''.fXr |r»-i«H|^L ^M| M 1 IbÜK^E m Wi^ i%%*' .w »*a mr^ ,^^J:^Sd^ '^m. w. /■ '^reign Books UUiSCHOEMIOF («tsl GLENDOWER EVANTS BORN MAUCH 2 3 1«56 DIED >LARCH:^8 1«8() Let knowledgt^ yrow froiii inore to more, Biit iiifve «f revcrefmMniisdvvKil.- Tliat iiiiiid «ml »out.ac.cordinqwe.U, May niuku uiieiiiu»Jo as bofore, But vaster. '^^'^;^, Nr. 15. — Die von Zopf (Die Spaltpilze, Breslau 18S:-5, p. 67) gegebene Deutang des Koch'schen Befundes scheint mir auch der Wirklichkeit nicht zu entsprechen. (Kill 22 Dr. Elias M e t s<;h n ikof f : den ersten Schritt zur Keimblätterbildung bilden könnte, treffen ; wir finden bei ihnen nicht einmal den Grad der Differenairungy welche ihre chlorophyllhaltigen Verwandten — die Volvocineen — aufweisen. Bei solchen Bedingungen ist die Aufgabe, sich eine Vorstellung über die Genealogie der ersten Metazoen zu bilden und somit ein Princip für die vergleichende Thierkunde zu ge- winnen , mit ganz besonderen Schwierigkeiten verbunden. Man stimmt ziemlich überein in der Annahme, dass das Blastnlastadium, welches ebenfalls aus einer Schicht untereinander gleicher Zellen besteht, einer Monadencolonie entspricht; aber von dem wichtigsten Punkte der Keimblätterbildung gehen die Ansichten verschiedener Forscher weit auseinander. Einige , wie z. B. der leider so früh der Wissenschaft entrissene Bai four 1), nehmen an, dass sich die Blastulazellen (d. h, die diesem Stadium entsprechenden Individuen der Colonie) sehr früh in zwei Arten differenzirten, dass „die Uebergangsform von den Protozoen zu den Metazoen aus einer Halb- kugel von ernährenden amöboiden und einer anderen Halbkugel von bewimperten Zellen bestand". Ich habe dagegen die Meinung ausgesprochen 2) , dass von den ganz untereinander gleichen Blastulazellen, welche alle die Fähigkeit behielten, Nahrung auf- zunehmen, einige von der Peripherie in die centrale Höhle (und zwar am beliebigen Punkte der Oberfläche) hineineinragten, wobei sie aus cylindrischen Geisseizellen zu amöboiden Elementen wurden ; diese letzteren stellten nun die Anlage zu einem parenchymati- schen Meso-Entoblast dar, aus welchem erst später das Darm- epithel (echtes Entoderm) und andere Bildungen sich differenzirten. Der oben mitgetheilte Befund von Nahrung aufnehmenden Ektodermzellen bei verschiedenen Repräsentanten des Coelenteraten- typus spricht, meiner Meinung nach, gegen die Annahme einer sehr frühzeitigen Differenzirung der Blastulazellen im Sinne Balfour's und deutet viel eher darauf hin, dass die Ektoderm- zellen auch dann ihre ursprüngliche Rolle behielten, als bereits ein Entoderm vorhanden war. Es ist übrigens auch aus sonstigen Gründen sehr schwer anzunehmen, dass eine so festgewurzelte Function, wie die Nahrung aufnehmende Thätigkeit der Monaden- individuen, rasch und scharf (wie die Grenze zwischen beiden Theilen der Syconenblastula) verschwinden sollte. Auch weiss ich kein Hinderniss, sei es von Seite der embryologischen oder sonstigen ') Vergleichende Embryologie. Deutsche Uebers. Bd. J. p. 143. -) Spougiologische Studien, Zeitschr. f. wissensch. Zool. 1879. Bd. XXXII. I). 375 ff. U ntersuthungeii über die intracelluläre Verdaiinn.^ hei wirbellosen Thieren. 28 Thatsacben zu der Annahme, dass sich die Keimblätter zu einer Zeit anlegten , als noch sämmtliche Zellen Nahrung aufzunehmen im Stande waren. Erst später ging diese Function vorzugsweise und dann ausschliesslich auf die Parenchymzellen über, eine gewisse Aehnlichkeit mit den Verbältnissen der beutigen Spongien aufweisend. Bei diesen gehen die aufgenommenen Stoffe regel- mässig in das parenchymartige Mesoderm über, welches aber noch nicht scharf und definitiv vom Entoderm geschieden ist, da auch im ausgewachsenen Zustande Zellen aus einem in das andere über- gehen. Auf späteren Stadien der genealogischen Entwicklung voll- zog sich eine schärfere Trennung zwischen beiden Abkömmlingen des Parenchyms oder des Phagocytoblastes , wie ich es von nun an bezeichnen werde. Aber noch im Bereiche der niederen Coelen- teratenist es schwer, von einem gesonderten Mesoderm zu sprechen. Während mehrere Acraspeden eine grosse Masse amöboider Meso- dermzellen in ihrer Grallerte besitzen, zeigen andere keine Spur davon und bei Craspedoten findet man sie nur ganz ausnahms- weise vor. Auch ist das späte Stadium des Auftretens solcher Zellen bei Medusen bemerkenswerth. Will man die Stützzellen der Medusen- und Hydroidententakeln als Mesoderm in Anspruch nehmen, so ist die Grenze zwischen diesem Keimblatte und Ento- derm unmöglich auch nur einigermassen durchzuführen. Bei höher stehenden Thierformen ist die Trennung zwischen Meso- und Entoderm jedenfalls eine viel vollständigere geworden. Das letztere hat sich zum speciellen Zwecke, die von aussen herbei- führenden Nahrungsstoife zu verarbeiten, herausgebildet, wobei die intracelluläre Verdauung allmälig durch eine enzymatische ersetzt wurde (worüber Näheres ich im dritten Abschnitte dieser Arbeit zu berichten hofte). Das Mesoderm hat aber dabei seine ursprüng- liche nahrungaufnehmende und verdauende Function nicht ein- gebüsst, sondern auf die Verarbeitung unnützlicher und schädlicher StolFe concentrirt. Dabei haben die Mesodermzellen sowohl ihre Eigenschaft, intracellulär zu verdauen, als auch manche anderen primitiven , noch von Protozoen herstammenden Eigenthümlich- keiten aufbewahrt. Ich meine darunter nicht nur die Fähigkeit, sich amöboid zu bewegen , sondern auch die Neigung zur Plas- modienbildung. Die letztere hat sich , ebenso wie die intra- celluläre Nahrungaufnahme, am wenigsten am Ektoderm erhalten, wo sie nur noch bei Spongien, Hydroiden und vielleicht einigen anderen Coelenteraten vorkommt ; am Entoderm tritt sie sehr stark bei intracellulär verdauenden Thierformen , wie bei vielen (163) 24 Dr. Elias Metsclinikof f: Coelenteraten und Turbellarien auf. Dagegen lassen sich die Meso- derraplasmodien bis auf die höheren Thierformen , den Menschen nicht ausgeschlossen, verfolgen. Ueberhaupt haben die beweglichen Mesodermzellen am meisten ihre ursprüngliche individuelle Selbst- ständigkeit aufbewahrt, so dass man auch von einer gewissen protozoischen Seelenthätigkeit derselben reden könne. In ihrem Bestreben, die Geschichte des mittleren Keimblattes aufzuklären, versuchten einige Embryologen die physiologische Rolle des ursprünglichen Mesoderms zn bestimmen. Während aber die Einen glaubten, dass dasselbe anfangs die geschlechtliche Function ausübte (Hatschek), nahmen Andere an (Rabl), dass es die Bewegungsthätigkeit ausführte. Wenn man die von mir in dieser Arbeit zusammeogestellten Daten zu Rathe zieht und dabei berücksichtigt;, dass bei vielen, ein Mesoderm aufweisenden Thieren die Geschlechtsproducte , sowie die Muskulatur nicht aus diesem Keimblatte, sondern unmittelbar aus Ekto- oder Entoderm (wohl zum grossen Theile aus dem ersteren) entstehen, dann wird man mir vielleicht zugeben , dass die ursprüngliche Rolle des Meso- derms eine nahrungaufnehmende und verdauende war und die Gewebe und Organe bildende Function erst in zweiter Instanz hinzukam. Abgesehen von allen anderen Argumenten, denke man nur an solche Thiere, wie Halisarca, wo noch keine Muskulatur vorhanden ist und wo der grösste Theil des Mesoderms am Ver- dauungsgeschäfte betheiligt ist. Wenn ich vo)i Phagocytoblast als von einem Ganzen rede, so thue ich es deshalb, weil uns die Entwicklungsgeschichte lehrt, wie innig das Mesoderm oder mindestens ein grosser Theil davon mit dem Entoderm verbunden ist. Abgesehen von den an anderem Orte mitgetheilten Thatsachen aus der Embryologie der Spongien, will ich noch auf die Abstammungsgeschichte der amöboiden Meso- dermzellen bei Echinodermen, Pilidien u. a. hinweisen. Damit will ich freilich nicht behaupten, dass das Ektoderm aus der Production des Mesoderms ausgeschlossen sei. Es ist mir im Gegentheil sehr wahrscheinlich, dass auf früheren Stadien der genealogischen Ent- wicklung, als das Ektoderm seine ursprüngliche nahrungaüf- nehmende Function noch nicht eingebüsst hatte und als das Phagocytoblast bereits von ihm gebildet wurde, noch immer einzelne Ektodermzellen in's Innere eindrangen und mit übrigen Fresszellen (Phagocytenj sich vermischten. Durch diese hypo- thetische Annahme ist auch vielleicht die bei Halisarcaentwicklung wahrgenommene Thatsache , dass ein Theil der Mesodermzellen Untersuchungen über die intracelluläre Verdauung bei wirbellosen Thiereu. 25 aus Ektodermelementen der Larve herstammt, zu erklären. Auf der anderen Seite muss betont werden, dass es wahrscheinlich secundär auch andere Bildungsstätten des Mesoderms waren, als die Fresszellen des Ektoderms und des Phagocytoblastes und dass dabei auch wohl Muskelzellen, Geschlechtszellen u. a. eine Rolle mitspielten. Man muss nur beachten, dass das, was wir als Mesoderm bezeichnen, etwas sehr Heterogenes darstellt, was sich zu verschiedenen Perioden, in verschiedener Weise und aus dilFe- renten Quellen bildete und erst verhältnissmässig sehr spät ein als Keimblatt aufgetretenes Ganze repräsentirte. In dieser Be- ziehung stimme ich mit Balfouri) und den Gebrüdern Hert- wig-) überein, auf deren Darstellungen ich auch nunmehr ver- weise. Wenn ich trotzdem vom Mesoderm als von einem nahrung- aufnehmenden Zellencomplexe redete und überhaupt diese Function in den Vordergrund stellte, so geschah es deshalb, weil ich den ursprünglichsten und wichtigsten Theil des Mesoderms vor Augen hatte. Die Genealogie des ganzen Mesoderms sämmtlicher Meta- zoen aufzuklären, scheint mir zur Zeit noch kaum möglich; jeden- falls bin ich der Ueberzeugang , dass diese schwierige Frage auf dem ausschliesslich morphologisch -histolooischen Standpunkte, auf den sich die Gebrüder Hertwig in ihrer ..Coelomtheorie" gestellt haben, nicht zu lösen ist. Die oben mitgetheilten Thatsachen haben uns gezeigt, dass die intracelluläre Nahrungsaufnahme und Verdauung auch eine schützende Rolle gegen die schädlichen Körper, die sich im Organismus bilden oder in denselben von aussen gelangen, über- nehmen 3) und da es wohl anzunehmen ist, dass die krankheit- erregenden niederen Organismen (Bacterien , Chytridien , Ento- mophtoren und viele andere Parasiten) eine sehr alte Plage auf der Welt sind , so können vielleicht manche bisher in ihrer Be- deutung unbekannte Organe und Vorrichtungen ihre Erklärung finden. Ich erinnere hier an das oben über die Nematocalyces der Plumularien und über die sonst so eigenthümlich erscheinende Tunica der Ascidien Mitgetheilte. Es ist aber klar, dass mit den ') Handbuch der vergleich. Embryologie. Deutsche Ut-bers. 1881, Bd. II, p. 310 ff. -) Die Actinien. Jenaische Zeitschrift. 1879. Vol. XIV. ") Auf diese Weise ist vielleicht die neuerdings voq Buchner (Die ätio- logische Therapie und Prophylaxis der Lungentuberculose , München 1833 , p. 11 und 21) betonte Selbstheilung und die Wirkung der Entzündung auf Bacterien zu erklären. (1G5) ■^Q Dr. Elias Metschnikoff: angeführten Fällen die Reihe solcher prophylactischen Organe noch lange nicht erschöpft wird. Als Beweis will ich noch folgendes Beispiel anführen. An der Innenfläche der contractilen Wandung des Excretionsorganes von Carinaria hat man kleine „körnchen- haltige" Zellen beobachtet, in denen man eine der bei Gastero- poden bekannten ähnliche Nierenbildung vermuthete. Nach meinen Untersuchungen stellt es sich aber heraus, dass diese Körnchen nicht etwa in den Zellen gebildete Concremente , sondern von amöboiden Zellen aufgenommene Fremdkörper sind. Wenn man zum Wasser , in welchem Carinarien leben , etwas Karmin- oder Indigopulver zusetzt, so findet man bald darauf eine grosse Anzahl Farbstoft'körnchen im Innern der körnerhaltigen Zellen wieder. Da das Excretionsorgan von Carinaria Wasser in die Pericardial- höhle einpumpt, welches unmittelbar aus dem Meere herstammt, und mancherlei Dinge mit sich in den Organismus des Heteropoden einschleppen könnte, so sind Fresszellen beim Eingange da, um die hereinfallenden Fremdkörper aufzuhalten. Die in letzten Jahren gemachten grossen Fortschritte auf dem Gebiete der Pathologie werden gewiss auch manche Früchte im Bereiche der reinen Zoologie bringen , wie auf der anderen Seite die letztere, die sich ganz auf evolutionistischen Standpunkt gestellt hat, ihrerseits beitragen wird, die Probleme der Medicin auf vergleichend-pathologischem AVege zu lösen. Riva, den 22. Mai 188.5. Untersucbiingen über die intracelluläre Verdauung bei wirbellosen Thieren. 27 Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Ein Nematocalyx von Plnmularia spec. aus Messina am drittea Tage des Auienthaltes im Versuchsglase. Vergrösserung Ocul. 3 + System 7 von Har tnack. Fig. 2. Ein Nematocalyx derselben Plumulariaart , im Begriffe, den Inhalt eines abgestorbenen Polypenköpfchens aufzufressen. 2+7. Fig. 3. Zwei Nematocalyces derselben Art mit Karminkörnchen gefuttert. 2+ 7. Fig. 4. Ein Karmin aufgefressenes Nematocalyx von Plumularia setacea. 2 + 7. Fig. 5. Eine Larve von Bunodes sabelloides mit fremden Körpern im Ekto- von der Oberfläche gesehen. 4 + 4. Fig. 6. Eine andere solche Larve im optischen Längsschnitte. 4+4. Fig. 7. Eine Larve derselben Actinie mit Karminkörnchem im Ektoderm. 4 + 4. ' ' Drei Ektodermzellen einer Bnnodeslarve mit eingeschlossenen Fremd- körpern. 4 + 9. derm, Fig. 9. Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18 Fig. 19. Fig. 20. Fig 21. Fig. 22. Fig. 23. Fig. 24. Fig. 25. Fig. 26. Fig. 27. Fig. 28. Fig. 29. Fig. 30. Fig. 31. Fig. 32. Fig. 33. Fig. 34. Fig. 35. Fig. 36. Karminhaltige Ektodermzellen einer Biinodeslarve. Zwei amöboide Mesodermzellen einer Auricalaria nach Behandlung mit Osmiurasäure 3 + 9. Zwei Diatomeen enthaltende Mesodermzelle,n einer anderen Auri- cularia. 3 + 8. Eine Wandei'zelle aus einer sich verwandeiaden Auricularia, im Begriffe , ein Detrituskügelchen zu verschlingen und zu verdauen. 3 + 9. Drei Zustände einer anderen solchen Zelle, a = ein Detritus- kügelchen. Zwei Formzustände einer Nesselkapsel-haltigen Mesodermzelle von Bipinnaria asterigera. 3 + 8. Ein Stück eines Bipinnariaarmes. 3 + 7. Zwei Mesodermzellen aus einer fast vollständig verwandelten Bipinnaria asterigera. 3 + 9. I Drei Mesodermzellen einer Bipinnaria asterigera zwei Tage nach I dem Einspritzen der Ziegenmilch. 3 + 9. \ Drei Mesodermzellen einer Bipinnaria asterigera 19 Stunden nach \ dem Einspritzen eines Tropfen menschlichen Blutes, c = frei ) liegende Blutkörperchen. 3 + 9. Ein Mesodermplasmodiam von Bipinnaria asterigera, welches sich zwanzig Stunden nach dem Einspritzen des Blutes unter die Haut der Bipinnaria gebildet hat. 3 + 7. Fig. 37. Ein anderes Mesodermplasmodiam ans derselben Bipinnaria nach Behandlung mit Picroschwefelsäure, Alkohol, Boi'axkarmin und Bergamotöl. 3 + 9. Fig. 38. Eine Wanderzelle von Bipinnaria asterigera, welche ein Karmin-, ein Stärkekörnchen und eine Anzahl Bacterien aufgefressen hat. 3 + 9. Fig. 39. 1 Zwei Wanderzellen von Bip. aster. am folgenden Tage nach dem Ein- Fig. 40. 1 spritzen des bacterienhaltigen Wassers unter die Haut der Larve. 3+9. (167; 28 Dr.E.Metschnikoff: Unters, üb. d. intrac. Verdauung b. wirbellos. Thieren. Fig. 41. Mesodermzellen einer Bipinnaria asterigera, zwanzig Stunden nach der Einführung einer mit Indigo- und Karminkörnchen gefüllten Glasröhre. Die letztere ist einige Stunden vor der Abzeichnung herausgefallen. Im Centrum des Zellenhaufens befinden sich einige in die Larve eingedrungene Staubpartikeln. 3 + 4. Fig. 42. I Fig. 43. I Vier Fremdkörperchen enthaltende Mesodermzellen aus einer jungen Fig. 44. ( Calianira bialata. n = Nucleus. Fig. 45. > Fig. 46. \ „. .« I Drei Mesodermzellen aas einer jungen Beroe, welches am vorher- „. ' ,o I gehenden Tage mit Karmin gefüttert wurde. 3 + 8. Fig. 49. ] Zwei Fremdkörper enthaltende Mesodermzellen aus einem grossen Fig. 50. I Pilidiam von Messioa. 3 + 9. Fig. 51. Eine Fremdkörperchen aufgenommene Mesodermzelle der Echiurus- larve. 3 + 9. Fig. 52. 1 Zwei ähnliche Zellen aus dem Mesoderm einer Pneumodermonlarve. Fig. 53. i n = Nucleus. 3 + 9. I Drei bacterienbaltige Tunicazellen von Botryllus. < =; frei schwim- J mende Spirocbaete. 4 + 9. Fig. 54. Fig. 55. Fig. 56. I Zwei Mesodermzellen von Phyllirhoe, welche Milchkügelcheu, Indigo-, ]^' '■ Karmin- und Stärkekörnchen aufgefressen haben. Achtzehn Stunden '^' ■ ' nach dem Einspritzen des Gemisches unter die Haut. 3 + 9. Fig. 59. Eine grosse Wanderzelle aus dem Schleimgewebe von Phyllirhoe. 3+9. "■ ■ Zwei kleine Wanderzellen von Phvllirhoe. 3 + 9. Fig. 61. I Fig. 62. Eine grosse Wanderzelle desselben Thieres. 3+9. '^' ■ ■ Zwei bacterienhaltige Zellen derselben Art. 3+9. Fig. 64. ' Fig. 65. 1 Zwei Wanderzellen derselben Art, welche Zoospermien aufgenommen Fig. 66. J haben. 3 + 9. Fig. 67. Ein gekochtes Ei von Sphaerechinus. von Phagocyten der Phyllirhoe umgeben. 3 + 7. Fig. 68. Bildung der Riesenzelle bei Phyllirhoe. 3 + 7. Fig, 69— 76. Wanderzellen von Phyllirhoe, welche Blutkörperchen von Disco- glossus aufgefressen haben. 3 + 9. Fig 77. Eine Erbsenzelle von Phagocyten der Phyllirhoe umwachsen. 3 + 7. Essigsänrepräparat. Fig. 78. Ansammlung von Wanderzellen nra ein Glasröhrchen im Mantel der Ascidia intestinalis. Natürliche Grösse. Fig. 79. Querschnitt durch ein entzündetes Tetbysohr. Fig. 80. Ein Zellenpacket aus einem Infiltrate von Tethys. 3 + 9. Fig. 81. Das Ende eines abgenutzten Bipinnariaarmes. 3 + 7. (168) Die Ephyren von Ootylorhiza und Rhizostoma nnd ihre Entwicklung zu uchtarmigeu Meilnsen. Vou C. Claus. (Mit 2 Tafeln.) Schon vor mehreren Decennien haben sich verschiedene Forscher bemüht, die Entwicklung der mediterranen Co ty lorhiza tuber- culata (Cephea Wagneri, Gas siop e a borb onica) vom Ei an bis zur Ephyra zu verfolgen, leider jedoch mit nur unvoll- ständigem Erfolge. Die meisten >) gelangten nicht einmal über das achtarmige Scyphostoraastadium hinaus, nur G-egenbaur^) gelang es, das sechzehnarmige Scyphostomastadium zu erziehen, ohne dasselbe freilich zur Strobilation und Ephyren - Abstossung bringen zu können. Soviel Hess sich jedoch aus diesen Beob- achtungen wohl mit Sicherheit ableiten, dass Ootylorhiza keine directe Entwicklung nach Art der Pelagia, sondern einen Strobila- zustand durchläuft, dessen Besonderheiten noch näher zu ermitteln waren. Denn wenn auch die bisher bekannt gewordenen Strobilen von Aurelia, Cyanea, Chrysaoradie gleiche Formgestaltung so sehr wiederholen, dass man dieselben ohne genaue Untersuchung der Gewebe kaum zu unterscheiden vermag , so liegt es a priori keineswegs ausgeschlossen, dass nicht von jenen abweichend gestaltete Strobilen existiren, zumal in dem merkwürdigen Stepha- noscyphus mirabilis ein mit Scyphostomen vergleichbarer ^) Yergl. Ecker, Ueber die Entwicklung einer Sclieibenqualle (Cephea Wagneri). Bericht über die Verhandlungen der natnrforsch. Gesellschaft in Basel,. Tom. VIII, 1849. W. Busch, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklung einiger wirbelloser Thiere Berlin 1851. A. v. Frantzius, Ueber die Jungen der Cephea. Zeitschrift für wissensch. Zoologie 1853, Tom. IV. ■^) C. Gegenbaur, Zur Lehre des Generationswechsels und der Fortpflanzung der Medusen und Polypen. Würzburg 1854. (169) 2 C. Claus: Polyp bekannt geworden ist, der mit Rücksicht auf die vier Gastral- wülste geradezu als eine Acalepbenamme beurtheilt werden konnte. Nicht besser steht es mit unserer Kenntniss der Rhizo sto ma-Ent- wicklung, über welche die vonNoshin^} und A. Ko wale vski -) gegebenen Mittheilungen noch nicht einmal die Frage entschieden haben, ob ein Strobilationsvorgang besteht oder nicht. Unter so bewandten Verhältnissen war mir die Angabe im zoologischen Jahresbericht sehr interessant, nach welcher es jüngst Gr. DuPlessis^) gelungen sein sollte, auch für Cotylorhiza den für die meisten Acalephen charakteristischen Generations- wechsel nachzuweisen. Indessen ersah ich aus der bezüglichen Mittheilung von Du Plessis, dass auch dieser Beobachter that- sächlich nicht über die Zucht der Scyphostomen hinausgekommen war, und dass die vermeintlicheBeweisführung nur auf sehr gewagten Reflexionen beruht. In Wahrheit hat D u P 1 e s s i s den Strobilations- vorgang gar nicht verfolgt, vielmehr die in den Aquarien der zoo- logischen Station (Neapel) angetroffenen Strobilen ohne genügende Gründe auf Cotylorhiza bezogen. Ueberdies wurden dieselben weder näher beschrieben, noch abgebildet, die von denselben abge- stossenen Ephyren aber so unzureichend dargestellt, dass die bestehende Lücke zur Zeit als noch unausgefüllt zu betrachten ist. Aus der Uebereinstimmung, welche die Eph^^ra mit der adulten Cotylorhiza (Cassiopea) in der Färbung zeigt, lässt sich selbstverständlich ebensowenig ein Anhaltspunkt zur Bestimmung der Zugehörigkeit ableiten, als etwa eine allgemeine Aehnlichkeit der Ephyra mit der adulten Cassiopea in demselben Sinne verwerthet werden kann. Eine solche Aehnlichkeit ist zudem nicht einmal vor- handen oder doch nur eine so ganz entfernte, dass das Gleiche auch von jeder anderen Ephyra gelten müsste. Sollte die von Du Plessis ^) beschriebene Ephyra wirklich zu Cotylorhiza gehören , so ist, wie wir sehen werden, die von diesem Autor gegebene Beschrei- *) N. Noshin, Bulletin Acad. Imper. Petersbourg, Tom. VIII, 1866. *) A. Kowalevski, Untersuchungen über die Entwicklaug der Coelenteraten. Mit 8 Tafeln. Nachr. der Gesellsch. der Freunde der Naturerkenntaiss etc. Moskau 1873. (Russisch.) '■^) G. Du Plessis, Remarques sur les Metamorphoses de la Cassiopee bourbonniere (Cassiopea borbonica Dell. Ch ) faites ä la Station zoologique de Naples. Bull. Soc. Vand. Sc. nat. Lausanne Tom. XVII. Nr. 86. '') Du Plessis 1. c. pag. 638. „Du reste, ce jeunes Meduses ressemblent deja beaucoup ä la Cassiopee adulte. Elles en dififerent seulement par une bouche quadrangulee, quatre bras simples (au lieu de huit tres ramifies) et sans snpoirs et les bords de l'ombrelle beaucoup plus ^chancres par de profondes decoupures. (170) Die Ephyien von Cotylorbiza und Rhizostoma etc. 3 bung eine recht oberflächliche, denn es ist weder von intermediären . Gefässen die Rede, noch wird der sofort in die Augen springenden, die Färbung und Zeichnung bedingenden Eigenthüralichkeit, der Füllung des Entoderms mit Zoochlorellen, auch nur Erwähnung gethan. Da es mir trotz vielfacher Bemühungen bislang nicht gelang, geschlechtsreife Cotylorhizen zur Zeit der Eierlage zu erhalten und somit Ephyren zu ziehen, so versuchte ich auf einem anderen Wege, mittelst pelagischen Fanges, in den Besitz derselben zu gelangen. Schon seit mehreren Jahren wurden regelmässig besonders häufig im August Larven von Rhizostoma und Cotylorhiza gefangen, die freilich schon in Stadien mehr odeV minder vorgeschrittener Entwicklung begriffen , leicht als jenen beiden Gattungen zugehörig zu bestimmen waren. Ich konnte daher schon früher eine ziemlich eingehende Darstellung über die Metamorphose der bereits mit intermediären Randlappen, gabel- spaltigen Mundarmen und Anlagen des Gefässnetzes versehenen Larven bis zur ausgeprägten Rhizo stoma- und Cotylorhiza- form vorlegen, i) Dagegen waren die Ephyren nicht zu erhalten und somit blieb ein wichtiger Theil der Umwandlung, nämlich der Ephyren in die vierarmige und dieser in die achtarmige Form unbekannt. Es waren somit noch die Umstände zu eruiren, durch welche die so bedeutende Abweichung der Rhizostomie vorbereitet und bedingt wird. Erst im diesjährigen Sommer gelang es unserem überaus eifrigen und geschickten Marinar Kos sei am 14., 17. und 18. Juli auf grössere Schwärme von Cotylorhizalarven zu stossen, in welchen alle seither vergeblich gesuchten Jugendzustände ent- halten waren. Die Schwärme waren, wie mir Dr. E. Graeffe mittheilt, mit Massen von Seegras und mit Hydroidstöckchen besetzten Sargassum in der Mitte des Triester Golfes zwischen Barcola und dem Leuchthurm zusammengetrieben und dürften wohl von heftigen Strömungen aus südlichen Theilen der Adria heraufgetragen worden sein. Nunmehr zeigte es sich^ dass dieselbe Ephyra von mir schon früher einmal vereinzelt beobachtet und nach der Beschaffenheit des mit Algenzellen erfüllten Entoderms ganz richtig als wahrscheinlich zu Cotylorhiza ^) gehörig bestimmt *) C. Claus, Untersuchungen über Organisation und Entwicklung der Medusen. Mit 20 Tafeln. Prag und Leipzig, pag. 43 — 56. ^) C. Claus 1, c. pag. 54. (171) 4 C. Clans: worden war. Absolute Sicherheit konnte natürlich erst durch den Nachweis der Zwischenglieder zur unzweifelhaften Cotylorhiza, welche nunmehr mit dem Funde des Schwarmes in allen Uebergängen vorlagen, gewonnen werden. Der Umstand, dass der Entodermbelag der Grastralcavität und Gefässcanäle der jugend- lichen Ephyra wenn auch noch unvollständig mit Zoochlorellen gefüllt war, dürfte wohl darauf hinweisen, dass schon die älteren Scyphostomen, sowie die Strobilastadien jene Pflanzenzellen in reicher Menge enthalten und an bestimmten Oertlichkeiten unter Bedingungen gross werden, welche für die Zufuhr jener Organismen besonders günstig sind. Vielleicht ist hierin auch der Grund zu suchen, weshalb es bisher nicht gelang, die aufgezogenen Scypho- stomen zur Strobilisirung zu bringen. Die jüngste Ephyra der mediterranen und adriatischen Coty- lorhiza (Fig. 1) ist eine relativ grosse Form von etwa l\/2 bis 2 Mm. Durchmesser mit acht langen schlanken Lappen , deren Spaltstücke oder Ocularlappen eher abgerundet als zugespitzt er- scheinen. In Form und innerem Bau theilt sie alle Eigenschaften mit den bisher bekannten Ephyren der semaeostomeen Schirm- quallen unter Ausschluss der E p h y r o p s i d e n , deren Ephyren, wie ich kürzlich nachgewiesen habe, sowohl in der Gestaltung des Gastralraumes als in der Scheibenform bedeutende Abweichungen zeigen (Vergl. Claus 1. c. Taf. VII, Fig. 48). Ihrer Erscheinung nach steht unsere Form zwischen den näher beschriebenen Ephyren von Aurelia und Chrysaora, unterscheidet sich jedoch von beiden durch mehrere jenen fehlende Eigenthümlichkeiten, an denen sie sofort zu erkennen und zu bestimmen ist. Am meisten in das Auge springen die zahlreichen gelblich braunen Algenzellen, welche im Gastralraum theils frei flottiren, theils vornehmlich in den E-adialcanälen, vom Entoderm bereits aufgenommen, die eigenthüm- liche Färbung bedingen und durch ihre besondere Anhäufung in der Seitenbegrenzung der radialen Canäle an jedem der Stammlappen zwei Streifen erzeugen. Ich habe unter hunderten von Ephyren kein Exemplar angetroifen. an welchem dieses Merkmal nicht prägnant hervorgetreten wäre und glaube daher auch , dass diese pflanzlichen Eindringlinge für das Leben der Cotylorhiza über- haupt eine grosse, vielleicht nothwendige Rolle spielen. Ich werde noch später auf die Pflanzenzellen näher zurückkommen. Ein anderes minder auffallendes und nur bei sorgfältiger Untersuchung bemerk- bares Kennzeichen beruht auf dem Vorhandensein zahlreicher spindel- förmiger Krystalle im terminalen Abschnitt der Ocularlappen. (172) Die Ephyren von Cotylorhiza und Rhizostoma etc. 5 Diese Krystalle erinnern an die chromgelben Krystalle im Ekto- derm der Nausithoe, sind aber farblos und umsäumen auch nicht den ganzen Lappenrand, sondern liegen an der Fläche des Lappens gehäuft. Dieselben entstehen ebenfalls einzeln inEktoderra- zellen. (Fig. 2, a, b.) Am Gefässapparat fällt die Grösse der radialen Intermediärgefässe auf, die zwar noch ganz von dem Radialmuskel bedeckt werden, deren Grenzen jedoch schon wegen der Farbe des Inhaltes leicht erkannt werden. An der A u r e 1 i e n - Ephyra treten diese Gefässe kaum als Ausbuchtungen hervor, während sie an der von Chrysaora die gleiche ansehnliche Entwicklung zeigen. Gleichwohl ist diese Larve nicht mit der unseren zu verwechseln, denn sie ist sofort kenntlich an dem äussern und Innern Kranze grosser exumbraler Nesselwülste und an den Rudimenten der vier primären Gastralfilamente, welche in unseren Larven schon eine recht ansehnliche Grösse erlangt haben. Das Mundrohr zeichnet sich bereits durch die Stärke seiner AVand und Dicke der Gallerte aus und entbehrt noch der vier Arme, so dass auch die Ephyra von Cotylorhiza als Cannostome im Sinne H a e c k e l's zu bezeichnen sein würde. Mit dem allmäligen Wachsthum gewinnt nun die Umbrellar- scheibe der Larve, im Vergleich zu den acht Lappenstämmen, eine immer grössere Ausdehnung, mit anderen Worteü, die distale Ausdehnung der Interradien schreitet rascher als die der Radien vor. Schon an Ephyren, welche den Durchmesser von 2 Mm. nur um Weniges überschreiten (Fig. 3), erscheint das Verhältniss zwischen der Länge der Lappenstämme und dem Radius der Um- brellarscheibe zu Gunsten des letzteren merklich verändert. Während dasselbe in den jüngsten Ephyren etwa dem von 1 1/2 : 1 entspricht, hat der Halbmesser der Scheibe jetzt schon die Länge der acht Lappenstämme erreicht. Wir können diese Larvenform wohl schon als zweites Ephyrastadium betrachten, weil am oralen Theil des Mundrohres Neubildungen aufgetreten sind, welche für die Ent- wicklung der Rhizostomie von grösster Bedeutung erscheinen und im Verein mit der bereits hervorgehobenen Stärke der Wandung die so abweichende Gestaltung der Mundarme vorbereiten. Es sind nämlich am freien Saume des Mundrohres kurze Tentakelchen hervor- gewachsen, noch bevor von dem Vorhandensein ausgesprochener Mundarme die Rede sein könnte. (Fig. 4 a, b, c.) Die Zahl der Filamente hat sich jetzt verdoppelt. Am Gefässapparat ist noch keine wesentliche Veränderung bemerkbar, wenn auch bereits an den Radialcanälen seitliche Ausbuchtungen auftreten, welche die Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. V, Heft 2. 