TW^' :*J^ 9 f*n^i ^L •» t»--l .yJ^' -fjf.iv ..^f ^' >-A , >.^; ^,*f r^^-^':^ v^ GLENDOWER EVANS BOKN Mi\RCH 2 3 1850 DlEl) ML:VRGH28IK»(> Let knowleillje grow froin iiiori' tc> niore, But uiiin^ <>trov Während diese zweite Kiemenspalte zum Durchbruch sich vorbereitet, entfernt sich die erste Kiemenspalte von d«m freien Rande der Kieme, sie vergrössert sich und wird von fortwährend nach der- selben Richtung schlagenden Wimpern bedeckt (Fig. 28). Die zweite Kiemenspalte schiebt sich im weiteren Verlaufe der Entwicklung zwischen die erste Kiemenspalte und den freien Rand der Kieme. Sie erreicht allmälig dieselbe Ausbildung und nahezu dieselbe Grösse wie diese (Fig. 29).. Diese zwei Kiemen- spalten besitzt die beträchtlich herangewachsene zum Ausschwärmen bereite Larve. Auch an pelagisch gefischten Teredolarven fand ich denselben Bau der Kieme. Da die Entwicklungsvorgänge an den ältesten Stadien der Larve, die noch in den Kiemen der Mutter sich aufhalten , nicht in den Kreis dieser Untersuchungen gezogen wurden (mit Aus- nahme der Kiemen-Entwicklung) und auch die freischwimmende Larve und deren Verwandlung nicht studirt wurde , so bleiben noch eine Reihe von Fragen unerledigt , die wohl am besten an einer andern in den entsprechenden Stadien günstiger beschaffenen Muschelgattung zu lösen sind. Wir wollen die wesentlichsten Punkte, die noch zu erledigen sind, namentlich anführen. (22) Ucber Entwicklungsgeschichte von Teredo. 23 1. Bildung des Darmfaserblattes. 2. Bildung des vorderen Schalenscliliessers ; dieselbe ist viel- leicht auf eine schon im Stadium der Fig. 23 und 24 auftretende Zellgruppe zurückzuführen. 3. Bildung des hinteren Schalenschliessers ; dieser wird wohl auf Kosten des noch undifferenzirten hinteren Abschnittes des Meso- dermstreifens gebildet ; vielleicht gehen auch die schon im Stadium der Fig. 23 und 24 vorhandenen kurzen präanalen Schliessmuskeln direct in die Bildung derselben ein. 4. Bildung des Boj an us 'sehen Organs. Wenn man die Lage desselben bei den jangen Muscheln (z. B. Mytilus nach L o v e n) berück- sichtigt, so wird man vermuthen, dass dasselbe aus dem hinteren noch undifferenzirten Theil der Mesodermstreifen sich entwickelt. 5. Bildung des Herzens ; dieses entsteht wahrscheinlich vom Darmfaserblatte aus. 6. Weitere Entwicklung der Kiemen. 7. Differenzirung des Eingeweideganglion. Entweder gliedert sich dasselbe von der ursprünglichen vertralen Ganglienanlage ab, oder wird es secundär und gesondert angelegt. 8. Entwicklung der Geschlechtsorgane. B) Theoretische Erörterungen. ^) Wenn wir das Gesammtbild der Furchung und Gastrula- bildung von Teredo in's Auge fassen, so werden wir von der ') Da sich diese „theoretischen Erörterungen" jenen anschliessen, die ich in meiner letzten Publication („über Entwicklungsgesch. d. Anneliden", diese Zeitschr. Bd. I.) niedergelegt habe, so will ich hier über eine diesbezügliche Bemerkung Rabl's mich aassprechen. Rabl schreibt in seiner „Entwicklungsgeschichte der Tellerschnecke", Morphol. Jahrb. Bd. V. pag. 611, Anm. 2 : „Bei Beobachtung dieser und einiger anderer Verhältnisse war ich durch die Kenntniss der wichtigen, damals noch nicht veröffentlichten Untersuchungen Hatschek's über die Entwicklung von Criodrilus und Polygordius nicht unwesentlich gefördert. Andererseits glaube ich aber auch behaupten zu dürfen, dass Hatschek mehrere in seinen „Studien" ent- haltenen Schlüsse nicht oder doeh nicht mit jener Zuversicht hätte ziehen können, wenn er nicht um einige meiner wichtigeren Resultate gewusst hätte". Ich gestehe es gerne zu, dats Rabl's Untersuchungen auf meine theoretischen Erör- terungen von Einfluss waren. Unsere beiderseitigen Arbeiten standen in reger Wechselwirkung. Rabl kannte während seiner Untersuchung meine Resultate, und seine Beobachtungen über Mollnskenentwicklung nahmen wieder Einfluss auf meine diesbezüglichen theoretii-chen Erörterungen, da dieselben zur Zeit von Rabl's Untersuchungen noch nicht ganz niedergeschrieben waren. Wie weit dieser Einfluss reicht, kann man ans der Durchsicht von Rabl's Arbeit beurtheilen. Unsere Thätigkeit war gewiss in vieler Beziehung eine gemeinsame zu nennen. (23> 24 Dr. ß- Hatschek: Erscheinung überrascht, bei den sehr kleinen Eiern, deren Proto- plasma ziemlich feinkörnige Dotterelemente enthält, eine auffallend inäquale Eurchung, gänzlichen Mangel der Furchungshöhle und epi- bolische Gestrulabildung anzutreffen. Wir ersehen aus diesem Falle, dass die Unterschiede , die bei der Eurchung und Gastrulabildung verschiedener Metazoen auf- treten, nicht allein von der grösseren oder geringeren Menge des im Ei aufgespeicherten Nahrungsdotter abhängen. Haeckel war der erste, der eine umfassende Vergleichung und Erklärung der verschiedenen Formen der Farchung und Gastrulabildung und ein Verständniss der dabei auftretenden Unterschiede angebahnt hat. Und mit Recht hat er zur Erklärung dieser Unterschiede vor allem die Massenverhältnisse des im Ei auftretenden Nahrungsdotters hervorgehoben. Die Menge des Nahrungsdotters kann bei ganz nahe verwandten Formen (Euaxes — Lumbricus, Nephelis — Hirudo) sehr verschieden sein. In der relativ kurzen Zeit, in welcher diese Formen von einer gemein- schaftlichen Urform aus sich entwickelten, hat demnach, in An- passung an die Lebensverhältnisse der Erwerb oder Verlust des Nahrungsdotters stattgefunden. Im Verlaufe einer längeren phylo- genetischen Reihe kann daher ein massenhafter Nahrungsdotter öfters erworben und wieder verloren worden sein und immer wieder modificirend auf die Entwicklung eingewirkt haben. Wir könnten demnach, wenn wir die epibolische Gastrulabildung an kleinen und dotterarmen Eiern auftreten sehen, dieselbe durch die Annahme zu erklären suchen, dass diese Form der Gastrulabildung von Vorfahren ererbt sei, deren Eier grössere Massen von Nahrungs- dotter enthielten. In diesem Falle wäre die Erklärung wenn auch mittelbar, so doch durch den Nahrungsdotter gegeben. Doch auch diese Erklärung scheint mir nicht überall aus- zureichen und auch in dem vorliegenden Falle, bei Teredo , nicht anwendbar zu sein. Es ist auffallend, dass wir in den meisten (vielleicht allen) Fällen, wo die Grösse des Eies unter ein gewisses Maass herab- sinkt, eine grosse Furchungshöhle und embolische Gastrulabildung vermissen. Wir finden in dieser Beziehung bei den sehr kleinen Eiern von Rotatorien, Nematoden ähnliche Verhältnisse wie bei Teredo : auffallend inäquale Furchung reducirte Furchungshöhle, epibolische Gastrulabildung, Die Ursache wird wohl in der sehr geringen An- zahl von Zellen zu suchen sein, die den Embryo zusammensetzen. Es sind in jedem speciellen Falle die Erscheinungen zu prüfen und es werden sich sowohl noch mannigfache Erklärungs- (24) Ueber Entwicklungsgeschichte von Teredo. 25 momente für die verschiedenen Formen der Furchung und Keim- blätterbildung ergeben. Wir können bei Teredo schon am ungefurchten Ei die polare DifFerenzirung erkennen. Diese ist nicht nur durch die Lage des Richtungskörpers und des Eikerns, sondern — was besonders wichtig erscheint — durch die Verschiedenheit des Protoplasmas am ani- malen und negativen Pole ausgeprägt. Ich habe auch bei den ähnlichen Verhältnissen von Pedicellina auf die Bedeutung dieser Erscheinung hingewiesen. Die Grastrulaaxe ist also durch die Ver- theilung verschiedenartigen Protoplasmas schon in der Eizelle vor- bereitet. Aber auch die bilaterale Symmetrie kömmt äusserst frühe zur Erscheinung. Wir können dieselbe schon am zweizeiligen Stadium nachweisen und es liegt die Vermuthung nahe, dass die bilaterale Grundform durch bilaterale Anordnung der Theilchen schon in der Eizelle vorbereitet war. Es ist klar, dass die mechanische Ursache der bilateralen Symmetrie stets schon in der BeschaiFenheit der Eizelle begründet sein muss; und es wird wahrscheinlich erscheinen, dass diese mechanische Ursache der Bilaterie in einer bilateralen Vertheilung verschiedenartiger Theilchen in der Eizelle, also einem bilateralen Bau derselben, bei allen bilateralen Thieren ihren Ausdruck finde. Der bilaterale Bau wird aber erst dann unserer Beobachtung offenbar, wenn er in der äusseren Form zur Ausprägung kommt. In dem vorliegenden Falle nun wird es unserer Beobachtung möglich schon in dem zweizeiligen Stadium den bilateralen Bau nachzuweisen i) — in anderen Fällen können wir selbst an der Blastula nur eine Hauptaxe unterscheiden, wir werden aber auch in dem letzten Falle annehmen müssen, dass ein bilateraler Bau vorhanden sei, wenn wir ihn auch nicht direct beobachten können. Denn die rechte und linke Körperhälfte kann sich nicht aus beliebigen Theilen dieser Keimblase bilden; es ist eine bestimmte Medianebene vorhanden , eine bestimmte rechte und linke Hälfte. Und ebenso wie an der Keimblase wird auch schon an den Furchungs- stadien und auch an der Eizelle eine bestimmt rechte und linke Hälfte, ein bilateraler Bau bei allen Bilaterien vorhanden sein. ij Von grossem Interesse sind analoge Erscheinungen bei Radiärthieren ; so ist die wichtige Beobachtung von Fol hervorzuheben, dass bei Ctenophoren jede der 4 ersten Furchungkugeln je einen Quadranten des Körpers aufzubauen bestimmt ist. (25) 26 ür. B. Hatschek: Wir nehmen mit Haeckel an, dass alle Metazoen von einer ursprüngliclien apolaren, regelmässigen „Blastaea" abstammen; doch finden wir die Differenzirung einer Hanptaxe , die polare Differenzirung, nicht nur an der Blastula, sondern sogar schon an der Eizelle bei allen Metazoen. Wir nehmen ferner an, dass die Bilaterien, gemeinschaftlich mit den anderen Metazoen, von einer einaxigen Gastraea (Haeckel) abstammen, doch vermuthen wir, dass bei allen Bilaterien nicht nur die Gastrnla, sondern auch die Keimblase, die Furchungsstadien und selbst die Eizelle bilateral gebaut seien. Wir müssen es als ein aus dem Causalitätsprincip ableitbares allgemeines Gesetz betrachten, dass bei der phylogenetischen Ver- änderung einer Thierform (Individuenkreis) niemals allein das Endstadium verändert wird, sondern immer die ganze Reihe von der Eizelle bis zum Endstadium. — Jede Veränderung des End- stadiums oder das Hinzukommen neuer Stadien wird eine Ver- änderung der Eizelle selbst zur Bedingung haben. Wenn wir die ontogenetische Formenreihe verschiedener ver- wandter Thiere mit einander vergleichen, so sehen wir daher erstens Unterschiede in allen Stadien , wobei aber eine Zurück- führung auf einen gemeinschaftlichen Entwicklungstypus möglich ist , und zweitens bei den in der phylogenetischen .Reihe höher- stehenden Thieren ein Hinzukommen neuer Stadien. Haeckel hat die ontogenetischen Erscheinungen mit Rück- sicht auf ihre Bedeutung für die Erkenntniss der Phylogenie in palingenetische und coenogenetische eingetheilt. — So wichtig nun diese Gegenüberstellung für die wahre Erkenntniss des Zusammen- hanges zwischen Ontogenie und Phylogenie (und bei Anwendung der Ontogenie zur Erforschung der Phylogenie) ist, so dürfen wir doch nicht ausser Acht lassen, dass diese Gegenüberstellung sowohl, als auch die Bezeichnungen „Palingenie, Auszugsgeschichte" und „Coenogenie, Fälschungsgeschichte " durchaus anthropomorph sind. Auch die Fassung des Satzes : „Die Ontogenie ist eine kurze Recapitu- lation der Phylogenie^ führt zu einer anthropomorphen Auffassung. Wir möchten besser sagen : Die ontogenetische Formen reihe lässt sich auf die phylogenetische Formenreihe (Formenreihe der phylogenetischen E n d s t a d i e n) zurückführen. Unbedingte Anerkennung fordert aber der Satz HaeckeTs: „Die Phylogenese ist die mechanische Ursache der Onto genese." (•26) lieber Entwicklungsgeschichte von Teredo. 27 Wenn wir die Construirung phylogenetischer Stadien nur als eine Verkörperung unserer Abstractionen betrachten und uns stets die vorwiegend heuristische Bedeutung derselben vor Augen halten, so können wir ohne Scheu eine Reihe der von Ha e ekel aufgestellten hypothetischen Formen annehmen. Die ungefurchte Eizelle (erste Furch ungskugel , Haeckel) repräsentirt den einzelligen Zustand , welchen wir noch bei allen Thieren auftreten sehen, — Wir werden uns fragen, warum keine einzige Thierform, von den niedersten bis zu den höchsten , das einzellige Stadium aufgegeben hat? Wir sehen ja oft neben der „Fortpflanzung mittelst einer Zelle" (G r o b b e n) die multicelluläre Fortpflanzung durch Knospung auftreten ; nirgends aber ist die erste Fortpflanzung ganz aufgegeben. Der Grund hievon liegt darin , dass an das einzellige Stadium die überaus wichtige Con- jngation der Zellen, die Befruchtung, gebunden ist. Wir sehen daher nach einem eventuellen Cyclus von Kno- spungserscheinungen immer wieder die Erzeugung von Geschlechts- producten auftreten , das ist die Erscheinung des einzelligen Stadiums, in welchem die Conjngation der thierischen Zelle erfolgt. Haeckel hat die Furchung öfters als eine charakteristische Eigenthümlichkeit der Metazoen bezeichnet, durch welche sie sich von den Protozoen unterscheiden. Das ist eigentlich nicht ganz richtig. Wir sehen die Furchung auch bei Protozoen auftreten (an eingekapselten Individuen); nur kommt es dort nach Ablauf der Furchung meist zum Zerfall in Einzelzellen , während bei den Metazoen die Zellen zur Bildung des Zellenstaates vereint bleiben. Wir werden mit Haeckel als Stammform aller Metazoen eine regelmässige „Blastaea" annehmen , an der keine bestimmte Axe ausgeprägt ist , in welcher alle Zellen gleichwerthig sind. ^) Ein weiteres phylogenetisches Stadium ist die einaxige, polar difl^erenzirte Blastaea, Haeckel sagt: „Wenn wir uns fragen, welche phylogenetischen Veränderungen die Entstehung der zwei- blättrigen Gastiaea aus der einblättrigen Planaea hervorriefen, so ist als die wichtigste causa efficiens derselben unzweifelhaft jene ') Die Entstehung der „Blastaea" aus einer Form, die durch radiär um einen Mittelpunkt angeordnete gleichartige Zellindividuen charakterisirt war, ist durch das Auftreten einer centralen Höhle bewirkt. Dieser Process ist durch das Princip der Oberflächeuvergrössernng zu erklären. — Auf die grosse Wichtigkeit dieses Principes und die Zurückführung desselben auf das gesetzmässige Verhältniss zwischen Fläche und Masse hat zuerst Leuckart in Schrift und Wort vielfach hingewiesen. (27) 28 Dr. B. Hatscliek: älteste Arbeitstheilung der Zellen hervorzuheben, welche die DifFerenzirung der beiden primären Keimblätter bewirkte, die Arbeitstheilung der Planaeazellen (oder „Blastoderm"- Zellen) in locomotive und nutritive Zellen. Die locomotiven Zellen der Planaeaden, welche vorzugsweise deren schwimmende Ortsbewegung besorgten, bildeten die animale Hemisphäre der- selben, die zum Exoderm wurde ; die n u t r i t i v e n Zellen hingegen, welche vorzugsweise der Nahrungsaufnahme und Assimilation sich hingaben, bildeten die vegetative Hemisphäre, die sich zum Ento- derm gestaltete." Sodann folgt das phylogenetische Stadium der einaxigen „Gastraea". ^j Von hier aus zweigen sich einerseits die Spongien und Cnidarier, andererseits die Bilaterien ab. Die Stammform der Bilaterien war eine bilaterale Gi-astraea. Die nächste DifFerenzirung im Stamme der Bilaterien ist das Auf- treten des charakteristischen Mesoderms. Es ist von der grössten Bedeutung für das Verständniss dieser phylogenetischen Stadien, überall die Entstehung der Ge- schlechtsprodukte in's Auge zu fassen. Wir werden hierbei erkennen, dass der Uebergang von den Protozoen zu den Metazoen ein ganz allmäliger ist. Wir kennen Formen, die nur vorübergehend Zellenstaaten bilden, die sich wieder in einzellige Individuen auflösen (Catallacten). Diese durch Auflösung der Colonien isolirten Individuen spielen dieselbe Rolle wie die freigewordenen Geschlechtsprodukte bei Metazoen. Verhältnisse, die sich schon mehr den für die Metazoen charakteristischen annähern, finden wir bei den Volvocinen. Die Verbindung der Zellen zu einem Zellenstaate ist hier eine blei- bende (wir können hier von einem wirklichen Zellenstaate sprechen), einzelne Zellen nur, die sich durch reichlichere Ernährung und überwiegendes Wachsthum auszeichnen, treten als Fort- pflanzungszellen aus dem Verbände der übrigen (in das Innere der Hohlkugel); es sind dies die Geschlechtsprodukte. Ganz ähnliche Verhältnisse können wir der hypothetischen Blastaea zuschreiben. Ich will die Worte wiederholen, die ich schon früher darüber geäussert habe (Pedicellina pag. 543): „Bei jener hypothetischen 1) Bei der Entstehung der Gastraea aus der einaxigen Blastaea (Invagi- nation) spielt ebenfalls das Princip der OberfläclieDvergrösserung (Leuckart) eine grosse Rolle. (28) Ueber Entwicklungsgeschichte von Teredo. 29 Stammform aller Metazoen, welcher das jetzige Keimblasenstadium entspricht, waren wohl auch alle Zellen zur geschlechtlichen Fort- pflanzung befähigt. Haben aber auch bei der DifFerenzirung von Keimblättern noch immer alle Zellen die Fähigkeit behalten, die geschlechtliche Fortpflanzung des Individuums zu besorgen, oder etwa blos die Zellen eines Keimblattes?" Wir müssen annehmen, dass bei der Gastraea noch beide Keimblätter die Fähigkeit besassen, Geschlechtsprodukte zu liefern, da bei den Cölenteraten die Geschlechtsprodukte bei einigen Formen von Ektoderm, bei anderen vom Entoderm abstammen. Bei den Bilaterien ist das Mesoderm als specielles , die Ge- schlechtsprodukte lieferndes Keimblatt zur Sonderung gekommen. Ueber diese Verhältnisse äusserte ich mich ebenfalls schon früher (Pedicellina pag. 544): „Während bei den einzelligen Infu- sorien der Zellenleib alle Functionen der Bewegung, des Stoff- wechsels etc. und auch der Fortpflanzung verrichtet, bei den zweiblättrigen Cölenteraten vielleicht noch alle Zellen des Körpers befähigt, sind in einem gewissen Stadium der Entwicklung ihre anderweitigen Functionen aufzugeben und zur Fortpflanzung des Individuums zu dienen, scheint bei der Stammform der Bilaterien eine Theilung der Arbeit zwischen Fortpflanzungszellen und anders functionirenden Zellen eingetreten zu sein." Und weiter (p. 545): „Wir sehen, dass die Geschlechtszellen (bei den Bilaterien) das Bleibende , Unveränderte und gleichsam ursprünglich Bestehende sind, während die anderen vom Mesoderm gelieferten Organe sich secundär differenziren." ^) Das Auftreten des Mesoderms von Teredo stimmt mit dem bei Lumbricus, Unio, Planorbis, Pedicellina, Criodrillus vollkommen überein. Rabl charakterisirte diese Mesodermbildung mit den Worten: „Das mittlere Keimblatt entsteht aus zwei, am Mund- rande der Gastrula gelegenen Zellen, deren Verwandtschaft zu den Zellen des inneren Blattes eine viel innigere ist, als zu jenen des äusseren. Die Lage dieser zwei Zellen ist in Bezug auf die Körperaxen des Embryo eine seitlich-symmetrische % dieselben ') Bei einigen Bilaterien (den parthenogenetischen Arthropoden : Moina und Aphis) ist die Differenzirung früher ausgeprägt, so dass am Mesoderm, welches bei seinem Auftreten aus einer grösseren Zahl von Zellen besteht (Moina), schon in der ersten Anlage die Geschlechtszellen von den übrigen Mesodermzellen sich unterscheiden lassen (Grobben, Entw. v. Moina, diese Zeitschrift. Bd. IL). Man könnte in diesem Falle auch sagen , dass die Geschlechtszellen von vornherein vom Mesoderm gesondert angelegt sind. Diese Verhältnisse erweisen sich im Vergleich zu anderen Bilaterien als weiter differenzirte. (29) 30 Dr. B. Hatschek: stehen, wie hinzuzufügen ist, in der Medianebene mit einander in Berührung. Die Ansicht Rabl's aber, dass die zwei Mesodermzellen am Vorderende des Embryo gelegen wären (Unio), stand schon mit den durch Kowalevsky bei Lumbricus bekannt gewordenen Ver- hältnissen im Widerspruche. Und ich wurde durch die Unter- suchung der Pedicellina und der Anneliden zu der gegentheiligen Ansicht gebracht. Rabl selbst hat neuerdings bei Planorbis die Lagerung dieser Zellen am Hinterende gefunden. Die wider- sprechende Angabe Rabl's bei Unio findet auch schon ihre Er- klärung, da neuerdings Schierholz mittheilt, dass das bisher für das Vorderende gehaltene Ende des Embryo bei Verfolgung der weiteren Entwicklung sich als Hinterende erweise. ^) Ein anderer Widerspruch, bei Vergleichung mit den Anne- liden, die Angabe Rabl's nämlich, dass bei Unio der Gastrula- mund der Rückenseite des Embryo entspräche , harrt noch der Lösung. Da^effen stimmen die von Rabl bei Planorbis beschrie- benen Verhältnisse ganz mit jenen bei Anneliden überein. Ich halte an der Ansicht fest, dass der Gastrulamund bei allen Bila- terien der homologen Körperregion entspreche; bei der Trocho- phora und den unmittelbar mit derselben zu vergleichenden Würmern, Arthropoden, Mollusken und Moluscoideen , entspricht dem Gastrulamunde die Bauchregion zwischen Mund und After. Die zwei ursprünglichen Mesodermzellen liegen am hinteren Rande des Gastrulamundes und bezeichnen, bei der weiteren Ent- wicklung (Trochophora) dicht vor dem After liegend, den hinteren Körperpol. Ich halte , nach wie vor , mit R a b 1 die Mesodermbildung aus zwei Urzellen für den ursprünglichen Modus bei den Bilaterien. Zu den bisher bekannten Fällen kommen noch die Echino- dermen. Selenka^) hat neuerdings bei Echiniden eine bilaterale Anordnung des Mesodermkeimes nachgewiesen. Ich kann nach eigenen Untersuchungen hinzufügen, dass bei Toxopneustes lividus das Mesoderm auf zwei in der Medianebene einander berührende Zellen am Entodermpole der Blastula, die unter Theilungsvor- gängen in die Furchungshöhle rücken, zurückzuführen ist. ') Zeitschr. f. wiss. Zool. B. XXXI. p. 482. ■-,) Selenka, Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXVIII, p. 39—54- (30) Ueber Entwicklungsgeschichte von Teredo. 31 Bei den weit abweichenden Verhältnissen der Amphioxiis- entwicklung (über die ich demnächst berichten werde) , habe ich, wenn ich auch die Angaben Ko walevsky's ^l vollkommen bestä- tigen kann, doch neue Beobachtungen gemacht, die eine Verglei- chung mit der Mesodermbildung aus zwei Urzellen anbahnen. Besonderes Grewicht lege ich auch auf das Persistiren dieser Urzellen als hintere Polzellen in der Trochophora. Die phyletische Bedeutung der Trochophora scheint mir einen Rückschluss auf die ursprüngliche Bedeutung ihrer charakteristischen Mesodermbildung zu gestatten. Die hinteren Polzellen und Mesodermstreifen finden sich auch an der Trochophora von Echiurus. ^) Wir wollen hier noch einen Punkt besprechen. Die Zeit des Auftretens und der Sonderung des Mesoderms. Die zwei Mesodermzellen sind oft schon an der Blastula (Keimblase) zu unterscheiden (Unio , Criodrilus , Planorbis , Toxo- pneustes). Sie zeichnen sich vor den anderen Zellen der Blastula, die einen epithelartigen Charakter annehmen, durch die Tendenz, sich abzurunden, aus ; sie sondern sich dadurch von der Fläche der epithelartigen Zellen und treten nach innen. Dieses Einwandern erfolgt nun zuweilen früher als die Einstülpung des Entoderms, also bevor noch die zwei primären Keimblätter die für die Gastrula charakteristischen Lagebeziehungen angenommen haben. Rabl hat auf diese Thatsache eine neue Theorie gestützt. Diese Theorie unterscheidet sich von der Gastraeatheorie Haeckel's hauptsächlich durch die Annahme, dass das Mesoderm der Bilaterien phylogenetisch sehr frühe, schon auf dem Stadium der Blastaea, aufgetreten sei. Demgemäss wird auch die Ab- zweigung der Cölenteraten und Bilaterien von einander auf ein früheres Stadium verlegt. Dieselben sollen nicht von einer ge- meinschaftlichen Gastraea, sondern nur von einer gemeinschaft- lichen polar difFerenzirten Blastaea abstammen. Die Gastraea- bildung wäre in beiden Stämmen unabhängig von einander erfolgt. In den wesentlichsten Punkten schliesst sich diese Theorie an die durch die Gastraeatheorie gegebenen Grundlagen an, sie *) In Bezug auf die primäre Bedeutung des Mesoderms der Bilaterien als indifferente Geschlechtszellen (Mutterboden der Geschlechtsprodukte) äussert sich Habl übereinstimmend mit meinen früheren Auseinandersetzungen. Entw. v. Pedic. p. 543 — 545), doch fügt er hinzu, dass er auf einem ganz anderen Wege zu dieser Ansicht gekommen sei. ^) Vergl. die nächstfolgende Abhandlung dieses Heftes. (31) 32 Dr. B. Hatschek: wäre derselben nicht gegenüberzustellen , wie dies R a b 1 thut, sondern nur als eine Modification derselben zu betrachten. Ich will aber hervorheben, dass diese Modification, nach meiner Ansicht, zurückzuweisen ist. Die Möglichkeit, dass die Entstehung einer so einfachen Form, wie es die Grastraea ist, zwei oder mehrere Male statt- gefunden habe, auf welche schon Claus hingewiesen hat^), ist durchaus nicht in Abrede zu stellen. Doch liegt die Nothwendig- keit dieser Annahme nicht vor. Das ontogenetisch frühzeitige Auftreten des Mesoderms bei einigen Bilaterien zwingt nicht zur Annahme, dass dasselbe phylogenetisch eben so frühe aufge- treten sei. Bildungen, die einen Entwicklungstypus tief beeinflussen, sehen wir immer ontogenetisch früher auftreten, als es der phylo- genetischen Zeitfolge entsprechen würde. Wir werden dieses Gesetz auch auf diese Fälle der Mesodermbildung anwenden und dieselbe als vorzeitige Sonderung (Precocious Segregation, Heterochronie) betrachten. Ich habe vor einiger Zeit den Versuch gemacht, die Bedeutung der als Trochophora bezeichneten Larve, auf welche von einigen Forschern schon öfter hingewiesen worden war, näher zu erörtern und ich habe dieselbe auf ein als Trochozoon bezeichnetes phy- logenetisches Stadium bezogen, welches als Stammform aller Bila- terien mit Ausnahme der Echinodermen zu betrachten ist. Wir könnten die Stämme der Würmer, Mollusken, Molluscoiden, Arthropoden und Wirbelthiere, die wir von einer gemeinschaftlichen Stammform ableiten als Eubilaterien zusammenfassen. Bevor wir zur Betrachtung des wichtigen Trochophorastadiuras schreiten, welches wir hier bei Teredo noch in sehr ursprüng- licher Form finden (Fig. 13), wollen wir noch jene Zwischen- stadien betrachten , die vom Stadium der Mesodermbildung zur Trochophora führen. Die Schliessung des Grastrulamundes erfolgt in der Median- linie und schreitet von hinten nach vorne zu fort. Die Stelle, wo die definitive Mundöffnung entsteht, entspricht der Lage nach dem letzten Reste des Gastrulamundes. ^) ') C. Claus, die Typenlehre oder E. Haeckel's sog. Gastraeatlieorie. Wien 1874. -) Die Ecliinodermentwicklung weicht schon in diesem Punkte von derjenigen der Würmer ab. Vielleicht haben die Echinodermen mit den Eubilaterien nur die (32) Ueber Entwicklungsgeschichte von Teredo. 33 Ich habe schon früher bei Anneliden nnd Pedicellina ähn- liche Verhältnisse angetroiFen und schon mehrfach auf die allge- meine Verbreitung dieser Art der Gastrulaschliessung und auf das Verhältniss zu der definitiven Mundöffnung bei den Eubila- terien hingewiesen. Nach den Untersuchungen von Bobretzky an Gastro- poden, von Fol an Heteropoden und namentlich denjenigen Rabl's an Planorbis, welche einen directen Uebergang des letzten Restes des Gastrulamundes in die definitive Mundöffnung darlegen, — ähnlich wie dies Kowalevsky schon früher für Lumbricus, Phoronis und Nemertes (Pilidium) angegeben hatte, — wird es wahrscheinlich sein, dass der definitive Mund auch phylogenetisch direct aus dem vordersten Rest des Gastrulamundes hervorgegangen sei. ^) Auf die Gastrulaschliessung folgt ontogenetisch zunächst die Bildung des ektodermalen Vorderdarmes. Dasselbe finden wir bei Lumbricus, Criodrilus, Pedicellina, Gastropoden etc. Wir werden annehmen, dass die Bildung des ektodermalen Vorderdarmes auch phylogenetisch sehr frühe erfolgte, und dass dieser nach der Mesodermbildung das älteste Organ der Trocho- phora sei. In jenem Stadium, wo der Vorderdarm ausgebildet ist, finden wir bei Teredo schon die Körperform angedeutet, welche der Trochophora eigenthümlich ist, und die Längsaxe derselben wohl ausgeprägt (Fig. 14), Wir betrachten als Längsaxe die Linie, die wir vom vorderen Körperpole , an welchem später die Scheitel- platte sich bildet, zum hinteren Körperpole, an welchem die zwei Urzellen des Mesoderms liegen, ziehen. Die Vergleichung mit früheren Stadien (Fig. 10 A) lehrt uns, dass diese Längsaxe mit der Hauptaxe der Gastrula, welche vom animalen Pole zum vegeta- tiven (Mitte des Gastrulamundes) gezogen wird, nicht identisch ist. Mesodermbildung gemein nnd zweigen sich schon von da an ab. Es kömmt auch in Betracht, dass der Vorderdarm der Echinodermenlarven, den man mit dem der Tro- chophora zu vergleichen versuchte (Gegenbaur, dem auch ich mich anschloss) vom Entoderm abstammt, wie neuerdings Se lenk a, ältere Angaben bestätigend, darge- than hat; ich selbst habe mich an Toxopneustes lividus hievon überzeugt. Vom Ektoderm ist nur die Mundbncht der Larve ausgekleidet. Der entodermale Vorder- darm der Echinodermenlarven ist also dem der Trochophora nicht homolog. ') Ueber die Vergleichung der Wirbelthiere und die secundäre Bedeutung der Wirbelthiermundes habe ich mich an verschiedenen Stellen geäussert. Auch die Erklärung jener Fälle, wo die Gastrulaschliessung von vorne nach hinten fort- schreitet (Euaxes, Clepsine, Astacus) habe ich schon früher versucht. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. III. o (33) 31 Dr. B. Hatscliek: Ueber die Entwicklung der Flimmerkränze haben wir bisher noch wenig Erfahrung und können daher jetzt noch schwer be- urth eilen, inwiefern die zeitliche Aufeinanderfolge des Auftretens der Flimmerkränze, wie wir sie bei Teredo finden , als ein allge- meines Verhalten aufzufassen ist. Der präorale doppelreihige Wimperkranz tritt äusserst frühe auf, gleich nach Bildung des Oesophagus, später erst erscheint die adorale Elimmerrinne und der postorale Flimmerkranz. Die bisherige Beobachtungen über Entwicklung von Mollusken und Würmern berücksichtigten nur die Bildung des präoralen Wimperkranz (^bei manchen Mollusken ist auch nur dieser Theil des Flimmerapparates ausgeprägt) ; wir können aus denselben nicht ersehen, ob das Folgeverhältniss in der Entstehung von prä- oralem und postoralen Wimperkranz ein allgemein verbreitetes ist, ob der präorale Flimmerkranz überall den ältesten Theil der oralen Flimmerapparate repräsentire. In einer früheren Abhandlung habe ich auf eine Eigenthüm- lichkeit in der Entwicklung der Flimmerapparate hingewiesen, die sich als weit verbreitet und von allgemeiner Bedeutung erweist: Das Fortschreiten ler Bildung von der Ventral- zur Dorsalseite, welche sich besonders in Fällen, wo die Schliessung der Flimmer- kränze am Rücken verzögert ist, beobachten lässt. Bei Teredo konnte ich am präoralen Wimperkranze ein solches Verhältniss nicht beobachten, derselbe erschien sogleich als vollkommen geschlossener Kranz, dagegen trat der postorale Flimmerkranz zuerst in der Mundregion auf und breitete sich erst allmälig gegen den Rücken zu aus. 1) Der After entsteht secundär als eine Ektodermeinstülpung, da er aber seiner Lage nach dem hinteren Rande des Gastrula- mundes entspricht , so ist immerhin noch die Frage im Auge zu behalten, ob nicht Mund und After des Trochozoon phylogeuetisch direct aus dem in die Länge gezogenen Gastrulamund abzuleiten seien (Bütschli). Am Darmcanal beginnen sich sehr frühzeitig die für die Mollus- ken charakteristischen Theile zu differenziren. Wir unterscheiden einen ektodermalen Oesophagus, einen entodermalen Magen mit den ') Der Gegensatz in der Function der Flimmerkränze, von welchea der praeorale der Bewegung dient, während der postorale und die Flimmerrinne die Zuleitung von Nahrungstheilchen zum Munde besorgen , ist wie bei Anneliden- larven und Rotatorien, so auch bei den Muschellarven vorhanden; es ist dies schon in einer Bemerkung L o v e n's angedeutet. (34) lieber Eatwicklungsgescliichte von Teredo. 35 zwei seitlichen Leberausstülpungen, weiterliin noch einen entoder- malen Darmabschnitt und die ektodermale Afterhöhle. Es ist mir hier die Frage aufgetaucht, ob ich bei der Tro- chophora von Polygordius den Enddarm mit ßecht als ektodermale Bildung aufgefasst habe. Die histologischen Charaktere geben keine sichere Entscheidung; vielleicht ist der Enddarm bei der Polygordiuslarve und bei allen anderen Wurmlarven doch ein Entodermgebilde und dann dem hinteren entodermalen Abschnitt des Darmes der Molluskenlarve zu vergleichen. Dann wäre wohl ganz allgemein nur die Afterhöhle der Trochophora vom Ekto- derui ausgekleidet und nur diese dem ektodermalen Hinterdarm der Arthropoden zu vergleichen. Hier müssen neue Beobach- tungen, welche die früheren Entwicklungsvorgänge betreffen, Ent- scheidung bringen. Von grösstem Interesse ist der Entwicklungsmodus der Me- sodernigebilde, welche von den zwei Urzellen aus sich entwickeln» Wir sehen die Theilproducte der Urzellen nach vorne rücken, so dass zwei kurze Mesodermstreifen entstehen (1. c. Fig. 18). Wir finden diese Bildung bei Anneliden, bei Pedicelliria (Taf. I Fig. 18); neuer- dings wurden die Mesodermstreifen in ihrem scharf ausgesprochenen Typus auch bei Planorbis durch Rabl nachgewiesen. Bei den Anneliden wird durch die weitere Differenzirung der Mesodermstreifen der Gegensatz von Kopf und Rumpf aus- geprägt. Der vordere Theil jedes Mesodermstreifens differenzirt sich zu den Mesodermgebilden des Kopfes, der hintere Theil bildet den Mesodermstreifen des Rumpfes. Diesen Gegensatz finden wir bei der Trochophora von Polygordius scharf ausgesprochen. Im Kopfe finden wir zahlreiche Muskelzellen, von denen namentlich die ventralen und dorsalen Längsmuskeln hervorzuheben sind, ferner die mesodermale Kopfniere. Im Rumpfe aber finden sich die noch undifFerenzirten Mesoderm- streifen. Die von Rabl bei Planorbis aufgedeckten Verhältnisse stimmen hiermit im Wesentlichen überein. Auch bei Teredo fanden wir dasselbe. Nur werden hier die zwei ursprünglichen kurzen Mesodermstreifen bis auf die zwei grossen Zellen aufgebraucht, um die Mesodermgebilde des Kopfes zu liefern. Von diesen Zellen aus werden dann die Mesoderm- streifen des Rumpfes neugebildet. Es ist möglich, dass in dieser Modification sogar das ursprüngliche Verhalten vorliegt. Die Leibeshöhle bildet sich durch Abhebung des Ekto- und Mesoderms von Entoderm und ist als primäre Leibeshöhle zu 2* C35) 36 Dr. B. Hatschek: bezeichnen. Die Bildung der Scheitelplatte sehen wir schon in sehr frühen Stadien (Fig. 14) durch besondere Eigenschaften der Zellen ^auffallende Grösse und Protoplasmareichthum des vorderen Körper- poles vorbereitet. Später bildet sich eine schärfere Abgrenzung dieser Stelle, da die höheren cylindrischen Zellen sich von den über- aus flachen Zellen des Scheitelfeldes wohl unterscheiden (Fig. 20). Dann erst wird das Ektoderm an dieser Stelle mehrschichtig (Fig. 21 und 22) und wir können nun diese Bildung als Scheitel- platte bezeichnen; es liegt nun thatsächlich eine Granglienanlage da vor, durch die Mehrschichtigkeit eine Trennung in eine nervöse und eine Epithellage eingeleitet ist. Wir sind jetzt bei jenem Stadium angelangt, welches ich als Trochophora bezeichne, jene Larve, die in den mannigfachen Eigen- thümlichkeiten ihres Baues und ihrer Organe einen wohlcharak- terisirten Typus zeigt. Die Uebereinstimmung der vorliegenden Trochophora von Teredo mit jener vom Polygordius ist, wie wir noch weiter ausführen werden, eine so weitgehende, dass die Beziehung auf eine gemein- schaftliche Ahnenform kaum mehr im Zweifel gezogen werden kann. Doch müssen wir auch einen überaus wichtigen Unterschied constatiren, der an der Trochophora der Muschel sogleich in's Auge fällt und auch mit den meisten übrigen Modificationen der- selben im engeren Zusammenhang steht. Es ist dies das Vorhanden- sein der Schale. Wir haben hier ein schönes Beispiel der vorzeitigen Differenz zirung eines solchen Organes, welches im Typus des entwickelten Thieres eine grosse Rolle spielt. Die gemeinschaftliche Urform der Mollusken und Würmer^ das Trochozoon, war unbeschalt; ja ich glaube, dass die Verwandt- schaft der Mollusken und Anneliden sich sogar noch auf ein späteres selbstverständlich schalenloses phylogenetisches Stadium erstreckt, wie wir weiterhin bei Betrachtung der ventralen Ganglienanlage erörtern wollen. In der Ontogenie aber linden wir nicht nur das Trochophorastadium mit der Schale versehen, sondern die Schalen- bildung ist in der Entwicklung noch viel weiter zurückverlegt und tritt schon bald nach der Oesophagusbildung auf. Dasselbe vorzeitige Auftreten der Schalenbildung linden wir bei allen Mollusken. Auch in Bezug auf die besonderen Eigenthümlichkeiten der Schalenbildung , das Auftreten einer drüsenähnlichen Einsenkung,. die sich später wieder verflacht, schliessen sich die Muscheln den (36) Ueber Entwicklungsgeschichte von Teredo. 37 Übrigen Mollusken an ; auch ist hier hervorzuheben, dass, wie die Schalendrüse, so auch die erste Anlage der Schale selbst ein unpaares Gebilde ist. Die typische Uebereinstimmung in der Bildung der Schale bei allen Mollusken, sowohl in Bezug auf den Ort als auch die Zeit des Auftretens und die besonderen Eigenthümlichkeiten der Bildung, ist mit eines der gewichtigsten Argumente für die, neuer- dings von V. Ihering so energisch bekämpfte, Theorie der mono- phyletischen Abstammung der Mollusken. Wir finden also das Trochophorastadium der Muschel schon mit einer Schale versehen, und zwar mit einer echten zweiklappigen Muschelschale. Durch diese Schale sind auch die charakteristischen Eigenthümlichkeiten der Muschel Trochophora bedingt : die äussere Körperform ist seitlich comprimirt: die schalentragende Rücken- fläche des Rumpfes zeigt eine überwiegende Ausdehnung; ventral- wärts hat sich ebenfalls im Zusammenhange mit der Schalenbildung die Mantelduplicatur zu bilden begonnen. Neben dem dorsalen und ventralen Längsmuskel finden sich kürzere secundäre Maskeln ; alle diese Muskeln treten mit ihrer hinteren Insertion zur Schale in nähere Beziehung. Im Uebrigen zeigt die Trochophora der Muschel die weit- gehendste Uebereinstimmung im Bau und Anordnung ihrer mannig- faltigen Organe mit dem entsprechenden Entwicklungsstadium von Polygordius, Wir finden die Gliederung in Kopf und Rumpf. In der Mitte des Scheitelfeldes liegt die Scheitelplatte, von dieser strahlt gegen den präoralen Wimperkranz ein peripheres Nervensystem aus (Fig. 23). Die Epithelzellen, die den doppelreihigen präoralen Wimper- kranz, die adorale Flimmerrinne und den postoralen Wimperkranz bilden, zeigen im Bau und Anordnung eine überraschende Ueber- einstimmung mit den entsprechenden Gebilden der Polygordiuslarve- Die Mesüderragebilde stehen sämmtlich in Beziehung zur Leibeswand und dem ektodermalen Oesophagus; die entodermalen Darmabschnitte sind muskellos. Die Leibeshöhle ist, wie bei der Trochophora von Polygordius als primäre Leibeshöhle zu bezeichnen. Wir finden auch hier die einzelnen Gebilde , die wir bei der Poly- gordiuslarve kennen lernten, wieder. Den ventralen Längsmuskel, der wenigstens mit einem Theile seiner vorderen Insertionen zur Scheitelplatte in Bezif-hung tritt; den dorsalen Längsmuskel; die Dilatatoren des Oesophagus; einen Kranz von Mesodermzellen, die sich zii Muskeln des präoralen Wimperkranzes ausbilden; dinn die (37) 38 Dr. B. Hatschek: Kopfniere (Urniere), die in Bau und Lagerung das typische Ver- halten zeigt. ^) Im Rumpf abschnitt die undifferenzirten Mesodermstreifen , die mit den zwei grossen dicht vor dem After befindlichen Mesoderm- zellen endigen. Die Lage von Mund und Afteröffnung und der ektodermale Vorderdarm zeigen die grösste Uebereinstimmung mit der Anne- lidenlarve. Der Mitteldarm ist wohl bei der Teredolarve weiter differenzirt als bei der Polygordiuslarve. lieber die Vergleichung der Endabschnitte des Darmes können wir, wie schon erwähnt, noch kein sicheres Urtheil fällen. Die grosse Uebereinstimmung der Trochophora von Teredo mit jener von Polygordius ist von höchster Wichtigkeit. Es erhält hiedurch die Vergleichung der letzteren mit den Trochophora- stadien auch der anderen Molluskenlarven eine sicherere Basis. Bei Betrachtung der weiteren Stadien werden wir namentlich durch die eigenthümliche Entstehung des ventralen Ganglions zu der Frage gedrängt, die von den Autoren in neuerer Zeit vielfach angeregt wurde: ob die Mollusken nicht auch über das Stadium der Trochophora hinaus mit den Anneliden übereinstimmen. 1) Die ebenfalls als Koptniere zu bezeichnende Urniere der Süsswasserpul- monaten wurde zuerst von Fol als solche erkannt (RabI hatte sie früher als Anlage des Nervensystems gedeutet), später von Bütschli iind neuerdings von Rabl genauer untersucht. Rabl wies ihre Entstehung aus dem Mesoderm und den eigenthümlichen histologischen Bau nach. In Betreff der Deutung der Theile kann ich mich Rabl nicht anscbliessen ; der ventralwärts , gegen den Fnss gerichtete Schenkel des winkelig gebogenen Urnierencanales ist jedenfalls dem Anführungs- gange der Kopfniere bei Polygordius zu vergleichen, wie aus der Lage der Aus- mündungsöffnung sowohl bei Polygordius als aach bei Teredo hervorgeht, Bütschli äussert sich : „In dieser Röhre vermnthet man sogleich den Ausführungsgang des Apparates. Ich habe jedoch vergeblich nach einer Oeß'nung dieses Ganges auf der Aussenfläche des Embryo gesucht." Anch Rabl gibt an, dass eine äussere Mündung der Urniere fehle. Dieser Mangel einer äusseren Oeß'nung ist jedenfalls sehr auffallend (ich möchte die Hoff'nung noch nicht aufgeben, dass eine solche doch noch aufgefunden werde), umsomehr als das Organ keineswegs, wie Rabl will, als rudimentär und nicht mehr functionirend aufgefasst werden kann. Denn, wie Bütschli hervorgehoben hat, sind die Wandungen des Mittelstückes von gelben Körnchen reichlich erfüllt (Harnconcremente) und auch die lebhafte Flimmerung und die bedeutende Ausdehnung des Organs sprechen gegen die Deutung desselben als rudimentäres Gebilde. Auch ist aus den Angaben Rabl 's zu ersehen, dass dieses Organ erst dann sich rückbildet, wenn die definitive Niere zu functioniren beginnt, so wie dies auch bei der als Urniere dienenden Kopfniere von Polygordius und namentlich anch bei derjenigen von Echiurus (vergl. die folgende Abhandlung dieser Zeitschr. ) der Fall ist. t38) Ueber Entwicklungsgeschichte von Teredo. 39 Wir wollen zunäclist nur die Bezieliungen zwischen den Muscheln und Anneliden in's Auge fassen und weiterhin erst erörtern, inwiefern sich die hier gewonnenen Ergebnisse auf die gesammten Mollusken anwenden lassen. Die Entwicklung des ventralen Ganglions geht der Fuss- bildung voraus. Es scheint mir hierin bei den Muscheln das ursprünglichere Verhältniss erhalten zu sein, während bei den mehr zusammengezogenen Entwicklungen der übrigen Mollusken die Fuss- bildung durch eine schon sehr frühzeitig auftretende Hervorwölbung der ventralen Rumpfregion vorbereitet wird. Die Anlage des ventralen Ganglions von Teredo stimmt nun, vor allem in Bezug auf die Lage, mit dem ßauchstrang der Anne- liden auffallend überein. Auch scheint eine mediane Einstülpung bei der Bildung der die Ganglienanlage repräsentirenden Ekto- dermverdickung aufzutreten. Insoweit wäre also eine Vergleichung dieser Gebilde gestattet. Wir müssen uns aber weiter die Frage stellen , ob die ventrale Ganglien-Anlage der Muschel entsprechend derjenigen der Anne- liden an einem metaraer gegliederten Rumpfe entstehe und dem- gemäss als metamerisches Gebilde aufzufassen sei? Die Ent- wicklungsgeschichte gibt uns hierauf eine verneinende Antwort. Wir können bei Teredo weder an den Mesodermstreifen , von welchen ja bei den Anneliden die Gliederung des Rumpfes ihren Ausgang nimmt, noch an den übrigen Anlagen des Rumpfes eine Andeutung einer Metamerenbildung finden. Wohl können wir aber einen Gegensatz des vorderen Rumpfabschnittes, an welchem das Bauchganglion entsteht, gegen den hinteren Abschnitt con- statiren, der auch in der Entwicklung der Mesodermstreifen seinen Ausdruck findet. Die Vergleichung des letzteren mit dem End- segmente der Anneliden ist naheliegend , doch glaube ich, dass wir in dieser schwierigen Frage mit unserem Urtheile noch zurückhalten sollen, bis uns weitere aufklärende Beobachtungen vorliegen. Dies aber steht fest, dass wir jenen Rumpfabschnitt, an welchem das ventrale Ganglion sich entwickelt, als ungegliedert betrachten müssen. Wenn wir daher das ventrale Ganglion der Anneliden und Muscheln mit einander vergleichen wollten, so müssten wir dies in der Weise thun, dass wir Anneliden und Mollusken von einem gemeinschaftlichen ungegliederten Stadium ableiten, welchem schon eine ventrale Ganglienanlage eigenthümlich war. 40 Dr. B. Hatschek: Man könnte allerdings auch behaupten, dass eine bei der Stammform vorhandene Metamerie des Rumpfes bei den Muscheln wieder so weit rückgebildet worden sei, dass auch in der Onto- genie keine Andeutung derselben sich mehr fände ; doch wäre eine solche Annahme eine sehr willkürliche und wird als eine nur ferne Möglichkeit ganz in den Hintergrund treten. Wir werden uns nun fragen, inwieweit die hier gewonnenen Ergebnisse auf die übrigen Mollusken anzuwenden seien. Gehen wir zunächst von dem Standpunkte der Theorie der monophyletischen Entwicklung der Mollusken aus. Diese Theorie ist durch die vergleichende Anatomie und Entwicklungsgeschichte wohl begründet. Die Entwicklungs- und Organisations - Verhältnisse aller Mollusken zeigen ein so einheitliches Gepräge, dass es kaum begreiflich erscheint, dass man neuerdings so entschieden gegen diese Theorie auftreten konnte. Die neuerdings von v. Ihering entdeckte Strickleiterform des Fussganglion bei Chiton, Fissurella etc. möchten wir nicht als den Ausdruck eines metamerischen Baues auffassen, sondern als eine neu auftretende Erscheinung, die durch Längsstreckung und seit- liches Auseinanderweichen der ventralen Ganglientheile bedingt ist. Wir könnten uns die phyletische Entwicklung etwa folgender- massen vorstellen. Zu den Organen des Trochozoon (entsprechend dem Trocho- phorastadium) kommen zunächst das ventrale Ganglion des Rumpfes mit Gehörbläschen, die paarigen Rumpfnieren , welche mit offenen Wimper-Trichtern in der secundären Leibeshöhle (speciell bei den Mollusken, in dem als Pericardialhöhle gesonderten Abschnitt der Leibeshöhle) beginnen, und das dorsale Herz. Diese Organe charak- terisiren jene phylogenetische Form , von welcher sowohl die Mollusken als auch die Anneliden abstammen.') Bei der Urform der Mollusken treten noch weiterhin als charakteristische Organe die Leberausstülpungen des Magens , die an der Rückenseite des Rumpfes gelegene Schale, Mantelduplicatur, muskulöser Fuss und primäre Kiemen auf. Erst nach dem Auftreten des Fusses wird phylogenetisch die freischwimmende Lebensweise aufgegeben und mit Rückbildung des Velums die Körperform wesentlich verändert. ') Diese Form würde auch den Ausgangspunkt für die Brachiopoden, Sagitta, — überhaupt alle ungegliederten Bilaterien, die ein ventrales Ganglion besitzen — bilden. , (40) Ueber Entwicklungsgeschichte von Teredo. 41 Wenn wir alle Mollusken von dieser gemeinsamen unge- gliederten Urform ableiten, so werden wir zunächst jene Strick- leiterform des ventralen Ganglions, die neuerdings vonv. Ihering bei Chiton, Fissurella, Haliotis entdeckt wurde, nicht als den Ausdruck einer früheren Gliederung ansehen. Ferner werden wir das seitliche Auseinanderrücken der Pedal- ganglien, welches namentlich bei den Nudibranchiaten einen höheren Grad zeigt, als ein secundäres Verhalten betrachten, und umso- mehr die Annäherung der Pedalganglien an das obere Schlund- ganglion und die endliche Verschmelzung mit demselben zu einer einzigen Ganglienmasse (Tethys) als die weitgehendste Modification des ursprünglichen Typus betrachten. Wir schliessen uns hierin ganz den trefflichen Ausführungen Gegenbaur's an; er äussert sich schliesslich über das Nervensystem von Tethys mit den Worten : „Damit wird ein anscheinend niederer Zustand erreicht, aber der nicht als Ausgangspunkt, sondern als das Ende einer Reihe von Differenzirungen betrachtet werden muss , ähnlich wie solche Befunde auch bei den Arthropoden vorhanden sind." ^) Die Entwicklungsgeschichte muss die sichere Entscheidung dar- über bringen, ob die monophyletische Theorie richtig ist, oder die vonv. Ihering aufgestellte polyphyletische Theorie der Mollusken. Nach unseren Voraussetzungen müsste bei allen Mollusken das ventrale Ganglion von einer Ektodermverdickung an der ventralen Rumpfregion seine Entstehung nehmen (bei den höheren Mollusken ist es vielleicht schon in der Anlage in zwei seitliche Massen geschieden) und die seitlichen Theile desselben würden bei der Nudi- branchiaten erst secundär im weiteren Verlaufe der Ontogenie gegen das von der Scheitelplatte aus gebildete obere Schlundganglion vorrücken. Nach der Theorie von v, Ihering müsste man aber con- sequent annehmen, dass bei den Platycochliden v. Iherings sowohl das obere Schlundganglion als auch die Pedalganglien aus dem Materiale der Scheitelplatte sich differenziren. Ich will hier ausdrücklich hervorheben, dass die bis jetzt vorliegenden Angaben über Entwicklung der Pedalganglien bei „Platycochliden" gerade für die v. Iher Ingusche Ansicht sprechen. Es ist hier die Darstellung Fol's über Pteropoden und die R a b 1 "s über Entwicklung von Planorbis zu nennen. -) ') Grnndr. d vergl. Änat. 2. Auflage, p. 369. ^) Von den Angaben B obre tzky 's, der das Centralnervensystem überhaupt vom Mesoderm ableitet, müssen wir vorderhand absehen. (41) 42 Dr. B. Hatschek: Wir haben nun die präcise Fragestellung für weiter onto- genetische Untersucliungen gewonnen, und von diesen müssen wir die Entscheidung erwarten. Nachschrift. Nachdem diese Arbeit dem Drucke übergeben war , erschien eine ausführliche Arbeit von Fol über die Entwicklung der Pulmonaten (Arch. Zool. Exper. T. VIII. p. 103—232), die hier nicht mehr berücksichtigt ist. Fol schliesst sich den in meiner Arbeit über Anneliden- entwicklung ausgesprochenen Ansichten über die Trochophora in den meisten Punkten an. Seine Ansicht über die Gliederung des Molluskenkörpers ist von meiner abweichend. Er vergleicht das Molluskenindividuum dem blossen Kopfsegmente der Annelidenlarve. Dem gegenüber halte ich an meiner wohlbegründeten Ansicht fest, dass die ganze Larve zu vergleichen sei und dass auch am Molluskenkörper der Gegensatz von Kopf und Rumpf ausgeprägt sei (Kopfniere — Rumpfniere, etc.). Erklärung der Abbildungen. Die Figuren auf Taf. I — III sind mittelst Camera lucida entworfen und die Vergrösserung aller Figuren ist ,• A After. an Animaler Pol. d 1 m Primärer dorsaler Längsmuskel. dors Rückenseite. Ek Ektoderm. En Entoderm. F Fuss. FR Adorale Fliromerrinne. G Anlage des ventralen Ganglion. H Hinterer Körperpol (Mesodermpol). J H Darmhöhle. k Kiemenanlage. kh Wandung der Kiemenhöhle. ksp I Erste Kiemenspalte. ksp II Zweite Kiemenspalte. LH Leibeshöhle (primäre). Lz Leberzellen. M Urzellen des Mesoderms, in späteren Stadien hintere Polzellen, m Mesodermzellen , Muskeln. (42) Allgemeine Figurenbezeichnung. m F Mesodermmasse des Fusses. m F* Grosse Mesodermzelle, die jederseits am Hinterende des Fusses liegt. Mz Magenzellen. N Urniere (Kopfniere der Trochophora), 0 Mund. Oes Oesophagus. S Schale. Sdr „Schalendrüse". Sp Scheitelplatt. Sp R Scheitelplattenrand. V Vorderer Körperpol (Scheitelpol). veg Vegetativer Pol. vlm primärer ventraler Längsmuskel. ventr Bauchseite. Wkr Präoraler, doppelreihiger Wimper- kranz. wkr postoraler Wimperkranz. X Nervenähnliches Gebilde , das au den ventralen Längsmnskel herantritt. Ueber Entwicklungsgeschichte von Teredo. 4S Taf. I. Fig. 1, Noch nicht ganz ausgereiftes Eierstocksei. Fig. 2. Ungefurchtes Stadium (aus der Kieme des Mntterthieres) mit Rich- tnngskörper , der Zellkern ist am lebenden Objecte kaum wahrzunehmen. Fig. 3. Zweizeiliges Stadium , von der Seite gesehen ; die vordere kleine Furchungszelle liefert nur Ektodermgebilde (Scheitelfeld), die hintere grössere Zelle enthält Ektoderm, Mesoderm- und Entodermelemente. Fig. 4. Dreizelliges Stadium, ein wenig seitwärts gedreht; di« vordere Furchungskugel hat sich durch eine mediane Furche in zwei Zellen getheilt. Fig. 5. Vierzelliges Stadium , von der Seite gesehen ; von der grossen Furchungskugel hat sich wieder eine unpaare Ektodermzelle gesondert. Fig. 6. Fünfzelliges Stadium, vom Rücken gesehen; vier helle Ektoderm- zellen. Fig. 7. Siebenzelliges Stadium, von der Seite gesehen ; sechs Ektodermzellen. Fig. 8. A, Elfzelliges Stadium, von der Seite gesehen; zehn Ektodermzellen. Die grosse Zelle enthält jetzt nur noch Mesoderm- und Entodermelemente. Fig. 8. B. Dasselbe Stadium im optischen Medianschnitt. Fig. 9. Weiteres Stadium , am hinteren Pole haben sich die zwei Urzellen des Mesoderms gesondert. A. Optischer Medianschnitt. B. Derselbe Embryo von der Bauchseite gesehen. €. Derselbe Embryo von der Rückenseite gesehen. Fig. 10. Weiteres Stadium, mit zwei Entodermzellen. A. Optischer Medianschnitt, doch ist die Grenze der Ektodermkappe an der Oberfläche eingezeichnet. B. Derselbe Embryo von der Bauchseite gesehen. C. Derselbe Embryo von der Rückenseite gesehen. Fig. 11. Weiteres Stadium ; die Mesodermzellen sind schon ganz vom Ekto- derm überwachsen. A. Von der Bauchseite gesehen. B. Tiefere Einstellung, optischer Frontalschnitt. C. Von der Rückenseite gesehen. Fig. 12. Etwas weiter entwickeltes Stadium. A. Im optischen Medianschnitt. B. Dersellie Embryo von der Seite gesehen. Fig. 13. Weiteres Stadium , wo die Ektodermschichte vollkommen geschlossen ist, im optischen Medianschnitt. Fig. 14. Oesophagus (Oes), Leibeshöhle und zarter, doppelreihiger, prä- oraler Wimperkranz (Wkr) sind aufgetreten. A. Von der Seite, B. vom Bauche gesehen. Fig. 15. Weiteres Stadium mit flimmerndem Oesophagus und einigen zarten Wimpern in der Nähe des Hinterendes; von der Seite gesehen. Taf. II. Fig. 16. Weiteres Stadium von der Seite gesehen; die „Schalendrüse" (Sdr) beginnt sich einzustülpen. Fig. 17. Weiteres Stadium ; die „Schalendrüse" hat den höchsten Grad der Einstülpung erreicht. A. Von der Seite, B. vom Rücken gesehen. (43) 44 Dr. B. Hatschek: Ueber Entwicklungsgeschichte von Teredo. Fig. 18. Weiteres Stadium; der Oesophagus ist in den Mitteldarm durch- gebrochen, die Mesodermzellen haben sich vermehrt; die „Schalendrüse" hat sich wieder ausgebreitet. A. Von der Seite , B. vom Eiicken , C. vom Bauch gesehen. Fig. 19. Weiteres Stadium von der Seite gesehen. Fig. 20. Scheitelplatte (Sp), ventraler (vlm) und dorsaler (dlm) Längs- muskel, sowie die Analeinstülpung (A) sind aufgetreten. Fig. 21. Weiteres Stadium im ausgestreckten Zustand; über den vorderen Eand der Schale hat sich seitlich eine Ektodermfalte gelegt. Fig. 22. Weiteres Stadium mit rundlichem Umriss der Schale. Fig. 28. Weiteres Stadium ; es ist nur der Kopf- und die Bauchregion gezeichnet. An der sehr stark vorgestreckten präoralen Region sieht man die Nerven des Scheitel- feldes, die vom Rande der Scheitelplatte ausgehen; auch die zarten Längsmuskeln die unterhalb des präoralen Ringwulstes liegen, sind eingezeichnet. Fig. 24. Weiteres Stadium von der Seite gesehen. Es sind blos die Meso- dermgebilde der rechten Körperseite eingezeichnet und ein paar verästelte Meso- dermzellen des Scheitelfeldes, die unpaar sind; doch sind zahlreiche verästelte Mesodermzellen, die der Seitenfläche angehören, theils in der Region des Kopfes, theils in der Region der Schale , der Einfachheit wegen nicht eingezeichnet worden. Fig. 24. B. Bauchregion derselben Larve , mit genauerer Berücksichtigung der Kiemenleiste (k). Fig. 24. C. Scheitelpatte desselben Stadiums im optischen Frontalschuitt. Taf. III. Fig. 25. Bauchregion einer älteren Larve. Das Bauchganglion hat sich schon vom Ektoderm abgegrenzt, die Fassregion beginnt sich gegen die hintere Bauch- region abzusetzen. Fig. 26. Bauchregion eines weiteren Stadiums; Fassregion scharf abgesetzt, das Bauchganglion beginnt in die Tiefe zu rücken; erste Kiemenspalte in Bildung begriffen, zweite angedeutet. Fig. 27. Bauchregion eines weiteren Stadiums ; der Fuss bildet schon eine charakteristische Hervorragung; erste Kiemenspalte weiter entwickelt, zweite in Anlage; zwischen Kieme und Schale hat sich eine tiefe taschenförmige Einstülpung gebildet (kh). Fig. 28. Kiemenregion und Fuss einer noch älteren Larve. Die erste Kiemen- spalte ist schon mit Wimpern versehen. Fig. 29. Kieme einer Larve, die nahe am Ausschwärmen ist. Fig. 30. Optisiher Längsschnitt der Scheitelplatte einer Larve vom Stadium der Fig. 23. Osniiam-Picrocarmin-Präparat. Fig. 31. Wimperkranzregion desselben Präparates. A. Im optischen Durchschnitt (Rückenlinie). B. Von der Fläche gesehen (Seitenfläche). Fig. 32. Querschnitt einer Larve vom Stadium der Fig. 24. Die Schnittebene geht ventral durch das Ganglion, dorsal trifft sie die Oberfläche eine Strecke hinter den Wimperkränzen, Fig 33. Querschnitt durch Fuss und Kiemenlamelle vom Stadium der Fig. 26. (44) üeber Entwicklungsgeschichte von Echiurus und die systematische Stellung der Ecliiuridae (Gepliyrei cliaetiferi). Mit 3 Tafeln. Von B. Hatschek. In den Monaten Februar und März des Jahres 1879 fand icii in Messina im pelagischen Auftrieb eine EcMuridenlarve, genügend zablreicli und in einer vollkommenen Reihe von Stadien, so dass ein Einblick in die wichtigeren Entwicklungsvorgänge er- möglicht war. Es ist dies dieselbe Larve, die Grobben im Jahre 1878 untersuchte, worüber sich in Claus' Zoologie ^) einige Angaben finden. Die Larve ist nahe verwandt mit der von Salensky als Echiuridenlarve beschriebenen, in Neapel beobachteten 2) , doch zeichnet sie sich, wie es scheint, durch bedeutendere Grösse und etwas complicirtere Entfaltung der Organe aus ; vor Allem aber liegt ein wichtiger Unterschied darin, dass bei unserer Messinenser Larve am Hinterende sogleich ein doppelter Borstenkranz auftritt, so wie er für den ausgebildeten Echiurus typisch ist, während bei der N e a p 1 e r Larve nach Salensky nur ein einfacher Borsten- kranz vor dem After sich findet. Wenn nun die Zugehörigkeit der Salensky'schen Larve zur Gattung Echiurus noch in Zweifel gezogen werden kann — wie dies von Spengel^) geschieht — so wird doch die Deutung ^) Claus, Grandzüge d. Zool. 4. Aufl., pag. 453. -) W. Salensky, Ueber die Metamorphose des Echiurus, Morphol. Jahrb. Tom. ir. ^) J. W. Spengel (lieber die Organisation des Echiurus Pallasii. Zool. Anz. 1879, II. Bd.) setzt ein Fragezeichen zur Bezeichnung Echiuruslarve. Herr Gustos Dr. V. Marenzeller war so freundlich mir eine japanische Echiurusform 05) 2 Dr. B. Hatschek: der Messinenser Larve, bei Berücksichtigung des ältesten von mir beobachteten Stadiums (Taf. I, Fig. 1), welches schon den Typus von Echiurus scharf ausgeprägt zeigt, kaum fraglich sein. lieber den Bau der Echiuriden-Larven sind wir durch die Untersuchungen von Salensky, Grrobben und Spengel^) im Allgemein en ziemlich gut unterrichtet. Salensky zeigte, dass die Larve von Echiurus nach dem Loven'schen Typus gebaut sei und machte eine Reihe von Details der Organisation und der Verwandlung bekannt, die ich durch Untersuchung der verwandten MessinenserLarve bestätigen kann. Die Angaben von Salensky wurden von Grobben durch Entdeckung des larvalen Excretions- apparates in einem wichtigen Punkte ergänzt. Meine Untersuchung bestätigt nur vollkommen die Grrob b en'schen genauen Beobach- tungen über den Bau dieses Organes , die ich auch aus seinen persönlichen Mittheilungen kenne. Die ebenfalls nach dem Loven'schen Typus gebaute Bonellia- Larve ist uns durch die eingehende Untersuchung von Spengel bekannt geworden. Das wesentlich Neue meiner eigenen Untersuchung bezieht sieh nun auf Verhältnisse, die wohl nicht sehr auffallend sind und sich darum bisher der Beobachtung entzogen haben, die aber sowohl für den Entwicklungstypus der Bilaterien im Allgemeinen von Wichtigkeit, als auch für die morphologische Auffassung der „chaetiferen Gephyreen" von Bedeutung sind. Ich meine : das Ver- halten derMesodermstreifen desRumpfes und die an demselben auftretende Ursegmentbildung, die zum Nachweis der Segmentir ung an den anderen Orga nen führt. I. Theil. Beobachtungen. Meine Untersuchung umfasst eine Reihe von Stadien, die sämmtlich im pelagischen Auftrieb gefunden wurden. Die Grössen- zunahme während dieses Entwicklungsabschnittes — von der jüngsten als Trochophorastadium zu bezeichnenden Larve bis zum des Hofmnseums zu demonstriren , die hinten nur einen einfachen Borstenkranz besitzt, und mich aufmerksam zu machen, dass v. Willemoes-Suhmin seinen „Briefen von der ChallengerExpedition" (Zeitschr. f. wiss. Zool. B. XXVII. pag. C.Ij eine solche Form erwähnt. Wahrscheinlich hat auch der Wurm, zu welchem die Neapler Larve gehört, im entwickelten Zustande nur einen einfachen hinteren Borstenkranz. ') J. W. Spengel. Beiträge zur Kenatniss d. Gephyreen in: Mitth. aus zool. Stat. zu Neapel, I. B. 1879. (4G) lieber Entwicklungsgeschichte von Echiurus etc. 3 jungen mit den Charakteren seiner Gattung ausgestatteten Echiurus — ist eine sehr bedeutende , wie die Vergleichung der Fig. 1 bis 7 aufTaf. I lehrt; Fig. 1 — 0 bind in 4Ufacher Vergrösserung, Fig. 7 blüs in 20facher Vergrösserung gezeichnet. Die uns hier vorliegende Reihe von Stadien entspricht einem Zeiträume von über einem Monate. Diese Entwicklungsdauer lässt sich wohl nicht direct durch Züchtung der Larven bestimmen, doch kann man dieselbe ungefähr erschliessen dadurch, dass die jüngsten Larven sich anfangs Februar im Auftrieb fanden, während die ältesten Stadien erst in der zweiten Hälfte des März erschienen, Zu dieser Zeit waren die jüngsten Stadien nicht mehr vorhanden und mittlere Stadien schon im Abnehmen begriffen. Um die Organisations- Verhältnisse der Larven und ihre Ver- änderungen übersichtlich darzustellen , werden wir den ganzen uns vorliegenden Entwicklungsabschnitt in mehrere Unterabthei- .lungen, Entwicklungsperioden, eintheilen. I. Entwicklungsperiode (Fig. 1 und 2). Trochophorastadium. Die erste Entwicklungsperiode umfasst die ungegliederten Stadien; wenn sich auch einige Unterschiede zwischen dem jüngsten und ältesten Stadium dieser Periode herausstellen, so können wir doch alle diese Stadien als Trochophora bezeichnen. ^) Das jüngste von mir beobachtete Stadium ist in Fig. 8 bei etwas stärkerer Vergrösserung ('f) dargestellt. Wir werden an diesem Stadium alle jene Theile^ die wir an dem Trochophorastadium von Polygordius kennen lernten ^) und als charakteristisch für dieses Stadium bezeichneten, in grosser Uebereinstimmung wiederfinden. Der Gegensatz von Kopf und Rumpf ist äusserlich nicht ausgeprägt und wird erst durch die Betrachtung der Mesoderm- streifen des Rumpfes und Berücksichtigung der späteren Stadien erkannt. ^) Ich will hier hervorheben, dass ich nicht alle Stadien fliit Flimmerkränzen als Trochophora bezeichne, sondern nur ein bestimmtes Stadium mit den charakteri- stischen .Organen (Scheitelplatte, Längsmuskeln des Kopfes, Kopfniere, Mesoderm- streifen des Eumpfes). Ebensowenig wie man Embryonalstadien, die mehr Differen- zirungen, als die zwei primären Keimblätter zeigen, als Gastrula bezeichnen kann — ebensowenig ist für solche Stadien, die schon Ursegmente od«r Anlage des Bauchmarks besitzen, die Bezeichnung Trochophora zulässig. ^) Hatschek, Studien über Entwicklungsgesch. d. Anneliden, diese Zeitschr. B. I. (17) 4 Dr. B. Hatschek: Der Rumpf bildet in diesem frühen Stadium einen nur sehr unbedeutenden Körperabschnitt. Am Kopfe finden wir einen doppelreihigen präoralen , einen zarten einreihigen postoralen Wimperkranz, dazwischen die adorale Flimmerzone; ausserdem ist ein ventraler Streifen zwischen Mund und After, der sich später zur Bauchrinne (Neuralrinne) vertieft, mit Fliramerhaaren bedeckt. Auch die am vorderen Körperpole gelegene, querausgezogene Scheitelplatte, die von einer Ektoderm- verdickung gebildet wird, ist bewimpert. Das Ektoderm besteht nur in der Scheitelplatte und an dem präoralen Flimmerkranz aus höheren Zellen , deren Zellgrenzen sich durch ßeagentien nachweisen lassen ; in der Rumpfregion sind die Zellen nahezu kubisch und Zellgrenzen noch undeutlicher; im übrigen Ektoderm lassen sich keine Zellgrenzen nachweisen und die Bezirke der stark abgeplatteten Zellen sind nur nach der Vertheilung der Zellkerne zu beurtheilen (Fig. 10). Betrachten wir nun die Mesodermgebilde. Im Rumpfe finden wir die sehr kurzen Mesodermstreifen dem Ektoderm anliegend (Fig. 9). Sie beginnen mit den zwei grossen ovalen Polzellen, die dicht vor dem After, einander in der Medianlinie berührend, liegen. Sie zeigen jene eigenthümliche Furchungskugel- oder Eizellenähn- liche Beschaffenheit, wodurch sie sich von den weiter differenzirten Zellen der übrigen Körpertheile unterscheiden — ganz so, wie wir sie bei den anderen Anneliden (Lumbricus, Criodrilus, Polygordius), Mollusken (Unio, Planorbis , Teredo) und Bryozoen (Pedicellina) kennen gelernt haben. An diese Polzellen schliessen sich nach vorne zu jederseits erst in einfacher Reihe, nur ganz vorne zweireihig, die wenigen Zellen, welche die Mesodermstreifen zusammensetzen, Sie zeigen eine ähnliche indifferente Beschaffenheit. Im Kopfabschnitt finden wir vor Allem jene Muskeln wieder, die wir an der Trochophora von Polygordius kennen lernten (Fig. 8). Der ventrale Längsmuskel verläuft nicht direct von der Scheitelplatte zum Mesodermstreifen des Rumpfes, sondern heftet sich in der Mitte seines Verlaufes , in der Mundregion , an die Leibes wand, wodurch er in zwei Abschnitte, einen präoralen und einen postoralen, zerfällt. Das Vorderende des Muskels ist pinselförmig in mehrere Fasern gespalten, die sich in der Region der Scheitel- platte inseriren. Einige Zellkerne mit Protoplasmaresten sind dem Muskel, besonders zahlreich an dem hinteren Abschnitt, angelagert. Das dorsale Längsmuskelpaar nähert sich in seiner Beschaf- fenheit mehr der verästelten Bindegewebszelle, oder vielmehr jener (48) Ueber Entwicklungsgeschichte von Echinras etc. 5 indiiferenteren Zwischenform von Bindegewebs- und Muskelzelle, die bei den niederen Bilaterien so weit verbreitet ist. Dieselbe Struetur zeigen die Muskeln des Oesophagus. Von diesen ist jenes Paar von besonderer morphologischer AVichtigkeit, welches nach vorne einen Ausläufer nach der Scheitelplatte sendet. Die übrigen schwächeren Muskelzellen ziehen nach rechts und links zur Leibeswand. Unterhalb der oralen Flimmerkränze linden sich einige dem Ektoderm anliegende Ringmuskel- fasern und zahlreiche zarte längs verlaufende Muskelzellen, die sich am vorderen und hinteren Rande der Wimperkreis-Region inseriren. Ausser diesen Mesodermgebilden finden wir noch an der ganzen inneren Oberfläche der Leibeswand ein System von äusserst feinen Muskelfäden, die dem Ektoderm unmittelbar anliegen und ihrer Richtung nach zum Theil Ringmuskeln sind, zum Theil un- regelmässig verlaufen (vergl. ausser Fig. 8 auch Fig. 10) und ferner eine grosse Anzahl reich verästelter Zellen , die mit der Leibeswand nur durch zarte Ausläufer verbunden sind und nahezu eine selbstständige Schichte bilden. Wir werden sehen, dass diese letzteren Gebilde , die bei Polygordius nur durch spärliche ver- ästelte Mesodermzellen vertreten waren, weiterhin eine eigenthüm- liche, für die Echiuruslarve charakteristische Ausbildung erfahren. Wir haben hier noch ein wichtiges Organ zu erwähnen : die Kopfniere. Bei starken Vergrösserungen kann man in der hinteren Kopfregion einen sehr zarten, längs verlaufenden Canal beob- achten (Fig. 9); er verläuft zum grössten Theil parallel dem ven- tralen Längsmuskei an dessen dorsaler Seite, und liegt den Meso- dermzellen der Leibeswand lose an; am hinteren Ende kreuzt er den Muskel und mündet ventralwärts von demselben am Vorder- ende des Mesodermstreifens , indem sich hier sein Lumen in eine feine OefFnung des Ektoderras fortsetzt. Vorne endet das Excre- tionsorgan mit einer kleinen soliden Anschwellung, die im Ver- gleich zu dem dunkelkörnigen Protoplasma der zarten Canalwan- dung von hellerer Beschaffenheit ist. Von dieser hellen End- anschwellung, welche die Stelle des Flimmertrichters vertritt, geht eine feine verästelte Faser aus, die einem Ausläufer der verästelten Mesodermzellen ähnelt. Im Innern des Excretionsorganes sieht man als Ausdruck einer Flimmerbewegung eine zarte Wellenlinie nach der äusseren Mündung des Organs sich scheinbar fortbewegen. Die einzelnen Wimpern, die dieses bekannte Phänomen veranlassen, waren selbst mit Hartnack Immers. 11. nicht zu unterscheiden, Claims, Arbeiten aus dem Zoologischen Institvite etc. Tom. III, 4 (49) () Dr. B. Hatschek: Die zellige Zusammensetzung dieses Canälchens war nicht zu er- mitteln ; doch ergibt schon die Vergleichung seines sehr geringen Volumens mit der Grösse der übrigen Zellen der Larve, dass wohl nur wenige Zellen dieses Organ zusammensetzen, und aus der histologischen Untersuchung späterer Stadien lässt sich schliessen, dass die helle Endanschwellung von einer Zelle und das Canälchen von einigen wenigen durchbohrten Zellen gebildet wird. ') Das hier beschriebene Organ rej)räsentirt blos den primären Ast der Kopfniere. Bei dem weiteren raschen Wachsthum der Larve tritt ein ähnlich gebauter, aber reich verzweigter secundärer Ast der Kopfniere auf. Dieser entwickelt sich aus einer An- häufung kleiner rundlicher Zellen, die schon in dem vorliegenden Stadium am vorderen Ende der Mesodermstreifen sich finden. Der Darmcanal ist ebenfalls nach dem bekannten Typus gebaut. Der ventral zwischen den beiden Elimmerkränzen gele- gene Mund führt in den kurzen, nach vorne gerichteten Oesophagus, dessen kräftige Bewimperung ohne scharfe Grenze von der ado- ralen Flimmerzone aus sich fortsetzt. Wie erwähnt , ist der Oesophagus mit Muskeln versehen, durch die er erweitert werden kann. Der Oesophagus geht mit einer bedeutenden Verengerung in den weiten , ovalen oder eiför- migen Mitteldarm über. Dieser ist mit viel zarteren Wimpern versehen und seine dünne Wandung besteht aus gröbere Körnchen und feine Tröpfchen enthaltenden Zellen, die, im Gegensatz zu den cubischen bis cylindrischen Zellen des Oesophagus , ziemlich stark abgeflacht sind. Der Mitteldarm ist ganz frei von Mesoderra- gebilden. Bemerkenswerth ist eine lebhaft flimmernde Rinne, die an dem hinteren Ende des Mitteldarms, an der rechten Seite, doch mehr ventral wärts gelegen ist, und die sich direct in den lebhaft flimmernden, kurzen, trichterförmigen Enddarm fortsetzt. Diese Flimraerrinne entwickelt sich später zu einer vielfach gewundenen, faltigen Verdickung des Darmes, welche schon von Salensky ') Das Vorkommen durchbohrter Zellen in den Nierenapparaten der ver- scWedenartigen Thiergruppen ist von grossem Interesse. Zuerst hat Claparede (Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd XX) solche Zellen an den Segmentalorganen von L u m- bricns nachgewiesen. Ich fand dieselben später bei Pedicellina und in der Kopfniere von Polygordius. Ich erwähnte sclion bei der (Pedicellina Zeitschr. f. wi?s. Zool,. C. XXIX), dass diese Zellen „in den Excretionsorganen , der Würmer überhaupt eine weite Verbreitung haben". Neuerdings hat Rabl diese Zellen in der Urniere von Planorbis (Morphol. Jahrb. B. V) und Ray- Lankester bei Hirudineen nachgewiesen. (50> Ueber Entwicklungsgeschichte voa Echiiirus etc. 7 bei der Neapler Larve beschrieben wurde. In der Umgebung des Afters, also an dem hintersten Abschnitte des Rumpfkegels, lindet sich eine, in den frühen Stadien wohl noch schwache, später aber bedeutender ausgebildete Ringmusculatur. Die Uebereinstimmung dieser Larve mit der Trochophora von Polygordiuä ist, wie wir sehen, eine sehr bedeutende; von allen Organen jenes Stadiums konnte ich nur das periphere Nerven- system des S'cheitelfeldes hier nicht nachweisen; doch ist der Nachweis desselben durch die zahlreichen , dem Ektoderm anlie- genden, feinen Muskelfäden erschwert, und ich möchte das Vor- handensein eines solchen Nervennetzes nicht direct in Abrede stellen. Wir wollen nun die Fortschritte der Organisation in Betracht ziehen , welche ältere , aber noch immer ungegliederte Larven, die schon nahezu den doppelten Durchmesser der eben beschriebenen haben, uns zeigen. Wir sehen in Fig. 12, Taf. II, eine solche Larve bei derselben Vergrösserung ('l'') wie Fig. 8, von der Bauchseite abgebildet. Vor Allem müssen wir hier das überwiegende Wachsthum des Rumpfes constatiren, welches bei Betrachtung der Mesoderm- streifen sogleich in's Auge fällt. Die Mesodermstreifen werden, zugleich mit ihrem Wachsthum in die Länge, zuerst von vorne her zweireihig (Fig. 19), dann mehrreihig und dabei auch zweischichtig (Fig. 12 und 20). Dass an der weiteren Ausbildung der Mesoderm- streifen das Ektoderm keinen Antheil hat, wie dies jüngst von Kleinenberg für Lumbricus behauptet wurde ^) , geht daraus hervor, dass stets am lebenden Objecte die scharfe Abgrenzung und histologische Verschiedenheit zwischen Ektoderm und Meso- dermstreifen zu beobachten ist ; ja es sind sogar einzelne Muskel- fibrilleu dazwischen eingeschoben. Betrachten wir nun die Weiterentwicklung der Organe im Einzelnen. Dicht vor dem After hat sich ein neuer Flimmerkranz der piäanale, entwickelt. Es ist dies eine Bildung, der wir, ihrer weiten Verbreitung bei den Annelidenlarven wegen , wohl phyle- tische Bedeutung zuschreiben können ; doch fehlt bisher noch ein sicherer Nachweis dieses Flimmerkranzes bei anderen T3^pen t'Molliisken 2), Rotatorien s).) ') Sallo Sviluppo dal Lumbricus trapezoides , Napoli 1878, Libreria Detken et. Rocholl. ■^) Bütschli (Entwicklungsgesch. Beiträge, Zeitsch. f. wiss. Zool. Bd. XXIX) vergleicht eine dem After angehörende Bewimperung des Embryo von Paiudina 4* (51) 8 . Dr. B. Hatschek: An dem präoralen Wimperkranz tritt die Erscheinung auf, dass nur die eine Wimperreihe, und zwar die vordere, sich stärker ausbildet, während die andere immer mehr zurücktritt (Fig. 14), so dass der präorale Wimperkranz bald als nur einreihig erscheint ^) denn die hintere Reihe desselben ist in den späteren Stadien kaum mehr von den Wimpern der adoralen Flimmerrinne zu unter- scheiden (Fig. 12, 3, 5 etc.). Die Scheitelplatte zeigt sich weiter ausgebildet und bei der Ansicht von vorne, wie sie uns in Fig. 12 vorliegt, sehen wir, dass die Verdickung zu den Seiten der Mittellinie am stärksten ist, An dem ventralen Längsmuskel sehen wir eine Vermehrung seiner Fibrillen; derselbe ist breiter geworden und erstreckt sich in diesem Stadium schon längs des Mesodermstreifen des Rumpfes, zwischen diesem und dem Ectoderm , bis an das Hinterende der Larve (vgl. Fig. 20, 21). Ob dieses Wachsthum auf Kosten der Mesodermstreifen stattgefunden hat, kann ich nicht angeben. Auch die Muskeln des Oesophagus sind weiter ausgebildet; beson- ders ist durch seine Grösse und histologische Diiferenzirung, welche jener des ventralen Längsmuskels entspricht, der zur Scheitelplatte ziehende Oesophagusmuskel ausgezeichnet. Die Muskulatur unterhalb der oralen Flimmerkränze hat sich zu einem vollkommenen Ringmuskelbande gestaltet (Fig. 14). Eine sehr merkwürdige Umwandlung haben jene verästelten, eine innere Schichte der Haut bildenden, Zellen erfahren. Sie sind zuerst nur durch zahlreiche Ausläufer mit einander verbunden ; doch allmälig gestalten diese sich zu einer vollkommenen Mem- bran, die sich immer mehr von der äusseren Haut abhebt und an dieselbe nur noch durch zahlreiche feine, verästelte Fäden befestigt ist. Diese Membran bildet einen inneren Sack , der die Gestalt der äusseren Haut wiederholt; derselbe ist nur durch den Oeso- phagus und Hinterdarm unterbrochen und legt sich hie. an die äussere Haut an, ausserdem aber noch an jenen Stellen , wo die vivipara, ■ — wohl mit Unrecht, — dem hiateren Wimperkranze der Annelidenlarven, Eher könnte man vielleicht das Wimperbüschel, welches bei Teredolarven (dieses Heft Taf. II.) in einiger Entfernung vor dem After liegt, als den letzten Rest eiiies präanalen Wimperkranzes betrachten. ^) Ueber einen hinteren Wimperkranz (?) bei den Larven von Lacinularia socialis findet man Angaben bei Huxley (Quarterly Journal of Microscopical Science of the M. Soc. of London 1852) und Leydig (Zeitschr. für wiss. Zool. Bd. IL). ') Wie er auch von Salensky, der nur spätere Stadien untersuchte, dar- gestellt ist (1. c). (52) Ueber Entwicklangsgeschichte von Ecbiurus etc. 9 Mesodermstreifen des Rumpfes dem Ektoderm anliegen; dies letztere Verhältniss wird besonders durch Fig. 13 und 21 ver- anschaulicht. An der Kopfniere entwickelt sich der secundäre Ast und beide Aeste fungiren zuerst gleichzeitig, dann wird der primäre Ast rückgebildet. Der secundäre Ast der Kopfniere, der sich mit dem primären erst dicht an der Ausmündungsstelle vereinigt, ist von vornherein viel mächtiorer. Er besteht aus zwei Schenkeln ; der äussere Schenkel verläuft quer (Fig. 19), dabei ist er aber auch nach innen gerichtet, so dass er von der äusseren Haut bis an die innere Mesoderm- membran zieht (Fig. 21); der zweite Schenkel biegt rechtwinklig nach hinten um, er liegt an der Innenfläche der Mesodermmembran an dem ventralen Längsmuskel (vergl. auch Fig. 21) und verläuft bis zu dem Mesodermstreifen. An der ümbiegungsstelle und an dem hinteren Schenkel sitzt eine Anzahl feinerer Canälchen, welche, obwohl viel kürzer, doch im Wesentlichen den Bau des primären Astes der Kopfniere wieder- holen. Sehr früh schon beginnen sich diese Canälchen zu ver- ästeln ; jedes Aestchen endet mit einer hellen Zelle von derselben, Beschaffenheit, wie wir sie am blinden Ende des primären Astes fanden. Die Wandungen der feinen terminalen Canälchen sind von hellerer Beschaffenheit, die des Hauptcanales sind durch zahl- reiche, das Protoplasma erfüllende Körnchen dunkler. Wir werden weiterhin die noch reichere Entfaltung der Kopfniere kennen lernen und hiebei auf den histologischen Bau derselben näher eingeben. ^') Auch am Darmcanal können wir weitere Differenzirungen wahrnehmen : Der Oesophagus ist in höherem Grade erweiterbar. Im ruhenden Zustande legt sich seine Wandung in Längsfalten, die sich beim weiteren Wachsthum der Larve noch immer schärfer ausprägen. Das Flimmerorgan an der rechten Seite des Mittel- darms ist reicher gewunden und mehr verdickt. IL Entwicklungsperiode. (Fig 3). Ursegnientbildung , Auftreten der segmentalen Leibesböhle , Anlage der ventralen Borsten, Scblundcommissur und seitlichen Gaaglienmassen des ßauchstranges. In den weiteren Stadien ist bei der Grössenzunahme wieder das relativ weitaus überwiegende Wachsthum der Rumpfregion ') Dieser secundäre, vielverzweigte Theil der Kopfniere ist es, der von Grobben schon ganz genau untersucht warde. (53) 10 Dr. B, Hatschek: ZU beobacliten und in dieser finden zunächst auch die wichtigsten Entwicklungsvorgänge statt. Die Mesodermstreifen entwickeln sich nämlich hier ganz in der für die Anneliden typischen Weise weiter ; sie werden zuerst am Vorderende breiter und zweischichtig , und gliedern sich dann von vorne angefangen in Ursegmente, so dass das vorderste Ursegment das älteste ist und nach hinten in regel- mässiger Altersfolge die übrigen sich anschliessen. Während die Mesodermstreifen vorn in Ursegmente sich gliedern . werden sie am Hinterende fortwährend durch Wachsthum regenerirt; aus dem ganzen Bilde kann man schliessen , dass hiebei die grossen hinteren Polzellen durch fortwährende Theilungen rege mitwirken (Fig. 22). Im weiteren Verlaufe der Entwicklung treten in den ein- zelnen Ursegmenten Höhlen auf. Dieselben entstehen dadurch, dass sich in den Ursegmenten die Darrafaserplatte von der Haut- muskelplatte abhebt; die Hautmuskelplatte besteht aus höheren kubischen Zellen, die Darmfaserplatte aus abgeplatteten Elementen ; dabei bleiben zwischen den einzelnen Segmenthöhlen die zwei- schichtigen Dissepimente, deren eine Zellplatte dem vorderen Seg- mente , die andere dem hinteren angehört (Fig. 23). Während dieser Vorgänge breiten sich die Mesodermplatten der Ursegmente immer mehr ventralwärts und namentlich dorsalwärts aus. Die Hautmuskelplatte schmiegt sich hiebei stets dicht der Haut an ; doch kommt sie nicht unmittelbar an die Ektodermschichte zu liegen, sondern zwischen beiden liegen die schon früher entwickelten zarten Ringmuskelfäden und auch die schon oben erwähnte eigenthümliche Mesoderm-Membran ; dieselbe legt sich nämlich im Bereiche der Ursegmente und des Mesodermstreifens, soweit sich diese ausbreiten, an die äussere Leibeswand an. In den weiteren Stadien, wo die Ursegmente bis zur Rücken- und Bauchlinie sich ausgebreitet haben , erscheint diese Mesodermmembran demnach im Rumpfe nicht mehr als eine von der Haut weit abstehende Schichte , sondern sie hat diese ihre Eigenthümlichkeit nur mehr in der Kopfregion bewahrt (vergl. Fig. 4).^) Die Darmfaserplatte legt sich schon während der Ausbreitung der Ursegmente an den Darm, zuerst ventralwärts, an. Während dieser Vorgänge beginnen sich die Schlundcommissur und die seitlichen Ganglienmassen des Bauchstranges zu bilden. ') In diesem Zustande ist sie von Salensky beobachtet; da Salensky weder die früheren Stadien noch das spätere Schicksal dieser Membran kannte, so war die Bedeutung derselben bisher räthselbaft. ^54) üeber EntwickluDgsgescliichte von Echiurus etc. 11 Schon an den ältesten ungegliederten Larven kann man von der Scheitelplatte aus im Ektoderm zwei helle Stränge verfolgen (Fig. 17 und 18), die bis zu den Seiten der breiten Mundöifnung hinziehen. An gefärbten Objecten (Carmin) kann man sehen, dass über diesen hellen Strängen, die eine feine Längsstreifung zeigen und sich nicht mit Carmin imbibiren, die Zellkerne dichter gedrängt liegen als in den benachbarten Ektodermpartien. Diese im Ekto- derm verlaufenden Nervenstränge sind die ersten Anlagen der Schlundcommissur. Während in den vordersten Ursegmenten die segmentalen Höhlen auftreten, werden auch die seitlichen Gangliengruppen des Bauchstranges in der vorderen ßegion bemerkbar (Fig. 23). Wir konnten schon an früheren Stadien das Ektoderm zu beiden Seiten der ventralen Flimmerrinne etwas verdickt sehen (Fig. 13). . An dieser Stelle nun wuchern vom Ektoderm eigenthümliche , stark lichtbrechende Zellgruppen nach Innen. Jede solche Zellgruppe erseheint am lebenden Objecte als ein rundliches helles Knötchen, welches nach Innen, gegen die Leibeshöhle zu, vorspringt. Diese Knötchen vereinigen sich zu querovalen Gruppen , die je einem Segmente entsprechen. Doch auch vor der ßegion des ersten Ur- segmentes, also in dem postoralen Kopfabschnitte, liegt eine An- zahl solcher Ganglienanlagen, die, wenn auch nicht so regelmässig in Form und Grösse, doch eine Reihe aufeinanderfolgender, distincter Massen repräsentiren. Bald nehmen diese Ganglien so an Masse zu, dass sie sich einander bis zur Berührung nähern und dann förmliche Seiten- stränge bilden ; zugleich ist die Commissurenanlage (Nervenstrang) bis an diese Seitenstränge vorgerückt, so dass dieselben schon mit der Scheitelplatte in directer Verbindung stehen (Fig. 24 und 3). Sowie in der Ursegmentbildung , so ist auch in dem Auf- treten der segmentalen Leibeshöhle und der seitlichen Ganglien- massen die von vorne nach hinten fortschreitende DifFerenzirung scharf ausgeprägt. Alle Differenzirungen treten zuerst in der Region der vorderen, ältesten Segmente auf. Am Hinterende finden sich auch in den zuletzt betrachteten Stadien die einfachen Mesodermstreifen und die grossen Polzellen des Mesoderms von ganz ähnlicher Beschaffenheit , wie an dem jüngsten von uns be- obachteten Stadium. In diesen Stadien sehen wir auch die ersten Anlagen der ventralen Borstensäcke auftreten. Dieselben liegen im ersten Rumpfsegmente und lateral vom ventralen Längsmuskelbande (55) 12 Dr. B. Hatscbek: also in jener Linie, die der Seitenlinie der Anneliden entspricht. Sie machen sich als wohlabgegrenzte Zellniassen bemerkbar, die unterhalb der Haut liegen. Bald beginnen sie bei ihrem raschen "Wachsthnm in die Segmenthöhle hineinzurücken , wobei sie einen endothelartigen Ueberzug mit sich nehmen. Wir wollen die alsbald an den Borstensäcken auftretenden DiiFerenzirungen im Anschluss an die nächste Entwicklungsperiode betrachten. Das ventrale Längenmuskelband ist nicht nur im Rumpfe, sondern auch in der hinteren Kopfregion , wo es frei durch die (primäre) Leibeshöhle sich erstreckt, bedeutend breiter geworden, bei gleichzeitiger bedeutender Vermehrung seiner Fibrillenzahl. Die Veränderungen der übrigen Organisation während dieser Entwicklungsperiode betreffen nur eine mit dem Vi^achsthum gleichen Schritt haltende, reichere Entfaltung und schärfere Aus- prägung der schon vorhandenen Eigenthümlichkeiten. So zeigt der Oesophagus reichere Längsfalten, der zum Enddarm führende Flimmerapparat wird immer enger gewunden , die Kopfniere ver- ästelt sich immer mehr, die Mesodermmembran nimmt an Festig- keit zu und gewinnt immer schärfere Contouren, auch hebt sie sich in der Kopfregion noch weiter von der äusseren Haut ab. Die primäre Leibeshöhle ist demnach von dem umgebenden Medium nicht durch eine einfache , sondern durch eine Doppelwandung geschieden und die Larve dadurch gegen eine Diffusion der Leibeshöhlenflüssigkeit in erhöhtem Grade geschützt. Es ist hier noch zu erwähnen , dass dicht hinter dem postoralen Wimperkranze eine zarte parallele Wimperreihe sich entwickelt, die wohl die Function der ersteren unterstützt. Dies alles sind Veränderungen , die mit der bedeutenden Grösse der Larve zusammenhängen, welche namentlich mit Rücksicht auf die späteren Stadien zu den grössten bekannten Wurmlarven gehört. IIL Entwicklungsperiode. (Fig. 4, 5). Entwicklung der ventralen Borsten, Anlage der terminalen Nieren („Analblasen"), Bildung der hinteren Borstenkränze, Ausbildung des Bauchstrauges und der Com- missur, Ausbildung der Längsmuskeln des Rumpfes , Rückbildung der Dissepimente und Mesenterien, Anlage des ventralen Blutgefässes. Die Larvenorgane erreichen den Höhepunkt ihrer Entwicklung. Der Uebergang von dem zuletzt betrachteten Stadium zu den Larven dieser Entwicklungsperiode wird durch die vollkom- mene Ausbreitung der von den Mesodermstreifen abstammenden Hautmuskel- und Darmfaserplatte bis zur Bauch- und Rückenlinie Ueber Eatwicklungsgescliichte von Echiurus etc. ^ 13 gebildet. Dieser Process ist selbstverständlich mit einem weitaus alle anderen Grewebe übertreffenden Wachsthum dieser Anlagen verbunden, welche auch im Gegensatz zu den anderen differenzirteren Gebilden einen indifferenten, „embryonalen" Charakter ihrer Zellen behalten haben. Die Ausbreitung der Hautmuskelplatte haben wir, namentlich mit Rücksicht auf ihr Verhalten zu der „Mesoderramembran" schon oben auseinandergesetzt. Die Darmfaserplatte, die sich schon während der Ausbreitung der Ursegemente zuerst ventralwärts an das Darmdrüsenblatt anlegt, beginnt alsbald auch nach vorne an jenem Theile des Darmes, welcher nicht mehr in die Region des Rumpfes fällt, als eine Lage platter Zellen sich auszubreiten. Wenn die Ursegmente bei ihrer raschen Ausbreitung endlich in der Bauch- und Rückenlinie einander treffen, so entsteht ein ventrales und ein dorsales Mesenterium, welche beide aus den Umbiegungs- stellen des Darmfaserblattes in das Hautmuskelblatt sich bilden und demgemäss doppelschichtig, nämlich aus einer rechten und einer linken Zellplatte zusammengesetzt sind. Die Segmentirung findet ihren Abschluss, und bald sind die hinteren Segmente in Bezug auf den Grad ihrer Ausbildung nicht mehr von den vorderen, älteren sehr merklich unterschieden. Die Larve (Fig. 4) besteht nun aus einem Kopfabschnitt, welcher, wenn auch der Rumpf relativ bedeutender gewachsen ist, doch noch den überwiegenden Körperabschnitt bildet, ferner aus 15 Metameren und dem Endsegmente, Das letztere unterscheidet sich dadurch von den Metameren , dass der Bauchstrang nicht bis in dasselbe hineinreicht, da er schon im letzten Metamer endet, i) Betrachten wir nun die in Fig. 4 und 5 abgebildeten und diesen nahestehende Stadien, die wir der hier zu besprechen- den Entwicklungsperiode zurechnen in Bezug auf die einzelnen Organe. Die Metamerie prägt sich auch äusserlich durch das Auf- treten segmentaler Wimperkränze und später sehr auffallend durch die Pigmentirung (der eine segmentweise wechselnde histologische Beschaffenheit des Epithels parallel geht) aus. Die inneren Disse- pimente aber, welche die secundäre Leibeshöhle des Rumpfes ursprünglich in segmentale Abschnitte trennen, lösen sich zuerst in einzelne Fäden auf und werden allmälig von einem Gewebe 1) Ich habe diesen Gegensatz von Metamer und Endsegment schon iu einer Arbeit über Entwicklung der Lepidopteren betont. (57) 14 Dr. B. Hatschek: verästelter Zellen ersetzt , die zwischen Hantmuskelplatte und Darmfaserplatte sich erstrecken. Doch kann man an der Innen- fläche der Tjeibeswand noch immer ringförmige bindegewebige Ver- dickungen sehen, welche Reste der Dissepimente sind. Der Bauch- strang zeigt wohl auch eine regelmässige segmentale Wiederholung von Gangliengruppen , aber dieselben sind namentlich in den Stadien , welche der Fig. 4 nahestehen , so wenig markirt , dass man nach diesen wohl kaum die Anzahl der Segmente mit Sicher- heit bestimmen könnte. Das Nervensystem zeigt in allen Theilen Fortschritte, die Scheitelplatte ist viel mächtiger verdickt und schärfer von der Haut abgesetzt. Ihre Ganglien springen stark nach innen vor. Auch an der Schlundcommissur treten zunächst im Bereiche des Scheitelfeldes gangliöse, nach Innen vorspringende Zellgruppen auf, die durch Wucherung des Ektodermes entstehen; zugleich beginnt die Commissur nach Innen zu rücken und sich vom Ekto- derm abzulösen. Am hinteren Mundrande schien mir von der Commissur aus ein in der Tiefe des Ektoderms verlaufender Nerv gegen den Oesophagus zu ziehen. Sehr wichtig sind die Veränderungen des Bauchstranges. Nachdem die seitlichen Ganglienmassen sich zu förmlichen Seiten- strängen vereinigt haben , entsteht auf Kosten des mittleren mit anfangs flacher, später sehr tiefer Flimmerrinne versehenen Epithel- streifens der Mittelstrang. Diese Bildung ist mit einer bedeutenden Verschmälerung des Epithelstreifens verbunden, so dass die Seiten- stränge während der Bildung des Mittelstranges einander bedeutend näher rücken. Man kann in dem hellen Mittelstrang eine scharfe mediane Contour sehen. Nach alledem zweifle ich nicht daran, dass der Mittelstrang durch eine Faltung der Epithelrinne entsteht. Ich habe aber dieses Verhältniss noch nicht an Querschnitten geprüft. Der Mittelstrang erstreckt sich nach vorne entsprechend den Seitensträngen bis in die hintere Kopfregion. Die Fliramerrinne, setzt sich noch weiter bis in die adorale Flimmerzone fort. Die Seitenstränge bestehen aus vielzelligen Ganglienknoten, die sich wieder zu segmental angeordneten grösseren Massen ver- einigen. Der ganze Bauchstrang ist während dieser Entwicklungs- periode noch dem Ektoderm anliegend, doch springt er stark gegen die Leibeshöhle vor, wo er mit einem mesodermalen Ueberzuge versehen ist. Im Stadium der Fig. 5 beginnt sich der Bauchstrang von der Hautschichte scharf abzugrenzen, (58) Üeber Entwicklungsgeschichte von Echinrus etc. 15 Betrachten wir nun die Borstenbild ung. Wir fanden schon in den älteren Stadien der vorhergehenden Entwicklungs- periode die Anlagen der ventralen Borstensäcke, Es sind scharf abgegrenzte Zellgruppen, die wohl dicht unter dem Ektoderm liegen, aber meiner Ansicht nach aus der oberflächlichen Lage der Hautmuskelplatte stammen. Ich konnte an der darüber lie- genden Ektodermstelle nichts sehen, was auf eine Wucheruns: liin- deutete. Ich rauss meine Ansicht hier auch auf jene Thatsachen stützen , die ich bei Criodrilus vorgefunden habe. Die Borsten entstehen nun hier wie bei Criodrilus im Innern dieser Säckchen und brechen erst secundär durch die Haut nach Aussen durch. — Wie erwähnt, wachsen die Borstensäcke mit ihrem inneren Ende gegen die Leibeshöhle vor und nehmen hiebei vom Hautmuskel- blatt einen endothelartigen Ueberzug mit (Fig. 35 und 3b) ; es werden aber auch quere faltenartige Massen nach Innen mitgezogen (Fig. 37) , die die Muskeln der Borsten , die auch von Endothel überzogen sind, bilden. Das Vorderende bleibt stets mit der Haut in Berührung. Grehen wir nun zur Betrachtung der Borstenbildung selbst über. Im Innern des Borstensäckchens entsteht ein kleiner Hohlraum (Fig. 35). An dem Boden dieses Hohlraumes bildet sich nun zunächst ein kleines, stark lichtbrechendes Körperchen (Fig. 36), die Spitze der Borste; dieselbe breitet sich alsbald als ein hohlkegelförmiges Hütchen aus, welches dem Boden der Höh- lung, von dessen Zellen es ausgeschieilen wird, anliegt (Fig. 37). Die Borste verlängert sich, indem sie an ihrem Hinterende immer weiter wächst. Die Höhlung umgibt dann nur noch die Spitze der Borste (Fig. 38). Wir wollen eine Borstenanlage von einem weiteren Stadium genauer in's Auge fassen (Fig. 39 und 41). Die Borstenanlage, die den vorderen Theil der definitiven Borste reprä- sentirt, ist der Form dieses Theiles entsprechend gebogen und seitlich comprimirt. Die Borste ist hohl. Ihre Chitinwandung zeigt eine feine Längsstreifung, die aber nicht ganz bis zum hinteren Ende reicht; hier findet sich eine Zone, die der Längsstreifung entbehrt und auch nicht ganz dasselbe Lichtbrechungsvermögen besitzt, wie der vordere Abschnitt. Dieser jüngste, in Bildung begriifene Theil der Borste sitzt dem Boden des Borstensackes auf, der aus zwei auffallend grossen Zellen besteht, die zur Borsten- bildung ofi'enbar in innigster Beziehung stehen (Fig. 41). Der übrige Theil des Borstensackes besteht aus hohen epithelartigen Zellen, denen ich doch auch zum mindesten eine ernährende Func- tion bei der Borstenbildung zuschreiben muss. Man kann eine fein (59) 6 Dr. B. Hat sehe k: parallelstreifige BeschafFenheit des Protoplasmas dieser letzteren Zellen beobachten (Fig. 41 und 37). ^) Aussen am Borstensacke sehen wir einen endothelartigen Ueberzug. Am hinteren Ende inseriren sich Muskeln, am vorderen Ende bindegewebige Zellen , die den Borstensack an die Haut anheften. Wir wollen hier dem Bereiche dieser Entwicklungs- periode vorgreifen und erwähnen, dass die Borste , auch nachdem ihre Spitze nach aussen durchgebrochen ist (Fig. 6. 