HARVARD UNIVERSITY 2. Library of the Museum of Comparative Zoology Ga ER, Dargerik R ER, a a ) v0 OR SI Mader Sa ARBEITEN AUS DEM 5 ZOOLOGISEN »ZOOTONINCHEN INSTITUT IN _ WÜRZBURG. HERAUSGEGEBEN VON Prof. Dr. CARLSEMPER. Aweiter Band. Mit 22 lithographirten Tafeln und 1 Xylographie. Tu WURZBURG. - DRUCK UND VERLAG DER STAHEL’SCHEN BUCH- & KUNSTHANDLUNG. 1875. . En re P x mi tt R IE, B AP | ir TA 5 | j i i 909 RE | a + MAR 3 ö ” HARVARD HER. 0 0 "UNIVERSITY Au 0 ; 2 var 4 FIN TRIER aa ira INHALT des zweiten Bandes. Semper, Ueber die Entstehung der geschichteten Cellulose-Epidermis der Becnliens (Mit Taf. I. und I.) .. 0. . u. a0. Semper, Die Stammesverwandischaft der Wirbelthiere und Wirbellosen, (Mit Taf. III. — V. und einer Xylographie). . - Ludwig, Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. (Mit Tat. VIu. VIN). Ludwig, Thyonidium occidentale n. sp. Ein Nachtrag zu der Abhandlung: „Beiträge zur Kenntniss der Holothurien.*“ . . . . . . . . . Braun, Ueber die histologischen Vorgänge bei der Häutung von Astacus fluvia- tilis. (Mit Taf. VII. u. IX). Semper, Ueber die Götte’sche Discontinuitätslehre des organischen Lebens . Semper, Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. (Mit Tafel X bis XXII) Kossmann, Die Ansprüche des Herrn Dr. Dohrn aufLösung des Rhizocephalen- Problems . Seite 119 195 510 RR N TEE EN IR SUR 99 5 Fre MAN ulkrart wurd H3 _£ je 2 Dr Ueber die Entstehung der geschichteten Cellulose-Epidermis der Ascidien. Von GG, SEMPER. (Mit Tafel I. u. I.) Es ist bekannt, dass Kupfer, Kowalevsky, Giard und Mecznikow 1) übereinstimmend lehren, dass die sogenannten Testazellen der Aseidieneier in die Zellen des späteren Mantels übergehen, nur über die Art und Weise des ersten Entstehens derselben sind sie uneinig. Die Einen be- haupten, es seien in die Eizelle eingewanderte und nachher wieder aus- wandernde Follikelzellen; Andere glauben nachweisen zu können, dass sie unter der Dotterhaut aus dem Dotter selbst herausgebildet werden. Im ersteren Falle wäre die Testa, d. h. der Mantel des erwachsenen Thieres ein der Mutter eigentlich zugehöriger, dem jungen Thier mitgegebener Theil:eswäre die Ascidie ein zusammengeseizter Organismus, dessen äusere Hülle keiner der Embryonalschichten anderer Thiere zu vergleichen wäre. Im zweiten Falle wäre die Testa und der Mantel dem von eini- gen Autoren (Clark, Klebs, Eimer) fälschlich angenommenen Binnenepithel der Hühner- und Reptilien-Eier zu vergleichen, wenigstens seiner Ent- stehung nach und die Ascidie somit auch wieder als ein zusammengesetzter 1) In der Arbeit von Giard findet man die hauptsächlichste Literatur ange- geben; ich citire die einzelnen Arbeiten nicht, da mir dies für meinen Zweck über flüssig erscheint. Arheiten aus dem zoolog.-zootom, Institut in Würzburg. 1 9 SEMPER: Ueber die Entstehung der geschichteten Cellulose-Epidermis Organismus aufzufassen. Es hat auch bereits Kupfer die Aeusserung gethan, dass nur die unter dem Mantel liegende Cylinderzellenlage die eigentliche Epidermis des Thieres sei und da nach ihm die Testa aus einer vor der Furchung auftretenden Zellenlage entsteht, so folgt als nothwendige Con- sequenz, dass der Mantel der Ascidie kein Homologon haben könne bei allen solchen Thieren, welche ihre Eihüllen abwerfen. An und für sich hätte ein solches Verhältniss wohl kaum etwas Un-, begreifliches, da wir analoge Fälle kennen. Indessen bliebe demselben doch immer genug des Auffallenden anhaften, um die neueren Beobachter ‘zu veranlassen, ihre Beobachtungen mit Rücksicht auf diesen Punkt schärfer zu kritisiren, als sie wirklich thaten. Zunächst wurde ohne Weiteres an- genommen, dass diese Testazellen wirklich echte Zellen seien, obgleich manche Untersucher auf ihre Kernlosigkeit hinwiesen; zum Nachweis ihres Ueberganges in die späteren Mantelzellen begnügte man sich, ihre Form- ähnlichkeit und mitunter vorhandene Uebereihstimmung in den Fasern zu betonen, aber man vergass, die Lücken in den Entwicklungsstadien auszufüllen, durch welche gewisse aus der Form und Lagerung des Embryo’s im Ei herzunehmende Einwände hätten beseitigt werden können, und man vergass gänzlich, die ersten Stadien der Mantelbildung aufzusuchen. Auch in den neuesten Arbeiten von Kupfer und Giard ist diesem Punkte keine eingehende Aufmerksamkeit geschenkt worden. Es liegt indessen schon seit dem 18. December 1871 eine Arbeit von OÖ, Hertwig über die Asci- dien dem Publikum vor, in welcher die bis dahin gehegte allgemeine An- schauung als eine irrige zurückgewiesen wurde 1), Hertwig sagt in seinen „Untersuchungen über den Bau und die Ent- wicklung des Cellulose-Mantels der Tunicaten (Jenaische Zeitschr, Bd. 7 - 1871 p. 57) wörtlich Folgendes: „Das erste Auftreten des Mantels beobachtete ich erst zu der Zeit, wo der Schwanz schon eine bedeutende Länge erreicht hatte. Bei stärkerer Vergrösserung konnte ich nemlich bemerken, .wie eine feine Contour in einiger Entfernung rings um das äussere Epithel hinzog. Ausserhalb dieser Contour lagen die Testazellen in dem freien Raume der Eihöhle, 1) Bestätigt wurden dieses Untersuchers Angaben durch Arsenjeff, dessen Ar- beit mir jedoch nicht zugänglich war, so dass ich hier nur auf den von Hoyer ge- lieferten Bericht in dem 1: Band der neuen Jahresberichte über die Fortschritte der Anatomie und Physiologie über die Literatur von 1872 etc., herausgegeben von Hoffmann und Schwalbe p. 307 hinweisen kann. Seitdem sind meines Wissens keine Untersuchungen über den zu behandelnden Gegenstand veröffentlicht worden. der Ascıdien. 9 “ ohne dass an ihnen irgend eine Beziehung zu dem heranwachsenden Embryo sich feststellen liesse. Sobald die Larve anfängt, stärkere Bewegungen zu machen, kann man die gelben Zellen frei herumflottiren sehen.“ Diese Angaben kann ich nun nach eigenen Beobachtungen durchaus bestätigen und ich muss ebenso dem |, c. p. 59 gethanen Ausspruche Hertwig’s „die Testazellen seien den Eihüllen zuzurechnen und sie nähmen an der Bildung des Mantels nicht den geringsten Antheil“ auf’s Ent- schiedenste zustimmen. Ganz anders dagegen stelle ich mich zu der Aeusserung Hertwig’s, welche er am Schluss seines Abschnittes 4 „Entwickelung des Cellulose- Mantels“ thut: „der Ascidien-Mantel ist eine äussere Cuticular-Bildung der Epidermis, welche durch Einwanderung von isolirten Zellen der letzte- ren in wirkliche Bindesubstanz übergeht.“ Die Thatsachen, die in diesem Satze angedeutet sind, kann ich bestätigen, aber die Deutung des Mantels als wirklicher Bindesubstanz — beiläufig gesagt, eine schon von Leydig geäusserte Anschauung — muss ich als durchaus unzutrefiend bezeichnen. Ehe ich zur Erörterung über diesen Punkt schreite, will ich noch kurz über meine jüngst gemachten Beobachtungen "berichten, soweit sie neu sind, oder eine wohl nothwendige Bestätigung der Heriwig’schen Darstellung gegenüber der bedeutenden Autorität Kupfer’s, Kowalevsky’s und Anderer zu liefern vermögen. Untersucht wurden von mir im August und September 1873 auf ihre Eibildung 4 Arten, nämlich Molgula nana (Kupfer), Phallusia pedun- eulata (Hoffm.), Cynthia depressa (Frey und Leuckart) und Clavelina vitrea (Frey und Leuckari). Der erste zu besprechende Punkt betrifft die Entstehung der Testa und der in ihr liegenden Elemente. Mit jenem Namen bezeichnet man bekanntlich seit langer Zeit eine unter der Dotterhaut befindliche, den Embryo eng umgebende glashelle Schicht, in welcher bald mehr bald minder regelmässig die sogenannten Testazellen liegen. Die Grundsubstanz wird häufig gallertig genannt, sie ist aber, wie Hertwig schon gezeigt und wie ich bestätigen kann, eher flüssig, da die scheinbar zelligen Ele- mente in ihr leicht hin- und herschwanken. Diese letzteren sind aber keine eigentlichen Zellen, da ihnen ausnahmslos, wie auch schon bekannt, der Kern fehlt; ich werde sie deshalb von nun an immer Testatropfen nenne. Den Angaben Kupfer's und Mecznikow's von der Entstehung der- selben muss ich Kowalevsky gegenüber vollständig beipflichten: sie gehen ausnahmslos aus der Eizelle selbst hervor, Es folgt dies nicht blos aus 1* A _SEMPER: Ueber die Entstehung der geschichteten Cellulose-Epidermis Erwägungen ihrer Lagerung und der Zeit ihres normalen Auftretens — eine Argumentation, wie sie von Kupfer geübt wurde —, sondern man kann auch ihr Auftreten an reifen Eiern direct beobachten, ja selbst an jungen Eiern künstlich hervorrufen. Zum Beweise für diesen Satz will ich hier meine Beobachtungen über die Bildung des Eies im Eierstock bei den verschiedenen Arten mittheilen. I. Molgula nana, Kupfer. (Taf. I. Fig. 1—6.) 1) In dem jüngsten beobachteten Stadium (Fig. 1 a.) lag die etwa 0,019 Mm. im Durch- messer grosse Eizelle in einer feinen Hülle, welche an einer Seite eine buckelförmige kernhaltige Auftreibung aufwies; leider liess sich nicht ent- scheiden, ob dies der einzige Zellkern der Eihülle sei oder nicht. In dem nächst grösseren Stadium (Fig. 1 b) von etwa 0,029 Mm. Durchmesser war die Eizelle schon umgeben von einer mehrfach nach innen oder aus- sen buckelförmig vorgetriebenen Membran, in deren Anschwellungen immer je ein deutlich erkennbarer Kern lag. In diesem Stadium ist also die Ei- zelle schon von einem deutlichen Follikelepithel umhüllt, dessen Zellen nicht scharf von einander abgegrenzt sind und einen Kern in ihren mitt- leren Anschwellungen aufweisen. Bei 0,046 Mm. kleinerem und 0,086 Mm. grösserem Durchmesser hat sich dieses Plattenzellenepithel bereits in ein prismatisches Epithel umgewandelt, Mitunter sieht es so aus (Fig. 2 a), als sei dasselbe an einer Stelle unterbrochen, d.h. an der dem Eierstocks- epithel zugewandten Fläche scheint die Eizelle direct diesem letzteren auf- zusitzen. Dieser Punkt könnte für die Frage nach der Bildungsweise des Follikels und der Eizelle aus einem gleichartigen Eierstocksepithel von Bedeutung werden; doch kann ich ihn hier nicht weiter benutzen, da alle auf diesen Punkt gerichtete Anstrengung im Uebrigen vergeblich war. 1) Ich halte es für überflüssig, hier durch eine genaue Beschreibung dieser Ascidie von Helgoland den Beweis zu liefern, dass es in der That die neue Kupfer’- sche Art ist; die genaueste Untersuchung vermag jn den inneren Organen keinen einzigen erheblichen Unterschied zwischen meiner Ascidie und der von Kupfer so genau beschriebenen aufzudeeken. Ein Unterschied besteht nur etwa in der Fähig- keit des Mantels, sich fremde Körper anzueignen; Kupfer gibt von seiner nur in wenig Exemplaren in 10 Faden auf der Colberger Haide gefundenen Art an, sie sei fast frei von solchen; in Helgoland aber ist sie umgekehrt fast immer bedeckt von kleinen Steinchen, die jedoch nur der Oberfläche ankleben. Sie lebt dort ausschliess- lich in tiefem Wasser 4—10 Faden auf sandig steinigem Grunde südlich und süd- westlich von der Insel nicht gerade selten, Im Ganzen habe ich wohl einige 30 Exemplare in 3 oder 4 Schleppnetztouren gefangen. (S. Mödius, die wirbellosen Thiere der Ostsee. Kiel 1873 p. 136.) Zur Vergleichung standen mir allerdings keine Originalexemplare der Kupfer’schen Art zu Gebote. der Ascidien. - 5 ' Dieser Misserfolg ist für die hier behandelte Frage jedoch von gar keiner Bedeutung; denn für die weitere Umbildung der Eizelle und die Entsteh- ung der berüchtigten Testatropfen ist offenbar die Frage yach der aller- ersten Entstehung der Eizelle von keinem Belang. Gleichzeitig mit der Umwandlung der Plattenzellen des Follikelepithels in zahlreiche prisma- tische Zellen treten in diesen 2—4 gelbliche Körnchen auf, welche ziem- lich leieht in Essigsäure gelöst werden. Von Testatropfen ist noch keine Spur vorhanden; auch nach längerer Einwirkung von Essigsäure, süssem Wasser etc. treten sie gar nicht oder nur äusserst selten auf. Im vierten Stadium (Fig. 3.) sind die Follikelepithelzellen bei 0,114 Mm. Durchmesser der Eizelle zu Cylinderzellen geworden; die gelben Körnchen sind etwas grösser geworden und auch in gleicher Zahl (2—4 oder 5) wie vorhin anwesend. In diesem Stadium treten nach längerer Wasserein- wirkung etc. die Testatropfen jedesmal, aber in geringer Zahl und nur in der halben oder drittel Grösse auf, wie solche bei den ausgebildeten Eiern vorkommen. So lange aber das Ei im Follikel und Eierstock liegt und das Wasser oder Reagenz noch nicht tiefer eingedrungen ist, sieht man keine Spur desselben; zerreisst man dagegen den Eierstock, so dass die einzelnen Follikel herausfallen, so quellen fast momentan die Epithelzellen auf, während die Eizelle zunächst noch unverändert bleibt: bald aber zieht sich diese an verschiedenen Stellen vom Epithel zurück, gleichzeitig treten in ihrer Randschicht ein oder mehrere stark lichtbrechende Körper auf (Fig. 4a—.c.), die sich immer mehr auswölben, das Protoplasma der Eizelle zurückdrängen und sich schliesslich zwischen diese und das blasig gewordene Follikelepithel lagern. Von einer Dotterhaut ist in diesem Stadium noch nichts zu sehen. Ganz der gleiche Vorgang der durch Reagentien bewirkten Ausbild- ung solcher Testatropfen ist in dem nächsten Stadium zu beobachten; nur treten sie dann in bedeutenderer Grösse und Zahl auf und ihre suc- cessiven (durch das Reagens bedingten?) Umwandlungen sind dabei viel leichter zu beobachten. In diesem 5. Stadium ist das Ei bei etwa 0,170 Mm. Durchmesser reif zum Austritt aus dem Eierstock. Der Dotter ist dann blass rosaroth gefärbt; seine Oberfläche gränzt (im unversehrten Zustande), nur durch eine äusserst feine Dotterhaut (Zellmembran) von ihr getrennt, direct an das Follikelepithel; die Zellen des letzteren haben ihre gelblichen Körnchen ganz verloren, und die bekannten grossen Vacuolen (Fig. 5) entwicelt, welche sich im Innern der Zelle aneinander polyedrisch abplatten, den Rest des Protoplasmas in Strängen zwischen sich fassen und den Kern meist zur Seite drängen. Aeusserlich sind endlich auch die Follikelzellen durch eine feine Haut umschlossen, Wenn diese platzt, so 6 SEMPER:; Ueber die Entstehung der geschichteten Celluloge-Epidermis runden sich nicht blos bei Süsswasser- oder Essigsäurezusatz, sondern auch im Seewasser die Epithelzellen augenblicklich ab und bilden so eine ziemlich lockere Schicht rundlicher blasiger Zellen um das Ei; bald nach- her treten die Testatropfen zwischen Dotterhaut und Dotter in der vor- hin beschriebenen Weise aus; zuerst nur einer, dann allmälig mehrere und schliesslich ist die Eizelle von einer hier ziemlich unregelmässigen Lage von eigenthümlichen Tropfen umgeben, welche sie von den ursprünglich eng angrenzenden Follikelzellen fast ringsum trennt. Je länger die Ein- wirkung des Seewassers dauert, um so regelmässiger wird ihre Anordnung und um so grösser ihre Zahl. Dass sie unzweifelhaft aus dem Ei- dotter austreten, zeigt ihr erstes Auftreten in der Randschicht desselben ; bei hinreichender Geduld sieht man, wie sie allmälig aus ihr heraustreten und sich gänzlich vom Dotter ablösen. Damit stimmen denn auch die Maasse der ganz unveränderten und der veränderten Eier überein. Ein noch im Eierstock liegendes unregelmässig ‚ovales Ei hatte etwa 100 Theilstriche grössten und 65 Th. kleinsten Durchmesser’s; aus dem Eier- stock ausgetreten rundete es sich ab und erhielt einen Durchmesser von 78 Th. Es war also das Volum des Eies fast vollständig gleich ge- blieben. Nach längerer Einwirkung des Seewassers gemessen hatte das Ei, d. h. die Dotterhaut, denselben Durchmesser behalten, aber der Ei- dotter war stark geschrumpft, er hatte nur noch einen Durchmesser von "58 Th., die Schicht der Testatropfen mass 10 Th, und sie lag durch einen Zwischenraum von etwa 10 Th. getrennt von der dem Follikel- epithel eng anliegenden Dotterhaut. Es beweisen diese Maasse, dass bei der Einwirkung des Seewassers eine Schrumpfung des Eiprotoplasmas, bedingt durch Ausstossen von Flüssigkeit und der dichteren Testatropfen, eingetreten sein muss. Genau dieselben Veränderungen sind aber auch durch süsses Wasser und Säuren, Chromsäure etc, hervorzurufen. Dass die so aus dem Dotter herausgetriebenen Tropfen aber keine echten Zellen sind, beweist ihre Kernlosigkeit; und gegen diese Auffassung können weder die deutlich nachweisbaren amöboiden Bewegungen derselben, noch auch die in ihrer Substanz vor sich gehenden Bewegungserscheinungen in’s Feld geführt werden, Auf diesen Punkt muss ich weiter unten noch einmal zurückkommen, L Man würde hier vielleicht einwenden, es seien die so künstlich aus den Eierstockseiern herausgetriebenen Tropfen nicht identisch mit den sogenannten Testazellen, da diese letzteren ja normale Producte der wei- teren Umwandlung der Eizelle sind. Diesen Einwurf, so gegründet er scheinen mag, will ich zunächst ganz unbeantwortet lassen; es wird sich bald eine günstigere Gelegenheit bieten, ihn zurückzuweisen, der Ascidien, 7 II. Phallusia pedunculata, Hoffm.!) (Taf. I. Fig. 7—10). Die kleinsten beobachteten Eierstockseier (Fig. 7 a), welche mit den grösseren in Trauben zusammenhängen, hatten auch hier wieder ein aus nicht deut- lich abgegrenzten Plattenzellen bestehendes Follikelepithel; ihr Durch- messer betrug 0,04 Mm. Von Testatropfen war auch nach längerer Ein- wirkung von Seewasser etc. nichts zu sehen. Im zweiten Stadium haben die Eier einen Durchmesser von 0,08 Mm., die platten, buckelig aufge- triebenen Epithelzellen haben sich zu einer gleichmässigen Lage kurzer Zellen umgewandelt (Fig. 7 b); unter ihnen treten im Eidotter nach län- gerer Einwirkung von Reagentien einzelne Testatropfen auf; diese stimmen in ihrer Grösse mit denen des ausgebildeten Eies überein. Hat im dritten Stadium das Ei einen Durchmesser von 0,12 Mm., so hat das Follikel- epithel kaum an Dicke zugenommen, dagegen sind unter ihr die Testatropfen (Fig. 7 c) schon nach kurzer Einwirkung von Reagentien und Seewasser in continuirlicher Lage zwischen Dotter und Follikel- epithel aufgetreten. Eine Dotterhaut konnte ich in diesem Stadium noch nicht erkennen, Hat endlich im vierten Stadium der ganze Follikel (eben vor Ablösung aus dem Eierstock) einen Durchmesser von 0,16 Mm. und ist die hier äusserst rasch vor sich gehende Schrumpfung des Dotters vollendet, so liegt unter dem Follikelepithel eine ziemlich dicke Dotter- haut (Fig. 8b), und unmittelbar unter ihr die sehr continuirliche (Fig. 8 c), jedoch fast immer an einer oder mehr Stellen unterbrochene Schicht der Testatropfen; mitunter findet man Eier (Fig. 9), in denen diese der Mehr- zahl nach in der Randschicht des Dotters selbst liegen (Fig. 9 t‘), noch seltener solche, bei denen sie noch ganz im Ei oder auch gar nicht an- gelegt sind. Das Austreten der Testatropfen scheint hier von dem mehr oder minder raschen Einwirken der Reagentien abzuhängen; denn selbst nach Stunden traten keine äusseren Testatropfen in solchen Eiern auf, in denen sie kurz nach Ablösung des Follikels aus dem Eierstock noch gar nicht oder ausschliesslich im Dotter eingebettet vorhanden waren, obgleich der Dotter selbst dabei schrumpfte. Am unveränderten im unverletzten Eileiter beobachteten ausgewachsenen Ei sind diese Testatropfen nie vor- 1) Es ist dies die einzige in Helgoland vorkommende Phallusia, deren Speeies- name jedoch recht schlecht gewählt ist. Schon Frey u. Leuckart (Beiträge zur Kennt- niss wirbelloser Thiere 1847 p. 141) haben hervorgehoben, dass manche ihrer Ex- emplare gar nicht gestielt seien, Ich meinerseits finde, nach Untersuchung von Hunderten auf den Austerbänken gefischten Exemplaren, dass die gestielte Form die viel seltener vorkommende Abart ist. Im anatomischen Bau unterscheiden sich beide aber durchaus nicht, 8 SEMPER: Ueber die Entstehung der geschichteten Cellulose-Epidermis handen und die Dotterhaut ist zwar deutlich doppelt contourirt, aber doch viel dünner, als nach der Isolirung des Follikels (Fig. 10). Es geht _ aus diesen Beobachtungen hervor, dass auch hier wieder durch die selbst im Seewasser erfolgende Ablösung des Eifollikels aus dem Eierstock Quellungen und Schrumpfungen ganz analoger Art bewirkt werden, wie sie vorhin vom Ei der Molgula nana beschrieben wurden. Ob aber die hier sogenannten Testatropfen mit den oft erwähnten Testazellen identisch sind, lässt sich abermals nicht ohne Weiteres entscheiden, obgleich bereits in der hervorgehobenen regelmässigen epithelartigen Anordnung derselben um die geschrumpfte Eizelle herum und aus der Achnlichkeit des publi- cirten ‚Bildes mit dem anderer Forscher schon ein, wenn auch nicht ge- rade beweisendes Argument für die Richtigkeit dieser Behauptung zu entnehmen wäre. III. Cynthia depressa, Frey u. Leuckart 1) (Taf. I. Fig. 11—13.) Das jüngste beobachtete Ei hatte 0,06—0,07 Mm. Durchmesser; es war umgeben (Fig. 11) von einer stellenweise schwach aufgetriebenen Mem- bran, in den flachen Buckeln lagen schmale lange Kerne, die jedoch erst nach Essigsäure deutlich wurden. Von Testatropfen war so wenig eine Spur zu bemerken, wie von einer Dotterhaut. Im zweiten Stadium (Fig. 12) hat das Ei etwa 0,21 Mm. Durchmesser, der Dotter ist schon blass rosaroth gefärbt, die platten Follikelzellen haben sich in prisma- tische umgewandelt; erst nach längerer Einwirkung von Seewasser quellen sie auf, wölben sich dabei stark vor und nach etwa 5 Minuten sieht man in der Randschicht des Dotters helle Kugeln, welche die Testa- tropfen zu sein scheinen, aber nie aus dem Dotter heraustreten. Das reife Eierstocksei hat etwa 0,30 Mm. Durchmesser; der Dotter ist schön rosaroth (oder grünlich bei der gelben Varietät), unter dem Follikelepithel findet sich eine deutliche Dotterhaut (die Schale Giard’s?), aber auch in diesem Stadium treten die Testatropfen erst nach längerer Einwirkung von Wasser innerhalb des Dotters auf, nie aber begeben sie sich nach aussen. Auch an dem in die Bruthöhle abgelegten Ei fehlen dieselben ursprünglich völlig; wenn aber die Furchung begonnen hat, so findet man ganz unregelmässige Testatropfenhaufen zwischen den Furchungszellen und der Dotterhaut (Fig. 13) (der Schale). Aber auch bei jenen treten sie auf, wenn die Einwirkung des reinen Seewassers nur lange genug ge- 1) Frey und Leuckart, Beiträge etc. pag. 141. Nicht selten um Helgoland auch im tiefen Wasser. Es kommen in der Färbung zweierlei Varietäten vor: rothbraune und gelblich grüne, Im anatomischem Bau habe ich keine Unterechiede entdecken können, der Ascidien. - 9 “ dauert hat. Dieser Befund steht mit dem, was Giard u. A. über das normale späte Auftreten der Testazellen bei Cynlhia angegeben haben, in völligem Einklang, Daraus nun, dass die künstlich aus den unge- furchten in der Bruthöhle befindlichen Eiern ausgetriebenen Testätropfen mit den in den weiter entwickelten von Anfang an vorhandenen in jeder Beziehung, in Lagerung und Grösse, Form und Structur übereinstimmen, lässt sich schon mit bedeutender Wahrscheinlichkeit schliessen, dass beide Theile in der That identisch sind. Der am lebenden Thier normal und langsam eintretende Vorgang wird eben nach dem Tode desselben bei Isolirung der Eier durch das nun ganz direct wirkende reine Seewasser, vielleicht auch befördert durch den Ausfall der Athmung, leichter und rascher hervorgerufen werden müssen, so dass nun die Testatropfen zu einer Zeit auftreten, in welcher sie sonst am lebenden Thier noch nicht aus dem Dotter herausgepresst waren, ; IV. Clavelina vitrea, Frey u. Leuckart. (Taf. I. Fig. 14—16,) Die jüngsten Eierstockseier, 0,02 Mm. im Durchmesser (Fig. 14), hängen in einem aus platten Buckelzellen bestehenden Sack, dessen Verbindungs- weise mit dem Epithel des Eierstocks aber nicht zu enträthseln war; die - Hülle wird erst deutlich nach längerer Einwirkung von Reagentien und Seewasser, dann auch treten deutliche Kerne iu den Buckeln auf. Diese Follikelhaut liegt der Oberfläche der Eizelle dicht an. Im Dotter der letzteren befinden sich zu Anfang nur feine Körnchen, welche das Keim- bläschen nicht verdecken. Eigentliche Testatropfen sind in den kleinsten Eiern durch Reagentien nicht zu erzeugen, wohl aber gränzt sich eine unregelmässige, oft in Buckeln vorspringende und zerfetzte hyaline Rand- schicht von dem sich trübenden inneren Eiinhalte ab. Sind die Follikel- zellen prismatisch geworden, so dass sie am unveränderten Eierstock eine: parallelwandige Hülle um die Eizelle bilden (Fig. 15), so hat sich der Dotter des letzteren bereits ganz erfüllt mit gelblichen Dotterkugeln, welche so dicht an die sehr feine Dotterhaut herantreten, dass keine Spur einer hyalinen Randzone des Eies zu bemerken ist. In diesen Eierstockseiern (kleineren, 0,12 Mm., und ganz reifen, etwa 0,36—0,40 Mm. grossen) sind nun die Testatropfen erst nach sehr lang dauernder Einwirkung von Seewasser hervorzutreiben; sie treten in der bekannten Form auf. mit körnig-blasigem Inhalt, ohne Membran und mit amöboider Bewegung be- gabt; sie sind etwas grösser, als die äusserlich der ebenfalls schwach ge- quollenen Dotterhaut ansitzenden Follikelzellen (Fig. 16) und ein Kern ist nie in ilınen nachzuweisen, während ein solcher in den Follikelzellen ausnahmlos auftritt; endlich liegen sie in einer hyalinen Randzone, wäh- rend sich die gelben Dotterelemente nach innen zurückgezogen haben, 10 SEMPER: Ueber die Entstehung der geschichteten Cellulose-Epidermis Es ist also durch die hier mitgetheilten Beobachtungen an 4 ver- schiedenen Ascidienarten erwiesen, dass künstlich durch Reagentien oder auch selbst nur durch Seewasser in jungen wie reifen Eierstockseiern Tropfen einer eiweissartigen amöboiden Substanz aus der Eizelle ausge- presst werden können, welche in ihrer Bewegung, Structur, Grösse und Lagerung zu der Eihülle den sogenannten Testazellen durchaus gleichen. Bei ihrem \ Austreten tritt eine Schrumpfung des eigentlichen Dotters ein und zwischen diesem, die specifischen Dotterelemente enthaltenden Körper und die Dotterhaut lagert sich eine hyalineRandzone, welche bald mehr, bald minder erfüllt ist von den herausgetretenen Testatropfen. Es bleibt nun noch übrig, den Beweis zu liefern, dass dieso künst- lich erzeugten Testatropfen diesen Namen auch verdienen, dass sie also mit den zweifellos überall normal in abgelegten Eiern auftretenden Testa- tropfen identisch sind. Dieser Beweis ist für Clavelina ungemein leicht zu liefern. Es werden hier — wie bei so vielen anderen Ascidien — die Eier mit ihrem Follikel in die Bruthöhle abgelegt. Da ist dann an den noch ungefurchten, also wohl eben erst aus dem Eierstock ausge- tretenen Eiern noch keine Spur der Testatropfen zu erkennen; sowie aber die Furchung beginnt, sind sie auch da, und gleichzeitig tritt dabei auch die Schrumpfung der Eizelle ein, welche bei dem künstlichen. Austreiben gleichfalls nachgewiesen wurde, während die Eihülle ihren Durchmesser nicht verändert. Angenommen nun, es seien diese eben vor und während der Furchung auftretenden Testatropfen nicht mit den im Eierstock ent- stehenden identisch, so würde sich doch wohl irgend ein Unterschied in Grösse, Structur und Form beider nachweisen lassen, was nicht der Fall ist; die Testatropfen, welche durch Wassereinwirkung im abgelegten, aber noch nicht gefurchten Ei hervorgerufen werden, und die andern, welche normal mit der Furchung auftreten, stimmen in jeder Beziehung überein. Was aber vor Allem den Beweis ihrer Identität liefert, ist folgende Be- obachtung. Im Beginn der Furchung sind sie nur in geringer Zahl vor- handen, Legt man nun ein solches, aus dem Thier genommen, unter das Mikroskop, so sieht man, wie sich die Zahl der Testatropfen allmälig in der oben beschriebenen Weise aus dem Dotter der Furchungskugeln her- aus vermehrt, während die Furchung selbst nicht weiter schreitet. Dass dann aber auch die im Eierstock künstlich hervorgerufenen mit den in der Bruthöhle auftretenden zu identificiren sind, beweisen alle mit ihrem Auftreten verbundenen oben geschilderten Erscheinungen. Es liegt nach Obigem die Annahme nahe, dass auch das normale Auftreten derselben in den Eiern der Bruthöhle oder in den frei im Meer schwimmenden hervorgerufen wird durch die directe Einwirkung des reinen: der Ascidien. 11 - Meerwassers, welche ja, wie wir gesehen haben, auch in den Eierstocks- eiern die gleichen Elemente zu erzeugen vermag. Dass dieselben aber nicht an der Bildung der Larve theilnehmen, hat Hertwig schon gezeigt (einige bestätigende Angaben werde ich gleich geben). Damit ist also auch erwiesen, dass es Producte der Eizelle sind, welche für den Orga- nismus keine morphologische Bedeutung weiter mehr haben. Hertwig rechnet sie und die sie umgebende helle Flüssigkeitsschicht zwischen Larve und eigentlicher Eihülle zu den Eihüllen, ein Vergleich, der nicht gerade unpassend genannt werden kann. Auffallend bleibt dabei nur, dass er nicht auf die Flüssigkeit hinweist, welche auch im Schneckenei zwischen Ei und Eihülle häufig, wenn auch nicht immer so mächtig ent- wickelt, zu sehen ist; es ist dies um so auffallender, als auch in dieser Schicht Tropfen einer eiweissartigen Substanz liegen, die Richtungsbläs- chen, welche fast in jeder Beziehung mit den Testatropfen übereinstimmen. Sie bilden sich normal erst im Augenblick der Furchung, oder schon vor- her, sie sind kernlos, eiweissreich, da sie in Säuren stark gerinnen, sie treten wahrscheinlich (s. unten) aus dem Dotter aus, sie haben. ebenfalls amöboide Bewegungen, aber keinen Kern und sie nehmen gleichfalls am Aufbau der Embryonalschichten keinen Antheil. Sie sind allerdings bisher nicht an den Eierstockseiern gesehen worden; vielleicht nur, weil man sie hier nicht gesucht hat, aber selbst, wenn sie dort nicht känstlich zu er- zeugen wären, so zeigen die bedeutenden Verschiedenheiten im normalen Auftreten derselben bei den Ascidieneiern, dass hierauf weiter kein gros- ses Gewicht gelegt werden kann. Der einzige auffallende Unterschied ist die Zahl, in welcher beide auftreten, bei den Schnecken sind es meist nur 2—4, bei den Ascidien sehr zahlreiche. Indessen kommen bei diesen letzteren auch schon sehr bedeutende Schwankungen je nach der Species vor und da man die Richtungsbläschen der Molluskeneier, wie überhaupt die Molluskenentwicklung "neuerdings etwas vernachlässigt hat, so ist nieht ohne Weiteres als ausgemacht anzunehmen, dass sie immer nur in so geringer Zahl auftreten. Sollten sie aber bei irgend einer Schnecken- gattung in grösserer Menge gebildet werden, so müssten sie sich offenbar wie bei vielen Aseidieneiern, epithelartig an die Dotterhaut anlegen. End- lich spricht auch die Thatsache, dass die Testatropfen sich um den Embryo herum selbstständig amöboid zu bewegen vermögen, so Jange sie mit ihm in der Eihülle eingeschlossen sind, nicht gegen ihren Vergleich mit den Richtungsbläschen der Schnecken; denn die letzteren behalten nicht blos die gleiche Beweglichkeit eben so lange bei, sondern sie entwickeln sich sogar mitunter zu scheinbar selbstständigen Organismen, wie die Beobach- 12 SEMPER: Ueber die Entstehung: der geschichteten Cellulose-Epidermis tungen von Nordmann!) an Tergipes zu beweisen scheinen 2), Kein einziger wirklich haltbarer Grund spricht also gegen die hier vorgenom- mene Vergleichung, sehr viele positive aber dafür. 1) Nordmann’s Angaben kenne ich nur nach dem ausführlichen Auszug C, Voat’s in den Ann. d. Se, 3. Ser. Vol. 5. Er unterscheidet zweierlei aus dem Dotter aus- tretende Elemente, einmal solche vor der. Furchung, die in grösserer Zahl (2—8) aus dem Dotter austraten, dann ein vonihm mit dem damals schon durch Dumortier, van Beneden u. A. bekannten Richtungsbläschen verglichenes Bläschen, das er aber ausdrücklich (l. e. p. 147) erst nach Ausbildung des Maulbeerstadiums auftreten lässt, Ebenso sagt er ganz bestimmt, dass dies Bläschen nicht das Keimbläschen sein könne (I. c. p. 148), da dies letztere 4 Tage vor dem Auftreten des ersteren verschwände. In der Regel pflegen die Richtungsbläschen bei Molluskeneiern eben vor der Furchung auszutreten, unmöglich wäre es indess nicht, wie ähnlich wohl bei Aseidien, dass ihre Ausstossung nicht immer an so bestimmte kurze Perioden des Eilebens gebunden wäre. Eine genauere Prüfungs der Nordmann’schen alten und vielleicht gerade deshalb werthvollen Beobachtungen wäre von Interesse; aber auch ohne eine solche glaube ich das Recht zu haben, sie in der oben versuchten Mess; allerdings mit einigem Vorbehalte, zu verwerthen. 2) Es ist zwar in jüngster Zeit eine Ansicht aufgestellt worden, welche dem hier gezogenen Vergleich ungünstig zu sein scheint. Durch Oellacher (Schultze's Arch. Bd. 8. 1871 d. 1. sqq.), dem sich Flemming (ebenda Bd. 10. 1871 p. 275) anschliesst, wurde nachzuweisen versucht, dass bei allen Thieren das Keimbläschen vor der Befruchtung ausgestossen werde und dass aus ihm durch Theilung die bis- her mit dem Namen Richtungsbläschen bezeichneten Eiweisskügelehen hervorgingen. Für die Wirbelthiere mag das nun seine Richtigkeit haben — obgleich mir die wenig zahlreichen Beobachtungen auch für diese noch keinen allgemeinen Schluss zu gestatten scheinen —; der Nachweis für die Wirbellosen ist von Oellacher in keiner Weise geliefert worden und was Flemming in dieser Beziehung über das Najadenei sagt, macht eine solche Annahme für die Muscheln wohl wahrscheinlich, aber nicht gewiss. Einstweilen erlaube ich mir also, diese Oellacher’sche Anschau- ung noch mit einem gewissen Misstrauen anzusehen; dies freilich nur, weil sie mir zu rasch verallgemeinert erscheint, nicht aber, weil ich sie für nothwendig unrichtig hielte. Sollte sich nun herausstellen, dass in der That das, was man bei den Thie- ren bisher Richtungsbläschen genannt hat, überall das Keimbläschen — getheilt oder ungetheilt — sei, so würde ich trotzdem die von ‚mir hier vorgenommene Vergleich- ung desselben mit den Testatropfen aufrecht erhalten, obgleich die letzteren zweifel- los nieht aus dem Kern des Eies, sondern aus dem Dotter ihren Ursprung nehmen. Das Wesentliche ist bei dem Vorgang des Ausstossens derselben eben das Ablöscn eines bisher integrirenden Bestandtheiles der Eizelle, gewissermassen eine Defäcation derselben, eine Befreiung von offenbar für die einzuleitenden Vorgänge unbrauch- baren Stoffen. Ob diese sich nun im Keimbläschen ansammeln oder bilden, so dass das letztere nothwendig ausgestossen werden muss, wenn eine Reinigung der Zelle stattfinden soll; oder ob sie direkt aus dem Dotter in Form von Testatropfen aus- geschieden werden (wie bei den Aseidien), ist ziemlich gleichgültig für die Auf- Iassung des Vorgangeg. Morphologisch identisch würden sie allerdings nicht sein; Bi; dee Ascdin m. m 13 Damit gehen wir über zur Discussion der zweiten Frage: wandelt sich die Testa mit ihren Tropfen in den Mantel mit seinen Zellen um oder nicht? Jene Ansicht hat die grössere Zahl der Meinungen und sehr gewichtige für sich; bekannten und allgemein anerkannten Autoritäten stellen sich nur zwei junge Forscher, der Eine mit einer Erstlingsarbeit gegenüber. Es wird daher zweckmässig sein, zur Bestätigung dieser Hertwig’schen Ansicht, meine eigenen Beobachtungen mit einigen erläu- ternden Bildern, welche in Hertwig’s Arbeit fast gänzlich fehlen, mitzu- theilen. Es konnte dieser Punkt genauer zwar nur an 2 Arten verfolgt werden, nämlich an Clavelina vitrea und an Cynthia depressa; aber hier waren die Ergebnisse auch völlig beweisend. Auf die andere, in jüngster Zeit mehr in den Vordergrund geschobene Frage nach der Entstehung des Nervensystems gehe ich absichtlich nicht ein, ich werde deshalb auch nur diejenigen Larvenstadien beschreiben, welche für die nach Entstehung des Mantels von Bedeutung sind. Bei Clavelina hat der auswachsende Schwanz schon reichlich ein Dritttheil des Körperumfangs der Larve umwachsen (Fig. 17), ehe nur eine Spur des Mantels zu erkennen ist. Zwischen der aus kurzen Cylinder- zellen bestehenden Epidermis und der Eihülle, welcher die klein gewor- denen Follikelzellen noch immer als kernhaltige Buckelzellen (Fig. 18) . anhaften, liegen ganz unregelmässig die in der Eihöhlenflüssigkeit leicht beweglichen Testatropfen. Hat der Schwanz reichlich den halben Körper- umfang umspannt, so bildet die Epidermis seiner äussersten Spilze eine ziemlich lange ganz zellenlose Cuticula von flossenförmiger Gestalt. Die beiden Flossenkanten stehen zum Thier horizontal, also senkrecht gegen die Sagittalebene; man sieht sie fast immer nur von oben (Fig.19, 20, 21), da die auch im Ei befindliche Larve fast immer auf die Seite zu liegen kommt, Ehe nun die äusserste Spitze dieser cuticularen Schwanzkappe die Wurzel des Schwanzes erreicht, treten auch am Körper der Larve eine solche Gleichheit habe ich auch höchstens für die Schnecken in’s Auge gefasst, bei welchen die Richtungsbläschen in grösserer Zahl gleichzeitig auftreten und wohl mit ziemlicher Sicherheit als abgelöste Dotterbestandtheile anzusehen sind, Dass aber morphologisch verschiedene Theile des Eies die gleiche oder ähnliche physio- logische Bedeutung für den Stoffwechsel desselben besitzen, darf uns nicht in Erstau* nen setzen, da wir uns nachgerade doch wohl daran gewöhnt haben, dieselben Lei- stungen von den verschiedensten morphologisch gar nicht vergleichbaren Gliedern des Thierkörpers ausüben zu sehen. In diesem Sinne kann ich also den Vergleich der Testatropfen mit den Richtungsbläschen der Schnecken auch dann nicht zurück- nehmen, wenn selbst für die letzteren die Abstammung aus dem Keimbläschen ein- mal nachgewiesen werden sollte. 14 SEMPER: Ueber die Entstehung der geschichteten Cellulose-Epidermis und an der Schwanzwurzel schmale Cuticularsäume auf (Fig. 19 m, m), welche so wenig wie die Schwanzflosse Zellen enthalten, aber undeutlich geschichtet sind. Diese partiellen Cuticularsäume breiten sich rasch am Körper und Schwanz aus und umhüllen ihn schon, ehe sich noch der für Clavelina characteristische lange die 3 Saugnäpfe tragende ‚Stiel (Fig. 24) entwickelt hat. Bis dahin ist die nun deutlich geschiehtete und- dicke Cu- ticula (Fig. 22) gänzlich ohne Zellen; zwischen ihr und der Eihülle, an welcher die Follikelzellen verschwunden sind, flottiren die Testatropfen hin und her; diese letzteren sind bald rundlich, bald verästelt, wie weisse Blutkör- perchen, ihre Bewegungen sind deutlich, aber langsam. Wenn aber der Saug- napfstiel sich etwa auf ein Viertel der Körperlänge gestreckt hat (Fig. 23), so hat auch die Ausbildung der Mantelzellen bereits begonnen; gleich- zeitig damit ist unter der ursprünglichen auch jetzt noch zellenfreien pri- mären Cuticula eine neue geschichte Haut aufgetreten, in welcher aber gleich von Anfang an Zellen vorhanden sind (Fig. 23 u. 24). Die der Epidermis zunächst liegenden sind platt, oder verästelt, weiter nach aussen runden sie sich mehr und mehr ab und die der äussersten Lage, dicht unter der primären Cuticula, enthalten meistentheils ein glänzendes gelb- liches Körnchen, welches aber nicht, wie Essigsäure beweist, der Zellkern ist. Bald darauf treten auch einzelne dieser Zellen in der primären Cu- tieula auf, jedoch immer in sehr geringer Anzahl. Am Schwanz tritt diese Scheidung in 2 Schichten nicht ein und hier (Fig. 26) sieht man auch äusserst klar die Epidermiszellen sich buckelförmig vorwölben und in diesen Buckeln ein grosses glänzendgelbes Körnchen erzeugen, wie solches auch in den schon in der Cuticula liegenden Zellen deutlich ist. Es weist dies, wie auch bereits von Hertwig in Bezug auf ein ganz ähn- liches Bild hervorgehoben wurde, auf eine Knospung der Mantelzellen aus den Zellen der ursprünglich einschichtigen Epidermis hin, Indessen darf nicht verschwiegen werden, dass auch die an der äus- seren Fläche der primären Cuticula haftenden Testatropfen nicht selten ein solches gelbes glänzendes Tröpfchen (Fig. 24) besitzen. Zwar enthalten sie niemals einen Kern, wie er. ausnahmslos in den Mantelzellen, auch in denen mit gelben Körnchen zu sehen ist; doch ist es ja nichts Seltenes, einen Kern im Protoplasma auftreten zu sehen, man brauchte eben nur anzunehmen, dass nach der Einwanderung der kernlosen Testatropfen in die Cuticula sich diese einen solchen bildeten. Auch die Grösse stimmt nicht ganz, die Testatropfen sind durchweg um etwa ein Drittel grösser, als die Mantelzellen; wenn man aber annimmt — was nicht unberechtigt ist —, dass gleichzeitig mit der vorausgesetzten Einwanderung in die schon bestehende Cuticula abermals eine Substanz ausgeschieden werde, der Ascidien. ' b sol 15 80 ist (durch solche Ausscheidung 'auch die Schrumpfung der ursprünglich grösseren Testatropfen zu erklären. Es kann also an dieser Art zunächst nur festgestellt: und : bestätigt werden, was :Hertwig schon für andere Arten und Gattungen behauptet hat; dass die erste Spur des Mantels eine zuerst am Schwanz, ‘nachher auch am Körper auftretende zellenfreie Cuticula ist. So wahrscheinlich aber die weitere Annahme erscheint, dass die einwandernden Zellen nur von der eigentlichen Epidermis aus sich ablösen, so liess sich doch in diesem Falle die Möglichkeit nicht ganz: von der Hand weisen, dass viel- leicht auch von aussen her eine Einwanderung von Testatropfen statt- fände. Der strenge Nachweis, dass eine solche Einwanderung der Testa- tropfen in die vorgebildete Mantelcuticula nicht stattfinden kann, wurde von Hertwig nicht gegeben, er wird aber durch die weitere Entwicklung der schon vorhin in Bezug auf ihre Eibildung besprochenen Cynthia de- pressa geliefert. Bei dieser Art sind Lagerung der Testatropfen, Ausbildung des Lar- venschwanzes und Auftreten der ersten cuticularen ‚Umhüllung ganz wie bei Clavelina. Auch bei ihr bildet sich zuerst am Schwanzende (Fig.27 m‘) eine feine zellenlose Cuticularkappe, die bald zu einer längsstreifigen fast in Haare aufgelösten Schwanzflosse wird (Fig. 28); weiter oben am Schwanze legt sich die Cuticula in Falten, während sie: den eiförmigen mit nur 2 papillenartigen Fortsätzen versehenen Larvenkörper glatt über- zieht (Fig. 28). In diesem Stadium verlässt die Larve die Eihülle; ich habe mehrfach neben 4—6 noch im Ei befindlichen Larven mit solchem Sehwanz etwa 20 in der Bruthöhle gefunden, bei welchen niemals der Ruderschwanz länger, meist aber sehr viel kürzer war, als bei jenen, Diese mit kürzerem Schwanz versehenen Larven muss man daher auch als spätere Stadien auffassen. Da nun bei den langgeschwänzten noch in der Eihülle befindlichen Larven niemals Mantelzellen zu beobachten waren, solche aber gleich auftraten, sowie eine Resorption des Schwanzes nach dem Austreten aus der Eischale begonnen hatte (Fig. 29—31), so ist damit der Beweis geliefert, dass alle Zellen, welche später im Mantel zu finden sind, nur durch Abschnürung von der Epidermis her entstanden sein konnten (wofür auch das Bild in Fig. 31 vom rückgebildeten Schwanz spricht) und dass eine Einwanderung der Testatropfen nicht stattgefunden haben kann, da sie offenbar beim Austreten der Larve aus ihrer Eihülle mit dieser abgeworfen werden müssen. Denn man sieht nie bei den freien Larven je eine einzige Zelle äusserlich der Cutieula anhaften; diess müsste aber leicht zu beobachten sein, wenn aus einwandernden Testa- 16 SEMPER: Ueber die Entstehung der geschichteten Cellulose-Epidermis tropfen die Mantelzellen hervorgingen. da die letzteren fast gleichzeitig an allen Orten und in recht bedeutender Zahl auftreten. Erst durch das Auffinden einer Larve, welche allseitig von einer Cuticularhülle umgeben aus dem Ei auskriecht, also die Testa und ihre Testatropfen abwirft, ehe in der Anlage ihres Mantels Zellen zu entdecken sind, konnte der gegne- rischen Anschauung jede Stütze entzogen werden, so dass nun hoffentlich die Hertwig’sche Darstellung zur allgemeinen Geltung gelangen und das lange festgehaltene Dogma von der Entstehung des Ascidienmantels aus einer Eihülle beseitigen wird. Die nun erwiesene Thatsache, dass die Testa- tropfen abgeworfen werden, stellt dieselben mit den Richtungsbläschen der Molluskeneier in eine Reihe, es sind Elemente, welche als unnütz 1) für die weitere Ausbildung des Embryo’s aus der Eizelle ausgestossen werden, und selbstverständlich so lange in der Eihöhle liegen bleiben müssen, als die Eihülle nicht von der Larve oder dem jungen Thier abgestreift wird. Durch sie wird endlich auch jede weitere Discussion der von Anderen für die Umwandlung der Testa in den Mantel angeführten Behauptungen überflüssig. | Andrerseits aber muss hier eine Anschauung Hertwig’s discutirt werden, welche von den gut beobachteten Thatsachen, die auch ich aner- kenne, ausgeheud zu einer ganz sonderbaren morphologischen Auffassung führt, es ist das seine Ansicht von der bindegewebigen Natur des Cellu- lose-Mantels der Ascidien. Um dieser Discussion eine solide Grundlage zu geben, muss ich zu: nächst daran gehen, aus der Hertwig’schen Arbeit diejenigen Sätze und Ansichten hervorzusuchen, welche nach ihm bestimmt zu sein scheinen, die bindegewebige Natur des Ascidienmantels zu beweisen. Nach sorg- fältigstem Durchlesen finde ich nur folgende hier wörtlich copirte Sätze: Auf p. 59. „Der Mantel entsteht .. . zunächst als eine Cuticula, welche aussen auf der Zellenschicht der Epidermis aufliegt und von dieser ausgeschieden wird. ... . DieDicke der Celluloseschicht nimmt zu und es wandern vom Epithel aus zahlreichere Zellen in sie ein, welche von hier an ihrem Verhalten zur Intercellusarsubstanz gemäss als Bindegewebs- zellen zu bezeichnen sind, .. ., der Ascidienmantel ist eine äussere Cuticular- nme 1) Damit soll natürlich nicht gesagt sein, dass sie überhaupt unnütz seien, ihr regelmässiges Auftreten beweist, das sie eine physiologische Bedeutung haben müs- sen; für den sich entwickelnden Embryo sind sie morphologisch bedeutungslos, physiologisch vielleicht nicht, da die Annahme nahe liegt, dass sie Nährmaterial für denselben lieferten; vielleicht aber haben sie auch nur die Aufgabe, unbrauchbar gewordene Stoffe abzuführen, Dann wären dies die primitivsten Exeretionsorgane; der Aseidien. 17 ‘bildung der Epidermis, welche durch Einwanderung von isolirten Zellen der letzteren in wirkliche Bindesubstanz übergeht.“ p. 59. „Der Mantel .... bietet uns eine reiche Auslese verschie- dener Bindegewebsformen dar.“ Und in dem nun folgenden Abschnitt spricht Hertwig beständig von Bindegewebszellen in einem gewissen Gegen- satz zu den sogenannten Kugelzellen der Phallusien, obgleich er sie beide mit einander und auch mit den Epidermiszellen in genetischen Zusammen- hang bringt. Dann heisst es p. 63 weiter: „Für diesen Process der flüssigen Zellinfiltration bieten sich uns Analoga in dem blasigen Binde- gewebe der Arthropodeu und Mollusken, den Chordazellen und auch in den Fettzellen der Wirbelthiere, Alle diese Zellen sind Gebilde, die wir uns durch Ansammlung einer flüssigen Substanz in dem Protoplasma ein- facher Bindegewebszellen entstanden denken müssen.“ Dann beschreibt er p. 65 eine Bindesubstanz des Mantels mit flüssiger Intercellularsubstanz von Phallusia cristata; endlich weist er auf die faserige Mantel-Cellulose verschiedener Cynthien als auf faserige Bindesubstanz hin, Nirgends findet man bei Hertwig den leisesten Versuch, den Aus- spruch, es sei der Mantel der Ascidien Bindesubstanz, zu rechtfertigen; es gilt ihm derselbe offenbar von vornherein für berechtigt und unan- tastbar. Nun findet sich aber in keinem Lehrbuche der thierischen Ge- webelehre eine Definition des Wortes „Bindesubstanz“, welche man gleich- mässig auf die darin subsumirten Gewebsformen anwenden könnte; und doch wäre dies ohne Zweifel die erste Vorbedingung für die richtige Auf- fassung der morphologischen Werthigkeit irgend eines Bindegewebes. Unter der Voraussetzung, dass diese These richtig sei— was zu erweisen an einem andern Orte versucht werden soll —, kann also auch die Rich- tigkeit oder Unrichtigkeit der Heriwig’schen Ansicht nicht so geprüft werden, dass man die Natur des zu classifieirenden Gewebes auf Grund der feststehenden Ansicht vom Bindegewebe untersuchte; vielmehr muss man dazu aus den oben angeführten Aeusserungen diejenigen Momente heraustasten, welche der Autor als beweisend für die bindegewebige Natur des Ascidienmantels angesehen hat, Es könnte nun scheinen, als ob Hertwig dabei nicht blos Gewicht auf die Intercellularsubstanz, sondern auch auf die besondere Natur der Zellen seibst zu legen wünschte, da er ausdrücklich auf die Analogie hinweist, welche zwischen „den aus einfachen Bindegewebszellen“ durch flüssige Zellinfltration entstehenden Kugelzellen der Phallusien einerseits und dem blasigen Bindegewebe der Arthropoden, Mollusken, Chordazellen Arbeiten aus dem zooleg,-zootom, Institut in Würzburg. II, Bd. 2 18 SEMPER; Ueber die Entstehung der geschichteten Cellulose-Epidermis und Fettzellen der Wirbelthiere andrerseits bestünde. Das Vorkommen dieser Kugelzellen ist indess ein ziemlich beschränktes; es kann daher dieser Punkt also auch einstweilen ausser Acht gelassen werden. Dann ‚aber bleibt nur noch das eine Wort Hertwig’s von Bedeutung „es seien die Mantelzellen wegen ihres Verhaltens zur Intercellularsubstanz als Binde- gewebszellen zu bezeichnen.“ Im Zusammenhang mit dem erläuternden Satz, dass die ursprüngliche Cuticula durch Einwanderung von Zellen und Vermehrung der Grundsubstanz in echte Bindesubstanz übergehe, ist da- durch erwiesen, dass es nur die Lagerung der Zellen innerhalb einer Grundsubstanz, oder mit anderen Worten die allseitige Ausscheidung der letzteren rings um die Zellen herum ist, welche nach Hertwig über die 'bindegewebige Natur des Gewebes entscheidet; und es ist ferner dadurch bewiesen, dass er eine Cuticula, welche als solche zeitlebens bestehen bleibt, nicht als Bindegewebe ansieht. | Nach ihm muss also jede Zellen enthaltende und durch diese ge- bildete Intercellularsubstanz als Bindegewebe angesehen werden. Mit die- ser Definition könnte es schliesslich gelingen, wohl alle Gewebe des thie- rischen Körpers als Bindegewebe zu enträthseln; denn es wird schwerlich irgend ein Zellgewebe oder ein Fasergewebe geben, in welchem nicht eine Spur von die Zellen oder Fasern - allseitig umgebender Intercellular- substanz nachzuweisen wäre. Die Zellen der geschichteten Epidermis der Wirbeltbiere sind bekanntlich, wie die neueren Färbungsmethoden lehren, durch solche getrennt und auf ihrer Anwesenheit und eigenthümlichen chemischen Constitution beruht, wie eben allgemein bekannt, der erst kürzlich gelieferte Nachweis der in allen Gefässen vorkommenden cha- racteristischen Endothelzellen. Das Reticulum vieler parenchymatischer Drüsen, die Grundsubstanz des Gehirns würden nicht blos für sich (wie man jetzt annimmt), sondern mit den Zellen auch zum Bindegewebe ge- rechnet werden müssen ; die Zellen der Magenschleimhaut sind z. B. im Körnermagen der Vögel durch eine ziemlich bedeutende Intercellularsub- stanz mit einander verbunden und auch diese müsste man demnach dem Bindegewebe zurechnen, Wenn aber die consequente Durchführung einer Anschauung zu solchen, wie mir scheint, auf der Hand liegenden Unge- reimtheiten führt, so ist eigentlich damit schon ‘der Beweis geliefert, dass jene unrichtig ist; das heisst also in diesem Falle: den Ascidienmantel blos zum Bindegewebe zählen, weil seine Zellen in stark entwickelter Grundsubstanz vertheilt liegen, ist ein Fehlschluss. Denn die bedeutende Mächtigkeit der Intercellularsubstanz kann nicht als Argument für die Hertwig’sche Ansicht gelten, da in allen Fällen, in denen eine golche schwach entwickelt zwischen Zellen (wie in der Epidermis, Drüsen, Epi- der Ascidien. 19 thelien etc.) vorkommt, das histogenetische Verhältniss genau dasselbe bleibt: hier wie dort umgibt sie die zelligen Elemente-allseitig und immer ist sie dabei eine Ausscheidung jener Zellen selbst. Zum Ueberfluss steht nun aber auch die von Hertwig betonte Ana- logie zwischen den Kugelzellen der Phallusien und dem blasigen Binde- gewebe der Mollusken und der Chorda mit seiner Auffassung in direete- stem Widerspruch. In der Chorda ist gewiss nicht mehr Intercellular- substanz vorhanden, als in der geschichteten Epidermis der Wirbelthiere ; im zelligen Bindegewebe der Schnecken lässt es sich leichter nachweisen, ist aber auch da nicht selten äusserst redueirt; soll also diese Zwischensub- stanz das Gewebe nur dann zum Bindegewebe machen, wenn sie in gros- ser Mächtigkeit auftritt, so sind jene Stellen des Phallusienmantels, in welchen die Kugelzellen dicht gedrängt liegen, nicht dahin zu rechnen. Hier möchte man vielleicht auf die flüssige Zellinfltration hinweisen, durch welche nach Hertwig die „einfachen Bindegewebszellen“ in die Kugel- zellen übergeführt werden. Soll damit nun gesagt sein, dass diese auf- gedunsenen Zellen zum Bindegewebe gehörten, weil sie aus „einfachen Bindegewebszellen“ entstanden seicn, so ist im Grunde doch wieder die Intercellularsubstanz, in welcher die letzteren liegen, das Kriterium für die Entscheidung der Frage gewesen; wird aber der Nachdruck auf die flüs- sige Infiltration gelegt — was nicht recht herauszufühlen ist —, so ist damit ein neues Moment eingeführt, welches, weil physiologischer Art, noch viel weniger anwendbar ist, als das morphologische der räumlichen Berührung der Zellen mit ihrer Grundsubstanz. Auf die Gestalt jener „einfachen Bindegewebszellen“ endlich legt Hertwig gar keinen Nachdruck und zwar mit Recht, denn durch sie kann wohl am allerwenigsten die Frage nach ihrer histologischen Natur entschieden werden, Hertwig’s in den wenig ausführlichen Worten versteckt liegende Be- weisführung für seinen Satz kann also auch nicht als solche gelten. Der Nachweis, dass das Mantelgewebe der Aseidien ein echtes Bindegewebe sei, bleibt demach auch noch zu liefern; indessen bezweifle ich, aus Grün- den, die hier nieht hergehören, dass dies jemals geschehen wird. Zwar lässt sich nicht läugnen, dass vor Allem die Ausbildung von Fasern in der Grundsubstanz des Ascidienmantels manche Analogien zu den ähn- lichen Vorkommnissen im sogenannten Bindegewebe anderer Thiere bietet. Das hierin liegende Argument indessen hat Hertwig nicht verwerthet; auch lässt sich dies nicht thun, ohne zu der ersten Frage gleich noch eine zweite aufzuwerfen. Die erste lautete: Muss das morphologisch genetische Verhalten der Intercellularsubstanz zu ihren Bildungszellen als Beweis für die Bindegewebsnatur irgend eines Gewebes angesehen werden Pia 30 SEMPER: Ueber die Entstehung der geschichteten Cellulose-Epidermis oder nicht? Die Antwort fiel verneinend aus. Die neu hinzugekommene hiesse: Kann die Aehnlichkeit eines fertigen Gewebes mit einem andern für sich allein die histologische Natur desselben bestimmen? Auch hierauf muss nach meiner Meinung entschieden mit Nein geantwortet werden. Bestreitet man jedoch diesen Satz, so wird der hier allein zu discutirende Ausspruch Hertwig’s bei Seite geschoben und die Discussion auf ein Ge- biet von allgemeinerer Bedeutung verlegt, welches hier zu betreten ich keine Veranlassung habe. Der Angelpunct der ganz allgemein gehaltenen Untersuchung läge dann, wie schon oben angedeutet, in der Unmöglich- keit, nach den Begriffen der jetzt massgebenden Schulen das Wort Binde- gewebe oder Bindesubstanz zu definiren. Theilweise, um diesen Punkt hier schon anzudeuten — dem ich bald eine eingehendere Untersuchung widmen werde — habe ich die Hertwig’sche Auffassung von der histolo- gischen Bedeutung des Ascidienmantels in grösserer Breite diseutirt, als sonst nöthig gewesen wäre; zum Theil geschah es, um zur Begründung einer anderen Ansicht die nöthige Sicherheit zu gewinnen, Es gilt mir also für ausgemacht, dass Hertwig’s Versuch als miss- lungen zu betrachten ist. Andere Untersucher aber haben sich meines Wissens, mit Ausnahme von Leydig, über diesen Punkt nicht ausgespro- chen. Dieser treffliche Beobachter parallelisirt in seinem Lehrbuche der Histologie den Ascidienmantel mit der Schale der Mollusken und stellt ihn auch später noch, wie Heriwig, zu den Bindesubstanzen (Vom Bau des thierischen Körpers, pag. 29); aber während dieser ihn zur Cuticula in, wie es scheint, principiellen Gegensatz bringt, rechnet Leydig auch alle Cuticularbildungen (Panzer der Gliederthiere, Schale der Mollusken etc.) zu den Bindesubstanzen. Diese Leydig’sche Auffassung ist somit sehr viel umfassenderer Art, als die Hertwig’s; ihre Besprechung kann aber füglich unterlassen werden, da sie zusammenfällt mit der weitgreifenden oben aufgeworfenen Frage: ob die jetzt herrschende Definition des Wortes Bindesubstanz noch ihre Berechtigung habe, Es handelte sjch für mich zunächst nur darum, auf dem Boden Hertwig’s stehend, also den Gegen- satz zwischen Cuticularbildungen und intercellularen Bindesubstanzen an- erkennend und ohne mich auf die umfassendere. Anschauung Leydig’s von der histologischen Identität beider einzulassen, zu einer, wie mir scheint, natürlicheren Auffassung des morphologischen Werthes des Aseidienman- tels zu gelangen. In der That aber scheint mir dies nicht schwer, und es bleibt mir nur unbegreiflich, wie ein Schüler des Jenenser Zoologen, welcher sich so ex- elusiy als Morphologe gebärdet, dass er die Leuckart’schen phsiologischen der Ascidien. 21 Fragestellungen als physiologische Spielereien zu bezeichnen wagt, welcher auch in die unklarsten und unverstandensten Verhältnisse morphologische Ordnung mit der Willkür eines Autokraten hineinconstruirt — wie, sage ‚ich, ein Zögling der Jenenser Schule dazu kam, die naheliegende Deutung des Ascidienmantels als einer eigenthümlichen Form der geschichteten Epidermis gänzlich zu übersehen. Es ist dies um so mehr zu verwun- dern, als er selbst eigentlich schon den Nachweis liefert, dass der Mantel zur Oberhaut gehöre, Die erste Anlage, die Cuticula, nennt er ausdrück- lich ein Product der Epidermis; die „einfachen Bindegewebszellen® sind nach ihm ausgewanderte Epidermiszellen. Auch bei Wirbelthieren (Fische, Amphibien) bilden die äussersten Epidermiszellen nicht selten eine dünne Cutieula oder Cuticularsäume; auch bei Wirbelthieren sind die tieferen Zellenlagen der Epidermis in beständiger Umbildung und Vorrücken nach oben begriffen; auch bei den Wirbelthieren sind endlich die Epidermis- zellen durch allerdings schwach entwickelte Intercellularsubstanz von ein- ander getrennt. Der einzige schlagende Unterschied liegt in der Mäch- tigkeit der ausgeschiedenen Intercellularsubstanz bei den Tunicaten und der damit verbundenen mehr oder minder eigenthümlichen Metamorphose derselben. Indessen kann dieser Unterschied unter keinen Umständen als massgebend erachtet werden, da er nur ein die extremen Resultate des gleichen Vorganges bezeichnender ist: hier scheiden die Epidermiszellen wenig, dort aber viel Zwischensubstanz aus. Natürlich steht diese Auf- fassung auf dem streng morphologischen Boden der Keimblättertheorie. So wenig, wie der Anhänger derselben den Panzer der Krebse, die Scha- len der Mollusken mit Leydig als Bindegewebe ansehen kann — da die- jenigen Gewebe, welche man hieher rechnet, überall einem schon im Embryo der zelligen Anlage nach von der Epidermis ‚gesonderten Blatte entstammen —; ebensowenig wird derselbe die von mir angenommene Deutung des Cellulosemantels als geschichteter Epidermis abweisen können, da nachgewiesen ist, dass derselbe ausschliesslich durch die Lebensthätig- keit des Ectoderms der Larve entsteht. Auch Hertwig kann bei dem Gegensatz, den er zwischen Cutieularbildungen und Bindegewebe statuirt, meiner Deutung nicht widersprechen: ausschliesslich Derjenige, welcher wie, Leydig, als Prineip seiner Gewebseintheilung nicht die Uebereinstimmung in der Entstehung aus gleichgelagerten Bildungsschichten, sondern physio- logische Beziehungen — wie des Bindegewebes als des Gewebes stützender Substanzen — aufstellt, hat ein Recht, die von mir hier vertretene rein morphologische Auffassung zu bestreiten. Für diese letztere aber kann es, ich wiederhole, keine Schwierigkeit haben, von einer bei den Aseidien vorkommenden geschichteten Epidermis mit starker Intercellularsubstanz 22 SEMPER: Ueber die Entstehung der geschichteten Cellulose-Epidermis zu sprechen; ihr muss vielmehr eine solche Deutung höchst willkommen sein, da dadurch die Ausnahmestellung, in welche die Ascidien durch die Hertwig’sche Auffassung geriethen, vollständig beseitigt wird. Würzburg, Mai 1874. Tafelerklärung. Fig. 1-16. Bildungsweise der Testatropfen. Fig. 1—6. Molgula nana, Kupfer. Fig. 1a. Jüngstes beobachtetes Ei mit einer einzigen (?) platten Buckel- zelle, deren Membran die Eizelle umhüllt. Fig. 1b. Eizelle in einem aus mehreren Buckelzellen gebildeten Sacke (dem sogenannten Eifollikel) liegend. Fig. 2. a. Ein kleines Ei, dessen Follikelepithel bereits aus prisma- tischen Zellen besteht, b. Abschnitte grösserer Eier, ce, Eier- stockswandung,. _ ä Fig. 3. Ein losgelöster Follikel, dessen Zellen gequollen sind und alle mehrere gelbliche Pigmentkörnchen enthalten. Fig. 4 a. Ein noch unverändertes fast ausgewachsenes Ei. b. Stück eines solchen bei dem in t zwischen hyaliner Randschicht und Follikelepithel ein Testatropfen aufgetreten ist. c. Ein stark geschrumpftes Ei, dessen Oberfläche sich fast überall vom Epi- thel zurückgezogen hat, die Zahl der Testatropfen ist grösser geworden, bei t’ liegt ein solcher noch in der hyalinen Rand- schicht des Eies. Fig. 5. Die Vacuolen haltigen Zellen des reifen Follikelepithels von der Fläche. Fig. 6. Randschicht eines Eies mit daran hängenden Testatropfen in verschiedenen Stadien ihrer Ausbildung und Bewegung. Fig. ”—10. Phallusia pedunculata Hoffm. Fig. 7a. Kleinstes beobachtetes Ei in seinem aus Plattenzellen be- stehenden Follikel. P Fig. 7b. Etwas grösseres Ei mit einzelnen im Dotter bleibenden Testatropfen (nach Wassereinwirkung). Fig. 7c. Noch grösseres Ei, in welchem die Testatropfen unter dem noch schr feinen Epithel eine fast zusammenhängende Lage bilden. Fig. 8. Ein reifer durch Wasser verändertes Follikel: a. die gequol- lenen Follikelzellen, b. die gequollene Dotterhaut, t. die Schicht der Testatropfen, der Ascidien, 23 Fig. 9. Ein unverändertes reifes Ei, bei welchem ein Theil der Testa- tropfen in der Randschicht des Dotters liegen geblieben ist. Fig. 10. Unveränderte im Eileiter liegende reife Eier; a. Follikel- zellen, b. Dotterhaut, c. die wimpernden Eileiterepithelzellen. Fig. 11—13. Cynthia depressa, Frey u. Leuckant. Fig. 11. Jüngstes Ei mit sehr feiner Follikelhaut. Fig. 12. Etwas älteres Ei, dessen Follikelzellen prismatisch gewor- den sind, Fig, 13. Ei aus der Bruthöhle im Furchungsstadium. a. Follikel- epithelzellen, sehr klein, b. die äusserst feine Dotterhaut, t. Testatropfen, ohne alle Regel in dem Raum zwischen Dotter- haut und Furchungszellen lagernd. Fig. 14—16. Clavelina vitrea. Fig. 14. Junges im Follikel an einem Stiel hängendes Ei. Fig. 15. Fast erwachsene von gelblichen Dotterkugeln ganz erfüllte unveränderte Eierstockseier. a. Follikelwand, b. Dotterkugeln, Fig. 16. Verändertes ausgebildetes Ei. a. buckelförmig aufgetriebene Follikelzellen, b. Dotterhaut, t. in der Randschicht liegende Testatropfen. Fig. 17—31, Bildungsweise des Mantels. Fig. 17—26. Clavelina. Fig. 17. Geschwänzte Larve in der Eihülle. a. Follikelepithel, t. Testatropfen, b. ganz einfaches Ectoderm der Larve. Fig. 18. Die Buckelzellen des Follikels stärker vergrössert. Fig. 19. Auftreten des ersten Cuticularsaums der Larve. t. Testa- tropfen. m, m. Cutieularsäume am Körper der Larve,. m’. Cu- ticularflosse am Schwanzende. Fig. 20. Frühestes Stadium der cuticularen Schwanzflosse. a. Epider- mis, b, Mesoderm, c. Chordazellen, m. Cuticularflosse. Fig. 21. Schwanzflosse von Fig. 19 stärker vergrössert. Fig. 22. Larve mit rings herum gehender zellenfreier Cuticula; der Schwanz ist stark gewachsen; m u. m’ die Cuticulae des Kör- pers und Schwanzes, Fig. 23. Larve mit halb ausgewachsenem Saugnapfstiel; m. die zellenlose Cuticula; n. die zellentragende darunter liegende zweite Schicht, schon sehr stark geworden; sie fehlt am Schwanze gänzlich. - Fig. 24, Saugnapfstiel einer erwachsenen Larve mit den anliegenden Mantelschichten. m. Die ursprünglich zellenlose Cutieula, in welche aber jetzt schon einzelne Zellen mit gelblichen Körn- chen gerathen sind; n. die zellhaltige eigentliche Mantel- schicht; e. die Schleimschicht der Epidermis; s. die Saugnäpfe; t. anhaftende Testatropfen. Fig. 25. Stück des Schwanzes; e. die Epidermis aus Buckelzellen bestehend, m. die zuerst zellenlose Cuticula. 94 SEMPER: Ueb. d. Entstehg. d. geschichteten Cellulose-Epidermis d. Ascidien, Fig. 26. Stück des Schwanzes einer älteren Larve; e, die Epidermis “mit einigen sich abschnürenden gelbliche Kügelchen enthalten- den Zellen; m. die Cuticula mit einigen Zellen darin. Die am Körper auftretende Mantelschicht n. fehlt hier, Fig. 27—31. Cynthia depressa. Fig. 27. Larve im Ei mit cuticularer Schwanzflosse m’, Fig. 28. Ausgewachsene zum Aussehlüpfen aus der Eihülle reife Larve; m. die zellenlose Cuticula am Körper, m‘ am Schwanze, übergehend in die gefaserte Schwanzflosse. Fig. 29. Eine freie Larve mit verkürztem Schwanze, dessen Flosse schon resorbirt ist; am Körper hat sich unter der Cuticula m die deutlich geschichtete mit platten Zellen versehene eigent- liche Mantelschicht n schon angelegt, am Schwanze fehlt sie noch gänzlich. Fig. 30. Noch ältere Larve, bei welcher auch der Schwanz angefan- gen hat, eine zellige Mantelschicht n‘ abzusondern, Fig. 31, Schwanzstück derselben Larve stärker vergrössert; e die Schleimschicht der Epidermis, an der Spitze unregelmässig wuchernd; n‘ die Mantelschicht mit den Mantelzellen, m’ die ursprüngliche Cuticula. Die Stammesverwandischaft ‚der Wirbelthiere und Wirbellosen. Von C. SEMPER. (Mit Taf, III bis V.) ES 1. Geschichtlich-kritisches. Es gelten jetzt eben so allgemein die Ascidien als die Uebergangs- glieder zwischen Wirbellosen und Wirbelthieren, wie man bis auf Kowa- levsky und Kupfer zwischen ihnen eine durch keine Brücke zu verbin- dende Kluft annahm. Mit autokratischer Sicherheit sagt Häckel in seiner Schöpfungsgeschichte (4. Aufl. p. 466): „Unter allen uns bekannten wirbel- losen Thieren besitzen die Mantelthiere zweifelsohne die nächste Blutsver- wandtschaft mit den Wirbelthieren und sind als nächste Verwandte der- jenigen Würmer zu betrachten, aus denen sich dieser letztere Stamm ent- wickelt hat“. Fraglich bleibt dabei nur, ob dieser hypothetische Wurm- -stamm der Wirbelthiere nach seiner Meinung auch in ausgebildeter Ge- stalt und Organisation den jetzt lebenden Aseidien geglichen habe. We- niger” unbestimmt drückt sich schon Gegenbaur in seiner sogenannten vergleichenden Anatomie 1) (2. Aufl. p. 576) aus. Die Bedeutung seiner Auffassung macht es nöthig, hier den ganzen bezüglichen Satz wörtlich zu copiren. Gegenbaur sagt: „Durch die Lagerungsbeziehungen der Haupt- organsysteme werden verwandtschaftliche Beziehungen zu gewissen Stäm- men der Wirbellosen gänzlich ausgeschlossen, vor Allem sind das Mol- 1) Sie ist nemlich nichts weiter, als ein vorwiegend anatomisches Lehrbuch der Zoologie mit theilweiser Auslassung des systematischen Theils. 26 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. lusken und Arthropoden. Dagegen finden sich unter den Würmern bereits Zustände vor, an welche die Wirbelthiere sich anknüpfen lassen. Bei den _ Tunicaten ist die Lagerung des Nervensystems zur Athmungshöhle und zum Darmkanal eine gleiche, sowie auch die erste Anlage des Nerven- centrums’ mit jener der Wirbelthiere übereinkommt, und auch ein Axen- skelett besteht wenigstens für einen Körperabschnitt im Larvenzustande (der Ascidien) in derselben Form, wie es bei allen Wirbelthieren anfäng- lich auftritt (Chorda dorsalis) und bei vielen persistirt.“ „Diesen übereinstimmenden Verhältnissen stellt sich als bedeutendste Eigenthümlichkeit der Wirbelthiere die Gliederung des Körpers gegenüber, durch die jedoch eine Ableitung niederster Wirbelthierformen von den Ascidien verwandten Organismen keineswegs ausgeschlossen wird, da der gegliederte Körper einen ungegliederten Zustand als nothwendig voraus- setzt. So gelit auch bei allen Wirbelthieren- der durch die Urwirbelbildung sich äussernden Gliederung ein Entwicklungsstadium voraus, in welchem eine ungetheilte Leibesarlage besteht, die mit jener durch Kowalevsky für Ascidien nachgewiesenen Form bedeutungsvolle Uebereinstimmung zeigt. In dem ungegliederten Organismus der Ascidien lässt sich zum ge- gliederien Körper der Wirbelthiere dasselbe Verhältniss erkennen, wie e3 zwischen andern ungegliederien Würmern (z. B. den Plattwürmern) zu andern gegliederien Organismen (Annulaten und Arthropoden) besteht. Während diese jedoch sich nur in geringerem Grade von den Stammfor- men entfernen, sondert sich. der Wirbelthierorganismus durch bedeutende, alle Organsysteme betreffende Differenzirungen von seinen den Würmern zugerechneten Stammformen, so dass wir nur durch die Vergleichung seiner niedersten Zustände die bestehenden Anschlüsse gewahr werden.“ Wir können hieraus mit Sicherheit entnehmen, dass nach Gegenbaur die Stammform, durch welche die jetzt lebenden Wirbelthiere und Wirbel- losen hypothetisch zu verbinden wären, keinesfalls gegliederte Würmer hätten sein können, und mit Wahrscheinlichkeit, dass er sie sich als Ascidien-ähnlich denkt. Nothwendige, auch in dem letzten Satz deutlich ausgesprochene Consequenz dieser Anschauung ist die Annahme, dass nur während des ungegliederten Zustandes des Wirbelthierembryos diejenigen Charactere vorhanden seien, welche die Verwandtschaft zwischen ihnen und den Wirbellosen (d. h. den Ascidien) erkennen lassen. Man hat bisher bei der Vergleichung der ersten Embryonalstadien der Wirbelthiere und Ascidien vorzugsweise Gewicht gelegt auf die gleiche Bildung des Nervensystems und die gleiche Lagerung der Chorda zwi- schen diesem und dem Darmrohr. Die Berechtigung zu solchem Ver- gleich wird freilich von Einigen (Meeznikoff und v, Baer) bestritten; es SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 27 wird behauptet, die Chorda der Ascidienlarven sei keine solche und es wird nachzuweisen versucht, dass das Nervenrohr derselben nicht auf dem Rücken — wie bei den Wirbelthieren — sondern auf dem Bauche liege. Dass die Chorda der Aseidienlarven in ihrer Structur nicht unwesentlich von derjenigen der Wirbelthierembryonen abweicht, lässt sich allerdings nicht bestreiten; indessen stimmen sie beide in ihrem ersten Entstehen doch so sehr überein, dass man den Vergleich mit einigem Grunde auf- recht erhalten kann, trotzdem sie in- ihrer weiteren Umbildung weit aus- einander gehen. Die zweite Behauptung dagegen, dass das Nervenrohr (und später das Ganglion) der Ascidien auf dem Bauche liege, also nicht dem Rückenmark der Wirbelthiere zu vergleichen sei, beweist gar nichts, da Bauch und Rücken überhaupt gar keine morphologischen Begriffe sind. Es kann also auch die alte Vergleichung nach wie vor festgehalten wer- den. Kowoalevsky zieht aber noch einen dritten Punkt heran, um die Uebereinstimmung in der Entwickelunug der Wirbelthiere und Ascidien zu beweisen; er weist auf die grosse Aehnlichkeit in der Bildungsweise des Kiemensackes der letzteren und der ersteren — speciell der Fische — hin. Während die beiden ersten Punete — Aehnlichkeit der Bildung des Nervenrohrs und der Lagerung der Chorda — sich dem Gegenbaur’schen Satze fügen, dass nur durch die Vergleichung des niedersten (ungeglie- derten) Zustandes des Wirbelthierembryo’s die bestehenden Anschlüsse zu erkennen wären, tritt ihm der dritte schroff entgegen; denn es bildet sich bei den Wirbalthieren die Kiemenhöhle mit ihren Kiemen später, als die Urwirbel nnd die Mehrzahl der aus diesen hervorgehenden Glieder. Da- hin gehört, ausser den Muskelsegmenten, den sie trennenden Septen binde- gewebiger Natur und den Spinalganglien, vor Allem die von Anfang an gegliederte Anlage des Drüsentheils der Urniere. Um also die Achnlich- keit in der Entstehung des Kiemensacks der Ascidien und Fische mit Kowalevsky oder die Uebereinstimmung ihrer Lagerung zum Nervensystem und zum Darmeanal mit Gegenbaur (vergl. Anat. 2. Aufl. p. 576) als Beweismittel für die nahe Stammesverwandtschaft der Ascidien und Wir- belthiere gelten lassen zu müssen, sollte vorher der Widerspruch beseitigt worden sein, welcher darin liegt, dass bei der einen Thiergruppe der Kiemensack direet in der ungegliederten Larve entsteht, bei der andern dagegen erst dann, wenn der ganze Thierkörper seine „bedeutendste Eigen- thümlichkeit“ (Gegenbaur) nemlich die Gliederung seiner wesentlichsten formbestimmenden Theile erfahren hat. Die Beseitigung dieses Widerspruchs könnte in doppelter Weise geschehen. Es wäre einmal denkbar, dass auch bei den Ascidienlarven eine nur schwach angedeutete Gliederung in übereinstimmender Weise wie bei den Wirbelthieren vor Bildung des Kie- 98 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. mensacks aufträte, um rasch wieder zu verschwinden; oder es wäre mög- lich, dass es wirbellose Thiere gäbe, welche mit den Wirbelthieren und Ascidien zusammen die gleiche Bildungsweise des Nervensystems und der Chorda im ursprünglich ungegliederten Stadium aufwiesen, zugleich aber auch im ausgebildeten gegliederten Zustande Glieder und Lagerungsbe- ziehungen derselben zeigten, welche denen des Urwirbelzustandes der Wir- belthiere direct zu vergleichen wären. Im ersteren Falle würden die As- cidien nach wie vor die nächsten Blutsverwandten (Haeckel) der Wirbel- thiere bleiben, im letzteren würden sie iseer Vorrang einer andern Thier- gruppe abtreten müssen. Sicher festgestellte Thatsachen, welche zur Annahme der ersten Alternative zwängen, liegen nicht vor. Zwar hat Kupfer 1) bei Ascidia mentula in regelmässigen Abständen vom Rückenmark entspringende Spi- nalnerven beschrieben; indessen würden sich diese im Verlauf der weite- ren Entwickelung zu Grunde gehenden Nerven nur dann mit den Spinal- nerven der Wirbelthiere vergleichen lassen, wenn nachgewiesen wäre, dass sie den Typus derselben trügen, also aus 2 Wurzeln entsprängen, was aber nicht der Fall ist, und wenn zweitens zu erweisen wäre, dass sie aus Ursegmenten der Larve gerade so entstünden, wie die Spinalganglien der Wirbelthiere aus ihren Urwirbeln. Von ursprünglich im Schwanz der Ascidienlarven zur Ausbildung der einzelnen Glieder auftretenden Urseg- menten (= Urwirbeln) hat aber bis jetzt kein Beobachter das Mindeste mitgetheilt. Diese einzige, ausserdem immer noch der Bestätigung harrende Beobachtung von drei in gleichen Abständen aufeinanderfolgenden Nerven- paaren am Schwanze der Larve von Ascidia mentula kann ich daher, selbst wenn sie bestätigt werden sollte, unter keinen Umständen als Beweis für eine zeitweilige Gliederung ihres Körpers ansehen. Noch weniger könnte ich es mir gefallen lassen, wenn man die Redensart des Haeckelismus „Fäl- schung der Ontogenie* anwenden wollte; denn das hiesse eben nur im Interesse einer vorgefassten Meinung allerlei Kunstgriffe anwenden, deren Beweiskraft für jene zu beweisende Ansicht selbst noch durchaus proble- matisch wären. Es gilt mir also, im Sinne wahrer Naturforschung, nach den vor- liegenden‘ Beobachtungen für ausgemacht, dass im Entwickelungsgange der Ascidien niemals ein gegliederter Larvenzustand eintritt, welcher als Ausgangspunct für die Fortbildung zu einem Wirbelthier angesehen werden könnte. ' 1) Kupfer, Zur Entwickelung der einfachen Aseidien. Schultze’s Archiv 1872. Bd. 8. p. 392. Fig. 9. SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 29 ' Es bleibt somit nur noch die zweite Frage zu untersuchen: gibt es Thiere, welche einerseits in der ersten ungegliederten Larvenform die gleiche Entwickelung des Nervensystems und die gleiche Lagerung einer Chorda aufweisen, wie sie den Wirbelthieren und Ascidien gemeinsam zukommen? und welche andrerseits durch Ausbildung von Ursegmenten und deren typischen Gliedern sich enger an den Urwirbelzustand der Wirbelthiere anschliessen, als es die Aseidien thun? Ich glaube diese Fragen, namentlich die letztere, auf’s Entschiedenste bejahen zu müssen. Diese bejahende Antwort wird motivirt durch den von mir jetzt gleich zu liefernden Nachweis von echten Segmentalorganen bei Hai- fischen, Ehe ich jedoch die Begründung durch Beobachtungen zu geben unternehme, muss ich abermals einige Aeusserungen von Gegenbaur kri- tisiren, da es scheinen könnte, als habe dieser Zoologe bereits vor langer Zeit die wirklichen Segmentalorgane der Wirbelthiere gekannt. Ich ad- optire dabei einstweilen den unpassenden Ausdruck Segmentalorgane, da er sich allmälig in der Zoologie für die bei vielen Wirbellosen vorkom- menden und meist ähnlich gebauten Drüsen eingebürgert hat, als deren wesentlichste Eigenthümlichkeiten ein in die Leibeshöhle sehender Wimper- trichter, ein drüsiger Abschnitt und ein nach aussen oder in die Cloake sich öffnender Ausführungsgang zu betrachten sind. Gegenbaur sagt (vergl. Anat. 2. Aufl. p. 864) wörtlich Folgendes: „Die Einrichtung des primitiven Harn- und Geschlechtsapparates der Wirbelthiere ergibt einige Anhaltspunkte zur Vergleichung mit den in nie- deren Abtheilungen, vorzüglich bei Würmern, bestehenden Verhältnissen, Als einfachstes Schema können wir für erstere jederseits einen Canal an- nehmen (den Urnierengang), der an seiner Wandung excretorische Röhr- chen sprossen lässt. Die Beziehung dieses Urnierenganges zu den Keim- blättern ist noch unsicher, doch weisen die meisten Angaben darauf hin, dass er nicht aus dem das primitive Integument herstellenden äusseren Keimblatt, dem Hornblatt, hervorgeht. Wenn er auch nicht aus diesem sich bildet, so nimmt er anfänglich dieht unter ihm liegend eine ober- flächliche Lage ein, die an die Lage der Exceretionsorgane mancher Wür- mer (Nematoden) erinnert, und von .der aus die Wanderung in die Leibes- höhle allmählig vor sich geht. Der Canal öffnet sich vorne bei einem Theile (manchen Amphibien) in beiden Geschlechtern in die Leibeshöhle. 1) Die abgekürzte Darstellung in dem 1873 erschienenen „Grundriss der ver- gleichenden Anatomie“ braucht hier nicht berücksichtigt zu werden, da sie im Wesentlichen übereinstimmt mit derjenigen im „Grundriss“. 30 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. Bei erster Betrachtung erscheint es sehr zweifelhaft, ob eine solche, ein- mal thatsächliche vordere Oeffnung des Urnierenganges als primärer oder secundärer Zustand zu beurtheilen sei, zumal sie nur bei Einigen erkannt ist, allein eine von M. Schulize!) angeführte Beobachtung vom Vorkom- men wimpernder, rinnenartiger Organe bei jungen Cyclostomen, an derselben Stelle, wo bei den Amphibien der vordere Knäuel der Urniere liegt, deutet auf eine am Vorderende des Urnierenganges in sehr frühen Zuständen bestehende Complication, die auf offene Mündungen bezogen werden kann. Genauere Prüfungen müssen den Nachweis liefern, ob jene Vermuthung richtig ist. Sollte sie sich rechtfertigen, so wäre eine bedeutungsvolle Uebereinstimmung mit den Schleifencanälen der Würmer gefunden, und wir hätten hier wie dort mit inneren Mündungen beginnende Canäle, welche an ihrer Wandung einen excretorischen Apparat tragen, und neben anderen, vielleicht auf Regulirung einer Wassereinfuhr ete. ge- richteten Funktionen, auch solche zu deh Generationsorganen besitzen, indem sie Ausführwege der Geschlechtsprodukte herstellen. Als bedeu- dendste Verschiedenheit ergiebt sich ihr Verhalten zum Gesammtorganismus. Im gegliederten Körper der Würmer wiederholen sie sich für die einzelnen Metameren, während sie im Organismus der Wirbelthiere jederseits ein- heitlich bleiben, und der hier bestehenden Metamerenbildung nur durch Längsstreckung und durch Wiederholung der seitlichen excretorischen Schläuche (die die Masse der Urnieren zusammensetzen) angepasst sind.“ Namentlich aus dem Schlusssatz geht hervor, dass nur die Urnieren- gänge gemeint sind und den Segmentalorganen der Würmer verglichen werden, nicht aber besondere nur etwa mit ihnen secundär in Verbindung tretende Organe, welche in segmentweiser Wiederholung als wirkliche Segmentalorgane zu bezeichnen wären. Auch das Heranziehen der Schultze’- schen Beobachtung von wimpernden, rinnenartigen Organen bei jungen Cyclostomen beweist, da sie dem vorderen Knäuel der Urniere bei Am- phibien verglichen werden, nicht, dass Gegenbaur wirkliche Segmental- organe gemeint und gekannt habe, obgleich sie, wie nachher gezeigt werden wird, mit einigem Grunde den echten Segmentalorganen der Haie, nicht aber dem Trichterende des Urnierenganges zu vergleichen sind. Andere Autoren, als Gegenbaur, haben meines Wissens nirgends auf die Möglichkeit des Vorkommens von Segmentalorganen bei Wirbel- thieren hingewiesen; ebenso wenig liegen von irgend einer Seite Beob- achtungen vor, welche sich (mit Ausnahme der von Schultze bei Cyclo- 1) Entwickelungsgeschichte der Petromyron Planeri 1856 p. 30. Tee SEMPER : Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 31 stomen gemachten) auf die jetzt zu beschreibenden Segmentalorgane der Haifische mit einiger Sicherheit beziehen liessen. Nichts desto weniger kommen solche sowohl bei Embryonen wie bei erwachsenen Haien beiderlei Geschlechts vor, bei manchen sogar in solcher Grösse, dass es unbegreiflich bleibt, wie sich diese Organe bisher gänzlich den Nachforschungen der Zoologen entziehen konnten. Da es sich hier nur um die Feststellung ihrer einfachsten Beziehungen handelt, so verschiebe ich die Schilderung ihres Verhaltens bei erwachsenen Thieren bis auf später. II. Die Segmentalorgane der Haiembryonen, 41. Acanthias vulgaris. Bei dem erwachsenen Dornhai von der Nordsee kommen, wie ich an lebenden wie in Spiritus ziemlich gut conservirten trächtigen Individuen habe feststellen können, vom After an bis zur Genitälfalte etwa steck- nadelknopfgrosse mit deutlichen Oeffnungen versehene Trichter vor, welche sich links und rechts vom Mesenterium in jedem einzelnen Segment wiederholen. Sie sind ungleichmässig ausgebildet, d. h. die der einen Seite gehen etwas am Mesenterium hinauf, die der andern finden sich fast an der Insertionslinie des Mesenteriums; auch stehen sie sich nicht vollständig gegenüber, sondern die der einen Seite gehen gewöhnlich etwas weiter nach vorn oder hinten, als die der andern. Von jedem Triehter aus geht ein mit einfachem wimperndem Cylinderepithel ausge- kleideter Canal schräg nach hinten, kreuzt hier den am Innenrande der Niere liegenden Eileiter und den feineren dicht neben diesem befindlichen Harnleiter. Sein Verhalten zu der Urniere war an den bisher darauf untersuchten erwachsenen Exemplaren nicht festzustellen; die Untersuchung von Embryonen lieferte hierüber jedoch vollen Aufschluss. Die Eileiter stehen bekanntlich mit der Niere in keiner Verbindung; sie münden in der Cloake neben der grossen Papille, welche an ihrer Spitze die Oeffnung des einfachen durch die Vereinigung der zwei eigentlichen Nierengänge entstandenen Harnleiters trägt. : In genau derselben Anordnung und Ausdehnung kommen diese Organe beim erwachsenen männlichen Dornhai vor und sie gehen, wie beim. Weibchen, bis zur Genitalfalte hinauf. An dem Hinterrande der letzteren sind noch einige Trichter wahrzunehmen, weiter hinauf aber nicht mehr; dagegen kann man hier im Mesorchium verlaufend einzelne 33 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. Canäle wahrnehmen, welche nach ihrer Structur, Richtung und Aufeinan- derfolge mit den dahinter liegenden und in Trichter übergehenden ziemlich übereinstimmen, und daher wohl aus solchen Trichtercanälen hervorge- gangen sind. Dieselben nicht bis an ihr Ende zu verfolgenden Canäle finden sich im Mesoarium. Es ist wahrscheinlich, dass das hier bei Acanthias nur an der Genitaldrüse selbst sich findende epigonale Organ diesen Canälen seinen Ursprung dankt. Ursprünglich glaubte ich, wie aus meiner vorläufigen Mittheilung im medieinischen Centralblatt zu ersehen ist, aus gewissen gleich zu schildernden Befunden an Embryonen schliessen zu dürfen, dass der Samenleiter beim Männchen durch die Verschmelzung der sich umwandelnden Trichter entstünde;, dies ist aber entschieden un- richtig, Ob derselbe, wie Gegenbaur!) will, aus dem ursprünglichen Urnierengang hervorgeht, also dem Eileiter homolog ist, bleibt vorläufig noch unentschieden und zugleich auch ziemlich unwahrscheinlich; in Bezug auf diesen Punct verweise ich auf eine zweite die Geschlechtsverhältnisse der Plagiostomen behandelnde Arbeit, welche demnächst erscheinen wird. Ich schildere zunächst die Verhältnisse, wie sie bei den 2 jüngsten von mir untersuchten Embryonen erkannt wurden. Ich hatte dieselben im vergangenen Jahre in Chromsäure und absolutem Alkohol erhärtet, um sie zur Untersuchung der Eierstocksbildung sowie der Entstehung der Hautzähne verwenden zu können; sie waren so günstig erhärtet, dass ich. im Stande war, ganz vollständige Reihen von Frontalschnitten herzustellen Sie waren (erhärtet) 27—28 mm. lang; wegen der geringen Grössen- unterschiede waren sie ziemlich gleich weit ausgebildet. Daher wurde nur der eine in Frontalschnitie, der andre dagegen in Longitudinalschnitte zerlegt. Aufbewahrt wurden die Schnitte nach Färbung in Carmin oder Hämatoxylin in Canadabalsam; die Zeichnungen wurden mit der Camera genau nach den Belegstücken gemacht, doch habe ich das Epithel, auf dessen einzelne Elemente es bei dieser Untersuchung nicht sonderlich an- kommt, etwas schematisch gehalten, um das Verständniss der Bilder zu erleichtern. Alles nicht streng zur Sache Gehörige — z. B. die Muskel- blätter, Chordazellen, Chordascheiden, Blutzellen ete. — habe ich als unnützen Ballast gänzlich weggelassen. 1) Gegenbaur, Vergl. Anat. 2. Aufl. p. 872 „Von der Urniere ist wohl noch ein kleiner Theil in den Nebenhoden aufgegangen, ihr ursprünglicher Ausführungs- gang bildet das Vas deferens“ und p. 867 „Die Ureteren .... treten mit einem gemeinsamen Gang, bei Selachiern und Ganoiden in Verbindung mit dem Ausführ- gang der männlichen Geschlechtsorgane zur hinteren Wand der Cloake“, p. 875 „Das Oviduct ist daher hier dem Samenleiter analog“ ete, etc. SEMPER:; Die Stammesverwandtschaft der Wirbeltbiere u. Wirbellosen. 33 [3] Das in Frontalschnitte zerlegte weibliche Exemplar war 27 mm, lang; die Schnitte wurden von vorne anfangend numerirt. Der erste zeigte keine Spur der Urniere, der zweite dagegen ein Bild, welches dem im dritten ziemlich ähnlich war. Dieser dritte Schnitt (Fig. 1) zeigt in der Mitte oben die Chorda (ch), dicht darunter genau in der Mittellinie einen sehr eigenthümlichen Zellenstrang (hyp.) den ich den hypochordalen Zellenstrang nenne, und unter diesem die Aorta (a), links und rechts davon die beiden Cardinalvenen (v. c.). Die Leibeshöhle, in welcher der Darm (tr.) mit seinem Mesenterium (m) dorsal genau in der Mitte an- geheftet ist, lässt einen mittleren und zwei seitliche fast canalartige Räume erkennen, welche dadurch entstehen, dass von der Bauchwand her eine dicke Lamelle nach obenhin vortritt. Da, wo sie übergehen in die eigent- liche Leibeshöhle, biegt das Peritonealepithel fast rechtwinklig um; rechts geht dasselbe continuirlich in das Epithel der Nebenhöhle über, berührt aber das Epithel des hier schon als Canal erkennbaren quer durchschnit- tenen Urnierenganges (u). Dieser letztere zeigt jedoch eine gegen die Leibeshöhle zu gerichtete feine Spalte. Links ist der Urnierengang noch nicht geschlossen; sein Epithel, im Grunde stark verlängert, geht in das der eigentlichen l,eibeshöhle und ihrer Nebenhöhle über, sein Lumen öffnet sich mit ziemlich bedeutender Verengerung (tu) in die Nebenhöhle. Der Schnitt No. 2 zeigte ungefähr das gleiche, nur umgekehrte Bild; links war nur eine Spur von der Urnierenrinne zu erkennen, rechts war dieselbe deutlich. Vom Schnitte 4 an (Fig. 2) blieb — abgesehen von seiner Verbindung mit dem Drüsentheil der Urniere — der Urnierengang bis an’s Ende völlig gegen das Peritonealepithel hin geschlossen, obgleich sein Epithel das letztere überall, wie in Schnitt 3 und 4 berührte. Es lässt sich hiernach mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen, dass der Urnierengang, wie bei den Knochenfischen und Amphibien, zuerst als eine Rinne durch Faltung des Peritonealepithels angelegt wird, die durch fast vollständigen Verschluss zu einem Canale wird; die weit vorne dicht hinter dem Herzbeutel liegenden Oeffnungen (Fig. 1 tu) sind die Reste der ursprünglich ganz offenen Rinne und sie gehen durch allmähliges Auswachsen und Verwachsen in die einfache in der Mittellinie vor und unter der Leber liegende Tubenöffnung des ausgebildeten Thieres über. Das ist zwar nur Hypothese; indessen wird sie sehr wahrscheinlich ge- macht durch das allerdings bisher nur von mir bei einem weiblichen erwachsenen Exemplar von Nareine brasiliensis beobachtete Vorkommen von zwei weit von einander getrennten Tuben der Eileiter; sie liegen hier genau an der Stelle, wo sie beim Embryo von Acanthias (und Seyllium 8. unten) vorkommen, Natürlich gehört zur völlig sicheren Feststellung Arbeiten aus dem zoolog,-zootom, Institut in Würzburg. II. Bd. 3 34 SEMPER: Die Staminesverwandtschaft der Wirbelthiere u, Wirbellosen. dieses Punktes die direkte Beobachtung; für die hier zu behandelnde Frage nach der Entstehung und Umwandlung der eigentlichen Segimental- organe ist er jedoch von keinem weiteren Belang. Der Schnitt No. 4 zeigt (Fig. 2) die ganz geschlossenen Urnieren- gänge (u) ohne jegliche Spur der Urniere selbst; die Nebenböhlen der Leibeshöhle sind verschwunden und nach innen von dem Wulst, welchen die Urnierengänge in dieselbe hinein vortreiben, ist eine.ganz flache Falte zu bemerken, welche ziemlich rasch sich schärfer absetzt und — wie ich vorgreifend bemerken muss — übergeht in die schon im 12, Schnitt deut- lich erkennbare Genitalfalte (g). Der 5. bis 8. Schnitt (Fig. 3) zeigen noch ganz dasselbe Bild; auf dem 9. dagegen tritt plötzlich eine Ein- senkung vom Peritonealepithel auf(Fig. 9 s. tr.), welche zwischen der jetzt deutlich abgesetzten Genitalfalte und dem Urnierengange nach oben gegen die Cardinalvene zu und nach aussen über den Urnierengang hinweg (Fig. 4 s. 8.) sich einsenkt. Der 10. Schnitt ist dem 9. ganz ähnlich, Der 11. dagegen (Fig. 5) zeigt wiederum dasselbe Verhalten wie die früheren Schnitte, d. h. es ist weder eine Spur des Drüsentheils der Urniere noch der eben aufgetretenen Einsenkung zu erkennen. Der nun folgende Schnitt 12 zeigt (Fig. 6) wieder ein anderes Bild; von einer Einsenkung zwischen Urnierengang und Genitalfalte ist nichts zu sehen, statt dessen aber gehen von jenem aus links ein mehrfach, rechts nur einmal gewundener Schlauch (s. gl.) nach oben seitlich an den Cardinalvenen vorbei. Es geht aus diesen Schnitten mit vollständiger Sicherheit hervor, dass die Einsenkung zwischen Urnierengang und Genitalfalte im 9. und 10, Schnitt ohne alle Verbindung mit jenem sich gebildet haben muss, dass also, wenn eine solche später vorhanden ist, sie durch Verwachsen mit den vom Urnierengang aus sich abzweigenden Canälen der Urniere entstanden sein muss, Diese Verwachsung scheint schon in den nächsten Schnitten einge- treten zu sein. Die Schnitte 12 und 13 zeigen genau (Fig. 6) dasselbe Bild wie Schnitt 11 (Fig. 5); es ist an ihnen keine Spur der Einsenk- ungen zu erkennen, wohl aber gewundene Schläuche, welche gegen den Urnierengang herantreten. In Schnitt 14 (Fig. 7) tritt links wieder eine einfache Einsenkung (8. tr.) auf, rechts dagegen hat diese sich bereits in einen mehrfach gewundenen Canal (s. gl.) fortgesetzt. Nun wechseln Bilder, wie ich sie in Fig: 6 und 7 mitgetheilt habe, mit einander ab; in dem etwas schräg geführten Schnitt 24 (Fig. 8) endlich ist links sowohl ein vom Urnierengang (u) aus nach innen und oben, von der Einsenkung (s. tr.) aber von innen nach aussen gehender Canal (s, g.) zu bemerken; SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 35 der letztere, der somit jenen kreuzt, geht an eine blasenförmige Auftrei- bung, welche die erste Anlage eines Malpighischen Körperchens zu sein scheint. Ueber beiden und hier dicht an die Chorda herantretend liegt ein Abschnitt eines Canales, dessen Lumen dem des vom ÜUrnierengang entspringenden gleichkommt. Rechts ist keine Spur der Einsenkung zu bemerken, statt dessen aber stark gewundene Schläuche, von denen sich einer direkt an den Urnierengang ansetzt. Es setzt sich hiernach die Urniere der Acanthias zusammen aus 2 ursprünglich getrennten Anlagen — wenn wir absehen von der dritten in sie hineinwachsenden Anlage der Gefässschlinge des Malpighischen Körperchens — die eine entsteht durch Sprossung aus dem hohlen Ur- nierengange, die andere durch eine Einsenknng des Peritonealepithels an einer durch die Genitalfalte und den Urnierengang scharf lokalisirten Stelle. Die durch den zweiten 23 mm. langen weiblichen Embryo geführten Horizontalschnitte zeigten nun, was übrigens auch schon durch Combination der ganz lückenlosen ersten Schnittreihe zu folgern war, dass sowohl die trichterförmigen Einsenkungen, wie die Ursprünge ‘der gewundenen Canäle vom Urnierengange sich im ganzen Verlaufe der Leibeshöhle jedem ein- zelnen Urwirbelsegment entsprechend wiederholen. Ich werde daher von nun an die segmentweise auftretenden ganzen Organe mit Ausnahme des Urnierenganges als Segmentalorgane, ihre in die Leibeshöhle sehen- den Mündungen als Segmentaltrichter, die zum Malpighischen Körper- chen (?) gehenden Kanäle als Segmentalgänge bezeichnen. Der durch die Vereinigung dieser letzteren mit den vom Urnierengang sprossenden Canälen gebildete Abschnitt stark gewundener Canäle wird von nun als Drüsen- theil oder als Segmentaldrüse bezeichnet werden, da es nicht unwahr- scheinlich ist, dass er zum grössten Theil noch aus einer dritten gesondert auftretenden Anlage entsteht, Zur Aufklärung dieses Punktes genügten die mir vorliegenden Embryonen nicht; für die hier zu behandelnde Frage ist er auch von untergeordneter Bedeutung, da es nur galt, die gesonderte Entstehung der einzelnen Theile der Urniere aus mindestens zwei ganz verschiedenen Anlagen nachzuweisen. Ein dritter ebenfalls weiblicher 9 ctm. langer Embryo wurde wie der erste in Frontalschnitte zerlegt. Abgebildet wurden nur einige Schnitte vom hintersten Körperende, da sie genügen, um die Uebereinstimmung mit den eben geschilderten Stadien sowie die eingetretene Umwandlung des Urnierenganges und der Urniere zu erweisen. In Fig. 9 ist der erste Schnitt vor dem After abgebildet; in der Mitte ist die durch 6 Lappen stark eingeschnürte Cloake, links und rechts davon der Leibeshöhlencanal 3* 36 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. (e. a), welcher bekanntlich bei allen Haien in dem doppelten Abdominal- porus neben dem After ausmündet; in der Mitte über der Cloake sieht man 4 cylindrische Canäle nach oben steigen, die äusseren (u, u) auch ein wenig auswärts. Diese letzteren sind die Urnierengänge, die mittleren die noch weiter nach hinten zu einem gemeinsamen Canal verschmelzen- den Harnleiter oder secundären Urnierengänge (s. u.). Im nächstfolgenden Schnitt (Fig. 10) biegen die Harnleiter (s. u) plötzlich stark nach aussen, die Urnierengänge haben ihre ursprüngliche Richtung beibehalten. In diesen beiden Schnitten, sowie in dem nächstfolgenden sind die Caudalvene (v. c.) und die beiden Urnieren (s. gl.) nur angedeutet. In Fig. 11, dem auf Fig. 10 direkt folgenden 3, Schnitt vor dem After hat sich von dem Harnleiter (s. u) ein neuer Canal als innerer Harnleiter (s. ul) abgezweigt, der mit jenem die gleiche Richtung verfolgt; er tritt im darauffolgenden Schnitt (Taf. IV Fig. 13) hart an die Urniere heran und verbindet sich mit dieser durch einige feinere Canäle (Fig. 18), welche direkt übergehen in die stark ge- wundenen Schläuche der Urniere. In diesem Schnitt ist auch links die erste Spur eines Segmentalganges zu erkennen; derselbe zieht zwischen dem inneren Harnleiter und der immer noch ungetheilten Vene ziemlich weit nach oben hinauf (Fig. 13 u. 18 s. g.); sein Segmentaltrichter war nicht getroffen worden. Von nun an gibt der innere Harnleiter ziemlich zahlreiche Canäle an die Urniere ab, während der äussere erst nach wei- teren 6 Schnitten (Fig. 14) abermals einen Canal abtreten lässt: nach abermaligen 3 Schnitten hat sich links der innere Harnleiter bereits ganz in die Canäle der Urniere aufgelöst, rechts ist derselbe noch vorhanden, aber schon im Begriffe zu verschwinden; von da an erhält man auf Durchschnitten immer nur den einfachen quer getroffenen äusseren Harn- leiter, von dem in jedem Körpersegment nur je ein Verbindungsgang zu der Urniere abgeht. Die bis dahin einfache Vene hat sich in die zwei Cardinalvenen gespalten; der Urnierengang verläuft beständig in der Ur- nierengangfalte, ohne sich je zu verzweigen bis an die vorne noch unver- schmolzen bestehenden Tuben hin. Entsprechend den einzelnen Körper- segmenten finden sich zwischen Urnierengangfalte und dem Darmmesente- rium die mitunter, aber nicht immer paarweise (Fig. 12 s, tr.) getroffenen Segmentaltrichter mit ihren Segmentalgängen; in ‘dem abgebildeten Schnitt sind diese letzteren bis zu einer Blase zu verfolgen, welche vielleicht die Anlage des Malpighischen Körpers ist, da sich erstens von aussen her ein eigenthümlicher Wulst in sie einstülpt, der kaum etwas anders als der sich bildende Glomerulus sein kann und da sie zweitens so ziemlich an der Stelle liegt, wo sich bei dem noch weiter entwickelten Embryo das schon deutlich als solches erkennbare Malpighische Körperchen findet. Die Zahl SEMPER;: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 37 der letzteren ist, entsprechend derjenigen der Segmentaltrichter, durch die der Körpersegmente bestimmt; in jedem Gliede findet sich beim Embryo nur ein einziges Malpighieches Körperchen. Segmentalgänge wie Segmen- taltrichter haben, namentlich die letzteren (Fig. 19 Taf. IV), deutliches Wimperepithel; an den erhärteten Exemplaren liess sich leider nicht mehr feststellen, ob die deutlich sichtbaren Haare büschelweise oder einzeln auf den Cylinderzellen des Epithels sassen. Wimperepithel in der Niere von Haien und Rochen hat schon Leydig!) beobachtet; nur ist aus seinen Angaben nicht zu entnehmen, an welcher Stelle der Urniere er dasselbe gesehen hat. Eine genauere Untersuchung wird nachzuweisen haben, ob, wie ich vermuthe, die Wimperung nur in den aus dem ursprünglich graden einfachen Segmentalgang und Segmentaltrichter hervorgehenden Canälen vorkommt. Ein männlicher fast ausgewachsener Embryo von 24 Cm. Länge zeigt (Fig. 20) in seinem hinteren Theile die Segmentaltrichter und Seg- mentalgänge noch in unveränderter Lagerung und Gestalt; ihre Trichter- öffnungen sind schon mit der Lupe deutlich zu_ bemerken. - Weiter nach vorne zu sind die Oeffnungen nicht mehr gleich deutlich, die Trichter selbst werden allmälig kleiner und die 3 vordersten mit der Lupe noch deutlich bemerkbaren nicht weit hinter dem Hoden liegenden zeigen nur noch die Segmentalgänge, aber keine Trichter mehr. Ein an dieser Stelle gemach- ter Flächenschnitt, welcher möglichst oberflächlich geführt doch einen grossen Theil der Niere mitgenommen hatte, zeigt dagegen (Fig. 16 schematisirt), dass die Segmentalgänge (Fig. 16 s. g.) in der Nähe der Genitalfalten sich stark nach vorne biegen und hier in ziemlich lange mit kleinen Aussackungen und oft nach hinten gerichteten Blindsäcken ver- sehene Canäle (Fig. 16 s. tr.) übergehen. Sie liegen nun nicht mehr quer wie die Segmentaltrichter, aus denen sie hervorgegangen sind, son- dern sagittal; das vordere Ende des einen tritt hier sehr dicht an das hintere Ende des andern heran; von diesem wächst jenem öfters ein klei- ner Blindsack entgegen. Ihre Richtung, ihre Umbildung und ihre Lage an der Stelle, in deren nächster Nähe sich der Hoden befindet, machen es sehr wahrscheinlich, dass aus ihnen das bei Acanthias allerdings sehr rudimentäre epigonale Organ entsteht. Derselbe Flächenschnitt scheint auch anzudeuten, dass vielleicht der Urnierengang (Fig. 16. u.) seine ur- sprüngliche Verbindung mit der Urniere nicht aufgegeben und durch die 1) Leydig, Rochen und Haie p. 116, 110, 103 etc. 38 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. Verbindung des Hodens mit dem vorderen Theile der Urniere zugleich zum Samenleiter geworden ist. Dann wäre der Samenleiter dem Eileiter homolog, wie Gegenbaur, freilich ohne Begründung, annimmt. Indessen scheint es mir nach Befunden an den Geschlechtsorganen der erwachsenen Rochen und Haie, über welche ich später berichten werde, wahrschein- licher, dass bei den Männchen der primitive Urnierengang im Bereiche der Niere ganz verschwindet und dass der vereinigte Harn-Samenleiter der- selben dem secundären Urnierengang der Weibchen zu vergleichen sei. An dem hier geschilderten männlichen Embryo waren Hode und Nebenhode schon so weit ausgebildet, dass. über ihre Entstehungsweise keine Auskunft mehr zu erhalten war, Sehr auffällig war mir ein Strang (Fig. 16 s. u.), welcher genau an der Stelle liegt, wo beim Weibchen der Eileiter (primäre Urnierengang) der einen Seite sich an der Leber vorbei am Mesenterium herunterbiegt, um sich mit dem der andern Seite zu ver- einigen; er war bis dicht an die vordere Ffäche der Niere zu verfolgen, doch gelang es nicht, festzustellen, ob er in der That eine über die Niere hinaus sich erstreckende Verlängerung des Urnierenganges ist, wie -ich vermuthe. Weitere Untersuchungen müssen zeigen, ob eine solche Ver- längerung, die ursprünglich wohl beiden Geschlechtern zukommt, auch beim Männchen, wie beim Weibchen, bestehen bleibt und ob dann, wie bei diesem, die beiden verlängerten Urnierengänge sich ebenfalls in der Mittellinie vereinigen. Diese Vermuthung ist nicht unberechtigt; denn bei einem fast ausgewachsenen Männchen von Stegostoma tigrinum habe ich mit völliger Sicherheit constatiren können, dass die über die Niere hinaus verlängerten Urnierengänge sich vor der Leber am Mesenterium vereinigen und hier auch, wie beim Weibchen, eine allerdings sehr kleine Oefinung besitzen; wegen der Kleinheit des Organes liess sich leider nicht fest- stellen, ob die beiden Gänge hohl geblieben oder obliterirt waren. Auch bei Rhinobatus granulosus habe ich eine Vereinigung der beiden Urnie- rengänge an der Leber beobachtet; ob ein Loch vorkommt, war nicht mehr festzustellen. Ä Noch ein andrer Punkt ist hier endlich scharf hervorzuheben. Die Segmentalgänge verbinden sich in beiden Geschlechtern mit Segmental- drüsenschlingen, welche durch die aus ihnen austretenden Canäle mit einem dem nächst hinteren Körpersegment angehörenden Theil des (primären oder secundären) Urnierenganges verbunden sind. Es gehören also die primären später durch Verwachsung sich vereinigenden Anlagen der Urniere zwei benachbarten Körpersegmenten an; ein Verhältniss, welches später noch verwerthet werden wird, SEMPER; Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirkellosen. 39 Einschalten will ich an diesem Ort einige, nicht streng zur Sache gehörige, Bemerkungen über lEömbryonalanlagen von Acanthias, deren weitere Umbildungsstadien noch zu erforschen sind, Oben schon wurde kurz angedeutet, dass zwischen der Chorda und der Aorta ein sehr feiner Zellenstrang verläuft; seine Zellen sind sehr klein (Fig. 1 hyp.). Er scheint fast so lang zu sein, wie die Chorda selbst; ich werde ihn den hypochordalen Strang nennen. Ueber seine erste Entstehung geben die Kowalevsky’schen !) Bilder in der jüngst er- schienenen Arbeit über Haifischentwickelung keinen Aufschluss; er scheint denselben gänzlich übersehen zu haben. Nur von Leydig?) ist er gesehen worden, aber er verlegt ihn mitten in die Chorda hinein, obgleich er, wie gut gelungene Querschnitte lehren, sogar ausserhalb der Chordascheide zwi- schen dieser und der Aorta liegt. Leydig vergleicht diesen Zellenstrang mit dem von Joh. Müller) beim Karpfen, Myxinoiden und Petromyzonten beschriebenen faserigen Faden, der jedoch zweifellos ein anderes Gebilde sein muss, als dieser hypochordale Zellenstrang vom Acanthias, da der letztere nicht der Chorda angehört. Bei ausgewachsenen Embryonen fehlt er vollständig; an den kleinsten mir vorliegenden Embryonen war er schon deutlich von der Chorda und den ÜUtrwirbeln ete, abgesetzt, so dass ich nichts über seine Entstehung angeben kann. Bei den kleinsten Embryonen von 2 Ctm. Länge vom Katzenhai fehlt dieser hypochordale Strang völlig; ebenso habe ich ihn bei grösseren Embryonen anderer Plagiostomen ver- misst. Es wäre jedoch möglich, dass er hier sehr frühzeitig verschwände ; wie denn gleichfalls die Acanthias und Centrina diejenigen Haie zu sein scheinen, bei welchen vorzugsweise die Segmentalorgane in beiden Ge- schlechtern zeitlebens bestehen bleiben. Es scheint mir nicht unwahr- scheinlich, dass dieser hypochordale Strang noch einmal eine wesentliche Rolle in der Vergleichung der Wirbelthiere und Wirbellosen spielen dürfte. An den ersten 14 Schnitten, auf denen die Durchnitte des vorderen Endes des Urnierenganges und der Urniere zu sehen sind, bemerkt man über den Cardinalvenen oder nach innen zwischen ihnen und der Aorta zwei stellenweise anschwellende und dünner werdende Zellstränge (Fig. 1) Kowalevsky’s Arbeit kann ich leider nicht ceitiren, überhaupt auch nicht verwerthen, da sie russisch geschrieben ist; selbst die Tafelerklärung bleibt mir ganz unverständlich. } 2) Beiträge zur mikroskopischen Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Rochen und Haie. 1852. p. 101. Taf, IV. Fig. 10. 3) Myxinoiden 1, Thl. p. 140, 40 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 3—7 x.), welche in einer allerdings unerkannten Beziehung zur Utniere selbst zu stehen scheinen. Weiterhin sind sie nicht mehr zu bemerken, vielleicht weil sie hier schon mit den übrigen Anlagen der Urniere ver- bunden sind. Beim Katzenhai finden sich dieselben Zellstränge, nur sehr viel weiter nach hinten reichend, sie gehen hier nemlich bis weit über die Mitte der Genitalfalten nach hinten. Bei älteren Embryonen habe ich keine Spur dieser Zellgruppen mehr gefunden. Sie liegen ungefähr an einer Stelle, wo auch die von Oellacher aufgefundenen sogenannten inter- mediären Zellgruppen bei der Forelle vorkommen; da aber die weiteren Schicksale auch dieser letzteren völlig unbekannt sind, so ist einstweilen kaum eine Vermuthung über die Bedeutung der hier kurz erwähnten Theile zu äussern. Endlich findet sich sowohl bei Acanthias wie beim Katzenhai ein etwas vor dem hinteren Ende der Niere beginnender central über der Caudalvene und zwischen den beiden Urnieren liegender scharf umschriebener Zellenstrang (Fig. 12—14y), weleher wohl kaum in irgend eine Beziehung zu der Urniere zu bringen ist; derselbe geht bei Acanthias nur wenig weit, bei Scyllium dagegen bis über das hintere Ende der Ge- nitalfalten nach vorn hinaus. Auch über die weiteren Schicksale dieses Zellenstranges wage ich keine Vermuthung aufzustellen, 2. Sceyllium canicula. Herr Dr. Richters in Hamburg hatte die grosse Güte, mir 4 aus dem Aquarium des dortigen zoologischen Gartens bezogene Embryonen so vorzubereiten, dass ich dieselben gleich nach Empfang in Schnitte zer- legen konnte. Drei derselben waren Weibchen; diese waren 22—24 mm, lang; das 4. längste Individuum von 60 mm. war ein Männchen, Die Untersuchung derselben ergab durchaus mit den beim Acanthias gemächten Befunden übereinstimmende Resultate, Der eine der drei weiblichen Embryonen von 24 mm. Länge war am Wenigsten entwickelt. In Fig. 21 und 22 habe ich zwei aufeinander folgende Schnitte, etwa aus der Mitte des Körpers, abgebilde. Man ersieht aus ihnen, dass auch hier zwischen der stark vorragenden Urnieren- falte und der Genitalfalte (Fig. 22) in dem einen Schnitt eine trichter- förmige Einsenkung (s. tr.) zu einer rundlichen Blase vorhanden ist, welche in dem andern: fehlt. Andererseits erkennt man aus Fig. 21 u. 23 dass sowohl der vom Urnierengang abtretende Canal als der Segmental- gang schon angefangen haben, Schlingen zu bilden; ob sich diese bereits mit einander vereinigt hatten, liess sich nicht entscheiden. Doch ist dies SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 41 wahrscheinlich, Die bei Acanthias mit aüfgewulsteten und etwas ausge- schweiften Rändern versehenen Wimpertrichter sind hier nur einfache Einsenkungen des Peritonealepithels. Der Verlauf der Segmentalgänge ist hier, entsprechend den Muskelabschnitten, fast senkrecht auf die Sagit- talebene; erst später tritt die Neigung derselben nach hinten ein. Bei dem zweiten nur 22 mm. langen Embryo war die Richtung der Segmentalgänge eine viel mehr sagittale, als bei jenem ersten; ihre Trich- ter schienen schon in Rückbildung begriffen zu sein, denn an bedeutend weniger Stellen waren sie noch mit ihren Oeffnungen zu erkennen. Deutlich zu zählen waren nur 23 Segmentaltrichter, während der vorher- gehende deren mindestens 32 hatte. Der dritte auch fast 24 mm. lange weibliche Embryo hatte nur 26 Segmentaltrichter, und gleichfalls einen bedeutend mehr sagittalen Verlauf der Segmentalgänge, als die des ersten Exemplars. An dem 60 mm. langen männlichen Embryo waren nur noch wenige Spuren der Segmentaltrichter zu erkennen; statt dessen lagen zwischen dem Urnierengang (Fig. 24 u) und dem hier einfachen in der Mitte liegen- den Hoden (t) zwei Canäle, welche nichts anderes, als die Segmentalgänge (s. g) sein können, fast immer senkrecht getroffen wurden und nur selten mit einer neben dem unpaaren Mesorchium mündenden Oeffnung (dem Segmentaltrichter) in Verbindung standen. Da sie nun genau an der Stelle liegen, wo am ausgebildeten Thier das epigonale Organ zu finden ist, so liegt die Annahme nahe, sich dieses letztere auch hier, wie bei Acanthias, als aus der Verschmelzung der zu Canälen umgewandelten Segmentaltrichter entstanden zu denken. Aber auch hier muss, wie bei Acanthias, darauf hingewiesen werden, dass der strenge Nachweis für solche Umbildung noch nicht geliefert ist. Für den hier festzuhaltenden Zweck ist dies indessen gleichgültig; denn es galt zunächst nur zu con- statiren, dass auch bei den Scylliden die Segmentaltrichter als embryonale Organe genau in derselben Weise, wie bei Acanthias vorkommen, obgleich sie, wie es scheint, schon bei ausgewachsenen Embryonen verschwunden zu sein pflegen. An ausgewachsenen Thieren habe ich keine Spur der- selben, auch nicht beim Weibchen, wahrgenommen; doch muss ich be- merken, dass der Erhaltungszustand der untersuchten Exemplare zu schlecht war, um vollständige Versicherung gegen eine Täuschung zu geben. Sehr auffallend ist das Vorhandensein eines einfachen Hodens und eines doppelten Eierstocks. Dass der erstere (Fig. 24t) ein solcher war, folgt aus der Lagerung der Samencanälchen, die radiär auf ein im Centrum des Ganzen gelegenes Lumen zustrebten, und die gleichzeitige Anwesen- 49 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. heit eines Darmes; nach Müller!) und Stannius?) sollen aber bei den Scylliiden gerade 2 Hoden vorkommen. Umgekehrt wird von ihnen nur ein an der einen Seite liegender Eierstock angegeben; an den drei von mir untersuchten weiblichen Embryonen waren aber 2 Genitalfalten deut- lich zu erkennen. Allerdings lässt sich bei diesen streng genommen noch nicht von einem Eierstock sprechen, da noch keine Spur von entwickelten Eiern oder in Bildung begriffenen Follikeln zu schen war; es wäre also sehr wohl möglich, dass die beiden von mir sogenannten Genitalfalten dem von Müller entdeckten epigonalen Organ entsprächen, Diese ver- schiedenen fraglichen Puncte zur Entscheidung zu bringen, wird mir hoffent- lich bald Gelegenheit werden; für die zunächst liegende Frage nach dem Vorhandensein und der Bedeutung der Segmentaltrichter sind sie jedoch von keinem Belang. Nachgewiesen ist also, dass hier, wie beim Dornhai, Segmental- organe auftreten, welche an der Bildung der Urniere in derselben Weise theilnehmen, wie bei jenem ; wahrscheinlich gemacht ist — jedoch nicht erwiesen — dass sie vergleichsweise frühe in beiden Geschlechtern ver- schwinden oder umgebildet werden. 3. Kurze Notizen über andere Fische. Bei einem 17 Ctm. langen Embryo von Oentrina mit noch ziemlich grossem Dottersack waren die Segmentaltrichter deutlich erkennbar, je- doch nur, wie es scheint, in der Region der Niere, welche zwischen After und der hinteren Insertionsstelle des Mesenteriums liegt. Bei einem Embryo von Mustelus vulgaris war keine Spur der Seg- mentalorgane zu entdecken; ebenso wenig bei einem 27 Ctm. langen weiblichen Embryo einer unbestimmten Carchariasart und bei etwa 2 Fuss langen Individuen von Mustelus laevis und vulgaris. Alle diese negativen Befunde mögen vielleicht ihren Grund in dem ziemlich schlechten Erhal- tungszustand der untersuchten Thiere haben; denn ich konnte auch an 2 schlecht erhaltenen weiblichen jungen Individuen vom Dornhai keine Spur der Organe finden. Das Epithel ist eben sehr vergänglich; ist die- ses macerirt, so ist der Segmentaltrichter in der Regel gar nicht mehr zu erkennen. 