13 ^73» 6 C. Claus: Verbindung mit den Intermediärcanälen zur Herstellung des Ring- canals anstreben. In einem wesentlich veränderten Formzustand erscheinen die Larven von etwa 2V2— 3 Mm. Durchmesser, indem in den Inter- radien, welche die halbe Länge der Radien bereits merklich über- treffen, kurze zugespitzte Velarlappen hervortreten. Diese Stadien (Fig. 5 und 6) besitzen bereits einen geschlossenen Ring- eana 1, zu dessen Bildung sich die Ausläufer der Radiärgefässe mit den intermediären vereinigt haben, ferner vier wohlausgeprägte mit Tentakeln besetzte Mundarme. Dieselben repräsentiren das Stadium der Floresca. Immerhin zeigen schon jetzt die Mund- arme, abgesehen von der Tentakelumsäumung an ihrem lang- gezogenen Distalrande — durch zwei seitliche distalwärts gabelig divergirende Falten, eine die späteren Armpaare vorbereitende Complication (Fig. 6). Die Zahl der Filamente ist auf 3—4 in jedem Radius gestiegen und die Füllung des Entoderms mit pflanzlichen Zellen im Vergleich zu den jüngeren Larven eine ungleich dichtere. Für das Aussehen der Randkörper (Fig. 7) erscheint die strangförmige Zusammenziehung des Gefässcanals, sowie eine dorsale Anschwellung oberhalb des Otolithensackes bemerkenswerth. Mit dem fortschreitenden Wachsthum nehmen die anfangs kleinen und schmalen Velarläppchen an Umfang allmälig zu (Fig. 8, 9), während gleichzeitig die Peripherie der Intermediär- felder auf Kosten der in die Substanz der Scheibe übergeführten Stammlappen vorwächst, und die Velarläppchen mehr und mehr in die Zone der alternirenden Ocularlappen vorzurücken scheinen. Mit diesen Veränderungen verliert die Larve allmälig den Charakter der Ephyra zu Gunsten der durch einen Kranz von Randlappen bezeichneten jugendlichen Acalephehform. Die 16 Felder der G-efässlamelle werden gleichzeitig durch Gef ässfortsätze , welche sich miteinander verbinden, in eine grössere Zahl von Inselchen zerlegt. Zunächst entsteht regel- mässig zwischen dem Radialcanal und Intermediärgefäss ein diesen parallel gerichtetes schmales Pararadialgefäss, so dass nunmehr 32 gestreckt ovale Felder vorhanden sind (Fig. 8). Diese werden dann ziemlich unregelmässig von queren Gefässausläufern durch- brochen (Fig. 9) und schon in 4 Mm. breiten Larven bereitet sich die nun rasch vorschreitende Entwicklung unregelmässig radialer Felderreihen vor. Die Filamente sind jetzt bereits zu kleinen knäuelförmigen Gruppen vermehrt, und die Mundarme haben durch. Die Ephj'ren von Cotylorhiza und Rhizostoma etc, 7 Vergrösserung der sich bereits zusammenlegenden Armspreiten und Neubildungen von Tentakeln an ihren divergirenden Terminal- hälften eine Form gewonnen, an welcher die Anlage der Armpaare unverkennbar hervortritt. (Fig. 10.) Nun macht auch die Compli- cation des Gefässnetzes rasche Fortschritte. Larven von 4Vo — 5 Mm. Durchmesser mit bereits vier am Ende gespaltenen Armpaaren repräsentiren das Stadium , welches ich vor Kurzem i) als die damals mir bekannte jüngste Cotylorhizalarve näher be- schrieben und abgebildet habe. Das in dem früheren Alter wohl ausgeprägte Ringgefäss erscheint bereits jetzt in dem Masse undeutlich und verwischt, dass man dasselbe ohne Bekannt- schaft mit den jüngeren Larven als überhaupt unterdrückt be- trachten und zu der Ansicht gelangen könnte, als sei für das so engmaschige Gefässnetz der Cotylorhiza ein ganz anderer Bildungs- modus als bei Rhizostoma und den Aureliden massgebend. An Larven von 7 Mm. Durchmesser erscheint bereits die Felderung der Entodermplatte so eng und dicht und der mehrfach aus- gebuchtete Rand des Gefässnetzes peripherisch so weit vorgerückt, dass der Gattungs- und Familiencharakter erkennbar ist (Fig. 11). Die weitere Metamorphose der Larve, mit Rücksicht auf die Gesammtform der Scheibe, der Randlappen und Gestaltung des Armapparates habe ich in dem bezeichneten Werke näher dar- gestellt und erlaube mir nur an diesem Orte besonders auf die Entwicklung der Nesselkolben hinzuweisen , die zugleich eine wichtige Beziehung haben zur Herstellung von Verlöthungsstellen im Verlaufe der sich mächtig vergrössernden und secundäre Trichterfalten bildenden Mundarme. Im Allgemeinen also ergibt sich, und Gleiches dürfte auch bei Rhizostoma und allen Rhizostomeen wiederkehren, dass das frühzeitige Auftreten der Mundtentakeln schon im Canno- stomenstadium der primäre, die Wurzelmündigkeit ein- leitende Vorgang ist, dem dann die eigenthümliche Gestalt der vier hervorwachsenden Arme mit ihrem ausgedehnten Distalrand und zunächst paarigen Faltungen der Armspreiten folgt. Von diesen Zu- ständen an beruht die Entwicklung der Rhizostomie im Wesent- lichen auf einer fortgesetzten Faltung der Armfläche und des mit Tentakelchen besetzten Randsaumes derselben, wie ich dieselbe früher eingehend beschrieben habe. (C. Claus 1. c. pag. 52 etc.) ') C. Claus 1. c. pag. 53, Fig. 106, 107. Die Durchschnittsgrösse ist hier durch ein Versehen zu gering angegeben und beträgt nicht 3 Mm., sondern 5 Mm. 13 * (175) 8 C. Claus: Was die gelbbraunen Körper anbetrifft, welche sich in grosser Menge im Entoderm der Cotylorhizalarven finden, so gehören die- selben unzweifelhaft in die Kategorie der in so zahlreichen niederen Organismen symbiotisch vegetirenden Pflanzenzellen, welche zuerst von Cienkowski i) als solche erkannt, später von K. Brandt 2) als Zoochlorellen und Zooxant hellen unter- schieden wurden. Bei Cotylorhiza sind dieselben vor einigen Jahren von Hamann 3) aufgefunden, jedoch irrthümlich als ein- zellige Drüsen mit schwer erkennbarer Oeffnung gedeutet worden, bis kurze Zeit später zuerst Patrick G-eddes*) ihre wahre Natur nachwies. Diese Chlorophyllkörper liegen hie und da vereinzelt, meist jedoch gruppenweise in den Zellen des Entoderms und springen als kuglige oder traubige Ballen in die Gallerte vor. Wahrscheinlich sind diese als Producte fortgesetzter Theilung aus einer einzigen Zelle entstanden und trifft man in der That alle Uebergänge bis zur Zweitheilung der Zelle an (Fig. IIa). Völlig aus dem Entodermverbande gelöst sah ich die Zooxanthellen nie, obwohl es an sich nicht unwahrscheinlich ist, dass dieselben mit den in die Gallerte einwandernden Entodermzellen in jene über- geführt werden könnten. Vielleicht erklärt sich mit Hilfe dieser Annahme auch das freie Vorkommen der kugligen Haufen gelb- brauner Zellen, welche jüngst C. Keller^) in der Gallerte seiner Cassiopea polypoides beschrieben und sicherlich mit Unrecht als besondere Zellform des Mesoderms gedeutet hat. Die Art, wie die chlorophyllhaltigen Algenzellen , welche auch sehr zahlreich frei im Gastrovascularraum flottiren, in das Entoderm gelangen, dürfte Angesichts der nunmehr auch für die Entodermzellen der Medusen nachgewiesenen Fähigkeit amöboider Bewegungen ohne Schwierigkeit zu erklären sein. Man könnte freilich an active Einwanderung seitens der Algenzellen denken, die auch im Zustande des Schwärmens bekannt geworden sind, *) Cienkowski, Ueber Schwärmerbildung bei Radiolarien. Archiv für mikrosk. Anatomie 1871. ^) K. Brandt, Ueber das Zusammenleben von Algea und Thieren. Biologisches Centralblatt 1881, Nr. 17, ferner Geza Entz, ebendas. 1882, Nr. 21. ^) 0. Hamann, Die Muudarme der Rhizostomeen. Jenaische naturw. Zeitschr. Tom. XV, 1881. Neuerdings hat dieser Autor den Irrthum seiner Deutung erkannt und dieselbe zurückgenommen. *) Patrick Ged des, On the Nature and Functions of the „Yellow Cells" of Raäiolarians and Coelenterates. Proceedings of the Roy. Soc. of Edinbg. 1882. °) C. Keller, Untersuchuugeu über neue Medusen aus dem rothen Meere. Zeitschr. für wissensch. Zoologie, Tom. XXXVIII, 1883. (I7(i) Die Ephyren von Cotylorhiza und Rhizostoma etc. 9 indessen reichen die so ausgeprägten, für die Aufnahnj.e körper- licher Elemente bedeutungsvollen amöboiden Bewegungen des Entoderms zur Erklärung der Einführung völlig aus. Vielleicht gelingt es auch, diesen Nachweis durch directe Beobachtung zu führen, und dürften hierzu besonders die Ephyrastadien geeignet sein, deren Gastralbekleidung von Zooxanthellen noch nicht über- füllt ist. Im späteren Alter ist die Erfüllung des Epithels besonders in den dichten Gefässramificationen eine so vollständige, dass man sich Mühe geben muss, wenigstens in diesem Abschnitt des Gastro- vascularapparates eine freie Entodermzelle zu finden. Auch die Arme und Trichterkrausen, ferner der Centralmagen und die Filamente enthalten die fremden Einmiethlinge in so dichter Füllung, dass man zu der Frage geführt wird, ob überhaupt noch eine selbst- ständige animalische Ernährung besteht und ob nicht die über- schüssigen, dem Entoderm zugeführten Assimilationsproducte der Zooxanthellen zur Erhaltung der Meduse ausreichen. Mit Rück- sicht auf diese Frage würden gewiss jüngere Cotylorhizen, die sich recht gut Monate lang in Aquarien halten, günstige Ver- suchsobjecte sein und wahrscheinlich die von K. Brandt i) durch Versuche mit Anthea cereus gewonnenen Ergebnisse im AVesentlichen bestätigen. Von Rhizostoma war ich bislang nicht so glücklich, die schon seit Jahren gesuchten jüngsten Ephyl-en aufzufinden. Da- gegen gelang es mir, eine 3^2 Mm. breite Jugendform anzutreffen, welche hinter dem bislaug bekannten und bereits beschriebenen Stadium merklich zurücksteht und durch die geringe Entwicklung der bereits gespaltenen Velarlappen erkennen lässt , dass die letzteren nicht wie bei Cotylorhiza und Aurelia als unpaare zungenförmige Läppchen , sondern wie bei Discomedusa in paariger Zahl hervorwachsen. Das Ringgefäss ist bereits vollständig geschlossen, dagegen sind die mit Tentakelchen reich besetzten Mundarme noch einfach und ungespalten (Fig. 12). Wahrschein- lich verhalten sich die vorausgehenden bisher nicht beobachteten Ephyren mit denen von Cotylorhiza übereinstimmend. *) K. Brandt, Ueber die morphologische und physiologische Bedeutung des Chlorophylls bei Thieren. Mittheilungen ans der zool. Station zu Neapel. IV. Band, Heft 2, 1883. 10 C. Claus: Die Ephyren von Cotylorüiza und Rhizostoma etc. Erklärung der Abbildungen, Fig. 1. Ephyra von Cotylorhiza tuberculata (Cephea "Wagneri, Cassiopea borbonica), von 1^/^ Mm. Breite. Die Zeichnung ist mit Hilfe der Hartnack'schen Camera und Reichert's Obj. II. entworfen. Die obere Hälfte der Figur ist etwas höher eingestellt, so dass die Radialmuskeln sowie der Kranzmnskel auf Kosten der Gefässcanäle mehr hervortreten. In der unteren Hälfte sind die Ge- fässcanäle eingestellt. Fig. 2. Endstück eines Ocularlappens mit den hellen Krystallen. Bei a fehlen die Zeüconturen ; bei b sind diese mit den eingelagerten Krystallen unter stärkerer Vergrösserung dargestellt. Fig. 3. Eine etwas ältere Ephyra von 2V4 Mm. Durchmesser, schwächer ver- grössert. Am Mundrohr treten schon Tentakeln auf. Ein Ringcanal ist noch nicht gebildet. Fig. 4. Mundrohr dieses Ephyrastadiums stärker vergrössert. a das orale Ende von der Fläche gesehen, b das Mundrohr in ganzer Länge dargestellt, c das Endstück eines anderen Exemplars von der Fläche gesehen, Mundarme der Anlage nach erkennbar. Fig. 5. Ephyra in einem weiter vorgeschrittenen Stadium von 27^ — 3 Mm. Breite, mit vorwachsenden Velarlappea und bereits geschlossenem Ringgefäss. Die 4 einfachen Mundarme sind entfernt, damit die Filamentgruppen hervortreten. Fig. 6. Zwei der vier noch einfachen Mundarme, stärker vergrössert. Fig. 7. Ein Randköfper dieses Stadiums, stark vergrössert. OS Otolithensack, A Anschwellung, GS Gefässstrang. Fig. 8. Ocularlappen mit den angrenzenden Velarlappen nebst zugehörigem Gefässabschnitt einer 3 Mm. breiten Larve. Ansser den Radiär- und Intermediär- Gefässen sind enge pararadiale Canäle vorhanden, welche die 16 Felder der Gefäss- lamelle der Länge nach theilen. Fig. 9. Derselbe Scheibenabschnitt nebst zugehörigem Filamentknäuel (GF) einer 4 Mm. breiten Larve. Fig. 10. Ein Armpaar derselben, stark vergrössert. Fig. 11. Gefässramificationen nebst Ocularlappen einer 7 Mm. breiten Larve. Fig. IIa. Zooxanthellen derselben, theilweise frei und in Theilung begriffen, einige von Entodermzellen umschlossen. Fig. 12. Rhizost omalarve von 3V2 M!m. Durchmesser mit noch einfachen ungetheilten Mundarmen und geschlossenem Gefässring. Paarige Velarlappen sind zwischen den Ocularlappen vorgewachsen. Morphologische Studien über den Harn- und Gesell lechtsapparat sowie die Leibeshöhle der Cephalopoden. Von Dr. Carl Grobben, Privatdocent an der Universität in Wien. Seit der Zeit, wo die in folgenden Blättern mitzutheilen- den Untersucliungen angestellt worden sind, ist ein Zeitraum von zwei Jahren verflossen. Wenn schon damals die hier zu behandeln- den anatomischen Verhältnisse zum Theile gut beschrieben waren, und somit in dieser Hinsicht nicht viel Neues hätte geboten werden können, so hat sich seither durch später veröffentlichte Untersu- chungen dieses Wenige noch verringert. Dies gilt in gleicher Weise für die Deutung und Zusammenordnung der anatomischen Befunde. Trotz dieser neueren Veröffentlichungen besteht jedoch noch immer in einigen Punkten grosse Unklarheit und eine unzureichende Kennt- niss, sowie manche Angabe und Auffassung, der ich nach meinen Untersuchungen nicht beipflichten kann, und so möge damit mein Entschluss seine Begründung finden, dass ich den durch den Titel bezeichneten Gegenstand nochmals einer Erörterung unterziehe, die auch mit Rücksicht auf die Beurtheilung, welche in neuerer Zeit in dieser Hinsicht die Mollusken erfahren haben, nicht über- flüssig sein dürfte, und welche zudem Veranlassung sein wird, die noch immer nicht klargestellten Verwandtschaftsbeziehungen der Cephalopoden zu besprechen. Eine solche Erörterung kann nicht ohne eine nochmalige Aufführung auch der bereits bekannten anatomischen Thatsachen geschehen, welche stets unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Literatur und Beifügung des Neugefundenen in kurzer, besonders 2 Dr. Carl Grobben : mit Rücksicht auf die anzuknüpfenden ßetrachtangen gegebener Darstellung diesen vorangehen sollen. Da es sich mir bei der Aufnahme der vorliegenden Unter- suchungen vor Allem um die Zusaramenordnung der anatomischen Thatsachen handelte, beschränkte ich meine Untersuchungen auf je einen Vertreter der Dekapodiden und Octopodiden, und zwar auf die mir in Triest, wo ich an der k, k. zoologischen Station die Untersuchung begann und von wo ich auch später mit dem nöthigen Untersuchungsmaterial versehen wurde, am leichtesten in grösserer Menge zugänglichen Sepia officinalis und Ele- done moschata, zwei Formen, welche, wie Brock's Erörterung zeigte, zugleich die Endglieder dieser beiden Dibranchiatenreihen repräsentiren. Die Darstellung ist in nachstehende Abschnitte getheilt : 1. Der Harn- und Geschlechtsapparat, die secundäre Leibes- höhle und der sog. Kiemenherzanhang von Sepia officinalis- 2. Der Harn- und Geschlechtsapparat, die secundäre Leibes- höhle und der sog. Kiemenherzanhang von Eledone moschata. 3. Vergleichende Darstellung derselben Organe von Nautilus. 4. Vergleichende Darstellung der secundären Leibeshöhle bei den übrigen Mollusken. 5. Die Morphologie und die Verwandtschaftsverhältnisse der Cephalopoden. 6. Sind die Mollusken „P^jeudocoelier" ? 1. Der Harn- und Geschlechtsapparat, die secundäre Leibeshöhle und der sogenannte Kiemenherzanhang von Sepia officinalis. Fast allgemein werden die Nieren der Cephalopoden im An- schlüsse an die in den berühmten Abhandlungen über Mollusken ge- machten Angaben Cuvier's') als Anhänge der Venen, weichein grosse Bauchfelltaschen hineinragen, dargestellt, und vermochten dieser Auffassung gegenüber andere richtigere Darstellungen des Sachverhaltes nicht durchzudringen. An der Richtigkeit der Cu vi er'schen Darstellung festhaltend, suchte Harless^) den so eigenthümlichen Bau der Cephalopoden- niere zu erklären. Nach Harless ist die Cephalopodenniere ') G. Cuvier, Memoires pour .servir ä l'histoire et ä Tanatomie des Mollus- ques. Paris 1817. 1. Memoire sur les Cepbalopodes et sur lenr anatomie. pag. 18. ^) E. Harless, Ueber die Nieren der Sepia oder die sogeuannten Venen- anhänge. Arch. f. Naturg. XIII. Bd. 1847. pag. 5 — 6. (180) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. i „einer umgestülpten Drüse zu vergleiclien, d. h. die secer- nirende Flücbe umgibt aussen die Gefässramificationen, denen das Secret seinen Ursprung verdankt, was bei den Nieren höherer Thiere gerade umgekehrt ist , wo ein im Inneren gelegener Aus- führungsgang, der Nierenkelch, nothwendig wird. " So sehr dieser Erklärungsversuch durch das Bestreben, in die unverständlichen Verhältnisse dieses Organes Klarheit zu bringen, ausgezeichnet ist, so konnte derselbe die richtige Lösung nicht treffen, zu deren Erlangung weitere Untersuchungen nöthig waren. Die richtige Auffassung der Cephalopodenniere finden wir bei H u X 1 e y ^), der die Venenunhänge sammt den sogenannten Bauch- felltaschen, in welchen dieselben liegen, der Heteropodenniere („contractile sac") vergleicht: „The Chambers of the venous appen- dages, then, in the Cephalopoda answer to a „contractile sac", in which the secreting power and the contractile faculty have become restricted and looalized in a portion of the organ." Ebenso vergleicht Hancock 2) die Harnkamraer mitsaramt den Venenanhängen der Nudibranchiatenniere. Dieselbe Auffassung scheint auch durch Gregenbaur^) ver- treten zu sein, wie aus dessen sehr gedrängter Darstellung zu ent- nehmen ist, welche lautet : „Die Wandflächen dieser Gefässe (Kiemengefässstämme) müssen aber, soweit sie in die Säcke ein- ragen, als der Wand der letzteren zugehörig betrachtet werden." Griesbach*) vergleicht, viel zu weit gehend, den Sack, in welchem die sogenannten Venenanhänge eingeschlossen liegen, der Vorhöhle des Bojanus'schen Organes der Muscheln. Endlich gebührt B obre tzky") das Verdienst, entwickelungs ■ geschichtlich nachgewiesen zu haben, dass die Niere jederseits sich als ein Sack anlegt, dessen Beziehungen zu den Venen erst secundäre sind. ^) Th. H. Hnxley, On the Morphology of the Cephalous Mollusca, as illu- strated by the Anatomy of certain Heteropoda aud Pteropoda collected during the Voyage of H. M. S. „Rattlesnake" in 1846-50. Phil. Transact. 1853. p. 62. ^) A. Hancock, On the Structure and Homologies of the Renal Organ iu the Nudibrancbiate Mollusca. Trans. Linn. Soc. vol. XXIV. 1864. ^) C. Gegenbaur, Grundriss der vergl. Anatomie. Leipzig 1874. pag. 376. *) H. A. Griesbach, Ueber den Bau des Bojanus'schen Organes der Teich- muschel. Arch. f. Naturgesch. 43. Jahrg. 1877. p. 100. °) N. W. Bobretzky, Untersuchungen über die Entwicklung der Cephalo- poden, Nachrichten d. kais. Gesellsch. der Freunde der Naturerkenntniss, d. Än- tbropol. u. Ethnographie bei der Universität Moskau. Bd. XXIV. Hft. I. Moskau, 1877 (russisch). Obige Angabe aus H. v. Ihering: Ueber die Verwandtschafts- (181) 4 Dr. Carl Grobben: Was die in neuerer Zeit erschienene Arbeit von VigeliusO anbelangt, welche das Excretionssystem der Cephalopoden als Gegenstand specieller Forschung behandelt, so sind die Angaben, welche in manch' anderer Beziehung eine Erweiterung unserer Kenntnisse bezeichnen, gerade rücksichtlich der Auffassung der Venenanhänge wenig klar, und die Bezeichnung der die letzteren enthaltenden Bauchfelltaschen als „Harnsäcke" ist mehr in Rück- sicht auf ihre Function gewählt, als dass damit ihre anatomische Zugehörigkeit zur Niere bezeichnet werden sollte. Dass die sogenannten Bauchfelltaschen, 'in welchen die Venen- anhänge eingeschlossen liegen, als integrirender Bestandtheil zur Niere gehören, geht ausser aus den bereits von Bobretzky gemachten Angaben über ihre Entwicklung auch aus dem anato- mischen, resp. histologischen Studium dieses Organ es hervor. Damit bin ich bei der Auseinandersetzung der eigenen Beobachtungen angelangt, der ich nur voranschicken will, dass ich diejenige Körperseite, welche die Schulpe trägt, als „obere", die entgegengesetzte als „untere", ferner das Kopfende als „vorn", die Körperspitze als „hinten" bezeichne. Ich halte bei der Beschrei- bung diese Bezeichnung für die zweckmässigste, da mit derselben die Ausdrücke „dorsal" und „ ventral" vermieden werden, die bei den Cephalopoden nach L eu ckart's Orientirung, welche ich für die vollkommen zutreffende ansehe , für andere Körperpartien in Verwendung kommen. Die Niere von Sepia (Taf. I, Fig. 1 und 3, ferner Taf. III, Fig. 27 N), die wir durch Vigelius genauer kennen lernten, besteht aus zwei symmetrisch gelagerten Säcken, welche an der Unterseite des Eingeweidesackes liegen, beim Männchen direct unter der Körperhaut, beim Weibchen von den accessorischen Drüsen des Genital apparates bedeckt. Die beiden Nierensäcke sind in der Mittellinie mit einander durch Querbrücken verbunden. Deshalb jedoch bei Sepia von nur einem Harnsack reden zu wollen, wie Vigelius thut, erscheint mir mit Rücksicht auf die geringe Breite der Verbindungsgänge, vor Allem aber in Hinsicht auf den entwicklungsgeschichtlichen Nachweis, sowie auf die auch von Vigelius als wahrscheinlich hingestellte phylogenetische Ent- beziehungen der Cephalopoden, Zeitschr. f. wiss. Zoolog. 35. Bd. 1881, pag. 6, ent- nommen. ') W. J. Vigelius, Ueber das Excretionssystem der Cephalopoden. Niederl. Arch. f. Zoolog. Bd. V. H. 2. 1880. (182) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 5 Wicklung nicht recht zulässig. Solche Verbindungsbrücken be- stehen bei Sepia zwei; eine schmale an dem hinteren medialen Nierensackwinkel, eine zweite, breitere, vorn. Die vordere Ver- bindung beider Nierensäcke bleibt aber nicht einfach, sondern ist, wie bereits Vigelius angibt, zu einem grossen Sacke (N^) aus- gebuchtet, welcher sich oberhalb der unteren Nierensäcke unter der Leber und der Schulpe weit nach hinten ausbreitet. (Vergl. die schematisch gehaltene Fig. 33 auf Taf. IIL) Dieser unpaare Nierensack besitzt eine ansehnliche Ausdehnung; er reicht nicht nur weiter nach hinten als die beiden unteren Nierensäcke, sondern ist gegen sein Hinterende auch breiter als diese letzteren. Jeder der unteren Nierensäcke mündet durch einen langen, rechts und links neben der Afterpapille gelegenen Ureter (U), dessen innere Wand längsgefaltet erscheint, nach aussen (Fig. 27). Die Wand der Nierensäcke zeigt sich verschieden entwickelt. In den unteren Nierensäcken bleibt die untere Wand, sowie auch ein grosser Theil der oberen glatt, ist nur stellenweise ein wenig gefältelt; dagegen sind die oberhalb der an der oberen Nierenwand ver- laufender Venen i) gelegenen Strecken der Nierensackwand viel- ! fach zu traubigen Gebilden (Na) aus-, respective eingebuchtet. Diese Faltungen sind die sog. Venenanhänge, die glatten Wand- theile dagegen stellen den bisher gewöhnlich als Bauchfell- tasche bezeichneten Theil des Harnorganes vor. Die Auffassung der glatten Nierenwand als Bauchfelltasche hat offenbar nur in der grossen Zartheit und dem festen Zusammenhang derselben mit der Körperhaut ihren Grund; in Folge beider Eigenschaften ist eine Trennung der Nierenwand von der Körperwand mit einiger Schwierigkeit verbunden und es erfolgt bei nur wenig auf- merksamer Präparation sehr leicht ein Einriss, in Folge dessen man sofort auf die sich vordrängenden Venenanhänge stösst. In dem oberen unpaaren Nierensacke finden sich der- artige Faltungen oberhalb der Venen an der unteren Wand in Fortsetzung der sog. Venenanhänge der beiden unteren Nieren- säcke (Fig. 33). Wir beobachten aber in dem unpaaren Nieren- sack noch weitere traubige Gebilde (Fig. 33 Ga— Gp), welche leb- haft an die eben genannten Venenanhänge erinnern, sich jedoch von diesen, wie auch Vigelius hervorhebt, durch eine gestrecktere Form und grössere Länge unterscheiden Genaueres Eingehen zeigt ferner, dass die sog. Venenanhänge auch viel mehr ein schwam- 1) Die Venen sind in der Abbildnng und Tafelerklärung näher bezeichnet. (183) Dr. Carl Grobben: miges Aussehen zeigen, was seinen Grrund darin hat, dass die Fältelung der Nierenwand oberhalb der Venen eine viel reichere nnd tiefergehende ist, während an der eben erwähnten zweiten Form von traubigen Anhängen die Wand nicht in so reicher Masse gefaltet erscheint. Diese zuletzt genannten Anhänge beginnen an der oberen Wand am vorderen Ende des unpaaren Harnsackes und laufen in zwei Reihen, sich alsbald an die untere Wand dieses Sackes begebend, an dieser bis zum Blindsack des Magens, den wir, gleich- wie den Magen, ebenfalls in dem unpaaren Harn sacke gelagert finden. Das Ueberwandern dieser Anhänge von der oberen an die untere Wand erfolgt an einer stark vorspringenden Falte, welche sich am vorderen Ende der oberen Wand des unpaaren Nierensackes in der Mittellinie erhebt, sich alsbald rechterseits wendet und an der den Communicationsraum zwischen oberer und unterer Nierenabtheilung begrenzenden Wand auf die Unter- seite des unpaaren Nierensackes gelangt. Mit Ausnahme der eben beschriebenen Faltungen bleiben alle übrigen Theile des unpaaren Nierensaekes glatt, sind höchstens stellenweise ein wenig ge- fältelt. Die eben beschriebenen traubigen Gebilde wurden bis jetzt ein- fach als Pancreas bezeichnet. Dies ist jedoch nur zum Theile richtig. Das Pancreas, wie die Ausstülpungen an den Gallengängen bei den Cephalopoden benannt werden, ist vielmehr in diesen traubigen Gebilden enthalten und bedingt auch die Form der letzteren : es liegt dasselbe jedoch, wie die Untersuchung zeigt und eine ein- fache Ueberlegung für selbstverständlich finden wird, nicht direct im Harnsacke, sondern blos in denselben hineingehängt , somit eigentlich ausserhalb desselben, d. h. überall von der es begleitenden Harnsackwand überzogen (vergl. Fig. 33). Demnach ist die Aehn- lichkeit mit den sogenannten Venenanhängen eine blos äusserliche, nicht durch dasselbe Moment, durch die Venenverzweigung, be- dingte, und nur die ähnliche Verzweigung der pancreatischen Anhänge des Gallenganges führt zu der grossen, -auch bereits oft hervorgehobenen Aehnlichkeit mit den sog. Venenanhängen. In gleicher Weise wie das Paucreas liegen der Magen (M) und der Blindsack desselben eigentlich ausserhalb des Harnsackes, d. h. noch vom Harnsackepithel überzogen und ragen blos in den Harn- sack hinein. Ich habe dieses Verhältniss deshalb so ausführlich besprochen, weil dasselbe einen Punkt betrilit, der zu den unklarsten in der Cephalopodenanatomie gehört, obgleich die aussen die Pancreas- a84j Morphologische Stadien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 7 anhänge bekleidenden Zellen, sowie die Uebereinstimraung derselben mit dem Epithel der Venenanhänge bereits von H. Müller ^) ange- geben wurden. Die Darstellung, welche V i g e 1 i u s gibt, ist verfehlt, indem Vigelius immer wieder hervorhebt, dass diese Organe frei in die Harnblase hineinragen. Diese Darstellung hat Vigelius-) auch in seiner späteren, speciell über das Pancreas handelnden Publication beibehalten, obschon auch Vigelius das Nierenepithel über den Pancreasanhängen gesehen, allerdings als „äusseres Epithel" den Pancreasanhängen zugerechnet hat! Was den histologischen Bau der Niere von Sepia anbelangt, so will ich mich ziemlich kurz fassen und mich hauptsächlich auf die Epithelien beschränken, deren Nachweis, wie bereits aus Vorigem hervorgeht, an einigen Stellen von Wichtigkeit erscheint. Oberhalb der Venen, an den für die Excretion wichtigsten Abschnitten der Cephalopodenniere, den sog. Venenanhängen, ist die Wand der Niere vielfach gefaltet, welchen Faltungen Veräste- lungen der Venen folgen. Das Epithel besteht hier aus cylindrischen bis kubischen Zeilen. Der Zellinhalt derselben ist grobkörnig und zeigt in dem unter dem grossen Kerne gelegenen, also der Zellbasis zugekehrten Theile eine Streifung, wie wir sie in den Zellen der Niere so häufig beobachten (Taf. II, Fig. 23). Diese Streifung welche auf eine strangförmige Anordnung der Protoplasmakörnchen zurückzuführen ist (sogenannte Stäbchenbildung), ist jedoch nicht an allen Stellen gleich deutlich ausgeprägt, indem sich an Stelle der Stäbchen zuweilen in Reihen angeordnete Körnchen finden (Fig. 20); ja mitunter fehlt die Streif ung vollständig und ist auch in der zuletzt beschriebenen Form nicht