir die Gefellfchaft, beftimmt und leitet die Auffuchung und Sammlung der Alter: thuͤmer, und erhebt, verwendet und verrechnet bie Geldbeiträge der Mitglieder, worüber der Gaffirer eine gehörig belegte Rechnung jedes Jahr zu fielen hat, welche fodann bei der jährlichen General= Verfammlung von einem befonders zu erwählenden Ausſchuß geprüft und abgefchloffen wird.
Die Geſellſchaft wählt ſich ein eignes Siegel.
Ale Ausfertigungen gefchehen im Namen des Bor: ftandes und werden vom Director unterzeichnet.
7
Jedes Mitglied des Vereins wird nach Kräften zur Erreichung des Zweds mitwirken, es fey nun durch Entdefung von Alterthümern felbft, oder durd; mind- liche, oder fchriftliche Beiträge in dieſer Hinſicht.
6.
Der Hauptfis der Gefellfchaft ift zu Wiesbaden, wo fie in der Regel jährlicdy eine General-Berfammlung den 14. Juni hält. Bei aufferordentlichen Fällen kann der Borfiand fie zufammen berufen.
156
Hier werben die Refultate der Arbeiten und Vers handlungen des Bereind vom ganzen Sahr vorgelegt, die Letztern im geeigneten Fal zum Druc befördert, und über die Fünftigen Arbeiten Befchlüffe gefaßt. Sowohl in diefer Berfammlung ald im Borftande, welcher, fo oft es die Umftände erfordern, fich ver: fammeln, und wenn fünf Mitglieder deſſelben anmwefend find, gültige Befchlüffe faffen kann, entfcheidet die Mehrheit der Stimmen.
T.
Die Gefelfchaft fammelt aus den Produften der Ausgrabungen und fonftigen Nachfuchungen, fo wie aus den freiwilligen Gaben der Mitglieder, und durch Vers taufchung vorhandener Dubletten, ein Mufeum von Alterthümern, welches unter der Verwaltung und Auf ſicht des Borftandes fteht.
Das Mufeum wird zu Wiesbaden aufgeftellt und ift eine öffentliche Stiftung für das Herzogthum Naffau. Sedem Gefchenf an Alterthimern wird der Name des— jenigen der es gab, beigefügt, nach Umftänden derfelbe auch öffentlich befannt gemacht.
8.
Zur Beflreitung der Ausgaben für dag Nachgraben auf Alterthümer, für Druck⸗, Canzlei- und fonftige Koften, werden jährliche Geldbeiträge erhoben. Sie beftehen aus den Geldzufchüffen der activen inländifchen Mitglieder, welche in der General- Verfammlung den 14. Juni eines jeden Sahrs zum Voraus bejtimmt, und halbjährig entrichtet werden, jedoch den Betrag von 4 fl. jährlich, für die Perfon nicht überfteigen dürfen.
157
9.
Der Borftand forgt dafür, daß zu den Ausgrabs ungen nur Bergleute, oder fonft taugliche Arbeiter angejtellt werden.
Sedes dem Drte der Ausgrabungen zunächft woh— nende Mitglied der Gefellfchaft, ift in der Negel Aufs feher über die Arbeiter.
10.
Die Arbeiter erhalten zur Aufmunterung und Be- förderung der Treue, von den gefundenen Münzen und fonftigen metallenen Alterthümern, den Metallwerth, neben ihrem Lohn vergütet, auch bei fonftigen wichtigen Auffendungen, nad) Umftänden, eine befondere Bes lohnung.
Die obigen zehn Punkte, deren Erweiterung oder Abaͤnderung kuͤnftigen Beſchluͤſſen, unter dem Vorbehalt der hoͤchſten Genehmigung Sr. Herzoglichen Durchlaucht, vorbehalten bleibt, werden vorlaͤufig als Statuten des Vereins für Naſſauiſche Alterthumskunde, von den dazu bereitwilligen Mitgliedern unterzeichnet.
158
IM. Bere
der Mitglieder des Vereins,
1. Mitglieder des Vorſtandes.
Präfident. Seine Ercellen; der dirigirende Staats: Minifter, Freiherr Marſchall von Bieberftein, Großkreuz des Kaiferl. Königl. Defterreichifchen Keopold- Ordens, des Koͤnigl. Preußifchen rothen Adler Ordens Ritter erſter Klaffe, des Koͤnigl. Niederländifchen Loͤwen⸗Ordens und des Großherzogl. Badenſchen⸗Ordens der Treue Großkreuz.
Inlaͤndiſcher Director. Herr General + Do- mänen- Director von Roͤßler, der Königlichen Orden vom Belgifchen Löwen und der Baierifchen Krone Ritter.
Auswärtiger Director. Herr Geheime-Rath Freiherr von Gerning zu Frankfurt, des Königl. Hannöverifchen Guelphen - Ordens Ritter. ,
Borftände. Calphabetifch ).
Herr Obermedizinal- Nat Dr. Döring.
Seine Ercellenz Herr Geheime-Rath Freiherr von Duns gern, des Kaiſerlich Defterreichifchen Leopold: Drdens Commandeur.
Herr Gutsbefiger Habel.
» Pfarrer Luja.
»Ober-Baurath Zengerle.
» Bibliotheffefretär Zimmermanıt.
Il.
159
Active Mitglieder.
1. Seine Ercellenz der dirigirende Staatd- Minifter, Freiherr Marfchall von Bieberftein. 2. Herr Adami, Kaufmann zu Hadamar.
17.
1 19. 20.
2
»
»
»
Ammann, Amts-Apothefer zu Runfel.
von Arnoldi, Geheimerath zu Wiesbaden. Baufch, Kanddechant und geiftlicher Rath zu Hadamar.
Dr. Baufch, DObermedizinal-Rath zu Höchft. Bed, zu Erbad).
Dr. Berchelmann, Medizinalrath zu Selters. Bayer, Oberforftrath zu Langenſchwalbach.
Freiherr von Bibra, Oberforftmeifter zu Weilburg.
»
»
»
. Herr Bidel, Pfarrer zu Sulzbach.
Birfenftod zu Erbach.
Bifchleb, Pfarrer zu Hattersheim. Dr. Brandt, Bifchof zu Limburg. Braun, Amtmann zu DBleidenftadt.
Freiherr von Breidbad » Bürresheim, des
»
»
Ruſſiſch Kaiſerl. St. Annen-Drdens 2.r Klaffe, des Königl. Hannöverifchen Guelfen - Ordens und des Königl. Niederl. Wilhelms » Drdens Ritter, und Flügel-Adjutant Sr. Herzoglichen Durchlaucht zu Biebrich.
von Breidbadı-Bürresheim, Domherr, des Königlid; Baierifchen St. Georgen-Ordens Nitter, zu Biebrid,.
. Herr Brindmann, Pfarrer zu Miehlen.
Buſch, Regierungsrath zu Wiesbaden. Chelius, Decan zu Emrichenhain.
140
21. Herr Conrady, Rezepturbeamter zu Ufingen.
22, 23. 24.
40. 41. 42.
» Diedmann, Pfarrer zu Dier.
» Dieß, Sefretär zu Wiesbaden.
» Dr. Döring, Obermedizinal-Rath zu Wies— baden.
» Dr. Döring, Medizinalrath zu Braubach.
>. Freiherr von Dungern, Ercellenz, Geheimerath
und DOberftallmeifter zu Biebrich.
. Herr Eberhardt, Pofthalter zu Faulbach.
» Graf von El; zu Eltville.
» Emminghauß, Geh. Regierungsrath zu Ufingen.
» Engert, Hofrath zu Montabaur.
. Freiherr von Erath zu Waldmannshaufen. . Herr Faber, Bauinfpector zu Wiesbaden.
» Fifcher, Kandoberfchultheiß zu Wehen.
» Foölir, geiftl. Rath und Pfarrer zu Nenters— haufen.
» Forft, Suftizrath zu Wiesbaden.
» Frangue, Mevdicinalrath zu Söftein.
.. » Freudenberg, Amtmanı zu Marienberg.
» Frohrath, Nector zu Hadamar.
. Freiherr von Gagern, Ercellenz, Königlich. Nie:
derländifcher Staats-Minifter, des Churhef- fifhen goldenen Loͤwen-Ordens Großfreuz, Kommandeur des Niederländifchen Ordens vom Belgifchen Löwen, zu Hornau.
Herr Genth, Forjtmeifter zu Hachenburg.
» Genth, DOberförfter auf der Platte. » Genth, Dberforftrath zu Montabauer.
141
43. Herr Goͤtz, Baudirector zu Wiesbaden.
44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 91. 52. 93. 54. 55.
56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63.
Grimm, Pfarr-Vicarius zu Heftrich. Habel, Gutsbeſitzer zu Schierftein.
Hanth, Rechnungsfammer-Director zu Wiesb. Heimach, Oberförfter auf dem Chauffeehaus,. Hehl, Major zu Bad Eme.
Helmerich, Juftizrath zu Herborn, Hendel, Suftizrath zn Höchft. Herrmann, Pfarrer zu Ef.
Dr. Herber, Hofrath zu Naftätten. Herborn, Hofgerichtsrath zu Wiesbaden. Herpell, Hoffammerrath zu St. Goarshaufen. Hilf, Hofmeifter bei Herrn von Breidbach— Birresheim zu Biebrich.
Hill, Shriftlieutenant zu Braubach. Hofmann, Pfarrer zu Helfersfirchen.
Dr. Huthfteiner, Obermedicinalrath zu Weilb. Säger, Oberförfter zu Braubadı.
Keck, Pfarrer zu Höchftenbad).
Kihm, Architect zu Wiesbaden.
Klein, Pfarrer zu Weilburg.
Dr. Koch, ©eheimer »Negierungsrath, des Großherzogl. Badenſchen Zähringer Loͤwen— Drdens Nitter, zu Wiesbaden.
Kobbe, Amtmann zu Selters.
Dr. Kolb, Medicinalrath zu Hadamar. Kraus, Medicinal-Affiftent zu Idſtein.
Dr. Küfter, Medicinalrath; zu Gronberg. Lade, Medicinal- Affiftent zu Wiesbaden. Lange, Lieutenant zu Wiesbaden.
142
70. Herr Dr. Lehr, Oberftaabsarzt dafelbft.
71. » 8er, Ardiv» Director zu Idſtein.
72. » Xer, Oberappellationsgerichtsrath zu Wiesb.
73. » KXindpaintner, Rathu. Director zu Eberbach,
74. Freiherr von Löw, Ercellenz, Geheimer Rath und Oberjägermeifter, Großfreuz des Großherzogl. Heffifhen Haus» und Verdienſt-Ordens, und des St. Joſeph-Ordens Ritter, zu Weilburg.
75. Herr Luja, Pfarrer zu Dotzheim.
76. Freiherr von Malapert-Neufville, Regierungs- rath zu Wiesbaden,
77. Herr Mandt, Pfarrer zu Bärftadt.
73. » Manger, Dekan zu Naſſau.
79. » Mäurer, DOberweginfpector zu Wiesbaden,
8. » von Meer, Regierungsrath zu Wiesbaden.
81. » Melior, Decan zu Mengfelden.
82%. » Möller, Regierungs-Vicepräfident zu Wiesb.
8. » Dr Müller, General» Superintendent zu Wiesbaden.
84. » von Mumme, Major dafelbft.
35. » von der Nahmer, Procurator dafelbft.
86. Freiherr von Oberfamp, DObrift, des Kaiferl. Nuffifchen St. Annen-Ordens r Klaſſe Rit- ter zu Wiesbaden.
87. Herr Dfiermann, Rechnungsfammerrath dafelbit.
38 » Dtto, Pfarrer zu Grenzhaußen.
89. » Pagenfieher, Rednungsfammer -Vicepraͤſi—
dent zu Wiesbaden.
9 » Bagenfteher, Geh. NRegierungsrarh zu Weilburg.
145
91. Herr Panthel, Amtmann zu Montabauer.
92. 93. 94. 9. 96. 97.
98.
99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109.
110. 111. 112.
113. 114. 115. 116. 117.
»
»
Pauly, Hoffammerrath zu Höcft. Rau, Hofrath zu Schwalbad. Reuter, Kammerdirector zu Wiesbaden.
Freiherr von Ritter, Präfident zu Rüdesheim. Herr Ritter, Kriegscommiffär zu Wiesbaden.
»
von Roͤßler, General: Domaͤnen ⸗ Divestor, zu Wiesbaden.
Roth, Juſtizrath zu Braubach.
Dr. Rullmann, Medicinalrath zu Wiesb. Sandberger, Juſtizrath zu Naſſau. Sandberger, Auditor zu Weilburg. Sandberger, Rector zu Dillenburg. Schapper, Bergrath zu Wiesbaden. Schapper, Juſtizrath zu St. Goarshaußen. Schellenberg, Kirchenrath, zu Bierſtadt. Schellenberg, Prorector zu Hadamar. Schlichter, Poſtverwalter zu Wiesbaden. Schlichter, Forſtmeiſter zu Eltville.
von Schwarzenau, Oberforſtmeiſter zu Oeſtrich.
Seel, Juſtizrath zu Dillenburg. Siegfried, Juſtizrath zu Idſtein.
Dr. Snell, Oberſchulrath und Director zu Weilburg.
Snell, Conrector zu Wiesbaden.
Spies, Oberfoͤrſter zu Springen.
Stahl, Hofgerichtsrath zu Dillenburg. Stahl, Recepturbeamter zu Hachenburg. Stein, Hofrath zu Wiesbaden.
144
118. Herr Steubing, Pfarrer zu Langenfcheid.
119. » Stift, Oberbergrath zu Wiesbaden.
120. » Strobel, Hofrath dafelbft.
121. » Thewalt, Juftizrath zu Wiesbaden.
122. » Dr. Travers, Medicinalrath zu Montabauer.
123. » Bogel, Pfarrer u. Schulinfp. zu Schdnbad).
124, » Dr. Vogler, Hofrath zu Naffau.
125. » Bolf, Hofgerichtsrath zu Naftätten.
126. » Wagner, Amtsaffeffor zu Wehen.
177. » Wagner, Geometer zu Kemel,
128. Freiherr von Wiefenhütten, Obrift zu Eltville.
129. Herr Wilhelmi, Decan zu St. Goarshaufen.
130. » Wilhelmi, Pfarrer zu Wiesbaden.
131. » Willett, Staatsfaffen-Director zu Wiegb.
132. » Dr. Windt, Obermedicinalrath zu Eltville.
133. Freiherr von Winsingeroda, Minifterialrath zu Wiesbaden.
134. Herr Zengerle, Dber-Baurath zu Wiesbaden.
1355. » Zimmermann, Bibliotheffefretäar dafelbft.
136. » Zollmann, Graveur dafelbit.
137. Freiherr von Zwierlein, Geheimerath und Kam— merherr zu Geifenheim.
Das DVerzeihniß der ausländifhen Ehrenmitglieder
folgt im zweiten Heft.)
145 IV.
Protofoll der erften Generalverfammlung des Vereins für Naffauifche Alterthumskunde und Geſchichtsforſchung.
An Gegenwart der beiden Direc— toren, fo wie der übrigen Mitglieder des Morftandes, fodann mehrerer hie— figen und auswärtigen Mitglieder des Vereins.
Wiesbaden, den 14. Juni 1823.
In Gemaͤßheit der von dem Vorſtand durch das Circular vom 29. d. J. und in Niro, 21 des hieſigen In⸗ telligenzblattes erlaſſenen Einladungen, verſammelten ſich unter dem heutigen die anweſenden Vereinsmitglieder in dem Saale des hieſigen Paͤdagogs.
Der inländifche Director, Herr Rechnungsfammers director Ebhardt, eröffnete die Verſammlung durd eine Rede, in welcher er die Urfachen kurz entwidelte, welche einen fpäteren Zufammentritt veranlaßten, und denjenigen Mitgliedern der Gefellfchaft öffentlichen Danf abftattete, deren wohlmolfende Stiftungen und Beiträge, den Grund zur Errichtung eines Vereinsmufeums legten.
Unter diefen verdiente eine befondere Auszeichnung das reiche Gefchenf des Herrn Majors und Flügel- adjutanten, Sr. Herzogl. Durchlaucht,, Freiherrn von Breidbach-Buͤrresheim. Es beftand in mehreren bereits durch die Schriften eines Fuchs, Gerden, La— mey ıc. befannt gewordenen merfwürdigen Monumenten in Stein, die vor längerer Zeit in den römifchen
10
146
Nuinen bei Hedernheim gefunden, die Stelle eines Munizipiums mit Namen Novus Vicus bezeichneten. Ferner gab derfelbe Nachricht von den bisherigen Er- werbungen des Vereins, fo wie den Ergebniffen der an mehreren Orten veranflalteten Nachgrabungen, indem er befonders auf die vorläufigen Unterfuchungen des Hrn. Habel bei Nidda und Hedernheim aufmerffam machte, deren Fortfegung für die Folge intereffante Kefültate hoffen lief.
Der inländifche Director bemerfte weiter: wie nach den Statuten, die zweijährige Erneuerung des Vor— ftandes, da die Gefellfchaft fih am 5. Dez. 1821 conftituirt babe, eigentlid,; im Dez. dieſes Jahres wieder eintrete; Damit jedoch in diefem Sahre nicht zwei Ger ueralverfammlungen nothwendig würden, erbiete fich der Borftand zur Fortführung feiner bisherigen Funcz tionen bis zu dem Tag der nächften ftatutarifchen Ver: fammlung, welchen er vom heutigen, auf den 28. Mai dem Namensfefte Sr. Herzogl, Durdylaucht verlegt zu ſehen wiünfche, um eine nachtheilige Gollifion mit dem gleichzeitigen Berfammlungstage des landwirthfchaftlichen Dereines in Idſtein zu vermeiden.
Beide Vorfchläge wurden angenommen. Darauf ließ der ausländifche Director Herr Geheime Rath Freiherr von Gerning durch den fubjtituirten Secretär Herrn Reg. Eanzellit Zimmermann, folgende Rede *) vorlefen:
*) Eingefandt.
147
«Zwoͤlf Jahre find es, dad der Wunſch, zur Er: richtung einer Naffauifchen Gefellfchaft für Alterthums— und Gefchichtsfunde rege ward, und nun erblüht fie unter günftigen Aus picien. Nicht mehr follen antiqua= rifche Schäße des unterirdifchen Herzogthbums von gies rigen Fremdlingen ausgegraben und verfchleppt wer— den! — Ein deutfches Herculanum und Pompeji ent: fteige bald zu Hedernheim und Marienfels der Erde Schooß, und auch Wisbada, die uralte mattias fifche NRömerftadt, gewähre dann neue Spende dem vaterländifchen Inſtitut, zur Forderung der Wiffen: fchaft. Dem Umlaufsfchreiben des Vorftandes der Gefell: fchaft folgend, hat der, durch feine Befisung zu Kron— berg feit 20 Sommern fihon, halb einheimifch gewordene auswärtige Director, den römifchen Pfahlgraben am oberen Taunus wiederum unterfucht, und im Ver— gleiche mit den beiden, in den «Heilquellen am Taunus 1814 und 1818 und den Rheingegenden von Mainz bis Coͤln 1819» nad) feiner Angabe vom Architecten Ulrich zu Frankfurt gefertigten Karten doc ziemlich genau bezeichnet gefunden, wobei er dem Bef- ferforfchenden gerne nachſtehen will. Nicht unwichtig war doch für Alterthumsfunde, die 1811 gemachte Ent- dedung bei Ems, daß jenes colofjale Roͤmerwerk nicht bei Braubadı an den Rhein hinab fanf, Cwie gelehrte Folianten Jahrhunderte lang anzeigten), fons dern von dort weiter, bi8 nach Wyck de Duurstede in Holland, und zurid bis Pfoͤrring an die Donau 309. Dem großmüthigen Gefchenfe des Doppelt edlen Nepo— ten eines Emmerich Joſeph von Breibbadh,
148
verdanfen wir zuerft den merfwirdigen über 100 Sahre zu Hedernheim verwaif’t geftandenen Genius mit der Snfchrift: Fratres et Taunenses etc. und der neulich dort gefundene, von unfrem Lehne richtig erklärte Botivftein, bar ein befonderes Local-Intereſſe für die Kunde jener Veteranen Kolonie. »
Nach diefem erläuterte der anmwefende Herr Pfarrer Herrmann zu Efch eine Stelle des Tacitus: (Germ. ce. 25.) Uber die Bedeutung der Worte «agrestia poma. »
Der Secretär der Gefellfchaft, Herr Pfarrer Luja von Dosheim begann hierauf die Vorlefung einer aus— führlichen Abhandlung über den Zweck und Wirkungs- freis unfers Vereins, in weldyer er auf die wichtigiten antiquarifch = hiftorifchen und topographifchen Punkte unferes Landes aufmerffam machte,
Die Bejchauung der im Saale ausgejtellten Alter: thuͤmer 2c. befchloß den Act.
Zur Beglaubigung Ebhardt
Vet. Zinmermann.
NR Protofoll der zweiten ©eneralverfammlung des Bereing. Am 28. Mai 1824.
Das Namensfeſt Sr. Durchlaucht des Herzogs, verfammelte am heutigen eine Anzahl Bereinsmitglieder in dem bisherigen Local des Schulgebäudes.
149
Die Sikung wurde durd den inländifchen Director mit der Anzeige eröffnet, daß ihm von dem Herrn Ges heimenrath von Gerning für das Vereinsmuſeum
a) ein goldener Ring aus den Nuinen von Hederns heim
b) ein Camee in orientalifchem‘ Achat mit dem Bruftbild des Kaifers Probus als Geſchenk zugeftellt worden fey, wofuͤr demfelben der einftimmige Dank der Verfanmlung dargebrasht wurde. Den Statuten gemäß, wurde nun zu der Wahl eines neuen Vorſtandes von fieben Mitgliedern gefchritten, die Eröffnung der Stimmzettel aber bis zuletzt verfchoben.
Hierauf erftattete der inländifche Director einen Furzen Vortrag über die feitherigen Keiftungen und Erwerbungen des DVereing, und bemerfte, daß man in Folge eines von Herrn Pfarrer Brinfmann zu Miehlen einge gangenen Berichtes über die begonnene Unterfuchung des römifchen Caſtrums bei Marienfels fünftig interef- fanten Refultaten entgegen fehe. Unter den neuern Erwerbs ungen erwähnte er befonders eines vierfeitigen römifchen Altar mit Bildwerfen und Snfchriften von Nieder » Kies derbach , fo wie einer fehr intereffanten Ara aus den Ruinen bei Hedernheim vom Sahr 229 nach Chr., unter Alerander Severd und Dio Caſſius Confulate, fodann einer von Herrn Gecretär Zimmermann für 143 fl. 48 Er. für das Muſeum erfauften Muͤnzſammlung vn. f. w. F Derfelbe legte ferner über die erhobenen zweijährigen Geldbeiträge und deren Verwendung den vom Vorftande geprüften Rechnungsabfhluß vor. Nach demfelben betragen:
150
I. Die Einnahme pro 1823.
Beiträge von 143 Mitgliedern. . . . 572 fl. — fr. der Beitrag der Bibliotheföfafe . . . 100 —»
Ausgabe. Für Drudfachen, Anfauf u. Transport v. Alterthümern, Ausgrabungen u. ſ. w.. 372 fl. 12 fr. Mithin Caffebeftand . ». © 2. 2 2.299 »48 =
I. Einnahme pro 1824.
Receß voriger Rehnung - 2 2 2 0. 299 fl. 48 kr. Beitrag von 145 Mitgliedern . . . . 580» —» — aus der Bibl. Gaffe pro 1824 . 50» — » 929 fl. 48 Fr.
Ausgabe.
Für Drudkoften, Anfäufe und Ausgrab- UNGENSIEHDN. Bartıstia . 696 fl. A fr. Rüdftändige Beiträge * Eaſſebeſtand 23358 Tun 929 fl. 48 kr. Pruͤfung und Abſchluß der letzten Jahresrechnung bleibe dem kuͤnftigen Vorſtande uͤberlaſſen. Hierauf wurden folgende Abhandlungen vorgetragen: 1) Durch Herrn Secretaͤr Zimmermann, eine von dem abweſenden Herrn Landdechanten Muͤller von Oſterſpay eingeſchickte kurze Geſchichte der Burg Lahneck)» bei Oberlahnſtein. 2) Herr Pfarrer Luja von Dotzheim verlas die dritte Abtheilung ſeiner in der vorigen Sitzung abgebroche— nen Abhandlung, nebſt Erklaͤrung eines roͤmiſchen Monu—
4151
mentes von Hebernheim Cein Loͤwe mit einem Schwein unter den Füßen).
Herr Secretär Zimmermann erklärte eine Fleine Alabafterplatte mit dem Monogramma Chrifti zwifchen den Buchftaben A—Q, und 2 Tauben zur Seite, den ge: wöhnlichen chriftlihen Symbolen auf Orabfteinen ber erften Jahrhunderte,
Hierauf legte Herr Habel zu Schierſtein als Refultat feiner bisherigen Unterfuchungen zu Hedernheim, einen von ihm aufgenommenen geometrifchen Plan des römifchen Municipiums vor, in welchem die bis jest entdecten Straßen und römifchen Gebäude bezeichnet waren, und gab hierüber die erforderlichen mündlichen Erläuterungen.
Man fchritt hierauf zur Eröffnung der Simmzettel von den anmwefenden Botanten.
Die meiften Stimmen erhielten:
a. als inländifcher Director
Se. Ercellenz Herr Geheimerath und DOberftallmeifter, Freiherr von Dungern
b. als deffen Suppleant
Herr General» Domänen » Director Ritter von Rößler. Zu Mitgliedern des Vorſtandes wurden ernannt:
Herr Habel zu Scierftein.
— Geh. Regierungsrath Hegmann.
— Pfarrer Luja zu Dogheim.
— Gen. Dom. Director von Rößler.
— Hofrath Weigel.
— Gecretär Zimmermann.
152
Als Suppleanten folgten diefen: Herr DOber-Medizinalrath Dr. Döring. — Baurath Zengerle.
Der bisherige inländifche Director übernahm es hier— auf, des Herrn Geheimenraths und Dberftallmeifters Freiherrn von Dungern Ercellenz, von diefer Wahl zu benachrichtigen und Hochdemfelben die Zufammenberufung des neuen Vorftandes zu überlaffen. Damit wurde dieſe Sitzung gefchloffen und die Mitglieder eingeladen, die in dem neuen Local des Mufeums aufgeftellten Alterthümer und neuen Erwerbungen in Augenfchein zu nehmen.
In fidem Ebhardt. Vet. Zimmermann.
VI.
Protokoll der dritten Generalverſammlung des Vereins.
Wiesbaden am 28. Mai 1825.
Nachdem zur diesjährigen Generalverfammlung des Vereins für Naffauifche Alterthumskunde und Gefchichte- forfhung die Mitglieder auf die gewöhnliche Weife durch das allgemeine Sntelligenzblatt, der ausländifche Director aber und die in der Nähe wohnenden Vereingmitglieder noch befonders eingeladen worden waren, auch die beiden Vorftände, Herr Geheime Rath und Oberftallmeifter von Dungern Ercellenz und Herr Geheime Negierungsrath Hegmann, ihre Abwefenheit entfchuldigt hatten, eröff- nete der Herr Generals Domänen: Director von Roͤßler, Borftand des Vereins, die Sikung, indem er von der
155
äußern Bildung und den Fortfchritten des Vereins ben anmefenden Mitgliedern Kenntniß gab. Er fagte unter andern:
« Der Verein für Naffauifche Alterthumskunde und Gefhichtsforfhung hält heute am dritten Jahrestage feine Generalverfammlung. Einige Worte über die Außere Bildung des Vereins, über feine Leiftungen und Erwart- ungen ftehen hier an ihrer Stelle. —
Als der Verein mit Iandesherrlicher Genehmigung zus fammentrat, lag es in den Verhältniffen, alle diejenigen zu activen Mitgliedern einzuladen, von denen eine Mit: wirfung zu den Zweden des Vereins, wenigftens Unters flügung und Zuneigung, unterftellt wurde. Sm Kaufe weniger Jahre hat fich jene Anficht berichtigt: Mehrere haben ihre Neigung näher zu erfennen gegeben: fie find ausgetreten; aber an ihre Stelle‘ ift eine Anzahl von Mitgliedern gefolgt, deren thätiger Antheil feiner Prüfs ung bedurfte, weil es nicht die Neuheit der Sache war’ welche ihren Eintritt beftimmt hatte.
So beftehet denn jet unfer Berein aus Einhundert neun und dreißig Mitgliedern, deren Namen an alle die Berdienfte nnd Kenntniffe erinnern, wodurch ein Seder von ihnen auch unferer vaterländifchen Gefelfchaft zur Stüge wird.
Das volltändige Namens-Verzeichniß jener 139 Mit: glieder ift zur heutigen Generalverfammlung bier auf gelegt. —
Sie finden darin fieben Namen bezeichnet, ‚welche die vorjährige Generalverfammlung, den Statuten gemäß, auf zwei Jahre zu Borftänden des Vereins gewählt hat. —
154
Da dasjenige verehrliche Mitglied des Vorſtandes, welches die Mehrheit der Stimmen zum inländifchen Di— rector bezeichnet hatte, dem Vorſtand die Gründe ent— wicelt hat, welche dafjelbe beftimmt haben, unter danf- barer Anerfennung des Vertrauens, die Lebernahme der Function felbjt abzulehnen, jedod, Mitglied des Vorftans des zu bleiben; fo erfuche ich im Namen des legtern die hier anmefenden Mitglieder des Vereins, auf die ges woͤhnliche Weiſe fchriftlich darüber abftimmen zu wollen, wer von den fieben VBorftänden die Stelle des inläns difchen Directors noch für Ein Jahr zu übernehmen habe.
Mit der Generalverfammlung des nächften Sahres tritt die Integral» Erneuerung des Borftandes ein. —
Heute zum erften Male befindet die Generalverfamms lung ſich mitten in dem ihrem Mufeum gemidmeten fhönen Locale. Das Product der bisherigen Erforfc- ungen des Vereins hat ſich fehr zweckmaͤßig an jene bekannte Kunſt- und Alterthums » Sammlung angereihet, welche wir der Großmuth unferes gnädigften Herzogs und der Stiftung unferes verehrten ausländifchen Dis rectors, des Herrn Geheimen Raths von Gerning, verdanken. — Das Ganze vereinigt einen ausgezeichneten Schatz von Merfwürdigfeiten, welche dem Studium ber vaterländifchen Gefchichte bereits reichen Stoff und auch dem Kunft- und Alterthumsfreunde volle Befriedigung geben. —
Unfer vaterländifcher Verein ift geftiftet, um die Denfmäler der Vorzeit ihrer Verburgenheit zu entziehen, an ihre Befchreibung jene geographifchen, ftatiftifchen und
155
gefchichtlichen Aufflärungen zu knuͤpfen, welche dem Boden unſeres Baterlandes fchon vor Gahrhunderten eine ges fehichtliche Bedeutfamfeit gaben, — ihn in jeder Beziehung Acht claſſiſch machen.
Was fir Erinnerungen fchließt nicht das Land in ſich, das zwifchen dem Main und dem Rhein den Namen des glüflichen Landes Naffau trägt. Gerade hier war bie Grenze gegen Noms Uebermacht gezogen: neben einander ruhet die Afche der Roͤmer und Germanen, aus deren Kämpfen Feine andere Spur, als die der Gräber und der Zerftörung zurücgeblieben. —
Mo hat ritterliher Sinn des Mittelalterd höhere Denkmäler von Kühnheit und männlicher Zuverficht zus rüc gelaffen, ald gerade in unferen Rhein- und Lahn⸗ Burgen.
Und als fidy) unter dem Schutze der deutfchen Krone Ordnung und Berfaffung freudiger entwidelten, zu welchen ausgezeichneten Neichsgliedern gehörte nicht unfer Vaterland: es fchließt in fich durch altes Landrecht abgefchiedene Gauen, rheinifche Churen, Fürftenthüumer und mächtige Graffchaften, mehr als ein anderes teutfches Land von gleichem Umfange. —
Welche Mannichfaltigfeit bietet Das Alles dem Ges ſchichtsforſcher — wie anziehend ift der Stoff, wie reich find die Quellen ıc.
Sämmtliche Verhandlungen des Vereins liegen offen bier in der Reihe der Protocolle, welche feit feinem Ent— fehen abgehalten worden. Sehr intereffante Ausarbeit- ungen und Notizen von einzelnen Mitgliedern unferes Vereins find zu den Acten gefammelt. — Sie werden her:
156
vorgezogen und in einem Archiv für die Arbeiten un— feres Vereins niedergelegt, dem thätigen Mitarbeiter ein gerechtes Anerfenntniß, feinen Freunden eine Aufforder- ung zur Nachfolge werden.
Indem ich auch die Rechnung über die zweiten Beis träge, nach den Befchlüffen des Vorftandes vervollftändigt, hier überreiche, und damit die formelle Handhabung der Ordnung beurfunde, bleibt mir noch der heiße Wunfch übrig, daß alle die ausgezeichneten Männer, welche unfer Verein in fich fchließt, heute den Vorſatz faffen mögen, einem vaterländifchen SInftitut, das jet confo> lidirt da fiehet, mit Vorliebe anzugehören, und mit gutem Willen zum Opfer zu bringen, was ihren Kräf- ten und ihren Kenntniffen fo leicht wird.» —
Hierauf trat der ausländifche Director, Herr Ges heime Rath v. Gerning, auf, und verlag folgende Nede:
« Zum dritten Mal find wir heute vereinet, das Feft unferer Stiftung, mit demjenigen de8 Namens uns jeres hochverehrten und geliebten Herzogs patriotifch zu feiern.
In diefer kurzen Zeit gefchah doch fehon manches Gute für unfer Inftitut, und wenn aud) die faum be- gonnenen Ausgrabungen von SHadrianopolis noch nicht ganz den fanguinifch=gehegten Erwartungen ent- fprechen fonnten, fo erhielten wir doch einen berich— tigten und vollftändigeren Plan jenes Roͤmerwerkes. Langſam wächft der Eichbaum, doch für Neonen, — und was wir muthig begannen, werden unfere Nach- fommen zur Ehre der Nassovia illustrata und ihres
157
claffifhen Bodens glüklih und ruhmmwürdig vollens den. —
Unfere antiquarifchen Sammlungen wurden ſchon ziem— lic vermehrt, ſowohl durch großmüthige Gefchenfe, wor— unter befonders Diejenigen des Herrn Major Baron von Breidbah-Bürresheim fid) auszeichnen; als durch Ausgrabung und Einkäufe.
Ihnen gegenüber befindet ſich nun die feit 10 Jahren befprochene remuneratorifche Stiftung des Mufeumg, eines, dadurch endlich fat ganz Nafjauer geworde— nen, Kunſt- und Alterthumefreundes, der über 30 Sahre lang in Stalien und Deutfchland einen guten Theil feines Vermögens und den beften feines Lebens darauf verwendet hat. Beide Sammlungen find und bleiben wohl, abgefondert vereint, im fehönen Kocale der trefflich geordneten reichhaltigen Landesbibliothek, des Mufen- Palatiums und Nafjauifchen Pantheong, im vielfach blühenden Wiesbaden.
Auf eine folhe Grundlage fann wohl weiter gebaut und ein Werk zu Stande gebracht werden, was nicht nur Unterhaltung und Belehrung geben, fondern auch gelehrte Grübeleien und Muthmaßungen berichtigen dürfte, um die alte Gefchichte Diefer merfwürdigen Gegend immer mehr zu erforfchen und aufzuflären. —
Ein bloßes Gefammel mancher unwichtig erfcheinenden Gegenftände wird dann bei Anficht und Bekanntmachung feltener Kunſt- und wahrer Alterthumsfchäße, Niemand verleiten, jenes wie Spielerei zu betrachten und oft mit Recht zu befpotten. Auch mag ed gleichgültig gegen Solche feyn, die nicht mit Leib und Seele der Alter:
158
thumsforfchung anhängen, an welchem Orte z. B. der Länderfreffer Sulins Cäfar vor 2000 Sahren tiber den Rhein ging, während es fir Alterthumsfreunde und Geſchichtsforſcher höchft anziehend bleibt. — So hielt noch jüngft der gruͤndliche Mannert, als er die Schil— derung Hedernheims in den «Lahn und Mainge- genden» lad, daffelbe für jenes beftrittene Munimen- tum Trajani, was noch in einer befondern Abhandlung zu rechtfertigen wäre.
Das Naffauifhe Muſeum beftehet alfo neben dem Alterthums- Verein und beide Fönnen jekt, durch öffents liche Bekanntmachung ihrer Hauptgegenftände, durch noch zum Theil unedirte Abhandlungen über Alterthyum und Gefchichte Hand in Hand weiterfihreiten.
Ich nehme mir nun die Freiheit, Einer Hochlöblichen Berfammlung die Aufnahme würdiger Fremden, ale correspondirende und Ehrenmitglieder vorzufchlagen, in beifolgender Lifte, deren Vermehrung oder Verminderung dem prüfenden Vorftande fowohl, als der ganzen Gefell- fchaft anheimgeftellt fey.
Auch entfcheide die heutige Hochgeehrte Verfammlung, ob etwa mit Anfange des nächften Sahres das erfte Heft unferer Annalen erfcheinen, oder diefer einſt⸗ weilen beruhen ſoll. —
Der auslaͤndiſche Director wuͤnſcht noch zuletzt einer aus fo würdigen Männern beſtehenden Verſammlung vor⸗ zufchlagen, zum Präfidenten derfelben einen Herzog- lich Naffauifchen Staatsdiener, einen Kenner und Lieb» yaber von Antifen, und zwar den, der fchon ale ein guter Genius über der Bibliothek = Anftalt obmwaltet; den
159
um das ganze Rand hochverdienten Herrn Saats-Minifter Freiherrn von Marfchall zu erwählen, und Seine Er- cellenz durch eine Deputation um Annahme diefer, wenn auch für denfelben unbedeutenden, dabei nicht uͤber— läftig feyn follenden Würde, zur ehrenvolleren Förderung unferes Inſtituts geziemend zu bitten. — Ein felcher Leitftern fey auch willfommen unferm Antifen- a und nicht den Statuten zuwider.
Quod differtur, non aufertur!» —
Der Herr General= Domänen Director von Rößler machte der Verfammlung bemerflih, wie der fo eben verlefene Bortrag des Herrn Geheimen Raths von Ger: ning drei verfchiedene Anträge enthalte: derſelbe über> reiche eine Lifte von auswärtigen Kunftfennern und Alters thumsfreunden, und fehlage folche zu Chrenmitgliedern vor, — fodann bringe derfelbe ebenfalls die Redaction von Annalen des Vereins in Vorſchlag; endlich trage er an, Seine Ercellenz den dirigirenden Staats - Minifter Freiherrn von Marfchall zum Präfidenten des Bereins zu erwählen. Was den letztern Antrag belange, fo werde gewiß die ganze Verfammlung den Wunſch theilen, daß es Seiner Ercellenz gefallen möge, jene Ehrenwürde anzunehmen: und in diefem Fall werde es dem Borftand zu überlaffen feyn, die Herzogliche Landes-Negierung um die nachträgliche Erweiterung der Statuten, darin jene Ehren» Stelle nicht aufgenommen fey, zu erfuchen. Die Bollziehung des zweiten Antrags wegen Nedaction der Annalen des Vereins müffe wohl ebenfalls dem Vorſtande überlaffen, fo wie denn endlich der nähern Prüfung defjelben, unter beftändiger Nücfprache mit dem aus—
160
wärtigen Direftor, anheimgegeben werden, welchem von den in Borfchlag gebrachten auswärtigen Mitgliedern das Diplom zu überfenden fey. —
Nachdem die Verfammlung fi allgemein mit diefen Anträgen und Bemerfungen einverfianden erklärt hatte, bat der Herr Generals Domänen- Director von Rößler nunmehr, feinem Antrag gemäß, zur Wahl des inlän- difcyen Directors vermittelft fehriftlicher Abftimmung zu fohreiten, und machte damit den Anfang. Die Ber: ſammlung bezeugte fich jedoch hierin nicht beifällig, ſon— dern man erfuchte allgemein den Herrn Generals Domä- nen= Director von Roͤßler die Stelle des inländifchen Directors um fo mehr zu übernehmen, als er ſolche nun bereits ein Sahr lang geführt habe. — Letterer fonnte fi) dem einftimmigen Begehren nicht entziehen, dankte für das Vertrauen, und äußerte die Hoffnung, daß in der nächften General» Verfammlung die Wahl der Gefellfchaft wohl auf ein würdigeres Vereind » Mitglied fallen werde. —
Der inländifche Director erfuchte nunmehr das Vor— ftande - Mitglied Herrn Pfarrer Luja, der Berfammlung den angefündigten Vortrag über den Urfprung des Worz te8 Wiesbaden, nad, etymologifchen Herleitungen des verftorbenen Infpectors Krauß, ald Nachtrag zu feiner eigenen, ſchon früher vorgebracdhten Meinung, zum Ges geneinanderhalten mehrerer Anfichten, und über die Herz leitung der Benennung der Hühnerfirche und ihren Urs fprung halten zu wollen; der Herr Pfarrer Luja hielt den Vortrag über den erftien Gegenftand wirflich, und verfprac, die beiden Abhandlungen zur weitern Benutz— ung in das VBereind- Archiv abzugeben. —
161
Nach diefen Vortrag erftattete das Vorftande - Mit: glied Herr Habel ausführlichen Bericht über das Ergeb- niß der bisher von ihm geleiteten Ausgrabungen zu Nidda und Hedernheim, und erläuterte durch Zeichnungen und fritifche Bemerkungen die Infchriften fo wie den Grund- Plan des Municipiums bei Hedernheim, womit derfelbe gefchichtliche Erläuterungen und Muthmaßungen über die Zeit der Eriftenz und der Zerftörung jenes wichtigen Römer » Denfmals verband.
Der inländifche Director fchaltete nunmehr die Ans zeige von den im Laufe des Jahres zum Mufeum gekom— menen Gefchenfen und Mittheilungen anmefender und abwefender Vereing- Mitglieder ein, und die Verſamm— lung befchäftigte fich eine Zeit lang mit deren Befichtigung und Kritif. Hierauf verlas das BVorftands - Mitglied, Herr Bibliothef> Sekretär Zimmermann, mehrere intereffante Stellen aus einem von ihm begonnenen Werk über die Gefchichte von Wiesbaden, feinen Quellen und feiner Umgegend.
Zulegt Fam noc zur Abftimmung der Antrag des abmwefenden Vorftande - Mitglieds, Herren Geheimen Re: gierungsrath8 Hegmann, zur Bereifung ded Herzogs thums in antiquarifch- hiftorifcher Hinficht durch ſachkun— dige Mitglieder des Vereins.
Es wird darin gefagt:
«Man darf wohl mit Sicherheit unterftellen, daß eine vollftändige und umfichtliche Befchreibung des NHerzog- thums Naffau, in befonderer Beziehung auf die Zwecke des Vereins ꝛc. nicht nur für Die Mitglieder deſſelben,
11
162
fondern auch für jeden Gefchichtsfreund von großem Inte— reſſe ſeyn muͤſſe. —
Wenn einzelne Landestheile ſchon in den aͤlteſten Zei— ten vorkamen, wenn ſie an den wichtigſten Begebenheiten der Umgegend Theil nahmen und ſo ſchon einen hiſtori— ſchen Namen in der Geſchichte ſich erwarben, auch man— ches ſchoͤne Denkmal aus jener Zeit uns uͤberlieferten, ſo haben dagegen andere Landestheile erſt in dem Mittel— alter eine gewiſſe Bedeutenheit erlangt, und ihre Denk— maͤler reichen viele Jahrhunderte ſpaͤter hinab. — Bei der, hinſichtlich ihrer hiſtoriſchen Wichtigkeit, großen Verſchiedenheit der einzelnen Landestheile, duͤrfte doch wohl Keiner ſeyn, der nicht wenigſtens eine Ausbeute zu geben vermoͤchte. —
Hieraus erhellet aber die Nothwendigkeit, nicht bloß die univerſell wichtigen Landestheile, ſondern auch alle uͤbrigen, nach einem zu entwerfenden Plan zu bereiſen, alle Merkwuͤrdigkeiten antiquariſcher und hiſtoriſcher Art zu verzeichnen und dabei auch beſonders intereſſante na— turhiſtoriſche nicht zu uͤberſehen.
Zu dieſem Ende moͤchten ein oder einige Mitglieder des Vorſtandes zu committiren ſeyn, um nach einem beſtimmten Turnus in einem jeden Jahre verſchiedene Aemter nach allen Richtungen zu durchreiſen und auch die kleinſten Oerter zu beſuchen, wenn ſolche, ſey es auch nur nach einer Sage, eine hiſtoriſche Merkwuͤrdigkeit darbieten. —
Der Commiſſarius wuͤrde ſich, ſobald er in einem Amt ankaͤme, mit dem erhaltenen Commiſſorium bei Amt
165
zu legitimiren umd um die nöthige Unterftüßung zur Erz reichung des beabfichtigten Zweckes zu verwenden haben. Es ift nicht zu bezweifeln, daß jeder Geiftliche auch von feiner Seite Alles beitragen werde, um den löblichen Zweck nach Kräften befördern zu helfen; aber auch andere Angeftellte, namentlich Forftbeamte, fo wie uͤberhaupt alle Individuen, melde über die Schidfale einzelner Orte und Gegenden Ausfunft zu geben vermögen, wers den diefe auf Erfordern gern ertheilen und fo auf manche hiernächft zu verfolgende Spuren hinleiten. Sobald der Sommiffarius über die zweckmaͤßigſte Art der Einrichtung feiner Reife fich informirt und darnach feinen Reifeplan entworfen hätte, wäre fodann die Bereifung der einzelnen Ortſchaften felbft vorzunehmen. In diefen wären zunächft Kirchen, Kapellen ꝛc. zu befichtigen, darin vorfindliche Ölasmalereien, hiftorifche Denfmäler, Grabfleine ıc. genau zu befchreiben, und bei befonderer MWichtigfeit abzuzeichnen. Die ehemaligen Haupt-, Stifts-, und Klofterfirchen werden hier eine reichliche Ausbeute liefern, und da mehrere der Iegteren gar nicht mehr zu ihrem urfprünglichen Zwecke benugt werden, andere aber in Privat Befis übergegangen find; fo wird fich mitunter Gelegenheit finden, für das Mufeum manche fchäsbare Acguifition zu machen.
Es verfteht fih, daß aud) andere alterthümliche oder fonft merfwürdige Gebäude der Aufmerffamfeit der Com: miffarten nicht entgehen werden.
Nachdem fodann über die etwa in der Gegend befind- lichen biftorifchen Denfmale aus der römifchen und al
164
teutfchen Zeit, fo wie aus dem Mittelalter, vorläufige Erfundigungen eingezogen worden, wird fich der Com» miffarius felbft an Ort und Stelle begeben, und dabei ortsfundige Individuen zu feiner Begleitung zu beftimmen fuchen, auch nad) Befund der Umftände und bei einiger Hoffnung eines guten Erfolgs, Nachgrabungen unter feiner Leitung vornehmen laffen, Hierbei wird er fich bemühen, die etwa fchon früher in den Befig von Privaten ges fommenen Alterthümer, Münzen 2c. für das Mufeum zu acquiriren und mit dem etwa neu Ausgegrabenen dahin befördern,
Alte Schlöffer, Burgen, Ruinen find zu befuchen und nad) ihrer dermaligen Befchaffenheit zu befchreiben. Ge— naue Abzeichnungen werden den Werth der Befchreibung erhöhen und eine höchjt interefjante Beilage gewähren.
Hiftorifche Notigen über die Denfmäler aus älteren und mittleren Zeiten, auch wenn fich ſolche nur auf Sagen gründen folten, wären zu fanmeln und hier— nächft aus den in den Landes » Archiven vorhandenen Urkunden ꝛc. zu vervollftändigen. Ueberhaupt wird Die höheren Drts für die Commifjarien zu erwirfende Erlaub- niß zur Benugung der Archive, Gelegenheit verfchaffen , die bei Bereifung der Aemter gefammelten Materialien zu ergänzen, und es dadurch möglich zu machen, daß die daraus aufzuftellenden Amts- und Drtsbefchreibungen einen hohen Grad von Vollftändigfeit erlangen.
Diefe Amts» und Ortsbefchreibungen wären hiernächft in dem Archiv des Vereins zu hinterlegen, fo wie es auch angemefjen erfcheinen dürfte, eine oder mehrere
165
derfelben in den Fünftig erfcheinenden Annalen der Gefells fchaft abdruden zu laffen.
Eine Hauptzufammenftellung der einzelnen Befchreib- ungen, fo wie deren Verbindung zu einer vollftändigen antiquarifch = hiftorifchen Befchreibung des Herzogthums Naffau würde erft dann möglich werden, wenn die Bes reifung fämmtlicher Aemter des Herzogthbums beendigt wäre, wozu jedoch, wenn die Bereifung der Aemter ges hörig eingetheilt und darin regelmäßig fortgefahren wiirde, feine große Reihe von Sahren erforderlidy feyn dürfte,
Die auf diefe Weife bearbeitete Befchreibung des Hers zogthums koͤnnte hiernächft im Druck herausgegeben werden, und mären derfelben die aufgenommenen Niffe und Zeichnungen litographirt beizufuͤgen.
Ungeachtet der individuellen Weberzeugung von der Nüslichfeit der vorgefchlagenen Bereifung des Herzog: thums, hält Berichts» Erftatter, der nur als Laie feine Anficht hierüber ausgefprochen hat, e8 für unerlaͤßlich nothwendig, daß dieſe Ideen erft von Sachverftändigen geprüft, berichtigt und vervollftändiget werden, fo wie e3 diefen auch, bei wirklich erfolgender Ausführung uͤber— laffen werden müßte, eine vollftändige und umfaffende Inſtruction für die zu ernennenden Commiffarien zu ents werfen. »
Der Vorſchlag fand allgemeinen Beifall und es be- merfte der inländifche Director, wie nichts entgegenftehen koͤnne, einfiweilen für diefes Jahr etwa 150 fl. aus der Vereins - Saffe zur Dispofition zu ftellen, weshalb die weitere Einleitung ebenfall8 dem Vorſtand zu tberlaffen feyn möchte.
166
Hierauf erflärte der inländifche Director die dies— jährige General: Berfanmlung für gefchloffen.
von Rößler.
vdt. Zimmermann.
VAL
Protokoll der vierten General: Berfammlung des Vereine. Am 29. Juni 1826.
Nachdem fich auf ergangene Ladung, der Verein für Naſſauiſche Alterthbumsfunde und Gefchichtsforfhung am heutigen verfammelt hatte, eröffnete der inländifche Di— rector, Herr Generals Domänens Director von Roͤßler, die Sikung mit folgendem Vortrag.
«Am Tag der General: Verfammlung unferes Vereins hat der inländifche Director Bericht zu erftatten, über alles dasjenige, was im Lauf des verflefjenen Jahres in den Außern Beziehungen des Vereins eingetreten, und worauf der Vorftand die Thätigfeit hingelenft hat. —
Wenn ich unfere gedructen, allen Mitgliedern be— fannten Statuten zum Leitfaden nehme, fo glaube ic) dadurd auch für die Zufunft eine bejtimmte Ordnung zu begründen.
Der Zwed der Gefellfchaft für Nafjauifche Alterthums— funde und Gefchichteforfhung ift, heißt es dort, bie Auffuchung, Sammlung und Befchreibung der römifchen und teutfhen Altertbimer im Herzogthum Nafjau,
167
und die Beförderung der darauf Bezug habenden geogras phifchen, ftatiftifchen und gefchichtlichen Aufflärungen, wie nicht weniger die Sorge für die Erhaltung der vors handenen Denfmale, auch die des Mittelalters einges fchlofjen. —
Man hatte es fehon lange eingefehen, daß der fta- tutenmäßige Zweck des Vereins, namentlich die Sorge für die Erhaltung der vorhandenen Denfmale nur unvoll- fommen erreicht werden Fünne, wenn eö jedem fremden Sammler nnd Forfcher unbenommen bleibt, unfere merf- würdigften Stüde aufzufaufen und auszuführen. Der Borftand lenkte daher wiederhohlt die Aufinerffamfeit unferer höchften Staatd- Behörde auf diefen Gefichtspunft hin, und die Minifterial» Bekanntmachung, welche wir in dem jüngften Verordnungsblatt gelefen haben, ift das Refultat diefer Verwendung.
Indem Seine Herzogliche Durchlaucht den inländifchen Inſtituten das Borfaufsrecht vorbehalten, und die Herz zoglichen Beamten anmweifen lafjen, die Ausfuhr von Alter: thuͤmern zu verhindern, haben Höchfidiefelben für unferen Verein den legten Stuͤtzpunkt befeftiget.
Der Berein verdanft aber der Gnade Geiner Herzog» lichen Durchlaucht noch mehr. Höchftdiefelben haben der Vereins Saffe einen Beitrag von Dreihundert Gulden zufließen laffen. In diefem guädigften Gefchenfe wird der Verein den Beifall erbliden, den Seine Herzogliche Durchlaucht unferen Beftrebungen geben und ich komme dem allgemeinen Verlangen nur entgegen, wenn ich als erfien Befchluß der heutigen General: Berfammlung in Borfchlag bringe:
168
Seiner Herzoglichen Durchlaucht, unferem gnädigften Landesherrn, durch das Organ des Präfidenten den tief ſchuldigſten Dank der Gefelfchaft unterthänigft abftatten zu laſſen.
Sn der vormyährigen Generals Verfammlung murde der einhellige Befchluß gefaßt, Seiner Ercellenz dem diri- girenden, Staats» Minifter, Freihern von Marfchall, die Stelle eines Präfidenten des Vereins ehrerbietig anzu— tragen; es gereicht mir zum Vergnügen, der Verfammz lung zu eröffnen, daß Seine Ercellenz diefes Ehren: Amt angenommen haben, und der Vorſtand nicht verfäumt hat, die Intereffen des Vereins der Proteftion feines Präfidenten angelegentlichft zu empfehlen.
Bon der Befugniß, eine Anzahl von Fremden zu Ehrenmitgliedern des Vereins aufzunehmen, welche die vormjaͤhrige General» VBerfammlung in die Hände des Borftandes gelegt hatte, hat derfelbe nur einen fehr be— fheidenen Gebrauch gemacht.
Der Borftand hat geglaubt, daß unferen verdienten und gelehrten Nachbarn, den Herren Profefforen Dr. Lehne und Dr. Braun die erften Diplome als Ehren mitglieder zu überfenden feyen.
Die Zahl der ordentlichen Mitglieder war bei der vormjährigen General» Verfammlung 139.
Sm Lauf des Jahres haben den Austritt angezeigt die Herren
Hofrath Weitzel, Juſtitzrath Koch, Oberforſtrath Klein,
169
durch den Tod wurden der Gefellfchaft entriffen die Herren Decan Keim, zu Oberliederbach, Geheime Negierungsrath Hegmanı, Kirchenrath Spiefer, zu Herborn, Dber- Apyellationg = Gerichts » Präfident von Truͤm— bach, Pfarrer Funk, zu Laufenſelten.
Zu ordentlichen Mitgliedern wurden aufgenommen die
Herren Caplan Hilf, zu Biebrich, Major Hehl, zu Bad-Ems, Pfarr⸗Vicarius Grimm, zu Heftrich.
Der Verein zählt alſo dermalen 134 ordentliche Mit— glieder.
Durch den Tod und Austritt der Herren Hegmann und Weitzel waren zwei Stellen im Vorftand vacant geworden; um ihn vollzählig zu machen, wurden die Herren Ober: Medicinalrath Dr. Döring und Baurath) Zengerle ald Suppleanten einberufen, weldye bei der Wahl in der General-VBerfammlung vom Sahr 1824 nad) den Gemwählten die meiften Stimmen zu Vorſtands-Mit— gliedern erhalten hatten.
Jetzt hat der im Sahr 1824 gewählte Vorftand zwei Jahre lang fungirt: e8 tritt ftatutenmäßig deffen Integrals Erneuerung ein. Ich erfuche daher die anmwefenden Ver— eind» Mitglieder, auf verfchloffene Zettel bemerken zu wollen, wem fie die Stelle des innländifchen Direftors für die nächften zwei Sahre übertragen wollen, und welche fed;8 Vorftands » Mitglieder fie ernennen. Es find alfo
170
aus der hier offen liegenden Lifte der Mitglieder fieben tamen zu bezeichnen, und bemerfe ich nur, wie die Vor— ftands- Mitglieder der Obſervanz nach, darüber mit ein— ander übereinfommen, wer von ihnen hiernächft die Stelle des Secretärd zu befleiden, und wer die Gaffe zu führen hat.
Der Generals VBerfammlung ift die Rechnung vom abgelaufenen Jahr vorzulegen. Diefer Beftimmung wird hierdurch ebenfall8 von mir entfprochen. Die Einnahme der Rechnung von der General» Berfammlung des Jahrs 1825 bis zur heutigen zerfällt in folgende Poften:
Yctiv s Saldo ent re Beiträge der Mitglieder . . . 564» —» der ftandige Zufchuß aus der Biblio:
the Gaffer u) Van 160
außerpröentlicdh nkS Va sre® in» WLgE zuſammen 757 fl. 55 fr. Ausgegeben wurden: für den Anfauf von Alterthümern, Urkunden und gefchichtlichen Do—
cumenten Re DE Für Ausgrabungen, Transports und
andere »Koften achso rn. RE Es bildet ſich alfo ein neuer Acti —
Saldo von 2... 2
welcher liquidirt wird, —
Ich bemerfe hierbei nur, wie die oben dankbar erwähnte außerordentliche Einnahme von 300 fl. und eben fo alle Koften für die neuften Aufftelungen aus Hedernheim zur
171
nächften Nechnung überwiefen find. Die Arbeiten find eben erft beendigt worden und deßhalb Fonnte die Verrech— nung auch nicht gefihehen.
Statutenmäßig hat die General» Verfammlung die Rechnung durch einen befonderen Ausfchuß abzufchließen: bisher hat man dieß jedoch dem neu eintretenden Vorftand überlaffen, und ich ftelle der Verfammlung anheim, ob es bei diefer Obfervanz verbleiben koͤnne.
Die Refultate der Arbeiten und Bemühungen der Ver: eins» Mitglieder für das Mufeum waren in dem abge— laufenen Sahr zahlreicher und intereffanter als jemals. Das Verzeichniß der Ermerbungen fchließe ich dieſem Vor— trag anz die nenen, in das Mufeum gefommenen, Stüde find aufgelegt. Herr Bibliotheffefretär Zimmermann wird es uͤbernehmen, nach Vorlefung diefes Berichtes die erforderlichen Erklärungen zu geben.
Da in der General- Berfammlung über die Fünftigen Arbeiten Befchlüffe gefaßt werden follen, fo lade id) die anmwefenden verehrten Mitglieder ein, allenfalfige Bemerk— ungen mittheilen zu wollen. —
Der neu eintretende Vorftand wird übrigens fort- fahren, wie bisher im Lauf des Jahres die Thätigfeit des Vereins auf die Punfte zu richten, welche ni ge⸗ woͤhnlich zufaͤllig hervorheben.
Die Protokolle der Vorſtands Sitzungen vom abge— wichenen Jahr ſind ebenfalls aufgelegt, damit ſie von den verehrten Mitgliedern des Vereins eingeſehen werden koͤnnen.
172
Die Statuten wollen endlich, daß in der Generals Verſammlung der Befchluß wegen der Geldbeiträge für das nächte Jahr zum voraus genommen werde. — Da dag Maximum der ohnehin geringen Beiträge gleich- zeitig beftimmt ift, fo hat man bisher das Geldaus— fchreiben dem Ermefjen des Vorſtands anheim gegeben, und ich erbitte von der Verſammlung für den neu ein- tretenden, die gleiche Befugniß. Ueberhaupt läßt fich jest noch nicht überfehen, was wohl bis zur nächften Generals VBerfammlung zweckmaͤßig zu verwenden feyn wird.» —
Nachdem durch die Einftimmung fämmtlicher Vereins— glieder, die in dem Berichte des inländifchen Directors enthaltenen Borfchläge zu Befchlüffen erhoben waren und ſich Niemand aus der Gefellfchaft veranlaßt fand, der ergangenen Einladung zufolge, befondere Propofitionen zur Abftimmung zu bringen, verlas der auswärtige Dis rector Herr Sch. Rath von Gerning folgende Rede *).
« Erfreulich ift e8 für ung, am vierten Geburtsfefte diefes Löblichen Spnftitutes, das Gedeihen defjelben zu fehen und wie fchnell es, Cauch bei noch etwas befchränf- ten Mitteln), durch raftlofen Eifer des Borftandes und freiwillige Spende der patriotifchen Mitglieder hins anmwächft. —
Danf ſey dem Durchlauchtigften Befhüser der Anftalt geweiht, durch deffen Beitrag, die höchft merks würdigen Gegenftände des bei Hedernheim entdedten
*) Eingefandt. D. 9.
175
Mithrass Tempels vom glüdlichen Finder billig ers kauft und hieher gebracht werden fonnten. —
Diefer, nicht ohne Berdruß und Befchwerden errungene Schatz, belohnt auf einmal die dreijährige Mühfal und Koften der Ausgrabungen in unferm Naffauifchen Pompeji. —
Daß jenes Heidenfeld hinfort eine reichhaltige Fundgrube fey und die Erwartung der Ausbeute feine antiquarifche Phantafterei war, zeigt ſich nun immer mehr.
Wegen der Eoncurrenz des allzunahen Frankfurts war es nöthig, Cdoch das Eigenthums » Recht der Befiger dabei ſchonend), unferm Landes - Vereine das billige Vorkaufs— Recht zu wahren; denn anderwärtd muß Alles, gegen Vergütung, in die Staats - Mufeen abgeliefert werden.
Das Römerfeld oder Caſtrum zwifchen Praunheim und Hedernheim, meftlich 500, oͤſtlich 700 Schritte breit, 1200 Schritte lang und 4000 im Umfange, ein längliches Biere (den Gaftellen gleich) bildend, war mit einer, noch fichtbaren, 7 bis 3 Fuß dicken Mauer umgür- tet, welche mit Gras bewachfen ift und als ein Wallauf: wurf erfcheint1). Ohne Zweifel ward e8 aus einem Stand: und Winters Lager Cin des Pfahlgrabens Nähe) zur Soldaten-Colonie und endlic, eine der wichtigen, edlen, reichen und mächtigen Städte, die auf deutſchem Boden,
) Andere Ergebniffe lieferten die Localunterfuchungen. (S.
Seite 52 seqgq.
174
durch; anfiedlende Römer entftanden und im vierten Jahr— hundert von den einbrechenden Allemannen erobert, ver— brannt und zerftört wurden, wie Vopiscus, von Kaifer Tacitus redend, erzählt.
Jedoch ſcheint unfere Nömerftadt nicht fo fchreclich zertruͤmmert und verwüjtet worden zu ſeyn, als die ſobe— nannte Biberna und Victoria zu Niederbiber und Heddespdorf bei Neuwied, wie fo manche dortigen Aus— grabungen traurig verrathen 2); der zuerft gefundene fieben Stufen tief unterirdifche Mithbrag» Tempel, mit feinen drei Mittel» und vier Fleineren Nebenaltären (die 7 Planeten und Geelenwanderung durch Diefelben ans deutend) ift, nach einer 1400jährigen Verfchüttung , wohlbehalten genug auferftanden und zeigt, wie fogar hieher in den nördlichften Theil des ungeheuren alt: römifchen Neiches , jener, dem Cunchriftlichen) Natur: menfchen wohl verzeihliche, bald mit den Eleufinifchen Geheimniffen verbundene, Perfifh-Parthifch- und Egyptifche Sonnen Dienft, von toleranten Römern, in den Decident verpflanzt wurde, welche fchon ihrer gar zu menfchlichen Götter und finnlofen Geremonien =» Dienfte längft überdrüffig waren.
2) Die Spuren gewaltfamer Zerftörung in unfern Vicus fand ich bei den Nachgrabungen völlig übereinftimmend mit denen, welhe Hofmann (©. deif. Abhandl. 1. c. p. 17.) in dem
Gajtell bei Neuwied beobachtete, — Ba."
175
Das andere Mithraeum, was bei unfern Ausgrab- ungen erfchien, mag vielleicht großer als jenes, aber entweder unvollendet, oder faft gänzlich von Kriegsbar- baren vernichtet worden ſeyn; denn e8 fanden fich lei— der feine Votiv-Altaͤre dabei, wohl aber zwei bebeut- fame Basreliefs.
Diefe und andere Gegenftände bieten Stoff genug dar, zu den heute vorm Sahre befprochenen Ans nalen unfers Vereine. »
Hierauf trug das Norftandsmitglied Herr Habel eine Abhandlung über den Mithras-Eultus und eine Befchreib- ung und Erklärung der fürzlich in den beiden Mithräen zu Hedernheim gefundenen Denfmale vor, weldıe nebft den hierzu gehörigen Zeichnungen zur Aufnahme in die Dereing- Annalen beftimmt wurden.
Die Vorträge wurden durch Eröffnung der Stimm: zettel unterbrochen, deren Nefultat dahin ausfiel: daß
der Herr General» Domänen - Director von Rößler als inländifcher Director beftätigt und als deffen Supple- ant Herr Geheimerath von Arnoldi ernannt wurd.
Borftande - Mitglieder wurden
Herr Dbermedizinalrath Döring,
» Geheimerath und Dberftallmeifter Freiherr von
Dungern,
» Habel,
» Pfarrer Luja,
»Oberbaurath Zengerle,
» Bibliotheffecretäv Zimmermanı. Es war alfo hierdurd; der bisherige Vorftand neuerdings auf zwei Sahre beftätigt.
176
Als Suppleanten im Vorſtand erfchienen: Herr Geheimerath von Arnoldi, » Kammerdirector Hauth, »Oberbergrath Stift.
Nach Beendigung der Wahl hielt Herr Pfarrer Luja eine Borlefung aus den hinterlaffenen Kitteralien des In— fpectors Krauß über die Bewohner am Mittelrhein zur Zeit des Vordringend der Römer nach Germanien ıc.
Hierauf wurde von dem inländifchen Director die Verſammlung aufgehoben.
Gez.: von Rößler. Freiherr von Dungern. Habel. Luja. Zimmermann.
Darsusdar eahr lee
Seite 9 Beile 13 flatt au In ———
— 48 — 27 ft. Tab. V. 1.
— 56 — 16 ft. Tab. II. — Ei
— 60 — 7 ſt. (Fx) I. (P-x)
— 64 — 2 v. u. fl. Ufers, welches I. Ufers bei G, welches — 67 — 11f. Zahneifen l. Breiteifen
— 74. — 6 ft. SATONIUS [. SANTONIUS er TBV TEbV
— 87 — 12 ft. Sartung l. Geltung
— 108 — 3 dv. 1. fl. 2000 I. 1100.
Die hier nicht angegebenen weniger bedeutenden Druckfehler wolle der Lefer gütig verbeffern.
U
Bi gerne I Sean lan; Nur Birth ee Aria,
v Ponmattaltielet Fi
SAcherirät Du)
> aa Bea ne er fh
ir Ber aa oe ac Manicfınen Pyperälien
4 Bee TEE Ze Te urdH
r i HWIATHS AR 1Ee ur 59 —— N ray) Try Ar 7 u f rt, ART DEN RE RE Yo de > A IL ı 8% ’ [ ea ua ZUR wi rt les h pi 33 hl „rd Bank — 3** 108 Ze EL HIT nina —
ein eur FIN 4 1J * wre 9 werte J it (A f FIFIEAET ID] in And Bi 21 Pe
*
at boot
more wiurund wenn ar yRBEY AA BILNL
Ruualesn 900 Yreetißo
BBauische ill trumettund:e
mente Dora mut
u — — Wiecrhanuen 19)
—— —
Annalen ves Vereins
für DassauischeAltertbumskunde
und
Besrhichtisforschung.
Zweites und Drittes Heft.
ö— — —— —— ——— ——
Mit fünfzehn lithographirten Tafeln.
SEE nn
TWiesbaden, 1830.
Auf Koſten des Vereins.
"ann sıe milann
1.1
scurdamndrınAnfeinse
enu
ankheroteibimer®.
— — - — —
2 PER TEUER DEEBLT TITELLISTE ELF E I) ur
BL ‚nartndosiiht
kuisral Hd welnı® ve
SE aa a Be
Bes 8. ren, Dome.
— I. Abhandlungen und Berichte
1) Die Gauen des Taunus und ihre Denkmäler, von Hrn. Prof. Dr. Lehne in Mainz und eine
2) Hiftorifhe Bemerkungen über den merkwürdigen Grabs ftein des Jakob von Sorgenloch, von Hrn.Dr.Schaab
in Mainz . R ° 3) Unterfuhung einiger Grabhügel bei er: von en Geometer Waaner dafelft . ° —
4) Fortſetzung der Ausgrabungen bei Kemel, von ge Oherförfter Spieß und Hrn. Wagner E :
5) Beriht über die Entdefung von GSilbermünzen bei Hergenroth, von Hrn. Pfarrer Schloſſer in u burg . e . + : s
6) Erläuterung der —— Münzen, von en Pfarrer Bogel in Schönbah
7) Bericht über die Ausgrabungen in der Kobfhede Int dem Frauenfteiner Korft, von Hru. Sekretär nn mermann in Wiesbaden
8) Bericht über die Unterfuhung des —— a bei Marienfels, von Hrn. Pfarrer Brinfmann in
Mieblen . . . . 9) Die römifhen Ruinen bei event von 5. G. Habel in Schierſtein
10) Beitrag zur Geſchichte des Muͤnzweſens i im ttel⸗ alter, aus Urkunden geſammelt von Hrn. Geheimen. vath Joh. von Arnoldi in Dillenburg
Seite.
1
2
26
Rt
[7
II
Geite 11) Geſchichte der Kirhe und Pfarrei Hoen, von Hrn. Pfarrer Bogelin Schönbach.. 99
UI. Miscellen. 4) Entdeckungen im Gebiet der Alterthumskunde in der Rheingegend, von Hrn, Prof. Dr. Braun in Mainz. 113 2) Anfragen, — von Hrn. Pfarrer Vogel . : . 1% 3) Preisaufgabe der Königl. Akademie der Wiſſenſchaften in Berlin » . . 5 } . . . 429 4) Literarifhe Anzeigen . . : = ; .. 4122
III. Biograpbifche Nadhrichten vonverdienten vaterländifchen Gelehrten. Georg Philipp Kraus, Inſp. zu Spfteir, von Hru. Pfarrer Luja in Doßheim - 00.0. 123 IV. Anlagen.
4) Reſcript Herzogliher Landesregierung, die Stiftung des Naff. Alterthums-Vereins betreffend . . 331
92) Die Statuten der Gejellibaft . a R - 134 3) Verzeichniß der Vereinsmitglieder & s 2 . 138 4) Protocol der eriten Generalverfammlung ded Vereins 145 5) — der zweiten . : A 2 - . 148 6) — der dritten ir 7) — der vierten. . 166
IH. und III. Heft.
1. Abhandlungen und Berichte.
1) Weberfiht der merfwürdigften Gegenftände des Alter- thums im Herzogthbum Naflau, von Herrn Geh. Rath Freiherrn von Gerning in Frankfurt a. M. et |
2) Erläuterung einiger in der Gegend des Taunus gefuns denen römifhen Snfhriften, von Herrn Prof. Dr. Sehne in Man - R : — „Pas
(Fortfegung von Nr. ı. im I- Hefte).
III GSeite. 3) Ueber die Aquae Mattiacae, von Herrn Kirchenrath C. Dahl in Darmſtadt, m. einem Nachtrag d. Herausg. 27 4) Die erſte Verbreitung der Buchdruckerkunſt im Her— zogthum Naſſau, von Herrn Kreisrichter Dr. Schaab in Maing, mit Zufäßen von Herrn Schulinfpector — und Pfarrer Vogel in Shönbah . ‘ 2 49 5) Ueber die Geſichtsbedeckungen an Helmen bei den Rö— mern und im Mittelalter, von Herrn Profeſſor Dr. Braumin Mainz, miteinem Nadtragd. Herausg. - 77 6) Kurze gefhichtlihe Darftellung der Herrihaft Schaum: burg, von dem verft. Herrn Canonicus 3. W- Buſch zu Limburg, mit Anmerkungen begleitet von Herrn Schulinfpector und Pfarrer Vogel in Shöndad . 96 Bericht über die Nahgrabungen auf der Dornburg bei Hadamar, von Herrn Medizinalrath Dr. Kolb in Hadamar A . 110 8) Gefchichte der Stadt gahmftein ans Ne Burg —— von Herrn Kirchenrath Dahl in Darmftadt . 224147 9) Bericht über die Ausgrabungen am Hollerborn bei Dosheim, von Herrn Pfarrer Luja dafelbit . . 138 10) Auszug aus einem Bericht über die Interfuchung des römifhen Caſtrums bei Marienfels, von Herrn Pfar—
rer Brinfmannin Miehlen - . 2 Ale) C5ortfeßung dv. Nro. 9. ©. u0 des J. Heften.
11) Die Mithras:Tempel in den römifhen Ruinen bei
Heddernheim, von F. G. Habel . ANA 461 Fortſetzung v. Nro. 9. ©. 45 des I- Heftes.)
42) Bericht über die Unterfuhung der alten Verſchanzun— gen in der Nähe von Lipporn, von Herrn Suftizrath Schapper ın St. Goarshaufen e > — 197 13) Wie weit iſt Druſus in Deutſchland vorgedrungen? von Herrn nn HR. Hofmann in Darmftadtt . : . r 201 14) Hiftorifde Nachrichten von den — —— Eigenberg und Holenfels und ihren Beſitzern den von
71
IV
Seite Mudersbach, von Herrn Schulinſpector und Pfarrer Bogel in Schönbad h ⸗ F R : >29 II, Befchreibung und Erläuterung bemerfend» werther Altertbümer des Mufeums zu Wiesbaden. 41) Berfuc zur Erklärung einiger plaftifhen Alterthümer des Mufeums zu Wiesbaden, von Herrn Prof. N: Müller zu Mainz b R i ; . „227 III. Miscellen. 1) Antiquarifhe Entdeckungen am Rhein, von Herrn Prof. Dr. Braun in Main . . s 237. 2) Topographifhe Notizen, von en — und Pfarrer Vogel in Shin . . ...%5 3) Anfrage, von pemfelben e 248 4) Topographifhes Räthſel, aus einem Bert en Soh. Heidfeld mitgetheilt, von demfelben . . 250 5) Metrifhe Weberfegung und Erklärung, von Som Prof. Dr. Braun n Man . . » 22
IV, Biograpbifche Nachrichten von verdiens ten vaterländifchen Gelehrten. 1) Lebensnachrichten von dem Naflauifhen Chronikſchrei— ber Johannes Tertor, von Herrn Schulinfpester und Pfarrer Vogel in Shöinbad . . 209 V. Anlagen. 1) Verzeihniß der ausländiſchen — des
Vereins 273 2) Protocol der fünften DIL ARSSUNE des ã— 278 3) der jehften . i - % h . 20 4) - der fiebenten N A k z — 301
J.
Abhandlungen und Berichte,
‚r
Dura4t ld, (vo Fern PU REED: DYuzsıi te Sohle
Di uysieaäua noye kutssann®
Rrri)or Ri J Ir sIaFTITE TE 0 u LP ZURGET 1 LEI, ; munmiss u 4 is „ 7 on v [ i i sang v PN J in
teen; 4 (in le KILLEL CE: uneNTEnnICHUR Erd AT, rn wor ih .
ww mt ee Zu Por >
43— — X Te: u \ 1 « i J J Wir, 2 gl 34 — J Tante Bar aan en
ae ans en See
‚ N au Ram Bacnda
Y, Balsam ne er ee rn Dirt ZEIT za i 4 f A 5 a) I — —— nal Ba wu a2 er a’, au B >» de j .“ 5 D u J J — ——— u Ds u u r
I.
Ueberficht*) der merfwürdigften Gegenftände des Alters thums im Herzogthum Naffau, von Herrn Geh, Rath Freibern von Gerning in Frank furt am Main,
Antiguissima fiant noyissima, Gudenus,
Das von der Natur und Vorzeit, auf und unter der Erde, fo reich begabte Naffauer Land, gehört zum fchönften und denfwürdigften Theile Deutſchlands. Nebft edlen Metal len, birgt es auch Schäße und Belege zur alten Gefchichte,
Was von Hauptfachen, der öffentlichen Bekannt machung nicht unwerth, in den legteren fünf Sahren, wo diefer im Jahre 1823 ind Leben getretene wiffenfchaftliche Verein blühet, zu Tage gefördert, erfauft und an edlen Gefchenfen erworben wurde; was ferner in dieſer claffe {hen Heimath entdeckt ward und das 1824 geftiftete Landes⸗ Muſeum Bedeutfames enthält, full ebenfalls in diefen Ans nalen befchrieben und abgebildet werden. Die folgenden Hefte können allmählig, aud) durch theilnehmende Mitwirs fung von berachbarten und andern auswärtigen Alterthums⸗ und Gefchichtsforfchern, ein fteigendes Intereffe Darbieten. —
”) War für das 1te Heft beftimmt, und erfcheint nun durch verfhiedene Umſtände verfpätet, mit einigen Zufägen der neussen Entdeckungen.
4
Seit Sahrhunderten Iebten in den Naſſauiſchen Fuͤrſtenthuͤmern Hiftorifer, die jchon darüber treffliche Werke gefchrieben, Männer, deren Verdienfte noch in manchen Familien forterbten.
Unfer DBerein darf alfo, gleich ähnlichen Anftalten von andern Pändern, mit feinen Annalen anſpruchs— 108 und vertrauensvoll auftreten. Durch ein ſolch edles Zufammenmwirfen kann überhaupt Mancherlei berichtigt werden, was alte und neue Schriftiteller anführen, wos bei das geleiftete Gute gebührend zu würdigen und das Fehlerhafte befcheiden zu verbeffern wäre.
Die Alteften Bewohner diefer Lahn, Rhein: und Mainz» Gegenden, waren wohl Sftävonen, ( Meftbe wohner), Teutonen und Kelten, (wahrfcheinlic auh Mönapier und Tengterer), Ufipeter und Ubier, dann Katten und Mattiafen, Buccinos banten und Taunenfer, endlid Allemannen und Sranfen Bon den Kelten und Germanen übers haupt ſtammen vermuthlic; die Eoloffalen Steinring: wälle *) auf dem Taunifchen und andern Bergen,
— — — —
) Suum cuique! der 1814. verſtorbene C. F. Habel bat zuerſt (im Reichsanzeiger von 1802.) bekannt ge— macht, daſf dieſe Steinfhanzen nicht von roͤmi— ſchem Urſprunge, ſondern die Joppida - der Ubier wa— ren, wovon Cäſar ſpricht. Auch in den Frankfurter ge— meinnüslidhen Blättern ſtehen verſchiedene antis quariſch hiſtoriſche Abhandlungen von ihm uͤber dieſe Ge— gend. Um Unterſuchung des Pfahlgrabens und Stif— tung der Naſſauer Alterthumsgeſellſchaft, wozu derſelbe ſchon 1811 den erſten Plan entwarf, hat er ſich gleich— falls verdient gemacht.