7), noch immer an ihrem Hinterende fortwächst. Wir sehen dann die Höhlung, welche früher die Spitze der Borste umgab, noch an jener Stelle fortbe- stehen, wo der Borstensack in die äussere Haut übergeht. Au dieser Stelle löst sich die immer nachrückende Borste von den ihr bisher dicht anliegenden Zellen (Fig. 40). Auch die zwei hinteren Borstenkränze (von je 8 Borsten) bilden sich nach demselben Modus; es zeigen sich nur geringfügige Abweichungen, die mit der geringeren Grösse dieser Borsten zusammenhängen. Von Wichtigkeit sind die Lage- beziehungen dieser Borsten zu den Metameren. Die beiden Borstenkränze gehören nämlich den beiden letzten (vor dem End- segment gelegenen) Metameren, also der eine dem 14., der andere dem 15. ßumpfsegmente an. Ihre Bildung erfolgt nicht ganz gleichzeitig , denn es lässt sich in der Entwicklung das Voran- gehen des vorderen Borstenkranzes constatiren, wie dies z. B. aus Fig. 31 ersichtlich ist, wo die Borste des 14. Segmentes schon viel grösser als die des 15. ist. Diese Borstensäckchen treten etwas später auf, als die Anlagen der sogleich zu besprechenden termi- nalen Nieren f., An alblasen "). Die Bildung der terminalen Nieren („Analblasen") nahmen mein regstes Interesse in Anspruch, denn es zeigte sich, dass sie nicht, wie bisher angegeben war, vom Enddarme aus ge- bildet werden , sondern ganz ähnlich wie Segmentalorgane ent- stehen , dabei aber nicht einem Metamer , sondern dem Endseg- mente angehören, eine Thatsache, die für die Theorie der Seg- mentiruno- von Wichtig-keit erscheint. ^) *) Spengel (Zonl. Anz. 1. c.) giel)t über Borstenbildung von Ecliiurus an: „Die den Grund dieser Tasche einnehmende Zelle zeichnet sich durch die Grösse ihres Körpers, wie ihres Kernes aus und erzeugt allein die ganze Borste, während die übrigen Zellen eine die Wand der Borstentasche stützende Cuticula absondern." '-) H. V. Ihering bezeichnet die Nieren von ßonellia als Terminalorgane, ebenso aber auch die der Rotatoriea und Turbellarien ; ferner nennt er die vorde- ren Organe von Thalassema und Sternaspis accessorische Terminalorgane. Die (ÜO) lieber Entwickluagsgeschichte von Echinrus etc. 17 Die erste Anlage dieser Organe findet man an Stadien, die etwas jünger sind, als das in Fig. 4 abgebildete. Die Verhältnisse gestatten es , die Abstammung dieser Organe vom Hautmuskel- blatte am lebenden Objecte nachzuweisen. Wenn wir nämlich solche Stadien, in welchen sich die ersten Anlagen eben abgegrenzt haben, von d2r Analseite betrachten , so können wir erkennen, dass diese Gebilde am Endsegment in einiger Entfernung vom After innerhalb des Hautmuskelblattes liegen und vom Ektoderm durch die continuirliche Lage der hier wohl ausgebildeten Ring- muskeln getrennt sind (Fig. 27). Der Hinterdarm kommt gar nicht in Betracht , da er durch die geräumige Leibeshöhle von der Haut- muskelplatte, in welcher diese Grebilde liegen, entfernt ist. Die Nierenanlagen selbst sind längliche Körper, in welchen man eine feine Längslinie, um welche die cubischen Zellen ange- ordnet sind, als Andeutung des späteren Lumens erkennen kann. In etwas älteren Stadien — in Fig. 28, 29 ist die Nieren- anlage eines solchen dargestellt, welches der Fig. 5 entspricht — zeigen sich bedeutende Veränderungen. Das Hinterende der Anlage tritt nämlich mit dem Epithel der Haut in Verbindung; dabei weichen die anliegenden Fasern der Ringmusculatur auseinander , um dieser Verwachsung Raum zu geben. Das Vorderende der Niere rückt aber immer weiter in die Leibeshöhle vor und nimmt hierbei einen Peritonealüberzug mit, der allmälig das ganze in die Leibeshöhle hineinragende Ge- bilde überzieht (Fig. 2S). Der Endothelüberzug besteht aus einer einfachen Lage platter Zellen, nur am inneren Ende der Niere findet sich ein Kranz nahezu rundlicher Zellen ; dieser Kranz von rundlichen Zellen repräsentirt die Anlage des Flimmertrichters. Dies wird sogleich durch die Vergleichung eines etwas älteren Stadiums ersichtlich, wo die Zellen der primären Anlage beträchtlich auseinf^ndergewichen sind, um ein geräumiges Lumen einzuschliessen (Fig. 30). Dieses Lumen mündet nun einerseits durch eine feine OefFnung des Epithels nach aussen, andererseits durch eine OeiFnung, welche von den rundlichen Zellen der Trichteranlage umgeben ist, in die Leibeshöhle. Dieser einfache Zellenkranz, der direct in den Endothelüberzug sich fortsetzt, liefert alsbald durch Ver- mehrung der Zellen einen kurzen Trichter , der sich auch histo- logisch scharf von dem nachfolgenden blasenförmigen Nieren- abschnitte absetzt (Fig. 34). Beziehungen zu den Segmentalorganen scheint er demnach doch nicht klar erfasst zu haben (Zeitschrift f. wiss. Zool. B. XXIX, p. 5b3). (61) 18 Dr. B. Hatschek: Der Trichter besteht aus einem regelmässigen Cylinderepithel, nur diejenigen Zellen, welche den Rand der inneren, in die Leibes- höhle geöffneten Mündung umgeben, sind rundlich geblieben, so dass diese Mündung einen rosettenähnlichen Anblick bietet. An dem blasent'örmigen Nierenabschnitte konnte ich keine Zellgrenzen unterscheiden (Osmium-Picrocarmin) , die Zellkerne , obgleich von etwas variabler Gfrösse, sind doch durchschnittlich viel grösser als die des Trichters ; nach deren Vertheilung sind die einzelnen Zellen als cubisch oder etwas abgeflacht zu beurtheilen; das Protoplasma der Zellen tingirt sich viel weniger mit Carmm, als das der Trichterzellen, und ist an den Präparaten mit zahlreichen feinen, hellen Secrettröpfchen und Körnchen erfüllt. — Alsbald zeigen sich am Trichter, besonders deutlich am freien Rande des- selben, zarte Flimmerhaare, deren Bewegung nach der Nierenblase zu gerichtet ist. Der hintere Nierenabschnitt sondert sich in eine vordere , immer mehr blasenartig sich aufblähende Hälfte und einen engeren ausführenden Theil (Fig. 31); in diesen Abschnitten konnte ich nie Flimmerung beobachten. Die äusseren Mündungen der Nieren liegen an den Larven zu den Seiten der After- öffnuiig. Im Stadium der Fig. 4 ist das ventrale Längsmuskelband aus sehr scharf differenzirten Muskelfibrillen zusammengesetzt. In den übrigen Theilen des Rumpfes erscheint ungefähr um diese Zeit eine Anfangs sehr zarte, aber immer deutlicher hervortretende Lage von Längsmusk e If i brillen ; dieselben entstehen im Inneren der Hautmnskelplatte, oder vielmehr in dem peripheren, der Ring- mu^kelschichte zugewendeten Theile derselben. Soweit ich aus guten Flächenpräparaten beurtheilen kann, geht die histologische Differenzirung der Muskelfibrillen an der Hautmuskelplatte ganz ähnlich vor sich, wie bei Polygordius. Ich kann hinzufügen, dass auch bei Lumbricus und mehreren Polychaeten-Larven die Diffe- renzirung der Längsmuskelfibrillen auf denselben Typus zurück- zuführen ist. Die später auftretenden Theile der Längsmusculatur die den weitaus grösseren Theil der Peripherie einnehmen , sind doch, wie mir scheint, dem dorsalen Muskelfelde der Anneliden zu vergleichen, im Gegensatz zu dem ventralen Längsmuskelbande, welches dem ventralen Muskelfelde zu vergleichen ist. Man kann wenigstens in frühen Stadien , zwischen diesen beiden Muskel- feldern jederseits einen muskelfreien, schmalen Streif, eine Seiten- linie beobachten, welche in der Linie der ventralen Borsten, also sehr stark ventral wärts gerückt, verläuft. (62) Ueber Entwicklungsgeschichte von Echiurus etc. 19 Auch die Darmfaserplatte differenzirt sich rasch und breitet sich nach vorne zu über den ganzen Mitteldarm aus (Fig. 5). Das ventrale und das dorsale Mesenterium beschränkt sich aber, wie aus der Entwicklung erklärlich , nur auf die ßumpf- region. Im Innern der Mesenterien treten von der Haut gegen den Darm gerichtete Muskelfasern auf. Zunächst zerfällt nun das ventrale Mesenterium in einzelne von Endothel überzogene und sich regelmässig segmentweise wiederholende Muskeln, das dorsale Mesenterium persistirt zunächst noch als ein musculöses Band (Eio-. 5), um alsbald ebenfalls in einzelne Muskelbündel zu zerfallen. Durch den Schwund der Dissepimente tritt die segmentirte secundäre Leibeshöhle des Rumpfes mit der primären Leibeshöhle der Kopfregion in Verbindung. Während des Schwundes der Dissepimente wird die Leibeshöhle von zahlreichen verästelten Zellen durchsetzt, die sich allmälig auch in der Kopfregion aus- breiten. Man kann in den älteren Larven dieser Periode , und namentlich in denjenigen der folgenden Periode verschiedenartige Zellen der Leibesbohle unterscheiden : unregelmässig geformte mit langen, spärlichen, grob verästelten Fortsätzen, die einen ausge- prägt bindegewebigen Charakter haben, andere von rundlicher Form, mit sehr zahlreichen kurzen, zarten Fortsätzen (Fig. 6 A) ; die letzeren wandeln sich später , indem sie frei werden , in die (Blut-) Körperchen der Leibeshöhlenflüssigkeit um. Manche der verästelten Gebilde, die am lebenden Objecte den Eindruck einer Zelle machen, erweisen sich an gefärbten Präparaten als Z eilenhäuf clien; solciie aus der hinteren Körperregion einer Larve sind in Fig. 42 abgebildet. In den älteren Stadien dieser Entwicklungsperiode (Fig. 5) hndet man an der inneren Seite des Bauchstranges einen binde- gewebigen verdickten Strang; wie der weitere Verlauf zeigt, ist dies die Anlage des ventralen Blutgefässes. In den älteren Stadien dieser Periode erreichen die Larven- organe ihre höchste Ausbildung , um in den nächsten Stadien dann rasch rückgebildet zu werden. Hier sind vor Allem die Kopfniere , die Mesodermmembran , der faltige Bau des weiten Oesophagus , das Flimmerorgan des Darmes , die Flimmerkränze und die der Larve eigenthümliche und vornehmlich auf diese Ent- wicklungsperiode beschränkte, grüne Pigmentirung zu nennen. Die Kopfniere, deren Bau wir im Wesentlichen schon an den früheren Stadien kennen lernten, kommt zu immer reicherer Entwicklung; durch Theilung der feinen Canälchen entstehen immer neue Verzweigungen, während die Basis der früheren feinen (63) 20 Dr. B. Hatschek: Canälchen zu gröberen Aesten aiiswächst. Aucli diese sind sehr nmbildungsfähig, so dass durch Spaltung derselben sogar Anasto- mosen des Canalsystemes entstehen (Fig. 25) ; die Zahl und Ver- theilung der einzelnen Aeste und der Endorgane schwankt bei der grossen Bildungsfähigkeit des Organes innerhalb gewisser Grenzen, doch kann man im Allgemeinen auch hierin gewisse Eigenthümlichkeiten als Norm bezeichnen. Wir wollen uns hier die in Fig. 25 abgebildete Kopfniere einer Larve, die etwas älter als die in Fig. 4 war, vor Augen halten. Diese Niere ist wohl noch nicht ganz auf dem Höhepunkt der Ent- wicklung, — die Kopfniere wird meist noch ausgedehnter und reicher verästelt, was übrigens mit der individuellen Grösse der Lai'ven variirt , — sie zeigt aber die typische Vertheilung der Aeste. Der ursprünglich als horizontaler Schenkel bezeichnete Endab- schnitt der Kopfniere ist meist frei von Endorganen (feinsten Canälchen). Besonders gilt dies von jenem Theil , der zwischen ventralem Längsmuskel und der Haut verläuft und der nicht mehr in der Leibeshöhle liegt, sondern in jenem abgeschlossenen , zwi- schen Haut und Mesodermmembran gelegenen Hohlraum (vergl. Fig. 21). Doch fand ich einmal selbst an diesem Abschnitte, also ausserhalb der eigentlichen Leibeshöhle, an einem sehr reich ent- wickelten Organ , ein Büschel von Endorganen. — Der zweite nach hinten gerichtete Schenkel des Organs trägt hauptsächlich die mit den Endorganen versehenen Verästelungen. Man kann im Allgemeinen nach der Richtung der drei Hauptäste ein vorderes ein hinteres und ein laterales Verästelungsgebiet unterscheiden. Die Histologie der Kopfniere an dem lebenden Objecte haben wir schon früher kennen gelernt. Wir wollen dieselbe noch an gefärbten Präparaten besonders in Bezug auf die Vertheilung der Kerne prüfen (Fig. 26). Wir sehen da, dass die Endknöpfchen der feinsten Canälchen je einen Zellkern enthalten. In dem Canal- werk sind die Kerne sehr spärlich vertheilt, so dass oft grössere Strecken eines Canales, ja zuweilen selbst eine Verästelung dem Territorium einer einzigenZelle angehört (durchbohrte Zellen). In den Hauptcanälen entfallen aber meist zwei oder mehr Zellen auf den Querschnitt. Der Darmcanal zeigt die für die Larve charakteristischen Eigenthümlichkeiten jetzt am meisten ausgebildet. Der sehr weite Mund führt in den Oesophagus, welcher durch seine reichlichen Längsfalten eine grosse Ausdehnbarkeit erhält. Man kann in dem weiten Mitteldarme oft grosse Radiolarien, die nahezu sein (64) Ueber Entwicklungsgescliichte von Echiurus etc. 21 ganzes Lumen ausfüllen, mit ihrem unverletzten, sparrigen Kiesel- skelet beobachten ; und dieser gewaltige Bissen hatte den Mund und Oesophagus passirt. Der lebhaft flimmernde kleinzellige Oeso- phagus setzt sich histologisch scharf gegen den Mitteldarm ab, der aus grossen platten, mit viel zarteren Flimmern versehenen Zellen besteht. Das eigenthümliche, wie schwammige Protoplasma der Entodermzellen färbt sich verhältnissmässig schwer mit Carmin. In den älteren Larven enthalten die meisten Entodermzellen einen grossen Fetttropfen (vergl. Fig. 45). Eine ganz eigenthümliche histologische Beschaffenheit zeigt der Flimmerapparat des Darmes, der aus zahlreichen mäandrischen Windungen besteht und von der rechten Körperseite ventralwärts und nach hinten verlaufend, in das kleinzellige Flimmerepithel des Hinterdarmes sich fortsetzt. Die kräftige Ringmusculatur des Endsegmentes fungirt in der Umgebung des Afters als Sphincter. Ausser den oralen Flimmer-Apparaten und dem hinteren Flimmerkranz , die in diesen Stadien den Höhepunkt ihrer Ent- wicklung erreichen, finden wir noch in der Rumpfregion segmental sich wiederholende Wimperreifen. Ausserdem flimmert noch die Oberfläche der Scheitelplatte. Auch finden sich einzelne Flimmer- büsehel am Körper zerstreut vor. Wir wollen nun das Verhalten der Pigmentirung besprechen. Die Larven entwickeln nämlich , wie aus Fig. 4,5,6 ersichtlich, ein grünes Pigment, wie es bei anderen Echiuriden zeitlebens persi- stirt. Das Pigment wird von kleinen grünen, stark lichtbrechenden Tröpfchen gebildet, die in den Zellen des äusseren Epithels liegen. Die Pigmentirung ist wohl der variabelste Charakter der Larve, sowohl in Bezug auf die Zeit des Auftretens, als auch in Bezug auf die Ausbreitung und dichtere oder spärlichere An- ordnung der Pigmentkörperchen. Die Pigmentirung tritt oft schon früher auf, als im Stadium der Fig. 4 und ist in diesem Stadium bald so gering, wie dies in dieser Figur dargestellt ist, bald so ausgebreitet, wie dies in dem nachfolgenden Stadium, Fig. 5, Regel ist. Interessant ist es, dass man constatiren kann, dass die Pig- mentirung von äusseren Verhältnissen beeinflusst wird. — Ich hatte schon bei den frisch pelagisch gefischten Larven bemerkt, dass die stärker pigmentirten Individuen, die auch an manchen Tagen in weit überwiegender Anzahl auftraten, relativ geringere Grösse besassen. Es zeigte sich aber auch, dass schwach pigmen- tirte Individuen, die mehrere Tage in Gläsern gehalten wurden, überaus reichliches Pigment entwickelten. Die reichlichere Pigment- Claus, Arbeiten ans dem Zoologischen Institute etc. Tom. in. 5 (6.0 22 Dr. B. Hatschek: bildung scheint daher durch schlechtere Lebensverhältnisse , viel- leicht auch mangelhafte Nahrung bedingt zu sein. In gleichem Schritt mit der Pigmentirung variirt die Menge von weiterhin zu beschreibenden, dem Epithel eingelagerten einzelligen Drüsen; dieselben sind an schwach pigmentirten Individuen sehr spärlich, während sie an stark pigmentirten die Haut sehr dicht erfüllen. Die Pigmentirung tritt zuerst meist dicht vor dem präoralen Wimperkranze auf. Rasch breitet sie sich dann über die ganze Oberfläche aus und lässt nur folgende bestimmte Regionen frei: Vor Allem die Region der oralen Wimperkränze und der adoralen Wimperrinne, ferner im Rumj)fe schmale ringförmige Streifen, die den segmentalen Wimperreifen entsprechen , endlich diejenigen Hautstellen, unter welchen das Centralnervensystem verläuft ; das Epithel ist also sowohl an der Scheitelplatte, als auch dem ganzen Verlaufe der Schlundcommissur entlang und über dem Bauch sträng pigmentfrei (Fig. 5 und 5 A). Wir wollen hier noch den Bau des Epithels erwähnen. Im Verlaufe der Entwicklung werden die anfangs spärlichen Kerne immer zahlreicher. Durch das Auftreten von Vacuolen und zahl- reichen, dem Epithel eingelagerten einzelligen Drüsen von wurst- förmiger oder gewundener Gestalt gewinnt das Epithel jene waben- artige Structur, wie wir sie bei den meisten Anneliden vorfinden (Fig. 43, 44). An gefärbten Präparaten sehen wir den wurst- förmigen Secretmassen anlagernde platte Zellkerne — im Gregensatz zu den übrigen rundlichen Zellkernen des Epithels (Fig. 44). Nach den obenerwähnten Verhältnissen ist zu schliessen, dass sich die gewöhnlichen Epithelzellen unter gewissen Umständen in Drüsenzellen verwandeln können. Die Körperform der Larve ist von derjenigen d^^r frühesten Stadien nur durch das relative bedeutendere Wachsthum des Rumpfes abweichend geworden und erscheint durch dasselbe etwas gestreckter. Nur in den letzten Stadien beginnt sich die Körper- form auch im Allgemeinen zu strecken. IV. Entwicklungsperiode. (Fig. 6). Rückbildung der Larvencharaktere, Umbildung der Körperform zu der typischen Echiurusform , Umbildung des Darmes, Auftreten der Hautpapillen , Bildung der Läcgsmuskeln in der Kopfregion, Bildung der „Blutkörperchen" in der Leibeshöhlen- flüssigkeit, Blutgefässe. Nachdem die Larvencharaktere in der letzten Entwicklungs- periode den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht haben , gehen sie rasch ihrer Rückbildung entgegen. GG) Ueber Entwicklungsgeschichte von Echiurus etc. 23 Die Kopfniere hört zu functioniren auf, sobald die termi- nalen Nieren heranwachsend ihre Function beginnen; zunächst hört die Flimmerung in den Canälen auf, dann obliteriren die Lumina und bald kann man nur noch die Hauptäste als binde- gewebsähnliche Stränge verfolgen ; in späteren Stadien (Fig. 6) kann man auch diese Reste nicht mehr auffinden. Die „Mesode rmmembran" , die ja seinerzeit durch Ab- hebung von dem inneren Mesodermüberzuge der Leibeswand ent- standen ist, legt sich endlich auch in der Kopfregion wieder an die äussere Haut an, während die Larve ihre aufgeblähte, kugelige Gestalt in die wurmfcrmige verwandelt. Auch die grüne Pigmentirung, die hier ein Larven- charakter ist, wird rasch rückgebildet; sie ist bald nur auf einen Streifen vor dem präoralen Wimperkranz beschränkt und ver- schwindet zuletzt gänzlich (Fig. 6). Die Flimmerkränze werden zunächst bei der Verkleine- rung des Körperquersehnittes in ihrer Entfaltung beeinträchtigt und gehen am Ende dieser Entwicklungsperiode, wo die Larve zu Boden sinkt, gänzlich verloren, und die Flimmerbekleidung des Körpers bleibt überhaupt schliesslich nur auf den sogenannten Rüssel (oder besser Kopflappen ^) beschränkt. Die Umwandlung zur definitiven Körper form wird durch eine bedeutende Streckung des Körpers, die mit einer absoluten Verkleinerung des Querschnittes verbunden ist, einge- leitet. Bei dieser Streckung spielt das immer noch überwiegende Wachsthum des Rumpfes eine bedeutende Rolle (nach der Lage der Borsten kann man sich am besten über die vordere Grenze des Rumpfes orientiren). Dann tritt eine bedeutende Verengerung des präoralen Kopfabschnittes und eine Einbuchtung «einer ventralen Fläche auf, wodurch dieser Abschnitt allmälig zur Form des Echiurusrüssels übergeführt wird. An dem immer mehr sich streckenden Rumpfe treten alsbald peristaltisch vom Hinterende nach dem Vorderende zu verlaufende Contractionen der Ringmusculatur ein, wodurch die Leibeshöhlenflüssigkeit hin nnd her getrieben wird. Durch diese Action tritt die Aehnlich- keit mit dem entwickelten Echiurus immer schärfer hervor. Der Darmcanal erfährt bedeutende Veränderungen. Der Mund verengert sich in sehr auffallendem Maasse. Der Oesophagus wird aus einem weiten längsfaltigen Sacke zu einem engen, langen. ') Spengel. Beiträge zur Kenntii. d. Geph. 1. c. 24 Dr. ß. Hatschek: alsbald schlingenfcirmig gebogenen Rohre; auch rückt er aus der vorderen Kopfregion nach hinten , er verläuft nicht wie früher, nach vorwärts, sondern ist jetzt nach rückwärts gerichtet. Der Mitteldarm ist bedeutend enger geworden, das Flimmerorgan rück- gebildet und der Enddarm zu einem langen, schlingenförmigen umgebogenen Rohre verlängert. Die Mesenterien erscheinen bis auf einige Muskelstränge rückgebildet. Die Längsmuskeln des Hautmuskelschlauches, die früher mit Ausnahme des ventralen Muskelbandes nur auf den Rumpf beschränkt waren , entwickeln sich nun auch in der Kopfregion, . so dass der Hautmuskelschlauch nun vom Vorderende bis zum Hinterende reicht. Es schien mir, dass die Längsmuskeln der Kopfregion aus dem Ma- teriale der früheren „Mesodermraembran" entstehen, doch bin ich hierüber zu keinem sicheren Resultat gekommen ; es ist möglich, dass die Mesodermmembran auch im Kopfe von anderen Zellen (den verästelten Mesodermzellen) überwachsen wird , und dass diese die Längsmuskeln produciren. Die Leibeshöhle der präoralen Kopfregion wird immer dichter von verästelten Zellen durchsetzt. Neben dem Enddarm liegen die immer mächtiger heran- wachsenden Nieren (Fig. 6 und 32). Wir müssen hier noch die Bildung der Hautpapillen be- trachten , die in diesen Stadien in regelmässigen Kreisen ange- ordnet sich bemerkbar machen. Dieselben sind solide Hervor- ragungen der Epithelschichte. Man kann schon in dem Stadium der Fig. 5 an gefärbten Präparaten kleine Ektoderm verdickungen, in welchen die Zellkerne sehr dicht gedrängt sind , beobachten, diese erheben sich nun als solide Epithelhöcker über die Ober- fläche und stellen so die Papillen dar. Von Wichtigkeit ist die Vertheilung der Papillen, denn es entspricht jedem Rumpfseg- mente ein Papillenkranz, so dass hierin die Metamerie äusserlich ihren Ausdruck findet. Ausserdem entfallen aber auch auf die hintere Kopfregion vier Papillenkreise, so dass man, wenn man nach diesem Merkmal allein die Anzahl der Metameren bestimmen wollte, in Irrthum geführt würde. V. Entwicklungsperiode (Fig. 7). Der junge Echiurus, an welchem in der Körperform, Organisation und Bewegungs- weise der Typus scharf ausgepiägt ist Mit dem Verluste der Wimperkränze wird zugleich die Um- wandlung der Körperform vollendet. Die orale und präorale (68) Ueber Eatwicklungsgeschichte von Echiurus etc. 25 Region des Kopfes wird zum löfFelförmigen Rüssel, die postorale Koj)fregion, die nacli vorne zu scharf abgesetzt erscheint , ver- schmilzt mit dem eigentlichen Rumpfe ohne scharfe Abgrenzung, und da der Bauchstrang auch in diesen Körpertheil sich erstreckt, würde man den Gegensatz , der in der Entwicklung dieser Ab- schnitte besteht, kaum ahnen. In Fig. 7 ist ein solcher junger Echiurus abgebildet, der sich noch im pelagischen Auftrieb fand, demnach seine "Wimperkränze eben erst verloren hatte. Man' kann an dem Bauchstrang in der Rumpfregion eine segmentweise Wiederholung von je drei charakteristisch geformten Ganglienan- schwellungen beobachten. An dem vorderen, der postoralen Kopf- region angehörenden Theile des Bauchstranges folgt eine Reihe anders gestalteter, gleichförmiger Ganglienanschwellungen. Dicht hinter dem „Rüssel" gabelt sich der Bauchstrang, um in die Coramissuren überzugehen, die ebenfalls dicht aufeinanderfolgende gangliöse Anschwellungen zeigen. Sie übergehen am vorderen Ende in ein nur wenig dickeres queres Verbindungsstück, das von der Scheitelplatte abstammende Gehirn. Ich habe es leider versäumt, die innere Organisation dieses schönen, noch sehr durchsichtigen Stadiums im Uebrigen genauer zu studiren und einzuzeichnen. Ich will nur erwähnen, dass der Darm noch viel reicher gewunden ist, die Nieren bis über die Mitte des Rumpfes nach vorne reichen und die Blutgefässe sowohl das oben erwähnte Bauehgefäss, als avich das am Darm liegende Rückengefäss, schon in Function getreten sind. Die Bewegungen des Thieres sind jetzt auch ganz charak- teristisch echiurusartig; sie werden sowohl durch den sehr con- tractilen Rüssel und die kräftig arbeitenden Borsten, als auch durch den peristaltisch sich contrahirenden Hautrauskelschlauch, der eine recht kräftige Kriechbewegung vermittelt, erzielt. Die an zelligen Körpern reiche Leibeshöhlenflüssigkeit strömt dabei aus den comprimirten Körpertheilen in die benachbarten anschwellenden hinein. Theoretische Erörterungen. A. Die Beziehungen derEchiuriden zu den Anneliden. Die Gattung Echiurus steht unzweifelhaft in so nahen verwandtschaftlichen Beziehungen zu den übrigen „chaetiferen Gephyreen", den Gattungen Thalassema und Bonellia, (6y) 26 Dr. B. Hatschek: (lass die Schlüsse in Betreff des Verhältnisses von Echiurus zu den Anneliden, die man aus der Entwicklungsgeschichte des- selben ziehen kann, auch auf die ganze Ordnung der „chaeti- feren Gephyreen" oder Echiuriden ausgedehnt werden können. Die Entwicklungsgeschichte von Echiurus beweist uns nun, dass die Echiuriden echte Anneliden sind ; wir finden in der Ent- wicklungsgeschichte sowohl den Gegensatz von Kopf und ßumpf,^ als auch die typische Metamerie des Rumpfes , ja sogar eine ur- sprünglich durch Dissepimente in metamerische Abtheilungen ge- schiedene Leibeshöhle. Die Echiuriden sind aber jedenfalls in Anpassung an beson- dere Lebensverhältnisse bedeutend in ihrer Körperform modificirte Anneliden. Wenn wir uns nun fragen, von welcher Gruppe der Anne- liden die Echiuriden sich abzweigen, ob sie den niedrigsten borsten- losen Uranneliden oder höherstehenden Gruppen verwandt sind, so werden wir sowohl in der complicirten Organisation nähere Anschlüsse an die letzteren finden und namentlich durch das Vor- handensein charakteristischer Bildungen , der Borsten , auf einen directen verwandtschaftlichen Zusammenhang mit der Ordnung der Chaetopoden hingewiesen. Es zeigt sich , dass die Borsten der Echiuriden sich vollkommen nach dem Typus der Chaetopoden- borsten entwickeln. So werden die schon durch die anatomischen Verhältnisse mannigfach angedeuteten Beziehungen durch die Entwicklung sichergestellt. Wir kommen also zu dem Schlüsse , dass die Echiuriden^ nicht wie bisher vielfach angenommen wurde, einen Uebergang von ungegliederten Formen zu den echten gegliederten Anneliden bilden, dass sie sich auch nicht an die niedrigsten als phylogenetische Ausgangsgruppe der Anneliden erkannten Uranneliden (Polygordius) anschliessen , sondern von höherstehenden Formen , von echten Chaetopoden (passender wäre der Name Chaetiferen) abstammen, von welchen sie sich durch mancherlei Umbildung und Rückbildung entfernt haben. Charakteristisch ist also die Umbildung der Körperform, die rüsselartige Ausbildung des Kopflappens, die jedenfalls stark rück- gebildete Segmentirung (Verlust der Dissepimente), die Reducirnng der Borsten und der Segmentalorgane , die nur auf wenige Seg- mente beschränkt sind ; ferner sind noch aufi'allende Erscheinungen : 170) üeber Entwicklungsgeschichte von Echiurus etc. 27 die weite Ausdehnung der postoralen Kopfregion und das Ver- halten des Endsegmentes , in welchem ein den Segmentalorganen homodynames Organ die terminale Niere sich bildet. Das Auf- treten dieser Bildung scheint mir dadurch ermöglicht , dass bei den Echiuriden die Metamerenbildung schon während der Larven- stadien einen scharfen Abschluss erfährt und das Materiale des Endsegmentes daher zur Diiferenzirung specifischer Organe ver- wendet werden kann, — während bei den anderen Anneliden am hinteren Köperende die Metamerenbildung meist sehr lange fort- dauert und keinen scharfen Abschluss zeigt ; denn wir können bei den meisten Anneliden zeitlebens am Hinterende eine abgestufte Reihe auf niederer Entwicklungsstufe stehen gebliebener Metameren finden und am Endsegment, von welchem aus die Metameren sich bilden, die Primitivanlagen in undifFerenzirtem, gleichsam embryo- nalem Zustande beobachten. B.DieBeziehungen derEchiuriden zu den borsten losen G e p h y r e e n (S i p u n c u 1 i d e n P r i a p u 1 i d e n , P h o r o n i d e n) . Wir müssen nun die Frage aufstellen , ob die borstenlosen Gephyreen mit den Echiuriden vereinigt zu den Anneliden gezogen werden müssen. Bei genauerer Erwägung der Morphologie zeigt es sich, dass der Zusammenhang der borstenlosen Gephyreen mit den Echiuriden sehr zweifelhaft ist. Es lässt sich für denselben nicht viel mehr geltend machen , als die Aehnlichkeit der äusseren Körperform, die ja in so inniger Beziehung zu der Lebensweise steht und die seiner Zeit s'elbst zu der irrthümlichen Vergleichung mit den ähnlich gestalteten Holothurien führte. Der Rüssel der Echiuriden ist als modificirter Kopflappen i) eine Bildung, die morphologisch durchaus nicht mit dem rüsselähnlichen Köperabschnitt der Sipunculiden etc. verglichen werden kann , der einem ausge- dehnten postoralen Körperabschnitte entspricht. Das Kopfende der Sipunculiden etc. mit seinen tentakel- ähnlichen Anhängen ist in gänzlich verschiedener Weise aus- gebildet als jenes der Echiuriden. Auch die sehr abweichende Lage des Afters kommt in Betracht. Die Larvenformen zeigen ebenfalls sehr verschiedene Eigenthümlichkeiten. Es erscheint wohl noch zweifelhaft und müsste jedenfalls erst durch die Entwicklungsgeschichte bewiesen werden, ob die borsten- ^) Vergl. Spengel 1. c. (71) 28 Dr. B. Hatschek: losen Gephyreen überhaupt schon von gegliederten Formen ab- stammen ; wenn aber dieser Nachweis sich führen Hesse, so müssten dieselben doch, wie ich vermuthe, von denEchiuriden getrennt werden und beide Gruppen selbstständig im System der Anneliden ange- führt werden. C. Anwendung der Ergebnisse auf das System. Den obigen Erörterungen gemäss halte ich es für geboten, die Classe der Gephyreen aufzulösen und die Echiuriden als Unter- ordnung der Chaetopoden einzureihen. Die Stellung der borsten- losen Gephyreen erscheint noch zweifelhaft, da eine Metamerie des Rumpfes bei denselben nicht nachgewiesen ist. Doch möchte ich es der Einfachheit des Systems wegen am passendsten finden, sie vorläufig als Anhangsgruppe den Anneliden, die zu einen Typus (oder Phylum) zu erheben sind, anzureihen. Auch halte ich es für besser, um Unklarheiten zu vermeiden, den Namen „Gephyrei" zu beseitigen und den Namen „Sipun- culacea" auf die „borstenlosen Gephyreen" zu übertragen. Ich schlage daher, eine kürzlich von mir aufgestellte Ein- theilung modificirend, folgende Gruppirung vor: Typus Annelides. 1. Classe. Archiannelides iPolygordius). 2. Classe. Chaetopodes (oder Chaetiferi). 1. Ordnung, Saccocirridae. 2. Ordnung. Polychaetae. 3. Ordnung. Echiuridae. 4. Ordnung. Oligochaetae. 3. Classe. Hirudinei. Anhang: (4. Classe) Sipunculacea (Sipiinculidae, Pria- pulidae, Phoronidae). D) Zur T r 0 c h 0 p h 0 r a t h e 0 r i e. Schon aus den Untersuchungen Salensky's geht die grosse Uebereinstimmung der Echiurus-Larve mit den Larven der anderen Anneliden , und der genauer untersuchten Polygordiuslarve hervor. Durch meine neuerliche Untersuchung der Echiuruslarven hat sich die Uebereinstimmung als eine noch weitgehendere er- geben, namentlich bei Berücksichtigung der jüngsten noch unge- gliederten Stadien, die ich als Trochophora bezeichne. Man findet hier den präoralen Wimperkranz noch zweireihig und alle Organe (72) Ueber Entwicklangsgescliichte voa Echiarus etc. 29 finden sich in sehr grosser Uebereinstimmung vor ; Scheitelplatte Wimperapparate, dorsale und ventrale Längsmuskeln des Kopfes, Kopfniere , Mesodermstreifen des Rumpfes, Darmcanal zeigen alle die typischen Eigenthümlichkeiten des Trochophorastadiuras. — Aber auch Abweichungen der Larve vom Typus finden ihre Er- klärung; so zeigt die Entwicklung und das definitive Schicksal der „Mesodermmembran", dass diese morphologisch nur von unter- geordneter Bedeutung ist. Das Excretionsorgan der Larve erweist sich, obzwar die Trichter durch eigenthümliche geschlossene End- zellen ersetzt sind, doch als der Kopfniere gleichwerthig. Die allgemeine Bedeutung aller jener Organe, die sich ja selbst bei Molluskenlarven (Teredo) bis in Details vergleichen lassen, wird hier auf's Neue bestätigt. Das Verhältniss der primären Leibeshöhle und der secun- dären Leibeshöhle des Rumpfes erweist sich ebenfalls überein- stimmend zu meiner früheren Darstellung. Die primäre Leibes- höhle , die sich zuletzt nur auf die Kopfregion beschränkt , ist eine einfache Höhle , die nicht etwa durch Mesenterien in eine rechte und linke Hälfte getrennt wird, wie die des Rumpfes. ') E) Bemerkungen zur Theorie der S e g m e n t i r u n g. Die Erscheinungen stimmen hier, wie erwähnt, mit den typi- schen Verhältnissen der Anneliden überein; zuerst tritt durch die frühere Entwicklung von difi^erenten Organen in der vorderen Körperregion der Gegensatz von Kopf und Rumpf auf; erst später treten die Differenzirungen im Rumpfe auf, und zwar von vorne nach rückwärts vorschreitend, welches Eolgeverhältniss sich auch in der Metamerenbildung ausprägt. Wir haben gesehen , dass dieser Gegensatz von Kopf und Rumpf und selbst das Fortschreiten der Entwicklung vom Vorder- ende nach dem Hinterende des Rumpfes, auch bei den Mollusken auftritt, deren Rumpf keine metamere Differenzirung erkennen lässt. Ich habe bei fortgesetzter Beschäftigung mit diesem Gegen- stande meine früheren Ansichten in dieser schwierigen Frage in einigen Punkten geklärt und auch neue Gesichtspunkte gewonnen. Ich will diese meine Ansichten über die Gliederung des Körpers hier in Kurzem andeuten. Schon bei den niederen Bilaterien sind im Allgemeinen die Organe, welche die hervorragend thierischen Functionen versehen, ') Von Kl ein en berg wird neuerdings angegeben (1. c), dass die Kopfliölile von Lumbricus trapezoides in zwei getrennten Hälften und durch Spaltung des Mesoderms entstehe. (T3) 30 Dr. B. Hatschek: auf den vorderen Körperabschnitt beschränkt, während der hintere Abschnitt die Anlage der Geschlechtsorgane enthält. Es prägt sich nun allmälig, ohne dass hierin eine scharfe Grrenze zwischen niedrigeren und höheren Formen gezogen werden kann, immer deutlicher, sowohl entwicklungsgeschichtlich , als anatomisch, der Gegensatz vom Kopf, der die höheren animalischen Functionen versieht, aber steril ist, und dem die Geschlechtsorgane beherbergen- den Rumpf aus. Der vordere Körpertheil, geht, da seine Functionsfähigkeit zuerst in Anspruch genommen ist, dem hinteren in der Ent- wicklung voraus (doch ist dieser Entwicklungsgang, wie ich glaube, auch auf phylogenetische Processe zu beziehen). Wir sehen daher im Allgemeinen bei den Bilaterien, dass in der Entwicklung der Kopf anfangs der an Grösse weitaus überwiegende Körpertheil ist, während der Rumpf später erst heranwächst, so dass sich dann das Grössenverhältniss meist umkehrt. Es tritt weiter die Erscheinung auf, dass das Wachsthum des Rumpfes kein gleichmässiges , sondern ein terminales ist. Während an seinem Vorderende die Differenzirungsprocesse be- ginnen , wird am Hinterende durch Wachsthum neues Materiale zur DiiFerenzirung geliefert. In diesem Vorgange, wie er z, B. bei den Nemertinen vor- zuliegen scheint, möchte ich die Grundlage zur Metamerenbildung vermuthen, so dass auch diese nicht unvermittelt und ohne Ueber- gang aufgetreten wäre. Wenn bei Bilaterien, denen ein terminales Wachsthum und eine von vorne nach hinten fortschreitende Dif- ferenzirung des Rumpfes eigenthümlich ist, die continuirlich fort- schreitende DiiFerenzirung sich in eine absatzweise fortschreitende verwandelt, so ist der Typus der metamerischen Thiere erreicht. Die weiteren Umwandlungen höher differenzirter Thiere , die Heteronomie der Segmente, das Verschmelzen von Metameren mit dem primären Kopf wollen wir hier nicht weiter ausführen. In solchen schwierigen Fragen, wie die hier erörterte, kann bei unserem dürftigen Materiale die Theorie nur eine orientirende Bedeutung haben, und wird durch neue Untersuchungen noch viele Modilicationen erfahren müssen. Doch erscheint es mir als ein Bedürfniss und für spätere Forschung erspriesslich, die Thatsachen nach Gesichtspunkten zu ordnen. (74) Ueber Entwicklungsgescliiclite von Echinrus etc. 31 Tafelerklärung. Allgemeine Buchstabenbezeichnung A After. B s t r Banchmark. d 1 m dorsaler Längsmuskel des Kopfes am Trocliophocastadium. D s p Dissepimente. K N Kopfniere. KN, primärer Ast der Kopfniere. m Muskel. ni 0 e s Oesophagus- Muskel. M s t r Mesodermstr eilen. N terminale Niere („Analblase"). 0 Mund. 0 e s Oesophagus. S C Schlundcommissur. SP Scheitelplatte. U S Ursegraente. V G seitliche Ganglienanlagen des Bauch- markes. V 1 m , vorderer präoraler Theil des ven- tralen Längsmuskels, v 1 m 2 hinterer postoraler Theil des ven- tralen Längsmuskels. Bei jenen Figuren, die nicht nach dem lebenden Objecte gezeichnet sind, ist dies besonders bemerkt. Taf. I. Die Figuren 1—7 stellen die beobachteten Stadien dar. Fig. 1—6 sind in gleicher Vergrösserung (^?) gehalten, Fig. 7 ist nur in halb so starker Vergrössernng ("'") gezeichnet. Fig. 1. Jüngeres Trochophorastadium (vergl. Fig. 8, 9) von der Seite gesehen. Fig. 2. Aelteres Trochophorastadium mit hinterem Flimmerkranze und Mesodermmembran (vergl. Fig. 12) von der Seite gesehen. Fig. 3. Larve mit segmentirtem Mesodermstreifen , in den vorderen Segmenten Dissepimente; Anlage der ventralen Borstensäcke, Schlundcommissur, seitliche Ganglienanlagen des Bauchmarkes , accessorische postorale Wimperreihe (vergl. Fig. 24). Die Larve ist von der Bauchseite gesehen; die Scheitelplatte liegt etwas dorsalwärts (zufällig durch die Lagerung der Larve). Fig. 4. Larve, an welcher die Mesodermstreifen bereits die ganze Peripherie des Rumpfes umwachsen haben. Die Dissepimente sind schon rückgebildet. Das Darmfaserblatt beginnt sich am Darme nach vorne auszubreiten. Gangliöse Ver- dickungen der Schlundcommissur, Mittelstrang des Bauchmarks, Anlage der terminalen Nieren. (75) 32 Dr. B. Hatschek: , Fig. 5. Weiteres Stadium , welches sich zu strecken beginnt, von der Seite gesehen; dorsales Mesenterium mit eingelagerten Muskeln, ventrales Mesenterium schon in einzelne Muskeln zerfallen. 1, 2, 3, erstes, zweites, drittes Rampf- segment. Im ersten Rumpfsegment die ventralen Borsten , im 14. und 15. die Anlagen der hinteren Borstenkränze. Fig. 5 A. Ein Stück der Bauchseite des Rumpfes , um den Bauchstrang und die Verthejlung der Pigmentirung zu zeigen. Fig. 6. Weiteres Stadium (kleines Individuum) von der Seite gesehen. Die Kopfniere ist rückgebildet. Die „Mesodermmembran" hat sich überall an die Leibeswand angelegt. Die ganze Leibeshöhle von verästelten Zellen durchsetzt. Der Kopf ist am Vorderende bauchwärts löffeiförmig eingedrückt. Die hintere Kopfregion und der Rumpf mit regelmässigen Kreisen von Hautpapillen versehen. Die ventralen Borsten und die zwei hinteren Borstenkränze nach aussen durch- gebrochen. Oesophagus und Hinterdarm schlingenförmig gewunden. Terminale Nieren bedeutend vergrössert (die der linken Körperseite ist nicht eingezeichnet). Anlage des Bauchgefässes tritt deutlich hervor. Fig. 6 A. Einige Zellen aus der Leibeshöhle derselben Larve, stärker vergrössert. Fig 7. Junger Echiurus. Die inneren Organe des noch sehr durchsichtigen Thieres sind nicht gezeichnet , mit Ausnahme des Central-Nervensystems und des inneren Theiles der Borsten. Fig. 8. Jüngeres Trochophorastadium bei stärkerer Vergrösserung ('-") von der Seite gesehen. Es sind alle Gebilde, die im optischen Durchschnitte (Medianebene) liegen , eingezeichnet. Ausserdem sind der ventrale und dorsale Läugsmuskel, Mesodermstreifen und Kopfniere (vergl. Fig. 9), die Muskeln des Oesophagus und der oralen Zone, ferner einige der auffallendsten Ringmuskelfasern — von allen diesen Gebilden aber nur die der linken Körperseite — eingezeichnet. Fig. 9. Hintere Bauchregion derselben Larve stärker vergrössert Cf) , um den Mesodermstreifen, die Kopfniere etc. zu zeigen. Fig. 10. Ein Stück der Leibeswand aus der Kopfregion derselben Larve. Man sieht die blassen Zellkerne des Ectoderms; die feinen unter der Haut ver- laufenden Muskelfäden und die grossen verästelten Mesodermzellen. Fig. 11. Eine der grossen verästelten Mesodermzellen von der inüeren Seite der Leibeswand. Taf. n. 150 Fig. 12. Aelteres Trochophorastadium von der Bauchseite gesehen. , . Fig. 13. Optischer Querschnitt durch die Bauchregion des Rumpfes von demselben Stadium, um das Verhältniss der Mesodermstreifen zu der Mesoderm- membram und dem ventralen Längsmuskel zu zeigen (stärkere Vergr.). Fig. 14. Wimperkranzregion einer Larve, die etwas jünger ist als die von Fig. 12; im optischen Durchschnitt, nur das Ringmuskelband des präoralen Wulstes ist auch von der Fläche gesehen. Die hintere Wimperreihe des präoralen Wimper- kranzes ist noch erkennbar. Fig. 15. Scheitelplatte des Trochophorastadiums vom Scheitelpole aus gesehen. Fig. 16. Optischer Durchschnitt aus der Scheitelplatte. Fig. 17. Scheitelplatte mit den gegen den Mund verlaufenden, im Ectoderm gelegenen Fasersträngen der Schlundcommissur, von einer Larve, die etwas älter als die in Fig. 12 ist. (7Ö) Ueber Entwicklungsgeschichte von Echiurus etc. 33 Fig. 18. Faserstrang der Schlnndcommissur bei stärkerer Vergrösserung ; der Tubus ist auf die tiefere Schichte des Epithels eingestellt (lebendes Object). Fig. 19. Linker Mesodermstreifen und Kopfniere von einer Larve, die etwas 450 jünger ist als die in Fig. 12 abgebildete, von der Bauchfläche gesehen, t- Fig. 20. Linker Mesodermstreifen und Kopfniere der Larve von Fig. 12, von 4S0 der Bauchseite gesehen. ^-- Fig. 21. Die Region dieses Mesodermstreifens und der Kopfniere im optischen Längsschnitt, t- Fig. 22. Linke Bauchregion einer Larve mit 6 Ursegmenten. In der Mittel- 4äO linie einzellige Längsmuskeln, i • Fig. 23. Desgleichen von einer älteren Larve mit Anlagen der segmentalen Leibeshöhle und üissepimenten , seitlichen Ganglienanlagen des Banchraarks. ',-. Fig. 24. Bauchregion (vom Mund bis zum After) von einer Larve vom Stadium der Fig. 3. t- Taf. III. Fig. 25. Kopfniere einer Larve vom Stadium der Fig. 4. Vergr. ungefähr -7. Fig. 26. Ein Stück einer ähnlichen Kopfniere nach einem Osmium-Picrocarmin- Präparate. An den Cauälen sind alle Kerne, auch die der hinteren Wand (diese waren etwas blasser eingezeichnet, was in der Lithographie vernachlässigt wurde) dargestellt, um die Gesammtzahl derselben zu überblicken. 1 . Fig. 27. Erste Anlage der terminalen Nieren unter der Ringmuskelschichte. Das Hinterende des Bauchstrangs ist zur Orientirung über die relative Lage mit eingezeichnet. Die Ringmuskelschichte nur im hinteren Abschnitt gezeichnet. Fig. 28. Weiteres Stadium; Darstellung wie in der vorhergehenden Fig. Fig. 29. Eine der Terminal- Nieren der vorigen Fig., stärker vergrössert. Man sieht an dem einen Ende, wo die Ringmuskeln auseinanderweichen, die Ver- bindung mit dem Ectoderm, an dem Theil der Niere, der in die Leibeshöhle gerückt ist, den Endothelüberzug. Fig. 30. Lumen und Trichteröifnung sind an der Niere aufgetreten. Flg. 31. Hinterende mit der rechten Terminal-Niere (schiefe Ansicht) von einer Larve, die etwas älter ist, als die von Fig. 5; je eine Borstenanlage der beiden Borstenkränze ist eingezeichnet, um das Verhältniss zu den Metameren zu zeigen. Fig. 32.1 Vordere Abschnitte von Terminal -Nieren von Stadien, die etwas Fig. 33. J älter sind als das von Fig. 6. Fig. 34. Terminal-Niere, etwas jünger als die von Fig. 31; Osmium-Picro- carmin-Präparat ; optischer Durchschnitt, nur links ein Stück der Wandung von der Fläche gesehen. Fig. 35 — 41. Entwicklung der ventralen Borsten. Fig. 35. Borstensäckchen (vom Stad. d. Fig. 3), welches in die Leibeshöhle zu rücken beginnt und schon ein kleines Lumen enthält. Fig. 36. Weiteres Stadium , am Boden der Höhle ist die Spitze der Borste angelegt. Fig. 37. Borstensäckchen mit kegelförmiger Borstenanlage. Fig. 38. Die Borste hat sich verlängert; der Hohlraum umgiebt nur die Spitze der Borste. Bei b die flache Borstenanlage von der Kante gesehen. Fig. 39. Weiteres Stadium; die Muskeln und die bindengewebigen Fäden, die den Borstensack an die Leibeswand heften, sind eingezeichnet. (77) 34 l)r. B. Hatscliek: Ueber Entwicklungsgeschichte von Echiurus etc. Fig. 40. Weiteres Stadium (von dem jungen Echiurus auf Fig. 7) schwächer vergrössert als die vorhergehenden Stadien. Der zuerst gebildete, gebogene, vordere Borstentheil (in Fig. 39 ist nur dieser vorhanden) ist schon nach aussen durch- gebrochen; der hintere gerade Theil liegt im Innern des stark verlängerten, dicht unter der Haut blasig aufgetriebenen Borstensackes; an letzterem Theile ein querer bindegewebiger Strang. Fig. 41. Hinterende des Borstensackes mit Borstenanlage, ungefähr dasselbe Stadium wie in Fig. 39. Osmium-Picrocarmin-Präparat, Vergr. j. Fig. 42. Mesodermzellenhaufen aus der Leibesböhle vom Hinterende einer Larve vom Stadium der Fig. 5. Osmium-Picrocarmin. i . Fig. 43. Ectoderm einer Larve vom Stadium der Fig. 4, a im optischen Durchschnitt, mit den eingelagerten gewundenen Drüsen, b von der Fläche mit Drüsen, blassen Zellkernen und Pigmentkörperchen. Fig. 44. Ectoderm mit sehr zahlreichen Drüsen (Stadium der Fig. 5). . .400 Osmium-Picrocarmin. , . Fig. 45. Einige Eatodermzellen derselben Larven, mit osmiumgeschwärzten 450 Fetttropfen, t. ^7S) Protodrilus Leuckartii. Eine neue Gattung der Arcliianneliden, Mit 2 Tafela. Von Dr. B. Hatschek. Allen Zoologen, welche die Meerenge von Messina ihrer reichen Fauna wegen besuchten, sind wohl die beiden kleinen in der nördlichen Landzunge gelegenen Salzseen (Pantani) bekannt, die nur mittelst enger Canäle, welche überdies einen grossen Theil des Jahres geschlossen sind, mit dem Meere zusammenhängen. In diesen Seen findet sich eine ziemlich reiche und sehr eigenthüm- liche Fauna, die durch die besonderen Verhältnisse in hohem Grade isolirt und abgeschlossen ist. Die beiden Seen, obzwar durch einen engen Canal miteinander verbunden, zeigen doch eine sehr verschiedene Fauna. Der weitaus interessantere, kleinere nörd- liche Pantano beherbergt unter anderem Amphioxus in zahlloser Menge. — Ich nahm in dem benachbarten Dorfe Faro einen zehn- wöchentlichen Aufenthalt, April, Mai und Anfang Juni 1879, um die Entwicklungsgeschichte von Amphioxus zu studiren, über welche ich demnächst ausführlich berichten werde. Bei dieser Gelegenheit fand ich im Sande des Ufers einen kleinen, Polygordiusähnlichen Anneliden, der mein Interesse in hohem Grade erregte. Ich erkannte bald, dass diese Form einen noch viel ursprünglicheren Bau besitze, als Polygordius und dass dieselbe als die niedrigste aller bisher bekannten Annelidenformen zu betrachten sei. Da ich glaube , dass diese Form für unsere Auffassung der Morphologie der Anneliden von wesentlicher Bedeutung sei, fühle ich mich veranlasst, dieselbe hier näher zu beschreiben, um die (79) 2 ■ Dr. B. Hatschek: Aiifmerksamkeit der Fachgenossen auf dieses interessante Thier zu lenken. Ich nenne dasselbe: Protodrilus Leuckartii. Protodrilus schliesst sich sehr nahe an den von Schneide r entdeckten Polygordius ^) an, doch ist in der Organisation des Nerven- systems , in der ventralen Flimmerrinne und der ßewimperung überhaupt, im Blutgefässsystem und im Verhalten des Mittel- darmes eine niedrigere Organisationsstufe ausgeprägt, so dass die Aufstellung einer besonderen Gattung geboten erscheint. Dem von U 1 j a n in beschriebenen Polygordius flavicapitatus ^), der wohl auch von Polygordius generisch zu trennen wäre, scheint unsere Form noch näher zu stehen, als den früher bekannten Arten ; die nächste Verwandtschaft zeigt aber der kürzlich von Langer h ans beschriebene Polygordius Schneiderin) und ich vermuthe, dass bei genauerer Untersuchung desselben sich auch im Nerven- system eine solche Uebereinstimmung zeigen wird, dass diese Form mit unserer Art in dieselbe Gattung vereinigt und als P r o t o d r i 1 u s Schneideri bezeichnet werden wird. Wenn man etwas von dem Sande des Grundes mehrere Me- ter vom Ufer entfernt, oder sonst von flachen Stellen des Pantano eine Zeit lang in Aquarien stehen lässt, so kriechen an den Wänden des Glases kleine, gelblich weisse Würmchen empor. Auch bei Durchmusterung des Sandes in einem Uhrschälchen unter der Lonpe findet man die kleinen Würmchen, deren geschlechtsreife Individuen bis 4 Millimeter in der Länge messen. Die Bewegung der lebhaft umherkriechenden Thierchen ist Nemertinenähnlich, — so wie die des neuerdings vonLangerhans entdeckten Polygordius Schneideri — da dieselbe hauptsächlich durch Wimpern, vor allem durch eine ventrale Wimperrinne , bewirkt wird, während (lie durch die Längsmuskeln des Körpers hervorgerufenen Schlän- gelungen mehr die Richtung der Bewegung beeinflussen. Der Habitus (Fig. 1.) ist ganz der von Polygordius. Der langge- streckte Körper entbehrt der äusseren Segmentirung ; die Bauch- seite ist etwas abgeflacht und längs der ganzen Rumpfregion mit einer tiefen Flimmerrinne versehen. Der Kopfabschnitt, welcher etwas dicker als der Rumpf ist, trägt an seinem Vorderende zwei sehr bewegliche und contractile, bandförmig abgeplattete ^) Schneider, Ueber Bau und Entwickluug von Polj'gordius , Müllei's Arch. J86S. ■) Zeitsclir. f. wiss. Zool. Bd. XXVIII. p. 389. (Wir nur aus den Berichten von Hoyer bekannt, die russische Abhandlung war mir nicht zugänglich.) •') Zeitschr. f. wiss. Zool. XXXIV. ßJ. p. 125. (BO) Protodrilus Leuckartii. , 3 Tentakeln. Das Hinterende ist etwas verjüngt und mit zwei meist ungleichen Zacken — eine derselben ist oft verkümmert — versehen. Die Segmentirungist durch dieim Ektoderm verlaufenden feinen Grrenzlinien und durch die Bewimperung, ferner durch die Dissepimente und die Segmentalorgane ausgeprägt. Wenn man die Thiere ohne sie durch den Druck eines Deck- gläschens zu irritiren in einem ausgebreiteten Wassertropfen unter- sucht , so ist die Segmentirung sehr wenig auifallend (Fig. 1) : setzt man aber ein Deckgläschen auf, oder irritirt das Thier auf eine andere Weise mechanisch oder durch Reagentien, so wird der Darmcanal den Dissepimenten entsprechend ringförmig eingeschnürt, wodurch die Segmentirung sehr scharf hervortritt (Fig. 2). Das Kopfsegment zeichnet sich durch den Besitz einer sehr ausgedehnten postoralen Region aus. Dieses Verhältniss finden wir auch bei Polygordius und auch bei Saccocirrus, dem ursprüng- lichsten der bekannten Chaetopoden ^), während bei den höheren An- neliden die postorale Kopfregion oft sehr reducirt und mit dem ersten borstentragenden Rumpfsegmente verschmolzen ist. — Die Anzahl der Rumpfsegmente nimmt noch während der Reifung der Geschlechtsproducte zu. Thiere mit 22 Rumpfsegmenten enthielten in einigen Segmenten schon reife Spermatozoen ; die grössten, von mir beobachteten Exemplare zählten 31 Segmente. Das abgestufte Alter der Segmente ist in dem Reifezustand ihrer Geschlechts- producte ausgeprägt ; die allerletzten Segmente zeigten stets noch eine sehr geringe Grösse und histologisch weniger scharf ausge- prägte Differenzirung. Das Endsegment zeigt in seinen Schichten einen embryonalen Charakter, abgesehen von den drüsig diiferen- zirten Endzacken. Epidermis, Nervensystem und Sinnesorgane stehen, wie bei den verwandten niedrigen Annelidenformen noch in innigen Beziehungen zu einander als verschieden differenzirte aber nicht scharf von einander gesonderte Theile einer Primitiv- anlage ; wir müssen dieselben daher im Zusammenhange behandeln. Die Epidermis besteht zum grössten Theil aus cubischen Zellen, an deren Oberfläche zwar eine festere Grenzschichte, aber kaum eine nachweisbare Cuticula sich findet. Zwischen diesen cubischen Zellen liegen kolbenförmige Schleimzellen einge- bettet, die mit einer feinen OeiFnung nach aussen münden ; die- selben finden sich besonders zahlreich an der Bauchregion (Fig. 8 ^) A. F. Marion et N. Bobretzky, Etüde des Annelides du golfe de Marseille . Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. III. ß (81) Dr. B. Hatschek: und 15 — 19), mit Ausnahme des medianen Streifens, und auch an der Tentakeln (Fig. 5). Die Schleimzellen färben sich bei Osmium- Carmin-Behandlung nur sehr schwach, — im Gregensatz zu den anderen Epithelzellen — und zeigen meist einen flachen, wand- ständigen Zellkern. In der Umgebung des sehr ausdehnbaren Mundes ist das Epithel durch zahlreiche Vacuolen in ein waben- artiges Fachwerk umgewandelt (Fig. 13, 14). Es müssen auch unter den kleinen, cubischen Zellen noch Unterschiede bestehen, da ein Theil derselben Flimmerhaare und andere Sinneshärchen au ihrer Oberfläche tragen. Die Flimmerhaare sind ausser der flimmernden Bauchrinne, der flimmernden Bauchseite des Kopfes und den Flimmergruben, die wir weiterhin berücksichtigen wollen, in folgender Weise über den Körper vertheilt. An den Tentakeln finden sich einzelne zer- streute Flimmerhaare (Fig. 5). Am übrigen Körper bilden die Flimmerhaare eine Reihe von zarten Flimmerkränzen (Fig. 1, 3, 4). Wir finden einen doppelten Flimmerkranz vor dem Munde, einen einfachen hinter demselben, ferner noch vier Flimmerkränze an der postoralen Kopfregion. Die Rumpfsegmente haben an ihrem vorderen und hinteren Ende je einen Flimmerkranz. Die Flimmerkränze bestehen aus zarten und spärlich angeordneten Flimmerhärchen und sind daher nicht leicht wahrzunehmen; an der Bauchseite sind sie durch die Flira- merrinne unterbrochen. Ausserdem findet man noch ganz vereinzelte Flimmergruppen an der Körperoberfläche zerstreut vor (Fig. 9). Wir finden bei Protodrilus die Wimperapparate der ver- schiedenen Annelidenlarven vereinigt. \) Die Sinneshärchen sind besonders zahlreich an den Tentakeln und am Yorderende (Scheitelplatte), ferner an den hinteren Körper- segmenten. Den Endzacken sitzt je ein stärkeres Härchen auf. Wir wollen hier noch die Function und die histologische Beschaff'enheit der Endzacken erwähnen. Dieselben dienen wie bei Polygordius dem Thiere zur Anheftung. Man kann oft sehen, wie sich das Thier plötzlich mit den Endzacken am Objectträger fest- klebt und den Körper nach allen Richtungen tastend umherbewegt ; es bedarf dann wieder einer gewissen Anstrengung, um sich vom Glase loszureissen. Das Secret zu dieser Anheftung wird von keulenförmigen einzelligen Drüsen geliefert , die sich von den ^) Wir kennen wol auch andere Anneliden, die im gesclilecbtsreifen Zustande mit Wimperkränzen versehen sind, docli scheint die Bewimperung nirgends einen so ursprünglichen Charakter zu besitzen. (82) Protodrilus Leackartii. 5 Schleimzellen der Haut durch dunklere Beschaffenheit unterscheiden. Sie münden an dem geschärften Rande der Zacken, an welchem man eine feine Längsstreifung wahrnimmt. . Das Nervensystem ist am lebenden Übjecte nur unvoll- kommen zu beobachten: Man kann am vorderen Körperende das Scheitelganglion als eine Verdickung der Haut sehen, ohne aber die gangliöse Natur beweisen zu können. Ferner kann man längs des ganzen Rumpfes den Bauchstrang verfolgen; doch auch an diesem kann man so die nervöse Natur nicht nachweisen ; man sieht nur, dass hier das Ektoderm von abweichender Beschaffen- heit ist, es fehlen hier die Schleimzellen und die groben Proto- plasmakörnchen; bei tiefer Einstellur g kann man auch zu beiden Seiten der Mittellinie, die von zwei dunkleren Streifen eingenommen wird , zwei hellere Bänder wahrnehmen (Fig. 8) , die , wie wir weiter sehen werden , den Fasersträngen des Nervensystems ent- sprechen. Als Sinnesorgane sind die zwei queren, länglichen Flimmergruben an der Dorsalseite des Vorderkopfes (Fig. 4), ferner zwei helle Körper im Scheitelganglion zu deuten. Pigmentirte Augen fehlen. lieber diese sehr spärlichen Ergebnisse hinaus , welche die Untersuchung des lebenden Objectes gewährt, kömmt man durch Anfertigung dünner Querschnitte aus gut gehärteten und gefärbten Objecten. Die Scheitelplatte finden wir in ihrem vorderen Theile, der ■den Stirnlappen einnimmt, aus kleinen, rundlichen Zellen zu- sammengesetzt, deren grosse Zellkerne sich mit Carmin lebhaft färben (vergl. Fig. 6). Die hellen Körper (Sinnesorgane ?) erweisen sich als aus einer Anzahl um einen gemeinschaftlichen Mittel- punkt angeordneter Zellen zusammengesetzt, die sich nur sehr schwach färben. ^) Die innere Hälfte des Scheitelganglions ist von einer bedeu- tenden Masse von Nervenfasersubstanz gebildet, die sich weiter in die hintere Fortsetzung des Kopfganglions verfolgen lässt. Wir wollen nun einen Querschnitt durch die Region hinter den Ten- takeln, welcher die hintere Wandung der Flimmergruben trifft, betrachten (Fig. 12). Dorsal sehen wir als Ausläufer der Scheitel- platte die gangliösen Wandungen der Flimmergruben; an der abgeflachten Ventralseite linden wir die Fortsetzung des Scheitel- ganglions. Das mächtig verdickte Ektoderm besteht hier aus einer ^) üljanin und auch L ang er lians deuten diese Gebilde als Gebörorgaue. Ich habe nichts beobachtet, was diese Deutung unterstützen könnte. 6 * (83) 6 Dr. B. Hatschek: einfachen Schichte hoher schmaler Cylinderzellen ; die in verschie- dener Höhe gelagerten Zellkerne könnten wohl auf den ersten Blick eine Mehrschichtigkeit vortäuschen. An der inneren Seite dieser Zellen ist eine zweilappige Masse heller , vom Carmin nicht tingirter, Fasersubstanz gleichsam einem Ausschnitt des Epithels eingefügt, aber durch eine scharfe Grrenze von den Zellen getrennt. Auf einem weiteren Schnitte , der dicht vor der Mundöffnung geführt ist (Fig. 13), sieht man den Faserstrang in zwei Stränge zerfallen , die nach den seitlichen Theilen der Bauchfläche hin- ziehen. Diese beiden weit auseinanderliegenden Faserstränge kann man zu den Seiten der Mundöffnung weiter verfolgen (Fig. 14). In der postoralen Kopfregion liegen die Faserstränge wieder etwas näher gegen die Mittellinie , doch noch immer weit von einander entfernt (Fig. 15). Sie sind hier nach aussen mit einem Belage von Ganglienzellen versehen, der von der oberflächlichen Epithel- schicht wohl zu unterscheiden ist. Die breite Fläche zwischen den beiden Strängen wird von einem flimmernden Cylinderepithel ein- genommen. Im ersten Rumpfsegmente nähern sich die beiden Faserstränge mit ihrem Ganglienzellenbelag der Mittellinie und die breite Flimmerfläche der Kopfregion wird zu einer schmalen , tiefen Flimmerrinne (Fig. 16). Das Cylinderepithel in der Tiefe der Flimmerrinne selbst ist einschichtig; die seitlichen verdickten Theile sind zweischichtig , da man eine oberflächliche Lage von Zellen vor den tieferen , die den Ganglienbelag der Faserstränge bildet , unterscheiden kann. Diesen Bau zeigt das Nervensystem in der ganzen Länge des ßumpfes (Fig. 17, 18, 19). Nur an der Grenze von Kopf und Rumpf (Fig. 16) fand ich die beiden Faser- stränge durch eine äusserst schmale Brücke verbunden, die sich in Bezug auf die Carminfärbung und das Lichtbrechungsvermögen so wie die Nervenfaserstränge verhielt und die ich für eine quere Anastomose derselben halte. In den vorderen Rumpfsegmenten ist das Bauchmark massiger und nimmt nach hinten zu allmälig an Mächtigkeit ab , nur in den hintersten Segmenten , wo die Gewebe noch einen jugendlicheren Charakter zeigen, wird der Querschnitt desselben wieder relativ viel bedeutender (Fig. 19). Von peripheren Nerven konnte ich weder am lebenden Objecto noch an den Querschnitten irgend eine Spur entdecken. Man könnte sich leicht vorstellen, dass die sensiblen Nerven durch feinere Faserzüge , die im Epithel selbst verlaufen , gebildet würden , über den Verlauf der motorischen Nerven kann ich mir (84) Protodrilus Leuckartii. 7 aber keine Vorstellung machen. Diese Frage muss weiteren Unter- suchungen anheimgestellt werden. Bei Betrachtung des Muskelsystems wollen wir von den Verhältnissen des Rumpfes ausgehen. Die Muskulatur ist hier vollkommen nach jenem Typus gebaut, welchen Schneider bei Polygordius beschrieb und dessen Bedeutung für den Anne- lidentypus überhaupt derselbe Forscher nachgewiesen hat. Die ßingmuskelschichte fehlt und wir unterscheiden daher nur die dorsalen und ventralen Längsmuskelfelder und die von der Bauchlinie zu den Seitenlinien verlaufenden Quermuskeln (Fig. 16—19). Die Längsmuskelfelder bilden am lebenden Objecte compacte Massen ; nach der Behandlung mit Reagentien treten die einzelnen bandförmigen Muskelfibrillen scharf hervor , die man auf lange Strecken durch viele Segmente continuirlich verfolgen kann. Die bandförmigen Muskelfibrillen stehen .,wie die Blätter eines Buches" aneinandergereiht mit ihren Kanten auf der Haut. Gegen die Leibeshöhle zu sind die Längsmuskelfelder von einer dünnen Protoplasmaschichte bedeckt, welche stark abgeplattete Zellkerne einschliesst ; ausser diesen Kernen , die wohl als Endothelkerne zu bezeichnen sind, finden sich noch andere der inneren Kante der Muskelfibrillen enger anliegende Kerne; dieselben sind, von der Fläche gesehen, länglich und so spärlich vertheilt, dass mindestens auf eine sehr lange Strecke einer Muskelfibrille nur ein solcher Kern entfällt. Dementsprechend sind auch auf einem Querschnitt nur sehr wenige solche Kerne zu zählen. Ich vermuthe, dass diese Kerne die eigentlichen Muskelkerne sind, während die Endothel- kerne , die ursprünglich diesen gleichwerthig waren , mit ihrem Protoplasma vielleicht eine besondere, selbstständige Schichte bilden. An den ventralen Quermuskeln konnte ich blasse Zellkerne und einen sehr zarten Endothelüberzug erkennen. Die Unterbrechung der Längsmuskelfelder in der Rücken- linie und den Seitenlinien ist nur sehr schmal, am bedeutendsten ist dieselbe in der Bauchlinie. Die Längsmuskelfelder reichen hier nur bis zum medialen Rand der Nervenfaserstränge und lassen den vom Boden der Flimmerrinne gebildeten Zwischen- theil frei. Im hinteren Kopfabschnitt verschmälern sich dieLängsm.nskel- f eider bedeutend und lassen daher sehr breite, nur von Endothel bedeckte Stellen frei (Fig. 15); auch die ventralen Quermnskeln fehlen nicht, sie sind aber entsprechend der Verschmälerung des (85) 8 Dr. B. Hatschek: ventralen Längsmuskelfeldes verkürzt. ^) Erst in der Mundregion hören die Quermuskeln auf (Fig. 14). Die Längsmuskeln lassen sich noch eine Strecke weiter nach vorne verfolgen und der ven- trale setzt sich jederseits in einen schief durch die Kopfhöhle zur Scheitelplatte ziehenden Muskel fort (Fig. 3). Der Darmcanal besteht aus dem Oesophagus, mit musku- lösem Anhangsorgan und dem langen Darmcanale, der bis an das- Hinterende zieht. Ein dritter Abschnitt war nicht zu unter- scheiden; vielleicht ist derselbe auf die Afterhöhle beschränkt. Der kurze sackförmige Oesophagus steigt von der Mundöffnung gegen den Rücken auf und mündet hier direct über der Mund- öffnung in den engen Anfangstheil des Darmes (Fig. 3, 4) ; er ist aus kleinen, mit starken Flimmerhaaren versehenen Zellen zusam- mengesetzt. Dicht hinter der MundöfPnung mündet in den Oesophagus ein muskulöses Anhangsorgan von ganz sonderbarer complicirter Form (Fig. 3,4,7). Es besteht aus einem U-förmig gebogenen Schlauche. Der ventrale Schenkel, welcher vorne in den Oeso- phagus mündet, ist mit einer mächtigen muskulösen Masse ver- wachsen, die ihm dorsal aufliegt; am hinteren Ende biegt dieser Schenkel um die muskulöse Masse herum und geht in den dor- salen Schenkel über, der bis dicht an den Oesophagus reicht und hier mit einer chitinigen Blase blind endigt. Das Lumen des Schlauches ist von einer dünnen Cuticala ausgekleidet, die in die chitinige Blase direct übergeht. An letzterer konnte ich durch Färbung platte, einer dünnen Matrix angehörende Zellen nachweisen. An dem Schlauche selbst konnte ich solche Zellen nicht mit genügender Sicherheit von der mächtigen Schichte von Längsmuskelfasern, zwischen welchen Zellkerne sich finden,, sondern ; die Längsmuskeln des Schlauches biegen am Anfangstheil in die „muskulöse Masse" ein (Fig. 7 b). Der grösste Theil dieser Masse aber aus queren Muskelfasern, der vordere Abschnitt scheint von drüsiger Beschaffenheit zu sein. An der Umbiegungs- stelle des U-förmigen Schlauches findet man eine Gruppe kleiner kolbiger Drüsenzellen jederseits dem Organe anhängen (Fig. 3). Der Bau und die Function des Organes blieb mir in vieler Beziehung räthselhaft. Ein ähnliches Organ scheint allgemein bei Polygordius vorzu- *) Langerhans gibt, wohl irrthämlich, an, dass die Quermuskeln in der Kopfregion fehlen. Ich habe dieselben auch bei Polygordius in der hinteren Kopf- region gefunden (diese Zeitschr. Bd. I.). (86) Protodrilus Leuckartii. 9 kommen. Offenbar ist das Organ jenem von Polygordius Schneider! sehr ähnlich; doch verlegt Langerhans die Mündung an jene Stelle, die ich als blindes Ende beschrieb. Auch das Organ von Polyg. flavicapitatus und purpureus scheint mir nach der Beschrei- bung von Ul janin dem vorliegenden sehr ähnlich zu sein. Der Oesophagus und das Anhangsorgan sind von einem gemein- schaftlichen , dünnen , wie es scheint contractilen Sacke einge- schlossen (Fig. 3). Am Oesophagus und auch am Hinterende des An- hangsorganes inseriren sich zur Leibeswand ziehende Muskelfasern. Der Darm beginnt an der Dorsalseite des kurzen Oesophagus ; er ist anfangs enge und erweitert sich am ersten Dissepiment (Grenze von Kopf und erstem Rumpfsegment) (Fig. 4). Dieser enge , im Kopf gelegene Abschnitt wurde von Langerhans bei P. Schneideri noch dem Oesophagus zugerechnet; doch wurde mir bei Protodrilus durch die histologische Beschaffenheit der Gegen- satz zum Oesophagus und die Uebereinstimmung mit dem Darm ganz zweifellos. Dieser Kopftheil des Darmes kommt bei allen anderen Anneliden und auch bei jenem Polygordius , dessen Ent- wicklung ich studirte, nur den Larvenstadien zu. Bei letzterem reicht der Oesophagus später bis zum ersten Dissepiment , bei allen anderen Anneliden reicht er bis in die vorderen ßumpf- segmente. Protodrilus [und die von Langerhans beschriebene Form (?)] zeigt demnach in diesem Punkte die ursprünglichen Ver- hältnisse. Diesem Kopfabschnitt des Darmes fehlt das Darmfaserblatt und mit diesem die Contractilität. Dasselbe beginnt erst in der Humpfregion , in deren ganzer Länge der Darm auch mit einem dorsalen und einem ventralen Mesenterium versehen ist. Das Epithel des Darmes besteht aus grossen Zellen, die an ihrer Innenfläche zarte Flimmerhaare tragen. DieFiimmerbewegung treibt den Darminhalt, den ich meist aus grünen Algenresten be- stehend fand, nach hinten gegen die Afteröffnung. Das Blutgefässsystem beginnt am dorsalen Mesen- terium im ersten Rumpfsegmente mit einem breiten Rückengefässe (Fig. 4) ; dasselbe schwillt in der hinteren Kopfregion zu einem contractilen Bulbus an ; dieser besteht aus einer einfachen von platten, dunkelkörnigen Zellen gebildeten Membran. Der Bulbus treibt durch rhytmische Contractionen das farblose Blut in ein enges dünn- wandiges Gefäss, welches bis zum Scheitelganglion verläuft und dort in einen queren Ast mündet der sich jederseits in ein Tentakel- gefäss fortsetzt. Diese Gefässe verlaufen an der äusseren Seite (87) 10 Dr. B. Hatschek: des Tentakelhohlraumes und sind dickwandig und contractu; die Contractionen verlaufen gegen die Spitze der Tentakeln, An der inneren Seite des Tentakelhohlraumes liegt das dünnwandige rück- laufende Gefäss. Wir finden an den Tentakeln (Fig. 15) unter der EjHthelschichte ein Stratum von Längsmuskeln, unter diesem an der lateralen Seite die dickwandige Arterie, an der medianen Seite die dünnwandige Vene , in der Mitte den mit der Kopfhöhle zusammenhängenden Hohlraum. Die Flüssigkeit in Kopf- und Tentakelhöhle ist röthlich gefärbt. Die Tentakelvenen vereinigen sich dicht hinter dem Scheitelganglion zu einer queren Anastomose (Fig. 3); von dieser gehen zwei ventrale dünnwandige Gefässe aus , die seitlich in der Kopfregion nach hinten verlaufen und sich an der Grenze des Rumpfes zu einem ventralen unpaaren Gefäss vereinigen , welches sich , dicht unter der Haut im Mesen- terium liegend, bis in das Hinterende verfolgen lässt. Vom ge- sammten Gefässsystem ist blos der Bulbus und die Arterien der Tentakeln contractu. Wenn wir uns fragen , woher das Blut in das Rückengefäss strömt, so kommen wir zu dem merkwürdigen Ergebnisse, dass es unregelmässige Lakunen zwischen Darmfaserblatt und Darm- epithel sind, welche das dorsale Gefäss mit Blutflüssigkeit ver- sorgen. Bei eingehender Untersuchung findet man , dass das Darm- drüsenblatt mit dem Darmfaserblatt nicht fest verwachsen ist, ja sogar durch Druck des Deckgläschens innerhalb desselben zur Verschiebung gebracht werden kann. Man kann ferner beobachten, dass regelmässige und continuirliche von hinten nach vorne ver- laufende also antiperistaltische Contractionen des Darmfaserblattes stattfinden. Diese Contractionen können wahrscheinlich die vom Flimmerepithel des Darmes bewegte Nahrung nur wenig beein- flussen , sie werden aber die zwischen Darmfaserblatt und Darm- drüsenblatt befindliche Flüssigkeit, die Chylus-Blut-Flüssigkeit, nach vorne in das dorsale Gefäss , dessen Lumen eine Fortsetzung des Darmfaserblatt-Hohlraumes ist, treiben. ^) Die hintere Endigung des ventralen Gefässes konnte ich nicht sicher unterscheiden. Die Segmentalorgane (Fig. 9) finden sich in allen aus- gebildeten Rumpfsegmenten ; den letzten auf etwas niedrigerer Stufe stehenden fehlten sie selbst an geschlechtsreifen T hieran. Sie liegen in der Seitenlinie, und wie aus den Querschnitten er- sichtlich (Fig. 16) ausserhalb des Peritonaeums. Sie beginnen mit ^) Ein ähnliches Verhältniss findet sich nach Spengel bei Larven von Bonellia. Protodrilus Leuckartii. 1 1 einem engen hellen, gegen die Leibeshölile geöffneten Trichter (der erste Trichter liegt im Kopfabschnitt Fig. 3), in demselben ist eine lange Wimpergeissel befestigt , die bis in den folgenden stark erweiterten Abschnitt reicht. Die Wandung des letzteren ist mit Körnchen erfüllt und innen mit zarten Flimmerhaaren versehen. Hier passirt das Seg- mentalorgan das Dissepiment und verengert sich zu einem geraden bis zur Mitte des Segmentes verlaufenden Canale , der dort gegen die Haut umbiegt und durch eine OeflPnung im verdickten Ektoderm der Seitenlinie nach aussen mündet; auch dieser Theil besitzt eine mit Körncken erfüllte Wand. Unsere Thiere sind Zwitter, so wie Polygordius purpureus und flavocapitatus ; Polygordius lacteus und Schneideri sind ge- trennten Geschlechtes. (^Schneider, Uljanin, Langerhans). Die Ovarien fanden sich in den 7 vordersten Rumpf- segmenten, sie bestehen aus sehr kleinen protoplasmaarmen Zellen, die zu beiden Seiten des Peritonäums an der ventralen Mittellinie liegen, an welche sich lateral die in hintereinander liegenden Lappen angeordneten reiferen Eier anschliessen; die reifsten Eier sind am äussersten Rande des Lappen gelegen, medianwärts finden sich alle Abstufungen bis zu den kleinen Zellen des Keimlagers (Fig. 17 , Fig. 3J. In den nachfolgenden Segmenten, vom achten angefangen, kommen nur Hoden zur Entwicklung. Dieselben entstehen aus Zellanhäufungen, die mit einem Peritoneal Überzug versehen sind und der lateralen Hälfte der ventralen Quermuskeln, sowohl an der dorsalen als auch an der ventralen Seite derselben, angeheftet sind (Fig. 19). Man sieht diese Zellen zu sehr grossen Samen- mutterzellen heranwachsen. Die langen fadenförmigen Spermatozoen (Fig. 11) werden durch Zerfall der Zellen frei und erfüllen die Leibeshöhle (Fig. 18). Es ist interessant zu vergleichen , dass bei den von Uljanin untersuchten Polygordiusformen (lacteus und purpureus) die Hoden ebenfalls auf den hinteren Körperabschnitt beschränkt sind , dass aber in diesen Segmenten daneben auch Ovarien vorhanden sind. Vielleicht waren bei einer ursprünglichen Stammform alle Rumpf- segmente zwitterig. Ich fand , bevor ich noch das entwickelte Thier beobachtete, einige junge Individuen mit einer noch sehr geringen Anzahl t^weniger als 10) Rumpfsegmenten, die schon lange Tentakeln und auch im übrigen den Bau des ausgebildeten Thieres zeigten (bis auf die (89) 12 Dr. E. Hatschek: mangelnden Geschlechtsproducte). Die Entwicklung weicht daher jedenfalls von derjenigen von Polygordius ab , wo schon an der charakteristischen Larve eine grosse Anzahl von Rumpf- segmenten sich bildet. Ich will hier noch einige Bemerkungen über die Bedeutung der hier besprochenen Verhältnisse anknüpfen. Man wird zugeben, dass die Bewimperung des Körpers, der Darmcanal, das Blutgefässsystem bei Protodrilus sehr ursprüng- liche Zustände zeigen , die man zum Theil direct als Larveneigen- thümlichkeiten bezeichnen könnte. Ich bin der Ansicht, dass auch das Nervensystem im Ver- gleiche mit Polygordius und den anderen Aeneliden eine niedrigere Entwicklungsstufe repräsentirt , die von den letzteren in der Onto- genie durchlaufen wird. Dies bedarf erst einer Erklärung. U 1 j a n i n beschreibt bei Poly- gordius (sowie Bobretzky bei Saccocirrus) als Nervensystem des Rumpfes nur zwei Nervenstämme, „welche durch die ganze Länge des Körpers verlaufen und in die Hautschichte eingelagert sind". Ich glaube nun durch die Entwicklungsgeschichte gezeigt zu haben, dass Polygordius einen nach dem Typus der Anneliden gebauten Bauchstrang besitzt und dass Uljanin (sowie Bobretzky und neuerdings Langerhans bei Saccocirrus) wahrscheinlich mit Unrecht nur die Faserstränge als nervöse Theile betrachtet und die Ganglienschichte als blosses Epithel aufgefasst haben. Nach meiner Ansicht sind also die Verhältnisse des Central- nervensystems bei Protodrilus die ursprünglichsten , da nur die Seitenstränge — Faserstränge mit einem Belage von Ganglienzellen — differenzirt sind; denn wir sind nicht berechtigt, das Epithel der tiefen Fliramerrinne als Theil des Nervensystems zu betrachten. Diesen Verhältnissen schliessen sich vielleicht die von Poly- gordius (?) Schneideri und flavocapitatus noch nahe an. Bei Polygordius im engeren Sinne , z. B. bei jener Form, deren Entwicklung Schneider und ich untersuchten und die vielleicht mit Polygordius lacteus identisch ist , ist der mittlere Theil durch Einstülpung (Einfaltung) der Flimmerrinne hinzugekommen und daher ein Bauchstrang vorhanden , wie er für die höheren Anne- liden, wenigstens in einem gewissen Entwicklungsstadium typisch ist. Es ist überraschend an Protodrilus zu sehen , wie tief die Organisation innerhalb des Typus der Anneliden selbst herabsinkt. (90) Protodrihis Leuckartii. 13 Tafelerklärung. Allgemeine Buchstabenbezeichnung. art Arterie der Tentakeln. B Bauchseite. Df Darmfaserblatt. dLm dorsales Längsmuskel-Feld. Ep Epithel. Flg Flimmergrubeu des Kopfes. H Herz. J Darm. LH Leibeshöhle. Lm Längsmaskeln. ^ m Muskel. Med V. Banchmark (nervöse Seiten- sträuge + epitheliale Flimmerrinne). N Fasersubstanz des Nervensystems. 0 Mund. Oe Oesophagus. Ov Ovarium. Qm ventrale Quermuskeln. R Rückenseite. Sdr Schlundkopf-Drüsen. Sg Scheitelganglion Sk Schlundkopf (= muskulöses Anhangs- organ des Oesophagus). So Segmentalorgane 1. So, 2. So erstes, zweites Segmentalorgan. S 0 Sinnesorgan in dem Scheitelganglion. SSk Schlundkopf-Sack. Test Hoden. v Gefäss. Ven Vene der Tentakeln. VI seitliche Getässe des Kopfes. Vd dorsales Gefäss. V V ventrales Gefäss. vR ventrale Flimmerrinne. Taf. 1. Fig. 1. Protodrilus, grosses, geschlechtsreifes Individiium vom Rücken ge- sehen , ohne Deckgläschen beobachtet ; -j". Der Darm ist weit offen und liegt im grössten Theile des Körpers seitlich der Leibeswand (Längsmuskeln) an. Fig. 2. Ein Stück des Rumpfes von einem Thiere, das durch den Druck des Deckgläschens gereizt ist. Der Darm ist von den Dissepimenten ringföimig eingeschnürt. Fig. 3. Kopf und die zwei ersten Rumpfsegmente von der Bauchseite ge- sehen , stärkere Vergr. Fig. 4. Kopf und die zwei ersten Rumpfsegmente von der Rückenseite. Fig. 5. Vorderende mit Scheitelganglion und einem Stück des rechten Ten- takels; noch stärker vergr. Fig. 6. Scheitelganglion nach Ueberosmium-Behandlung. Fig. 7 a. Schlundkopf von der Bauchseite gesehen , der dorsale Schenkel ist seitwärts geschoben. Fig. 7 b. Schlundkopf von der Seite gesehen. (91) 14 Dr. B. Hatschek: Protodrilus Leuckartii. Fig. 8. Ein Rumpfsegment; links ist die Epithelschicht von der Oberfläche nnd am Rande im optischen Durchschnitt dargestellt. Der Bauchstrang ist bei tiefer Einstellung gezeichnet; nach vorne zu, im nächsten Segmente ist die Flimmerrinne gezeichnet, die man bei höherer Einstellung sieht. Rechterseits ist auf die ven- tralen Quermuskeln eingestellt. Fig. 9. Leibeswand im optischen Durchschnitt mit Segmentalorgan ; aus der Mitte des Rumpfes. Fig. 10. Ei. Fig. 11. Spermatozoen, in verschiedenen Bewegungszuständen. Fig. 12 — 19. Querschnitte aus einem Individuum , welches schon reife Sper- matozoen enthielt. Vergr. 7- Cam. lue. Fig. 12. Querschnitt durch die hintere Wand der Flimmergruben. Fig. 13. Querschnitt dicht vor dem Munde; die vordere Wand des Oeso- phagus (Oe) ist angeschnitten. Fig. 14. Querschnitt durch den vorderen Rand des Mundes. Die Oesophagiis- wand ist noch schief getroffen , so dass das einfache Cylinderepithel mehrschichtig scheint. Zu den Seiten der Mundöffnung grosse Vacuolen im Epithel (zu unter- scheiden von den Schleimzellen der nachfolgenden Schnitte). Fig. 15. Schnitt durch die postorale Kopfregion noch unweit des Mundes. Fig. 16. Schnitt durch die vordere Grenze des ersten Rumpfsegmentes. Fig. 17. Querschnitt aus dem vorderen Drittel des Rumpfes (mit Ovarien). Fig. 18. Querschnitt aus der Mitte des Rumpfes (mit Hoden und reifen Spermatozoen). Das Epithel des Darmes ist hier nicht gut erhalten. Fig. 19. Querschnitt aus dem Hinterende (vorletztes Rumpfsegment). (92) Die Aütennendrüse der Orustaceen. Mit 1 Tafel. Von Dr. Carl Grobben. Beobachtungen, welche ich über die Entwicklungsgeschichte der Entomostraken anstellte, führten mich auch zur Untersuchung der Antennendrüse. Es stellte sich bald heraus , dass unsere Kenntnisse über den Bau dieser Drüse noch mangelhafte sind, und ich zog, als sich bei den Entomostraken ein gemeinschaftlicher Typus im Bau feststellen Hess, auch die betreffenden Organe der Malakostraken in den Bereich meiner Untersuchung. Die Beobachtungen wurden in Wien begonnen, zum grössten Theile jedoch in der zoologischen Station in Triest ausgeführt. Nach den bisherigen, zumeist unzureichenden Untersuchungen der Antennendrüse Hess sich für keinen Fall ein einheitlicher Bau aller dieser Organe erkennen. Bisher sprach man fast immer nur von einem Kanal, welchen die Antennendrüse darstellen sollte. Es hat sich indessen gezeigt, dass dieser Kanal nur ein Haupt- abschnitt der Drüse ist, dass der zweite Hauptabschnitt von einem Säckchen gebildet wird , welches am inneren Ende des besagten Kanales sitzt und sich in seiner geweblichen Beschaffenheit von dem Kanal unterscheidet. Grehen wir nun zur Betrachtung der Antennendrüsen in den einzelnen Gruppen über. Ich werde dabei mit den betreffenden Organen der Phyllopoden beginnen, da wir in diesen Krustern die phylogenetisch ältesten Crustaceenformen vor uns haben und man bei der vergleichend-anatomischen Betrachtung eines Organes stets dem festgestellten Stammbaum der Gruppe zu folgen hat, um so zugleich die phylogenetische Entwicklung des Organes zu ersehen. Von den Phyllopoden habe ich Esther ia- und Branchi- p US-Larven untersucht und in beiden Fällen dasselbe gefunden. (93) 2 Dr. Carl Grobben: Folgen wir bei der Beschreibung der in Fig. 1 abgebildeten An- tennendrüse einer Estherialarve , bei der die Schalen in erster Anlage vorhanden sind , so finden wir , dass die Drüse aus zwei histologisch verschiedenen Theilen besteht, einem Säckchen (es), welches ich als „Endsäckchen" bezeichnen will und einem sich daran schliessenden , schleifenförmig gewundenen Kanal (r c) , den ich fortan „Har nkanälchen" nennen werde. Das Endsäckchen, welches bisher übersehen wurde, liegt zwischen den Muskeln der zweiten Antenne ausgespannt und verläuft dorsoventral , dorsal- wärts bis zum Rande der Nackendrüse (n) reichend. Es ist durch Connectivfasern (c o n) am Integumente befestigt. Das sich an- schliessende Harnkanälchen zieht von vorn nach hinten , sich zu- gleich nach der Horizontalebene schlingend und dann zurück in die Basis der zweiten Antenne , wo es hinter dem Kieferhaken seine Ausmündung findet. F i c k e r ^) irrt , wenn er die Kiefer- haken der zweiten Antenne das Secret der Antennendrüse auf- nehmen lässt; schon früher hatte C. Claus 2) die Mündungsstelle richtig angegeben. Das Endsäckchen wird von einem einer zarten Stützmembran aufsitzenden Epithel von flachen Zellen ausgekleidet, welche sich gegen das Lumen ein wenig vorwölben. Das Protoplasma der Zellen ist hell, vacuolenreich und auch mit gelbbraunen Körnchen durchsetzt, der Zellkern oval mit Kernkörper. Ganz verschieden ist das Harnkanälchen gebaut; hier finden wir zunächst im Ver- laufe des Kanälchens bloss drei Kerne, zwei an der Umbiegungs- stelle der Schleife, einen in der Nähe der Kanalmündung nach aussen. Es besteht das Harnkanälchen somit nur aus drei durch- bohrten Zellen. Die Protoplasmakörnchen des Zellinhalts dieser zeigen an der dem Kanallumen abgewendeten Seite eine Anordnung in Stränge, welche senkrecht zur Axe des Kanälchens stehen ; an der dem Lumen des Kanales zugewendeten weist der Zellinhalt nicht dies streifige Aussehen auf, sondern ist körnig und auch von Vacuolen durchsetzt; nach dem Lumen hin sind die Zellen von einer ansehnlich dicken Cuticula überkleidet. Gehen wir zu den Copepoden über, so finden wir die gleich- falls nur in den Larvenstadien vorhandene Drüse ganz ähnlich ') Ficker, Zar Kenntniss der Entwicklung von Estlieria ticinensis. Sitzb. d. k. Akad. der Wissensch. zu Wien. LXXIV. Bd. 1876, p. 6. ^) C. Claus, Zur Kenntniss des Baues und der Entwicklung von Branchipus stagnalis und Apus cancriformis. Abliandlg. d. kgl. Gesell, d. Wis=. zu Göttingen. XVIII. Band 1873, p. 4. (94) Die Antennendrüse der Crustaceen. 