mehr vorhanden. Die strangförmige Anordnung der Protoplasmakörnchen ist Folge des durch die Epithelzellen streichenden Excretionsstromes und die verschieden deutliche Entwicklung dieser Bildung ist darauf zurückzuführen, dass die Ausscheidung nicht an allen Theilen der Venenanhänge zur selben Zeit mit gfeicher Lebhaftigkeit erfolgt, wie auch Solger's^j Versuche an Eledone moschata durch 1) Bericht über einige im Herbste 1852 in Messina angestellten vergl. anat. Untersuchungen von C. Gegeubaar, A. Kölliker uj^d H. Müller. Zeitscbr. f. wiss. Zoolog. Bd. IV, 1853, pag. 343. ■') W. J. Vigelius, Vergleichend-anatomische Untersuchungen über das sogenannte Pancreas der Cephalopoden. Nalurk. Verh. der koninkl. Akademie. Deel XXII, 1881, pag. 3 und 7. =>) B. Solger, Zur Physiologie der sogenannten Venenanhänge der Cepha- lopoden. Zoolog. Anzeiger, 1881, Nr. 88. (18Ö) 8 Dr. Carl Grobben: subcutane Injection vou indigschwefelsaurern Natron gezeigt haben. Umgekehrt kann zuweilen die Anordnung in Strängen eine noch weitere Entwicklung aufweisen, indem durch Aneinanderdrängen, oder wenn man will Verschmelzung der Stränge Plättchen ent- stehen. Einen solchen Fall habe ich in Fig. 9 auf Taf. I abgebildet. Diese Plättchen stehen senkrecht zur Zelloberfläche, und zwar mit den breiten Seiten stets parallel zu dem Kernumfange an- geordnet. Man erkennt eine solche Structur nur in der Flächen- ansicht oder im optischen Querschnitte der Zellen, da im optischen Längsschnitte die Plättchenbildung als einfache Streifung er- scheint, sich somit von der Strangbildung in dieser Ansicht nicht unterscheidet. ^) Die Streifung des Zellinhaltes reicht nur von der Zell- basis bis zum Kern ; zuweilen jedoch zeigt sieb auch in dem oberhalb des Kernes gelegenen Theile des ZelUeibes eine reihen- weise Anordnung der hier gröberen Körnchen des Zellinhaltes. Hier finden sich überdies stark lichtbrechende kleinere und grössere Körn- chen eingelagert, und zwar entweder unregelmässig zerstreut oder aber in einem Bogen über dem Kern angeordnet. Die Zellen sind von einer sehr ansehnlich dicken blassen Cuticularschichte über- kleidet, welche eine senkrecht zur Oberfläche gerichtete Streifung aufweist, zuweilen wie aus lauter Stäbchen zusammengesetzt erscheint und demnach die bereits aus den Nieren anderer Thiere bekannte Stäbchencuticula wiederholt. Das Epithel sitzt, wie er- wähnt, denVerzweigungen der Venen an, neben welchen Muskelbündel die Venenanhänge durchziehen. Ob letztere den Venen zuzurechnen sind; habe ich nicht weiter untersucht. Dass das Epithel der sogenannten Venenanhänge ein mit einer Cuticula bekleidetes Cylinderepithel ist, hat schon Vige- lius beobachtet, der Streifung jedoch keine Erwähnung gethan. Gerade ein solches Epithel, wie die sog. Venenanhänge, über- zieht aussen die Ausführungsgänge der Leber mit ihren als Pan- creas bezeichneten Ausstülpungen (Fig. 20). Dieses Epithel wurde auch rücksichtlich seiner Uebereinstimmung mit dem Epithel der ^) Einen extremen Jall einer solchen Plättchenanordnung der Protoplasma- küruchen habe ich in dem als „Haracanälchen" unterschiedenen Abschnitte der Anteiinendrüse von Leucifer beobachtet, wo die Protopiasmakörnchen in grossen, parallel mit dem Kerncontour gesttjllten und rund um den Kern verlaufenden, senk- recht zur Zelloberfläche stehenden Platten angeordnet waren. Hier sind gleichsam die kleinen Plättchen, wie sie bei Sepia beschrieben worden, noch weiter zu grossen Platten verschmolzen. Morpliologiscbe Studien über den Harn- und Geschleclitsapparat etc. 9 Venenanliänge, bereits von H. Müller erkannt, ferner von Vi- gelius als „äusseres Epithel" der Pancreasanhänge beschrieben. Etwas verschieden gestaltet sich das Epithel der Niere in den glatten Theilen der Wand. Hier ist dasselbe viel flacher, in der Regel pflasterfürmig (Fig. 25), ändert jedoch in der Höhe an den ver- schiedenen Stellen und dem wechselnden Contraetionszustande der Niere entsprechend ab. Auch hier sind die Zellen von einer Cuticularscbichte bekleidet, doch ist dieselbe, entsprechend der ansehnlichen Querausdehnung der Zellen, nicht sehr hoch. Zwischen die gewöhnlichen Epithelzellen finden sich Schleimzellen eingestreut, welche einzeln oder auch in Gruppen stehen. Diese sind bei geringer Höhe des Epithels, dem sie angehören, horizontal gelagert und unter die benachbarten Zellen geschoben, während der End- abschnitt derselben unter einem rechten Winkel gegen die Ober- fläche der Wand umbiegt. Im frischen Zustande erscheinen die Schleimzellen von stark lichtbrechenden Körnchen erfüllt, welche auch den Kern verdecken, der nur an Präparaten deutlich hervortritt. Unterhalb des Epithels folgt Bindegewebe mit ein- gelagerten Muskelfasern, wie bereits Vigelius angibt, darauf an der unteren Wand der unteren Nierensäcke eine kräftige Muskulatur, welche ich noch der Nieren wand zurechnen möchte, obgleich dieselbe von der Muskelschichte der enganliegei-den Haut schwer zu trennen ist. Was die gewebliche Zusammensetzung des Ureters anbe- langt, so finden wir die vielfach längsgefaltete Wand desselben von einem Cylinderepithel ausgekleidet, dessen Zellen sehr dicht stehen, so dass die Kerne in mehreren Keihen über einander zu liegen kommen. Auch Schleimzellen finden sich vor. Auf die Epithelschichte folgt lockeres Bindegewebe, in welchem zu innerst Längs muskeif asern, nach aussen ßingmuskel fasern eingelagert sind; über den Ringmuskeln nochmals eine Schichte Bindegewebe und darauf das Epithel der Haut. Gegen den Harnsack hin nehmen die Schleimzellen rasch an Menge zu, so dass das Epithel, welches weiter gegen den Harnsack immer mehr den Charakter des später zu beschreibendenUreterepithels gewinnt, an Querschnitten wabenartig durchbrochen erscheint. In der Nähe der am hinteren Ende des Ureters sich erhebenden Papille wird die Ureterwand von zwei verschiedenen Epithelien bekleidet. Das eine bewahrt den Charakter des bereits beschriebenen Ureter- epithels mit zahlreichen eingestreuten Schleimzellen und weist nur darin einen Unterschied auf, dass jene Zellen, welche nicht (187J 10 Dr. Carl Grobben: Schleimzellen sind, Wimpern tragen (Fig. U). Diese Epithel form nimmt nur einen kleinen Theil der Ureterwand, und zwar den- jenigen, welcher die erwähnte Papille von aussen bekleidet, ein. Der übrige Theil des Ureters wird von einer zweiten Epitheiform ausgekleidet, die aus cylindrischen Zellen mit grobkörnigem In- halte besteht, welche an der Oberfläche von einer Cuticularschichte überdeckt werden (Taf. I, Fig. 8). Auch hier stehen die Zellen oft so dicht , dass die Kerne in mehrfachen Lagen übereinander liegen. In der Tiefe sind noch weitere Kerne zu beobachten, welche kleiner als die Kerne der die Oberfläche begrenzen- den Zellen sind. Dieselben gehören tiefer liegenden Zellen an, welche wahrscheinlich den Ersatz der ausfallenden Epithelzellen besorgen. Diese Kerne sind nicht nur kleiner, sondern färben sich auch etwas dunkler ; überdies sind ihre Inhaltskörper von gerin- gerer Grösse als die der grossen Kerne. In dieses Epithel, welches den Charakter des Harnsackepithels trägt, sind nur spärlich Schleimzellen eingelagert. Unterhalb der erwähnten Pa- pille wird der Ureter überall von der letzteren Epithelform bekleidet, welche dann in das Epithel des Harnsackes übergeht. Der histologische Bau des Ureters wurde von Vigelius^) beschrieben. Doch hat Vigelius nur eine Epithelform ange- geben, und zwar, wie ich glaube, diejenige, welche sich in dem Eingangsabschnitte des Ureters findet. Ich schliesse dies auch aus der beigegebenen Abbildung, welche einen Querschnitt des Ureters darstellt, der nur dem Eingangsabschnitte desselben entnommen sein kann. Dass Muskelfasern, und zwar longitudinale und cir- culäre, in der Wand vorhanden sind, hat Vigelius gleichfalls beobachtet, jedoch des Bindegewebes keine Erwähnung gethan. Am inneren, hinteren Ende des Ureters, da, wo derselbe in den Harnsack übergeht, findet sich an der oberen Wand mehr lateralwärts eine Papille, deren Oberfläche zahlreiche Wülste besitzt, welche sich eine kurze Strecke über die Papille hinaus an der Harnsackwand fortsetzen (Taf. III, Fig. 27 W). An der Spitze dieser Papille liegt eine Oeff'nung, die in eine später genauer zu beschreibende geräumige Höhle führt. Diese Verhält- nisse wurden von Krohn^) bei Eledone und Octopus ent- deckt, dann von H. Müll er s) für die Loliginen und Octopoden, ') Vigelius, Ueber das Excretionssystem der Cepbalopoden, pag. 130—131. -) A. Krohn, üeber da.s wasserführende System einiger Cephalopoden. Arcb. f. Anatomie und Physiol. v. Müller. Jahrg. 1839, pag. 353. ■') H. Müller, a. a. 0., pag. 340. Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 11 von Hancock 1) in der unten citirten trefflichen Abhandlung für Octopodiden und zahlreiche Dekapodiden, auch Sepia offici- nalis beschrieben, später von Brock 2) der Vergessenheit ent- rissen und von Vi gel ins') nochmals bestätigt. Meine eigenen Untersuchungen bestätigen die Angaben der vorhergenannten Forscher zum weitaus grössten Theile und weisen nur in einigen, später näher bezeichneten Punkten Abweichungen auf. Jede solche Oeffnung an der Papille nun führt zunächst in einen weiten, sich nach hinten verbreiternden Canal (Taf. I, Fig. 2 L k) und dieser in einen grossen Raum, welcher sich quer durch die ganze Breite des Körpers zwischen den unteren Nierensäcken und dem oberen grossen Nierensack erstreckt (Fig. 33). In diesem Räume rinden wir das Herz , an die "Wände mittelst der beiden Kiemen- venen, der Aorten und der Arteria genitalis befestigt. Derselbe steht mit weiteren Räumen im Zusammenhang; rechts und links mit je einer kleinen Aussackung, in der das Kiemenherz (Kh) mit seinem Anhang (Pd) gelegen ist, nach hinten mit einer grossen , bis an die Spitze des Eingeweidesackes reichenden Höhle (Cs), in welcher der Magen und die Grenitalorgane ange- troffen werden. Diese drei zuletzt genannten Räume sind von dem vorderen, das Herz aufnehmenden durch eine Querfalte (Qf) unvollkommen geschieden, welche sie hau der unteren diese Höhle begrenzenden Wand etwa in der Höhe des hinteren Verbindungs- ganges der beiden unteren Nierensäcke erhebt (Fig. 33), quer nach rechts und links ein Stück an der unteren Wand verläuft, dann aber sich längs der Seitenwand in bogenförmigem Verlaufe beider- seits nach vorn auf die obere Begrenzungswand dieser Höhle be- gibt und hier endet (Fig. 2). Die eben beschriebene Höhle ist von V i g e 1 i u s als Visceroperi- cardialhöhle bezeichnet worden. Sie wurde im Allgemeinen in ihrem morphologischen Werthe von den meisten Forschern richtig erkannt. Am klarstenjedoch sind die Angaben Bobr etzky's. Bobretzky*) „unterscheidet beim Embryo (der Cephalopoden) eine besondere *) A. Hancock, On Certain Points in the Anatomy and Physiology of tbe Dibranchiate Cepbalopoda. The Natural History Review. 1861, pag. 473. 2) J. Brock, Ueber die Geschlechtsorgane der Cephalopoden. Erster Beitrag. Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. XXXII, 1879. ') Vigelius, Ueber das Excretionssystem der Cephalopoden etc. *) Bobretzky, a. a. 0. aus: Hofmann und Schwalbe, Jahresberichte über d. Fortschritte d. Anatomie u. Physiologie. VII. Bd. Leipzig 1879, pag. 159 citirt. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom.V. Heft2. 14 (189) 12 Dr. Carl Grobben: von der allgemeinen Leibeshöhle gesonderte , die Organe ein- sehliessende Bauchhöhle, welche sich mit der Peritonealhöhle der höheren Thiere vergleichen lässt". Bobretzky hat auch das diese Eingeweidehöhle auskleidende Epithel gesehen, wie aus der Fig. 83 auf Taf. IX hervorgeht. Wir wollen diese Höhle als „secundäre Leibeshöhle" bezeichnen, aus Grründen, welche später auseinandergesetzt werden. Es muss hier sogleich hervorgehoben werden , dass alle Organe , die wir in dieser Höhle gefunden haben — vor der Hand von den später speciell zu besprechenden Geschlechtsdrüsen abgesehen — also Herz, Kiemenherz mit Anhang und Magen von einem Epithel überzogen sind, welches in gleicher Weise die übrigen Theile der secundären Leibeshöhle auskleidet (Fig. 33). Es besteht demnach ein gleiches Verhältniss wie bei den Vertebraten, indem die Organe in der Leibeshühle an Falten des Peritoneums aufgehängt sind, oder aber vom Bauchfell überkleidet in die Leibeshöhle vorspringen. Schon Hancock 1) schreibt in dem oben citirten trefflichen Auf- satze: „All these organs (die im Leibesraum angetroffen werden) are covered with the membrane forming the wall of the chamber, which is reflected over them in the manner of a peritoneum." Eine besondere Besprechung verdienen die Geschlechtsorgane, und zwar bloss die Keimdrüsen. Das Ovarium (Fig. 1 und Fig. 33 0 v) bildet einen Wulst längs der Arteria genitalis, von dem die heranreifenden Eier, einzeln an Stielen befestigt, in die secundäre Leibeshöhle hinein- hängen. Die reifen Eier fallen nach dem Platzen ihres Follikels in die secundäre Leibeshöhle und werden durch den mit selbst- ständiger Oeffnung am hinteren Ende der letzteren mit weiter Mündung (J) beginnenden Eileiter (0 d) aus derselben aufge- nommen. Diese Verhältnisse sind bereits bekannt und zuletzt von Brock ausführlich geschildert worden. Ich stimme mit Brock nur hinsichtlich der Lage der inneren Oviductmündung nicht überein. Nach Brock 2) „nimmt" der Oviduct „von der obersten linken Ecke der Eierstockskapsel — seinen Ursprung". Das ist jedoch, wie ich mich überzeugte, nur bei noch unentwickelten Genitalorganen der Fall. Bei voll entwickelten fand ich den mit Eiern gefüllten Oviduct stets weit nach hinten reichend und die innere Mündung desselben am hinteren Ende der sog. Ovarialkapsel. *) Hancock, On certain Points etc. pag. 474; vergl. auch pag. 475. *) Brock, 1. c. pag. 75—76. (190) i Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 13 Bro ck's Angabe scheint durch eine Laesion des Eileiters veranlasst zu sein, wie ich aus folgender Stelle entnehme, wo es heisst : „Ist der Eileiter mit Eiern gefüllt . so sind seine Wände in seinem ganzen Verlauf sehr dünnhäutig und die Eierstocksmündung zu einem enormen Sack ausgedehnt." Dasselbe geht auch aus der Fig. 19 auf Taf. II hervor. Eine so ausserordentliche Erweite- rung der inneren Oviductmündung fand ich nie, selbst nicht bei npch so sehr gefüllten Oviducten ; der Oviduct hatte stets das von mir auf Taf. I, Fig. 1 abgebildete Aussehen. Doch tritt eine Laesion bei starker Füllung des Oviductes sehr leicht ein, wodurch man dann Bilder, wie das von Brock wiedergegebene, erhält. Was die männliche Keimdrüse (Fig. 3 JB) anbelangt, so kann ich, was ihre Lagebeziehungen zum Bauchfell betrifft, den bis- herigen Angaben nicht beistimmen. Nach Brock i) wäre „die ursprüngliche Genitalkapsel — bei Sepia durch eine Scheidewand in zwei Kammern getheilt, von denen die untere den Hoden be- herbergt, während die obere nur der Ueberleitung des Sperma's dient". Brock bezeichnet deshalb auch diese obere Kammer, die nach ihm nur ein Theil der ursprünglichen Genitalkapsel ist, als „secundäre Genitalkapsel". Mit seiner eigentlichen Kapsel soll jedoch der Hoden vollständig verwachsen sein. Dieser Ansicht tritt auch Vigelius^) bei. Der Hoden liegt jedoch, wie meine Untersuchungen ergaben, nicht in einer besonderen, durch die Entwicklung einer Quer- scheidewand von der ursprünglichen Genitalkapsel abgeschnürten Kapsel, sondern vollständig retroperitoneal (in der Fig. 3 durch die Färbung des Peritonealüberzuges ersichtlich). Der Hoden hat sich im Gegensatz zum Ovarium nicht über die Fläche des Peritoneums erhoben, sondern unter dem Peritoneum ausgedehnt. Seine Oeffnung (HO) durchbohrt somit nicht eine Scheidewand, sondern bloss den einfachen Peritonealüberzug, welcher den Hoden nur an seiner unteren Seite bekleidet, am hinteren und den seit- lichen Rändern desselben aber in die untere Wand der secundären Leibeshöhle umbiegt. Man kann sich von diesem Verhalten des Peritoneums sehr leicht an Querschnitten überzeugen. Es ist somit nicht möglich von einer secundären Genitalkapsel zu reden, da der mit diesem Namen bezeichnete Raum geradezu der Ovarialkapsel entspricht. *) Brock, a. a. 0. pag. 12, ferner vergleiche dessen Fig. 39 A anf Taf. IV. ■2) Vi gel ins, Ueber das Excretionssystem der Cephalopoden, pag. 127. 14* (191) 14 Dr. Carl G robben: Auch das Vas deferens beginnt in der sog. Hodenkapsel mit selbstständiger Mündung (J). Indessen scheint mir bei entwickeltem Genitalapparat ein enger Anschluss zwischen innerer Vas deferens- Mündnng und der Mündung des Hodens zu bestehen, indem sich an das innere Ende des Vas deferens, welches papillenförmig vor- springt, eine Falte des Peritoneums anschliesst, welche einen halbkreisförmigen Verlauf nimmt und rücksichtlich ihrer Aus- dehnung mit der Hodenöifnung in Uebereinstimmnng steht (Fig. 3). Auf diese Weise würde trotz Trennung der beiden Mündungen eine directe Ueberleitung des Sperma's stattfinden. Auf eine Beschreibung der ausführenden Apparate will ich mich hier ebensowenig als beim weiblichen Genitalapparat ein- lassen , weil bereits Bekanntes wiederholt werden müsste. Es muss jedoch hier noch eines Raumes gedacht werden, mit welchem nach der Entdeckung B r o c k's ^) das Vas deferens durch eine zweite innere OeiFnung in Verbindung steht. (Fig. 3, P t.) Es geht nämlich von dem als Vas eiferens unterschiedenen Theile des Samen- leiters an dessen Beginn eine schmale Röhre ab , welche durch die eben erwähnte OeflPnung in einen weiten Sack führt, in welchem dieser Theil des Samenleiters gelegen ist and der von Brock gleichfalls als ,. Bauchfellstasche" bezeichnet wird. Meine Untersuchungen überzeugten mich von der Richtigkeit der Brock'schen Angaben, nur dürfte eine nochmalige Darstellung rücksichtlich der Ausdehnung dieses Sackes , der auch von B r o c k 2) beschrieben wurde, nicht überflüssig erscheinen. Man gelangt in diesen Sack am besten, indem man an dem in die Mantelhöhle hineinragenden Endtheil des Samenleiters in der Nähe der Kiemenwurzel oberflächlich einschneidet. Man er- öffnet damit den engen vorderen Theil desselben, der von dieser Stelle nur eine kurze Strecke nach vorn verläuft und dort , sich zuspitzend, blind endigt, nach hinten aber sich ansehnlich er- weitert und in dieser Erweiterung die Vesicula seminalis, Prostata, sowie den zwischen beiden gelegenen mit jener Mündung ver- sehenen Canal aufnimmt. Alle diese Theile des Vas deferens liegen an einer, von der oberen Wand des Sackes entspringenden Falte, gerade wie das Herz und der Magen in der secundären Leibeshöhle, aufgehängt. Von dem vorderen engen Sackabschnitte geht vor dessen Uebergang in die die Vesicula etc. aufnehmende Erweiterung ^) Brock, a, a. 0. pag. 19. -) Vergl. die Beschreibung bei Brock a. a. 0. pag. 16. (192) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 15 ein Nebensack ab, welcher sich in engem Anschlüsse von der Ober- seite der Needham'schen Tasche herum auf die Unterseite der letzteren in einer Spirale herumdreht, und mit seinem Ende nahe an das hintere Ende des früher beschriebenen, die Vesicula etc. auf- nehmenden Sackabschnittes heranreicht. An seiner Coramunications- öifnung ist derselbe von diesem letzteren durch eine kleine nach vorn gerichtete vorspringende Falte getrennt. Dieser Nebensack ist anfänglich massig breit, erweitert sich jedoch am Ende ein wenig. Der eben beschriebene Raum ist, wie ich mich durch Ein- blasen von Luft überzeugte, ausser seiner Communication mit dem Vas deferens durch den vom Vas efferens entspringenden Canal, blind geschlossen. Was nun die morphologische Bedeutung dieses Sackes an- belangt, so liefert uns zur Auffindung desselben ein Vorkommen unter den Cephalopoden einen Anhaltspunkt. Brock i) hat beim Männchen von Philonexis Carenae ein zweites Vas deferens beschrieben , welches in der Hodenkapsel mit einer Oeffnung be- ginnt und vor der Einmündungssteile der Prostata mit dem eigentlichen Vas deferens in Verbindung tritt. ^) Dieses zweite Vas deferens von Ph ilonexis Carenae vergleiche ich mit dem vom Vas eiferens entspringenden Canälchen bei Sepia und halte beide für homolog. Daraus folgt weiter, dass der allseits ge- schlossene Sack, in welchen bei Sepia die zweite Oeifnung des Vas deferens einführt, der Genitalkapsel bei PhilonexisCarenae zu vergleichen, d. i. der secundären Leibeshöhle, zuzurechnen ist. Und zwar muss derselbe als ein von der Hodenkapsel vollständig abgeschnürter Theil der secundären Leibeshöhle aufgefasst werden. Vorausgreifend der später erst zu gebenden histologischen Beschrei- bung des Peritoneums, will ich hier nur noch zur Bekräftigung meines Vergleiches anführen, dass dieser Sack bei Sepia von einem Epithel ausgekleidet ist, welches sehr lebhaft an jenes das Herz über- kleidende Peritonealepithel erinnert. Die Entwickelungsgeschichte und eine auf diesen Punkt gerichtete ausgedehnte vergleichend- ^) J. Brock, Zar Anatomie und Systematik der Cephalopoden. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. Bd. XXXVI. 1882. pag. 570 a. ff. '^) H. V. Ihering hat die von W. Kefe r s t e in (in: Beiträge zur Anatomie des Nautilus Pompilius. Nachrichten d. kgl. Gesellsch. d. Wissensch. zu Göttingen. Nr. 14. 1865) bei Nautilus mit ov" bezeichnete Oeffnang des Eileiters mit der zweiten Oeffnung des Vas deferens bei Sepia verglichen. Diesen Vergleich halte ich für unstatthaft, da diese Oeffnung bei Nautilus nach Keferstein's Dar- stellung der normal vorkommenden inneren Oviductöffnung entspricht und nicht einer zweiten Oeffnung des Eileiters. (193) 16 Dr. Carl Grobben: anatomisclie Untersucliung müssen die Frage über die Bedeutung dieses Raumes erst endgiltig entscheiden. Die secundäre Leibeshöhle ist überall von einem Epithel bekleidet, welches jedoch an den verschiedenen Stellen einen diif'erenten Charakter trägt. Beginnen wir mit der Oeffnung der beiden Leibeshöhlencanäle in der am hinteren Ende des Ureters befindlichen Papille. Die Aussenseite der Papille ist, wie bereits bei der histologischen Beschreibung des Ureters erwähnt wurde, von einem sehr hohen, mit zahlreichen Schleimzellen durchsetzten Epithel bekleidet, dessen Zellen Wimpern tragen. Die Innenseite der Papille dagegen , also der Anfang des Leibeshöhlencanals, dessen Wand gleichfalls in Falten erhoben ist, trägt ein Epithel, das zwar ebenfalls aus Cylinderzellen besteht, jedoch nie die ansehnliche Höhe des aussen die Papille bekleidenden Epithels erreicht und Schleimzellen nur sehr spärlich enthält (Taf. II, Fig. 12). Die Zellen tragen Wimpern, welche länger und kräftiger als die der äusseren Epithelbekleidung der Papille sind. Dasselbe Epithel kleidet den neben der Niere verlaufenden Längscanal aus und zeigt hier nur insofern einen Unterschied, als die Schleimzellen etwas häufiger vorkommen (Taf. II, Fig. 10). Den- selben Charakter bewahrt auch das Epithel an der oberen Wand des Pericardialraumes , nur dass Schleimzellen noch reichlicher auftreten. Die Wimperung des Leibeshöhlenepithels findet sich an der oberen Wand stellenweise noch über und in der Höhe der Genitalgefässe , doch zeigen grössere Strecken keine Wimperung mehr. Auch fand ich sonst an keiner der von mir untersuchten Stellen Schleimzellen im Epithel vor (Fig. 17), deren Vorkommen somit in dem Pericardialraum aufhört. Die Wimperung tritt gegen die Oefi'nung des Hodens zu wieder auf. Was die untere Wand der sog. Hodenkapsel anbelangt, so fehlt hier die Wimperung in dem grössten Theile und kommt nur im Umkreis der inneren Oeifnung des Vas deferens vor. Beim Weibchen dagegen fand ich die untere Wand der sog. Ovarialkapsel wimpernd. Das Epithel war hier ein niedriges Cylinderepithel, welches kürzere Wimpern trug als ich sie von der Hodenkapsel abgebildet habe. Ob auch der Ovarialüberzug wimpert, kann ich nicht mit Bestimmtheit angeben ; doch fand ich ihn einmal wimpernd. Ein stets unbewimpertes kubisches oder pflasterförmiges Epithel bildet die Peritoneal- bekleidung des Magens, des Herzens (Fig. 18), der das Kiemen- herz und seinen Anhang aufnehmenden Kapsel, des Kiemenherzens und des Kiemenherzanhanges (Fig. 21 Lep), des hinteren Ab- Morphologische Studien über den Harn- and Geschlechtsapparat etc. 17 Schnittes des oberen Nierensackes, sowie die der unteren Nieren- säcke, ferner der Querfalte, durch welche der Pericardialraum von der Genitalkapsel geschieden wird. Der Zellinhalt dieser Form des Leibeshöhlenepithels zeigt zuweilen in dem unterhalb des Kernes gelegenen Theile eine schw^he Streifung, ganz ähnlich jener, wie selbe in den Zellen der Niere so häufig beobachtet wird. Eine solche Streifung findet sich am Peritonealüberzuge des Herzens, Magens , Kiemenherzens und Kiemenherzanhanges. An der freien Fläche werden die Zellen von einer Cuticularschichte überdeckt. Es bleibt nur noch übrig , den Epithelüberzug des das Vas deferens umgebenden Sackes zu beschreiben ; dass hier ein solcher vorhanden ist, wurde bereits früher erwähnt. Das Epithel besteht aus kubischen oder pflasterförmigen Zellen und ähnelt sehr der zuletzt beschriebenen Form des Peritonealüberzuges , wie er sich z. B. am Herzen findet. Flimmerung fand ich nirgends. Ob sich nicht etwa Schleimzellen zerstreut vorfinden, vermochte ich nicht mit Sicherheit festzustellen, da ich nur conservirte Exemplare auf diesen Punkt hin untersuchte. Die epitheliale Auskleidung der secundären Leibeshöhle wurde bisher wenig beachtet, die Ausdehnung, sowie Beschaffenheit der- selben nicht näher beschrieben. Dass der Nachweis derselben zu- weilen von Werth ist, dürfte bereits aus dem oben Auseinander- gesetzten hervorgegangen sein. Was die bisherigen Kenntnisse über das Leibesepithel betrifft, so beschränken sich dieselben auf die kurzen Angaben von H. Müller und Brock. M ü 11 e r i) berichtet: „Ein Flimmerepithel setzt sich aus der Genitalkapsel bis an diese Oeffnung nach der Seitenzelle , aber nicht in diese selbst fort. Auch der Kiemenherzanbang, welcher in der flim- mernden Höhle liegt, flimmert nicht an seiner Oberfläche, ebenso- wenig als Hoden und Eierstock , obschon die Flimmerung über den ganzen freien Theil ihrer Kapsel ausgebreitet ist." Mülle r's Angaben stimmen somit rücksichtlich der Bewimperung des Hodens, der unteren Hodenkapselwand, sowie der Tasche für den Kiemen- herzanbang , welche ich unbewimpert fand , mit meinen Beob- achtungen nicht überein. Brock 2) gibt als Auskleidung der sog. Hodenkapsel ein ein- schichtiges, sehr zartes Flimmerepithel an, und hält die Flimmerung für wahrscheinlich auch in den Längscanälen der Leibeshöhle vor- handen; ferner als Auskleidung der Ovarialkapsel ein kubisch- ») H. Müller, 1. o. pag 341. -') Brock. a.a.O., pag. 25, 31, 77. a95) 18 Dr. Carl Grobben: cylindrisches Flimmerepithel, welches er auf dem Eierstock selbst vermisste und hierin Müller's Angabe bestätigt. Brock lässt auch den das Vas deferens umgebenden Sack von einem Flim- merepithel ausgekleidet sein, „welches genau dem der secun- dären Hodenkapsel gleicht". Letzteres kann ich nicht bestätigen, indem ich die "Wimperung stets vermisste. Ich habe zwar nur conservirte Exemplare rücksichtlich der Auskleidung des zuletzt erwähnten Sackes untersucht, doch waren die Wimpern an den Organen, wo solche sich bekanntlich finden, sehr gut erhalten, so dass an einen Verlust der Wimpern an den Zellen dieses Sackes kaum zu denken ist. Ehe ich zur Anführung der Gründe übergehe , aus welchen ich die Bezeichnung der eben besprochenen Höhle als secundärer Leibeshöhle gewählt habe, will ich vorerst noch den Bau des Kiemenherzanhanges besprechen, über den nur sehr unzureichende Beobachtungen vorliegen. Die beste Beschreibung dieses Organes stammt von H a n c o c k ^ i, welcher die Form und den Bau, letzteren soweit es nicht die mikroskopische Untersuchung betrifft, treffend beschrieb. Nach Hancock steht das vielfach gefaltete Innere des mittelst kui^zen Stieles an dem Kiemenherzen befestigten Anhanges durch eine der Anheftungsstelle gegenüberliegende Oeffnung mit der Höhle in Communication, in welcher der Anhang darin liegt , communicirt jedoch nicht mit dem Kiemenherzen, von dem nur Gef ässe in die Wand des Anhanges eintreten ; die innere Oberfläche des Anhanges wird von einer Membran bekleidet, welche „is seen to be covered with minute, obtuse, cylindrical papillae, filled with very small granulär cells". Den Angaben Hancock's gegen- über ist die zweite von Vigelius^) herrührende Darstellung der Kiemenherzanhänge , „dass sie Verzweigungssysteme der sie tragenden Organe darstellen", eine äusserst mangelhafte. Der Kiemenherzanhang (P d) ist, wie schon Hancock angab, ein mittelst eines kurzen dünnen Stieles dem Kiemenherzen an- hängendes Gebilde von drüsigem Aussehen (Fig. 1, 2 und 3). Er ist von gelblich-weisser Farbe. Seine Form ist beiläufig die eines Kegels (Fig. 4 und 5), die Oberfläche glatt, mit nur wenig tiefen Einbuchtungen versehen. An