5
z. B. auch bei Dillenburg, zur Sonn- und Mond— verehrung des uralten Goͤtterdienſtes ) und Schutz⸗ wehre gegen feindliche Gallier und Roͤmer. Ein ſtau—⸗ nenswuͤrdiges Werk der letzteren war, der nördlich das Taunusgebirg umfihlingende Pfahlgraben, wider die raftlofen Einfälle der unüberwirndenen teutfchen Völker.
Aus dem fehbereichen Mittelalter flammen fünfs zig, in malerifchen Trümmern, die Höhen am Taunus, Rhein und Main und der Lahn, fehmüdende Ritter burgen, mworunter in der Gefchuyte fehr bedeutende find, 3 3. Laurenburg, Naſſau und Stein, die Klofter burg Arnfein, Caub, Schönberg und Ehren⸗ fels, Adolphsed und Hohenftein, Kabenelns bogen und die Burg auf dem Ring, Sonnenberg und Eppenftein, Falfenftein und Kronenberg.**) Noch manche davon dürften durch Urkunden und Denk fteine hiftorifch eröffnet werden. Unter den Römer-Ca> fiellen,, welche die Sommerlager und den Pfahlgraben deckten, it das bei Holzhaufen an der Haide, im fshauerlichen Walde von Laufenfelden, am beften erhalten und auch dasjenige am Ausflufe der Nidda in den Main, der Aufgrabung werth, weil es für dag viel be firittene Munimentum Trajani gehalten wird, ***) und in jedem Falle nicht unbedeutend war.
Nach ger Meinung des Herren Pfarrers Luja.
*) ©. v. Gernings Taunus, fodann deffen Rhein-, Maın: und Lahngegend. Wiesb. 1814. 1819 und 1521.
“) Lehne behauptet es mit Gründen. Mannert ſucht es bei Hedernheim. Knapp zu Trennfurt Dahl
6
Merkmale von Sommerlagern fieht mar bei Bes heln und Schweighauſen am unteren, bei Wies— baden am mittleren, dann bei der Saalburg und Kapersburg am oberen Taunus Noc, finden fich deren bei Camberg (mons campi), auch au der Lahn bei Runfel und Villmar.
Winterlager waren vermuthlih, an gleichfalls wohlgewählten Orten in der Ebene, bei Marienfels, Miesbaden und Hedernheim.
Heerfiraßen zogen er Mainz und Eaftell dahin und am Rhein, wahrfcheinlich fowohl durd; den Rheins gau nad) dem Wisperthale bei Lorch, als über Neu— dorf nad Kemel und den Gaftellen der dortigen Ges gend. Ferner von Wiesbaden uber die Höhe neben dem Trompeter, nach Limburg ıc., dann von Hedernheim nach dem Taungebirg und weiterhin jenfeits.
Ale diefe, noch fo benannten alte Pflaſter— ftraßen« find gleichfalld einer genaueren Unterfuchung werth.
Auf dem Heidenfelde, dieſem teutſchen Pompeji, wird ſich noch durch weitere Nachgrabungen entwickeln, wer dort das 1200 Schritte lange, 700 oben und 500
su Rüſſelsheim u. ſ.w Anderen fhien ed zu Darm⸗— ſtadt, Kronberg und Kransberg, der Alliizration wegen: Die Wahrheit liegt bier auch in der Mitte: viels leiht auf dem „Heidenfelde,“ wo dann Hadrian, (bei feiner FZußmwanderung durch das ungeheuere römifche Reich), feinem großen Vorgänger gu Ehren, ein befeftigtes Denfmal errichtet hatte.
7
unten breite Gaftrum *) angelegt und die römifche Vete⸗ ranen⸗Colonie gegründet hat; ob Trajan, Hadrian, oder ein Antonin, und welchen Namen ** die daraus gewordene Stadt, mit ihren 7 bis 8 Fuß dien Mauern fuͤhrte; ferner, ob nicht auch eine folche, das erlofchene Danighofen ber Marienfels und mo die Kirche diefes Drtes fteht, nicht einft ein Marstempel war — Das genannte »Hetidenfeld ». zwilhen Praunheim und Hedernheim, bleibt bis dahin die wichtigfte Fundgrube für die Naſſauiſche Alterthums-Geſellſchaft. Shr, kaum erft fünf Sahre beftehendes, Muſeum zieren fchon fehr merkwuͤrdige Gegenftände ** der alten Römerftadt, 3. B. de Stemßenaltäre mit und ohne Genien, ferner die helivlatrifchen Ara's, nebit Bildwerken von zweien Mithrastempeln, wovon ber legt entdeckte, größer und noch unvollendet war, Die Zerftörung fo mancher ins tereffanter Gebäude des Heidenfeldes darf dem Derein, ber ſich ihre Erhaltung aufs forgfältigfte angelegen fern ließ, nicht zur Laft gelegt werden, wie dies von Krittlerm
*) Weber die Dimenfionen diefer Niederlaffung S. Annalen J. S 52. und folgd. d· H.
*) Das jetzige Dorf Hedernheim, oder Heddernheim, ift nicht gar wohl von Hadrian herzuleiten, wie zuerſt P. Fuchs anführt. Es befindet ih neben und nit auf dem vormaligen Lagerort. Sm Mittelalter hieß es Heddesheim und Heidesheim.
**«) Bereits in der Mitte des vorigen Sahrhunderts befanden fih (nah Hüsgens verratherifhen Briefen), im grü— nen Gewölbe zu Dresden bedeutende Antifen, auch Tiſchblätter von Mofait mit der Bezeichnung » Ex agro Praunheimensi,s
B
in öffentlichen Blättern ganz unwahr von dem Mithras: tempel behauptet wurde. Die alten Mauern jedoch mit auszubrechen und im Mufeum aufzuftellen, ging eben fo wenig an, als den Tempel in einer Hütten» Kapfel an Ort und Stelle zu laſſen, was bald ein Raub der habgierigen und baufteinfüchtigen Aeckerbeſitzer und Colonen ded neuen Hedernheim geworden wäre, wie dieß fchon der Fall mit dem Gemäuer des vor drei Sahren aufgefundenen Prätoriumd geweſen iſt, oder man müßte diefe Grundftüde Faufen und alsdann Schildwachen dabei ftellen! Ein gleiches Mißgeſchick traf ſchon die im Sommer 1825 zwifchen Hedernheim und Niederurfel von Herrn F. G. Habel entdedte römis fhe Villa, wovon derfelbe das Andenken durch genaue Handzeichnungen dem Studium ded Alterthbums und der claffifchen Umgegend erhielt.
Nichts Römifches fand ſich noch zu Kronberg und in der nahen Umgebung des Drted, wo damals nur ein Waldhägel war, der dann zuerft im Mittelalter ans gebauet worden, aus welcher Zeit man oft Eleine Pfeil fpigen von Eifen fand.
Alfo ftand hier weder ein römifched® Municipium, *)
— —
*) Lehne wurde dabei in ſeiner trefflichen Abhandlung, (S. 1te8 Heft) von P. Fuchs irre geleitet, der dieſes an- tifige Böctein fhoß, Namen und Ort mit Kronenberg in Weſtphalen verwecfelnd, wo jene Gteinfdrift ge: funden ward, welhe Lipfius und Gruter anführen. Der Freund verübelte dem Freunde diefe Bemerkung nicht, und ſtimmte ſogleich bei.
9
noch Castrum, aber unferne davon, bei Dberhöchftadt, 309 die gepflafterte, bie und da fichtbare Heerftraße vom Standlager bei Hedernheim, zum Gaftell am Feld⸗ berg. Höchft merfwürdig bleibt aber die ganze, fat ita— Kifch reizende Gegend dieſes teutfchen Tivoli durd die uralten Steinringwälle und Mauern auf dem Altkfönig uud Thalwegsberge, noch unberaubt wie jene bei Wiesbaden, die beinahe gänzlich zum Landftraßenbaue verwendet wurden,
Auf dem weftlichen Abhange des Altfönigs be merfte der Verfaſſer im Sommer 1823 verschiedene Grabs bügel. Auch finden fich deren, auf dem Heidenfelde zwiſchen Ober-Urſel und Homburg, welche wohl zum weiter öftlich- gelegenen Gaftell auf der vom (Garos lingiſchen) Mittelalter her, fo benannten Saalburg, oder zu einem alten Castrum gehörten, das der durchl. Prinz Ferdinand von Heffen-Homburg, ein wir; diger Alterthbumgforfcher, Cim NAuguft 1828) aufider flachen Anhöhe,. die Goldgrube genannt, entdeckt hat, worüber das Nähere folgen fol. Vielleicht war's ein tentjcher Stein-Wal, ter fpäterhin auch den Römern zum Lager diente.
Anziehend find denn auch im unferer nahen guten Nachbarschaft fo mancherlei Gegenftände, die den Zwecke des Dereind entfprechen; 3. B. die befagte Saalburg bei Homburg, doc; wohl urjpringlich, jenes Drufus: Caftell auf dem Taunus (deſſen Tacitug erwähnt Ann, L, 1. C, 56.) von Ptolemaeus Arctaunum ge nannt, wobei die Römer ihre martialifchen Quinguennal- Seite feierten.
10
Spuren von einem römijchen Sommerlager fanden fih bier, und die noch fo heißende Drufenftraße z0g vorbei. *) Unferne davon, zunäct dem Dorfe Ober; bain zeigt man einen großen Grabhügel, unter dem Nas men Drufen-Altar. Am Emesberge, dicsfeitd der Saalburg, fand einft Neuhof einen römifchen Denkſtein mit der Sufchrift: Hic jacet Drusus, woraus man deuten fönnte, daß hieher in dad Sommerlager der verwundete Druſus gebracht worden und dafelbft ftarb.
Ferner bietet ſich und noch zur literariſchen Benutzung dar, die fo reichhaltige Gegend von Mainz, Caſtell und Ingelheim. Stoff genug alfo- für kuͤnftige Fors fhungen und Prüfung verfchiedener Anfichten, die zum Wege der Wahrheit Ienfen. Daß der das. ganze Herzog thum Naſſau, vom Feldberg bi8 Embs an die Lahn, mit 15 Caſtellen in einer Strecke von fo vielen Stunden, durchziehende römische Pfahlgraben nicht ſchon von Becheln hinab nach Braubad und Oberlahnftein, oder bi8 Aalen, dafelbft fchon endend, Cwie Sahrhuns derte lang, fogar von gelehrten Antiquaren ganz irrig angeführt wurde), jondern am Taunus wohl zufammen bängend, von Embs aus weiter zum. Niederrhein und bi3 Wyck te Duurstede nad) Holland, *) fo wie vom Main, bei Trennfurth (Trajani vadum), und von
*) Mehr davon in einem der nächſten Hefte. ©. auch: Lahn und Main:-Gegenden, Wiesba- den 1821. ©. 114 bis 127.
*) Was bei einer näheren Unterſuchung fih wohl finden wird,
11
ben Höhen ded Doden, (Dbin) Waldes hin, bis nad) Pförring andie Donau zog; war zuerfi eine neue, nicht unmwichtige Entdefung, Die der Verfaffer Cam 18. Aus guft 1812) mit feinem, 1814 verftorbenen gelehrten Freunde, dem Naffauifchen Herrn Hoffammerratb Has bel zu machen fo glücklich war. *)
Eine weitere, forgfältige Bereifung der ganzen großen Strede ded gewaltigen Roͤmerwerkes, und wiederholtes Unterfuchen im Naffauifchen fowohl, als in den be nachbarten Ländern, wäre noch ein verbienftvolles Bes ginnen für unfern Verein, der dadurd; fich felbft ein bleibendes Denkmal feßen würde,
7) ©. Frankfurter gemeinnüglibe Blätter son 1812. Die Heilquellen am Taunus 1814. 8. Ausgabe. ©. 262. Ferner die Lahn- und Main- Gegenden 1821. ©. 10-
12
2. Erläuterung einiger in der Gegend ded Taunus
gefundenen römischen Infhriften, von Herrn Prof. Dr, Lehne, Staotbibliothefar in Mainz.
(Fortſetzung eines Aufſ. im Iten Heft der Annalen. pag. 2:.) Y;
LO. M. SERAPE CÆLESTI. FOR TVN. ET. GENIO LOCI, P, LICINL VS. PAL. TR N, LEG IIMIT. M. P. PRO. SE SVIS —
Jupiter dem Beſten und Groͤßten, dem himmliſchen Serapis, der Fortuna und dem Schutzgeiſte des Ortes weiht Publius Licinius, aus der Palatiniſchen Buͤrgerklaſſe, Centurio der Aten Legion, der Mas cedonifchen, dieſe Ara für fich und die Seinen nad) gluͤcklicher Erfüllung feines Gebetes.
Diefe Ara war im Kreuzgange der Kirche zu Marien, haufen im Nheingau eingemauert, wo fie aber genauen Rachforſchungen noch nicht fich entdeckte,
Serapidi caelesti, Diefen Beinamen führten nur bie Götter, welche einem Planeten am Athergewölbe vor fianden. Sp finden wir einen Jupiter coelestinus auf einer Inſchrift zu Nom; eine Diana coelestis zu Tibur; auf einer dritten zu Nom lieft man: Mercurio coc-
13
lesti, zu Sapino: Veneri coelesti. Bon andern Göts tern bat man noc, Feine mit diefer Benennung entdedt. Zwar fand man zu Nom aud) eine Ara, dem Sylvano coelesti geweiht, der nicht zu diefen Gottheiten gehörs te; aber offenbar ift unter diefem Namen Mars gemeint, welchen Cato in feinem Werfe über den Aderbau: Mar- tem Sylvanım in sylva nennt. Es it fchwer zu be -flimmen, woher Mars bdiefen Beinamen erhielt, wenn nicht feine Verehrung in einem Walde die Veranlaffung gab und er alfo eine Lofalgottheit vorftellt. Serapis ift bier offenbar in feiner Eigenfchaft ald Sonnengott anges nommen, (wie man auf einer Snfchrift zu Sentina fieft: Soli invicto Serapidi) und hat daher den Beis namen des Himmlifchen.
Das Gefchlecht der Licinier, deſſen Namen unfer Publius trägt, war confularifch und verbanfte feinen Glanz dem Publius und Cajus Licinius Calvus, welche zwifchen den Sabren 400 bi8 361 vor unferer Zeitreche nung mehrmal unter den 6 Kriegstribunen mit confulas riſcher Gewalt die Republik regierten, und wovon der legte zum Conſul erwählt wurde. Die, Baterftadt unfe, res Licinius ift nicht angegeben, fo wenig als fein Per: fonalname; da er aber zur Palatinifchen Tribus ges hörte, fo war jenes unnöthig, indem man ihn dadurch ald Römer hinlänglic; bezeichnet glaubte. Sie war nämlich eine von den vier Bürgerflaffen der Stadt Rom.
Posuit pro se suisque. V. L. L, C, voti libens lubens compos,
14 VI.
6 ggf.
C. PATERNI, POSTVMINI. DEC, C, TAV, NENSIVM. VIRI SACERDOTASIS. PRAGMA TICI. PATERNIA HONORATAFILIA. ET HE
RES, PER, SYOS. PARENTES, re 69
Den Schattengöttern des Cajus Paternus Poftumis nus, Decurionen der Taunenſiſchen Bürger, Erfläs rers der Religionsgebräuche. Seine Tochter und Er⸗ bin Paternia Honorata ließ ihm durch ihre Ders wandten diefen Sarg machen.
Diefer fchöne Sarg wurde im 5. 1809, ald man die Fundamente der Kirche zu Zahlbach grub, ohne Deckel gefunden, und in das Mainzer Mufeum gebradjt. Er bat 7 Fuß 7 Zoll Länge, auf 4 Fuß 3 Zoll Breite und it 3 Fuß 4 Zoll hoch. Er wurde fchon in früherer Zeit entdedt, denn e8 lagen zwei Sfelette aus dem Mits telalter darin.
Die Inſchrift ift in jedem Betrachte merfwärdig.
Die darauf vorkommenden Namen find von den bes kannteſten und der Name Paternus befonders in unferm Lande nicht felten entdeckt. Er war Stadtrath der Taus nienfifchen Bürger, Bewohner ded Municipiumd unter dem Schuge der Feftung Moguntiacum.
Vir sacerdotalis pragmaticus. Man hieß pragma- tici, bei den Römern, die Rechtöfundigen, welche die Ge fege zu ihrem ausfchließlichen Stadium machten, und das
15
ber von den Advocaten bei wichtigen Proceffen zu Rathe gezogen wurden. Nun waren aber die Religionsgebräuce nicht minder mannigfaltig ald die Nechtsfälle und es kam auf ihre Regelmaͤßigkeit noch mehr an, als bei jenen. Alſo auch hier mußte es Leute geben, welche fie erflärten und auf ihre Beobachtung wachten. Wir erfahren durch unfere Infchrift, daß man auch diefe Pragmatici und zwar Sacerdotales nannter „Ich habe gefehen,« fagt Plinius, daß obrigfeitliche Perfonen nach gewiffen Formeln Gebete »verrichtet haben, und, damit nicht etwa ein Wort vers »gefjen oder am unrechten Orte ausgefprochen wurde, hatte ‚man einen Borfager, der die Formul vorlag; ein anderer war beftellt, acht zu geben, ob er recht lad, ein dritter „Stillſchweigen zu gebieten. Ein Pfeifer mußte dabei ſte— „pen, daß nichts anders gehört werden konnte, als fein „Blaſen.⸗
Hier haben wir die Verrichtungen der prieſterlichen Pragmatiker, die, auf die verſchiedenen Opfergebraͤuche der ungeheuern Goͤttermenge ausgedehnt, warlich kein leich⸗ te8 Studium erforderten. Daher war ein Unterſchied zwi—⸗ ſchen sacerdos und vir sacerdotalis, Der erftere war Priefter einer bejondern Gottheit, der andere bloßer Mythos log, der bei Privatopfern diente. So finden wir bei Gruter (p. 525, 12) auf einer Infchrift gefagt: «In ci- vitate sua sacerdotalis» ohne Beifügung eines befondern Gottes. Sacerdotasis anflatt sacerdotalis ift eine von den fo häufigen Verfchreibungen der roͤmiſchen Steinhauer.
16
VII.
1.05, M
CONSERVATORI LICIN. TVGNA TIVS. PVBLIVS TTV. C. T. IN. SVO VT HABERET RESTITVIT ATTICO. ET. PR ‚ETE XTATO
GOS.
Supitern dem Beften, dem Größten, dem Erhalter, ers neuerte dieſes Standbild, um es ferner zu befiken, auf feinem Grund und Boden Publius Licinius Tugnatius, Duumvir der Taunenfifchen Bürger, uns
ter dem Gonfulate des Atticus und Pretertatus. Diefes intereffante Piedeftal, deffen Statur nicht mehr
vorhanden war, fand man zu Gaftel im Jahr 1808. Caj. Vettius Aufidius Atticus und Caj. Asinius Prae- textatus beffeideten da8 Konfulat im Sabre chriftlicher Zeitrechnung 242, das durd) die Siege Gordians über den Perſerkoͤnig Sapor befannt if. PubliusLicinius Tugna- tius war Duumvir oder einer der beiden Bürgermeifter der Taunenſiſchen Bürger, welche, als eingewanderte Germanen, unter dem Schuße der römifchen Feftung Iebten, IIV, €. T (Duumvir Civiam Taunensiura) kann wohl nichts anders heißen, da Feine bedeutende Stadt in ber Nähe Tag, welche Duumvire hätte haben Tonnen, und
17
die Tannenfifchen Bürger in Mainz und durch andere Ins fchriften befannt find,
Daß bier der Vorname Publius nachgefegt ift, kann nicht ald das einzige Beifpiel angefehen werden; denn man findet deren häufig in Tacitus und andern Schrifts ſtellern felbft aus der Zeit Auguſts.
Gleich dem Freigelaffenen nad) dem Geſetze, fo wähls ten ſich auch die Schußgenoffenen der Römer, wie die Taunenſer, Namen der berühmten Familien, deren Pros teetion fie genoffen. In diefem Falle war offenbar unfer Licinius, deffen Vorfahren wahrfcheinlich Glienten des bes rühmten Patriciergefchlechtes Licinia waren. |
. Der Perfonalname Tugnatius fommt, fo viel mir bes kannt iſt, nicht auf Snfchriften vor,
18
VIII.
IN. H. D, D. DEAE VIRTUTI. BELLONE, MONTEM, VATICANVM VETVSTATE. CONLABSVM RESTITVERVNT HASTIFERI CI VITATIS MATTIACORVM, X KAL, SEP. IMP. I. MAXIMINO. AVG, ET. AFRICANO, COS. HI QVORVM NO MINA TE SYTALSYNT, C, MEDDIGNATIVS, SEVERVS, CVR BIS. L. LEVINIVS, QVIETVS, TERTINIVS, ABROSYS
T. VITALINVS, PEREGRINVS, MARCRINIYS. PRISCVS
COSTANTIUS, MARCIANVS. ATRECTIVS, CVPITIANVS C, RIXSIVS. ADNAMATVS. PERRIVS, IVSTINVS
C, IAMILLIVS. CRESCENS, ATTONIVS ASCLEPIVS TITIVS, BELLATVLLVS, VRSIVS, MATVRVS TITIVS, SEVERVS, STATVTIVS. SECVNDINYVS LICINIVS COSTAS, SERVANDIVS SENVDVS,
LVTATIVS. VICTOR,
„Zur Ehre des göttlichen Haufes. Der Göttin Fries gerifcher Tugend, haben die unten namentlich anges führten Lanzenträger der Stadt der Mattiafer, den vor Alter verfallenen vaticanifchen Berg wieder herz geftellt am 10. der Galenden des Septembers, unter dem Gonfulate des Kaifers Julius Mariminus und Africanus.“ Diefen intereffanten Dedicationgftein habe ich im Juli 1809 zu Gaffel vor dem Wiesbader Thor unter ei
19
ner Menge von Särgen gefunden, welche aus römifchen zerftörten Denfmälern, wahrſcheinlich in der merovingi⸗ ſchen Epoche, geformt waren. Die Steine wurden meifteng auf die Art durchgefägt, daß Theile der Buchftaben auf dem Rande zu fehen waren und fo in Sargform neben einan— der geftellt, ohne Unterlage und Dedel, Sn der Mitte fand man Knochen und Fragmente von eifernen Spießen, in manchen aber nicht einntal Knochen. Sch zählte deren neunzehn. Sehr zu bedauern war die Zerftückelung einer Inſchrift, welche den Kaifer Septimins Severus betraf, deren Buchitaben, fehr fchön gearbeitet, von der Länge eines Schuhes waren, worauf man aber nur den dieſem Kaiſer eigenen Xitel Parthico Adiabenico noch leſen fonnte. Sehr wahrjcheinlic war fie von einem Trimupbs bogen. Die Schrift, welche ich hier unbefchädigt fand, ift in mancher Hinficht wichtig. Sie tft im Jahre 236 am 25. Auguft gejegt, an welchem Tage die Vulfanalien ges feiert wurden. Man wählte gewöhnlich diefen Tag zur Einweihung von Gebäuden, um den Gott des Feuers zu bitten, fie zu verfchonen. Konfuln diefed Jahrs waren der Kaifer Cajus Julius Mariminus und Cajus Julius Africanus. Kurz vor Weihung diefes Gebäudes in Caſſel, mar auf Antrieb des Halbbarbaren Marimin, der gute Kaifer Alerander bei Mainz ermordet worden. Nach eb nem Defrete ded Senats wurde auf unferm Steine, wie überall der Name des Mörderg vertilgt; doch ift feine Spur noch ziemlich deutlich. Das Gebäude ift der Vir- tus Bellonae, nämlich den Tugenden, die zum Kriege gehören, geweiht, Cicero erflärt deutlich, Cpro Lege
20
Manilia c, 13) den Ausdruck Virtus Bellonae mit Vir- tus bellandi oder Virtus militaris, Er begreift nicht allein Tapferfeit, fondern auch Strategie, Beſonnenheit und alle Eigenfchaften, welche den wahren Krieger bilden.
Der zweite Scipio Africanus bat zuerft diefer Virtus einen Tempel erbaut, wie ung Plutarch berichtet und auf mehreren Denkſteinen gefchieht ihrer Erwähnung, 5. ®. auf einem zu Bretten in Siebenbürgen leſen wir: Spei, Virtuti, Vietoriae; und auf einem andern Virtuti et Honori. Es ift aber ſehr unbeftimmt, ob unfer Mons Vaticanus ein Tempel der Viritus Bellonae war, oder etwa eine Gaferne der Lanzenträger, welche ihn wieder bergeftellt haben. Dffenbar war er ein Militärgebäude, das.fehr wahrfcheinlich feinen Namen durch den Umftand erbalten hatte, daß fic auf dem vaticanifchen Berge zu Rom, an der Stelle, wo jeßt die Kirche Santa Maria vom Fieber, auf der ehemaligen Triumpbhftraße fteht, ein Tempel des Mars, mit welchem Bellona immer zugleich verehrt wurde, befand. Ein Berg war e8 auf feinen Fall, weil bei Gaftel im Umfreije einer halben Stunde nicht die geringfte Erhöhung fichtbar wird, die diefen Nas men führen könnte, und es nicht anzunchmen ift, daß in folcher Entfernung ein fo wichtiges Gebaude aeftanden babe. Auch wird e8 ſchon durch den Ausdruck: „vom Alter befchädigt», als ein folches angefündigt. Wir wifs fen auch aus Gicero Cin Pisonem cap, 21) welcher ein großes Gebäude bei Tusculum montem tusculanum nennt, daß das Wort mons auf ausgezeichnete Baus werfe angewendet wurde, fo wie auf alles Hochgethürmte 3. B. montes frumenti,
21
Die achtzehn Wiederherſteller dieſes Gebäudes, deſſen erſte Erbauung, nach der Dauerhaftigfeit der römifchen Gebäude zu fchließen, wenigftend der Zeit Trajans zuges rechnet werden muß, wenn es nicht felbft von Druſus her ftammt, nennen fich hastiferi ( Ranzenträger) der Stadt der Mattiafer. Wir Fennen nur eine einzige Inſchrift von Vienne, worauf ein »Magister Astiferorum Do- mini nostri» vorkommt (Reinesius p. 185) Bon ben Haftaten der frühern Legionen kann bier nicht die Rede feyn, obſchon fie die hasta mit ihnen gemein hatten; und es ift auffallend, daß wir fie auf der legten Inſchrift in der Nähe des Kaifers und auf der unfrigen im Dienfte einer Mumnicipalftadt finden. Hier find fie offenbar an der Stelle der Stationarier, ald eine Art Stadtwehr zum Schuße der Beamten und zur Handhabung der Polizei. Daß Meddignatius, der zum zweitenmal gewählte ftädti- ſche Einnehmer (Curator bis) als ihr Anführer dafteht, laßt glauben, daß fie hauptfächlich zur Beitreibung der Abgaben gebraucht wurden. Don den Namen find fol- gende durch andere Steinfchriften die befannteften: Le- wius daher Levinius, Vitalinus, Constantius, Jamil- lius, Titius, Licinius, Lutatius, Tertinius, Marcri- nius, Atrectius, Ursius und Servandius.
Givitas Mattiacorum, Diefe Benennung der unter dem Schuße des Castellum Drusi (Gaffel) entftandenen bürgerlichen Stadt war zeither vollig unbefannt, it aber durch mehrere entdeckte Snfchriften beftätigt worden. Gie war aljo. die Hauptftadt der, der Nömifchen Herrſchaft unterworfenen Mattiafer diesfeit des Pfahlgrabens.
—e — —
22 IX.
1,40. .M,
IYNONI.RE G!NZE. VL. QVIL, NVS. PATERN VS. D, C. MATTI. EX. VOTO. POS. L. L. M. DEDIC&'YA X. E, OCT. TER. ET BIS COS.
Supiter d. B. dem Größten und Juno der Königin, bat Balerius Quilinus Paternus, Decurio der Mat- tiafifchen Bürger, diefen Gelübdenftein freudig und dankbar gefest und geweiht am 10ten vor den Ga- enden des Detob. unter dem sten und 2ten Gons fulate.
Diefe Ara wurde im Jahre 1809 zu Caſtel gefunden, Valerius Quilinus Paternus, deffen Vorname fehlt, hatte alfo 4 Namen, wie man häufig Beifpiele finder, indem aus befonderer Veranlaffung 3. B. wegen einer Erbichaft oder Zuneigung zu einem Verwandten in ſpaͤ⸗ terer Zeit noch der Perfonalname desfelben zu dem eiges nen gefügt wurde. Gewöhnlich fteht alsdann sive oder quı et dazwiſchen. Der Name Quilinus ift nicht bes fannt, doch mit in fommt inquilinus ald Nennwort Cbei Sallust z. B. Catil, c.) vor, die beiden andern Nas men aber find fehr gemein.
Decurio Civium Mattiacoram, Er war Gtadtrath
23
der Einwohner der Stadt der Mattiafer, die wir aus andern Inſchriften fennen, und weldye unter dem Schuge des Drufifchen Caſtells zur Bededung der Bruͤcke ftand.
X, Calendas Octobris ter et bis Consulibus, Der Anfang diefer Zeile wurde bei dem Transporte befchädigt. Am 22. September, welches der 10. vor den Galenden des Detoberd war, wurbe das Geburtöfeft Auguſts ge feiert. Es ift nicht zu beflimmen, ob dies noch in der Zeit der Weihung dieſes Steined gefchah und ob man mit Vorbedacht diefen Tag dazu wählte; wenigftens wurs den die Fefttage für die glüclichften und den Göttern angenehmften gehalten, und daher gewöhnlich zu Errich⸗ tung ihrer Altäre benust.
Die Namen der Confuln find von dem Steinhauer vergeffen worden, die Zahl der Gonfulate bezeichnet aber unftreitig Kaifernamen, da in diefer fpätern Zeit man fein Beifpiel findet, daß ein Gonful zum Zten und der andere zum 2ten Male zugleich das Gonfulamt beffeidet haben. Selbft unter den Kaifern finden ſich nur 6 Beis fpiele diefes Falles, nämlich:
Sm Sahre 161 Mark, Aurel. und Berug, — — 205 Garacalla und Geta.
— — 48 die beiden Philippe.
— — 215 Licinius und Gallienus. — — 32 Conſtantius und Conſtans. — — 394 Arcadius und Honorius.
Der ſchoͤnen Schrift wegen ſcheint mir das aͤlteſte Conſulat den Vorzug fuͤr die Epoche unſeres Steins zu verdienen und ich glaube, daß das Jahr 161 ihn entſte⸗ hen ſah.
21
Uebrigens ift die Auslafung der Confulnamen öfters auf Denfmälern bemerkt worden. So findet fich auf eis nem Stein zu Rom vom Jahre 346 das Gonfulat fols gendermaßen angegeben: D. D. N. N. III, et III. Cos. (Murat. pag. 579, 1.) und auf einem andern zu Puz— zuoli lieft man Dedicata VIl, id, Oct, III, et semel eoss, (Reines, pag. 371.)
X.
1,0, M
ET IVNONI REGINAE L. SECVND INIVS FA VORALIS IIIIII VIR AVG, CHE ISIN? SVOTD.
Jupiter dem B. d. Gr. und Juno der Königin, fette auf feinem Grund und Boden diefen Denfftein, Lucius Secundinius Favoralis, Einer der Auguftaliichen Sechsmaͤnner der Stadt der Mattiafer,
Ein vierediger großer Gelübdeftein mit einem acht— edigten Auffage. Er wurde zu Gaftel im Sahre 1808 in einem verfchütteten Brunnen gefunden.
25
Die Namen Secundinius und Favoralis find befannt. Der erfte ftammt von Secundus, Secundinus; der an— dere von Favor. Gewoͤhnlich find beide PBerfonalnamen.
Die Seviri Augustales wurden gleich nach dem Tode Auguſts, von Tiber zum Tienfte im Tempel des neuen Got tes errichtet. Da der Kaiſer felbft und feine nächften Vers wandten Mitglieder dieſes College waren, fo kann mar denfen, daß es aus den vorzüglichften Bürgern gewählt wurde. In Rom ftanden fie in folchem Anfehen, daß fie bei ven Schaufpielen ihre Site um den Kaifer hatten.
Shr Name Seviri fommt daher, daß im Anfange nur ihrer Scchfe waren, oder weil nur Sechfe den wirklichen Mriefterdienft verfahen und die andern als blofe Ehren priefter zu dem Golleg gehörten, denn es ift ficher, daß in Nom die Anzahl der Glieder desfelben fchon bei feiner Gründung auf fünf und zwanzig ftieg, aber in der Folge manche Veränderung erlitt. Auch in den Provinzen wur⸗ den fie eingeführt, da die Schmeichelei nach dem Beiſpiele der Hauptftadt dem Auguft überall Tempel baute, welche. nothwendig ihre Priefter haben mußten. In Gallien wurde der Haupttempel zu Lyon errichtet, worin alle Provinzen des Landes ihre Standbilder als gemeinfchaftliche Erbauer hatten. Auch außer Rom war die Zahl der Auguftalen nicht beftimmt, denn wir finden auf einer Steinjchrift zu Fo- rum Sempronii (Fofjombrone) deren 13 angeführt. (Grut, 150, 4.) Zu Rom fcheinen fie von ten Kaifern ernannt worden zu feyn, in den Provinzialftädten wurden fie von den beiden alten und jungen Bürgerflaffen ge— wählt; daher Augustales seniorum et juniorum,
Man muß die Seviri Augustales nicht mit dem Sevi-
26
ratus mehrerer Städte, wo es ein Municipal-Colleg bils det, verwechfeln; doch war es fehr oft der Fall, daß eis ner beide Ehrenjtellen in ſich vereinte; daher heißt es auf Steinfchriften nicht felten; Sevir et Sevir Augustalis oder Idem Sevir Augustalis,
Sn der Folge, ald die Vergötterungen der Kaifer häufiger wurden, vermehrten fich auch die Auguftalen; denn diefen Namen behielten auch die Priefter diefer fp&s tern vergötterten gemeinjchaftlidy, oder fie wurden nad) dem Namen derfelben: Adrianales, Aelianes, Antoni- niani u. f. w. benannt.
In der Stadt der Mattiafen befand fich alfo ein Tempel eines vergdtterten Kaiſers; ob ed aber ein Tem⸗ pel Augufts war, ift wegen des allgemeinen Gebrauches des Worted Augustalis nicht zu beftimmen. Doch ift es mwahrfcheinlih, weil Germaniens, felbft Auguftas liſcher Priefter, in der Zeit der Errichtung des Sevirats am Rheine befehligte und nebft jeinem Vater der Stifter der rheinischen Anfiedelungen war. Sollte er nichts zur Verehrung Augufts gethan haben? Auf der andern Seite fcheint mir in diefer erften Zeit dag Castellum Drusi Cdenn an eine Stadt der Mattiafen kann noch nicht ges dacht werden) zu befchränft und unbedeutend, als daß es jchon einen Tempel Augufts befeffen haben follte. Zur Errichtung desfelben hätte man gewiß Magentiacum gewählt.
27
3.
Ueber die Aquae Mattiacae, von Herrn Kirchen— rath C. Dahl in Darmftadt,
Es ift unter den Gefchichtsforfchern und Geographen faft die allgemeine Meinung, daß Wiesbaden und deffen heiße Bäder die Mattiafer Waffer (Aquae Mattiacae) feyen, deren die Römifchen Schriftfteller Plis nius, Martial und Ammian Marcellin Ermähs nung thun.
Erfterer meldet Folgendes: »Auch find in Deutfchland die Mattiafifchen heißen Quellen, deren ge ſchoͤpftes Waffer drei Tage lang warm bleibt, um den Rand aber einen Bimsſtein CBadftein) anfegt.*) «
Der Sänger Martial berichtet von den -Mattia fern, daß fie Handel trieben mit jelbft verfertigten Sei fenfugeln zur Stärfung der Haare, und Ätender Seife *) zur Erzeugung blonder deutfcher Haare.
Gaustica Teutonicos accendit spuma capillos,
Captivis poteris cultior esse comis, ?)
1) Sunt et Mattiaci in Germania fontes calidi, quorum haus- tus tridue fervet, circa margines vero pumicem feriunt aquae (Plinius hist. nat, L, 31, C. 2.)
2) v, Martial, L. 14, Ep. 26.
*) Sollte Martial, wenn die zuerft (Epist 14.) angeführte Stelle defielben fi überhaupt auf Wiesbaden beziehen läßt, durd) eaustica spuma nicht vielleicht den lockeren (ſchaumartigen), rothen Kalfniederihlag unſers falzigen Thermalwaf: ſers felbft haben bezeichnen wollen? Leicht modte er den Germanen zur Färbung der nad Tacit. Germ. 4. und def: fen Agricola e,ı1,, ferner Sueton, in Caligula c, 47. ald na:
28
Aetzende Seife, von ihr entbrennt das Gelod der Teutonen,
Holder ſchmuͤcket fie dich als der Gefangenen Haar. Ferner:
Si mutare paras longaevos cana capillos,
Accipe Mattiacas, quo tibi calva, pilas, ) Willſt du das alternde Haar durch Kunft verneuen, du Kahle!
Nimm Mattiafifche Seiffugeln, fie dienen dazu. 2) Gewiß hatten die Mattiakifchen heißen Bäder die Vers anlaffung und nächte Gelegenheit zu Fertigung jener Seiffugeln und der Abenden Seife, fo wie zum Handel mit diefen Luxusartikeln gegeben. I) Beides fegt alfo die Eriftenz und den Gebrauch der Mattiafifchen Bäder für die Amer voraus. Aus der römifchen Gefchichte des Ammianus Marcellinus erfahren wir Folgendes: Als noch Caͤſar Zulian in Gallien befehligte, fuchte Macria- nus, einer der alemannifchen Könige, Friede und Freunds fchaft bei den Römern, welche auch ihm und feinem
tionell befhriebenen röthlichen Haare (rutilae comae) dienen. Wiewohl zwar auch Plinius (Hist, nat, Lib. 28. c. 51) ausdrudfih von einer Seife (sapo) redet, womit die Gallier ihrem Haar eine röthlichere Farbe zu geben gewußt hätten, fo möchte unter den Pilis, womit die Mattiaken Handel trieben, wohl eher die aus diefem färbenden Badefinter geformten Kugeln zu veritehen feyn. dv. 9. PR 'CHEp. 37
2) Gene Handelfchaft bezeichnet audy ein bei Birftadt, unweit Wiesbaden, aufgefundener Votivſtein mit der Inſchrift: Deo Mercurio Nundinatori. S. Annalen 9. I, p. 16.
29
Bruder Zariobaudus zu Theil wurden. I Mafrian blieb jedoch in der Folge feinem Worte nicht getreu; dafür wollte ihn der Kaiſer Valentinian züchtigen. Erſterer hielt fich, vermuthlich Franfpeitshalber, bei den Mat> tiafifchen Waffern auf, darım ließ DValentinian vor Mainz aus, oder bei Mainz, eine Schiffbrüdfe über den Rhein fchlagen, um denfelben in feinem Badeorte zu überfallen. Nachdem alles vorbereitet war, ging er über den Fluß. Keiner von den Nömern hatte Laſtthiere oder Zelte, nur Valentinian felbft gebrauchte ftatt des Zeltes Teppiche. Die Truppen trafen unterwegs auf einige Trödfer (Scurras), die mit Sclaven handelten. Diefelben wurden geplündert und getödtet, damit nichts durch fie verratben würde. Dann ruheten fie wegen der nächtlichen Finfterniß. Den Soldaten wurde ernjtlich verboten, zu brennen und zu rauben; jedoch vergebens. Makrians MWächter wurden durch die auflodernden Feuer und Das wilde Gefchrei aufgeregt, und ahnend, was da vorgehen folle, feßten fie den König auf einen fchnellen Wagen 9, und brachten ihn auf einem engen Wege in unzugängliche Berge. Valentian, voll Ingrimms, ließ das feindliche Land bis zum fünfzigften Steine 3) verwüften, und fehrte fummervoll nach Trier zurück, wo er an Mafriand Stelle Fraomar zum König der Buccinobanten, einer gegen Mainz über wohnenden alemannifchen Nation, ers
2) Ammian. Marcell, XVIII., 2. 2) Carpento veloci (Kabriofet.)
) d. h. in einer Ausdehnung von 50 römischen — oder 10 deutſchen Meilen.
30
nannte, bald aber, weil das ganze Land zu fehr verwuͤſtet war, von da wieder wegnahm, und nach Brittanien als Tribun verfegte.) Mafrian nahm bald wieder Befis von feinem Lande, und wurde den Nömern furchtbarer wie vorber, ja er drohete fogar Gefahr den Mauern von Mainz. ) Diefe und andere eingetretene Verhaͤlt— niffe nöthigten den Kaifer Valentinian, fein Benehmen gegen Mafrian zu Ändern, Er ließ demfelben eine hof liche Einladung zugeben, und fand ihn zu einem Buͤnd⸗ niffe bereit, Mafrian fam, aͤußerſt aufgeblafen, ald der überlegene Unterhändler des Friedens, und ftand, hoch aufgerichteten Hauptes, am Ufer ded Rheins, umraufcht vom Klirren der Schilder feiner Fandsleute. Der Kaifer näherte fich mit feiner Begleitung in Flußfahrzeugen vor Mainz aus dem jenfeitigen Nheinufer, wo ihn der Glanz feiner Waffen fenntlich machte, und als die unbefcheides nen Geberdungen und das Gelärm der Barbaren endlich geftillt waren, und man bin und her gefprochen und uns terhandelt hatte, wurden Frieden und Freundfchaft mit— telft Eidfchwur begründet. Valentinian Fehrte hierauf ind Winterlager nach Trier zuruͤck. 9)
Borerzählte Begebenheit fällt in das Jahr 371 und in den September, denn am 6. diefes Monats war der
1) Ammian, Marcell, L, XXIX. , 4
2’; Hiernah fheint Mafrian in der Nähe von Mainz, ver muthlich zu Wiesbaden, oder auf dem Sonnenberge, fei: nen Wohnfik gehabt zu haben; auch Kaftel jenfeits Mainz war in feiner Gewalt. (9)
3) Amm, I, XXX. 7 3,
31
Kaifer VBalentinian noch in Mainz, und bald darauf fcheint jene mißlungene Expedition gegen Mafrian unters nommen worden zu feyn. ')
Diefelbe giebt übrigens den Stoff, und Iieferte auch bis jest den Beweis zu der Meinung, welche bei den Ges lehrten fait allgemein ift, daß Wiesbaden jene Aquae Mattiacae feyen, bei welchen der alemannifche König Mas frian feiner Gefundheit halber fich aufgehalten habe, und dort vom K. Balentinian mit einem Ueberfalle heimgefucht worden fey.
Sch will, ftatt aller, nur meinen verehrten Freund, den Herrn Geheimen Nath von Gerning, hier fprechen laſſen. Deffen Worte (in dem fchönen Werke: Die Rhein: gegenden« ꝛc) find folgende: »Zur Zeit ded Vespaſian be: lagerten die, von den Nömern durd; Soldatenftellung und Werbungen mißbrauchten, tapfern Mattiafen, unter der Anfuhrung des Claudius Civilis, mit den Bar tavern, Katten und Ufipiern das Roͤmiſche Mainz, (Tacitus H. L. 4. C.57) Wiesbaden befaßen fie noch im Kriege der Allemannen, deren König Mafrian bier im Sahre 371 gerade die Bäder gebraucht hat, als ihn Balentinian von Mainz aus überfil. Er wurde zu den Buccinobanten getragen, und rädhte fi; bald an den bhinterliftigen Feinden; worauf ihm das umher liegende rechte Main- und Nheinufer, nebft Gaftel, das dann eine Civitas Mattiacorum ward, vom Römer feierlich abgetreten worden. (Ammianus
) Shmidts Gefh. d. Großherzogthbums Heilen, II. Theil, ©. 345.
32
Marcellinus L. 29, C, 4etL, 30, C 5.) — &p, oder anf ähnliche Art erzählen auch die meiften übrigen Schrifts fteller, welche ex professo oder gelegenbheitlich über Wies— bade@ fchreiben, dieſe Begebenheit. Nur Einiges erzählt Freund Lehne Cin feinem biftorifch - ftatiftifchen Sahrbuche des Departements vom Donnersberge fir das Jahr 1801, ©. 36.) auf andere Art, was ich darum bier anführen muß. Als derſelbe nämlich von dem Ueberfalle redet, welchen Valentinian gegen Mafrian auszuführen im Sinne hatte, fpricht er von erfterem folgendes: „Er (Valenti⸗ nian) Fam nach Mainz mit wenigen Truppen, ließ aber unterdeffen feinen Legaten Severus bei Walluff über den Rhein geben, und ftieß in der Nacht bei Aquae mattiacae (Wiesbaden) zu ihm u. |. w.“ — Nach Lehr ne's Meinıng wären alfo die Römer auf zwei Seiten, zu Mainz und zu Walluff über den Rhein gegangen, um den Mafrian in Wiesbaden zu überfallen, welche Meinung man, meines Wiffens, bei feinem andern Schrifts fteller findet.
Doch — vergleichen wir nun diefe und andere aͤhn⸗ liche Meinungen und Angaben der Gelehrten mit Am; miang Erzählung. In derfelben ift von einem bedeuten den Marſch die Rede, der nicht in einem Tage gemacht wurde, denn ed wird ald Entbehrung angezeigt, daß feiner von den Römern das fonft nöthige Laftthier und Zelt gehabt, und felbft der Kaifer mit und unter Teps pichen fich behelfen mußte; e8 wird gemeldet, daß fie uns terwegs Troͤdler (wandernde Kaufleute) angetroffen, wels che fie, aus Furcht verrathen zu werden, beraubt und umgebracht hätten, daß die Nacht endlich eingebrochen
33
und die Finfterniß fie verhindert habe, weiter zur marfchis ren, und fie demnach der Ruhe gepflegt hätten u. f. w. Nun aber fage ich: Wenn die Römer den König Mafrian in Wiesbaden überfallen wollten, fo brauchten fie mes der von Mainz noch von Walluf eine Tagreiſe, vielwes niger aber noch eine Nacht dazu; fie hatten auch weder Raftthiere noch Zelte nöthig, indem befanntlich Wiesbaden nur zwei Fleine Stunden von Mainz oder Gaftell und von Walluf entfernt ift.
Ferner: Wäre Mafrian zur Zeit des UWeberfalles in Wiesbaden geweſen, fo hätten feine Wächter zu deffen ſchneller und ficherer Wegführung weder unzugängliche Berge noch die engen Wege angetroffen, wovon Ammian fpricht, die man, nämlich bei Wiesbaden, vergebens ſucht.
Der natuͤrliche Schluß aus allem dieſem ſcheint mir demnach folgender zu ſeyn: Makrian war nicht in Wies— baden, und gebrauchte die dortigen Baͤder nicht, als der Ueberfall ihm drohete; folglich waren auch zu Wiesbaden jene Aquae Mattiacae nicht, von welchen Ammian in ber angefuͤhrten Stelle ſpricht. Diefe, meine Meinung, ift indeffen nicht neu, Kremer bemerft, Cin der Ges fchichte ded Nheinifchen Franziens, ©. 7, not, n) fol gendes: Die Aquas Mattiachs erflären unfere Kritider für Wiesbaden .... Mein Wiesbaden ift meines Bes
Ich habe verfücht, am Ende diefer Abhandlung aud meine Anfiht über die Erklärung der Stelle Ammian’s, jedoch salvo meliori zur unparteiifhen Prüfung vorzutragen.
v.9 3
34
duͤnkens allzu nahe bei Mainz gelegen, als daß die Bw fchreibung Marcellin's auf fie angewendet werden kann. Es liegt auch mehr in einer Ebene als auf einem Gebirge, wie der Taunus oder der Cinrich befchrieben wird.» — Der Geheime Rath Schmidt, welcher, in feiner Ges fchichte des Großherzogthbums Heffen, 1. Band, ©. 19 und 38, die Erzählung Ammian’s faft wörtlich anführt, fagt in der Note d: »Dbige Erzählung erlaubt wohl nicht, die Matttiafer Waffer in Wiesdaden wieder zu finden; fie fcheint vielmehr eine größere Entfernung von Mainz vorz aus zu fegen. # —
Bodmann nennt Cin den Nheingauifchen Alterthit- mern, ©. 730) die Erzählung Ammian’s eine bekannt; lich auf die warmen Quellen zu Wiesbaden unanwend- bare Stelle.“ — Aber er thut noch mehr. Er giebt warme Quellen an, welche zur Situirung der Wäffer der Mattiafer, nad) der Erzählung Ammian’s, völlig genuͤ— gend erfcheinen, wie er glaubt. Diefe warmen Quellen findet er bei Asmannshaufen im Rheingau Cin einer Entfernung von Gaftel von beinahe 8 Stunden) Zur Begründung der wirklichen Eriftenz diefer Quellen führt er eine Urfunde v. J. 1489 wörtlid; an, worin Erzbifchof Berthold von Mainz befennt, daß er feinem getreuen Hanſen Sigler von Ajcaffenburg gegönnet und ers laubt habe, das warme Waffer im Rheine bei Asmanns— haufen (Hafemannshaufen), im Rheingau gelegen, auf feine Koften zu juchen, davon er jedoch das halbe Theil dem Erzftifte zu deffen Nuten zuzuftellen habe. Als aber Sigler nach viel angewandter Mühe und Arbeit es nicht ges funden, fo hat diefer den Domdechantzu Mainz, Bernhard
35
von Breitenbad, zur Mithilfe und Mitgenuß des hal ben Theil3 angenommen, wozu gedachter Erzbifchof in bemeldeter Urkunde feine Einwilligung ertheilt, das andere halbe Theil aber ſich und feinem Erzftifte wiederholt vors behält. Zugleich wurde beredet und ausgemacht, daß, wenn die Quelle wirflich aufgefunden würde und benutst werden fünne, das dazu nöthige Gebäude, daß heißt: die Hanfung mit Herberge, Mauern und fonftigem Zugebör, auf beiderfeitige Koften errichtet, das Furfürftfiche Theil aber, ſammt dem Nechte der Beherbergung, des Wein ſchanks und der Atzung als Lehn dem gedachten Hang Sigler und feinen Erben, fo wie dem bemeldten Domdes chant überlaffen werden ſolle ꝛꝛ. Ob — und was hierauf weiter gefcheben ift, hierüber bringt Bodmann Feine Nachs richt bei,*) findet aber die Meinung, daß dort, bei Ag: mannshaufen, die Aquae Matliacae gewefen feyen, nicht umvahrfcheinlich; ja er hält jogar die Ableitung des Worz te8 Asmannshaufen von Aquae Mattiacae nicht ganz von allem Scheine entblößt, welcher Schein mir jedoch nicht recht leuchten will, man müßte denn annehmen, daß As— mannshaufen urfprünglich Asmattshuſen (Hufen ad Aquas Mattiacas) geheißen babe.
Der bekannte Gelehrte und Mainzer Gefchichtsforfcher Schunk meldet in feinen binterlaffenen, fehr reichhaltigen Papieren von der obyedachten warmen Quelle folgendes: „Am Ufer des Rheins, unterhalb Afmannshaufen,
*) Sc behalte mir vor, über die Schieffale und die Faſſung diefer Quelle im Mittelalter, aus urfundlihen Nachrichten fpater Einiges mitzutheilen,
d. 9:
36
bat man unterschiedliche Mineralquellen entdeckt, und uns ter andern floß ehemals ein dem Wiesbader Brunnen ähnliches heißes Waffer hervor, welches, ald man es zu Anfang dieſes Jahrhunderts (des achtzehnten) faſſen laffen, hernach einen Ausbruch im Bette des Rheins genommen hat. Seitdem fonnte man die Quelle nicht mehr anders, ald mit kaltem Waffer vermiſcht, , antreffen. «
Der Rheinifche Antiquarius aͤußert fih Cin der Auflage von 1744, ©. 595) über bemeldete Quelle folgens dermaaßen: Unterhalb diefem Drte (Aßmannshauſen), hart am Ufer des Rheins, fol ehedeſſen ein überaus koſt— bares warmes Bad gewefen jeyn, davon ficy aber die Duelle nad) dem Rhein zu verloren habe. Man hat Lies felbe mit großer Mühe, aber nur vergebens, zu finden geſucht. Die Merkmale von diefer Arbeit find noch zu fehen. «
Lebtere erinnert fich der Verfaſſer dieſes Auffages in feinen jüngeren Sahren ebenfalld gefehen zu haben; es waren aber nicht blos hinterlaffene Spuren des Verfucheg, fondern man fah die Spuren der fchon unternommenen Faſſung der Duelle, welche Schunk richtig bemerkt hat.
Man findet auch folche auf mehreren Landcharten des Rheingaues, namentlich auf dem erften Blatte der Pom— mer'ſchen Charte von Heffendarmftadt, und auf dem zweiten Blatte der großen Dewarat’fchen Charte vom Rheinftrome, bezeichnet.
Jene warme Quelle paßte allerdings beffer zu der Er zaͤhlung Ammian’s, befonderd auch in Anfehung der nahen unzugänglichen Berge und ded engen Weges Cvon AB
37
mannshaufen nach Aulhaufen), welch beides man nicht bei Wiesbaden findet.
Nur allein das enge Terrain bei Aßmannshaufen macht, in Betreff des Ueberfalld die Sache etwas ſchwie— rig. Bodmann behauptet aber: der Rhein fey vormalg weiter von Apmannshaufen entfernt gewefen, als gegens wärtig. *)
Daß in Alteren Zeiten wirklich eine Badeanftalt bei Aßmannshauſen muß gewefen feyn, folches Iehrt die von Bodmann beigebrachte Urkunde, meines Erachtens, zur Genüge, denn wie hätte fonft fo zuverfichtlih von Er bauung eined Bad⸗ und Wirthshauſes darin die Rede feyn fönnen, wenn man nicht gewußt hätte, daß fchon früher eine folche Bades und Wirthfchaftsanftalt dafelbft eriftire babe, und zwar nicht allein zum Heile der Badenden, fon» dern auch zum DVortheile der Entrepreneurs, indem man feine Mühe und Koften fchenete, die Quelle wieder aufzus finden, und der Kurfürft es nicht für zu Fein bielt, fich und feinem Erzftifte einen Antheil davon vorzubehalten.
Wenn aber — fo wird Meancher hier denfen — die Aquae Mattiacae des Ammian ber Aßmannshaufen zu fuchen und zu finden find, fo waren es die heißen Quels len zu Wiesbaden nicht, was jedoch fehr zu bedauern wäre, indem der Name Aquae Mattiacae für Wiesba⸗ den fat allgemein angenommen ift.
*) Dieß mwiderfpricht der Wefunde, worin die Quelle als von dem Rhein bevedt, bezeichnet ift: Die fhroffen Berge auf beiden Seiten wiefen dem Rhein ohnehin ein enges Beit an. d. H.
38
Allerdings ift aus der Erzählung des Ammianus Mars cellinus klar einleuchtend, daß die von ihm benannten Aquae Mattiacae nicht zu Wiesbaden zu fuchen find, *) aber daraus folgt noch nicht, daß die Wiesbader heißen Quellen feine Aquae Mattiacae feyn könnten. Vielmehr glaube ich, daß die Römer ſaͤmmtliche Mineralquellen und Bäder im Lande der Mattiafer mit dem Namen Aquae Mattiacae bezeichneten, mithin auch die Quellen und Bäder zu Wiesbaden. Auf diefe glaube ich auch beziehen zu müffen, was Plinius von den Mattias fer beißen Quellen fihreibt, auch feheint mir es fait gewiß, daß die Seifen» und Negfugeln, wovon Mars tial fingt, bei und für die Bäder zu Wiesbaden vorzüge lich gefertigt wurden, mithin bleibt der Name Aquae Mattiacae für Wiesbaden nach wie vor ungefräuft; nur darf er nicht aus Ammian bewiefen werben.
Ueber die Etymologie des deutfchen Wortes Wies> baden laͤßt fich ungefähr Folgendes fragen: die Mattias fer gehörten zu dem Volke der Allemannen, deren Könige Mafrian und Hariobaud unter Kaiſers DValentinian Regierung vorfommen. Als eine Unterabtheilung gehürs ten auch dahin He Buccinobanten — die Bewohner der höheren Regionen, namentlich des heutigen Trom— peters, über welche Makrian ebenfall® als König res gierte. Im Gegenfage von diefen Buccinobanten wurden die in der Ebene wohnenden Völfer der Alemannen jen- feits Mainz Mattiafer, d. i. Mattenbewohner,
*) Man vergleihe den Anhang. dv. H.
39
nämlich Bewohner von ebenen, befonderd wiefenreichen Gegenden — denn Matte ift das alte deutfche Wort für Wieſe — genannt. Sn einer diefer wiefenreichen Gegenden waren heiße Quellen, welche darum Aquae Mattiacae, Mattenbäder genannt wurden. Daraus entftand nun, vermuthlich, in der Folge das Wort Wies- oder Wie fenbäder, und der Ort, wo folche fich befanden, wurde Wiesbad genannt.
Daß übrigens die Benennung Aquae Mattiacae nicht allezeit mit Mattenbäder zu überfegen fey, fondern folche auch die Bäder im Lande der Mattiafer überhaupt bes zeichnen koͤnne, folches erhellet aus dem, was oben bei den heißen Quellen bei Aßmannshaufen gejagt wurde.
Daß die Ufipeten oder Ufipier bei Wiesbaden jemald gewohnt, und fie diefem Orte den Namen Fis- bium gegeben haben — hierzu mangelt ein ficherer Grund. Dielmehr ift zu glauben, daß die Ujipeten, wenigſtens eine Zeit lang, die Anwohner der Uß oder Ufe, in der Wetterau gewefen, und fie der Stabt Ufingen viel leicht Namen und Entftchung gegeben haben.
Sch komme nun auf einen Umftand, deffen ich früher fhon Erwähnung that, der aber noch einer weiteren Er Örterung bedarf. Meine Behauptung ging nämlich Cm der Note2.S.30.) dahin: Kaftell, gegen Mainz über, ſey damals, als Makrian von den Römern überfallen wers den follte, in der Gewalt des erfteren gewefen. Ganz entgegen gefeßter Meinung ift Herr von Gerning, da er, in dem fchon angeführten Buche, ©. 6, folgendes fchreibt: »Er (Makrian) wurde zu den Buccinobanten getragen und rächte fich bald an den hinterliftigen Seins
40
den, worauf ihm das umberliegende rechte Mains und Rheinufer, nebft Caftell, alsdann eine Civitas Mattia- corum ward, vom Nömer feierlich abgetreten worden. (Ammianus Marcellinus L. 29. C. etL. 50 C.5)u — Auf folche Art wären Mafrian und die Mattiafer erft, nach wieder hergeftelltem Frieden, im 3. 371, in den Bes fis von Caſtell gefommen, und legterer Ort fodann eine Civitas Mattiacorum geworden. — Allein, die Sache vers hält fi, meiner unmaßgeblichen Meinung nach, ganz anderd. Denn erftens ſteht in den beiden angeführten Stellen hiervon Fein Wort, und zweitens wiffen wir aus bem, was Freund Lehne im Rheinischen Archive, I. Band, ©. 1238. u. f. über Mainz und feine Bewohner zur Zeit der Römer, Neues und Schönes beibringt, daß das Castellum Drusi, das nachherige Caſtell oder Gaffel, bereits in den Sahren 215 und 236 nach Infchrif ten ) ald eine ‚Civitas Mattiacorum erfcheint, und folche nicht erft im J. 371 oder 372 geworden iſt. Hoͤchſtens fonnte alfo in der erwähnten Friedensuerhandlung von ei ner Beftätigung des Beſitzes und Namens die Rede feyn. Wenn Ptolemäus ein Mattiacum anführt, wofür man Wiesbaden hält, fo fcheint mir letzteres nicht fo ganz ausgemacht zu feyn, indem er auch dadurd) den
2) Diefe für unfere Gegend wichtigen Inſchriften find nochmals dur die Güte unſers verehrten Lehne pag- 18 — 26 mit Zus fägen mitgetheilt worden. Daß übrigens die darin ges nannte Civitas Mattiacorum, Caſſel bei Mainz ſeyn müffe, bezweifle ich fehr. Die ausführlihe Mittheilung meiner Gründe nebft den Abbildungen diefer Denfmäler, auf ein andermal. dv. 9.
41
Hauptort der Mattiaker — Mattium — oder auch die Ci- vitas Mattiaca — das heutige Caſſel — darunter verftans den haben koͤnnte. *)
Schließlich muß ich noch auf eine Stelle aufmerffam machen, welche man in den Franffurter Gemeins nüslichen Blättern v. 3. 1813, ©. 267 lieft, wo nämlich der Uns unvergefliche Habel behauptet: die fos genannte Heidnifche Mauer in Wiesbaden habe nie als Mauer eines römifchen Caftells gedient, obfchon man fie dafür ausgegeben habe u. f. w.
Es wäre fehr zu wünfchen, daß irgend ein Kunft- und Sadjverftändiger diefe Mauer — fo viel davon noch übrig iſt — an Ort und Stelle gehörig unterfuchte, um zu erfah— ten, ob Habel richtig geurtheilt, und fo unfern deutfchen Urvätern ein Werf vindicirt habe, was ihnen auf jeden Fall Ehre machte. **) Auf der Abbildung der Stadt Wies⸗ baden bei Merian, in Topographia Hassiae et Regio- num vieinarum, p, 142, ift aud) die Heidenmauer,
*) Dieß ift nad) feiner genauen Angabe der Breitegrade nicht deufbar, wonach deflen »Mactiadum u vielmehr in der Gegend von Marburg, nad) Andern bei Berleburg oder Battenfeld zu fuchen wäre, d. 9.
**) Die fogenannte Heidenmauer gehört, wie mein verftorbener Vater richtig bemerkte, keineswegs zu dem Gaftell, welches, noch an der Wallabvahung feiner Oſt- und Südfeite ers Pennbar, oberhalb des Kirhhofs aufder mit dem Namen Heidenberg bezeichneten Anhöhe lag, fondern fie ſchloß den öftlihen Theil der bürgerfihen Stadt ein, wie die nad Außen vorfpringendeu halbrunden Thürme beweifen. Die Beihreibung diefer intereflanten Heberrefte aus der römis fhen Periode bleibe der Folge vorbehalten.
d. 9.
42
nebft der Heidenpforte, zu jehen. Heut zu Tage beißt, meines Wiſſens, das Thor, durch welches man auf den Kirchhof geht, das Heiden» oder Kirchhofthorz Ießs tere Benennung, bezieht fich auf feine gegenwärtige Beftims mung. Das Gäßchen, durch welched man zur veformirs ten Kirche geht, heißt das Heidengäßchen.
Zufaß des Herausgebers.
Es fey mir erlaubt, in der Kürze auch meine Meinung über VBalentiniang Zug (i. 3. 371) nad) den Aquis. Mattiacis vorzulegen.
Mehrere ausgezeichnete Schriftfteller, deren Anficht auch der gefchäste Verfaffer vorfiehender Abhandlung theilt, fchließen aus der Stelle Ammians *) auf einen weitern Marſch des römischen Heeres zum Ueberfall des Allemanen; koͤnigs Makrian und glauben, daß unfer Wiesbaden wegen zu geringer Entfernung von Mainz nicht unter den Aquis Mattiacis verftanden feyn fünne. Mir fcheint die anges führte Stelle recht gut auf Wiesbaden zu paſſen. Die. Worte des Originals im Zufemmenhang mögen entfcheiden,
«Agitabatur autem inter multiplices curas id om- nium primum ct potissimum, ut Macrianum Regem — vi superstitem raperet vel insidiis, ut multo ante Va- domarium Julianus: et provisis quae negotium posce- |
bat et tempus, cognitoque transfugarum indiciis,
*) Ammian, Marcellin. L, XXIX. c. 4. Ed, Hauris. p, 578
43
ubi comprehendi nihil opperiens poterit antedictus, tacite quantum concessit facultas, ne qui conserendo officeret ponti, junxit navibus Rhenum. Et antegres- sus contra Mattiacas aquas primus Severus, qui pe- destrem curabat exercitum, perpensa militum pauci- ale territus sietit, timens ne resistere nequiens, irruen- tium opprimeretur hostilium agminum mole. Et quia suspicabatur venalia ducentes mancipia scurras, casu illie repertos, id quod viderant excursu celeri nun- tiare, cunctos mercibus direptis occidit. Adventu ilaque plurium copiarum animati judices; castrisque adtempus brevissimum fixis, quia nec sarcinale ju- mentum quisquam nec tabernaculum habuit praeter Principem, cui tapetes suffecerant pro tentorio: pa- rumper ob tenebras morati nocturnas , exsiliente pro- einetu pergebant ulterius, itinerum gnaris ducentihus, equitatu cum Theodosio rectore praeire disposito.... — extento strepitu suorum est impeditus: quibus as- sidue mandans, ut incendiis et rapinis abstinerent, impetrare non potuit, Ignium enim crepitu dissonis- que clamoribus satellites exciti, idque quod accide-. ratsuspecti, carpenta velaci impositum Regem angusto aditu circumfractis collıbus abdiderunt. Hoc Valenti- nianus gloria defraudatus, nec sua culpa, nec Ducum, intemperantia militis, quae dispendiis gravihus saepe rem Romanam afllıxit, adusque quinquagentesimum lapidem terris hostilibus inflammatis, rediit Treveros moestus,» etc,
Balentinian fchlägt alfo nad) gehöriger Vorberei— tung und eingezogener Nachricht über Macrians Aufent
44
halt, in möglichfter Stille eine Schiffbrücfe über den Rhein. Daß es von Mainz aus gefchebeg ſey, darüber find alle einig. Die Vorficht, beim Schlagen der Brüde alle Ge; räufch möglichft zu vermeiden, wurde geboten durd) die Bes forgniß, am der Aufftellung der Brüde gehindert zu werden. ) Wahrjcheinlich geſchah es alfo bei Nacht. Man könnte hieraus folgern, daß entweder die Römer den gegenüber liegenden Bruͤckenkopf Caffel nicht mehr müßten im Befit gehabt haben, oder wenn fie ſich an diefem Drt von den Deutfchen beobachtet glaubten, den Uebergang an einem andern Drte bewerfitelligt hatten, um die Feinde zu täufchen, wie e8 die Römer früher einmal in dem Feld» zug Sultans gegen die Aemannen im Jahre 358") beinah an derfelben Stelle mit Gluͤck verſucht hatten. Einen folchen etwas entferntern Uebergang würde etwa die Ingelheimer⸗ und Petersau, welche ungefähr eine halbe Stunde unters halb Mainz, den Rhein in drei fchmale Arme theilen, ers feichtert und den größten Theil der Bruͤcke jenfeits der beiden Inſeln verborgen haben. Dem untern Theil der Petersau gegenüber, ift auf dem höchiten Punct des rechten Rheins ufers eine Stelle nahe an der heffifchen Grenze, welche den Namen Amöneburg führt. **) Die Spurenvon Mauerwerk, welche fich beim Pflugen fonft häufig hier zeigten, fo wie bie noc auf der Oberfläche vorfommenden Bruchflüde von sömifchen Mörtel und Ziegeln, laffen eine Warte oder Briücenfchanze vermuthen, wenn man den römifchen Fun
*) „Ne qui conserendo officeret ponti‘
**) Ammian Marc, XVII, c. ıo.
er) ©. die Charte zu v. Gernings Rheingegenden. Wiesba— den 1519.
45
damenten, welche gerade gegenüber am jenfeitigen Rhein— ufer in der Nähe der ehemaligen Raimundiſchanze am Ende der Rheinallee noch jetst zu Tage ausgehen, eine Ähnliche Beftimmung beilegen will.
An diefer Amöneburg oder 20 Schritte davon am wefts lichen Abhange, Fonnte unter dem Schuße der bergenden Anhöhe, der Uebergang leicht ftatt haben, — Man betrachte nur die Localitaͤt.
Der Lauf des Salzbaches oberhalb der Churfürftens mühle zeigte ihnen den Fürzeften Weg nach Wiesbaden. Das enge Wiejenthal verdeckte ihre Bewegung. Noch näher bezeichnet der Ausdruck: «antegressus contra Mattiacas Aquas,» den Uebergangspunft, — naͤmlich Wiesbaden gegenüber. Aus den Wort «antegressus» möchte alfo wohl auf Fein Boraudeilen zu Schließen ſeyn, indem es augs drücklich heißt: daß Sever mit feinen zu er ſt übergegangenen Fußfoldaten, feine geringe Streitfräfte erwägend, beforg» nißvoll teben geblieben fey, da er, unvermögend Wis berftand leiften zu fünnen, dem Ueberfall eines feindlichen Heerhaufens erliegen zu müffen fürchtete *).
Durch weiteres Vorruͤcken im Gebiet der zum Kampf gerüfteten Alemannen würde er fich offenbar der Gefahr ausgefest haben, von den Uebrigen abgejchnitten zu werden, und das fo forgfältig vorbereitete Wrojeft, wäre voraus; fichtlich gefcheitert. Denn hätten die Römer nicht großen Widerftand erwartet, fo würden fie die Aufhebung Macriang mit einem kleinen erlefenen Corps, welches fich viel leichter auf Schiffen überfegen ließ, haben bewirken fünnen. Eine
*) „Perpensa militum paucitate territus szetit, timensne resistere nequiens, irruentium opprimeretur hostilium agminum mole.“
46
bedeutende Truppenmaſſe war aber zu diefer Unternehmung die der Kaiſer perfünlich Teitete, nöthig erachtet worden und dazu gebrauchten fie cben die Schiffbruͤcke. Sever hatte aljo feine Urfache, mit feiner Handvoll Leute in der Fin⸗ ſterniß auf geradewohl vorauszugehen, ſondern er mußte ſorgfaͤltig darauf bedacht ſeyn, ſeine Landung zu verheims lichen, und fich fomohl, als den Uebergang des nadhrüß kenden Heeres durch ein Lager dicht am Landungsplatz zu ſichern. Die Furcht vor der Entdeckung war auch ſo groß, daß er die, bei dem Betreten des diesſeitigen Ufers zufaͤllig angetroffenen Sclavenhaͤndler ſogar toͤdten ließ. Das Nachruͤcken mehrerer Truppen erm uthigte erſt wieder die Uebergegangenen )), und nachdem fe in dem nur für den Augenblick abgeſteckten Lager **) fich wegen nächts licher Finfterniß nur kurze Zeit verweilt hatten, fegten fie fich, von fundigen Wegweifern geführt, — die Reiterei uns ter Theodofius Befehl an ihrer Spiße, weiter in Bewegung.
Su den Worten: daß die Römer weder Kaftthiere noch Zelte mitgenommen und der Kater jelhft fich mit einem Tep⸗ pich begnügt habe, kann ich nicht den Ausdruc einer Ent behrung bei einem fo langen Marfc finden. Die ganze Unternehmung mußte ja, wenn fie gelingen follte, ſtill in der Nacht vollbracht werden, und das ift, wie mir fcheint, deutlich genug gefagt. Von einem bedeutenden Marſch, der nicht in einem Tage gemacht werden konnte, finde ich in Ammian eben fo wenig eine Andeutung, als von einem Doppelten Uebergang zu Mainz und zu Nieders walluf. Gepaͤck und Zelte waren daher überflüffig,
*) „Adventu itaque plurium copiarum animati.
*+) „Castrisque ad tempus brevissimum fixis, parumper ob tencbras morati nocturnas,‘*
47
da der Aufenthalt im Lager bei Nacht nur fo Tange dauerte, bis alle Truppen auf dem Ddieffeitigen Ufer ordentlich, aufgeftellt waren. Wenn man alfo annimmt, daß die Schiffbruͤcke, um die Feinde nicht aufmerffam zu machen, nur in der Nacht begonnen und vollendet wers den durfte, daß der Uebergang eines anfehnlichen Trups pencorps einige Stunden dauerte, fo blieb ihnen kaum fo viel Zeit übrig, um Wiesbaden vor Tages Anz bruch zu erreichen. Cine weitere Entfernung von Wies— baden würde der Ausführung ihres Plans gerade am meiften hinderlich gewefen feyn. — Bei fo forgfältigen Ans falten und der Nähe des Orts würde Valentinians Uns ternebmung gewiß gelungen ſeyn, wenn Macrians Leibs wächter durch Laͤrm und Brand der zügellofen römifcher Soldaten aufmerffam gemacht, nicht Zeit gefunden haͤt— ten, ihren König mit fchnellem Fuhrwerf auf fehmalen Gebirgswegen zu retten.
Bon den engen Gebirgsthälern und jähen Anhöhen, welche Wiesbaden gegen den Taunus hin umgeben z. 8, das Nerothal, der Sonnenberger und Naurother Grund ıc. fann Ammiand Ausdruck «eircaumfracti colles angusto aditu» recht gut gelten. Unzugänglich konnten fie wohl nicht gewefen feyn, da Macrian, wahrfcheinlich wegen Krankheit, zu Wagen dahin gebracht wurde.
Am allerwenigftien dürfen jedoch die aquae Mattiacae zu Apmannshaufen gefucht werden. Betrachten wir die Lage dieſes Ortes, welches durch fihroffe Gebirge dicht an den Rhein gedrängt ift, fo konnte es Valentinian doch wohl nicht einfallen, bei Mainz mit fo großer Vor—⸗ fiht eine Brüde zu fchlagen, um 7 — 8 Stunden zu
48
Lande zu marfchiren, während er ganz ftill und bequem zu Schiff dahin gelangen fonnte, wenn er nicht eine Lans dung von Bingen aus, zwedmäßiger fand. Sehr zu bes zweifeln iſt es, daß die Aßmannshaͤuſer Quelle von den Römern benugt war, da fich durchaus feine Spuren von römischen Gebäuden, wohl aber die Refte der Faf- fung im Mittelalter dafelbft finden, und nach der von Bodmann mitgetheilten Urkunde, die Aufſuchung und Faffung diefer Quelle im Jahre 1489, den erften Unters nehmern fo viele Mühe und Koften verurſachte. Da fie, wie es dort heißt: „gelegen ift in dem Ryne.“ Aufferdem giebt Plinius 1. c. ald unterfcheidendes Merk mal der Mattiafifchen Quellen einen hohen Wärmegrad und das Abfegen eines Kalffinterd «pumex» am,
Eher fönnte e8 von Ems gelten, wenn nicht die alß zugroße Entfernung von Mainz entfchieden dagegen fpräche,
Bei der Aßmannshaͤuſer Quelle findet fich jedoch weder der geringfte Kalkniederſchlag noch ausgezeichnete Hitze, wo⸗ bei man am allerwenigften an des Plinius «iriduo fervet» denfen kann. Die Wärme diefer Quelle, welche vielleicht auch in ihren Beftandtheilen mit dem Schlangenbader Waſſer Aehnlichkeit haben mag, ift fo unbedeutend, daß in fpäterer Zeit jenes Bad nad) mehreren, natürlich fruchtlofen und Foftipieligen Verſuchen, die, wie man glaubte unvermifchte Quelle im Innern des Berges zu finden, bald gänzlic) verlaffen und der Zerftörung preis
gegeben wurde. 3. G. H ab e
49
4.
Die erfte Verbreitung der Buchdruckerfunft im Her; zogthum Naſſau, von Herrn Kreisrichter Dr, C. A. Schaab in Mainz, *) mit Zufaßen von Herrn Schulinſpector C. D. Bogel in Schoͤnbach.
Es wird beinahe allgemein von den Bibliographen an— genommen, daß nach der fuͤrchterlichen Kataſtrophe, wel— che die Stadt Mainz am W. October 1462 in der Fehde zwifchen Diether von Sfenburg und Adolph II. von Naſſau betroffen, die Mainzer Buchdrucker ausgewandert und die zeither geheim getriebene Kunft in der Nähe und Ferne verbreitet haben,
Outenberg, der es mit der Partei des Nheingauer Adels und diefer mit der des Churfürften Adolph IL ges halten, wurde von ihm auf St. Antonientag den 18. az nuar 1467 zum adlichen Dienfimann oder Hofcavalier ernannt. *) Diefer adliche Hofdienft verfchaffte Guten berg ein gemächliches Leben in feinem Alter, Er hatte Kleidung und Tafel am Hofe, dagegen mußte er aber auch dem Hoflager feines Fürften folgen. Adolph hatte
*) Eine Vorlefung, gehalten in der Generalverfammlung des Bereins für Naflauifhe Alterthumskunde und Geſchichts— forihung am 28, Mai 1898 im Vereinslokale zu Wies— baden.
5) Die Urkunde oder der merkwürdige Beſtallungsbrief Er in Joannis Scrip. Rer, mog. Il. 424
4
50
dad Seinige unter feinen geliebten Nheingauern im Schloß zu Eltvill. Gutenberg folgte ihm dahin.
In Eltvill wohnten damald die beiden Brüder Heinz rich und Niclas Bechtermünze auf ihren Gütern. Gie gehörten zu den adelichen mainzer Patrizier- Familien der Bechtelmünge oder Bechtelmonze und hatten in Mainz einen großen Familienhof, genannt zum Frauenftein oder Bech— telmuͤnze. Er lag auf dem Mainzer Leicjhofe und begriff die Häufer der dortigen Infel, welche dem Sohannitterhof, heutigen Geniedirectionsgebäude gegenüber liegt. Sie waren Patronatsherrn eines Altars in der St. Quintind- fire in Mainz. Ihr Wappen ſehen wir auf dem Deden- ftein des Grabes von Jacob Sorgenloch, wovon H. Has bel im erften Heft der Annalen dieſes Vereins die Zeich? nung geliefert hat, uud auf dem Grabmal Philips von Molsberg in der Pfarrkirche zu Bodenheim. Es hat drei blaue QDuerbalfen im weißen Schild, welche von einem fchief Tiegenden, weiß und roth gewürfelten Balken durch— fohnitten werden.
Der ältere Bruder Heinrich Bechtermünze, war einer der angejehenften Einwohner, der vor 1462 noch freien Stadt Mainz. Schon im Jahre 1442 erfcheint er als Schöffe mit dem Bürgermeifter der Stadt und fechs ans dern Schöffen zur Entfcheidung eines Streites über eine Gülte von dem in der Bebeldgaffe gelegenem Haufe zum Strauß. Seine Frau war Grethe aus der angefehenen Familie der von Schwalbah. Mit ihr hatte er einen Sohn Johann und eine Tochter Elfe oder Eliſabeth. Diefe verheirathete er im Sahre 1464 an den in Eltvill ebenfalls wohnhaft geweſenen Jacob Sorgenloch, genannt
51
Genßefleiſch, von deſſen merkwuͤrdigem Grabdeckenſtein ich im erſten Heft der Annalen eine kurze hiſtoriſche Beſchrei— bung gegeben. Durch dieſe Heirath eines Verwandten Gutenbergs mit der Tochter des Heinrichs Bechtermuͤnz, kam Gutenberg in Verbindung mit dieſem und als er im Jahre 1467 nach Eltvill gekommen, mag er bei ihm ſein Abſteigequartier genommen haben, beſonders da ſie in gleichem Alter moͤgen geweſen ſeyn.