1) Müller, Vergleichende Anatomie der Myxinoiden, Abhandl. der Berliner Academie 1843. p.127, 2) Siebold und Stannius, Vergleichende Anatomie, 2. Aufl. 1854. Bd, II, p- 275, 276. SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 43 Auch bei Rocher, Embryonen wie erwachsenen Thieren von :Narcine brasiliensis, Torpedo ocellata und Raja batis habe ich mich bisher vergeb- lich bemüht, die Segmentalorgane aufzufinden; der ziemlich gute Erhalt- ungszustand eines Embryo von Raja batis von 3 Ctm. Länge lässt mich vermuthen, dass sie bei den Rochen ungemein frühe verschwinden. Da Centrina und Acanthias, welche die Segmentalorgane am läng- sten behalten, einen Stachel in ihrer Rückenflosse besitzen, so vermuthete ich, dass sie auch vielleicht bei dem erwachsenen weiblichen Oestracion noch anzutreffen seien; die Untersuchung eines ziemlich gut erhaltenen Exemplars hat indessen kein bestimmtes positives oder negatives Resultat ergeben. Unter den Dipnoi habe ich ein erwachsenes Männchen von Protop- terus untersucht, das vortreffich erhalten war; es war keine Spur der Segmentalgänge zu erkennen. Von Ganoiden konnte ich ebenfalls nur erwachsene oder doch ziem- lich grosse 'Thiere untersuchen. Ein 45 Cm. langer Stör (A. sturio) liess nichts von Segmentaltrichtern erkennen; freilich war das Exemplar auch zu schlecht erhalten, um mit Sicherheit ihre Abwesenheit behaupten zu können. Ein gut erhaltenes ausgewachsenes Weibchen von Amia calva zeigte keine Spur derselben, ebenso wenig ein Polypterus bichir, Bei den Ganoiden scheinen also die Segmentalorgane, wenn sie überhaupt bei den Embryonen vorkommen, nie so lange zu persistiren, wie bei dem Dornhai und Centrina, 4. Die Bedeutung der Segmentalorgane für die Wirbelthiere. Bisher nahm man bekanntlich an, dass sich die Urniere der Wirbel- thiere aus zwei ursprünglich gesonderten Anlagen zusammensetze, dem Urnierengang mit seinen seitlichen Sprossen und dem Malpighi’schen Kör- perchen oder Drüsentheil der Urniere. Diese letzteren entstehen, wie all- gemein bekannt, ursprünglich ohne Zusammenhang unter einander paar- weise in jedem Körpersegment !). In dem segmentalen Auftreten stimmt nun der bei den Haien neu hinzutretende Theil, nemlich der Segmental- trichter und der Segmentalgang, überein; und da auch die Lagerung bei- der Theile zu den benachbarten Organen die gleiche ist, so liegt die An- nahme nahe, die bei Hühnchen und anderen Wirbelthieren beobachtete 1) Bornhaupt, Untersuchungen über die Entwickelung- des Urogenitalsystems beim Hühnchen. Riga 1867, Taf. II, Fig. 10, 11. , 44 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u, Wirbellosen. gegliederte Anlage des Drüsentheils der Urniere mit den Segmentalgängen der Haie zu vergleichen. Es spricht indessen gegen diese Parallelisirung einstweilen die. wohl verschiedene Entstehung: jene entsteht im Innern der Seitenplatten, diese dagegen durch Einstülpung des Peritonealepithels, Auch muss als Argument dagegen hervorgehoben werden, dass es scheint, als ob bei den Haien noch ein dritter Zellenkörper (s. oben u. Tafel III, Fig. 4, 5, x) an der Ausbildung der Urniere Theil nimmt. Sollte sich diese Vermuthung bestätigen, so wäre derselbe mit den Drüsentheilsanlagen in der Urniere des Hühnchens zu vergleichen, die Segmentalgänge aber bildeten dann eine den höheren Wirbelthieren wohl gar nicht oder nur spurenweise zukommende Anlage. Genauere Untersuchungen bei Ganoi- den und Amphibien hätten dann zu zeigen, ob hier der Segmentalgang oder ein ihm homologes Glied an der Ausbildung der Uniere Theil nimmt oder nicht. Ich hebe diese Thiere ganz besonders hervor, weil bei ihnen auch im Larvenstadium äussere Kiemen vorkommen, wie bei den Haien und weil ich in diesem Character eine auf einen wirbellosen Stammvater derselben hindeutende Eigenthümlichkeit sehe, welche erwarten lässt, dass bei ihnen noch am ehesten andere gleichfalls auf die Wirbel- losen hinweisende Organe in typischer Ausbildung zu finden sein werden, Nach noch einer anderen Richtung hin scheint es mir wesentlich, bei den ferneren Untersuchungen über die Umbildung der Urniere der Wirbelthiere, die Segmentaltrichter der Haie oder ihnen homologe Theile im Auge zu behalten. Bis jetzt entbehrt man doch eigentlich noch des Verständnisses der Entwickelung der Genitalanlagen und ihrer Beziehungen zu der (vergänglichen oder bleibenden) Urniere. Durch die Entdeckung der Segmentalorgane der Haie eröffnet sich nun eine: Aussicht, dasselbe zu gewinnen. Bei den Haien war es eben sehr wahrscheinlich gemacht, dass die vasa efferentia und der Nebenhoden aus den Segmentalgängen ent- stünden; hier scheint die Verbindung mit der Urniere durch die Segmen- talgänge nicht mehr zu verschwinden. Angenommen, es entwickelte sich bei den Amphibien der Nebenhoden gleichfalls aus den Segmentalorganen oder ihnen entsprechenden Gliedern, so wären die vasa efferentia testis offenbar die hier bestehen bleibenden Segmentalgänge. Bei allen mit besonderem vas efferens versehenen Wirbelihieren ist zu erwarten, dass es sich, wie bei Haien, aus einer ursprünglich mit der Urniere in Verbindung stehen- den Segmentalanlage herausbildet. Hier knüpft sich denn auch die Frage an, ob die Drüsenschläuche des Hodens direct aus den Segmentalgängen hervorgehen oder sich erst secundär mit ihnen in Verbindung setzen. Noch eine andere Aussicht eröffnet sich. Das von Joh. Müller bei Haien aulgefundene epigonale Organ der Weibchen und Männchen liegt genau SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 45 an der Stelle, wo bei ihnen die Segmentaltrichter stehen; da liegt die Vermuthung sehr nahe, dass dasselbe aus einer eigenthümlichen Verände- rung und Verwachsung der ursprünglich an derselben Stelle vorhandenen Segmentaltrichter entstanden sei. Für diese Annakme spricht die That- sache, dass bei den Acanthias, welche ihre Segmentaltrichter zeitlebens behalten, fast jegliche Spur eines epigonalen Organes fehlt. Diese An- deutungen mögen hier genügen, da sie nur gemacht wurden, um Aus- sichtspuncte für etwa sich hier anknüpfende Untersuchungen aufzustellen. IIT. Die allgemeine Bedeutung der Segmentalorgane der Haie. In dem vorhergehenden Capitel wurde der Nachweis geliefert, dass bei Haien eigenthümliche segmentweise in der Leibeshöhle sich wieder- holende Organe vorkämen, welche bis dahin, das allgemeine Resultat antieipirend, mit dem Namen der Segmentalorgane belegt wurden, ohne dass die Berechtigung dazu nachgewiesen worden wäre, In dem nun be- gonnenen will ich versuchen, einmal den Beweis ihrer Identität in Bau, Lagerung und Entstehung mit den Segmentalorganen der Gliederwürmer zu liefern, und zweitens die von andern Gesichtspuncten aus gegen diese Homologisirung aufzufübrenden Argumente zu widerlegen. A. Die Identität der Segmentalorgane der Haie und Anneliden in Bau, Lagerung und Entstehung. Identität im Bau. Bei den Segmentalorganen der Anneliden unter- scheidet man, wenn sie typisch ausgebildet sind, 3’ Abschnitte: den frei in die Leibeshöhle sich öffnenden Wimpertrichter mit seinem Wimper- gang, den drüsigen Theil und den mitunter muskulösen contractilen Aus- führungsapparat, der bald nur (Lumbricus) gefässartig, bald auch (Blut- igel) eine dicke contractile Blase sein kann. Jener wimpernde Segmental- trichter fehlt nicht selten z. B. bei Hirudo; gänzlich unbekannt ist, ob er dann einfach obliterirt, oder im Embryo gar nicht angelegt wird oder sich — was nicht unwahrscheinlich — in andere Organe umwandelt. Wo er aber vorkommt, lässt er sich ohne Weiteres dem Segmentaltrichter der Haie vergleichen, Der Drüsentheil fehlt bei Anneliden nie; ebenso- wenig bei Wirbelthieren, denn die Urniere findet sich bei allen Wirbel- thieren und ihrem drüsigen Theile d. h. den mit den Malpighi’schen Kör- perchen verbundenen und mannigfach verschlungenen Canälen lässt sich 46 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. z. B. der gewundene von Grefässen umsponnene Knäuel bei Hirudo ohne Weiteres gleichstellen. Die Verschiedenheit im histologischen Bau — hier Einstülpung der Gefässschlingen in ein erweitertes Harncanälchen, dort Umspinnung der letzteren durch jene — beweist gar nichts gegen die Homologisirung; denn auch bei Anneliden identifieirt man Schleifencanäle mit und ohne Wimpertrichter, mit und ohne Gefässe, blos weil sie seg- mentweise in identischer Lagerungsbeziehung zu den übrigen Organen auf- treten. Auch der dritte Theil endlich, der Ausführungsgang fehlt hier nicht, denn aus dem Drüsenknäuel tritt segmentweise ein Canal hervor, welcher das etwa auszuscheidende Secret fortzuführen vermag. Der ein- zige Unterschied des Baues besteht darin, dass diese segmentalen Aus- führungsgänge bei den Anneliden isolirt von einander in jedem Segment ausmünden, bei den Haien dagegen sich mit dem der Länge nach ver- laufenden Urnierengang verbinden, Diese 3 hier miteinander verglichenen’ Theile der Segmentalorgane der Würmer und Haie habe ich in den schematischen Figuren 5—S8 der Taf. V mit Farben in der Weise bezeichnet, dass die beiden im Bau (und auch in Lagerung und Entstehung) einander entsprechenden Theile, nem- lich ltens Segmentaltrichter und Segmentalgang und 2tens Drüsentheil des Segmentalorgans in beiden Thiergruppen mit gleicher brauner Farbe an- gegeben wurden; während der Urnierengang der Wirbelthiere schwarz, die eontractile Blase der Würmer dagegen weiss sind, um durch die Farbe schon zu bezeichnen, dass diese beiden Theile morphologisch nicht iden- tisch seien. Identität in der Lagerung. Die Segmentalorgane der Anneliden ge- hören, wenn sie typisch ausgebildet sind, also alle 3 Abschnitte erkennen lassen, 2 verschiedenen benachbarten Segmenten an; und zwar liegt der Wimpertrichter immer in dem vordern, der Drüsentheil und Ausführungs- gang im dahinter liegenden Segmente. Fast genau so verhalten sich die Segmentalorgane der Haie (s. Taf. V Fig. 5 und 7). Der Wimpertrichter (8. tr.) schiebt seinen Segmentalgang parallel dem Septum (s. p.), welches die beiden Muskelfelder, d. h. die Segmente‘ des Körpers theilt, nach hinten; aber der aus dem Drüsenknäuel (s. gl.) heraustretende Ausführungsgang (u) verbindet sich mit dem (primären oder secundären) Urnierengang nicht in demselben, sondern in dem nächstfolgenden hinteren Segment. Da nun bei Wirbelthieren die Scheidewände der Muskelfelder meist sehr schräg nach hinten verlaufen, so tritt hier eine sehr starke Kreuzung der Seg- mentaltrichtergänge und der Ausführungsgänge ein, wie sie bei Anneliden nicht stattfindet; aber hier wie dort gehören sie 2 benachbarten Seg- menten an, SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 47 Hierin sehe ich den schärfsten Beweis für die Gleichheit in der La- gerung dieser Organe. Der zweite allein noch mögliche Gesichtspunct, zu untersuchen, ob beide Organe auf der Bauchseite oder Rückenseite oder auf verschiedenen Seiten lägen, darf hier nicht aufgestellt werden, da er mit der weitergreifenden und nachher zu discutirenden Frage zusammen- hängt, ‘ob denn Bauchseite und Rückenseite bei allen Thieren so ohne Weiteres zu identificiren seien, wie das von verschiedenen Seiten her ver- sucht worden ist. Hier genügt es zunächst vollkommen, auch in den schematischen Abbildungen die allgemeine Uebereinstimmung in der seg- mentalen Lagerung der Organe bei Anneliden und Haien gezeigt zu haben. Identität in Entstehung (und Umbildung?). Von dem speciellen Nachweis einer identischen Entstehungsweise der Segmentalorgane bei Haien und Würmern kann natürlich vorläufig nicht die Rede sein; aber in allgemeiner Art lässt er sich wohl führen. Drüsentheil und Segmental- trichter entstehen aus dem mittleren Keimblatt bei den Haien, wie bei den Blutigeln nach Leuckart!), den Meeresanneliden 2) nach Kowalevsky; der Wimpertrichter bildet sich bei den Haien durch Einstülpung des Peri- tonealepithels, bei den Anneliden nach Kowalevsky®) vom Epithel der Septa, wahrscheinlich auch durch Einstülpung desselben. Der Drüsentheil entsteht gesondert vom Ausführungsgang in beiden Thiergruppen; hier wie dort verwächst er erst secundär mit letzterem. Der einzige Unter- sehied in der Bildungsweise des ganzen Organes besteht darin, dass bei Blutigeln®) der Ausführungsgang durch Einstülpung von der Epidermis her entsteht, bei Haien durch eine später sich fast ganz schliessende der Länge nach verlaufende und die einzelnen Segmente kreuzende Urnieren- gangfurche. Auf diesen Punct komme ich weiter unten zurück. Ob auch eine Identität in der Umbildung der Segmentalorgane bei beiden Thiergruppen vorkomme, lässt sich zunächst ohne erneute in ganz bestimmter Richtung angestellte Untersuchungen nicht entscheiden. Da- gegen kann ich nicht umhin, hier schon auf eine merkwürdige Parallele 1) Leuckart, Parasiten I. p. 704, 2) Kowalevsky, Embryologische Studien an Würmern und Insekten. Taf. VII Fig. 21, 3) Leider sind dessen Beobachtungen in dieser Beziehung ziemlich nnver- ständlich; sie verlangen unbedingt erneuerte Prüfung. %) Leuckart, Parasiten I. p. 703—704. 48 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. hinzuweisen, die zwischen den männlichen Organen der Haie und gewis- ser Blutigel stattzufinden scheint. Angenommen nemlich, die durch oben mitgetheilte Beobachtungen sehr wahrscheinlich gemachte (aber allerdings nicht streng bewiesene) Annahme sei richtig, dass nemlich aus einer Verschmelzung der Segmentalgänge die vasa efferentia entstünden, so würde sich die Frage aufdrängen, ob nicht auch bei den echten Blutigeln der vereinigte Samenleiter hervorgegangen sei aus der Verschmelzung der hier bekanntlich fehlenden Wimpertrichter. In beiden Fällen lägen die Hoden nach einwärts von den zum vas efferens und Nebenhoden ver- schmelzenden Segmentaltrichtern, diese aber zwischen Hoden und dem Drüsentheil der Urniere. Doch muss hier bemerkt werden, dass es auch Hirudineen mit Wimpertrichtern der Segmentalorgane gibt (Nephelis, Clep- sine), obgleich die Hoden nach dem gewöhnlichen Typus gebaut sind; immerhin verlangen die Genitalorgane und die Schleifencanäle der Hiru- dineen eine erneute vergleichende Untersuchung nach dem hier angedeu- teten Gesichtspuncet. Man würde endlich noch erwarten können, die Segmentaltrichter auch bei erwachsenen Ganoiden zu finden, da ja bei diesen ein Samen- leiter fehlt und das Sperma wie die Eier durch den Urnierengang fortgeleitet werden soll. Das setzt indessen voraus, dass sich bei ihnen Segmentaltrichter auch im Embryo ausbilden; darüber ist aber nichts bekannt. Der Homologisirung der Segmentalorgane der Haie und Anneliden steht hiernach nichts mehr im Wege, denn die Uebereinstimmung in Bau, Lagerung und Entstehung derselben ist eine weit grössere, als sie z. B. zwischen den Organen der verschiedenen sogenannten Würmer statt- findet. B. Schwierigkeiten der hier vertretenen Anschauung. Eine neue Auffassung :kann von verschiedenen Gesichtspuneten her bestritten werden. Zugegeben einmal, dass die hervorgehobene Aehnlich- keit in Bau, Lagerung und Entstehung die Gleichstellung an und für sich rechtfertige, so könnten doch noch andere Argumente direeter oder in- directer Art gegen sie vorgebracht werden, welche unter Umständen so- gar die Fehlerhaftigkeit der gemachten Homologisirung erweisen möch- ten. Zu einer völligen Sicherstellung der bis dahin gewonnenen Resultate gehört somit noch der Nachweis, dass keine der etwa dagegen vorzu- bringenden Argumente unwiderleglich oder mit ihr unvereinbar sind. SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 49 Die direct gegen obige Anschauung anzuführenden Gründe sind zwei. Es ist oben von mir hervorgehoben worden, dass der ausführende Ab- schnitt der Urniere der Haie und der Schleifencanäle der Anneliden mor- phologisch ungleich sind. Man könnte vielleicht geneigt sein, hierin einen ‘Grund gegen die Gleichstellung auch der andern’ Abschnitte zu erkennen. Wenn man aber bedenkt, dass die Verbindung des Drüsentheils mit dem Ausführungsgang in beiden Fällen eine secundär durch Verwachsung ent- standene ist, so leuchtet ohne Weiteres die Kraftlosigkeit dieses Argumentes ein. Wollte man es doch gelten lassen, so würde man genöthigt sein, auch die Hoden bei den Wirbelthieren nicht zu identificiren, da sie sich mit Ausführungsgängen vereinigen, welche sich in den einzelnen Ordnun- gen morphologisch gar nicht miteinander vergleichen lassen. Dazu kommt ferner, dass auch bei Rotatorien und Plattwürmern die zwei der Länge nach verlaufenden Ausführungsgänge sich dort regelmässig, hier bisweilen mit dem Enddäarm oder der Cloake verbinden. Ein zweiter scheinbar direet gegen die hier vertretene Auffassung sprechender Grund könnte darin gesehen werden, dass man auch bei Anneliden von einer Urniere im Gegensatz zur bleibenden Niere spricht. Bekanntlich treten nach Leuckart 3 Paar Drüsenschläuche im ungeglie- derten Embryo des Blutigels auf, welche sich ihrem Bau nach mit den bleibenden Segmentalorganen vergleichen lassen, aber doch nur die rasch verschwindenden Vorläufer derselben sind. Wenn man nun aber Urniere der Würmer und Urniere der Wirbelthiere identificiren wollte, um diese Gleich- stellung als Argument gegen die von mir versuchte der bleibenden Niere der Würmer mit der Urniere der Wirbelthiere zu benutzen, so würde man den Nachweis zu liefern haben, dass wie die Urniere der Wirbelthiere so auch die der Anneliden aus dem Mesoderm entstünde, die gleichen Lage- rungsbeziehungen aufwiese und die gleiche Umbildung erführe. Nichts von alle dem aber wäre möglich; denn selbst schon die einzigen hier- über vorliegenden Beobachtungen von Leuckart geben Aufschluss darüber, dass ein morphologischer Vergleich zwischen der Urniere der Blutigel und derjenigen der Wirbelthiere unmöglich ist. Physiologisch mag man sie immerhin gleichstellen — obgleich sich auch dagegen Mancherlei vor- bringen liesse — aber ihre physiologische Gleichwerthigkeit bewiese ab- solut nichts für ihren morphologischen Werth. Die indirecten Argumente gegen eine bestimmte Auffassung sind den aus ihr gezogenen Folgerungen zu entnehmen ; wenn diese zu Un- gereimtheiten führen, so ist damit zugleich auch ihre Grundlage als falsch erkannt. Angenommen, es sei die Homologisirung der Segmentalorgane der Anneliden und Wirbelthiere richtig, so würde daraus eine sehr nahe Arbeiten aus dem zoolog.-zootom. Institut in Würzburg. II. Bd. 4 50 _SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. Verwandtschaft der beiden Gruppen zu folgern sein. Diese aber setzte voraus, dass auch in den übrigen Organen und in ihren gegenseitigen Lagerungsbeziehungen keine Differenzen bestünden, welche geradezu gegen ihre Verwandtschaft stritten. Zunächst ist hervorzuheben, dass in beiden Thiergruppen deutliche Beziehungen der Segmentalorgane zu den Geschlechtstheilen ausgedrückt sind; in wie weit einzelne Theile jener sich mit diesen enger verbinden mögen, etwa z. B. bei so manchen Oligochaeten, lässt sich ohne erneute Untersuchungen nicht entscheiden. Unter allen Umständen aber sind die hier. kurz angedeuteten Beziehungen so characteristisch, dass sie auch ohne die Möglichkeit einer vollständigen morphologischen Aufklärung hie- rüber zu Gunsten der Identificirung der Segmentalorgane bei Wirbel- thieren und Wirbellosen in’s Feld geführt werden können. Wichtiger sind die rein morphologischen Lagerungsverhältnisse. Da könnte es nun scheinen, als sei in der That eine Vergleichung z. B. eines Durchschnitts von einem Wirbelthier und einem Ringelwurm ganz un- möglich. Stellt man diesen in die gewöhnliche Lage, also die Ganglien- kette (im Durchschnitt) nach unten gerichtet, so ist der Gegensatz in der Lagerung der Organe bei diesen Thieren und den Wirbelthieren voll- ständig. Dorsal läge bei den Wirbelthieren die Chorda unter dem Rücken- mark, sie fehlte bei den Würmern; in der Aorta der ersteren fände die Blutströmung von vorne nach hinten statt und es flösse in ihr arterielles Blut, während bei den Anneliden rein venöses Blut in entgegengesetzter Richtung strömte; umgekehrt läge unter dem Darm hier bei den Würmern ein arterielles Blut führendes Gefäss mit der Stromrichtung von vorn nach hinten, bei den Fischen das Herz mit rein venösem von hinten nach vorn strömendem Blut. Unter diesem Bauchgefäss fänden sich bei Wirbel- thieren keine besonders wichtigen Glieder; bei den Würmern käme aber die Ganglienkette und vorher über ihm und von einer auch jene umhüllenden bindegewebigen Scheide umschlossen ein Strang, welcher nach den vorliegenden Untersuchungen von Ülaparede entschieden kein Nervenstrang ist. Ihrer Lagerung in der Leibeshöhle nach stimmen Geschlechtsorgane und Segmentalorgane auch so in beiden Gruppen überein, freilich nicht in Bezug auf ihre Ausmündung: bei den Würmern tritt ihr Ausführgang in das Seitenfeld, bei den Wirbelthieren ver- läuft er in der Leibeshöhle nach hinten. Die Musculatur stimmt überein; aber dies liegt darin, dass sie bei beiden Thiergruppen sowohl in der dorsalen wie in der ventralen Mittellinie ursprünglich unterbrochen und erst später mit einander verwachsen ist, Wenn man aber nun den Durchschnitt eines Körpergliedes von einem Ringelwurm so dreht, dass SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 51 "sein Bauchstrang nach oben zu liegen kommt (s. Taf. V. Fig. 8), so ist die Uebereinstimmung zwischen Wurm und Wirbelthier eine fast ganz vollständige. Ganz wie bei den Wirbelthieren folgt nun dicht unter der Haut das Centralnervensystem (Fig. 6 und 8 u), unter diesem der von Leydig entdeckte, schon von Kowalevsky) der chorda dorsalis verglichene Faserstrang, (ch); wie bei den Wirbelthieren sind beide Theile von einer gemeinsamen bindegewebigen Scheide umgeben (Fig. 6 und 8 ch. s.); dieser Scheide legt sich nach unten das sogenannte Bauchgefäss, welches meistens nicht contractil ist, an, mit arteriellem von vorn nach hinten ge- richtetem Blutstrom (a), darauf folgt der Darm (tr) und unter diesem das sogenannte Rückengefäss (v), welches wie das Herz der Fische und aller Wirbelthierembryonen venöses Blut enthält mit der Stromesrichtung von hinten nach vorn; es ist ausnahmslos contractil. Bei vielen Kiemenwür- mern, welche nur am Kopfende echte Kiemen tragen (z. B. Terebella), entspricht den Kiemen sogar ein stark erweiterter vorderer Abschnitt des- selben, der nach seiner Lagerung und seiner Beziehung zu den Athmungs- organen genau dem Herzen der Fische entspricht. Die äusseren Kiemen dieser Terebellen lassen sich dann ohne Weiteres den äusseren Kiemen der Plagiostomen, Ganoiden und Amphibienlarven vergleichen ; es sind diese Organe der Wirbelthiere mitvererbte Eigenthümlichkeiten der Wurm- urform. Wiederholte Untersuchungen des Vorderendes der tubicolen An- neliden werden hier vielleicht auch auf Spuren von Kiemenöffnungen füh- ren, wie schon Agassiz?) darauf anfmerksam macht, dass vielleicht die Wimpergruben mancher Nemertinen und die des Polygordius den Kiemen- spalten von Balanoglossus entsprechen möchten. Unter dem venösen Ge- fäss findet sich bei den Würmern kein wesentliches Organ mehr, gerade wie bei den Wirbelthieren. Die Beziehungen der Musculatur und der Segmentalorgane sind dieselben geblieben; die früher ventrale Mittellinie ist nun zur dorsalen geworden und umgekehrt. Die einzelnen hier nur kurz angedeuteten Puncte. verlangen eine eingehendere Besprechung, da der gemachte Vergleich den herrscheuden Anschauungen in wesentlichster Weise widerspricht. Es wird durch meine Deutung zunächst das gegliederte Bauchmark der Anneliden mit dem Rückenmark und Gehirn der Wirbelthiere identi- 1) Kowalevsky, 1. c. p. 20. ©) A. Agassiz, The history of Balanoglossus and Tornaria. Memoirs of the American Academy of Arts Seiences Vol. IX. 1873. p. 434, 435. 4® 592 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. fieirt; während wohl Mancher!) an dem unbewiesenen Dogma festhält, es sei das obere Schlundganglion allein dem Gehirn der Vertebraten zu ver- gleichen. Gegen diese letztere Annahme spricht die von Leuckari?) für den Blutigel festgestellte Thatsache, dass das obere Schlundganglion aus einer tieferen Anlage und nicht, wie das Bauchmark, aus dem Ectoderm hervorgeht. Die Ganglienkette der Würmer aber (und Arthropoden) ent- steht genau wie bei Wirbelthieren durch eine Abschnürung vom Ectoderm her. Man könnte einwenden, für die Wirbelthiere sei die Bildung einer Rückenrinne, die Umbildung dieser zum Rückenmarksrohr massgebend, und erst in zweiter Linie die Entstehung aus dem Ecetoderm. Diese früher scheinbar berechtigte Annahme wird widerlegt durch die Entstehung des Nervensystems der Forelle; nach den übereinstimmenden Angaben von Kupfer 3), Götte!), Schapringer?) und Oellacher6) bildet sich dasselbe aus der soliden Zellenmasse des Axenstranges, der ursprünglich mit dem Ectoderm direct zusammenhängt und sich allmälig von ihm sondert; die ursprünglich vorhandene Rückenfurche verflacht sich und verschwindet schliesslich ganz. Genau ebenso verhalten sich Lumbricus und Euaxes nach Kowalevsky (s. Taf. V. Fig. 1—4): eine Rinne theilt den Primitiv- streifen äusserlich in zwei symmetrische Hälften; sie geht aber bald. wie- der verloren und von dem im Keimstreifen sich verdiekenden Ectoderm trennt sich allmälig das centrale Nervensystem ab. In den auf Taf. V., Fig. 1—4 mitgetheilten nur für meinen Zweck passend angemalten aber sonst getreuen Copien von Zeichnungen Oellacher's und Kowalevsky's tritt diese Uebereinstimmung ohne Weiteres hervor. Auch die scharfe segmentale Gliederung des Nervensystems bei Gliederwürmern beweist nichts gegen diese Auffassung; denn sie ist bei allen Wirbelthieren durch 1) Gegenbaur freilich sagt ausdrücklich, dass das Gehirn der Gliederthiere dem Gehirn der Wirbelthiere nicht morphologisch identisch sei; aber diese An- schauung ist einmal nicht ganz durchgedrungen, wie man aus dem wunderbaren Artikel von Paasch (Archiv f. Naturgesch. Jahrg. 34, 1873: „Von den Sinnesorganen der Insekten im Allgemeinen eto.“) ersehen kann; andererseits beruht Gegenbaur’s Zurückweisung der Homologisirung vom Gehirn der Gliederthiere und Wirbelthiere auf der falschen Ansicht, dass zwischen beiden Gruppen überhaupt gar keine mor- phologische Uebereinstimmung im Nervensysteme gefunden werden könne. 2) Leuckart, Parasiten I. p. 705. 3) Kupfer, Beobachtungen in der Entwicklung der Knocheufische. Arch. für microsk, Anat. 1868. Bd. 4. 4) Götte, Centralblatt für die medic. Wissensch. 1869. No. 26. 5) Schapringer in Brücke, Vorlesungen über Physiologie 1873. Bd. II. p. 279. 6) Oellacher, Beiträge zur Entwickelung der Knochenfische nach Beobachtun- gen am Bachforelleneie, Z. f. w. Z. 1873, p, 1—115. Taf. I—IY. SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 58 den segmentalen Ursprung der Spinalnerven festgehalten, und sogar bei Orthagoriscus und Triglaarten selbst im Rückenmark noch angedeutet. Meines Wissens fehlen histologische Untersuchungen vom Rückenmark dieser Fische; so dass es selbst möglich wäre, dass nicht blos äusserlich die Trennung desselben in Ganglienknoten angedeutet, sondern auch histo- logisch wie bei Gliederwürmern festgehalten wäre, In Bezug auf die Entstehungsweise sind also hiernach Bauchgang- lienkette der Gliederwürmer mit dem Rückenmark und Gehirn der Wirbel- thiere zu identificiren. Es fragt sich nur, ob nicht Einwände gegen die morphologische Entwerthung des oberen Schlundganglions der Ringelwür- mer als einzigen dem Centralnervensystem der Wirbelthiere etwa gleich- zustellenden Organs vom Standpunete der früheren Auffassung zu erheben sein würde. Ich sehe hierbei ganz ab von dem wohl sicherlich, auch nach der älteren Auffassung misslungenen Versuch Leydig's, das obere Schlund- ganglion der Gliederthiere (Insecten etc.) mit dem Gehirn der Wirbelthiere selbst bis in feine Einzelheiten hinein zu vergleichen; denn zunächst habe ich nur die Beziehungen der Wirbelthiere zu den Anneliden zu unier- suchen. Man könnte für die alte Auffassung einmal die Entstehungsweise, dann die histologische Structur und endlich die Verbindung mit andern typischen Theilen, namentlich den Sinnesorganen, in’s Feld führen. Die erstere aber ist, wie schon hervorgehoben, nach Leuckart beim Blutigel durchaus verschieden von der des Gehirns der Wirbelthiere und von an- deren Ringelwürmern ist nichts über die Bildungsweise des oberen Schlund- ganglions bekannt. Dass die Art der Verbindung zwischen Sinnesorganen und Centralnervensystem nicht für die Homologisirung der Theile des letzteren bei verschiedenen Thieren benutzt werden kann, geht aus der Thatsache hervor, dass selbst in sehr nahe verwandten Gruppen Ohren und Augen mit morphologisch nicht vergleichbaren Theilen des Nerven- systems verbunden sein können; ich erinnere hier nur an die Gehörorgane der Krebse, welche bald im Schwanzgliede vom letzten Bauchganglion, bald in der Fühlerschuppe vom oberen Schlundganglion innervirt werden; selbst an demselben Thiere können physiologisch gleiche Sinnesorgane, nemlich Augen, an 2 ganz unvergleichbaren Körperstellen angebracht sein, wie z. B. bei Euphausia !), welche ausser den Kopfaugen auch solche 1) Hier bemerke ich beiläufig, dass diese Entdeckung nicht von Claus, sondern zuerst von mir gemacht wurde, was Gegenbaur (vergl. Anat. 2, Aufl. p. 379) nicht zu wissen scheint. Meine kurze Beschreibung in meinem Reisebericht (Z. f. Z. 1863 54 SEMPER; Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. am Bauche träg. Was endlich drittens die histologische Structur betrifft, so besteht zunächst insofern ein Unterschied, als sich bei den Würmern kein Centraleanal entwickelt, aber dieser fehlt im oberen Schlund- . ganglion gleichfalls; es ist ferner die Anordnung der Ganglienzellen und der Nervenfasern eine andere, als bei den meisten Wirbelthieren, aber bei den Petromyzonten liegen auch wiederum die Ganglienzellen ganz anders, als bei den übrigen Fischen. Auf diese histologischen Unterschiede ist also kein Gewicht zu legen; die innerhalb derselben Thiergruppe statt- findenden Unterschiede beweisen nur, dass die ursprünglich gleichartige Anlage sich näch sehr verschiedener Richtung hin umbilden kann. Gegen die Annahme, es seien die Ringelwürmer die nächsten Ver- wandten der Wirbelthiere, liesse sich ferner die Chorda der letzteren in’s Feld führen. Es lässt sich nicht läugnen, dass der Faserstrang, welcher aus 3 Theilen bestehend von Leydig beim Regenwurm entdeckt, später von Olaparede genauer untersucht und auch "bei Meeresanneliden gefunden wurde, in seiner Structur wesentlich von derjenigen der Wirbelthierchorda abweicht. Diese besteht aus eigenthümlich metamorphosirten Zellen mit doppelter Umhüllungsschicht; jener dagegen aus Fasern, welche von kei- ner besonderen Scheide umgeben sind. Man hat sich indessen längst da- ran gewöhnt, die Vergleichung zweier Theile nicht bloss nach ihrer Structur im ausgebildeten Zustande, sondern auch nach ihren Lagerungsbeziehungen zu andern Theilen und ganz besonders nach ihrem Entstehen durchzuführen. Thut man dies hier, so stellt sich das Resultat schon wesentlich anders, Der Faserstrang liegt (s. Taf. V. Fig. 8 ch) unterhalb des Centralner- venstranges — wie die Chorda der Wirbelthiere — und ist von der bindegewebigen Hülle, welche auch jenen einschliesst, mit umgeben, ge- rade so, wie bei Wirbelthieren die skelettbildende Schicht sich von den Urwirbeln her um das Rückenmark und die Chorda gleichzeitig herumlegt. In beiden Gruppen lagert sich unmittelbar dieser Chordaumhüllung in der Mittellinie ein Gefäss an, welches arterielles Blut vom Kopf zum Schwanze führt. Die Entwickelung des Faserstranges ist leider ganz unbekannt. Doch kann darauf hingewiesen werden — was ich in der schematischen Zeichnung Fig. 1 u. 2 auszudrücken mir erlaubte — dass nach Kowalevsky’s Ab- bildungen unter der Anlage des Nervensystems, zwischen dieser und dem Darmdrüsenblatt Zellengruppen angedeutet sind, welche gerade an der Bd. 11, p. 107) ist völlig ausreichend, um meinerseits verlangen zu können, dass mein Name hier genannt werde — wenn der Schreiber eines Lehrbuchs überhaupt einen Gewährsmann citiren wollte. SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 55 Stelle liegen, an welchen man die Entwicklungsstadien der Wurmchorda anzutreffen erwarten sollte; Kowalevsky macht im Text ausserdem selbst darauf aufmerksam. Genauere Untersuchungen in Bezug auf diesen Punct können allerdings erst eine ganz bestimmte Antwort ermöglichen. Selbst aber wenn die hier gebrauchte Bezeichnung des bekannten Faserstranges als Wurmchorda sich als unzutreffend erweisen sollte, so wäre damit meiner Ueberzeugung nach nicht im Entferntesten der Nach- weis geliefert, dass nun die von mir vertretene Ansicht der nahen Stamm- verwandtschaft der Wirbelthiere und Gliederwürmer fallen zu lassen sei. Denn der Mangel einer chorda bei den jetzt lebenden Anneliden würde nur beweisen, dass die ihnen und den Vertebraten gemeinschaftliche Stammform mit einer solchen — welche man allerdings aus den bekann- ten schon von Gegenbaur angedeuteten Gründen annehmen muss — aus- gestorben oder nicht gefunden worden sei. Solche Lücken sind äusserst zahlreich. Trotzdem man z. B. bis jetzt noch keine Uebergangsglieder zwischen Schildkröten und den übrigen Reptilien gefunden hat, rechnet man sie doch zu ihnen und zwar gewiss mit Recht. Man legt dabei eben auf die Gesammtheit der Charactere den Nachdruck. Wollte man im Gegensatz hierzu die Anneliden bloss wegen des auch nur hypothetisch anzunehmenden Fehlens einer Chorda von den Wirbelthieren entfernen, diesen letzteren aber, wie bisher geschehen, auch den Amphioxus an- reihen, weil er eine solche besitzt, so müsste man auch in consequenter Durchführung des Verfahrens sämmtliche Ascidien mit einer Chorda zu den Wirbelthieren stellen, die ohne eine solche (Molgula) aber nicht. Man thut dies aber nicht in den: ganz richtigen Gefühle, dass die Ge- sammtheit der zusammenstimmenden Charactere doch eben mehr Gewicht hat, als ein einziger sporadisch auftretender: so wichtig dieser auch in der theilweise an ihn geknüpften weiteren Ausbildung einer anderen Thiergruppe werden mag. Auf diesen Punkt komme ich später zurück. Einstweilen mögen diese Bemerkungen genügen, um die Ansicht zu be- gründen: dass die fast alle Organe betreffende Uebereinstimmung im Bau eines Haifischembryo’s und eines Gliederwurms weit gewichtigere Gründe für ihre nahe Stammesverwandtschaft liefert, als der Mangel einer Chorda gegen dieselbe. Würde sich aber die von Kowalevsky zuerst geäusserte, von mir aufgenommene Vermuthung bestätigen, dass der Faserstrang unter der Ganglienkette der Anneliden wirklich eine ihrer Entstehung und La- gerung nach der Wirbelchorda zu vergleichende nur eigenthümlich meta- morphosirte Wurmchorda sei, so würde damit auch das letzte Argument gegen meine Anschauung hinweggeräumt sein. 56 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u, Wirbellosen. Ausser der chorda als Vorläufer des Skeletts kann noch die Lage und Bildungsweise des Kiemensackes der Wirbelthiere (resp. ihrer Embryonen) als ganz besonders typisch angesehen werden; und da den jetzt lebenden Ringelwürmern ein solcher zu fehlen scheint, so liesse sich hieraus ein zweites gegen die von mir behauptete Verwandtschaft dieser Thiergruppen anzuführende Argument ableiten. Aber auch dieses ist leicht zu widerlegen. Einmal tritt derselbe später auf, als die Urwirbel; bei der Forelle finden sich nach Oellacher am 26. Tage schon 6 wohl ausgebildete Urwirbel, während die erste Kiemenspalte erst am 29. Tage erscheint. Dann aber gibt es auch gegliederte Würmer, welche einen Kiemenkorb haben, der sich dem des Amphioxus, der Aseidien und der Wirbelthier-Embryonen vollständig anschliesst; es fehlen sogar die Knorpelstrahlen nicht, welche dem Amphioxus zukommen. Es sind dies die merkwürdigen Balanoglossus, welche Gegenbaur mit vollem Recht zu Repräsentanten einer besondern Thier- gruppe der Enteropneusti erhoben hat. Es Scheint mir ferner sehr wahr: scheinlich, dass genauere Untersuchungen auch den Polygordius Schneider sowie vielleicht sogar die Nemertinen hier anreihen werden. Da nun der Balanoglossus ein ganz entschieden segmentirter Wurm ist, bei wel- chem vielleicht eine sorgfältige Untersuchung in den segmentweise sich wiederholenden Drüsenpaketen echte Segmentalorgane, denen der Blut- igel vergleichbar, erkennen wird, so wäre das Fehlen des Kiemenkorbs bei den anderen Anneliden nur als eine Rückbildung, der Balanoglossus dagegen als diejenige Form aufzufassen, welche unter den jetzt lebenden Würmern — soweit wir wissen — der gemeinschaftlichen Stammform der eigentlichen Anneliden und Vertebraten am nächsten käme. Man kann wohl sagen, dass für die Vertebraten und Tunicaten die Bildung des Kie- menkorbes ganz besonders und fast ebenso characteristisch sei, wie die Chorda; wollte man also diesen einen Character besonders betonen, so würde man wieder genöthigt sein, den Balanoglossus den Vertebraten an- zureihen, den man aber wegen der Gesammtheit seiner Charactere wohl beständig zu den Würmern stellen wird, &anz abgesehen davon, dass ihm, wie es scheint, jede Spur einer chorda fehlt. Die speciellen aus der veränderten Auffassung hervorgegangenen Folgerungen sind also weit davon entfernt, zu Absurditäten zu führen; keine einzige Schwierigkeit bleibt unwiderleglich oder ist grösser, als die mit jeder anderen Anschauung auch verbundene; die Unmöglichkeit, in allen einzelnen Fällen auf die sich ergebenden Fragen eine schlagende Antwort zu liefern, beruht eben in der Lückenhaftigkeit unserer Kennt- nisse, Aber diese ist der älteren Ansicht womöglich noch ungünstiger, SEMPER; Die Stammesverwandischaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 57 und nur die Macht der Gewohnheit hat eine Menge von willkürlichen jener Ansicht als Folge entsprungenen Annahmen zu Dogmen gestempelt, ‚welche sich bisher hartnäckig einer ernsten Prüfung entzogen haben. Das allgemeinste dieser Dogmen ist die Annahme von der Ueber- einstimmung derjenigen Körperregionen der Wirbelthiere und Würmer, welche man bei ihnen Bauch und Rücken nennt. Durch die Erkennung der nahen Verwandtschaft dieser Thiere, in Folge der Entdeckung der Segmentalorgane der Haie, wird nun aber der Bauch der Anneliden (und somit auch der Arthropoden} dem Rücken der Wirbelthiere gleichgestellt. Es ist dies die alte, längst von der Schule zu den Todten gelegte Ansicht Geoffroy St. Hilaire's, welche Gegenbaur so gründlich abgethan wähnt, dass er den Hinweis auf dieselbe mit einem Ausrufungszeichen begleitet. Es ist nicht meine Aufgabe, hier die Geoffroy’sche Argumentation oder die entgegengesetzte seiner Gegner zu beleuchten; noch weniger kann ich an dieser Stelle eine ausführliche Kritik der Ansicht v. Baer’s geben, welcher meint, durch den Nachweis, dass fast alle sich festsetzenden Thiere dies mit dem Rücken, aber nie mit dem Bauche thun, auch den Beweis liefern zu können, dass nun bei allen Thieren Bauch und ‚Rücken morphologisch vergleichbare Theile seien. Einmal ist es nicht ganz richtig, dass es keine mit der Bauchseite festsitzenden T'hiere gäbe: Tridaena sitzt mit dem Bauche regungslos fest, gewisse bohrende Seeigel leben mit ihrer Bauchseite nach unten in den von ihnen selbst gebohrten Höhlungen, die sie aber nie verlassen können, manche halbparasitische Schnecken (Capulus, Coralliophila, Calyptraea etc.) sitzen mit der Bauch- seite an Korallen und Steinen und zwar mitunter so tief in diese einge- senkt, dass von einem Aufgeben ihres Wohnplatzes nicht die Rede sein kann. Auf diese Beispiele lege ich übrigens kein grosses Gewicht. Viel wichtiger ist schon die Thatsache, dass bei den Echinodermen Bauchseite und Rückenseite gar keine morphologisch brauchbaren Regionen sind; die Unmöglichkeit einer morphologischen Orientirung nach dem physiologischen Bauch und Rücken hat bei diesen Thieren bekanntlich zu der durch J. Müller gegebenen Unterscheidung eines Biviums und Triviums geführt. Weitaus das Wichtigste aber scheint mir persönlich dies zu sein: dass überhaupt von einer morphologischen Vergleichung zwischen den ver- schiedenen Thieren gar nicht mehr die Rede sein kann, wenn man nach physiologischen Begriffen die Orientirung ihres Körpers vornimmt und nach dieser nun auch die einzelnen Glieder desselben zu vergleichen ver- sucht. Man kommt dann zu den schon oben mehrfach hervorgehobenen, allerdings bis jetzt allgemein und auch von mir noch bis vor Kurzem 58 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. getheilten, aber doch irrthümlichen Anschauung der Unmöglichkeit eines morphologischen Vergleichs der Ganglienkette der Gliederthiere und des Rückenmarks der Wirbelthiere, trotz der Identität ihrer Entstehung; man kommt dann zur Identifieirung der Sinnesorgane, der Drüsen, der Be- wegungsorgane etc, kurz, der physiologisch gleichwerthigen Organe, voraus- gesetzt natürlich, dass man die physiologische Vergleichsmethode con- sequent anwendet. Nun ist aber längst nachgewiesen, dass aus einer morphologisch übereinstimmenden Anlage physiologisch sehr verschiedene Organe werden können; die analoge Einsenkung aus der Epidermis in die Cutis bildet hier Haare oder Federn, dort Drüsen oder selbst Theile von Sinnesorganen, für sie alle stellt man einen den gemeinsamen Character des gleichen Ursprungs andeutenden Begriff auf. So gut wie nun aus einem embryonalen Epidermisfollikel hier ein Haar, dort eine Drüse oder ein Sinnesorgan werden kann, ebensogut kann nach meiner Ueberzeugung die Schicht des Ectoderms, welche durch Einstülpung das centrale Nerven- system bei Wirbelthieren und Gliederthieren in prineipiell übereinstimmen- der Weise liefert, hier auf die Seite des physiologischen Bauches, dort auf die des Rückens zu liegen kommen. Die pbysiologische Bedeutung dieses Unterschiedes ist allerdings eine sehr grosse, und auf ihr beruht vielleicht, wie ich hoffentlich bald Gelegenheit haben werde, auseinander- zusetzen, der grosse Vorsprung, welchen in der weiteren Ausbildung die Wirbelthiere den Gliederthieren abgewonnen haben. Unter keinen Umständen kann ich hiernach die bisherige Bezeich- nung von Bauch und Rücken bei Wirbellosen und Wirbelthieren als: ein stichhaltiges Argument gegen die Identificirung der Segmentalorgane der Haie und Anneliden und gegen die daraus direct entspringende Anschau- ung ansehen, dass nicht die Ascidien, wohl aber die Ringelwürmer die nächsten Verwandten derjenigen Urformen seien, aus denen einerseits die Annulaten und Arthropoden, andrerseits die Vertebraten hervorgegangen sind 1). 1) Es wäre am Schluss dieses Capitels der Ort, auf die von Haeckel in seiner Gastraea-Tlıeorie mitgetheilten Anschauungen und der Vergleichung dienenden sche- matischen Bilder einzugehen. Ich unterlasse dies jedoch, weil ich es für völlig überflüssig halte; eine gelungene Kritik seiner Ansichten würde er einfach ignoriren, oder damit zu schlagen versuchen, dass er Autoritäten für seine Meinung in's Feld führte oder eine eben so haltlose Hypothese aufstellte. Einer sorgfältigen Kritik seiner eigenen Gedanken oder einer vorurtheilslosen Würdigung der Argumente anders denkender Beobachter ist Haeckel, wie es scheint, nicht mehr fähig. SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u, Wirbellosen. 59 IV. Ein Aufbau im modernen. Stile, So wenig ich sonst geneigt wäre, den Folgerungen aus dem Obigen zu weit nachzugehen, und mich gleichfalls in der Aufstellung hypotheti- scher Stammbäume des Thierreichs zu versuchen, so will ich mich diesmal doch aus verschiedenen Gründen der herrschenden Mode anschliessen. Ich lege dem hier folgenden Stammbaum zum Theil die Urniere oder das Segmentalorgan zu Grunde, weil dieses abgesehen vom Darmcanal eines der weitestverbreiteten Organe ist, zum Theil gründe ich ihn auf die Ueberzeugung, dass der in allen Lehrbüchern als ein wesenloser Schatten spukende Stamm der Würmer in der That gar keine Berechtigung zur Existenz hat. Ich gebe hier gleich den Stammbaum und schliesse daran einige Bemerkungen erst specielleren dann allgemeineren Inhalts, Monophyletischer Stammbaum des Thierreichs, gegründet auf die Urnieren- theorie und die Gesammtheit der Organisation der Thiere. 14. bl, Vertebrata 1. bI. Mollusca 13, bl. Arthropoda 9. as o° bl. Tunicata u 12.bl. Annuluta 6. bl. Brachiopoda 11. bl. Nematoda 9. bl. Bryozoa 10. bl. Rotatoria Protomollusca | &b1.Echino, &) 2. hl, gegliederte Urnie- mals g Coelenterata renthiara Protannulata GAR u bl. Scoleeida Q Berichtigung. Seite 59 sind in dem „Stammbaum“ die sämmtlichen hinter den Ziffern stehenden Buchstaben „bl“ in Cl. (Ulasse) abzuändern. 60 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. Ueber die Beziehungen der Protozoen zu den Metazoen ist man so ziemlich im klaren; ich habe jene daher im Schema weggelassen, da sie von der veränderten Auffassung nicht wesentlich berührt werden. Ebenso wenig will ich hier die Frage diseutiren, ob man als Urform der Meta- zoen die Planula oder Gastrula anzusehen habe; ich meinerseits ziehe die Planula vor. Aus ihr sind nach meiner Anschauung zwei Hauptstämme entstanden: die Urmagenthiere und die Urnierenthiere, Typisch für die Magenthiere ist die Gastraea, aus deren ursprüng- lich blindsackförmigem Magen einerseits das Canalsystem der Coelentera- ten, andrerseits das Ambulacralgefässsystem und die Leibeshöhle der Echinodermen entstanden sind. Ueber das coelenterische System der Coe- lenteraten habe ich bereits mehrfach meine Meinung geäussert und ich befinde mich in Bezug auf dasselbe wesentlich in Einklang mit Haeckel; durchaus abweichend aber von der meinigen ist bekanntlich des Letzteren Ansicht über die Echinodermen, die er als ’stockbildende Gliederwürmer ansieht, Einen früher schon von mir hervorgehobenen Einwand i), der aber von Haeckel gänzlich unbeachtet gelassen worden ist, will ich wie- derholen: es entsteht die Holothurie gar nicht aus 5 gesonderten Anti- meren, wie seine Hypothese das verlangt. Es kommt Folgendes hinzu. Die primitive Anlage eines Anneliden setzt sich aus zwei seitlichen Hälf- ten des Keimstreifens zusammen, die in den beiden Mittellinien, also in . der Sagittalebene, miteinander verwachsen, während die primitive Anlage der radiären Theile eines Echinoderms sich seitlich verbindet durch Ver- wachsen einer dorsalen und einer ventralen Hälfte. Die Aechnlichkeit in der Knospung neuer Glieder bei Würmern und Echinodermen bedingt keine Identität des Vorganges. Hinzufügen will ich noch, dass nach Mecznikow’s?) Untersuchungen die Leibeshöhle der Echinodermen aus der Verwachsung der zwei wurstförmigen Körper Müller’s hervorgeht; sollte sich dies Resultat bestätigen, so fehlte ihnen die eigentliche Leibeshöhle (Pleuroperitonealhöhle). Jedesfalls aber ist das hauptsächlieh den Typus der Echinodermen bestimmende Glied, das Wassergefässsystem, hervorge- gangen aus dem primitiven Darm ‚der Larve. Eine Schwierigkeit bieten nur die Crinoiden, bei welchen ich dasselbe auf das Entschiedenste läug- nen muss; ihre Larvenform erinnert auffällig an die Polypengestalt der Coelenteraten und scheint mir mindestens ebenso nahe Beziehungen zu diesen anzudeuten, wie in der Ausbildung der Skeletttheile namentlich 1) Semper, Holothurien p. 191, 192, 2) Mecznikow, Zur Entwicklungsgeschiehte der Kalkschwämme. Z. f. w. Z. 1874, Bd. 24, SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 61 der Cystideen und Blastoideen solche zu den Seeigeln gegeben zu sein scheinen. Dieser letztere Punct dürfte einer erneuten Untersuchung werth sein. Der Auffassung der nahen Stammverwandtschaft zwischen Ringel- würmern und Echinodermen günstig — aber nicht in Haeckel’schem Sinne — scheint eine Parallele zwischen gewissen Organen der Sipunculiden und Helothurien, die ich!) zuerst aufgestellt habe. Gegenbaur ?) hat sie dann später, freilich ohne mich zu nennen, reprodueirt. Bei den echten Sipun- culiden kommen Wimpertrichter vor, welche ich auch jetzt noch nach Ray Lankester’s®) Mittheilung hierüber ın Bezug auf Structur und Vor- kommen besser kenne als irgend Einer; sie sind nicht hohl, führen in keine Gefässe und sind in keiner Weise mit den Segmentalorganen der Anneliden zu vergleichen.- Bei einer andern Gruppe (Thalassema, Bo- nellia) finden sich 2 Schläuche am Enddarm mit Wimpertrichtern, die sich in die Leibeshöhle öffnen. Diese werden vielleicht umgewandelte Seg- mentalorgane sein, obgleich ausser ihnen auch ganz typische, bei Thalas- sema sogar bis zu 3 Paar vorhanden sind. Bei Synapten kommen ähn- liche Wimpertrichter vor, wie bei Phascalosoma, in ähnlicher Verbreitung ; auch hier stehen sie, wie ich auf’s Entschiedenste wiederholen muss, mit keinen Gefässen oder Hohlräumen in Verbindung. Die Holothurien, welche wie die Thalassemen, derselben entbehren, zeigen, wie diese, am Enddarm zwei oder drei Blindsäcke, welche mit denen von Bonellia namentlich grosse Aehnlichkeit haben. Jetzt muss ich freilich erklären, dass ich in diesem Parallelismus doch nur eine Zufälligkeit sehen kann. Uebrigens würde, wenn er sich doch als Andeutung genealogischer Verwandtschaft erweisen sollte, damit die Haeckel’sche Wurmtheorie der Echinodermen den stärksten Stoss erleiden; denn bei keiner andern Echinodermengruppe sind solche den Segmentalorganen der Würmer zu vergleichende Organe in typischer Ausbildung vorhanden, nicht einmal bei den Asteriden, ob- gleich diese die Stammformen sein sollen, aus welchen erst durch Re- duction die Holothurien entstanden wären. Der zweite Stamm ist der der ungegliederten Urnierenthiere, als deren wesentlichste Eigenthümlichkeit ich die aus dem mittleren Keimblatt hervorgehenden Segmentalorgane ansehe, welche sowohl bei den unge- gliederten wie bei gegliederten Thieren deutlich erkennbar erhalten ge- blieben sind. Den einfachsten ungegliederten Typus festgehalten haben « 1) Holothurien p. 190. 2) Handbuch 2. Aufl. p. 261. 8) Lankester, Summary of Zoological Observations made at Naples et Ann, N- Hist, 4. Ser. 1873. Vol. 11. p. 89. 62 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. die Plattwürmer (Scoleciden), deren Larven mitunter!) auch den frei in die Leibeshöhle sich öffnenden Wimpertrichter des Segmentalorgans auf- weisen; grösstentheils sind freilich diese Segmentalorgane in eigenthüm- licher, für die ganze Classe typischer Weise umgebilde. Wegen der in vielon Organen auftretenden Gliederung und der Ausbildung eines Blut- gefässsystems scheide ich die Nemertinen als Rhynchelminthes aus und reihe sie den eigentlichen Anneliden an, eine Beziehung dieser letzteren zu den Bandwurmcolonien kann ich jedoch gegen Gegenbaur nicht er- kennen. Die Ausbildung der Glieder der letzteren geht in ganz anderer Weise vor sich, wie die Segmentirung der Ursegmente im Keimstreifen z. B. des Euaxes; bei diesem ist das hinterste Glied immer das jüngste, bei den Bandwürmern aber ist es ausnahmslos das älteste. Durch Gliederung des einfachen Urnierenthieres haben sich dann die gegliederten Urnierenthiere entwickelt. Hier finden sich aber gewaltige Lücken in unserer Kenntniss, die vorläufig nieht auszufüllen sind. Daraus nemlich, dass bei Wirbelthieren, Acranien, gewissen Tunicaten und wahr- scheinlich auch den Anneliden sich ein Zellenstrang zu einer Chorda dor- salis ausbildet, ehe noch die Gliederung in Urwirbel oder Ursegmente eingetreten ist, kann man schliessen, dass auch die ungegliederte Urform der genannten Thiere, d. h. also das zum gegliederten Urnierenthier wer- dende Individuum eine Chorda gehabt habe. Ein solches kennen wir aber bis jetzt noch nicht. Als dem Typus der gegliederten Urnierenthiere am Nächsten kommend sehe ich den zu den Anneliden noch einstweilen zu stellenden Balanoglossus an; andererseits lässt dieser gewisse Bezieh- ungen zu den Nemertinen sowohl wie zu den merkwürdigen Polygordius erkennen, die jedoch erst durch genauere auf bestimmte Puncte gerichtete Untersuchungen aufzuklären sind. Bezeichnend wären hiernach für die gegliederten Urnierenthiere erstlich die Urnierenanlage, zweitens die Ur- segmente und drittens der Kiemenkorb, welcher bei Balanoglossus genau so wie beim Amphioxus gebildet ist. Dieser Stamm hat sich dann wieder gespalten in die zwei Aeste der Protannulata und der Protomollusca.. Mit jenem Namen .bezeichne ich die hypothetisch anzunehmende Urform aller Thiere, bei welehen die Gliederung der Ursegmente unter theilweiser Veränderung derselben, ferner die segmentweise Wiederholung der Urnierenanlagen ziemlich scharf fest- 1) Thiry, Beiträge zur Kenntniss der Cercaria macrocerca Filippi. Z. f, w. Z. Bd. 10. Taf. XX, Fig. 4. p. 272. Dies Thier hat eine Leibeshöhle; trotzdem müs- sen — Haeckel sagt es ja, Gastraea p. 52 — die Plathelminthen zu seinen Acoelomi gehören! Die Hypothese verlangt das eben. SEMPER; Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 63 gehalten worden ist, während sich die Kiemenkorbanlage in der einen Gruppe der Wirbelthiere weiter ausgebildet, in der andern der Anneliden -gänzlich (?) zurückgebildet hat. Mit diesen letzteren in innigster Bezieh- ung stehen die Arthropoden, bei welchen vielleicht sogar in dem Tracheen- system ein eigenthümlich metamorphosirtes Homologon der bei den Anne- liden und Vertebraten gleichfalls mehrfach umgewandelten Segmental- organe (Urnieren) zu sehen sein dürfte. Ich begründe diese Vermuthung durch die Entstehungsweise der Tracheen bei der Biene nach Kowalevsky; auch sind die Lagerungsbeziehungen derselben zu den übrigen Organen wesentlich dieselben wie die der Segmentalorgane bei den Anneliden. Sorgfältige Untersuchungen über die Bildungsweise des drüsigen Theils der Tracheen werden abzuwarten sein, ehe sich hierüber ein bestimmterer Ausspruch thun lässt. Die Nematoden geben sich durch ihre Museculatur und die Seitenlinien als nahe Verwandte der Anneliden zu erkennen, sind aber durch die eigenthümliche Ausbildung des in den Seitenlinien befind- lichen Canalsystems, durch die abgekürzte Entwickelung und das voll- ständige Aufgeben der Segmentirung und der Segmentalorgane doch recht scharf gesondert. Auch die Rotatorien bilden eine Gruppe für sich, von der es sogar sehr fraglich ist, ob sie überhaupt an diesen Ast der Pro- tannulata anzuschliessen ist; ich habe sie fragweise hiehergestellt, weil ‚ihre Segmentalorgane mehrfach paarig vorhandene in die Leibeshöhle sich öffnende Segmentaltrichter aufweisen. Der andere Ast der Protomollusca hat dagegen fast gänzlich die primäre Gliederung in Ursegmente und Segmentalorgane aufgegeben, wäh- rend der Kiemenkorb theils in typischer Ausbildung erhalten geblieben, theils nach anderer Richtung hin zu symmetrisch gestellten Kiemen um- gewandelt worden ist. Ueber die nahe Verwandtschaft der eigentlichen Mollusken (Cephalopoden, Cephalophoren und Lamellibranchien) mit den Brachiopodeu besteht fast vollständige Uebereinstimmung; nur Morse 1) verficht den Satz, dass die Brachiopoden echte Würmer seien und .er be- gründet ihn wesentlich auf die Wurmähnlichkeit ihrer Larvenformen und die Anwesenheit der Segmentalorgane in ganz typischer Gestalt. Dass die früher für Herzen gehaltenen, factisch aber als Ei oder Samenleiter fungirenden braunen Schläuche der Lingula, Terebratula ete, den Schleifen- canälen der Anneliden entsprechen, hat schon Gegenbaur anerkannt; gleich- zeitig aber hat dieser Zoologe auch darauf hingewiesen, dass die Nieren der übrigen Mollusken genau nach dem Typus derselben Organe gebaut 1) Morse. On the Systematie Position of the Brachiopoda. Proceed Roston Soc, N. H. Vol. XV. 1863. 64 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. und gelagert sind, Ich kann dies nach eignen Untersuchungen durchaus bestätigen und füge nur hinzu, dass die Segmentaltrichter da, wo sie sich in den Herzbeutel öffnen, bei Tridacna in ausgezeichnetster Weise an die Flimmertrichter der Anneliden erinnern, mehr als bei irgend einer andern Muschel. : Trotzdem hat Gegenbaur, und gewiss mit Recht, die Mollusken so wenig, wie die Brachiopoden zu den Würmern gestellt; denn wenn auch die Segmentalorgane in entschiedenster Weise auf eine beiden Grup- pen zukommende Urform hinweisen, so ist andrerseits ihre Organisation in ihrer Gesammtheit doch wiederum eine so abweichend nach verschie- dener Richtung hin ausgebildete, dass diese Abweichung ihren Ausdruck im Systeme finden muss. Auf die Larvenähnlichkeit aber ist gar kein Gewicht zu legen; denn die gleiche Form findet sich auch bei echten Mollusken, den Planarien, Echinodermen und manchen Coelenteraten: es ist eben die bilaterale Planula (oder Gastrula, wenn man will). Im Hin- blick auf den Mangel aller Gliederung bei den ausgebildeten Thieren könnte vielleicht sogar die Ansicht aufgestellt werden, dass diese Mollus- ken direct aus den. ungegliederten Urnierenthieren, wie die Scoleeiden, her- vorgegangen seien; indessen glaube ich doch in manchen Verhältnissen die Andeutung zu finden, dass die Mollusken aus ursprünglich geglieder- ten Thieren wieder zu ungegliederten geworden sind durch eine Art rück- schreitender Metamorphose. Diese Thatsachen sind kurz folgende. Unter den Cephalophoren ist die Gattung Chiton durch eine Larve ausgezeichnet, welche ungemein stark an die eines Ringelwurms erinnert; dazu kommt die Segmentirung des Rückens, die auch noch in den Schalen angedeutet ist und die Entwickelung der Randstacheln nach dem Typus der Anne- lidenborsten 1). Unter den Opistobranchien wiederholen sich die Leber- stämme, die zu den Rückenanhängen gehen, oft sehr regelmässig paar- weise, auch in den Genitalien ?) ist bei Tergipes eine gegliederte Aus- bildung zu erkennen. Pneumodermon hat, wie mancher Ringelwnrm, eine Larve mit mehreren (3) Wimperringen; bei Dentalium endlich ist die Zahl der Wimperringe bis auf 6 gestiegen, Unter den Brachiopoden haben wieder Thecideum und Terebratulina eine Larve, welche derjenigen eines Ringelwurms äusserst ähnlich ist. Die Borsten aller Brachiopoden ent- wickeln sich genau wie die der Anneliden. Völlig entscheidend sind frei- lieh die hier erwähnten Punete nicht und es bleibt immerhin möglich, dass weitere Untersuchungen diese Hindeutungen auf einen früheren ge- 1) Reincke, Beiträge zur Bildungsgeschichte der Stacheln ete. im Mantelrande der Chitonen. Z, f. w. Z. Bd. 18, 1368. p. 305. 2) Bronn, Bd. 3. Taf. LV. Fig. 9 u. 10. SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen, 65 gliederten Urzustand der Mollusken als ganz unwesentlich und die wirk- lichen Beziehungen zu den Scoleciden verhüllend erweisen werden. In wie weit die Bryozoen hier an ihrer richtigen Stelle untergebracht “sind, müssen weitere Untersuchungen lehren. Neuerdings nennt män sie Würmer, aber es ist in der That schwer, irgend eine Uebereinstimmung zwischen ihnen und den andern zu den Würmern gestellten Thieren zu finden. Sie haben keine Spur eines Gefässsystems), ihr Körper weist keine Andeutung einer Gliederung nach, jede Spur des Urnierensystems fehlt hier vollständig, von einer Seitenlinie ist nichts vorhanden; für diesen Vergleich ist nur etwa die Gestalt des Tentakelkranzes anzuführen, da sich bei der entschieden zu den Gephyreen gehörenden Phoronis ein ganz ähnlicher findet, Aber dieser Tentakelkranz lässt in vielen Fällen eine deutliche Theilung in 2 symmetrische Hälften erkennen, welche der durch Mund, Darm, After und Ganglion bestimmten Sagittalebene entsprechen, also eine linke und eine rechte sind; die Larven (Cyphonautes) mancher Bryozoen ähneln durch ihre Schalen, Wimpersegel und Darm sehr denen der Mollusken ; bei der merkwürdigen Rhabdopleura Allman?), welche wun- derbar genug unbeachtet geblieben zu sein scheint, finden sich an jungen Thieren wie an den Knospen zwei ursprünglich ziemlich grosse, links und rechts den Körper umhüllende Schalen, welche allmälig zu einem Rudi- ‘ment, das aber immer deutlich sichtbar bleibt, verkümmern. Ich sehe hie- rin Anhaltspuncte genug, um einstweilen diese Thiere in der Nähe der eigentlichen Mollusken als eine allerdings eigenthümlich abweichende und daher selbstständige Classe stehen zu lassen, Fast genau dasselbe, was ich eben für die Bryozoen gesagt habe, müsste ich für die Tunicaten wiederholen. Die Aehnlichkeit ihrer Larven mit denen der Trematoden würde, selbst wenn sie mehr als eine äussere wäre, nur Beziehungen zu den ungegliederten Scoleciden andeuten; die Ausbildung einer dorsalen und ventralen Schale bei Chevrueilius und die gefässartigen Verlängerungen der Leibeshöhle in den Mantel hinein deuten sehr entschieden zu den Brachiopoden hin; andrerseits fehlen ihnen die Urnieren gänzlich und das Organ, welches man bei Ascidien Niere nennt, hat gewiss nichts mit den Segmentalorganen zu thun, In dieser Beziehung entfernen sich also die Tunicaten sehr von den eigentlichen Mollusken und Brachiopoden, Andrerseits lässt aber ihr Kiemenkorb, wie ich mit v. Be: neden und v. Baer annehme, deutliche Beziehungen zu den Lamellibranchien namentlich erkennen, noch inniger aber ist er durch diesen mit dem er 1) Nichtsdestoweniger stellt Haeckel sie zu seinen Blutthieren Gastraea p. 52. 2) Allman, Journ, Mierose. Soc. New Ser. Ac, XXXIII. p, 57. Pl. VIII. Arbeiten aus dem zooleg.-zootom, Institut in Würzburg. UI. Bd. 6) 66 SEMPER; Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen, Amphioxus verwandt, den ich als Repräsentant der Acrania Haeckel gänzlich aus der Nähe der Wirbelthiere zu entfernen für nöthig halte, Die Gründe, welche für die innige Verwandtschaft der Aseidien und Amphioxus sprechen, hier noch einmal anzuführen, dürfte überflüssig sein; sie sind aller Welt bekannt. Dagegen muss ich auseinandersetzen, warum ich den Amphioxus für kein Wirbelthier nnd nicht einmal für ein den Anneliden nahe verwandtes Thier ansehen kann, Dass die Bildungsweise des Rückenmarksrohrs nicht ausschlaggebend ist, habe ich schon oben auseinandergesetzt; bei der Forelle entsteht es nicht, wie bei Amphioxus und den übrigen Wirbelthieren, sondern genau so wie bei Anneliden das sogenannte Bauchmark, Die erste Anlage der Chorda des Amphioxus stimmt mit der bei den übrigen Fischen überein, aber sie entwickelt sich, wie man aus Kossmann’s hübscher Untersuchung !) weiss, in ganz eigen- thümlicher Art für sich weiter. Da nun die Möglichkeit noch offen liegt, dass auch die oben erwähnte Wurmchorda ‚ursprünglich identisch sei in Structur mit derjenigen der Wirbelthiere und Amphioxus, so ist einstweilen auf ihre Anwesenheit bei den Letzteren kein besonderes Gewicht zu legen und dies um so weniger, als man einen Zellenstrang der Aseidien als Chorda bezeichnet, der nur in seiner Lagerung zu den benachbarten Or- ganen der ersten Larvenformen, nicht aber einmal in seiner primitivsten Structur mit derjenigen der Wirbelthierchorda übereinstimmt. Dies aber ist der einzige scheinbar schlagende Character. Alle andern in gleichen Sinne etwa zu benutzende Verhältnisse beweisen nichts. Die Eintheilung der Musculatur in segmentale Abschnitte kommt auch den Anneliden zu, da die Septa bei diesen (vor Allem bei Polygordius) durchaus den aller- dings etwas anders gerichteten Zwischenmuskelbändern der Fische ent- sprechen; bei dem Ammocoetes ist sogar ihre Richtung ziemlich überein- stimmend wie bei den Würmern, Der von Rathke entdeckte neben dem Abdominalporus mündende Hauteanal ist gewiss so wenig, wie die Seiten- linie der Nematoden dem Segmentalorgan zu homologisiren. Der Kiemen- korb endlich ist bei Wirbelthieren und Amphioxus “übereinstimmend, zu- gleich aber kommt er in ganz gleicher Ausbildung bei Ascidien und dem Balanoglossus vor; er beweist also nichts, | Ueberwältigend aber ist die Menge der gegen diese Verwandtschaft sprechenden Charactere. Beim Amphioxus fehlt das Urnierensystem voll- ständig, für alle übrigen Wirbelthiere ist es im höchsten Grade characte- ristisch; die Segmentirung des Körpers ist in keiner Weise in Skelett- 1) Kossmann, Bemerkungen über die sogenannte Chorda des Amphioxus. Würzburger Verhandlungen, Neue Folge, Bd, VI. 1874. SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 67 theilen angedeutet, fehlt aber selbst den Petromyzonten nicht ganz; Ge- hirn und Rückenmark sind gar nicht zu unterscheiden, bei allen übrigen .Wirbelthieren aber äusserst scharf von einander abgesetzt; sämmtliche Ge- ‘fässstämme pulsiren, wie bei den Würmern und ihr Verlauf stimmt eben- falls mehr mit dem der wirbellogen Thiere; die Sinnesorgane sind ganz anders wie bei Wirbelthieren; die Larve ist eine freischwimmende Gastrula, welche keinem andern Wirbelthiere mehr zukommt ; der Bau der Geschlechts- organe ist ebenfalls vollständig abweichend von dem der Wirbelthiere, Alle diese Verschiedenheiten würde ich für wenig massgebend halten, wenn die Entwickelungsweise von Kiemenkorb, Nervensystem und chorda der Wirbelthiere in der That so ganz besonders typisch für diese wäre, wie man bisher freilich annahm; nun man aber erfahren hat, dass alle diese sogenannten typischen Eigenthümlichkeiten mehr oder minder überein- stimmend auch zahlreichen wirbellosen Thieren zukommen, und das Wich- tigste, die Bildung des Rückenmarkrohrs, nicht einmal bei allen Vertebraten in gleicher Weise vor sich geht: nun gewinnen jene Abweichungen den Werth, den man ihnen bisher nicht ‚beilegte, den nemlich differentieller Cha- ractere, welche freilich mit Vorsicht zur Erkennung, der Verwandtschaft be- nutzt werden müssen, Da scheint mir denn, dass dem Amphioxus sicher- lich eine Nachbarstellung zu den Ascidien zukommt, wie ich das in dem ‘Stammbaum auch ausgedrückt habe, Ob aber weitere Erkenntniss namentlich in der Entwickelungsweise der Thiere nicht beide zusammen noch einmal anderswohin bringen wird, als wo sie jetzt im allgemeiuen System nach meiner Anschauung stehen, lässt sich wohl erwarten, aber doch nicht mit Sicherheit voraussagen. Ueberhaupt will der hier gemachte Versuch durch einen nach Darwin’scher Methode aufgestellten Stammbaum die Verwandtschaftsbe- ziehungen auszudrücken, nicht die Ehre beanspruchen, der einzig mögliche zu sein, er bezweckt nur zu zeigen, dass auch noch andere, als Gastraea- hypothesen möglich sind, und dass eine dieser andern sich mindestens ebenso gut, nein besser mit den Thatsachen der Entwickelungsgeschichte in Einklang setzt, als jene Haeckel’sche. Durch die Aufstellung desselben glaubte ich nicht das eigentliche System des Thierreichs bezeichnet zu haben, noch wollte ich es — denn dieses ist, als Ausdruck des jedesma- ligen Standes der Wissenschaft, wandelbar und entwickelungsfähig, wie das Wissen selbst —; meine Absicht war nur, durch ihn auch die allgemein- sten Beziehungen der neu entdeckten Organe der Haie anzudeuten und scharf zu bezeichnen, so wie sie sich grade mir in diesem Augenblicke als Folge- rung ergeben, um so zu verhüten, dass die Entdeckung in gleichem Sinne von anderer Seite benutzt und dieser als Eigenthum zugeschrieben werde. 5* 68 _SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen, V. Rückblicke und Aussichten, In dem hier mitgetheilten Stammbaum ist mit Entschiedenheit ein Schritt gethan, welcher einmal über kurz oder lang gethan werden musste: die Classe (oder Kreis) der Würmer ist völlig aufgelöst worden. Im Grunde genommen hat wohl kein Zoologe sie für eine den übrigen Clas- sen durch die Gesammtheit und den Zusammenschluss ihrer Charactere als gleichberechtigt gegenüberzustellende angesehen. Claus sagt in seiner Zoologie (2. Auflage p. 252, 53): „Es ist allerdings nieht zu verkennen, dass die höheren Würmer mit segmentirtem Leibe ihrer Organisation und Entwickelung nach zu den Arthropoden in naher Bezichung stehen, ,... Dennoch aber erscheint es aus mehrfachen Gründen gerechtfertigt, beide Thiergruppen vorläufig als Typen zu sondern, ... Angesichts aieser Ver- hältnisse und bei der bunten Mischung von Formen, die man als Würmer in einem gemeinsamen Typus zu vereinigen augenblicklich für das Wich- tigste halten muss, wird man um so grösseren Werth auf ein durch- greifendes gemeinsames Merkmal zu legen haben, aber sich vergebens nach einem solchen umsehen. Denn weder der für zahlreiche Wurmelassen allerdings in hohem Grade characteristische als sog. Wassergefässsystem auf- tretende Exeretionsapparat, noch die Gestaltung des Hautmuskelschlauches kann als eine besondere und durchgreifende Einrichtung bezeichnet werden,“ Wenn aber Allerlei nicht zusammengehört, warum stellt man dies Allerlei dennoch zusammen? In Claus’ Lehrbuch ist kein Wort zu fin- den, aus dem die innere Berechtigung der Vereinigung von Platyhelminthes, Nemathelminthes, Bryozoa, Rotatoria, Gephyrei, Annelides und Entero- pneusti hervorginge. Auch Gegenbaur löst in seiner anatomischen Zoologie (sog, ver- gleichenden Anatomie) den Kreis der Würmer nicht auf, ja er bringt ausser den eben nach Claus aufgeführten Classen nun auch noch die Tu- nicaten mit in dieses Gewirre von Thierformen hinein. Aber auch ihm gelingt die Charakteristik des Kreises nicht, auch ihm entschlüpft das Ge- ständniss, es enthalte derselbe (l, e. p. 156) „weniger in einen gemein- samen Typus abgeschlossene und auseinander ahleitbare Reihen von Orga- nisationszuständen, als unter sich nur in geringerem Masse verbundene und zuweilen sogar vollständig isolirte Formen“. Dies Geständniss ist kost- bar: vollständig isolirte Formen d. h. also unter sich durch gar keine Verwandtschaftsbeziehungen verbundene Thiere werden doch zusammenge- stellt, statt für sich den gleichwerthigen Gruppen gegenüber gestellt zu werden. Nach meiner Ueberzeugung wäre das bessere Mittel zur Förde- SEMPER:; Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 69 rung einer tiefer eindringenden Erkenntniss des Zusammenhanges die zeit- weilige Trennung bestimmt unterscheidbarer Kategorien, natürlich nur auf so lange, .als diese Trennung durch den noch “mangelnden Einblick in die Verwandtschaft gerechtfertigt wäre. Bei Gegenbaur finden wir indessen einen Satz, welcher trotzdem diese Vereinigung heterogenster Formen zum Typus der Würmer recht- fertigen soll. Er sagt (l. ec. p. 156): „Keine Abtheilung führt leichter zur Einsicht in das Verhältniss der gegenwärtigen Entwicklungsperiode thierischer Organisation, als die der Würmer, Sie zeigt uns neben gros- sen und reichen durch enge Verwandtschaft verknüpften Formenreihen sehr viele fremdartige Einzelzustände als nicht weiter differenzirte Formen, die durch ferner fortgesetzte Differenzirung der ursprünglichen verwandten mit diesen nur undeutliche Verbindungen zeigen.“ Ich muss gestehen, dass ich mich vergebens plage, aus diesem Satz den logisch nothwendigen, von @Gegenbaur ohne Zweifel beabsich- tigten Schluss herauszuconstruiren. Neben den „grossen und reichen durch enge Verwandtschaft verknüpften Formenreihen“ finden sich „sehr viele Einzelzustände als nicht weiter differenzirte Formen“ — soll das wohl heissen: einzelne Thiere (oder Gruppen), welche in ihrem fremdartigen Einzelzustand als nicht weiter differenzirte d. h. also ihrem besonderen ursprünglichen Typus treugebliebene Formen anzusehen sind? Gleich da- rauf verbindet er mit ihnen wieder den Adjectivsatz, „die durch ferner. fortgesetzte Differenzirung der ursprünglichen verwandten mit diesen nur undeutliche Beziehungen zeigen“. Bezieht sich diese „ferner fortgesetzte Differenzirung“ auf die nachfolgenden „ursprünglichen verwandten?“ ich muss dies annehmen, obgleich sprachlich die Beziehung auf ein Wort des vorhergehenden Satzes genommen wurde. Kurz, ich weiss nicht, ob ich den gewollten Sinn richtig treffe, indessen glaube ich es, wenn ich den ganzen Satz so umschreibe: „Sie zeigt uns neben grossen durch enge Verwandtschaft unter sich verknüpften Formenreihen sehr viele unter sich isolirte wenig hoch ausgebildete Formen, welche durch Differenzirung einer oder mehrerer verwandter noch einfacherer Urformen entstanden sind und nur noch undeutlich die ursprüngliche Verbindung mit diesen letzteren er- kennen lassen“. Ist diese Uebersetzung richtig, so wollte Gegenbaur offenbar sagen: der Typus (Kreis) der Würmer ist desswegen für die Ge- winnung der „Einsicht in das Verhältniss der gegenwärtigen Entwicklungs- periode thierischer Organisation“ so wichtig, weil in ihm alle diejenigen Thiere vereinigt werden, welche einerseits zu den andern in sich geschlos- senen Kreisen (der Wirbelthiere, Mollusken, Gliederthiere, Echinodermen) in gewisser deutlich erkennbarer Beziehung stehen, ohne doch streng zu 70 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. ihnen zu gehören, und welche andrerseits durch den vollständigen Mangel aller solcher Beziehungen auf allerdings gänzlich unerkannte und vielleicht selbst unerkennbare Urformen hindeuten. Noch kürzer ausgedrückt: im Kreis der Würmer hat man diejenigen Formen zu suchen, aus welehen die verschiedenen in sich geschlossenen grossen Gruppen oder isolirte Einzel- formen zu erklären sein werden, So lange nun freilich der Versuch nicht gemacht werden konnte, diese Urformen zu construiren, so lange konnten für .die Zusammenfassung ganz heterogener Thiergruppen in einen Typus gewisse Zweckmässigkeits- gründe angeführt werden. Ich meinestheils ziehe freilich in allen solchen Fällen vor, auch äusserlich die scheinbaren oder wirklichen Gegensätze möglichst schroff hervorzuheben, weil durch strenge Gliederung die Gefahr der verschwommenen Auffassung vermieden wird. Wenn man jetzt argu- mentirt, aus diesen und diesen Gründen gehöre dies oder das Thier zu den Würmern, so verständigt man sich doch nie, weil der Eine dabei mehr an diese, der Andere an jene Würmer denkt; und so gut, wie Morse die Brachiopoden zu ihnen stellen konnte, so gut könnte ich den Ausspruch jetzt rechtfertigen, auch die Haie seien Würmer, Scharfes Be- zeichnen der Gegensätze verhindert wenigstens zum Theil die Möglichkeit solcher Unklarheiten; ich habe desswegen auch schon seit Jahren in mei- nen Vorlesungen den Kreis der Würmer in mehrere Kreise (Classen) auf- gelöst, ohne mich dabei viel um die Frage zu kümmern, welcher Art denn nun die Urformen dieser T'hiere gewesen sein, welche Verwandtschafts- beziehungen zu andern noch etwa aufgedeckt werden möchten. } Ganz anders aber liegt, wie mir scheint, die Sache jetzt. Durch die Entdeckung der Segmentalorgane bei Haien wird eine Vergleichung der Anneliden und Vertebraten ermöglicht, welche alle rein gegliederten Thiere miteinander in nächste verwandtschaftliche Beziehung setzt und sie den ungegliederten Formen als einer andern Entwickelungsreihe gegen- überstellt; es werden dadurch die einfachen ungegliederten Platyhelminthen beiden Reihen gegenüber ebenfalls in das rechte Licht gesetzt, nämlich zu Formen gestempelt, in welchen die der gemeinschaftlichen Urform anı Nächsten kommenden Thiere zu erkennen sind, Dadurch aber, dass die Plattwürmer in diese verwandtschaftliche Beziehung theils zu den Mollusken etc. theils zu den höheren Gliederthieren gebracht werden, wird auch eine Auflösung des Typus der Würmer unbedingt nothwendig. Eine weitere Frage ist freilich, wohin man denn nun die bisher ausser Ringelwürmern und Plattwürmern zu den Würmern gestellten Thiere zu bringen haben wird, und ob der Platz, den ich ihnen an verschiedenen Stellen des Stanımbaumes angewiesen habe, in der That der richtige sei- SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 71 Hier ist allerdings noch Vielerlei sehr unklar. Redensarten wie die z. B. dass den Chaetognathen und Rundwürmern wahrscheinlich eine gemeinsame Ausgangsform zu Grunde läge, nützen nichts, so lange man diese nicht zu bezeichnen vermag. Nur sorgfältige Untersuchungen mit bestimmter Fragestellung können uns weiter führen. Dass aber die hier vorgetragene Anschauung, welche den Ausgangspunct der höheren Metazoen (unter Aus- schluss der Echinodermen und Polypen) in einem der Amme von Cercaria macrocerca etwa ähneluden Urnierenthier mit Leibeshöhle und mit oder ohne Darm sieht, in dieser Richtung des Ausblicks auf weitere Unter- suchungen nicht Unerhebliches zu leisten vermag, glaube ich hier zum Schlusse noch durch Formulirung der wichtigsten sich aus ihr als Folge ergebenden Fragen darlegen zu sollen, Bei den Wirbelthieren wirft sich zunächst die Frage auf, wie weit sich die Spuren der Segmentalorgane werden verfolgen lassen und als fast ebenso wichtige, ob das gegliederte Rückenmark der Triglen und Örthagoriscus sich auch in Bezug auf die Vertheilung der Ganglienzellen und Nervenfasern mit der Ganglienkette der Anneliden wird vergleichen lassen, i Bei den Anneliden hätte man vor Allem die Entwiekelung der so- genannten Wurmchorda zu untersuchen, zur Entscheidung der Frage, ob es in der That eine Chorda sei. Die löntstehung der Genitalien, nament- lich der Ausführungsgänge, z. B. bei Regenwürmern und Blutigeln, die Bildungsweise des Gehirns, die Möglichkeit eines Vergleiches der letzteren mit den Spinalganglien der Vertebraten wären zu untersuchen. In Bezug auf diesen letzteren Punet will ich hier hervorheben, dass Schneider 1) schon von einem durch Comissuren des N, hypoglossus und trigeminus gebildeten Schlundring bei Wirbelthieren spricht. Die Möglichkeit, dass es tubicole Würmer gäbe mit einem nach Art desjenigen von Balano- glossus gebildeten Kiemenkorb wäre in’s Auge zu fassen; in Verbindung damit wäre das Gefässsystem derselben im Auge zu behalten, um noch engere Anknüpfung an das Verhalten des venösen Herzens der Fische zu gewinnen, als so schon deutlich genug zu erkennen ist. Im Anschluss hieran wären die Nematoden namentlich mit Rücksicht auf die Entwickelung ihres Seitenliniencanalsystems und auf etwa sich er- gebende Anschlüsse an die ausführenden Abschnitte der Annelidenseg- mentalorgane zu untersuchen. Da diese letzteren Einstülpungen des Ecto- derms sind und die Seitenlinie wohl auch demselben angehört, so sind Beziehungen zwischen beiden nicht unwahrscheinlich, Damit wäre aber 1) Tageblatt der 45, Vers, der Naturforscher zu Leipzig. 1872. p. 189. 72 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. natürlich nicht die Identität der Seitenlinien und der Segmentalorgane er- wiesen. An eine solche kann ich noch aus einem andern Grunde nicht glauben. Einmal sind in Bezug auf ihren Kutstehungsort die Ürnieren der Mollusken und der Blutigel mit den Seitenlinien zu vergleichen, nicht aber mit der Urniere der Wirbelthiere oder der bleibenden Niere der An- neliden. Zweitens halte ich es nach allerdings ganz unabgeschlossenen Untersuchungen für nicht unmöglich, dass das Canalsystem, das man bei Fischen als Seitenlinien kennt, den Seitenlinien der Nematoden morpho- logisch vergleichbar sei: Verhältniss zu den Seitennerven, Entstehung aus dem Ectoderm und die Beziehung zu der Musculatur scheinen dies wohl zu gestatten, auch bei Haifischembryonen liegt dieser Seitencanal so, dass er einem bindegewebigen die dorsale von der venträlen Musculatur tren- nenden Raum angehört. Diesen Punct hoffe ich in nächster Zeit zum Abschluss zu bringen. Der enge Anschluss der Gliederthiere an die Gliederwürmer recht- fertigt die Frage, ob nicht bei jenen auch Spuren der Segmentalorgane zu finden seien. Gegenbaur will ihnen die grüne Drüse der Astaciden, die Schalendrüse mancher andrer Orustaceen vergleichen (l. c. p. 444); den strengen Nachweis morphologischer Identiät hat er nicht geliefert. Sehr viel wahrscheinlicher dünkt mir die Uebereinstimmung der Tracheen und der Scgmentalorgane. Jene Organe der Crustaceen sind reine Hautdrüsen, wenigstens zum Theil; sie würden sich also auch nur, wenn überhaupt, den Ausführungsgängen der Segmentalorgane vergleichen lassen, Bei den Tracheen aber kommt zu dem durch Einstülpung von der Epidermis her sich bildenden Abschnitt (Stigmen und Haupttracheenstämme) noch der aus den Imaginalscheiben des mittleren Keimblattes sich bildende Theil; die Verbindung mit dem Fetikörper und die Entstehung von Tracheen aus diesem zeigt die Uebereinstiimmung; dazu kommt endlich die gleiche Lagerung am Körper und die mitunter sehr regelmässige Wiederholung in den einzelnen Segmenten. Auch die Function spricht nicht dagegen; die Tracheen bilden ebenso gut ein Excretionsorgan, wie die Segmentalorgane der Würmer, da sie Kohlensäure ausscheiden, In Bezug endlich auf diejenigen noch lebenden Würmer, welche ich einstweilen bei den Annulaten gelassen habe, doch aber nicht ungern als besondere Olasse enthaltend die Enteropneusti und die Nemertinen von ihnen abtrennte, wird man zunächst nach Segmentalorganen und dann nach Spuren einer Chorda zu suchen haben. Bei der sehr geringen Kennt- niss von der Entwicklung dieser Thiere kann es nicht Wunder nehmen, wenn wir bis jetzt noch keinen Anhalt für ibr Vorhandensein haben; andrerseits gibt uns die Thatsache, dass bei sehr vielen Tunicaten niemals SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 73 eine Chorda aufiritt, ja selbst bei gewissen Ascidien (Molgula) fehlen kann, die Hoffnung, solche doch noch einmal irgendwo, z. B. grade in .den ersten Entwickelungsstadien des Balanoglossus .aufzufinden. Diese Hinweise auf die für die gegliederten Urnierenthiere sich er- gebenden Fragen mögen hier einstweilen genügen. Sie deuten die man- nichfachen Richtungen an, in welchen, wie ich glaube, sicherer Erfolg durch sorgfältige Untersuchungen zu hoffen ist; zugleich bestimmen sie die Richtschnur für die Fortsetzung der eigenen Untersuchungen, über die allgemeinen Verwandtschaftsbeziehungen der von mir aufgestellten 13 Classen (Kreisen) der Metazoen. Würzburg, 4. August 1874. Figurenerklärung. Die gleichen Buchstaben bedeuten überall die morphologisch einander entsprechenden Theile. a. — aorta c. a. — Canal zum 'Abdominalporus eh. — chorda hyp. — hypochordaler Strang v. c. — venae cardinales u. vena caudalis u. — Urnierengang (Eileiter des Weibchens oder Harnleiter des Männchens) iu. — Tubenöffnung des Urnierenganges s. ir. — Segmentaltrichter s. 9. — Segmentalgang s. u. — secundärer Urnierengang oder Harnleiter des Weibchens (fehlt dem Männchen) ir. — Darm it. — Hoden p. ie — epigonales Organ 9. — Genitalfalte m. — Mesenterium x — intermediäre Zellgruppen des Vorderendes y. — problematischer Zellenstrang des Hinterendes s. gl, — Drüsentheil des Segmentalorgans. 74 SEMPER: Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. Tafel III. Acanthias vulgaris. Fig. 1— 8. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 4; 2. 3% 4. Fig. 9—12. Tafel IV. Fig. 13—20. Erster weiblicher Embryo von 2,7 Ctm. Länge. Ver- grösserung 90fach, 3ter Schnitt von vorn, links ist die Tubenöffnung ge- troffen, rechts der Urnierengang im Schliessen begriffen, 4ter darauf folgender Schnitt. Tter Schnitt. 9ter Schnitt, 11ter Schnitt. 12ter Schnitt. l4ter Schnitt 24ter Schnitt, Zweiter weiblicher Embryo von 9 Ctm. Länge. Ver- grösserung 4öfach. lter Schnitt vor dem After. . 2ter Schnitt vor dem After. Fig. 13—15. Fig. öter Schnitt vor dem After. (Der folgende Schnitt auf nächster Tafel.) . 9ter Schnitt vor dem After. Acanthias vulgaris. Zweiter weiblicher Embryo von 9 Ctm, Länge. Ver- grösserung 45fach. . 4ler Schnitt vor dem After. . 10ter Schnitt vor dem After. . 13ter Schnitt vor dem After. + Schematisirter oberflächlicher Flächenschnitt des männ- lichen Embryo’s von 24 Ctm. Länge, zu Fig. 20 gehörig. Schematisirter oberflächlicher Flächenschnitt eines weib- lichen Embryo’s von 24 Ctm. Länge. Beide Abbildungen sind nach in Canadabalsam auf- bewahrten Präparaten gemacht, aber absichtlich schema- tisch gehalten. . Zu Fig. 13 gehörig; links vom Segmentalgang die vom inneren Harnleiter 5. u. sich abzweigenden Canäle zur Urniere. Vergrösserung 120fach. Wimperepithel aus dem Segmentaltrichter. Vergr. 300fach . Vordertheil des männlichen Embryo’s von 24 Ctm. Länge (das Hintertheil ist als Demonstrationsobject in der Samm- lung des zoologisch-zootomischen Instituts aufgestellt). it. Hoden. ?. t, Nebenhoden. Fig. 21—24, Seyllium canicula. SEMPER: Fig. \ Tafel V. Fig. . Fi Die Stammesverwandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. 75 21—23. Weiblicher Embryo von 2,4 Ctm. Länge. Fig. 21, 22. Zwei aufeinander folgende Schnitte in der Genital- region. Vergröss. 45fach, Fig. 23. Stück eines anderen hinter der Genitalregion, um das Cylinderepithel deutlicher zu zeigen, mit begiunender Windung des Segmentalganges;; die Cardinalvene hat ein sehr weit gestrecktes Plattenepithel, Vergröss. 120fach. Fig. 24. Männlicher Embryo von 6 Ctm. Länge. Vergröss. A5fach. Der Schnitt entstammt dem vorderen Dritttheil des Kör- pers. it. Hode. s. g. Segmentalgang. u. Urnierengang, s. gl, Urniere oder Segmentaldrüse. 1 u. 2. Euaxes, Durchschnitt des Keimes nach Kowalevsky; das mittlere Blatt ist rotb, das Darmdrüsenblatt braun. 1. r Rückenrinne x Zellenmasse, aus welcher möglicher Weise die Wurmchorda wird € ect. Eetoderm, noch ohne Sonderung der Anlage des Nerven- systems. Fig. 2. Die Rückenrinne ist verschwunden. Vom Ectoderm (ect) hat Fig. Fig. Fig. sich das Nervensystem (n) als solider Zellenstrang ge- sondert. 3 u. 4. Forelle, Copien nach Oellacher, Färbung wie vorhin. In Fig. 3 ist die Rückenrinne vorhanden, mit dem Ecto- derm steht der Axenstrang (ax) in Verbindung, aus dem sich allmälig die chorda und das Nervensystem ebenso sondern, wie vorher bei Euaxes direct vom Ectoderm. In Fig. 4 ist die Furchenbildung des Urnierenganges aus dem mittleren Keimblatt zu erkennen. 5 u. 6. Schematische Darstellung der typischen Organisation eines Haifisehembryos. 7 u. 8. die eines Ringelwurms. Durch die gleiche Färbung und Strichelung sind die einander entsprechenden Theile be- zeichnet; in den Flächenbildern sind Darmcanal und Bauchgefäss weggelassen, um das Rückengefäss, die aorta, zeigen zu können. a. Aorta, bei dem Wurm das sogenannte Bauchgefäss s. ir. Segmentaltrichter s. gl. Segmentaldrüse u. Urnierengang (nur bei Wirbelthieren vorhanden?) c. b. Excretionsblase (nur bei Anneliden vorkommend) 9. Genitalfalten. ® 76 S$EMPER: Die Stammesver wandtschaft der Wirbelthiere u. Wirbellosen. s. Seitenlinie. s. p. Septum (bei Würmern) ligamentum intermuseulare bei Haien. m. Museculatur ch. Chorda n. Nervensystem ir. Darm v, venöses Bauchgefäss bei Würmern, Herz (bei Haien) ch. s. Chordascheide, bindegewebig bei Würmern, knorpelig ° bei Haien. j Beiträge zur Kenniniss der Holothurien. Von Dr. HUBERT LUDWIG. (Mit Tafel VI, u. VI) Die folgenden Blätter sind der Beschreibung einer Anzahl neuer Holothurien gewidmet, welche sich in den Arbeitsvorräthen des Herrn Prof. ©. Semper während der letzten Jahre angesammelt hatten und welche derselbe mir zur Bestimmung überliess, wofür ich ihm meinen besten Dank ausspreche. Da in dem Werke Semper’s: „Reisen im Archipel der Philippinen, IT, 1. Holothurien“, eine zusammenfassende Darstellung all desjenigen, was bis dahin über Holothurien bekannt war, geliefert ist, so konnte ich mich in meinen Beschreibungen direkt an jenes Werk anschliessen und hatte nur selten nöthig, die ältere Literatur heranzuziehen. Die in jüngerer Zeit erschienenen Publikationen über Holothurien suchte ich nach Möglich- keit zu verwerthen und habe am Schlusse dieser Abhandlung ein Ver- zeichniss derselben hinzugefügt. Mit Hilfe des vorliegenden Materials ver- mochte ich zwei neue Gattungen und 54 neue Arten aufzustellen. Die neuen Arten vertheilen sich in folgender Weise auf die einzelnen Gatt- ungen: 5 Synapta, 1 Chirodota, 10 Cucumaria, 3 Colochirus, 1 Pseudo- cucumis nov. gen., 1 Actinocucumis nov. gen., 2 Thyone, 1 Thyonidium, 1 Orcula, 2 Phyllophorus, 2 Stichopus, 1 Mülleria, 1 Labidodemas, 23 Holothuria, Arbeiten aus dem zuoleg,-zootom, Institut in Würzburg. II, Bd. 6 78 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. Synaptidae. Synapta Eschscholtz. Synapta bankensis n. sp. Farbe des einzigen Exemplars weisslich, mit blass-röthlichem Schimmer. Der Kopftheil ist abgerissen und sämmtliche innere Organe derartig schlecht erhalten, dass eine genaue anatomische Beschreibung: unmöglich ist. - Das ganze Bruchstück ist 71/, Cm. lang, Nur durch ihre Kalkkörper gibt sich die neue Form zu erkennen. Fig. 1. Es liegen in der Haut ge- zähnte Anker, deren zugehörige Ankerplatten von gleichfalls gezähnten Löchern durchbrochen und mit einer gezähnten Randeontour versehen sind. Ausser diesen Gebilden kommen in der Haut aber auch noch Anker und Ankerplättchen vor, welche um das fünf- bis sechsfache kleiner sind, als die eben beschriebenen, in ihrer Form jedoch völlig mit ihnen übereinstimmen. Die Hirseplättchen haben nicht die für die Synapten im Allgemeinen charakteristische Form, sondern stellen kleine, rundliche oder bisquitförmige Kalkkörperchen dar. | | Die grossen Anker stimmen mit denjenigen der Syn. pseudo.digitata Semp.1) überein, der einzigen Art, von welcher bis jetzt zweierlei Anker in der Haut beschrieben wurden. Es sind aber die Ankerplatten der Syn. bankensis mit gezähnten I,öchern versehen, während letztere bei Syn. pseudo-digitata ungezähnt sind. Ferner sind die kleinen Anker der Syn. bankensis ebenfalls gezähnt, was bei der kleinen Ankern der Syn. digitata nicht der Fall ist. Synapta bankensis stellt sich also bezüglich ihrer Kalkkörper zwischen- die Formen mit gezähnten Ankern und unge- zähnten Löchern der Ankerplatten (S. similis Semp,, 8. pseudo-digitata Semp.) und diejenigen mit ungezähnten Aukern und gezähnten Löchern der Ankerplatten (S. indivisa Semp., 8, recta Semp., S. reticulata Semp., S. grisea Semp., S. glabra Semp., $. Kefersteinii Sel,, S. albicans Sel.). Letztere Gruppe unterscheidet sich von ersterer und von $. bankensis auch durch die Regelmässigkeit in Zahl und Stellung der Löcher der Ankerplatten. Banka, (Durch Salmin.) Synapta assymmeirica N. ps Das eine Exemplar ist 4 Cm, lang, farblos, von sehr dünner Haut, welche die Längsmuskeln deutlich durchschimmern lässt. Die zwölf, 2 Mm, 1) Semper, Holothurien, Taf. IV. Fig. 12. LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. 79 ‚langen Tentakel sind vierfingerig, Die Kalkgebilde der Haut sind sehr eigenthümlich (Fig. 2.). Man findet ziemlich grosse Anker, deren Anker- .platten den grossen Ankerplatten der Syn. bankensis gleichen; die Anker ‘ selbst aber sind assymmetrisch, indem der eine Ankerarm grösser ist als der andere und sich in einem stumpferen Winkel an den Ankerschaft ansetzt. Die Ankerarme sind an den einen Ankern an der Aussenseite gezähnt, bei den anderen nicht. Der Ankerschaft ist an der Handhabe häufig seitlich verbogen (vergl. die Fig. 2. c.). Die Hirseplättchen sind ebenfalls auffällig gestaltet, indem sie ganz regelmässig von vier gezähn- ten Löchern durchbohrte Scheibchen darstellen (Fig. 2. b.). Die Radialia des. Kalkringes sind durchlöchert; die Längsmuskeln sind einfach; der Darm ist gewunden; die Geschlechtsschläuche sind verästelt, Es findet sich ein kurzer Steinkanal und vier Poli’sche Blasen, von denen die kleinste 2 Mm., die grösste 6 Mm. lang ist. Banka. (Durch Salmin.) Synapta incerta n. sp. Die Kalkkörper dieser Art sind eigenthümlich geformt (Fig. 3.). ‘Sie nähern sich durch die Gestalt der Ankerplatten am meisten denjenigen . von 8. dubia Semp. 1); jedoch sind die Ankerplatten regelmässiger sym- metrisch. Die Ankerarme sind im Gegensatz zu $8. dubia an ihrem äusseren Rand gezähnt, indessen ist diese Bezahnung nicht an allen Ankern gleichmässig deutlich ausgesprochen. Die Hirseplätichen entfernen sich ebenfalls von denjenigen der $. dubia und haben regelmässig die Form von Klammern. Es liegt mir nur das abgerissene Äfterende eines einzigen Exemplars vor, so dass ich von einer weiteren Beschreibung Abstand nehmen muss, Die Farbe des Bruchstückes ist weiss. Banka. (Durch Salmin.) 3 Synapta innominata n. Sp. Es liegt nur ein 1 Cm. langes Bruchstück vor, Es finden sich in der Haut zweierlei Formen von Ankern, vergl, Fig. 4, a. und d. Die kleinen Anker tragen auf jedem Arm zwei oder auch nur ein Zähnchen. Anker- platten und Hirseplättchen haben die in Fig. 4. b. ce. dargestellte Form. Die grossen Anker kommen nur in den fünf Radien des Körpers vor. 1) Semper, Holothurien. Taf. IV. Fig. 11, 6* so LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. Diese Form scheint der Synapta pseudo-digitata Semp.!) nahe zu stehen, vielleicht mit ihr identisch zu sein. Philippinen (Semper coll.). Synapta Polü n. sp. Das einzige vorliegende Exemplar ist 8 Cm. lang; das Afterende ist abgerissen. Farbe hellbraun, in den Radien dunkler, die Bauchseite im Ganzen heller als die Rückenseite. Die Löcher ‘in den Ankerplatten der Haut sind doppelreihig gezähnt; die eine Zahnreihe geht ringsum, während die andere in der Regel nur einen Halbkreis beschreibt (Fig. 5.). 15 Tentakel, deren jeder mit ungefähr 60 Fiederchen besetzt ist. Zahlreiche langgestreckte Poli’sche Blasen finden sich am Weassergefäss- ring, sowie ein einziger gewundener und mit rundlicher Madreporenplatte versehener Steinkanal, welcher im dorsalen Mesenterium festgelegt ist. Die Geschlechtsorgane stellen zwei unregelmässig verästelte Schläuche dar, sie scheinen mir an dem vorliegenden Exemplar noch nicht völlig entwickelt zu sein, Die Zahl der Tentakel, die zahlreichen Poli’schen Blasen und die mit Fortsätzen versehene Handhabe der Anker erinnern an die ähnlichen Verhältnisse bei Synapta glabra Semp. 2); jedoch unter- scheiden sie sich durch die Form der Ankerplatten; auch fehlt bei dieser Art die für Syn. glabra charakteristische Verbindung der Nebenstrahlen der Tentakel durch eine feine Membran, | Barbados. | Chirodota Eschscholtz. Chirodota contorta n. sp, Drei Exemplare von 41/, Cm. Länge, Die ungefärbte Haut ist sehr durchscheinend. Ausser den Rädchen liegen in der Haut sehr charakte- ristisch geformte Kalkgebilde, wie solche Fig. 6. b, darstellt. Fig. 6. c. ist eine seltenere Form, Die Rädchenpapillen sind unregelmässig über die Interradien vertheilt, zahlreicher auf dem Bivium als auf dem Trivium und bedeutend zahlreicher auf dem Vordertheil als auf dem Hintertheil des Thieres. Zwölf Tentakel, deren Händchen zusammengeklappt werden können und die mit je 13—14 Nebenästen versehen sind, von denen die- jenigen an der Spitze eines Tentakels länger sind als die seitlichen. Der 1) Semper, Holothurien, p. 9. Taf. IV. Fig, 12. 2) Semper, lolothurien, p. 12. Taf, IV. Fig. 8. LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. 81 Kalkring hat zwölf Glieder; der Darm ist gewunden; der Steinkanal sehr klein. Die Geschlechtsschläuche sind dichotomisch getheilt und 11/, Cm. ‚lang. Sechs bis sieben Poli’sche Blasen von sehr ungleicher Grösse sind “ vorhanden. Fundort unbekannt, (Zwei Exemplare aus dem Hamburger Museum, eines von Wessel.) Dendrochirotae. Cucumaria Blainville. Cucumaria ignava n. sp. Das einzige Exemplar ist hellbraun; auf der Bauchseite sehr viel lichter als auf dem Rücken; es ist 31/, Cm. lang und 7 Mm. dick. Die Körperform ist undeutlich fünfkantig. Am Vorderende verlängert sich die Körperhaut den Radien entsprechend in fünf den Mund überragende Zacken. Das Afterende ist zugespitzt. Sowohl auf dem Bauche als auch auf dem Rücken stehen die Füsschen zu je zwei in den Radien gereiht, jedoch in den beiden Radien des Bivium weniger dicht als auf der Bauch- seite. Die Haut ist sehr starr durch die zahlreichen Kaikkörper, welche ‚in der Form von Kalkplatten und, in der oberflächlich Schicht der Haut, von durchlöcherten Hohlkugeln auftreten, welch’ letztere denjenigen von Colochirus cylindricus Semp. !) gleichen. In der Wandung der Füsschen liegen durchlöcherte Stützstäbchen von gedrungener Form. Der After ist mit kleinen Kalkzähnen versehen. Am Wassergefässring links eine rundliche Poli’sche Blase; im dorsalen Mesenterium festgelegt ein kleiner, gestreckt verlaufender Steinkanal. Die Radialia und Interradialia des Kalkringes sind ziemlich gleich gross, 2 Mm.; sie sind nicht geschwänzt, die drei ventralen etwas näher aneinander gerückt als die übrigen. Die Retraktoren, welche bedeutend stärker entwickelt sind als die sehr schwachen Längsmuskeln, inseriren !/3 vom Vorderende. Nahe hinter ihnen setzen sich die Geschlechtsorgane an, welche zwei Bündel von nicht sehr zahlreichen, bis 1 Cm. langen, nicht verästelten Schläuchen darstellen, Nicht nur durch die Gestalt der Kalkkörper, sondern auch durch die Körperform nähert sich diese Art der Gattung Colochirus, denn der Körper ist zwar vorn und hinten deutlich fünfkantig, nähert sich aber im Uebri- gen sehr der vierkantigen Gestalt der Colochirus-Arten. Nach der Ver- theilung der Füsschen ist sie jedoch eine entschiedene Cucumaria, Golf St. Vincent. (Godeffroy.) 1) Semper, Holothurien. Taf, XIJI. Fig, 16. 82 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. Cucumaria punctata n. sp. Das vorliegende Exemplar ist cylindrisch, 31/, Cm. lang, 12 Mm. breit. Die weisse Grundfarbe des Thieres ist mit sehr feinen braunen Pünktchen bedeckt; ferner finden sich, namentlich auf dem Rücken, kleine dunkelbraune Flecken. Die Füsschen stehen in den Radien in einer dop- pelten Längsreihe. Namentlich am vorderen und hinteren Körperende tritt die Reihenstellung der Füsschen sehr deutlich hervor, im Uebrigen ist sie indessen etwas verwischt durch die, besonders auf dem Bauche zahlreichen Füsschen der Interradien; auf dem Rücken sind sowohl die Füsschen der Radien als auch diejenigen der Interradien seltener als auf der Bauch- seite. Durch diese Vertheilung der Füsschen ähnelt diese Form den Arten der Gattung Thyone. Der After ist fünfstrahlig ohne Kalkzähne. Die ventralen Glieder des aus zehn Stücken bestehenden Kalkringes sind ebenso gross wie die dorsalen; dieRadialia sind 21/, Mm. hoch, die Interradialia um ein Unbe- deutendes kleiner. Die beiden Büschel der Geschlechtsorgane bestehen aus nicht sehr zahlreichen, 1—11/, Cm. langen, nicht verästelten Schläu- chen und inseriren sich 1/, vom Vorderende. Etwas weiter nach vorn setzen sich die Retractoren an. Im dorsalen Mesenterium liegt ein klei- ner Steinkanal; rings am Wassergefässring 5 Poli’sche Blasen, von denen die grösste 5 Mm. lang ist. Von den 10 schwärzlichen Tentakeln ist nur einer, ventral gelegener, kleiner als die übrigen. Von Kalkkör- pern finden sich ausser knotigen Schnallen die in Fig. 8. a. und b. ge- zeichneten Formen von zu durchbrochenen Halbkugeln umgewandelten Stühlchen. Diese, sowie die Stützstäbchen in der Wand der Füsschen gleichen denjenigen von Thyone suspecta mihi. (Fig. 19.) Es zeigt also diese Cucumaria nicht nur in der Vertheilung ihrer Füsschen, sondern auch in der Form der Kalkgebilde der Haut Anklänge an die Thyone- Arten, Barbados, (Durch Wessel.) Cucumaria nobilis n, sp. Das vorliegende Exemplar ist 11 Mm. lang, tonnenförmig, farblos. Die Füsschen sind in doppelten Längsreihen auf den Radien angebracht ; auf den Interradien des Rückens stehen zerstreute Füsschen, seltener kommen solche auch auf den Interradien des Bauches vor. Der Kalk- ring gleicht in seiner Gestalt demjenigen von Cucumaria perspicua mihi; die Radialia sind 11/, Mm hoch. Die Muskulatur ist ziemlich kräftig entwickelt, die Retraktoren inseriren 1/3 vom Vorderende, Eben dort in- LUDWIG: Beiträge zur Kenniniss der Holothurien. 83 seriren auch die Geschlechtsorgane, über deren Gestalt ich bei der schlech- ten Conservirung nichts aussagen kann. Am Wassergefässring findet sich eine ventrale, 3 Mm. lange Poli’sche Blase und ein kleiner im dorsalen Mesenterium festgelegter Steinkanal. Die Kalkkörper haben die Stühlchen- form mit breiter, unregelmässig geformter Scheibe und niedrigem Stiel; der Stiel ist bald aus 4, bald aus 3, bald auch nur aus 2 Stäben zu- sammengesetzt. (Fig. 14.) Verkrüzen (Norwegen). Cucumaria perspicua n. sp. Ein Exemplar liegt vor. Dasselbe ist tonnenförmig, 2 Cm. lang, 9 Mm. dick. Die Haut ist farblos und sehr dünn, so dass sowohl die Längsmuskeln als auch die inneren Organe durchschimmern. Die Füss- chen stehen in den Radien des Bauches und in denjenigen des Rückens in einer nicht sehr deutlichen Doppelreihe, in ersteren aber viel zahl- reicher als in letzteren. In den Interambulacren stehen zerstreute Füss- chen, in geringer Anzahl auf der Bauchseite, in grösserer Anzahl auf der Rückenseite. i Kalkkörper fehlen mit Ausnahme der Endscheibehen der Füsschen vollständig. Die Gestalt des Kalkringes erhellt aus Fig, 13. Am Was- sergefässring drei kleine, ventrale Poli’sche Blasen und ein kleiner dor- saler, festgelegter Steinkanal. Die Retraktoren inseriren 1/, vom Vorder- ende. Die Geschlechtsorgane stellen rechts und links vom Mesenterium ein Büschel von wenigen, nicht verästelten, 6 Mm, langen Schläuchen dar und setzen sich !/; vom Vorderende an. Verkrüzen (Norwegen). Cucumaria parva n. sp. Das einzige Exemplar. ist ungefärbt, 13 Mm. lang, 5 Mm. dick, cylindrisch und gegen das Afterende stärker verjüngt als gegen das Kopf- ende. Auf dem Trivium stehen die Füsschen zweizeilig gereiht, auf dem Bivium regellos zerstreut wie bei der Gattung Thyone. Der Kalkring besteht aus zehn, nicht geschwänzten Gliedern, die Radialia sind vorne leicht eingeschnitten, Radialia und Interradialia sind 2 Mm. hoch. Die wenigen kurzen, nicht verästelten Genitalschläuche setzen sich ebenso wie die Retractoren 1/, vom. Vorderende an. Es findet sich eine kleine Poli’- - sche Blase und ein kleiner im dorsalen Mesenterium festgelegter Stein- kanal, Von den 10 Tentakeln. sind die beiden -ventralen kleiner als die 84 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. übrigen. Ausser den grossen durchlöcherten Kalkplatten der Haut finden sich in .der oberflächlichen Schicht derselben kleine x-förmige Körperchen Fig. 12. Chili (durch Wessel). Cucumarıa exigua n. sp. Die beiden, 3 Cm. langen Exemplare sind hellbraun mit wenigen, namentlich auf dem Rücken stehenden grossen, dunkeibraunen Flecken. Die eylindrische Körpergestalt ist nach hinten verjüngt, nach vorne endet sie stumpf. Die Füsschen stehen zu je zwei -auf den Radien des Rückens und Bauches, auf letzteren weit zahlreicher als auf ersteren; die Inter- radien sind frei von Füsschen, Die Füsschenreihen des Trivium sind ein- ander mebr genähert als diejenigen des Bivium. Von den 10 braunen Tentakeln sind die beiden ventralen kleiner als die übrigen. Von Kalk- gebilden (vergl. Fig. 9. a. b. c.) finden sich in der unteren Schicht der ziemlich dünnen Haut nur grosse, durchlöcherte Platten, in der ober- flächlichen Schicht sind diese Platten sehr viel kleiner; ausserdem finden sich in der Wandung der Füsschen x-förmige Körperchen; die Stützstäb- chen in den Füsschen sind ungemein gross. Es ist nur eine, 11/, Cm. lange, Poli’sche Blase vorhanden, welche eine verhältnissmässig sehr dicke Wandung besitzt. Links und rechts am dorsalen Mesenterium liegt ein sehr kurzer, doch mit kräftig entwickelter Madreporenplaite versehener Steinkanal. Die Retraktormuskeln setzen sich 1/5, vom Vorderende an; kurz vor ihnen inseriren die Geschlechtsorgane, welche jederseits aus nicht sehr zahlreichen, unverästelten, dicken Schläuchen von ungefähr 1 Cm. Länge bestehen. In der Zeichnung einiger Glieder des Kalkringes (Fig. 9. d.) sind die drei gezeichneten Glieder (2 Radialia und 1 Inter- radiale) auseinander gezerrt, in Wirklichkeit liegen sie viel näher anein- ander. Die beiden ventralen Interradialia sind ganz dicht zusammenge- rückt mit dem mittleren ventralen Radiale. Angeblich China-See (Hamburger Museum). Fernere drei Exemplare von Chili konnte ich untersuchen (durch Wessel erhalten) und an ihnen folgende weitere Beobachtungen machen. In den Füsschen fehlen die Endseheibchen, oder richtiger, sie sind bis auf ein ganz kleines Gitterchen redueirt (vergl. Fig. 11. b.). In den Rückenfüsschen, die eine sehr kleine Endausbreitung besitzen, finden sich nur sehr wenige Stützstäbehen von viel kürzerer, gedrungenerer Gestalt als in den Bauchfüsschen. Das grösste dieser drei Exemplare mass 21/, Cm, und besass zwei, starkwandige Poli’sche Blasen, eine kurze und eine LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien, 85 sehr lange (2 Cm.). Links am dorsalen Mesenterium dieses Exemplars hängt ein kurzer, aber kräftig entwickelter Steinkanal herab, dessen Wan- dung dureh die Anhäufung von Kalkablagerungen fein warzig erscheint. Die Glieder des Kalkringes (vergl. Fig. 11. c.) sind etwas verschieden von denjenigen der beiden Exemplare aus der chinesischen See; die bei- den ventralen Interradialia sind mit dem mittleren ventralen Radius ver- schmolzen (vergl. die Abbildung); die einzelnen Glieder des Kalkringes sind 4 Mm. hoch, In einem zweiten Iixemplare fanden sich zwei kleine Steinkanäle mit kugeligem Köpfchen links am Mesenterium und drei Poli’sche Blasen. Endlich erhielt ich noch aus dem Hamburger Museum drei weitere Exemplare von der Küste Chili’s, welehe ganz hellbraun sind ohne die dunkeln Flecken, Die angeführten anatomischen Notizen über die vorliegenden Exem- plare zeigen sehr deutlich, wie variabel die einzelnen Charaktere für sich genommen sind. Nur durch Zusammenfassung mehrerer Charaktere wird daher eine Artbeschreibung brauchbar sein. Die Bestimmung der einzelnen Formen wird dadurch freilich erschwert, aber die Erkenntniss ihrer Ver- wandtschaft gefördert. Cucumaria improvisa n. sp. Beide Exemplare sind farblos. Das grössere Exemplar ist 3 Cm, lang und seine grösste Dicke beträgt 5 Mm., die Gestalt ist nicht sehr ausgesprochen fünfkantig und nach hinten allmälig verjüngt. In jedem Radius eine doppelte Reihe von Füsschen, welche in den Radien des Rückens etwas sparsamer stehen als in denjenigen des Bauches. Die Haut ist sehr dünn und dicht mit Kalkkörpern erfüllt, welche theils un- regelmässig geformte, durchlöcherte Platten, theils und zwar in der ober- flächlichen Hautschicht, durchbrochene Halbkugeln darstellen (vergl. Fig. 10. a. b.). Eine kleine, ventrale Poli’sche Blase, ein dorsal festge- legter, kurzer, aber mit ziemlich stark entwickelter Madreporenplatte ver- sehener Steinkanal. Dicht hinter dem Kalkring liegt rechts und links ein Büschel von mässig vielen, 7—8 Mm. langen, nicht verästelten Geschlechts- schläuchen. Die Retraktoren setzen sich 7 Mm. vom Vorderende an nnd sind ebenso wie die Längsmuskeln sehr dünn und schwach. Kalkring vergl. Fig. 10.c.; die Radialia sind 2 Mm, hoch. Die zwei ventralen Tentakel sind kleiner als die acht übrigen. Algoa-Bai (Hamburger Museum). 6 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. Cucumaria Salmini n. sp. Es liegen mir drei Exemplare vor von durchschnittlich 22 Mm. Länge und 9 Mm. Breite. Sie sind von gelbweisser Farbe und ihr hinteres Körperende ist etwas verjüngt. Der After ist gezähnt. In den Radien stehen die Füsschen in einer Doppelreihe; in den Interradien des Rückens finden sich zahlreiche Füsschen zerstreut, weniger zahlreiche kommen auch in den Interradien des Bauches vor. Die Tentakel sind gelb, reich verästelt und von nicht ganz gleicher Grösse, Die Kalkkörper gleichen durchaus denjenigen von Cucumaria dubiosa Semper, so dass man die betreffende Abbildung Semper’s!) als auch für diese Art gültig ansehen kann. Die 2 Mm. grossen Glieder des Kalkringes sind nicht geschwänzt und gleichen denjenigen von Cuc, Godeffroyi Semp.?) und von Cue. Köl- likeri Semp.3). Ein einziger kleiner dorsaler Steinkanal findet sich vor und 4 Poli’sche Blasen von je 4 Mm.’ Länge. Die Retractormuskeln setzen sich ungefähr in der Mitte des Thieres an. Die einzelnen Follikel der Geschlechtsorgane, die sich 1/5 vom Vorderende des Thieres ansetzen, sind unverästelt und bis 15 Mm, lang. Celebes (durch Salmin). Qucumaria tenuis n. sp. Das einzige Exemplar ist weissgelb und hat eine Länge von 20 Mm,, eine Breite von 10 Mm. Die Gestalt ist tonnenförmig. Auf den Radien steht eine doppelte Reihe von Füsschen, welche auf den Interradien voll- ständig fehlen. Die Haut des Thieres ist dünn und durchscheinend und in den Interradien beinahe ganz frei von Kalkkörpern. Von letzteren fin- den sich ausser den Endscheiben der Füsschen die in Fig. 7 gezeichneten Formen. Unter diesen Formen sind die gedornten und am Ende krausen Stäbchen häufiger als die dornigen Platten, Die Glieder des Kalkringes sind klein, nicht geschwänzt und die Radialia und Interradialia unterein- ander fast völlig gleich, Im dorsalen Mesenterium eingeschlossen liegt ein einziger, sehr kleiner Steinkanal, der fast ganz frei von Kalkeinlagerungen ist. Eine Poli’sche Blase von rundlicher Gestalt und 4 Mm, Länge ist vorhanden. Die Retractoren getzen sich ungefähr 7 Mm. (also !/3 der Körperlänge) vom 1) Semper, Holothurien, Taf. XXXIX. Fig. 19. 2) Semper, Holothurien, Taf. XV. Fig, 14. 9) Semper, Holothurien, p. 237, LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien, 87 Vorderende an. Beinahe in demselben Querschnitt des Thieres inseriren sich die Geschlechtsfollikel, welche unverästelte bis zu 15 Mm. lange "Schläuche darstellen. | Celebes (durch Salmin). Cucumaria fallax n. sp. 2 Exemplare, von denen das eine 4!/, Cm., das andere 8 Cm. lang ist. Die Gestalt ist gestreckt cylindrisch, 1/;mal so dick als lang. In der braunschwarzen Haut finden sich nur gedornte unregelmässige Schnallenformen, welche meist einseitig verlängert sind und denjenigen von Cucumaria leonina Semp.1) gleichen. In den Füsschen finden sich, trotzdem sie eine breite Endfläche haben, nur sehr rudimentäre End- scheibehen. Die zehn Tentakel sind verhältnissmässig gross. Die Füss- chen stehen nur auf den Radien und zwar in Doppelreihen, auf dem Trivium dicht gedrängt, auf dem Bivium hingegen spärlich. Angaben über die innere Anatomie sind bei dem Erhaltungszustand, in welchem ich die Exemplare erhielt, nicht möglich. - Alaska. (Nordwestküste von Nordamerika.) (Lübecker Museum.) Colochirus Troschel. Colochirus tristis n. sp. Das eine Exemplar ist violettschwarz, auf der Bauchseite heller, die Füsschen mit dunkeln Endscheibchen. Es hat eine Länge von 13 Cm,, eine Breite von 4 Cm. Auf dem Bauche stehen drei Füsschenreiben, entsprechend den Radien; in der mittleren Reihe zählt man ungefähr 8, in den beiden seitlichen Reihen 6 Füsschen in die Breite. Die Füsschen treten nicht bis dieht an Mund und After heran, sondern hören ungefähr 1 Cm, davon entfernt auf. Auf dem Rücken ragen grosse, in Längs- reihen gestellte Tuberkel mit je einer Ambularalpapille empor. Die Haut ist trotz der zahlreichen Kalkkörper ziemlich dünn und biegsam. Von den zehn Tentakeln sind die beiden ventralen bedeutend kleiner. Der After ist umgeben von fünf sehr kleinen Kalkzähnen. In der Haut liegen zahlreiche durchbrochene Kalkkugeln, welche in ihrer Gestalt denjenigen gleichen, welche Semper von Colochirus cylindricus 2) beschreibt, nur sind sie ein wenig grösser, In der oberflächlichsten Hautschicht sind die durchlöcherten Holılkugeln kleiner und zierlicher gebaut, auch finden sich 1) Semper, Holothurien. Taf. XV. Fig. 9. 2) Semper, Holothurien. Taf. XIII. Fig. 16. a. 88 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. dort häufig statt der ganzen Kugein nur durchlöcherte Halbkugeln. In der Haut des Rückens liegen bis 2 Mm. grosse Kalkplatten. Der Kalk- ring gleicht in seiner Form und der gegenseitigen Annäherung und Grös- senabnahme der ventralen Glieder demjenigen von Colochirus tubereulosus Quoy et Gaimard!), Eine einzige, 11/, Cm. lange Poli’sche Blase ist vorhanden, ferner zahlreiche und ungemein kleine Steinkanäle, rings dem Wassergefässring ansitzend, Die zahlreichen, langen, dünnen, unverästel- ten Geschlechtsschläuche inseriren 21/, Cm. hinter dem zurückgezogenen Kalkring. Die Retraktoren sind schwach und setzen sich /, vom Vor- derende an. Zanzibar (durch Salmin). Colochirus australis n. sp. Die Exemplare, von denen mir elf vorliegen und deren grösstes 7 Cm. lang und 12 Mm. dick ist, haben eine scharf vierkantige Gestalt, welche am vorderen Körperende durch stärkeres Vorspringen des mittleren ven- tralen Radius fünfkantig wird. Sie sind graubraun gefärbt, auf dem Bauche ein wenig heller als auf dem Rücken. Die Füsschen sind weiss mit braunen Endscheiben und stehen auf dem Trivium in drei ziemlich weit von einander abstehenden Längsreihen zu je zwei, seltner zu je drei nebeneinander. In den Radien des Rückens finden sich 1—2 Papillen- reihen, die Interradien sind gänzlich frei von Papillen. Der After ist mit kleinen Kalkzähnen versehen. Von Kalkgebilden finden sich in der Haut zahlreiche knotige Schnallen, welche sich zu grossen Kalkplatten um- wandeln. Diese letzteren sind auf dem Rücken grösser als auf dem Bachen, bis 2 Mm, gross. Man kann die Kalkplatten in der Haut schon bei äusserer Betrachtung deutlich wahrnehmen. In den Wandungen der Füsschen finden sich zahlreiche Stützstäbchen (Fig. 15. b.). In der. ober- flächlichen Hautschicht liegen umgewandelte Stühlchen, welche durch- brochene Halbkugeln darstellen, deren Scheitel durch das Zusammentreten von regelmässig vier Kalkstäben gebildet wird und deren offene Basis bei jüngeren Formen (Fig. 15. a.) durch einen einzigen Querstab, bei älteren Formen durch mehrere gedornte (Querstäbe geschlossen wird. Die drei am meisten ventralen Glieder des Kalkringes sind nahe aneinander gerückt, entsprechend den zwei kleinen ventralen Tentakeln (Fig. 15 c.). Die zehn Tentakel sind dunkelbraun und gelb gefleckt und haben einen stark verkalkten Stiel. Die Geschlechtsorgane heften sich etwas hinter dem 1) Semper, Holothurien. Taf. XIV. Fig. 17. LUDWIG: Beiträge zur Kenntuiss der Holothurien. 85 Ansatz der Retractoren an, welche selbst 1/; vom Vorderende inseriren. Sie bestehen aus zwei Büscheln unverästelter, brauner, 1—11/, Cm. langer Schläuche Links am Gefässring eine einzige 7 Mm. lange Poli’sche ‚Blase; ein dorsaler, im Mesenterium festgelegter Steinkanal. Bowen. (Australien.) (Mus. Godeffroy. A. Dietrich coll.) Ein zwölftes Exemplar liegt vor aus Sydney (Mus. Godeffroy). Colochirus minutus n. sp. Die circa 50 Exemplare sind 1—21/, Cm. lang, von gestreckter, ziemlich deutlich vierkantiger Gestalt, der Bauch abgeplattet und etwas heller als der dunkelbraune Rücken. ‘In jedem Radius des Trivium sind die mit hellgelber Endscheibe versehenen und nicht sehr zahlreichen Füss- chen in einer Doppelreihe angeordnet. In den Radien des Rückens fin- den sich sehr vereinzelte kleine Ambulacralpapillen, welche an den Spi- ritusexemplaren in der Regel so stark eingezogen sind, dass ihre Auf- findung Schwierigkeiten macht, Der After ist gezähnt, Ausser grossen Kalkplatten liegen in der Haut, namentlich in der oberflächlichen Schicht derselben, durchbrochene kugelförmige Gebilde (Fig. 16.). Die Stützstäb- chen in den Füsschen des Bauches sind breit und kurz, an den Enden und in der Mitte durchlöchert, Die Haut ist dünn, aber hart und rauh, indessen weniger starr als bei Col. quadrangularis Lesson oder Col. tuber- culosus Quoy et Gaimard. Am Vorderende des Körpers ist die Haut, wie bei den übrigen Colochirusarten, den Mund überragend, fünfzackig aus- gezogen. Die beiden am meisten ventral gelegenen Tentakel sind kleiner als die acht übrigen. Der Stiel der Tentakel ist dunkelbraun, die Fieder- chen hellgelb. Die zehn Glieder des Kalkringes sind sehr klein, die Radialia kaum grösser als 1 Mm., die Interradialia beinahe ebenso gross. Die Glieder sind nach hinten nicht geschwänzt, sondern einfach einge- buchtet. Die Radialia sind an der Spitze leicht eingekerbt, die Inter- radialia sind spitz. Die drei ventralen Glieder des Kalkringes sind kleiner und näher aneinander gerückt als die übrigen. Eine 3—4 Mm. grosse Peli’sche Blase. Ein kleiner, dorsaler, festgelegter Steinkanal. Jederseits vom Mesenterium inserirt sich 1/3 vom Vorderende ein Büschel von 4—8, sehr dieken (über 1 Mm.), unverästelten, 4—10 Mm. langen, intensiv gelben Geschlechtsschläuchen. Die Retraktoren sind dünn und setzen sich 1/;, vom Vorderende an, auch die Längsmuskeln sind sehr schwach ent- wickelt, Bowen, (Australien) (Mus. Godeffroy, A. Dietrich coll.) 90 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. Pseudocucumis nov. gen. 20 Tentakel, 10 grössere und 10 kleinere, welche in der Regel ab- wechselnd paarweise stehen; von den kleineren Tentakeln steht nur eine Anzahl in demselben Kreis mit den grossen Tentakeln, die übrigen stehen weiter nach innen, Die gleichartigen Füsschen sind in Längsreihen auf den Radien angebracht. Durch Zahl und gegenseitige Grössenunterschiede der Tentakel gleicht diese Gattung dem gen. Thyonidium, das Hineinrücken der kleineren Ten- takel nach innen von dem durch die grossen Tentakel gebildeten Kreis erinnert an Phyllophorus, von beiden Gattungen unterscheidet sich Pseudo- cucumis jedoch durch die scharf ausgesprochene Reihenstellung der Füss- chen auf den Radien und gleicht hierin den Formen des gen. Cucumaria, Pseudocueumis gehört in die Unterfamilie Stichopoda !). | + Pseudocucumis acicula Semper ?). Diese Art, von welcher mir mehrere Exemplare vorliegen, ist von Semper beschrieben worden, jedoch irrthümlicher Weise als zum Genus Cucumaria gehörig, unter dem Namen. Cuc. acicula?). Semper hat sich namentlich in der Zahl der Tentakel getäuscht, deren er nur 10 angibt, während in Wirklichkeit 20 vorhanden sind. Seine Beschreibung stimmt im Uebrigen ganz genau mit den mir vorliegenden Exemplaren, nur kann ich der Angabe, dass die Glieder des Kalkringes nicht miteinander ver- bunden seien, nicht beipflichten. Allerdings erhält man auf den ersten Blick diesen Eindruck, präparirt man aber den Kalkring von allen an- hängenden Geweben frei, so findet man, dass die einzelnen Glieder den- noch miteinander verbunden sind; nur tritt diese Verbindungsstelle ziem- lich beträchtlich, von der äusseren Peripherie des Kalkringes aus gerech- net, in die Tiefe und ist so sehr von den weichen Gewebetheilen des Schlundkopfes überzogen, dass sie sich dem Blick entzieht. Eine Ab- bildung der auffällig geformten Kalkkörper hat schon Semper 3) gegeben, Fig. 17. a. stellt einige Glieder des I) Fig. 17.b. das Schema der Tentakelanordnung dar. Viti. (Mus, Godeffroy.) 1) Semper, Holothurien, p. 39. 2) Semper, Holothurien, p. 54. 8) Semper, Holothurien, Taf, XV. Fig. 11. LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. 9] Actinoeucumis noV. gen. 18—20 Tentakel von ungleicher Grösse und unregelmässiger Anord- nung, indessen sind die beiden mittleren ventralen stets am kleinsten. Die Füsschen stehen in den Radien in mehrfachen Reihen, in den Interradien des Rückens Ambulacralpapillen. Diese neue Gattung gehört zu der Unterfamilie Stichopoda!). Die Tentakel sind von ungleicher Grösse, lassen aber keinen gesetzmässigen Wechsel der kleineren und grösseren erkennen. Was sie von den übrigen bis jetzt bekannten Gattungen dieser Unterfamilie unterscheidet, ist nament- lich die Zahl der Tentakel und das Vorkommen von Ambulacralpapillen auf den dorsalen Interradien, während in allen fünf Radien gereihte Füss- chen stehen. Actinocucumis iypica N. sp. Vier Exemplare liegen mir vor. Dieselben sind einfarbig braun, auf dem Bauche etwas heller als auf dem Rücken, 8 Cm. lang, ausgesprochen fünfkantig. In jedem Radius stehen 4—6 Füsschenreihen nebeneinander. In den dorsalen Interradien kommen zerstreute sehr kleine Ambulacral- papillen vor; solche finden sich auch in den dorsalen Radien zwischen den Füsschen. Der After ist fünfstrahlig, d. h. in ähnlicher Weise wie auch die Mundöfinung von einem fünfstrahligen Papillenkranz überragt, dessen einzelne Zacken den Radien entsprechen. Die Tentakel sind schwärzlich, nur an einem Exemplare, welches auch im Uebrigen heller gefärbt ist als die drei anderen, sind sie hellbraun. An einem Exemplar fanden sich 18, an einem zweiten 19, an einem dritten 20 Tentakel. Die- selben sind, wie schon in der Gattungscharakteristik hervorgehoben wnrde, von ungleicher Grösse, doch kann man keine regelmässige Abwechslung von grossen und kleinen Tentakeln erkennen, immer aber sind die beiden mittleren ventralen die kleinsten. Auch scheinen sich nicht alle Tentakel in der Peripherie eines einzigen Kreises zu stehen, doch vermag ich hie- rüber bei dem starken Contraktionszustand meiner Exemplare nicht ins Reine zu kommen. In der Haut liegen ungemein zahlreiche, kleine, durehbrochene Eichen (Fig. 24. c.); in der Wandung der Füsschen finden sich die in Fig. 24, a. und b. gezeichneten Kaikkörper, von denen die Form der einspitzigen Stühlchen, Fig. 24. b. weniger häufig ist als die Form Fig. 24. a. Der Kalkring besteht aus zehn ungeschwänzten Gliedern Fig. 24. d. Eine 13 Mm. lange Poli’sche Blase hängt am Wassergefäss- 1) Semper, Holothurien p. 39. 92 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. ring; im dorsalen Mesenterium liegt ein 5 Mm. langer, mit kleinen runden Köpfchen versehener Steinkanal. Die Retractoren inseriren 22 Mm., also eirca 1/), vom Vorderende des Thieres. Die Geschlechtsorgane stellen zwei gleichmässig stark entwickelte Büschel von 2—2!/, Cm. langen Schläuchen dar, welche sich in der Regel nur einmal, nahe ihrer Insertion, gabelig theilen, Bowen. (Australien.) (Mus. Godeffroy. A, Dietrich coll.) Thyone Semper !). Untergattung Thyone Oken.. Thyone suspecta n. sp. Die Grundfarbe des einzigen Exemplars ist weisslich, mit zahlreichen dunkelbraunen Flecken besät. Das Thier ist 41/, Cm. lang und verhält- nissmässig sehr dick, 2 Cm. Das Afterende ist verjüngt, der After selbst fünfstrahlig, mit fünf sehr leicht wahrnehmbaren Zähnen bewaffnet. Die Füsschen sind in grosser Anzahl über die ganze Körperoberfläche zer- streut, Die 20 ziemlich starren Tentakel sind schwärzlich. Kalkkörper finden sich in der dünnen Haut nur sehr sparsam, in der Wandung der Füss- chen hingegen liegen sehr zahlreiche Stützstäbchen (vergl. Fig. 19.). Der Kalkring gleicht in seiner Form demjenigen von Thyone surinamensis Semp.?), die Radialia sind 4 Mm. hoch, Die eine Polische Blase ist ziemlich klein, auch der einzige Steinkanal ist sehr kurz, mit rundem Köpfchen und im dorsalen Mesenterium festgelegt. Die Rückziehmuskeln setzen sich 11/, Cm. vom Vorderende an; dieselben sind kräftig entwickelt im Gegensatz zu den schwachen Längsmuskeln. Ungefähr in derselben Querschnittsebene, wie die. Retractoren, inseriren auch die zahlreichen, sehr dünnen, unverästelten, 31/5 Cm. langen Geschlechtsschläuche, rechts und links zu einem Büschel vereint. Barbados (durch Wessel). Es ist mir wahrscheinlich, dass die’Art identisch ist mit Thyone braziliensis Verrill, 3), doch vermag ich es bei der ziemlich mangelhaften Beschreibung Verrill’s, welche die innere Anatomie fast ganz unberück- sichtigt lässt, nicht zu entscheiden, ob dem wirklich so ist. Die Verrill’sche Art ist von den Abrolhos Riffen, 1) Semper, Holothurien, p. 64, 2) Semper, Holothurien. Taf. XV, Fig. 15 3) Verrill, Notice of Corals and Echinoderms, Trangact. "Connecticut. Acad. Yol. I..p. 820. Pl, IV. Fig. 8. l LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. 