der der Befestigungsstelle des Anhanges entgegengesetzten Spitze des Kegels dagegen findet sich eine tiefe Spalte, deren Wände steil abfallen. Diese Spalte führt in ein ') Hancock, On certain points in the Anat. and Phys. of the Dibranch. Cephalopoda, pag. 480. ^) Vi gel ins, Excretionssystem der Cephalopoden, pag. 169. (1%) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 19 reichverzweigtes System von Gängen. Mit Hilfe von Schnitten überzeugt man sich alsbald, dass der K iemen herzanhang ein vom Peritoneum gebildetes drüsigesGebilde ist. Man beobachtet, wie das Leibeshöhlenepithel, welches den Kiemenherz- anhang aussen überzieht, sich in die Spalte hinein fortsetzt und weiter an dem unteren Rande der dieselbe begrenzenden Wände in die Epithelauskleidung des Kiemenherzanhanges übergeht. Die innere Wand des Kiemenherzanhanges macht vielfache äusserst compli- cirte Faltungen , welche weit in das Lumen vorspringen, wie dies einigermassen aus dem schematisch gehaltenen Längsschnitte (Fig. 32 auf Taf. III) ersichtlich ist. Auf diese Art entstehen zahlreiche Hohlräume, die an der Peripherie in kleinen Blind- säckchen enden. Diese Blindsäckchen verhalten sich auch histolo- gisch von den übrigen Theilen des Kiemenherzanhanges verschie- den, was in der angeführten schematischen Figur gleichfalls angegeben wurde. Eine Ausnahme davon macht nur derjenige Theil der Wand, welcher gerade über dem Kiemenherzen liegt, indem ich hier die Blindsäckchen mit dilFerentem Epithel vermisste. Das den Kiemenherzanhang auskleidende Epithel stimmt — aus- genommen jenes der Blindsäckchen — im grossen Ganzen mit dem anstossenden Peritonealepithel überein , unterscheidet sich von demselben jedoch durch die Höhe seiner Zellen. Es ist überall ein Cylinderepithel , welches an der Oberfläche von einer dicken streifigen Cuticularschichte überdeckt wird (Taf. II, Fig. 19). Diese Streifung der Cuticularschichte ist am lebenden Gewebe oft nicht deutlich sichtbar. An Präparaten dagegen erfolgt zuweilen ein förmlicher Zerfall der Cuticularschichte in Stäbchen, so dass sogar das Bild einer Bewimperung der Zellen vorgetäuscht wird. Die Zellgrenzen sind am frischen Epithel nicht zu sehen, zum grössten Theil e in Folge der starken Streifung, welche der Zellinhalt in dem unteren Theile der Zelle aufweist. Niemals sah ich die Streifung so deutlich und in solcher Ausdehnung wie in diesen Zellen. Dieselbe reicht bis in die Höhe des Kernes, ein Verhalten, das sich in gleicher Weise in allen Fällen, wo solche Streifungen vorkommen, wiederholt. Der oberhalb des dem oberen Zellende näher gelegenen Kernes befindliche Theil des Zellinhaltes ist körnig und enthält gröbere, stärker das Licht brechende Körnchen. In den blinden Endsäckchen dagegen sieht das Epithel verschieden von dem eben beschriebenen aus (Taf. II, Fig. 21). Hier ist dasselbe zwar gleichfalls ein Cylinderepithel, dessen Zellen jedoch grösser sind , mit ihrem oberen Ende häufig kuppenförmig gegen das 20 Dr. Carl Grobben: Lumen vorspringen, einen blassen ziemlich feinkörnigen Zellinhalt, in welchem niemals eine Streifung zu beobachten ist, besitzen, und der Cuticularbekleidung entbehren Das Epithel sitzt einem Bindegewebe auf, welches zahlreiche, mit dem Kiemenherzen zu- sammenhängende Bluträame umschliesst. In demselben finden sich auch Muskelfasern (Ms) eingelagert. Bedeutendere in die Augen fallende Contractionen habe ich an dem Kiemenherzanhange nicht beobachten können. Schwieriger als der Bau, welchem nach sich der Kiemenherz- anhang als eine drüsige Differenzirung des Leibeshöhlenepithels erweist, ist die Function dieses Organes festzustellen. Hancock 1) fasst den Kiemenherzanhang als ein rudimen- täres Lymphgefässsystem auf: „I would suggest, then, that we see in these cardiac appendages an apparatus for the return to the System of the extravasated lymph that may have escaped into the genital Chamber, and that consequently we have here a rudi- mentary form of the lymphatic System." Vigelius^) dagegen betrachtet den Kiemenherzanhang als rudimentäres Organ, welches früher vielleicht die Bedeutung eines Excretionsorganes besessen, mit zunehmender Entwicklung der Venenanhänge jedoch diese Bedeutung verloren hat. Ich halte die Ansicht von der Function des Kiemenherz- anhanges als eines Excretionsorganes für die richtige. Dafür sprechen der drüsige Bau, sowie die strangförmige, als Streifung erscheinende Anordnung des Zellinhaltes in den Zellen der Wand — mit einziger Ausnahme der Zellen in den Blindsäckchen. Die Streifung weist auf das Vorhandensein eines lebhaften Stromes von Flüssigkeit hin, welcher durch die Zellen, und zwar von ihrer Basis in die Leibeshöhle hinein streicht. Diesen letzteren Punkt halte ich für die Entscheidung der Frage über die excretorische Function des Kiemenherzanhanges für wichtig und finde die Stütze zum Beweise desselben in der gleichen Anordnung des Zellinhaltes in den Zellen der Harncanälchen. Ist somit die excretorische Function des Kiemenherzanhanges im höchsten Grade wahrscheinlich gemacht und steht dieselbe auch der Nierenfunction am nächsten, so möchte ich sie doch nicht als Harnabscheidung bezeichnen wollen , sondern vor Allem als ^) Hancock, On certain point.s in the Anat. and Phys. of the Dibranch. Cephalopoda, pag. 481 — 482. -) Vigelins, a. a. 0., p. 169—170. (198) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 21 Wasserabscheidung, wobei aber gewiss im Wasser leicht lösliche Substanzen mit ausgeführt werden. Dass dieses Organ, wie Vigelius der Ansicht ist, nicht mehr auf einer früher besessenen Höhe steht und als rudimentär zu bezeichnen ist, ist immerhin eine Möglichkeit. Doch halte ich bei dem Mangel jeglichen Vergleichspunktes, der hier einen Anhalt böte , eine sichere Entscheidung dieser Frage für unmöglich. Da der bisherige Name „Kiemenherzanhang" so wenig be- zeichnend ist, schlage ich vor, dieses Organ mit Rücksicht auf seinen drüsigen Bau, seine Abstammung vom Pericardialepithel, sowie seine Lage im Pericardialraum als „Pericardialdr üse" zu bezeichnen. Es ist gewiss ein seltsames Organ, welches in anderen Gruppen des Thierreiches keinesgleichen findet und nur noch, soweit bis jetzt meine Erfahrungen und Kenntnisse reichen, in einer Molluskengruppe vorkommt. Ich habe die grosse mit Epithel ausgekleidete Hoble, deren Beschreibung jener der Pericardialdrüse voranging, stets als „secundäre Leibeshöhle" (Claus, Hatschek) bezeichnet, ohne mich bisher über die Gründe geäussert zu haben. Die Gründe, auf welche ich mich stütze, sind: vor Allem das Lagerungsverhält- niss der Organe zu dieser Höhle und die Beziehung dieser Höhle zu der Niere; endlich auch die epitheliale Auskleidung derselben. Was das Lagerun gsverhältniss bestimmter Organe anbelangt, so ist die Gleichheit desselben mit jenem derselben Organe zu der sog. secundären Leibeshöhle bei Anneliden und Vertebraten sofort in die Augen fallend. Darm und Herz sind bei Mollusken wie Anne- liden und Vertebraten, wenn sie frei in die secundäre Leibeshöhle hineinragen, an Peritonealfalten in derselben aufgehängt und gehören eigentlich der primären Leibeshöhle an. Ebenso verhalten sich die Genitalorgane in allen drei Gruppen gleich. Die Geschlechtsorgane, welche auch bei den Cephalopoden höchstwahrscheinlich dem Leibes- höhlenepithel angehören, lassen ihre Producte nicht direct in die Aus- führungsgänge gelangen, sondern zunächst in die Leibeshöhle, von wo dieselben in die selbstständig beginnenden Leitungsapparate auf- genommen werden. Die oben ausgesprochene Vermuthung, dass sich das Vas deferens mit seiner inneren Oeffnung wahrscheinlich an die Hodenöffnung anschliesst, ändert nichts an dem eben auseinander- gesetzten Verhältnisse, da es sich hierbei um eine secundäre An- einanderlagerung handelt. Bereits von K r o h n i) ist richtig bemerkt worden: „Das Ovarium der Sepia — ist dem Bau und seinem Ver- 1) Krohn, a. a. 0. pag. 357, Anmerkung. 22 Dr. Carl Grobben: hältnisse zu dem hier nur einfachen Eileiter nach, dem der Vögel und Reptilien näher verwandt." Betreffend die Beziehung dieser Höhle zur Höhle der Niere, halte ich es für vollkommen gerechtfertigt , dieselbe als homolog derjenigen zu betrachten, welche bei anderen Mollusken besteht und die sich auch bei den Würmern und Vertebraten findet. Sowie ich einerseits aus dieser Beziehung einen weiteren Beweis für die Richtigkeit der Auffassung der grossen Höhle als secun- därer Leibeshöhle ableite, so muss ich andererseits für diese Com- munication auch die bei den zum Vergleich herangezogenen Thier- gruppen angewendete Bezeichnung des „Wimpertrichters" übertragen. Und zwar fasse ich den vorderen Theil der Leibes- höhlencanäle, von der Papille im Ureter angefangen ein Stück nach hinten als Wirapertrichter auf. Die trichterförmig in den Ureter vorspringende Papille ist nur das in den Nierensack vor- springende Ende des Wimpertrichters. Der Wimpertrichter von Sepia unterscheidet sich von den anstossenden Partien der Leibeshöhle nicht so scharf wie bei anderen Mollusken. Somit bin ich mit der Bezeichnung der Communicationsöffnung als Wimper- trichter zu einer Auffassung gelangt, welche bereits, und mit vollem Rechte, Hancock i) vertrat. Hancock hat, wie noch später erwähnt werden wird, sowohl die Genitalkapsel der Cephalopoden richtig mit dem Pericardium der Nudibranchiaten, als auch nur einen Theil des zwischen der von ihm richtig verstandenen Niere und der Genitalkapsel verlaufenden Canales der Octopodiden mit dem „pyriform vesicle" der Nudibranchiaten, welche nichts Anderes als der Wimpertrichter ist, verglichen. Inwieweit Hancock's Vergleich im Speciellen nicht glücklich durchgeführt ist, soll später besprochen werden. Merkwürdigerweise sind von dieser Auffassung, welche als die zunächstliegende erscheint, alle späteren Forscher, welche diesen Punkt erörterten, abgegangen. So hat Vigelius-) gegen die richtige Auffassung Hancock's eine Reihe von Einwänden erhoben, welche jedoch mit Ausnahme eines einzigen nichts gegen Hancock's Auffassung beweisen, da sie nur auf einer falschen Auffassung der Thatsachen und vollkommenen Verkennung der bereits von Hancock richtig erkannten Verhältnisse beruhen. Nur der eine Einwand ist der Besprechung werth. Er betrifft den ') Hancock, On the Structure and Homologies of the Renal Organ in the Nudibranchiate Mollusca, pag. 525. ^) Vigelius, Ueber das Excretionssystem der Cephalopoden, pag. 171 n. ff. (200) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 23 Umstand, dass bei N a utilu s, einer zweifelsohne phylogenetisch sehr alten Cephalopodenform , die beiden in Frage stehenden Oeffnungen der Leibeshöhle nicht in die Niere , sondern in die Kiemenhöhle führen. Mit Rücksicht nun auf das phylogenetisch höhere Alter des Nautilus soll die Einmündung der Leibes- höhlencanäle in die Niere, wie sie bei den übrigen Cephalopoden vorkommt, erst als ein secundäres Verhältniss aufzufassen sein, könnte somit nur als Analogie und nicht als Homologie im Ver- gleiche mit den übrigen Mollusken betrachtet werden. Auch Brock neigt dieser Anschauung zu. Vollends ist I beringt) für dieselbe eingenommen und betrachtet diese Communication „als eine den älteren Cephalopoden abgehende und erst innerhalb der Classe erworbene Einrichtung", da sich aus diesem Umstände ein neues Argument für die polyphyletische Abstammung der Mollusken gewinnen lässt, Ihering versuchte auch die Entstehung dieser Communication zwischen Leibeshöhle und Kiemenhöhle zu erklären. Danach wäre ^die Ausmündung der Leibeshöhle erst secundär zu Stande gekommen durch Vermittlung von Hautporen", wie sich solche bei den Cephalopoden am Kopf, an den Armen finden, und welche in subcutane Sinus fahren. Bei innigerem Aneinander- legen der Wand dieser Sinus an die der Leibeshöhle würde dann ein Durchbruch erfolgt und auf diese Art die OeflPnung der Leibeshöhle entstanden sein. Dass ich diese Erklärung für verfehlt halte, wird sich aus der folgenden Auseinandersetzung von selbst ergeben. So sehr ich den eben erwähnten Einwand als überhaupt den ein- zigen triftigen schätze, so glaube ich doch , dass sich demselben einiges Beachtenswerthe entgegenhalten lässt. Nautilus ist sicherlich eine Cephalopodenform , welche in den meisten Theilen ihrer Organisation phylogenetisch ältere Charaktere als die Dibranchiaten bewahrt hat. Doch ist es verfehlt, aus dem Umstände allein, dass eine Form die phylogenetisch ältere ist, es als selbstverständlich abzuleiten , dass bei derselben alle Verhältnisse im Vergleich mit denjenigen der jüngeren Gruppen als die phylogenetisch älteren zu betrachten sind. Es darf nicht unbeachtet gelassen werden, dass auch in der ßeihe, deren letzter lebender Repräsentant Nautilus ist, selbstständige Variationen stattgefunden haben, und dass auch bei Nautilus ursprüngliche Charaktere durch secundäre verdrängt wurden. Schon Ihering hat dies mit vollem Rechte hervorgehoben: „Nautilus nimmt in einigen Beziehungen ^) H. V. Ihering, üeber die Verwandtschaftsbeziehungen der Cephalopoden. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XXXV. Bd., 1881, pag. 10. (201) 24 Dr. Carl Grobben: eine besonders niedere Stellung ein — und dies hat man bisher unberechtigter Weise zu der Annahme verallgemeinert, dass Nautilus in jeder Beziehung ein primitives Verhalten aufweise und allen vergleichend morphologischen Verhandlungen als Aus- gangspunkt dienen müsse." Ich will hier nui? das Vorkommen eines bloss einerseits fungirenden Ausfiihrungsapparates der Genital- drüse erwähnen , was doch gewiss kein ursprüngliches Verhalten repräsentirt, wogegen der ursprünglich beiderseits fungirende Leitungsapparat sich bei der am meisten modificirten Cephalopoden- gruppe, bei den Octopodiden, erhalten hat. Ist daher die Annahme, dass die Dibranchiaten rücksichtlich der Einmündung der Leibes- höhle in die Niere das phylogenetisch ältere Verhalten beibehalten, in dieser Beziehung aber die Tetrabranchiaten derart variirt haben, dass endlich die Leibeshöhle direct nach aussen führte, ungereimt ? Ich glaube doch nicht. Und zwar stelle ich mir die selbstständige Ausmündung der Leibeshöhlencanäle entstanden vor durch eine bis zur Mün- dung erfolgte Längstheilung des Ureters, so dass die Leibes- höhlenmündung neben der des Ureters direct in die Kiemenhöhle führte. Halte ich somit einen Zwang, aus dem höheren phylogeneti- schen Alter von Nautilus auch die berührten Verhältnisse desselben als primäre ansehen zu müssen , für durchaus nicht bestehend so gestehe ich andererseits immerhin die Möglichkeit, ja Wahr- scheinlichkeit, zu , dass wirklich bei den phylogenetisch ältesten Cephalopoden die Leibeshöhlenöifnungen direct nach aussen führten, so dass die Einmündung der Leibeshöhle in die Niere bei den Dibranchiaten als secundäres Verhalten aufzufassen wäre. Einen Anhaltspunkt dazu finde ich vor Allem in dem von mir als Stamm- form der Cephalopoden aufgefassten MoUusk, an den sich die Ver- hältnisse von Nautilus direct anschliessen. Trotzdem ist jedoch daran festzuhalten, dass die Oeffnung, welche aus der Leibeshöhle hinausführt, h o m o 1 o g ist der Communica- tionsöfFnung zwischen Niere und Pericardialraum bei den übrigen Mollusken. Die Ausmündung direct nach aussen mag für die Cephalopodengruppe ein primäres Verhalten repräsentiren , im Vergleich mit den übrigen Mollusken jedoch ist dieselbe als secundäres aufzufassen, aus welchem durch Zurücktreten der Oeflfnung in die Niere tertiär das primäre Verhältniss hergestellt worden ist. Morphologische Stadien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 25 2. Der Harn- undGeschlechtsapparat, die secundäre Leibes höhle und der sogenannteKiemenherzanhaug von Eledone moschata. Die Nieren von E le don e moschata weisen viel einfachere Verhältnisse als die von Sepia auf. Dieselben (Taf. III, Fig. 29 N) stellen paarige Säcke vor, welche an keiner Stelle mit einander in Verbindung stehen. Sie sind ein wenig asymmetrisch ent- wickelt und erscheint demnach auch die Lage der Ureterpapillen (U) eine asymmetrische, indem der rechte Ureter näher der rechten Kieme liegt als der linke der seiner Seite, indem letzterer etwas medialwärts gerückt ist. Diese Verhältnisse sind bereits von Brocki) uu(j Vigelius^) beschrieben worden. Das Genauere der Eledoneniere betreffend, soll dieselbe nach V i g e 1 i u s mit der von ihm beschriebenen Octopusniere bis auf geringfügige Unterschiede übereinstimmen. Eine nochmalige Beschreibung dürfte jedoch nicht überflüssig erscheinen. Die Nieren von Eledone nehmen fast den ganzen unteren Abschnitt des hinteren Theiles des Eingeweidesackes ein, sind jedoch im Besonderen in ihrer Lagerung einem bedeutenden, durch die Entwickelung der Geschlechtsorgane bedingten Wechsel unter- worfen. Die ursprüngliche Lagerung der Nieren mag diejenige sein, wo sich dieselben längs der ganzen Unterseite des hinteren Theiles des Eingeweidesackes erstrecken und in ganzer Länge in der Mittellinie aneinander stossen. Dieses Verhältniss fand ich bei jungen Weibchen mit noch sehr wenig entwickelten Ovarien. Beim Männchen jedoch beobachtete ich niemals, dass die Nieren den Eingeweidesack von unten vollkommen bedecken. Hier nähern sie sich nur in den vorderen Partien fast bis zur Berührung, weichen jedoch nach hinten zu in geschwungenem Bogen auseinander (Fig. 29), so dass die Genitalorgane , welche ofi^enbar Ursache dieses Aus- einanderweichens der beiden Nierensäcke sind, am Grunde des Eingeweidesackes von unten durch die Niere nicht bedeckt werden. Die beiden Nierensäcke dehnen sich nicht bloss hinter den Ureterpapillen aus, sondern besitzen auch vordere zipfelförmige Ausbuchtungen von ansehnlichem Umfange, welche entweder beider- seits dieselbe Ausdehnung besitzen, oder aber eine Asymmetrie aufweisen, indem der vordere Zipfel des einen Nierensackes um ein Stück hinter dem des anderen zurückbleibt. Die Nierensäcke schlagen \) Brock, Geschlechtsorgane der Cephalopoden, pag. 55. ' Vi gel ins, Excretionssystem der Cephalopoden etc., pag. 146 u. ff. 26 Dr. Carl Grobben: sicli Überdies latevalwärts auf die obere Seite des Eingeweidesackes um, und können sogar den hinteren Theil der Eingeweide ring- förmig umfassen. Letzteres ist beim Männchen der Fall, wenn die Hoden nicht stark entwickelt sind, indem dann die beiden Nieren- säcke auch an der oberen Seite nochmals aneinanderstossen. Beim Weibchen jedoch und bei Männchen, deren Hoden mäch- tig geschwellt ist, werden die beiden Harnsäcke in der oberen Mittellinie auseinandergedrängt. Beim Männchen wird dann , da sich der Hoden nach rechts ausdehnt , der rechte Harnsack nach vorn verschoben, während umgekehrt der linke eine geringe Ver- schiebung nach hinten erfährt. Die ausgedehnteste Verschiebung jedoch erleiden die Nierensäcke beim Weibchen, wenn das Ovarium in voller Reife sich befindet, indem dieselben an die Vorderseite des letzteren hinaufgedrängt erscheinen. Auch bei Eledone springen die benachbarten Organe in das Nierenlumen ein wenig vor. Während die untere Wand sowie der grösste Theil der oberen Wand der Nierensäcke glatt bleiben und nur in contrahirtem Zu- stande gefältelt erscheinen, ist der oberhalb der an der Niere ver- laufenden Venen i) gelegene Wandtheil zu den sogenannten Venen- anhängen (Na) gefaltet. Diese verlaufen entsprechend dem Venen- verlaufe in einem nach hinten convexen Bogen, am Vorderende der unteren Abtheilung jedes Nierensackes beginnend, zum Kiemen- herzen (Kh), das sie auch von der Seite und von oben umgeben; in einem zweiten kleineren Bogen von dem eben beschriebenen zum äusseren vorderen Winkel des Harnsackes ; in einem dritten in den vorderen zipfelförmigen Aussackungen, welcher sich an den ersten anschliesst, als dessen Fortsetzung er erscheint. Im Gegensatze zu Sepia, wo die Venenanhänge gelappt und traubenförmig gestaltet sind, besitzen jene von Eledone keulenförmige Gestalt. Die Keulen, welche mit ihrem schmäleren Ende der Vene zugekehrt sind, zeigen an der Oberfläche kleine Furchen und Löcher (Fig. 29), welche in vielfache, sehr enge Spalten begrenzende Einstülpungen der Wand führen. Was endlich die Ureterpapillen (U) anbelangt, so ragen die- selben nicht weit in die Kiemenhöhle vor. Trotzdem besitzen die Ureteren eine ansehnliche Länge , indem sie sich in den Nieren- sack hinein röhrenförmig verlängern. Die Ureterenwand ist längs- gefaltet, wie dies auch bei Sepia der Fall ist. ') Die Venen sind in der Tafelerklärung näher bezeichnet. <2C4) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 27 In dem histologischen Verhalten finden wir eine grosse Üeber- einstimmung mit Sepia. Die sogenannten Venenanhänge bestehen aus einem den Verzweigungen der Vene folgenden Epithel, welches aus Cylinderzellen, ganz ähnlich denen von Sepia, besteht (Taf. II, Fig. 22). Stellenweise sind die Zellen niedriger, so dass die Breite der Zellen ihre Höhe übertrifft. An der Basis finden wir die strang- förmige Anordnung des Zellinhaltes, verschieden hoch reichend, zuweilen wenig deutlich ausgeprägt, was mit der momentanen Intensität der Function, resp. dem Stillstande derselben, zusammen- hängt. Der über dem Kern gelegene Theil des Zellinhaltes ent- hält stark lichtbrechende, wie Fett aussehende Tröpfchen, welche an den Präparaten fehlen. An der Oberfläche sind die Zellen mit einer dicken, sogenannten Stäbchencuticula versehen. Das Epithel sitzt den Gefässen an, neben welchen kräftige Muskelbündel (M s) die Venenanhänge durchziehen. Die Streifung in den Zellen der Venenanhänge hat wahr- scheinlich Vigelius gesehen. Vigeliusi) beschreibt zwischen der G-efässwand und dem Epithel eine „farblose Schicht, welche zahlreiche quer gestellte Protoplasmastreifen zu enthalten schien", deren Zugehörigkeit zum Epithel er für wahrscheinlich hält, ohne indessen darüber zu einem vollkommen sicheren Resultate gelangt zu sein. Die glatten Wände der Nierensäcke werden wie bei Sepia von einem Pflasterepithel, bei starker Faltung cylindrischen Epithel bekleidet, in dessen Zellen ich keine Streifung beobachtete. Da- gegen finden sich zahlreiche fettglänzende Tröpfchen im Zellinhalt vor; an der Oberfläche sind die Zellen von einer dünnen Cuticular- schichte überdeckt. Schleimzellen liegen überall bis in den Ureter hin eingestreut. Der Ureter wird von einem Epithel bekleidet, welches dem Epithel aus den weiter hinten gelegenen Theilen des Ureters von Sepia sehr ähnlich sieht (Taf. II, Fig. 16). Es ist ein Cylinderepithel, dessen Zellen einen körnigen Inhalt besitzen. Nach aussen folgt auf das Epithel Bindegewebe mit kräftiger Mus- kulatur, welche aus einer inneren Längs- und äusseren Ringfaser- lage besteht. An der Basis des Ureters findet sich eine mit radiär ver- laufenden Längswülsten versehene Papille (Taf. III, Fig. 29 W), an deren Spitze eine Oeffnung in ein System von Räumen führt ') Vigelius a. a. 0., pag. 156. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. V, Heft 2. 15 (205) 28 Dl'- Carl Grrobbeu: (vergl. Fig. 28, 30 und 34); zunächst in einen kurzen Gang, der einerseits in einen flaschenförmigen, gleichfalls mit zahlreichen, wie- der vielfach gefalteten Längswülsten versehenen Blindsack übergeht, welcher in seiner Enderweiterung den Kiemenherzanhang (Pd) enthält, andererseits sich in einen langen, engen Canal (Lk) fortsetzt, welcher am Halse des flaschenförmigen Blindsackes beginnt und zu der die Geschlechtsdrüse einschliessenden, respective mitbildenden Kapsel verläuft. Beim "Weibchen (Fig. 30) sind diese Canäle schmal und beiderseits gleich entwickelt ; sie begleiten die Oviducte (Od) an deren Aussenseite, biegen mit denselben auf die Unter- seite des Ovarialsackes (Ov) um und münden in diesen mit engen trichterförmigen Oeflnungen. Diese letzteren liegen aussen von der gemeinsamen Mündung, zu welcher, wie zuerst Brock her- vorhob, die beiderseitigen Oviducte an ihrem Ende zusammen- fliessen. Bei sehr entwickelten Ovarien (wie in Fig. 30) hat es den Anschein, als wäre die Mündung der Oviducte keine gemein- same. Es rührt dies jedoch von der starken Ausdehnung der Ovarial- sackwand her, in Folge deren die nicht beträchtliche Vertiefung, in welcher die beiden Oviducte zusammentreffen, vollkommen abge- flacht wird. Der Sack nun, in den die Canäle hineinführen, ist das Ovarium. Die Eier sitzen an dem grössten Theile der Wand einzeln auf (Fig. 34) ; ausgenommen davon ist nur die untere Seite, an welcher die Mündungen der Oviducte und der Canäle liegen. Hier zeigt die Ovarialwand zahlreiche Falten, welche sich in Falten der Canäle fortsetzen. Beim Männchen (Fig. 28) dagegen verhalten sich die beiden zur Genitalkapsel verlaufenden Canäle asymmetrisch, sowohl in der Ausbildung als im Verlauf. Der rechte Canal ist wie beim Weibchen in seiner ganzen Länge ein gleichweites schmales Rohr, welches nach mehreren Biegungen zunächst nach links einwärts zum Herzen, von da neben der Genitalarterie zur Hodenkapsel verläuft und an der oberen Seite derselben in der Nähe der Anheftungsstelle des Hodens mit spaltförmiger Oeffnung in die Kapsel einmündet. Der linke Canal dagegen ist nicht nur breiter als der rechte, sondern erweitert sich auch gegen die Hoden- kapsel zu allmälig. Er ist kürzer als der rechte und mündet an der vorderen Seite, gleichfalls in nächster Nähe der Anheftungs- stelle des Hodens, in die Hodenkapsel ein. Der Hoden (H) ist ein kugeliges Organ, welches blos an einer Stelle, und zwar vorn, an der ihn einschliessenden Kapsel befestigt ist, sonst frei in seine Kapsel hineinragt und sich somit in der (206) Morphologische Studien über dea Harn- und Geschlechtsapparat etc. 29 Lagerung von dem Sepiahoden unterscheidet. Die Mündung des Hodens (HO) findet sich an dem der Befestigungsstelle entgegen- gesetzten Ende, entfernt von der Mündung des Ausführungs- ganges (J), welche an der unteren Seite nahe dem linken vorderen Winkel der Hodenkapsel liegt und eine weite, trichterförmige Oeffnung darstellt. Das früher beschriebene Canalsystem ist sehr dickwandig und besteht seiner geweblichen Zusammensetzung nach aus einem Epithel, auf welches nach aussen Bindegewebe mit eingela- gerten kräftigen Längs- und Ringmuskeln folgt. Das Epithel besitzt an verschiedenen Stellen ein verschiedenes Aussehen. Der Wimpertrichter, der flaschenförmige Sack, sowie die Längscanäle, welche rücksichtlich ihrer histologischen Zusammensetzung bereits von Brock^) beschrieben wurden, sind von einem Wimpern tragenden Cylinderepithel ausgekleidet (Taf. II, Fig. 14 und Fig. 26), welches auch schon H. Müller angibt. In dem flaschen- förmigen Sacke, welcher den Kiemenherzanhang enthält, zeigen die Zellen an ihrer Basal seite die schon so oft begegnete Streifung (Fig. 13). Die Wimpern durchsetzen auch eine ansehnlich breite Cuticularschichte. Der in den flaschenförmigen Sack hineinragende Kiemenherzanhang ist gleichfalls von einem Epithel überzogen, welches ich nur stellenweise wimpernd, stellenweise jedoch ohne Wimpern fand, so dass bloss die Cuticularschichte die Zellen bedeckt. Auch ist das Epithel nicht so hoch, sondern bloss ein cubisches oder Pflasterepithel. Den Ovarialüberzug fand ich mit Ausnahme des Ueberzuges der Eier selbst überall aus einem Wimpern tragen- den, cubischen oder Cylinderepithel gebildet. Brock 2) hat dasselbe bereits beschrieben, konnte aber eine Flimmerung nicht auffinden, deren Abwesenheit er jedoch für kaum wahrscheinlich hält. An dem flachen Ueberzuge des Hodens beobachtete ich keine Wimpe- rung. Dagegen wimpert, wie bereits Brock angab, die Ausklei- dung des den Hoden aufnehmenden Sackes. Die Bewimperung war nur stellenweise continuirlich, an den unteren Theil der Wand jedoch discontinuirlich, indem die Wimpern in Büscheln standen. Indessen schienen alle Zellen, die hier keine bedeutende Höhe besitzen, je ein solches Wimperbüschel zu tragen (Fig. 24). Dass der Kiemenherzanhang und der Hoden an der Ober- fläche nicht Wimpern, hat bereits H. M ü 1 1 er angegeben. Müller *) Brock a, a. 0., pag. 58, 63. 2) Brock a. a. 0., pag. 100—101. 