Eltvill liegt nur 2 Stunden unterhalb Mainz am Rhein und unſerm Gutenberg war es ein leichtes, ſein ſaͤmmtliches Druckgeraͤth oder ganze Buchdruckerei, ohne viele Koſten auf dem Rhein dahin bringen zu laſſen, was er auch wirffich that. N
Gutenberg war alt und Fonnte oder wollte fich nicht mehr felbft mit dem Drudgefchäft abgeben. Die Folge beweift e8, daß er den Heinrich Bechtermünz, vielleicht auch deffen Bruder Niclas darin unterrichtet und ihnen die ganze Druckerei überlaffen habe. Diefe Ueberlaffung fonnte jedoch nur nußnieplich und nicht in Eigenthum gefchehen feyn, weil diefes nicht ihn, fondern dem mains zer Stadtfindifus Dr. Humery zugeftanden, welcher, nachdem Gutenberg feine Druckerei durch den Prozeß mit dem Johann Fuſt verloren, das Geld zur Anfıhaffung einer neuen hergeſchoſſen hatte,
Heinrich Bechternunz farb fchon nach einem halben Sahre, am 4 Idus Zuli 1467. Bodmanı*) fagt, ver babe feine Grabjtätte in der Pfarrkirche zu Eltvill gefuns den, wo auc noch das ihm errichtste Denkmal zu feben
*) Rheing. Alterth. I, 134,
52
jev.» Sc, habe mit dem Heren Pfarrer und Dechant Euler die ganze Kirche und ihre Grabfteine durchfucht, wir haben es aber nicht gefunden. Das Drudgefchäft wurde durch Niclas Bechtermuͤnz und einen andern Ade— lichen mit Namen Wiegand Spies von Ortenberg fort geſetzt. Auch diefer gehörte zu den alten mainzer adelichen Patrizier Gefchlechtern. Er war mit Niclas Bechtermüngz Gerichtsfchöffe in dem eine Stunde von Mainz gelegenen Ort Hechtsheim und feine Familie befaß das bei der St. Duintins- Pfarrkirche zu Mainz gelegene Haus zum Or tenberg. Bodmann hat in feinen rheing. Alterth, 9) eıs nen Abdruck feines Familienfiegels geliefert. Sm Schild fuhrten fie einen Spieß.
Das erſte Drucwerf, welches Niclas Bechterminz und Weigand Spies fchon am 4. November 1467, folg> lieh im erjten Sahre der KEtablirung von Gutenbergg Drucderei in Eltvill und vier Monate nad) Heinrich Bech— termin; Tod, lieferten, ift das berühmte Vocabularium latino teutonicum, Da es das erfte Buch ift, welches in dem jekigen Herzogthbum Naſſau gedruckt worden, fo werde ich dabei etwas ausführlicher werden Es ift in Tangen Zeilen auf 165 Blättern, wovon jede Seite 34 Zei⸗ Ien hat, in 4. gedruct und zwar ohne alle Signaturen, Kuftoden, Blattzahlen und Imnitialen. Es ift ein Auszug aus Gutenbergs Catholicon vom Jahre 1460 und augens fällig mit den nämlichen Lettern gedruckt, Der ruſſiſche Staatsrath Fifcher, ehemals Bibliothefar in Mainz, bat in feinen typographifchen Seltenheiten, am Ende der ers
*) 1 136.
93
ften Lieferung mehrere Zeilen des Catholicons und Dies fe8 Vocabulariums unter einander abdruden laffen, um die vollfommme Gleichheit der Lettern zu beweifen. Es ift das erfte Buch, welches aus Gutenbergs Preffe mit dem Namen der Druder, mit Angabe ded Druckorts und des Druckjahrs, folglich mit einer vollftändigen Datirung erjchienen ift, und zugleich das Fleinfte aller bis jekt ge druckten Bücher, da alle andre in Folio-Format find, Die erfte Zeile lautet: Ex quo vocabulari varii etc, und wegen diefem Anfang nennt man ed jett allgemein das Vocabularium ex quo. Seine merkwürdige Schluß— fchrift fteht auf der Ruͤckſeite des 165ten oder letzten Blattes und lautet:
Presens hoc opusculum non stili aut penne suffragio sed noya arlificiosaque inventione quadam ad eusebiam dei industrie per Henricum Bechtermunze pie memo- rie in Altavilla est inchoatum et demum sub anne Dni. MCCCCLXVij ipso. die leonardi confessoris, qui fuit quarta die mensis novembris per Nicolaum Bech- termunze fratrem dieti Henerici et Wygandum Spietz de Orthenberg est consumatum, dann folgen noch vier aus der: Schlußfchrift de Catholicons entlehnte Verſe.
Nach, diefer Schlußfchrift dat alfo der verftorbene Heinrich Bechtermuͤnz dad Werf zu Eltvil zu drucken ar gefangen und es iſt auf Leonardustag — 4. November — 1467, durch Niclas Bechtermünz, Bruder des verlebten Heinrich und durch Wiegand Spies von Ortenberg beens digt worden. Diefe Schlußjchrift. beweift zugleich, daß Anfangs dag Druckgeſchaͤft nur dem Heinrich Bech— termuͤnz von Gutenberg war uͤberlaſſen, und erſt
51
nach deſſen Tod von feinem Bruder Niclas, mit Wie gand Spies davon Belis genommen worden; fie beweift ferner, daß drei adliche angefehene Männer, die adliche Gerichtsfchöffen gewefen, fich nicht fcheuten, Buchdruder zu ſeyn und öffentlich ihre Namen unter ihre Werfe zu ſetzen.
Nur ein einziges Exemplar von dieſer erſten Auflage des Vocabularium ex quo iſt bekannt. Es befindet ſich in der koͤnigl. Bibliothek zu Paris. Nach einem Schrei— ben des Herrn van Prät*) erſten Bibliothekars Dies fer Bibliothef, hatte es der befannte gelehrte Anz tiquar Herr von Huͤbſch zu Köln befeffen und im Sabre 1785 an die Fonigl. Bibliothek zu Paris, nebft zwölf anz dern Ausgaben des 15ten Zahrhundertd von geringem Werth, für 720 Liver verfauft. Es ift auf Papier ges druckt und feine Smitialen find mit Gold- und GSilbers farben illuminirt. Der berühmte Bibliograph Zaire hatte es bei Huͤbſch in Köln gefehen und bielt es für eine zweite Auflage des großen Gutenberg’fchen Eatholicons, Diefen Irrthum bat ihm Panzer in feinen Annalen *% nachgefchrieben.
Gutenberg erlebte noch die Freude, diefes Werf aus feiner Preffe zu Eltvill erfcheinen zu fehen. Seine Tage gingen zu Ende, Er ftarb bald darauf und am 24. Fer
*) Er fhrieb mir am 15. Suni 1825: L’exemplaire, que je crois unique nous vient du Baron de Hübsch amateur de Cologne , qui nous l’a vendu 17838 — 720 liv, avec ı2 au- tres editions du 15, siccle de peu de valeur,
*) IL 117.
95
bruar 1468 war er nicht mehr. An diefem 24. Febr. 1468 ftellte der mainzer Stadtfindifus Dr. Humery dem Churs fürften Adolph II, einen Revers aus, wodurch er befennt, das Druckwerkzeug, weldyes Johann Gutenberg nad) feis nem Zod binterlaffen, erhalten zu haben. Diefen Revers bat ung der mainzifche Geſchichtsſchreiber Soannis N aufbewahrt. Durch eine befondere Uebereinfunft mit dies ſem Dr, Humerp, die wir aber nicht Fennen, muß jes doch, die Öutenbergifche Druderei dem Niclas Bechtermüng zu Eltvill mit Ausſchließung des Wiegand Spies und der Kinder von Heinrich Bechtermuͤnz in Eigenthum übers faffen worden ſeyn. Diefe Ueberlaffung konnte nur mit Bewilligung des Churfürften Adolph gefchehen, weil ſich Humery in dem, diefem Churfürft am 24. Febr. 1468 ausgeftellten Nevers verpflichtet gehabt, daß, wenn er Gutenbergs Drudgeräthes fich nicht felbft bedienen wolle, es nur in der Stadt Mainz und nirgends anders gefches ben, wenn er es aber verkaufen werde, der in Mainz wohnende Bürger bei gleichem Gebote den Vorzug haben folle. DVermutblich willigte der Churfürft um fo eher ein, weil die Bechtermuͤntze zu einer alten Patrizier -Famikie von Mainz gehörten, darin ein eignes großes Haus hats ten, allda Bürger gewefen und nur augenblicklich fich in Eltvill aufhielten. Wirklich fahen wir auch fchon im Suni 1469 aus des Niclas Bechtermuͤnz Druderei zu Elts vill und mit Gutenbergs Lettern eine zweite Auflage ded Vocabularii ex quo unter der alleinigen Unterfchrift des Niclas Bechtermünz erfcheinen. Auch diefes hat wies
*) Scrip, rer. mog, IH, 44
56
der 165 Blätter und die ganze Einrichtung der erften Aufs lage. Die Schlußjchrift des legten Blattes lautet:
Presens hoc opusculum non stili aut pene suf- fragio sed nova artificiosaque inventione quadam ad euscbiam dei industrie per Nicolaum Bechtermuntze in Eltvil est consumatum sub anno Dni MCCCCLXIX ipse die Sancti bonifacii, qui fuit quinta die mensis Junii,
Dann folgen die Verſe der erften Auflage aus dem Catholicon, Bon diefer zweiten Auflage des Vocabula- rii ex quo fennt Lambinet in feinem Origine de V’imprimerie I. 193 nur 4 Eremplare; 1. das zu Paris in der Föniglichen Bibliothek, welches aus der Mains zer Univerfitätsbibliothef dahin gefommen fey; 2. das des Herzogs von Sachjen- Gotha; 3. das des Lords Spencer auf feinem Landſitz zu Althorp, und 4. das des Herzogs von Malbrouc zu Blenheim in Engs land. Herr Bibliothefar Wyttenbach zu Trier hat mich von einem fünften benachrichtet, welches fich in der dortigen Stadtbibliothek befindet.
Eine dritte Auflage des Vocabularii ex quo mit einiger DBerfchiedenheit der Schrift erfolgte am 12. März 1472.*) Die Endfchrift fteht wieder, wie bei den zwei vorherigen Auflagen auf der Ruͤckſeite des legten oder 165. Blattes und lautet:
Presens hoc opusculum non stili aut penne suf-
*) Herr von Prat fagt in feinem Schreiben vom 15. Iuni 1825 ıc. Cette editiva, que possede ausi la Libliotheque du Roi est imprimee avec un Caracterc different, mais approchant ä celui de deux edilions precedentes,
57
fragio sed nova artificiosaque inventione quadam ad eusebiam dei industrie in Eltuil est consumatum, Sub anno Dni MCCCCLXXi) ipso die Gresorii Pape et doctoris,
Dann folgen noch neun Verſe, welche ſich in den zwei erften Auflagen nicht befinden. Herr von Prät hatte die Güte, fie aus dem Eremplar der Fönigl. Bibliothek zu Paris abzufchreiben und fie mir mit feinem Brief vom 15. Suni 1825 zuzuſchicken.
Sonderbar it ed, daß in dieſer Schlußfchrift der Druder nicht genannt it, da Niclas Bechtermuͤnz doch in ber 4ten Auflage vom Jahre 1477 wieder fich als Druk fer nennt, Daher auch nicht zu zweifeln ift, daß er auch von dieſer dritten Auflage der Drucker geweſen iſt. Das in der koͤnigl. Bibliothek zu Paris befindliche Exemplav iſt zu Anfange der Revolution aus dem Kloſter St. Vic— tor allda dahin gebracht worden. Ein zweiteres Exem⸗ plar habe ich bei Herrn Dr. Klos in Frankfurt ges ſehen.
Die vierte und letzte Auflage des Vocabularii ex quo erfolgte in Eltvill zwei Tage vor dem Schluß des Sahres 1477. Sie hat 171 Blätter, folglich ſechs mehr, ald die vorherigen Auflagen. Die Endfchrift lautet:
Presens hoc opusculum non stili aut penne suf- fragio sed nova artificiosague invencione quadam ad eusebiam dei industrie per. Nicolaum Bechter- munze in Eltuil est consumatum sub anno domini MCCCCLXXVI ipso die sancti Thome Apostoli quod fuit sabato die XXIX mensis decembris,
Hier nennt fich wieder Niclas Bechtermuͤnz als
38
Drucker und Bodmann irrte fich im feinen rheing. Alters thuͤmern I. 136 zum wenigften in dem Jahre, wenn er jagt: die weitläuftge Theilungsurfunde des Vermögens von Niclas Bechtermünz vom Sahre 1476 beweife, daß e8 beträchtlich gewejen und da er ohne männliche Leibes— erben geftorben, an die Kinder feine Bruders gefallen fey. Die Fönigl. Bibliothek zu Paris befist Fein Exemplar diefer Auflage. Dagegen befindet fich das des Klofterg Weſobrun in der füniglichen Bibliothek zu München und ein zweites in der des Herzogs von Sachfen » Gotha.
Mit diefer vierten Auflage endigte ſich die zehnjährige Thätigkeit der Eltviller Bechtermünz’fchen oder Gutens berg’schen Druderei. Hans Bechtermuͤnz, eim Sohn des Heinrichs, ftarb am 5. Auguft 1483, vermuthlich war er e8, dem die Drucderei nach feines Oheims, des Niclas Bechtermüng Tod, zugefallen. Seine Erben follen nad, Bodmann *) diefelbe an die Kogelherrn zu Marienthal verkauft haben.
Einige Sabre früher als Gutenberg nach Eltvill ges fommen und feine Drucerei dahin gebracht, hatten fich einige Geiftliche in deffen Nähe niedergelaffen, welche gewiffe Lebensregeln befolgten, die ihnen allgemeine Liebe und Achtung erwerben mußten. Sie waren feine Mönche von der Art der gewöhnlichen italienifchen Mönchsinz ftitute, Die ein blos contemplatives Leben führten, fie ſuchten überall nüßlicdy zu werden. Nach den Bechters muͤnzen wurden fie die zweite Buchdruckferfamilie des jeßis gen Herzogthums Naſſau. Sch werde daher einige Worte
*) Rheing. Alterth. I. 136,
99
über ihr. Entftehen und ihr Erfcheinen im Diefer Gegend fagen.
In der zweiten Hälfte des vierzehnten Sahrhunterts hatte fich in den Niederlanden diefes geiftliche Inſtitut ges bildet, welches fich bald in Deutfchland und die benachbars ten Ränder verbreitete. Deffentlicher Unterricht der Suaend und Abfchreiben alter Handfchriften war der Zwed ihrer Ssnftitution. Die Tugenden und Talente ihrer Glieder verfchafften ihnen bald Gelebrität. Gerard de Groot — der Große — Gerardus magnus — geboren zu Deven> der im Sahre 1340, aus einer fehr reichen Familie, war der Stifter diefes Inftituts. Nach dem Beijpiele des hei> ligen Augufting ließ er feine Schüler ein gemeinfchaftliches Leben führen. Ohne an ein Gelübde gebunden zuZfey, lebten fie wie die Apoſtel und erften Schuler unferd Hei lands. Alle follten nur einen Willen haben und feiner etwas eigenthuͤmliches für fich befigen. Abfchreiben von Manuferipten follte ihre Hauptbefchäftigung feyn. Gerard Groot fagte ihnen, daß der Hang, Bücher der Gelehrs ten zu fammeln, mehr werth fey, als alle Schäße der Erde. *) Der Ertrag diefer Arbeit floß in eine gemein fame Kaffe, **) daher fie auch den Namen der Brüder
*) Thomas aKempenis in ©. Operib. III. Edit. Colon, 1728. 14, fagt von ihm: „inerat ei infatigabilis aestus colligendi li- bros doctorum , plusquam thesauros denariorum.
**) Die Chronit von Windesheim, welhe Johann Bur ſchius herausgegeben, fagt ©. 6. Prelium laborum ma- num suorum de singularium scripturis, septimanatim exac- tum in bursam communem reponentes,
60
des gemeinfchaftlichen Lebens — fratres com- munis vıtae — annahmen. Sie wohnten beifammen uns ter dem Gehorfam eines Nectors. Ihre Kleidung war die ihres Stifterd, naͤmlich ein einfacher grauer Rod mit eis nem Gürtel, einer langen Kapıze und einem runden bos ben Hut, welchen man wegen feiner Form Kogel nannte, daher fie jelbE im der Folge Kogelherrn genannt Wurden.
Erft nach dem Tode des Stifterd, welcher am 20. Aus guft 1354 erfolgte, errichtete fein Nachfolger die Haupts congregation zu Windesheim im Herzogthbum Gueldern and von hieraus wurden Kolonien in nahe und entfernte Länder abgejendet. Kine folche Kolonie beftand auf den Weidenbach in Köln und von diefer haben im Sabre 1463 die Patronatsherrn des Klofter Marienthal oder nach dem gemeinen Sprachgebrauch Mergenthal, mit Bewils ligung des Erzbiſchofs Adolph IT. einige Brüder begehrt und ihnen Diefes Kloſter mit allen feinen Nenten und Bes fisungen übergeben.
Das Klofter Marienthal ift im Rheingau, eine Stunde von Geifenheim im Sohannisberger Grund in einem fdjös nen Thal an der SKlingelbach gelegen und bat feinen Namen von einem Marienbild, welches allda in einem Bildſtock an der Kreuzftraße gejtanden hatte. Im Jahre 1313 baute Junker Hans Schafreit ber diefen Bildſtock eine Kapelle, feine Nachfommen ein Klofter und behielten fih das Patronatsrecht vor.
Im Jahre 1471 waren e8 vier Priefter des gemein—⸗ ſamen Lebens, welche es bewohnten und mit dergleichen Haͤuſern in Königftein uud Butzbach in Verbindung flans
61
den. Die Epoche ihrer Niederlafjung in unfrer Gegend war für diefe Geiftlichen nicht die gunftigfte. Die Quel— len ihres Hauptnahrungszweiges waren durd) die erfuns dene Buchdruckerkunſt verjiegt. Manuferipte, vorher bei uns fo fehr gefchäßt und mit hohen Preifen bezahlt, wurs den nicht mehr gefucht und durch ihr Abfchreiben war nichts mehr zu verdienen. Peter Schöffers Preffen in Mainz und Gutenbergs Preffen in Eltvill waren in voller Thätigfeit und hier galt: imprimit ille die, quan- tum non scribitur in anno, Die thätigen Geiftlichen in Marienthal blieben nicht lange in DVerlegenheit. Gu— tenbergs Preſſe befand fich in Eltvill, eine Stunde von ihrem Klofter entfernt. Sie hatten den Mechanismus die— fer neuen Kunft kennen gelernt, und waren vernünftig genug, den davon zu erwartenden Vortheil zu berechnen, Gewiß haben fie Gutenberg felbft und feine Mitarbeiter die Bechtermünger gefprochen. Im Umfange ihres Kilos fters fehlte e8 ihnen nicht an einem zur Anlegung einer Druderei ſchicklichen Lokale. Die Trucgeräthe Fonnten fie fic) nad) und nach verfchaffen. Zwei Alphabete von Lettern verfchiedener Größe reichten für den Anfang bin,
Nach Herren Fischer ) fol fchon im Sabre 1468 aus ihrer Preffe ein Werfchen von 12 Folioblättern erfchies nen feyn, welches auf der Nückeite des erften Blattes mit den Worten anfängt: Copia indulgentiarum de in- stitutione festi presentationis beate marie per reve-
rendiss. dum, Adolfura Archiepiscopum moguntinum
*) Typographiihe Seltenheiten Lief, VI, ©. 128.
62
concessarum, — datum in civitate nostra moguntina die penultima mensis Augusti Anno Dni Millessimo quadringentessimo sexagesimo octavo, Von einem ans dern, nämlich: Gerson de preceptis decalogi in 4, bez hauptet Herr Bodmann*) aus der Achnlichkeit der Let⸗ tern, es fey zu Marienthal gedrudt worden. Beide Werke find ohne Datirung und ich laſſe es dahin geftellt feyn, ob die Herren Fifcher und Bodmann Recht haben. Das größte Werk diefer Kogelherrn, bei dem eine vollftändige Datirung der zuverläffige Beweis feiner Aus thentif it, erjchien am 27. Februar 1474 mit der Unter; fchrift: Subjectum Volumen psalterii breviariique mo- guntinensis impressoriae artis industria perfectum est in domo fratrum clericorum communis vitae Valis Sancte Marie ejusdem dioecesisin Rinkauia Anno Dni 1474 Sabato post reminiscere. in 4. Es ift die erfte Auflage des Mainzer Breviers, ohne Blattzahlen, Sig— naturen, Kuftoden und Snitialen, in langen Zeilen, 28 auf jeder Seite und 314 Blätter gedruckt. Die Typen haben in ihrer Form etwas eigens charafterijtifches, das man weder in Gutenbergs, noch in Fuſts und Schoͤf— fers Dffteinen findet und gehören zu zwei Alphabeten, einem größeren und einem kleineren. Obſchon fie viele Aehnlichfeit mit denen von Öutenbergd Catholicon und von Fuſts und Schoͤffers Duranti Rationale haben, fo find fie doch fchöner als jene und fchlechter als diefe. Die Datirung dieſes Buchs fteht nicht, wie in dem zeither aus Gutenbergs, Fuſts und Schoͤffers Officinen
*) Rheing. Alterth. J. 218.
63
erfchienenen, am Ende, fondern am Anfange und lautet in fünf Zeilen wörtlich, wie ich fie oben angeführt habe. Die Mainzer Stadtbibliothek bejigt dieſes feltene Werk feit einigen Jahren. Ich hatte es im Archiv des St. Peterftifts entdeckt und veranlapt, daß «8 der Stadtbibliothek um einen billigen Preis überlaffen wurde. Sein Papier bat die achtblätterige Nofe zum Papierzeichen. Außer dem Mains zer Eremplar kennt man noch zwei auf Papier. Eines in der Bibliothef des Grafen Razoumoffsky zu Mos⸗ kau, welches Herr Fifcher in feiner Notice des monu- ments typographiques, qui se trouvent dans la Biblio- theque de Mr, le Comte Razoumoffsky *) befchrieben bat, ein andres in der Stadtbibliothek zu Frankfurt, weiches ſonſt dem dortigen St. Bartholomeus- oder Domftift gehörte. Eilf Blätter von einem unbekannten Eremplare auf Pergament befinden ſich in der koͤnigl. Bibliothek zu Paris **) und beweifen, daß auch dergleiz hen find gedruckt worden.
Bodmann fpricht in feinen rheingauifchen Alterthuͤ⸗ mern * von einer andern Auflage dieſes Werks, welche noch unbekannt ſey und wovon Herr Kirchenrath Dahl in Darm⸗ ſtadt ein Exemplar beſitze. Ich habe meinem verehrten Freunde das auf der Mainzer Stadtbibliothek befindliche gezeigt, und er hat mir zugegeben, daß das Seinige, wels. ches er nicht mehr beſitzt, die naͤmliche Auflage, und an ihm das erſte Blatt, welches die Datirung und Vorrede *) Moskau 8, ©. 6.
**) Catalog. de liv, imp, sur. Vel, de la Bibl. du Roi à ParisI,
204.
**%) ], 218,
64
entbalte, fammt den ſieben folgenden Blättern des Kalens ders berausgerifjen geweien Herr Bodmann behauptet noch, *) dag die Marientbaler Kogelberrn nach dem Tode des Johann Bechtermuͤnz, Sohn von Heinrich Bechter- muͤnz und Erbe des Niclas Bechterminz, welcher am 5. Auguft 1483 erfolgte, von deifen Erben die ganze Gus tenbergijche Druderei erfauft und fie im Sabre 1508 an Friedrich Haumann von Nürnbera, Buchdruder zu Mainz, im Kirfchgarten wohnbaft, überlaffen bätten. Er beruft jich desfalls auf eine ungedrudte Urfunde, die er aber nirgends geliefert und die ich unter feiner Urfuns denjammlung nicht gefunden, obſchon ich darauf meine bejondere Aufmerfiamfeit gerichtet batte. Diefer Frie⸗ drich Haumann oder Heymann hatte wirklich in den Jah— ren 1509 und 1510 eine Buchdruckerei im Haus zum Sauloͤffel im Kirſchgarten zu Mainz, und mebrere Werke allda gedruckt. In dieſem Haus will noch im Sabre 1604 der Mainzer Gejchichtichreiber Serarius in der Druk ferei von Albinus, die Gutenberg’schen hölzernen Bud; ftaben geichen babe.
In der eriten Hälfte des fechzehnten Jahrbunderts vers liegen die Kogelberrn das Klofter Marienthal und ſchon im Jahre 1540 war ed mit regulirten Chorberrn der Ca— nonie Dfaffenichwabenbeim bejegt. Im Sabre 1585 nahm es der Churfürft Wolfgang von Mainz in Befig und gab dem einen von den zwei noch übrigen Chorberru von Pfafs fenfchwabenbeim die Pfarrei im Ort Sobannisberg, den ans dern verjegte er nad) Erfurt. Der Gottesdienft verfiel
) Rheing. Alterth. I. 218
65
dadurch ganz in der Klofterfirche bis zum Jahre 4612, als der Churfürft Johann Schweickard von Kronenberg das verlaffene Klofter den Jeſuiten zu Mainz fchenkte, welche es big zu ihrer im Sabre 1774 erfolgten Aufhebung bes faßen. Darauf wurde der Reſt des Klofters öffentlich, verfteigert ımd dem Bevollmächtigten des Grafen von Dftein zugefchlagen. Von diefem Fam e8 an feinen Haupt erben, den Herrn von Dalberg, Das Kogelhaus war fhon im Jahre 1624 abgebrannt. Die Refte der Kirche find dem Freunde alter Denkmäler der Kirchenbaufunft des Mittelalters jest noch merfwürdig, An dem Portal hat der Steinhauer die Empfängniß der heiligen Sungs fran Maria durch den in der Geftalt einer Taube fliegen» den heiligen Geift, wie bei dem Portal der prächtigen Satharinenfirche zu Oppenheim vorgeftellt, nur geht hier der h. Geift durch das Ohr und dort durch die Stirn ei, Das Gnadenbild, welches im Bildftod geftanden und die Veranlaffung zur Erbauung. der Kirche und des Klofterd gegeben, ift nad) der Aufhebung des Sefuitenordens in die Pfarrfirche nach Geifenheim gebracht worden, wo ed ſich noch befindet,
Die dritte Druckerei im jegigen Herzogthum Naſſau wurde zu Oberurfel in der zweiten Hälfte des 16ten Sahrhunderts errichtet. Sch habe nur erfahren fönnen, daß im Jahre 1590 ein gelehrter Wirtemberger mit Nas men Nicodem Frifchlin eine Buchdruderei allda errichtet, welche bis zum dreißigjährigen Krieg beftanden, wo Ober: urfel in den Sahren 1692 und 1645 verbrannt und vers wüftet worden. Die meiften Drude erfchienen auf Be ſtellungen und Koften von Frankfurter Bürgern, Dahin
5
66
werben gezählt: Porta menfchliche Thierphyſiognomik. In flein 4. Marc Antonii Mureti Örationum Ursellis 1619 2 Theile in 8. Commentationes physicae et meta- physicae a fratre Aegidio Romani, Apud Cornelium Sudorem Impensis Jonae Rhosii Francofurli ad Moe- num, Ursellis 1614. 8. Hummel *) jagt, daß zu Urfel im Sabre 1559 des Silvani Sendfchreiben an Scalis chius mit Beyer’s Vorrede jey gedrudt worden. Die Zeit des Beſtehens diefer Druderei und ihre Verhältniffe Fonnte am zuverläffigften aus den Datirangen der dort gedruckten Bücher berichtigt werden. Man darf fich übris gend nicht darauf verlaffen, daß, wenn auf einem Buche der Drudort Urfel angegeben ift, immer das Herzoglid) Naſſauiſche Landftädtchen Urfel oder Oberurſel ger meint fey, denn es giebt andere, welche zu Urfel an der Matt in der Schweiz gedrucdt find. Herr Kirchenrath Dahl, mein alter Freund, war in feinen jüngern Jah— ren Kaplan zu Oberurſel und hat mir erzählt, daß zu feiner Zeit fich eine bedeutende Anzahl von Büchern int Pfarrhaus befunden, welche allda gedrudt worden. Ich habe mich deßfalld an den dortigen Herrn Pfarrer durch ein Schreiben gewendet, aber feine Antwort erhalten,
>) Neue Bibliothek. 565.
67 AL aban BET: 1ER Ser ae IT
von Herrn Schulinfpector und Pfarrer Vogel in Schönbad.
AS eine kleine Nachlefe zu dem vorftehenden fchäßs baren Aufjage liefere ich hier noch folgende Beiträge zur Gefchichte der Buchdruckereien im Herzogtum Naffan.
ar De eier!
findet ſich 1558 fchon eine Buchdruderei. Die fehr gute und genaue Collectio omnium librorum, qui ab anno 1564 usque ad 1592 editi, venales exstiterunt, von N. Baſſaͤus, (Frankf. 1592 2 Thl. 4.) zählt fehr viele Bücher auf, die dafelbft 1568. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 85. 89. 91. gedruckt worden find. Es find meiftens proteftantifch -theologifche, wie fich denn Oberurſel mit der Umgegend von cc. 1530 bis 1604, d. 12, Auguſt zur evan⸗ gelijch > Tutherifchen Gonfeffion befannte. 1594. 1599. 1606 beitand die Druderei noch. Die Titel der folgenden drei Gelegenheitsfchriften machen ung auch mit dem Namen des Buchdruders befannt. Sch feße fie vollftändig her, weil fie nebenbei einen Beitrag zur Naffauifchen Ge ſchichtsbibliothek Tiefern.
(Dr. Chph. Pezels) Leichpredig bei dem Begräbnuß weiland der Durchleuchtigen, Hochgebornen Fürftin vnnd Frauwen, Frauwen Elifabetba, gebornen Landt- gräfftn zu Leuchtenberg, Gräffin vnnd Frauwen zu Naſſauw. Gefchehen zu Dillenberg den 11. Sul Anno 1579. Vrſel gedrudt bei Nicolaus Hen ricus. 1579. 4.
68
Leichpredigt zum Begrebnus des Wolgebornen Grauen ond Herrn, Herrn Gorgen, Grauen zu Xeyningen, Herrn zu Weſterburgk vnd Schaummburgf, des heil. Roͤm. Reichs Semper Freyen. Gebalten durch M. Sonam Schwengf, Gutensbergern, diefer zeit Pfars berrn zu Wefterburgf. den 6. Aprilis. Getrucdt zu Brfel, durd Nicolaum Henricum 1586. 4.
Sobann Wilhelm Rofebachd Cer war von Fried— berg gebürtig, und fand 1604 als Pfarrer zu Ansbach im Amte Ufingen) fchöne Comedi vom Gottsfürchtigen Tobia, Graff Ludwigen von Naſſauw vnnd feiner lies ben Gefponft Fräulein Anne Marie, Landgräffin zu Heffen, zu unterthänigen Ehren gemacht, Brfel durch Nicolaum Henricum. 1589. 4.
nie 2,5 OR,
Als Graf Sohann der Aeltere von Naffaus Gagenellenbogen, der unter den vielen guten Regenten des Naffauifchen Haufes zu den augsgezeichnetften gehört, ein Bruder des großen Wilhelms I. von Dranien, des Befreiers der Niederlande, feinen lange mit Wärme 9% hegten und mit Eifer vorbereiteten Plan, feinem Lande durch Anlegung einer höheren wiffenfchaftlichen Bildungs» anftalt eine fefte Grundlage zur Beförderung geiftiger Gultur in allen Zweigen des Lebens zu verichaffen, in der Stiftung der hohen Schule in Herborn vollendet hatte; war es ihm eine befondere Angelegenheit, den Kreis der Wirkſamkeit feiner neuen Anftalt durch Anle— gung einer Buchdruckerei möglichit auch nach Außen zu verbreiten. Er fchloß deshalb am 25. Suli 1585 mit
69
dem Buchdrucker Chriſtoph Gorvin oder Raab in Frankfurt einen Gontract ab, der fchon im Herbfte dies fe8 Jahres mit vier Preflen in Herborn anfam, und jährlich 50 fl., 20 fl. Hauszins, 16 Wagen Holz, 2 Kars ren Heu, 1 ®arten und Schagungsfreiheit für fich und ſechs Druckergehuͤlfen vom Grafen erhielt. Corvin war als Gelehrter und Kunſtfreund gleich achtungswerth und eine Zierde der neuen Anſtalt, darum theile ich folgende gedraͤngte Nachrichten uͤber ſein Leben mit.) Er wurde geboren 1552. in Zuͤrich, wo ſein Vater Georg Corvin ſchon als Buchdrucker lebte. Dem Gymnaſium dieſer Stadt verdankt er ſeine erſte Bildung. Seine weiteren wiſſenſchaftlichen Studien trieb er von 1567 an, auf der Univerfität Heidelberg, und dann von 1572 an, in Wit⸗ tenberg. Um der Buchdrucerfunft willen, die er nums mehr zum Hauptgefchäft feines Lebens wählte, ging er 1574 nad; Wien. Bald nachdem er nach Haufe zuruͤck— gefehrt war, zog er mit feinem Vater nach Frankfurt a. M., wo dieſer fein Gefchäft etablirte, vieles druckte und einen guten Verlag befam. Bon da wurde er 1585 nad) Hers born abgerufen. Hier Faufte er fich 1590 ein Haus mit einem Garten auf dem Ziegenberg von Wilhelm Muderg- bach, das einft ein adeliger Burgfiß Cvorm. der Wolfs⸗ fchl von Voitsberg ) gewejen war, und nun der ©iß eis uer der beften Buchdrucfereien wurde, die jemald im
*) Diefe find entlehnt einer Fleinen Schrift unter bem Titel: Viro clar. typographo sui temporis doctissimo C. Coryino etc, monumentum p, Justus Reifenberg U. J, D, Herbornae, 1620, 4.
70
Lande gewefen find. ) Corvin drudte fehr viel, denn feine vier Preffen waren ftets im Gange. Nach einem vor mir liegenden catalogus librorum tam latinorum quam germanicorum Chph, Corvini, typographi Herbor- nensis, typis editoram et apud heredes ipsius vena- lium, 1652, 4. beftand fein Verlag aus 165 lateinischen und 77 deutfchen oder zufammen 242 Büchern, worunter vorzüglich die Schriften unfrer literarifchen Kraftmänner der damaligen Zeit, des Johann Heinrich Alfteo, So: bannes Althus, Matthias Martinius, Caspar Dleviar, Georg Pafor, Johannes Heidfeld, Sohannes Piscator und Wilhelm Zepper mit begriffen find. Das berühms tefte Werf feines DVerlags iſt die Bibelüberfegung Piscas tord, die mit der Goncordanz in 7 Quartbänden 1602. 1603. 1605. 1606 und 1624 erfchien. Auch haben deffen Gommentarien über das alte und neue Teftament, eins zeln in Sund zufammen in 2 Folianten gedruct, eine jehr weite Verbreitung gefunden. Die Sphinx theologica et philosophica unſeres hochwuͤrdigen Pfarrers Joh. Heids feld in Ebersbach, erlebte von 1600 bis 1631 9 Auflas gen und hatte befonders einen fo jtarfen Zug nad) Eng» land, daß Corvin faum Exemplare genug druden fonnte. — Die meiften aus der Corviniſchen Dfftein ausgegangenen Bücher, zeichnen ſich durch typographifche Schönheit und Nettigfeit aus. Vor mir liegen: Joh. Goeddaei com- mentarius de contrahenda etcommittenda stipulatione.
Sigenae Nassoviorum ex oflcina Chphri Corvini 1596,
*) Das Haus fteht noch und gehört jegt den Erben des feel Prof. Dresler.
71
8. und Joh, Piscatoris ad Conr. Vorstii Saxasceven responsio apologetica, Herbornae, 16135, 4., die nod) jegt, obgleich die Kunſt fehr weit vorgefchritten ift, mit den am beiten gedruckten Büchern, ohne zuruͤck zu ftehen, verglichen werden fünnen. Gorvin beforgte die Gorrectur bei allen feinen Druckfachen felbft und mit fo großer Ges nauigfeit, daß Drudfehler darin nur fehr felten vorfoms men. Sein Inſigne, das faft auf allen Titeln ftehet, war der Prophet Elias, den zwei Raben mit Brod verfehen, und hat die Umfchrift: ex uno omnia,
Zweimal fah er ſich in die Nothwendigkeit verfegt, mit der Berlegung der hohen Schule von Herborn nad) Siegen, auch feine Druckerei dahin zu verſetzen.
Er war dreimal, und zuleßt feit 1608, 9. Febr. mit Anna, der Tochter des Infpectors und Profeffors Jo—⸗ bann Jacob Hermanni in Hexborn, verheirathet. Bon feinen Töchtern war die ältefte an den Profeffor Jo— hann Henrich Alfted in Herborn, die andere an den gewejenen Profeffor in Wittenberg Dr. Henrich Molles rus, der in Herborn lebte, die dritte an Johann Georg Mudersbadh, auf den wir bald zurückkehren werden, und die vierte an den Rector Chriftian Bauer in Herborn verheirathet. 7) Er hatte nur einen Sohn Georg, der von 1633 bis 1644 als Profeffor der Philos
*) Diefe letzte hatte das Ungluͤck, in jener furdhtbaren Naſe— rei des finfterften Aberglaubens, vom Naſſauiſchen Fiscak des peinlihen Halsgerichtes zu Herborn ald Here auge— klagt und 1629, 28. Geptbr. aus Gnade nicht verbrannt, Tondern mit dem Schwerdte hingerichtet zu werden.
72
jophie. in Herborn ftand, und eine eben ſo wiſſenſchaftlich tiefe, als zarte und feine Bildung hatte. *)
Ich kann mich nicht enthalten, ein Urtheil des fel. Pros fefford Fuchs in Herborn über diefen Mann, das ein Ausfluß feines köſtlichen Humors ift, bier in feinem Zus fammenhange mitzutheilen: „ver witzige Erfinder der Ballance of Poets bat bereits den Verſuch gemacht, die Verdienfte einiger Dichter nach einem mathematiſchen Kalful zu berechnen; um aber das ganze der verfchiedes nen Dichtarten defto beſſer zu umfaſſen, fo würde ich die Grade der Dichtungsfraft eines jeglichen beftimmen nad folgender fonoptifhen Tabelle
„in der afthetifhen Heuriftif Grad
„in der — — Methodologie Grad“ „in der — — Thaumaturgie Grad“ vinderr — — Gemiotif Grad «
„auf diefe Weife hätte ich einen poetifhen Pſychometer. Weil man zu unfrer Väter Zeit fo leiht das Baccalaus reat in der Philofophie erhalten Fonnte, wenn man eine Abhandlung über die Leibnizifhe Monadologie oder über die harmonia präestabilita fhriebe; fo habe ich geglaubt, daß ich mic unferem afthetifhen Sahrhundert nicht beffer empfehlen fönnte, um etwa in der Philofophie des Ge: ſchmacks die Magifterwürde zu erhalten, als wenn ich unfre inlandifhen Dichter nah einem folder Maßftabe gegen einander berechnete und verglihe. Denn Pund und zu wiffen fey jedermann, dem daran gelegen ift, daß, ob» gleih die Nafau in der neueren Zeit zwei Producte, eins aus dem Literar =, das andere aus dem Maturgebiete verloren, namlih aus diefem die Wolfe (S. Tertors Naſſ. Chronik ©. 8.) aus jenem die Poeten (die Hecken— fhnarre, die zu unferer Zeit zu fingen fid) gewagt, darf ih wohl nicht mitrechnen, weil fie der Woumou verfolgt, und zum Schweigen gebradht hat.) fo bat doch ehedem mein Vaterland ein. Siebengeftirn von Dichtern ge:
73
Des alte Gorvin farb 1620 den 19. Januar, und wurde in dem Chore der Stadtkirche zu Herborn begras ben. Sein Berluft wurde tief gefühlt und allgemein bes trauert. Er war mehr ald Gelehrter und Buchdruder, er war ein frommer, rechtfchaffener und befonders gegen Arme und Nothleidende ausgezeichnet wohlthätiger Mann. Die beften fammelten ſich an feinem Grabe. und fprachen ihre Wehmuth und ihre Trauer in; Todengefängen aus. *) Ein Stein mit folgender Inſchrift deckt fein Grab:
Aeternae memoriae Christophori Corvini Tigurini
Qui labore indefesso animo invicto eruditione rara rem typographicam ornavit rempublicam hterariam juvit elegantia typorum accurata correctione librorum piorum iuxta et eriduto- rum copia hoc monumentum f, f. haeredes
ipse sibi aeternum in animis bonorum et doctorum babt, eben fo wie der. Hof des Ptolomäi Philadelphi die fogenannte Plejad. Den N. Hadamarius (Rorih), Piscator, Pincier, 3. Heidfeld, Alfted, Georg Korvinus, C. Lentulus habe ıh nad obigem Maß: ftabe gemeflen, und nad) meinem individuellen Geſchmack zu urfheilen, fo übertrifft Korvinus, der zu Herborn eine Zeitlang Lehrer der Beredfamkeit war, und hernach zu Amſterdam geftorben, die übrigen alle. Man befhuldige mir den Falten Naflauifhen Himmel nicht mehr, welcher bie dichteriſche Ader zum Stoden foll gebracht haben ıc.
*) Epicedia honori et memoriae C, Corvini «tc, dieta ab ami- cis, Herbornae. 16 ©. in 4. — Der Pfarrer Johannes Eorfius hielt eine ſchöne Leihenpredigt voll inniger Herz: lichkeit, gedruckt 1620. 4,
—
74
reliquit natus an. M. D. LII. denatus an. M. DC. XX. Eius lat, claudit ut thori sic sepulchri particeps Anna Herinanni postquam cum ipso sine querela duo decennium ipsa vidua vix triennium vixisset annos nata XXXVII,
Vivıte felices etiam post fata parentes
Haec misera est vestra al vita beate cluet,
&. C.
. Nach Gorvind Tod übernahm fein Sohn und fein
Schwiegerfohpn Johann Georg Mudersbad ge meinjchaftlich die Druckerei, die aber unter den Ver— wüflungen des dreißigjährigen Krieges mit der hoben Schule fehr litt und herab Fam. ALS der erftere 1644 den 7. Auguft in Amfterdam, wo er für die ganz zers rüttete hohe Schule eine Gollecte hob, ftarb, blieb: der fegtere im alleinigen Beſitz. Kaifer Ferdinand III. ers theilte ihm 1654 ein Privilegium auf G. Pasoris lexi- con graeco-lat. N, T. Diefes und das Manuale des⸗ felben Verf. machten jest einen Hauptverlagsartifel bei ihm aus. Er ftarb den 23. December 1657. Die Druderei nebft der Handlung erbte jet fein Sohn
3) Johann Heinrich Mupdersbach. Unter ihm ſank
das ganze Werk und Gefchäft herab, fo dag er 1666 alle feine Drucergehülfen verabſchiedete. Nach ihm kommt
4. Tobias Jacobi als Buchdrucker der hohen Schule
[ii
i. 5. 1669 vor. Er war des Schulrentmeifters in Her born Sohn, und farb den 21. Mai 1685 in den beften Jahren.
Johann Nicolaus Andrea wurde den 18. Juni
75
1685 von afademifchen Senate ald Buchdruder ange⸗ nommen. Er war den 11.Mai 1664 in Franffurta.M., wo fein Vater Johann Andrei auch Buchdruder war, geboren. Er hat in Herborn viel, aber meiftend theo- logiſche Bücher gedruckt. Der Druck ift rein, hat aber nicht mehr das nette und freundliche der Gorvinifchen Impreſſen. Er ftarb den 8. Mai 1729 in Frankfurt, wo er die Meſſe befuchte, an einem Schlagfluffe. *) Seine Witwe Satharine, eine Tochter ded Pfarrers Johann Franz Hendſch zu Pettersheim bei Worms führte nach feinem Tode den Buchhandel neben ver Druderei noch lange für ihre Rechnung fort, bie
6. Chriſtoph Michael Regelein, der in Berlens burg bisher feine Dfftcin gehabt, den 12. März 1749 als afademifcher Buchdruder angenommen wurde.
7. Sobann Ewald Brüdner aus Römhild in Sach— fen» Meiningifchen, heirathete feines Vorgängers ein> zige Tochter, erbte mit ihr die Druckerei und ftarb 1788. Noch viele Jahre nach feinem Tode feste feine Wittwe diefelbe fort.
8 Johann Ehriftian Krieger, afademifcher Buch—⸗ händler in Marburg, uͤbernahm 1803 die hiefige Buch: druderei. Ihm wurde der Theil des afademijchen Ges baͤudes, wo diefelbe bisher gewefen neu und zwedmäßis ger auch für eine Buchhandlung eingerichtet. Nach ſei⸗ nem Tode hat
9. Johann Ehriftian Kempf aus Marburg gebürtig,
*) 6. H. Martins Leichenpredigt auf feinen Tod: Herborn 1729. Hol, wit Perfonalien, und Epicedien.
30
der auch die beiden Papiermühlen zu Herborn und U kersdorf befist, das Gefchäft übernommen,
3 Dieh.
Auch diefe Stadt hatte einige Zeit eine Buchdruckerei, aber nur von gar geringer Bedeutung. Ich habe zwei Buchdrucker angetroffen
1. Wilhelm Burkhard Schreiter 1704.
2, Davıd Müller 1740.
tein—⸗
Hier war eine fuͤrſtlich Naſſau-Saarbruͤckiſche Hof— und Canzlei-Buchdruckerei. 1715, 21 und 23 kommt N. N. Haug als Buchdrucer vor. Der Superintendent Joh. Ehriftian Lange, und Aegid. Guͤnth. Hellmund haben meh⸗ rere ihrer Schriften dafelbft drucken Iaffen.
Erdmann Andreas Lyce 1730. 1740,
Johann Henrich Kürfßner 1761.
5. Wiesbaden.
Bei dem Watjenhaufe dafelbft entitand ein Buchladen, der 1733 fchon vorhanden war, und auch einen Fleinen Verlag hatte. Ob die nachherige Hof- und Ganzleibuch- druderei, die 5. Schirmer 1770, 1779 bier hatte, daraus geworden, oder Daneben entjtanden it, weiß ich nicht,
7
Ueber die Geſichtsbedeckungen an Helmen bei den Roͤmern und im Mittelalter, von Herrn Profeſſor Dr. Braun in Mainz.
(Fortſetzung des Aufſatzes pag. 113 im erſten Heft)
Se tiefer man in das Gebiet der Alterthumskunde ein? dringt, defto mehr verfchwmden die Nebel, welche fid) oft dem erften Blicke in der Ferne zeigen und auch die dun— feln Gegenftände erhalten zumeilen ein unvermuthetes Licht. Befonders reizt die Forfchbegierde dad bisher ung unbe fannte, deffen eigentliche Beftimmung, deffen Zwed und Gebrauch im Lehen nicht fogleid; und von felbft fich ers Hart. Die Schwierigkeiten weden den Muth und die überwundnen ftärfen ihm durch belohnende Freude. Die im Sommer des Jahrs 1827 gefundene und im vorigen Heft der Annalen des Vereins für Naffauifche Alter thums- und Geſchichtskunde ©. 113 befchriebene Eifen> masfe *) befchäftigte feitdem meine Aufmerffamfeit und ich fuchte num zu ihrer nähern Erflärung alles auf, was etwa in den Alten darüber zu finden wäre. Zwar ſchien die ganze Form und die einzelnen Theile diefer Masfe ihre Beftims mung als Geſichtsſchutz ganz beftimmt auszufprechen: die Heinen, ſchmalen Augenlöcher, die Mundöffnung, welche ‚dem Sprechen Feineswegs günftig fchien, was doch an
*) Eiehe d. Abbildung auf Tab.
78
einer tragifchen Masfe*) die Hauptjache gewejen wäre und auch in allen antifen Werken fo beachtet iſt; die platt geformten ohne Höhlung gebildeten Ohren, die ebernen Hefte an der Stirn, weldye das Geficht mit dem Helme zu verbinden dienten, die Spur vom Riemen an dem Nagel unter dem rechten Dhre und das gegenüber ftes bende Loch, wo ein ähnlicher Nagel zum Anknuͤpfen fich befand; endlich der nach dem Knochenbau des Unterge— ſichts und Halfes eingerichtete Schnitt und der ſchmale ‚Erzrand unter dem Kinn, called dies deutete darauf bin, daß diefe Huͤlle zum Schuge des Gefichtd getragen wurde.
Aber nun war aus den Alten zu erweifen, daß man auch im Kriege wirklich folche Gefichtöhullen trug, Da fam mir denn zuerft die fchon angeführte Stelle des Si⸗ lius Stalifus im 4. Buch der Punica entegen, worin vom Marcellus, der Syracus belagerte und die Römer, die
*) Auch der Etoff und die Schwere fprehen gegen dad Tra- gen während des Spield. Schlegel über die dramatiſche Kunft 1.Th. S.98 fagt: „Was man an den marmornen Masten nicht fehen kann, ift diedünne Mafle, woraus die wirklichen gearbeitet waren, die zarte Färbung und ge: ſchickte Anfügung.» Er vergleicht den griechiſchen die wäch— fernen im edlen Styl, beim römifhen Garneval. Nah Virgils Landbau 2ted Buch Bro 378. deutet die Stelle:
Oraque corticibus sumunt horrenda cavatis, auf die Werfertigung der Masten (personae) aus Baumrinden, die hier freilih roh zum ländlichen Ge: brauch, gewiß aber, auch verfeinert und bemalt zu anderm dienten.
79
durch Krankheiten gelitten hatten, gegen den Feind fuͤhrte, folgendes geſagt wird:
Gegen die Mauern entrafft der Fuͤhrer die Adler.
Sie bergen Ihre Geſichter durch Hagerheit ſchmal, und durch Liegen, in Helmen, Daß nichts hoffe der Feind, verhuͤllt der Helm ihre Bläffe. *)
Bei diefer Stelle nun machte der Erflärer Drafen: broch Cin der Utrechter Ausgabe 1717.) folgende Bemer— fung: „Wir erfahren auch hieraus, daß die Alten auch ge> fchlofjene Gefichtshelme gehabt, wie fie zu unfern Zeiten Cim 17. Jahrhundert) die Reiter vorzüglich im Kriege zu tragen pflegen.» Dabei führt er nun zum Bes weife noch folgende Stellen an, die aber im Original und Zufanmenhang des Ganzen oft ganz andern Sinn haben.
1) Statius ) in der Thebaide Lib, XI. v. 379 — 75
— — — zum mindeften öffne das Antlig, Deffne die troßigen Augen, und fey mir vergönnet, zum lebten
*) Ad muros Dux signa rapit. Tenuata iacendo Et macie galeis abscondunt ora, malusque Ne sit spes bosti, velatur casside pallor,
*+) Ein Dichter unter Domitian, ber fi) durch fein Singen aus dem Stegreif auszeichnete und in einer befondern Laune von diefem Zürften mit einem Griffel fol erftochen worden feyn,
80
Male vielleicht es zu ſeh'n, das theure Antlig, nnd
ob Du
Meineft bei folcherlei Leid, — )
Hier redet Antigone ihren in die Schlacht eilenden Bruder Eteofled an und ermahnt ihn, das Bifir zu öff nen, (genae bedeutet bei den Dichtern oft die Augenlies der) damit fie fehe, ob ihre Bitte bei ihm Feine Wirkung mache. Bald darauf beißt e8 denn:
Sego verftummt er, Gefenfz bricht vor, und Thränen
entdecket
Seo der Helm — **)
Daun treffen beide Brüder zuſammen:
— Gleiche Blicke begegnen fih unter dem Helme! **)
— — — — $lühender Haß ſchaut
Unter den Helmen hervor und es ſpaͤhen die Blicke mit
bitterm Lichte. 7) Endlich wird von dem Vater gefagt, da er die Todten findet:
Da er die Helme betaftet nnd jucht die verborgnen Ge:
fichter. Fr)
Aus allen diefen Verſen ift ficher von einer Gefichtäbes
W).ees0..00.. Saltem ura trucesque Solve genas, liceat vultus fortasse supremum Noscere dilectos, et ad haec lamenta, videre Anne fleas, — — —
**) Jam tacet, erumpunt gemitus, lacrimasqüe fatetur Cassis,
*#*) Coeunt pares sub casside vultus
ir Iznescentia cernunt Per galeas odia, et rultus rimantur acerbo Lumine.,
H Dum tractat galeas atque ora latentia quaerit,
si
deckung die Rebe, e8 bleibt aber ungewiß, ob von einem Bifirhelme oder einer Masfe die Rede ſey. Außerdem bewiefe die Stelle nur für griechijchen Gebrauch folcher Rüftung, und diefer ift ohnehin aus Denfmälern ers wiefen.
2) Meimus Avitus:
Das in den Helmen verfchloßne Geficht und die eis ferne Hülle
Hatte mit Rüftungen Glanz die zürnenden Dunfel umgürtet. *)
Die Höhlen, binter welchen ſich die Augen verbargen, md bier die Dunkel und ihnen ift dad Beiwort iratas zugefellt, welches beides (ald8 Metonymie) auf die Augen ſich begieht. Was diefe Stelle noch merfwürdiger macht, ift, daß hier die Helmfortfegung eifern (wie unfre Maske iſt) genannt wird. Uebrigens fommen and) ganz eiferne Helme anderwärtd vor, 3. B. in Plutarchs Camillus, wo e8 heißt: »Er, (Camillus) ließ auch der Mehrheit ganz eiferne und rings um Can den Wangen ded Helms) gegläftete Helme machen, damit an ihnen die Schwerter (der Gallier, ‚von ungeheurer Länge) abglitten, oder zgerbrächen. *
Gewöhnlich waren die Helme aus Erz (galea aerea) wie Polybius, Livius und Dionyſius beweifen. An beiden — — — —
) Inclusa galeis facies et lerrea vestis Cinxerat iratas armorum luce tenebras.
*) "Exaixerara xeavn Tois wAtireis — zul Alm van; Xieſpieinu ds dream 7 xarayıedai was Raxgaıgus.
6
82
Seiten hatten fie Wangenbänder (bucculae‘), ) welche unter dem Kinn mit einem Riemen (Clorum eXıvs) feſt gebunden wurden. Bon dem vorn überragend aufwärts gebogenen Theil hießen die Helme auch Silae, wie wir aus Feftus fehen, der fagt: Silus appellatur naso sur- sum versus **) repando. Unde galeae quoque a si- militudine Silae dicebantur.,
„Silus heißt: wenn eine Nafe aufwärts zuruͤckgebogen ift (wie bei den Affen). Dader warden auch die Helme von der Aehnlichkeit Silen genannt“ Diefe Form ift zwar fehr gewöhnlich auf römifchen Denfmälern, aber man findet doch auch manche Helme mit Viſiren, ja mit ausgedrücten Augenpöhlen und Najen, wie in Lydii Syn- tagma sacrum de re militari c, V. ©. 63. einer abges bildet, der aber unten ftatt des Kinns rund umläuft. Ein anderer Helm hat die Form der parthifchen hoben Müse, ift um die Stirne herab abgerundet und an ihm fonnte eine Maske angebracht werden. Huf der Spige ſteht eine Röhre, worin ein Federbufch ftedt.
3) Sidonius fpricht im II. Gedicht einer Lobrede auf den Anthemius, Vs. 254 seq. von den Hunnen am fhmwarzen Meere oder Ifter, daß die Mütter jchon den
*) Diefe waren aus biegfamem Blech, wie noch jekt an den Dragonerpelmen, welche fhuppenartig aufgelegt find. Das ber beißen fie auch lamnae Blehe. — So fagt Sidonius: Flexilium laminarum vincula difhibulant, fie löfen die Bande der biegfamen Bleche.
**) Das versus bei sursum fteht oft uͤberflüſſig, drückt aber ganz unfer wärts aus, sursum versus heißt alfo ober, wärts.
83
Kindern, deren Haͤßlichkeit dem Urbilde der Eltern ent— ſpraͤche, Binden um die Naſe legten, bamit fie ſtumpf bleibe und dem Helme nachgebe. *) Diefe Stelle paßt alfo im Grund feineswegd hierher; wohl aber der 321. Berg:
Nicht im Helme die Wangen (oder Augen) gefchloffen.. **) Hier ift im Gegenſatze das Antlig der Göttin entblöft Cnuda) genannt; und ed muß alfo doch auch bei den Römern Schlußhelme gegeben haben.
Diefe angeführten Stellen überfah entweder Lipſius zum Theil, oder er hielt fie im Grund fir wenig beweis fend, daß die Alten Geſichtsbedeckungen getragen hätte,
Er jagt in feinem Werfe: De militia Romana Lib. IIl, Dial, V, „Ich bemerfe hierbei noch, daß die Alten wohl fchwerlich gefchloffene und dem Geficht anliegende Helme, wie die Reiter unferer Zeit (in der zweiten Hälfte dee 16. Jahrhunderts) getragen. Denn Gäfar rief den Sei: nen in der Pharſaliſchen Schlacht zu: Sieger, ziele
*) Obtundit teneras cirtumdata fascia nares, Ut galeis cedant. Sie propter proclia natos Maternus defurmat amor.
**) Non galea eonclusa genas.
Der 392te Werd Inclusae latuerunt casside turres, Beweift nur im Gegenfaße zu dem nuda, Die Thürme find hier die Mauerfrone auf dem Haupte der Göttin, melde fie unter dem Helm verbirgt.
Sidonius, eigentlih C. Sollius Apollinaris Sid., war ein Gallier und Bifhof zu Elermont in Audergne, im Sten Sahrhundert zur Zeit des Attila. Er fihrieb eine Sammlung von Briefen in 9 Büchern und außerft vers ſchrobene Gedichte,
84
nach [dein Angeſicht! — dieſes war nämlich entbloͤßt, außer wenu der Schild es dedte.«u "\
Allertingd war’ mit ver Helmbedeckung der Römer, (die Brichen ſcheint Lipfius in fein veteres nicht eingefchlof fen zu haben), im Allgemeinen fein Bifir oder eine Maske verbunden, aber in einzelnen Fällen fanden fie doch nad) den angeführten Schriftftellen ftatt, und auch Denkmäler fprechen dafür. Mehr noch, auch ganze Reiterhaufen trugen folche Gefichtsbedefungen und der Beweis ift, ver wmoftens feit Alerander Severus Zeit, mit Ber ftimmtheit zu führen. Su den Kriegen, mit den Perfern nämlich, führten die Römer die, jenen eigenthümliche Lan— besbewaffnung und Ruͤſtung auch in ihren Heeren ein, um naͤmlich folche Neiter und Bogenfchügen gegen die oft uns vermuthet hervorbrechenden Deutfchen, beſonders Alemans nen zu benugen, welche eben durch ihre rafchen Anariffe und fchnellen Zuruͤckzug, den Römern befonders ſchade— ten. Gegen diefe brachte Alerander Severus im Fahre feis ned Todes 235, morgenländifche Truppen, Parther, Ds dröner u. a. mit, welche nachher Marimin ) gegen den Feind führte und ihm gänzlich ſchlug. Auch Rö mir fhe Reiter verfab Alerander mit foldhen
*) Adnota, veteres elausas et vultui appressas undique (mo- re nostrorum equitum) vix habuisse, Inde vox illa Caesa- saris; „Miles faciem feri: quae scilicet, nimi a scuti ob- jectu, nuda,“*
) ©, deflen Leben v. Zul. Cupitolin. C. XI. Quod nulli magis contra Germanos quam sagiltarii valent. Schon früher kommen 500 Palmirener unter den römifhen Hülfstrup⸗ pen vor. S. Hygin de castrametat,
85
Ruͤſtungen getödteter perfifcher Neiter, deren Zahl auf 10,000 angegeben ift.”) Diefe Art über und über mit Harnifchen bededter und doch in diefer Nüftung Leicht beweglicher Reiter hießen bei den Derfern Slibanarier,*") bei den Römern aber nad) einer griechifchen Benennung Eatapbractarier. Seitdem fcheinen diefe Art Reiter in dem römifchen Heere geblieben zu ſeyn; fie werden wenigftend in der Notitia Dignitatum Imperii Rom, Sect, V. (d. h. dem Verzeichniß der Staatswürdenträger des römischen Reichs, weldyes gegen dad Ende der Res
*) Sn feinem Briefe an den römifhen Senat fagt ter fies gesftolze Züngling: Centum et viginti millia equitum ſudi- mus „catuphractarios, quos illi clibanarios vocant, de- ccm millia in bello interemimus; eorum armis nostros ar- marimus,‘*
) Das Wort clibanus (xAsBxres) (nah Caſaub. ein perfi« ſches Wort) erklärt der heil. Hieronymus: als ein eher nes rundes Gefäß, (unten weiter ald oben) zum Baden des Broded, welches inmendig glühend wird, von daruns ter angemachtem Feuer. Clibanus est coquendis panibus aenei vasculi deducta rotunditas, quac sub urentibus flam- mis ardet intrinsecu, Alſo etwas den ganzen Körper ringsum verhühendes, wie das Brod in der Erzhöhlung rings eingefchloffen ift. So gerüftete Reiter wurden aud. an den Streitwagen gebraudht, wie Vegetius bemerkt: (Lib III. c. 24) Bini cataphracti equi jungebantur ad cur- zum, quibus insidenies clibanarii sarissas i. e, longissimos contos in elephantos dirigebant, „Zwei geharnifhte Pferde werden an einen Wagen gefpannt, auf biefen Pferden figen über und über Geharniſchte und fchleudern Gariffen d. bh. lange Lanzen gegen die Elephanten.“« — Die Elibas narier waren theild in ganz eifernen Panzern, theils in Schuppenharniſchen, deren Gelenke beweglich waren.
86
gierung Theodoſius des Juͤngern verfertigt ift, wie der Erz klaͤrer ) beweift) unter dem Namen: equites Persae cli- hanarii, und equites clibanarii Parthi erwähnt. Daß dieſes Reiterkorps alfo nicht aus wirklichen Perſern und Parthern allein beftand, fondern auch Römer und Provinz zialen in fich faßte, geht fchon aus obiger Stelle im Briefe Mlerander Sen. hervor. Aber auch zwei römijche Steinfchriften in Mainz beweifen, daß in foldyen Heers haufen, welche ausländifche Namen nach der Bewaffnungss art der Krieger tragen, und deren in der Notitia fo viele vorfommen, auch Römer dienten. So fommt in der eis nen Steinfchrift ein gewiffer Argiotalus als eques der ala Indiana, (welche Trajan nach feinem indischen Feldzug fihjeint errichtet zu haben) vor, der doch aus Nanneteg oder Nantes, alfo ein Gallier war; und auf der andern ein decurio derfelben ala, welcher den römifchen Namen Flavianus Aventinus trägt.
Daß jene yerfifchen Reiter nun, welche feit Mlerander im römifchen Heere dienten, nun auch auf folche Art bes waffnet waren, daß einem derfelben die oft erwähnte Ei ſenmaske kann angeeignet werden, diefer Beweis bleibt uns noch übrig. Und wir führen ihn mit großer Beftimmts beit aus zwei Stellen des Ammianus Marcellinus, der in
*) Yanciroli, Brofeffor in Patavium, gab einen fehr gelehr« ten und umfaflenden Commentar zu diefem in vielen Be: nennungen außerft dunfeln Werfe heraus, Lugdun. 1608. Der erfte Eoder wurde in England gefunden und mit un: zähligen Mängeln von Marianus Scotus herausgegeben 1572. Später fand man in Rom nod zwei andere und Pancirofi verglich und verbeflerte manches.
3
der Mitte des Aten Jahrhunderts Iebte, und ung ganz aus führlich bei dem Feldzuge Julians die Rüflung und den Anblick des yperfifchen Heeres folgendermaßen (Lib. a5, C. 1.) beſchreibt. ) „Es waren alle Schaaren in Eifer gehuͤllt, und fo Glied vor Glied mit dichten Blechen bes det, daß, die flarren Fügungen mit den Gelenken der Gliedmaßen zufammentrafen: auh Nachbildungen menſchlicher Gefichter find ihren Köpfen fo forgfältig angepaßt, daß, bei über und über gehar⸗ nifchten Körpern, die auf fie gefchoffenen Pfeile nur da eindringen Tonnen, wo man durch Keine Höhlungen, welche in dem Augenfreife angebracht find, nur Färglich fieht, oder durch die Naſenloͤcher den beengten Odem hervorfiößt.“ Welche Ber ſchreibung kann deutlicher und treffender eine folche Schutz⸗ masfe **) befchreiben, wie die unfrige ift. Daß aber nicht etwa das ganze Heer, wozu der Ausdrud omnes cater- vae hinführen könnte, folche vollftäudige Nüftungen über den Mann trug, fondern vorzüglich die Reiter, dies
*) Erant autem onınes catervae ferratae, ita per singula mem- kra densis laminis tectae, ut juncturae rigenles compagibus. artuum convenirent: humanorumque vuwtuum simulacra ita capitibus dilizenter adapta, ut, imbractealis corpori- bus solidis , ibi tantum incidentia tela possint hacrere, qua per gayernas. rainutas, ct ochibus oculorum alfixas, par- cius visitur, vel per supremilates narium angusti spiritus emitluntur.
*) Daß auch mwahrfcheinlich der perfifche Neitereibefehlehaber
Maſiſtios, der in der Schlacht bei Platää fiel, eins ſolche getragen babe, wurde fruher bemerkt.
BB.
feheint eine andre Stelle Ammiand (Lib. 16.) zu beweis fen, weldye alfo lautet: „Darunter gemifcht waren ge» barnifchte Reiter, welche die Perfer Elibanarier nennen, wohl verwahrt mit Bruftpanzerhülfen und eiſer— nen Lendendeden, fo daß fie mir wie Bilder von Praris teles Hand geglättet, nicht wie Männer vorfamen, welche dünne Kreife von Eifenblechen rings umhüllten, die ſich über alle Glieder hin dehnten, fü daß, wohin immer bie Gelenfe fich nothwendig bewegen mußten, Die genau am paſſende Biegung mit den Kleidern zufammen traf. *) Das que, womit Ammian in der erftern Stelle erant etc, bie zweite Hälfte des Satzes an die erfte fügt, ſcheint alfo befonderd Reiter zu bezeichnen, welche noch etwas beſonderes von den übrigen, auch in Eifen gerüfteten Schaaren, hatten, nämlich die Geſichtsmasken. )
*) Sparsique cataphract? equites, quos clibanarios dictitant Persae, tharacum muniti tegminibus, et Jumbis ferreis eincti, ut Prazitelis manu polita crederem simulacra, non viros, quos laminarum circuli tenues, apti corporis flexu ampiebant per omnia membra deducti, ut quocunque artus necessitas commoyisset, vestibus congrueret juncturg colıaerenter ap- tata. — Hier gebraudht Ammtan wieder das Wort simulacra Bilder, welhe die Hand eines Künſtlers aufs feinite ger glättet. Demnach müfen dod wohl auch die Gefidter dem übrigen gleich, geharnifcht gewefen ſeyn.
Sm römifhen Heere fheint 'diefe perfiihe Bewaffnungsart in der Mitte des vierten Jahrhunderts noch gewöhnlich ges wefen und wahrſcheinlich aud in ihren Feldzügen gegen die Alemannen öfter mit Vortheil angewendet worden zu seyn. Denn im Sabre 357 gebrauchte Julian folhe ge: panzerte Reiter und Bogenſchützen (cataphracti et su-
—
+
89
Nach alleır dieſen Erdrterungen bliebe nun noch bie Frage uͤbrig: Wenn auch erwieſen ift, daß die perfifchen Reiter im römifchen Heere folche Masken trugen, iſt denn die Arbeit derjelben perſiſch? Schon früher behauptete ich, fie fen nach dem, was wir von der perfifchen Kunft, befondern in fpäterer Zeit, wiffen, durchaus feinem Kuͤnſt⸗ ler diefer Nation, fondern einem griechifchen oder römis fchen zuzufchreiben. Und gewiß wird jeder nun nad der bierbei folgenden, won mir aufs genauefte nach dem Urs bilde gezeichneten Abbildung, dafjelbe jagen. Alfo muß man annehmen, ein Roͤmer oder ein Provinziale in dies fer Reiterfchaar, und hoͤchſt wahrfcheinlich ein Anführer oder Dffizier habe diefe Maske von einem guten Künftler feiner Nation verfertigen Iaffen. Wenn aber die perfifchen Reiter erft mit Beftimmtheit unter Alerander Severus im römifchen Heere mit ihrer eigenthuͤmlichen Ruͤſtung yorfommen, jp fragt fich endlich noch; „War denn Die
—, — e
gittarii) in der Schlacht bei Argentoratum gegen die Ales mannen unter Cheodomars und Serapiens Anführung. Ammian (XVI. ı2.) nennt fie eine furchtbare Art von Bemwaffneten (genus formidabile armatorum), und be: merft weiter: die Alemannen hätten wohl gewußt, daß auch der geſchickteſte Reiter einen folhen völlig ge: barnifchten und ganz in Eifen gehüllten Krieger (tegminibus ferreis abscondito bellatori) nichts hätte anhaben fonnen. Deshalb hätten fie aus Eluger Vorſicht unter ihre Neiterei hin und wieder leichte Fußgänger gemifht, da diefe eher unbemerkt auf der Erde binfhleihen, das Pferd feitwärts durhbohren und dann den unvermuthet vom Pferde geftürzten Reiter leicht nieder machen könnten. v9.
0
Kunſt in diefem Zeitalter nicht zu ſehr gefunfen, ald dag ein Werk, welches doch des hadrianifchen Zeitalterg, wie früher gefagt wurde, nicht unwuͤrdig fcheint, dem fpäs tern von Alerander Severus allenfalld koͤnnte angeeignet werden ?u« — Windelmann Cin verkhiedenen Stellen feine Gefchichte der Kunft), bemerft, das es auch in fpätern Zeiten noch gute Bildrigfünftler gegeben babe, indem dies fes Fach beftändig verlangt und darum mit Eifer fortges trieben wurde, während die Auffaffung ded ein ganzes Gebilde durchdringenden Lebens und eigentbümlichen Geis ftes nur einer Zeit gelingt, wo überhaupt geiſtiges Leben noch berrfcht und in jeder Kunft wirkſam fich zeigt. Nas mentlich verrathen die Bilder des Alerander Severus und der Mammaͤa für die fpätere Zeit, wie in der 1452, Note zum 12. 8. der Gefchichte der Kunſt bemerkt ijt, viel Bes Iebtheit und Harmoniſches. Fea führt zwei vortreffliche Bruftbilder Aleranders in der Gallerie zu Florenz am. Bon der Zul. Mammda find zwei Bruftbilder im Pios Clement. Mufeum (Tom IV, tav. 57. pag. 71.) Auch die capiolinifcheBüfte, welche bisher dcey Namen Manlia Scans tilla führte, gehört diefer großen und Fugen Frau an, welche in ihrem Sohne dem römifchen Reiche einen bes wundernswärdigen Herrfcher erzog, den nur die Schlech— tigfeit feiner Zeit nicht ertragen Fonnte. — So find aud) an der fogenannten Begräbnißurne des Alerander Seve— rus und feiner Mutter manche Theile aber die im Allger | meinen gefunfene Runftzeit erhaben zu nennen, *) und wir | fonnen immerhin annehmen, daß der DVerfertiger der eis |
) Winckelm Geſch. d. Kun 12. Buch und Anmerk. 1460, |
9
fernen Maske zu jenen befferen Künftlern gehörte, welche wenigftend durch Nachahmung der Alten ihren Gebilden einen reineren Kunftftyl bewahrten. *)
Zur Vergleihung mit der befchriebenen Eifenmagfe und ihrer Acht antiken Arbeit, mögen die aud im Mit— telalter, wiewohl Außerfi felten vorkommenden Bifire, welche den andern zwar in der Einrichtung und den ber Bewegungsgewerbe gleichen, aber Menfchengefichter vors fielen, dienen. Sch fand folgende in der Sammlung, welche ehedem im Schloffe Ambrag, unweit Infprud, nun aber in Wien bei dem Belvedere aufgeftellt ift, de— ren Abbildungen mit einer Furzen Lebensbefchreibung der Helden begleitet, durch Joh. Engelbert Noyfe von Cams penhouten herauggegeben worden find, Cgedrudt zu Ins⸗ brud 1603.)
4) Friedrich III. von Montefeltre, Herzog von Urbino, der unter Dem Könige Alphonfo von Neapel, dem Kaifer Sigmund und Sirtus IV. diente, alfo im Anfang des fuͤnfzehnten SZahrhunderts Iebte, ein vielfach den Dienft wechfelnder tayferer, Doch bes fonnener Kriegsmann und die Wiffenfchaften lieben» der Fürft, der acht Schlachten im freien Felde ges fchlagen und ſechsmal gefiegt kat, war mit einem Helme gefhüst, der ein Menfchengeficht mit einent Schnurrbart vorftellt. Ohren find an der’ Magfe nicht bemerfbar, auch Fein eigentliches Kinn,
*), Die oben befchriebene antike Eifenmasfe ifi feitdem in das k. k. Mufeum zu Wien durch Herrn Hauptmann Mitter von Pittel gefommen.
92
2) Eine biefer ziemlich ähnliche Maske auch ohne ges rundetes Kinn, trug Chriftoph IV., Herzog zu Würs temberg, Sohn des befannten Ulrich von Würtems berg, der durch den fchwäbiichen Bund aus feinem Lande getrieben wurde. Er ftarb im Sabre 1568.
3) Eine Gefichtshülle, die einem Adler gleicht, mit ges kruͤmmtem Schnabel, von grotesfem Anfehen, Flügels artigen Ohrendecken, ſehen wir bei Albrecht, Marks grafen von Brandenburg, wegen feined tapfern Ges müthes und ftarfen Leibes vom Pabſt Pius II, der deutfche Achilles genannt, geboren 1414. und geftors ben 1486.
4) Eine ganz vollfommen nad) der Natur gebildete Geſichtsmaske, welche unter dem Kinn noch einen ziemlich breiten Rand hat, der fich mit der Halds rüfßtung verbindet, welche Ießtere fich über das Ohr binzieht und es fchügt, trug Wolfgang Dieterich von Hohenembs in Deftreich, der im Bauernfricg fich auss zeichnete, alfo im Jahre 1525. Carl V. wollte ihn als Obriften über ein Regiment von 20 Fähnlein deutſcher Knechte zur Belagerung von Marjeille benußgen, aber er ftarb im 31. Jahre feines Lebens.
5) Auf dem Grabmale Marimilians I, ift eine Figur, welche eine ruͤckwaͤrts aufgefchlagene pöllige Geſichts⸗ masfe trägt.
Keiner vpn allen dieſen Helmen, welche dem 15ten und 16ten Jahrhundert angehören, iſt jedoch fo alt, alg dje auf zwei Grabfteinen, welche man in der Burg des Gartens zu Biebrich wahrnimmt.
95 Nachtrag des Heraudgeberd,
Der erfte diefer Grabjteine, von welchen hier geredet wird, ift auf der linfen Seite des Burgeingangs, außen an der Mauer befeftiget. Es it der des Grafen Johann von Katzenelenbogen, welcher nach der Inſchrift, den 98. October des Jahres 1444 ftarb und in der Abtei Ebers bach im Rheingau beerdigt wurde. |
Der Stein wurde mit mehreren andern Epitaphien jener Klofterfirche zur Außern Verzierung der im Sahre 1807 auf den Grundmauern einer Altern Ruine im Styl des Mittel alters erbauten Burg verwendet. *)
Der 814, Fuß hohe 3), Fuß breite Grabfteitt, an beffen vier Ecken die Gagenelenbogifchen Wappenfchilde angebracht find, führt folgende Umfchrift in gothifcher Minugfel:
Anno. Domini. Miillesimo. cccc? Yliii. im, Die Spmonig. et. Jude, Ayldrum. obiit, Nobilis. vomicellus. Johannes. Comes. jn, Iacsenelenboge. ©. ata. requescat. T pace. Amen.
—
H Sechs intereſſante Grabſteine der Grafen von Katzeneln⸗ bogen, welche in Eberbach, ihr Familienbegräbniß hat— ten, verdanken nach der Säculariſirung dieſer Abtei, der Verſetzung an die genannte Burg ihre Erhaltung. Sehr zu bedauern iſt es, daß die meiſten dieſer Epitaphien, von denen Wenk im 1. Theil der heſſiſchen Landesgeſchichte ©. 271 ein Verzeichniß liefert, aus der Kirche entfernt und ju andern Zwecken verwendet worden find. Mur ein Monument, weldhes in Eunftreicher gothifher Verzierung die Epitapbien von drei Erzbifhöfen von Mainz (nämlich
94
Auf diefem Denfmahl erſcheint die ganz geharnifchte Figur des Grafen, wit gedffnetem Helm auf dem Kopfe, Schwert und Speer an der Seite, die Füße auf zwei Löwen geftüst, eine Vorſtellung, die fich haufig auf alten Nitterepitaphien findet. Der Helm ift wegen der eigens thuͤmlichen und felten vorfommenden Bifireinrichtung be» merfenswerth und findet fich auf Tab. II. Fig. 1. abgebils det, da feine ungewöhnliche Form zur Erklärung des vors herbefchriebenen römifchen Helmvifirs beiträgt.
An gewoͤhmichen Helmen des Mittelalters ift nämlich das Vifir durch zwei verniethete Siiften an beiden Seiten des Helmes befeftiget, wodurch es fid), wie Km eine Are, vor» und ruͤckwaͤrts bewegt.
An dem unfrigen dagegen ift die Geſichtsbedeckung wie eine fchildförmige Klappe geitaltet, welche durch ein Charnier oben mit dem Helme zufammen hängt und aufgefchlagen werden fonnte, fo daß fich in der innern Wölbung des Viſirs die Deffnungen für Augen und Mund zeigen.
Ein zweiter, dem eben befchriebenen ähnlicher Helm mit gleicher Einrichtung des Viſirs, findet fich im Sunern der Burg auf dem Vorplatze, der Thuͤre gegenüber auf ei nem Epitaph ohne Umfchrift, welches ebenfalld aus der Abtei Eberbach herfiammend, einem Grafen von Kaßen; elenbogen aus der Mitteded XIV. Jahrhunderts angehörte. *)
Gerlachs von Naffau, 41371. Johannes von Ligne, + 1373. und Adolphs II. von Naſſau, + 1475.) umfaßt, ift im Chor ver Kirche noch vorhanden und mit rühmlicher Sorg— falt vor Zerftörung bewahrt worden.
v) Die Wappen des Haufes Naflau, welche man oben auf
35
‘
Er ift abgebildet auf Tab. II. Fig. 2.