95 5 “ Untergattung Stolus Selenka. Thyone mirabilis 'n. sp. Es liegt mir ein Exemplar vor, welches braungelb gefärbt ist, auf dem Rücken sehr dunkel, auf dem Bauche hell. Es ist 6 Cm. lang und 3 Cm. breit. Die Haut ist ziemlich dünn, jedoch in den seitlichen Radien des Bauches und noch mehr in denjenigen des Rückens bedeutend ver- diekt. Dadurch, und durch die Abplattung des Bauches erhält das Thier eine annähernd vierkantige Gestalt. Ferner findet sich auf den Radien des Rückens je eine Längsreihe von kleinen warzigen Hervorragungen der Haut. Durch diese Verhältnisse der äusseren Rörpergestalt stellt sich diese Form zwischen die typischen Thyonearten und die Arten der Gatt- . ung Colochirus, unterscheidet sich aber doch von letzteren durch die fehlende Reihenstellung der Bauchfüsschen. Die Füssehen stehen auf dem Bauche weit zahlreicher als auf dem Rücken, und sind dort von unge- meiner Länge (8—9 Mm.); sie sind weiss, gegen die Spitze hin schwärz- lich, die Endscheibe aber wieder weiss. Die Tentakel sind gross, von schwärzlicher Farbe. Die Kalkkörper sind schr &pärlich vorhanden und haben insgesammt die Form nmgewandelter Stühlchen, die sich nament- lich dadurch auszeichnen, dass ihr Stiel aus nur zwei, mitunter ungleich grossen Stäben besteht (Fig, 18. c. d.). In den Warzen der dorsalen Radien finden sich weit grössere Stühlchenformen, wie sie Fig, 18. a. u. b. von der Seite und von unten gesehen darstellt. Der After ist nicht ge- zalhnt. Der Kalkring besteht aus zehn Stücken; die Radialia sind ge- schwänzt; die drei mittleren ventralen Stücke des Kalkringes sind sehr schmal, entsprechend den zwei kleinen ventralen Tentakel. Fig, 18. e. Ein dorsaler, festgelegter Steinkanal mit rundlichem Köpfchen; eine ventrale, 11/5 Cm. lange Poli’sche Blase. Die Geschlechtsorgane sind zwei Biüschel unverästelter 11/, Cm. langer Schläuche und inseriren sich in der Längsmitte des Thieres. Die Retractoren setzen sich auf i/, vom Vorder- ende des Thieres an. Die oben beschriebenen Kalkkörper fordern zu einem Vergleich mit denjenigen von Holothuria Dietrichii mihi auf, Wenn auch die Stühlchen beider Formen sich dureh ihre Grösse und auch durch ihre Form unter- scheiden, so ist doch die Art und Weise der Reduktion des Stieles bei beiden ganz dieselbe, Bowen, (Australien.) (Mus. Godeffroy. coll. A. Dietrich.) Arbeitet aus dem zoolog,-z00tom. Institut in Würzburg. IT; Bd. =y 94 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. Thyonidium Düben et Koren. Thyonidium Schmelizü n. sp. 5 Exemplare liegen mir vor. Der Körper ist tonnenförmig und er- innert in seinem ganzen Habitus an Cucumaria frondosa Gunner. Das grösste Exemplar ist 7 Cm., das kleinste 31/5 Cm. lang. Die Grundfarbe der sehr dicken Haut ist ein helles Braungelb mit fünf mehr oder weni- ger deutlichen blaugrauen Längsstreifen und eben solchen unregelmässigen Flecken. Die Endscheibehen der Füsschen, welche über das ganze Thier ziemlich gleichmässig vertheilt stehen, sind braun. Die 20 Tentakel zei- gen die für die Gattung charakteristischen Grössenunterschiede. Auffällig ist nur, dass von jedem Paare der kleinen Tentakel der eine nach innen von dem durch die übrigen gebildeten Kreise rückt. Die Tentakel sind dunkelbraun und stehen in Bezug auf die Glieder des Kalkringes ebenso vertheilt, wie es Semper I) vom Thyonidium” cebuense angibt. Ausser den Endseheiben der Füsschen kommen in der Haut nur morgensternähnliche Gebilde (Fig. 20. b.) vor. Dieselben stehen mit ihrem dornigen Ende nach der Aussenwelt gekehrt in einfacher Schicht dicht unter der Oberfläche der Haut; im Uebrigen ist die Haut frei von Kalk- einlagerungen. R Der Kalkring ist sehr gross, 11/5 Cm. lang bei einem 6 Cm. langen Thier; nicht nur die Radialia laufen nach hinten in zwei sehr zarte und kurze Anhänge aus, sondern auch jedes Interradiale verlängert sich nach hinten ‘in einen aus mehreren Stücken gebildeten Anhang. Die Poli’- schen Blasen sind ‚klein (bis zu 1!/, Cm.) und in äusserst grosser Anzahl an dem Wassergefässring angebracht, ebenso sitzen rings um den Wassergefässring ganz winzige (1 Mm. gr.) Steinkanäle in un- zähliger Menge. Die KRetractoren sind kurz und kräfig und setzen sich ungefähr !/; vom Vorderende an. Die Geschlechtsfollikel stellen zwei Büschel dar, sind bis zu 5 Cm, lang und zwei- oder dreimal dichotomisch getheilt. Bowen. (Australien) (Mus. Godefiroy durch A. Dietrich.) Ein sechstes Exemplar liegt mir vor von Golf St. Vincent. (Mus. Godeffroy.) 1) Semper, Holothurien p, 6°. u rm nennen LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. 95 Orcula Troschel. Oreula tenera n. sp. Die Länge des einen Exemplars beträgt 21/, Cm., die Dicke 6 Mm. Die im Ganzen cylindrische Körpergestalt verjüngt sich nach hinten, Die Farbe der sehr dünnen Haut ist gelb. Die Füsschen sind nicht sehr zahl- - reich und unregelmässig über den Körper zerstreut, nur in ganz schwa- cher Weise lassen sie eine Andeutung von Reihenordnung in den Radien erkennen, In der Haut kommen nur ungemein sparsam Stühlchen vor (Fig. 21. a. a‘), ausser ihnen findet man noch ganz winzige Kalkcon- eretionen (Fig. 21. b.) Eine kleine Poli’sche Blase und ein sehr kleiner dorsal festgelegter Steinkanal. Der Kalkring ist 5 Mm, hoch und besteht aus 10 Stücken, von denen ein jedes in zwei, aus mehreren Kalkstück- chen zusammengesetzte Anhänge ausläuft (Fig. 21.c.), Die kurzen Re- tractoren inseriren ungefähr 7 Mm. vom Vorderende. Da die Geschlechts- organe fehlen, so ist das vorliegende Exemplar wahrscheinlich ein junges Individuum. Von den 15 braunen Tentakel sind in der für die Gattung Orcula charakteristischen Weise 5 kleinere abwechselnd zwischen 10 grös- sere gestellt. Upolu (Samoa). (Mus. Godeffroy.) Aus einer Tiefe von 20 Faden, Phyllophorus Grube. Phyllophorus Frauenfeldi n. sp. Das dunkelbraun gefärbte Thier hat eine cylindrische nach hinten verjüngte Gestalt. Von den beiden Exemplaren misst das eine 6, das andere 41/, Cm, Das grössere Exemplar ist 11/, Cm. dick. Der Tentakelkranz besteht aus 15 grossen Tentakeln, innerhalb deren 5 kleinere Tentakel einen zweiten Kreis bilden ; die kleinen Tentakel stehen nicht in gleichen Abständen; die grossen Tentakel messen ungefähr 8 Mm, Die Kalkkörper sind be- reits von Semper!) abgebildet; doch bemerke ich zu dieser Abbildung, dass die an den Enden vierspitzigen stabförmigen Kalkgebilde in der Regel nicht, wie es nach Semper’s Abbildung scheinen könnte, an ihrem Mittelstücke sechs, sondern vier Dornen tragen, welche sich an der Spitze 1) Semper, Holothurien, p. 245. Taf. XXXIX. Fig. 21. von Frauenfeld hatte sich die Beschreibung dieser Art verbehalten, ist indes- sen, ohne eine solche zu publieiren, gestorben, so dass .es gerechtfertigt erscheint, dieselbe hier zu liefern. Zr 96 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. gabelig theilen oder auch nicht. Die Kalkkörper gleichen denjenigen von Phyllophorus (Urodemas Sel.) Ehrenbergii Sel., von welcher Form aber sich unsere Art durch andere Eigenschaften deutlich unterscheidet, namentlich durch die Gestalt des Kalkringes (Fig. 22.). Der eine Steinkanal ist im dorsalen Mesenterium festgelegt. Eine sehr grosse Poli’sche Blase findet sich vor. Die Retractormuskeln sind ziem- lich kräftig entwickelt und inseriren stark !/, vom Vorderende des Thie- res; noch weiter nach hinten heften sich die Büscliel der Geschlechts- follikel an. Rothes Meer. (Wiener Museum.) Phyliophorus holothurioides n. sp. Das einzige vorliegende Exemplar hat durchaus deu Habitus einer echten Holothurie und ist 71/, Cm. lang. Die Grundfarbe des Thieres ist weiss, auf dem Bauche ist es weni- ger dicht als auf dem Rücken braun gesprenkelt, ferner ist es sowohl auf dem Rücken als auf dem Bauche mit ziemlich kleinen unregelmässig geformten schwarzen Flecken bedeckt. Die Füsschen sind über den gan- zen Körper regellos zerstreut. Die Tentakel haben die in Fig. 23. an- gegebene Stellung. Im Innern eines äusseren Kreises von 13 Tentakeln, von welchen die 2 ventralen sehr viel kleiner sind als die übrigen, steht ein zweiter Kreis von 5 kleinen Tentakeln, Die Tentakel sind hellbraun. Die Kalkkörper sind Stühlchen mit rudimentärem Stiel; der Stiel ist reducirt bis auf 4—-6 Dornen, welche der Mitte der Scheibe aufsitzen (Fig. 23. a. b.). In: den Wandungen der Füsschen finden sich Stütz- stäbchen von der in Fig. 23. e. gezeichneten Form. Die Glieder des Kalkringes sind in Fig. 23. d. abgebildet. Nur ein einziger winziger Steinkanal findet sich, der im dorsalen Mesenterium fest- liegt, Eine Poli’sche Blase von 21/, Cm. Länge ist vorhanden. Die Re- tractormuskeln setzen sich genau J/; vom Vorderende des Thieres an, Die Geschlechtsfollikel meines Exemplares sind so fest aneinander geballt und zugleich so bröckelig, dass ich sie, ohne sie zu zerstören, nicht ent- wirren konnte; doch scheinen die einzelnen Schläuche meist ziemlich kurz und entweder gar nicht oder nur einmal getheilt zu sein. Fundort unbekannt, (Durch Salmin.) LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien, 97 Aspidochirotae, Stichopus Brandt. ‚Stichopus errans n. sp, Ein 10 Cm. langes, 3—51/, Cm, diekesExemplar. Auf dem Bauche stehen drei mehr aneinander gerückte Reihen von Füsschen, in der mitt- leren Reihe sechs, in den beiden seitlichen Reihen je drei bis vier Füss- chen nebeneinander. Die in ‘geringer Anzahl. vorhandenen Papillen des Rückens scheinen nur auf den Radien zu stehen, und zwar auf warzigen Verdiekungen der Haut. 19 gelbe Tentakel. Die Kalkkörper gleichen durchaus jenen von Stichopus Möbii Semp. b); ebenso findet sich auch hier wie bei jener Form eine grosse Poli’sche Blase und dorsaler, fest gelegter Steinkanal. Geschlechtsorgane sind nicht vorfindlich. Auch die Färbung des Körpers gleicht derjenigen von Stichopus Möbii. Die Grund- farbe ist gelblich und ist der Körper bedeckt mit 1 —2 Mm. grossen braunen Flecken, weiche auf. der Bauchseite weniger dunkel aber viel zahlreicher als auf dem Rücken sind und sich miteinander verbinden, wäh- rend sie auf dem Rücken weniger zahlreich sind, weiter von ‘einander .abstehen und dunkler gefärbt sind. Ausser ihnen finden sich ‘auf dem Rücken vier grosse, quere, die ganze Rückenbreite einnehmende, unregel- mässig gerandete dunkle Flecken. Trotz aller hervorgehobenen Aehnlichkeiten möchte ich diese Form doch nicht für identisch halten mit Stichopus Möbii Semp., namentlich wegen der Gestalt des Kalkringes, welcher demjenigen von Stichopus variegatus Semp. 2) ähnlich sieht. Barbados. (Hamburger Museum.) _ Stichopus fuscus :n. sp. Das eine Exemplar ist auf dem Rücken einfarbig chocoladebraun, auf dem Bauche gelb, 19 Cm. lang, 5 Cm. breit. Die stühlchenförmigen Kalkkörper der Haut gleichen sehr denjenigen von Stichopus variegatus Semp. 3), aber ihr Stiel läuft in zahlreichere (bis 24) kurze Dornen aus, Auf dem Bauche sind die Stühlchen kleiner und namentlich niedriger als auf dem Rücken. Kleine C-förmige Körper sind vorhanden, aber es fehlen die rosetten- und x-förmigen gänzlich. Die zwanzig gelben Tentakel haben 3) Semper, Holothurien. Taf. XL. Fig, 11. 2) Semper, Holothurien. Taf. XXX. Fig. 6. 5) Semper, Holothurien. Taf, XXX. Fig. ıb, 98 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. eine sehr breite Scheibe. Auf dem Bauche stehen die Füsschen in dem mittleren Radius in einer doppelten, in den beiden seitlichen Radien in einer einfachen Reihe von je 8 Füsschen nebeneinander. Die Papillen des Rückens sind nicht in deutlichen Längsreihen angeordnet. Während der Kalkring nichts Bemerkenswerthes zeigt, sind die Tentakelampullen sehr lang bis 4 Cm. Am Wassergefässring eine 3 Cm. lange Poli’sche Blase und ein im dorsalen Mesenterium festgelegter Steinkanal. . Patagonien (durch Salmin). Mülleria Jäger. . Mülleria ewcellens n. sp. Das eine vorliegende Exemplar ist von gestreckt-cylindrischer Ge- stalt, 71/5 Cm. lang, einfarbig violett schwarz. Auf dem Bauche stehen zahlreiche Füsschen, auf dem Rücken sehr spärliche Papillen. Die Haut ist dick und sandig anzufühlen. 20 Tentakel. After ist fünfstrahlig und gezahnt. Die Kalkkörper sind Stühlchen und Schnallen (Fig. 32.). Der Stiel der Stühlchen läuft in unzählige Spitzen aus und ist in seiner Ge- sammtform nicht abgestutzt, sondern abgerundet. Auffällig gebildet sind die verhältnissmässig grossen mit 6—8 Löchern versehenen Schnallen. Sie sind nämlich auf ihrer Oberfläche, namentlich gegen den Rand hin, dicht besetzt mit niedrigen Dornen, welche von oben gesehen sich wie kleine Kreise ausnehmen (Fig. 32. a.), aber von der Seite betrachtet, sich in ihrer wahren Gestalt zu erkennen geben. Kalkring (Fig. 32. e.). Eine Poli’sche Blase von 1 Cm. Länge und ein, im dorsalen Mesenterium fest- gelegter Steinkanal finden sich vor. Das Büschel der Geschlechtsfollikel inserirt ungefähr 2/3 vom Vorderende des Thieres. Cuvier’sche Organe sind an dem vorliegenden Exemplare nicht vorhanden. Samoa. (Mus. Godeffroy. coll. ©, Gräffe.) Labidodemas Selenka. Labidodemas dubiosum n. sp. Es liegt ein einziges Exemplar von weissgelber Farbe vor. Die Endscheibehen der Füsschen sind gelb. Das wurstförmige Thier ist 61/, Cm. lang und 18 Mm, dick. Die Füsschen des Bauches, sowie auch die Pa- pillen des Rückens sind den Radien entsprechend in zweizeilige Längs- reihen angeordnet, Die Haut der Flanken und des Rückens ist bedeutend dicker als die des Bauches. 20 kleine braungelbe Tentakel. Form des Kalkringes und der Kalkkörper erhellt aus Fig. 25. Die Tentakelampullen LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. 99 sind klein. Eine einzige 12 Mm. lange Poli’sche Blase hängt am Wasser- gefässring, Die einzelnen nicht sehr zahlreichen Genitalschläuche sind un- . gemein lang, bis 7!/; Cm., und zwei- bis dreimal dichotomisch getheilt. Sie inseriren 1/, vom Vorderende. Cuvier’sche Organe fehlen. Der After ist rund, Tahiti. (Mus. Godeffroy.) Diese Art zeigt grosse Annäherung an die beiden andern bereits be- ‚kannten Arten der Gattung Labidodemas, nämlich Lab. Semperianum Sel. 1) und Lab. Selenkianum Semp. 2). Holothuria Semper. ?) 1. Aus der Gruppe: Stichopodes Semper. 9), Holothuria signata n. sp. 20 gelbe Tentakel. 2 Exemplare liegen vor, welche von cylindrischer Gestalt sind, 10 Cm. lang und 2 Cm. dick. Die Füsschen des Bauches sind gereiht; dem mittleren ventralen Radius entsprechend finden sich zwei dicht nebeneinander verlaufende Reihen von Füsscheu, in jeder die- ‘ ser Reihen stehen ungefähr vier Füsschen in der Breite, die seitlichen ventralen Radien tragen nur je eine solche. vierzeilige Füsschenreihe, Auf dem Rücken stehen zerstreute Papillen. Die Farbe. dieser Art ist blau- schwarz, die Füsschen und die Papillen stehen auf ziemlich grossen, gel- ben Flecken, die Füsschen sind gegen die Endscheibe zu dunkelbraun, ebenso sind die Papillen an ihrer Spitze gefärbt. Die Form der Stühlchen und Schnallen der Haut ist in Fig. 36 dargestellt. Ebendort sind auch einige Glieder des Kalkringes abgebildet, dessen Radialia 2!/, Mm. hoch und 31/, Mm. breit sind. 1/3 vom Vorderende inserirt sich links am Mesenterium ein Büschel zahlreicher, sehr feiner, 2—3mal dichotomisch ge- theilter Geschlechtsschläuche. Rechts vom dorsalen Mesenterium ein Büschel von sechs, links ein ebensolches von vier Steinkanälen. Der Wassergefässring liegt 1!/, Cm. hinter dem Kalkring, an demselben hän- gen ventral drei Poli’sche Blasen, deren grösste 1 Cm. lang ist. - Tahiti (Mus. Godeffroy.). 1) Selenka, Beiträge zur Anatomie und Systematik der Holothurien. p. 309. 2) Semper, Holothurien, p. 77. 3) Semper, Holothurien, p. 77. 4) Semper, Holothurien, p. 77. 100 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. Holoihuria pertinax n. sp. 20 kleine braune Tentakel. Das eine Individuum ist weiss, von eylindrischer Gestalt, 4 Cm. lang. Auf dem Bauche stehen drei Reihen von Füsschen, deren mittlere zweizeilig ist, während die beiden seitlichen nur einzeilig sind; auf dem Rücken finden sich regellos vertheilte Papillen. Die Füsschen sind hellbraun, der After ist rund. Die Kalkkörper haben die Stühlchenform (Fig. 50. a.); dieselben sind‘ ebenso hoch als breit, Scheibe und Stiel sind gedornt. Ausser ihnen kommen in den Papillen des Rückens statt der fehlenden Endscheiben in beträchtlicher Menge kleine Kalkstäbchen vor (Fig. 50. b.); dieselben finden eich auch in den Füss- chen des Bauches nahe der Endscheibe. Der Kalkring (Fig. 50. ce.) zeigt eine auffallende Gestalt, indem die Interradialia eine sehr eigenthümliche Umbildung erfahren haben; die Radialia sind 1 Mm. hoch und 2 Mm. breit. Am Wassergefässring eine, 11/5, Cm, lange, Poli’sche Blase und ein im dorsalen Mensenterium festgelegter Steinkanal von 3 Mm. Länge, Geschlechtsorgane und Cuvier’sche Organe fehlen dem einzigen lixemplar. Samoa (Mus. Godeffroy. J. Kubary coll.). 2. Aus der Gruppe: Sporadipus Grube. 1) Holothuria Kubaryi n. sp. Das einzige, schmutzig weisse Individuum ist 7 Cm. lang, 21/, Cm. dick. Es hat 20 selir kleine,-gelbe Tentakel. Die kleinen Füsschen sind über den ganzen Körper gleichmässig vertheilt. Der After ist rund. Die Schnallen sind ähnlich wie Holothuria coluber Semp, !) zu durchbrochenen Eierchen geworden, auch die Stühlchen ähneln denjenigen von Hol. co- luber, aber ihr nicdriger Stiel ist viel reicher gedornt. Die Stühlchen ver- wandeln sich nahe der Spitze der Füsschen in zierliche, schlanke Formen (vergl, Fig. 48.). In der Wandung ‘der Füsschen liegen ferner sehr zahl- reiche grosse Stützstäbe, welche glatt sind, in der Mitte gewöhnlich er- weilert und an dieser Stelle durchlöchert erscheinen, Die Endscheibchen der Füsschen sind sehr klein. Der Kalkring zeigt nichts Besonderes, die Radialia sind 3 Mm., die Interradialia nur halb so hoch. Die Tentakel- ampullen sind verhältnissmässig lang, 8 Mm, "Die Geschlechtsorgane stellen nicht sehr zahlreiche, ziemlich dicke, bis 6 Cm. lange, zwei- bis dreimal getheilte Schläuche dar, welche sich 1 Cm, hinter dem zurück- gezogenen Schlundkopf ansetzen. Am Wassergefässring, der ungefähr 1) Semper, Holothurien p. 81, \ 2) Semper, Holothurien, Taf, XXX. Fig. 28. a, LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. 101 1/, Cm. hinter dem Kalkring liegt, hängt eine, 1 Cm. lange Poli’sche Blase und ein kleiner im dorsalen Mesenterium festgelegter Steinkanal. Pelew. (Mus. Godeffroy. J. Kubary coll.) Holothuria mexicana n. sp. 20 sehr kleine, gelbe Tentakel. Die Farbe des einen 6 Cm. langen Fxemplars ist gelbgrau, auf dem Bauche einfarbig, ‘auf dem Rücken dunkler und mit zwei oder drei grossen mit einander verbundenen, brau-- nen Flecken bedeckt. Die nicht sehr zahlreichen Füsschen sind über Bauch und Rücken ziemlich gleichmässig vertheilt und treten aus kleinen dunkeln Fleckchen hervor, auch haben sie eine braune Endscheibe. Die Haut ist mässig dick, der After rund, Die Kalkkörperchen sind zahlreich. Die Stühlchen gleichen denjenigen von Hol. atra Jäg., doch sind sie zierlicher gebaut und die zwölf Dornen des Stieles weniger gross. Statt der Schnallen finden sich zahlreiche symmetrisch durchlöcherte Plättchen (Fig. 47). In der Wandung der Rüsschen, nahe dem Endscheibchen, liegen kleine, glatte und nur an den Enden durehiöcherte Stützstäbchen (Fig. 47T... Am Wassergefässring hängt eine 8 Mm. lange Poli’sche Blase und rechts und links vom dorsalen Mesenterium ein Büschel sehr zahl- reicher kleiner Steinkanäle. Geschlechtsorgane fehlen, Mexico, (Hamburger Museum.) Holoihurnia sulecata n. sp. Das einzige Exemplar,. welches mir vorliegt, ist cylindrischh 13 Cm, lang, 31/, Cm. dick; der Bauch ist abgeplattet, der Rücken ist mit tiefen Längs- und Querfurchen versehen und erhält dadurch das Aussehen, als sei er mit grossen, warzenförmigen Hervorragungen besetzt. Die Füsschen sind über den ganzen Körper gleichmässig vertheilt. Die 20 Tentakel haben eine sehr breite Scheibe. Auf dem Bauche ist das Thier schmutzig- gelb, auf dem Rücken braunviolett. In der oberflächlichsten Schicht der sehr dicken Haut liegen kleine Stühlchen mit gedornter Basis. Ferner liegen in der Haut kleinere und grössere knotige und häufig unvollständig entwickelte Schnallen. Auf dem Bauche finden sich derartige Schnallen, bei welchen die Löcher ganz zugewachsen sind und welche demnach die Gestalt von Plättchen haben, welche mit knotigen Verdiekungen besetzt sind (Kalkkörper vgl. Fig. 46.). Der Kalkring gleicht demjenigen von Hol. atra Jäg., die Radialia desselben sind beinahe 8 Mm. hoch. Die Tentakelampullen sind sehr lang, 2 Cm. Der Wassergefässring liegt 1 Cm. hinter dem Kalkring, an demselben hängen drei Poli’sche Blasen, deren 102 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien, jede 1 Cm. lang ist, und von denen die eine ventral, die zweite rechts, die dritte links liest. Links vom dorsalen Mesenterium finden sich 8, rechts davon 14 Steinkanäle, welche eine durchschnittliche Länge von 8 Mm. haben. Die Genitalschläuche sind zart und gegen ihr blindes Ende drei- bis viermal getheilt; sie inseriren etwas vor dem Beginne des mittleren Körperdritttheils. Ob Cuvier’sche Organe vorhanden sind, muss ich unbestimmt lassen, da der Enddarm an meinem Exemplare abge- rissen ist. Westindien. (Hamburger Museum.) Holothuria notabilis n. sp. 20 sehr kleine gelbe Tentakel.e. Das 15 Cm. lange, 3 Cm. dicke Exemplar ist hellkräunlich mit zahlreichen, dunkleren, schwarzbraunen Flecken, die auf der Bauchseite kleiner und,weniger dunkel sind, als auf der Rückenseite, woselbst sie. eine Doppelreihe von zusammen 8—10 grösseren Flecken bilden; das Kopfende ist namentlich dorsal beinahe ganz bedeckt mit dunklen Flecken, welche miteinander verwachsen sind. Die Füsschen sind klein und über den ganzen Körper gleichmässig ver- theilt. Der After ist rund. Die Kalkkörper sind folgendermassen be- schaffen. Die zahlreichen Schnallen sind klein und mit knotigen Verdick- ungen besetzt. Weniger häufig sind die Stühlchen, deren Scheibe eine unregelmässige gedornte Gestalt hat und deren Stiel reducirt ist auf in der Regel vier Dornen, die an ihrer Basis miteinander verwachsen sind. In der Abbildung (Fig. 43.a.) sind zwei Stühlechen von oben gesehen gezeichnet, die vier Dornen, auf welche der Stiel redueirt ist, sind nur ihren vier Spitzen entsprechend markirt. Diese Stühlchen kommen nament- lich in der oberflächlichen Lage der Bauchhaut vor, während sich in der Haut des Rückens Stühlchen finden, die eine grössere Scheibe und voll- ständiger entwickelten Stiel besitzen. Zwischen beiden Formen der Stühl- chen findet man alle Uebergänge in Bezug, auf Grösse der Scheibe und Höhe des Stiels. Der Kalkring ist kräftig entwickelt, die beiden dorsalen Radialia sind an ihren hinteren Enden unbedeutend: verschieden von den drei ventralen Radialien (Fig. 43. e.). Ein kleiner, freier, 5 Mm. langer Steinkanal; eine 21/, Cm. lange Poli’sche Blase. Die ungemein vielen, stark entwickelten, nicht verästelten und bis 7 Cm. langen Genitalschlänche inseriren 1/; vom Vorderende. Cuvier’sche Organe sind vorhanden und die einzelnen Schläuche 2 Cm. lang. Bowen, (Mus. Godefiroy. A. Dietrich coll,) LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. 103 Holothuria lineata n. sp. 19 Exemplare liegen vor; die grössten derselben sind 6 ‘Cm. lang und an der Körpermitte 11), Cm. diek; nach vorn und hinten ist die Körpergestalt verjüngt. Die Füsschen des Bauches sind unbedeutend zahl- reicher als diejenigen des Rückens und haben grössere Endscheibchen als die Rückenfüsschen. Um den runden After steht ein diehter Kranz von winzigen Papillen. Die Thiere sind auf grünlich gelbem Grunde fein bräun- lich gesprenkelt. Die Radien sind auf der äusseren Haut durch eine feine dunkle Längslinie markirt. Auf dem Rücken ausserdem noch eine Doppel- reihe unregelmässiger brauner Flecken. Die 20 Tentakel sind gelblich- weiss und sehr klein, dem entsprechend haben auch die Tentakelampullen eine geringe Grösse. Unter den Kalkkörpern sind die Schnallen unregel- mässig entwickelt, meist verkrümmt und verbogen. Die Stühlchen haben eine dornige Basis und einen ganz ungemein kurzen, in meist acht Dor- nen auslaufenden Stiel. In den Füsschen des Bauches liegen nalıe dem Endscheibchen gegitterte Stützplättchen, in den Rückenfüsschen nur an den Enden durchbrochene Stützstäbchen (Fig. 42.). Der Kalkring (Fig. 42.) ist ungemein klein; die Radialia sind nur 11/g Mm. hoch. Eine 8 Min. lange Poli’sche Blase und ein dorsal festgelegter 2 Mm, langer Steinkanal sind vorhanden. Die Geschlechtsorgane inseriren 1/3; vom Vorderende. Cuvier’sche Organe fehlen an den geöffneten Individuen. Bowen. (Mus. Godeffroy. A Dietrich coll.) Holothuria caesarea n. sp. 30 gelbe Tentakel.e Das 11 Cm. lange Exemplar ist braun mit einem Stich ins Violette, die Gestalt cylindrisch, das Afterende verdickt. Zahlreiche mit kleinen Endscheibehen versehene gelbe Füsschen sind un- regelmässig über den ganzen Körper zerstreut. Besonders nach den Kör- perenden zu finden sich auch Ambulacralpapillen statt der Füsschen, Die Kalkkörper sind in Fig. 39. abgebildet. Die kleinen Schnallen sind un- regelmässig um die eigene Axe gewunden; die Stühlchen haben eine dornige Scheibe mit kurzem Stiel, welcher in acht bis zehn Spitzen endigt. Namentlich in den Füsschen finden sich Stützstäbe von der gezeichneten Gestalt (Fig. 39. c.). Der Kalkring unterscheidet sich in seiner Form nicht von demjenigen der meisten übrigen Arten der Gattung Holothuria, die Radialia desselben sind 4 Mm. hoch. Die Tentakelampullen haben eine sehr beträchtliche Länge, 21/,—-3 Cm. Sieben frei in die Leibeshöhle hängende, 8 Mm. lange Steinkanäle sind vorhanden. Von den vier Poli’- schen Blasen sind zwei 3 Cm., die dritte 6 Cm., die vierte 5 Cm. lang und an der letzteren sitzen seitlich zwei kleinere Blasen an — ein selines . 104 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien, Vorkommniss (Fig. 39. d.). Die Geschlechtsorgane setzen sich etwas hinter der Körpermitte an und bestehen aus einem Büschel nicht sehr zahlreicher, bis 2 Cm. langer, meist dreimal getheilter Schläuche. Abia, (Upolu, Samoa). (Mus. Godeffroy. Kubary coll.) Holothuria oceidentalis n. sp. 20 Tentakel, Das vorliegende Exemplar ist 13 Cm. lang und ringsum mit Ambulacralfüsschen versehen. Während der Bauch ziemlich glatt ist, hat der Rücken ein warziges Aussehen. Die Farbe des Thieres ist auf dem Rücken braun, auf der Bauchseite aber, viel heller. In der Mittellinie des. Trivium verläuft eine seichte Längsfurche, Die Haut ist circa 4 Mm. dick. Von Kalkkörpern finden sich in ihr folgende: 1) Schnallen. Die- selben sind von 4—10 T,öchern durchbohrt und mit gerundeten Höckern besetzt. Es kommen auch zahlreiche unvollständig ausgebildete Schnallen vor. 2) Stühlchen. Sie sind ziemlich klein ’und plump. Die Krone der- selben ist mit viermal drei Zacken besetzt, die Basis trägt ebenfalls stumpfe Spitzen. 3) In der Wandung der Füsschen liegen lange, knorrige Stützstäbe und ziemlich symmetrisch entwickelte Stützplatten (vergl. Fig. 35). Der Kalkring hat die in Fig. 35. e. gezeichnete Gestalt. Die Steinkanäle sind in zwei Büscheln zu beiden Seiten des dorsalen Mesenteriums angebracht; das linke Büschel ist aus neun, das rechte aus zwölf ein- zelnen Steinkanälen zusammengesetzt, welche an den Enden seitlich com- primirt erscheinen. Die bräunlich gefärbten Poli’schen Blasen sind 1—11/, Cm. lang und sind deren drei Stück vorhanden, Links am dorsalen Me- senterium setzt sich ein Büschel von durchgängig 11/,—2 Cm. langen, an den Enden verästelten Geschlechtsschläuchen an. Westindien. (Hamburger Museum). Holothuria cubana n. sp.) 20 sehr kleine gelbe Tentakel. Der schmutzig-weisse Körper des einen Exemplars ist wurstförmig, 6 Cm. lang, über seine ganze Ober- fläche sind Ambulacralpapillen gleichmässig zerstreut. Der After ist rund, Die Haut ist durch die zahlreichen Kalkkörper rauh anzufühlen. Die letzteren stellen theils knotige Schnallen dar, welche in der Regel von 10 Löchern durchbrochen sind (Fig. 34. a.), theils finden sich Schnallen, welche zu unregelmässig contourirten glatten, nur von einigen kleinen Löchern durchbrochenen Platten umgewandelt sind (vergl. Fig. 34. b.). 1) Auch die Beschreibung dieser Art hatte sich der verstorbene von Frauenfeld vorbehalten, sie aber vor seinem Tode nicht publicirt, LE EEE LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. 105 Die Stühlchen sind sehr plump, der Stiel derselben niedrig und vielzackig, Die Scheibe ist ähnlich den Schnallen mit knotigen Verdickungen besetzt. Die Form des Kalkringes zeigt die Fig. 34. c. Eine 11/, Cm. lange Poli’sche Blase; ein im dorsalen Mesenterium festgelegter Steinkanal ; wenige bis 6 Cm. lange und sich dreimal theilende Genitalschläuche, Cuba. (Wiener Museum. ) Holothurva Dietrichü n. sp. Ein Exemplar liegt vor. Dasselbe ist 2 Cm. lang, 1 Cm. dick, ton- nenförmig, einfarbig schwärzlich; die Füsschen stehen über den ganzen Körper gleichmässig vertheilt und sind gelbweiss, Ausser den Endscheiben der Füsschen finden sich in der sehr dicken, aber weichen Haut umge- wandelte Stühlchen von charakteristischer Gestalt. Ihre Scheibe nämlich ist regelmässig von 4 Löchern durchbohrt, ihr Stiel aber in verschiedener Weise redueirt, wie dies Fig. 31. erläutert. Da der ganze Schlundkopf sammt den Tentakeln an dem einzigen Exemplar abgerissen und nicht mehr vorhanden ist, so muss die Be- schreibung dieser Theile unterbleiben, Die Geschlechtsorgane stellen ein Büschel von in der Regel unverästelten bis 1 Cm, langen Schläuchen dar und inseriren ungefähr in der Mitte der Körperlänge. Obschon, wie erwähnt, Tentakel und Schlundkopf fehlen, glaube ich dies Exemplar doch mit Sicherheit als eine Holothurie ansehen zu können, . Denn der Mangel der Retractoren verweist dasselbe unter die Aspidochi- - roten, unter diesen aber muss es dem gen, Holothuria beigezällt werden, wegen der Vertheilung der Füsschen, der Nichtbezahnung des Afters, und -des nur in einfacher Zahl vorhandenen Büschels der Geschlechtsfollikel. Bowen. (Australien,) (Mus. Godeffroy. coll. A. Dietrich.) Ein zweites, ebenso unvollständiges Exemplar liegt mir ‘vor von Hongkong (Hamburger Museum). Holothuria peregrina n. sp. Das eine 9 Cm. lange Exemplar verjüngt seine Gestalt nach vorn und hinten ziemlich gleichmässig und ist in der Körpermitte ungefähr 4 Cm. dick. Es ist schmutzig-weiss in seiner Grundfarbe und hellbraun gesprenkelt; auf dem Rücken stehen zwei Längsreihen ven 8—10 ver- waschenen braunen Flecken. Die Füsschen sind an der Spitze von einem feinen, aber deutlich sichibaren braunen Ringe umgeben. Sie sind klein und über den ganzen Körper unregelmässig zerstreut; in ihrer Wandung liegen glatte, gebogene und nur an den Enden durchbrochene Stützstäb- chen. Nahe den Endscheibchen der Füsschen werden die schnallen- 106 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. förmigen Kalkkörper länger als in der übrigen Haut. Der After ist von einem fünfstrahligen Papillenkranze umstellt. 20 gelbe Tentakel, deren Scheibe in verästelte Fiederchen zerfällt. Von Kalkkörpern finden sich Schnallen, welche plump und unregelmässig durchlöchert sind, ferner Stühlchen, welche halb so hoch als breit sind, eine gedornte Scheibe und einen in der Regel achtspitzigen Stiel haben (Fig. 30.). Die Stützstäbe haben eine langgestreckte Schnallenform, ‚Kalkring Fig. 30. c. Der eine, dorsale, 1 Cm. lange Steinkanal hängt frei vom Wassergefässring herab, Poli’sche Blasen sind zwei vorhanden, deren grössere 2 Cm. lang ist. Die Geschlechtsorgaue inseriren 1/; vom Vorderende des Thieres, sie stellen ein Büschel von 6 Schläuchen dar, welche sich je 7--$mal dichotomisch theilen und eine Länge von 5 Cm. haben. # Bowen,. (Australien.) (Mus. Godefiroy. Durch A. Dietrich.) Ferner erhielt ich noch ein Exemplar von Upola (Samoa) aus dem Mus. Godeffroy. Dasselbe ist 61/, Cm. lang und stimmt ganz mit der obigen Beschreibung überein, nur sind die Geschlechtsorgane weniger stark entwickelt. Holothuria insignis n. sp. Die Farbe der beiden, 41/, Cm. langen, 21/, Cm. dicken Exemplare ist grau mit einem Stich ins Violette mit dunklen, violettschwarzen, ver- waschenen Flecken, welche namentlich auf dem Rücken zahlreich sind und an dem Vorderende und Hinterende des Körpers mit einander verschmel- zen. Die 20 gelben, 8—10 Mm. langen Tentakel haben eine Scheibe, welche in verästelte Fiederchen zerfällt. Die Körperhaut ist dick, die Muskulatur sehr stark entwickelt. Die gleichartigen zahlreichen Füsschen sind über den ganzen Körper zerstreut. Von Kalkkörpern finden sich Stütz- stäbchen, Stühlchen und Schnallen; letztere sind unregelmässig und meist nur halbseitig entwickelt (Fig. 28.). Die Radialia des Kalkringes sind stark 2 Mm. gross, die Interradialia etwas kleiner (Fig. 28. d.). 2 Poli’sche Blasen von je 3 Cm, Länge sind vorhanden, ferner. 2 Steinkanäle, von denen der eine im dorsalen Mesenterium festliegt, der andere frei in die Leibeshöhle herabhängt. ä Bowen. (Australien.) (Mus. Godeffroy. coll. A. Dietrich.) Holothuria modesta n. sp. Diese Art, von welcher mir nur ein Exemplar vorliegt, hat sowohl in ihrem äusseren Habitus als auch in ihrem inneren Bau sehr viel Aehn- LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. 107 lichkeit mit Hol. Martensii Semp.!), von welcher sie sich indessen durch die Form der Kalkkörper unterscheidet (Fig. 26.). Die Stühlchen sind mit einem sehr langen, schlanken Stiel versehen, schnallenförmige Kalk- 'körper scheinen gänzlich zu fehlen. Cap York. (Australien.) (Durch Salmin.) Da mir nur ein einziges Exemplar vorliegt, aber auch die Species Hol, Martensii von Semper nur auf ein Exmplar gegründet ist, so ist es sehr leicht möglich, dass sich bei reicherem Material die Identität beider Formen herausstellen wird, einstweilen aber scheint es gerechtfertigt, sie als differente Formen auseinander zu halten. Holothuria clemens n. sp. 20 kleine, gelbe Tentakel, Das einzige Exemplar ist 3 Cu, lang und hellbraun gefärbt, auf dem Rücken trägt es mehrere grosse, verwaschene, dunkle Flecken. Die Haut ist auf dem Bauche sehr dünn, an den Seiten und auf dem Rücken dicker. Ausser den Endscheibehen der Füsschen kommen in der Haut x-förmige Körperchen in verschiedener Gestalt vor, auf dem Rücken zahlreicher als auf dem Bauche; sie erinnern lebhaft an die Kalkkörper der Bohadschia- und Mülleria-Arten (Fig, 49.). Auf Bauch und Rücken finden sich Füsschen und dadurch entfernt sich diese Form von den Mülleria- und Bohadschia-Arten, welchen sie sich, wie s0- eben angegeben, durch die Kalkkörper anschliesst. Die Füsschen stehen in den Radien in einer zweizeiligen Längsreihe, in den Interradien steben sie zerstreut und fehlen dort gänzlich gegen das hintere Ende des Kör- pers; Diese Reihenstellung der Füsschen in den Radien bei einer echten Holothuria kann nicht so sehr auffallen, denn das vorliegende Exemplar ist, wie ich aus dem Mangel der Geschlechtsorgane schliesse, noch ein Jugendliches Individuum ; bei solchen aber wurde eine, im späteren Älter verschwindende Reihenstellung. der Füsschen von anderen. Forschern be- obachtet. Der After ist von 15 winzigen, verkalkten Papillen umstellt. Ralkring vergl. Fig.49. Eine Poli’sche Blase von 8 Mm. Länge; ein dorsal festgelegter Steinkanal. Die Cuvier’schen Organe stellen kurze dicke Schläuche dar. Upolu. Samoa (Mus. Godeffroy). Aus einer Tiefe von 20 Faden. Diese Art gehört in die Nähe von Hol. tenuissima Semp.2) und Hol. si- milis Semper 3), vielleicht wird sogar eine an reicherem Material angestellte . 1) Semper, Holothurien. p. 86. Taf. XXX. Fig. 16, 2) Semper, Holothurien. p. 85. Taf. XXX. Fig. 20. 3) Semper, Holothurien. p. 85. Taf. XXV, Taf, XXX. Tig. 18. 108 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. Untersuchung die Identität derselben mit der einen oder der anderen ge- nannten Form darthun, 3. Aus der Gruppe Holothuria s. str. Semper. f) Holothuria captiva n. sp. 20 dunkelgelbe Tentakel. Das 3 Cm. lange, 12 Mm. dicke, eylindrische Exemplar ist einfarbig braun; auf dem Bauche trägt es zahlreiche Füsschen, auf dem Rücken weniger zahlreiche Papillen. Kalkkörper (vergl. Fig. 45.). Der Kalkring ist kaum 2 Mm. hoch (vergl. Fig. 45. c.). Die grösste der drei Poli’schen Blasen ist 8 Mm. lang. Der eine, im dorsalen Mesente- rium festgelegte Steinkanal ist kurz, aber verhältnissmässig sehr dick. Geschlechtsorgane konnte ich bei diesem Individuum nicht auffinden. Die Cuvier’schen Organe stellen zahlreiche, dünne, 1 Cm. lange Schläuche dar. Barbados. (Durch Wessel) _ , Ein zweites Exemplar von unbekanntem Fundort erhielt ich aus dem Museum Godeflroy. Dasselbe hat dieselben Dimensionen wie das beschrie- bene, ist nur dunkler, schwärzlich gefärbt. Holothuria depressa n. sp. Von den fünf Exemplaren ist das kleinste 6 Cm., das grösste 14 Cm, lang, das letztere ist 3 Cm. dick. Die Färbung ist graubraun, auf dem Rücken drei bis vier grosse, quergestellte, braune Flecken. 20 gelbe Tenlakel. Auf dem Bauche stehen sehr zahlreiche Füsschen, auf dem Rücken finden sich auf warzigen Verdickungen der Haut spärliche Am- pulacralpapillen. Die Rückenwarzen sind auf ihrer Höhe dunkel gefärbt ; die Füsschen des Bauches hingegen stehen auf heller Basis und haben an den einen Exemplaren eine helle, an den anderen eine dunkelbraune Iindscheibe. Der Bauch ist abgeplattet und deutlich abgesetzt gegen den gewölbten, warzigen Rücken. After rund. Die schnallenförmigen Kalk- körper haben die in Fig. 44. a. gezeichnete, chäracteristische Gestalt, die Stühlehen kommen in verschiedenen Formen vor, von den die nied- rigeren häufiger sind (vergl. Fig. 44. b.); in den Füsschen und Papillen liegen lange Stützstäbe, die namentlich in ersteren gegittert sind. Kalk- ring vergl. Fig. 44. c. Der eine dorsale Steinkanal hängt frei in die Leibeshöhle und ist 1 Cm. lang. Die eine Poli’sche Blase hat eine Länge von 3 Cm. Die Geschlechtsschläuche setzen sich links vom Mesenterium, 1/, vom Vorderende an, sie sind zahlreich, dick, 6 Cm, lang, in der 1) Semper, Holothurien, p, 88, LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. 109 Regel zweimal getheilt. Die Cuvier’schen Organe stellen ein dickes Bün- del von 3 Cm. langen Schläuchen dar. 2 Exemplare von Tahiti (Mus. Godeffroy. A. Garreti coll.). 2 Exemplare von Pelew (Mus. Godeffroy. J. Kubary coll.). 1 Exemplar von den Philippinen (dureh Salmin). Wie aus der Beschreibuug hervorgeht, steht diese Art der Hol. per- vicax Sel. ziemlich nahe, ohne indessen mit ihr identisch zu sein. Holothuria imitans n. sp. 20 gelbe Tentakel. Das einzige vorliegende Exemplar ist von cylin- drischer Gestalt, 6 Cm. lang, 14 Mm, dick. Die Haut ist diek und sehr weich. Die Farbe ist ein helles Gelbbraun mit einem Stich ins Rothe und mit verwaschenen, dunkeln, rothbraunen Flecken auf dem Rücken. Auf dem Bauche stehen mässig viele Füsschen, auf dem Rücken noch weniger zahlreiche Papillen zerstreut. Die Stühlchen in der Haut erinnern durch ihre ungemein entwickelte Scheibe an Hol. surinamensis mihi, Hol. flavo-maculata Semp,, Hol. edulis Lesson (Fig. 41.). Ausser den Stühl- chen kommen in der Wandung der Füsschen und Papillen zahlreiche grosse, knorrige, gebogene Stützstäbe vor. Die Radialia des Kalkringes sind 2 Mm. hoch, die Interradialia etwas kleiner, die Form derselben ist die für das Genus Holothuria gewöhnliche. Eine 2 Cm. lange Poli’sche Blase ; ein dorsaler, festgelegter, verhältnissmässig langer (1 Cm.) Stein- kanal. Geschlechtsorgane, Endstück des Darms und Cuvier’sche Organe fehlen dem einen Exemplar. Samoa (Mus, Godefiroy). Holethuria samoana n. sp. 25 kleine, gelbe Tentakel, deren Stiel sehr starr ist durch massen- hafte Kalkeinlagerungen. Das einzige Exemplar ist 7 Cm. lang und 18 Mm. dick, nach vora und hinten ziemlich gleichmässig verjüngt. Die Farbe ist gelb mit zahlreichen braunen Flecken. Die Haut ist dick und rauh anzufühlen. Von Kalkkörpern (vergl. Fig. 38.) sind vorhanden grosse, meist nicht regelmässig symmetrisch gebaute Schnallen und Stühl- _ chen, deren Stiel in vier Spitzen ausläuft und seitlich mit kleinen Dornen besetzt ist. Drei bis vier quere Verbindungsstäbe finden sich an dem Stiele jedes Stühlchens. Die Scheibe der Stühlchen ist nicht gedoınt. Es kommen auch plumpere Stühlchen vor, als das in Fig. 38. gezeichnete. In der Wandung der Füsschen und Papillen liegen zu gitterförmigen Stützstäben umgewandelte Schnallen. Auf dem Bauche sind die Füsschen sehr zahlreich, ein gleiches gilt von den Papiilen des Rückens. Kalkring Arbeiten aus dem zoolog.-zootom, Institut in Würzburg. II, Bd. 8 110 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. vergl. Fig. 38.c. Der Woassergefässring liegt S Mm. hinter dem Kalk- ring. Eine Poli’sche Blase von 2 Cm. Länge. Ein 6 Mm. langer dor- saler Steinkanal hängt frei in der Leibeshöhle herab. Die Geschlechts- organe inseriren 1/s vom Vorderende und es sind die einzelnen Schläuche in der Regel nur einmal getheilt und 2 Cm. lang. Cuvier’sche Organe sind vorhanden und haben eine Länge von 3 Cm. Samoa (Mus. Godeffroy. Dr. Gräffe coll.). Holothuria rugosa n. sp. Das eine weissgelbe Exemplar ist 9 Cm. lang, 2 Cm. dick, wurst- förmig. Die fünf Längsmuskeln markiren “sich an. der Oberfläche des Körpers durch fünf Längsfurchen. Auf dem Bauche stehen zahlreiche Füsschen, auf dem Rücken weniger zahlreiche Papillen. Die dicke Haut ist oberflächlich mit zahlreichen Querrunzeln versehen, so dass sie warzig erscheint; diese Gestaltung der Haut erinnert lebhaft an Eoloth. impatiens Forsk. Der After ist rund. 20 gelbe Tentakel. Die sehr zahlreichen Kalkkörper der Haut sind Schnallen und S:ühlchen. Die ersteren haben die in Fig. 33. a. gezeichnete Form. DieStühlchen besitzen eine grosse, mit zahlreichen Dornen besetzte Scheibe und einen ziemlich langen Stiel, welcher sich gegen seine in 4—6 starke Dornen auslaufende Spitze sehr verschmälert. Selten setzt sich der Stiel aus vier Stäben zusammen (wie bei den meisten Holothurien) in der Regel sind es sechs Stäbe, welche sich miteinander verbinden und ungefähr in ihrer Mitte meistens mit einem seitlichen Dorn besetzt sind (Fig. 33. b.). Nahe der Endscheibe der Füsschen und an’ der Spitze der Papillen finden sich kleinere, abweichend gestaltete Stühichen, hingegen grössere, langgestreckte Schnallen. Kalk- ring vergl. Fig. 33. c. Ein dorsaler, freier, $ Mm. langer Steinkanal; eine ventrale 21/, Cm. lange Poli’sche Blase. Samoa. (Mus. Godeffroy. coll. J. Kubary.) Hololhuria euriosa'n. sp. Das eine Exemplar ist 101/, Cm. lang, in der Mitte ungefähr 3 Cm. dick und verjüngt sich am Afterende schneller als am Kopfende. Die l’arne ist auf Bauch und Rücken ein einfarbiges, schmutziges Grünbraun. After rund. Die Basis der Füsschen und Papillen ist mit einem feinen, dunkelbraunen Ring umgeben. 20 gelbe Tentakel, Die Kalkkörper sind Schnallen, Stühlchen und Stützstäbe von der in ig. 29. gezeichneten Form. Die Stühlehen haben einen rudimentären Stiel, der bei den grösseren die in Fig. 29. a’ gezeichnete Gestalt hat, LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. 111 bei den kleineren (Fig. 29. a’‘) bis auf eine oder zwei der Scheibe auf- sitzende Spitzen reducirt ist. Kalkring Fig. 29. d. 2 Poli’sche Blasen von 5 Cm. Länge; ein freier, dorsaler, 1 Cm. langer Steinkanal. Die Geschlechtsorgane inseriren 1/s vom Vorderende des Thieres, die einzelnen Schläuche sind in der Regel zweimal diehotomisch getheilt. Die Cuvier’schen Organe sind sehr stark entwickelt, die einzelnen Schläuche sind gelb gefärbt und 2 Mm. dick. Bowen. (Australien.) (Mus. Godeflroy. coll. A. Dietrich). Holothuria bowensis n. sp. 20 kleine Tentakel, Das eine Individuum, welches mir vorliegt, ist grau, auf dem Rücken undeutlich schwärzlich gefleckt, 41/5 Cm. lang, 1!/g Cm. dick, mit abgeplatteter Bauchseite, welche zahlreiehe Füsschen trägt, während auf dem Rücken Ambulacralpapillen stehen. Die Haut ist ziemlich dünn, aber rauh und sandig anzufühlen durch die vielen RKalk- körper. Die Kalkkörper stellt Fig. 37. dar. Die Stühlchen gleichen sehr denjenigen von Hol. impatiens Forskal, doch sind sie schlanker und reich- licher gedornt; au den Stielen derselben finden sieh vier bis fünf Quer- stäbehen. Die Schnallen haben eine lange glatte Form mit drei bis sieben Paaren von Löchern, Es kommen auch kleine, mit drei Paar Löcher versehene Schnallen vor, welche knotige Verdickungen auf ihrer Mitielstange zeigen. Kalkring (Fig. 37.). Am Wassergefässring eine 1 Cm. lange Poli’sche Blase und ein 8 Mm. langer Steinkanal, welcher frei .in die Leibeshöhle hängt. Es findet sich nur eine geringe Anzahl von zwei- bis dreimal getheilten, bis 2 Cm. langen Genitalschläuchen, welche sich dieht hinter dem Schlundkopf inseriren. Cuvier’sche Organe sind vorhanden. ‚Bowen. (Australien) (Mus. Godeffroy. A. Dieirich coll.). Hololhuria surinamensis n. sp. Bei den 4 Exemplaren, welche 10—12 Cm. lang sind, ist die Kör- pergestalt eylindrisch, die Farbe auf dem Rücken rothbraun, auf dem Bauche heller und schmutzig gelb, ferner finden sich auf dem Rücken zahlreiche kleinere, scharf umschriebene ünd grössere, verwaschene dun- kelbraune Flecken. Auf dem Bauche stehen unregelmässig vertheilte Am- bulacralfüsschen, anf dem Rücken weniger zahlreiche Ambulacralpapillen. Hinter dem Tentakelkranz umgibt den Körper -ein dichter Kreis von Am- bulacralpapillen. 20 Tentakel. Ausser den in Fig. 27. a. b. abgebildeten Stühlchen finden sich von Kalkkörpern nur noch grosse, knorrige Stützstäbe, dagegen keine schnal- lenförmigen Gebilde. Kalkring vergl. Fig. 27. e. 3* 112 LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. Ein einziger Steinkanal hängt frei in die Leibeshöhle herab. Von den beiden Exemplaren, welche ich behufs Feststellung der inneren Ana- tomie öffnete, hat das eine drei, das andere nur eine Poli’sche Blase; bei ersterem mass die längste der drei Blasen 41/, Cm. Die Tentakelampullen sind ansehnlich gross, 1—1!/g Cm. Cuvier’sche Organe sind vorhanden. Die Geschlechtsorgane haben ihren Befestigungsort etwas hinter dem Be- ginne des zweiten Dritttheils des Thieres; die einzelnen Schläuche sind bis 6 Cm. lang und in der Regel nur einmal, selten zweimal dichotomisch getheilt. Surinam (dureh Salmin). Einige Notizen zu bekannten Arten. Holothuria impatiens Forskal (botellus Sel.) var. Unter einer ganzen Zahl von Holothurien von Tahiti (Mus. Godeffroy) fand ich ein Exemplar der Hol. impatiens Forsk., welches in allen Stücken mit den typischen Exemplaren dieser Art übereinstimmt, jedoch in der Färbung des Körpers eine interessante Varietät darbietet. Die Haut ist nämlich hell gelbbraun und trägt auf dem Rücken zwei Längsreihen dun- kelbrauner Fleeken, wodurch dieses Individuum auf den ersten Anschein zu Hol. pardalis Sel. zu gehören scheint, Jedoch schon die Untersuchung der Kalkkörper lässt nicht den geringsten Zweifel, dass man eine Hol, impatiens Forsk. vor sich hat. Dieselbe Variation der Hautfärbung finde ich an einem Exemplar derselben Art von Surinam (durch Salmin erhalten). In Fig. 51 habe ich eine Abbildung der Kalkkörper von Hol. impatiens beigefügt, welche bei dem bisherigen Fehlen einer brauchbaren Abbildung der Kalkkörper dieser häufigen Art nicht überflüssig erscheinen wird. Holothuria vagabunda Sel, var, Von Samoa (Mus. Godeffroy, J. Kubary coll.) und von Bowen (Mus. Godefiroy, A. Dietrich coll.) liegen mir Exemplare vor, welche sowohl in ihrem äusseren Habitus als auch in ihrer inneren Anatomie mit Hol, vagabunda Sel. 1) übereinstimmen. Nur finde ich an diesen Exemplaren 2 Poli’sche Blasen, während Selenka nur eine angibt; auch sind die Ten- 1) Selenka, Beiträge zur Anatomie und Systematik der Holothurien, p. 334. Tat. XIX. Fig. 7676, Semper, Holothurien, p. 81. Taf. XXI. LUDWIG: Beiträge zur Kenutniss der Holothurien. 113 (akelampullen kurz. Doch können diese unwesentlichen Unterschiede nicht im Stande sein, eine Trennung in zwei verschiedene Arten zu gestatten. In Fig. 40. gebe ich eine Abbildung der Kalkkörper eines Exemplars von Samoa, Cuecumaria syracusana Grube var. 2 Exemplare. Das eine hat eine Länge von 4, aas andere von 2 Cm, Beide gleichen in ihrem Habitus vollständig der Grube’schen Art, nur sind die interambulacralen Füsschen des Rückens etwas zahlreicher. In der Haut finden sich alle Formen der Kalkkörper, welche M. Sars von Cuc. syracusana abbildet ?). Ausserdem aber finden sich noch recht auf- fallend grosse Kalkkörper in der Haut, welche dreimal so gross sind als die knotigen Schnallen (vergl. Fig. 52). Aehnliche aber kleinere Gebilde zeichnet auch Sars ?). Meine beiden Exemplare stammen von Calabar, Die angeführten Verschiedenheiten von der Cuc. syracusana Grube scheinen mir zu gering, um sie als besondere Art von ihr trennen zu können. So möchte ich sie denn als eine örtliche Varietät der Cuc. syracusana bezeichnen. Es ist dies ein Beispiel, dass es auch Cucumarien mit grösserem Verbreitungs- 'bezirk gibt, denn Jie Cuc. syracusana war bis jetzt nur aus dem Mittel- meer bekannt geworden®). Ein anderes derartiges Beispiel ist bereits bekannt in Cucumaria doliolum, welche man ausser im Mittelmeer auch noch am Cap der guten Hoffnung gefunden hat. 1) M. Sars, Bidrag tel Kundskaben om Middelhavets Littoral-Fauna. Chri- stiania 1857. Taf. I. Fig. 24—29. 2) M. Sars, Middelhavets Littoral-Fauna. Taf. I. Fig, 27. 3) Ich setze natürlich voraus, dass die Angabe des Fundortes meiner Exem- plare, Calabar (Mus. Godeffroy) zuverlässig ist. 114 LUDWIG; Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. Literatur - Verzeichniss. Vor dem Jahre 1868 erschienene und in Semper’s Literaturverzeichniss nicht angeführte Publikationen: 1. 2. Bianconi, Speeimina zoologiea mosambicana. Fasc, XV. Bononiae 1862, Gravenhorsi, J. L. C., Tergestina. Breslau 1831. Seit dem Jahre 1868 sind folgende Abhandlungen erschienen, in welchen sich Notizen über Holothurien finden: 3. 4. [>38 10, A. Costa, Deserizione di una nuova Oloturia. Annuario del museo zoologico della R. Universita di Napoli. Anno V. Napoli 1869. p. 57—59. Taf. Il, Fig. 3. 0. C. von der Decken, Reisen in Ost-Africa. III. 1. Leipzig u. Heidelberg 1869. p. 117—122. 1 Taf, * E. Grube, Sitzungsberichte der naturforschenden Sektion der schlesischen Ge- sellschaft für vaterländische Kultur. 1871, Breslau. p. 54. C. Heller, Die Zoophyten und Echinodermen des adriatischen Meeres. 3 Taf. Wien 1868. Hodge, Nat. hist. transact. Northumberland and Durham, Vol. I. p. 44. pl. X, Fig. 2--14. Hodge, Ebendort. Vol. IV. P. 1. p. 120-150. Pl. I-IV, Kuhl, van Hasselt et Sal. Müller, Echinodermes. Bydragen tot de Dierkunde utgegeven door het Genootschap Natura artis magistra te Amsterdam. 1869. 9. Lief. p. 2. Taf. I. L. F, de Pourtales, Contributions to the fauna of Gulf Stream at great depths. Bull. of the Museum of Comparative Zoology. Harvard College, Cambridge, Mass. Nos. 6 and 7. L. F. de Pourtales, Ebendort. No. 12. 1869. Ray Lankester, Quarterly Journ. Microse, Science 1868, p. 53. Taf. VIII. M, Sars, Om Echinodermer og Cölenterater, fundne ved Lofoten. Forhandlinger i Videnskabs-Selskabet i Christiania. 1867.,p. 19—20. Christiania 1868. 0. Sars, Nye Echinodermer fra den norske Kyst. Ebendort. Christiania 1871, p. 29— 81. A. E. Verrill, Comparaison of the tropieal Echinodermfauna of the East and West Coast of America. 'Transact, of the Connecticut Academy. Vol. I. p. 339— 341. A. E, Verrill, Notice of Corals and Kehinoderms, Ebendort. Vol. I, No, 4, p- 370, pl. IV. Fig. 8—9. A, 2. Verrill, Notice of Colleetion of Echinoderns ete. Ebendort, Vol, I, No.5. p- 376. (Supplementary Note of Echinoderms of the West Coast of America.) LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien, 115 Einige Bemerkungen möchte ich dem angeführten Literatur-Verzeichniss hin- zufügen: 1. Das Heit der Specimina zoolog. mosamb. von Bianconi habe ich oben nach Leuckart’s Jahresberickt für 1866 und 1867 eitirt. Es soll in demselben die Be- schreibung einer neuen Art, Thyone polytele, enthalten sein. In dem mir vorliegen- den Fasc. XV finde ieh davon nichts und muss ich demnach vermuthen, dass das betreffende Heft bei Leuckart falsch eitirt ist. Die Beschreibung, soweit sie Leuckart mittheilt, ist zur Wiedererkennung der Art ungenügend. 3. Costa beschreibt dort Uroxia aurantiaca nov. gen. nov. spec. aus dem Mittel- meer. Ausser einer ziemlich unbrauchharen Abbildung dreier Glieder des Kalkringes hält sieh die Beschreibung nur an äussere Merkmale, nicht einmal die Kalkkörper der Haut werden beschrieben, so dass der Vergleich mit bekannten Arten unmög- lich wird. Was die Aufstellung des neuen Genus Uroxia anbetrifft, so geht aus den Angaben -Costa’s hervor, dass dasselbe entweder mit dem Genus Cueumaria zu vereinigen ist, oder, wie mir wahrscheinlicher dünkt, mit der Untergattung Stolus das Genus Thyone zusammenfällt; eine sichere Entscheidung zwischen beiden Mög- lichkeiten ist ohne genauere anatomische Angaben nicht thunlich.. 4. Semper beschreibt dort einige neuen Holothurien von der Ostküste Africas: Cueumaria glaberrima, Cuc. crueifera und Thyone (Stolus) rosacea. 6. Heller beschreibt p. 70—78 die Holothurien des adriatischen Meeres. Als neu werden aufgeführt: Synapta hispida, Holoth. affınis, Cucumaria Kirchsbergii, Thyo- nidum Ehlersi, Thyone inermis, Als Curiosum sei erwähnt, dass Heller das Bivium 'mit dem Trivium verwechselt, denn er spricht p. 76 bei der Beschreibung der Cu- eumaria eucumis Risso. von den beiden Ambulacren der Bauchseite und p. 77 bei Cue, Diequemarii von den drei Ambulaeren des Rückens (!). 7. Führt eine neue Aıt vor: Thyone flexus, 8, Enthält Abbildungen von Kalkkörpern bereits bekannter Formen. 9. Führt auf: 1) Synapta sp. (= Syn. faciata Kuhl et van Hasselt), 2) Holo- tluria sp. (= Hol. maculata Kuhl et van Hasselt, vielleicht identisch mit Hol. pul- chella Sel.), 3) Hol. botellus Sel. — Hol. impatiens Forsk. Die Beschreibung von No. 1 und 2 sind derart, dass man nicht im Stande ist, mit Sicherheit zu bestim- men, ob man neue oder bereits bekannte Arten vor sich hat; es fehlt diesen Be- schreibungen jede anatomische Angabe. 11. Pourtales bezeichnet dort seine als neu aufgestellte Art Thyonidium con- chileeum als identisch mit Thyonidium pellueidum Vahl? (Fleming.) 135. M. Sars führt als neue Arten auf Thyonidium scabrum und Holothuria natans. Die beigefügten Notizen geben keine genügende Beschreibung, welch’ letztere erst später folgen soll in der Fauna littoralis Norwegiae. 14. Enthält die Beschreibung zweier neuen nordischen Holothurien; Oligotrochus vitreus nov. gen. nov. spec, und Stichopus natans. Von erstgenannter Art war es mir vergönnt, fünf Exemplare untersuchen zu können und fand ich die Sars’sche Beschreibung durchaus korrekt. 16. Verrill beschreibt dort Thyone braziliensis n. sp. und gibt ferner einige Notizen über Chirodota rotiferum Stimpson, welche nach Semper identisch ist mit Chirodota pellueida Vahl, 116 N LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. 17. Bei einem genauen Vergleich desjenigen, was Semper und Selenka über Pattalus mollis — Thyonidium molle mittheilen, mit den Angaben Verrills über Pattalus peruvianus n. sp. kann es kaum zweifelhaft sein, dass diese Formen iden- tisch sind und sich also die Synonymie dieser Art folgendermassen stellt: o. 1lr Thyonidum molle Sel. syn. Thyonidium peruanum Semp. Patallus mollis Sel. Patallus peruvianus Verrill, Anaperus peruanus Verrvill. Tafelerklärung. Synapta bankensis Ludwig. Kalkkörper’70/1. a. u. c. grosser Anker und Ankerplatte, d. u. e. kleiner Auker mit Ankerplatte, b. Hirseplättchen. Synapta assymmetrica Ludwig. Kalkkörper und Kalkring, a. u. c, bei einer Vergr. von 70/1, b. bei 180/1, d. bei 6/l. Synapta incerta Ludwig. 70/1. Kalkkörper. a. Anker, b. Ankerplatte, c. Klammern. Synapta innominata Ludwig. 180/1: Balkkörper. a. u. d. Anker, b. Platte des Ankers a, c. Hirseplättchen, Synapta Polii Ludwig. 180/1. Kalkkörper. a. Ankerplatte, b. Anker, c. Hirseplättchen. Chirodota eontorta Ludwig. 180/1. Kalkkörper, a. Rädchen, b. u. c, auf- sewundene Kalkstäbchen. Cucumaria tenuis Ludwig. 180/1. Kalkkörper. a, Kalkplättehen, b. Kalk- stäbchen. Cucumaria punetata Ludwig. Kalkkörper 180/1 und Kalkring. Cucumaria exigua Ludwig. 180/1. Kalkkörper. a. x-förmige Körperchen, b. Plättchen, ce. Stützstäbe. d. drei Glieder des Kalkringes, ungefähr in doppelter Grösse. Cucumaria improvisa Ludwig. 180/1. Kalkkörper. a. Kalkplatte, b. eine durchbrochene Halbkugel von oben gesehen. ce. vier Glieder des Kalk- ringes in natürlicher Grösse. Cucumaria chilensis Ludwig. 180/1. a. Kalkplättehen aus der Haut, b. re- dueirtes Endscheibehen eines Füsschens, ce. sieben Glieder des Kalkringes, von denen die drei mittleren ventralen, zu einem Stücke miteinander verschmolzen sind, letztere Fig. nur unbedeutend vergrössert. Cueumaria parva Ludwig. x-förmige Körperchen der Haut. 180/1. Cucumaria perspicua Ludwig. Fünf Glieder des Kalkringes. 2/1. Jucumaria nobilis Ludwig. Zwei stühlchenförmige Kalkkörper von oben gesehen, Colochirus australis Ludwig. a, durehbrochene Halbkugel aus der oberen Hautschicht, junge Form, b, Stützstäbehen 180/L,. ec, 7 Glieder des ig. 16. ig. 18. 19. . 20. 5 Zle 5 2A ig. 23. . 2A, os, io. 29, 31. . 34. LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien, 117, Kalkringes, von denen die drei mittleren ventralen dicht zusammengerückt sind, in natürlicher Grösse. Colochirus minutus Ludwig. Durchbrochene Halbkugeln der oberflächlichen Hautschicht 180/1. a. u. b. vom Bauche, c, vom Rücken. Pseudocucumis acicula Semper. a. Drei Glieder des Kalkringes in natür- licher Grösse, b. Schema der Tentakelstellung des einen beschriebenen Exemplares. D, bedeutet die dorsale, V. die ventrale Seite, O. die Mund- öffnung, die Kreise die einzelnen grossen und kleinen Tentakel. . Thyone mirabilis Ludwig. a. untere Ansicht, b. Seitenansicht der Stühl- chen aus den Rückenwarzen, c. u. d. untere und seitliche Ansichten der Stühlchen aus der übrigen Haut 180/1, 'e. der Kalkring. Thyone suspeeta Ludwig. a. Durchlöcherte Plättchen, b. umgewandelte Stühlehen, ce. Stützstäbehen. 180/1. Thyonidium Schmeltzii Ludwig. a. 2 Glieder des Kalkringes in natür- licher Grösse, b. Kalkkörperchen der Haut. 180/1. Oreula tenera Ludwig. a, a’ Stühlchen von unten und von der Seite, b. kleine Kalkconceretionen aus der Haut, 180/1, c. einige Glieder des Kalkringes 1/1. : Phyllophorus Frauenfeldi Ludwig. Drei Glieder des Kalkringes. Phyllophorns holothurioides Ludwig, a. b. c. Stühlchen in verschiedenen Ansichten. 180/1, d. zwei Glieder des Kalkriuses 1/1, e. Stützstäbchen 180/1. Actinocucumis typica Ludwig. a. u. b. Kalkkörper aus der Wandung der Füsschen, ce, durchbrochene Kalkeichen aus der Haut, 180/1. d. zwei Glieder des Kalkringes 1/1. Labidodemas dubiosum Ludwig. a. Aeusserst spärliche Schnallen, b. Stühl- chen in verschiedenen Ansichten, ce. d. e, stabförmige und x-förmige Körperchen aus den Rückenpapillen, nahe der Spitze, d. u. e. finden sich auch, aber weniger häufg in den Füsschen des Bauches nahe der End- scheibe 180/1, f, Fünf Glieder des Kalkringes. Holothuria modesta Ludwig. a, u. b, Stühlchen von unten und von der Seite. 180/1. Holothuria surinamensis Ludwig. a. Stühlchen von der Seite, b. von unten 180/1. c, drei Glieder des Kalkringes 1/1. Holothuria insignis Ludwig. a. Schnallen, b. Stühlehen, ce. Stützstäbehen 180/1, d. drei Glieder des Kalkringes 1/1. Holothuria euriosa Ludwig. a. Stühlchen, b. Schnallen, ce, Stützstäbchen, 180/1, d. Kalkring 1/1. Holothuria peregrina Ludwig. a. Schnallen, b. Stühlchen 180/1. ce. drei ‚Glieder des Kalkringes 1/1. Holothuria Dietrichii Ludwig, Stühlchen in verschiedenen Ansichten 180/1. Mülleria excellens Ludwig. a. Schnallen, b. Stühlchen 180/1, c. drei Glieder des Kalkringes 1/1. Holothuria rugosa Ludwig. a. ‘Schnallen, b. Stühlchen 180/1, ce. vier Glieder des Kalkringes 1/1. Holothuria eubana Ludwig. a. Kuotige Schnalle, b. zu einer kleinen Platte umgewandelte Schnalle 180/1, ce. drei Glieder des Kalkrings. 41, 2. 22. 43. " nn, LUDWIG: Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. Holotburia oceidentalis Ludwig. a. Schnallen, b. Stühlehen, e. d. Stütz- stäbchen und Stützplättchon 180/1, e. zwei Glieder des Kalkringes. Holothuria signata Ludwig. a. Stühlchen, b. Schnallen 180/1. c. drei Glieder des Kalkringes 1/1. Holothuria bowensis Ludwig. a. Stühlchen, b. Schnallen, e. Stützstäbchen 180/1, e. Kalkring 1/1. Holothuria samoana Ludwig. a. Schnalle, b, Stühlchen 180/1. c. drei Glieder des Kalkringes 1/1. Holothuria caesarea Ludwig. a Stühlchen, b, Schnallen, c. Stützstäbehen 180/1. d. Poli’sche Blase 1/1. Holothuria vagabunda Sel. var. a. Stühlchen, b. Schnallen 180/1. Holothuria imitans Ludwig. Stühlchen 180/1. Holothuria lineata Ludwig. a. Stühlchen, b. Schnallen, e. Stützstäbchen eines Rückenfüsschens, d. Stützstäbchen eines Bauchfüsschens 180/1, e. drei Glieder des Kalkringes 3/1. Holothuria notabilis Ludwig. a. Stühlchen von oben, b. Schnalle 180/1. c. Vier Glieder des Kalkringes 1/1, darunter ein dorsales und ein ven trales Radiale. 2 Holothuria depressa Ludwig. a. umgewandelte Schnallen, b, Stühlchen 180/1. c. drei Glieder des Kalkringes 1/1. Holothuria captiva Ludwig. a. Schnallen, b. Stühlehen 180/1. ce. vier Glieder des Kalkringes 1/1. Holothuria suleata Ludwig. a. „uhlehen, b. Schnallen des Rückens, c. des Bauches 180/1. Holothuria mexicana Ludwig. a. symmetrische Kalkplättchen aus der Haut, b. Stützstäbchen 180/1. Holothuria Kubaryi Ludwig. Stühklchen aus der Spitze eines Füsschens- 180/1. Holothuria elemens Ludwig. x-förmige Kalkkörperchen der Haut 180/1. Kalkring 1/1. Holothuria pertinax Ludwig. a. Stühlchen von verschiedenen Seiten gc- sehen, b. Stäbchen aus der Haut der Füsschen und Papillen 180/1, e. drei Glieder des Kalkringes 2/1. Ilolothuria impatiens Forskal. a, Stühlchen von unten und von der Seite, b. Schnalle 180/1. Cucumaria syracusana Grube var. Grosser tannenzapfenförmiger Kalk- körper der Haut. . i Thyonidium occidentale n. Sp. Ein Nachtrag zu der Abhandlung: „Beiträge zur Kenntniss der Holothurien“ von Dr. HUBERT LUDWIG, ‚Assistent am zoologisch-zootomischen Institut zu Göttingen. Unter den Holothurien der hiesigen Sammlung fand ich ein Exem- plar einer neuen Art vor, welche zu dem Genus Thyonidium Düben et Koren gehört und mit obigem Namen von mir bezeichnet wurde. Das erwähnte Exemplar ist ungefähr 4 Cm. iang und misst in der Körpermitte 2 Cm. im Querdurchmesser. .Seine Farbe ist ein gleichmäs- siges Braun. Die Füsschen lassen in den Radien eine Andeutung einer Reihenstellung erkennen, im Uebrigen sind dieselben gleichmässig über den ganzen Körper verbreitet. Die Tentakel sind in der für die Gattung charakteristischen Weise angeordnet, indem fünf Paare grosser, S—10 Mm. langer Tentakel mit fünf Paaren kleiner, nur 11/,—2 Mm. langer abwech- seln. — In der Haut, welche sich weich anfühlt und ziemlich dünn ist, liegen zahlreiche Kalkkörperchen, welche alle nach demselben Typus ge- baut sind. Sie stellen Stühlchen dar, deren am Rande ausgezackte Scheibe ansehnlich entwickelt ist (ähnlich wie ich es von Phyllophorus holothu- rioides 1) abgebildet habe), deren Stiel hingegen bis auf vier niedrige an der Basis mit einander verbundene Dornen reducirt erscheint. Die also gestalteten Kalkkörper sind durchschnittlich 0,045 Mm. breit und 0,018 Mm. hoch. Ausser ihnen kommen von Kalkgebilden in der Haut nur noch die Endscheibehen der Füsschen vor. Der Kalkring ist 7 Mm, hoch und setzt sich im Wesentlichen aus zehn Stücken, fünf Radialia und fünf Inter- 1) Vergl. Vig, 233 der „Beiträge u. s. w. 120 LUDWIG: Thyonidium oceidentale n. sp. radialia, zusammen; zwischen Radialia und Interradialia schiebt sich von hinten her je ein kleines Schaltstück ein. Die Interradialia sind unregel- mässig rautenförmig; die Radialia zeigen wie bei anderen Arten an ihrem vorderen Ende einen Einschnitt und laufen an ihrem hinteren Ende in zwei kurze, aus kleinen Kalkstückchen gebildete Anhänge aus. Am Was- sergefässring finden sich linkerseits zwei Poli’sche Blasen, von denen die eine 16 Mm., die andere nur 8 Mm. lang ist. Der in einfacher Zahl vorhandene Steinkanal ist in das dorsale Mesenterium festgelegt und endet mit einem kugeligen Köpfchen; sein Anfangstheil ist in mehreren kurzen Schlingen aufgewunden. Das Köpfchen des Steinkanals ist $81/, Mm. von der Ansatzstelle des letzteren entfernt. Die Retractormuskeln sind ziem- lich kräftig entwickelt und inseriren, den einziehbaren Kopftheil des Thie- res nicht mitgerechnet, an der Grenze des vorderen und mittleren Dritt- theils des Thieres. Die circa 24 Mm. langen, feinen, unverästelten Ge- schlechtsfollikel des vorliegenden Exemplars, stellen in ihrer grossen An- zahl rechts und links vom dorsalen Mesenterium ein ansehnliches Büschel dar, das sich ungefähr in der Körpermitte ansetzt. Fundort: Surinam (durch Salmin). Ueber die histologischen Vorgänge bei der Häutung von Astacus Muviatilis. Von MAX BRAUN aus Myslowitz (Preuss, Schlesien). Historische Uebersicht. Die Häutung der Krebse hat schon seit langer Zeit die Aufmerksam- keit der Forscher auf sich gezogen; bereits 1712 und 1718 berichtet Reaumuri) der Pariser Akademie über seine Beobachtungen; er beschreibt ausführlich, wie der Akt des Schalenwechsels vor sich geht. Seine Be- obachtungen werden fast wörtlich reproducirt von BDosc?) und Milne- Edwards), welche auch Nichts besonderes Neues hinzufügen können. Auch die Angaben von .J. Couch) und Jones Th. Rymerd) sind nur eine Bestätigung und weitere Ausführung der Befunde Reaumur’s. Die Frage nach dem Ursprung der neuen Schale hat sonderbare Deutungen aufkommen lassen; man sprach von einem milchigen Safte, auf dem sich die Schale bilde wie Rahm auf der Milch. Man wusste frei- lich damals noch Nichts von Zellen und ihrem Leben, daher darf uns eine solche Ansicht nicht überraschen. Erst K. E. v. Baer®) gibt 1834 von der Häutung des Magens an, dass der innere Magenpanzer zusammen- gefallen im alten Magen liege, der aber rasch auf seiner ganzen innern - Fläche eine neue Oberhaut erhält. Wenn nun auch damals Baer die beiden Häute des Magens (innere leblose und äussere lebendige) nicht im unserer heutigen Auffassung erkennt, so spricht er doch deutlich aus, dass die innere Schicht, welche er mit der Epidermis noch vergleicht und 1) Sur les diverses reproducetions etc. und Observations sur la mue. p. 263. 2) Histoire naturelle des Orustacees. Tom. I. p. 136. 3) Histoire naturelle des Crustacees, Tom. I. p. 54. 4) Bemerkungen über den Häutungsprozess der Krebse und Krabben. p. 337. 5, On the moulting process in the Cray-fisz. p. 141. 6) Ueber die sogenannte Erneuerung des Magens der Krebse etc. 132 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge horniger Natur sein lässt, während der Häutung von der äussern leben- digen Schicht, deren Struktur er noch nicht kennt, abgesondert wird. - Campbell de Morgan !) zeichnet Häutungsstadien der Haare von Palaemon ab, ohne jedoch dies zu verstehen; sonstige Beobachtungen der Häutungsvorgänge fehlen bei ihm. Haeckel 2) macht auf die Wichtigkeit der Häutung für das Verständniss der Cutieularbildungen aufmerksam, ohne jedoch selbst sie wegen ungün- stiger Jahreszeit in Betracht zu ziehen. Vermuthungsweise sagt Kölliker ?), dass die grösseren, hohlen Haare des Magens wahrscheinlich um fadenförmige Auswüchse der Epithelzellen entstehen, die kleinen soliden Haarbildungen vielleicht auch ursprüng- lich in derselben Weise oder dieselben bilden sich dann dadurch, dass an den Zellen anfänglich nur gewisse Stellen ausscheiden und dann erst nachher eine zusammenhängende Lage abgesondert wird. Baur‘) hat auch nur das Verhalten der Chitinsehne am Kiefer des Krebses während der Härtung beschrieben und daraus den Schluss ge- zogen, dass sie morphologisch dem Panzer gleichzusteilen sei, wenn auch ıhre Struktur nicht ganz derjenigen des Panzers entspricht. Heusen®) hat bei seinen Studien über das Gehörorgan der Decapo- den auch die Erneuerung der Hörkaare und anderer Haare verschiedener Krebse berücksichtigt. Die Haare entstehen sämmtlich unter dem alten Panzer zum grössten Theile in den Geweben des Körpers liegend und nur mit den Spitzen in die alten Haare hineinragend; zu ihrer Bildung tragen eine grosse Anzahl von Zellen bei. Er beschreibt ausführlich die Haartuben, das Ausstülpen der Haare bei der Häutung und die Neubild- ung des nervösen Theils der Hörhaare: der sogenannten Chorda. Die andern Häutungsvorgänge hat Hensen als ausser dem Bereich seiner Stu- dien liegend nicht berücksichtigen können. Von andern Crustaceen-Gruppen hat Leydig 6) von Daphniden (Sida erystallina) eine Abbildung der neu entstehenden Haare geliefert, die jedoch vollständig von den Verhältnissen bei den Decapoden abweicht. Er sagt: Inner- halb einer grossen Borste an den Beinen befindet sich immer eine Matrix, die ein Fortsatz der unter der Cuticula ruhenden Hautlage ist und die homogene Haut 1) On the structure and functions of the Crustacea. p. 895. 2) Ueber die Gewebe des Flusskrebses. ?) Untersuchungen zur vergleichenden Gewebelehre, p. 57. 4) Ueber den Bau der Chitinsehne und ihr Verhalten beim Schalenwechsel. 5) Studien über das Gehörorgan der Decapoden. 6) Naturgeschichte der Daphnoiden. p. 157. bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 123 der Borste ebenso abscheidet, wie von der gedachten Hautlage selbst die Cutieula abgesondert wird. Kommt einer Borste eine sekundäre Befiede- rung zu, so wächst diese, indem erwähnte Matrix in Härchen aussprosst, noch unter dem Schutz der alten Cuticula, weshalb nach Abstreifung der letzteren die feinen Härchen sich bloss zu entfalten brauchen. Der neueste Autor über die Häutung des Flusskrebses ist Chantran 1), doch begnügt er sich mit dem Bericht über die makroskopischen Vor- gänge; aus zahlreichen Beobachtungen konstatirt er, dass die Zahl der Häutungen nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei am grössten sei, dass dieselbe mit der Abnahme des Wachsthums ebenfalls abnehme und bei den Geschlechtern verschieden sei; auch über die Krebssteinbildung, die Regeneration der Augen und Glieder werden nur mikroskopische Beob- achtungen angeführt, die wesentlich Neues nicht mehr bringen. Wie man aus dieser kurzen Uebersicht ersieht, ist die Häutung und die mit ihr einhergehende Neubildung des Panzers und seiner Anhänge noch nicht im Ganzen dargestellt worden, nur über die Bildung der Haare liegen fast ausreichende Beobachtungen vor. Ich habe versucht, an einem mir leicht zugänglichen Material, dem Flusskrebs, die Panzerneubildung und was damit zusammenhängt, mit dem Mikroskop zu verfolgen; ich weiss sehr wohl, dass meinen Resultaten nur zum Theil allgemeine Be- deutung zukommt, weil sie nur an einer Species gewonnen wurden, doch liessen leider die Verhältnisse eine Berücksichtigung anderer Decapoden nicht zu. Bald jedoch musste ich bemerken, dass die Histologie der sich häutenden Theile vom Flusskrebs nicht genügend ausgearbeitet war, zum Theil sogar ganz entgegengesetzte Angaben berichtet wurden. Meine ersie Aufgabe war es daher, die Histologie genau zu studiren und dann erst auf Grund der gewonnenen Resultate die Häutung histologisch zu be- obachten. Deshalb beschreibe ich in der nun folgenden Arbeit zuerst die Histologie der äussern Körperbedeckung und des Darmtraktus, wobei ich allerdings Einzelnes mit berichte, das gerade nicht im direkten Zusammen- hang mit der Häutung steht, das ich aber nicht unterlassen zu müssen ‚glaubte, weil es völlig Neues bringt; im zweiten Abschnitte folgen dann die Krebssteinbildung, die Haarbildung, Entstehung des Panzers und Chitinauskleidung des Darms und zuletzt noch einige Beobachtungen über das weitere Wachsthum des Panzers. 1) Comptes rendues Tom. LXXI p. 43; LXXII p. 220; LXXI1V p. 201; LXXVI p. 240 u. LXXVIII p. 655. 124 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge Ueber die Methode der Untersuchung kann ich Folgendes angeben: allein am frischen Thier zu studiren, ist nicht möglich, man kann nur dadurch seine auf andere Weise gewonnenen Resultate kontroliren,; zweck- mässig habe ich es gefunden, die frischen Theile in Chromsäurelösung von etwa blassweingelber Farbe oder in zur Hälfte mit Wasser verdünn- ter Müller’scher Flüssigkeit zu legen; die Gewebe nehmen zwar dadurch eine unangenehme, die Beobachtung mit dem Mikroskop erschwerende, gelbe Farbe an, aber sie erhalten sich wohl eine Woche lang in ihrer natürlichen Form, Manches 1ritt an ihnen nur deutlicher hervor. Am meisten studirte ich an in verschiedener Richtung geführten Schnitten von gehärteten Theilen, die ich zu dem Zweek in gewöhnliche, verdünnte Chromsäurelösung etwa 24—48 Stdn, einlegte und nachher in starken Spiritus that; nach wenigen Tagen ist Alles schnittfähig hart und kann verarbeitet werden. Zum Entkalken des Panzers wandte ich halbverdünn - ten, farblosen Holzessig an und ist es immer gut, wenn man namentlich an dickeren Stellen die oberste Lage des Panzers abkratzt oder abfeilt, oder in den Panzer einzelne Schnitte führt; nach wenigen Tagen ist er völlig kalkfrei geworden und kann in Spiritus ‘gethan und dort zur späteren Untersuchung selbst Monate lang aufbewahrt werden. Die übrigen Ge- webe erhalten sich hierbei ebenfalls sehr gut, Chromsäure selbst mit Zusatz von Salzsäure entkalkt fast gar nicht, ich habe wochenlang ver- geblich darauf gewartet, bis schliesslich das Chitinogengewebe verdarb. Für die Härtung des Darmes kann man auch Pikrinsäurelösung mit nach- folgender Alkoholbehandlung anwenden. Osmiumsäure in verschiedenen Concentrationen färbte mir immer die ihr direkt zugänglichen Schichten ganz schwarz, so dass also damit Nichts anzufangen war, die ungefärbten Theile waren leidlich gut erhalten; ein besonderer Einfluss auf Nerven- fasern ist mir nicht aufgefallen. Goldchloridnatrium 1: 1000 aq. färbte nach wenigen Versuchen, die ich machte, nur die obern Schichten, drang also nicht in die Gewebe ein; das Bauchmark unter denselben Verhältnissen ‚behandelt färbte sich intensiv violett mit guter Erhaltung seiner Elemente; über die andern Goldpräparate habe ich keine Erfahrung. Die angefertigten Schnitte untersuchte ich tlieils frisch, theils nach Färbung mit Carmin, Haematoxylin und nachheriger Aufhellung für das Einlegen in Harze. Carmin färbt sehr leicht diffus, bietet also oft, da man nur die Kerne gefärbt haben will, keine besondernVortheile; das Hae- matoxylin verbindet mit der Annehmlichkeit der schnellen Färbung seine grosse Verwandtschaft zu den Kernen und ist auch für die Gewebe des l"lusskrebses schr zweckmässig; nur Schnitte von frisch gehäuteten Krebsen bei der Häutung von 'Astacus fluviatilis. 125 konnte ich bis 24 Stdn. darin liegen lassen, ohne dass eine Färbung auftrat, während sonst nur wenige Minuten genügen, Andere Reagentien habe ich nicht versucht, da ich mit den angeführten ausreichte. Die Untersuchung wurde an Flusskrebsen, welche sich in Aquarien mit fliessendem Wasser vortrefflich halten liessen, im zoologisch-zootomischen In- stitut der Universität. Würzburg ausgeführt und unterstützte mich hierbei Hr. Prof. Semper nach allen Richtungen, wofür‘ ich ihm meinen Dank hiermit ausspreche. a I. Abschnitt. Histologie der sich häutenden Theile. Sowohl die Struetur der äussern Haut- und inneren Darmbedeckung als vor Allem das gegenseitige Verhältniss der dieselben zusammensetzen- ‚den Schichten ist im Laufe der Zeit sehr verschieden, ofi ganz entgegen- geßeizt beschrieben worden. Die meiste Aufmerksamkeit erregte die ver- kalkte Schicht der Haut, der Panzer; er wird von’ den ältesten Autoren an bis auf Leydig zu Anfang der 50er Jahre. mit der Epidermis der ‚Wirbelthiere verglichen ; die oft sehr frappante zellähnliche Zeichnung auf demselben bewog zu der Annahme, er sei aus Zellen zusammengesetzt, welche nach Art der Zellen der Wirbelthierepidermis verhornt seien. Als man seine Zusainmensetzung aus mehreren Schichten erkannte, sind auch diese ver- schieden nach Analogie der Wirbelthiere und je nachdem man die weiche Lage unter dem Panzer mit in Betracht zog, benannt worden. Hasse 1) unterscheidet z. B. 4 Schichten: die äusserste nennt er Epidermis; es ist die erste und zweite Lage des Panzers; die zweite nach innen vergleicht er mit dem -chorium, nennt sie auch derma und lässt sie aus mehreren fibrösen Membranen bestelien, welche so übereinander gelagert sind, dass die Fasern der einzelnen Membranen nach verschiedener Richtung aus- einandergehen, ein Verhältniss, das dem Panzer seine. Elastieität verleiht ; es ist dies die innerste, mächtigste Schicht des Panzers, bei der Hasse die Porenkanäle für Fasern angesehen hat. Die dritte Schicht besteht aus einer weichen, bald schleimigen, bald gelatinösen, gelben Materie, die beim Kochen roth wird, sie enihält die Gefässe und ist die Lage der Chitino- genzellen;, die vierte ist ein sehr zartes und weiches. Häutchen, welches nur dann erkannt werden kann und fibrös erscheint, wenn die Zeit des 1) Observationes de sceleto Astaci fluv. et marin. p. 9. Arbeiten aus dem zoolog.-zootom, Institut in Würzburg. II. Bd. 9 126 ° BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge Schalenwechsels herannaht; was er hiermit meint, ist mir nicht klar ge- worden; er lässt aber die beiden letzten Schichten den Stoff‘ sein, aus welchem nachher epidermis und derma, also der Panzer, entstehen und zwar so, dass sie durch Abgabe von Wasser eine vermehrte Consistenz erhalten und durch Aufnahme von kohlensaurem Kalk fester werden. Meckel!) nimmt 2 Schichten der Haut an; die äussere aus kleinen Pflasterzellen bestehend, ist der Epidermis gleich zu achten, die zweite Schicht besteht aus mehreren Lagen von Zellen , enthält Pigmentzellen, verkalkt und ist dann nicht mehr von der hornigen Haut zu trennen; aus denselben Schichten besteht auch der. Darmkanal, nur kommt den Zellen der zweiten Schicht die chemische Thätigkeit zu. Siebold?) vergleicht ebenfalls den Panzer der Epidermis der Wirbel- thiere und die innere Hautschicht mit dem Periost, welche die Epidermis schichtweise nach aussen absetzt. Lavalle3) unterscheidet 3 Schichten am Panzer: 1) couche &pidermi- que, ist beim Flusskrebs sehr deutlich, besteht aus Zellen wie die Epi- dermis, nach der er sie auch benennt; 2) couche pigmentaire ent stets Pigment, . besteht aus einer grossen Zahl äusserst feiner paralleler ‘ Linien und bietet von oben betrachtet oft einen zelligen Bau dar; in ihr enden die Haare und beginnen die Haarkanäle; 3) couche interne oder dermiqueist stets sehr verkalkt und besteht aus sich verschieden kreuzenden Fasern (die Porenkanäle, welche 11 Jahre vor ihm Valentin erkannt hat, hält er noch für Fasern wie Hasse): Lavalle unterscheidet demnach am Panzer dieselben 3 Schichten, wie ich, nur in anderer Anffassung, da er die eigentliche Epidermis gar nicht berücksichtigt. | Huzxley*%) machte in England zuerst gegen die alte Auffassung den Chitinpanzer als Epidermis zu deuten, Einsprache ; den Panzer bezeichnet er als „chitinous layer“, aus einer grossen Anzahl Lamellen zusammen- gesetzt; auf diese folgt nach innen wie die „protomorphie layer“, welche in einer homogenen Grundsubstanz Kerne enthält; diese Lage nennt er auch „eederon“; die innerste Schicht wird vom „enderon“ gebildet, sie führt das Pigment. Aus dem Mangel der Kerne in der chitinisirten Lage schliesst er, dass dieselbe vom darunter liegenden ecderon durch einen Excretionsprozess abgesondert werde. Die Arbeiten deutscher Autoren, 1) Mikrographie emiger Drüsenapparate p. 19. ?) Vergleichende Anatomie p. 420. 3) Sur la test des Crustacdes decapodes. 4) Todd’s Iineyelopaedia of Anat. and Phys. Suppl. vol, p. 486. bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 127° welche Jahre vor ihm auf dieses Verhältniss hingewiesen haben, (Leydig, Haeckel, Kölliker) scheint H. nicht gekannt zn haben, wenigstens erwähnt .er sie nirgends. | Williamson!) hat 4 Schichten: 1. .„pellicular layer“, eine hornige Schicht, die aber auch verkalken kann; 2. „areolativ layer“, welche nicht, “wie es Carpenter angibt, aus Zellen besteht; 3. „ealeified corium“ und 4. „uncaleified corium“, welches zuletzt auch hätte verkalken sollen ; auf diese folgt dann nach innen eine Basalmembran, durch welche hindurch die 4 obern Schichten von der innern „derm“, welche Zellen, Kerne und Pigmentzellen enthält, ausgeschwitzt werden sollen. Seine Figur 16. von Pilumnus hirtellus ist fast vollkommen mit dem Panzer des Flusskrebses übereinstimmend. Kölliker 2) unterscheidet 3 Lagen am Panzer; eine äussere und in- nere Lage mit dünnen Lamellen und eine mittlere mächtigste Schicht mit dickeren Blättern; für den Flusskrebs ist dies nicht richtig; die „mittlere Schicht“ geht allmählig unter Schmälerwerden ihrer Lamellen in die „innere Lage“ über; eine 'scharfe Grenze besteht — wenigstens beim Flusskrebs — nicht. . Was nun das Verhältniss der weichen zu der verkalkten Hautlage betrifft, so finden sich bereits bei älteren Autoren Andeutungen und Ver- muthungen, dass die erstere die Matrix sei oder wenigstens das Material zum Panzer liefere oder selbst in. denselben übergehe; letzteres z. B. bei Hasse. Schmidt?) hat experimentell nachgewiesen, dass der Panzer von unter ihm liegenden, rundlichen Epithelzellen abgesondert werde, die diesen von innen wie die dura mater die Schädelknochen auskleide. Die Abstammung der Cuticula als Sekretion darunter liegender Zellen hat Leydig*) bereits 1849 für die Ringelwürmer hervorgehoben; vom Krebs bezeichnet er ebenfalls 18555) die Intima des Darms als Cuticula von derselben Herkunft ; den Panzer fasst er als chitinisirte Bindesubstanz auf, und die unter ihm liegende weiche Haut als gewöhnliches Bindege- webe oder gallertige Bindesubstanz; in beiden Fällen betont ..er, dass weder die Darmintima noch der Panzer aus wirklichen, zu isolirenden {) On some histological lectures in the shells of the. Crustacea. 2) Untersuchungen zur vergleichenden Gewebelehre p. 7i. „ 3) Beiträge zur vergleichenden Physiologie p. 30. ' 4) Zur Anatomie von Piscicola geometrica p. 104. 5) Zum feinern Bau der Arthropoden p. 445 u. p. 377. 9 128 ; BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge Zellen zusammengesetzt, sondern dass die zellähnliche Zeichnung als ein Abdruck darunter liegender Zellen (beim Darm) zu erklären sei. Nach ihm haben dann Kölliker 1) und Haeckel?) von Neuem Panzer und Chitinbekleidung des Darms als Cuticularbildung von unter ihnen liegenden Zellen, welche Haeckel Chitinogenzellen nennt, bezeichnet. o A. Aeussere Körperbedeckung. An der äusseren Körperbedeckung des Flusskrebses unterscheidet man eine chitinisirte und verkalkte Cuticularbildung,. den sogenannten Panzer, und darunter eine weiche matrix oder Chitinogengewebe Den Panzer finde ich überall aus drei deutlich durch ihre Struktur von einander ge- sonderten Lagen zusammengesetzt: Die äusserste Lage (cf. Fig. 1. b. und Fig. 23.) besteht aus einer gelben, starkglänzenden Schicht, welche ge- wöhnlich keine Kanälchen erkennen lässt; sie trägt auf ihrer Oberfläche allerlei Skulpturen, meist zellähnlichen Aussefens, so dass man früher den Panzer als aus platten Zellen zusammengesetzt annahm. Wie ich mich durch Messungen oft überzeugt habe, entsprechen. die Durchmesser dieser zellartigen Contouren völlig den Durchmessern der Chitinogen-Zellen; es ist kein Zweifel, dass jedes einzelne Feld einer einzelnen Zelle entspricht, auf welches Verhältniss schon vor mir hingewiesen wurde° Auf jedem solchen ‚Felde erkannte ich — durch Vorgänge bei der Häutung aufmerk- sam geworden — mehrere kleine Leisten, in ihrer Anordnung und ihrem Aussehen vollkommen den überall erwähnten „Härchen“ auf der Cutieula des Darms ähnlich. 3) (Fig. 23.) Keiner der neuern Autoren über den Panzer erwähnt Etwas davon; und doch hat Meckel*) dieselben bereits gekannt; er sagt: „Die äusserste Haut des Krebses besteht aus kleinen Pflasterzellen, die mit zackigen Rändern in einander greifen und von denen jede 2—5 kleine Härchen trägt..... Macerirt man die verkalkte Haut a Krebse mit Säuren, so kann man auch hier noch die Härchen erkennen. In der That kann man sich, allerdings nach einiger Mühe, von ihrem en handensein auf Flächenschnitten von entkalkten Panzern überzeugen, es bedarf starker Linsen und nur oberflächlicher Binstellung zu ihrer Rrken- nung; sie fehlen selbst den Ohrblasen im untersten Gliede der 'innern 1) Untersuchungen zur vergleichenden Gewebelchre p. 71. ?) Gewebe des Flusskrebses p. 520 fi. 3) Letztere sind keine Härchen, sondern Leisten, welehe der Intima dicht auf- liegen, sogar mit ihr verwachsen sind, wie man sich an gefalteten Stellen leicht überzeugen kann. - 4) Mikrographie einiger Drüsenapparate p. 18. bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 129 Antennen nieht —. nur auf den Augenstielen und der cornea konnte ich sie weder beim ausgewachsenen Panzer noch beim neugebildeten finden. Die Länge der Leisten beträgt 0,004—0,005 Mm.. Ihre Bedeutung für ‘die Häutung werden wir weiter unten kennen lernen. Die erste homogene Lage des Panzers zeigt keine Kanälchen, ich konnte weder an Schliffen noch an Schnitten eine Andeutung davon sehen; ebensowenig war mir dies am neugebildeten Panzer möglich. Hier will ich noch eine Beobachtung vorgreifend einschalten, welche mir dieses Ver- halten ausser allem Zweifel stellt: bei einem neugebildeten Panzer (cf. Fig. 23) war zufällig ein Stückchen der äussersten Lage abgerissen wor- den, so dass die Fläche der zweiten Lage hier freilag; stellte- ich den - tubus auf die Leisten ein, so‘ war von Porenk anälen-Nichts‘ zu -sehen, - senkte ich denselben bis zur scharfen Einstellung auf die Oberfläche der zweiten Lage, wozu es bei der geringen Dicke der äussern nur einer sehr geringen Senkung bedarf, so traten die optischen Querschnitte der Porenkanälchen auf dem ganzen Gesichtsfelde auf, sie konnten also durch die obere Lage hindurch gesehen werden. Auch das Verhalten gegen Säuren scheint. mir gegen die Communication der Porenkanälchen mit dem um- gebenden Medium zu sprechen; mag man, welche Säure es auch sei, zum Entkalken anwenden, stets geht die Entkalkung nur äusserst langsam -vor sich, nur an zufällig verletzten Stellen bemerkt man ein schnelleres Ent- kalken ; kratzt oder feilt man dagegen die äusserste Schicht ab und öffnet so der Säure den Eintritt zu den Porenkanälen, so bemerkt man sofort eine reichliche Entwicklung von Gasblasen und in 24 Stunden ist der ganze Panzer weich; nur .durch Abfeilen ist es mir möglich gewesen, die dieken Scheeren schnittfähig in kurzer Zeit zu enikalken. Die Mächtig- keit dieser äussern Schicht ist am ganzen Körper eine sehr geringe und beträgt nur durchschnittlich 0,001 Mm. Wo dagegen Höcker am Panzer - vorhanden sind, z. B. an den Scheeren, werden sie fast allein von dieser Sehicht gebildet und an diesen Stellen sieht man auch die Porenkanäle noch eine Strecke weit in sie hineintreten, aber nie bis an den Rand vordringen. Dies Verhalten darf. uns nicht wundern, es ist für den Krebs noch an andern Theilen vorhanden : die Chitinbekleidung des Darmkanals ist meist ohne Porenkanäle; nur wo sie sich in dickeren Massen 'anhäuft z.B. im Magen treten auch in ihr solche Kanäle deutlich auf, Ich glaube mir dies Verhalten aus der Ernährung der -Theile erklären zu können: so lange die Schicht so dünn ist, dass sie durch Diffusion ernährt werden kann, sind Kanäle nicht nöthig, wird sie dicker, so bilden sich auch Nahr- ungskanäle, die jedoch nicht die ganze Schicht durchsetzen, sondern den Theil, der durch Diffusion von ihnen aus ernährt werden kann, frei lassen, 130 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge Auch von andern Crustaceen ist Solches bekannt, z. B. gibt Leydig i) von der Cuticula des Apus an, dass sie, wo sie einige Dicke erlangt, mit Kanälen ausgestattet sei. Die zweite oder mittlere Lage des Panzers (ef. Fig. J. c.) ist bedeutend stärker entwickelt, zeigt eine Zusammensetzung aus dicht an einander liegenden Lamellen, und ist von Porenkanälen durchzogen; auf den ersten Blick sieht es aus, als ob die Kanäle enger an einander stünden als in der nächsten Schicht, doch scheint mir dies Täuschung zu sein, vielleicht hervorgerufen durch den verschiedenen Abstand, den die Lamellen in bei- “den Schichten haben; an sehr dünnen Schnitten konnte ich stets die ein- zelnen Kanälchen durch beide Lagen verfolgen. Die Mächtigkeit dieser Sehicht zeigt sich am ganzen Panzer ziemlich constant; sie beträgt durch- schnittlich am Brustpanzer und Schwanz 0,009 Mm., an den Scheeren bis zu 0,019 Mm.; auf Querschliffen sah ich in ihr eine diffus blaue Färbung, beim Entkalken mit Holzessig wird sie roth und,das Pigment erscheint in kleinen Körnchen stäbchenförmig zwischen den Kanälchen.angeordnet, oft auch mit kleinen geschlängelten Ausläufern, so dass sehr zierliche Bilder entstehen; bei längerem Aufbewahren in Alkohol verschwindet es. Unter den Höckern bei der Scheere verschwindet diese Lage völlig, die nächste wölbt sich buckelförmig empor und grenzt unmittelbar an die erste homogene Lage; _ dieses Verhältniss wird auch von Williamson auf Taf. III. f. 16 von Pilumnus hirtellus abgezeichnet. Die dritte oder innerste Lage (cf. Fig. 1. d) ist am stärksten ent- wickelt; sie besteht auch aus einzelnen Lamellen, die aber ziemlich weit von einander liegen, nach innen zu jedoch sich allmählig nähern, so dass die innersten Lamellen oft nur mit Mühe gegenseitig abzugrenzen sind, Sie ist von wellig verlaufenden Porenkanälen durchzogen, welche unmit- telbar in diejenigen der mittleren Lage übergehen und erscheint stets ohne Pigment oder Färbung. Ihre Dicke varjirt sehr nach den Körper- stellen, am dünnsten erscheint sie an den falschen Füssen, der untern Fläche der epimeren Ecken, am dicksten an den Scheeren, wo sie an grossen Thieren bis 0,5 Mm. Dicke und darüber erreichen kann; demge- mäss variirt auch sehr die Zahl der einzelnen Lamellen und der Abstand derselben von einander. . Auch sie zeigt den Abdruck der unter ihr lie- genden Chitinogenzellen: es ist mir gelungen, solche zellige Contouren, genau den Endflächen der Zellen entsprechend, mit Ueberosmiumsäure darzustellen, wodurch sieh die Begrenzungen der Felder ganz schwarz !) Zum feinereu Bau der Arthropoden p, 381. bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 131 färben, während der mittlere Theil frei bleibt. Mit Carmin färbt sich die innerste Lage intensiv roth, die mittlere nur schwach und die äusserste ‚gar nicht. ee Ueber der Kiemenhöhle bildei der Panzer eine Duplikatur: es schlägt sich derselhe nach innen um und überzieht inwendig den ganzen Raum über den Kiemen. Dieser Theil (ef. Fig. 1. a.) ist sehr dünn, völlig durchsichtig, ohne Porenkanäle und mit sehr deutlichen zelligen Feldern, auf denen ich keine Leisten finden konnte. Dem Baue nach entspricht dieses innere Blatt der äussersten Lage des Panzers, nur dass es nicht ver- kalkt; auf Schnitten, welche den Brustpanzerrand betreffen, sieht man die beiden innern Lagen des verkalkten Panzers allmählich nach dem Rande zu dünner werden und nur die äusserste Lage sich in das innere Blatt fortsetzen. Nach dieser Darstellung des allgemeinen Baues des Panzers bleibt mir nur noch übrig, die Anhänge desselben in Betracht zu ziehen; eine Art — die Höcker — habe ich bereits oben erwähnt: die andre sind die Haare. Ueber den ganzen Panzer zerstreut und in besondere Reihen au den Rändern desselben angeordnet stehen verschieden gebaute Haare. Sie sind sämmtlich hohl — mit Ausnahme kleiner hackenförmiger Härchen aus dem innern Blatt der Kiemenduplikatur —, von glänzender gelber .Farbe, verkalken nicht und sind mit dem Panzer durch eine Art Gelenk verbunden; zu Allen führt ein. breiter Kanal durch den Panzer, der einen Fortsatz des Chitinogengewebes aufnimmt. Je nachdem nun das Lumen des Haares mit diesem Kanal kommunizirt oder nicht, kann man zwei verschieden gebaute Formen unterscheiden: die einen, deren Höhlung gegen den Kanal völlig abgeschlossen ist (ef. Fig. 9, 11. b.) — dieser Abschluss findet an der Einlenkung statt — sind in der Regel sehr lang, ihr Lumen weit, ihre Wandung dünn und sind mit kleineren soliden Härchen feder- bartartig besetzt; sie bilden die überwiegende Mehrzahl und finden sich im Härchenbesatz des Brustpanzerrandes allein, in epimeren Ecken, der Schwanzzacken, der falschen Füsse, inneren Blattes der Kiemenduplikatur und am. Panzer: zerstreut vorherrschend. Die andere Form, deren Lumen mit dem Kanal im Panzer in Verbindung steht, ist klein, starr gebaut, ohne secundäre Härchen von enger Höhlung und dicken Wänden; sie kommt fast ausschliesslich auf den Antennen vor, sonst unter den andern zerstreut. Bei beiden Haarformen findet sich das Lumen stets’ unausge- füllt, die Fortsätze des Chitinogengewebes reichen stets nur bis an die Einlenkung. Hier muss ich auf ein eigenthümliches Verhalten ‚genaue im mittleren Theil der Haare aufmerksam machen, obgleich ich dasselbe erst bei der Häutung erklären kann: in der Mitte jeden Haares zeigt sich eine 132 BRAUN Ueber die histologischen Vorgänge kurze Verdickung der Wand nach innen und von da ab bis zur Einlenk- . ung ist bei der ersten Form die Wandung nicht glatt, sondern erscheint wie gefaltet (ef. Fig. 29.): Der Bau der Hörhaare schliesst sich mit Ausnahme der Einlenkung und des nervösen Theiles an die erste Form an, nur sind sie im- ganzen viel zarter. Die Einlenkung stimmt mit dem überein, was Hensen !) hie- rüber bei andern Krebsen angiebt. Die sogenannten Geruchskolben an den innern Antennen schliessen sich an die zweite Form an, nur sind ihre äussern Enden wie bekannt modifizirt. a Unter dem Panzer finde ich überall eine aus deutlichen Zellen be- stehende Matrix (cf. Fig. 1. 2.e u. e‘) oder Chitinogengewebe; sowohl frisch untersucht, wobei am besten Zusatz von Krebsblut oder der Inhalt der wasserhellen Blasen dient, als auf Zusatz von verdünnter Essigsäure oder Chromsäure lassen sich die einzelnen Cylinderzellen unterscheiden; selbst an entkalkten Krebsen konnte ich auf Schnitten mich vom Vor- handensein einer einschichtigen Cylinderzellenlage überzeugen. Freilich muss ich hier bemerken, dass dies namentlich unter letztgenannter Be- handlungsweise nicht immer gelingt, doch scheint mir dann die Behand- lung selbst die Ursache zu sein, denn wie gesagt war die Regel das Vor- kommen gesonderter und isolirbarer Cylinderzel'en. Durch gegenseitigen Druck haben sie sich abgeplattet und zeigen auf dem Flächenschnitt poly- gonale Begrenzung?). Nicht überall ist die Form der Zellen eine rein eylindrische, oft wird der längere Durchmesser verkürzt und so kommt die kubische Form zu Stande Das Protoplasma der Zellen ist im frischen Zustande durch kleinste Körnchen stark getrübt, welches sich mit Essig- säure fast ganz aufhellt. Jede Zelle besitzt einen grossen regelmässigen elliptischen Kern, der ebenfalls stark lichtbrechende Körnchen und ein oder mehrere Kernkörperchen enthält. Mit ihren untern Enden sitzen die Zellen dem unter ihnen liegenden Bindegewebe auf, welches sich zu einer Art tragender Membran verdichtet und nach innen in das grosszellige Binde- gewebe oder die Gewebe des Körpers übergeht. Diese Bindegewebsschicht enthält auch die verschiedenen Pigmente der Haut: 1. gelb gefärbte stern- förmige Zellen mit blassem Kern und von grosser Resistenz gegen Rea- 1) Gehörorgan der Decapoden. ?) Die‘ Haeckel’sche Figur 22 tab. XIX. Müll. Arch. 1857 kann ich mir nicht erklären; die Struktur des Panzers ist gerade umgekehrt als in Wirklichkeit ge- zeichnet; das darunter. liegende mehrschichtige Epithel ist in der Flächenansicht gezeichnet, während der Schnitt ein Vertikalschnitt sein soll; ebenso wenig konnte ich mich von dem angegebenen Verhältniss des Fortsatzes der Matrix in das Haar überzeugen, Lig. 23 entspricht dagegen meinen Befunden. bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 133 sentien, 2. rothe, stark verästelte Zellen mit blasseın Kern, deren Farb- stoff leicht herausfliesst und dann wie rothe Oeltröpfehen aussicht; 3. quadratische oder oblonge Krystalle von schön -himmelblauer Farbe, ‘welche in kleinen Gruppen zusammenliegen; konzentrirte Essigsäure macht die gelben Zellen deutlich orangefarben, die rothen fliessen in Tropfen auseinander und werden heller; die blauen Krystalle werden dunkelblau, dann dunkellilla, nehmen allmählich hellere Farben an und verblassen zu- letzt ganz. Eine besondere Modifieation erfährt das Chitinogengewebe an den- ‚jenigen Stellen, an denen sich Muskelfasern am Panzer inseriren (cf. Fig. 3). Man bemerkt hier lange, schmale Cylinderzellen, deren freies d. h. gegen den Panzer gerichtetes Ende etwas angeschwollen erscheint und überall eine deutliche Längsstreifung erkennen lässt; jede Zelle trägt ihren ellip- tischen, regelmässigen Kern und ist scharf gegen die Muskelfaser abge- srenzt; ihre Länge beträgt 0,041 Mm., die Breite 0.007 Mm., auf eine Muskelfaser kommen ungefähr 7—S solcher Zellen. Am frischen Thier kann man sich nur schwer von diesem Verhalten überzeugen, man be- kommt beim Zerzupfen nur selten Muskelfasern mit ihrem Besatz von Chitinogenzellen, in der Regel sind letztere abgerissen; sehr deutlich er- hält man sie auf Schnitten durch den entkalkten Panzer. Nach innen vom Chitinogengewebe finden wir die schon erwähnte bindegewebigeBasalmembran, auf welche manchmal noch das gvoss- zellige Bindegewebe folgt oder welches direkt in andere Gewebe des Kör- pers übergeht. Anders ist das Verhalten in den Panzerduplikaturen, zu. denen ich ausser der über der Kiemenhöhle noch die epimeren Ecken und - die Schwanzzaeken rechne, Hier findet sich stets zwischen den beiden Blät- tern des Panzers ein System vonquerdurchsetzenden Bindegewebs- balken (ef. Fig. 1. 2. 10. 32. 33.) ausgespannt, welches allgemein in den Duplikaturen der Crustaceen vorzukommen scheint Kossmann?) be- schreibt solche von den Duplikaturen der schmarotzenden Rankenfüsser und von Conchoderma virgatum. Leydig?) erwähnt bei den Daphniden speziell bei Sida erystallina durchsetzende Querbälkchen, welche beide Lamellen der Schalenklappen unter einander befestigen; die zwischen den Balken freibleibenden Lücken werden von der Blutflüssigkeit durchströmt, sind also Bluträume; die Querbälkchen der Schale nennt er Stützfasern. Beim Flusskrebs ist dieses System von bindegewebigen Stützbalken an 1) Beiträge zur Anatomie der schmarotzenden Rankenfüsser p. 113 u tab. V. f. 21. Suetoria und Lepadidae. p. 183. tab. X f, 12 u. 13, 2) Naturgeschichte der Daphniden p. 90, 134 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge den erwähnten Stellen sehr deutlich ausgesprochen. Die Balken sind aus mehreren Fasern zusammengesetzt, die meistens Kerne zwischen sich er- kennen lassen und eine unmittelbare Fortsetzung der Chitinogenzellen zu sein scheinen; mir ist es weder am frischen Thier noch durch verschie- denste Reagentien gelungen, eine Grenze zwischen Fasern und Zellen dar- zustellen; stets hat es den Anschein, als ob jede Zelle mit ihrem inneren Ende direkt in die Faser ausgewachsen sei, so dass also die einzelne Faser an jedem Ende eine Zelle trüge und wirklich bekam ich auch öfters "auf Zerzupfungspräparaten solche Fasern; jede solche Zelle zeigt an ihrer Endfläche eine sehr deutliche Längsstreifung, die sich bis fast an den ellipti- schen Kern erstreckt, ganz so wie an den Zellen der Muskelfasern. Wo die Grenze zwischen Bindegewebe und Epithel zu ziehen ist, muss für den Flusskrebs die Entwicklungsgeschichte zeigen; bei Conchoderma vir- gatum war es Kossmann wegen natürlicher Pigmentirung der Zellen mög- lich, diese Grenze zu sehen, bei den schmarotzenden Rankenfüssern ver- muthet er sie nur. Auch in den Scheerenfüssen und den Scheeren selbst kommt dieser unerklärliche Zusammenhang von Bindegewebsfasern und Chitinogenzellen vor, nur verlieren sich hier die Fasern in das Zwischengewebe und treten nicht direkt ohne Verästelung an die Zellen der gegenüberliegenden Seite. Zwischen den bindegewebigen Stützbalken liegt das grosszellige Bindege- webe —= Zellgewebe Haeckel’s 1) (cf. Fig. 1. g), in letzterem verlaufen die zahlreichen Nerven, Gefässe, sind die Drüsen und Haartuben einge- lagert. Die Nerven habe ich wenig beachtet, da sie in keinem Zusammen- hang mit der Häutung stehen. Von den Gefässen muss ich erwähnen, dass nicht immer eine besonders abgegrenzte Wandung derselben vor- kommt, namentlich am Rande der Kiemenduplikatur fehlt jegliches Ge- webe zwischen den Stützbalken und sah ich diese Stellen oft ganz mit geronnenem Blut und Blutkörperchen erfüllt (cf. Fig. 2.), es sind also die Zwischenräume zwischen den Stützbalken beim Flusskrebs ebenso als Blutsinus aufzufassen, wie es Leydig für die Daphnien und Kossmann für die schmarotzenden Rankenfüsser thut. Als Hautdrüsen sind zu nennen: l. Die Leydig’schen Kiemendeachdrüsen ?) (Fig. 1. i u. 9), welche in das Innere der Kiemenhöhle einmünden ; ihre Mündungen bringt man sich leicht zu Gesicht, wenn man das innere Blatt !) Gewebe des Flusskrebses p. 504. ?) Lehrbuch der Histologie p. 116, bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 135 der Duplikatur über der Kiemenhöhle abzieht und ausgebreitet untersucht, es bleiben da oft noch die zarten Ausführungsgänge hängen; sie münden stets einzeln und regellos zerstreut; die Drüsenzellen haben Cylinderform ‘oder sind konisch zugespitzt mit grossem, elliptischen Kern; die ganze Drüse zeigt nur ‚wenige sekundäre Läppchen; der Durchmesser der Mün- dungsöffnung beträgt nur 0,003 Mm. 2. Die Kittdrüsen. Bei Gelegenheit des Studiums der Häutungsvorgänge fand ich drü- senarlige Gebilde in den epimeren Ecken und in den Schwanzzacken, die ich nach mehrfachen Irrwegen als nach aussen mündende Hautdrüsen er- kannte und deren konstantes alleiniges -Vorkommen beim Weibchen des Flusskrebses mich auf den Zusammenhang derselben mit der Geschlechts- funetion hinführte. In der Literatur fand ich eine einzige Angabe von _ Lereboullet1). über diesen Gegenstand, die ohne Benützung nur in der Zoologie von Claus eitirt wird; auf Lereboullet’s Befunde gestützt sagt Milne-Edwards?) nebenbei in einer Anmerkung: Der leimartige Stoff (matiere agglutinative), welcher jedes Ei umzieht und es an die falschın Füsse anheftet, ist kein Produkt der Wandung des Eileiters, sondern wird von Unterhautdrüsen abgesondert, welche an der untern Fläche des Ab- domens liegen). Lereboullet’s Resultate sind in kurzem folgende: Mehrere Wochen vor dem Eierlegen erscheinen auf der Unterseite des Abdomens des Weibchens weissliche Flecken, welche sich über den untern Bogen eines jeden Kör- perringes hinziehen und die sämmtlichen eckigen Anhänge des Schwanzes auch die falschen Füsse mit Ausnahme der mittelsten oder Afterzacke ein- nehmen. Die Menge dieser „matiere blanche“ vermehrt sich von Tag zu Tag bis zur Eiablage, nach derselben ist sie nicht mehr zu sehen, erst wieder im nächsten Jahr zur selben Zeit (November). Unter dem Mikro- 1) Recherches sur la mode de fixation des oeufs aux fausses pattes abdominales dans les Ecrevisses. 2) Lecons sur la Physiologie et l’Anatomie compar&e. Tom, IX. p. 253 Anm. 1. 3) Rathke erwähnt in seiner Entwicklungsgeschichte des Flusskrebses p. 8 eines weissen Fleckes, der zur Zeit der Eiablage an den Wurzeln der 3 hintern Bein- paare sich finden soll; dieser Fleck hat mit den Kittdrüsen Nichts zu thun; ich fand ihn fast bei allen Weibchen zu dieser Zeit, bei einzelnen auch auf einer Schwanzzacke; die nur flüchtige mikroskopische Untersuchung liess mich eine Menge kleiner, glänzender Körnchen erkennen und unter ihnen eine ganze Fauna und Flora niederer Organismen; ob letzterer Befund ein zufälliger ist, kann ich nicht entscheiden, 136 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge skop erblickt er eine körnige Masse ohne bestimmte Contouren, welche kuglige, zellförmige Körperchen von 0,015 Mm. Durchmesser einschliesst ; aus ihrer Reaction gegen Essigsäure, welche die Körperchen durch Auf- hellen der körnigen Masse schärfer ‘hervortreten lässt, schliesst er, dass sie keine Zellen, vielmehr Kerne oder keınartige Bläschen mit Körnchen gefüllt seien; sie sollen bei weiterer Ausbildung der „matiere blanche*, eine Grösse bis zu 0,5 Mm. erreichen. Hierauf bespricht cr die Anheft- ungsweise der Eier und lässt seine „matiere blanche“. durch den Panzer hindurchschwitzen; zum Schluss sagt er ausdrücklich: „Wir haben hier ein Beispiel einer Secretion ohne Drüsenapparat“. ; i Meine Befunde sind nun den eben mitgetheilten zum Theil entgegen- gesetzt: zu jeder Jahreszeit habe. ich beim Krebsweibchen auf der Unter- seite des Schwanzes in derselben Ausdehnung, wie sie Lereboullet angibt, _ wirkliche Drüsen mit nach aussen mündenden Ausführungsgängen gefunden. Fig. 6. Taf. I. zeigt die Mündungen dieser Kittdrüsen im Panzer des Abdomens, wie sie sich dem blossen Auge an der entkalkten und aufge- hellten Unterseite des Schwanzes darbieten. Sie nehmen die vorderen zwei Drittel aller Epimeren ein, ziehen sich von da aus an den hintern Gren- zen der Körperringe entlang bis gegen die Mitte, welche von Haaren ein- genommen wird und an denen sie fast ausnahmslos fehlen; dafür münden sie an den. Mitteltheilen der vordern Grenzen der Ringe und verbinden so die durch die Haare unterbrochene Continuität der Mündungsreihen . über den ganzen Ring; ausserdem finden sich noch an den Wurzeln der beiden seitlichen Schwanzzacken Mündungen, welche kaum mehr als das erste Drittel derselben einnehmen; die Afterzacke ist von ihnen frei. Bei stärkerer Vergrösserung (Fig. 7.) sieht man die Mündungen meist in meh- reren. Gruppen. vereinigt, selten einzeln, öfters in der Nachbarschaft eines kleinen Haares. Der Durchmesser der Drüsenmündungen ist wie bei allen andern des Flusskrebses schr klein und beträgt 0,008—0,005 Mm. Der Drüsenkörper (ef. Fig. 8.) liegt in den Geweben der Epimeren oder Schwanz- zacken und besteht aus deutlichen rundlichen oder. polyedrischen Zellen mit rundem oder ovalem Kern. Die Masse betragen: für die Zellen 0,019 Mm, Durchmesser, für den Kern 0,007 Mm. ir schien mir selten besondere Läppehen zu bilden, wie z. B. an den Speicheldrüsen, sondern ging direet in den Ausführungsgang über; er ist völlig von einer strukturlosen Membran umhüllt, die sich auch noch an den Ausführungsgang anschliesst und in diesem Theile Kerne wie bei den Speicheldrüsen erkennen lässt. Bei Krebsen, die ich Anfang November, also kurz vor dem Eierlegen untersuchte, fand ich oft einen Theil der Drüsen und die Ausführungsgänge mit einem glasigen, durch die Behänd- bei der Häutung von Astacus Aluviatilis. 137 .“ lung schr verschiedenartig erstarrtem Secret erfüllt; die Drüsenzellen wa- ren denn in ihren Grenzen kaum von einander zu erkennen, was uns aber nieht wundern kann, da es öfters beim Flusskrebs vorkommt. Ich stehe nicht an, diese Drüsen :als Kittdrüsen zu bezeichnen und ihnen die Function des Anheftens der Eier zuzuschreiben. Lereboullet hat offenbar dieselben Drüsen vor sich gehabt, ihre Zellgrenzen jedoch nicht erkannt, nur ihre Kerne aus dem Verhalten ‚gegen Essigsäure richtig ge- deutet; warum er sich nicht.nach Kanälen für das Durchsehwitzen seiner „weissen Materie“ umgesehen hat, weiss ich nicht; er wäre gewiss hier- durch zur richtigen Auffassung gekommen. Seine Angaben von dem Grösserwerden der Kerne kann ich nicht bestätigen, auf meinen Schnitten aus verschiedenen. Lebensperioden haben alle Kerne dieselbe Grösse, schwanken wenigstens nicht zwischen solchen Extremen wie bei Lereboullet. Dass die Drüsen stets vorhanden sind, habe ich schon erwähnt, leicht er- klärlich ist es, wenn dieselben zur Zeit ihrer Function grösser erscheinen und nach derselben sich zu verkleinerä beginnen, aber nicht ganz schwinden. Ueber das Vorkommen der Kittdrüsen bei andern Decapoden kann ich leider Nichts angeben ; ich untersuchte mehrere -in Spiritus konservirte Exemplare verschiedener Species, musste jedoch bald hiervon abstehen, da es nicht möglich war, mit absoluter Sicherheit die Mündungen derselben von abgerissenen Haaren und Haarkanälen des Panzers zu unterscheiden ; an eine Untersuchung der Drüsen selbst war bei der gewöhnlichen Auf- $ewahrungsmethode derartiger Objeete — unentkalkt in Spiritus oder. trocken — gar nicht zu denken. 3. Zellennester aus den grossen Scheeren. In den Fingern und auch noch in dem sich ihnen anschliessenden Gliede der Scheeren finde ich auf Querschnitten meist unregelmässig ge- staltete, kuglige' Zellengruppen, dieht unter den Chitinogenzellen liegend, deren Bedeutung mir nicht klar geworden ist. Die Zellen sind insofern sehr auffallend, als sie ganz mit kleinsten Körnchen erfüllt scheinen, welche sich nicht wie die Körnchen des Protoplasmas anderer Zellen bei der Behandlung mit Terpentin lösen, auch nicht in Essigsäure; Farbstoffe nehmen sie ebenfalls nieht an; die Zellen haben oft konische, oft rund- liche oder polyedrische Gestalt; bei der ersteren Form liegen die runden ‚Kerne stets wandständig d. h. in der breiteren Basis. Oefters sche ich in ihnen ein deutliches Lumen, meistens fehlt dies. Ausführungsgänge oder Mündungen aussen äm Panzer habe ich nicht finden können. In den sich regenerirenden Scheeren fehlen sie, doch reichte mir das Material. nicht aus, um ihre Bildung zu beobachten und somit etwa auf ihre Deutung 138 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge zu kommen. Während der Häutung gehen an ihnen keine sichtbaren Veränderungen vor. : Wie bereits erwähnt, setzt sich ein Theil der Chitinogenzellen in den Kanal fort, welcher durch den Panzer zu jedem Haare führt und bildet den Anfang der Zellentuben1), der Bildungsstätte der neuen Haare beim Schalenwechsel (ef. Fig. 11. d.). Der Fortsatz in ‘den Haarkanal lässt stets einzelne Kerne erkennen, doch ist sehr schwer, wirkliche Zellengren- zen an ihm zu unterscheiden; er geht nie in das eigentliche Haar hinein, sondern endet im Haarkanal des Panzers etwas zugespitzt. Er setzt sich als ein Strang in der Richtung der Haare nach innen fort und endet mit einer breiten Anschwellung (ef. Fig. 11. e.); seine Länge beträgt die Hälfte der- Länge des zugehörigen Haares. Die Zellentube erscheint während ihres ganzen Verlaufes aus Kernen zusammengesetzt, welche in einer trüben, gleichartigen Masse, dem Zellenprotoplasma, liegen ; Zellengrenzen konnte ich nicht erkennen; die Endanschwellung zeigt mit einiger Sicherheit Zellengrenzen. Auf dem Querschnitt fef. Fig. 10.) kann man eine Sonde- ung der Theile in der anscheinend gleichmässig gebauten Zellentube er- kennen, welche aber nicht die Endanschwellung betrifft. Es sondert sich eine äussere Zellenlage scharf von einer innern ab, welche letztere man nach ihrer Function bei der Haarbildung als Haarpapille bezeichnen kann, Oefters bekam ich statt des Querschnittes der Papille einen gelbglänzen- den Körper, der kuglig war und den ich auch manchmal in anderen Ge- weben antraf, vielleicht ist eine pathologische Neubildung verursacht durch noch unbekannte Parasiten. Ist der Schnitt tiefer gegangen, so bekommt man den Anfang der Endanschwellung selbst -auf demselben; und nament- lich bei Untersuchung der Schwanzzacken hat man meistens beide Zustände auf einem Schnitt; es stehen nämlich die Zellentuben der längeren Haare (die nicht mit dem Haarkanal communiciren), je eine zwischen zwei Stütz- bälkchen unter dem Epithel der einen Fläche und diejenigen der kürzere ebenso auf der entgegengesetzten Fläche, während man bei erstern noch den Verlauf der Tube schneidet, trifft man bei den. letzteren meist schon die Endanschwellung, welche aneinanderliegende Zellen oder Kerne er- kennen lässt. | Die Entstehung der Zellentuben konnte ich nicht beobachten, 'sie lässt sich nur bei der Entwicklung eruiren; ich fand dieselben stets vorgebildet bei jedem Haar des Panzers, doch kann man wohl aus ihrer Struktur 1) Ich acceptire diesen Namen von J/ensen (Gehörorgan der Decapoden), wenn auch meiner Ansicht nach von Tuben nur während der Häutungszeit bei den neu- gebildeten Haaren die Rede sein kann. bei der Häutung von Astacus fluviatilis. . 139 und ihrer Function beim Schalenwechsel schliessen, dass sie durch Ein- stülpung aus den Chitinogenzellen entstehen und reines Chitinogengewebe -sind. Eine Theilnahme anderer Gewebe an der Zusammensetzung der “Haartuben habe ich nicht beobachtet, wie sie Hensen 1) beschreibt; Ge- fässe und Nerven umspinnen sicher die Tube, doch konnte ich einen Ein- tritt derselben mit Sicherheit nicht finden. Anm. V. Graber?) beschreibt von der Grille oder Laubheuschrecke mehrkernige, flaschenförmige Zellen, welche einen papillenförmigen Fortsatz in die Wurzel der hohlen, haarförmigen Quticularan- hänge eindringen; diese Gebilde erklärt er nicht für mit den Haaren in Verbindung stehende Hautdrüsen, wie sie Leydig 3) von Bombyx rubi beschreibt, sondern bringt sie mit der Haar- erzeugung in Verbindung und nennt sie Trichogenzellen. Die Art und Weise der Haarbildung ‚ist jedoch nicht angegeben, deshalb kann ich sie vorläufig noch nicht in Parallele mit den viele Zellen und eine wirkliche Papille enthaltenden Zellentuben des Flusskrebses bringen. B. Darmtractus: Der Darm zerfällt beim Flusskrebs in 3 Theile: Oesophagus, Magen und Enddarm, welche ich jedoch, da sie in ihrer Struktur keine wesent- lichen Verschiedenheiten darbieten, gemeinsam beschreiben will. Die innere Fläche des Darmes ist von einer an den verschiedenen Stellen verschieden gebauten Cuticula ausgekleidet, welche nur in den so- genannten Zähnen des Magens verkalkt und Porenkanäle zeigt. Im Oeso- phagus erreicht sie eine beträchtliche Dicke und zeigt sich aus einzelnen Lamellen zusammengesetzt (ef. Fig. 5. b.), sie trägt an dem Uebergange in den Panzer. also am Munde Haare, welche wie die des Panzers ge- baut sind, nach dem Magen zu finde ich nur%kleine, solide, gelbglänzende Härchen, wie sie so verbreitet im Magen selbst sind. Die QOutieularbild- ungen des Magens sind sehr mannigfacher Art; ihre Beschreibung würde mich viel zu weit führen, ohnedies hat auch Oesterlen ?) sehr ausführlich darüber gehandelt und verweise ich hier darauf. 1) Gehörorgan der Decapoden p. 58, ?) Eine Art fibrilloiden Bindegewebes der Insektenhaut p. 129. 3) Lehrbuch der Histologie p. 115. f. 59. %) Ueber den Magen des Flusskrebses. 140 BRAUN; Ueber die histologischen Vorgänge Die Intima des Enddarms zeigt auf grösseren Feldern entsprechend den papillenartigen Erhebungen der Chitinogenzellen kleinere zellige Be- grenzungen, wie sie auch im Magen und am Panzer vorkommen und welche durch die Chitinogenzellen selbst hervorgerufen sind. Auf jedem solchen zelligen Bezirke stehen 3—6 kleine Leisten, welche Meckel 1) be- reits als Härchen erwähnt; ich nenne sie mit Absicht nicht Härchen, wenn sie auch, wie bei der Häutung gezeigt werden wird, aus solchen hervorgegangen sind, sondern Leisten, weil sie der -Cuticula direct auf- liegen und so mit ihr verschmolzen sind, dass sie sich an Falten der- selben stets mit einbiegen, \ Die Chitinogenzellen des Darms sind überall grosse Oylinderzellen (ef. Fig, 5 e.) mit deutlichem, elliptischen, gekörntem Kern und Kernkörperchen ; sie sind schon bei der frischen Untersuchung: als solche zu erkennen und sind die folgenden Masse von frischen Zellen aus dem Oesophagus cent- nommen: Länge der Zellen = 0,091 Mm.,, Breite — 0,010 Mm., Länge ‘des Kerns = 0,021 Mm., Breite 0,008 Mm. Ebenso verhalten sich die Zellen des Magens und des Enddarmes, nur sind letztere im Allgemeinen etwas kürzer; nur der Anfangstheil des Enddarms dicht hinter dem Magen zeigt Oylinderzellen von beinahe riesigen ‚Dimensionen; die Länge dieser Zellen, die sich auch frisch leicht isoliren lassen, beträgt bis 0,125 Mm., ihre Breite 0,021 Mm., Länge des Kernes = 0,033 Mm., Breite 0,016 Mm,, Kernkörperchen hat 0,002 Mm. im Durchmesser. ‚An denjenigen Stellen der Chitinhaut, an denen sich Muskeln inseriren, z. B. in den Zähnen des Magens, zeigt das Epithel dieselbe von der. Norm verschiedene Struetur wie unter gleichen Verhältnissen am Panzer und verweise ich daher hier auf das oben darüber Mitgetheilte. | Im ganzen Darm bildet das Bindegewebe eine Art von Membran unter den Zellen, wie am Panzer; auf sehr dünnen Schnitten kann man sich von der innigen Verschmelzung der die Membran bildenden Fasern mit den Zellgrenzen resp, den Zellhüllen überzeugen. Auch die querge- streiften, sich vielfach theilenden - Muskelfasern im Oesophagus und im Enddarm, welche von der äussern Ringsmuskulatur des Darms sich ab- zweigend nach der Chitinhaut streben, verschmelzen mit ihren faserigen önden sehr innig mit den Zellbüllen. Nach aussen von der Ringsmusku- latur findet sich die sogenannte Serosa, eine dünne Schicht grosszelligen Bindegewebes, welches den Darm mit den benachbarten Theilen verbindet. Dasselbe füllt auch alle Lücken der Darmwandung zwischen den genannten Iilementen aus; es scheint an einzelnen Stellen einige Verschiedenheit von #) Mikrographie einiger Drüsenapparate p. 20. bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 141 dem unter den Chitinogenzellen des Panzers gelegenen zu bieten, nament- lich ist mir oft der grosse Reichthum an Kernen aufgefallen, doch habe -ieh dies nicht näher in Betracht gezogen. Es bleibt mir noch übrig, die Krebssteintasche und die von mir ge- fundenen Speicheldrüsen aus dem Oesophagus zu beschreiben. l. Die Krebssteintasche. Auf dem Magen bemerkt man beiderseits der Einmündung des Oeso- phagus etwas nach innen einen runden, durch seine mehr weissliche Farbe von den übrigen gallertigen Theilen abstechenden Fleck, welcher sich auf Querschnitten des gehärteten Magens als eine flache, papillenartige Er- hebung (ef. Fig. 12) erweist und in diesem Zustande Nichts einer Tasche ähnliches bietet. Dicht nach aussen von der Chitinhaut, welche continuir- lich in diejenige des Magens übergeht, liegt eine einschichtige Lage von Cylinderzellen, die sich nicht von denen an andern Theilen des Darms unterscheiden; an den abfallenden Flächen der Papille werden sie kubisch und gehen allmählich in die Chitinogenzellen der übrigen Schleimhaut über. Hierauf folgt nach aussen das grosszellige Bindegewebe. Die Krebsstein- tasche ist also eine papillenförmige Erhebung eines Theiles der ganzen Wandung des Magens; die Bildung des Steines werde ich später be- sehreiben. 