15* (207) 30 Dr. Carl Grobben: lässt auch den Eierstock unbewimpert sein. Offenbar bezieht sich diese Angabe auf den Ueberzug der Eier selbst, da sowohl für die freien Theile der Eierstockkapsel als der Hodenkapsel Wimpe- rung angegeben wird. Das eben in Kürze beschriebene Canalsystem wurde von A. Krohni) entdeckt, bereits gut beschrieben und als „wasser- führendes System" in die Wissenschaft eingeführt. Den morpho- logischen Werth dieses Apparates hat zuerst Hancock 2) richtig aufgefasst, welcher nicht nur die Homologie dieses Canalsystems der Octopodiden mit dem von H. Müller und ihm be- schriebenen System von Räumen der Dekapodiden, sondern vor Allem die Homologie mit dem Pericard und Nierentrichter der Nudibranchiaten aufstellte. Hancock 3) wies auch auf die Un- haltbarkeit und ünwahrscheinlichkeit der Ansicht hin, dass Wasser durch diese Räume von aussen aufgenommen werde, hielt viel- mehr dieses Canalsystem für eine ausgebreitete Niere („diffused kidney"), welche vorwiegend eine Wasserabscheidung besorge, während die Entfernung der eigentlichen Harnstoffe durch die Nierensäcke erfolge. Dagegen hat Brock*) in seiner ersten Pu- blication dieses Canalsystem, welches er ausführlich beschrieb und dessen Function am ehesten noch als die der Besorgung der Wasseraufnahme muthmasst, als „Spalten zwischen den Bauch- fellstaschen der einzelnen Organe" aufgefasst und als „den uns unverständlichen, weil reducirten, Ueberrest eines ausgedehnteren Apparates" bezeichnet, „dessen Spuren bei phylogenetisch älteren Formen verfolgt werden müssen". Brock hat an der Homologie dieses Canalsystemes mit dem der Dekapodiden festgehalten, wenn auch damals das Ovarium der Octopodiden nicht vollständig ver- standen. Vigelius'ö) verschiedene Bemerkungen lassen über die Ansicht des Autors in vollem Zweifel. Auf den Satz, „dass den Dekapoden ein Wassergefässsystem fehlt, und dass ihre Visceropericardialhöhle keineswegs als das Homologon des Wassergefässsystemes der Octopoden angesehen werden kann", folgt sogleich der weitere : „Dennoch stehen beide phylogenetisch in einer sehr engen Beziehung zu einander und stammen un- ') Krohn a a. 0., pag. 357—358. 2) Hancock, Ou certain Points etc., pag. 475 und: Oa the Structure and Homologies of the Renal Organ etc., pag. 525. ^) H an Cook, On certain Points etc., pag. 482. *) Brock, üeber die Geschlechtsorgane der Cephalopoden, pag. 108. *) Vigelius, Excretionssystem der Cephalopoden, pag. 170. (208) Morphologische Studien über deu Harn- und Geschlechtsapparat etc. 31 zweifelhaft von einer gemeinschaftlichen Urform ab." Aus solchen sich noch öfter ergebenden Widersprüchen gewinnt der Leser im Allgemeinen den Eindruck, dass Vigelius beide Organe doch nicht für in engerer Homologie stehend hält. So hat auch Brock die verschiedenen Aeusserungen von Vigelius aufgefasst, liess sich freilich durch die in Bezug auf die Leibeshöhle ausgedehnteren Beobachtungen von Vigelius in seiner früheren richtigen Auf- fassung irre machen. 1) Später hat Ihering^) wieder die voll- kommene Homologie dieses Canalsystemes bei den Dekapodiden und Octopodiden behauptet und Bro ck =*) neuerdings dieselbe An- schauung vertreten, sowie auch die Verhältnisse bei den Octopodiden richtig aufgefasst. Aus einem genaueren Vergleich des sogenannten Wasser- gefässsystemes der Octopodiden mit der secundären Leibeshöhle der Dekapodiden ergibt sich die Homologie beider Bildungen sogleich. Hier wie dort finden sich dieselben Beziehungen dieses Raumes mit der Niere, mit den sogenannten Kiemenherzanhängen und den Geschlechtsorganen. Die Abschnitte dieses Raumes sind nur enger geworden und haben dickere Wände erhalten, Eigen- thümlichkeiten, die, so sehr sie im ersten Augenblicke störend wirken mögen, doch für die Homologisirung beider Apparate kein Hinderniss bieten können. Wie auch Brock ausführte, ist aus der grossen secundären Leibeshöhle der Dekapodiden, in welche die meisten angrenzenden Organe, so der Magen, das Herz, das Kiemenherz, vom Perito- neum überdeckt, hineinragen, durch Reduction das enge Canal- system der Octopodiden entstanden, mit welcher gleichzeitig eine Her- ausschiebang des Magens, Herzens und auch des Kienienherzens aus der secundären Leibeshöhle erfolgte. Die gleichfalls stattge- fundene Herausschiebung des Kiemenherzens (vergl. Taf. III, Fig. 34) möchte ich noch besonders hervorheben, weil ich mich in diesem Punkte mit Brock's*) Angabe im Widers^iruch befinde, *) J. Brock, Versuch einer Phylogenie der dibranchiaten Cephalopoden. W Orphol. Jahrb., VI. Bd., 1880, pag. 233. ^) Ihering, 1. c, pag. 9. ^) J. Brock, Zur Anatomie und Systematik der Cephalopoden. Zeitschr. f. wiss. Zoolog., XXXVI. Bd., pag. 596 n. ff. *) Brock, an eben a. 0., pag. 599; vergl. ferner pag. 108, sowie die sche- matischen Figuren in der von demselben Autor herrührenden Arbeit : „Ueber die Geschlechtsorgane der Cephalopoden." (209) 32 Dr. Carl Grobben: nach welcher auch bei den Octopodiden das Kiemenherz in einer Kapsel liege, die jedoch vollkommen geschlossen und durch Thei- lung aus der ursprünglichen, das Kiemenherz und seinen Anhang aufnehmende Kapsel, wie dieselbe bei den Dekapodiden vorkommt, hervorgegangen sein soll. Das Kiemenherz liegt jedoch vollkommen ausserhalb des Peritonealüberzuges und haben bereits Krohn und H. Müller beobachtet, dass das Kiemenherz bloss von Faser- gewebe umgeben und nicht in einer Höhle gelagert ist. A.uch möchte ich Vigelius' Bemerkung : „Das Kiemenherz entbehrt einer eigenen freien Kapsel", in meinem Sinne deuten. Wenn auch die oben genannten Organe aus der secundären Leibeshöhle verdrängt wurden, so konnte die Greschlechtsdrüse nie in derselben fehlen ; denn die Geschlechtsdrüse gehört der letzteren an, und ich möchte dies weiter in dem Sinne verwerthen, dass die Geschlechtsproducte bei den Cephalopoden, wenigstens phylogenetisch, aus dem Epithel der Leibeshöhle ihren Ursprung genommen haben, was umgekehrt eine weitere Stütze für die Auffassung dieser Höhle als secundäre Leibeshöhle bietet. Ebensowenig konnte der sogenannte Kiemenherzanhang, die Pericardialdrüse, den Zusammenhang mit der secundären Leibes- höhle verlieren , denn auch sie gehört der letzteren an und ist, wie bereits bei Sepia gezeigt wurde, aus dem Epithel derselben hervorgegangen. Ergibt sich aus der bereits hervorgehobenen Homologie des sogenannten Wassergefässsystemes der Octopodiden mit den gleichen Räumen der Dekapodiden für ersteres die Bezeichnung als secun- däre Leibeshöhle von selbst, so erscheint als weitere Folgerung die Deutung der zwischen Niere und dieser Höhle bestehenden Com- munication als Wimpertrichter. Und zwar entspricht dem Wimper- trichter der übrigen Mollusken nicht der ganze Längscanal zwischen Niere und Genitalorgan, sondern nur der an der Niere gelegene Anfangstheil desselben. Die in den Nierensack vorspringende Papille ist somit in gleicher Weise wie bei Sepia nur das papillenförmige Nierenende des Wimpertrichters. Bei Eledone lässt sich auch die zweite Grenze des Wimpertrichters einiger- massen bestimmen, indem dieselbe kaum über jene Stelle hinaus- gehen dürfte, wo sich der Längscanal und der flaschenförmige, die Pericardialdrüse aufnehmende Sack trennen. Auch bei Eledone lässt sich der Wimpertrichter nicht von den anstossenden Partien der Leibeshöhle scharf unterscheiden. Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 33 Bereits Hancock i) hat nur einen Theil des Canales als Homologon des Wimpertrichters der von ihm untersuchten Nudi- branchiaten gedeutet. So sehr Hancock in dieser Anschauung im Rechte ist, so wenig vermag ich im Uebrigen seiner Ver- gleichung beizustimmen. Ich habe hier Hancock's unrichtige Vergleichung des bei Doris tuberculata zwischen Niere und pyriform vesicle bestehenden langen Canales mit dem Leibes- höhlencanal von Eledone im Auge. Hancock betrachtet den ersteren als röhrenförmige Verlängerung der birnförmigen Blase („tubulär Prolongation of vesicle") und somit als zur Leibeshöhle zugehörig. Er befindet sich jedoch hierin im Unrecht, soweit dies aus seinen eigenen Angaben zu entnehmen ist, nach denen der Längscanal zwischen Niere und pyriform vesicle bei Doris tuberculata seinem Baue nach zum Nierensacke zu rechnen ist. Der lange Canal, welcher bei den Octopodiden zwischen Wimper- trichter und Genitaldrüse liegt, ist als eine durch die speciellen Lagerungsverhältnisse der Organe entstandene Einrichtung auf- zufassen. Es bleibt nur noch übrig, die Pericardialdrüse von Eledone moschatazu beschreiben. Dieselbe (Taf. I, Fig. 6 und 7) ist relativ kleiner als die von Sepia. Sie besitzt eine röthlich-violette Farbe. Auch in Bau und Form unterscheidet sich dieselbe von derjenigen von Sepia. Sie ist nicht kegelförmig, sondern unregelmässig kuchen- förmig gestaltet und mit starken vorragenden Buckeln versehen. An ihrer Oberfläche bemerkt man eine Anzahl von Spalten, welche in das Lmere der Drüse führen, eine Abweichung von Sepia, wo eine einzige in das Innere führende Spalte vorhanden ist. Jede solche Spalte führt in ein geschlossenes System von Gängen, und zwar zunächst in einen Hauptgang mit Seitenbuchten, von denen aus man in weite, mit Blindsäckchen versehene Räume ge- langt, wie dies aus^der auf Taf. III gegebenen schematisch gehal- tenen Fig. 31 hervorgeht. Die einführenden Spalten sind mit einem anderen Epithel bekleidet als die Endsäckchen und die Räume, in welche erstere münden, wie gleichfalls im Schema angedeutet ist. Das Epithel der einführenden Spalten stimmt nämlich mit dem die Pericardial- drüse aussen überkleidenden Peritonealepithel überein und unter- scheidet sich von dem letzteren bloss durch die bedeutendere Hohe seiner Zellen, indem es aus Cyiinderzellen besteht. In den End- ') Hancock, On the Stracture and Homologies etc., pag. 525. 34 Dr. Carl Grobben: säckchen dagegen bilden die Epithelzellen keine festgeschlossene Reihe, sondern ragen bauchig in das Lumen der Drüse weit vor (Taf. II, Fig. 15). Bald sind die Zellen niedrig, bald langgestreckt und variiren auch in der Grösse. Sie sind besonders in ihrem oberen Ende reich mit gröberen und feineren Körnchen beladen, welche eine gelblich-röthliche Farbe besitzen und die röthliche Färbung der Pericardialdrüse bedingen. Nach aussen folgen auf das Epithel Bindegewebe und die mit dem Kiemenherzen zu- sammenhängenden Bluträume. In dem Bindegewebe verlaufen auch Muskelfasern (Ms). An der frischen Drüse konnte ich Pul- sationen beobachten. 3. Vergleichende Darstellung derselben Organe von Nautilus. Das Excretionssystem von Nautilus besteht im Gegensatze zu allen übrigen Cephalopoden aus vier Harnsäcken, welche durch schlitzförmige Oeffnungen in die Mantelhöhle münden. Die Nieren weisen in ihrem Bau dieselben Eigenthümlichkeiten wie bei den übrigen Cephalopoden auf. Hier entsteht nun die Frage, ob die Vierzahl der Harnsäcke bei Nautilus als ursprüngliche für alle Cephalopoden erscheint, von der aus die Zweizahl der Nieren, wie selbe für alle übrigen Cephalopoden gilt, durch ßeduction hervorgegangen ist, oder ob umgekehrt die Zweizahl als die ursprüngliche aufzufassen und von ihr aus die Vierzahl durch Vermehrung der Nierenapparate abzuleiten ist. Wer auf dem Standpunkte steht, Nautilus als eine in jeder Beziehung phylogenetisch alte Verhältnisse aufweisende Cephalopodenform anzusehen, wird geneigt sein, die erste der beiden in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten als die zutreffende anzusehen. Ein genaueres Eingehen bietet jedoch bestimmtere Anhaltspunkte zur Entscheidung dieser Frage in der zweiten Weise und führt zu einem Resultate, zu welchem auch bereits I he ring gelangt ist. Zur Entscheidung dieser Frage hat Ihering^) mit vollem Rechte die Beziehung zwischen Niere und Leibeshöhle gewählt. Bekanntlich findet sich bei Nautilus neben der Mündung des ') I h e r i B g, Ueber dieVerwandtschaftsbeziehungen der Cephalopoden etc., pag. 8. Morphologische Studien über den Harn- und Geschleclitsapparat etc. 35 hinteren Nierensackes eine OefFnung, welche in die Leibeshöhle führt, eine Beziehung, welche dem vorderen Nierensacke fehlt. Aas dieser Thatsache nun, dass der vordere Nierensack bei Nautilus keine Beziehung mit der Leibeshöhle hat, lässt sich der Schluss ziehen, dass die vordere Niere von Nautilus eine Bildung ist, für die wir bei den Dibranchiaten keine Rückbildung annehmen können. Sie führt aber meiner Ansicht nach auch zu der weiteren Annahme, dass die vordere Niere von Nautilus ein Abkömmling der ursprünglich einfachen, bei Nautilus hinteren, Niere ist. Diesen Abkömmling kann man sich entstanden denken durch Theilung des Harnsackes, welche sich als Folge der Entwicklung einer neuen Kieme und der mit Entstehung derselben zusammenhängenden Ausbildung einer neuen Kiemenarterie heraus- bildete, über welcher sich gleichfalls sog. Venenanhänge entwickelten. Stellen wir uns vor, dass mit der Entwicklung einer weiteren Kieme und damit einer neuen Kiemenarterie mit neuen sog. Venen- anhängen mehr Platz an der Unterseite des Eingeweidesackes ge- wonnen werden musste , um der neuentstandenen Kieme und den im Zusammenhang mit derselben sich entwickelnden Organen Raum zu schaffen, so ist in diesen Umständen genügend Veranlassung ge- geben, eine anfänglich natürlich unvollständige, erst später voll- ständige Theilung des einfachen Nierensackes zu Stande kommen zu lassen. Es besteht nun die Möglichkeit, dass bei dieser Theilung die bei den Vorfahren von Nautilus wie jetzt bei den Oego- psiden — diesen unbestritten phylogenetisch ältesten Formen unter den heute lebenden Dibranchiaten — nahe der Mündung der Niere in diese führenden Oeffnungen der Leibeshöhle an die Oberfläche der Kiemenhöhle gezogen worden und so neben die Ureteröffnung zu liegen gekommen sind. Mit der Anführung dieser Möglichkeit wollte ich nur zeigen , dass man nicht gezwungen ist, in dieser Beziehung die Verhältnisse bei Nautilus als ursprüngliche im Vergleich mit jenen der übrigen heute lebenden Cephalopoden zu betrachten. Wenn ich dennoch die Möglichkeit zugestehe, das Ver- halten bei Nautilus als ein ursprüngliches anzusehen, so geschieht dies vor Allem aus einem anderen, später noch anzuführenden Grunde. Bereits Ihering betrachtet die neue Niere als im Zusammen- hang mit dem Auftreten eines neuen Paares von Kiemen ent- standen. Ihering fasst jedoch die Neubildung einer zweiten Niere als einen Process einer metamerischen Wiederholung eines (213) 36 Dr. Carl Grobben: Organes auf, womit meine oben auseinandergesetzte Ansicht nicht in Uebereinstimmung steht. Als Folgerung der von mir angenommenen Entstehung der neuen Niere bei Nautilus ergibt sich, dass der gesammte Nieren- apparat von Nautilus der einfachen Niere der Dibranchiaten entspricht, und dass man nicht etwa ausschliesslich die hintere Niere von Nautilus als Homologon der Dibranchiatenniere aufzufassen hat, was als eine Folgerung der I h e r i n g'schen Auffassung erscheint. Aus der vorhergegangenen Auseinandersetzung geht schon hervor, dass ich mit Ihering die hintere Kieme von Nautilus als Homologon der Dibranchiatenkieme, die vordere als eine neu- gebildete auffasse. Was die grosse Höhle anbelangt, welche bei Nautilus Herz, Magen und die Genitaldrüse aufnimmt, so besteht kein Zweifel darüber, dass sie der secundären Leibeshöhle der Dibran- chiaten homolog ist. Diesen Schluss hat bereits Vigelius ge- zogen und diese Höhle mit derjenigen der Dekapoden in nähere Beziehung gebracht. In der That zeigt die Entwicklung der secundären Leibes- höhle von Sepia und Nautilus eine vollständige Ueberein- stimmung. Auch bei Nautilus liegt das Herz mit den zu- führenden Venen in dieser Höhle, und zwar in einem vorderen Abschnitte derselben, welcher von dem hinteren, den Magen und die Genitaldrüse aufnehmenden durch eine an der Unterseite vor- springende Falte unvollständig gesondert wird. Diese Falte, das Palliovisceralligament Huxley's, entspricht der an gleicher Stelle gelegenen Falte von Sepia. Ferner bestehen bei Nau- tilus dieselben Beziehungen der secundären Leibeshöhle zur Niere, allerdings in der Modification, dass die Mündung der Leibes- höhlencanäle anstatt in die Niere neben der Nierenöffnung direct in die Mantelhöhle führt. In dem als Pericardialraum zu bezeichnenden vorderen Ab- schnitte der secundären Leibeshöhle finden sich noch zwei Paare von als „foUiculäre Anhänge" bezeichneten drüsigen Körpern. Dieselben entsprechen den sogenannten Kiemenherzanhängen der Dibranchiaten , wie bereits Vigelius i) für möglich hielt. In ihrem Bau weisen die folliculären Anhänge noch ein sehr ein- faches Verhalten auf, indem zahlreiche Falten in die Leibeshöhle entwickelt wurden, so dass Follikel entstanden. Sie stimmen, so- ') Vigelius, Excretioussystem der Cephalopoden etc., pag. 169. (214) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 37 weit aus der Darstellung von Vigelius zu entnehmen ist, im Baue einigermassen mit der Pericardialdrüse vonEledone über- ein, indem auch bei Nautilus zahlreiche Oeffnungen in das Innere der Pericardialdrüse führen. Die Vierzahl der Pericardialdrüse bei Nautilus gegenüber der Zweizahl derselben bei den Dibran- chiaten ergibt sich als Folge der Entwicklung einer neuen , mit dem Auftreten der vorderen Kieme entstandenen Kiemenvene. Ich habe hier nur noch der zuerst von Owen beschriebenen sogenannten birnförmigen Blase („pyriform appendage") von Nautilus Erwähnung zu thun, deren Bedeutung erst in neuester Zeit durch Ray Lankester und Bournei) aufgeklärt wurde. Die beiden Forscher zeigten, dass dieser Blindsack der rudimentäre linke Ei- respective Samenleiter ist. Ich stimme mit dieser Auf- fassung, zu welcher ich gleichfalls unabhängig geführt wurde, vollständig überein. Die birnförmige Blase „ist an das Herz und der Vorderseite des Eierstockes befestigt", und zwar linkerseits. Sie läuft in einen dünnen Gang aus, „der im Grunde der Mantelhöhle nicht weit vom Ansätze der kleinen dorsalen Kieme nach aussen mündet", wie zu- erst Keferstein^) zeigte. Die Lagerung und die Beziehung der birnförmigen Blase zur Kiemenhöhle lassen die grosse Uebereinstimmung derselben mit einem Eileiter sofort in die Augen fallen. Noch viel auffallender wird die Aehnlichkeit, wenn wir einen unentwickelten Eileiter von Sepia zum Vergleiche heranziehen. Auch hier ist derselbe in diesem Zustande ein dünnwandiger Canal, welcher vorne in der secundären Leibeshöhle entspringt, bei Sepia zu dieser Zeit jedoch bereits die innere Oeffnung besitzt. Bei Nautilus ist keine innere Oeffnung vorhanden. Weiter wissen wir, dass der functionirende Eileiter bei Nautilus der rechtseitige ist. Somit steht nichts im Wege, die birnförmige Blase für den linken rück- gebildeten Eileiter von Nautilus zu erklären. Ray Lankester und Bourne haben auch für das Männchen den linken Samen- leiter beschrieben. 1) E. Ray Lankester and A. G. Bourne, On the Existence of Spengel's Olfactory Organ and of Paired Genital Ducts in the Pearly Nautilus. Quart. Jonrn. of Microsc. Scienc. Vol. XXIII. 1883, pag. 340. 2) W. Kef erst ein, Beiträge zur Anatomie des Nautilus pompilius. Nach- richten von d. kgl. Gesellsch. der Wissensch. zu Göttingen, 1865, pag. 369. (215) 38 Dr. Carl Grobben; 4. Vergleichende Darstellung der secundären Leibes höhle bei den übrigen Mollusken. Ich halte eine Besprechung der secundären Leibeshöhle bei den übrigen Mollusken für eng sich an die der Leibeshöhle bei den Cephalopoden anschliessend. Eine vergleichende Darstellung dürfte um so weniger überflüssig erscheinen, als eine solche im Zusammenhange noch nicht gegeben wurde, und dieselbe auch Gelegenheit bietet, einige neue Beobachtungen einzuschalten. Fassen wir zu diesem Zwecke die Verhältnisse der Leibes- höhle bei den Cephalopoden nochmals kurz zusammen, wobei wir nur die Verhältnisse von Sepia als die wahrscheinlich phylo- genetisch ältesten heranzuziehen brauchen. Bei Sepia ist die secundäre Leibeshöhle ein grosser Raum, welcher durch zwei Oeff- nungen (Wimpertrichter) mit der Niere communicirt. Diese Höhle ist mit einem Epithel ausgekleidet und enthält in ihrem vorderen Abschnitte das Herz mit seinen zu- und abführenden Gefässen, die Kiemenherzen, sowie die vom Peritonealepithel aus entstandene Pericardialdrüse, in ihrem hinteren Abschnitte die Geschlechts- drüse;, welche ursprünglich wahrscheinlich dem Peritonealepithel selbst angehörte, und den Magen. Vorderer und hinterer Abschnitt der Leibeshöhle sind durch ein vorspringendes Septum unvoll- kommen geschieden. In dem Umstände, dass die Höhlung der Geschlechtsdrüse noch als Theil der grossen Leibeshöhle erscheint, spricht sich ein phylogenetisch alter Zustand im Bau des Geschlechtsapparates bei den Cephalopoden aus, welcher an die einfachsten Verhältnisse der "Würmer anschliesst. Halten wir die Verhältnisse der secundären Leibeshöhle bei den Cephalopoden fest, so ist es nicht schwierig, die secundäre Leibeshöhle bei den übrigen Mollusken aufzufinden. Wie bereits Hancock und auch Ihering bemerkten, hat die secundäre Leibes- höhle der Cephalopoden hier im Pericardium ihr Homologon. Dies ist auch vollkommen richtig. Denn erstens finden wir diese Höhle bei den Schnecken sowohl als bei den Muscheln (Taf. III, Fig. 35 und 36) durch eine Oefi'nung, den Wimpertrichter, wie bei den Cephalopoden, in Communication mit der Niere, und be- obachten zweitens, dass dieselbe mit einem Epithel ausgekleidet ist, welches sich auf die in dieser Höhle gelegenen Organe um- schlägt. Die epitheliale Auskleidung des Herzbeutels bei den (216) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 39 Muscheln wurde bereits von Hesslingi), Griesbachs) ^„(j Sabatiers) beobacbtet, für die Schnecken von Hai 1er*) ange- geben. Bei den Muscheln — ich nehme die Najaden hier als Beispiel — enthält diese Höhle, welche sich symmetrisch an der Dorsalseite des Leibes vor dem hinteren Schalenschliesser in viel grösserer Ausdehnung als bei den Schnecken entwickelt, ein Stück des Darmes und das Herz mit seinen beiden Vorhöfen (Fig. 35 Cs.). Bei den Schnecken (z. B. He lix). birgt sie nur das Herz und seinen Vorhof (Fig. 36 Cs). Das Pericard ist jedoch nicht das alleinige Homologon der secundären Leibeshöhle. Es muss noch die Höhle der Grenitaldrüse (G) als ursprünglicher Abschnitt derselben hinzugerechnet werden, wozu der zeitlebens bestehende Zusammenhang der Höhlung der Genitaldrüse mit dem Pericardialraum bei Sepia den Anhalts- punkt bietet. Denken wir uns die bei Sepia vorkommende untere Falte, welche Pericardialraum und Genitalkapsel unvollkommen scheiden, bis auf die gegenüberliegende Wand fortgesetzt und mit dieser verwachsen, so erhalten wir eine geschlossene, mit der Niere communicirende Pericardialhöhle und eine geschlossene Geschlechtsdrüse, welche sich jetzt direct in den Ansführungsgang fortsetzt, also diejenigen Verhältnisse, wie sie sich bei fast allen übrigen Mollusken finden. Sepia repräsentirt somit nicht nur in der Communication zwischen Pericardialraum und Genitalkapsel, sondern auch in der ersten Ausbildung einer Scheidewand ein Entwicklungsstadium der Zustände bei den übrigen Mollusken. Die secundäre Leibeshöhle, nach Ausschluss der Höhle der Genitaldrüse, weist, wie wir sahen, bei den Muscheln und Schnecken eine geringe räumliche Ausdehnung auf, in Folge dessen sich nur wenige Organe in derselben befinden : bei den Muscheln ein Stück des Darmes, sowie das Herz mit den beiden Vorhöfen"; bei den Schnecken bloss das Herz und der Vorhof, der aber auch noch fast vollständig ausgeschlossen sein kann, wie dies z. B. bei Phyl- lirhoe der Fall ist. Niemals aber ist die Herzkammer ausge- schlossen. Nur bei den Octopodiden finden wir das Herz vollständig ') Th. V. Hessling, Die Perlmuscheln und ihre Perlen, Leipzig 1859. ^) Griesbach, Ueber den Bau des Bojanus'schen Organes der Teich- muschel etc., pag. 86. ä) A. Sabatier, Anatomie de la moule commune. Ann. de scienc. natur., 6. ser., t. V. Paris 1877, pag. 80—83. *) B. Hall er, Die Organisation der Chitonen der Adria. Arbeiten d. zoolog. Instit. zu Wien, t. IV, H. 3, 1882, pag. 63, Anmkg. 2. (217) 40 Dr. Carl Grobben: ausserhalb der secundären Leibeshöhle. Bei ihnen beschränkt sieh die letztere auf die Höhle der Geschlechtsdrüse nebst den beiden Verbindungsgängen zur Niere und deren flaschenförmigen Neben- räumen. Bei den Octopodiden erfährt somit die secundäre Leibes- höhle die weitestgehende Reduction, und wir haben also unter den heute lebenden Cephalopoden beide Extreme der Entwicklung der secundären Leibeshöhle vertreten, die grösste Ausdehnung bei den Decapodiden, die geringste bei den Octopodiden, ^) Bei Besprechung der Leibeshöhle der Muscheln habe ich noch eines Organes zu gedenken, welches der Leibeshöhle angehört. Keber^) hat zuerst bei der Teichmuschel ein nach seiner Meinung wahrscheinlich bereits von Poli als Viscus testaceura beschriebenes Organ einer eingehenderen Beobachtung gewürdigt, welches an der Dorsalseite, und zwar an der vorderen Wand des Pericardialraumes , gelegen ist, und das er als „rothbraunes Organ" bezeichnete. Keber fand, dass sich dieses Organ von dem Pericardialraum aus aufblasen lässt, und zwar durch Oeff- nungen, welche in dem vorderen Theile („Nebenhöhle") des Peri- cardialraumes liegen. Es ist nämlich der vorderste Abschnitt des Pericardialraumes, da, wo der Darm in denselben eintritt, sehr verengt und durch eine an der Seite entspringende Leiste von dem weiten hinteren, das Herz einschliessenden Theile des Pericardial- raumes geschieden. (Vergl. Taf. III, Fig. 35.) In diesem vorderen Abschnitte nun findet man nach Zurückschlagung des Darmes jeder- seits im hinteren Winkel den Eingang des zur Niere (N) führenden Wimpertrichters (W). Nach vorn von dem Trichtereingang liegen zwei oder mehr Oeffnungen, welche in das sog. rothbraune Organ (Pd) führen. Keber hielt letzteres Organ für den Ausführungs- gang des von ihm als „Schalendrüse" aufgefassten, nach seiner Meinung blindgeschlossenen Bojanus'schen Organes — oder genauer des als „Bojanus'scher Körper" bezeichneten inneren Abschnittes desselben. Keber sprach die Ansicht aus, dass wahrscheinlich der im Bojanus'schen Organ erzeugte „Schalenbildungsstoff" „im Herzbeutel als seinem Reservoir sich ansammle und von hier aus ') Dass die Leibeshöhlencanäle bei A r g o n a u t a und P h i 1 o n e x i s (Tremoctopus) Carenae fehlen, wie Brocii (Versuch einer Phylogenie der dibran- chiaten Cephalopoden, pag. 232) und Vigelius (Ueber das Excretionssystem der Cephalopoden, pag. 159) für erstere. Brock (a. eben a. Stelle) für letztere angibt, scheint mir unwahrscheinlich. ^) G. A. F. Keber, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Weichthiere. Königsberg 1851, pag. 23-27. (218) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 41 je nach dem jedesmaligen Naturbedürfnisse vermittelst des netz- förmig durchbrochenen rothbraunen Organs als seines Ausfüh- rungsganges nach der äusseren Mantelschicht und so an seinen Bestimmungsort" — „zwischen Mantel und Schale" — „geleitet werde". Später untersuchte C. Langer i) dieses Organ. Nach Langer ist das rothbraune Organ „ein integrirender Theil des Mantels, der durch die von Keber entdeckten OefFnungen in's Pericardium die Wasseraufnahme in das Blut des Thieres vermittelt". Langer gelangte zu dieser Anschauung vor Allem durch das Resultat seiner Injectionen, die vom Atrium aus eine Injection des roth- braunen Organes und einen Austritt der Masse in den Pericardial- raum ergaben, andererseits umgekehrt Masse vom Pericard durch das rothbraune Organ in das Atrium gelangen Hessen. Ebenso betrachten Rengar ten^), Hessling^) und G-r iesbach*) die in das rothbraune Organ führenden OeiFnungen als Communi- cationswege zwischen dem umgebenden Medium und dem Körper- innern. Meine eigenen Untersuchungen ergaben, dass in dem roth- braunen Organe Keber's in der That ein System von Räumen vorliegt, welches durch die von Keber entdeckten Oeffnungen mit dem Pericardium communicirt. Eine genauere Untersuchung dieses Organes bei Unio pictorum durch Anfertigung einer Schnittreihe zeigte , dass dasselbe aus zahlreichen , den OefF- nungen zustrebenden Blindsäckchen zusammengesetzt ist (Fig. 35 Pd), und dass diese Blindsäcke von einem Epithel bekleidet werden, welches sich direct in das Epithel des Pericard s fortsetzt. Ich übergehe hier eine genauere Beschreibung des Baues dieses Organes ^), weil die eben gemachten Angaben genügen, die morphologische Bedeutung desselben erkennen zu lassen. *) C. Langer, Das Gefässsystem der Teichmusehel. II. Abtheilong. Denk- schriften d. kais. Akademie d. Wissenschaften. XII. Bd. Wien 1856, pag. 43 (pag. 9 des Separatabdruckes). -) L. V. Rengarten, De Anodontae vasorum systemate. Dorpati 1853, pag. 48 u. ff. ^) Hessling, a. a. 0., pag. 238. *) H. G riesbach. Ueber das Gefässsystem und die Wasseraufnahme bei den Najaden und Mytiliden. Zeitschr. für wiss. Zoolog., 38. Bd., 1. Heft, 1883, pag. 18. ^) In einer späteren Arbeit soll dieses Organ genauer beschrieben und ab- gebildet, sowie auch die einschlägige Literatur eingehend besprochen werden. (2T9) 42 Dr. Carl Grobben: Die Thatsache, dass das rothbraune Organ Keber's ein Epithel besitzt, welches mit dem des Pericards in Continnität steht, lässt sieh anders so ausdrücken, dass das rothbraune Organ durch Ausstülpung vom Pericardialepithel entstanden ist. Es stimmt dasselbe daher mit der Pericardialdrüse der Cephalopoden seinem Baue und seiner Zugehörigkeit nach überein, und ich betrachte demnach das rothbraune Organ Keber's als Homologon der Pericardialdrü s e der Cephalopoden und bezeichne es deshalb auch mit diesem Namen. Doch muss ich kurz bemerken, dass, soweit es bis jetzt aus meinen Untersuchungen hervorgeht, die Pericardialdrüse wahr- scheinlich nicht dem ganzen rothbraunen Organe von K e b e r entspricht, sondern nur einem Theile desselben, indem Keber wohl benachbarte Theile, welche nicht zu diesem Organ gehören, noch für dazugehörig hielt. Von der Pericardialdrüse der Cephalopoden unterscheidet sich die von Unio im Wesentlichen dadurch, dass die Ausstül- pungen des Pericardialepithel s nicht in den Pericardialraum hinein- gehängt, sondern ausserhalb desselben in das umgebende Binde- gewebe eingelagert sind. Nach meinem Untersuchungsresultate bin ich der Ueberzeu- gung, dass das nicht regelmässige Eindringen von Injectionsmasse in das rothbraune Organ bei einer vom Atrium aus vorgenommenen Injection, sowie das nur „gelegentliche" Vordringen der in den Pericardialraum eingespritzten Masse durch das rothbraune Organ in das Atrium, wie C. Langer beobachtete, nur auf einen Durchriss der Gefässe, resp. der Blindsäckchen des rothbraunen Organes zurückzuführen ist. Bereits Keber machte die Beob- achtung, dass Quecksilber, in das rothbraune Organ injicirt, in die Vorkammer gelangt, betrachtete dies jedoch als Folge eines ein- getretenen ßisses. Was die Function dieses Organes bei den Muscheln anbelangt, so bemerke ich nur, dass die für die Pericardialdrüse der Cephalo- poden gemuthmasste Bedeutung desselben als einer Art Excretions- organes in dem Bau dieses Organes "bei den Muscheln keinen Widerspruch findet. Ueber die Verbreitung der Pericardialdrüse bei den Muscheln müssen erst weitere Untersuchungen Auskunft geben. Die von Sabatier^) beschriebenen bräunlich-grünlichen, drüsigen Anhänge ') A. Sabatier a. a. 0. (820) Morphologische iStudien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 43 des Vorhofes und der zuführenden Vene bei Mytilus sind Bil- dungen, welche ich als hierhergehörig betrachte. Ich habe die Pericardialdrüse hier vor Allem deshalb erwähnt, weil ihr Vorkommen einen weiteren Beweis für die Homologie des vorderen Abschnittes der secundären Leibeshöhle der Cephalo- poden mit dem Pericardialraum der Muscheln liefert. Die Zugehörigkeit der Höhlung der Geschlechtsdrüse zur secundären Leibeshöhle geht aber auch aus dem Verhalten der Genitaldrüse bei einigen an der Wurzel des Schneckenstammes stehenden Molluskenformen, nämlich den Solenogastres, sowie den niedrigsten Gasteropoden, den Chitonen, hervor. Bei den Solenogastres (den Gattungen Neomenia, Pro- neomenia, Chaetoderma) besteht nach den Untersuchungen von Hansen^), Hubrecht^), sowie Ko walevski undMarion^} zeitlebens eine Verbindung der Genitalkapsel mit dem Pericardium, indem die Genitaldrüsen mit paarigen Gängen in das letztere führen, von wo ein paariger, vielfach gebogener und mit Drüsen ausgestatteter Canal nach aussen führt, dessen letzter am Ende mit dem der anderen Seite verschmelzender Abschnitt als Niere aufgefasst wird, so dass die Ausfuhr der Geschlechtsproducte aus der Leibeshöhle durch die Nieren erfolgt. Hubrecht fasst mit Recht diesen Zustand des Urogenitalapparates als einen ursprüng- lichen auf, den die höheren Mollusken wahrscheinlich durchlaufen haben, und bezeichnet das Pericard auch richtig als die sehr redu- cirte Leibeshöhle („the much reduced body-cavity''), in welche die Genitalproducte entleert werden. Nur in einem Punkte muss ich die Auffassung Hubrecht's modificiren, nämlich dahin, dass nicht nur das Pericard, sondern auch die Höhle der Genitaldrüse als Theil der Leibeshöhle zu betrachten ist. Bei den Chitonen finden wir an die Neomenien an- schliessende, jedoch bereits eine weitere Entwicklungsstufe reprä- sentirende Verhältnisse in der Ausbildung der Leibeshöhle. Nach ß. Haller's^) Angaben besitzt die secundäre Leibeshöhle, die richtig ') G. A. Hansen, Anatomisk ßeskrivelse af Chaetoderma nitidulum. Loven. Nyt magazin for naturvidenskaberne. Bd. XXII, 1877, pag. 354. ^)A. Hubrecht, Proneomenia Sluiteri. Niederländ. Arch. für Zoologie. 