Das aufgefchlagene Vifir, welches auch bier durch ein einfaches Charitier an dem zugefpisten Helme oben befeftigt ift, zeigt im Innern nur eine fchmale vergitterte Oeffnung für die Augen, ohne Luftoͤffnungen wie bei dem vorigen.
Außer diefem geöffneten Helme, unter welchem zum Schuß des Halfes ein Panzerhemd aus in einander gefloch— tenen Drabtringen, über den Bruftharnifch herabfällt, trägt die ganz gerüftete Figur in der linken Hand noch einen Turnierhelm, auf deffen Helmdecke die Inſignien des Hau- ſes Catzenelenbogen erfcheinen. Die ausführliche Befchreis bung diefes auch in technifcher Beziehnng höchft inter> effanten und reich verzierten Denfmald würde zu weit führen. Eben fo bleibe die vollftändige Abbildung ded gan- zen Grabmals einer andern Zeit vorbehalten. Zur Bers gleichung genüge hier die Abbildung des Helmes.
Auf diefelbe Art fcheint alfo das in vorftehender gründlis cher Abhandlung unfers verehrten Landsmannes befchriebene römifche Helmvifir vermittelft eines Gewerbes zum Zus ruͤckſchlagen eingerichtet geweſen zu ſeyn. Die vierecfige Oeff— nung an der Stirne deutete ohne Zweifel die Stelle des Charniers an, wodurch es mit der uͤbrigen Kopfbedeckung verbunden war, was die auf beiden Seiten noch ſichtbaren Niethnaͤgel beweiſen.
F. G. H.
—
beiden Seiten des zugeſpitzten gothiſchen Aufſatzes be— merkt find, irriger Zufag neuerer Zeit,
— ——
%
6. Kurze gefchichtliche Darftellung der Herrſchaft Schaum
burg von dem veritorbenen Herrn Canonicus J. W. Buſch zu Limburg *), mit Anmerkungen be; gleitet von Herrn Schulinfpector und Pfarrer Vogel in Schoͤnbach.
Nach dem im Jahre 966 erfolgten Ableben Eberharbg, welcher nach Conrad Gurcipolds (des Stifters des prachts vollen Münfters in Limburg), finderlofem Tode demfelben in der Verwaltung des Niederlahngaues gefolgt war, finden wir namentlich als Faiferlihen Gaugrafen im Arrih CEinrih), welcher Gau bisher gewoͤhnlich zu dem Niederlahngau gehörte, einen gewilfen Hugo. Kre- mer orig. Nass. Part. I. p. 81. Ob diefer Hugo eben wohl, wie die zuvorgenannten Conrad und Eberhard aus dem alten fränfifch -falifchen Gefchlechte entfproffen oder nicht? — bleibt zur Zeit noch ein hiſtoriſches Problem. Wenck in historia Hassiae Part, I. pag. 186, vereneinet ed. Dem Hugo folgte Gerlach. Er fommt in Urkunden von den Jahren 993, 1000 und 1002 nament- lich vor. Als Nachfolger Gerhards in dem Niederlahn- gau und dem Arrich werden in einer Urkunde des Bi: ſchofs Aecho von Worms vom Jahre 1034 (Orig. Nass.
H Berfaßt im September 1818 für des Erzherzogs Palatinud kaiſerl. Hoheit.
97
p. 109) Arnold und Wigger genannt, Beide Brüder theilten diefe Gauen fo unter fi), daß dem Arnold der Gau Arriche mit den in demfelben gelegenen Allodialen zu Theil ward, außerdem aber auch noch andere Allos dialien, unter welchen wohl Limburg das vorzüglichfte war, erhielt. Wigger dagegen befam mit ber Bogtei der Kirche zu Limburg, Wefterburg und Runkel ausgefchier ben, welche dem Grafen Arnold verblieben, die Faiferliche Srafichaft in dem Lahngau.
Um dieſe Zeit fingen die Gaugraffchaften, als kaiſer⸗ liche Lehen, allmälig an erblich zu werden. Noch im Sabre 4050 erjcheint Arnold in einer Urfunde (orig. Nass, p. 123.) ald Graf im Arriche, 1052 aber unterfchreibt er ſich mit dem von der durch ihn erbauten Burg Arenftein entlehnten Gefchlechtönamen. Hontheim hist, dipl, Trev, Tom I. pag. 395. Arnold zeugte Ludwig J., Grafen von Arnftein, diefer Ludwig IL. und fieben Töchter; Ludwig II mit feiner Gemahlin Udilchild aber Ludwig III, der kin⸗ derlos war, und mit dem die Neihe der Grafen von Arn⸗ fein in männlicher Descendenz erlofch. Dieſer verwans beite 1139" feine Burg in ein Klofter unter der Regel des h. Rorberts, dem er reichfiche Güter fehenfte, und in wels dem er felbft die Gelübde eines Layenbruders ablegte, Seiner in diefe Stiftung und Trennung eimwilligenden Ge— mahlin Guda (Juditha) erbauete er auf der Iinfen Seite beffelben Berges eine Klaufe, ans welcher fie vermittelft eines Fenfterd dem Gottesdienfte beimohnen konnte. Luds wig ftarb im Jahre 1185 im Rufe der Heiligkeit.
Bon des verftorbenen Ludwigs fieben Schweſtern was ven die Ate an einen Grafen von Naſſau, die 7te aber,
98
Matbildis, an einen Dynaften von Sfenburg verehelicht. Diefer Fegtere, nannte er fich nach Fiſcher geneal, isenb. Gerlach, oder nach Kremer orig. Nass. Reinbold, folgte feinem Schmager in bie Grafichaft, ald die Dyna— ftien Schauenburg, Limburg, Wefterburg und Runfel. Gerlach oder Reinbold, gilt gleich, welcher von beiden- Brüdern, zeugte mit der arufteinfchen Gräfin drei Söhne, Gerlach, Reinbold und Siegfried. Brower annal, Trev. p.44. Gerlach erbiclt aus der väterlichen Nachlaffens fchaft die Dynaftien Limburg und Schaumburg *), Siegfried jene von Runfel und Wefterburg, und endlich Reinbold die Graffchaft auf dem Arriche. Orig. Nass. I, 357. Gerlach fommt noch im Sahre 1146 in einer Urs tunde vor, ftarb aber noch vor dem Jahre 1158 und bins terließ zwei Söhne Gerlach und Heinrich I. Gerlach fegte die Iſenburg-Coverniſche (Covern an der Mofel) Linie fort, Heinrich aber die Iſenburg-Limburgiſche. Diefer, der vor 1200 ftarb, zeugte zwei Söhne, Heinrich und Eberhard. Hist. dipl. Trev. Tom. I. p. 641. Heinrich II. mit feiner Gemahlin Sfengarde, Gräfin von Eleberg (Fischer geneal, isenb, p. 117.) hinterließ ebenwohl zwei Söhne, Gerlach und Heinrich IIT. Heinrich II. Bruder Eberhard war geifts lich, Tomberr zu Mainz und feit 1235 Probft zu Limburg. Gerlah und Heinrich III. befaßen nach dem Tode Heinrichs IT. (vor 1233) die väterliche BVerlaffenfchaft eine Zeit lang ungetbeilt, bis fie endlich 1258 an eine Theilung derfelben dachten, darüber uneind wurden, fid) endlich, jedoch unter Vermittelung Arnolds, Erzbifchofs von Trier, dahin verglichen, daß Gerlady die Burg und
*) Hierzu der Rachtrag 1. pag. 101.
1)
die Stadt Limburg, fo wie die Burg Schaumburg mit Gramberg, Steinsberg und Biebrich nebft den Burgen Sekbach, Staden und Frauenftein, Heinrich aber die Dogs tei Billmar erhalten, die Burgen Eleberg und Habechens berg in der Wetterau unter beide zu gleichen Theifen vers theilt werden follte. Diefe Theilung war eine Todtheis lung, und Gerlach nahm anjtatt des Namens Sfenburg nunmehr den Namen eined Tynaften von Limburg an, Neindard hit. Ausführung, pag. 309,
Gerlach I., Dynajt von Limburg, vermählt mit Ima- gina Comitissa de castris (von Bliegfaftel) zeugte au derfelben unter anderen Kindern eine Tochter mit Namen ebenfalls Imagina, die an den Grafen Adolph von Naf ſau vereblichet war. Origin. Nassov. Part. II. p. 405, Adolph begiinftiget durch feinen Better, den Erzbifchof von Mainz, hatte Hoffnung zu der durch Rudolph von Habs— burgs Tod erledigten Kaijerfrone, und es mußte Gerlach fehr fihmeicheln, feine Tochter als Kaiferin zu feben, Siegfried von Wefterburg, Erzbifchof von Koͤln, mußte, als mitwählender Kurfürft, um feine Stimme erfucht, und gewonnen werden. Mit ven Dynaſten von Limburg aus dem Haufe Iſenburg abfiammend, gleichen Gebfütes, glaubte Gerlach feinen mächtigen Schuß vorzuͤglich Dadurch ges winnen zu fünnen, wenn er dem fölnifchen Erzftift die Schaumburg mit Zugehör durch eine Schenfung auf ims mer verchrte (1255). Er erreichte fein Ziel, und Giegs fried verrichtete felbft die Salbung des neuen Kaiſers, und der Kaiferin. *) Co ging die Schaumburg von den Dynaſten von Limburg an das Erzftift Köln über. Chron.
*) Hierzu der Nachtrag IT, pag, 104.
100
Limburg. in Prodr. hist, Trev, p. 1075. Siegfried übertrug fofort diefe Herrichaft an feine Familie, die Dys naften von Wefterburg, unter der Bedingung, daß fie fünftig diefe Herrfchaft als erzitiftifche Fölnifches Leben ans erfennen follten. Diefe Dynaften famen demnad) in ru— bigen Befig der Burg und Herrichaft Schaumburg, und Johann von Wefterburg errichtete mit der Stadt Lim burg im Sabre 1311 ein Buͤndniß, wodurd, er ſich Dies felbe mit feinem Haus Schaumburg gegen jeden zu ſchuͤtzen verpflichtete. Diefes Buͤndniß beftand bis zum Sabre 1346, in welchem Reinhard von Wefterburg ſich von demfelben wieder losjagte,
Als 1320 die Gebrüder Reiner nnd Johann von We fterburg gegen den trierifchen Erzbifchof Balduin aus dem mächtigen Haufe der Grafen von Luremburg die Waffen ergriffen, 309 lesterer gegen Schaumburg und erbaute auf dem Grund und Boden der beiden Gebrüder, um ih. nen für die Zufunft einen Zügel anzulegen, die Burg Baldenftein. Damit aber das durch gebrauchte Gewalt Gewonnene feine Veranlaſſung zufünftiger weiterer Fehden feyn möchte, brachte er fpäter das den Brüdern mit Ge walt Entriffene fäuflid an fi. Honth. Prodr. hist. Trev. p. 852. Dieſes war die erfte der Befikungen des trierifchen Erzftift8 an der Lahn, die fich fpäter fehr ers weiterten. Sin den flürmifchen Wahlzeiten Rabans, Erz bijchof3 zu Trier, im 15ten Jahrhundert, ward die Burg und dad Thal Baldenftein, nebft dem Kirchenfchag dafelbft an Wilhelm von Staffel verpfänder, von welcher Famis lie nach deren Erlöfchen die Pfandfchaft an die Herren von Reifenberg, und von diefen an jene von Elzruͤbenach
101
überging. Hier, am Zufammenfluffe der drei verfchiede- nen Sandeshoheiten, naͤmlich jener des Erzftifts, dann der der Grafen von Dieß, und endlich der der Herrfchaft von Schaumburg ftehet eine erhabene Linde, am deren Wurzel der gemeinfchaftliche Hoheitsftein eingefenft ift. Nachdem die Herrfchaft Schaumburg mit Fölnifch = erz ftiftifchem Lehensconfens fpäter an die Grafen von Katzen⸗ elnbogen verpfändet worden, hat diefelbe endlich 1655, Agnes, die Wittwe Peters des Grafen von Holzappel, von Georg Wilhelm, Grafen von Feiningen Wefterburg kaͤuflich an fich gebracht, fie von dem Lehensverband mit dem Erzftift Köln befreiet, und ihrer Tochter Elifabeth Charlotte, ald Heirathsgut, an den Fürften Adolph vorn Naffaus Dillenburg mitgegeben, der auch den Titel Naffaus Schaumburg annahm. Da auch diefer Feine Söhne hins terlaffen, fo Fam die Herrfchaft mit feiner jüngften Toch— ter Charlotte an Victor Amadaͤus, Fürften von Anhalt.
Radträge
von Herrn Schulinfpector und Pfarrer C. D. Vogel.
1.
Schaumburg kommt fchon i. J. 915 in ben Orig, Guelf, IV. ©.275 und zwar als eine befondere Graffchaft vor, Der deutfhe König Conrad 1. fehenkte in diefem Sabre feinen Hof Naſſowa mit allen dazu gehörigen,
102
an beiden Seiten des Fluffes Logene, in den beiden Grafichaften Sconenberg und Marvels gelegenen Gütern, an das Innerhalb der Stadt Wilinaburg neu ‚ erbauete Klöfterlein. Der Name, durch einen Schreibes fehler aus Scowenburg vermuthlich verdrehet, und feine Lage an der Lahn, laffen feinen Zweifel übrig, daß nur Schaumburg hier zu verfichen fey. Den Begriff des Wortes comitatus in diefer Urfunde verengen, und ihn mit einer Gente oder gar nur einer Gemarfung gleich» bedeutend machen zu wollen, wie Wenk in den biftorifchen Abhandlungen 81. Not. Z., dazu ift um fo weniger Grund vorhanden, da die Untheilbarfeit der Gaugrafichaften nicht mehr jo feit ftand, daß nicht fchon Ausnahmen gemacht worden wären, und auch Schaumburg im dreizehuten Jahrhundert als eine befondere, abgefchloffene Herrfchaft neben Naſſau, Dietz, Katenelnbogen ꝛc. erfcheint, die in dieſem coınitatus ihren Urfprung hatte,
Zwei Urkunden von 1194 und 1204, wovon die erfte Wenk in der heffiichen Landesgefchichte II., Urk. 124 und die andere Bodmann in den rheingauifchen NAltertbits mern 11. 79 geliefert haben, find für die Geſchichte von Schaumburg wichtig, obgleich ihr Hauptinhalt fich nicht darauf beziehet. Die erſte, welche erzählt, daß die Gräfin Elyfe, Witwe Ruprechts II, oder des Streitbaren von Naſſau, eine von diefem in Mulenbach erfaufte Wiefe an das Klofter Eberbach gefchenft habe, und deren Tochter Lucarde mit ihrem Gemahl, dem Grafen Herrmann von Birneburg, ihren gegen diefe Schenkung gemach— ten Einreden entfagen, ift gegeben worden apud casırum Schouwenburch. Als Zeugen kommen darin zuterft vor:
103
Heinrih, Bruno und Ruozmann von Sfenburg. Die zweite Urfunde zeigt uns die Verbindung, in der die Gräs fin Elyfa mit diefer Burg ftand, denn fie wird darin ald comitissa dicta de Schowenburg relicta Ruperti comitis de Nassowe angeführt, und verfauft mit. Eins willigung des Grafen Herrmann von Virneburg und deffen Gemahlinn Lucard, ihrer Tochter, dem Klos fter Johannisberg die DBogtey Steinheim im Rheingau. Denn hieraus laßt fich mit Necht folgern, daß die Bnrg, nach welcher fie fi) noch nad) ihres Gemahld Tode nannte, dem Gefchlechte, woraus fie entfproffen, anges börig, ihr ald väterliches Erbtheil zugefallen, und von ihr in Ermangeluhg männlicher Erben in Gemeinschaft mit ihrer einzigen Tochter und deren- Gemahl bejeffen worden fey. Daß fie aus dem Sienburgifchen Haufe und Schaumburg, einer Linie diefes Haufes angehört habe, diefer Vermuthung läßt fi) vor der Hand um fo wenis ger widerfprechen, da die Sfenburger durch die Arnfteis nifche Verlaffenfchaft im Einrich ftarf begütert waren, und dadurch felbft das Grafenamt über diefen Gau (freis lich nur ein Schatten diejer einſt fo hoben und bedeutens den Würde, das fie darım auch ohne Anftand bald ver aͤußerten) an fich gebracht hatten, Schaumburg felbft auch noch ſpaͤter im Befige derjelben in Gemeinfchaft mit Birs neburg angetroffen wird. Der Mitbefis des letzteren an diefer Herrfchaft, läßt fich aus den obigen Urfunden Far herleiten. Wie aber Virneburg Theil genommen und wie lange fein Beſitzſtand gedauert habe, iſt noch völlig ums befannt. Einige Thuͤrme des Schloffes follen noch in Beueren Zeiten von ihm benannt worden ſeyn; auch find
104
noch Kehnbriefe vorhanden, worin ed die von Langenau, Mudersbach, Eronendberg, Walde ꝛc. mit Theilen diefer Herrichaft belehnt. Die von Mudersbad; trugen bis zu ihrem Erlöfchen ein Achtel der Dörfer Fachingen und Birs lenbach von ihm. Graf Ruprecht von Virneburg vers ſprach 1405, Kagenelenbogen nicht an feiner Pfandichaft auf das Schloß Schauenburg zu hindern, und noch 1435 machte Virneburg au einen Theil des Schloſſes Anſpruͤche.
IE.
Hier ift offenbar aus den Worten des Chronikfchreis bers zu viel gefolgert worden. Denn die beiden folgens den bisher ungedrucdten Urkunden beweifen zur Genüge, dag Schaumburg ſchon 1266 unter dem Erzbifchof Enz gelbert, an Köln, von Gerlah, Herrn von Lime burg zu Lehen aufgetragen, und 1279 an deffen Schwie> gerfohn Heinrich, Herren von Wefterburg gefon« men fey. Sn dem legteren Sabre, mehr ald 10 Sabre noch vor Rudolphs von Habsburg Tode, Fonnte an eine Bewerbung um deu Kaiferthron nicht wohl ſchon gedacht werden.
1.
Nos Gerlacus dominus de Zympurg Imagina uxor nostra et Johannes filius noster primogenitus tenore presentiam volumus esse notum, quod de libera vo- luntate nostra universam proprietatem nastram ad castrum Scowenburg pertinentem videlicet partem ejusdem castri (den andern Theil hatte Birneburg tune)
105
quam hactenus in eo habuimus vineas nostras in monte ipsids castri sitas et silvam nastram adjacen- tem cum omnibus redditibus quos in Birlebach et Crampurch villis hucusque dinoscimur possedisse do- nayimus ecclesie beuti Petri Apostoli Colonie a re- verendibus patribus domino Engelberto nunc ipsius ecclesie archiepiscopo snisque successaribus quiete et pacifice perpetuo possidenda renunciantes simpli- eiter et pure omni juri quad nobis tam in castro predicto quam bonis prenotatis competebat vel com- petere videbatur. In cujus rei testimonium et robur eonscribi fecimus presens instrumentum et sigillo- rum nostrorum munimine roborari. Datum anno
dni. M.CC.LXVL sexto calend, Octoh, 2.
Nos Gerlacus dominus de Limburg notum faci- mus universis quod licet cum viro nobili domino Henrico de Westerburg qui cum filia nostra matri- monialiter contraxit Agnete videlicet certam promi- serimus liberaliter et dederimus pecunie quantitatem nos tamen ipsi Henrico genero nostro Agneti filie nostre predicte et heredibus eorum recognoscimus portionem hereditatis nostre que ipsis past mortem nostram jure hereditaria competit et potest compe- tere et ipsos diete hereditatis participes facimus et heredes et dictam portionem ipsis deputamus cum Johanne et Henrico filiis nostris et /magina filia nostra comitissa de Nassow percipiendam equaliter et propor- tionaliter dividendam,. Preterea super eo quod pres
106
dictus nobilis Zenricus dominus de Westerburg cas- trum Schouwenburg ex parte ecclesie Coloniensis te- nuit et tenet nec nos nec filii nostri predicti Imagina filia nostra predicta nec eorum heredes ipsi domino Henrico de MWesterburg suscitabimus vel movebimus questionem. Acta sunt hec de consensu filiorum nos» trorum predictorum coram reverendo patre domino Sifrido Archiepiscopo Coloniensi presentibus nobili- bus viris Gerhardo comite de Dietz Hartrado domino de Merenberg domino de Kempenich Johanne de Sconhach Gerhardo dieto Wolf. In cujus rei testi- monium et robur sigillum nostrum una cum sigillo reverendi patris domini Sifridi Archiepiscopi Colo- niensis et alioram nohilium predictorum presentibus duximus apponendum, Nos Sifridus Archiepiscopus Coloniensis et alii nobiles predicti ad petitionem no- bilıs viri domini de Limpurg sigilla nostra presenti- bus duximus apponenda, Actum et datum anna dni, M. CC.LXXIX. quarto nonas Juli),
- Die Urfache des Lehnsauftrags an Köln it noch ums befannt, da die erfte Urkunde darıber feinen Aufichluß giebt. Die Uebergabe von Schaumburg an Heinrich von Weiterburg erfcheint zwar von Seiten des Lehens⸗ berrn des Erzbifchofd Siegfrieds, der fein Bruder war, ald reine Beginftigung, da ihm außerdem feine befondere Erbportion von feiner Gemahlin Agnes von Limburg noch ausdrüclich vorbehakten wird, allein der erfte Grund davon mag doch in diefer Vermäblung gefucht werden. Schaumburg hatte einmal das eigne Schicfal, daß es vorher und nachher durch alle Jahrhunderte feine Beſitzer
107
meiftend nur durch weibliche Erbfolge beftimmt gemwedh- felt hat.
Heinrich von Wefterburg hinterließ drei Söhne, Siegfried, der 1315 fehon todt war, Rein» bard und Johann. Unter diefen erfcheint der mittlere als Herr von Wefterburg, und ber jüngere nennt fich von Schaumburg. Beide laffen ſich vom Kaifer Ludwig mit der Gerichtsbarkeit der Herrichaft Schaumburg bes lehnen, und ich fee die Urfunde darüber um fo mehr hierher, da fie die zu diefer Herrfchaft damals gehörigen Dörfer enthält.
Wir Lodewig von Gots Gnaden Romifcher Keyfer verjehben das wir Sohaunes und Reinhard von MWefterburg verluhen haben zu befferung irer lehen die fie vormalen von dem Riche gehabt haben das gericht hoc vnd nieder vnd Scheffen vnd Schulteffen zu fegen vnd zu entfegen nach irem willen in den Dorfen zu Habs genfheid, Kramburg, Steinsberg, Biberg, Waſſenbach, Wenigen Habgenfheid vnd mit namen alles das dazu gehort zu felde zu holtze zu wies fen zu weyde zu waffer befucht und unbefucht mit allen den rechten nugen vnd gewonheit das dazu gehort es fey an diefen brief gejchrieben oder nit. Wir tun inen auch die befunder Gnade dad niemand inne den Marden der vorgefchricben Dorfer vnd gerichte Keinen burglichen bumwe haben fol noch ine von nuwen ainheben fol. geben zu Pferde des Sontags na jent Martins dage 1328. u
Bon beiden find feine männlichen Nachfommen bes fannt, wenigftens Feine, die dem weltlichen Stande treu blieben, und was Wenk in der heſſiſchen Kandesgefchichte I.
108
476 — 481 gegen dieſe Annahme ausführt, berubet nur auf Schlüffen, die von mehreren ungedructen Urkunden widerlegt, alle Beweiskraft verlieren. Wefterburg und Schaumburg famen daber nad) ihrem Tode an ihres Bruderd Siegfried Sohn, Reinhard den Juͤngeren, den aus der Limburger Chronik befannten Helden feiner Zeit. Diefer bemwittumte feine zweite Gemahlin Cuni— gund, aus dem Geſchlechte der Herrn von Merenberg, auf das Haus und die Herrfchaft Schaumburg. Sie war 1353, Mitw. n. Allerheil. auch in deren Beſitz und Fam mit ihrem Stieffohne Johann dahin überein, daß fie mit ihren beiden leiblichen Söhnen Siegfried und Hartrad, die noch minderjährig und dem geiftlichen Stande beftimmt waren, nur auf ihrer drei Lebenszeit bes halten wollte. Diefer vorgefehene Heimfall verzögerte fich aber noch lange. Denn zwanzig Jahre fpäter empfing Cunigund und ihre beiden genannten Söhne 200 fl. Manns gelder von Graf Wilhelm von Kagenelenbogen, wogegen fie demfelben ihr Schloß Schauwenburg öffneten. Sm Sahre 1378 verfegten fie einen dritten Theil deffelben an Graf Diether von Katzenelenbogen für 800 fl., und 1382 ſchloſſen fie einen Vergleich mit Reinhard von Wes fkerburg (dem Sohne Sohannes) wonach diefer ein Drittheil defjelben haben, Siegfried auf Lebenszeit dag andere Drittheil behalten, und beide das an Katenelens bogen verfegte Drittheil einlöfen follten. Die Einlöfung erfolgte jedoch nicht, fondern entfernte fih, als Graf Johann von Kasenelenbogen i. 3. 1435 von neuem zu ber obigen Summe 5000 rheinijche Gulden und 200 Limb. Mealter Hafer fchoß, und die Bedingung fiellte, daß der
109
Miederfauf zur feinen und feines Sohnes Philipp Lebzeis ten nicht gefchehen follte, und der letztere 1445 einen neuen Pfandbrief erhielt Cef. Wend a. a. O. I. Urkb. 188. Note.) So ging denn diefer Theil des Schloffes mit der Ragenelenbogifchen Erbfchaft an Heffen über, und ift erft ſpaͤt an Werterburg wieder zuruͤckgekommen.
Als das Leiningen: MWerterburgifche Haus fich nach dem Tode Cunos 1547 in drei Linien theilte, erhielt die mittlere Schaumburg und Cleberg. Der Stifter ders felben, Graf Georg trat in franzöfifche Dienfte und hins terließ dadurch, daß er mehrere Negimenter auf eigene Koften angeworben hatte, feinen Kindern viele Schulden. Diefe wurden darauf im dreißigjährigen Kriege noch fehr vermehrt, und die Derlegenheit feines Haufes um Geld, wurde endlich, da die in das Haus Wied verheirathete einzige Tochter feines Sohnes Reinhard nur durch eine große Summe, wegen ihrer Erbanfprüche, abgefuns den werden fonnte, fo dringend, daß fie nur durch ein großes Opfer befeitigt werden fonnte. Die Herrjchaft Schaumburg wurde als folches dargebracht. Als Käufer rin derjelben fand ſich 1656 Agnes, die Witwe des Grafen Peters von Holzappel für 40,000 Reiches thaler, und der Graf Georg Wilhelm mußte ſich von einer Befigung trennen, die feiner Familie beinahe vier Sahrhunderte angehört hatte. Die Käuferin vereinigte darauf diefe neue Acquifition mit der Grafſchaft Holzaps pel, die auf der anderen Seite der Lahn und gegenuber gelegen, von ihrem verftorbenen Gemahle 1634 erworben, aus der alten Efterau und den Vogteyen Iſſelbach und Eppenrod erwachſen war. Alles dieſes blieb feit
| | | | |
110
dem ungertrennt beifammen, und macht jet das ſtandes⸗ herrliche Gebiet von Anbalt-Schaumburg aus.
Zum Schluffe bemerfe ich bier noch die Namen der Lehensträger der alten Herrfchaft Schaumburg: von Broich trugen den Hof zu Diethard. — von Bes ringshaufen, von Gramburg, von Katzenelen— bogen, von Dies, von Gerolſtein, hatten das Dorf Diethard im Schwall zu Lehen nebft dem Kirchens fag dafelbft, was nad) ihrem Erlöfchen durdy Taufh an Heſſen fan; von Klingelbach, trugen die Vogtey gleiches Namens, Koeth von Wanfıheid, mutheten einen Theil des Zehentend zu Freiendicg und Berlebach; von Biberg, von Schönborn Die Virneburgifchen Vaſallen find fchon oben genannt worden.
7.
Bericht über die Nachgrabungen auf der Dorns burg bei Hadamar, von Herrn Mepizinalrath Dr, Kolb in Hadamar.
Dem verehrlihen Auftrage zu Folge babe ich die Fors fhungen auf der Fläche des Berges die Dornburg, Donnerberg, vielleicht aud) Thorburg genannt, begonnen, und an verfchiedenen Punkten Nachgrabungen veranftals ten laffen. Diefe Nachgrabungen haben zwar bis jet
11
nur geringe Nefultate gefördert, indeffen fcheint auch diefe geringe Ausbeute nichts weniger als unintereffant zu feyn und zur Fortfegung der Grabungen aufzufordern.
Die Dorndburg liegt von Hadamar 1'/, Stunde ent: fernt, bildet einen der hoͤchſten Bergruͤcken des Amtes Hadamar ımd verläuft kammfoͤrmig mit Eleinen Abfägen und in halbfreisförmiger Richtung bis zu den etwas höher liegenden Gebirgen ded angrenzenden Amtes Mendt. Die Fläche, welche feinen Gipfel einnimmt, mag in der Pes ripderie ungefähr 20 Minuten, der Breite 6, die Länge 6 bis 8 Minuten um und durchgangen werden Fünnen. Die ganze Fläche bietet eine Menge zerftrent und nidjt weit von einander liegender größerer und Eleinerer Steins und Schutthaufen dar. Die Steine, welche diefe Schutt haufen pilden, find Bafalte von verschiedener Form und Größe. Einige haben verbranntes Ausſehen und fcheinen eigends behauen zu ſeyn. An manchen Elebt noch Speiß und bei vielen Schutthaufen werden Speißflumpen ges funden. Die Schutt» oder Steinhaufen liegen alle, ale wären fie langfam in fich und durch Feuer verfenft, ges bildet worden. Die Anzahl diefer Steinhaufen mag ſich auf 40 bis 50, vielleicht noch mehr belaufen. Viele bils den einen großen Umfang. Einen der größern Steinhaus fen, der ungefähr in der Mitte der Fläche vorgefunden und bei dem Speißflumpen gefunden wurden, ließ ich aufräumen. Nachdem man die Steine in der Höhe von 2% Schuh weggeraͤnmt hatte, erblidte ich eine regels mäßige Mauerwand, deren innere Fläche ftellenweis mit ziemlich erhaltenem Speiß überzogen war. Sch ließ nun alle Steine entfernen und hatte das Vergnuͤgen, die
112
Grundmauern eines Gebaͤudes in regelmäßiggebildetem Viereck aus dem Schutte emporſteigen zu ſehen. Dieſe Mauern ſtanden voͤllig uͤber der Erde und maßen in der Höhe 3 bis 31%, Schuh, in der Breite 1 bis 1% Schub. Sie waren aus Bafaltfteinen verfchiedener Größe, wovon viele ein gebranntes Ausſehen hatten, gebildet. Eiſerne Klammern oder fonftige metallifche oder hölzerne Zuſam⸗ menfügungen haben fich nicht vorgefunden; eben fo wenig konnten Infchriften oder Zahlen an den Steinen entdeckt werden. Der Gebäudereft hatte zwei Ausgänge; der eine nad Oſten war in der Mitte, der andere nach Weiten, etwas mehr nach der Seite, Beide hatten eine Breite von 2°), bis 3 Schuh. Nahe an dem Ausgange nach Werften foll wider der Mauer ein Feuerherd von fefter Bauart geitanden haben, welchen die Arbeiter ohne mein Wiffen und gegen meine Weifungen im Augenblic mei: ner Abwefenbeit, wahrjcheinlich aus Begierde, etwas von Werth darinnen zu finden, umgeriffen und zerftört hats ten. Der Boden, welcher die Fläche innerhalb des Ges bäudes bildet, war ein feit geftampfter und getraßter Bos ben von vorzüglicher Arbeit. Diefer Traßboden hatte eine Die von 4 Zoll und unter ihm befand fic ein N lafter von 4 Zoll, dann wieder Traßboden und dann wieder ein Dflafter. Nach diefem Pflafter kamen pyra⸗ midenähnliche Bafalte in fchiefer Richtung wie Gemölbs fteine neben einander liegend und mit fpeißähnlicher Maffe in den Fugen durchfüllt. Diefe Bafalte hatten verfchies dene Größe und Dife. Manche waren bis 1 Schub groß und *), Schuh di, andere wieder 1'/, bis 2 Schuh groß und °/, Schnh bis 1 Schuh did. Unten waren fie
113
Hach, oben ſtumpf pyramidenähnlich gebildet, Sch glaubte bei dem Erblicken derfelben ein römifches Gebäude ents deckt zu haben, da die Nömer befanntlich die meiften ihrer Baufteine auf diefe Weije zu behauen pflegten.) Sm der Hoffnung, ein Gewölbe zu entdecken, Ließ ich diefe Steinlagen wegnehmen und tiefer und tiefer graben. War indeffen eine folche Lage abgenommen, fo erfchien eine andere eben fv gebildete Lage. Diefe Erfcheinung benahm mir den Muth, in diefer Stelle tiefer zu forfchen, um fo mehr, da ich mir vorftellen mußte, daß diefe in Schiefer, anfcheinend gewölbartiger Richtung liegende Bas falte in der Natur fo vorfommen, und das Grundgebirge der Dornburg ausmachen möchten. Diefe Annahme wird um deſto mehr gerechtfertigt, als ſich an mehrer ven Punkten, wo ich in die Tiefe einfchlagen ließ, die felben Erfcheinungen dargeboten haben. Die Grundmauern des vorgefundenen Gebäudes erftrecten ſich mit ihrem Fuß noch 1%, Schuh tief in die Erde und ruheten auf den oben erwähnten Kegels oder Pyramidenbafalten. Beim Wegräumen der Steine, in der innern Fläche des Ger baudes, fand man auf dem Traßboden, Iofe liegend, eis nen runden, in der Mitte zerbrochenen Mahlſtein, ver in der Mitte eine runde, ungefähr fauftgroße Deffnung hatte, fehr abgenußt und ausgelaufen war und aus ei- ner Tufſtein- oder Lavagattung, wie man fie am Laacher See, unweit Coblenz zu graben pflegt, gehauen war. Unter dem erften Traßboden fand ich verfchiedene Bruch—
*) Dieß gilt nur von den äußern Bekleidungs- oder Futters mauerfteinen des Emplecton, d. H.
8
114
ſtuͤcke von Gefäßen, die aus grauer Vorzeit zu feyn ſchie— nen, Sch fende diefelben zur Einficht mit. Nahe im Ausgang nad Welten wurde ganz oberflächlich die mits folgende Münze gefunden. Nicht wenig Mühe habe ich verwendet, um das Gepräge diefer fonderbaren Münze aus— zuforfchen. In meiner nicht unbeträchtlichen Sammlung numismatifcher Werke, fonnte ich Feine Münze vorfinden, welche mit der Präge diefer Münze vollkommen überein ſtimmte. Entfernte Achnlichfeit laͤßt fich bei guter Eins bildungsfraft wohl in den Münzen der Römer Saecula- res Augg. mit der Präge eined Hirfches, ferner in der römifchen Minze Apollini cons. aug. mit dem Bilde eis nes halb Menfchen und Pferdes, ferner mit der römis ſchen Münze Vota Publica mit der Figur eines Mens ſchen, auf deffen Rumpf ein Thierkopf fist, und in einer griechifchen Münze Alabus, die halb einem Meerungeheuer balb einem Menjchen einen Pfeil haltend, vorſtellt, fin den. Am wahrfcheinlichiten ift cd, daß die Münze we der römijchen noch griechiichen, fondern deutichen, viel leicht altdeutfchen oder hunnifchen Urfprungs ſey. Nach den Sagen der Drtsbewohner von Wiljenroth follen auf der Fläche Dornburg viele Münzen, befonders von Gold, oft im Werth von 22 fl. mit heidniſchem Gepräge gefun— den worden ſeyn.
Nahe an der Außeren Wand der aus dem Schutt bervorgegrabenen Grundmauern entdeckte man einen tief und im Zirkel eingefenkten Schutt von Steinen. Als die Steine hinweggerafft und man in eine Tiefe von 2 Fuß gefommen war, quoll eine Menge reines Quellwaffer entgegen, deſſen Urfprung man einige Schuh verfolgte.
115
Man entdedte einen Kanal, der regelmäßig oben, unten und an den Seiten mit Steinen belegt war und zur Lei tung reinen Trinkwaſſers gedient haben mag. Solche Kanäle haben ſich an verfchiedenen Orten und Rich— tungen ber Dornburg vorgefunden. Sch ließ am zwei Stellen diefe Kanäle verfolgen und fand fie fort und fort regelmäßig angelegt und mit einem eignen Pflafter noch gedeckt. Unmwahrjcheinlich iſt es, daß diefe Leitungen Werfe ber Feldeigenthümer feyn, welche etwa das Waffer von den Feldern ableiten wollten. Dazu find die Leitungen zu re gelmäßig und feinem, auch der Alteften Ortsbewohner ber Umgegend ift von der Anlage folcher Leitungen etwas bewußt. Bid zum Urfprung der Leitung konnten diefe Kanäle, wegen den vielen Schutthaufen, die darüber herz führen, nicht verfolgt werden. Kine folche Arbeit wird muͤhſam werden und größere Summen in Aufopferung bringen. Zahlen und Injchriften haben fi) an den die Leitung bedecfenden Steinen nicht vorgefunden. Wo Die Reitungen bis jegt aufgegraben find, da liegen fie nur 1 Fuß tief unter der Erde.
An der Rordmeitfeite der Dornburg bemerkte man eine ftarfe Vertiefung in einem großen Schutthaufen, und die Sage trägt fih, daß hier die meiften Münzen und Ges räthe verfchiedener Art, felbft eine Lampe gefunden wors den wären. Sch hielt daher für gut, auch hier graben zu laſſen und fand 2 Schub tief unter der Erde viele Bruch: ftüdfe von Gefäßen, Die sub. Nro. 2. bezeichnete (wahr: ſcheinlich) Harniſchkrampe und abermal eine Handmühle Sn der Tiefe von 4 Schuh, von der Fläche an gerechnet, fam man wieder auf die eigenen Bafaltlager und fand
116
nichts mehr vor. In Erwägung der Gebirgsbildung wäre ed daher wahrfcheinlich, daß, folten fich auch Alterthis mer vorfinden, bdiefelben in der Erdlage hoͤchſtens 1 bie 2 Fuß tief und in den Schutthaufen vorgefunden werden. Daß diefe große Anzahl von Schutthaufen durch Feldeis genthümer der Vorzeit, welche die Felder reinigen und urbar machen wollten, zufammengetragen worden feyen, fann ich aus dem Grunde nicht glauben, weil fie in allen Richtungen der Fläche liegen und immerhin noch großen Kaum einnehmen. Hätten die Feldeigenthimer dieſen Zweck gehabt, fo hätten fie die Steine an die Grenzen der Fläche gebracht und den Berg hinunter gerollt. Und wo folten denn die Maffen loſer Steine von verfchiedener Größe und Bildung alle herfommen? Dann bliebe freis lich nur zu glauben übrig, daß die Dornburg vulfanifchen Urfprungs fey!
Rund um die Dornburg liegen in einer Höhe von 80 bis 100 Fuß in Maffen aufgethürmte Steine verfchiedener Größe und Iofe über einander. Das Ganze hat das Ans fehen eines eingeftürzten oder zerftörten, oder in einem unvollfommenen Kriegszeitalter und von rohen Händen gebildeten Walles oder Wehrmauer. Diefer Wall hebt fich an mehreren Stellen fammförmig fortlaufend 6 bis 12 Schub über die Fläche hervor und fcheint Jahrhunderten getroßgt zu haben. Intereſſant wäre ed, an diefen Stellen graben und räumen zu laffen. Sind noch Waffenbrud; ftücde früherer Sahrhunderte vorhanden, fo werden fie ge- wiß bier gefunden.
Merkwürdig ift ed, daß, reitet man oder fährt man über die Fläche der Dornburg an den meijten Stellen ein
117
hohler dumpfer Ton, wie wenn viele Gewölber darunter wären, vernommen wird, Die Sage trägt ſich auch, daß Bewohner der Vorzeit, unterirdifche Ausgänge und Ges wölbe vorgefunden hätten. Bis jet habe ich jedoch hiers von noch nichts entdecken können.
Jedenfalls ift und bleibt die Fläche Dornburg eine Stelle von hohem Intereſſe und es dürfte der Mühe, der Zeit und Geldaufwandes Iohnen, die Forfchungen fortzus fegen und mit Energie zu verfolgen. Freilich dürften die Nachgrabungen, da die Fläche groß und das Wegräus men der Steinmaſſen befchwerlich und zeitraubend ift, nicht unbedeutende Opfer fordern; indeffen koͤnnten diefe Opfer reich entfchädigt werden.
Y?
Gefhichte der Stadt Lahnftein und der Burg Lahneck, von Herrn Kirchenrath Dahl in Darmſtadt.
ar ah uteın
In dem aͤußerſten Winkel des Ausfluffes der Lahn in den Rhein liegt am rechten Ufer des Festen Fluffes die Stadt Lahuſtein oder Lohnſtein, welche, zum Unters fchiede des weiter unten liegenden Dorfes Niederlahnftein, Dberlahnftein genannt wird. Diefer zur Seite, dicht au der Mündung der Lahn, fieht man auf einem Berge die Ruinen von Lahneck oder Lohneck, eines ebemali-
118
gen feften Schloffes, welches jedoch nicht fo alt ift, als die Stadt Lahnftein. Diefe war in früheren Zeiten ein Eigenthum des Niederlahngauiſchen Grafen Konrad Kurzpold (Curcipold), der in vielen Dingen ein Ges genftand der Bewunderung feiner Zeitgenoffen war. Geine Mutter Wildrut fchenfte, mit ihres Sohnes Bewillis gung, im Jahre 933 ein Fleines Landgut jammt Dem Zehenden zu Konftein an das Kloſter Seligenſtadt am Main, weldye Schenfung 8. Heinrich der Heilige im Jahre 1012 beftätigte. 4 Nach dem unbeerbten Abs fterben des gedachten Grafen im Sabre 948 *) wurde Lahnſtein wieder ein königliches Dominialgut, von wels chem ein Theil fchon vor den Zeiten Konrad Kurzpoldeg, im zehnten Jahrhundert von des Kaiſers Arnulph Ge mahlin Uta an das Erzftift Mainz gefchenft wurde, wie wir folches aus einer Urfunde bei Gudenus, in Codice diplom, T. I., p. 358, erfehen.
Diefe Schenfung gefchah nach dem Tode des Kaifers Arnulph zwifchen 900 und 911, und zwar an den Erz bifchof Hatto I. v. Mainz, welcher von 891 bis 913 regierte. König Ludwig, das Kind, von 900 bis 911 regierend, hatte diefe Schenfung beftätigt, aber nach deſ— ſen Tode ging letere für das Erzftift Mainz wieder vers loren, und dieſes blieb unter 8. Konrads I. Regierung völlig außemMWefis, bis endlich Kaifer Dtto der Große, auf Bitten des Erzbifchofes Willigis, bemeldetes Domis
) S. MWend, heil. Gefh. Urkk Buch I. S. 279, 280. »9 Konrad Kurzpold war nie verheirathet, denn er mochte Aepfel und Weiber nicht leiden.
119
nialgut ums Jahr 974 dem Erzftifte Mainz wieber refti- tuirte, worüber 8. Dtto II. im Jahre 978 die obgebachte Beftätigungsurfunde ertheilte, welche bei Gudenus, wie angegeben, zu lefen iſt. Im diefer Urkunde ift zwar nur von einem Hofe zu Lonftein (Curtis Logenstein) die Rede; es war aber dies ein Haupthof, zu welchem mehr andere Höfe, Kirchen, Gebäude, Aecker und Wie fen, Weinberge, Waldungen, Mühlen, Fifchereien und fonftige Nutzungen und Rechte gehörten, und ich irre wohl nicht, wenn ich alle die Höfe, Mühlen, Kirchen und Güter dahin rechne, welche vormals zum Kurmain⸗ zifchen Amte Oberlahnftein gehörten, und welche ich weis ter unten benennen werde.
Gedachter Haupthof blieb auch, wie es fcheint, von bemeldter Zeit an, ſtets bei dem Erzftifte Mainz. Gm Sahre 1108 beftätigte Bifhof Ruthard eine Ältere Schenfung des Erzbifchofse Wezelo — er regierte von 1084 bis 1085 — worin bejtimmt ward, daß den Brik- dern von St. Martin Cdem Domftifte) zu Mainz vier Sugläfte — quatuor Carratas — Wein von Lohnftein (Logenstein ) jährlich folltern gegeben werden, wozu Erzs bifchof Ruthard noch ein fünftes Faß Wein binzuthat. I
Erzbifchof Adelbert I! dab durch eine Urfunde v, J. 1128 bemeldtem Donftifte ſechs Zuglaft oder Zulaft Wein von Lonſtein jährlich zu beziehen. Im Sabre 1144 gab der Erzbifchof Heinrich I. dem Klofter Northeim jährlich ein Fuder Wein von Lonftein — aus Urfache, weil in Sachfen Fein Wein wachſe — wit der Bedingniß
— Guden. T 389.
120
jedoch, alle Jahre ein Jahrgedaͤchtniß für ihn, (den Ery biſchof) zu halten.
Derfelbe Erzbiichof beftätigt auch 1146, den Herrn und Brüdern des Domftiftes zu Mainz die fechd Zulaft Wein von Lanjtein (Logestein), welche feine Vorfahren dahin verwendet hatten. ')
Etwas fpäter fommt auch das St. Mauricienftift zu Mainz im Beſitze eines Hofes zu Lonftein vor. Ders felbe war im Sabre 1181 fehr zerfallen, daher ihn der Probft des bemeldten Stiftes, Herrmann an einen ges wiſſen Gottfried zu Lehn übergab, mit der Bedingniß, ihn wieder aufzubauen. ?)
Simon, Graf von Toggenburg, hatte das Schen⸗ fenamt des Erzitiftes Mainz im Befige und zwar als Erbfchaft von feinen Voreltern. Al Dienftlehn hatte er, fo wie feine Vorfahren, die zehnte Karrate Wein jährlich von allem Weinertrage im ganzen Erzfiifte zu beziehen. Da diefer Bezug für den Grafen fehr bejchwerlich war, fo verordnete Erzbifchof Konrad J. von Mainz durch eine Urfunde vom Zahre 1196, daß genannter Graf jährlich 40 Karraten Wein zu Lonftein aus des Erzbifchofs Domi- nialhofe zu beziehen haben folle. I
Aus diefem allen ift erfichtlich, daß die Güter, welche das Erzftift Mainz ſchon frühzeitig zu und bei Lahnftern befaß, fehr bedeutend gemefen find. Demungeachtet hats ten die Erzbifchöfe von Mainz zu jenen Zeiten weder eine
) Guden, I. 163, 181.
) Joannis, S, R. M. II, 706. ) Schunck, Cod. dipl. p. 3.
121
geiftliche noch weltliche Serichtsbarfeit zu Lahnſtein. Er jtere hatte das Erzitift Trier, und leßtere war den Gras fen des Einrichs eigen. Sn der Folge fam diefe an die Grafen von Arnftein, und Ludwig Graf von Arn— fein war im Jahre 1139 im Befige derfelben, refignirte fie aber den Herren von Sfenburg, welche ſolche an die Grafen von Naffau und vou Kabenelenbogen in der Folge verkauften. ) Späterhin, und zwar nad) der Wahl des Kaifers Adolph von Naffau, befam der Erz bifhof Gerhard II. von Eppenftein, das Vogtei— recht über Lanftein mit allen Zugehörungen auf Lebens— Länge von bemeldtem Kaifer, im Sabre 1292, und wurde der volle Befig von Lanftein dem Erzftifte vom Kaifer Karl IV. bei der Wahl des römifchen Könige Wenzel im: Sahre 1370 beftätiget, wie wir folches bei /Vürdiwein, in Diplomat. Mog. I, p. 28, und in Trithemii Chronico Hirsaug, T. II, p. 259, leſen. Was indeffen das letztere betrifft, wovon Trithemius fpricht, fo kann folches nur eine erneuerte Beſtaͤtigung gewejen feyn, denn im Jahre 1324 gab bereits der Kaifer Ludwig von Baiern dem Erzbifchof Mathias von Mainz der Stadt Lonſtein die Freiheiten der Faiferlichen Stadt Frankfurt mit allen Rechten derfelben, in dem ganzen Umfange ihres Ge bietes. Dreißig Jahre nachher (1354) verfegte der Erzbifchof Gerlad) das Schloß Laneck und die Stadt Lanſtein mit aller Zugehörde an den Erzbifchof Wiljelm von Köln für 10,000 Gologulden, um damit die dem Domprobfte Kuno von Falfenftein verpfandeten Schlöffer und andere
R Kremersd Naf. Gef. Urkk. Bud, ©. 370.
122
erzftiftifche Beſitzungen wieder einzulöfen. D Die Stadt Lahnftein muß alfo fchon damals und früher ganz dem Erzitifte Mainz eigen gemwefen ſeyn, was auch fehr deut- lich aus zwei Urfunden vom Jahre 1300 erhellet, worin Lonftein des Erzbifchofs Gerhard Eigenthum („opidum suum‘‘) genannt wird. ?)
Al der Erzbifchof Mathias 1398 geftorben war, entjtand ein großer Streit zwifchen dem Pabſte und dem Domkapitel wegen der Wahl eined neuen Erzbifchofes. Das Domkapitel poftulirte zum zweitenmale den Kurfürs ften Baldewin von Trier zum Adminiftrator des Erzs ftiftes Mainz, dagegen fette der Pabft den Grafen Hein rich von Virneburg zum Erzbifchnfe. Drei Jahre dauerte der Streit, bis endlich der Pabſt in die Adminiftration einwilligte, und Erzbiſchof Balduin die Verwaltung des ganzen Erzftiftes übernahm. Endlich zog fich Balduin von der Adminijtration freiwillig zurüd, und Heinrich ers bielt im Jahre 1337 die Zügel der Regierung. Dies ges ſchah aber eher nicht, bis er dem Domkapitel verſprach, dem Damals vom Pabſte ercommunieirten Kaifer Ludwig beizupflichten, was nämlich auch das Domfapirel that. Dadurch hatte freilich gedachter Erzbifchof fich eines Un— dankes gegen den Pabſt fchuldig gemacht, indem er die Partei des von demfelben mit dem Bann belegten Kaifers Ludwig ergriff, er konnte e8 aber nicht wohl anders machen, wenn er nicht ferner des Befikeg der Erzbifchüfs lichen Lande und der Negierung fich beraubt ſehen wollte.
?) Guden. III, 215, Hürdtw. N, Subs, Dipl. VI, 37. ’) Würdzw. Diplomat I, 9ı, 92.
123
Um aber verfichert zu feyn, daß Heinrich auch das dem Kapitel gegebene Verſprechen halte, jo mußte ſich diefer Erzbifchof gefallen Iaffen, daß das Domkapitel zu feiner Sicherheit ſechs feſte Burgen und einige Städte in Hin ben behielt, nämlich Oppenheim, Bingen, Chrenfelg, Starfenburg, Laneck mit Lonjtein und Wildenberg, worüber das Domkapitel am 2. Suli 1337 einen Re vers augftellte, Cvid. Joannis I, p. 657, nota 1.) Su dem Reverſe, welcher bei MVürdiwein, in Subsidiis Diplom, T. IV. pag. 286 und 289, in zwei Urkunden zu leſen ift, wurde bedungen, daß das Domkapitel jene Burs gen und Städte fo lange im Befise behalten folle, bis der Erzbifchof des Pabftes Verzeihung und Huldigung wieder erworben haben würde. Sm Sahre 1371, nach dem Tode des Erzbifchofs Gerlach, ward Adolyh, Grafvon Naſ⸗ fau von dem Domkapitel zu Mainz zum Erzbifchofe ges wählt, aber vom Pabfte nicht anerfannt, der dagegen den Grafen Johann von Linwey (Ligne), Bifchof von Straß burg zum Erzbifchof von Mainz beftimmte. ALS diefer im Jahre 1373 jtarb*), poftulirte dag Domkapitel abermals den Grafen Adolph von Naffau, aber Pabft Gregor X. beftellte den Markgrafen Ludwig von Meißen, Bifchof zu Bam—
*) Erftarb am 4. Aprilzu Elt vill an Gift, wieman glaubte und wurde in der Abtei Eberbach begraben. Gein Eritaph fleht im Chor der Kirche, zwifchen dem ſchönen Grabmalern Gerlachs und Adolphs II. von Naflau, umd führt die Umſchrift: Ao. Domini MCCCLXXIN. pride nonas aplis obiit Reveredus in Xpo Pater Dns Johanes Ar chiEps Mogutn.cuj. ala requiescat in sca pace amen.
v9.
124
berg, zum Erzbifchof von Mainz. Lesterer Fam aber nie zum Befige, fondern es führte der Graf Adolph, ald Ads miniftrator des Erzftiftes, das Regiment, bid er im Sabre 1379 den Titel eined Erzbifchofes vom Pabft Ele mens VII. erhielt, den er jedoch ſchon früher führte. Seine eigentliche Regierung füngt jedoch erft im Jahre 1381 nit dem befannten Vergleich an, der mit dem Pabfte Urban VI. gefchloffen wurde (v. Gud. III. 534.)
Wir haben von diefem Adolph einen Brief vom Jahre 4374, worin er beurfundet, daß das Domfapitel zu Mainz feine Einwilligung dazu gebe, daß er (der Adminifirator) wegen den großen Koften, Zehrungen und Arbeit, die er für das Stift verwenden muͤſſe, des legterm Schloffe, Güls ten und Gefälle bis auf 20,000 Gulden verfegen, vers pfünden oder wiederfäuflich verkaufen Tonne, jedoch alfo, daß er die Burgen und Städte Laneck, Lanſtein, Klopp, Bingen ꝛc. (ed werben deren noch weiter dreizehn genannt) an Niemand anders, ald an tes Stiftes Kapir tularen oder an des Stiftes Männer (Lehnsleute) Burg, mannen und Dienftleute — die Renten und Gefälle aber nad; Belieben, verfegen ꝛc. fünne, bi auf die Summe von 20,000 Gulden, und diefelbe in den Nugen des Stifte zu verwenden. *) Diefer Vergleich wurde im Gahre 1379 dahin abgeändert, daß das Domkapitel ſich den Befik des Schloſſes Laneck und der Stadt Lanftein, fo. lange Adolph lebe, vorbehielt.
Kaifer Wenzel wurde befanntlich im Sahre 1376, noch bei Lebzeiten feines Vaters, Kaifer Karls IV, zum
!) Würdtw, N. S, Dipl. T. IX p. 216.
125
römifchen Könige gewählt, und fam im Jahre 1378 zur Regierung. Diefe fiel jedoch fo übel aus, daß die Kurfürs ften fich genöthigt fahben, auf Wenzels Abſetzung zu den— fen. Sie famen zur beftimmten Zeit, im Sahre 1400 zu Oberlahnſtein zufammen, wohin fie den Kaifer befchies den hatten, fich gegen die wider ihn erhobenen Klagen zu verantworten. Zehn Tage warteten die Kurfürften verges bens auf Wenzeld Ankunft; fie verfammelten fich daher, außerhalb der Stadt Lahnitein bei einer Fleinen Kapelle, faßen dort zu Gericht, und fprachen durch den Reichs— erzfanzler am 20. Auguſt 1400 uͤber Wenzel das Abſetzungs urtheil aus, und erklärten das Reich für erledigt.) Am folgenden Tage wurde Pfalggraf und Herzog Ruprecht aufdem Königftuhl zu Nenfe Oberlahnftein gegenüber) zum Könige gewählt, welcher aber noch bei Lebzeiten Wen- zeld im Jahre 1410 geftorben ift. Die desfallfige Urkunde wurde zu Lahnſtein am 21. Auguft ausgeftellt. *)
In der unglücfeligen Fehde der beiden Kurfürften von Mainz, Diether, von Sfenburg und Adolph II. von Naſſau, welche nach der Abſetzung des erfteren 1461 ihren Anfang nahm, wurde die Stadt Tahnftein hart mitgenom— men. Diefelbe war dem rechtmäßig gewählten Erzbifchofe Diether, gleich mehreren andern Städten des Landes, treu
ı) Würdtw. N. S, Dipl. T. II. pag. 394. Lünnigs Reichs— archiv, parte spec. I. Abtheilung, p. 222 ıc.
2) Der deutſche Gefhichtfhreiber Schmidt hat Unrecht, daß er die Abfegung Wenzeld, als auf dem Konigftuhle zu Renſe gefhehen, angiebt. Bei den angegebenen Aus toren, bei Trithemius und andern findet man das Ge— gentheil.
126
geblieben. Adolph hatte fich gegen diefe mit flarfer Heeress macht gerüftet. Unter feinen Verbündeten war auch Johann Erzbifchof zu Trier. Im feinem Solde ftand Reinhard, Abt von Fuld, und zum oberfien Feldherrn oder Feld- hauptmann beftellte er Alwichen, Grafen von Sulz, mit vollfommener Gewalt zu Brandfchatung, Fehligung und Tröftung (Sicherheit und Schußbriefe). Der erfte Verfuch ward auf Schloß und Stadt Lanftein gewagt. Johann, der Erzbifchof von Trier, belagerte diefelbe. Starke Mauern und fefte Thürme befchüsten fie. Die Einwohner hielten alle Zugänge beſetzt. Muthige Ausfälle thaten dies felben, und zwangen die Belagerer zum Abzug: Das zweitemal waren diefelben nicht glücklicher, der Erzbifchof Johann mußte mit Befchämung von dannen ziehen; die Lahnfteiner aber ftelen in das Trier’iche und nahmen Rache.
Adolph hatte die Huldigung im Rheingau empfangen. Don da begab er ſich auf das Schloß Lahneck in dem Wahne, durch feine Gegenwart die Bürger zu Lahnftein gejchmeidig und unterwürftg zur machen; aber — er hatte fi) verrechnet, die Treue der Lahnfteiner an Diether war fo feft wie ihre Mauern, und Adolph Eehrte unmuthig nach Eltvill zurüd,
Nach der ſchrecklichen Kataftroyhe, die der 28. Octo— ber 1462 herbei führte, wo die Stadt Mainz von Adolph mit ftürmender Hand eingenommen, geplündert, zum Theil verbrannt und viel Bürgerblut vergoffen wurde, Fam es zwifchen beiden Parteien im Sahre 1364 erft zum Vers gleid;, dann zum fürmlichen Frieden, und an dem nämlis hen unfeligen 28. October 1463 fam die feierliche Abtre— tung des Kurfürfientbums, von Diether an Adolyh, zu
127
Frankfurt zu Stande. Diether trat Adolphen das ganze Land, mit Ausnahme der Städte Höhft, Steinheim und Dieburg ab, und wurden leßtere mit allen zugehös rigen Dörfern, Einwohnern, Rechten, Renten und Ges fallen, Dietbern auf feine ganze Lebenszeit zum ruhigen Beſitze überlaffen. Adolph übernahm alle Schulden Diethers, und uͤbermachte dieſem fogleich 5000 Gulden, und wies dieſelben auf den Zoll zu Lanſtein an. Bis zur gaͤnzlichen Berichtigung aller Schulden hatte er ihm Schloß und Stadt Lahnſtein, ſammt dem Zolle daſelbſt, pfandweiſe verſchrieben. )
Diether lebte nun, ohne Antheil an der Regierung zu haben, 13 Jahre lang im ſtillen Genuſſe der ihm ange— wieſenen Einkuͤnfte, und hielt fich oft und gern zu Lahn— ftein auf, wo dad Schloß Lahneck wegen feiner ange nehmen Lage ihm vor allen wohl gefiel. Er ließ an dem Scloffe und der Schloßfapelle manches verbeſſern, und erfteres mehr befeftigen. Bon ihm wurde das Thor zur Dftfeite des Schloffes nahe an der Schloßfirche neu er- bauet, wie das an der Pforte befindliche Wappen Dies thers von Sfenburg beweift.
Nach Adolphs Tod 1475 *), Fam Diether wieder zur *) Helwich de dissidio Mag. und das ſchöne Werk: Diether
von Iſenburg ıc. II Bande 1789.
*) Er ftarb zu Eltvill am 6. September. Auf feinem oben gedachten Grabmal zu Eberbach lieft man: Anno Dni Mil- lesimo quadrigetesio se ptuagesio quito sexta mensis Septem- bris obiit Reverndissim’ in Xpo Pater et Dns s Secudus Dns Adolffus ArchiEp’ Magotinensis cuj’ anima regescat in pace ame, dv. 9.
128
Regierung, lebte noch bis 1482 und ftiftete viel Guted in feinem Lande, Schloß, Stadt und Amt Lahnftein blies ben in der Folge ungeftört bei dem Erzftifte Mainz, bie endlich folches alles an das Herzogliche Haus Naffau fam, und num einen Theil des Amtes Braubach aus macht.
— 2b u.2 0.
Diefe alte, ehemals erzbifchöffichh und Furfürftliche Randesfefte thront der Stadt Lahnftein gegenüber, am Ausfluffe der Lahn in den Rhein, auf einem ziemlich hohen und jrilen Berge. Sie diente vorzüglich zur Bes ſchuͤtzung des zu Lahnſtein angelegten Rheinzolles, dann auch zum zeitlichen Aufenthalte der Erzbifchöfe, wovon mehrere gern dafelbft verweilten. Die eigentliche Zeit ih» rer Erbauung ift zwar ungewiß; daß aber folche die Tempelherren follen bewohnt haben, nad) deren Un⸗ tergang und Bertilgung folche verheert worden ſey — ift eine Fabel. Mit weit mehr Grund fann man annehmen, daß das Schloß Lahneck oder Lohneck am Ende dee dreizehnten Sahrhunderts, und zwar vom Erzbifchofe Gerhard von Mainz, der im Jahre 1289 zur Regie rung fam, erbaut worden ſey.
Kaifer Adolph von Naſſau, vwelcher feine Erhebung auf den deutfchen Königsftuhl vorzüglich dem bemeldten Erz- bifchofe zu verdanfen hatte, begnadigte denfelben fehr reichlich für feine Berwendung, und gab demjelben unter andern im Sabre 1292 den Friedezoll zu Boppard, verfprach ihm auch, nad) allen Kräften bei den Neichsfürften es dahin zu bringen, daß jener Zoll nach Lahnſtein verlegt werde,
129
und zu ewigen Zeiten bei dem Erzfüifte bleibe. Letzteres geſchah jedoch zu Lebzeiten des Kaifers Adolph nicht, fons dern erſt König Albert verlegte, aus Föniglicher Machts vollfommenheit den Friedezol von Boppard nach Lahn» ftein und bejtätigte im Sahre 1298 dem Erzfüifte dei Beſitz auf ewig. *) Indeſſen hatte ſchon obiges Verfpres chen, fo wie bie Ertheilung der DVogtei über Lahnftein vom Kaifer Adolph im Fahre 1292, den Bifchof Gerhard II, dahin bewogen, zur Beſchuͤtzung dieſes Befiged die Feſte Lahneck zu erbauen und in guten DVertheidigungsftand zu fegen. Urkundlich fommt die Burg Lahneck (Laneche) erft im Jahre 1295 vor, wo Sohann Graf von Sayn einen Revers ausftellt, daß ihn fein Vetter, der Erzbis {hof Gerhard von Mainz zum Erbburgmanne auf der Seite Lahneck Cin Castro Laneche) beftellt habe. Er verfpricht zugleich, alle einem Lehens- und Burgmanne aufliegenden Pflichten getreu zu erfüllen, auch, wenn es nöthig fey, in der Burg zu wohnen. Auch befennt Graf Wilhelm der jüngere von Kasenelenbogen im J. 1296, baß er des Erzbifchofes Gerhard und des Erziliftes Burgmann auf der Burg Lane geworden ſey. Im Sabre 1316 beurfundet Dietrich, Herr von Runfel, daß er des Erzbiichofes Peter freier Burgmann (ledig Burgman) auf deffen Burg Lane geworden fey, wofür er 200 Mark Heller, aus dem Zolle zu Lahnftein zahl bar, erhalten folle. ) Der Kurverwalter, Erzbifchof Baldewin von Trier, gab im Sabre 1336 das Burg-
) Guden. C. D. T. 1. 863, goı. Würdiw Diplom, I. p. 29: ?) Würdtw, Dipl. I, 67, 68, 205. 9
130
lehn zu Lane, welches früher Jacob von Geifens heim von dem Erzftifte Mainz gehabt hatte, dem Boes mund von Geifenheim, nad) derfelben Burg Recht und Gewohnheit.) Im Jahre 1354 ward bemeldte Burg fammt Lahnftein an den Erzbischof von Köln verpfändet, wie wir fehon gehört haben. Einen Burggrafen zu Lahneck trifft man in einer Urfunde des Kaifers Karl IV. v. 5. 1378 an. Später, 1425, erfcheint der Nitter Gilbert von Schönborn als Amtmann (Offciatus) in Sahne, Lahnftein und Daufenau. ?)
Oben fihon haben wir gehört, daß der Erzbifchof Jo— bann von Trier, ein treuer Bundesgenoffe des Erzbis fchofes Adolph, in der Kurfehde war, und auch in des legteren Namen die Stadt Lahnftein — aber vergebens be; lagerte. Für feine Dienfte gab ihm der Erzbifchof ein Viertheil des Zolles zu Oberlahnftein. Es war aber das Schloß Fahne, fo wie die Stadt Lahnftein und der Rhein; zoll, von bemeldtem Kurfürften Adolph, feinem Neffen Diethern von Sfenburg ſchon früher verpfändet worden. Um nun in feinem Antheile des Zolles nicht gefährdet zu werden, fo verfprach der Erzbifchof Johann durch eine fererliche Urfunde 1464, den Grafen Diether in feinem Beſitze ruhig zu belaffen, ja, ihn auch gegen alle fremde Singriffe zu befchügen und zu vwertheidigen, wogegen bes meldeter Graf verfprechen mußte, dem Erzbijchofe den vierten Theil des Zolles ungeftört beziehen zu laſſen. 9)
1) Gudenus. Cod, dipl. UI. 294. 2) Gudenus, Cod, dipl, IV. 33. ?) Guden. C, d. V, 1066.
131
Im. Jahre 1484 Teiftet Engelbrecht von Stein, Amtmann zu Lane und zu Lanftein dem Erzbifchofe Berthold die Huldigung und dem Domfapitel die Erbpul digung. 9)
Sn der Folge kommt von dem Schloffe Laneck weiter nichts befonderes mehr vor. Der Amtmann (1497 war es ein Adelicher von Huchelin) und der Schloßfaplan wohnten auf demfelben, bis endlich der Amtmann feinen Sitz in der Stadt erhielt, und der Gottesdienft vom Schloſſe in die Pfarrkirche verlegt wurde. Doch ftand noch im Sahre 1646 die Burg Lahneck in voller Rüftung und war bewohnt, fam aber, als Ietteres aufhörte, nach und nad in Verfall und ift nun eine Ruine. ?)
Außer der Burg Laneck war aber noch eine Burg fin der Stadt Lahnftein felbft, die vielleicht Alter war, alg die Fefte Fahne, und theilweife noch am obern Ende der Stadt fihtbar iſt. Diefelbe diente big in die neueften Zeiten zur Wohnung des Beamten. In derjelben wurde auch eine Nente erhoben, welche die Rente Loneck ge nannt wurde, vermuthlich weil fie früher auf dem Schloffe Lone haftete. In der Folge Fam diefelbe nach Mainz, und dauerte dafelbft bis in die neueften Zeiten fort, je doch nicht mit dem nämlichen Gefchäfte. Die Burg in
2) Bodmann in Cod. dipl. T, V. 437.
2) Sn Merians Topographie des Mainzer Kurftaates ©. 17: ift eine ſchöne Abbildung des Schloſſes Lahneck, der Stadt Pahnftein und der Umgegend zu finden — Bon der Ruine Sahne fol fpäter Grundriß und Anficht mitgetheilt werden.
d. 9.
132
ber Stadt Lahnſtein hatte ihren Burggrafen und ihre Burgmänner, wie die Feſte Lahneck. So jehen wir aus einer Urfunde des Erzbifchofes Peter von Mainz vom Sabre 1310, daß derfelbe den Grafen Diether von Kasenelenbogen und den Edelknecht Friedrich von Greis fenflau zu Burgmännern in feinem Flecken Lahnſtein Cin- opido suo Lainstein) angenommen habe. Sn der Urs kunde kommen ald Zeugen vor : Friedrich Burggraf in Lars ftein, und Sacob genannt Bube (Bumwe) Burgmann dafelbft. Desgleichen befennt auch in einer Urkunde yom nämlis chen Sabre Rupert, der fich nennt: von Gotted Gnas den Graf von Virneburg, daß er des Erzbifchofse Per ter und des Erzftifted Mainz Erbburgmann in beffen Flecken Lahnftein, um 250 Mark fölnijcher Denare, ges worden fey. Ferner beurfundet Dietrich Herr von Kems ying 1311, daß er von dem Erzbiichofe Peter 300 Mark Fölnifcher Denare erhalten habe, und defjelben Burgmann zu Lahnftein geworden fey. ')
Sm Sahre 1312 ftellte Johann, genannt Schil— ling eine Urfunde aus, worinn er befennt, daß ihn der Erzbifchof Peter zu feinem und des Erzſtiftes Erbburgs mann in Lanftein und Laneck aufgenommen und ihm 40 Mark, jede zu 36 Schillinge gerechnet, gegeben habe. Demfelben Sohann Schilling, einem Ritter, gab Hein» rich, der Dechant des Stiftes St. Mori in Mainz, einige, dem Stifte zugehörigen Guter in Lanftein, als Erbzinsgut zu eigen. Wilhelm, Graf von Kabenelens bogen bezeugt durch eine Urfunde vom Jahre 1312, daß
») Würdtw, Diplom, I, p. ı8, a1, 3$.
133
er von dem Erzbiichofe Gerbard für 600 Mark koͤlni— feher Denare ein Burglehn bei der Burg Lahnſtein erhal ten, und dieſes von dem rzbifchofe Peter erneuert worden ſey.) Im Jahre 1434 beurfundet Erzbifchof Dietrich von Mainz, daß er dem Johann von Eyr nenburg, Herrn zu Landesfron, zu rechtem Burglehn geliehen habe 20 Gulden Geldes, jährlich auf St. Mars tindtag auf dem Zolle zu Lahnſtein fallend, und von dem dortigen Zollfchreiber zahlbar, wofür er des Erzſtiftes Burgmann zu Labnftein ſeyn folle.?) Nach diefer Zeit hört man von Burglehen zu Lahnſtein nichts mehr.
Bon dem Rheinzolle zu Lahnſtein ift noch folgendes zu bemerfen: Wir haben oben gehört, daß der Friedezoll zu Boppard durch Faijerliche Freigebigfeit nach Lahnſtein und an das Erzftift Mainz fam. König Albrecht hatte legterem den Zoll im Sahre 1298 auf ewig beftätigt. Demungeachtet hatte er denfelben bald hierauf wieder ar ſich — und dem Erzftifte entzogen. Pabſt Clemens V. bes ftätigte jedoch im Jahre 1301 dem Erzbifchofe Peter den Zoll zu Lahnftein, den die römifchen Könige Adolph und Albrecht dem Erzbifchofe Gerhard, mit Einwilligung der Kurfürften gefchenft hatten, welcher aber hernach vom Könige Albrecht demfelben Erzbifchofe ungerechter Weiſe wieder entzogen worden. ) So weit war damals die Macht des Papſtes geftiegen, daß er es wagen durfte, des deutfchen Reiches Eigenthum, dem zu geben oder zu—
1) Würdtw, Diplom, II. 36, 40 — Guden, III. 940. 2) Guden, C. d. IV. 215. 2) Guden. C.d. Ill. 40.
134
beftätigen, deffen Anfprüche ihm rechtmäßig dünften. Auch war deſſen Beftätigung nicht ohne Wirkung, denn es kam Erzbiſchof Peter wirklich in den Beſitz des gedachten Zolles, wie aus einer Urfunde vom Jahre 1314 erbellet, worin Herzog Ludwig von Baiern Furz vor feiner Wahl zum römifchen Könige, dem Erzbijchofe Peter verfpricht, denfelben, fobald er König würde, in den Beſitz des Zol⸗ leg zu Ranftein wieder einzufegen. Daß Died auch gefches ben fey, wird ung durch eine Urkunde vom Sabre 1318: gewiß, worin Erzbifchof Peter bejcheiniget, daß durd; den neuen Zoll zu Lahnftein, der zum Beften des römifchen Kös nigs Ludwig aus großer Noth eingeführt worden (zu Boppard nämlich) dem Erzftifte Mainz Fein neues Recht zuwachfen folle, doch mit Vorbehalt des alten Zolles, den dag Erzftift daſelbſt ſchon lange beſitze.)
Nach einer Rechnung, welche der Zollſchreiber, Paul von Geiſenheim, dem Erzbifchofe Heinrich III. von 1340 bis 1342 abgelegt hat, beftand die ganze Einnahme vom Zolle zu Lahnſtein in 1145 Pfund, 7 Schillinge und 2 Grofichen Turnos. In einem Jahre alſo betrug derfelbe beiläufig 560 Pfund. Damals betrug das Pfund Heller, nach dem heutigen Werthe des Geldes im 24 Guldenfuße, 42 fl. Bemeldte 560 Pf. waren alfo gleich 6720 Guls den. ?)
Sn Schunfs Codice dipl. ift S. 61 eine Red nung zu finden, welche der obgedachte Zollfchreiber Paul
1) Guden, III, 98.— Hontheim Hist. Trev. II. 98.
2) Archivalnachricht. ©. fodann meine LorfhersBefhrei« bung, Urk. Bub, ©. 157, 158.
135
im Sahre 1344 aufgeftellt hat, über Auslagen, die er aus der Zollfaffe machen mußte, für die Freunde des Erzbis ſchofs Heinrich III. die mit ihrem zahlreichen Gefolge in vier; maligem Eſſen aufgezehrt hatten, 16 Dchfen, 22 Schweine, 140 Stüf Hihner und Hahnen, eine Menge von fonftis gem gebadenem Fleifch, von Fischen, Eiern, Zugemüß ıc,, welches alles zufammen Foftete 5 Pfund, 17 Schillinge und 12 Heller, d. i. ungefähr 65 fl. Die übrigen Ausgas ben im Hins und Herwege betrugen für allerhand Frucht, für Wein, Heu, für die Küche, für 5 Tonnen Heringe, für Käfe, Lichterrc. ungefähr 14 Pf. oder 168 Gulden. Das ift num alles, was ich vom alten Nheinzolfe zu Lahn ftein weiß.
Der Zoll und das Amt Lahnftein hatten in den letter ren mainzifchen Zeiten einen adelichen Amtmann, einen Amtsverwefer und Zollfchreiber, einen Zollbefeher und Zolls nachgänger, einen Zolthürmer u. ſ. w. Von der Stadt Lahnſtein muß ich noch folgendes bemerken. Sn ber felben ift eine Pfarrkirche und Pfarrei, welche zum Bisthume Limburg und zum Sandfapitel Montabaur gehört, Auch hat die Stadt ein Hofpital. Eine neue Ordnung erhielt die Stadt in den Sahren 1505 von dem Kurfürften Ja⸗ cob, 1517 von Albrecht, und 1546 von Sebaftiam, Diefelbe find in extenso bei Bodmann in Codice dipl. T. V. und VI, zu Iefen. Die Gegend um Labntein ift gegen den Rhein hin eben und hat fehr fruchtbares Feld, fonft aber. ift fie gebirgig und befteht meift aus Ge⸗ büfch und Waldungen. In diefem Gebirge find einige Eis fens und andere Bergwerfe, welche jedoch in früheren Zeis ten mehr im Gange waren ald gegenwärtig. Befonders
136
merkwuͤrdig ift ein ehemaliged Silberbergwerf, wel ches im Anfange ded bdreizehnten Jahrhunderts entdeckt, und von dem Kaifer Friedrich im Sabre 1219 dem Erzbifchofe Siegfried von Mainz, in deffen Grund und Boden Cim Berge Difendal bei Lonftein) ſolches fich befand, überlaffen wrrde. ) Auch zwei Mineralquellen und Sauerbrunnen beftehen nahe bei der Stadt Lahn ftein, desgleichen auch eine Salzquelle.
Zum Schluffe diefer Abhandlung muß ich noch des Zus gehörs zum vormaligen Amte Lahnſtein oder Ober» labnftein erwähnen, wovon man nur wenige oder gar feine Nachrichten findet.
In dem Staats: und Adreßhandbuche des Herzogs thums Naffau vom Sahre 1827, welches ich vor mir babe, wird die Stadt Oberlahnſtein und ihr Zugehör zu 361 Familien und 1515 Einwohnern angegeben. Al Zugehör wird folgendes benennt: »Bieberich, Buchenberg, Buchholz, Doͤrſtheck, Grenzloch, Kirchheimersborn, main⸗ zer Haus, Neuborn, Spies (katholiſche Pfarrei), Deutfchherrnhütte, Wintersberg, Zollgrund, Hütten und Hammerwerf zu Ahl, Marienfapelle, zwei Sauer brunnen und fünf Mühlen.» Eine Archivalnachricht giebt dad Zugehör der Stadt und des mainzifchen Amtes Oberlahnſtein folgendermaßen an:
1. Schloß Laneck.
2. Die Ueberfahrt über die Lahn mit einem Zollbaufe Niederlahnftein gegenüber.
3. Buchenberg oder a ein Kamerals
») Guden. I. 465.
137
Erbbeftandshof, eine halbe Stunde von Bad Ems ent legen.
4. Aal hof an der Lahr, nebft einer Eifenhütte und Eis fenbergmerf.
5 Buchholz oder Buchhorft, zwei der Stadt Lahır ftein zuftändige Höfe, 2'/, St. von derjelben entlegen. 6, Durſtheck, ebenfalld zwei ftädtifche Höfe, 3 St. von
Lahnftein, 2 von Naftätten gelegen.
7. Grenzloch, wieder zwei ftädtifche Höfe, 1'/, St. von Lahnſtein und nahe bei dem Dorfe Fruͤcht gelegen. 8. Kirfhermerborn, abermals zwei ftäbtifche Höfe, 2 Stunden von Lahnftein oftwärtd an der Lahn Lies
gend,
9, Forft, ein Dominials Erbbeftandshof im fogenannten - Zollgrunde, nebft einer Mühle am herrfchaftlichen Zollwalde.