2. Speicheldrüsen. Sämmtliche mir zugänglichen Handbücher der Zoologie, vergleichen- den Anatomie und Histologie geben an, dass Speicheldrüsen den Decapo- den durchweg zu fehlen scheinen. Wie ich aus einer Angabe Ohantran’s!) ersehe, hat Batke einmal die grünen Drüsen als Speicheldrüsen ange- sprochen, doch ist dies bald von Lereboullet widerlegt worden, da sie nicht mit der Verdauungshöhle eommunieiren. K. E. v. Baer?) schliesst aus einer Analyse der Krebssteine, in denen Dulk®) eine Quantität Spei- ehelstoff gefunden hat, dass dieselben Speichelsteine seien und dass die Tasche, in denen der Stein gebildet wird, einem Drüsenbalg gleich zu achten sei; ob einer Speicheldrüse, wird nicht bestimmt ausgedrückt, ist aber doch wohl aus obigem resp. aus dem Product der Drüse, — den Speichelsteinen — zu schliessen. Diese Auffassung scheint nirgends Ein- 1) Compt. rend. Tom. LXXVIII. p. 655. . 2) Ueber die sogenannte Erneuerung des Magens der Krebse und die Bedeutung der Krebssteine. 3) Chemische Untersuchung der Krebssteine p. 128. Arbeiten aus dem zooleg,-zootom, Institut in Würzburg. II. Bd. 10 142 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge gang gefunden zu haben, trägt auch so wenig Wahrscheinliches, dass ich sie daher kaum weiter zu berücksichtigen brauche, um so weniger, da ich im ÖOesophagus des Flusskrebses Drüsen gefunden habe, welche in das Lumen desselben einmünden und denen man wohl mit mehr Recht und nach Analogie der Nomenclatur andrer Speicheldrüsen den Namen Speichel- drüsen zulegen kann; damit will ich mich jedoch nicht zugleich über die Function dieser Drüsen aussprechen, da mir physiologische Experimente fehlen. ; Schon mit unbewafinetem Auge erkennt man am frischen Oesophagus namentlich leicht dicht hinter der Mundöffnung weissliche Punkte von der Grösse kleiner Stecknadelknöpfe in den sonst hellen Geweben; im weiteren Verlaufe werden sie immer spärlicher und sind kurz vor dem Uebergange in den Magen nicht mehr zu finden, Noch deutlicher treten die Drüsen hervor, wenn man den Oesophagus mehrere Stunden in Wasser oder in zur Hälfte mit Wasser verdünnter Müller’scher Flüssigkeit liegen lässt; letztere Lösung eignet sich vortrefflich zur Conservirung der Gewebe, die Zellengrenzung treten deutlich hervor, so dass man selbst noch nach 8 Tagen die Gewebe wie am frischen Thier erhält. Bei der mikroskopischen Untersuchung der frischen Theile, die man am besten in Krebsblut oder in der Flüssigkeit der wasserhellen Blase vornimmt — bei letzterer Anwendung wird man nicht durch die zahl- reichen Blutkörperchen in der Beobachtung gestört — erkennt man leicht bestimmt abgegrenzte Zelleneomplexe von länglich eiförmiger Gestalt; in denselben sieht man auch leicht die Jumina der Ausführungsgänge, doch lassen sich letztere schwer bis zu ihrer Mündung in der starken Chitin- haut verfolgen. Um letzteres zu erreichen, ist es nöthig, den Oesophagus in verdünnter Chromsäure 1—2 Tage zı erhärten, dann in Alkohol von 30°/, einzulegen und Schnitte durch das ganze Rohr anzufertigen, die man mit Haematoxylin oder Carmin färbt und auf die gewöhnliche Art in Harze einschliesst. Die Drüsenzellen behalten so behandelt ihre Gestalt völlig bei, wie ich mich durch Messungen hinreichend überzeugt habe. Die Zellen sind eylindrisch (cf. Fig. 51), meist an dem das Lumen berührenden Ende konisch zugespitzt; ihr Protoplasma sitzt voll kleinster stark lichtbrechender Körnchen, welche sich in Essigsäure fast völlig lösen und an Schnitten, die mit Farbstoffen und Harzen behandelt sind, eben- falls fehlen. Der stets deutliche Kern ist wie in allen Epithelgeweben des Flusskrebses gross, oval, stark gekörnt und mit einem oder mehreren Kernkörperchen versehen. Auf Zusatz von Essigsäure treten die Zellgrenzen sehr deutlich her- vor, das Protoplasma hellt sich, wie bereits erwähnt, auf und lässt die bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 143 Kerne gut erkennen, sie liegen stets im peripheren Ende der Zellen, ihren grössten Durchmesser parallel dem Durchmesser der Zellen. Das Proto- plasma der Drüsenzellen ist wenigstens nach der Reaction gegen Haema- _toxylin verschieden von dem der Chitinogenzellen des Oesophagus; wäh- rend letzteres sich so gut wie gar nicht färbt, nimmt das erstere einen deutlichen blauen Ton an und an gefärbten Quer- oder Längsschnitten des ganzen Organs kann man sich schon mit blossem Auge oder mit der Lupe über die Vertheilung der Drüsen orientiren, da sie sich deutlich durch ihre Farbe hervorheben (cf. Fig. 4.). Die Grössenverhältnisse der Zahlen sind folgende: Breite der Zellen — 0,021 Mm., Höhe = 0,026 Mm., Kerne = 0,008—0,012 Mm. im Durchmesser. Diese Zellen gruppiren sich um kleine Ausführungsgänge, die keine Structur erkennen lassen ; meist zwei oder drei der letzteren treten zu einem grösseren Gange zusammen, der seinen Weg direkt zur Chitinhaut nimmt und dort in das Lumen des Oesophagus einmündet. Die Breite des Ausführungsganges beträgt 0,004 Mm, Derjenige Theil desselben, welcher durch die Chitinhaut geht, ist flaschenförmig oder konisch erweitert. Die Mündungen bringt man sich sehr leicht zu Gesicht, wenn man den herausgeschnittenen Oesophagus 12—24 Stunden in der gewöhnlichen verdünnten Chromsäurelösung macerirt, die Chitin- haut, deren Zusammenhang auf diese Weise von der darunter liegenden Zellschicht gelockert ist, abhebt und untersucht; man bemerkt dann zwi- schen den Härchen Gruppen von 2—4—6 Mündungen zusammenstehend von concentrischen Ringen umgeben; öfters ist ein Stück des Ausführungs- ganges an ihnen noch hängen geblieben. Die Speicheldrüsen des Flusskrebses liegen in dem grosszelligen Bindegewebe eingebettet, welches die Zellenlage von der Musecularis trennt; sie sind von einer zarten structurlosen Membran, die wohl als Ausscheid- ungsproduct der Zellen zu betrachten ist, umhüllt; sie liegt dem Drüsen- körper dicht an, den Ausführungsgang dagegen überzieht sie in einem gewissen Abstande; in dem dadurch entstehenden Zwischenraum sind ein- zelne Kerne von der gewöhnlichen Form beim Flusskrebs zu erkennen. IL, Abschnitt. Die Häutunge. Die Häutung ist schon so oft und so ansführlich vom Flusskrebse beschrieben worden, dass ich es vermeide, Bekanntes zu wiederholen; die 10* 144 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge Angaben der Autoren stimmen mit einander auch überein, so dass an der Richtigkeit derselben nicht zu zweifeln ist. Die neuesten Beobachtungen stammen von Chantran) der festgestellt hat, dass in die Zeit des gröss- ten Wachsthums auch die grösste Zahl der Häutungen fällt, dies ist im ersten und zweiten Lebensjahre, dann nehmen die Häutungen ab bis beim ausgewachsenen Thier nur eine Häutung jährlich stattfindet. Nach meinen Beobachtungen unterscheide ich mehrere Perioden bei der Häutung der ausgewachsenen Thiere: i 1) eine Vorbereitungsperiode, für welche ich die Zeit der Krebsstein- bildung ansehe; sie dauert von Anfang Mai bis ungefähr Mitte Juli, und variirt nach dem Alter, der Grösse des Thieres, nach der Tem- peratur des Wassers; 2) eine Periode der Haarbildung, die sich zeitlich nicht genau begren- zen lässt; so wie die Krebssteine ihre Grösse erreicht haben, beginnt eine Farbenveränderung des Panzers, er wird heller, grau; durch Re- sorption eines Theiles der Kalksalze und Aufhören seiner Ernährung wird er leicht zerbrechlich und spröde; zu dieser Zeit bilden sich die Haare; 3) eine Periode der Panzerbildung; diese greift in ihren Anfängen in die vorige Periode hinein und endet in der Häutung, welche linde Juli und Anfang August vor sich geht. 1. Krebssteinbildung. Anfang Mai beginnt die Ausscheidung der Krebssteine von dem be- reits beschriebenen Krebssteinwall. Die Bildung der Steine wird durch eine Abhebung der Magenintima von der darunter liegenden Zellenschicht eingeleitet; zu diesem Zweck sondern die Zellen auf ihren freien End- flächen kleine Härchen ab (ef. Fig. 16. 17.), die gewöhnlich an der Spitze knopfförmig verdickt sind; sie stehen zu 3—5 auf einer Zelle und wider- stehen dem Aufkochen in concentrirter Kalilauge länger als die Epithelien ; doch lösen auch sie sich nach längerem Kochen völlig auf. Ihre Länge beträgt 0,014 — 0,017 Mm., die Breite zu messen war mir unmöglich, sie sinkt unter 0,001 Mm. Wenn man Stadien erhält, die noch nicht völlig ausgebildet sind, so kann man die Härchen als kleine Knöpfechen auf dem deutlichen Epithelsaume sitzen sehen und ihre noch unausgeschiedenen linden selbst noch ein Stückehen weit in der Zelle präformirt erkennen, Es scheint hiernach, als ob in der Zelle selbst sich die einzelnen Theil- 1) Observations sur l’histoire naturelle des Eerevisses. bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 145 ehen verdichten und zu den Härchen sich aneinanderlagern, während letz- tere erst nachher in die Höhe geschoben oder durch Resorption des Zellen- -protoplasmas zwischen ihnen frei würden; die Thätigkeit der Abscheidung “würde also in den obern Theil der Zelle fallen, während man sie sonst immer der freien Oberfläche der Zelle zuschreibt. Das nächste Stadium, welches ich erhielt, zeigte mir zwischen Här- chen und Epithel bereits einige Lagen des Krebsteines abgesondert (cf. Fig. 18. u. 19.); der Diekendurchmesser des letzteren betrug in diesem Präparat 0,023 Mm., wie erwähnt bestand derselbe aus parallelen Blät- tern, Poren konnte ich nicht erkennen. Das Epithel zeigte keine Verän- derung, es waren dieselben Cylinderzellen mit grossem ovalen Kern, wie im ersten Stadium, nur dass sie jetzt an ihrer gesammten freien Fläche in bestimmten Absätzen Lagen einer chitinartigen Substanz producirte, die sich bald mit Kalksalzen imprägnirt und den ersten Anfang ‚des Krebs- steines darstellt. Die Härchen zwischen Magenintima und dem Krebssteine zeigten dieselben Verhältnisse wie oben. Später, wenn die Schichten des Steines zunehmen, fand ich die Här- chen stets im Zustande des Zerfalles (ef. Fig. 19. b,), an ihrer Stelle liegen Körnchen regellos zerstreut oder in der Längsrichtung der Härchen angeordnet und so ihr Herkommen andeutend; selten konnte ich hier und ‘da unzweifelhaft ein Härchen erkennen und in noch weiter vorgerückten Stadien war auch von den Körnchen Nichts mehr zu sehen. Nachdem die Haare also ihren vermuthlichen Zweck — die Verbindung zwischen Magen- intima und Epithelsehicht zu lockern, erfüllt hatten, gehen sie allmählich zu Grunde. Während dies über dem Krebsstein geschieht, gehen gleichzeitig auch in der Epithelschicht Veränderungen vor, die sowohl die ganze Gestalt als auch ihre Zusammensetzung betreffen. Betrachten wir die letztere zu- erst, so muss ich vorweg bemerken, dass ich nur das fertige Stadium kennen gelernt habe und über Bildung Nichts Sicheres angeben kann, Ich fand sowohl auf Längs- als auf Querschnitten durch den Krebsstein- wall, während die Härchen metamorphosirt zu werden begannen, — im II. Stadium — deutliche Einstülpungen der Epithelschicht, in welche stets ein Fortsatz des Krebssteines hineinragte (cf. Fig. 18. u. 19.). Diese Drüsen, wie ich sie wohl bezeichnen kann, waren so angeordnet, dass sie den Stein an seiner Peripherie wie ein Kranz, das Uentrum freilassend, um- gaben (cf. Fig. 13.); betrachtete ich einen solchen Stein, der kaum 1 Mm. im grössten Dickendurchmesser erreicht hatte, so fand ich auf der der Epithelsehicht zugewandten Fläche kleine Zapfen peripherisch neben ein- ander stehen, meistens zu 2 oder 3 angeordnet, das Centrum dieser untern 146 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge resp. äussern Fläche hatte keine Zäpfchen. Vergleiche ich dies mit dem Befunde der Drüsen und mit der Thatsache, dass ich einigemal den Fort- satz des Steines direct in der Drüse steckend fand, so erleidet es für mich keinen Zweifel, dass ein Kranz von Drüsen in der Epithelschicht, welche dieselben Zellen enthalten wie letztere, zur Abscheidung des Krebs- steines aunfgeireten ist; hierdurch wird die secernirende Oberfläche ver- grössert, was gewiss für die Secretion selbst von Bedeutung ist. Die ab- gesonderten Zapfen zeigen wie der Stein eine Zusammensetzung aus ein- zelnen — wenn auch nur wenigen Schichten. Ueber die Entstehung die- ser Drüsen kann ich Nichts angeben, mir sind dieselben nur in diesem Stadium zahlreich auf Schnitten begegnet, So sehr ich auch nach ihnen später suchte, konnte ich sie nie wieder antreffen, weder in früheren noch in späteren Stadien; ihr Auftreten und Verschwinden ist mir völlig ent- gangen. Wegen ihrer Structur verweise ich auf die beigegebenen Abbild- ungen 18, 19 und 20. ’ Wie schon erwähnt, ändert sich mit der Ausbildung des Steines die ‘ganze Form der secernirenden Fläche; vor Bildung desselben und auch noch in den ersten Stadien stellt sie eine wallartige Erhebung der Epithel- schicht des Magens auf etwas verjüngtem Stiele dar (ef. Fig. 12.). All- mählich beginnen sich die Ränder dieser Papille oder des Walles zu er- heben, sie schieben sich zwischen Magenintima und Peripherie der innern Fläche des Steines und umgreifen also den Stein an seinem ganzen Rande, das Centrum gegen das Mageninnere sehend wird nur von der Magen- intima bekleidet. Der ebene Steinwall hat sich allmählig zu einer wirk- lichen Steintasche verwandelt (ef. Fig. 14. u. 15.), die in ihrer Höhlung den Krebsstein ganz umschliesst; nach der Magenhöhle ist die Tasche von der Chitinhaut verschlossen. Hierdurch wird auch die Gestalt des Steines eine wesentlch andere: er stellte bis hierher eine im Centrum etwas verdickte Scheibe dar, abgesehen von den Zapfen der äussern Fläche; durch die Erhebung des Randes des Walles und fortdauernde Ab- setzung von Schichten wird der Rand verdiekt, das Centrum bleibt ein- gezogen; so erklärt sich auch leicht die eigenthümliche Gestalt des aus- gebildeten Krebssteines, dessen convexe Fläche die äussere ist, die innere Fläche dagegen zeigt im Centrum eine eylinderförmige Vertiefung. Je nach der Grösse und dem Alter des Individuums richten sich die (Grössenverhältnisse des Steines; dieser gelangt bei der Häutung in das Innere des neugebildeten Magens, wo er wahrscheinlich resorbirt wird und so dem Blute einen Theil der Kalksalze zuführt, welehe es zur Impräg- nation des Panzers gebraucht. bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 147 Ueber die Function und das weitere Verbleiben der Krebssteine sind allerlei Hypothesen schon aufgestellt worden. Geoffroy!) glaubt, sie dienten .dem während der Mauser kranken Krebse nebst dem Magen (wohl dem alten) zur Speise; K. E.v. Baer?) hält sie für Speichelsteine, zweifelt aber keinen Augenblick daran, dass sie den Stoff zur Ablagerung des Kalkes in der Schale hergeben, da sie im Innern des Magens nicht nur rasch an Volumen abnehmen, sondern auch ihre Gestalt verändern; ausserdem sähe man im Mageninhalte von frisch gehäuteten Krebsen fast immer Luftblasen, auch brause der Inhalt mit Säuren auf. Chanitran 3) spricht über die Bildung der Steine, welche er in eigenthümlichen Zusam- menhang mit der 'grünen Drüse bringt, worauf ich weiter unten noch komme, er gibt noch an, dass die Steine bei der Häutung in das Magen- innere gelangen, woselbst sie resorbirt werden, die Dauer der Resorption varürt je nach dem Alter der Thiere zwischen 16—30 Stunden. Andere lassen den Kırebssteinen keine Bedeutung für die Häutung, indem sie be- obachtet haben wollen, dass die Steine durch den Oesophagus entleert würden oder dass sie in Folge eines Risses der äussern Magenwand durch die Kiemenspalten nach aussen gelangen, was durch die Weichtheit der Schale kurz nach der Häutung erleichtert würde ®). Ebenda findet sich auch die Angabe, dass man zur Zeit des Schalenwechsels Krebssteine auf dem Grunde der Gefässe, in denen sich Krebse befinden, antreffe. Meine mitgetheilten Beobachtungen über die Bildung der Krebssteine haben mich nicht zu einer Entscheidung in dieser Frage geführt; sie wer- den von Chitinogenzellen ganz ebenso abgesondert wie der. äussere Pan- zer und dieChitinbekleidung des Darmkanals, sind also Cutieularbildungen ; dieselben Zellen sondern nach der Steinbildung wiederum einen Theil der - Chitinhaut des Magens ab; der Bau des Krehssteines aus einzelnen paral- lelen Lamellen, die nach Häckel5) von Porenkanälen durchsetzt sind wie der Panzer ®), stimmt im Ganzen mit dem Bau des Panzers überein, so dass sich hieraus Anhaltspunkte gegen die Natur der Steine als Speichel- 1) Mem. de l’Acad. de Paris 1709, p. 311. 2) Ueber die sogenannte Erneuerung des Magens und die Bedeutung der Krebssteine. 3) Observations sur la formation des pierres chez les Eerevisses p. 655. 4) Brandt u. Ratzeburg, Medic. Zoologie II. Bd. p: 67. 5) Ueber die (xewebe des Flusskrebses. 6) Mir ist leider nicht gelungen, Schliffe durch den ganzen Stein darzustellen, noch ihn so zu entkalken, dass ich gute Schnitte hätte bekommen können; es lösten sich mir immer die einzelnen Lamellen in Folge der Entwicklung von Kohlensäure von einander ab und dies machte ein Schneiden unmöglich, 148 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge steine ergeben. Auch der von Ohantran!) angegebene Zusammenhang, der Steine mit der grünen Drüse, scheint mir auf reinem Zufall zu beruhen; Chantran sagt: Die grünen Drüsen gehen in der Häutungsperiode, wäh- rend welcher der Stein sich bildet und bis zu seiner völligen Resorption, beträchtliche noch unbekannte Veränderungen ein; sie sind viel strotzender _ und haben immer lebhaftere Farben als zu einer andern Epoche des Le- bens; ferner hat er auch beobachtet, dass die Sinus, die den Drüsen an- liegen, — die sogenannten wasserhellen Blasen — . sich strotzend mit einer Flüssigkeit füllen, welche wie Blut koagulirt und Blutkörperchen ein- schliesst ; schliesslich gibt er an, wenn die Drüsen sehr grün sind, so seien die Steine blau, wenn hellgrün, so weiss, Was die Turgescenz der erwähnten Theile anlangt, so ist dies Nichts für sie Charakteristisches, ihnen allein zukommendes, denn während der ganzen Häutungsperiode geht eine sehr starke Blutbildung vor sich und sind alle Gewebe des Krebses strotzender als zu einer andern Lebenszeit. Ob nun die Farben der Drüse und der Steine wirklich in dieser Beziehung stehen, kann ich nieht bestätigen, da ich darauf nicht achtete, und auch keinen plausiblen Grund finde, der mir den Zusammenhang der grünen Drüsen, denen man ja die Function eines Secretionsorgans zuschreibt, mit der Krebssteinbild- ung, die sich als Analogon der Panzerbildung herausstellt, erklären oder auch nur wahrscheinlich machen könnte, selbst wenn die Drüsen mit dem Magen „des rapports de contiguit€“ haben. Die wasserhellen Blasen habe ich zu jeder andern Zeit fast stets mit Flüssigkeit angefüllt gefunden. | 2, Haarbildung. Sämmtliche Haare des Krebses entstehen auf gleiche Weise in den bereits beschriebenen Zellentuben, zu ihrer Bildung tragen eine grosse Anzahl von Zellen bei; nur im Magen scheinen nach einer Beobachtung sich die soliden Haare als Auswüchse einiger Chitinogenzellen zu bilden und nicht in präformirten Zellentuben zu entstehen. Bis auf diese Aus- nahme habe ich keinen durchgreifenden Unterschied dabei gefunden. Zu gleicher Zeit sondert die Haarpapille um sich herum und die äussere Zellenlage der Tube in ihr Lumen Chitin ab; es bilden sich zuerst hier auf beiden Theilen kleine Härchen; dieses findet auch bei den im ausgewachsenen Zustande ganz glatten Haaren statt, bei denen die Här- chen sehr klein bleiben und später mit der Wandung des Haares zu ver- schmelzen scheinen, aber doch stets auf dem veugebildeten Haare zu er- 1) Observations sur la formation des pierres chez Jes Ecrevisses p. 655. bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 149 kennen sind (ef. Fig. 30.). Oder die Fiederhärchen erweisen sich bei die- sen letzteren als breite, fast lappenförmige Anhänge des Haares, welche ebenfalls nach der Häutung den Haaren fehlen, also auf irgend eine Weise ‘verschwinden müssen ; solches fand ich an einzelnen sich neu bildenden Haaren aus den Kiefertheilen am Munde. Nach der Fiederhärchenbildung sondert die ganze Oberfläche der Papille und die innere Fläche der äus- seren Zellenlage für die verschiedenen Haare verschieden dicke Haarsub- stanz ab, welche an den von mir zwar nicht direct gesehenen, aber noth- wendigerweise bestehenden Uebergange der Papille ir die äussere Zellen- lage, verbunden sind 1). Diese ganze Absonderung scheint sehr schnell vor sich zu gehen: unter zahlreichen von mir untersuchten Krebsen aus dieser Periode habe ich meistens nur fast fertige Haare gefunden, nur einmal Bilder, welche ich als den Beginn der Haarbildung deuten konnte. Mit der Ausbildung des Haares scheint die Papille zu degeneriren; es ist mir nicht möglich gewesen, Kerne noch in ihr zu erkennen, sie stellt jetzt einen Strang im Innern des Haares dar, welcher aus lauter kleinsten Körnchen besteht, die sich noch schwach mit Haematoxylin färben (ef. Fig. 24. b.). In Fig. 31., welche aus dem Brustpanzer entnommen ist, konnte ich am Grunde der Papille c, wo sie der Endanschwellung der Zellentube, welche sich selbst nicht an der Haarbildung betheiligt, auf- sitzt, 4 deutliche Kerne sehen, der übrige in das Lumen des Haares hin- einragende Theil bestand wie in Fig. 24. aus kleinsten Körnchen. An dem nun ausgebildeten Haartubus unterscheidet man zweckmässig nach Hensen’s Vorgang?) 2 Theile: den peripheren einscheidenden Theil und den centralen eingescheideten. Auf Querschnitten z. B. von den Schwanz- zacken (Fig. 25. u.26.) bekommt man sie beide als concentrische Ringe, welche von der äussern Zellenlage des Tubus concentrisch umgeben sind. Zwischen den beiden Ringen des Haares sieht man die Querschnitte der Fiederhärchen, wo solche überhaupt zur grössern Ausbildung kommen. Mit der stets etwas hackenförmig umbogenen Spitze reicht das neue Haar in den Haarkanal des alten Panzers hinein und hackt sich dort fest, welche Anordnung für den Akt der Häutung resp. für das Zustandekom- men der Ausstülpung des Haares von Bedeutung ist. Bevor ich jedoch hierauf eingehe, muss ich noch die etwas überraschende Anordnung der Fiederhärchen besprechen; diese stehen nämlich (ef. Fig. 24. u. 27.) so- wohl am peripheren als am centralen Tubus der Haare mit ihren Spitzen . 1) Auf meiner Figur 24. habe ich diese Stelle frei gelassen, da ich mir nicht ganz klar hierüber werden konnte. 2) Gehörorgan der Decapoden p. 57 etc, und Taf. XXII. Fig. 43. 150 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge nach aussen und kreuzen sich theilweise, während man vermuthen sollte, dass diejenigen des peripheren Theiles nach abwärts gerichtet wären, um gleich beim Ausstülpen des Haares die Lage einzunehmen, in der sie am ausgebildeten Haar angeordnet sind, Das Ausstülpen des neugebildeten Haares hat Hensen !), der einzige Autor, welcher hierüber Beobachtungen angestellt hat, direct unter dem Mikroskop bei Palacmon gesehen; mir ist es nicht geglückt, seine Experimente nachzumachen, weil ich hierüber an conservirten Thieren arbeitete, deren Haare sehr. brüchig waren und eher abrissen als sich ausziehen liessen; doch konnte ich an einem andern Individuum aus dieser Periode, indem ich den neuen Panzer in der Rich- tung, wie es bei der Häatung stattfindet, aus dem alten herauszog, auf dem ersteren zwar die meisten Haare bereits ausgestülpt sehen, aber doch noch andere genug auf den verschiedenen Stadien des Ausstülpens stecken geblieben finden. Nach Hensen, dessen Angaben ich nur bestätigen kann, sind es bei Palaemon die knopfförmige Enden des Haares, mit denen sich das neue Haar im alten festsetzt und, während der Krebs aus seiner alten Schale ausschlüpft, sich ausziehen lässt, Beim Flusskrebs verrichten diesen Dienst die hackenförmig eingebogenen Spitzen der neuen Haare, die sich im Haarkanal des alten Panzers einhacken und so es dem Krebs ermöglichen, sich selbst seine neuen Haare beim Verlassen des alten Panzers herauszustülpen (ef. Fig. 28. u. 29.). Hierbei kommen die Fie- derhärchen des peripheren einscheidenden Tubus eine entgegengesetzte Richtung — nämlich nach abwärts von der Spitze des Haares als die- jenigen des centralen eingescheideten Tubus haben; es ist dies die noth- wendige Folge von der Anordnung der Härchen im Tubus und muss man annehmen, dass diese abwärts gerichteten sich sehr bald nach der Häut- ung aufrichten, um die Lage einzunehmen, welche sie sonst haben; bei solchen Krebsen, die nur höchstens 12 Stunden nach der Häutung von mir hierauf untersucht wurden, zeigten bereits alle Fiederhärchen die normale Anordnung. / Die beiden Theile des Haares lassen sich überall auch bei Krebsen ausserhalb der Häutung erkennen; fast genau in der Mitte des Haares sehe ich, wie ich bereits oben bei Beschreibung der Haare gesagt habe, eine schwache Verdiekung der Haarwandung und von da ab nach der linlenkung des Haares zu erscheint die Wandung des Haares wie gefaltet (ef. Fig. 28. 29. a.). Die Verdiekung ist nämlich, wie auch Messung und Beobachtung gelehrt haben, der Uebergang des centralen in den peripheren Theil des Haartubus während der Bildung; und die Faltung rührt meiner 1) Gehörorgan der Decapoden p. 57 ete. u. Taf. XXI. Fig. 43, bei der Häutung von Astacus fluviatilis, 151 Ansicht nach davon her, dass der naturgemäss weitere, einscheidende peri- phere Theil beim Ausstülpen auf seinem Wege durch die enge Oefinung des neuen Panzers sich faltet und dies gleicht sich ‘nieht mehr aus, da die Haare sehr bald nach der Häutung erstarren. Bei der zweiten Form der Haare ist diese Faltung wegen Starre der Wandung nicht vorhanden, dagegen markirt sich die Grenze zwischen peripheren und centralen Theil des Haartubus durch eine scharfe Linie in der Mitte des Haares. Bei der Ausstülpung bleibt die Papille im Haar sitzen, sie ist noch einige Zeit nach der Häutung im Haare zu sehen, beginnt aber allmäh- lich sich aufzulösen und konnte von mir bei Krebsen aus dem November nieht mehr gefunden werden. Das Lumen des Haares communieirt nach der Häutung noch eine Zeit lang mit dem Haarkanal und schliesst sich erst später ab, wahrscheinlich wird dieser Abschluss von der neugebildeten Papille hervorgebracht, wovon weiter unten. Es ist mir nicht möglich gewesen, die sicher beim Wachsthum des Krebses vor sich gehende Neubildung von Zellentuben und Haaren zu beobachten, ganz junge Krebse, die am ehesten darüber Aufschluss geben können, standen mir nicht zur Verfügung und bei älteren konnte ich die Schwierigkeiten bei Zählung der Haare, welche durch ihren zu dichten oder allzu weiten Stand nebeneinander mir erwuchsen, nicht überwinden, so dass ich diese Verhältnisse fraglich lassen muss. Auch über die Haarbildung im Magen kann ich nur wenig angeben; so viel ist sicher, dass die hohlen Haare im Magen ebenfalls in Zelltuben entstehen wie am Panzer, wahrscheinlich werden auch diese vörgebildet sein und sich nicht bei jeder Häutung neu bilden. Neben dieser Cutikular- bildung finden sich noch andere, die solide Borsten oder Modificationen solcher darstellen; bei letzteren ist a priori die Bildung im Zellentuben unwahrscheinlich, denn aiese setzt einen Hohlraum voraus, der hier nicht existirt. Ich habe nur eine Beobachtung gemacht, die es sehr wahrschein- lich sein lässt, dass die fraglichen Theile von den Chitinogenzellen des Magens direct als Borsten abgesondert werden und somit nur besondere Umänderung der Cutieula des Magens wären. Ich fand nämlich bei einem Krebs zur Häutungszeit zwischen alter Cuticula des Magens und den Chitinogenzellen eine ganz feinkörnige Masse abgesondert und in dieser auf einzelnen Zellen sitzend mehrere solide Stäbchen (ef. Fig. 24.), die ganz das Aussehen der Borsten an dieser Stelle des Magens hatten, Die Mägen haben sich mir leider seblecht conservirt, so dass die Beobachtun- gen hierüber nicht fortgesetzt werden konnten. 152 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge 3. Panzerbildung. Diese Periode ist, wie schon erwähnt, nicht scharf von der Haar- bildung zu trennen und beginnt, während die vorige noch nicht abge- schlossen ist. Das Absterben des alten Panzers, charakterisirt durch Ab- nahme der Dicke desselben, durch Verminderung der Kalksalze und durch Aenderung in der physikalischen Beschaffenheit, schon ohne weitere histo- logische Untersuchung zu constatirende Vorgänge, leitet die Haarbildung und bald nach ihr die Panzerbildung ein. Wie nun vor der Absonderung des Krebssteines und der neuen Haare die Chitinogenzellen Cuticularborsten produciren, deren Function wohl in einer Abhebung der alten Theile, somit also in rein mechanischen Vor- gängen zu suchen ist, so geschieht dies ebenfalls auf der ganzen Ober- fläche des Chitinogengewebes unter dem alten Panzer, Jede Zelle bekommt an ihrer gegen den Panzer zu gerichteten Fläche 2—5 (ef. Fig. 21.), selten mehr, kleine Borsten oder Härchen, "die allerdings insofern nicht ganz den vor der Krebssteinbildung beschriebenen gleichen, als sie keine knopfförmig verdiekten freien Enden zeigen, sondern eher an ihrer Basis etwas dicker erscheinen; ihre Länge beträgt 0,0049 Mm. Ihre Resistenz gegen Reagentien und namentlich Kalilauge konnte ich nicht prüfen, da ich hierauf keine frischen T'hiere mehr untersuchen konnte, doch sind sie immerhin nicht sehr vergänglicher Natur, ich fand sie an mehreren mit Holzessig (1 : 1 ag.) oder mit Chromsäure (1,5—2,0 : 100 qq.) ent- kalkten und in starken Spiritus conservirten Krebsen; auch die Behand- lung mit Farbstoffen und nachheriges Entwässern nach der üblichen Me- thode zerstörte sie ebenso wenig wie die gleichen Gebilde aus der Krebs- steintasche; und so kann ich vielleicht den Schluss ziehen, dass sie aus echter, wenn auch nocht erhärterter Chitinsubstanz bestehen. Die Beob- achtung, sie wiederum wie vor ihrer gänzlichen Ausbildung in der Krebs- steintasche im Zellenleibe präformirt zu sehen, konnte ich hier nicht machen; vielleicht bekam ich nicht hinreichend frühe Stadien, auch glaube ich bei den Chitinogenzellen des Panzers hierin sehr vorsichtig sein zu müssen, da oft die Zellen aus jeder andern Periode des Jahres eine Längsstreifung ihres obersten Theiles erkennen lassen, was bei den Zellen, die sich mit den Stützbälkchen und mit Muskelfasern verbinden, constant der Fall ist, — bei den Zellen der Steintasche fällt diese Einschränkung fort. — Nachdem nun die Zellen nur an einzelnen Stellen Chitinsubstanz in Form kleiner Fäden oder Borsten produeirt haben, beginnen sie auf ihrer gesammten freien Fläche abzuscheiden und setzen schichtweise eine An- bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 153 zahl Lamellen des neuen Panzers ab. Die Borsten, welche wir im vorigen Stadium in ihrer Richtung als parallel mit der Längsaxe der Zellen er- "kannten, legen sich nun durch irgend eine Ursache, vielleicht durch Druck, senkrecht zu dieser Axe, also der Fläche des neuen Panzers auf und werden so zu den Leisten, welche ich bei Beschreibung des ausgebildeten Panzers bereits erwähnt habe und welche dieselben Kennzeichen tragen, wie die sogenannten Härchen der Cuticula des Enddarmes (ef. Fig. 23.). Mich führte die Beobachtung der Leisten auf der obersten Schicht des neuen Panzers, wo sie sehr leicht in die Augen fallen, erst dazu, nach ihnen beim ausgebildeten zu suchen und mit mehr Schwierigkeiten überall zu finden. Nur die facettirte Cornea, die Augenstiele und die innere Be- kleidung der Kiemenhöhle sind zu jeder Periode frei von ihnen. Die Umwandlung der Borsten in die Leisten durch Umlegen habe ich nicht gesehen, doch glaube ich an der Identität beider Bildungen nicht zweifeln zu dürfen: erstens habe ich keine Bilder bei zahlreichen Untersuchungen bekommen, welche etwa auf einen Zerfall der Borsten, wie es bei denen über Krebssteinen geschieht, hindeuten könnten, und zweitens auch vielmals die Absonderung der Leisten beobachtet, sondern stets nur ganz deutlich die Borsten und sowie die oberste Schicht des neuen Panzers abgesondert war, auf dieser die Leisten, die sich auf dem Schnitt als deutliche Erhabenheiten erwiesen, Ich glaube daher, dass sehr bald nach der Absonderung der Borsten und während diese noch nicht völlig erhärtet sind, die Absetzung des neuen Panzers beginnt, auf welche sich die Borsten auflegen und so innig mit ihm verschmelzen, dass sie auf Umbiegungsstellen des ganz dünnen Panzers, dessen oberste und ein- zige Lage zu dieser Zeit eine homogene Cutieula darstellt, sich mit ihm umbeugen, wie ich dies vielfach beobachten konnte. Die nach der homogenen Cutieula folgenden Schichten sind ebenso gebaut, wie die von mir unterschiedene zweite Lage des ausgebildeten Panzers; es sind dicht aneinander liegende Schichten, welche auch jetzt schon von Canälen durchzogen sind, welche aber die oberste Lage unbe- rührt lassen; von diesem Verhalten der Porenkanäle kann man sich beim jungen Panzer leichter überzeugen als später, da derselbe völlig durch- sichtig ist und nicht verkalkt; um Wiederholungen zu vermeiden, ver- weise ich hier auf das, was ich bei der Beschreibung des Panzers ge- sagt habe. An den Haartuben verbindet sich der neue Panzer mit dem peri- pheren Theile der Tube, so dass für das neue Haar ein kreisförmiges Loch bleibt, durch welches seine Spitze in den Haarkanal des alten Pan- . zers hineinragt. 154 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge Man sollte eigentlich erwarten, dass der neue Panzer vor der Häu- tung seine Ausbildung ganz oder wenigstens zum grössten Theil erfährt; doch ist dies nicht der Fall: es werden vor der Häutung nur die beiden ersten Schichten des Panzers neugebildet, somit also was die Dicken- dimension anlangt, noch kaum ein Drittel des definitiven Zustandes; auch tritt eine Verkalkung noch nicht ein, diese würde dem Krebs das ohnehin mühselige Ausschlüpfen aus seinem abzuwerfenden Panzer noch viel schwieriger, wenn nicht unmöglich machen. Wie weit nun die Bildung des neuen Panzers vor sich geht, kann ich mit absoluter Sicherheit nicht angeben; es war mir unmöglich, die neu abgesetzten Schichten zu zählen und sie mit den sehr ungenauen Zählungen der Schichten der mittleren Lage an gleich grossen und auf gleiche Weise behandelten, ausgebildeten Panzern zu vergleichen; bei beiden besteht die Schwierigkeit durch die sehr dichte Aneinanderlagerung der einzelnen Schichten; ich musste mich daher mit Messungen der ganzen Schichten -und mit ihrer histologischen Structur begnügen, um zu der Ueberzeugung zu gelangen, dass vor der Häutung nur die beiden ersten Lagen abgesondert werden; ich mass an möglichst gleichgrossen Thieren, welche auf dieselbe Weise entkalkt und weiter behandelt worden, und an einander entsprechenden Stellen des Panzers und fand die Masse so oft übereinstimmend, dass eine Täuschung nicht anzunehmen ist. Nur bei, den Höckern an den grossen Scheeren und den spitzigen Stacheln am obern Rande des mittleren Gliedes der äussern Schwanzzacken, welche ihrer Structur und Farbe nach nur eine besonders dieke Anlage der ersten Lage des Panzers sind und welche auf abgerundeten oder spitzigen papillenförmigen Erhebungen der Chitinogen- zellen entstehen, waren die Differenzen zwischen den Massen des jungen und alten Panzers doch so gross, dass ich für diese Theile noch ein Diekenwachsthum nach der Häutung annehmen möchte — ob durch An- lage neuer Substanz oder durch Intussusception muss ich unentschieden lassen. Bei den Höckern der Scheere, die ich an Schliffen und Schnitten studirte, war mir der Mangel der mittleren, Lage des Panzers auffallend: es verbreitete sich die erste homogene, gelb gefärbte Lage so sehr nach innen, dass sie hier unmittelbar an die dritte Lage grenzt; mit dieser Beobachtung ist auch eine andere im Einklang — nämlich, dass ich am jungen Panzer vor der Häutung an diesen Stellen keine mittlere Lage finden konnte, trotzdem sie sonst überall entwickelt war. Ueber das Wachsthum und namentlich über die Bildung der Kanäle im neuen Panzer kann ich vor der Häutung Nichts Sicheres berichten, die Beobachtungen, welche ich hierüber nach der Häutung anstellte, will ich mittheilen, wenn ich die Vorgänge im Darmkanal besprochen habe. bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 155° Im Darmkanal beginnt sehr spät die Bildung der neuen Cuticula; die Erklärung hierfür liegt meiner Ansicht nach nicht zu fern: das ganze Chitinogengewebe des Panzers und später auch des Darms befindet sich "während der Häutungsperiode in einer überaus reichlichen Production, wozu wieder eine reiche Zufuhr von Nahrung gehört, die sich schon in dem sehr grossen Blutgehalt der Gewebe ausspricht und die allerdings wohl zum Theil aus aufgestapelten Vorräthen herrühren kann; man wird sich daher nicht wundern, wenn der Darmkanal möglichst lange intakt bleibt, um den vermehrten Ansprüchen, welche der übrige Organismus auf ihn stellt, entsprechen zu können; mit der Lockerung des Verbandes zwi- schen Chitinhaut und Chitinogenzellen wird hier ebenso wie beim Panzer ein Absterben der ersteren und somit ein Aufhören ihrer Function Hand in Hand gehen, wenn sich dies auch nicht so deutlich unsern Augen dar- stellt wie an der Körperoberfläche, Im Oesophagus und im Magen fehlen die Cuticularleisten, wie an der Cornea, den Augenstielen und der innern Duplikatur des Panzers über der Kiemenhöhle, dagegen sind sie im Enddarm ‚grösser und deutlicher entwickelt als am Panzer. Vielleicht kann man die soliden Haare des’ Oesophagus und des Magens, die ich als auf einzelnen Zellen entstehend ‘beobachtet zu haben glaube, mit den Leisten in Beziehung bringen und sie, wenn man will, nur als besonders excessive Ausbildung der letzteren ansehen, welche nicht mit der Chitinbekleidung verschmelzen. Sind nun die Beobachtungen am Panzer richtig, so müssen sie sich am Enddarm wiederholen; in der That beginnt auch hier die Abscheidung der neuen Chitinbekleidung mit dem Auftreten von kleinen soliden Bor- sten, die zu 2—5 auf einer Zelle stehen; sowie nun eine schmale con- tinuirliche Schicht der neuen Iniima abgesetzt wird, finden wir auch hier die Borsten auf der neuen Schicht aufliegend, in derselben Anordnung wie am Panzer und wie an der alten Darmintima; dies ist eine weitere Stütze für die Identität beider Bildungen. Ueber die Bildung der Intima des Magens besitze ich wegen der be- reits erwähnten schlechten Conservation der Mägen keine Erfahrungen; nament- lich wäre es interessant gewesen, die Vorgänge in der Krebssteintasche zu verfolgen, ob nämlich die Absonderung der neuen Chitinhaut nach Voll- endung des Steines ebenfalls mit einer Ausscheidung von Härchen beginnt oder nicht. 156 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge Es bleibt mir nur noch übrig, der sogenannten chitinisirten Sehnen beim Schalenwechsel zu gedenken. Durch die Arbeit Baur’s!) ist es bewiesen worden, dass die bis dahin angenommene Sehnennatur eine irrige ist, dass vielmehr ihrer Struetur und Entstehung nach diese Sehne zu demselben Gewebe zu rechnen ist, wie der Panzer; sie entsteht röhren- förmig durch eine Schicht Chitinogenzellen, welche Baur noch aus nicht gesonderten Zellen bestehen lässt, und die alte „Sehne“ und ihre Wand- ungen verschmeizen erst später, wenn bei der Häutung die alte „Sehne“ aus ihr herausgezogen wird, zu einem scheinbar soliden Strang. Ebenso verhält es sich nach meinen Beobachtungen mit den platten „Sehnen“ aus den grossen Scheeren; dass diese sich jährlich bei der Häutung regeneriren, hat schon Reaumur?) beobachtet und ist nachträg- lich noch öfters bestätigt worden. Ich finde regelmässig um diese „Seh- nen“, welche Reaumur eine Knorpelplatte nennt und die Baur mit einer mitten im Muskel befindlichen Aponeurose vergleicht, dasselbe Chitinogen- gewebe wie unter dem Panzer; es zeigt, da sich an der „Sehne“ Muskeln inseriren, die uns schon bekannte Modification in schmale Cylinderzellen ; 'wenn man jedoch eine Scheere untersucht, die sich ausserhalb der Häut- ung regenerirt, so trifft man auf dem Querschnitt die „Sehne“ mit den- selben Chitinogenzellen umgeben, wie nach innen von dem sich regene- rirenden Chitinüberzuge der ganzen Scheere; hier sind die Muskelfasern erst in Bildung begriffen, an eine Function derselben bei der Rleinheit und Weiche des Organs gar nicht zu denken und deshalb haben die Chitinogenzellen noch nicht ihre Umänderung erfahren ; es bedarf bei der vollständigen Uebereinstimmung beider Zellenschichten im optischen Ver- halten, bei ihrer gleichen. Reaction gegen Farbstoffe nicht erst des Be- weises des Ueberganges der einen in die andere, wie sie die Entwick- lungsgeschichte oder das genauere Studium der Regeneration der Scheeren geben muss, um uns die Identität beider sicher zu stellen. Ihr Verhalten bei der Abscheidung des neuen Panzers einerseits und der „Sehne“ andrer- seits ist das ganz gleiche; es entsteht die Sehne um die alte als eine Scheide, besteht also aus 2 Blättern, welche erst nach der Häutung, wenn die alte Sehne herausgezogen ist, zu einem zusammenschmelzen. Poren- kanäle habe ich nicht gefunden, aber auf Querschnitten eine Zusammen- 1) Ueber den Bau der Chitinsehne am Kiefer des Flusskrebses und ihr Ver- halten beim Schalenwechsel. 2) Sur les diverses reproductions chez les Eerevisses etc, u. Observation sur la mue des Ecrevisses. bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 157 setzung aus concentrischen Lamellen, namentlich sieht man letzteres sehr deutlich bei sich ausserhalb der Häutung regenerirenden Scheeren. Die übrigen Fortsätze des äusseren Panzer, welche um das Bauch- mark eine fast ganz geschlossene, gegliederte Röhre bilden, habe ich nicht besonders untersucht, auch sie werden abgeworfen und bilden sich sicher ebenso wie die „Chitinsehnen“ und der Panzer. Wachsthumserscheinungen nach der Häutung. An dieser Stelle will ich über die Neubildung der Papille im Zellen- tubus, über den Verschluss des Haares gegen den Haarkanal zu, wo er überhaupt stattfindet und über das Waehsthum des Panzers nach der Häutung sprechen. Wie man sich aus dem Kapitel über die Haarbildung erinnern wird, degenerirt die Papille — d. i. also eine Aneinanderreihung von Chitinogen- zellen, deren Zellengrenzen aber nicht melir deutlich sind — schon vor der Häutung, wenigstens beziehe ich den entschiedenen Zerfall derselben in kleinste Körnchen auf eine Degeneration. Ihre Verbindung mit der Endanschwellung des Zellentubus wird bei der Häutung völlig getrennt, da sie beim Ausstülpen des Haares abgerissen wird und im Lumen des neuen Haares eine Zeitlang liegen bleibt, um allmählig völlig zu ver- schwinden!). Wir finden gleich nach der Häutung die Zellentuben wirk- lich hohl (ef. Fig. 32.) oder auch mit geronnenem Blute erfüllt, welches sich durch sein Ansehen von der degenerirten Papille unterscheidet. Wann tritt nun die neue Papille auf und woher kommt sie? Die erste Frage muss ich dahin beantworten, dass bald nach der Häutung die Papille sich neu bildet; ich finde an Krebsen, die nur wenige Wochen nach der Häutung untersucht wurden, die Papille bereits vollständig ausgebildet. Was die zweite Frage betrifft, so kann entweder die Papille aus den Zellen der Endanschwellung des Zellentubus oder aus den Zellen der peripheren persistirenden Zellenlage entstehen. So plausibel es auch wäre, wenn die neue Papille aus der Endanschwellung, deren Function man sonst nicht verstehen würde, hervorwüchse, etwa durch Theilung ihrer Zellen, so muss ich doch diese Möglichkeit nach meinen Beobachtungen ausser Acht las- sen; ich glaube mich vielmehr überzeugt zu haben, dass eine Theilung der Zellen der persistirenden Zellenlage stattfindet und auf diese Weise die neue Papille entsteht. In Fig. 33. sieht man bei drei Tuben in der 1) In den Fig, 27—30 ist aus Rücksicht für die Deutlichkeit der Bilder Papille und äussere Zellenlage der Tube mit Absicht weggelassen worden, Arbeiten aus dem zoolog.-zootom. Institut in Würzburg. II. Bad. 11 158 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge äusseren Zellenlage 2 oder 3 Kerne liegen, manchmal ganz dicht der Wandung anliegend; ich deute diese Bilder als eine Theilung der per- sistirenden Chitinogenzellen, die mir noch wahrscheinlicher wird, da ich ein Emporwachsen aus der Endanschwellung nicht beobachten konnte. Ist nun die neue Papille ausgebildet, so finden wir auch das Lumen des Haares gegen den Haarkanal im Panzer abgeschlossen, der Abschluss geschieht durch ein Häutchen, das dieselbe Farbe und Dicke zeigt, wie die Wandung des zugehörigen Haares; unter demselben im Haarkanal des Panzers befindet sich die Spitze des Zellentubus, die wohl allein aus der Spitze der Papille gebildet wird. Da nun diese von Chitinogenzellen her- stammt, so liegt der Schluss nahe, dass das Häutchen auch von ihr ab- gesondert ist; eine andere Möglichkeit wüsste ich wenigstens nicht zu finden. Warum nun bei den einen Haaren das Lumen gegen den Panzer zu ver- schlossen wird, bei den andern nicht, vermag ich nicht anzugeben. Viel- leicht würden sich durch ein genaueres Studium der Haarformen bei den Crustaceen hiefür Anhaltspuncte ergeben; ich fand z. B. bei Untersuchung von Mysis, die ich zu einem andern Zwecke unternahm, Haare, welche mir in der Mitte zu stehen scheinen; die meisten Haare der Mysis com- municiren mit dem Haarkanal des Panzers und enthalten einen Fortsatz der Zellentuben bis fast an ihre Spitze; andere jedoch z. B. an den kleinen Scheerenfüsschen fand ich, welche in der Mitte ihrer Länge durch ein eine Brücke bildendes Häutchen abgeschlossen waren, bis zu welcher Stelle auch nur der Fortsatz des Zellentubus reichte; ob eine Haarform bei Mysis vorkommt, welche an der Einlenkung abgeschlossen ist wie beim Flusskrebs weiss ich nicht. Den Wachsthumsvorgängen beim Panzer hätte ich gern mehr Auf- merksamkeit geschenkt, wenn mir mehr günstiges Material zu Gebote ge- standen hätte; aber da ich von der Voraussetzung ausging, dass der Panzer in toto unter dem alten Panzer sich neu bilde, so dass nach der Häutung nur noch die Imprägnation -mit Kalksalzen vor sich zu gehen brauche, so conservirte ich mir nur wenige Thiere; als ich später meinen Irrthum in der Voraussetzung kennen lernte, war es bereits zu spät, der Panzer hatte schon — 2 Monate nach der Häutung ungefähr — seine völlige Ausbildung erreicht. Wie bereits erwähnt, wird vor der Häutung nur die oberste homogene und mittlere dicht lamellöse Lage des Panzers abgesondert, welehe an den meisten Stellen nur etwa ein Drittel der ge- sammten Panzerdicke — selbst noch weniger ausmachen; der bei Weitem grösste Theil muss also nach der Häutung gebildet werden. Bei der ersten Untersuchung etwa eines Schnittes durch die Scheere oder Schwanzzacke fällt vor Allem andern der kolossale Blutreichthnm bei der Häutung von Astacus Aluviatilis, 159 der Gewebe in’s Auge; alle Lücken zwischen den bindegewebigen Stütz- bälkchen sind mit Blutkörperchen förmlich vollgepfropft; von einzelnen Stellen drängen sich letztere sogar in Reihen bis zu 4 Stück angeordnet zwischen die Chitinogenzellen hinein und: haben die Stützmembran der- selben vor sich in die Zellen hineingestülpt; das Lumen der Gefässe er- seheint fast auf das Doppelte erweitert und das grosszellige Bindegewebe sehr zusammengedrängt. Die Erklärung für diese Erscheinung erst noch besonders hervorzuheben, halte ich nach dem bereits oben Gesagten für überflüssig. Von dem Wachsthum des übrigen Panzers habe ich nur noch die Bildung der Porenkanälchen mit Sicherheit beobachtet, was mir bei der dichten Aneinanderlagerung der Lamellen des neuen Panzers vor der Häutung nicht möglich war. Ich kann die von Leydigi) ausgesprochene Ansicht, dass die Zellen oder Zellenbezirke in Härchen auswachsen, wie die Flimmerzellen und dass die sich absetzende Cuticularsubstanz nur zwischen den Härchen Platz nehmen und diese umschliessen kann, völlig bestätigen: ich sah auf dem ganzen Saum der Chitinogenzellen faden- förmige Fortsätze, welche auch noch eine Strecke weit in dem Protoplasma der Zellen sich erkennen liessen; sie standen sehr dicht gedrängt und unterscheiden sich dadurch von den Cutieularborsten, die vor der Panzer- neubildung auftreten. Um diese Fortsätze herum lagert sich die neue Chitinsubstanz ab, gerade wie sich der ganze Panzer um die Fortsätze der Chitinogenzellen im Haarkanal oder um den Mündungskanal der Drü- sen absetzt, Später müssen die Fortsätze der Chitinogenzellen zu Grunde gehen, und erscheint der Panzer mit Ausnahme seiner obersten Lage sieb- förmig porös; die Fortsätze der Chitinogenzellen kann man sich aus der untersten, jüngsten Schicht sichtbar machen: nach mehrmonatlichem Auf- bewahren des entkalkten Panzers in Alkohol scheint die Verbindung in Schichten gelockert zu werden; ich konnte die innerste also jüngste mit der Pincette abziehen und erkannte bei der Untersuchung an gefalteten Stellen einen sehr deutlichen, dicht stehenden Härchenbesatz auf einer an- scheinend homogenen Unterlage; ich zweifle nicht, dass ich hier die Här- chen aus der zu ihnen gehörigen Chitinlage herausgerissen hatte. Zum Schluss will ich noch die Ergebnisse der Untersuchung der Häutung zusammenfassen und mit den bis jetzt bekannten Häutungsvor- gängen anderer Thiere vergleichen; leider ist für das letztere nur die Arbeit Cartiers?) über Reptilien zu benützen, so viel auch die Häutung i) Vom Bau des thierischen Körpers p. 36. ?) Studien über den feinern Bau der Haut der Reptilien. II. 11* 160 BRAUN: Ueber die histologischen Vorgänge beobachtet wurde, fehlt überall eine mikroskopische Verfolgung des Vor- ganges. Bei beiden — Reptilien und Flusskrebs — wird die Häutung durch Absonderung von Cuticularhärchen eingeleitet; ausgenommen sind bei den Reptilien einzelne Stellen des Körpers, z. B. Unterseite der Schuppen, Kapselhaut des Auges; beim Krebs die facettirte Cornea, Augen- stiele und innere Lamelle der Panzerduplikatur über der Kiemenhöhle; im Oesophagus und Magen sind wahrscheinlich die soliden Haare oder deren Modificationen den Cutieularhärchen des Panzers gleichzusetzen. Die Härchen können bei den Reptilien wieder ganz verschwinden (Natter) oder zum grössten Theil zu Grunde gehen und nur an einzelnen Stellen sich erhalten (Chamäleon), oder sie bleiben in modifieirter Form entweder am ganzen Körper (Chersydrus) oder nur an bestimmten Stellen erhalten (Geckotiden etec.); statt ihrer können auch vor der Häutung Schüppchen, Stacheln oder Leisten ausgebildet werden. Beim Flusskrebs verschwinden die Härchen völlig in der Krebssteintasche; am Panzer und im Enddarm werden sie zu Leisten verwandelt, indem sie mit den neu abgesonderten Schichten derselben verwachsen ; sie bleiben also in derselben Gestalt. be- stehen und erhalten nur eine veränderte Anordnung. Die ihnen (wahr- scheinlich) analogen Bildungen des Magens und Öesophagus erfahren gleich bei ihrer Entstehung besondere Veränderungen, bleiben aber in derselben bestehen. Analoges für die Haarbildung des Flusskrebses findet sich bei Repti- lien nicht; sie sind insofern mit hier heranzuziehen, weil auch ihre Aus- bildung mit der Abscheidung verschieden gestalteter und nur bei einer Form persistirender Cutieularhärchen beginnt. Dieses so konstante Auftreten von Härchen vor der Absonderung der neuen Epidermis oder Cutieula deutet meines Erachtens auf ihre Function hin, die wohl in der mechanischen Ablösung der abzuwerfenden Theile von den darunter liegenden zu suchen ist; durch die Ablösung wird auch die Ernährung gestört, was sich durch Verlust der normalen Farbe, Ela- stieität etc. kenntlich macht. Es gewinnt nun auch mehr an Wahrschein- lichkeit, das von Leydig beschriebene streifig gesonderte Protoplasma der Epidermiszellen an der Unterseite der Haftballen des Laubfrosches auf eine beginnende Ausscheidung von Cutieularhärchen und somit auf ein Häutungsstadium zu bezieheu. Wenn sich nun auch bei weiteren Studien der Häutungsvorgänge nicht überall dieser Befund wird nachweisen lassen, 80 ist, wie ich glaube, derselbe im Voraus als sehr wahrscheinlich hin- zustellen, wenn man an die zahlreichen Stacheln, Härchen und Spitzchen der Cutienla der Raupen denkt, sofern sie sich nicht wie die meisten Haare des Wlusskrebses als Tuben bilden sollten, sondern auf den Epi- bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 161 dermiszellen entstehen. Sie würden durch diese Deutung statt der Rolle einfacher Skulpturverzierungen eine wichtigere Function erlangen und mit ‘ der Häutung in innigsten Zusammenhang zu bringen sein. Damit ist nun nicht gesagt, dass nicht auch die mechanische Ablösung abzuwerfender Theile auf andere Weise vor sich gehen könnte; für Reptilien und Krebs glaube ich jedoch, dies den Härchen zuschreiben zu müssen, Verzeichniss der benützten Literatur. 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Schnitt durch den Brustpanzer über der Kiemenhöhle transversal zur Längsaxe des Körpers. a. äusserer Panzer mit 3 geson- derten Schichten 5b. co. d.; e. äussere einschichtige Lage von Chitinogenzellen; f. querdurchsetzende Bindegewebsbündel ohne deutliche Grenze gegen die Chitinogenzellen; g. grosszelliges Bindegewebe; h. ein Gefäss; ö. Kiemendachdrüssen; e‘/ innere einschichtige Lage von Chitinogenzellen ; a’ innere Lamelle des Panzers; %. ein Cuticularhaar, dessen Höhlung nicht mit dem Kanal im Panzer communicirt ; 2. durchschnittene Zellentube. 120),. Schnitt wie der in Fig. 1., nur näher dem Panzerrande; der äussere Panzer ist weggelassen. e. Aeussere Chitinogenzellen ; f. querdurchsetzende Bindegewebsbündel; m. Blutkörperchen, welche in den durch e, f. u. e' begrenzten Blutsinus liegen; e. innere Chitinogenzellen; a‘ innere Lamelle des Panzers. 30/,. Ansatz der Muskelfarern an den Panzer. a, Chitinogenzellen ; b. Muskelfasern. 20/,. Vertheilung der Speicheldrüsen c. auf einem Querschnitt durch den Oesophagus im ersten Drittel; a. Chitinhaut; 5. Chitino- genzellen. Die übrigen Gewebe sind weggelassen. 15. Zwei Speicheldrüsen aus einem Querschnitt des Oesophagus. a. Chitinhaut; D. Mündungskanal; c. Ausführungsgänge; d. Drü- senkörper; e. Chitinogenzellen. 200/,. Ansicht der untern Fläche des Schwanzes eines Weibehens von Astacus fluviatiliis mit den Mündungen der Kittdrüsen D. I. 1]. III. IV. V. epimere Eeken; s. seitliche Schwanzzacken ; m. mittlere Schwanzzacke; a. abgeschnittene Scheinfüsschen. 1/;. Mündungen der Kittdrüsen auf der untern Fläche der Schwanz- zacke (Fig. 6. s.); einzeln oder in Gruppen vereinigt. 200/,. Kittdrüsen aus den Epimeren in situ. a. Panzer; 5, Mündungen der Drüsen; c. Ausführungsgänge; d. Drüsenkörper ; e. Chitino- genzellen. 330/,. Mündungen der Kiemendachdrüsen auf der inneren Lamelle des Brustpanzers, 200/,. Querschnitte durch cine Schwanzzacke vom Novemberkrebs. a. obere Lage; a’ untere Lage von Chitinogenzellen; d, quer- durchsetzende Bindegewebsbündel; c. querdurchschnittene Zellen- tuben; d. Zellentube, in deren Inneren eine glänzend gelbe Kugel. Die andern Gewebe sind weggelassen. 200/,. Fig. bei der Häutung von Astacus fluviatilis. 165 ll. Schnitt durch eine epimere Ecke parallel der Richtung der Zellentuben. a. Panzer; d. Haar, dessen inneres Lumen gegen den Kanal im Panzer abgeschlossen ist; c. Chitinogenzellen ; d. Zellentube; e. kolbige Wurzel derselben. Die andern Ge- webe sind weggelassen. 200). Taf. IX. Fig. 12—20. Krebssteinbildung. Fig. 12—15. Die verschiedenen Stadien der Umwandlung des Krebs- Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig, Fig. Fig. steinwalles zur Krebssteintasche mit der Bildung des Steines schematisch dargestellt. a. Chitinhaut des Magens; d. Chitino- genzellen; c. der sich bildende Krebsstein in Fig. 13. mit den zackenförmigen Anhängen. 16. Beginnende Absonderung von Cutieularhärchen 5 ; zwischen den Chitinogenzellen c. und der Chitinhaut des Magens a. vor der Bildung des Krebssteines. 30. 17. Weiteres Stadium: zwischen die Cuticularhärchen d. und Chi- tinogenzellen c. sind die ersten Lagen des Krebssteines abge- sondert. 300/,, 185. u. 19, Weiteres Stadium: Die Cuticularhärchen 5. beginnen zu zerfallen; die absondernde Fläche vergrössert sich durch das Auftreten einfacher follikelartiger Drüsen. 18. e. ein glasig er- scheinender Pfropf im Lumen der Drüse; 19. e. in das Lumen der Drüse ragt ein zackiger Fortsatz des Krebssteines. Die andern Buchstaben wie in Fig. 17. 200/,. 20: Querschnitt einer einfachen Drüse aus der Steintasche, 2. Lu- men derselben. 330/,. 21—31. Ueber Häutungsvorgänge am Panzer. 21. Abscheidung von Cuticularhärchen als Einleitung zur Häutung des Panzers; die Linie über den Härchen bedeutet die untere Grenze des alten Panzers. 5. Chitinogenzellen. Präparat aus ‚den epimeren Ecken. 60/,. 22. Abscheidung des neuen Panzers a; die Cuticularhärchen auf dem Querschnitt, da sie nun der Oberfläche des neuen Panzers aufliegen; b. Chitinegenzellen. Präparat aus den epimeren Ecken. 60/,. 23. Flächenansicht des neuen Panzers mit den Abdrücken der Chi- tinogenzellen und den angedrückten Cuticularhärchen, Bei a. war zufällig ein Stückchen der obersten Schicht abgerissenzund zeigt die folgende Schicht mit den Porenkanälchen und zelligen Abdrücken bei etwas tieferer Einstellung. 330. 24. Unterer Theil einer neugebildeten Haartube aus der Schwanz- zacke in seiner Zellentube. a. Aeussere Chitinogenzellen der Zellentube; d. papillenartiger Fortsatz der kolbenförmigen End- anschwellung (c.) der Tube in das Lumen des Haares hinein- ragend; d. einscheidender Theil; e. eingescheideter Theil der Haartube. 33/,. 166 BRAUN: Ueb. d. histolog. Vorgänge b. d. Häutung v. Astacus fluviatilis. Fig. 25. Fig. 26. Querschnitt durch eine Schwanzzacke kurz vor der Häutung dicht unter dem Rande der Zacke. a. Neuer Panzer; db. Chi- tinogenzellen; c. einscheidender, d. eingescheideter Theil des neuen Haares; e. äussere Chitinogenzellen der Tube. *0/;. Querschnitt durch eine Schwanzzacke näher der Wurzel der- selben. Buchstaben wie in Fig, 25. 200/.. Fig. 27—29. Die verschiedenen Stadien des Ausstülpens der neuen Haare Fig. 30. Fig. 31. Fig. 32. Fig. 35. Fig. 34, bei der Häutung aus dem Brustpanzer. 27. Das Haar in seiner Lage vor der Häutung. 28. Das Haar zur 'Hälfte herausgezogen, die Härchen des eingescheideten Theiles nach abwärts gerichtet, der einscheidende Theil a. erscheint wie gefaltet. 29. Das Haar völlig ausgezogen, sein Lumen ‘communicirt noch mit dem Haar- kanal des neuen Panzers, 3%/,. Eine andere Form des Haares vom Brustpauzer vor der Häu- tung. 330). Ein kleines Haar des Brustpanzers in der Flaartube. a. Chi- tinogenzellen, die in die Zellen der Endanschwellung 5. der Tube übergehen; c. Haarpapille mit 4 Kernen in das Lumen des Haares hineinragend. 30),. Querschnitt durch die Schwanzzacke gleich nach der Häutung. Die Zellentuben a. sind leer oder wie die andern Gewebe mit geronnenem Blut erfüllt; die Papille ist bei der Häutung im Haare stecken geblieben, 200/,. Querschnitt durch die Schwanzzacke nach der Häutung. Im Lumen der Zellentuben bildet sich die neue Papille, wahrschein- lich durch Theilung der äussern Chitinogenzellen. 20/,. Haarbildung aus dem Magen. a. Gränze der alten Chitinhaut; b. neugebildete Haare; c. Chitinogenzellen; d. grosszelliges Bindegewebe. 3%0/,. Ueber die Götte'sche Discontinuitätslehre des organischen Lebens. Eine Studie von C. SEMPER. Musterhafte Sorgfalt und Unermüdlichkeit in der Beobachtung, blen- dende Fülle der Thatsachen und Sauberkeit in ihrer Darstellung, sowie conseqguente Durchführung allgemeiner Anschauungen machen ohne Zweifel die Götte’sche „Entwickelungsgeschichte der Unke“ zu einer der beachtungs- werthesten Erscheinungen der Neuzeit. Mit erstaunlichstem Fleiss sind bier durch lange Jahre hindurch Thatsachen der Beobachtung angesammelt und durch treffliche Zeiehnungen erläutert; über jedes einzelne Organsystem finden sich zum Theil sehr eingehende Angaben und es greift der Autor, vom scheinbar 'speciellsten Standpunkt aus um sich schauend, nach allen Richtungen und in die weiteste Ferne hin aus. Dieses im Schlusscapitel dentlich ausgesprochene Bestreben, auch die allgemeinsten Fragen unserer zoologischen Wissenschaft zu fördern, der Lösung entgegenzuführen, verleiht dem Buche neben seinem Werthe für das specielle Studium der Embryologie der Wirbelthiere vielleicht er- höhten Reiz für unsere philosophisch sein wollende Zeit. Grundursachen, Grundwirkungen, Grundgesetze: das sind so Worte, die ihrer Wirkung immer sicher sind, namentlich wenn man glaubt, diese Grundgesetze, diese Grundursachen als physikalische oder chemische, als sogenannte mecha- nisch wirkende entpuppen zu können. Allerdings kann und darf dem Naturforscher die Aufstellung metaphysischer Gesetze nie Aufgabe und 168 SEMPER: Ueber die Götte’sche Discontinuitätslehre Ziel seiner Arbeit sein; den Nachweis dieser hat er dem Philösophen zu überlassen. Als Naturforscher hat der Zoologe dasselbe Ziel, wie der Physiker und Astronom; er hat nur und ganz ausschliesslich nach den wirklieh mechanisch wirkenden Bedingungen oder Ursachen des Lebens zu suchen und er darf es selbst als Dogma festhalten, dass alles Leben nur das complieirte Resultat äusserst mannichfaltiger mechanisch wirkender Lebensbedingungen sein müsse, selbst wenn es ihm nicht gelänge, irgend eine derselben im Leben der Thiere nachzuweisen. Nun scheint es fast, als ob das Götte’sche Buch den Anspruch er- höbe, die erste und wichtigste Lebensbedingung wirklich aufgefunden zu haben; denn anders ist wohl kaum der mehrfach wiederholte Ausspruch zu deuten, es sei das Ei, die Eizelle aller Thiere vor der Befruchtung durch das Verschwinden des Keimbläschens zu einem leblosen, unorgani- sirtem Körper herabgesunken, in welchem die Furchung sich als ein lediglich durch äussere Einflüsse mechanisch, hervorgernfener Vorgang ab- spiele und in dem erst später die eigentlichen Lebenskeime oder wirklich organisirten Theile aufträten. Ich wünschte, es wäre so: wir hätten da- mit doch endlich einmal einen Ausgangspunkt gewonnen, auf den wir als auf eine sicher gewonnene Markscheide in unsern Untersuchungen zurück- gehen könnten, ohne befürchten zu müssen, dass wir uns auf solchen Wegen fortwährend mit philosophischen und theologischen Plänklern oder gar mit darwinisirten Mathematikern und antidarwinistischen Aesthetikern herumzuschlagen haben würden, wie wir es jetzt leider zu thun gezwun- gen sind. Wir hätten damit die Grenze für einige Zeit wenigstens scharf abgesteckt, bis zu welcher der Philosoph mit seinen metaphysischen Spe- culationen einerseits, der Naturforscher andrerseits mit seinen rein mecha- nischen Verknüpfungen ungehindert durch einander würden vordringen können. Schon aus diesem Grunde scheint es mir lohnverheissende Arbeit, den Götte’schen Versuch zu kritisiren. Aber ich habe noch ein specielles, persönliches Interesse daran. Im innigsten Zusammenhang mit Götte’s allgemeinsten Anschauungen — die, wie mir scheinen will, allerdings we- niger aus der Natur herausgelesen als in sie hineingetragen sind — steht seine Auffassung von den verwandtschaftlichen Beziehungen der Thiere zu einander, und er polemisirt (allerdings nur indireet) gegen meine Deutung der Wirbelthiere als Wirbelwürmer, die ich jedoch nach wie vor auf’s Entschiedenste aufrecht zu erhalten im Stande bin. Diesen letzteren Punkt hier genauer zu erörtern, kann ich mir ersparen, da ich demnächst in meiner Arbeit über das Urogenitalsystem der Wirbelthiere — die den Schluss des 2. Bandes dieser „Arbeiten“ etc. bilden wird — Gelegenheit des organischen Lebens, 169 hierzu haben werde. Wohl aber glaube ich, getrennt von der Untersuch- ung über die Richtigkeit der Götte’schen Opposition gegen meine Anschau- “ung von der Stammverwandtschaft der Wirbelthiere und Ringelwürmer, hier besser, als anderswo, die allgemeinsten Sätze des Götte’schen Systems kritisiren zu können. Ich will zunächst versuchen, dieses System in meiner Art zu be- zeichnen, so wie ich es in dem umfangreichen Werke und versteckt zwi- schen langen und oft sehr abstraeten Sätzen glaube erkannt zu haben. Allerdings bin ich nicht ganz sicher, ob Götte geneigt sein wird, meine Darstellung seines Gedankenganges als ganz zutreffend anzunehmen; denn die mitunter übermässig abstracte Schreibweise mit eingeschachtelten Sätzen und die häufige Unterbrechung in der Fortspinnung seiner leiten- den Gedanken hat mir eine gewisse Unsicherheit bei der Auffassung der letzteren erweckt. Im Schlusscapitel, betitelt „Schlussbemerkungen“* findet sich zwar eine ziemlich zusammenhängende Darstellung seiner Anschau- ungen; aber auch hier fehlt das bestimmte Hervorheben eines bestimm- ten, doch aber, wie mir scheint, überall nachweisbar von ihm vorausge- setzten Princips, aus dessen Anwendung erst die weiteren Sätze folgen. Götte's grundlegender Gedanke scheint mir folgender zu sein: er will das individuelle Leben mechanisch erklären. Da ihm wohl, wie allen ‚kritischen Zoologen, das Dogma der Abiogenesis hoffnungslos verloren zu sein scheint, braucht er einen andern Punkt im Leben der Organismen, wo er seine mechanisch wirkenden Hebel ansetzen kann. Diesen Punkt findet er bei allen Thieren im Augenblick des Verschwindens des Keim- bläschens im Ei, durch dessen Auflösung oder theilweise Ausstossung die zurückbleibende protoplasmatische Masse der Eizelle zu einem unorgani- sirten, leblosen, aber mit Spannkräften versehenen Körper werden soll. Aus dieser Annahme folgt der weitere Satz, dass das Protoplasma der Eizelle nichts Lebendes, Organisirtes mehr sei; denn da dieses ohne allen Zweifel direkt hervorgeht aus dem Protoplasma des noch mit einem Keim- bläschen versehenen Eierstockseies, so würde seine Lehre von der Leb- losigkeit des Eies eben vor der Furchung ohne Weiteres fallen, wenn er an der bisherigen Ansicht der Zoologie und Botanik festgehalten hätte, dass der eigentliche Lebensträger der Eizelle eben das Protoplasma sei, In diesem leblosen, unorganisirten, aber mit Spannkräften versehenen Körper treten nun rein physikalische, also mechanisch ableitbare Beweg- ungen auf, deren Resultat die Furchung und der von Götte zuerst ge- sehene in jeder einzelnen Furchungskugel auftretende Lebenskeim ist. Auch diese Lebenskeime sind noch nicht eigentlich lebend; erst wenn sich nach beendigter Furchung sämmtliche Furchungskugeln durch Aus- 170 SEMPER:; Ueber die Götte’sche Discontinuitätslehre bildung echter Kerne zu wirklichen Zellen umgebildet haben, ist das voll- kommene Leben da. Die Furchung ist also ein rein mechanisch zu er- klärender Vorgang; Götte macht in der That auch den Versuch, ihn als mathematisch zu lösende Aufgabe darzustellen. Da nun aber dabei 2 be- stimmte Pole im Ei und nach der wohl kaum mehr ganz stichhaltigen Lehre von den 3 Dimensionen des Raumes auch 3 Hauptaxen des wer- denden Embryo’s festgestellt sind, ehe dieser selbst noch eigentlich lebt, nachher aber die weitere Ausbildung und Umbildung desselben eben ganz und gar durch jene Axen bestimmt oder in mathematische Bahnen ge- zwängt sein soll: so ist damit im Grunde genommen die unendliche Man- nichfaltigkeit der verschiedenen Lebensformen auf jene stereometrische Grundform zurückgeführt und durch diese auch mechanisch erklärt. Das spricht nun zwar Götte nirgends in dieser Weise aus. Aber wenn die hier versuchte Deutung seiner stillschweigend gemachten philosophischen Voraussetzungen von ihm nicht als zutreffend anerkannt werden sollte, so würde ich meinerseits dann allerdings gezwungen sein, zu bekennen, dass ich ohne diesen von mir in dem Buche gesehenen und aus ihm heraus- gelesenen Zusammenhang den einzelnen von Götte bestimmt formulirten Sätzen (von der Leblosigkeit des Protoplasmas, den Lebenskeimen, den Spannkräften, den Hauptaxen etc.) nur sehr geringen wissenschaftlichen Werth beimessen könnte. Erst durch die Verbindung derselben zu einem System, die nach meiner Auffassung von @ötte stillschweigend gemacht wurde, gewinnen sie Werth und nur mit Rücksicht auf solche systema- tische Verknüpfung verlohnt es sich auch der Mühe, die einzelnen Sätze auf ihre Richtigkeit näher zu prüfen, Denn sollte sich dabei heraus- stellen, dass Götte in der That bei der Aufstellung seiner Lehre, die man als die Discontinuitätslehre des organischen Lebens bezeichnen könnte, wirklich das Richtige getroffen hätte, so würde er damit einen Schritt gethan haben, der, wie schon oben bemerkt, wohl als der Ausgangspunkt einer neuen Epoche unserer organischen Wissenschaften aufzufassen sein würde, | Hier muss ich nun gleich von vornherein bemerken, dass, im Rahmen dieser Discontinuitätslehre gewiss eine Menge richtiger und brauchbarer Gedanken Platz gefunden haben, dass aber die Grundlage derselben, die im Ei eintretende Aufhebung des organischen Lebens, nach meiner Ueber- zeugung gänzlich falsch ist. Auf jene Punkte komme ich weiter unten wieder zurück; zunächst gilt es den Hauptsatz @ötte’s zu beleuchten und zu widerlegen. Götte sagt (p. 841): „Für die Wirbelthiere steht der Erfahrungs- satz lest, dass jede individuelle Existenz ausnahmslos mit der einfachsten des organischen Lebens, 171 Formerscheinung anhebt, mit der relativ homogenen Dotterkugel des reifen Eies, welche in dem mütterliechen Organismus aus einer oder mehreren 'Keimzellen durch eine eigenthümliche Umbildung derselben entsteht. Ich habe gezeigt, dass das Product dieser Bildung eine unorganisirte, nicht lebende Masse ist und dass lLiebensvorgänge auch als wirksame Ursachen der ersten Entwieklungserscheinungen jener Masse ausgeschlossen werden müssen,“ Dle Beweisführung für diese Ansicht, dass die reife Eizelle keine lebende Masse sei, ist sehr eigenthümlich. In der ursprünglichen Anlage der Keimdrüsen, welche Götte selbst direct von den lebenden Embryonal- zellen herleitet (p. 34), sollen mehrere Zellen des Keimepitbels sich mit- einander vereinigen, ihre Membranen sich lösen, ihre Kerne zum Keim- bläschen verschmelzen. Gleichzeitig lagern sich andere Keimzellen um das sich bildende Ei als Follikelwand und schliesslich nimmt dieses nur noch an Masse zu durch Absonderung des Secretes der Follikelzellen. Das fertige Ei betrachtet er somit als Drüsenseeret. „Das Ei als Drüsen- secret des Eierstocksfollikels aufgefasst, hat daher vor anderen ähnlichen Bildungen nur das voraus, dass die bei ihnen allen (d. h. den Drüsen- secreten) wesentlich gleichen Entwickelungsvorgänge in einer gewissen Ordnung verlaufen. So bestehen Ansammlung und Entleerung des Dotters nicht dauernd gleichzeitig, sondern der Abschluss des Wachsthums führt erst die Entleerung herbei; die Zerstörung der Zellen hat stets die Ver- schmelzung der Kerne zum Keimbläschen zur Folge, und auch dessen schliessliche Auflösung bedingt eine bestimmte Veränderung im Ei, nem- lich die Abhebung der Dotterhaut, welche ohne seinen eben bezeichneten Character zu ändern, dennoch gerade den eigentlichen Zustand hervorruft, aus dem heraus sich ein Leben entwickeln kann.“ So lange also die Keimzellen nicht verschmolzen waren, kam ihnen Leben zu, da sie immer Kerne, die eigentlichen Lebensträger, besitzen, Nun verschmelzen zwei, ihre Kerne vereinigen sich und ihr Leben erlischt, ein dritter und vierter lebender kommen hinzu und die schon abgestorbe- nen ersten sind doch im Stande, jene lebenden sich anzueignen, Dieser Process des Abtödtens geht weiter und schliesslich tritt als Resultat eines solch eigenthümlichen Todeskampfes ein Körper auf, der ausser allen morphologischen Attributen einer wirklich lebenden Zelle auch noch min- destens die eine physiologische Eigenschaft der spontanen Bewegung, wahrscheinlich aber auch noch die der Ernährung besitzt. Die letztere will ich ganz bei Seite lassen, da sich hierüber wenig Sicheres sagen lässt. Die Bewegungsfähigkeit der Eier ist sicher festgestellt; auch leugnet Götte sie nicht, wohl aber behauptet er, es sei dieselbe als rein physi- 172 SEMPER: Ueber die Götte’sche Discontinuitätslehre kalische an einem leblosen Körper sich abspielende Erscheinung anzu- sehen. Ich will hier nicht weiter auf die von Auerbach, Brandt, Eimer u. A. in der Neuzeit beschriebenen Bewegungen des Keimfleckes reifer Eier verschiedener Thiere hinweisen, denn in allen solchen Fällen würde Götte mit der gleichen Bemerkung antworten. Aber diese letztere selbst ist falsch. Alle an den moleeularen Berührungsllächen oder durch endos- motische Ströme bedingten Bewegungen, z.B. eines Oeltropfens, kommen in kürzester Frist zur Ruhe und beginnen erst bei’ abermaliger Störung des Gleichgewichts; die am protoplasmatischen Ei sich äussernden Be- wegungen sind aber ausnahmslos amöboider Natur, d. h. sie tragen so auffallend den Character der wilikührlichen und nie auch zur momenta- nen Ruhe kommenden Bewegung an sich, dass gewiss nicht entfernt daran gedacht werden kann, sie seien wie jene Formveränderungen eines Oel- tropfens entstanden. So vielversprechend auch die Ergebnisse der neueren Forschung auf dem Gebiete der Molecularphysik für die organischen Wis- senschaften zu werden versprechen, so sind sie einstweilen doch unan- „_wendbar, und der allerdings von Götte nur entfernt angedeutete Vergleich “ges sich bewegenden Eies mit einem durch Moleeularwirkung seine Ge- stalt verändernden Tropfen ist eben nur eine Hypothese, welcher die andre alte Auffassung, es seien die Bewegungen des Eiprotoplasmas wirklich lebende, genau ebenso berechtigt gegenübersteht. Ausserdem spricht Götte einmal (p. 842) vom „lebensfähigen reifen Protoplasma, welches neben den festen Theilen im Dotter enthalten sei und durch die Lösung der ersteren erzeugt werde“. Da nun z. B. im Froschei die Auflösung der Dotierkörperchen lange vor Reife des Eies beginnt, also auch lebendes Protoplasma sehr frühzeitig angelegt wird, so verstehe ich nicht, warum die beobachteten amöboiden Bewegungen der Eier nicht als vitale Er- scheinungen dieses Protoplasmas aufgefasst werden sollen. Gleieh darauf heisst es weiter: „Wir hätten demnach in dem im Ganzen nicht leben- den Eiproduct (rectius Ei) einzelne wirkliche Lebensherde anzunehmen ; und da der Begriff „Leben“ nothwendig einen bestimmt begrenzten Lebens- träger voraussetzt, so stellen nicht die von mir sogenannten Lebenskeime, sondern erst die fertigen Kerne die ersten thatsächlichen Lebensformen des sich entwickelnden Eiproducts dar, mit nachweisbarem Wachsthume und daraus folgenden Theilungserscheinungen.“ (p. 842, 343.) — Ist man denn aber wirklich berechtigt, ein im Ganzen nicht lebendes Ei- product mit eingesprengten lebenden Protoplasmatheilen als nicht lebend anzusehen ? Die Antwort auf diese Frage echeint vielleicht in dem zuletzt eitir- ten Satz (rötte's liegen zu können, Hier wird das Leben der „thatsäch- des organischen Lebens, 173 lichen (!) Lebensform“ offenbar geknüpft an das nachweisbare Wachs- thum des Kernes, eben jener thatsächlichen Lebensform; und an verschie- denen anderen Stellen führt Götte, abgesehen von der rein physikalisch sein sollenden Bewegung des Eies, auch noch das mangelnde Wachsthum. des Ries als Grund gegen sein Leben an, Sehen wir zu, was es für eine Bewandtniss mit diesem Einwand gegen die alte Auffassung habe. Wenn der Mangel des Wachsthums — angenommen, dass dies so ganz richtig sei — ein Beweis für die Leblosigkeit eines Organismus oder eines Theiles desselben wäre, so würden alle Thiere und Pflanzen eine ganze Menge lebloser Theile mit sich herumtragen; denn von einer Grössenzunahme der lebenden Zellen vieler Gewebe ist nie die Rede, bei andern tritt eine solche nur nach Pausen langer Ruhe ein, wie z. B. bei den durch Cartier aufgefundenen die Häutung der Geckotiden vorberei- tenden mittleren Zellen der Epidermis. Dennoch fungiren sie alle und jederzeit, sie führen ihre Bewegungen aus, wie die amöboiden Zellen an manchen Hydroiden, im Samenleiter und Uterus der Ascariden etc, sie werden ernährt, denn sie athmen, wie alles lebende Protoplasma, sie schei- den Stoffe ab und bilden aus ihrem protoplasmatischen Inhalt bei grünen Pflanzen diejenigen Theile aus, durch deren Lebensthätigkeit neue orga- nisirte Substanz, d. i. lebendes Protoplasma erzeugt wird (Chlorophyll). Obgleich also in diesen Zellen Processe ablaufen, welche unbedingt als Lebensprocesse angesehen werden müssen, so ist trotz ihrer Ernährung doch kein Wachsthum zu erkennen oder nur an bestimmte weit ausein- ander liegende Perioden gebunden, in deren Zwischenzeiten also wohl nach Götte das individuelle Leben einer jeden Zelle erloschen sein sollte. Vielleicht will Götte indessen seine Sätze vom Leben nur auf das Ei und das in Furchung begriffene Ei angewendet sehen; wogegen freilich seine ganz allgemein gehaltene Definition vom Leben anzuführen wäre. Diese lautet (p. 844) mit hier erlaubter Umstellung der Worte „Das individuelle Leben erscheint als Product des Wechselverhältnisses zweier Factoren, nemlich der protoplasmatischen Elementaractionen und des mechanisch wirkenden Formgesetzes.“ Jene protoplasmatischen Elementaractionen sind wohl die überhaupt im Protoplasma sich erzeugenden und frei werdenden Spannkräfte — doch nein, nicht ganz, denn die Definition des Formgesetzes lautet wieder (p. 844): Das Formgesetz ist der Inbegriff der rein mecha- nischen Momente, welche die lebendigen Kräfte der sich lösenden Dotter- substanz zu den einheitlichen Formleistungen der Entwiekelung zwingen.“ Hiedurch wird offenbar jener erste Satz vom Leben abermals eingeschränkt und nur auf das im Zustande der Formentwickelung begriffene Ei be- schränkt. Weiterhin aber spricht er dann wieder diesem sich entwickelnden Arbeiten aus dem zoolog,-zootom. Institut in Würzburg. IT. Bd. 12 gere: Er 174 SEMPER: Ueber die Götte’sche Discontinuitätslehre Ei das vollkommene Leben ab, dieses aber dem ÖOrganisınus erst dann zu, wenn das Formgesetz zu wirken aufgehört habe und die vollständige morphologische und histiologische Gliederung eingetreten sei. Hört denn aber wirklich jemals im thierischen Leben die Wirkung des Formgesetzes ganz auf und setzt sich diese nicht vielmehr bis in’s späteste Alter jedes Einzelthieres hinein fort? Ich wenigstens muss nach Götte's eigener De- finition vom Leben als der „Wechselwirkung protoplasmatischer Elementar- actionen und des mechanisch wirkenden Formgesetzes“ behaupten, dass beide auch in jedem einzelnen histiologischen Element des ausgewachsenen Körpers beständig thätig sind; denn wie Eihüllen, Schalen, Dotterhaut, umgebende Flüssigkeiten ete, das Formgesetz für die Entwickelung des einfachen (leblosen) Eiklumpens bestimmen, so findet auch im individuellen Leben jeder einzelnen Zelle des Körpers eine solche Wechselwirkung zwischen den „protoplasmatischen Elementaractionen“ des Zellinhalts und den äusseren ihr besonderes Formgesetz bestimmenden Lebensbedingungen statt (verschiedene chemisch-physikalische Bedingungen der umgebenden Gewebstheile). Trotzdem nun diese Zellen leben sollen, sie auch nach allen vorliegenden Beobachtungen nie ihren Kern, @Götte's eigentlichen Lebensträger, einbüssen, so haben sie doch in der weitaus grössten Mehr- zahl der Fälle weder freie Bewegung, noch Wachsthum, noch Vermehrung während einer Periode, in welcher sie gerade die ihnen eigenthümlichen Lebensfunctionen (der Absonderung, der Nahrungsaufnahme etc.) ausüben. Wenn aber lebende Elemente eines zu „vollkommenem Leben“ gelangten Organismus leben, obgleich sie nicht alle Attribute des Lebens gleichzeitig aufweisen, einzelne derselben vielleicht niemals besitzen — denn es gibt z, B. in der lebenden Epidermis viele lebende Elemente, welche niemals zur Theilung gelangen —: so müssen wir nach meinem Dafürhalten da- raus folgern, dass ein Ei darum noch nicht leblos zu sein brauche, weil es als reifes Fi im Kierstock oder Eileiter oder nach seiner Ablage nicht sämmtliche Eigenschaften des Lebens gleichzeitig besitzen solle. Wenn also Götfe -- um zusammenzufassen — das Ei nach Schwund des Keimbläschens leblos nennt, weil seine Bewegungen rein physikalische, also nicht durch die innere Natur desselben bedingte seien: so hat er keinen Beweis für diese Annahme gebracht; denn seine allgemeinen Hin- deutungen auf die moleculären Contactwirkungen oder sonstige Molecnlar- bewegungen genügen hierzu nicht, Wenn er ferner sagt, es sei das Ei leblos, weil es keine Ernährung nnd Wachsthum zeige, so beweist dies nichts — wenn es überhaupt ganz richtig wäre —, denn es gibt zahl- reiche lebende Elemente, bei welchen ebensowenig ein durch Ernährung bedingtes unausgesetzles Wachstum nachzuweisen ist. Und wenn er des organischen Lebens. 175 endlich behauptet, dass die Furchung des Eies nicht der Theilung der Zelle, welche er selbst einen Lebensvorgang nennt, gleichzusetzen sei und deshalb kein vitaler Process sein könne, so scheint mir dies eben nur eine Consequenz seines leitenden Prineips zu sein. Dies letztere ist die zeitweilige gänzliche Aufhebung der Continuität des Lebens im Ei, Lässt sich nun aber zeigen, dass die Beobachtungsgrundlage, auf welche er diesen Satz gründet — denn eine rein speculative Beweisführung, zu der Götte grosse Neigung zu haben scheint, kann ich als Naturforscher in keiner Weise als berechtigt anerkennen —, wenn, sage ich, die Grundlage seiner Anschauungen erschüttert oder ganz hinweggezogen werden kann, so fallen damit alle übrigen Consequenzen von selbst. In der That ist nun wohl der Beweis, dass die Grundlagen für Götte's Hypothese vom leblosen Ei falsch seien, ziemlich leicht durch Beobachtung zu erbringen. Im speciellen Falle der Unkenentwickelung fasst er die von ihm behauptete Verschmelzung der Keimzellen in der Ureierfalte als Auflösungsprocess auf; und weiterhin findet er den völlig leblosen Zustand bezeichnet durch das Verschwinden des Keimbläschens, welches er für alle Eier aller Thiere behauptet.‘ Ich gehe nun einen Schritt weiter und sage: wenn organisches Leben, wie Götte mehrfach wiederholt, nur in einem leblosen unorganisirten Körper entstehen kann, so muss dies Gesetz, wenn es zu gelten beanspruchen will, auf Thiere und auf Pflanzen gleichmässig Anwendung finden. Sehen wir nun zu, wie sich hiernach die beiden Hauptpunkte in der Götte'schen Beweisführung darstellen. Die Verschmelzung zahlreicher Keimzellen zu den Eiern hat bis jetzt Niemand ausser Götte beobachtet. Im ganzen Pflanzenreich ist die Eizelle eine etwas veränderte Parenchymzelle, nie treten auch nur zwei solehe zur Bildung eines Eies zusammen. Allerdings gibt es bei Pflanzen (Algen ete,) zahlreiche Fälle von Conjugation, die aber von den Bota- nikern nie als Eibildung, sondern als Befruchtungsvorgänge angesehen werden, obgleich die beiden sich miteinander verbindenden Zellen (der Spirogyren z. B.) oft durchaus gleich sind. Wollte nun Götte desshalb diese als Conjugation zum Zwecke der Eibildung auffassen, so käme er mit den Thatsachen der weiteren Entwickelung in Conflict; aus der Zygos- pore kommt nach längerer Ruhe nur eine einzige echte Zelle hervor, welche sich theilt und zu einem neuen Zellfaden auswächst, also niemals die mechanisch entstehenden Vorgänge der Furchung aufweist, welche nach Götte erst die Entwickelung des organischen Lebens einleiten sollen, Ebensowenig sind bisher bei Thieren so wunderbare Eibildungen beob- achtet worden, wie Götte sie bei den Wirbelthieren annimmt; für diese 12* 176 SEMPER: Ueber die Götte’sche Discontinuitätslehre mag er mit seiner Annahme Recht haben, dass alle früheren Beobachter die ersten Eibildungsstadien nicht gesehen hätten. Aber für zahlreiche wirbellose Thiere steht es ganz zweifellos fest — wie Götte aus der von ihm nicht berücksichtigten Arbeit von Ludwig über die Eibildung im Thierreiche hätte ersehen können —, dass das Ei immer direct aus einer Zelle entsteht oder in einem Cytoblastem auftretend einer solchen gleich- werthig ist. Der primitive Kern wird immer zum Keimbläschen, ohne dass er je mit anderen verschmilzt und wenn zur Ernährung der Eizelle noch mitunter Nährzellen beigegeben sind, wie bei Insecten etc., so findet doch niemals eine directe Vereinigung zwischen ihnen statt. Die Aufnahme der in den Follikelzellen bereiteten Nahrungsmasse geschieht auf dem Wege der Endosmose und ebenso bilden sich die festen Dotterkügelchen nicht durch einen Auflösungsprocess, sondern gerade durch einen Lebens- vorgang der Eizelle; sie assimilirt die ihr von aussen zugeführte Nahrung und wandelt sie selbstthätig in jene Dottermolekel um, welche bei be- ginnender Entwickelung das erste Nährmaterial für die mit der Furchung eintretenden Lebensvorgänge der Theilung etc. abgeben sollen. Ein ganz schlagendes Beispiel für diesen Satz, dass das thierische Ei eine einfache lebende Zelle sei und durch die in ihr selbst frei werdenden Kräfte sich ernähre und wachse, also kein lebloses Drüsensecret sein könne, liefern die Sipunculiden. Ludwig hat dies Beispiel bereits be- schrieben; ich will es hier wiederholen, da @Götte diese für die vor- liegende Frage ganz besonders wichtige Arbeit ignorirt hat, wie Vieles, was nach dem Waldeyer’schen Buch über das Ei erschienen ist. Von dem bis jetzt immer noch unbekannten Eierstock der Sipun- culiden lösen sich isolirte Zellen in Amöbenform ab, fallen in die Leibes- höhle und bewegen sich hier wie Amöben frei herum; sie besitzen einen deutlichen Kern, aber keine Membran, und sind natürlich auch von kei- nem Follikelepithel umgeben, Sie wachsen stark ; haben sie den 2—3fachen ursprünglichen Durchmesser erreicht, so ziehen sie ihre amöboiden Fort- sätze ein, runden sich ab und umgeben sich mit einer ungemein feinen Membran. KFortwährend wächst das Ei, im Innern sammelt, sich der mit- unter gefärbte Dotter in kleinen Kügelchen an und gleichzeitig verdickt sich die Zellmembran,; sie lässt bald 2 verschiedene Schichten erkennen von verschiedenartiger Structur, und damit ist die Eischale angelegt. Unter fortgesetztem Wachsthum gliedert sich die Structur der beiden Ki- schalenschichten immer mehr, an beiden Polen (oder mitunter nur einem ?) tritt eine leichte Vertiefung auf, welcher an der Innenseite der Schale gleichfalls Veränderungen entsprechen, bis schliesslich bei einem längsten Durchmesser, der mindestens 10—15mal so lang ist, wie der der jungen des organischen Lebens. 177 amöboiden Eizelle, die beiden Schichten mit ihren Poren und die beiden complieirt gebauten Poltrichter fertig sind. Der ursprüngliche Kern ist ‚dabei zum Keimbläschen geworden und er verschwindet nicht, so lange das reife Ei in der Leibeshöhle sich herumtreibt. Götte wird wohl selbst kaum den Versuch wagen, hiernach das Sipuncnlidenei als lebloses Drüsen- secret aufzufassen; es bewegt sich, wächst, umgibt sich mit einer wachsen- den und ihre Structur allmälig verändernden Hülle, durch welche es fort- während neue Nahrung an sich zieht, es lagert nicht neue Schichten von Dottersubstanz mechanisch um sich herum, sondern bildet sie in sich aus — kurz, es lebt bis zum letzten Augenblick. Nur eines fehlt ihm: es theilt sich nicht, denn die nachher eintretende Furehung will ja Götte nicht als vitalen Theilungsvorgang aufgefasst wissen. Wenn aber nur ein Ei nachgewiesener Massen seine definitive Ge- stalt und Grösse einem Lebensvorgang verdankt, so muss man auch anneh- men, dass alle andern Eier, welche zweifellos in allen ihren Theilen durch direete Umbildung einer Epithelzelle des Eierstocks oder eines ihr gleich - werthigen Theiles entstehen, auch mindestens bis zum Ende ihres Wachs- thums, bis zu ihrer Reifezeit leben. Nur bei den Wirbelthiereiern könnte nach den, allerdings nur an sehr wenig Thieren direct beobachteten, Ent- ‚wicklungsvorgängen an der Göttie'schen Ansicht vom allmäligen Absterben der Keimzellen in ihrem Verschmelzungsprocess festgehalten werden — wenn die Deutung der Bilder durch Götte richtig wäre! Sie scheint mir indessen vollständig falsch zu sein. Bei meiner Untersuchung über die Entwickelung des Urogenital- systems der Plagiostomen habe ich auch genau dieselben Bilder gesehen, wie Götte sie von der Unke auf Tafel I. abbildet. Aber meine Auffassung ist eine diametral entgegengesetzte: was Götte als Verschmelzung ansieht, habe ich als eine Theilung erkannt. Ich kann hier nicht dem ausführ- liehen Bericht über meine Beobachtungen vorgreifen, der im nächsten Hefte erscheinen wird; es genügt auch wohl die Hervorhebung der we- sentlichen Momente, durch welche bei den Haien die Götte'sche Deutung vollständig ausgeschlossen wird. Beim ersten Auftreten der Genitalfalte treten die ersten Ureier immer zunächst der ventralen Kante an der Aussenfläche oder an der Kante selbst auf; in dem Masse, wie jene grösser wird, vergrössert sich auch die Ureierzone selbst; es sind somit die der Basis (d. h. der Ansatzlinie der Ureierfalte an der Leibeswandung) zu- nächst liegenden Ureier die jüngsten. Nun sind sowohl die ersten Ureier, welche überhaupt an der Genitalfalte auftreten, wie auch die jüngsten an der Hodenbasis liegenden Ureier nur einfach vergrösserte Keimepithelzel- len; nie legen sieh an der Genitalfaltenbasis mehrere Keimepithelzellen in 178 SEMPER; Ueber die Götte’sche Discontinuitätslehre der von Götte beschriebenen Weise zusammen, Etwas weiter ab von dem jüngsten Theil, also gegen die freie Kante der Genitalfalte zu, liegen Ur- eier mit sich theilendem, oder bereits doppeltem Kern, während nach Götte hier gerade die Verschmelzung aus zahlreichen Kernen sichtbar sein sollte. Im ältesten Theile erst finden sich die grossen Zellen mit den zahlreichen runden Kernen, also gerade an der Stelle, wo nach Götte die schon ver- schmolzenen Kerne der ausgebildeten Ureier liegen sollten, Diese Folge der verschiedenen Stadien in der Verbindung mit der Wachsthumsrichtung beweist unwiderleglich, dass @ötte's Ansicht von der Bildung der Eier für die Plagiostomen keine Geltung beanspruchen kann, und sie zeigt ebenso sicher, dass das Ei, wie es nachher im angelegten Follikel weiterwächst — worüber auch wieder Ludwig’s Arbeit nachgesehen werden mag —, seine Grösse und Inhalt den sich in ihm abspielenden Lebensvorgängen verdankt, dass es somit, wie das Ei der Wirbellosen, eine echte lebende Zelle ist. f Sollten nun aber wirklich die Amphibien allein ein lebloses reifes Ei besitzen? Das wäre doch wunderbar; auch glaube ich es nicht. . Mir scheint Götte’s Irrthum durch die Ungunst des Materials hervorgerufen zu sein. Bei den Haien liegen die Verhältnisse von Anfang an ungemein klar; hier ist die primitive Anlage der Genitalfalte nicht, wie bei den Amphibien, durch einfache Wucherung des Keimepithels erreicht, sondern es bildet sich, noch ehe eine Spur von Ureiern sichtbar ist, eine aus der Mittelplatte stammende dicke Falte von Stromazellen aus, welche von dem einfachen kaum veränderten Keimepithel überzogen ist. Zwischen diesem Epithel der Genitalfalte und ihrem zelligen Stroma liegt von Anfang an eine feine, aber überall leicht nachweisbare Membran, von welcher sich das Epithel an etwas macerirten Embryonen ungemein leicht in grossen Lappen abhebt. Dieser von Anfang an sichtbare Gegensatz erleichtert das Studium ungemein; erhöht wird solche Leichtigkeit der Untersuchung durch die scharfe Begränzung der Ureierzone und die Bestimmtheit ihrer Zuwachslinien. Das fehlt Alles bei Amphibien: eine dem Stroma der Keim- falte der Plagiostomen (und Säugethiere) vergleichbare Schicht fehlt voll- ständig; die ganze Keimfalte wird durch das Keimepithel selbst gebildet und was man hier Stroma nennt, entsteht auch durch die Umbildung der Keimzellen selbst, Die Keimdrüsen der Amphibien beharren eben auf dem primitiven Stadium der Ureierfalte. Es sind ferner bei diesen die Zuwachslinien nicht scharf bezeichnet, so dass nicht aus der Lagerung der Theile auf ihr relatives Alter geschlossen werden kann. Dass bei dieser Unbestimmtheit ‘die Bilder von Götte grade in seiner Weise ge- deutet wurden, kann nicht befremden; denn bei ihm ist offenbar die An- des organischen Lebens. 179 sicht von der Leblosigkeit des reifen Eies aus rein speculativen Gründen entstanden, und erst nachträglich in die beobachteten Thatsachen hinein- ‚getragen worden, Dies war bei den Amphibien wohl möglich; bei den Haien freilich wäre es nach meiner Ueberzeugung ganz unmöglich ge- wesen. Aber bei der hohen Bedeutung, welche eine so auf den Kopf ge- stellte Deutung vom Wesen des Eies für die gesammte Zoologie bean- spruchen muss, hätte Götte wohl aus Rücksicht auf die alte Anschauung alles Beweismaterial herbeischaffen sollen, das ihm überhaupt zu Gebote stand. Das hat er aber nicht gethan; denn auf die für seine Anschauung ganz wesentliche Frage, wo denn der unversiegbare Quell für die immerfort verschmelzenden Keimzellen zu suchen sei, hat er nicht einmal die Ant- wort zu geben versucht. Thatsache ist, dass die Ureier im Keimepithel fortwährend an Zahl zunehmen; jedes aber entsteht aus im Mittel wohl mindestens 5—6 Keimzellen (nach @ötte). Wenn also die Zahl der Ureier von 1 auf 100 gestiegen ist, muss die der Keimzellen vorher 100mal grösser gewesen sein, d. h. es muss eine beständige und massenhafte Ver- -mehrung der schmalkernigen Keimzellen selbst stattfinden, ehe eine Ver- schmelzung eintreten kann. In keinem der Götte’schen Bilder findet sich auch nur eine einzige in Teilung begriffene Keimzelle; in den Bildern der jüngsten Stadien liegen kaum genug Keimzellen in der Ebene des Durehschnitts, um Material für die Bildung von 2 Eiern zu liefern. Wo kommt denn da der Ersatz für die nachher sich bilden sollenden Eier her’? Wenn aber die @ötte'schen Beobachtungen so aufgefasst werden, wie es für die Haie zweifellos nothwendig ist, so liefern eben die zuerst auf- tretenden Ureier durch ihre fortgesetzte Theilung theils neue Keimzellen, theils wirkliche Eier und die Seltenheit von Theilungsstadien der ersteren findet damit seine Erklärung. Allerdings ist damit auch die Götte’sche An- sicht von der Leblosigkeit des wachsenden Eies zu den Todten gelegt. Was ich aber so durch Analogieschlüsse und durch den Nachweis gewisser bedeutungsvoller Lücken in der von Götte als beobachtet ange- nommenen Bildungsreihe des Amphibieneies nur wahrscheinlich zu machen suchte, das wird schliesslich auch nech durch directe Beobachtung an Amphibien unterstützt: auch das erste Urei der Amphibiengenitalfalte scheint sich nach Dr. Spengel’s hier unter meiner Leitung angestellten Untersuchungen durch einfaches Wachsen einer einzigen Keimepithelzelle zu bilden. Diesen direeten Beweis für die Unrichtigkeit der Götte’schen Dar- stellung auch für das Amphibienei wird Dr. Spengel natürlich selbst zu bringen haben; ich antieipire dies Resultat mit seiner Erlaubniss hier, weil es nöthig war, um der Götte'schen Hypothese von der leblosen Natur 180 SEMPER: Ueber die Götte'sche Discontinuitätslehre des sich bildenden Eies, von seiner Eigenschaft als Drüsensecret auch den letzten Grund und Boden zu entziehen, Es ist somit der Nachweis geliefert, dass auch bei den Wirbelthieren das Ei kein lebloses Drüsensecret, sondern eine lebende, wachsende Zelle ist, und dass die in ihr sich abspielenden Lebensvorgänge bis in ihr spätestes Alter, bis in ihre Reifezeit andauern. Dieser wachsenden, lebenden Eizelle fehlt allerdings ein Attribut, welches auch als Lebenseigenschaft anzusehen ist: die Vermehrung oder Theilung. Aber dieses fehlt allen lebenden Zellen ohne Ausnahme wäh- rend einer bestimmten Periode, so lange sie nemlich wachsen; da nun die Eizellen bis zu ihrer Reife eben vor der Loslösung vom Eierstock oder selbst noch viel länger (Sipunculiden) wachsen, und mitunter, wie bei den Vögeln und Plagiostomen, ganz enorm: so kann auch der Mangel ein- tretender Theilung während dieser Periode nicht als Argument für die Leblosigkeit der Eier angeführt werden. r Ist aber die volle Grösse des reifen Eies erreicht, so tritt damit auch ein Zustand der Ruhe ein; das Wachsthum hört auf und es ver- schwindet (nach Götte's Annahme) ganz ausnahmslos das Keimbläschen, der alte Zellkern. Gleich darauf beginnt die Furchung. Nur während dieser kurzen Periode treten somit Verhältnisse ein, welche in der von @ötte versuchten Weise gedeutet werden könnten; die animalen Bewegungen und das Wachsthum hören auf, die Dotterbildung ist vollendet, Theilung fehlt und das Keimbläschen verschwindet: es besteht das Ei nur aus einem Klumpen von (leblosem) Protoplasma mit eingesprengten und sich allmälig auflösenden Dottertheilchen. Hat nun wirklich — und damit kehre ich zu einigen im Anfang bei Seite geschobenen Fragen kurz zurück — die Eizelle während dieser kurzen Periode den Tod erlitten? Ich wüsste keine Beweise für diese Ansicht beizubringen. Die Bewegungen, welche dies unorganisirte Ei vor der Furchung zeigt, sind von @ötte nieht als rein physicalische nachgewiesen ; er sagt nur, sie liessen sich so erklären, macht aber keinen Versuch dazu, Man hat daher nach wie vor. das Recht, sie als Lebensäusserungen des Protoplasmas des Eies aufzufassen. Die Contraction, welche vor der Fur- chung (und wie ich zufügen will auch bei allen Eizellen der Pflanzen) eintritt, und mit welcher ein Auflösen oder ein Ausstossen des Keimbläs- chens vielleicht ausnahmslos (bei Thieren wie Pflanzen) verbunden ist, kann ebensowenig als ein rein physikalischer Strömungsvorgang aufgefasst werden; wenigstens hat Götte nicht entfernt den Beweis dafür geliefert. Aus der in dieser Periode fehlenden Vergrösserung des Eivolumens schliesst @Götte, dass auch keine Ernährung stattfinde, Um dies zu beweisen, hätte des organischen Lebens. 181 er durch das physiologische Experiment nachweisen müssen, dass das Eiprotoplasma nicht athme; da er dies unterlassen hat, braucht ein An- hänger der alten Ansicht, dass das letztere lebend sei, auch zu ihrer "Stütze nicht erst zu zeigen, dass es doch athme. Wir wissen, dass alles lebende Protoplasma athmet und sich ernährt, selbst wenn bei verlangsamtem Stoffwechsel die Lebensthätigkeit desselben auf ein Minimum herabgesetzt ist, und dass jeder organische Körper, der athmet, immer lebend ist. Aber auch noch nach der ersten Zweitheilung soll das Protoplasma der Furchungs- kugeln sich nicht ernähren, weil bis zur Beendigung der Furchung keine Grössenzunahme ersichtlich sei. Er führt hier das Beispiel der Magosphaera planula an (p. 850), um zu zeigen, dass die Masse vor und nach der Furchung durchaus gleich sei. Aber mit demselben scheint er mir grade das Gegentheil zu beweisen; denn es wird hier constatirt, dass vor und mit der Furchung eine bedeutende Verkleinerung des Durchmessers ein- tritt, so dass der Durchmesser der 2 ersten Furchungskugeln bedeutend (etwa um 16°/,) unter der ihr bei gleich bleibendem Volum zukommen- den Länge bleibt. Es wird dadurch eine Contraction constatirt, wie sie auch an andern Eiern und auch bei Pflanzen leicht zu beobachten ist und ausdrücklich von Götte anerkannt wird. Wenn nun die Furchungs- kugeln successive wieder den Durchmesser erreichen, der ihnen unter jener Annahme des gleich bleibenden Volums zukommt, bis schliesslich nach vollendeter Furchung jede einzelne Furchungskugel sogar um einen 50/, grös- seren Durchmesser hat (s. pag. 580 Anm.), als sie eigentlich haben sollte: so ist damit wie mir scheint grade das Gegentheil von dem bewiesen, was Götte mit diesem Beispiel hat zeigen wollen. Nicht das mangelnde Wachsthum des sich furchenden Eies folgt daraus, sondern gerade recht erhebliches Wachsthum. Oder bedingt vielleicht nach Götte die Contraetion des Eies vor der Furchung keine Verminderung des Volums und die spätere allmälige Erreichung des früheren Volums keine Vergrösserung also Wachsthum der bei der ersten Theilung verkleinerten Theilstücke ? Wollte mir aber Götte erwidern, dass Beides, die erste Zusammenziehung und die folgende Ausdehnung nur nothwendige Folge der von ihm im Abschnitt „die Dottertheilung“ behaupteten endosmotischen Doppelströme seien, so muss ich meinerseits darauf bemerken, dass ich in dem ange- zogenen Capitel wohl ein recht ansprechendes Bild von den vermutheten Vorgängen bei der Furchung, aber auch nicht den Schatten eines Bewei- ses dafür finde, dass solche Doppelströme, ihre Existenz vorausgesetzt, in der That die von ihm dann behauptete Wirkung haben müssten. Denn wenn die thatsächlich zuerst eintretende Verdichtung der Dotterrinde resp. die Verminderung des Eidurchmessers eine Folge des beginnenden Dif- 183 SEMPER: Ueber die Götte’sche Discontinuitätslehre fusionsstromes sein sollte, so verstehe ich nicht, wie nachher bei Wieder- holung desselben Processes an dem ersten Theilproduct nun eine Zunahine statt einer abermaligen Abnahme des Durchmessers der nächstfolgenden Theilproducte eintreten könnte. Endlich ist auch die Grundlage der Götte'- schen Dotterstromspeculationen, die blos durch das eindringende Wasser bedingte Dotterschmelzung nur aus gewissen gar nicht ganz unzweideuti- gen Bildern erschlossen, aber nicht erwiesen oder auch nur durch hier wohl nicht so ganz schwierige experimenta crucie geprüft worden. Im Grunde genommen scheint mir durch das Voranstehende die Götte'sche Hypothese von der Leblosigkeit, des Eies schon hinreichend widerlegt zu sein. Bei der Wichtigkeit derselben wird es indessen zweck- mässig sein, hier noch einige andere Argumente gegen sie näher aus- zuführen. Dass die Eizelle bis zum Moment der vollen Reife im wahren Sinne des Wortes lebend ist, habe ich eben zu zeigen versucht. Wenn nun mit dem Verschwinden des Keimbläschens in der That ein für die beginnende Entwickelung nothwendiger lebloser Durchgangspunct eingetreten sein sollte, so müsste die Auflösung des Eikerns vor der Furchung die ganz ausnahmslose Regel sein. Nun scheint mir das bei den Thieren doch noch nicht so ganz sicher zu sein; Götie zwar nimmt dies an, aber nur, weil es in vielen Fällen erwiesen ist, statt dass er uns hätte nachweisen sollen, dass in allen solchen Beispielen, in denen eine Theilung des Ei- kerns angegeben wird, diese in der That nicht eintritt, wohl aber seine Auflösung erfolgt. Götte als Neuerer hatte die Verpflichtung, diesen Be- weis anzutreten. Was aber will er mit den allerdings bis jetzt nicht zahlreichen Fällen anfangen, in welchen die beiden nach dem zuerst ver- schwundenen Kern neu auftretenden abermals verschwinden und die nun folgenden 4 sich abermals spontan erzeugen? Dies kommt z B. bei den Sporen von Equisetum limosum vor (Sachs, Botanik 4. Aufl. p. 14). In solchem Falle findet eine doppelte Abtödtung im sich furchenden Ei statt; und doch sollen nach der Götie’'schen Hypothese die beiden ersten frei auftretenden Kerne „thatsächliche Lebensformen“ darstellen. Welche Verschwendung also und übermässige Anstrengung, diese thatsächliche Lebensform abermals zu zerstören, um im nächsten Augenblick von vorn anzufangen. Noch weiter geht das vielleicht bei Chaetonotus; hier ver- schwindet nach Ludwig’s unpublieirten Beobachtungen während der Fur- chung, wie es scheint, jeder Kern in jeder Furchungskugel und die neu auftretenden in den durch Theilung jener entstandenen sind bis zum Ende des Processes Neubildungen. In diesem letzteren Fall hat also jede Fur- chungskugel mit dem Verschwinden des Kernes ein lebloses Stadium er- des organischen Lebens. 183 reicht, gleich darauf aber sich durch Neubildung desselben nach der in- zwischen eingetretenen Theilung wieder lebend gemacht, um gleich nach- ‚her abermals zu sterben und so fort. Sehr auffallend wäre dann ferner die sicher constatirte Thatsache, dass auch bei Theilung von echten Gewebszellen in den Schliesszellen der Spaltöfinungen von Hyacinthus und Iris (Sachs, Botanik p. 19) der Kern verschwindet, ohne sich zu theilen, die Kerne der durch Theilung entstandenen Zellen aber Neubildungen sind: ein Vorgang, der sich offen- bar dem bei den Eiern auf’s Engste anschliesst. Es wäre leicht, noch mehr solche Fälle aufzuzählen, die wenn auch nicht geradezu schlagend die Götte'sche Hypothese widerlegen, so doch ihr Schwierigkeiten bereiten. Nur zwei nahe verwandte Fälle noch will ich aus dem Pflanzenreich und Thierreich anführen, die nach meinem Dafürhalten in der That mit derselben ganz unvereinbar sind. Unter den Thieren sind die Protisten durch vollständigen Mangel eines Kernes aus- gezeichnet; ebenso fehlt jeder andere Körper (etwaiger Lebenskeim etc.) im Protoplasma derselben, welcher als Lebensträger angesehen werden könnte. Dennoch einen solchen ungeformten, unsichtbaren annehmen darf aber Götte nicht, da er ausdrücklich erklärt, dass „der Begriff Leben nothwendig einen bestimmt begrenzten Lebensträger voraussetzt“ (p. 842) Ich meinerseits muss nun freilich bekennen, dass ich nicht aus der Ab- straction Leben (die sich Jeder nach seiner Weise anfertigen kann) eine solche Forderung für den Lebensträger in die Natur hineintragen, viel- mehr in entschiedenstem Gegensatz der Forschungsmethode aus ihren Lebenserscheinungen, die wir sehen, beobachten, zerlegen können, das Wesen des Lebens herauslesen möchte. Nun tritt im ganzen Lebenseycius der Protomyxa aurantiaca nie ein solcher bestimmt geformter Lebensträger auf, selbst nicht im (Ei) Encystirungszustand oder während der Theilung. Trotzdem lebt das Thier. Nach allen vorliegenden Beobachtungen ferner ist die Vermehrung der Polythalamien eine noch einfachere. Aus der cen- tralen primären Kammer wächst die kernlose Protoplasmamasse hervor, theilt sich in die bekannten Kammern ab, wächst und wächst und bildet schliesslich grosse terminale Kammern aus, in die hinein sich alles Proto- plasma zieht, um hier neue centrale Kammern zu erzeugen. In keinem Lebensstadium aber zeigt der Inhalt irgend einer solchen Kammer einen Kern. Götte würde vielleicht sagen, er würde doch wohl da sein; wa- rum denn hat er ihn uns nicht gezeigt? Die blosse Wahrscheinlichkeit seiner Hypothese, die Logik seines hypothetischen Baues zwingt uns Ändern nicht im Entferntesten sie gegenüber den Deutungen, welche von den Be- obachtungsthatsachen ausgehen, anzunehmen; wenigstens nicht eher, als 1854 SEMPER: Ueber die Götte’sche Discontinuitätslehre bis er die Unrichtigkeit der bisher massgebenden Deutung nachgewiesen hätte. Noch schlagender, als das eben angeführte Beispiel der Protisten, ist das der Myxomyceten. Hier bildet sich durch Zusammenfliessen kern- haltiger amöboider Schwärmer ein durchaus lebendes, sich frei bewegen- des, ernährendes aber kernloses Plasmodium, während die Kerne nicht bei der Sporenbildung zu Grunde gehen, sondern gerade dann erst entstehen. Das Plasmodium selbst aber vergrössert sich wesentlich durch die Auf- nahme neuer Schwärmer; in den Fruchtkörpern tritt ein Zerfall der ein- geschlossenen Protoplasmamasse in kernhaltige Zellen ein, und die aus den Sporen ausgetretenen amöboiden Schwärmer theilen sich ohne Verlust ihres Kernes. Dasjenige Stadium also, welches nach seiner Entstehung durch Verschmelzung zahlreicher Zellen und nach seiner Kernlosigkeit dem Ei der Thiere nach Schwund seines Keimbläschens zu vergleichen wäre, zeigt so ausgeprägte Lebensvorgänge, dass die Behauptung, es sei dennoch ein lebloser nur durch Diffusionsströme bewegter Körper als gar nicht der Widerlegung nöthig bei Seite zu legen wäre. Wir haben hier also Beispiele aus dem Thier- wie Pflanzenreich kennen gelernt, welche zeigen, dass das Leben nicht an einen bestimmt geformten Lebensträger (Götte) gebunden ist, da ein solcher kald gänzlich (Rhizopoden), bald nur in gewissen Perioden (Myxomyceten) fehlt, zu welchen die Organismen nichts destoweniger Lebenserscheinungen zeigen. Ich kann somit die Götte’sche Hypothese von der Leblosigkeit des Eies zu irgend einer Zeit, weder vor noch nach dem Schwund des Keim- bläschens, nicht als berechtigt anerkennen. Seine Lehre von der Discon- tinuität des organischen Lebens wäre freilich recht schön, da sich Alles Uebrige aus ihr so leicht ergibt — wenigstens in Götte's Darstellung. Nichts desto weniger ist sie falsch. So entschieden ich mich aber auch gegen diese Grundhypothese und den aus ihr heraus construirten Bau er- klären, und so bestimmt ich auch darauf hinweisen muss, dass die logische Folgerung einer Hypothese (wie z. B. in dem Satz vom bestimmt ge- formten Lebensträger) weder diese beweisen noch jene wahrscheinlich machen kann: ebenso entschieden muss ich hier auch hervorheben, dass ich trotz alledem Götte für die consequente Durchführung seines aller- dings, wie ich glaube, falschen principiellen Gedankens sehr viel Dank weiss. Im Verlaufe seiner Darstellung ergeben sich trotz der falschen Prämissen eine solche Menge richtiger Gedanken und es treten uns auf speciellerem Gebiete eine solche Zahl brauchbarer Sätze und Folgerungen entgegen, dass auch diese allein schon das Studium des Buches empfehlen würden. Was ich aber vor Allem freudig begrüsse, das ist die entschiedene Opposition gegen unbewusste oder absichtliche Vermischung verschiedenartiger des organischen Lebens. 185 Methoden der Forschung, und das scharfe Betonen der Bedeutung der physiologischen Lebensbedingungen für die individuelle Entwickelung. Es war indessen nicht meine Absicht, hier eine ausführliche Kritik ‚des Götte'schen Buches zu schreiben; es handelte sich für mich vielmehr nur darum, diejenigen allgemeineren oder specielleren Sätze desselben näher zu beleuchten, welche ich nieht ohne Unbequemlichkeiten in der mehrfach schon angekündigten Arbeit über das Urogenitalsystem der Wir- belthiere einer kritischen Untersuchung hätte unterziehen können. Dort wird es an der Zeit sein, die Opposition Götte's gegen die Homologisirung der Wirbelthiere und Ringelwürmer zu besprechen; hier habe ich jetzt nur noch einige Puncte zu untersuchen, in denen meine Anschauungen sich denen Götte's mehr oder minder nähern. Wenn Götte in seinem Buche statt von einem leblosen unorganisir- ten Zustand des Eies nur von einem Ruhezustand des lebenden gesprochen hätte, so würde ich verhältnissmässig wenig gegen seine weiteren Aus- führungen zu erinnern haben. Denn im Grunde genommen ist doch sein unorganisirtes, lebloses Ei nicht ganz leblos, wenn auch ohne sichtbare Organe; spricht er doch oft genug von den im (leblosen) Ei angesammel- ten Spannkräften, welche durch die Lösung der Dottermolekel zu freien lebendigen Kräften werden sollten. Diese letzten ruhten somit offenbar in jenen, und damit sind auch diese Spannkräfte des latent lebenden Eies als Kräfte besonderer Art bezeichnet; denn nirgends, selbst nicht einmal . bei Erzeugung der Traube’schen künstlichen Zellen, kann Götte rein phy- sicalisch wirkende Spannkräfte aufweisen, welche zu lebenden werden könnten Ja selbst der von Götte construirte endosmotische Vorgang zeigt, dass er kein einfach physicalischer sein kann: er vernachlässigt ganz und gar den Einfluss der Schwere, welcher unter keinen Umständen auszuschliessen war. Sollte die bestimmte Form und Lagerung der Fur- chungskugeln, die Richtung der Theilungsebenen etc. in erster Linie auf die nach ihm durch die Dotterschmelzung zum Theil bedingten Diffusions- ströome rein mechanisch zurückgeführt werden, so hätte er dabei die mechanisch wirkende Kraft aufweisen müssen, welche das Sinken der im Centrum des Eies durch die Lösung der festen Dotterpartikelchen sich bildenden concentrirteren Flüssigkeit nach unten verhinderte. Ja selbst die von Götte ausschliesslich der Wirkung des eindringenden Wassers zu- geschriebene Lösung oder Einschmelzung des Dotters beweist, dass dies keine so ganz einfache chemische Lösung ist; denn frei gewordene Dotter- plättchen des Froscheies lösen sich in Wasser nicht, sie qnellen blos. Um sie aufzulösen, gehört eben die Lebensfähigkeit des Protoplasmas dazu, d, h. die Summe der bisher ganz unbekannten nach dem berechtigten 186 SEMPER: Ueber die Götte’sche Discontinuitätslehre Dogma der Naturforscher wohl rein mechanisch wirkenden Kräfte im lebenden Ei dazu, damit, wenn überhaupt das eindringende Wasser eine Rolle dabei spielt, jene festen Bestandtheile in diesem gelöst werden mögen. Kurz, auch bei Annahme der Richtigkeit seiner Behauptungen vom Ein- schmelzen ete. — die aber auch noch nicht einmal erwiesen sind — er- gibt sich doch wieder überall ein Punkt, in welchem neben den gewiss thätigen äusseren Kräften auch innere wirksam sind, welche in der eben dem Leben eigenthümlichen, ich möchte sagen selbstverfügenden, Weise sich jene anderen dienstbar machen. Aber diese Art der Lebensäusserung ist, je nach den verschiedenen Lebensstadien eines Individuums, eine sehr verschiedene. Sie kann in der vollen Ausübung aller ihrer Kräfte, in dem Zustand, welchen Götte voll- kommenes Leben nennt, eine scheinbar vom Formgesetz Götte’s gänzlich unabhängige sein — obgleich z. B. die Entwickelung des Schmetterlings aus der Raupe doch noch deutlich einen bestimmten Einfluss eben jenes Formgesetzes aufweist. (Oder sollte die Wirkung desselben aufhören, wenn erst die rein mechanische Formentwickelung aufgehört hat? Es könnte nach pag. 845 fast so scheinen, doch bleibt der ganze Passus etwas unklar und das Ende der mechanischen Formentwickelung selbst absolut unbestimmt.) Es kann zweitens die active Lebensthätigkeit sehr herabgestimmt, in ein latentes Leben dadurch verwandelt werden, dassr die einzelnen Lebensäusserungen für eine Zeitlang gänzlich unterdrückt (Vermehrung, Wachsthum, active Nahrungsaufnahme) oder auf ein Mini- mum herabgedrückt werden können (Assimilation, Athmung, Wärmepro- duetion). Bei allen Eiern aller lebenden Thiere muss in den gewöhn- lichen Verhältnisse n das Protoplasma derselben athmen; es muss dahe auch organische Stoffe verbrauchen, sei die Quantität derselben auch noch so gering. Diese Stoffe zieht als Nahrung das Protoplasma des „voll- kommen“ lebenden Organismus theils von aussen her an sich, theils be- reitet es sich dieselben selbst (Chlorophylipflanzen). Im latenten Lebens- zustand des Eies braucht dasselbe gar keine Nahrung von aussen her aufzunehmen, da es in sich selbst genügend Nahrungsbestandtheile im Dotter aufgespeichert enthält; dass der Verbrauch dabei ein äusserst ge- ringer sein muss, versteht sich von selbst; aber nach Allem, was wir Positives vom lebenden Protoplasma der Thiere und Pflanzen wissen, sind wir berechtigt, einen solchen Verbrauch an organischen Stoffen auch für das Ei der Pflanzen und Thiere anzunehmen. Mit seinen Definitionen vom Leben kann Götte diese wohl constatirten Thatsachen nicht hinweg- bringen; hält er sie für falsch, so beweise er dies durch die Beobachtung, durch das Iixperiment, nicht aber durch den Satz: es kann nicht so sein, des organischen Lebens. weil es sich mit jener Definition nicht verträgt. Solche Schlussfolgerungen haben, wenn überhaupt irgendwelchen, nur subjectiven Werth. Es gibt “nur zwei Zustände, in denen das Leben des Protoplasmas im Ruhezustand vollständig latent wird: bei Erniedrigung der Temperatur unter einen be- stimmten Wärmegrad (gefrorne Pflanzen, Froschherzen ete.) oder bei voll- ständiger Entziehung eines gewissen für das active Leben nöthigen Ueber- schusses an Wasser (getrocknete Samen, Sporen, encystirte Thiere etc.). Hier scheint in der That der Stoffwechsel vollständig aufgehoben zu sein. Aber selbst in solchen Fällen kann nicht von einer leblosen Spore, einem leblosen eneystirten Infusorium gesprochen werden; denn mit dem Ueber- schuss an Feuchtigkeit oder Erhöhung der Wärme tritt augenblicklich wie- der der lebende Zustand ein, welcher gegenüber rein physikalisch chemi- schen Processen durch die Erscheinungen des aus sich selbst heraus ar- beitenden Stoffwechsels gekennzeichnet ist. Damit ist nun aber nicht gesagt, dass durch diese Lebenskräfte des (activ oder latent) lebenden Organismus „rein mechanische Momente, welche die lebendigen Kräfte der sich lösenden Dottersubstanz zu den einheitlichen Formleistungen der Entwickeiung zwingen“ (Götte p. 844 Definition des Formgesetzes) ganz ausgeschlossen seien; sie sind nur durch jene in ihrer ausschliesslich mechanischen Wirksamkeit modificirt. Hier ist der Punct,. in dem ich His und Götte in ihrer Opposition gegen die ganz und gar morphologische Richtung einer gewissen mo- dernen Naturphilosophie anschliessen kann, Die physiologischen Lebens- bedingungen (His) oder das Formgesetz (Götte) haben so gut ihren Ein- fluss, wie die im Eidotter oder in seinem Protoplasma latenten oder lebendigen inneren Kräfte, welche ihren Quell doch schliesslich nur in den Lebensthätigkeiten des mütterlichen Organismus haben, also auf Ver- erbung hindeuten. Einseitig hier das Formgesetz zu betonen, ist aber gewiss ebenso verkehrt, wie dort ausschliesslich Alles auf Vererbung (und sonstige immanente Eigenschaften) zurückführen, Die Wahrheit liegt in der Mitte. Keines der beiden Momente kann ohne das andere Leben selbstthätig erzeugen: die protoplasmatischen Elementaractionen bedürfen des regelnden Einflusses der rein mechanisch wirkenden Momente des Form- gesetzes, und dieses letztere kann nie aus leblosen Stoffen Leben erzeugen, sondern eben nur die latenten Elementaractionen des Protoplasmas mehr oder minder in bestimmte Bahnen lenken und zu lebendigen Kräften um- bilden. - Mit dieser Einschränkung also, dass das Formgesetz sich nicht an einem leblosen Körper, sondern an einem latent lebenden bethätige, kann ich im Uebrigen die Berechtigung des Versuches anerkennen, die mecha- 188 SEMPER: Ueber die Götte’sche Discontinuitätslehre nisch wirkenden Kräfte (d. i. die His’schen physiologischen Lebensbeding- ungen), bei der Embryobildung aufzuspüren. Aber freilich auch nur die Berechtigung, nicht die von Götte versuchte Ausführung. Obgleich ich nun seine Prämissen (Dotterschmelzung, Doppelströme etc.) durchaus nicht zugeben kann, so stimme ich ihm doch wieder in folgendem wesentlichen Puncte bei: dass von einer wirklichen Homologie zwischen Gliedern oder Keimschichten verschiedener sich entwickelnder Embryonen nur dann die Rede sein könne, wenn eine unbedingte Uebereinstimmung in dem erschlos- senen Causalzusammenhang ihrer individuellen Entwicklungsphasen nach- gewiesen worden sei. Ich stimme @Götte gleichfalls vollständig darin bei, dass von einer Homologie zwischen zwei Thieren nie die Rede sein darf, wenn die gegensätzliche Verschiedenheit ihrer primär bei der Furchung bestimmten Bildungsaxen oder der Lagerung der Keimscheibe, Blätter etc. an diesen Axen bewiesen werden kann; ich gebe ihm ferner vollkommen Recht, wenn er sagt, dass von einer Homologie zwischen bleibendem Mund und Gastrulamund nicht die Rede sein könne. Ja ich glaube sogar lange vor G@ötte — was dieser freilich nicht zu wissen scheint — an verschie- denen Stellen darauf hingewiesen zu haben, dass von einem wirklichen Beweis der morphologischen Identität der Keimblätter und der in ihnen sich bildenden Glieder bei allen Thieren für jetzt nicht gesprochen werden dürfe. Ich habe ausdrücklich in meiner Monographie der Holothurien gesagt, dass die ähnliche Schichtfolge bei Coelenteraten und Embryonen höherer Thiere noch durchaus nicht eine Homologie derselben beweise; und in meinem dritten kritischen Gang „Die Keimblättertheorie und die Genealogie der Thiere (Arbeiten aus dem zool.