3 gebaut. Die Kleinheit des Objectes setzt jedoch einer genauen Untersuchung einige Schwierigkeit entgegen. Bei den Naupliusformen von Ceto chilus helgolandicus (Fig. 3) liegt die kleine , schwer nachzuweisende Antennendrüse an der Basis der zweiten Antenne ; sie besteht aus einem kurzen, hakig gebogenen Harnkanälchen (rc) , welches in ein flaches End- säckchen (es) führt. Das letztere besteht aus einer geringen An- zahl von Zeilen , welche ein grobkörniges Protoplasma besitzen ; das erstere aus einer einzigen durchbohrten Zelle , indem es mir nur einen einzigen Kern aufzufinden gelang, der an der Umbugs- stelle des Harnkanälchens liegt. Das Protoplasma dieser Zelle zeigt einen eigenthümlichen Glanz und bei genauer Beobachtung lässt sich eine schwache Streifung senkrecht zum Kanallumen erkennen ; auch ist die Zelle gegen das Lumen hin mit einer zarten Cuticula versehen. Was endlich die Ausmündungsstelle der An- tennendrüse anlangt, so liegt diese hinter den grossen Kieferhaken der zweiten Antenne, an gleicher Stelle wie bei den Phyllopoden. Bei dem Nauplius von Cyclo ps hat die Antennendrüse eine bedeutende Längenausdehnung. Das Endsäckchen (Fig. 2 es) liegt in der Basis der zweiten Antenne , und führt in ein langes Harnkanälchen (r c) , welches bogenförmig aufsteigend sich dorsal- wärts, dann rückwärts wendet und sich nahe zur Mittellinie des Rückens erstreckt ; es verläuft dabei stets zwischen den Muskeln, welche zu den Extremitäten hinziehen. Das Harnkanälchen biegt wieder nach vorwärts um und läuft dorsal wärts von dem erwähn- ten Schenkel, wendet sich wieder bauchwärts und kehrt, unter dem Anfangstheil des Kanälchens parallel mit diesem hinziehend, bis in die Gegend des Endsäckchens zurück, wo es hinter den Kieferhaken nach aussen mündet. Das Endsäckchen ist ein langgestrecktes, ein wenig gewunden verlaufendes Säckchen, über dessen histologische Znsammensetzung ich Folgendes mit Sicherheit ermitteln konnte. Das Protoplasma der Säckchenwand ist von Vacuolen durchsetzt. An der Ueber- gangsstelle des Säckchens in das Harnkanälchen befinden sich einige Kerne, welche ich zum Säckchen rechne und als zugehörig zu den 'das letztere zusammensetzenden Zellen betrachte. Vielleicht gehört einer dieser Kerne schon zum Harnkanälchen. Das Harn- kanälchen besteht, so viel ich auch an gefärbten Präparaten fest- stellen konnte, aus drei durchbohrten Zellen, von denen zwei Kerne in der dorsalen Schlinge liegen, der dritte in der Nähe der Mün- dung des Kanälchens nach aussen. Die Zahl und Lage der Kerne (95) 4 Dr. Carl Grobben: ist dieselbe wie bei den Phyllopoden. Das Protoplasma der Kaiial- zellen ist körnig und bildet eine zarte Lage um die starke das Lumen auskleidende Cuticula. Nur an der Stelle, wo die beiden Kerne liegen, findet sich melir körniges Protoplasma. Bei der Zartheit dieser Schichte vermag ich über eine Streifung des Zell- inhaltes nichts anzugeben. Während C. Claus^) das Harnkanälchen richtig abbildete, wenn auch von diesem Forscher „über ihre Ausmündung keine sichere Beobachtung gemacht werden konnte" , gibt H o e k 2) an , dass die Antennendrüse, von der er gleichfalls nur das Harnkanälchen beobachtete, ein in sich zurückkehrender Kanal sei und nicht aus- münde; eine Angabe, deren Richtigkeit schon ohne jede weitere Untersuchung mehr als zweifelhaft war. Verlassen wir die Entomostraken und gehen wir zu den Malacostraken über. Betrachten wir zunächst die Antennendrüse der Gammariden, von denen ich Gammarus marin us untersuchte, so finden wir dieselbe auch hier aus zwei Hauptabschnitten zusammengesetzt, einem Endsäckchen und einem davon ausgehenden Harnkanälchen. Das Endsäckchen (Fig. 4 es) liegt in dem aufgetriebenen Basal- gliede der zweiten Antenne, ganz nahe am Integument, mit diesem durch Stützbalken 3) im Zusammenhang. Es ist von nierenförmiger Gestalt ; am hinteren Ende , dem Hilus der Niere vergleichbar, entspringt das Harnkanälchen (r c) , welches zunächst eine kurze Strecke nach hinten verläuft, dann nach vorn, sich zugleich me- dianwärts wendend, umbiegt, sich bald nach oben kehrt, wieder nach unten zurückkehrt und nun in grossem Bogen neben dem Endsäckchen hinziehend, nach kurzer Knickung in den Kegel der Antenne verläuft , an dessen Spitze die Ausmündung der Drüse erfolgt. Was die Gewebe der Antennendrüse anbelangt , so finden wir das Endsäckchen von einem Epithel ausgekleidet , dessen Zellen kuppenförmig in das Innere des Säckchens vorgewölbt sind. Das Protoplasma derselben ist grobkörnig. Nach aussen ^) C. Clans: Die freilebenden Copepoden. Leipzig 186!:^, p. 60. -) Hoek: Zur Entwicklungsgeschichte der Entomostraken. II. Zur Embryologie der frei lebenden Copepodeb. Niederländ. Arch. f. Zool. Bd. IV, 1877—78, p. 70. ^) Es ist interessant zu sehen , wie die natürliche Zuchtwahl diese Stütz- fäden, Avelche bei den Phyllopoden bloss zur Fixirung des Drüsensäckcheos dienen, benutzt hat , um aus ihnen durch ihre Verkürzung und zahlreichere Entwicklung einen Apparat herzustellen, der offenbar den Zweck der Blutstauung hat. (96) Die Antennendrüse der Cmstaceen. 5 umkleidet das Säckchen eine zarte Stützmembran. Das Proto- plasma der das Harnkanälchen auskleidenden Zellen zeigt eine feinfaserige iStruetur , welche schon Weismann^) beobachtete. Die Kerne derselben sind oval; gegen das Lumen werden die Zellen noch von einer ansehnlichen Cuticula überdeckt. Den End- abschnitt (ea) des Harnkanälchens bilden Zellen, die mit den Matrixzellen der Haut vollständig übereinstimmen, und die auch eine Chitincuticula zur Ausscheidung bringen, welche direct in die Cuticula der Haut übergeht. Diesen Endabschnitt, welcher seinem Baue nach mit dem Harnkanälchen nicht übereinstimmt sondern den gleichen Bau wie die Haut zeigt, will ich als „Harnleiter" bezeichnen. Die Antennendrüse ist in ihrem ganzen Verlaufe ziemlich schwer zu enträthseln und daher auch bisher mangelhaft gekannt. Gr. 0. S a r s 2) beschreibt sie kurz als einen schleifenförmig ge- wundenen Kanal; Leydig, der dieselbe entdeckte 3) und neuer- dings *) untersuchte, sah eine beuteiförmige Auftreibung des blinden Endes ; doch scheint Leydig den schwer festzustellenden Verlauf des Harnkanälchens nicht vollkommen erkannt zu haben; ebenso erwähnt Leydig nichts von dem eigenthümlichen streifigen Aus- sehen der Kanalzellen. Wrzesniowski^), glaube ich, hat den Verlauf der Antennendrüse bei Goplana polonica richtig er- kannt , soweit es aus seiner Mittheilung bei dem Mangel an Ab- bildungen zu ersehen ist. Indessen bleibt zu bedenken, dass ja wahrscheinlich der Verlauf der Antennendrüse, resp. des Harn- kanälchens bei den verschiedenen Gammariden ein wenig variiren dürfte. Ein Endsäckchen hebt dieser Autor nicht hervor, wie auch die Darstellung des histologischen Baues des Harnkanälchens unrichtig ist. Bei Phronima hat C. Claus«) die Antennen- ') A. Weismann, UeberBau und Lebenserscheinungen von Leptodora hyalina. Zeitschr. f. wiss. Zoolog. Bd. XXIV. 1874. p. 390. ^) Gr. 0. Sars: Histoire nat. des Crustaces d'eau douce de Nervige. 1. Les Malacostraces. Christiania 1867. p. 59. ^) F. Leydig, Naturgeschichte der Daphniden. Tübingen 1860. *) F. Leydig, üeber Amphipoden und Isopoden. Zeitschr. f. wiss. Zoolog. Bd. XXX. Suppl. p. 238. Hier finden sich auch die mir nicht zur Hand gewesenen, einschlägigen Arbeiten von De Rougemont und Humbert citirt. ^) Wrzesniowski, Vorläufige Mittheilungen über einige Amphipoden. Zool, Anzeiger, II. Jhrg. Nr. 40, p. 536. ®) C. Claus, Der Organismus der Phronimiden. Arbeiten d. zool. Inst, zu Wien. II. Bd. 1879. p. 12. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. III. ' (97) g Dr. Carl Grobben: drüse in ihrem ganzen Verlaufe beschrieben und auch einen End- sack gesehen, dessen Bau richtig erkannt wurde. Auch bei den Schizopoden können wir an der Antennendrüse ein Endsäckchen und das Harnkanälchen unterscheiden. Bei Mysis (Fig. 5) liegt das gestreckte Endsäckchen (es) in einer Vorwölbung des Basalgliedes der zweiten Antenne , mit ■ seiner Längsaxe senkrecht zur Längsaxe des Thieres gerichtet. Seine dünne Wand ist, wie bei Gramraarus, durch zahlreiche Stütz- fasern an die Haut befestigt, wodurch es in viele Zipfel ausgezogen wird. Von demselben entspringt ein langes Harnkanälchen (rc), welches in zahlreiche, ganz regelmässig gelagerte Schlingen gelegt, sich neben dem Kaumagen hoch hinauf in den vorderen Theil des Cephalothorax erhebt und wieder in vielen Schlingen zurückkehrend, an dem Basalgliede der zweiten Antenne ausmündet. Es wendet sich das Harnkanälchen zunächst nach vorn, läuft dann nach rückwärts, biegt abermals nach vorn um und dann nach oben, von wo es, nachdem es eine vordere Schlinge gemacht hat, sich aber- mals aufwärts wendet. Es verläuft weiter nochmals nach vor- wärts und kehrt nach einer abermaligen Schlingenbildung anter den früher erwähnten vorwärts gerichteten Schleifen in das Basal- glied der zw^eiten Antenne zurück. Hier erweitert es sich zu einer ansehnlichen Blase, einer Harnblase (hb) und mündet an einem kleinen konischen Höcker vermittelst eines kurzen Harnleiters (ea) aus. Was den histologischen Bau der einzelnen Theile der An- tennendrüse anbelangt, so besteht das Endsäckchen aus einer zarten structurlosen Membrana propria und einem Epithel von flachen Zellen, welche da, wo der Kern liegt, ein wenig gegen das Lumen des Säckchens vorgewölbt sind. An den gefärbten und gehärteten Antennendrüsen zeigen die Zellen einen feinkörnigen Inhalt. Das Harnkanälchen dagegen besitzt eine dicke Epithelauskleidung, welche gleichfalls einer structurlosen Membran aufsitzt. ZeJlgrenzen ver- mochte ich am lebenden Object und an Präparaten nicht nachzu- weisen. Die Protoplasmakörnchen des Zellinhaltes zeigen eine Anordnung in Stränge, welche senkrecht zur Axe des Kanälchens verlaufen. Die Zellkerne sind oval, mit mehreren Kernkörperchen versehen. Gegen das Lumen zu überkleidet eine dicke Cuticula die Oberfläche des Epithels. Die harnblasenähnliche Erwei- terung des Harnkanälchens vor dessen Mündung zeigt denselben Bau, nur sind die Wände der Harnblase dünner, in Eolge dessen ■die Kerne bauchig gegen das Lumen vorstehen. Der schmale End- (98) Die Antennendrüse der Crustaceen. ?■ gang, welcher von der Blase nach aussen führt, ist von einem Epithel bekleidet, welches mit dem Hautepithel vollständig über- einstimmt und auch eine zarte Chitincuticula zur Ausscheidung bringt. Derselbe ist somit als Harnleiter zu bezeichnen. Bei Mysis oculata thut S ars i) der Antennendrüse, deren Ausmündungsstelle er nicht auflinden konnte, nur kurz Erwähnung. Ich will übrigens nicht unbemerkt lassen, dass die Antennendrüse dieser Mysidee vielleicht nicht so gross ist wie die von mir be- schriebene. Die Antennendrüsen der Mysideen scheinen in ihrer Form und Grösse, beziehungsweise der Länge des Harnkanälchens bedeutend zu variiren. Zu dieser Annahme führt mich die Unter- suchung der Antennendriise einer der Gattung Siriella an- gehörigen Mysidee. Hier (Fig. 6) finden wir wieder das Endsäckchen (es) in gleicher Lage und an gleicher Stelle wie bei Mysis. Dasselbe führt sofort in einen grossen , dorsalwäi'ts sich in einen spitzen Zipfel ausziehenden Sack, welcher durch einen kurzen Endgang am Basalglied der zweiten Antenne an der Spitze eines kleinen Kegels mündet. Rücksichtlich des histologischen Baues sei kurz erwähnt, dass das Endsäckchen, das zu einer grossen Blase er- weiterte Harnkanälchen und der Endgang mit den betreffenden Abschnitten der Drüse bei Mysis übereinstimmen. Was endlich die Dekapoden betrifft, so lassen sich auch an ihrer Antennendrüse — hier „grüne Drüse" genannt — die beiden Hauptabschnitte, das Endsäckchen und das davon aus- gehende Harnkanälchen unterscheiden. Von den Dekapoden habe ich Palaemon Treillianus und Astacus fluviatilis untersucht. Bei Palaemon liegt die Drüse in dem Basalgliede der zweiten Antenne. Präparirt man die Antenne los und hebt die dorsale Wand des Basalgliedes ab , so findet man die Drüse in schräger Lage, von aussen gegen die Medianebene und vorwärts aufsteigend, gelegen (Fig. 7). Wir haben hier ein nierenförmiges Endsäckchen (e s) , zu dem ein grosses Blutgefäss hingeht. Von dem Säckchen geht ein Harnkanälchen (rc) aus, das ich in seiner ganzen Länge nicht verfolgen konnte, von dem ich jedoch folgen- den Verlauf feststellte. Zunächst macht das Harnkanälchen eine grosse Menge von Schlingen ; da jedoch dasselbe nicht ein ein- faches Rohr ist , sondern Ausstülpungen besitzt , so kommt jenes Convolut von Drüsenschläuchen zu Stande, welches ventialwärts 'j 1. c. p. 30. 7* (99) 8 Dr. Carl Grobben: vom Säckchen liegt. Das Kanälchen, welches auch in seinem übrigen Verlaufe mit Ausstülpungen versehen ist, wendet sich dann nach aussen und hinten, gerade gegen einen kleinen Lappen ») der Antenne hin und kehrt dann wieder dorsalwärts über seinen eben erwähnten lateral wärts ziehenden Abschnitt nach vorn um. Alsbald erweitert es sich zu einer grossen Harnblase (h b), welche das Endsäckchen vollkommen überdeckt und deren ventrale Wand an das Endsäckchen angelöthet ist. Die Blase verschmälert sich wieder zu einem breiten Kanal, welcher noch Ausstülpungen trägt, sich nach abwärts wendet und durch einen sehr kurzen Endgang an der Spitze eines Kegels ausmündet. Das Drüsensäckchen ist, wie Schnitte zeigen, bei Palaemon kein einfacher Sack mit glatten Wänden , sondern in eine grosse Zahl von Blindsäcke (Fig. 8 b 1 e s) ausgezogen, zwischen denen ein reiches Netz von Bindegewebe ausgespannt ist, in dessen Lücken eine lebhafte Blutcirculation stattfindet. Das Epithel des Säck- chens besteht aus bauchig in das Lumen vorstehenden Zellen mit grossen Kernen und blassem, feinkörnigem Zellinhalt. Das Epithel des Harnkanälchens dagegen und ebenso der Harnblase zeigt wieder die schon so oft hervorgehobene Anordnung der Protoplasmakörn- chen in Stränge (Fig. 9). Man überzeugt sich hier , dass diese Stränge am dicksten, daher auch am deutlichsten sichtbar an der dem Lumen abgewendeten Seite sind, während sie gegen das Lumen des Kanälchens hin immer zarter werden. Unter der gleich zu erwähnenden Cuticula findet sich ein wenig körniges Protoplasma vor. Die dicke Cuticula, welche das Epithel überkleidet, zeigt gleichfalls eine senkrecht zur Kanalaxe gerichtete Streifung, welche offenbar durch das Abwechseln dichterer und minder dichter Stellen hervorgerufen wird. Die Kerne der Kanalzellen sind oval , mit zahlreichen Kernkörperchen versehen. Zwischen den Windungen des Harnkanälchens ist ein Binde- gewebsnetz ausgebreitet, welches auch die Membrana propria des Kanälchens bildet. Li der Harnblase ist das Epithel fiacher, sonst überein- stimmend mit dem des Harnkanälchens gebaut. Den kurzen End- gang, welchen ich als Harnleiter bezeichnet habe, bekleidet eine Zellschichte, welche mit der Matrix der Haut übereinstimmt. Ich gelange nun an die grüne Drüse des Flusskrebses, welche schon häufig Gegenstand der Untersuchung gewesen ist. Es be- ') Derselbe entspricht wahrscheinlich der vom Endsäckchen eingenommenien Yorvvülbung an der zweiten Antenne von Mysis. (100) Die Antennendrüse der Crustaeeen. 9 schäftigten sich Neuwyleri), E. Haeckel^), Lemoine^), H u X 1 e y *) und in neuester Zeit W a s s i 1 i e w ^) mit der Anatomie und Histologie dieses Organs. Der grobanatomiscbe und auch der histologische Bau der Drüse ist ziemlich genau gekannt. Dennoch will ich im Anschluss an meine Untersuchungen auch dieses Organ des Flusskrebses be- sprechen , da meine Resultate in einigen Punkten mit denen des zuletzt genannten Untersuohers nicht übereinstimmen. Ich muss daher etwas weiter ausgreifen und es sei mir nachgesehen, wenn ich der Vollständigkeit halber Manches bringe , was längst be- kannt ist. Die grüne Drüse von Astacus stellt eine compacte laib- ähnliche Masse dar, welche zum grössten Theile nicht mehr in der Antenne, sondern im Thorax gelegen ist. Auch an ihr kann man die beiden Hauptabtheilungen unterscheiden, welche sich bis- her überall zeigten , nämlich das Endsäckchen und das Harn- kanälchen. Das erstere ist rundlich, von gelbbrauner Farbe und liegt dorsalwärts in der Mitte der laibförmigen Drüse. Es führt in ein schmales, mit Ausstülpungen versehenes Kanälchen, welches, sich aufknäuelnd, die hellgrüne Schale bildet, in welcher das Endsäckchen ruht. Dieses Harnkanälchen erweitert sich sodann zu einem weiten Kanal von blassgraugrüner Farbe , welcher gleichfalls Ausstülpungen besitzt und zwischen dem Endsäckchen und dem grünen Theil des Harnkanälchens aufgewunden liegt. Schliesslich tritt derselbe an der Hinterseite des Endsäckchens aus der Drüsenmasse hervor und erweitert sich zu einer Harn- blase, welche die Drüse dorsalwärts fast ganz , im gefüllten Zu- stand ganz bedeckt. Sich wieder verschmälernd, wendet er sich ventralwärts gegen den kurzen Kegel der zweiten Antenne, an dessen Spitze die Ausmündung erfolgt. Den Endabschnitt des ausführenden Kanals im Kegel bildet ein kurzer, mit einer Chi- tincuticula überzogener Endgang. ^) Neuwyler, Anatomisclie Untersuchungen über den Flusskrebs. Verhandig. d. Schweizer naturf. Gesellsch. Zürich 1841. (Mir nicht zugänglich gewesen.) ^) E. Haeckel, Ueber die Gewebe desFlnsskrebses.Müller's Arch. 1857. p. 551. ^) Lemoine, Recherches pour servir ä l'histoire des systfemes nerveux, musculaire et glandulaire de l'ecrevisse. Ann. d. scienc. nat. 5. ser. 1868. t. IX, 11 und pl. t. X p. 36. ■*) Th. Huxley, Grundzüge der Anatomie der wirbellosen Thiere , deutsch von Spengel. 1878, p. 295. ') Wassiliew, Ueber die Niere des Flusskrebses. Zoolog. Anzeig. I. Jhrg. Nr. 10, p. 218. (101) 10 Dr. Carl Grobben: Was die histologische Zusammensetzung anbelangt , so wird das Endsäckchen, welches wie bei Palaemon, aber noch com- plicirtere Ausstülpungen macht, von einem hohen cyliudrischen Epithel ausgekleidet , das einer bindegewebigen Basalmembran aufsitzt (Fig. 12). Die Zellen bilden aber kein geschlossenes Epithel, sondern sind gegen das Lumen zu vorgewölbt , oft ziemlich steil, so dass tiefe Spalten zwischen die Zellen hinab- gehen. Das Protoplasma derselben ist grobkörnig und in dem- selben eingelagert linden sich zahlreiche , unregelmässig geformte Körper von gelbbrauner Farbe; diese letzteren sind die Ursache derselben Färbung des Säckchens. Die Kerne der Zellen sind oval und mit zahlreichen Kernkörperchen versehen. Zwischen den Ausstülpungen findet sich eine reiche Ver- ästelung von Blutgefässcapillaren , wie ich mich auch durch In- jection mit Carminleim überzeugte. Der hellgrüne Abschnitt des Harnkanälchens (vergl. Fig. 10) hat ein cubisches oder cylindrisches Epithel. Die Protoplasma- körnchen des Zelleninhaltes zeigen, wie bei Palaemon die auch schon von \V e i s m a n n i) gesehene Anordnung in Stränge ; weiter finden sich hellgrüne Tropfen (gr) im Zellleibe vor. Der grosse ovale Zellkern birgt zahlreiche Kernkörperchen. Gegen das Lumen wird das Epithel von einer dicken Cuticula überkleidet, welche dichtere und minder dichte Stellen in regelmässigem Wechsel zeigt; und demnach im optischen Schnitt wie aus Stäbchen zu- sammengesetzt erscheint. Ich kann somit die Angabe E. H a e c k e l's 2) über das Vorkommen einer Cuticula gegenüber Wassiliew be- stätigen, welcher eine solche leugnet. Wassiliew beschreibt auch ein Netz von Pseudopodien, welches mit der Grundsubstanz d.es Protoplasmas der Epithellzellen zusammenhängen soll ; diese Bildungen sind offenbar ein Kunstproduct und werden vom ge- ronnenen Lihalt des Kanallumens herrühren. In der weiten blassen Abtheilung des Harnkanälchens ist die Epithelauskleidung im Grunde dieselbe; doch finden sich einige Unterschiede (Fig. 11). Einmal sind die Stränge in den Zellen viel deutlicher, derber , und zweitens fehlt eine Cuticula. Das Zellprotoplasma ist gegen das Lumen hin blass, etwas feinkörnig, zeigt keine Stränge, indem diese nicht bis an die Oberfläche der Zellen reichen, sondern in einiger Entfernung von dieser aufhören. Bei Behandlung mit Alkohol , oder auch am frischen Präparat ') 1. c. p. 390. •-) I. c. p. 551. (102) Die j^ntennendrüse der Crustaceen. 11 nach einigem Verweilen desselben unter dem Deckgläsclien quellen die Zellen, buchten sich gegen das Lumen hin aus , und es tritt auch der Kern in das Lumen hinein. So findet man die Kerne an Schnitten in Alkohol gehärteter grüner Drüsen fast immer aus den Zellleibern in das Kanallumen herausgerückt. Diese Quell ungs- producte sind . wie ich glaube , die langen , breiten Fortsätze an der Innenfläche der Zellen, welche Wassiliew beschreibt. In der Harnblase ist das Epithel ebenso wie in dem zweiten Harnkanälchenabschnitt beschaffen. Hier tritt noch ein mächtiges Bindegewebe hinzu, welches mit dünnen Muskelfasern durchwebt ist. Zum Schlüsse erwähne ich noch, dass alle Abtheilungen des Harnkanälchens reich mit Blutgefässen ausgestattet sind. Betrachten wir die Resultate der Untersuchungen über die Antennendrüsen mit dem , was man über die Schalendrüse weiss, so finden wir, dass sie beide in ihrem Bau übereinstimmen. Auch an der Schalendrüse unterscheidet man seit den Untersuchungen von Weismann^) und besonders C. Claus ^) über diese Organe der Phyllopoden und Copepoden ein Endsäckchen und einen davon ausgehenden Kanal. Die Epithelien in diesen beiden Ab- schnitten sind verschieden. Im Endsäckchen (laterales Drüsenohr, Weismann, ampullenförmiges Säckchen, Claus) zeigt das Epi- thel eine andere Beschafi'enheit als in dem sich anschliessenden Kanal ; auch hier stossen die Zellen nicht zu einem geschlossenen Epithel zusammen, sondern sind kuppeiförmig gegen das Lumen vorgewölbt. In dem Harnkanälchen dagegen finden wir glattere Wände ; die Zellen ragen hier nicht einzeln vor, sondern sind an einander geschlossen. Was die Streifung des Protoplasmas in den Zellen dieses Abschnittes anbelangt, so hat nur Weismann eine solche an der Schalendrüse der Leptodora beschrieben. Bei den übrigen Cladoceren und den kleinen Schalendrüsen der Copepoden ist diese Anordnung in Fasern nicht bekannt; in den meisten dieser Fälle wird sie wegen der Dünne der Drüsenwand nicht zu finden sein , wie ich sie beispielsweise auch nicht bei der An- tennendrüse des Cyclopsnauplius nachzuweisen vermochte. An der Schalendrüse von Branchipuslarven habe ich diese Streifung in den Zellen des Harnkanälchens beobachtet ; und sie gleicht vollkommen ') 1. c. p. 385. ^) C. Claus, Die ScLalendrüse der Daphnien. Zeitschr. f. wiss. Zoolog. Bd. XXV, 1875. p. 165, ferner: Die Sclialendrüse der Copepoden. Sitzungsb. d. k. Akad. d. Wissen^^cb. zu Wien. Bd. LXXIV. 1876. (103) 12 Dr. Carl Grobben: derjenigen in der Antennendrüse , wie ich auch die vollständige Aehnlicbkeit der das Endsäckchen der Schalendrüse auskleidenden Epithelzellen mit denen der Antennendrüse hervorheben will. Schon Wassiliew ^) sprach vermuthungsweise aus , dass das gelbbraune Läppchen der Antennendrüse von A s t a c u s dem ohr- förmigen Lappen der Schalendrüse von Leptodora zu vergleichen sei. Es sind also die Antennendrüse und die Schalen- drüse gleich gebaut, was ja übrigens zu erwarten war, wenn die Annahme einer Homologie beider Organe sich bewahrheiten sollte. Wir sehen weiter, dass die Harnorgane sämmtlicher Crustaceen nach demselben Typus gebaut sind. Ich hebe dies deshalb hervor, weil Wassiliew eine übereilte und verfehlte Eintheilung der Nierenapparate in drei ausgeprägte Formen unternahm, auf welche ich jedoch weiter nicht eingehen will. Wenn wir somit einen weiteren Anhaltspunktt haben , die beiden Drüsen als homolog zu betrachten, so ergibt sich daraus ferner noch der Schluss , dass , sowie es von der Schalendrüse gezeigt wurde ^), wohl auch die Antennendrüse eine Bildung des mittleren Keimblattes sein wird, und nicht durch Einstülpung von Ectoderm entstehen dürfte, wie Reichenbach ^) angab. Die Betheiligung der Haut bei Astacus an der Auskleidung des Endabschnittes des Ausführungsganges mag zu dieser Angabe Veranlassung gewesen sein. Versuchen wir nun, uns eine Vorstellung von der Function der einzelnen Abschnitte der Crustaceenniere zu machen. Welche Function hat das Endsäckchen? Ich glaube, Weismann *) hat das Richtige getroffen, wenn er das Endsäckchen functionell den Malpighi'schen Kapseln der Wirbelthierniere vergleicht. Dieser Ansicht hat sich auch C. Claus ^) angeschlossen. In den Malpighi'schen Kapseln der Wirbelthiere wird nun nach neueren, im Einklänge mit der Bo wmann'schen Hypothese stehenden Arbeiten ^) Wasser (wahrscheinlich aber doch eine ') 1. c. p. 220. ^) Vgl. C. Grobben, Die Entwicklungsgeschichte der Moina rectiroslris. Arbeiten aus dem zoolog. Inst, zu Wien. II. Bd. 1879. p. 23. ^) Reichenbach, Die Embryonalanlage und erste Entwicklung des Fluss. krebses. Zeitschr. f. wiss. Zoolog. Bd. XXIX. 1877. p. 191. *) 1. c. 394. *) Schalendrüse der Daphnien, p. 171. ®) Vergl. Heidenhain und Neisser, Versuche über den Vorgang der Harnabsonderung. Pflüger's Arch. f. Phys. 1874. Bd. 9; und Nussbaum, Fort- (104) Die Antennendrüse der Crastaceen. 13 geringe Quantität gelöster Stoffe mit) durchfiltrirt. Eine solche Filtration wird ermöglicht durch den erhöhten Blutdruck im Glomerulus und die Dünne der M alp ig hi'schen Kapselmembran. "Wir wollen nun untersuchen, ob sich auch an den Endsäckchen der Antenuendrüse Momente nachweisen lassen, welche eine solche Filtration wahrscheinlich machen. An der Antennendrüse der Dekapoden sind solche gewiss vorhanden; hier finden wir, wie bei den Ma Ipighi'schen Körperchen der Vertebraten, die Wan- dung des Endsäckchens äusserst dünn, indem dasselbe auch nicht von einem geschlossenen Epithel ausgekleidet ist , und weiter unterhalb des Endsäckchens, respective zwischen den Aussackungen desselben ein reiches Netzwerk von Grefässen und Blutlakunen entwickelt. In diesem Labyrinth von Bluträumen, welches so reich nur am Endsäckchen ausgebildet ist, findet gewiss eine geringe Stauung des Blutes statt, und damit ergibt sich ein er- höhter Druck, welcher eine Filtration ermöglicht. Auch bei den Schizopoden und Gammariden lassen sich Ein- richtungen aufzeigen, aus denen sich eine Filtration ableiten lässt. Hier finden wir die Drüse knapp an der Haut gelegen, und zwischen letzterer und dem Säckchen ein Balkenwerk von Stützfasern ent- wickelt, zwischen denen eine geringe Blutstauung stattfinden kann. Bei den Phyllopoden lassen sich einer Filtration günstige Momente mit Sicherheit nicht nachweisen; doch ist die Lage des Endsäckchens zwischen den Antennenmuskeln hervorzuheben, und es mag daher auch hier eine kleine Stauung des Blutes eintreten. Bei den Copepoden^) zeigen sich noch grössere Schwierig- keiten. Hier liegt das Endsäckchen frei am Eingange in die zweite Antenne. Dazu kommt noch, dass kein Herz da ist. Diese letzt- erwähnte Schwierigkeit gilt auch für die ersten Larvenstadien der Phyllopoden. Ob der wenig grössere Druck, welcher in Folge der Bewegung der übrigen Organe (Extremitäten muskeln, Darm) stellenweise stattfindet, schon genügend ist, im Falle er in der das Säckchen umgebenden Blutflüssigkeit herrscht, einige Flüssigkeit durch die Wand des Endsäckchens hindurchzutreiben, ist sehr fraglich. gesetzte Untersuchungen über die Secretion der Niere. Arch. f. d. ges. Physiol, Bd. 17 (nacli Hof mann und Schwalbe's Jahresberichten). ') Ich brauche wohl nicht hervorzuheben , dass die Antennendrüse den erwachsenen Copepoden fehlt, somit mit dem später auftretenden Herzen auch bei den mit Herzen versehenen Formen zusammen nicht vorkommt. (105) 14 Dr. Carl Grobben: Diese zuletzt besprochenen Fälle bei den Copepoden und Phyllopoden (hier auch dann, wenn ein Herz schon da ist) lassen sich ungezwungen nur durch die in neuester Zeit von Heidenhain i) aufgestellte Theorie erklären, welche aussagt, dass auch die Ab- scheidung des Wassers in den Malpighi'schen Kapseln der Verte- bratenniere nicht durch Filtration, sondern durch die specilische secretorische Thätigkeit des Kapselepithels erfolgt. Mittelst dieser Absonderungstheorie Hesse sich natürlich die Funktion des End- säckchens bei den übrigen Crustaceen auch erklären. Es wird wahrscheinlich auch bei den höheren Crustaceen das Wasser durch die active Thätigkeit der Säckchenzellen abgeschieden werden. Wir gelangen nun zum Harnkanälchen. Dieses hat Weis- mann functionell mit den Tubulis contortis der Wirbelthierniere verglichen. Fungiren die Harnkanälchen der Antennendrüse wie die Tubuli contorti oder genauer ausgedrückt, lässt sich aus der gleichen anatomischen Beschaffenheit irgend etwas ^chliessen? Man weiss über die Function der Harnkanälchen bei den Vertebraten nicht viel ; doch geht aus den oben bereits ange- führten Arbeiten so viel hervor, dass es wahrscheinlich bloss die Kanälchen sind , welche die Harnstoffe abscheiden. Da ich Versuche bei den Crustaceen nicht gemacht habe , so interessirt mich zunächst der Bau der Tubuli contorti. Und da hat Heidenhain 2) die Entdeckung gemacht , dass das Epithel dieser Tubuli Stäbchen enthalte. Diese Stäbchen, oder Stränge 2), wie ich diese Bildungen benannt habe , finden sich auch in den Harnkanälchen der Antennendrüse. Der gleiche Bau des Harn- kanälchens der Crustaceenniere mit dem Tubulus contortus lässt zu dem Schlüsse gelangen, dass wohl auch die Function des ersteren mit der des letzteren übereinstimmen wird. ') R. Heidenhaiu in Herniann's Handbuch der Physiologie. V. Bd. 1. Th. 1880. p. 331 und 360. ^) Mikroskopische Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Nieren. Arch. f. mikrosk. Anat. T. 10. 1874. p. 1. ^) Ich habe den Namen „Stäbchen" nicht beibehalten, sondern den Ausdruck „ Stränge" statt dessen verwendet, da ich mich überzeugt habe, dass es die Proto- plasmakörnchen des Zellinhaltes selbst sind , welche in ihrer Grundsnbstanz auf bezeichnete Art angeordnet sind ; diese Stränge werden auch bei den Vertebraten nicht ein Pro du et der Zellen sein, wie Heidenhain meint. Weismann verwendet den Ausdruck „Röhrchen", da W. einen „Achsenraam" in diesen Gebilden beobachtet hat. Ich habe an meinen Strängen solche Bilder nicht gesehen. Weiter bestimmt mich auch von Strängen zu sprechen die Vorstellung, dass eben diese Anordnung der Protoplasmakörnchen eine Folge des lebhaften Stromes ist, der durch die Zellen streicht. (106) Die Antennendrüse der Crustaceen. 15 Wenn _ nicht ziemlicli feststünde , dass die Antennendrüse Niere ist, so liesse sich aus dem streifigen Aussehen des Epithels kein Schluss auf die Nierennatur der Drüse ziehen, da eine solche faserige Struktur auch in anderen Drüsen vorkommt. Wenn aber in verschiedenen Nierenapparaten dieselbe Streifung in einer gewissen Abtheilung auftritt, gestattet diese, mit einiger Sicherheit einen Schluss auf die gleiche Function des betreffenden Abschnittes zu ziehen. Man wird demnach annehmen können, dass in den Wänden des Endsäckchens, wie in den Malpighi'schen Kapseln der Ver- tebratenniere eine Absonderung hauptsächlich von Wasser statt- findet, während die Abscheidung der Harnbestandtheile aus dem Blute durch das Harnkanälchen erfolgt. Ich will noch hervorheben, dass, wie bei den Würmern i) und Mollusken 2) , so auch unter den Crustaceen bei den Ento- mostraken das Harnkanälchen aus wenigen durchbohrten Zellen besteht. Erst mit der Grössenzunahme des Apparates werden die Kanälchenlumina nicht mehr von einer einzigen Zelle umspannt, son- dern von zahlreichen Zellen (Schizopoden, Dekapoden, Amphipoden?). Das Durchbohrtsein der Harnkanälchenzellen bei den phylo- genetisch ältesten Crustaceen, den Phyllopoden, weist mit Rück- sicht auf das gleiche Verhalten an der Niere der stammverwandten Gliederwürmer darauf hin, dass dasselbe wahrscheinlich vererbt ist. Zum Schlüsse will ich noch auf eine Thatsache hinweisen. Vergleichen wir die Antennendrüse des Cetochilusnauplius mit der des Cyclopsnauplius , so fällt die ausserordentliche Länge des Harnkanälchens bei Cyclops im Vergleich zu Cetochilus auf. Ich will darauf aufmerksam machen , dass die eine Form ein Süss- wasserbewohner, die andere ein Meeresbewohner ist. Es scheint also die Verlängerung des Harnkanälchens mit dem Leben im Süsswasser parallel zu gehen. Stimmen noch einige Thatsachen damit ? Vergleichen wir die Schalendrüse der marinen Calaniden mit der des Süsswassercalani- den Diaptomus, oder gar mit Cyclops, so zeigt sich hier abermals ') Claparede, Histologische Untersuchungen über den Regenwurm. Ztschr. f. wiss. Zoolog. Bd. XXIX. 1869. p. 615.— B. Hat sehe k, Embryonalentwicklung und Knospung von Pedicellina echiuata, diess. Zdtschr. Bd. XXIX. 1877. p. 516. — Derselbe, Studien über Entwicklungsgeschichte der Anneliden. Arbeiten aus dem zoolog. Inst, zu Wien. I. Bd. 1878. — Vejdovsky, Beiträge zur vergl. Morphol. der Anneliden. I. Monographie der Enchytraeiden. Prag 1879. p. 37. 2) C. R a b 1 , Ueber die Entwicklung der Tellerschnecke. Morph. Jahrb. Bd. V. 1869. (107) 16 Dr. Carl Grobben: eine bedeutende Verlängerung des Harnkanälchens der genannten Drüse bei den Süsswasserformen. Unter den Anneliden haben die marinen Polychaeten kurze Schleifenkanäle , die meist das Süsswasser bewohnenden Oligo- chaeten und Hirudineen dagegen lange schleifenförmige Organe. Auch der von Hatschek ^) beschriebene Protodrilus Leuckartii hat einen kurzen Schleifenkanal, während der von Langerhans ^) gefundene in Brack- und Süsswasser lebende Polygordius Schneider! (wie Hatschek vermuthet, auch ein Protodrilus) viel längere Segmentalorgane besitzt. Eine Erklärung für diese Thatsache vermag ich nicht zu geben. Ich will auf dieselbe bloss das Augenmerk der Forscher gerichtet haben ; es bleibt noch zu untersuchen, ob dieser Parallel- lismus zwischen der Länge des Harnkanälchens und dem Süss- wasserleben allgemein zutrifft. Wien, im Juni 1880. ') B. Hatschek, Protodrilus Leuckartü. Diese Zeitschrift. III. Bd. 1. Heft. '^) P. Langerhans, Die Wurmfaana von Madeira. III. Ztschr. f. wiss. Zoolog. 34. Bd. 1880. p. 125. (108) Die Antennendrüse der Crastaceen. 17 Tafelerklärung. es Endsäckchen. 1 a" zweite Antenne. rc Harnkanälchen. ceph Kopf-, resp. Kopfbrustschild. lib Harnblase. |ep Epithel des Endsäckchens. ea Harnleiter. cu Cuticula. oeff Ausmündung der Antennendrüse. |blr Bluträume. Fig. 1. Rechte Antennendrüse einer 05 Mm. langen Estherialarve. Vergr. 520. n Grenze des Nackenorganes. con Connectivfasern. Fig. 2. Eechte Antennendrüse eines Cyclops nauplius. Vergr. 650. Fig. 3. Rechte Antennendrüse eines späteren Naupliusstadiums von Ceto- chilus helgolandicus. Vergr. 860. Fig. 4. Linke Antennendrüse eines jungen Gammarus marinus. Vergr. 280. Fig. 5. Linke Antennendrüse von M y s i s spec. ? Vergr. 140. Fig. 6 Dieselbe von Siriella spec? Vergr. 102. Fig. 7. Uebersichtliche Darstellung der rechten Antennendrüse von Palae- mon Treillianus, von der Dorsalseite gesehen. Schwache Vergr. big Blutgefäss, welches zum Endsäckchen geht. Fig. 8. Theil eines Querschnittes durch das Endsäckchen der Antennendrüse von Palaemon Treillianus. Vergr. 360. bl es eine blindsackartige Ausstülpung des Säckchens. Fig. 9. Theil eines Querschnittes durch das Convolut der Harnkanälchen der Antennendrüse von Palaemon Treillianus. Vergr. 360. f eine blindsack- förmige Ausstülpung eines Harnkanälchens. Fig. 10. Stück einer "Wand des grünen Harnkanälchenabschnittes der Antennen- drüse von Astacusfluviatilis im optischen Schnitt. Vergr. 360. g r grüne Kugeln . Fig. 11. Stück einer Wand der gelblichen Harnkanälchenabtheilung der An- tennendrüse von Astacus fluviatilis im optischen Schnitt. Vergr. 360. (109) 18 Dr. Carl Grobben; Die Antennendrüse der Crustaceen. Fig. 12. Querschnitt durch die "Wand des Endsäckchens der Antennendriise von Astacus fluviatilis. Vergr. 360. Die Zeichnungen sind fast alle nach dem lebenden Objecte gemacht, dabei ■wurden aber theilweise die erst durch Behandlung mit Reagentien erlangten Re- sultate eingetragen. Nur die Figuren 7, 8, 9 und 12 sind nach in Alkohol ge- härteten, dann mit Beale'schem Carmin gefärbten und in Lack aufbewahrten Präparaten angefertigt. Gottlieb Oistel & Comp., Wien, Stadt, Auguatii (110) Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden der Adria. Mit 4 Tafeln. Von Otmar Nebeski. Die reiche Formenentwickluug auf dem Gebiete der Amphi- poden hat das Augenmerk der Beobachter mehr auf die syste- matischen Verhältnisse dieser Crustaceen gelenkt, und während wir eine reiche faunistische Literatur besitzen, sind die Angaben über die anatomischen und besonders die feinern histologischen Details theilweise noch recht unvollkommen. In dieser Hinsicht unsere Kenntniss durch einen kleinen Beitrag zu fördern, war meine Absicht, als ich auf Anrathen meines hochverehrten Lehrers, des Herrn Prof. C. Claus, dem ich für die Belehrung und Unterstützung, die er mir in jeder Richtung angedeihen Hess, zu tiefem Dank verpflichtet bin, diese Arbeit unternahm. Ausgeführt wurde dieselbe theils im Laboratorium des k. k. zoologisch - vergleichend anatomischen Institutes in Wien , theils (während der Monate April und September 1879) in der k. k. zoologischen Station in Triest, wo ich auch Gelegenheit hatte, die Fauna des Triester Hafens in systematischer Hinsicht zu studiren. Im Verlaufe der anatomischen Untersuchungen traf ich, be- sonders beim Studium des Drüsenbaues , sowie bei der genauen Untersuchung der Gattung Orchestia, über deren Anatomie bislang nur spärliche Angaben vorliegen, auf einige bisher unbekannte Verhältnisse, die ich hier vereint mit meinen faunistischen Beob- achtungen darzulegen mir erlaube. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. III, Heft 2. 8 (^^ 2 Otniar N e b e s k i : I. Einzellige Drüsen und ihre Bedeutung. 0 A. Die einzelligen Drüsen in den Beinen der Corophiiden. ^) Bei genauerer Untersuchung irgend einer Species aus der Familie der Corophiiden fällt sofort in den zwei auf die sog. Gnathopoden folgenden Thoracalbeinen , welche mit jenen die Gelenkstellung gemein haben und dadurch , sowie durch ihre ge- ringe Grösse in einem Gegensatz zu dem 5., 6. und 7, Beinpaare stehen, eine eigenthümliche histologische Erscheinung in's Auge; wir sehen nämlich den Innenraum der betreffenden Beine, der eine nur schwach entwickelte Muskulatur birgt, erfüllt von einer grossen Zahl von Drüsenelementen, welche einen mächtigen Secre- tionsapparat zusammensetzen. Jedes einzelne Element stellt sich als ei n e Zelle dar, welcher ein besonderer cuticularer Ausführungs- gang zukommt, die also als einzellige Drüse zu bezeichnen ist und im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen secretorischen Thätigkeit bedeutende Differenzirungen im Protoplasma aufweist. Die Drüsenzellen finden sich nur im 3. und 4. Beinpaare des Thorax, und zwar in der Regel im 2., d., 4. und 5. Gliede, bisweilen rücken sie auch in's 6. Glied vor, so bei Amphithoe- Arten, im Dactylus, sowie im Coxalgliede ^) fehlen sie immer. Die einzelnen Elemente senden entweder ihr Cuticularröhrchen als selbstständigen Ausführungsweg bis in den Dactylus (Fig. 1, HZi), ohne dass andere Gänge sich damit vereinigen, oder der Gang nimmt in seinem Verlaufe auch die kurzen Ausführungs- gänge der ihm anliegenden Zellen, zwischen denen er sich durch- drängt, auf^ so dass eine Gruppe von Drüsenzellen durch Ver- einigung ihrer Specialausführungsgänge einen gemeinschaftlichen Ausführungsweg hervorgehen lässt (Fig. 1, HZ, DZ). ^) Vgl. Leydig, zur Anatomie der Insecten. Arch. f. Anat. u. Phys. 1859. Die von Claus (Z. f. w. Z. 1872, p. 335 und Arbeiten d. zool. Instit. II. 1879, p. 16) und Paul Mayer (I. c.) bei den Pbronimiden und von G. Halle r (1. c. p. 385) bei Caprella beschriebenen Djüsen mit cuticularen Au.>-führungsgängen, weichen, wie sich im Folgenden zeigen wird, in Rücksicht ihres feineren Baues, bedeutend von den Drüsen der Corophiiden und Orchestiiden ab. ^) Ho eck hat (1. c. p. 126) die Drüsen in den Beinen der Corophiiden auch autgefunden, jedoch wegen Mangels an gut erhaltenem Materiale nur ganz oberflächlich untersucht; die Drüsen von Orchestia übersah er. Uebrigens wusste schon S. J. Smith (Silimau's american Journal, juny lc74) um die Existenz der Drüsen bei den Corophiiden, wie aus der kurzen Notiz daselbst hervorgeht. ^) Ich werd« im Folgenden zur Bezeichnung der Glieder von der Sp. Bate'- schen Nomenclatur Gebrauch machen: 1. Glied = Coxa , 2. = Basos , 3. Ischinm, 4. Meros, 5. Carpus, 6. Propodos, 7. Dactylus. (112) Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden der Adria. 3 Alle diese Gänge vereinigen sicli nach und nach zu einem Paquet, welches gestützt durch die den Blutlauf regulirende Bindegewebsmembran, die Glieder duichzieht (Fig. 1 , Ar) und endlich, nachdem sich mehr und mehr Gänge ihm angelegt haben, als ansehnliches Bündel von Cuticularröhrchen in den Dactylus gelangt; ob die Gänge innerhalb des Paquets wirklich bis zur Ausmündung getrennt verlaufen oder ob nicht einzelne sich früher vereinigen, lässt sich bei der grossen Zahl von RÖhrchen, die hier zusammengedrängt sind, nicht direct bestimmen. In der Klaue ist die Chintinwand von der Spitze her in 's Innere in Form eines engen Ganges eingestülpt. Dieser erweitert sich am Ende zu einer kleinen Blase und bildet so ein von chitiniger Wand umschlossenes Reservoir (Fig. 1 b, R), in welches sich sämmt- liche Ausführungsgänge des Drüsenapparates öffnen, um das Secret an der Spitze des Fingers nach aussen gelangen zu lassen. Obwohl die einzelnen Elemente in ihrem feinern Bau im Wesentlichen übereinstimmen, so zeigt sich doch, dass wir der chemischen Constitution des Plasmas nach zwei Kategorien von Zellen unterscheiden müssen. Gewisse Zellen, welche schon im frischen Zustande durch ihre dunklere Farbe auffallen , zeichnen sich vor den andern dadurch aus, dass sie auf chemische Agentien, die man behufs Anfertigung von Präparaten auf sie einwirken lässt, weit energischer reagiren ; sie färben sich in Beale'schem Carmin und in Picrocarmin weit rascher, so dass sie schon in ihrem ganzen Zellleibe intensiv tingirt sind, wenn bei den andern eben erst die Kerne sich zu färben beginnen, sie werden von Ueberosmiumsäure stärker und schneller gebräunt als die andern; ihr Protoplasma zeigt in Alkohol gehärtet ein grob granuläres Gefüge und wird undurchsichtig, so dass sie sich von den andern, die in einem grossen Theile des Zellleibes die feinkörnige Structur bewahren, als dunkelere Massen abheben. Ich will im Folgenden die beiden Arten von Zellen der Kürze halber als „dunkle" und „helle" Zellen bezeichnen. Die dunklen Zellen finden sich nur im Basos, und zwar in 2 oder 3 Gruppen angeordnet, die im Allgemeinen eine wechselnde, aber für die einzelnen Arten ganz constante Form und Lagerung zeigen; durch jede dieser Gruppen gehen in verschiedener Zahl Hauptausführungsgänge, welche nach und nach die kurzen Cuti- cularröhrchen der einzelnen Zellen aufnehmen und sich dann dem Paquet von Röhrchen anschliessen , welches durch das Bein zum Dactylus zieht (DZ in Fig. 1 a, 8 und 9). Die blassen Zellen, 8* (113. 4 Otmar N ^ b e s k i : welche sich ausser dem Basos auch in den folgenden Gliedern mit Ausnahme der beiden letzten finden, zeigen in ihren Aus- fiihrungsgängen zum Theil dasselbe Verhalten, besonders im Basos und Ischinm; daneben treten aber immer, namentlich im 3. — 5. Grliede, in grösserer oder geringerer Zahl blasse Zellen auf, deren Cuticularröhrchen als vollständig selbstständige Gänge, ohne andere aufzunehmen, bis in den Dactylus verlaufen Ich verweise zu,r Illustration dieser Angaben auf die Detailzeichnung (Fig. 1) eines Beines von Podocerus ocius. Sp. B. Hier finden wir im Basos drei langgestreckte Gruppen von dunklen Zellen, an deren unterm Ende je einer oder zwei Haupt- ausführungsgänge, an welchen die einzelnen Drüsenzellen mit ihren Cuticularröhrchen wie die Beeren einer Traube ansitzen, hervor- treten. Die blassen Zellen sind im Basos in ähnlicher Weise um drei Ausführungsgänge in drei Gruppen geordnet, von denen die mittlere sich auch in das Ischium fortsetzt (Fig. 1 a, HZ). Ausser- dem finden sich noch einige isolirte Elemente, welche dann in den folgenden Gliedern allein den Drüsenapparat zusammensetzen (Fig. la und b, HZ'). Eine ganz ähnliche Anordnung der Drüsenzellen finden wir bei den M icrode u top us und Corophium- Arten. Bei andern Formen zeigt sich wieder eine andere Ausbildung der Drüsen,, wie ja das schon durch die verschiedene Form der Beine bedingt ist (Fig. 8 und 9). Bei derselben Art, ja selbst Gattung aber ist die Form der Drüsencomplexe immer eine constante. Verfolgen wir ein Cuticularrohr von seiner Ausmündung gegen die Drüsenzelle hin, so sehen wir, dass dasselbe dort, wo es ß.n die Zelle herantritt , sich allmälig zu einem Trichter er- weitert. Diese Erweiterung bleibt freilich bei den dunklen Zellen auf ein sehr geringes Mass beschränkt; sehr deutlich tritt sie dagegen bei den hellen isolirten Zellen hervor, besonders bei Podocerus falcatus Mont., wo das Rohr zu einer grossen Blase aufgetrieben erscheint, die ein Reservoir für das Secret darstellt (Fig. 3). Auf den ersten Blick hat es in vielen Fällen den Anschein, als wäre der erweiterte Cuticulargang in das Protoplasma der Zelle eingelagert. Die Bilder, welche zu dieser irrigen Annahme verleiten , entstehen dadurch , dass an jeder Zelle sich eine bis- weilen sehr tiefe Impression, eine trichterförmige Einbuchtung des Zellleibes findet; in diese ist das Infundibulum des Cuticularrohres eingelagert und endigt in der Tiefe derselben, indem er sich eng (U4) Beiträge zur Kenntniss der Ampliipoden der Adria. ' an die dünne homogene Aussenschichte des Plasmas anschliesst nnd scheinbar in dieselbe sich direct fortsetzt, jedoch durch sein stärkeres Lichtbrechungsvermögen deutlich von ihr unterschieden. Es dringt also der Cuticulargang in das Zellplasma selbst nicht ein und wir haben in ihm nur den extracellulären Theil des Aus- führungsapparates vor uns (Fig. 2, 3 und 6), Wenn wir nun auf die Betrachtung der Art und Weise über- gehen , wie das Secret aus der Zelle ausgeleitet wird , so treffen wir da auf ziemlich complicirte Verhältnisse. Das Infundibulum des extracellulären Ganges ist gegen das Zellinnere hin durch eine dünne kuppenförmig vorgewölbte Wand abgeschlossen . die aber nicht zum Cuticulargange selbst gehört, sondern als eine Differenzirung der Aussenschichte des Plasmas aufzufassen ist; bei Podocerus falcatus, wo überhaupt der ganze Apparat am meisten entwickelt ist, wird diese Wand durch von aussen her sich anlegende Leisten gestützt, welche, vom Rand des Infundibulum entspringend, radial gegen den Scheitel der Kuppe hinziehen (Fig. 4). Die kuppenförmige Wand ist von zahlreichen Löchern durch- brochen, welche die Ausmündungsstellen von feinen, radiär ange- ordneten Canälen bezeichnen , die von ihnen ausgehend ing Zellinnere eindringen und immer zarter werdend, jedoch ohne sich zu verzweigen, nach allen Seiten hin in die Zelle ausstrahlen. An frischen Objecten sind dieselben nicht (Fig. 6), oder doch nur in Ausnahmsfällen deutlich sichtbar (Podocerus falcatus), erst nach Behandlung mit Alkohol oder Ueberosmiumsäure treten sie klar hervor (Fig. 2 und 3). Es fragt sich nun , ob wir es hier mit blossen Lücken im Plasma zu thun haben oder ob den Canäl- chen eine selbstständige cuticulare Wand zukommt, d, h. ob das Plasma in der unmittelbaren Umgebung der Canäle so weit chemisch verändert ist, dass es eine Cuticula zur Ausscheiduno- gebracht hat. Lässt man schwache Kalilauge einwirken , so verschwinden im ersten Momente der Einwirkung die ■ Canäle scheinbar vollständig. Das ist aber nur die Folge der heftigen molecularen Verschiebungen und der dadurch bedingten Trübung des Zellinhaltes , welche das ganze Bild unklar macht. Sieht man nach kurzer Zeit, wenn die erste stürmische Action vorüber ist, wieder nach, so findet man die Kanälchen ganz wohl erhalten: dauert die Einwirkung durch längere Zeit fort, so verschwinden sie allmälig. Es ist daher anzunehmen, dass denselben eine selbstständige Wandung zukoüirat , freilich so zart, dass sie der (115) 6 Otmar Nebesk i: Kalilauge auf die Dauer nicht zu widerstehen vermag; wir haben also hier äusserst feine Cuticularröhrchen vor uns, die wie bei den Drüsenzellen der Pbronimiden den intracellulären Theil des Ausfüh- rungsapparates, die ersten Leitungswege für das Seeret darstellen. Unmittelbar vor ihrer Ausmündung , wo die ßöhrchen schon nahe bei einander liegen , sind sie auf eine kleine Strecke hin von dunkeln Partikeln umgeben, welche dem Verlaufe der einge- lagerten Röhrchen entsprechend regelmässig in Radiärreihen an- geordnet sind und in toto ein dunkles , strahliges Grebilde von sphärischer oder ellipsoidischer Form darstellen , das dem Infundi- bulum des grossen Ableitungsrohres unmittelbar aufsitzt ; besonders an frischen Zellen , wo die Röhrchen selbst meist nicht sichtbar sind, fällt dieses Gebilde sofort in die Augen (Fig. 6). Bei den dunklen Zellen besteht der ganze übrige Zellleib aus grobkörnigem Plasma , in das ein ansehnlicher Kern eingelagert ist; in den blassen Zellen aber ist jenes strahlige Gebilde von einer breiten Zone hellen , körnchenarmen Plasmas umgeben, durch welche die Cuticularröhrchen in radiärer Anordnung hindurch- ziehen, um in der nach aussen sich anschliessenden, von zahl- reichen kleinen und grossen Körnern erfüllten Plasmaschichte zu verschwinden; in dieser körnigen äussersten Zone, deren peripherische Partie noch als homogene stark lichtbrechende Aussenschichte differenzirt sein kann, liegt der grosse Kern der Drüsenzelle , der von rundlicher oder auch schüsseiförmiger Gestalt ist , in welchem letzteren Falle er im optischen Durchschnitt die Form eines Halb- mondes zeigt (Fig. 3); er enthält immer ein ansehnliches Kern- körperchen. Die Frage, ob den Ableitungsgängen besondere Kerne zu- kommen oder nicht , war ich nicht im Stande mit Sicherheit zu entscheiden ; man sieht zwar an manchen Stellen langgestreckte Kerne denselben aufliegen, aber diese können ebensogut dem Bindegewebe angehören, das reichlich entwickelt, die einzelnen Gruppen von Drüsenzellen und ihre Ausführungsgänge umhüllt und stützt. Zu erwähnen wäre noch das Vorkommen von Vacuolen in den Drüsenzellen von Corophium crassicorne, welche bisweilen eine bedeutende Grösse erlangen und dann mit Gruppen von Krystallen erfüllt sind (Fig. 7) ; diese Erscheinung dürfte aber pathologischer Natur sein, zumal ich sie nur in wenigen Fällen beobachtete. Auffallend ist die Aehnlichkeit, welche die beschriebenen Drüsen- Beiträge zur Kenntniss dei" Amphipoden der Adria. 7 Zellen mit den von Leydig (Zur Anatomie der Insecten, pag. 54) dargestellten einzelligen Afterdrüsen von Trichodes apiarius zeigen ; diese haben ebenfalls einen körnigen Saum, dann nach innen eine helle, von radiären Streifen durchzogene Zone , und inmitten ein „körniges Grebilde", das wohl dem besprochenen strahligen Körper entsprechen dürfte; sie gleichen somit vollständig den blassen Zellen der Corophiiden. Die radiären Streifen in der hellen Zone, die Leydig als die ersten Leitungswege für das Secret bezeichnet, sind wohl mit den intracellulären Cuticularröhrchen identisch; der Hauptausführungsgang freilich reicht bei Trichodes weit in's Zellinnere hinein ; dies kann jedoch umsoweniger einen wesentlichen Unterschied begründen, als vielleicht auch hier jene Impression des Zellleibes vorhanden ist und so das Ausführungs- rohr nur scheinbar in das Innere der Zelle zu liegen kommt. (Vgl. die Copie Fig. 5.) Den oben besprochenen Secretionsapparat fand ich bei allen Corophiiden, die mir zur Untersuchung vorlagen ; es waren dies Arten der Gattungen: Microdeutopus, Microprotopus, Amphithoe, Podocerus, Cerapus und Corophium. Das Genus Cyrtophium, das bisher zu den Corophiiden einbezogen wurde, das aber der Drüsen entbehrt und so eine Ausnahme zu machen scheint, weicht in mehrfacher Hinsicht wesentlich von den Corophiiden ab und steht andererseits den Dulichiiden so nahe, dass es dieser Familie zuzuzählen ist und so die Ausnahme nur eine scheinbare ist. Andererseits finden wir bei den anderen Crevettinen nirgends einzellige Drüsen in der beschriebenen An- ordnung. 1) Ich glaube daher, dass man wohl berechtigt ist, den Besitz jenes Secretionsapparates in dem 3. und 4. Beinpaare des Thorax als charakteristisches Merkmal der Corophiiden hinzustellen, und das umsomehr, als in diesen anatomischen Verhältnissen die Bedingungen gegeben sind für die eigenthümliche Lebensweise dieser Amphipoden, deren Biologie uns eine Reihe interessanter Erscheinungen vorführt. Es ist schon lange bekannt, dass Arten der Gattungen: Cerapus, Siphonocoetes und Unciola Say (= Microdeu- topus Costa) durch Verkittung von Sand, Schlamm, Holz- partikeln etc. mittelst eines im Wasser erstarrenden Secretes ^) Die weiter uuten beschriebenen einzelligen Drüsen von Orchestia weichen in Anordnung und Ausmündung wesentlich von denen der Corophiiden ab ; in der Familie der Gammariden fehlen, soweit meine Erfahrung reicht, die Drüsen ganz. (117) 8 Otmar Nebeski: Röhren herstellen , in die sie sich , wenn sie beunruhigt werden, zurückziehen; Sp. Bäte i) wies denselben Bauinstinct bei Am- p h i t h 0 e - und P o d o c e r u s- Arten nach und zeigte, dass wenigstens bei einigen Arten die Röhren auch als Nester benützt werden und den aus dem Brutraum frei gewordenen Jungen zum. Schutze dienen. Auch ich hatte wiederholt Gelegenheit, die Bauten des in Triest sehr häufigen Podocerus falcatus, sowie die von Cerapus und Microdeutopus zu beobachten. Einen Fall von Anpassung an ganz besondere Lebensbedin- gungen zeigt uns eine andere Bauniethode, die schon Sp. Bäte (1. c. pag. 16o) erwähnt, ohne aber die betreffenden Amphipoden näher zu bezeichnen; ich fand sie nun bei Amphithoe peni- cillata Costa^ ferner bei A. longicornis und largimana (Podocerus long, und larg. H r). Diese Thiere schlagen den Rand des Thallus von Ulva ein und kleben ihn in dieser Lage fest, so dass eine beiderseits offene Röhre entsteht, in der sie sich vor den Blicken ihrer Feinde verbergen, was besonders den beiden hellgrün gefärbten Arten Amphithoe longicornis und largimana vollständig gelingen mag; es ist wirklich schwer, dieselben wieder- zufinden, wenn man sie mit einigen Ulven in ein Aquarium gesetzt und einige Zeit lang ungestört belassen hat. lieber die Provenienz des „animal cement", welches bei dieser Bauthätigkeit in Verwendung kommt , war man lange im Un- klaren; Sp. Bäte sagt (Brit. sessile eyed Crust. I, pag. 420): We have not been able to discover whether this thread-like web excreted by the mouth , or whether or not there be an especial organ for its production. Es ist aber offenbar nichts anderes, als das Secret der oben beschriebenen Drüsen , deren Besitz für die Corophiiden so charakteristisch ist. Die Ausmündungsstellen derselben sind für eine solche Verwendung vollkommen entsprechend situirt; wenn man einen Podocerus beim Bauen beobachtet, so sieht man, während er mit den hinteren Beinen sich an Ort und Stelle festhält, das 3. und 4. Beinpaar in fortwährender Be- wegung, indem er das Baumaterial mit den Fäden des Secretes durch spinnt und so verkittet. Nach dem , was ich oben über die Mächtigkeit der Drüsen- anhäufungen gesagt habe, wird man sich nicht wundern können, wenn eine Amphithoe, wie Sp. Bäte beobachtete, im Stande ist, zweimal unmittelbar hinter einander ein vollständiges Nest ') On the nidification of Crust. Ann. of nat. bist. 1858. (118) Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden der Adria. 9 herzustellen, also zweimal eine Secretmasse auszuscheiden, welche hinreicht, ihren ganzen Körper zu umhüllen. Anders als die Baumethode der Podocerinen ist die der Corophiinen; diese Thiere bohren Löcher in den Schlamm und machen sie zu haltbaren Gängen, indem sie die Wände mit dem Secret ihrer Drüsen überziehen. Indessen ist der Gegensatz zwischen beiden Gruppen und ihren Baumethoden keineswegs ein so scharfer, wie Sp. Bäte meint: es scheint mir vielmehr, dass wir hier sehr weit von einander abstehende Glieder einer einzigen Erscheinungs- reihe vor uns haben, in der die Minirarbeiten von Corophium die unterste Stufe, die einfachste Bethätignng des Bauinstinctes re- präsentiren, der sich von da aus weiter ausgebildet hat und unter Anpassung an verschiedene Lebensbedingungen zur Errichtung von freistehenden, als Wohnung dienenden Röhren führte. Einiger- massen analoge Verhältnisse haben wir bei gewissen Hyme- n 0 p t e r n , wo die Bauten von 0 d y n e r u s m u r a r i u s geradezu das Uebergangsglied von der einfachen Ganggräberei zur Herstel- lung freier, oberirdischer Lehmbauten darstellen, i) B. Die einzelligen Drüsen der Gattung Orchestia. Einen zweiten Typus von einzelligen Drüsen führt uns Orchestia vor. Der Secretionsapparat dieser Gattung weicht zwar, was die Structur der einzelnen Elemente betrifft, von dem der Corophiidenin keiner Beziehung wesentlich ab ; die Drüsenzellen sind den dunklen Zellen der Corophiiden sehr ähnlich , wenn sie auch bedeutend grösser als diese sind. Nur darin macht sich ein Unterschied geltend, dass die intracellulären Cuticularröhrchen ein relativ weiteres Lumen zeigen und dem entsprechend in ge- ringerer Zahl vorhanden sind (Fig. lo). Bedeutend aber ist der Unterschied, der sich in dem Ver- halten der extracellulären (länge bei ihrer Ausmündung und in der Vertheilung und Anordnung der Drüsenzellen im Körper manifestirt. Wir sehen hier den Drüsenapparat gewissermassen decentralisirt ; denn während bei den Corophiiden, wie wir gesehen haben, die Drüsenzellen sich in einem ganz beschränkten Theile des Körpers anhäufen und alle ihre Gänge an einigen wenigen Punkten zur Ausmündung vereinigen, treten sie hier an ver- schiedenen Stellen über den ganzen Körper zerstreut auf und lassen jeden Ausführungsgang nach kurzem Verlaufe durch einen 1) V. Grab er, ver^l. Lebensgesch. der Insecten, 1877. I. pag. 174. (119) 10 Otmar N e b e s k i : selbstständigen Porus in der Chitinwand des betreffenden Körper- theiles nach aussen sich öffnen (Fig. 10 und 12). Wenn wir zunächst die Anordnung der Drüsenelemente in den Thoracalbeinen in's Auge fassen, so tritt sofort wieder der Gregensatz zu den Cor op hiiden hervor. Da die Orchestien im Zusammenhang mit ihrer Lebensweise in sämmtlichen Gliedmassen des Thorax eine kräftige Muskulatur besitzen , so dass sie im Stande sind, auf dem Lande ziemlich flink zu laufen , so ist eine grössere Anhäufung von Drüsenzellen nur in den Theilen der Extremitäten denkbar, welche nicht von Muskeln durchzogen sind, das sind die Coxalplatten und die analog gebildeten lamellösen Verbreiterungen, die am Basos der drei hinteren Thoracalbeinpaare beider Geschlechter und an dem des zweiten Gnathopodenpaares des Weibchens sich finden ; ausserhalb dieser Glieder finden wir in den Beinen nur kleine Gruppen von secretorischen Elementen (Fig. 10). In den Coxalplatten repräsentiren sich die Drüsen als eine meist einfache Schichte dicht gedrängter, flach cubischer Zellen (Fig. 1 1 ), die besonders im distalen Theile der Platte als ein den Rand begleitender breiter Saum ausgebildet sind ; die Ausführungs- gänge ziehen neben einander nach dem freien Rande der Coxal- platte hin und münden durch selbstständige Poren, die zu unregel- mässigen Gruppen vereinigt an der Innenlamelle der Platte sich finden, nach aussen. Am zahlreichsten sind die Drüsenzellen in den vorderen Coxalien, während in denen der Pleopoden sich nur mehr einige wenige Zellen finden (Fig. 10). In den auf die Coxa folgenden Gliedern bilden die Drüsen- zellen keine zusammenhängenden Complexe, sondern sind in meist kleine Gruppen aufgelöst, die durch die starken die Mitte des Beines einnehmenden Muskelbündel in die Vorsprünge und lamel- lösen Verbreiterungen gedrängt erscheinen. Am zahlreichsten finden sich die Zellen , wie oben erwähnt , in dem stark verbrei- terten Basos, während im 6. Gliede, das von cylindrischer Form und von Muskeln ganz erfüllt ist, sie sich nur mehr ganz vereinzelt vorfinden. Die Ausführungsgänge ziehen von den Zellen direct zur Chitinwand und münden, wie in den Coxalplatten, auf der Medialseite der Beine durch gesonderte Poren nach aussen (Fig. 12); eine Vereinigung mehrerer Cuticulargänge vor ihrer Ausmündung, wie sie bei den Corophiiden vorkommt, findet hier nie statt, sondern es entspricht jeder Zelle ein besonderer Gang und beson- derer Porus. (120/ Beiträge zur Kenntniss der AmpMpoden der Adria. II Ausserhalb derThoracalbeine finden sich die Drüsenzellen noch in geringer Zahl in den Antennen, den Mandibeln, den Maxillar- füssen, sowie in den Uropoden besonders des letzten Paares. In- dessen beschränken sie sich nicht auf die Extremitäten, sondern treten auch im Kopf und Rumpf selbst auf, wo sie unmittelbar unter der Haut gelegen, kleine Gruppen bilden, die theils seitlich, theils dorsal gelegen, sich in allen Segmenten des Thorax, sowie in den drei vorderen des Abdomens wiederholen ; im 4. und 5. Abdominalsegmente fehlen sie gänzlich, im letzten Segment dagegen bilden sie einen grossen dorsalen Complex, der in das Telson hineinreicht. lieber die Function dieser Drüsen lässt sich Bestimmtes nicht angeben. Sexuelle Bedeutung haben sie nicht, denn sie sind in beiden Geschlechtern gleich entwickelt. Da das Vorkommen derselben nur beim Genus Orchestia constatirt werden konnte, einem Genus, dessen Arten durch ihre mehr oder minder vollständig terrestre Lebensweise ausgezeichnet sind i), dagegen die verwandten Gattungen, welche an das Wasser gebunden sind, wie Nicea, die Drüsen nicht besitzen, so ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Eigenthümlichkeit in der Organisation in causalem Zusammenhang mit dem Leben auf dem Lande steht. Vielleicht dient das Secret, das wahrscheinlich colloider Natur ist, dazu, allzu rasche Ver- dunstung hintanzuhalten und besonders die Kiemen vor Aus- trocknung zu bewahren, indem es dieselben als schützende Schichte überzieht ; dafür spricht der Umstand, dass die Ausführungsgänge der in den Coxalplatten und den anderen Gliedern der Beine befind- lichen Drüsen, welche ja die Hauptmasse des ganzen Secretions- apparates ausmachen, alle auf der Innen-, d. i. medialen Seite ausmünden und so das Secret leicht an die Kiemen gelangen kann. Eine Vergleichung der im Vorhergehenden beschriebenen Drüsen mit den durch Claus, P. Mayer und H a 1 1 e r bei anderen Amphipoden bekannt gewordenen zeigt, dass vor Allem darin ein Unterschied sich geltend macht, dass bei den Phronimi den und Caprelliden drei bis fünf und mehr Drüsenzellen zur Bildung eines secretorischen Elementes zusammentreten und von diesem ein cuticularer Ausführungsgang ausgeht, während bei den Cre- vettinen diese Coraplexbildung unterbleibt, indem das secretorische ') Der landbewohnende TalitruslocuslaL. lag mir leider nicht zur Untersuchung vor. (121) 12 Otmar Nebe ski : Element mit dem histologischen , d. i. mit der Zelle zusammen- fällt und so jeder Zelle ein besonderer Cuticulargang ange- hört. Beide Typen von Drüsen scheinen die Hyperiden, denen somit in dieser Hinsicht eine vermittelnde Stellung zukommt, zu besitzen; wenigstens erwähnt Paul May er in der citirten Schrift, dass bei diesen Amphipoden „im Gegensatze zu den Phronimiden die Complexbildung nur in beschränktem Masse stattfindet oder sogar ganz unterbleibt", was dann einen engern Anschluss an die Crevettinen bedeuten würde; nähere Angaben über die Be- schaffenheit jener Drüsen liegen jedoch nicht vor, II. Die Harndrüsen der Crevettinen. Als Anhang der hinteren Darmregion findet sich bei den Crevettinen bekanntlich ein Excretionsorgan, das in der Regel paarig entwickelt ist in Form von zwei grösseren oder klei- neren Schläuchen , die als Ausstülpungen der Darmwand aufzu- fassen sind. Die Angabe von S p. Bate^), dass bei Gammarus und Maera sich ein unpaarer Drüsenschlauch vorfinde, kann ich nicht bestätigen ; bei G a m m. m a r i n u s und 1 o c u s t a wenigstens, sowie bei Maera brevicaudata fand ich immer zwei Schläuche; damit stimmen auch die Angaben von Wrzesnowski-) über Gamm. pulex überein; bei Goplana polonica allerdings bildet sich nach dem letztgenannten Forscher die rechte Drüse im Verlaufe der Entwicklung zurück ; ich fand das Organ in allen Gattungen paarig ausgebildet mit alleiniger Ausnahme des Genus Melita, wo es aber schon in der Anlage unpaar ist, wie ich später noch ausführlicher zeigen werde. Bei der Vergleichung der einzelnen Gattungen zeigte es sich, dass, wenn auch in der speciellen Ausbildung die Drüsen mancherlei Verschiedenheiten aufweisen, sie doch constant an einer ganz be- stimmten Stelle des Darmes ihren Ursprung nehmen , und zwar am hintersten Theile des Dünndarmes, unmittelbar vor Beginn des Rectums ; die Drüsenschläuche sind als zur Mitteldarmregion gehörig, als DiflPerenzirungen der hintersten Partien der Dünn- darmwand zu betrachten. Dies tritt besonders dort deutlich hervor, wo das Organ auf einer sehr tiefen Stufe der Ausbildung stehen bleibt ; ein ausgezeichnetes Beispiel dieser Art führt uns Melita vor. *) Brit. sess. eyed. crust. I. XXX. ■-) Zoolog. An zeig. 1879, Nr. 39, pag. 514. (122) Beiträge zur Kenntuiss der Ampliipoden der Adria. 13 Um sich Einsicht in diese Verhältnisse zu verschaffen, macht man am besten einen Längsdurchschnitt durch ein in Alkohol ge- härtetes und in Nelkenöl aufgehelltes erwachsenes Exemplar (Fig. 15). Der Dickdarm nimmt die hinteren drei Abdominal- segmente ein ; er ist ausgezeichnet durch ein aus hohen Cylinder- zellen zusammengesc tztes Epithel, das gegen das Lumen hin eine starke Cuticula abgeschieden hat , sowie durch den mächtigen Muskelbelag. An seinem vorderen Ende ist das Epithel etwas vorgewölbt und bildet eine kreisrunde Falte, die von Wrzes- nowski beschriebene Afterdarmklappe. Vom Dünndarm, der sich hier anschliesst, ist das Rectum scharf abgesetzt, indem das Epithel des einen sich nicht einmal direct an das des anderen anschliesst. so dass die Verbindung zwischen beiden Regionen eigentlich nur durch die Bindegewebs-Muskelschichte hergestellt wird, ein Ver- hältniss, das durch die entwicklungsgeschichtliche Thatsache der Bildung des Enddarmes aus dem Ektoderm, des Mitteldarmes aus dem Entoderm hinreichend erklärt wird. Unmittelbar an das Rectum anschliessend findet sich an der dorsalen Seite des Dünn- darmes eine Auftreibung der Darm wand (Fig. 15 HD), in deren Bereich das Epithel aus Cylinderzellen zusammengesetzt ist, die von den flachen Epithelzellen, welche den Dünndarm im Uebrigen auskleiden, deutlich unterschieden sind. Ln Zusammenhang damit steht auch eine theilweise Lagenverschiebung der dorsal vom Darm verlaufenden , horizontal durch den Leibesraum ausgespannten Bindegewebslamelle , die ein Theil jenes für die Regulirung des Blutumlaufes so wichtigen Systems von bindegewebigen Platten ist, auf welches zuerst Claus bei den Phronimiden^) auf- merksam gemacht hat, und das sich in gleicher Ausbildung auch bei den Crevettinen findet. Die Platte, in welche Pigment- zellen eingelagert sind, ist nämlich, während sie in den vorderen Partien dem Darm unmittelbar auflagert, bei Melita in der Gegend der besprochenen Auftreibung der Darmwand nach oben gewölbt (Fig 15 BL) und durch Bindegewebe (B) dauernd an der Rücken- wand hxirt i^ein Verhältniss , das sich auch bei den anderen Cre- vettinen mit wohl entwickelten Drüsen schlauchen an gleicher Stelle nachweisen lässt). Der dadurch geschaffene Raum wird von jener modificirten Dünndarmpartie eingenommen; es ist kein Zweifel, dass diese das Aequivalent der sogenannten Malpighi'schen Schläuche der anderen Crevettinen ist. In allen Fällen nehmen diese ^) D. Org. d. Phronimid., pag. 40. (123) 14 Otmar Nebeski: genau an derjenigen Stelle des Darms, freilich paarig entwickelt, ihren Ursprung, welche bei M e 1 i t a modificirt erscheint, und münden vor der Afterdarmklappe aus (Fig. 14). Aus all' dem geht aber auf's Deutlichste hervor, dass diese Drüsen nicht der Enddarmregion angehören, sondern auf Ausstül- pungen der Dünndarmwand zurückzuführen sind ; daraus folgt aber auch, dass wir sie den Malpighi' sehen Schläuchen der Insecten nicht homolog setzen können, da diese ja aus dem Enddarm ent- springen. Ich halte es daher für zweckmässig, hier einfach von Harndrüsen ^) zu sprechen. Die einfachste unter allen Modiücationen, in denen das Ex- cretionsorgan bei verschiedenen Familien erscheint, haben wir bereits in der unpaaren Drüse von M e 1 i t a kennen gelernt. Sonst sind es immer paarige Schläuche. Bei allen Corophiiden haben wir zwei kleine schlauch- oder blasenförmige Gebilde vor uns , die sich schräg vom Darm erheben (Fig. 14 b). Bei den Gamm ariden finden wir sie in verschiedenen Gat- tungen auf verschiedener Stufe der Differenzirung ; Melita ist schon erwähnt; klein sind sie noch bei Maera (Fig. 14 cj, bei den meisten aber erstrecken sie sich in ausgewachsenen Thieren durch mehr als drei Segmente. Charakteristisch ist für diese die Eigenthümlichkeit , dass sie an ihrer Ursprungsstelle nach vorne umbiegen und, dem Darme angeschmiegt, mehr oder weniger weit nach vorne verlaufen (Fig. 14 d). Das entgegengesetzte Verhältniss zeigt die Gattung Cyr- tophium, indem hier die Drüsenschläuche, ziemlich ansehnlich ') Die Endigun? der Aorta posterior scheint mit der Ausbildung der Harn- drüsen in Zusammenhang zu stehen ; ich will daher kurz meine Beobachtungen dar- über mittheilen. Die Aorta verläuft, der horizontalen ßindegewebsplatte unmittelbar aufliegend, vom Herzen nach rückwärts und eodet im 3. Abdominalsegmente, wo, von den Harndrüsen nach oben gedrängt, die Platte ihr den "Weg versperrt (Fig. 15 und 20AoE); diese zeigt dort, wo das Ende der Aorta an sie herantritt, eine Durchbrechung, so dass das arterielle Blut unter die Platte in den von den Harn- drüsen eingenommenen Raum gelangt; es umspühlt diese und geht nach rückwärts, um theils das letzte Uropodenpaar zu versorgen, theils durch Löcher der Binde- gewebslamelle wieder dorsalwärts aufzusteigen und zum Herzen zurückzukehren (siehe die Pfeile Fig. 15 und 20); ausser diesem medianen Blutstrom lässt die Aorta noch durch zwei seitliche ganz kurze arterienartige Ansätze unmittelbar vor ihrem Ende zwei mächtige seitliche Ströme hervorgehen , welche in die vorderen Uropoden, die Pleop^den und die hinteren Thoracalbeine Blutschlingen abgeben. Diese Verhältnisse konnte ich sowohl an hellen Exemplaren von Gammarus marinus, als auch besonders deutlich an Nicea constatiren (Fig. 20). (124) Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden der Adria. 15 entwickelt, sich nach rückwärts durch das lange 4. Abdominal- segment bis zum Anfang des 5. hinziehen (Fig. 14 e). Auch bei der Gattung N i c e a (Fig. 14f, 2o) wenden sie sich zunächst nach rückwärts, biegen aber wieder nach vorne um und enden gerade über der Ursprungsstelle , so dass eine vorne offene Schleife zu Stande kommt. ^) Durch Grösse und Lage von den übrigen Formen abweichend, ist die Drüsenbildung des Genus Orchestia (Fig. 14g und 10 H D). Während bei allen anderen Formen, wo das Rectum ganz constant die drei letzten Abdominalsegmente einnimmt, die Schläuche an der Grenze zwischen dem 3. und 4. Abdominalsegment dem Darm aufsitzen, entspringen sie bei Orchestia im 7. Thoracalsegmente an den Seiten des Darmrohres und verlaufen , allmälig sich er- hebend, nach rückwärts; zwischen dem 3. und 4. Segment des Abdomens liegen sie bereits dorsal dem Darme an und bilden hier dieselbe Schleife, wie Nicea sie zeigt. Mit Berücksichtigung dieser letzteren verwandten Gattung lassen sich diese eigenartigen secundären Verhältnisse auf die primären zurückführen. Denken wir uns, dass die im 4. Segment des Abdomens ge- legene Drüsenschleife von Nicea, welche sich in derselben Orien- tirung auch bei Orchestia findet, ihre Lage beibehalte, während die Einmündung in den Darm nicht zwischen dem 3. und 4. Abdominal- segment vor sich gehe, sondern die Drüsenschläuche, nach vorne verlängert, im letzten Segmenle des Thorax sich in den Darm öffneten, so haben wir die Drüsenform von Orchestia vor uns. Das causale Moment aber für die Verschiebung der Ursprungs- stellen der Drüsen nach vorne liegt in der Verlängerung des Rectums. AVir sehen nämlich bei Orchestia vor dem primären Rectalabschnitt, der dieselbe Beschaffenheit, wie bei den anderen Formen hat, ein durch die drei vorderen Abdominalsegmente sich erstreckendes Darmstück sich einschalten , das einen ganz eigen- thümlichen histologischen Bau hat und zum Rectum einbezogen werden muss; mit der Erwerbung einer solchen Modification, durch die ja eine Verkürzung des Mitteldarmes bedingt ist, musste noth- wendig die Verlegung der Ursprungsstelle der Excretionsschläuche nach vorne Hand in Hand gehen, da ja dieselben Ausstülpungen des Endabschnittes des Mitteldarmes sind. Sowie am Darm, lassen sich in der Wand der Drüsen peri- toneales Bindegewebe, Muscularis und Epithel mit mehr oder weniger ^) Dasselbe Verhältniss ist auch von Sars bei Pontoporeia constatirt (1. c. PI. VII, Fig. 10). (125) 16 Otmar N e b e s k i : deutlich abgehobener Intima unterscheiden. Die Differenzen, welche in histologischer Beziehung zwischen Harndrüse und Mitteldarm bestehen, beziehen sich, wie natürlich, hauptsächlich auf die Drüsen- zellschichte. Schon bei Melit a, wo das Excretionsorgan als solches eigentlich noch gar nicht zur Abgliederung gekommen ist, sind es die Epithelzellen, welche, von dem flachen Epithel des Dünndarms verschieden , eine höhere , cylindrische Form angenommen haben. Diese Modification des Epithels, deren Hervortreten eigentlich der Ausgangspunkt für die DifPerenzirung des ganzen Organes ist, erhält sich bei allen Formen und tritt um so schärfer hervor, je mehr die Drüsenschläuche entwickelt sind, während die Muskel- und Bindegewebsschichte nur durch zartere Ausbildung von der des Darmes abweicht. Die einzelnen Schichten sind am deutlichsten bei den hoch- entwickelten Drüsen von Orchestia zu sehen. Wir finden hier eine zarte peritoneale Bindegewebshülle mit grossen ovalen Kernen ; diese zeigt stellenweise eine feine Längsstreifung , die aber nicht auf die Bildung von Fibrillen zurückzuführen ist , sondern blos durch Faltungen der Membran zu erklären ist. Darauf folgt nach innen die Muscularis, welche wie ira Mitteldarm aus äusseren Ring- und inneren Längsfasern besteht; während die Ring- muskulatur in der ganzen Länge der Drüsenschläuche hervortritt, freilich nicht als zusammenhängender Belag , sondern in reifen- artigen Partien aufgelöst, die unter einander durch einzelne schräge Muskeln in Verbindung stehen , lässt sich die Längsfaserschicht nicht an allen Stellen nachweisen. Die Muskelschichte ist gestüzt durch eine sich innen an- legende membrana propria , an die die Drüsenzellschicht sich an- schliesst. Diese (Fig. 16) besteht aus einer einfachen Lage von schmalcylindrischen, körnchenreichen Zellen, welche gegen das Lumen des Schlauches hin eine etwas stärker lichtbrechende Aussen- schichte zeigen, die sich jedoch hier nicht so scharf abhebt, wie beiGammarus; die Kerne liegen der Basis der Zellen genähert. Da die Epithelzellen von sehr verschiedener Höhe und so an- geordnet sind, dass sieh einzelne Gruppen derselben als wall- oder papillenartige Erhebungen in's Innere des Schlauches vorwölben, so kommt kein regelmässiges cylindrisches Lumen zu Stande. ^) (Fig. 16.) ') Der Schlauch ist hier durch den Schnitt seitlich zusammengedrückt worden ; in natura ist er vollkommen cylindrisch. (126) Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden der Adria. 17 Als Excretionsproducte lassen sich bei Orchestia in den Scliläuehen oft in bedeutender Menge Concretionen nachweisen, mit deren Ansammlung eine Rückbildung des Drüsenepithels Hand in Hand geht. Die Concremente nehmen ihre Entstehung in den Epithel Zellen selbst, wo wir ihre Anfänge als kleine Körner ein- gebettet sehen (Fig. 17); indem diese allmälig an Zahl und Grösse zunehmen, drängen sie die Zellsubstanz und die umlie- genden Kerne bei Seite und gelangen in das Lumen. Dort wachsen sie zu grossen kugel- oder nierenförmigen Gebilden an , welche entweder einfach concentrische Schichtung oder mehrere ineinander geschachtelte Schichtensysteme zeigen (Fig. 18 i und wieder unter- einander zur Bildung grösserer traubiger Massen zusammentreten (Fig. 19). In den Concretionen bemerkt man häufig entweder im Centrum der Schichtensysteme oder zwischen den Schichten ein- p-eschaltet Partien von körniger Structur, welche sich von den anderen deutlich abheben und wahrscheinlich auch eine andere chemische Zusammensetzung haben (Fig. 18). Die Hauptmasse des Depot besteht aus kohlensaurem Kalk; Essigsäure ruft eine leb- hafte Gasentwicklung hervor. Die massenhafte Anhäufung (Fig. 19) von Concrementen be- wirkt, dass das ganze Epithelrohr auf die peripheren, die Kerne enthaltenden Theile reducirt wird, schliesslich kann das Epithel in einem grossen Theile des Organs ganz verdrängt werden, so dass die Wand dann an diesen Stellen nur aus der Bindegewebs- Muskelschichte besteht und von den Drüseuzellen sich nur unbe- deutende Plasmareste erhalten haben. Da diese Erscheinung fast an allen Exemplaren, auch schon an den jungen Thieren zu beob- achten ist, so müssen wir annehmen, dass sich das Epithel, nach der Fortschaffung der Concremente, von den intacten Theilen aus regenerirt, um seine Function wieder aufzunehmen, und dass über- haupt diese Ablagerung von Kalk nicht etwa als eine patho- logische Erscheinung, sondern als der normale Excretionsvorgang aufzufassen ist. Bei den anderen Crevettinen fand ich feste Excretions- producte niemals vor. MI. Das Rectum von Orchestia. Der rectale Abschnitt des Darmcanals ist bei Orchestia, welche in Form und Structur des Mund- und Mitteldarmes sich ganz an die anderen Crevettinen anschliesst; sehr abweichend ge- staltet. Vor Allem fällt seine bedeutende Ausdehnung in's Auge ; Claus, Arbeiteu aus dem Zoologischeu Institute etc. Tom. III, Heft 'i. J (127) 18 Otmar Nebeski: er erstreckt sich nach vorne bis in das 7. Thoracalsegment und durchzieht so die ganze Länge des Abdomens. Es sind an ihm zwei Theile zu unterscheiden , deren Grenze ungefähr zwischen das 3. und 4. Abdominalsegment fällt (Fig. 14 g R und Ri) und. die histologisch scharf getrennt sind. Während die hintere Partie dem Rectum der anderen Crevettinen entspricht, stellt der vor- dere Abschnitt ein neu hinzugekommenes Stück dar, welches in seinem histologischen Bau manche Eigenthiimlichkeiten zeigt. Betrachten wir zunächst die Epithelschichte desselben, so finden wir , dass dieselbe kein gleichmässiges cylindrisches Rohr bildet, sondern in der dorsal-medianen Partie aus bedeutend höheren Zellen zusammengesetzt und daher stark verdickt erscheint (Eig 21). Zu den Seiten dieser Verdickungsleiste bildet das Epithel zwei Längsfalten , welche , besonders bei Darmleere , sich stark in's Innere vordrängen und dann eine unpaare Falte der ventralen Partie zwischen sich nehmen , welche letztere aber , wenn der Darm gefüllt ist, vollständig geglättet erscheint (Fig. 22). Nach innen hat das Epithel eine dicke Cuticula abgesondert , welche schwach hervortretende Längsleisten zeigt (Fig. 21 Cu); jede der- selben ist mit einer Reihe feiner cuticularer Borsten besetzt, welche zusammen mit der eigenthümlichen Muskulatur für die schnelle Beförderung der Kothballen in Betracht kommen dürften (Fig. 23). Nach aussen folgt auf das Epithel ein Belag von Muskel- fasern, der jedoch nicht das ganze Epithel umschliesst, sondern in zwei laterale , vollständig getrennte Partien zerfällt , welche die Wände der dorsalen Längsfalten und die Seiten des Epithelial- rohres überziehen (Fig. 21 Sm), während dasselbe dorsal und ven- tral frei bleibt und blos von der tunica propria (Tp) überlagert ist. Die Muskelfasern verlaufen nicht, wie dies bei der ent- sprechenden Schichte des hinteren Rectalabschnittes der Fall ist, longitudinal, sondern sie ziehen sich von der Dorsalseite beider- seits schräg über die seitlichen Partien des Epithelialrohres nach rückwärts hinab und vereinigen so bei ihrer Contraction den Effect von Ring- und Längsmuskeln. Die Elemente, welche diese Muskel- schichte zusammensetzen, sind quergestreifte Primitivfibrillen, die sich aber nicht zur Bildung mehrerer Primitivbündel gruppiren, son- dern jederseits als eine einzige dicke, zusammenhängende Lage von Fasern dem Darmepithel aufliegen, von einer homogenen Membran überlagert, die einem gemeinsamen Sarcolemma entspricht, so dass wir demnach die beiden seitlichen Muskellagen als je ein breites und flach ausgebreitetes Primitivbündel aufzufassen haben. Die (128) Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden der Adria. 19 plasmatische Substanz der Muskelelemente ist in jenen Partien angehäuft, welche in die dorsalen Längsfalten zu liegen kommen, also an den dorsalen Enden der Fibrillen; diese sind dort von einer Schichte feinkörnigen Plasmas überlagert, die grosse ovale Kerne birgt, gegen das untere Ende der Fibrillen hin aber sich verflacht und verschwindet (Fig. 21 PI). Der äussere Theil der Muscularis , welcher das Ganze um- hüllt, ist bedeutend zarter und besteht aus einer structurlosen Membran (M\ welcher in einfacher Schichte quergestreifte Primitiv- fasern aufliegen ; diese schliessen nicht eng aneinander , sondern bilden nur einen lockeren, vielfach unterbrochenen Belag (R.M . Auch hier lassen sich, freilich der geringen Mächtigkeit der Muskel- schichte entsprechend in geringer Zahl, den Fibrillen auflagernde Kerne nachweisen (KRm), welche von feinkörnigem Plasma um- geben sind. Die äusserste Schichte bildet die peritoneale Hüll- membran mit ihren ansehnlichen Kernen (P, Kp). Der hintere Rectalabschnitt von Orchestia entspricht in Form und Lage dem ganzen Rectum der anderen Crevettinen und weicht auch in der histologischen Zusammensetzung nicht wesentlich davon ab. Innerhalb der peritonealen Bindegewebshülle finden wir eine Ringmuskelschichte, welche, weit mächtiger entwickelt, als die entsprechende Schichte des vorderen Rectal theiles, aus einer Reihe starker Muskelringe , den Constrictoren , besteht. Jeder dieser Muskelringe zerfällt durch Einschiebung einer dorsalen und ven- tralen sehnigen Partie (Fig. 24 S v und S d) in zwei Hälften , so dass wir zwei Reihen von eng aneinander liegenden Muskelhalb- reifen vor uns haben, die den Darm von den Seiten umgreifen (Fig. 24 K m). Jeder einzelne der Halbringe entspricht einem Muskelprimitivbündel, an dem die typischen Einzelheiten sehr schön zu sehen sind. Das Sarcolemma ist wohl entwickelt (Fig. 2o Sl); der davon umschlossene Raum wird nur zur Hälfte von der con- tractilen Substanz eingenommen , und zwar in dem nach innen gegen das Darmlumen zu gelegenen Theil (Fig. 25 CS), während die peripherische Hälfte der ganzen Länge des Muskels nach aus indifferentem Plasma mit zahlreichen eingelagerten Kernen besteht (PI in Fig. 24 und 25), welche den einzelnen, an dem Aufbau des Primitivbündels betheiligten Zellen entsprechen. Die Längsmuskeln entsprechen den schrägen Muskelfasern des vorderen Abschnittes, verlaufen aber genau longitudinal und erscheinen nicht als continuirlicher Belag mit medianer Unter- brechung wie jene, sondern sind in einzelne, mit Sarcolemm um- 9* (129-) 20 Otmar Nebeski: scebene Bündel aufgelöst (Fig. 24 L m) , die im ganzen Umfang des Rohres sich finden. Das Epithel zeigt eine Eigenthümlichkeit , die wir bei den anderen Crevettinen nicht antreffen. Es ist nämlich so mächtig entwickelt , dass es einem viel weiteren Lumen entspricht , als das des Rectums ist, wenn nicht gerade die hier sehr kräftig entwickelten Dilatatoren wirken. Daher schmiegt es sieb nicht, wie bei Gammarus z. B., eng an die Muscnlaris an, sondern es hat , gestützt durch eine Tunica propria und gegen das Lumen hin von einer starken Cuticula überkleidet, innerhalb des Muskel- rohres eine gewisse Selbstständigkeit erlangt und bildet mehrere grosse Längsfalten, welche weit m das Lumen vorspringen (Fig. 24 E mit Tp und Cu), Die Epithelzellen sind nicht im ganzen Um- kreise von gleicher Gestalt ; in den vorspringenden Theilen der Falten sind sie weit höher, als in den Faltenthälern. Die Cuti- cula ist glatt ohne Leisten und Borsten. Wir haben also beiOrchestia einen mächtig entwickelten Rectal abschnitt vor uns, der durch die kräftige Muskulatur für die schnelle Beförderung der Kothmassen sorgt, und zwar in seinem vordej-en Theil besonders durch die schrägen Fasern der inneren, in seinem hinteren Theil durch die Constrictoren der äusseren Schichte der Muscularis. Dass die vordere Partie, welche den anderen Crevettinen fehlt, wirklich dem Rectum zuzuzählen, d. i. ektodermalen Ursprungs ist, das geht, abgesehen von der Lage der Harndrüsenmündungen , schon aus dem Vorhandensein einer dicken Cuticula hervor. Was die Ursache der mächtigen Ent- wicklung der Ektodermeinstülpung am After des Embryos ist, ist schwer zu sagen; vielleicht hat man sie in der eigenthümlichen Lebensweise und in den dadurch bedingten Ernährungsverhält- nissen der Orchestien zu suchen. IV Die Kiemen von Orchestia. Der Unterschied in der Lebensweise, welcher zwischen Or- chestia einerseits und den Gammariden andererseits besteht, gelangt, wie natürlich, im Bau der Kiemen besonders deutlich zum Ausdruck. Es ist zwar der Respirationsmodus bei den Land- bewohnern derselbe, wie bei den Wasserbewohnern, indem ja die Kiemen auch bei jenen feucht erhalten werden müssen und der Gasaustausch auch hier durch das Wasser vermittelt wird; im Princlp des histologischen Baues ist daher kein Unterschied zu «onstatiren. Aber es ist klar^ dass die Kiemen von Orchestia, Beiträge zur Kenntuiss der AmpliipoJen der Adria. Zl die ja nicht im Wasser flottirend getragen werden, ein viel festeres Gefüge und eine geschütztere Lage haben müssen. Grosse zarte Kiemenblätter, wie sie Gammarus z. B. besitzt, würden bei Orchestia wiederholten Verletzungen nicht entgehen und anderer- seits auch die Bewegung der Thoracalbeine, welche auf dem Lande viel mehr in Betracht kommt als im Wasser, hemmen. Die Kiemen von Orchestia sind kleine, relativ dicke und derbe Plättchen, welche sich nicht, wie bei Gammarus, an den sechs hinteren Thoracalbeinpaaren, sondern nur am 2. bis 6. Paare vorfinden; die vorderen drei Paare sind schmal und lang gestreckt, ragen aber nicht frei ausgebreitet an der Bauchseite vor, sondern sind nach Art einer Schraube gekrümmt, wodurch, ohne dass die Flächenentwicklung beeinträchtigt würde, die Längserstreckung der einzelnen Kiemenblätter reducirt wird; ausserdem sind sie auch der Bauchwand angedrückt und nehmen so sehr wenig Raum für sich in Anspruch, Verhältnisse, welche für die Intacthaltung der Kiemen offenbar von Vortheil sind (Fig. 29 und 10 K). Die zwei hinteren Paare zeigen diese Verhältnisse in Aveniger markirter Weise. Ehe ich auf die Histologie der Kiemen von Orchestia übergehe, will ich den Kiemenbau der anderen Crevettinen darstellen, da die in der Literatur der Amphipoden vorliegenden Daten sehr spärlich sind und sich auf die kurzen Angaben von Sars (1. c. 59) und die Darstellung der Caprellen-Kieme von Gamroth beschränken, i) Betrachten wir das Kiemenblatt eines Gam mar u s von der Fläche , so fällt ein System von kürzeren oder längeren dunklen Streifen auf, welche parallel über die Kiemen streichen und von hellen Partien umgeben sind , die sich wie ein Netz über die ganze Fläche ausbreiten und den Blutbahnen entsprechen. Die Bedeutung dieses Bildes wird sofort klar, wenn wir quer über jene dunklen Züge einen Schnitt machen. Wir sehen dann, dass von beiden Hypodermislamellen sich an vielen Stellen Verdickungs- leisten erheben , und zwar so , dass jeder Leiste an der einen Lamelle eine genau entsprechende an der anderen Lamelle gegen- überliegt (Fig. 28) und je zwei solcher correspondirender Er- hebungen sich zur Bildung einer Scheidewand vereinigen, wodurch einerseits die beiden Kiemenlaraellen auseinander gehalten werden, ') Genauer wurden die Kiemen von P orcel 1 i o und 0 ni scus durch Le ydis untersucht (Ueber Ampbipoden und Isopoden Z. f. ^\■. Zool.)-, sie unterscheiden sich jedoch von den Amphipodenkienien in mancher Hinsicht. (131) 22 Otmar Nebeski: andererseits der Zwischenraum in eine Reihe untereinander anastomosirender Canäle getheilt wird, in denen das Blut in be- stimmter Weise circulirt. Diese Verhältnisse hat schon Leydig (Btr. z. K. d. f. Bau, d. Arthropoden, pag. 458) und auch Sars (1. c. 59) erkannt , ohne dass die Sache histologisch klargestellt worden wäre. Um zu einem histologischen Verständniss zu gelangen, muss man sich Tinctionspräparate anfertigen. Man sieht dann, dass die Zellkerne nur in den Verdickungsleisten vorkommen und in den dazwischen lißgenden Theilen de* Hypodermis, wenigstens in der ganzen mittleren Partie der Kieme, vollständig fehlen (Fig. 2() und 28). Es betheiligen sich daher alle Zellen an der Bildung jener Leisten in der Weise, dass bei jeder Zelle diejenige Partie des Zellleibes , in welcher der Zellkern liegt , über die anderen sich vorwölbt und diese Bildungen, in Colonnen geordnet, jene vorragenden Züge zusammensetzen , welche , von der Fläche gesehen, als dunklere Streifen sich abheben. Sehr deutlich (Fig. 27) sind diese Verhältnisse an Objecten zu sehen, auf die man l^'/j, Osmiumsäure einwirken Hess , wodurch die Zellgrenzen scharf hervortreten. Unmittelbar am Rande treifen wir Kerne auch in der ilachen Matrix an ; es haben sich also längs des Randes die Zellen in toto flach erhalten und so die Bildung eines peripherischen grossen Blut- canales ermöglicht (Fig. 26 fH, 28 pB), in den der Hauptstrom des Blutes am Hinterrande der Kieme eintritt, um, die ganze Kieme umkreisend , auf der einen Seite Zweigströme in die Lacunen ab- zugeben und sie, nachdem sie die Kieme quer durchsetzt haben, auf der anderen Seite, d. i. am Vorderrande, wieder aufzunehmen und in den Leibesraum zurückzuführen. In den Kiemenblättern von Onis c US und P orcellio, deren Hypodermiszellen die oben beschriebenen eigenthümlichen Ver- dickungen nicht aufweisen, finden sich nach Leydig chitinige Stützpfeiler, welche als Ausscheidungen zwischen den Hypodermis- zellen entstehen ; diese Gebilde, die auch sonst in den Coxalplatten und den lamellösen Verbreiterungen der Beine ganz allgemein sich finden, fehlen in den Kiemen von Grammarus, indem hier die einzelnen Zellen der Matrix selbst als Stützzellen ausge- bildet sind. Die Matrix zeigt eine streifige Structur (wie dies auch bei Porcellio von Leydig beobachtet wurde), welche darin ihren Grund hat , dass das Plasma der Zellen senkrecht zur Kiemen- (132) Beiträge zur Keuutniss der Ampliipoden der Adria. 