10. Der h. Geiſtberg, einem Herrn von Conetti ehe mals gehöriger Hof.
11. Hermesput, ein dem beutfchen Orden zugehöriger Hof.
12. Wintersberg, Hof, ehemals den Herrn von Düne wald zu Mainz gehörig, gegen dem Bade Ems über.
13. Neuborn, zwei der Stadt Lahnſtein gehörige Höfe.
14. Die Spießhöfe oder auf dem Spieß, der Stabt zuftändig, gegen dem Dorfe Ems über. Dabei liegt:
15. das fogenannte main zer Haus nebft einer Pfarr» firche und einem Pfarrbaufe, deffen Pfarrer bie umliegende Gegend, fo wie die Katholifen in Bad» und Dorfs Ems zu beforgen hat.
133
Endlich 16 Liegen noch drei Mühlen im vormaligen Amte
Lahnſtein, nämlich eine an dem Muͤhlbache unweit
Frucht, und zwei. an der Lahn.
Hieraus fcheint hervor zu gehen, daß der oben ges nannte Hof Biebrich erſt in neueren Zeiten entitans den it. Die Marienfapelle ift vielleicht auch neues ren Urfprungs, was ich jedoch nicht weiß. Sie fteht nahe bei Kahnftein und den Minisalbrunnen,
Ob von den, im mainzer Verzeichniffe enthaltenen Hd» fen einige etwa ausgegangen find, iſt mir ebenfalls uns befannt,
— ———
9.
Bericht*) über die Ausgrabungen am Hollerborn bei Dotheim, von Herrn Pfarrer Luja dafelbft.
Ich bechre mich, über die Refultate der vermöge Vors ftandesbefchluß von mir geleiteten Nachgrabungen am Hollerborn, fchuldigen Bericht zu erftatten.
Die Veranlaffung zum Borjchlag einer Unterfuchung diefer intereffanten Stelle, gaben mir theild die durch Eandleute zufällig herausgepflügten Bruchſtuͤcke römifcher Gefäße und Backſteine, (darunter einer mit einem unleferli chen Legionftempel), welche mein antiquarifches Auge auf
*) Aus meinem ausführliheren Vortrag in der Generalver: fammlung des Bereind am 28. Mai 1826.
139
den Aeckern, nahe am Bizinalwege zwifchen Dotzheim und Wiesbaden entdeckt hatte, theils eine Nachricht in Schenk's Befchreibung von Wiesbaden, worin er am führt: „daß man au dem Hollerborn im Wiesbader Felde noch; vor Kurzem (cd. h. vor 1755) Spuren von einem vormals dafelbft geftandenen Gebäude gefunden hätte, Ob aber dafjelbe ebenfalls vor Zeiten eine Feldfirche, oder fonft ein anderweitiges Gebäude geweſen ſey, ließe fich aus Mangel weiterer Nachrichten nicht behaupten.“ Der Pak felöft muß ihm unbekannt gewefen ſeyn, weil er ihn nicht genau angiebt. Was die Dertlichfeit anbelangt, fo ift Dogheim 45 Minuten von Wiesbaden entfernt. Nach Zus rüclegung von 15 derfelben gelangt man von Dosheim aus, an.einen Kreuzweg, von wo man vorwärts, rechts und links weitgedehnte Ackerfelder überfieht, welche fich allmählig in den anmuthigen Grund verflächen, worin Wiesbaden liege, Uugefähr 80 Schritte vorwärts dem Kreuzweg auf dem fehnurftraden Vicinalwege nach Wies— baden, ift man auf dem fraglichen Punct angefommen, wo Links ungefähr 400 Schritte von diefem Wege ents fernt, die ergiebige Hollerbornquelle entfpringt. Ueber— dieg war meine Aufmerkſamkeit ſchon laͤngſt auf den Moe. bacher Holzweg gerichtet, welcher unſern Bicinalweg, durchkreuzt, und deffen Anlegung in die Alteften römifchen Zeiten zu fegen if. Denn nad) der urfprünglichen Gaus verfaffung der alten Deutfchen zieht er augenſcheinlich auf einer Negenwaffericheide, wo fein Waffer ftehen bleibt, fondern nach beiderfeitigen Thälern abfchießt, vom Mos— bacher Wingertsberge nad; dem Ghauffeehaufe auf der Schwalbacher Straße hin, und iſt einer der bequemſten
140
Fuhrwege von Mainz aus über die Höhe. Zwiſchen Moss bach und dem Kreuzwege bei Dotzheim befinden fich heute noch Spuren alter Verſchanzungen, am Holzwege ſelbſt. Hin und wieder ift er aud) eben fo tief ausgefahren, wie bei der Armenruhmühle, wo er zum erfienmal bergan feige. Im Dosheimer Felde, näher nach) dem Kreuzweg bin, fand ich auch fihon früher mehrere Spuren alt deutfcher Gefäße, die von Zeit zu Zeit herausgepflügt wurden. Noch mehr erwedte in mir den Wunfch, eine Nachgrabung zu unternehmen, ein Aufſatz im literarifchen Nachlaſſe des Inſpectors Kraus, der ſchon früher den Mosbacher Holzweg für eine uralte Handels» und Heer ftraße "erkannte, welche die Römer vorgefunden und als fehr bequem zu Krieg und Handel benust hätten.” Außer den angeführten altgermanifchen Gefäßen habe ich noch eine neuere Entdefung gemacht, die feine Meinung bes ftätigt. Denn auf dem jet fo genannten Idſtein Cvors mals Endftein) einer Anhöhe, unmittelbar oberhalb Dogs beim, habe ich noch Spuren eines verfchanzt gewefenen Nachtlagers (mansio) entdeckt, welche vor meiner Zeit noch Niemand für das erfannt hat, was fie wirklich find. *)
*) Die teraffenartigen Abfäge, welche man an der füdmeftlis hen Berflähung diefer Anhöhe geyen Dotzheim hin, wahre nimmt, ſcheinen mir nicht Heberrefte alter Verſchanzungen zu fepn, fondern ihre Entftehung wohl eher dem Bedürfs niß der Landleute zu verdanken, denen die Benugung dies ſes fteilen Abhanges nur durch Terrafflrung möglich wurde, Gerade diefe Seite hätte gleich der nördlihen, gegen das Wiefenthal hin, am wenigſten einer Pünftfihen Befeftigung bedurft. Auf der keicht zugänglichen Word: Dftfeite der
141
Bon dieſer Manfion aus laufen noch uralte Schanzgräs ben *), die freilich hin und wieder unfenntlich geworden find, über den genannten Holzweg bis gegen den Hollers born, und follen fich nach alter Sage in einem fort über das Nömercaftell auf Wiesbadens heidnifchem Berge bis nach Sonnenberg erftredt haben. Zudem hat endlich die ganze Feldhöhe längs dem Mosbacher Holzwege manche Wafferquelle, deren aber der Hollerborn die allerergiebigfte iſt. Weil nun Schenk von einer Feldfirche foricht, fo glaubte ich ganz nahe am Hollerburn die Fundamente ei nes heidnifchen Tempels vermuthen zu dürfen; denn ber Hollunder war bei den alten Deutfchen heilig und ihr Duellendienft ift befannt. Ueber diefe Daten berichtete ich an den Vorftand des Vereins, welche mir geftattete, auf deffen Koften in der Umgebung des Hollerborns Nadıgras bungen anftellen zu dürfen.
Um möglichft ficher zu geben, ließ ich auf eben bemerks ter Linie vom Vicinalwege an, nad) dem Hollerborn hin, am 5. October 1826 durd; Anlegung eines 3 Schuh weiten und nach Umftänden 3 bis 5 Schuh tiefen Grabens, den Ans
—
oberen Bergfläche dagegen, wo eine Verſchanzung anı aller: nöthiaften gemwefen wäre, würden ſich gewiß Spuren von Graben erhalten haben, wenn diefe für ein Lager wohl zu ausgedehnte Fläche, auf welcher fi) überdieß bis jegt noch nirgends Meberrefte von Mauermerf oder Gefäßtruümmer fanden, eine militärifche Beftimmung gehabt hätte. v9. *, Sollten die gegen den tiefer liegenden Hollerborn bin lau— fenden unregelmäßigen Gräben, niht vom Bergwailer ent: ftanden feyn ? d. D-
142
fang machen. Schon am erften Tage zeigte fich die Hands babe einer Amphora mit den eingedrücten großen. lateinis chen Buchftaben V. O., die man allenfall3 Virginius opi- fex Iefen kann, folglich römifche Töpferarbeit, und am dritten Tage, erreichten wir das Hauptgebäude Nro, 1. *) weiter hin aber bis an den Hollerborn felbft, weder geradaus, noch rechts noch links, durch Nebengraben, die ins Feld getrieben wurden, nicht das mindefte Mauers wert, Man kehrte alfo zum Hauptgebäude wieder zurüc, deffen Unterfuchung jedoch nicht ganz vollendet wurde. Der augenfcheinlich erft fpäter angebaute muthmaßliche Keller, machte den laͤngſten Aufenthalt, weil er in Hoffe nung intereffanter Funde, zwölf Fuß tief, bis auf den al ten Boden, völlig ausgeräumt wurde. Die unendliche Menge Schutt von eingeftürzten, oder zufammen geriffenen Mauern verurfachten die allermeifte, aber wenig lohnende Mühe. Unter dem alten Boden zeigte fich eine Fleine Gas nal⸗Leitung einer ftarfen Hand breit und hoch, von Stein; glatten gebildet, die das Negenwaffer der nah Mainz hin gerichteten Fronte des Haufes durch die Kellermauer ableiz tete, Aus dem Wohnhaufe felbft gejellten fich noch zwei Abläufe hinzu, wie fie auf dem Grundriffe angegeben find. Das Ende derfelben konnte wegen allzugroßer Tiefe und darauf fiehender Mauer, die ein ſchmales gangartiges
*) Der anliegende lithographirte Grundriß Tab. M., welcher theild von Herrn Schulinfpector Grimm, theild von Herrn Habel in Schierflein aufgenommen ift, wird die Lage der aufgededten Gebäude zeigen Sämmtliche Funde bei diefer Ausgrabung find in 14 Käfthen aufbewahrt und numerirt worden.
143
Gewölbe getragen hatte, nicht verfolgt werben. An dem hier hervorftehenden gemauerten ftarfen Pfeiler bewegte ſich an der Schwelle des Einganges eine ſchwere Thüre in Ans gen, welche auf einem großen und ungefähr 10 bis 15 Gentner fchweren rothem Sandfteine ftand, und worauf die zirfelförmigen Ninnen der ftarf aufftreifenden Thuͤre noch tief eingejchnitten find.*) Eifenwerf, römifche Nägel von allen Größen, kenntlich an den ylatten, mit einem Schlag gemachten Köpfen, Gefäßtrümmer, befonders von Amphoren, wurden, wie im und um das Hans, fo auch im Keller in großer Menge gefunden. Endlich zeigten fich im hintern Anbau des Hauptgebändes ein Wafferbad Cbal- neum) und ein halb fo großes, 3 Schuh höher liegendes Schwitbad (aestuarium), und aus erfterem ein ableiten der Waffercanal, Deffen erftere Hälfte von auf einander geftülpten Hohlziegeln, und die zweite von Steinplatten conftruirt war, im großen Hof aber auf einmal ein Ende hatte. Sm beiden Bädern zeigte fich zum erftenmal römts fcher Traßmörtel von der gröbften bis zur feinften Sorte, zum Theil gefchliffen, an Böden und Wänden. Die Hin terwände der Bäder, fo wie ein Theil der Zwifchenmwände, wo die Mauern fehlen, fcheinen aus lauter Wärmeleitungs> röhren beftanden zu haben, die viele Feuerung erforderten. Unzählig find daher die Truͤmmer diefer zerfchlagenen Wär meleftungsröhren. Die große Maffe von Schutt und eb ner unfäglichen Menge Ajche verhinderten noch zur Zeit eine genugthuende Ergründung. Die Babgebäude waren mit römischen Dachziegeln gededt. Im Innern des Hauſes
*) Es ift derfelbe im Pfarrhofe zu Dosheim noch aufbewahrt.
144
liegt aber ungefähr dritthalb Schuhe umter der Oberfläche, borizontal, ein mit Schiefern gedecft gewefened Dach, wie e3 durch Brand zufammen geftürzt ift, noch unangetaftet da, Durch fchredlichen Brand, der die Farbe der °/, Zoll dicken Schiefer ind Rothe verwandelt hat, fo wie auch durch Verwitterung find fie fo mürbe geworden, daß vollftändige Eremplare unter die Seltenheiten gehören. Das Gewicht eines jeden beträgt 13%, Pfund und fie bilden eine regel mäßige Quadratfläche. An der Fronte ded Haufes ers fcheint wieder römifche Ziegeldachung, welche mich auf die Vermuthung geleitet hat, daß hier eine auf römifche Art angelegte Dachung muß gewefen jeyn, welche nach der gans zen Breite der Fronte eine fehr geräumige Vorhalle bildete, Indeſſen aber ift ſowohl die Schiefer ald auch die Ziegels dachung römifch, weil fie im Winterlager bei Neuwied eben fo gefunden wurde. Hier wie dort, find Schiefer aus den rheinifchen Brüchen, und die Handmühlenfteine ebenfalls aus den Mendicher Brüchen. Spuren von rotbem Sands ftein, babe ich außer der Kellerthürfchwelle und einem Cu—⸗ bu8 in der Frontmauer des Gebäudes Nro.1. und fonftis gen unbedeutenden Fragmenten, die ein gefliffentliches Zer: fchlagen verrathen, nicht gefunden. Andere Sanofteine, die ficher vorhanden waren, find vermuthlich bei Nieder: reißung der Mauern und Anrodung des Bodens zu Aders land, verfchleppt worden. Nach allen Kennzeichen ift dies fe8 Hauptgebäude zwei» bis dreimal zerftört und wieder aufgebaut worden; wodurch jede Erklärung fchwierig wird. Es hat außer der Borhalle in der Fronte ein Atrium, durch eine Scheidemauer gebildet, wie fie auf dem Grund: siffe verzeichnet it. Beim Eintritte rechts fcheint eine
145
Küche geweſen zu feyn, weil hier zwei oben beinerfte Wafe ferläufe in den Keller gingen, in denen fich Geflügel: Inochen vorfanden; links aber war ein großer runder, von platten Grauwacken gepflafterter, nad der Mitte hin vers fiefter, übrigens nicht über dem Boden erhöheter Feners heerd, mit außerordentlichem Brand, der fich nebft vieler Afche und verbrannten Nägeln in die ganze Umgebung verbreitete. Sa kohlenſchwarzer Brand erfiredte fich ſogar Big tief unter die Pflafterfteine. Für ein Küchenfeuer war es viel zu beträchtlich, vielmehr fcheint hier ein beftändiges MWachtfener gebrannt zu haben. Das erfle Appartement innerhalb der innern Scheidemaner, hat einen wohl erhal teren weißen Traßmörteleftrih. Der Schuttberge wegen, fonnten wir noch nicht weiter vordringen. UWeberhaupt ers lofch endlich die Luft der Arbeiter, weil nach langer Ber miühnng die Gefäße voll Silber und Gold auöblichen. Man wandte fih nun zur Umgebungsmauer hinter dem Badge: bäude und verfolgte fie. Andere Arbeiter machten nad) Anweifung Verfuchfchärfe, und ſolcher Geftalt wurde von ihnen dag Gebäude No. 2. entdeckt, an deffen Grundmauer dicht anliegend eine Bronze- Münze von Auguſt, CRev. Roma et Augustus) und in geringer Entfernung davon, wie auf dem Grundriß angegeben ift, eine Erzmünze von Gallienus, (Rev. Liberalitas) gefunden wurde. Gallienus ift nicht fo verwittert und lag zwijchen den Schieferplatten der neben das Gebäude geftürzten Dachung. Nachdem die vier Wände aufgedet waren, machte der Winter 18°, aller Arbeit ein Ende. E
Im Frühjahr 1827 kam man bei weiterer Verfolgung der Umgebungsmauer fehr bald auf das Eckgebaͤude No. 3.,
10
146
und war einftweilen mit der Aufdefung der vier Seiten. wände zufrieden. Weiter ftieß man auf eine nach Wiegs baden gerichtete Einfahrt, die durc das Aufhören des Mauerwerk bemerflic; wurde. Die Linie felbft wurde aber weiter verfolgt, und fo erreichte man die Gebäude No. 4 und 5. und fpäterhin auch die Vorderfeite des Ges bäudes No. 6., deſſen übriges Mauerwerk in den umher liegenden Schutttrümmern noch nicht erfannt werden fonnte. Bei Aufdeckung der Seitenmauern von No. 4 und 5. wurde fehr vieles gefunden und in den Käftchen aufbewahrt. Auf der Außerftien Seite von 5 zeigte ſich 2 Schub unter der Oberfläche ein großer Vorrath von ges Iöfchtem, unvermifchtem, durch; DVermwitterung zu Kreide gewordenem Kalk; auch fehlte es hier nicht an Sandhaufen, ein Beweid, daß bier Mauerfpeiß bereitet wurde,
Nun aber erfchienen zum größten Leidweſen die Acer leute von Wiesbaden mit ihren Pflügen und drangen aufs Zumwerfen. Somit mußte das weitere NachfuchenanNo. 6. eingeftelt werden. Ein Quergraben von No. 1bis 2. durch den großen Hofbering gab Feine Ausbeute. In der Eile 309 man noch einen Kreusgraben durch No. 2, und entdeckte bier ein zweites Bad mit rothem Traßmörtelboden und zers trümmerten Wärmeleitungsröhren. Wegen Kürze der von den Aderleuten gefesten Frift Eonnte aber die Gränze tiefes neu entdedten Bades nicht mehr aufgefucht werden. In dem dabei befindlichen viereckigen gemauerten Edbehälter befand fich ein gepflafterter Feuerheerd, Ahnlich dem im Atrium ded Hauptgebäudes No. 1; fonft aber im ganzen Haufe nichts, ald Trümmer von zerfchlagenen Gefäßen in großer Menge und von mannidjfaltiger Art. Die übrigen
147
Gebäude mußten ununterfucht bleiben. Gin kleines rothes Salzgefäßchen, oben weit und unten eng und der Boden eines andern mit dem Töpferftenipel ift vorzüglich bemers kenswerth.
Aus mehreren Verſuchen naͤher nach der Stadt zu, und noch muͤndlichen Nachrichten der Ackerbeſitzer erſtreckt ſich Mauerwerk vom Hollerborn bis an die Caſerne, ja unter dem Vicinalwege hin auf die andere Seite deſſelben Bei eis nem Berfuche diefer Art wurden mehrere Bruchftüde von Ges fäßen und ein Kellereingang mit gewundener Treppe gefiniden, deren Mauern aber fehr bald nach allen Seiten aufhörten, weil fie fchon früherhin ausgebrochen waren. Ueberhaupt follen bei Anlegung der Kunftftraße von Wiesbaden nad) Schwals bach und Erbenheim, die meijten dieſer ausgehobenen Mauerſteine dahin verwendet worden feyn. . Schutt ohne Steine fanden wir an mehreren Plaͤtzen. ine 6 Schuh dicke Mauer, von der eine allgemeine Sage geht, und welche unter dem Dotzheimer Vicinalwege querüber ftreichen fol, fonnten wir noch nicht auffinden. Ganz zuleßt wurde beim N aniren nod eine Münze der Julia Mammaea in Erz gefunden.
Sn verfchtedenen Gebäuden fanden fich drei Wörtel, wahrfcheinlich zur Spindelfpinnerei gehörig, fodann Knos chen von Hausthieren, Wildpret und Geflügel, ald Uebers refte von der Tafel der Bewohner; ferner Badjteine von Zirkelform, womit man Heine Säulen, Träger und dergl. aufzuführen pflegte. Daß fich diefelben auch hier zeigen, läßt auf ein vorhandenes Hypocaustum fchließen, wele ches aber wegen Kürze der Zeit nicht mehr aufgefucht wer— den konnte. Pferdeknochen und große Zähne eines unbe⸗
148
Fannten Thieres, vermuthlich des Höhlenbären, *) fanden ſich.
Noch zweier merkwuͤrdigen Ergebniſſe muß ich geden— ken, daß naͤmlich: 1. die ganze Feldflaͤche weit und breit in geringer Tiefe mit Truͤmmern gleichſam uͤberſaͤet iſt, eben als ob ſie gefliſſentlich ſo zerſtreut worden waͤren, daß fie nie wieder zuſammen gefunden werden ſollten. Ver— gleicht man hiermit die Ergebniſſe des Winterlagers bei Niederbiber, ſo iſt das Zertruͤmmern und Zerſtreuen der wuͤthenden Zerſtoͤrungsrache der Deutſchen zuzuſchreiben. Sache und Namen der Roͤmer ſollten fuͤr immer vertilgt werden. Dieſer geringſcheinende Umſtand gehoͤrt mit unter die Beweiſe, daß unſere Entdeckung roͤmiſch iſt.
Das zweite Ergebniß betrifft das Mauerwerk ſelbſt. Weil ſich nicht uͤberall der bekannte rothe roͤmiſche Moͤrtel vorfand, wurden von Beſuchenden Zweifel vorgebracht, ob das uralte und neuere Mauerwerk roͤmiſch ſey. Ich will es weder bejahen noch verneinen; doch iſt es nicht glaublich, daß die Roͤmer in der gefaͤhrlichen Naͤhe des Taunus ihren koſtbaren rothen Moͤrtel, der in unſern ge— ſundenen Baͤdern vorkommt, auch zu jedem Mauerwerk verſchwendet hätten. Kommt ja doc; in unſerm Haupt gebäude ein durchaus weißer Eftrich vor.
Uebrigens hat faft durchgängig alles Mauerwerk der Gebäude und Umgebung die fonderbare Conſtruction, daß
) Ich halte fie für Pferdezähne. Wie follten auch wohl die Zähne einer urmeltlihen Thiergattung in den Brandfhutt jener Gebaude kommen ?
d. H.
149
nur die tiefiten Fundamentfteine flach Tiegen. Auf diefen aber ſtehen, theil8 unter, theils ober der jeßigen Erbobers fläche, je nachdem diefelbe eben oder uneben ift, platte Mauerfteine lothrecht, auch in einem fumpferen oder fpigeren Winfel auf ihrer Schneide. Letztere fchienen aus ihrer lothrechten Stellung gewichen zu feyn. ine fonders bare Art zu mauern, die unmoͤglich Feftigfeit und Dauer geben konnte. Auf diefen ftehenden Steinen liegen nun wieder die höheren platt auf. Auch ift es mir fchon vom gefommen, daB an manchen Drten, jedoch nicht oft Schichten vorgefommen find, deren die eine rechtd, die andere links fich neigte, fo daß ein Zickzack vor Augen and. Diefes Stellen der Mauerfteine, halb unter halb ober der Erde, einen Schuh hohen Streifen in der Mauer felbft bildend, führt auf die Vermuthung, daß vor Zeiten bier der Boden fehr fumpfig war und man damit ein taugs liches Mittel ergriff, die Feuchtigkeit abzuleiten. Das Einfinfen und Herausberften der oberen Mauer am Haupt gebäude beweift aber, wie weislich man gethan hat, diefe Manerart abzufchaffen., Nach Berficherung des Bors Hands Mitgliedes Herrn Oberbaurathe Zengerle in Wieds baden, ift diefe Art zu mauern tusciſch, und wurde von ben Römern nachgeahmt, und opus reticulatum ge nannt.) In Mainz find noc auf den heutigen Tag
— —
+) Sch glaube nicht, Daß dieſe rohe, offenbar nur der Abs wechslung wegen fo. geftellte Steinfhichtung, irgend einem beftimmten Zweck hatte. Der Steinftellung nad), ließe fie fi eher mit den fonft nur bei Fußböden angemendeten opus spicalum vergleihen. Das opus reticulatum war nach
150
uralte Mauern diefer Art, in der Nähe des Münfters thores, vorhanden.
Soll ich nun über alled, vom 5. Detober 1826 bie Ende Februar 1827, meift bei ungünftiger Witterung und Eile, mit dazwifchen Liegendem Winter, Entdeckte und im Grundriffe DVerzeichnete, meine unvorgreifliche Meinung fagen, fo zeugt die unregelmäßige Zerftreutheit der Gebäude, welche fich auch bei den übrigen Verſuch— fchürfen darftellte, ganz den Gharafter der altgermanis fhen Städte, wo jeder fein Eigenthumland um feine Wohnung liegen hatte, das mit Zäunen oder Mauern eins gefriedigt war, Wo man aber Mauern antrifft, da muͤſ— fen Leute von Bedeutung und Vermögen gewohnt haben, wie bier wirklich der Fall it. In der Älteften Zeit gränzte ein Gehaͤge an das andere, fo daß eine Stadt damaliger Zeit einer Reihe von Meierhöfen ähnlich fahb. Deßwegen mache ich aus allen Vorkommenheiten auf diefer Aders fläche zwifchen dem Hollerborn und der Stadt den zu
Vitruv (IT. 8.) eine Gußmauergattung, melde jih von dem bei uns häufiger vorfommenden Emplecton (mit ho— rizontal und in Verband gelegten Bekleidungsfteinen ) dadurch unterfhied, daß ihre würfelfürmigen auf die Kante geftellten Steine, durd) die in diagonaler Rich— fung gerade fortlaufenden Verbindungslinien, der Mauer äußerlich ein rautenförmig quarrirtes oder neßförmiges Ans fehen gaben. Sn unferer Gegend ift mir noch nichts von diefer Mauergattung zu Gefiht gefommen. Sn Stalien findet man fie häufiger, 3. B. an der Billa des Mäcen und dem Tempel des Hercules bei Tivoli, der Villa des Lucull bei Frascati u. f. w. v.%9.
151
verfichtlichen Schluß, daß eine alte Ubifche Stabt oder Vorſtadt auf derfelben geftanden habe, welche dann ganz füglich dad alte Mattium *) feyn fönnte, welches von den Römern verbrannt und zerftört wurde, Solche Städte müfjen die Ubier fchon gehabt haben, fonft würde ihnen Caͤſar den Rath nicht haben ertheilen fönnen, bei Webers fällen der Sueven das Vieh in ihre oppida zu flüchten. Durd die Verfegung der Ubier auf das linfe Aheinufer, 37 Jahre vor Ehrifto wurde auch diefe Stadt oder Vor ſtadt, wenigſtens größtentbeils, menfchenleer, wobei zum Abfchiede manches Gebäude im Rauch mag aufgegangen jeyn. Der hierländifche Theil, oder Iınfe Flügel des bes trächtlichen Ubiervolfes hat fehr wahrfcheinlich auf der Schierfteiner Heide zum Abfchiede und ewigem Gedächtnif den felten vorfommenden Hügeldamm unter Geremonien und Opfern aufgerichtet, den ich vor etlichen Sahren mit BVorftandsbewilligung unterfuchte, und woruͤber Grundriß und Funde an Armillen und Gefäßen bierber eingeſchickt wurden *) Bom großen Mittelgefaß habe ich zum Webers
*) Unmöglich Fann hier das Mattium geftanden haben, welches Germanicus 15 Zahre nah Ehriftus, im Gebiete der Chat, ten zerftörte. Tacitus befhreibt (Annal. I, 56) den Zug des rom. Heeres (von Mainz aus) über den Taunus, def fen Webergang über die Adrana (Eder) u. f. w. zu fpes ciell, als daß man diefen Ort, welcher nad; der gemeines ren Meinung unweit des Dorfes Maden bei Gudensberg gelegen zu ſeyn fheint, bei Wiesbaden fuchen dürfte
d. 9.
*5) Sollte diefer 60 Schritte fange, 5 Schritte breite und 4 Fuß hohe Erdaufmurf nicht der neuern Zeit angehören? Kein älterer Schriftfteller meldet etwas von einem Gebraud) der
152
flug nochmals einige Proben beigelegt. Nachdem dieſe Voͤlkerſchaft bei der Heidenfahrt uͤbergeſetzt, und bei Bins gen die Nahe überfchritten hatte, befand fie fich ſchon im neu angewiefenen Vaterlande, welches fich bis Köln ers firefte. Das leer gewordene Land betrachteten aun die Römer als rechtmäßiges, durch Tauſch erworbenes Eigen thum, erlaubten aber zugleich, dazubleiben oder fich neu anzufiedeln, wer nur wollte. Diefe fchöne Gelegenheit bes nugte man vor allen Dingen, die Veteranen mit audges ſuchtem Land und Wohnung zu bedenken. Manche Ubier hatten ihre Gründe dazubleiben: die Mattiaken rücdten vor: die Veteranen wurden an die beften Pläße gewiefen ; und endlich gefellten fich auch noch Gallier hinzu, fo daß die neuen Bewohner ein fehr gemifchtes Volk bildeten. *)
Sp mags denn auch mit unferer neu entdedten, vors mals ubifchen und nun zum zweitenmal bevölferten und wieder hergeftellten Stadt oder Vorſtadt gehalten worden feyn. Die Mattiafen wurden, wie die Bataver blos für den Krieg aufgefpart, die neuen Anfiedler aber mit den dagebliebenen Ubiern, wie die Bewohner des Zehntlandeg behandelt, d. h. durch Tribut entehrt. Da man ihnen nicht, wie den Ubiern und Mattiafen trauen konnte, fo feßte man, wie Tacitus in der angeführten. Stelle aus—
Germanen, zur Gedäachtnißfeier folhe Erddämme zu errichten. Die darin gefundenen Urnenfcherben ıc. konn— ten leicht dur Abtragen der dabei gelegenen Grabhüs gel hinein gefommen feyn, deren ſich wirklich noch meh— vere ganz im der Nähe diefes Erdiwalfes finden. ug. *) ©. Tacitus Germania cap, 28 und 29,
153
druͤcklich andeutet, Weteranen ald Wächter unter fie, um Ruhe und Dronung zu erhalten und zu rechter Zeit ben Tribut einzutreiben. Die eigentliche Mattiafenftadt Wies— baden, die vermuthlich weder Dagebliebene noch Anfiedler bei fich duldete, war, wenn man will, frei, denn ihre Bes woyuer waren socii; die Vorſtaͤdter aber, die ſich außer; balb der eigentlihen Stadt nad, allen Nichtungen hin ausbreiteten, und nad) vorhandenen Spuren und Nach— richten den Aderbefiger in beträchtlicher Anzahl, in den verwüfteten oder leer geftandenen und wieder hergeftellten, oder erweiterten Gebäuden fich mögen nieder gelaffen ha— ben, mußten alle Laſten tragen. Sn unferm mit Mauern wohl verwahrten Hofberinge mit 6, vielleicht noch mehreren geräumigen Gebäuden, fand alfo wie in einer Gaferne balb nachbarlich halb feindlich, eine hinreis chende Anzahl Veteranen, um: 1. den von den Übiern ber eingeführten Zoll auf der uralten Handelsftraße, jeßt Mosbacher Holzweg genannt, nach wie vor zu erheben. Denn nad) Cäfar gehörten die Ubier zu den gebildeteren Germanen, welche Handel und Schifffahrt trieben und vermuthlich bier eine Zollftätte angelegt hatten. Hier wohnten auch fpäterhin Veteranen; um: 2. bei vermuthes ten oder ausgefundfchafteten Ueberfällen der Germanen ins Caſtrum von Mainz, das man von bier aus deutlid) uͤberſehen kann, befonders zur Nachtzeit mit Feuer zu ſig— nalifiren; 3. mit dem Schwert in der Hand unter dem gemifchten Haufen von geringichäsigen Anſiedlern Ruhe und Drdnung zu erhalten; 4. diefen wie auch den Mat tiafen felbft immerwährend anzudeuten, wen fie unters würfig ſeyen; und endlich 5. nöthigenfalls den Tribut mit
154
Gewalt einzutreiben und die Rebellen zu züchtigen. Da diefe ihre Stellung nicht ganz friedlich war, fo bin ich neuerdings auf die Vermuthung gefommen, dag dag, was wir bisher im Anbau an dem Hauptgebäude für einen Keller hielten, ein unterirdiiches Gefängniß gemwefen feyn möge, welches die ſchwere unbeholfene Thüre auf der großen ſchweren Sandfteinjchwelle, und das, wie e8 fcheint, abfichtlich bezwecdte knarrende, tiefe Rinnen machende, Aufftreifen der Thüre, fo wie überhaupt der ganze neue Anbau zu verrathen jcheint. *) Kurz, die ganze Pofition unferes Hofberinges laßt auf eine Vorwache oder Vedette von Mainz aus nach dem Taunusgebirge, das damals noch nicht Durch den Pfahlgraben, wenigftend noch nicht fo wie unter Tiberius gededt war, zugleich aber auch auf diefe Außerfte Gränzwache der in der Borftadt mohnenden verfchiedenartigen Anfiedler fchilegen. Zur UÜbierzeit mag bier ein einfaches Zollhaus geftanden haben, welches die Deteranen durch den Anbau des Kellers oder vielmehr Gefängniffes und Bäder erweiterten; denn dag Mauers werf diefer letztern Gebäude ift unftreitig neuer, als die des Hauptgebäudes. Ueberhaupt find alle Anzeigen vors handen, daß fon in den früheften Zeiten die ganze Feldfläche von Wiesbaden herauf bis an den Kreuzs und Mosbacher Holzweg mit Wohnungen überfäet war, folgs lich mit Wahrheit dad vormalige Maltium (2) oder eine
*) Sch halte dieſes Souterrain für einen gewöhnlichen Kel: fer, vdergleihen man in Hedernbeim faft bei jedem Ge» baude findet.
d. 9
155
beträchtliche Vorftatt der Mattiafenitadt Wiesbaden bil: dete, die Durch fpätere Verwuͤſtungen fo zu Grunde ging, daß fogar ihr Andenfen aus der Gefchichte verfchwanp. Ein Hauptbeweig für diefe Meinung ift eine uralte Wafs ferleitung in thönernen Röhren, die heute noch ein fehr gefundes Waffer geben, das an der Wellrigbach oberhalb der Gaferne hervorquilt. Aus den 70ger Jahren muß noch jedem Wiesbader befannt feyn, daß diefer Plag von der alten Stadtmauer eine Feine */, Stunde Wegs ent fernt war, jett aber nur eined Steinwurfs weit, ober; halb der Gaferne befindlich if. Noch ganz unbefannt-ift ed, wo diefe Wafferleitung herkommt, deren Richtung nicht in die Stadt, fondern an der Stadt vorüber zeigt. Folglich haben auch in dieſer Feldgegend Wohngebäude geftanden, wodurch fich diefe Vorſtadt an die Hauptitadt anſchloß. Eine gründliche Umnterfuchung derfelben würde vielleicht unerwartete Nefultate geben.
Noch zur Zeit ift mirs nicht ganz Far, woher das viele benöthigte Waffer in die gefundenen Bäder gefoms men feyn möge? im höher gelegenen Felde zeigte fich noch feine Nöhrenleitung dahin, der Hollerborn liegt ziemlich tiefer als die Badgebäude; es bleibt folglich nichts uͤbrig als anzunehmen, daß diefer Born fo weit in die Höhe getrieben , oder wie man jagt, aufgeftaut wurde, daß das Waſſer von felbft einfloß. ”)
*) Sollten innerhalb der Gebaude nicht mehrere Brunnen geweien feyn, welche das erforderlihe Waſſer für die Bas der lieferten? Sn den Ruinen des Vicus bei Hedernheim find eine ziemliche Anzahl runder gemauerter Brunnen
156
Nach einigen Wahrzeichen vermuthe ich, daß fogar Waſſer aus den Wiesbader Heilquellen hierher. gefchafft werden mußte, denn in No. 6. habe ich Moͤrtelſtuͤcke auf: bewahrt, an die fich ein Niederfchlag, Ähnlich dem Wies— bader fogenannten Sinter befindet. Zu diefen Muühfelige feiten mußten fich die vorftädtifchen Sclaven verftehen. Daß mehrere Veteranen in eigenen Gebäuden badeten, bes weit der Bau No. 2., wo man zufrieden war, ohne viele Mühe und Koften das Bad innerhalb der Wohnung ans zulegen. In diefen Anlagen fcheint auch der Beweis zu liegen, daß ſich diefe Wächter unter Feiner Bedingung von ihrem Poften entfernen durften, ſonſt wäre ed wider ſinnig, fo nahe bei einer uralten und ſchon zu Roͤmerzeit berühmten Badeftadt, noch entferntere Bäder anzulegen, und fie mit vieler Mühe und Aufwand fünftlich zu erwärmen. *)
Die Heizung der Bäder, fo wie uͤberhaupt die Feue— rung zum Hausgebrauch, wurde nach Ausweis. der vielen gefundgnen Kohlen, mit Kiefernholz bewirft, woraus auch ſaͤmmtliches Balkenwerf bis in die Dachung beftand,
Der Abzug der Veteranen gefchah in folcher Eile, daß man Gegenftande von Gewicht nicht fortzubringen wußte,
von 4 — 5 Fuß Durdmeffer gefunden worden, aus wel den das Waſſer zum Bedarf der Einwohner und Bäder geſchöpft wurde.
D. 5%
*) Nicht immer find die Gemächer, deren Fußböden durd geuer erwärmt werden Fonnten, Badegemäder, fondern BWinterzimmer, wenn nicht ein mit gebrannten Platten belegter Boden ihre Beftimmung ald Bäder ausfpridt.
d. H.
157
und fie alfo geſchwind zu vergraben genöthigt war. Daraus erklärt fich ein Fund, der vor 42 Fahren zwifchen dem Hauptgebäude und dem Hollerborn am alten, jest abye fchafften Fußwege in dem noch vorhandenen Fluthgraben entdeckt und erhoben wurde. Er beftand in einem mittel großen Eupfernen Keffel mit eingeroftetem Fupfernen Deckel, Es lebt noch in Dogheim ein Mann, der als Knabe dies fer Ausgrabung mit zufah, und ein Anderer, der auf dem damals gangbaren Fußpfade, in Gefchäften nad, Wies— baden gehend, zu den beiden Trägern Fam, die fic über das Gewicht des an einer Stange zwifchen ihnen hans genden Keffels, über ihre verwundeten Schultern fehr fol len befchwert haben. Ueber den Inhalt hat man nie ets was erfahren, außer daß wenige Tage hernad) eine reich? liche Gabe an die Armen foll erfolgt feyn. Die fllichtig gewordenen müffen nie wieder gekommen ſeyn, ihren Ders ſteck zu eröffnen, woraus fich von felbft erflärt, warum im Hauptgebäude, wo doc; das meifte zu hoffen war des forgfältigften Sudyens ungeachtet, Feine Spur von Münzen, wohl aber im Hofbering unter freiem Himmel verloren gegangene Stüde gefunden wurden.
Nach vorgängiger Plünderung, Zerfchlagung und als gemeiner Zertrümmerung wurde alles dem Feuer überges ben. Wenn dieß die legte Zerftörung war, jo mögen Sahrhunderte lang die Mauerruinen aus der Erde her— vorgeragt haben, bis man endlich den Kiefernwald zu Ackerland anrodete und planirte, woraus fich denn freis lich auch eine fo frappante Zerftreuung von Gefaͤßtruͤm— mern auf der ganzer Feldfläche umher erklären liege. Der gefundene Gallienus unter den Dachſchiefern deutet
158
auf die verwirrte Zeit der dreißig Tyrannen, die nad dem Throne trachteten und fich unter einander felbft aufs rieben. Während fich diefe befriegten und Gallienus ſich der Wolluft und Trägheit hingab, fürmten die Barbaren von allen Seiten ind fchwache, verlaffene Reich, ylüns derten und verbeerten cd. In dieſe Zeit möchte wohl die Epoche der Zerftörung unferer Kleinen Veteranen sNieders laffung zu feßen feyn. *) Die gemadjte Entdedung ift für die Gefchichte der Stadt Wiesbaden befonders wichtig, und würde es noch mehr geworden jeyn, wenn fie zu eis nem glüclichen Ende gedichen wäre. **)
Sc glaube mich hiermit ausgewiefen zu haben, daß ed von meiner Seite nicht an Fleiß, Auffiht und Aufs merkſamkeit fehlte, dem erhaltenen Auftrage möglichft zu genuͤgen.
2) Wenigſtens möchte ed wohl nicht die Teste Zerſtörung geweſen ſeyu, da ſich bei Wiesbaden noch haufig Münzen aus der Zeit der Conftantiue finden , die auf einen viel langern Aufenthalt der Römer in diefer Gegend hindeuten.
d. 9.
**) Allerdings verdient diefes Feld, auf welchem fi in fo großer Ausdehnung unverfennbare Spuren römifher Ges baude finden, eine aufmerffame Unterſuchung, da es niht unmahrfheinlih ift, daß ſich hier, oder dodh in Wiesbaden, die Civitas Mattiacorum finden dürfte, von welcher auf den, oben S. 18 — 24 mitgetheilten Caffeler Snferiptionen die Rede ift.
v9.
159
II.
Bericht Aber die Unterfuchung des römifchen Caſtrums bei Marienfeld, von Herrn Pfarrer Brinkmann in Miehlen.
(Sortfeßung von No. 8. Seite 40. d. I. Heftes.)
Dermöge erhaltenen Auftrags durch Protocol» Auszng der Borftardefigung vom 25. Auguft vorigen Sahres, wurden an der bezeichneten Stelle im vormaligen Römercaftelle zu Marienfeld, die Nachgrabungen feftgefegt. Da diefer Ort damals noch bepflanzt war, fo mußte die Arbeit bis in der Dctober hinein, anfgefchoben werden. Nachdem man fich mit dem Eigenthuͤmer über den Betrag der Entfchädigung verftäns digt hatte, wurde durch 6 Arbeiter im Garten des Herzogt. Hrn. Schultheißen Neidhöfer die Nachgrabung angefangen und vorerft ein 10 Ruthen langer und 5 Schub breiter Graben gezogen. Diefe Arbeit wurde den 12. Vormittags fortgefegt und bald eine quer laufende flarfe Mauer entdeckt.
Man hielt es für das zwecmäßigfte, die aufgefundene Mauer, welche auf der einen Seite gegen den Grund ging, auf der andern aber ein Gewölbe anzeigte, ſowohl in ihrer Ausdehnung, ald auch in ihrer Tiefe, zu verfolgen. Das Graben in die Tiefe beftätigte ed, daß bier ein Kels ler geweſen ſey, welcher ungefähr 10 Schuhe tief unter der Erde lag, die unterfte Lage des Schuttes beftand aus lau— ter gebadenen Steinen, welche, wie es fchien, viel ſpaͤte— ren Urfprungs ald die aus der Römerzeit waren, Bon dies
160
fen fanden fich aber aud) mehrere zum Mauern darunter verwendet, welche fich durch ihre bläffere Farbe und die auf ihnen eingegrabenen Züge und Form auszeichneten. Man bemühte fich den Umfang des Kellerd zu erforfchen und bald waren die vier Eden deſſelben entdeckt. An eis ner derfelben fand man Platten von einem fchieferartis gen Steine, jede Platte 1%, Schuh lang und 1 Schuh breit, mit Xöchern verfehen, als wenn fie wären aufge nagelt gewefen ); allein e8 wurde darunter nichts gefun— den. — Aus den Ergebnifjen zu urtheilen, fchien der aufs gefundene mit einer Mauer umgebene Raum, ald Keller eines fpäter errichteten Gebäudes gedient zu haben.
Einige Tage darauf wurde noch ein Verfuch mit Gras ben in dem Garten eines Mannes gemadjt, deſſen Hofs raithe muthmaßlich in der Mitte des vormaligen Römer; caſtells Liegt.
Hier entdefte man Maner an Mauer aus alter Zeit, nur Fuß tief unter der Erde. Es wurden auch hin und wieder noch Einfchnitte gemacht und allenthalben Mauer: werf gefunden. Hinter der oben erwähnten Hofraithe, in welcher fich auch die Legiongfteine gefunden hatten, ließ man befonders noch graben und bemerfte hier viele Kohlen, Aſche und ganz verwitterte Ziegel, welche auf die Zeit des Aufent- halts der Römer dafelbft fchließen ließen.
Beiſder undanfbaren Ausbeute an Alterthuͤmern und bei der UIngewißheit, etwas bier aufzufinden, wurden, um Fein: unnöthigen Koften zu verurfachen, die Nachgrabungen vors laͤufig eingeftellt.
*) Wahrſcheimich Dachſchieferplatten, wie ſie an römiſchen Gebäuden gewöhnlich vorkommen. d. H.
161 11.
Die Mithras: Tempel in den römıfchen Ruinen bei Hedvdernheim, von 5. ©, Habel.
(Fortfekung von No. 9. Seite 45. d. L Heftes.)
Zu den intereffanteften und für die Alterthumskunde wichtigften Entdefungen in unferm Lande gehört wohl unftreitig die Auffindung zweier Mithras-Tempel in dem Bering unfers Vikus. Die zahlreichen Bildwerke, Altäre und Snjchriften, welche fich in ihrem Innern fans den, geben nicht nur manche berichtigende Aufjchlüffe iiber die Bedeutung der ſymboliſchen Darjiellungen an andern mithrifchen Monumenten; die Ueberrefte des Gebäudes felbft, liefern auch den erften Beitrag zur genaueren Kenntniß der innern Befchaffenheit diefer geheim; nißvollen Tempel.
Es ſey mir vergonnt, die näheren’ Umftände der Auf findung etwas ausführlicher vorzutragen, da in öffentlichen Blättern über die Entdeckung, fowie über die gefundenen Gegenftände theils unrichtige, theils mangelhafte Nach richten verbreitet worden find,
Es ift fchon oben ©. 53 d. I, Heftes bemerkt wors den, daß das ganze Areal des Heidenfeldes fo fehr mit Trümmern zerftörter Gebäude angefüllt ift, daß die Eir genthümer, ihre Grundſtuͤcke zur Verbefferung des Feldes und zur Gewinnung von Baufteinen, in Mußeftunden zu durchgraben pflegen. In gleicher Abficht durchfuchte der Manrermeifter Joh. Werkmann zu Heddernheim, im
11
162
Anfange ded Januars 1826, feinen im obern Theil des Burgfeldes gelegenen Acer, im welchem er fchon das Sahr zuvor, die Fundamente eined Gebäudes von gerinz gem Umfange berausgebrochen hatte. In einer Tiefe von ungefähr 4", Fuß zeigten fich zuerft mehrere Steine mit Reliefs, und bei weiterem Fortgraben nicht ferne davon, eine viereckige ſchwere Sandjteinplatte von 3 Fuß 9% Zoll Breite und 4 Ruß SY, Zoll Höhe, welche von drei dicht anfchließgenden, kaum 1 Fuß breiten und dicken Steinen ohne Mörtelverbindung, umgeben war. Diefe bildeten auf drei Seiten gleichjam den Rahmen der auf beiden Seiten mit Figuren verzierten Tafel. Die damals einfallende heftige Kälte verkinderte den Finder, den. fehweren Stein noch Herauszubringen, und fo erhielt ich durch den dortigen Herrn Schultheig Nobftadt ) fchnelle Nachricht von dem Fund diefer Alterthuͤmer. Sch faumte feinen Augen: bli, mit Genehmigung des Vereins-Vorſtandes fchon am folgenden Tag nad) Empfang feiner Zufchrift nach Hed— dernheim zu reifen, um das größere noch an feiner Stelle befindliche Nelief, nebft dem Fundort zu beaugenfcheinigen, und wo möglich zur forgfamen Herausnahme der Bild» werfe mitzuwirken. Bereits waren die oben gedachten verzierten Steine nebft den drei fchmalen Sandſteinſtuͤcken, vom Eigenthümer nad) Haufe gebracht worden. Auf dem Yängften derfelben, dem horizontalen Sturz von 5 Fuß 4 Zoll Kinge, war das Doppelgefpann des Sol und der Luna
2) Ich kann nicht unterlaffen, deſſen Aufmerffamfeit und Sefalligkeit für die Zwede des Vereins, rühmlich zu neniten.
163
zwifchen zwei concaven Medaillons mit den Brufibildern des Hermes dargeftellt. Von den beiden Iektern 4 Fuß 5'/, Z0U langen Befleidungsjteinen enthielt ein jedes vier vertiefte Felder mit Figuren und ein dem erften Ahnlis ches Medaillon mit gleichen Profilbildern am untern Ende.
Sch begab nich fofort auf den Ader, wo die vier eckige große Platte, welche vorher von den eben genannten fchmalen Sandfteinen umgeben gewefen war, noch in unverrücter Lage feftgefroren dalag, Die obere Fläche war zum Schuß der Figuren, mit Erde bededt worden; es Tießen fi alfo nur auf der untern zum Theil hohl Tiegenden Seite, durch das Gefühl, Figuren fowie die Ede eines Altard unterfcheiden, der durch den Umfturz des großen Neliefs zertrümmert worden war, Meine Bemühungen, den ganzen Fund fogleic dem Mann abzufaufen, um die forgfältigfte Erhebung unter meiner yerfönlichen Leitung veranftalten zu koͤnnen, waren fruchtlos. Yın feinen Preis wollte er fich zur Durchforfchung feines Ackers verfichen, in welchem er noch große Schäße vers borgen glaubte, Sch mußte mich daher, da die damalige Kälte von 14° feine augenblidliche Herausnahme des Steines geftattete, damit begnügen, ihm in Gegenwart des Herrn Schultheißen, das fefte Verfprechen abzunehmen, nicht eher aneden Stein Hand anlegen zu wollen und ebenfo alles Mauerwerk unberührt zu laffen, bis er ir, fobald günftigere Witterung die Fortſetzung ber Arz beit erlaubte, Nachricht ertheilt hätte. Auf diefe Weije beruhigt, veißte ich, nachdem ich die ſchon zu Tage geförderten Steine gezeichnet hatte, wieder zurück
164
Durch ein Schreiben vom 21. Februar erhielte ich endlich die unangenehme Nachricht, daß Werkmann gegen feine ausdrüdliche Zufage bereitd am 12. Febr. die große Steinplatte erhoben und in feine Wohnung gefchafft habe. Glüclicher Weile war die Vorficht anges wendet worden, den Stein vor dem Heraugzieben im einen Rahmen von ftarfem Holz einzufchließen, wodurch das Auseinanderfallen der in mehrere Stüde zerfprungenen Platte verhütet wurde, So fand ich denn bei meiner Ankunft das große Relief nebft den übrigen in diefem Gebäude gefundenen Altären, die weiter unten befchrieben werden follen , in deffen Behaufung aufgeftelt. Zu meis nem großen Bedauern mußte ich zugleich vernehmen, daß derfelbe fein zweites DBerfprechen eben fo wenig gehalten, und fogar die Mauern ded Tempels jchon größtentheild herausgebrochen hatte. in Frankfurter Herr babe ihm gerathen, fo entichuldigte er feine unver zeihliche Handlung, die Mauern zu durchfuchen, da unter dem Grundftein wahrfcheinlich noch Koftbarfeiten lägen!
So hatte leider Unverftand und ungedultige Gier diefen höchjt merfwürdigen, noch wohlerhaltenen Tempel Neften, ungeachtet meiner forgfältigften Bemühung, ehe ich es hindern Fonnte, den Untergang bereitet *).
*) Herr Hofratb Dr. Dorom zu Berlin, fand für gut, feine Bemerkungen über biefe Entdeckung, im GStutg- Kunftbl. v. 3. 1827 und andern Blättern, in Form eines Shreibend an Herrn Geheimen Hofratb Creuzer in Heidelberg, auf folgende eigenthümliche Weife der Def: fentlichkeit zu übergeben:
«Leider traf ich vom Mithras-Tempel, der in den erften
165
Es blieb daher nichts uͤbrig, als fogleich die Beob— achtungen der vielen Einzelnen, welche bei der Ausgra⸗
Monaten des Jahres 1826 in Heddernheim entdeckt wor— den war, nur noch Spuren gänzlicher Verwüſtung, aus— gebrochene, zum Verkauf feilgebotene Mauerſte ine u. d. gl., als ih im Juni dieſes Jahres dieſe merk— wuͤrdige Entdeckung näher unterſuchen wollte. Großen Dank hätten die Alterthumsfreunde dem Wiesbader Berein gezollt, wenn derſelbe nicht allein die im Tempel gefundenen Bildwerfe an fih gebracht fondern was wich— tiger ift, die Mauern, welche fih ım beiten Zuftande befunden haben follen, erhalten hätte, welches durch Ans kauf des kleinen Stück Feldes fo leicht zu bemerfftelligen gewefen wäre. Alſo auch dieſes Denkmal, das Einzige der Art in Deutfchland ift zerftört und für die Alters thumskunde unmwiederbringlich verloren gegangen,
“weil man nicht erkannt, was lehrreich und wihtigbei Auf: und Ausgrabungen für die Altertbumsmwiffenfhaften ift. Sieht man Baus monumente durch die Hand eined Randmannes zerftört, der gierig Anticaglien erhalten will, wie es bei dem Mithras:Gemadye in Dormagen bei Köln der Fall war, (Siehe Kunftblatt Nro. 90. 1824) fo kann es nicht be— fremden; was ſoll man aber bei diefer Gelegenheit fagen, wo der Verein fürvaterländifhes Alterthum in Wiesbaden, ſolch Unverzeihliches aus— üben laßt, an deſſen Spitze Herr von Gerning ſteht, und der die Verordnung ausgewirkt haben ſoll, daß in Heddernheim Fein Landmann, bei Zuchthausſtrafe, irgend einen alten Topf, Münze, Lampe u. ſ. w. anders, aldan den Verein verfaufen darf? Hatte der Wiesbader Alterthumsverein es doch beachtet, was ich bei Gelegenheit der Befchreibung vom Mithras:Gemahe in Dormagen über das Ausbrechen der Mauern gefagt !» — Soweit der Eingang.
166
bung anmefend waren, forgfältig zu fammelg, zu fichten und zu ordnen, und hierdurch wurde es noch möglich, aug den übereinftimmenden Wahrnehmungen, die Lage und dag Vorkommen der gefundenen Gegenftände an Ort umd Stelle mit ziemlicher Genauigkeit auszumitteln, fo daß diefe Entdeckung doch nicht »verloren« zu achten ift. Die Form des Tempels ließ ſich aus den mir mitgetheilten Maasverhältniffen, welche von mehrern Sacverftändigen notirt worden waren, und mit einem von einem Baus Eundigen aufgenommenen Grundriß übereinftimmten, Leicht eonftruiren 9). Cine fpätere Unterfuchung des zweiten bald hernach entdeckten Mithrastempels, bot intereffante Vergleichungspunfte dar, und vervollftändigte die Aufe nahme, deren Nefultat ich nun vorlege,
Nur einige Worte zur Ermwiederung: Mit aufrichtigem Danf nimmt der Verein wohlgemeinte Belehrungen von Kennern an, er bielt es jedoch unter feiner Würde auf fo arrogante Aeußerungen ded Hrn. D. zu antwors ten, deflen Urtheil in wiffenfhaftlihen Angelegens beiten ihm durchaus gleichgültig if. Die Wahrheit feiner Angaben, fo wie der Werth feiner Befhreibung, laßt fih aus der Vergleichung mit der Sache leicht beurtheilen. Daß Feine folhe Verordnung« eriftire, welhe das Eis genthumsrecht der Finder auf inhumane Weife beein: trädhtigte, wußte Herr D recht gut. Es war ihm nur darum zu thun, unfern Verein in der öffentlihen Mei: nung herabzufegen nnd nebenbei einer Megierung etwas verbindliches zu fagen, die wahrend feines Aufenthalts in Wiesbaden, feine Ausgrabungen mit der zusorfommendften Liberalität unterftügt hatte. —
*) Sch hatte nicht Gelegenheit den Grundriß zu benußen, welchen Herr von Horrad nad) der Bemerkung des Hrn. Dorom aufgenommen haben foll,
167
Lageund Figur des erſten Mithras— Tempels.
Wenn man die auf dem Plan Tab. IV. des J. Heftes mit BL bezeichnete Platea quintana von Laus, noͤrdlich gegen B verfolgt, fo findet man diefelbe auf der höher liegenden Fläche des Feldes bei e, von einer fehmalen von a nad) E ziehenden Straße durchfchnitten. Hier iſt die Stelle, an welcher der erftie Mithrag= Tempel *) entdeckt wurde.
Die IV. Zafel enthält den Grundriß des Gebäudes mit feinen Umgebungen.
Der Tempel hatte die Geſtalt eines Vieredd von 39 Fuß 10 Zoll Länge und25 Fuß S Zoll Breite (nad) rhein. Maaf) ohne die nach Auſſen vorjpringende Treppe mit dem gegenz überliegenden Sacrarium. Die Die der außern Umfangss
*) Yuf Sufhriften werden die dem Mithras:Eult geweihten Gebäude Templa, Aedes, Spelaea genannt. Leßtere Bes nennung mag wohl die urfprünglide gewefen feyn, da die Römer, der Tradition von der Sonnefverehrung der Perſer und beionders von der Felfenhöhle Zoroafters auf dem Albordigebirge folgend, diefe Gebäude in Felſen anlegten, wo die Befchaffenheit des Locals es erlaubte, Diefe grottenartigen Gemächer nannten fie alsdaun Spelaea, und von folhen fanden fich vormals noch Ue— verrefte bei Oſtia und zu Rom u. ſ mw. — Bei der weitern Verbreitung dieſes perſiſch-römiſchen Cults in die Provinzen des römiſchen Reichs behielten fe, da wo es die Oertlichkeit nicht anders zufieß, im Innern die längliche Höhlengeftalt bei, und fegten die Gebäude zum Theil unter der Erdoberfläche an, wie wir an den unfrigen wahrnehmen; im Aeuffern erhielten fie fo» dann Form und hiervon Namen der Tempel,
168
Mauern betrug 1 Fuß 4'/, Zoll mit Ausnahme der nördlis chen Seite, deren Mauerwerf beinahe 6 Zoll ftärfer war.
Den nad; Suͤden gelegenen Eingang *) bildete eine Treppe von 3 Fuß 9 Zoll Breite, durch welche man in das Innere des Tempels hinabftieg. Die Stufen der Treppe waren übrigens jo fehr verwüftet, daß ſich die Zahl derfelben nicht mehr genau beftimmen ließ. Aus einem bald hernach in der Nähe deffelben gefundenen zweiten Mithräum von Ähnlichen Gonftructiong » Ver: hältniffen, deffen Treppe noch ganz unverfehrt war, konnte man indeffen analog auf die Befchaffenheit der erftern fchließen.
E83 waren in jenem fieben Stufen, davon 6 aus einem fcharffantig gehauenen Bafaltftüd**) von 3 Fuß9 Zoll Lange und 1 Fuß 10 Zoll Breite bejtehend, welche in die Tiefe
*) Herr Felir Lajard bemerkt &. 12 in feiner gehalt: vollen Abhandlung über das Borghefifhe Monument zu Paris. (Nouvelles Observations sur leGrand-Bas-Relief mi- thrieque de la collection Borghese, actuellement au Musee Royal de Paris, a Paris 1898 4°.) Die Eingänge zu ben Mitbrastempeln feyen meiftend gegen Norden, die Nusgange gegen Süden gelegen. Als Beifpiele führt er die Mithrasgrotte unter dem Eapitoliniihen Berg zu Rom und den großen Porticus zu Perfepolis an.— Bei unfern beiden Tempeln findet fih gerade der umgefehrte Sal, und bier erlaubte die Localität eben fo gut eine andere Gtellung.
Die Treppenftufen hatten in der Regel vorn Feinen rund: lihen Bund, wie die neuern, fondern eine rechtwinklich fharfe Kante. Dergl. Winkelmann I ©. 400, Yeber die Höhe der Stufen, f. Fitru. II, c, 3 und IR re. 2:
vr
—
169
führten, wie es ſich aus dem Nievenu einer nahe vorbeifihe renden Straße ergab.
Die oberfte Stufe (von Sandftein) Tag fo nahe unter ber Oberfläche, daß die Spise der Pflugfchaar fie erreicht und verlegt hatte. Die Länge der vorragenden Treppe bes trug 12 Fuß. Da die Höhe einer jeden Stufe 8 Zoll aud: machte, fo ift damit die Tiefe der beiden Nebencellen des Zempeld unter der Erde auf 4 Fuß 8 Zoll, und die der mittleren Celle auf 6 Fuß 8 Zoll beftimmt. *)
Daß die bei dem zweiten Mithras:Tempel gefunden: Anzahl der Stufen nicht zufällig war, und demnad; auch für den erfteren als normal anzunehmen ſey, ift wohl nicht zu bezweiflen, da befonders die Zahl fieben in den Religionen des Drients, vorzüglich aber bei den mithrifchen Moyfterien bedeutfam war. **)
Der innere Raum des Mithräums war der Länge
*), Herr Dr. Dorom fagt in feinem oben berührten Auf: faß: „Die Arbeiter hatten ohngefähr neun Fuß gegraben, bis fie die erfte Figur gefunden hätten.“ Gonverbar. Alfo noh 3 Fuß tiefer ald der Boden des Tempels! Dagegen wird die Tiefe (Ränge) der Treppe auf 6 Fuß angegeben.
**) Celſus (im 6. Buch des Origenes gegen diefen Philo: foppen) nennt ald Sinnbild der mithrifhen Myſterien bei den Perfern und befonders der Lehre von der Gee: lenwanderung, eine Treppe mit 7 Stufen. Die erfte Stufe von Blei, war dem Saturn gemeiht, die zweite von Zinn, der Venußs, die dritte von Erz, dem Supiter, die vierte von Eifen, dem Merkur, die fehite von Silber, dem Monde, die fiebente von Gold, der Sonne. — ©. H. Seel, die Mithrageheimmiferc. mit 30 Abbildungen. Aarau 1823 8° pag. 253.
170
nach, durch zwei Scheidewände von 1 Fuß Dicke in der Art getrennt, daß auf beiden Seiten ck. 1.) ein Eingang von 3 Fuß 9 Zoll Weite frei blieb, durch welchen man in die 6 Fuß breiten Geitencellen CE) des Tempels gelangen Fonnte. Zur fombolischen Verzierung diefer Eingänge waren in die Stien der Scheidemauern (k. 1.) zwei Poftamente von Sandftein eingefest, welche zweien Neliefs (Mithras mit erhobener und gejenfter Fade) zum Fußgeſtell dienten. Nur einer derfelben fand fi) noch. Zwifchen den oben genannten ſchmalen Gellen lag die eigentliche Haupt:-Gella (F.) ein Gemad; von 8 Fuß 6 Zoll Breite und 36 Fuß
So mögen die 7 Stufen unfers Tempels, von welchen der Einzuweihende gleihfam aus den Regionen des Lich: tes und Lebens in das Reich der Unterwelt hinabftieg, demjelben fymbolijch die Wanderung der Seele nad) dem Tode durd die fieben Planeten, verfinnlicht haben.
Auh Die fieben Wochentage flanden unter dem Schuß dei Planetengötter, welche an die fieben Amſhas— pands, die Engel der fieben Scöpfungstage bei den Perfern, erinnernu.f.w. Zulius Capitolinus im Leben Marc, Aurels Cap. 13, berichtet, daß unter diefem Kaifer (im Sahre 269 n. Chr.) zur Verſöhnung der Götter fiebentägige Lectifternien gehalten worden feyen; und nah Div Caſſius, welder die Verehrung der fieben Planeten von den Aegyptern herleitet, (Siehe Lib. XXXVIIL c. 8) fcheint diefer Cult beiyden Römern erft unter den Antoninen fih mehr verbreitet zu haben. Sn unferer Gegend bei Main; fanden fid) mehrere Altäre mit den Bildniffen diefer Götter — Als Symbole der fieben flammenden Geftirne ftanden in uns ferm Tempel die fieben Feueraltäre (Pyraen, Dadgahs). Davon unten das ausführlichere.
171
Länge, deſſen Boden übrigens 2 Fuß tiefer war ald bie beiden Seiten: Gellen.
Drei Stufen führten aus dem fleinen Vorplatz (D) (Vestibulum) hinab. Es zeigte fi) bier Feine Spur von dem Dafein einer Thür, welcye den Eingang ſchloß. Es Scheint demnach diefer abgefchiedene wohl nur den Prieftern und Eingeweihten zugängliche Raum durch einen Vorhang dem Blick der Aufzunehmenden *) entzogen gewefen zu feyn.
Am entgegengejegten Ende der mitleren Gella befand fi) ein nach auffen vorfpringendes Gemach (G) von gleicher Breite und 4 Fuß Tiefe Cim Kichten) zu dem wieder 3 Stus fen hinan führten. Die unterfte derfelben war 1 Fuß 9 Zoll breit und trat in die mittlere Gella vor. Die beiden vorftehenden Mauereden bildeten den 61, Fuß breiten Eingang und bargen wahrfcheinlich die Beleuch— fung des mithrijchen Bildes. In der Mitte diefes Sacras riums oder Opisthodoms (Posticum) erhob fich auf einem 2 Fuß hohen und 18 Zoll breiten Sockel von gehauenen Sandfteinguadern das große Doppel-Relief mit der Dar- fiellung des Mithras.
Es erfchien auffallend, daß der Raum (GI zwifchen bem Relief und der nördlichen Wand Cer beträgt nur 2 Fuß,) fo befchränft war, daß es unmoͤglich ſchien, die eben: falls mit Bildwerf verfehene hintere Seite der Tafel ordentlid: betrachten zu koͤnnen. Hierzu fommt noch, daß die Ruͤck— feite der Einfaffungsfteine ſammt dem längern auf beiden Seiten überfiehenden Sturz nicht wie deren Vorderſeite vers
*) Bon einem Vorhange (Velum) im Tempel des Jupiter zu Elis fpricht Pausanias V, 12.
172
ziert, fondern ganz roh bearbeitet war, — wodurch es wahrfcheinlich wurde, daß diefer hintere Raum, deffen Wäns de auch nur mit gewöhnlichem weißen Mörtel getuͤncht was ren, verborgen bleiben jollte. Dieß leitete mich zuerjt auf die Bermuthung, daß die vieredfige mitlere auf bei den Seiten verzierte Platte wohl drehbar gewefen feyn müffe. Die feftftehenden das große Relief umfchließenden Befleidungsfteine paßten alsdann mit ihrer verzierten Bor: derfeite für beide Darftellungen des Hauptbildes, was bei der Erflärung der Symbole fehr zu beachten feyn dürfte,
Bei näherer Unterfuchung fand ſich dieß auch befiäs tigt, indem genau in der Mitte jener Platte, oben und uns ten ein vwieredige 1 Zoll breite und etwa 4 Zoll tiefe Deff- nung eingehauen war, in weldje augenjcheinlich ein eifers ner Zapfen gehörte, um welchen fich die Steintafel wie um eine verticale Achje bewegte.*) Zur unbeweglichen Feſt— ftellung des Steins würden gewiß mehrere Stifte angebracht worden feyn.
Ferner war die hintere Seite der aufrechtitehenden Ein-
*) Diefe Einrihtung erinnert an die drehbaren Altarbilder der hriftlihen Zeit. Die Eintheilung ded Tempels in drei Räume entfpriht dem Schiff mit den Abfeiten, Das nach Außen vorfpringende und höher liegende Ga: cellum mit dem Altarbild, dem erhöhten Chor der chrift: Iihen Kirchen. Auch die Vertiefung des Schiffes unter den Boden findet fih bei den älteften Kirben. Bei dem zweiten Mithrastempel ift fogar die Kreuzform des Schiffes nicht zu verfennen. Die große Uebereinſtim— mung des mithrifhen Mythus mit vielen hriftlihen Dog— men haben von Hammer, Creuzer und andere tiefe Kenner des Alterthums ſcharfſinnig gezeigt.
173
faffung 2Zoll ſchmaler als die vordere, damit die Beklei— dung vorn dicht anjchloß, ohne die freie Bewegung der mitt lern Platte beim Umdrehen zu hindern. Der enge Raum auf beiden Seiten des Neliefs fcheint zugemauert gewefen zu feyn, was fich aus der rauhen Bearbeitung und dem Ueber: ftehen des wagerechten Sturzes fchließen ließ. Zu dem bins tern ganz abgefchiedenen Raum fonnte man demungeachtet gelangen, da die halbe Umdrehung der Platte zwei Eleine Thuröffnungen bildete. Sm Boden diefes engen Raums war noch eine faft 1 Fuß breite und gegen 4 Fuß lange Deff- nung (p). Sie war mit Schutt von Bruchfleinen und Gefäß- truͤmmern angefüllt, unter welchen ſich noch 11 Bronze-Müns zen, meift in Groserz, fanden. Ob diefe Deffnung *), welche zu den Myſterien der Priefter gedient haben mag und vielleicht mit einem unterirdifchen Adytum in Verbindung ftand, voll ftändig ausgeraumt war, da man die Tiefe nur zu 2 Fuß angab, bezweifleich. Man konnte Feine Gewißheit daruͤber erhalten, da der Eigenthiimer, zu beforgt wegen der Mög- lichfeit einer neuen Entdeckung felbft nad) der Verwäftung
*) Herr Dorow mad eine fargähnlide Stufe! da raus, und feht diefelbe vor das Relief. Indem er am angef. Orte fagt: /In dem innern Bezirk gedachten Vorfprungs befanden ſich zwei 6 Fuß breite obere Stufen; die untere nur 5'/, Fuß breite Etufe war fargartig ausgehöhlt; vor dieſer ſargähnlichen Stufe lag ein großer fhwerer Stein von 4/, Buß Höbe und 5 Fuß Breite. — Hierbei ift nur zu bemerken, daß die innere Tiefe des hintern Sacellums, in weldhem ſich nad Hrn. D. zwei ſechs Fuß breite Stufen befan- den, im Ganzen nur 4 Fuß beträgt.
174
des ganzen Mithraͤums, feine Unterfuchung diefer Stelle das mals angeben wollte. |
Den Boden der mitleren Gella dedte ein diinner Guß⸗ Aftrich. In den Nebencellen war jedoch Feine Spur davon.
Sämmtliches Mauerwerk (den Unterfat des Hauptbil- des ausgenommen) war aus rohen mit Kalfmörtel verbuns denen Bruchſteinen aufgeführt. Nur etwa 3— 31%, Fuß diefer Mauern unter der Erdoberfläche hatten ſich fo unver: fehrt erhalten, daß fich noch der Farbenanftric; des Bewur: fes in urfprünglicher Frifche wahrnehmen lief. Man unter: ſchied an den Wänden der mitlern Gella weiß, roth, blau und grün, abwechfelnd in fenfrechten Streifen. *)
Es läßt ſich nicht mit Gewißheit beftimmen, ob die mit
*) Der Mahlereien in einem Mithras:Tempel gedenkt nämlich eine bei Klagenfurth in Kärnthen, im Bezirk Sols feld (dad Flavium Solvense der Provinz Moricum, Pli- nius, III. 34) gefuidene Snfhrift vom Sahr 239, worin es unter andern heißt: — TEM. (plum) (sc. Mithrae) VE- TVSTATE. CONL, (apsum) SVMPTV, SVO, CUM. PIC- TURA. REFE (cerunt.) — Bergl. 9 Seel u a. 9. Geite 481. Auch mitgetheilt in Pet. von Köppen Nachricht von einigen in Ungarn, Siebenbürgen und Polen befindlichen Alterthümern. Wien 18%. S. 13. Hier fcheint der Ausdruck Pictura mehr Darftellung ſymboliſcher Figuren als Sarbenanftrih zu bezeichnen,
Aud an dem mithrifhen Denkmal, welches im 5, 1816 bei Stir-Neufiedel, in den Ruinen des alten Carnuntum entdeckt wurde, und fih im kaiſ. Antitenmufeum zu Wien befindet, will man rothe, blaue und weiße Farbe bemerkt haben. — An mehreren unferer Bildwerke ließen isch ebenfalls no Spuren von Sarben wahrnehmen.,
175
feren Scheidewände bis an die Dede reichten, oder nur bie zit einer gewiffen Höhe aufgeführt, den Blick in die mitlere Hauptcelle geftatteten. Erſteres fcheint jedoch) für die geheimen Mofterien angemeffener, auch jprechen die Spuren an dem mithrif.hen Monument der Vogeſen dafür.
Ueber die Höhe des Heinen Sacrariums dürften die oben abgeftumpften Ecken des vorhingenannten horizontalen Sturzed am großen Nelief, einiges Licht verbreiten, da wahrfcheinlich die gewölbte oder fchräg zulaufende Dede fie berührte. Nechnet man zu der Höhe des Reliefs fammt Sockel (7'814, N die halbe Breite des Sacellums als Nadiug des Gewölbes, A’ 3’N fo würde fich eine Höhe von 19% ergeben. Da aber nad) obiger Bemerfung das halbEreisför- mige Gewölbe tiefer geftanden haben muß, indem die fchwachen Seitenmauern dem Druck eines flachen Bogens faum widerftanden haben würden, fo läßt fich die ganze Höhe ungefehr nur auf 9, — 10 Fuß beftimmen. Der: gleichen nifchenartige Vorfprünge von minderer Höhe finden fich öfter an römifchen Tempeln *).
Für die mitlere Gella ift dagegen eine größere Höhe anzu⸗ nehmen. Gehen wir vom Boden derfelben aus, fo beträgt die Höhe der drei erften Stufen bis zum Vorplatz (D) 2 Fuß. Hierzu fommen die 7 Stufen mit 4 Fuß 8Zol. Da nun die Höhe des Eingangs wohl nicht weniger ald 8 Fuß zu rech⸗ nen ift, und die Dede wenigftens 2—3 Fuß höher angenom> men werden darf, fo würde ſich die Höhe der mitlern Gelle im Innern wenigftend auf ungefähr 16 — 18 Fuß beftim-
*) Vergl Montfaucon l'Antiquité expliquee u. ſ. w.
176
men laſſen, welche beiläufig ihrer doppelten Breite gleich ift. Doc; find dieg nur Vermuthungen und Andeutungen zur Conſtruirung des Durchichnitted. Daß die Auffere Form und Höhe des Tempels fich ımabhängig vom In— nern, (in welchem nac) den Ueberlieferungen vom perfis ſchen Eultus die Form einer Höhle imitirt war) nad) den berfümmlichen Negeln der Architectur richtete, verfteht fich von felbft.
Eine Uebereinftiimmung mit der innern Einrichtung unferd Mithräums zeigen die Spuren, welche fih an einem, an der weftlichen Seite der Bogefen, in der Nähe von Lichtenberg bei Zweibrüden gelegenen Monument erhalten haben. Das mithrifche Nelief mit der gewoͤhn—⸗ lichen Vorſtellung des Stieropferd befindet fich nicht ferne vom Dorfe Schwarzerd auf der verticalen Fläche eines Felſens ausgehauen, und ift von einer doppelten Reihe Deffuungen umgeben, welche zur Befeftigung der Wände diefes Heinen Tempels dienten. Nuch bier unterfcheidet man 3 Zellen, in deren mittlerer fi) das 3 Fuß 7 Zoll hohe und 4 Fuß 4 Zoll breite *) Felfenrelief befindet. Nach der Befchreibung und Abbildung, welhe Schoͤpf— lin *) Tiefert, war das Gebäude bedeutend Fleiner ald das unfrige, indem deſſen ganze Breite ungefähr 10'/,' die Höhe bis zur Giebelſpitze 9 Fuß 3 Zoll betrug. Die mittlere Selle war 6 Fuß 4 Zoll breit und 9 Fuß 3 300 hoch bis zur gewölbten Dede. Die beiden
*) Bei Seel. a. a. O. Geite 283 ift die Breite diefes Reliefs irrig zu neun Fuß 4 Zoll angegeben. ) Schoepflin Alsatia illustrata, I, pag, 501.
177
Nebencellen nad) der. Zeichnung kaum 2 Fuß breit. Ein ſtumpfwinkliches Dach deckte das Ganze.
Nur die Berhältniffe der Höhe und Breite laſſen ſich an diefer Felſenwand erfennen. Ueber die Länge *) diefeg Gebäudes liegt Feine Unterfuchung vor. Wahrfcheinlich find jedod) die Fundamente noch mit Schutt bedeckt, da die Höhe der äußern Celle Faum 6 Fuß beträgt. Eine Aufgrabung diefer Stelle wirde gewiß intereffante Res fultate über die innere Befchaffenheit liefern.
Ein zweites an einen Felfen angelehntes Mi: thraͤum befand fich im ſo Tichen Frankreich bei Bourg St, Andeol an der Rhone, von welchem nur nach den Bes fehreibungen von Caylus *»), Zoega **), Millin D, My: use. ir), noch das in den natürlichen Feljen eingehauene mithrifche Bild zwifchen zwei hervorriefelnden Quellen erhalten ift. Wahrfcheinlich würden fich hier noch Spu— ren der Tempelfundamente finden, wenn man nachforfchte, da gegenüber noch Stufen feyn follen, und das Bild felbft die Stelle genau bezeichnet, wo man die Ueberreſte des Gebäudes zu fuchen bat.
—
*) Schoöpflin a. a. 9. vermuthet, die Lange des Tem— pels ſey wahrſcheinlich der Breite gleich geweſen Sch bezweifle dieß nach den Proportionen der Heddern— heimer Tempel, die ungefähr doppelt ſo lang als breit waren.
*#) Caylus Recueil des Antiquites, III, pl. 93 T. 2 p ıı6. ***) Zoega Abhandlungen, überfekt von Welker. +) Millin Voyage au midi de la France, Pl, 28, ſ. a.
+H Mylius mahlerifhe Fußreiſe durch das füdlihe Fran, reich ꝛc. 2. Bd. 1. Abth. ©. 82. 12
178
Ueber Mithras⸗Tempel oder Spelaͤen, welche in Form von Grotten oder Höhlen ganz in Felſen eingehauen waren, befigen wir nur wenige und ungenuͤgende Nachrichten.
Die Niederländischen Altertbumsforfcher Smet und Pighi furechen von einer Grotte, die fie in den Jahren 1545—1551 zu Rom fahen. Sie befand fich in dem Gapitolinifchen Berge unter der Kirche Araceli, und ents bielte daS durch eine Reihe von Schriften und Abbildun- gen berühmt gewordene Borghefifche Monument im Mus ſeum zu Paris). Ein langer Gang fiihrte in der Rich— tung von Norden nad Süden zu der Grotte, welche bald nad) der Wegnahme des Bildes verfchüttet wurde.
Don einem zu Oſtia entdeckten Speläum bemerft Zoäga: red ſey einer natürlichen Grotte nachgemacht „geweſen und habe an der Seite eined langen Gange gelegen.“ Wahrfcheinlich gehörte diefer Gang zum Tempel felbft, und war, wie bei dem unfrigen, eine der Seitencellen, die für die Einzumweihenden beftimmt war.
Mit dem Mithras-Tempel, welcher vor mehreren Jah— ren zu Dormagen bei Köln zufällig entdeckt und vom Eigenthümer ebenfall$ zerftört wurde, laͤßt fich Feine Ver⸗ gleihung mit dem unfrigen anftellen, da die hierüber bisher befannt gewordene Beſchreibung zu oberflächlich iſt.