-zoot. Institut Bd. I. pag. 222 fi.) habe ich gegen die wilde Homologisirungswuth der neueren Zeit opponirt aus ganz analogen Gründen, wie sie G@ötte auch anführt. Auch diese Arbeit hat Götte nicht benutzt. Vielleicht hat er dies nur gethan, weil er doch wieder in der spe- eiellen Durchführung meiner Gedanken dieselbe blinde ‚Wuth zu homo- logisiren zu sehen glaubt, gegen welche ich doch Front zu machen vor- gäbe. Ich gestehe, dass meine Arbeiten in dieser Weise missverstanden werden können — wenn man sie falsch aufgefasst hat !) oder flüchtig 1) Oder auch nicht verstehen kann, wie der Anonymus im Quart. Microsc. Journ. 1875 January p. 91. Dieser gute Herr scheint nicht zu ahnen, dass zwischen dogmatiseh-naturphilosophischer Speeulation, wie sie dem Haeckelismns eigen ist und philosophischer Benutzung von Hypothesen zur Formulirung neuer Fragen ein himmelweiter Unterschied besteht, Gegen das Letztere habe ich nie opponirt; wohl aber gegen die von einer beliebigen Schule ausgehende Heiligsprechung solcher des organischen Lebens. 189 liest. Schon seit dem Jahre 1868 habe ich in meinen Vorträgen einen Vergleich zwischen den Keimblättern der verschiedenen Thiere benutzt, um eine Andeutung zu geben von der Richtung, welche die auf Darwin’s Grundlage weiterbauende Zoologie einzuhalten habe, um zu einem tiefe- ren Verständniss des verwandtschaftlichen Zusammenhangs der Thiere zu gelangen. Ich habe dabei aber auch immer betont, dass diese Vergleich- ung eben nur eine und wie mir scheine, die momentan fruchtbarste Me- thode sei, da einstweilen der wirkliche Beweis für die Richtigkeit der Vergleiche selbst fehle. Dies habe ich auch immer in meinen Arbeiten gethan; und ich habe meine in den „Holothurien“ gemachten Einwürfe gegen die Kowalevsky’schen Identificirungen auch neuerdings abermals wiederholt, und auch hier muss ich nochmals sagen, dass ich den Satz, es seien die leitenden Homologien wirklich schon erkannt und festgestellt, fortwährend bestreiten muss. Trotzdem aber halte ich die Vergleichung behufs Aufdeckung der wahren morphologischen Homologien für berechtigt und geboten, ja noch mehr, ich glaube sogar, dass falsche Vergleiche auch ihren Nutzen für die augenblickliche Entwicklungsperiode unserer Zoologie haben müssen, da sie nie leicht so falsch sein können, dass sie nicht den einen oder andern richtigen Punct zu Tage zu fördern vermöchten. Je mannichfaltiger die Gesichtspuncte sind, von welchen aus dasselbe Ob- jeet betrachtet wird, um so rascher wird die Kritik auch mit den falschen Vergleichen aufräumen können; und je schärfer und consequenter die Ver- gleichung nach bestimmten Principien durchgeführt wird, um so sicherer wird man dabei zur Scheidung zwischen Irrthum und Wahrheit kommen. Von diesem Gesichtspunct aus halte ich auch den Götte’schen Ver- such, die Homologie der Keimblätter und sonstigen Embryonalanlagen auf eine einzige stereometrische Grundform zu basiren für durchaus berechtigt und fruchtbringend. Es fragt sich nur, ob dieser Versuch als gelungen anzu- sehen ist. Da muss ich nun freilich auch wieder bekennen, dass er mir so wenig gelungen zu sein scheint, als alle früheren. Götte nimmt offen- bar an, die Scheitelaxen und die primäre Einstülpungsöffnung, der Gastrula- mund, seien homolog bei allen Thieren. Das kann so sein, ist auch wahr- scheinlich, darf aber nicht als feststehend angesehen werden, blos weil es als nothwendige Consequenz aus Götte's Anschauungen über die Furchung Hypothesen. Diese sind philosophisch nur brauchbar, wenn sie als Handwerks- zeug gebraucht werden; sie als Reliquien zur Anbetung der Gläubigen in einem Schrein aufhängen, ist weder Philosophie, noch Naturforschung, noch nach meinem Geschmack. Arkeiten aus dem zoolog.-zootom, Institut in Würzburg. II. Bd. 13 190 SEMPER: Ueber die Göttesche Diseontinuitätslehre folgt; denn die Grundlage dieser letzteren ist, wie ich gezeigt zu haben glaube, in einigen wichtigen Puneten thatsächlich falsch, in andern nicht erwiesen. Für ihn natürlich bleibt diese Basis doch richtig und wenn er, wie nicht zu bezweifeln ist, mit gewohnter Sorgfalt weiter beobachtet, so wird er gewiss noch viele hübsche und neue Resultate erhalten, obgleich ich seinen Standpunct nicht für den ganz richtigen halten kann. Ich hätte gewünscht, dass er uns etwas mehr in das Detail seines zoologischen Systems eingeführt hätte; da würde sich denn gleich gezeigt haben, in- wiefern seine Auffassung möglich, also berechtigt oder wirklich durchge- führt, also bewiesen oder endlich falsch sei. Es mag mir gestattet sein, hier schliesslich einige solche Puncte hervorzuheben, die sich im Text zerstreut, hie und da als Beispiele benutzt finden. Recht geben muss ich Götte z. B. unbedingt darin, dass die sogenannte Leibeshöhle der Echino- dermen nicht derjenigen der Vertebraten homolog sein könne, da sie aus dem Darmcanal entspringt; übrigens eine Anschauung, welche sich wohl auch schon durch Meeznikoff’s Arbeiten Geltung verschafft haben wird; ich meinerseits wenigstens habe die früher geübte Parallelisirung ar Echinodermenleibeshöhle mit der der Wirbelthiere ziemlich bald nach den ersten Beobachtungen hierüber fallen gelassen. Ich müsste ihm ebenso durchaus darin zustimmen, dass von einer Homologie zwischen Ringel- würmern und Wirbelthieren nicht die Rede sein könnte, wenn in der That die scheinbar so sehr verschiedene Lage und Entstehung der Axentheile bei ihren Embryonen nicht doch auf einen gemeinsamen Entwickelungs- iypus zurückzuführen wäre — wie ich nun allerdings hier nicht, sondern erst später werde zeigen können. Auch die Homologie des Gastrula- mundes aller Thiere möchte ich gelten lassen, da er die Vergleichung so sehr erleichtern würde. Indessen auch hier wieder hat die Natur uns harte Nüsse zu knacken gegeben, wie ich jetzt zum Schluss noch kurz erörtern will. Götte sagt es zwar nicht ausdrücklich, aber es geht doch zweifellos aus seinen allgemeinen Erörterungen, wie namentlich aus den schemati- schen Bildern über die Stellung der Axen hervor, dass er sich den Ga- strulamund d. h. die primitive Einstülpungsöffnung immer an einem Ende der Scheitelaxe denkt; und ebenso folgt aus seinen Erläuterungen über die Furchung, dass er diese Scheitelaxe als Resultat gleicher mechanischer Entwickelung oder vielmehr als Ausdruck derselben bei allen Thieren für homolog ansieht. Der Gasteulamund ist ihm also auch überall homolog. Ich will nicht weiter Gewicht darauf legen, dass er nicht nachgewiesen oder untersucht hat, ob in der That überall die Scheitelaxe dieselbe ist; auch nicht darauf, dass Ussow angibt, bei Cephalopoden trete die Keim- des organischen Lebens, 191 scheibe mitunter an dem verkehrten entgegengesetzten Pole auf; denn auch bei der Verjüngung der Pflanzenzellen kommt eine Veränderung in ‘ der Lage der Wachsthumsaxe von 900 vor (Sachs, Botanik 4. Aufl. p. 9) und es braucht somit eine Verschiebung der Embryonalaxen in ihrer Lage zu den primitiven Eiaxen noch durchaus keine principielle Verschiedenheit anzudeuten. Ich nehme also diese These an, dass der Gastrulamund wohl durchgehends homolog sei, der definitive Mund und After aber bei den verschiedenen Thieren verschieden sein könne. Nun darf aber, wie mir dünkt, dieser Satz ebensowenig, wie jeder andere von vornherein als be- wiesen angesehen werden, blos weil er logisch aus einer anderen erst zu erweisenden Behauptung folgt; sondern er muss geprüft werden an seinen Consequenzen im Vergleich zu beobachteten Thatsachen. Diese sind nun in der That nicht gerade sehr günstig für jenen Satz. Götte macht z. B. darauf aufmerksam, dass die so sehr verschiedene Bildungsweise des blei- benden Mundes bei den Coelenteraten — durch Einstülpung oder durch Durchbruch von innen heraus — zeige, dass nur bei der einen Gruppe der Gastrulamund in den bleibenden übergehe, bei der andern Gruppe aber an einer andern Stelle gesucht werden müsse. Ich fürchte sehr, dass Götte diesen Gastrulamund z. B. bei den Hydroiden vergebens suchen wird. Angenommen indessen, er fände ihn dennoch: was folgt daraus ? Entweder, dass jener in seiner Entstehungsweise gar nicht so sehr be- stimmend für die weitere Gliederung des Thierkörpers ist, wie Götte will — wenn man nämlich daran festhält, dass die Coelenteraten einen in sich geschlossenen Typus bilden, also auch eine Homologisirung der ein- zelnen Glieder, Tentakel, Radiärcanäle etc. erlauben. Oder aber, dass um zwei verschiedenartige Axen, deren eine den Gastrulamund, die andere den neu entstandenen Mund an einem Ende trägt, die ganz gleichen Glie- der in gleicher radiär-symmetrischer Anordnung herum angelegt werden können. Zwei typisch verschiedene Bildungsweisen brächten dann Orga- nismen von so übereinstimmender Organisation hervor, dass dies zum Mindesten befremden müsste. Wollte man sich nun auf Götie's Seite stellen, und die strenge Consequenz aus seinen Ansichten ziehen, so müsste man im Systeme die Coelenteraten in zwei Gruppen spalten und für jede eine besondere Terminologie erfinden, da ja die scheinbar gleichen Theile doch ihren Ursprung einem verschiedenen Bildungsgesetz verdanken, also typisch ungleich sind, Dies ginge nun allenfalls noch in der Gruppe der Coelenteraten, obgleich die Zahl der gut beobachteten Fälle so gering ist, dass dadurch die Möglichkeit grösserer Schwierigkeiten nicht im Mindesten ausgeschlossen erscheint. Wie, wenn z.B. doch in irgend einer Hydroidengruppe sich ein 192 SEMPER: Ueber die Götte’sche Discontinuitätslehre echter bleibender Gastrulamund fände (kein verkümmerter oder versteckter, wie Götte ihn annimmt) und bei einzelnen Actinien ein durchbrechender definitiver Mund? Diese Schwierigkeit wäre nach Götte’scher Methode gar nicht zu überwinden, Was ich aber hier nur als möglich vorausgesetzt, das scheint nach den vorliegenden Beobachtungen denn doch wirklich bei den Glieder- thieren der Fall zu sein. Der Nauplius der Crustaceen hat einen Gastrula- mund, der in den bleibenden übergeht; bei anderen Krebsen wieder ver- schwindet jener und ein neuer. bildet sich an einer ‘andern Stelle durch secundären Durchbruch und Einstülpung. Und doch stehen sich sonst die Krebse mitunter so nahe, trotz der typischen Verschiedenheit in der Anlage des Darmcanals — man denke nur an Peneus und Astacus —, dass es ge- radezu lächerlich sein würde, wollte man wegen dieser embryonalen Ver- - schiedenheit die Krebse auseinander reissen. Dergleichen Beispiele liessen sich fast aus jeder Thiergruppe anführen. Aus allen solchen Thatsachen aber folgere ich nun, dass bis jetzt die Erklärung für dieselben noch nicht gegeben ist, und dass auch die Götie'sche These von der Homologie der Hauptaxen ete., der ich sonst aus rein theoretischen Gründen durch- aus nicht abgeneigt bin, einstweilen die bisher bestandenen Schwierig- keiten nicht aus dem Wege zu räumen fähig ist. Nun bin ich aber der Ansicht, dass eine theoretische Basis nur dann den Anspruch erheben kann, die Methode der Forschung ausschliess- lich zu bestimmen, wenn von ihr aus die nach andern Gesichtspuncten nicht zu lösenden Schwierigkeiten zu heben, und zwar nicht blos die eine oder andere, sondern alle zu heben sind. Vielleicht birgt die Götie’sche Anschauung den Keim solcher Lösung in sich, aber auch nur vielleicht. Sollen wir nun, weil uns in ihr vielleicht ein Universalheilmittel geboten sein könnte, die alten bewährten Methoden der Fragestellung ohne Wei- teres über Bord werfen? Mir scheint nicht. Durch die blosse Vergleich - ung erwachsener Thiere hat die frühere Zoologie doch im Grunde ge- nommen fast mehr noch geleistet, als die moderne Entwicklungsgeschichte und Keimblättertneorie; wie häufig hat nicht die blosse Classification nach den Gliedmassen doch auch. schon zur Erkenntniss oder besser gesagt zur Ahnung wirklicher Verwandtschaftsbeziehungen geführt? Mir scheint es daher practisch unzweckmässig und auch gar nicht durchführbar, die alten Methoden der Vergleichung ohne Noth zu verlassen; denn dass in den neuen kein vollgültiger Ersatz gewährleistet liegt, leidet mir keinen Zweifel. Das Einzige, was ich verlange, ist, dass Jeder sich seiner Me- thode mit klarem Bewusstsein bediene, dass er nicht von der einen gleich auch das Urtheil in allen Fragen verlange. Hierin wird allerdings, wie Götte trefiend bemerkt, viel gesündigt; was vor Allem Noth thut, ist die des organischen Lebens. 193 scharfe Trennung physiologischer und morphologischer Untersuchungs- methode. Aber unter den möglichen morphologischen Methoden gibt es bis jetzt nöch keine einzige allein massgebende und ich muss bestreiten, ‘dass ein Versuch, die Homologien der Glieder auf die Vergleichung ihrer Anordnung und ihres Baues im ausgebildeten Zustande zu basiren, ohne Weiteres zu verwerfen sei, blos weil vielleicht eine falsche Consequenz der auch noch nicht einmal sicher begründeten Keimblättertheorie oder Axenhypothese jener Vergleichung scheinbar widerstrebte. Ich kann daher den Vorwurf, welcher aus Götte's Worten herausblickt, dass die moderne Zoologie im Grunde genommen an Methodelosigkeit leide, doch wieder nur in Bezug auf die gewöhnliche Verquickung physiologischer und mor- phologischer Probleme gelten lassen, nicht aber mit Rücksicht auf die moderne reine Morphologie. In diesem Zweige der Zoologie wird gewiss noch auf lange Zeit hinaus jede Art der Vergleichung am Platze sein, mag sie nun zu wirklich richtigen und auch von andern Standpuncten aus bewahrheiteten Ergebnissen führen oder im Aufdecken falscher Ho- mologisirungen den Weg zur Gewinnung der richtigen zeigen. In diesem Sinne halte ich auch den Götie’schen Standpunct für durchaus berechtigt und wie ich hinzusetzen will, auch fruchtversprechend.. Was ich aber nieht als berechtigt anerkennen kann, das ist der hie und da durch- blickende Anspruch, als sei im Grunde genommen nur dieser eine Stand- punet berechtigt; denn er ist meines Erachtens ebenso sehr noch einer Rechtfertigung aus der Natur, nicht aus Definitionen heraus, bedürftig, wie jeder andere unserer modernen Thiermorphologie. eye niet m ad ‚nobe Halt i | ‚asdlonlesd Eee sa um.9 a Gandhi aueh ih ‚sono tt HERRN A BIENEN ih u ai nich, Bau aaa. "N aR, bar kireide “= don eh bin, ‚all, oh Re Ne », oh rd daonı wu ir aan aan Ag >, 2 a 2 BAR Abonnements-Einladung. Im Verlage der Unterzeichneten erscheint und ist durch alle Buchhandlungen zu beziehen: ARBEITEN AUS DEM IOOLOGISCH > 700 TONISCHEN INSTITUT WÜRZBURG. HERAUSGEGEBEN VON Prof. Dr. CARL SEMPER. Mit lithographirten Tafeln und Xylographien. WÜRZBURG. Verlag der Stahel’schen Buch- und Kunsthandlung. — —— n— Mi dem ersten Hefte des II. Bandes erscheint dieses Journal, Welches bisher einen Separat-Abdruck aus den „Verhandlungen der physikalisch - medieinischen Gesellschaft zu Würzburg“ gebildet hatte, selbständig und in zwanglosen Heften; es hat somit die frühere Verbindung mit den „Verhandlungen ete.“ aufgehört. Dasselbe soll ausschliesslich dem Zwecke dienen, die im Institut angestellten Arbeiten zu veröffentlichen, um so die Verzettelung der auf verwandte Ziele zustrebenden und nach durchgehendem, gemein- samen Plane durchgeführten Untersuchungen zu verhüten. Dr. C. Semper, Professor der Zoologie und vergl. Anatomie an der Universität Würzburg und Director des zoolog.-zootom. Instituts. INHALTSVERZEICHNISS der bisher erschienenen Hefte. I. Band (6 Hefte). Mit 17 Taf. Abbildungen u. 2 Xylographien. Preis 14,40 Mk. oder fl. 8. 24 kr. südd. Währg. Semper, Das zoologisch - zootomische Institut der Universität Würzburg. — Rossbach, Die rythmischen Bewegungserscheinungen der einfachsten Organismen und ihr Verhalten gegen physikalische Agentien und Arzneimittel. (Mit Tafel I. und I.) — Semper, C., Kritische Gänge I. — Cartier, Studien über den feineren Bau der Haut bei den Reptilien. (Mit Tafel III. und IV.) — Kossmann, Beiträge zur Anatomie der schmarotzenden Rankenfüssler. (Mit Tafel V. bis VII.) — Semper, Ueber die Wachsthums-Bedingungen des Lymnaeus stagnalis. (Mit Tafel VIH. und IX.) — Cartier, Beschreibungen neuer Pharyngognathen. Ein Beitrag zur Kenntniss der Fische des philippinischen Archipels. — Kossmann , Suctoria und Lepadidae. Untersuchungen über die durch Parasitismus hervorgerufenen Umbild- ungen in der Familie der Pedunculata. (Mit Taf. X. und XI. und 2 Xylographien.) — Semper, Kritische Gänge. II. Gang. Zoologie und vergleichende Anatomie. — III. Gang. Die Keimblätter- Theorie und die “Genealogie der Thiere. — Cartier, Studien über den feineren Bau der Haut bei Reptilien. (Mit Taf. XIL) — Semper, Kurze anatomische Bemerkungen über Comatula. (Mit 1 Xylographie.;) — Ludwig, Ueber die Eibildung im Thierreiche. [Gekrönte Preisschrift.] (Mit Taf. XIII. bis XV.) — Semper, Ueber Pycnogoniden und ihre in Hydroiden schmarotzenden Lar- venformen. (Mit Taf. XVI. und XVII.) II. Band (4 Hefte). Erstes Heft. Mit 5 lithographirten Tafeln und 1 Xylographie. Preis 4,60 Mk. oder fl. 2. 42 kr. südd.- Währg. Semper, Ueber die Entstehung der geschichteten Cellulose - Epidermis der Ascidien. (Mit Taf. I. u. I.) — Semper, Die Stammesverwandtschaft der Wirbel- thiere und Wirbellosen. (Mit Taf. II. bis V. und 1 Xylographie.) Zweites Heft. Mit 4 lith. Tafeln. Ludwig, Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. (Mit Taf. VI. u. VII.) — Ludwig, Thyonidium occidentale n. sp. — Braun, Ueber die histologischen Vor- gänge bei der Häutung von Astacus fluviatilis. (Mit Taf. VII. u.IX.) — Semper, Ueber die Götte’sche Discontinuitätslehre des organischen Lebens. Das 3. und 4. Heft werden zusammen als Doppelheft ausge- geben, um die Semper’sche Arbeit; „Das Urogenitalsystem der Plagiostomen in seiner Bedeutung für das der Wirbelthiere* auf einmal zur Veröffentlichung zu bringen. Jeder Band umfasst künftighin 4 Hefte. Abonnements nehmen alle Buchhandlungen des In- und Aus- landes entgegen. Würzburg, im April 1875. Stahelsche Buch- & Kunsthandimg, DasUrogenitalsystem der Plagiostomen und seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. Von C. SEMPER. a 2 Tu FR (Mit Tafel X bis XXII). EINLEITUNG. In dem Vorwort zu Hyrt!’s hübschen Mittheilungen über Injectionen der Teleostierniere findet sich folgender Satz: „jeh habe mich nur auf die Knochenfische beschränkt, da seit dem Erscheinen von J. Müller’s vergleichender Anatomie der Myxinoiden uns anderen nichts Neues mehr über die Anatomie der Harnwerkzeuge der Knorpelfische zu sagen übrig blieb.“ Sollte sich hierin vielleicht zum Theil die Erklärung finden lassen für die auffallende Thatsache, dass sich seit der Müller’schen Arbeit fast Niemand der Untersuchung des Urogenitalsystems der Plagiostomen ge- widmet hat? Publicationen wenigstens liegen, ausser der ziemlich mittel- mässigen von Bruch, nicht vor; und die Darstellungen in den Lehr- büchern der Zoologie sind, trotz der scheinbar ihnen anhaftenden Sicher- heit, weder erschöpfend noch correct. Dennoch hätte es im schroffsten Gegensatze zu Hyril’s wuchtigem Ausspruch kein dankbareres Thema gegeben, als gerade die Untersuchung des Urogenitalsystems der Plagiostomen; denn sowohl der Anatom, der nur mit Scheere, Messer und Injectionen arbeitet, wie der Histologe und Embryologe, jaselbst der philosophirendeZoologe hätten, jeder von seinem Arbeiten aus dem zoolog -zootom. Institut in Würzburg. II. Bd. 14 196 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und besonderen Standpunkte aus, zu denselben wichtigen Resultaten kommen müssen. Und diese hätten ohne Weiteres erwiesen, dass jener Ausspruch Hyrtl’s nicht bloss unrichtig sei, sondern dass vielmehr grade der ent- gegengesetzte gelten müsse: man habe trotz der trefflichen Vorarbeiten von Monro, Davy und Müller doch noch gar keine Einsicht in den typi- schen Bau der Plagiostomenniere gewonnen, es bleibe somit eigentlich noch Alles zu thun übrig. Dies möchte fast übermüthig erscheinen. Ich glaube indessen einen solchen Ausspruch rechtfertigen zu können durch die Mittheilung der Beobachtungen, die ich im Anschluss an die Entdeckung der Segmental- organe bei Haiembryonen in der Untersuchüng des Urogenitalsystems der ausgebildeten Plagiostomen gewonnen habe. In meinem Aufsatz über die Stammverwandtschaft der Wirbelthiere und Wirbellosen habe ich ausführlicher über die Segmentalorgane der Haiembryonen berichtet. Ebenda habe ich schon darauf hingewiesen, dass diese Organe auch bei gewissen erwachsenen Haien vorkämen. Dies und die Beziehungen, welche nach den bisherigen eignen Beobachtungen zwischen den Keimdrüsen des Männchens und den Segmentalgängen stattzufinden schienen, endlich die fast sichere Aussicht, das allgemeine zoologische Verständniss der Genitalien der Wirbelthiere durch die Untersuchung der- jenigen der Haie gewinnen zu können, veranlassten mich, das Urogenital- system der Plagiostomen in möglichst umfassender Weise einer genauen morphologischen Untersuchung zu unterziehen. Es stellte sich dabei heraus, dass einmal die Segmentalorgane d, h. die mit einem in die Leibeshöhle sich öffnenden Wimpertrichter versehenen Segmentalgänge bei allen untersuchten erwachsenen Rochen fehlen, dagegen bei vielen erwachsenen Haien mitunter sogar in colossaler Grösse vor- handen sind. Bei folgenden Gattungen habe ich sie typisch ausgebildet auch im erwachsenen Thier gefunden: Squatina, Scymnus, Cestracion, Centrophorus, Spinax, Acanthias, Hexanchus, Pristiurus, Chiloseyllium und Scyllium,. Sie fehlen bei Sphyrna, Carcharias (Prionodon), Oxyrhina, Mustelus, Galeus, Triakis und allen Rochen. Wenn sie vorhanden sind, so sind sie in beiden Geschlechtern meistens gleich an Zahl, dagegen an Grösse und Form recht sehr verschieden. Diese scheinbar so grosse Verschiedenheit geht mit keinen Unter- schieden der systematischen oder anderen Charactere Hand in Hand, Zahl der Kiemenlöcher, das Spritzloch, die Nickhaut, Stellung und Form oder Bewafinung der Flossen: sie gehen in keiner Weise parallel mit der Thei- lung, welche man systematisch vielleicht nach der An- oder Abwesenheit der Segmentaltrichter einzuführen geneigt sein könnte. Das cepigonale seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 197 Organ fehlt zwar manchen Gattungen fast vollständig (Acanthias, Centro- phorus, Squatina ete.), welche Segmentaltrichter besitzen und es ist immer vorzugsweise bei solchen entwickelt, die letztere nicht haben (Mustelus, Galeus, Carcharias ete.).. Bei Seyllium indessen und bei Pristiurus findet sich ein gut entwickeltes epigonales Organ, ausserdem aber sind hier Segmentaltrichter gleichfalls vorhanden; umgekehrt fehlt es den Rochen, welche trotzdem keine Segmentaltrichter haben. Es schliessen sich also beide Organe nicht prineipiell aus. Damit ist aber auch die systematische Bedeutungslosigkeit des einzigen inneren Organs erwiesen, welches an- fänglich eine grosse Bedeutung gewinnen zu sollen schien. Es hat sich ferner durch die Untersuchung von Embryonen sowohl wie von erwachsenen Thieren ergeben, dass dieSegmentalgänge, welche im Bereiche der Genitalfalte liegen, beim Männchen zu den vasa efferentia werden. Die Zahl derselben ist, je nach den verschiedenen Gattungen, sehr verschieden gross. Bei einigen Rochen findet sich nur ein einziges vas efferens; bei Scymnus lichia dagegen S—10, bei Squatina 6, bei Centrophorus 9. Dazwischen finden sich alle Uebergänge. Im Allge- meinen gilt die Regel, dass bei den Gattungen, welche im erwachsenen Individuum offene Segmentalirichter haben, die Zahl der vasa efferentia grösser ist, als bei jenen, welche derselben entbehren. Da nun bei allen Embryonen fast soviel Segmentalorgane vorkommen, als Urwirbel im Be- reich der Leibeshöhle vorhanden sind, so müssen einige derselben fast immer verschwunden sein bei der weiteren Entwicklung ; am constantesten scheint nun einer der vordersten dem Herzen zunächst liegenden Segmentalgänge zum vas efierens zu werden (Rochen); bei den Gattungen mit mehr vasa efferentia sind oft die mittleren am Mesorchium befindlichen Segmen- talgänge zuerst zu Grunde gegangen. Der Nachweis, dass aus den vor- deren die vasa efferentia werden, erklärt eineMenge bekannter Verhältnisse und er wirft die Frage auf, ob nicht bei allen Wirbelthieren ohne Aus- nahme die aus den Hoden in grösserer oder seringerer Zahl hervorkom- menden vasa efferentia direet ihrer Entwickelung nach als Segmentalgänge zu bezeichnen sein werden. Die Untersuchung von Embryonen wie erwachsenen Thieren hat fest- gestellt, dass der primitive Urnierengang, (welcher nach Balfour in anderer Weise entsteht, wie bei den Knochenfischen und Amphibien,) beim Weibchen und Männchen nur zum Theil in Tube, Leydig’schen Gang und Harnleiter ge- spalten, zum Theil ganz und gar in den einen oder anderen übergeführt wird. Nur bei Chimaera tritt bei beiden Geschlechtern eine völlige Trennung des- selben in Tube und Zeydig’schen Gang ein, wie schon Hyril gewusst hat; dadurch schliesst sich diese Gattung den Ganoiden sehr eng an. Eine 14* — 2 198 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und männliche Tube findet sich vor bei allen Rochen, wie bei allen Haien an ' derselben Stelle vor der Leber, wie bei den Weibchen; sie ist immer kleiner als bei diesen, doch aber gross genug, um mit blossen Augen deutlich erkannt zu werden. Kein früherer Autor thut dieser männlichen \ Tube Erwähnung. Von ihr aus gehen, wie bei den Weibchen, mitunter recht mächtige Canäle mehr oder minder weit an der Leber entlang nach hinten; diese sind aber, abgesehen von Chimaera, ausnahmslos blind ge- schlossen. Die ursprünglich bestandene Verbindung mit der Niere ist meist gar nicht oder nur durch einen feinen sehnigen Strang angedeutet. ‚Im grössten Theil der Längsausdehnung der Niere fehlt auch dieser letztere ‚völlig; am hinteren Ende dagegen tritt bei der Mehrzahl der Arten beider- seits ein im erwachsenen Thier meist ziemlich weiter langer Beutel auf, welcher schon von Monro und Davy, nicht aber von den meisten späteren Untersuchern (Stannius, Müller ete.) gesehen worden war. Es ist derselbe viel- leicht zum Theil nichts anderes, als das untere Ende desprimären Urnierenganges; man kann ihn, da er dem unteren Abschnitt des Eileiters, also dem | Uterus der Weibchen vergleichbar ist, als Uterus masculinus bezeichnen. Es schliessen sich hierdurch, wie man sieht, die Plagiostomen ungemein eng an die Amphibien an; ja es liesse sich vielleicht derSatz verfechten, dass sie den letzteren näher stünden, als den Knochenfischen. Die Niere selbst lässt überall bei erwachsenen Piagiostomen zweierlei thatsächlich geschiedene, aber doch ihrer Entstehung nach morphologisch identische Abschnitte erkennen. Jedem embryonalen Segment der Leibes- höhle entspricht ursprünglich je ein Segment der Urniere mit vollständigem Segmentalorgan. Im Anfang dient der primitive Urnierengang der ge- sammten Niere als Ausführungsgang; dann sondert sich von jenem ein secundärer Urnierengang, welcher die Harncanälchen der vorderen Nieren- hälfte oder der sogenannten Leydig’schen Drüse aufnimmt und beim Männchen zum Harnsamenleiter wird; ein tertiärer Urnierengang empfängt die Harn- canälchen des zweiten Nierentheils ; die des hintersten Abschnitts münden mitunter sogar gesondert von jenem in die Scheide ein (beim Männchen eben hinter den Oefinungen der Harnsamenleiter). Zum Glück habe ich die Entwickelung des Urogenitalsystems genau bei zwei Haien untersuchen können, welche die Extreme repräsentiren: bei Acanthias und Mustelus. Die letztere Gattung entbehrt der Segmen- taltrichter im ausgebildeten Zustande; beiEmbryonen aber sind sie genau wie bei Acanthias vorhanden. Da ihre Entstehungsweise, Structur und Umbildung in beiden Gattungen die gleiche ist, so lässt sich annehmen, dass durch eine genaue Untersuchung beider Formen alle allgemeiner Verhältnisse zur Genüge aufgeklärt werden können; es lässt sich dies seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere, 199 um su mehr erwarten, da auch bei den erwachsenen Exemplaren anderer Gattungen keine Verhältnisse anzutreffen sind, welche sich nicht mit Hülfe ‚der Entwieklungsweise der beiden genannten erklären liessen. In meiner ersten Arbeit über die embryonalen Segmentalorgane habe ich gewisser Gruppen von Zellen kurz Erwähnung gethan, deren Be- } ziehung zur Niere mir damals vollständig unklar war. Es hat sich nun durch meine fortgesetzte Untersuchung herausgestellt, dass diese Anlagen die von Duvernoy entdeckten sogenannten Nebenherzen waren. Leydig widerlegte diese Deutung; er nannte sie Blutgefässdrüsen. Was ihre physiologische Leistung sein mag, ist ziemlich unklar und für den Zweck dieser Abhandlung auch gleichgültig; es genüge hier zu consta- tiren, dass sie ähnlich wie die Segmentalorgane in jedem Segment des Vorderkörpers paarweise aus den Urwirbeln entstehen. Sie bleiben, wie zum Theil wenigstens schon die Leydig’sche Arbeit erweist, zeitlebens be- stehen und erreichen mitunter eine nicht unerhebliche Grösse (Squatina, Centrophorus etc.). Ich werde sie, der Leydig’schen Deutung mich an- schliessend, fernerhin immer als Nebennieren bezeichnen. Wir haben hiernach in jedem einzelnen der Leibeshöhle zugehörigen Segment eines Haifischembryo’s vor Allem folgende Theile zu unter- scheiden und zu beachten: 1) die Segmentaltrichter, d. h. die trichterför- migen Einsenkungen des Peritonealepithels nach aussen von der Genital- falte; 2) die vom Segmentaltrichter aus sich in die Seitenplatten ein- senkenden Segmentalgänge; 3) den Drüsentheil der Segmentalorgane mit den gleichfalls segmentweise auftretenden Nebennieren. f Zu. diesen segmentirten Anlagen des Urogenitalsystems der Plagio- stomen kommen dann noch die Genitalfalte und der primäre Urnierengang, sowie der secundäre Urnierengang oder Leydig’sche Gang und der eigent- liche Harnleiter hinzu. Im ersten Abschnitt wird das Urogenitalsystem der erwachsenen Plagiostomen, im zweiten die Bildungsweise desselben an zwei extremen Beispielen erläutert werden; der dritte Abschnitt endlich wird eine Vergleichung des Urogenitalsystems der Wirbelthiere im Allge- meineu und die Erörterung einiger anderen sich hier anknüpfenden allge- meineren Fragen enthalten. I. Abschnitt. Das Urogenitalsystem der erwachsenen Plagiostomen, $ 1. Die Segmentaltrichter. Zeitlebens persistirende offene Segmentaltrichter (und natürlich auch ! | | | Degmentalgänge) kommen nach Beobachtungen an lebenden oder in Spi- 200 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und ritus gut erhaltenen Thieren zweifellos vor bei folgenden Gattungen: ' Squatina, Acanthias, Spinax, Centrophorus, Scymnus, Hexanchus, Pris- tiurus, Chiloseylliium und Scyllium,. Bei ausgewachsenen Embryonen von Centrina, Salviani habe ich gleichfalls die Triehter gefunden; da nun bei Acanthias die volle Ausbildung und Sonderung aller Nierenabschnitte schon bei 6°"- Länge des Embryos erreicht ist, der erwachsene Acanthias- embryo aber 26“ %- Jang ist, so ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, dass auch die erwachsene Centrina persistirende Segmentaltrichter haben wird. Bei Cestracion endlich glaube ich sie jetzt auch gefunden zu haben. An das Vorhandensein der offenen Segmentaltrichter aber ist die typisch-embryonale Bildung des Urogenitalsystems wenigstens theilweise geknüpf. Man kann daher in gewissem Sinne die eben namhaft ge- machten Gattungen von Haifischen als embryonale bezeichnen. Die hier sich anknüpfende Frage, ob denn auch die so benannten Gattungen sich als die phylogenetisch ältesten erweisen möchten, soll im letzten Abschnitte diseutirt werden. Ein Versuch, nach den Segmentaltrichtern die Haie systematisch zu gruppiren, gelingt einstweilen nicht, da gar keine anderen Charactere mit jenen Hand in Hand gehen; es bleibt daher eine Vervoll- ständigung unserer Kenntnisse abzuwarten, ehe in dieser Beziehung eine gewisse Sicherheit des Entscheids zu gewinnen ist. In Gestalt und Zahl sind die Segmentaltrichter bei den verschie- denen Gattungen, ja in der Form selbst bei jedem Individuum oder den Geschlechtern recht sehr verschieden. Die grösste Anzahl hat Centro- phorus mit 28, die geringste Hexanchus und Pristiurus, nemlich 10-—11. Dies gilt natürlich nur für die bisher von mir untersuchten Formen; überhaupt müssen meine Beobachtungen, wenn sie einen allgemeinen Aus- druck finden, immer nur auf die schon angeführten Gattungen bezogen werden. Sie sind ausnahmslos in bedeutend geringerer Zahl vorhanden, als die der Leibeshöhle entsprechenden Wirbel; denn obgleich sie ur- sprünglich mit diesen in fast gleicher Anzahl angelegt werden, so gehen doch immer mindestens einige und zwar-zunächst immer die vordersten zu Grunde oder in andere Theile über. Die grosse Verschiedenheit in der Zahl der Trichter bei den ver- schiedenen Gattungen beruht därauf, dass sie, je nach den Gattungen, in verschiedener Weise zurückgebildet oder metamorphosirt werden. Bei Squatina gehen beim Männchen nur die 5 oder 6 vordersten in die vasa efferentia über; (oder verschwinden beim Weibchen?) alle übrigen bleiben, so verschieden in Grösse und Gestalt sie auch sein mögen, bestehen. Bei Centrophorus finden sich an der Genitalfalte nur 2, bei Acanthias 3 oder 4, bei Scymnus sogar 7 und bei den 3 genannten Gattungen finden seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 201 sich Trichter bis hinunter in die Nähe des Afters, Ganz ähnlich verhält sich Spinax. Bei Hexanchus sind an der Genitalfalte keine offnen Trichter zu bemerken; sie beginnen erst an der Wurzel des Hinterrandes vom Vorder- stick des Mensenteriums. Bei Pristiurus endlich, Chiloseyllium und Seyllium finden sich die wenigen Trichter in Form ganz kleiner nur unter stärkerer Vergrösserung sichtbarer Oefinungen etwa im dritten Viertel der Leibes- höhle und fehlen vorne wie hinten gänzlich. Ich will sie daher bei den einzelnen Gattungen beschreiben. Die Gestalt, Stellung und Structur der Trichter ist äusserst mannichfaltig. Bei Acanthias vulgaris der Nordsee sind die zwischen 1 und 3m. weiten Trichteröffnungen (s. Taf. X Fig. 9—12) meist von einem stark hervortretenden wulstigen Rande umgeben, welcher fast gänzlich durch die stark verlängerten Zellen des Peritonealepithels gebildet wird. Ihr Grund ist fast nie ganz glatt, sondern durch hohe Leisten, Buckel und Falten durchzogen, mitunter scheinen sich auch Brücken zu erheben, so dass sich im Trichtergrunde ein mehrfacher Zugang zu dem deutlich hohlen Segmentalgang bildet. Nicht selten auch löst sich ein Fetzen des Trichterepithels ganz ab und bildet dann isolirte Wimperzellenhaufen oder selbst mehr oder minder tiefe Gruben, die vom eigentlichen Trichter entfernt mitten zwischen dem gewöhnlichen Peritonealepithel stehen; mitunter scheinen sogar solche isolirtte Löcher mit der Höhlung des Triehters communiciren zu können. Den wallartigen Trichterrändern entsprechen schwache Erhebungen des unterliegenden Bindegewebes; aber sie sind so unbedeutend und zugleich auch wohl so contractil, dass beim Abfallen des Epithels die Trichter (in den gewöhnlichen Sammlungsprä- paraten) gar viel von ihrer auffälligen Gestalt einbüssen. Dies mag der Grund sein, warum an den Haien der zoologischen Sammlungen meistens keine Spur der Trichter aufzufinden ist. Das Epithel selbst ist geschich- tetes wimperndes Cylinderepithel zweierlei Art. Am Rande des Trichters und auch an seiner Aussenseite finden sich unregelmässige Büschel und Gruppen von Geisselzellen (s. Taf. XI Fig. 7), deren einzelne Geissel- wimpern 0,024”. lang sind; im Trichtergrunde und mitunter auch schon am Rande sind die Wimpern sehr fein und dicht auf einer Zelle stehend (Taf, XI Fig. 5) und nur 0,01=m- Jang. Auffallend ist ihre grosse Lebens- zähigkeit. An Thieren, welche seit vielen Stunden todt waren und deren Herz nicht mehr pulsirte, schlugen die Wimpern noch ganz kräftig; an ausgeschnittenen Trichtern war die Wimperung stundenlang an demselben Object zu sehen, Ganz die gleiche Beobachtung machte ich später an Wimpern der Trichter anderer Gattungen. 2023 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Bei dem einzigen in Helgoland erbeuteten Männchen, (s. Taf. X Fig, 2) dessen Thorax 25°". Jang war, stand der hinterste 1”: kleine Trichter etwa 2etm- vom After; der 2. bis 6. waren etwa 3”m. oross, ihr gegen- seitiger Abstand 3—4""-; der 7. von 2"M- Grösse und Abstand von 5" nach hinten entsprach etwa der Spitze des Mastdarmblindsackes, der 8. — 11. hatte einen Abstand von 4—5""- bei 2—3"”- Grösse; der 12. vom vorhergehenden nur um 3""- entfernt und 2". gross, stand der Wurzel der Mesenterialarterien gegenüber; dann folgten 5 kaum‘ Qmm. ‚grosse in Abständen von 4"”.; die nun folgenden 3 (18.—20.) waren spaltförmig mit stark auf das Mesenterium hinaufgezogenen Trichterrändern, ihr Loch recht klein und nach hinten sehend, ihr Abstand 6—8""-; der 21. stand mit der Oeffnung nach vorn, der 22. und 23. ebenso bei Ab- ständen bis zu 9"=-; die nun folgenden letzten 4 ziehen sich auf die bei dem 24, erst beginnende Genitalfalte hinauf, alle mit deutlich wahr- nehmbaren Löchern. Im Ganzen hatte also dies eine Männchen 27 offene Trichter. Bei dem einzigen mir unverletzt vorliegenden Präparate eines Weib- chens finde ich nur 25 Trichter. Zwischen dem ersten vom After an ge- rechnet und dem ersten auf der Genitalfalte fanden sich nur 19 in ziem- lich grossen Abständen (9—14"".) stehende Trichter von etwas geringerer Grösse als beim Männchen (namentlich hinten); an der Genitalfalte selbst sassen fünf Trichter, die sich hoch hinauf bis ganz in die Nähe des eigentlichen Eierstocks zogen. Vor dem letzten mit deutlicher Trichter- öffnung versehenen Segmentalgang fanden sich noch mindestens 2 Gänge, welche wohl Segmentalgänge, aber zugleich auch obliterirt waren. Auf diese komme ich unten zurück, x Bei Squatina vulgaris (Taf. X Fig. 1), von welchem ich in Nizza ein 31/, Fuss langes männliches und später durch die grosse Güte von Prof. v. Deneden noch einige jüngere Exemplare aus Ostende erhielt, scheint zwi- schen den zu vasa efferentia umgewandelten 6 vordersten Segmentalgängen (S. Taf, XI Fig. 2 s. v.e.)und den mit der Trichteröffnung versehenen der Genitalfalte höchstens ein Trichter ganz ausgefallen zu sein. Im Ganzen hatte das Exemplar 25 Trichter und Segmentalgänge (Taf. X Fig.1). Die 2 ersten des Mesen- teriums haben ein sehr kleines Loch mit kaum gewulsteten ausgezogenen Rändern, in welches nur mit Mühe ein Haar einzuführen ist. Bei den nun folgenden sind die Oeffnungen etwas grösser, bis zu 1” und ihre erhöhten Vorder- und Hinterränder — welche den schmalen Trichtergrund säumen — ziehen sich auf das Mesenterium hinauf gegen den Hoden zu; bei dem 3, Trichter sind diese Randfalten bis zu S"m- Jang, der 6. hat j8”mm. Länge, der 11. wieder nur 11”, der 13. nur 6m: Dies ist der seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere, 203 letzte Trichter des Mesorchiums, an dessen hinterer Wurzel er steht. Die nun folgenden sitzen der Niere direct; auf und sind durchschnittlich um -10—12®m. yon der Mittellinie entfernt, so dass keine nach der Niere hin- ziehenden Segmentalgänge sichtbar werden können, wie bei den andern Arten. Der 14.--17. haben noch schwach ausgezogene, gewulstete Ränder; vom 18. verschwinden auch diese und nun sind bis zum 25. hin die Triehter nur zwischen 1 und 2""- grosse deutlich umrandete senk- recht in die Niere eingesenkte Löcher. Die Abstände der einzelnen Trichter von einander sind ziemlich gleich,- sie schwanken nur zwischen 6 und smm.. der 25. steht um 3°tm- von dem hintern Nierenende entfernt. Leydig!) hat diese Trichter und, einer handschriftlichen gütigst mit- getheilten Notiz zufolge, auch die von ihnen ausgehenden wimpernden Segmentalgänge bei Squatina schon gesehen; wenigstens glaubt dieser hochverehrte Forscher, wie er mir freundlichst mündlich mittheilte, in den von mir entdeckten Organen die Doppelreihe glasheller Kuötchen wieder zu erkennen, welche er kurz in seinen Rochen und Haien (pag. 17) beschrieben hat. Es lässt sich wohl behaupten, dass die gewundenen Irrgänge der modernen Zoologie in Bezug auf die Ver- wandtschaftsverhältnisse der Wirbelthiere und Wirbellosen nicht oder wenigstens nicht mit solch dogmatischer Einseitigkeit eingeschlagen worden ‘wären, wenn Jemand dieser schon im Jahre 1850 gemachten Leydig’schen Beobachtung weiter nachgegangen wäre. Der herrschenden Anschauung vondem Mangel verwandtschaftlicher directer Beziehungen zwischen Glieder- thieren und Wirbelthieren, sowie vor Allem dem oben eitirten autorita- tiven Ausspruche Hyril’s gegenüber ist es freilich nicht zu verwundern, dass sie gänzlich verloren gehen konnte. Bei Scymnus lichia (Taf. XLF.13.)scheinen, mit Ausnahme der vordersten, gar keine Segmentaltrichter zu Grunde gegangen zu sein; ausserdem zeichnen sie sich durch ihre riesige Grösse und die starke Entwickelung ihres ge- wulsteten und gefransten Randes aus. Im Allgemeinen sind sie bier beim Weibchen grösser als beim Männchen; bei Acanthias ist dies umgekehrt; doch ist ihre Grösse auch abhängig von der geschlechtlichen Reife des Individuums. Bei nicht ganz ausgewachsenen Männchen z. B. sind sie 1) Ausser Leydig hat vielleicht auch noch E, Bruch etwas von diesen Oeff- nungen gesehen. Er giebt nemlich auf Taf, VI Fig. 1 seiner schon citirten Arbeit eine Abbildung der unentwickelten Genitalien einer jungen weiblichen Squatina fimbriata ab, auf welcher zwischen dem Eileiter und der Insertionslinie des Mesen- _ teriums eine Reihe von regelmässig sich wiederholenden Querstrichen zu bemerken ist. Da hier die Trichter liegen müssen, scheint es mir nicht unmöglich, dass er sie gesehen, aber nur oberflächlich betrachtet und desswegen auch ganz unkeunt- lich abgebildet, sowie im Texte gar nicht erwähnt hat. (s. Edm. Bruch, Etude sur l’Appareil de la Generation chez les Selaciens, Strassburg 1860.) 2304 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und nicht so gross, wie bei solchen mit reifem Sperma im Nebenhoden und der Samenblase. Bei einem in meiner Privatsammlung aufgestellten Prä- parat, das von einem Weibchen herrührt, befinden sich am Mesovarium 7 Trichter; ihre Oeffnungen sind eulossal gross, sodass man am frischen Präparat in einzelne fast 1°". weit mit einer feinen Pincette hinein- fahren konnte. Die Ränder (Taf. X Fig. 13) derselben sind bei den vordersten 3 ganz glatt, bei den nächstfolgenden stark gewulstet und gefaltet; gegen die Segmentalgänge zu sind die Ränder vortretend, aber sehr kurz. Der Trichtergrund, welcher wie auch der Rand der Trichter, von Wimper- epithel überzogen ist, zeigt nur wenig grobe, aber sehr viel feine Furchen und Wulste, er zieht sich ungemein weit auf die Genitalfalte hinauf, breitet sich daher auch seitlich stark aus, aber dennoch ist es leicht, schon mit der Lupe, den vom benachbarten wimperlosen Peritonealepithel etwas abgesetzten Rand des ausgebreiteten Trichters zu erkennen. An dem Mesovarium des erwähnten Präparats ist der grösste dieser drei glattgerandeten flachen Trichter 3°" lang (vom Rande des eigentlichen Loches an gerechnet bis zum entgegengesetzten, dem Ovarium zusehenden Ende) bei einer grössten Breite von 8—9"m., Darauf folgen hart an der Insertionslinie des Mesovariums am Mesenterium 4 stark gefaltete und gewulstete Trichter, und am Mesenterium des Enddarms sitzen wieder 4 flache ungemein stark wellig und buchtig gerandete Trichter von S— 12mm. Länge bei 6—7""- Breite. Sie ziehen sich hoch am Mesenterium herauf; der letzte kleinste liegt tief versteckt am Grunde und daneben befindet sich weitab vom Mesenterium, der Nierenfläche aufliegend, an einer Seite des Präparats noch ein grösserer Trichter, dessen Oeffinung in den Segmentalgang freilich nicht aufzufinden war. Uebrigens unter- liegen diese Organe hier, wie bei den übrigen Gattungen, sowohl nach Alter, Geschlecht und Grösse wie nach den Individuen nicht unbedeuten- den Schwankungen; so sind z. B. die Trichter des hinteren Mesenteriums bei einem Männchen 7—8"m Jang, bei einem anderen nur AN, Ueberhaupt sind hier die Geschlechtsdifferenzen grösser, als bei den andern von mir untersuchten Arten, Bei einem Männchen von 40 ctnı, Rumpflänge fanden sich am breiten Theile des Mesorchiums nur 2 ganz kleine Trichter in der Höhe des Hodens; dann folgten, dem sich sehr weit nach hinten erstreckenden Mesorchium anliegend, zunächst 2 kleinere, dann etwas grösser werdende 4 Trichter in Abständen von 1—2 ctm. bei einer Trichterlänge von 9/, ctm, Hier hörte das Mesorchium auf; die nun noch folgenden 5 grossen Trichter von 7—9 mm. Länge und 2—4 mm. Breite standen hart am Mesenterium des Euddarms; ihr Trichtergrund war ungemein stark in Falten gelegt, welche grösstentheils dem Rande des Trichters parallel ver- seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 305 liefen. Das Männchen hat also genau wie das Weibchen 13 offene Trichter, aber sie sind im Allgemeinen viel kleiner. Bei Spinax niger, welcher in Nizza äusserst gemein, trotzdem aber nur schwer in gutem Zustande zu erhalten ist, stehen auf der dGenital- falte bis an deren hinteres Ende än der Wurzel des Mesenteriums bei beiden Geschlechtern 10 ganz kleine, weissliche Triehterpaare von kaum jmm. Grösse, deren schwach gerandete mit einem kurzen Lappen ver- sehene Oeffnung (s. Taf. X Fig. 8.) eben mit der Lupe zu bemerken ist, Noch kleiner sind die Oeffnungen der 10 weiterhin an der Insertionslinie des Mesenteriums stehenden Trichterpaare; trotzdem fallen sie hier auch am frischen Thier durch ihre weissliche Färbung sehr leicht in die Augen, sie erscheinen nemlich auf dem dunkelschwarzen Pigment des Peritoneums als Doppelreihe kleiner weisslicher Fleckchen. Ihre kkänder sind ungemein stark und unregelmässig gelappt, so dass der Eingang in den Canal häufig durch diese Lappen fast völlig verdeckt ist (Taf. X Fig. 5,8); am ent- gegengesetzten Ende zieht sich häufig der Trichtergrund in einen langen schmalen Lappen aus, dessen Epithel am Rande allmälig in das des Peritoneums übergeht. Sie stehen. paarweise, ziemlich genau einander gegenüber und in der Mittellinie jenes Abschnitts, wo das Mesenterium die bekannte Unterbrechung erleidet, stossen sie hart an einander an, Das Epithel der Trichter besteht aus Geissel- und Wimperzellen. Bei Centrophorus granulosus (Taf. X Fig. 7) (erwachsenes männliches Exemplar von 40°". Rumpflänge) findet sich an der hinteren Wurzel des Mesorchiums nur ein einziger schwer mit der Lupe erkennbarer Segmental- trichter; von da an aber gehen sie ohne Unterbrechung bis auf 3m- vor der Penispapille am Hinterende, Im Ganzen finden sich hier 29; hinter dem letzten scheint noch ein dreissigster ganz tief vergraben zu sein. Sie stehen in Abständen von 5—10""- von einander entfernt ; die ersten 3 sind ganz klein, von 4.—12. schwanken sie zwischen !/, und 11/omm- Länge; der 13. und 14. sind bis zu 4"- Jang, der 15. ist wieder kleiner und der 16—22. sind abermals zwischen 3 und 4m. Jang. Dann nehmen sie allmälig an Grösse ab. Gewulstete Ränder haben eigentlich nur der 22.—26. Trichter. Der Triehtergrund ist bei allen grösseren sehr stark gewulstet. Ein kleineres männliches Exemplar von etwa 25°"- Rumpflänge hatte gleichfalls 30 offene Trichter; der grösste derselben war aber kaum 1m®- Jang Dies zeigt, dass die Trichter im späteren Lebensalter sogar stärker wachsen, als der ganze Körper, denn während dieser an Länge nur um 3/, zugenommen, hatten sich die Trichter um das 3—4fache vergrössert. 206 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Das Epithel besteht, wie immer, aus cylindrischen Wimperzellen. Von Hexanchus griseus habe ich in Nizza nur ein reichlich 10 Fuss langes Weibchen untersuchen können. Hier fehlen am Mesovarium und am vorderen Abschnitt des Mesenteriums die Trichter vollständig; der erste tritt als kleine ungerandete Oefinung von etwa 2”. Weite rechts in der Gegend des Ursprungs der Mesenterialgefässe, links etwa 2°. hinter diesem auf. Diesem letzteren steht auf der rechten Seite ein ebenso kleiner gegenüber; dann folgen jederseits in Abständen von 11/a°tm- noch 2 ebenso kleine; der 4, (oder 5. rechts) ist schon 3""- Jang, oval und von dem vorhergehenden ctwa 2°m- weit entfernt. Im Abstand von 5Cm. folgt hierauf ein Trichter von 5"%- Länge, dessen äusserer Rand ganz scharf und glatt ist, während der Trichtergrund stark gewulstet und maschig erscheint und sich mit seinen Falten auf die noch hier sehr scharf ab- gesetzte Genitalfalte hinaufzieht. Die nun folgenden Trichter sind ebenso gebaut. Gegen die Genitalfalte hin verlaufem sich die Falten und Furchen ihres Trichtergrundes allmälig, nach aussen ist dieser durch einen scharfen Rand abgesetzt, an dessen innerer Seite sich das sehr kleine und ver- steckte Trichterloch befindet. Der 5. (resp. 6.) Trichter ist 5m. lang, von dem vorhergehenden nur 3°". entfernt; der nächste ebenso gross, aber nur 21/5 von ihm entfernt; der 7. schon 1°=- Jang, bei 2° Abstand; der 8. und 9. sind ebenso gross, aber stehen noch näher und der 10, (resp. 11.) bei gleicher Grösse nur noch 6”"- vom vorhergehenden entfernt. Die Structur des Trichtergrundes (Taf. X Fig. 6) dieser grossen Trichter ist recht eigenthümlich. Die auch in den Trichtern anderer Haie vorhandenen Wülste und Falten sind hier ganz besonders entwickelt; sie erheben sich ungemein stark auf dem flachen Grunde, bilden hier theils Längszüge, theils Querwülste, mitunter selbst fassen sie tiefe Gruben zwischen sich ein; so entsteht ein Netzwerk, dessen Balken meistens der Trichterlänge nach verlaufen, dabei aber oft so tiefe Löcher umranden, dass man meint in diesen den Zugang zum Segmentalgang zu haben. Dieser aber liegt allemal unter dem scharfen äusseren Rande des Organes und zwar in der hinteren Ecke desselben. Bei Pristiurus melanostomus finden sich beim Männchen 10, beim Weibchen 12 Trichterpaare. Das hinterste steht‘ bei erwachsenen Thieren etwa 2°m. von der Afteröffnung entfernt, das vorderste entspricht unge- fähr dem Hinterrande des vorderen Mesenteriums. Sie stehen überall so ziemlich in gleichen Abständen von etwa 3”®+; sie sind sehr klein, nur gut mit der Lupe zu bemerken; ihre Ocfinungen sind nur bei stärkerer Vergrösserung (Taf. X Fig. 3) zu erkennen. Sie wechseln meist mit einander ab, sodass die 2 demselben Körpergliede rechte und links ange- seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 207 hörenden Trichter sich schräg gegenüberstehen. Ein Trichtergrund fehlt eigentlich völlig; das wimpernde Epithel breitet sich auf dem Peritoneum lappig aus und geht fast ohne erhöhten oder gefalteten Rand in das be- nachbarte wimperlose Epithel über. Die vordersten 2 (oder 3?) Trichter der Genitalfalte sind ohne Oefinung, welche, wenngleich sehr klein, den andern zukommt; sie stehen aber auch nicht mehr mit den entsprechenden Segmentalgängen in Verbindung, (Taf. X Fig. 4), obgleich diese mit ge- schlossenem abgerundeten Ende nicht weit vom Trichtergrunde beginnen und in der gewöhnlichen Richtung verlaufen. Hier hat sich also der Trichter mit seinem Wimperepithel erhalten, obgleich er vom Segmental- gang getrennt ist; ein Verhältniss, welches einerseits eine Andeutung giebt, wie etwa die Reduction dieser Organe allmälig eingetreten sein mag, andererseits mit dem nachher bei Sceyllium zu schildernden Verhalten wohl geeignet sein dürfte, ein Licht auf die in der Leibeshöhle aller Knochenfische von Leydig nachgewiesenen Wimperrinnen oder Streifen in der Nähe der Nieren zu werfen. Hierauf komme ich später zurück. Sceyllium canicula hat in beiden Geschlechtern 13 Segmentaltrichter, welche alle ungemein klein, kaum 1“"- Jang, sehr schmal spaltförmig zu sein scheinen; ein Loch ist nur mit stärkerer Vergrösserung des Mikroskops zu entdecken und es scheint nur etwa dem vordersten Trichter zu fehlen. Der hinterste steht etwas hinter der Spitze des Mastdarmblinasackes, der vorderste etwa 1°" von der hintern Wurzel des vordersten Mesenteriums entfernt. Was sie vor Allem auszeichnet, ist die Ausdehnung ihres Wimperepithels auf die benachbarten Regionen; es bildet das so vom Triehter in einzelnen isolirten Lappen sich ausbreitende wimpernde Epithel eine ziemlich breite Zone, welche jederseits von der Mittellinie entlang zieht und nach aussen hin an den Rand der Niere anstösst. Auch auf das hintere Mesenterium des Enddarms hat sich (beim Männchen) das Wimperepithel von hier aus ausgebreitet. Leider war es mir nicht mög- lich, in Nizza dies Verhältniss am frischen Thiere genauer zu unter- suchen; auch hoffte ich, die Wimperzellen noch an gut conservirten Spi- ritusexemplaren auffiinden und verfolgen zu können. Diese Hoffnung schlug leider fehl. Hier wie bei allen anderen Haien kann das wimpernde Epithel des Peritoneums oder der Trichter nur gut an frischen Haien untersucht werden; durch die Behandlung mit Alkohol und anderen Mit- teln wird es so verändert, dass es nur in den günstigsten Fällen über- haupt noch zu erkennen bleibt. Allerdings sind trotzdem die Trichter an manchen Stellen scharf vom umgebenden Epithel abgesetzt, an anderen aber ist eine Auflösung in der Weise eingetreten, dass sich einzelne Fetzen 208 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Epithel vom Aussehen desjenigen der Trichter mitten zwischen das andere eigentliche Peritonealepithel eingeschoben haben. !) Diese Ausbildung einer mehr oder minder zusammenhängenden band- förmigen Wimperfläche zwischen den beiden Nieren scheint nicht ohne Bedeutung zu sein; im letzten Abschnitt werde ich die Frage discutiren, ob ein Vergleich derselben mit der analog gelagerten Wimperfurche der Knoehenfische .(Leydig) Aussichten bietet, um den grossen Gegensatz, welcher zweifellos zwischen dem Urogenitalsystem der Plagiostomen und Knochenfsche besteht, zu mildern oder gänzlich zu beseitigen. Ganz ähnlich, wie bei Scyllium, scheinen die Trichter bei Chilos- seyllium zu sein; nur sind sie hier breiter und platter, somit mehr den Trichterplatten von Pristiurus ähnlich. Bei dem einzigen untersuchten Exem- plar — einem jungen Weibchen von 28°": Körperlänge — fanden sich 12 oder 13 solche Trichterplatten; doch liess sich nicht mit Sicherheit unterscheiden, ob sie wirklich durchlöchert, also echte Trichter,’waren odernicht. Keine dieser Platten, deren Epithel vermuthlich auch Wimperepithel ist, war von ihren: Segmentalgang getrennt. Ihre Verbreitung war wie bei Sceyllium und Pristiurus. Bei dem schon früher untersuchten Cestracion-Weibchen fanden sich an der Wurzel der hinteren Abtheilung bei den Genitalfalten, und zwar an deren äusserer Fläche, je 10 ovale Platten, welche kleine Löcher aul- wiesen und deren Plattengrund ähnlich wie bei Hexanchus gebaut zu sein scheint, Der 8. und 9. von vorn gerechnet sind die längsten, fast gmm. jang, mit der Längsaxe nach hinten gerichtet. Sie folgen sich alle in ziemlich gleichen, der Wirbellänge entsprechenden Abständen. Der 10. steht noch reichlich 2°%: vor der Spitze des Mastdarmblindsackes. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dies auch Segmentaltrichter sein werden. Leider war der Erhaltungszustand des Exemplars so schlecht, dass es un- möglich war, durch Präparation der Segmentalgänge vollständige Sicher- heit dafür zu gewinnen, Andererseits erinnern die erwähnten ovalen Platten in ihrer Stellung, dem Ort ihres Vorkommens und ihrer Siruetur so vollständig an die Triehter andrer Gattungen, namentlich von Hexanchus, dass ich meinerseits nicht im Geringsten an dem Vorhandensein wirklicher 1) Bei einem schlecht erhaltenen männlichen Exemplar von Seyllium catulus — den ich auffallender Weise in Nizza nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekam — finde ich sehr zahlreiche spaltförmige Trichter im hinteren Theil der Leibeshöhle, Wie siesich in der Nähe der Genitalien verhalten, liess sieh nicht bestimmen, da diese aus der Leibeshöhle entfernt worden waren. seine Bedeutuug für das der übrigen Wirbelthiere. 209 Trichter bei dieser Gattung mehr zweifle. In meiner ersten Arbeit konnte ich mich nicht so entschieden ausdrücken, weil ich damals erst eine ein- zige Gattung (Acanthias) mit persistirenden Segmentältrichtern kennen ge- lernt hatte und mir die Uebung im Erkennen derselben, wie ich sie jetzt besitze, fehlte. Bei einem 17m. Jangen männlichen Embryo von Cenirina Salviani fanden sich 23 Trichter vom hintersten Leibeshöhlenende bis etwa 5bum- hinter dem Hinterende des Hodens; die hintersten 10 sind einfache Löcher von sehr geringer Grösse und ohne wulstigen Rand; darauf folgen 13 weitere Trichter, deren hie und da deutlich hervortretender Rand in eine mitunter recht grosse Trichterplatte ausgezogen ist. Die Zellen ihres Epithels unterscheiden sich durch ihre Kleinheit, wie immer, von denen des Peritonealepithels; es liess sich nicht mehr entscheiden, ob es Wimper- epithel war oder nicht. Die Trichterplatten sind lang gestreckt; mehrere derselben berühren sich, so dass durch sie schmale Züge des eigentlichen Epithels hergestellt werden, welche, ähnlich wie bei Pristiurus, dicht am Mesenterium entlang. ziehen. Weiter nach vorn fanden sich noch 12 ge- schlossene Segmentalgänge, von denen die 7 ersten (s. unten) zu den vasa efferentia schon umgewandelt waren. Da bei allen andern Plagio- stomen die Rückbildung der Trichter sehr früh beginnt, so ist anzunehmen, dass auch die erwachsene Centrina 23 offene Segmentaltrichter haben, und dass der erste derselben etwas hinter dem Hinterende der Geschlechts- falte liegen wird. $ 2. Die Segmentalgänge. _ Ursprünglich sind diese natürlich in gleicher Zahl vorhanden, wie | die Segmentaltrichter. Wo die letzteren obliteriren, bleiben aber jene nicht selten bestehen, so z, B. ausnahmslos am Mesorchium der Männ- chen; doch gehen sie häufig ganz zu Grunde, Ihre Structur ist äusserst einfach: der Triehtergrund verlängert sich | direct in ein mehr oder minder weites meist cylindrisches Rohr, dessen | 'Wandung bei den grösseren Arten aus ziemlich festem Bindegewebe be- steht, auf welchem innen eine meist einfache Lage wimpernder eylindrischer oder prismatischer Zellen sitzt. Die Wimperhaare sind hier gewöhnlich recht lang, bei Acanthias z. B. länger als die des Trichters; sie stehen so, | dass der durch sie erregte Strom in der Richtung von der Leibeshöhle in die Drüse hinein geht. Sie stehen anfänglich direet mit den ersten, ur- sprünglich in der Einzahl in jedem Segment sich bildenden Malpighischen Körperchen der Niere in Verbindung ; bei Chiloseyllium jedoch und Mustelus | habe ich auch an fast erwachsenen Thieren diese Segmentalgänge in Ver- 310 SEMPER:; Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und bindung mit echten Malpighischen Körperchen gesehen; (Taf. XI Fig. 4 e. m. und Taf. XI Fig. 7 c. m.) meistens scheinen die letzteren bei der Ausbildung des Embryo’s zu verschwinden, um durch die später auf- tretenden ersetzt zu werden. Bei Squatina glaube ich auch den Zu- sammenhang der vasa efferentia — welche nichts andres, als Segmental- gänge sind — mit Malpighi’schen Körperchen erkannt zu haben; das einzige mir vorliegende Präparat habe ich durch mikroskopische Untersuchung nicht zerstören wollen. Dass sie aber bei den verschiedenen Gattungen der in diesem Abschnitt behandelten Gruppe in keiner Weise direct mit dem Harnsamenleiter, oder mit dem Ausführungsgang der Leydig’schen Drüse oder dem eigentlichen Harnleiter in Verbindung stehen, ist äusserst leicht durch die Präparation namentlich an den grossen Arten zu er- weisen. Sie treten ausnahmslos in die Substanz der Niere ein. Am Me- sorchium namentlich, wo sie zum Theil zu den vasa efferentia des Hodens metamorphosirt worden sind, ist der directe Zusammenhang mit den Schläuchen der Leydig’schen Drüse unschwer nachzuweisen. Ich untersuche zunächst die Arten der ersten Gruppe mit offenen Trichtern. | | Dass es in der That die in der Höhe der Genitalfalte sich be- ‘ findenden Segmentalgänge sind, welche beim Männchen durch allmälige Umbildung zu den Ausführungsgängen des Hodens werden, geht — auch ohne die Entwickelungsgeschichte zu Hülfe zu nehmen — aus ihrer Lager- ung, Zahl, Stellung und Structur hervor, Das instructivste Beispiel bieten in dieser Beziehung die Gattungen Scymnus, Centrophorus, Squatina und Acanthias dar. Bei Sceymnus lichia % finden sich, wie schon bemerkt, nur 2 ganz kleine Trichter am Mesorchium in der Höhe des Hodens; sie stehen nur etwa 11/z°=- von einander entfernt und der von ihnen aus- gehende deutlich auf dem Mesorchium als erhabener Streif wahrnehmbare Segmentalgang (Taf. XI Fig. 3 s. g.) geht von jedem Trichter aus schräg von vorn und aussen nach hinten und innen, also gegen die Niere zu Nun folgen am Mesorchium nach vorn gegen den Kopf zu noch 8—10 ähnliche Gänge in gleicher Richtung und Abstand von einander; in der nach dem unversehrten Organ gemachten Zeichnung (Taf. X Fig. 3 s. v. e.) sind nicht alle durchscheinend sichtbar; sie entspringen aus der Wurzel des Hodens, ohne dass ihr Ursprung ohne Weiteres deutlich erkennbar wäre und sie treten ebenso wie die zweifellos hinten am Mesorchium befindlichen Segmentalgänge in die Leydig’sche Drüse ein. Noch weiter nach vorn treten ganz ähnliche Canäle an den Vorderrand des Mesorchiums gegen den Kopf des sogenannten Nebenhodens nach vorn hin zu. Die etwas abweichende Richtung der vordersten vasa efferentia bei Sceymnus seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 911 lichia beruht auf der eigenthümlichen Lage des Hodens in dieser Gattung (s. weiter unten bei den Genitalien). Bei Centrophorus granulosus % (Taf. XII Fig. 4) finden sich 9 aus der Hodenwurzel hervorkommende Segmentalgänge im Mesorchium, welche in gleicher Richtung und in gleichem Abstande wie die vordersten mit einem Segmentaltrichter beginnenden Segmentalgänge auf die Niere (Ley- dig’sehe Drüse) zustreben. In der Zeichnung (Taf. XII Fig. 4) sind nicht alle sichtbar, sondern theilweise durch Bindegewebe verdeckt. Der vorderste steht ziemlich weit hinter dem Vorderende des Hodens am Mesorchium ; vor ihm tritt noch ein 10. blind endigender auf, welcher den Hoden nicht mehr erreicht, aber durch seine Verbindung, Richtung und Structur sich gleichfalls als ein metamorphosirter Segmentalgang erweist, Da aber auch dieser noch nicht so weit nach vorn reicht, als die Hodenspitze, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass die vordersten Segmentalgänge zu Grunde gegangen sind. \ | Bei Squatina vulgaris folgen den. 13 am Mesorchium befindlichen mit deutlichen Trichtern oder Oefinungen versehenen Segmentalgängen (Taf. XI Fig. 2 s. g.) noch 6 in gleichen Abständen und in gleicher Richtung verlaufende Canäle, welche keine Oeffinungen (Taf. XI Fig. 2 s. v. e.) äusserlich besitzen, sondern aus der Hodenwurzel entspringen, und sich, wie jene andern zweifellosen Segmentalgänge, in den vorderen Ab- schnitt der Niere einsenken. Zwischen diesen 6 deutlich mit den Hoden durch ein später zu beschreibendes Canalgeflecht in Verbindung stehenden vasa efferentia und dem ersten nur ein ganz feines Loch aufweisenden echten Segmentalgang findet sich noch ein andrer (Taf. XI Fig. 2 s g'.), welcher weder an den Hoden zu verfolgen war, noch auf dem Me- sorchium ein Loch erkennen liess. Höchst wahrscheinlich wird derselbe also blind endigen; dass sein Ende bei der grossen Feinheit des Ca- nales und der Zähigkeit des umgebenden faserigen Bindegewebes sich _ meiner Nachforschung an dem einzigen mir zu Gebote stehenden Exem- plare entzog, ist sehr zu bedauern. Indessen scheinen mir doch die ge- schilderten Verhältnisse auch so schon unwiderleglich zu beweisen, dass die ersten 6 als vasa efferentia anzusprechenden Canäle nur umgewandelte Segmentalgänge sein können, da sie ohne Unterbrechung in die echten mit Trichtern versehenen Segmentalgänge übergehen, in gleichen Ab- ständen von einander und in derselben Richtung fast parallel im Mesor- ehium verlaufen und gleichfalls mit der Leydig’schen Drüse in Verbindung stehen. Auch hier scheinen sie zuerst an Malpighi’sche Körperchen (Taf. XI Fig. 2 c. m ) heranzutreten (wie bei Seyllium) ; zu völliger Sicherheit konnte Arbeiten aus dem zoolog.-zootom. Institut in Würzburg, II. Bd. 15 212 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und ich an dem einzigen untersuchten Exemplar in dieser Beziehung nicht kommen. Ganz ähnlich wie Squatina verhält sich Acanthias_ vul- garis, Wenn sich aber bei den 4 hier abgehandelten Gattungen die Homo- logie der vasa efferentia mit Segmentalgängen schon aus dem morphologischen Verhalten des erwachsenen Thieres so zweifellos ergiebt, so können natürlich auch bei der grossen entwieklungsgeschichtlichen Uebereinstimmung in den beiden durch Mustelus und Acanthias repräsentirten Extremen die vasa efferentia der andern Gattungen nichts andres sein, als metamorphosirte Segmental- gänge. Dass unter Umständen alle am Mesorchium ursprünglich vorhan- denen, mit Ausnahme der vordersten (Rochen, Sceyllium ete.), zu Grunde gehen, kann nicht Wunder nehmen; findet sich doch auch bei Amphibien, deren Urogenitalsystem sich im Grunde von dem der Plagiostomen nicht wesentlich unterscheidet, eine -ziemlich wechselnde Zahl von Aus- führgängen des Hodens je nach den Gattungen. Die anderen im ausgewachsenen Zustande mit Segmentaltrichtern versehenen Gattungen haben eine viel geringere Zahl von zu vasa eflerentia umgewandelten Segmentalgängen. Bei Pristiurus melanostomus finde ich nur drei Ausführgänge des Hodens, bei Seyllium canicula sogar nur einen einzigen. | Die Zahl der mit offenen Trichtern in Verbindung stehenden Seg- mentalgänge ist natürlich derjenigen der Trichter gleich. Nur ein einziges Mal habe ich bei einem Acanthias einen sich gabelnden und auch in 2 Trichter übergehenden Segmentalgang gesehen; ob zur Ausgleichung da- neben ein blind endigender Gang vorhanden war, liess sich nicht fest- stellen. fi Die Richtung, in welcher die Segmentalgänge auf die,‚Niere zu- streben, ist durch mancherlei Verhältnisse bedingt; allgemein Gültiges lässt sich hierüber nicht sagen. Bei Pristiurus stehen die hintersten in der Nähe des Darmblindsackes befindlichen fast horizontal von innen nach aussen; je weiter sie nach vorn treten, um so mehr ziehen sich die ganz graden Gänge nach hinten und aussen. Umgekehrt wie bei dem Männ- chen stehen sie bei dem Weibchen. Die vordersten sind hier die wenigst steilen, je weiter nach hinten, ' um so sagittaler wird ihr Verlauf. Bei Seyllium canicula war ihre Richtung nicht zu bestimmen, da sie der Niere zu dicht aufsassen. Ganz ähnlich wie bei Pristiurus verhalten sich die Mehrzahl der Trichter bei Spinaxw niger 2, nur die am Mesovarium, waren stark nach hinten geneigt. Ueber die Richtung derselben bei einigen andern Gattungen (Squatina, Centrophorus etc.) geben ‘die Abbildungen Aufschluss, m BL m ee a -Bei der Mehrzahl der Gattungen scheinen sie hier vollständig zu ver- “schwinden; bei einigen bleiben sie jedoch zweifellos in Rudimenten be- seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 213 Im weiblichen Geschlecht werden ausnahmslos die vordersten Seg- mentalgänge des Mesovariums mehr oder minder weit en | | | stehen. Bei Seyllium canicula © finde ich am vorderen Ende der Geni- talfalte eine Anzahl von kurzen Schläuchen (Taf. XI Fig. 1 s. g.), welche in derselben Richtung und in gleichen Abständen von einander verlaufen, wie die zweifellosen Segmentalgänge. Sie stehen aber weder mit Trich- tern in Verbindung noch auch nach aussen hin mit den Rudimenten der Leydig’schen Drüse ; sie endigen blind mehr oder minder weit von dem kaum gewundenen Leydig’schen Gang, ohne diesen zu kreuzen, wie sie es ‚doch ursprünglich gethan haben mussten. Bei Acanthias vulgaris finden sich im Mesovarium des ausgewachsenen Thieres mehrere Segmentalgänge, welche sich durch ihre Verbindung mit der Niere, Abstand und Verlauf noeh deutlich als solche erweisen; einige derselben waren deutlich bis an gelappte aber ungeöffnete Anschwellungen (Taf, XI Fig. 8) zu verfolgen, welche ihrem Bau und Stellung nach nichts andres sein können, als um- sewandelte Segmentaltrichter. Bei andern war ‘das blinde Ende nicht mehr in dem dichten Gewebe des Mesovariums aufzufinden. Nicht ohne Interesse ist ferner die hier bei Acanthias gemachte Beobachtung, dass diese sich im Mesovarium verlierenden Segmentalgänge mitunter seitliche Sprossen treiben können (Taf. XI Fig. 9. 10); diese seitlichen Gänge enden bald in kolbigen Anschwellungen, welche bis an die Spitze ein deutliches Lumen zeigen, oder sie breiten sich bei Verlust ihrer Höhlung flächenhaft aus. Diese seitlich abtretenden Kanäle der eigentlichen Seg- mentalgänge sind wohl den Netzen zu vergleichen, welche sich im Mesor- chium der Männchen an der Basis des Hodens finden. Bei Pristiurus habe ich vergeblich nach solehen verkümmerten Segmentalgängen im Mesovarium gesucht; doch mag hier das massenhaft vorkommende Pigment viel- leieht einige Rudimente derselben verdeckt. haben. Bei Chiloseyllium plagiosum M. u. Tr. finden sich am vorderen Ende der Leydig’schen Drüse, ihrem 3. bis 5. Knäuel entsprechend, 3. rudimentäre Segmental- gänge (Taf. XI Fig. 4 s. g,); der erste steht senkrecht gegen den Leydig’- schen Gang, endigt aber in kurzer Entfernung von ihm; der zweite ist etwas länger, erreicht aber auch den Ausführgang der Leydig’schen Drüse nicht; der dritte kreuzt ihn schon und zwar hinter der Einmündung des Harneanälchens vom 5. Knäuel in den Leydig’schen Gang, erreicht aber das 6. Knäuelnicht. Der 4, endlich verbindet sich mit dem 7. Knäuel derselben und zwar mit einem Malpighischen Körperchen (Taf. XI Fig. 4 c. m. u. Taf. XII Fig. 7). Esliesssich an dem untersuchten Exemplar nicht sicher feststellen, ob 15* 914 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und diese rudimentären und die oben beschriebenen mit Trichtern in Verbind- ung stehenden Segmentalgänge ein Lumen hatten oder nicht; indessen ist es wahrscheinlich. Bei den Weibchen der andern Gattungen, die mir vor- lagen, habe ich vergeblich nach solchen rudimentären Segmentalgängen im Mesovarium gesucht; nur bei Hexanchus kommt hier ein dichtes Ge- flecht von Gefässen vor, von denen ein Theil gewiss hierher gehört, Da mit ihm noch andre rudimentäre Organe verbunden sind, die in der Ge- schlechtsfalte liegen, verschiebe ich die Schilderung derselben bis auf die Untersuchung der Genitalien. Die Arten der zweiten Gruppe, deren Trichter ausnahmslos zu Grunde gehen, verhalten sich in Bezug auf die Segmentalgänge, wie die der ersten. Auch hier gehen im Bereiche der Genitalfalte des Männchens ‚ einige (1—3) in die vasa efferentia des Hodens über; die dahinter ge- legenen verschwinden, wie es scheint, gänzlich. Beim Weibchen gehen auch die der Genitalfalte fast überall zu Grunde Ob die hier mitunter (z. B. bei Galeus) vorkommenden von Cylinderepithel ausgekleideten Cysten (Taf. XV Fig. 6) als Rudimente solcher Segmentalgänge aufzu- fassen sind, wird später erörtert werden. Solche Cysten habe ich aber bis ‚ jetztnur bei Galeus canis, Acanthias und Hexanchus gefunden; den anderen Gatt- ungen (Mustelus, Chimaera, Raja, Torpedo ete.) fehlen sie wohl vollständig. Der in der Einleitung hervorgehobene Gegensatz zwischen den Plagio- stomen mit und ohne persistirende Trichter: dass nemlich bei jenen eine gıössere Zahl von vasa efferentia vorkämen, als bei diesen — wird nun wieder etwas gemildert; es giebt Haie ohne Segmentaltrichter (Mustelus), welche eine grössere Zahl (3) von vasa efferentia besitzen, als einige Gattungen (z. B. Scyllium) mit Trichtern, bei denen ähnlich wie bei den Kochen nur ein einziges vas eflerens vorkommt. Es ist somit nicht un- möglich, dass eine Durchmusterung der bisher nicht untersuchten Formen auch das umgekehrte Beispiel von Haien ohne offene Trichter, aber mit zahlreichen vasa efferentia kennen lehren wird. $ 3. Der Drüsentheil der Niere. Hyrtl hat bekanntlich nur den hinteren Abschnitt derselben als eigentliche Niere angesehen, den vorderen dagegen (freilich nur bei Chi- maera) ale Leydig’sche Drüse bezeichnet und mit jener in Gegensatz ge- bracht. Leydig kennt (Rochen und Haie) diesen Gegensatz nicht; er be- schreibt die Ausdehnung der Niere ganzrichtig, giebt an — was übrigens auch schon früher bekannt war —, dass die Niere der Rochen kürzer, gedrungener sei als die der Haie, dass bei diesen (l. c. p. 70) oft das vordere Ende isolirte Läppchen bilde und dass bei Raja batis die linke seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 215 Niere immer in zwei wieder etwas eingekerbte Abtheilungen zerfallen sei, von denen die obere weitweg von der unteren gerückt wäre. Stannius hat wieder den Gegensatz beider Abtheilungen der Niere streng festge- halten (Vergl, Anat. 2. Aufl. p. 262 und p. 278). Dieser Unterschied ist jedoch nur ein scheinbarer; beide legen sich, wie bereits aus der ersten Arbeit ersichtlich ist und später genauer ge- schildert werden soll, gleichzeitig und in absolut identischer Weise an, sodass sie ursprünglich nur Theile derselben morphologischen Anlage sind. Oder besser gesagt: die Leydig’sche Drüse uud die sogenannte Niere ent- stehen durch die Umwandlung und das Wachsthum der in jedem einzelnen Segment sich nahezu gleichzeitig und in übereinstimmender Weise bildenden Segmentalorgane, sind also auch nicht morphologisch verschieden. Da jedoch die später sich ausbildenden Ausführungsgänge beider Abschnitte der Niere insofern einen gewissen Gegensatz erkennen lassen, als der eine, nemlich der Ausführungsgang der vorderen Leydig’schen | Drüse, beim Männchen zum Samenleiter wird, der andre aber immer aus- | schliesslich Harnleiter bleibt: so halte ich es für zweckmässig, diesen | Unterschied auch in der Bezeichnung festzuhalten. Ich werde desshalb || den vorderen Nierenabschnitt mit Ayril als Leydig’sche Drüse und ihren Ausführungsgang als Leydig’schen Gang, den hinteren aber als eigentliche Niere und deren Ausführgänge als Harnleiter bezeichnen. Dass diese Scheidung eine ganz willkürliche und doch in gewisser Weise berechtigte und brauchbare ist, wird sich später ergeben. A. Die Leydig’sche Drüse beginnt (bei den Haien der ersten Ab- theilung) bald hinter dem Kopfe des Nebenhodens, bald etwas vor dem- selben, oder dicht neben der Eileiterdrüse; nach hinten reicht sie meist bis weit über die Mitte des Rumpfes hinaus. Ihre vordersten Theile sind | gewöhnlich von den starken Windungen des Samenleiters oder vom Bileiter (namentlich zur Zeit der Brunst) völlig verdeckt, bald aber treten sie mit ihren Seitenränden hervor, indem sie ganz allmälig von vorn nach hinten | sowohl an Breite wie Dicke des Parenchyms zunehmen. Ihr hinteres Ende ist immer so breit, wie das vordere der hart an sie anstossenden eigentlichen Niere; auch lässt sich meistens im äusseren Aussehen (am frischen Thiere) kein Unterschied zwischen beiden entdecken; nur ist das vordere Ende der Leydig’schen Drüse häufig weniger intensiv roth, als das hintere und die eigentliche Niere; wahrscheinlich wohl, weil hier das dickere Parenehym stärker mit Blut erfüllt ist, als dort. Dennoch ist die Gränze scharf bezeichnet durch die Beziehung zu den Ausführungsgängen: soweit die Leydig’sche Drüse herabreicht, giebt sie jedem Segment ent- 216 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und ‘sprechend je einen Harncanal zum Leydig’schen Gang ab, welcher beim Weibchen grade verläuft, beim Männchen sich häufig ungemein stark windet, und dann durch diese Windungen den fälschlich sogenannten Nebenhoden bildet. Der hintere Abschnitt des Leydig’schen Ganges end- lich bleibt beim Weibchen meist dünn, beim Männchen dagegen schwillt er zu einer grossen eigenthümlich gebauten Samenblase an, welche bei erwachsenen Thieren grade wie die Windungen des Leydig’schen Ganges immer strotzend voil von reifen Zoospermen gefunden wird. Die relativ längste Leydig’sche Drüse hat (unter den von mir unter- suchten Arten) Scymnus lichia, die kürzeste Raja clavata; bei jener Art endet sie im ausgewachsenen Männchen von 38°m. Thoraxlänge erst 4m. vom After, bei dieser im jungen Weibchen von 6,5": Thoraxlänge 3,5.tm. vom After (s. unten die Tabelle in $ 3 B.) In Bezug auf die Einzelheiten des Baues und der Anordnung der Theile herrscht hier sehr grosse Manmnichfaltigkeit.e. Da ich von manchen Gattungen nur das eine Geschlecht untersuchen konnte und für eine auch das Detail zusammenfassende erschöpfende Schilderung trotz der ziemlich grossen Zahl von untersuchten Formen doch das Material fehlt: so gebe ich hier eine genauere Mittheilung der vereinzelten Beobachtungen. Zwei Weibchen von Pristiurus melanostomus, von denen nur das eine (15° "- Thoraxlänge) angeschwollenen Eileiter, Eischalendrüse und Eier- stock besass, stimmten beide doch in Länge und Structur der Leydig’schen Drüse sehr überein. Diese hat eine Länge von 5,5°"®- in beiden Geschlech- tern. Ihr hinterster Lappen stösst hart an den vordersten der eigentlichen Niere an, darauf folgen nur undeutlich durch Einkerbungen von einander abgesetzt noch mehrere Lappen von etwa 3"M. Breite; von da an trennen sich die nun folgenden gänzlich von einander und nehmen so sehr an Grösse ab, dass die Längsabstände zwischen je zwei aufeinanderfolgenden Segwentaldrüsen diese um das 3-—-Afache übertreffen. Das vorderste Ende des Zeydig’schen Ganges und der hier ungemein klein werdenden Leydig’schen Knäuel (wie ich jedes einzelne der Leydig’schen Drüse ange- hörende Segmentalorgan nennen will), konnte wegen des ungemein stören- den schwarzen Pigmentes, welches hier alle Organe überzieht, nicht ge- nauer verfolgt werden. Bei dem Männchen hat die Leydig’sche Drüse dieselbe Ausdehnung, aber eine sehr viel grössere Dieke und Längsaus- dehnung ihrer einzelnen Lappen; hin und wieder zwar gelingt es, einige derselben von einander zu trennen, ohne dass ein Abreissen der einzelnen Harncanälchen nöthig wäre; aber eine so weit gehende Trennung der doch wohl immer isolirten Leydig’schen Knäuel, wie solche beim Weib- seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere, 217 chen Regel ist, kommt beim Männchen nicht vor, Bei dem letzteren bildet daher die Leydig’sche Drüse eine bis zum sogenannten Nebenhodenkopf leicht zu verfolgende compacte Masse, während sie beim Weibchen im vorderen Theile so schmal und in ihre einzelnen Knäuel aufgelöst erscheint, dass nur das Mikroskop über ihre Ausdehnung nach vorn hin Aufklärung verschafft. Seyllium canicula. Beim Weibchen von 13“. Länge des Thorax endigt die 6°"- Jange Leydig’sche Drüse etwa 31/, "- vom Hinterende der Lei- beshöhle, und reicht als deutlich erkennbarer Streif bis zur Höhe der Ei- schalendrüse; hier aber ist sie schon sehr dünn und kaum 2”"”- breit. Weiterhin lässt sich dann mit dem Mikroskop. der Leydig’sche Gang ziem- lich weit verfolgen; mit ihm verbinden sich mindestens. 8 ganz isolirte Knäuel, in welchen keine Spur von Malpighischen Körperchen zu sehen ist; den vordersten 4 Knäueln, die ziemlich ungleich an Grösse sind, ent- sprechen keine rudimentären Segmentalgänge, deren erster erst dem fünften Knäuel (Taf. XI Fig. 1 sg.) gegenüber auftritt. Die einzelnen Canäle dieser isolirten Lappen sind zwischen 0,04 und 0,1". weit; die weiteren scheinen zu wimpern; der Leydig’sche Gang ist hier reichlich doppelt so weit; in dem mehr compacten hinteren Theil der Drüse haben die Harn- canälchen eine gleiche Weite wie vorn, der Leydig’sche Gang ist etwa 0,15@%- weit. Bei einem Männchen von 15°". Thoraxlänge ist die Ley- dig’sche Drüse etwa 7“. Jang, und bis ans vorderste Ende hin sehr compact, so dass eine Unterscheidung der einzelnen Knäuel nicht, wie beim Weibchen, möglich ist. Sie schiebt sich überall zwischen die engen Windungen des vas deferens (Leydig’schen Ganges) ein, so dass es unmög- lich ist, diesen herauszupräpariren, ohne die Leydig’sche Drüse irgendwo zu verletzen. Chiloseyllium plagiosum. Hier beginnt (Taf. XI Fig. 4) die Ley- dig’sche Drüse mit einem ziemlich ‘grossen Knäuel von Harnkanälchen eben vor der Eileiterdrüse; von da auf etwa 14". Länge finden sich noch 6 ganz isolirte Knäuel. Diese sind meist langgestreckt, aber mit ihrer Längsaxe nahezu senkrecht gegen den Leydig’schen Gang gestellt; die Entfernung zwischen je zweien ist etwas grösser, als die Breite der Knäuel. Der achte Knäuel stösst schon hart an die nichstfolgenden der Leydig’schen Drüse, welche im Ganzen 4,2", Jang ist und bis auf 14”"- vor dem After nach hinten reicht. Die Harnkanälchen der isolirten vordersten Knäuel sind 0,05”®- weit, ihre Windungen nicht sehr eng, so dass man jeden auf lange Strecken hin verfolgen kann. In den vorderen Knäueln, welchen die 3 rudimentären Segmentalgänge entsprechen, finden sich auch noch 218 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und rudimentäre Malpighi'sche Körperchen ohne Glomerulus (Taf. XII Fig, 6, 7). Mitunter sind dieselben nur einfache terminal den Harncanälchen auf- sitzende Blasen von 0,1”%”- Durchmesser; gewöhnlich aber sitzen an jeder Malpighöschen Blase zwei Harncanälchen an (Taf. XII Fig. 7). Man kann sie füglich reitende Malpighische Körperchen nennen. Unter diesen zeigte eines, welches dem vordersten Knäuel angehörte, an einer den beiden Harncanälchen abgewandten Stelle eine Spalte, in welche ein wenig vom umgebenden Bindegewebe eindrang. Es ist wohlanzunehmen, dasssich hier (Taf. XII Fig. 6c. m.) ursprünglich der Glomerulus ansetzte, von dem jetzt freilich im Innern der Blase keine Spur zu sehen war. Der in der Abbildung tiefliegende Fortsatz der Malpighi’sschen Blase (Taf. XII Fig. 6 b.) setzt sich in einen bis weit in den Knäuel hinein verfolgbaren Harncanal fort, der oberfläch- lich gelegene (Taf. XII Fig. 6 a) dagegen macht einige kurze scharfe Biegungen und endet dann plötzlich blind (bei a’). Es ist daher anzu- nehmen, dass dieser zweite Canal der Rest des sonst völlig verschwundenen Segmentalganges ist, eine Vermuthung, welche durch das gleich zu be- schreibende Verhalten der Malpigh’schen Körperchen im 7. und 8. Knäuel bestätigt wird. Verfolgt man jenes eigentliche Harncanälchen weiter, so sieht man, dassihm eben auch der kurze Ast zugehört, auf welchem terminal die zweite kleinere Malpighi’sche Blase -aufsitzt, während nach der andern Seite hin sich der eigentliche Harncanal weiter verfolgen lässt. Im zweiten Knäuel (von vorn gerechnet) fand sich kein Malpighisches Körperchen, wenigstens kein deutlich als solches erkennbares, vor; im dritten bis sechsten nur je ein ganz rudimentäres, im siebenten dagegen mit einem Male ein vollständig ausgebildetes (Taf. XII Fig. 7). Hier fehlte der Glomerulus nicht, ebensowenig die beiden an die Blase tretenden Harncanälchen; der eine davon trat in den Knäuel ein, der andere nach entgegengesctzter Richtung über den Leydig’schen Gang weg, es war der erste vollständige d. h. wenigstens mit der Niere in Verbindung stehende Segmentalgang (Taf. XI Fig. 4 sg, Taf. XII Fig. 7 s. 9). Ob in dem achten Knäuel mehr als ein Malpighi’sches Körperchen vorhanden war, liess sich, da jenes bei der Präparation halb zerstört worden war, nicht mehr erkennen, Die vollständige Identität in Bau und Stellung der rudimentären Malpighöschen Körperchen (an der vordern und innern Seite der- Knäuel) mit dem letzten auch durch den Glomerulus als solches bezeichneten des achten Knäuels zeigt deutlich, dass jene in der That nur in Folge des Verschwindens des Seg- mentalganges zurückgebildete echte Malpightsche Körperchen sein können, Bei andern Arten geht, wie mehrfach hervorgehoben, diese Reduction noch weiter, Segmentalgang und die Malpighische Blase verschwinden vollständig in den vorderen Abschnitten der Leidig’schen Drüse (Pristiurus?, seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 319 Seyllium, Acanthias ete.). In dem compacten Theile derselben haben die Harncanälchen eine Weite von 0,04 bis zu 0,1", die Malpighischen Körperchen einen grössten Durchmesser von 0,3"=. In jedem Lappen liegt immer nur ein grösseres, welches mit dem Segmentalgang in Ver- bindung steht; mitunter scheint sich daneben noch ein (oder 2?) kleineres zu entwickeln, wie in dem vordersten isolirten Lappen der Drüse. Scymnus lichia. Die Leydig’sche Drüse des Weibchens ist hier sehr eigenthümlich ; leider stand mir nur ein defectes Präparat zu Gebote, so dass ich über ihre Ausdehnung nach hinten hin und ihren Uebergang in die eigentliche Niere nichts aussagen kann. In dem vorliegenden Bruch- stücke, welches einem erwachsenen Weibchen von reichlich 3 Fuss Länge entnommen war, hatte diese Drüse noch eine Länge von 16=-, Das hintere grössere Stück (Taf. XII Fig. 5) war über 9°m- Jang, stark ge- lappt und eingeschnitten, hinten etwa 15%®%-, vorn nur 6”%%- breit und spitz abgerundet; der Leydig’sche Gang verlief hier oberflächlich, kaum ge- wunden und er gab an diesen Abschnitt 7 Canälchen zu den einzelnen Lappen ab, Jie anfangs in den Furchen zwischen diesen verliefen. Weiter nach vorn setzte sich dieser Theil in einen nur '2— 3%". breiten sehr dünnen Streifen (Taf. XII Fig. 5 a) vielfach in einander verschlungener Harncanälchen fort, von dessen Vorderende nach aussen hin eine ziemlich grosse Zahl von schmalen aus nahezu graden Harncanälchen gebildeten noch feineren Streifen von 6—8"m Länge an ein kleines eirundes Kör- perchen (Taf. XII Fig. 5 c.) herantritt. Diesem folgten nach vorn noch 4 ungefähr ebenso grosse in etwas ungleichen Abständen und darauf ein fast S@m- langer Lappen, welcher ziemlich nahe am Diaphragma dem Schlunde hart anlag. Es schienen auf den ersten Anblick diese Lappen (Taf. XII Fig 5 b) die Blutgefässdrüsen oder Nebennieren zu sein, welche an dieser Stelle immer besonders stark entwickelt sind; die mikroskopische Untersuchung ergab jedoch, dass sie gleichfalls noch zur Leydig’schen Drüse gehörten. Es bestanden nemlich die erwähnten scheinbar iso- lirten Lappen aus äusserst dichtverschlungenen Harncanälchen von 0,08 —0,10®=. Durchmesser; zwischen ihren Windungen liessen sich keine Malpighi'schen Körperchen erkennen, nicht einmal Rudimente derselben. Die einzelnen Körper waren untereinander verbunden durch kurze Längs- canäle, welche entstanden sind durch Verschmälerung der aus den nächst- vorderen Lappen tretenden kurzen Ausführungsgänge. Der so entstandene gemeinschaftliche Ausführungsgang ist wohl als Leydig’scher Gang anzu- sehen; auffallend ist jedoch die abweichende Lagerung der vordersten isolirten Knäuel der Leydig’schen Drüse. Bei allen andern Haien liegen diese nemlich in der Verlängerung der Drüse; hier aber sind sie seitwärts 220 SEMPER: Das Uroyenitalsystem der Plagivstomen und abgerückt (Taf, XII Fig. 5 b) und mit dem vorderen Ende des compacten Theils derselben durch eine Anzahl mehr oder minder stark gewundener Canälchen (Taf. XII Fig 5.c) verbunden, unter denen jedoch ein fast gerade verlaufender Canal nach oben in den vorhin erwähnten Ausführ- gang, nach unten hin in den eigentlichen Leydig’schen Gang übergeht. Es ist daher wohl anzunehmen, dass die eigenthümliche Trennung des Vorder- endes der Leydig’schen Drüse in zwei ziemlich weit von einander ab- stehende Hälften durch eine allerdings ungewöhnliche Verschiebung ur- sprünglich nahe zusammenliegender Theile hervorgebracht wurde. Das Ende der gewundenen Harncanälchen, welches in den hier zwischen 0,10 und 0,12%”. weiten Leydig’schen Gang einmündet, ist gewöhnlich etwas dünner, als das Harncanälchen selbst, nemlich 0,07—0,08"®- Dort, wo der schmale Streifen der Leydig’schen Drüse in den compacten und stark gelappten Theil übergeht, fand sich, aber noch jenem angehörend, das erste Malpighi’sche Körperchen; es war 0,42". gross und enthielt einen auch ohne Injection deutlich erkennbaren Glomerulus. In den Strängen, welche den seitlich abgerückten Theil mit der compacten Leydig’schen Drüse verbinden, finden sich nicht selten völlig gestreckte Harncanälchen eingeschaltet zwischen stark gewundenen Canälchen. Ein erwachsenes zur Begattung reifes Männchen von 38m. Rumpf- länge hatte eine Leydig’sche Drüse von 27°m- Länge. Ihr fast, 5"%- breites Vorderende (Taf. XI Fig. 3) war um 6°". weiter nach vorn gerückt, als das Vorderende des Hodens und das gewundene vas deferens (Taf. XI Fig. 3 v.d.) trat gleichfalls noch 2,5°m- über den Hoden nach vorn hinaus vor. Dem entsprechend verliefen auch die vorderen vasa efferentia sehr steil von hinten nach vorn zu. Dort, wo der Anfang des gewun- denen vas efferens beginnt, ist die Leydig’sche Drüse etwa 9". breit und diese Breite behält sie von da an beständig bis zu ihrem Uebergang in die eigentliche Niere bei. Von einzelnen am Vorderende losgelösten Lappen, wie sie beim Weibchen so stark entwickelt.vorkamen, war hier nicht. das Geringste zu bemerken. Dennoch ist diese Compactheit des Vorderstückes der Leydig’schen Drüse nur scheinbar, bedingt nemlich durch die massen- hafte Entwickelung von zelligem Bindegewebe, in welchem man an hin- reichend dünnen Stellen die weit auseinander gezrgenen Schleifen und Windungen der Harncanälchen sieht. Es ist daher wahrscheinlich, dass auch hier die vorderen Knänel, wie beim Weibchen, von einander getrennt sind; doch liess sich dies wegen der ungemein dicht liegenden zahlreichen Zellen des dicken Bindegewebes nicht sicher entscheiden. Die Harn- eanälchen hatten hier eine Weite von 0,10— 0,17 mm seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere, 291 Acanthias vulgaris. Hier scheint in beiden Geschlechtern die Leydig’- sche Drüse bis an’s vorderste Ende ganz compact zu sein; bei dem Männ- chen ist sie es, wie fast überall, zweifellos, beim Weibchen doch vielleicht nur scheinbar. Es beruht nemlich bei diesem das massige Aussehen des Vorderendes der Leydig’schen Drüse auf der enormen Entwickelung eines zelligen Bindegewebes, welches die Leydig’schen Knäuel und ihre Gefässe überall umgiebt und verdeckt; die Knäuel selbst sind ziemlich klein und wie es scheint stark quergezogen, auch wohl isolirt von einander, indessen war darüber an den erwachsenen Exemplaren keine Sicherheit zu gewinnen. Bei einem Weibchen, dessen Thorax etwa 32m. Länge hatte, war die Leydig’sche Drüse ungefähr 9°®- lang, die eigentliche Niere 22°m-; jene reichte mit ihrem. Vorderende etwa. 11/o°'"- über die Eileiterdrüse hinaus und sie hatte hier immer noch eine Breite von 6" Auch bei dem einzigen untersuchten Exemplar eines 17m. langen männlichen Embryo’s von Uentrina Salviani war die Leydig’sche Drüse bis an das vorderste Ende hin compact. Die relativen. Grössenverhältnisse beider Abtheilungen gebe ich nicht an, da ich nicht weiss, ob diese auch für die alten Thiere gültig, also mit den von erwachsenen Individuen ge- gebenen Massen direct vergleichbar sind. Hier waren im Nebenhoden- theil der Leydig’schen Drüse die Malpighi’schen Körperchen und ihre Verbindung mit den zu vasa efferentia umgewandelten Segmental- gängen ungemein deutlich; eine genauere Beschreibung des Verhaltens werde ich erst im zweiten Abschnitt geben, da ich nicht sagen kann, ob diese typisch ausgebildeten Malpighischen Körperchen nicht allmälig zu- rückgebildet werden, wie dies zweifellos bei vielen Formen geschieht. (Seyllium, Chilosceyllium etc.) Bei Spinax niger 9 von 12,5°"- Thoraxlänge hatte die Leydig’sche Drüse eine Länge von 7,5°=-, die eigentliche Niere eine solche von 3,0°m- Jene war völlig compact, ohne isolirte Lappen; der Leydig’sche Gang stand ziemlich weit ab von den Knäueln. Leider ist das Pigment hier so massenhaft entwickelt, dass es mir unmöglich war, z. B. zu entscheiden, ob in den Knäueln Malpighische Körperchen vorkommen oder nicht; ebensowenig war es möglich, die Anwesenheit rudimentärer Segmentalgänge oder gar deren Zahl festzustellen. Die Harncanälchen sind hier sehr weit, nemlich 0,1—0,15"M- Von Centrophorus granulosus (Taf. XII Fig. 4) habe ich nur Männ- chen untersuchen können; ich kann daher auch nicht entscheiden, ob hier 222 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und beim Weibchen die vordersten Knäuel der Leydig’schen Drüse von .einan- der getrennt sind (wie bei Scyllium) oder dicht aneinander gränzen (wie bei Spinax und Acanthias). Ein junges Männchen von 25°%- Rumpflänge hatte eine 12m. Jange Leydig’sche Drüse, deren vorderes Stück nur Am. breit war. Der Leydig’sche Gang war hier vorn 0,18", hinten 0,28". weit; die in ihn einmündenden Harncanälchen 0,07"”- vorn und 0,14um- hinten. Die gewundenen Canälchen hatten vorn und hinten ungefähr die gleiche Weite von 0,07—-0,10"=”. Es stimmten in Bezug auf Struc.ur und Weite der verschiedenen Canäle der hinterste Abschnitt der Leydig’- schen Drüse und der vorderste der eigentlichen Niere ganz überein. Bei dem einzigen in Nizza erhaltenen weiblicher Hexanchus war leider die Leydig’sche Drüse unvollständig; in der Höhe der Eischalen- drüse, welche etwa der oberen Hälfte des Eierstockes entspricht, war sie noch 22”. breit und ganz compact ; darüber hinaus verlängert sie sich gewiss noch bedeutend, denn ein noch getm.” weiter reichendes Stück hatte noch fast die Breite von 2m. Der Leydig’sche Gang ist hinten unge- mein weit; aufgeschnitten waren trotzdem nirgends, auch ganz weit vorn nicht, die Einmündungen der Harncanälchen zu entdecken. Ebensowenig konnte ich durch Präparation oder auf Durchschnitten den eigentlichen Harnleiter finden, so dass ich weder vorn noch hinten das Ende der Leydig’schen Drüse bestimmen konnte. Die Harncanälchen derselben haben eine Weite von 0,05—0,1"M. Von Squatina habe ich ein junges Männchen von 16°". Thorax- länge untersucht, das ich der grossen Freundlichkeit des jüngeren v. Beneden verdanke. Hier ist die segmentale Uebereinstimmung zwischen Zahl der Körpersegmente und der Niere und ihrer Längsausdehnung, die bei der ersten embryonalen Anlage aller Plagiostomen obwaltet, schärfer ausge- sprochen als bei irgend einem andern erwachsenen Thier, Die Leydig’sche Drüse d. h. hier das Vorderende des Nebenhodens beginnt etwa 2,5°tm. vom Diaphragma; sie hat eine Länge von 7,7°. und entspricht in dieser Ausdehnung 18 oder 19 Wirbeln und sie geht ohne allen Gegensatz all- mälig in die 3,9°". Januge eigentliche Niere über, welche 9 Wirbelu ent- spricht. Hier also sind beide Abschnitte in ganz gleicher Weise gewachsen, während bei den meisten andren Plagiostomen entweder der eine oder andre Theil stärker gewachsen ist, als die entsprechenden Wirbel. Vor der Leydig’schen Drüse, zwischen ihr und der Tubenöffnung, liegen noch 5 oder 6 Wirbel. Histologisch stimmt sie mit der eigentlichen Niere vollständig überein ; die Durchmesser der Harncanälchen sind ungemein schwankend; bis an das Vorderende hin finden sich zahlreiche Malpighr’sche seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 293 Körperchen mit einem Glomerulus in jeeinem Leydig’schen Knäuel. Ueber die Verbindung der vasa efferentia mit solchen Malpighischen Körperchen konnte ich keinen sichern Aufschluss gewinnen. Bei den Plagiostomen der zweiten Abtheilung (ohne bleibende Seg- mentaltrichter) ist im Grunde das Verhältniss genau wie bei den zuerst behandelten. Nur zwischen Rochen und Haien besteht ein gewisser, aber unwesentlicher Unterschied: bei diesen geht die Leydig’sche Drüse ganz continuirlich in die eigentliche Niere über, bei jenen scheint sie scharf von ihr abgesetzt, auch in der Färbung verschieden zu sein, sodass sie leicht übersehen werden kann. Die Beziehung zu den Ausführgängen giebt indess leicht Aufschluss über die wirkliche Ausdehnung derselben nach hinten. Galeus canis 2 von 25° "- Rumpflänge hatte eine Niere von 5,6“, eine Leydig’sche Drüse von 13,0“*®- Länge. Beide Abtheilungen der Urniere waren so ziemlich überall gleichbreit, etwa 7””, nur das vor- derste Ende der Leydig’schen Drüse war 5®%. breit. Die einzelnen Leydig’schen Knäuel stossen überall an einander an; ob Rudimente der Segmentalgänge vorhanden waren, liess sich nicht mehr entscheiden. Bei dem Männchen ist die Leydig’sche Drüse gleichfalls compact bis an das vorderste Ende hin. Triakis semifasciata © hat gleichfalls eine bis vorne hin compacte Leydig’sche Drüse; ihre Ausdehnung nach hinten liess sich wegen des schlechten Erhaltungszustandes nicht mehr sicher bestimmen. Chimaera monstrosa Q von 19°"- Thoraxlänge hat eine Leydig’sche Drüse von 8°m. Länge. Sie ist links und rechts ungleich entwickelt. Links scheint sie sehr scharf gegen die Niere abgesetzt zu sein, rechts dagegen allmälig in dieselbe überzugehen (wie bei den Haien); dieser Anschein entsteht daher, dass links der weitaus längste vorderste Abschnitt sehr schmal ist und unvermittelt an den hinteren breiten gränzt, der da- durch den Anschein gewinnt, als sei er ein Stück der eigentlichen Niere. Es gehören hiernach mindestens 20 Segmentalorgane der Leydig’schen Drüse an. Sie ist in ihrem vorderen Abschnitt etwa 3—4"M-, hinten 6". breit; ihre hinteren 3—4 Lappen stossen hart an einander an, die übrigen nach vorn zu sind deutlich von einander isolirt; sie endigt etwas vor der Eileiterdrüse. Bis an das vorderste Ende finden sich ziemlich zahlreiche Malpighösche Körperchen und, wie es scheint, meistens reitende. Von rudimentären Segmentalgängen war nichts zu sehen. Beim Männchen ist die Leydig’sche Drüse, wie bei allen männlichen Plagiostomen, bis an’s vorderste Ende hin ganz compact. 224 SEMPER; Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Sphyrna zygaena. Sehr junges Weibchen von 13°". Thoraxlänge, Die Leydig’sche Drüse war mindestens 6,3°%-, die ganze Niere 11° lang. Sie war vorn sehr dünn, hinten ebenso breit, wie das Vorderende der Niere, überall scheinbar compact. Die schlechte Erhaltung der beiden durch Salmin erhaltenen Exemplare liess keine genauere Untersuchung zu, Rudimentäre Segmentalgänge wurden auch hier nicht gefunden. Oxyrhina glauca &- Gesammtlänge der Niere 25°”; vordere Hälfte sehr schmal und dünn, bandförmig; hintere Hälfte ungemein rasch an Dicke zunehmend, am hintersten Ende reichlich 3°". hoch und 14/y°"- breit. Die Grenze zwischen Leydig’scher Drüse und eigentlicher Niere war nicht genau zu bestimmen. Ebensowenig gelang mir Jies bei Prionodon glaucus ös Mustelus vulgaris Q Erwachsenes Exemplar. Hier war die Grenze der Leydig’schen Drüse und Niere nicht genau festzustellen. Jene ist, wie bei Sphyrna, Galens und Triakis bis an’s vorderste Ende hin compact. Raja clavata. Junges Weibchen von 6,5°tm. Thoraxlänge. Die eigent- liche Niere ist ungemein breit, 3,5°'®- lang, also über die Mitte der Leibes- höhle nach vorn hin vorragend; sie endet nur 5"- hinter der Eischalen- drüse. Die Leydig’sche Drüse verlängert sich noch reichlich 1°". weit über das Vorderende der Eischalendrüse hinaus und ihr Ende liegt somit kaum 1em- hinter dem Herzbeutel. Die einzelnen Leydig’schen Knäuel!) sind fast durchweg von einander getrennt; nur die ersten 3 (von der eigentlichen Niere an gerechnet) legen sich dicht aneinander an, dann folgen 13 nach vorn zu allmälig kleiner werdende Knäuel und schliesslich noch 4 kurze blinde Aeste (Taf, XV Fig. 5), welche offenbar nur rudi- mentäre Knäuel sind. Die Leydig’sche Drüse besteht hier also, wenn wir die vordersten Blindsäcke mitzählen, im Ganzen aus 21 Segmentalorganen. Trotzdem entsprechen der von ihr eingenommenen Länge nur 9 Wirbel. Umgekehrt aber hat die eigentliche Niere nur 8 oder 9 Harncanälchen, also Segmentalorgane; aber. sie dehnt sieh in ihrer Länge über 20 Wirbel aus, Im Bereich der Leibeshöhle finden sich also auf 29 Wirbel (abgesehen von ‘dem einen langen vördersten) 28 oder 29 Segmentalorgane. Es 1) Diese Leydig’schen Knäuel der männlichen Rochen sind schon von Vogt und Pappenheim (Ann..d, Se. Nat. 4 Ser. Vol. XI. 1859 pag. 108 Taf. 2 Fig. 6, 7) gesehen und richtig als FEpididymis beim Männchen gedeutet worlen, bei den Weibchen ‚thun sie derselben keine Erwähnung. Leydig kennt sie schon 1852 (Rochen und Haie), aber ebenfalls nur beim Männchen; er vergleicht sie einer Prostata. seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 225 muss somit, wenn ursprünglich nach Schultz!) bei den Rochen grade so wie bei den Haien Wirbel und Segmentalorgane im Embryo auch in der Lage und Ausdehnung übereinstimmen, das Wachsthum der einzelnen Ab- schnitte ein sehr verschiedenartiges sein. Bei den Haien erhält sich das ursprünglich embryonale Verhältniss noch am schärfsten; hier ist die Leydig’sche Drüse nahezu so lang, wie die sie bildende Zahl von Seg- menfalorganen verlangt; bei Raja dagegen wächst die eigentliche Niere weit über den ihr zukommenden Bezirk nach vorn hinaus und drängt die Leydig’sche Drüse sehr zurück. Das gleiche findet, wenn auch nicht so stark, bei Torpedo statt und nicht blos beim Weibchen, sondern auch beim Männchen, obgleich hier wie bei allen Plagiostomen das Vorderende der Leydig’schen Drüse in den Nebenhoden übergeht. Von rudimentären Sesmentalgängen war keine Spur bei Raja elavata zu finden; ebenso schienen überall Malpighvsche Körperchen in der Leydig’schen Drüse ‘zu fehlen. haja batis. Junges Weibchen von 7,6°*. Thoraxlänge Die Ge- sammtnierenlänge ist hier 7,0°®- die eigentliche Niere ist 3,6tm-, die Leydig’sche Drüse 3,4°"- lang. Diese letztere ist in ihrem vorderen grössten Abschnitt 2,4 °. lang .bei einer. Breit& von nur 1 ==. von vorn bis hinten; von ihr ist, die hintere Abtheilung sehr scharf ab- gesetzt, sodass diese, wie überhaupt immer bei den Rochen,. der eigent- lichen Niere anzugehören ‚scheint. ‘ Jener schmale vordere Theil ‚besteht grösstentheils aus isolirten Leydig’schen Knäueln, deren ich mit 'Sicherheit etwa 16 und ausser diesen noch etwa 4 ganz rudimentäre zählen konnte, dann, folgten 8 Knäuel, die hart an einander stiessen, obgleich sie in ihrer Breite von jenem ersten nicht abwichen; in dem hinteren compacten und rasch breit werdenden Abschnitt der Leydig’schen Drüse fand ich noch 5 Knäuel durch die 5 in den Zeydig’schen Gang einmündenden Harncanälchen angedeutet. Es besteht also die Leydig’sche Drüse aus mindestens 33. Segmentalorganen, obgleich sie in ihrer Längsausdehnung nur 12 isolirten Wirbeln und dem hintersten Abschnitt des einen grossen Halswirbels entspricht ; der letztere dehnt sich über 15 oder 16 Intermus- eular-sepia aus; es scheint somit die ganze Leydig’sche Drüse den Raum von 28 Wirbeln einzunehmen, obgleich sie aus mindestens 33 Segmental- drüsen besteht. Umgekehrt hat die eigentliche Niere nur 10 Leydig’sche Knäuel, deckt aber mit ihrer Länge 18 oder 19 Wirbel. Es hat also auch hier die eigentliche Niere sich weit nach vorn über die ihr durch die Segmentalzahl bestimmte Grenze hinausgezogen, obgleich lange nicht 1) A, Schultz, Segmentalorgane bei Rochen. Medicinisches Centralblatt 1874 No. 51. 2926 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und so weit, wie bei Raja clavata; auch hier ist somit der Beweis für ein sehr ungleiches Wachsthum der einzelnen ursprünglich ganz gleichmässig angelegten segmentirten Theile des Embryo’s geliefert. Torpedo marmorata. Erwachsenes Weibchen von 13°". Thoraxlänge. Die eigentliche Niere (Taf. XIII Fig. 5) von 7°". Länge entspricht der Ausdehnung nach 16 Wirbeln, die Leydig’sche Drüse von 5—6“"- Länge nur 11--12 Wirbeln. Die Zahl der Abschnitte der. Leydig’schen Drüse liess sich nicht genau feststellen, sie bestand aus etwa 20 dicht aneinander- stossenden Leydig’schen Knäueln; die eigentliche Niere hatte nur 9 isolirte Harncanälchen. Es hat sich also auch hier wieder die letztere weit über den ihr eigentlich zukommenden Bezirk hinaus vorgeschoben und die ur- sprünglich relativ längere Leydig’sche Drüse verdrängt. BD. Die sogenannte Niere. Sie ist weniger mannichfaltig, wie der ‚ vordere Nierenabschnitt, den ich als Leydig’sche Drüse bezeichnet habe. Ihre Ausdehnung steht zu der dieser letzteren natürlich in Beziehung: wo diese lang, ist jene kurz und umgekehrt. Aber es hängt dies Ver- hältniss durchaus nicht ab von der Zahl der Lappen, welehe den Körper- segmenten entsprechend ihr angehören; die Menge der eigentlichen ‚ Nierenlappen scheint überall geringer zu sein, als die der Abtheilungen der Leydig’schen Drüse, obgleich z. B. bei den Rochen die eigentliche nur aus 9 oder 10 Lappen bestehende Niere fast doppelt so lang wird, wie die mindestens 21 Lappen zählende Leydig’sche Drüse. Diese grossen Verschiedenheiten beruhen offenbar nur auf ungleichen Wachsthumsver- hältnissen der einzelnen Glieder des Körpers und es treten diese, wie es scheint ausnahmslos, schon in einem sehr frühen Stadiam des embryonalen Lebens auf. Im entwieklungsgeschichtlichen Theil komme ich auf diesen Punkt zurück. Ich stelle hier tabellarisch die absoluten Längen der Niere und Leydig’schen Drüse von der Mehrzahl der dieser Untersuchung zu Grunde liegenden Präparate zusammen und zwar geordnet nach dem Verhältniss beider zu einander. | seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 227 Eee ee Be EEE ER FT Br Be E EEE EN BEREOR SEHE ESSLTEEE BOREESETeEEEN SENT £ B. Rumpf- | Länge der Länge der| Verhältniss von A: Name und Geschlecht des Thieres | j;,, ge Leydigschen Niere Raja clavata 9, jung 6,5 2,0 3,5 PN 575 Torpedo marmorata 9, erwachsen 13,0 5,6 7 1: 1,4. (1,2) Raja batis 9, jung 3 7,6 3,4 3,6 1:51,06 Sphyrna zygaena ®, sehrjung. 13,0 6,3 4,7 10.75 Pristiurus melanostomus 9, adult 12,0 5,0 4,0 1: 0,80 r R &, adult 12,0 5,5 4,0 1: 0,73 Centrophorus granulosus &, jung 25,0 12,0 8,0 1: 0,67 Chimaera monstrosa 9, adult 19,0 8,0 5,0 1, 0,62 Scyllium canieula 9, adult 13,0 6,0 3,5 1: 0,58 1. 1.0, adult 15,0 7,0 4,0 1: 0,57 Galeus canis 9, adult 25,0 13,0 6,5 17.220,50 Squatina vulgaris /&, jung 16,0 7,7 3,9 1: 0,50 Spinax niger 9, adult 12,5 7,5 3,0 1: 0,40 Chiloseyllium plagiosum 9, jung 7,5 4,2 1,4 1: 0,33 Sceymnus lichia &, adult 38,0 27,0 4,0 1: 0,15 In manchen Fällen bleibt die Niere überall gleich breit (Chiloscyl- lium, Seyllium ete.); in anderen nimmt sie nicht unbedeutend an Breite zu (Squatina, alle Rochen); ausnahmslos aber verdickt sie sich in der dorsoventralen Richtung und zwar häufig so stark, dass sie sogar doppelt so dick oder hoch als breit wird. Mitunter lässt sie die ursprüngliche Theil- ung in einzelne, ‘den Segmentalorganen entsprechende, Lappen deutlich erkennen (Taf. XII: Fig. 1); gewöhnlich sind jedoch ihre einzelnen Ab- theilungen so miteinander verschmolzen, dass es nicht möglich ist, die An- zahl derselben anders, als durch die Zählung der Harncanälchen, die in den Harnleiter münden, zu bestimmen. Da am hintern Ende auch in der Regel die Segmentaltrichter verschwinden, so ist auch durch diese keine Sicherheit zu gewinnen; ebensowenig geben die Wirbel bestimmten Auf- schluss hierüber. Es hängt dies offenbar mit dem so sehr ungleichmäs- sigen Wachsthum der einzelnen Segmente der Plagiostomen zusammen. Am Besten wird man noch durch die gewöhnlich zwischen je 2 Lappen der Niere in der Furche verlaufenden Ausführungsgänge geleitet; da sie sich jedoch mehrfach und mitunter ziemlich nahe am eigentlichen Harn- leiter theilen, so sind auch diese nur mit Vorsicht zu benutzen, wenn es gilt, die Zahl der Segmente zu bestimmen, welche der eigentlichen Niere entsprechen. Mehr als 9 oder 10 habe ich nie gefunden; dies kommt bei Raja, Mustelus und Torpedo vor. Die geringste Zahl hat Spinax, nemlich 4 oder 5. Die Vereinigung der eigentlichen Harnleiter mit dem Leydig’schen Gang und der Cloake werde ich im fünften Capitel besprechen. Arbeiten aus dem zoolog.-zootom. Institut in Würzburg. II. Bd. 16 328 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Die histologische Struetur der eigentlichen Niere bietet nichts Auf- fallendes dar: sie ist durchweg. mit derjenigen des hinteren Abschnittes der Leydig’schen Drüse übereinstimmend. Dies kann auch nicht Wunder nehmen, wenn man bedenkt, dass beide aus derselben Anlage hervor- gehen, beide eigentlich nur etwas von einander gesonderte Abtheilungen der ursprünglichen primitivsten Niere sind, welche in ihrer Totalität offen- bar der Urniere der höheren Wirbelthiere zu vergleichen sein wird, den- noch aber in ihren beiden Abtheilungen diese und: die bleibende Niere zugleich zu: repräsentiren scheint. Auf diesen Punkt werde ich später ausführlicher zurückkommen. 0. Die Blutgefässdrüsen Deydig’s oder die Nehennterii Beijä | hat zuerst (Rochen und Haie etc. p. 14 $ 12, 13) die eigentlichen Neben- ' nieren als solche erkannt und hinreichend genau beschrieben. Sie beginnen in der Leibeshöhle weit vorn- mit den sogenannten Axillarherzen, welche. nichts andres sind, als etwas grössere, meist, längere Körper von gleichem Bau, wie’ sie Deydig hinter ihnen zu beiden Seiten der Wirbel- säule in einer Doppelreihe liegend bei Torpedo, Seyllium, Scymnus, Mus- telus und Raja entdeckt hat. Ich kann dem hinzufügen, dass sie auch bei allen übrigen von mir untersuchten Gattungen vorkommen; sie ziehen ausnahmslos vorn über das vordere Ende der Leydig’schen Drüse hinaus und verbinden sich weiter nach hinten so mit dieser und der eigentlichen Niere, dass sie hier leicht zu übersehen sind. Chromsäure giebt indessen ein vortreffliches Mittel ab, sie kenntlich zu machen: sie werden hierin braunschwarz und nun stechen sie gegen das umgebende hellere Gewebe so scharf ab, dass man mit einem Blick ihre Anordnung (Taf. XII Fig. 3) übersieht. Soweit die Niere und die Leydig’sche Drüse vorhanden und gut entwickelt sind, wiederholen sie sich paarweise in jedem Segment,. den einzelnen Segmentalorganen ziemlich genau entsprechend; am Vorder- ende der Leydig’schen Drüse werden sie etwas unregelmässig, bald fällt eine Nebenniere auf der einen, bald auf der anderen Seite aus; mitunter können auch einige mit einander verschmelzen und dies scheint bei deu vordersten, den sogenannten Axillarherzen (8. Taf, XI Fig. 3 n. r. und Taf. XII Fig. 3 ax.) ausnahmslos die Regel zu sein. Selbst in den hinteren Lappen der Niere finden sich diese’ Organe noch, Hier freilich geben sie bei manchen Formen (Rochen, Chimaera, Seymnus, Acanthias, Mustelus ete.), also wahrscheinlich wohl bei den meisten Plagiostomen in einen bald weissen, bald hell- oder dunkelgelben Körper über, welcher zwischen den Enden der beiden Nieren liegend, dicht an der einfachen Caudalvene sitzt. Bei Raja batis sind statt dessen nach Leydig (Rochen, und Haie p. 72) auch bier jederseits &—5 vereinzelte Körper anzutrefien, . Dieser seine Bedeutung für das der übrigen Wirbeltbhiere. 