23 fläche von feinen hellen Partien durchzogen ist (Fig. 28) ; ob dies Hohlcanäle sind, wie Leydig will, oder ob es blos Züge einer stärker licbtbrechenden Substanz, d. i. modificirten Plasmas sind, lässt das mikroskopische Bild unentschieden. Mir erscheint jedoch das letztere wahrscheinlicher und diese Erscheinung, die sich auch bfi den Kiemen von Orchestia wiederholt und der gewiss eine physiologische Bedeutung zukommt, ist vielleicht dahin zu deuten, dass jene hellen Plasmastreifen für Gase permeabler sind und so den Grasaustausch fördern. Gegen das Lumen der Kieme hin zeigen die Hjqoodermis- zellen eine zarte Cuticula. Die hier bei Gammarus beschriebenen Verhältnisse wieder- holen sich mit einigen Modificationen bei allen das Wasser bewohnen- den Crevettinen, Die Unterschiede beziehen sich hauptsächlich auf die Ausbildung des Systems von Transversal-Blutcanälen, das bald mehr, bald weniger entwickelt ist. Am meisten rückgebildet sind die transversalen Lacunen bei einigen C orophii de n i) , indem sich hier die beiden Hypodermislamellen in ihren mittleren Partien, welche aus höJieren, über die anderen hervorragenden Zellen von stark streifiger Structur bestehen , fast der ganzen Ausdehnung nach verbinden, so dass ausser dem grossen peripheren ßlutcanal, der von den niedrigen Matrixzellen des Randes umschlossen wird, nur sehr wenige enge und unregelmässige Querlacunen übrig bleiben. Diese Verhältnisse führen zu den Caprelliden- Kiemen hin- über (vgl. Gamroth 1. c). Während in den besprochenen Kiemenformen die Herstellung der Blutlacunen lediglich durch Modificationen der Hypodermis erzielt wird, treten bei Orchestia neue Elemente, Binde- und Fettgewebe hinzu ; aber auch die Matrix zeigt hier ein abweichendes Verhalten. Die beiden Hypodermislamellen , welche weit von einander abgehoben sind und so einen weit grösseren Binnenraum ein- schliessen (Fig. 30), als bei Gammarus, bestehen zum grösseren Theil aus breitcylindrischen Zellen mit rundlichen grossen Kernen (Fig. oO und 31 H). In einzelnen Partien aber erscheint die Matrix, namentlich an erwachsenen Exemplaren, bedeutend modificirt ; man findet nämlich gleichmässig vertheilt Gruppen von sehr schmalen, hohen Hypodermiszellen , welche, sich allmälig verjüngend , über die anderen hinaus weit in's Innere der Kieme vorras^en und mit ^) Wie z. B. beim Genus Corophium selbst. (133) 24 Otmar Neliesk i; gleichgestalteten Zellen, die an correspondirenden Stellen der gegenüber liegenden Hypodermislaraelle sich vorfinden, zur Bildung von Stützpfeilern zusammentreten (Fig. 30Sz); die Kerne dieser Zellen sind schmal und langgestreckt. An den jugendlichen Exemplaren ist der Unterschied zwischen den beiden Arten von Hypodermiszellen nicht so scharf ausge- sprochen und namentlich die Kerne zeigen noch nicht die grossen Differenzen (Fig. 31). Von der Fläche gesehen, heben sich die Stützpfeiler als un- regelmässig zackig umgrenzte Partien von der anderen Hypodermis ab. Aehnliche Bilder gibt auch die Kiemenlamelle von Po reell io in der Flächenansicht; dort sind jedoch die Matrixzellen nach Ley di g ganz gleichmässig entwickelt und die Stützpfeiler, welche jene sternförmige Figur erzeugen , sind nichts als Chitinstäbe, welche zwischen den Hypodermiszellen zur Abscheidung kommen, während sie bei Orchestia aus modificirten Zellen selbst ge- bildet sind. Uebrigens scheinen auch hier zwischen diesen Stütz- zellen leichte cuticulare Ausscheidungen vorzukommen; wenigstens deuten die scharfen hellen Linien, welche innerhalb der Stützpfeiler die Zellgrenzen bezeichnen, darauf hin. Der Binnenraum der Kieme ist nach allen Richtungen hin von bindegewebigen , vielfach von Löchern durchbrochenen Mem- branen durchzogen , wie sie sich auch in den Brutplatten , den Coxalplatten und den weiteren Gliedern der Extremitäten , den Blutlauf regulirend , vorfinden. Sie bilden ein unregelmässiges Maschenwerk , dessen Zwischenräume theils von Fettgewebe , das bei verschiedenen Individuen verschieden entwickelt ist , erfüllt sind, theils die Blutbahnen darstellen (B. F. Bl. in Fig. 30 und 31). Am Kiemenrande fehlt das Bindegewebe ganz , so dass da eine grössere Lacune erhalten ist, welche dem bei G am m arus hervor- gehobenen grossen peripherischen Blutcanal entspricht. V. Die Erzeugung von Eiern im Hoden von Orchestia. Die männlichen Geschlechtsorgane von Orchestia zeigen, was Lage und Form betrifft , keine wesentlichen Abweichungen von den bei Gammarus bekannten Verhältnissen. Sie liegen zu beiden Seiten von oben dem Darme in Form von einfachen Schläuchen, in reichlich entwickeltem Fettgewebe verpackt, auf und erstrecken sieh vom 7. bis in das 2. Thoracalsegment (Fig. lU). Wir können auch hier die Keimdrüse und einen ausführenden Theil unter- scheiden. Beiträge zur Kenntnibs der Amphipoden der Adria. 25 Am 7. Segmente finden sich, ganz so wie beiGammarus, zwei kurze, chitinige Röhrclien, die, von der Baucliwand vorsprin- gend, die Copulationsorgane darstellen. In diese öffnet sich jeder- seits der enge Endabschnitt des ausführenden Theiles , der durch den Besitz einer kräftigen Ringmuskulatur ausgezeichnet, als Ductus ejaculatorius zu bezeichnen ist (Fig. U) D el Derselbe steigt bogenförmig zu den Seiten des Darmes auf und erweitert sich zu einer ansehnlichen Samenblase, welche dorsal vom Darm bis zur vorderen Grenze des 5. Segmentes verläuft (V s). Die Wandung derselben besteht aus einem flachen kleinzelligen Epithel, einer structurlosen tunica propria , der eine Schichte sehr zarter Ringmuskeln aufliegt. Nun folgt die Keimdrüse selbst, die hier nicht wie beiGammarus direct in das vordere Ende der Samen- blase sich fortsetzt, sondern etwas weiter hinten von der Seite her in dieselbe einmündet, so dass ihre Axe gegen die der Samen- blase verschoben erscheint. In ihrem hinteren Theile von gros-- serem Querdurchmesser als die Samenblase, verengt sie sich all- mälig und ist in ihrer vorderen Hälfte 0 ein enges Rohr, das das 2. und o. Thoracalsegment einnimmt. (Fig. lo mKDr und Fig. 32 0.) Es ist nun eine sehr auffallende Thatsache , dass nur die hintere weitere Hälfte männliche Geschlechtsproducte liefert, wäh- rend im vorderen Abschnitt ganz constant nur Eier erzeugt werden. Ich will gleich vorausschicken , dass wir den vorliegenden Fall nicht etwa der von Paul Mayer bei den Cymothoiden beob- achteten Zwitterbildung an die Seite setzen dürfen ; es entwickeln sich hier nicht etwa zuerst die Spermatozoen und dann die Eier oder umgekehrt, sondern die Entwicklung der beiderlei Geschlechts- producte geht ganz parallel und gleichzeitig vor sich ; auch ist hier für die Eier kein besonderer Ausführungsweg voi banden. Wir haben hier überhaupt keine Zwitterdrüse vor uns, sondern das Organ entspricht in toto dem Hoden der verwandten Amphipoden und zeigt eben nur das Auffallende, dass das Keimlager in einer bestimmten Partie constant Eier producirt. Betrachten wir zunächst den spermatogenen Abschnitt des Keimschlauches, so sehen wir denselben von Cylinderepithel aus- gekleidet, das, wie überhaupt die ganze Keimdrüse, des Muskel- belages entbehrt, mit engem Lumen aus der Samenblase entspringen (Fig. 32 A). Er gewinnt jedoch rasch ein weites Lumen, das ') Dieser Theil ist in Fig. 10 (0) zu breit dargestellt ; ganz, entsprediend ist das Verhältniss in Fig. 32 wiedergegeben. (135) 26 Otmar Nebeski: durch eine dorsale und eine ventrale einspringende Längsfalte der Wandung, an deren Bildung das Peritoneum aber nicht theil- nimmt, in zwei Räume getheilt ist, die jedoch durch die beiden Längsfalten nicht etwa vollständig von einander abgeschlossen werden, sondern vielmehr der ganzen Länge nach in weiter Com- munication stehen (Fig. o3 und 34 F). Nach vorne hin wird der laterale der beiden Räume (x) immer enger, indem sich die beiden Längsfalten immer mehr der lateralen Wand des Rohres nähern (vgl. Fig. 33 und 34) und er findet sein Ende noch vor dem Be- ginne des ovogenen Abschnittes , welcher die directe Fortsetzung des medialen Raumes ist, der im ganzen Organ ziemlich denselben Durchmesser beibehält (Fig. 32). Die überwiegende Weite des spermatogenen Abschnittes kommt also nar auf Rechnung der Ausbildung jenes lateralen Raumes, der, da sein Epithel mit der Erzeugung der Samenkörper nichts zu thun hat , auch zum aus- führenden Theil gerechnet werden könnte. Das Epithel dieses Raumes, das direct in das Cylinderepithel des erwähnten engen Ausmündungsabschnittes der Keimdrüse über- geht (Fig. 32 D E), besteht aus grossen Zellen, in deren grobkörnigem Plasma grosse Kerne eingebettet sind; diese Zellen kommen bei der Bildung der Spermatophoren (Fig. 32 S z) in Betracht, indem sie die in je einem Satz gebildeten Spermatozoen mit einer Secrethiille umgeben, ehe dieselben in die Samenblase abrücken, i) Ganz anders verhält sich das Epithel des medialen Raumes ; an der medialen Wand desselben finden wir den Keimstreifen, während in den an das Drüsenepithel des Spermatophorenbildungs- raumes sich anschliessenden Partien die tunica propria einen Belag von flachen Epithelzellen mit relativ kleinen Kernen zeigt ; dieses bildet auch noch die eine Hälfte der beiden Längsfalten, während die andere (laterale) Hälfte derselben schon dem drüsigen Epithel zufällt (Fig. 33 und 34 K L, E, D E). Das Keimlager (Fig. 35) besteht aus einer zusammenhängenden Plasmamasse, in die spindelförmige Kerne eingebettet sind, welche mit ihrer Längsaxe nach der Längsaxe des ganzen Organes orientirt erscheinen (K), Das Plasma zeigt eine feinkörnigeStructur und enthält einzelne glänzende Körnchen, welche sehr häufig den Kernen selbst unmittel- bar anliegen; dieselben dürften wohl wie die von C. Grobben-) ^) Vgl. Claus d. Org. d. Plironimid., pag. 77. -) Beiträge zur Kenntniss der männl. Geschlechtsorgane der Decapoden. Arbeit d. züol. Instit. in Wien, 1878. Beiträge zur Kennfniss der Amphipoden der Adria. 27 bei den Decapoden beobacliteteii Gebilde als Fetttröpfchen an- zusehen sein, deren Bildung im Keimlager und in den Sperma- toblasten, in denen sie sich in grösserer Zahl finden, der Ablage- rung von Bildungsmaterial und Reservestoffen in der Eizelle entspricht. Die spindelförmigen Kerne bilden den Ausgangspunkt für Bildung der Spermatoblasten ; einzelne derselben wachsen nämlich bedeutend und gewinnen dabei eine ellipsoidische, später kugelige Gestalt ; in dem Masse , als sie sich vergrössern , hebt sich das Plasma in ihrer Umgebung immer schärfer von dem übrigen Keim- lager ab und endlich haben wir wohlabgegrenzte Zellen, die Spermatoblasten vor uns, welche anfangs noch der gemeinsamen Plasmaschicht unmittelbar aufliegen, bald aber frei werden (Fig. 35) ; die zurückbleibenden Kerne des Keiralagers ersetzen durch Theilung die abgegangenen. Das Plasma der Spermatoblasten zeigt dieselbe Beschaffen- heit wie das des Keimlagers; die Fetttröpfchen sind in ihnen zahlreicher als dort. Der Kern ist gross, von sphärischer Gestalt und färbt sich sehr schwer; er umschliesst ein, selten zwei sich stark tingirende Kernkörper, wie sie in den Kernen des Keim- lagers nicht zu finden sind. Ehe die Spermatoblasten aus dem medialen in den lateralen Raum übertreten, wo sie durch Theilung die Spermatozoen hervorgehen lassen, bemerkt man an ihnen noch einige Veränderungen. Der Kern wächst bedeutend und reprä- sentirt bei den reifsten Zellen bei Weitem den grössten Theil des Zellkörpers , indem er nur von einer dünnen Schicht von Plasma überzogen ist. In gleichem Masse wächst auch der Kernkörper, so dass man bei der ersten Betrachtung geneigt ist, den Kern fär den Zellkörper und den Nucleolus für den Kern anzusehen, was sich jedoch als irrig herausstellt , wenn man die einzelnen Entwicklungsstadien der Zellen vergleicht (Fig. 34 SSbj, SSb). Die während einer gewissen Zeit frei gewordenen Sperraa- toblasten werden durch ein Secret, das wahrscheinlich von ihnen selbst ausgeschieden wird , zu einer compacten Zellenmasse ver- einigt, welche sich durch die ganze Länge des spermatogenen Keimschlauches erstreckt (Fig. 32 S S b). Diese rückt allmälig gegen den lateralen Raum hin und kommt schliesslich, wenn der nächst ältere Satz von Spermatoblasten in den medialen Raum abgegangen ist, unmittelbar vor die Längsspalte zu liegen, durch die die beiden Räume mit einander communiciren ; durch diese treten nach ein- ander Gruppen von Spermatoblasten, die sich von dem ganzen (137) 28 Otmar Nebeski: Satze losgelöst haben , liindnrcli und bilden durcb Theilungsvor- gänge, die ich leider nicht näher beobachten konnte, je einen Satz von Samenfäden , die durch das Secret des drüsigen Epithels zu einer Spermatophore vereinigt werden. Demnach gehen aus einem Satz von Spermatoblasten eine ganze Reihe von Sätzen von Spermatozoen, i. e. von Spermatophoren hervor. Der ovogene Theil der Keimdrüse bietet in seinen histolo- gischen Verhältnissen nichts Neues. Da der seitliche drüsige Ab- schnitt , wie oben erwähnt, hier fehlt , so sehen wir den ganzen unproductiven Theil mit dem flachen Epithel ausgekleidet, das auch im medialen Raum der spermatogenen Drüse dieselbe Stelle einnimmt. An der medialen Wand liegt das Keimlager , das jedoch hier aus gleich zu erörternden Ursachen nur an jungen Exem- plaren erhalten ist. Dasselbe bildet die unmittelbare Fortsetzung des spermatogenen Keimlagers und zeigt genau dieselbe Ausbildung (Fig. 36). Die spindelförmigen Kerne werden auch hier zum Aus- gangspunkt für die Bildung von Zellen, welche von den Spermato- blasten in nichts sich unterscheiden, aber mit Rücksicht auf ihre spätere Entwicklung als junge Eizellen zu bezeichnen sind (j. Ej. Es entwickeln sich in unserm Falle genau dieselben Zellen, die aus demselben Keimlager entstanden sind, in einem bestimmten Ab- schnitt der Keimdrüse zu Eiern , in einem andern zu Samen- mutterzellen, eine Thatsache, welche einen neuen Beweis für die Homologie von Eizelle und Spermatoblast liefert. Ehe ich auf die weitere Entwicklung der Eizelle eingehe, muss ich noch die Frage erörtern, wie und ob überhaupt die Eier ausgeführt werden. Da ein besonderer Oviduct nicht vorhanden ist^ so können die Eier nur durch die männlichen Leitungswege nach aussen gelangen, wobei sie zunächst den spermatogenen Theil zu passiren haben. Mit diesem ist der Eierschlauch zwar in offener Communication , derselbe zeigt aber, ein Stück bevor er in den Eierschlauch übergeht , schon dasselbe enge Lumen , wie dieser und entbehrt hier schon des lateralen drüsigen Abschnittes; daher können die Spermatoblasten hier nicht seitlich ausweichen und nur langsam nach hinten abrücken. Da aber fortwährend neue gebildet werden, so häufen sich die Zellen hier in dem Masse an, dass sie, gleichsam zurückgestaut, ein Stück in den Eierschlauch vordringen. Unter solchen Umständen ist ein Abgehen der Eier auf diesem Wege ni^ht leicht denkbar; ich fand auch niemals Beiträge zur Keuutniss der Aniphipodea der Adria. 29 Eier in der Samenblase und in dem einzigen Falle, wo ich zwei Eier in dem spermatogenen Tkeil der Keimdrüse antraf, lagen sie so, dass die Möglichkeit nicht ausgeschlossen war, dass sie dort- selbst aus dem Keimlager entstanden waren. Ich komme daher zu dem Schlüsse, dass die Eier niemals oder doch nur in Ausnahms- fällen nach aussen gelangen. Dadurch ist es bedingt, dass nicht nur ein grosser Theil der vom Keimlager erzeugten Eizellen nicht zur Ausbildung kommt, und zu Grünsten der sich kräftiger entwickelnden Eier rückgebildet wird, sondern dass auch, sowie der gegebene Kaum erfüllt ist, die Thätigkeit des Keimlagers überhaupt erlischt. Während daher bei den jungen Männchen ganz regelmässig zwischen den sich ablösenden jungen Eizellen und der tunica propria eine Plasmaschicht mit spindelförmigen Kernen sich findet (Fig. 3(3) , wird diese dann allmälig rückgebildet (Fig. o7) und bei ausgewachsenen Thieren sehen wir den Eierschlauch erfüllt mit grossen Eiern, vom Keim- lager aber keine Spur mehr (Fig. 32). Die Weiterentwicklung der jungen Eizelle geht in der Weise vor sich, dass zunächst, wie bei den Spermatoblasten, aber in noch viel auffallenderer Weise, sich der Kern vergrössert, so dass er eine ansehnliche Blase darstellt, die nur von wenig Plasma umgeben ist, das sich sehr schwer tingirt (Fig. 37, j. E'). Hierauf beginnt im Plasma selbst eine Veränderung Platz zu greifen, indem sich Dottermaterial ablagert, und es sich in Folge dessen mit Carmin intensiv und schnell färbt (Fig. 37). Das Ei nimmt schnell an Umfang zu, wegen des beengten Raumes aber nicht nach allen Seiten in gleicher Weise, und sondert schliesslich eine Dotter- membran ab, die bei Behandlung mit Alkohol in Folge der Con- traction des Plasmas deutlich abgehoben erscheint (Fig. 32 M). Die entwickelten Eier liegen meist in einfacher Reihe neben einander, das ganze Lumen erfüllend. Von dem flachen Epithel aus, weiches die unproductive Wand des Eierschlauches auskleidet, bilden sich im Verlaufe* .der Ent- wicklung der Eier, ganz in der Weise, wie Ed. v. Beneden i) es in den Ovarien verschiedener Amphipoden und Isopoden beob- achtete und wie ich es auch an den Ovarien von Orchestia constatiren konnte, durch Wucherung desselben Zellplatten, welche sich zwischen die einzelnen Eier einschieben und sie so zum Theile von einander separiren; es nimmt jedoch die tunica propria hier ') 1. c pag. 132. (i:in) 30 Otniar Nebeski: nicht, wie v, Beneden dies bei Asellus aquaticus beob- achtete, auch an der Scheidewandbildung Antheil (32. E). Obwohl die in den Eierschläuchen der Männchen erzeugten Eier sonst die typische Ausbildung einer echten Eizelle besitzen, unterscheiden sie sich doch in Hinsicht der Structur des Plasmas von den in den Ovarien der Weibchen ^) producirten. Bei diesen ist das Plasma mit deutlich ausgebildeten Dotterkugeln und zahlreichen Partikeln von Eiweiss, die sich sehr intensiv färben, erfüllt, wogegen es in den Eiern der Männchen nichts derartiges erkennen lässt, sondern vielmehr ein destruirtes Aussehen hat (vergl. Fig. 37 und 38). Es weist somit Alles darauf hin, dass die von den männlichen Orchestien producirten Eier niemals zur Entwicklung kommen. Die Eizelle schon an und für sich scheint nicht entwicklungsfähig zu sein; sie gelangt ferner niemals oder doch nur in Ausnahmsfällen nach aussen und würde auch da unfehlbar zu Grunde gehen, da kein Brutraum vorhanden ist. Die Bildung von weiblichen Geschlechtsstoffen in den männ- lichen Thieren hat also hier keine physiologische Bedeutung, die Männchen sind physiologisch nur Männchen, was ja schon von vorn herein dadurch sehr wahrscheinlich gemacht wird^ dass sie in der Form des zweiten Gnathopodenpaares einen ausgesprochenen secun- dären Geschlechtscharakter besitzen. Wir haben auch in ana- ') Die Ovarien von Orchestia haben ganz dieselbe Form, wie sie sich ganz allgemein bei Amphipoden und Isopoden findet. Während aber bei Asellus und A rma diu 0 nach Beobachtungen von R Leuckart (Artik. Zeugung, in Wagner,, Handb. der Physiol. pag 807), die später von v. Beueden und Sars auf G anim arus, Caprella, Oniscus, Ligia u. ei. a. ausgedehnt und bestätigt wurden, das Keim- lager lateral liegt, liegt es bei 0 r ehest ia, wie ich mich sowohl auf Querschnitten, als auch durch sorgfältige Präparation in situ auf das Bestimmteste überzeugt habe, medial und wir finden die entwickelten Eier immer auf der lateralen Seite (vergl. Fig. 38), so dass wir hier zwischen nahe verwandten Familien, wie den Garamariden und Orchestiiden sehr überraschende Difterenzen vorfinden, um so über- raschender, als dadurch Orchestia eine Ausnahme von dem bisher bekannten Verhalten d«r ganzen Ordnung macht Das Keimlager ist im Uebrigen bei den Ovarien von Orchestia ganz so gebildet, wie es v. Beneden bei anderen Amphi- poden gefunden hat und gleicht auch im Wesentlichen dem des Hodens. Die Bil- dung der Eier nimmt denselben Verlauf wie dort. Die Kerne des Keimlagers wachsen heran , das Plasma in ihrer Umgebnng grenzt sich allmälig scharf ab ; die so gebildete Zelle zeigt zunächst ein überwiegendes Wachstlium des Kernes, beginnt dann Dotter im Plasma abzulagern und wächst zum reifen Ei heran. Natürlich erlischt hier die Thätigkeit des Keimlagers nicht, wie dies beim ovogenen Hodentheil sehr bald eintritt ; sondern es lässt sich dasselbe am aus- gewachsenen Thiere eben so gut nachweisen, wie am jugendlichen. Die Eier des Ovarium erreichen eine viel bedeutendere Grösse, als dies im Hoden der Fall ist. (140) Beiträge zur Kenntniss der Amphiiioden der Adria. 31 tomisclier Hinsicht keine Zwitterbildung vor uns , sondern nur einen Hoden, dessen Keimlager zum Theil Eier producirt. Dass im Hoden hie und da Eier erzeugt weiden, ist bei der unzweifel- haften Homologie von Samenmutterzelle und Ei nichts Auffallendes und kommt gewiss öfter vor , als man denkt. Sehr auffallend ist es aber, wenn, wie in u.nserm Falle, ganz constant ein Theil des Hodens Eif^r zLir Ausbildung bringt; jedoch ist auch der Fall nicht vereinzelt. Ich erinnere an Ph alang iura, wo Krohn ebenfalls constant Eier im Hoden beobachtete, welche auch hier nicht entwicklungsfähig sind und sogar bald zu Grunde gehen sollen (vergl. Krohn, zur näheren Kenntniss der männlichen Zeugungsorgane von Phalangium. Arch. f. Nat. 1865, auch Treviranus, Vermischte Schriften Bd. I. pag, 38). VI. Beobachtungen über die Crevettinenfauna des Triester Hafens. Orchestiidae. Orchestia. Leach. Das Genus Orchestia weicht, sowie Talitrus, in Hinsicht seiner Lebensweise wesentlich von den übrigen Crevettinen ab. Diese Amphipoden leben ausserhalb des Wassers und halten sich meistens unmittelbar an der Strandlinie auf, wo sie zwischen aus- geworfenen Algen, Muscheln etc. sich springend herumbewegen. Bisweilen jedoch entfernen sie sich beträchtlich vom Strande und einige Arten (0. cavimana, tahitensis, sylvicola, telluris) wurden an feuchten Oertlichkeiten des festen Landes , weit von der Seeküste, als vollkommene Landbewohner getroffen. Im Zusammenhang mit dieser Lebensweise stehen manche Eigenthümlichkeiten in der Organisation, welche diese Thiere von den Verwandten auszeichnen und als die höchststehenden Crevet- tinen Formen erscheinen lassen. Die Besonderheiten des Bewegungsapparates, nämlich die bedeutende Ausbildung des Chitinskelettes, das sogar zu den Seiten des Kaumagens zwei starke Apodemata (Endophragmal arch. Huxley) aufweist, sowie der Muskulatur und andererseits die ge- ringe Grösse der Pleopoden hat Z ad dach treffend hervorgehoben (1. c. pag. 19), und ich habe oben gezeigt, dass auch die Kiemen den abweichenden Lebensbedingungen angepasst sind ; auch in der Gliederung des Darmcanals, sowie in der Ausbildung der Harn- drüsen treten, wie wir gesehen haben, complicirtere Verhältnisse hervor, dazu kommt das Auftreten der einzelligen Hautdrüsen, (141) 32 Otmar Nebeski: SO (lass Alles auf die höhere Lebensstnfe hindeutet, die diese Landbewohner den Wasserbewohnern gegenüber einnehmen. 0. cavimana. Hr. Diese Art steht der 0. constricta Costa ziemlich nahe, unterscheidet sich jedoch durch die Form der Hand des 2. Fuss- paares des Männchens wesentlich von ihr. Das Handglied ist breit oval, der obere Rand ist schwach convex; der schräge Palmar- rand zeigt in der Mitte eine deutliche Einbuchtung, durch die er in zwei vorgewölbte Partien zerfällt, deren jede mit einer Reihe kurzer steifer Borsten besetzt ist. Die gebogene Klaue zeigt, der concaven Einsenkung des Palmarrandes entsprechend, in der Mitte einen gerundeten Vorsprung, so dass der innere Rand derselben genau der negative Abdruck des Palmarrandes ist, dem sie in der Ruhelage sich eng anschmiegt; bei jungen Männchen treten diese Merkmale weniger scharf hervor, der Höcker auf der Klaue und die Einbuchtung des Palmarrandes sind kaum ausgeprägt und das Handglied nähert sich in seiner Form dem von Orchestia mediterranea Costa. Beim Weibchen ist das zweite Beinpaar ausgezeichnet durch den stark convexen Vorderrand des Basos und die kurze innen gezähnte Klaue. Beim 7. Fusspaare des Männ- chens vermissen wir immer die Verbreiterung des vierten Gliedes, die bei 0. mediterranea und litorea constant auftritt. Das Telson zeigt einen seichten medianen Einschnitt. Die erwachsenen Männchen sind meist schwarzbraun, die Weibchen röthlich braun gefärbt. Dieser Amphipode wurde zuerst von Heller als Süss wasserform beschrieben^); seine Exemplare stammten von der Insel Cypern, wo sie am Olymp (4000') an feuchten Stellen in der Nähe von Quellen gefun- den wurden ; Hoeck^) erhielt dieselbe Form aus einem Grarten in Zalt-Bommel (Gelderland), wo jedoch die Möglichkeit nicht aus- geschlossen war, dass sie durch Zufall aus einem vorbeifliessenden Bach hineingelangt waren. Ich wurde auf diesen Kruster von Herrn Dr. Ed. G r ä f f e aufmerksam gemacht, der ihn seit mehreren Jahren im Garten der zoologischen Station in Triest in zahlreichen Exemplaren auffand und hatte dann auch Gelegenheit, ihn lebend zu beobachten. Die Thiere halten sich an feuchten Stellen unter Laub, Mist, Steinen und in lockerer Erde in Gesellschaft von Landasseln und Staphyliniden auf; im Winter fand sie Dr. Graf fe 6" nnter der Erde in erstarrtem Zustande in Nestern von circa ') Verhandl. d. zool. bot. Ges. in Wien, 1865. 2) 1. c. pag. 130. Beiträge zur Kenntuiss der AmphipoJen der Adria. 33 30 Stück beisammenliegend ; unter Einfluss der Handwärme er- holten sie sich bald. Sie laufen ziemlich flink mit Hilfe der kräf- tigen Thoracalbeine, wobei sie den Hinterleib eingeschlagen tragen und durch fortwährende Tastbewegungen der langen unteren An- tennen den Weg prüfen ; von Zeit zu Zeit schnellen sie sich durch kräftige Streckung des Abdomen ein gutes Stück weit fort. Setzt man sie in's Wasser, sei es nun süsses oder Salzwasser, so suchen sie schleunigst wieder auf's Trockene zu gelangen und gehen, wenn man sie daran verhindert, in Kurzem zu Grrunde. Es scheint daher unsere Orchestia, sowie Talitrus, von dem Sp. Bäte das Gleiche berichtet ^) , als echter Landamphipode betrachtet werden zu müssen, der, während die anderen europäischen Arten dieser Gattung zwar auch ausserhalb des Wassers leben, aber an die Meeresküste gebunden sind, eine vollkommen terrestre Lebens- weise , wie die Landasseln , führt und sowohl dadurch, als auch durch die eigenthümliche geographische Verbreitung interessant erscheint. 0. medi terr anea. Costa. Nicea. Nicol. Ich beobachtete: N. Bucchichi Hr., N. crassipes Hr., N. camptonyx Hr. Gammaridae. Subf. Stegocephalinae. Probolium. Costa (Montag ua Sp. B.) Diese Thiere halten sich mit Vorliebe zwischen Hydroid- polypen auf und sind im Triester Hafen durch zwei Arten ver- treten. P. megacheles Hr. P. tergestinum nov. spec. (Fig. 39.) Artcharaktere: 3. Glied der Maxillarfüsse bedeutend verlängert. 6. Glied des ersten Fusspaares länglich viereckig, vorne abgestutzt, 4. und 5. Glied vorne in nach unten vorspringende Lappen ausgezogen. Diese Art ist von den verwandten, unter denen ihr besonders P. monoculoides nahe steht, durch die Form der Maxillarfüsse und Gnathopoden deutlich unterschieden. Die Maxillarfüsse haben das 4., 5. und 6. Glied kurz, alle von gleicher Länge, das dritte aber übertrifft jedes der anderen um mehr als das doppelte an Länge. Am ersten Fusspaar springen das 4. und 5. Glied nach ^) Brit. sess. eyed. crust. I., pag. 22. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. III, Heft 2. 10 (i43) 34 Otmar Nebeski: unten und vorne in Form von schmalen, abgerundeten, borsten- tragenden Lappen vor. Das Handglied ist länglich viereckig, der obere ßand leicht gewölbt, der Palmarrand kurz mit Borsten besetzt, der untere Rand gerade und nackt. Beim grösseren zweiten Beinpaare ist das 4. und 5. Glied ebenso gestaltet; das sechste Glied ist länglich eiförmig, mit schwach gewölbtem oberen Rand; am convexen Unterrande ist die Grenze des Palmartheiles nur durch 3 kurze Dornen bezeichnet, welche ungefähr in der Mitte der Unterseite sich finden und an die die kräftige , spitze Klaue in der Ruhe sich anlegt- Da die Formverhältnisse der Gnathopoden bei vielen Arten sehr wenig constant sind, glaubte ich anfangs in der vorliegenden Form nur eine Varietät des P. monoculoides vor mir zu haben ; ich konnte mich jedoch durch Untersuchung zahlreicher Exemplare überzeugen , dass die angeführten DifFerenzialmerkmale keinen Variationen unterliegen und dass Uebergangsformen zu P, mono- culoides vollständig fehlen. Man muss daher diese Form als selbst- ständige Art auffassen , die im Triester Hafen das in nordischen Meeren sehr häufige P. monoculoides vertritt. Subf. Lysianassinae. Lysianassa Edw. L. loricata. Anonyx Sp. B. A. n anus Kroy. A. minutus Kroy. Subf. Phoxinae. Liljeborgia Sp. B. L. pallida Sp. B. Diese schön tingirte Art ist im Triester Hafen nicht selten; bisher war das Genus nur in den nördlichen Meeren beobachtet. Isaea M. Edw. I. Montagui M. Edw. Iphimedia Rathke. I. obe sa Rathke. I. Eblanae Sp. B. Subf. Gammarinae. Dexamine Leach. Bei dieser und den verwandten Gattungen A t y 1 u s, P h e r u s a und C al 1 iope verdient die bedeutende Entwicklung des Schwimm- Beiträge zur Kenntniss der Ampliipoden der Adria. 35 apparates hervorgehoben zu werden ; die drei vorderen Segmente des Abdomens sind im Verhälttiiss zu denen des Thorax sehr breit und ermöglichen so die Ausbildung einer sehr kräftigen Muskulatur für die relativ grossen Pleopoden ; deshalb treffen wir auch in dieser Gruppe durchwegs vortreffliche, schnelle Schwimmer. D. s pinosa Leach. D. spiniventris. Costa. D. dolichonyx nov. spec. (Fig. 40.) Artcharaktere: 1. Grlied der oberen Antennen kurz und gedrungen, ohne Zahnfortsatz; das breite Handglied des zweiten Gnathopodenpaares beim Männchen am Oberrande tief ausgebuchtet ; Klauen der Thoracalbeine sehr lang; das 2., 3. und 4. Segment des Abdomens am dorsalen Hinterrande in einem spitzen Zahn ausgezogen. Die beiden Antennen sind ungefähr von derselben Länge und erreichen die halbe Körperlänge und darüber. Der Stiel der oberen Antennen ist zweigliedrig; das erste Glied kurz und stark, ohne Zahn an der vorderen Ecke. Das zweite Glied ist doppelt so lang als das erste, und dünn; die vielgliedrige Geissei besteht aus langen zarten Gliedern. Der dreigliedrige Stiel der unteren Anten- nen hat dieselbe Länge, wie der der oberen. Die Mandibel entbehrt des Tasters. Das erste Gnathopodenpaar ist bei beiden Geschlechtern gleich entwickelt; das fünfte Glied ist schmal, nach vorne ver- breitert. Während der obere Rand des sechsten Gliedes ganz gerade verläuft, sehen wir die Unterseite stark vorgewölbt, der schräge Palmarrand ist mit kleinen Borsten besetzt und vom Unterrande durch einige stärkere Dornen abgegrenzt. Die Klaue ist lang und dünn; im Wesentlichen unterscheidet sich dieses Beinpaar nur durch die Verdickung des Propodos von den eigentlichen Thora- calbeinen. Das zweite Beinpaar ist kräftig ; das sechste Glied ist kurz und breit und zeigt, wenigstens bei den fünf Exemplaren, die ich von dieser Art auffand, in beiden Geschlechtern verschiedene Formen. Bei den zwei Männchen, die mir vorliegen, ist der Oberrand durch eine tiefe , enge Ausbuchtung unterbrochen , die beim Weibchen fehlt (Fig. 40). Ferner geht beim Männchen der Palmarrand continuirlich in den unteren Rand über, während beim Weibchen eine deutliche Grenze vorhanden ist, der Palmarrand senkrecht zum Unterrande steht, wodurch das ganze Glied abgestutzt erscheint. 10* >u-,) 36 Otmar Nebeski: Charakteristisch ist die Gestaltung der folgenden Thoracal- beine. Dieselben tragen zahlreiche steife lange Borsten ; das sechste Grlied ist relativ kräftig und dick, und am Palmarrande mit einer Reihe starker Borsten besetzt, an welche sich die lange Klaue, welche drei Viertel der Länge des sechsten Gliedes erreicht, in der Ruhelage anlegt. Dieses Verhältniss ist besonders beim dritten und vierten Beinpaare markirt. Von den Abdominalsegmenten zeigt nur das 2., 3. und 4. dorsale Zahnbildung. Von den Uropoden ist das zweite Paar viel kürzer, als die anderen. Das Telson stimmt mit dem von D. spi- nös a vollkommen überein. Länge 4 Mm. Atyl US Leach. A. Costae Hr. Pherusa Leach. Ph. bispinosa (=:Atylus bispinosus Sp. B.). Diese Art muss, so lange überhaupt die freilich künstliche T^rennung der Genera Atylus und Pherusa aufrecht erhalten wird, zur Gattung Pherusa einbezogen werden, da sie ein voll- kommen lanzettliches Telson besitzt, das eben der DifFerential- charakter von Pherusa Atj^lus gegenüber ist. Leucothoe Leach. L. denticulata Costa. Diese Thiere finden sich sowohl frei lebend zwischen Algen in bedeutender Tiefe, als auch als Commen- salisten in der Mantelhöhle verschiedener Ascidien und in dem Canalsystem von Spongien, besonders von Cacospongia. Auffallend ist, dass die schmarotzenden Individuen fast immer farblos sind, die anderen dagegen in der vorderen und mittleren Thoracalregion lebhaft roth gefärbt erscheinen, obschon sie sonst in jeder Beziehung vollkommen gleich gestaltet sind ; wir haben also hier zwei durch die verschiedene Lebensweise bedingte Farbenvarietäten vor uns. Gammarella Sp. B. G. b r e V i c a u d a t a Sp . B. Melit a Leach. M. palmata Leach. Maera Leach. M. orchestipes Costa. M. brevicandata Sp. B. Gammarus Fabr. G. marinus Leach findet sich überall an seichten, sandigen Küstenstellen in grosser Zahl; G. locustaFabr. dagegen wählt (146) Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden der Adria. 37 sich den schlammigen Meeresgrund zum Aufenthalt und kommt namentlich im innern Hafen in Gesellschaft von Nebalia zahl- reich vor. Nicht selten ist eine Varietät dieser Art, welche schon durch ihre dunkelbraune bis schwarze Farbe auffällt. Sie ist von gedrungenerer Körperform, die Antennen sind entsprechend kürzer und stärker ; die beiden Aeste der letzten Uropoden sind zwar von gleicher Länge, aber kürzer als bei dem gewöhnlichen G. locusta. Diese Form beschrieb zuerst M. Edwards i) als Gr. marinus, wobei er jedoch betonte, dass sie möglicher Weise nur eine Varietät von G. locusta sei; gleichwohl hielt Sp. Bäte sie als G. E d- wardsi von locusta abgesondert. Ich kann jedoch dieser Ansicht umsoweniger beitreten, als ich die fragliche Form immer vergesell- schaftet und häufig auch in Copulation mit der gewöhnlichen Form von G. locusta antraf ; ausserdem fehlt es auch an Zwischenformen nicht. Wir werden sie demnach als Varietät dem G. locusta unterordnen müssen. Corophiiden. Die hieher gehörigen Kruster bilden eine scharf abgegrenzte Gruppe, sowohl in morphologischer, wie in biologischer Beziehung. Sie sind im Allgemeinen charakterisirt durch ihre wenig seitlich- compresse Form, durch die kräftigen unteren Antennen, deren Stielglieder von bedeutender Stärke sind und die Geissei an Länge meist weit übertreffen ; ein weiterer , sehr wichtiger Charakter liegt in dem Besitz des Drüsenapparates in dem 3. und 4. Thoracal- beinpaare, deren Klaue immer durchbohrt ist und das Secret nach aussen treten lässt. Subf. Podocerinae. Diese Gruppe umfasst die eigentlichen Nestbauer, welche sich durch Verkittung von Sand, Schlamm etc. oder durch Zusammen- kleben von Blatttheilen Wohnungen und Nester herstellen. Die Ausübung eines solchen Instinctes bedingt nothwendig eine mehr oder weniger stationäre Lebensweise; die Thiere halten sich mit Vorliebe zwischen Algen und Hydroiden auf und sind besonders in ihren typischen Formen, den Podocerus -Arten, schlechte Schwim- mer, sind aber dafür im Stande, mit Hilfe der mächtig entwickelten unteren Antennen zu klettern, wie dies die Caprellen , denen sie ') Bist. nat. d. crust., pag. 46 (III. B.). 38 Otmar Nebeski: am nächsten unter allen Crevettinen stehen, in so ausgezeichneter "Weise thiin. Es liegt schon von vornherein die Vermuthung nahe, dass wir im Zusammenhang mit der Ausbildung eines der ganzen Gruppe gemeinsamen Instinctes diejenigen Organe , welche eine Beziehung zu der dadurch bedingten Lebensweise gewonnen haben, in bestimmter übereinstimmender "Weise modificirt finden werden. In der That zeigt es sich, dass, abgesehen von den Drüsenbeinen, die Uropoden des letzten Paares und das Telson eine gewisse Uebereinstimmung zeigen , die in engem Zusammenhang mit der Lebensweise steht. Die Uropoden zeigen den äusseren Ast — der innere fehlt bei manchen Gattungen — immer mit kräftigen, meist nach vorne gekrümmten Haken bewehrt. Obwohl die Formen des Telsons an und für sich sehr mannig- faltige sind, so ist doch eine gewisse Uebereinstimmung unver- kennbar und bei genauerem Vergleiche findet man, dass die meisten sich einem eigenthümlichen Typus unterordnen lassen , der sich nur bei den Podocerinen findet, wogegen die anderen sich als vorbereitende Uebergangsformen darstellen, so dass wir eine ganze Reihe zusammenstellen können , in der wir von den einfachen an die Gammariden anschliessenden Formen des Telson allmälig zu der charakteristischen Gestalt, die bei unserer Gruppe die vor- herrschende ist, hinübergeführt werden ; ich glaube darauf näher eingehen zu dürfen, weil das unscheinbare Organ für die Podo- cerinen, wie ich zeigen werde, von Bedeutung ist. Bei den Podocerus -Arten (P. o c i u s und f a 1 c a t u s) haben wir ein dreieckiges Schwanzplättchen vor uns, dessen Seitentheile etwas herabgebogen sind und das nahe dem hinteren Ende jeder- seits am Rande einen kleinen, nach vorne gerichteten Dorn trägt (Fig. 42 a). Diese beiden Dornen sind bei Amphithoe longi- cornis bedeutend stärker, das Plättchen hat eine mehr gestreckte Form angenommen (b). Bei A. largimana sehen wir, dass nicht nur die Seitenpartien herabgebogen sind, sondern auch der hintere Theil, welcher die beiden Haken trägt, aus der horizontalen Stel- lung in eine schräg nach abwärts geneigte übergegangen ist (c). Bei A. penicillata endlich stehen sowohl die seitlichen, als die hinteren Partien des Telson senkrecht zu der oberen horizontalen Deckfläche und wir haben an Stelle des einfachen Schwanz- plättchens eine Schwanzkappe mit doppeltem Apex vor uns (d), wie sie für die Gattungen Amphithoe (partim), M i c ro de u t o p u s. Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden der Adria. 39 Microprotopus, Noenia, Or thopal am e, C er apus bezeich- nend ist. 1) Die beiden charakteristischen Dornen , die wir schon bei Podoceriis wahrnehmen konnten, stehen hier an den hinteren verticalen Kanten, unterhalb der beiden apicalen Höcker der Kappe. Sie sind bei Amphithoe bicuspis zu zwei mächtigen Haken entwickelt (f) , während sie bei A. penicillata und Micro- protopus kleine Fortsätze darstellen (d , g) ; bei Micro d eu- topus finden wir an ihrer Stelle scharf vorspringende Chitin- leisten (e); bei C er apus sind sie durch mehrere Reihen von kurzen Zähnen ersetzt, die sich beiderseits auf den breiten, abgerundeten, apicalen Höckern finden ; Orthopalame (Hoeck) und Noenia (Sp. B.) scheinen sich ähnlich wie Amphithoe penicillata zu verhalten. Die Bedeutung der besprochenen Eigenthümlichkeiten der Uropoden und des Telsons liegt wohl zum Theil darin ^ dass sie, wie Sp. Bäte meint, diese Organe beim raschen Zurückziehen in ihre Röhren mit Vortheil benützen , wichtiger aber scheint mil- deren Verwendung als Ankerapparat. Wenn die Thiere ungestört sind, sieht man die meisten auf ihren Röhren sitzen, und zwar so fest mit den Haken des Abdomens verankert, dass auch ein starker Wasserstrom sie nicht loszureissen vermag; auch beim Klettern zwischen den Algen und Hydroiden benützen sie die Haken als Fixationsmittel. Sie sind so im Stande , sich auch in sehr be- wegtem Wasser, ohne die Beine gebrauchen zu müssen, an Ort nnd Stelle zu behaupten, was für sie, da sie zum grösseren Theile schlechte Schwimmer sind, gewiss von grosser Bedeutung ist. Bei sehr heftigem Wellenschlag freilich sollen sie sich nach Sp. Bate's Angabe in die ruhigeren Tiefen zurückziehen. (Brit. sess. ey. crust. I. 438.) Amphithoe. Leach. A. bicuspis. Hr. A. penicillata Costa. Diese Art , welche durch enorme Länge der Antennen, besonders des ersten Paares, nnd durch den concaven, gegen den unteren Rand durch einen stumpfen Höcker abgegrenzten Palmarrand des Handgliedes des zweiten Beinpaares charakterisirt ist, gehört zu den gemeinsten Amphipoden des Triester Hafens. '■) Wahrscheinlich werden die Gatt. Aora und S timp so n i a, die ein ebenso gestaltetes Telson haben, von Sp. B. aber zu den Gammariden gestellt werden, den Podocerinen beizuzählen sein, wie dies Heller mit M icr odeutopiis schon gethan hat. (149) 40 Otmar Nebeski: Dieser Form stehen zwei andere Podocerinen sehr nahe, welche Heller zuerst auffand und alsPodocerus longicor- nis und largimanus ausführlich beschrieb (Denkschr. d. Wien. Acad. d. Wiss. T. 26, 1867). Was diesen Autor veranlasste, die beiden Formen dem Genus Podocerus einzureihen, war das Vorhanden- sein einer eingliederigen Nebengeissel an den ersten Antennen; wir müssen aber in Betracht ziehen, dass einerseits sich sonst gar nichts findet, was für den Ansohluss an dieses Grenus spricht, andererseits aber im ganzen Habitus und in allen Einzelheiten sich vollkommene Uebereinstimmung mit der Gattung Amphithoe geltend macht und besonders an A. penicillata, mit welcher unsere beiden Formen auch die Lebensweise gemein haben, sich ein natürlicher Anschluss ergibt. Während für P o d o c e r u s kräftige, gedrungene, untere Anten- nen charakteristisch sind, die eine kurze mit Haken bewaffnete Geissei besitzen und beim Klettern zwischen den Hydroiden und Algen A^erwendet werden , finden wir bei den fraglichen Formen die oberen und unteren Antennen relativ zart ausgebildet, mit sehr langer Geissei versehen ^), so dass sie nur als Spür- und Tast- organe in Betracht kommen. Die Thoracalbeine sind hier schlank, mit wenig verbreiterten Gliedern; das letzte Uropodenpaar hat sehr kurze Aeste, der äussere trägt zwei starke Haken, der innere ist lamellös, von elliptischen Umriss und mit Dornen und Borsten besetzt, Verhältnisse die gerade für Amphitho e charakteristisch sind. Auch das Telson hat eine andere Form, als bei Podocerus und zeigt eine Annäherung an Amphithoe. (42 b. c.) Mit Rücksicht auf diese Verhältnisse kann man das Vor- handensein oder Fehlen der Nebengeissel nicht als Gattungsmerk- mal aufrecht erhalten und muss die beiden fraglichen Formen entschieden dem Genus Amphithoe einreihen als A. longicorni s und largimana. Diese beiden Amphipoden, welche durch ihre Grösse (14 mm.), ihren Habitus und ihre schön grüne Färbung zu den stattlichsten Formen der Crevettinen gehören, halten sich ebenso, wie A. peni- c illata immer zwischen Ulven auf, an denen sie durch Umschla- gen und Festkleben des Randes Röhren herstellen, die ihnen als Zufluchtsort dienen. Es ist eine sehr auffallende Thatsache und steht gewiss in irgend einem Zusammenhang mit der eigenthümlichen Lebensweise, '^) Sie sind in leiden Gesthlecbtern gleich entwickelt. (150) Beiträge zur Kenutniss der Amphipodeu der Adria. 41 dass gerade die drei zwischen Ulven lebenden Amph itho e-Arten so enorm lange Antennen, die die Länge des ganzen Körpers erreichen, besitzen, wie sie bei den nächsten Verwandten nicht zu finden sind und überhaupt nur bei wenigen AmphijDoden vor- kommen. Wenn man beobachtet , wie sie am Eingange oder in der Nähe ihrer Röhren sitzend die Antennen im Wasser spielen lassen, so kommt man fast zu der Vermuthung, dass sie damit kleinere Amphipoden oder andere Thiere anlocken und sich so Nahrung verschaffen, ohne von dem Orte, wo sie so trefflich geschützt sind, sich weit entfernen zu müssen ; zum Theil sorgen die Antennen als Spürorgane gewiss auch dafür, die Thiere von nahender Grefahr rasch in Kenntniss zu setzen und ihnen so den rechtzeitigen Rück- zug in ihre Röhren zu ermöglichen. Besonders günstig ist A. largimana und longicornis den besonderen Lebensverhältnissen durch ihre grüne Färbung i), welche sie inmitten der Ulven fast unsichtbar macht, angepasst, Podocerus Leach. Die Formen dieser Gattung, welche ich im Triester Hafen beobachtete, entsprechen fünf von Sp. Bäte aufgeführten Arten, P. ocius, variegatus, pelagicus, pulchellus und falcatus. Eine vergleichende Untersuchung einer hinreichenden Zahl von Exemplaren ergibt jedoch bald, dass man es thatsächlich nur mit zwei Arten zu thun habe , indem die letzteren vier Formen sich theils als Geschlechtsformen, theils als Wachsthums- stadien einer einzigen Art erweisen. Es wurde schon von B o e c k (Crustacea amphipoda borealia et arctica. Vidensk-Selsk-Forhandlinger for 1870) und neuerdings auch von Hoeck (1. c, pag. 120) der Nachweis geführt, dass Podocerus pelagicus (Sp. B.), pulchellus (M. Edw.) und falcatus (Mont) nur eine Art repräsentiren, wobei die Pelagicus- Form den Weibchen, die beiden anderen Formen den männlichen Thieren entsprechen ; in Betreff der letzteren stimmen jedoch die beiden Forscher insofern nicht überein, als B o e c k die Pulchellus- Form für das ausgewachsene Männchen erklärt, Hoeck dagegen die Falcatus-Form. Die Beobachtungen die ich über diesen Gegenstand an einem reichlichen Material anstellen konnte, bringen, wie ich glaube, ') Bei Conservirung in Alkohol verschwindet sie; daher blieb diese iuteressante Anpassungserscheiuung Heller unbekannt. (151) 42 Otmar Nebeski: Klarheit in die Sache, und ergeben auch no ch die Zugehörigkeit von P. variegatus Leach zu demselben Formenkreise. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Formen , die man immer vergesellschaftet an denselben Localitäten findet, beschränken sich im Wesentlichen auf das Handglied des zweiten Fusspaares ^) ; damit gehen zum Theile parallel Difi'erenzen in dem G-rössenver- hältnissen der Antennen. Charakteristisch ist für alle, P. ocius gegenüber, die Form der die Drüsen bergenden Thoracalbeine, an denen das fünfte Grlied nach vorne und unten in einen spitz aus- laufenden Lappen ausgezogen ist ; die einzelligen Drüsen selbst unter- scheiden sich von denen aller anderen Formen, auch des P ocius, durch den stark aufget riehen en Trichter des cuticularen Ableitungs- rohres und überhaupt durch die Complication des Ausleitungs- apparates (vgl. ob. pag.15), Verhältnisse, die bei der biologischen Wichtigkeit der Drüsen nicht ausser Acht gelassen werden dürfen. Die Weibchen, und namentlich die jüngeren Exemplare, stimmen vollständig mit Pod. pelagicus Sp. B. überein; das Handglied des zweiten Fusspaares ist schlank mit langem, seicht eingebuchtetem Palmarrand. Indessen ist dieser Charakter nicht sehr constant, was auch Sp. Bäte zugibt ; das Handglied bewahrt nicht immer die typische, schlanke Gestalt und man findet alle Abstufungen bis zu einer Form, welche bei den erwachsenen Weibchen die vor- herrschende ist. Wir haben dann ein breit ovales Handglied vor uns , mit mehr oder minder tiefer Impression am kurzen Palmar- rand, ganz so, wie es nach Sp. B. für P. variegatus charak- teristisch ist. Es entsprechen demnach die jüngeren Weibchen dem P. pelagicus; im ausgewachsenen Zustand behalten nur wenige diese Handform bei, während die Mehrzahl dem P. variegatus gleicht (Fig. 44, fi, fa), wie denn auch Sp. B. Pod. pelagicus als die kleinere Form mit schwachen Antennen, P. variegatus als die grössere mit kräftigen Antennen darstellt. Die jungen Männchen gleichen, wie dies ja in solchen Fällen die Regel ist, in der Handform ganz und gar dem Weibchen (Fig. 44 m, , ma). Von dieser Jugendform als Ausgangspunkt lassen sich durch Vergleichung verschiedener Wachsthumsstadien zwei Entwicklungsreihen aufstellen, von denen die eine (I. m^, m^, mg) 2) ') Wie denn anch die in Sp. B. aufgeführten Pod. -Arten im Wesentlichen nur auf diese Verschiedenheiten hin gegründet sind. -) Die verschiedenen Handformen sind in Fig. 44 alle bei derselben Ver- grösserung mit der Camera gezeichnet und daher auch in den Grössenverhältnissea ganz genau wiedergegeben. (152) Beiträge zur Kenutniss der Ampliipoden der Adria. 43 in der Pulchellas-Form, die andere (IL m^, nia) in der Falcatus- Form ihren Abschluss findet. Boeck und Ho eck glaubten irr- tkümlicher Weise, die eine Form als ein Wachsthumstadium der andern ansehen zu müssen ; wenn man aber die Entwicklungsreihe der einen vor sich hat, so sieht man, dass sich die andere nicht in dieselbe einschalten lässt , es finden sich keine Uebergänge zwischen I. mg und II. mg, sie gehören beide vollkommen entwickelten Männchen an. Wir haben also hier den nicht vereinzelt stehenden ^) Fall, dass einer Form von Weibchen zweierlei Männchen zukommen, welche hauptsächlich durch die Form der Greifhand sich unter- scheiden. Die beiderlei Männchen erreichen ungefähr dieselbe Grösse (das grösste Pulchellus - Exemplar mass etwas über 9 Mm., das grösste Falcatus - Exemplar fast 9 Mm.), in der Grösse des be- zeichnenden Handgliedes aber übertrifft die Pulchellus-Form die andere bedeutend (vergl. Fig. 44). Die unteren Antennen sind bei den Männchen viel stärker entwickelt als bei den Weibchen, die oberen, besonders bei der Pulchellus-Form klein, bei der Falcatus- Form aber fast so lang wie die unteren; es finden sich aber auch Exemplare der letzteren Form mit sehr kurzen oberen Antennen, so dass sich darin kein constanter Unterschied manifestirt. Dass wir die besprochenen Formen alle in den Kreis einer einzigen Art einbeziehen müssen, kann keinem Zweifel unterliegen, denn wir finden den Pod. pulchellus und falcatus immer nur in männlichen Exemj)laren, und mit ihnen zusammen Weib- chen, von denen die Jüngern dem Pod. pelagicus, die ausgewachsenen dem P. variegatus entsprechen, und alle diese Formen, deren Zu- sammengehörigkeit schon durch die oben dargestellten Uebergangs- formen dargethan wird, treffen wir immer vergesellschaftet auf denselben Hydroidenrasen und Algenständen an. Ich fand diese Art , die ich nach H o e c k ' s Vorgänge als Podocerus falcatus bezeichne, an zweierlei Localitäten, ein- mal zwischen Tubularien, das andere Mal zwischen den schön gefärbten Algen des Genus Ceramium ; dabei zeigte sich, dass bei den von Tubularien stammenden Exemplaren die braunen Pigment- zellen nur in geringem Masse entwickelt sind, so dass sie für die Gesammtfärbung der Thiere nur wenig in Betracht kommen und dieselben höchstens gefleckt oder gesprenkelt aussehen; dagegen ') F. Müller hat das Gleiche für Orchestia Darwinii nachgewiesen. 1. o. pag. 13, sqq. (153) 44 Otmar Nebeski: sind unter den zwischen Ceramien lebenden blasse Exemplare sehr selten, bei weiten die meisten erscheinen in Folge der mächtigen Ansbildung der Pigmentzellen im Ganzen, entsprechend der Farbe der Algen, dunkel röthlichbraun gefärbt. Ja die x4.npassung an die Umgebung geht noch weiter. Indem die ßlickenwand jedes Segmentes in den mittleren Partien gleichmässig dunkelbraun gefärbt ist, die Ränder dagegen blass bleiben, so erscheint das Thier , vom Rücken her gesehen , mit abwechselnd braunen und weisslichen Querbinden geschmückt, und ist so von den Thallus- fäden von Ceramium, welche aus abwechselnd braunen und hellen Zellen zusammengesetzt sind, kaum zu unterscheiden. In ähnlicher Weise zeigen auch die Antennen lichte und braune Querringe und an den Seitentheilen des Körpers wechseln auch gefärbte und farblose Stellen ab, so dass diese Thiere der Farbe der Ceramien eben so gut angepasst sind, wie die oben erwähnten grünen A m p h i- thoe- Arten der Farbe der Ulven. Da die dunkel gefärbten Formen von Pod. falcatus sich nach der Mittheilung des Herrn Dr. Grräffe immer auf Ceramien finden, so können wir sie den blassen, auf Tubularien lebenden, als eine Varietät gegenüberstellen und haben so in unserer Art zwei Farben Varietäten zu unterscheiden, deren Farbenunterschiede durch die Verschiedenheit des Aufenthaltsortes bedingt erscheinen. Pod. ocius. Sp. B. Diese Art, die sich ebenfalls auf Tubularien , jedoch seltener als Pod. falcatus vorfindet, ist von diesem durch die eigenthüm- liche Form der Hand des zweiten Beinpaares , sowie durch die geringe Grösse deutlich unterschieden. Die ausgewachsenen Thiere zeigen höchstens eine Länge von 4 mm. Auch hier ist das Handglied des charakteristischen zweiten Gnathopodenpaares in beiden Geschlechtern ') verschieden gestaltet. Die Hand der Weibchen unterscheidet sich von der der weiblichen Exemplare von P. falcatus dadurch, dass sich mitten von dem flach eingekrümmten Palmarrande ein starker Zahn erhebt, neben dem an der Grenze von Palmarrand und unterem Rand, sich ein stum^pfer, kleiner Fortsatz findet. Die jungen Männchen zeigen dieselben Verhältnisse, später jedoch bildet sich der stumpfe Fort- satz ebenfalls zu einem mächtigen Zahne aus (Fig. 43), in Folge dessen die Hand stark verbreitert erscheint. Beim erwachsenen Männchen ist sie viel grösser, als beim Weibchen und erreicht ') Sp. Bäte, von dem wir eine Besclireibnng und Abbildung dieser Art besitzen, kannte nur die Weibeben. (154) l?eiti'äge zur Kenntniss der AmpliipoJen der Adria. 45 die Länge von 1 mm., also ein Viertel der ganzen Körperlänge; anch die Klaue ist viel kräftiger, als beim Weibchen. An den die Drüsen bergenden Beinen ist das fünfte Glied nicht, wie bei P. falcatus, nach unten und vorne in einen spitzen Lappen ausgezogen. Microdeutopus. Costa. M. versiculatus. Sp. B. M. Titii. (Hr.) M. gryllotalpa. Costa. Die mir vorliegenden Exemplare dieser Art, einer der gemeinsten des Triester Hafens, zeigen, obwohl die charakteristische Form des ersten Gnathopodenpaares des Männchens keinen Zweifel darüber lässt, dass sie wirklich der von Costa beschriebenen Art angehören, doch insofern eine Ab- weichung von Costa's Beschreibung, als die Nebengeissel der oberen Antennen gewöhnlich aus 3, selten aus 2 oder 4 Gliedern zusammengesetzt ist, während sie nach Costa blos aus einem kurzen Gliede besteht (1. c. 178). Der Grund dieser Differenz liegt jedenfalls in der Variabilität dieser Verhältnisse und es geht daher nicht an , sie als wichtige Artcharaktere hervorzuheben. Auch bei dieser Form gleichen die jungen Männchen vollständig den Weibchen und die charakteristische Form des ersten Bein- paares, welche zugleich einen Hauptcharakter der ganzen Gattung darstellt, tritt erst ganz allmälig hervor, indem sich die minu- tiösen, borstentragenden Höcker, die sich am Unterrand des weib- lichen Carpus finden, allmälig zu starken Zähnen umgestalten und zugleich der Propodos seine Form verändert; davon kann man sich an einer Reihe jüngerer männlicher Exemplare leicht überzeugen (Fig. 41). Micro protopus. Norm. Diese Gattung steht dem Genus Noenia Sp. B. durch die BeschaflPenheit der Gnathopoden und des Telsons sehr nahe, unter- scheidet sich aber von ihr durch den Besitz einer rudimentären Nebengeissel am oberen Antennenpaare und die Abwesenheit eines zweiten Astes am letzten Uropodenpaare. M. m a c u 1 a t u s. Norm. Cerapus. Say. C. abditus Templet. (J — Dercothoe punctata M. Edw.) Subf. Corophinae. Die unteren Antennen sind sehr kräftig ; Telson und Uropoden ohne Haken. Corophium. Latr. C. crassicorne. Bruz. (155) 46 Otmar Nebeski: Im Anhange an die Corophiiden ist noch das Genus Cyrto- phium zu erwähnen, welches in einigen Punkten von den anderen Gattungen dieser Familie wesentlich abweicht und andererseits gewisse Beziehungen zu den Dulichiiden zeigt , so dass mir seine Stellung unter den Corophiiden nicht gerechtfertigt scheint. Die oberen Antennen besitzen immer eine deutliche 1 — 2gliederige Neben- geissel, die bisher immer übersehen wurde, und werden von den unteren an Stärke und Länge bedeutend übertrofFen, ein Verhältniss, wie es bei den Corophiiden häufig hervortritt; die Einlenkung der unteren Antennen nicht unter, sondern hinter den oberen, die Ge- staltung der Gnathopoden erinnert aber sehr an Dulichium ; in dem 3. und 4. Thoracalbeinpaare fehlen die für die Corophiiden so charakteristischen Drüsen ; das 4. Segment des Abdomens ist sehr verlängert, wogegen das letzte rudimentär geworden ist, was wieder auf Dulichium hinweist; ich glaube daher ziemlich be- stimmt annehmen zu dürfen, dass die richtige systematische Stel- lung von Cyrtophium unter den Dulichiiden zu finden sein wird. Da ich aber D u 1 i c h i u m-Exemplare zum Vergleich nicht vor mir habe , so muss ich mich begnügen , darauf hingewiesen zu haben. C. Darwinii Sp. B. Von den im Obigen aufgezählten Formen waren bisher in der Adria noch nicht beobachtet : Probolium tergestinum nov, spec. Liljeborgia pallida Sp, B. Dexamine dolichonyx nov. spec, Pherusa bispinosa (Atylus bisp. Sp. B.) Microdeutopus versicu latus Sj). B. Microprotopus macu latus Norm, Cyrtophium Darwinii Sp. B. dazu kommt noch die landbewohnende Form Orchestia cavimana Hr. CJ56^ Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden der Adria. 47 Literatur. S p. Bäte, On the lüdification of Crustacea. Ann. of nat. bist. ser. 3. vol. I. 1858. Sp. Bäte, Catalogue of tlie specimen of Ampliipodous Crus- tacea in the collection of British Museum 1862. Sp. Bäte and Westwood, A history of the British sessile- eyed crustacea 1863 — 69. Ed. V. Beneden, ßech. sur la composition et la significa- tion de l'oeuf. Mem. Cour et des Sav. etrangers. T. XXXIV. 1868. R. Bruzelius, Beitrag zur Kenntniss des inneren Baues der Amphipoden. Arch. f. Nat. 25. Jg. I. 1859. C. Claus, Zur Naturgeschichte d. Phronima sedentaria. Zeit- schrift f. w. Zool. 1872. C. Claus, Der Organismus der Phronimiden. Arbeit d. zool. Instit. in Wien. II. 1879. A. Costa. Ricerche sui Crostacei Amphipodi del Regno di Napoli. Mem. d. Real. Acad. d. Scienze d. Nap. 1853. F. Gamroth, Beitrag zur Kenntniss d. Caprellen. Zeitschr. f. w. Zool. 31. 1878. E. Grube, Die Insel Lussin und ihre Meeresfauna. 1864. E. Grube, Beschreibung einiger Amphipoden der istrischen Fauna. Arch. f. Nat. 30. Jg. I. 1864. E. Grube, Beiträge zur Kenntniss der istrischen Amphi- podenfauna. Arch. f. Nat. 32. Jg. I. 1866. G. H a 1 1 e r, Beiträge zur Kenntniss der Laemodipod. filiform. Zeitschr. f. w. Zool. 1879. C. Heller, Kleine Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser- Amphipoden. Verh. d. zoolog.-bot, Ges. in Wien. 1865. C. Heller, Beiträge zur näheren Kenntniss der Amphip. d. adriat. Meeres. Denkschr. d. Academie d. Wiss. in Wien. 26. B. 1867. (157) 48 Otmar Nebeski: P. Ho eck, Carcinologisches. Separ. Abdr. d. Tydschr. d. Ned. Dierk. Vereen. Deel IV. 1879. Fr. L e y d i g, Zur Kenntniss des feineren Baues d. Arthropoden. Archiv, f. Anat. u. Phys. 1855. Fr. Leydig, lieber Amphipoden und Isopoden. Zeitschr. f. w. Zool. 30. B. Suppl. 1878. "W. Liljeborg, On the Lysianassa magellanica and the Crus- tacea of the suborder Amphipoda etc. Transact. of the Scient. Society at Upsala. 3. ser. 1 865. Milne-Edwards, Histoire naturelle d. Crustaces. III. 1840. Milne-Edwards, Lecons sur la physiologie et l'anatomie comparee. Tom. III. V. IX. P. Mayer, Carcinolog. Mittheilungen. MittheiL d. zool. Station in Neapel. I. 1. H. 1878. F. Müller, Für Darwin. 1864. A. M. Norman, On new Crustacea Amphipoda. i^nn. of nat. bist. 4. ser. vol. II. 1868. G. 0. Sars, Histoire naturelle des Crustaces d'eau douce de Norvege. 1867. A. de laValette St. Gr e o r g e, De Grammaro puteano. 1 857 . A. Wrzesnowski, Vorläufige Mittheilungen über einige Amphipoden. Zool. Anzeig. 1879. Z ad dach, Die Meeresfauna der preussischen Küste. (158) Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden der Adria. 49 Erklärung der Abbildungen. Tafel I. Fig. 1. Bein des 3. Paares von Podocerus ocius Sp. B; a. Basos von aussen gesehen, b. III— VII. Glied von innen gesehen. Die Ausführungsröhrchen (A r) münden in das Reservoir R, das sich bei x nach aussen Öffnet. D Z dunkle Drüsen- zellen, HZ helle Drüsenzellen mit vereinigten Ausführungsgängen, HZ' solche mit isolirten Gängen. Carm. Ale. Canad. Hartnack, Obj. VIII. Oc. 3. Fig. 2. Eine grosse, helle Drüsenzelle v. Corophium crassicorne Bruz, Fig. 3. Eine solche von Podocerus falcatus Mont. C. A. C. Hartn. Immers. IX. Oc. 3. Fig. 4. Der Trichter des Cuticularganges einer Drüsenzelle von Podocerus falcatus von der Seite der Zelle her gesehen. H. I. IX. Oc. 3. Fig. 5. Drüsenzelle aus den Afterdrüsen von Trichodes apiarius, Copie nach Leydig, zur Anatomie der Insecten, Taf. II, Fig. 10. Fig. 6. 2 Drüsenzellen von Podocerus ocius, Sp. B. nach frischem Object gezeichnet. H. I. IX. Oc. 4. Fig. 7. Eine Partie Drüsenzellen aus dem Basos von Corophium crassicorne Bruz, mit grossen, Krystalle enthaltenden Vacuolen, V. H. Imm. IX. Oc. 4. Fig. 8. Thoracalbein des 3. (od. 4.) Paares von Amphithoe penicillata Costa. DZ dunkle, HZ blasse Drüsenzellen, Ar Ausführungsgänge, x Ausmündnngsstelle derselben Carm. Alk. Can. H. Obj. Y. Oc. 3. Fig. 9. Dasselbe von Cerapus abditas Templet. Tafel II. Fig. 10. Ein ausgewachsenes männliches Exemplar von Orchestia cavimana Hr. (nat. Grösse 12 Mm.). Da das Thier sehr wenig pellucid ist, wurde die Topo- graphie der Organe an medianen Längsdurchschnitten festgestellt. Oe. Oesopha- gus, S m Schinndmagen, B s unpaarer Magenblindsack im opt. Längsschnitt, E L, Enden der beiden Leberschlänche der einen Seite, H D Harndrüse, E H D Einmün- Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. HI, Heft 2. U (159) 50 Otmar Nebeski: dang derselben in den Darm, C Herz mit 3 venösen Ostienpaaren, A o a unpaare Kopfaorta mit paariger Seiten-Arterie, Aop Abdominalaorta , K. Kieme, De ductus ejaculatorius , Vs vesica seminalis, m K Dr spermatogener , 0 ovogener Theil der Keimdrüse (der letztere ist etwas zu weit gezeichnet), Dr einzellige Drüsen , D T einzellige Drüsen des Thorax, wiederholen sich in gleicherweise in allen Thoracal- segmenten. Fig. 11. Drüsenzellen aus der Coxalplatte des zweiten Thoracalsegmentes von Orch. cavimaua , A Ausfuhrungsapparat, D K Drüsenzellkerne, ß K Binde- gewebskerne, H. Obj, VlII. Oc. 3. Carm. Alk. Canad. Fig. 12. Drüsenzellen aus einem Beine vou Orch. cav. mit ihren Gängen und Mnnduügsporen x. Das Bein ist von innen gesehen; n. frisch. Obj. H. Obj. V. Oc. 3. Fig. 13. Drüsenzelle von Orchestia, Carm. Alk. Canad. Hartn. Imm. IX. Oc. 4. Fig. 14. Schematische Darstellung des Verhaltens der Harndrüsen, a. Melita b Corophiiden, c Maera, d Gammarus, Dexamine, e Cyrtophium, f Nicea, g Orchestia, (E, vorderer, R' hinterer Rectalabschnitt). Fig. 15. Medianer Längsschnitt durch die hintere Partie des Abdomens (III. — VI. Segment) von Melita palmata Leach. D D Dünndarm, E D Enddarm , H D modificirte Dünndarmpartie, ß L horizontale Bindetewebsplatte, B bindegewebige Züge, welche die letztere an die Rückeuwand ent>endet, Aop Aorta posterior, Ao E Ende derselben. Die Pfeile bezeichnen die Richtung des Blutstromes , Hartn. Obj. V. Oc. 3. Fig. 16. Die Epithelschichte der Harndrüsen von Orchestia cavimana im Querschnitte Carm. Alk. Canad. Haitn. Treck. IX Oc. 3 Fig. 17. Ein Stück desselben Epithels im Querschnitt mit sich bildendem Concrement. Hartn. Imm. IX. Oc. 3. Fig. 18. Conci-emente aus den Harndrüsen von Orchestia. Fig. 19. Optischer Längsschnitt durch die mit Concrementen gefüllte Harn- drüse dieser Gattung. P Peritonealhülle, M Muscularis, A Concremente. Carm. Alk. Canad. H. Obj. IX. (trocken) 0. 3. Fig. 20. Die hintere Darmregion von Nicea camptonyx Hr. von der Seite gesehen. HD die Harndrüse der eim-n Seite, SA kurze seitliche Arterien, das Andere, wie Fig. 15. Nach frischem Obje(;t. H. Obj. VTIT. Oc. 3. Tafel III. Fig. 21. Querschnitt durch den vorderen Theil des Enddarmes von Orchestia cavimana Hr. E Epithel, Cu Cuticula desselben mit Borsten besetzt, Tp tunica propria, S m schräge Muskelfasern, PI pla>matischer Tbeil derselben mit Kernen, 51 Sarcolemma, Rm Ringmuskelscliiclite einer Membran aufliegend, M, KRm Kerne der Ringmuskeln, P Peritonealhülle mit Kernen (K p), Carm. Alk. Canad. H. Obj. VIII. Oc 3. Fig. 21. Dasselbe von einem mit Koth gefüllten Enddarm, um die Formver- änderung des Epithelrohres zu zeigen. H. 0''j. V Oc. 3. (160) Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden der Adria. 51 Fig. 23. Schräger Längsschnitt durch dasselbe Object; C Cuticula mit Borstenreihen. Fig. 24. Querschnitt durch den hinteren Theil desEnddarmes von Orchestia cav. E Epithel, Cu Cuticula, Tp Tunica propria, L m Längsmuskelschichte mit einzelnen Kernen, R m Ringmuskeln, quergestreifte Substanz , P 1 plasmatischer Theil des- selben mit zahlreichen Kernen, S d dorsale, S v ventrale , sehnige Verbindung des rechten und linken Muskelhalbreifen. Carm. Alk. Canad. H. Obj. VIII. Oc. 3. Fig. 25. Längsschnitt durch dasselbe Object. C s contractile Substanz, S 1 Sarcolemma, P. Peritonealhülle. H. Imm. IX. Oc. 3. Fig. 26. Rand der Kieme von Gammarus marinus von der Fläche gesehen. fH flache Hypodermis, v H verdickte Hyp. mit den Kernen, J sind bei der Behand- lung mit Alkohol durch die Contraction des Plasmas entstandene Intercellularräume, die am frischen Objecte fehlen. Carm. Alk. Canad. H. Obj. VIII. Oc. 3. Fig. 27. Ein Stück desselben Objectes mit Osmiums, behandelt ; die Zell- grenzen sind sehr deutlich. V H verdickte Hyp., Bl Blutkörper. H. Obj. VIII. Oc. 3. Fig. 28. Querschnitt durch dasselbe Object, p B peripherer Blatcanal. Carm. Alk. Canad. H. Imm. IX. Oc. 3. Fig. 29. Kiemenanhänge des II. und VI. Beinpaares von Orchestia cavimana ganz mit Infusorien aus der Gruppe der stiellosen Vorticelliden besetzt. Fig. 30. Querschnitt durch eine Kieme einer ausgewachsenen Orchestia. H niedere Hypodermis/.ellen, S Z hohe Hypodermiszellen , Stützzellen , B Binde- gewebe, L Lücken in demselben, F Fettgewebe, B 1 Blutkörper. Von den Stütz- pfeilern ist nur einer in die Ebene des Schnittes gefallen, die anderen zwei sind schräg durchscbnitten. Carm. Alk. Canad. H. Imm. IX. Oc. 3. Fig. 3L Dasselbe von einem ganz jungen Exemplar. Fig. 32. Keimdrüse eines erwachsenen Männchens von Orchestia cavimana, von oben gesehen , m mediale, 1 laterale Seite, V S vorderes Ende der Samen- blase , bei A mündet die Keimdrüse ein, D E drüsiges Epithel , K L Keimlager, S b die jüngsten, SSb die ältesten, reifsten Spermatoblasten, diese sind durch ein Senret verkittet, S Z ein Satz von Spermatozoen, E flaches Epithel des ovogenen Abschnittes, das Keimlager ist hier schon rückgebiMet ; E ist zwischen die Eier eingewuchert, M abgehobene Dottermembran der Eier. H. Obj. V. Oc. 4 Carm. Alk. Canad. Fig. 33. Querschnitt durch den spermato^enen Abschnitt der Keimdrüse, P Peritonealhülle , F die beiden Längsfalten , welche den meJialen vom lateraleu Raum abgrenzen, E das flache Epithel des medialen Raumes, x Spermatophoren- bildungsraum. Carm. Alk. Canad. Hartn. Obj. VIII. Oc. 3. (die anderen Buchstaben wie Fig 32). Tafel IV. Fig. 34. Ein ähnlicher Schnitt, aber weiter vorne geführt, daher der Raum X viel kleiner. Hier sieht man hinter dem Satz mit den reifsten Spermatoblasten SSb, schon einen zweiten gebildet SSb'. Fig. 35. Keimlager des spermatogenen Abschnittes, K spindelförmige Kerne desselben. Carm. Alk. Canad. H. Imm. IX. Oc. 3. 11* (16t) 52 Otmar Nebeski: Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden der Adria. Fig. 36. Keimlager des ovogenen Theiles von einem jungen Thiere. j E junge Eier = Spermatoblasten. H. Imm. IX. Oc. 3. Fig. 37. Keimlager des ovogenen Abschnittes eines älteren Thieres. j E' junge Eizelle mit stark vergrössertem Kern. H. Obj. IX. (trocken) Oc. 3. Fig. 38. Querschnitt durch das Ovariam eines ausgewachsenen Weibchens von Orchestia cavimana. H. Obj. IX. (trock.) Oc. 3. Fig. 39. Probolium tergestinum nov. spec Maxillarfuss m f , I. und II. Beinpaar. Fig. 40. Dexamine dolichonyx nov. spec. I. Fusspaar, II. F von Männchen und Weibchen. Die Endglieder des IV. Fasspaares. Fig. 41. Microdeutopus gryllotalpa Costa, F I. Fusspaar des Weibchens, M des erwachseneu Männchens ; m^ — m^ Entwicklung des männlichen Fusses. Fig. 42. Telsa von a Podocerus falcatus , b Amphithoe longicornis , c A largimana, d A penicillata, e Microdeutopus, f Amph. bicaspis , g Microprotopus. Fig. 42. Die Handglieder des 2. Beinpaares von verschiedenen Exemplaren des Podocerus falcatus, f weibliche, m männliche Formen. Fig. 43. Die Hand des 2. Beinpaares von Podocerus ccius, a mänul., b weibl. (162) UntersuchuDgen über den Bau des B a n d w u r m k ö r p e r s mit besonderer Berücksichtigung der Tetrabotlirien und Tetrarhyuchen von Theodor Pintner. (Dazu Tafel I-V.) Einleitung. Durch die in neuerer Zeit erschienenen Arbeiten über den feineren Bau der Bandwürmer, besonders die von Schneider, Steudener und Schief ferdeck er, wurde eine grosse Menge von Fragen , vor Allem aber die Frage nach dem Vorhandensein und der Beschaffenheit eines Nervensystems bei den Cestoden, auf die Tagesordnung der vergleichend anatomischen und histologischen Untersuchung gesetzt. Da nun trotz einiger schätzenswerther Ergeb- nisse besonderer und auch allgemeinerer Natur in den genannten Arbeiten doch für so manche Behauptung eine nichtsweniger wie sichere Grundlage gewonnen war, stellte mir im zoologischen Labora- torium der Wiener Universität dessen hochgeschätzter Leiter, Herr Professor Dr. C. Claus, vor ungefähr zwei Jahren die Aufgabe, die Bandwürmer auf ihre verschiedenen Grewebe , besonders aber auf ihr Nervensystem, nochmals zu untersuchen; und da ferner die gründlichen, schönen Arbeiten So mmer's gezeigt hatten, dass so manche, nicht ganz unbedeutende Abweichung selbst im ana- tomischen Bau, z. B. des G-eschlechtsapparates, auch bei einander näher gestellten Gruppen vorhanden sei, so musste sich die Auf- merksamkeit namentlich auf die seit G. R. Wagener und Van 063) 2 Theodor Pinto er: B e n e d e n nicht mehr beachteten und genauer eigentlich noch gar nicht untersuchten Tetrabothrien und Tetrarhynchen lenken. Ich bin meinem sehr verehrten Lehrer, Herrn Professor Claus, zu Danke verpflichtet , dass er mir die Möglichkeit zu erwirken wusste, mich mehrmals an der trefflich eingerichteten zoologischen Station zu Triest mit dem Studium der Ein- geweidewürmer aus den Haien und Rochen beschäftigen zu können. Lebhaftesten Dank will ich ferner auch sogleich an dieser Stelle dem Inspector der Triester zoologischen Station, Herrn Dr. E. Gräffe, abstatten, der mir nicht nur in Triest das Material sorgsamst verschaiFte, sondern auch später Sendungen nach Wien ermöglichte. Was nun meine Arbeit anbelangt, so nahm dieselbe überaus lange Zeit für sich in Anspruch, wie das bei den grossen Schwierig- keiten nicht anders erwartet werden kann, die sich Jedem, der zum ersten Male parenchymatöse Würmer, und besonders Band- würmer oder Nemertinen untersucht, in den Weg stellen. Ich ging von der Anatomie und Histologie der Geschlechtsorgane aus, und wendete mich dann zur Frage nach dem Nervensystem, als ich bei der feineren Untersuchung des Kopftheiles, zunächst bei dem schönen Phyllobothrium gracileWedl auf die Fliramer- trichter des Wassergefässsystems stiess. In der Meinung, dass hier ein ganz neuer Fund vorliege , da ich damals keine hierauf sich beziehende Literaturangabe (ausgenommen etwa die in Van B e n e d e n's Werken und der dritten Auflage von Claus" Zoologie") kannte, verfolgte ich diese Flimmerbecher bei mehreren Arten und durch alle Gruppen der Bandwürmer und gelangte so , nachdem ich auch die Angaben der Schriftsteller über das Wassergefäss- system kennen gelernt, zu der Ansicht, dass eine allgemeine Dar- stellung des gesammten Wassergefässsystems der Cestoden kaum überflüssig sein dürfte. Daran reihten sich die so ganz und gar eigenthümliclien und bisher völlig unbekannten anatomischen und histologischen Ver- hältnisse des Tetrarhynchus-Kopfes und andere Details in solcher Menge , dass ich zu einer Theilung meiner Arbeit gezwungen wurde. Ich werde mir in dem vorliegenden Theile zu besprechen erlauben: 1. das Wassergef ässsystem der Bandwürmer, und 2. die Organisation des Kopftheiles von Tetra- rhynchus longicollis Van Ben e den. (164) Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 3 Ich hoffe als dritten Theil den Bau und die Entwickelung der Geschlechtsorgane der Tetrabothrien und Tetrarhynchen und als Schlusstheil vergleichend-histologische Bemerkungen über die cuticularen und parenchymatösen Gewebe, sowie über das Nerven- system der Cestoden baldigst folgen lassen zu können. Zunächst muss ich mir hier aber noch erlauben, einige Worte über die Artch araktere der von mir untersuchten Tetrabothrien vorauszuschicken. Aus der Untertamilie der PhyUacanthinen untersuchte ich einmal Acanthobothrium coronatum Van Beneden = Calliobothrium coronatum Dies. (Die übrigen Synonyma vergleiche man in den „Sitzungsberichten der k. k. Akademie der Wissenschaften in Wien", 48. 1. Die sing „Revision d. Parame- cocotylen'S S. 279.) Diesing vereinigt nämlich die beiden Van B e n e d e n'schen Gattungen „Acanthobothrium" und „Callio- bothrium" zu einer einzigen Gattung „Calliobothrium", aus deren Charakteristik '^) ich Folgendes als das Wichtigste hervorheben will : „Corpus bothriis quatuor oppositis angularibus , costis transver- salibus duabus trilocularibus, singulo antrorsum uncinulis duobus basi junctis apice furcatis , vel quatuor simplicibus armato , et acetabulo auxiliario superposito instructo versatili nunc in locula tria, nunc in globulum contractili; aperturae genitales marginales." Es ist hier nicht meine Aufgabe, diese Frage der Systematik zu entscheiden, und ich will mir nur erlauben, zu betonen, dass für die von Diesing vorgenommene Vereinigung beider Gattungen der vollkommen gleiche Bau der Haftscheiben und die, wie wir unten sehen werden, Diesing unbekannte gleiche Hakenzahl spricht; gegen dieselbe jedoch der Unterschied in den äusseren Kürperformen, besonders der glatte hintere Gliedrand bei Acantho- bothrium, der zierlich gezackte bei Calliobothrium, ein Umstand, der diese zwei Gattungen P. J. Van Beneden's ebenso wohl unterscheidet, wie irgend zwei andere, von Diesing nicht ver- einigte. Ich werde im Folgenden stets die Van Beneden'sche Nomen- clatur benützen. Diesing charakterisirt die Art „Acanthobothrium coronatum" Van Beneden folgendermassen : „Collum longum, articuli corporis anteriores subquadrati, posteriores vix duplo lon- giores quam lati; ultimi elliptici, saepissime soluti. Penes raargi- 1) a. a. 0. S. 217. (105) 4 Theodor P i u t n e r : nales, prominentes, Longit. 3 — 8", Lat. 1'"." Dieser Charakteristik entspricht eine von mir in Triest während der Frühlings- und Sommermonate in den Spiralklappen fast eines jeden Exemplars von Scylliiim cannicula aufgefundene Form; nur die schon oben angezogene Beschreibung der Haken passt nicht zu derselben; sie ist nämlich theilweise ungenau und ebenso unvollständig, als die Abbildungen Van Beneden's. ^) Die beiden Haken einer Haft- scheibe stehen nämlich an der Basis untereinander in gar keinem Zusammenhange, wie man aus Diesing's unbestimmtem Aus- drucke: „uncinulis duobus basi junctis" schliessen könnte; jeder Haken besitzt aber ausser dem von den Autoren abgebildeten oberflächlichen Theile, der Gabel, noch einen bisher allgemein übersehenen, in die Tiefe gehenden, dicken und sehr kurzen Zapfen (Taf. I, Fig. 8, a), der die drei oberflächlichen Aeste (Taf. I, Fig. 8 : 1, 2, 3) an ihrer Vereinigungstelle trägt und schon deshalb nicht ganz unwichtig ist, weil nur er den Hakenmuskeln der Haftscheibe zum Ansätze dient. Die Haken zeigten sich im Innern stets hohl (Taf. I, Fig. 8, h), aussen aber bei unverletzten Thieren von einer häutigen, homogenen Scheide umgeben. Von den drei ober- flächlichen Hakenästen erreicht der untere innere (Taf. I, Fig. 8, 2) mit ungefähr 0"09— 0"146 Mm. die grösste mittlere Länge, ihm zunächst kommt der untere äussere (Fig. 8, 1) mit 0*09— 0*127 Mm. ; am kleinsten ist der obere Hakenast mit 0'045 — 0"095 Mm. Länge. G-egen die Vereinigungsstelle hin werden die einzelnen Haken- äste 0'036 — 0 041 Mm. dick. Der untere äussere Hakenast trägt an seinem oberen Aussenrande stets ein kleines Höckercheu (Fig. 8, b). _ In gewissen Contractionszuständen findet man bei diesem Thiere eine kurze Strecke des Körpers unmittelbar hinter den Haftscheiben viel dicker und breiter, als den nachfolgenden Hals- theil, der erst allmälig wieder zu grösserer Breite anschwillt (Taf. I, Fig. 1 , a, b, c). Dieser plötzlich eintretende Breitenunterschied rührt von acht starken Bündeln glatter Muskelfasern her, die am Ende des Kopf- und am Beginne des Halstheiles aufhören und so eine scharfe Abgrenzung dieser beiden Regionen ermöglichen. Die Länge dieses noch unterhalb der Haftsclieiben gelegenen Kopfstückes beträgt in verschiedenen Contractionszuständen 0-8— 1-29 Mm., die Breite desselben 0-62 *) .T. P. Van Beneden, „Recherches .sur les vers cestoi'des du littoral de ßelgique", Brux. 1850. Taf, IX. (166) Untersuchungen über den Bau des ßandwurmkörpers. 5' bis O'Slo Mm., während die unmittelbar darauffolgende kleinste Breite des Halstheiles bis auf 0586 — 0*48 Mm., also oft bis auf die Hälfte herabsinkt. Die losgelösten Glieder dieser Art sind zunächst durchschnitt- lich 4 — 6 Mm. lang, wachsen aber in grösseren Wirthen bis zu den riesigen Dimensionen von 14 und mehr Millimeter Länge, 2 — 3 und mehr Millimeter Breite und entsprechender Dicke heran , so dass sie die letzten noch an der Kette hängenden Glieder oft um das 6- bis lOfache der Längenausdehnung übertreifen. Eine Erscheinung, die ich nur bei Acanthobothrium coro- natum Van Ben. beobachtete, bestand darin, dass sich am vorderen Rande der freien Glieder ein im Durchmesser 0"727 bis 0*818 Mm. messendes Stück kugelig oder eiförmig einschnürte und durch seine saugnapfartigen Bewegungen die Aehnlichkeit einer solchen Proglottide mit einem Trematoden vollendete. Dem Acanthobothrium coronatum höchst ähnlich und unter sich fast identisch sind zwei in den Spiralklappen von Torpedo marmorata und Mustelus laevis fast constant vorkommende, sehr durchsichtige Phyl lacanthin en, die sich von jenem nur durch die viel geringere Grösse und durch kleinere Gliederzahl unter- scheiden. Einige meiner Präparate, bei denen, wie in der Zeich- nung Taf. I, Fig. 3, die acht Muskelbündel der Haftscheiben klar hervorgetreten sind , zeigen eine ziemliche Aehnlichkeit mit Van Beneden's Abbildung von Acanthobothrium Dujardinii ^); da jedoch Haken und Hilfssaugnäpfe hier anders gebildet sind, dürfte die Aehnlichkeit blos zufällig sein. Vielleicht sind diese beiden Phyllacanthinen durch Eigenthümlichkeiten ihrer Wirtlie bedingte Varietäten von Acanthobothrium coronatum. Ihre Grössenverhältnisse betreffend fand ich für die Form aus Torpedo marmorata als Breite des Kopfes sammt den Haft- scheiben ungefähr 0*582 Mm., Länge desselben bis zum Ende der Haftscheiben ungefähr 0*536 Mm. , Länge eines Hakens O'l bis 0'118 M, Breite der einzelnen Hakenäste bis 0*0114 Mm.; die letzten Glieder zeigten sich ungefähr 0*3 — 0*727 Mm. lang und 0*236 bis 0318 Mm. breit, während die losgelösten 205— 3*41 Mm. lang und 0*545 — 0*818 Mm. breit werden; die Zahl der makroscopisch wahrnehmbaren Glieder in der Kette beträgt ungefähr 100 — 120. Die Art aus Mustelus laevis erreichte blos eine Kopfbreite von 0*127 und eine Kopflänge von 0*218 Mm.; die Hakenlänge war ungefähr 0*064 Mm. 1) a. a. 0. Tf. X. (167) 6 Theodor P iutner: Weiter warde aus der Gruppe der Phyllacantliinen in die Unter- suchung einbezogen Van Beneden's Calliobotlirium verti- eillatum, das sich in zahlreichen schönen Exemplaren in den Spiralklappen von Mustelus laevis vorfand. Diesing') sagt von dieser Art, dass jede Haftscheibe versehen sei „antrorsum unci- nulis quatuor simplicibus äqualibus per paria dispositis et ace- tabulo auxiliario triloculari , loculis in triangulum dispositis instructo. Corpus antrorsum filiforme, retrorsum increscens, arti- culis margine postico in utraque latere processibus triangularibus quatuor instructis ; aperturae genitales marginales. Long. 3—4",. Lat. V3-\'2'"." Was die Haken anbelangt, so befindet sich Diesing, wie schon erwähnt, in einem Irrthume ; die genaue Untersuchung zeigt nämlich, dass ein D iesing'sches Hakenpaar nur aus zwei Zinken eines einzigen Hakens besteht (Taf. I, Fig. 6 und 9), die durch eine, allerdings nur sehr schmale, Brücke (Fig. 9, c) vereinigt sind. Die Haken zeigen sämmtlich eine häutige Scheide sehr gut ausgebildet (Taf. I, Fig, 6, s; Fig. 9, b). Die erste Proglottis hebt sich unmittelbar vom Kopfe durch eine scharfe Grrenzlinie ab (Fig. 6, p). Was die am hinteren Gliedtheile sich ansetzenden Zacken anbelangt, so bestehen dieselben an den ersten Proglottiden aus einem vorhangartigen Stücke an jeder Breitseite des Körpers (Taf. I, Fig. 6, z), dessen mittlere Erhöhung allmälig eine mit den seitlichen Zacken gleich hohe Spitze darstellt, die sich in der Gegend der ungefähr 81. Proglottide zu theilen beginnt (Taf. II, Fig. 9), so dass ungefähr von der 131. vier ziemlich gleich grosse Zacken das vorhangartige Stück zieren ^Fig. 10). Bei dem 395. Gliede ungefähr beginnt die mittlere Einschnü- rung immer tiefer, die auf jeder Seite dagegen flacher zu werden (Taf. II, Fig. 11, ms), ein Process, der, immer weiter fortschreitend, für die letzten hängenden und für die freien Proglottiden endlich zwei seitliche, durch einen tiefen Einschnitt in der Mitte getrennte dreieckige Lappen liefert. Auch hier werden die freien Glieder oft fünf- und mehrmal so lang und über dreimal so breit, als die letzten an der Kette hängenden. Aus der Subfamilie der Phyllobothrien hatte ich Ge- legenheit zwei überaus lohnende Formen zu untersuchen: das ') Vgl. .\Dm. S. 3. (11)8) üntersucLuDgen ülier den Bau des Bandwurmkörpers. 7 allbekannte An thobot h rium mnsteli Van Beneden, dessen freie Grlieder die der besprochenen Arten an Grösse oft nocli weit zurücklassen und sich vorzüglich zur Untersuchung des Geschlechts- apparates eignen ; und dann das Phyllobothrium gracile Wedl, dessen prachtvoll durchsichtiger Kopf die schönsten Auf- schlüsse über die feineren Theile des Wassergefässsystems gibt. Wedl's Beschreibung der genannten Art ^) ist jedoch so kurz, dass ich kaum die Identität mit dem besprochenen Thiere hätte feststellen können^ wenn sie nicht wahrscheinlich gemacht worden wäre^ einmal durch die grosse Regelmässigkeit im Vor- kommen dieses Bandwurmes, der fast in jedem Exemplare der auf den Triestiner Fischmarkt kommenden Zitterrochen in ein bis vier langen, schönen Strobilaketten und zahlreichen freien Proglottiden zu finden ist , und dann durch einen Irrthum , zu dem Wedl in Folge des Umstandes verleitet wurde, dass er neben den grossen zu seinem Phyllobothrium gracile gehörigen freien Gliedern stets auch noch viel kleinere fand : diese letzteren gehören nämlich zu der oben erwähnten, mit Ph3dlobothrium gracile ganz regelmässig vergesellschafteten Acanthobothrium - Art , deren Köpfe Wedl jedoch nicht auffand und daher in den Wahn verfiel , als seien die kleinen Glieder durch Theilung aus den freien Proglottiden des Phyllobothriums hervorgegangen ! Da die Abbildung des charakteristischen Kopfes (Taf. 1, Fig. 5) mehr leisten dürfte, als eine weitläufige Beschreibung, will ich mich nur kurz fassen. Die Haftfläche der Bothridien erscheint bei geringeren Ver- grösserungen dunkel grobkörnig, wie aufgerauht, und durch helle Zwischenräume zwischen den Ansatzstellen der darunter liegenden Gewebsbündel in ein aus polygonalen , circa 002U6 — 0 067 Mm. als Durchmesser aufweisenden Maschen gebildetes Netz getheilt. Der Rand der Haftfläche ist gekerbt und besitzt auf der Innen- seite eine ziemlich flache, circa 0-08 Mm. breite und O'lOß Mm. hohe Sauggrube. Die Gliederbildung beginnt schon sehr bald hinter dem Kopfe und erzeugt bis über 1 Decimeter lange Ketten von im Leben gelblich weisser Farbe; die Endglieder werden bis 3 Mm. lang und über 1 Mm. breit, die freien Glieder, die eine mehr oder weniger rechteckähnliche Form besitzen, wachsen noch bedeutend fort und finden sich oft sehr zahlreich vor. Der ^) Sitzungsber. d. k. k. Ak. d. Wiss. zu Wien, math. naturliist. See. 16, 1855: „Helminthologische Notizen" von Dr. C. Wedl, S. 373 u. f. (169) & Theodor Piutner: Geschlechtsapparat kennzeichnet sich besonders durch eine sehr tief nach hinten gerückte Ausmündung des Vas deferens und der Vagina, durch die diese letztere verhältnissmässig sehr kurz wird, indem sie schräge zum Keimstocke herabläuft. Die jüngeren Glieder haben eine an die Verhältnisse bei ßothriocephalus latus erinnernde Vertheilung der Dotterstöcke, durch welche besonders bei Carmin- färbung deutlich hervortretende „Mittel- und Seitenfelder" erzeugt werden. Aus den übrigen Bandwurmfarailien habe ich im Leben Taenia solium als Finne, Triaenophorus nodulosus aus dem Hechte, Caryophyllaeus mutabilis aus Chondrostoma nasus und endlich Tetra rhynchus longicollis Van B e n e d e n aus Mustelus laevis zu untersuchen Gelegenheit gehabt ; im gehär- teten Zustande Ketten und Glieder von Taenia solium und mediocannellata, Bothriocephalus latus, Taenia per- foliata, Ligula und Andere aus der Sammlung des zoologischen Universitätsinstitutes , welche mir durch die Güte des Herrn Professors Dr. Claus zu Gebote stand. Was die von mir angewandten Untersuchungsmethoden anbelangt , so hätte ich Folgendes zu bemerken : So ungünstig sich im Allgemeinen die Bandwürmer zur Untersuchung im Leben verwenden lassen, so findet man doch beim Durchsehen sehr zahl- reicher Thiere endlich solche, die günstige Verhältnisse darbieten, dann aber auch besseren und sichereren Aufschluss geben als alle Präparate. Man darf daher die Untersuchung lebender Thiere in keinem Falle vernachlässigen ; besonders aber ist es das Wasser- gefässsystem, das eigentlich nur an lebenden Thieren ausreichend untersucht werden kann, und die vielen Beobachtungsfehler und oft geradezu komischen Irrthümer, in welche hauptsächlich Autoren aus der jüngst vergangenen Zeit gefallen sind, sind meist einzig und allein auf Rechnung eines solchen Ausserachtlassens zu setzen. Viele, wenn auch, wie es scheint^, nicht alle Bandwürmer aus Seefischen, erhalten sich in frischem Seewasser oder mit frischem Seewasser sehr verdünntem Hühnereiweiss , wenn man sie vor- sichtig aus dem Darmschleime herausspült, oft 5 bis 6 Tage, ja länger lebend ; am besten und längsten erhalten sich die noch nicht vollständig reifen Glieder der Kette, weniger gut die Köpfe, am schlechtesten die grössten und reifsten der freien Glieder ; bei solchen eignen sich übrigens die Geschlechtsorgane auch dann noch ganz gut selbst zur histologischen Untersuchung, wenn durch das (170) Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 9 (Quellen und Zerfallen der oberflächlichen Zellschichten der Tod bereits seit geraumer Zeit eingetreten ist. Die Präparationsmethoden müssen wesentlich anders ein- gerichtet werden, je nachdem man das betreffende Thier zum Schneiden oder als Präparat in toto benützen will. Im ersten Falle müssen Ketten und Grlieder sehr stark gefärbt werden ; sie müssen nach kurzer aber sorgfältiger Härtung in anfänglich dünnen, dann bis 70" Alkohol oft mehr denn 24 Stunden im stärksten Picrocarmin liegen bleiben und vor abermaliger rascher Alkoholhärtung nicht zu lange im destillirten Wasser ausgewaschen werden. Wer mit Hämatoxylin sehr gut umzugehen weiss, dürfte durch dessen Anwendung in mancher Hinsicht noch günstigere Schnittpräparate erzielen. Sollen die Schnitte auch zur Unter- suchung der Cuticula verwendet werden, so ist es fast unbedingt nöthig, das Thier in l^/o Osmiumsäure zu tödten und in der Flüssigkeit liegen zu lassen, bis es sich bräunt. Ich fand es stets vortheilhaft, auf solche Weise gebräunte Thiere zunächst in Alkohol von ungefähr 52 '^ und erst aus diesem in die Carminlösung zu übertragen. Bei älteren , Sammlungen entnommenen Weingeist- exemplaren genügt kaum tagelanges Liegen in Carmin zur Durch- färb ung. Der grossen Bequemlichkeit halber färbte ich die Thiere sämmtlich vor dem Schneiden, was sich nach der beschriebenen Methode — die dicken menschlichen Bandwürmer etwa ausgenommen — durchwegs ausführen lässt. Die beste Schnittfähigkeit gibt den Würmern das Nelkenöl, in dem man sie auch Jahre lang mit dem besten Erfolge aufbewahren kann. Will man die ganzen Thiere zu mikroskopischen Präparaten verwenden, so ist die Hauptsache, sie durch Druck und sorgfältiges Waschen nach der Carmintinction möglichst durchsichtig zu machen. Zum Aufhellen taugt weitaus am besten Nelkenöl, da es die zahl- reichen , in die Gewebe eingelagerten Kugeln , die das Aussehen von Fetttropfen haben, extrahirt; so erhält man namentlich pracht- volle Präparate des Geschlechtsapparates, während Glycerinbehand- lung nur bei sehr zarten Köpfen gute Resultate liefert. Uebrigens dürften die Bandwürmer nicht so bald von anderen Thieren in Bezug auf Schwierigkeit der Behandlung mit Reagentien übertreffen werden. Gleich sorgfältig behandelte Exemplare geben das eine Mal gute, das andere Mal ganz unbrauchbare Resultate, und wenn schon auf dieselbe Weise gefärbte und gehärtete Thiere verschiedenartige Bilder liefern , so lassen sich gar erst mit ver- (171) 10 Theodor Pintner: schiedenen Methoden gewonnene Ansichten oft kaum auf einander zurückführen. Nur Anfertig^^ng von zahlreichen Präparaten und Schnitten bringt den Untersucher langsam zu einer leider nur zu oft unvollständigen Erkenntniss des wahren Sachverhaltes. I. Ueber das Wassergefässsystem der Bandwürmer. Während die neueren Methoden der mikroskopischen Unter- suchung der Kenntniss von den grossen Stämmen des sogenannten Wassergefässsystems , den Längsgefässen , Canaux longitudinaux Van Beneden's, manche schätzenswerthe neue Thatsache zu- führten und hiedurch wenigstens halbwegs eine Zurückführung auf allgemeinere Grundzüge gestatteten, trat die Frage nach den Wegren , auf welchen diese schon von älteren Autoren als excre- torisch bezeichneten Längsgefässe ihren Inhalt beziehen, in den Hintergrund ; ja die Beschreibungen, die eine Reihe von Schrift- stellern der jüngsten Zeit, vor Allen Schieff er decker, Steu- dener, Kahane, nach Beobachtungen von Schnitten lieferten, widersprachen geradezu den mikroskopischen Befunden älterer hochgeschätzter Schriftsteller, ^ie v. Siebold, G. W a g e n e r, Leuckart, M. Schnitze, Denn während die Letzteren feinere Verzweigungen der Hauptstämme des Wassergefässsystems und Flimmerläppchen auffanden, werden diese Theile des Organsystems, die doch der gegenwärtig giltigen physiologischen Auffassung des- selben erst den nothwendigen Grund und Boden geben, von den neueren Autoren zum Theile sogar ganz apodiktisch hinweg- geleugnet. Fand sich nun in dieser Lage der Dinge Grund genug , die Frage aufzuwerfen, ob diese oft beschriebenen „feineren Verzwei- gungen" überhaupt existiren, so war mit einer auf Grund mikro- skopischer Beobachtungen ermöglichten Bejahung dieser Frage doch noch lange nicht der gesammte Zusammenhang des Wasser- gefässsystems festgestellt. Insbesondere nach zwei Richtungen war eine Aufklärung dringendst nöthig, einmal nämlich in Hin- sicht auf das Verhältniss der Hauptlängsstämme zu den beschriebenen feineren Canälchen, hauptsächlich aber in Bezug auf den Ursprung dieser letzteren. Da ich nun zur Erforschung dieser Punkte besonders Ver- treter der beiden Familien der Tetrabothrien und der Tetrarhynchen untersuchte, so ergaben sich, da diese beiden Gruppen seit Wa- gen er und Van Beneden nicht mehr untersucht worden waren, auch in Bezug auf die Morphologie der Hauptstämme selbst neue (172) Untersuchungen üher den Bau des Bandwurmkörpers. 