*) Ueber das Gefhihtliche der Auffindung vergleihe man die ausführliche Abhandlung des Herrn F. Lajarda.a. D-
**) Sn Nro. 90 des Stuttg. Kunftblattes v. Hrn. Dorow Es heißt nur darin: —»Man traf auf ein Gewölbe (?) von Guß— mauer. Neben demjelben war ein Zimmer von 10 Fuß Tiefe, 10 Fuß Breite und 40 Fuß Fänge. Die innern Wände defielben waren geglättet, mit deutlichen Spuren von rother und grüner Farbe» —
179
Auch in dem Bering der römifchen Colonia Car- nuntum bei Stir-Meufiedel unfern Wien, fand man im Sahre 1816 ein Mithrasbild noch auf friner Unterlage fichend, (2) nebft verfchiedenen Snfchriften, die fich auf die Wiederherjtellung eines Tempels beziehen *). Man will bei der Unterfuchung feine Spuren des Tempels mehr gefunden haben, was faum denkbar it, da fich fo viele Bildwerfe noch in ihrer Stelle fanden.
Es ift überhaupt fehr auffallend, daß bis auf diefe Zeit fo viele Imfchriften entdeckt wurden, die der Errichtung oder Wiederherftelung mithrifcher Tempel ers wähnen, ohne daß an eine forgfältige Unterguchung Des Fundortd gedacht worden wäre. Wie Manches wäre wohl noch nachzuholen übrig, wo man die Stelle noch fennt, da nicht leicht alle Spuren der Fundamente vers wifcht find, deren Suneres vieleicht noch ſchaͤtzbare Ueber— rejte bewahrt.
So find alfo die Mithras-Tempel unſers Vicus bis jegt die einzigen, aus welchen ſich die Größe und innere Einrichtung derfelben mit Zuverläffigfeit erfennen laßt.
Die Gegenftände, welche fi) in den Ringmauern derfelben fanden, find früher ſchon auf vielfältiges Ders langen einftweilen in Umriß auf 6 Tafeln lithographirt und an ausgezeichnete Gelehrte zur vorläufigen Bekannt» machung verfendet worden. Sie find nur ald Skizzen zu betrachten, und es follen in den rolgenden Heften genaue Befchreibungen und forgfältige Abbildungen folgen, wie es die Wichtigkeit des Gegenftandes erfordert.
6, Seela a. O. ©. 315, — 17.
180
Hier nur eine kurze Zuſammenſtellung des Gefundenen zur Ueberſicht, da die Tafeln, welche in meiner Abweſen— beit und ohne meine Anweiſung eilig gezeichnet wurden, theils die in jedem Tempel gefundenen Bildwerfe nicht befenders abtheilten, theild einige Gegenftände, welche an andern Stellen entdedt wurden, irrig mit aufnahmen ”).
Sm erften Mithrad-Tempel fanden ſich:
I. Bas- Reliefs.
1. Das große auf beiden Seiten mit Figuren vers zierte Relief, in Sandftein. Siehe Tab, I. und II,
2. Kleine Votivtafel mit dem Mithragopfer in weißem Marmor. Tab. IV. fig. 8.
3. Mithras mit gefenfter Fadel, Sandftein. T. III. fig 2.
Seitenanficht fig. 2 a,
4. Weibliche Figur mit Füllhorn, zwifchen zwei Pfers den, porröfer Bafalt. Tab. IV. fig. 6.
5. Merfur mit feinen Attributen, Sandft. T. VI. fig. 2.
6. Minerva, ftchende Figur mit Spies, Helm und Schild, Sandftein (Erganzungstafe). Tab, VIL fig. r.
II. Figuren.
7. Figur eines halb verhüllten Knaben, Sandftein Tab. IV. fig. 5. und Proftlanficht fig. 5 a.
8. Kleiner Kopf einer männlichen Figur, Sandftein. Tab. VII, fig. >.
9, Kleiner Löwe, Sandftein. Tab. IV. fig. 7.
III. Altäre.
10. Großer vierediger Opferaltar mit zum Theil ers lofchener Schrift, Sandftein. Tab. V. fig. >.
*) Dabin gehören auf Tab. III, die Fig. 4 un) 4 a, ſodann
auf Tab. VI. die Fig. 1 und 1 3.
181
11. Großer ſechsſeitiger Opferaltar, oben mit cylins drifcher Oeffnung, und wohl erhaltener Infchrift, Bafalt Tab. V. fig. 1. und Seitenanſicht fig. ı a,
12. Kleiner Opferaltar, vorn mit Snfchrift, Sandftein. Tab, V. fig. 3. Ruͤckſeite mit Relief Tab. V. fig. 5 a,
13. Ein gleicher, Nückfeite mit Infchrift, Sandſtein. Tab, V, fig. 4.
14. Ein gleicher, Ruͤckſeite mit Infchrift, Fragment, Sanditein. Tab, V. fig. 4.
15. Ein gleicher, Ruͤckſeite mit 2 Buchflaben, Sand» ftein. Tab, V. fig. 6.
16. Eın gleicher, ohne Inſchrift, Sandftein,
Tab, VII. fig. 3. IV. Boftamente.
17. Altarähnliches Poftament mit der Mithradtiare, Sanpdftein Tab. III. fig. 5.
18. 19. Zwei vorn mit zwei Halbfäulen verzierte Pos flamente, woran erlofchene Schrift, Sandftein. Tab, V. üg. 3 und fig. 3 a,
V. Seräthe. Münzen ıc. 20. Eiferne Opferpfanne. Tab, V. fig, 8. und Seitenanficht Tab. V. fig. 8 a,
21. Eilf Münzen in Bronze, meift Großer;.
Die reiche Ausbeute diefer Tempelruinen in fo mannigs facher Beziehung bedarf Keiner Husführung. Das Mis thrasbild allein, feht nicht nur wegen feiner guten Erhaltung und Spmbolenfülle, worin es alfe andere bis jeßt bekann— ten, jelbft das Borghefifche nicht ausgenommen *), übers
*) Ich kann daher dem verdienftsollen franzoͤſiſchen Gelehr— ten, Herrn F. Lajard nicht beiſtimmen, welcher ©. 38
182
trifft, fondern auch wegen feiner drehbaren Einrich— tung *) bis jeßt als einzig da »). Ich mache nur noch fürzlich auf die fieben Brandaltäre Pyraͤen) Nro. 10—16 aufmerffam, die auf andern mithrifchen Monumenten 3. DB. dem Lafrerifchen zu Nom **), mehreren von P.
feiner oben angezeigten Abhandlung dem Borghefi, Then Monument vor allen mithrifhen Bas-Reliefs aus dem römifchen Alterthbum den erften Nang einräumt, wie wohl es an Gelebrität alle übrigen übertrifft, da es in 57 Abhandlungen und Werfen genannt oder befhries ben, und durch 15 Abbildungen befannt geworden ift- Die Vergleihung der Symbole, befonders die Betrahtung der vielfältigen neuen Neftaurationen überhebt mich des Beweifes, zumal da Herr Profeffor N. Müller von Mainz, in der legten Gen. Berfammlung eine intereffante vergleichende Weberfiht der befannten mithrifhen Monu— mente mit dem unfrigen, durd viele Zeichnungen erläu— tert sortrug, die in den folgenden Heften mitgetheilt werden fol. Durch den Umſturz auf den großen davorftehenden Opfer» altar war das Relief, wie ich oben bemerkte, in mehrere Stücke zerbrodhen, welche jedoh, da Fein Theil fehlte, dur die Gefchieflichfeit des Bildhauers Herrn Joſeph Scholl von Mainz, fo gut wieder vereinigt wurden, daß Feine Beihadigung mehr wahrzunehmen ift. Die frühere Einrihtung zum Drehen der mittleren Platte, ließ ft jedoch nicht wohl mehr heritellen, da ein Sprung mitten durch die Achfe gegangen war. Das ganze Stüd mußte alſo mit den; Einfaffungsfteinen zu einem Ganzen verbunden und auf eine drehbare Bafe nefekt werden. **) Man Fennt mehrere auf beiden Seiten verzierte Ne: liefs. Hat man nod Feine Spur vom Dafeyn einer Achſe wahrgenommen ? "r, Bormals im Haufe des Det. Zend, Vergl. ZvEegam.
+
ww]
183
von Köppen mitgetheilten *), dem Ladenburger ıc. *) als Planetenſymbole nur im Relief bildlich dargeſtellt ſind. Ueber die andern ſeltenen Bildwerke das Weitere bei der ſpaͤtern Erlaͤuterung derſelben.
Ehe ich zur Beſchreibung des zweiten Mithrastempels uͤbergehe, muß ich die Entdeckung einiger merkwuͤrdigen Schachte (GI. J. K.) in der Nähe des Mithraͤums noch erwaͤhnen, die mit dem Tempel vielleicht in Beziehung ſtanden. Der oberſte Theil der Treppe am genannten Tempel war der Verwuͤſtung entgangen, da er in den benachbarten damals beſamten Acker reichte. Dieß bes ſtimmte mich zur Unterfuchung diefer Stelle, und wurde bald durch den Fund eines kleinen Altars auf einer der obern Stufen belohnt, welcher an der Zahl 7 nody ges fehlt hatte. Um die Tempelumgebung nun näher zu erforfchen, ließ ich nach Uebereinfunft mit dem Eigens thümer des anftopenden Aders, einige Fuß vor der Treppe einen Quergraben ziehen, in deffen Verlängerung fich 20 Fuß füdzöftlich von derfelben, eine Stelle zeigte, welche ſich durch fchwarze Farbe von der gewöhnlichen Erde unterfchted. Der mit Kohlen und Ajche vermengte Schutt wurde hierauf behutfam hinweggenommen, ohne den nas türlichen Boden, welcher ihn umgab, zu berühren, und fo zeigte ſich bei allmähliger Vertiefung ein viereckiger Schacht bei K, der an feiner obern Mündung 5 Fuß
*) Auf den Trümmern des ehemaligen Apuleums unmeit Garlsburg gefunden. Sieh v. Köppen a. a. D.
**) Befchrieben und abgebildet in den Act. Acad, Theod, Pa- Jatin. I. Tab. 2, bei Ereuzer, I ©. 707. Seel 8,292... fe w.
184
im Quadrat hatte. Nachdem wir auf diefe Weife 21 rheinijche Fuß tief, den Spuren des Brandjchuttes gefolgt waren, börte der Lehmboden, welcher die Wände des Schachts bildete, auf und es zeigte fi) der Anfang eines Grandlagerd von großen mit Eifenocher gefärbten Kies ſeln. Noch immer fenfte ſich der Schacht in die Tiefe, wurde jedoch alimählig enger, fo daß er auf der nördlis chen Seite nur 4, auf der weftlichen 3 Fuß 6 Zoll Breite batte,
Die Spuren des Schuttes führten und noch 14 Fuß 9 Zoll unter das Niveau des Kiefelgefchiebes, und wir waren nun 35 Fuß 9 Zoll tief gefommen, ohne dag Ende des raͤthſelhaften Schachtes zu erreichen. Bis dahin beftand der Schutt größtentheild aus Gefäßen und Ziegelfrage menten mit Moͤrtelſtuͤcken, Kohlen, Knochen und Afche vermifcht. Sogar fleinere Knochen von Geflügel hatten fi in der größten Tiefe wohl erhalten; darunter dag feine Bruftbein und die wohlbefpornten Schenfelfnochen eines Haushahns. Zähne wurden mehrere zu Tage gefür- dert, unter Diefen ein Cberzahn von ungewöhnlicher Größe, der am Ende durchbohrt war und zum Tragen bejtimmet fchien. Aber auch eine Anzahl irdener Gefäße von gelblicher, fchwarzer und der rothen famifchen Erde von mannigfaltiger Form und Größe fanden fidy darin, zum Theil noch erhalten, zum Theil von der Steinlaft zerdrüdt, doch zufammenfegbar. Unter diefen kamen befonders die gewöhnlich in Gräbern befindlichen fogenannten Ajchen: töpfe (Cinerarien), und Thränenfrügelchen in Menge, doch meiftens zerbrochen, zum Borjchein. Offenbar dien- ten dieſe Gefäße nicht als Urnen und Afıhenbehälter,
185
fondern zu haͤuslichem Gebrauch, zur Bewahrung von Flüffigkeiten *%). Ferner hatte ſich darin noch eine 6 Zoll weite Schale vor ſehr oridirtem Eiſen gefunden, fonft
*) Gewöhnlich halt man diefe gehenfelten Gefäfe mit lan— gem Hals und enger Mündnng, da fie fih haufig in Gräbern finden, für Afchentöpfe (Cineraria), die klei— nern derjelben für Thranenfrügelhen. Sie fommen in Grabhügeln meift um die Knochenurne (Ossuarium) mit weiter Deffnung liegend vor, mit der Mündung gegen dieſelbe gekehrt. Die klaſſiſchen Stellen, mit wel: hen man ihre Beftimmung als Thränenfrügelhen bemweis fen will, (vergl. Dr. Emele Befchreibung von Alterthüs mernıc. ©.25.) find hierauf nicht anwendbar. Dagegen fagen andere Scriftfteller, daß die Glutb des Leichen: brandes mit Milch, Wein oder andern Flüffigkeiten von den Angehörigen des Verftorbenen gelöfdht worden fey, ehe das Osiilegium begann Nichts fheint natürlicher, ald daß die Gefäße, in welchen die Flüffigkeiten zu der Brandftelle getragen wurden, nach dem Ausguß derfelben, alsgeleert, um die Urne herum gelegt wurden, damit die Gefäße, die einmal zu einem religiöfen Zweck gedient hatten, durch häuslichen Gebraud) nicht mehr profanirt würden. Zur weilen finden fich auch mehrere größere Gefäße der Art beifammen, die als Einerarien.nicht die Afche eines eins äigen Todten getheilt bewahrt haben Fonnen. und zu Thräanenfrigen doch viel zu groß find. Andere haben noch befonders eingedrückte Ausgußmündungen, wodurch ſich ihre Beftimmung als Waſſergefäße entfhieden ausfpricht. Die Benennung ,Thränenkrügelchen— halte ich daber für ganz; unpaflend, und eben fo wären die öfters in Gräbern vorfommenden länglihen Gfasfläfhchen, ftatt Thranengläßer ihrem eigentlihen Gebraud entfprehend, richtiger durdy Salbgefäße zu bezeichnen. Die weitere Ausführung gehört nicht hierher.
186
nur noch einige ganz in Roſt aufgeloßte Metallſtuͤcke und Münzen mit unfenntlichem Gepräge. Am beften erhalten war ein zierlich gearbeiteter Fingerring von Bronze, mit einem Lazurfteine, in welchen die Figur eines ftehenden Hermes recht gut vertieft gefchnitten war. Es iſt bemer> fengwerth, daß die vier Eden des Schachtes nad) Auffen balbzirkelförmig erweitert waren. Sollten diefe 6-7 Zoll tiefen Ausfchnitte nicht dazu gedient haben, um Balfen hineinzuftellen, au welche ftarfe Bretter befejtiget waren, um den fonft unvermeidlichen Einfturz des Schachtes zu verhindern? Warum das Ausmauern nicht vorgezogen wurde, kann ich nicht errathenz denn von Mauerwerk war feine Spur zu erfennen, und an ein vorfegliches Ausbres chen der Steine bei der frühern Zerftörung iſt gar nicht zu denfen. Es kann alfo ehemals nur eine Verjchalung der Winde von Holz da gewefen ſeyn, weldye durd) Brand oder Länge der Zeit zerfiört wurde. Hieraus folgt, daß derfelbe wohl nicht als Brunnen gedient haben könne, welche, foviel deren bis jet im Bering des Vicus gefun— den wurden, fümmtlich rund aufgemauert find, und 4—5 Fuß im Durchmeffer haben. Für das Dafeyn eines Brets terverfchlags fpricht noch, daß die Wände mit einem '/ bis 1 Zoll dicken (ehemals vieleicht ftärferen) Auftrag von gelblichem Letten überzogen waren, welcher zum Schuß des Holzes gegen die Feuchtigkeit gedient haben mag.
Bei dem DVertiefen des Schachtes hatte fi) an der rechten Seite der [weftlichen Wand deffelben, nody ein berunterziehender Streifen von 3’), Fuß Breite mit Brands jchutt ausgezeichnet, der jedoch fich nicht fo tief erfiredte, und ſchon in einer Tiefe von 18 Fuß unter der Ober—
187
fläche endigte. Es hatte anfangs gefchienen, daß bier ein verfchlitteter unterirdifcher Gang angetroffen werden würde, der mit dem oben genannten Schacht in Berbins dung ftehe. Die Richtung nach dem Mithras: Tempel fchien dieß noch mehr anzudeuten. Bei dem Ausräumen zeigte es ſich jedoch, daß es ein dem erſten an Größe gleicher, nur etwas feitwärts gefchobener Schacht (I) war, deffen Wände mit dem erften parallel liefen. Er war fo wie der vorige mit Brandfchutt und Gefäßfragmenten angefüllt. In feis ner innern Anlage zeigte fich Feine Verfchiedenheit, außer daß in den Eden Feine Augjchnitte bemerfbar waren. Um den Schutt und die ganz unten vorkommenden fchweren Steine leichter aus der Tiefe fürdern zu Fünnen, wurde es zweckmaͤßig gehalten, an der füdlichen Wand dieſes zweiten Schad)tes einen finfenartigen Abfag zu dieſem Bes huf einzugraben.
Als man 3 Fuß in den Lehm hineingearbeitet hatte, zeigten fich auch hier wieder Brandfpuren und bald darauf ein den beiden erfteren an Größe ähnlicher Schadyt CH), von gleichem Inhalt, nur von minderer Tiefe, der von dem andern nur durch eine 3 Fuß die Lehmwand getrennt war. Der herannahende Winter unterbrad; endlidy unfere Arbeit, ehe die Unterfuchung beendigt werden Fonnte, denn noch immer waren wir nicht auf den Boden des erften Schachtes gefommen, wie der DVerfuch mit dem Stecheifen zeigte. Schwere Mauerfteine, meijt von Ba— falt, denen noch Mörtel anhing, kamen ganz unten vor, und fcheinen von dem abgebrochenen Tempel zuerft in diefen Schacht geſtuͤrzt worden zu feyn. Vielleicht finden wir auf dem Boden noch merkwürdige Alterthuͤmer oder
188
Inſchriften, welche über die Erbauung ded Tempels ꝛc. Licht verbreiten. So muͤſſen wir fpäter die Aufgrabung fortfegen, und ich behalte mir die Mirtheilung der Ergebniffe vor.
Ueber die Beſtimmung Ddiefer drei nahe beifammen liegenden Schachte ein ficheres Urtheil zu fällen, möchte ſchwer ſeyn. Bei einem einzigen Schachte hätte man demunge achtet die Beftimmung als Brunnen eher annehmen fönnen, wenn auch feine Form von der gewöhnlichen abwich. Auch für den Mangel des Mauerwerk wirden fich wohl noch Gründe haben auffinden laſſen. Wozu aber drei Bruns nen dicht beifammen? Hier fcheint wenigftend gewiß zu ſeyn, daß fie einen andern Zweck gehabt haben müffen. Die Nähe des Mithras-Tempels Teitet allein zu der Vers muthung, daß diefe fonderbaren Schachte vielleicht zu den geheimen Myſterien des Mithras-Cultus dienten, über die wir nur Dunkle Andeutungen in den alten Schriftftellern haben *).
Ueber die Art und Weife des Gebrauchs diefer unterirs diſchen Gemaͤcher werden wir wohlnie vollftändige Aufklärung erhalten, da das Schweigen der Eingeweihten und der Verluft vieler gleichzeitigen Schriftjteller, einen undurchdringlichen Schleier über die Geheimniſſe des Cultus verbreitet haben.
*) Rad Paufanias fanden im Tempel der Diana, der Erhals terin zu Trözene, dem Pluto rc. geweihte Altäre über Deff: nungen, durd die man zur Unterwelt binabfteigen Eonnte, Diefe mögen aud wohl zurFeier der Myſterien gedient haben.
Bei der Zerftörung des großen Mithräums zu Alerans drien, am Ende des fünften Jahrhunderts, entdedte man ein tiefes Adytum unter diefem Tempel, worin man allerband fonderbare Geräthſchaften und auch Menfchen» ſchädel verſchiedenen Alters fand, die hier geopfert worden feyn follen. (S. Zoega Abhandl. a, a. 2.)
189
Ich habe im Anfang diefer Mittheilung von einem Gebaͤude minderen Umfangs geredet, welches der Maurer Werkmann in der Nähe diefes Tempels auggebrochen hatte. Auf der Tafel IV, ift es mit L bezeichnet und ich babe dafjelbe nur mit Punkten *) angedeutet, da fih über das Innere defjelben nichts mehr erforfiten ließ. Es war nur 15 Fuß von dem Tempel entfernt. Deftlich begrenzte e8 unmittelbar die Platea quintana, Aus der Nahe vom Tempel und den Schachten fünnte man ver: muthen, daß c8 eine Priefterwohnung war.
Sch Fomme nun zu dem
Zweiten Mithbras:- Tempel.
Wenige Wochen nad der Entdeckung des erjten wurde er auf der nämlichen Feldfläche, 481 Fuß weflich von jenem entfernt, an derfelben fchmalen Straße zufällig gefunden, die an dem erften von Oſten nad Weften vorbeizieht.
Auch diefer Tempel hatte Das Schickſal des erften, indem deffen Fundamente größtentheild ſchon vom Eigen: thuͤmer des Ackers (P. Werner) herausgebrochen waren, ehe ich Kunde von der Entdefung erhielt. Mehrere mis thrifche Bildwerfe, welche darin gefunden worden waren, entfernten jeden Zweifel uber die Beltimmung des Ge bändes, als mir diefelben in Heddernheim gezeigt wurden. Da ich vernahm, daß noch einige Ueberbleibfel der Mauer im Acer fteften, fo traf ich mit Bewilligung des Beſi— tzers, ſogleich Anftalt zur möglichft genauen Unterfuchung-
Bei dem forgfältigen Aufgraben viefer Stelle fand id) nicht nur einige Theile der Mauer nody fichen, fondern
*) Auf diefelbe Weiſe find die fehlenden Mauern des Tem: pels muthmaßlih im Grundriß erganst.
19%
die Spur der ſchon ausgebrodjenen ließ noch voljtändig die Richtung und Größe derfelben erkennen, fo daß ich einen genauen Grundriß darüber aufnehmen fonnte, der fammt dem Profildurchfchnitt auf der V. Tafel vorliegt,
Sm Wefentlichen war Geftalt und Größe des Schiffes nicht fehr vom erften Tempel verfchieden. Die 17, Fuß dien Umfangsmauern (a bc d) bildeten ein Fängliches Vieref von 46 Fuß 7 Zol Länge und 21 Fuß 2 Zoll Breite. Der erfte Tempel war alfo Außerlich 6 Fuß 2 Zoll kürzer, dagegen 4 Fuß 3 Zoll breiter ald diefer. Die innere Eintheilung im Schiff war im Allgemeinen dem erſten gleich. Auch bier waren drei Gellen, deren mittlere mit 2 Fuß tieferem Boden als jener der Gei- tencellen, mit dem Sacrarium oder Opisthodomus zufamz menhieng. Die Seitencellen hatten dagegen nur 4 Fuß 5 Zoll, die mittlere 7 Fuß 2 Zoll Breite. Die Stirn ber 18 Zoll dicken Scheidemauer (t u), welche den Ein: gang in die Nebencellen frei ließ, war wie beim erften Mithräum mit zwei Poftamenten von Bafalt verziert. Das hinterfie Sanctuarium, zu welchem, wie bei dem erften, drei Stufen führten, bot die meifte DVerfchiedenheit dar. Es hatte nämlich die ganze Breite des Schiffs und erweiterte fich in der Mitte durch einen nifchenförmigen Vorjprung nad; Außen von 7, Fuß Breite und 2 Fuß 1301 Tiefe mit fchräg zulaufenden Seiten. Die Tiefe hinter den Seitencellen (k 1) betrug 5 Fuß 6 Zoll; die mittlere bis an die nördliche Wand der Nifche war der Breite der Mittelcelle gleich. In diefer Nifche waren drei 8 Zoll breite ftufenartige Site (g h), welche zur Aufftelung von Gegenftänden vieleicht dienten. Um die Wand war ein
191
Sig von 14 Zoll Breite mit Bruchfteinen aufgemauert, welcher auch an der aͤußern Wand der Seitencellen (p q) fortlief. Der vordere Theil gegen den Gingang hin war zerftört, fo daß fich die Länge diefer Bank nicht mehr bes ſtimmen Tief. Ob auch bei dem erften Tempel folche Site vorhanden waren, ließ fich nicht mit Sicherheit mehr erkennen. In der Mitte des Sacrariumg ſcheint das Hauptrelief des Mithras geftanden zır haben. Aus der ſtumpfwinklichen Anlage der Nifche und ihrer Breite läßt ſich auch hier wohl eine Drehbarfeit des Hauptbiltes und defjen Achſe bei G vermuthen, indem fonft diefe Erweis terung des Dpisthodoms nach Außen überflüffig geweſen ſeyn würde. Leider fanden fich nur noch wenige Bruch— ftüde von diefem Nelief, naͤmlich ein Theil der Chlamys, der rechte Oberarm und die beiden Köpfe der Fadelträger. Das übrige ſcheint in früherer Zeit entdeckt und verfoms men zu feyn. Don den beiden großen Bafaltpoftamenten am Eingang diefes Sanctuariums fand fich nur das eine noch. Vom andern lag nur die unterfte ſchwere Platte noch an ihrer Stelle. Aus den Dimenfionen der Bild» fragmente laͤßt fich indeſſen ſchließen, daß das Relief über groͤßer als das erftere gewefen ſeyn muͤſſe.
Der füdlich gelegenen Treppe mit ben fieben nod) wohl erhaltenen Stufen, deren oberfte von Sandftein, die übrigen von Bafalt waren, habe ich früher fchon bei der Befchreibung des erſten Tempels gedacht. Es fchien unwahrfcheinlich, daß die Treppe, welche 12 Fuß weit nad; Außen vorfprang, unbededt oder mit einer borizon? talen Thuͤre verfchloffen gewefen fey. Das Gebäude konnte alfo bei v w noch nicht aufhören; die aͤußere Fronte
192
defjelben mußte wenigfteng dem Eingang gleich feyn. Zur Unterfuchung ließ ich einen Durchfchnitt vor der Treppe machen, und fand ziemlich nahe unter der Oberfläche des Bodens, die Nefte einer Zundamentmaner von 2 Fuß 6 Zoll Breite, vie fich auf beiden Seiten der Ringmauer bei v w anfcdloß, und im Allignement derfelben 2I Fuß 2 Zoll lang fortlaufend, bei b ce durch eine Quermauer rechtwinflich verbunden war, Die größere Breite des nur 27/, Fuß in die Tiefe gegründeten Fundaments und der Umftand, daß fich nirgends eine Thuröffnung zeigte, lieg mit Wahrfcheinlichfeit vermutben, dep diefe Sockel— mauer dazu diente, einen offenen Säulen:Portifus zu fragen, unter dem die Priefter ihre Opfer verrichteten. Zwar fanden ſich feine Säulenüberrefte mehr in dem Vorplatz; die kann aber nicht befremden, da das Nis veau defjelben der oberfien Treppenftufe gleich war, und die fo nahe unter der Oberfläche des Bodens liegenden Gegenftände am erften vom Pfluge des Landmannes erreicht werden mußten. Der geringe Raum im Innern des Tempel giebt zu erfennen, daß feine unterirdifchen, von feinem Tageslicht *) erleuchteten Gemächer nur den Prieftern zugänglich und zur Einweihung Einzelner bes ſtimmt waren.
er
*) Die Erleuchtung diefer unterirdifhen Tempel durch Lam— pen fheint auf dem befannten Fehlbacher Mithrasbild (bei Sattler Gefhihte von Würtemberg J. ©. 192. Tab 11.) plaftifch dargeſtellt zu ſeyn. Die meiften der befannten Monumente zeigen ohnehin, daß das Mithras: opfer in einer Felſenhöhle oder unterirdifhen Grotte vor ſich gehe.
193
Bei öffentlichen Dyfern Fonnte das Volk ſich vor dem Portifus verfammeln, wie die bei den Fleinen römis fchen Tempeln gewöhnlich; der Fall war. — Es ift noch die Frage zur unterfuchen, wie weit wohl diefer Portifug pffen gewefen. Denkt man fich die Säulen big zum Anfang des Schiffs (Naos) (v w) fortlaufend, fo tritt die in dens felben vorfpringende fchmale Treppe ftörend entgegen. Schließen wir die Seiten big zum Eingang der Treppe, fowie deren Fronte (a 8) durch eine. Mauer, fo entftehen zwei geſchloſſene Räume neben der Treppe, deren Eingänge, fammt der fehmalen Thüre, welche zur Treppe führt, fich zu den übrigen Proportionen der Vorderfeite nicht vortheil- haft ausnehmen dürften. Ruͤcken wir dagegen die Wand etwas weiter gegen (x y) vor, fo find alle Inconvenienzen gehoben. Es laͤßt fich eine den aͤußern Verhältniffen de Tempels angemeffene Thuͤre (z) anbringen, durch welche man gerabe fo wie im unterirdifchen Theil, auf einen Heinen Vorplatz (B) fommt, in welchem die drei fchmalen Eingänge nicht mehr auffallen. Die beiden Heinen Gemächer CC) auf den Seiten fonnten num fchiclicher für die Tempeldiener zu den Myſterien, oder für die erften Grade der Einweihung benußt werden, ohne daß der Zugang von Außen gefeben wurde. Für den Portifus GA) felbft, blieb immer noch ein binlängli- er Raum übrig. Beim BVertheilen der Säulen trifft die Hälfte der dritten Säule bei (x y) gerade auf diefe Wand, welche die vordere Abtheilung des Schiffs (Pronaos) vom Vor; tifus trennt, wenn man in der Fronte 4 Säulen annimmt, deren 12 genau die ganze Lünge des Tempels ausfüllen. Ob die gefchloffene Seite des Tempels durch Halbfäulen, fowie 3. B. an dem rom. Tempel zu Nimed (Maison
13
194
carrde genannt) 2c. verziert war, laſſe ich dahin geftellt feyn. Von außen hatte aljo diefer Tempel ohne Aus ladung des Daches, eine Lange von 76 Fuß 2 Zoll, bei 21 Fuß Breite, ein Verhältniß, wodurch; fich derfelbe von allen Tempeln der übrigen Gottheiten unterfcheidet, die wir aus dem Altertum Fennen.
Die muthmaßliche Berlängerung des erften Tem— pels habe ich nach den Verhaͤltniſſen der aufgefundenen Fundamentmanern des Zweiten Mithraͤums, im Grundriß durch Punkte angedeutet, da ich die Unterfuchung des Vorplakes nicht mehr vollenden Fonnte. Sc bezweifle uͤbrigens nicht, daß fich bei fpäterer Nachforfchung auch bier eine Ähnliche Sockelmauer zum Tragen des Portifus vorfinden werde, wenn nicht die hoch zu Tage liegenden Fundamente, fchon früher durch die Feldcultur verſchwun— den find,
Die Höhe des Tempels über der Erde, laͤßt fich wegen dem öfteren Wechfel der architectonifchen Berhältniffe nur ungefähr beftimmen. Schlieft man von der Breite der Sodelmaner auf den Durchmeffer der Säulenbafe, fo würde, wenn man nach römifcher Ordnung die Schaft: höhe mit Gapitäl der Säule etwa zu 16—18 Fuß aus nimmt, ſodann Architrav, Fried und Kranzgefins mit 10—12 Fuß dazu rechnet, eine Höhe von 28-30 Fuß bi3 zum Dad) herausfommen. Bis zum Giebel des Fron> tons dürfte der Tempel demnach etwa eine Höhe von 35—36 Fuß gehabt haben. Doch find dieß nur ungefähre Ans deutungen, die einer genauern Pruͤfung und Ausführung bedürfen.
Sch habe noch die Gegenftände mit Beziehung auf
195
die früher edirten, Lithographirten Abbildungen *) kuͤrz⸗ lich zu nennen, welche in dieſem zweiten Mithrastempel gefunden wurden, naͤmlich: 1. Halbe Figur eines Knaben, (Mithras dem Felſen entſteigend,) Sandſtein Tab. IV. fig, 4. Proftlanficht, fig. 4 a. 2. Kleiner Löwe, (durchbohrt zum Wafferausguf,) Sandftein Tab. V. fig. 7. Untere Anfiht fig. 7 a, 3. 4. Zwei Köpfe der Fackeltraͤger, (Mithras des Sonnenaufgangs und Niedergangs,) Tab, III, fig. 6 u. 7. Proftlanficht fig. 6 a und b, 9. Mehrere Feine Bruchftücde vom mithrifchen Haupt relief. (nicht abgebildet.) 6. Basrelief, Mithras mit geſenkter Fackel, Sand» ſtein. Tab. III. fig. 1. Seitenanſicht fig. ı a, 7. Opferaltar von Bafalt, Tab, IV. fig, 1.
*) Cie find diefem Heft beigegeben worden, um den ausge— fprodenen Wünſchen mehrerer achtbaren PWereinsglieder entgegen zu Fommen, und mögen alfo einjtiveilen eine bildliche Weberficht gewähren, bis ſpäter die forgfaltig ausgeführten Zeichnungen mit der Befchreibung und Erz klärung folgen. Das größere Format wird diefe 6 Tafeln von den eben fo bezeichneten Abbildungen, welche zu den übrigen Abbandlunaen gehören, hinlänglich unterfheiden.
Durd die vorläufige Verbreitung diefer Umriſſe hoffen wir Gelehrte zur Mittbeilung ihrer Anfichten zu veran— lafien, und glauben ung ſodann eher im Stande, durd) das unpartheiifche Nebeneinanderftellen der verſchiedenen Anſichten in diefer Zeitfchrift, zur Erklärung der mithri— fhen Symbole beizutragen.
196
8. Fragment eines Kleinen Dpferaltard mit einem Beil auf der Vorderfeite, Sandftein. Tab. III, fig, 5.
9. Großes Poftament von Bafalt, Tab. VI. fig, 5,
10. 11. Zwei Eleinere Poftamente von Bafalt. Tab. IV. fig. 2 und 3.
12, Ein kleines DOpfermeffer von Eifer. Tab, VII, fig. 4.
13. 14. Zwei eiferne Schlüffel. Tab. VII. fig. 5.
15. Eine Maurerfelle von Eifen. Tab. VII. fig. 6,
16. Kleine Agraffe (Fibula) nebft dem Fragment einer ähnlichen. Tab. VII, fig. 7.
17. Eine Lampe von röthlichem Thon.
Ale in den Ringmauern der beiden Mithräen entdeckte Gegenftände find im Beſitz unfers vaterländifchen Mufeums. Nichts von den dort gefundenen Sadyen ift, foviel ich weiß, und entgangen. Aber auch an andern Stellen des Vicus fam noch; ein ſehr intereffantes Bildwerf in Bronze und eine Inſchrift vor, die ich auf der VII. Ergaͤn— zungs⸗Tafel fig. 8 und 9 einftweilen in Umriß mittheile. Die Beſchreibung diefer Alterthümer bleibe dem folgenden Hefte vorbehalten, um die Grenzen diefer Blätter nicht zu weit zu überfchreiten.
(Fortfesung folgt.)
197 12.
Bericht über die Unterfuhung der alten Verſchan— zungen in der Nahe von Lipporn, von Herrn Juſtizrath Schapper in St. Goarshauſen.
Hoͤchſtwahrſcheinlich iſt der Gemeindebezirk Lipporn ein in Bezug auf Alterthumskunde ſehr wichtiger, bisher noch nicht genug bekannter und beachteter Punkt. Die fruͤherhin, beſonders in dem, zwiſchen Ober⸗ und Niebers lipporn hinziehenden Huͤgel, nach der Angabe aͤlterer Leute, bei zufaͤlligen Gelegenheiten aufgefundenen Urnen, Scherben, Ziegel und andere Gegenſtaͤnde laſſen die laͤngere Anweſenheit der Roͤmer mit Wahrſcheinlichkeit vermuthen und die Exiſtenz der Stunde von Lipporn befindlichen Verſchanzung erhebt dieſe Vermuthung zur Gewißheit. Ju—⸗ deſſen auch im Mittelalter war Lipporn hoͤchſtwahrſchein—⸗ lich wichtig, da nach der Tradition, Dber- und Nieders Iipporn zufammenhiengen. Da man haufig auf jenem Hügel und in beiden Orten altes Mauerwerk entdedt, da ſich noch jeßt in Niederlipporn unter der Oberfläche ber Dorfftraße ein ſchoͤnes Steinpflafter zeigen fol, und da noch ein zwijchen Ober- und Niederlipporn durch Wiefen binziehender Weg, die fleinerne Gaffe genannt, Spuren eines ehemaligen Steinpflafters enthält. : Verbindet mar damit die Eriftenz der, aus der erften Zeit des Mittels alters herrührenden unterhalb der römischen Verfchanzung liegenden alten Burg, und daß, nad) der Volksfage, die Herrn diefer Burg aus der Schweiz gefommen, einer bers
198
felben das Klofter Schönau geftiftet, und deſſen Nach— fommen demnächft nad) Laurenburg gezogen ſeyn follen, fo erfcheint für die Altefte Negentengefchichte des Naſſaui— fchen Haufes diefe alte Burg von der höchften Wichtigkeit, und folche dürfte um fo gewiffer als Altefter Stammſitz im Herzogthbum anzunehmen ſeyn, da nad) der mir gege benen DVerficherung des Herrn Schulinfpectord Vogel, dies fer bei Prüfung der Alteften Urkunden, beftimmte Nach— richten zur Schlußfolge entdecft haben will, daß das Naſ—⸗ fanifche Fürftengefchlecht früher am Bodenfee, dann auf der Burg Ring bei Lipporn gewohnt und von da nad, gaurenburg gezogen feyn foll.
Alle diefe Verhältuiffe, danır Die Bereifung ded Bes zirks von Lipporn durch den inländifchen Director des Vereins, Herrn Genera-Domainen-Director von Roͤßler, im Herbft vorigen Jahrs, veranlaßten mich zur Unterſu— hung der gedachten Punkte, wovon ich zugleich durch den Herrn Forftacceffiiten Speck anliegenden Grundriß Tab, VI. aufnehmen ließ, und nun dazu folgende Re— fultate meiner Nachforfchung vorlege.
Die römifhe Schanze (A) liegt "/, Stunde unters halb Nieder-Ripporn auf einem Bergruͤcken, alfo erhaben, dag man nach allen Seiten Ausficht hat, und befonders nach dem Sohnwalde und den Gebirgen am Rhein naͤchſt Lorch. Diefelbe bildet ein unregelmäßiges, Tänglichtes Viereck und hatte zwei Eingänge in der Mitte der ſchma— len Seiten, den einen nördlich, den andern füdlih. Der Mal (ec) ift noch überall und an den meiften Stellen auch der Graben Fenntlih. Beim Nachgraben an 4 Stellen fand ich, daß die Außere Seite des Walles auf Manerwerf
199
ruht. Diefe Maner ift noch zwei bis vier Schuhe hoch und mitunter wohl erhalten, jedoch ohne Kalkſpeis auf gemanert. Das Innere diefer Verſchanzung iſt planirt. Am nördlichen Thor rechts findet ſich eine faft Feffelförs mige DVertiefung von ohngefähr 30’ Durchmeffer, und eine ähnliche Vertiefung findet man beim Fortfchreiter nach dent füdlichen Thor rechts, in der zweiten Hälfte der Verſchanzung. Durch die erfie Vertiefung ließ ich einen 3’ breiten Graben ziehen und entdeckte fehr bald eine um das Ganze ziehende Mauer, welche ſich endlich gegen % die, 27/4’ hoch, aber ohne Kalkſpeis aufgemanert, fand, Beim Niedergehen in die Mitte entdeckte ich bei 2°, Fuß Tiefe, eine Brandftelle, deren Durchmeffer gegen 8’ betrug. Auf diefer Brandftelle lagen Kohlen und Aſche und ſchwarz— gebrannte Erde gegen 6 Zoll dick, Unter der Brandjtelle und von da weiter im horizontaler Linie nach den Um— fangsmauern zeigte fich die natürliche Lage des Bodens, Die zweite Vertiefung ift noch nicht unterfucht, Sn dem übrigens verhältnißmäßig Heinen Raum, den ic, aufgras ben ließ, fand ich zwar Feine Ueberbleibſel von Schers benzc., jedoch mitunter kleine Stüde Ziegel; dann wurde in der Aſche das hier beigelegte Stuͤck Metall, wahrfcheins lich eine Mefferklinge, entdeckt, welche vermuthlich durch die dichte Umgebung der Ajche, vor Feuchtigkeit und ganze licher Auflöfung durch Roft, bewahrt wurde.
Die Burg Ring (B) liegt weiter abwärts auf dem nämlichen Bergrüden, und am Ende deffelben von allen Seiten von fteilen Abhängen umgeben, ausgenommen auf der Nordfeite, wo der 94’ breite Eingang iſt. Die Umfangsmanern Ca) haben 8 Durchmeifer, find, foweit ich
200
big jeßt entdecken Fonnte, mit Lehm und großen lager haften Bruchfteinen aufgeführt. Ohngeachtet eines faft taufendjährigen Alters find manche Theile der Mauer noch fehr wohl erhalten. Die abjchüffige Lage und die Zeit hat indeffen an vielen Stellen deren Spur verwijcht.
Spuren von Mauerwerk im Innern finden fich nicht mehr. Ein Felfen zieht durch einen Theil der Burg, wels cher an zwei Stellen Ce) eingefchroten ift. In früheren Zeiten war wahrfcheinlich diefer Felſen meiftens von nun weggefpülter Erde bedeckt. Nechtd des Eingangs findet ſich eine trichterförmige Vertiefung, vermuthlich früherer Eingang zu Souterains. Verſuche des Nachgrabens war ren bis jeßt zur nähern Aufklärung unzureichend.
Da nun beide Punkte und der Bezirf von Lipporn überhaupt bei genauerer Unterfuchung manche Aufklärung und Entdeckung verfprechen, die Burg Ring insbefondere aber, in Bezug auf die Altefie Gefchichte unfered Regen- tenhauſes ein hochwichtiger Punkt feyn dürfte, fo glaube ich einen verehrlichen Vereinsvorftand hierauf aufr merffam machen und nähere Nachforfchungen unter Dir rection des Herrn Archivars Habel, in Antrag bringen zu müffen. —
Einige vom Herren Pfarrer Wagner in Welterod erhaltene Nachrichten fchließe ich übrigens im Auszug noch bier an.
„Die Burg aufdem Ring fol das Stammhaus der Fürften von Naſſau gewefen feyn, die aus der Schweiz gefommen wären, wovon ber letzte Beſitzer Trutwin ges nannt, auf der Stelle, wo jest der Hochaltar in der Kirche zu Schönau ſtehet, mit einem Pfeilſchuß tödtlich
201
verwundet worden fey und vor feinem Ende die Erbauung des Klofterd Schönau verordnet habe. Die Erben diefes Trutwins hätten ihren Wohnſitz nach Laurenburg verlegt.
Die. erſten Conventnalen im Kloſter Schönau”) ſeyen drei Benebictiner-Möndje aus einem Kloſter zu Schaf— haufen gewefen.
Der Ort Lipporn fol früher eine Stadt geweſen ſeyn, die vor oder in dem 30 jährigen Kriege zerftört worden fey. In den Gärten zwifchen Ober und Unter-Lipporn findet fich noc altes Mauerwerf von Gebäuden und nadı Ausfage;eines Einwohners dafelbft, Liegt ein Straßen Hlafter in deffen Hofe mehrere Fuß tief in der Erde Auch fol in Lipporn ein Probft feinen Wohnfis gehabt baben.u —
123. Wie weit ift Drufus in Deutichland vor gedrungen?
von Herrn Hofgerichtsabvofaten 9. 8. Hofmann, in Darmſtadt.
Div Caſſius fagt: bis an die Elbe. Das allein würde nichts beweifen, weil Elbe — wie noch in germanijchen Mundarten — urfprünglich ein Gattungs-, Fein Eigen Name war; es hieß foviel, als „fließendes Waſſer.“
*) Die Stiftungsurfunde diefes Klofters vom Jahre 1132,
©. bei Gudeuus Cod, dipl, I. pag, 1035 und Kremer Origg, Nass, IL pag. 160. d. 9-
202
Noch jest giebt e3 eine Menge Elben und Alben, zwis hen der Nordfee und dem Alpgebivg. Aber Div fest binzu, fie entipringt im vandaliſchen Gebirg, und ergießt ſich ald großer Strom in den nördlichen Ocean, und damit iſt ohne Zweifel die große Elbe gemeint, an welche jest zunächit gedacht wird, wenn die Rede iſt von einem Gewaͤſſer dieſes Namens, und an die auch ſchon zu Dios Zeit jeder gedacht haben mag, der dieſes Namens irgendwo erwähnt fand, und das war wohl feit Tiberius fo, der zuerft unter den Roͤmern die Muͤndung diefes Stromes unterficht bat. Die Mündung, denn von der Quelle wußte jogar Tacitug nichts gewiljes, alſo auch die Zeit genofjen des Drufus nicht; folglich kann auch jene Be merfung Dios nicht von Schriftitellern aus Druſus Zeit berrübren, fie ift ein Zufag von Div felbft oder von feinem Epitomator, und beweiſt weiter nichts, als daß einer von diefen, da er vernahm, Drufus fey bis an die Elbe vorgedrungen, dabei zunaͤchſt an die große Elbe gedacht, und dieß daber eingefchaltet — nicht um fie von andern Gewäffern diejes Namens zu unterfcheiden, denn fo genau ift er nirgendg — ſondern um zu zeigen, daß er wife, wo die große Elbe entipringt.
Liegt biernach fein ficherer urfundlicher Beweis dafıır vor, daß Drufus wirflich bis an die große Elbe vorgedrungen, ift es im Gegentheil möglich, daß ein anderer Fluß oder Bach das Ziel feiner Thaten gewefen jey, fo müffen für die gewöhnliche Behauptung andere Gründe aufgefucht, und muß unterſucht werden: was ihn bewegen fonnte, fo weit vorzudringen, und was ihn etwa davon abhalten mochte?
203
Betrachten wir alfo zumächft den Zweck feiner Sen: dung an den Rhein.
Gallien war ein new erobertes Land, batte feine Un— abhängigfeit noch nicht vergeffen, und wo fich ein Herz und eine Hand dafır erhob, war die müßige Tapferfeit unferer VBoreltern zur Hülfe bereit; auch an andern Ders anlaffungen zu Angriffen auf Gallien konnte e8 für fie nicht fehlen; daß dergleichen wirklich ftatt gefunden, zeigt die Gefchichte. Solche Angriffe abzuwehren und zu vers hüten, mußte eine wichtige Angelegenheit für Rom feyn, das den Werth der neuen Provinz recht gut zu würdigen verftand; uͤberdieß mußte ſchon an und für fich ein Nach— bar wie die Sueven, Befeftigung der Gränzen wuͤnſchens— werth machen, wenn aber Auguft fogar Deutichland eros bern oder die Römer glauben machen wollte, daß er damit umgehe, fo mußte dafür zunächft am rechten Rheinufer fefter Fuß gefaßt, Diefer Strom in feinem ganzen Laufe römifch, und dieffeits defielben ein Stuͤtzpunkt für weitere Unternehmungen gewonnen werden.
Wirft man nun einen aufmerffamen Blick auf die Verfahrungsart der Nömer bei Eroberung der Alpen, wo fie auch auf den beiden Flanken bis zur Donau vorge drungen, dann an der linfen, Augusta Vindelicorum, an der rechten, Carnuntum erbaut, und beide durch Stras Ben und Friegerifche Anfiedelungen in Verbindung gebracht hatten, betrachtet man, wie fie fpäterhin am der Lippe und am Taunus fich wirklich feſtgeſetzt haben, wie fie von diefen beiden Endpunkten aus die dazwiſchen liegenden Lande immer mehr und mehr von fich abhängig zu machen wußten, fo daß fie unter Senting Saturninus einer Pros
204
vinz aͤhnlich ſahen; erwägt man endlich, daß, nachdem fo die füdliche und die nordweftliche Gränze unferes Va— terlandes in ihrer Gewalt war, fie wieder von diefen beiden Endpunften aus die Lande zwifchen dem Main und der Donau — zu Tacitus Zeit — in einen sinus imperii verwandelten; erwägt man alles dieß, und daß die erſte Anlage der Befeftigung an der Lippe und auf dem Taunus von Drufus herrühren; fo bleibt über den Plan, den er für feine Unternehmungen in Deutfchland entworfen hatte, gar fein Zweifel mehr: fein nächlter Zwed war, au der Lippe und an dem Main feiten Fuß zu faffen.
Sc fage am Mainz; darum erhob er Mainz, darum verband er ed durch eine Brüde mit dem rechten Nhein- ufer, durch Straßen und Verfchanzungen mit dem Feld- berg und befeftigte fich dort; darum legte er — hoͤchſt⸗ wahrjcheinlich — den Pfahlgraben an. Aber um diefen anlegen zu fünnen, um die obere Nheingegend vor Ueber- fall zu fihern, um die Befagungen zu Mainz und auf dem Feldberg zu gewinnen, mußte er fi des Mains felbft bis zu der Gegend hinauf verfichern, wo diefer Strom, bisher von Mittag gegen Mitternacht fließend, feine legte weftliche Richtung annimmt, bis an die Kins zing binaufz er mußte, am bier feiten Fuß faflen, ruhig an Befeftigung diefer Stellung arbeiten zu Fonnen, den Feind aus diefer Gegend vertreiben, und wenigſtens, fo lange an jenen Vorwerken gearbeitet ward, in gehöriger Entfernung halten, alfo feine Streifwachten und Vorpo— ſten — da in jenen Gegenden Ueberfall fo Leicht moͤglich war — nichrere Meilen weit vorfchieben.
205
Dieß mußte er; hören wir num die Alten, was er wirffich gethban hat! Drufus verficherte fich erft der Kuͤ— ftenvölfer, und durch den berühmten Kanal der Herrfchaft und des Handels in jenen Gegenden; dann der Chatten! ihre Nachbarn befriegen fie, weil fie an dem Bunde gegen ihn nicht Theil genommen! So vorläufig in beis den Flanken ficher, legte er die erfte Hand an das Werf felbft, durch den Zug von Kanten aus nach ber Lippe, Erforfchte die Gegend und verbreitete durch ſchonungsloſe Verheerung derjelben, Schrefen und Nerwirrung unter den Bewohnern und ihren Nachbarn. Diefen Eindrucd zu verftärfen, zugleich aber auch um die Aufmerkfamfeit der deutfchen Bölfer nach einer andern Seite hinzulenfen, den ihm verbündeten Küftenvölfern feine Macht in der Nahe zu zeigen und fie in offene Fehde mit den Bewoh- nern des innern Landes zu verwideln, unternahm Drus ſus, das rechte Rheinufer fehnell wieder verlaffend, noch in demfelben Sahre einen zweiten Zug”). Er jchiffte fein Heer durch den neuen Kanal in die Nordfee, und von da die Ems hinauf, wo er den Bruchterern ein Treffen lieferte.
Dieß war im Jahr 12 vor Chrifto gefchehen. Im nächften Frühjahr wiederholte Drufus den Zug aufs rechte Rheinufer; früher als man erwarten fonnte, denn bie Sigambern lagen noch zu Felde gegen die Chatten, weil Diefe mit Drufus im Bunde, ihnen im vorigen ‚Sabre die Hülfe gegen ihn verweigert hatten. Alſo traf Drufus, der abermals bei Kanten Aber den Rhein gieng, auf die
*) Weber die Feldzüge des Drufus, vergl. man die trefiliche Abhandlung von Dr. A. Wilhelm, in Krufes Archiveec. Ur Bd. 1. Heft, ©. 1--71. d. 9.
206
Ufipier allein. Diefe konnten feinen Stoß nicht aushalten, er brach durch, gieng über die Kippe, ſchlug eine Brücke über diefen Fluß und ließ alſo auch eine Beſatzung dabei zuriick, die jiarf genug feyn mußte, die Berbindung zwifchen dem vorrücdenden Heere und dem linken Nheinufer zu erhalten.
Drufus z0g laͤngs der Lippe hinauf, ind Gebier der Cherusfer bis an die Wefer, wo er den ganzen Sommer hindurch verweilte. Gewiß gründete er in diefer Zeit die Anfiedelung an der Lippe, die gleich nachher als wichtiger Waffenylag erfcheint, und für deren Gründung in den nächften Sahren feine Gelegenheit war; was hätte auch fonft Drufus viele Monate lang — vom Anfang des Fruͤhjahrs, bis die fchlimme Jahreszeit die Zufuhr eys ſchwerte — bier treiben follen ?!
Doch nicht die Herbftregen allein, auch die Waffen unferer Voreltern zwangen ihn zum Abzug. Während er Die benachbarten Völker von feinen Bauten an der Lippe abmwehrte, fcheint er von diefen abgefchnitten und ihm alfo der Rückzug auf dem alten Wege unmöglich gewors den zu feyn, denn er nahm ihn durc das Land feiner Bundesgenoffen, (der Chatten denke ich!) vom Feind uns aufhörlich verfolgt, genect, oft hart gefchlagen, am Ende fo umzingelt, daß er kaum dem gänzlichen Berderben entrann. Arbalo, Coielleicht Hartwald, wie freilich gar viele Wälder biegen und heißen!» wird der Ort genannt, wo unſer Volf des Sieges ſchon fo ficher war, daß es bereit ein Geding über Theilung der Beute gemacht hatte: Den Cheruskern die Nofje, den Sueven Gold und Silber, den Sigambern die Gefangenen. Hieraus fieht man, mit welchen Völkern Drufus zu Fampfen gehabt,
207
und das ift höchflwichtig für die Frage, deren Beantwortung der Gegenftand diefer Unterjuchung iſt.
Indeß war der Zweck dieſes Feldzugs erreicht, Die Lippe den Römern gefichert, und dadurch ein Punkt ge wonnen, von dem aus, zunächit den Anlagen an der Ems — durch die pontes longos — die Hand geboten, fpäter nad) der Kahn und dem Main hinauf gewirkt werz den fonnte. Sm nächjten Jahr (10 vor Ehrifto) ruhten die Waffen; Drufus legte Befeftigungen im Lande der Chatten an, gewiß unter dem VBorwande, dieſe gegen den gemeinfchaftlichen Feind zu befchügen, in Wahrheit, weil damit der zweite Theil feiner Aufgabe begonnen werden mußte. Daß diefe Befeftigungen Feine andere feyen, als Diejenigen, wovon wir noch heute die Spuren fehen, um deren Erjorfchung und Erklärung der hochachtbare Naf fanifche Alterthums-Verein ſich fo fehr verdient gemacht bat, it wohl mehr als wahrfcheinlih. Die Lage und Befchränftheit diefer Werke, mußte indeß die Chatten fehr bald die wahre Abficht des Feindes errathen laſſen. Viele wanderten aus, die Übrigen, zum Theil mit Gewalt zurüd» gehalten, erfcheinen von nun an unter dem Namen Mat- tiacher, getrennt vom Volke der Chatten, Diejes fortan ald der Römer Feind; fehr natürlih! Drufus hatte ihre Trene mißbraucht, fie feine Argliſt durchſchaut, wie Fonnte zwifchen ihnen Friede bleiben?
Der Krieg brach aus, und Drufus griff am. Fragt man wo? ſo kann die Antwort nicht anders ausfallen, als: von dem Site feiner Macht aus, auf der Fürzeften Linie, denn das ift unter den Negeln der Striegsfunft eine der natuͤrlichſten und Altejten, aljo vom Taunus berab,
203
längs dem Maine hinauf, weil er hier am Teichteften und fiherften in Verbindung mit Mainz bleiben fonnte, auch fam er bier unmittelbar auf die Stelle, welhe nun das nächfte Ziel feiner Unternehmungen feyn mußte: die Kruͤm⸗ mung des Maind, wo die Verfchanzungen von der Lahn berüber fich an jenen Strom anlehnen follten.
Drufus warf die Chatten in mehreren Gefechten — und das mag bei fo unendlich überlegener Macht eben nicht fchwer gewefen feyn! — Er drang vor bis an bie Gränzmarf der Sueven. Diefer Umftand entfernt, meines Erachtens, den legten Zweifel darüber, daß er am rech— ten Mainufer hinauf vorgedrungen fey, weil er gewiß bier der Suevifchen Gränze am nächften war, weil die naͤchſten Kriegsftraßen vom Taunus nad) der Fulda und Werra nordöftlich, ihn vielleicht gar nicht an die Gränze der Sueven, fondern unmittelbar an die der Cherugfer, gebracht haben würden. Hatte Drufus auf diefem Zuge die Stellung gefunden, wo er durch eine Befeftigung fich des untern Maind verfichern Fonnte, fo blieb ihm für Bollendung des oben entwicelten Planes nur noch zweir erlei zu thun: erftlich dur h Streifzüge in die nächfte Umgebung, jene Anlage gegen Ueberfall zu deden, und es ift fehr natürlich, daß auf dieſe Weife den Nömern die Sale, (die fränkifche nämlich) befannt wurde. Das zweite, was Drufus zu thun hatte, war, daß er die Chatten, die er fo vom Maine hinweg gedrängt hatte, bis in das Innere ihres Landes verfolgte, und wo nicht zu völliger Unterwerfung, doc) auf eine Stufe der Ohn— macht herabzubringen fuchte, auf der fie ihm hinfort nicht mehr gefährlich feyn Fonnten.
209
Die Chatten, für ipre frühere Anhänglichkeit an Nom mit allen Nachbarır zerfallen, ohne Beiftand, obne Zu flucht, gefchlagen, erſchreckt, konnten dem jetzt wieder fiegreichen Heere des römischen Feloherrn nicht widerfies ben. Er wandte ſich vom Maine links, und drang lange der Oſtgraͤnze des Chattenlandes, wahrfcheinlich an der Fulde hinab, unaufhaltfam vor, alles verbeerend gegen die Cherusfer, bis an ein Gewäffer, das Elbe genannt wurde, und das, kann jedes beliebige Waſſer gewefen ſeyn! denn, wie oben angemerkt wurde, Elbe hieß, beißt noch im Schwediſchen »Waffer.v
Ueber das Waſſer Fonnte er nicht geben, errichtete ein Siegeszeichen und, fehrte um. Der warnende Zuruf der Neue, das Geheul der Wölfe dicht um fein Lager, am meiften vielleicht, die Keckheit zweier deutfchen Süng- finge, die, feinen Wachen zum Hohn, mitten durch das Lager fprengten, bewog ihn, nicht weiter vorzudringen.
Auf die vorhin geftelte Frage nun: was Fonnte Drufus bewegen, bis zur großen Elbe vorzudringen? weiß ich, wie die Sachen damals ftanden, nichts zu antworten; ich kann mir nichts denken, was er dort ges ſucht haben follte, nicht einmal Ruhmſucht Fonnte ihn dahin getrieben haben, denn Ruhm bei unfern DVoreltern fonnte unmöglich Werth für ihn haben, und in Rom hatte damals Fein Menfch einen Begriff vom Innern unſers Vaterlandes; bis an die Elbe» fonnte dort gar nichtd bedeuten, weil niemand wußte, wie weit dieß jey. Noch viel weniger aber Fonnte ein folcher Zug geeignet ſeyn, die deutfchen Völker bis an die Elbe zu fehreden, wecken vielmehr, aufmerkſam machen, beleidigen und zur
14
210
Mache, zum Angriff reigen Fonnte, mußte ein folches Unternehmen diefe Volfer, die zum größten Theil von dem DVordringen der Nömer erft durd; ihren en etwas gewahr werden Fonnten.
Abhalten dagegen mußte Drufus von einem folchen Zuge vor allen Dingen der Umftand, daß er wahrfchein- lich von unfrer Elbe gar nichts wußte, und daß er gewiß nicht wußte, von wannen fie Fam und wohin fie floß, und was er dort folle?
Abhalten mußte ihn ferner die Wichtigkeit, ja die Nothwendigkeit feiner Anwefenheit am Nhein, wo durch die Anlagen an der Lippe und am Main erft der Grumd zu dem Werfe gelegt war, das er aufzuführen hatte. Abhalten mußte ihn weiter, die unendliche Schwierigkeit eines folchen Zuges durch ungebahnte Wildniffe, über Waldgebirge und Flüffe, durch ein armes, mangelhaft angebautes Land, mit einem Heer von wenigſtens 40000 Mann mit fo großem Troß, wie die Nömer nachzufchlep> pen gewohnt waren, und fo fchlechter Befpannung, als die ihrige, endlich ohne eigene Kenntnig des Landes und ohne fichere Führer. Abhalten mußte ihn ferner der Mangel an Zeitz in Deutichland war damals der Som— mer furz, einen guten Theil defjelben hatte ſchon die Unternehmung gegen die Chatten hingenommen; und vom Herbft durfte Drufus ſich nicht überrafchen laſſen. Er: wägt man nun noch, daß er nicht vorrüden Fonnte, ohne fih) den Ruͤckzug zu fichern, ohne in fieter Verbindung mit dem Stüspunfte feiner Bewegungen zu bleiben, daß er alfo überall Poften zuruͤcklaſſen, Befeftigungen errich— ten, mit Gefchus nnd Mundvorrath verfeben, unter fich
211
in Verbindung fesen mußte, und daß dieß, bei aller Kunftfertigfeit römischer Soldaten, dennoch überall Tage, Wochen koſtet; erwägt man dieß, fo wird man anfangen, an der Möglichkeit eines folchen Zuges zu zweifeln. Erwägt man aber ferner noch, daß Drufug zwijchen dem Rhein und der Elbe lauter Feinde hatte, Feinde, die ihn zwei Sahre früher dem ſchmachvollſten Untergange ganz nahe gebracht hatten, die das Recht hatten, ſich, ihm gegenuͤber, Sieger zu nennen, die, je weiter er ſich von dem Sitze ſeiner Macht entfernte, ihre eigne immer dichter zuſammen draͤngten, die des Landes kundig waren und bewieſen hatten, daß fie ders gleichen Vortheile zu benugen verftanden. Oder follter Cherusfer, Sueven und Sigambern, und jekt auch die Chatten auf feinem Punkte der ungeheuern Linie vom Rhein bis zur Elbe, vermocht haben, diefe zu durchbre- chen? oder follten fie es vieleicht nicht gewollt, follten fie ihre Freude daran gehabt haben, wenn ihr Todfeint feine graufamen Schaaren mitten durch ihr Land hindurch und zurüc führte, — follten fie ihnen vielleicht gar Proviant geliefert, und die Wege gezeigt und gebahnt haben ?
Die Ehrfurcht vor fo vielen gefeierten Namen, wos mit die Erzählung von Drufus Feldzuͤgen unterfchrieben it, kann daher die Behauptung nicht zuruͤckhalten:
Drufus ift nicht bis an unfre Elbe, er iſt oͤſtlich nicht über die Wefer oder Werra gekommen.
Dann ift auch die Stelle, wo er den tödtlichen Sturz that, in unferen Gegenden, zwifchen der fränfifchen Saale und dem Rhein zu fuchen, und die 200 Meilen, welche Tiberius, von einem Deutſchen geführt, fo ſchnell zurück
212
gelegt hat, find, nach Vellejus, weit eher von Ticinum, als, ohne alle Autorität, von Mainz an, zu rechnen.
So find es denn die Gegenden zwifchen dem Rhein und der Wefer, wo der merkwürdige Mann, einer der gefährlichiten Feinde unferes Volkes, feinen Ruhm und feinen Tod gefunden hat.
14,
Hiftorifhe Nachrichten von den Burgen Driedorf, Eigenberg und Holenfels und ihren Befigern, den von Mudersbad,
von Herrn Schulinſpector und Pfarrer €, D, Bogel, in Schönbad).
Nichts erinnert zugleich färfer und angenehmer an die geharnijchten Zeiten des Mittelalters, wo das Nitters weien noch in feiner vollſteu Entwickelung und Blüthe ftand, und fich in Tapferkeit, Minne und Andacht bes wegte, als die vielen Ruinen der alten Burgen, die zum Theil hoch und Fühn auf fteilen, kaum zugängigen Bergs böhen angelegt, mit Bewunderung und Staunen erfüllen, und in der Feftigfeit ihrer Mauern allen Einflüffen der Witterung und der Zeit felbft Troß zu bieten fcheinen. — Sahrhunderte find an ihnen vorübergeflogen; ihre Zeiten und Zwecke laͤngſt dahin; die edlen Gefchlechter, die fie aufthürmten und bewohnten, meift ausgeftorben: und fo fliehen fie denn ald die Ueberrefte einer thatenreichen
213
Vergangenheit, und als die Gerippe einer Tobtenwelt da, die mit ihrer ganzen Herrlichkeit verfunfen iſt. Die Schwächen und Fehler der alten Burgberren und Burg— männer find mit ihrem Leben ausgelöfcht worden, und nur wenig ift von den Einzelnen in das Buch der Ger fchichte übergegangen; der Mißbrauch ihres Anfehens und ihrer Gewalt zur Unterdrüdung der Schwachen in ber wildeften Periode des Fauftrechts und der MWegelagerumg, bat den beffern Einrichtungen für Landfriede, Schuß und Sicherheit, weichen müffen, und die Klagetöne des Jam— merd und der Noth, die von ihnen aus über die wehr— lofe Hütte des Landmanns gebracht wurden, find längft in der Zeit verhalf. So ift die Schattenfeite der alten Burgen größtentheils für uns gewichen,_ die fich fonft ftörend den Erinnerungen an fie beimifchen und manche widrige Eindrücke machen und zuriclaffen würde, Wir betrachten darum ihre Nefte freier und freundlicher, und in ihren Anblick träumend verfunfen, ziehet eine ftille Borwelt an unfrer Seele vorüber. Der Vergangenheit finnend bewundern wir in ihren tief in Felſen eingehaues nen Gräben, in den hohen Wällen, den dien Mauerır, den hinmelanftrebenden Thuͤrmen und Warten nur allein noch die ſtummen Zeugen eines fich einft in Kuͤhnheit und Kraft bewegten thätigen Lebens. Die lieblichen Cons trafte, die diefe Trümmer der Nitterwelt mit der leben— digen, blühenden, nie alternden Natur bilden, erfaſſen das Gemuͤth tief und ſetzen es in wunderſame Negung.
In keinem Lande Deutſchlands findet der Freund des Alterthums für ſolche gemüthliche Anregungen mehr Nah— rung ald im Herzogthum Naſſau, wo an den Ufern des
214
Rheins und der Lahn auf aller Bergen die fchönften Burgruinen über die Flüffe und weit in das Land hinein: ſchauen, wo der Feldberg und Alt-King mit fünf alten Burgen wie umkraͤnzt, ihr Fahles Haupt über alle Berge des Landes erheben, wo fo manche Liebliche Thäler an Heineren Flüffen, wie das der Wisper, Aar, Grüftel, Weil ꝛc. die Reize, womit die Natur fie fchon fo reichlich ausftattete, noch durch chrwürdige alte Nefte einer grauen Vorzeit erhöhen, und den Charakter des Acht Nomanti» fhen annehmen. Man trifft felbft hier auf einige, an ſich öde und Fahle Gegenden, die durch noch erhaltene Trümmer aus dem Mittelalter gehoben werden, und nicht ohne Intereſſe laſſen.
Es ift nur zu bedauern, daß der Wanderer oft vers gebens nad; Nachrichten von der Entftehung und den Schickſalen diefer Burgen forfcht, und die Gefchichte der meiften noch in tiefes Dunkel gehuͤllt iſt. Wir wollen es verfuchen, nach und nach diefen Schleier zu lüften. Die drei genannten mögen neben einander geftellt den Anfang machen, denn Jahrhunderte durch gehörten fie einem Ge: ſchlechte zu.
1. Driedorf,
ift eine Feine Stadt im Amte Herborn, die am Ab— hange des Wefterwaldes liegt, da wo deffen muldenförz mige Ausdehnungen ſich gegen Dften in die Schluchten des niedriger gelegenen Landes zu verlieren anfangen. Textor fagt von ihr): „es fol feinen Namen haben
*) In der Nafl. Chronik S. 14 alte Ausg.
215
„von dreien Dorffen, welche dafelbft bei einander gelegen, „zuſammen gezogen und daffelbe auferbauet, alfo, daß „Driedorf fo viel ald Dreidorf *). Soll vor Zeiten grö- „fer geweien und ein alter Dre feyn“ Sein Name fommt 1100 zuerft vor. 1253 und 1263 wohnte eine Patrizier- Familie in Weslar, die ſich nach ihm nannte, 1255 hatte es fchon fein eigenes Gericht, denn in diefem Ssahre kommt Arnold, der Schultheiß, mit dem Grafen Dtto I. von Nafaw Dillenburg in den Kirchenbann *). Seine Pfarrkirche, die früher eine Kayelle von Herborn geweſen war, erfcheint 1287 als felbftftändig, war es aber vermuthlich ſchon vor 1231 9. In dem erften Sabre wird das Patronatrecht darüber, Naſſau gegen die Ans maßungen des deutfchen Ordens zugefprochen ).
Es fällt auf, am diefem Orte, in einem rauben Clima und einer unfreumdlichen, fumpftgen Umgebung zwei Burgen, nur in einer ganz geringen Entfernung von einander, die eine innerhalb der Ningmauern des Städt: leins, und die andere außerhalb defjelben anzutreffen. Hierzu Fommt, daß viefelben zu gleicher Zeit und von einem Erbauer errichtet worden find, Schon diefes laßt einen ganz befondern Zweck bei ihrer Anlegung vermu—
*) Man nennt nad diefe drei Orte, Fudenhaufen, Barden haufen, Kingshu [Königshube] und zeigt die Gtellen, wo fie gelegen, die auch die Spuren von alten ummauer> ten Hofreitben und Rodungen od) aufweiſen.
1) Gudeni Cod, dipl, III, 1165,
M Kremeri Orig. Nass, II., 270.
3) Gudenusa, a DO. 1167:
216
then, und die folgenden Umftände rechtfertigen auch diefe Vermuthung.
Einer alten Sage nach, die ſich bis jetzt erhalten hat, ſoll Driedorf ehemals ein Verbindungsort unter den handelnden Staͤdten in der Gegend des Rheins, und eine Waarenniederlage geweſen ſeyn Y. Es lag an der Straße, die von Frankfurt nach Köln führte). Eine andere Straße lief von da aus füdlich dem Rheine zu ?). Es ift befannt, wie unficher alle Landftraßen in Deutidj land, befonders während der Zeit des großen Interreg— nums, mo fich die rohefte Gewalt in den wildeften Aus— brüchen zeigte, waren, und welchen Gefahren der Kauf mann bei feinen Waarentransporten fich ausgeſetzt fahe, weil es felbft bei dem hohen Adel fir Feine Schande galt, Raͤubereien zu begehen und fich auf öffentlichen Wegen
41) Die fünf vieredfigten Thürme, die die alte Stadtmauer hatte, follen davon die Namen des Mainzer, Kölner, Coblenzer ıc. Thurmes geführt haben. Vermuthlich weil diefe Städte das Geld zu deren Erbauung hergeſchoſſen haben. Auch will man, ald nah dem großen Brande im Zahre 1819 die Fundamente zu den neuen Gebäuden ger graben wurden, noch die deutlichen Spuren eines alten Packhauſes gefunden haben.
2) Einer Strede diefes Weges erwähnt die Urkunde der Brudertheilung zwifihen Otto II. und Heinrich von Naf- fau:Dillenburg von 1344, 9%. Jan. „graue Heinrich fol bebalden das Gericht von Beilftein und von Walderdorf bis an die GStraffe, die da gehet von Dry dorff über den Entenfyffen hin gein Wer flar.u
3) Diefe Fommt noch 1600 unter dem Namen der Rheins ftraße vor. Sie lief von Münchhauſen über den Knoden.
217
zu bereichern. An der Straße, die von Frankfurt ber Driedorf zog, lag die alte Burg Greifenftein gleich einem Adlernefte nahe an den Wolfen. Ihre Bewohner, obgleich fich den Dynaften anreihend, trieben doch dag niedere Gewerbe der Wegelagerung, und lauerten hinter ihren Wällen und feften Mauern auf die vorüberzichenden Kaufleute, die fie beunrubigten und beraubten 9.
Al aber der rheinifche Städtebund, der in der Mitte des 15ten Jahrhunderts zum Schuße und zur Sir cherung des Handels entftanden war, ein neues, beffereg Leben in dem verworrenen Deutfchland weckte, und durch eine edlere Selbſthuͤlfe, wie der Adel bisher geuͤbt hatte, wodurd; wenigftend das allgemeine Intereffe gewinnen mußte, und weil vom Neichsoberhanpte Feine Hülfe zu erwarten fand, eine freundlichere und friedlichere Zukunft gefellfchaftlicher Drönung begründete und berbeiführte, wurde auch dem ritterlichen Unwefen im diefer Gegend ein Ziel geſetzt. — Es fcheint, daß der Graf Dtto I. von Naſſau⸗Dillenburg fich dieſem Vereine angefchloffen, und
1) Daß diefes die einzige Urfache feiner Zerftorung geweſen fey, ergiebt eine Urkunde des Kaifers MWenzeslaus von 1389 die Phil, et Jacobi, worin derfelbe befiehft, fih dem Beginnen der [von Graf Johann von Solms und Ru: preht von Naſſau unternommenen] Wiedererbauung Greifenfteins mit aller Gemwalt zu widerjegen, weil durd) diefen Bau die Sicherheit der Heerftrafe von Köln nad) Sranffurt geftöort werde, — [v. Arnoldi Gefh. d. Oran, Naſſ Land. L, 222.] — Der Schaden, der von Greifen: ffein aus, vor feiner Zerftörung dem rheiniſchen Handel war zugefügt worden, war aljo nod im frifchem An denfen.
218
dad Geleite der Handelsleute auf der oben erwähnten Straße übernommen habe Y. Wenigftend gerieth er um dieje Zeit in eine fehr heftige und Tangwierige Fehde mit den Bewohnern von Greifenftein, worin nicht nur diefe ihre Burg um das Jahr 1280 zerftört, fondern auch ihr bald nachher erfolgter Untergang als Herrfcher in der Gegend vorbereitet wurde »). Dtto legte jetst felbft auf Greifenfteinifchem Grund und Boden die beiden Burgen in Driedorf ?) an, erweiterte den Ort zu einer Stadt und befeftigte ihn.
4) Rupredht von Nafau nahm 1385 diefes Geleite durch die Naffau:Otton. Länder in Anfpruh, und wurde deds halb durd Aufträge an den Kaifer verwiefen. Wenn er nachher mit Solms den Greifenftein wieder erbauen wollte, jo gefhahe diefes vermuthlih, um feine Anſprü— he mit Gewalt durchfesen zu können.
2) Sie gaben im Sabre 1300, XIII Cal. Febr, den Berg, worauf die Burg geftanden, an Kaiſer Albert und nab- men ihn als Reichslehen zurüd. 1304, Freit. n. Petr, u. Paul, verkauften fie denfelben an diefen Kaifer, um ihn unter deſſen Schu wieder erbauen zu können. — Die beiden Urkunden hat Schaum: Gefh. von Solms ©. 276. — Aber alles vergebend. Die Grafen von Naf: fau:Dillenburg erwarben venfelben als Reichspfandlehn, um fih zur Sicherung ihres Geleites und des Handels jedem burglichen Bau auf demfelben defto Fräftiger wider: fegen zu fönnen. Der Befiß einer blofen Burgfchale fonnte für fieden Werth nicht haben, den fie offenbar darauf fegten, wenn nicht diefer Zwed ihn gab. Wenn Schaum a. a.D. ©. 295 den Naflauifhen Beſitz des Burgbergs gegen v. Arnoldi a. a. D.1., 220 u. f. gar in Abrede ftellt, fo ift diefes ein unberufener und blinder Miderfpruch gegen den Flaren Inhalt von mehr als ſechs Urkunden.
) Außer dem Patronatrecht der Kirche läßt ſich vor dieſer
219
Diefe Anlage entfprach ihrer Abficht, den Handel zugleich zu erleichtern und zu fichern, in der damaligen Zeit auch vollfommen. Denn Driedorf lag zwifchen den Städten Frankfurt, Köln und Goblenz beinabe in der Mitte, war alfo zu einer Waarenniederlage, zum Um— taufche und zur weiteren Abfesung der Waaren in das Innere des Landes fehr bequem und paſſend, und die errichteten Befeftigungen gewährten vollen Schuß. Die Außere Burg mit ihrer hohen Warte, war ganz mit Waf fer umgeben, lag in der Mitte eined Weihers, und ftand nur durch eine Zugbrüde, die zu einem befondern Thore der Stadt führte, mit diefer in Verbindung. Die innere Burg aber, die auf einer Fleinen Anhöhe lag, ragte über die Stadt hervor, und hatte in dem Walle und Graben, den auf der ganzen Suͤdſeite ein Weiher mit einem nur fchmalen Commmunicationswege bildete, und der Mauer der Stadt mit ihren fünf Thuͤrmen ganz gute Aufen- werfe.
Wenn wir die damalige Lage des Grafen Dtto TI, von Naſſau⸗Dillenburg genauer ind Auge faſſen, der in einem nur kleinen Lande mit der väterlichen Verlaffen: fchaft zugleich eine ſchon damals alte Fehde mit den mäd)- tigen Adeligen von Derndad und Willensdorf, denen ſich fpäter auch noch die von Bien zugefellten, geerbt hatte, die um fo Eoftfpieliger und hartnädiger war, weil
Zeit nicht das gerinzfte Naſſauiſche Eigenthum in Driedorf nachweiſen. Alles fcheint hier Greifenftein in dem mit diefem verwandten Geſchlechte von Lichtenftein gehört zu baben,
220
es den wichtigiten Gegenftand, die Landeshoheit über den bedeutendften Theil jeiner Befisungen galt 9, und deren Ende er nicht erlebte, wie er ſich daneben noch in einen chwierigen Kampf mit dem deutfchen Orden verwicelt fahe: fo wirde es unerflärbar feyn, woher er die Kraft und die Mittel genommen, auch noch zu gleicher Zeit die Greifenfteinifche Fehde fiegreich durchzufämpfen, und in Driedorf die jehr bedeutenden Baunngen zu vollenden, wenn wir nicht eine jehr wirkſame Unterftüßung von Sei: ten der Städte, zu deren Vortheil das letztere vorziiglich unternommen wurde, unterftellen koͤnnten.