1. Supplbd., 2. Heft, 1881. ^) A. Ko walevski und A. F. Marion, Etudes sur les NeomeDia. Zoolog. Anzeiger. V. Bd., Nr. 103, pag. 61. *) B. Hall er. Die Organisatioa der Chitoaen der Adria, pag. 63. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. V, Heft 2. 16 (221) 44: Dr. Carl Grobben: als solche aufgefasst ist, eine grosse Ausdehnung und nimmt auch den Verdauungstract auf. Diese Höhle steht jedoch nicht mit den weiteren Abschnitten der secundären Leibeshöhle, nämlich dem Pericard und der Genitaldrüse, in offener Communication, sondern bleibt von derselben getrennt. Aber auch Pericard und Genital drüse sind von einander geschieden und besteht zwischen diesen keine Communication mehr. Es lassen sich jedoch nach H aller die Stellen des ursprünglich vorhandenen Zusammenhanges nachweisen. B. Haller beschreibt zwischen dem hinteren Ende der Genitaldrüse und dem Pericard einerseits, andererseits zwischen dem vorderen Ende der Geschlechtsdrüse und dem grossen, den Darm aufnehmenden Theil der Leibeshöhle, Bändchen. „Diese Bändchen" hält Haller „für eingeschnürte Abschnitte des Leibes- epithels, die sich nachher rückbildeten". Sie repräsentiren uns die letzten Spuren des ehemals zwischen allen Theilen vorhandenen offenen Zusammenhanges. Die Bäziehung zwischen Niere und Pericard besteht nach Hai 1er nicht, während dieselbe nach Sedgwick^) und van Bemmelen^) vorhanden ist. Diese eben kurz berührten Verhältnisse der secundären Leibes- höhle bei den Solenogastres und Chitonen liefern einen Beweis für die Richtigkeit obiger Ableitungen. 5. DieMorphologie unddieVerwandtschaftsverhält- nisse der Cephalop öden. Die primitiven Verhältnisse, welche sich bei den Cephalopoden im Bau des Genitalapparates, sowie dem Verhalten der secun- dären Leibeshöhle ausprägen, lassen natürlich wieder die Frage aufwerfen, in welchem verwandtschaftlichen Verhältnisse die sonst so hoch über den übrigen Mollusken stehenden Cephalopoden zu den anderen Molluskengruppen stehen, und wo die Stammformen zu suchen sind, von denen aus die Cephalopoden ihren Ursprung genommen haben. Die Versuche, die Morphologie des Cephalopodenkörpers im Vergleich mit den übrigen Mollusken festzustellen, welche durch *) A. Sedgwick, On certain points in the Anatomy of Chiton. Proceedings of the Eoyal soc 1881. *) J. F. van Bemmelen, Zur Anatomie der Chitonen. Zoolog. Anzeiger, VI. Jahrg., Nr. 142, 1883, pag. 340. (222) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 45 Loven^), R, Leuckart^) undHuxleys) begründet wurden, führten auf die Pteropoden als diejenigen Formen unter den heute lebenden Mollusken hin, auf welche allein die Zurückführung der Cephalopoden möglich ist. Seit jener Zeit werden allgemein die Pteropoden als die Stammformen der Cephalopoden betrachtet. Eine mit Rücksicht auf die stammesgeschichtliche Forschung etwas bestimmtere Fassung hat diese Ableitung der Cephalopoden zuerst durch E. Haeckel^) gefunden, nach welchem die Cephalopoden einen sehr alten, frühzeitig von dem übrigen Schneckenstamm abgezweigten Seitenstamm bilden, der sich unabhängig von den übrigen Schnecken aus Pteropoden entwickelt hat. Dieselbe An- sichtfindet sich später auch durch Blake^) ausgesprochea, welcher den Cephalopodenstamm durch Pteropoden sich vom Hauptstamme der Mollusken zu einer Zeit abzweigen lässt, bevor die übrigen Gasteropoden sich entwickelt haben. Dagegen sprach Ihering*') entgegen seiner früheren') mit der vorhergehenden Auffassung übereinstimmenden zuerst die An- sicht aus, „dass 'die Muscheln, Dentalien und niedersten Arthro- cochliden den Cephalopoden weit näher stehen als die Pteropoden". Ihering hat dabei mit vollem Rechte auf den Geschlechtsapparat und die Niere hingewiesen, in denen sich bei Pteropoden und Cephalopoden so bedeutende Verschiedenheiten herausstellen, zudem gerade die Cephalopoden in der Paarigkeit der Niere und in dem Zusammenhang der Genitalkapsel mit dem Pericardium zweifellos ursprünglichere Verhältnisse als die Pteropoden aufweisen. Im selben Jahre hat auch Spengel^) die Schwierigkeit der Zurückführung der Cephalopoden auf Pteropoden als ihren Stamm- •) S. L 0 V e n , Beiträge zur Kenntniss der Entwicklung der Mollusca Ace- phala Lamellibranchiata. Aus den Abhandig. d. k. schwed. Acad. d. Wissensch. für das Jahr 1848 übersetzt. Stockholm 1879. '^) R. Leuckart, üeber die Morphologie und die Verwandtschaftsverhält- nisse der wirbellosen Thiere. Braunschweig 1848, pag. 152 — 160. 3) Th. H. H u X 1 e y , On the Morphology of the Cephalous Mollusca. Philos. Transact. 1853. *) £. H a e c k e 1 , Generelle Morphologie der Organismen. Berlin 1866, II. Bd., pag. CXV. ') J. F. Blake, On the Homologies of the Cephalopoda. Ann. and Magaz. of natur. bist. 5. ser. vol. IV. London 1879, pag. 305. '^) H. V. Ihering, üeber die Verwandtschaftsbeziehungen der Cephalopoden. a. a. 0. pag. 4. ') H. V. Ihering, Vergleichende Anatomie des Nervensystems und Phylo- genie der Mollusken. Leipzig 1877, pag. 273. *) J. W. S p e n g e 1 , Die Gerachsorgane und das Nervensystem der Mollusken. Zeitschr. f. wiss. Zoolog., Bd. 35, 1881, pag. 381, Anmkg. 1. 16* (223) 46 Dr. Carl Grobben: formen hervorgehoben und fühlte sich zu der Annahme geführt, „dass die Cephaloconen der gymnosomen Pteropoden schon einer noch symmetrischen Stammform eigen waren, von denen sich beide Classen abgeleitet haben". Ich miiss der zuletzt von Ihering ausgesprochenen Ansicht vollkommen beistimmen, und es wird nun meine Aufgabe sein, zu zeigen, welcher der von Ihering angeführten, heute lebenden Molluskengruppen die Cephalopoden am nächsten stehen, ob unter denselben nicht eine als Stammform oder präciser ausgedrückt, als der Stammform nahestehende Form bezeichnet werden kann, und in welchem Verwandtschaftsverhältnisse die bisher in der Regel als Stammformen betrachteten Pteropoden zu den Cephalo- poden stehen. Ihering hat an einem anderen Orte ^) ausgesprochen, dass die Cephalopoden zu keiner von den heute lebenden Mollusken nähere verwandtschaftliche Beziehungen besitzen ; ich will die betreffende Stelle aus der eben angezogenen Abhandlung Ihering's wörtlich hier anführen, was um so gebotener erscheinen dürfte, als dieselbe zur Erläuterung dafür dient, wie die früher von mir citirte Stelle von Ihering aufgefasst werden muss. Ihering schreibt : „Ich beschränke mich darauf — hinzuweisen, dass die Ansicht von der Verwandtschaft der Pteropoden und Cephalopoden wohl als unhalt- bar aufzugeben ist, und dass vielmehr die Cephalopoden sich als eine selbständige, keine näheren Beziehungen zu irgend welchen lebenden Mollusken aufweisende Gruppe herausstellen, deren Ur- sprung auf dieselbe Gruppe von Würmern zurückgeht, aus denen auch die Muscheln, Dentalien und Cochliden hervorgegangen sind." Nach Ihering wäre demnach keine der heute lebenden Moilusken- gruppen näher mit den Cephalopoden verwandt. Ein eingehenderer Vergleich der Cephalopoden mit den hier in Betracht kommenden drei Gruppen der Muscheln, Dentalien und niedersten Gasteropoden weist jedoch alsbald auf die Dentalien (Scaphopoden) als diejenige Molluskengruppe hin, welche einen näheren Vergleich mit den Cephalopoden zulässt, und führt auch weiter zu dem Resultate, dass die Dentalien geradezu als Reste von Stammformen, resp. als die Stammformen der Cephalopoden zu betrachten sind. ') H. V. Ihering, Die Aptychen als Beweismittel für die Dibranchiatennatur der Ammoniten. Neues Jahrbucli f. Mineralogie, Geolog, und Palaeontologie, 1881, Bd. I, pag. 48. (224) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 47 Zum Beweise für die Richtigkeit dieser Ableitung soll in Folgendem die Uebereinstimmung in den Organisationsverhältnissen zwischen Scaphopoden und Cephalopoden an der Hand neben- stehender Schemata näher geprüft werden. Schematische Darstellung des Baues von fl. D entalium , b. Nautilus, c. Sepia, zur Erläuterung der Homologieen. — 0 Cirrhen resp. Kopfarme, Pp unpaarer Abschnitt des Fusses (Protopodium). Ep paariger Abschnitt des Fusses (Epipodium), M Mantelhöhle, D Darm, G Genitaldrüse, A'' Niere, K Kieme. Bei einem solchen Vergleich dürfen natürlich zunächst nicht die Eigenthümlichkeiten der Dibranchiaten, sondern müssen jene der Tetrabranchiaten herangezogen werden. Dentalium stimmt mit den Cephalopoden zunächst in der nur in geringfügigen Punkten gestörten bilateralen Symmetrie des Körpers, in dem hohen thurmförmig erhobenen Eingeweide- sacke und in der Entwicklung der Mantelhöhle an der Hinterseite des Eingeweidesackes überein. Rücksichtlich der besonderen Ge- staltung der Mantelhöhle besteht der Unterschied, dass sich die letztere bei Dentalium nach oben öffnet, während dies bei den Cephalopoden nicht der Fall ist. Diese Eigenthümlichkeit muss jedoch als eine specielle Erwerbung von Dentalium betrachtet werden. Gremäss der eigenthümlichen Entwicklung des Mantels ist auch das Abscheidungsproduct des letzteren, die Schale, röhren- förmig gestaltet, indem dieselbe an. beiden Enden mit einer Oeffnung versehen ist. Unter den heute lebenden Cephalopoden kommt Nautilus eine allseitig entwickelte, das Thier aufnehmende Schale zu, welche jedoch, entsprechend dem hinten blind geschlossenen (225) 48 . Dr. Carl Orobben: Mantel gleichfalls am Ende geschlossen ist. ^) Bei den meisten übrigen heute lebenden Cephalopoden ist die Schale rudimentär und eine innere geworden, oder fehlt vollständig. Auch möchte ich als übereinstimmend auf die Concavität der vorderen Seite des Eingeweidesackes sowohl bei Dentalium als bei Nautilus hinweisen, ohne jedoch dieselbe mit voller Bestimmtheit als vererbt annehmen zu können. Was den Fuss anbelangt, so ist derselbe bei Dentalium cylindrisch gestaltet und endet dreitheilig, indem zu dem drei- eckig zulaufenden Mitteltheile jederseits ein kleiner Lappen hinzu- kommt. Andererseits unterscheidet man am Trichter der Cephalo- poden, zunächst an dem von Nautilus, zwei Trichterlappen und die Klappe. Erstere entsprechen den mächtig entfalteten paarigen Seitenlappen des Dentaliumfusses, letztere dem Ende des im Ver- gleich zu Dentalium weit reducirten unpaaren Fussabschnittes, welchem bei Nautilus und den übrigen Cephalopoden noch das hintere sich an die Klappe anschliessende Verbindungsstück der paarigen Lappen zuzurechnen ist. Die Deutung der Trichterklappe als unpaarem Fussabschnitt findet sich zuerst bei Ihering, Die Verwachsung der paarigen Lappen zum Trichterrohre, welche für alle Dibranchiaten gilt, sowie das Fehlen der Trichterklappe bei den Octopodiden sind secundäre Erscheinungen und durch Weiter- bildung, resp. Rückbildung eines ursprünglich vorhandenen Theiles zu erklären. Besonders bemerkenswerth ist bei Dentalium der dorsal- wärts vom Fusse gelegene Mundkegel, sowie die beiden an seiner Basis entspringenden mit zahlreichen Cirrhen ausgestatteten Lappen. Bei den Cephalopoden finden wir an gleicher Stelle den mit den Armen ausgestatteten Kopf. Bei Dentalium vermissen wir im Zusammenhang mit dem Mangel an Sinnesorganen die Absetzung des vorderen Körperabschnittes als Kopf. Der kleine kegel- förmige Zapfen, an dessen Spitze der von Fransen umgebene Mund liegt, kann, wie bereits Lacaze-Duthiers^) hervorhob, nicht als Kopf angesprochen werden. Er ist bloss dem Mundkegel der Cephalopoden zu vergleichen, wobei der gefranste Lippenrand der ') An einen "Vergleich des Sipho's und der mit der Entwicklung desselben zu- sammenhän "-enden Oeffnung in der Kammerscheidewand bei Nautilus mit der oberen Oeffnung des Mantels und der Schale von D e n t a 1 i u m ist natürlich gar nicht zu denken. ■'') H. Lacaze-Dnthiers, Histoire de l'organisation et du de veloppement du Dentale. Ann. d. scienc. natur. IV. s6r., t. VIII, 1857, pag. 33. (226) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 49 Cephalopoden den Lippenfranseii von Dentaliiim entspricht. Die zahlreichen Cirrhen von Dentaliuman den beiden an der Basis des Mundkegels entspringenden Wülsten betrachte ich als Homologa der Kopfarme der Cephalopoden. Ich befinde mich hierin in Uebereinstim- mung mit Sars^), welcher gleichfalls die Tentakel von Dentalium mit den Kopfarmen der Cephalopoden homologisirte. Hier zeigen zunächst die auf Lappen entspringenden zahlreichen Cirrhen von Nautilus die grosse Aehnlichkeit mit den Kopfcirrhen von D entalium. Ich stimme daher in Consequenz meiner Vergleichung Ihering^) bei, wenn er von den Armen der Dibranchiaten und denen von Nautilus sagt, dass sie „nicht direct auf einander beziehbar sind", halte dagegen die Ansicht Valenciennes'^) welche auch von R. Leuckart, in neuerer Zeit von Blake*) vertreten wird, dass die Tentakel von Nautilus morphologisch den Saugnäpfchen, welche hier als Scheiden ihres zu einem Ten- takel verlängerten warzenförmigen Kernes modificirt erscheinen, und dass die musculösen Stämme, welchen die Tentakel gruppen- weise angehören, den Armen der übrigen Cephalopoden entsprechen, für nicht richtig. Ueberdies führt die letztere, so wenig dieselbe von vornherein Unwahrscheinliches an sich trägt, zu der Annahme von nur acht Armen für die Stammformen der Dibranchiaten, während die Zehnzahl als die ursprüngliche angesehen werden muss. Blake hat die Umwandlung einer Tentakelgruppe beim männlichen Nautilus zum Spadix als Beweis für die Homologie einer ganzen Tentakelgruppe mit einem Kopfarm der Dibranchiaten herangezogen. Ich vermag jedoch in dieser Spadixbildung kein Hinderniss für die entgegengesetzte auch von mir vertretene Auf- fassung eines einzelnen Nautilustentakels als Homologon eines Dibranchiatenarmes zu erblicken. Die Zehnzahl der Kopfarme der Dibranchiaten, sowie ihre Ausstattung mit Saugnäpfen sind als secundäre Entwicklungen aufzufassen und durch Reduction der Tentakel von Nautilus an Zahl sowie secundärer Ausstattung derselben mit Saugnäpfen entstanden zu denken. Demnach würde ein Arm von Sepia ') Angeführt nach Bronn's Classen und Ordnungen etc. III., pag. ,547. ^)Ihering, Ueber die Verwandtschaftsbeziehungen der Cephalopoden, pag. 15 ; ferner bereits in: Vergleichende Anatomie des Nerveasystemes und Phylo- genie der Mollusken. Leipzig 1877, pag. 276. ä) A. Valencienues, Nouvelles Recherches sur le Nautile flambe (Nau- tilus Pompilios Lam.) Archives du Museum d'hist. natur., t. II, Paris 1841, pag. 275. *) Blake a. a. 0. pag. 310 und 311. (227) 50 Dr. Carl Grobben: einem Tentakel von Nautilus und Dentalium entsprechen, Diese Auffassung hat auch 0 w e n ^) gegenüber Valenciennes vertreten und hat sich Keferstein^) derselben ebenfalls ange- schlossen. Die Achtzahl und die im Vergleich zum Körper so ausserordentliche Entwicklung der Arme bei den Octopodiden sind weitere in gleicher Richtung fortgeschrittei^e Umbildungen inner- halb der Dibranchiaten. Gehen wir zur inneren Organisation über und betrachten zunächst den Darmcanal , so finden wir bei Dentalium einen U-förmig gebogenen Darm, welcher am Mundkegel mit der Mund- öffnung beginnt und hinter dem Fusse ventralwärts durch den After in die Mantelhöhle mündet. In der Mundhöhle liegt eine Radula. Ganz dasselbe gilt für die Cephalopoden. In den Darm mündet bei Dentalium und ebenso bei den Cephalopoden eine paarige Leber ein. Die Nieren sind bei Dentalium paarig. Sie liegen zu beiden Seiten des Enddarmes und münden durch je eine Oeffnung neben dem After in die Mantel höhle. Dasselbe Verhalten weisen die Cephalopoden auf, unter denen die Octopodiden die ursprüng- lichen Verhältnisse im Excretionsapparat am besten bewahrt haben, während bei den Dekapodiden Verschmelzungen der beiden Nierensäcke eingetreten sind. Die bereits früher besprochenen Eigen- thümlichkeiten im Harnapparat von Nautilus haben sich als aus dem der Dibranchiaten ableitbar herausgestellt. Die Genitaldrüse nimmt bei Dentalium den obersten Theil des Leibes ein. In Uebereinstimmung damit finden wir bei den Cephalopoden die Geschlechtsdrüse in der Spitze des Eingeweide- sackes gelegen. Was den Ausführungsgang der Genitaldrüse anbe- langt, so ist derselbe bei Dentalium bloss rechterseits ent- wickelt und führt durch die rechte Niere nach aussen. In der bloss einerseitigen Entwicklung des Ausführungsganges zeigt D e n- talium keine ursprünglichen Verhältnisse, in der Einmündung desselben in die Niere jedoch ein ursprüngliches, an einfache Zustände sich anschliessendes Verhalten. Bei den Cephalopoden dagegen hat sich die ursprüngliche Paarigkeit des Ausführungsganges bei zahl- reichen Formen, und gerade solchen, welche als phylogenetisch alte mit Recht betrachtet werden, erhalten; hingegen findet sich nirgends eine Einmündung des Ausführungsapparates zunächst ') R. 0 w e u , On the Structure and Homology of the Cephalic Teutacles in the Pearly Nautilus. Ann. of nat. bist. vol. XII, 1843, pag. 310—311. '-) W. K e f e r s t e i n, Beiträge zur Anatomie des Naatilns pompilius, pag. 362. .(228) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 51 in die Niere, indem die Ausmündung desselben stets direct in die Mantelhöhle erfolgt. Es wird jedoch durch die aus den vorhergehenden Vergleichspunkten bereits zur Genüge hervorgehende nahe Bezie- hung zwischen Dentalium und den Cephalopoden umgekehrt wahrscheinlich gemacht, dass bei den Vorfahren der heute lebenden Cephalopoden die Ausführungsgänge der Genitaldrüse durch die Niere nach aussen führten, was weiter in der Entwicklungsreihe zurückverfolgt, die Ausführungsgänge auf Theile des Excretions- apparates zurückführen lässt. Ich hebe dies besonders hervor, weil Iheringi) zu einer gegentheiligen Anschauung hinneigt: „Eine Nothwendigkeit, die ausführenden Geschlechtswege der Cephalo- poden auf Segmentalorgane zurückzuführen, liegt aber keineswegs vor, ja lässt sich wohl sogar ausschliessen. Denn es existiren ja bei den Cephalopoden echte paarige, als Harnsäcke bezeichnete Nieren." Wenn letzteres die Begründung Ihering's für die von ihm vertretene Ansicht sein soll, so ist dieselbe als vollkommen unhaltbar zu betrachten. Denn das Vorhandensein der Niere kann kein Beweis gegen die Entstehung des Ausführungsganges aus derselben sein, da sich auf Grund vergleichend anatomischer Be- trachtung rücksichtlich des Verhaltens des Ausführungsganges der Genitalorgane bei den Muscheln ableiten lässt, dass der Aus- führungsgang bloss ein abgespaltener Theil der Niere ist. Uebri- gens muss bemerkt werden, dass I h e r i n g früher ^) für die Arthro- cochliden, Muscheln imd Solenoconchen eine mit der eben ent- wickelten gleiche Auffassung vertreten hat. In allen bisher angeführten Punkten lassen sich die Cepha- lopoden mit Dentalium ohne Schwierigkeit in Uebereinstim- mung bringen. Es müssen jedoch noch einige den Cephalopoden zukommende, den Dentalien jedoch fehlende Organe besprochen werden, nämlich die Augen, die Kiemen und das Herz. Der Mangel der Augen wird einer näheren Zusammenstellung der Cephalopoden und Dentalien kaum ein Hinderniss bieten können, sobald festge- halten wird, dass Dentalium eine im Schlamme grabende Form ist, während die Cephalopoden pelagisch leben. Ebensowenig erscheint das Fehlen von Kiemen bei Dentalium als eine Schwierigkeit bei einem Vergleiche. Von grösserem Belang ist der Mangel des Herzens, welches, soweit unsere Kenntnisse reichen. ') Iheriug, a. eben a. 0. pag. 6. '^) H. V. I bering, Zur Morphologie der Niere der sog. „Mollusken". Zeit- schrift f. wiss. Zoolog. XXIX. Bd., 1877, pag. 588-589. (329) 52 Dr. Carl G r o b b e n : sonst bei keinem Mollusken, selbst nicht den einfachsten Formen unter denselben, den Neomenien, fehlt. Immerhin kann auch dieser Mangel nicht als Hinderniss eines näheren Vergleiches zwischen Dentalien und Cephalopoden betrachtet werden , da ja sonst ein Vergleich von Dentalium mit den anerkannt nächst- stehenden Mollusken, welche alle ein Herz besitzen, die gleiche Schwierigkeit böte, was doch mit Rücksicht auf sonst zweifellos bestehende nahe Verwandtschaft sicherlich nicht der Fall ist. Uebrigens bieten auch andere Gruppen im Thierreich Beispiele, aus denen zu ersehen ist , wie nahestehende Familien sich durch den Mangel der Kreislaufsorgane unterscheiden. Ich erinnere hier nut an die Cyclopiden (ohne Herz) und Calaniden (mit Herz) unter den freilebenden Copepoden. Wie verhält es sich bei den Solenoconchen mit der secun- dären Leibeshöhle? Ist eine solche vorhanden? Lacaze- Duthiers^} hat bei Dentalium einen an der Ventralseite hinter den Nieren gelegenen Peritonealsack beschrieben. Die Deutung des- selben als einen Theil der seeundären Leibeshöhle halte ich für nicht unwahrscheinlich. Lacaze-Duthiers beschreibt aber auch zwei in der Nähe der Nieren Öffnungen gelegene Oeffnungen, durch welche das Blutlacunensystem mit der Aussenwelt in Ver- bindung stehen soll. Ich kann hier , auch mit Rücksicht darauf, dass ich ein Geöffnetsein des Blutgefäss-Systems nach aussen für unmöglich halte , nicht unterdrücken , diese beiden neben der Nierenöffnung gelegenen Oeffnungen den Oeffnungen der seeun- dären Leibeshöhle bei Nautilus zu vergleich3n. Dieselben würden somit den Wimpertrichtern der Molluskenniere entsprechen. Natürlich würde dann der Raum, in welchen diese Oeffnungen führen („Perianalsinus" L. D.), nicht dem ßlutgefäss-Systeme, sondern der seeundären Leibeshöhle angehören. Für meine Deutung der in Frage stehenden Oeffnungen als Homologa des Wimper- trichters führe ich den Mangel eines Wirapertrichters an der Niere bei Dentalium an, während, nach den bisherigen Beobachtungen zu schliessen, wohl allen Mollusken ein Wimpertrichter zukommt. Eine erneuerte , auf diese Punkte gerichtete Untersuchung von Dentalium erscheint zur Entscheidung unumgänglich nöthig. Nur mit Rücksicht darauf, dass diese beiden wahrscheinlich den Leibeshöhlenmündungen entsprechenden Oeffnungen bei Den- talium neben der Nierenöffnung liegen, habe ich früher die ') Lacaze- Dutliiers a. a. 0. (230) Morphologische Studien über den Harn- und Gescblechtsapparat etc. 53 Möglichkeit, dass dasselbe Verhältniss bei Nautilus als vererbt angesehen werden kann, zugestanden. Aus dem angestellten Vergleiche geht trotz mancher Lücke doch zur Genüge hervor, dass zwischen Dentalien und Cephalo- poden sehr nahe Beziehungen, die man als verwandtschaftliche aufzufassen berechtigt ist, bestehen und dass die Uebereinstimmung zwischen beiden Gruppen eine weitaus grössere ist als mit den Pteropoden. Es möge hier kurz nochmals auf die bilaterale Sym- metrie des Körperbaues , die Form des Fusses , sowie das Vor- handensein von Cirrhen von Dentalium hingewiesen werden, als Eigenthümlichkeiten, die unter allen heute lebenden Mol- lusken Dentalium als diejenige Form erscheinen lassen, welche mit den Cephalopoden die nächste Verwandtschaft besitzt. Eine Ableitung der Cephalopoden von den Scaphopoden oder Scaphopoden -ähnlichen Formen erscheint daher vollkommen gerechtfertigt. Dass die Scaphopoden phylogenetisch sehr alte Formen reprä- sentiren, geht überdies schon aus der geringen Arten- und Gat- tungenzahl hervor, in welcher diese Gruppe in der heutigen Lebe- welt vertreten ist. Ist die sehr nahe verwandtschaftliche Beziehung zwischen Dentalium und den Cephalopoden soweit erwiesen, so halte ich es noch für meine Aufgabe, die Stellung des ersteren zu den wahr- scheinlichen Stammformen der Cephalopoden genauer zu bestimmen. Alle Eigenthümlichkeiten, welche die heute lebenden Scaphopoden gegenüber den Cephalopoden aufweisen , so die besondere cylin- drische Gestaltung des Fusses , der Mangel an Sehorganen , das Geöifnetsein des Mantels und, damit zusammenhängend, der Schale an der Körperspitze, erklären sich aus der grabenden Lebensweise von Dentalium und sind wahrscheinlich den Stammformen der Cephalopoden. nicht zugekommen. Die Besonderheiten der heute lebenden Cephalopoden, die trichterförmige Gestaltung des Fusses, die hohe Ausbildung der Sinnesorgane, die Rückbildung der Schale und die Ausstattung der Arme mit Saugnäpfen haben sich dagegen mit der Anpassung an die pelagische Lebensweise entwickelt. Die Vergleichung von Cephalopoden und Scaphopoden gibt mir Anlass, mich in wenigen Worten über die Stellung, welche man den Solenoconchen im System zu geben hat, auszu- sprechen. Ich halte die Trennung der Solenoconchen als eigene Classe (231 54 Dr. Carl Grobben: der Mollusken, wie dies C, Claus i) thut, und auch Ihering^) als das Zutreffendere betrachtet, für das Richtige. Der Mangel eines gesonderten Kopfes, die bilaterale Symmetrie des Körpers, auch die röhrenförmige Schale, vor Allem aber das bisher zu wenig betonte Vorkommen von Cirrhen hinter dem Mundkegel und die besondere Fussform sprechen für diese Trennung. Gerade die Cirrhen halte ich für eine Eigenthümlichkeit der Solenoconchen allen anderen Molluskengruppen gegenüber, mit Ausnahme der sonst wieder durch alle Eigenthümlichkeiten der Organisation gut begrenzten Cephalopodenclasse. Lacaze-Duthiers^) hat die Dentalien zwar als eine besondere Gruppe unter dem Namen der Solenoconchen getrennt, diese aber den Acephalen