11 Thatsachen, die sich für Aufstellung eines allgemeinen Typus als nicht unwichtig erwiesen. Endlich lagen noch über mehr unter- geordnete Verhältnisse theils histologischer, theils morphologischer Natur widersprechende Angaben vor , die ich richtig zu stellen versuchte. Die Frage nach den Anfängen des Wassergefässsystems ist eigentlich, Schneider ausgenommen, noch von Niemandem in nur einigerraassen befriedigender Weise gelöst worden. Während ein grosser Theil der Schriftsteller selbst die grossen Hauptstämme im Parenchym des Kopfes sich verlaufen lässt , fehlen fast alle Angaben darüber, wie sich die Beobachter den Beginn feinerer Gefässe denken. Fliramerläppchen entdeckte bei Scoliciden zuerst G. R. Wagener.^) Darauf fand v. S iebold 2) „sehr feine Verästelungen" des Wassergefässsystems und später 3) „undulirende Membranen", bei denen er nicht entscheiden konnte , ob sie „in besonderen Gefässen angebracht sind, wie zu vermuthen ist, und ob diese Gefässe mit dem Wassercanalsystem , welches keine Flimmer- organe enthält, zusammenhängt". Max Schultze^) überzeugte sich von deren Vorhandensein bei allen Cestodenfamilien. Unterdessen beschrieb G. R. Wagen er*) gleichfalls ein „sehr feines Gefässnetz". „Das, was auf seine Existenz auf- merksammacht", sagt er, „sind flackernde Wimpern , welche an den Mündungen der Gefässe aufgestellt sind. Diese Cilien, welche theils einzeln, theils mehrere in einer Reihe stehen, je nach dem Gefässdurchmesser , haben nie Zellen an ihrer Basis und häufig gleichen sie auch einer gefranzten Platte, wenn mehrere nebeneinander stehen, so dass sich oft nicht sagen lässt, ob man mit solcher oder mit einer Reihe von Cilien zu thun hat. In den grösseren Gefässen habe ich sie nur bei jungen Thieren gefunden. Dann wurde mir aber nie etwas von dem Capillargefässsystem sichtbar." Dass Wagen er's Behauptung vom Fehlen der Kerne un- richtig sein müsse, könnte man allerdings schon a priori annehmen ; *) G. R. "Wagener: „Dissertatio inauguralis, Berlin 1848", eine Schrift, die ich leider in allen Bibliotheken Wiens vergeblich suchte. ^) Ztschr. f. wiss. Zool. B. II, 1850: v. Siebold: „Ueber den Generations- wechsel der Cestoden u. s. w." ^) Ztschr. f. wiss. Zool. B. IV. 1853: v. Sie bold: „Ueber die Verwandlung der Echinococcus-Brnt in Tänien", S. 420; und M. Sehultze, S. 188 u. f. *; Müll er's Archiv 1851, S. 211 u. f.: „Enthelmintica" v. Dr. G. R. Wagen er. (173) 12 Theodor Pintner: es haben aber diese Worte einen neueren Untersueher i) bewogen, auf die Unrichtigkeit sämmtlicher Beobachtungen über Flimmer- läppchen zurückzuschliessen. Ein solches Vorgehen nun, das einem negativen, aus einem Uebersehen resultirenden Satze einen positiv festgestellten Befund aufopfert , ist gewiss ganz ungerechtfertigt und wurde daher später vom Verfasser selbst zurückgenommen. 2) Meissner') beschreibt gleichfalls, wie es scheint, unab- hängig von Wagener, die Flimmerbewegang, behauptet jedoch, die Flimmerläppchen auch in den grossen Gefässen gefunden zu haben, wie ich gleich bemerken will, durch über oder unter diesen letzteren gelegene Flimmerläppchen getäuscht. In denselben Irrthum verfiel später L e u c k a r t 0, indem er die Wimperläppchen besonders an Spaltungsstellen der Canäle verwies. Meissner's Behauptungen wurden übrigens bald darauf wieder als unrichtig dargestellt, wie z. B. von H. Aubert. ^) Van Beneden erwähnt in den allgemeinen Theilen seiner Werke nirgends einer Wimperung, jd, leugnet sie bei einigen Specialbeschreibungen , wie derjenigen von Caryophyllaeus muta- bilis 6) ausdrücklich; nur bei Tetrarhynchus erinaceus ^) sah er im Innern des Körpers „des fouets vibratiles, mais seulment dans les canaux tres greles et qui sont pres de leur origine" ; ferner beschreibt er noch wimpernde Greissei in den Gefässen von Taenia coenurus«) und bei Scoliciden. Böttcher, Stieda, Sommer und Landois, Steudener, Donnadieu, Blumberg, Zograf und Kahane vermochten sämmtlich die Flimmerbewegung nicht aufzufinden. ^) Denkwürdigkeiten d. k. k. Akad. d. Wiss. in Krakau, math. nat. Classe, B. IV, 1878: Zyg. Kahane; „Anatomie von Taenia perfoliata u. s. w." Diese in polnischer Sprache erschienene Abhandlung war mir natürlich bereits während des Abfassens meiner Arbeit in ihren wichtigsten Resultaten bekannt, und zwar durch die mündliche Uebersetzung eines Freundes. Die unter gleichem Titel er- schienene, theilweise veränderte deutsche Ausgabe jedoch (Ztschr. f. wiss. Zool. XXXIV. B., 2. H. 1880) kam mir erst nach Abschluss meines Manusciiptes in die Hände; ich konnte sie aber noch allenthalben berücksichtigen. '0 a. a. 0. S. 204. ^) „Zur Entwicklungs- Geschichte und Anatomie der Bandwürmer" von Dr. G. Meissner, Ztschr. f. w. Z. B. V, S. 388 u. f. ^) „Die menschlichen Parasiten" v. R. Leuckart, 1863, 1. B., S. 172. =) Ztschr. f. w. Z. 8. B. 1857. ^) J. P. van Beneden: „Mem. s. 1. vers intestinaux", Paris 1861, S. 216. ^) Ebendaselbst, S. 129. *) Ebendaselbst, S. 147 u. 257. Von den wimpernden Stellen, die er aus Leitungswegen der Geschlechtstheile beschreibt, sehe ich hier natürlich ganz ab. (174) Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 13 Von den Schriftstellern der jüngsten Zeit hat sie also nur A. Schneider richtig erkannt Ich will von der Darstellung dieses Schriftstellers, die den thatsächlichen Verhältnissen in jeder Hinsicht auf das Genaueste entspricht und trotzdem von allen späteren Untersuchern in eigenthümlicher Weise übergangen wurde, sofort auf meine eigenen Beobachtungen zu sprechen kommen. Schneider sagt in seinen „Untersuchungen über P lathelminten" 1) auf Seite 93: ,;Die feinsten Ausläufer des Wassergefässsy st ems sind mit becherförmigen Anhängen besetzt, in welchen je eine einzelne lange Wimper steht. Man möchte glauben , dass dies offene Aus- mündungen wären, wie sie Leydig von Clep sine complanata und Thiry von den Ammen von Cercaria macrocerca aller- dings in einer ganz anderen Gestalt beschrieben hat. Eine Oeffnung lässt sich aber an unseren Bechern nicht erkennen. Von ihren Enden geht immer ein feiner Faden ab." Verfolgt man nun eines jener zahlreichen äusserst zarten Gefässe, die nahe der Körperoberfläche liegen, so findet man in der That , wie sich dasselbe an seiner Ausgangsstelle flaschenförmig erweitert und einen 0*00812 bis 0-01015 Mm. langen und 0-00406 Mm. breiten 2) Trichter bildet, der durch eine darüber sitzende Geisseizelle vollständig geschlossen wird (Taf. II, Fig. 3 und Fig. 6, tr.). Diese Zelle, die nur am lebenden Thier (weitaus am schönsten bei Phyllobothrium gracile) zu beobachten ist, besitzt ein sehr blasses , ganz homogenes Protoplasma , das nach allen Seiten ebensolche Fortsätze aussendet, die mit ähnlichen aber geissel- losen Zellen in Verbindung treten und der Zelle ein sternförmiges Aussehen geben ; dieses Protoplasma, von keinerlei sichtbarer Mem- bran umgeben, aber doch scharf von seiner Umgebung abgegrenzt, ist bald äusserst reichlich vorhanden und schliesst dann manchmal weniger , stark lichtbrechende Körnchen ein , die aber in den erwähnten geissellosen Zellen stets noch weit zahlreicher und grösser ') XIV. B. d. Ztschr. d. oberhess. Ges. f. Nat. u. Heilkunde. -) Die obigen Messungen wurden mit Hart n ack's Oc. II, Obj. 8 aasg. Tub. aus geführt. Auch bei stärkerer Vergrösserung nahm ich Messungen vor, besitze jedoch im Augenblicke keine Umwandlungstabelle und kann dieselben daher nur in Linien des Ocularmikrometers ausdrücken; ich fand mit Hart. Oc. II, Obj. XV. imm. ansg. T. bei Tetrarhynchus longicollis auf Schnitten: Länge der ganzen Flimmer- kapsel 10 Linien, Breite des oberen Geisselendes P/o — 2 Linien, des ganzen Trichters 3 Linien; Diirchmesser des Kerns SVs— 5 Lin.; ferner bei Phyllobothrium gracile am lebenden Thiere mit Oc. II, Obj. X imm. aufgz. T. : Breite des von seiner Flach- seite betrachteten Läppchens 2 V4 Lin., Länge 7 Lin , Dtfrchmesser des Kerns 2 Linien. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. III, Hefts. 12 (i75) 14 Theodor Pintn er: auftreten (Taf. II, Fig. 3, e), bald ist es nur äusserst spärlicli um den mittelständigen Kern gelagert und fast nur durch seine plasmatischen Fortsätze sichtbar gemacht. Der ziemlich grosse, kugelige oder halb- kugelige Kern ist deutlich contourirt und meist mit mehreren sehr kleinen oder auch mit einem oder zwei grösseren Kernkörperchen versehen. Der obere Rand des Trichters, der wie die von ihm abgehen- den Wassergefässcapillaren aus einer glashellen, sehr scharf sich abgrenzenden Haut besteht , ist bei Tänien und Tetrarhynchen ziemlich bedeutend verdickt (Taf. II, Fig. 4) , dagegen bei Phyllo- bothrien, Triaenophorus (Taf. II, Fig. 3 u. 5) u. A. kaum merklich stärker. Er trägt den unteren Rand der Zelle, der einmal den Innenraum des Trichters vollständig gegen die Umgebung abschliesst, und dann einen langen, nach einer Richtang etwas abgeplatteten Wimperlappen bis an den G-rund des Trichters entsendet. Dieser Lappen bewegt sich ununterbrochen und ziemlich ruhig in von der Basis zur Spitze fortschreitender gleichmässiger Wellenbewegung. Schon Meissner^) beschrieb diese Erscheinung treffend: „Die Gestalt eines solchen flimmernden Läppchens gleicht bald einer in Wellenbewegung begriffenen Schnur, bald einem von der Fläche ge- sehenen schwingenden Tuche, und vielleicht rührt dieser Unterschied wirklich nur davon her, ob man das Läppchen mehr im Profil oder mehr von der Fläche sieht." Die bereits erwähnte einseitige Ab- plattung bestätigt die Richtigkeit dieser Annahme. Dagegen irrt Meissner, w enn er die Wellenbewegung nicht für continuirlich hält. Wenn Wagener 2) über die Bewegung des Flimmerlappens sagt, dieselbe sei „zweierlei Art in einem Moment : 1. eine schlän- gelnde Bewegung von der Basis nach der Spitze ; 2. eine Biegung der ganzen Cilie nach der einen Seite", so gibt, dem Gesagten nicht völlig entsprechend, eine bisweilen bei den grossen Flimmer- lappen von Phyllobothrium gracile vorkommende Verletzung Auf- schluss über die eigentliche Art der Bewegung, Reisst nämlich unter dem Druck des Deckgläschens und einer entgegengesetzten Contraction des frischen, lebenden Thieres ein Trichter unmittelbar unter der Basis des Läppchens ab (Taf. II, Fig. 3, b), ohne dass die bewegende Kraft, die doch offenbar in dem Läppchen selbst liegen muss, hiedurch aufgehoben oder nur im Mindesten geändert würde , so sieht man dieses letztere , wie ein steifes Plättchen, ohne jede Schlängelung, heftige, aber regelmässige Schwingungen 0 Vergl. Anm. 3, S. 12. ■^) Vergl. Anm. 4, S. U*. (176) Untersnchiingen über den Bau des Bandwiirmkörpers. 15 nach Art eines Pendels vollführen ; die engen Wände des Trichters aber gestatten dem Flimmerlappen keine pendelartigen Excursionen, sondern derselbe wird beim Anschlagen an die Wände wellen- förmig gebrochen, ähnlich wie ein hin und her schwingendes Band sich sogleich wellig schlängelt , sobald man durch Festhalten des freien Endes pendelartige Seitenbewegungen hindert. D i e W e 1 1 e n- bewegung ist also nur der durch die Trichter w an de bedingte Aus druck der Pendelbewegung, besteht aber nicht selbstständig und gleichzeitig neben dieser. Ein von ihrem Aussehen am lebenden Thiere ziemlich ab- weichendes Bild geben diese Flimmertrichter auf Schnitten gehär- teter Exemplare. Bei allen von mir angewandten Härtungs- und Färbungsmethoden bleibt nämlich das auch im Leben so ungemein helle Plasma der flimmernden Sternzelle gänzlich ungefärbt und fast vollkommen unsichtbar, während hinwiederum der Kern, der an frischen Thieren oft nur mit Mühe zu finden ist, bei Carmin- tinction durch lebhafte rothe Färbung hervortritt (Taf. II, Fig. 4, a, c). Am besten ist aber meist der Trichter zu sehen, der, sammt der Geissei durch Osmiumsäure braun gefärbt, zu einer innen mit einem spitzen Stäbchen versehenen Kapsel umgewandelt erscheint. An Schnitten von gut gehärteten (Osmium-Carmin -Nelkenöl) Tetra- rhynchusköpfen z. B. sieht man nämlich bei den stärksten Ver- grösserungen (Hart. Oc. IV Obj. X od. XV imm.) das obere breiteste Ende des Läppchens etwa nach Art eines Stecknadelkopfes auf- getrieben und dunkler tingirt als den übrigen Theil (Taf. II, Fig, 4 ) ; von einer unterhalb dieser Anschwellung gelegenen Einschnürung zieht sich ein äusserst zartes Häutchen, die offenbar etwas diffe- renzirte Grenzschichte der darüber sitzenden, nicht tingirten Zelle, zum verdickten oberen Trichterrande und schliesst so dessen Höh- lung vollständig ab. Die ganze Kapsel, die in einen feinen Faden, die zusammengefallenen Wände des abführenden Wassergefässchens darstellend, ausläuft, erscheint von einem schmalen hellen Hofe umgeben (Taf. II, Fig. 4, c), da sie sich mit ihrem flüssigen Inhalte jedenfalls mehr zusammenzieht als die Umgebung. Erinnern nun schon im Leben diese Flimmertrichter ungemein an Organe, die in jüngster Zeit unter anderem Namen beschrieben worden sind , so lässt deren Aussehen an Schnitten gehärteter Exemplare vollends keinen Zweifel übrig, dass die Nervenend- apparate Schieff erdecker 's ^) nichts anderes sind, als die ') „Beiträge zur Kenntniss des feineren Baues der Tänien." Von Dr. P. Schiefferdecker, Jenaische Ztscbr. f. Ntrw., VIII. B., 1874, S. 47.6. 12* (177) 16 Theodor Pintner: vorliegenden Anfangstheile des Wassergefässsystems. Während man nämlich bei sehr sorgfältigem Wechsel in der Einstellung des Tubus den kreisrunden verdickten Trichterrand ganz deutlich erkennen kann, bildet derselbe, in einer einzigen Ebene des optischen Durchschnitts betrachtet , jene eigenthümlichen Figuren , die wie zwei einander an der Trichterwand gegenüberliegende Kerne zu beiden Seiten des Elimmerläppchens aussehen (besonders bei nicht allzustarken Vergrösserungen _, wie z, ß. auf Taf. IV in Fig. 1, 2, 3, 7 u. s. f.). Diese Bilder nun sind es, die Schiefferdecker in Fig. V, X und XI seiner Arbeit darstellt, als „Endapparate sensibler Nerven" deutet und sogar in Bezug auf die Art ihrer physiologischen Function bis ins Kleinste und Genaueste erklärt! Abgesehen von diesen geschlossenen Flimmertrichtern, mit denen die feinsten Capillaren des Wassergefässsystems ihren Anfang nehmen, kommt im gesammten Wassergefässsystem der Bandwürmer Flimmerung nirgends vor. In ihr em Verlauf e zeigen weder die Capillaren, noch die grossen Längsge fasse Wim- pern, und es wurde bereits betont, dass Wagen er, Meissner und Leuckart durch über oder unter den Gefässen liegende Flimmerlappen sich täuschen Hessen. Wenn man diese hauptsäch- lich an den Einmündungssteilen der kleinen in die grossen Canäle gesehen haben wollte, so mag sich dieser Umstand daher schreiben, dass man vielleicht die Capillaren verkehrt, gegen ihren Anfangs- theil hin verfolgte und die becherartige Erweiterung für ihre Ein- mündung in ein grösseres Gefäss nahm. Wenn W a g e n e r ferner i) von den Flimmerläppchen sagt: „Hören diese auf, sich flackernd zu bewegen, so erscheinen sie wie sehr lange, mit feinen Fäden untereinander verbundene Stacheln" ; so bezieht sich dies wahr- scheinlich darauf, dass die Capillaren eben nach dem Tode und bei allen Präparationsmethoden ihre Wände vollständig zusammen- fallen lassen und so das Aussehen feiner Fäden gewinnen. lieber die Verbreitung dieser Flimmer trichter findet sich nur eine einzige Angabe , bei Schiefferdecker 2) näm- lich, der von seinen „Endapparaten" behauptet, dass sie am dich- testen zwischen den grossen „Transversalmuskeln" des mensch- lichen Bandwurmes liegen. Die becherförmigen Organe sind im ganzen Bandwurmkörper verbreitet, im Kopfe ebenso wie in den Theilen der Strobila und •) Wagener: „Die Entwickelung der Cestoden.« Nov. A. XXIV. Supple- ment 1854, S. 14 ff. ^) a. a. 0. (178) Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 17 Proglottis ; am dichtesten lagern sie jedoch in einer Zone unmittelbar unter der äussersten, gewöhnlich als Epithel bezeichneten Zell- schicht, indem nämlich hier die denselben zugehörigen Zellen abwechselnd mit den oben erwähnten geissellosen Sternzellen ein Netz bilden und mit diesem sich zwischen dem Epithel und den tiefer liegenden Geweben um den ganzen Körper schlauchförmig herumziehen; allenthalben dringen jedoch einige wenige Flimmer- trichter auch in die nach innen liegenden Körpergewebe ein, ins- besondere die Fibrillen der grösseren Muskelbündel begleitend. Am lebenden Thiere kommen sie am zahlreichsten im Kopf- theile und am hinteren Proglottidenende , rings um die Ausmün- dungen der grossen Wassergefässstämme, zur Erscheinung; mag dies nun auch theilweise auf den Umstand zurückzuführen sein, dass im Halstheile die Muskeln, in der Proglottis die Geschlechts- organe durch ihre Dicke die Trichter verdecken , so zeigen doch Schnitte, dass dieselben an den genannten Stellen dichter lagern als im übrigen Körper. Nachdem ich die Wimperorgane zuerst im Kopfe des lebenden Phyllobothrium gracile aufgefunden, wo sie auch wirklich grösser ausgebildet scheinen und besser zu beobachten sind, als bei allen übrigen mir untergekommenen Arten, gelang es mir bald, sie bei sämmtlichen untersuchten Vertretern der beiden Tetrabothrien- gruppen, ferner bei Tetrarhynchus longicollis, bei Triaenophorus und Caryophyllaeus im Leben, bei Täniaden und Bothriocephaliden auf Schnitten darzustellen. M. Schnitze schon sagt ^) , dass er sie bei allen Cestoden, bei denen er darnach suchte, fand. So werden denn Ligula und die den Uebergang zu den Trematoden darstellenden Bandwürmer (Amphilina und Amphiptyches) wohl umsoweniger eine Ausnahme machen, als ja auch die Saugwürmer mit ganz ähnlichen Apparaten ausgestattet sind, was Bütschli in neuester Zeit nachzuweisen gelungen ist. 2) Da ferner G. R. W a g e n e r die Flimmerlappen schon „in kleinen hellen Räumen des wachsenden Embryos , den künftigen Gefässen" 3) entdeckte, Lebert*) und Virchow^) sie für ') Vergl. Anm. 3, S. 11. -) Zool. Anzeiger v. V. Carus vom 17. Nov. 1879. II, 42. 0. Bütschli: „Bemerkungen über den excretorischen Gefässapparat der Trematoden." Seite 588. ^) „Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Eingeweidewürmer." Von Dr. G. R. Wagener in den „Natuurkundige Verhandelingen van de Hollandische Maatschappij der Wetenschappen zu Haarlem" 1857, S. 7. ') Müll er 's Archiv 1845, S. 218. ') Verb. d. phys. med. Ges. z. Wnrzbarg I, S. 212. (179) 18 Theodor Pintuer: Ecchinococcus erwähnen und ich die Trichter bei noch sehr jungen Köpfen der Taenia solium aus Muskelfinnen des Schweines fand, so kann man ganz allgemein sagen: Die geschlossenen "Wimper tr ich ter, die den grossen Längsstämmen des Wassergefässsystems die auszuscheidenden Stoffe zuführen, finden sich bei allen Bandwürmern in allen, selbst sehr jugend- lichen Stufen derEntwickelungund in allen Körper- theilen, im Kopfe ebensogut, wie in der Strobila und Proglottis. Wendet man sich den canalartigen Theilen des ex- cretorischen Systems zu, so muss man, um hier in's Klare zu kommen, scharf unterscheiden einerseits zwischen den alier- feinsten Capillaren, die mit den Flimmerbechern beginnen, und andererseits zwischen denjenigen feineren Canälchen, die niehts sind, als durch Inselbildung veranlasste Abspaltungen von den grossen , den ganzen Bandwurmkörper seiner Länge nach durch- ziehenden Hauptstämmen des Wassergefässsystems oder Anasto- mosen zwischen diesen letzteren. Alle Unklarheit und Verwirrung in der theil weise sogar ganz unrichtigen Auifassung des excretorischen Apparates ist lediglich auf die bisher übliche Verwechslung und Vermischung dieser seiner Theile zurückzuführen, die histologisch und physiologisch ganz von einander verschieden sind. "Was den erstgenannten Theil betrifft, so muss man sich stets vor Augen halten , dass derselbe nie und auf keine Weise aus „Verzweigungen" der Hauptstämme hervorgeht; man darf sich durchaus nicht vorstellen, dass sich die Längsstämme in immer feiner werdende „Aeste" spalten und so endlich die Capillaren liefern, oder dass an irgend einer Stelle im Bandwurmkörper die Summe der vorhandenen Capillaren einen hier aufgelösten Hauptstamm verträte. Die capillaren Anfänge des Wassergefässsystems sind ungemein feine, aber, einmal aufgefunden , deutlich sichtbare Ge- fässchen mit sehr hellem Lumen und dunklen, sehr scharf hervor- tretenden , unmessbar dünnen Gefässwänden . an denen man auch bei den stärksten Vergrösserungen keine „doppelte Contour" zu unterscheiden vermag. Wenn auch mehrere derselben sich ver einigen , behält das gemeinsame Rohr doch dieselbe sehr geringe Breite, die weit hinter den Dimensionen auch der feinsten Abspal- tungen der Längsstämme zurückbleibt. Die wichtigsten Charaktere der Capillaren werden jedoch (180> Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 19 (hirch den gänzlichen Mangel jedes äusseren Endothelbelags geliefert, und durch den Umstand, dass dieselben in der mehr oder minder flüssigen Zwischenzellsubstanz frei flottiren, wie ein an zwei Punkten, dem Trichter und der Einmündungssteile in den Längs- stamm, lixirter Faden. Demnach müssen wir das capillare Gefäss als einen Theil der flimmernden Sternzelle , als eine Fortsetzung ihres Trichters betrachten ; jede solche Capillare nimmt von einer Flimmerzelle ihren Ursprung und verhält sich zu derselben genau, wie der Ausführungsgang einer einzelligen Drüse, eine Auff'assung, der der Fiimmerlappen wohl ebensowenig hinderlich im Wege stehen dürfte, als die beträchtliche Länge der Gefässcben. Diese verlaufen nämlich vom Trichter zu ihrer Mündung keineswegs crerade, sondern biegen und krümmen sich auf die mannigfaltigste Weise , schlingen sich um sich selbst und um andere Gefässe knäuelförmig herum, bilden gegen ihren Endtheil zu kleine Inseln, Anastomosen, ja sogar wundernetzartige Stellen, aus denen bis- weilen blindsackartige Zipfel hervorragen, und stellen so die eigen- thümlichen Figuren dar, die ich auf Taf. II, Fig. 2 und Fig. 6, c wiederzugeben versuchte. Sie verlaufen bald einzeln vom Trichter bis zur Mündung, bald nehmen sie ein oder zwei von weit her- kommende Canälchen auf, ohne deshalb im Mindesten an Dicke zuzunehmen ^) , während in anderen Fällen das Lumen um ein Geringes wächst. Manchmal (bei Phyllobothrium gracile z. B.) siebt man an eine Capillare eine zweite, dritte und noch mehrere sich anlegen und dann, alle eng aneinander gekittet, wie ein fein längsgestreiftes Band verlaufen i Taf. II, Fig. 6, c). Die Einmün- dung geschieht meist dadurch, dass ein einzelnes Canälchen oder ein mehrere derselben in sich vereinigendes Sammelröhrchen die Wand des Längsgefässes einfach durchbricht, ohne sich bei der Einmündung nar um das Geringste zu erweitern. Bei Taenia solium beobachtete ich jedoch oft ganz kurz vor der Einmündung Flussdelta- ähnliche Theilungen oder geringe Erweiterungen. Aus dem Gesagten wie auch aus den beiden Abbildungen Taf. II, von denen Fig. 2 zu Caryophyllaeus mutabilis, Fig. 6 zu Phyllobothrium gracile gehöit, geht hervor, dass sich der Verlauf dieser capillaren Ausführungs- gänge der Flimmertrichter für manche Arten typisch gestalten dürfte. ') Schie ff erdecke r sagt a. a. 0. von seinen „Nervenendapparaten": .,Die Körperclien liegen meist zu zweien oder dreien beisammen, und oft scheinen daun die feinen Fasern, eine kleine Strecke von ihrer Endigung entfernt, sich zu einer anderen Faser zu vereinigen , ohne dass dieselbe deshalb dicker erschiene." Dies als weitere Bestätigung der Identität. (181) 20 Theodor Pintner.- Es braucht mm wohl nicht mehr betont zu werden, dass e s Capillaren, die nicht mit Flimmertrichtern beginnen, nicht gibt. Die Ausführungsgänge sind aber wie die Trichter selbst bis zur Mündung vollkommen ge- schlossen und stehen also weder mit Lacuneu des Gewebes, noch mit der Aussen weit in Verbindung. Was die Beschreibungen der Beobachter anbelangt, so ist nur bei denen von Siebold, Meissner, Wagener und Leuckart mit Sicherheit anzunehmen , dass sie diesen Theil des Wassergefässsystems gesehen, wenn sie auch die Capillaren mit ihren Flimmertrichtern stets als „Verzweigungen" der Längs- stämme auffassen und sie nicht in diese münden, sondern aus den- selben entspringen lassen. So sagt Meissner 1), es sei „der ganze Leib des Bandwurms von einem sehr zarten, vielfach verästelten Capillargefässsystem durchsetzt, welches aus dem bekannten System der grösseren Gre- fässe entspringt . . , Meist entspringen diese (Capillaren) unter nahezu rechtem Winkel aus den Stämmen und verästeln sich dann vielfach, wobei sie auch Anastomosen zu bilden scheinen; ihr Durchmesser ist überall sehr gering, 0 001—00014 Mm. etwa, und allmälige Uebergänge im Durchmesser zu den Stämmen habe ich nicht gesehen." Wenn W a g e n e r an einer Stelle 2) sagt , es sei von den grossen Gefässen „ein sehr feines Gefässnetz, das nur zuweilen sichtbare Wandungen zeigt , wohl zu unterscheiden" , so hat er hier keineswegs unsere Capillaren vor Augen, sondern die bei Tetrarhynchen, wie wir sehen werden, vorkommenden netzartigen Spaltungen der Hauptgefässe. Wenn er jedoch an einer anderen Stelle 3) bei Täniaden „an den kleinsten, besonders durch Wimpern ausgezeichneten Gefässen besondere Wandungen" sieht, so bezieht sich dies gewiss auf das Flimmertrichtersystem, während das unmittelbar darauf für Bothriocephaliden erwähnte, „dicht unter der Haut liegende" , fälschlich als „wandungslos" bezeichnete Gefässsystem wiederum Theile der Hauptstämme darstellt. Van B e n e d e n, der in die Literatur die irrthümliche Vor- stellung einführte , als setzten sich die Längsstämme, gleichwie der Strom aus seinen Quellflüssen, aus feinen, in Gewebslücken beginnenden Gefässchen zusammen *) , hat die Trichtercapillaren ') Vergl. Anm. 3, S. 12. ') Vergl. Anm. 4, S 11. ^) Vergl. Anm. 1, S. 16. *) „Memoire sur les vers intestinaux", S. 229 nnd 2'>7. (1821 Untersuchungen über den Bau des Bandwarmkörpers. 21 kaum je gesehen, und was in seinen Beschreibungen diesen oft zu entsprechen scheint, bezieht sich stets aufTheile der Hauptstämme. Am treffendsten von allen Schriftstellern beschreibt diesen Theil des Wassergefässsystems R. Leuckart in seinem all- bekannten Parasitenwerke i) : „Untersucht man mit stärkeren Ver- grösserungen , so sieht man, wie an verschiedenen Stellen aus diesen (^Haupt-) Stämmen dünnere Canäle ihren Ursprung nehmen, die sich nach kurzem Verlaufe baumartig in der Rindenschicht verästeln, auch häufig miteinander, fast netzförmig, communiciren und den gesammten Körper überspinnen. Man sieht sie nicht selten hier der Beobachtung sich entziehen, dort wieder auftauchen, hier varicös sich erweitern, auch wohl gar absacken, dort in einem äusserst dünnen Ausläufer sich fortsetzen." Schneider's Angaben wurden bereits besprochen. B 1 u m- berg's grobe Irrthümer 2) hat bereits K a h a n e ^) zurückgewiesen. Bei der nun folgenden Besprechung der Hauptstämme des "Wassergefässsystems werde ich zunächst den histo- logischen Charakter derselben darlegen. Im Gegensatze zu allen bisherigen Darstellungen muss ich betonen, dass die Hauptstämme des Wassergefäss- systems ein wohlausgebildetes Epithel besitzen, das zweifelsohne als Matrix ihrer glashellen, homo- genen Membran aufzufassen ist. Während von dem Epithel am lebenden Thiere gewöhnlich nichts zu sehen ist, tritt dasselbe an gut gehärteten und tingirten Thieren deutlich zu Tage. Sieht man schon an ganzen, besonders an gut aufge- hellten Exemplaren geringer Dicke den optischen Längsschnitt der Wassergefässstämme an beiden Seiten von Zellen begleitet, die, dicht aneinander liegend, sich eben hiedurch deutlich von dem angrenzenden Parenchym abheben , so beweisen Längs- und Quer- schnitte vollkommen , dass man es mit einem Epithel von fein- körnigen, ziemlich grossen, aber sehr platten Zellen zu thun hat, die sich in ihrem Aussehen von den Parenchymzellen wenig unter- scheiden. Kann man auch die Zellgrenzen, die, wie ich für vollkommen sicher halte, bei geschickter Silbernitratbehandlung hervortreten würden, mit gewöhnlicher Carminfärbung nicht nachweisen, so sieht man doch, besonders an Längsschnitten , die die äussere ') I. Seite 171. -) „Ein Beitrag zur Anatomie der Taenia plicata etc." von Mag. C. Blum- berg im Archiv f. wissensch. u. prakt. Thierheilkunde 1877, Seite 40. 3) Ztschr. f. wiss. Zool., XXXIV, S. 206. (18.3) 22 Theodor Pintner: Gefässoberfläclie getroffen (Taf. II, Fig. 12), diese von einer gleich- massigen ununterbrochenen Schicht körnigen Protoplasmas bedeckt, in das in ziemlich gleichmässigen Abständen kleine, linsenförmige, mit einem Kernkörperchen versehene Kerne eingelagert sind. An Quer- und besonders solchen Längsschnitten, die den Canal mitten durchschneiden (Taf. V, Fig. 1, 1) sieht man die Plasmaschicht in gleicher Höhe den Wänden entlang laufen und von derselben Fortsätze, meist oberhalb der Kerne ausgehend, mit dem Körper- parenchym in Verbindung treten. Sehr häufig sind kleinere und grössere, oft in der Zahl von 3 — 6 bei einander liegende gelbe, ziemlich stark lichtbrechende Kugeln in dieser Protoplasmadecke eingebettet, die keine Carmin- und Hämatoxylinfärbung annehmen und weder durch absoluten Alkohol, noch durch Nelkenöl aufgelöst werden (Taf. V, Fig. I, k). Die Gefässwände, deren Dicke mit der Körpercontraction und der Ausdehnung durch den Flüssigkeitsdruck sehr wechselt, aber immer eine ziemlich beträchtliche bleibt, sind im Leben durch- geh ends deutlich doppelt contourirt, haben also vielleicht sogar eine difPerenzirte Grenzschicht ; sonst scheinen sie structurlos. Diese zwei Merkmale: Der Epithelbelag und die doppeltcontourirten Wandungen unterscheiden die Längsstämme scharf von den Ausführungsgängen der Trichter; alle Wassergef ässcanäle, die ein Aussen- epithel und doppelt conto urirteWandungen besitzen, gehören dem System der längsverlaufenden Hauptstämme mit ihren Spaltungen und Anastom osenbildungen zu. Um über den Typus ins Klare zu kommen, den die Wasser- gefässe in ihrem Verlaufe einhalten, muss man zunächst ihr Ver- halten im Kopftheile betrachten und dann die Art ihrer Aus- mündung bei jugendlichen Formen, die sich noch im Besitze ihrer letzten Proglottis befinden. Ich will von den Phyllacanthinen, welche uns im Kopftheile die einfachsten Verhältnisse darbieten, ausgehen. Bei Acanthobothrium coronatum (Taf. I, Fig. 1 u. Fig. 2), bei dessen kleiner, in der Einleitung erwähnter Spielart aus Tor- pedo marmorata (Taf. I, Fig. 3) und bei Calliobothrium verti- cillatum (Taf I, Fig. 6), also bei allen beobachteten Phyllacan- thinen verhalten sich die Längsstämme im Kopfe vollkommen gleich : auf jeder Seite der senkrecht zur Richtung der Körperabplattung gedachten Medianebene liegt je eine Gefässschlinge, die den einen ihrer Aeste mehr auf der dorsalen Seite den Hals entlang sendet, (184) Untersuchungen über den Bau des Bandwarmkörpers. 23 den anderen mehr auf der ventralen Seite, die übrigens hier mit der vorigen morphologisch gleichwerthig erscheint, da der voll- kommen zweistrahlig radiäre Bau des Kopf- nnd Halstheiles bei den Bandwürmern fast durchgehends ungestört bleibt. Die Gefäss- schlingen und deren Aeste , das auf jeder Körperseite gelegene Paar der Wassergefässlängsstämme darstellend , liegen bei den Phyllacanthinen nur in dem zwischen den Haftscheiben befindlichen Mittelstücke des Kopfes und reichen mit ihren obersten Enden bis unmittelbar unter den Stirnrand. Die einzige Complication dieser ungemein einfachen Verhält- nisse wird durch die allen Längsgefässen der Bandwürmer besonder -i im Kopftheile eigenthümliche Neigung zur Inselbildung hervor- gerufen. Es theilt sich nämlich fast bei allen Individuen , aber keineswegs an bestimmter Stelle , oft nur auf einer Körperseite ein Längsgefäss plötzlich in zwei Arme , die nur selten beträcht- lich dünner sind, wie ihr Muttergefäss, und sich sofort wieder ver- einigen; so entstehen kleine Inseln, wie sie auf Taf. I, Fig. l u. 2 i abgebildet sind. Ganz auf dieselbe Weise finden wir die Wassergefässe im Kopftheile der Phy llobo thri en gebaut; ihr Verlauf erscheint hier nur durch den Umstand complicirter , dass die 4 Aeste der beiden Gefässschlingen aus dem Mittelstück des Kopfes auch in die vier gestielten Haftscheiben eintreten. Verfolgt man bei P hy Hob ot h rium gracile (Taf. I, Fig. 7) das auf der ventralen Seite der einen Körperhälfte im Halstheil aufsteigende Längsgefäss (aj), so sieht man, wie dasselbe zunächst in die mittlere Kopfregion eintritt (a-j), umwendet, oberflächlich in die eine Haftscheibe eintritt (ag), dessen Haftfläche (Hfl) um- zieht, auf der anderen Seite der Haftfläche wieder in die Mitte des Kopfes zurücktritt, in die Haftscheibe derselben Körperseite emporsteigt (a4), um nach vollkommen gleichem Verlaufe nach der- selben Halshälfte zurückzukehren (a^) , aus der es hergekommen. Man hat also auch hier trotz des vielfach gewundenen Verlaufes der Längsgefässstämme in jeder Kopfhälfte eine einfache Gefäss- schlinge mit je 2 Aesten vor sich. Inselbildungen treten ganz wie bei den besprochenen Arten auf (Fig. 7 i). Bei Anthobothrium musteli entspricht der Verlauf der Wassergefässstämme auf das Genaueste dem eben beschriebenen (Taf. I, Fig. 4). Doch tritt hier bereits ein weiterer Umstand complicirend hinzu, nämlich die Neigung der Wasser gefäss- stämme zur Anastomosenbildung. a85) 24 Theodor Pintner: Im unteren Kopf- und dem obersten Halstlieile treten nämlich schmale Queranastomosen in un regelmässiger Anzahl auf; jedoch immer so, dass sie entweder die beiden dorsal gelegenen Längs- gefässe oder die beiden ventral gelegenen untereinander verbinden (Taf. I, Fig. 4). Ferner liegen die Qaeranastomosen einer Körper- fläche immer paarweise einander genähert. Wendet man sich von den Tetrabothrien zu den Tetra- rhynchen, so findet man bei Tetrarhynchus longicollis in Folge des Umstandes, dass die Schlingenäste nicht in die Haft- scheiben eintreten, wieder sehr einfache Verhältnisse: in jeder Körperhälfte die einfache, bisweilen inselbildende (Taf. II, Fig. 7 i) Gefässschlinge, deren vorderstes Ende mit dem der anderseitigen Schlinge durch eine einfache Stirnanastomose (Taf. IT, Fig. 7, a) verbunden ist. Wenige von mir aufgefundene Exemplare einer kleinen Tetra- rhynchenart aus Mustelus laevis, die leider zur Bestimmung ebenso ungenügend waren, wie zum Vollenden der Abbildung ihres Wasser- gefässsystems im Kopftheile (Taf. III, Fig. 1), zeigten jedoch, dass diese einfache Gestaltung bei Tetrarhynchus longicollis durchaus nicht als Typus für die ganze Gattung und Familie angesehen werden dürfe , ja dass im Gegentheile hier die complicirtesten Formen zu finden seien. Es tritt uns hier nämlich ein durch Insel- und Anastomosen- bildung hervorgerufenes Maschen werk in der Haftscheibe sowohl, wie in der Mitte des Kopfes selbst entgegen, aus dem aber wie bei allen anderen Arten auf jeder Körperseite zwei einfache Längs- stämme (Taf. in, Fig. 1, a u. b) ihren- Ursprung nehmen. Es kommt hier zunächst nur darauf an, ausdrücklich hervorzuheben, dass selbst in diesem beim ersten Anblick geradezu verwirrenden La- byrinthe von Wassergefässästen sich nirgends Zweige finden , die sich absackten, im Körperparenchym verschwänden, oder sich immer feiner zertheilend, schliesslich in die Trichtercapillaren sich auf- lösten. Die Arme spalten sich zur Inselbildung, oft spalten sich diese Abzweigungen nochmals, sie senden nach allen Richtungen Anastomosen aus, aber stets kehren sie wieder zu einander zurück und stellen so ein vollkommen geschlossenes Netz dar. Bei Taenia solium fand ich die Richtigkeit der bisherigen Beobachtungen bestätigt : zwei Arme auf jeder Körperseite theilen sich an den Saugnäpfen derart in je zwei neue Arme, dass deren acht in einen das Rostellum umziehenden Gefässring ein- münden, (186) Untersuchangen über den Bau des Bandwurmkörpers. 25 Einen scheinbar ganz verschiedenen Charakter besitzt das Gefässsystem von Triaenophorus nodiilosus. Hier ver- laufen auf einer Flachseite des Körpers ungefähr zehn oft stark geschlängelte Gefässe in der Weise, dass je eines an den Körper- rändern (Taf. III , Fig. 2, r) , mehr gegen die Mitte zu drei eng aneinander liegende (s) und in der Mitte selbst zwei gleichfalls einander genäherte (m) sich hinziehen. Die Rand- und Mittel- gefässe (r und m) zeigen die stärkste Neigung zur Inselbildung (z, ß. bei i), ja eines oder das andere der Mittelgefässe spaltet sich oft auf lange Strecken in zwei Arme (wie bis zum Punkte z) , so dass dann drei Wassergefässe nebeneinander zu laufen scheinen. Von den drei eng aneinander laufenden Seitengefässen (s) ist das der Körperoberfläche sich am meisten nähernde nicht nur dicker als seine Nachbarn, sondern meist auch dicker als alle übrigen Ge- fässe. Zwischen diesem Gefässe und den beiden Randgefässen, dann zwischen den zwei oder drei in der Mitte liegenden, viel seltener zwischen den drei Seitengefässen untereinander oder einem derselben und einem Mittelgetässe, verlaufen zahlreiche Quer- anastomosen gewöhnlich mit ziemlich engem Lumen (c), die gleich- falls Inseln bilden oder einander secundäre Anastomosen (c") zu- senden können. Im Kopf, wo sich oft mehrere Gefässe vereinigen, so dass ihre Anzahl hier kleiner ist, geht ein jeder Stamm durch einfaches Umbiegen von der ventralen zur dorsalen Körperseite hinüber und bildet so eine einfache Schlinge wie bei allen bereits besprochenen Arten. Auch hier ist von blinden Endigungen , „feineren Verzwei- gungen" , Communicationen mit den Gewebslücken u. dgl. keine Spur aufzufinden, wohl aber von einer höchst sonderbaren Eigen- thümlichkeit, die ich trotz aufmerksamsten Beobachtens sonst bei keinem einzigen Bandwurme wieder antraf. DasWassergefässsystem von Triaenophorus no- dulosus zeigt nämlich im Kopf- und Halstheile zahl- reiche, durch kurze, sich oft deltaartig theilende Quer canäle vermittelte Oeffnun gen nach aussen (au). Diese Quercanäle nehmen , wie es scheint , nur von den am Rande gelegenen Stämmen ihren Ursprung, treten unter Beibehaltung der histologischen Beschaffenheit der Hauptcanäle bis au die Cuti- cula, theilen sich bisweilen oder bilden Inseln und durchbrechen endlich die Körperhaut (h) mit einem Porencanälchen, das bedeutend dünner ist, als das Lumen des betreifenden Gefässes. (187) 26 Theodor Pintner: Da ich solche Ausmündiingen trotz mehrfacher Erwäbnungen in der Literatur bei keinem anderen Thiere aufzufinden vermochte so begegnete ich dieser Thatsache mit umso zäherem Zweifel, als sich in den oberflächlichen Gewebsschichten von Tri aenophorus grosse Drüsenzellen mit langem Ausführungsgange befinden , die leicht zu einer Täuschung Anlass geben können. Diese sind nämlich an ihrem unteren in den Geweben versteckten Ende beuteiförmig aufgetrieben (Taf. III , Fig. 3) und besitzen körnigen Inhalt mit Vacuolen. Liegen sie am Rande , so sieht man häufig nur den Ausführungsgang, dessen Lichtbiechungsver- mögen so vollkommen mit dem der Wassergefässe übereinstimmt, dass eine Verwechslung äusserst leicht vorkommen kann. Allein die sorgfältigsten Untersuchungen zeigten wahre Ausmündungen in grosser Zahl und schon ihre Abbildungen (Taf. III, Fig. 2 au) dürften Zweifel über ihre Existenz verscheuchen. Noch complicirter, aber weitaus regelmässiger als bei Triaeno- phorus gestaltet sich das Gefässsystem bei Caryophyllaeus mutabilis. Dasselbe charakterisirt sich hauptsächlich durch eine ziemlich scharf aiisgesprochene Trennung der tiefer liegenden Hauptlängsstämme von einem secundären oberflächlich ge- legenen Gefässnetz. Die Zahl der dickeren Hauptgefässe schwankt zwischen acht und zwölf. Je zwei derselben (l^, U in Fig. 1, Taf. II liegen einander näher als den übrigen Stämmen. Zwischen einem solchen Gefässpaar verlaufen in regelmässigen Abständen den Stämmen selbst an Stärke fast gleichkommende Anastomosen (gc), die oft deltaartig entspringen und münden und sich inselbildend spalten ; zugleich nähern sich an den Mündungs- stellen dieser Queranastomosen die durch dieselben verbundenen zwei Nachbarstämme einander, während sie in der Mitte zwischen zwei solchen Punkten am weitesten von einander abstehen, ja oft winkelig geknickt erscheinen. So stellen zwei Nachbar- gefässe mit ihren Quercommissuren eine einfache Reihe hintereinander liegender ziemlich regelmäs- siger Sechsecke mit wellenförmig geschlängelten Seiten dar. Die Gef ässe eines Paares communiciren mit denen eines anderen nur selten und unregelmässig; sie geben oft feine, längsverlaufende Zweige ab , die wieder zu ihren Hauptstämmen zurückkehren. Der Körperoberfläche näher liegt ein aus regelmässigen Sechs- ecken gebildetes Netz von feinen Canälen (Taf. II, Fig. 1, n), dessen Maschen gleichfalls auf die oben geschilderte Weise zu Stande (188) Unter?noluingen über den Bau des Baiulwurmkörpers. 27 kommen, nur dass liier die längsverlaufenden Gefässchen nicht gepaart liegen und nur zu zweien untereinander communiciren, sondern alle gleich weit von einander abstehen und abwechselnd nach beiden Seiten Anastomosen entsenden. Auch dieses oberflächliche Netz anastomosirt mit den tiefer liegenden Gefässpaaren nicht allzu häufig und nur unregelmässig (so auf der ganzen Fig. 1 gezeichneten Fläche nur einmal bei c'). So fein aber auch die Gefässe des oberflächlichen Netzes im Vergleich zu den Hauptstämmen betrachtet erscheinen, denen sie ihrem histologischen Charakter nach zuzuzählen sind, so sind sie doch noch wahre Riesen gegen die Trichtercapillaren , die sich gleichmässig in die Stämme des Netzes und in die Längsgefässe ergiessen (Taf. II, Fig. 2 1, n und c). Sämmtliche Stämme und Gefässäste gehen im Kopftheile durch einfache Umbiegnngen vorstellende Schlingen in correspon- dirende Gefässe der anderen Körperflachseite über , ganz wie bei dem einfacheren Canalsystem der Tetrabothrien. Wie überall fehlen auch hier Verbindungen mit Lücken des Parenchyms und ebenso die bei Triaenophorus erwähnten Aus- mündungen. Was den Verlauf des Wassergefässsystems in der Strobila und Proglottis anbelangt, so ist festzuhalten, dass das Canal- system hier den Charakter beibehält, den es im Kopfe besessen. Bei den Tetrabothrien und Tetrarhynchen durchlaufen jederseits zwei Canäle die ganze Gliederkette ; ebenso bei den Täniaden ; Triaenophorus und Caryophyllaeus dagegen behalten die compli- cirte ßeschafi^enheit ihres Gefässsystems auch hier bei. Bei allen Thieren, die noch das ursprüngliche Ende ihrer Kette besitzen, sieht man sämmtliche Canäle in einen sackartigen Hohlraum am hintersten Körperende, die „contr actile Seh wanz- blase", den „pulsirenden Schlauch" der Schriftsteller, einmünden. Der vordere Theil dieses Hohlraumes wird durch den Zusammen- tritt der grossen Längsgefässe, der hintere, wie Steudener ganz richtig sagt ^), durch „eine eicheiförmige Vertiefung des hinteren Körperendes" gebildet, die durch der Cuticula anliegende Muscu- latnr vergrössert oder verkleinert werden kann. Ich fand unter den von mir beobachteten Arten die Blase am grössten bei Tetra- rhynchus longicollis , wo ihre Mündung von auffallend langen ') Abliandl. d. Naturf.-Ges. zu Halle, XIII. B. Halle 1877 : „Untersuclmngen über den feineren Bau der Cestoden" von Dr. Fr. Steudener. (189) 28 Theodor Pintner: Haaren, einer mehr als dreimal verlängerten Umbildung des all- gemeinen cuticularen Härcbenbesatzes umgeben war. Untersucht man sehr junge Thiere aus den Familien der Tetrabothrien , Täniaden oder Tetrarhynchen, so findet man, dass die beiden auf einer Körperseite herablaulenden Gefässe vollkommen gleich stark sind; sämmtliche vier Längsgef ässe mün- den bei jungen Thieren mit gleich weitem Lumen in die Schwanzblase ein. Bei älteren Gliederketten bemerkt man dagegen, dass je ein Längsgefäss auf jeder Körper- hälfte im Verhältniss zum anderen sich stetig zu ver- engern, während das andere bis zu einem gewissen Grade an Stärke in derselben Weise zuzunehmen scheint. Zur Erläuterung seien hier einige Messungen angeführt. Bei einem Präparate von Phyllobothrium gracile mit einem unmittelbar unter dem Kopfe abwechselnd 0'3 — 0*3 14 Mm. starken Halstheile fanden sich folgende Breiten der Canallumina vor: im Kopfe schwankend zwischen .... 0*00952 — 0*019 Mm, im Halstheile . . . der breitere 0019, der schmälere 0"0 142 „ bei beginnender Pro- glottidenbildung . . „ „ 0-0238 „ „ 0-0119 „ eine Strecke weiter . „ „ 0-0357 „ „ 0'0095 „ bei bereits deutlich entwickelten Hoden- bläschen . . . . „ „ 0-0427 „ „ 0-0090 „ Bei einem Nelkenölpräparate von Calliobothrium verticillatum massen die Canäle : im Kopfe 0-00952 Mm. in der 10. Proglottis . . 0-0053 47 77 . „ 105. « )j 187. „ . „ 300. „ „ ooO. „ « „ 400. „ „ „ 0.0119 „ der andere war nur mehr mit grosser Mühe als sehr feines Canälchen aufzufinden; in losgelösten Proglottiden war der grössere Canal gleichfalls zu noch geringeren Dimensionen herabgesunken , der kleinere meist ganz verschwunden. (190) . . 0-0091 r> der eine O'Ol 19 n der andere 0*0083 Mm, „ « 0-02 » n )» 0-0109 „ „ „ 0-0285 n J! r> 0*0142 „ „ „ 0-0285 » » n 0*0095 „ „ „ 0-0238 n n » 0-0071 „ Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 29 In den beiden angezogenen Fällen (vgl, Taf. I, Fig. 7 und Fig. 6), sowie bei den zwei Acantbobothrium-Arten (Taf. I, Fig. 1 bis 3) bleiben die vier Canäle im Kopfe und im obersten Hals- theile gleich weit und beginnen erst im weiteren Verlaufe sich zu differenziren. Nicht sobeiAnthobothrium musteli (Taf. I, Fig. 4) und bei Tetrarhynchu s longicoUis (Taf. II, Fig. 7). Hier ergaben Messungen folgende Resultate : Bei Antbobothrium musteli : Breite der Canäle im Kopfe der eine 0-0154, der andere 0-00952 Mm. Breite der Canäle bei schon ziemlich weit vorgeschrittener Pro- glottidenbildung . . „ „ 0-0190, „ „ 0'00714 „ in bereits geschlechts- reifen Gliedern . . „ „ 0'0524, „ « 0-00381 „ Bei Tetrarhynchus longicollis war das eine Gefäss im Kopfe 0-0360, das andere 0*0209 Mm. breit. Alle diese Zahlen zeigen, dass das Volumverhältniss sich im Verlauf der Wassergefässe stetig za Ungunsten des einen Gefässes ändert. Zieht man aber auch noch die Wachsthums- verhältnisse der Proglottis mit in Betracht, so findet man, dass eigentlich alle vierGefässe gegen die Volumszunahme der Glieder weit zurückbleiben; so nimmt denn auch das stärkere Paar der Längsstämme keineswegs immerfort zu, sondern die Verbreiterung hält, wie bei Calliobothrium verticillatum gezeigt wurde, in den bereits geschlechtsreifen Proglottiden plötzlich inne, und macht wieder einer allmäligen Abnahme des Gefässlumens Platz. Schon J. P. van B e n e d e n erkannte diese Thatsache und gab ihr den zutreffendsten Ausdruck, indem er vom Wassergefäss- system sagt^): „C'est vers le milieu de la vie, quand l'animal est dans toute sa vigueur, que cet appareil jouit de la plus grande- activit^. II s'oblitere souvent a l'age adulte." Die zwei engeren Aeste der beiden Längsgetässschlingen sind übrigens durch die ganze Kette hindurch zu verfolgen, nur in den allerreifsten Gliedern, den grössten der abgelösten Proglotti- den, sind sie meist nicht mehr aufzufinden; man hüte sich, hier die Ausführungsgänge der Dotterstöcke für Reste des zweiten,, atrophirenden Canals anzusehen. ^) Mem. sur les vers intestinaux, S. 257. Claus, Arbeiten aus dem Zoologisclien Institute etc. Tom. III, Heft 2. 13 (I9i). 30 Theodor Pintner; Wenn also auch allerdings in den ältesten Entwicke- lungsstufen eine mehr oder weniger weitgehende Rückbildung dieses einen Canals jederseits eintritt, so kann doch von einer schon primären blindsackartigen Endigung desselben im hinteren Körperpole nicht die Rede sein, noch weniger natürlich von einem Einmünden desselben in den weiteren Canal. Der Umstand, dass im Jugendzustande alle vier Längsgefässe in nahezu gleicher Stärke in die Schwanzblase münden, raubt dem allgemeinen Schema, das C. Gegenbaur in seiner vergleichenden Anatomie für die Bandwürmer entwirft ^), seine Berechtigung. Die gegenseitige Lage der Hauptstämme anlangend, sprechen die Schriftsteller oft von „äusseren" und „inneren" Stämmen. Ich fand die Entfernung der beiden Stämme einer Körperhälfte von der Medianlinie nicht nur inconstant, sondern meist ohne ausgespro- chenen Unterschied; dagegen ist ihre Lage gegen die Flachseiten des Körpers, also nach „vorne" oder „hinten", stets genau ausge- prägt. Diejenigen der vier Längsstämme, die die Neigung, ihr Volum zu vergrössern , besitzen und die beiden anderen in geschlechts- reifen Gliedern oft um das 6 — lOfache in der Breite übertreffen, liegen stets derselben Körperflachseite genähert, und zwar derjenigen , welcher der Uterus zunächst liegt , also der von R. Leuckart als weiblich, von S omni er als ventral bezeichneten 2\ während sich die beiden schmäleren jener Seite nähern, anf welcher Vagina und Vas deferens liegen, also der männlichen Leuckart's oder der dorsalen Sommer's. Zu jenen Theilen des Wassergefässsystems, welche der mikro- skopischen Untersuchung fast unüberwindliche Schwierigkeiten entgegensetzen , gehören die Queranastomosen in den geschlechts- reifen Proglottiden. Im Leben höchst undurchsichtig , sind die betreifenden Theile des Körpers an Präparaten meist mit sehr grossblasigem Gewebe angefüllt, das in Verbindung mit den Glieder- einschnürungen und den durch diese hervorgerufenen Hohlräumen in den Geweben Beobachtungsfehler förmlich provocirt. Ich fand bei Tetrarhynchus longicoUis, besonders schön ausgebildet aber bei der erwähnten kleineren Tetrarhynchus- Art, am hinteren Ende jeder Proglottis die beiden breiten Längs- stämme durch je eine Queranastomose verbunden, während die beiden ') Gegenbaur: „Grundriss d. vergl. Anatomie'^ 2. Aufl., Leipzig 1880, S. 185, Fig. fO, C, D u. bes. E. 2) Ztschr. f. wiss. Zeel., XXII, S. 40 n. 41. (192) UiitersiichuDgen über den Bau des Eandwurmkörpers. 31 schmalen Canäle ohne Anastomosenbildung die Glieder einfach durch- laufen (Taf. II, Fig. 8). Eine vollkommene Anastomose fand ich sonst nur mehr am vorderen Gliedrande losgelöster Proglottiden von Anthobothrium musteli, gleichfalls nur zwischen den beiden breiteren Canälen. Bei Ac anthobothrium coronatum sah ich am vorderen Gliedrande von den breiteren Canälen gegen innen einen röhrenförmigen Fortsatz ausgehen, der hie und da fast kugelartig aufgetrieben schien; einen ähnlichen queren, spitz auslaufenden Fort- satz bemerkte ich am hinteren Ende der breiteren Gefässe von Phyllobothrium gracile, ja von diesem schienen wieder ein oder zwei enge querlaufende ßöhrchen eine Ausmündung am hinteren Gliedrande zu vermitteln. In keinem der beiden Fälle gelang es mir jedoch, eine vollständige Queranastomose zu finden, deren Anlage oder Rudiment in den beschriebenen Bildungen enthalten sein mag. Ausserdem fand ich bei dem kleinen T e t r a r h y n c h u s aus Mustelus am hinteren Ende eines hinter dem Kopfe gelegenen gliedartigen Abschnittes, der das Keimlager für die Proglottiden bildet, vor den Gliedern eine breite Queranastomose zwischen den beiden stärkeren Stämmen. Am hinteren Proglottidenrande münden alle, auch diejenigen Gefässe, welche dort durch Quer- anastomosen mit einander verbunden sind, getrennt, d. h. mit vier selbstständigen Mündungen. Die contractile Schwanz- blase in dem ursprünglichen Körperende ist die einzige Stelle, an welcher sich die vier, und bei Bandwürmern mit complicirterem Gefässs^'steme überhaupt alle Längsgefässe zu gemeinsamer Aus- mündung vereinigen, Leuckart's Behauptung von der schritt- weisen Bildung eines Porus excretorius für alle Längsstämme ') wäre demnach, wenn auch nicht ganz zu verwerfen , so doch wenigstens auf Taenia cucumerina zu beschränken. Was Wagen er und Van Beneden als gemeisamen Porus excretorius bezeichnen , ist allein auf das ursprüngliche Ende der noch voll- ständigen Kette zu beziehen. Während des ganzen Verlaufes der Hauptlängsgefässe be- gegnet man nirgends einer dendritischen Verästelung, die endlich zu einer Auflösung in Capillaren führen würde, sondern diese münden, wie oben beschrieben, durchwegs mit ihrem sehr kleinen Volumen in die unendlich viel grösseren Hauptgefässe. Zweigt sich ein Ast von einem der excretorischen Längsstämme ab, so ') Parasiten, I, S. 172 ff. 13* (193) 32 Theodor Pintner geschielit dies entweder , um als Anastomose zu einem anderen Längsstamme überzugehen, oder um nacli kürzerem oder längerem Verlaufe und oft nach abermaligen Spaltungen zu demselben Stamme zurückzukehren. Mit Hohlräumen im Grewebe stehen die Längsstämme ebensowenig in Verbindung , wie die Capillaren der Flimmertrichter, mit der Aussenwelt communiciren sie einmal durch die Schwanzblase, durch die Mündungen am Hinterrande der jeweiligen letzten Proglottis und bei losgelösten Gliedern beson- ders am Hinterrande, während der vordere bisweilen zu vernarben scheint. Nur bei Triaenophorus nodulosus finden sich besondere Ausmündungen im Kopf- und Halstheile, Die grösste Neigung zur Inselbildung zeigen die excre torischen Längsstämme im Kopftheile , doch fand ich auch in der Kette Inseln, so einmal eine , die sich über drei Glieder ausdehnte , so dass diese im Falle der Abtrennung auf einer Seite die regel- mässige Zweizahl, auf der anderen jedoch drei Canäle gehabt hätten. Der Grund der Inselbildung seitens der Längsgefässe ist wohl in der Nothwendigkeit zu suchen, dass an einer Stelle, die sonst von der durch das auszuführende Flüssigkeitsvolum bedingten Canalbreite in Anspruch genommen würde, Gewebselemente beson- ders contractiler Natur, wie Muskeln, aus der Tiefe des Körper- parenchyms zur Haut treten müssen. Die Neigung der ausführenden Längsstämme des Wasser- gefässsystems zur Insel- und Anastomosenbildung ist nun auch zugleich jener Punkt, den man bei einem Versuche, die verschie- denen Formen des Canalverlaufes bei den einzelnen Bandwurmarten auf denselben Grundtypus zurückzuführen , immerfort im Auge behalten muss. (194) Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 33 Zum Ausgangspunkte ist die einfache Gestaltung bei den Piiyllacantliinen zu nehmen, wie sie Fig. 1 des voranstehenden Schemas darstellt: im Kopfe liegt an jeder Körperseite je eine einfache Gefässschlinge mit einem dorsalen und einem ventralen, die ganze Strobila durchlaufenden und in die Schwanzblase mün- denden Aste (vergl. auch Taf. II, Fig. l, 2, 3 und 6). Bei Phyllobothrium gracile sieht man diese Schlinge jederseits aus dem mittleren ungetheilten Kopfstücke in die Haft- scheiben übertreten (Fig. 2 der Textabbildungen), indem sie deren Haftfläche einfach umläuft (Taf. I, Fig. 7). Ganz denselben Fall finden wir bei Anthobo thriu m mu stell (Fig. 3), wo zum ersten Slcü "Ü figS. ^^'^ Male durch Queranastomosen zwischen den längsverlaufenden Schlingenästen (a)Complicationen eintreten (Taf. I, Fig. 4). Die wich- tigste dieser Queranastomosen tritt bei Tetrarhynchus longi- collis (Fig. 4) als Stirnanastomose constant an derselben Stelle auf, als ein die vordersten Schlingenenden beider Körper- seiten verbindender einfacher Quercanal (Taf. II, Fig. 7). Gerade an dieser Stelle aber pflegen ungemein häufig Muskelzüge und ander- weitige Gewebscomplexe, wie das Rostellum der Tänien, der „Stirn- napf" der Gattung Echeneibothrium u. dgl. m, störend aufzutreten und so ist die Bedingung zu einer hier gleichfalls constant auf- tretenden Inselbildung gegeben, wie sie die ideale Abbildung Fig. 5 darzustellen sucht. Wird das die Spaltung der Stirncom- missur bedingende Hinderniss so umfangreich , als das Rostellum der Täniaden ist, so müssen sich die Arme sehr weit trennen und geben dann das Bild Fig. 6. Wir sehen hier die beiden ein- fachen Gefässschlingen sch^ und scho, verbunden durch eine aus der vollkommen zerspaltenen einfachen (Fig. 5, Sta) hervorgegan- (195) 34 Theodor P in tner gene doppelte Stirnanastomose ; ein Zweig der letzteren (Stai) liegt hinter dem Rostellum (ro), der zweite (Sta2) vor demselben. Die eben dargestellten Verhältnisse sind aber diejenigen, welche S t e u d e n e r^) von kleineren Tänien beschreibt, woraus hervorgeht, dass der bisher als ein das Rostellum umlaufen- der Gefässring beschriebener Apparat der Tänien aus der durch Inselbildung gespaltenen Stirnanasto- mose beiTetrarhynchen abzuleiten ist. Es kann somit von einem „durchgreifenden Unterschiede" zwischen der Art der Gefässbildung bei Tänien und der bei den übrigen Bandwürmern keine Rede sein. Stobj Sta^ StCLf Zunächst ist nun der von S i e b o 1 d und Meissner be- schriebene Gefässtypus einer Cestodenamme aus Arion e mpirico rum^) anzureihen. Hier tritt nämlich in jedem der 4 Schlingenäste eine constante Inselbildung (Fig. 7, i), durch den Verlauf der Saugnapfmusculatur bedingt, auf. Man braucht sich nun nur diese vier Gefässinseln so weit emporgerückt denken, dass sie in das Gebiet der doppelten Stirn- anastomose reichen, so hat man die von Steudener (a. a. 0.) für grössere Tänien beschriebene , von mir bei T a e n i a solium wiedergefundene Form Fig. 8. Die beiden Gefässschlingen schi und scha bilden an jedem Saugnapf eine Insel i, zwischen deren nächstgelegenen Armen auf der Dorsal- und Ventralseite die beiden Zweige der Stirnanastomose , die eingeklammerten ') „UntersachuDgan über Cestoden", S. 283 u. ff.; Separatabdruck S. 11. 2) Ztschr. f. wiss. Zool. II. 1850. Taf. XIV, Fig. (3. (196) Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 35 Stücke St ai und Sta.2 nm das Rostellum verlaufen. So ent- steht der von den Autoren beschriebene, jenes umziehende „Gefäss- ring", aus dem 8, sich in 4 vereinigende Arme „entspringen". Durch kleine, ganz unregelmässige Inselbildungen, Anasto- mosen zwischen den einzelnen Inselarmen und gewundenen Verlauf des obersten Theiles der Gefässschlingen, sowie der beiden Stirn- anastomosen, entstehen die von SteudenerfürTaeniacrassi- collis, serrata, marginata, pectinata und elliptica als giltig bezeichneten Formen, während man endlich, wenn man von den solchergestalt complicirten Gefässzweigen je einen Ast der jederseitigen Schlinge in die zwei Haftscheiben des mehrfach erwähnten kleinen Tetrarhynchus eintretend und dort gleichfalls zahlreiche Inseln und Anastomosen bildend denkt, das auf Taf. III, Fig. 1 theilweise dargestellte Canalsystem erhält. Alle bisher betrachteten Fälle von Insel- bildung beschränkten sich auf den obersten Schlingentheil und waren nur von kurzer Längs- ausdehnung. Dehnen sich nun die Inselbildungen auf sehr lange Strecken, über Kopf, Hals und Glieder hin aus, spaltet sich die Schlinge im Kopfe selbst, wie auf Fig. 9 bei i', theilen sich die Gefässzweige wieder, um theils bald zu einander zurückzukehren, theils erst nach langem Verlauf, oder gar getrennt in die Blase zu münden, so erscheinen jene Formen, die man bei Triaenophorus nodulosus findet (Taf. III, Fig. 2) und die sich in einfacherer oder complicirterer Weise zweifelsohne bei allen Bothriocephaliden und bei L i- gula wiederfinden dürften. Von den Wasser- gefässformen dieser Arten unterscheidet sich die- jenige von Caryophyllaeus mutabilis(Taf. II, Fig. 1) sodann nur^'durch den regelmässigen Verlauf der Queranastomosen. Dass bei Triaenophorus und Caryophyllaeus die grössere Zahl der Längsstämme wirklich durch eine derartige Spaltung herbei- geführt wird, macht schon der Umstand wahrscheinlich, dass meist Je zwei, auch wohl drei Stämme viel näher aneinander liegen, als an den übrigen und untereinander weitaus die zahlreichsten Ana- stomosen wechseln. Schwieriger zu erklären ist das oberflächlich gelegene Maschen- werk der Wassergefässe von Gary ophy 11 aeus mutabilis; da seh.. (197) 36 Theodor Pintner: es jedoch , wie gezeigt wurde, eigentlich auch aus feinen, längsver- laufenden Stämmcheu, die eben abwechselnd nach beiden Seiten in regelmässigen Abständen Anastomosen entsenden, besteht, da es ja ferner durch, wenn auch seltene Commissuren mit den tiefer liegenden Hauptstämmen zusammenhängt und sich mit ihnen in der Gegend der Schwanzblase vereinigt, so dürfte es gleichfalls als ein Spaltungsproduct der Hauptstämme, denen es ja seiner histologischen Beschaffenheit nach angehört, anzusehen sein, nur dass die Inselbildung die Stämme hier nicht in der Fläche in nebeneinander liegende, sondern in der Tiefe in übereinander ver- laufende Arme zertheilte. So lassen sich denn alle , auch die complicirtesten Anord- nungen der Wassergefässstämme durch Insel- und Anastomosen- bildung auf den einen Grrundtypus zurückführen , der bei den Phyllacanthinen in schematischer Einfachheit vorliegt und dessen hauptsächlichster Charakter darin besteht, dass die beiden in einer Körperhälfte gelegenen Längsgefässe nicht, wie man bisher fast allgemein glaubte, zwei selbstständige, gleichwerthige , bisweilen im Kopfe durch eine vielleicht zufällige Anastomose verbundene Gebilde sind , sondern direct zusammengehörige Theile eines ein- zigen Ganzen, einer Schlinge darstellen , deren Aeste ihre gegen- seitige Abhängigkeit schon dadurch beweisen, dass der eine auf Kosten des anderen sein Volum ändert. Ich muss an dieser Stelle ausdrücklich hervorheben, dass ich bei der besprochenen Ableitung der einzelnen Gefässformen durch- aus nicht an eine phakogenetische Entwickelungsreihe der einzelnen Arten gedacht habe. Ich will mir nunmehr erlauben, die wichtigsten sich auf die Hauptstämme beziehenden Literaturangaben zu besprechen. J. P. van Beneden bespricht den „Secretionsapparat" besonders in dem ersten seiner beiden grossen Werke ^) ausführ- lich. Hier hat er einmal den eigentlichen Verlauf der Längs- stämme vollkommen richtig erkannt und gezeichnet , nämlich bei Echeneibothrium variabile^); seine Beschreibung und Zeich- nung des Canalsystems von A n t h o b o t h r iu m c o r n u c o p i a ') wird man leicht berichtigen können , wenn man die eine „anse complete" mit der anderen durch ein kleines übersehenes Gefässstück ') „Rech. s. 1. vers Cesto'ides", S. 38 u. f. 2j a. a. 0. S. 40, Taf. III, 2 u. 13. ") a. a. 0. S. 40 u. 125, Taf. VI, Fig. 10. (198) Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers, 37 verbunden denkt und in dem umgebogenen Tlieile die die Haftfläche umlaufende Gefässschlinge erkennt. Wenn er weiter sagt, dass dieses Organ „recoit ou envoie sur toute la longueur de cette anse des vaisseaux qui se ramifient en branches tres-fines et se perdent dans le parenchyme'' , wenn er schon in der allgemeinen Ein- leitung 1) und an zahlreichen anderen Stellen immer wieder darauf zurückkommt, dass die Hauptstämme aus sich dendritisch immer feiner verzweigenden und „sich im Parenchym verlierenden" Ge- fässen hervorgehen oder doch solche aufnehmen, so ist dies jener wiederholt zurückgewiesene Irrthum, wie er in der bereits öfter erwähnten M e i s s n e r'schen Abbildung wiederkehrt und in ähn- licher Weise , hervorgegangen aus einer Verwechslung wirklicher Gefässtheile, sowohl der Längsstämme, wie der Trichtercapillaren, mit feinen Gewebsfibrillen und oberflächlichen Hautzeichnungen die ganze Literatur durchzieht. Sehr zutrefl'end beschreibt van B e n e d e n den Verlauf der Hauptgefässe bei Caryophyllaeus mutabilis^), indem er nicht nur die tiefer liegenden Hauptstämme mit ihren Anastomosen, sondern auch das oberflächliche regelmässige Maschen werk fand; unklar ist mir, warum er die Canäle dieses letzteren als „prenant leur origine en arriere et se rendant en avant" bezeichnet. Die Angaben über eine Lacune im Kopfe sind wahrscheinlich stets durch mit der Ausstülpung eines Rostellums in Verbindung stehende Erscheinungen hervorgerufen worden; so diejenigen von van B e n e d e n über Taenia ocellata^), über E c h i n o- bothrium typus*) u. dgl. m, G. R. W a g e n e rkam, von den Täniaden abgesehen ^), über den vollständigen Zusammenhang der Wassergefässlängsstämme nicht ins Klare. Gut charakterisirt er das Gefässsystem der Tetrarhynchen,*^) Böttcher's Angaben'^) zeigen, dass das Gefässsystem von Bothriocephalus latus jenem Typus angehört, den wir bei Triaenophorus und bei Caryophyllaeus vorfanden. Sie 1) S. 40. ^) „Metu. s. 1. vers intestinaux", S. 216. ^) „Mem. s. I. vers intest.", S. 165. ■*) „Rech. s. 1. vers Cestoides", S. 156. ■') Nov. A. XXIV. „Entw. d. Cest." S. 14. «) Müller's Arch. 1851, S. 211. ') Virchow's Archiv, XLVII. Berlin 1869. „Das oberflächliche Gefässsystem von Bothriocephalus latus" von A. Böttcher. (193) 8 Theodor Pintner: stimmen mit den älteren von Knoch^) und denen von Ratzel^) über Caryophyllaeus überein. Die Behauptungen W a g e n e r's , L e u c k a r t's u. A. betreffend am Kopfe und Halse gelegene Ausmündungen der Hanptstämrae, fand ich nirgends bestätigt. Mit Ausnahme von Triaenophorus nodulosus besitzt wohl kein Bandwurm andere Gre- fässausmün düngen, als die durch die Schwanzblase und die getrennten Oeffnungen am hinteren Glied- rande vermittelten. Sommer's Angabe über einen Klappenapparat in den Hauptgefässen •"■) scheint S t e u d en er übersehen zu haben ; bei den von mir untersuchten Arten konnte ich einen solchen nicht auf- finden. Donna dien*) ist mit seinen Angaben über das Wasser- gefässsystem in der Auffassung um einige Jahrzehnte zurück ge- blieben und bietet im anatomisch-histologischen Theile seiner Arbeit kaum etwas Brauchbares. "Was die Form der Queranastomose am hinteren Grliedrande anbelangt , so fand ich sie entgegen den von K a h a n e ^) neuer- dings wieder aufgenommenen Behauptungen Leu ckar t's einfach, wie Sommer") und Steudener. ^) Was Kahane-^) von Seitenzweigen beschreibt, ist wohl theilweise auf inselbildende Spaltungen der Hauptäste, theils aber auf Täuschungen zurückzuführen ; denn die eigentlichen Trichter- capillaren erscheinen, wie oben gesagt wurde, bei Alkoholexemplaren nie als Canäle, die gar noch Querschnitte liefern würden, sondern als feine Fäden. Auch sind die Befunde auf Schnitten in Folge des geschlängelten und gewulsteten Verlaufes der Hauptstämme viel zu unsicher, um auf Grund derselben der gewiss richtigen Steud ener'schen Darstellung entgegentreten zu können. Endlich muss ich noch eine unrichtige Auffassung zurück- weisen, die, aus den verschiedensten Specialarbeiten in die Zoolo- gien und vergleichenden Anatomien selbst jüngsten Datums hinüber- 1) Mem. de l'Academie de St. Petersbourg, VII. Se. T. V. Nr. 5, 1863; Knoch: ^Naturgeschichte des breiten Bandwurms", pg. 119. -) Troschel's Arch. 1868: Dr. Fr. Ratzel: „Zur Entwickelungsgeschichte der Cestoden", S. 140. ^) Ztschr. f. w. Zool. XXIV, 18T4, Sommer: „Bau der Geschlechtsorgane von Taenia solinm etc.", Separatabdr. S. 17, Anmerk. •*) Journal de l'anatomie et de la physiologie etc. Paris 1877. A. L.Don na- dle u: „Contribution ä l'histoire de la Ligule". ^) Ztschr. f. w. Zool. XXXIV. S. 202. ®) Separatabdruck, S. 12. (200) Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 39 destillirt wurde. Sie bezieht sich auf die Zahl der Längsstämme. Es heisst gewöhnlich, dass vier, selten zwei, sechs oder acht Hauptstämme beständen, i) Dies ist, in dieser Form gesagt, unrichtig. Die weitaus meisten Bandwürmer, und zwar sämmtliche Täniaden, Tetrabothrien und Tetrarhynchen haben vier die ganze Kette durch- ziehende Längsgefässe; die anderen haben durch- gehends eine 8 meist weit übertreffende unregel- mässige und schwankende Anzahl. Genau fixirt findet man die Zahlen 8 und gar 6 nie ; die letztere speciell beruht auf dem Irrthume, dass man früher die Seitenzweige des Nervensystems gleichfalls für Wassergefässstämme hielt. Es wäre nun noch die Lage der Längsgefässe in Bezug auf die Körpergewebe, ihr Lihalt und ihre Contractilität, sowie endlich die von einigen Schriftstellern mit ihnen in Verbindung gebrachten Kalkkörperchen zu besprechen. Die Hauptstämme desWassergefässsystemsliegen, fest eingebettet in ihrem Epithel, in der äussersten Schicht der gewöhnlich als bindegewebiges Körper- parenchym bezeichneten Masse; jedoch dringen ihre Com- missuren und Windungen besonders im Kopftheile und in den reifen Proglottiden oft ziemlich tief ins Innere vor, so dass man in den letzteren die bisweilen nach der Breitendimension des Körpers ab- geplatteten, sonst in der ßegel kreisrunden Querschnitte derselben oft mitten zwischen den einzelnen Lappen des Keimstockes wahr- nimmt. Dass sie jedoch hauptsächlich den oberflächlichsten Schichten zugehören, zeigt schon der Umstand, dass sie dort, wo es gelingt, diese abzulösen, wie beim Tetrarhynchuskopfe, stets an der Haut hängen bleiben. Sie verlaufen je nach der Contraction des Körpers bald schnurgerade, bald wellig, ja spiralig, und zeigen ihre Wände bald in scharfer Linie dahinlaufend , was nament- lich für die enger werdenden Längsgefässe gilt, bald durch Con- tractionen des mit ihrem Epithel in Verbindung stehenden Ge- webes in zahlreiche, papillenartige Zipfel ausgezogen und dadurch gekerbt (Taf. II , Fig. 2, z). Längsstreifung ihrer Wände , die Steudener erwähnt 2), habe ich nie bemerkt, bezüglich der be- obachteten Ringfalten muss ich mich vollkommen der Meinung ') Man vergleiche Gegenbaur's „Grundriss d. vergl. Anatomie", 2. Aufl. Leipzig 1878, S. 185 und Claus' Zoologie, 4. Anfl. Marburg 1879, S. 384. ■') a. a. 0., S. 14. (201) 40 Theodor Pintner: Kahane's anscUiessen ^) und sie für eine Contractionserscheinung halten. Den Inhalt fand ich im Leben bei unverletzten Thieren stets frei von allen Körnehen; an Präparaten, welche ohne An- wendung von Säuren gewonnen wurden, beobachtete ich dagegen oft einen feinkörnigen, wie Sand aussehenden Niederschlag. Pulsirende Bewegungen zeigt nur in langen Zwischen- räumen die Schwanzblase , sonstige Volumveränderungen sind gewiss, wie Steudener meint 2), auf Wasserdruck und Körper- bewegung zurückzuführen. Die Kalkkörperchen, deren höchst mannigfaltige, bald stärkekornartige, bald maulbeerähnliche Formen zu beschreiben hier nicht der Ort ist, sind vielleicht histogenetisch durchaus nicht alle auf dieselbe Weise entstanden. Dass sie oft, jedoch nicht immer in besonderen, von einer hellen Membran umgrenzten Höhlen liegen, fand ich, ganz wie Pagen Stecher 3); dass dies aber beuteiförmig erweiterte Enden von Wassergefässzweigen sein sollen, wie Claparede solche von Trematoden beschrieben''), konnte ich mir trotz der sorgfältigsten, genauesten Untersuchung nicht .wahrscheinlich machen. Es würde dies auch der festgestellten Abneigung der Hauptgefässe, blindsackartige Zweige zu entsenden, ganz widersprechen. Ueberblickt man die Ergebnisse der vorangehenden Dar- stellung, so dürfte man zu folgendem allgemeinen Bilde gelangen : Das Wassergefässsystem der Cestoden besteht aus zahlreichen, im ganzen Körper vorkommenden, hauptsächlich aber in einer zwischen Epithel und Parenchym gelegenen Zone angehäuften flimmernden Trichterzellen mit sehr langem capillarem Aus- führungsgange. Jede derselben ist als eine einzellige Drüse zu betrachten. Die in diesen gegen die Um- gebung vollkommen abgeschlossenen Trichtern an- gesammelten Stoffe werden einem System von den ganzen Band wurmkörp er in seiner Längsrichtung durchziehenden, in eine contractile Endblase aus- 1) a. a. 0., S. 204. 2) a. a. 0., S. 15. ^) Ztschr. f. w. Zeel. XXX. Bd. 1878. „Zar Naturgeschichte der Cestoden« V. A. Pagenstecher, S. 176. •») Ztschr. f. w. Zool. IX, S. 99. (202) Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 41 mündenden Hauptgefässen weiteren Umfangs zuge- führt, deren glaslielle Wandungen als Matrix ein wohlausgebildetes, zahlreiche gelbe, in Alkohol und Nelkenöl nicht lösliche Tröpfchen einschliessend es Aussenepithel besitzen. Der Grundtypus für den Ver- lauf dieser Längsgefässe ist eine einfache, bis an den Stirnrand des Kopfes vorgeschobene, aus einem dorsalen und einem ventralen Aste gebildete Schlinge in jeder Körper half te, deren Neigung zur Insel^ und Anastomosenbildung bei den verschiedenen Arten eine Reihe complicirter Verlaufs formen liefert. Bei sämmtlichen Tänien, Tetr abothrien und Tetrarhynchen durchlaufen demnach auf jeder Körperseite zwei, im Ganzen also vier Längsstämme die Strobila, während bei den Bothriocephaliden, Caryophylliden und Liguliden diese vier Stämme in eine individuell und örtlich schwankende, bei den einzelnen Gattungen ungefähr zwischen zehn bis vierundzwanzig wechselnde Anzahl von Längsstämmen zerfallen, die durch zahlreiche Queranastomosen mit bestimmtem Verlaufe unter- einander in Verbindung stehen. Die vier Längsgefässe sind im Jugendzustande alle ziemlich gleich stark und münden sämmtlich in die contractile Endblase; später erweitern sich die beiden ventral gelegenen Canäle auf Kosten der dorsal gelegenen, die in sehr alten freien Gliedern und in sehr langen Ketten, wie in denen der menschlichen Bandwürmer, zu atro- phiren scheinen. Die Längsgefässe communiciren durch die Endblase, die nur an dem Ende des ursprüng- lichen Scolexkörpersvorhan den ist, sowie durch eine der Zahl der vorhandenen Längsstämme entsprechen de Zahlvon getrenntenOeffn ungen am jeweilig enHinter- rande mit derAussenwelt; nur bei Triaenophorus nodulosus existiren besondere Ausmündungen am Kopf und Halstheile. Sämmtliche von den Längs- stämmen abgehende Aeste kehren entweder zu den eigenen Mut tergef ässen zurück oder münden in be- nachbarte, so dass es nirgends blindsackartige Enden, baumförmige Verästelungen oder ähnlicheBil- dungen gibt; Communic ationen mit Hohlräumen des Körpergewebes kommen nirgends vor. (203) 42 Theodor Pintner: Was die Function dieses Organsystems anbelangt, so gilt dasselbe, seitdem J. P. Van Beneden in treffender Weise nach- gewiesen hat, dass jede andere Auffassung auf Widersprüche stosse, alsExcretionssystem, analog den Nieren der höheren Thiere. Nun ist die Beweisführang Van B e n e d e n's aber durchaus negativer Natur und wurde in der Folgezeit nur durch den physio- logisch allerdings höchst wichtigen Nachweis von Guanin und Xanthin ähnlichen Substanzen im Inhalt der Canäle bestätigt. Der ganzen Auffassung mangelte aber, zumal man jedwedes Canal- epithel hartnäckig in Abrede stellte, eine histologische Begrün- dung^ wie Kahane') sehr passend bemerkt, und man muss es schliesslich nur als Instinct, allerdings als bewundernswerthen Instinct bezeichnen , wenn Van B e n e d e n seine Ansicht, zumal dem heftigen Widerspruche M. S c h u 1 1 z e's 2) gegenüber, aufrecht zu erhalten und zu sagen wagte : „La nature des ces canaux nous parait glandulaire, et leur contenu est le produit de la secretion." In der vorliegenden Arbeit nun ist es gelungen, die histo- logischen Elemente nachzuweisen, welche die Bezugsquellen für den auszuscheidenden Inhalt der Hauptcanäle des Wassergefäss- systems bilden. Es wurde gezeigt, dass in den Sternzellen, welche die Flimmertrichter mit ihren langen, capillarartigen Ableitungs- röhrchen bilden, kleine, stark lichtbrechende Tröpfchen sich vor- finden, jedoch in geringerer Masse, als in ihren trichterlosen Nachbar- zellen; diese Tröpfchen sind wohl als Excretionsmateriale zu be- trachten, das in den Trichterzellen sogleich in den Trichterraum hinein abgesondert wird und darum in deren Plasma weniger auf- fallend hervortritt. Es sind die flimmernden Trichter- zellen also nichts Anderes als die ausscheidenden Drüsen des Wassergefäss Systems. Darauf weist auch der Umstand hin, dass die Flimmertrichter überall dort sehr ge- häuft sind, wo durch die Arbeit umfangreicher Muskeküge viel auszuscheidender Stoff aufgehäuft wird. Diese Auffassung hindert gar nicht, auch den Epithelzellen der Längsgefässwandungen die Leistungen von Drüsenzellen zuzu- muthen, eine Annahme, in der man durch die erwähnten gelben, dem Epithelplasma eingelagerten Tropfen nur bestärkt werden kann; allerdings lassen sich Porencanäle oder sonstige Durch- gangsöffnungen in den oft ziemlich dicken Glaswänden der Längs- gefässe durchaus nicht nachweisen. 1) a. a. 0. S. 205 n. f. ■'] S. 11. Anm. 3. '204) üntersncliungen über den Bau des Bandwiirmkörpers. 43 Was den Zweck der Flimmerlappen anbelangt, so mag vielleicht doch die Leuckart'sche Annahme, dass der durch die Geissei erzengte Wirbel den Inhalt der Trichtercapillaren hinaus- zutreiben hat^), nicht so ganz über allen Zweifel erhaben sein. Sollte die durch die Flimmerung erzeugte Bewegung hinreichen, den ganzen hydrostatischen Druck, der in den Gefässen herrschen muss, und das in Folge der Muskelcontraction gewiss oft ein- tretende Rückströmen der Flüssigkeit zu überwinden? Könnte die erzeugte Bewegung nicht etwa blos die Bestimmung haben, bei möglicher Weise durch einige Zeit verhinderter Abfuhr des in den Trichtern ausgeschiedenen Inhaltes in Folge eines Still- standes eintretende Niederschläge oder Verstopfungen zu verhin- dern? Vielleicht könnte man einmal auf experimentellem Wege hierüber Sicherheit erlangen. Es ist gezeigt worden, dass die geschlossenenFlimmer- trichter mit ihren Capillaren bei sämmtlichen Bandwür- mern anzutreffen sind. Thiry hat ganz ähnliche Apparate bei der Cercaria macrocerca nachgewiesen 2) und in allerjüngster Zeit machte Bütschli die Auffindung fast ganz übereinstim- mender Organe bei anderen Trematoden bekannt.^) Ich bin vollkommen überzeugt, dass sich diese Organe der Trematoden, denen ja eine Leibeshöhle ganz ebenso mangelt, wie den Cestoden, bei genauer Untersuchung als den Trichterzellen dieser ganz analoge, geschlossene Organe herausstellen werden. Ja viel- leicht erweisen sich sogar die von Kennel beiGeonemertes palaensis Semper aufgefundenen spindelförmigen K ö r p e r c h e n ^) als diesen Flimmertrichtern der Cestoden ganz homologe Organe, und man würde dann sagen können: „Das Wassergefässsystem sämmtlicher Platt würmer be- ginnt mit geschlossenen Flimmertrichter n." So würde denn H a t s c h e k in dem von Bütschli bestrittenen allgemeinen Satze*^) doch insoferne Recht behalten, als er von der, 1) „Parasiten", S. 172. '^) „Beiträge zur Kenntniss der Cercaria macrocerca" von L. Thiry, Zeit- schrift f. w. Z. X. 1860, S. 271, Tf. XX und XXI. 3) Vergl. S. 17. Anm. 2. ■•) „Beiträge zur Kenntniss der Nemertinen" von J. v. Kennel, Arbeiten aus dem zoolog. zootom. Inst. Würzburg, Band IV, 1878. ') „Arbeit aus d. zool. Inst. d. Un. Wien etc.", III. Heft, Wien, 1878: „Studien über die Entwicklungsgeschichte der Anneliden", von Dr. B. Hatschek. S. 103 : „Durch den Mangel der Leibeshöhle ist die für die Cestoden charakteristische Umbildung des Excretionsapparates , Mangel der Flimmertrichter und reiche Ver- (205) 44 Theodor Pintner: wie sich nun zeigt, sehr gut begründeten Idee ausging, dass der Mangel der Leibeshöhle bei denPlathelminthen jedenfalls eine für diese Gruppe charakteristische Umbildung des Excretion s- App arates zur Folge haben müsse; nur äussert sich diese charakteri- stische Umbildung n i cht in dem Mangel, sondern in dem Geschlossensein der Flimmertrichter. II. Ueber den Bau des Kopfes von Tetrarhynchus longicoUis, V. Ben. "Wie man gewöhnlich bei der ersten Durchforschung eines noch gänzlich unbekannten Gebietes dessen Charakter zunächst nur in den allgemeinsten Zügen festzuhalten trachtet, ohne sich bei Untergeordnetem aufzuhalten , so werde ich mich in der nachfolgenden Darstellung darauf zu beschränken suchen , von der complicirten Organisation des Tetrarhynchus-Kopfes , die bis jetzt wenigstens in der mir bekannten Literatur keine Beachtung gefunden hat , ein nur in grossen Umrissen gehaltenes Bild zu liefern. Ich werde auf die Angaben der Schriftsteller, von denen ja die älteren nur mehr einen historischen Werth haben, blos dann Rücksicht nehmen, wenn sie bereits mit den gegenwärtig üblichen Hilfsmitteln mikroskopischer Untersuchung ausgeführt worden sind ; ich werde ferner nach Möglichkeit vermeiden, Hypothesen über mehrere vorkommende Organe und Gewebs- partien räthselhaften Charakters aufzustellen, da eine einiger- massen haltbare Deutung derselben erst durch die Vergleichung mit anderen Tetrarhynchus-Arten , zu der ich leider keine Ge- legenheit hatte, Berechtigung erhielte. Es wird demnach meine Aufgabe sein, eine gedrängte, rein sachliche Beschreibung zu liefern. Der Kopftheil unseres Thieres, der von P. J. Van Beneden als Tetrarhynchus longicollis bezeichneten Art, besteht aus einem 9 — 14 Millimeter langen , an seinem hinteren Ende bis zu der Dicke von ungefähr ^U Mm. anwachsenden walzenförmigen Stücke, das sich von der anhängenden Gliederkette scharf absetzt (Taf. III, Fig. 3). Indem dieser vorderste, bis zur Begrenzungs- ästelnng der Excretionscanäle bedingt" — Uebrigens sagt schon Gegenbaur in seinem „Grundriss etc.", 2. Aufl. 1878, S. 184: „In seinen entwickelteren Formen tritt nns der Excretionsapparat als ein System verzweigter Canäle entgegen, welches bei deutlich gesonderter Leibeshöhle mit inneren Mündungen versehen ist, während im gegenthei li gen Falle die Enden der Röhren oder die feinsten Verzweigungen der Canäle geschlossen sind." (206) Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 45 linie der Proglottiden reichende Theil die Lagerstätte eines mäch- tigen Rüsselapparates bildet, kennzeichnet er sich durch den in Folge dessen ganz eigenthümlichen histologischen Bau als „Kopf", so dass hierin die bisher nach Van Beneden's Auffassung üb- liche l)eutung zu berichtigen ist, der nur den kleinen zwischen den Saugnäpfen gelegenen Theil als Kopf , den folgenden jedoch als „cou", als Hals bezeichnete und so auch zu der Namengebung für das vorliegende Thier gelangte. Die äussere Gestalt lässt bereits bei Betrachtung mit freiem Auge zwei durch ihre Dicke beträchtlich verschiedene Abtheilungen wahrnehmen, eine vordere (Taf. III, Fig. o, p), die von etwa U-273 Mm. Breite bis auf 0*4:2 Mm. anwächst, und eine ziemlich viel dickere hintere (q), der gegen den Halstheil zu oft nur wenig auf einen Millimeter Breite fehlt. Die Gestaltung der beiden Theile steht, wie gezeigt werden wird, in einer innigen Beziehung za der Form des Rüsselapparates. An seinem vorderen Ende besitzt der Kopf zwei runde, schüsseiförmige Haftscheiben (Taf. III, Fig. 3, s) , die schief von oben nach unten befestigt sind und an ihrem vorderen Rande zwei kreisrunde Oeffnungen besitzen, um die Rüssel durch- zulassen (Taf. III, Fig. 3, r ; Taf. II, Fig. 7, r;. Lebende, auf den Objectträger gelegte Thiere führen mit diesen Haftscheiben, die keinerlei besondere Sauggruben zeigen, wellenförmige Bewegungen aus. Ihr Rand ist ringsum besonders nach dem hinteren Ende zu aufgewulstet, und von hier geht ein nach vorn sich in zwei niedrige Kanten verflachender Rücken aus , welcher die Haft- grube in zwei Theile theilt (Taf. III, Fig. 3, k; Taf. 11, Fig. 7, k). Dabei sind die Haftscheiben so innig mit dem Gewebe des Kopfes verbunden und so eng an diesen angedrückt , dass man an Quer- schnitten aus dem vordersten Kopftheile dieselben kaum abgrenzen kann und nur auf jeder Seite zwei halbmondförmig hervorragende Zipfel und im Grunde der Grube je zwei, weiter nach hinten nur eine Erhabenheit verlaufen sieht (Taf. IV, Fig. 1 u, 2). Diese jede Haftscheibe in eine rechte und linke Hälfte theilende Erhabenheit deutet darauf hin, dass diebeidenHaftscheiben von Tetra- rhynchus longicollis aus vier, zu je zwei mit einan- der verschmolzenen Saugnäpfen hervorgegangen sind, wie ja doch die Zahl Vier für die Haftscheiben der Band- würmer sonst allgemein giltig ist. Es entsteht nun zunächst die Frage, wie der Kopf von Tetra- rhynchus longicollis zu orientiren ist. Derselbe besitzt nämlich Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. III. Heft 2. 