Die Städte traten endlich auch fühnend zwifchen bie Fämpfenden Partheien, und nach Ottos Tode wurde durch Dermittelung von Weslar, Friedberg, Gelnhaufen und Frankfurt, aller Streit zwifchen feinen Söhnen Heinrich und Emich von einer, und Kraft, Norich und Gotthard von Greifenftein von der andern Seite, 1290 auf Pauli Befehrung (25. San.) beigelegt I. Naſſau bleibt im Mits befige der Stadt Driedorf, der Mühle und des Sees, von welchem allem ihm die Hälfte abgetreten wird, Es hat mit Greifenftein fortan einen gemeinfchaftlichen Vogt dafelbft, der ihr Amtmann feyn und die Nenten und Bede
1) Kremeri, Origg. Nassov. 11, 299. Den Ansgang unter Heinrich I. erzählt der felige Geheimerath von Arnoldi a. a. O. 1, 123— 126.
2) Die Städte Frantfurt, Friedberg und Weklar brachten auch bald darnach einen Vertrag mit den Bundesgenoſſen Crafts von Greifenftein,, den von Lewenſtein, von Itter und von Grafchap zu Stande, 1290 ler, 5. ante Miser, Domini [1l, April].
221
eintreiben fol. Sie wollen zufammen die Stadt fortbauen und erweitert, die Leute darin theilen, die Burgmänner nur in gegenfeitigem Einverftändniß aufnehmen, und fid) gegenfeitig aus der befejteten Stadt zur Zeit eines Krie— ges (Urloige) Feinen Schaden thun. Naſſau verfpricht noch beſonders die Beſthaͤupter Greifenſtein allein zu uͤber— laſſen, weil es dieſelbe früher gehabt ), und die beiden Burgen, die es dafelbit erbauet, zu zerftören, und feinen burglichen Bau mehr zu errichten. Das letztere aber ift nicht in Erfüllung gegangen, es fcheint vielmehr auch eine Theilung diefer Burgen, wodurch Naffau zum allei- nigen Beſitze der inneren und Greifenftein zu dem der äußeren gelangte, durch einen noch unbekannten Bergleid) erfolgt zu ſeyn.
Eine merkwuͤrdige Beſtimmung enthaͤlt noch der ange— fuͤhrte Vertrag, daß nie Ungeld und Zoll in Driedorf erhoben werden ſolle. Da jeder der contrahirenden Theile hierbei in Nachtheil kam; ſo hat man abſichtlich einem dritten den Vortheil einraͤumen wollen. Dieſer dritte waren offenbar die Staͤdte, deren Handel und beſonders Weinhandel man hierdurch beguͤnſtigte. Auch ein anderer Artikel der Urkunde, wonach im Falle eines Krieges Drie— dorf durchaus geſchont werden ſoll, muß darauf bezogen werden: „ſo ſol auch dann die Stat (Driedorf) vnd die „lude darin vnd alles daz dartzu horet mit gudem fried „vnd mit gemach blieben vnd weßen von vns beyden „halben.“
Als Naſſau hier einmal feſten Fuß gefaßt hatte, ging
1) Ein Zeichen, daß dieſes allein Leibsherr hier geweſen.
222
es bald zu neuen Erweiterungen feined Befißftandes tiber. Der Graf Emich, dem Driedorf 1303 in der Theilung mit feinen Brüdern zugefallen war, batte im Anfange feiner Regierung dafelbft feine Nefidenz ); ließ 1305 (2. Kal, Apr.) dem Orte vom König Albrecht Stadtrechte ertheilen °)5 und fuchte fich endlich 1316 CVincentii) der Gemeinfhaft mit Greifenftein gänzlich zu entledigen, da er von Gerhard von Greifenftein, defjen Gemahlin Agnes und deren Sohn Gerhard ihren Antheil an Stadt und Kirchipiel, Gericht, Zul I, Mühlen, Vogtleuten *, Vogthaber, Faßnachtshuͤhnern und Zinfen fir 250 Marf erfaufte. Die Verkaͤufer fchliegen nur ihre Mannen (Bar fallen) mit dem Manngute (Activlehen) und ihre Leibs eigenen °) von dem DBerfaufe aud. Daß auch ihre Burg, außerhalb der Ningmauern der Stadt gelegen, hierdurch zum Theile wenigſtens an Naſſau übergegangen, ift nach fpatern Erfcheinungen nicht zu bezweifeln,
Aber noch war ein anderer Zweig des Greifenfteintz fhen Gefchlechtd, die Dynaſten von Lichtenftein, bier angefeffen, die aber in feiner Gemeinfchaft an den Burs
4) Bon Arnoldia. a. O. J., 92 II b, 126.
2) Er verleihet opide Tridorf omnem libertatem, qua gaudet civitas Welflariensis, Urk.
3) Nach dem Vorhergehenden muß diejes vom Zolle, der in Dörfern des Kirchfpielö gehoben wurde, verftanden werden.
4) Baitlude. Das waren die Nadhfommen der einft freien Bewohner des Landes, auf die noch ein Schatten der alten Freiheit fortgeerbt war.
5y:Sunderlihe Ludhe. Urk.
223
gen geftanden zu haben fcheinen. Emichs Sohn, der Graf Sohann, war fo glücflich, diefe 1334 auszufaufen ").
Auch die NafjawDillenburgifche Linie hatte Erwer— bungen bier gemacht, und war in den Befig der unteren Burg gefommen. Sm Sabre 1347 (ler. 6ta p. Pentec.) macht Graf Dtto II. von diefer Linie die Nitter Johann und Wygand von Mudersbahh, Brüder, zu Erbburg- mannen dafelbft, und gibt ihnen die Zehnten und Güter, die fonft Craft von Greifenjtein im Kirchſpiele befeffen, zu Burglehen. Noch in demjelben Sahre fehenft Graf Sohann von Naſſau-Hadamar dem erfteren einen ehemals von Fichtenfteinifchen Hof dafelbit.
Diefes ift das erftiemal, daß dieſes alte Nitterges fchlecht hier auftritt. Es war urfprünglich im Amte Ho» benfolms, im Dorfe Mudersbach zu Haufe, wo nod) nahe am Bache Aar unter dem Namen des Burggrabend die Stelle gezeigt wird, wo einjt fein Stammhaus ftand. Diefes war aber fchon frühe und wahrſcheinlich im der langwierigen Dernbachifchen Fehde zerftört worden. Seit— dem ift es in das Naffauifche uͤbergezogen, wo es ſtets eine treue Anhänglichkeit an die Yandesherrn zeigte, und von diefen zu wichtigen Aemtern gebraucht wurde. Es erwarb hier nach und nach fehr anfehnliche Befisungen °). Schon Gudenus glaubt aus der Gleichheit feines Fami⸗ lienwappens °) mit dem Greifenfteinifchen auf eine ge>
4) von Arnoldia.a. D.I 9.
2) Sc behalte mir vor, zu einer anderen Zeit das alte von Mudersbachiſche Lehenbüchlein mitzutbeilen.
3) Es enthält vier ind Kreuz zufammengeitellte Blätter, wie die auf Tab, VI, beigefügten Abbildungen zeigen,
221
meinſame Abftammung beider Gefchlechter fchliegen zu dürfen 9. Was diefe Schlußfolge beitärft, ift, daß beide aud in einer Art von Gütergemeinjchaft fügen. Denn als Ludewich von Mudersbach, nach einer ungedrudten Urkunde 1281, der Abtei Marienftadt Güter zu Dapurg, einem in der Nähe von Greifenftein ausgegangenen Drte, fchenfte, mußte erft Conrad, genannt Wufte von Grifin⸗ ſtein, darin willigen, und der Ritter Craft von Grifin— fein und Widefind von Kichtinftein fiegeln. Nach Aus— fterben des Greifenfteinifchen Haufes fcheinen felbft die von Mudersbach diefem als Erben in einem Theile feiner Beſitzungen gefolgt zu feyn. Die Burg und Herrfchaft Greifenftein waren Wormfifches Lehen, und bei diefem Stifte empfingen auch die von Mudersbach fpäter noch ihre Zehnten und Guͤlten zu Catzenfurt, Dillheim, Eringg- haufen, Werdorf, Gollfchhaufen, lauter Orte in diefer Herrfchaft gelegen, zu Biſchoffen und Roßbach. Ihr erſter Grundanſitz zu Driedorf kann auch aus dieſer Quelle abgeleitet werden. — Die aͤlteſten vorkommenden Glieder dieſes Geſchlechts ſind: Gilbert, Wepeling 1212 95 anz geſeſſen zu Webach (Weidbach zunaͤchſt bei Mudersbach); Ritter 1224 °). — Ruther, Ritter, 1224. — Ludewig, Ritter, 1255. 1259. 1281. — Die fpäteren Glieder folgen in der beigefügten genealogifchen Tabelle, welche nur nad) ‚urfundlichen Zeugniſſen ift zufammengeftellt worden.
1) Gudeni Cod. dipl. II,, ı22.
2) Schmidts Geſch. d. Großh. Heflen IL, 271.
3) Wends Hefl. Land Geh. II., Urkb. 144. (Fortiegung folgt.)
— —
11.
Beschreibung und Erläuterung
bemerfenswerther Alterthbümer des Mufeums zu Wiesbapden,
anne Allan Im Bee bayfım I leise keilird; re ni a urn va virannif Art (D al rm, era, ine air ra seen Alk 0— hrs. ae DA FiEREen 2 | nz BR I Brut ——⏑ —— ꝛ en, ehr ie Ar 1% ATi SE KO wärs Ir ee 5 PERF ana. Sir, wien a he Sie — a an er ee —— NER ———— SIERT —— —2— 207 — — N bi Re Bi Ur J — DD er j KA u 225 5 N a — 2 N eg yo AR ware In Be ua SRUEP, ey} Sg 77 Ser. dä hits De A Folgen da vr Joggen ara Tai BER sinne Seal E ikea —
1
as
u
1 ade tat Me om Bent a re 1 Bindı 5 ne, 2 7
en Ile)
—
Verſuch zur Erklärung einiger plaftifchen Alterthü— mer des Mufeums zu Wiesbaden, von Herrn Pro— feſſor N, Müller in Mainz,
Erftes Stuͤck.)
Ein aus Speckſtein gejchnittenes Bildwerf, 3 Zoll hoc) und 155 Zoll breit, bietet einen fehr feltfamen, bez fremdenden Anblick dar, und kann feine andere, als eine bypothetijche Ausdeutung zulaffen. An der Arbeit diefes Stuͤckes läßt ſich — troß dem, daß die bervorfichenden Theile der Geftalten von der Luftſaͤure angefrejfen, und abge ftumpft find von den Neibungen der Zeit wie des Ge brauchd — beim erfien Blick eine rohe, von aller Kunft entfernte Hand entdecken, wie fie ber den meiſten portas tiven Hausgögen, und befonders bei den Aegyptiſchen Landes-Fetifchen fehr haufig gefunden worden find. Die Form des Ganzen it eine umgefehrte Pyramide, und befteht aus zwei Darftellungen, die, auf ihren Ruͤckſeiten mwunderlich verbunden und gleichfam in einander verfloch— ten find, und von denen Das vorberrichende Bild nicht fchwer zu beftimmen ift, nämlich jenes, welches zwei Ge falten zeigt, und fo wird die entgegengeſetzte Seite zur Kehrfeite und bezeichnet gleichjam nur den erflärenden Schildhalter. Die Zeichnung der menfchlichen ©ejtalten
DrTab. VI. GE, 22.4.
225
ift höchjt roh und widrig, zeugt aber auch zugleich von einer hoben Alterthimlichfeit. Die Borderfeite (fig. ı.a,) alfo, ftellt zwei Aegyptifche Cabiren dar, wovon der eine unbärtige einen bärtigen umarmt, beide zeigen jeder nur ein Bein, und diefe beiden Beine ftoßen unten fo enge zuſammen, daß hierdurch die Spitze der umgekehrten Py— ramide gebildet wird. Der Unbärtige, welchen ich für den Dfiris nehme, trägt die Kopfbedeckung eines See— fiſches, die ſich auf der Seite fo verlängt, daß der Gott gleichfam in dem hohlen Fifche, wie in einem Schiffe zu fiehen fcheint. Das Maul des Fifches ift nach oben ges ehrt, und bildet die Spite diefer Kappe, Durch welche nicht nur die heilige Landesvaterfchaft des Nils bezeich- net, fondern auc auf des Dfiris Nilfchiffahrt zwifchen Maron und Aegypten I, fo wie auf des Dfiris Unter: gang im Meere, welches ihn — den Genius oder den perfo- niftzirten Schußgott des Nil — als der Urfeind Typhon, verfchlang, und jo bildlich tödtete ), deutlich anfpielt ”)-
1) Heerens Sdeen 2, 471 fgg-
2) 30ega, Num. Aeg, Imper, p. 108, 135, 188.
3) Es darf bier nicht übergangen werden, daß man dem Nil, als Flußgott perfonifizirt, bisweilen als Attribut ein Delphin zugefellt, weil diefer im Altertum bedeus tungsvolle, in mehrere Mythencyklen eingemundene Fiſch, aus dem Mittelmeere hinauffteigend in den Nil, wie Strabo [L XT.] berichtet, dort als intelligible Lichtkraft mit dem Grocodille einen ftarfen Kampf befteht, das als typhoniſche böfe Kraft in jenem Bilderfreife auf tritt, und bisweilen der Samann des Dunkel-Böſen feloft ift. Man fehe: Senmeca Quaestiones naturales IV, 11. — Hier verdient auch in Erinnerung gebracht au
229
Der bärtige Gabir ) it nun wohl Knepb ) ber kosmogoniſche Ei-Haucher, die alte weltbaumeifterifche Ans fangs⸗ und endlofe Wohlthätigkeits-Schlange im frühern Sinne’), der Agathodäimon *), der Allerhalter 9.
Hier umwindet die Schlange in vier Kreifen bis unter die Arme das Bild, md diefe ift fo der Thebefche Fetish, die Knephſchlange, die feurige, fich flets erneuende, das gefreifte Bild der bewegten Zeitperioben, wie ald Kreis jenes des Univerfums °%), Zugleich aber auch Geift der Heilfundes und Wahrfager-Thaumaturgens Forſchorakel-⸗Geiſt. Oſiris darf nad) vorliegender Ab bildung nicht ald Sonne, fondern ald das Nilwaffer, welches jährlich feine befruchtenden Ueberſchwemmungen erneut, gedacht werden, und fo tritt er in natürliche Berbindung mit dem demiurgifchen Schöpfergeift Kneph, den das Bild periodifcher Erneuung, die Schlange, ums windet, weil auch Wiederkehr der Wohlthaten im Kreigs lauf der Zeiten den Geift der Welterhaltung bezeichnet.
werden, daß der aus Aegypten über Griechenland, dann nah Rom und fo bis in den Norden Europas verpflanzte Herkules [in fo weit er aus Choe (Sfom, Som) der Gallifhe Herkules Ogmius geworden, der, ganz Nep— tunifh attributirt, ald Herkules Maguſanus und Saranus, ald ein Schußggott der Flußufer und Geftade erfcheint] ebenfalls einen Delphin bei fi) bat.
4) Herodot IM. 37. — Zovega Num, Acgypt. p. 35. sqq.
2) Sreuzer, Symb. u. Muth. I. ©. 530 u. fgg.
3) Jamblich. de myster, 8, 3.— Plutarch: De Is, et Osir,
4) Petri Seguini Agathodacmon Paris 1670, 4°,
5) Eusch, Prae. evan, ı, 7.
6) Grubers Myth. Worterb, III, 47,
230
Hier alſo zeiget fich die allbefruchtende Feuchte dem Geifte ber Welterhaltung Tiebend, umfangend, ift innig mit ihm verjchlungen, und giebt mit ihm die umgefehrte Pyramide, die von Hindoftans Moni befannt gewordene Hieroglyphe.
Zoäga hat noch feinen Gegner feiner Meinung gefunden, daß Kneph CChnuphi) und Canobus, der in bildlichen Darjtellungen bisweilen fchlangeuummundene Nilkrug, noch mehr als engverwandte Begriffe feyer. Gewiß gehören auch bierher die in den Mithriafen fo haufig angetroffenen Abbildungen Schlangen umgürteter Menjchen; bei welchen fein Kampf ftatt findet, ſondern das Bild des ftet3 wiederkehrenden SKreislaufs der Zeit und in aftralifcher Nücficht, der Wandelfterne; denn außer diefem Zeitbilde war den Perſern die Schlange kein Agathodämon, fondern ein Afrifanifches Emanationsglied, wie es auch eine Typhonifche Schlangenbrut giebt, und die Griechen felbft die böfe verfolgende Schlange neben der Heilfchlange in ihre mythifche Menagerie aufnahmen. Die Kehrfeite ?) des erwähnten Stüdes zeigt, wie ges fagt, deren Scildhalter einer Hieroglyphen⸗-Tafel. Er fit und hält diefe Tafel über dem rechten Knie fell. Er ift, was man an den Negyptifchen Abbildungen ſo felten, und auf der reichen Sfistafel gar nicht findet, bärtig und hat gewürfelte Hofen, welche bis auf die Fußfnöchel reihen. — Ob ein Champollion oder Lajard die hier befindlichen Hieroglyphen zu erklären verftinde ?! — Diefe Zeichen find fchlecht gearbeitet, wie das Ganze, aber doch
4) 30ega de Num, Aegypt. Iwper. p, 35. 39. 2). Fıg. 1, b;
231
finden ſie fi) der Hauptform nach in allen hieroglyphi— ihen Tafeln wieder.
Sch glaube alfo im diefem Steine einen Kneph— Oſiris zu fehen, und zwar als eine Art von Amulet, oder auc von Tafche-Gdsen gegen die böfen Einflüffe und die Gewalt von Typhon. Gewiß iſt unter allen Aegyptiſchen Gottheiten außer Kneph, dem heiligen Uralten, auch nicht eine bärtige Figur; und wo ſich Baͤrte an Dfiris oder an Mannsfphinren finden, da darf man auf römifchen Meifel fchliegen, der in yraftis fiher Behandlung, wie fchon Winkelmann und Erem zer bemerften, fich manche Lizenz erlaubt hat.
Zweite Stuͤck Y.
Auch dieſes Stuͤck, vier Zoll hoch und anderthalb breit, beſteht aus demſelben Lardites, aus welchem das oben erwähnte beſteht; und welcher nicht der fein polir— bare Ghinefifche, aber auch nicht zum Theile glimmerichte Europäifche, fondern jener feifenartige Talkſtein ift, wels cher wir aus Aegyptiſchen, bildlichen Neliquien fattfam fennen, was einen Beitrag zu der Herkunft dieſes inters effanten Stuͤckes liefern Fonnte, wäre es nicht mit fehr unterfcheidenden Acht Aegyptiſchen Charakteren ausges ſteuert.
Auf der Vorderſeite a ſehen wir eine Iſis mit der gewöhnlichen Kopfbedefung, die Hörner oder ein Lotus blatt find nicht darauf zu fehen, aber vieleicht abgeftoßen
*) Tab, VII, fig. 2, a und b.
und in jedem Fall nicht fireng bedingt. Sie ficht Mır mienartig eingewunden zwifchen zwei Figuren, welche ebenfalls, die eine in enger fiebenfacher Umwindung einer Schlange, die andere mit langem, ſchmalem Schuppens förper, gleichfam in einem Fifche endigend, erſcheinen. Beide Perfonen werden von Iſis gleichlam Tiebend ums ſchlungen, jene rechts, die im Fifchfchuppenleibe, oben unter dem Halſe, auf welchem drei Köpfe über einander fisen; jene links, von Schlangen umfchnürt, über dem Unierleibe. Die Figur auf der rechten Seite der Allmut> ter, welche fie, ald in myftifcher Ehe beflammt, mit ges främpftem Arme nach dem eignen Herzen drängt, ift Oſiris, ihr Bruder, ihr Gemahl, der dreiföpfige Herr der drei Jahreszeiten im Fifchgewande, iſt in der tiefges haltenen Potenz der Vater Nil, und in höherer die Früh: lingd, Sommer: und Herbft- oder Winter-Sonne. Zwi—⸗ ſchen den drei Köpfen in der Mitte, alfo neben der Sommerfonne fteht das Geficht der Göttin, die Mond und Erde zugleich ift, und mit Sonne und Waffer in engiter Verbindung ſteht. — Die Figur auf der Iinfen Seite, in der Mitte umfaßt, ift Horusz bier nicht Säugling, fondern Juͤngling, gleich den übrigen mumien artig geengt, und dabei, ald Emanationgd-Verfchwifterung mit Kneph, von dem Spiralgewinde der guten Schlange nach Anzahl der Planeten umwunden, auf dem Kopfe die Ziara mit den Achfelflügeln die herabgehn längs dem Halfe big zur Bruſt. Das Ganze ift eine von feiner Entſtehung an fehr fchlecht gemachte Handwerferarbeit, die auch von den Unbilden der Zeit fehr bedeutend ges litten hat.
233
Die Kehrfeite b zeigt nur oben, der Sfistiare ent: gegengeſetzt, ein Geficht, das Feine und auch jede Ausle— gung zuläßt. Außer diefem iſt die ganze Ruͤckflaͤche eine mit einem Stabe umfaßte Hieroglyphen-Legende von alten plumpen Zeichen, deren feinere Geftalt ung aus vielen Tempelmonumenten entgegen tritt. Dieſes Stuͤck, gleid) dem unter Nro. 1 bezeichneten hat unten am Fuße ein Loch, um durch einen Dorn auf einem Fußgejtellchen befeftigt werden zu koͤnnen. Die Zufammenftellung diefer Götterfamilie it nichts need, wir finden fie in verſchie— denen Sammlungen des bildlichen Altertbums ?).
Der Zweck dieſes Steinbildcheng mag wohl mit jenem von Nro. 1 ein verwandter gewejen ſeyn, und zwar feine Beftimmung dem Aberglauben des unterften Plebs gegol- ten haben, wie die trivinle Arbeit feldft ſchon vermuthen laͤßt.
4) Montfaucon laAntiquité expliquee II, 2. pag. 291. Pl. 120. — Gezogen aus dem Manufeript von Peireisc. Sm Kupferhefte zu Richters Fantaften des Altertbums Tab. II. Nro, 6. nach Probabilität ergänzt, da Oſiris ohne Kopf iſt.
ee um n 2 ERBE TE BR Hl RPRRPU Fe * Be ee ne a ee he nen RT ZT” es ee RT ar he * ehe Y ER ee ve a a — * — u —— wo Be nu Tele?) pe a ir ee and ᷣva BG ELTERN? ne LENZ Ri a in ee are h — 7 a N * an⸗ re
[2
>
sa WIE Ba /3 IR ML EI! Ti tu Di Tom y ME ar A ar (Pr ” Is v2 — 4 * —* Er... er INT: — Mm 9er ee a ee —— sa er BA AT 28) =. re hen Kan: he FrARAH * * 2 a DE ” u : Pi ie — 7 4 Fr Sig - - zahl ai ie oa 4 Werden J MN. ET, FRI Br. 2 — — gain — u. v 1J nad — — * bie us Au Due ur HT I * his — d it, ger ia — a 2 fe rauen a er er ezächit Ten rrtwarte bir ach wor ben Hnkılken PT 44 e Seien kirss was, - j
un 8
III.
2listellem
— — — — — — — — —
II ns3jlystarıı |
u =
I.
Antiquarifche Entdeckungen am Rhein, von Herrn Profeffor Dr. Braun in Mainz.
Bei der Anlage eines unterirdifchen Kanals, im Juni des Sahres 1829, zur Abführung der Gewäffer von der Gaugaffe herab bis zum Fifchthor hinaus, alfo am Guttenbergsplag, über das Höfchen, den Speifemarft und den Heumarkt, ließen fich mehrere Beobachtungen über die allmählige Erhöhung der Erdoberflaͤche von Mainz machen. Bor dem Filchthore zeigte fich zuerft in einer Tiefe von 8 Fuß ein fehr ſtarkes, etwa 8 Fuß breites Werft, aus Quaderflücden, woran nody Ringe befeftigt waren, erbaut, welches in einem Winkel gegen Norden hin nach dem jegigen Ufer wieder hinlief, gegen Süden aber näher fi zur Stadt wandte, wo es aber vielleicht einbog und endete; denn fonft hätte es bis über das Holzthor bin abgefchnitten. Aus welcher Zeit dies Werft war, bleibt unbeftimmt; einige wollen ed als die Dorlage der Brüde zur Zeit der Schweden annehmen, doch halte ich es für Alter,
Aufwärts von hier nach dem Thore zu, zeigte ſich die Spur eines Pflafterd in einer Tiefe von 4 Scub, auf Sand gefegt, und darunter mehrere Lagen alten betretenen Bodens. Unter dem Fifchthore felbft traf man
238
auf eine Spannmauer und unter diefer, 6 Fuß tief, auf Duaderfteine, worin noch die Wagengleife fichtbar waren, ein Zeichen, daß ehemals der Rhein tiefer lag als jegt und ſich alfo, wie alle Flüffe, verfeichtet oder erhöht hat. Diefer Boden von 6 Fuß Tiefe traf alfo mit jenem alten Werft genau zufammen, und beide möchten demnad; gleichzeitig feyn. Etwa 22 Schritte vom Thore in die Stadt hinein, fand ſich ein Außerft ftarfes Fundament von 10 Schritten Breite, welches muͤhſam ausgebrochen werden mußte, und wohl der alten Stadtmauer ange hörte, vermuthlich jener, die Friedrich Barbaroffa nieder reißen ließ. Weiter aufwärts, dem Gaſthaus zum Kaijer gegenüber, fand fidy die aus Quadern gelegte, ftarf ver traßte Vorlage des Thurmes der ehemaligen Liebfrauen- firche, welche eifenfeft, mehr durchhauen als weggearbeitet wurde und über 8 Tage mehrere Menfchen befchäftigte, Die Feftigfeit war den beften römischen Baufundamenten gleich. Mancherlei Schutt und Spuren von Mauern, aber feine von beſtimmt erfennbarer Bauart, fand man über den Speifemarft hin. Erſt am Haufe des Herrn Maas (Lit. B. Nro. 16.) fand man eine etwa 8 Fuß dife, queer ber die Strafe nad) dem Menmin- gerifchen Haufe hinlaufende Mauer, welche mittelals terfich erfchien und das fogenannte Höfchen, den alten Zurnierplag von Mainz, abfchloß. Vor diefer Mauer fand fich auch die Hälfte eines römifchen Gelübdefteing, deffen Schrift wohl nicht mit Beftimmtheit zu entziffern iſt. Die Buchftaben find fehr fchon, mit dieferen und feineren Strichen abmwechfelnd, und zeugen für eine gute Zeit. Der Stein wurde wieder eingemauert. Oberhalb
239
der Queermauer mut, gegen dem alten Stadtgerichts— haus und dem von Keſſelſtattiſchen uber, fanden ſich Spuren von Branoichutt, unter dem, außer Eifenflumver, Hufeifen, großen und Heinen, auch ein Schwert zum Bor; fchein fam Cam 4. Juni). Der Knopf ift 8 feıtig, am Griff iſt nody die eine Seite des Kreuzes vorhanden, die Klinge zweifchneidig, 6 Gentimetr. breit und 88 Gentimetr, lang, und verjüngt fi; von 6 auf 4 Centim. Es fcheint aus dem Mittelalter und fein Gegenftück ift im Dom auf dem Grabmal im Iinfen Gange vor dem öftlichen Chore zu fehen. Much eine halbe Silbermünze vom Kurfürften Adolf (vermuthlich I. von Naſſau) fand fich ebendafelbit. Tiefer Famen viele Knochen, meift von wilden Schweinen, Hauzähne, (wovon einer von ungewöhnlicher Größe und Die) zum Vorſchein, römifche Ziegel in größerer Menge und endlich Abtheilungsmauern römifcher Zimmer mit dem Fuß dicken Eſtrich aus gehackten Ziegen und Kalk beftehend. Hier alfo vom Höfchen an kann man dern eigentlichen Anfang römischer Gebäude rechnen. Die untere Stadt fcheint nach der Zerfiörung der römischen Befigung, nach und nach gegen die Nheinüberfchwemmungen durch hinabgezogenen Schutt, worin fich daher wohl auch einz zelne römische Ziegel und Münzen finden, abfichtlich er böht worden zu ſeyn. Denn die Nömerwohnungen ftehen immer in einer Tiefe von 10—12 Fuß, und der Boden um fie her muß alfo zum heine hinab gleichfalls eben abgelaufen feyn, fo daß man zur römifcher Zeit die Tiefe der Stadt 12 Fuß unter dem jetigen Boden, im Mittel: alter aber von 8, 6, 4 Fuß abnehmend, rechnen kann. Dieß zeigt Die Lage der verfchiedenen Pflafter in der be
210
tretenen Fläche. — Auch eine römifche, vorn fehr vers tretene Thürjchwelle Fam hervor, Stüfe von Granit, (deren eins Herr Kirchenratb Dahl, welcher eben an einer Abhandlung über die Niefenfaule und ähnliche römifche Bauſtuͤcke fehrieb, erhielt und ihn von anderer Art als den Odenwälder Granit erklärte) weißem und fchwarzem Marmor, endlic; auch noch nebeneinander in ihrer alten Lage befindliche, große Quaderſtuͤcke, welche vermuthlich Säulen ald Boden eines Vorgebäudes trugen. Denn ein Sänfenfchaft mit dem dorifchen Gapitäl, einem Kleinen dazu gehörigen Stu und dem Fußgeftell lag über diefen Platten oder daneben. Diefe ganze Säule enthielt 173 Gentim. Länge vom Fuß bis zur Platte und hätte volß ftändig koͤnnen zufammengefeßt werden, aber fie ward vermanert. in größeres Capitäl, mit Halbfiguren an den vier Seiten oben, und mit doppelter Akanthusreihe, jehr abgejchliffen, auch etwas befchädigt, hat eine Höhe von 52 Gentim., Diameter unten 42 Gentim., oben 56 Gentim., wozu die vorjpringenden Figurenfüpfe beitragen. Es ift von mir erhalten worden ımd fcheint aus fpäter Römerzeit. Ein dazu gehöriger Fuß wurde vermanert. Unmweit davon fand fih auch die Hälfte eines aus Stein gehauenen Schildes, von 1%, Fuß rhein. Diameter, mit Wafferblättern um den Rand und einem behelmten Kopf in der Mitte. Die Spur zweier daranf liegenden Finger beweißt, daß es einer Figur angehörte, und ber innerhalb fichtbare Riemen, daß der Schild frei jtand. Herr Aichkommiſſaͤr With ift Befiger dieſes Stuͤckes. — Man kann aus allen diefen Reſten fchließen, daß hier ein bedeutendes Gebäude fand, welches fich bis ober das
241
Relliſche Haus hin erſtreckte, bei deſſen Grundlegung ebenfalls das Segment einer Granitſaͤule, eine große Tafel Salinum (weißer, falzähnlicher Marmor) und eine mächtige, ſehr fchön gearbeitete römifche Mauer, nebft Fundamentquadern, fich fand. Auch der Neft eines klei— nen Steins mit den Endzigen der Buchftaben CIRIR Fam bei den Säulen hervor. Nömifche Muͤnzen fanden fich ziemlich viele, in Großerz wenige, meist fehr Heine. Die fpäteften, die mir vorfamen, find von Probus, Te trieus, Sonftanz, Valerian, Valens, u. a.
Ein goldener, aus mehreren gewundenen Stuͤcken beſtehender Ring, bei jenen Saͤulen gefunden, iſt in den Haͤnden des Herrn Aichkommiſſaͤr With. Auch eine Kugel aus gebranntem Thon von der Groͤße einer dreipfuͤndigen Kanonenkugel ward gefunden, welche wohl zum Schleu— dern mag gedient haben, eben wie jene Steine, welche Herr Geheimerath Knapp im Odenwalde fand,
Als feitwärts von dem genannten Kanal, zwiſchen der Ludwigsftraße und Sohannisfirche, im Monat Auguft, die Fundamente zu dem fpäter auf eine andere Stelle projeftirten Theater gegraben wurden, fand man in einer Tiefe von etwa 18 rheinifchen Fuß mehrere römifche Mauern, und dabei einen mufivifchen Fußboden aus Steinchen und Flüffen verfchiedener Farbe zu mathemati fchen Figuren, Cinfafjungen à la gree u. dgl. gebildet, Die Farben waren weiß, zum Theil cararifcher Marmor, zum Theil wohl auch gebrannte Erde, aus welcher maıt auch Lampen fand, welche einen bräunlichen, marmorirtei Anftrich hatten, und wovon Herr Graf Franz von Keſ— felftatt eine fehr große und eine Eleinere bebelmte erbieltz
16
212
dann ſchwarz, aus Marmor, Bafalt u. a. braun, ins bellere oder dunklere fallend; mehrere Abftufungen von Roth und Blau, theild Fluß theild Stein, von Grin u. a., fo daß über zehnerlei Farben zum DVorfchein kamen. Die Heinen Würfel von etwa Zoll Größe figen in einer Unterlage, die aus Kalf und zerhadten Ziegeln befteht, und der Boden hatte /, Schuh Die. BVerfchiedene Lieb— baber ließen fich die Stuͤcke zu Tijchplatten einlegen.
Weiter nach dem Höfchen hin fand man einen römifchen Altarftein mit den Bildniffen des Mars, der Suno und des Merkur, letztere mit ihren Seiten verftümmelt. Die Stellung an der fonft roh gearbeiteten Figur des behelms ten Mars, dem ein Schwert an der rechten Seite hängt, ft leicht und gut gedacht. Der Stein Fam in die ftädti- ſche Sammlung. Ein wahrfcheinlih aus dem frühen Mittelalter herrührender Brennofen zeigte noch allerlei darin aufgefchichtete Gefäße von roher Form, etwa 30 Stüde. Zerftreut kamen vor Münzen, ein Griffel von Erz, den Herr With befist, u. a. Ein Säulenfuß in der Tiefe von 21 Fuß und das obere Stüd eines Altarg, beweifen auch bier wie überall abfichtliche Zerftörung, und jene Zertrimmerungsluft, die fo tief im Menfchen liegt. Der Boden der Stadt muß vor Zeiten hier etwas vertiefter gewefen feyn, als anderwärts auf dem Markte, denn die Fundamente ftehen dem Waflerfpiegel des Nheing, ven die hervorfommenden Quellen verrathen, Chier etwa 21 Fuß rheiniſch) gleich.
Diefem Platz gegenüber wurde auf demjenigen, der Guttenberg geweiht ift, aber bald, von einem Theater bedeckt, den Namen eines Platzes verlieren wird, beim
243
Fundamentgraben das Bruchſtuͤck eines Altard gefunden mit dem Bilde des fisenden Jupiter, deffen Geficht aber abgejchlagen iſt; ſodann mehrere Feuerungsröhren und röm. Hohlziegel, auch Gefäße aus dem Mittelalter, zum Theil von zierlicher Form. Weiter die Ludwigsftraße hinauf, zeigten fid) Fundamente neuerer Häufer, 3. B. des Prä- fenzgebaudes, aber auf dem TIhiermarft felbjt Feine Spur von Mauern, ein Zeichen, daß bier ſtels ein freier Mag war. Die Neugierde wurde befonders gefpannt, da eine alte, von vielen aus den Großväterzeiten ber fortge— pflanzte Sage von den Trümmern eines Anfernachens, von Quadern mit Ningen fprach, welche bei der Fundas mentlegung des Bafjenheimer Hof3 follten gefunden wors den ſeyn, und daraus die auch von P. Fuchs angenom— mene Vermuthung, hier fey ehemals der Nhein gefloffen, wieder in Anregung Fam. Allein die Erdlagen zeigten nichts, was jene Vermuthung beftätigte; man fand auf gehäufte lockere, ſchwarze Erde mit Ziegeln, zum Theil römifchen untermifcht, und gegen den Anfang der Gau— gaffe fogar die Spuren eines verbrannten Gebäudes mit Kohlen und Balkenſtuͤcken. Uebrigens fam man nur in eine Tiefe von 21 Fuß, welches überhaupt das Steigen des Kanald vom Fifchthor bis zur Gaugaſſe ausmadıt. E83 kann feyn, daß tiefer vielleicht Flußboden ift, daß im Mittelalter feit der Rheinarm eine andere Richtung nahm, der Boden ausgefüllt wurde. Allerdings hat die Annahme eines, die römische Feftung am Fuße der ganzen Anböbe, worauf fie lag, umfirömenden Flußarmes vieles für ſich; der Arın hätte die Feftung gefchust, wäre zum Herbei— fahren der Bedurfniffe zweckmäßig gewefen. Allein daß
244
die jetzige Stadt Nheingrund, und nur jener Theil, wels cher noch jest Inſel heißt, allein troden gewefen, if eine von allen bisherigen Ausgrabungen völlig widerlegte Annahme. Denn überall find unwiderfprechliche Nefte von Nömergebänden, von dem Fuße ded Bergs bis an den Speifemarft. Uebrigens it jene alte Entdefung von Schiffsreſten vielleicht dDadurd; zu erflüren, daß dicht am Fuße des Bergs, wo num allerdings ſich durch Schutt der Boden beträchtlich erhöht hat, einft der Abfluß von der roͤmiſchen Wafferleitung aus dem Drufilacium oder dem großen Wafjerbehälter vor dem Gauthor, hier herab ging und zu einem für Nachen fahrbaren Kanal zum Zwede der Communikation erweitert wurde.
Im Auguſt wurden vor der Stadt, zwifchen dem Rai— mundi und Münfterthore an der Baftion Damian, in der Gegend, wo die ältere Petersfirche ftand, mehrere römifche Steine, welche zum Theil in der Tiefe des Gras bens, eine, vermuthlich mittelalterliche, Gruft bildeten, gefunden. Einer diefer Steine hat oben Legio XXII. und daneben rechts, jedoch nicht vollftändig, das Zeichen diejer Legion, den Capricorn, welchem gegenüber wahr: fcheinlich das andere der Stier war. Unten am Steine find die beiden Flußgoͤtter Rhenus und Monus abgebildet, ganze Figuren in halberhobener Arbeit, etwa 2 Fuß lang. Sollte diefer Stein vielleicht, der urfpringlich wohl nicht an diejem Orte lag, zu dem erften Pfeiler der römifchen Rheinbruͤcke gehört haben, wie der von mir früher an die fädtifhe Sammlung abgelaffene, auf dem rechten Ufer befindliche Stein derfelben Legion an dem leisten Pfeiler gegenüber fid) befand. Die beiden entgegengefesten
215
aͤußerſten Pfeiler waren der eine im Zeughaus, der andere an der Mauer der Caſteler Kirche; ein Zeichen, daß der Rhein fein jetziges Bett auch damals ſchon einnahm und man bei dem Bau der Brüde, wegen der Ueberſchwem— mungen nod) einige Pfeiler aufs Ufer ſetzte. So war alfo auch der an der Stelle der alten Petersfirche gefuns dene Stein nicht eben fehr weit berzuboblen, indem man wahrjcheinlic jene Pfeiler auf dem Sande abriß, die Duadern davon zum Bauen benußte, wie dieß noch andere Steine von römifchen Schutt bewiefen. in anderer Botivflein von der XIV, Legion mit Snfchrift, welche Herr Lehne bis auf den Anfangsnamen, der verftimmelt iſt, erklärt hat, wurde wie der vorige durch mic) in die Hädtifche Sammlung gebracht.
2.
Topographiſche Notizen, von Herrn Schulinſpeetor und Pfarrer Vogel, in SOchönbad),
I, Alsdorf,
eine einfam liegende, uralte Kirche, deren Ruinen 3 Stunden von Samberg und 2 von Würges angetroffen werden. Sch habe fie nie in Urkunden gefunden. Die Nachrichten, die ich von ihr Liefere, find einem Mans feripte, Mechtel3 pagus Loganche betittelt, entlehnt, Nach dieſem war fie dem heiligen Martinus als Schutz—
216
atrone unterworfen, und Anfangs eine Pfarrkirche, mit einem weitläuftigen Kirchſpiele, nachher aber eine blofe Vicarie, die von Eich aus nur an MWochentagen bedient wurde. Zur Zeit der Reformation zwifchen den Sahren 1552 und 1565 fette der Pfarrer von Eich die Wochen: predigten in diefer einfamen, mit Dorngebüfch umwachſe— nen Kirche fort, zu deren Anhörung fich die Hirten und Landleute, bei einem Zeichen mit der Glode, während das Vieh im Schatten ruhete, verfammelten. Dadurch glaubte fich der Pfarrer in Eich im Beſitze der zu dieſer Kirche gehörigen Zehnten zu erhalten. Allein der Trieris fche Beamte, Henrich von Feld, in Camberg ließ die Glocke von Alsdorf nad; Camberg bringen, wo fie zu Mechtel3 Zeit noch im Schloffe hing. Auch ſuchte er die Zehnten dem Erzftifte zuzuwenden. Die beweglichen Kir> chenguͤter und Zingregifter hatte der Pfarrer von Efch in Sicherheit zu bringen gefucht. Diefes find alle Nachrich- ten von einer Kirche, die Mechtel zu den älteften des Lahngaues zaͤhlt.
1, Ardabagan,
Erdehegan (pagus Erdehe) ein Untergan des Nier derlahngaus, der von der bei Hohenfolms entfpringenden und in die Dille fließenden Aar oder Arde feinen Namen bat. Hiftorifche Gonjecturen weifen ihm einen größeren Umfang und weitere Gränzen zu, als man bisher an— nahm. Gegen Norden hatte er den Haigergau, gegen Dften den Dberlohngan und gegen Süden und Werften den Niederlohugan zu Nachbarn. Er war in drei bedeu-
247
tende Marken, die Herbore CHerborner) Mark, welche, Haiger und Ebersbach ausgefchloffen, das ganze Dillen- burgijche, Driedorf und den eigentlichen Wefterwald uns faßte, die Wanendorpher oder Wertorfer Marf, in welcher jpäter die Herrfchaften Greifenftein und Gleis berg zwijchen der Lahn, Um und Wifemar lagen, und die Erdehe Mark, welche das Gebiet von Hohenfolms und Königftein umfchloß, eingetheilt. Im dem Chroni- con Gottwicense und den Lorfcher Traditionen werden folgende Orte ausdrudtich als in ihm gelegen genannt: Wertorf, Berghufen, Mulinbach, Oberintorph, Gifel brechtishufen, Kroffdorf, Waldgörmize, Dorcelar, Nives ren (Nauborn i. 8. Wismar.) — Das Gefchichtliche die— ſes Gaues vor dem dreizehnten Sahrhundert iſt nody uns erforſcht. Indeſſen fey es erlaubt, eine Vermuthung daruber mitzutheilen. Von 1144 bis 1213 erjcheint in diefem Gau ein durd, Abſtammung und Kamilienverbinz dung, die ein neuerer, fehr achtungswerther Geſchicht— fohreiber nachgewiefen bat, fehr anfebnliches Grafenges ſchlecht, das fich nach feiner Burg an der Aar von Wegebach Cjetst Nieder-Weidbach) nannte *). Da der Örafentitel damals dem Mißbrauch noch nicht unterwors fen, feine urfprüngliche Bedeutung bewahrte; fo haben wir Urfache, diefer Familie das Gaugrafenamt im Arda— hagau beizulegen. Nachdem Henrich, Graf von Weges bach), abgetreten war, und fein gleichnamiger Sohn ſich
*) Was diefes etwa zweifelhaft mahen Fönnte, febe man im erften Bande von Rommels Geſchichte der Heffen unter ven Grafen von Ziegenhayn,
218
in den geiftlichen Stand begeben hattet verschwindet auch mit dem Sabre 1213 der Name feines Gefchlechtes aus den jetzt fchon häufigen Urkunden gänzlich. Diefes laßt fih in einer fchon fo aufgelichteten Zeit und bei einem bedeutenden Gefchlechte nicht anders, als durch deffen Ausjterben in männlicher Linie erflären. Dagegen treten um 1220 drei andere Gefchlechter, die fich in ven Arda— hagau getheift haben, auf. Naffau ift im Befike der Herbore, Greifenftein der MWertorfer und Solms der Erdehemarf, Das natürlichfte ift hier an eine Fort dauer des Wegebachiichen Grafengefshlechts in weiblicher Descendenz, an die Verheurathung dreier Töchter aus demfelben in jene Häufer, und die daraus fließende Fort erbung der väterlichen Gaugräflichen Rechte und Befi- gungen zur denfen.
3. Anfrage
Sn den Summariis traditionum veterum des Ful— daer Mönches Eberhard bei Schannat in Tradit. Fuld, fhenft ©. 305 Nro. 3. Bidane von Logenahegewe (aus dem Lohngan) Güter in Walchesdorfe und in Mege ratesheim an Fuld.
Der letztere Dre kommt in derfelben Verbindung und nur in einer etwas veränderten Form auch in den Tradit, Laurish. III., Nr. 1709 vor. Willefwint übers gibt an Lorfch in Mecgritisheim und in Walhes— dorph 3 Manfen, 22 Morgen Aderland mit Wiefen,
219
Werden ꝛc. (die Schenkung gefchahe nach Nro. 3137 vermuthlich im Sahre 788) Aus der Tetteren folgt febr wahrfcheinlich, daß der Ort nahe bei Walsdorf im Amte Idſtein lag, vielleicht felbjt in der Gemarkung dieſes Dorfes. Wollte doch jemand in der Gegend unterfuchen, wo dieſer Ort gelegen, und ob ſich Feine Spuren mehr davon finden? Schoͤnbach.
—
E. D. Vogel.
4,
Aufgabe
Sn dem Buche des Johannes Heidfeld, (der 1629
ald Pfarrer in Ebersbach flarb), das den Titel führt:
Sphinx theologica-philosophica, ftehet ©. 1255 der neuns
ten Auflage, die in Herborn 1631 in 8 erjchien, folgendes Raͤthſel:
Aenigma scrupulosum, in cujusdam loci Archivis nuper inventum,
Nassavia in terra locus est (ignosce poësi Patria, dulce tuum si nunc inspersero nomen) Explicat is campum effusa tellure patentem,
Vix oculo prendente modum, pede nec gradiente
Luce una, quantam sol spargit carcinum adurens,
Qua patet hic campus, stat monstrosissima proles, Hectoris impavidi, fortis velque Hectoris horror; Sed vestita tamen pulcre, nam cyclade longa Verrit humum, plantas si quando moverit imas, Pectoraque hospitibus suayi mulcere loquela Docta, sciensque suum ad campum inviiare venuste,
Dulcia et utilia effusa promittit hiatu,
In frontispicio campi licet ista videre, Quod si introgressus fueris, majora videbis, Arboribus variis, atque excellentibus herbis. Nostraque quae nunquam solita est Germania ferre,
Consitus est campus, dici sic dignior hortus,
251
Buxus cum lauro, cedrus, pyrus atque cupressus, Medica, lanata atque melimela, nerantia mala, Cinnama, odorataeque nuces, crocus el quoque nardus Pontica nux, fragum, vaccinia, ficus et uva, Capparis, asparagi, pepones, violaeque, rosaeque, Rosmaris, atque chamemelum, quod diximus, ista Omnia campestri sic conspiciuntur in arvo,
Vilibus interdum locus et sylvestribus ut sit.
Arbutus et ruscus, prunus sylvester et alnus Hic quoque se ostentant: iratae cornua frontis Tribolus exporrecta tenet, videasque pyrastrum, Hinc urtica pedem, ni caveris, ocyus urit,
Inde tuae propius vesti se figit amica
Lappa, WVolant propter volucres quoque flumina campi,
Cantu dulcisono mulcentes aöra circum:
Stercoreos tamen hic epopes, ululasque strigesque,
Bubones dirum et videas mortalibus omen,
Sic itaque est campus non parte beatus ab omni Iste, nec omne tulit punctum, nec laudis habebit Multum, qui coluit; decumana laude vehatur Quamlibet a ınultis: tractent fabrilia fahri,
Tu mihi, quisquis eris, nunc carminis excute nostrı Sensum, tunc poteris bonus hinc conjector haberi.
Da Heidfeld diefes Näthfel felbft nicht gelöfet hat, ich auch nirgends anders deffen Löfung gefunden babe; fo möchte deffen Mittheilung in den Annalen der Ges fellſchaft nicht unzweckmaͤßig erfcheinen, weil fie vieleicht jemand zu feiner richtigen Deutung veranlaßte.
C. D. Vogel.
4.
Ueberſetzung und Erklaͤrung von Herrn Profeſſor Dr, Braun in Mainz,
NRaffau, in dir iſt ein Ort, (geflatte dem Dichter die
Freiheit,
Heimifches Land, wenn er bier den füßelten Namen mit einflicht,)
Dieſer entfaltet ein Feld, das weit und geraͤumig ſich oͤffnet,
Kaum fuͤr das Aug' erfaßlich und nicht fuͤr den Fuß auch in Einem
Tage durchwandelbar, wie auch der Krebs!) in dem Sommer ihn dehnet.
Da wo dies Feld ſich erftreckt, fteht hoch ein gewaltiger Anwuchs 9), Hektors des Tapferen Gran’n ’), des unverzagteften Hektors;
4) Das heißt in dem längſten Sommertage.
2) Proles jeder Sprößling, bier wohl ein Baum und zwar wie aus dem folgenten Verſe erhellet,
3) Die Eſche, welde Hektorn in der Hand Ahills tödlich wurde. Die Lanze des Achilles war aus einer Eiche, die auf dem Pelion gehauen war,
253
Schön bekleidet jedoch ; denn mit des Gewandes *) Umkreifung
degt er den Boden, wenn mandmal die unterften Zweig’ er beweget;
Und dem Wandrer die Bruft mit füßem Gefofe zu füllen )
Kundig, und anmuthsvoll zu ſeinem Geftlde zu laden,
Laͤßt er des Holden und Nüglichen viel durch die Deffnung ) erwarten,
Dorn an der Spitze des Feldes ift diejes zu fehen; doch
weiter
Vor nach dem Innern gefchritten, erblicket nod) Groͤßres das Auge.
Denn mit mancherlei Baͤumen bepflanzt und beſondern Gewaͤchſen ),
Und wie ſie nimmer gewohnt Germanias Boden zu tragen, Iſt dies Feld und verdient wohl eh' ein Garten zu heißen.
— —— ——
1) Cyclas Heißt hier ein Freisförmiges Gewand und bedeutet den Umfang des dicht belaubten Baumes, welcher mit den unterften Zweigen [denn planta bedeutet dies auch] den Boden Fehrt, ftreift, wenn er fih im Winde bewegt.
2) Loquela ift das Geſäuſel der Blätter.
3) Hiatu dur die Spalte des Baums, die Deffnung feier Zweige fah man auf die Gegend bin.
4) Hier fcheint ein botanifher Garten mit feinem Treibhaus und zugleich den feinern Gewächstreibereien unter Glas verftanden zu feyn. Der botanifhe Garten enthielt aud) die veradhteten Gewächſe, oder fie befanden fid) in der Nähe diefes Gartens in der verwilderten Gegend. Denke man fid) dabei noch eine Burg oder fonftiges altes Ge— mäuer, fo find aud da Eulen auzutrefien.
254
Buxus ) und Lorbeerbaum ?) und Geder ’) und Birn’*)
und Cupreſſus °),
Mediſch' 9 und wollige I) Aepfel und honigfüße °) Drangen ?),
Zimmet *°) und duftende Nu *) und Safran ’?) und Narde 23) nicht feblet,
Nicht auch die Pontifche Nuß?*), Erdbeer’ "und Vaccinie?), Feige 7),
1) SH fege bier die Namen nah dem Linneiſchen Syſteme
ber. Buxus sempervirens,
9) Laurus nobilis.
3) Pinus cedrus,
4) Pyrus communis,
5) Cupressus sempervirens,
6) Mediſche Aepfel, citrus medica, Citrone.
7) Lanata vermuthlich Quitten, pyrus Cydonia.
8) Melimela eigentlich honigjüße Aepfel, fo nannte man den Paradiesapfel, eine Art Eitrus, Citrus Sinensis,
9) Nerantia poma wird aud für aurantia poma gebraudf, find alfo Bomeranzen, Trangen, citrus aurantium,
40) Laurus Cinnamomum.
41) Nuces odoratae oder myristica moschata Muskatnüſſe, vers muthlich ift das Wort muscat von moschatus hergeleitet.
42) Crocus sativus,
45) Nardushier wahrſcheinlich n. indica oder andropogon nardus, Man bat audy nardus celtica, welches Valeriana celtica ift.
44) Nux Pontica ift dafjelbe wie corylus Avellana oder Hafelnuß. 45) Fragum ftatt fragaria vesca. 46) Vaccinii generis, species Heidelbeere,
17) Ficus carica.
255
Trauben ') und Gapern ?) und Spyargeln’), Melonen *), Violen ) und Nofen,
Rosmarin) und Chamille’). Das alles nun, wie wir gefaget,
Wird in jenem Bezirke des Felde, doch fo nur geſehen,
Daß mitunter ein Raum für geringes und wildes Geſtraͤuch iſt.
Hagdorn I, Bruͤſch 9) und Schlehe *°) zugleic) fie
ftellen dem Blicke
Hier mit der Erle '') ſich dar, und die Hörner ber trogigen Stirne
Stredet der Tribulus *) vor, und daneben ber wildernde Birnbaum '°).
Hier, wenn du ihrer nicht achteft, verbrennet den Fuß dir die Neffel ),
Dort an das nahende Kleid hängt gleich fich vertraulich die Klette *)
4) Vitis viniſera. 2) Capparis spinosa, 3) Asparazus officinalis. 4) Pepones vermuthlich cucumis melo oder cucurbita pepo. Melone oder Kürbif. 5) Viola odorata. €) Rosmarinus offieinalis. 7) Chamemelum(xauatumAov)matricariaChamomilla Chamille. 8) Arbutus ift hier crataegus oxyacantha. Das Linneifhe genus arbutus ift etwas anders. 9) Ruscus aculeatus, Mausdorn, Brüſch [abgeleitet von Rus- cus oder ruscum]. 40) Prunus sylvest. ift spinosa, Schlehdorn. 11) Betula alnus. 142) Tribolus ift tribulus terrestris, Burzeldorn. 43) Pyraster f. v pyrus communis sylvestris, 14) Urtica urens et divica, 15) Arctium Lappa,
256
Feſt. Um die Bäche des Feldes auch flattert Gevoͤgel voruͤber,
Ringsum fuͤllend die Luft mit füßem Getön des Gefanges.
Doch ſchmutzliebende Wiedehoͤpf' I auch und Käuzlein und Eulen
Uhu's 2) auch trifft man dort an, dem Sterblichen gras fige Borfchau?).
So iſt denn alfo dies Feld nicht ganz und in allem zu
reifen,
Und erreichet nicht jegliches Ziel der Vollkommenheit, nicht aud)
Lobet man den, der ed baut, wenn es auch von vielen mit hohen
Ehren erhöht wird: es bleibe der Schmieb nur immer beim Hammer!
Du, wer du immer auch fenft, entbülle den Sinn
mir von diefen
Zeilen, fo font du mir traun! ein guter Enträthfeler heißen.
Wenn das Gefchichtliche und Dertliche zufpricht, fo möchte bier vielleicht der Garten zu Dillenburg verſtanden werden, wo fchöne Treibhäufer waren. Darüber erwarte ih Auffchlüffe von Kundigeren-
1) Epops, Wiedehopf, upupa epops, 2) Ululae, Käuzlein, Striges, Eulen, Bubones, Uhus. 3) Deren Geſchrei von böjer Vorbedeutung iſt.
IV, Biographische Nachrichten
son
verdienten vaterländifhen Gelehrten
17
Art. Dad che bed Ab 1a ak umge (hllend die tar urb (bin Merl Bach Bi aplichun se 2 un E72 | —X 144”). eh nern on Br N, Sen bau alle Yih BELLE MEI
well, ur ae Der Di A | = er, — J rt air Dir vn | zn, uni IKEr) BERNREN ETEIIER ET r AV BY
N96 m Ber ae — —
re FTSE ETOTSIEN sim! dt u Tau, Zu m kan? ‚ve i 177 ri — — | |
Aha ⏑⏑— nee NE
uber Bari: rad: * Ben, he re: hier (sur. mi 27 sn uber a u 5
Ir Zaue an ey — De a ug rer
IR ra Br u» tr J J rn en = u = — | tr u 0 Ber
Lchens Nachrichten von dem Naſſauiſchen Chronik fhreiber Johannes Tertor,
von Herrn Schulinfpeetor und Pfarrer Vogel, in Schoͤnbach.
Bei der Aufmerkſamkeit, welche man jet der Ge— fehichte unferes Naffanifchen Vaterlandes zuwendet, und bei der forgfältigen Bemuͤhung, alle ihre vorhandenen Quellen zu entdecken und zugängig zu machen, wird auch dasjenige, was ſchon früher in dieſer Sache geleiſtet wurde, jest weit mehr beachtet und fchärfer ins Auge gefaßt. — Eine vollftändige und Fritifche Geſchichte der Naſſauiſchen Hiſtoriographie erfcheint darum mehr wie je als Bedürfnig ). — Da aber ein fo viel umfaffendes Werk nur die Frucht vieljährigen Sammelns und ernfter fiterarifchen Studien feyn kann: fo dürfte es bei der erjt neuen Geſtaltung des Herzogthums in feinen jegigen Graͤu— sen, und befonders bei feiner Bildung aus den verjchies
41) Wir haben zwar einen Lerfuh einer Naſſauiſchen Ge— fhichts:Bibliothef. Hadamar, 1799 8, der den fel. Ges heimen-Kirchenrath Steubing in Dies zum Verfaſſer but; derfelbe ift aber weder vollftändig noch critifh. Er ums faßt nur allein die ottonifche Linie mit gänzlicher Aus— fhliegung dev Walramifhen, und mit wie vielem Fleiße er auch immerhin gefammelt it, fo genügt er doc nicht nad) den Anfprüchen, die man an eine ſolche Vibliothef für das jegige Herzogthum machen mu,
260
denen, früher gefonderten Ländern und Laͤndertheilen, fo bald noch nicht zu erwarten ſeyn. Diefes vorausfehend bat man diefen Annalen mit die Beftimmung gegeben, daffelbe vorbereiten zu helfen, und darum die Rubrik: biographiſche Nachrichten von verdienten vaterländifchen Gelehrten eröffnet, und unter den letzteren vornaͤmlich Gefchichtichreiber verftanden. Sch will jetzt dazu einen feinen Beitrag liefern, und einige Lebensnachrichten von Johannes Tertor mittheilen, dem Manne, der zuerft unter allen inländifchen Gelehrten ein eigentliches, Naſ— ſauiſches Gefchichtsbuch hat drucken laffen, und der mit gaiizer, warmer Seele an feinem Vaterlande und deffen Vergangenheit hing.
Er wurde geboren 1582 im September in der Stadt Haiger. Daß feine Eltern hier als Bürger lebten, und er urfprünglich den Namen Weber geführt und denfel- ben als Litteratus nach der Sitte der Zeit in Tertor ver: wandelt habe, kann idy nur vermuthen. Was ihm den eriten Impuls gegeben, fein Leben wiffenfchaftlicher Bils dung und dem Dienfte des Staates zu weihen, ift nicht befannt. Da er im Sabre 1606 den Gyriafus Goͤſt, Schuldheiß ) in Haiger, Gottfried Hasfeld, genannt Cambus, Schulöheiß in Dillenburg, und Friedrich Pithan, erft Stadtichreiber, dann Schuldheiß in Haiger und zus Iegt Keller in Siegen, unter feine Vettern zählt; fo mag
1) Mit dem Schuldheißen der damaligen Zeit darf man den der jegigen ja nicht verwechſeln. Sener war ein ausge: bildeter Surift, der dem Schöffengerihte vorfafi nnd def- fen Urtheile ausſprach und ereguiren ließ. Seine Dienft: functionen find jest an unfere Beamten gefommen,
261
in diefer verwandtichaftlichen Verbindung der erfte Grund zu jener Beflimmung gelegen baben, Er befuchte ale Knabe das Pidagog in Siegen und Herborn, woran damals der nachher berühmte griechiiche Lexicograph des neuen Teftamentd, Georg Pafor, in der erften jugendli— chen Friiche des Lebens wirkte, und feinem Geifte die reichen Schäße des römischen und griechiſchen elaffifchen Alterthums aufjchloß. Als er für die höheren academw ſchen Borlefungen herangereift war, wurde er 4601, den 3. Dftober während des Rectorats des Matthias Martr nius unter die Zahl der Studirenden aufgenommen. Jos hannes Althus und Anton Matthäus wurden feine Fuͤh— rer anf der gewählten Laufbahn eines Nechtögelchrten, Mit ihm fudirte zugleich in Herborn Johann Heinrich Alfted von Ballersbach, deffen Namen die Literärgefchichte ald Polygraphen kennt, und mit diefem verknüpfte ibn das engfte Band der Freundſchaft. Das Beiſpiel dieſes edelen Juͤnglings, der von einem fühnen und glühenden Eifer, das Gebiet aller Wiffenfchaften auszumeffen, ent brannt war, muß ihn fehr ergriffen und wohlthätig auf ihr: und ſein Streben eingewirft haben, denn er nennt in feiner Chronik Alfted nicht nur lumen ingeniorum Nassovicorum, fondern auch mit einem gewiffen ſtolzen Gefuhle amicum suum e magnis magnum.
Bon Herborn zog er 1604 auf die Univerfirdt Hei defberg, wo er 1606, 6 Dezember unter dem Vorſitze des Profeſſors Aemilius Portus eine Differtation de libera- litate (Heidelb. typ. Lancellati, 6 ©. 4) und 1607, 4. Zuli eine andere unter Neiner Bachovius de magni- fieentia (Heidelb, t, L, &. ©, 4) vertyeidigte,
262
Gleich nach feiner Ruͤckkehr ind Vaterland fand er daſelbſt eine Anftellung. Denn es war die Stadtfchreis berjtelle in feinem Geburtsorte durch den Tod des Johan— nes Pithan erledigt, die ihm 1605, 28. Juni übertragen wurde, Mit Fleiß und Gewiffenhaftigkeit ftand er diefer Stelle vor, und die vielen proceſſualiſchen Verhandlun— gen, die er in die dicken Gerichtsbricher mit fließender und fehr netter Hand eingetragen bat, zeugen noch davon. Einen Theil feiner Zeit widmete er jeßt der vaterländi- fen Geſchichte. Was aber die Liebe dazu bei ihm zuerft angefacht, und welcher Subfidien er fich Dabei bedient hat, iſt unbekannt. Auch muf man e8 bezweifeln, daß ihm von Seiten feines Landesherrn, des Grafen Wilhelm Ludwig von Nafau-Dillenburg, einige Aufmunterung und Unterftügung zu Theil geworden fey, da diefer auch als Statthalter von Friesland meiftens abwefend war. Das Dillenburger Archiv ſtand zwar damals unter der Aufficht bes Nathes Johannes Daum, von Dorchheim gebürtig, ber jein Genoſſe auf der Academie gewefen war; allein Archive bei hiftorifchen Arbeiten zu benusen, lag gar nicht in dem Streben einer Zeit, die von Diplomatik noch nichts wußte, und den Gebrauch’ der Urkunden nur auf das Nachweifen von Gerechtfamen befchränfte. Schon in Heidelberg Fannte er den Geographen Mathias Quad, und jegt trat er mit Sohann Orlers, Burgermeifter zu Leiden, in Verbindung, der mit ihm Ähnliche Zwecke vers folgte, und 1616 eine Naſſauiſche Genealogie *) heraus— gab, worin er dankbar feine Unterftigung ruͤhmet.
4) Unter dem Titel: Genealogia illustr, comitum Nassoviae
263
Nah dem Tode feines Schwiegervaters, Conrad Geiſe, wurde ihm 1649, 5. Juni die weit einträglid)ere Stadtſchreiberei in Dillenburg übertragen. Da aber bier mit noch die Gerichtfchreiberei von zwei andern Gerichten Schon feit hundert und mebr Jahren ber verbunden war, fo mußte er auch den Gerichtsfißungen zu Ebersbach und auf der Burg Tringenftein, die alle vierzehen Tage ges begt wurden, beimwohnen. Hier lebte er noch, als am Ende des Jahres 1625 die Per in der Stadt zu wuͤthen anfing, die ein volles Jahr dauerte und 379 Menfchen wegraffte. Im September 1626 ergriff diefe Seuche auch feine Familie, und ein Sohn und eine Tochter von ihm waren fchon daran geftorben, ald er diefen ſelbſt am 30. Dftober im Tode nachfolgte. Er flarb im kraͤf⸗ tigften Alter de3 Mannes, Faum 44 Sahre alt.
Bon feiner dreimaligen Verehelichung Fann ich fol gendes angeben. Seine erfte Frau war cine Tochter des Stadtjchreibers Conrad Geiſe in Dillenburg. Nach deren Tode trat er in die zweite Ehe 1623, 45. Auguft mit Anne Marie Rhein aus Berlenburg, Kammermagd bei der Gemahlin des Grafen Georg von Nafau-Dilfenburg, und Hofapotheferin auf dem Schloſſe daſelbſt. Diefe Icbte aber nicht Tauge mit ihm, und war 1625, 4. Yprik
Do — — —
in ua origo, incrementa et Tes gestae a» iis ab anno 683, ad praesentem hunc 1616 cum efligiebus XVI. prae- cipuorum inter cos heroum collecta a J. ©. Lugd, Batav, 1616 Fol. Textor bat ihm für die altefte und ältere Geſchichte alle Materialien geliefert, darum flimmen auch beide darin wörtlich überein.
264
fchon geftorben. Seine letzte Frau war Anne, die Witwe des Schuldheißen Cyriakus Goͤſt in Haiger, die ihn überlebte. Er hinterließ Feine Kinder.
Das Verzeichniß feiner Schriften beweifet, daß er alle Stunden, die ihm feine Amtsarbeiten übrig ließen, zu Iiterarifcher Thätigfeit verwandt hat. Es find dieſe:
1) Carmen votivum gratulatorium in adventum Guilielmi Ludovici, com, Nassoviae, Cattimeliboc, 16:2. fol. pat,
Der Graf Fam damals aus Holland, und befuchte fein
Erbland.
2) Sylloge variorum aenigmatum, apophthegma- tum, gnomarum, historiarumque, ad sphingem Heid- feldii ex variis auctoribus notatorum et utcunque huc raptim sive tumultuarie digestorum. Herb, 1612, 8,
Diefes Buch erfcheint ald Anhang der fechften Ausgabe der Sphinx theol, philas. des Johannes Heidfeld,
Seinem wefentlichen Inhalte nad, und nur mit eini-
gen Zufägen und Veränderungen wurde es wieder
abgedruckt unter dem Titel:
3 Feriarum Haegeranarum liber unus, in qua sylloge variorum dictorum memarabilium etc, contine- tur, Herh. 16:6, 8,
4) Hoffleben, deffen Schlag und Händel, wie Un: trew daſelbſt von etlichen gepflogen und gefpint wird. Von einem Nitter vmb das Jahr 1497 reimenweis be jchrieben vnd von Johann Morsheim A. 1535 publiziret. Bon neuem überfehen durch Johann Textor von Häger. Frankfurt 1617. 4.
5. Naſſauiſche Chronik, im welcher des uralt, body
265
Töblich und weitberühmten Stammes vom Haufe Naffau, Pringen und Graven Genenlogi oder Stammbaum, deren geburt, leben, heurath, Finder zu Friden und Kriegs; zeiten, verrichtete Sachen und Thaten, abjterben und fonft denfwürdige Gefchichten. Sampt einer furgen general Nassoviae und special Bejchreibung der Graf und Herr {haften NaffausCagenellenbogen ꝛc. Aus allerhand Bil: here und Schriften auch eigener erfahrung zufammen gezogen, befchriben und publizirt. Herborn bei Chryb. Raaben 1617. 4. Zweite Auflage Weslar bei Winfler 1712. El. Fol,
Diefes Buch hat das wunderbare Schiefjal gehabt, gleich von Anfang an fehr fcharf und unguͤnſtig beurtheilt, verboten und doc; vielfach verbreitet, oft gelefen und wieder aufgelegt worden ze ſeyn. Die harten Urz theile find vor dem Naffauifchen Haufe felbft und von den Gefchichtöforfchern der neueren Zeit ausges gangen, während das Publifum die Chronik mit Bei— fall aufgenommen und benust hat. Graf Johann der Mittlere von Nafau-Siegen nennt fie in einem Schreiben von 1617, 4. September: vein leppiſch „Werk, das manche liederliche und an vielen Drten »lächerliche, zu Zeiten auch bedenkliche Dinge ent „halte.“ Und doch war auf eben diefed Grafen Bes fehl mit dem Drude des Werkes in Herborn fortge: fahren worden ). In der Naſſau-⸗Catzenellenbogi—
4) Verhandlung des academ. Senats in Herborn hierüber 1617, 9 Aug. — Naſſ. Geſch. Bibl. S 233. — Der Drud war, wie daraus hervorgehet, fhon damals inhi: birt worden.
266
ſchen Gegeninformation über den Präcedensftreit mit der Naffan-Sarbrüdifchen Linie vom Sahre 1648 fiehet ©. 33: „Textor iſt in Sachen des Haufe „Naſſau nicht wohl erfahren noch berichtet gewefen, vund hat unwiffend feiner gnädigen Herrfchaft die „Chronik zufammen getragen, da er in archivis fich „erſt recht von allen hätte informiren und, ehe durch ‚alte und erfahrne Raͤthe alles revidirt worden, nicht publiziren follen. Deßhalb hat Graf Ludwig von „Naſſau⸗Saarbruͤck den Tertor bei Bräfentation feiner „Shronif wegen begangener vieler Fehler fchlecht abge» fertigt. Und weil es ohne Wiſſen Cagenellenbogifcher „Seite gefcheben, hat diefe Herrfchaft wegen der vielen „Fehler die Chronif in Verbott legen laffen, und darf „noch bis auf diefen Tag nicht publice verfauft wer „den. — Der Grund diefes Urtheild findet fich in dem Streite der beiden Naſſauiſchen Hauptlinien felbft. Die Walramiihe Linie beftritt der Dttonifchen dag Präcedenz- Recht und berief fich unter anderen auch auf die Chronif, worin fie der jüngeren vorgefeßt and. Diefen Beweis zu eutfräften, wurde Die Chronik alfo hart angegriffen. — Senfenberg nennt fie opus vix sine fellis commotione nominan- dum ®), und J. 5. Reinhard erflärt das, was fie aus den Älteften Zeiten erzählt, für Mährlein und einen Roman ). Die gründlichte und wuͤrdigſte Kritik über fie hat Kremer audgefprochen ). ) Selecta juris et histor, I. Vorrede ©. 19.
2) Suriftifh und hiftor, El. Ausführ. IL, 102. 3’ Origg. Nass, I, Vorrede ©. SC.
267
Nehmen wir das Buch felbft zur Hand, und leſen e8. Sein Inhalt wird ung bald mit ihm aus— fühnen, wenn ung jene Urtheile dagegen eingenoms men hatten. DBoran ftchet eine geographiſch-topogra— yhifche Befchreibung des Landes und der Induſtrie, Sitten, Einrichtungen und Gewohnheiten feiner Be wohner, die in einem einfachen, biederherzigen Zone abgefaßt, und manche fchätbare Nachricht bewahrt bat. Zu bedauern it, daß diefe nicht auch den Walramifchen Landestheil umfaßt. Dann folgt die Gefchichte und zwar zuerft die Ältefte Herleitung des Haufes, die den meiften Anftoß erregs hat. — Terz: tor lebte zu der Zeit, wo das Naffauifche Gefchlecht feinen hoͤchſten Glanz, und eine welthiftorifche Be— deutung gewonnen hatte, die aus jener geiftigen mit Tapferkeit gepaarten Größe entfpringt, die fich eben fo befonnen wie edel ganz dem Gluͤcke der Bölfer weihet. Der Niederländifche Freiftaat wurde unter Wilhelms I. Leitung ind Dafeyn geführt; ihm batte er alles geopfert, und fein Blut war für ihn gefloffen. Was er angefangen, vollendete mit gleich großem Heldenmuthe fein Sohn Moriz. Die Augen aller Zeitgenofien waren auf diefes Gefchlecht gerich— tet. Redner und Dichter erfchöpften fich in feinem Lobe. Was war natürlicher, ald auch nad) der Herkunft eines Haufes zu forfchen, das durd Die hohe Perfönlichkeit feiner Glieder die Achtung und Bewunderung Aller fo fehr in Anſpruch nahm. ers tor erkannte dieß Beduͤrfniß und glaubte ihm abzu— helfen, weun er die alten Stammfagen, die deu
263
Urfprung des Haufes Naffan von den Lebartiichen Brüdern aus Nom herleiten, und dann 200 Sahre foäter einen anderen Römer Theodofius einpfropfen, die fchon 1525 für den Grafen Heinrich niederge: fchrieben worden waren, dem Publikum mittheilte, und daneben noch die Ableitung von dem Sueviichen tafua erzählte I. Was fonnte er auch anderes und befferes geben? Die Naffauifchen Archive reichten mit ihren Nachrichten nicht weiter, als bis ind 13te Sahrhundert, und von da an find die Tertorifchen Mittheilungen in den Hauptperfonen richtig und ihre Folge ift urfundlich wahr. Und mie fiehet eg mit unferen Forfchungen, die über diefes Jahrhundert binaus tiefer in die Vergangenheit find angejftellt worden, aus? Wie viele Stifts- und Klofterarchive haben feit Tertord Zeiten und ihre Urfundenfchäße mitgetheilt, und doch haben bie DVerfuche, den fali- fen Urfprung des Haufes zu beweifen, nicht viel vor jenen alten Stammfagen voraus. Beide fliehen als unbegründet da. Textor erzählte Sagen, bie fidy nicht mehr nachweisen laffen, und hier find hy— yothetifch-Eritifche Unterfuchungen, die ihres Zwedeg, des Treffenden im Beweife, verfehlten. Halten wir alfo unferen alten Chroniffcjreiber in Ehren, Er
4) Der erfte Grund, den der Profeffor und Snipestor 3. J. Hermannus in Herborn 1613 für die Naflauifhe Abkunft von Mafua beibringt, ift: contrarium doceri non potest, Welche Bhantafiegemälde ließen fid) auf dieſe Weife nicht alle ın der Gefhichte unterbringen,
269
folgte dem Zuge feiner Zeit, und hing mit Wärme
an feinem Vaterlande und feinem Negentenftamme.
Diefer Patriotismus fpricht fi) auf jedem Blatte
jeines Buches aus.
6) Obrigkeit, Richter und Hofleut, Spiegel. Frank furt 1618. 12.
7) Arbor genealogica familiae Nassovicae, Fran- cof. 1625. fol. pat.
Das Bildnif von Tertor in Del, auf Holz gemahlt, hing fonft auf der academifchen Bibliothek in Herborn, Es ift aber jeßt nicht mehr aufzufinden, font wirde es diefem Hefte lithographirt zugegeben worden feyn.
ne ee u ag ‘ umher ie TE ua" ER ee n hr ter, Gean
AT RR u —— Ay —V won
“ursi ee * IE" i ww — — hg B
j j > sy. Ai 4, a Same lud kin „et. ul BED not
SE BADER Rudi „6 Kt — arme bin). * | eo We Lago ar
a
8 r ze A = a Pi u Ri 2 er ir Er). 44 Alt N 2 f Tri, s
aus: ah A Rz Mac Mor, Dane TERANR re -— jen » and. ur! |
sahr Katze, ku ar j ns, PR
— wart, greteblien, ” Pr * Kitoniihreiier. ki | tl ' ia — Demi ron 14 ih i a8 ar Pw DS4% u TE SIT 2 EI ee kirfe. at — sl a (de y sütribrmuek, EN
u |
Dr
14
V.
Anlagen.
— — — —
b u
I. Verzeichniß
der
auslaͤndiſchen Ehrenmitglieder des Vereins für Naſſauiſche Alterthumskunde und Gecſchichts—
forſchung.
1. Herr von Abrahamſon, Koͤnigl. Daͤniſcher Major u.
en»
Flügeladjutant Sr. Maj. d. Koͤn, Ritter d. Daır nebrog-Drdens u. Dannebrogmann, d. K. Nuff. St. Annen-Drdens Ar. Kl., d. Kön. Großbritt. Bad-Ord,, des Kon. Franz. Ordens der Ehrenlegion u. des Koͤn. Schwed. Schwerdt-Drdeng Nitter in Kopenhagent. von Anftett, Freiherr, Kat. Ruffifcher wirft, geh. Rath, außerordentlicher Gefandter und bevoll- mächtigter Minijter beim deutfchen Bunde, des Ruſſiſch. St. Mer. Newsky-Ordens mit Brillan- ten, des St. Wladim.Ordens 2r. Klaffe Großkreuz, des St. Annenz, des Dejir. Leopolts, des Preuß; rothen Adler auch verfchiedener anderer Orden Großfreuz und Ritter, zu Frankfurt a. M. Barth, Königlich Baierifcher Finanzminiſterial⸗ rath in München. Dr. Böttiger, Kön. Saͤchſ. Hofrath in Dresben. Dr.Buchner, Kön. Baier. Profeffor zu München. von Büchler, Großh. Bad. Legationsrath, des Zähringer Löwen und Kaiferlich Nuffifchen St. Annen-Drdens Ir. Klaffe Ritter zu Mainz. Dr, Braun, Großberzoglicd, Heffifcher Profeffor am Gymnafium zu Mainz,
18
271
8. Herr Dr. Creuzer, Großherzoglich Badischer Geheimer
14.
16.
17.
-
Hofrath und Profefjor zu Heidelberg.
Dahl, Gropberzoglich Heffifcher Kirchen- und Schulrath, und Stadtpfarrer zu Darmſtadt. Dr. Dieffenbach, Großherzoglid; Heffifcher Profeffor zu Friedberg.
Dr. Dümge, Großherzoglich Badifcher General- Pandes-Archivrath zu Carlgrube.
Dr. Eihftädt, Großh. Sach. Geheimer Hofrath, Oberbibliothekar u. Profeffor, Nitter des Großh. Saͤchſ. weißen Falfenordens zu Sena.
Dr. Emele, Großherzoglich Heffifcher Friedens» richter zu Alzei.
von Goͤthe, Großherzoglich Sachſen-Weimariſcher Geheimerath und Staats-Miniſter Excellenz, des Großberzoglichen Hausordens vom wejßen Falken Großfreuz, Ritter des Ruſſiſch Kaiferlichen St. Annen⸗Ordens ir. Klaffe, Komthur des K. K. Deftreichifchen St. Leopold-Ordens und Dfftzier der Königl. Franz. Ehrenlegion zu Weimar. Grossmann, Profeffor zu Trier.
von Hammer, K.F. Oeſtr. Hofrath und Biblio: thefar, Ritter des K. Oeſtr. Leopold⸗, des Ruſ— ſiſch Kaiferl. St. Annen-Ordens Ir. Klaffe, des K. Dänifchen Dannebrog, und Commandeur des Conſtant. St, Georg-Drdend von Parma zu Wien. Dr. Heeren, Königlich; Hanöverifcher Geheimer Hofrath, des Königlich Hanöverifchen Guelphen- Ordens Commandeur in Göttingen. Hofmann, Hofgerichts-Advofat zu Darmſtadt.