299 letzte Abschnitt allein wurde bisher als Nebenniere angesehen. Sie sind also fast eben so streng im Bereich der Leibeshöhle an die einzelnen Seg- “mente des Körpers gebunden, wie die Segmentalorgane, die Spinalnerven, _ die Dissepimente etc. Dies steht, wie man sehen wird, durchaus in Ueber- einstimmung mit den Entwickelungsverhältnissen, Die Grösse der Nebennieren ist sehr ungleich. Bei Torpedo sind sie (nach Leydig) etwa 1—2"M- gross; ungefähr ebenso gross finde ich sie bei Scyllium, bei Pristiurus fast noch kleiner. Viel grösser sind sie bei Acanthias, und Hexanchus, nemlich zwischen 6—10""- ete.; wahrhaft riesig bei Squatina, wo sie einen Durchmesser von 15""- und mehr (bei ganz alten Individuen) erreichen können. Aus den Angaben von Leydig über ihre histologische Structur und Verbindung mit anderen Organen entnehme ich folgendes, für unsere Auf- gabe Wesentliche; meine eigenen Untersuchungen haben nichts Neues, ab- gesehen von Detailverhältnissen, die ich hier übergehen kann, hinzuge- fügt. Nach ihm besteht jede Nebenniere aus Läppchen, diese aus ge- schlossenen Blasen mit zahlreichen Kernen und: (mitunter fetthaltigen) Zellen; die Läppchen liegen meist an einem Ende des Körperchens, an dem anderen findet sich ein von jenen deutlich unterscheidbares Ganglion. Dieses letztere gehört dem Grenzstrang des sympathicus an, wie Leydig bereits ausführlich auseinandergesetzt hat. Mit jeder Nebenniere verbinden sich ferner ein zuführendes und ein abführendes Blutgefäss und ferner je ein Nervenstrang, dessen zahlreiche Nervenfibrillen deutlich aus dem Kör- perehen hervorkommen. Ganz besonders betonen möchte ich jedoch ihr segmentweises Auftreten; Leydig hat dies bereits angedeutet, indessen für unseren Zweck nicht scharf ‘genug hervorgehoben. Ich habe desshalb auch eine Abbildung ihrer Lagerung bei Scyllium canieula (Taf. XII Fig. 3) gegeben; man sieht hier leicht, dass sie im vorderen Abschnitt, wo sie von der rudimentären Leydig’schen Drüse nicht verdeckt werden, durch- aus in ihren Abständen den Längen je eines Muskelsegmentes entsprechen. Ebenso deutlich ist dies bei Pristiurus melanostomus; hier liess sich die Niere leicht und fast vollständig von den über ihr dorsal liegenden Neben- nieren trennen und nun fanden sich jederseits 9 Nebennieren, die alternirend je 2 Wirbeln entsprachen; es werden also jederseits ebensoviele, aber links und rechts alternirend, ausgefallen sein. Vorne ist, wie schon hervorgehoben, diese Uebereinstimmung ‚mit der Zahl der Wirbel dadurch verwischt, dass mitunter einzelne ausfallen und die vordersten 3—4 verschmelzen, um das an der Arteria axillaris liegende früher sogenannte Axillarherz zu bilden, Leydig’s Verdienst in Bezug auf diese Organe scheint mir durch 16* 230 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Stannius sehr ungenügend anerkannt zu sein. Zwar sprach sich Jener in seiner Arbeit über die Rochen und Haie (p. 71, 72) entschieden gegen die Nebennierennatur der hintersten soliden gelben fettreichen Körper aus, welche am Hinterende der Nieren liegend bisher immer ausschliesslich als Nebennieren aufgefasst worden waren. Diese wohl sicherlich falsche Meinung nahm er jedoch schon 1853, zwei Jahre nach dem Erscheinen der eitirten Arbeit in seinen „Anatomisch-histologischen Untersuchungen über Fische und Reptilien p. 14“ in entschiedenster Weise zurück, und ebenso entschieden stellte er sie mit den von ihm entdeckten vorderen segmentweise auftretenden Nebennieren zusammen. Siannius nun . will diese letzteren (Vergleichende Anatomie 2. Aufl. p. 260) nicht als Neben- nieren anerkennen; er sagt ausdrücklich, dass die von Leydig entdeckten Organe verschieden seien von den von ihm als Nebennieren gedeuteten Körpern; diese letzteren aber beschreibt er hinreichend genau, um er- kennen zu können, dass die von ihm gesehenen Körper mit jenen andern identisch sind. Wäre seine Annahme richtig, so müssten die von Leydig untersuchten Haie eine Doppelreihe von solchen Körpern enthalten — einmal die Leydig’schen, welche er als Glandulae mediastinae posteriores auffasst, und die Stannius’schen, welche die eigentlichen Nebennieren sein sollen, Das ist aber so wenig bei Acanthias, wie bei Mustelus, Raja, Scymnus, Pristiurus etc. der Fall: überall giebt es nur eine Reihe solcher Körper, welche ausnahmslos mit den Axillarherzen beginnen, sich in der Mitte des Körpers hart an die Knäuel der Niere anlegen oder selbst in diese eindringen und hinten , wo die beiden Cardinalvenen zu der einen in der Mittellinie liegenden (mitunter auch seitlich abgerückten) Caudalvene verschmelzen, in den schwefelgelben soliden über mehrere Segmente sich erstreckenden Körper übergehen. Stannius’ Darstellung ist also, obwohl später als die Leydig’sche erschienen, doch nur als ein Rückschritt zu bezeichnen. $ 4 Die Genitalfalten und die Keimdrüsen. Die Geschlechtsfalten entstehen ausnahmslos zwischen den Segmental- trichtern und dem Mesenterium als zwei sagittal von vorn nach hinten verlaufende Duplieaturen des Peritoneum; sie sind bald sehr kurz (Acan- thias, Centrophorus, Raja, etc.) bald sehr lang (Scymnus) oder gar bis an’s hinterste Ende der Leibeshöhle zu verfolgen (Hexanchus, Galeus, Carcharias ete ). Im letzteren Falle verschmelzen sie häufig mit dem Mesen- terium, so z. B. bei Galeus, Oxyrhina, Carcharias ete., und dann erscheinen sie fast als Anhängsel des letzteren. Die Keimdrüsen entwickeln sich immer nur im vorderen Theile derselben; ihr hinteres Ende reicht beim ‘ seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 231 Männchen oft weit über die Mitte hinaus in Folge des nach hinten ge- richteten Wachsthums der Hoden. Bei Centrophorus und Scymnus liegen “die Hoden weiter nach hinten als gewöhnlich, sodass sie ungefähr die Mitte des Körpers einnehmen. Das Hinterende der Leibeshöhle erreichen die Keimdrüsen indessen niemals. Bei vielen Arten geht der hintere Ab- schnitt der Genitalfalte schon frühzeitig zu Grunde — wenn er überhaupt angelegt wird — (Acanthias, Spinax, Rochen etc.); bei andern bleibt er als einfache Genitalfalte bestehen, so bei Hexanchus; bei noch anderen entwickelt er sich in beiden Geschlechtern zu dem von J. Müller so- genannten epigonalen Organ. Js beruht das Auftreten desselben nur auf einer colossalen Vermehrung der Stromazellen des hinteren Abschnittes der Genitalfalte; eine mitunter ebenso starke Zunahme derselben findet ausnahmslos im vorderen Abschnitt der Genitalfalte statt, wo sie bisher immer als zum Rierstock oder Hoden gehörig angesehen wurden, A. Die Genitalfalten und das epigonale Organ. Jede Genitalfalte hat 2 Flächen — eine innere dem Mesenterium zugewandte, eine äussere | gegen die Niere zu gerichtete — und 2 Kanten: — eine freie ventrale und eine dorsale Insertionskante. Hinten wie vorne verläuft sie ursprüng- lich ganz allmälig; durch ungleiches Wachsthum bilden sich oft auch ‘Vorderränder und freie Hinterränder einzelner Abschnitte aus. Gewöhn- lich sind beide Genitalfalten von einander getrennt; sie verwachsen jedoch | in der Mitte miteinander, wenn sie, wie bei Galeus, Oxyrhina, Mustelus und Carcharias auf das Mesenterium hinauf rücken. Ein Durchschnitt zeigt (Taf. XIV Fig. 14, 15) dieses dann durch die scheinbar ein- fache Genitalfalte unterbrochen. Die histologische Structur ist, wenn wir von den Keimdrüsen ab- sehen, sehr einfach. Die äustere und innere Fläche wird von einem meist einschichtigen niedrigen wimperlosen Epithel gebildet, welches nur in einer bestimmten Zone der äusseren Fläche höher und mitunter ge- schichtet wird. Träger dieses Epithels ist aussen wie innen eine sehr ver- schieden dieke Schicht von fibrillärem Bindegewebe, dessen Bündel sich bei den grossen Formen (Hexanchus) in dreifach verschiedener Richtung ordnen. Mitten zwischen diesen beiden Lamellen liegt ein: zelliges Stroma, welches namentlich ungemein zahlreiche — wohl zum Lymphgefässsystem gehörige — Canäle und Lacunen enthält. Durchzogen wird dieses zellige Stroma dann noch von Bindegewebsfaserzügen nach den verschiedensten Richtungen hin; diese sind meistens Träger der Blutgefässe, welche man bei Färbung mit Haematoxylin sehr leicht an ihren typisch gelagerten Muskelkernschichten erkennt, 233 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Die erst bei ziemlich grossen Thieren eintretende Volumenzunahme der Genitalfalte beruht fast allein auf der massenhaften Vermehrung der Stroma- zellen. Je nachdem eine solche nun ausschliesslich im Bereiche der sich ausbildenden Keimdrüse eintritt oder weiter nach hinten oder der ganzen Länge der Genitalfalte nach: fehlt auch das epigonale Organ gänzlich (Rochen, Acanthias, Seymnus etc.) oder ist in Spuren vorhanden (Pristiurus, Hexanchus) oder vollständig entwickelt (Mustelus, Galeus ete.). Müller hat bekanntlich dies epigonale Organ scharf vom Eierstock und Hoden getrennt, obgleich er darauf aufmerksam macht, dass es namentlich leicht mit letzterem zu verwechseln sei. Dies scheint Druch bei Sphyrna be- gegnet zu sein, dessen Hoden nach ihm bis an das Hinterende der Leibes- höhle gehen soll, was aber sicherlich falsch ist. Wenn man als Eierstock oder Hoden nur die eigentlich keimbereitenden Theile ansehen will, dann hat natürlich das epigonale Organ niehts mit ihnen zu thun. Aber dann darf man auch das Stroma des Ovar’s oder’ Hoden’s nicht mit zu ihnen rechnen. Eine Gränze zwischen diesen und dem epigonalen Organ ist eben nirgends zu finden. Das Stroma des Ovariums oder Hodens geht bei allen Arten mit epigonalem Organ ohne die mindeste Unterbrechung in das des letzteren über; ebensowenig findet auch nur die geringste Ver- änderung seiner Structur statt. Der einzige scharfe Unterschied besteht eben darin, dass die Keimdrüsen sich immer nur am Vorderende der Genitalfalte in das Stroma hinein einsenken, Man kann indessen den von Müller gegebenen Namen recht wohl beibehalten, da dadurch ein immerhin auffallendes Stadium in der Ausbildung des hinteren Abschnittes der Ge- nitalfalte scharf bezeichnet wird; es ist dies um so mehr geboten, als diese letztere mitunter als solche — d. h. also ohne Verdickung durch die Stromazellen — bis hinten zum Enddarm (Hexanchus) bestehen bleibt. Als ein besonderes morphologisch vom vorderen (Keimdrüsen) Abschnitt derselben zu trennendes Glied kann es indessen nicht angesehen werden. Auffallend war mir anfangs die Thatsache, dass alle mit offenen Segmentaltrichtern versehene Plagiostomen eines gut ausgebildeten epigo- nalen Organs entbehren. Durchgreifend ist indessen diese Parallele doch nicht. Einmal fehlt den Rochen dasselbe, obgleich sie keine Trichter be- sitzen; zweitens haben Pristiurus (Taf. XV Fig. 2) und Seyllium ein wenn- gleich nur schwach entwickeltes epigonales Organ, aber auch deutliche Segmentaltrichterreihen, In der beifolgenden Tabelle habe ich über das gegenseitige Ausschliessen oder Zusammenvorkommen alles von mir Be- obachtete zur bequemeren Uebersicht zusammengestellt. J. Müller giebt an (Abh. d, Berl. Acad. 1843 p. 131), dass er das epigonale Organ nur seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 233 bei den mit einer Nickhaut versehenen Haien gefunden habe. Dies kann nur daran gelegen haben, dass er zufälllig nur solche untersucht hat; denn Oxyrhina hat keine Nickhaut, aber trotzdem ein wohl entwickeltes epigonales Organ. Auch dieser Parallelismus ist somit nicht durchgreifend. Epigonales Organ Segmentaltrichter Name vorhanden fehlend vorhanden! fehlend Triakis semifasciata 9 —+- sehr stark | ’ und lang ‚ra Ze — Rhinobatus granulatus & + sehr stark N : und lang Si = alu Mustelus vulgaris 5 u. 9 + sehr stark und lang et Aue: rn Galeus canis d u. 2 + sehr stark 57 und lang = es = ‘Carcharias (Prionodon) glaueus |-+ sehr stark und lang = A + Oxyrhina glauca & —+ sehr stark und lang zn Bi — Sphyrna zygaena & u. 2 + sehr stark ‘ und lang er 8, — Chimaera monstrosaQ & - En fehlend _ == Torpedo marmorata, maculata — fehlend —_ —- Raja batis, clavata _ fehlend = + Temera Hardwickii — fehlend —- + Pristiurus melanostomus schwach ent- wickelt — nn —_ Spinax niger schwach ent- wickelt 2. .. — Scymnus lichia = fehlend + — Centrophorus granulosus = fehlend + = Hexanchus griseus — fehlend + Centrina Salviani — fehlend 4 — Acanthias vulgaris — fehlend + = Cestracion Philippii _ fehlend -H — Squatina vulgaris — fehlend + — Seyllium eanicula > — fehlend + er Chiloseyllium. plagiosum N _ fehlend + Ir In dem Epigonaltheil der Genitalfalte liegen die Stromazellen meist | ‚ganz dicht beisammen, während sie im Keimdrüsentheil namentlich zur Zeit der Geschlechtsreife häufig durch grosse Hohlräume (Lymphräume) von einander in Blättern oder Strängen getrennt sind. Dies ist namentlich bei Hexanchus (Taf. XIV Fig. 2) und Acanthias vulgaris (Taf. XV Fig. 4) auch schon vor der Brunstzeit deutlich. Diese grossen Lymphräume sowie die kleineren Canäle zeigen ein eigenthümliches Verhalten. Während die 234 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Gefässe — arterielle wie venöse — überall in der Genitalfalte äusserst leicht an ihren nie fehlenden Muskelschichten zu erkennen sind, haben jene niemals eine besondere Wandung; es begränzen vielmehr die Stroma- zellen die Höhlungen der Canäle oder Lacunen direct und nie bildet sich um die innere, meist etwas abgeplattete Zellenlage eine Schicht von Muskelfasern herum. Sie erscheinen somit nur als Hohlräume, welche direct in die Substanz des Stroma’s eingegraben sind. Es sind dieselben ferner nie so cylindrisch, wie die Blutgefässe, vielmehr ganz unregeimässig von Gestalt; auch ihre Wandung ist nie gleichmässig glatt, sondern oft stark buckelig durch unregelmässig in das Lumen vorspringende Zellgruppen oder einzelne Zellen. Dann haften den Wänden bald hier, bald da verschieden grosse Mengen von Zellen an, welche in theilweiser Umwandlung begriffen zu sein scheinen, und endlich liegen häufig mitten in einem stark entwickelten körnigen Gerinnsel neben körnigen Zellen auch solche, welche klare Bläs- chen mit deutlicher Wandung und grossem ‚Kern sind, und :die sich mit- unter schon durch ihre Gestalt und Farbe als echte Blutkörperchen zu erkennen geben. Diese letzteren können nie täuschen. Wendet man zur Färbung der Schnitte Hämatoxylin an — wie ich es meistens thue —- so bewahren die echten Blutzellen immer ihre gelbe Farbe, ja diese wird sogar etwas intensiver, während der Kern sich meist deutlich blau färbt. Dadurch sind selbst in den jüngsten Embryonalstadien die Zelleninseln im Mesoderm, welche zu Blutkörperchen werden, ungemein leicht von den zu Muskeln oder Bindegewebe sich umbildenden zu unterscheiden. Das hier beschriebene Verhalten scheint mir nur eine Deutung zu gestatten, die ich jedoch einstweilen nur als Hypothese hinstellen kann: das zellige Stroma der Genitalfalte scheint in beiden Abschnitten der letzteren als eine Lymphdrüse angesehen werden zu müssen, deren Zellen in das Lumen der Lymphräume fallend sich zu echten Blutkörperchen umbilden. Es mag diese Andeutung hier genügen; ihr jetzt schon nachzugehen, ver- bietet das eigentliche Ziel dieser Untersuchung. Die Stromazellen sind bei den verschiedensten Plagiostomen doch sehr gleichartig; ebenso zeigen sie keine. Unterschiede je nach dem Orte ihres Vorkommens. Es sind membranlose in einem feinen kernhaltigen Retieulum liegende Zellen von ziemlich gleichmässiger Grösse, aber sehr verschiedener Gestalt. Sie sind bald spindelförmig, bald rundlich oder polyedrisch; ihre Form scheint wesentlich bedivgt zu sein durch die Art ihrer Lagerung, In den zwischen den I,ymphgängen verlaufenden Strängen oder Membranen sind sie meist rundlich; polyedrisch in dem mehr massiven’ epigonalen Theil der Genitalfalte; plattgedrückt oder spindelförmig dicht unter den äusseren Bindegewebslamellen der Genitalfalte oder: da, wo sie selne Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 235 durch Einwuchern anderer Elemente zur Seite ‚gedrängt werden. Bei Acanthias schwankt ihre Grösse zwischen 0,01 und 0,016", bei Mus- ‚elus zwischen 0,012 u. 0,015”®%-, bei Raja zwischen 0,01 u. 0,013 "- etc, B. Der Eierstock. Der typische Bau des Eierstocks ist am Besten an ziemlich ausgewachsenen, aber doch noch nicht begattungsreifen Weib- chen zu untersuchen, Es bleiben nemlich die Eier in ihm sehr lange klein; erst kurz vor der Begattungszeit schwellen die wenigen reif werdenden Eier so selır an, dass dadurch das Aussehen des Eierstocks wie der Ge- nitalfalte völlig verändert wird. Gleichzeitig damit schwellen Eileiter und Eileiterdrüsen an, das Mesovarium zieht sich ungemein weit ab von der Nierenfläche und wird eine breite Membran, ja selbst die Ausführgänge der Niere werden mitunter vollständig verändert, Hierauf komme ich unten wieder zurück. Ursprünglich ist in dem Auftreten der beiden Genitalfalten bei dem Embryo aller Plagiostomen die Möglichkeit gegeben, dass sich überall zwei Eierstöcke entwickeln; bei einigen Gattungen jedoch gelangt, wie seit Monro und Müller bekannt, nur der eine zur’ Ausbildung (Seyllium, Pristiurus, Carcharias, Galeus, Mustelus, Sphyrna); es scheint dann aus- nahmslos der linke zu sein, welcher verkümmert. Die Ursachen, welche | dieses Vorwiegen der einen Geschlechtsfalte in Bezug auf ihre volle Aus- bildungsfähigkeit bedingen mögen, können keinesfalls dieselben sein, wie man sie — wohl etwas voreilig — bei den Reptilien und reptilien-ähn- lichen Amphibien in einem rein mechanischen Einfluss der Längsstreekung des Körpers auf die Symmetrie der Organe sucht. Denn es findet die einseitige Ausbildung des Ovariums durchaus nicht vorzugsweise in den besonders langgestreekten Haien statt; und die innern Organe sind über- all so gleichmässig entwickelt und gelagert, dass auch ihnen keine be- sondere Einwirkung zugeschrieben werden kann, Die gleiche Umbildung müsste dann auch wohl den Hoden treffen ; aber dieser ist immer doppelt und kommt überall zur vollen Entwicklung. Ausserdem ist die Ver- kümmerung gar nicht einmal eine so vollständige, als es nach den kurzen Bemerkungen Müller’s hierüber scheinen könnte. Es steht allerdings zweifellos fest, dass sich bei den oben genannten Gattungen reife befruchtungsfähige Eier nur in dem rechten Eierstocke ausbilden; nichts desto weniger ist der linke auch vorhanden, obgleich seine Eier in ihrer Ausbildung nie über eine gewisse, ich möchte sagen embryonale Grösse hinauskommen. Diesen rudimentären linken Eierstock habe ich bei Mustelus- und Galeus-Weibchen genau an der ihm. zukom- menden vorderen Abtheilung der linken Genitalfalte und in ganz typischer 236 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Ausbildung gefunden. Bei diesen Gattungen setzt sich das linke epigonale Organ (s. Taf. X1V Fig, 10—13) links vom Mesenterium ebenso hoch hinauf bis an den Schlund hin fort, wie es die rechte den ausgebildeten Eier- stock tragende Genitalfalte thut; es wird hier direct zur Genitalfalte und sein Stroma geht ohne irgend welchen Gegensatz in das der letzteren über. Diese zeigt, wie immer, zwei breite Flächen und einen freien ventralen Rand. Der letztere aber ist nicht scharf, sondern der Ausdehnung der Genitalzone an der rechten Falte entsprechend, schwielig verdickt. Auf Durchschnitten dieser verdickten Kante erkennt man schon bei schwacher Vergrösserung (Taf. XIV Fig. 10—13) die‘ schönsten Eifollikel in den verschiedensten Stadien der Ausbildung. Ausnahmslos von der äusseren Fläche der Randschwiele aus senkt sich das hier cylindrische Keimepithel in schief gestellten Zügen in das Stroma derselben ein, sodass man auf senkrecht geführten Querschnitten nie einen ganzen Follikelstiel zu sehen bekommt; dieser wird nur da deutlich, wo er tangential getroffen wird. Auch von der Fläche lassen sich diese schräg gestellten Follikeleinsenk- ungen schon deutlich erkennen, und diese Bilder combinirt mit denen des Querschnitts lassen keinen Zweifel darüber zu, dass echte Eifollikel bald am Grunde einer solchen Einsenkung liegen, bald ihr seitlich ansitzen (Taf. XIV Fig. 10, 12). Die Eizellen haben ganz das typische Aussehen von solchen, sie liegen in einem deutlich aus grossen Cylinderzellen ge- bildeten Follikel (Taf. XIV Fig. 13); nur gegen das Epithel hin stösst sie mitunter direct, nur durch eine feine Haut von ihm getrennt, au den ziemlich kurzen aus abgeplatteten Epithelzellen gebildeten Follikelstiel, der ohne Weiteres in das eigentliche Keimepithel der äusseren Fläche übergeht, Das Bild (Taf. XIV Fig. 10, 13), mit der Camera nach einen in Canadabalsam aufbewahrten Präparat gemacht, ent- spricht genau dem Eibildungsstadium, welches Ludwig in seiner be- kannten Arbeit vom Rochen!) (Raja clavata) abgebildet hat. Die grössten beobachteten in Follikeln eingeschlossenen Eizellen des rudimentären Eier- stocks eines fast ausgewachsenen Galeus waren 0,14”. im Durchmesser, die grössten Eier aus lem rechten wahren Eierstock desselben Thieres 0,36"Mm. gross. Es ist hiernach die Ausbildung der rudimentären Ovarien beim Weib- chen weit über das erste embryonale Mass hinaus gediehen; es fehlt hier im Grunde zur Ausbildung eines echten Eierstocks nur der Anstoss zum Ludwig, Ueber die Eibildung im Thierreiche. Arbeiten a. d. zoologisch- zootomischen Institut zu Würzburg. Bd, I Taf. 15. seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 237 weiteren Wachsthum der vollständig angelegten im Stroma eingebetteten und mit ihren Follikeln versehenen Eier. Trotzdem tritt die volle Ausbildung immer nur auf der rechten Seite ein; wenigstens hat man bisher noch niemals einen linken ausgebildeten Eierstock, rechts aber einen verküm- merten gefunden. So interessant es nun auch sein würde, die Ursachen dieser merkwürdig spät eintretenden Rückbilduug zu erforschen, so wenig. Aussicht haben wir einstweilen auf ein Verständniss dieser Erscheinung; eine leichtfertige Hypothese aufzustellen, ist aber nicht nach meinem Ge- schmack. | Der histologische Bau des vorderen Theiles der Genitalfalte, in wel- chem sich der nicht verkümmerte Eierstock entweder nur rechts (Muste- lus ete.) oder an beiden Seiten (Acanthias, Raja, Hexanchus etc.) ent- wickelt, ist im Allgemeinen ziemlich einfach. Er sitzt mit einer meist dünnen Basis,. welche seinen dorsalen Rand bildet, neben dem Mesenterium | an, oder mitunter diesem direet auf (Galeus ete.), hat eine innere und eine äussere Fläche und einen bei unentwickelten Eierstöcken ziemlich scharfen, freien, ventralen Rand, welcher sich oben an dem Schlund hinauf- zieht, unten in den freien Rand des epigonalen Organs oder der einfachen Falte (bei Hexanchus) übergeht. Jede Falte hat 2 bindegewebige äussere Lamellen, welche das einfache cylindrische Keimepithel tragen und zwischen sich die Gefässe, Hohlräume, Nerven und Zellen des Stroma’s nehmen. In dieses wuchern die Eierstocksfollikel hinein. Die letzteren entwickeln. | sich fast nur an der äusseren, dem Eileiter zugewendeten Fläche und bilden hier eine mehr oder minder scharf begrenzte Zone, die Eierstockszone, welche nie die ganze Fläche der Eierstocksfalte einnimmt. Bei ha!ber- wachsenen Thieren ist dies Verhältniss am Besten zu übersehen. Bei ge- schlechtsreifen Pristiurus melanostomus ist die Eierstockszone sehr breit (Taf. XV Fig. 2), sodass sie dorsal nur eine schmale Rand- zone an der Basis der Genitalfalte frei lässt; bei nicht geschlechts- reifen Mustelus (Taf. XV Fig. 3) nimmt sie etwa ein Dritttheil ihrer Breite ein, bei Acanthias wieder etwas weniger; bei den Rochen (Taf. XV Fig. 7 von Raja elavata) ist sie noch viel kleiner, während die Genital- falte selbst ungemein gross geworden ist. Bei den meisten Haien ist diese Eierstockszone ringsum durch eine Furche (Taf. XIV Fig. 15 von Galeus) oder eine kurze Falte von der übrigen Fläche des Mesovariums getrennt, bei manchen Rochen aber gelıt die Eierstockszone überall ohne Absatz in sie über. Bei Torpedo marmorata nimmt sie höchstens den 5t® bis 6*2 Theil der Oberfläche der ungemein platten Ovarialfalte ein, bei Raja clavata ungefähr ebensoviel;; bei beiden ist sie in keiner Weise durch eine Furche oder Falte abgesetzt. Dennoch ist die Zone, welche sie einnimmt, auch 938 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen un] hier ebenso scharf bestimmt, wie bei den Haien. Nur bei Raja batis ist eine schwache Umrandung. der ebenfalls sehr kleinen Rierstockszone vor- handen. Zur Zeit der Geschlechtsreife wird durch die enorme und un- gleiche Ausdehnung in Folge des Wachsthums einiger weniger Eier der ganze Eierstock traubig; das Stroma und die unentwickelten Follikel wer- den für das Auge fast völlig verdrängt und die vorher so scharf abge- setzte Eierstockszone ist dann gar nicht mehr zu erkennen. Auf diese Unterschiede haben bereits Bruch und frühere Beobachter hingewiesen. Auf Durchschnitten der Eierstocksfalte sieht man, dass bei nicht ge- schleehtsreifen Tbieren (Taf. XIV Fig. 15; Taf. XV Fig. 4) die Follikel nur bis in eine gewisse Tiefe des Stroma’s eindringen; bei Hexanchus (Taf. XIV Fig. 2) liegen sie sehr oberflächlich, bei Acanthias (Taf, XV Fig. 4) dringen sie etwas tiefer ein, bis fast zur Mitte; bei Rochen liegen sie in der oberflächlichsten Randschicht. Natürlich ändert sich dies Ver- hältniss gleichfalls bedeutend, wenn die Bier erst ihre volle Ausbildung erlangt haben, Durch . Ludwig wurde zuerst nachgewiesen, dass die eigentlichen \ Eierstocksfollikel sich durch Einstülpung vom Epithel der äusseren Fläche der Genitalfalte her bilden, und dass sie (bei Acanthias und Raja) isolirt von einander entstehen. Bei der geringen Zahl von Arten. indessen, welche Ludwig auf die Eibildung untersuchen konnte, bleibt die Möglich- keit nicht ausgeschlossen, dass bei anderen Formen auch eine Proliferation der schon in das Stroma eingetretenen Follikel stattfinde, wie solche wohl bei den höheren Wirbelthieren Regel zu. sein scheint. Wenigstens kann ich eine Anzahl Bilder, welche ich bisher erhalten habe, kaum anders deuten; nicht selten sieht man ganz kleine Eier tief im Stroma liegend, ohne den Stiel finden zu können, welcher vom Epithel her gegen Jenes zutretend so schön, namentlich bei Raja, zu erkennen ist und sicherlich nur ein-Rest der ursprünglichen Einsenkung ist, wie Ludwig überzeugend nachgewiesen hat. Ich verfolge diesen Punkt jedoch nicht weiter, da er für den hier zu behandelnden Gegenstand von keinem wesentlichen In- teresse ist, | In Bezug auf das Stroma, dessen Gefässe‘ und Lymphräume ist nur das zu wiederholen, was ich oben ganz allgemein bei Besprechung des Baues der Genitalfalte gesagt habe. In der Basis. der Eierstocksfalte des Weibchens kommen mitunter eigenthümliche Cysten vor, welche von einem sehr schönen und wie es scheint wimpernden Cylinderepithel ausgekleidet sind, so z. B. bei Galeus (Taf, XV Fig. 6). Bei Acanthias konnte ich das Epithel nicht deutlich und seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 239 - erkennen; vielleicht war hieran der wenig gute Erhaltungszustand des hierauf untersuchten Exemplars schuld. Das Epithel der Blasen bei Galeus ist dem der Segmentalgänge des Männchens durchaus ähnlich und es liegt nahe, sie als Rudimente derselben aufzufassen. Wären sie dies _ nicht, so müssten es Neubildungen, aus dem zelligen Stroma der Genital- falte hervorgegangen, sein. Für diese Annahme liegt jedoch gar kein Anhaltspunet vor: denn wenn sich die Stromazellen gruppiren, wie das mitunter bei starker Ausbildung der Lymphgefässe (Acanthias) geschieht, so bilden sie doch niemals ein Epithel um Höhlungen oder Canäle herum. Eine weitere Stütze findet die hier versuchte Deutung solcher unregel- mässig gelagerten Cysten als einfachster Rudimente der Segmentalgänge in der eben schon mitgetheilten Thatsache, dass sich bei Seyllium und Chiloseyllium die vordersten Segmentalgänge von der Niere abgelöst und sich in ihrer ursprünglichen TLagerung erhalten haben. Bedenkt man, dass sich beim Männchen immer, beim Weibchen mitunter (z. B. -Acan- thias, Squatina etc.) die Segmentalgänge in die Genitalfalte hineinziehen, hier oft seitliche Sprossen treiben (s. Taf. XI Fig. 9, 10), welche hohl sein können, so dürfte die oben gemachte Annahme "nicht so auffällig er- scheinen. Endlich liefert — wie gleich gezeigt werden soll — Hexanchus ein ‚Beispiel des anderen Extrems; hier hat sich durch Ausbildung der Segmentalgänge zwischen Niere und Eierstock sowohl im Mesovarium ein Homologon des rete vasculosum beim Männchen, wie auch an der Basis der Eierstocksfalte eine Reihe eigenthümlicher Körper ausgebildet, die ich als rudimentäre Hoden auffassen muss. Diese Rudimente der männlichen Anlagen im weiblichen Geschlecht sind von grösster Bedeutung für die Morphologie des Urogenitalsystems der Wirbelthiere; wir werden später sehen, dass sich ihnen weibliche Rudimente bei Männchen wenngleich weniger prägnant und weit ausgebildet an die Seite stellen. Sehr viel complicirter, als bei den schon behandelten Gattungen ist der Bau der Eierstocksfalte bei Hexanchus. Die hier zu schildernden Verhältnisse sind so eigenthümlich, dass ich schon daran gedacht habe sie als pathologische anzusehen; andrerseits kann ich sie doch wieder nieht dafür halten, weil sie sich an andre normale Verhältnisse auf’s Engste ‘anschliessen und in ihrem abweichenden Verhalten geeignet er- scheinen, ein Verständniss für jene anzubahnen. Durch rein pathologische Produete aber (z. B. Cretinen) hat man bisher den normalen Entwicke- lungsgang thierischer Organisation in keiner Weise zu erklären vermocht. Es gränzt sich bei Hexanchus schon äusserlich am Eierstock (s. Taf. XIV Fig. 1 oz, tz) die eigentliche scheinbar durchlöcherte Eier- 340 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und stockszone, welche bis an den ventralen Rand der Genitalfalte geht, von einer mehr glatten hie und da in flachen Wulsten sich erhebenden Fläche ab (Taf. XIV Fig. 1 tz), welche die Wurzel des vorderen Abschnittes des Eierstocks einnimmt. Fasst man an dieser wulstigen Stelle die Ge- nitalfalte zwischen die Finger, so fühlt man, dass innerhalb der beiden Lamellen derselben verschieden grosse ziemlich feste rundliche Körper hin und herzuschieben sind. Präparirt man die eine ‚(äussere) Lamelle ab, so erkennt man, dass diese rundlich platt gedrückten Körper, deren grösster 4°m- deren kleinster 1°”- lang war, in einem sehr lockeren maschigen Gewebe eingebettet sind und untereinander in gar keinem Zu- sammenhange stehen. Kin Querschnitt durch die ganze Genitalfalte (Taf. XIV Fig. 2 t) zeigt, dass sie gänzlich getrennt sind von der Kierstocks- zone, dorsal, medial und ventral nur lose im umgebenden Stroma hängen, aber mit der äusseren Fläche der Genitalfalte fest verwachsen sind. Man sieht ferner (Taf. XIV Fig. 3’ag, x), dass hier das Bindege- webe der äusseren Lamelle in mehr oder minder breiten Zügen in das Gewebe jener bobnenförmigen Körper hineintritt, während auf allen übrigen Seiten die umgebenden Gewebe nur locker mit jenen problematischen Körpern verbunden sind. Die Zalıl dieser letzteren war bei beiden Eier- stöcken (der rechten und linken Seite) ungleich. Links war der Eier- stock 19,0°®- Jang bei einer grössten Breite von 3,5°"%-; an: seiner Innen- seite verlief, dicht neben dem Vorderende des Ovariums heginnend, die Zone der problematischen Körper als 8,5“. Janger und 2°". breiter wulstiger Streif; dieser wurde gebildet durch 5 rundlich platte gänzlich von einander isolirte compacte Körper, deren grösster vorn lag, während der kleinste mehr rundliche mehr in den eigentlichen Eierstock hinein geschoben war. Rechts war das Ovarium 19°"- Jang, die Zone der prob- lematischen Organe aber 11m. Jang und zusammengesetzt aus 7. isolirten und einem sehr kleinen an die Basis des Mesovariums hinaufgerückten Knollen. Es sind nun diese beiderseits vorhandenen, aber doch ziemlich un- gleich ausgebildeten Körper an der Basis des Ovariums in der That nur rudimentäre, nicht zur vollen Entwickelung gekommene Hoden. Der Be- weis hierfür ist allerdings erst später zu bringen; ich brauche dazu jedoch die sorgfältige Beschreibung des histologischen Baues dieser Knollen und ihres eigenthümlichen Zusammenhanges mit anderen leicht deutbaren Theilen. Zuvor sind noch diese letzteren zu beschreiben, Die äussere L,amelle des Mesovariums, welches zwischen der schon erwähnten Zone rudimentärer Hoden und dem innern Rande des Eileiters seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 941 eine mittlere Breite von ‚6°%”- hat, lässt sich leicht von der inneren ab- präpariren; dadurch wird ein sehr reiches Netz (Taf. XIV Fig. 1) von Canälen blosgelegt, welches der grössten Masse nach — wie die Unter- suchung durch Querschnitte zeigt — aus oft sehr dicken Blutgefässen be- steht. Selbst die feinsten Gefässe sind bei Hämatoxylinfärbung leicht an den länglichen Kernen ihrer beiden ganz typisch ausgebildeten Muskel- schichten zu erkennen. Am Vorderrande des Mesovariums (Taf. XIV Fig. 1 mso) liess sich. dies Netz nicht frei präpariren. wegen der unge- mein festen Maschen und des festen Zusammenhanges mit dem umgebenden Bindegewebe; weiter ‚nach hinten. werden die Maschen grösser und bald sehr gross, dann auch treten einige vom Eileiter bis zur Eierstockszone verlaufende und an dem Rande dieser sich büschelweise auflösende Ge- fässe auf; noch weiter nach hinten sieht man 3 in ziemlich gleichem Ab- stande stehende gänzlich von einander getrennte Gefässe. Diese haben einen Verlauf, wie er sonst den Segmentalgängen zukommt, sind indessen wirkliche Blutgefässe. Ganz ebenso verlaufende Blutgefässe finden sich nun ausnahmslos bei allen Haien und Embryonen neben den unzweifel- haften Segmentalgängen; die Annahme lag daher ‘nahe, dass sie auch hier vielleicht die Begleiter von solchen seien. In der That zeigte sich, dass in dem Mesovarium bald weite platte Hohlräume, bald enge Canäle (Taf. VIII Fig. 9) von der Mitte des Mesovariums in gleicher Richtung von dem inneren Nierenrand her und der äusseren Lamelle dicht an- liegend gegen die Eierstockszone hinzogen. Ihre Zahl liess sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen; noch ganz am Vorderrand der Genital- falte fand: ich einen solchen, welcher in allen Schnitten nahezu an der- selben: Stelle angetroffen wurde und ohne sich zu theilen bis nahe an die Zone. der rudimentären Hoden herantrat. Sein Epithel war deutlich eylindrisch, hoch; die Kerne der Zellen oval und von genau dem Aus- schen und Lagerung, wie in den echten Segmentalgängen; endlich war es ein deutliches Wimperepithel. Eine Verwechselung mit Gefässen oder Lymphgefässen ist daher ganz unmöglich; diese haben, wie schon er- wähnt, in der Genitalfalt@ niemals ein Epithel oder besondere Wände und jeue zeigen ausnahmslos eine dicke leicht kenntliche Muskelschicht.. Die Annahme ‚aber, dass cs Neubildungen und nicht die hier bestehen ge- bliebenen Segmentalgänge seien, wird einmal widerlegt dureh die schon mitgetheilte Thatsache, dass diese mitunter deutlich als solche erkenn- bar (Seyllium, Chiloseyllium s. Taf. XI Fig. 4, Fig. 2, Fig. 1) auch in anderen Gattungen bestehen bleiben, zweitens aber durch die nun zu liefernde. Beschreibung ihrer Verbindung mit den rudimentären Hoden. Dicht an der Zone dieser letzteren beginnen nemlich die oben: er- 342 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und 2] wähnten Segmentalgänge des Mesovariums sich aufzulösen in ein sehr unregelmässiges häufig mit Blindsäcken besetztes Netz von Canälen, welches als ungemein dichtes Geflecht namentlich am Vorderrande der Genital- falte an die obere abgerundete Kante der Hodenknollen herantritt. Es zeigt hier einige erwähnenswerthe Eigenthümlichkeiten. In dem lockeren Bindegewebe finden sich theils sehr lange dünne Canäle, theils weitere kürzere; beide können sich verzweigen und verbinden uud ihr wimperndes Cylinderepithel ist durchaus ähnlich. Mitten zwischen diesem Canalnetz (Taf, XIV Fig. 4) liegen bald sehr grosse äusserst mannichfach ge- staltete, bald ziemlich kleine häufig kugelrunde Cysten; sie haben aus- nahmslos ein grosses Lumen und ihre Wandung wird gebildet von einem schönen überall vorhandenen wimpernden Cylinderepithel (Taf. XIV Fig. 5) dessen Zellen genau das Aussehen derjenigen der Segmentalgänge haben. Die Grösse der Zellen in den Cysten schwankt zwischen 0,012 und 0,024”®-, in den Canälen zwischen 0,008 und 0,021"" Die Wim- pern sind immer mindestens ebenso lang, wie die Zellen; mitunter scheinen sie zu fehlen. Die Cysten sind ungemein verschieden an Grösse, die kleinsten 0,06""-, die grössten bis 1""- im Durchmesser. Die mit deut- lichem Lumen versehenen Canäle schwanken zwischen 0,020 und 0,045"m- Durchmesser. Mitunter sind die Höhlungen der benachbarten Cysten gänzlich von einander getrennt, ebenso oft communieiren sie mit einander und dann nehmen sie gern die Form von unregelmässig ausgebuchteten weiten Canälen an. Viel seltner als Verbindungen der Cysten miteinander sind solche von ‚Cysten mit längsverlaufenden und das Netz bildenden Wimpercanälen; bei einiger Aufmerksamkeit sind jedoch auch Cysten, welche terminal einem Canal aufsitzen (Taf. XIV Fig. 7) zu finden. Dies und die durchaus identische Structur beider, der Cysten und der Canäle beweisen, dass jene durch Umbildung dieser letzteren entstanden sind. Manche derselben — aber durchaus nicht alle — enthalten eigen- thümliche Coneretionen unregelmässigster Gestalt; die regelmässig runden lassen oft äusserst deutlich concentrische -Schichtung erkennen; auch in den Wimpercanälen kommen solche Concretionen vor (Taf, X1V Fig. 6). Dies mit den Segmentalgängen in Verbindung stehende Netz von Canälen, das ich vorgreifend als weibliches rete vasculosum bezeichnen will, verbindet sich mit den mehrfach erwähnten Hodenknollen in sehr characteristischer Weise, während es sich durchaus nicht in den übrigen’ Eierstockstheil der Genitalfalte hineinzieht; die sehon mit 'blossem Auge in den dünnen Lamellen (Taf. XIV Fig. 2 v) bemerkbaren gegen die’ sifollikel herantretenden Faserzüge und Netze werden ausschliesslich von’ Gefässen und Bindegewebe gebildet, welche aus dem oben beschriebenen seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 243 Gefässnetz des Mesovariums herstammen. Ein Querschnitt durch einen der rudimentären Hodenknollen zeigt folgendes Bild (Taf. XIV Fig. 3). Die äussere in der Zeichnung linke Lamelle des Mesovariums (Taf. XIV Fig. 3 a. g.) ist von der inneren (Fig. 3 i. g.) durch einen lockeren Faserzug getrennt, in welchem die oben beschriebenen Gefässe der Geni- talfalte liegen. Nur die äussere Lamelle trägt die Wimpercanäle des rete vascu- losum; sie auch geht allein auf die Hodenknollen über, indem sie sich wieder in 2 Blätter spaltet, welche .den inneren Kern‘ rings umgeben, wie die tunica albuginea den Hoden der Säuger. Die Wimpercanäle des rete vasculosum bleiben ausschliesslich in der inneren Hälfte der äusseren Lamelle und gelangen mit ihr bis an das entgegengesetzte Ende des Hodenknollens; sie verhalten sich hier ganz genau ebenso, wie in dem Mesovarialtheil; ihre Canäle bilden zahlreiche Cysten, diese und jene haben ein schönes Wimperepithel und in beiden finden sich dieselben Coneretionen wieder, wie ich sie vorhin beschrieben habe. Dieser Theil des rete vasculosum liegt also an der inneren, stark convexen gegen die Lymphräume des eigentlichen Ovariums gerichteten Fläche (Taf, XIV Fig. 3 r.v’.). Die äussere Hälfte der äusseren Mesovarlamelle bildet die äussere freie Fläche des Hodenknollens; an dem Ovarialende des letzteren geht sie direct über in die unter dem Keimepithel liegende äussere Binde- gewebsschicht der Eierstockszone. Das Gewebe dieser äusseren Rinde der Hodenknollen ist ungemein dicht aus senkrecht oder schräg sich kreuzenden Bindegewebsbündeln (und glatten Muskelfasern ?) gebildet; es dringt meist in der Mitte in einem kurzen (Taf. XIV Fig. 3x) breiten, seitlich davon in dünneren Zügen in die eigentliche Hodensubstanz ein, enthält aber niemals Wimpercanäle oder Wimpercysten. Zahlreichere Septa als von der äusseren Fläche entspringen von der inneren, das rete vasculosum enthaltenden Tunica; diese treten jenen oft entgegen und verbinden sich mit ihnen, so dass die centrale Substanz der Hodenknollen durch diese allerdings ziemlich unregelmässigen Scheidewände in verschiedene grosse Lappen getheilt wird. Die centrale den grössten Theil der Hodenknollen bildende Masse besteht abgesehen von den dünnen bindegewebigen Zügen, einigen Ge- fässen und Lymphräumen fast ausschliesslich aus verschieden grossen rundlichen polyedrischen oder plattovalen Blasen, deren jede eine je nach dem Ort und der Grösse sehr verschieden grosse Zahl von schönen kernhaltigen und protoplasmareichen Zellen in sich enthält. Ich will dieselben Ampullen nennen. Die grössten derselben liegen ausnahms- los der inneren Fläche, also dem rete vasculosum zugekehrt, die kleinsten Arbeiten aus dem zoolog.zootom. Institut in Würzburg. II. Bd. 17 244 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Piagiostomen und immer hart an der äusseren Scheide des Knollens, und namentlich dicht gedrängt in nächster Nähe der von der Aussenfläche her zwischen die Hodensubstanz eindringenden bindegewebigen Scheidewände. Die beiden Zonen der grossen und kleinen Ampullen sind mitunter ziemlich scharf von einander abgesetzt; durch die bei Anwendung von Hämatoxylin ein- tretende verschiedene Färbung ihrer Elemente wird dieser Gegensatz recht stark hervorgehoben. In der Zone der grossen Ampullen liegen diese bald ungemein dicht einander an, bald sind sie durch starke Lymphräume in Zügen ausein- ander gerückt; sie sind, wie es scheint, durch ein dünnes kernhaltiges Reticulum gänzlich von einander getrennt. Ausserdem wird die Zone durch die oben erwähnten von innen her kommenden bindegewebigen Züge in mehr oder minder zahlreiche Felder getheilt; in diesen Scheide- wänden verlaufen ausser Blutgefässen ziemlich zahlreiche mit Wimper- epithel ausgekleidete, sehr verschieden weite Canäle, welche alle direct auf die Zone der kleinen Ampullen zustreben. Die grössten Ampullen liegen nun aber nicht hart an der Innenfläche, sondern grade umgekehrt der äusseren Zone der kleinen Ampullen an; sie sind hier bald rundlich von 0,12—0,13”"- Durchmesser ; bald polyedrisch bald oval plattgedrückt von 0,21"=- Länge und 0,12"”- Breite. Die Mehrzahl dieser Ampullen ist ganz erfüllt von unregelmässig rundlichen oder polyedrischen Zellen von 0,025 — 0,027 "W- Durchmesser; mitunter sind diese mehrfach ge- schichtet, wie aus den radiär stehenden Kernreihen hervorgeht; noch seltner findet sich in ihnen eine centrale Höhlung und dann ist die radiäre Anordnung der Zellen immer am regelmässigsten. Weiter nach innen zu d. h. gegen die innere Fläche des Hodenknollens, welche das so reich entwickelte Wimpercanalnetz enthält, werden diese Ampullen wieder kleiner und je mehr sie sich zwischen die Canäle eindrängen, um so mehr verändern sich auch die in ihnen eingeschlossenen Zellen. Nirgends aber scheinen diese Ampullen mit den Wimpercanälen in Ver- bindung zu stehen; sie sind ringsum geschlossen. Von dieser inneren Zone der grossen Ampullen ist die der äusseren kleineren ziemlich scharf abgesetzt. Dieser Gegensatz beruht vor Allem darauf, dass die an die grössten Ampullen gränzenden kleineren Ampullen erheblich viel kleiner sind — von höchstens 0,12”. Länge bei 0,07mm. Breite — und ein von ganz anders aussehenden Zellen begränztes sehr grosses, deutliches Lumen haben. Die die Wandung dieser Ampullen bildenden Zellen (Taf. XV Fig. 11) sind prismatisch oder eylindrisch, im Mittel nur 0,02”"". Jang und sie enthalten einen grossen ovalen sich seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere, 945 ziemlich stark in Haematoxylin färbenden Kern (Taf. XV Fig. 9 a), meistens liegen sie in einfacher Lage, mitunter aber sind sie unregelmässig geschichtet, "Weiter nach aussen oder vielmehr gegen die von aussen her eindringenden Septa zu schieben sich zwischen diese Zellen äusserst schmale Zellen (Taf. XVEig.9b) ein, die fast ganz vonihren schmalen Kernen erfüllt sind; diese letzteren zeichnen sich dadurch sehr auffallend aus, dass sie noch viel intensiver durch Hämatoxylin gefärbt werden, als jene ovalen Kerne. Je näher nun die Ampullen an die äusseren Septa oder vielmehr deren Wurzel herantreten, um so zahlreicher werden die schmalkernigen Zellen, während umgekehrt die ovalen Kerne an Zahl abnehmen (Taf. XV Fig. 11); gleichzeitig treten in ihnen noch andere mit grossen runden, körnigen Kernen (Taf. XV Fig. 11 c) versehene sehr grosse Zellen auf und die ganze Ampulle hat dabei ihren Durchmesser auf 0,07—0,06“""-. verkleinert. Ausserdem sind diese Am- pullen nicht mehr, wie in der vorhin beschriebenen Zone, von einander gänzlich getrennt; ihre Höhlungen stehen häufig miteinander in Ver- bindung und dann hängen gewöhnlich eine ganze Anzahl solcher kleinerer Ampullen an einem dünnen Stiel, wie die Beeren einer Traube (Taf. XV Fig. 1). Diese Stiele oder Stränge werden aus Zellen gebildet; mitunter erkennt man in ihnen ein Lumen; sie zeigen genau den Bau und Grösse der Elemente, wie die feinsten nicht mehr wimpernden und fast geschlossenen Canäle des rete vasculosum; sie verbinden sich zu mehreren miteinander und treten in den von innen her kommenden Scheidewänden der Hodenknollen gegen die Innenfläche, also gegen das Rete vasculosum, zu. Da ihnen nun von diesem aus theils wimpernde theils aber nicht wimpernde Canäle entgegentreten, so ist wohl kaum daran zu zweifeln, dass beide sich miteinander verbinden, obgleich ein solcher Zusammenhang wegen des stark gewundenen Verlaufes der Canäle nicht an Schnitten nachzuweisen war. Noch weiter nach aussen zu haben die nicht mehr ganz deutlich von einander abgegrenzten Ampullen nur noch einen Durchmesser von 0,04"®- im Mittel. Hierauf finden sich nur noch langgestreckte Zellenschläuche mit continuirlischem Lumen, in deren Wandung theils die charakteristischen schmalkernigen Zellen in sehr grosser Zahl, theils die ebenso eigenthümlichen grossen blassen Zellen mit grossem runden Kern in geringer Menge liegen. Sie theilen sich, bilden seitliche Ausbuchtungen und treten ausnahmslos mit ihren blinden Enden (Taf. XV Fig. 12) gegen die Wurzeln der von einem Punct der Aussenfläche her in die Hodenknollen ausstrahlenden Septa dichten faserigen kernhaltigen Bindegewebes zu. Die meisten endigen hier; einzelne jedoch gehen weiter in die äussereBindegewebsschicht hinein (Taf. XV Fig. 12 a) treiben auch hier wieder nach allen Richtungen hin seitliche blindsack- 17* 246 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und artige Verlängerungen und endigen schliesslich nicht selten in ziemlich feinen Röhren (Taf. XV Fig. 12 a), welche oft die Bindegewebszüge senkrecht durchsetzen, dann plötzlich umbiegen, um mit ihnen parallel fortzuziehen und sehr häufig ganz dicht unter dem Epithel verlaufen, welches die Aussenfläche der Hodenknollen als Fortsetzung des Keim- epithels der Eierstockszone überdeckt. Nie aber begeben sie sich seitlich über die Zone hinaus, welche durch das Centrum der in die Hodensubstanz von aussen her eindringenden Septa bezeichnet ist. Sie enthalten endlich dieselben zelligen Elemente, wie sie auch in den kleinsten Ampullen vorkommen; leider lies sich ihre Anordnung, nicht ganz sicher feststellen. Es ist hierdurch die Wachsthumsrichtung der Hodenknollen wohl recht scharf bestimmt. Die innere dem reie vasculosum zunächst liegende Zone grosser und theilweise auch degenerirter oder nicht zur Ausbildung gekommener Ampullen ist die älteste Lage; von ihr aus geht die Neu- bildung kleinerer Ampullen in der durch die blind auswachsenden Zell- schläuehe bezeichneten Richtung gegen die Aussenfläche hin und zwar convergirend gegen eine Stelle zu, welche dorsal von der Eierstocksfalte !iegend scharf durch die Ausstrahlung der von der äusseren Albuginea herkommenden Bindegewebszüge des Knollens in dessen Substanz hinein bezeichnet ist. Es lassen sich die beschriebenen Verhältnisse nicht anders deuten. Die wichtigste Bestätigung für die hier versuchte Deutung sehe ich indessen in den gleich zu erörternden Wachsthums-Verhältnissen des eigentlichen Hodens; es stimmen, wie man sehen wird, diese mit den hier geschilderten — mit Ausnahme eines einzigen Punctes — so voll- ständig überein, dass ich im Hinblick auf diese Uebereinstimmung jeden Versuch einer anderen Deutung als durchaus unzutreffend bezeichnen muss. Es kann natürlich erst durch die Untersuchung des Baues und des Wachsthumes der eigentlichen als solcher fungirenden Hoden der Beweis geliefert werden, dass die hier beschriebenen Knoilen an der Basis der Eierstockszone in der That als rudimentäre , Hoden änzusehen sind. Ö. Der Hode. Im Allgemeinen beginnt derselbe, wie der Eierstock, am Vorderende der Genitalfalte; nur bei einigen Gattungen (Centrophorus, Seymnus) liegt er weiter zurück bis in die Mitte der Leibeshöhle hinein. In solchem Falle deutet die Richtung der vordern vasa eflferentia vom Hoden aus scharf nach vorn zu — statt senkrecht gegen die Axe des Thieres, wie gewöhnlich — (s. Taf. XI Fig. 3 s. v. e.) aber an, dass der Hode nur in Folge irgendwelcher unbekannten Einflüsse seinen ihm zu- kommenden Ort mit einer mehr nach hinten gerückten Lage vertauscht habe. Nie aber erstreckt sich derselbe weit über die Mitte der Leibes- seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 947 höhle hinaus, obgleich er mitunter bis an die Cloake zu reichen scheint | (Mustelus, Sphyrna, Galeus ete.); dieser Anschein wird dadurch hervor- gerufen, dass der Hode bei den Arten mit epigonalem Organ in seinem | hinteren Abschnitt in dasselbe eingesenkt erscheint, ohne äusserlich von ihm abgesetzt zu sein. Dann ist natürlich, ohne mikroskopische Unter- suchung, eine Bestimmung seiner Ausdehung nach hinten unmöglich, da- gegen eine Verwechselung des Hodens mit dem epigonalen Organ sehr wohl möglich. Dies hat J. Müller schon hervorgehoben, Trotzdem hat Bruch angegeben, der Hode reiche bei Sphyrna, welche ein sehr ent- wickeltes epigonales Organ besitzt, bis zum Enddarm, was entschieden falsch ist. Vom epigonalen Organ scheint Druck überhaupt, trotz seines Vorgängers J. Müller, nichts zu wissen. Die Gestalt des Hodens ist bei den Haien (im geschlechtsreifen | Zustande) (Tal. XIII Fig. 1; Taf. XI Fig. 2) eylindrisch oder melir oder minder so mit seitlichen kurzen Lappen (Centrophorus, Seymnus; Taf. XIFig, 3) bei den Rochen ist er bald rundlich bald seitlich plattgedrückt ; bei Chimaera endlich eiförmig oder nierenförmig ohne scharf ausgeprägte Aussen- und Innenfläche (Taf. XVII Fig. 4). Zur Zeit der Geschlechts- | reife schwillt er stark an, wie der Eierstock, ohne indessen durch die plötzliche Ausbildung seiner Elemente so vollständig umgeformt zu wer-| den, wie das mit diesem geschieht. Er behält ausnahmslos bei den Haien die mehr cylindrische, bei den Rochen die mehr rundliche oder platte | Gestalt bei. Auffallender als die mit der Geschlechtsreife oder Begattungszeit eintretenden Veränderungen des Hodens sind diejenigen der vasa deferentia und der Ausführungsgänge der Niere. Auf diese Verhältnisse komme ich im nächsten Capitel wieder zurück. Bei den meisten der von mir untersuchten Haifischarten findet sich äusserlich am gewöhnlich sehr langgestreckten Hoden eine der Längsaxe (Taf. XI Fig. 3; Taf. XVII Fig. 1, 2, 3, 4 pro.) nichtimmer genau ent- sprechende Falte,1) Bei jungen Thieren trennt sie die Aussenfläche?) von | der Innenfläche des Hodens meist ziemlich scharf; doch ist auch dann | 1) Bruch bildet dieselbe von Squatina (1. c. Taf. I) und von Mustelus (Taf- Il Fig. 3) ab, ohne ein Wort über sie zu sagen; ces ist dies nicht zu verwundern, da ihm jeder-tiefere Einblick in die typische Structur des Urogenitalsystems der Plagiostomen mangelt, obgleich er behauptet, sie vom allgemeinsten Geschepnnkt aus untersucht zu haben (l c. pag. 1). 2) Bruch unterscheidet mit allen Zoologen (l. ec. p. 15) eine ventrale und eine dorsale Fläche; jene entspricht der inneren, diese der äusseren Fläche. Die | | | 248 SEMPER; Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und schon oft eine schwache Windung bemerkbar, sodass scheinbar die bei- den Flächen des Hodens ihre Lage wechseln. Bei ausgewachsenen ge- schlechtsreifen Thieren tritt in Folge der später zu besprechenden ungleich- mässigen Wachsthumsvorgänge im Innern des Hodens eine Ablenkung der ‚Falte von der graden Linie auf, so z. B. bei Scymnus, Centrophorus, bei ‚denen sie zwischen den verschiedenen durch Furchen von einander ge- ‚trennten Hodenlappen sich mehr oder minder schlängelnd verläuft. Ursprüng- 'lich ist sie von gleicher Längsausdehnung wie der Hode selbst. Dadurch aber, dass das vordere und das hintere Ende desselben so stark wachsen, dass die beiden Enden der Falte ihm nicht zu folgen vermögen, biegt sich mitunter vorn wie hinten die Hodenspitze seitlich über die Falte hin (s. Taf. XI Fig. 3; Taf. XVII Fig. 3); oder sie greift einfach abgerundet über das Ende der letzteren hinweg, (z. B. Acanthiasund Chimaera Taf. XVII Fig. 4). Mitunter wird sie sogar von der Tunica propria des Hodens gänzlich um- wuchert; wenigstens ist der Bau des Hodens von Oxyrhina glauca und andren Arten nicht anders zu deuten. An diesen ist nemlich äusserlich keine solche Falte zu sehen; aber auf Durchschnitten (s. T. XVILF.7, 11) erkennt man leicht einen von dem übrigen Gewebe scharf abgesetzten Querschnitt eines Längsstranges, (Taf. XVII Fig. 7,11, 15 etc.) in welchem genau dieselben Theile liegen, wie sie für die erwähnte bei den meisten Formen äusserlich sicht- bare Falte charakteristisch sind. Von Rochen habe ich bis jetzt leider nur Torpedo maculata unter- suchen können. Hier liegt die Falte auf der platten Aussenfläche des rundlich-plattgedrückten Hodens; sie erreicht weder das vordere noch das hintere Ende desselben. Ganz ähnlich verhält sich Chimaera monstrosa; ihr nierenförmiger oder eiförmiger Hode hat eine etwas flache äussere Fläche und auf ihr sieht man ebenfalls eine Längsfalte (Taf, XVII Fig. 4 pr. o.), welche weder vorn noch hinten den Rand des Hodens erreicht. Diese Falte ist von höchster Bedeutung; sie bestimmt am Hoden die Zuwachslinie neuer samenbildender Ampullen, wie eine genaue ver- gleichende Untersuchung junger und alter Hoden auf’s Deutlichste erweist, von mir gebrauchte Terminologie schliesst sich den morphologischen Embryonalver- hältnissen an, während Bruch ausschliesslich die physiolagischen Lagerungsbezieh- ungen benutzt, Bruch’s innerer Rand ferner ist die Insertionslinie des Hodens, also der Hodenbasis, sein äusserer Rand der freie ventrale Rand. Bruch scheint bei seiner Beschreibung nur die Verhältnissebei den Rochen im Auge gehabt zu haben; dies ist unstatthaft, da bei den Embryonen aller Plagiostomen die gegenseitigen Lagerungsbeziehungen dieselben sind und diese erst später eine Veränderung durch die dorsoventrale Abplattung des Rochenkörpers erfahren. seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 349 Ehe wir jedoch ihre Beziehung zu den jüngsten Ampullen erforschen, müssen zuvor noch die andern Structurverhältnisse des Hodens näher ge- schildert werden. Einstweilen will ich, ohne besondere Erklärung, jene Falte mit dem Namen der Vorkeimfalte belegen. Grade wie bei dem Eierstock schlagen sich die beiden Lamellen | des Mesorchiums um die centralen Theile des Hodens herum und bilden um ihn eine überall dieht anliegende Tunica propria, welche zum grössten Theile aus dichtem fibrillären Bindegewebe besteht, dessen Bündel vorzugs- weise der Oberfläche parallel verlaufen. Die Linie, in welcher die beiden Lamellen des Mesorchiums auseinander weichend den eigentlichen Hoden zu umfassen beginnen, wollen wir die Basis des Hodens nennen; es ist die Insertionslinie des Hodens am Gekröse. Ihr gegenüber läuft der Länge nach die Vorkeimfalte. Hier verändert sich die Structur des Bindegewebes der Tunica propria ein wenig; es laufen nemlich die Bündel derselben nur zum Theil parallel der Oberfläche, ein andrer Theil tritt quer von der Aussenfläche anf die Innenseite über, sodass durch diese quergestellten oder auch im Bogen verlaufenden Balken ein kleiner eben der Vorkeim- falte angehörender Raum mehr oder minder scharf von der eigentlichen Hodenmasse abgetrennt wird (s.Taf.XVII Fig. 15, 1, 2, 8 pro.). Beide, äussere Flächen des Hodens sind von einem gewöhnlich ziemlich niedri- gen wimperlosen Epithel bedeckt, welches mitunter nur in der Coneavität | der Vorkeimfalte, mitunter überall in ein deutlich eylindrisches übergeht. Nur Squatina vulgaris hat überall ein eylindrisch-geschichtetes wimperloses | Epithel des Hodens. | I. Das Hodennetz. In der Basis des Hodens oder zum Theil auch| schon im Mesorchium lösen sich die zu vasa efferentia gewordenen Seg- mentalgänge in ein mitunter sehr stark entwickeltes tete vasculosum auf. | Seine Ausbildung hängt zum Theil ab von der Zahl der vasa efferentia; wo | nur ein Segmentalgang (wie bei Galeus, Pristiurus, den Rochen) dazu ver- | wendet wird, nimmt das durch ihn gebildete Rete vasculosum nur die Basis | des obersten Hodenendes ein ; sind jene Ausführgänge zahlreich (Centrophorus, | Squatina, Acanthias ete.), so verläuft es fast bis an’s hinterste Ende | desselben, / Bei Mustelus (Taf. XIIL Fig. 1 rv.) finden sich 3 vasa eflerentia; das Geflecht, das siean der vorderen Hodenbasis bilden, besteht nur aus wenigen Längs- und Querzweigen, die ein kleines aber weitmaschiges Netz er- zeugen. Aeusserst weitmaschig ist dasselbe bei Squatina (s. Taf. XI Fig. 2 ıy.), Hier stehen die vordersten 6 Segmentalgänge oder vasa effe- rentia durch weite Bögen miteinander an der Hodenbasis in Verbindung; 2350 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und von diesen gehen kurze unregelmässige Canäle an ein der Länge nach in der Hodenbasis verlaufendes Rohr, welches zahlreiche Samencanälchen in den Hoden schickt und bis an das hinterste Ende des Hodens zu ver- folgen ist, Bei Scymnus lichia ist das basale Hodennetz ungemein dicht und stark entwickelt; an seiner Bildung nehmen, wie oben angegeben wurde, 8—10 vasa efferentia (Segmentalgänge) theil. Die Maschen dieses Netzes sind sehr klein, die Wandungen seiner Canäle, welche schönes Wimperepithel tragen, sehr stark in Folge der bedeütenden Verdickung der bindegewebigen Scheiden um dieselben. Man kann daher nur durch die mikroskopische Untersuchung die Wimpercanäle dieses Rete vasculosum von den Gefässen, welche auch hier ziemlich zahlreich sind, unterscheiden, Der Centralcanal in der Hodenbasis ist auch hier, wie bei Squatina, vorhanden, Weniger dicht wieder ist dasselbe bei Acanthias und Üentrophorus, ob- gleich die Zahl der sich in dasselbe auflösenden Segmentalgänge eine ziemlich grosse ist. Bei den Kochen endlich, scheint im Mesorchium jede Spur eines Hodennetzes zu fehlen; es geht bei ihnen ein einfaches vas efferens (Taf. XIII Fig. 3) hart an den Hoden heran, um sich hier ohne Weiteres in den zweiten Abschnitt des Rete vasculosum aufzulösen. Es ist nemlich zu diesem ohne Zweifel noch ein mitunter sehr reich entwickeltes Canalnetz zu rechnen, welches in der Tunica propria oder ' unter ihr verlaufend bei vielen Plagiostomen einen grossen Theil der inneren und äusseren Hodenoberfläche umspannt. Es endet vielleicht immer in ziemlich weiter Entfernung von der Vorkeimfalte, welche, wie bereits gesagt, in der Regel der Hodenbasis grade gegenüber liegt; bei ganz jungen Thieren ist dies ausnahmslos der Fall. Von diesem Theil des Hoden- netzes aus entspringen erst die in der Substanz des Hodens selbst sich ı verästelnden und schliesslich an die Ampullen herantretenden Samencanäl- ‘ chen. Die Anordnung desselben lässt einen doppelten Typus erkennen. ı Mitunter umspannt es mit seinen ungemein verschieden weiten Canälen, die sich netzförmig verbinden, den äusseren Umfang der eigentlichen Hoden- substanz; dann scheinen in ihm keine Canäle vor andern besonders aus- gezeichnet zu sein. Man kann es füglich als äusseres Hodennetz be-/ zeichnen. Es findet sich bei Acanthias, Centrophorus, Seymnus, Seyllium, Torpedo ete. Ihm gegenüber stellt sich das innere Hodennetz, wie es //“ bei Oxyrhina, Mustelus, Galeus, Squatina und Prionodon vorhanden ist, Hier verläuft nemlich (Taf. XVII Fig.1, 2, 5, 6, 7 c.) bald mehr bald weniger nah an der Hodenbasis ein der Länge nach ziehender einfacher Samengang, den ich den Centralcanal des Hodennetzes nennen will. Von diesem aus gehen verschieden lange und weite Canäle, die sich mitunter auch zu einem weitmaschigen und wenig ausgebreiteten Netze verbinden, seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 351 auf die Hodensubstanz zu, treten in diese ein, verästeln sich und lassen | sieh oft noch bis hart an die Vorkeimfalte verfolgen. Der Centralcanal scheint immer zu wimpern (Taf. XI Fig. 6 von Galeus), mitunter auch die von ihm ausstrahlenden Samencanälchen. Bei jungen Thieren reicht der Centralcanal oft weit nach hinten über das Ende der schon angelegten aus halb ausgebildeten Ampullen bestehenden Hodensubstanz hinaus; dann rückt er immer näher an die Vorkeimfalte heran (Taf. XVII Fig. 11, Fig. 1, 2). Bei Galeus läuft er etwa 0,8"=- von der Vorkeimfalte ge- trennt, bis an das hinterste Ende des letzteren, an die er wie es scheint in ziemlich regelmässigen Abständen kurze in sie eindringende Samen- canälchen abgiebt. Die primitiven Hodenampullen hören ziemlich viel früher auf. Bei Prionodon liegt der 3,5°"- Jange Hode am vordersten Ende der Genitalfalte, undzwar so ganz in sie eingesenkt (Taf. XVII Fig. 3), dass äusserlich keine Spur desselben zu bemerken ist. Auf Schnitten be- merkt man gegen die Basis zu den Centralkanal, welcher von Stelle zu Stelle Canäle an die Ampullengruppen des Hodens abgiebt; an der Aus- senfläche ferner die mit den jüngsten Ampullen in Verbindung stehenden Zellenstränge der halb äusserlichen Vorkeimfalte. “Hier ist die Genital- falte etwa 10m. hoch, dann wird sie immer niedriger, bis sie ungefähr in derMitte des Körpers (Taf. XVIIFig. 3 bei a) nur 2” hoch ist; dann wird sie rasch wieder höher und erreicht schliesslich am Enddarm die be- deutende Höhe von 20"m- Die Vorkeimfalte beginnt etwas hinter dem Vorder- ende (Taf. XVII Fig. 3 pr. o.), länft etwa 5“ weit an der Aussenfläche | entlang, hier tritt sie an die ventrale Kante der Genitalfalte (Taf. XVIT Fig. 3 a) und läuft nun scheinbar als schmaler Saum bis an’s hinterste Ende derselben. Durchschnitte zeigen indessen, dass sie auf 10°. Ent-| fernung vom Vorderende des Hodens (Taf. XVII Fig. 3 bei b) aufhört; d. h. es fehlen von da an in ihr die characteristischen Zellenschläuche der Vorkeimfalte gänzlich, obgleich durch die Anordnung des Bindegewebes | eine Fortsetzung angedeutet zu sein scheint. So weit wie die eigentliche Vorkeimfalte mit ihren Zellschläuchen erstreckt sich nun auch der Central- ' eanal der Samengefässe, aber er bleibt bis nahe an dies Ende immer in ziemlich bedeutender Entfernung von der Vorkeimfalte (Taf. XVII Fig. 2 c). ' Da nun die Vorkeimfalte die Elemente enthält, aus welchen durch später || zu schildernde Umbildungen die eigentlichen Follikel des Hodens erst ge- || bildet werden, so ist hier offenbar der Beweis geliefert, dass der Hode | in doppelter Richtung wächst; einmal nemlich in der Richtung von der Basis gegen die Vorkeimfalte, dann aber auch von vorn nach hinten zu.| Die ältesten Follikel liegen daher immer der Hodenbasis und dem Vorder- ende des Hodens zunächst; die jüngsten am hinteren Ende und nahe der‘ 352 SEMPER; Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Vorkeimfalte, Damit stimmen denn auch alle andern Beobachtungen: überall ist das Vorderende des Hodens dem Hinterende nicht unwesentlich voraus in der Anlage, Ausbildung oder Rückbildung seiner Theile und während hinten noch oft Primitivfollikel oder gar Zellschläuche in der Vorkeimfalte liegen, welche offenbar erst in nächster Brunst zur Ausbild- ung gekommen sein würden, finden sich vorn oft ganz ausschliesslich Ampullen mit ausgebildeten Zoospermbüscheln. Uebrigens scheint der eben hervorgehobene Gegensatz zwischen dem äusseren und inneren Hodennetz doch kein typischer, sondern nur für die verschiedenen Altersphasen des Hodens desselben Thieres charakteristischer Unterschied zu sein. Dies, geht aus dem Verhalten bei Squatina hervor. Bei jungen Thieren (Taf. XVII Fig. 5,6 c) ist zweifellos ein in der Hoden- basis liegender Centralcanal vorhanden, aber kein eigentliches Hodennetz, Bei alten dagegen findet sich ebenso sicher in ‚den äusseren Lamellen, deren eigenthümlichen Bau ich bald schildern werde, ein sehr reich entwickeltes Netz von Canälen, welches die central liegende Hodenmasse von aussen her umfasst und sicherlich mit den vasa efferentia, wie mit den zwischen den Hodenampullen verlaufenden Samencanälchen in Verbindung steht. Die Untersuchung der Entstehung und Umbildung der Hodenam- pullen wird uns später erklären, wie dieses äussere Hodennetz aus dem primitiven inneren entstanden gedacht werden kann. II. Entstehung, Wachsthum und Veränderung der Hodenfollikel. ' Entsprechend den wichtigsten Entwicklungsstadien der Ampullen lassen ı sich in einem reifen Hoden 3 mitunter ziemlich "scharf von einan- der abgegrenzte Zonen unterscheiden (abgesehen von der Vorkeimfalte): 1) die äussere der schon entleerten Ampullen; 2) die centrale der in voller Ausbildung begriffenen; 3) die immer hart an die Vorkeimfalte anstossende Zone der ganz jungen und wohl für die nächste Brunst aufgesparten Follikel. Die Vorkeimfalte selbst kann ihrer Structur, Umbildung und Entstehung nach erst im zweiten entwicklungsgeschichtlichen Abschnitt besprochen werden. Bei dieser Untersuchung ist vor Allem Folgendes festzuhalten. Auf Durchschnitten und Längssehnilten haben wir in der Hodenbasis die durch- schnittenen Canäle des Hodennetzes zu erwarten; ihr gegenüber ist die Vorkeimfalte zu suchen; das zellige Stroma, in welches die Ampullen und Samencanälchen eingebettet sind, wird äusserlich von einer mehr oder minder dieken Tunica propria umhüllt, welche in das Gerüst der Ureier- falte übergeht. Die Ampullen sind ausschliesslich die Bildungsstätten der Zoospermen; die grössten und entwickeltsten liegen immer der Hodenbasis zn RE WE TE nn an u u Ann ar 2 seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere, 353 zunächst und in der Nähe der Vorkeimfalte finden sich ausnahmslos die | jüngsten Ampullen. Von diesen letzteren sind die Samencanälchen, welche | als Ausführungsgänge für die in den Ampullen erzeugten Samenkörperchen | dienen, zu trennen, IIa. Die Randzone enileerier Ampullen. Scymnus lichia. Er- wachsenes geschlechtsreifes Thier von reichlich 1 Meter Länge. Hoden- länge 9,5°w- Auf dem Querschnitt ist der Hode meistens kreisrund (Taf, XVI Fig. 2); die Vorkeimfalte zieht an ihm äusserlich deut- lich bemerkbar (Taf. XI Fig. 3 pr. o.) fast der ganzen Länge nach herunter, vorn wie hinten aber krümmt sich ein Theil des Hodens über jene hinweg gegen das Mesorchium zu, sodass die Vorkeimfalte etwa 1,5°m. kürzer ist, als der Hode selbst. Ueber diesen letzteren hinaus ver- längert sich noch die Genitalfalte nach hinten; sie endet erst in etwa 6°m. Entfernung vom After. Auf dem Längsschnitt (Taf. XVI Fig. 3) sieht man von der Hodenbasis aus 9—10 sehr verschieden mächtige Faserzüge in die Hodensubstanz eindringen; diese Septa testis entsprechen so ziem- lich (wenn auch nicht ganz genau) den vasa efferentia. Sie trennen also den Hoden der Länge nach in soviel einzelne, allerdings nicht von einan- der scharf gesonderte Abtheilungen, als Segmentalgänge in vasa efferentia übergehen und sie bilden zusammen mit der Hodenbasis einen Abschnitt, den man mit Fug und Recht dem Corpus Highmori des Säugeihierhodens vergleichen kann, Er ist nemlich hier wie dort vorzugsweise Träger des Hodennetzes. Diese ganze Zone ist von dem weissen centralen Drüsen- theil des Hodens ziemlich scharf abgesetzt durch schwach bräunliche Färbung, Das Hodennetz, welches von der Basis ausgeht, strahlt zum Theil in wenig zahlreichen feinen Canälen in die septa testis oder direct in die Hodensubstanz aus, theils umfasst es von der Tunica propria getragen den Hodenumfang bis etwa zur Hälfte Es ist ungemein reich entwickelt und schwillt an vielen Stellen in sehr verschieden grosse mit schönem Wimperepithel (Taf. XVI Fig. 26) ausgekleidete Blasen an; in diesen wie in jenen sieht man oft massenhaft reife Zoospermen liegen. Die feinsten Canäle haben einen Durchmesser von 0,03". und kaum ein Lumen, die weitesten einen solchen von 0,14”. bei 0,015®%-. Länge der Wimper- zellen. Dieses durchaus unregelmässige Netz liegt mit den sehr zahlreichen begleitenden Gefässen in einem Siroma, welches abgesehen von dem spär- lichen faserigen und zelligen Bindegewebe vorzugsweise aus scheinbaren Zellen und eigenthümlichen Zellgruppen gebildet ist. Zu äusserstliegen hart unter dem dichten Gewebe der Tunica propria, untermischt mit Gefässen und Samengängen, eigenthümliche rundliche oder 254 SEMPER; Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und polyedrische zellähnliche Körper (Taf. XVI Fig. 22) ohne deutliche Mem- bran; ihre Substanz ist durchweg homogen, oft mit Fettkörnchen erfüllt, mitunter schwach wachsglänzend; sie sind bald ganz dicht, bald haben sie eine kleine centrale Höhlung, in welcher mitunter ein Kern oder eine gelbe fettig aussehende Coneretion, mitunter ein Kern von 0,01"M- Grösse und eine solche Concretion liegt. Sie machen meistens den Eindruck sehr dickwandiger Zellen oder vielmehr ganz membranloser, deren Substanz sich in eine dichtere Cortiealschichte und in eine dünnere einen Hohlraum bildende und Kern wie Concretion aufnehmende Centralmasse getrennt hat. Kämen nicht daneben die andern Körper vor, welche ebenso gross sind, nemlich 0,02"m- im Durchmesser, und ebenso aussehen, aber die Höhlung und den Kern nicht mehr besitzen, so würde man jene ohne allen Zweifel als echte Zellen ansehen müssen. Diese Pseudozellen bilden bald isolirte Nester, bald langestreckte Züge zwischen den Samencanäl- chen; sie sind in der Nähe des Mesorchidms (in der Hodenbasis) am stärksten entwickelt und sie verschwinden ziemlich bald, ohne der bräun- lichen Zone bis zur Mitte des Hodenumfangs (an beiden Flächen) zu folgen. Auf diese erste Schicht folgt eine zweite, übrigens von jener durchaus nicht stark abgegrenzte Zone, in welcher die Pseudozellen (Taf. XVIFig.23) etwas grösser, nemlich 0,03""- im Mittel gross sind, einen grösseren centralen Hohlraum besitzen und in diesem neben der gleichen gelben (fettigen ?) Concretion noch mehrere Kerne von 0,013". Grösse. In der Grösse stimmen also diese letzteren so ziemlich mit dem über- ein, welcher in vielen Pseudozellen der ersten Schicht liegt, beide auch färben sich in gleicher, aber wenig intensiver Weise in Haematoxylin. Man würde die der zweiten Schicht angehörigen Körper hiernach wohl geneigt sein, mehrkernige Zellen nennen. Wenn man indessen bedenkt, dass zwischen solchen Pseudozellen von 0,03"m- Durchmesser mit 5—6 Kernen uud denen von 0,02”m. Durchmesser mit einem Kern alle Ueber- gänge in demselben Präparat zu sehen sind, dass ferner durchschnittlich die mehrkernigen Pseudozellen dünnwandiger und grösser sind, als die einkernigen, in beiden dieselben gelben Concretionen vorkommen und schliesslich Kerne wie Concretionen verschwinden, so wird man, denke ich, die Annahme für nicht zu gewagt erachten, dass sämmtliche Formen der Pseudozellen als Stadien einer in bestimmter Weise vor sich gehenden Umbildung anzusehen seien. Auch die Richtung dieser Umbildung spricht sich schon ziemlich bestimmt aus. Nirgends finden sich Theilungsstadien der Kerne. Angenommen aber, aus den äusserlich liegenden kernlosen Pseudozellen gingen zuerst die kernhaltigen hervor, aus diesen die weiter nach innen liegenden mehrkernigen, so müssten doch solche Theilungs- seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 255 stadien leicht zu beobachten sein; aber sie fehlen, wie gesagt, vollständig. Dann aber bleibt nur noch eine andre Deutung: die peripherischen ein- kernigen müssen die älteren, die mehrkernigen die jüngeren sein, es fände dann nicht eine Ausbildung, sondern eine Rückbildung von innen nach aussen statt, deren letztes Resultat die kernhaltige oder kernlose ganz äusserlich liegende Pseudozelle wäre. Mit dieser letzteren Auffassung aber stimmen alle jetzt noch zu schildernden Structurverhältnisse des ausge- bildeten Hodens von Scymnus lichia überein, Auf die Zone der mehrkernigen Pseudozellen (Taf. XVI Fig. 1 b) folgt eine übrigens gleichfalls ziemlich unregelmässige Schicht, in welcher theils FHodenampullen mit entwickelten Zoospermenbüscheln gefunden werden, theils eigenthümliche diekwandige Blasen von sehr verschiedener Grösse; (Taf. XVIFig. 1 a u. Fig. 24). Beide sind plattgedrückt und ihre beiden Flächen liegen im Allgemeinen der Oberfläche des Hodens parallel. Die mit Zoospermen versehenen Ampullen (Taf. XVIFig, 24) schwanken zwischen folgenden Dimensionen: die kleinsten 0,17"®- Länge bei 0,10”®- Dicke, die grössten 0,26" M- bei 0,08%®- Die Zoospermenbüschel liegen in ihnen mit den Schwänzen (Taf. XVI Fig. 24) convergirend gegen die centrale Höhl- ung, mit ihren Köpfen eingekeilt zwischen sehr langen conischen körnigen Zellen (Taf. XVI Fig. 21), welche mit ihrer breiten Basis an die Tunica propria des Follikels anstossen und hier einen grossen ovalen, sich nur schwach in Haematoxylin färbenden Kern aufweisen. Diese conischen Körnchenzellen sind mit den schon längst von Hallman beschriebenen Epithelzellen der Ampullen identisch; ihre Umwandlungen und ihre Be- deutung sind indessen diesem Autor, wie allen späteren Beobachtern ent- gangen. Zwischen den Ampullen von der eben beschriebenen Struetur und den oben erwähnten diekwandigen Blasen liegen nun ähnlich gestaltete | platte Blasen von fast gleicher Grösse (Taf.XVI Fig. 24) wie die Samen- ampullen; es fehlen ihnen freilich die Zoospermenbüschel, aber nicht die eigenthümlichen kegelförmigen Körnchenzellen der Samenampullen (Taf. xXVI Fig. 25). Sie können daher auch nichts andres sein als eben ent- | leerte Ampullen und in der That sieht man sie mitunter im Zusammen- hang mit entschiedenen Samencanälchen (Taf. XVI Fig. 24). Dicht da- neben liegen wieder andre, in denen die grossen Kerne nur noch von wenig Körnchensubstanz umgeben mehr im Centrum liegen, während sich peripherisch eine dünne Schicht ‘solcher eigenthümlich mattglänzenden Substanz abgelagert hat, wie ich sie als characteristisch für die Pseudo- zellen angegeben habe. Diese Rindenschicht wird dicker; gleichzeitig nehmen Körnchensubstanz und eingeschlossene Kerne an Masse und Sub- stanz ab, statt dessen tritt eine Spur gelblicher Concretionen auf, diese 256 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und und die Rindenzone nehmen zu, die Kerne verschwinden bis auf 2—4A, kurz, zwischen den echten diekwandigen Pseudozellen und den noch Samenbüschel enthaltenden plattgedrückten Ampullen finden sich alle Uebergänge dicht neben einander. Es ist damit für diese Art der Be- weis geliefert, dass die äusserste Schicht ganz kernloser glasiger Pseudo- zellen nur entstanden ist durch die allmälig von innen nach aussen fort- schreitende Rückbildung der ihres eigenthümlichen Sameninhaltes beraubten Hodenampullen. Diese Rückbildung der nicht mehr fungirenden Ampullen erinnert ungemein an die Entstehung der corpora lutea im Ovarium der Säugethiere; es wird später gezeigt werden, dass sich diese Parallele in gewissem Sinne auch morphologisch durchführen lässt, Von der Zone der ganz reifen Ampullen an verschwinden in der Richtung gegen die Vorkeimfalte zunächst die Samenbüschel und die äusseren Deckzellen oder Epithelzellen der Follikel werden so klein und schmal, dass sie gar nicht von den radiär gestellten Reihen von Bildungszellen zu unterscheiden sind. Die Ampullen mit gut entwickelten Samenbild- ungszellen sind polyedrisch oder kugelig, von einem Durchmesser von 0,19— 0,22" ”- Allmälig nehmen sie gegen die Vorkeimfalte hin sowohl an Grösse, wie an Zahl der eingeschlossenen Samenbildungszellen ab, bis schliesslich die hart an der Vorkeimfalte liegenden Ampullen nur einen Durchmesser von 0,04”"®. und eine einfache Zellenlage aufweisen. Von da an sind gesonderte Ampullen nicht mehr zu erkennen; sie vereinigen sich zu Trauben und verlängern sich convergirend in die Vorkeimfalte hinein in Form von sehr eigenthümlich gebauten Zellenschläuchen, deren blinde Enden bis nahe an die vom Epithel bedeckte äussere Fläche der Vorkeim- falte herantreten. Die Structur dieser letzteren und ihre Beziehungen zu den jungen und halb ausgewachsenen Hodenampullen werde ich weiter unten bei anderen Arten untersuchen, von welchen ich besser erhaltenes Material zur Untersuchung besass. Nur das Eine muss ich hervorheben, dass nemlich auch hier in den letzten Enden der Zellenschläuche der Vor- keimfalte dieselben 2 Zellformen, nemlich conische kleinere Zellen und grössere rundliche Körnchenzellen, deutlich erkennbar waren, wie sie über- all in den Vorkeimfalten sämmtlicher Plagiostomen in ganz gleicher Form, Aussehen und Anordnung vorkommen, Squatina vulgaris. Sehr altes Thier, Gesammtlänge reichlich 1,2”: Thoraxlänge fast 0,3”- Der Hode (T. XVI F. 18) ist vorn breiter als hinten, an der Aussenkante eingedrückt, vorn etwas rundlich angeschwollen. Die Vorkeimfalte (Taf. XVI18 u. 19 pro.) ist äusserlich nur im mittleren Theile des Hodens als reichlich 1""- breiter etwas gewundener Streif zu er- seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 357 kennen; vorn wie hinten verschwindet sie spurlos, obgleich die Hoden- substanz ohne Unterbrechung noch weithin sich fortsetzt. Vor dem vor- lehren, ganz zwischen die Ampullen des Hodens versenkt (Taf. XVI Fig. 20), hinten dagegen hört sie nach schwacher Einsenkung in seine Sub- stanz rasch auf. Es unterscheidet sich hier, wie bei Scymnus die Vorkeim- falte wesentlich vom übrigen Hoden durch folgende 2 Puncte: die Haupt- masse derselben wird gebildet von dichtem fibrillären Bindegewebe und in ihr liegen die eigenthümlichen Endschläuche der jüngsten Ampullen mit ihren grossen Körnchenzellen. Dieser Unterschied ist durchgreifend; bei sämmtlichen von mir bisher auf den Hoden untersuchten Gattungen der Plagiostomen finde ich dieselbe Verschiedenheit wieder. Ein Durchschnitt des Hodens aus dem vorderen äusserlich sicht- baren Ende der Vorkeimfalte (Taf. XVIFig. 20) unterscheidet sich von einem durch die Mitte der letzteren (Taf. XVI Fig. 19) geführten, nur durch die Lage der Vorkeimfalte; dort ist sie allseitig umgeben von einer Zone junger im Wachsthum begriffener Ampullen (Taf. XVIFig. 20 b), hier tritt sie an die äussere etwas eingedrückte Hodenfläche heran (Taf. X Fig, 19 b). Im Uebrigen besteht kein Unterschied. Die eigentliche aus Ampullen zu- sammengesetzie Hodensubstanz macht nur den geringeren Theil des Durch- schnitts aus; sie unterscheidet sich durch ihre weissliche Farbe scharf von der sehr viel breiteren Rindenschicht, welche von durchscheinend chocoladebrauner Färbung ist. In dieser letzteren fallen schon dem un- bewaffneten Auge einestheils schmale spaltförmige Hohlräume (Taf. XVI Fig. 19 ec) andrerseits feine weissliche Stränge auf, jene sind Gefässla- eunen (Lymphräume?), diese aber die bei stärkerer Vergrösserung leicht erkennbaren Canäle des Hodennetzes. Die braune Rindenschicht wird ihrer Hauptmasse nach zusammen- gesetzt aus verödeten Hodenampullen, deren Rückbildungsstadien hier in gleicher Weise, wie bei Scymnus, angeordnet anzutreffen sind. Zu äusserst unter der Tunica propria liegt eine Zone sehr diekwandiger Pseudozellen mit 1—2 Kernen und gelblichen körnigen Concretionen im Innern (Taf, XVIFig. 11); sie sind mitunter durch ein schwach entwickeltes Reticulum oder durch starke Ansammlungen von Stromazellen von einander in Zügen getrennt, oder sie legen sich auf weite Strecken hart aneinander an, fassen dann aber (Taf. XVI Fig. 17) überall die Kerne einzelner Stromazellen zwischen sich. Weiter nach innen zu finden sich unzweifelhaft noch als solche erkennbare Ampullen schon in der Rückbildung begriffen; sie sitzen theils noch unveränderten Samencanälchen (Taf XVI Fig. 12) auf, theils 958 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und haben sie sich von diesen schon abgetrennt. Grade wie bei Scymnus be- ginnt die Ablagerung der eigenthümlich glänzenden Substanz zuerst an der Peripherie in mehr oder minder stark in die Höhlung vorspringenden Schichten. (Taf. XVI Fig. 12, 15, 16), welche allmälig an Dicke zu- nehmend schliesslich die Kerne und Concretionen (wie in Fig. 11) eng umschliessen. Ausser den ihrer Samenbüschel entleerten Ampullen er- fährt aber auch ein Theil der Samencanälchen die gleiche -Umbildung. In Taf. XVI Fig. 14 habe ich den Querschnitt eines solcher abgebildet, in welchem die Epithelzellen noch in ihrer regelmässig radiären Anordnung um das Lumen desselben stehen, trotzdem aber schon von einer ziemlich dieken Schicht derselben eigenthümlichen Masse umgeben sind, wie sie in den verödenden Ampullen auftritt. Bei noch stärkerer Ablagerung der- selben werden die Kerne, die am längsten bestehen bleiben, in grösserer Zahl, als gewöhnlich in den Ampullen der Fall ist, in einen engen Hohl- raum zusammengedrängt (Taf. XVI Fig. 13). Es degeneriren indessen durchaus nicht alle Samencanälchen; sehr viele behalten ihre typische Structur bei und erhalten die Verbindung mit den noch jungen entwick- lungsfähigen Ampullen des um die Vorkeimfalte sich lagernden Hodenkernes aufrecht. Hie und da findet man auch im Epithel scheinbar gesunder Samencanälchen gelbliche körnige Concretionen; ganz gleiche treten sehr häufig auch im Epithel der äusseren Hodenfläche auf, Dies letztere be- steht aus eylindrischen Zellen, welche in mehrfacher Schichtung überein- ander liegen, In der Nähe der Vorkeimfalte liegen die jüngsten Ampullen, in ihr selbst Zellenschläuche ganz unregelmässiger Gestalt, in welchen dieselben zwei Zellformen zu erkennen sind, wie ich sie oben auch für denselben Theil im Hoden von Sceymnus lichia angegeben habe. Bei beiden Arten fallen also die ältesten Ampullen nach der Ent- leerung ihrer Samenkörperchen einer ganz gleichartigen Verödung anheim, deren endliches Product die glänzenden Körper sind, welche ich als Pseudozellen bezeichnete und welche man, ‚wären nur ihre Endglieder be- kannt, ohne allen Zweifel als dem Stroma selbst angehörige eigenthüm- liche Stromazellen ansehen würde, Dass sie indessen keine solchen sein können, beweist nicht blos die oben geschilderte -Entstehungsweise, sondern auch, dass neben ihnen und ohne alle Uebergänge zu ihnen bei beiden Arten die gleichen Stromazellen vorkommen, wie ich sie in dem Capitel über die allgemeine Structur der Geschlechtsfalte und das epigonale Organ näher geschildert habe. Die Verödung selbst geht in beiden Arten in gleicher Weise vor sich. Die Deckzellen der Ampullen, welche nicht mit den Samenkörperchen in die Samencanälchen vorgetrieben werden, lösen seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 2359 sich allmälig von der Wand der Ampulle ab und gleichzeitig auf; ihre | Kerne werden frei und auch diese verschwinden in. dem Masse, wie die | glänzende Rindenschicht an Dicke zunimmt und ein gelbliches Concrement | im Innern auftritt; schliesslich geht selbst der letzte Kern der Pseudozelle | und die Coneretion verloren, dann erscheint sie in Form eines durchweg gleichartigen wachsglänzenden structurlosen Körpers, Gleichzeitig mit | dieser Verwandlung hat eine allmälige sehr bedeutende Verminderung des | Volumen’s derselben stattgefunden, i II b. Die centrale Zone reifender Ampullen. Scyllium canicula. Zwei in voller Brunst befindliche Thiere wurden untersucht. Die Hoden (Taf. XII Fig. 1 t.) sind ceylindrischh, 1,35 — 1,5 *"- im Durchmesser und 10 — 11°“. lang. Die Vorkeimfalte ist äusserlich als schmaler, fast der ganzen Länge nach herabziehender Streif kenntlich, im Grunde aber doch eingesenkt; sie nimmt wie immer die äussere Fläche des Hodens ein, | Zunächst dieser Vorkeimfalte liegen, wie sonst, die jüngsten und kleinsten Hodenampullen von 0,07”. Durchmesser, ganz äusserlich die ältesten, welche reife Samenbüschel enthalten, Umgeben sind diese von einer an der Basis des Hodens ziemlich starken Stromazellenschicht, welche als Trägerin der Samencanälchen theils die Ampullenzone äusserlich um- fasst, theils in feinen unregelmässigen Zügen in diese selbst eindringt, Zwischen dem peripherischen Hodennetz und den ältesten Hodenampullen liegen ganz dünne zerstreute Fetzen von theilweise verödeten Follikeln; aber es fehlten die charakteristischen Pseudozellen vollständig. Die älteren mit deutlichen Samenbüscheln versehenen Ampullen’ lassen zweierlei Formen erkennen. Den jüngeren, aber nicht kleineren Am- pullen, in welchen nur in Umwandlung begriffene Samenbildungszellen, aber noch keine Zoospermenbüschel liegen, zunächst finden sich meist runde Follikel von 0,28—0,30"". Durchmesser, deren Zoospermenbüschel unge- mein regelmässig concentrisch geordnet mit den langgestreckten etwas welligen Köpfen von 0,06"®- Länge nach aussen, mit den Schwänzen in die Höhlung der Ampulle eintreten. Der Schwanz jedes Büschels (Taf. xVvI| Fig. 5, 7) ist in seiner äusseren Hälfte deutlich gestreift, in der inneren | scheinbar homogen, im Ganzen 0,08"®. Jang; er färbt sich namentlich in Haematoxylin viel weniger intensiv, als die Köpfe der Zoospermen. Diese letzteren sind im Ganzen (Taf. XVIFig.5,7) 0,14"®- Jang; sie bilden einen nicht ganz regelmässig prismatischen Büschel von etwa 0,02%%- Durchmesser, in welchem leicht ungefähr 60 Zoospermen zu zählen sind. Namentlich deutlich nach aussen zu scheinen sie von einer körnigen Hülle umgeben Arbeiten aus dem zoolog.-zootom. Institut in Würzburg. U. Bd, 13 360 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und zu sein, welche an der Follikelwand in die schon von Hallmann beschrie- benen körnigen Zellen übergeht. Der Kern dieser letzteren, die ich Deck- zellen nennen will, ist gross, oval und liegt ganz regelmässig zwischen dem Vorderende des Zoospermenbüschels und der Innenwand der Ampulle \(Taf. XVI Fig. 5, 7). Betrachtet man eine unverletzte Ampulle von oben "her, so sieht man (Taf. XVIFig. 9), dass die Büschel der Samenkörperchen fast ganz genau in der Mitte jeder Zelle liegen; den Kern der letzteren erkennt man aber nur schwer, da die äurch Haematoxylin sehr dunkel gefärbten Samenkörperchen ebenso viel Raum der Oberfläche einnehmen, wie jener. | ; Die nach aussen hin auf die eben beschriebenen folgenden Ampullen zeigen eine allmälig nach aussen fortschreitende Veränderung der Lagerung der Zoospermenbüschel. Die Zoospermen derselben legen sich dichter an- einander, sodass ihr vorderes Ende (Taf. XVI Fig. 6, 8) nur etwa den Ste — 6% Theil des Raumes einnimmt, wie vorher; gleichzeitig sind die Köpfe seitlich am Kern der Deckzelle vorbei bis hart an die Ampullenwand ‚ herangetreten ; es liegen somit die Zoospermenbüschel nicht mehr central ' in der Deckzelle sondern seitlich abgerückt, auch der Kern ist etwas zur Seite getreten, sodass er nun sehr deutlich neben jenen zu erkennen ist (Taf. XVI Fig. 10), wenn man die äussere Oberfläche einer unverletzten Ampulle einstellt. Schraubt man dann die Linse etwas tiefer, so sieht man durch den Kern hindurch noch einen zweiten scharfgerandeten Kör- per, (Taf. XVI Fig 10, 8, 6 x.) welcher neben dem Zoospermenbüschel liegt und ganz den Eindruck eines Kernes macht. Dieser Körper ist zuerst klein und rundlich; er tritt erst dann auf, wenn die Samenbüschel aus ihrer centralen Lage gegen die Deckzelle herauszurücken anfangen und er erreicht seine grösste Länge und Dicke (Taf. XVI Fig. 8 x.) erst, wenn jene so vollständig zur Seite geschoben sind, dass sie nun nicht mehr in einer Deckzelle, sondern zwischen je zweien zu liegen scheinen. Sie liegen immer ganz regelmässig an derselben Seite, wie der Kern; sie sind, wie dieser, umgeben von der gleichen Körnchensubstanz ; sie bilden eine sehr regelmässige Zone, (Taf. XVIFig. 8 x.) etwa in der Mitte des Kopftheils der Samenbüschel; sie färben sich weder in Carmin noch in Haematoxylin; in Iissigsäure lösen sie sich so wenig wie in Aether oder Terpentin; es können also auch keine Fettkügelchen sein. Die grosse Regelmäs- sigkeit ihrer Gestalt und Anordnung, wie ihres ersten Auftretens in fast reifen Ampullen lässt annehmen, dass sie in irgend einer Weise mit der letzten Ausbildung oder vielleicht der Ablösung der Samenbüschel aus der sie haltenden Deckzelle in Verbindung stehen; ihre Rolle in exaeter Weise und endgültig zu bestimmen, dürfte indessen eine kaum zu lösende seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 961 "Aufgabe sein. Soviel nur steht fest, dass ihre Bedeutung eine sehr rasch vorübergehende sein muss; sie rücken zwar bei der Abstossung der Samen- - büschel weiter gegen das Lumen der Ampulle zu und bleiben, wenn diese leer geworden ist, noch eine Zeitlang am unteren Ende der körnigen Deckzelle liegen, aber siegehen rasch zu Grunde, während die Deckzellen mit ihrem grossen Kern oft noch sehr regelmässig angeordnet in solchen entleerten Ampullen längere Zeit unverändert liegen bleiben. Dann sieht man auch, dass diese körnigen Deckzeilen conisch und eben so lang oder etwas länger sind, als der Kopflheil der Samenbüschel. Nach der Entleerung der Samen- büschel, oder wohl in Folge derselben, tritt eine bedeutende Abnahme des Volumens der Ampullen ein; kurze Zeit noch bleiben die körnigen Deck- zellen in ihrer natürlichen Lage, dann aber lösen sie sich ab, fallen unter Auflösung ihrer Körnchensubstanz in die Höhlung, wo nun die grossen Kerne nur von gering entwickeltem Zellendetritus zusammengehalten eine Zeitlang liegen bleiben. Die Art der Verödung war an den beiden mir zu Gebote stehenden Hoden nicht zu constatiren ; schr wahrscheinlich wird sie nur wenig von dem oben beschriebenen Verödungsvorgang der Am- pullen von Scymnus und Squatina abweichen. Die Untersuchung der Entstehung der Samenbüschel aus den Samen- bildungszellen (Spermatoblasten) war hier ziemlich leicht, wahrscheinlich wegen des vortrefilichen Erhaltungszustandes der Hoden. Die Zone der für die nächste Brunst reifenden oder schon gereiften Ampullen ist gegen die der jüngsten nicht gerade sehr scharf abgesetzt, indessen doch im Allge- meinen so bestimmt charakterisirt, dass es nothwendig ist, sie auseinander- zuhalten. In der nachher zu besprechenden Zone ganz junger Ampullen | geht nemlich — wie ich hier vorgreifend bemerken muss — die Ausbild- | ung der Spermatoblastzellen und zwar ganz ausschliesslich ihrer Zahl nach vor sich; währendin der hier allein in Betracht zu ziehenden Schicht die Umbildung der sehr charakteristischen Kerne jener Spermatoblastzellen in die eigentlichen Samenkörper erfolgt. Die Ampullen, in welchen die ausgebildeten Zoospermenbüschel | direet gegen den ovalen Kern der Deckzelle herantreten, haben im Mittel einen Durchmesser von 0,35—0,40””-; sie sind bald polyedrisch , bald fast kugelrund, Auf diese folgt gegen die Vorkeimfalte hin, eine Lage noch srösserer Ampullen, in welchen bald mehr, bald minder regelmässig die verschiedensten Ausbildungsstadien der Zoospermenbüschel in demselben Schnitte neben einander liegen. Die grössten derselben, 0,4— 0,44". im Durchmesser, sind den Entwicklungsstadien der Zoospermen nach die jüng- sten und zugleich grenzen sie hart an die Ampullen der nächsten Zone, 18* 362 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und in welcher nur die Ausbildung der eigentlichen Spermatoblastzellen vor sich geht. Den Ampullen mit graden Zoospermbüscheln folgen zunächst solche mit bauschig aufgetriebenen (s. Taf. XVII Fig.!7), aber sonst ebenso gelagerten viel kürzeren Büscheln ; d. h. die sich in Carmin und Haema- toxylin sehr stark färbenden Kopftheile der Zoospermenbüschel sind in diesen Ampullen (Taf. XVII Fig. 17 a) sehr viel kürzer, als in den nächst älteren der vorhergehenden Schicht. Sie treten, wie vorhin, mit ihren Kopf- enden auf den Kern der Deckzelle zu, nach innen verlängern sie sich in einen äusseren faserigen Theil und einen inneren ziemlich homogenen Schwanz. Umhüllt ist der bauschige und in einen dicken Faden ausge- zogene Zoospermbüschel von einer körnigen Schicht, welche aussen in die körnige Substanz der Deckzelle, hinten in den Schwanz übergeht. Auf der Oberfläche einer solehen Ampulle sieht man die Deckzellen deutlich polygonal gegen einander abgegränzt; ihr mittlerer Flächendurchmesser entspricht genau dem der Deckzellen in den jüngeren der vorhergehend ge- schilderten äusseren Lage. Weiter gegen die Vorkeimfalte zu folgen auf diese Ampullen mit bauschigen Spermatozoenbüscheln solche -(Taf. XVII Fig.14 b), in denen kleine, schwach Sförmig gebogene Stäbchen regellos innerhalb bestimmter schmaler Bezirke angeordnet sind. Der Inhalt jeder Ampulle ist dann durch radial gestellte Kegel gebildet, deren breitere Basis aussen an der Follikelwand ansitzt und der Breite der Deckzelle entspricht, deren Spitze in das Lumen des Follikels hineinsieht. Aussen an der Basis liegt &.. Kern der Deckzelle; diese geht ohne alle Unterbrechung (s. Taf. XVII Fig. 14) in den conischen Schlauch über, welcher die kleinen Stäbehen — Aus- bildungsstadien der Zoospermen — umhüllt. Aber über diese Zone der werdenden Samenkörperchen, welche im Mittel 0,04”. dick ist, verlängert sich der Körper des conischen Schlauches oder die Verlängerung der Deck- zelle noch um ein gutes Theil weiter in das Lumen der Ampulle hinein, Jedes der kleinen geschwungenen Stäbchen ist von einer deutlichen Zell- membran umschlossen (Taf. XVII Fig. 18 b); der Durchmesser der letzteren ist etwa 0,010""- Noch weiter gegen die Vorkeimfalte zu verändern sich der Kern der Deck- zelle, diese selbst und der von ihr ausgehende conische Schlauch nur wenig; es behält der letztere namentlich überall die gleiche Länge, die Deckzelle auch ihren mittleren Durchmesser bei. Dagegen liegen jetzt statt der in Bläschen eingeschlossenen kleinen Stäbchen eine ebenso grosse Anzahl von mehr oder minder unregelmässig gestreckten Kernen in Zellen, N) seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 263 deren Durchmesser von 0,011””- ein wenig grösser ist, als derjenige der Bläschen, in welchen die zu Zoospermen sich umbildenden Stäbchen liegen. Ihre Zahl ist annähernd dieselbe, wie in den nächstälteren Ampullen; aber sie nehmen einen grösseren Raum (Taf. XVII Fig. 14 a) in dem conischen Schlauch der Deckzelle ein; sie bilden hier schon eine Zone von 0,07==. Länge, während das Schwanzende dem entsprechend kürzer geworden ist. Noch weiter hin werden die unregelmässigen Kerne der im conischen Deckzellenschlauch eingeschlossenen Zellen rundlich, ohne sich stark zu vergrössern; die von ihnen eingenommene Zone des conischen Schlauches ist abermals länger geworden; von da an werden auch diese runden Kerne der im Schlauch eingeschlossenen Spermatoblastzellen grösser und zugleich lockerer, körniger, bis endlich in den jüngsten aber grössten Ampullen von über 0,4”=. Durchmesser die einzelnen (Taf. XVII Fig. 20) radiär gestellten Deckzellenschläuche gänzlich erfüllt sind von 3—4A unregel- mässigen Reihen von 0,015W®- grossen Spermatoblastzellen mit 0,009" - grossen, rundlichen körnigen Kernen; sie selbst laufen am centralen Ende in einen ganz kurzen conischen Zapfen aus (s. Taf.- XVII Fig. 20), welcher nichts andres sein kann, als der Rest einer für den ganzen Vorgang der Samenbildung ungemein wichtigen Zelle, welche weiter unten besprochen werden wird. Diese letzteren Ampullen gehören übrigens ebensosehr der hier besprochenen, wie der nächstfolgenden Zone an; eine scharfe Gränze ist hier so wenig, wie in den meisten Fällen zu ziehen, nur bei Acanthias und Mustelus habe ich gefunden, dass beide Zonen ziemlich scharf von einander geschieden waren. Dann gehörten aber freilich die Deckzellenschläuche mit den Spermatoblastzellen, deren Kerne rundlich und körnig waren, fast ganz der nächst jüngeren Zone an. Bei Scyllium canicula liess sich durch Isolirung solcher conischen Deckzellenschläuche feststellen, dass die Zahl der in ihnen vorhandenen grosskernigen, klein- kernigen und stäbchenkernigen Spermatoblasten so ziemlich übereinstimmt sie schwankt zwischen 50 und 60. Es stellt sich hiernach der Entwickelungsgang der Zoospermen inner- halb dieser Zone in folgender Weise dar, An der Grenze gegen die Vor- keimfalte zu liegen grosse Ampullen mit körnigen conischen Deckzellen- | schläuchen; in diesen eingeschlossen 50— 60 Spermatoblastzellen mit rund- lichen körnigen Kernen. Diese verlieren ihre Körnchenstructur, werden stark glänzend und allmälig kleiner (s. Taf. XVIIFig. 14, 18 und 20). Dann nehmen die Spermatoblastkerne eine etwas eingedrückte Gestalt, dann die Stäbchenform an; gleich darauf ziehen sich diese in die Länge, krümmen sich, werden dünner und gruppiren sich nun in immer kürzer werdenden Zonen innerhalb der Deckzelle, während diese ihre 364 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Grösse, Gestalt und Länge beibehält. Unter schwacher Längsstreckung legen sich erst die jungen Zoospermen bauschig geordnet aneinander, dann strecken sie sich immer mehr in die Länge und werden dabei immer ge- rader, bis schliesslich ein Büschel von etwa 50—60 fast ganz geraden Zoospermen mit gewundenem Schwanzanhang senkrecht auf den Kern der Deckzelle zutritt und mit dem Vorderende hart an diesen herantritt. Der Kopf der Spermatozoen geht ganz zweifellos hervor aus den Kernen der Spermatoblastzellen; er färbt sich, wie alle Kerne, ausnehmend ‚intensiv in Haematoxylin und anderen Färbemitteln. Wie aber der Schwanz \ entsteht, blieb mir unklar; wahrscheinlich nur durch die auswachsende Zelle. Bei dem geringen Interesse, das mir dieser Punct für allgemeinere Fragen wenigstens zunächst zu haben scheint, hielt ich es für überflüssig, viel Zeit an die Untersuchung desselben zu verschwenden. Bei Acanthias vulgaris scheinen die V’erhältnisse im Allgemeinen ganz ebenso, wie bei Scyllium zu sein. Der Hode ist eylindrisch, S— 9eim. lang und 1,2—1,5°® im Durchmesser; an seiner Aussenfläche läuft fast der ganzen Hodenlänge nach die Ureierfalte als ein äusserlich bemerkbarer schmaler und flacher Streif entlang, ist aber trotzdem tief in die Hoden- substanz eingesenkt. Der Erhaltungszustand gestattete nicht die Unter- suchung der Entwickelung der Zoospermen; die Schichtfolge, der in ver- schiedenen Entwicklungsstadien sich befindenden Ampullen, war dieselbe wie bei den anderen Gattungen, Zunächst der Vorkeimfalte war eine Zone junger Follikel von. 0,1—0,2""- Durchmesser ziemlich scharf durch von aussen eintretende Bindegewebsbündel von der zweiten viel grösseren Zone reifer Ampullen mit ausgebildeten Zoospermenbüscheln abgesetzt. Diese letzteren hatten einen Durchmesser von 0,50—0,45%"., Zu äusserst in der Basis des Hodens lagen eine Anzahl schon entleerter und in der Um- wandlung begriffener Ampullen; in Taf, XVI Fig. 4 habe ich eine grade im Ausstossen ihrer Zoospermenbüschel begriffene Ampulle abgebildet. Die Verbindung, die hier zweifellos zwischen der Höhlung der Ampulle und derjenigen des dünnen Samenganges besteht, ist nur eine vorüber- gehende: ursprünglich sind die Ampullen, wie schon Hallmann richtig an- gegeben hat, gänzlich geschlossen und ebenso schliessen sie sich wieder nach der Austreibung der Zoospermen und lösen sich dann meist gänzlich von ihren Samengängen ab. Wie bei Scyllium etc. bleiben die Deck- zellen in diesen Ampullen liegen, um in ihnen allmälig zu zerfallen und resorbirt zu werden, Es ist wahrscheinlich, indessen nicht zweifellos, dass diese in Rückbildung begriffenen Ampullen sich noch theilen können, wo- durch gleichzeitig mit dem durch die Austreibung des Samens hedingten seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 365 Schwund eine rasche und starke Volumverminderung bewirkt werden mag. . Vor der Entleerung der Samenbüschel gehen in den reifen Ampullen die- - selben Veränderungen in der Lagerung der Theile vor sich, wie ich sie bei Seyllium beschrieben. Ursprünglich stehen die Zoospermenbüschel genau im Centrum der polygonalen etwa 0,02—0,024"”- im mittleren Durchmesser grossen Deckzellen, von der Ampullenwand getrennt durch die rundlich-ovalen 0,015". grossen Kerne. Diese werden zur Seite gedrängt, die Zoospermenbüschel rücken mit ihren Köpfen ‚hart an die Ampullenwand heran und scheinen schliesslich ganz und gar zwischen den stark ver- längerten körnigen Deckzellen zu liegen. Es konnte leider nicht mehr entschieden werden, ob auch hier seitlich dieselben glänzenden ovalen. Körper auftreten, wie sie bei Scyllium gefunden wurden; sind sie vor- handen, so sind sie jedesfalls viel kleiner, als dort. Bei einem jungen ÜOentrophorus granulosus (Taf. XII Fig. 4) von 23m. Thoraxlänge hatten die beiden Hoden eine Länge von fast 4m; sie waren seitlich schwach zusammengedrückt, mit einer am Unterrande verlaufenden vorn schwach beginnenden nach hinten sich immer mehr ab- setzenden Vorkeimfalte, welche fast gleichzeitig mit dem eigentlichen schon ausgebildete Zoospermampullen enthaltenden Hoden aufhört, obgleich sie eich in die freie Kante des hinteren Theils des Mesorchiums fortzu- setzen scheint. Die Höhe des Hodens ist überall so ziemlich gleich. Auf dem Durchschnitt (Taf. XVII Fig. 16b) ist vorn die 0,4"m- hohe Ureier- falte nur schwach änsserlich vom eigentlichen Hodenumfang abgesetzt, hinten ist sie eine 1,2””- hohe, schmale und scharf vom Hoden abstehende Falte (Taf. XVII Fig. 16 a). Von dem Hoden ist sie überall durch quer- verlaufende Bindegewebsbündel ziemlich scharf getrennt, obgleich die in ihr liegenden Vorkeimketten mit den im ventralen Theil des Hodens lie- genden primitiven Ampullen in direeter Verbindung stehen, Durch diese Verbindungsstellen ist eben jene Querscheidewand, welche das Stroma des eigentlichen Hodens von dem der Vorkeimfalte trennt, unterbrochen. Die Struetur der eigentlichen Hodensubstanz ist ganz wie bei den anderen Arten. Zunächst der Vorkeimfalte liegt eine äussere Zone kleiner Ampullen, die einen im Mittel reichlich 3 mal so kleinen Durchmesser haben, als die ausgewachsenen Ampullen der zweiten basalen Zone mit ganz reifen Zoospermen. Diese nimmt den grössten Theil der Hodensubstanz ein. Die der ersten Zone unreifer Ampullen benachbarten Follikel enthalten nur Bildungszellen von Samenkörperchen ; sie haben im Mittel einen Durch- messer von 0,2””- Dann folgen gegen die Hodenbasis zu ovale Ampullen von 0,2” jängstem und O,15wm. kürzestem Durchmesser mit Zoospermen in Bildung oder schon reif zum Austreten; nach dem Entleeren ziehen 266 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und sich die Ampullen sehr rasch zusammen, die kleinsten wenig zahlreichen und hart am Mesorchium liegenden haben nur noch einen längsten Durchmesser von 0,1". bei 0,07%=- kürzerem. Dass dies wirklich Hoden- ampullen waren, bewies der allmälige Uebergang in solche, vor Allem aber die Anwesenheit von ebenso grossen Kernen innerhalb schwach ent- wickelter körniger Substanz, wie sie (von 0,015"%®. Durchmesser) in allen Deckzellen der Ampullen der zweiten reifen Zone des Hodens leicht zu erkennen waren, Die bei Scyllium aufgefundenen ovalen Körper schienen hier zu fehlen, sonst aber war die Uebereinstimmung in Bezug auf das Lagerungsverhältniss der Zoospermenbüschel zu den Deckzellen der Am- pullen eine vollständige Eine Verödung der entleerten Hodenfollikel hatte noch nicht begonnen. Ohimaera monstrosa stimmt in Bezug auf die histologischen Ver- hältnisse durchaus mit Acanthias und Seyllium überein; auch hier werden die Deckzellen der Ampullen und ihre Zoospermenbüschel von den gleichen Lageveränderungen betroffen, wie ich sie dort ausführlich geschildert habe. Die Deckzellen sind polygonal und ebenso gross, wie bei Acanthias und Seyllium, ihre Kerne oval, 0,015®=- lang. An der Hodenbasis lagen eine Anzahl degenerirter Ampullen; ihre Umänderung war jedoch keine so vollständige geworden, wie bei Squatina und Scymnus. Sehr abweichend ist indessen Gestalt und Lagerung der Vorkeimfalte. Der Hode selbst ist nierenförmig, 2,9°=- Jang, schwach plattgedrückt!); an seiner Aussenfläche bildet die Vorkeimfalte einen flachen Bogen; sie springt in der Mitte des- selben mit einem Zipfel stark vor (Taf, XVII Fig. 4 pro.), verliert sich hinten rasch auf der Hodenfläche, nach vorn aber setzt sie sich in eine vom Hoden abtretende und in das Vorderende der Genitalfalte übergehende Lamelle fort. Gegen die jüngsten Ampullen der centralen Hodenmasse ist der eingesenkte Theil dieser Ureierfalte durch concentrische sie um- gebende Bindegewebszüge ebenso abgesetzt, wie bei allen anderen Gat- tungen. Von Rochen habe ich. nur Torpedo ocellata genauer untersuchen können. Der Hode ist eiförmig, platt, die Ureierfalte kurz und flach, kaum halb eo lang wie jener und sie gehört gänzlich der Aussenfläche an, Histologisch sind die Verhältnisse genau, wie bei den andern Gattun- gen; auch die Grösse der einzelnen Elemente — der Deckzellen etc. — stimmt so ziemlich. An der Basis des Hodens war keine Schicht dege- N) 8, Leydig, Zur Anatomie und Histologie der Chimaera monstrosa, Müller’s Archiv 1851 p. 241 Taf. X Fig. 7. seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 67 nerirender Ampullen zu bemerken, obgleich reife Zoospermenbüschel in . den äusserlichsten Follikeln lagen. Das Thier befand sich also offenbar - eben vor der ersten Brunst. Ganz ähnlich verhält sich Temera Hardwicki; der eiförmige Hode ist 10°"- lang, 5"®- breit; die Ureierfalte kurz und vollständig der Aussenseite angehörend. Nach Vogt, Pappenheim und Hallmann sind die Hoden anderer Rochen (Raja) stark plattgedrückt, dem Eierstock ähnlich, Die hier mitgetheilten Thatsachen zeigen im Verein mit den im ersten Abschnitt angegebenen, dass bei jeder Brunst eine gewisse Anzahl von Ampulien und zwar die der Basis des Hodens und dem rete vascu- losum zunächst liegenden entleert werden, um dann zu veröden; durch die in der darauffolgenden Brunst sich neu ausbildenden Ampullen werden jene immer mehr nach aussen und gegen die Basis hin gedrängt, gerathen so zum Theil zwischen das Hodennetz und bilden eine Schicht von zellen- ähnlichen Gebilden, die in ihrer Dicke mit dem, Alter des Thieres zu- nimmt. Es sind also jedesmal neue Ampullen, welche bei Wiederholung der Brunst die Bereitung von Zoospermen zu übernehmen haben; dies aber setzt auch eine Stätte für die Umbildung junger Ampullen voraus, da die Zahl der halbausgebildeten Reservefollikel im Hoden eines in erster Brunst befindlichen Thieres höchstens noch für eine zweite genügen würde, Die Richtung, in welcher die verschiedenen Umbildungsstadien eines und desselben Hodens auf einander folgen, deutet auch schon recht scharf die Ursprungsstätte der Ampullen an: es ist die Vorkeimfalte, gegen welche heran immer die jüngsten Ampullen treten, um sich in diese hinein in sehr eigenthümlich gebaute Zellenschläuche fortzusetzen. Die Untersuchung dieser leizteren wird uns später den Beweis liefern, dass es in der That die zelligen Schläuche oder Zellenketten der Vorkeimfalte sind, in denen wir die Ursprungsstätte der bei jeder erneuten Brunst zum Ersatz vor- rückenden Ampullen zu sehen haben. Die Entwickelung der Zoospermen und Ampullen der Plagiostomen ist bereits einige Male Gegenstand der Untersuchung gewesen. Zuerst hat Hallmann !) hierüber berichtet. Er beschreibt verästelte Canälchen, an deren Enden, wie auf Stielen, theils runde grössere, theils ovale kleinere Bläschen sitzen; jene sind gegen den Stiel hin, der ein Lumen hat, gänz- lich geschlossen; sie haben ein deutliches Epithelium; die Samenbüschel, 1) E. Hallmann, Ueber den Bau des Hodens und die Entwickelung der Samen- thiere der Rochen, Müller’s Archiv 1840 p. 467 Taf. XV Fig. 1—6. 368 SEMPER; Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und deren Entstehung er nicht verfolgt, liegen in grossen Zellen (l. c. Taf. XVI Fig. 4); als frühere Bildungsstadien der letzteren sieht er Zellen an, in welchen mehrere grosse und eigenthümlich gekörnte Zellen liegen (l. c. Fig. 3 e, f). Seine Epithelialzellen sind offenbar die von mir sogenannten Deckzellen der Ampullen; die Vorkeimfalte ist ihm gänzlich entgangen. Lallemand giebt 1841!) eine sehr ungenügende Beschreibung, die weit hinter der Hallmann’schen zurücksteht. Vogt und Pappenheim?) geben den Endblasen zuerst den Namen Ampullen. Sie finden, wie Hallmann, aussen eine kreidige Schicht (substance crayeuse) von ovalen und kleineren Ampullen, welche sich viel directer mit ihrem Stiel verbinden, wie die kugeligen; sie sehen gleichfalls das polygonale Epithelium der Ampulle; sie haben endlich die grosse Regelmässigkeit der radialen Anordnung der Samenbüschel schon bemerkt. Ihre Beschreibung der Entstehung der Ampullen aus der kreidigen Substanz des Hodens (d. h. dem Stroma ?) ist mir indessen völlig unverständlich; sie haben, wie alle andern Be- obachter, die Vorkeimfalte übersehen, die Zuwachslinie derjungen Ampul- len nicht gekannt, also auch über die Bildungsweise derselben nicht in’s Klare kommen können. Druch?) endlich bringt nichts Neues. Seine Ab- bildungen sind indessen besser, als die von Hallmann und Lallemand; er opponirt Vogt und Pappenheim in Bezug auf die Entstehung der Am- pullen aus ihrer „substance cerayeuse“ und bezeichnet diese vielleicht mit Recht als Stroma des Hodens; aber auch ihm entgeht die Vorkeimfalte und damit fehlt ihm, wie allen andern Beobachtern, das eigentliche Ver- ständniss vom Wachsthum und Entstehung der Hodenampullen. IT c. Die Zone junger (für die zweite Brumst bestimmter?) Am- pullen. Oxyrkina glauca. Nur ein junges männliches Exemplar von reich- lich 1 Meter Länge konnte untersucht werden. Die ganze Genitalfalte, in welcher der Hode äusserlioh gar nicht zu erkennen war, wurde in einem Gemisch von Chromsäure und Osmiumsäure erhärtet; sie ist 20° m. Jang, fast so lang, wie der Thorax mit schr stark entwickeltem epigonalen Organ und im Mittel überall 1,5°"- hoch und schr diek; vorne stossen beide Geni- talfalten in der Mittellinie an einander an, sodass (wie bei Galeus) das 1) Lallemand, Observations sur le developpement des Zoospermes de la Raie. Ann, d. Se. Nat. 3 Ser. T. XV. 1841 p. 257 Pl. 10. 2?) Vogt und Pappenheim, Recherches sur l’anatomie comparde des Organes de la generation chez les Animaux vertöbres, Ann. d. Sc. 4, Ser. Taf, XII 1859 p- 100—107, 3) 1. c, pag. 19 sqg. Pl. II seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere, 369. Mesenterium hier unterbrochen wird, ‘im hinteren Dritttheil vereinigen sie sich auch in der Mittellinie vollständig. Das epigonale Organ geht nach "vorn direet in das Stroma des Hodens über; der letztere ist mit seiner Vorkeimfalte so vollständig in jenes eingesenkt, dass äusserlich keine Spur weder des Hodens, noch der Vorkeimfalte zu bemerken ist. Der eigentliche Hode, d. h, die Zone der ausgebildeten Ampullen bildet am vorderen Ende der ungefähr 1,5°"- hohen und ziemlich dicken Genitalfalte einen etwa 2,5°m- Jangen, ovalen, ganz in das Stroma eingesenkten Kör- per (Taf. XVII Fig. 7), dessen äusserer Fläche die kleine Vorkeimfalte hart anliegt (Taf. XVII Fig. 7 pro.). Von dieser Masse aus gehen stellenweise unregelmässig geformte Samencanälchen durch die Stromazellenschicht hin- durch auf einen in der dicken Hodenbasis liegenden Längscanal zu (Taf. XVII Fig. 7 ec), den ich hier als Centralcanal des Hodennetzes bezeichnen will. Dieser Centralcanal verlängert sich über das hinten abgerundete Ende der eigentlichen Hodenampullenzone noch 1,5°%- weit hinaus; eben- so weit erstreckt sich auch die Vorkeimfalte in dem epigonalen Organ nach hinten, ohne jemals (wie bei anderen Arten) an ihrem hinteren Ende an die freie Kante der Genitalfalte heranzutreten. Sie bleibt hier also überall eine vollständig eingesenkte. Gleichzeitig ist der Centralcanal des Hoden- netzes viel näher an die Vorkeimfalte herangerückt (Taf, XVII Fig. 11 ec). Obgleich nun die Vorkeimfalte hier, wie immer, der Ort ist, von welchem aus die Erzeugung der eigentlichen Hodenampullen vor sich geht, so hat sie in diesem hinteren Theile doch noch keine solchen aus sich hervor- gebildet, sondern nur die Anlage dazu. Da aber die Ausbildung der Theile der Vorkeimfalte, aus welchen die jüngsten Ampullen hervorgehen, in direc- tester Beziehung steht zu der Entstehung und Umbildung der Vorkeimfalte selbst, so kann die Structur dieses hinteren Hodenabschnittes, welchem ausgebildete Follikel gänzlicb fehlen, erst im zweiten entwickelungsge- schichtlichen Abschnitt geschildert werden. Im vorderen eigentlichen Hodenabschnitt bilden die jüngsten Hoden- ampullen verschieden grosse Drüsentrauben, welche in ihrer Längsrichtung meistens concentrisch auf die Vorkeimfalte zustreben (Taf. XVIIFig. 8 a) und um diese etwas mehr alseinen Halbkreis bilden. Die der Kreisfaserschicht der Vorkeimfalte zunächst liegenden Primitiv-Ampullen sind die jüngsten und kleinsten; sie haben durchschnittlich einen Durchmesser von 0,037". In diesen befinden sich (Taf. XVII Fig. 13 «&) zweierlei Sorten von Zellen. Eine grosse mit körnigem runden Kern versehene Zelle liegt an der einen Seite der Primitivampulle; die übrige Hälfte ist eingenommen von kleineren nur schwer darstellbaren Zellen mit sehr intensiv sich färbenden und läng- lich unregelmässigen Kernen ohne deutliche Körnelung. Jene grösseren - 970 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und ' will ieh die Körnchenzellen der sich bildenden Ampullen nennen. Die Zahl dieser (in einem grössten Kreisdurchschnitt liegenden) Körnchenzellen ist im nächsten Stadium (Taf. XVII Fig. 13 ß) auf 3 oder 4 gestiegen; ebenso haben sich die Zellen mit länglichen Kernen vermehrt, diese aber schieben sich stellenweise zwischen jene ein und gerathen auch an die Aussenfläche der Ampulle, welche nun einen Durchmesser von 0,052"m- hat. Gleichzeitig beginnt eine Höhlung im Inneren des Follikels aufzu- treten; sie entsteht wahrscheinlich durch blosse Ausweitung desselben ohne entsprechendes Wachsthum der einzelnen Zellen; mitunter scheint auch eine central gelegene Zelle hier resorbirt zu ‘werden, in der Regel aber findet sich hier nur ein sternförmiger (Taf. XVII Fig.9,10) schleimiger Körper, der sich in Haematoxylin fast gar nicht, in Carmin etwas besser färbt. Die Ampullen sind nicht ganz kugelig, sondern schwach birn- förmig; gegen das eine Ende zieht sich auch die centrale Höhlung in schwacher Verdünnung aus und mitunter sieht man hier cinen soliden Propf von Zellen ansitzen, deren Kerne (Taf. XVII Fig, 9) langgestreckt sind und quer auf die Längsaxe desselben gestellt sind. Dieser im An- fang ganz solide Strang ist der Beginn eines Samencanals; sein später auftretendes Lumen ist gegen die Höhlung der Ampulle durch eine oder zwei quer gestellte Zellen abgeschlossen. Dieser Ansatzstelle des späteren Ausführganges des Follikels entsprechen in dem letzteren auch immer etwas kleinere Körnchenzellen und eine grössere Anzahl von Zellen mit länglichen Kernen, Haben die Ampullen einen Durchmesser von 0,067": erreicht, so findet sich schon eine deutliche Anordnung der Zellen in 2 Schichten (s. Taf, XVII Fig. 9, 10); zu äusserst lagern sich die schmalkernigen Zellen epithelartig, aber noch unregelmässig, um die das Lumen begrän- zenden grösseren Körnchenzellen herum; von den letzteren finden sich im grössten Kreisdurchschnitt 7—9,. Endlich bei 0,091" Durchmesser fin- den sich inwendig etwa 14—15 grosse Körnchenzellen (im grössten Um- kreis) und in sehr regelmässiger Schicht aussen um diese reichlich 30 Zellen mit länglichen Kernen, Der Uebergang in die nächst grösseren Ampullen von eiwa 0,12 "m Durchmesser ist hier unklar geblieben, In diesem Stadium aber fanden sich nicht mehr die grossen centralen Körnchenzellen, statt derselben viel- mehr schmale conische mit gleichfalls langgestreckten, körnigen und mit- unter abgestutzten Kernen, Auf diese folgten dann nach aussen zu 2—5 rundliche Kerne, welche sich sehr stark färbten, in radialer Reihe, die schmalen Kerne waren gänzlich verschwunden und wahrscheinlich in die seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 971 runden der äussersten Reihe übergegangen. Ein grösster Kreisschnitt einer solehen Ampulle zeigt also jetzt eine ungemein regelmässige Ringschicht von 2—3 selbst 4 rundlichen radial auf das Centrum der Höhlung zustre- benden Kernen, gegen das Lumen zu von einer einfachen Zone schmalconischer Zellen mit körnig-blassem Kern abgegränzt. Je eine Reihe solcher rund- licher und conischer Kerne ist umschlossen von einer körnigen Substanz, die von den benachbarten Kegeln mehr oder minder scharf abgesetzt er- scheint, wenn auch eine die körnige Masse derselben umhüllende Mem- bran durchaus nicht nachzuweisen ist. Die weitere Umbildung konnte an dieser Art nicht verfolgt werden; dagegen lieferte Seyllium canicula in jeder Beziehung brauchbare Resultate, Seyllium canicula. An denselben Hoden, deren gröbere Verhält- nisse weiter oben geschildert wurden, konnte auch die Entstehung der eigentlichen Spermatoblastzellen und der Samenkörperchen Schritt für Schritt verfolgt werden. Der Vorkeimfalte zunächst liegen auch hier wieder, zu Trauben zu- sammengeballt, etwa 0,04""- im Durchmesser haltende Primitivampullen mit je einer grossen Körnchenzelle und mehreren schmalkernigen Zellen. Während der Follikel wächst, vermehren sich beide Zellformen und es ist wahrscheinlich, dass die Körnchenzellen mit ihren grossen runden Kernen hervorgehen aus einer Umwandlung der schmalkernigen Zellen. Haben die Ampullen einen Durchmesser von 0,05"®- (Taf. XVII Fig. 24), so finden sich im grössten Kreisschnitt schon 3—4 Körnchenzellen (Taf. XVII Fig. 24 b) und hie und da zwischen ihnen oder auch schon äusserlich die charakteristischen schmalkernigen Zellen; die hier schon vorhandene centrale Höhlung wird jedoch vorzugsweise von jenen begränzt, Haben die Ampullen einen mittleren Durchmesser von 0,07—0,08"". erreicht (Taf, XVII Fig. 23), so ist die Höhlung im grössten Kreisschnitt bereits begränzt von bis zu 16—15 Zellen mit langgestrecktem oder eirundem körniger Kern, welcher, wie die Uebergangsstufen lehren, hervorgegangen ist aus den ursprünglich runden körnigen Kernen der Körnchenzellen in den Primitivampullen. Es bilden diese Zellen ein mitunter sehr regel- . mässiges conisches Epithel um die Höhlung herum. Nach aussen von den | länglichen gekörnten Kernen liegt eine Zone grosser, runder und ziemlich | homogener Kerne, von denen jeder je einem körnig-ovalen inneren Kern entspricht. Trotz aller darauf verwandten Mühe konnte ich nicht ent- scheiden, ob dieser äussere runde Kern hervorgegangen sei aus den schmalen Kernen der Primitivampullen, Aber dies ist nicht wahrschein- lich; denn auch in diesem Stadium fanden sich noch zwischen den Eu 972 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und conischen Zellen mit gekörnten Kernen (Taf. XVII Fig. 23) ziemlich häu- fig die characteristischen schmalen Kerne der früheren Stadien und zwar in einer solchen Lage, dass es schwer verständlich ist, wie sie sich zu den peripherisch gelagerten runden, je einer conischen Epithelzelle ent- sprechenden Kernen umwandeln sollten. Ich glaube vielmehr, dass jene ausschliesslich zur Vermehrung der Zahl der conischen Epithelzellen dienen, und dass diese dann die runden Kerne der peripherischen Lage in der- selben Weise aus sich erzeugen, wie sie auch die grosse Zahl der in den grössten Ampullen dieser Zone liegenden Spermatoblastkerne hervor- bringen. j Sind sämmtliche schmalen stark sich färbenden Kerne in der jüng- ‚ sten Ampulle verschwunden, so hat diese nun eine innere Lage von coni- ' schen Epithelzellen mit länglichen gekörnten Kernen, eine äussere mit grossen runden ziemlich homogenen Kernen; Je einer der Letzteren gehört ' zu einer der ersteren; die sie umgebende Protoplasmamasse hängt unter einander inniger zusammen, als mit den Nachbarn und da sie von diesen ‚ durch allerdings sehr feine, aber doch bemerkbare spaltförmige Grenzen ' geschieden sind, so scheint jeder Follikel zusammengesetzt zu sein aus einer einfachen Lage grosser conischer Zellen mit je 2 Kernen. Die nächst grösseren Ampullen (Taf. XVII Fig. 22) lassen die Grenzen der benach- barten Zellen ebenso gut erkennen; aber nun liegen in ihnen schon 2 fast eoncentrische Reihen von grossen, runden homogenen. Kernen, nach innen aber dieselbe Lage von ovalen oder gestreckten körnigen Kernen. Gleich- zeitig ist die conische Zelle mit ihren 3 Kernen sehr viel länger gewor- den, als sie vorhin war. Die Zahl der so radiär und meist sehr regel- mässig gestellten runden Kerne nimmt bis auf 6 oder 7 zu, ohne dass dabei die inneren körnigen Kerne verschwinden, obgleich jene aus diesen durch‘ Knospung hervorgehen, wie sich leicht zeigen lässt. Man bemerkt nemlich sehr leicht schon dann,. wenn erst je 2 runde Kerne in einer Reihe liegen (Taf. XVII Fig. 22), dass die körnigen Kerne oft sehr ungleich an Länge sind; noch deutlicher wird dies in etwas älteren Ampullen, in welchen 4—5 runde Kerne schon vorhanden sind (Taf, XVU Fig. 21, 19). Der eine ist oval (Taf. XVII Fig. 19) und aussen stumpf abgerundet, er ragt weit über die benachbarten und aussen stumpf abgestutzten oder selbst etwas ausgehöhlten Kerne hervor. Seine Entfernung von dem zugehörigen innersten runden Kern ist sehr wech- selnd, manchmal liegt dieser sogar wie in jenen eingesenkt (Taf. XVII Fig. 19 a), ohne nur durch die mindeste Spur von Protoplasma von ihm abgegrenzt zu sein. Diese Bilder scheinen mir zu beweisen, dass in der seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 973 That die runden Kerne durch Knospung und Abschnürung vom äusseren Ende der ovalen Kerne entstehen; sie können überhaupt auch gar nicht | anders gebildet werden, da Theilungsstadien der runden Kerne selbst nie- mals vorkommen. Ist dann die Zahl der in einer Reihe aufgereihten Kerne, welche nichts andres sind, als die Kerne der Spermatoblastzellen, bis auf 7 oder 8 etwa gestiegen, so beginnen sie sich innerhalb der be- ständig wachsenden primären conischen Zelle zu verschieben und in 3—4 unregelmässigen Reihen unter beständiger Vermehrung ihrer Zahl durch fortgesetzten Knospungsprozess von dem körnigen Kern her zu ordnen. Hat endlich die Ampulle einen Durchmesser von reichlich 0,3”""- erreicht | (Taf. XVII Fig.20), so liegen nun in je einer conischen Zelle je 50—60 runde Kerne dicht an einander, ausserdem aber ganz aussen hart unter der Follikelwand ein grosser, flacher, körniger und nur schwach sich fär- | bender Kern (Taf. XVII Fig. 20), welcher nichts andres ist, als der schon früher besprochene Deckzellenkern. Am centralen Ende (Taf. XVII Fig, 20 a) ist der ovale körnige Kern völlig verschwunden, und hier bildet | die conische Umhüllungszelle einen kleinen verschieden grossen homogenen | Fortsatz. Es scheint sich also der ovale Kern, welcher direct entstanden | ist aus den runden körnigen Kernen der primitivsten Follikel (Taf. XVII Fig. 12) allmälig zu erschöpfen und aufzulösen bei dem von ihm aus- gehenden Knospungsprozess der Spermatoblastkerne. Von da an vergrössert sich die Ampulle bis auf 0,42—044"m. Durch- messer, ohne dass eine Vermehrung der Zahl der in je einer conischen Zelle enthaltenen Spermatoblastkerne stattfindet. Diese letzteren sind übrigens gleich von Anfang an umgeben von einer allerdings recht dünnen Schicht von Protoplasma, welche sich von der dem benachbarten Kern zugehörigen deutlich abgränzt, ohne freilich je eine eigentliche Membran zu bilden. Es liegen also innerhalb der primären conischen Mutterzelle, deren primärer Kern der ovale körnige centrale Kern ist, schliesslich eine grosse Menge — bis 60 — Sperma- toblastzellen mit rundem Kern, aber ohne Membran. Schon Hallmann beschreibt dies, wie oben angegeben, ganz richtig, obgleich er Form, Lagerung und Entstehung der Mutterzelle nicht kennt. Der einzige mir zweifelhaft gebliebene Punet ist die Enstehung des |\ Deckzellenkerns, Es leidet keinen Zweifel, dass er immer mit der ihn umgebenden körnigen Substanz der conischen Mutterzelle der Spermato- blasten dicht anliegt, eine Grenze zwischen beiden ist nie zu finden und nach der Entleerung der Follikel liegt er ganz unzweifelhaft in der kör- nigen eonischen Zelle selbst, Esliegt daher nahe, ihn durch die Umwandlung 274 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und der äussersten Lage der durch Sprossung entstandenen runden Kerne ent- standen zu denken und dann würde er morphologisch den Spermatoblast- kernen völlig äquivalent sein. Es ist mir indessen niemals gelungen, diese Umwandlung zu beobachten; in Ampullen mit 4 oder 5 runden Kernen habe ich weder solche Deckzellenkerne gesehen, noch auch Vorbereitungen zu einer Veränderung der äussersten Lage bemerkt; in solchen mit 6 Reihen aber war immer der Deckzellenkern leicht zu erkennen und gleich von Anfang an gekennzeichnet durch seine Durchsichtigkeit, schwache Körnelung und geringe Neigung, sich namentlich in Haematoxylin zu färben. Es liegt daher nahe, ihn von den schmalen Kernen der primitiven Ampullen abzuleiten. Aber auch hierfür habe ich keine bestimmte An- haltspunete gewinnen können; ausserdem bliebe dabei einstweilen wenig- stens die Thatsache unerklärt, dass er im ausgebildeten Follikel ganz ent- schieden der conischen die Samenkörperbüschel enthaltenden Zelle ange- hört. Mit dem mir zur Verfügung stehenden Material ist es unmöglich, diese Lücke auszufüllen, was um so mehr zu bedauern ist, als, wie sich im dritten Abschnitt zeigen wird, ganz ähnlich gelagerte und gestaltete Kerne im Hoden andrer Thiere den Schluss auf analoge Veränderungen im wachsenden Hodenfollikel nahe legen, wie ich sie hier von Plagiosto- men in ganz vollständiger durch keine erhebliche J,ücke unterbrochener Reihenfolge zuerst geschildert habe. Auch bei allen anderen Plagiostomen sind die Vorgänge bei der Ausbildung der von Spermatoblastzellen erfüllten Ampullen ganz dieselben, wie sie hier genauer von Seyllium geschildert wurden. Die Zahl der Spermatoblastkerne innerhalb einer conischen Mutterzelle schwankt zwi- schen 50 und 60; bei den meisten Arten sind selbst die Grössen der einzelnen Umbildungsstadien ziemlich übereinstimmend, nemlich etwa 0,4””- Durchmesser bei den grössten reife Spermatoblasten enthaltenden Ampullen; nur bei Mustelus vulgaris haben diese letzteren, welche bei der Ausbildung der Zoospermen allmälig wieder kleiner werden, einen mittleren Durchmesser von 0,3%”, Verhältniss der Körnchenzellen und schmalkernigen Zellen in den primitiven Ampullen, Ausbildung des centralen Hohlraums derselben, Entstehung der Samenkörperchen und Samenbüschel, deren Lageveränderung und Austreibung, Veränderung der zurückbleibenden Deckzellen in den entleerten Ampullen; alle diese ein- zelnen Phasen stimmen bei den verschiedensten Rochen, Haien und Chi- maera so vollständig überein, dass es wohl gestattet ist, die an verschie- denen Objecten gewonnenen Resultate zu einem für die ganze Gruppe typi- schen Gesammitbilde zu vereinigen, das gewiss noch in Einzelheiten ver- seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 275 vollständigt, aber seinen Grundzügen nach sicherlich nicht mehr verändert werden wird. Der Anfang des sich ausbildenden Hodens im jungen Thier besteht in der Entstehung eines verdickten Basaltheils der Genitalfalte, an dessen ventraler Kante eine die Länge des Hodens nach hinten bestimmende Falte ganz äusserlich ansitzt, welche ich die Vorkeimfalte genannt habe, da sich in ihr die zelligen Elemente befinden, durch deren Umbildung der keimbereitende Theil des Hodens erst entsteht. In dem Masse, wie aus ihr Primitivampullen in das Stroma des eigentlichen Hodentheils gerathen, nimmt dieser nach allen Richtungen an Ausdehnung zu, aber durchaus nicht immer gleichmässig; sodass bald die ursprünglich die ventrale Kante einnehmende Vorkeimfalte nun an die Aussenfläche des sich vergrössern- den Hodens zu liegen kommt. Die Vorkeimfalte selbst nimmt gar nicht an Dicke oder Höhe zu, sodass sie bald an dem dicken Hoden als ganz feine Falte äusserlich ansitzt, ja sie kann sogar allmälig ganz verstreichen, sodass sie äusserlich nur als schmales Band zu erkennen ist, oder sie kann auch so durch die aus ihr hervorgehenden Ampullen umwuchert werden, dass sie schliesslich ganz und gar in dasInnere des Hodens zu liegen kommt. Dass diese Umbildung der Lagerung der Vorkeimfalte in der That inner- ‚halb der Organe desselben Individuums vorkommen kann, beweisen die oben gemachten Angaben über die Structur des ganz jungen und des ganz alten Hodens von Squatina; bei jenem ist die Vorkeimfalte ganz äusserlich, bei diesem zum grössten Theil innerlich. Der Vorkeimfalte zunächst liegen immer die Primitivampullen oder die jüngste für die erste Brunst bestimmte Zone von sich ausbildenden Ampullentrauben. In allen Primitivampullen liegen grosskernige Körn- chenzellen und schmalkernige Zellen; diese wandeln sich wahrscheinlich in jene um, welche sich epithelartig um das durch Auseinanderweichen entstandene Lumen der Ampulle herumlegen. Durch Knospung und Ab- schnürung von den ovalen Kernen der den centralen Hohlraum epithel- artig begränzenden conischen Zellen und gleichzeitige bedeutende Grössen- zunahme der letzteren entstehen zuerst regelmässig, nachher unregelmässig geordnete Reihen von grosskernigen Spermatoblastzellen, welche innerhalb der Mutterzelle eingeschlossen durch den grossen ovalen Kern der Deck- zelle von der Hülle der Ampulle getrennt sind. Ist die Zahl der Sper- matoblasten auf ungefähr 60 in je einer conischen Zelle gestiegen, so ist der ovale central gelegene Kern verschwunden, durch dessen Knospung die runden homogenen Kerne der Spermatoblasten entstanden sind; gleich- zeitig hat die Ampulle ihre bedeutendste Grösse erreicht. Nun beginnt Arbeiten aus dem zoolog.