14 (207) 46 Theodor Pin tu er: eine mehr oder weniger ausgesprochene Abplattung, deren Richtung zur Abplattungsebene der Gliederkette senkrecht steht. Sicheren Aufschi uss darf man von der Lage der Wassergefässe und der Nervenstämme erwarten , da ja je zwei Aeste einer Wassergefässschlinge und je ein Nervenstamm stets rechts und links, nicht aber etwa an der Rücken- oder Bauchfläche ver- laufen. Weil nun diese drei Stämme auf der breiteren , abge- platteten und nicht auf der schmäleren, mehr rundlichen Seite hinziehen, so ergibt sich, dass jene das Rechts und Links, diese das Vorne und Hinten des Tetrarhynchus-Kopfes darstelle. Nun sitzen die beiden Haftscheiben derart, dass ihre Fläche mit der platten Fläche der Gliederstrecke correspondirt ; orientirt man daher den Tetrarhynchus-Kopf so, dass die Fläche der Haftscheibe und die Abplattung der Gliederkette dem Beschauer zugewendet ist (Taf. III, Fig. 5), so liegen Bauch- oder Rückenfläche oben oder unten, während bei der Lage, die ein auf den Objectträger gelegter Kopf von selbst einnimmt, die breiter-^, somit die Seitenfläche nach oben gekehrt ersch^-int und die Haftscheiben und mit ihnen Rücken- und Bauchfläche nach Rechts und Links sehen (Taf. II, Fig. 7). Es erscheint die Abplattungsrichtung des Kopfes von Tetrarhynchus longicollis somit gegen die bei Bandwürmern gewöhnlich vorkommende um 90"^ gedreht. Uebrigpns ist der Gegensatz zwischen Rücken- und Bauchfläche, also die bilaterale Symmetrie nur in der Strobila und Proglottis ausgebildet, während der Kopf der Bandwürmer zw'^istrahlig radiär gebaut erscheint. Die Vol u ms- Differenz zwischen den Aesten der beiden Wasse rgef äss - schlingen allein stört bei einigen Bandwürmern, so auch bei Tetrarhynchus longicollis, die sonst vo 1 1 komm en e Ausprägung des zweistrahlig radiären Baues. Bestimmend für die gesammte äussere Gestalt und innere Orga- nisation des Kopfes ist die Form des mächtig ausgebildeten Rüssel- Hpparates. Vier lang , hohle Walzen liegen symmetrisch in das Parencliym des Kopfes eingebettet, zwei an der Vorder- und zwei an der Rückseite (Taf. IV. Fig. 1 — o, rli, rhj -rh,) und ver- laufen je nach dem Contractionszusande des Kopfes bald schnur- gerade und parallel zu einander, bald wellig oder schraubenförmig gekrümmt und in letzterem Falle sich überkreuzend. Jede dieser vier hohlen Walzen z -rfällt in drei wesentlich von einander ver- schiedene Theile. Den ersten Theil bildet eine ein- und ausstülp- (^08/ Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 47 bare und demgemäss bald mehr, bald weniger ans dem Kopfe lierausragende , mit Häkchen dicht besetzte Haftröhre, die vollkommen ausgestülpt ungefähr 3 Mm. lang ist fTaf. III, Fig. 4, z) ; den zweiten eine häutige Scheide (s), von ungefähr 4 Mm. Länge, und den dritten ein 7 Mm. langer und 0-22— 0'255 Mm. breiter, innen hohler, aus übereinander geschichteten Muskel- bändern gebildeter Cylinder (Fig. 4 , m). Sämmtliche 3 Theile sind an einander festgekittet und werden innen von einem langen contractilen Bande (Taf. III, Fig. 4, r') durchzogen. Der erste nach aussen vorragende Theil (z) besitzt die Form eines Handschuhfingers und ist nach Art eines solchen in sich selbst und dadurch in das Kopfinnere einstülpbar. Die ßt^ihen der Häkchen auf seiner Aussenfläche scheinen auf den ersten Blick hin eine schraubenförmige Anordnung zu besitzen. Bei genauerer Untersuchung findet man aber, dass dieselben nicht ineinander übergehen, sondern schiefe, diagonal um die Röhre herumgelegte Bogen bilden , deren Enden auf jener Seite , die die vier Rüssel einander zuwenden, in einer Naht zusammenlaufen. Die Zä buchen sind nicht alle gleich ; auf der Innenseite stehen feine , dünne, angeiförmig gekrümmte Häkchen i Taf. III, Fig. 5, z), die nach der gegen aussen gewendeten Fläche allmälig in grosse dreieckige Haken mit gebogener Spitze übergehen (Fig. 5, z'). Die Häkchen bestehen aus einer Art Üüten mit ziemlich dicken , chitinigen Wandungen , die mit ihrer runden Oeffnung in der Cuticula fest sitzen (Fii^:. 5. u 6). Die Rüsseloberflache zwischen den Häkchen ist von ungleich langen, zottigen Härchen besetzt (Fig. 5, h). Die Haut , auf der die Häkchen autsitzen , geht aus der allge- meinen Körperhaut hervor ; ich will daher ihre feinere Structur erst bei Besprechung dieser auseinandersetzen. Der zweite Abschnitt des Riisselapparates, die häutige Scheide (Taf. III, Fig 4, s), setzt sich unmittelbar an der Aus- trittsöffnung des Rüssels fest, dort wo die allgemeine Körperhaut in die mit Häkchen besetzte Rnsseloberfläche übergeht. Sie be- steht aus einer homogenen^ glashellen, sehr dicken Haut (Taf. III, Fig. 4, s; Fig. 8 u. 9, w; Taf. IV, Fig. 1—5, w) , die bei sehr starker Vergrösserung aus zwei gleich dicken und vollkommen gleichartigen Schichten zusammengesetzt erscheint. Dieselbe ist die Abscheiduiig eines den Riisselhohlrauin auskleidenden polygonalen Plattenepithels von grossen Zellen mit grobkörnigem Plasma, grossen, dunklen Kernen mit Kernkörperchen, die man besonders gut auf stark tingirten Querschnitten beobachten kann (Taf. IV, 1 4 * (üOtf) 48 Theodor Pintner: Fig. 1, e). An die den Körpergeweben zugekehrte Seite dieser glashellen Membran legen sich in der Längsrichtung , nahe bei einander verlaufende, ungemein zarte Fibrillen dicht an (Taf. III, Fig. 8, f), die gleich weit von einander abstehen, nicht ineinander übergehen und sich nicht verzweigen ; auf Querschnitten erscheinen sie als Kreise feiner Punkte, die in äusserst zierlicher Weise die (juergeschnittene Scheidenhaut umlaufen (Taf. IV, Fig. 1, 2, 5, f). Diese Fibrillen dürften wohl bindegewebiger Natur sein. Die ganze Membran ist überaus resistent , starr und durch- aus nicht contractu , und muss sich daher bei Contractionen, die in der Längsrichtung des Körpers erfolgen , schraubenförmig zu- sammenlegen, so dass man auf Querschnitten in diesem Theile des Kopfes oft statt regelmässiger kreisrunder Durchschnitte der Rüsselscheide unregelmässige , ja auf kürzere Strecken hin sogar schiefe Längsschnitte derselben bekommt (Taf. IV, Fig. 5, rho, wo der Schnitt auf eine solche Schraubenwindung traf). Um eine Ausdehnung dieser Rüsselscheiden durch den innen wirkenden hydrostatischen Druck vollkommen unmöglich zu machen, laufen in regelmässigen Abständen um die dicke Membran derselben ringförmige Bündel von glatten Muskelfibrillen herum , auf deren Ursprung wir noch zurückkommen werden (Taf, III, Fig. 4, r). Ungefähr im ersten Drittel des Kopftheiles geht dieser zweite Rüs seiabschnitt in den dritten über und zwar mittelst eines Or- ganes, dessen Bedeutung mir ein vollkommenes Räthsel geblieben ist. Dasselbe besteht aus zwei Theilen, deren einer im Innern des Rüsselrohres geles-en ist, während der zweite äusserlich auf das- selbe aufgelagert erscheint. Dieser letztere wird von einem breiten, schief um die häutige Scheide herumgelegten Ringe gebildet (Taf. III, Fig. 4, X ; Fig. 8, r ; Fig. 9, r) , der aus groben , haupt- sächlich in der Längsrichtung des Rüssels verlaufenden, aber ziem- lich wirr angeordneten und verfilzten homogenen Fasern besteht, die sich hellroth , mit einem Stich ins Braune, färben. Innerhalb der Röhre liegt an jener Stelle, wo der äussere fibrilläre Ring bei seiner schiefen Lage am weitesten nach vorne ragt, ein bei jeder Carmin- tinction sich intensiv dunkelroth färbender halbkugeliger Knopf, den man oft schon mit freiem Auge bemerkt (Taf. III, Fig, 4, x; Fig. 3, 8 u. 9, kn). Derselbe ist von einer im Aussehen ganz mit der Scheidenwand übereinstimmenden hellen Membran umschlossen, liegt dieser mit seiner Hülle dicht an und scheint gleichfalls aus Fibrillen zusammengesetzt, die eine radiär nach dem Mittelpunkte der Kugel gerichtete Stellung haben. In der Umgebung dieses (aio) Untersuchungen über den Bau des ßandwurmkörpers. 49 rätliselhaften Gebildes findet man, im Parenchym eingebettet, stets mehrere ziemlicli grosse, spindelförmige Zellen mit grossen Kernen und grobkörnigem Plasma, welche, abweichend von allen übrigen Zellen der Umgebung, ganz dieselbe dunkelrothe, schon zum Violett hinüberneigende Färbung annehmen , wie der beschriebene , halb- kugelige Knopf selbst. Das eine Ende dieser Zellen läuft in einen sehr langen, sich ebenso stark tingirenden Fortsatz aus, der ganz dem Ausführungsgange einer einzelligen Drüse gleicht, und zwar nach dem fibrillären Ring hin, wo ich dessen Endigungsweise nicht genauer feststellen konnte; das andere Ende erscheint meist abgestumpft. Uebrigens scheint das ganze Organ der vorliegenden Art eigenthümlich zu sein, da dasselbe der mehrfach erwähnten klei- neren Tetrarhynchus-Art aus Mustelus laevis gänzlich mangelt. Der dritte T heil des Rüssel apparates ist eine das Doppelte der Länge und Breite des vorigen Theiles erreichende Hohlwalze A^on übereinander gelegten Muskelbändern. Dieselbe fällt an Carminpräparaten sofort durch die intensive gelblichrothe Färbung auf, die sie annimmt, und bedingt durch ihre grössere , während ihres ganzen Verlaufes vollkommen gleiche Dicke den bedeuten- deren Umfang der unteren zwei Kopfdrittel. Isolirt man einen solchen Muskelcylinder (Taf. III, Fig. 4), so sieht man seine Oberfläche von regelmässigen, sich diagonal kreuzenden Linien bedeckt (Fig. 4, 8 u. 9, m) , welche von den Grenzlinien übereinander verlaufender , je nach der Contraction ca. 00069—0 0142 Millimeter breiter Muskelbänder herrühren. Durchschneidet man den Muskelcylinder der Länge nach, so findet man zu beiden Seiten eines 0"lo3 — 0'154 Mm. breiten medianen Hohlraumes, der das Lumen der häutigen Rüsselscheide fortsetzt und den Retractor enthält , je sechs nebeneinander liegende Schalen , deren jede aus einer einfachen Reihe von Querschnitten dieser diagonal verlaufenden Muskelbänder besteht (Taf. III, Fig. 7, 8 u. 9, 1, 2, 3, 4? 5» e)- Die sechs Schalen zeigen sich je nach den Zuständen ihrer Contraction ungleich dick; meist sind die mitt- leren am dicksten, fast immer die inneren am dünnsten. Hiemit übereinstimmend bekommt man auf einem Querschnitte (Taf. IV, Fig. 6) gleichfalls sechs übereinander liegende Schalen zu sehen, die, der schiefen Lage der einzelnen Muskelbänder entsprechend, bald längere Stücke von diesen (1) , bald Querschnitte derselben (q) zeigen. Der Querschnitt des ganzen Muskelcylinders hat, wenn er senkrecht auf die Längsrichtung getroffen ist, eine nierenförmige Gestalt. Die sechs Muskelschalen sind gegen das Körperinnere (311) 50 Theodor Pintner: am dicksten und breitesten und nehmen nach der der Körper- oberfläche zugewendeten Seite hin allmälig an Dicke ab , bis sie sich hier , in dünne Enden auslaufend , an einer derben häutigen Membran (s) , wie an einer Sehne befestigen ; da an dieser Stelle folglich keine Muskellage vorhanden ist , verschwinden hier auch bei oberflächlicher Ansicht die Diagonalen. Durch diese ungleich- massige Vertheilung der Muskelmasse bekommt natürlich auch der vollkommen kreisförmige Hohlraum (h), der den Retractor auf- nimmt, eine excentrische, gegen die Körperoberfläche hin verscho- bene Lage. Die Muskelbänder selbst haben , wie aus Quer- und Längs- schnitten zu ersehen ist , alle eine meist ziemlich regelmässige vierkantige Gestalt (Taf. III, Fig. 7, 8 u. 9 M, m u. Taf. IV, Fig. 'o, eil, ^2)' Am überraschendsten an denselben ist aber der Umstand, dass sie sämmtlich quergestreift sind. Die quei'- gestreiften Muskelbänder von den muskulösen Hohl- walzen des T e t r a r h y n c h e n - ß ü s s e 1 s r e p r ä s e n t i r e n einen der wenigen Fälle vom Vorkommen querge- streifter Muskeln im Kreise der Würmer. Isolirt man einzelne Stücke dieser Muskelbänder, so kommt die Querstreifung sehr schön zur Anschauung (Taf. V, Fig. 13, a), man kann bei einzelnen von den Reagentien stärker angegriffenen Stücken sogar sehr deutlich die sarcous elements unterscheiden (Fig. 13, b). Wird durch einen Schnitt irgend eine Kante des viereckigen Muskelbandes abgetragen , so erscheint die tiefer ge- legene Masse sehr fein längsgestreift (Taf. IV, Fig. 6, qi). Auf Querschnitten erscheint das Band bald solid (Fig. 6, qo) und dann fein punktirt, wie von lauter quergeschnittenen Längsfasern ; bald von grösseren und kleineren Hohlräumen durchsetzt (q) , die von einer mehr homogenen Plasmamasse gebildet scheinen. Das Vor- stehende bezieht sich durchaus auf in Osmium getödtete , mit Picrocarmin gefärbte und in Nelkenöl aufgehellte Tliiere. Ein deutliches Sarcolem vermochte ich an den einzelnen Muskelbändern nicbt wahrzunehmen , dagegen geht jene derbe, homogene Membran (Fig. 6, s), an der sie sich befestigen , in ein feines Häutchen, das sowohl die äussere Fläche als den inneren Hohlraum der Rüsselwalze auskleidet, über. Kerne sieht man in dem sehnenartigen Theile dieser Membran nie, und so dürften die platten Kerne, die man bisweilen den feineren, die äussere Rüssel- hülle bildenden Theilen derselben angelagert findet , wohl dem Körperparenchyra angehören. (212) Untersuchungen über den Bau des Bandwiirmkörpers. 51 Auch zwischen den sechs Muskelschalen scheinen ungemein zarte Membranen zu verlaufen. In den Muskeln selbst vermochte ich nie Kerne zu entdecken. Der hinterste Abschnitt eines jeden der vier Rüssel besteht somit aus einem zwei Drittheile der Kopflänge einnehmenden Muskelcylinder mit sechs übereinander gelagerten Schalen, deren jede aus einer einfachen Reihe vierkantiger, quergestreifter Muskel- bänder ohne Kerne gebildet wird , die, gegen das Kopfinnere am dicksten, zur Körperoberfläche hin in eine resistente, homogene, den Muskeln gegenüber wie eine Sehne functionirende Membran au,slaufen und so einen kreisrunden, excentrisch gelegenen Hohl- raum zur Aufnahme des Retractors umschliessen. Die Muskel- bänder einer jeden Schale verlaufen fast 90° geneigt gegen die der nächstfolgenden ; die Verlaufsricbtung sämmtlicher ist unge- fähr 450 geneigt gegen die Längsachse der Muskelwalze selbst. Der Retractor (Taf. III, Fig. 4, r'; Fig. 7, 8 u. 9, R) durch- zieht den Rüssel in seiner ganzen Länge, indem er sich einerseits am vordersten Ende des ausstülpbaren, zähncbentragenden Theiles, andererseits am hintersten Ende der Muskelwalze ansetzt und frei im Hohlräume aller drei Abschnitte des Rüssels lagert. Er besteht aus einem breiten Bande (Taf. IV, Fig. 8, B), das durch parallel verlaufende Längsfasern gestreift erscheint, und aus keulenförmigen Zellen, die im Leben aus einem homogenen Plasma gebildet, mit eirem Kerne und grossem Kernkörperchen versehen, mit ihrem schmalen Ende stets nur auf der einen Seite des contractilen Bandes aufsitzen. (Taf. IV, Fig 8, z). Mit diesen Zellen geht bei der schon oft erwähnten, von mir angewendeten Präparationsmethode eine merkwürdige Veränderung vor ; sie quellen nämlich auch bei der sorgsamsten Behandlung zu riesengrossen, 0'U223 — 0-029 im Durch- messer messenden kugeligen Körpern auf (Taf. IV, Fig, 5, z) , m denen das hell rosenroth gefärbte Plasma in zahlreichen kleinen, miteinander durch Stränge verbundenen Inselchen vertheilt erscheint; das Kernkörperchen färbt sich tief roth , der Kern aber nimmt eine polygonale Form mit stark hervortretenden Ecken an, von denen scharf contourirte Strahlen nach allen Richtungen hin verlaufen. Der Querschnitt des Retractors zeigt , dass die Zellen ungefähr zu 2—4 nebeneinander sitzen (Taf. IV, Fig. 6, z) und das Band aus einer durchsichtigen , fast gallertartigen (jrundsubstanz (p) besteht, die durch die reihenweise geordneten, gerade und auch schief verlaufenden Fibrillen (li) in einzelne Territorien getheilt wird. Der Rüssel ist überall vollkommen abgeschlossen , so dass '213) 52 Theodor Pintner: sein Hohlraum nirgends mit der Aussenwelt oder dem Kopfin nern communicirt. Der Hohlraum selbst aber ist mit einer im Leben schmutzig-trüben molecularen Flüssigkeit, die man bei jeder Bewe- gung auf- und abwärts schwanken sieht, prall angefüllt. Fragt man nun nach dem Mechanismus des Rüssel- apparates, so muss man sich zunächst vor Augen halten, dass der sogenannte Retractor nie in seiner ganzen Länge straff ge- spannt ist, dass er sich nie seiner ganzen, ungeheueren Länge nach zugleich zusammenzieht, sondern dass immer Stellen im Zustande der Contraction mit lockeren wechseln. So wird es kaum wahr- scheinlich , dass er als Hauptfactor beim Einziehen des hervor- stiilpbaren Rüsseltheiles wirken könnte, während er ganz sicher zur Ausstülpung gar nichts beitragen kann. Dagegen weist schon andererseits der Aufwand von so unverhältnissmässig vielem Muskel- inaterial darauf hin, dass der Hauptmotor bei der Bewegung jeden- falls der Hohlcylinder am unteren Rüsseltheile ist ; aus dem Bau •dieses letzteren geht hervor, dass das Zusammenziehen der Muskel- bänder desselben keine andere Wirkung haben kann, als den inneren Hohlraum bedeutend zu verkleinern : die Flüssigkeit kann die starren Wände der Rüsselscheide, die überdies von bereits er- wähnten Muskelringen , wie ein Fass von seinen Reifen , zusam- mengehalten werden, nicht ausdehnen, dringt also mit ganzer Macht gegen das handschuhüngerförmig eingestülpte Ende des zähnchenbesetzten Hafttheiles und stülpt es aus. Da diese Aus- stülpungen nun rasch und energisch erfolgen müssen, so war zur Erzielung einer solchen Wirkung quergestreifte Muskulatur offenbar viel vortheilhafter , als die meist nur allmälige Wirkungen erzie- lende glatte, und so erklärt sich denn das im Kreise der Würmer ganz vereinzelte Vorkommen dieser Gewebeart. Soll nun andererseits der ausgestülpte Rüssel wieder ein- gezogen werden, so lässt die Muskulatur nach, kehrt zur Ruhelage zurück, der Druck der Flüssigkeitssäule im Innern wird geringer als der von Aussen auf den hervorgestülpten Theil ausgeübte Druck und jener wird, da sonst ein Vacuum entstünde, in's Lmere zurückgedrängt. Der Retractor wird hiebei die Aufgabe haben, ein- mal bei dei' selten vorkommenden vollständigen Ausstülpung des zähnchentr;igenden Theiles die Spitze zur Einstülpung zu bringen, weil ohne Nachhilfe von seiner Seite Knickungen und Brüche der Wände des ausgestülpten Rüssels stattfinden könnten, dann zweitens die Einziehung in dem angeregten Sinne fortzuführen und zu beschleunigen und vielleicht auch über die Grösse der bereits voll- (214) Untersuchungen über den Bau des Baudwurmkörpers. 53 führten Bewegung bis nach dem untersten Theile des Apparates zu berichten. Ich gehe nunmehr zur Beschreibung der Gewebe über, und zwar zunächst der cuticularen und parenchymatösen Schichten. Die äusserste Schichte der C u t i c u 1 a ist in ihrer Dicke ausser- ordentlich wechselnd, sowohl nach dem Contractionszustande , als nach den verschiedenen Stellen des Körpers. So ist sie auf der inneren Fläche der Haftscheiben ( Taf, TV. Fig. 1 , h.) ziemlich dünn, viel dicker an den übrigen Stellen des Kopfes (hj), mit Ausnalime des Stirnrandes. Sie hat im Leben durchwegs ein glashelles Aus- sehen , nach dem Tode aber nimmt sie bei den verschiedensten Behandlungsweisen stets ein äusserst feinkörniges, käsiges Gefüge an und färbt sich in allen Tinctionsmitteln lebhaft. Sie er- scheint auf feinen Schnitten weder nach der äusseren, noch nach der inneren Seite von einer difFerenzirten Eandschicht schärfer begrenzt (Taf. V, Fig. o und 4, h) und machte auf mich immer weit mehr den Eindruck einer „Protein-", als einer „Chitinsubstanz" ^), eine Auffassung, deren Richtigkeit schon der Umstand zu bestä- tigen scheint , dass sie fast nur durch Härtung in Osmiurasäure und sehr vorsichtige Behandlung zu erhalten ist, während sie sonst stets abgestreift und zerstört wird. Trotz der sorgsamsten Härtungsmethoden aber, trotz Anfertigung der feinsten Schnitte und der genauesten, oftmals wiederholten Untersuchung konnte ich weder bei Tetrar hynchus longicollis, noch bei irgend einem anderen der zahlreichen von m i r u n t e r- suchten Bandwürmer jene vielbesprochenen Poren- canälchen der Cuticula auffinden 2); alle porenartigen Gänge und anderweitigen Hohlräume, die man in derselben aller- dings nicht allzu selten vorfindet, tragen untrügliche Kennzeichen künstlichen Gefüges an sich und sind auf Verletzungen beim Ein- betten und Schneiden zurückzuführen. Die Elemente, welche diese Cuticula bedecken, tragen bei Tetra- rhynchus longicollis mehr als sonst den Charakter von „Härchen" an sich (Taf. IV, Fig. 1 und 5; Taf. III, Fig. 10, H; Taf. V, Fig. 3 und 4, H); während sie sonst nämlich von oben bis unten gleich dick, ja sogar an der Ansatzstelle dünner als am Ende sind ^), *) Vergl. Leuckart's „Para-iteu I', S. I6(j. '') Allerdings finden sich solche hie und da mit rein localer Bedentung, wie auf der Haftfläche der Haft Scheiben von Anthobothrium masteli; diese daif man a!>er keineswegs zu einem allgemeinen Charakter der Körperhaut überhaupt erheben. =*) Vergl. Schiefferdecker, a. a. 0. S. 461. (215) 51 Theodor Pintner: ferner runzelig und unbestimmt contourirt erscheinen, also mehr den Namen „Fädchen" verdienen würden, sind sie hier an ihrem proxi- malen Ende , das in der käsigen Cuticula festsitzt , viel dicker, laufen in feine Spitzen aus, haben scharf begrenzte Ränder und erweisen sich ziemlich steif, beinahe borstig. Sie nehmen eine lebhafte, dunkle Carmin- oder Hämatoxylinfärbung an und sind keinesfalls als durch die Cuticula hindurchtretende „Proto- plasmafädchen", sondern sicher als auf dieser aufsitzende Gebilde zu betrachten; von Wimperbewegung, die Schriftsteller neuesten Datums unerklärlicher Weise annehmen ^), ist bei ihnen natürlich keine Spur zu finden. Unter dieser härchenbedeckten Haut folgen jene zwei fibril- lären Schichten, die A. Schneider als die „rechtwinkelig gekreuzte oder Hautmuskelschichte" bezeichnet. ^) Legt man die Ebene eines Flächenschnittes in der Weise schief zur Oberfläche, dass man am Schnitte von links nach rechts zanächst die obersten , dann immer tiefere Gewebsschichten aufeinander folgen sieht (Taf. III, Fig. 10), so findet man unterhalb der Härchen und ihrer Querschnitte (H ) die Cuticula (h) und unter dieser zunächst quer (qf) und sodann in der Längsrichtung (If) verlau- fende äusserst feine dunkle Linien , die durchwegs zu einander parallel liegen und nicht ineinander übergehen. Betrachtet man die äussersten Ränder des Schnittes genau, so sieht man oft ein- zelne dieser Linien wie Fasern über den Rand herausragen , an anderen Stellen ihre Spitzen wie durch ein äusserst feines, glashelles Häutchen verbunden. Bisweilen liegen die längsverlaufenden Linien in von einander gleich weit abstehende Bündel vereinigt (If). Untersucht man einen Längsschnitt (Taf. V, Fig. o und 4). so findet man zu oberst die Härchen mit der Cuticula (H, h), unter diesen eine einzelne Reihe kleiner Punkte (qf), unter diesen eine sehr dünne und zarte, aber, bei sehr starker Vergrösserung betrach- tet, deutlich contourirte Schicht (If). Auf Querschnitten (Taf. IV, Fig. 5) sieht man dem entsprechend unter der Haut mit ihren Härchen (h) zunächst eine äusserst zarte, doppelt contourirte Membran (qf) und darunter eine Reihe von Punkten, die sich als Querschnitte längsverlaufender Fibrillen darstellen (If). Diese letz- teren werden besonders auf Querschnitten, die dem untersten Kopf- theile entnommen sind, sehr gross und lassen keinen Zweifel mehr darüber aufkommen, dass sie Muskelfibrillen sind. ' Kahane, a. a. 0. S. 130. ■-) a. a. 0. S. 73. ;ui,i Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 55 Fasst man zusarnmen, was Längs-, Quer- und Flächenschnitte darstellen, so kommt man zu folgendem Ergebnisse: es lagern unter derCuticula zwei äusserst zarte glashelle Membranen, die in zwei aufeinander senkrecht stehenden Rich- tungen parallel verlaufende, unverzweigte, ungemein zarte Fibrillen eingesprengt haben; die Längsfibrillen, die tiefer liegen , werden durch Faltenlegung der Membran oft bündelweise vereinigt und nehmen gegen das hintere Kopfende zu den Charakter von dickeren Muskelfasern an: in letzterem Falle hat es den Anschein , als ob die Membran , in die sie sonst ein- gelagert sind, fehlen würde und sie sich unmittelbar an die darüber liegende Schichte anlegten. Diese vier unter einander liegenden G e w e b s- element e : 1. DieHärchen, 2. die dickere, leicht loslösbare, sich tingirende Cuticula, 3. eine zarte Membran mit q ue r laufen den und 4. eine ebensolche mit längs- verlaufenden Fibrillen, scheinen allen Bandwürmern mit nur geringen Veränderungen eigenthümlioh zu sein. Auf diese zu oberst liegenden Schichten folgt bei Tetra- rhynchus longicollis eine dem Kopfe dieses Thieres eigenthümliche Gewebslage, die sich schon bei oberflächlicher Betrachtung desselben bemerklich macht. Bei schwächerer Vergrösserung zeigt sich der Kopf nämlich diagonal carrirt durch auf einander nahezu loth- recht stehende und zur Längsachse unter einem Winkel von 45" geneigte, gleich weit von einander abstehende Linien , die sich bei eingehender Untersuchung als Bündel feiner, kernloser parallel- laufender Muskelfibrillen darstellen (Taf. III, Fig. 10, m) und auch auf Schnitten sichtbar sind (Taf. V, Fig. 3 u. 4, m ). Die Grösse der durch diese Muskelfibrillen gebildeten Quadrate wächst mit ihrer Entfernung vom vorderen Kopfende. In der Reihe der Gewebsschichten folgt nun jene viel- besprochene Zellenlage, über deren Charakter als Epithel die Schriftsteller so verschiedener Meinung sind. Betrachtet man diese Zellschicht von der Fläche , so sieht man die kleinen Kerne der Zellen mit ihrem centralen Kernkörperchen bei Exemplaren , die nicht mit Osmiumsäure behandelt wurden, von einem grobkörnigen, sich dnnkelroth färbenden Plasma umgeben fTaf. III, Fig. 10, e), während dieses bei mit Ueberosmiumsäure behandelten Exemplaren eine gleichmässige braune Färbung zeigt und nach allen Seiten (217) 56 Theodor Pintner: zackige Spitzen aussendet (Taf. V, Fig. 1, e;; in beiden Fällen erscheinen die Plasmahüfe der einzelnen Zellen durch bald kleinere bald grössere helle Zwischenräume von einander getrennt. Allent- halben umschliesst das Plasma einer einzelnen Zelle oder mehrerer Zellen zusammengenommen kugelige Hohlräume von verschiedener Grösse (Taf. III, Fig. 10, fe; Taf. V, Fig. l,fe), die Lagerstätten jener fettähnlichen Tropfen , die das Thier im Leben so undurch- sichtig und der Untersuchung so schwer zugänglich machen. Um diese Verhältnisse überzeugend zur Anschauung zu bringen , müssen die betreiFenden Schnitte sehr fein angefertigt sein ; dann findet man aber Bilder , die ausserordentlich ver- schieden sind , je nachdem sich die Stellen in Ausdehnug oder Zusammenziehung befanden ; im letzteren Falle liegen die Zellen einreihig geordnet und besitzen eine spindelförmige, ziemlich schlanke Gestalt (Taf. IV, Fig. 5, e ; Taf. V, Fig. 3, e), im ersteren dagegen sieht man sie viel niedriger und umso breiter, mit einem nach allen Richtungen ausgestreckten Plasma (Taf. V, Fig. 4, e) ; immer schliessen sie die von den Fettkügelchen herrührenden Hohlräume ein. Gelingt es, eine Zelle zu isoliren, so sieht man das gebräunte Protoplasma den kleinen rothen Kern sternförmig umgeben und die Hohlräume oder etwa durch die Osmiumsäure erhaltene und gebräunte Kugeln einschliessen (Taf. V, Fig. 7, a). Wendet man aber sehr starke Vergrösserungen an und untersucht sehr genau, so gelingt es , wenn auch höchst selten , zu sehen , dass dieser braune Plasmaleib nicht allein die Zelle ausmacht, sondern dass derselbe wie von einer äusserst zarten Membran umgeben erscheint, und die Zelle so einer keulenförmigen Hülse gleicht. Denkt man sich die Zellen solchergestalt nebeneinander lagernd (Taf. V, Fig. 7, b;, so erhält man ein Bild, das alle charakteristischen Merkmale eines Epithels an sich vereinigt. Auf Schnitten sieht man aus der Reihe dieser Zellen oft einige tiefer in das Parenchym eindringen und die übrigen Epithelzellen, mit denen sie sonst in allen Charakteren übereinstimmen, an Aus- dehnung bedeutend übertreffen (Taf. V, Fig. 3 u. 4, e') ; sie erinnern mit ihrer beuteiförmigen Gestalt lebhaft an einzellige Hautdrüsen : jedoch ist es mir nie gelungen, einen Ausführungsgang zu entdecken. Ob diese oberste Zellschicht als Matrix der darüber befind- lichen Lagen anzusehen ist, das endgiltig zu entscheiden verniag, wie Steudener bereits bemerkt i), nur die Entwicklungs- geschichte. ') a. a. 0. S. 283. (218) Untersuchungen über den Bau des Bandwnrmkörpers. 57 Die bisher besproclienen Gewebselemente setzen, theilweise raodificirt, den ausstülpbaren Theil des Rüssels zusammen. In der sich dunkel tingirenden Cuticula sitzen die Härchen , die hier eine zottige Umbildung erfahren haben (Taf. IIE, Fig. 5, h), und die Zähnchen fest , die ja genetisch wahrscheinlich mit den Härchen durchaus gleichen Ursprung haben und als aus ihn,en hervorgegangene Elemente zu betrachten sind. Von der recht- winkelig gekreuzten Schicht sind nur die Längsfasern zur Ent- wicklung gekommen (Taf. III, Fig. 5, m, wo sie in Folge schiefer Lage der Schnittebene halb quergeschnitten erscheinen), die eine ziemlich derbe Längsstreifung dieses Rüsseltheiles verursachen. Das darunter liegende Epithel hat nach der Innenseite eine zweite Cuticularschicht zur Absonderung gebracht (e), ist selbst aber atrophirt, so dass von ihm nur sehr spärliche Kerne (k) und ein Netzwerk grober Fasern, besonders auf Querschnitten sichtbar (Taf. IV, Fig. 1, e), zurückgeblieben ist. Zwischen dem Epithel und dem eigentlichen Körperparenchym liegt eine Zellenlage höchst eigenthümlichen Charakters. Sie be- steht aus unregelmässigen, membranlosen Zellen sehr verschiedenen Umfanges mit einem Leib aus sehr blassem, vollkommen homo- genem, schmutzig-trübem Plasma, das nach allen Seiten Fortsätze aussendet , um mit gleichen Zellen in Verbindung zu treten und so ein das ganze Körperparenchym schlauchförmig umhüllendes Netz zu bilden (Taf. V, Fig. l,pl). Diese Zellen, die nur durch Behandlung mit Ueberosmiumsäure klar zu machen sind, besitzen deutlich contourirte , aus dem sie reichlich umgebenden Plasma scharf hervortretende Kerne, welche grösser sind als die der Epithel- zellen und ein einziges sich dunkel tingirendes , excentrisch gele- genes Kernkörperchen haben (Taf. V, Fig. 3 u. 4, pl). Die bald sternförmigen, bald sehr in die Länge gezogenen Zellen verschmelzen oft zu ganzen Territorien, die dann meist plattenförmig aussehen und mehrere Kerne besitzen. Am eigenthümlichsten ist aber der Umstand, dass sie sich zu kleineren und grösseren Canälchen zu- sammenlegen , die untereinander communiciren und nach verschie- denen Richtungen verlaufen. Die Wände dieser Canälchen und canalartigen Hohlräume (Taf.V, Fig. 1, pl,; Taf. III, Fig. 12, einer der grössten von allen beobachteten; Taf. IV , Fig. 7, pli), die keineswegs leicht aufzufinden sind, werden allein von dem weichen mit Kernen durchsetzten Plasma gebildet, das nach aussen allent- halben mit umliegenden Zellen in Verbindung tritt , auch durch das Lumen oft Stränge zur gegenüberliegenden Wand zu entsenden (219) 58 Tht'odor Piutner: scheint und unterscheiden sich dadurch von den Wänden der Wassergefässcanäle mit ihren derben glashellen Häuten. Das homo- gene Plasma enthält zahlreiche im Leben stark lichtbrechende Tröpfchen, die sich gegen Reagentien ziemlich unempfindlich ver- halten, sich nur selten bei Osmium-Carminbehandlung schwach bräunen oder röthen. Die Weite der beschriebenen Canälchen ist im Allgemeinen sehr gering, um 0'(>01 Mm. schwankend; im unteren Kopftheile fand ich jedoch auch Gänge, die die ansehnliche Breite von 0'029 Millimeter und selbst noch darüber besassen. Im Lumen solcher weiter Gänge finden sich dann oft bald mehr homogene, bald grobkörnige , sich stark roth tingirende Concrementkugeln vor (Taf. III, Fig. 12, k). Das ganze Aussehen dieser hier besprochenen Gewebsschicht erinnert gewiss lebhaft an das von Sommer in seiner ersten Arbeit ^) beschriebene ,/oine und äusserst zartwandige plasmatische Canai- system" mit einer Tränkungsflüssigkeit von mattem Fettglanz, und ich glaube nicht irre zu gehen, wenn ich seinen Fund mit dem beschriebenen Organsysteme identificire. Was die physiologische Function dieser Gewebstheile an- belangt, so liat Kahane bereits die Meinung ausgesprochen, dass es als ein vom Wassergefässsystem vollkommen „gesondertes, zur Circulation der Nahrungsstoffe, resp. Nahrungssäfte dienendes System aufgefasst werden" miisste, 2) Fehlen nun auch die von Sommer beschriebenen Communi- cationen mit der Aussenwelt, in denen Kahane eine Hauptstütze seiner Ansiciit findet, schon aus dem Grunde, weil ja überhaupt keine mikroskopisch nachweisbaren Poren der Haut vorhanden sind , so tritt für eine derartige Auffassung der Umstand ein, dass mit den Zellen dieses Organsystems die Trichterzellen ') „lieber den Bau von Bothrincephalus latus" von S omme r und Landois; Ztschr. f. wiss. Znol. XXFI. I87 6 Dr. Carl Grobben: Kurz nach der Ablage des Eies erfolgt die Ausstossung der Richtungskörper, und zwar werden zwei solclie ausgestossen, der erste noch vor Bildung der Dotterhaut, der zweite nach erfolgter Ausscheidung der letzteren. Der erste wird, weil ausserhalb der Eihaut gelegen, sehr leicht weggeschwemmt, was auch fast immer geschieht, der zweite bleibt, da er innerhalb der Eihaut liegt, am Ei. Man findet daher an den Eiern in der Regel nur ein einziges Richtungskörperchen vor, nur sehr selten kommen beide an dem sich furchenden Ei zur Beobachtung, offenbar dann, wenn die Aus- scheidung des Dotterhäutchens etwas früher als die Ausstossung des ersten Richtungskörpers ihren Anfang genommen hat. Der kleine Rest des Eikerns , welcher bei der Ausstossung der Richtungskörper nahe der Oberfläche des Eies lag, rückt nun wieder gegen das Centrum des letzteren, indem er gleich- zeitig durch Imbibition von Kernsaft bedeutend an Grösse zunimmt. Derselbe hat ein homogenes Aussehen und liegt inmitten einer strahligen Figur des Eiprotoplasmas. Wenn der Eikern central- wärts wandert, erscheint im Ei an einer anderen Stelle, und zwar, so viel ich in Erinnerung habe, stets am vegetativen Pole , nahe der Oberfläche ein zweites , anfangs kleines helles Bläschen , welches ebenfalls in der Mitte einer strahligen Figur liegt. Dasselbe rückt , gleichfalls centralwärts wandernd , dem Eikern entgegen, während es gleichzeitig durch Imbibition mit Kernsaft zu einer ansehnlichen Grrösse heranwächst. Dieses zweite Gebilde ist oiFenbar der Spermakern. Endlich stossen die beiden Kerne , Eikern und Spermakern , aneinander und sind nur noch durch eine zarte Wand von einander geschieden. Dieses Stadium, auf welches sogleich die Bildung der ersten Kernspindel folgt, zeigt uns Fig. 2. Ich will noch hinzufügen , dass ich stets nur einen einzigen Spermakern beobachtet habe. Ich habe diese Vorgänge, welche mit den gleichen Vorgängen in den Eiern anderer Thiere, wie sie besonders durch die Unter- suchungen Bütschli's, 0. Hertwig's und Fol's festgestellt wurden, vollständig übereinstimmen, ein wenig ausführlicher be- schrieben , weil dieselben bei den Arthropoden bisher noch nicht beobachtet wurden. Die von mir gegebene Beschreibung ist nur nach Beobachtungen dieser Vorgänge am lebenden Ei gemacht; dasselbe eignet sich wegen seiner ausserordentlichen Durchsich- tigkeit dazu sehr gut, und ich habe den geschilderten Process mehrere Male immer in derselben Weise verlaufend zu beobachten Gelegenheit gehabt. (248) Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septentrioualis Goodsir. 7 Wenn auch die Ausstossung des Richtungskörpers und der Vorgang der Vereinigung von Ei- und Spermakern bei Arthropoden noch nicht Gegenstand der Beobachtung waren, so sind doch schon Richtungskörper bei Arthropoden bekannt gewesen, deren Deutung als solche nach den Untersuchungen am Copepodenei unzweifelhaft als richtig erscheint. So hat E. Me t seh ni k of f ^) am Ei von Nebalia und P Hoek^) an dem von Baianus balanoides den Richtungskörper gesehen ; ferner habe ich ') einen am Ei von Moina rectirostris vorkommenden Körper als Richtungskörper gedeutet. Endlich sind in neuester Zeit Richtungskörperchen auch an den Eiern von Asellus aquaticus bekannt geworden. L. F. Henneguy*), welcher diesen Fund machte, theilt mit, dass er an allen von ihm untersuchten Eiern zwei (manchmal auch vier) kleine Kügelchen zwischen Dotter und Chorion sah, ja zwei- mal sogar die Ablösung eines solchen Körperchens vom Eidotter beobachten konnte. Diese Körperchen verschwinden, wenn der Dotter in zehn Furchungskugeln zerfallen ist. Wahrscheinlich werden die Richtungskörperchen wie bei Cetochilus zwischen die Furchungskugeln gedrängt. Freilich fehlt in allen diesen Fällen der durch directe Beobachtung geführte Nachweis über die Abstammung dieser Körperchen. Nichtsdestoweniger erscheint mir die Deutung dieser Gebilde als Richtungskörper berechtigt. Der aus der Vereinigung von Eikern und Spermakern hervor- gegangene Furchungskern liegt nur scheinbar im Centrum des Eies. Man kann sich durch Messungen überzeugen , dass er ex- centrisch, und zwar stets dem durch die Lage der Richtungskörper bezeichneten animalen Eipole näher als dem vegetativen gelegen ist. Diese excentrische Lage des Furchungskernes ist neben den Richtungskörperchen das einzige Zeichen einer polaren Diiferen- zirung am ungefurchten Ei. Alsbald, nach der Vereinigung von Ei- und Spermakern, beginnt die Furchung , indem sich der Furchungskern in eine Kernspindel verwandelt. Die Kerntheilung erfolgt senkrecht zu. *) E. Metschnikoff, Die Entwicklungsgeschichte von Nebali a. St. Peters- burg 1868 (rassisch). Ich verweise auf die Fig. 2 der I. Tafel. ^) P. Hoek, Zur Entwicklungsgeschichte der Entomostraken. I. Embryologie von Baianus. Niederl. Arch. f. Zool. Bd. III, 1876—77. ") C. Grobben, Die Entwicklungsgeschichte der Moina rectirostris. Arbeiten aus d. zoolog Inst, zu Wien. Bd. II, 1879, p. 7. *) L. F. Hennegny, On the Existence of Polar Globnles in the Ovum of the Crustacea. Annais and Magazine of natur. bist. 5. ser. Bd. VI, Decemberheft 1880, p. 465, aus dem Bull. Soc. Philom. Paris, April 10, 1880. (249) 8 Dr. Carl Grobben: der Eiaxe, welche man sieh vom animalen zum vegetativen Pol gezogen denkt. Bald tritt auch die Furchung des Dotters ein (Fig. 3). Diese ist entsprechend der Kerntheilung eine meridionale (mit Rücksicht auf die Eiaxe). Die Furchung ist total, wie schon C, Claus und Ed. van Beneden angaben, während P. Hoek nach seinen Beobachtungen diese Angaben nicht zu bestätigen ver- mochte. Schon in diesem Stadium ist im Centrum des Eies eine kleine spindelförmige Furchungshöhle zu bemerken, in welcher sich einige Dotterkörnchen befinden. Die nächste Furche ist äquatorial. Wir erhalten so vier Furchungskugeln. Diese bleiben aber nicht gerade über einander liegen, sondern verschieben sich ein wenig gegen einander (Fig. 4). Die darauffolgende Furche ist wieder eine meridionale (Fig. 5). Dieselbe verläuft, da die aus der vorigen Segmentation hervor- gegangenen vier Furchungskugeln gegen einander verschoben sind, in einer gebrochenen Linie um das Ei. Aus dem so resultirenden Achtzellenstadium geht durch eine äquatoriale Furche das Sechszehnzellenstadium hervor (Fig. 6). Die von den Furchungskugeln eingeschlossene Furchungshöhle hat be- deutend an Grösse zugenommen und ist mit dem von den Furchungs- kugeln abgestossenen Nahrungsdotter erfüllt. In diesem Stadium findet man den Richtungskörper nicht mehr auf der Eioberfläche, wie bisher ; denn derselbe hat eine Wanderung in die Tiefe an- getreten und man kann ihn an derselben Stelle, an der er früher aussen lag, aber zwischen den Furchungskugeln, in die Tiefe gedrängt, finden. Die nächste Theilung der Furchungskugeln erfolgt in senk- rechter Richtung auf die vorhergegangene. Aus derselben resul- tiren somit 32 Zellen (Fig. 7). Während aber bis jetzt eine Ver- schiedenheit in der (rrösse, wenigstens eine bedeutendere, zwischen den Furchungskugeln nicht constatirt werden konnte , zeigt sich eine solche in diesem .Stadium zuerst. Es theilt sich nämlich die untere nach links zu gelegene Zelle (Fig. 6) in zwei ungleiche Theile , eine kleine Zelle und eine grosse , und zwar erfolgt die Theilung dieser Zelle erst, nachdem die aller übrigen Furchungs- kugeln bereits erfolgt ist. Betrachtet man ein Ei aus diesem Stadium von der in der Seitenansicht nach unten gekehrten Seite (Fig. 8), so kommen die kleine und die grosse Zelle in die Mitte zu liegen , die übrigen JFurchungszellen liegen bilateral-symmetrisch zu denselben. Die im Centrum gelegene grosse Zelle (cen) zeichnet sich durch die (250) Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septentrionalis Goodsir. 9 grössere Menge von Nahrungsdotterballen, sowie das grobkörnigere Protoplasma aus und fällt durch diese Eigenthümlichkeiten in der Regel sofort in die Augen. Dieselbe enthält, wie aus den späteren Stadien hervorgeht, nur Entodermp artikelchen; da sie aber nur den centralen Entodermtheil bildet, so will ich sie von nun an als „centrale Entodermzelle" bezeichnen. Aus dem weiteren Verlauf der Entwicklung zeigt sich nämlich, dass auch die kleine Zelle (ven), welche sich durch einen mit zahlreichen kleinen Kernkörperchen versehenen Kern auszeichnet , eine Entodermzelle ist und ebenso die vier zu Seiten der kleinen und der centralen Entodermzelle gelegenen Zellen Entodermtheilchen enthalten. Die kleine Ento- dermzelle will ich wegen ihrer Lage vor der centralen als „vordere Entodermzelle", die vier letzteren als „Seitenzellen" bezeichnen. Der weitere Verlauf der Entwicklung zeigt weiter, dass die hinter der centralen Entodermzelle gelegene Furchungskugel neben Ecto- dermtheilchen (u) sämmtliche Mesodermpartikelchen in sich enthält. Wir können somit in diesem Stadium bereits ein Vorn und Hinten unterscheiden. Vorn ist bezeichnet durch die Lage der kleinen Entodermzelle, hinten durch die das Mesoderm enthaltende Furchungskugel. Die Seite, welche uns das Ei in Fig. 8 zukehrt, entspricht der späteren Ventralseite des Thieres ; ich kann dies jedoch nur als höchst wahrscheinlich hinstellen. Da, wie wir später sehen werden , der Gastrulamund vollständig geschlossen wird, ist es äusserst schwierig, die Orientirung der Körper- seiten in den der Gastrulaschliessung zunächst folgenden Stadien festzuhalten, was später wieder möglich wird. Ich habe mich unzählige Male bemüht, diese Frage durch directe Beobachtung der Entwicklung an demselben Ei von dem Gastrulastadium an- gefangen bis zum Auftreten der zweiten Antenne zu entscheiden, was mir aber nicht gelang, da die Eier während eines so langen Verweilens unter dem Deckgläschen stets Schaden litten und ein zu reicher Zusatz von Wasser dieselben zum Rollen brachte. Betrachten wir das Ei von der Seite, und zwar im optischen Schnitt, so finden wir im Centrum der Furchungskugeln die kreis- förmige Furchungshöhle , von deren Umgrenzung nur die kleine vordere Entodermzelle ausgeschlossen ist (vergl. Fig. 11). Wir bemerken in der Furchungshöhle jetzt auch den Richtungskörper (Fig. 11 r) welcher schon im vorhergehenden Stadium zwischen die Furchungszellen in die Tiefe gedrängt wurde. Nach dieser Furchung, also im 32-Zellenstadium, tritt eine lange Pause in der Weiterentwicklung ein. Ich glaubte anfangs, (251) 10 ' Dr. Carl Grobben: dass dieselbe nicht constant sein dürfte , und ii: einer äusseren Ursaclie ihren Grund hätte , überzeugte mich jedoch bald vom Gegentheil. Die Unterbrechung währt mehrere Stunden. Die Ursache dieser Erscheinung dürfte in einer Erschöpfung der Zellen zu suchen sein. Bis zu diesem Stadium nämlich erfolgen die Theilungen sehr rasch. Die Pause bezeichnet uns somit einen Ruhepuntt, in welchem sich die Zellen erholen, indem sie wahr- scheinlich aus dem Nahrungsdotter ihre durch die Furchung auf- gebrauchten Stoffe ersetzen. Mit dem weiteren Verlaufe der Furchung theilen sich zu- nächst die an den Seiten des Eies gelegenen Zellen, und zwar zunächst die obere Reihe, welcher die untere bald nachfolgt (Fig. 9). Von grösserem Interesse ist aber die Bauchseite, weshalb ich von diesem Stadium an fast stets bloss diese abgebildet habe. Besieht man dieses Stadium von der Bauchseite (Fig. 10), so findet man die vier grossen Seitenzellen durch eine äquatoriale Furche in zwei über einander gelegene Zellen getheilt, ebenso die Zelle links , welche hinter den Seitenzellen gelegen ist , während die übrigen Zellen durch eine meridionale Furche in zwei Ab- schnitte zerfielen. Nur die centrale und die vordere Entodenn- zelle sind ungetheilt geblieben. Wenn dieses Stadium im optischen Längsschnitt betrachtet wird, so zeigt es sich, dass die Furchungs- kugeln eine verschiedene Höhe besitzen (Fig. 11), indem die den Entoderm- und Ectodermpol bekleidenden hoch , die im Aequator befindlichen dagegen niedrig sind. In Folge dessen ist die Furchungs- höhle im optischen Schnitt nicht mehr kreisförmig wie bisher, sondern vom animalen zum vegetativen Pole ein wenig abgeplattet. Diese Abplattung nimmt in den späteren Stadien noch zu. Das folgende Entwicklungsstadium (Fig. 12) zeigt die centrale Entodermzelle in zwei getheilt, die beiden hinter diesen gelegenen das Mesoderm enthaltenden Furch ungskugeln noch in Theilung begriffen. Die übrigen Zellen des Blastoderms haben sich gleich- falls gefurcht, mit Ausnahme der vorderen Entodermzelle und der jederseits in der Vierzahl vorhandenen Seitenzellen , welche un- gefurcht geblieben sind. Auch auf der Rückenseite des Eies (Fig. 13) haben sich sämmtliche Zellen getheilt oder sind noch in Theilung begriffen. Hervorheben will ich noch, dass auch an dieser Seite eine bilateral symmetrische Anordnung der Blastodermzelleu deutlich hervortritt. Das nachfolgende von mir in Fig. 14 abgebildete Stadium unterscheidet sich nur wenig von dem eben besprochenen. Doch (252) Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus si-ptentrioiialis Goüdsir. 11 ist es deshalb interessant , weil in demselben zum ersten ^lale alle drei Keimblätteranlagen getrennt in der Keimblase vor banden sind. Aus der Theilung der beiden die Mesodermtlieile enthalten- den Zellen sind vier Zellen, je eine vordere grössere und eine hintere kleinere, hervorgegangen. Die vorderen grösseren (urms) enthalten das ganze Mesoderm ; sie sind als „Urzellen des Meso- derms" (Hatschek) zu bezeichnen; die beiden hinteren kleineren sind Ectodermzellen. Inzwischen theilen sich auch die vier Seiten- zellen und zwar die den centralen Entodermzellen proximalen durch eine äquatoriale, die distalen durch eine meridionale Furche, In der Fig. 14 finden wir sie zumeist noch in der Theilung begriffnen. Die an die centralen Entodermzellen anstossenden , in der Figur mit sen bezeichneten Theilungsproducte der proximalen Seitenzellen enthalten nur Entodermtheilchen und bilden mit den centralen und der vorderen kleinen Zelle (ven) die Anlage des inneren Keimblattes, des Entoderms. Sämmtliche übrigen Zellen gehören dem Ectoderm an. Alle drei Keimblätteranlagen sind, wie ich noch hervorheben will, bilateral-symmetrisch gestaltet. In dem folgenden Furchungsstadium (Fig. 15) sind die beiden centralen Entodermzellen durch eine quere Furche in je zwei Zellen zerfallen ; ebenso haben sich die Urzellen des Mesoderms getheilt, so dass nun vier Mesodermzellen in der Keimblase vorhanden sind. Auch in den meisten der übrigen Blastodermzellen ist eine Theilung erfolgt. Ich habe früher die beiden Zellen des Mesoderms als „Ur- zellen" bezeichnet. Nun finden wir aber- vor dem Hineinrücken des Mesoderms dieses letztere aus vier Zellen bestehend. Es entsteht daher die Frage, ob nicht etwa alle vier Zellen als Ur- zellen aufzufassen sind? Diese Frage muss verneint werden. Nur die beiden mittleren , sich in der Meridianebene berührenden Mesodermzellen (urms) sind als „Urzellen" des Mesoderms zu be- zeichnen, da wir sehen werden, dass sich im Naupliusstadium in dem hintersten Körperabschnitte jederseits nur eine noch undiff'erenzirte Mesodermzelle findet, welche den Mesodermgebilden der später auftretenden Segmente den Ursprung geben, sich jeder- seits aber zwei finden müssten, falls alle vier Mesodermzellen Urzellen wären. Wir können den Theilungsvorgang der Mesodermzellen in der Keimblase nur als eine Vermehrung des Mesoderms auf- fassen, und es ist dieses Entwicklungsstadium des Mesoderms mit (253) 12 Dr. Carl G r o b b e n : dem von C. Rabl^) bei Planorhis in Fig. 17 A abgebildeten zu vergleichen. Bei Planorbis findet diese erste Mesoderm- vermelirung erst an den bereits in die Furchungsliöhle liinein- geriiekten Urzellen statt, ein Vorgang, welclier bei Cetocliilus noch innerhalb der Keimblase erfolgt. Dass diese Deutung die richtige ist, wird auch durch eine andere von mir gemachte Beobachtung wahrscheinlich gemacht. Ich sah nämlich an einem kleinen sehr durchsichtigen Cope- podenei , dessen Mutter ich zu bestimmen verabsäumte , unter der Keimhaut zwei grosse Zellen liegen , welche sich auch durch den Besitz grösser Kerne auszeichneten. Die beiden an einander Fig. 1. stossenden Zellen bildeten eine bilateral- symmetrische Anlage (vergleiche beistehen- den Holzschnitt). Dieselben fasse ich als die Urzellen des Mesoderms auf. Allerdings fehlt mir der Beweis dafür, welcher nur durch die Verfolgung der Weiterentwick- lung dieser Zellen geliefert werden kann. Indessen gestatten die Vorgänge an dem von mir beobachteten Cetochilusei auch ohne diese einen Schluss zu ziehen. Wir hätten hier somit ein Copepodenei, wo das Mesoderm in seiner ersten Anlage durch zwei Zellen in die Tiefe rückt. Dass diese beiden Zellen in der Tiefe der Keimhaut einem normalen Entwicklungsvorgang angehören, kann ich mit Sicherheit behaupten, da ich dieselben an sämmtlichen Eiern zweier Gelege beobachtete. Kehren wir nun zur Darstellung der weiteren Entwicklung des Cetochiluseies zurück, so finden wir, dass sich die vier Entoderm- zellen zu Seiten der vier centralen durch eine meridionale Furche getheilt haben (vergl. Fig. 16). Dieses Stadium geht der örtlichen Trennung der drei Keimblätter voraus; es ist nach der Definition Rabl's als Blastosphaera zu bezeichnen. Mit ihm schliesst die erste Entwicklungsperiode ab. II. Entwicklungsperiode. Die weitere Entwicklung bis zum Ausschlüpfen des Nauplius. Zur Zeit , wenn die Theilung der zu Seiten der centralen Entodermzellen gelegenen Furchungskugeln erfolgt , rücken die ') C. Rabl, Ueber die Entwicklung der Tellerschnecke. Morphologisches Jahrbuch, Bd V. (254) Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septentrionalis Goodsir. 13 vier Mesodermzellen in die Furchungshöhle hinein (Fig. 16). Den- selben folgen die vier hinter ihnen gelegenen Ectodermzellen nach; letztere werden mechanisch, in Folge des Hineinrückens der Mesodermzellen, mitgerissen. Nun senken sich auch die vordere Entodermzelle, sowie die acht Entodermzellen (sen) zu Seiten der centralen in die Tiefe (in Fig. 16 sind sie schon zum Theil in die Tiefe getreten), und damit hat die Gastrulation begonnen. Die Langsamkeit und die eigenthümliche Art, wie die Einstülpung des Entoderms verläuft, zeigen, dass die letztere, wie auch das Einrücken der Mesodermzellen , mit grossen Schwierigkeiten ver- bunden ist. Die zu überwindenden Hindernisse liegen einestheils in der bedeutenden Grösse der Entodermzellen , anderntheils in der Kleinheit der Furchungshöhle. Der Vorgang der Entodermeinstülpung ist folgender. Wenn die acht seitlichen Entodermzellen und die vordere Entodermzelle hineinzurücken beginnen , senken sich anfänglich auch die vier centralen Entodermzellen ein wenig ein. Sowie die ersteren aber tiefer hinabgelangen, zwängen sie die letzteren ein ; in Folge dessen werden diese etwas in die Höhe gedrängt und stehen wie ein Pfropf vor (vergl. Fig. 18). Erst nachdem die seitlichen Entodermzellen in die Tiefe gerückt sind , beginnen auch die vier centralen hinabzusinken (Fig. 19). Die Einsenkung ist hinten tiefer als vorn. Hinten erhebt sich das Ectoderm in einer ziemlichen Breite zu einer steil in die Grastralhöhle abfallenden Wand, während es vorn allmälig gegen die Gastralhöhle abfällt. Zu den Seiten des Gastrulamundes ist das Ectoderm zu zwei Wülsten erhoben, die wir auch noch später (Fig. 20) wiederfinden. Während dieser Zeit sind die vier Mesodermzellen bereits ganz aus der Blastosphaera in die Furchungshöhle hineingelangt und haben sich abgerundet. Sie liegen jetzt zwischen Ectoderm und dem sich einstülpenden Entoderm, und zwar zwei davon, die beiden in der Blastosphaera medial gelegenen (urms) etwas tiefer und in der Mittellinie an einander stossend, die beiden anderen (ms) lateralwärts zugleich ein wenig vor und über den ersteren (Fig. 17 und 19). Mit dem steten Tieferrücken der centralen Entodermzellen wurde eine Anzahl der an den Mundrand anstossenden Ectoderm- zellen mit in die Tiefe gerissen, wie wir dies schon bei dem Aus- tritte der Mesodermzellen aus der Blastosphtera gesehen haben. Diese Ectodermzellen haben sich indessen getheilt; die Theilung (255) 14 Dr. Carl Grobben: derselben beginnt schon zu einer Zeit, wo die centralen Entoderm- zellen sich eben anschicken, in die Tiefe zu wandern. Nun erfolgt die Schliessung des Gastrulamundes (Fig. 20 gm). Wir haben soeben gesehen, dass bei der Gastrulation eine grosse Zahl der das Entoderm und Mesoderm begrenzenden Zellen in die Tiefe gerissen wird. Alle diese Zellen erscheinen wieder im Gastrulamund und verscliliessen denselben. Es stülpt sich somit der mit eingezogene Theil des Ectoderms wieder zurück. Zunächst treten die Seitenränder des Gastrulamundes, welche schon früher stärker vorsprangen (Fig. 20), zusammen, und dann erfolgt die Schliessung zunächst vorn, später auch hinten. Der Gastrula- mund schliesst sich vollständig. Die Schliessung geschieht in einer Linie, welche parallel mit der Längsachse des Embryo geht. Dass diese Seite der späteren Bauchseite entspricht, kann ich nur als höchst wahrscheinlich hinstellen. Die Gastrulaschliessung bei Cetochilus erfolgt nicht, wie in den meisten bekannten Fällen, von hinten gegen vorn, sondern umo-ekehrt gerade hinten verschliesst sich der Mund zuletzt. Wir linden weiter, dass der Gastrulamund hinten breiter ist als vorn, während er sonst umgekehrt vorn breiter und hinten schmäler ist. Diese Abweichung in der Schliessung sowie in der Gestalt des Mundes der Cetochilusgastrula lässt sich aus der Anlage der Keim- blätter erklären. Hinten rücken breite Zellfronten in die Segrnen- tationshölile hinein , während gegen vorn sich die einzustülpende Partie verschmälert : so wird nothwendigerweise der Gastrula- mund hinten breiter werden und sich gegen vorn zu verschmälern ; aus demselben Grunde erfolgt die Schliessung desselben hinten auch später als vorn. Ich will jedoch hier eine Beobachtung anfügen, welche ich allerdings ein einziges Mal machte, da sich später keine Gelegen- heit mehr ergab, selbe zu wiederholen. Ich fand nämlich, dass unterhalb des geschlossenen Gastrulamundes (Ectoderms) das Entodermsäckchen noch offen war und sich erst allmälig zu einem Säckchen und zwar in der Richtung von hinten nach vorn verschloss. Es erfolgte somit auch hier die Gastrulaschliessung regelmässig, der Process geht jedoch in der Tiefe vor sich, nach- dem sich das Ectoderm über dem Entoderm bereits geschlossen hat, während die Ectodermschliessung durch ein anderes bereits hervorgehobenes Moment beeinflusst ist. Die Gastrula hat P. iIoek\) beschrieben und abgebildet. ^) 1. c. p. 64—65. (256) Di'- Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septentrionalis Goodsir. 15 Hoek lässt jedoch die Gastrulaeinstlilpung an dem Eipole vor sich gehen, an welchem die Afteröffnung des Nauplius entsteht, und konnte auch nicht mit Sicherheit entscheiden, ob sich die Gastrulaöffnung vollständig schliesst oder nicht. Von der Schliessung des Gastrulamundes bis zum Nauplius habe ich nur zwei Stadien beobachtet, wodurch eine Lücke in der Reihe entsteht, wenn ich dieselbe auch nach Kräften bei bereits etwas abnehmendem Material auszufüllen bestrebt war. Von dem zuletzt besprochenen Stadium zu dem in Fig. 21 abgebildeten ist ein ziemlicher Sprung. Wir sehen an dem von der Seite gesehenen, zum Theil im optischen Schnitt gezeichneten Embryo die Bauchseite etwas abgeflacht. Die Ectodermzellen zeichnen sich hier gegenüber denen die Rückenseite bekleidenden durch ihre ansehnliche Höhe aus. Am Vorderende des Embryo, etwas gegen die Dorsalseite hin , sind die Ectodermzellen noch höher und eng bei einander stehend , und diese Zellgruppe dürfte als die erste Anlage der Scheitelplatte anzusehen sein. Die Mesodermzellen haben sich bedeutend vermehrt und erfüllen die Segmentationshöhle bis auf eine kleine Stelle ziemlich voll- ständig. An der Bauchseite und auch seitlich sind die Mesoderm- zellen klein ; am Rücken dagegen linden wir eine Gruppe grosser Zellen, jederseits ganz regelmässig gelagert, wie ich es in Fig. 21 abgebildet habe. Diese Zellen stellen die Anlage der grossen Muskeln, welche beim Nauplius vom Rücken zu den Extremitäten hinziehen, dar. Welche von den hinteren Zellen die Urzellen des Mesoderms sind, vermochte ich wegen der bedeutenden Grösse anderer dort gelegener Mesodermzellen mit Sicherheit nicht zu bestimmen. Das Entoderm (en) ist ein kleines Säckchen. Im nächsten von mir beobachteten Stadium ist bereits die zweite Antenne in ihrer ersten Anlage vorhanden (Fig. 22 a"). Sie wird von den drei Extremitäten zuerst angelegt ; bald darauf erscheinen auch die beiden anderen Gliedmassen des Nauplius. Wegen der Schnelligkeit, mit der das von mir abgebildete Ent- wicklungsstadium durchlaufen wird, gelangt dasselbe nur selten zur Beobachtung. Nachdem sich die auf die Dorsalseite zurückgelegten Extre- mitäten deutlicher entwickelt haben , entsteht der Oesophagus ') '■) Der Oesophagus entsteht auch bei Cetochilus wie bei Moina (vergl. C. Gi'obben, Die Entwicklungsgeschichte der Moina rectirostris) viel früher als der Enddarni. F. Balfoar (Notes on the development of the Araneina. Quart. Journ. of Mikrosc. Science. 1880. p. 22 des Separatabd.) hat einen Unterschied in (257) 16 I>r. Carl Grobben: als Einstülpung des Ectoderms. Zugleich wird auch die Oberlippe angelegt. Neben der Scheitelplatte als Anlage des oberen Schlund- ganglions finden wir auch schon das untere Schlundganglion gleichfalls als Ectodermverdickung angelegt und mit dem oberen Schlundganglion durch die Schlundcommissur verbunden. In der Naupliusgestalt schlüpft das junge Thier aus. Der Nauplius von Cetochilus (Fig. 23) ist von ovaler Körperform. Von den drei für diese Larvenform charakteristischen Extremitäten ist die erste Antenne (a') einästig, die zweite Antenne (a") und die Mandibel (mdb) zweiästig. Am Basalgliede der zweiten Antenne findet sich ein kleiner stumpfer Kaufortsatz. Die Spitzen der Extremitäten sind mit langen Borsten besetzt. Unter der mächtig vorgewölbten Oberlippe liegt die Mund- öfihung. Dieselbe führt in einen kurzen Oesophagus (oes), an welchen sich der Mitteldarm (en) anschliesst, der geradgestreckt durch den Leib des Thieres verläuft, und mit seinem Hinterende an einen kleinen Ectodermhöcker stösst. Dieser Ectoderrahöcker ist die Anlage des Enddarmes , welcher jedoch noch nicht durch die AfteröfFnung nach aussen mündet. Was das Nervensystem anbe- langt, so besteht dasselbe aus einem oberen Schlundganglion, dem ein kleiner noch schwach röthlich-gelber Pigmentfleck, das Nauplius- auge , aufliegt. Vom oberen Schlundganglion ziehen die beiden Commissu.ren neben dem Munde zum unteren Schlundganglion (ug), welches stark bauchig vortritt. Das untere Schlundganglion gehört dem Mandibularsegmente an. Alle Theile des Nervensystems sind mit der Haut noch im Zusammenhange, wie auch aus dem auf Taf. IV, Fig. o9 abgebildeten Querschnitt hervorgeht , wo wir das Nervensystem hinter der Mundöffnung durchschnitten sehen (ug). Wahrscheinlich schon in dem eben ausgeschlüpften Nauplius ist die Antennendrüse vorhanden, welche ich später be- sprechen will. Besehen wir genauer den kurzen nach der Bauchseite stark umgebogenen Endabschnitt des Nauplius , der mit zwei langen Borsten am Hinterende ausgestattet ist, so finden wir unterhalb der bilateral-symmetrisch gelagerten Ectodermzellen jederseits eine grosse Zelle liegen, welche, wie ich hervorheben will, mit den der Entwicklung zwischen den Tracheaten und den Crnstaceen darin zu finden geglaubt, dass bei den ersteren der Oesophagus früher, bei den letzteren später, oder wenigstens nicht früher als der Enddarm entsteht. Dieser Unterschied kann aber mit Rücksicht auf die Verhältnisse bei Entomostraken nicht als allgemein gültig betrachtet werden. (258) Die Entwickluugsgeschichte von Cetocliilus septentrionalis Goodsir. 17 Geschlechtszellen grosse Aehnlichkeit besitzen. Diese zwei Zellen (Fig. 23 iirms) sind die Urzellen des Mesoderras; aus ihnen ent- wickeln sich die Mesodermgebilde der in der weiteren Entwicklung auftretenden Segmente. Mit dem Nauplius schliesst die zweite Entwicklungsperiode ab. Was die Dauer der Eientwicklung bis zum Ausschlüpfen des Nauplius anbelangt;, so habe ich mir keine Notizen über dieselbe gemacht; nur beiläufig vermag ich dieselbe auf etwa 24 Stunden zu bestimmen. III. Entwicklungsperiode. Die freie Metamorphose des Nauplius bis zum ersten Cetochilus- stadium. In der Weiterentwicklung erleidet der Nauplius eine Anzahl . von Häutungen, deren Zahl ich nicht genau anzugeben vermag. Nach ein oder zwei Häutungen ist der Nauplius in das spätere Naupliusstadiuni getreten (Taf. III, Fig. 24). Der Körper ist jetzt viel gestreckter , besonders in Folge eines bedeutenden Längenwachsthums des hinteren Körperabschnittes, der am Hinter- ende mit einer Anzahl von Haken besetzt ist, zwischen denen sich die zwei jetzt ansehnlich langen Borsten (wahrscheinlich Tast- borsten) des ersten Naupliusstadiums finden. Diese beiden Borsten sind nicht beide gleich gerichtet, sondern stets ragt die eine nach vorwärts, die andere nach rückwärts. In der Nähe der Haken finden sich die Ausmündungsöifnungen zweier von den später in der Vierzahl vorhandenen Drüsen vor. Der die vorderen Segmente umfassende Körperabschnitt ist von einer kleinen Schalenduplicatur umrahmt. Unter den Gliedmassen zeigt die erste Antenne (a) bereits die für die nächsten Stadien charakteristische Form. Sie ist dreigliedrig, etwas ab- geplattet , und mit langen Borsten an ihrem Rande besetzt. Auch die zweite Antenne (a") und der Mandibularfuss (mdb) zeigen eine reichere Gliederung ihrer mit langen Ruderborsten ausge- statteten Aeste. Die Gliedmassen werden von einer reich entwickelten Mus- kulatur versorgt. Die Muskeln laufen alle in der Gegend der stärksten Wölbung des Rückens zusammen, wo stets eine grosse, stark verzweigte Pigmentzelle mit rothbraunem Pigment liegt. Was das Nervensystem anbelangt, so finden wir ausser den bereits beim ausschlüpfenden Nauplius vorhandenen Theilen hinter dem Naupliusauge jederseits eine Verdickung des Ectoderras (sgh), Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. III, Heft 3. 18 (259) 18 Dr. Carl Grobben: welche mit dem Gehirn (oberen Schlundganglion gh) in Verbindung steht. Ich komme noch später auf diese Bildung zurück. Die Oberlippe ist stark gewölbt und hängt wie ein Sack über die Mundöifnung. Die letztere führt durch den ein wenig bogenförmig aufsteigenden Oesophagus in den Mitteldarm , der sich zuerst dorsalwärts wendet und in der Höhe des Mandibular- fusses die E-ückenwand erreicht, an der er befestigt ist. Von da zieht er gerade nach hinten, und geht in den jetzt bereits entwickelten Enddarm über, welcher dorsalwärts, ziemlich weit von dem Hinterende des Körpers entfernt, durch die AfteröiFnung ausmündet. Schon in diesem Entwicklungsstadium fällt im hinteren Körperabschnitt eine Strecke oberhalb des Beginnes des Enddarmes unter den Mesodermzellen jederseits eine grosse Zelle (gen) auf. Dieselbe trägt alle Eigenschaften der Urzellen des Mesoderms an sich. Sie ist die erste Anlage der Geschlechtsorgane. Ihre Lage ist ventralwärts vom Darm, da wo der Mesodermstreifen liegt, während die Genitaldrüse des erwachsenen Thieres und auch der späteren Larvenstadien dorsal vom Darm gelegen ist. Nun tritt am Nauplius eine neue Extremität, die Maxille, als kleiner zweiästiger Euss auf. Eine solche Larve stimmt voll- ständig mit der von C. Claus in seinem Werke „Die freilebenden Copepoden" auf Taf. I in Fig. 4 abgebildeten Larve überein, welche in der Tafelerklärung als wahrscheinlich zu Ichthyo- phorba gehörig bezeichnet ist. Die grosse Uebereinstimmung lässt dieselbe jedoch als zu Cetochilus gehörig erscheinen. Im nächsten Stadium, welches ich eingehender beschreiben will, finden wir die Larve bereits von ansehnlicher Grösse. Ausser den bisher vorhanden gewesenen Gliedmassen sind jetzt noch das Maxillarfusspaar und zwei Thorakalfusspaare angelegt (Fig. 25 und 26). Es ist die Larve somit in das von C. Claus als Metanauplius bezeichnete Entwicklungsstadium getreten. In der allgmeinen Körperform ähnelt die Larve dieses Ent- wicklungsstadiums dem zuletzt beschriebenen sehr. Der von vorn gesehen ovale Körper ist in seinem vorderen Theile von einer kleinen Schale bedeckt, welche noch das Maxillarfusssegment um- rahmt. Der hintere Körperabschnitt läuft schmal zu und ist an seinem Ende viel reicher als früher mit Haken ausgestattet; er trägt auch wieder die beiden langen Tastborsten. Man findet m der Nähe der Hakenborsten nun jederseits ein Paar Drüsen ausmünden (vergl. Fig. 29 dr). Die beiden hinteren Drüsen münden (260) Die Entwickinngsgeschichte von Cetochilas septentrionalis Goodsir. 19 bauchwärts oberhalb der vier mittleren Hakenborsten durch je einen grossen Porus aus, die beiden vorderen ventralwärts von dem drittletzten seitliclipn Haken. Jede Drüse besteht aus einer einzigen Zelle, deren feinkörniges Protoplasma zum grössten Theile am inneren Ende der Zelle liegt, wo sich auch der Kern befindet; eine zarte Lage bildet die Wand der Drüsenzelle. Die Zelle ist reich mit mattglänzenden Secretkiigelchen erfüllt. Diese Drüsen münden in den späteren Stadien , wenn eine Furca schon da ist , an dieser aus, Sie entsprechen somit den von G. Ficker^) bei S apphir in a beschriebenen „Furcaldrüsen", welche bei dem eben genannten Copepoden allerdings nicht aus einer einzigen Zelle bestehen. Gehen wir ein wenig auf die Gliedmassen ein, so finden wir die erste Antenne (a') an ihrer Aussenseite noch reicher mit Borsten bekleidet, im grossen Ganzen jedoch ähnlich wie im vorher- gehenden Stadium gestaltet. Ebensowenig bat die zweite Antenne (a") bedeutendere Veränderungen erlitten; an ihrem Basalgliede finden sich noch die Kauhaken. Eine stärkere Veränderung ist an dem Mandibularfuss (mdb) vor sich gegangen, indem sein ßasal- glied sich zur Kaulade entwickelt hat, welche in diesem Stadium auch bereits eine ansehnliche Grösse besitzt. Hinter dem Mandibular- fuss folgt die kleine gelappte Maxille (mx) und auf diese der MaxlUarfuss (mxf), von dem der äussere Ast (oberer oder vorderer Kieferfuss) eine breite, an der Innenweite wenig tief gelappte Platte darstellt, der innere (unterer oder hinterer Kieferfuss) dagegen von cylindrischer Form ist , und bei einer ansehnlichen Länge ein wenig über die Anlage des ersten Thorakalfusses hinüberragt. Die Thorakalfüsse (thf, thf,,) sind als in zwei Aeste gespaltene Wülste angelegt und tragen bereits kurze Härchen. Der zweite Thorakalfuss liegt bei der von mir abgebildeten Larve noch unter der Cuticula und wird erst bei der nächsten Häutung der Larve frei. Das obere Schlundganglion (Fig. 2b und 27 gh) ist von der Haut bereits abgelöst. Mit demselben steht durch einen breiten Verbindungsstamm rechts und links eine mächtige, schon im vorher- ') Gr. F ick er, Ueber ein bisher unbekanntes AbBcLeidungsorgan bei Sapphi- rina. Zoolog. Anz. II. Jahrg. Nr. 39, p. 515. Uebrigens kann ich nicht unangemerkt lassen, dass schon E. Haeckel (Beiträge zur Kenntniss der Corycaeiden. Jenaische Zeitschrift f. Natnrw. , I. Bd. 1864), nach Ficker's Beschreibung der Drüse zu schliessen, den Endtheil des Ausführungsganges richtig abgebildet hat (Taf. II, Fig. 16, 20, 24, !i9), was F ick er entgangen zu sein scheint. 18* (261) 20 Dr. Carl Grobben: gehenden Stadium in ihrer ersten Anlage vorhandene Ectoderm- verdickung (Fig. 26, 21 und 29 sgh) im Zusammenhang, welche seitlich neben dem Naupliusauge beginnt und sich weit auf den Rücken hinüber erstreckt. In dieser Ectodermverdickung haben wir es offenbar mit einem secundären Gehirn zu thun. Und zwar ent- spricht diese Verdickung der Anlage eines nicht weiter zur Ent- wicklung gelangenden secundären zusammengesetzten Auges mit seinem Ganglion. Suchen wir nach einem Beweise für die Richtigkeit der eben gegebenen Deutung dieser Ectodermverdickung , so erhellt dieselbe am klarsten aus dem Vergleich mit einer Branchipuslarve, bei der das zusammengesetzte Auge sich in seiner ersten Entwicklung befindet. Die Uebereinstimmung der beiden Bildungen , einerseits des in der ersten Entwicklung begriffenen Auges mit seiner Gehirn- portion bei B r a n c h i p u s , andererseits der dorsalen Ectoderm- verdickung bei C e 1 0 c h i 1 u s , ist eine in die Augen springende und rechtfertigt vollständig die früher gegebene Deutung. Auch die theoretische Erörterung unterstützt dieselbe. Wir wissen durch die Erörterungen von A. D o h r n und C.Claus, dass die Copepoden von Phyllopoden ähnlichen Formen abzuleiten sind , welch' letztere alle mit grossen zusammengesetzten Augen versehen sind. Es wird uns daher nicht Wunder nehmen , diä Anlage eines solchen in der Entwicklungsgeschichte der Copepoden anzutreffen. Dass wir es in diesem secundären Gehirn von Cetochilus mit einem rudimentären Organe zu thun haben , geht aus der weiteren Ent- wicklung desselben hervor, wie noch bei der Besprechung der folgenden Larvenstadien ersichtlich werden wird. Vorläufig sei nur erwähnt , dass diese Anlage später immer kleiner wird, somit eine Rückbildung erfährt. Was den übrigen Theil des Nervensystems anbelangt, so kann ich über denselben keine genaueren Angaben machen, da ich Schnitte anzufertigen verabsäumte. Seine Entstehung vom Ectoderm wurde bereits erwähnt. Am Darmcanal ist keine erwähnenswerthe Veränderung vor sich gegangen. Die Geschlechtsorgane haben dagegen eine Weiterentwicklung erfahren. Wir sahen , dass in dem späteren Naupliusstadium jeder- seits eine grosse Mesodermzelle die erste Anlage der Geschlechts- organe bildete. In dem folgenden Stadium, wo sich bereits zwei Thorakalfüsse angelegt finden, besteht der Geschlechtsapparat jederseits noch immer aus einer einzigen Zelle (Taf. IV, Fig. 34), (262) Die Entwicklungsgeschiclate von Cetochilus septentrionalis Goodsir. 21 welclie neben dem Darm und zwar abdominalwärts von demselben gelegen ist. Die Genitalanlagen befinden sich am vorderen Ende des ersten Thorakalsegmentes (Fig. 25 gen). Was die bistologische ßeschaffenlieit der Genitalanlage betriiFt . so zeigt die central gelegene Zelle einen feinkörnigen Inhalt und einen grossen Kern mit sehr grossem Nucleolus, neben dem sich in der Regel noch entweder ein grösserer oder mehrere kleinere Nucleoli finden. Eine genauere Beobachtung zeigt weiter, dass diese grosse Zelle noch von einigen wenigen (zwei bis drei) Mesodermzellen von ganz verschiedenem Aussehen umwachsen ist. Die centrale Zelle allein ist die Mutter der Keimzellen ; aus den sie umgebenden kleinen Zellen gehen die Hüllen der Genitaldrüse, sowie die Ausführungsgänge hervor. In den späteren Larvenstadien , welche mit dem von mir besprochenen sonst vollständig übereinstimmen , nur dass noch ein drittes Thorakalsegment angelegt ist, hat sich die Genitalzelle jederseits in zwei getheilt (Taf. III, Fig. 31 uud Taf. IV, Fig. 35). In den letzten Naupliusstadien , kurz vor derjenigen Häutung, mit welcher die Larve in das erste Cetochilusstadium eintritt, erfährt die Genital anläge noch eine weitere Ausbildung. Jede Keimzelle theilt sich nämlich abermals in zwei Zellen , so dass die Anlage nun jederseits aus vier Zellen besteht (Taf. IV, Fig. 36). Auch die dieselben umgebenden Zellen haben sich vermehrt und sind in grösserer Menge an dem hinteren nach aussen gekehrten Winkel angehäuft , von dem aus auch ein kurzer Strang ausgeht (aus). Diese zuletzt genannte Zellanhäufung und der Strang sind die erste Anlage des Ausführungsganges. Die Keimdrüsenanlagen haben aber auch eine kleine Ortsveränderung erfahren. Während sie bisher abdominalwärts vom Darme lagen , sind sie jetzt etwas dorsalwärts gewandert , so dass sie näher an den Darm zu liegen kommen , dem sie lateral , wenn auch noch ein wenig mehr gegen die Bauchseite zu , angelagert sind. Später rücken die beiden Anlagen noch mehr dorsalwärts und wandern einander über dem Darme raedialwärts entgegen. Durch diese Verschiebung gelangen, wenn das Thier vom Rücken betrachtet wird , die Flachseiten der scheibenförmigen Genitalanlagen zur Ansicht. In diesem Zustande befinden sich die Geschlechtsorgane kurz vor der letzten Häutung der naupliusähnlichen Larve , mit welcher dieselbe die Cetochilus- form erlangt. Von den inneren Organen will ich hier die auch bereits in den früheren Stadien und wahrscheinlich schon beim ausschlüpfen- (263) 22 Dr. Carl Grobben: den Nauplius vorhandene Antennen drüse besprechen. Dieselbe ist wegen ihrer Kleinheit sehr schwer aufzufinden , dergleichen ihr Bau nur nach eingehender Beobachtung festzustellen. Wie ich bereits an einem anderen Orte ^) auseinandergesetzt habe, besteht die Antennendrüse der Cetochiluslarven aus einem flachen Endsäckchen (Taf. III, Fig. 3U es) und einem davon ausgehenden kurzen, hakenförmig gebogenen Canälchen (rc), welches am Basalgliede der zweiten Antenne hinter den grossen Kieferhaken ausmündet. Das Endsäckchen wird von nur wenigen Zellen gebildet, deren Inhalt grobkörnig kt. Das Harncanälchen besteht aus einer einzigen durchbohrten Zelle ; der Kern derselben liegt an der Umbugsstelle des Canälchens. Was die Wände des Canälchens, beziehungsweise den Zellinhalt der dasselbe bildenden Zelle betrifft , so zeigen dieselben einen eigenthümlichen Glanz und bei genauerer Betrachtung eine schwache Streifung senkrecht zum Canallumen, gegen welches hin ein zarter cuticularer Saum die Wände bedeckt. Verharren wir noch ein wenig bei diesem Larvenstadium. Betrachtet man dasselbe von der Rückenseite , so findet man erstens, was auch in den früheren Stadien beobachtet werden kann, dass die Kerne der Ringmuskeln des Darmes alle dorsal gelegen sind (Taf. III, Fig. 31). 2) Es tritt uns hier die Frage nach der Bildung des Darmfaserblattes entgegen. Bekanntlich ist man über die Bildung desselben bei den Crustaceen noch immer nicht im Klaren. Die erste Entstehung desselben bei Cetochilus ist schwer zu beobachten. Der Nauplius besitzt zur Zeit des Aus- schlüpfens bereits eine Darmmuskulatur. Es ist mir jedoch im Verlauf der Untersuchung , geleitet durch die Lagerung der Darm- muskelkerne auf der Dorsalseite des Darmes, wahrscheinlich geworden, dass das Darmfaserblatt durch Uebertreten von Zellen des Mesodermstreifens auf die Rückenseite des Darmes gebildet wird. Ein solches Ueberwandern durch directe Beobachtung fest- zustellen, ist natürlich sehr schwierig. ^) C. Grobben, Die Antennendrüse der Crustaceen. Arbeiten aus dem zooIog. Inst, in Wien. III. Bd. I.Heft p. 3. Ich will noch ausdrücklich bemerken, dass die Fig. 30 auf Tafel III eine Copie der von mir in der genannten Abhandlung gegebenen Zeichnung der Antennendrüse von Cetochilus ist. ^) Auch bei Phronima sah C. Claus (Der Organismus der Phronimiden. Arbeiten aus d. zoolog. Institut zu Wien. t. II, p. 32) „die zu den Ringmuskelzellen (des Mitteldarmes) gehörigen Kerne in der dorsalen Mittellinie in einer ziemlich regelmässigen Längsreihe hintereinander liegen". Vergl. die Fig. 41 auf Taf. VI der angezogenen Abhandlung. (264) Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septeutrionalis Goodsir. 2.^ Eine Betrachtung der Larven von der Dorsalseite zeigt uns auch noch zweitens eine Anzahl von Bindegewebsbalken (isgb), welche regelmässig gelagert sich an der Grenze zwischen erstem und zweitem, zweitem und drittem Thorakalsegment , endlich zwischen dem letzteren und dem Endabschnitt des Körpers befinden. Sie liegen somit stets intersegmental und lassen sofort die Frage aufwerfen , ob man es hier nicht mit Dissepimenten zu thun hat, mit denen diese Balken ihrer Lage nach übereinstimmen. Aller- dings hätten wir es hier nur mi^- Rudimenten von Dissepimenten zu thun. Es sind hier nicht AVände , welche die einzelnen Segment- höhlen von einander trennen , sondern aus wenigen Zellen bestehende Bindegewebsbalken , die von der Leibeswand entspringen und zum Darm ziehen, an welchem sie sich anheften. Die sich anschliessen- . den bauchwärts ziehenden Stränge scheinen Connectivfasern zu sein. Wenn ich auch auf die auffallende Aehnlichkeit dieser Balken in ihrer Lagerung mit Dissepimenten hingewiesen habe , so möchte ich vor der Hand doch nicht behaupten , dass wir es hier in der That mit Dissepimentrudimenten zu thun haben , glaube vielmehr diese Bindegewebsbalken als einen segmentweise angelegten Halte- apparat des Darmes betrachten zu müssen. Mit nächster Häutung verliert die Larve die Charaktere, zu- folge welcher sie noch in die Reihe der Naupliuslarven zu stellen ist, und erlangt eine Form, welche der des erwachsenen Ceto- chilus gleicht. Ich will dieses Stadium nach dem Vorgange von C. Claus, der das betreffende von Cyclops als erstes Cyclops- stadium bezeichnete, als erstes Cetochilussta dium be- zeichnen. Was zunächst die Körperform anbelangt , so finden wir den Körper nicht mehr wie bisher ventralwärts eingebogen^ sondern gerade gestreckt (Taf. IV, Fig. 33). Der hinterste Körperabschnitt geht auch nicht mehr allmälig in den Vorderkörper über, sondern ist scharf abgesetzt und hinten in der Mitte eingeschnitten. Der Körper endet somit mit einer Furca, die jederseits mit fünf Borsten besetzt ist, von denen drei eine bedeutende Länge besitzen, zwei jedoch kürzer bleiben. Wir finden weiter , dass ein viertes Thorakalsegment angelegt ist. Die Extremitäten haben alle die Form erlangt , die sie beim erwachsenen Thiere besitzen, nur dass die erste Antenne, der hintere Maxillarfuss und die Thorakalfüsse noch nicht so reich gegliedert sind. Erst mit den späteren Häutungen erhalten sie ihre reiche Gliederung. Es zeigt sich hierin eine Uebereinstiramung, (265) 24 Dr. Carl G robben: mit Cyclops. Auch bei Cyclops sind die Extremitäten anfangs nicht so reich gegliedert, wie wir durch die genauen Unter- suchungen von C. Claus erfahren haben. Betrachten wir die Extremitäten einzeln , so finden wir die erste Antenne (a') nicht mehr kurz und blattförmig, sondern zu einem langen, cylindrischen , mächtigen Bewegungs - und Balancirorgan umgewandelt; während dieselbe bisher gerade nach vorn gerichtet war , steht sie nun wagrecht vom Körper ab. Sie besitzt eine ansehnliche Länge; mit ihren Endborsten erreicht sie die Körperlänge der Larve , diese vom Stirnrand bis zu den Spitzen der Furcalborsten gemessen. Sie ist mit kürzeren und längeren Borsten ausgestattet , von denen zwei , je eine am vorletzten und drittletzten Antennengliede an deren Unterseite eingepflanzt, Spür- borsten sind und sich durch eine bedeutende Länge auszeichnen. Die zweite Antenne (a") hat keine so tiefgreifende Veränderung erlitten ; sie ist ein zweiästiger Fuss geblieben ; die Kauborten an ihrer Basis besitzt sie jetzt nicht mehr. An der Mandibel (mdb) hat der Kauladen eine bedeutende Grösse erlangt. Die Maxille (mx) ist im Vergleich zu den letzten Naupliusstadien viel grösser ge- worden und hat auch eine reichere Gliederung erhalten. Die beiden Maxillarfüsse (mxf) sind zu grossen mit langen Borsten ausge- statteten GreifFüssen umgewandelt. Die beiden ersten Thorakalfüsse (thf und thf") besitzen bereits die Form der Ruderfüsse , mit zweigliedrigem Basalabschnitt , aber noch eingliedrigen Aesten; der dritte Brustfuss (thf,„) ist erst in der ersten Anlage vor- handen. Was das Nervensystem und die Sinnesorgane betrifft , so zeigt sich das secundäre Gehirn in der Ablösung von der Haut begriffen. Aber erst in dem darauf folgenden Cetochilus-Stadium hat es sich von der Haut vollständig abgelöst und sitzt als ein kleiner ohrförmiger Lappen dem obersten Theile des primären Gehirnsauf (Taf. III, Fig, 32 sgh). Auch die Ganglien der Bauch- kette haben sich in den vorderen Segmenten von der Haut abgelöst, wie man sich an Schnitten überzeugt. Was das Detail der Ent- stehung des Bauchstranges anbelangt, so bin ich hier zu keinem sicheren Resultate rücksichtlich der Frage gekommen , ob , wie B. Hatschek') zuerst bei Bombyx chrysorrhoea zeigte, bei der Bildung des Bauchstranges zu den beiden Seitensträngen noch ein durch Einstülpung entstandener Mittelstrang hinzutritt, ') B. Hatschek, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Lepidopteren. Jenaische Zeitschr. Bd. XI. IS77. Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septentrionalis Goodsir. 25 wie mir^) dies auch für Moina wahrscheinlich wurde, oder ob dies nicht der Fall ist, wie neuerdings Fr. Balfour^) be- hauptet hat. Bei der Ablösung des Gehirnes von der Haut bleibt zwischen ersterem und letzterer jederseits ein mächtiger nervöser Verbindungs- strang (Fig. 32 fr) zurück, welcher vorn unter zwei kleinen Härchen endet, die an der Spitze der Stirne stehen. Es sind die Nerven der Frontalorgane, unter welchen in den späteren Larven- stadien in gleicher Ausbildung wie beim erwachsenen Thiere zwei grosse bauchwärts umgebogene Stirnhörner zur Entwicklung kommen. Das Naupliusauge tritt jetzt gleichfalls von der Haut zurück (Fig. 32 na). Ausser der grossen Oberlippe (Taf. IV , Fig. 33 ob) , welche die Mundöffnung von vorn überdeckt, sind auch zwei kleine Para- gnathen (par) hinter derselben vorhanden. Am Darme selbst sind keine bemerkenswerthen Veränderungen vor sich gegangen. Die Afteröffnung liegt nicht mehr so weit auf dem Rücken , sondern terminal zwischen den beiden Theilen der Furca, doch mit der Oeffnung ein wenig dorsalwärts sehend. Die Genitalorgane haben wir im vorigen Stadium als paarige, jederseits aus vier Genitalzellen bestehende Anlage ver- lassen. Im ersten Cetochilusstadium nun treten die beiderseitigen Anlagen in der Mittellinie über dem Darme zusammen und ver- schmelzen zu einer unpaaren Genitaldrüse von biscuitförmiger Gestalt (Taf. IV, Fig. 37) ; die schon früher erwähnte kleine An- häufung der Hüllzellen an der hinteren Ecke der Genitalanlage ist jetzt noch deutlicher; von ihr geht ein kurzer Strang, die Anlage des Ausführungsganges (aus) aus. In den folgenden Ceto- chilusstadien nimmt die biscuitförmige Genitalanlage, deren Zellen sich bedeutend vermehrt haben, eine ovale Gestalt an, wobei der spitzere Pol des Ovals nach vorn gekehrt ist (Fig. 38). Die Aus- führungsgänge sind dann als lange, jedoch noch solide Stränge entwickelt, welche sich bis zum Ende des ersten Thorakalsegmentes, in welchem die Drüse liegt, erstreckt. In Folge des stärkeren Wachsthums der Genitalanlage nach hinten kommt der Ursprung der Ausführungsgänge nicht mehr an das hintere Ende, sondern in die Mitte der Genitaldrüse zu liegen. 1) C. Grobben 1. c. p. 28. 2) Fr. Balfour 1. c. p. 19 d. Separatabd. (267) 26 Dr. Carl Grobben: Als neu aufgetretene Organe finden wir das Herz und die Schal endrüse. Das Herz entwickelt sich, aus einer paarigen Anlage von Mesodermzellen zwischen erstem und zweitem Thorakalsegment. Während die Antennendrüse, welche an der Basis der zweiten Antenne ausmündete , rückgebildet wird , tritt in dem Maxillar- fusssegment die Schalendrüse auf. Diese (Fig. 42) besteht aus einem äusserst dünnwandigen Endsäckchen (es) und einem davon ausgehenden Harncanälchen (rc). Das Endsäckchen ist in mehrere Zipfel ausgezogen, von denen besonders der nach vorn gerichtete sehr lang und schmal ist. Das von dem Endsäckchen ausgehende Harncanälchen beginnt mit einer Erweiterung und wendet sich zuerst nach rückwärts, biegt sodann nach vorn und endlich bauch- wärts um, um mittelst eines dünnwandigen schmalen Endganges (ea), an der Basis des vorderen (oberen) Maxillarfusses auszumünden. Die Wand des Harncanälchens ist ziemlich dick und besitzt einen gelblichen Glanz, während die des Endganges dünn und stark glänzend ist und der Cuticula der Körperhaut gleicht. Rücksichtlich der Zusammensetzung der Schalendrüse aus Zellen konnte ich 4n den Präparaten nicht ins Klare kommen. Die weiteren Entwicklungsstadien habe ich keiner genaueren Untersuchung unterzogen. Was mir von denselben wichtiger schien, wurde gelegentlich bei der Beschreibung des ersten Ceto- chilusstadiums erwähnt. Damit beschliesse ich die Darstellung der Entwicklungs- geschichte dieses Copepoden und anerkenne gern, dass noch Lücken genug geblieben sind , welche eine spätere Untersuchung auszu- füllen haben wird. Theoretische Betrachtungen. Auf die Darlegung meiner Untersuchungen lasse ich eine Reihe von Betrachtungen folgen , welche zum Theil an jene in meinen früheren Arbeiten bereits gemachten anschliessen. Zugleich sollen aber in diesem Theile auch noch einige Beobachtungen an- geführt werden, deren Anreihung an einer anderen Stelle nicht leicht möglich war, und welche bei der Besprechung der betreffen- den Punkte in der Entwicklung von Cetochilus am besten auf- geführt werden können. Das Ei, die Purchung und Keimblätterbildung. Betrachten wir zunächst die Ausstossung des Richtungs- körpers, so scheint dieselbe nach der früher gemachten Zusammen- (268) Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septentrionalis Goodsir. '4.1 Stellung auch bei den Crustaceen weit verbreitet zu sein und dürfte wohl auch bei den übrigen Arthropoden vorkommen. Damit fällt natürlich eine Stütze für die Ansicht Fr. Bal- four's^), dass das Fehlen des Richtungskörpers und Partheno- genesis Hand in Hand gingen , insofern , als Parthenogenese in denjenigen Gruppen aufträte, in denen Richtungskörper vom Ei nicht ausgestossen würden. Wenn auch Bai four's Ansicht vollständig richtig ist, „dass nach der Bildung der Polzellen der innerhalb des Eies zurück- bleibende Ueberrest des Keimbläschens (in der Regel — wäre hinzuzufügen) zu weiterer Entwicklung unfähig ist , ohne Hinzu- fügung des nuclearen Theiles des männlichen Elements", so ist es doch nicht der weitere Schluss, „dass, wenn keine Polzellen gebildet würden , normaler Weise Parthenogenesis eintreten müsste" und ferner nicht die Annahme, „dass die Function, Pol- zellen zu bilden, von dem Ei ausdrücklich zu dem Zwecke an- genommen worden ist, um Parthenogenesis zu verhüten". Der zweite Schluss ist überhaupt nicht in dieser Weise zu ziehen , aus demselben Grrunde , aus welchem die letzte Annahme unzulässig erscheint. Wir müssen uns stets vor Augen halten, was Balfour selbst auch zugesteht, dass Parthenogenesis erst secundär erworben worden ist. Der erste Satz könnte somit nur so lauten : Wenn Parthenogenesis erlangt worden ist, kommt es nicht zur Bildung von Richtungskörpern. Freilich ist dieser Schluss auch nur hypothetisch, und fusst vor der Hand auf keiner sicheren Beobachtung. Demselben steht vielmehr die von mir gemachte Angabe über das Vorkommen eines Richtungskörpers bei dem parthenogenetisch sich entwickelnden Moinaei entgegen. Ich gestehe gern zu, dass für die Deutung des von mir als Richtungskörper in An- spruch genommenen Gebildes der Beweis durch die Beobachtung über seine Abstammung noch aussteht , obgleich die gegebene Deutung durch das unzweifelhafte Vorhandensein eines solchen Körperchens bei Copepoden an Wahrscheinlichkeit sehr gewonnen hat. Andererseits ist es Bütschli^) nicht gelungen, an den parthenogenetisch sich entwickelnden Eiern von A p h i s Richtungs- ') Fr. Balfour, Handbuch der vergleichenden Embryologie, üebersetzt voji B. Vetter, Jena 1880, I. Bd. 1. Hälfte, p. 73 u. 74. -) 0. Bütschli, Stadien über die ersten Entwicklangsvorgänge der Eizelle, die Zelltheilung und die Conjugation der Infusorien. Frankfurt a. M. 1876. p. 37. (269) 28 Dr. Carl Grobben: körper aufzufinden. Auch icli habe mich einige Zeit mit dem Auf- suchen derselben beschäftigt, und vermochte ebensowenig einen aufzufinden. Wenn somit auch vollkommen sichere Beobachtungen darüber nicht vorliegen, dass bei parthenogenetisch sich entwickelnden Eiern die E-ichtungskörper fehlen, so ist es vor der Hand immer- hin nicht als unmöglich anzusehen, dass in Fällen, wo Partheno- genese in gewissen Generationen regelmässig durch eine lange Reihe von Generationen stattfindet (wie eben bei den Aphiden), Richtungskörper von den parthenogenetisch sich entwickelnden Eiern überhaupt nicht mehr ausgestossen werden, der Eikern so- mit die Kerne der Furchungskugeln liefert. In der Ausstossung des Richtungskörpers haben wir es mit einem phyletischen Vorgang zu thun, der an die Conjugation der einzelligen Organismen anschliesst, und sehr richtig hatHatschek^) das Ei als dasjenige phylogenetische Stadium bezeichnet , in welchem die so wichtige Befruchtung erfolgt. Wenn somit Fälle bekannt würden , dass bei manchen parthenogenetisch sich ent- wickelnden Eiern ein Richtungskörper gewiss nicht ausgestossen wird, so wäre dieses Verhalten als ein secundäres anzusehen. In dieser Betrachtung liegt aber ein weiterer Grund zur Annahme, dass von dem allgemeinen Vorkommen der Richtungs- körper auch die übrigen Arthropoden keine Ausnahme bilden werden. Aber eben das hohe phylogenetische Alter der Ausstossung des Richtungskörpers ist auch der schwerstwiegende Einwand, der sich gegen die früher von mir ausgesprochene Möglichkeit von dem Mangel solcher Körperchen in einigen Fällen von Partheno- genese erheben Hesse. Die Furchung des Cetochiluseies ist anfangs total, indem die erste Furche den Dotter vollständig durchschneidet. In den späteren Stadien jedoch könnte man darüber in Zweifel sein, ob sie unter die totale oder die superficiale einzureihen ist, da der in die Furchungshöhle abgestossene Nahrungsdotter von den Blastodermzellen nicht beherrscht wird. Aus diesem Grunde hält auch Hoek die Furchung der Copepoden nicht für eine totale, sondern superficiale. Die Schwierigkeit der sicheren Einordnung der am Ceto- cTiilusei ablaufenden Furchung liegt darin, dass dieselbe unter die ^) B. Hat.scliek, üeber Entwicklungsgeschichte von Teredo. Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien. t. III, Heft 1, p. 27. (270 ■ Die Eutwicklimgsgeschiclite von Cetochilus septentrionalis Goodsir. 29 Uebergangsformen der totalen und der superficialen Furchung gehört, welche letztere phylogenetisch aus der ersteren hervor- gegangen ist. Die Furchung des Cetochilus eies ist unregelmässig. Diese Unregelmässigkeit tritt erst in späteren' Stadien und zwar zuerst beim Uebergang des Sechzehnzellenstadiums in das von 3:^ Zellen auf. Von da an sind die Furchungskugeln deutlich bilateral- symmetrisch angeordnet. Man muss aber nothwendig eine Bilaterie schon für die vorhergehenden Stadien und das ungefurchte Ei annehmen, ein Schluss, welchen schon C. R a b 1 ^) und B. H ats c h ek ^) gezogen haben. Mit der bilateral-symmetrischen Anordnung der Furchungs- kugeln hängt natürlich auch die bilateral-symmetrische Anlage aller Keimblätter innig zusammen. Was das Mesoderm anbelangt, so besteht dasselbe bei Ceto- chilus zur Zeit seiner Wanderung aus dem Blastoderm in die Tiefe aus vier Zellen. Die späteren Stadien lehren jedoch, dass von diesen vier Zellen nicht alle als „Urzellen des Mesoderms" zu bezeichnen sind. Es können, wie schon früher gezeigt wurde, nur die beiden inneren Zellen als Urzellen aufgefasst werden, die beiden äusseren dagegen als die ersten Abkömmlinge derselben. lieber die Entstehung des mittleren Keimblattes bei den übrigen Entomostraken ist bisher ziemlich wenig bekannt. Was die Phyllopoden anbelangt, so entsteht bei M o i n a nach eigenen Beobachtungen das Mesoderm aus einer geringen Zahl von Zellen des Gastrulamundrandes. Diese Zellen bilden eine bogenförmige Reihe um die vier (auch zum Mesoderm zu rechnenden) Genitalzellen und liegen mit diesen doch wahrscheinlich an dem hinteren Rande des Entoderms, was ich in meiner Arbeit als möglich hinstellte. Die Beobachtung wird dies noch festzu- stellen haben. Bei Branchipus dagegen besteht die erste Anlage des Mesoderms wahrscheinlich aus zwei Zellen. Schon in meiner Arbeit über die Entwicklungsgeschichte der M o i n a findet sich eine dies- bezügliche Angabe von mir, welcher auch eine Abbildung 3) bei- gegeben ist. Nach neuerdings angestellten Untersuchungen vermag ich dieselbe nur zu bestätigen. Bei Branchipus findet sich ') C. Rabl, Ueber die Entwicklung der Tellei\schnecke. Morph. Jahrb. Bd. V, p. 572. -) 1. c. p. 25. 2) Vergl. die betreffende Abhandlang Taf. V, Fig. 55. (271> 30 Dr. Carl Grobben: nämlich am Ende des Mesodermstreifens jeder Seite eine grpsse Endzelle. Die Endzellen liegen in der Höhe der vordersten Dila- tatoren des Knddarms , weit von der Mittellinie entfernt an den Seiten des Körpers. Durch das Vorkommen dieser Endzellen wird es sehr wahrscheinlich, dass die erste Anlage des Mesoderms durch zwei Zellen erfolgt, eine Schlussfolgerung, welche mit Rücksicht auf das Verhalten dieser Endzellen hei den Anneliden, Mollusken, Bryozoen und Copepoden mit einigem Rechte gezogen werden darf. Was die übrigen Entomostraken betrifft, so sind mir nur zwei wenig entwickelte Mesodermstreifen von Cirripedien zur Beobachtung gekommen , welche die Entstehung des Mesoderms aus zwei Zellen auch für diese Crustaceenordnung höchst wahr- scheinlich machen. Den einen Mesodermstreifen eines vor Kurzem ausgeschlüpften Nauplius einer auf Pachygrapsus marmoratus lebenden Sacculina habe ich auf Taf. IV in Fig. 40 von der Ventralseite und in Fig. 41 in der Seitenansicht abgebildet. Wir sehen die beiden kurzen , wenig entwickelten Mesodermstreifen symmetrisch zu der Mittellinie des Thieres gelagert. Sie befinden sich im hinteren noch ungegliederten Körperabschnitt des Nauplius, aus dem die weiteren Segmente des Thieres hervorgehen. Mit ihrem Hinterende stossen die beiden Streifen an einander und divergiren gegen vorne. Jeder Mesodermstreifen besteht aus vier Zellen, einer sehr grossen Endzelle, welche in der Mittellinie mit der der anderen Seite zusammenstösst, einer kleineren vor dieser gelegenen und endlich einer solchen vor der letztgenannten gelagerten, welche in der Zweitheilung begriffen ist. Dass diese Zellen Mesoderm- zellen sind, geht aus ihrer Lage unterhalb des auf der Bauchseite aus hohen cylindrischen Zellen bestehenden Ectoderms hervor, wie die Seitenansicht lehrt. Auch bei einem B alan us nauplius fand ich, nachdem ich denselben gehärtet und gefärbt hatte , einen kurzen Mesoderm- streifen. Hier stossen die beiden Streifen in der Mittellinie jedoch nicht an einander, sondern sind in Folge einer bedeutenden Quer- ausdehnung der Bauchseite ziemlich weit von einander entfernt und in Folge der Wölbung der Ventralseite ein wenig seitlich gerückt (vergl, nebenstehenden Holzschnitt Fig. 2). Betrachtet man den hinteren Körperabschnitt des Balanusnauplius zwischen der ventralen Insertion des Abdomenbeugers (abb) und den zwei Hakenborsten an der stärksten Hervorragung des in zwei Zinken sich spaltenden Körperendes, so findet man jederseits eine nach hinten (272) Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septentrionalis Goodsir. 31 Fig. 2. und aussen gehende Zone von dichter stehenden Ectodermzellen. Stellt man nun unter die hintere Hälfte dieser Ectoderm verdickung ein, so beobachtet man, noch besser, wenn man den Nauplius ein wenig seitwärts dreht, den kleinen Mesodermstreifen (ms), welcher an dem von mir beobachteten Nauplius jederseits aus drei hinter einander liegenden Zellen bestand, von denen die hinterste die grösste war. Es wird demnach auch für B a 1 a n u s wahrscheinlich, dass die erste Anlage des Mesoderms durch zwei Zel- len erfolgt. Erwähnen will ich noch, dass P. HoekO an dem Nauplius von Baianus an der von mir eben bezeich- neten Stelle einen Zellen- haufen beschreibt; welcher möglicherweise dem Me- sodermstreifen entspricht. Doch ist die Beschreibung und die beigegebene Ab- bildung nicht genau und nicht klar. Die Entstehung des Mesoderms aus zwei Zellen scheint demnach auch bei den Entomostraken eine sehr verbreitete zu sein. Sie ist in neuester Zeit aber auch bei einem langschwänzigen Dekapoden, nämlich bei Leucifer, von W. K. Brooks^«) be- obachtet worden. Ich will Brooks' eigene Worte hier anführen: „When the egg is divided into about seventy two spherules one side becomes flattened, and the two spherules which occupy 1) P. Hoek, Zur Entwicklangsgeschichte der Entomostraken. I. Embryologie von Baianus. Niederl. Arch. f. Zoolog. Bd. III, 1876—77, p. 76. 2) W. K. Brooks, The Embryology and Metamorphosis of the Sergestidae. Zoolog. Anzeiger, HI. Jahrg. 1880, Nr. 69, p. 564. (273) 32 Dl'- t!ail Grobben: the centre o£ the flattened area are pushed into the segmeptation cavity, where they probably give rise to tlie mesoderm." Auffallend sind die Ruhepunkte, welche in der Entwicklung des Cetochilus eintreten. Ein solcher befindet sich nach der 32-Tbeilung, wo, wie oben bereits erwähnt wurde, eine Pause von mehreren Stunden eintritt , ehe die Weiterentwicklung beginnt. ^ Die Ursache dieser Erscheinung ist wahrscheinlich in Vorgängen zu suchen, welche in einem Ersatz der während der ersten schnell auf einander folgenden Furchungen verbrauchten Stoffe bestehen, und welche vielleicht auch mit einer Verlagerung des Nahrungs- dotters gegen das Centrum des Eies hin zusammenhängen. Eine zweite Pause in der Entwicklung einer Organanlage finden wir zur Zeit, wenn alle Organe des Nauplius angelegt sind. Von da an bis zum Ausschlüpfen desselben besteht das nicht differenzirte Mesoderm jederseits nur aus einer Zelle, der Urzelle. und das Ectoderm des hinteren Körperabschnittes aus nur wenigen Zellen. Forschen wir nach der Ursache des Stehenbleibens dieser Anlagen in der Weiterentwicklung, so gelangen wir zur Ansicht, dass dieselbe wahrscheinlich im Stoffverbrauche von Seite der sich differenzirenden Grewebe liegt. Da Cetochilus schon in einem sehr frühen Entwicklungszustand, als Nauplius ausschlüpft, müssen sich die Mesodermanlagen seines vorderen Körperabschnittes zu Muskeln , Bindefasern , seine Ectodermzellen zu Nerven u. s. f. differenziren. Hierbei wird offenbar Stoff verbraucht, und dieser den noch vorhandenen Keimanlagen für die Erzeugung der weiteren Körpersegmente entzogen. Dieselben können sich in Folge dessen nicht weiter entwickeln, sondern verharren so lange in Ruhe, bis die vollständige Differenzirung der Gewebe in den vorderen Seg- menten erfolgt ist. Ist diese letztere beendet, so beginnen auch diese Theile bei neuer Nahrungszufuhr sich weiter zu entwickeln, was kurze Zeit nach dem Ausschlüpfen der Larve geschieht. Die weitere Entwicklung der Larve. Schon in dem späteren Naupliusstadium findet sich die erste Anlage der Geschlechtsorgane Es zeigt sich immer mehr, dass die Geschlechtsorgane, wobei ') Solche Ruheperioden während der Furchung wurden auch von Brooks 1. c. an den Eiern von Leucifer beobachtet und gelangten ebenfalls bei anderen Thieren zur Beobachtung. Sieh Brooks: The Rhythmical Charakter of the Process of Segmentation. Ann. and mag. of nat. bist. V. series. vol. VI, 1880, p. 408. (274) Die Entwicklunggeschichte von Cetochilus septentrionalis Goodsir. 33 ich nur die Keimzellen im Auge habe , sehr frühzeitig angelegt werden. Die Anlage erfolgt viel früher , als bis vor einigen Jahren noch angenommen wurde , wo man die Geschlechtsorgane zuletzt entstehen Hess. Der Grrund zu dieser Annahme lag in der Beobachtung der späten Reifeentwicklung der Geschlechts- producte , welche erst dann erfolgt , wenn der Organismus seine übrigen Organe vollkommen entwickelt hat. Im vollen G-egensatze hiezu steht die in neuester Zeit von M. Nussbaum^) ausgesprochene Ansicht. Nussbaum glaubt, dass „die Anlagen der Geschlechtsdrüsen schon früh vor jeder Arbeitstheilung der Zellen aus den zum Aufbau des Thierleibes verbrauchten Furchungskugeln abgesondert werden". Aus den übrigen Erörterungen geht hervor, dass M. Nuss- baum an eine unabhängig von den Keimblättern erfolgende An- lage der Genitalzellen bei allen Thieren festhält. Ihre scheinbare Entwicklung aus dem mittleren Keimblatte sei nur auf eine Einwanderung der Geschlechtszellen in dieses Blatt zurückzuführen. Nussbaum beruft sich dabei auch auf meinen Fund bei Moina, bei welcher eine Genitalzelle äusserst frühzeitig, schon im fünften Furchungsstadium getrennt in der Keimblase vorhanden ist. Dieser Anschauung Nussbaum's kann ich mich jedoch nicht anschliessen. Es gibt Fälle, welche zeigen, dass die Geschlechts- zellen Abkömmlinge der beiden ersten Mesodermzellen sind , von denen aus sie in späteren Stadien entstehen. Auch bei Ceto- chilus ist dies der Fall. Die beiden ersten Mesodermzellen liefern ausser den Muskeln, der Bindesubstanz etc. noch indiiferente Zellen, welche zu den Genitalzellen des neuen Thieres werden. In ihrer Structur stimmen die Urzellen des Mesoderms mit den Genital- zellen überein und diese Uebereinstimmung ist auch bereits öfters hervorgehoben worden. Wenn nun die Anlage der Geschlechtsorgane so frühzeitig erfolgt wie bei Moina und einigen Insecten, so haben wir es hierin mit einer vorzeitigen Differenzirung des Mesoderms in Ge- schlechtszellen und die Zellen für die übrigen Gebilde zu thun, somit ein secundäres Verhalten vor uns, wie ich dies auch in meiner betreffenden Arbeit auseinandergesetzt habe. Ich habe damals auch versucht, den Grund für die so früh- zeitige Differenzirung der Geschlechtsorgane zu finden, und habe ^) M. Nussbaum, Zur Differenzirung des Geschlechts im Thierreich. Arch, f. mikrosk. Anat. XVIII. Bd. 1. Heft 1880, p. 112. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. III, Heft 3. 19 (275) 34 Dr Carl Grobben: gezeigt, dass derselbe wahrscheinlich in der Parthenogenese, welche bei diesen Thieren vorkommt, zu suchen sei. Es scheint jedoch, dass nicht die Parthenogenese allein eine frühzeitige Anlage der Geschlechtsorgane bewirkt ; denn bei einigen Insecteni) und bei Sagitta^) werden die Geschlechtsorgane gleichfalls sehr früh angelegt, obgleich bei diesen Formen Partheno- genese nicht vorkommt. Endlich könnte mit Rücksicht auf die eben angeführten Fälle der Einwand gemacht werden, dass auch bei Moina u. s. f. nicht die Parthenogenese Ursache der frühzeitigen Anlage der Genitalorgane ist. Dieser Einwand ist vollkommen berechtigt. Indessen lässt sich gegen denselben vorbringen, dass es nicht als unmöglich angesehen werden kann, eine solche Erscheinung auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. Was die von mir für den Fall von Moina und einigen Insecten gegebene Erklärung anbelangt, so ist die von mir zu derselben herangezogene zeit- liche Verschiebung der Anlage eines Organes, wie sie so häutig vorkommt, eine so naheliegende, dass ich an derselben auch noch jetzt für die bezeichneten Fälle festhalten möchte. Von den Geschlechtsorganen will ich noch hervorheben, dass dieselben bei Cetochilus jederseits durch eine einzige Zelle angelegt werden, die frühzeitig von einigen kleinen Mesodermzellen umwachsen wird. Die bei dem erwachsenen Cetochilus unpaare Geschlechts- drüse wird paarig angelegt. Es ist demnach in diesem Falle durch directe Beobachtung festgestellt, dass das unpaare Geschlechtsorgan durch Verschmelzung paariger Anlagen entsteht. Damit ist ein Beweis für die gegenüber der entgegengesetzten Anschauung C. Gegenba ur's ^l von mir schon früher *) geäusserte Ansicht erbracht , dass auch für die Arthropoden die paarige Anlage der Geschlechtsorgane die 1) A. Weismann, Die Entwicklung der Dipteren im Ei. Zeitschr. f. wiss. Zoologie, XIII. Bd. 1863, p. 107. Die Polzellen sind wohl die erste Anlage der OeschlecMsorgane. 2) 0. ßütschli, Zur Entwicklungsgescliiclite der Sagitta. Zeitschr. für wiss. Zool. XXIII. Bd. 1873, p. 409. 0. Hertwig, Die Chaetognathen. Jenaische Zeitschr. für Naturw. XIV. Bd., 2. Heft 1880, p. 196. 3) C. Gegen bau r, Grundriss der vergleichenden Anatomie. 2. Aufl. Leipzig 1880, p. 308. ■») C. Grobbon, Beiträge zur Kenntniss der männlichen Geschlechtsorgane der Dekapoden. Arbeiten aus d. zoolog. Inst, in Wien. I. Bd., 1. H. Wien 1878, p. 20. — Ferner: Die Entwicklungsgeschichte der Moina rectirostri.-', p. 35—36. (276) Die Entwicklungsgeschiclite von Cetochilus septentrionalis Goodsir 35 phylogenetisch ältere ist, und dass unpaare Geschlechts- organe auf Verschmelzung paariger Anlagen zurückzuführen sind. Der umgekehrte Fall, die Entstehung paariger Genitalorgane aus einer unpaaren Anlage, wie derselbe bei Moina vorkommt, kann nur als ein secundäres Verhalten betrachtet werden und hat, wie schon früher an dem erwähnten Orte ausgeführt wurde, seinen Grund wahrscheinlich in der Anlage der Genital drüsen durch eine einzige Zelle, Es liesse sich einwenden, dass die Entstehung paariger Ge- schlechtsorgane aus einer unpaaren Anlage, wie es bei Moina der Fall ist, ebenso als das ursprüngliche Verhalten aufgefasst werden könne. Indessen wäre diese Auffassung nicht in gleichem Masse berechtigt wie die gegentheilige , nach welcher das Ver- halten der Genitalorgane bei Moina ein secundäres ist, da die Entwicklung von Moina viel modificirter und für jeden Fall weniger ursprünglich ist als die von Cetochilus. Die Genitalorgane , welche bei den Copepoden dorsal vom Darm gelegen sind, liegen in ihrer ersten Anlage ventral von dem- selben. Es zeigen somit die Geschlechtsorgane der Copepoden in ihrer ersten Anlage eine Ueberein Stimmung in der Lage mit denen der stammverwandten Anneliden. Dieselbe ergibt sieh von selbst aus der ventralen Lage des Mesodermstreifens in beiden Gruppen, von dem aus die Geschlechtsorgane ihren Ursprung nehmen. ' Die ursprüngliche ventrale Lage bewahren unter den Arthropoden deutlich ausgesprochen zeitlebens dasOvarium von Peripatus und die Ovarien der Chilognathen, welche nach den Untersuchungen von Moseley') über den ersteren und von F a b r e 2) über die letzteren unterhalb des Darmes, zwischen diesem und der Baucli- wand gelegen sind. Bei der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Arthropoden sind dagegen die Genitaldrüsen dorsal gerückt. Diese Verschiebung hat wohl darin ihren Grund, dass die Geschlechtsorgane dadurch in die Nähe des Herzens gelangen und dort reichlicher ernährt werden. Wir sehen bei Cetochilus zu dem jDrimären Hirntheil, welcher schon im Nauplius vorhanden ist und dem das Naupliusauge aufsitzt, noch einen zweiten Hirntheil hinzutreten, welcher in Form ') Mosel ey, On the Stiucture and Development of Peripatus capensis. Philos Transactions. Roy. Soc. London 1875. -j Fabre, Recherches sur TAnatoniie des organes reproducteurs et snr le developpement des Myriapodes. Ann. d. scienc. nat. lY. ser. t. III. 1855. p. 257- 19* 'm> 36 Dr. Carl Grobben: lind Lage mit dem Hirnabschnitt übereinstimmt , der bei B r a n- c h i p u s larven im Zusammenhang mit dem grossen Seitenange zur Entwicklung kommt. Es weist dieses secundäre Hirn darauf hin, dass die Stammeltern der Copepoden neben dem Naupliusauge grosse Seitenaugen besassen , was auch vollständig mit der von A. Dohrni) und C. Claus^) entwickelten Phylogenie der Crusta- ceen im Einklänge steht. Danach sind die mit grossen Seiten- augen ausgestatteten Phyllopoden die phylogenetisch ältesten Cru- staceen und phyllopodenähnliche Krebse (Urphyllopoden, Claus) die Stammväter aller heute lebenden Kruster. Es ist das zusammengesetzte grosse Seitenauge der Phyllopoden bei den Copepoden rückgebildet. Auch bei Cetochilua entsteht dieser secundäre Hirntlieil wie bei Mo in a 3) im Zusammenhang mit dem primären Hirn durch Vergrösserung desselben, indem immer neue Theile des benach- barten Ectoderms zur Bildung desselben herangezogen werden. Wien, im Jänner 1881. ') A. Dohrn, Geschichte des Krebsstammes. Jenaische Zeitschr. f. Medicin und Naturwissenschaft. VI. Bd. 1871, p. 119. 2) C. Claus, Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grundlage des Crustaceen-Systems. Wien 1876. ä) Irrthümlicb er Weise habe ich in meiner Arbeit über Moina B. Hatschek zugeschrieben , den secundären Hirntheil bei Bombyx (Beiträge zur Entwicklungs- geschichte der Lepidopteren. Jenaische Zeitschr. Bd. XI. 1877) durch Einstülpung entstehen zu lassen, was durch eine Verwechslung der accessorischen eingestülpten Falte, welche in die Bildung des Nervensystems mit eingehen soll, mit dem secun- dären Hirntheil geschah. <278> Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septentrionalis Goodsir. 37 Tafelerklärung. Sämmtliche Figuren sind mittelst Camera lucida entworfen. Allgemeine Buchstabenerklärung. a' erste Antenne. a" zweite Antenne. aft After. aus Anlage des Ausführungsganges der Geschlechtsdrüse, € e n centrale Eatodermzelle. d h Dotterhaut, dr Drüsen. € a Endabschnitt der Schalendrüse. €C Ectoderm. e u Entoderm, beziehgsw. Mitteldarm. €s Endsäckchen der Antennen-, resp. Schalendröse. fh Fnrchungshöhle. fr Nerv des Frontalorganes. geu Genitalorgan. gh primäres Gehirn. gm Gastrnlamund. i s g b intersegmentäre Bindegewebsbalken. mdb Mandibel, resp. Mandibularfuss. ms Mesoderm. mx Maxille. mxf Maxillarfuss. na Naupliusauge. ob Oberlippe. oeff Ausmündungsöffnung der Antennen- drüse, oes Oesophagus, par Paragnathen. pg Pigmentzelle, r Richtungskörper, rc Harncanälchen. r c t Rectum. sen seitliche Entodermzellen. sgh secundäres Gehirn, thf Thorakalfuss. ug unteres Schlundganglion, urms Urzellen des Mesoderms. ven vordere Entodermzelle. Taf. X. Vergrössernng der Fig. 1 etwa — ; die der übrigen Figuren — . Fig. 1 A. Animaler Pol des Eies von Cetochilus septentrionalis mit dem Richtungskörper und der Dotterhaut im optischen Schnitt. Fig. 1 B. Dotterhaut von der Aussenfläche gesehen. Fig. 2. TJngefnrchtes Ei vor der ersten Theilung im optischen Längsschnitt. (■279) 38 Dr. Carl Grobben: Fig. 3. Zweizeiliges Stadium des Eies von der Seite gesehen. Fig. 4. Das Vierzellenstadiam desselben in gleicher Ansicht. Fig. 5. Achtzelliges Stadium. Dieselbe Ansicht. Fig. 6. Das Sechzehnzellenstadium, in derselben Ansicht; der Richtunes- körper ist von der Oberfläche des Eies verschwunden. Fig. 7. Das 32zellige Stadium in gleicher Ansicht. Fig. 8. Dasselbe Stadium von der Bauchseite betrachtet. In der Mitte liegt die centrale Entodermzelle. Fig. 9. Das nächstfolgende Entwicklungsstadium von der Seite gesehen. Fig. 10. Ein etwas späteres Stadium als das in Fig. 9, von der Bauchseite gesehen. Fig. 11. Ein jüngeres Stadium als das in Fig. 10 abgebildete im optischen Längsschnitt. In der Furchungshöhle findet man den in die Tiefe gerückten RichtuDgskörper. Fig. 12. Das nächstfolgende Eutwicklungsstadium von der Bauchseite gesehen. Taf. 11. Vergrösserung sämmtlicher Figuren — . Fig. 13. Dasselbe Stadium wie in der vorhergehenden Figur von der ani- malen Seite aus gesehen. Fig. 14. Das nächstfolgende Stadium von der vegetativen Seite aus gesehen^ in diesem sind zuerst sämmtliche Keimblätteranlagen getrennt in der Blastosphaera vorhanden. Fig. 15. Das darauf folgende Stadium in derselben Ansicht, in welchem das Mesoderm aus vier Zellen besteht, indem sich von denUrzellea desselben jederseits eine Zelle (ms) abgeschnürt hat Fig. 16. Das Blastosphaerastadium , welches der Einstülpung vorausgeht, in derselben Ansicht. In dem abgebildeten Stadium sind die Mesodermzellen (urms) bereits unter die centralen Entodermzellen (c e n) gerückt, ebenso haben sich die seitlichen (sen) und die vorderen (ven) Entodermzellen ein wenig in die Tiefe gesenkt. Fig. 17. Gastrulastadium, in dem die Mesodermzellen bereits aus der Blasto- sphaera vollständig herausgerückt sind, im optischen Horizontalschnitt. Fig. 18. Gastrala in einem etwas früheren Stadium , im optischen Längs- schnitt, um die Zusammenpressung der centralen Entodermzellen durch die seitliihen zu zeigen. Fig. 19. Gastrulavon der Seite gesehen. DasEctoderm im optischen Schnitt dargestellt Fig. 20. Stadium , in welchem die Schliessung des Gastrulamundes erfolgt. Der Gastrulamund ist bereits ziemlich schmal. '280) Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septentrionalis Goodsir. 39 Fig. 21. Späteres Entwicklungsstadiam vor Anlage der Extremitäten, von der Seite gesehen. Das Ectoderm und das Mesoderm auf der Veutralseite im optischen Schnitt, Fig. 22. Stadium mit der ersten Anlage der von den Extremitäten zuerst erscheinenden zweiten Antenne, optischer Horizoutalschnitt. Fig. 23. Ein ausgeschlüpfter Nauplius, von der Baucliseite gesehen. Unter dem Ectoderm des Endabschnittes, dessen Zellen nur in ihren Contouren angegeben sind, liegt jederseits eine grosse Zelle, die Urzelle des Mesoderms (urms). Taf. III. Fig. 24. Späteres Naupliusstadiam in der Seitenansicht Im hinteren Körper- abschnitt bereits die Genitalanlage (geuj. Vergr. 'i-". Fig. 25. Naupliusähnliches Larvenstadium, in dem bereits die beiden ersten Thorakalfüsse angelegt sind (Metanauplius). Seitenansicht. Vergr. — . Fig. 26. Ein wenig ältere Metanauplius-Larve von der Bauchseite gesehen. Vergr. '*". Fig. 27. Vorderster Abschnitt des Körpers mit dem Gehiru der in Fig. 25 abgebildeten Larve, in der Seitenansicht. Vergr. -°^. Fig. 28. Derselbe Abschnitt von der Baui:hseite aus gesehen. Vergr. '■^. Fig. 29. Hinterster Körperabschnitt desselben Larvenstadiums, von der Bauch- seite gesehen, mit den vier Furcaldrüsea (di'j. Vergr. '^-. Fig. 30. Rechte Antennendrüse desselben Larvenstadiums. Vergr. *'*?. Fig. 31. Hinterer Körperabschnitt desselben Entwicklungsstadiums, vom Rücken gesehen, um die intersegmentalen Bindegewebsbalken (isgb), sowie die dorsale Lage der Darmmuskelzellkerue zu zeigen, pg Pigmentzellen. Vergr. -^. Fig. 32. Vorderster Körperabschnitt einer Larve aus dem zweiten Cetochilus- stadium; das secundäre Gehirn hat sich von der Haut abgelö.st. Verg. "--. Taf. IV. Fig. 33. Erstes Getochilusstadium , von der Bauchseite gesehen. Vergr. — Fig. 34. Erste Anlage der Geschlechtsorgane durch je eine von wenigen Meso- dermzellen umhüllte Keimzelle. Ansicht von der Dorsalseite. Vergr. ^*''. Fig. 35. Zweizeiliges Stadium der Geschlechtsorgane. Dieselbe Ansicht. Vergr. 'J°. Fig. 36. Vierzelliges Stadium derselben in gleicher Ansicht ; es ist auch die Stelle, wo der Ausführungsgang entsteht, bereits zu beobachten. Vergr. "-'. Fig. 37. Die beiderseitigen Genitalorgananlagen sind dorsal über dem Darm zu einer einheitlichen Keimdrüse verschmolzen. Vergr. ?— . Fig. 38. Späteres Entwicklungsstadium der Keimdrüse. Vergr. "*?. (281) 40 Dr. C. Grobben; Die Entwicklungsgesch. v. Cetochilus septentrionalisGoodsir. Fig. 39. Querschnitt durch den Nauplius. Der Schnitt geht durch die Basis der zweiten Antenne, ug das mit der Haut noch im Zusammenhang stehende untere Schlundganglion, msc sind Muskeln. Yergr. ?i°. Fig. 40. Hinterer Körperabschnitt eines kurze Zeit ausgeschlüpften Nauplius einer auf Pacbygrapsus marmoratus lebenden Sacculina. Ansicht von der Bauch- seite. Es ist auf den Mesodermstreifen eingestellt, das Ectoderm im optischen Schnitt gezeichnet. Vergr. "J". Fig. 41. Derselbe von der Seite geseheu. Das Ectoderm wieder im optischen Schnitt dargestellt. Vergr. '^. Fig. 42. Schaleudrüse einer Ce to chi luslarve mit bereits vollständig an- gelegtem Thorax. Vergr. ^. (282) lieber Aequorea Forskalea Esch. als Aequoride des adriatischen Meeres zugleich eine Kritik von E. Haeckel's Aequoridensystem. Von C. Claus. Seitdem ich meine Aufmerksamkeit dem Organismus der adriatischen Medusen zugewendet habe, sind mir gewiss mehr als hundert lebende Aequoriden von Triest in allen möglichen Grössen und Entwicklungsstadien durch die Hand gegangen. Viele dieser in gleichem Masse durch die Schönheit der Form , wie durch die zarte Beschaffenheit der Gewebe zum Studium anregenden Medusen habe ich theils lebend, theils nach geeigneter Behandlung mit Reagentien eingehend untersucht. Es war mir schon längst zur Ueberzeugung geworden, dass alle die verschiedenen Formen, aus deren Variationen nach Grösse und Gestalt der Umbrella, nach Beschaffenheit des Mund- und Scheibenrandes, nach Gefäss- und Ten- takelzahl, sich hätte ein ganzes System aufbauen lassen, lediglich auf Entwicklungs- und Alterszustände einer einzigen Art zurück- zuführen sind und dass diese Art keine andere als die auch im atlantischen Ocean und im Mittelmeere ver- breitete Aequorea Forskalea Esch. ist, welche schon vor länger als 100 Jahren Forskai als Medusa aequorea be- schrieben und auch ziemlich kenntlich abgebildet hat. Ich war daher nicht wenig überrascht, als ich vor Jahres- frist in der grossen Medusen-Monographie von E. HaeckeP) eine Reihe von Aequoriden als verschiedene Arten beschrieben und 'j E. Haeckel: Das System der Medusen. Erster Theil einer Mono- graphie der Medusen. 1. Hälfte. Jena 1879. '283) 2 C. Claus: sogar verschiedenen Gattungen und Untergattungen subsumirt fand, in denen ich die mir bekannten Variationen der anscheinend weit verbreiteten Forskal'schen Aequorea wiederzuerkennen glaubte. Eine wiederholte Durchsicht zahlreicher Aequoriden, die ich mir im Laufe des vergangenen Winters von Triest zusenden Hess, hat mich in meiner Ueberzeugung nur bestärkt und mich darüber nicht mehr im Zweifel gelassen, dass sich E. Ha e ekel bei Auf- stellung seines Aequoridensystems zu sehr von individuellen Merk- malen leiten Hess und deshalb vöHig unhaltbare Gesichtspunkte zur Unterscheidung von Gattungen und Arten verwerthen konnte. Hätte der hochgeschätzte Autor Gelegenheit gehabt, anstatt ver- einzelter Exemplare, welche ihm nur zum geringen Theile lebend, dagegen grösstentheils in conservirtem Zustande zur Beobachtung kamen, zahlreiche lebende Aequoriden in verschiedenen Entwick- lungs- und individuellen Formzuständen genauer zu untersuchen, so würde er auch in der Verwerthung von unvollständigen und weniger zuverlässigen Abbildungen älterer Autoren vorsichtiger gewesen, gewiss aber vor der schablonenmässigen Schematislrung bewahrt worden sein, mit welcher er gewisse, mehr erschlossene als beobachtete Merkmale zur Aufstellung von vier in verschiedenen Gattungen sich wiederholenden Untergattungen verwerthen konnte. Wenn die adriatische Aequorea, sei es in welchem Grössen- und Entwicklungsstadium, nach der langen Bahnfahrt von Triest in Wien eintrifft, so befindet sie sich fast eonstant in einem erschlafften Zustande gewisser subumbrellnrer Muskelgruppen und erscheint fast bewegungslos, bald aasgebreitet, bald mit umge- bogenem Umbrellarsaume im Wasser suspendirt. Ihr Mundrand ist nicht nur geschlossen , sondern an das Ende eines stark pro- minirenden ISchlundrohres vorgeschoben und fransenartig mit langen , fadenförmigen Mundlippen besetzt. Unsere Meduse ist offenbar eine Polycanna Haeckel's und je nach der Grösse der Umbrellaund nachdem Entwicklungszustande der Gonaden, sowie nach dem Verhältnisse von Randtentakeln zu ßadiarcanälen den als Arten der drei Untergattungen R h a c o s t o m a, Crematostoma und Zygodactyla beschriebenen Formen mehr oder minder ähn- lich. Indessen genügt ein massiger, auf die Subumbrawand ausge- übter Reiz , etwa die Berührung mit einer Nadelspitze , um die Aequorea aus dem Poly cannatraum i) aufzuschrecken. All- mälig verkürzt sich das Schlundrohr bis zum völligen Schwund, ') Der Polycannazustand unserer Form ist mit Aequorea Rissoana Per. identisch, welche E. Haeckel in Polycanna italica umgetauft hat. (2-'4) Ueber Aequore^ Forskalea Escli. als Aequoride des adriatischen Meeres. 3 der geschlossene Mund öffnet sich, wird grösser und weiter, die Radialrauskeln der subumbralen Magenwand contrahiren sich immer stärker, während die Mundlippen sich krausenfürmig falten und verkürzen. Die Aequorea ist nunmehr eine Mesonema geworden, schreitet aber auch noch über diesen Formzustand des Mundrandes hinaus, wenn man das Thier mittelst stärkeren ßeizes beunruhigt und in die subumbrale Magenhaut vorsichtig die Nadelspitze ein- sticht oder auf dieselbe einen elektrischen Strom einwirken lässt, Nunmehr dehnt sich der Mundrand unter stärkster Contraction der unteren Magenhaut aus und schlägt sich selbst über die Grenze der Magenperipherie um, während seine Anhänge kurze, krausen- artig gefaltete Läppchen werden. Der Mund klafft weit, ist zwar nicht glatt, aber gekräuselt, sodass er mehr oder minder dem Charakter der Gattung Aequorea Per. Les. entspricht. (Siehe E. Haeckel 1. c. pag. 218, 5. Zeile von unten.) Unter solchen Verhältnissen, die an einer grossen Zahl lebender Thiere mit demselben Erfolge constatirt werden konnten und mir schon lange vor Publication der H a e c k e l'schen Monographie bekannt waren, unterlag es für mich keinem Zweifel, dass die von E. Haeckel zur Aufstellung der Gattungen Polycanna und Mesonema verwertheten Merkmale lediglich auf verschiedene Contractionszustände der subumbralen Magenwand und ihrer oralen Anhänge zurückzuführen sind. Es ist aber auch, wie ich zeigen werde, sicher, dass die Gattung Aequorea, welche Formen mit gekräuseltem Mundrande enthält, mit jenen Gattungen zusammenfällt. Die mikroskopische Untersuchung der Subumbrella zeigt uns Verhältnisse, welche das ausserordentliche Contractions vermögen der unteren oder subumbralen Magen wand ausreichend erklären. Auffallenderweise konnten dieselben bislang der Beobachtung ent- gehen und fanden auch in den Arbeiten der Gebrüder H e r t w i g, welche insbesondere den Randsaum der Scheib und die ßadiär- canäle und Genitalorgane so genau beschrieben haben , eben weil ihre Aufmerksamkeit vornehmlich auf diese Verhältnisse ge- richtet war, keine Berücksichtigung. Zwischen der mächtig entwickelten Ringmuskulatur und dem subumbralen Epithel verlaufen in der Verlängerung der bereits bekannten radialen Gefässmuskeln breite, radiale Muskelzüge, welche je auf ein Mundläppchen übertreten. In den Radien der zu- letzt entstandenen Gefässcanäle , deren zugehörige Mundläppchen noch nicht gebildet sind, werden auch diese Muskelstreifen noch 4 C. Claus: vermisst oder zeigen sich doch erst in der Entstehung begriffen. An der oralen Hälfte der snbumbralen Magenwand kommen zu den Muskelziigen noch breitere und stärker vortretende Streifen hinzu , welche in gleicher Weise je in ein Mundläppchen über- treten. Diese als Längswülste vortretenden Streifen sind entoder- malen Ursprunges und bestehen aus einem grossblasigen, an Pflanzenparenchym erinnernden Stützgewebe. Wie das Entoderm in den Tentakeln vieler Medusen und Polypen einen soliden axialen Skeletstrang erzeugt, so vermag dasselbe auch an der Innenseite der Mundanhänge durch ähnliche Zellenmodificationen einen Stütz- apparat herzustellen, welcher physiologisch der sogenannten Arm- rippe des Acalephenarmes um so zutreffender verglichen werden kann, als sich die durch denselben verbundenen Seitenhälften der Mundläppchen mit ihren gekräuselten Seitenrändern oralwärts zur Bildung einer Art Armrinne zusammenlegen. Zudem entsprechen die vier primären Mundläppchen der Aequoridenlarve auch mor- phologisch sehr wohl den vier Mundarmen der Ephyrameduseri. Wir finden demnach in den zahlreichen, so überaus metabolischen Mundanhängen , welche sich zu Fäden verlängern und zu kaum vorspringenden , krausenartig gefalteten Läppchen verkürzen können, sowohl einen Skeletstrang als einen mächtigen Muskel, welcher sich über die aborale Hälfte der subumbralen Magen- haut hin bis auf das entsprechende Radialgefäss fortsetzt und je nach dem Contractionszustande der ersteren als Radialstreifen mehr oder minder scharf hervortritt. Das Contractionsvermögen der durch radiale und circulare Muskelschichten bewegbaren Magenwand ist nun in der That ein so erstaunliches, dass nicht nur jene bereits beschriebenen Modi- ficationen in der Mundgestaltung möglich werden, sondern auch noch andere, nicht minder überraschende Erscheinungen zu Tage treten. Die sich schliessende MundöflPnung, mag sie nun ein Schlund- rohr bilden oder nicht, vermag von Stelle zu Stelle zu wandern, aus der Mitte der Subumbrella nach dem Rande der Magenhaut zu rücken, sich nach Art des Actinienmundes in eine Längsspalte auszuziehen und als solche wieder in allen Richtungen unter leb- haften Bewegungen der Mundläppcheu zu wechseln. In gleicher Weise verändert sich auch die peripherische Grenze der Magen- wand an den trichterförmig beginnenden Radialcanälen , welche sich mit der zugehörigen Subumbralzone beträchtlich verkürzen und die anhängenden Doppelbänder der Genitalorgane spiralig falten üeber Aequorea Forskalea Esch. als Aequoride des adriatischen Meeres. 5 oder unter minder regelmässigen Auftreibungen zu krümmen ver- mögen. Demnach zeigt auch der relative Durchmesser des Magen- raumes, sowie die Gestalt und das Aussehen der Gonaden, einen bemerkenswerthen, sehr beträchtlichen Wechsel. Im Allgemeinen ist der Mesonema zustand unserer Aequoride der häufigere. Es würde demgemäss der descriptive Systematiker, welcher die Veränderungen dieses Zustandes nicht kennt oder berücksichtigt, keinen Anstand nehmen, die Aequoride der bereits von Eschscholtz aufgestellten und durch den Besitz von Oral- fäden am Rande des weiten Mundes charakterisirten Gattung Mesonema unterzuordnen. Nun ist in der That eine Mesonema- Art aus dem adriatischen Meere von Haeckel selbst beschrieben worden, die M. eurystoma von der dalmatinischen Küste. Nach der wenn auch unzureichenden Beschreibung, welche E. Haeckel, leider ohne eine Abbildung beizufügen, in seinem Werke entworfen hat , nehme ich (nach Ausscheidung der variabelen Merkmale iu seiner Diagnose) keinen Anstand, die T r i e s t e r Aequoride mit jener für identisch zu halten. In Wahrheit aber handelt es sich keines- wegs um eine besondere, der Adria eigenthümliche Species, viel- mehr fällt dieselbe, wie ich im Nachstehenden zeigen werde, mit der mediterranen Medusa aequorea Forsk. = Aequorea Forskalea Esch., zusammen. Von allen Autoren wird die schon vor länger als 100 Jahren von F 0 r s k a 1 beschriebene und abgebildete Medusa aequorea als die typische Art der von P e r o n aufgestellten Gattung Aequorea betrachtet. Später beschränkte Eschscholtz in seiner bekannten Monographie (1829) auf diese Gattung diejenigen Aequoriden, welche der Fangfäden am Mundrande entbehren, und stellte derselben die Gattung Mesonema gegenüber. Auch der jüngste Medusen - Monograph hält diesen Charakter aufrecht und definirt das Genus , von dem weiten , nicht trichterförmigen Magen abgesehen, in erster Linie „durch den gänzlichen Mangel von Lappen und Fransen an dem einfachen Rande der weit klaffenden Mundöffnung". Freilich modificirt er sogleich in der nachfolgenden, klein gedruckten Erörterung (pag. 218) diese Gattungsdiagnose sehr wesentlich mit den Worten: „Wenn wir mit Recht die genau bekannte Aequorea Forskalea als maass- gebenden Typus des Genus beibehalten , so ergibt sich als charak- teristisches Merkmal und als Unterschied von den anderen Poly- canniden der gänzliche Mangel der Mundlappen und die einfache Beschaffenheit des glatten oder gekräuselten Mundrandes." (.281) 6' C. Clans: E. Haeckel nimmt hier also die Kräuselung des Mundrandes als eine Modification auf, ohne freilich zu erörtern, worauf dieselbe beruht, und ohne sich bewusst zu werden, dass mit diesem Begriffe der Gegensatz zu M e s o n e m a hinwegfällt. In der That zeigt nun die von Forskai gegebene Abbildung, auf die sich neben der von diesem Autor entworfenen Beschreibung im Wesentlichen unsere Kenntniss der Aequorea-Art stützt, sehr ausgeprägte Krausen am Mundrande, welche von E. Haeckel um so weniger unerwähnt bleiben konnten , als jene Art ja als Typus der Gattung Aequorea gilt, und die Forskal'sche Abbildung derselben von E. Haeckel als „eine vortreffliche, anscheinend sehr genaue" gerühmt wird. Nehmen wir aber von dieser Abbildung nebst zugehöriger Beschreibung genauere Einsicht und vergleichen wir mit der- selben die ihr entlehnte Art-Diagnose in dem Medusen-Werke des Jenenser Zoologen, so überrascht uns zunächst das der Abbildung gespendete Lob, welches allerdings nach dem Maassstabe der An- forderungen des vorigen Jahrhunderts vollkommen berechtigt sein dürfte. Objectiv und mit Rücksicht auf eine genaue aus derselben abzuleitende Art-Diagnose erscheint freilich die Qualität der Ab- bildung in einem ganz anderen Lichte, und nur einer vorsichtigen Kritik dürfte es möglich sein, einige sichere, zur Bestimmung er- forderliche Anhaltspunkte zu gewinnen. Abgesehen von dem Mangel der kleineren ßandgebilde, wie Tuberkel- und Tentakelwülste, sowie Gehörbläschen wird das Velum völlig vermisst, und man vermag dem Bilde nicht sicher abzunehmen, ob die Meduse, wie es nach der Insertion der Tentakeln den Anschein hat, in flacher Ausbreitung oder mit gekrümmtem Älarginalsaum dargestellt ist. Wenn ich nun auch (mit E. Haeckel) die erstere Auffassung als die wahrschein- lichere ') annehmen wollte, so würde in viel höherem Maasse die Un- voUständigkeit in der Darstellung der Radialeanäle als eine wesent- liche Lücke in Betracht kommen. Nur der mit den Gonaden behaftete Abschnitt der Radialeanäle ist in der Abbildung ersichtlich; sowohl das in der Magenperipherie entspringende Anfangsstück als der zum Scheibenrande tretende, in den Ringcanal einmündende, distale Ab- schnitt findet sich in der Abbildung überhaupt nicht vor. Es ist daher eine keineswegs aus dem Befunde der Abbildung hervorgehende Charakterisirung, sondern ein willkürlicher Zusatz H a e c k e Ts, ') Was sie jedoch aus mehreren Gründen und auch wegen des grösseren Verhältnisfes von Schirmbreite zum Magendurchmesser nicht ist. (28 S) Ueber Aequorea Forskalea Esch. als Aequoride des adriatischen Meeres. 7 wenn derselbe in der Art-Diagnose von Aequorea Forskalea als Merkmal aufnimmt: „Tentakeln am Ende der Radial canäle und zwar als directe Fortsetzungen derselben." An einigen Stellen der Forskal'schen Figur würde die Verlängerung des Gonadenradius zwischen zwei benachbarte Tentakeln, an anderen neben dieselben fallen. Indessen ist bei der Unbestimmtheit der Figur und dem Mangel ergänzender Erklärungen im Text für das Lagenverhält- niss von Randtentakeln zu den Mündungsstellen der Radialcanäle gar nichts Sicheres abzuleiten. Selbst die Zahl der Randtentakeln entspricht nicht einmal genau der Gefässzahl, und Forskai bemerkt dies im Text ausdrücklich (Tentaculae filiformia , ad quemcunque fere canalem radiorum singula). Auf einer völligen Missdeutung des Bildes aber beruhen Haeckel's Angaben über das Grössen verhältniss von Magen zur Scheibe, sowie hiermit im Zusammenhange über die Länge der Radialcanäle und Lagenbeziehung der Gonaden, Missdeiitungen, die schlechterdings unmöglich gewesen wären, wenn unser Autor die Contractionserscheinungen und Veränderungen der subumbralen Magenwand an einem einzigen lebenden Exemplare genauer beobachtet oder wenn er nur Forskal's erläuternden Text vollständio- gelesen hätte. Die Stelle in Haeckel's Diagnose: „Magen von ^g des Scheibendurchmessers, kaum W so hoch als breit" zeigt, dass unter Magen nur die orale Hälfte des Magens mit der herabhängen- den Subumbrellarwand verstanden , die aborale Hälfte desselben mit ihren Muskelstreifen aber zu dem Canalsystem bezogen wurde. Der Umfang dieses Abschnittes ergibt freilich , bei genauerem Ausmessen, nur etwas mehr als 1,4 des Scheibendurchmessers und würde einem noch kleineren Theile entsprechen, wenn wir in jenem Bilde uns den Scheibenrand ungekrümmt vorstellen. Li Wahrheit aber nimmt der Durchmesser des gesammten Magens die Hälfte der Scheibe in Anspruch, würde jedoch bei der unter- stellten Voraussetzung beträchtlich kleiner sein. Indessen erscheint, wie bereits gezeigt wurde, das Bild im Detail so wenig verlässlich, dass wir auf diese Verhältnisse keinen allzu grossen Werth legen dürfen. Die radiären Streifen, die den peripherischen Theil der Magenwand durchsetzen, von den Gonadenanfängen aber durch einen schmalen (die nicht dargestellten Gefässursprünge enthalten- den) Saum getrennt bleiben, sind nun aber nicht etwa die proxi- malen Hälften der Radialcanäle, wie Ha e ekel glaubt, sondern die distalen Ausläufer der Armspangen nebst den zuge- hörigen radialen Muskelstreifen, welche nach den ürsprungstellen der (289) C. Claus: Radialcanäle hinziehen. Auch unter den grösseren Triester Aequo- riden habe ich gar oft Exemplare in einem Contractionszustande beobachtet, welcher dem der Forskal'schen Form durchaus ent- spricht und über die Richtigkeit meiner Deutung der ForskaT- schen Abbildung keinen Zweifel zurücklässt. Dazu kommt noch, dass Forskai diese Streifen im Text in einer Weise erklärt, welche die Zurückführung derselben auf die proximalen Hälften der Radialcanäle ausschliesst , indem er sagt; „a centro ad medium prorsum hyalinum sine radiis , vel si qui sint, ex plicis perae ortis et varie mutabilibus." In dem Bilde aber sind wiederum diese Streifen nicht in gleicher, sondern in viel grösserer Zahl als die Gonaden (125: 104) dargestellt, ein Um- stand, welcher bei der Deutung des Streifen als Gefässhälften einen Widerspruch zu dem der Abbildung gespendeten Lobe grosser Genauigkeit involvirt. Somit ergibt sich auch das weitere Merkmal in HaeckeTs Diagnose von Ae. Forskalea „Gonaden in der Distalhälfte der Radiärcanäle" als völlig verfehlt; thatsächlich nehmen dieselben einen grossen Theil der Gefässlänge ein und lassen nur die beiden Endabschnitte frei , verhalten sich hierin also wie H a e c k e l's Ae. discus, welche schon won den Gebrüdern Hertwig als Ae. Forkalea betrachtet wurde und mit derselben auch gewiss zusammenfällt. Nun aber ist auch der Mundrand der herabhängenden Magenwand keineswegs so einfach und ohne Anhänge, sondern krausenförraig gefaltet und von dem des Mesonema nicht wesent- lich verschieden. Die auch in der Darstellung des Mundrandes mangelhafte Abbildung, an der man gleichwohl an mehreren Stellen contrahirte Läppchen und Mundfäden zu erkennen vermag, wird durch ForskaFs Beschreibung in einer Weise ergänzt, welche die Richtigkeit dieses Verhältnisses ausser Zweifel stellt. Es heisst im Text: „Ore medio patulo , crispo, fimbriato, varie versatili et laxando«. Also nicht nur krausenförmig gefaltet, sondern mit Fäden besetzt! Wie aber stimmt dieses Merk- mal, welches sich auch an der ungenügenden, den Anforderungen einer genauen Darstellung gegenüber höchst mangelhaften Abbildung immerhin erkennen lässt, mit Ha ecke l's Aequorea - Diagnose „Mundrand einfach, ohne Lappen und Fransen"? Bezüglich der Gefässzahl, welche F orska 1 für mittelgrosse Exemplare angibt, so stimmt dieselbe vortrefflich zu der adria- tischen Aequoride. „Radii erant 129." „Horum radiorum bini (290) Ueber Aequorea Forskalea Esch. als Aequoride des adriatischen Meeres. 9 semper propiores , linea hyalina distincti , canalem formant communicantem i) cum pera magna." Man sieht, der ausgezeichnete Beobachter des vorigen Jahrhunderts unterschied bereits die beiden Genitalblätter an den Seiten der Radialcanäle von dem Lumen der letzteren als Radii. Demnach enthielten mittelgrosse Exemplare etwa 65 Radialcanäle (einen noch ohne Gonaden), wie ich auch unter den Triester Aequoriden gelegentlich mittelgrosse Exemplare mit dieser Gefässzahl beobachtet habe — 4 Radialcanäle (l. Ordn.) + 4 (2. Ordn.) + 8 (3. Ordn.) + 16 (4. Ordn.) + 32 (5. Ordn.) + einer oder auch mehreren sehr zarten Gefässanlagen 6. Ordnung. In der Forskal'schen Abbildung, welche einem weit grösseren Exemplare (von 160 — 180 Mm. Schirmdurchmesser) entlehnt zu sein scheint, linden sich 104 Gefässe und 105 Tentakeln. Es sind hier also noch zahlreiche weitere Radiärcanäle 6. Ordnung zur Entwicklung gelangt, falls die Zahl der Canäle im Bilde — was ich nicht glaube — der Wirklichkeit genau entsprochen haben sollte. E. Haeckel bestimmt die Zahl der Radiärcanäle und ebenso die der Tentakeln für A. Forskalea auf 100 bis 200, eine ebenso unbestimmte als un- richtige Annahme, deren Quelle ich lediglich auf das Imaginations- talent des Autors zurückzuführen vermag, da derselbe ausdrücklich hervorhebt, dass sich unsere Kenntniss dieser mediterranen Aequorea- Art auf die Abbildung und specielle Beschreibung Forskal's be- schränkt, und dass die neueren Beobachter keine genaueren Unter- suchungen über dieselbe angestellt hätten. Ob die Zahl der Radiär- canäle eine noch grössere als die in der Forskal'schen Abbildung angegebene werden kann, bleibt festzustellen; vorläufig aber halte ich es für höchst zweifelhaft, dass noch Gefässe 7. Ordnung (über 128 hinaus) entstehen. Wahrscheinlich sind schon in Forskal's Abbildung die Radiärcanäle nach seiner approximativen Schätzung (nicht Abzahlung) zu zahlreich dargestellt. Dass dieselben in der That nicht abgezählt wurden, geht mit grösster Wahrscheinlichkeit aus dem Umstand hervor, dass die Zahl der Muskelstreifen, welche höchstens die gleiche sein könnte, die der Radiärcanäle um mehr als zwanzig übersteigt. Bezüglich der Tentakelzahl, welche bei grösseren Formen niemals genau mit der der Radiärcanäle übereinstimmt, sondern innerhalb bedeutender Grenzen nach aufwärts und abwärts variirt, wird die Unrichtigkeit des supponirten Charakters durch die nachfolgenden Erörterungen bewiesen. ') Aus diesem Passus ergibt sich auch, dassForskal den nicht abgebildeten Ursprung der Gefässcanäle an der Peripherie der Magenhöhle gesehen hat, auf deren xintere Wand er die oben erwähnten Streifen als Falten bezogen hatte. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. III, Hefts. 20 (291) 10 C. Claus: Nachdem ich gezeigt habe, dass die als typisch geltende Art der Gattung Aequorea nicht nur einen gekräuselten Mundrand, sondern auch Fäden an demselben besessen hat, so erscheint der Grund für die Aufrechthaltung der Gattung Mesoneraa Esch. hinfällig geworden, welche ebenso wie Polycanna lediglich ver- schiedene Contractionszustände der Magen- und Mundhaut von Aequorea repräsentirt. Es scheint mir aber überhaupt frag- lich, ob Aequoriden mit glattem Mundrand existiren , für welche Haeckel's Diagnose von Aequorea Geltung haben konnte. Nicht selten fand ich grosse Aequoriden mit nur spärlichen (über grosse Strecken des Mundrandes hin fehlenden) Mundlippen. Offenbar waren an solchen scheinbar glatten Partien des Mundrandes die Fäden abgerissen, an anderen wieder als ganz kurze Krausen, sei es nun regenerirt oder auf einer früheren Entwicklung zurück- geblieben. Derartige verletzte Exemplare erinnerten mich in gewissen Contractionszuständen an die Forskal'sche Abbildung. Freilich sind andere Aequoriden, wie die Ae. violacea von M. Edwards und Ae. ciliata von Eschscholtz vollkommen glattrandig abgebildet. Sollten dieselben in der That normalen Formen entsprechen, so müsste für diese eine neue Gattung auf- gestellt werden, da sie von der für die Gattung Aequorea typischen Fors kal' sehen Art wesentlich abweichen würden. Ich glaube jedoch, dass es sich hier um Aequoreen mit verletztem Mundrand handelt, wie man sie auch erhält, wenn man das „Schlundrohr" der Polycannaform mit dem Lippenbesatz abschneidet. In dieser Weise glattrandig gemachte Formen , welche den Anforderungen des Genus Aequorea entsprechen, kann man in den Aquarien noch wochenlang am Leben erhalten. Aber noch eine andere Reihe von Merkmalen , auf welche E. Haeckel einen so grossen Werth legte, dass er sie zur Auf- stellung von Untergattungen verwendete , lernte ich durch Ver- gleichung zahlreicher Aequoreaformen verschiedener Grösse vind Entwicklungsstufen ihrer wahren Bedeutung nach beurtheilen, ich meine den Ursprung und die Zahl der Randtentakel im Verhältniss zu den ßadiärcanälen. Man wird zunächst den Unterschied in der Gestalt der Canäle als bedeutungsvoll anerkennen, nach welchem dieselben entweder einfach oder gabelspaltig sind , und deshalb geneigt sein, die auf denselben gegründeten Unterfamilien der Polycanniden und Zygocanniden für berechtigt zuhalten, unter der Voraussetzung freilieh, dass man von dem Verhalten der den letzteren beigezählten Gattung Halopsis absieht. Zwar (292) i Ueber Aeqnorea Forskalea EscL. als Aequoride des adriatischen Meeres. 11 kommen auch an den einfachen Radiärcanälen der Polycanniden gabiige Theilungen nicht selten vor, indessen beschränken sich die- selben doch nnr auf das eine oder andere, jedenfalls immer nur auf wenige Gefässe und erscheinen mehr als Abnormität, während bei den Zygocanniden sämmtliche Canäle gabiig getheilt sind. Anders freilich verhält es sich mit der durchaus ungerecht- fertigten Sonderung der Octocanniden von den Poly- canniden als dritte Unterfamilie, als wenn der Begriff der Vielheit erst mit der 12- oder 16-Zah] beginne und die voraus- gehende Entwicklungsstufe der 8-Zahl ausschliesse ! Innerhalb der Polycanniden (im engeren Sinne) benützte E. Haeckel das Verhältniss von Zahl und Lage der Tentakeln zu den Radiärcanälen zur Fabricirung seiner Untergattungen, indem er vier in den einzelnen Gattungen sich wiederholende Combi- nationen unterschied und durch die Endung des Gattungsnamens in entsprechend gleichartiger Weise bezeichnete. In dem ersten Falle soll die Zahlvermehrung der Randtentakeln mit derjenigen der radialen Gefässe gleichen Schritt halten , so dass am Ende eines jeden Radialcanales ein Tentakel entspringt. Das Subgenus erhält die Endung „ella". Bei der Mehrzahl der Arten hin- gegen wächst die Tentakelzahl rascher als diejenige der Radiär- canäle, so dass die erwachsene Aequoride nicht blos einen percanalen Tentakel am Ende jedes Radialcanales besitzt, sondern auch einen oder mehrere intercanale Tentakeln zwischen je zwei Radialgefässen" , Subgenus mit der Endung „issa". Im dritten Falle findet das Umgekehrte statt, indem die Zahl der Tentakeln hinter derjenigen der Radiärcanäle und zwar oft sehr beträchtlich zurückbleibt, Subgenus mit der Endung „an na". Endlich ist zwar die Zahl der Tentakeln und Radiärcanäle die gleiche, jedoch liegen die Tentakeln sämmtlish intercanal, nicht percanal, Subgenus mit der Endung „oma". Betrachten wir zunächst die erste und letzte Combination, die Untergattungen mit gleicher Zahl von Tentakeln und Radial- gefässen. An ziemlich grossen, bereits mit entwickelten Gonaden behafteten Aequoreaformen fand ich in manchen Exemplaren Tentakeln und Radialgefässe der Zahl nach nur wenig differirend, ohne dass jedoch für die Lage der Tentakeln zu den Radial- gefässen das eine oder andere Verhältniss am ganzen Scheiben- rand durchgreifende Geltung gehabt hätte. So genau und sorg- fältig ich dieselben auch auf die Beschaffenheit des Randsaumes untersuchte — und es ist die zuverlässige Feststellung derselben 20* (293) 12 C. C 1 a u s : eine zeitraubende und keineswegs so leiclite Arbeit — in keinem Falle waren sämmtliche Tentakeln percanal oder intercanal ; vielmehr bestanden nach den einzelnen Individuen höchst ver- schiedene Combinationen. Nicht selten fiel der Ursprung vieler, zuweilen einer Anzahl benachbarter Tentakeln an das distale Ende der betreffenden ßadiärcanäle ; viel häufiger jedoch in grösserem oder geringerem Abstände zur Seite derselben, zuweilen genau in die Mitte zwischen zwei Gefässen. Beschränkt man freilich die Untersuchung auf einen kleinen Theil des Randes , an welchem gerade die Tentakeln perradial sitzen, und schliesst von dieser unzureichenden Beobachtung auf das gleiche Verhalten des ganzen Randes zurück, so gelangt man zu der Vorstellung von dem Ver- hältniss der ersten vermeintlichen Untergattung. Dass dieselbe aber lediglich auf einer übereilten Verallgemeinerung beruht, ergibt sich auch aus der Entwicklung, aus der Art und Weise, wie bei der Scheibenvergrösernng die Radialcanäle in der Magenperipherie und die Tentakeln am Scheibenrande relativ unabhängig von einander hervorwachsen. Da der Radiärcanal in der Gefässlamelle zwischen zwei benachbarten Canälen der nächst älteren Ordnung von der Magenperipherie gegen den Scheibenrand wächst, so wird derselbe, am Ringgefäss angelangt, unmöglich stets mit der Stelle zusammentreffen, an welcher der Tentakel der entsprechenden Ordnung hervorgetreten ist, häufiger vielmehr neben demselben, oder auch genau zwischen zwei Tentakeln und im letzteren Falle mit der Anlage eines Tentakels späterer Ordnung, das heisst eines intermediären Tuberkels zusammenfallen. In den jüngsten Stadien, welche nur 8 Radiärgefässe besitzen, beziehungsweise die Grefässe der zweiten Ordnung noch nicht einmal vollständig ausgebildet haben, sind die Tentakeln beinahe stets noch sämmtlich perradial, mit dem Wachsthum und der steigenden Zahl der Radialcanäle wird das Lagenverhältniss vieler Tentakeln ein unregelmässiges und erscheint in grossen Exemplaren oft zu Grünsten der intra- canalen Tentakeln verändert. Wiederholt sich nun das letztere Verhältniss , in welchem die Gefässenden zwischen zwei Tentakeln fallen , an mehreren benachbarten Feldern des Scheibenrandes , aus welchem in vor- schneller Generalisirung auf die Beschaffenheit der gesammten Umbrella geschlossen wird, so scheint die Combination der anderen Untergattung (auf Oma) zuzutreffen , aber auch diese existirt thatsächlich ebensowenig als die erstere. Uebrigens wurde dieselbe von E, Haeckel nicht etwa auf Grund eigener Untersuchungen üeber Aequorea Forskalea Escb. als Aequoride des adriatischen Meeres. 13 für irgend eine Aequorea nachgewiesen, sondern nur aus Angaben älterer Autoren und deren Abbildungen, nämlicli der Aequorea violacea von M. Edwards und Aequorea eurhodina Per. Les. deducirt. Indessen auch für den ersteren Fall, dass sämmtliche Tentakeln percanal entspringen , bemühe ich mich vergebens in H.'s Monographie einen auf selbstständige Beobach- tung gestützten Fall näher beschrieben zu finden. Dass Forskal's Abbildung der Aequorea Forskalea nichts beweist , habe ich bereits oben dargethan , und ebenso vermag ich aus der E sc li- sch oltz'schen Figur der Ae. ciliata sicheres abzuleiten. Frei- lich hat H a e c k e 1 drei Exemplare von Mesonema eurystoma selbst beobachtet und macht für dieselbe die kurze Angabe : „Bei allen drei Exemplaren waren ebensoviel Tentakeln als E-adiärcanäle am Ende derselben vorhanden, keine intercanalen Tentakeln dazwischen." Sollte E. Haeckel sich wirklich die Mühe ge- nommen haben, bei allen drei Exemplaren längs des gesammten Randes jeden Tentakelursprung im Verhältniss zum Grefässende genau festgestellt oder sollte er das Verhalten eines kleinen Stückes geprüft und darnach das Ganze beurtheilt haben ? Wenn übrigens auch einmal, was nach dem Wachsthumsvorgang der Radiärcanäle nicht absolut unmöglich ist, im einzelnen Falle die percanale Lage sämmtlicher Tentakeln zuträfe, so würde es sich doch nur um eine individuelle Variation , keineswegs aber um eine regel- mässig wiederkehrende, generell zur Charakterisirung einer Unter- gattung verwerthbare Eigenthümlichkeit handeln. Was die beiden anderen Combinationen, welche zur Aufstellung der Untergattungen auf an na und issa Anlass gaben, anbelangt, so vermag ich auf Grund zahlreicher und eingehender Beobach- tungen zu zeigen, dass dieselben ebenfalls nur in der Vorstellung des Autors existiren, thatsächlich aber in völlig reiner und für den ganzen Rand gleichmässig ausgeprägter Form überhaupt nicht vorkommen. So gut es Ausnahmsfälle sein würden , an denen Tentakeln und Gefässe der Zahl nach genau überein- stimmten , so müssten es auch nach den Wachsthumsvorgängen beider Organe bei der wechselnden Lagenbeziehung der Ten- takeln zu den Gefässenden ganz ungewöhnliche Abnormitäten sein, in welchen sich die Zahl der Tentakeln genau um die Hälfte geringer , oder um das Doppelte oder Mehrfache grösser als die der Radialcanäle herausstellte. Mir ist bei der grossen Menge genau durchmusterter Exemplare weder der eine noch der andere Fall bekannt geworden, und wenn ein solcher auch wirklich beob- (295J 14 C. Claus: achtet werden sollte, so könnte er doch nur als seltene individuelle Modification erscheinen. In Wahrheit aber bestehen — und Grleiches gilt ja auch für das Lagenverhältniss von Tentakeln zu den ßadialcanälen — alle möglichen Variationen, unter denen freilich nicht selten für längere oder kürzere Abschnitte der Randgestaltung der eine oder andere Fall und selbst beide an dem gleichen Exemplare combinirt zutreffen können. Wie ich bereits oben hervorgehoben habe, schreitet die Entwicklung von Tentakeln und Gefässen keineswegs einander parallel gleichmässig vor , vielmehr bleibt gewöhnlich die eine hinter der andern mehr oder minder zurück. An den jüngsten von mir aufgefundenen Aequoreaformen war 3 — 4 Mm. Scheibendurchmesser, welche das noch nicht vollendete Octocanna Stadium repräsentirten, waren regelmässig die Tentakeln den Radiärcanälen, von denen die vier zweiter Ordnung noch nicht den Rand erreicht hatten, voraus- geeilt, in den durch die 8 langen Tentakeln getrennten Octanten finden sich bereits intermediäre Tuberkeln von bedeutender Grrösse (die Anlagen der Tentakeln dritter Ordnung) mit zuge- hörigem Excretionsporus und zu beiden Seiten derselben kleine Nebentuberkeln , aus welchen später die 16 Tentakeln vierter Ordnung hervorgehen. In den nachfolgenden Entwicklungsstadien erscheint die Tentakelentwicklung nicht immer begünstigt, wenn auch die Randfäden bereits als Tuberkeln angelegt oder tb eil- weise schon als kleine Tentakelstummel vorhanden sein können, während die ßadialcanäle entsprechender Ordnung, welche in all- mäliger Folge vom Magen aus hervorwachsen, noch fehlen, oder als kleine Ansätze in der Magenperipherie hervortreten. Nun kann aber auch an einzelnen Abschnitten des Scheiben- randes die Tentakelbildung zurückbleiben, desgleichen in einzelnen Exemplaren über den grössten Theil des Scheibenumfanges die Entwicklung in dem Masse zu Grünsten der ßadialcanäle moditi- cirt sein , dass die zuletzt entstandenen Canäle am Ringgefäss nicht auf oder neben Randfäden gleicher Ordnung, sondern auf oder neben Tuberkeln treffen, welche den Anlagen jener entsprechen. Es handelt sich also immer nur, wie ich an einer sehr beträchtlichen Zahl von Individuen verschiedenen Umbrellarumfang nachzuweisen im Stande bin, um individuelle, in den verschiedensten Combinationen durchgeführte Variationen, von denen extreme Fälle bei unvollständiger Beobachtung und übereilter Generali- sirung die Tävischung, in welche E. Haeckel verfallen konnte, einigermassen erklärlich erscheinen lassen. Immerhin gestehe ich (296) üeber Aequorea Forskalea Esch. als Aequoride des adriatischen Meeres. 15 die Möglichkeit zu, class bei verschiedenen Aequoreaarten con- stante Unterschiede in dem Zahlenverhältnisse von Tentakeln und Radialcanälen zu ermitteln sind und dass beispielsweise einer im bedeutenden Grade vermehrten (wie bei Ae. groenlandica Per. Les. und c r a s s a A g.), oder bedeutend verminderten Tentakelzahl (wie vielleicht bei Ae. pensile, Esch.), wenn sie ,an einer grösseren Zahl von Exemplaren verschiedener Grrösse als inner- halb gewisser Grenzen regelmässig wiederkehrend befunden wurde, sehr wohl der Werth eines Art-Charakters beizulegen sein dürfte. Wenn mir nunmehr die Aufgabe erwächst, aus der grossen Zahl von Variationen das für unsere Aequoreaart Constante zu ermitteln und zugleich andere als Artcharaktere verwendbare Merkmale in Scheibenform, Gestaltung der Mundarme, Eigen- schaften der Eandbläschen, endlich Grösse und Färbung festzu- stellen , so erscheint dieselbe überhaupt nur in beschränktem Masse lösbar, weil andere Arten zum Vergleiche fehlen und alle bislang beschriebenen Aequoridenspecies sich nur auf wenige, meist noch dazu ungenau dargestellte Merkmale vereinzelt beobachteter Formen gründen. Die Artbeschreibung, und ich habe hier wiederum vornehmlich das grosse umfangreiche Werk Haeckel's im Auge, ist im Grunde nicht viel mehr als das Signalement des beobachteten Individuums. Betrachten wir zunächst die Schirmgestalt und das Ver- hältniss von Breite zur Höhe der Schirmgallert, so passt im All- gemeinen für die Exemplare mittlerer Grösse der von E. Haeckel so oft gebrauchte Charakter, „Schirm flach, scheibenförmig".- Das Verhältniss von Breite zur Höhe der Gallertscheibe schwankt etwa in der Grenze von bV'a : 1 bis 4:1. Indessen kann der Schirm in gewissen Contractionszuständen der Subumbralmuskulatur auch Formen annehmen, wie sie Haeckel für Ae. (Polycanna) f ungina und germanica abbildet. Der Randsaum ist in grösserer oder geringerer Ausdehnung eingekrümmt und die Oeffnung des so be- deutend vertieften subumbralen Raumes stark verengert. Ver- gleicht man nun die Breite des Schirms mit der Höhe desselben, so erscheint natürlich das Verhältniss wesentlich verändert, weil vom Scheibendurchmesser der breite Randtheil in Abzug kommt und zur Höhe der Gallert die Tiefe der Subumbralhöhle hinzu bemessen wird. Wenn daher Haeckel für die erstere Form als Charakter hervorhebt: „Schirm mützenförmig , am Rande stark (297) 16 C. Claus: eingezogen , etwa dreimal so lang als Loch" und für die zweite „Schirm abgeplattet, mützenförmig, doppelt so breit als hoch", so entsprechen die Zahlenangaben gar nicht dem wahren Grössen- verhältniss , während die Bezeichnungen der Schirmform nur auf den besonderen Contractionszustand der Subumbralmuskulatur Be- zug haben und als Artmerkmale gar nichts besagen. Dieselben haben auch für unsere Aequoreaart im Polycannazustand den gleichen Werth. In jüngeren Stadien von 10 bis etwa 40 Mm. Scheibenbreite ^) ist die relative Höhe bedeutender und nimmt mit der Verminderung des Durchmessers ungleich zu. Somit stimmt die von Gosse und Hinks gegebene Abbildung der Ae. vitrina der britischen Küsten sehr wohl mit entsprechenden Grössenstadien unserer Aequoreaart, mit der jene ebenso wie P. germanica und italica wahrscheinlich ebenfalls zusammenfällt. Die kleinsten von mir beobachteten Formen mit 8 Gefässen und von 4 bis 6 Mm. Schirmdurchmesser zeigen da?? Verhältniss noch mehr zu Gunsten der Schirmhöhe verändert, indem diese der Breite beinahe gleich- kommen kann. Die Scheibe hat daher im Octocannazustand eine hohe stark gewölbte Form, dürfte aber in dem vorausgehenden tetracanalen Stadium, in welchem sich dasselbe vom Ammenleib trennt, noch merklich höher gewesen sein. Auch das grössere von Haeckel im rothen Meere auf- gefundene Octocannastadium ; welches schon lineare Gonaden (ob dieselbe schon reife Eier, beziehungsweise Zoospermien enthielten, ist leider nicht angegeben) besass und deshalb als besondere Gattung und Art unterschieden (0. octonema) wurde, ist halb- kugelig gewölbt und halb so hoch als breit. Es scheint demnach, unter Voraussetzung, dass jene Octocanna einer anderen Aequoriden- art als der im Mittelmeer und in der Adria verbreiteten angehört, die Jugendform überhaupt eine relativ viel bedeutendere Schirm- höhe zu besitzen, und somit die Scheibenform mit dem fort- schreitenden Wachsthum eine allmälige Veränderung zu erfahren. Als bemerkenswerth dürfte noch hervorzuheben sein, dass bei grossen Formen mit ungewöhnlich dicker Schirmgallert, der cen- ') Bezüglich der näheren mit zahlreichen Abbildungen begleiteten Aus- führung meiner Untersuchung verweise ich auf den noch im Laufe dieses Jahres erscheinenden zweiten Theil der Studien über Polypen und Medusen der Adria. — Das Breitenmass fasse ich als identisch mit dem Durchmesser im aasgebreiteten Zustande der Scheibe auf. Die Höhe wird durch die grösste Dicke der Gallert in der Schirmaxe bestimmt. (298) Ueber Aequorea Forskalea Esch. als Aequoride des adriatischeu Meeres. 17 trale Tlieil als mehr oder minder gewölbte Erhöhung in den Magenraum vorspringt , so dass die gewöhnlich flache oder doch nur wenig convex gewölbte Magendecke „oral convex" erscheint und zu dem für die Gattung Rhegmatodes Ag. charakteristi- schen Verhältniss der Magengestaltung hinführt. Bei derselben springt die Magendecke als conischer Gallerthügel in die Höhle des überaus kleinen Magens vor, welcher hierdurch trichterförmig wird. Ob dieser Charakter in Verbindung mit den wenig ent- wickelten Lippen des sicher auch hier sehr dehnbaren Mundrandes ausreicht, eine besondere Gattung zu begründen, dürfte so lange noch unentschieden sein, als die hierher gehörigen, an der Küste von Nordamerika und im Pacifischen Ocean beobachteten Aequoriden nicht in einer grösseren Zahl von Exemplaren genauer unter- sucht worden sind. Die Zahl und Gestalt der Mundlippen, welche lange Fädea oder verkürzte, krausenförmig gewellte Anhänge darstellen, beziehungsweise ganz in dem krausenförmig gefalteten Mundrand eingezogen und versteckt sein können, wurde bislang nicht nur zur Unterscheidung der Arten, sondern als Gattungsmerkmal verwerthet. Im Octocannastadium unserer Aequoride, und gleiches gilt auch für die beiden als selbständige Arten beschriebenen Octocannen Haeckel's, finden sich in den vier primären Radien vier relativ umfangreiche Fortsätze des Mundrandes, die Mund- lippen. Dieselben wiederholen ihrer Entstehung nach genau die vier Mundarme der Acalephen , mit denen sie auch die gleiche Lage in den primären Radien (Radien der Mundarme) theilen, und können bei manchen Aequoriden mit bedeutend vermehrter Gefäss- und Tentakelzahl auch im ausgebildeten Zustand persistiren. Dieses Verhalten ist schon von Brandt mit Recht als Gattungscharakter für das Genus Stomobrachium^) verwerthet und von AI. A g a s s i z auch bei der Gattung Halopsis beobachtet worden, welche zugleich durch die Vierzahl der Magenfortsätze ausgezeichnet ist, aus denen die Radiärcanäle als ebensoviel Gefässbüschel in den Hauptradien entspringen. Mit der fortschreitenden Grössenzunahme und morphologischen Differenzirung der adriatischeu Aequorea vermehrt sich nun auch die Zahl der Mundlippen , indem in den Radien zweiter , dritter ') Das von E. Haeckel wegen der geringeren Zahl von Radialcanälen (12 anstatt 16 und mehr) als Gattung abgezweigte Staurobrachium kann unmög- lich als solche aufrecht erhalten werden und repräsentirt eben nur eine andere Stomobrachiumart. (29!») 18 C. Claus: und höherer Ordnung in der bereits oben hervorgehobenen Weise Mundlippen gebildet werden, welche erst allmälig die G-rösse der früher entstandenen erreichen. Im Allgemeinen bleibt die Zahl der Mundlippen hinter der der Gref'ässe in den jüngeren Stadien etwa um die Hälfte zurück, indem z. B. Formen (von etwa 12 Mm. Scheibenbreite) mit 16 ßadialcanälen nur 8 Mundarme, grössere (von 20 bis 30 Mm, Scheibenbreite), deren 16 Radialgefässe vierter Ordnung schon vollständig entwickelt sind , beziehungsweise schon durch einige Canäle fünfter Ordnung ergänzt werden, noch 16 Mundlippen besitzen. An einer Aequorea von 40 Mm, Darch- messer mit 58 theilweise noch nicht vollkommen fertigen Radial- canälen zählte ich bereits etwa 32 Mundlippen, desgleichen an einer grösseren 60 Mm. breiten Scheibe mit 60 Radialgefässen. An grösseren Scheiben nimmt nunmehr die Zahl der Mundlippen, wenn auch nach den Individuen verschieden, im Verhältniss zu den Canälen, die überhaupt nur noch in relativ geringer Zahl neugebildet werden, ungleich zu. Eine 75 Mm. breite, männliche Aequorea mit 70 Radialcanälen besass 53 Mundlippen und 5 An- lagen zu solchen , während eine weibliche Form von ^*'5 Mm. Breite mit 59 Radialgefässen 45 Mundlippen zeigte. Ein Männchen von 130 Mm. Scheibendurchmesser hatte bei 74 Radialcanälen 63 Mundlippen, ein noch grösseres von nahezu 150 Mm. Breite bei nur 67 Gefässen 65 Mundlippen entwickelt. Man sieht also, dass die Zahl der Mundlippen an der nahezu ausgewachsenen adriatischen Aequorea, mit völlig ausgebildeten Gonaden und ohne Spur von jungen Gefässansätzen, den Radialcanälen beinahe gleich- kommt, und überzeugt sich andereiseits, dass das Zahlen verhält- niss von Mundlippen und Gefässen , an dem einen oder anderen noch nicht völlig ausgewachsenen Exemplare beobachtet, keinen Anhaltspunkt zur Artbestimmung abgeben kann. Wenn demnach E. Haeckel für die adriatische in 3 Exemplaren, wenn auch un- zureichend untersuchte Mesonema eurystoma von 60 bis 80 Mm. Scheibenbreite mit 60 bis 80 Radialcanälen die Zahl der Mundlippen auf 30 bis 40, also auf etwa die Hälfte der letzteren bestimmt, so wird die auch aus anderen Gründen zu folgernde Identität derselben mit noch nicht ganz ausgewachsenen Formen unserer Triester Ae. Forskalea bekräftigt. Desgleichen wird wahrschein- lich gemacht, dass Polycanna germanica und italica ziemlich ausgewachsene Formen sind, P. vitrina dagegen einem noch jugendlichen Zustand von Aequorea entspricht. Andererseits wird die Art -Selbstständigkeit der grossen nordamerikanischen l300) Ueber Aequorea Forskalea Esch. als Aeqaoride des adriatischen Meeres. 19 Aequorea (Zy godactyla) c r a s s a AI. Ag. (mit 32 Mundlippen und ebensoviel Gefässen bei enorm vermehrter Tentakelzahl) und aus ähn- lichen. Gründen die der Ae. groenlandica Per. Les. und Ae. (Cre- matostoma) flava Ag. nahezu unzweifelhaft. Bei der norwegischen P 0 1 y c a n n a f u n g i n a, deren Diagnose von H a e c k e 1 nach einem einzigen glashellen und farblosen Exemplare von 150 Mm. Durch- messer entworfen wurde, finden sich 32 lanzettförmige Mund- lippen bei der fünf bis sechsfachen Zahl (160—200) von Radial- canälen angegeben. Die Richtigkeit der eingäbe vorausgesetzt, scheint die beobachtete Form zugleich in Hinblick auf den Charakter der Gonaden, welche nur in der Hälfte der Gefässe entv^ickelt waren, sich auf ein noch unausgewachsenes Exemplar einer von Ae. Forskalea verschiedenen nordischen Art zu beziehen. Selbstverständlich beweist die geringe Zahl der Mundlippen für sich allein keineswegs die Natur des jugendlichen Stadiums, da es wohl möglich ist, dass eine grössere oder geringere Reduction der Armzahl bei manchen Arten auch am ausgebildeten Thiere persistiren kann. In ähnlicher Weise beurtheile ich auch die von Brandt beschriebene pacifische Mesonema coerulescens, auf welche mit Bezug auf die vermeintlich verschieden inserirten, abwechselnd längeren und kürzeren Tentakeln die Gattung Zygodactyla gegründet wurde, als ein noch unausgewachsenes Exemplar einer anderen Art. Form und Grösse der Mundlippen können auch nur unter Berücksichtigung der Contractionserscheinungen und nach Ver- gleichung zahlreicher Individuen verschiedenen Alters und Schirm- breite als Speciesmerkmale (wie bei A. albida Ag.) in Betracht gezogen werden. Ich habe gar nicht selten Aequoriden vor mir gehabt, die nur vereinzelte lange Mundfäden entwickelten, dagegen fast am ganzen Umfange des Mundrandes kleine Krausen als rudimeatäre Mundlippen zeigten, auch wohl an einem Theil des welligen und glatten Randes derselben ganz entbehrten, und habe mich überzeugt, dass solche Abnormitäten in Läsionen der oralen Magenhaut mit nachfolgender Regeneration der abgerissenen Theile ihre Erklärung finden. Besonders leicht scheint die Magenhaut im Zustande der Verdauung, wenn der Magen des Thieres bei ge- schlossenem Munde und herabhängendem Schlundrohr, prall mit breiiger Nahrungsmasse gefüllt ist, bei Beunruhigung oder An- grifi'en zu Verletzungen disponirt. Aus dem Vorausgeschickten erhellt, dass auch die Angaben Haeckel's über das Verhältniss (301) .20 C. Claus: von Breite zur Höhe ^) des Magenraumes, sowie über die Beschaffen- heit der seitlichen Magenwand, ebensowenig wie die über die Weite des sicher überall verschliessbaren Mundes und über die Beschaffenheit des Mundrandes in dem Sinne jenes Autors zur Art-Unterscheidung dienen können ; am ersten würde noch die Grösse des Magens im Verhältniss zum Scheibendurchmesser verwerthbar sein, wenn dieselbe, mit der nöthigen Vorsicht ge- messen, an einer grösseren Zahl von Individuen festgestellt worden wäre. Bei unserer Aequorea nimmt an den ausgebildeteren Exem- plaren die grösste Magenweite etwa den dritten Theil der Scheibenbreite in Anspruch, erscheint jedoch nach dem Contractions- zustande der Meduse, besonders in der Polycannaform nicht ganz unbeträchtlich vermindert. Die Magenperipherie ist niemals kreis- förmig gerundet, sondern strahlig in kurze Zipfel ausgezogen, welche zu den trichterförmigen Anfängen der Radialcanäle werden. Zwischen jenen scheinen ebensoviel kurze conische Leisten in den Magenraum einzuspringen, die besonders deutlich werden, wenn sich der Mundsaum sammt der contrahirten Magen- wand über die Gefässanfänge nach dem Scheibenrande hin um- schlägt ; diese leistenförmigen Vorsprünge sind die centralen Enden der intercanalen Gefässplatte (Septallamellen), an welchen im jugendlichen Alter die Gefässcanäle der nächst höheren Ordnung ihren Ursprung nehmen. Im Octo can na -Stadium und ebenso in den jüngeren tetra- canalen Larven zeigen die vier primären Zipfel des vierseitigen Magens eine so bedeutende Weite, dass sie als Magensäcke be- zeichnet werden können. Fallen die Neubildungen der Gefäss- canäle lediglich in den Raum der letzteren hinein, so erhalten wir die bereits erwähnten Eigenthümlichkeiten in der Gefäss- bildung der Gattung Halopsis, welche demnach mit denen der Zygocanniden mit ihren gabelspaltigen Radialcanälen der Genese nach nicht unmittelbar zusammen gestellt werden können , da sie keineswegs, wie Hae ekel meint, auf wiederholten gabiigen 1) Es handelt sich hier natürlich nur um die Arten der Gattung A equorea (Mesonema, Polycanna). Eine ganz andere Frage ist die, ob nicht die subumbrale Magenwand, welche bei C r ema tostoma flava Ag. in ganzer Ausdehnung von dem Ursprünge der Radiärcanäle als mächtiger gefalteter Magensack herabhängt und in ein kurzes, terminales Schlundrohr übergeht, derartige Eigenthümlichkeiten zeigt, dass dieselben zu der von A. Agassiz angestellten Gattung Cremato- stoma Berechtigung geben. (302) Ueber Aeqtiorea Forskalea Esch. als Aeqnoride des adriatischen Meeres. 21 Theilungen, sondern auf paarweiser selbstständiger Sprossung beruhen, i) Sollen die Formen mit gabelspaltigen Canälen ihrer Grefäss- gestaltung n'ach als Unterfamilie der Zygocanniden von den Poly- canniden gesondert werden, so würde es die Consequenz erfordern, auch für Halopsis eine dritte Unterfamilie aufzustellen ; indessen glaube ich , sind diese systematischen Kategorien bei der geringen Zahl von Gattungen wenigstens zur Zeit gar nicht erforderlich. Die Radialcanäle, welche sämmtlich oder wenigstens ihrer grossen Mehrzahl nach einfach bleiben , scheinen bei der adriatischen Aequorea die Zahl 80 kaum zu übersteigen. Ge- wöhnlich variirt die Zahl an den Individuen mittlerer und bedeutenderer Grösse von 60 — 150 Mm. Schirmbreite zwischen 60 und 76 , und es sind keineswegs die umfangreichsten Exemplare, welche die zahlreichsten Gefässe besitzen. An Formen von 55 Mm. Scheibenbreite zählte ich schon 60 , selbst 74 Radial- canäle, während Scheiben von 110 Mm. Durchmesser nur 62, in einem Falle sogar nur 51 Canäle zeigten, und das grösste beob- achtete, über 150 Mm. breite Exemplar nur 67 Radiärgefässe besass. In den meisten dieser Fälle und insbesondere bei allen grösseren Formen konnte von einer mit dem weiteren Wachsthum etwa noch stattfindenden Neubildung von Radialcanälen nicht mehr die Rede sein , da in der Magenperipherie intercanale Gefäss- knospen durchaus fehlten. Die Neubildung der Canäle fünfter und der wenigen sechster Ordnung fällt durchschnittlich in die Grössenstadien von 30 bis etwa 60 Mm. Durchmesser, während dem weiteren Wachsthume nicht nur die Entwicklung und Reife der Gonaden , sondern auch die fortschreitende Vermehrung der Randgebilde, der Tentakeln nebst Excretionshöcker und der Rand- blätter parallel geht. Nun gestehe ich gerne die Möglichkeit zu, dass unter günstigen Bedingungen der Ernährung und des Aufenthaltortes die Gefässe 6. Ordnung noch in grösserer Zahl zur Entwicklung ') Thatsächlich steht Halopsis den Polycanniden näher als den Formen mit gabelspaltigen Canälen, da ihre Radiärgefässe einfach bleiben und nicht weiter im Verlaufe eine Spaltung erfahren. Auch unter den Triester Aequoreaformen kommen Abnormitäten vor, welche die für Halopsis charakteristischen Gefäss- eigenthümlichkeiten an einer oder an zwei zipfelförmigen Ausläufern des Magens zur Erscheinung bringen. Unter vielen trefflich conservirten grossen und kleinen Aequoreen bewahre ich auch eine solche abnorme Aequorea in der Sammlung des Institutes auf. (303) 22 C. Claus: gelangen und somit zu Variationen oder vielleicht localen Varietäten unserer Art Anlass geben, welche dann 100 und mehr Radial- canäle enthalten könnten. Hiermit würde noch nicht nothwendig die bedeutendere Scheibengrösse verbunden sein, wenngleich es wahr- sclieinlich ist , dass solche Forskaleaformen mit noch höherer Gelässzahl auch einen entsprechend bedeutenderen Durchmesser, vielleicht bis zu 250 Mm. und darüber, erreichen. Aus der Thatsache , dass auch in Triest tellergrosse Aequoreen gesehen (leider bislang nicht näher untersucht) wurden, ergibt sich, dass das höchste Grössenmass der von mir beobachteten Formen noch keineswegs das Maximum der Triester Aequorea bezeichnet. Dagegen schwebt die Angabe Ha eck el's, nach welcher die Forskal'sche Art 200 Gefässe besitzen und 400 Mm. breit werden könne, rein in der Luft, und auch für die mit derselben identische A. discus ist die Zahl der Gefässe zwischen 100 und 150 gewiss viel zu hoch angegeben, vielleicht nahezu verdoppelt. Die Gebrüder Hertwig, welche bei ihren auf das Nervensystem und den Medusenorganismus gerichteten Studien der Gefässzahl dieser Aequorea begreiflicher Weise keine eingehende Aufmerksamkeit schenkten, bestimmten die- selbe nach ungefährer Schätz ung etwa auf 100, eine Angabe, welche sich mit den Ergebnissen meiner genaueren Zählung wohl ver- einbaren Hess. Uebrigens treten ungemein häufig in dem einen oder anderen Radiärcanal, besonders älterer Individuen, Unregelmässig- keiten auf, einmalige oder wiederholte dichotomische Theilungen, Anastomosenbildung im Verlauf benachbarter Gefässe, Convergenz und Verschmelzung zu gemeinsamem distalen Endstück, Abnormi- täten, deren seitherige Nichtbeachtung einen weiteren Beweis liefert, wie wenig man die einzelnen Canäle genauer verfolgt hat. Schon der Versuch einer sicheren Zählung wird an jedem zweiten oder dritten Exemplare — die kleinen jugendlichen Scheiben ausge- schlossen — zar Entdeckung einer oder mehrerer dieser Unregel- mässigkeiten führen müssen. Das auf die Randfäden oder Tentakeln zu gründende Merkmal unserer Aequoreaart ergibt sich unmittelbar aus den früheren Erörterungen. Die Zahl derselben schwankt im All- gemeinen zwischen der halben und doppelten Zahl der Gefässe, jedoch so , dass die beiderseitigen Grenzen sehr selten und wohl nur ausnahmsweise erreicht werden. Niemals stehen sämmtliche Tentakeln ausschliesslich percanal oder genau intercanal ; stets sind sie im Verhältniss zur Lage der zugehörigen Radiärcanäle (gleicher Ordnung) unregelmässig vertheilt, wenn sich auch eine mehr oder (304) Ueber Aequorea Forskalea Escli. als Aequoride des adriatischen Meeres. 23 minder grosse Zahl percanal oder genau intercanal inseriren kann ; häufig sitzen bei vermehrter Tentakelzahl auch 2 selbst 3 Ten- takel am Rande eines von 2 benachbarten G-efässen begrenzten Scheibenfeldes. Fast ausnahmslos finden sich dann unregelmässig alternirend grosse und kleine Tentakeln, hier und da wohl auch Tentakelstummel. Die ersteren übertreff'en im ausgestreckten Zustande den Durchmesser der Scheibe wohl um das Drei- bis Vierfache. Sind beträchtlich weniger Tentakeln als Gefässe vor- handen, und dies triff't selbst für sehr grosse Scheiben, wenn auch nicht häufig zu, so sind die für gewisse Canäle fehlenden Tentakel durch intermediäre Tuberkeln, die genau perradial liegen können hier und da durch Tentakelstummel vertreten, während die theil- weise zu Intermediärtuberkeln aufgewachsenen Nebentuberkel den überzähligen Tentakeln des ersteren Falles entsprechen, welcher in der Regel für grosse, nahezu ausgewachsene (im Sinne der grössten beobachteten Scheiben von 150 Mm.) Exemplare zutrifft. Freilich erscheinen dann die Intermediärtuberkeln mehr reducirt, während die Nebentuberkeln an vielen Stellen nicht einmal durch Anlagen bezeichnet sind, so dass im Vergleich zu dem anderen Extrem die dort überhaupt fehlenden Tentakelsysteme höherer Ordnungen, wenn auch unvollzählig, angelegt sind. Eine besondere Betrachtung verdienen die zu den Tentakeln gehörigen Porenhöcker oder Excretionspapillen, welche zuerst von M. E d w a r d s als perforirte Papillen am Ende der Radial- canäle in der Mitte zwischen je zwei Tentakeln beschrieben waren. Auch E.Haeckel, sowie die Gebrüder H e r t w i g brachten diese an der Velarseite des Schirmrandes den Tentakeln gegenüber stehenden Subumbralpapillen mit den Radialcanälen in Verbindung. Nach 0. und R. Hertwig liegen sie bei Ae. Forskalea (discus E. H) „innerhalb des muskelfreien Saumes jedesmal unter den Einmündungen der Radialcanäle , mit denen sie in gleicher Zahl vorhanden sind. In ihr Inneres dringt eine Ausstülpung des Ring- canals ein". Aehnlich spricht sich Haeckel über ihre Lage aus. „Bei Ae. discus und Forskalea^) sitzt ebenfalls eine Papille am Distalende jedes Radialcanales an der inneren subumbralen Wand, da wo er in den Ringcanal mündet." In Wahrheit aber haben diese Papillen zum Radialcanäle keine nothwendige , sondern nur zufällige Lagenbeziehung, während sie ihrer Entstehung nach stets 1) Soll doch wohl heissen Mesonemaeurystoma, da für diese bei der specielleu Beschreibung die gleiche Lage der Excretionspapillen hervorgehoben wird, Ae. Forskalea aber gar nicht untersucht wurde. (305) 24 C. Claus: ZU einem Tentakel, beziehungsweise dessen Anlage^ dem Tuberkel, gehören. Nur da, wo diese percanal liegen, fallen auch die Poren- höcker mit der Einmündung des Gefässes zusammen. 'Trifft dies Verhältniss nicht zu , so liegen sie an gleicher Stelle mit dem Tentakel am Gefässring. Dazu kommt, dass sie nicht in gleicher, sondern in viel grösserer Zahl als Tentakeln vorhanden sind, indem sie auch an den Intermediärtuberkeln, selbst schon an den grösseren Nebentuberkeln angetroffen werden. "Wenn die letzteren über das Stadium der ersten Anlage hinaus als kleine Wülste hervortreten, kommt ihnen gegenüber, lange bevor die Knospe des Radialcanales in entsprechender Ordnung aus dem Magen hervor- wächst, auf einer schwachen Erhebung der Porus zum Durch- bruch. Dass die Porenhöcker bei den als A e. v i o 1 a c e a und d i s c u s und M. eurystoma unterschiedenen Formen von der adriatischen A e. Forskalea in dem Masse jener Angaben abweichen sollten, halte ich für sehr unwahrscheinlich , bin vielmehr geneigt auzu- zunehmen, dass M. Edwards den Porenhöcker am Tentakel und den intermediären Tuberkel am Porenhöcker übersehen hat, während die anderen Autoren die Porenhöcker des intermediären Tuberkels, sowie deren Entstehungsweise nicht beachteten. Zudem sehe ich, dass an der bezüglichen Abbildung des H ert wig'schen Werkes in der That auch dem percanalen Tuberkel gegenüber eine im Texte nicht erwähnte Subutnbralpapille dargestellt worden ist , zum Beweise , dass dem Verhältnisse der Randgebilde von jenen Forschern nicht die erforderliche Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Auch die Angaben der Autoren über die Rand blase hen der Aequoriden, und insbesondere über die Variationen derselben nach Lage und Zahl , sind viel zu unbestimmt, um als Artmerk- male benutzt werden zu können. Weder die sehr grosse für den ganzen Schirmrand giltige Zah.1 , die innerhalb sehr bedeutender Grenzen variiren muss und überhaupt nur ganz approximativ angegeben werden kann, noch die Zahl der Bläschen, welche zwischen je zwei Radialcanälen oder zwischen je zwei Tentakeln stehen, erscheint als Charakter verwerthbar, vielmehr ist in erster Linie auf die Zahl der Randbläschen zwischen Tentakel und nächststehender Tentakelanlage, beziehungsweise zwischen benach- barten Tuberkeln (Intermediartuberkel und Nebentuberkel) Werth zu legen. An den mittelgrossen und grösseren Individuen schwankt dieselbe zwischen zwei und vier, im letzteren Falle bereitet sich an einer Stelle zwischen diesen die Anlage eines neuen Tuberkels (306) Ueber Aequorea Forskalea Esch. als Aeqnoride des adriatisclieu Meeres. 26 vor, die man jetzt schoji, sicher aber wenn noch ein 5. kleines Bläschen gebildet ist, im Zwischenraum von 2 und 3 Bläschen nacliweisen wird. So kann es also wohl zutreffen, dass, wie in der von 0. und R. Hert wig dargestellten Variation zwischen je 2 Ten- takeln 10 — 15, zwischen benachbarten Radialcanälen aber nur 5 — 7 oder 8 Bläschen liegen , während sich in Fällen einer be- deutend vermehrten Tentakelzahl, an Stellen, wo 2 oder 3 Ten- takeln am Rande eines intercanalen Feldes stehen, die zwischen- stehenden Tuberkel aber sehr reducirt sind, vielleicht 15 — 20 und mehr Bläschen zwischen benachbarten Radialcanälen, dagegen nur 3 oder 4 zwischen benachbarten Tentakeln finden. Aus diesem Grunde sind die der Randbläschenzahl entlehnten Merkmale in Haeckel's Aequoriden- Diagnosen völlig irrelevant. Im Octo- canna Stadium und in den auf dieses folgenden Entwicklungs- formen liegen zwischen benachbarten Tentakelanlagen, beziehungs- weise zwischen Tuberkel und Tentakel nur 1 oder 2 Bläschen, und erst an Scheiben von 35 — 40 Mm. Breite an wird die Zahl eine grössere. Auch bei Octocanna octonema sollen nach Ha eckel zwischen je 2 Tentakeln 2 Bläschen , jedes mit einem Otolithen, liegen , was zu obigen Beobachtungen sehr wohl stimmt und wohl den Schluss gestattet, dass auch hier schon intermediäre Tuberkelanlagen vorhanden sind. Ebenso birgt auch im Octocanna- stadium der Triester Aequorea jedes Bläschen nur einen einzigen Otolithen , deren Zahl schon in den nächstfolgenden Stadien auf 2 steigt (vgl. auch Octocanna polynema E. H), an den grösseren Scheiben jedoch überaus variabele Verhältnisse zeigt. Häufig sitzen 1 oder 2 Paar Otolithen an beiden Seiten des quer- ovalen Bläschens einander gegenüber, wie Hae ekel für Po lycanna fungina abbildet, ebenso häufig sind nur 3, oder auch 5 und 6 Otolithen vorhanden, so dass die Zahl, wenn sie nicht bedeu- tende und mehr constante Modificationen (wie dem Anscheine nach bei Halopsis oceUata) bietet, keinen Anhaltspunkt zur Art- unterscheidung liefert. Auch die Gonaden, über deren feineren Bau zuerst die Gebrüder Hert wig näheren Aufschluss gegeben haben, wurden von Hae ekel zur Unterscheidung von Aequoridenarten, jedoch keineswegs glück- lich verwerthet , indem dieser Autor ganz zufälligen , theils von Contractionszuständen der Subumbralmuskulatur , theils von der Entwicklungsstufe abhängigen Momenten den Werth von speci- fischen Merkmalen beilegte. Ob die bilamellaren Gonaden, welche sich an den gabiig getheilten Gefässen ganz wie die der Zygo- Claus, Arbeiten ans dem Zoologischen Institute etc. Tom. III, Heft 3. 