untergeordnet. Lacaze-Duthiers hat hierbei in einseitiger immer auf diese letzte Classe gerichteter Vergleichung die Ueberein Stimmung beider Gruppen im bilateral-symmetrischem Bau, in der Gestaltung des Nervensystems, dem Fuss, den Genitalorganen und der Embryonal- form zu sehr betont , das Vorhandensein einer Radula und der Cirrhen bei Dentalium dagegen unterschätzt. Später hat*) Lacaze-Duthiers zugegeben, dass sich in Dentaiium der Gasteropode zu manifestiren beginnt, jedoch daran festgehalten, dass Dentaiium den Acephalen näher steht als den Schnecken, nachdem bereits früher M. S a r s 0) dafür hielt, Dentaiium in die Gruppe der Cephalophoren einzureihen, und zwar in die Ord- nung der Gasteropoden, in der sie „eine aberrante oder in gewisser Hinsicht degradirte Gruppe bilden , oder wenn man will , eine eigene an sie sich zunächst anschliessende Ordnung", Eine solche Einreihung von Dentaiium unter die Schnecken hat E. H a e c k e 1") vorgenommen. Wenn auch die Annäherung der Scaphopoden an die Ace- phalen einerseits, die Gasteropoden andererseits besteht, an letztere zweifellos entschiedener ausgeprägt ist, so halte ich doch eine Ein- ^) C. Claus, Grundzüge der Zoologie. IV. Aufl. 1882. ^) H. V. Ihering, Vergleichende Anatomie des Nervensystemes i;nd Pliylo- genie der Molinsken. Leipzig 1877, pag. 66 — 67. •'') Lacaze-Duthiers a. a. 0. *) Lacaze-Duthiers, Note snr le Nerf acoustique du Dentale. Arch. de Zoolog, experim., t. III, 1874, p. XXI. ■') M. Sars, Om Siphonodentalium vitreum, en ny Slaegt og Art af Dentali- dernes Familie. Christiania 1861. Troschel's Jahresbericht im Arch. f. Naturg, 28. Jahrg., 1862, pag. 254. *') E. Haeckel, Generelle Morphologie der Organismen. Berlin ]866, IL Bd., pag. CXII. (232) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 55 Ordnung in eine oder die andere Gruppe nicht für möglich , und bietet die Radula gegenüber den Acephalen, die Fussform gegen die Gasteropoden hin ein Hinderniss , während die Cirrhen nach beiden Seiten hin dieselbe Schwierigkeit bereiten. Die Scaphopoden haben sich, wie auch Ihering annimmt, als besonderer Zweig aus einfachen Molluskenformen entwickelt ; aus diesen haben auch die Acephalen und Schnecken als selbständige Aeste ihren Ursprung genommen. Der Ursprung der Scaphopoden liegt dem der Schnecken näher, wozu gewisse unter den Schnecken auftretende Erschei- nungen Anhaltspunkte geben. Aus der nahen verwandtschaftlichen Beziehung zwischen Scaphopoden und Cephalopoden lässt sich auch umgel^ehrt zeigen, wie die Cephalopoden auf die übrigen Molluskenformen zu beziehen sind, lässt sich die Morphologie des Cephalopodenkörpers fest- stellen. Alles bisher auf diesem Gebiete Geleistete nochmals aufzu- führen, ist überflüssig, und verweise ich auf die ausführliche Be- sprechung , welche Grenacher^) dieser Frage gewidmet hat. Hier mag nur so viel von der Literatur angezogen werden, als eng mit dieser Erörterung zusammenhängt, und was sich auf die Ansichten Grenacher's und spätere Angaben bezieht. Beginnen wir mit den Kopfarmen der Cephalopoden. Die- selben ergeben sich aus dem oben angestellten Vergleiche als homolog den in der Umgebung des Mundes befindlichen Cirrhen der Scaphopoden. Dieselben stellen besondere Anhänge vor und ist hierin die Anschauung R. L e u c k a r t's die allein richtige, während der Versuch Huxley's, die Cephalopodenarme auf den Gasteropodenfuss zurückzuführen, und der L o v e n's sowie G r e- n a c h e r's, dieselben dem Velum zu homologisiren, nicht als zu- treflFende erscheinen. Grenacher ist nach seinen Erörterungen nicht in der Lage, mit voller Entschiedenheit für die von ihm vertretene Ansicht Stellung zu nehmen. Ich halte die auch von Grenacher herangezogene Lage des Velums zum Munde, ver- glichen mit jener der Kopfarme für entscheidend. Nun liegt das Velum vor, die Arme hinter dem Mund. Eine soweitgehende Verschiebung des Mundes, dass dadurch seine relative Lage zum Veium alterirt würde, wie dies Grenacher 2) annimmt, scheint ') H. Grenacher, Zur Entwicklungsgeschichte der Cephalopoden. Zugleich ein Beitrag zur Morphologie der höheren Mollusken. Zeitschr. f. wiss. Zoologie, 24. Bd., 1874, pag. 419. '-') Grenacher, a. eben a. 0., pag. 476. (233) 56 Dr. Carl Grobben: mir unmöglich, und können Velum und Arme somit nicht auf- einander zurückgeführt werden. Schon Iheringi) kann sich der Ansicht Grenacher's, dass die Arme dem Velum entsprechen , nicht anschliessen, hält vielmehr die letzteren für homolog den Kopfkegeln der gym- nosomen Pteropoden und betrachtet sie im Anschluss an L e u c k a r t als besondere Anhänge des Kopfes. Dagegen hält I h e r i n g die beiden langen Fangarme der Dekapoden für nicht den Kopfkegeln homolog, sondern vergleicht dieselben den oberen Tentakeln der gymnosomen Pteropoden. Ich vermag dieser An- schauung durchaus nicht beizutreten, da hiezu nicht im mindesten zwingende Grründe vorliegen , sondern halte die von B r o c k 2) vertretene Annahme für viel wahrscheinlicher, „dass die Ur- Dibranchiaten zehn gleichmässig entwickelte Arme besassen, von denen die Octopoden sich zweier entäusserten, die Dekapoden zwei zu Fangarmen weiter entwickelten", diese somit den übrigen Armen gleichzustellen sind. Von der unrichtigen Annahme ausgehend, dass das Velum (Architroch) den Oesophagus ursprünglich umkreiste und theil- weise vergehen kann , erklärt Blake') die Arme der Cephalo- poden für homolog dem bei den Cephalopoden an der Pedalseite erhaltenen unteren Velumabschnitt , welcher als „Antivelum" be- zeichnet wird, und der sich im Zusammenhang mit der pedalen Krümmung des Darmes erhalten haben soll. Diese grosse Wandel- barkeit des Velums ist jedoch blosse Construction und kann mit derselben daher keine der Wahrscheinlichkeit nahekommende Er- klärung erreicht werden . Wie Ihering hält ferner auch Blake die Fangarme der Dekapoden nicht für homolog den übrigen Armen, sondern vergleicht dieselben den beiden Tentakeln einiger Grasteropoden. Die Ansicht , dass die Arme dem Fusse zuzurechnen sind, findet wieder in B a 1 f 0 u r *) und Ray-Lankesterß) Ver- *) H, V. Ihering, Vergleichende Anatomie des Nervensystems u. Phylogenie der Mollusken. Leipzig 1877, pag. 270—271. ^)J. Brock, Versuch einer Phylogenie der dibranchiaten Cephalopoden, pag. 279. Vgl. auch J. Brock, Studien über die Verwandtschaftsverhältnisse der dibranchiaten Cephalopoden. Erlangen 1879, pag. 28. s) Blake a. a. 0., pag. 308-309. *) Fr. M. Balfoar, Haudbach der vergleichenden Embryologie. Deutsch V.Vetter. Jena 1880, Voll, pag. 262. ^) E. Ray-Lankester, On the originally Bilateral Charakter of the Renal Organ of Prosobranchia , and on the Homologies of the Yelk-sac of Cephalopoda. Ann. and Magaz. of natur. bist. 5. ser., vol. VII, 1881, pag. 437. (234) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 57 treter. Brooks') endlicb lässt unentschieden, ob die Arme des Cephalopoden Epipodialbildungen oder neuerworbene specielle Or- gane darstellen. Gehen wir zum Trichter der Cephalopoden über, so stellt sich derselbe als Homologon des Scaphopodenfusses heraus, indem der mittlere Fussabschnitt durch die Trichterklappe und den hinter dieser gelegenen medianen Trieb terabschnitt repräsentirt wird, während die seitlichen Lappen des Scaphopodenfusses den Epi- podialtheilen des Trichters entsprechen. Beiläufig mag hier erwähnt werden, dass betreffend die Deutung der Lappen des Dentalium- fusses als Epipodien bereits Huxley'-) dieselbe für möglich hält, während Fols) sich schon früher bestimmt dagegen er- klärt hat. Loven fasste den Trichter als Homologon des Fusses, Leuckart, welcher die Pteropoden zum Vergleich heranzog, als dem mittleren Fussabschnitt, dem sogenannten „Halskragen" von Clio entsprechend, auf. Nach Huxley ist der Trichter von dem als Epipodium unterschiedenen paari- gen Fussabschnitte gebildet, während der unpaare Abschnitt des Fusses in die Kopfarme umgebildet ist. Grenacher spricht den Cephalopoden einen unpaaren medianen als „Fuss" oder „Protopodium" bezeichneten Fussabschnitt ab, und betrachtet den Trichter als aus dem „Epipodium" hervorgegangen, welches nach Grenacher jedoch keinen paarigen Fussabschnitt bezeichnet, sondern besondere paarige Elemente, welche zum Fuss (= unpaaren Fussabschnitte der Autoren) in keiner Beziehung stehen. Die be- treffende Stelle bei Grenacher*) lautet: „Da ich unter Fuss oder Protopodium nur ein ganz bestimmtes und leicht zu defi- nirendes Gebilde verstehe, so folgt von selbst, dass ich weder dem Epipodium nach meiner Auffassung, noch dem Velum irgend welche Beziehungen zu jenem, ebensowenig wie den letzteren unter sich einräume, sondern sie als selbständige und von einander unabhängige Elemente auffasse". Diesem Epipodium nun entspricht der Trichter der Cephalopoden. Mit den Pteropoden verglichen, entspricht nach Grenacher der Trichter der Cephalopoden fast dem gesammten Pteropoden- 1) W. K. Brooks, Anniversary Memoirs of the Boston Soc. of Natur. Hist. 1880. Mir nur aus anderen Citaten u. dem Jahresbericht bekannt. -) Th. H. Huxley, Grundzüge der Anatomie der wirbellosen Thiere, deutsch von Spengel, Leipzig 1878, pag. 443. 3) H. Fol, Sur le developpement des Pteropodes. Archives de Zoolog, experim. t. IV, 1875, pag. 192. *) Grenacher a. a. 0., pag. 465. (235) 58 Dr. Carl Grobben: fasse (ausgenommen dem nach Grenacher dem Protopodium zu vergleichenden sogenannten „zipf eiförmigen Anhange des Fusses"), welcher entsprechend zwei Trichterfaltenpaaren, aus denen bei dem von Grenacher untersuchten Cephalopoden der Trichter entsteht, aus zwei Epipodialpaaren besteht, von denen das äussere die Flossen, das innere den sogenannten „hufeisenförmigen Theil des Fusses" der Gymnosomen liefert. Nach dem von mir angestellten Vergleiche des Cephalopoden- fusses mit dem der Scaphopoden kann ich Grenacher nicht bei- stimmen. Dass ich auf Grund dieses Vergleiches den unpaaren Fussabschnitt in der Trichterklappe und dem hinter derselben gelegenen medianen Trichterabschnitt vertreten sehe, habe ich bereits mehrmals hervorgehoben. Auch Grenacher weist auf die Trichterklappe als ein Organ hin, „das in Bezug auf seine Lage und seine Symmetrieverhältnisse den oben gestellten Anfor- derungen (für das Protopodium) entspräche", hält jedoch bis zur Führung des entwicklungsgeschichtlichen Nachweises bei Nau- tilus „die Zurückführung bei Sepia für zu bedenklich, weil es dem Anscheine nach erst sehr spät bei dieser sich bildet." ') Was die paarigen Theile , das Epipodium, anbelangt , so halte ich das- selbe für paarige Abschnitte des Fusses, und nicht wie Grenacher für besondere zu dem unpaaren Fussabschnitte in keiner Be" Ziehung stehende Gebilde. Die eigenthümliche Fussform von Dentalium erscheint mir zur Entscheidung dieser Frage mass- gebend. Auf die Art der Entwicklung der Epipodien bei den Pteropoden ist meiner Ansicht nach kaum der grosse Werth zu legen, da ja die besondere Gestaltung des Fusses bereits in der Entwicklung ausgeprägt sein kann. Desgleichen wäre auf die späte Entstehung der Trichterklappe bei Sepia kein solches Gewicht zulegen, um etwa aus derselben ableiten zu wollen, dass sie kein phylogenetisch älteres oder gleich altes Organ sein könnte als die früher entstehenden paarigen Trichterfalten, Es sind ja Fälle genug bekannt, wo bei directer Entwicklung die ursprüngliche zeitliche Aufeinanderfolge in der Entstehung der Organe durch die relative Grösse, welche das betreffende Organ bei dem erwach- senen Thiere besitzt, modificirt wird. Wenn daher die Trichter- klappe auch bei Sepia spät entsteht, so kann dies seine Erklä- rung in der geringen Grösse derselben im Vergleiche mit dem Trichter finden. ^) G reu ach er a. a. 0., pag. 468. (32(5) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 59 Um kurz die Eintheiliing des Fusses zu besprechen, so be- merke ich zunächst, dass ich in der Beurtheilung des von Huxley aufgestellten „Archetype" Gren acher vollkommen beitrete. Es gibt zu wenig Fälle, an denen überhaupt eine derartige Gliederung des Fusses zu finden ist. Mit Grenacher lässt sich zunächst nur ein unpaarer median gelegener Fuss, das „Protopodium" unter- scheiden , welches zuweilen in einzelne Abschnitte zerfällt, ohne dass sich jedoch diese immer in die von Huxley unterschiedenen Abtheilungen fügen. Als häufig auftretende DifFerenzirung des Fusses ist das Epipodium aufzufassen , unter welchem ich jede besondere Entwicklung paariger Abschnitte des Protopodiuras verstehe. Somit unterscheidet sich meine Aufi^assung des Epi- podiums von der Grenacher's darin, dass ich in Ueberein- stimmung mit der gewöhnlichen Auffassung das Epipodium als eine Entwicklung der Seitentheile des Protopodiums ansehe. Eine weitere Einth eilung des Epipodiums erscheint mir überflüssig. Ihering'j hat in der Vergleichung des Trichters der Ce- phalopoden wohl zuerst die Trichterklappe als Homologon des Protopodiums aufgefasst und steht in diesem Punkte mit mir Grenacher's Ansicht, nach welcher den Cephalopoden das Pro- topodium fehlt, gegenüber. Die beiden seitlichen Lappen, aus denen der Trichter besteht, vergleicht I h e r i n g mit den Ptero- podien der Pteropoden und will daher auch diese Bezeichnung und nicht die der „Epipodien" für jene angewendet wissen. Ich muss bemerken, dass ich die Unterscheidung der Pteropodenflossen als „Pteropodien" für vollkommen ungerechtfertigt und willkürlich ansehe. Dieselben sind paarige Abschnitte des Fusses, was auch Ihering annimmt, und gebührt ihnen daher die Bezeichnung „Epipodium". Die beiden Seitenlappen des Trichters sind daher aus keinen anderen Elementen als aus den Epipodien hervorgegangen. Brock 2) hält „die phylogenetische Bedeutung der Trichter- klappe" für „wohl keine grosse". Nach B 1 a k e ^) , welcher anschliessend an Grenacher im Fuss ein unpaares Organ erblickt, mag die Trichterklappe dem Fusse entsprechen, doch betrachtet dies Blake mit Hinblick auf die Unkenntniss ihrer Entwicklung für zweifelhaft. Dass die beiden Trichterlappen eine besondere Bildung „as part of a second outgrowth surrounding the body" darstellen, erscheint Blake ^) Ihering, a. a. 0., pag. 272. '■') Brock, Versuch einer Phylogenie der dibranchiaten Cephalopoden, pag. 223. ^) Blake, a.a.O., pag. 309. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. V, Heft 2. 27 (237) 60 ' t)r. Carl Grobben: wahrsclieinlich. Es will mir so sclieinen , als ob Blake hierin G r e n a c h e r's Auffassung theilen würde, was jedoch aus jener Stelle nicht bestimmt hervorgeht, indem ich andererseits aus der Bemerkung Blake's, da ss diese auch von ihm vertretene Ansicht die fast allgemein anerkannte wäre, anzunehmen geneigt bin, dass Blake doch nur mit dem „second outgrowth" die Epipodial- bildungen im Sinne H u x 1 e y's meint. B a 1 f 0 u r und Brooks hingegen vertreten die Ansicht, dass den ausgewachsenen Cephalopoden der unpaare Fussabschnitt fehlt, bei den Embryonen dagegen im Dottersack vertreten ist. Ray-Lankester^) schliesst sich dieser Ansicht nur insoweit an, als er den Dottersack als „a special embryonic dilatation of the axial region of the ioot" ansieht, vermag jedoch in demselben nicht den Euss selbst zu erkennen. Früher 2) hat Ray-Lan- k e s t e r den Döttersack mit der contractilen Fussblase von L i m a X verglichen. Was die Trichterlappen anbelangt , so möge hier nur Brooks angeführt werden, nach welchem dieselben entweder Epipodialbildungen oder neue Erwerbungen darstellen, ohne dass sich Brooks für eine oder die andere Möglichkeit entscheidet. FoP) endlich scheinen Trichter und Kopfarme zu- sammengenommen dem Fusse der übrigen Mollusken zu ent- sprechen. Dass der Dottersack der Cephalopoden einem unpaaren Fuss- abschnitte entspricht, halte ich schon aus der Lage desselben am Embryo für widerlegt. Es bleibt nur noch übrig , ein paar Worte über die Orien- tirung des Cephalopodenkörpers zu sagen. Bekanntlich hat R. Leuckart zu zeigen versucht, dass die Spitze des Eingeweide- sackes dem höchsten Punkte des Rückens entspricht, dass die ge- wöhnlich als Rücken bezeichnete Seite des Eingeweidesackes als Vorder-, der sogenannte Bauch als Hinterseite des dorsalwärts er- hobenen Eingeweidesackes zu bezeichnen ist. Für die Richtigkeit dieser Deutung führe ich die Haltung des Körpers bei dem als Stammform der Cephalopoden erkannten Dental ium an, wo die Spitze der Schale schräg nach aufwärts und hinten getragen wird, so dass die concave Seite als Vorder-, die convexe als Hinterseite des Eingeweidesackes erscheint. Nur bei einer wie Dentalium ') Ray-Lankes ter , a.a.O., pag. 435. '■') E. Ray-Lankester, Zoological Observations made at Naples in the Winter of 1871 — 72. Ann. and Magaz. of natur. bist. 4. ser. vol. XI, 1873, pag. 84. ■') Fol, a. a. 0., pag. 193. Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 61 kriecliend sieli bewegenden und grabenden Form konnte sieb die der Körper- Orientirung entsprecbende Körperbaltung bewabren. leb babe dessbalb bei Anfertigung der scbematiscben Figuren diese Orientirung des Körpers festgebalten. In dem bescbreibenden Tbeile wurden die Ausdrücke „ventral" und „dorsal" bis zur Besprecbung der L eu c k a r t'scben Orien- tirung vermieden. Bei Bescbreibung des Cepbalopodenkörpers wird es sieb wobl aucb in Zukunft als zweckmässig empfeblen, die Körper- spitze als „binten", die entgegengesetzte Seite als „vorn", die Scbulpseite als „oben", die gegenüberliegende als „unten" zu be- zeicbnen, wie dies in dem bescbreibenden Tbeil dieser Arbeit bereits durcbgefübrt wurde. Es bleibt jetzt die Frage zu beantworten übrig, welcbe Stellung die Pteropoden , die bisber als Stammformen der Cepbalopoden galten, zu diesen letzteren einnehmen. Es kann kein Zweifel darüber besteben, dass die Pteropoden in ibrer äusseren Erscheinung und gewissen Tbeilen ihrer Orga- nisation unter den Gasteropoden die grösste Aebnlichkeit mit den Cepbalopoden besitzen, und dass Leuckart durch Heran- ziehung des Pteropodenkörpers behufs Zurückführung des Cepba- lopodenkörpers auf die übrigen Mollusken am besten die Beziehungen der durch so viele Eigenthümlichkeiten ausgezeichneten Cepbalo- poden erkannte. So sehr ich dem von Leuckart vertretenen morphologischen Vergleich und seiner Orientirung des Cepbalopodenkörpers bei- stimme, so kann ich doch in den Pteropoden nicht die Stamm- formen der Cepbalopoden erblicken, für welche ich die Scaphopoden ansehe. Ja ich vermag nicht einmal in den Pteropoden sehr nahe Verwandte der Cepbalopoden zu erkennen. Bereits Ihering^) hat mit Hinweis auf den Geschlechts- apparat und die Niere die nicht sehr nahe Verwandtschaft der Pteropoden und Cepbalopoden ausgesprochen. In gleicher Weise erscheint Spengel-) in Rücksicht der „speciell gasteropoden- ähnlichen Asymmetrie der Pteropoden" eine nahe Beziehung beider Gruppen als unwahrscheinlich. In der That zeigen die Pteropoden alle Eigenthümlichkeiten des Gasteropodentypus, welcher sich in der weitgehenden Asym- metrie der inneren Organisation ausspricht. Vor Allem sind hier die rechtsseitige Niere und der gasteropodenähnliche Geschlechts- ^) I h 6 r i n g , Ueber die Verwaiidtschaftsbeziehangen der Cephalopoden, pag. 4 2) Spengel, a. a. 0. 17* (vy;,) 62 Dr. Carl Grobbeu: apparat, sowie das Vorhandensein nur eines rechterseits gelegenen Geruchsorganes hervorzuheben. In allen diesen Organen findet sich keine Uebereinstimmung mit den Cephalopoden , bei welchen die Niere , das Geruchsorgan (nur bei Nautilus beobachtet) paarig sind, desgleichen der ausführende Theil des Geschlechts- apparates ursprünglich in paariger Entwicklung auftritt, die Höh- lung der Geschlechtsdrüse selbst noch gar nicht von der grossen Leibeshöhle getrennt ist. Trotz dieser inneren Asymmetrie besitzen jedoch weitaus die meisten Pteropoden eine äussere Symmetrie. Es gibt nur wenig Gattungen unter denselben, welche auch äusserlich asymmetrisch sind. Diese äusserlich asymmetrischen Formen (Lima- cina, Heterofusus, Spirialis) halte ich für die phylo- genetisch ältesten Pteropodenf ormen , aus denen sich die heutigen symmetrischen Formen erst durch Anpassung an die pelagische Lebensweise ent- wickelt haben. Ich finde mich dazu durch folgende Punkte veranlasst: Erstens halte ich es für unmöglich, dass sich eine so durchgreifende Asymmetrie in der inneren Organisation ohne die Entwicklung einer äusseren Asymmetrie ausbilden kann. Zwei- tens stimmt die gesammte innere Asymmetrie vollständig mit jener der übrigen Gasteropoden überein. Drittens endlich wissen wir, dass die besonders durch FoFs*) Untersuchung bekannt gewor- dene individuelle Entwicklung eine volle Uebereinstimmung mit jener der Gasteropoden aufweist und die äusserlich symmetrischen Formen asymmetrische Larvenstadien durchlaufen ; dass weiter nach K r o h n's 2) Beobachtungen bei vielen mit symmetrischen geraden Gehäusen versehenen Formen die Larvengehäuse noch spiralig gewun- dene, sowie mit einem Deckel verschliessbare Schalen sind. Dies ist bei C y m b u 1 i a und Tiedemannia der Fall, deren definitive Gehäuse knorpelige, beziehungsweise gallertige Consistenz besitzen, während die Larvengehäuse spiralige Kalkschalen sind. Die Uebereinstimmung mit den Gasteropoden wird jedoch besonders gestört: durch die ventrale (hintere) Lage der Mantel- höhle bei den meisten Pteropoden im Gegensatze zur dorsalen Lage derselben bei den Gasteropoden, durch die besondere Gestaltung des Fusses und durch das Auftreten der Kopfkegel bei den Gym- nosomen. Diese drei Punkte müssen näher erörtert werden. ') Fol, a. a. 0. pag. 197. -) A. Krohn, Beiträge zur Entwicklaugsgeschichte der Pteropoden und Heteropoden. Leipzig 1860. (24.0) Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 63 Was die ventrale (hintere) Lage der Mantelliöhle der Ptero- poden anbelangt, so gilt dieselbe nur für die meisten, nicht aber für alle Formen. Es gibt solche , welche die Mantelhöhle in Ueber- einstimmung mit den Gasteropoden dorsal (vorn) gelegen haben, und dies sind die auch äusserlich mit den Gasteropoden überein- stimmenden Gattungen L imacin a, Heterofusus, Spirialis, wodurch deren Auffassung als der phylogenetisch ältesten Ptero- poden eine neue Stütze findet. Auch liegt die Mantelhöhle bei den Larven der Pteropoden asymmetrisch. Wie erklärt sich aber die ventrale Lage der Mantelhöhle bei den übrigen Pteropoden ? Ich glaube, dass dieselbe einfach durch Rückdrehung des bei den Stammformen gedrehten Eingeweidesackes zu Stande gekommen ist. Die dorsale Lage der Mantelhöhle, wie sie bei allen spiralig gedrehten Gasteropoden vorkommt, ist erst bei der Drehung des Eingeweidesackes zu Stande gekommen, somit secundär. Es lässt sich dies leicht zeigen, wenn wir die Verhältnisse z.B. von Helix genauer beobachten, und auf die Lage der Niere zur Mantelhöhle unser Augenmerk richten. Die Niere von Helix liegt links neben der Mantelhöhle (sog. Lunge). Sie ist aber die rechte Niere, deren Linkslagerung eine Folge der Drehung des Eingeweidesackes ist. Drehen wir aber die linksgelegene rechte Niere auf die rechte Seite zurück, so kommt die rechts von ihr gelegene Mantelhöhle an die Hinterseite (Ventralseite) des Eingeweidesackes zu liegen. Die hintere (ven tr ale) Lage der Mantelhöh 1 e ist jedenfalls somitdie ursprüngliche. Sie findet sich noch bei Dentalium und den Cephalopoden. Bei den Pteropoden mit Ausnahme der Limaciniden ist sie secundär wiederhergestellt. Spengel^) hat über die Ableitung der Pteropoden zwei An- sichten ausgesprochen, ohne einer oder der anderen den Vorzug geben zu können. Die eine Ansicht geht dahin, dass die Ptero- poden „sich durch Verlust der linken Bestandtheile des circumanalen Complexes, und indem ohne Drehung eine Verlagerung dieses Com- plexes vom Hinterende an die ventrale Seite des Körpers statt- gefunden hat, von einer Stammform ableiten, die der durch Rück- drehung der zeugobranchiaten Prosobranchien gewonnenen Form im Wesentlichen gleicht". Ich brauche nach meiner obigen Aus- einandersetzung nicht besonders zu erwähnen, inwieweit ich dieser Ansicht nicht beipflichten kann. Aber auch dem zweiten Erklärungs- versuch Spengel's halte ich nicht für richtig, wenn ich dem- ') Spen&el, a. a. 0. pag. 366 und Anmkg. 2. (241) 64 Dr. Carl Grobben: selben auch unter beiden den Vorzug einräumen würde. Spengel schreibt in einer Anmerkung: „Denkt man sich nämlich den Längs- durchmesser des Thieres sehr kurz, die Höhe dagegen sehr be- deutend, während der After mit seiner Umgebung die terminale Lage beibehält, so gehört die Athemhöhle offenbar der dorsalen Seite und zwar der hinteren Hälfte derselben an. Der Unterschied der Limaciniden von den übrigen Pteropoden mag sich dann darauf beschränken, dass der After mit seiner Umgebung nicht terminal, sondern an der rechten Seite, wie bei den Tectibranchiaten, liegt." Beide Erklärungsweisen konnten nicht das Richtige treffen, da der Ausgangspunkt meiner Ansicht nach nicht der richtige war, indem immer die äusserlich symmetrischen Pteropoden mit ven- traler (hinterer) Mantelhöhle als solcher dienten. Was wir als Ursache dieser Riickdrehung des Eingeweide- sackes trotz Beibehaltung der Schale anzusehen haben, wird sich besser nach Besprechung des Fusses und der Kopfkegel ergeben. Gehen wir nun zum Fqss über. Dieser bildet den eigeu- thümlichsten Theil der Pteropodenorganisation, der nicht so leicht auf die Fussform der Gasteropoden zurückgeführt werden kann. Derselbe besteht aus einem unpaaren Abschnitte dem medianen Protopodiumreste und paarigen Lappen (Epipodien) desselben, den Flossen. Indessen sind Epipodialbildungen nicht auf die Ptero- poden beschränkt, sondern es finden sich unter den Gasteropoden doch auch Entwicklungen der Seitentheile des Fusses, welche ich als Homologa der Epipodien der Pteropoden auffasse und daher als Epipodien zu bezeichnen keinen Anstand nehme. Ich meine hier zunächst die eigenthümliche Fussform von Acer a bullata und Gasteropteron, welches letztere geradezu Pteropoden - habitus besitzt, dessen Fuss durch die Entwicklung zweier grosser Flossen beim ersten Anblick an diese Gruppe erinnert. Aber auch unter den Prosobranchien gibt es Formen^, welche durch Schlagen der Seitentheile des Fusses schwimmen. Es sind dies Ancillaria und Oliva. Hier sind jedoch, soweit ich den "bestehenden Abbil- dungen entnehme, die Seitentheile nicht flossenförmig entwickelt, und haben wir höchstens die ersten Anfänge eines Hervortretens der Seitentheile des Fusses vor uns. Mögen wir auch geneigt sein, die Pteropoden von Gastero- pteron, dessen Pteropoden-Habitus zweifellos ist, abzuleiten, eine Frage, welche ich unerörtert lassen will, so ist damit die Er- klärung der Fussform bei den Pteropoden nicht erledigt, da wir (242; Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 65 ja auch bei G-asteropteron nicht eine ursprüngliche Fiissform der Gasteropoden vor uns haben. Es bleiben somit für die Erklärung der Besonderheiten des Pteropodenfusses, wobei ich zunächst die Entwicklung der Seiten- theile des Fusses in Rücksicht ziehe, nur die Cephalopoden und die Scaphopoden übrig, und sind für jeden Fall nur auf diese letz= teren die Eigenthümlichkeiten des Pteropodenfusses zurückzuführen, Hier tritt nun zum ersten Male so recht deutlich die Frage entgegen, wie sich dieses Gemisch von entschiedenen Gasteropoden- eigenthümlichkeiten und zweifellosen Erbstücken der Scaphopoden und Cephalopoden erklären lässt. Dieselbe drängt sich noch mehr auf, wenn wir Kopfarme, ja sogar mit Saugnäpfen versehene Kopf- arme, wie sie die Cephalopoden besitzen, bei dem gymnosomen Pteropoden auftreten sehen. Diese Kopfarme haben unter den Gasteropoden gar kein Homologon ; hier bleiben nur die Scapho- poden und Cephalopoden zum Vergleich übrig. Wie löst sich nun dieses Räthsel ? Ich halte die Lösung für nicht so schwierig, und will in Folgendem meine Ansicht aus- einandersetzen. Festzuhalten bleiben einmal die zweifellosen Gastero- podeneigenthümlichkeiten, welche sich in der inneren, bei vielen, den als Stammformen von mir aufgefassten Formen auch äusseren Asymmetrie, im Bau des Geschlechtsapparates und in der Reduc- tion der secundären Leibeshöhle (nach Ausschluss der Genital- drüse) auf den Pericardialraum ausprägen. Zweitens sind aber die Scaphopoden- und Cephalopoden-Eigenthümlichkeiten der Pteropoden gleichfalls nicht hinwegzuläugnen, es sind dies die Fussform, die Kopfkegel, endlich die ventrale (hintere) Lage der Mantelhöhle und die bedeutende Erhebung des Eingeweidesackes. Die Gasteropodeneigenthümlichkeiten lassen sich nur durch directe Ableitung der Pteropoden von Gasteropoden erklären. D enn wollte man die Pteropoden auf die Scaphopoden und Cephalopoden zurückführen, so bliebe ein noch viel grösseres Räthsel, nämlich eben die entschiedene Gasteropodennatur, zu erklären, welche sich zweimal entwickelt haben müsste, was sehr viel Unwahrscheinlich- keit in sich trägt. Die Uebereinstimmungen