275
19. Herr Horrad, K. K. Deftr. Rechnungs -Dfftcial beim
20.
2%
„
»
deutfchen Bunde zu Frankfurt a. M.
von Hormayr, Freiherr, Hofratbu. Bibliothefar, Ritter d. Kaiferl. Deftr. Leopold-Drd zu Miinchen. Dr, Zufti, Kurfürftl. Heffifcher Superintendent, Konfiftorialrath und Profeffor, Ritter des Kurb. Hausordens vom goldenen Löwen in Marburg. Kaifer, Gräfl. Erbach. Kammerrath in Erbad. Dr. Kiefhaber, Königl. Bairijcher wirklicher Rath, erfter Reichsarchivs-Adjunkt und Profeffor honor. in München.
Dr. Kirchner, GSonfiftorialrath und Pfarrer in Franffurt a. M.
Knapp, Großherzogl. Heffiicher Geheimeratb, des Großherzogl. Minifteriums des Innern und der Juſtiz Minifterialrath, des Großherzog! Ber- dienft-Ordend Sommandeur?r. Klaffe in Darmftadt, von Knopaͤus, Frſtl. Neuw. Archivrath i. Neuwied. vonKoeppen, K. Ruſſ. Hofrathin St. Petersburg, Dr. Kruſe, K. Ruf. Hofrath u. Prof. in Dorpat. Felir Lajard, Ritter der Ehrenlegion zu Paris. Dr, Lehne, Großberzogl. Heffifcher Profeffor und Bibliothefar in Mainz.
Dr. Leicdhtlen, Großh. Bad. Archivrath i. Freiburg. Lepſius, Kön. Preuß. Landrath zu Naumburg. Dr. Liljegren, 8. Schwed. Prof. in Stodholm. Dr, Luden, Großh. Sächf. Geheimer Hofrath, Ritter des Großh. Saͤchſ. Hausordens vom weißen Falken u. Profeffor der Gefchichte in Jena.
Dr, Mannert, Hofrath und Prof. in München.
J N
w -
ıh
41. 42.
276
Here N. Muller, Großh. Heff. Profeffor in Mainz.
”
[74
Dr. Mund), Kön. Niederl. Profeffor zu Lüttich. Dr. Münter, Bifchof v. Seeland, Großkreuz d. Dannebrog-Drdens, Dannebrogmann, und Biſchof der fönigl. Orden zu Kopenhagen.
von Nagler, K. Preuß Gen. Poſtmeiſter, außerord. Geſ. u. bev. Miniſter b. deutſchen Bunde, Großkreuz d. rothen Adler-Drd. m. Eichenlaub, ſowie d. Kaiſ. Deſtr. Leopold-Ord., d. K. Ruſſ. St. Annen⸗Ord. m. Brillanten, d. K. Schwed. Nordſtern⸗Ord. u. d. K. Poln. Stanislaus-⸗Ordens.
von Nau, Geheimerrath, des Civil-Verdienſt— Ordens der bairiſchen Krone, des Kaiſerl. Ruſſi— ſchen St. Annen-Ordens Ir Klaſſe und des Kai: ſerl. Oeſtreichiſchen Leopold-Ordens Ritter.
Dr. Nebel, Großh. Heſſiſcher Profeſſor zu Gieſen. Preusker, K. Saͤchſ. Rentamtm. z. Großenhain. Dr. Rafn, Koͤnigl. Daͤniſcher Profeſſor und Ritter des Dannebrog-Drdens in Kopenhagen.
Dr. von Rommel, Kurfuͤrſtl. Heffifcher Director der Bibliothek, des Mufeums und Staats-Archivs zu Gaffel.
von Rotted, Großherzogl. Badiſcher Hofrath und Profeffor zu Freiburg.
Dr, Eduard Rüppel zu Frankfurt a. M.
Dr. Schaab, Großh. Heff. Kreisrichter zu Mainz. Scleiermader, Großherzogl. Heffifher Ge beimer Gabinetsfecretär zu Darmftadt. Schmelzer, Geheimerrath in Halle.
Dr, Schmidt, Großh. Heffifcher geiftl. Geheimer⸗
277
rath und Hiftoriograpb, des Großherzogl. Berdienft: Drdens Commandeur zu Gieſen.
51. Herr A. Schreiber, Großherzogl. Badischer Hofrath
und Hiſtoriograph zu Baden-Baben.
Dr. Schreiber, Großh.Bad.Profeffor infreiburg. Dr. Schuͤtz, Geheimer Hofrath in Halle, Schweighäufer, Profeffor und Bibliothekar in Straßburg,
55. Seine Hochfürftliche Durcjlaucht, Prinz Ferdinand
von Heffen-Homburg, K. K. Deftreichifcher Gene ral-Major und Brigadier, des Marien-Therefienz, St. Stephans⸗, Guelphen: und Heffifchen Loͤwen⸗ Drdens Ritter und Commandeur ꝛc zu Homburg.
56. Herr Steiner, Großh. Heff. Hofrath zu Seligenftadt.
97.
58.
39 60.
61. 62.
63.
rn
”
von Steinbüdel, K. K. Deftr. Director des Antifen- und Münz-Cabinets zu Wien.
von Stichaner, Königl. Baierifcher Staatsrath, General⸗Commiſſaͤr und Negierungs-Präfident, Ercelfenz, Großfrenz des Civil-Verdienſt-Ordens der Baierifchen Krone, Command. der Königl. Franz. Ehrenlegion zu Speier,
N. Vogt, Senator u Geheimerrath z. Frankf. a. M. Dr. Welcker, K. Preuß. Oberbibliothekar, Direcs tor des Antifen-Gabinets und Profeffor in Bonıt. Dr. 4. Wilhelm, zu Kiofter Roßleben bei Halte, Dr. Wilken, Konigl. Preußiſcher Oberbiblios thefar und Profefjor zu Berlin.
Dr. Wyttenbach, Königl. Preufifcher Profeſſor und Director deg Gymnaſiums, Stadtbiblivthefar, und Ritter des rothen Adler-Drdend in Trier.
278
ll.
Nrotofoll der fünften Oeneralverfammlung des Vereins für Naſſauiſche Alterthumskunde und Geſchichtsforſchung.
Sn Gegenwart der beiden Direc— toren, ſowie der übrigen Mitglieder des Vorſtandes, ſodann mehrerer hie— ſigen und auswärtigen Mitglieder des Vereins.
Wiesbaden, den W. Mai 1827.
Nachdem der Vorſtand des Vereins für Naffauifche Alterthumskunde und Gefchichteforfchung, auf heute den Namenstag feines gnädigften Protector Seiner Herzog lihen Durdhlaudt zu Naffau, die fünfte ordentliche Generalverfammlung in dem hergebrachten Wege, zur allge meinen Kenntniß gebracht hatte, verſammelten fich die anmwefenden Bereinsglieder in dem Mufeum.
Dom Borftand hatten ſich der Herr Geheime-Rath und Oberftallmeifter Freiherr von Dungern Ercellenz, und der Herr Ober-Medicinal-Rath Döring wegen noth— wendiger Abwefenheit entfchuldigt.
Der inländifche Director, Herr General-Domänen: Director von Roͤßler, eröffnete die Sitzung durch Dars ftellung vdeffen, was im Laufe des jüngften Jahres im Vereine vorgegangen war, mit folgenden Worten:
„Der Berein für Naffauifche Alterthumsfunde und Gefchichtsforfchung hält heute feine fünfte Generalver- fammlung. Es ift wefentlicher Zwed der jährlichen Ge neralverfammlung, daß die verehrten Mitglieder Deo
279
Vereins, welche denfelben mit ihren Arbeiten und Geld» beiträgen unterftügen, von allem dem in vollftändige Kenntniß gefest werden, was in dem abgelaufenen Jahr gefchehen ift. — Die Attribute des Vorſtandes koͤnnen, der Natur der Sache nad), nur wenigen Händen anvers traut feyn: aber die Kenntniß von dem Gang und der Lage der Vereins-Verhandlungen muß allgemein bleiben. Nur durch die Anregung und Erhaltung einer allgemeinen Theilnahme werden die Zwede des Vereins gefördert. — Ein jedes Prärogativ, das die Mitglieder des Vorſtandes ſich beizulegen verfuchen Fonnten, und wodurch die Def fentlichfeit, und damit Zutrauen und die allgemeine Theil» nahme gefährdet würden, müßte flörend auf die allge meine Zufriedenheit, auf den Fortbeftand ded Vereins felbft einwirken.
Sch will daher in diefem Sahresbericht abermals ver fuchen, denjenigen verehrten Mitgliedern des Vereins, welche den Vorſtands-Sitzungen nicht beiwohnen, eine möglichft getreue Darftellung von dem zu geben, was feit der jüngften Generalverfanmlung vorgefommen ift.
Sch glaube nicht oft genug wiederholen zu koͤnnen, daß man von einem Verein, wie der unſerige it, Feine ſchnelle Entwicelung, Feine überrafchende Reſultate erwar— ten darf. Die Zahl der Männer, denen es vergönnt iſt, durch wifjenfchaftliche Arbeiten das Feld unferer Erfab: rungen zu erweitern, bleibt, der Natur der Sache nad), Hein: und da fie ihre Kräfte und Entdefungen ohne allen Bortheil dem Verein zum Opfer bringen, fo muß ihnen die erforderliche Muſe vergönnt werden, und Eimwirkungen
280
wodurch vordere Aufgaben zur Vollendung gebracht wer; den, finden bier feinen Platz.
Es ift nothwendig, daß der Verein jede, wenn auch geringe Anftrengung, jede Mittheilung, jeden Beitrag dankbar annehme, weil Andere nicht vorhanden find, welche durch größere Aufopferungen jene yartielle Mitwirkung weniger verdienftlich oder nüslich machen. Sch wünfche fehr, daß diefe Anfichten überall verbreitet werden möd)- ten, damit neue Vorliebe und geftärfter Muth in unferen Kreis zurückkehren. — Am meilten darf man fich in dieſer Hinficht von dem Drud unferer Annalen verfprechen: die verehrten Mitglieder werden darin finden, wie forgfältig alle Körner aus den zerftreuten Mittheilungen aufgefams melt find, — um bisher Angenonmenes zu berichtigen, neuen Stoff zu weiteren Nachforjchungen zu gebeı.
Indem ich zu dem Einzelnen übergehe, bemerfe ich: die Zahl der aktiven Mitglieder des Vereins ift feit der zungften Generalverfammlung diefelbe geblieben: an die Stelle mehrerer ausgetretenen Mitglieder find Andere, ihrem Wunſch und den Zwecken des Vereind gemäß, aufs genommen worden, jo daß der Verein heute noch 134 aktive Mitglieder zählt.
E3 haben nämlich im Laufe des Jahres ihren Aug: tritt angezeigt:
Herr Rechnungsrath Lex,
„ Pfarrer VBietor, in Singhofen.
Turd; den Tod find der Gefellfehaft entriffen worden:
Herr Decan Manger, in Langenfchwalbad),
: Nechnung3-Cammer-Director Ebhardt.
2831
Leßterer war vier Jahre hindurch inlaͤndiſcher Direc— tor unferes Vereins für Naffauische Alterthumskunde und Sefchichtsforfchung. Das Andenken an den vielfeitig ge bildeten, um die Gefchichte von Wiesbaden, auch um die allgemeinen Zwecke unferes Vereins verdienten Mannes, wird ſtets Febhaft und ehrenvol bleiben.
Aufgenommen wurden zu aktiven Mitgliedern:
Herr Baron von Erath zu Waldmannshaufen,
» Medicinalratl Kolb zu Hadamar, » Lieutenant Lange dahier, v» Amtsapothefer Ammann zu Runter.
Die Zahl unferer auswärtigen Ehrenmitglieder ift immer noch gering: ich hoffe aber, Daß die Vorficht und Auswahl, welche von Geiten des Vorſtandes in diefer Beziehung bisher beobachtet worden ift, von Seiten der verehrten Bereinsmitglieder gebilligt werden.
Die zum Vorſtand vereinten Mitglieder unferes Ver: eins haben ihr Amt zwei Sahre lang zu führen: da die legte Wahl in der jüungften General: Verfammlung ftatt gefunden hat; fo tritt erft mit der General-Berfammlung des Jahres 1828. Die Wahl eines neuen Borftandes ein.
Grwähnen will ich bier, daß in Gemäsheit eines genommenen Bejchluffes, der Vorſtand ſich regelmäßig am erfien Montag eined jeden Quartals verfammelt. Außerordentliche Sikungen koͤnnen durch befondere Anzeigen veranlaßt werden.
Sm Laufe des jüngften Jahres kat unjer Verein zwei auswärtige Verbindungen angefnüpft; nämlich mit Herrn Profeffor Dr. Rafn zu Kopenhagen, Secretär der Gefelffchaft für nordifche Alterthumsfunde. Die Geſell⸗
282
haft für nordifche Alterthumsfunde fucht die Beruͤhrungs— puncte auf, welche die altgermanifche Literatur mit der altnordifchen hat, um dadurd) die Gefchichte und Sprache gegenfeitig zu erläutern.
Die Aufgabe iſt allerdings höchft intereffant, und das darauf verwendete Studium wird nicht ohne Ausbeute bleiben. Es wäre daher fehr zu wünfchen, daß ſich ein Mitglied unferes Vereins demnächft entfchließen möchte, jenen Zweig zum Gegenftand feiner gefchichtlichen Forfchungen zu machen.
Die andere auswärtige Verbindung hat fich mit der Akademie der Wiffenfchaften zu Berlin etabliert. Die hiftorijch » philologifche Klaffe der Königlich Preußifchen Akademie der Wiffenfchaften hat nämlich für das Sahr 1828 mit dem Ginreichungstermine 1830 die Preiß » Frage gefegt:
» Eine neben der Benugung der Gefchichtsfchreiber „und Geographen, bejonders auf Sprade, Kunft „und andere Denfmale gegründete Mufterung der jetzt les „benden europäiichen Grbirgsvülfer, von der obern Wolga, „Duͤna, Dreyer an, zwifchen dem fihwarzen und baltis ‚schen Meere, gegen Suͤdweſt bid zum adriatifchen, und „von diefem längs des nördlichen Po-Ufers zu den Oft „ufern der mittlern Nhone, Saonue und des mittlern „Rheins, zum Behuf einer Grundlage der Ethnographie „und Sprachenfarte von Europa.
Der Borftand hat der Akademie zu Berlin geante wortet, daß diefe Preißfrage in der diesjährigen Generals Verſammlung zur allgemeinen Kenntniß der DVereinsmits glieder gebracht werden jolle. Indem ich mich dieſes Ber:
283
ſprechens im Namen des Vorftandes hierdurch entledige, beehre ich mich noch zu bemerfen, daß die näheren Bes dingungen jener Preißs Aufgabe aus den gedructen Aus— fehreiben, davon unfere Acten mehrere Eremplarien be fisen, entnommen werden koͤnnen.
Enger an den Wirkungskreis unferes vaterländifchen Vereins fchließt fidy ein ehrenvoller Auftrag, welchen Seine Herzogl. Durchlaucht dem Herrn Hofrat) Weigel zu ertheilen gerubt haben: die Abfafjung einer vollftändts gen Gefchichte des Walramifchen Stammes unferes Höch ften Regentenhauſes. Wir Fonnen annehmen, daß die Mühe und das Talent, weldye der befonnte Verfaffer Dies fer Aufgabe widmen wird, ganz zum Vortheil des Ents zwecks gereichen, den unfer Verein fich gefest hat: und diefer zweite Beweis erinnert uns dankbar an die Auf merffamfeit und Unterſtuͤtzung, welche im vorigen Zabr unferen Nachforfchungen und Entdeckungen Hödjften Orts zu Theil geworden find.
Don Seiten unferes Vereins felbft ift im Laufe des Jahres Folgendes gefchehen:
Der Herr Pfarrer Brinfmann zu Michlen bat Ausgrabungen in der Nähe des Roͤmer-Caſtells zu Mas rienfeld vorgenommen. Dhnerachtet der Boden klaſſiſch it, und die Hoffnung, in ber Folge bejfere Spuren zur Aufklärung der alten Gefchichte diefer befannten Roͤ— meranfiedelung aufzufinden, nicht aufgegeben werden darf, hatte doch eben diefer Verfuch, den wir der Einleitung des Herrn Pfarrers Brinkmann verdanken, feinen be merfendwerthen Erfolg.
Ein zweiter Punkt, auf den die Aufmerkſamkeit des
284
Vorſtandes geleitet worden, it die Dornburg bei Wald mannshaufen im Hadamar’fchen. Diefer ausgezeichnete Punft, wo bereitd viele Nefte aus der Römerzeit aufges funden worden wareır, foll durch die Bemuͤhungen des Herrn Medicinalraths Dr, Kolb und der übrigen Vereins⸗ Mitglieder in dafiger Gegend, näher verfolgt, und nach Denkmalen aus der Zeit feiner erſten Gefchichte geforfcht werden. —
Befriedigenden Erfolg haben die Arbeiten geliefert, welche unter der Direction des Herrn Pfarrerd und Borftands- Mitglieds Luja bier in der Nähe auf einem hohen Punkt des Hollerborn-Felded vorgenommen worden find. Da Herr Pfarrer Luja dem Refultat diefer Nachforfchung einen befondern Vortrag widmen wird; fo übergehe ich bier dad Einzelne,
Ganz durfte der Vorftand das berühmte Feld von Heddernheim nicht außer Acht Iaffen: wenn gleich der fchon darauf verwendete Aufwand bedeutend iſt; fo war doc) die Ausbeute deſto reicher: und auch jest wieder ift die Mühe des Vorſtands⸗Mitglieds Herrn Habel nicht unbelohnt gebiichen. Wir haben abermals intereffante Münzen und Alterthümer fir das Mufeum erworben. Herr Habel wird ausführlicher davon reden.
Auch nach ſchriftlichen Dokumenten zur Aufklärung der älteften Gefchichte des Landes bat der Bereing-Vorftand geforſcht. Rachdem das Archiv zu Idſtein in diefer Be ziehung zu Nath gezogen worden, hat man geglaubt, in dem alten Familien-Archiv der ausgeftorbenen Herrn von Dehrn intereffante Nachrichten auffinden zu Fünnen. — Der Vorſtand fiehet dem Erfolg feiner desfallfigen Ein>
8 —9
leitung noch entgegen: ſicherer aber glaubt derſelbe, durch die Bemühungen des Herrn Decand Melior zu Mensfel— den, ganz vorzügliche Beiträge zur aͤlteſten Gefchichte des Lahngaues bald der Publicirät übergeben zu fünnen.
Geſchenke verdanft der Verein im Yaufe des Jahres dem Herrn Medicinalvath Dr. Kolb, dem Herrn Probator Hohle; Erſterer überfchiefte auf der Dornburg aufgefuns dene Gefäße, Lebterer übergab alte Silber und Kupfer— Münzen. Bon Seiten des Herrn Kirchenraths Schellens berg iſt noch ein ſchaͤtzbares Gefchenf, eine antife gläferne Urne vom Fuße des Donnersbergs, zu erwarten,
Herzogliche Yandesregierung hat den Bericht über Altere Nachgrabungen anf dem Nömerberg dahier zum Vereing- Archiv abgegeben.
Herr Profeſſor und Bibliothefar Schweighaͤußer zu Straßburg, überichikte dem Vereine einen topograrbı- fchen Plan der Heidenmauer auf dem St. Odilenberg in den Vogeſen mit einer intereffanten Abhandlung. —
Es bleibt mir jest noch übrig, die Ueberſicht von dem Stand der Vereing-Gaffe zu geben.
Herr Bibliotheffecretär Zimmermann, Mitglied des Vorſtands, hat unterm 25. v. M. die vierte Rechnung übergeben. Sie umfaßt die Einnahme und Ausgabe bis zu dieſem Tag.
Die Einnahme ift: Activ⸗Saldo aus voriger Nehnung 22 fl. 24 Mr, Beiträge von den activen Mitglie: dern . . - Ä Ihr —
Summe 755 fl. 34 kr.
286
Uebertrag 758 fl. 34 kr.
Ständig aus dent Bibliotheffondse 100» — Geſchenk Seiner Herzoglichen Durch:
laucht . SIBLr ne . SO mr — u
Summe 1158 fl. SE fl. Die Ausgabe-Rubrifen find:
Ankauf von Alterthümern, Münzen und Urkunden . A ; 0.3334 la tr
Aufftellung und Transport ic. derAl⸗ terthuͤmer. SL zer ... 208 au 9 Trausportfoften . . u Dre Fur Ausgrabungen RE 299 » 56 ”
Kanzle-Bedürfniffe, Bedienung, Sehr gebühren, inerigibele Polen - 79» 7 m
Summe 1018 fl. 56 fr.
Es bleibt daher ein Activ-Saldo von 139 fl. 38 ir) welcher liquidirt wird.
Indem ich den Antrag auch für diefes Fahr erneitere, die Zuftiftcatur diefer hier zur allgemeinen Einficht offen liegenden Rechnung, wie bisher, dem eintretenden Bors fand zu überlaffen, indem die Verhandlungen wegen Abs hör der Rechnung von Seiten Herzoglicher Nechnungs- Sammer nody nicht gefchloffen find, mache ich auf dag Beduͤrfniß neuer Beiträge aufmerffam, und glaube der Beiſtimmung der verehrten anweſenden Vereins⸗Mitglieder, daß im Laufe des Jahres abermals der gewöhnliche Beis trag angefordert werden möge, verfichert zu ſeyn.
Darauf hielt der auswärtige Director, Herr Geheime Math von Gerning folgende Rede: von den bisherigen
287
Leiftungen des Vereins im Allgemeinen, und feiner nod) fernern beabfichtigten Mitwirkung zu deſſen Zwecken.
„Wenn wir an diefem foftlichen, dem Ins und Aus— ande hochverehrten, Wilhelm 8sTage zum fünften Male verfammelt find, und nicht mit fo reichlicher Ausbeute, wie vorn Sabre, die Löbliche Gefellfchaft erfreuen koͤn— nen; fo wird wohl diefes Luſtrum, durch die neue Ent defung von Nömifch-Mattiakischen Gräbern und Gebäuden bei Dotzheim, und den vor vier Wochen bet furzem Ver— weilen zu Heddernheim ausgegrabenen Merkur-Altarſtein, wie durch bald weitere Forſchungen nicht ungenugt vor uͤbergehen.
Die nun mit dem 1. Hefte naͤchſtens erſcheinenden Annalen des Vereins, werden ohne Zweifel in der Folge ſteigendes Intereſſe gewaͤhren; beſonders auch durch edle Theilnahme unſerer verehrten Nachbarn und, ans derer verdienftvollen, auswärtigen Mitglieder, die nicht blos Leere neidifche Tadler des Guten find, aber das Beſſermachen verfiehen, wie 3. B. unfer fo geift- und kenntnißreicher, als gemüthvoller und redlicher Lehne.
Verzweifeln wir aljo nicht am Gelingen des einmal begonnenen Werkes, das bedachtfam und mit fichernt Schritte fein vaterlaͤndiſches Ziel zu erreichen ſtrebt.
Hat es doch niemals in den Alt-Naffanifchen Fürs ſtenthuͤmern an trefflichen Männern gefehlt, deren Ver— dienfte wie zu Haufe und in manchen Familien forterbend bliebeit.
In dem erweiterten Herzoglichen Staate wurden jie dann mit rühmlichen Neu⸗Naſſauern vermehrt, wovon ſich
288
ſchon Ein würdiger Edelſproß um das Mufeum ded Vers eins durch em großes Geſchenk bodjverdient machte.
Indem wir nun die noch verborgenen Trümmer und Schäte des unterirdischen Herzogthums allmählig durdy: forjchen, werden dabei zugleich mancherlei Denkmäler vers gangener Jahrhunderte, Beweife der Sitten und Gebräus be, Kun, Wiffenichaft und Religionen verfchwundener Voͤlker, ald achtbare Beiträge zur alten und neuen Gul- tur» und Landes-Geſchichte dieſes Elafjischen Bodens zu Tage gefördert; nicht unwillfommen den prüfenden Hiſto— riographen, um ihre gediegenen Werfe damit auszuftatten. Beffere Nachkommen mögen dieſes von uns, in anfpruch- loſer Zuverficht gegrimdete Inftitut, bedentfamer ausbilden.
Bis dahin fpende nur jedes verehrlihe Mitglied feine Gabe, nicht blos im flatutenmäßigen jährlichen Geldbeitrage, fondern auch in Bemerfungen und Anzeigen über fo manche Gegenjtinde, die zu diefem Bereine ge hören, über deſſen Zweckloſigkeit bald nicht mehr einfeitig abgeurtheilt werden mögte.
Lange befpöttelte mu das Heddernheimer Gegrabe, bi8 die Mithbras-Temxel warnend aus der Erde ftiegen. Sa! diefes Vompeji enthält nody mehr ver- ſchuͤttete Schäße des Alterthums, auch gewiß noch den Namen des Gruͤnders jener Beteranen-Colonie, woraus dann eine Stadt geworden iſt. Diefer antike Bezirk darf alio Fein Jahr außer Acht gelaffen werden, und bleibt eine wichtige Fundgrube für unfern Berein. Seit 50 Jahren ſchmuͤckten Schon das Dresdner Mufeum bedeutende Gegenjtände von daher, mit der Ueberfchrift: »Ex agro Praunheimensi,«
289
Was bereits in 4 Jahren bier gefchab, ift wenigſtens einer billigen Anerkennung nicht unwerth, welche die Mühen und Forfchungen raftlofer Mitglieder des Bors ftandes edel belohnen würde,
Unfer fräftig genug ind Leben getretener Verein dürfte nun weiter einige, ſchon darauf wartende, mit fhhäsbaren Beiträgen wohl nicht fehlende, auswärtige Freunde der Alterthums⸗ und Gefchichtefunde als Ehren-Mitglies der aufnehmen. f
Der auswärtige Director Eönnte fodann folchen, bie eine Freunde find, die Diplome frei übermachen, und feis nem inländifchen Herrn Collegen das Geſchehene berichtem,
Jener gedenft im nächften Sulı von Ems aus, Marienfels zu befuchen, um die davon feit 1811 ges begten Erwartungen wiederholt an Ort und Stelle zu prüfen. — Vergoͤnnen es ihm Gefundheit, Wetter und Umftände, fo will er, noch in diefem Sommer, ben Pfahlgraben von Ems bis Holland, und im naͤch— ‚fen Sahr, von der Saalburg bis an die Donau, forgfam forfchend, auf feine Koften, allein oder in guter Begleitung, durchwandern, che noch der antife Noft feine fterbliche Hille weiter uͤberzieht.“
An der dritten Stelle verlas dad Ehrenmitglied, Herr Bibliothefar Dr. Lehne von Mainz, eine Abhandlung über die Namen, Zahl und Standorte der römischen Legionen.
Hierauf gab das Vorftands-Mitglied, Herr Pfarrer Luja, ausführliche Nachricht von den Ausgrabungen, welche er auf einer Feldhöhe zwifchen Wiesbaden und Dotzheim, in der Nähe ber Holzftraße geleitet hatte, und wodurch
19
230
eine römifche Anfiedelung von ihm entdeckt worden war, Die ausgegrabenen Gegenjtände, welche ſaͤmmtlich den römischen Urfprung beurfunden, waren nach Glaffen in einzelnen Heinen Verfchlägen gefammelt, und durch Auf: fchriften erläutert. — Der Vortrag felbft, welcher zu den Vereinsacten nachgeliefert werden foll, verbreitete ſich zuerft über den Zweck folcher Forſchungen im Allgemei— nen, und ging ſodann zur Bejchreibung und Erklärung des Aufgefundenen über.
Herr Habel, Mitglied des Vorſtands, gab der Ge: fellfchaft Einficht von den erjten Druckbogen und Zeid)- nungen zu den von ihm rvedigirten Annalen des Bereind,
Nachdem noch die anweſenden Vereins-Mitglieder in Gemaͤßheit des im Eingang erwaͤhnten Jahresberichts des inlaͤndiſchen Directors die Einforderung der gewoͤhnli— chen Jahres-⸗Beitraͤge beſchloſſen hatten, wurde die Sitzung aufgehoben.
III.
Protokoll der ſechſten Generalverſammlung des Vereins.
Wiesbaden, den 28. Mai 1828.
Nachdem der Vorſtand des Vereins fuͤr Naſſauiſche Alterthumskunde und Geſchichtsforſchung auf heute, den Na— menstag ſeines gnaͤdigſten Protectors, Seiner Herzogli— hen Durchlaucht zu Naſſau, die ſechſte ordentliche Generalverſammlung in dem hergebrachten Weg zur allge—
291
meinen Kenntniß gebracht hatte, verſammelten fich die anweſenden DVereinsmitglieder in dem Muſeum. Vom Vorſtand hatten fich der Herr Oberbauratd Zengerle und der Herr Obermedicinalrath Dr. Döring wegen Abwefen: beit im Dienfte entjchuldigt.
Der inländifche Director, Herr General-Domänens Director von Roͤßler eröffnete die Sikung mit Verlefung folgender Darftellung deffen, was im Laufe des jüngften Jahres im Vereine vorgegangen war.
Bevor ich als inländifcher Director den Jahres⸗ Bericht erjtatte, hebe ich nur Einen Gejichtsyunft hervor, der allen Alterthums-Vereinen gemein it, ber ihnen ſaͤmmtlich eine höhere Bedeutung giebt. Das Studium des Alterthums iſt wicht in fich gefchloffen: neue Ent deefungen und Aufflärumgen in der Alterthumskunde haben einen weiter wirfenden Werth: das Alles erbält erft in der Bergleichung mit der Gegenwart fein hohes Ssntereffe. — Das Studium der Altertbumsfunde beförs dert und erhoͤhet die Zufriedenheit mit der Gegenwart. Wen die Gegenwart nicht genug it, wer fich nicht freuet über den hoben Culturſtand unſeres Vaterlandes, über allgemein verbreitete Bildung und Wiſſenſchaft, uber Öffentliche Freiheit und Wohlfahrt: der blicke in die Vor— zeit, in die Urwaͤlder unferer Väter, auf ihre Sitten und Gebräuche, auf ihre Kindheit im jeglicher Kunſt: er bliefe auf die rohe Gewalt, die Unficherheit, die Leibeigen— fchaft des Mittelalters: er wird mut der Gegenwart ver ſoͤhnt ſeyn.
Mit Unrecht hat man Maͤnner, die ſich der Alter— thumskunde widmen, einer Einſeitigkeit beſchuldigt, mit
292
Unrecht nannte man ihre Arbeiten werthlos und unprak— tiſch. — Nein! wer das Alterthum aufflärt, der verfchafft auch neue Vergleichungspunfte für die Gegenwart, neuen Stoff zur Zufriedenheit: er verdient unfer dankbares Ans erkenntniß.
Doch die hohen Eigenſchaften des Geiſtes, die ſeine höhere Abſtammung beurkunden, feine Beſtimmung andeu— ten, jene hohen Eigenſchaften finden ſich durch alle Zeiten, in jeglichem Culturſtand. Sie zu verfolgen, aus dem Aeußeren und Zufaͤlligen immer wieder den Menſchen in ſeiner beſſeren Geiſteskraft aufzufinden, das iſt die zweite hohe Bedeutung der Alterthumskunde.
Lebte nicht in unſeren Urvaͤtern hoher Muth, Gei— ſtesgegenwart, Offenheit, Treue und Redlichkeit, auch ſie ahneten eine hoͤhere Abſtammung, eine hoͤhere Beſtim— mung. Wenn wir ihre Graͤber oͤffnen, zeugen ihre Sym— bole von dem Glauben an Menſchenwerth. — Die Ab— haͤngigkeit von einer hoͤheren Macht hat der Menſch nie verlaͤugnet, die Hoffnung auf eine Zukunft, die Furcht vor einer Wiedervergeltung haben ihn nie verlaſſen, unter welchen Sinnbildern, Gebraͤuchen, in welchem Culturſtand das Alles auch immerhin ſichtbar ward.
Dieſe Wahrheiten zu verfolgen, die goͤttliche Abſtam— mung des Menſchen durch alle Zeiten zu beurkunden, die beſſeren Eigenſchaften des Geiſtes immer wieder aufzufin— den, in ihnen den Grund zu jeglicher Entwickelung nach— zuweiſen: das iſt die große Aufgabe der Alterthumskunde.
Und wenn auch Wenigen unter uns vergoͤnnt iſt, an der Entwickelung dieſer Aufgabe ſelbſt thaͤtigen Antheil zu nehmen; ſo koͤnnen wir doch allgemein die beſſere
293
Bedeutung anerkennen, wir koͤnnen Alle die Sachen felbft in Schug nehmen, wir können durd; den Beifall, den wir zollen, wefentlich zum immer befferen Gedeihen des Ganzen mitwirken. Indem ich Ihnen, verehrtefte Anwefende! die Inters effen unfered Vereins durch diefe Furze Einleitung abermalg dringend ans Herz lege, gebe ich zu der gefchichtlichen Darftellung des Sahresberichts über, Die Zahl der activen Mitglieder des Vereins hat ſich in dem abgelaufenen Jahr nicht vermehrt: es find ausgetreten: Herr Oberforftratb Gentb, „ von Erath, zu Waldmannshanfen,
. a Amtmann Freudenberg, zu Marienberg; „ Hofratb Bogler, zu Ems, » Pfarrvicar Grimm, zu Heftrich. Eingetreten find:
Herr Landesdeputirter Adami, zu Hadamar, „Poſthalter Eberhard, zu Faulbach, » MedicinakAffiftent Doctor Zais, und » Mrchitect Zais dahier.
Was der Borftand abfichtlich Tange verzögert bat, die Ernennung aller der Gelehrten des Auslandes, die unferem Verein zum Nutzen und zur Ehre gereichen, ift nunmehr vollzogen worden, Die Namen der Ehrenmits glieder waren theild von felbft angezeiat durch die Werke, welche Literatur, Kunft, Gefchichte und Alterthumswiſſen— ſchaft ihnen verdankt, theils find dabei die Anträge und Wünfche einzelner Mitglieder des Vorftandes und des Vereins beruͤckſichtigt worden,
294
An alle Ehrenmitglieder ift ein Gremplar bes erften Heftes der Annalen und der Statuten des Vereins mit dem Diplom überfchicft worden. inzelnen bat man auch eine lithbograpbirte Abbildung unferes Mithras-Bas- relief8 beigelegt, und fie befonders aufgefordert, darüber ihre Anficht und Meinung mitzutheilen.
Wenn der Verein auch nur von dem größeren Theil der ernannten Ehrenmitglieder irgend einen litterarifchen Beitrag für feinen Zweck erhält; fo wird der Bortheil fchon fehr bedeutend feyn.
Und wirklich darf ich die Verfammlung verfichern, daß die Gründung unfered Vereins für Naſſauiſche Alter thumskuude und Geſchichtsforſchung im Ausland mit bes fonderer Theilnahme aufgenommen worden ift, daß fehon viele Gelchrte des Auslandes fich beeifert haben, diefe Theilnahme durch Ueberfendung von eigenen Arbeiten zu beurfunden.
Der BVorftand hat in diefer regen Theilnahme des Auslandes eine befondere Belohnung erblidt, eine Ent: ſchaͤdigung und Genugthuung für alle die Hinderniffe, die er bisher zu überwinden hatte.
Dad oben erwähnte erfie Heft der Annalen ift nums mehr auch in den Händen aller Mitglieder des Vereins. — Der Inhalt wird geprüft worden feyn. Wenn er nicht ohne Bedeutung ift, jo wird er doch ficherlich durch den reichen Stoff des zweiten Heftes, der fchon gefammelt und zum Druck bereitet ift, übertroffen. — Der Vorftand bat es zuträglicher fir die Vereins-Caſſe erachtet, Die Annalen auf eigene Rechnung druden zu laffen. Um einen gewilfen Abfat zu ſichern, hat die Herzogliche Lan—
295
des⸗Regierung bie Herren Schulinipectoren autorifirt, bie Annalen für Rechnung der Gemeinde-Gaffen anzufcaffen. Der Vorftand erwartet mit Vertrauen von ber Geneigts beit der Herren Schulinfpectoren zur Unterſtuͤtzung des vaterländifchen Werks den Vortheil, welchen die Herzogs liche Landes-Negierung unferer Unternehmung bat zuwen, den wollen.
Sm abgelaufenen Zahr haben die Vorſtands⸗Sitzungen regelmäßig ftatt gehabt. Ein Furzer Auszug aus deu Be, rathungen mag bier an feinem Ort fteben.
Der Borftand fest feine Bemühungen fort, durch die Permittelung des Herrn Defans Melior in Mengfelden in den Befis noch ungedrucdter Urfunden über die Ges chichte der Stadt und des Stiftd Limburg zu gelangen.
Dem Herrn Pfarrer Vogel in Schönbach, der mit großer Sachfenntniß feine Kräfte der vaterländifchen Ges fchichte widmet, wurde im Namen ded Vereins für die Erläuterungen gedanft, mit denen er die Limburger Ehros nie neu edirt bat.
Der Herr Pfarrer Steubing in Epyenrode bat eine Anzahl alt germanifcher Grabhigel öffnen laſſen, und darüber an den Vorftand berichtet, welcher dem Herrn Pfarrer den Dank des Vereins für feine Bemühungen ausgedruͤckt hat.
Der Herr Medicinalratb Kolb ließ die dem Vorftand laͤngſt als intereffant bezeichnete Dornburg bei Hadamar unterfuchen, und leitete die Nachgrabungen. — Die Res fultate diefer Arbeiten find dem Vorſtand vorgelegt wors den, und beurfunden die Vorliebe und Sachkenntniß, wos mit ſich Herr Kolb der Sache unterzogen hat, — Ich
296
übergehe das Einzelne, da ihm ein befonderer Vortrag gewidmet ift.
Um das reiche Feld von Hebdernheim nicht aus dem Auge zu laffen, hat der Vorftand, wegen der damit vers bundenen Kojten, folche Einleitungen getroffen, welche noch in diefem Sommer fortgefegte Nachgrabungen mög« lich machen werden.
Um den Mitarbeitern an unferen Annalen eine billige Entichädigung zuzumenden, hat der Vorftand, nad) dem Beiſpiel anderer Vereine, ein Honorar von eilf Gulden für den Bogen beftiimmt.
In unfere Sammlung find im Laufe des Jahres mehrere intereffante Stuͤcke gekommen.
Herr Profeffor Sandberger zu Weilburg überfchickte mehrere Alterthiimer des Mittelalters, nebft einer inter ejfanten Granwaden-Berfteinerung aus der Umgebung von Herborn.
Herr Zuftizrath Forft einen foffilen Zahn von einem vorweltlichen großen Landthier aus der Grandgrube bei Mosbach, einiges Glaswerk aus dem Mittelalter aus den Ruinen der Burg Sonnenberg.
Durd) die Vermittelung des auswärtigen Directors, Herrn Gebeimenrathg von Gerning kam unfer Mufeum in den Befis jener befannten Bronzerfigur, Juno als Beſchuͤtzerin des Wegs nach dem alten Nidda vorftellend,
Herr Habel erwarb für das Mufeum eine Zahl von Bronze und Silbermünzen aus dem Feld von Heddernheim.
Herr Juſtizrath Hendel in Höchit überließ dem Mir feum einen intereffanten römifchen Votiv-Stein von einem Genturio der XIV. Legion, welcher in ber Nähe der neuen
297
Niedbruͤcke war andgegraben worden. Auch uͤberſchickte derſelbe ſpaͤter zwei ſilberne roͤmiſche Muͤnzen.
Durch die Bemuͤhungen und Einleitungen des Herrn Juſtizraths Langsdorff in Wehen iſt das Muſeum jetzt im Beſitz des ſchon vielfach beſprochenen Herkulesbildes aus der Mauer der Kirche zu Bleidenſtadt, welches der daſige Kirchen-Vorftand dem Verein uͤberlaſſen bat.
Scriftlihe Abhandlungen bat der Verein erhalten:
von dem Herren Kirchenratb Dahl in Darmftadt eine Unterfuchung über die örtliche Xage der Mattiafen:Quchen ;
von Herrn Profeffor Dr. Dieffenbach zu Friedberg, Bemerkungen, durch das erfte Heft der Annalen veranlaft;
von Herrn Rath Dr. Kiefhaber zu München eine biftorifch-diplomatifche Abhandlung über den Waldedifchen Erbtbeilungsbrief vom Jahr 1170;
von Herrn Dr. Rafı in Kopenhagen die Kortfegung der gedruckten Schriften des Nordiichen Vereins.
Literariiche Verbindungen wurden im Laufe des Jah— red angeknuͤpft:
mit dom Breisganer Verein für Gefchichte und Als terthum zu Freiburg, mit welchem aud) die Ehrendiplome wechfelfeitig ausgetaufcht worden find;
mit dem um die Unterfuchung des Mithra-Cults body verdienten Herrn Felir Lajard in Paris. Lesterem verdankt der Verein die Mittheilung einer vorläufigen Abhandlung über das MithrassBasrelief in dem koͤniglichen Muſeum zu Paris, in welcher Abhandlung auch das Heddernbeis mer Mithräum ebrenvoll angekündigt wird. — Da erſteres zur Hauptzierde der Alterthums-Sammlung in Paris er klaͤrt iſt; ſo wird unſer Fund von Heddernheim, der weit
298
vollſtaͤndiger it, bald einen ausgezeichneten Namen unter den mithriſchen Monumenten des Altertbums erhalten.
Was mun nod) das pecuniäre Intereſſe des Vereins betrifft; fo habe ich die Verfammlung davon in Kenntniß zu fegen, daß die Herzogliche Rechnungs-Cammer fich in den DBefig der Rechnungs-Juſtificatur unferer Vereins— Nechnungen gefegt hat. Wenn fchon diefe Oberaufficht auf eine fchonende, mit den DVerhältniffen vereinbarliche Weife ausgeübt wird; fo erblicke ich doch in diefer Neues rung eine höhere Bedeutung. Der Staat bat nunmehr doppelte Verpflichtungen übernommen, ein Inftitut, das fchon feiner Gründung nach, ihm angehört, dem er aber jeßt doppelt den Charafter der öffentlichen Staatd-Anftalt aufdruͤckt, nicht allein zu fchügen, fondern auch wefentlich durch nene Fonds zu unterftügen. Und daß ich mid; darin nicht irre, dafür buͤrgt mir die anerfannte Gonfes quenz aller unferer Regierungs-Verfuͤgungen.
Für das nächfte Jahr it die Erhebung der gemwöhn- lichen Beiträge um fo nothwendiger geworden, da die Eremplare der Annalen an die Bereins-Mitglieder unents geldlich vertheilt worden find.
Die zweijährige Wirkfamfeit des dermaligen Vorftans des hört mit der heutigen Generalverfammlung auf: den Statuten gewäß tritt die Integral-Erneuerung ein. Sch erfuche zu dem Ende die verehrten anmwefenden activen Mitglieder des Vereins, ihre Stimmen für den neu eins tretenden Vorfiand abgeben zu wollen.
Die austretenden Mitglieder des Vorſtandes finden ihre Belohnung in der Betrachtung, Daß eine vor ficben Jahren mit Enthufiasmus begonnene Stiftung, troß der
299
Lauheit, die folchen Unternehmungen unausbleiblich auf dem Fuße folgt, jegt dennoch in einer haltbareren Bluͤthe emporftrebt, welche in der Wechjelwirfung gleichgefinnter confequenter Arbeiter ihren Stügßpunft gefunden bat. —
Darauf hielt der auswärtige Director, Herr Geheime Rath von Gerning, eine Rede über die Fortfchritte des Inſtituts, von der gefchehenen und weiteren Aufnahme fremder Mitglieder und ihrer Theilnahme an den Annalen bed Vereins.
An der dritten Stelle verlas das Ehrenmitglied, Herr Kirchenratd Dahl von Darmftadt, hiftor. Nachrichten vom ehemaligen Klofter und nachherigen Nitterftift zu Bleiden— jtadt, welche zu den Vereinsacten gefällig abgegeben wors den find *).
Hierauf gab der Herr Kreisrichter Dr. Schaab cine gefchichtliche Darftellung der Berbreitung der Buchdruders funft im Rheingau durch die Mainzer Patrizierfamilie Bechtermuͤnze zu Eltville und die Kogelherren des Klojterd Marienthal.
Herr Profeffor Dr. Braun in Mainz fprach über bie Geſichtsbedeckungen an Helmen und eine bei Mainz gefundene römifche Maske, wozu das DVorftandgmitglied Hr. Kabel einige Erläuterungen mittheilte.
Dann ward verlefen der Bericht des Herrn Medici nalrath8 Dr. Kolb zu Hadamar uber die Unterjuchungen der Dornburg.
Die Zeit geftattete dem Vorftandsmitglied, Herrn
#) Die ſchätzbare Abhandlung wird im nächſten Hefte ber Annalen mitgeteilt werden. d. H.
300
Pfarrer Luja nicht, der Verfammfung die Mittheilungen aus ben Papieren des verftorbenen Inſpectors Krauß zu geben, welche derfelbe vorbereitet hatte.
Nachdem hierauf die Stimmenzettel eröffnet wurden, ergab fich, daß folgende Vereinsmitglieder für zwei Sahre in den Vorftand gewählt worden waren:
1. Herr General: Domänen» Director von Roͤßler zum inländischen Director ,
2, » SOberftallmeifter Freiherr von Dungern Ercellenz zum Vorſtand,
3" Habel zum BVorftand,
Rechnungs⸗Cammer⸗Director Hauth zum Bor
fand,
5. „ Pfarrer Luja zum Vorſtand,
Oberbaurath Zengerle zum Vorſtand,
„Bilbliothekſecretaͤr Zimmermann zum Vorſtand.
Nachdem noch die anweſenden Vereinsmitglieder auf den Grund der vorher erwaͤhnten Darſtellung des inlaͤndiſchen Directors, die Einforderung der gewoͤhnlichen Jahres-⸗Beitraͤge beſchloſſen hatten, die eingelaufenen Ges ſchenke und Dankſagungs-Schreiben aber zu dem laufen— den Protokoll zuruͤckbehalten worden waren, wurde die
Sitzung beſchloſſen.
>
9
301
IV.
Protofolt der fiebenten Generalverfannlung des Vereins,
Wiesbaden, den 4. Juni 18%,
Nachdem der Vereins-Vorſtand die diesjährige Verle— gung ded Tages der Generalverfammlung, auf ven beus tigen, in dem bergebrachten Wege zur allgemeinen Kennt— niß der Mitglieder gebradyt hatte, indem diefe Abänderung durch das Einfallen eined Fefttages an dem font bierzu beftimnten 25. Mai, nothwendig geworden war; fo vers fammelten fich die anwefenden Mitglieder in den Zimmern des Landes-Muſeums.
Von dem Vorſtand hatten der Herr Obermedicinalrath Dr. Döring und Herr Oberbauratb Zengerle ibre Abwefenheit mit Dienftgefchäften entfchuldigt.
Der inländifche Director des Vereins, Herr General Domänens Director von Nöfler eröffnete die Sitzung durch eine umfaffende Darftchung deifen, was ſich im Jahreslaufe in den Außern und innern Beziehungen des Vereins bemerfenswerthes dargeboten hatte, mit folgenden Worten:
Zum fiebenten Mal verfammelt Uns der Gahrestag unferes Vereins. Immer und aud) heute hat er zahlreiche Freunde des Inlandes, geſchaͤtzte Gönner des Auslandes zufammen geführt, Unfere Beftrebungen find nicht ohne Beifall geblieben. Was wir erforfchen, fpricht den Men—
302
ſchen in feinem Innern an. Es iſt nicht der Augenblid des Tages, der das Gemuͤth des denfenden Mannes er füllt: fein Geiſt fchweift in die Erinnerungen einer großen Vergangenbeit. Vor unferer Zukunft hänge ein dichter, geheimnißvoller Schleier: kein Tag beutet und den kom— menden an, Nur Vertrauen und Hoffnung geleiten uns zur ungewiffen Bahn alles Kuͤnftigen. Aber offen liegt vor und die Vergangenheit mit allen ihren Großthaten und Schwächen. Aus der Vergangenheit fihöpfen wir die Lehre der Weisheit: aus der Vergangenheit fchöpfen wir Zuverficht für die Zukunft. — So find alle Generationen vor ung im Glauben und in der Hoffnung ihrer Zufunft entgegen gegangen: ihre Schickſale find uns zum Leitſtern für unfere Zufunft geworden. Die Folgen ihrer Hands lungen liegen offen vor unferen Augen: was wir erreicht haben, wird die Zufunft beurtheilen. Wird fie die Bes harrlichkeit in unſerm Vorfag zu rühmen haben? Sch hoffe das mit Vertrauen. Wenn auch bier und dort die lebendige Theilnahme erfalter: immer wieder erfichen un— ferm Vereine neue Freunde, Die mit bewährtem Sinn unfere Forſchungen fortfegen, vermehren. Und fo darf ich auch an dem heutigen Jahrestag unſeres Vereins nur rühmen, daß er heute fefter daftehet, beifer begriffen wird, als am erfien Tag, wo uberwallender Enthufiasmus ihm, wie jedes Neue in's Daſeyn rief. Sch rechne darauf, daß die Zahl der Männer, die mit gediegener Arbeit auch das Äußere Anſehen zu erhalten wiffen, immer größer werden wird: ich weiß ed gewiß, daß die Liebe zum Vaterland, die ihn ſchuf, auch in ihm noch tiefere Wur— zeln fchlagen wird. — In dem Beftehenden, in dem
303
langen Beftehen Liegt ein tiefer Einn: feine Kraft wird auch zu unferm Verein hinziehen, wird feine innere Or— ganifation, feine Verzweigungen nad; Außen von Tag zu Tag befeftigen und erweitern.
Als inkindifcher Director habe ich Ihnen, Hochgeehr— tefte Herren, in gedrängten Zügen den jegigen Zuftand unferer Gefellfchaft vorzutragen, aufzuzählen, was in dem abgelaufenen Sabre gefchehen, gefammelt worden ift.
Die Zahl unferer Geldbeitragenden Mitglieder bat fidy verringert, und beträgt jeßt noch 121.
Aufgenmmmen wurden der Herr Graf von Balder dorf zu Molsberg.
Die Namen aller activen Mitglieder find in die bier aufgebängte alphabetische Tabelle eingetragen.
Eine zweite Tabelle zeigt und die Namen von 63 auswärtigen Ehrenmitglieder. — Ihr Zuſammenreihen wird jedem Kenner fogleich den Beweis liefern, daß ihre Ernennung mit reiflicher Auswahl gefchehen: einer ehrt den ander, und fie ſaͤmmtlich, welche unfere Patente mit Danf und Achtung empfangen haben, drücken einen gewichtigen Stempel auf die Aufgabe, deren Loͤſung unfer Vorſatz ift.
Ja es gereicht dem Vorſtand zur Icbendigen Freude, bier öffentlich die DVerficherung zu erneuern, daß das Aus— land mit Beifall aufgenommen, was aus unferm Berein bis jegt hervorgegangen tft.
Und wie jollte nicht fchon der Gedanke angeregt haben, daß «8 ja gerade ber hoch Flafjifche Boden tt, auf den wir den Verein gegründet haben, daß es das ſchoͤne und glückliche Land Naſſau ift, in dem wir Icben,
304
daß diefed der Schauplatz unferer Leiftungen ift. — Schon dieſer Gedanke ziehet den Fremden mit tief gefühlter Theilnabme an die befungenen Ufer des Altvaters Rhein,
Der Vorſtand unferes Vereins, welcher ſtatutengemaͤß fein Amt fortfegt, bejtehet aus den auf der Tabelle eben: falls bezeichneten Mitgliedern.
Herr Pfarrer Luja, dem wir manche tief gedachte, auch gemüthliche Forfchung und antiquarifche Gombination verdanken, war an der activen Theilnahme verhindert worden, jeßt aber ald Ehrenmitglied des Vorſtandes feine Arbeiten fort,
Ein vorzüglicher Gewinn ift dem Verein durch die von Seiner Herzoglichen Durchlaucht verfügte Anftellung des Borftandsmitgliedes Herrn Habel zu Theil geworden, Als Gutsbefiger in Schierftein widmete er bisher fchon feine Muje unfern Zweden: als Archivar des neu gebil—⸗ deten biftorifchen Archivs feffeln Beruf und Dienftyflicht feine‘ Kräfte an die fchönften Zwecke unferes Bereing, ALS Redacteur und Mitarbeiter unjerer Annalen bat er fich die Öffentliche Anerkennung erworben: als Gonfervator unferer Mufcen, wird er ihre Zugänglichkeit und Nuͤtzlichkeit auch für den befuchenden Fremden erleichtern und erhöhen.
Ueber den Inhalt unferer Annalen bat ſich ein fehr günftiges Urtheil gebildet.
In dem Mitternachtsblatt vom 297. Februar biefes Jahres lefen wir:
„Es ift in den Naffauifchen Landen ein Verein wii ‚jenfchaftlich gebildeter Männer zufammengetreten, welcher „die Erforfchung und Sicherftellung der varerländifchen „Alterthuͤmer zum Zweck bat.“
305
„Das vor und liegende Heft giebt und Kunde von „dem Erfolge der Beftrebungen dieſes von der Landes: „Regierung auf vielfache Weife begünftigten Inſtituts. „Die Statuten find hoͤchſt zweckmaͤßig entworfen und bes »rechtigen, fowie der reiche Inhalt des erjten Heftes dies fer Annalen, zu den fchönften Erwartungen. Mit Ders rgnügen haben wir die einzelnen Abhandlungen gelefen, „und der (S. 45.) mitgetheilte ausführliche Bericht über die aufgefundene Veteranen-Colonie Novus Vicus zwi— »fchen Hebdernheim und Praunheim bei Frankfurt a. M, vand über die dafelbft entdeckten merkwürdigen Mithras: vbilder, die zugleich mit den uͤbrigen Alterthuͤmern in dem rMufeum des Bereind zu Wiesbaden aufgeftellt worden, begründet in der That eine neue Epoche der archäologiz »fchen Wiffenfchaft in jenen, in der Römerzeit fo merk »würdigen Gegenden Großgermaniens am Fuße des rZaunug.u
„Die beigefügten Steindrücde find vorzüglich; gearbel- tet, und jeder Freund der vaterländifchen Alterthums— „kunde wird in dieſem Hefte reiche Nahrung für feine rStudien finden.“
Die Abend-Zeitung vom 3. Januar d. J. fagt:
„Unter den Alterthumsvereinen, die es im firdweftli- rchen Deutſchland mit einbeimifchen, wirflih an Ort und „Stelle ausgegrabenen, römifchen Altertbümern zu thun „haben, zeichneten fich unſers Dafuͤrhaltens durch feine vergebnißreiche Thätigkeit befonders der Verein für „Naſſauiſche Altertbumsfundeund Geſchichts— „forſchung aus. — Durch ihn ſind auch neuerlich die „bei Heddernheim 1826 ausgegrabenen Truͤmmer von
20
306
»Mithrasgrotten und Einweihdenfmälern in fichere Auf: „bewahrung gebracht und auf 6 Steindrudtafeln in Um: ‚riffen herausgegeben worden. Seine Thätigkeit beurfuntet „das erfte Heft feiner Annalen, worin die Abhandlung ‚über die römijchen Nuinen bei Heddernheim von dem „gelehrten Herausgeber jener Annalen, F. ©. Habel in »Schyierftein, durch gründliche Widerlegung der Behaups tung, daß fie zu einem römifchen Gaftrum gehört hätten, „ſich befonderd auszeichnet. Hier ift reicher Stoff für „gründliche Forfchung vorhanden und eine erprobte Tüch- »tigkeit in den Mitgliedern. Ein Landes-Mufenm in Wiesbaden ift geftiftet und am Namenstage des Herzogs „wird das Stiftungsfeft durch eine General-Berfammlung „begangen, deren Protocolle von großer Thätigfeit zeigen.«
Den Verfügungen Herzoglicher Landesregierung haben wir e8 zu verdanken, daß unjeren Annalen — deren zweite Fortſetzung bald den Druck verläßt — ein gewiffer Abſatz an die Schulen des Inlandes gefichert ift, der gewiß von Sahr zu Sahr fteigen wird, gerade weil die Abnahme fremillig ift, von dem Geifte des Abnehmers zeigt, der auch im Kleinen größere Zwede unterſtuͤtzt.
Und fo ift denn unfer Caffen-Wefen in völliger Ord— nung: die 18987 Rechnung, deren piünftliche Fortführung wir der Bemühung des Vorſtandsmitglieds, Herrn Bir bliotheffeeretärs Zimmermann verdanfen, ift durch die ſachkundige Einwirfung des DVorftandsmitglieds, Herrn Nechnungs-Sammer-Directord Hauth, von Herzoglicher Nechnungs-Sammer bereits abgefchloffen. — Die anwefen» den verehrten Mitglieder find mit dem VBorftand ohne
307
Zweifel einverftanden, daß auch fir 1829 die gewöhnlichen Beiträge einzufordern ſeyen.
Der Vorſtand hat im verfloffenen Jahr feine Sitzuu— gen regelmäßig gehalten: alles was an den Verein einläuft, was Davon ausgehet, kommt hier zum ordentlichen Vortrag.
Auf folgende Gegenftände war im Laufe des Jahres die Aufmerffamfeit des Vorſtands vorzugsweife gerichtet,
Das Herfulesbild ift aus der Kirche zu Bleidenftadt nunmehr wirklich herausgebrodyen und in das Mujeum gebracht worden.
Der Kirchthurm zu Wellmich, welcher alte Urfunden und Nüftforten enihielt, ift durchfucht worden, der Herr Suftizratd Schapper erflattet darüber Bericht zur heuti— gen General-Berfammlung.
Mehrere hundert Gulden wurden auf weitere Nady grabungen in Heddernheim verwendet. Die Ausbeute war abermals reich. Der Herr Archivar Habel hat fie bier anfgeftelit, und wird die Mühe Übernehmen, fie zu erläutern.
Ueber Lage, Gefchichte nnd Bedeutung der alten Brabacher Mineralquelle bei Mengersfirchen find Erkun— digungen eingezogen worden.
Die Grabhügel im Ruhehaag zwijchen Dotzheim und dem Chauffeehaus find vorläufig zu weiteren Nachfor— chungen bezeichnet worden.
Durch die Bemühungen des Ehren-Vorſtands, Herrn Harrer Luja, bar das Mufeum aus deu Feldern bei Diedenbergen einen großen fleinernen Sarg erhalten, an deffen frühere Entdeckung fich eine beſondere gejchichtliche Tradition Enüpft.
Römifche Basreliefs an der Suͤdſeite der Kirche in
308
Mosbach und an einem Brunnen zu Erbenbeim wurden der näheren Unterfuchung unterworfen,
Weit wichtiger war die Entdeckung der fehr gut uns terhaltenen Fundamente einer großen römifchen Billa, einige hundert Schritte von dem Caſtrum bei Heddernheim, auf einer Tachenden Anhöhe, welche die Taunus, Mainz und Rheingegend dominirt.
Des Herrn Oberſtallmeiſters, Freiherrn von Dungern Ercellenz und die uͤbrigen Vereins-Vorſtaͤnde, welche pers fonlich anwefend waren, Eonnten darüber ihre befondere Freude und den Danf gegen Herrn Archivar Habel nicht unterdrücen, welcher durch eine genaue Abzeichnung dies jes Schöne Monument der Folgezeit aufbewahrt hat. Unſere Annalen werden das Nähere mittheilen. Heute wird darüber und über die weiteren, oben erwähnten Nachforz chungen im Heddernheimer Feld felbft, der angebogene kurze Vorbericht des Herrn Archivars Habel verlefen.
Ziefere Forfchungen unferes thätigen Vereinsmitglies des, des Herrn Pfarrers Vogel zu Schönbac machten den Borftand ganz befonders aufmerffam auf die alte Ruine, der Ring genannt, welche eine Anhöhe am Außes ven Ausgange des Wisperthales dominirt, und nach der Tradition, der Stammſitz des jetzt regierenden Haufes Naſſau ſeyn fol. — Herr Juſtizrath Schapper erftattet über diefe Ruine, die damit zufammenhängende alte Gefchichte und Tradition von dem jekigen Lipporn und der ehemaligen Abtei Schönau, ebenfalls ausführlichen Bericht zur heutigen General-Berfammlung, welcher feines befonderen Intereſſes wegen vorgetragen wird”).
*) Siehe NRr.12 S. 197 diefes Heftes. v9.
309
Das abgelaufene Sahr war befonderg reich an Ges fchenfen von Alterthuͤmern und literarifchen Werfen, welche auswärtige und inländische Mitglieder unferm Mufeum uͤberſchickt haben.
Roc in der jüngften Generals Berfammlung übers reichte der Herr Geheimeratb Schend eine von ihm vers faßte hiftorifchstopographifche Befchreibung der Herrichaft Eppftein,
Here Polizeiſecretaͤr Schneider zu Goͤrlitz übers ſchickt uns feine Befchreibung der Heidniſchen Begraͤbniß— plaͤtze zu Zilmsdorf in der Oberlauſitz.
Der Herr Regierungsrath Buſch dahier uͤbergiebt uns einen kurzen hiſtoriſchen Proſpect uͤber die Herrſchaft Schaumburg, von dem verſtorbenen geiſtlichen Rath Buſch verfaßt. Er erſcheint, mit kritiſchen Erlaͤuterungen des Herrn Pfarrers Vogel in den Annalen *).
Herr Geheimeratb von Nau zu Mainz, verehrte dem Berein zwei fehr werthvolle alte Glasmalereien.
Ein fehr thätiges auswärtiges Mitglied bat der Ber; ein an dem Herrn Profeffor Dr. Rafn in Kopenhagen, durch deffen und des Herrn Majors von Abrabamfon Güte, unfere Bibliothek in den Befis aller den Berein intereffirenden Dänifchen Literatur gefegt worden ift.
Herr Friedensrichter Dr. Emele zu Alzer überfchickt und die von ihm felbft verfaßte Befchreibung römischer und deutfcher Alterthuͤmer in der Provinz Rheinheſſen, und feine Abhandlung über Amulete,
*) Siehe Nr. 6. Seite 96, diefes Heftes.
310
Der ausgezeichneten Güte ded Königlich Baieriſchen Herrn Regierungs-Vräfidenten von Sti haner, Ercels lenz zu Speier, verdanken wir oft wiederholte Zufenduns gen, namentlich derjenigen Sntelligenzblätter des Rhein: freifes, welche auf eine eben jo ſinnreiche als würdige Art die Denkmale des Alterthums dem rheinijchen Vater⸗ land erhalten.
Das gehaltvolle Urkundenbuch der Stadt Freiburg von Herrn Dr, Schreiber mit deffen Abhandlung über die Hünengräber im Breisgau wurden ebenfalld won dem gelehrten Verfaffer deffelben uͤberſchickt.
Bon dem Herrn Pfarrer Steubing zu Eppenrod wurde dad Bemerfenswerthefe sus feinen Nachgrabungen zum Mufeum übermacht.
Herr "DOberförfter Heymach auf dem Chauffeehaus verehrte dem Verein fechs fehr fchöne Armillen, welche beim weißen Thurm ins Hinterlandsforjt gefunden worden find.
Herr Hofrath Dr. Eihftädt in Sena überfchicft dem Verein drei Programme über eine in den Ruinen eines römifchen Theaters bei Trier gefundene Snfchrift, worüber Herr Profeffor Dr. Lehne in Mainz antiquarifche Erör- terungen mittheilen wird.
Herr Hofratb Steiner in Geligenjtads läßt und feine Gefchichte des Bachgaues zufenden.
Beſonders intereffante Alterthiimer hat unfer Muſeum durch unfer hochverehrtes Vereinsmitglied den Herrn Bir ſchof Dr. Münter zu Kopenhagen erhalten: eine Anzahl eimbrijcher Waffen und Utenfilien, meiftens von Hornftein. Der Borftand konnte feinen Dank nur durch die Ruͤckgabe einiger Doubletten aus der hiefigen Gegend zu erfennen
311
geben, mit deren Ueberſendung ſich der Koͤniglich Dänifche Bundestags-Geſandte Freiherr von Pechlin gütig chargi⸗ ren wollte,
Herr Hoffammerratb Herpell in St. Goarsbauſen verehrt dem Mufeum einige filberne Denkmuͤnzen.
Herr Hofgerichtsadvofat Hofmann von Darmftabt übergiebt dem Verein feine ausführliche, noch ungedruckte Abhandlung uͤber die Sueven.
Herr Kirchenrath Dahl, zu Darmftadt, unfer thätiges Ehrenmitglied, feine Abhandlung über die Burg Lahneck 9).
Herr Profeffor Dr. Buchner in Münden überfchict und feine Reifen auf der fogenannten Teufelsmauer, in zwei Baͤnden.
Herr Regierumngs-PVicepräfident Möller hat die Güte gehabt dafür zu forgen, daß mehrere Antiquitäten aus der Ritterzeit, — Gteigbügel, Waffen u. f. w., welche fich merkwürdig genug, 10 Fuß tief bei Naffau im Labnufer beim Ausgraben des Fundaments zur Kettenbrüde aufge: funden hatten, zum Mufeum abgeliefert worden find.
Herr Medicinal-Affiftent Kranf, den Namen feined Baters, ded um die Ältere Gefchichte des Landes ruͤhmlichſt verdienten, verjtorb. Inſpectors Krauß ehrend, hat durd) feine Bermittelung mehrere altdeutfche Sculpturen in Holz, ans der Kirche in Oberaurof, für unfer Mufeum erworben,
Aus der hiefigen Kofalität find ebenfalls wieder meh— rere intereffante Stüde zum Mufeum gefommen,
Es ift die Anoronung getroffen worden, daß alle Gejchenfe mit der ausführlichen Anzeige des Gebers,
*) Siehe Nr. 7 Seite 117 diefes Heftes. dv. 9.
312
Fundorts ıc. in ein fortlaufendes Negifter eingetragen werden: dadurch bleibt das Andenfen an jede Stiftung immer lebendig erhalten.
Bevor ich diefen Vortrag ſchließe, muß ich auf zwei Anprdnungen zurückkommen, welche fich theils ganz eigent- lich, theild aneinander reihend, mit den Zweden unferes Vereins verbinden.
Seine Herzogliche Durchlaucht haben befohlen, daß die Gefchichte des Haufes aus Urfunden neu bearbeitet werde, und dazu dem Herrn Hofratb Weigel mit ausge dehnter Vollmacht den Auftrag zu ertheilen gerubt.
Die deshalb nöthigen Forfchungen, die Koften, welche mit Fiberalität darauf verwendet werden, berühren ganz eigentlich den Kreis unferes Wirkens, und was demnaͤchſt oeleiftet wird, füllt eine große Zeit in unſerer vaterläns diſchen Gejchichte aus.
Aus Anregung unferes verehrten auswärtigen Direc tor8, des Herrn Geheimenrathg Freiherrn von Gerning, welcher die heutige General-Berfammlung durch ein werth> volles Geſchenk römischer und griechifcher Antifen über rafcht hat, ergriff der Herr Major und Flügel-Adjutant Freiherr von Breidbach-Bürresheim mit eben fo vielem Eifer als eigener Kenntniß, den Plan zur Stif— tung einer abgefonderten naturhiſtoriſchen Gefellfchaft, um die Naturfchäge unferes Vaterlandes zu fammeln und in unferem Mufeum aufzuftellen, — Es ift zu erwarten, daß dieſem Verein die höchfte Sanction ebenfalls zu Theil werden wird. Dem unferigen kann es nur fihmeichlen und angenehm feyn, wenn nach feinem Vorbilde jo nahe
3135
zuſammenhaͤngende Zwecke mit gleichem patriotifchem Eifer verfolgt werden.“ —
Sodann übergab derfelbe im Namen des anwefenden auswärtigen Directors, Herrn Geneimenraths Freiberrn von Gerning zu Frankfurt, das von demfelben laut Anlage beiliegende BVerzeichniß der fur das Mufeum bejtimmten Gefchenfe an Alterthuͤmern ıc., wofür demſel⸗ ben der ſchuldige Dank ausgedruͤckt wurde.
Hierauf wurde von dem Secretaͤr des Vereins, Herrn Archivar Habel, ein kurzer Bericht uͤber die neueſten Entdeckungen zu Heddernheim vorgetragen, und die im verfloſſenen Sommer in der Naͤhe des Vicus von ihm aufgefundene roͤmiſche Villa, ſammt andern Ergeb⸗ niſſen der dortigen Ausgrabungen durch Plane und Zeich— nungen erlaͤutert.
Der Herr General-Domänen-Director von Roͤßler theilte jodann einen Bericht des DVereind + Mitgliedes Herrn Juſtizraths Schapper zu St. Goarshaufen mit, in welchem derjelbe die Reſultate der unter feiner Leitung veranftalteten Unterfuchung der alten Burgüberrefte auf dem jogenannten Ring bei Lipporn, nebjt einem geome— trijchen Grundriß diefer Ruinen vorlegt *).
Darauf verlad dad Ehrenmitglied des Vorftandes, Herr Pfarrer Luja zu Dotzheim, einen ausführlichen Auszug aus dem handichriftlichen Nachlaß des verlebten Herrn Inſpectors Krauß zu Idſtein, über die alte Gaunverfafiung der Germanen.“
Zum fernern Vortrag aufgefordert, legte das auss
*) Siehe Pr. 12 Seite 197 diejes Heftes. d. G.
314
laͤndiſche Ehrenmitglied des Vereins, Herr Profeffor N. Müller zu Mainz, in einer gedrängten Zufammenftels ung, eine vergleichende Ueberjicht der berühmteften mithrifchen Reliefs vor, umd zeigte durch die zahlreiche Sammlung der hierzu eigends gefertigten Abbildungen der bis jegt edirten Mithrasdenfmäler,, daß das in uns ferm vaterländifchen Muſeum zu Wiesbaden befindliche, an Symbolen⸗Reichthum und guter Erhaltung vor allen befannten plaſtiſchen Monumenten dieſer Art den erften Rang behaupte.
Nachdem hierauf die mannigfaltigen letzten Erwers bungen unjereg Vereins von den Anmeienden betradys tet, und hierzu mündliche Erläuterungen gegeben worden waren, wurde die Sitzung aufgehoben,
Wiesbaden, d. 4 Juni 1899. von Rößler. Freiherr von Dungern, Freiherr von Gerning, Habel. Hauth, Luja, Zimmermann.
26 27 28 4
DSEWETELTEE
16 Zeile 17 ftatt Statur, fies Statue.
16
9
29 nah „dem Merkur,“ iſt hinzuzufügen: die fünfte son gemifhten Erz, dem Mars,
Germaniens I. Germanıfus. Epist. ı4. I, Epigr. 24.
Ep. 27. 1. 25.
Heidenberg I. Römerberg. 7:15,
Tab: L. Tab. I, Cheodomars I. Ehnodomars 71.1::8:
welche I. welcher. serurfachten I. verurſachte. an l. auf.
noch I. nad.
ſchileßen I. fließen.
11. 6.10%
feftgefest I. fortgefest.
24 ftatt doppelt I. dreifad.
28 1
bringe; 1. bringen, vordere [. andere.
Hausdruckerei Dr. Martin Sändig oHG., Walluf
Zudwig bon Mludersbach.
Bd. I, 2+3 zu S. 224 1286. 1305. Ritter 1315. 23. 29. 31. 32. a ———w — —— — —— — — Johann 1325. 31. Wigand 1331. Bernhard Ritter 1311: 43: 47. 50. ftarb 1357. Ritter 1341 6. 7. 48. 50. 1. 3: 7. 67. Abt zu Marien: Gem. SZmmele:Emele (Irmgart) 1347. 50. 7. 1373. war geft, 1381. fadt 1381. 62. 9. 81. (Gem. Martha 1303) Tr — ⸗ꝰ; U, Dicverich Baniel, Wepener 1368. 69 Zudwig Yohann Bernhard Manegold 1368. 81. 2. 9. 91. 81. 2. 95. 99. 1401. Ritter 1405. 18. 1381. 1367. 81. 82. 91. 1391. 1418. 1481. 91.1418.1433. Gem. Gubdegun 1392. Gem. Grete 1351. 2. 98. 99. 1118. UL — ö—— — — —— — — Daniel Dohann Mangold Bernhard Kagenellenb. Amtmann in Driedorf 1427. 30. 1. 4. zu Evgenberg 1429 40. 1415. 1421. 1430. 1415. 1420. 21.7.1430. 31. Amtmann zu Hadamar 1442. Nitter 9137. 40. ıc. 41. 52. (der Alte) 1483. Gem. Anne von El: Amtmann zu Ellar 1450 der Alte 1459. 64. 67. ſtirbt 1489. #erbaufen1420. 27. 31.
1476, 24. April zu Limburg Gem. Zuttevon Bubenbeim 1444. ftarb 1461, 7 Oft. N — — m
Daniel Ludwig Johann Friedrich Die derich 1145 57-64 67. Ritter, 1155. 65. Amtmann zu Beilftein 1467. Amtmann zu Beilftein 1461.70.78.80. Ritter, zu Drie- 1470.86. 7. 8.1501. ift in der Zunge, ftarb c 1486. 70.75. Wohnte erft in Hermannfteim, — 1457 der Zunge wohnte zu Kirberg, dorf 1470. 5. 6. Driedorf geftorben. Gem. Zuttevon dann zu Evgenberg, ftarb ıc. 1485. dann zu Eygenberg ftarb ıc: 1480. 83./1.7 9.92. 3. Naffau 1445.64 81. Gem. Lyſe 1465 Gem .....Hon Bubenheim. 5. 1502. 9. ftarb Zudwi 83 89. 151%. udwig Daniel Emmerich TWigand Johann Wilheim 1493. Gutta Zudwig Margrethe 1486, &5 1186.1514 19. zu Dridorf 1486. 1483 De: ftarb zu Eygenberg Gem. Johann zu Wiesbaden 1511. Gem. Philipp 26. Amtmann inSie: chant zu 1512. Mohr von Lunen. 1514. 19. 26.154. Kloppel von Amtmann zu gen 1507. 19. in Dietfirhen Gem. Margretbe Elderhaufen. Schaumburg Dillenburg 1520. 1509. 1511700, — — Ton Runen ſtadt ſtarb 1539. 1530. War 1597 Zudwig Wilhelm genMant, vor 1639 Tu NEN 8 5. alt, 1414. 1514 wohnte und ſtarb zu Woltt Eigenberg ec. 1065. Amtmann zu Weſterburg Sem. Anne von Stod: 1518. 57. 59 61 63. beim 1555. 1563. ftarb ftarb 158, 1566. m. Daniel
&eB. 15:54. ftarb 1602. 4. Juni als der letzte feines Geſchlechts
INUS
8
X
3
/7/
4
C
EP
BAG BREI,
2
2 SI
#7
el ven
A
Bd. I, 1
hal
Bd. I, 2+3
= Farıser Fufe
el
"lad Porre
Bd. I, 2+3
Bd. I, 2+3
I AN IVI IVAENA , PN \’
9
S 3 SIR H — 2 Parwer Fife Claud Pierre del Fried Wimmer Title
⸗ —— 7 . e
— ———— ——
PR
I ı pda
’ /latel da CLramermann {il
Bd. I, 1 Tat Mi
—
bel x f mn rnuna (ih F6 label dei
Ial
Bd. I, 2+3
Dia Steinbuch
Arıfü. non FG. 1lalet =. — =
— 3 > 2 PZ - » 2 3: 30 > 2) y 3, \ 7 N ? Zi: — e 9 ‘9 ) 3 I N 11 KIA > 2 3:9 PP} 4 F — MM EI — — RL: oJ PAR; 3 = b} — * 2 ya Ve ee * — De =iE| :
yeah!
dt Aldthreeım
bh
Nena!
ı Sy > 9° a) ; 4.51 51 N e ‚b j | Ves hıdıa, ! J le“ — — — — B * 1 Hey, \ oa ee = 4 4 le u D ) r _ fi J 7 N F 5 > x > she, ., - J » R I > 1} ; N + 9 > A \ — D Dee \ ‚ihrer P4 d € ER a / F r \ \ \ 1 WE 4 * En ı 3 {u > N} ü \ des :if 2 — Als: | \\ /Iı\ a ı 0 22 / € - Sign > > = h aa h um, re —— > = J — > Y > > > > 3 5) > » ’ Y e 3 > KIT: —_ 2 en — — > > ———— > E J u — tr 7 5 RER:
re Dome hund
2 2, — |
’
*
oe —
* — | — ROF.MERSCASTELLbeyNEUWED, |
— dm Sm mn | J Wi ! ’ j K | x | y a I u . 2 V——— NS 7 “H —9 ei ı Ko | J N M | I
4 h a — N | Run Er Her HT
—
7 * —
2 M ADD > » 5 Be KE » %e | Sp > F D 22 5 2 — a = > y SE: 4 = > 2 3 E 3 * * — * > \ > & R — > or 3 ES i R * > 2 a 5 7 EN } > | ZEN in N | 2 \ Ik > IR |
Kheund. Fuß ae ee Roc Fuß |
— — — — 2
Litb nEllimmer ralicest
Bd. I, 2+3
Tab IH.
Bd. 1,1
an: N ! —
*
Yo
IT DIONSCHSE
- Seen Er
— — —
#6 Halbcd ar inmermann dd
Zab EA
AG Habe del ( Zimmermann lilh
Bd. I, 2+3
Bd. I, 2+3
———
TRIER
72
Bd. I, 2+3
Bd. I, 2+3 Zalb IH
23 e. ( 2 FE: Sl 2.1040 Oprtaudt
amlichertorn ty Datzham
Bd. I, 2+3 | | ZB. IV-
ll
ZZ
RRRIIIIII III DJ) IR) III) JÄN jj/
ML
NN NA
D
D,; gG
| '
Be
u G
70
97:3777 97 u 3 — Luk;
Bd. I, 2+3
BR. EEE), AT ASIEN — 0 Zul
—- Se — MI DL FE EEE WWESDIDIIDLDGS EEG GT: CCCCCCC5AAßJO-
2
—
N
|
ı | f
Eee —— TA en Er] D 1 f ' h
rı
Bar1,2+3 Tal IT.
ee GG DR DAHSHILEN Ay Lgyurı
and dem Flng genannt
Massterl: von 20 Iulhen ; lach dem 10° Therl ct105 Als.
[7
- Iufgenemmen von HF Speck
Bd. I, 2+3
Bd. I, 2+3 , i Sal IH.
I ”, A 7 N Wanıdısa . Kludenstach Witeriel de Morderobauk
—
N Ludrurer
IS
— Wanegultı ab. Wudınstorch N Brrnhardı di: Ilndırstach
GETTY CENTER LIBRARY
I INLIEN
—— — — — — — —— — = — — — ET
— REITEN 2 — ——— — — — — —
—— — — RE > — e—
—— —
u —
EEE
— eh ante — —
—— —
— — — — ne a ren