21 <^307> 26 C. Claus: canniden verhalten, cylindriscli oder nach aussen keulenförmig verdickt, ob sie gekräuselt, gefaltet oder selbst in scheinbar sackförmigen ^) Abtheilungen abgeschnürt sind , hängt in erster Linie von den Contractionszustande ihrer Radialmuskeln und der Subumbralmuskulatur sowie vom Entwicklungsgrade ab, und man kann diese Formen an lebenden Exemplare nebeneinander beob- achten und durch directe Reizung der Muskeln in einander über- führen. Da w^o die Gonaden einfach als linear bezeichnet w^erden, handelt es sich gewiss nur um wenig entwickelte Anlagen der- selben, die dann auch die ganze Länge des Radiärcanales einzunehmen scheinen (Polycanna germanica E. H. Ae. albida Ag. Octocanna octonema E. H. u. a.). Bei unserer Art lassen die nach Umfang und Form überaus wechselnden Gonaden das proximale und viel längere distale Endstück der Radialcanäle frei und ich habe Grund anzunehmen, dass dieses Ver- halten das normale , wenn nicht vielleicht für alle Aequorea- arten giltige ist. Das distale Stück gehört eben dem breiten Rand- saum der hier stark verdünnten Gallertscheibe an, welches nach der Subumbrella eingeschlagen und fast eingerollt werden kann, bei derartigen Bewegungen aber der Wandverdickung und Entwick- lung des Keimepithels hinderlich sein mag. Anderseits erscheint das trichterförmig beginnende Anfangsstück der Gefässe, welches bei den Contractionen der subumbralen über die Gefässanfänge hinaus sich umschlagenden Magenwand in weiter Oeffnung frei gelegt wird, aus diesem Grund für die Ausbildung von ZeugungsstofFen sich ungünstig zu verhalten. Auch der alternirende Wechsel von sterilen und fertilen Radial canälen, welchen Haeckel für Polycanna fungina als Charakter hervorhebt, kann in diesem Sinne um so weniger Geltung haben, als er auf einer Missdeutung beruht. Die vermeintlich sterilen Gefässe sind eben die Canäle späterer Ord- nung, welche in der Gonadenbildung hinter den früheren zurück- geblieben sind, mit dem weiteren Wachsthum jedoch ihre Gonaden- anlagen in gleicher Weise ausbilden. Ich habe ähnliche Form- zustände mit regelmässig alternirenden , häufiger freilich mit unregelmässig wechselnden stärkeren und schwächeren Gonaden, ^) Für die in jeder Hinsicht ungenügend beschriebenen Ge.staltuugsverhält- nisse, welche die Gonaden bei Ae. (Zygocannota) purpurea Pt-r. und Ae. (Poly- canna) crassa Ag. zeigen, einen besonderen Bau der Gefässwand vorauszusetzen, scheint mir ohne eingehende Untersuchung derselben ebensowenig zulässig, als für die scheinbar ungetheilten Gonaden der Polycanna fungina u. a. die Rückbildung der Radialmnskeln anzunehmen. (308) Ueber Aequorea For.-^kalea Esch. als Aequoride des adriatischen Meeres. 27 beziehungsweise noch gonadenlosen Radialcanälen an noch nicht ausgewachsenen Exemplaren beobachten können. Dass die Gonaden der Forskal'schen Form , nicht wie H a 6 c k e 1 irrthümlich ableitet, auf die distale Hälfte der Gefäss- canäle beschränkt sind, glaube ich oben bereits erwiesen zu haben, und ebensowenig hat die Angabe dieses Autors eine sichere Stütze, dass bei der indischen Mesonema abbreviatum Esch. die Go- naden ausschliesslich der proximalen Basis der Canäle angehören. Sieht man sich die Beschreibung und Abbildung dieser kleinen, nur 8 Linien breiten Aequoride imEschschol z'schen Werke (Taf. Xf, Fig. 3) näher an, so staunt man, wie nach den absolut ungenügenden Anhaltspunkten , welche Text und Abbildung für diese wahr- scheinlich noch jugendliche Meduse bieten, die Haeckel'sche Art-Diagnose fertig wurde. Nicht einmal die Zugehörigkeit zu den Aequoriden ist hier sicher erkennbar, noch weniger aber eine Spar von Gonaden, eher würden die scheinbaren Aussackungen, welche E schscholz für kurze Gefässe zu halten schien , den auswärts umgeschlagenen Mundlippen einer jungen Aequorea, die für kurze Fäden der ringförmigen Magenhaut ausgegebenen Streifen den Con- turen der intercanalen , durch die umgeschlagene Mundhaut frei- gelegten Vorsprüngen der Gefässlamelle zu vergleichen sein, wenn man überhaupt das Wagstück unternehmen dürfte, eine so völlig ungenügend beschriebene Form als gute Species in das System einführen zu wollen. Von Bedeutung würde es sein, über den Entwickelungszustand der Gonaden und über die Reife deren Keimproducte in Vergleich zur Grösse und zur morphologischen Ausbildurg der Umbrella und Randanhänge nähere Daten zu besitzen. A priori ist man ge- neigt, nur in den mächtigen und umfangreichen Geschlechtsorganen grosser Exemplare reife Eier, beziehungsweise reife und bewegliche Zoospermien zu vermuthen. Dem ist jedoch nicht so. Auch schwach entwickelte Gonaden kleiner, morphologisch bei weitem nicht fertig ausgebildeter Scheiben können wenn auch relativ wenige reife Eier und noch häufiger Zoospermien enthalten und daher schon fortpflanzungsfähig sein. Scheiben von 50—60 Mm. Breite mit kaum 32 Mundarmen bergen schon (im Februar, März) in ihren starken mit den zarten Gefässen späterer Ordnung unregelmässig alter- nirenden Gonaden reife Geschlechtsproducte. Indessen habe ich auch Weibchen von circa 35 Mm. Scheibendurchmesser mit circa 16 Mund- armen ano-etroffen, in denen schon 16 schmale Ovarien mit einzel- nen grösseren Eiern erkennbar waren, während die alternirenden 21* (309) 28 C. Claus: Canäle 4. Ordnung und Gefässansätze 5. Ordnung noch sehr zarte Streifen darstellten. Würden wir noch 2 Stufen zurücksteigen, so gelangten wir zum Octocannastadium, welches ja auch E. Haeckel in 2 verschieden grossen, ungleich entwickelten Formen mit Gonaden (ob aber mit reifen Eiern und Zoospermien?) behaftet fand und deshalb auch als Gattung unterschieden hat. Mit gleichem Rechte würden wir auch aus den späteren 16 und 32 Canäle enthaltenden Stadien, besonders wenn sie schon Gonaden und gar mit reifen Geschlechtsproducten besitzen , separate Genera machen , was in dem Falle allerdings gerechtfertigt wäre, dass diese Formzustände für bestimmte Arten die Grenze der morphologischen Dijfferen- cirung bezeichneten. Wir sehen , auch bei den Aequoriden und zunächst bei der adriatischen AequoreaForskalea wiederholt sich, wenn auch im beschränkterem Masse die Erscheinung, welche ich zuerst an der Helgolander Eucope (Phialidium) variabilis^) nachgewiesen habe. E. Haeckel hat diese Erscheinung für die sehr verbreitete Phialidiumart bestätigt und als „Transformismus" gedeutet. Ohne an diesem Ort auf das Wesen und die Bedeutung dieses Transformismus näher einzugehen, will ich hervorheben, dass das Vorkommen desselben bei den Medusen eine allgemeinere Verbreitung zu haben scheint, dass insbesondere die grösseren Hydroidmedusen mit zahlreichen Marginalanhängen und Sinnes- organen des Scheibenrandes (wie Tima und Octorchis etc.), ähnliche Erscheinungen, wenn aach in beschränkterem Grade wiederholen und in diesem Sinne transformistische Genera re- präsentiren. Die Färbung variirt vornehmlich nach Alter und Geschlecht. Im jugendlichen Zustande ohne oder mit noch wenig entwickelten Gonaden , sind die Scheiben vollkommen wasserhell und farblos, so dass die Speciesbezeichnung vitrina, welche von Gosse der Aequoride der britischen Küsten beigelegt wurde, zutreffen würde. Auch wurde diese Form als relativ hoch und nar von 40 — 60 Mm. Schirmbreite beschrieben, so dass ich sie, zumal bei der Beschaffen- heit der Gonaden, für noch nicht vollkommen ausgebildet halte und als Species von Aequorea Forskalea nicht zu sondern ver- 1) Vergl. C. Claus, Bemerkungen über Ctenophoren und Medusen. Zeitschr. für wissensch. Zool. Tom. XIV, pag. 391. Taf. 38, Fig. 12 und 13. Ich fand diese Eucopiden als Geschlechtsthiere in höchst verschiedener Grösse und diese entsprechend mit sehr vielen variabelen Tentakeln (von 8 — 28) und Rand- hläschenzahl. '810) üeber Aequorea Forskalea Esch, als Aequoride des adriatischea Meeres. 29 mag. Beginnen die Gonaden in den Radialcanälen älterer Ordnung- umfangreicher zu werden, so veranlassen sie das Auftreten matter Streifen , welche zugleich mit der minder durchsichtigen , sub- umbralen Magenhaut die glashelle BeschaiFenheit der Scheibe trüben und Bezeichnungen rechtfertigen würden, wie sie einzelnen, ebenfalls noch nicht ausgewachsenen Aequoriden-Arten , z. B. als a 1 b i d a beigelegt wurden. Indessen beginnen jetzt schon blaue Pigmentkörnchen im Ectoderm besonders der Gonaden, sowie am Scheibensaum und an den Tentakeln ausgeschieden zu werden. Diese häufen sich mit dem weiteren Wachsthume besonders im männlichen Gesclilechte dermassen , dass wiederum vornehmlich Gonaden und Tentakeln eine blaue oder violette Farbe annehmen , die ganze Scheibe aber ein mehr oder minder ausgeprägt bläuliches Aussehen ge- winnt. Das Gleiche gilt, wenn auch in weit geringerem Masse, für die Weibchen , deren Gonaden sogar in Folge der Dotterfärbung der unzähligen , dichtgedrängten Eier eine entschieden ausge- sprochene rosa- beziehungsweise gelblich-röthliche Färbung ge- winnen, wie auch die subrtmbrale Magenhaut mit den Mundlippen häufig blass-rosenroth erscheint. So würde also die Bezeichnung violacea, welche M. Edwards seiner Aequoride gab , auch für die adriatische Form zutreffend sein. Für die an den verschie- denen Individuen auftretenden Nuancen eines hellen und reinen oder dunkeln und getrübten Blaues ist die von dunkeln Körnchen erfüllte , mehr oder minder braune bis graue Färbung des Ento- derms , insbesondere der Entodermauskleidung der Gefässcanäle und Tentakeln entscheidend. Aus der vorausgehenden Erörterung, welche uns ein Bild von der allmäligen Entwicklung und von dem ausserordentlichen Polymorphismus der geschlechtsreifen adriatischen Aequoride gibt, dürfte wenigstens mit grosser "Wahrscheinlichkeit, und soweit ein solcher Nachweis ohne eingehendes Studium der bisher beschrie- benen mediterranen und atlantischen Formen überhaupt möglich ist , abzuleiten sein , dass alle oder wenigstens die Mehrzahl der an den atlantischen Küsten beobachteten Aequoriden der gleichen Art angehören und mit der von Forskai beschriebenen medi- terranen Art der Aequorea Forskalea Esch. zusammenfallen. Insbesondere würden Aequorea discus E. H., Aequorea vio- lacea M, Edw., Mesonema eurystoma E. H., Polycanna germanica E. H., Rissoana Dell. Ch. = P. italicaE. H., (311) 50 C. Cl a US : lieber Aeqnorea Forskalea Esch. als Aequoride d. adriatischen Meeres. Aeqiiorea vitrina Gosse der Art nach identisch sein und höchstens als locale, bestimmte Grössen und Contractionszustände repräsentirende Variationen aufzufassen sein. Aehnliche und viel- leicht noch auiFallendere Variationen kommen auch bei anderen Quallen vor und sind insbesondere unter den Acraspeden für die weit verbreitete Au relia auritaLam. bekanntgeworden, für welche nicht weniger als vierzig verschiedene Namen zur Verwendung kamen, obwohl sie nach Ha ecke 1 nur als eine Species betrachtet werden kann. (312) Neue Beiträge zur Kenntniss der Copepoden unter besonderer Berücksichtigung der Triester Fauna. (Mit 3 Tafeln.) Von C. Claus. Die Bestimmung der im Hafen von Triest und dessen Umge- bung vorkommenden Copepoden gab mir Veranlassung, nochmals auf dieses in früheren Jahren mit Eifer betriebene Crustaceengebiet zurückzukommen. Es erschien mir erwünscht, nicht nur die zahl- reichen seit Veröffentlichung meines Copepodenwerkes^) erschienenen Beiträge mit Rücksicht auf die in denselben aufgestellten neuen Gattungen und Arten einer Revision zu unterziehen und im Ver- gleich mit den Ergebnissen eigener Untersuchung in Einklang zu setzen , sondern auch die mannigfachen Lücken , welche in der anatomischen und histologischen Kenntniss zurückgeblieben sind, einigermassen zu ergänzen. Hatte ich doch schon in der Einleitung zu meiner Monographie der Copepoden ausgesprochen, dass es mir damals bei dem Mangel einer sicheren und ausreichenden Grund- lage zur Bestimmung zunächst darauf ankommen müsse , diesem Uebelstande abzuhelfen und auf Grund einer möglichst eingehenden morphologischen Untersuchung eine bessere systematische Basis zu gewinnen. Das Studium des feineren Baues und der Entwicklung musste einer späteren Zeit vorbehalten bleiben, und wenn inzwischen auf diesem Gebiete auch von anderen Seiten einige werthvolle Ergän- zungen gebracht wurden, so ist doch das hier gebotene Feld der Arbeit noch immer ein weites und aussichtsreiches. Dem kleinen Beitrage, den ich vor einigen Jahren über den Bau der Schalen- ') C. Claus: Die freilebenden Copepoden etc. Leipzig 1863. (313) 2 C. Claus: drüse ^) vorausschickte , werde ich nunmehr eine Reihe weiterer kleiner Aufsätze folgen lassen, welche die in Aussicht gestellten Ergänzungen , und zwar mit besonderer Berücksichtigung der adriatischen Fauna, bringen sollen. Indessen gedenke ich auch sowohl unzureichend bekannte, als interessante neue Copepoden anderer Meere nicht unberücksichtigt zu lassen. A. Anatomisches. 1. Herz und Blutgefässe. Das Herz der Copepoden, welches nur in der Familie der C a 1 a n i d e n und Pontelliden gefunden wird , und bei seinem constanten Auftreten als ein wichtiger Charakter der- selben zu verwerthen sein möchte , war bislang im Vergleich zu dem Da phni den herzen weniger genau auf die Details seiner besonderen Gestalt und Structur untersucht worden. Die in meinem Copepodenwerke enthaltene Darstellung wurde seither von keiner Seite durch eingehendere morphologische und histologische Beobachtungen weitergeführt, so dass dieselbe im Allgemeinen auch jetzt noch Geltung behauptet, obwohl sie einiger nicht unwesentlicher Ergänzungen bedarf. Als durchgreifender Unterschied des stets an der Grenze des ersten und zweiten Thoracalsegmentes gelegenen Herzschlauchs ver- dient in erster Linie das Vorhandensein einer dritten am Hinter- ende gelegene Ostienspalte hervorgehoben zu werden. Dieselbe ist wie die beiden Seitenspalten ein venöses Ostium und gleich diesen von zwei kernhaltigen Lippenklappen umsäumt, wie sie an den venösen Spaltöffnungen des Herzens in allen Crustaceen-Gruppen wieder- kehren. Die seitlichen Spalten gehören bereits der hinteren Herz- hälfte an und liegen im zweiten Thoracalsegment. Das hintere Ostium stellt eine mediane, nach dem ausgebuchteten Hinterende des Herzeus auseinander weichende Längsspalte dar, welche die ven- trale Herzwand durchbricht. (Taf. I, Fig. 1, 4, 5 und 6 0. v. p.^ Zur Anheftung des Herzschlauchs an den umgebenden Or- ganen und insbesondere am Rückenintegument dienen bindewebige Suspensorien, welche theils als vereinzelte kernhaltige Faserzüge (S) vornehmlich zu den Seiten der Ostien ausgespannt sind, theils als zusammenhängende zarte Platten eine mehr üächenhafte Aus- ') Claus: Die Schalendrüse der Copepoden. Sitziingsber. d. k. Akad. d. Wissensch. Wien 1876. (314) Neue Beiträge zur Kenntaiss der Copepoden. 8 breitung besitzen. (Fig. 1, 2, 5 L.) — Solche Bindegewebslamellen ünden sieh auch median an der Bauchwand des Herzens ausgespannt (TL) und begrenzen zugleich oberhalb des Darmes und der Sexualdrüsen grössere Blutsinus der Leibeshöhle, von denen der untere das in die Ostien einströmende Blut enthält, während der obere dor- sale Blutraum das am Vorderende des Herzens austretende Blut aufnimmt und in einer arteriellen Bahn nach dem Kopf leitet. Am einfachsten finde ich diese Verhältnisse bei Ceto- chilus, bei welcher Gattung die vordere Aorta noch durch eine weite Blutlacune vertreten wird; ein besonderes schönes und klares üntersuchungsobject ist das grosse Herz des hyalinen in allen Meeren verbreiteten Cetochilus septentrionalis Groods., der auch zu den grössten und häufigsten Copepoden der Adria gehört und unter diesen schon mit unbewaffnetem Auge an der lang- gestreckten Leibesform und an dem hellen Fettstrang längs der K-ückenseite des Darmes erkannt wird. Der ungewöhnlich langgezogene Herzschlauch erscheint an der ßückenseite zwischen den oberen und unteren Suspensorien fast sattelförmig eingebuchtet, dagegen an der ventralen Seite dieser Impression entsprechend, bauchig aufgetrieben (Fig. 1 und 4). Das obere Suspensorium (S') wird durch eine kurze stramm ausge- spannte Faserplatte hergestellt, deren Insertionsstelle am Integument das Bild einer sichelförmigen Quercontur in Flächensicht veranlasst (Fig. 2, C"). An der dorsalen Herzwand scheint sich diese Faser- platte nach abwärts als zarte, der Muskelwand aufliegende Membran umzuschlagen, an welcher eine überaus feine Längsstreifung nach- weisbar ist (Fig. ;")). Der vordere über die sichelförmige Contur hin- ausragende Abschnitt des Herzens entbehrt der longitudinalen Strei- fung und ist symmetrisch (Fig. 1 und 2) durch einige Bindegewebs- fasern (S) am Rücken befestigt. Aehnliche Bindegewebsfasern finden sich an beiden Seiten der venösen Spaltöffnungen (O.v.l.) ausgespannt. Das untere Suspensorium (S") des Herzschlauches bleibt meist noch beträchtlich kürzer als das obere und wird durch fibröse Fortsätze zweier Bindegewebszellen hergestellt, welche wiederum am Besten an der Flächenseite am Integument erkannt werden (Fig. 5 Bz.) Ferner heftet sich an der bauchig vortretenden Ventralseite der Herz- wand eine in verticaler Richtung quer ausgebreitete Bindegewebs- platte (Fig. 1 und 4, T L) an, welche die Dorsalfläche der weit herab- re'chenden Geschlechtsdrüse bedeckt und den arteriellen Blutraum, wenn auch unvollständig, abgrenzt. Dazu kommt endlich noch eine kurze , unmittelbar vor dem Herzen schräg horizontal aus- (31.5> 4 C. Claus: gespannte Querlamelle (Fig. 1 , 5, L), welche am Vorderende des Herzens befestigt, durch ein Muskelpaar in rhythmischen, den Pulsationen des Herzens entsprechenden Schwingungen bewegt wird. Diese Bindegevvebslamelle erzeugt durch ihre Insertion am Inte- gument eine wenig gebogene, fast geradlinige Quercontur (Fig. 2, C^) , die mit der sichelförmigen Ansatzstelle des vorderen Herz- suspensoriums (C^i) ein unregelmässig querovales Feld begrenzt, unter welchem die vordere dorsale Aussackung des Herzens liegt. Das erwähnte, für die Herzaction überaus bedeutungsvolle Muskelpaar entspringt hinter dem Verbindungsrande des Kopfes und erscheint auffallender "Weise nach den beiden Geschlechtern ungleich gestaltet. Beim Männchen, dessen Herzschlauch überhaupt grösser und kräftiger ist , besitzen auch die beiden als Empor- zieher wirkenden Muskeln einen bedeutenderen Umfang (Fig. 2 M) und verlaufen schräg abwärts convergirend , während dieselben beim Weibciien relativ schmächtig bleiben und median nebenein- ander liegen (Fig. 5, M). Der Haupttheil des Faserbündels heftet sich an die horizontale Faserplatte an, während sich ein kleines mediales Faserbündel (M^) zur Herzwand abzweigt und sich am der Ventralseite derselben unmittelbar vor dem aiteriellen Ostium inserirt. Das Ostium stellt eine mediane Längsspalte i^Fig. 3. 0. a.) am vordem schräg abgestutzten Endtheil der ventralen Herzwand dar, entbehrt jedoch der Klappeneinrichtungen , an deren Stelle die eben beschriebenen Muskelgruppen , sowie zwei das Hinter- ende des Ostiums umgreifende Längsmuskeln der Herzwand wirksam sind. Auch die zwei seitlichen Kerne, welche constant am Rande der venösen Spaltöffnungen auftreten, habe ich hier nicht aufzufinden vermocht. Durch die geöffnete Aortenspalte strömt das Blut im Zustand der Sj^stole, in welchem die Aufzieher abgespannt und das Vorderende des Herzens sammt der horizon- talen Platte zurückgewichen sind, in die arterielle (die noch feh- lende Aorta ersetzende) Blutlacune, während im Zustand der Diastole das saramt jener Platte nach vorne gezogene Herz durch die geöffneten venösen Ostien Blut aufnimmt. In diesem Zustand ist durch di.^ Wirkung des kräftigen Muskelpaares der arterielle Längsschlitz geschlossen. Was den Verlauf der Muskelzüge an der Herz wand anbe- langt, dessen Kenntniss zur richtigen Beurtheilung des Mechanis- mus der Herzthätigkeit wichtig ist, so erscheint derselbe vor- ') E. Haeckel: Beiträge zur Kenntniss der Corjcaeideu. Jenaische naturw. Zeitsch. Tom. I. (31(i) Neue Beiiräge zur Kenntniss der Copepoden. 5 wiegend transversal, am vordem und besonders ausgesprochen am hinteren Eerzabschnitt gewinnen die Muskelfasern jedoch eine schräg diagonale Richtung. An der Rückenseite laufen die Fasern in einem kurzen muskulösen Centralfeld zusammen (Fig. 2) , während der Mediantheil der ventralen Herzwand von den beiden Längsmuskeln (Fig. 3, L M) eingenommen wird, die unterhalb jenes Centralfeldes vor dem hinteren (3stium zusammentreten. Man kann nun am lebenden Thiere die Thätigkeit des Herzens unter starken Vergrösserungen verfolgen und bei längerer auf- merksamer Beobachtung in ihre Momente zerlegen. An dem völlig lebensfrischen Thiere folgen sich freilich die Pulsationen so ausser- ordentlich rasch, dass das Herz sammt seinem accessorischen Muskel- apparat in vibrirender Bewegung zu schwingen scheint. Wird die Herzaction an dem geschwächten Thiere allmälig langsamer, so lässt sich nachweisen, wie im Momente der Zusammenziehung die Vorwärtszieher erschlaffen und der vordere Rand der Horizontal- platte mit dem Zurückweichen des Herzendes eine beträchtliche Excursion nach hinten ausführt. Wird der Herzschlag ein unregel- mässiger, so hört auch die alternirende Wirkung jener Muskeln auf, die nunmehr unabhängig von der Zusammenziehung der Herz- muskulatur beispielsweise während des Stillstandes in der Diastole sich stark contrahiren und dann wieder plötzlich zu bedeutender Länge ausdehnen. In diesem Zustand sieht man die Platte herab- gezogen und die arterielle Spalte weit geöffnet, während der dor- sale Zipfel des Herzens (unterhalb des querovalen Hautfeldes) in Falten zusammenschrumpft (Fig. 8 und 5). Während mit dem Bau des Cetochilus-Herzens lediglich einige Gattungen der Calaninengruppe (Eucalanus , Paracalanus) über- einstimmen , ist ein zweiter durch den Besitz einer Aorta und zweier Taschenklappen am Ursprung derselben ausgezeichneter Typus viel allgemeiner verbreitet. Am vollkommensten erscheint derselbe am Herzen der grossen hyalinen Calanella ausgebildet, deren aufsteigende Aorta eine ausserordentliche Länge erreicht und sich hinter dem Gehirn gabiig in 2 Aeste spaltet. Indessen kehrt auch hier, wenn auch minder umfangreich, der accessorische Muskel wieder (Fig. 6 und 7, M), welcher den vordem arteriellen Abschnitt mit den beiden Taschenklappen aufwärts zieht. Auch bei andern Gattungen, wie bei Ichthyophorba Lilj. (Centro- pages Kr.), deren Herz in seiner hintern Hälfte ungewöhnlich verbreitert ist (Fig. 9 , M), habe ich denselben wieder gefunden, in anderen Fällen aber, wie am Herzen derTemora (Fig. 8), ver- (317y 6 C. Claus: mi^!.st. Die Entstehung der A^orta und somit der vom Crustaceen- Heizen ausgehenden Gefässe überhaupt kann meiner Ansicht nach nur so erklärt werden , dass sich die Bindegewebsurahüllung der Herzwand, welche von den membranösen Suspensorien aus gebildet wurde, über das arterielle Ostium hinaus als selbstständige, von Kernen durchsetzte Röhre verlängert. Die Arterienwand ist somit nicht etwa als Fortsetzung einer besonderen, unterhalb der Muskel- zellen der Herzwand gelagerten Stützmembran aufzufassen , da eine solche durchaus fehlt und das Lumen des Herzens lediglich von der zarten, einem Sarcolemm entsprechenden Grenzschicht der verästelten Muskelzellen begrenzt wird. Als eine Schutzeinrichtung des Herzens dürften zwei Tastborsten zu deuten sein , welche zu den Seiten desselben am Rückenintegument des zweiten Thoracalsegmentes entspringen (Fig. 2, T b) und je einen zarten von einer Ganglienzellenzelle (G) ausgehenden Nerven (N) erhalten. Uebrigens treten auch noch an den nachfolgenden Segmenten paarige Tastborsten auf, die im männlichen Geschlecht grösser als beim Weibchen sind. 2. Ueber einzellige Hautdrüsen und deren Verbreitung. Bislang ist unsere Kenntniss von Hautdrüsen bei Copepoden fast ausschliesslich auf die Darstellung beschränkt geblieben, welche E. H ae ekel von den Drüsen der Gattungen Sapphirina Th. und Sapphirinella Cls. (Hyalophyllum E. H.) gegeben hat. Die Angaben dieses Beobachters, welche ich durchaus be- stätigen kam, verdienen deshalb ein erhöhtes Interesse, weil durch dieselben zum ersten Mal die Verbindung von Nerven mit Drüsenzellen nachgewiesen wurde. Indessen treten Hautdrüsen auch bei andern Copepoden auf, bald mehr vereinzelt, bald gruppen- weise gehäuft, ohne dass ihre besondere Bedeutung in allen Fällen festzustellen ist. Sehr häufig finde ich einzellige Drüsen in den Furcalästen und zwar in der Regel eine einzige mehr oder minder birnförmige Drüsenzelle , welche am Hinterende der Furca ventral wärts in einem grossen Porus nach aussen mündet. Bei Ichthyophorba (denticornis) liegt die von einem glänzenden Chitinring umsäumte OefF- nung der Fui caldrüse nahe dem Aussenrand zwischen der äusseren Endborste und Nebenborste (Taf. II, Fig. 5 Dr.), bei Cetochilus (septentrionalis) dagegen an der zweitinnern Endborste. Der Inhalt der Furcaldrüse besteht meist aus hellen Bläschen, welche zusammenfliessen und als Tropfen aus dem Porus entleert werden. (:-;]8) Neue Beiträge zur Kenntniss der Copepoden. 7 Bei Temora mündet eine zweite solche Drüsenzelle, deren Körper am Aussenrande des letzten Abdominalsegmentes liegt, nahe an der Basis des Fnrcalgliedes aus (Taf. II, Fig. ö Dr). Selten gelingt es den Kern der Zelle zu beobachten. Derselbe findet sich gewöhnlich am obern vom Porus entfernten Ende in dem zähen parietalen Protoplasma eingelagert. Die Furcaldrüsen entwickeln sich schon frühzeitig und wie es scheint im Metanau- pliusstadium, und möchten die von C. Grobben in dem voraus- gehenden Aufsatz beschriebenen Hautdrüsen des jungen Ceto- chilu s in diesem Sinne zu deuten sein. Zusammengesetzte schlauch- förmige Drüsen wurden bislang nur bei Sapphirina und hier zuerst von G. Ficker^) aufgefunden, welcher die leicht zu con- statirende Beobachtung machte, dass die von E. Haeckel als Längsmuskel beschriebene Bildung ein von hellem Lumen durch- setzter Drüsenschlauch ist und am Hinterende der Furca mittelst grosser OefFnung ausmündet. Unter den Copepoden, bei welchen auch am Kopfbruststück und in den Thoracalsegmenten flaschenförmige Drüsen in grosser Zahl verbreitet sind, verdient die Gattung Temora hervorgehoben zu werden, deren zwei in der Adria vorkommende Arten T, fin- marchica Baird. und T. arm ata Cls. in dem Verhalten dieser Hautdrüsen im Wesentlichen übereinstimmen. Es sind birnförmige, zuweilen mehr gestreckte und flaschen- förmig ausgezogene Zellen mit mehr oder minder glänzendem In- halt , welcher sich aus dem grossen, scharf- umschriebenen Porus nach aussen ergiesst. Oft erscheint die centrale Füllung als helles, flüssigeres Sekret von dem zähern wandständigen Protoplasma ge- sondert, in anderen Fällen zeigt sich dieselbe als eine Häufung un- regelmässiger geformter Kügelchen, welche in dieser Form auch aus der Oeffnung hervortreten. Diese einzelligen Hautdrüsen, deren Kern am besten an noch nicht völlig ausgebildeten Thieren mit blass feinkörnigem Inhalt der Drüsenzellen erkannt wird, vertheilen sich in zwei Seitenreihen und einer Medianreihe über Kopf und Thorax. Nur das grosse vordere Thoracalsegment bleibt völlig drüsenfrei, die drei nachfolgenden Segmente (Taf. II, Fig. 2. Dr.), von denen das letzte den nicht von einander gesonderten vierten und fünften Brustsegmenten entspricht, enthalten je drei gewöhnlich aus zwei neben einander liegenden Drüsenzellen bestehende Drüsengruppen, eine mediane und zwei laterale, von denen die letzteren am End- ^) G. F ick er: Ueber ein bisher unbekanntes Abscheidnngsorgan bei Saphi- rina. Zoolog. Anz., 2. .Jahrg. 1879, Nr. 39- (319) 8' C. C 1 a u s : Segment in den unteren, entweder abgerundeten (T. F i n m a r c h i c a) oder in einen Haken auslaufenden (T. arraata) Winkel herab- gerüekt sind. An der Rückenfläcbe des Kopfabscbnittes, welcher bei T e m 0 r a stets vom ersten Brustsegment getrennt ist, balten die gleichen Drüsengruppen die drei Langreiben nicht streng ein, insbesondere sind die Drüsengruppen der Medianreihe oberhalb des dreizipfligen Magendarms theilweise auseinandergerückt. Die seitliche Drüsenreihe ist regelmässig durch drei Paare vertreten, von denen die Zellen des hinteren Paares häufig einer grossen Fettkugel (Taf. II. Fig. l,Fk.) anliegen, die des mittleren in der Gegend des ramificirten Pigmentfleckens (P. f.), die des vorderen an der Basis der vorderen Antenne liegen. An der Ventralseite habe ich ähnliche Drüsen- gruppen nur in den Seitenhälften der Oberlippe gefunden, wo sie auch bei anderen Copepoden, z. B. bei I ch thy ophorb a, Sapphi- rina, Corycaeus etc. auftreten und allgemeiner verbreitet zu sein scheinen. Wahrscheinlich haben jedoch nicht sämmtliche Drüsenzellen der Oberlippe die gleiche Function. Insbesondere dürften die grossen schlauchförmigen Drüsenzellen des Corycaeiden, welche unterhalb der Oberlippe auszumünden scheinen, als Speichel- drüsen zu betrachten sein. Bei Temora^) treten die gleichen birnförmigen Drüsenzellen auch in den Beinen auf, und zwar ausschliesslich in den äusseren Ruderästen i Taf. II Fig. 4 Dr ) und am Aussenrand des zweiten '-) Die Gattung Tem'ora zeigt nicht nur anatomisch interessante Eigen - thümlichkeiten, sondern erscheint auch durch die Variabilität und das Anpassungs- vermögen ihrer Arten au den Aufenthalt im Brackwasser oder gar im süssen Wasser höchst bemerkenswerth. Diese Variabilität hat es auch verschuldet , dass die Gattuugsmerkmale bislang stets unrichtig, weil ausschliesslich nach dem Verhalten der einen oder anderen Art, beziehungsweise des einen Geschlechts dargestellt wurden. Ich habe schon in meiner Schrift „Die Copepoden Fauna vou Nizza", Marburg 1866, darauf hingewiesen , dass der innere Ast des ersten Beinpaares hier zweigliedrig ist und finde nun, dass auch in der Gliederzahl des Aussenastes der nachfolgen- den Beinpaare nicht nur bei T. armata, sondern auch bei T. finmarchica nach beiden Geschlechtern auifallende Unterschiede bestehen. Nur bei den Männchen sind die Aussenäste dreigliedrig, mit Ausnahme des linksseitigen Beines am zweiten Tlioracalsegmente der ersten Art, dessen Aussenast wie die Aussenäste des zweiten, dritten und vierten Beinpaares beim Weibchen zweigliedrig bleiben. Von T. armata sind mir erst jetzt die männlichen Thiere bekannt goworden, die sich von den Männeben sowohl der T. f inmar ch ica als der nordischen T. velox Lilj. durch einen Platten-Anhang am fünften Beinpaar wesentlich unterscheiden. Die als T. Claus ii Hoeck und T. affinis Poppe beschriebenen Süsswasserformen scheinen mit T. velox zusammenzufallen und generisch gesondert werd^'U zu müssen. (320) Neue Beiträge zur Kenntniss der Copepoden. 9 Stamm er liedes. Was dieselben für eine besondere Bedeutung haben und ob sie neben der einfachen Abscheidung von SecretionsstofPen aus dem Blute noch eine specielle Beziehung zur Erhaltung der Art besitzen, lässt sich nach den vorliegenden Anhaltspunkten nicht bestimmen. Anders verhält es sich mit Drüsengruppen, welche am Genital- segment des Weibchens und eventuell noch an dem nachfolgenden Segmente in einzelnen Gattungen angetroffen werden. Die Be- deutung dieser Hautdrüsen ergibt sich unmittelbar ans der Beobachtung beider Geschlechter während der Begattung, bezie- hungsweise des Weibchens nach der Begattung, da das zähe, zu einem festen Kitt erstarrende Secret zur Befestigung der Sper- matophore am weiblichen Körper dient. In grosser Zahl finden sich diese Kittdrüsen an den beiden vorderen Abdominalsegmenten von Ichthyophorba (CentropagesJ denticornis, wo sie eine Art gürtelförmige Auftreibung der betreflPenden Leibesringe veranlassen, welche an die Sattelbildung der Oligochaeten erinnert. Freilich bleibt der Gürtel unvollständig und erfährt an der Dor- salseite eine Unterbrechung. Nunmehr werden auch die eigenthüm- lichen, hakenförmig gekrümmten Borsten am Genital segment dieses Copepoden verständlich, in denenein geeignetes Hilfsmittel zur besse- ren Fixirung der Kittmasse am Integument gegeben zu sein scheint. Zwei dieser Borsten Taf. II Fig. 7 (r. Db., 1. Db.) gehören der Rücken- fiäche an, auf welcher sie rechts und links dem unteren Rande genähert über einer kleinen Drüsenwulst entspringen. Dieselben unterscheiden sich von den glatten Borsten der Ventralfläche, von denen sich die eine genau median unterhalb der Genital- klappe und der von dieser bedeckten Geschlechtsöffnungen, die andere (Fig. 6 M.Wb., Sb.) an der rechten Seite erhebt, durch den Härchenbesatz , welcher als eine Art Retinaculum für den Rand der Kittmasse von verstärkter Wirkung sein dürfte. Die Drüsenzellen, um die es sich handelt, liegen vornehmlich an der Ventralfläche beider Segmente sowie unter eine papillen- förmig vorspringenden Wulste an der rechten Seite des zweiten Segmentes dicht gehäuft und enthalten ein zähes, feinkörniges Secret, welches nach seinem. Austritt an der Oberfläche des Körpers zu einer festeren Masse gerinnt. Besonders schön haben sich die einzelnen Zellen mit den zugehörigen glänzenden Poren- gängen des Integumentes am zweiten Segmente des Abdomens (Fig. 8 Dr. z.) auf Zusatz von Osmiumsäure ab, durch deren Ein- wirkung das Secret sofort eine dunkle Färbung erhält. (321) 10 C. Claus: Aehnliche, wenn auch minder umfangreiche Drüsengruppen scheinen bei allen denjenigen Calaniden und Pontelliden wieder- zukehren, deren Abdomen eine mehr oder minder unsymmetrische Gestaltung zeigt. B. Systematisches. Ueber neue oder nicht genügend gekannte Calanidengattungen nebst deren Arten. Was die Systematik der Calaniden erschwert und zum Theil verwirrt hat, ist der Umstand, dass nicht selten jugendliche Männchen als besondere Arten beschrieben worden sind, ferner dass von vielen Autoren die Zahlen Verhältnisse der Antennenglieder (der vorde ren Antennen) nicht zuverlässig und mit Beziehung auf die von mir nach- gewiesene Grundzahl 25 erörtert wurden, Ersteres gilt beispielsweise für die schöne alsEuchaeta carinataMoeb. unterschiedene Form, die ich für eine grosse Varietät der Euch. Praestandreae Phil,=Euch. a 1 1 an t i c a Lubbock halte. Die für die männlichenThiere hervorgehobenen Eigenthümlichkeiten zeigen, dass Moeb ins noch unreife, vor der letzten Häutung stehende Männchen vor sich hatte, wie ich sie bereits in meinem Copepodenwerke und mit besonderer Beziehung auf einen ähnlichen Irrthum Lubbock's dargestellt habe. Beider grossen Euch acta finde ich unter den Charakteren beiderlei Geschlechts kein specifisch abweichendes Merkmal , da der kielförmige Vorsprung zwischen Maxillarfuss und erstem Beinpaar , wie bei vielen Copepoden so auch bei E. Praestandreae vorhanden ist, und die Grössen- Differenz an sich keine Art Verschiedenheit beweist. Auch die Versuche bei der Art und Gattungsbezeichnung auf sehr alte, völlig unzu- reichende Darstellungen zurückzugreifen, haben einige Verwirrung herbeigeführt, deren Beseitigung wünschenswerth erscheint. Wenn die Ansicht Axel Boeck's i) begründet ist, dass Gunner's Monoculus Finmarch icus, für welchen Le ach die Gattung C a 1 a n u s aufstellte, mit R o u s s e 1 de V a u z e m e's 2) Cetochilus zusammenfällt, so müsste consequenter Weise nach dem bislang in der Nomenclatur üblichen Verfahren die letztere Bezeichnung zurückgezogen worden und Leach's^j Calanus *) Axel Bo eck, 0 versigt over de ved Norges Kyster iagttagne Copepoder etc. Soerskilt aftrykt af Vidensk-Selskab. Forhaadl. for 1864. ^) Roussel de Vauzeme, Descriptioi du Cetochilus Australis, nouveau genre de Ciustace branchiopode. Aniiales des scienc. natur. II. Serie, Tom. 1 1834, p. 33.3. ^) Leach'sEntomostraca. Dictionaire des sciences naturelles. Tom. XIV. 1819. (:i22) Neue Beiträge zar Kenntniss der Copepoden. 11 an deren Stelle treten. Dann aber würde es zugleich nothwendig, an Stelle der Gattung Calanus, welche überdies bisher in zu allgemein gehaltener Fassung begrenzt worden war, eine andere Gattungsbezeichnung einzuführen. A. Boeck hat diese Conse- quenz gezogen und für dieselbe die Bezeichnung Paracalanus vorgeschlagen. Mir selbst war dieses Verhältniss früher entgangen. Ich hatte in der That, wie Boeck vollkommen richtig vermuthete, von der alten Abbilduug Gunner's aus den schwer zugänglichen „Acta Havniae" ^) keine Einsicht nehmen können, sondern war einfach den Angaben der Autoren wie 0. Fr. Müller 2), M.Edwards, Baird und Liljeborg gefolgt, als ich in meiner Monographie der Copepoden Gunner's Copepoden mit 0. Fr. Müller's Cyclops longicornis, welchen Baird als Temora einge- führt hatte, identificirte. Nachdem ich nunmehr von Gunner's Abbildung Einsicht genommen, und die auf dieselbe gestützte Leach'sche Diagnose von Calanus verglichen habe, muss ich allerdings die Möglich- keit, aber auch nur diese zugestehen, dass Gunner's Form mit Rons sei de Vauzeme's Cetochilus zusammenfällt. Eine Beweisführung aber ist ganz unmöglich, und vermag ich daher dem Verfahren Boeck's nicht beizustimmen. Sowohl Abbildung als Beschreibung Gunner's sind so durchaus allgemein gehalten, dass eigentlich nur die Grösse und der Fundort des fraglichen Copepoden die Wahrscheinlichkeit der Zurückführung begründen. Man könnte auf das grosse für Cetochilus charakteristische fünfte Beinpaar zum Beweise der Identität einen entscheidenden Werth legen, indessen vermag man aus der Abbildung nicht einmal die Duplicität der Schwimmfussäste zu erkennen. Ein umfangreiches 5tes Fusspaar kehrt avich bei Calanidengattungen mit männlichen Greifantennen und abweichender Gliederung des Abdomens wieder. Nun aber erhalten wir weder über die Sexualmerkmale der Antennen noch über die Gliederung des Abdomens irgend welche Auskunft. Dazu kommt die durchaus unzureichende und noch dazu unrichtige Diagnose, mit welcher Leach den Copepoden Gunner's, ') Der Titel dieser überall schlechthin als Acta Havniae citirten Gesell- schaftsschriften ist: Skrifter som udi det Kjobenhavnske Selskab. Kjobenhavn 1770. ^) 0. Fr. Müller, Entomostraca seu Insecta testacea, quae in aqiüs Daniae et Norvegiae reperit etc. Francofurti ad Moennm 1792. p. 116. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. III, Heft 3. 22 (323) 12 C. Claus: im Gegensatz zu 0. Fr. Müller's Cyclops als Calanus ein- führte. „Antennes deux; oeil unique" ist die ganze Grattungs- definition , welche wir gegenüber der durch den Besitz von vier Antennen und einem einfachen Auge bezeichneten Gattung Cyclops, von Calanus erhalten. Dagegen finden wir in E/ o u s s e 1 de Vauzeme's Arbeit über Cetochilus australis eine ein- gehende, auf genaue Untersuchung von Körperbau und Glied- massen gestützte Darstellung , welche über den Inhalt seiner Gattung keinen Zweifel zurücklässt. Dieser Autor beschrieb bereits die Gliederung von Kopf, Brust und Abdomen und gab ein eingehendes Bild vom Bau der Antennen, Beine und Mund- werkzeuge , die er freilich unter Einschluss der Antennen des zweiten Paares und der den Mandibeln aufsitzenden Taster als fünf Paare von Kieferfüssen unterschied. Wenn auch die Sexual unterschiede beider Geschlechtsthiere unberücksichtigt blieben, so erscheint doch die von B, o u s s e 1 de Vauzeme gegebene Charakterisirung von Cetochilus im Allgemeinen eine so zutreffende, dass sie den Anspruch auf dauernde Erhaltung der Gattungsbezeichnung — den höchst zweifelhaften Anrechten einer älteren ganz unvollständigen Notiz gegenüber — zu begründen vermag. Hiermit würde auch die Nothwendigkeit entfallen, die Boeck'sche Bezeichnung Paracalanus an Stelle von Calanus in der von mir gegebenen Begriffsbestimmung i) aufzunehmen. Indessen habe ich mich durch neuere Beobachtungen überzeugt, dass die Gattung Calanus viel zu allgemein charak- terisirt wurde und in Wahrheit eine Anzahl von Gattungen in sich einschliesst. Von diesen wird am besten die für Calanus p a r V u s und pygmaeus aufzustellende Gattung als Paraca- lanus Boeck zu bezeichnen sein, während ich für den generisch verschiedenen auch in der Adria verbreiteten Calanus mastig o- phorus die Bezeichnung Eucalanus vorschlage. So würde sich die Gattung Calanus vorläufig auf C. plumosus reduciren, eine Form , welche zumal bei der Unbekanntschaft mit dem Männchen einer nochmaligen Untersuchung bedarf. Als nächste Verwandte, vornehmlich durch den Mangel des fünften Beinpaares im weiblichen Geschlecht charakterisirt, schliesst sich die Boeck- sche Gattung Clausia an, deren einzige seither bekannte Art C. elongata mit dem von Brady^j beschriebenen Calanus *) C. Claus. Die freilebenden Copepoden. Leipzig 1863. pag. 172. *J G. S. Brady, On the pelagic Entomostraca. Natural. Histor. Transactions o(324) Neue Beiträge zur Kenntniss der Copepoden. 13 Clausii identisch ist. A. Boecki) hat später mit Rücksicht auf die bereits von Claparede für einen parasitischen Copepoden verwendete Gattungsbezeichnung den Namen Pseudocalanus gebraucht, indessen, wie ich glaube, mit Unrecht, da Clapa- rede's Beschreibung von Clausia Lubbockii eine so mangel- hafte und unzureichende ist, dass die in ihr begriffene Form unmöglich wieder erkannt werden kann , und dem entsprechend am besten überhaupt ausser Acht gelassen werden dürfte. Die Boeck'sche Gattung Metridia ist leider auch nach der Darstellung, welche sie jüngst in Br ady's 2) Werk gefunden hat, noch zu den unzureichend gekannten Calaniden zu stellen. Nicht einmal über die Zahl der Antennenglieder herrscht zwischen Boeck und Brady Uebereinstimmung, da der eine dieselben auf 24, der andere auf 25 bestimmt; zudem bleibt die Beschreibung des männlichen Thieres mangelhaft, während die des jugendlichen noch unreifen Männchens ganz fehlt. Wenn freilich wiederum beide Autoren geneigt sind, die Gattung mit der von mir sehr ein- gehend beschriebenen P 1 e u r 0 m m a zu identificiren, so beweisen sie damit, dass sie für meine Darstellung, welche in allen zur Wieder- erkennung erforderlichen Charakteren vollständig und präcise ist, eine grosse Ungenauigkeit vorauszusetzen. Pleuromma hat mit Metridia, soweit wir dieselbe nach jenen Autoren kennen, und unter der Voraussetzung, dass ihre Darstellung richtig ist, nichts zu thun. PI. abdominale Cls gehört sogar zu den best- gekannten Copepoden, während für Metridia armata Boeck (Paracalanus hibernicus Brady) noch eine genauere und ergänzende Beschreibung erforderlich ist, wenn die Aufnahme dieser Form im System gerechtfertigt sein soll. Ich werde zunächst die Calaninen - Gattungen Eucalanus, Paracalanus und Clausia mit den zugehörigen von mir näher untersuchten Arten in kurzen Diagnosen folgen lassen. Eucalanus nov. gen. (Taf. II, Fig. 1 — 16) pag. 173. Kopf mit dem ersten Brustsegment verschmolzen, lang- gestreckt. Fünftes Segment des Thorax nicht gesondert. Die of Northumberland. 1865. Derselbe, A Monograpli of the free and semiparasitic Copspoda of the Brit. Islands, vol. I, London 1878. ') A. Boeck, Nye Slaegter og. Arter af SalvanJs-Copepüden. Vidensk- Selsk. Forhandlinger 1872. 2) Nach Brady soll die rechte männliche Antenne 20gliedrig sein und mit Gelenk zwischen 17. und 18. Glied; vergl. die zugehörige Abbildung, Taf. 56, Fig. 19. 22* (325) 14 C. Claus: vorderen Antennen des Weibchens 24gliedrig (in Folge von Ver- schmelzung des 8. und 9. Segmentes der 25gliedrigen Grundform). Die vordere Antenne des Männchens der Gliederzahl nach reducirt, ohne Geniculation. Innenast des vorderen Beinpaares einfach (Fig. 12). Aussenast überall 3gliedrig. Der innere Ast des zweiten Paares 2gliedrig (Fig. 13), des dritten und vierten Paares 3gliedrig (Fig. 14). Fünftes Beinpaar einästig, beim Weibchen 3gliedrig (Fig. 15) mit 2 kurzen zangenförmigen gestellten EndgrifFeln, beim Männchen (Fig. 16) linksseitig stabförmig gestreckt und 4gliedrig. Abdomen des Weibchens 4gliedrig, des Männchens ögliedrig mit überaus reducirtem Endglied. E. mastigophorus Cls. (Taf. II, Fig. 10-16.) Calanus mastigophorus. C. Claus, Freilebende Copepoden pag. 173, Taf. XXVII. Fig. 5 — 8, sowie Copepodenfauna von Nizza pag. 10. Körper etwa 2 Mm. lang (mit Einschluss der Schwanzborste). Vordere Antennen des Weibchens 24gliedrig, das vorletzte Glied lang, schief abgestutzt mit langer Borste, das Endglied kurz, dem vorausgehenden schräg aufgesetzt, mit sehr langer geisseiförmiger Endborste (Fig. IL). An den vorderen Antennen des Männchens (Fig. 10) sind die Glieder 1 — 4, sowie 5 — 11 zu zwei langgestreckten scharf getrennten Abschnitten verschmolzen. Die inneren Aeste der Beinpaare schmal mit sehr kurzem Grundgliede. Die äussern Aeste umfangreich mit stark verbreitertem, lanzetförmigem End- dorn. Fünftes Beinpaar im männlichen Geschlecht linksseitig stab- förmig gestreckt und 4gliedrig, rechtsseitig ganz kurz und 2gliedrig. Endsegment des Abdomens kurz, beim Weibchen oft mit zwei car- moisinrothen Pigmentflecken, im männlichen Geschlecht kaum als gesondertes Glied nachweisbar. Diese im Mittelmeere (Nizza, Messina, Neapel) häufige Form gehört auch der Adria an und ist bei Triest recht verbreitet. Paracalanus Boeck. A. B o e c k. Oversigt Norges Copepoder, 1864. (Taf. VII, Fig. 1—10.) Calanus. Claus, Freilebende Copepoden. Kopf und erstes Thoracalsegment verschmolzen, sehr gestreckt. Fünftes vom vorausgehenden Segment nicht gesondert. Vordere Antennen des Weibchens 25gliedrig, des Männchens mit reducirter ' Gliederzahl. Fünftes Beinpaar einästig, im weiblichen Geschlecht 2gliedrig, beim Männchen rechtsseitig kurz und 2gliedrig, mit langer Endborste, linksseitig langgestreckt und ögliedrig. Der (326) Neue Beiträge zur Kenntniss der Copepoden. 15 innere Ast des ersten Beinpaares 2gliedrig, die äusseren Aeste der drei nachfolgenden Paare Sgliedrig. Abdomen des Weibchens 4gliedrig, des Männchens Dgliedrig. P. parvus eis. (Taf. III, Fig. 1—16.) Calanus parvus. C. Claus, Freischwimmende Copepoden, pag. 172, Taf. XXVI und XXVII. Paracalanus parvus. Axel Boeck, Oversigt Norges Copepoder, pag. 9. Körper lang gestreckt, circa IV3 Mm. lang (mit den Schwanz- borsten). Die vorderen Antennen des Weibchens 25gliedrig, bis über die Basis des Abdomens hinausreichend, linksseitig meist mit hellrothem Pigment streifen (Fig. 4). Am 23. Gliede eine, am 24. zwei lange Borsten, das 25. Glied ungefähr so lang als das vorausgehende, seine Endborsten weit kürzer als die Borsten des 24. und 25, Gliedes (Fig. 4). Vordere Antennen des Männchens 20gliedrig (Fig. 5) in Folge Verschmelzung des 1. und 2. Gliedes, sodann des 3., 4., 5. und 6. Gliedes, endlich des 7. und 8. Gliedes der 25gliedrigen Grundform, ohne Spur einer Geniculation. Der obere Rand mit einer grossen Zahl gekrümmter schlauchförmiger Anhänge besetzt. Die Region der Maxillarfüsse ebenso die hinteren Brustsegmente oft mit rothen Pigmentflecken. Innenast des ersten Beinpaares 2gliedrig, Aussenast ohne dolchförmigen Enddorn (Fig. 6). Aussenast des zweiten und dritten Bein- paares mit gesägtem Aussenrand und langem dolchförmigen Enddorn (Fig. 7). Fünftes Beinpaar beim Weibchen kurz und 2gliedrig mit langer Endborste (Fig. 8), beim Männchen rechtsseitig von derselben Form und Gliederung, linksseitig langgestreckt, ögliedrig (Fig. 9). Letztes Abdominalsegment beim Weibchen fast so lang als die beiden vorausgehenden Segmente zusammen, etwas länger als die Furcalglieder (Fig. 1) , beim Männchen merklich kürzer als beim Weibchen (Fig. 2). Die jungen (vor der letzten Häutung stehenden) Männchen, gleichen in der Gliederung der vorderen Antennen den Weibchen, zeigen aber bereits die Abweichungen des fünften Beinpaares, welches freilich auch eine relativ gedrungene Form hat und links- seitig 4gliedrig ist (Fig. 3). Eine sehr verbreitete Form , welche nicht nur in der Nord- See (Helgoland) und an der Norwegischen Küste , sondern auch in der Adria auftritt und eine der häufigsten Copepoden des Triester Meeres ist. (327) 16 C. Claus: Clausia Bck. A. Boeck, Oversigt Norges Copepoder, 1864. pag. 9. Calanus Brady, Nat. Hist. Transact. Northumberland and Durham vol. I. 1865. Pseudocalanus. A. ßoeck, Nye Shegter og Arter of Salvands-Cope- poden 1872. Pseudocalanus. Brady, Monograph of the British Copepoda 1878. Kopf und erster Thoracalring verschmolzen, sehr langgestreckt. Fünftes Segment nicht gesondert. Vordere Antennen des Weibchens (in Folge Verschmelzung des 8. und 9. Gliedes der 25gliedrigen Grundform) bei undeutlicher S o n d e r u n g der beiden Grundglieder 24:gliedrig, die des Männchens durch Verschmelzung mehrerer Abschnitte be- deutender reducirt, ohne Geniculation. Antennen des zweiten Paares und Mundwerkzeuge Calanasähnlich. Innenast des ersten Beinpaares einfach, des zweiten 2gliedrig, des dritten und vierten Sgliedrig, Aussenast überall ogliedrig. Fünftes Beinpaar fehlt beim Weibchen, beim Männchen ist das- selbe einästig, an der rechten Seite Sgliedrig, mit langausgezogenera dolchförmigen Endglied , an der linken Seite sehr gestreckt, ögliedrig. Abdomen des Weibchens 4gliedrig, des Männ- chens ögliedrig. Die von Boeck aufgestellte Gattung, für welche später von demselben Autor eine Aenderung der Bezeichnung vorgeschlagen wurde, unterscheidet sich von den verwandten Calaninen vornehm- lich durch den Ausfall des fünften Beinpaares am Körper des Weibchens. A. Boeck hat diesen wichtigsten Charakter nicht scharf erkannt, da er jugendliche Männchen für Weibchen hielt. C. elongata, Bck. (Taf. III, Fig. 11 — 15). Clausia elongata. A. Boeck, Oversigt Norges Copepoder 1864. pag. 10. Calanus Clausli. Brady. Nat. Hist. Transact. Northumberland and r»arham, vol. I, 1865, Fig. 1—13, pag. 33. Pseudocalanus elongatus. A. Boeck, Nye Slaegter og Arter of Sal- vands Copepoder 1872. Pseudocalanus elongatus. Brady, Monograph. of the ßrit, Copepoda 1878, pag. 45. Körper langgestreckt, eiförmig, circa 1'3 Mm. lang. Vordere Antennen fast so lang als der Körper, 24gliedrig mit verschmol- zenem 8. und 9. Glied (Fig. 11). Auch sind die beiden Grund- glieder nur undeutlich gesondert. Die Antennen des Männchens (328) Nene Beiträge zur Kenntniss der Copepoden. 17 19gliedrig, indem ausser den beiden Grundgliedern auch das 8- bis 12., sowie das 20. und 21. Glied (die 25gliedrige Antenne als Grundform vorausgesetzt) verschmolzen sind (Fig. 12). Am Ende des langgestreckten basalen Doppelgliedes eine tiefe Einschnürung. Samentaschen des Weibchens rundlich. Endsegment des weiblichen Abdomens kurz, desgleichen die Furcalglieder. Die Abdominal- segmente des Männchens mit Ausnahme des ersten und sehr kurzen letzten Gliedes langgestreckt (Fig. 14). Furcalborsten kaum so lang als das Abdomen. Sowohl A. Boeck als Brady, welche ziemlich gleichzeitig diese in den britischen Meeren sehr verbreitete Form untersuchten, haben wesentliche Eigenthümlichkeiten theils verkannt, theils un- richtig dargestellt. Dies gilt besonders für die Angaben beider Autoren über die vorderen Antennen und die Beine des fünften Paares. Wenn sowohl Boeck als Brady, letzterer wenigstens in seiner späteren Arbeit, die vorderen Antennen des Weibchens als 25gliedrig darstellen, so müssen sie zunächst doch die beiden halbverschmolzenen Grundglieder als getrennt zählen , so dass nicht das 7. und 8., sondern das 8. und 9. Glied zu einem Doppel- glied verschmolzen ist. Aber auch dann ist die Antenne nur 24gliedrig, wie Brady in seiner ersten Mittheilung richtig angab. — Unrichtig aber ist sowohl die Abbildung als Beschreibung, welche dieser Autor von den Antennen des Männchens gibt. Nicht minder störend ist seine Verwechslung der rechten und linken Seite des fünften Fusspaares (Fig. 14). Jugendliche Männchen vor der letzten Häutung wiederholen in Antennenform und Gliederung des Abdomens das erwachsene Weibchen — freilich mit dem Unterschied, dass das erste Abdo- minalsegment schon kurz , das letzte noch ungetheilte sehr lang ist — besitzen aber ein fünftes Beinpaar, welches rechts- und linksseitig aus vier Gliedern zusammengesetzt ist (Fig. 15). An den vorderen Antennen sind die Glieder 8 bis 12, ebenso wie 20 und 21 noch nicht verschmolzen (Fig. 13). Diese Art scheint nur den nordischen Meeren anzugehören. (329) 18 C. Clans: Erklärung der Abbildungen. Taf. I. Fig 1. Herz eines noch jugendlichen Cetochilus septentrionalis Goods, in seitlicher Lage. 0. a. Ostium arteriosum, 0. v. 1. Ostium venosum laterale. 0. v. p. Os- tium venosam posterius, M, Längsmuskel, L. FaserplattCi T. L. transversale Septal- platte, welche sich an die Genitaldrüse G. befestigt, S.' und S." oberes und unteres Suspensorium, S. Faserzüge, S. R. Segmentrand Vergrösserung circa 300fach. Fig. 2. Herz eines männlichen Thieres von der Dorsalfläche dargestellt. C Ansatzstelle der Faserplatte (L.) am Integument, C." Ansatzstelle des oberen Suspen- soriums (S.') am Integument, M.' Muskelbündel, welches an die Herzwand tritt, T. b. Tastborste am Integument, N. Nerv, G. Ganglion, N. 0. wulstförmiger Höcker als Rest des Nackenorgans. Fig. 3. Dasselbe etwas schwächer vergrössert, von der Bauchfläche dargestellt. L. M. Längsmuskel der Herzwand. Fig. 4. Herz eines weiblichen Cetochilus in seitlicher Lage. Fig. 5. Dasselbe etwas schwächer vergrössert in Flächensicht mit einge- fallenem Vorderabschnitt. Bz. Bindegewebszellen des hinteren Suspensoriums. Fig. 6. Herz von Galan e IIa. Ao. Aorta, V. Klappentaschen am Ostium der Aorta. Fig. 7. Der Anfangstheil der Aorta mit Klappentaschen V. und Muskel des Integument» M. in seitlicher Lage. Fig. 8. Herz und Aorta nebst Magendarm und Genitaldrüse von Temora Finmarchica Baird. Oe. Einmündang des Oesophagus in den Magendarm MD., Oe. M. Aufzieher des Oesophagus, Dr. Drüsenzellen. Fig. 9. Herz von Ichthyophorba (Centropages). Taf. 11. Fig. 1. Rückentheil des Kopfstückes von Temora Finmarchica Baird mit Rücksicht auf die Gruppirung der einzelligen Hautdrüsen von der Dorsalfläche aus (330) Neue Beiträge zur Kenntniss der Copepoden. 19 dargestellt. MD. Magendarm, Pf. Pigmentfleck, Fk. Fettkugel, Dz. Drüsenzellen, P. Poren derselben. Fig. 2. Die Thoracalsegmente derselben Art mit Rücksicht auf die Drüsen- Gruppen der Haut in seitlicher Ansicht. T. Hoden, C. Herz, D. Darm. Fig. 3. Obere Drüsenzelle der Furca eines noch jugendlichen Exemplares. Im oberen Theil der Flaschenzelle ist der Kern N sichtbar. Fig. 4. Bein des zweiten Paares eines weiblichen Thieres mit den einzelligen Hautdrüsen im zweigliedrigen Aussenast. Fig. 5. Furca von Ichthyophorba (Centropages) denticornis Cls. mit der eingelagerten Drüsenzelle und deren am Ende des Aussenrandes sichtbaren Porus. Fig. 6. Die beiden vorderen Abdominalsegmente einer weiblichen Ichthyo- phorba denticornis von der Bauchseite dargestellt, circa 300fach vergrössert. Dr. G. Drüsengürtel des Genitalsegmentes, Dr. G.' Drüsengürtel des nachfolgenden Segmentes, Dr. W. Drüsenwulst der rechten Seite, P. Poren der Drüsenzellen, Sb. Seitenborste, m. Wb. mediane Ventralborste. Fig. 7. Dieselben Segmente von der Rückenseite gesehen. D. Darmcanal, 1. Db. linke Dorsalborste, r. Db. rechte Dorsalborste. Fig. 8. Das auf das Genitalsegment folgende Segment nach Zusatz von üeberosmiumsäure. Man sieht die isolirten Drüsenzellen (Drz.) mit ihren Poren P. M. Muskeln. Fig. 9. Abdomen des Weibchens nach der Begattung mit der anhaftenden Spermatophore (Sp.) und der dicken Lage ausgeschiedener Kittsubstanz Ks. schwächer vergrössert. Fig. 10. Antenne des Männchens von Eucalanus mastigophorus. Cls. Fig. 11. Die beiden Endglieder der weiblichen Antennen stärker vergrössert, Fig. 12. Innerer Ast des ersten Beinpaares derselben Form. Fig. 13. Innerer Ast des zweiten Beinpaares. Fig. 14. Viertes Beinpaar. Fig. 15 Föüftes Beinpaar des Weibchens. Fig. lö. Fünftes Beinpaar des Männchens. Taf. ZU. Fig. 1. Paracalanas parvus. Cls. Weibchen in seitlicher Lage. Fig. 2. Abdomen des reifen Männchens, etwas stärker vergrössert. Fig. 3. Abdomen des jungen noch nicht ausgewachsenen Männchens vor der letzten Häutung nebst fünftem Beinpaar des Thorax. Fig. 4. Antenne des Weibchens, Fig. 5. Antenne des Männchens. Fig. 6. Erstes Beinpaar. Fig. 7. Endglied des Aussenastes vom zweiten Beiupaar. Fig. 8. Fünftes Beinpaar des Weibchens. (331) 20 C. Claus: Neue Beiträge zur Kenntniss der Copepoden. Fig. 9. Fünftes Beinpaar des Männchens. Fig. 10. Chitinnmrandung nebst den Geschlechtsöffnungen , Genitalsegment nebst Receptacula R. Fig. 11. Vordere Antenne des Weibchens von Clausia elon ga t a A. Botck. Fig. 12. Dieselbe des ausgebildeten Männchens. Fig. 13. Dieselbe in noch jugendlichem Alter des Männchens, vor der letzten Häutung. Fig. 14. Abdomen des Männchens nebst fünftem Beinpaar, von der Bauch- fläche dargestellt. Fig. 15. Fünftes Beinpaar eines noch jungen, vor der letzten Häutung stehenden Männchens. 332) üebersicht der Seethierfauna des G-olfes von Triest nebst Notizen über Yorkommen. Lebensweise. Ersclieiimnos- und Fort- pflanziiiigszeit der einzelnen Arten von Dr. Ed. GraefFe. Die EcMnodermen. Die Echinodermeii, diese rein marinen Tliiere, sind im Golfe von Triest in etwas mehr wie einem Drittel aller aus dem Mittel- meer bekannten Arten vertreten. Weil nur die wirklich zur Be- obachtung gekommenen Arten, 3G an Zahl, hier erwähnt werden sollen, dürfte wohl die Anzahl der Arten durch später zu liefernde Nachträge sich noch erhöhen las-en. Das Gebiet, auf welchem diese Stachelhäuter zur Beobaclitung gelangten, liegt in der nächsten Umgebung von Triest. Zunächst ist es dessen Hafen selbst mit seinen diesen Thieren günstigen Stein- wällen, dann die ganze Breite des Golfes bis zur „punta Salvatore", die Bucht von Muggia , Grignano etc. Einige Küstenplätze in Istrien, wie Pirano und Rovigno, die schon weiter entfernt liegen, stehen durch die Gefälligkeit eines eifrigen Erforschers der Flora und Fauna der Adria, des Herrn Franz von Liechtenstern, mit der Station in Verbindung und wurden daher mit in das Ge- biet einbezogen. Felsige Küsten beherbergen dort eine Anzahl Arten, die den flachen Ufern bei Triest fehlen aber in das gleiche geographische Gebiet gehören. i333) 2 Dr. Ed. Graeffe: Der Golf von Triest enthält nirgends Tiefen, welche nicht von der Vierzigfadenleine erreicht werden könnten. Der westliche Theil ist noch seichter wie der östliche. Die Fiinffadenleine be- grenzt den Theil des Küstenabfalles der, mit steinigem, sandigen Grunde und der üppigsten Algenvegetation besetzt, die Region der meisten Echinodermen ist. Hier liegen oft massenhaft die braunen wurstförmigen Körper der Röhrenholothurie, „Holothuria tubulosa", im Sande halb eingegraben und sieht man die stacheligen Körper der Seeigel, als z. B. des Strongylocentrotus lividus und Sphaerechinus granularis zwischen den Steinen und Algen sich bewegen. In den Zosterawiesen und Ulvenmassen des seichteren Ufers findet sich der kleine grüne Seeigel Psammechinus mikro- tuberculatuS; der kleine rasch sich fortbewegende Asteropecten spinulosus in Gesellschaft mit den langarmigen Schlangensternen Ophiothrix fragilis, dem f Linfkantigen Seesternchen Asterina gibbosa und den niedlichen Amphiuren. Wo die Ufer dieser Region felsig sind, wie z. B. in Rovigno, findet sich der schöne blutrothe See- stern Echinaster sepositus (zeitweise), die grünlichgelbe Seewalze Holothuria catanensis, der grösste Schlangenstern der Adria, die Ophioderma longicaudata , die zierliche Ophiopsila aranea und andere Arten. In grösseren Tiefen auf 8, 10 bis 20 Faden der durchschnitt- lichen Tiefe des Meeres bei Triest von der Küste entfernt besteht der Grund fast ausschliesslich aus einem zähen bläulichen Schlamme oder Schlick (engl, mud) mit einzelnen Bänken von gröberem Ge-- rölle oder Melobesien mit Kalkalgen und Spongien. In dem reinen Schlammgrunde leben Synapta digitata, sämmtliche Meergurken als Cucumaria Planci , tergestina und cucumis , dann die grossen Astropectenarten , wie Astropecten aurantiaca und bispinosus. Ophioglypha lacertosa und die Spatangiden, Schizaster eanaliferas Ag. u. Des. und das seltenere Echinocardium mediterraneum Gray, sind ganz besonders an die Schlammgründe gebunden. Auf den Geröllbänken leben die Haarsterne Antedon rosaceus , zahlreiche Farbenvarietäten darbietend. Der sonderbare papierdünne Seestern der Palmipes membranaceus und der seltene Schlangenstern Ophio- myxa pentagona M. F. lieben auch besonders diese reineren Gründe. — Auf diesen erwähnten Meeresregionen kann man im Allgemeinen darauf rechnen, die bezüglichen Echinodermenarten zu finden, in- dessen muss man doch nicht glauben, dass die geringe Beweglich- keit, welche man an diesen Thieren zumeist wahrnimmt, sie ver- hinderte, gelegentlich Wanderungen zu unternehmen und von der (.334) Uebersicilt der Seethierfauna des Golfes von Triest. 3 einen Kegion in die andere zu gelangen. So ist z. B. das reiehliclie Vorkommen von Echinaster sepositus an den Felswänden und Höhlen der Inseln bei Rovigno an gewisse Zeitperioden des Früh- jahres gebunden, während dieser Seestern sonst nur vereinzelt in grösseren Tiefen vorgefunden wird. Ebenso wandern die beiden gewöhnlicheren Seeigelarten Strongylocentrotus lividus und Psara- mechinus microtuberculatus im Frühjahre in grösseren Mengen an die Steindämme hinauf und sitzen dort in Gruppen vereinigt. Später zerstreuen sie sich wieder, um ihr Dasein mehr vereinzelt zu führen. Selbst die träge Holothuria Poli Dell. Ch. findet man im November, December, Jänner bis Februar in grösserer Anzahl auf Steinblöcken des Theresienmolos oder Leuchtthurmdammes bei Triest, so dass man leicht Exemplare zur Untersuchung erlangen kann, während es zu anderen Jahreszeiten schwierig ist ein Exemplar zu erhalten. Offenbar hängen diese Wanderungen mit den Fort- pflanzungsverhältnissen dieser Thiere zusammen. Die Nothwendig- keit einer Zusammenschaarung erklärt sich aus der Eigenschaft der meisten Echinodermen ihre Geschlechtsproducte im Seewasser sich begegnen zu lassen. Es gibt eine Anzahl Echinodermen in der Adria, die sich an specielle Standorte halten und nur an denselben in grösserer An- zahl zu finden sind. Palmipes membranaceus ist im Golfe nur auf Geröllgründen bei Pirano in grösserer Anzahl mit dem Schlepp- netz heraufzufischen, Sphaerechinus granularis nur an der steinigen zum Theil auch felsigen Küste bei Servola und bei Rovigno zu finden, Asterina gibbosa hält auch besondere Standorte ein und ist nicht überall zu finden. Die meisten der bei Triest vorkommenden Echinodermenarten mit Ausnahme der Spatangiden können längere Zeit in den Aquarien gehalten werden. Asterina gibbosa hält sich sogar Jahre lang in Gefangenschaft und legt seine Eier an die Wände der Gefässe, wo sie sich entwickeln. Man beobachtet hiebei, dass das mütter- liche Thier eine Zeit lang über den Eiern sitzen bleibt, als wenn es dieselben bebrütete. An dem langarmigen Schlangensterne der Ophioderma longicauda kann man besonders interessante biologische Studien machen. Exemplare dieser Art gewöhnten sich gefüttert zu werden und kamen auf hingehaltene Stückchen Fleisch rasch herbeigeratscht (so kann man wohl das eigenthümliche Fortrudern der Ophiuriden, wobei die Arme als Hebel benützt werden, am besten bezeichnen) und führten mittelst eines der Arme, den sie wie einen Elephantenrüssel um den Bissen herumbogen, denselben (335) 4 Dr. Ed. Graeffe: ZU dem unter der Scheibe gelegenen Munde. Am trägsten bewegen sich die Seegurken oder Cucumarien in den Aquarien. Tage lang an derselben Stelle mit den Füsschen festgeklammert , lässt nur das Spiel der Fangarme das Leben ihrer lederartig gepan- zerten Thiere erkennen. Die Bewegung dieser langen baumförmig verzweigten Tentakeln ist eigenthümlich. Von Zeit zu Zeit sieht man plötzlich bald den einen dann den anderen derselben sich etwas contrahiren und dann nach dem Munde umbiegen, um gleich wieder seine frühere Stellung einzunehmen. Nahrungseinfuhr oder Wasserwechsel ist wohl die Ursache dieser Tentakelbewegung der Cucumarien. Viel schwieriger wie die Cucumarien sind die Holo- thurien in Grefangenschaft zu halten und scheinen die jüngeren, kleinen und bei kaltem Wetter gefangenen Exemplare noch am besten zu gedeihen. Aeltere Thiere treiben fast immer nach Tagen oder Wochen ihren Darm nach Abreissung beim Oesophagus zur Cloake heraus , wohl eine Folge krankhafter Reizung der stark entwickelten Hautmuskulatur. Die Seeigel erweisen sich in den Aquarien als arge Raub- thiere. Sie bedecken sich gern mit Algen und Steinchen, Muschel- schalen etc., um unter dieser Maske heranschleichend viel beweg- lichere Thiere, wie kleine Fische, Crustaceen, durch Ueberraschung in Winkel einzuschliessen und zu erbeuten. Uebrigens begnügen sie sich auch mit den Leichen anderer Seethiere. Die Asteriden gehen mehr den Weichthieren nach, die ihnen nicht leicht ent- gehen können. Sogar der stachelige Murex brandaris und das spitze Gehäuse von Dentalium wandern in den weichen Magen und gelangen selbst in die Blinddärme der grösseren Arten. Aste- rias glacialis hat die besondere eigenthümliche Sitte, sich nach längerer Gefangenschaft so zu theilen , dass jeder seiner fünf Arme seinen besonderen Weg verfolgt, um nach mehreren Tagen allmälig abzusterben. In das freie Meer gebracht, könnten, wohl aus den Bruchstücken neue vollständige Seesterne hervorgehen, denn man findet oft diese Asterias mit einem oder mehreren grösseren neben ganz kleinen eben hervorsprossenden Armen. Die Astro- pecten-Arten theilen sich hingegen nie, sondern gehen, wenn sie absterben , in toto zu Grunde. Das Leben hält sich aber noch lange in diesen absterbenden Thieren , so dass einzelne Körper- theile, wie besonders die Armenden, schon macerirt zerfallen, während der mittlere Körpertheil sich mit den Ambulacralfüsschen noch festhält. Diese Seesterne faulen buchstäblich bei lebendigem Leibe. Der einzige Repräsentant der Crinoideen, Antedon rosaceus, (336) Uebersiclit der Seethierfaana des Golfes von Triest. 5 ist, obgleich als Jugeudform festsitzend und den alten Stamm- formen der gestielten Liliensterne entsprossen , merkwürdiger- weise docli der beweglichste aller ausgewachsenen Echinodermen. Mit graciöser peitschender Bewegung seiner gefiederten Arme schwimmt dieser Haarstern behende durch das Wasser , bis er an einem günstigen Standpunkt sich wieder mit seinen Girren festklammert. Schwimmbewegungen zeigen zwar auch einige Ophuriden, aber in viel plumperer Weise. Dieselben können sich , von einem erhöhten Standpunkte herabwerfend, eine Zeit rudernd durch das Wasser bewegen, bis sie durch ihre Schwere wieder auf den Grund gelangt sind. Antedon hält meist mehrere Wochen im Aquarium aus, zerbricht aber dann, wohl aus Mangel an genügender Ernäh- rung, allmälig seine Arme in Stücke, während die Scheibe und Stücke der Arme noch kurze Zeit fortleben. Was die entwicklungsgeschichtlichen Daten anbetrifft, welche in der tabellarischen Uebersicht angegeben sind, so basiren die- selben theils auf anatomische Untersuchung der ausgewachsenen Echinodermen zu verschiedenen Zeiten vorgenommen , theils auf Beobachtung der bekannten pelagisch-lebenden Larven derselben und endlich in einigen Fällen auf Zucht in den Aquarien, Das Gesammtresultat dieser Notizen über die geschlechtliche Periode bei den Echinodermen zeigt, dass der Frühling und Sommer, also die wärmere Jahreszeit fast ausschliesslich die Zeit der Fort- pflanzung und Entwicklung dieser Thiere ist. Die Holothuroideen eröffnen in den ersten Frühjahrsmonaten den Reigen der sich fortpflanzenden Echinodermen. Ihnen folgen dann die meisten Echiniden und ein Theil der Ophiuriden. Eine andere Gruppe der Ophiuren und die Ästenden beschliessen denselben. Eine Ophiuride, Amphiura squamata, ist hermaphroditisch und lebendig gebärend. Asterina und Palmipes heften ihre Eier an Gegenständen im Wasser fest, und erscheint aus denselben das fertige Echinoderm. Zwei bis drei Arten (Echinaster, Comatula) stossen ihre Eier wohl in das Wasser aus, aber die Larven setzen sich bald fest, um in diesem Zustande sich weiter zu entwickeln. Alle übrigen Arten, jedenfalls die Mehrzahl, stossen ihre Geschlechts- producte in's Wasser aus, und die befruchteten Eier lassen eine schwimmende Larve ausschwärmen. Diese Larven, welche unter der Benennung von Auricularia, Pluteus, Bipinnaria u. s. f. bekannt sind, bewohnen das freie Meer. Es bilden die Echinodermenlarven neben zahlreichen Protozoen, Wurm- und Mollusk^nlarven , Cru- (!5i7) 6 Dr. Ed. Graeffe: staceen, besonders Copepoden, einen auffallenden Bestandtheil der alle Schichten des Meerwassers belebenden pelagischen Fauna. In der ersten Jahreshälfte ist die Auriculariaform vorherr- schend, in der zweiten aber die Piuteus- und ßipinnariaform. In den Monaten December und Jänner findet man nur selten Echino- dermenlarven, und möchten dieselben aus südlicheren Meeresstrichen durch Strömungen heraufgebracht sein. In jedem Monat wurden solche Larven mit dem Müller'schen Netze gefischt und als mikroskopische Präparate der Sammlung der Station einverleibt. Dieses Material wurde benützt, um bei den bereits beschriebenen und in der Entwicklung bekannten Formen die Daten zu vervoll- ständigen. Manche Larvenformen, deren Eltern noch nicht bekannt sind, harren, dass ein glücklicher Zufall sie in dem Stadium beobachten lässt, wo das kleine Echinoderm schon so weit vorge- bildet ist , dass das elterliche Thier erkannt und die Lücke in der Tabelle sich ausfüllen lässt. Es ist leider selten , dass man in den Aquarien oder kleinen Gazekästchen im Meere die Larve bis zum kleinen Echinoderm aufziehen kann. Noch viel schwieriger ist die Zucht des jungen Echinoderms zur erwachsenen Form. Die Zahlen über Dauer der Entwicklung beziehen sich daher nur auf die Zeit, welche vom Ei durch die Larve zum kleinen Echino- derm führt, lieber die Zeitdauer, welche letzteres gebraucht, um zur völligen Grösse des geschlechtsreifen Thieres aufzuwachsen, könnte ich nur Vermuthungen bieten. Schliesslich sei hier noch bemerkt, dass die Echinodermen wohl nur in dem erwähnten Larvenzustande zahlreichen Feinden zur Nahrung dienen, die erwachsenen Stachelhäuter dagegen nach meinen Beobachtungen keine Feinde zu haben scheinen. Sei es, dass ein scharfer unangenehmer Geruch, wie er bei den grossen Seesternen zu beobachten ist , sei es , dass der mit Kalk bepan- zerte, mit Stacheln bewehrte Körper den meisten Seethiergaumen nicht behagt , Thatsache ist es , dass man nur selten (wohl mehr zufällig mit anderer Beute heruntergeschluckt) Echinodermenreste in den Mägen der grösseren Seeraubthiere, als Fische *), Crustaceen oder Mollusken, findet. In den Aquarien beobachtet man eben- falls nie Angrifie von Seiten der Mitbewohner derselben und kann sich ferner davon überzeugen, dass die Echinodermen sich gegenseitig nicht fressen, sondern kleine Arten ruhig unter und neben den grossen Formen sich bewegen. Aus dem Gesagten *) Trigla lyra und Mugilarten. (33«.) Uebersicht der Seethierfaiina des Golfes von Triest. 7 erklärt es sich vielleicht auch, dass man bei dieser Thierclasse keine Fälle von Mimicry als Schutzvorrichtung bis anhin beobachten konnte. Im Gegentheile sieht man die meist recht bunt und grell gefärbten Thiere von der Umgebung des Meeresgrundes deutlich hervorleuchten. In der nun folgenden Aufzählung der Echinodermen der Adria sind die Namen der einzelnen Arten unter Weglassung der Synonymen nach der vortrefflichen Zusammenstellung der medi- terranen Echinodermen von Dr. Hubrecht Ludwig angeführt. Crinoideen. Antedon rosacea Link. Fundort und Erscheinungszeit des ausge- bildeten Thieres: Ist überall im Golfe von Triest von 6 Faden Tiefe an in grossen Mengen das ganze Jahr hindurch zu fiuden. — Zeit der Fortpflanzung: Juni. — Fundort der Eier undLarven: Zur Laichzeit sind die pinnulae strotzend von Generationsproducten er- füllt, daher dicker und voller. Die Eier treten bei den weiblichen Thieren ans der Mittelspalte der Fiederchen hervor und verbleiben dort einige Zeit. Die jungen Antedon sitzen mit ihren Stielen an Steinen und anderen Gegenständen fest, sind aber im Meere schwer aufzufinden. Leichter gelingt es dieselben im Aquarium aufzuziehen , indem man eine grössere Anzahl geschlechtsreifer Thiere einsetzt. — Dauer der Entwicklung: Wenige Wochen. — Dauer der Metamorph ose: Wie lange die jungen Haarsterne im festsitzenden Zustande verharren, ist mir noch unbekannt. Im Aquarium halten dieselben nur wenige Wochen aus ohne merklich grösser zu werden und gehen dann ein. Anmerkung: Antedon phalangium Müller kommt wohl in Folge der geringen Tiefe der Bucht bei Triest nicht vor. Asteroideen. Asterias glacialis 0. F. Müller. — Fundort und Erscheinungszeit des ausgebildeten Thieres: Früher selten im Golf von Triest, häufiger im Quarnero , tritt seit einigen Jahren aber auch in Triest häufiger auf und findet sich auf steinigem Grunde in mittleren Tiefen, — Zeit der Fortpflanzung: Reife Ei- und SamenfoUikel im Frühjahr, März und April. Asterias tenuispina Lamark. — Kommt bei Triest selten vor. Echinaster sepositus Retzius. — Fundort und Erscheinnngszeit des ausgebildeten Thieres: Koramt bei Triest nicht vor, hin- gegen bei Rovigno an den Scolien oder Felseninseln. Asterina gibbosa Forbes. — Fundort und Er scheinungsz eit des aus- gebildeten Thieres: üeberall an der Küste an Steinen zwischen Algen gemein. — Zeit der Fortpflanzung: Im April und Mai. Fundort der Eier und Larven: Die gelbrothen Eier werden an feste Gegenstände im Meere abgesetzt. Die jungen Sterne, welche sich aus denselben im Laufe weniger Wochen direct Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. III, Heft 3. 23 (.339; 8 Dr. Ed. Graeffe: entwickeln, kriechen sofort mit ihren Ambulacralfüsschen munter um- her. — Dauer der Entwicklung: 3 Wochen. — Die Meta- morphose verläuft im Ei. — Anmerkungen: Die jungen Aste- rinen sind viel tiefer eingebuchtet und mit Kalkplatten versehen, die von denen der ausgewachsenen Exemplare von Asterina ver- schieden sind , so dass man doch noch von einer postembryonalen Metamorphose sprechen kann. Diese Art Metamorphose kommt übrigens auch bei den Echinodermen vor, welche eine pelagisch lebende Larven- form haben. Palmipes membranaceus L. Agass. — Fundort und Erscheinungs- zeit des ausgebildeten Thieres: Nur aus grösseren Tiefen des Golfes durch die Schleppnetze der Chioggioten heraufgebracht. Häufiger noch bei Pirano in geringen Tiefen. — Zeit der Fortpflanzung: Eierablage im April, Mai. Astropecten aurantiacus Linne. — Fundort und Erscheinungszeit des ausgebildeten Thieres: Nar in grösseren Tiefen auf dem Scblammgrunde von den Pischernetzen heraufgebracht. — Zeit der Fortpflanzung: Im Frühjahre, April, Mai. — Fundort der Eier und Larven: Pelagiscbe Larvenform, sogenannte ßipinnaria. Die Bipinnaria findet sich vom Mai an bis in den September hinein. Bis anhin konnte man nur eine Form von Bipinnaria unterscheiden, die wahrscheinlich zu Astropecten aurantiacus gehört und von Job. Müller aus Triest beschrieben wurde. Astropecten bispinosus Otto. — Fundort and Erscheinungszeit des ausgebildeten Thieres: Auch in geringeren Tiefen zu finden. — Zeit der Fortpflanzung: Im Frühjahre, April, Mai. Astropecten platyacanthus Philippi. — Fundort und Erscheinungs- zeit des ausgebildeten Thieres: Auch in geringeren Tiefen zu finden. — Zeit der Fortpflanzung: Im Frühjahre, April, Mai. Astropecten spinulosUS Philippi. — Fundort und Erscheinungszeit des ausgebildeten Thieres: Näher der Küste zwischen Seegras und Algen. Ist die beweglichste Art des Astropectengeschlechtes. Astropecten pentacanthus D e 1 1 e Chiaje. — Fundort und Erscheinungs- zeit des ausgebildeten Thieres : Auf tieferen Schlammgründen. Ophioderma longicauda Linok. — Fundort und Erscheinungszeit des ausgebildeten Thieres: In der Bucht von Muggia in grösserer Tiefe, im Frühling unter Steinen an der Küste. Ophioglypha texturata Lamark. syn. Opliioglypha lacertosa Lyman. Fundort und Erscheinungszeit des ausgebildeten Thieres: üeberall im Golfe auf Schlammgrand in grösseren Tiefen (3 — 6 Faden) zu finden. — Zeit der Fortpflanzung: Im Früh- jahr reife Eier und Samen enthaltend. Im März und April ist die küust- liche Befruchtung einleitbar. — Fundort derEier und Larven: Pelagische Plutensform, und zwar wahrscheinlich der Plutens bima- culatus von Johannes Müller. Ophioglypha albida Forbes. — Fundort und Erscheinun gs z eit des ausgebildeten Thieres: In grösseren Tiefen mit dem Schleppnetz zu erhalten (340) UeLersicht der Seetliierfauiia des Golfes voa Triest. 9 Amphiura squamata Delle Chiaje. — Fundort und Ersehe iuiin gs zei t des ausgebildeten Thieres: An Algen an der Küste in grosser Menge. — Zeit der Fortpflanzung: März-April-Mai. — Fund- ort der Eier und Larven; Lebende Junge finden sich in ver- schiedenen Entwicklungstadien im April, Mai in den Bruttaschen. Ophiomyxa pentagona La mark. — Fuudort und Erscheinungszeit des ausgebildeten Thieres: Seltene Art, meist verletzt von den Fischern gebracht. Ophiopsila aranea Forbes. — Fundort und Erscheinungszeit des ausgebildeten Thieres: Selten. Bei Rovigno etwas häufiger. Ophiothrix alopecurus Lyman. — Fundort und Er scheinnn gszei t des ausgebildeten Thieres: Sehr gemein in dem Golfe von der Küstenzone bis zur Tiefe. — Zeit der Fortpflanzung: Im Monate Juni und Juli bis in den August. — Fundort der Eier und Larven: Die Pluteusform ist im pelagischen Auftrieb eines der häufigsten Thiere. — Dauer der Entwicklung: Circa 5 — 7 Wochen. — Dauer der Metamorphose: Vom Plateus bis zur ersten Anlage des Ophiurs 3— 4 Wochen. Die kleinen Ophiothrix findet man im Juni auf Steinen in geringerer Tiefe, wo sie sich mit den Haken , welche an den Armen sich befinden, festkrallen. Ophiothrix echinata Müller und Troschel. — Fundort und Er- scheinungszeit desausge bildeten Thieres: Sehr gemein in dem Golfe von der Küstenzone bis zur Tiefe , doch noch in grösseren Tiefen wie Alopecurus. — Fundort der Eier und Larven: Die Larvenform, ähnlich aber verschieden von Ophiothrix fragilis, Avurde hier noch nicht beobachtet. Ecliinoideen. StrongylocentrotUS lividus Lamark. — Fundort und Erscheinungs- zeit des ausgebildeten Thieres: Ueberall im Golfe an den Steindäramen, Quais etc. das ganze Jahr hindurch. Im Sommer ziehen diese Seeigel mehr in die Tiefe. — Zeit der Fortpflanzung: Im Sommer, Monat Juli bis September. Die Eier günstig zu Be- fruchtungsversuchen, aber undurchsichtig. — Fundort der Eier und Larven: Die Larve lebt pelagisch und ist an Grösse und Ge- stalt von den Larven von Echinus microtuberculatas zu unterscheiden. Sphaerechinus granulär is Lamark. — Fundort und Erscheinungs- zeit des ausgebildeten Thieres: In der Bucht von Muggia zwischen Steinblöcken. — Zeit der Fortpflanzung: Reife Ge- schlechtsproducte. Samen und Eier treten im April und Mai aus den Oeffnungen des Seeigels hervor. Echinus microtuberculatUS Blainville. — Fundort und Erscheinungs- zeit des ausgebildeten Thieres: Ueber all im Golfe, namentlich im Frühjahr, März, April, Mai, an den Hafeumauern des neuen Hafens. — Zeit der Fortpflanzung: Im Frühjahr im Monat April und Mai. Eier sehr günstig für künstliche Befruchtung und bis zum PIu- teus leicht aufzuziehen. — Fundort der Eier und Larven: 23* (341) 10 Dr. Ed. Graeffe: Die Larven im April und Mai bis Juni im pelagischen Auftrieb. — Daner der Entwicklung: Im pelagischen Auftrieb siud die er- wachsenen Larven im Juni zu fiaden, also währt der Gang der Ent- wicklung 4 — 6 Wochen bis zum kleinen Seeigel. — Dauer der Meta- morphose: 4 — 6 Wochen. Die jungen Seeigel von 1 Millim, bis Steck- nadelkopf-Grös.se werden an Steinen im Monate Mai und Juni gefunden. Schizaster canaliferus Lamark und Desor. — Fundort und Er- scheinungszeit des ausgebildeten Thieres: Uebe all im Schl»mmgrunde des Golfes mit Synapta und Dentalium auf 6 bis 20 Faden Tiefe. — Zeit der Fortpflanzung: Juni und Juli. — Fundort der Eier und Larven: Die Larven sind pelagisch von Juni bis August zu finden, aber mehr vereinzelt. Echinocardiummediterraneum Forbes.— Fundort und Erscheinungs- zeit des ausgebildeten Thieres: Selten im Golfe, an derselben Fundstätte, wie Schizaster. — Fundort der Eier und Larven: Nur einmal wurde die grosse Larve der von Schizaster ähnlich mit rothen Pigmentflecken im Juni auf der Oberfläche des Meeres gefunden und zwar in so grosser Anzahl , dass grosse rothe Streifen die Meeres- fläche bedeckten. Holotlinroideen. Synapta digitata L. — Fundort und Erscheinungszeit des ausge- bildeten Thieres: Im Schlamme des Golfes das ganze Jahr hin- durch in grosser Menge zu finden. Zerstückelt sich aber meist bei der Berührung. — Zeit der Fortpflanzung: Im Februar, März und April. — Fundort der Eier und Larven: Reife Eier sind im März zu finden. Die Auricularia ebenfalls im Februar und März, aber am häufigsten im Mai und Juni, in einzelnen Exemplaren aber noch im August. Auricularien treten schon im F.bruar auf und sind noch im August zu finden, wenu auch nur sehr vereinzelt, es scheint da- her, dass einzelne Individuen vielleicht nach der Tiefe ihres Wohn- ortes in Bezug der Laichzeit differiren. — Dauer der Entwick- lung: Circa 1 — l'/.^ Monate. — Dauer der Metamorphose: Aus der bekannten Auricularia in die kleine Synapta 2 Monate. — Anmerkung. Sehr grosse, an 2'5 Cuntimeter dicke Exemplare von Synapta digitata wurden nach einem Sturme in Muggia an's Land ge- trieben. Vielleicht sind die kleinen, mehr an der oberen Schichte des Schlammgrundes lebenden Syuapten noch nicht geschlechtsreif, da bisher die künstliche Befruchtung der zerschnittenen Zwitturdrüsen nicht gelang. Die Spermatozoen waren freilich völlig ausgebildet und bewegten sich lebhaft. Synapta inhaerens 0. F. Müller — Fundort und Erscheinungszeit des ausgebildeten Thieres: An demselben Fundorte wie die digitata, aber sehr selten. — Fundort der Eier und Larven: Eine Auricularia, die sich durch verschiedene Gestalt, Kalkkörpur etc. von denjenigen, welche der Synapta digitata angehört, unterschied, wurde bis anhin nicht wahrgenommen. Sollte Synapta inhaerens vielleicht auch leben dig-gebärend sein? (342) üebersicht der Seethierfanna des Golfes von Triest. ' 11 Cucumaria Planci v. Maren zeiler. — Fundort und Ersehe in ungszeit des ausgebildeten Thieres: Ueberall im Golfe in grösserer Tiefe gemein. — Zeit der Fortpflanzung: Im Frühjahre, März und April. — Fundort der Eier und Larven: Wirft die Eier aus der Gesehlechtsöffnung in's Wasser aus. Die Eier sind undurchsichtig, zum Studium der ßefruchtungsvorgänge ungünstig. — Dauer der Entwicklang: In wenigen Tagen. — Dauer der Metamor- phose: Circa einen Monat. Man findet die Larvenform mit einzelnen Saugfüsschen Ende April und Anfangs Mai. Cucumaria cucumis Risso. — Fundort und Erscheinungszeit des ausgebildeten Thieres; In grösseren Tiefen mit dem Schlepp- netz im Golf, namentlich bei Miramar zu finden. Schlarambewohner. Cucumaria tergestina Sars. — Fundort und Erscheinnngszeit des ausgebildeten Thieres: Häufiger wie die Cucumaria cucumis an denselben Localitäten zu finden. — Zeit der Fortpflanzung: December und Januar. — Fundort der Eier und Larven: Eine Cucumarialaive fand sich öfters im pilagischen Auftrieb , der in den Monaten Januar und Februar eingesammelt wurde. Es möchte diese Larve daher wohl dieser Species angehören , da Cuc. Planci beim Laichen im April und Mai öfters beobachtet wurde. Die Larve vom Monate Feltruar ist übrigens von der von Selenka beschriebenen von Cucumaria Planci kaum zu unterscheiden. Thyone fusus 0. F. Müller. — Fundort und Erscheinungszeit des ausgebildeten Thieres: Aus grösseren Tiefen des Golfes nicht gar selten von den Fischirn gebracht. — Zeit der Fortpflanzung: Im März und April findet man reife Eitu- und beweglichen Samen bei Thyone fusus. — Fundort der Eier und Larven: Larven- form noch unbekannt. Thyone aurantiaca Costa. — Fundort nnd Erscheinuli gszeit des ausgebildeten Thieres: Seilen in grösserer Tiefe von den Netzen der Chioggioten heraufgebracht. — Zeit lier Fortpflanzung: Im Mai und Juni findet man die Geschlechtsorgane strotzend von Eiern oder Sperma. -- Fundort der Eier nnd Larven: Die Larven- form ist mir noch unbekannt geblieben. Stichopus regalis Cuvier. — Fundort und Erscheinungszeit des ausgebildeten Thieres: Ist im Golfe von Triest nur bei Ro- vigno zu finden, da sie felsige Küsten liebt. Ho lothuria tubulosa Gmelin. — Fundort und Ersehe in ungszeit des ausgebildeten Thieres: Die häufigste Holothurie auf den Schlamm- gründen, wie auch nahe der Küste an den mehr sandigen Stellen. — Zeit der Fortpflanzung: Im Sommer im Monat Juni, Juli bis August. — Fundort der Eier und Larven: Pelagische Larven- form im August und September. Die Tonnenform mehr in der Tiefe. Trotz der grossen Anzahl von Holothurien ist die Larve verhältniss- mässig selten im pelagischen Auftrieb zu finden. Holothuria Stellati Delle Chiaje. — Fundf^rt und Erscheinungszeit des ausgebildeten Thieres: Viel seltener wie tubulosa an den- selben Stellen. (343) 12 Dr. Ed. Graeffe: üebersicht d. Seethierfauua des Golfes v. Triest. Holothuria Catanensis Grube; Holothuria botella Selenka — Fund- ort und Erscheinungszeit des ausgebildeten Thieres: Auf den steinigen Gründen bei Rovigno. — Dauer der Meta- morphose: Kleiue Holothurien sind ungemein selten zu finden und haben wir nur zwei Exemplare gefunden, die mit Holothuria Helleri syn. affinis Heller zu identificiren waren. — Anmerkung: Diese Art, wie die Holothuria Poli Ltelle Cuiaje hat deutlich entwickelte Cuvier'sche Organe, daher diese beiden verwandten Arten zusammen- zustellen sind. Es ist sogar fraglich, ob die beiden nicht blosse Varietäten sind. Holothuria Poli Delle Chiaje. — Fundort und E r sehe i nun gs ze i t des ausgebildeten Thieres; An den Steindämmen des Leucht- thurmmolo's. Ist die einzige Holothurie der Umgegend von Triest, an welcher Cuvier'sche Orgaue zu demoustriren sind. Dieselben haben eine weisse Färbung , während die Geschlechtsschläuche orangeroth sind (namentlich die weiblichen). — Zeit der Fortpflanzung: November und December bis Januar und Februar. Schon im No- vember findet man Holothurie Poli mit völlig entwickelten Geschlechts- organen. Holothuria Helleri v. Marenzelle r. — Fundort und Erscheinuugszeit des ausgebildeten Thieres: Kleine mikroskopische Exemplare an den Steindämmen beim Hafen gefunden. An der Form der melch- stuhlförmigen Kalkkörper, welche Heller in seiner Abhandlung gibt, erkennbar. — ^ Anmerkung: Ob Holothuria Helleri vielleicht nur eine Jugendform der bekannten Arten darstellt und ob die Kalk- körperchen sich vielleicht später noch verändern , ist mir fraglich geblieben. {äU) I ti. (/. ■'■/' 1 Fig.2i^.Ä -1 // 1 k ■ ' ' _Ö!*?'*'*S» '■'^;. Wien. Verlag v, »Holder, k « V-uUniversiläls-Buchhändlei i^ ^si^^ffif^' ,/' "■'•■'■ LiÜi.AnstY.J.&Jacl^.leip.^.i AMtmausd.Zooloii.Jn.,m«r^.m,n.JidM.MT.T,,fm. I^J luj.M. Fy.ia. £t. rgj'XA 1 , in Hatsc/iek.Eiü»: v. Teredo. TiiCni. Fuj. i'.'J. /'•,;,. .VJ. L'f't ■/:.'/' %} / h.-i,ll 1 Verlag v A.Holder, k k.Hof-u Umvepsiläls-Buciihajller .MMv, „„., ',. ^ '-/"', w X Fig. 19. Fitj. ib: Fiy.lS. Fi:. Hcil.ulirl.-, I'ruliiilriliis Tall. K,, Fiej.'h m- ^^-"#- I Fiy.la.. My.lO. Wien.VerlagvAHoldet.kk Hokynnersnäij.g^,,, im^AnslTlCBarti. Arbeiten a.dJoolog.Jnstitut z.Wien,Bd.III. Keftl.TafVJE KatsdiekTtotoä-Tilus. Tui'K "/r]fnVerl;;AHolder,ic.k,LJnivers.Buchn(iff. üth AnsivJ.'Gijacli Leip::g. .Irbnl,;, „„s ,/. /ooloi/. Jmlilul z. II hn . Bd. lU. IM) J.T„i:JZ i: (iriihbril . Aiilnimnilrilsf ,1er Cni.sl/im;i . /an /■'ifj.:i. 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X''m^ Verlag v^lfred Holder, k k Hofu "miersitats-Buchhandlung in Wie TliIwtniT ruler.iiihhundmm-iiirr' Taßl J Wieii,Verla^v AHölderJ'Kt' .I,hr,/r„ „„.■.^^o<./o» /;„rrr.s./„M'N/r ^.llier, Bc/ ff/ ßr/> JT. Taf W. rilPiii/iiFiljiler.i II Diiin/iiiiiriiirr /,i/ II IW . (,/„•//,// ,i,i.i,l. Xuolofj. Vniims.Ju.slilul,- r.. Ifim . B./.m. Mf/t II ful MI Tli.PiiiliuT. riileisiuh ii.Bcitlmümier Tat: III. Hg. 2. Wien.Veriaj . A.Hölder. k,k Hof-i »mvErs.lals-Buchhändler Litll AnstY JCBacli.Le! Arbcifi-n fiiis ,/. Xoolog. Unwcrs. Instilate Wien. Bd m Ken H. Tiiail. IkJ'mtner: ihttcrsneh u.Bandwii rmer. TarlV. " K^.^€^\ vVisnVeHag v A.Hölder, 1. 1. «»f-«.Universiiats-Bu(;hliani)läi .Meilen (iitsi/ Znolog n,iiters.Jmli/ii/e z Wien BdllL Hell II Jkf. .IT///. TU. l'iiiliier Vnlemieh.u.liimdwiirmei: Viif.V »/„.„ V. rl.t V !. Heuler-, k k HofuUniversitate-PuJ'lsnJIei Liüiiwi v.'SBjA Ititiso Arbeäcn aus (hm zuuLOc/.JnsUliLl zu Wien. HdMI llclilil. lai: XIX. 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