-zootom, Institut zu Würzburg, II, Bd, 19 976 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und die Ausbildung der Zoospermen; die Kerne werden erst grobkörnig, dann rasch kleiner, sehr dicht und glänzend, dann nehmen sie unregelmässige Halbmondsgestalt an, ziehen sich zu Stäbchen aus, die immer dünner und länger und dabei Sförmig gekrümmt werden; gleichzeitig nehmen sie innerhalb der sich kaum verkürzenden conischen Mutterzelle, die aussen in die Deckzelle übergeht, eine immer kürzer werdende Zone hart am Deckzellenkern ein, während die Ampulle ihren Durchmesser nur un- bedeutend verkleinert. Zuerst liegen die Sförmigen Stäbchen in der schmalen Randzone ganz unregelmässig; dann ordnen sie sich zu bauschi- gen Bündeln, welche mit dem Kopfende auf den Deckzellenkern zutreien, mit dem Schwanzende in den centralen Theil der sie umhüllenden coni- schen Zelle hineinsehen. Während ihre Schwanzenden in diese hinein- wachsen, die Kopfenden auch länger werden, streckt sich der ganze Bü- schel fast völlig gerade und erfüllt nun wieder die conische Mutterzelle fast bis an ihr innerstes centrales Ende. Nun rücken die Kopfenden der Samenbüschel immer dichter an einander und werden durch den stark anschwellenden Deckzellenkern ganz zur Seite geschoben; gleichzeitig tritt ungefähr in der Mitte der conischen Mutterzelle seitlich am Zoo- spermbüschel ein eigenthümlicher Körper auf, welcher in dem Masse, wie der Büschel von Samenfäden zur Seite getrieben wird, mehr nach innen zu rücken scheint, Sind endlich die Zoospermbüschel zwischen die ein- zelnen Deckzellen gerathen und von der körnigen Umhüllung ihrer Mutter- zelle befreit, so liegt nun der ovale problematische Körper am innersten Ende der letzteren; gleich darauf fallen jene in das Lumen der Ampulle, um nun in den schmalen Ausführgang hineingepresst zu werden. Dies’ geschieht vielleicht nur mechanisch; denn gleichzeitig mit der Austreibung der Samenkörperchen und auch schon etwas vorher findet eine sehr be- deutende Contraction der ganzen Ampulle stätt, wie die ganz ausnahms- los bei allen Arten sehr verkleinerien Durchmesser derselben gegenüber den grössten Ampullen mit halb ausgebildeten Samenkörperchen beweisen, Das gleichzeitig stattfindende Quellen der Deckzellen und ihrer Kerne mag, ebenfalls das Ausstossen der Zoospermenbüschel befördern helfen, In den leeren Ampullen, welche durch die von innen her nachdringenden neu sich ausbildenden Follikel plattgedrückt werden, bleiben die Deck- zellen zurück; sie lösen sich auf und peripherisch um ihre Kerne beginnt unter fortwährender Verkleinerung der Ampullen die Ablagerung einer eigenthümlichen Rinde, welche schliesslich sogar die Höhlung des Follikels gänzlich auszufüllen vermag; dabei findet eine fortwährende Auflösung der eingeschlossenen Kerne statt, sodass in den letzten Verödungsstadien die Ampullen das Ansehen von eigenthümlichen Zellen annehmen seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 977 können. Da nun immer die dem ersten Centralcanal des Samennetzes naheliegenden Ampullen zur Ausbildung und Rückbildung kommen, diesen - aber von einer Linie, der Vorkeimfalte, her immer neue Follikel nachrücken, so werden mit zunehmendem Alter des Hodens immer dicker werdende Schichten von verödeten Ampullen an der Basis des Hodens, diesen nach beiden Seiten immer mehr umgreifend, abgelagert. Und da gleichzeitig die Vorkeimfalte, die ursprünglich aussen lag, allmälig durch das Wachsthum des Hodens ganz in diesen hineingeschoben wird, so kann es kommen, dass, wie bei dem untersuchten sehr alten Hoden von Squatina, diese innere Vorkeimfalte und die sie umgebenden jungen oder halb ausgebilde- ten Follikel von allen Seiten her durch eine Schicht verödeter Ampullen umfasst werden. Immer aber sind diese verödeten Lagen an der Stelle ‘der Basis, welche der Lage des primitiven Centralcanals entspricht d. h. also an der Insertionslinie des Mesorchium’s, am dicksten, weil hier zu- erst die Ablagerung solcher verödeter Ampullen begann. Mit diesem allmäligen Ablagern verschiedener Schichten nicht mehr .brauchbarer Follikel gegen einander hängt nun auch die Umbildung des Hodennetzes zusammen. Ursprünglich ist dasselbe, auch bei Squatina, nur durch einen Centralcanal und einige wenig zahlreiche Netze reprä- ‚sentirt, die aussen an der Basis der Hodenfollikel liegen, ohne diese aber seitlich zu umfassen. Von ihm aus treten nach allen Richtungen aus- strahlend die Sameneanälchen zwischen die Follikeltrauben, Bei der Ver- ödung der ersten Zone reifer Ampullen werden wohl zweifellos eine An- zahl solcher Samencanälchen mit zurückgebildet; die nun schon ziemlich zahlreichen Hauptstämme aber, deren Aeste sich bis an die Vorkeimfalte heranziehen, können nicht resorbirt werden, da sie die einzige Verbindung zwischen den vasa efferentia und den Samencanälchen der Ampullenzone zweiter Brunst herstellen; sie werden durch diese mit den verödenden Follikein zur Seite geschoben und greifen nun natürlich schon etwas nach . beiden Seiten um den Umfang des Hodens herum. Noch weiter umspannen ihn die Samencanälchen, welche nach der zweiten Brunst durch die nach- rückenden Ampullen der dritten zur Seite und nach aussen geschoben werden. So verschwindet allmälig der primitive Centralcanal scheinbar mitten zwischen den immer sich mehrenden Samencanälchen der Verödungs- zonen und es entsteht schliesslich ein äusseres den Hoden umspannendes complieirtes Hodennetz, welches ebenso weit den Hoden umgreift, wie dies die peripherische Zone verödeter Ampullen thut. Ausserdem lässt sich an den Hoden eine zweite Wachsthumsrichtung von vorn nach hinten erkennen; es fängt am Vorderende zuerst die 19* 278 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Ausbildung der Ampullen, der Samenkörperchen an, während hinten oft noch die Vorkeimfalte keine Spur von Primitivampullen gebildet hat; die ersten verödeten Follikel sind immer vorn zu finden und ebenso hört der Nachschub neuer Primitivampullen aus der Vorkeimfalte dort zu- erst auf. Ob schliesslich in ganz alten Hoden die Vorkeimfalte oder wenigstens die in ihr liegenden Keime zu neuen Ampullen ganz ver- schwinden, liess sich nicht bestimmen; an dem ältesten der von mir untersuchten Hoden (einer Squatina) liessen sich immer Keimschläuche in der Vorkeimfalte auffinden, obgleich die Dicke des verödeten Hodentheils sehr viel stärker war, als die des centralein mit noch jungen Ampullen versehenen und die Vorkeimfalte umfassenden Theils. Der rudimentäre Hode bei Hexanchus. Nach dieser Schilderung des typischen Baues und Entwickelungsganges des Hodens und seiner Theile ist es nun auch leicht, den oben gethanen Ausspruch zu rechtfer- tigen, dass die in der Eierstocksfalte von Hexanchus gefundenen eigen- thümlichen Knollen rudimentäre Hoden seien. Ein jeder derselben lässt an der Aussenseite einen Streifen dichteren Bindegewebes erkennen, wel- cher von den umgebenden Follikelgruppen ziemlich scharf abgesetzt ist; es ist dies die Vorkeimfalte. In ihr finden sich, wie in den echten Hoden der Männchen, Zellenschläuche, in welchen zweierlei Zellen angebracht sind; ausserhalb derselben liegen, wie bei den echten Hoden, kleine Primitiv- ampullentrauben, welche mit jenen Zellenschläuchen der Vorkeimfalte in directer Verbindung stehen. Weiter gegen die Basis zu sind die Ampullen grösser geworden und um ihr Lumen herum finden sich conische Zellen mit 3—4 rundlichen radiär gestellten Kernen, welche genau so aussehen, wie die Spermatoblastkerne in den echten Hodenampullen. Hier hört die weitere Entwickelung auf; statt dessen fallen die Ampullen einer Degene- ration anheim, während ihre Samencanälchen sich in der Hodenbasis zu einem Hodennetz verbinden, welches die centrale Ampullenmasse genau in derselben Weise umfasst, wie dies bei dem echten Hoden auch geschieht ; es fehlt hier ebensowenig die Wimperung und die Verbindung mit wim- pernden Canälen, welche in ihrer Lagerung und Richtung den Segmental- gängen genau entsprechend durch das Mesorchium auf die Niere zustreben und ohne allen Zweifel den vasa efferentia gleichzustellen sind. Um diese Hodenknollen des Weibchens zu wirklichen Hoden umzugestalten fehlt also eigentlich nur zweierlei: die Ausbildung von Samenkörperchen in den factisch vorhandenen Spermatoblastzellen und die Vereinigung der getrennten Knollen zu einem compacten Hoden. Auf diesen letzten Punct komme ich weiter unten wieder zurück, Ebenso kann die allgemeinere seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 379 Frage nach den Ursachen des Entstehens solcher Zwiiterbildungen erst nach der Schilderung der entwickelungsgeschichtlichen Vorgänge im Embryo “ diseutirt werden, $ 5. Die Ausführungsgänge der Keimdrüsen und ihre Vereinigung mit denen der Niere und mit der Cloake. Je nach dem Geschlecht treten verschiedene Canäle in Beziehung fl, 27, zur Keimdrüse als Auführungsgänge derselben, obgleich sie ursprünglich in beiden Geschlechtern in sehr ähnlicher Weise angelegt werden, wie - später näher erörtert werden wird, Beim Weibchen wird der sich aus dem primären Urnierengang abspaltende Miüller’'sehe Gang zum Eileiter, beim Männchen bleibt er immer rudimentär (mit einziger Ausnahme von Chimaera). Umgekehrt ist es immer der secundäre Urnierengang (Leydig’- scher Gang), welcher beim Männchen dadurch zum Samenleiter wird, dass die Segmentalgänge des vorderen Abschnittes der Leydig’schen Drüse zu den vasa efferentia werden, während derselbe Gang beim Weibchen als Leydig’scher Gang d. h. also als Ausführungsgang der mehr oder min- der zurückgebildeten Leydig’schen Drüse bestehen bleibt. Die Ver- bindung mit der Cloake ist gleichfalls sehr verschieden. Bei den Weib- _ chen vereinigen sich die Leydig’schen Gänge und die eigentlichen Harn- leiter zu einem in der Mittellinie verlaufenden und in der Cloake meist auf einer Harnpapille mündenden Harnleiter; neben dieser findet sich links und rechts eine bei jungen Thieren constant verschlossene Oeffnung, die weibliche Geschlechtsöfinung. Bei Männchen dagegen münden häufig Harnleiter und Samenleiter isolirtt von einander in einen Sinus urogeni- talis, dessen einfache Oefinung meist auf einer ziemlich weit in die Cloake vorspringenden Penispapille angebracht ist; wo der problematische untere Abschnitt des Müller’schen Ganges als Uterus masculinus bestehen bleibt, mündet dieser gleichfalls in den Sinus urogenitalis ein. A. Der Eileiter und Budimente desselben beim Männchen. Bei fast allen Plagiostomenweibchen (ausgenommen ist nur Narcine brasiliensis) findet sich vor der Leber eine sehr grosse Oeffnung, welche entstanden ist durch die Verwachsung zweier ursprünglich getrennt auftretender Tuben- öffnungen; übrigens ist diese Vereinigung keine ganz vollständige, denn mitten durch dieselbe geht eine mehr oder minder stark entwickelte Falte, durch welche die beiden Tubenöffnungen trotz ihrer Nähe doch thatsäch- | lich geschieden werden. Das Epithel dieser Tuben wimpert stark, wie Leydig!) 1) Leydig, Rochen und Haie p. 88, 980 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und zuerst angegeben hat. In der Wandung des Eileiters entwickelt sich, meist dem vorderen Ende der Leydig’schen Drüse entsprechend, eine Drüse, die Eischalendrüse, welche bei den eilegenden Plagiostomen (Scyllium, Chiloseyllium, Raja, Pristiurus ete.) sehr stark entwickelt, bei den lebendig- gebärenden jedoch auch immer, wenngleich viel weniger ausgebildet, vor- handen ist. Unterhalb dieser Eischalendrüse bilden sich im Eileiter ver- schiedenartige Falten, Zotten oder Papillen aus, welche schon von den ı frühesten Beobachtern beschrieben wurden; bei Acanthias sind es dreieckige Papillen, die beim trächtigen Thier zu langen Zotten!) werden; ähnliche Zotten kommen bei Spinax, Scymnus, Trygon vor; bei Scyllium, Hexan- chus etc. finden sich nur Längsfalten etc. etc. Bei den lebendiggebärenden ' Arten (Torpedo, Mustelus, Acanthias ete.) dient nur dieser, des Wimper- epithels entbehrende Abschnitt als Uterus; eine innigere Verbindung seiner Schleimhaut mit der Dottersackhaut und Eischalenhaut des Eies ' findet, wie bekannt, nur bei einigen wenigen Haien statt. Bei trächtigen oder eben vor der Brunst stehenden Thieren öffnen sich die Eileiter oder Uteri jeder Seite gesondert mit weiter spaltförmiger Mündung in die Cloake; bei jungen Thieren sind diese Oeffnungen immer durch eine mitunter ziem- lich dicke Membran, ein primitives Hymen, verschlossen. Dieser Ver- schluss scheint oft sehr lange anzuhalten; bei einem mehr als 3 Meter langen Hexanchus griseus fand ich das Hymen jederseits noch völlig un- versehrt, obgleich das Thier, nach dem Entwickelungszustand seiner Ovarien zu schliessen, sicherlich nicht mehr weit von der ersten Brunst ent- fernt war, Bei den Märnchen aller Plagiostomen bleibt das vordere Tubenende zeitlebens bestehen (s. T. XII Fig. 4; Taf. X Fig. 2 tu). Es ist der Tubentrichter natürlich bedeutend kleiner, als beim Weibchen, sonst aber genau ebenso gebaut und in gleicher Lage vor der Leber; von der durch ein feines Septum der Länge nach getheilten Oeffinung geht links wie rechts ein oft ziemlich weiter Canal ab, der nie ganz bis zum vorderen Ende des Nebenhodens herabreicht und in der Regel auf beiden Seiten ungleich entwickelt ist, Am längsten fand ich diesen männlichen rudi- mentären Eileiter bei einem jungen Centrophorus; bier war (Taf. XII Fig. 4a) sein unteres Ende durch eine Cyste bezeichnet, welche von einer ganz ähnlich aussehenden Blase am Vorderende des Nebenhodens nur um 14". entfernt war, Das Epithel dieser männlichen Tubentrichter ist, wie bei den Weibchen, Wimperepithel. Bei Chimaera monstrosa sind die Verhältnisse etwas anders. Hier bleibt der Müller’sche Gang in seiner 1) Leydig, 1, c, p. 88, seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 981 ganzen Länge als allerdings sehr feiner Canal bestehen, wie Hyrili) zu- erst gezeigt hat; hinten ist er gegen die Cloake verschlossen und vorne _ bleiben die beiden Tubenöffnungen zeitlebens von einander getrennt, sie verharren somit auf dem embryonalen Stadium mehr, als das bei den meisten Plagiostomen?) der Fall ist (Taf. XVII Fig. 4 tu’). Das Mittelstück des Eileiters ist bei allen männlichen Rochen und | Haien ausgefallen; dagegen bleibt das untere Ende des Müller’schen Ganges vielleicht bei einigen Arten bestehen. Es fehlt folgenden Species vollständig: Seymnus lichia, Torpedo marmorata und ocellata, Mustelus etc. Eine grössere Zahl von Arten besitzt ein Organ, welches man als das Endstück des Eileiters, also als Uterus masculinus deuten könnte; es ist. dies der unter verschiedenen Namen schon seit Langem bekannte Sack, welchen Siannius vergeblich gesucht hat. Davy?) hat zuerst bei Raja clavata die 2 Säcke gesehen; er beschreibt ihre Verbindung mit dem Ureter und vas deferens deutlich und correct; er glaubt, es käme ihnen die doppelte Function einer Samen- und einer Harn-Blase zu und er er- wähnt ausdrücklich, dass Torpedo sich von den andern Rochen durch den Mangel dieser Harnblase unterscheide. Wahrscheinlich ist der von Monro#) erwähnte mit einer grünen Feuchtigkeit erfüllte Beutel mit dieser Daoy'- schen Harnblase identisch; doch ist dies nicht: mit Sicherheit zu ent- scheiden. Diese Beobachtung von Davy wurde von Stannius ignorirt; kein späterer Beobachter that derselben Erwähnung und erst 1856 findet Martin St. Ange?) dieselbe Harnblase wieder, ohne freilich seinen Vor- gänger dabei zu nennen. Es ist dies um so mehr zu verwundern, als ge- rade im Gegensatz zu der durch die Handbücher gelieferten Darstellung die Anwesenheit eines solchen vielleicht als Harnblase und Samenblase fungirenden Sackes oder des Uterus maseulinus die Regel, seine Abwesenheit die Ausnahme ist. Bei Acanthias vulgaris ist er ungemein kurz; bei Pristiurus melanostomus (Taf. XIII Fig. 6, 10 ut. m.) ziemlich lang und schlauchförmig, ganz ähnlich bei Scyllium canieula (Taf. XII Fig. 1 ut. m.), 1) Hyril, Wiener Sitzungsberichte 1853 (Ueber weibliche Oviducte bei männ- lichen Chimaeren) p. 1078. 2) Nur Nareine brasiliensis hat 2 weit von einander entfernte Tubentrichter. 3) Davy, On theMale Organs of some of the Cartilaginous Fishes, Philosoph. Trans, 18359 p. 141, 147, 148. #) Monro, Vergleichung des Baues und der Physiologie der Fische ete. Deutsche Uebersetzung von Schneider mit Zusätzen von Camper. Leipzig 1787.p.23. 5) Martin St. Ange, Etude de l’Appareil Reprodueteur dans les eing classes d’Animaux Vertebres. M&moires d. Savants &trangers d. l’Institut de France 1856. p. 138 Pl, XIV h, h. 2823 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und bei Mustelus stellaris (nach Martin St. Ange), ferner bei Prionodon glaucus (Taf. XII Fig.2 ut. m.) und mehreren Raja-Arten; bei Centrophorus granu- losus (Taf. XIII Fig. 2 ut. m.) ist er ein kurzer, weiter eiförmiger Sack und bei Oxyrhina glauca findet sich von ihm nur eine ganz schwache An- deutung. Es ist indessen sehr wohl möglich, dass ich hier 2 morphologisch verschiedene Bildungen zusammengestellt habe, blos weil sie in ähnlicher | Verbindung mit den andern Theilen stehen. Im entwicklungsgeschicht- ‚lichen Theil werde ich nemlich nachweisen, dass der kurze Sack bei Acan- thias doch gewiss kein primärer Uterus masculinus sein kann, da er später auftritt, als die Sonderung des Urnierenganges in Eileiter und Harn- leiter eingetreten ist; ich werde ferner zeigen können, dass auch der lange enge Sack, welcher bei Scyllium unterhalb des Leydig’schen Canals in die Höhlung der Penispapille mündet, kein Ueberbleibsel eines früher be- standenen männlichen Eileiters ist und das gleiche Resultat wird für densel- ben Sack bei Mustelusschr wahrscheinlich gemacht werden. Entwedersind nun die ähnlich gelagerten Canäle bei andern Arten (Raja, Centrophorus, Prionodon, . Pristiurus) denen von Acanthias, Scyllium und Mustelus homolog; dann können auch sie keine Ueberbleibsel eines früher bestandenen männlichen Eileiters sein. Oder sie sind wirklich Reste eines solchen; dann wäre die Homologie zwischen beiden ausgeschlossen. Entscheidung kann hier natür- lich nur die Vergleichung der Entwicklungsvorgänge liefern; ich habe desswegen auch, da diese Entscheidung einstweilen nicht gefällt werden kann, den Namen Uterus masculinus in der Figurenbezeichnung beibehalten, da er rein morphologisch und somit am leichtesten auch ohne Verwirrung wieder zu entfernen ist. B. Samenleiter und Nebenhode und Rudimente derselben bei Weibchen. Beim Männchen wird die Leydig’sche Drüse direet zum Neben- hoden, ihr Ausführungsgang zum vas deferens. Diese Verbindung zwischen Hoden und Urniere kommt dadurch zu Stande, dass, wie oben bereits angegeben, bald mehr, bald weniger Segmentalgänge. zu vasa efferentia direct umgewandelt werden und durch aus ihnen entspringende seitliche Canäle, die sich miteinander verbinden, das oben näher geschilderte Rete vasculosum der Hodenbasis entsteht. Ursprünglich nun geht jeder Seg- mentalgang in ein und zwar das primitive Malpighi'sche Körperchen über ; bei vielen, wohl den meisten, Haien und Rochen gehen diese zu Grunde, nur bei Mustelus vulgaris (Taf. XV Fig. 8) habe ich auch am erwach- senen Thier die Verbindung der vasa efferentia mit gut entwickelten einen Glomerulus enthaltenden Malpighrschen Körperchen (Taf. XV Fig. 10) erkannt. Es leidet hiernach keinen Zweifel mehr, dass der Same aus dem Hoden heraustretend erst einen Theil der Harncanälchen der Urniere seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 283 durchlaufen muss, ehe er in das eigentliche vas deferens einzutreten ver- . mag. Nur bei Rochen, bei denen sich nur ein einziges vas efferens - findet, wird dieser Umweg nicht eingeschlagen; es geht der letztere direct. . in das vas deferens über. Dies hängt mit der eigenthümlichen Structur des Vorderendes der Leydig’schen Drüse bei diesen Thieren zusammen. Die vordersten Knäuel derselben kommen nemlich (s. oben) nicht zur Ausbildung, sodass die vordersten Segmentalgänge, ohne erst Leydig’sche Knäuel zu bilden, direct an den Leydig’schen Gang anstossen. Bei den Arten indessen, bei welchen, wie bei Scymnus, Centrophorus, Squatina etc. zahlreiche Segmentalgänge in Ausführungsgänge des Hodens umgewandelt werden, ist es ungemein leicht festzustellen, dass diese letzteren nie direct in den Samenleiter münden; sie gehen ausnahmslos über diesen hinweg (wie es beim Embryo die Segmentalgänge thun), um sich dann im ent- sprechenden Leydig’schen Knäuel plötzlich in mehrere Harncanälchen aufzulösen. Wo diese Entspringen, findet sich oft eine ziemlich grosse Anschwellung, die ich für das umgewandelte, ihres Glomerulus beraubte, primitive’ Malpighrv'sche Körperchen zu halten geneigt bin. Man hat bisher den im brünstigen Thier sehrstark gewundenen Vorder- theil des Samenleiters immer als Nebenhoden, das oberste Ende desselben - als Kopf des Nebenhodens bezeichnet und die in ihn einmündende Drüse, welche frühere Autoren richtig als Vorderstück der Niere ansprachen, immer als ein, ich möchte sagen, bedeutungsloses Anhängsel des vas deferens oder Nebenhodens angesehen, In der That ist aber grade diese Drüse, das Vorderende der Leydig’schen Drüse, ganz allein als Nebenhode aufzufassen; denn es senken sich die vasa efferentia in diese ein und verbinden sich mit ihren Canälen mitunter sogar (Mustelus) durch Ver- mittelung echter Malpighischer Körperchen. Aus den Leydig’schen Knäueln des Nebenhodentheils der Leydig’schen Drüse treten erst die nun nicht mehr wimpernden Canäle heraus, welche sich in ziemlich regel- mässigen Abständen mit dem vas deferens verbinden. Dass dies letztere auch dann nicht dem Nebenhoden zu vergleichen ist, wenn es sich, wie bei Pristiurus, Acanthias, Scyllium etc., ungemein stark windet, beweist die Thatsache, dass es oft bis dicht vor der Geschlechtsreife der ganzen Länge nach ungewunden verläuft, ja bei einzelnen Arten, wie es scheint (Seymnus lichia, Centrophorus), sich nie so windet, dass dadurch wie bei den anderen Arten der Anschein eines Nebenhodens entstehen könnte. Es hat zu dieser falschen Bezeichnung wohl auch nur eine durch die starken Windungen hervorgerufene äussere Aehn- lichkeit Anlass gegeben. Bei Squatina ist es auch am brünstigen Thier nicht schwer (Taf. XI Fig. 2) bis fast an das obere Ende hin die Wind- 284 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und ungen des vas deferens auseinander zu legen und man erkennt dann sehr leicht, dass die Verbindungen desselben mit dem eigentlichen Nebenhoden immer zwischen je 2 Blasen (rudimentären Malpighi'schen Körperchen ?) liegen, an welche die vasa efferentia herantreten (Taf. XI Fig. 2 ce. m.). \ Als Nebenhode ist hiernach ausschliesslich derjenige Theil der Leydig’schen Drüse zu bezeichnen, dessen Knäuel sich durch ihre zu vasa efferentia umgewandelten Segmentalgänge zwischen den Hoden und den Anfang des vas deferens oder Leydig’schen Ganges einschieben. Bei Rochen, wo nur ein einziger Segmentalgang (Taf. XIII Fig. 3) zum vas efferens wird, könnte der Nebenhode auch nur durch ein einziges Segmentalorgan gebildet wer- den; aber auch dieses scheint hier ganz zurückgebildet zu sein; bei Mustelus sind es die 4—5 vordersten Segmentaldrüsen, welche zum Neben- hoden werden, bei Acanthias A—6, bei Centrophorus undScymnus sogar bis zu 9 oder 10; dann scheinen es nicht einmal immer die ursprünglich im Embryo angelegten vordersten Segmentaldrüsen’ zu sein, wie sich daraus entnehmen lässt, dass bei ihnen vor dem ersten, als vas efferens fungiren- den noch mindestens 1 deutlich als solcher erkennbarer Segmentalgang liegt, welcher rudimentär geworden, nicht mehr als vas efferens zu dienen vermag. Indessen ist das zu ihm gehörige Segmentalorgan doch wohl mit zum Nebenhoden zu zählen, da es in solchen Fällen doch auch an der Ausbildung des rete vasculosum theilnimmt. Es beginnt also der Nebenhode, wie es scheint, immer mit dem vordersten vollständigen Seg- mentalorgan und er erstreckt sich bei den verschiedenen Arten in sehr verschiedener T,änge nach hinten; die grösste Zahl der einzelnen ihn bil- denden Segmentalorgane erreicht Seymnus lichia, nemlich 9—10. Von diesem Nebenhodentheil der Leydig’schen Drüse, den man als Ge- schlechtstheil bezeichnen kann, muss der hintere Abschnitt der letzteren unterschieden werden als accessorische Drüse des zum vas deferens | umgewandelten Leydig’schen Ganges. In ihr erhalten und vermehren sich die Malpighischen Körperchen genau, wie in dem als eigentliche Niere zu bezeichnenden hinterer sein Secret in besondere Harnleiter ergiessen- den Abschnitt. Auch sonst ist die Structur im Allgemeinen. überein- stimmend bei beiden; nur in Bezug auf Grösse der Harncanälchen wird die Leydig’sche Drüse etwas von der eigentlichen Niere übertroffen. Da indessen in dieser letzteren ebenfalls sehr verschieden weite Canäle und ganz auffallend verschieden grosse Malpighi'sche Körperchen, — welche sich mit zunehmender Grösse des Thieres fortwährend vermehren — liegen, so scheint dieser morphologische Unterschied nicht genügend zum Beweis für die Annahme, dass das Secret beider Drüsen verschieden sei. Den genauen Nachweis einer Verschiedenheit der Function kann. natürlich nur DT ee seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 285 die physiologisch-chemische Untersuchung liefern. Vom morphologischen Standpuncte ist aber die ursprüngliche Identität beider Theile festzuhalten, wenngleich eine Unterscheidung zwischen Leydig’scher Drüse und eigent- licher Niere aus anderen später zu erörternden Gründen geboten scheint. Der unterste Abschnitt des Samenleiters, in welchen sich nie mehr direct aus Segmentalorganen stammende Harncanälchen einsenken, wird | durch Faltenbildung seiner Schleimhaut und Erweiterung seines Umfangs | zu einer eigenthümlich gebauten Samenblase umgewandelt. Es erhebt sich nemlich die Schleimhaut in Form verschieden hoher kreisförmiger Falten,1) durch welche ringförmige Abschnitte des am jungen Thier ganz ungetheilten Lumens von dem central durchlaufenden Hohlraum abgetheilt werden. So entstehen ringförmige Taschen, welche als Behälter des Samens dienen; in der Brunstperiode ist dieser Theil immer ganz prall erfüllt von Samenmasse. Diese männliche Samenblase scheint allen Pla- giostomen zuzukommen, wenigstens habe ich sie bei keiner von mir unter- suchten Art vermisst. Bei den Weibchen ist die Leydig’sche Drüse ausnahmslos vorhan- den; aber sie ist in ihrem vorderen Theile meistens etwas zurückgebildet. Weiter oben ($ 3 A) habe ich Genaueres über ihren Bau und Rückbild- ung mitgetheilt; hier braucht nur daran erinnert zu werden, dass sich bei allen Arten, welche persistirende Segmentaltrichter besitzen, sämmtliche einem Segmentalorgan zukommende Theile in den Leydig’schen Knäueln erkennen lassen. Selbstverständlich ist auch der dem Samenleiter des Männchens entsprechende Leydig’sche Gang überall vorhanden, da er dem in der Leydig’schen Drüse gebildeten Secret als Ausführungsgang_ dient. Mitunter ist sein unteres Ende, welches 'der männlichen Samenblase ent- spricht, mehr oder minder stark angeschwollen, so z. B. bei Scyllium canicula (Taf, XIII Fig. 4 !’) oder Pristiunrus melanostomus (Taf. XII Fig. 7 P); nie aber scheint sich in dieser, wohl als Harnblase zu bezeich- 1) Leydig, Müller's Archiv 1851 p. 266. Stannius, Vergleich.“ Anat. d. Wir- belth, 2. Aufl. 1854 p. 277. Eine ganz eigenthümliche Schilderung der männlichen Samenblase von Chi- maera gab Hyril (Wiener Sitzungsberichte 1853 p. 1082); ich muss bekennen, dass ich mich vergeblich bemüht habe, durch Untersuchung desselben Thieres ein Ver- ständniss seiner Beschreibung zu gewinnen. Leydig’s Darstellung ist viel klarer und durchaus correet, Auch inM. Edwards Lecons ete. Vol. VIll findet sich keine gute und erschöpfende Beschreibung; der männlichen Samenblase giebt er sogar Längs- falten „des replis longitudinaux de sa tunique interne,“ (Vol. VIII p. 475). 286 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und nenden Anschwellung eine Kammerung durch Schleimhautfalten auszu-' bilden, wie in der morphologisch ihr gleichstehenden männlichen Samen- blase. ©. Harnleiter bei Männchen und Weibchen und ihre Verbindung mit den Geschlechtscanälen. Die Ausführungsgänge der gleichfalls durch Vereinigung von echten Segmentalorganen gebildeten eigentlichen Niere treten niemals mit den Keimdrüsen in direcie Verbindung, obgleich sie doch auch zur Zeit der Brunst mitunter recht stark in Mitleidenschaft gezogen werden (s. unten). Entsprechend der meist ziemlich geringen Zahl von Segmentalorganen (4—9 oder 10, 13—14 bei Acanthias), welche die Niere zusammensetzen, kommen aus dieser auch nur wenig Harnleiter hervor; mitunter verbinden sich diese jederseits zu einem einzigen wirk- lichen Harnleiter, mitunter aber münden jene isolirt in die Höhlung der Urogenitalpapille bei Männchen oder bei Weibchen in die durch Vereinigung der untersten Enden der Leydig’schen Gänge entstandene Höhlung ein. Abgesehen von diesem entwickelungsgeschichtlich erklärbaren Unterschied stimmen in Bezug auf Ursprung und Verlauf der primären Harnleiter jedes Segmentalorganes Männchen und Weibchen genau überein. Ihre Vereinig- ung aber mit den unteren Enden der Genitalfalte geschieht auf ziemlich mannichfaltige Weise. Ich schildere zunächst die Verhältnisse bei den Weibchen. Bei Spinaxw niger © findet sich an jeder Seite (Taf. XIII Fig. 11) neben dem unteren Eileiterende eine ziemlich grosse Blase (ves.) an deren Vorderrand sich zwei Canäle dicht nebeneinander ansetzen; der eine innere (I) ist der Leydig’sche Canal, der äussere (c. r.) der hier durch die Ver- wachsung von 4 (?) primären Harnleitern entstandene eigentliche Harn- leiter. Bei Seyllium canicula (Taf. XIII Fig. 4) mündet der einfache Harnleiter (c. r.) ein in das untere Ende der oben erwähnten länglichen Anschwellung (}’) des Leydig’schen Ganges. Bei Pristinrus melanostomus (Taf, XIII Fig. 7) endlich findet sich zwar keine Anschwellung am untern Ende der Canäle, hier mündet der eigentliche Harnleiter (ec. r.) direct in den Leydig’'schen Gang ein; obgleich er somit gradezu als Anhängsel des letzteren auftritt, kann er doch von ihm füglich unterschieden werden, da er durch die Vereinigung von 8 oder 9 ebensoviel Segmentalorganen entsprech- enden Canälen entsteht. Ganz ähnlich wie bei Pristiurus ist das Verhalten bei Raja, Torpedo, Sceymnus, Acanthias, Mustelus ete.; bei ihnen allen verbindet sich der einfache Harnleiter mit dem Leydig’schen Gang. So ent- steht in allen Fällen vor der Verbindung mit der Cloake jederseits von der Mittellinie ein einfacher Canal oder ein Sack, dessen Höhlung nach Durchbohrung der Cloakenwandung sich mit der auf der andern Seite liegen- seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere, 987 den zu einem in der Mittellinie verlaufenden sehr verschieden langen mitt- leren Harnleiter vereinigt. Dieser mündet entweder mit einer Oeffnung | . zwischen den beiden Eileiteröfinungen aus (Rochen), oder es findet sich das Harnloch auf derSpitze einer bald kürzeren, bald längeren Papille, welche von | der dorsalen Wand der Cloake nach unten gerichtet in diese vorspringt. Nur bei | IHexanchus einereus liegen auf der Spitze der 2°!w- Jangen und an ihrer Basis 1,5°%. breiten Harnpapille 2 Oeffnungen, sodass hier also die Harn- leiter der beiden Seiten bis an ihr Ende getrennt, aber doch sehr dicht nebeneinander verlaufen. Ziemlich abweichend verhält sich aber Chimaera monstrosa. Nach Hyril’s Angaben besitztnemlich das Weibchen eine unpaare dorsal über den beiden Eileitern liegende Harnblase, von etwa 1!/, Zoll Länge, welche mit einem hinter den Geschlechtsöffnungen liegenden Spalt in die Cloake ein- mündet. Dieser Sack fehlt nach Hyril dem Männchen vollständig. Ausser- dem mündet noch eine zweite Drüse, aber vor den Eileiteröffnungen in die Cloake ein, welche von Leydig!) als eine Anhangsdrüse der weib- lichen Theile, von Ayrtl2) als weibliche Samentasche angesprochen wird. Die weibliche unpaare Harnblase liegt aber eigentlich nicht über den Uteri d. h. dorsal über ihnen, sondern in der Mittellinie zwischen ihnen ‚und an der Bauchseite der Nieren; sie ist rechts und links in einen kurzen Zipfel ausgezogen, an welchen sich sowohl die 5 eigentlichen Harnleiter, wie auch dicht neben ihnen der Leydig’sche Gang ansetzen. Schneidet man nun die Blase an, so sieht man, dass ihr Lumen einfach, nicht etwa durch ein Septum in 2 Hälften getheilt ist und dass an der linken und rechten Seite von dem äusseren Insertionspunct der Harnleiter und des Leydig’schen Ganges her ein ziemlich weiter Canal herabzieht, der aus der Verschmelzung der letzteren entstanden ist und sich unten am Hals der Harnblase in diese öffnet. Man kann daher diese Harnblase nicht ohne Weiteres jenen bei Haien gefundenen vergleichen, da diese ausnahmslos nur Erweiterungen des untersten Abschnittes des Leydig’schen Ganges sind, in welchen die eigentlichen Harnleiter einmünden. Hier aber bei Chimaera vereinigen sich Harnleiter und Leydig’scher Gang zu einem einfachen Canal, der erst secundär in der Harnblase sich Öffnet. Es ist hiernach nicht unmöglich, dass diese letztere eine besondere, nur dieser Gattung zukommende Bildung sei, worüber natürlich allein die Entwickel- ungsgeschichte Aufschluss geben kann. Die von Ayril bei Chimaera als nu, von Leydig als be- 1) Leydig, Zur Anatomie und Histologie der Chimaera monstrosa. Müller’s Archiv 1851 p. 268, 2) Hyril, Wiener Sitzungsberichte 1853 p. 1085, 988 SEMPER: Das ÜUrogenitalsystem der Plagiostomen und sondere weibliche Anhangsdrüse angesehene Blase halte ich indessen für ein Aequivalent des Mastdarmblindsackes der echten Plagiostomen, welcher hier seine Lage etwas verändert hat und durch das Auftreten einer Querfalte, welche seine Oeffinung von der des Enddarmes abgetrennt hat, scheinbar in Abhängigkeit vom Genitalsystem gerathen ist. Im Uebri- gen ist die Lagerung dieselbe, wie bei den Haien; es liegt hier wie dort diese Drüse dorsal über dem Darm, zwischen diesem und der Bauchfläche der Uteri. Bei den Männchen vereinigen sich ausnahmslos die Ausführungs- zänge der Niere und Leydig’schen Drüse mit dem Uterus maseulinus — wenn letzterer vorhanden ist — zu einem mehr oder minder weiten Sack oder Canal, dessen immer einfache Oefinung auf der Spitze einer sehr verschieden grossen Penispapille angebracht ist, Aber die Einmündung der Canäle in die Penishöhle ist schr verschieden; bald vereinigen sie sich vorher jederseits zu einem einzigen Canale, bald münden sie fast alle getrennt von einander in sie ein. Zwischen diesen Extremen finden sich alle Uebergänge. Bei den Arten, welchen ‘ein Uterus masculinus gänzlich fehlt (Torpedo, Seymnus), vereinigen sich der Samenleiter und Harnleiter vor ihrer Verbindung mit der Perishöhle; es finden sich also in dem Grunde der letzteren nur 2 Oeffnungen. Bei den Arten mit sehr kurzem Uterus masculinus (Oxyrhina glauca, Centrophorus granulosus, Acanthias vulgaris) findet sich bald eine einzige auf einem flachen grossen Tuberkel angebrachte Urogenitalöffnung (Acanthias und Centrophorus), bald münden (Oxyrhina) Harnleiter und Samenleiter getrennt in die Penishöhle ein. Die Urogenitalpapille liegt bei Acanthias am unteren Ende des Uterus masculinus, d. h. da, wo sich beide in der Mittellinie miteinander zu der Penishöhle vereinigen; bei Centrophorus dagegen (Taf. XIII Fig. 2 p. ur.) liegt sie in der Mitte des Uterus selbst, Bei dieser letzten Gattung also erscheint der gemeinsame Ausführgang der Leydig’schen Drüse und der Niere als ein Anhängsel des Uterus masculinus (d. h. wenn dieser letztere wirklich ein solcher ist. s. oben). Bei den andern Arten endlich, welche einen langen, schlauchförmigen Uterus masculinus besitzen, ist die Mannich- falligkeit noch grösser. Bei Prionodon glaucus und Raja (clavata und batis) (Taf. XII Fig. 2) findet sich nur eine einzige Harnsamenöffnung am Ende des männlichen Uterus; bei Pristiurus melanostomus (Taf, XII Fig. 10) mündet die Genitalöffnung auf einer kleinen Papille in den Uterus selbst ein und unter dieser findet sich ein spaltförmiges Loch, die Oeffnung des einfachen Harnleiters (Taf. XIII Fig. 10 c. r’.); bei Seyl- liam canieula (Taf, XIII Fig. 8, 9) liegt die Mündung des Samenleiters seitlich am Uterus auf einem flachen Tuberkel und um diesen herum, ihn = Jr u, u ö # j Fr nr A en TE ih era ee 3 seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere, 389 in einem Bogen von unten her umfassend, 4 fast ebenso grosse spalt- förmige Oeffnungen (Taf. XIII Fig. 9 ec. r’.), die ‘direet in ebensoviele hier beständig isolirt bleibende Harnleiter führen. Bei Mustelus vulgaris _ endlich finden sich zwischen den 2 einfachen Oeffnungen der Samenleiter jederseits 6— 7 sehr kleine, aber doch deutlich bemerkbare Löcher, welche die Oeffaungen der Harnleiter sind; hier münden also, wie auch durch Hori- zontalschnitte an erwachsenen Embryonen bestätigt wurde, fast alle aus den einzelnen Segmentalorganen der Niere herkommenden Harnleiter ge- sondert für sich in die Penishöhle aus, nur die vordersten 3 oder 4 ver- einigen sich zu einem einzigen Harnleiter. Das Verhältniss ist übrigens bereits von Martin St. Ange!) von Mustelus vulgaris richtig dargestellt worden; eine Beobachtung, welche trotz ihres allgemeinen Interesse’s von allen späteren Untersuchern und Lehrbuchschreibern übersehen worden ist, Während sich also bei den Weibchen die Trennung des Eileiters vom primären Urnierengang und von der Urniere in vollständigster Weise vollzogen und damit ein echter Müller’scher Gang ausgebildet hat, kann beim Männchen nur uneigentlich von einem solchen gesprochen werden ; denn das unterste Ende beider primären Urnierengänge hat seine ursprüng- liche Verbindung mit der Niere und deren Ausführgängen nie ganz auf- gegeben, ja es ist durch ihre Vereinigung in der Mittellinie eine dem Weibchen fehlende von der Cloake scharf abgesonderte Urogenitalhöhle entstanden, die man gradezu als Penishöhle bezeichnen kann. Die allge- meine Bedeutung dieser Verhältnisse werde ich erst im 3, Abschnitt ein- gSehender erörtern können, D. Veränderungen der Ausführungsgünge zur Zeit der Brunst. Es ist bekannt, dass Eierstock, Hode und Eischalendrüse zur Zeit der Brunst ungemein stark anschweilen; namentlich bei dem Ovarium ist die Veränderung des Volum’s eine so ausserordentlich starke, dass die typische Structur desselben vollständig unkenntlich gemacht wird. Gleichzeitig aber werden, was weniger allgemein bekannt zu sein scheint, auch die unteren Abschnitte der Geschlechtswege und selbst mitunter die Harnleiter so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass dabei nicht selten Verschiebungen in den Beziehungen derselben zu einander eintreten, die nicht ohne Weiteres auf den ersten Blick zu verstehen sind. 1) Martin St. Ange, De l’appareil reproducteur Mem. d. Savants Etrangers Vol. XIV 1857 p. 139 Pl. XIV Fig, 14, Er bildet allerdings jederseits nur 3 Harnlöcher ab und spricht im Text auch nur von dreien ; sollten hier vielleicht Verschiedenheiten bei den Individuen oder den Varietäten der Art vorkommen können? Martin hat die gefleckte Varietät, ich die ungefleckte von Mustelus vulgaris untersucht. 290 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Bei dem fast erwachsenen Männchen laufen vas deferens und Harn- leiter als ganz gestreckte Canäle nebeneinander bis zur Cloake hin; ihr Durchmesser ist dann oft kaum grösser, als der der einzelnen Harnleiter oder des ‚oberen gewundenen Abschnittes des Samenleiters. Vor Eintritt der Brunst schwellen beide erst etwas an, und schliesslich biegen sie sich mehrfach hin und her, wobei oft ein Stück des Harnleiters über oder unter den Samenleiter zu liegen kommt, während er ursprünglich neben ihm verläuft. In Taf. XII Fig. 8, und Taf. XII Fig. 1 habe ich von Scylliam canicula die Gestalt und Lagerung dieser Theile einmal von einem erwachsenen, aber nicht brünstigen und dann von einem brün- stigen Männchen abgebildet. In Taf. XII Fig. 1 (Seyllium canieula) laufen Uterus masculinus, Samenblase und Harnleiter ganz grade über einander hin; links sind die 3 Theile durch Präparation auseinander gelegt, rechts in natürlicher Lage gelassen. Taf. XII Fig. 8 zeigt dieselben Theile von einem begattungsfähigen Tbier; der ‚Uterus masculinus hat sich nicht gewunden, wohl aber Harnleiter und Samenblase. Das gleiche Verhältniss erkennt man, wenn man von Pristiurus melanostomus brün- stige und nicht brünstige Exemplare miteinander vergleicht. Noch viel bedeutender sind die Veränderungen, welche der Samenleiter in seinem oberen Abschnitt (dem sogenannten Nebenhoden) zur Zeit der Brunst er- leidet. Vor dieser Periode läuft er (Taf. XII Fig. 1 von Scyllium canicula) schwach gewunden an der Unterfläche der Leydig’schen Drüse bis an deren vorderes Ende; dann sind die seitlich in die Segmentaldrüsen ein- tretenden Canäle leicht zur Anschauung zu bringen. In der Brunst aber windet sich dieser Theil namentlich am vordersten Ende so enorm, dass die einzelnen Leydig’schen Knäuel dadurch zum Theil verdrängt und oft ganz bedeckt werden; dann hält es auch ungemein schwer, wie schon Bruch angegeben hat, ihn zu entwirren und seine Ver- bindungscanäle mit den Leydig’schen Knäueln blos zu legen. Da nun die Dicke des Samenleiters ungemein verschieden ist, so nimmt der vor- derste Theil desselben, wo er am dünnsten ..ist, ein ganz anderes Aussehen an, als der mittlere; und dieser Theil ist es, welchen man freilich ganz mit Unrecht als Kopf des Nebenhodens bezeichnet hat. Zugleich mit der Windung und Anschwellung dieses vordersten -Theiles des vas deferens nimmt aber auch der vorderste Theil der Leydig’schen Drüse, der eigent- liche Nebenhodentheil, colossal an Grösse zu. Auch bei den andern Haien und Rochen kommen ähnliche Verän- derungen dieser Theile vor; so ist namentlich von der bei brünstigen Thieren so stark hervortretenden Samenblase an schon recht grossen Thieren kaum eine Spur zu sehen (Taf. XII Fig. 2 von Prionodon glaucus). ”) seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere, 291 Es fragt sich nun, ob diese Anschwellungen in der That periodisch 'wiederkehren, wie man wenigstens in Bezug auf die Keimdrüsen bisher -immer angenommen hat, jedoch wohl ohne solide Grundlage. Ich halte dies allerdings für wahrscheinlich, indessen einstweilen noch nicht für er- wiesen. Dass Eierstock und Hode (periodisch?) anschwellen und ab- schwellen, lässt sich jetzt freilich mit Sicherheit aus ihrer Structur ent- nehmen; in beiden Organen des brünstigen Thieres finden sich, wie aus der früheren Schilderung hervorgeht, eine grosse Menge unentwickelter Keime, welche zu Grunde gehen müssten, wenn mit einer Brunst das Ge- schlechtsleben des Thieres erschöpft sein sollte. Dies ist aber nicht der Fall, wie mit Evidenz aus der successiven Ablagerung verödeter Ampullen- schichten an der Basis des Hodens hervorgeht. Auch für die Annahme, dass die eben beschriebenen Veränderungen in Gestalt und Grösse der Geschlechtscanäle und Harnleiter einer periodi- schen Ab- und Zunahme unterliegen, lässt sich Mancherlei sagen. Das gewichtigste Argument hiefür ist die Thatsache, dass bei einem erwachse- ‘nen, aber nicht brünstigen Sceyllium canicula, dessen Urogenitalsystem (Tat. XI Fig. 1) in natürlicher Grösse abgebildet worden ist, der Hode stark angeschwollen war und ausser reifen Zoospermen äusserlich schon eine, wenn auch dünne Schicht verödeter Ampullen besass, während die Aus- führgänge unangeschwollen waren (s. oben). Zwingend ist dies freilich noch nicht; denn es könnte ja durch die verödeten Ampullen grade die eben eintretende erste Brunst bezeichnet sein, in deren Verlauf erst der Samenleiter und die andern Theile sich, vielleicht mechanisch durch die Anfüllung mit Zoospermen, in der beschriebenen Weise schlängeln und winden würden, Ganz analoge Veränderungen beobachtet man an den Ausführungs- gängen beim weiblichen Geschlecht; hier wird sogar das Mesovarium mit- “unter colossal ausgedehnt. Eileiter und Eischalendrüsen sind an nicht ganz geschlechtsreifen Thieren oft kaum dicker als bei jungen, und jener liegt dann der Niere hart an, genau wie beim Embryo. Wenn er sich aber eben vor der Begattung verdickt, und die Eischalendrüse gleichzeitig an- schwillt, so entfernen sich beide Canäle von der Niere, bleiben aber mit ihr in Verbindung durch eine je nach den Arten sehr verschieden breite Lamelle. Bei Seymnus lichia kann so der Eileiter von der Niere um mehrere Zolle entfernt werden; bei dem kleinen, höchstens 50°m- langen Pristiunrus melanostomus ist dies Mesenterium des Eileiters an der breite- sten Stelle sogar 2,5“: breit. Gleichzeitig wird damit aber auch die Form und Lagerung der Ausführgänge der Niere enorm verändert, Während bei einem fast erwachsenen, aber nicht geschlechtsreifen Pristiurusweibchen Arbeiten aus dem zoolog.-zootom, Institut in Würzburg. IL, Bd, 20 3923 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Eileiter und die in den Zeydig’schen Gang einmündenden Harnleiter der ‘Niere hart anlagen, so dass sie nur durch sorgfältige Präparation von dieser zu trennen waren: fanden sich in dem Septum, welches den Eileiter eines begattungsreifen Weibchens trug (Taf. XII Fig. 7, Taf. XV Fig. 2) 5 Canäle, welche ungefähr 6—7”” lang aus dem hintersten Abschnitt der Leydig’schen Drüse hervorkamen und sich in den auf der Mitte jenes Septums befindlichen ungemein erweiterten Leydigschen Gang einsenkten, Etwas weiter nach hinten verband sich mit diesem ein andrer Canal, der aus der eigentlichen Niere austrat, also der hier wahrscheinlich einfache Harnleiter (Taf. XIII Fig. 7 c.r.) war. Es war mir dieser Unterschied vomschein- bar normalen Verhalten — da ich ausser diesem einen Weibchen nur solche ohne turgeseirenden Eierstock untersuchen konnte — so auffallend, dass ich eine Zeitlang ernstlich an specifische Verschiedenheit dachte, Eine sorgfältige vergleichende Untersuchung musste freilich diese Vermuthung zurückweisen. Angenommen nun, es liesse’ sich wirklich erweisen, dass bei Weibchen, wie Männchen die hier beschriebenen Verschiedenheiten in Grösse und Form einzelner Theile des Urogenitalsystems mit der Brunst aufträten und verschwänden: so wären damit bei Plagiostomen weitgehende, periodische, an die Geschlechtsthätigkeit gebundene Veränderungen von Organen — nemlich der Niere — nachgewiesen, welche viel weiter greifen, als diejenigen bei so manchen Säugethieren, bei denen die Brunst aus- schliesslich auf das Genitalsystem — so z. B, in der Veränderung der Lage der Hoden — einzuwirken scheint. II. Abschnitt. Die Entwickelung des Urogenitalsystems der Plagiostomen, Ausser der Balfour’schen Arbeit liegen gar keine Beobachtungen vor, welche brauchbar wären. Die schon früher ceitirte Untersuchung Kowalevsky's über Entwickelung von Acanthias ist russisch geschrieben, auch hat er nach den beigegebenen schlechten Zeichnungen in ihr keine Rücksicht auf die Entstehung des Geschlechtsapparates genommen. Was Rathke mittheilt, ist gänzlich ungenügend; und Schultz hat seiner vor- läufigen Mittheilung über Entwickelung von Torpedo noch keine ausführ- lichere Schilderung folgen lassen. In der trefflichen Arbeit von Leydig endlich (Rochen und Haie) finden sich nur einige kurze Bemerkungen über die Entstehung der Niere, die indessen hier bei der viel tiefer drin- genden Fragestellung meiner Arbeit nicht weiter nutzbringend verwerthet seine Bedeutung für 'das der übrigen Wirbelthiere. 293 werden können. Ich sehe mich daher in Bezug auf die Darstellung der ersten Entwicklungsvorgänge auf Dalfour’s und meine eignen Untersuch- . ungen, für die spätere Umbildung und Ueberführung in den geschlechts- reifen Zustand ganz und gar auf die letzteren beschränkt, Trotzdem mir somit nur ein äusserst geringes fremdes Material zur Benutzung vorliegt, glaube ich doch in meinen eignen Beobachtungen vollen Ersatz für diesen Mangel und zugleich hinreichende Mittel zur Fest- stellung eines allgemeinen Entwicklungsschema’s des Urogenitalsystems sehen zu können; und zwar um so mehr, als die beiden vorzugsweise von mir entwicklungsgeschichtlich untersuchten Gattungen (Acanthias und Mustelus) die beiden Extreme eines sonst ungemein gleichmässigen Typus des Urogenitalsystems repräsentiren. Schon bei den Amphibien sind so- wohl die embryologischen Vorgänge, wie auch die Structurverhältnisse viel mannichfaltiger, sodass es bei diesen z. B. unstatthaft wäre, die Entwickel- ung des Hodens, wie sie bei Rana oder Bufo beobachtet worden wäre, auf die Kiemenmolche oder gar auf die Coecilien zu übertragen. Die gewöhnlich übliche Darstellung embryologischer Vorgänge scheint mir eine wenig zweckmässige. Wenn man Perioden des Embryonallebens nach Grösse oder Alter unterscheidet und dann alle Organe schildert, so- weit sie in diesen entstanden oder gediehen sind: so erschwert man ein- mal die Uebersicht, andrerseits sind weder Alter noch auch Grösse der Embryonen bei verschiedenen Thieren unbedingt mit einander vergleichbar, ja sogar nicht einmal immer bei derselben Art; ganz abgesehen davon, dass sich bei vielen Thieren, so bei den Haien, gar keine Zeitangaben machen lassen, Selbst beim Hühnchen weichen die Zeitangaben der ver- schiedenen Autoren oft gewaltig von einander ab. Ich wähle desshalb zur Eintheilung theils typische Endstadien, theils die mehr oder minder von einander unabhängigen Theile des gesammten Urogenitalsystems in ihren verschiedenen Perioden. Als wichtigste, auch für allgemeinere morphologische Fragen be- deutungsvolle Stadien in der Gesammtentwickelung sind folgende anzu- sehen: 1. die erste Entstehung des primitiven Urnierenganges; 2. die Entstehung und das Wachsthum der Segmentalorgane und ihre Vereinigung mit dem Urnierengang; 3. die Trennung des Eileiters, Leydig’schen Ganges und eigentlichen Harnleiters vom primären Urnierengang; 4. das erste Auftreten der Ureierfalte oder der indifferenten Geschlechtsanlage; 5. die Bildung der Genitaldrüsen durch Einwanderung der Ureier in das Stroma und die Umbildung oder Rückkildung der Leydig’schen Drüse bei beiden Geschlechtern. 20* 9A SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Nur in Bezug auf den ersten Punct entbehre ich eigener Beobacht- ungen, sodass ich hier diejenigen von Balfowr ohne Einschränkung an- nehmen muss; für die andern aber habe ich eine, nur an einigen unwe- sentlichen Puncten unterbrochene Reihe zahlreicher eigener Beobachtungen, welche an ungefähr 120 Embryonen hauptsächlich von Acanthias und Mustelus gewonnen wurden, Ueber die allgemein bekannten Untersuchungs- methoden solcher Objecte brauche ich mich, trotz der vorherrschenden Mode, nicht weiter zu äussern. Längsschnitte durften nur zur allgemeinen Orien- tirung gemacht werden; die eigentlichen Resultate mussten durch sorg- fältigst hergestellte Querschnittreihen zahlreicher Embryonen der verschie- densten Grösse gewonnen werden, $ 6. Erste Entstehung des primären Urnierenganges. Es liegen mir, wie schen gesagt, hierüber keine eigenen Beobacht- ungen vor; abgesehen von einer einzigen’ Keimscheibe eines Acanthias mit etwa 8—9 Urwirbeln waren die kleinsten mir zu Gebote stehenden Embryonen schon weit über dieses Stadium hinaus. Ich gebe daher ein- fach die Balfour'sche Darstellung (ohne ihre speculative Begleitung oder verkehrte Benutzung) wieder, die ich glaube unbedingt annehmen zu können, da Balfour namentlich die ersten Entwicklungstadien gewiss mit grosser Sorgfalt studirt hat. Der Wichtigkeit dieser einzigen Beobachtungen halber gebe ich hier eine möglichst getreue Uebersetzung seiner Schilder- ung. Er sagt: „Etwa zu derselben Zeit, in welcher die dritte Kiemenspalte entsteht, und an einer Stelle, welche dicht hinter dem vorderen Verschluss des Darmcanals liegt, vereinigen sich Darm- und Hautfaserblatt miteinander ungefähr in der Höhe der Aorta.“ „Von diesem so durch Vereinigung gebildeten Zellenhaufen springt ein solider Knopf gegen das Ectoderm (epiblast) hin vor (s. Balfour 1. ce. Taf. XV Fig. 11b, ov) und von diesem aus wächst ein dem Eetoderm hart anliegender Zellstrang (solid rod of cells) nach hinten gegen den Schwanz hin (]. c. Fig. 11 c, ov). Es legt sich dieser Zellstrang dem Eetoderm so innig an, dass man leicht zu der Meinung verleitet werden könnte, es sei derselbe aus ihm entstanden; und anfänglich war ich dieser Ansicht, bis ich einen Schnitt grade durch den vorderen Zellknopf gelegt hatte. Um indessen jede Möglichkeit des Irrthums abzuschneiden, machte ich Schnitte von einer grossen Zahl von Embryonen im passenden Alter und ich fand dabei allemal (invariably) den grossen Zellknopf am Vorder- ende und den von ihm nach hinten auswachsenden soliden Zellstrang“, „Dieser Strang ist der Oviduct oder Müller’sche Gang, welcher seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 295 beim Hundshai, wie bei den Amphibien der zuerst auftretende Theil des Urogenitalsystems und ursprünglich zweifellos solid ist, Alle meine Exem- ‚plare wurden in Osmiumsäure erhärtet und an so präparirten Thieren ist ungemein leicht auch das kleinste Loch in einer Zellgruppe zu erkennen. „In dieser soliden Form bleibt der Oviduct eine Zeitlang; er wächst rasch in die Länge mit sehr dünnem hinteren Ende, während das vordere an dem Zellknopf sitzen bleibt. Dieser letztere aber wird nach innen geschoben und nähert sich immer mehr der Leibeshöhle, indem er gleich- zeitig der intermediären Zellmasse benachbart bleibt.“ „Erst dann, wenn die 5. Kiemenspalte sich gebildet hat, erhält der Oviduet ein Lumen und gleichzeitig am vordern Ende ein in die Leibes- höhle sehendes Loch. Die Zellen des Stranges sind ursprünglich in ganz unregelmässiger Weise angeordnet, werden aber allmälig cylindrisch und radiär um ein Centrum gestellt. Hier, wo die Enden aller Zellen zu- sammentreffen, erscheint ein sehr kleines Loch, welches allmälig wächst und zur Höhlung des Canals wird (l. c. Fig. 12, vo). Das Loch tritt zuerst auf am vordern Ende, und wächst allmälig nach hinten, sodass das hintere Ende noch solid ist, während das Lumen des Vorderendes schon ganz weit ist.“ „Im vordern Endknopf tritt eine ähnliche Veränderung der Zellen ein, wie in dem übrigen Theil, aber die Zellen verschwinden an der der Leibeshöhle angrenzenden Stelle, sodass eine Oefinung in diese hinein gebildet wird, welche sehr bald eine beträchtliche Grösse annimmt. Bald nach dem ersten Auftreten derselben ist sie schon so gross, dass man sie in 2 oder 3 aufeinanderfolgenden hinreichend dünnen Schnitten antrifit.* „In dieser Weise bildet sich die Höhlung des Oviducts., Er endigt in diesem Stadium hinten, ohne mit der Cloake verbunden zu sein, sodass er dann auch ein hinten geschlossener Canal ist, der aber vorne durch eine grosse Oeffnung mit der Leibeshöhle communieirt,“ „Gleichzeitig ist der Canal nach unten gerückt und befindet sich nun der Leibeshöhle viel näher als dem Ectoderm.* Soweit Balfour. Seine Darstellung von der ursprünglich soliden Natur des primären Urnierenganges zu bezweifeln, liegt einstweilen kein Grund vor, ja sie scheint mir sogar besser zu den sicher gestellten That- sachen der Entwickelung desselben Ganges bei höheren Wirbelthieren zu passen, als die in Bezug auf solche, sowie auf Knochenfische und Amphi- bien aufgestellte Einstülpungshypothese. Auf diesen Punct komme ich im 3. Abschnitt zurück. Gänzlich falsch ist indessen die von Dalfour ge- wählte Bezeichnung dieses Canals; er nennt ihn immer Oviduct. Er ist das aber freilich durchaus nicht, ebensowenig auch Leydig’scher Canal]; 296 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und denn er enthält, wie im nächsten Capitel gezeigt werden soll, die Anlagen für beide gleichzeitig, durch deren völlige Trennung von einander erst jene andern beiden Gänge entstehen. So lange also diese sich nicht von einander gesundert haben, ist von einer strengen Homologie des primären Urnierenganges mit dem Eileiter oder Leydig’schen Canal nicht zu sprechen; diese beiden sind eben nur Umbildungen des ersten, mit den Segmental- organen in directe Verbindung tretenden primären oder eigentlichen Ur- nierenganges. ’ $ 7. Entstehung der Segmentalorgane und ihre Vereinigung mit dem primären Urnierengang. Durch die übereinstimmenden Beobachtungen von mir, Balfour und Schultz ist es ausser allem Zweifel festgestellt, dass die Niere der Plagio- stomen zuerst auftritt in Form mehr oder minder weiter isolirter Schläuche, welche ursprünglich wohl immer hohl von einer ganz bestimmten Stelle des Peritonealepithels oder Keimepithels her in das Mesoderm von innen nach aussen eingestülpt werden. Diese Schläuche oder Säcke legen sich dorsal dem Urnierengang hart an und verschmelzen erst mit ihm, wenn sie bereits angefangen haben sich zu winden, um die Leydig’schen oder Nieren-Knäuel zu bilden, Sie treten nur im Bereich der Leibeshöhle auf, und immer den einzelnen Segmenten dem Abstand nach entsprechend, da- gegen, wie es scheint, in etwas geringerer Zahl als Muskelsegmente der Leibeshöhle zukommen. Wegen der unläugbaren Uebereinstimmung in Entstehung, Bau, Um- bildung und Lagerung dieser Schläuche mit den Segmentalorganen der Anneliden habe ich jenen den gleichen Namen gegeben; dies zu recht- fertigen, war Aufgabe des ersten Aufsatzes „Ueber die Stammesverwandt- schaft der Wirbelthiere und Wirbellosen.* Daraus entsprang auch die dort gewählte Bezeichnung der beiden typischen und zuerst auftretenden Theile eines solchen Segmentalorgans : der Eingang oder die Einstülpungs- öffnung wurde Segmentaltrichter genannt, der in einen Blindsack aus- laufende bald weite, bald enge Gang aber Segmentalgang. Aus der Um- wandlung dieser beiden Theile gehen zunächst die isolirten Segmental- drüsenschlingen, später die mit der Genitalfalte in mehr oder minder innige Beziehung tretenden Theile der Leydig’schen Drüse und der eigent- lichen Niere hervor. Das jüngste mir zur Beobachtung gekommene Stadium lieferte mir ein Acanthias-Embryo von 1,5°m. Gesammtlänge, dessen Leibeshöhle etwa 4"®- Jang war; Bauchflossen fehlten vollständig, die Kiemenspalten waren in gleichen Abständen von einander schon in der Gesammtzahl vorhanden, seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 297 Die Urnierengänge sind in diesem Stadium schon vollständig ausgebildet, ihre Trichter gross und lang, aber noch nicht in der Mittellinie vereinigt; “die Verbindung mit der Cloake war noch nicht hergestellt. In ihrer ganzen Länge behalten sie so ziemlich denselben Durchmesser bei, nur die Form des Durchschnitts ist.bald kreisrund, bald plattoval; sie verlaufen schwach geschlängelt. Dies rührt davon her, dass sieh die, durch die ganze Länge der Leibeshöhle nur in Form von einfachen Blindsäcken vorhandenen Seg- mentalorgane dorsal über und an die Urnierengänge anlegen und diese dabei mitunter recht stark zusammendrücken, Mit ihrer ventralen Fläche stossen die Urnierengänge überall hart an das Keimepithel (Taf, XVIIL Fig. 1, 2, 7) oder besser gesagt an das Epithel der Urnierengangwülste an, welehe links und rechts vom Mesenterium eine Furche abschliessen, in der die Segmentaltrichter angebracht sind und in der später auch die der Länge nach verlaufenden Genitalfalten entstehen. Das Epithel der Urnierengänge ist ein einfaches grosszelliges Cylinderepithel, Die Segmentalorgane sind in diesem Stadium überall in der denkbar einfachsten Form kurzer Blindschläuche vorhanden und sie stehen nirgends mit den Urnierengängen in offenbarer Verbindung, obgleich sie diese mit ihrer ventralen Fläche berühren. Der erste Segmentalgang tritt als dünnes Rohr (Taf. XVII Fig, 1 sg.) etwa !/, Millimeter hinter dem Schluss der Tubenöfinung auf; sein blindes Ende ist nur schwach erweitert und es greift nach aussen nicht über die Aussenkante des Urnierenganges hinaus; diesem letzteren legt es sich eng an, aber die Gränze zwischen beiden ist durch eine feine Linie überall scharf bezeichnet. Schon der zweite Seg- mentalgang ist dicker, der dritte und allefolgenden noch mehr (Taf. XVII Fig. 7 sg.); aber auch dann greift das blinde, meist erweiterte Ende eines solchen nie über den Urnierengang nach aussen hin vor. Die Segmental- triehter sind noch ganz einfache von ziemlich hohem Cylinderepithel aus- gekleidete weitklaffende Oefinungen ohne jegliche Spur von wulstigen Rän- dern, Die meisten Segmentalgänge haben einen mittleren Durchmesser von S/aa Millimeter; ihr Lumen 1/go—!/5n Millimeter. Dass das letztere nirgends mit der etwas weiteren Höhlung des Urnierenganges in Verbind- ung steht, ist hier sehr leicht zu erweisen. Die Zahl der vorhandenen Segmentalgänge liess sich an diesem Objeet nicht mit genügender Sicher- heit feststellen; soviel jedoch war ersichtlich, dass sie in ziemlich gleichen Abständen fast in der ganzen Ausdehnung der Leibeshöhle vorkamen. In dem Schema wurden 32—33 angebracht (Taf. XXII Schema A. 1), weil diese Zahl in den nächst älteren Stadien mit grosser Sicherheit als normal erkannt werden konnte. Die Richtung, welche die Segmentalgänge nehmen, ist hier schon 298 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und ‘ nieht mehr ganz gerade, d. h. sie senken sich von ihrem Trichter her nicht genau senkrecht auf die Längsaxe des Thieres in die Mittelplatte ein, sondern etwas schräg. Man erhält daher in 2 oder 3 einander folgenden Schnitten mitunter Theile eines und desselben Segmentalganges, auf demselben aber auch leicht Anfang und Ende zweier verschiedener, ebenso oft natürlich auch nur Ende (Taf. XVIII Fig. 2) oder Anfang (Taf. XVII Fig. 1, 7 sg.) eines einzigen. Es macht ferner den Eindruck, als ob auch in diesem Stadium schon eine schwache Windung des Segmen- talganges vorhanden sei; ganz gradlinig ist sein Verlauf gewiss auch jetzt schon nicht mehr. . Von Bedeutung für die im nächsten Capitel zu schildernde Entsteh- ungsweise des Leydig’schen Ganges sind ferner die zahlreichen Schnitte, wie ich deren einen (Taf. XVIII Fig. 7) abgebildet habe. Auf der einen Seite liegt der Urnierengang eingezwängt zwischen dem Epithel des Ur- nierengangwulstes und des Segmentalganges; auf der andern fehlt jede Spur eines Segmentalorgans, der Urnierengang ist hier im Querschnitt rundlich und die kleine eben erst angelegte Cardinalvene (Taf, XVII Fig. 7 v.c.) tritt dicht an diesen heran, Das Epithel desselben ist überall einfach, ungeschichtet. In andern Schnitten wieder (Taf. XVII Fig. 2 sg.) sieht man neben dem Urnierengang einen grossen runden Körper mit einem Lumen und etwas unregelmässigem, scheinbar geschichteten Epithel; es ist dies aber nur das letzte blinde und erweiterte Ende eines Segmentalganges. Es geht aus diesen Schnitten einmal hervor, dass sich das Epithel des Urnierenganges nirgends dorsal verdickt und dass wenigstens in diesem Stadium kein zweiter, neben jenem liegender, aus den Segmentalgängen entstandener und der Länge nach durchgehender Zellenstrang zu finden ist; überall sind die einzelnen Segmentalschläuche deutlich durch die Stromazelien von einander geschieden. Im Wesentlichen sind die Verhältnisse noch ganz ähnlich bei einem Embryo von 1,9°". Körperlänge (5”""- Leibeshöhlenlänge). Die Segmen- talgänge haben sich etwas erweitert und zugleich stärker gekrümmt, sie greifen nun auch nach aussen hin über die Urnierengänge hinaus (Taf. XVII Fig. 8). Eine Verbindung ihres Lumens mit dem der letzteren besteht noch nicht; aber an einer kleinen Stelle der Berührungsflächen ist die scharfe Linie, welche im vorigen Stadium überall Segmentalgang von Urnierengang trennte, verschwunden (Taf. XVII Fig. 9); hier stossen die Zellen beider Theile hart an einander an, sodass man ohne jenes frühere Stadium leicht geneigt sein könnte, das angeschwollene Ende des Segmentalganges als aus dem Urnierengang durch Wucherung seiner Zellwand entstanden anzusehen, Hier ist die Stelle, wo später die Ver- seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 299 einigung der beiden Canäle erfolgt; aber sie entspricht nicht genau dem blinden Ende des Segmentalganges, sondern nur dem mittleren ventralen - Theile desselben. Er wächst also nicht mit seinem Ende auf den Urnieren- gang zu, sondern eigentlich an ihm vorbei, und die Vereinigung zwischen beiden erfolgt an einer, zwischen dem wachsenden blinden Ende des Seg- mentalganges und dem Trichter gelegenen Stelle. Es bildet somit in diesem Stadium jedes Segmentalorgan eine kurze Schlinge, deren längerer Ast der eigentliche Segmentalgang, deren kürzerer (eigentlich noch nicht vor- handener) die Berührungsstelle mit dem Urnierengang ist und welcher an seiner Umbiegungsstelle einen kleinen Blindsack (Taf. XVIII Fig. 9) trägt, den eigentlichen Grund des Segmentalganges, der, wie erwähnt, an dem Urnierengang vorbei gewachsen ist. Auch jetzt berühren sich die hinter- einander liegenden Segmentalgänge noch nicht, sodass es noch immer sehr leicht ist, den vollständigen Mangel eines neben dem Urnierengang ver- laufenden und durchgehenden zweiten Canales (oder soliden Zellstranges) nachzuweisen. Die Zahl der Segmentalgänge liess sich hier mit grosser Sicherheit auf 32—34 feststellen. 1 Ein Embryo von Mustelus von 1,9°m. Länge unterschied sich in dem vorderen Theile seiner Niere nur in untergeordneten Verhältnissen ‚von den eben geschilderten Acanthias-Embryonen, Leider war derselbe zu schlecht erhalten, um eine ganz vollständige Schnittreihe herstellen zu können; doch gelang es, eine hinreichend grosse Menge von Schnitten zu erhalten, um mit Sicherheit die vollständige Uebereinstimmung im typischen Verhalten mit Acanthias erkennen zu lassen. Die beiden Tubentrichter sind noch (relativ) weit von einander getrennt; sie gehen ohne alle Unter- brechung in den (Taf. XXII Schema B. i) primären Umierengang über; an ihn setzen sich in regelmässigen Abständen kurze Harngänge an, über welche die blinden kolbenförmigen Enden des Segmentalganges hinaus- greifen. Die Richtung dieser letzteren ist schräg; und der über die kurze Verbindungsbrücke hinausgreifende Blindsack meist platt mit weitem Lumen und hart an die erwähnte Brücke angelehnt. Hie und da scheint die Höhlung des Urnierenganges schon in diese Brücken überzugehen; in- dessen war dies nicht mit Sicherheit zu entscheiden, während freilich bei Embryonen von 2,1 und 2,3". Länge diese Verbindung äusserst deutlich ist. Ganz vorn befinden sich einige (3--4) nicht ganz ausgebildete Seg- mentalgänge, deren blindes Ende sich nicht erweitert hat, und deren _ Wandung ıit dem Urnierengang ebensowenig in Verbindung getreten ist. Die so gebildeten, etwas schräg gestellten kurzen Bögen, welche durch weiteres Wachsthum und Umbildung die Knäuel sowohl der Niere, wie der Leydig’schen Drüse aus sich erzeugen, werden ebenso regelmässig wie 300 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und bei Acanthias durch zelliges Bindegewebe der Mittelplatten unterbrochen ; nirgends geht ein solider Zellstrang neben dem Urnierengang von vorn nach hinten durch. Im hinteren Theile der Niere wird indessen die Ueber- einstimmung mit Acanthias stark unterbrochen. Während bei dieser Gattung Embryonen von 1,9°®- Länge, ja selbst noch ältere und längere (bis zu 2,7°tm. Länge) eine Niere besitzen, welche aus ungefähr 32 isolirten und nur durch den einfachen Urnierengang verbundenen Segmentalorganen be- steht: hat sich bei Mustelusembryonen von gleicher Länge in der hinteren Hälfte schon eine dorsal oder innen am Urnierengang liegende Verdick- ung (Taf. XXII Schema B, und Taf, XVII Fig. 38, 39) der Wand des letzteren gebildet, aus welcher, wie nachher zu schildern sein wird, die eigentlichen Harnleiter hervorgehen. Hier tritt also die Sonderung der letzteren früher ein, als die Theilung des Urnierenganges in Eileiter und Leydig’schen Gang, während umgekehrt bei Acanthias diese letzteren sich schon weit getrennt haben, ehe die Ausbildung des einfachen Harnleiters beginnt. Bei dem einen der schon früher („Stammverwandtschaft“ ete., diese „Arbeiten“ Bd. II pag. 40) geschilderten Seyllium-Embryonen von 2,4°tm. Länge ist das Verhältniss genau, wie bei Mustelus. Im vordern Theile der Niere stehen die Segmentalgänge durch kurze Bögen mit dem primären Urnierengang (diese Arbeiten Bd, II Taf. IV Fig. 21-23) in directer Ver- bindung (Taf. XXII Schema C 1); im hinteren Theile dagegen treten sie an ge- sonderte mit dem Urnierengang theilweise verbundene und ihm parallel laufende (im Schema gelbe) Canäle heran, welche, wie die Schnittreihen von etwas weiter entwickelten Embryonen beweisen, nur die Harnleiter sein können. Bei der grossen Uereinstimmung im Bau der Niere erwachsener Plagiostomen lässt sich annehmen, dass die hier an 5 Arten gewonnenen Resultate (welchen sich die von Balfour an Haien und Schultz an Zitter- rochen anreihen) auf alle Gattungen übertragen lassen, abgesehen natür- lich von der verschiedenen Zeitfolge in ihrer weiteren Umbildung. Dies als richtig angenommen, wäre die typische, erste Anlage der gesammten Niere bei Plagiostomen etwa in folgender Weise zu beschreiben. Mit dem zuerst soliden, nachher sich anshöhlenden, primären Urnierengang verbin- den sich die ursprünglich blind geschlossenen, durch Einsenkung des Keim- epithels von innen nach aussen hin entstehenden Segmentalgänge in der Art, dass ihr erweiterter Endsack an jenem vorbei wächst, an der Be- rührungsstelle des Halses des Segmentalganges aber eine Vereinigung mit der dorsalen Wandung des Urmierenganges erfolgt, Diese ursprünglich solide kurze Zellbrücke verlängert sich und höhlt sich schliesslich aus seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 301 sodass nun die Höhlungen der Segmentalgänge mit dem Lumen des Ur- _ nierenganges in Verbindung gesetzt werden. Die von den einzelnen Seg- mentalgängen gebildeten, schräg gestellten Schlingen tragen eine zur Seite gebogene blindsackartige Anschwellung, von welcher aus, wie wir gleich sehen werden, die Umbildung der Segmentalbögen zu den eigentlichen geknäuelten Segmentaldrüsen erfolgt. Es entsteht also die Niere der Plagio- stomen aus der Vereinigung zweier ursprünglich gänzlich getrennter und verschiedenartiger Anlagen: der primären, der Länge nach verlaufenden Urnierengänge und der in jedem Leibeshöhlensegment paarweise von innen aus lateralwärts wachsenden Segmentalgänge. Durch die Umbildung der letzteren allein entstehen die Segmentalknäuel der eigentlichen Niere und der Leydig’schen Drüse, während jener die Harnleiter, Samenleiter und Eileiter aus sich hervorgehen lässt. $ 8. Weiteres Wachsthum und Umbildung der Segmentalgänge zu den Segmentaldrüsen und Ausbildung der Malpighischen Körperchen. Meine Untersuchungen sind in Bezug auf diesen Punct, wie ich gleich von vornherein bemerken will, nicht sehr weit gediehen. Einmal gehört die Untersuchung der Entstehung und des Wachsthums der Segmen- talknäuel zu den allerschwierigsten Aufgaben; denn wenn erst einmal diese letzteren sich zu bilden begonnen haben, so ist weder durch Zerzupfung, noch durch die Querschnittmethode eine genügende ‘Sicherheit der Resultate zu gewinnen. Es kommt dazu, wenigstens als ein für mich momentan bestehendes Hinderniss, die geringe Bedeutung, welche die spätere Ausbildung der Nierenknäuel für die hier in’s Auge gefass- ten allgemeinen Fragen hat; von Interesse ist es allein, die Verbind- ungsweise mit dem primären Urnierengang und die Vereinigung der männ- liehen Keimdrüse mit dem letzteren durch die Segmentalgänge, sowie deren primäre Betheiligung am Aufbau der Nierenknäuel aufzuklären. Der vornehmste Grund aber dafür, dass ich diese Puncte nicht nach jeder Richtung hin befriedigend verfolgen konnte, liegt in der Beschränktheit des mir zur Verfügung stehenden Materials; denn zufälliger Weise habe ich unter den 120 Embryonen, die von mir selbst gesarnmelt und zubereitet wurden, nur 5 Exemplare von der für diesen Punct besonders wich- tigen Länge zwischen 2 und 3° Gesammtlänge erhalten. Trotzdem glaube ich auch mit dem sehr beschränkten Material die wesentlichsten, allge- meinen Züge der Ausbildung der einzelnen Segmentalknäuel feststellen zu. können. Aus dem Früheren geht hervor, dass sich in je einem Körpersegment ein Paar von Segmentalschläuchen durch Einstülpung vom Peritonealepithel 302 SEMPER; Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und her bilde. Aus der Einstülpungsöffnung geht der spätere Wimpertrichter hervor, der meist von Anfang an schmälere Anfangstheil des Schlauches wird der Segmentalgang und der ursprünglich blind geschlossene Grund desselben liefert die Stelle, von welcher aus die Schlingen und die Mal- pighvschen Körperchen der Nierenknäuel sich bilden. Die Richtung dieser Segmentalschläuche ist gleich von Anfang an ein wenig schräg, sodass man auf einem senkrecht gegen die Axe des Thieres geführten Schnitt von hinreichender Dünnheit nie einen solchen seiner ganzen Aus- dehnung nach trifft; er ist vielmehr schon bei ganz kleinen Embryonen meist durch 2—3 Schnitte hindurch zu verfolgen. Trichter und Insertions- stelle am Urnierengang liegen somit nicht in einer Verticalebene und ihre Entfernung in der Längsrichtung von einander ist so gross, dass sie die Entfernung zwischen den zwei benachbarte Urwirbel trennenden Septen etwas überschreitet. Es liegt daher die Insertionsstelle des Segmentalganges am Urnierengang in einem andren Segment, äls die Trichteröffnung; eine Thatsache, welche bereits in meinem ersten Aufsatz hervorgehoben und verwerthet wurde. Die Verbindung zwischen dem Grunde des Segmentalschlauches und dem Urnierengang erfolgt, wie oben gezeigt wurde, durch eine seitliche Verwachsung beider; es greift somit das oft sehr stark anschwellende blinde Ende des ersteren über die Berührungsstelle hinaus nach auswärts über, Ursprünglich ist die Verbindungsbrücke (Taf. XVII Fig 9) sehr kurz und ganz solide; hat sich durch seine Aushöhlung das Lumen des Urnierenganges mit dem des Segmentalschlauches in Verbindung gesetzt — sodass nun eigentlich erst jener seinen Namen verdient —, s0 ist auch eine Verlängerung dieser Brücke eingetreten, welche bald so gross wird, dass diese erste Anlage eines segmentalen Harnleiters fast ebenso lang ist, wie der Segmentalgang selbst (Taf. XIX Fig. 4, 5, 6 e. r.). Dort, wo beide in einander übergehen, hängt der kurze Blindsack, dessen Lumen nun meistens platt erscheint, theilweise ventralwärts gegen den Urnieren- gang zu (Taf. XIX Fig. 4, 5, 6 m. c.). . Es bildet also jetzt jedes Seg- mentalorgan einen steil nach dem Rücken zu und zugleich etwas schräg gestellten Bogen, dessen einer Schenkel der Segmentalgang (s. g.), dessen anderer der segmentale oder primäre Harnleiter (ec. r.) ist und an dessen scharf geknickter Umbiegungsstelle ein noch ziemlich kurzer einfacher plattgedrückter Blindsack (m. ce.) hängt. Dieser letztere ist entstanden aus dem vorhin erwähnten blindsackartig über den Urnierengang hinaus- greifenden Grund des Segmentalschlauches ; von ihm aus entwickeln sich theils neue Aeste der Harncanälchen, theils auch das primäre Malpighr’sche En 20 seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 303 Körperchen, während gleichzeitig die beiden Schenkel — der Harngang und der Segmentalgang — sich mehr und mehr strecken und zu winden anfangen. Die weitere Umbildung genau zu verfolgen, war mir leider mit dem ungenügenden Material nicht möglich; auch ist der ganze Vorgang, wie gesagt, ein so complieirter, dass ich es fast für unmöglich halten möchte, durch die bisher geübten Untersuchungsmethoden zur Klarheit zu kommen, Das Eine nur kann ich als sicher hinstellen: dass sich in einem gewissen Theile des erwähnten blindsackförmigen Grundes des Segmentalganges das | primäre Malpgihrsche Körperchen entwickelt, die secundären aber an neu auftretenden gleichfalls vom erweiterten Grund des Segmentalganges entspringenden Nierencanälchen entstehen. Man findet nemlich bei Em- bryonen zwischen 3 und 6°“. Länge, welche meistens in jedem Segmen- talorgan erst ein einziges gut ausgebildetes Malpighi'sches Körperchen besitzen, unter diesem und direct mit ihm verbunden eine sehr auffallend gebaute Blase mit an einer Seite stark eingebuchteter Wandung und sehr hohem Cylinderepithel, Besonders stark ist dieselbe bei Seymnus lichia entwickelt. Ihr Lumen steht, wie oben schon bemerkt, mit der Höhlung des Malpighvschen Körperchens in Verbindung, zugleich aber geht es ‚auch in den Segmentalgang über, dessen Wimperepithel sowohl in die Malpighvsche Kapsel, wie in die andre Blase hinein zieht. Es ist That- sache, dass auf ihr, oder besser gesagt, durch Umwandlung ihres dorsalen Theiles das primäre Malpiahrsche Körperchen (Taf. XIX Fig. 6 m. c.) entsteht, indem in diesen der Glomerulus hineingestülpt wird; beide zu- sammen gehen zweifelfellos hervor aus dem vorhin beschriebenen Blind- sack der primären Segmentalschlinge. Ganz ebenso nun, wie ursprünglich ; das erste Malpighische Körperchen durch Abschnürung eines Theils des ersten Segmentalblindsacks entsteht, so gehen aus der eben erwähnten | Blase die später auftretenden hervor und zwar, wie es scheint durch, Knospung nach verschiedenen Richtungen hin aus dieser heraus. Es liegt ferner genau an derseiben Stelle, also an der ventralen Seite jedes Seg- mentalorgan’s, auch bei erwachsenen Thieren, eine mehr oder minder grosse verschieden gelappte Blase (Taf. XIX Fig, 15 a), mit welcher sich zweifel- los der Segmentalgang (bei Haien mit persistirenden Segmentaltrichtern) verbindet; von ihr aus gehen "nach den verschiedensten Richtungen hin meist recht feine Harncanälchen, die freilich nur selten wegen ihrer starken Windungen zu einem Malpighr'schen Körperchen zu verfolgen sind. Schon bei reifen Embryonen ist sie oft genug — so bei Acanthias — stark gelappt, und unregelmäsig besetzt mit zelligen Ausbuchtungen, von denen sich nicht mehr entscheiden liess, ob sie hohl waren oder nicht. Es ist 304 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und möglich, dass diese Ausbuchtungen nur Auswüchse sind, wie sie sonst auch noch an den Segmentalgängen der Plagiostomen vorkommen (s. Taf. XI Fig. S—10); ebensowohl aber könnten esauch in Bildung begriffene Harn- canälchen oder selbst Anlagen zu einem vielleicht erst später zur Aus- bildung kommenden Canal sein, den ich in typischer Weise ausgebildet, allerdings bis jetzt nur bei einem fast erwachsenen männlichen Embryo von Scymnus lichia und Centrina Salviani sowie bei dem erwachsenen Mustelus gefunden habe. Gleiche Lage im Segmentalorgan und Verbind- ung mit dem Segmentalgang (Taf. XIX Fig, I5 s. g.) beweisen, dass diese Blase mit jenem ersten schon bei jungen Embryonen bemerkbaren Blindsack der Segmentalschlinge identisch sein muss, obgleich dieser Identificirung scheinbar die Thatsache entgegensteht, dass schon beim erwachsenen Em- bryo kein Malpighi'sches Körperchen mit der erwähnten Blase in Ver- bindung steht, während ein solches doch nach meinen eben gegebenen Mittheilungen bei den jungen Embryonen immer vorhanden sein soll. Dies kann aber einmal darauf beruhen, dass das primäre Malpighische Körper- chen, welches der erwähnten Blase hart anliegt bei jungen Embryonen (Taf. XIX Fig. 6 m. c.), später zu Grunde geht, oder es kann zweitens von ihr abgerückt sein durch die Streckung und gleichzeitige Verdünnung der ursprünglich kurzen und dicken Brücke zwischen beiden. Es ist einst- weilen nicht möglich, hierüber Entscheidung zu treffen; doch giebt es ge wisse Verhältnisse, welche es sehr wahrscheinlich machen, dass es wohl meistens zu Grunde gegangen sein mag. Hiefür sprechen nemlich die schon früher genau geschilderten Verhältnisse an den rudimentären Leydig’schen Drüsen bei Weibchen gewisser Plagio- stomen. Von Chiloscyllium habe ich oben ein echtes, mit einem Gefäss- knäuel versehenes Malpighi’sches Körperchen beschrieben, welches einer- seits mit einem in den Leydig’schen Knäuel eindringenden Harncanal, andrerseits mit einem zweifellosen, den Leydig’schen Gang kreuzenden Segmentalgang in Verbindung stand (Taf. XI Fig. 7; Taf. X1 Fig. 4). In den dicht davor gelegenen Leydig’schen- Knäueln kamen nur noch rudimentäre Malpighvsche Körperchen vor, noch weiter nach vorn zu fehlten sie sogar ganz, obgleich Reste der Segmentalgänge noch vorhan- den waren (Taf. XI Fig. 4). Nun habe ich niemals im vorderen Ende der Leydig’schen Drüse, welches beim Weibchen stark verkümmert, beim Männchen zum Nebenhoden wird, mehr als 1 Malpighr’sches Körperchen in je einem Leydig’schen Knäuel gefunden; meistens fehlen sie sogar ganz. Immer aber fehlt die im hinteren Abschnitt und in der eigentlichen Niere deutlich sichtbare Blase, welche mit dem entsprechenden Segmental- gang communicirt, und als Organ für die Neuerzeugung von Malpighr’schen » da nn ie x seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 305 Körperchen dient und mit welcher das primäre Malpighr’sche Körper- chen direct verbunden war, Da nun ursprünglich -alle vollständigen mit ‘ dem primären Urnierengang in Verbindung tretenden Segmentalschlingen auch den erwähnten Blindsack tragen, aus dessen Umwandlung theils das dorsal liegende primäre Malpighr’sche Körperchen, theils die Blase, aus welcher neue gebildet werden könnten, entstehen: so muss in einem grossen Theil der Leydig’schen Knäuel diese letztere überhaupt gar nicht zur Aus- bildung gekommen, das erste Malpighi'sche Körperchen aber mehr oder minder voilständig verschwunden sein, Dies letztere wird nnn auffallen- der Weise bei Männchen weniger, als bei Weibchen resorbirt, so dass man bei jenen oft bis in’s vorderste Ende des Nebenhodens (oder der Leydig’- schen Drüse) noch Malpighü'sche Körperchen findet, während sie den Weibchen derselben Art hier gänzlich fehlen. In dem jetzt zu schildernden Verhalten “er Segmentalgänge und primären Malpighr’schen Körperchen bei den Männchen liegt ein weiteres Argument für die obige Annahme, dass es im Vorderende (Geschlechts- theil) der Deydig’schen Drüse nie zur Ausbildung einer solchen Bildungs- blase secundärer Malpighischer Körperchen komme und dass der nicht ganz eonstante Mangel der primären nur auf einer Rückbildung beruhe, Bei einem fast erwachsenen Männchen von Mustelus vereinigen sich die 2 oder 3 aus der Hodenbasis kommenden zu vasa efferentia umgebildeten | Segmentalgänge (Taf. XV Fig. 8 sg) an der unteren Nierenfläche und nahe dem inneren Rande zu einem an der Niere herablaufenden Längs- | canal, welcher stark geknickt ist, und hie und da ein weitbogiges (Taf. XV Fig, 8 r. d. c.) Netzwerk bildet; 3 fast senkrecht auf seine Längs- richtung stehende Canäle treten nach kurzem Verlaufe (Taf. XV Fig. 8 c. m. 2—4) an je ein mit sehr schönem Gefässkräuel versehenes Mal- pighi’sches Körperchen heran. Es schien, als ob die Höhlungen dieser letzteren, welche zweifellos nach der andern Seite hin (Taf, XV Fig. 8, Fig. 10) in Harncanälchen übergehen, nicht mit derjenigen des am Nieren- rande liegenden Canals in Verbindung stünden; doch liess sich an dem einzigen zu Gebote stehenden Exemplar hierüber keine vollständige Sicher- heit gewinnen. Ein viertes, weiter nach unten liegendes, senkrecht gegen den „Nierenrandcanal“ gestelltes Harncanälchen endigte blind (Taf. XV Fig. 8 a), ohne in ein Malpighisches Körperchen überzugehen; ein fünftes endlich bildete um den Leydig’schen Gang herum (Taf. XV Fig. 8 ec. m. 1) eine Schlinge, trug seitlich ein ganz kurz gestieltes, gut ent- wickeltes Malpighesches Körperchen und ging dann über in ein neben dem Leydig’schen Gang verlaufendes Harncanälchen, welches sich nicht mit diesem verband (Taf. XV Fig. 8 r. d. c.’), sondern über ihm weg in 306 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und die Schlingen des Leydig’schen Knäuel’s eintrat. Von einer mit den er- wähnten 4 Malpighi'schen Körperchen in Verbindung stehenden Blase, von welcher aus etwa die Neubildung secundärer Malpighr'scher Körper- chen hätte vor sich gehen können, war nichts zu sehen. Ein solcher Nierenrandeanal ist bekanntlich von Didder auch bei ver- schiedenen Amphibien beschrieben worden. !) Er hat ihn abgebildet von Rana temporaria, Salamandra maculata, Triton taeniatus und Menopoma. Auch die Verbindung desseiben mit Malpighischen Körperchen (}. c. Fig. IV von Triton taeniatus) ist ihm bekannt gewesen, und die Ucberein- stimmung in dieser Beziehung mit Mustelus, Scymnus und Centrina_ ist, wie man aus der von mir gegebenen Abbildung ersieht, scheinbar eine ganz vollständige. Nur darin hat sich Didder versehen, dass er den von ihm deutlich gezeichneten Glomerulus nicht in der Kapsel des Malpighr’- schen Körperchens, sondern neben ihr liegen lässt, Es findet sich hier also, abgesehen von dem später zu besprechen- den Centralcanal des Hodennetzes, welcher aus der Verwachsung der Seg- mentaltrichter entsteht, noch ein zweiter, durch die Vereinigung der zu vasa efferentia werdenden Segmentalgänge gebildeter Canal, der Nieren- randcanal, von dessen äusserer Seite- erst die kurzen, in das primäre Malpighr’sche Körperchen führenden Canäle entspringen. Ganz das gleiche Verhalten habe ich bei dem fast erwachsenen männlichen Centrina-Embryo gefunden (Taf. XXI Fig. 13, 14). Hier kommen in ziemlich regelmässigen Abständen 5 vasa efferentia aus dem basalen Hodennetz heraus (Taf. XXI Fig. 13); sie treten an einen über dem Leydig’schen Gang verlaufenden Längscanal, den Nierenrandcanal, heran; hinten verbinden sich mit dem letzteren noch 2 Segmentalgänge, welche gegen den Hoden zu blind ge- schlossen endigen, also nicht in das Hodennetz übergehen ; vorne findet sich noch ein kurzer Segmentalgang (Taf. XXI Fig. 13 sg,), dessen 2 Gabel- äste sich an sehr grosse, mit Wimperepithel ausgekleidete Cysten ansetzen, die aber von dem Hodennetz ganz getrennt zu sein scheinen. Mit dem Nierenrandcanal verbinden sich mindestens 4, wahrscheinlich aber 5 gut entwickelte Malpighvsche Körperchen, welche nach aussen vom Nieren- randcanal liegen; von jedem entspringt ein in die Leydig’schen Knäuel eindringendes Harncanälchen, dessen Lumen continuirlich in die Höhlung der Malpigh@schen Kapsel übergeht (Taf. XXI Fig. 14) und durch diese auch mit den vasa eflerentia in Verbindung steht, Hier ist also auch 1)Bidder, Vergleichend anatomische und histologische Untersuchungen über die männlichen Geschlechts- u. Harnwerkzeuge der nackten Amphibien. Dorpat 1846, seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 307 die Möglichkeit, wenn nicht die Nothwendigkeit gegeben, dass der Same, welcher aus dem Hodennetz heraustritt, zunächst den Nierenrandcanal _ und dann auch wohl zum Theil die Malpighischen Körperchen durch- strömt, ehe er durch einen Theil der Leydig’schen Knäuel hindurch in das vas deferens (d. h. den Leydig’schen Gang) eintritt. Es schliesst sich dies, allerdings nicht bei allen Selachiern (z. B. sicherlich nicht bei den Rochen) vorkommende Verhältniss, genau an das durch Bidder, Wittich und Leydig von Amphibien Beschriebene an, und es wird somit, ganz im Ge- gensatz zum herrschenden physiologischen Dogma, auch hierdurch wieder die längst von den Zoologen angenommene Thatsache bestätigt, dass das Sperma auf seinem Wege vom Hoden zum Ausführgang einen Theil der Nieren- eanälchen (der Urniere) und ihrer Malpighi’schen Körperchen zu durch- laufen habe, Ich kann bei dieser Gelegenheit den Wunsch nicht unter- drücken, es möchten die medicinischen Physiologen gerade bei ihren Dar- stellungen vom Bau der Niere doch etwas mehr die Angaben der Zoologen, namentlich Zeydig’s, berücksichtigt haben, als geschehen ist; dann würden sie wohl davor bewahrt worden sein, ein so gründlich falsches Schema von der Fisch- und Amphibienniere aufzustellen, wie es in dem be- kannten histologischen Sammelwerk von Siricker und auch anderswo ge- .schehen ist. Das Schema eines typisch ausgebildeten Segmentalorgans der eigent- lichen Niere ist hiernach eine mit Segmentaltrichter versehene Segmental- schlinge, von deren zu einem Blindsack oder einer Blase erweiterten Um- biegungsstelle aus durch Sprossung die Neubildung von Harncanälchen und secundären Malpighö’schen Körperchen erfolgt, während das ursprüng- lieh mit jener Blase direct verbundene primäre Malpighische Körperchen verschwindet. Im Geschlechtstheil der Leydig’schen Drüse dagegen bleiben die secundären Malpighi’schen Körperchen und ihre Bildungsblase — wenn es überhaupt zur Ausbildung solcher kommt — vielleicht nie bestehen, wohl aber die primären ; im männlichen Geschlecht namentlich sitzen die letzteren an dem das Sperma aus den Segmentalgängen aufnehmenden Nierenrandcanal so an, dass dadurch das Durchtreten des Samens durch die primären Malpighischen Körperchen sehr wahrscheinlich gemacht wird. Nur bei den Plagiostomen mit einem einzigen vas efferens (z. B. Rochen) scheinen auch diese vollständig zu verschwinden; wenigstens habe ich sie dann immer vergeblich gesucht. Abgesehen von diesen durch die Ver- bindung mit der Keimdrüse bedingten Verschiedenheiten und der An- wesenheit der Malpighi’schen Körperchen kann man somit ein einzelnes Segmentalorgan am Besten mit dem von Saenuris vergleichen, bei welchem Arbeiten aus dem zoolog.-zootom. Institut in Würzburg. II. Bd. 21 308 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und nach Gegenbaur!) der eigentliche Drüsentheil gleichfalls in Form einer gelappten Drüse seitlich an dem stark gewundenen Segmentalgang ansitzt. Es ist jetzt geboten, hier kurz einer eigenthümlichen Darstellung von der 'Haifischniere zu gedenken, die jüngst durch Fritz Meier?) in Leipzig gegeben wurde und welche offenbar die für die herrschende An- schauung in der medicinischen Nierenphysiologie so unbequeme Verbind- ung der Leibeshöhle mit den Harncanälchen aus dem Wege zu räumen bestimmt ist. Dieser Beobachter behauptet von den Segmentalgängen aus — welche ich selbst ihm in Helgoland zuerst gezeigt habe —, eine Blase injieirt zu haben, welche an der ventralen Fläche jedes Segmental- organs liege, nicht vom Leydig’schen Gang oder Harnleiter aus zu injieiren und wegen ihres zelligen Inhalts als eine Lymphdrüse anzusprechen sei. Diese iymphdrüsenartigen Organe Meiers (l. c. pag. 39) sind allerdings an der bezeichneten Stelle vorhanden, sie stehen auch mit dem Segmen- talgang in Verbindung, aber sie haben faclisch nichts mit Lymphdrüsen zu thun; sie sind vielmehr nichts weiter, als die eben beschriebenen, aus dem ersten Blindsack der primären Segmentalschlinge entstandenen Bild- ungsblasen neuer Harncanälchen und Malpighischen Körperehen. Meier meint, sie seien mir unbekannt geblieben, obgleich ich sie längst abge- bildet habe (Stammverwandtschaft etc. Taf. IV Fig. 17); ich legte kein Gewicht auf ihre Beschreibung, da es damals nicht mein Zweck war, die Plagiostomenniere genau zu untersuchen, sondern nur die typische Zusam- mensetzung der Urniere aus isolirt entstehenden und secundär erst mit dem primären Urnierengang in Verbindung tretenden Segmentalorganen zu erweisen. Es geht nun wohl zur Genüge aus der eben gelieferten Darstellung von der ersten Entstehung und der weiteren Umbildung der primären Segmentalgänge hervor, dass die von Meier durch den $Seg- mentalgang injicirten Organe keine Lymphdrüsen sein können; denn sie stehen sowohl mit den Malpighischen Körperchen, wie mit den Harncanäl- chen in Verbindung und ihr Epithel hat absolut keine Aechnlichkeit mit Lymphzellen, sondern es wimpert da, wo der Segmentalgang in sie ein- mündet und es ist ausnahmslos ein sehr schön entwickeltes hohes Cylinder- epithel; sie haben ferner Höhlungen, welche mit denen der von ihnen ausgehenden Canäle in directer Verbindung stehen; sie entstehen endlich 1) @egenbaur, Ueber die sogenannten Respirationsorgane des Regenwurms, 2.f, w. Z. 1852. Bd.IV. Taf. XII Fig. 3. 2) F. Meier, Beitrag zur Anatomie des Urogenitalsystems der Selachier und Amphibien, Sitzungsberichte der naturf. Gesellschaft in Leipzig 1875. No. 2, 3, 4 p. 38—44. seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 309 aus dem blindsackartigen Ende der primären Segmentalschlinge. Dagegen stehen die wirklich hier vorkommenden, aber nie eine Höhlung enthaltenden Lymphdrüsen oder Nebennieren nie mit dem Segmentalgang in Verbindung; sie sind allseitig abgerundet und zeigen die typische von Leydig genau beschriebene Nebennierenstructur (s. oben); sie sind endlich gleich von Beginn an als rundliche Zellmassen (nicht als Zellstränge, wie ich irrthüm- lich früher angab, Stammverwandtschaft etc. p. 39 Taf. III Fig, 3—7 ete.) neben den einfachsten Einsenkungen der Segmentalgänge in je einem Metamer vorhanden, während jene vom Segmentalgang aus injieirbaren Blasen erst sehr viel später entstehen. Meier’s für seine entschieden falsche Deutung allein verwendbaren Beobachtungen sind die Unmöglichkeit, diese Blasen vom Harnleiter aus zu injiciren und die Leichtigkeit, mit der nach ihm die Injectionsmasse aus ihnen heraus zwischen die Harncanälchen eindringt (l. ce. pag. 40). Beides ist sehr erklärlich. Die ungemein dicht verschlungenen Windungen der Harncanälchen machen es, wie schon Ayril längst gewusst hat, sehr schwer oder unmöglich, selbst die Malpighischen Körperchen vom Harnleiter aus zu injieiren; die dünne Wandung der Blasen und der Mangel besonderer Kapseln um diese — den Meier selbst an- giebt — lassen es sehr natürlich scheinen, dass sich bei verstärktem Druck von ihnen aus regelmässig Extravasate bilden, Hätte Meier sich die Mühe genommen, durch Schnittreihen die allmälige Umbildung der primären Segmentalschlinge zu verfolgen, wie ich es gethan habe, statt sich auf die einzige und Äyril’s und meiner Meinung nach hier sehr wenig brauchbare Methode der Injection zu verlassen, so würde er zweifellos zu dem richtigen Resultate gekommen sein, dass die mit dem Segmental- triehter beginnenden Segmentalgänge thatsächlich in die Harncanälchen der Leydig’schen oder der Nierenknäuel übergehen. Allerdings zwingt diese Verbindung der Höhlungen eines secretorischen , bei den Plagio- stomen zeitlebens beständigen Apparates mit der Leibeshöhle. die Physio- logen, ihre Anschauungen in Bezug auf die Function der Niere wesentlich zu modifieiren; namentlich, da bei dem fast exclusiv physiologischen Frosch durch Spengel!) ganz ähnlich gebaute und mit Malpighi'schen Körperchen in Verbindung stehende Trichtergärge nachgewiesen wurden, Meier?) hat unabhängig von Spengel die gleiche wichtige Entdeckung gemacht, und nur etwas später publicirt; aber er nennt hier die Trichteröffnungen Stomata und er behauptet auch hier wieder, dass in dem Grunde der von ihnen \ 1) Spengel, Wimpertrichter inder Amphibienniere, Mediec, Centralbl. 1875 No. 23. 2) F. Meier, Beitrag ete. Leipziger Sitzungsberichte 1875 p. 38—44. DE 310 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und ausgehenden Wimpercanäle viele Lymphkörper lägen (l. ec, p. 44). Am Vorderende der Niere von Salamandern und Tritonen, noch besser an der ganzen Niere der Coecilien hätte Meier sich mit einiger Geduld und ge- schickter Präparation leicht überzeugen können, dass sie in echte Mal- pighische Körperchen übergehen, in welches grade wie bei Haien das Wimperepithel eine Strecke weit eindringt. Ich habe indessen nicht nöthig, hier auf eine Erörterung über diese Differenzen zwischen Spengel’s Be- obachtungen und denen Meier’s näher einzugehen, da Jener bald selbst Gelegenheit dazu haben wird. Ebensowenig brauche ich auf mehrere von Meier in seinem angezogenen Artikel gegebenen falschen Citate meiner Worte und unrichtige Interpretation meiner Beobachtungen oder meiner Darstellung Rücksicht zu nehmen. $ 9. Umbildung des primären Urnierenganges in Eileiter, Leydig’schen Gang und Harnleiter. Beeinflusst durch die bislang herrschenden Ansichten von den Homo- logien der Wolf’schen und Müller’schen Gänge in der Wirbelthierreihe und von den 30 bestimmt auftretenden Behauptungen über ihre Entsteh- ungsweise, habe ich in meinen bisherigen Publicationen immer, wie Balfour, die Ansicht festgehalten, es sei der bei den Haien zuerst auftretende, mit einer Trichteröffnung versehene, primäre Urnierengang dem Müller’schen Gang oder Oviduct gleichzustellen. Ich habe ferner die Meinung Balfour's getheilt, als müsse der Wolf’sche Gang vom Müller’schen unabhängig entstehen, und ich habe ihn lange Zeit als direct durch die Verschmelzung der in den pri- mären Urnierengang einmündenden Harncanäle gebildet angesehen. Es wäre dann der Leydig’sche Gang hervorgegangen aus der Verwachsung der Enden der einzelnen Segmentalorgane, also gänzlich verschieden von dem primären Urnierengang, welcher sich nach der bisherigen Annahme beim Weibchen direct in den Eileiter, beim Männchen in die Rudimente der gleichen Theile (männliche Tuben und Uterus masculinus) umwandeln sollte. Beides aber ist vollständig falsch, und die Entstehungsweise der 3 Ausführgänge des Urogenitalsystems ist bei den Haien eine viel einfachere, wie ich jetzt zu erweisen im Stande bin, Diese Erkenntniss des wahren Bildungsvorganges gewann ich freilich erst, nachdem ich etwa 40 Em- bryonen in den Grössen von 2—6°". Länge in ganz lückenlose Schnitt- reihen zerlegt hatte; für die Richtigkeit des gewonnenen Resultats bürgen mir vor Allem auch die im Anfang der Untersuchung vor 1?/, Jahren gemachten Schnittreihen von Acanthias und Seyllium, welche ich jetzt erst, nachdem ich mich von dem Einfluss des herrschenden Dogma’s frei zu machen gewusst, recht zu deuten im Stande bin. Be. u A seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere, 311 Zuerst tritt, wie im vorhergehenden Paragraphen auseinandergesetzt, der mit einem offnen Trichterende versehene primäre Urnierengang mit _ den einzelnen Segmentalorganen in Verbindung. Dieses Stadium ist, genau nach einer vollständigen Schnittreihe eines Embryo von 1,9°m. Körperlänge hergestellt, in dem Schema A. 2 (Taf. XXII) wiedergegeben: der schwarze Gang ist der primäre ÜUrnierengang, in den sich die grünen Segmental- gänge ohne bedeutende Windungen ergiessen. Dieser primäre Urnieren- | gang enthält nun die Anlage für alle 3 eben in der Capitelüberschrift genannten Canäle in sich; er spaltet sich einfach in den Eileiter, Leydig’- schen Gang und Harnleiter der Länge nach und zwar beginnt diese Spaltung vorne zuerst und sie schreitet nach und nach von vorn nach hinten weiter fort. Auf die allgemeine Bedeutung dieser jetzt völlig fest- stehenden Thatsache, werde ich später zurückkommen müssen; hier handelt es sich zunächst nur um den Nachweis ihrer Richtigkeit. Da die Zeitfolge der Abspaltung der verschiedenen aus dem primären Urnierengang hervorgehenden Canäle nicht bei allen untersuchten Arten die gleiche ist, und die Wichtigkeit des Gegenstandes ein Eingehen in die Einzelheiten der Vorgänge verlangt, so schildere ich diese, wie ich sie mehr oder minder vollständig bei den Embryonen verschiedener Arten beobachtet habe. Um eine allzugrosse doch nur verwirrende Anhäufung von Durch- schnittsbildern zu vermeiden, habe ich die jetzt zu schildernden Entwickel- ungsvorgänge in schematischen Bildern dargestellt; um den Ueberblick zu erleichtern, habe ich die homologen Theile durch die gleiche Farbe be- zeichnet, sodass auf den ersten Blick aus diesen bunten Bildern der Vor- gang bei der Entstehung der 3 Canäle ersichtlich ist. Mit grüner Farbe habe ich in den 2 ersten indifferenten Stadien die Segmentalorgane, in den späteren nur die Segmentalgänge und Segmentaltrichter bezeichnet; schwarz wurde überall der primäre Urnierengang mit den ihm zugehörigen Segmentalknäueln gemalt, blau der Eileiter (resp. männliche Tube), roth der Leydig’sche Gang und die Leydig’schen Knäuel, gelb die Harnleiter und die zur eigentlichen Niere gehörigen Segmentaldrüsen. Bei den Weib- chen liess sich dies ziemlich scharf durchführen, bei den Männchen weniger streng, da bei diesen die Unregelmässigkeiten in der Ausbildung der dem Eileiter entsprechenden Theile dies nicht gestatten. Jedem einzelnen der nach den Grössen geordneten Schemata ist sowohl die Körperlänge wie die der Leibeshöhle (d. h. die Distanz zwischen vorderem Tubenende und After) beigefügt, Es versteht sich dabei von selbst, dass diese Masse keine absolute Geltung beanspruchen können, da die Embryonen bei ihrer Er- härtung hin und wieder einige Krümmungen annahmen, welche eine völlig 312 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und genaue Messung ihrer Längen unmöglich machten. Man darf daher auch in den getreu nach je einer Schnittreihe hergestellten Bildern keine voll- ständige Uebereinstimmung erwarten. Aber sie stimmen trotz kleiner Incongruenzen im Ganzen so vortrefflich zu einander, dass solche Ab- weichungen doch nirgends das allgemeine, in den Bildern dargestellte Um- bildungsschema zu verwirren vermögen. Es versteht sich endlich auch von selbst, dass die Zahl der einzelnen Segmentalorgane, wie sie den drei in der Bildung begriffenen Abschnitten der ganzen Niere entspricht, nicht willkürlich angenommen, sondern durch Zählung festgestellt wurde; das war freilich oft nicht leicht, aber im Ganzen stimmten doch immer die Resultate bis auf Differenzen von 1—3 Segmentalgängen im ganzen Ver- lauf der Niere überein: Verschiedenheiten, welche zum Theil wohl durch irrthümliche Zählung erzeugt sein, zum Theil aber auch leicht auf indi- viduellen Unterschieden beruhen können. Dagegen mussten die in Flächen- schnitten sich meist deckenden Gänge schematisch auseinander gezogen dargestellt werden, um das Schema der Entwickelung graphisch wieder- geben zu können; ebenso war es um der Einfachheit willen nothwendig, die Segmentalknäuel in conventioneller Weise anzudeuten, was hier durch die den Urnierengang oder Müller’schen Canal kreuzenden Bögen geschah. Der gewöhnlich ventral liegende Eileiter wurde nach aussen hin, der eigentliche meist dorsal über dem Leydig’schen Gang liegende Harnleiter nach innen zu gelegt. Controllirt wurden endlich die durch Querschnittsreihen gewonnenen Resultate durch Längsschnitte, welche indess zur Feststellung derselben allein nie genügten. A. Entstehung des Leydig’schen Ganges und des Eileiters bei Weib- ‚chen. Als Grundlage für die folgende Schilderung benutze ich die Ver- hältnisse, wie ich sie bei Embryonen von Acanthias vulgaris getroffen habe. Schon in sehr frühen Stadien sind die weiblichen Embryonen an Querschnitten aus der vorderen Körpergegend von den männlichen zu unterscheiden, während die schon angelegien Bauchflossen noch gar keinen Geschlechtsunterschied erkennen lassen. Bei jenen nemlich findet man, wenn die Embryonen die Länge von 2,7°m- überschritten haben, ausnahms- los zwei durchgehende Canäle im vorderen Theil der Urnierenfalte, deren ventraler der in Bildung begriffene Eileiter, deren dorsaler der Zeydig'sche Gang ist (s. Taf. XVII Fig. 27, 28, 29; Fig 23—25 und Taf. XXI Schema A 4, 5, 8, 9, 12). Gegen den Kopf zu verschwindet der letztere bei einem Embryo von 3,15°m. Länge auf 0,18”"%- vom Tubentrichter ; dieser aber geht continuirlich in den ventral gelegenen Eileiter über (Taf, XXII Schema A. 4.) Vorn sind beide Canäle schon durch eine dünne Lage zelligen Stromas der Urniere von einander getrennt; je weiter seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. - 313 aber die Schnitte nach hinten zu geführt werden, um so mehr nähern sie sich, bis schliesslich beide Gänge bei dem Embryo von 3,15°"- Länge . in 2,4wm. Entfernung vom Tubentrichter miteinander verschmelzen (Taf. XXII Schema A 4). Diese Verschmelzung findet so statt, dass sich erst die dorsale Fläche des Eileiters an die ventrale des Leydig’schen Ganges anlegt, und dieser letztere sich ein wenig abplatte. Etwa 3—4 aufeinander folgende Schnitte bieten das Bild dar, wie ich es von einem etwas älteren weiblichen Embryo von 4,3°m- Länge (Taf. XVII Fig. 23 — 25) abgebildet habe; dann wird plötzlich die doppelte Zellwand in der Mitte durchbrochen, die Höhlungen beider Canäle treten nun miteinander in Verbindung, aber dennoch bleibt eine Zeitlang die oben vorhandene Trennung beider Canäle durch eine seitlich in das Lumen des nun ein- fachen Canales vorspringende Doppelfalte angedeutet (Taf. XVIII Fig. 15, 21). Bei dem Embryo, nach welchem das Schema Taf. XXII A, 4 construirt wurde, verschwand diese innere Doppelfalte erst in 3,2% Entfernung vom Tubentrichter. Von hier an blieb der an der Ventralseite eine verdickte Wandung zeigende (Taf. XVIII Fig. 14) Canal bis zur Cloake hin ein- fach, und die diesem Stück entsprechenden Segmentaldrüsen senkten ihre Ausführgänge in ziemlich gleichen Abständen direct in den (im Schema . Taf. XXII Schema A. 4 schwarz gemalten) einfachen und desshalb von hier an als primären Urnierengang zu bezeichnenden Gang ein. Bei einem zweiten Embryo von 3,35‘. Körperlänge lag die Verschmelzungsstelle (Taf. XVIU Fig. 21) der beiden Canäle schon 3,1”=- hinter dem Tuben- trichter, die inneren Falten hörten erst 4,1””- hinter diesem auf. Obgleich also der ganze Embryo nur um 2”®. Jänger war, als der erste, so hatte doch schon die Vereinigungsstelle von Eileiter und ZLeydig’schen Gang sich fast um 1"®- weiter nach hinten gezogen, als in dem vorhergehenden Stadium. Es liesse sich hieraus schon schliessen, dass durch die beiden einander im Lumen des primären Urnierenganges entgegenstehenden Falten, welche gleichfalls bei dem längeren Embryo weiter nach hinten greifen, als bei dem kürzeren, eine von vorn nach hinten allmälig fortschreitende Theilung des Lumens des primären Urnierenganges in einen ventralen Canal (den Eileiter) und einen dorsalen (den Leydig’schen Gang) erfolgen müsste. F Ausser allem Zweifel festgestellt wird dies Resultat durch die auf Tafel XXI dargestellten Schemata A. 5. 8. 9. 12. 13. von 5 weiblichen Embryonen, von denen allen mir ganz lückenlose Querschnittreihen vor- liegen; bei allen wurde die directe Verbindung des (blauen) Eileiters mit dem (schwarzen) noch nicht gesonderten primären Urnierengang mit grösster Sicherheit nachgewiesen und cs wiederholten sich dabei genau dieselben 314 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Bilder in der Nähe der Verschmelzungsstelle beider Canäle, wie ich solche von einem früheren Stadium der Trennung des Urnierenganges in Eileiter und Leydig’schen Gang abgebildet habe. Nur ein, allerdings sehr wesentlicher und allgemein bedeutungsvoller Unterschied besteht dabei. Man ersieht aus den Bildern auf den ersten Blick, dass die Trennung beider Canäle mit zunehmender Grösse immer weiter nach hinten hin fortschreitet, bis sie endlich bei einem Embryo von 5,7“ Länge nahezu vollständig ge- worden ist. Während nun bei den kleinsten Embryonen die innere Dop- pelfalte thatsächlich den primären Urnierengang halbirt, oder doch immer dem ventralen Eileiter einen grosen Theil seines ursprünglichen Lumens mitgiebt, wird dieser vom primären Urnierengang abgeschnürte Hohlraum immer enger und enger, je grösser der Embryo wird und je näher die Trennungsstelle beider Canäle dem After zu liegen kommt. Dies geht schliesslich so weit, dass überhaupt vom primären Urnierengang kein Theil der Höhlung in die des sich bildenden Bileiters umgebildet wird; es rücken die inneren Falten ganz an die ventrale Seite des Urnierenganges, d. h. es verdickt sich dessen Bauchseite und es wächst nun der Eileiter zunächst als solider Zellstrang ventral auf dem Urnierengang weiter. Bei Embryonen von 6,5“. Länge endlich hat sich der Eileiter bereits gänz- lich vom Unierengang gesondert, aber sein unterstes Ende ist noch immer “ nicht hohl und die ihn von der Cloake abschliessende zellige und binde- gewebige Haut bleibt als primäres Hymen noch lange Zeit bis kurz vor der Geschlechtsreife bestehen (vergl. den ersten Abschnitt pag. 281). Es geht diess aus den Schnitten hervor, welche ich den zu dus Schematis gehörenden Schnittreihen entnommen und in Taf, XVIII ab- gebildet habe. In Tafel XVII Fig. 15 ist die Falte, welche die begin- nende Trennung der beiden Canäle einleitet, sehr deutlich, weil hier dem ventralen Eileiter ein recht bedeutender Theil von der Höhlung des pri- mären Urnierenganges mitgegeben wird; gleichzeitig ist aber auch hier schon die ventrale Wandung des letzteren verdickt und unregelmässig zweischichtig geworden. Bei dem Embryo von 4,3 «im. Körperlänge (Schema A, 9) ist die Höhlung des sich abschnürenden Bileiters (an der Trennungsstelle vom Leydig’schen "Gang) schon sehr klein geworden (Taf. XVIIL Fig. 26) und von einer so weit herabziehenden und stark in die Höhlung des noch ungetheilten Urnierenganges vorspringenden Doppelfalte, wie in den früheren Stadien, ist hier nicht mehr die Rede. Dagegen ist die Verdickung der ventralen Wand des Ganges durch Zell- wucherung viel bedeutender geworden. Im letzten Stadium endlich (Taf. XXII Schema A 13,) hängt der Eileiter als solider Zellfaden am letzten noch ungetheilten Ende des primären Urnierenganges an; kein Theil der seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 315 Höhlung des letzteren geht hier in die des Eileiters über. Das unterste Ende desselben entsteht somit durch Abschnürung eines soliden Zellfadens von der ventralen Wand des Urnierenganges, das oberste dagegen, welches | den Tubentrichter trägt, direct aus dem gar nicht veränderten Urnieren- gang; beide Extreme sind durch die oben geschilderten Uebergänge mit einander verbunden. Es wäre von Interesse gewesen den allerfrühesten Anfang der Trennung des Urnierengangs in Leydig’schen Canal und Ei- leiter zu beobachten; leider gelang mir bei Weibchen dies nicht, Es lässt sich indessen wohl mit Sicherheit annehmen, dass die Stelle, wo die Trennung durch innere Faltenbildung eingeleitet wird, bei Weib- chen und Männchen die gleiche sein wird, so dass einfach die vom letzteren bald zu schildernden Verhältnisse auf das Weibchen zu über- tragen wären, Bei Mustelus vulgaris findet genau der gleiche Vorgang statt; nur in Bezug auf die Zeitdauer und den Beginn der Trennung der beiden Canäle besteht ein erheblicher Unterschied, der weiter unten genauer be- sprochen werden wird. Während nemlich bei Acanthias der Eileiter sich früher vom primären Urnierengang sondert, als der Harnleiter (in den schemiatischen Bildern gelb bezeichnet), tritt dieser bei Mustelus viel früher ‚auf, sodass die zahlreichen für diese Gattung characteristischen Harnleiter (s. 1. Abschnitt pag. 227) schon deutlich erkennbar sind, während vorn der Urnierengang noch keine Spur der später auftretenden Trennung er- kennen lässt (Schema B. 1). Diese beginnt erst, wenn der Embryo die ungefähre Länge von 3,0—3,2°m- hat (Taf. XXII Schema B. 3). Bei dem Exemplar, welches dem Schema zu Grunde liegt, war der vom Tubentrichter ausgehende Canal ganz continuirlich in den (schwarzen) primären Urnierengang zu verfolgen; auf etwa 1,0%" Entfernung vom Tubentrichter trat ein kurzer, durch 4—5 Schnitte durchgehender, (rother) Canal neben dem (blauen) Eileiter auf; dies war der eben beginnende Leydig’sche Gang. An ihn setzten sich direct etwa 2 Harncanälchen (rgth im Schema); er selbst aber verband sich dann sehr rasch mit dem Ei- leiter, so dass schon in 1,4”"- Entfernung vom Tubentrichter der primäre Urnierengang ungetheilt war. Aber die Richtung der fortschreitenden Theilung desselben (von vorn nach hinten) war durch eine bis auf 2,0m"- Entfernung vom Tubentrichter erkennbare einfache innere Falte (Taf. XVII Fig. 30) angedeutet. Bei dem Embryo von 3,9°%"- Länge (Taf. XXII Schema B. 4) lag die Stelle, wo sich der-Eileiter und Leydig’sche Gang mit einander verbanden, 2,8”. weit, bei dem Embryo von 4,4°'®- Länge (Taf. XXI Schema B. 6) selbst nur noch 2,0”®- weit vom After entfernt; im ersten Falle erstreckte sich die innere, die Trennung einleitende Falte nur 316 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und noch 0,5"=-, im zweiten sogar nur in einigen Schnitten also höchstens 0,2”m- weiter nach hinten. Gleichzeitig auch war das Lumen des hinter- sten, in Abschnürung begriffenen Endes des Eileiters (relativ) bedeutend enger geworden; bei dem Embryo von 3,1°"- Länge waren die Höhlungen des Leydig’schen Ganges und des Eileiters an ihrer Verschmelzungsstelle ziemlich gleich weit, bei dem von 4,4°m. Länge aber das des ersteren Canals etwa doppelt oder dreifach so gross, als das des zweiten. Ganz verschwunden endlich war das Lumen des Eileiters bei dem Embryo von 4,7°m. Länge (Schema B. 7) an der Stelle, wo die Zellen seiner Wand- ung sich mit denen des Leydig’schen Ganges vereinigten und dem ent- sprechend fehlte auch in dem unteren noch ungetheilten Stücke des primären Urnierenganges die innere Falte gänzlich, welche weiter oben die Trennung des letzteren in Eileiter und Leydig’schen Gang einzuleiten hatte. Es ist also hiernach der Vorgang bei, der Trennung des primären Urnierenganges in Eileiter und Leydig’schen Gang genau derselbe bei Mustelus, wie bei Acanthias, Vorne schnürt sich der Tubentrichter mit dem vordersten kurzen Stücke des primären Urnierenganges vollständig ab; eine Strecke weit theilt sich dann dieser durch eine, in seinem Lumen entstehende Falte in das mittlere Stück des Eileiters und Leydig’schen Ganges; ganz unten geht die Höhlung des primären Urnierenganges voll- ständig in die des Leydig’schen Canals über, während sich das Lumen des Ei- leiters erst spät durch Aushöhlung eines Zellenstranges bildet, welcher durch Verdickung der ventralen Wand des primären Urnierenganges ent- standen ist und sich allmälig gänzlich von diesem letzteren gesondert hat. Die Stelle am WVorderende: der Leibeshöhle, wo die innere Falten- bildung im primären Urnierengang zuerst beginnt, scheint jedoch nicht überall die gleiche, morphologisch identische, zu sein. Es hängt dies in- dessen wahrscheinlich nur davon ab, dass in dem indifferenten Stadium nicht alle Segmentalorgane mit dem Urnierengang zu verschmelzen scheinen: cin Punct, auf den ich weiter oben schon alfmerksam gemacht habe. Bei Acanthias finde ich von sotehen rudimentär bleibenden Segmentalgängen 2 oder 3, bei Mustelus dagegen mindestens 3 oder 4. Nun scheint es immer der erste, wirklich mit dem Urnierengang (durch das Leydig’sche Knäuel) in Verbindung tretende Segmentalgang oder der erste functio- nirende Harncanal zu sein, von welchem aus bei beiden Gattungen die innere Faltenbildung im Lumen des primären Urnierenganges beginnt. Dem entsprechend liegen (im Schema B. 3) bei dem Mustelus-Embryo von 31°" Länge mindestens 3—-4 (grüne) isolirte Segmentalgänge dicht hinter dem Tubentrichter, ehe der mit einem (durch die rothe Schliuge seine en für das der übrigen Wirbelthiere. 317 angedeuteten) Leydig’ hen Knäuel in Verbindung stehende rothe Leydig’sche . Gang beginnt, Mit dem hier von den beiden extremen daktunbei Acanthias und Mustelus geschilderten Verhalten stimmen einige an Scyllium canicula und catulus gemachte Beobachtungen vollständig überein. Allerdings lagen mir von der ersten Art nur 4 Embryonen, von der zweiten nur ein (durch meinen Bruder August Semper aus Neapel erhaltener) Embryo vor. Aber diese ergänzen sich so ziemlich und die Uebereinstimmung zwischen ibnen und Mustelus ist so schlagend, dass es überflüssig erscheinen dürfte, zu- sammenhängende Entwicklungsreihen von Embryonen dieser Gattung mit Rücksicht auf den hier behandelten Punct herzustellen. Die drei jüngsten Embryonen waren nahezu gleich lang, 2,2°=-—2,4°!m-- trotzdem waren sie recht ungleich weit entwickelt und auffallend genug war der eine längere noch geschlechtlich indifferent, wärend der kürzere, 2,2°". lange sich deut- lich als ein Männchen, der zweite von 2,4°m- Länge aber als Weibchen zu erkennen gab. Bei diesem letzteren (Taf. XXII Schema C. 3) gingen die Eileiter und die Leydig’schen Gänge in etwa 4"u. Entfernung vom After in einander über; ehe ihre Hölılungen miteinander verschmolzen, liefen ihre zelligen Wandungen eine ziemliche Strecke weit hart neben- einander hin und weiter nach unten hin war ganz wie bei Acanthias und Mustelus die Trennungslinie der beiden Canäle durch eine noch ziemlich weit nach hinten im Lumen des Urnierenganges sichtbare Falte angedeutet. Bei dem 4°tm- Jangen weiblichen Embryo von Seyllium catulus (Taf. XXII Schema D, und Taf. XIX Fig. 3—6) lag die Vereinigungsstelle beider Canäle auf 3®=- Entfernung vom After (bei einer Länge der Leibeshöhle von 9=m), Es warden 4 Schnitte von dieser Stelle abgebildet. In Fig. 8 war der Schnitt eben vor dem Vereinigungspunct geführt, Eileiter und Leydig’scher Gang berührten sich; in dem zweiten darauf folgenden Schnitt (Fig. 4) standen beide schon durch einen feinen Spalt miteinander in Ver- . bindung; noch 6 Schnitte weiter war der Canal einfach (Fig. 5, 6), aber von beiden Seiten her durch eine dicke Falte eingeschnürt, sodass hier der zum Leydig’schen Canal werdende Abschnitt als schmaler quergestellter Spalt auftrat, der Eileiter mehr oval aussah. Weitere 6 Schnitte nach hinten hat sich die Vereinigung fast vollständig vollzogen; doch lässt sich an der Form der Lumenquerschnitte immer noch deutlich die beginnende Trennung in die 2 Canäle erkennen. Eine scharf abgesetzte Doppelfalte existirt hier also bis auf ungefähr 0,5""- Entfernung hinter der Verschmelz- ungsstelle beider Canäle. Dagegen geht die schon bei Acanthias ange- gebene Verdickung der ventralen Wand des Urnierenganges noch weiter gegen den After hin, 318 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Bei beiden Arten waren die (im Schema gelben) Harnleiter schon vom Urnierengang gesondert, wie bei Mustelus, wie aus den schemati- schen Bildern ersichtlich ist. Bei der Besprechung der Bildung der Harnleiter, komme ich hierauf zurück. In Bezug aber auf die Entstehung der Eileiter und Leydig’schen Gänge aus dem primären Urnierengang stimmen, wie man sieht, alle drei Gattungen vollständig miteinander überein, B. Entstehung des Eileiters und Leydig’schen Ganges bei Männchen. Die Umbildung des primären Urnierenganges der Männchen weicht in vielen Beziehungen von dem hier geschilderten Verhalten beim Weibchen ab und die Unterschiede der einzelnen Arten scheinen in dieser Bezieh- ung auch viel grösser zu sein, als bei den Weibchen. Dennoch ist die prineipielle Uebereinstimmung bei beiden Geschlechtern unverkennbar: bei beiden geht der primäre Urnierengang nicht ‚direet und in seiner ganzen Länge in den Eileiter oder in den Leydig’schen Gang über, sondern er gliedert beide aus sich heraus, so dass auch beim Männchen Theile ent- stehen können, welche dem Eileiter des Weibcehens homolog sind, aber allerdings durchaus nicht überall und in der gleichen Weise auftreten müssen. Es kommt eben bei den on mir untersuchten Formen nie zur vollen Ausbildung eines männlichen Eileiters; während allerdings der von Hyrtl entdeckte Canal unter dem Samenleiter bei Chimaera darauf hin- zudeuten scheint, dass hier bei dieser einen Gattung auch im männlichen Embryo eine ähnliche Spaltung des primären Urnierenganges erfolgt, wie ich sie eben bei den weiblichen Haien nachgewiesen habe. Ich schildere zunächst wieder die Verhältnisse bei den männlichen Embryonen von Acanthias vulgaris. Ein Embryo von 2,7°m. Länge (Schema A. 3.) könnte ebensogut ein Männchen, wie ein Weibchen sein. Das den Tubentrichter tragende vorderste Stück des primären Urnierenganges hat bereits begonnen, sich von dem Leydig’schen Gang zu sondern ; aber die Falte, welehe vom ersten segmentalen Harngang aus schon angefangen hat, das Lumen des primären Urnierenganges zu theilen, liegt so, dass der zum Eileiter werdende ven- ‚ trale Abschnitt viel kleiner ist, als der dorsale, weleher zum Leydig’schen Gang wird (Taf. XVIII Fig. 13). Diese Falte war so kurz, dass sie allerhöchstens zwei Segmenten oder Segmentaldrüsen entsprach. Da nun in der Regel die Eileiter bei den unzweifelhaften Weibchen mindestens ebenso weit, als die Leydig’schen Gänge an der Vereinigungsstelle sind, so lässt sich, wenngleich nicht mit Sicherheit, annehmen, dass dies Exem- plar ein Männchen werden sollte. Auf alle Fälle aber kann das Schema a seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 319 A, 3 und die (Taf. XVIII Fig. 13 abgebildete) Vereinigungsstelle als typisch für die beginnende Trennung des primären Urnierenganges in - (männlichen oder weiblichen) Eileiter und Leydig’schen Gang angesehen werden. Haben aber die Embryonen die Länge von 3°. überschritten, so ist auch der Gegensatz zwischen weiblichem und männlichem Geschlecht .durch das Verhalten des Eileiters etc. so vollständig scharf bezeichnet, dass es von nun an ganz unmöglich ist, in dieser Beziehung eine Ver- wechselung zu machen. Während nemlich — wie sich eigentlich von selbst versteht — beim Weibchen der Eileiter von vorn bis hinten d, h. bis zu seiner Verbindungsstelle mit dem Leydig’schen Gang eontinuirlich durchläuft, man also auch auf Durchschnitten, welche vor dieser Stelle geführt werden, ausnahmslos links wie rechts einen doppelten durchgehen- den Canal sieht (Taf, XVII Fig. 33, 34, 23—25 und Schema A. 5. 8. 9. 12. 13), findet man bei Männchen ausser dem Leydig’schen Gang nie| Ind eine durchgehende Tube, sondern immer nur Rudimente derselben. Und‘ es sind diese auf beiden Seiten nie ganz gleich ausgebildet, sodass man in demselben Schnitt auf der einen Seite zwei vollständig gesonderte Canäle, auf der andern nur einen antrifit (Taf. XVII Fig. 22) oder einerseits - einen Canal, andrerseits den Ueberganpg von zweien in einander oder auch gleich danach beiderseits nur einen. Es schien mir überflüssig, für die in den sehematischen Bildern (A. 5. 6. 7. 10. 11.) dargestellte Umbild- ungsweise des primären Urnierenganges bei Männchen zahlreiche Schnitte als Belegstücke abzubilden; einige wenige von besonders characteristischen Stellen mögen, im Verein mit der Versicherung, dass die Schemata genau nach den vorliegenden Durchschnittsreihen construirt, aber nicht nach moderner Methode phantastisch erdacht wurden, zu dem Beweis der Angabe genügen: dass es beim Männchen nie zur vollen Ausbildung eines männlichen Ei- leiters kommt. In dem, dem Schema A 5 zu Grunde liegenden Embryo von 3,2°m- Länge war beispielsweise links nirgends eine Spur der (männ- lichen) Tube neben dem Leydig’schen Gang sichtbar, sie fing erst in un- gefähr gleicher Höhe mit dem vordersten Segmentalgang an. Rechts aber begann die Tube als hohler Zellstrang neber dem Leydig’schen Canal etwa 8,6”®- hinter dem Tubentrichter, wurde etwas weiter nach vorn ganz solide ohne jegliche Spur eines Lumens und ging erst weit vor der Niere wieder in einen Canal über. Bei einem andren Individuum von 3,20 Länge war das Verhältniss ganz ähnlich; bei einem dritten von 3,5«tm- gleichfalls. Die andern 4 abgebildeten Schemata zeigen, dass mit- unter selbst an 3—4 verschiedenen Stellen Spuren eines solchen sich bilden wollenden Eileiters auftreten können (Schema A. 6. 7. 10. 11.); Maren a Fr RER 320 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und auf den Durchschnitten erscheinen sie dann bald als gänzlich isolirte Canäle (Taf. XVIII Fig. 22 tu.), bald als gesonderte solide Zellstränge oder auch selbst nur als schwache Verdiekungen der ventralen Wand des primären Urnierenganges. Zweierlei Puncte sind hierbei besonders hervor- zuheben, Es treten nemlich erstlich solche Rudimente niemals in dem hinteren Drittheil der Leibeshöhle und vor Allem nicht an der Verbind- ungsstelle des Urnierenganges mit dem Enddarm auf, sondern sie be- schränken sich fast ausnahmslos auf die vordere Leibeshöhlenhälfte. Zweitens können diese Rudimente blos solide Verdickungen in der ventralen Wand- ung des Urnierenganges oder auch hohl sein, und dann vereinigt sich ihr Lumen meistens, aber nicht immer, mit dem des primären Urnierenganges in derselben Weise, wie das regelmässig bei den Weibchen geschieht. In Taf. XVII Fig. 22 ist ein Schnitt abgebildet zum Beweis dieser Angabe; es sind die untere (Fig. 22 b) und obere (Fig. 22 a) Fläche desselben isolirt dargestellt, um zu zeigen, dass innerhalb der Dicke der Schnittes von etwa 0,05®=- die Vereinigung zwischen dem Leydig’schen Gang und der Höhlung des rudimentären nicht durchgehenden männlichen Eileiters erfolgt. Ebenso oft sind aber auch diese hohlen Rudimente von männ- lichen Tuben ohne Zusammenhang mit dem ZLeydig’schen Gang; in Taf. XVIll Fig. 35 habe ich einen zum Schema A 11 gehörigen Schnitt. ab- gebildet, in welchem die beiden benachbarten Schnitte keine Spur der in Fig. 35 deutlich vorhandenen Tube (Fig. 35 tu.) aufwiesen; diese letztere war somit eine ganz kurze ziemlich weite Blase (s. Schema A. 11). Dicht dahinter befand sich ein längeres Rudiment der männlichen Tube, auf der entgegengesetzten Seite ein noch längeres. Die Zahl der abgebildeten Schemata ist zwar nicht sehr gross und man würde vielleicht geneigt sein, hieraus ein Argument gegen die eben gegebene Darstellung zu entnehmen. Ich glaube dies leicht im Voraus entkräften zu können, lKinmal würde hierzu vielleicht schon die Angabe genügen, dassich statt der abgebildeten 12 Acanthias-Embryonen von 3— 4m. Länge factisch reichlich 30 geschnitten und genau untersucht, nie aber eine nicht in den Bildern oder im Text erwähnte Abweichung gefunden habe. Zweitens stimmt aber auch das Verhältniss der, in der oben bezeichneten Weise scharf gekennzeichneten Weibchen zu den Männchen vollständig zu dem, welches ich durch Zählung einer grossen Zahl von erwachsenen Haiembryonen (etwa 80—90) gewonnen hatte, an denen die deutlich er- kennbaren Klammerorgane der Bauchflossen der Männchen ohne Weiteres sichersten Aufschluss über das Geschlecht gaben. Bei diesen war das Verhältniss der Männchen zu Weibchen, wie 8 : 2. Unter 30 Embryonen von 3-—5,2°®". Länge, bei denen durch die Bauchflossen noch keine sichere a seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 321 Entscheidung über das Geschlecht zu gewinnen war, ergaben sich durch das Verhältniss zwischen Urnierengang und Leydig’schem Canal 17 als “ Männchen, 13 als Weibchen. Man sieht, dass dies mit dem oben an ge- schlechtlich äusserlich bezeichneten Embryonen gewonnenen Resultate völlig übereinstimmt; auch scheint mir die Zahl der überhaupt in Schnitt- reihen zerlegten Embryonen (30) hinreichend gross zu sein, um bei der völligen Uebereinstimmung in Bezug auf die relativen Mengen der unter- suchten Geschlechtsformen Sicherheit der gewonnenen Resultate zu gewähren. Diese aber lassen sich für die männlichen Acanthias in folgender | Weise zusammenfassen. Vorn geht der primäre Urnierengang vollständig | in die männliche Tube mit dem ihr ansitzenden Tubentrichter über. In der Mitte bilden sich Rudimente eines männlichen Eileiters in ganz regel- loser Weise, bald hier, bald da, durch Verdickung der ventralen Wan- dung des primären Urnierenganges oder auch durch Spaltung seines Lu- mens. Hinten endlich findet während. des embryonalen Lebens niemals eine solche Theilung des Urnierenganges statt und es kann somit der von mir im ersten Abschnitt als Uterus masculinus bezeichnete kurze Sack auch nur dann diesen Namen mit Recht verdienen, wenn er sich, sei es auch noch so spät, in gleicher Weise aus dem untersten Abschnitte des Leydig’schen Ganges herausbildet, wie es das unterste Ende des Eileiters beim Weibchen that. Es lässt sich der hier geschilderte Umbildungsvorgang auch in an- derer, für die später nöthig werdende Vergleichung besser verwerthbaren Weise beschreiben. Im Gegensatze zum Weibchen bildet sich bei den männlichen Acanthias niemals ein wirklicher d. h. von vorn bis hinten zusammenhängender Eileiter (Müller’scher Gang) aus; es kommt gewisser- massen nur zu Versuchen, die aber nie zu einem Resultate führen. Streng genommen kann man also auch den Leydig’schen Gang der männlichen Acanthias nicht mit dem der Weibchen homoloögisiren; denn bei diesen hat sich der Urnierengang seiner ganzen Länge nach getheilt, bei jenen aber nicht, es geht vielmehr der männliche Leydig’sche Gang an einzelnen Stellen durch Theilung aus dem primären Urnierengang, an anderen wie- der direct aus diesem durch Umwandlung hervor. In den schematischen Bildern ist dieses Verhältniss dadurch bezeichnet, dass an allen Stellen, wo der Urnierengang sich factisch getheilt hat (ob durch Theilung des Lumens oder durch Verdickung seiner ventralen Wand ist dabei gleich- gültig), die entstandenen Theilstücke blau und roth angemalt wurden; während im übrigen Verlauf der Leydig’sche Gang, wo dieser durch di- recte Umwandlung des primären Urnierenganges entstanden ist, schwarz (als Urnierengang) bezeichnet wurde. Man könnte noch einwenden, es seien 32323 x SEMPER:; Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und diese vereinzelten Rudimente einer Tube bei Männchen doch nur Bruch- stücke einer solehen, welche ursprünglich vollständig ausgebildet, sich in unregelmässiger Weise in einzelne Fetzen auflöse, um schliesslich ganz zu, Grunde zu gehen (mit Ausnahme der vordersten Stücke). Eine solche nur zum Zwecke billiger Opposition gemachte Annahme ist indessen schon aus den mitgetheilten Beobachtungen leicht zu widerlegen. Erst bei 2,7— 3,0 m. Gesammtlänge des Embryos beginnt überhaupt die Theilung des primären Urnierenganges in beiden Geschlechtern. Aber beim Männ- chen treten schon, wie das Schema A. 5 beweist, gleich im Anfang Un- regelmässigkeiten dabei auf, während bei gleich langen Weibchen (Schema A. 4) die Verbindungsstelle des Leydig’schen Ganges und Eileiters noch in der vorderen Hälfte der Leibeshöhle liegt. Bis beim Weibchen beide Gänge sich völlig von einander gesondert haben, ist die Gesammtlänge des Embryo’s von 2,7 im auf etwa 6,0°%- gewachsen; beim Männchen aber müsste derselbe Prozess nur so lange ’gedauert haben, als das Wachs- thum von 2,7 bis zu höchstens 3,1°"- gedauert hätte, denn schon bei 3,5etm. Länge (Schema A. 5.) fehlt auf der einen Seite die Tube gänz- lich, auf der andern ist sie, wie angegeben, ganz unregelmässig ausgebildet. Dies genügt selbstverständlichh um jede Opposition gegen die hier ver- suchte Deutung der mitgetheilten Beobachtungen verstummen zu machen. Etwas abweichend, aber nicht widersprechend sind die bei Mustelus beobachteten Entwiekelungsvorgänge. Untersucht wurden von äusserlich in den Bauchflossen noch nicht als weiblich oder männlich bezeichneten Embryonen im Ganzen 18, darunter waren 8 weibliche und 10 männliche, Hier waren die Embryonen noch leichter als bei Acanthias durch einige Schnitte in der Mitte der Leibeshöhle dem Geschlecht nach zu erkennen; denn nie bildet sich hier bei Männchen nur die mindeste Spur einer männ- lichen Tube aus (s, Schema B. 5. 8.), während bei Weibchen beide Canäle natürlich immer nurauf der ganzen Länge ihrer schon eingetretenen Trennung zu erkennen sind. Ich habe es für überflüssig gehalten, zum Beweis dieser Behauptung ausser den schematischen Bildern noch Durch- sebnittsbilder zu geben, da sie ganz denen von Acanthias ähneln würden (ab- gesehen natürlich von Specialitäten). Uebereinstimmend mit Acanthias ist dagegen die Abtrennung des vordersten Stückes des primären Urnieren: ganges vom hinteren. Jenes bleibt auch hier mit dem Tubentrichter als rudimentäre männliche Tube zeitlebens bestehen, und es trennt sich nicht vor dem ersten Segmentalgang vom Urnierengang, sondern da, wo der erste vollständig ausgebildete Segmentalgang sich mit dem Urniereugang verbindet. Während bei Acanthias aber höchstens 2—3 solcher rudimen- tären Segmentalgänge vor dieser Trennungsstelle liegen, finden sich deren bei Be seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere, 3233 Mustelus mindestens 4 und wahrscheinlich noch mehr. Eine schwache Andeutung der Möglichkeit einer Abtrennung einer männlichen Tube “ im ganzen Bereich des Urnierenganges findet sich indessen doch auch bei Mustelus. Es war oben gezeigt, dass sich bei weiblichen Acanthias der unterste Abschnitt des Eileiters regelmässig nur durch eine Verdickung der ventralen Wandung des primären Urnierenganges bildet, und dass eine ähnliche Verdiekung auch bei männlichen Embryonen vorkommt. Die gleiche Vermehrung der Zellen an der Ventralseite des Urnierenganges kommt nun auch hier bei Mustelusmännchen vor, und sie ist namentlich am unteren Ende ganz besonders stark. Die Möglichkeit einer doch etwa eintretenden Umbildung dieser Verdickung in ein Rudiment des männliehen Eileiters ist somit auch hier nicht ausgeschlossen; obgleich, wie gesagt, in den von mir untersuchten Embryonen keine Spur eines solchen — abgesehen von der normalen ventralen Verdickung des Urnierenganges — zu finden war. Ich brauche hierbei wohl kaum zu widerholen, dass auch hier die Schemata genau nach vollständig vorliegenden Schnittreihen con- struirt wurden. Unter den 4 untersuchten Scyliium-Embryonen war nür ein Männ- chen von 2,2“. Körperlänge. Bei diesem war (Schema C. 2. und Taf. -XVIlI Fig. 16—20) die männliche Tube schon deutlich von dem Leydig’- schen Gange gesondert. In Taf, XVII Fig. J6 war die Niere noch nicht getroffen; die Tube, welche in den vorhergehenden Schnitten direet in den Tubentrichter zu verfolgen war, hatte hier ein deutliches Lumen. In Fig. 17 tritt der Leydig’sche Gang (lg) auf, mit ihm zugleich ein Leydig’- scher Knäuel und ein Segmentalgang; die Tube hat nur noch ein sehr kleines Lumen. In Fig. 18 und 19 wird der Leydig’sche Gang (lg) immer weiter, die dem Keimepithel zunächst liegende Tube klein und schliesslich verschwindet sie ganz. In Fig. 20 endlich ist keine Spur der Tube mehr zu sehen, der Leydig’sche Gang steht deutlich mit einem Harncanal in Verbindung. Im weiteren Verlaufe der Schnittreihe bis zum After hin tritt nirgends mehr eine Spur eines rudimentären Eileiters (Müller’schen Ganges) auf, wie das genau nach der Schnittreihe construirte Schema beweist. Bei einem 5,4%". Jangen männlichen Embryo von Scymnus lichia endlich habe ich wieder in einem einzigen Schnitte eine Spur des männ- lichen Eileiters gefunden; das vorderste Ende desselben, welches wie bei allen Haien den Tubentrichter trug, begann erst ziemlich weit vor dem vorderen Ende der Leydig’schen Drüse. Dieser Hai scheint sich also wieder näher an Acanthias anzuschliessen; wie er überhaupt durch die Arbeiten aus dem zoolog.-zootom,. Institut in Würzburg, II, Bd, 32 334 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und zeitlebens vorhandenen offenen Segmentaltrichter sich näher an den Dornhai anschliesst, als an Mustelus. Die hier geschilderte Entstehungsweise des Eileiters und Leydig’schen Ganges — welcher in gewissem Sinne wohl dem Wolf’schen Gange der Amnioten gleichzustellen ist — steht im schrofisten Widerspruch zu der von Balfour in der schon oft citirten Arbeit gegebenen Darstellung. Nach ihm soll der primäre Urnierengang niemals Ausführgang der durch die Segmentalorgane gebildeten Urniere sein, sondern direct in den Eileiter übergehen ; ja Balfour nennt ihn immerfort den „Oviduct®, statt Urnieren- gang. Nun geht aber aus seiner Schilderung hervor, dass er die weitere Umbildung dieses Urnierenganges gar nicht verfolgt hat; denn die meisten seiner Angaben beziehen sich auf Embryonen aus dem indifferenten Sta- dium, in welchem noch keine Andeutung der beginnenden Trennung des- selben zu erkennen ist. Die beiden einzigen Argumente, welche ihn bei dieser durchgängigen Bezeichnung des Urnierenganges als Eileiter leiteten, sind offenbar nur die Verbindung des ersteren mit dem Tubentrichter und die vermeintliche Entdeckung des Wolf’schen (d. h. hier des Leydig’schen) Ganges dorsal über jenem. Ich bekenne gern, dass auch mir ein mit einem Tubentrichter versehener Urnierengang ein anfänglich schwer ver- ständliches Moment war; sodass ich ihn lange Zeit, wie aus meinen vor- läufigen Mittheilungen im medieinischen Centralblatt ersichtlich ist, wie Balfour als Anlage des Eileiters ansah und annahm, der Wolf’sche Gang d. h. der Leydig’sche entstünde an seiner dorsalen Seite durch die all- mälige Vereinigung der aus den einzelnen Segmentalorganen sich ursprüng- lich in jenen einsenkenden Harnleiter. Ebensowenig lässt sich sagen, wie Schultz das für Rochen gethan hat, der Samenleiter gehe direct aus dem Urnierengang hervor; er ent- steht eben durch Umwandlung desselben, welche, wie oben gezeigt wurde, so mannichfaltig sein kann, dass von einer direeten Homologisirung des primären Urnierenganges mit dem einen oder dem anderen der ausführen- den Geschlechtswege nicht die Rede sein kann. Es enthält der Urnieren- gang eben die Anlage für beide in sich; die Art und Weise seiner Um- bildung ist bei den Geschlechtern, den Gattungen, ja selbst bei dem ein- zelnen Individuum recht sehr verschieden. * Auf die Frage, wie die hier sicherlich bestehende Verbindung des Tubentrichters mit dem Urnierengang — welche auch bei Amphibien und Knochenfischen vorhanden ist — zu erklären sei, kann ich erst in einem späteren Capitel eingehen. Hier handelt es sich nur um Berichtigung seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 3925 meiner früheren verkehrten Auffassung und um Zurückweisung der falschen Angaben Balfour’s in Bezug auf Haie. Was zunächst die von Balfour behauptete Entstehung des Wolf’- schen Ganges aus einer .dorsal über dem Urnierengang auftretenden, von diesem ‚gesonderten Anlage eines ursprünglich soliden Zellstranges betrifft, so muss ich ‚bekennen, dass ich kaum verstehe, wie ich seine Angaben zu deuten habe. Er sagt wörtlich (l. ec. p. 35): „Auf der ganzen Länge des Oviduets entspringen in (regelmässigen) Abständen Einstülpungen des Pleuroperitonealepithels an der innern Seite des Oviducts. Die oberen Enden dieser zahlreichen Einstülpungen vereinigen sich und bilden einen zuerst soliden Zellstrang, welcher aber bald ein Lumen erhält und dadurch ein Canal wird, welcher — wie seine Entstehung beweist — an zahlreichen Stellen mit der Leibeshöhle communieirt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass jedem Körpersegment zwischen vorderem und hinterem Ende des Oviducts je eine Einstülpung entspricht. Dieser Canal ist der Wolf’sche Gang.....“ Es sollen also hiernach die blinden Enden der Segmentalgänge sich unter- einander zu einem .der Länge nach verlaufenden ursprünglich soliden Zell- strang vereinigen und durch Aushöhlung des letzteren einen Canal her- stellen; dieser soll der Wolf’sche Gang sein. Durch meine obige Darstellung aber, wie durch meinen ersten Auf- satz (diese Arbeiten Bd. II Heft 1) ist der Nachweis, wie mir scheint, vollgültig ‚geliefert, dass sich die einzelnen Segmentalorgane seitlich ‚mit ‚dem primären Urnierengang verbinden; es ist zweitens gezeigt worden, dass niemals über diesem letzteren ein ganz durchgehender ‚solider Zell- ‚strang liegt, da eine wirklich lückenlose Querschnittsreihe in regelmässigen Abständen ganz vollständige Unterbrechungen zwischen den blinden Enden der einzelnen Segmentalorgane aufweist. Es ist endlich drittens bewiesen worden, dass beim Weibchen der primäre Urnierengang sich in 2 Canäle spaltet, von denen der ventrale erst zum eigentlichen Eileiter wird, der dorsale aber den dem Wolf’schen Gang entsprechenden Leydig’schen Canal darstellt. Diese Resultate wurden nicht gewonnen durch willkürliche Com- bination einzelner Stadien, sondern durch ‚sorgfältigste Feststellung des allmäligen Umbildungsvorganges ‚an 2 die Extreme der morphologischen Ausbildung in der Plagiostomenreihe aufweisenden Arten, Es scheint mir daher auch fast überflüssig, zu untersuchen, auf welche Weise der Irrthum Balfour's entstanden sein und. was ihn nament- lich zu’der Annahme eines über dem Urnierengang liegenden durchgehen- den soliden Zellstranges veranlasst haben mag. InBezug auf den letzteren Punct kann ich indess, eine Vermuthung, nicht unterdrücken. ; Zwischen ‚den Segmentalgängen, und ebenso regelmässig wie diese, liegen von Anfang 22* 3236 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und an kleine Zellgruppen (Taf. XIX Fig. 6x) oder Zellnester, welche sich natürlich segmentweise wiederholen, aber grade so wie die Segmental- organe gänzlich von einander getrennt sind. Im Bereich der Niere ent- spricht je einem Segment auch immer ein solches Zellnest ; weiter nach vorn finden sich ganz ähnliche, ja sie gehen noch über das Tubenende hinaus, an den Herzbeutel heran, hier aber greifen sie über mehrere Seg- mente ohne Unterbrechung weg. Diese soliden, aber ganz streng im Be- reich der Niere segmentirten Zellgruppen sind nun nichts weiter als die ersten Anfänge der Nebennieren (vergl. Abschn. I pag. 228). Auf Durchschnitten von ganz jungen Embryonen sehen sie nun ge- rade so aus, wie der Zellkörper in Balfour’s Abbildung (Tafel XV Fig. 12b wd.), welchen er für die Anlage des Wolf’schen Ganges erklärt. Sollte er vielleicht diese Nebennieren — deren bei ihm sonst keine Er- wähnung geschieht — als Anlage des Wolf’schen Ganges angesehen ha- ben? Dies sicherzustellen ist freilich nach seinen Angaben kaum mög- lich. Soviel aber bleibt fest stehen, dass er sich unbedingt in Bezug auf die Entstehung des Wolf’schen Ganges geirtt und zwar recht gründlich geirrt haben muss. Ganz dasselbe aber habe auch ich gethan. Auch ich habe, wie Balfour, den Leydig’schen Gang anfänglich als eine vom primären Urnierengang gesonderte Bildung angesehen; gerade so, wie man jetzt all- gemein bei den Amnioten Müller’schen und Wolf’schen Gang getrennt von einander entstehen lässt. Ob diese letztere Annahme richtig sei, kann hier nicht untersucht werden; dass aber der beim Männchen zum Samen- leiter werdende Leydig’sche Gang bei Plagiostomen keine Neubildung ist, sondern direct, wie der Eileiter aus dem primären Urnierengang entsteht, ist durch die oben mitgetheilten Beobachtungen gegen jede Anfechtung sicher gestellt. Mitgetheilt habe ich dieses wichtige Resultat schon vor längerer Zeit im medicinischen Centralblatt, Jahrgang 1875 No. 29. Ein zweiter hier kurz zu besprechender Punct ist eine Incongruenz zwischen erwachsenen männlichen Haien und deren Embryonen, Bei jenen konnte häufig, wie früher schon bekannt war, später aber wieder vergessen wurde, ein Sack oder Canal nachgewiesen werden, welcher wegen seiner Lagerung unter dem Leydig’schen Gang oder Samenleiter und wegen seiner Verbindung mit diesem in dem vergleichenden morphologischen Ab- schnitt als Uterus masculinus bezeichnet wurde, Derselbe ist bei allen dreien hier entwickelungsgeschichtlich untersuchten Gattungen (Acanthias, Mustelus, Scyllium) vorhanden, bei der ersten in Form eines kurzen Sackes, bei den beiden andern in Form eines langen Schlauches. Bei den und seine ‚Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 397, Embryonen aller 3 Gattungen aber findet sich keine Spur davon; er kann auch gar nicht vorhanden sein, da der männliche .Eileiter bei Mustelus . und Seyllium im Bereich der Niere überhaupt gar nicht, bei Acanthias aber nur bruchstückweise angelegt wird. Es kann also auch der Uterus maseulinus der erwachsenen Haie nur eine wahrscheinlich erst sehr spät eintretende Neubildung sein. Leider habe ich wegen mangelnden Materials diesen Punct nicht aufklären können. Es sind dabei 2 Möglichkeiten in’s Auge zu fassen. Entweder entsteht er, wenn auch spät, doch in derselben Weise wie der Eileiter bei den Weibchen aus der ventralen Wand des Ley- dig’schen Ganges, welcher im Grunde genommen nur das ungetheilte grösste Stück des Urnierenganges ist; die Mögliclikeit solches Vorganges ist nieht zu bestreiten und die bei Mustelus vor Allem deutliche Verdick- ung an dieser Stelle könnte sogar als erster Anfang der später sich voll- endenden Abtrennung angesehen werden. Oder es wären zweitens diese Canäle der erwachsenen Thiere Neubildungen durch Ausstülpung aus dem Urogenitalsinus her entstanden. Im ersteren Falle liesse sich trotz ihres späten Auftretens die Bezeichnung derselben als Uterus maseulinus fest- halten, im zweiten allerdings sicherlich nicht. ©. Entstehung der Harnleiter bei Weibchen und Männchen. Im ‚ersten Abschnitt habe ich als Niere den hinteren Theil der Urniere be- zeichnet, weleher zu der Leydig’schen Drüse dadurch in einen mitunter recht schroffen Gegensatz geräth, dass seine Ausführgänge sich nicht, wie die der Leydig’schen Drüse, in regelmässigen Abständen an den Leydig- schen Gang ansetzen. Es bildet sich vielmehr entweder ein einfacher, oft recht langer Harnleiter aus, welcher neben dem Leydig’schen Gang ver- läuft, oder es entstehen (wie bei Mustelus, Scyllium ete.) bald mehr, bald weniger zahlreiche isolirte Harnleiter. In allen Fällen aker sind sie an ihrem untersten Ende mit dem Leydig’schen Gang vereinigt, so dass sie hierdurch schon als dem letzteren angehörig bezeichnet werden. Es lässt sich nun entwickelungsgeschichtlich der Nachweis, wenigstens für Acan- thias, führen, dass der hier einfache Harnleiter gleichfalls nur durch eine, von vorn nach hinten fortschreitende Abspaltung vom primären Urnieren- gang entstanden ist, Bei Mustelus und Scyllium kann ich den Nachweis nicht geben, weil ihre Nieren-Anlage in einem sehr frühen Lebensalter eintritt, von welchem mir keine Embryonen vorlagen; aber auch hier sprechen Wahrscheinlichkeitsgründe für den gleichen Vorgang. In den schematischen Bildern (Taf. XXII) ist diese Niere der Haie durch die gelbe Farbe bezeichnet. Man ersieht aus denselben auf den ersten Blick, dass ihre Ausbildung bei Acanthias einerseits und bei Mustelus und Seyllium andrerseits zu ganz verschiedener Zeit des 328 SEMPER; Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und \ embryonalen Lebens erfolgt. Bei Acanthias tritt die erste Abspaltung der gelben Nierencanälehen ein (Schema A. 6), wenn bereits die Trennung des Eileiters vom Urnierengang sehr weit vorgeschritten ist und man er- sieht aus Schema A, 7—13, dass beim Weibchen der Eileiter dem sich bildenden Harnleiter beständig vorauseil. Bei Mustelus dagegen und Sceyllium (Schema B1 und C1) ist die Sonderung schon vollständig er- folgt, ehe noch die mindeste Spur der beginnenden Spaltung des Urnieren- ganges zu sehen ist. Bei allen dreien aber (und überhaupt wohl bei allen Plagiostomen) bleiben die Harnleiter vor der Cloake in Verbindung mit dem Leydig’schen Gang, so dass die bei erwachsenen Thieren constatirte Verbindung zwischen beiden Theilen nicht als eine secundäre durch spä- tere Verwachsung entstandene, sondern als eine primäre anzusehen ist, Der Vorgang der Trennung des einfachen Harnleiters des Acanthias vom primären Urnierengang (resp. Leydig’schen Gang) ist in beiden Ge- schlechtern genau der gleiche; auch beginnt er bei beiden zu derselben Zeit. Die ersten Spuren dieser Sonderung bemerkte ich an Embryonen von 3,8°%. Länge (Schema A. 6); bei solchen von 3,5°®- blieb es zwei- felhaft, ob er sich bereits zu bilden begonnen hatte oder nicht. Die erste Abschnürung der dorsalen Seite des Urnierenganges beginnt dabei in einer solchen Entfernung vom After, dass auf die dadurch abgegrenzte Längs- ausdehnung der späteren Niere etwa 14—15 Segmentalorgane kommen ; diese Zahl wurde an dem weiblichen Embryo von 4,1°"%- durch Zählung der betreffenden Segmentaltrichter gewonnen und sie steht mit dem vom aus- gewachsenen Thiere gewonnenen Resultate in Einklang; denn es hat sich nachträglich (s. p. 227 u. 286) ergeben, dass die Niere der erwachsenen Thiere zusammengesetzt ist aus etwa 15 einzelnen Segmentalorganen, Dort, wo sich bei kleinen wie grösseren Embryonen der Harnleiter mit dem Leydig’schen Gang (beim Weibchen) oder primären Urnierengang (beim Männchen) verbindet, sind die Durchschnittsbilder immer die glei- chen, mag diese Verbindungsstelle bald, wie bei dem Embryo von 4,5°tm. (Schema A. 11.), dicht beim After oder wie bei dem von 4,1°m- (Schema A. 8.) auf 2”. Entfernung von demselben liegen. Man sieht in allen Fällen, dass vor der Vereinigungsstelle beider Canäle (Taf. XIX Fig.1.) ein verhältnissmässig sehr weiter Canal (e. r. 1‘ dorsal hart am Leydig- schen Gang liegt, während der darüber liegende zweite Harncanal (c.r.2.) viel enger ist. Dasselbe Bild ist natürlich auf einer um so grösseren Zahl von Schnitten nach vorn hin anzutreffen, je näher die Verbindungsstelle des eigentlichen Harnleiters mit dem Leydig’schen Gang dem After liegt. Hinter der Vereinigungsstelle (Taf, XIX Fig. 3) aber erkennt man auf eine kurze Strecke eine mehr oder minder unregelmässige Doppelfalte im seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 329 Lumen des Leydig’schen Ganges, welche sehr bald völlig verstreicht. Von da an setzen sich abermals eben so dünne Harncanälchen an den Leydig- ‚schen Gang, wie in der vorhergehenden Strecke an den von ihm abge- trennten eigentlichen Harnleiter, Die hier beschriebenen Bilder lassen sich in keiner Weise anders deuten, als durch die Annahme, es werde vom Leydig’schen Gang durch Bildung einer dorsalen Doppelfalte an bestimmter Stelle und Fortschreiten derselben nach hinten hin ein kleiner Theil des- selben allmälig abgeschnürt, und zwar grade derjenige Theil, an welchen sich auch vor der Trennung schon die ursprünglich mlt dem ganz unge- theilten Urnierengang in Verbindung stehenden Segmentalharnleiter an- setzten. Es wiederholt sich also am dorsalen Abschnitt des Leydig’schen Ganges (oder primären Urnierenganges beim Männchen) der gleiche Vor- gang, wie er vorher an der ventralen Seite des Urnierenganges zur Tren- nung des letzteren in Tube und Leydig’schen Gang geführt hat. Es liesse sich gegen diese Deutung ein freilich mit Hülfe der genau nach den Querschnittsreihen construirten schematischen Bilder leicht zu widerlegender Einwand erheben. Man könnte sagen, es brauche zur Bild- ung des Harnleiters nur derjenige Abschnitt des Urnierenganges (resp. Leydig’schen Canales), welcher zwischen dem 15. und 16. Segmentalharn- leiter läge, nur in die Länge gezogen zu werden, um den hinteren keine Harncanälchen mehr aufnehmenden Abschnitt des Leydig’schen Ganges, (der beim Männchen zur Samenblase wird), entstehen zu lassen. Mit dieser Annahme freilich wäre doch eigentlich die Entstehung des beim ausge- wachsenen Thiere so langen Harnleiters noch nicht erklärt. Ganz abge- sehen aber von dieser Schwierigkeit lässt sich schon aus den vorliegenden Beobachtungen über die relativen und absoluten Masse der betrefienden Abschnitte bei Embryonen von 3,5—5,7°"- Länge leicht erweisen, dass eine solehe Opposition ganz willkürlich und incorrect wäre — vorausge- setzt, dass man sich an die festgestellten Thatsachen halten will. Denn es zeigt sich auf den ersten Blick beim Vergleichen der Schemata A 5 bis A 13, dass der noch ungetheilte Abschnitt des Leydig’schen (resp. Urnieren-) Ganges sowohl absolut, wie relativ mit zunehmender Länge des Embryo’s immer kürzer wird; bei dem Embryo von 4,0°"- Länge (Schema A. 7.) hat er eine absolute Länge von 2,6”®- und er nimmt etwa 10—12 Harnleiter auf; bei dem weiblichen von 4,3°"- ist er nur noch 1,6"m- lang und es entsprechen ihm nur noch etwa 6 Harncanälchen; bei dem von 5,2“ Länge endlich hat dieser ungetheilte Abschnitt nur noch 1,0%. Länge und es münden nur 2—3 Harncanälchen in ihn ein (Schema A. 12.) Hat der Embryo endlich die Länge von 6°m. über- schritten, so ist die Trennung vollständig geworden, d. h. in den untersten 330 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Piagiostomen und vereinigten Abschnitt des Leydig’schen Ganges und Harnleiters (resp. in den Urogenitalsinus beim Männchen) münden nun gar keine Harncanäl- chen (secandäre Harnleiter) mehr ein. Trotzdem ist dieser letzte Theil noch kürzer geworden, und dass er beim ausgewachsenen Thier absolut länger ist, als beim 6°%- Jangen Embryo selbst der ganze Harnleiter, liegt ganz ausschliesslich an der allgemeinen, alle übrigen Theile in fast gleicher Weise treffenden, durch das Gesammtwachsthum des Embryo’s bedingten Längenzunahme, Es ist hierdurch zur Evidenz erwiesen, dass auch der Harnleiter sich nicht — wie man vielleicht geneigt sein könnte anzunehmen — durch Verwachsen der einzelnen Segmentalharnleiter in der Längsrichtung bildet, sondern dass er dem Eileiter und Leydig’schen Gang vollständig analog durch eine Umbildung der dorsalen Wand des primären Urnierenganges und ganz ausschliesslich aus diesem entsteht. Es ist dadurch der denkbar ein- fachste Entwicklungsgang festgestellt. Durch Verwachsung mit den Aus- führgängen der Segmentaldrüsen wird der ursprünglich als solider Zell- strang angelegte primäre Urnierengang zum Ausführgang der ersteren, ventral schnürt sich von ihm ein Canal (die Tube) bald vollständig beim Weibchen, oder unvollständig beim Männchen ab, ein andrer (der Harn- leiter) in beiden Geschlechtern dorsal; niemals brauchen dabei die segmen- talen Harncanälchen ihre Anheftung an den primären Urnierengang aufzuge- ben, wassie unbedingt thun müssten, wenn Leydig’scher Gang oder Harnleiter Neubildungen aus den Segmentaldrüsen wären und nicht, wie hier nach- gewiesen, direct durch eine von vorn nach hinten fortschreitende und an bestimmten Stellen beginnende, bald mehr, bald minder vollständige Längs- theilung des einfachen Urnierenganges entstünden, Die grosse allgemeine Bedeutung des hierdurch festgestellten Entwicklungsganges kann erst später besprochen werden. Leider fehlten mir sowohl von Seyllium wie von Mustelus die jüng- sten Stadien, in welchen die Entstehung: der Harnleiter vor sich geht. Ein einziger 1,5 °"- Janger Embryo von Müstelus konnte wegen schlech- ter Erhärtung nicht in eine ganz lückenlose Querschnittreihe zerlegt wer- den; bei dem von 1,9 °m. Länge aber (Schema B. 1 und Taf. XVII. Fig 31,32) waren sie schon vollständig angelegt. Man weiss, dass in dieser Gattung neben dem einen die vordersten 3 oder 4 Segmentalharn- canälehen aufnehmenden Harnleiter noch 5—”7 (s. pag. 288) neben diesem und auch getrennt von einander bis unten hin zum Genitalsinus verlaufen. Hier könnte also schr wohl der Vorgang Platz gegriffen haben, welcher bei Acanthias so eben als unmöglich erwiesen wurde: es könnten die einzelnen Harnleiter durch Längsstreckung aus dem ursprünglich unter fast seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere, 331 rechtem Winkel in den primären Urnierengang einmündenden getrennten Harncanälchen entstanden sein, da sie ja auch beim Embryo von 5 m. - Länge so gut, wie beim erwachsenen Thier diese getrennte Ausmündung in den untersten Abschnitt des Leydig’schen Ganges’ beibehalten haben, Für diese letzteren ist das nun vielleicht als richtig anzunehmen, aber der erste durch sein Volumen die übrigen schon im Embryo übertreffende Harnleiter scheint sich trotzdem ähnlich zu bilden, wie der ganz einfache Harnleiter bei Acanthias: durch Abschnürung an der dorsalen und media- len Wand des primären Urnierenganges. Vielleicht aber ist selbst auch für jene '7isolirten Harnleiter die eben gemachte Annalıme nicht ganz richtig, Aus dem, was jetzt über die primäre Verbindung der Segmentaldrüsen mit dem Urnierengang bekannt ist, folgt, dass zwischen den Insertionsstellen der Ausführgänge der ersteren der Urnierengang ganz einfaches Epithel zeigen muss. Nun finde ich aber bei dem Embryo von 2,7 °- (Schema B 2 und Taf. XVIII. Fig. 37—39) sowie bei dem von 1,9 “m (Schema B 1 und Taf. XVIIL, Fig. 31, 32) keine solchen Unterbrechungen, vielmehr ist der primäre Urnierengang ganz durebgehend an derjenigen, etwas dorsal und medial gelegenen Seite verdickt (Taf. XVIU. Fig. 32, u; Fig. 38, 39 c. r), an welche sich in ziemlich regelmässigen Abständen die ausfüh- renden Harneanälchen der Segmentalorgane ansetzen. Diese Verdiekungen scheinen direct der Wand des Urnierenganges anzugehören. Bald sind sie völlig solid (Taf, XVIII. Fig. 32, 38), bald haben sie ein deutliches Loch (Taf. XVII. Fig. 39), Ich muss es hiernach für möglich oder selbst wahrscheinlich halten, dass bei Mustelus sich an der innern und dorsalen Wandung des Urnierenganges durch Verdiekung seiner Zell- wandung ein längslaufender ursprünglich solider Zellstrang bildet, ehe überhaupt die Verbindung der Lumina des Urnierenganges und der einzel- nen Harncanälchen erfolg. Dann aber wäre die principielle Ueberein- Stimmung mit dem sichergestellten Verhalten bei Acanthias gewahrt ; hier wie dort gingen dann die eigentlichen Harnleiter aus dem primären Urnieren- gang hervor. Noch weniger klar liegen die Verhältnisse bei Scyllium. Man _er- sieht aus den 3 Durchschnittsbildern von Seyllium canicula (Taf. XVII. Fig. 10—12 Schema D), dass hier auf etwa 2 "®- Entfernung vom After ‘ dorsal vom Leydig’schen Gang drei gesonderte Harncanäle (ec. r 1—3) verlaufen; bei 1] mm. Entfernung sind es schon 6, gleich dahinter sogar schon 7 solche. Hie und da sind ihre Lumina ungemein deutlich, an anderen Stellen aber fehlen sie auch wieder vollständig (Taf. XVIIL Fig. 1l. cc. r. 2 uw. 4), an noch andern scheinen 2 mit einander ver- schmolzen zu sein (Taf, XVIII. Fig. 12. ec. r. 2 u. 3). Dies deutet auf 332 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und sehr complieirte Vorgänge bei der Bildung der Harnleiter dieser Gattung hin, denn im ausgebildeten Stadium finden sich nicht so viele isolirte Harnleiter, wenigstens bei Seyllium canicula nicht, obgleich auch bei diesem die Verhältnisse ganz ähnlich sind, wie bei Seyllium catulus. Die Unmöglichkeit, durch vollständige Entwiceklungsreihen die hier nur an- geregt® Frage nach der Entstehung der zahlreichen Harnleiter mancher Gattungen zum Abschluss zu bringen , verbietet es, genauer auf die Be- schreibung meiner Präparate einzugehen. Nur das will ich bemerken, dass sich mir durch dieselben die Ansicht als sehr wahrscheinlich zufge- drängt hat, dass bei allen Plagiostomen sich Harnleiter und deren Er- weiterungen, die Harnblasen, nicht aus den eigentlichen Segmental- organen, sondern durch Abschnürung von dem primären Urnierengang ge- bildet haben, grade so wie es für die einzige Gattung Acanthias durch Beobachtungen sichergestellt werden konnte. D. Die morphologische Bedeutung des primären ÜUrnierenganges. Die morphologische Bedentung des primären Urnierenganges und seine Verschiedenheit von den Segmentalorganen ist nach den einzig vor- liegenden Beobachtungen von Balfour sehr klar; trotzdem hat doch wieder dieser eifrige Beobachter eine Deutung seiner Entstehungsweise gegeben, welche zur Unklarheit führt. Dieser Punkt muss wegen seines prineipiellen Werthes näber besprochen werden. Balfour fällt nemlich der Gegensatz auf, in welchem nach seiner Beobachtung der ursprünglich solide, primäre Urnierengang zu den Ausführgängen der Urniere anderer Thiere steht, welche ja nach den neuesten Lehren durch Einstülpung aus dem Peritonealepithel entstehen sollen. Er vergisst freilich dabei, dass diese letzteren zum Theil in scharfem Widerspruch zu früheren Angaben genauer Beobachter (Rathke, Bischoff, Koelliker ete.) stehen, nach welchen sowohl Wolf’scher, wie Müller'scher Gang als ursprünglich solide Zellstränge auftreten. Inte- ressant ist es nun, die Richtigkeit der modernen Lehren vorausgesetzt, (was aber freilich sicherlich falsch ist) zu sehen, wie Balfour den Wider- streit zwischen diesen und seinen eigenen Angaben zu lösen versucht. Ich muss ihn hier wieder selbst sprechen lassen. Er sagt (l. c. pag. 37) wörtlich: „Ich wies schon darauf hin, dass die Entwickelungsweise des Oviducts nur als eine Modification einer ein- fachen Einstülpung von der Pleuroperitonealhöhle her zu betrachten sei. Seine Entstehung durch Einstülpung bei Vögeln wie bei Batrachiern be- weist noch schlagender die Wahrheit dieser Ansicht, „Die Erklärung, warum er zuerst als solider dicht neben dem Epiblast liegenden Zellstrang erscheint, ist, wie ich glaube, folgendermassen zu seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 333 geben. Da der Oviduet von seinem primären Einstülpungsort (primitive ‚point of involution) aus einen langen Weg nach hinten hin zu wachsen hatte, war es sicherlich vortheilhaft für ihn, seine Bahn nicht durch das Mesoblast der intermediären Zellmasse durchzubrechen, sondern zwischen ihm und dem Epiblast zu verlaufen. Diese Modification einmal gegeben, musste der Zellknopf, von dem der Canal entspringt, an die Aussenseite der intermediären Zellmasse gerathen, anstatt in der Nähe der Pleuro- peritonealhöhle zu bleiben, und diese Veränderung bedingt wieder, dass die erste Entstehung durch Einstülpung aufgegeben, dagegen die solide _ Entstehungsweise angenommen und ein Lumen erst später gewonnen wurde,“ „Als Unterstützung für die Annahme, dass der hier angedeuteten Ursache die Modification der Entwickelungsweise zuzuschreiben sei, erscheint die Thatsache, dass bei Vögeln eine ähnliche Modification mit dem Wolf’- schen Gang Platz gegriffen hat. Dieser entspringt dort in andrer Weise, als bei allen niedriger stehenden Wirbelthieren, in Gestalt eines dem Epi- blast nahe liegenden Zellstranges, anstatt durch Einstülpung.“ Auf Seite 38 sagt er dann weiter: „Der Oviduct mag daher ange- sehen werden als entstanden durch eine Einstülpung von der Pleuroperi- tonealhöhle her.“ „Der Wolf’sche Gang entspringt durch eine Serie solcher Einstülp- ungen, welche alle hinter jener liegen, aus der der Oviduct entsteht.“ „Die einfachste Erklärung dieser Thatsachen (sic!) ist die: dass an Stelle des Oviducts und Wolf’schen Körpers ursprünglich eine Anzah| gleicher Körper vorhänden waren (wahrscheinlich je einem vertebralen Seg- ment entsprechend), deren jeder einzelne durch e'ne Einstülpung von der Pleuroperitonealhöhle her entstand; und dass der erste derselben nachher umgewandelt wurde um Eier zu leiten, während die übrigen sich ver- einigten zur Bildung des Wolf’schen Ganges.“ Ich mühe mich nun in der That vergeblich ab, in den hier getreu angeführten Sätzen und auch im übrigen Text der Balfour’schen Arbeit einen Beweis für die Richtigkeit der hypothetischen Annahme zu finden, dass der primäre Urnierengang ursprünglich durch eine Einstülpung ent- standen sein müsse. Er führt nur Wahrscheinlichkeitsgründe an; diese selbst aber sind garnicht zu benutzen, denn einmal ist ihre Beobachtungs- grundlage (wie später ausführlich erörtert werden wird) gar nicht sicher- gestellt, sondern nur nach der modernen Anschauung, dass das Neueste auch immer das Beste sein müsse, als sicher angenommen; zweitens schlagen sie hier um so weniger durch, als Balfour bei ihrer Herbeizieh- ung Parallelisirungen macht, welche sich als vollständig falsch ergeben. 534 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Es entsteht in der That, wie oben gezeigt wurde, der Wolf’sche (d. h. Leydig’sche) Gang so wenig aus den verwachsenen Segmentalorganen, wie der Eileiter durch eine directe Umwandlung des primären Urnieren- ganges; es ist Dalfour entgangen, dass dieser sich seiner ganzen Länge nach mit den einzelnen Segmentalorganen verbindet und dadurch wirklich zum Urnierengang wird; er hat endlich nicht gewusst, was durch meine Beobachtungen jetzt zweifellos festgestellt ist, dass dieser primäre Urnieren- gang sich mehr oder minder unregelmässig in Eileiter, Zeydig’schen Gang und Harnleiter spaltet, dass also sämmtliche Ausführgänge des Urogenital- systems durch allmälige Umbildung eines einzigen nach Dalfour in Form eines soliden Zellstranges zuerst auftretenden und von den Segmental- organen ursprünglich gänzlich getrennten Ganges entstehen. Ehe also die Frage wirklich in der von Balfour mit wohl etwas zu grosser Hast versuchten Weise zu beantworten gewesen wäre, hätten die wirklichen Homologien dieser Canäle in der Wirbelthierreihe festgestellt sein müssen; denn erst dann hätte sich entscheiden lassen, ob wirklich ursprünglich der Wolf’sche Gang der Vögel die Verpflichtung (sit venia verbo) hatte, durch Einstülpung zu entstehen. Wenn aber nachgewiesen werden kann, dass er diese Verpflichtung nicht hatte, — weil die ihm morphologisch ent- sprechenden Theile bei niedersten Wirbelthieren nicht so entstehen; — und wenn ferner gezeigt werden kann, dass diejenigen Canäle bei niederen Wirbelthieren, welche vielleicht durch Einstülpung gebildet werden (Am- phibien und Knochenfischen) morphologisch weder mit dem Eileiter noch dem Wolf’schen Gang genau zu identifieiren sind: so können natürlich auch die Verhältnisse bei den höheren Wirbelthieren nicht in der von Balfour versuchten Weise zur Erklärung für die der niederen, speciell der Plagiostom°n, herangezogen werden, Es hiesse dies denselben Fehler wieder begehen, der sich so oft in der Zoologie bitter gerächt hat: die Organisation wenig hoch stehender Organismen erklären zu wollen, indem man bei ihnen nach den einzelnen Organen höher stehender sucht. Ob hier bei den Haien nun nicht Verhältnisse einfacherer Art vor- liegen, welche umgekehrt zur Erklärung derjenigen der höheren Wirbel- thiere dienen können, darf erst im 3. Abschnitt untersucht werden. Hier genügt es, constatirt zu haben: 1) dass der primäre Urnierengang bei diesen Thieren seiner Entstehung!) und Umbildung nach nichts mit den I) Balfour freilich fasst den Eileiter als erstes Segmentalorgan auf, dessen ausführender Canal sich der Länge und nicht der Quere nach seine Bahn gebrochen habe. Ju dieser Deutung hätte ihn allein schon die Thatsache wankend machen seine Bedeutung für das der übrigen Wirbeltbiere. 335 Segmentalorganen zu thun hat, sondern erst durch spätere Verwachsung zu ihnen in Beziehung tritt; 2) dass aus ihm die. 3 verschiedenen Aus- “ führgänge des Urogenitalsystems derselben hervorgehen (Eileiter, Leydig’- scher Gang und Harmleiter); 3) dass nach Balfour die Trichteröffnung der Tube durch Durchbruch eines soliden Zellknopfes in die Leibeshöhle hinein und nicht durch Einstülpung entsteht. $ 10. Enstehung der Ureierfalte oder indifferenten Geschlechtsanlage. Die erste Anlage der Keimdrüsen tritt bei den Plagiostomen in Form von langgestreckten Falten auf, welche ausnahmslos zwischen der Mittellinie (oder dem Mesenterium) und den Segmentaltrichtern liegen und den grössten Theil der Leibeshöhle durchziehen. Von Anfang an ist eine Verschiedenheit zwischen dem vorderen und hinteren Theil dieser Genital- falten zu erkennen; in jenem bilden sich die Ureier aus, in diesen fehlen solche Ureier beständig. Dieser letztere wandelt sich allmälig zum epigo- nalen Organ um, jener erste bildet sich zur Keimdrüse aus, welche ur- sprünglich bei beiden Geschlechtern völlig identisch ist. Wir können hier- nach die indifferente Reimdrüsenanlage als Ureierfalte in einen gewissen Gegensatz zu der nie Ureier enthaltenden hinteren Epigonalfalte bringen ; beide gehen ohne Unterbrechung in einander über und bilden zusammen ‘die Genitalfalte. Die allmälige Gestaltveränderung der Genitalfalte ist bei den ver- schiedenen Gattungen oft recht verschieden. Bei Acanthias bleiben linke und rechte Falte zeitlebens von einander getrennt (s. Schema A. 3. bis A. 12); beiScyllium und Mustelus dagegen verwachsen die Epigonalfalten in der Mittellinie, d. h. sie treten an das Mesenterium heran und ver- einigen sich allmälig so vollständig, dass sie nicht mehr als 2 beson- dere Falten erscheinen, sondern als 2 Lappen eines Organs (s. Taf. XIV. Fig. 14, 15), welches das Mesenterium vollständig zu unterbrechen scheint. In den schematischen Bildern ist dies dadurch ausgedrückt, dass der Epi- gonaltheil der (violetten) Genitalfalte überall schwächer, als der Ureiertheil sollen, dass der Tubentrichter bei den höheren Wirbelthieren auftritt, nachdem längst die Urniere in ihren typischen Theilen angelegt ist; während bei den Haien aller- dings jener zuerst, nachher erst die weiter nach hinten gelegenen Segmentalorgane eines nach dem andern entstehen, sollte bei den Amnioten die ganze Reihe der Segmente der Urniere, welche entschieden Segmentalorganen gleichzustellen sind, gebildet werden mit Ausnahme des typisch ersten. Eine solche Zerreissung im zeit- lichen Auftreten einer Reihe homodynamer Gliederungen wäre doch in der That recht wunderbar, für welche es Balfour schwer werden würde, irgendwelche Analogie- gründe aufzufinden, 336 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und derselben gehalten wurde. Aus den Abbildungen ersieht man auf den ersten Blick, dass die Vereinigung der beiden Epigonalfalten bei Mustelus keine ‚ursprüngliche ist; denn der indifferente Embryo von 2,7°=: Körper- länge (Schema B. 2) zeigt völlig getrennte Genitalfalten; bei 3,1“. Länge (Schema B. 3) ist ihr hinterstes Ende schon verwachsen d, h. auf das Mesenterium hinaufgezogen und bei 4°. Länge (Schema B. 5) hat sich diese Vereinigung der Epigonalfalten mit dem Mesenterium bereits voll- ständig vollzogen. | Nach dieser allgemeinen Orientirung wollen wir die speciellen Ver- hältnisse näher in’s Auge fassen. A. Die Genitalfalte von Acanthias. Eine wirkliche Genitalfalte tritt erst auf, wenn der Embryo ungefähr 2,7°tm. Länge des Körpers erreicht hat (Schema A. 3). Die beiden von Anfang an erkennbaren Abtheilungen sind auch hier schon scharf bezeichnet; die ganze Genitalfalte erstreckt sich bis in das hinterste Drittheil der Leibeshöhle, die Ureierfalte (im Schema durch grössere Breite und unregelmässigen Rand bezeichnet) nimmt etwa die Hälfte derselben ein. Mit zunehmendem Wachsthum des Embryo’s nimmt nun natürlich die Gesammtlänge der Genitalfaltezu; bei dem Embryo von 2,7°m. [länge hat sie eine Länge von reichlich 4, bei dem von 4,5°m. © eine solche von reichlich 7”®- erreicht; sie ist also ungefähr in demselben Verhältniss gewachsen, wie der Embryo auch. Anders stellt sich das Verhältniss, weun man die beiden Abtheilungen der Genitalfalte je nach dem Geschlecht in’s Auge fasst, Beim Weibchen von 3,15°tm. Länge (Schema ‚A. 4) hat die Ureierfalte eine Länge von 3,6%®-, bei dem von 5,7“ m. eine solche von 4,4"m.; dieser Theil ist also nur ganz un- bedeutend in die Länge gewachsen. Die Epigonalfalte dagegen hat sich factisch stark verkürzt; denn bei dem Embryo von 3,15°"m- Länge ist sie fast 3m. bei dem von 5,7°®- nur mehr 1" Jang; bei noch etwas län- geren Embryonen endlich verschwindet sie fast ganz. Beim Männchen verschwindet die Epigonalfalte gleichfalls; schon bei dem Embryo von 4,5°m. Länge (Schema A, 11) hat sie nur noch 1,6mm. Länge. Dagegen verhält sich hier die Ureierfalte etwas anders als beim Weibchen. Wäh- rend bei diesem das Hauptlängenwachsthum zwischen 2,7° m. und 3,15.m. fällt — von 2,4". auf 3,6". — hat die Ureierfalte beim Männchen von 4,0°Wm. Länge (SchemaA. 7) noch gar nicht an Länge zugenommen, dann aber tritt mit einem Male eine rasche Verlängerung ein, so dass schon der Embryo von 4,5°"- Länge (Schema A. 11) eine solche von 5,6"m- Länge hat. Sie übertrifft jetzt sogar die weibliche der gleich langen ‚Em- bryonen ‚nieht unbedeutend; im späteren Wachsthum gleicht sich ‚dieser Unterschied aber wieder aus, seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 337 Die hier nachgewiesene Verkürzung der Epigonalfalte und die Ver- längerung der Ureierfalte beruht aber nicht, wie es scheinen könnte, ein- . fach darauf, dass sich in jener von vorn nach hinten zu fortschreitend Ureier entwickeln, sie sich also direct in die Ureierfalte umwandelt. Es entsprechen, wie durch eine Vergleichung der SchemataA 3-13 bewiesen wird, der Ureierfalte immer nahezu die gleiche Zahl von Segmentalorganen (12—14). Nun müsste aber die Zahl der letzteren beim Embryo von 5,7 1 . Fig. Fig. 7. Acanthias vulgaris. Geschichtetes Geisselepithel des Segmentaltrichters eines erwachsenen Thieres. Vergröss. 330fach. Camera, Fig. S—11. Acanthias vulgaris. i Fig. 8. Ein obliterirter Segmentaltrichter aus dem Mesovarium eines erwachsenen Thieres. Vergröss. 24fach. Camera. Fig. 9, 10. Segmentalgän ge aus dem Mesovarium des erwachsenen Thicres mit seit- lichen Sprossen. Vergröss. 24fach. Camera. Tafel XI. Fig. 1. Scyllium canicula &. Urogenitalsystem eines erwachsenen aber nicht brünstigen Thieres in halber natürlicher Grösse. i rechter Hoden zur Seite geschlagen; pr.o Vorkeimfalte des Hodens; oe. Schlund; v. e. ein- faches vas efferens; v. d. Anfangstheil des vas deferens (sogenannter Kopf des Nebenhodens); s.gl. Leydig’sche Knäue]; I. letztes Knäuel der Leidig’schen Drüse; r. segmentale Niere; v.s.Samenblase; ul. m. uterus masculinus; ec, r Harnleiter; p Penispapille. Prionodon glaucus &, junges Thier. Unteres Ende des Urogenitalsystems. ep. epigonales Organ, geht bis an die Clonke; mar. Mesorectum. Die übrige Bezeichnung wie in Fig. 1. Der rechte Uterus masculinus ist aufgeschnitten, um die beiden Urogenitalöffnungen zu zeigen; die Penis- höhle ist auch geöffnet und eine Nadel durch die Penispapille geführt. Natürliche Grösse. Fig. 3, Seyllium canicula 9, erwachsenes Thier., r Niere; r’ Nebennieren; !. ru- dimentäre Leydig’sche Drüse ; ov. d, Eileiter ; int, Enddarm abgeschnitten; D Fig. 496 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. = . SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und mso Mesovarium; ax. sogenanntes Axillarherz, ist nur die vorderste mehreren Segmenten entsprechende grosse erste Nebenniere. Natürliche Grösse. Centrophorus granulosus 5, jung. Natürliche Grösse. tu’ männliche Tubenöffnung. ov. d’ männlicher Eileiter, endigt bei a in einer Cyste, ‚die nur 1,5 etm. weit vom Vorderende des gewundenen Samenleiters entfernt ist; v. d. Windungen der vas deferens hier schon das Vorderende der Leydig’schen Drüse ganz bedeckend; v. s. Samenblase; !. hinterer Abschnitt der Leydig’schen Drüse; t. Hoden; pr.o. Vorkeimfalte desselben. Seymnus lichia 9. Vorderende der Leydig’schen Drüse. Natürliche Grösse. 1. Lappen der Leydig’schen Drüse; I. g9. Leydig’scher Gang; ?. vorderes eigenthümlich metamorphosirtes Ende. Es besteht aus einem hinteren compacten (a) und einem vorderen (5) in 6 Lappen zerfallenen Abschnitt, der zur Seite gerückt ist; beide stehen durch zahlreiche (c) bald gewundene bald ganz gestreckte Harncanälchen miteinander in Verbindung. Chiloseyllium plagiosum 9. Stück eines Leydig’schen Knäuels vom Vorderende der Leydig’schen Drüse; c. m. ein Malpighi’sches Körperchen von dem aus 2 Harncanäle abtreten ; a endigt bei a’ stumpf angeschwollen, blind ; 5 schlängelt sich stark und giebt bei 5’ einen kurzen Seitenast zu einem terminal aufsitzenden Malpighischen Körperchen c. m’. ab, dem aber das Blutgefässknäuel fehlt. In a ist eine Andeutung eines früher bestandenen Gefäss-Knäuels bei # zu sehen. Vergr. 200 fach. Chilloseyllium plagiosum ©. Reitendes Malpighi’sches Körperchen aus dem 7. Knäuel der Leydig’schen Drüse von vorn gerechnet; a. ist der eigentliche Harncanal, s.g. der primäre Segmentalgang, dessen Trichterende hier obliterirt ist, Vergleiche Taf. II Fig. 4. Vergröss. 200fach. Tafel XII. Mustelus vulgaris &; halbe natürliche Grösse. tu’. männliche Tube; i. Hoden v, rete vasculosum (Mesorchialnetz); go. Leydig’scher Gang (sogen. Kopf des Nebenhodens) ; !, Leydig’sche Drüse ; v. d. vas deferens; v. s. Saman- blase; v. Niere; p. 9. Papille des Samenleiters; p. r Harnpapille; ut. m uterus masculinus; p. Penispapille (aufgeschnittenr, um die Verbindung der 3 Canäle zu zeigen). Centrophorus granulosus &; natürliche Grösse. ut. m. uterus masculinus; p. ur. Urogenitalpapille mit der einfachen Urogenitalöffnung; p. Penis- papille; p2’ Penishöhle sehr kurz; ». tr, die hintersten Segmentaltrichter ; ımsr. Mesorectum. Torpedo oculata &, jung. Vorderende der Niero in doppelter natürlicher Grösse, ». gl. Knäuel der Leydig’schen Drüse ; !. Leydig’scher Gang oder vas deferens; vr. Niere; v. s. unterer Abschnitt des Leydig’schen Ganges oder Samenblase. Soyllium canicula 9, Niere der linken Seite in natürlicher Grösse. #. gl, Tieydig’sche Drüse (hinterer Theil); /!. Leydig’scher Gang, !'. Anschwellung des letzteren oder Harnblase (morphologisch der Samenblase des Männchens entsprechend) ; r, Niere; c. r, Harnleiter ; p. r. Harnpapille. Fig. . Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig, Fig. Fig. Fig. Fig. Fig iule seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 497 Torpedo marmorata ©. Niere in natürlicher Grösse. Bezeichnung wie in Fig. 4. Pristiurus melanostomus &. Unterer Abschnitt des Urogenitalsystems vor der Geschlechtsreife in natürlicher Grösse. Bezeichnung wie Fig. 1. Pristinrus melanostomus ©. Der zur Begattungszeit stark angeschwollene Harnleiter; Bezeichnung wie in Fig. 4. Natürliche Grösse. Scyllium eanicula &. Natürliche Grösse, begattungsreifes Thier. Be- zeichnung wie in Fig. 4; die durch Vereinigung der Canäle rechts ent- standene Illöhle aufgeschnitten, um die Oeffnungen der Harnleiter und des Leydig’schen Ganges zu zeigen. Fig. 9. dasselbe wie in Fig. 8 etwas vergrössert. v. s'. Mündung der Samenblase, im Bogen um diese herum die 4 Oeffnungen der Harnleiter c. r’. Durch die Oefinung des Penis ist eine Nadel links in die ungeöffnete Hälfte der Penishöble gesteckt. Pristinrus melanostomus & Unterer Abschnitt des Urogenitalstystems; zu Fig. 6 gehörig, um die männliche Oeffnung und die des Harnleiters zu zeigen. Spinax niger 9; schwach vergrössert. Unterer Abschnitt des Urogenital- systems, Bezeichnung wie in Fig. 6; der Leidig’sche Gang und Harn- leiter setzen sich an eine wohl als Harnblase (ves.) fungirende grosse Biase an, welche weit in die Cloake vorspringt und hier eine lange Harn- papille hervorbringt. : Tafel XIV. Hexanchus griseus 9. Rechter Eierstock und Mesoyarium, o. 3. Ovarial- zone t. 2. Zone der rudimentären Hoden; u. Stück des Eileiters; mso. Mesovarium. Halbe natürliche Grösse. Durchschnitt durch Ovarium und Hodenzone von Hexanchus 9. Natürliche Grösse. oz. Ovarialzone; t. rudimentärer Hodenknollen; a. g. äussere Genitalfaltenfläche; ö. g. innere Genitalfaltenfläche; v. bindegewebige Ge- fässe enthaltende Züge zwischen den grossen Lymphräumen des Ovarial- stroma’s, Durchschnitt durch einen Hodenknollen der Ovarialialte von Hexanchus 9, 2mal vergrössert. a. g. äussere, £. g. innere Genitalfaltenlamelle; r’. v’. rete vasculosum der Innenfläche des Hodenknollens; o. 2. Anfangstheil der Ovarialzone ; s. 2 aus Ampullen zusammengesetztes Stroma; ı. Stelle der äusseren albuginea, in welche hinein die Ampullen als Schläuche fort- wachsen. Cysten und Canäle aus dem rete vasculosum der Hodenknollenbasis; in einigen derselben rundliche Concretionen. Vergröss. 73/,. Wimperepithel aus einer Cyste ebendaher. Vergröss, 330/,. Kleiner Canal mit Wimperepithel, ebendaher. Vergröss. 30/,. Canal der sich theilt und an einem kurzen Aste eine mit zahlreichen Con- cretionen angefüllte Cyste trägi. Vergröss. 20/,. Mehrere durch eine Cyste mit einander in Verbindung stehende Canäle aus demrete vasculosum an der Innenfläche des Hodenknollens. Vergröss 200/,. Wimpercanäle aus der Mitte des Mesovarium’s von Hexanchus griseus 9, ziemlich dicht am Innenrande der Niere, vermuthlich ein schon metamor- phosirter Segmentalgang. Vergröss. 7/,. 498 SEMPER;: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Fig. 10—13. Rudimentäre Eierstocksfalte ven Galeus canis 9; Querschnitte Fig Fig. 14. Fig. 15. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5 Fig. 6 Fig. 7 Fig, 8 Fig. 9 Fig. 10 10—12 bei 72facher Vergrösserung; a. freie Bauchkante, 5. Mesovarium c. Einstülpungen des Keimepithels der äusseren Fläche, theilweise mit’ deutlichen Eiern in ihren Follikeln. Fig. 13 ein solcher Eifollikel stärker vergrössert. 330/,. Durchschnitt durch das epigonale Organ von Galeus canis; ms. Mesenterium welches durch das epigonale Organ unterbrochen ist. 2 Durchschnitt durch den Eierstock von Galeus canis 9; ms. das durch die Genitalfalte uuterbrochene Mesenterium; g. die rechte ausgebildete, g’. die linke rudimentäre Eierstocksfalte; os. die Ovarialzone des eigentlichen Eierstocks; pr. o. die Ureierfalte des ausgebildeten linken Ovariuns; 1, grosses Gefäss. Tafel XV. Hexanchus griseus, Trauben von Primitivampullen aus den Hodenknollen; a. ein Samengang, der an eine solche herantritt. Vergröss. 7/,. Pristiurus melanostomus © in Brunst. Natürliche Grösse. a. Eierstock (nur rechts entwickelt) flach an der lateralen Fläche, stark eonnex an der medialen; auf der Eierstockszone theils kleine Tuberkel (Eifollikel), theils Gruben (corpora lutea); b. in einzelne Lappen aufgelöstes epigonales Organ, c. Blindsack des Enddarms, d. Harnleiter und Leydig’scher Gang (vergl. Taf. XIII Fig. 6); e. Eileiter, f. Eileiterdrüse. Galeus ecanis ©. Halbe natürliche Grösse. a. die unregelmässig schräg gefurchte Eierstockszone, in deren Furchen erst die Follikel liegen; h epigonales Organ der rechten Seite, geht continuirlich über in das Stroma der Genitalfalte 5, welche an ihrer Aussenfläche die Eierstockszone trägt; ce. linkes epigonales Organ, geht vorn ineine ziemlich niedrige Lamelle über, welche den rudimentären Eierstoek trägt (8. Taf. XIV Fig. 10--13) d. Schlund; e. gewulstete Fläche der Niere. Durchschnitt durch den Eierstock eines Acanthias vulgaris, vor der Brurst aa. dieBierstockszone an der lateralen Fläche, Vergröss. 6/ı. Raja clavata @. Vorderstes Ende der Urniere; die 5 Segmentalorgane sitzen in Form von kurzen Blindschläuchen am Leydig'schen Gang. Ver- grösserung 2/1. Galeus canis @. Rudimentärer Segmentalgang, zu einer Cyste umgebildet in der Basis des Ovariums. Vergröss. 120/,. Raja clavata 9. Ovarialfalte. a. Eierstockszone, 5. hinterer Theil des Örarialstroma’s (Epigonaltheil); c. Basis der Eierstocksfalte. Natürliche (Chrösse. Mustelus vulgaris &. Randcanal der Niere und vasa efferentia. om 1——4 die 4 Malpighi’schen Körperchen in der Niere; sg 1—2 die 2 constatirten ‚u vasa eflerentia umgebildeten Segmentalgänge, die durch den Nieren- randcanal (». d. c.) in Verbindung stehen; 2. Leydig’scher Gang. Vergr. 7; ITexanchus grigeus 9. Aeltere Ampulle des rudimentären Hodenknollens; a.die ovelen und rundlichen Kerne, 5. die schmalen Kerne. Vergröss, %0/,, Mustelus vulgaris, zu Fig. 8 gehürig; die beiden vordersten Malpighi’schen Körperchen in ihrer Verbindung mit dem ersten vas efferens stärker ver- grössert; Bezeichnung wie in Fig. 8. Vergröss, %/,. Fig. 11. Eye. 12. Bie. 1. Big. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig 5. Fig. 6, Rio. 7. Fig. 8. Fig. 9. Fig. 10. Kie. 11. Fig. 12. Fig. 13. seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 499 Hexanchus griseus 2. Jüngere Ampulle des rudimentären Hodenknollens, a. die ovalen Kerne, 5. die schmalen Kerne, c. die runden Körnchenkerne. Vergr. 3%0/,. Hexanchus griseus 9. Stück der Vorkeimfalte eines rudimentären Hoden- knollens. a.die weiten Vorkeimschläuche, welche noch in die Ampullen- trauben allmälig übergehen; d. die letzten blinden Enden derselben, welche in das kernfaserige Stroma der Vorkeimfalte (vergl. Taf. XIV Fig. 3) hin - einwachsen, bald senkrecht gegen die Faserrichtung, bald ihr parallel. Links sind die Kernfaserzüge weggelassen, um die Vorkeimschläuche deut- licher hervortreten zu lassen. Vergröss. 120/,. Tafel XV]. Stück aus der Rindenschicht des Hodens von Scymnus lichia. a. Ampullen eben nach der Entleerung der Samenbüschel, nach aussen hin kleiner werdend; d. noch kleinere Ampullen, die schon theilweise in Verödung begriffen sind; c. ein Samencanal. Vergröss. 120fach. Querschnitt durch den Hoden von Scymnus lichia. a. Rindenschicht, (Cor- pus Highmori) welche das rete vasculosum und die verödeten Ampullen enthält; d. Kern des Hodens, mit ganz reifen Ampullen gegen a, ganz jungen gegen c hin; c die ganz äusserliche Vorkeimfalte. Natürl. Grösse. Längsschnitt durch den zweiten Hoden desselben Thieres. a. die in 10 nicht ganz gleichmässig stehenden Zügen in den Kern des Hodens vor- springenden septa testis; 5. der Kern des Hodens; c. das Mesorchium. Natürliche Grösse. Acanthias vulgaris. Eine in Entleerung ihrer Samenbüschel begriffene reife Ampulle. a. Kerne der Deckzellen. Vergröss. 200fach. Seyllium canicula. Deckzelle aus einer fast reifen Ampulle mit ihrem Samenbüschel in centraler Lage. Vergröss. 330fach. Seyllium canieula. Deckzelle einer ganz reifen Ampulle mit dem zur Seite geschobenen Samenbüschel; x. der glänzende, ovale seitliche Körper. Vergröss. 330fach. Scyllium canicula. Segment einer fast reifen Ampulle, Fig. 5 entsprechend. Vergröss, 200fach, Seyllium canicula. Segment einer ganz reifen Ampulle, Fig. 6 entsprechend. Vergröss. 200fach. Seyllium canicula. Epithel einer fast reifen Ampulle, Fig. 5 entsprechend. Der Kern durch die Zoospermenköpfe unsichtbar gemacht. Vergrösserung 330fach, Scyllium canicula. Epithel einer etwas reiferen Ampulle, Fig. 6 nicht ganz entsprechend ; die Kerne sind neben dem kleiner gewordenen Kopf- ende der Zoospermen sichtbar. Vergröss. 330fach. Squatina vulgaris. Eine fast völlig verödete Hodenampulle mit 4 Kernen. Vergröss. 330fach. Squatina. 3 in Verödung begriffene Ampullen noch aufihren auch schon veränderten Stielen. a. die schwach entwickelte glänzende Rindensubstanz. Vergröss. 200fach. Squatina. Ein verödetes Stück eines Samenganges, durch die zahlreichen im Innern liegenden Kerne bezeichnet. Vergröss. 330fach. Arbeiten aus dem zoolog.-zootom. Institut m Würzburg. II. Bd, 33 500 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 14. 15. 16. 1% 18. 19. 5. SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Squatina. Ein in Verödung begriffener Samengang, dessen Zellen noch epithelartig um das kleine Lumen herumliegen, die Laune Rindenschicht nur erst schwach entwickelt. Vergröss. 330fach. Squatina. Ein halb verödeter Hodenfollikel. Vergröss. 330fach. Squatina. Eine eben erst in Verödung gerathene Ampulle; die glänzende Randschicht unregelmässig in das Lumen vorspringend. Vergröss. 300fach. Stück aus der Randzone des Hodens von Squatina vulgaris; die in ziem- lich weit vorgeschrittenen Stadien der Verödung begriffenen Ampullen nur durch eine dünne Schicht von Stromazellen getrennt. Vergröss. 200fach. Squatina vulgarie. Hode in halber natürlicher Grösse. pr.o. Vorkeimfalte a. vorderes angeschwollenes Ende. . Squatina, Durchschnitt durch die Mitte desselben Hodens; pr. o. die halb eingesenkte Vorkeimfalte; d. die Kernschicht reuer Ampullen; e.die Rinden- schicht — corpus Highmori — mit zahlreichen Lymphräumen; mst. Me- sorchium. Natürliche Grösse. Squatina; Durchschnitt durch den Vordertheil desselben Hodens; pr, o. die ganz eingesenkte langgestreckte Vorkeimfalte; d, ce und msi wie in Fig. 19. Seymnus lichia. Stück einer alten Hodenampulle, deren Samenbüschel schon frei geworden sind; a. die conisehen Deckzellen; 5. ihre Kerne; c. Kerne des umgebenden Stroma’s. Vergröss. 330fach. Seymnus lichia. Pseudozellen (ganz verödete Ampullen) der äussersten Lage der Rindenschicht. Vergröss. 330fach, Seymnus lichia. Pseudozellen ebendaher theilweise mit gelblichen Con- eretionen, mit 1-3 Kernen und dünner glänzender Rindensubstanz. Ver- gröss. 330fach. Seymnus lichia. 3 reife Ampullen und zwei, die in Folge der Entleerung schon kleiner geworden sind; innere Gränze des corpus Highmori. Ver- gröss. 120fach. Sceymnus lichia. Stück einer leeren Ampulle eben vor Beginn der Veröd- ung; zu Fig. 24 gehörig. Vergröss. 530fach. Seymnus lichia. Geisselzellen der Samengangblasen aus dem rete vascu- losum. Vergröss. 330fach. Tafel XVII. Prionodon glaucus %. Durchschnitt durch die Hodenfalte, 4 cim. vom vordern Ende entfernt. pr. o. Vorkeimfalte, fast ganz eingesenkt. c. Central- canal des Rete vasculosum. Vergröss. 12fach. Prionodon glaucus &. Durchschnitt durch die Hodenfalte, 8 ctm. vom Vorderende entfernt. pr. o. Vorkeimfalte, fast ganz an der Spitze. c. Central- canal des rete vasculosum. Vargröss. 12 fach. Prionodon glaucus 4. Hoden und Genitalfalte in natürlicher Grösse, pr. 0. Ureierfalte, geht bei x auf die freie Kante der Genitalfalte über, sie läuft halb eingesenkt noch mit nach hinten, bis zu der mit y bezeichneten Stelle; ep. epigonales Organ, geht bis zum After, Hode von Chimaeramonstrosa, Aussenfläche. Zu’ männliche Tube; u. Müller’- scher Gang (primärer Urnierengang); pr. o. Vorkeimfalte; !. Leydig’sche Drüse (Vorderende). Squatina vulgaris & jung. Durchschnitt durch die Hodenfalte, am Hinter- Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig Fig. seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 501 ende; pr. o. Vorkeimfalte (hier ganz äusserlich); c Centralcanal des rete vasculosum; 5. Basis des Hodens. Vergröss. 8 fach. 6. Squatina vulgaris &. Durchschnitt durch die Hodenfalte, am Vorderende; Bezeichnung wie in Fig. 5. Vergröss. 8 fach. 7. Oxyrhina glauca % Hodendurchschnitt in natürlicher Grösse. Bezeich- nung wie in Fig. 5 und 6. 8. Oxyrhina glauca &. Vorkeimfalte stärker vergrössert. 35fach. pr. o. die von kreisförmig gestellten Bindegewebsfasern und Zellen umgebene Vor- keimfalte mit ihren Vorkeimgruppen; a. Ampullengruppen der ersten Zone, radial auf die Vorkeimfalte zustehend, mit ihren Samencanälchen. 9. Oxyrhina glauca &. Eine ziemlich weit von der Vorkeimfaite abliegende Primitivampulle ; a. die schmalkernigen Epithelzellen ; d. die rundkernigen Vorkeime, hier ein inneres Epithel bildend; c. Ausführungsgang mit schmal- kernigen Zellen; d. sternförmiger Schleimpropf im Lumen der Ampulle. Vergröss. 330 fach. 10. Oxyrhina glauca &. Eine fast ebenso alte Primitivampulle mit 11 Ur- eiern im innern Epithel und d ein Kern in dem centralen Schleimpropf; sonst die Bezeichnung wie in Fig. 9. Vergröss. 330 fach. 11. Oxyrhina glauca &. Vorkeimfalte, ganz eingesenkt, etwa 1,5 etm. hinter dem Ende des eigentlichen Hodens. c. Centralcanal, von diesem aus treten -Canäle zur Vorkeimfalte g. Vergröss. 10fach. . 12. Oxyrhina glauca &. Primitivampulle, der Vorkeimfalte etwas näher liegend, als Fig. 9 und 10; die schmalkernigen Zellen sind noch nicht epithelartig geordnet; die innere Höhlung begränzt von 6 Ureiern. Vergröss. 330 fach. . 13. Oxyrhina glauca %. Primitivfollikel mit 1—3 Ureiern, Bezeichnung wie vorhin; liegen hart an der Vorkeimfalte; der kleinste noch ganz ohne centrale Höhlung.. Vergröss. 330 fach. 14. Seyllium canieula 5. Segment einer Hodenampulle, in welcher 2 Stadien in der Umbildung der Spermatoblastkerne combinirt sind (was freilich nie vorkommt). a. 3 Deckzellen mit halbmondförmigen oder unregelmässig gestalteten kleinen Spermatoblastkernen. d.3 Deckzellen mit geschwungenen und noch ganz unregelmässig gelagerten Zoospermen; diese nehmen eine viel kürzere Zone ein, als jene. Vergr. 330fach. 15. Prionodon glaucus &. Vorkeimfalte. Zu Fig. 1 gehörig. a, Samengang; db. ganz durchschnittener Samencanalin der Basis der Vorkeimfalte; c. Vorkeim- ketten in der Vorkeimfalte; d. Epithel der Aussenfläche der Hodenfalte. Vergröss. 70fach. 16. Centrophorus granulatus &. Durchschnitt durch die Hodenfalte des jungen Thieres a hinten, 5 vorn; der mittlere ovale Raum eingenommen von primitiven Ampullen. Natürliche Grösse, 17—24. Seyllium canicula &. 17. . Zoospermbüschel im mittleren Stadium der Ausbildung. a. Köpfe der Zoospermen dunkler gefärbt. Vergr. 330fach. 18. a. Halbausgebildetes Zoosperm (zu Fig. 14b gehörig); 5. langgestreckter Kern der Spermatoblastzelle; c, halbmondförmige Kerne der Spermatoblast- zellen; d. und e grösser, und schliesslich in e. auch körnig und rund werdende Spermatoblastkerne ; Vergröss. 330 fach. 19. Segment einer Hodenanıpulle, in welcher die central gelegenen länglichen 33* 503 SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Ureier schon 3 oder 4 Spermatoblastkerne gebildet haben; Vergrösserung 600 fach. Fig. 20. 3 Deckzellen mit ihren zugehörigen Radien, in’denen je 50-60 runde Spermatoblastkerne liegen. Vergr, 330 fach. Fig. 21. Segment einer Ampulle mit 4 Spermatoblastkernen in jeder radialen Reihe. Vergröss. 330 fach. Fig. 22. Eine solche mit nur 2 Spermatoblastkernen. Vergröss. 330 fach. Fig, 23. Eine vollständige Ampüulle (im grössten Durchmesser) mit nur einer Reihe von Spermatoblastkernen. Vergröss. 330 fach. Fig. 24. Ganz junge Ampulle in der Nähe der Vorkeimfalte mit 3 Ureiern mit rundern Kernen und zahlreichen langkernigen Zellen. Vergröss. 330 fach. Bemerkung. Von den Ampullen wurde der Einfachheit halber immer nur der grösste Durchschnitt gezeichnet. Die bei stärkerer Vergrösserung gezeichneten Figuren wurden alle mit der Camera gemacht. Tafel XVII. Fig. 1. Acanthias 1,5 ctm. Schnitt ganz vorn, 0,2 mm. hinter dem Tubentrichter (s. Taf. XXII Schema A 1.) L } Fig. 2. Acanthias 1,5 ctm. Schnitt etwa 1 mm. hinter dem Tubentrichter (s. Schema A. I.) Fig. 3-6. Seyllium catulus Embryo von 4,0 ctm. 4 successive Schnitte an. der Verbindungsstelle der beiden noch nicht vollständig getrennten aus dem primären Urnierengang durch: Spaltung entstehenden Gänge. tu. Tube !g. Leydig’scher Gang u. Urnierengang. (Schema D.) Fig. 7. Acanthias 1,5 etm. Sehnitt reichlich 1 mm. hinter dem Tubentriehter. (Schema A. 1.) Fig. 8. Acanthias vulgaris. 1,9 ctm. Schnitt 13 mm. vom Tubentrichter. (Schema A. 2.) Fig. 9. Acanthias vulgaris 1,9 ctm. Sich bildende solide Verbindungsbrücke ! zwischen Segmentalgang und Urnierengang. (Schema A 9.) Fig. 10—12. Seyllium catulus. Embryo von 4,0 etm. 3 Schnitte aus der Gegend der Harnleiter (Schema D). Fig. 13. Acanthias Embryo (2?) 2,7 ctm. (Schema A 3). Uebergangsstelle des Leydig’schen Ganges in den Eileiter. Fig. 14, 15. Acanthias Embryo 2 3,15 ctm. (Schema A 4). Fig. 14 Verdickung an der centralen Wand des Urnierenganges; Fig. 15 Doppelfalte im Ur- nierengang, welche weiter nach vorn sich schliesst und so den Urnieren- gang in 2 Canäle spaltet. z Fig. 16—20. Seyllium canicula & Embryo von 2,4 etm, Länge. (Schema B 2). Fig. 16 Durchschnitt durch die Urnierengangfalte 0,7” mm. hinter dem Tubentrichter, eben vor Auftreten des Leydig’schen Ganges; Fig. 17 "Sehnitt dieht dahinter mit Leydig’schem Gang und Leydig’schem Knäuel, die männliche Tube schon sehr klein; Fig, 18, 19, 2 fast aufeinander- folgende Schnitte, in denen die männliche Tube immer kleiner, der Leydig’sche Gang immer grösser wird; Fig. 20 ist die Tube verschwunden. ig. 21. Acanthias Embryo © 3,35 etm. Länge. Oberseite und Unterseite desselben Schnittes, a. zeigt die beiden Canäle durch eine Zellbrücke getrennt, ind, seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 503 (Unterseite des Schnitts) haben sich beide zu dem primären Urnierengang E vereinigt. Fig. 22. Acanthias Embryo & 4,0 etm. Länge (Schema A. 7). a. obere und d. untere Seite desselben Schnittes durch die Vereinigungsstelle der rudimentären männlichen Tube mit dem Leydig’schen Gang. Fig. 23—26. Acanthias Embryo & 4,3 ctm. Länge (Schema A. 10). Fig. 23 Harnleiter, Leydig’scher Gang und Eileiter sind noch getrennt; Fig. 24 Harnleiter und Leydig’scher Gang verbinden sich; Fig. 25 es trits ein neuer seeundärer Harncanal heran; Fig. 26 das sehr eng gewordene Lumen des Eileiters verbindet sich mit dem vereinigten Leydig’schen Gang und ersten Harnleiter zum primären Urnierengang. Fig. 27. Acanthias © Embryo von 3,5 etm. Länge, dazu Fig. 33 und 34 gehörig. (Schema A 5) Ganzer Schnitt durch die Urogenitalregion. Links («) pri- märer Urnierengang mit innerer Falte, die begienende Theilung in Leydig- schen Gang und Eileiter einleitend, rechts (5) Uebergangsstelle der beiden Canäle der andren Seite. Fig. 33 auf a nach vorn zu folgender Schnitt «a, mit Trennung in die 2 Canäle; Fig. 34 die Trennung derselben ist voll- ständig geworden. Fig. 28, 29. Acanthias © Embryo von 5,2 ctm. Länge (Schema A. 12). Ver- ; einigungsstelle des Leydig’schen Ganges mit dem Harnleiter; (Fig. 28 getrennt, Fig. 29 vereinigt) mit ihnen vereinigt sich der Eileiter erst weiter nach hinten. Fig. 30. Mustelus © (?) von 3,1 etm. Länge. (Schema B 3). Schnitt dicht hinter der Verbindungsstelle von Leydig’schem Gang und Eileiter, um die hier einfache innere Faite zu zeigen, durch welche der Urnierengang in 2 Canäle getheilt wird. Fig. 51, 32. Mustelus indifferent, Embryo von 1,9 ctm. Länge (Schema B 1.) Fig. 31. Hier ist eine Stelle getroffen, wo ein Harncanal sich direct an den Urnierengang ansetzt, der Segmentalgang aber fehlt; Fig. 32 zeigt den Segmentalgang und daneben den an seiner inneren Seite verdiekten Urnierengang. Diese Verdickung lässt sich bis auf 2,2 mm. Entfernung , vom After nachweissen, sie ist solide, durchgehend, und enthält die An- lage der mehrfachen Harnleiter dieser Gattung. Fig. 33, 34. Acanthias 9 3,5 etm. zu Fig. 27 (s. oben). (Schema A 5.) Fig. 35, 36. Acanthias & Embryo von 4,5 etm. Länge. (Schema A. 11). Fig. 35 zeigt einen Durchschnitt durch die eine Urnierengangfalte etwa von der Mitte der Leibeshöhle. /. Leydig’scher Gang, Cyste an der Stelle, wo beim Q der Eileiter liegt, hier aber ist diese cylinderische Cyste nur in 2 Schnitten zu erkennen, dicht davor und dahinter findet sich nur der Leydig’sche Gang (hier Samenleiter) ; Fig. 36 ganzer Schnitt am Vorder- ende der Leydig’schen Drüse, links ist die männliche Tube klein, rechts ist sie etwa doppelt so gross. Fig. 37—39. Mustelus indifferent, Embryo von 2,7 etm. Länge. Schema B. 2. Sämmtliche Figuren sind mit der Camera bei 160facher Vergrösserung gezeichnet, 504 | Fig. 1— Fig. 4, Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. Fig. 11. Fig. 15. SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Tafel XIX. 3. Acanthias vulgaris. Embryo © 4,1 etm. Verschmelzung des Harmnleiters und Leydig’schen Ganges. Fig, 1 Schnitt dicht vor derselben, Fig. 2 Ver- schmelzungsstelle, Fig. 3 hinter derselben, um die auch hier befindliche Doppelfalte zu zeigen, durch deren Verschluss allmälig der Harnleiter ab- geschnürt wird. Schema A. 8. Bezeichnung wie gewöhnlich. Vergrös- serung 330/,. 5. Mustelus vulgaris. Fig. 4 Embryo von 1,9 ctm. Fig. 5 Embryo von 3,1 ctm. Einfachste Segmentalschlinge nach der Verwachsung des Seg- mentalganges mit dem Urnierengang. u. Urnierengang ; m. c. blindsack- förmiger Grund des Segmentalganges; c.r. Harngang; s. g. Segmentalgang. Vergr. 160/,. Acanthias vulgaris, Embryo von 2,7 etm. Segmentalschlinge mit mehr- fachen Windungen des Harnganges (Harncanälchen) und primärem Mal- pighi’schen Körperchen. Bezeichnung wie vorhin. Vergröss, 160/,. Acanthias vulgaris. Embryo © von 1,9 ctm. Erstes Auftreten der Ureier- falte. ms. Mesenterium, v. c. Cardinalvene, p. o. Ureier im Epitbel an der Basis des Mesenteriums. Vergröss. 160/,. , Acanthias vulgaris. Embryo 2 von 5,7 etm. Genitalfalte mit Ureiernestern an ihrer lateralen Fläche ; a ventrale Kante mit starker Anhäufung schmal- kerniger Keimepithelzellen. Die Zellen des Stroma’s sind hier und in allen übrigen Figuren der aiieiikeit wegen als unwesentlich weggelassen. Vergröss. 160/,. Mustelus vulgaris. Embryo @ von 2,3 ctm. Genitalfalte mit primären Ureiern in ihrer ventralen Hälfte. Vergröss. 160/,. Mustelus vulgaris, Embryo Q von 3,1 etm. Die Ureier finden sich schon fast ausschliesslich auf der lateralen Fläche; sie haben sich stark ver- mehrt und beginnen Ureiernester zu bilden. Vergröss. 160/,. Mustelus vulgaris. Embryo © von 8,4 ctm. Die beiden Keimfalten sitzen schon ganz am Mesenterium (ms), die eine hat ein dickeres Keimepithel mit Ureiernestern, als die andere; diese letzte bleibt bei der weiteren Entwickelung rudimentär. Vergröss. 36/,. Mustelus vulgaris. Embryo @ von 14,5 ctm. Eierstocksfalte mit in Ein- senkung und Umwandlung begriffenen Ureiernestern (a). Vergröss. 36/;. Mustelus vulgaris. Embryo Qvon 14,5etm. Zu Fig. 12 gehörig. Rudimentär bleibende Eierstocksfalte; der Keimtheil (a) ist vom Epigonaltheil (2) scharf abgesetzt durch die Furche f, Mustelus vulgaris. Embryo @ von 24,5 etm, Vollständig ausgebildete Eier- stocksfalte, bei welcher die Ureiernester sich gänzlich aufgelöst haben in echte fast überall abgeschlossene Follikel. Das äussere (wegen zu geringer Vergrösserung nicht angegebene Keimepithel” enthält jetzt nur primäre Ureier, welche sich nach Ludwig’schem Typus umbilden, und cylindrische oder platte Epithelzellen. Vergröss. 20/,. Scymnus lichia &. Embryo von 25 cetm. Verästelte Bildungsblase («) der Harncanälehen und seeundären Malpighi’schen Körperchen; s. g. Seg- inentalgang, kreuzt den Leydig’schen Gang (!) und den primären Harn- gang (c. r.), er zeigt rechts einige Anschwellungen, welche noch weiter Fig. 16. Fig. 17. Fig. 20. Fig. 23. Fig. 253— Fig. 29. me Una ee Raduome Unurt 2 Se Yard 1-90 Fig. 30. Fig. 31. seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere, 505 gegen die Mittellinie zu noch stärker werden, links in der Zeichnung ist die Nierenseite; der Leydig’sche Canal läuft fast genau am Innenrande der Niere. Vergröss. 2/1. Acanthias vulgaris. Embryo © von 2,7 etm. Durchschnitt der Ureierfalte (9) mit 4 primären Ureiern. ms. Mesenterium.: Vergr. 160/,. Acanthias vulgaris. Embryo 2 von 8,5 etm. Durchschnitt am hinteren Theile der Ureierfalte, wo die Ureiernester erst in Bildung begriffen sind. tr. f. Trichterfurche. Vergröss. 16%)... Mustelus vulgaris. Embryo'Q von 3,9 ctm. Keimfalte mit Beginn der Ureiernestbildxng. Vergröss. 160],. Acanthias vulgaris. Embryo Q von 3,5 etm. Durchschnitt der Ureierfalte mit Segmentalgang (sg.) und dem durchschnittenen Stiel (ir) eines nach vorn sich wendenden Trichters. @. Epithel des Urnierengangwulstes, 5. ven- trale Kante der Genitalfalte. Vergröss. 160/,. Acanthias vulgaris. Embryo 2 5,2 ctm. Beginnende Ureiernestbildung; Durchschnitt aus der Mitte der Keimfalte. ir. f. Trichterfurche. Vergr. 160/,. Acanthias vulgaris. Embryo 2 von 19 ctm. Stück des Keimepithels mit primären schon von einigen Epithelzellen umgebenen Ureiern im Keim- epithel; im Stroma lagen ausserdem zahlreiche grosse Follikel, welche ‚direet aus den eingestülpten Ureiernestern hervorgegangen sind. Ver- grösserung 160),. ; Acanthias vulgaris. Embryo © 25 etm. Keimepithel. a. ein Ei noch von wenig zahlreichen platten Epithelzellen umgeben, 5. Gruppe primärer Ur- eier, wie solche vielleicht Anlage eines rudimentären Hodenknollens ist. Vergröss, 160/|. Acanthias vulgaris. Embryo © 19 ctm. Ventrale Wachsthumsfalte der Keimfalte, hier finden sich immer nur primäre Ureier, die durch Ver- srösserung der Epithelzellen direct entstanden sind. Vergr. 160/,, Acanthias vulgaris. Erwachsener Embryo 9. Durchschnitt vom vorderen Theil der Eierstocksfalte; a. basaler Zellkörper; 5. eigentliche Eierstocks- zone aus zahlreichen grossen Follikeln bestehend. Vergr. 5. 28. Sceymnus lichia, Eierstocksfaltenbildung. Fig.27. Embryo von 5,4ctm. Keimfalte mit primären Ureiern. Fig. 26 Embryo von 9,4 ctm. Keimfalte mit Ureiernestern. Fig. 27, 28 linke und rechte Keimfalte eines Embryo’s von 23,0 etm. mit beginnender Follikelbildung. Vergrösserung bei allen 4 Figuren %/,. Acanthias Blainvillei. Embryo @ von 11,0 etm. Stück der Keimfalte mit primären Ureiern (a), Ureiernestern (d) und den eigenthümlichen (die Theilung einleitenden ?) sternförmigen Kernen (c). Vergröss. 330/,. Mustelus vulgaris. Embryo © von 15 ctm. Stück der Eierstocksfalte, Um- wandlung der Ureiernester in weibliche Eifollikel; das Stroma hat sich von diesen etwas zurückgezogen, sodass man die zwischen sie eindringen- den Faserzüge und -balken deutlich sieht, aussen im Keimepithel auch primäre Ureier. Vergröss. 160/,. Eifollikelepithel eines jungen Eies von Raja clavata mit vergrösserten rund- lichen Zellen in demselben. Vergröss. 160/,. Fig. Fig. Fig. Fig. " Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig, Fig. Fig. Fig. Tig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. SEMPER: Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und Tafel XX. 1. Vorkeimfalte von Acanthias vulgaris $. Embryo von 6 etm. Länge. Vorder- hälfte. a. laterale, 5. mediale Fläche, c. basaies Hodennetz, sg. Segmental- gang (vas efferens). Vergr. 70 fach. 2. Wie Fig. 1. In der Basis ist der Segmentalgang und der weite Canal des basalen Hodennetzes, ferner ein Theil von letzterem sichtbar. Ver- grösserung "(0 fach. 3. Acanthias vulgaris 4. Embryo 6 ctm. Vom Hinterende der Vorkeimfalte ; in ihrer Basis dar basale Hodencanal und mit ihm in Verbindung ein noch nicht ganz obliterirter Trichter. Vergröss. 70 fach. 4 und 5. Acanthias vulgaris &. Embryo von 25 etm. Länge; Durchschnitte durch die Hodenfalte, Fig. 4 vorn, Fig. 6 a. hinten, d. in der Mitte. sir, Stroma des Hodens (basaler Zellkörper); c. Centralcanal des Hodennetzes. Vergröss. 6 fach. 6. Acanthias vulgaris &; Embryo von 17 etm. Länge. Durchsehnitte durch die Hodenfalte, Vergröss. 14fach. a vorn, 5 hinten. 7, Acanthias vulgaris $&, Embryo von 25 ctm. Länge. Vergröss. 35 fach. Die Vorkeimzone ist ganz gezeichnet. s#r. basaler Zellkörper des Hoden- stranges, c. Centralcanal. 8-10. Squatina vulgaris, junges Männchen. Einstülpungsstadien der Vorkeime in das Hodenstroma. Vergröss, 330fach Camera. Bezeichnung in allen 3 Figuren gleich. a. Stromazellen, 5. und b’. Hodenepithel, c. Pflüger’sche Schläuche und Vorkeime darin. 11—26. Acanthias vulgaris. Erste Stadien der Entwickelung der männlichen Primitivfollikel. Fig. 11—19. Embryonen von 25 ctm. Länge. Ein mitten zwischen den Follikelketten und dem Keimepithel der Vorkeim- falte liegendes Zellennest. Vergröss. 330 fach. (S. Fig. 16 und 17,) 12. Stück der Vorkeimfalte. a. Stromazellen, d. Keimepithel mit einigen Ureiern. ce’. 6 mitten im Stroma liegende Vorkeime, von denen eines zwei Kerne hat. d. Basalmembran des Hodenepithels. Vergröss. 330 fach, 13. 3 noch in der Nähe des Keimepithels liegende, aber schon fast ganz vom Stroma umschlossene Vorkeime, Das eine hat seitlich bereits eine schmal- kernige Zelle gebildet. Vergröss. 330 fach. 14. Ein Urei mit 2 runden körnigen Kernen und einem ovalen, hart am Keinı- epithel liegend. Vergröss. 330 fach. 15. Ein Urei mit 2 jungen Tochterzellen im Keimepithel. Vergröss. 330 fach. 16. Ein Zellennest nahe am Keimepithel. Vergröss. 330 fach. 17. Ein ebensolches Zellennest hart an einer im Keimepithel liegenden Gruppe von Ureiern. Vergröss. 330 fach. 18, Keimepithel und ein noch mit diesem in Berührnng stehendes Zellennest. Vergröss. 330 fach. i 19. Keimepithel und ein isolirtes in das Stroma eingewandertes Urei. Ver- grösserung 330 fach. 20--23. Embryonen von 17 ctm. Länge, 20. Uıei des Keimepithels mit 2 Kernen. Vergröss. 330 fach. 21. % dicht aneinander liegende Ureier. Vergröss, 330 fach. 22. Stück der Ureierzone von der Fläche gesehen, ein Urei mit 3 Kernen, 11. Fig. 23. Fig. 24— Fig. 24. Fig. 25. Fig. 26. Fig. 1—2. “ seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. - 507 die Kerne der eigentlichen Epithelzellen wie überall dunkel gehalten. Vergröss. 330 fach. Vorderende der Ureierfalte, c. Keimepithel mit Ureiern; 0’. 2 im Stroma liegende Ureier; s letztes Ende der primitiven Samencanälchen. Ver- grösserung 200fach. 26.: Embryo von 6 etm. Länge, dessen Bauchflosse bereits eine Andeutung der äusseren Begattungsorgane hatte. Einige Keimepithelzellen mit mehrfachen Ureierkernen. Vergr. 330 fach. Ureier der Keimepithels mit je einem Kern, zwischen den cylindrischen Keimepithelzellen liegend. Vergröss. 330 fach, Vorkeimfalte. c, ec’ Keimepithel mit Ureiernestern, der Aussenfläche der Vorkeimfalte angehörig; a. Hohlräume, welche entstanden sind durch Ein- wuchern der Segmentalgänge in das Stroma der Geschlechtsfalte. Ver- grösserung 200fach. Sämmtliche Figuren von Fig. 7 an sind nach einzelaen Objecten mit der Camera gezeichnet. Tafel XXI. Acanthias Embryo ö& von 17 etm. Länge. Vorkeimketten der Vor- keimfalte; a. die schmalkernigen Zellen, 5. die Ureier-ähnlichen Zellen mit runden Körnchenkernen und Fetttropfen, c. eine solche, deren Kern in Theilung begriffen zu sein scheint. Vergröss,, 330/|. Fig. 3—11. Acanthias vulgaris. Embryo & 25 etm. Vergröss. 330/,. Fig. 12. Fig. 3. Ein Vorkeimschlauch, an 3 Stellen in kurze Vorkeimketten über- gehend; a. Hohlraum des Schlauches, 5. Faserzüge von den Vorkeimketten zum Epithel e, welches hier schon völlig platt geworden ist. Fig. 4. a. Durchschnitt eines Vorkeimschlauches mit einer in Resorption befindlichen centralen Zelle, d. ein solcher mit freiem Samen des Schlauches. Fig. 5. Primitivampulle aus der Vorkeimfalte (basaler Theil); a. die im Centrum gelegene Zelle, durch deren Resorption die Höhlung der Ampulle entsteht; 2. der schmalkernige Zellenpropf, welcher diese abschliesst gegen das Lumen des Samencanälchens c. Fig. 6—8. Theilungsstadium der Ureier-ähnlichen Zellen in den Vor- keimsehläuchen. Fig. 9. Vorkeimschläuche, Ketten und Keimepithel; a. Ureier im Keim- epithel; 5. Faserzug, welcher diese mit der nächsten Vorkeimkette (c) verbindet; d. Zellengruppen, welche, im Lumen des Vorkeimschlauches liegend, der Resorption anheimfallen; einige der Ureier haben schon ihre Fettkörnchen verloren. Fig. 10. Erste Bildungsstadien der Primitivampullen und der Hoden- canälchen; a. ausser dem Epithel /c) des Hodencanälchens anliegende Ureiähnliche Zelle, 5. schon mehrere grosse und kleine Zellen enthaltende Ampulle mit Hohlraum ; e. Zellrest in einem solchen; d. resorbirte Zelle im Lumen des Hodencanälchens. Fig. 11. Spätere Stadien. d, eine in Theilung begriffene (?) Ampulle, ec. die durchschnittenen schmalen Hodencanälchen, Mustelus vulgaris Embryo & 7,7 ctm. Basis der beiden am Mesenterinm ms. sitzenden Hodenfalten; c. die Centraleanäle des Hodennetzes, d. die Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. Fig. 19. Fig. 20. Fig. 21. Fig. 22. SEMPER: Das Urogenitals6stem der Plagiostomen und Ureierähnlichen Zellen, von schmalkernigen umgeben. e. das flache Keim- epithel. Vergröss. 160/,. Centrina Salviani. & Embryo 17 ctm. Nierenrandeanal in seiner Ver- bindung mit den angrenzenden Canälen 1. Leydig’scher Gang; c.r. seg- mentale Harncanäle; sg. Segmentalgänge, sy; erster sich gabelnder und an 2 in der Hodenbasis liegende grosse Blasen tretender, sya—s9g die 5 zu wirklichen vasa efferentia gewordenen Segmentalgänge (stehen in der Hodenbasis mit dem ungezeichneten Hodennetz in Verbindung), sg, 7ter ‘gegen den Hoden zu blind geschlossener (obliterirter) Segmentalgang; c m. 4 Malpıghi’sche Körperchen in Verbindung mit den Segmentalgängen und dem Nierenrandcanal. (c. 7). Vergröss. ?/ı. Ein Malpighi’sches Körperchen ebendaher; Bezeichnung wie in Fig. 13. Vergröss. 30/,. Acanthias vulgaris. Embryo & von 5,2 ctm. c. solider später zum Centralcanal des Hodennetzes vrerdender Zellstrang ; ir. f. Trichterfurche ; 9. Ureierfalte mit Ureiernestern, e. Urnierenwulstepithel. Vergröss. 160/,. Acanthias vulgaris. Embryo & 4,0. Vorderes Ende der Genitalfalte. Be- zeichnung wie vorhin; die Segmentaltrichterhöhlungen sind im Begrift, sich gegen die Leibeshöhle (Trichterfurche) hin abzuschliessen, Vergr. 160/,. rm Mustelus vulgaris. Embryo & von 7,7 ctm. Schnitt dicht vor der eigent- lichen Hodenfalte. g. Genitalwulst, c. Centralcanal des Hodens, sg. Segmen- talgang, r. Schläuche des ersten Leydig’schen Knäuels, v. c. Cardinalvene. Vergröss. 1%/,. Mustelus vulgaris. Embryo & von 7,7 etm. Schnitt, der auf den vorher- gehenden folgt; der Segmentalgang (vas efferens) fehlt hier, der Central- canal ist vorhanden. Vergröss. 160/,. r Mustelus vulgaris. Ewbryo & von 7,7 etm. Schnitt durch das hintere Ende der Hodenbasis, wo das vorn weit offene Lumen (s. Fig. 12) des Centralcanals (c) schon spaltförmig geworden zu verschwinden im Begriffe steht, wäbrend der solide Zellstrang, durch dessen Aushöhlung er entsteht, noch ziemlich viel weiter mit den Vorkeimen nach hinten verläuft. Ver- grösserung 160/,. Seyllium canicula, eben gebornes junges Männchen. Eine Hodenampulle, in welcher die centrale Zelle (a) nicht resorbirt worden, sondern gewachsen ist und in Folge davon den Character einer Eizelle angenommen hat, Im Follikelepithel liegen zwischen den schmalkernigen Zellen einige grössere ovale. Vergröss. 160/,. s Mustelus vulgaris. Embryo & von 14 cetm. Schnitt durch die Hodenbasis, a. Epithel der Hodenfalte, d. solider Zellstrang (sich bildender Hodencanal) in Verbindung mit dem deutlich hohlen Hodencentralcanal (c) Vergr. 160/,. Mustelus vulgaris. Embryo & von 5,5 etm. Durchschnitt durch die ganze Hodenfalte: a. ventrale Kante, wo Ureier liegen, das Epithel aber vom Stroma nicht zu unterscheiden ist; im Stroma liegen helle runde Zellen mit rundem körnigen Kern, die Vorkeimmasse; an der Hodenbasis legen sich eine Anzahl schmalkerniger Zellen epithelartig (c) zusammen : erste Andeutung des hier noch soliden Centralcanals. Vergröss. 160/,. seine Bedeutung für das der übrigen Wirbelthiere. 509 Fig. 23. Mustelus vulgaris. Embryo & von 4,0 etm. Durchschnitt durch die in- differente Keimfalte. Das Stroma (a) ist noch sehr schmal, in der Trichter- furche (frf) ist das Epithel ausgespochen cylindrisch, im übrigen Theil der Keimfalte das Epithel stark verdiekt mit Ureiern. Dass dies doch ein Männchen war, wird bewiesen durch den Urnierengang, der hier der ganzen Länge nach einfach war, bei Weibchen von 4,0 ctm. Länge aber schon fast vollständig in die 2 Canäle, den Leydig’schen Gang und die Tube gespalten ist. Vergröss. 10/,. Tafel XXI. %.2.:3\ Eine besondere Tafelerklärung ist unnöthig, da sie sich durch Vergleich der- selben mit den auf Taf. XVIII und XIX vorhandenen Durchschnittsbildern von selbst ergibt. Es muss hier übrigens nochmals darauf hingewiesen werden, dass sämmt- liche Schemata, welche sich auf Acanthias, Mustelus und Scyllium beziehen, genau nach vorliegenden Querschnittsreihen ausgeführt wurden. Die übrigen Schemata enthalten theils Hypothetisches, theils aber auch durch Beobachtung sichergestelltes Neues; in Bezug hierauf muss auf den Text verwiesen werden. Die Ansprüche des Herrn Dr. Dohrn auf Lösung des Rhizecephalen-Problems. Von Dr. R. KOSSMANN in Heidelberg. (Brief an den Herausgeber.) 1) Soeben erhielt ich im Auftrage des Herrn Dr. Anton Dohrn ein Exemplar seiner Schrift „Der Ursprung der Wirbelthiere und das Prineip des Funktionswechsels“ zugesandt. Ich sehe, dass dieser Schrift ein Anhang hinzugefügt ist, welcher sich als eine „nicht gedruckte Fortsetzung“ einer früher erschienenen Schrift des Hrn. Dr. Dohrn, der „Geschichte des Krebsstammes etec.“, zu erkennen giebt. Von dieser bisher nicht gedruckten Fortsetzung, welche Anelasma und die Rhizocephalen (Rhi- zopedunculata m.) behandelt, sagt Herr Dr. Dohrn, dass dieselbe nach 1) Ich bedaure, dass ich diesen Brief meines Freundes Kossmann, der mir in den ersten Tagen des Juli 1875 zukam, nicht früher veröffentlichen kounte; der Druck meiner Haifischarbeit war bereits begonnen, als ich derselben erhielt. Ich bedaure dies unsomehr, als ich in der That mit grössten Vergnügen die Zurück- weisung eines Angriffes in die Arbeiten etc. aufnehme, welcher, ganz abgesehen von der durch Kossmann gekennzeichneten Kampfesweisse, das neue Prineip in die Wissenschaft einführen zu wollen scheint, zur Begründung von Eigenthumsausprüchen halb vergilbte Blätter aus dem Papierkorb zu holen. " Ich denke, Keiner von uns ist so arm, dass er nicht einmal vor Jahren das gedacht haben sollte, was ein Andrer, später zwar, aber Öffentlich nicht blos auszusprechen, sondern zu beweisen wagte. Man wird sich dann aber nur freuen, dass die eignen Gedanken so durch die That eines Andern gerechtferti;t worden sind; freilich vielleicht auch dabei beklagen, dass man nicht so thatkräftig war, wie Dieser. Würzburg, d. 6. Oct. 1875, C. Semper, KOSSMANN: Die Ansprüche des Hrn. Dr. Dohrn 511 Erscheinen meiner Schrift: „Suetoria und Lepadidae“ 1) nichts Neues mehr bringe; den Grund dafür, dass diese Fortsetzung dennoch gedruckt wurde, ersieht man aus dem Inhalte einer Anmerkung, welche derselben ‚hinzugefügt ist. Da diese Anmerkung mehrere Behauptungen enthält, welche die Originalität meiner Arbeiten in schmählicher Weise bestreiten, $o sehe ich mich genöthigt, dieselbe öffentlich zurückzuweisen; und da sowohl die von Herrn Dr. Dohrn eitirte Arbeit, als auch eine irühere über das gleiche Thema in Ihren „Arbeiten aus dem zoologisch-zootomischen Institut in Würzburg“ erschienen, so wage ich die Bitte, die nachfolgenden Bemerkungen, die zwar an sich ohne wissenschaftlichen Werth, aber den wissenschaftlichen Werth der früheren Arbeiten falschen Anschuldigungen gegenüber zu vertheidigen bestimmt sind, gütigst in Ihre Zeitschrift auf- zunehmen. Herr Dr. Dohrn behauptet in seiner Anmerkung 1. eine fast vollständige Uebereinstimmung zwischen meiner Dar- stellung in „Suctoria und Lepadidae“ und der seinigen; 2. mir nicht nur Untersuchungs-Material und Literatur, sondern auch die ganze theoretische Lösung des Rhizocephalen-Problems zur Verfügung gestellt zu haben; i 3. durch diese seine Beibülfe sei es möglich geworden, dass ich mich von den Irrthümern meiner früheren Auffassung überzeugen und meine Schrift verfassen konnte, von einer ausführlicheren Darstellung des Sachverhaltes habe mich wahrscheinlich der Umstand abgehalten, dass meine Arbeit als Habilitationsschrift erschienen ist. Ad 3 bemerke ich, dass Herr Dr. Dohrn sich des Aussprechens irgendwelcher Vermuthungen über die Gründe, die mich zu der von mir beliebten Darstellung des Sachverhaltes bewogen haben könnten, zu ent- halten hat, sofern diese Vermuthungen, ohne erweislich zu sein, meine schriftstellerische Ehrlichkeit antasten. Ferner füge ich demselben Absatze die Bemerkung hinzu, dass meine „frühere Auffassung“, von deren Irrthümern Herr Dr. Dohrn spricht, in einer früheren Arbeit von mir 2), deren Erwähnung Herr Dr. Dohrn gänzlich unterlässt, niedergelegt ist. Diese Arbeit, deren Inhalt in einem Vortrage in der Würzburger med,-phys. Gesellschaft im Sommer 1872 von mir zuerst veröffentlicht wurde, war, als ich die Ehre hatte, Herrn 1) Diese Ztschft. Bd. I Heft 111. 2) Beiträge zur Anatomie der schmarotzenden Rankenfüssler. Diese Zeitschrift Heft II, 5123 KOSSMANN: Die Ansprüche des Hrn. Dr. Dohrn Dr. Dohrn kennen zu lernen, bereits soweit im Drucke vorgeschritten, dass sich keine Correkturen mehr daran anbringen liessen, und eine Aenderung, die ich daran vorzunehmen wünschte, durch Einkleben eines Blattes am Schlusse des Aufsatzes erfolgen musste. Es kann also Jedermann, der sich die Mühe geben will, meine Arbeiten zu lesen, constatiren, welche Irrthümer meiner früheren Auffassung seit meiner Bekanntschaft mit Hrn. Dr. Dohrn von mir corrigirt wurden. Man wird finden, dass der einzige solche Irrthum eben der ist, der auf dem ein- geklebten Blatte korrigirt wurde: die irrthümliche Behauptung, es fehlten den Sakkulinen die Wurzeln. Selbst wenn Herr Dr. Dohrn mich auf diesen Irrthum aufmerksam gemacht hat, lag für mich nicht die geringste Ver- anlassung vor, diesen Umstand in meiner Arbeit zu erwähnen: Jedermann wird sich aus dem jetzt verspätet gedruckten Manuscripte des Herrn Dr. Dohrn überzeugen können, dass derselbe die Wurze!n nicht aus eigener Anschauung, sondern aus den Schriften Fr. Müller’s kannte, Schriften, die auch mir bekannt waren, ’wie man aus meiner ersten Arbeit ersieht. DUeberzeugt wurde ich von meinem Irrthume erst durch die Entdeckung. der Parthenopea subterranea, an der Dr. Dohrn nur. den Antheil hat, dass er mir den Fischer empfohlen hatte, der das genannte Thier zufällig fing. Soviel ist über die Betheiligung des Herrn Dr. Dohrn an der Berichtigung meiner früheren Irrthümer zu sagen. Es fragt sich nun, welchen Antheil hatte Herr Dr. Dohrn an demjenigen, was meine zweite Arbeit etwa neu. gebracht hat. Wir kommen damit zu dem zweiten Theile seiner Behauptungen. Ad 2 also bemerke ich, dass mir Herr Dr, Dohrn allerdings Unter- suchungsmaterial und Literatur zur Verfügung stellte. Das Untersuchungs- material bestand in zwei Exemplaren von Anelasma squalicola, die mir Herr Dr. Dohrn zwar nicht abtrat, von denen er mir jedoch Schnitte aus dem Stiele anzufertigen gestattete, indem er sich die Körper reservirte, Schon diese Bedingnng, die ich gewissenhaft achtete, liess mich auf eine wirkliche Verschiedenheit in der Richtung unserer Arbeiten schliessen, und würde mich entschuldigen, wenn ich eine Erwähnung des Faktums etwa unterlassen hätte. In Wahrheit aber glaube ich, den: Sachverhalt in vollständigster und loyalster Weise dargestellt zu haben, indem ich auf Seite 2 meiner Arbeit schrieb: „Wie weit aber die Verwandtschaft geht... etc... ., das so recht zu erkennen, vermochte ich erst, seit Herr Dr. Dohrn in Neapel mich auf die Untersuchung von Anelasma squalicola hinwies und mir dieselbe durch Uebersendung von zwei Exem- plaren ermöglichte.“ Dieses Zugeständniss enthält alles, was Herr Dr. Dohrn irgend erwarten durfte: denn die Untersuchung des Anelasma auf Lösung des Rhizocephalen-Problems. 513 habe ich ganz selbständig und ohne seine Beihülfe in Messina vor- genommen, Herr Dr. Dohrn dagegen hatte sie, wenigstens bis dahin, nie selbst untersucht, und seine Kenntniss von dem Bau des Thieres beruhte ‘nur auf der Literatur. Dass ich es unterlassen habe zu erwähnen, dass er mir auch diese, nämlich einen Band von Darwin’s Cirripedenmonographie zur Verfügung stellte, werden Sie, wie die meisten Leser dieser Zeilen, verzeihlich finden, Aber nicht nur Untersuchungsmaterial und Literatur, sondern die „ganze theoretische Lösung des Rhizocephalen-Problem’s“ will mir Herr Dr. Dohrn zur Verfügung gestellt haben. Dieser Ausdruck ist etwas vieldeutig. Meint Herr Dr. Dohrn damit die Darstellung irgendwelchen morphologischen Details, so muss ich ihm erwidern, dass aus seinem eigenen nachträglich veröffentlichten Aufsatze folgt, dass er sich darin lediglich auf andere Autoritäten stützt, die auch mir, wie meine erste Arbeit beweist, bekannt waren, und dass seine Compilation eine fast durchgängig falsche Darstellung von dem Bau der Rhizocephalen liefert. Meint Herr Dr, Dohrn dagegen die Behauptung, dass die Rhizocephalen (Rhizopeduneulata m.) durch Rückbildung aus den Lepadiden entstanden seien, so brauche ich nur auf Seite 23 meiner ersten Arbeit zu verweisen, um zu zeigen, dass ich selbst diese Ansicht bereits öffentlich ausgesprochen hatte, ehe ich Herrn Dr. Dohrn kennen lernte. Offenbar überschätzt dieser Herr den Werth, den unsere Unterhaltungen über dies Thema für mich hatten; ich habe mich denselben natürlich hingegeben, da ich mich von der Irrigkeit der Anschauungen des Herrn Dr, Dohrn über die meisten morphologischen Details der Rlizopedunkulaten überzeugte und ein grosses Interesse bei ihm fand, sich über diesen Gegenstand zu unter- riehten. Dass ich dabei nicht auch etwas gelernt hätte, behaupte ich nicht im Entferntesten. Ich habe aber aus der Unterhaltung mit einer ganzen Reihe von andern zoologischen Forschern ebensoviel oder noch grössere Gewinne für die in Rede stehenden Arbeiten davongetragen: hätte ich die Namen aller dieser Herrn, : denen ich den grössten Dank weiss, als Mitarbeiter auf das Titelblatt meines kleinen Schriftchens setzen wollen, so würde ich mich lächerlich gemacht haben. Es bleibt mir übrig, ad 1 mich gegen die Behauptung einer wesentlichen Uebereinstimmung zwischen meiner und des Herrn Dr. Dohrn’s Darstellung zu verwahren. Was den thatsächlichen Inhalt betrifft, so ist in Herrn Dr. Dohrn’s Arbeit keineswegs, wie er behauptet, nur der Irr- ihum vorhanden, dass er den Mantel als verschwunden ansieht, sondern vielmehr eine ganze Reihe von Irrthümern, welche in meiner ersten Arbeit richtig gestellt worden sind. Herr Dr. Dohrn sagt: „Es bleibt 514 KOSSMANN: Ansprüche des Hrn. Dr. Dohrn also von dem ganzen Cirripeden nichts übrig, als der Stiel mit den Geschlechtsorganen umhüllt von der Haut. An diesem Ueberreste wird somit nur noch als einzige Oefinung die Ausmündung der Eileiter sein. Wir erhalten somit als Endresultat einen sackförmigen Körper mit einer Auswurfsöffnung, aus welcher die Eier, resp. jungen Larven an die Aussen- welt treten, in dessen Innerm wir die Eierstöcke, Hoden und diejenige Flüssigkeit treffen, welche durch die „Wurzeln“ aus dem Körper des Wohnthieres durch den Stiel in den sackförmigen Körper befördert wird.“ Dem gegenüber habe ich bewiesen, dass ausser dem Stiel und der ihn umhüllenden Haut noch ein, allerdings gliedmassenloser Rumpf, sowie ein sehr ausgebildeter Mantel vorhanden ist; dass die vermeintliche Aus- mündung der Eileiter nur die Oefinung des Mantels sei, dem Spalt ent- sprechend, aus welchem die Lepadide ihre Gliedmassen hervorstreckt; dass die bisher für Eierstöcke gehaltenen Massen nur zusammengekittete, schon abgelegte Eier, die vermeintlichen Hoden aber die wirklichen Eierstöcke sind; endlich dass die im „Innern“ angeiroffene Flüssigkeit die nach Herrn Dr. Dohrn „in durchaus assimilirbarer Beschaffenbeit ist“, in Wahrheit reines Seewasser sei, das durch die Mantelöfifnung in die Mantelhöhle hineingelaufen ist. | | Soviel über die thathsächliche Uebereinstimmung unserer Dar- stellungen. Lassen Sie mich aber bei -dieser Gelegenheit zugleich Protest gegen den Gedanken einlegen, als bestünde etwa einige Uebereinstimmung in unserer Art und Weise zu arbeiten. Selbst wenn die nun veröffentlichte Arbeit des Herrn Dr. Dohrn in den Fakten, die sie angiebt, mit den Resultaten meiner Untersuchungen übereingestimmt hätte, und nicht nach, sondern vor der meinigen erschienen wäre, würde ich diese wahrscheinlich genau in der Form, die sie jetzt hat, ohne Rücksichtnahme auf diejenige des Herrn Dr. Dohrn veröffentlicht haben, da letztere nicht eigene Forschungen, sondern nur Speculationen auf Grund ungeprüfter und theilweise irriger Angaben Anderer enthält. Herr Dr. Dohrn denkt zwar darum nicht geringer von seiner Schrift; auch ihm liefert der — man möchte endlich fast sagen: fatale — Goethe ein bequemes Citat: „Was fruchtbar ist, allein ist wahr!“ Er wolle nicht traurig sein, sagt Herr Dr. Dohrn, wenn ausser soleher Wahrheit einst im Uebrigen kein Fünkchen mehr in seiner Arbeit gefunden werden sollte. Andere Naturforscher, zu denen auch ich mich zähle, denken anders; sie suchen nach einer Wahrheit, die bestehen bleibt; sie glauben, dass es sehr leicht, aber auch sehr unnütz sei, kühne Theorien auf unerprobte Behauptungen Anderer zu bauen; und Sie verbitten es sich dringend, auf Lösung des Rhizocephalen-Problems. "515 dass die Verfasser solcher Theorien Arbeiten, welche zufällig erweisen, dass irgend ein kleiner Theil jener Phantasien die Wahrheit getroffen habe, als geistiges Eigenthum reklamiren. Verzeihen Sie, verehrter Herr Professor, die Ausdehnung, welche diese Rückweisung durch meinen Wunsch nicht nur zu bestreiten, sondern auch zu beweisen, erhalten hat, und genehmigen Sie den Ausdruck der Hochachtung und Dankbarkeit, mit der ich verbleibe Ihr ergebener Robhv Kossmann. Semper, del A Lith. A. Sauter, Onstmetlingen pr e‘ LitH. A. Sauter, Onsimellingen. a v.A.dnuter, Onstmellingen * MA ai; t. (CE, SI 6 5 Segmenda trichter und Gänge f Arbeiten aus dem: zool zool. “_ zu MHürzburg HN Band 17 ie b Ludwig del. | 1 17. . RE Würzburg. - i Arbeilen aus dem zool..z0 a Io in Würzb.I.Band. nA 0 N 7 N ü = x ) , Era A h\ 9% * a u a EN a5 ee Ne e SB - 2a Ludwig del. Lith.Anst.v. J. A.Hofmann, Würzburg. | ; Arbeiten aus dem zo0o1.-zo otom, Institut in Würzb.T.Band. 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