mit den Scaphopoden und Cep halo poden hingegen erkläre ich als Atavismus, indem das Erscheinen der paarigen Fussabschnitte, der Kopfarme auf Organisationgeigen- thümlichkeiten von Molluskenformen zurückzubeziehen ist, welche als den Stammformen der Cephalophoren nahestehend angesehen 66 Dr. Carl Grobben: werden müssen. Ich habe dabei immer zunächst die Scaphopoden im Auge, von denen die Cephalopoden sich frühzeitig als besonderer Stamm, welcher die Eigen t hü mlichkeiten der Stamm- formen der Schnecken am reinsten bewahrt hat, ab- zweigten. Die Saugnäpfe an den Armen von Pneumodermon dagegen betrachte ich als durch Anpassung selbstständig ent- standene Bildungen, welche somit nicht auf die Saugnäpfe der Cephalopoden zu beziehen sind. Die hintere (ventrale) Lage der Mantelhöhle und die ansehnliche Erhebung des Eingeweidesackes sehe ich als Folgen der mit der besonderen Form des Fasses zusammenhängenden Ausbildung der pelagischen Lebensweise an. Es muss hier angeführt werden, dass bereits Spengel sich duich die „speciell gasteropodenartige Asymmetrie der Pteropoden" zu der Annahme gedrängt fühlte, dass „die Cephaloconen der gymnosomen Pteropoden schon einer noch symmetrischen Stamm- form eigen waren, von denen sich beide Classen (Cephalopoden und Pteropoden) abgeleitet haben". Einen Beweis für die Erklärung dieser Eigenthümlichkeiten als Atavismus finde ich in dem entschieden pteropodenähnlich ge- stalteten Grasteropteron, dessen Pteropodenhabitus ich auch auf dieselbe Weise erklären möchte. Ob die Pteropoden etwa auf die Grasteropteron zurückzuführen sind, mag unerörtert bleiben. Ihering^) kann „die Aehnlichkeit der Seitenflossen des Fusses von Gastropteron u. a. mit den Pteropodenflossen nur für eine zufällige halten." Ich betrachte jedoch für jeden Fall die Epi- podialbildungen des Gasteropteronfusses, weil ich ihr Auftroten durch das Neuerscheinen eines den Stammformen der Schnecken angehörigen Organes erklären möchte, für homolog mit den Flossen des Pteropodenfusses. Hierin stimme ich mit I h e r i ng nicht überein, welcher sie nicht als homolog betrachtet und deshalb als „Parapodien" bezeichnet. Ebensowenig als diese Bezeichnung kann ich die der Pteropodenepipodien als „Pteropodien" 2) aus ganz demselben Grunde für annehmbar halten. Sollte sich auch bei Ancillaria und 0 1 i V a ein ausgeprägteres Hervortreten der Seitentheile des Fusses finden, so wäre auch dies als atavistisch aufzufassen und hätten wir somit unter den Prosobranchien und Opisthobranchien ein Durchschlagen von Eigenthümlichkeiten, welche Formen besassen, ^) Ihering, Vergleichende Anatomie des Nervensystemes und Phylogenie der Mollusken. Leipzig 1877, pag. 249. ^) Ihering, a. eben a. 0. pag. 248. (244) Morphologische Studien über den Haru- aud Geschlechtsapparat etc. 67 aus denen Prosobrancliier, Opisthobrancbier und Pteropoden ihren Ursprung genommen haben. Auf dieses Auftreten von Scaphopodencharakteren bei den Gasteropoden stützt sich auch meine oben ausgesprochene Ansicht, dass der Ursprung der heute lebenden Scaphopoden dem der Gasteropoden näher lag als dem der Acephalen, die sich wahr- scheinlich mit Verlust der Radula frühzeitig als besondere Seiten- linie von Radul atragenden Formen abzweigten. Aus den eben gegebenen Auseinandersetzungen ergibt sich von selbst, dass die Pteropoden der Gasteropodenclasse einzu- ordnen sind. Bereits Fol^) hat auf Grund seiner entwicklungsgeschicht- lichen Untersuchungen diese Ansicht vertreten, möchte aber, sowie ich seine diesbezügliche Bemerkung verstehe, die Pteropoden nicht als besondere Ordnung der Gasteropodenclasse bestehen lassen. Die Einordnung zu den Gasteropoden vertritt in neuester Zeit auch Spengel^), dessen Ansicht ich somit vollständig bei- trete. Innerhalb der Gasteropoden i. w. S. bilden die Pteropoden eine eigene Ordnung. Ob die Prosobranchier, wofür der Deckel der Limaciniden einen allerdings sehr schwachen Anhaltspunkt bietet, oder ob die Opisthobrancbier, mit denen die Pteropoden im Nervensysteme übereinstimmen, die Ausgangsformen der Ptero- poden sind_, mag hier unerörtert bleiben. Was die Ursache des Atavismus bei den Pteropoden ist, lässt sich schwer errathen. Wir müssen uns einfach mit der That- sache begnügen, dass derselbe leicht eintritt, wie ja vor Allem Gaste ropteron beweist. Höchst wahrscheinlich hat bei den Pteropoden die sich entwickelnde pelagische Lebensweise fördernd einen solchen mitgewirkt. 6. Sind die Mollusken „Pseudocoelier" V Ohne die Frage beantworten zu wollen, ob der Begriff der Pseudocoelier einer natürlichen einheitlichen Gruppe entspricht, will ich mich nur darauf beschränken, zu untersuchen, ob die Mollusken den Anforderungen dieses von 0. und R. H e r t w i g -) aufgestellten Begriffes entsprechen. Wir haben in den früheren Auseinandersetzungen gesehen, dass den Mollusken eine Leibeshöhe zukommt, welche durch den ') Fol, a. a. 0. pag. 198. 2) Spengel, a. a. 0. pag. 372. 2) 0. und R. Hertwig, Die Coelomtheorie. Versuch einer Erklärung des mittleren Keimblattes. Jena 1881. (245) 68 Dr. Carl Grobben: Wimpertrichter mit der Niere communicirt, welche von einem sich auf die in ihr gelegenen Organe hinüberschlagenden Peritoneum ausgekleidet ist und welche bei den zweifellos phylogenetisch ältesten Formen auch die Geschlechtsproducte aufnimmt , die , wie als höchst wahrscheinlich erscheint, aus dem Epithel der Leibeshöhlen- bekleidung ihren Ursprung nehmen. Es ist daher, wie ich glaube, mit vollem Rechte aus allen diesen Thatsachen der Schluss ge- zogen worden, dass diese Leibeshöhle homolog jener ist, welche bei den Anneliden und Vertebraten als secundäre Leibeshöhle bezeichnet wird, und ist daher dieselbe bei den Mollusken mit gleichem Namen belegt worden. Eine dieser Beurtheilung entgegengesetzte haben in den in Frage stehenden Punkten die Mollusken durch 0. und R. Hert- wig erfahren. 0. und R. Hertwig theilen die Metazoen mit Ausschluss der Coelenteraten in zwei grosse Gruppen : die Entero- coelier und die Pseudocoelier. Diese Eintheilung ist auf eine Reihe von Unterschieden begründet, unter denen jene die Leibeshöhle be- treffenden zur Namengebung der beiden Gruppen verwendet wurden. Und zwar verstehen unter Enterocoel 0. und R. H er t wig dasselbe, was oben secundäre Leibeshöhle (Claus, Hatschek) genannt wurde ; nur ist mit dem Begriff Enterocoel noch die Vorstellung verbunden, dass diese Höhle als paarige Divertikel des Urdarmes ihren Ursprung genommen hat. Die Pseudocoelier dagegen ent- behren einer vom Darm aus entstandenen Leibeshöhle, sie besitzen bloss ein Schizocoel, welches ein „wandungsloser Spalt" ist. In allen dem Enterocoel oder der sec. Leibeshöhle zukommenden Eigenthümlichkeiten verhält sich das Schizocoel verschieden, indem es des Peritonealepithels entbehrt, und die Geschlechtsproducte in geschlossenen Drüsen entstehen. Die Mollusken sollen nun nach den Gebr. Hertwig typische Pseudocoelier sein. Es mag im Folgenden nochmals geprüft werden, ob dies wirklich zutrifft. Die Beantwortung dieser Frage ist eigentlich bereits in der Einleitung dieses Capitels enthalten und fällt somit verneinend aus. Wenn die Gebr. Hertwig zu dem entgegengesetzten Re- sultate gelangt sind, so haben sie eben den schon damals vor- liegenden Thatsachen zu wenig Rechnung getragen. Wenn 0. und R. H e r t w i g schreiben : „Dem Schizocoel der Mol- lusken fehlt ein flimmerndes Epithel , es fehlen ihrem Darmcanal die Mesenterien und die Dissepimente , ihre Geschlechtsproducte entwickeln sich nicht aus dem Epithel der Leibeshöhle und werden Morphologische Studien über den Harn- nnd Geschlechtsapparat etc. 69 nicht in dieselbe entleert, sondern stellen folliculäre Drüsen dar, welche direct in eigene oft complicirt gebaute Ausführungswege übergehen. Die in den Pericardialraum einmündenden Nieren dienen ausschliesslich der Excretion und werden nicht zur Ausfuhr der Geschlechtsstoffe benutzt, höchstens dass sich die Oviducte oder Vasa deferentia hie und da mit ihnen nahe an der äusseren Mündung vereinigen", so lassen sich gerade die entgegengesetzten Thatsachen nachweisen. Von den Dissepimenten mag vollkommen ab- gesehen werden, da diese nur in Vergleich mit den Brachiopoden an- geführt sind. Was die übrigen Punkte anbelangt, so ist die Leibes- hühle der Mollusken von einem Epithel ausgekleidet und es nehmen die Geschlechtsproducte in den als ursprüngliche aufzufassenden Fällen höchst wahrscheinlich aus dem Epithel der Leibeshöhle ihren Ursprung, in jenen Fällen nämlich, wo der als Höhle der Genitaldrüse dienende Abschnitt der Leibeshöhle mit dem Peri- cardialabschnitte derselben noch in Communication steht (Cepha- lopoden, Neomenien). In den übrigen Fällen, wo geschlossene Geschlechtsdrüsen vorhanden sind, müssen diese aus vergleichend anatomischen Gründen der sec. Leibeshöhle zugerechnet werden. Der directe Uebergang der Genitaldrüsen in die Ausführungsgänge bezeichnet gleichfalls kein primäres, sondern ein secundäres Ver- hältniss , und ist demselben ein Zustand vorausgegangen , wo die Genitalproducte aus der Leibeshöhle durch die selbstständig be- ginnenden Ausführungswege nach aussen befördert wurden , wie dies noch jetzt bei den Cephalopoden der Fall ist. Endlich sind die Ausführungswege der Genitalproducte auf die Excretions- apparate zurückzuführen, wofür die Verhältnisse bei den Muscheln, Dentalien und Solenogastres genügende Anhaltspunkte bieten. Was die Mesenterien anbelangt, so ergibt sich der Mangel derselben aus der weitgehenden ßeduction der secundären Leibeshöhle, welche von der Geschlechtsdrüse abgesehen sonst nur mehr durch den Pericardialraum vertreten ist ; wo jedoch die sec. Leibeshöhle den Darm noch aufnimmt, kann der Mangel der Mesenterien kaum viel beweisen, da Mesenterien sehr häufig rückgebildet werden. Bei den Chitonen sollen sogar nach Hai 1er i) noch Reste solcher vorhanden sein. Die Mollusken besitzen daher alle für die Enterocoelier charakteristischen Merkmale und wären daher auch nach der Definition der Gebr. Hertwig Enterocoelier. Bereits Hall er ') Haller, a. a. 0. pag. 65. (247) 70 Dr. Carl Grobben: hat den Chitonen eine secundäre Leibeshöhle zuerkannt, desgleichen in neuester Zeit Kowalevskii) durch das Studium der Ent- wicklung von Chiton dieser Auffassung einige Stütze zugeführt. Auch was die Anlage des mittleren Keimblatles , welches die Leibeshöhlenbekleidung liefert, anbelangt, so stimmt dieselbe mit jener bei den Anneliden überein. In beiden Fällen besteht dieselbe in zwei Zellen, den beiden Urmesodermzellen. So wenig nun in dieser Art der Anlage des mittleren Keimblattes von den Gebr. H e r t w i g bei den Anneliden eine Schwierigkeit für die Deutung der Leibeshöhle als Enterocoel erblickt wurde und die Anneliden demnach auch von 0. und U. Hertwig den Entero- coeliern zugerechnet werden, ebensowenig kann die gleiche Anlage bei den Mollusken als Schwierigkeit für die Deutung ihrer Leibes- höhle als Enterocoel angesehen werden. Schon Balfour^) hat in sehr zutreffenden Bemerkungen über die Ansichten der Gebr. Hertwig auch diesen Punkt hervor- gehoben. Für 0. und R. Hertwig waren die Verhältnisse bei den ausgewachsenen Anneliden mit Recht im hohen Grade massgebend, und ist demaach eine in gleicher Weise sich auf die Verhältnisse des entwickelten Thieres stützende ßeurtheilung der Mollusken voll- kommen statthaft. Es geht somit schon aus dem Wenigen hervor, dass das Enterocoel nicht als Darmausstülpung zu entstehen braucht. Ich halte demnach die Bezeichnung dieser Leibeshöhle als „secundäre Leibeshöhle" für die passendere. Mit Rücksicht auf die Ent- stehungsweise des Mesoderms steht die Frage so , dass es sich um den Nachweis handelt, ob die Entstehung desselben durch Divertikelbildung des Darmes die ursprünglichere ist. Von der Entscheidung dieser Frage wird es abhängen, ob die phyletische Bedeutung des Enterocoels aufrecht zu erhalten sein wird. Wien, im December 1883. ') A. Kowalevski, Embryogenie du Chiton Polii. Annales du Musee d'Mst. natur. de Marseille. Zoologie, t. I, Marseille 1883, pag. 24 und 25. 2) Fr. M. Balfour, Handbuch der vergleichenden Embryologie. Deutsch von Vetter. II. Bd. Jena 1881, pag. 321—322. (248) Morphologische Studien über den Harn- und Gesclilechtsapparat etc. 71 Erklärung der Abbildungen. Buchstabenbezeichnung. A Af Ag B C Cs D E ED G Ga Tintenbeutel. 1 Afteröffnung. | Arteria genitalis. j Mantelhöhle (Kiemenhöhle). | Herz. I Secundäre Leibeshöhle, beziehuugs- | weise Pericardialraum. 1 Darmcanal. Communicationsöffnung dem unteren und dem ober sacke bei Sepia. Eileiterdrüse. Genitaldrüse. Ausführungsgang der Leber (Gallen zwischen )n Nieren- Gp Sog. Pancreasanhänge des Gallen- ganges. H Hoden. HO Mündung des Hodens in die secun- däre Leibeshöhle. HS Hinterer Schalenschliesser. I Mündung des Ausführungsganges der Genitaldrüse in die secundäre Leibeshöhle. K Kieme. Kh Kiemenherz. L Leber. Lep Epithel der secundären Leibeshöhle. Lk Längscanäle der Leibeshöhle, zur Niere führend. M Magen. Ms Muskelfasern. Sämmtliche Figuren der Taf. ü, schemati.«!ch gehaltenen Fig. 31 und 32 entworfen. N Niere. N' Oberer Nierensack bei Sepia. Na Die oberhalb der Venen gefalteten Theile der Nierenwand (sog. Venen- anhänge). Od Oviduct. Oe Aeussere Mündung des Ausführungs- ganges der Genitaldrüse. Ov Ovarium. Pd Pericardialdrüse (Kiemenherzan- hang). Pt Peritonealtasche um das Vas defe- rens von Sepia officinalis. Qf Querfalte, welche bei Sepia den Pericardialraum von den hinteren Räumen der Leibeshöhle unvoll- kommen scheidet. S Schale (Schulpe). Tr Trichter. U Ureter. Um Mündung des Ureters. Va Bauchvene (Vena abdominalis). Vc Vena cava descendens. Vd Vas deferens. Vg Vena genitalis. Vp Mantelvene (V. pallialis). VS Vorderer Schalenschliesser. Vt Vene des Tintenbeutels. Vv Vena sinus venosi. W Mündung des Wimpertrichters in die Niere. sowie Fig. 8 und 9 der Taf. I und die auf Taf. III sind mittelst Camera lucida (249) 72 Dr. Carl Grobben: Taf. I. Fig. 1. Rumpf von Sepia officinalis, Weibchen. Etwas grösser als die natürliche Grösse des Präparates. Man sieht nachi Entfernung des Mantels den Rumpf von der Unterseite. Die Nidamentaldrüsen, der Tintenbeutel, sowie der End- darm sind abpräparirt, die Nieren blau, der Oviduct gelb, die secundäre Leibeshöhle roth injicirt ; letztere ist in ihrem hinteren Abschnitte an der Unterseite eröffnet, so dass man das Ovarium, sowie den vorn an dasselbe stossenden oberen Nierensack und den Magen sieht. Fig. 2. Rumpf desselben S e p i a -Weibchens mit Hin weglassung der unteren Nierensäcke, welche bloss durch eine dnnkelpunktirte Linie angegeben sind, sowie des Ovariums, nm die ganze Ausdehnung der secundären Leibeshöhle zu zeigen. Wie in Fig. 1 ist die secundäre Leibeshöhle in ihrem hinteren, das Ovarium um- schliessenden Theile, ebenso der Pericardialabschnitt derselben von unten eröffnet. Fig. 3. Rumpf eines Männchens von Sepia officinalis. Etwas über die natürliche Grösse des Präparates. Man sieht auf die Unterseite des Rumpfes, nach- dem der Mantel entfernt wurde. Der Tintenbeutel ist abpräparirt, die Niere, das Vas deferens und die secundäre Leibeshöhle mit gleichen Farben wie in Fig. 1 injicirt. Der hintere Abschnitt der secundären Leibeshöhle von unten eröffnet, wodurch die untere Wand des Hodens, sowie vor demselben der unpaare Nierensack sicht- bar sind. Fig. 4. Pericardialdrüse (sog. Kiemenherzanhang) von Sepia offici- nalis, von oben gesehen. Schwache Loupenvergr. Fig. 5. Dieselbe in der Seitenansicht. Gleiche Vergr. Fig. 6. Pericardialdrüse (sog. Kiemenherzanhang) von Eledone moschata von oben gesehen. Dieselbe Vergrösserung wie in Fig. 4. Fig. 7. Dieselbe von der Seite gesehen, in gleicher Vergr. Fig. 8. Epithel des Ureters in der Gegend des Wimpertrichters von Sepia officinalis. Präp. Vergr. ^^ Fig. 9. Ein Stück Epithel der Niere oberhalb der Pancreasanhänge von Sepia officinalis. von der Fläche gesehen. Nach d. leb. Obj. Vergr "". Fig. 10. Epithel aus dem vorderen Theile der Seitencanäle der secuudäreu Leibeshöhle von Sepia officinalis. Präp. Vergr. ^. Fig. 11. Epithel aus dem Ureter von Sepia officinalis, welches die Aussenseite der in den Ureter hineinragenden Wimpertrichterpapille überkleidet. Präp. "f. Fig. 12. Epithel desWimpertrichters von Sepia officinalis. Präp. Vergr. --^' Fig. 13. Epithel aus dem flaschenförmigen, die Pericardialdrüse aufnehmenden Abschnitte der secundären Leibeshöhle von Eledone moschata. Nach dem leb. Obj. Vergr. «f. Fig. 14. Epithelauskleidung der Seitencanäle der secundären Leibeshöhle von Eledone moschata. Präp. Vergr. — . Fig. 15. Endfollikel der Pericardialdrüse von Eledone moschata. Präp. Vergr. ^i?. .Fig. 16. Epithel des Ureters von Eledone moschata. Präp. Vergr. — ". Fig. 17- Leibeshöhlenepithel von dem linken vorderen Theile des Hodenüberzuges von Sepia officinalis. Nach dem leb. Obj. Vergr. --. Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. 73 Fig. 18- Epithel des Peritocealüberzuges des Herzens von Sepia offici- nalis. Nach d. leb. Obj. Vergr. '^. Fig. 19. Epithel der vorspringenden Falten der Pericardialdrüse von Sepia officinalis. Nach d. leb. Obj. Vergr. —. Fig. 20. Epithel der Niere oberhalb der Pancreasanhänge von Sepia offi- cinalis. Nach d. leb. Obj. Vergr. ^'^. Fig. 21. Zwei Endfollikel der Pericardialdrüse von Sepia officinalis Präp. Vergr. — . Fig. 22. Stück eines Querschnittes durch einen durch Faltungen der Nieren- wand oberhalb der Venen entstandenen Anhang (sog. Venenanhang) von Eledone moschata. Präp. Vergr. ^^. Fig. 23. Stück eines Querschnittes durch einen sog. Venenanhang von Sepia officinalis. Präp. Vergr. ^. Fig. 24. Epithel des den Hoden einschlie.«senden Sackes von Eledone moschata. Nach d. leb. Obj. Vergr. 'ij?. Fig. 25. Epithel der der Mantelhöhle zugewendeten Wand des unteren Nieren- sackes von Sepia officinalis. Nach d. leb. Obj. Vergr. — . Fig. 26. Epithel des Wimpertrichters von Eledone moschata. Nach d. leb. Obj. Vergr. ^[". Taf. III. Fig. 27. Niere von Sepia officinalis mit den an der Nierenwand ver- laufenden Venen. Die unteren Nierensäcke sind in ganzer Ausdehnung von unten eröffnet, so dass man auf die obere über den Venen zu traubigen Anhängen gefaltete Nierenwand sieht. Nur wenig über die natürl. Grösse d. Präp. vergr. Fig. 28. Männlicher Geschlechtsapparat und die Leibeshöhlencauäle mit den anstossenden Organen von Eledone moschata, von der oberen Seite gesehen. Der lioke, die Pericardialdrüse aufnehmende flaschenförmige Abschnitt der secun- dären Leibeshöhle ist eröffnet. Die in der Figur hinter den Hoden fallenden Theiie des Vas deferens sind punktirt dargestellt. Etwas über die natürl. Grösse d. Präp. Fig. 29. Niere von Eledone moschata, Männchen, nach Entfernung der unteren Nierenwand, mit den an der "Wand verlaufenden Venen. Etwas über die natürl. Grösse d. Präp. Fig. 30. Weibliche Geschlechtsorgane, sowie die Leibeshöhlencauäle mit den angrenzenden Organen von Eledone moschata, von der Oberseite gesehen. Der linke die Pericardialdrüse aufnehmende flaschenförmige Abschnitt der secun- dären Leibeshöhle eröffnet. Die in der Figur auf die entgegengesetzte Seite fallen- den Theiie der Leibeshöhlencauäle und Oviducte, sowie ihre Einmündungen in den Ovarialsack sind punktirt dargestellt. Etwas über die natürl. Grösse d. Präp. Fig. 31. Schematisch gehaltener Längsschnitt durch die Pericardialdrüse (sog. Kiemenherzanhang) von Eledone moschata. Die mit einer besonderen Epithelform bekleideten Follikel sind durch eine kräftigere Linie bezeichnet. Fig. 32. Schematisch gehaltener Längschnitt durch die Pericardialdrüse von Sepia officinalis. Die Endfollikel, welche eine besondere Epithelform besitzen, sind durch eine kräftigere Linie angegeben. Fig. 33. Schematisch, unter Zugrundelegung eines Präparates, gehaltener Längsschnitt durch den Rumpf eines Weibchens von Sepia officinalis, um die Lagerungsverhältnisse der Organe und Höhlungen zu einander zu zeigen. Die Bekleidung der secundären Leibeshöhle ist durch eine kräftige Linie, die Nierenwand (251) 74 Dr. Carl Grobben: Morphologische Studien etc. durch eine breite graue Linie angegeben, überdies die Höhlang der Niere auspunktirt. Alle nicht in die Schnittebene fallenden Theile sind durch eine unterbrochene Linie bezeichnet. Fig. 34. Schematischer Längsschnitt durch den Kumpf eines Weibchens von Eledone moschata. Die entsprechenden Organe sind in derselben Weise wie in der vorhergehenden Figur dargestellt. Fig. 35. Anatomie von ünio pictorum, um die Ausdehnung der secun- dären Leibeshöhle, sowie die Lage und Ausdehnung der Pericardialdrüse (Theil des rothbranuen Organes von K e b e r) zu zeigen. Die entsprechenden Organe in gleicher Weise wie in der Fig. 33 bezeichnet. Die secundäre Leibeshöhle und die Geschlechts- drüse durch eine kräftige Linie, die Niere durch eine breite graue Linie, die Nieren- höhle auspunktirt. Niere, secundäre Leibeshöhle, Pericardialdrüse, sowie die Ge- schlechtsdrüse schematisch (mit Zugrundelegung eines Präparates). Fig. 36. Schema einer Schnecke, um die Ausdehnung der secundären Leibes- höhle zu zeigen. Die entsprechenden Organe wieder wie in Fig. 35 bezeichnet. (252) Druck von Gottlieb Gistel & Cie. Wien, Stadt, Augustinerstrassc 12. Beiträge zur Kenntniss der Nerven im Peri- toneum von Doris tuberculata, Lam. Von Dr. Bela Haller. (Mit 1 TatVl.) Nach einem bei Chiton geraachten Befunde i\ welchem nach feine Nerven auch innerhalb des Peritoneums vorkommen, wo sie zwischen der Faserschichte und Epithel gelegen sind und daselbst in terminale Körperchen sui generis endigen , die ich jener Zeit mit den im Peritoneum der Vertebraten sich findenden Vater- Pacini'schen Körperchen in physiologischem Sinne ohne jede Rücksicht auf ihren morphologischen Charakter, verglichen habe, war es mir von Interesse, auch Weiteres über diese Nervenenden bei Mollusken zu erfahren. Prosobranchier , Patellen und andere mir zugänglichen Mollusken eigneten sich schon aus dem Grunde wenig zu dieser Untersuchung, weil ihre nervösen Elemente zu fein sind, um oft Täuschungen vorbeugen zu können. Die grossen Nervenzellen innerhalb des Central-Nervensystems derNudibranchier sind Jedermann bekannt, und so konnte ich auch auf das Auffinden von grösseren peripheren Granglienzellen hoffen. Dieses war der Grund , warum ich zu vorliegender Untersuchung die G attung Doris wählte. Dabei war mir wenig daran gelegen, auch andere Nudibranchier oder Mollusken überhaupt der Untersuchung bei- zuziehen; wenn ich nur bei einer Form sichern Aufschluss hätte, würde sich ja bei den übrigen der Sachverhalt bald von selbst ergeben. Andererseits bin ich zur Zeit mit andern Arbeiten zu sehr in Anspruch genommen, um diese Untersuchung weiter ausdehnen zu können. Ueber kleinere Ganglien, die sich auf dem Darme finden, wurde mehrere Male bei Nudibranchiern Erwähnung gethan , bei Doris sogar am Mitteldarme, wo sie bereits mit freiem Auge sichtbar sind, von AI der und Hancock 2) genauer beschrieben. 1) B. Haller: Die Organisation d. Chitonen d. Adria. I. S. 17. Fig. 8. (Ar- beiten a. d. zoolog. Institute zu Wien. Bd. IV.) -) AI der and Hancock: „Monograph ofthe british Nudibranchiate Molluska." Claus, Arbeiten aus dem Zoologisclien Institute etc. Tom. V, Hefts. 18 ('^ss) 2 Dr. B61a Ha 11 er: Ob jedoch des Genauem eruirt wurde , ob diese Ganglien der Darmwandung direct oder dem diesen deckenden Peritoneum auf- liegen, ist mir nicht bekannt geworden. Mir sind heute diese Angaben nur noch in dem Gedächtnisse erhalten, und da mir bei Niederschreibung dieser Zeilen die erwähnten Original- arbeiten nicht vorliegen, muss ich mich mit der kurzen Beschreibung Keferstein's in Bronn's „Classen und Ordnungen der Weich- thiere" begnügen. Allerdings wird hier die Kürze der Beschreibung durch die beigegebenen Copien der Alder-Hancock'schen Ab- bildungen ausführlicher gemacht, i) Hier sehen wir auf Fig. 2 jene zwei Nerven aus den vordem Eingeweideganglien (Buccal- ganglien Aut.) an den sogenannten Magen treten, welche für Proso- branchier, speciell bei Haliotis von Lacaze-Duthiers^) bei Fissurella^ Trochiden ^) und Placophoren *) von mir beschrieben wurde. L. Duthiers nannte diesen paarigen Nerven „nn. oeso- phagiens superieur" und ich bezeichnete ihn mit dem deutschen Namen „oberer Oesophagealnerv". Ob freilich in diesem oben- genannten Nerven der Doris und Verwandten blos der obere Oesophagealnerv der Vorderkiemer etc. enthalten ist, oder diesem sich auch andere aus den vordem Eingeweideganglien abtretende und den Vorderdarm versorgende Nerven sich anschliessen (theil- weise der Buccaldrüsennerv und der untere Oesophagealnerv) ist mir weder aus eigener Anschauung, noch aus der Literatur bekannt, doch halte ich dies für wahrscheinlich. — Auch ist mir von keiner Angabe bekannt geworden, dass von dem den Vorderdarm, Darm und die andern Eingeweide ums^Dinnenden gangliösen Netzwerke aus Aeste an das Peritoneum abtreten würden. Kleine Ganglien sollen aber nach Kef er stein (1. c. S. 728) schon mehrfach in der Körperwand gefunden worden sein und werden hier, meiner Ansicht nach, dem die Körperwand deckenden Peritoneum angehören. Bei Doriopsis limbata ist es, soviel mir noch aus einer meiner altern Zeichnungen ersichtlich ist, der obere der zwei starken aus der lateralen Ganglienmasse des Schlundringes tretende ') Taf. LXII. 2) L. Duthiers: „Memoire snr le Systeme uerveux de l'Haliotide." (Ann. d. Scienc. nat. Zoolog. [4] tom. XII.) 3) B. Haller: „Untersuchungen über marine Rbipidoglossen" I. (Morph. Jahrbuch) S. 10. Fig. 1, 2, 3. vd. *) 1. c. Seite 7. Fig. 2, 3, 9. Ueber das Verhalten desselben Nerven bei rüssel- tragenden Prosobranchiern siehe meine Arbeit : „Zur Kenntniss der Muriciden." (Aus XLV. Bande der Denkschriften d. Acad. d. Wissensch. in Wien.) (254) Beiträge z. Kenntniss d. Nerven im Peritoneum v. Doris tuberculata, Lam. 3 Nerv, welcher zahlreiche Aeste an die der lateralen Körperwand anliegenden Theile des Peritoneums abgibt. Mir war weiter an den Nerven , welche speciell mit ihren Aesten an das Peritoneum treten, weniger gelegen, sie werden gewiss in den zahlreichen Arbeiten Alder's Han cock's, Embl e- ton's und Rud. Bergh's über Nudibranchier erwähnt und dort nachzulesen sein und wir können somit nach diesem kurzen Hin- weis zum mikroskopischen Verhalten i) der nervösen Elemente im Peritoneum übergehen. Dem Peritoneum nach aussen mehr oder weniger, je nach der Zahl der abtretenden Zweige, anhaftend, findet man oft genug feinere Nerven. Einen solchen Nerven bildete ich von dem der Körperwand anliegenden Peritoneum an der rechten Seite der vorderen Körperhälfte in Fig. 1 ab. Ich hatte mehrere solcher Nerven sowohl von Präparaten , die mit Ueberosmiumsäure behandelt wurden, als auch von solchen, die eine Tinction mit am- moniakalischem Carmin erfahren hatten , vor Gesicht bekommen. Bei Durchmusterung selbst längerer Stücke solcher Nerven konnte ich in keinem Falle Verdickungen gangliöser Art mit Ein- lagerung mehrerer Zellen auffinden, obgleich ich gleich vom Anfang an darnach trachtete. Umsomehr musste es mich überraschen oder vielmehr eine schon seit langem gehegte Vermuthung bestätigen, als ich endlich im Nerven zerstreut liegende Ganglienzellen auffand. An einem circa 10 Mm. langen und 2*97 Mm. breiten Nervenstücke habe ich fünf so zerstreut liegender Ganglienzellen beobachtet. Nur selten sah ich zwei einander genähert liegen, wie in Fig. 1 links dargestellt wurde, und um nochmal zu wiederholen, sind mir Gruppen solcher Zellen, die dann ein Ganglion, d. i. eine Verdickung am Nerven mit zelligem Einschluss gebildet hätten, nie zu Gesicht gekommen. Diese Zellen, die ich „eingestreute" nennen will, rufen vielmehr äusserlich durchaus keine Verdickung an dem Nerven hervor, selbst wenn sie zu zweien neben einander liegen, denn ihr Volumen ist im Verhältniss zur Nervenbreite gering. Sie sind darum äusserlich, ohne Gebrauch von Reagentien, am Nerven unkenntlich, lieber diese Zellen konnte ich nach Abschluss der Untersuchung die Regel aufstellen , dass sie berufen sind, ^) Lediglich das feinere Verhalten war es, wie ich schon sagte, was mich diesmal zum Studium anregte. Dabei weiss ich aber ganz gut, dass diese Abhandlung nur fragmentarischer Natur ist und nicht die Befriedigung gewährt, die ich mir gerne gegönnt hätte ; sie liefert aber für die vergleichende Nervenlehre doch einige neue Daten, und dies bewog mich, die Arbeit zu publiciren. 18* (255) 4 Dr. Bela Haller: durch ihre peripheren Fartsätze entweder gleich vomAnfange an dieZahl der N ervenf asern innerhalb des Nerven zu vermehren, oder doch durch ihren unipolaren, doch sehr breiten Fortsatz dem Nerven ein breitesElement beizumengen, dessen schliessliche Theilung wahrscheinlich ist. Die Lagerung dieser Zellen ist eine verschiedene, je nachdem sie mehr oder weniger lateral von der Nervenlängsachse entfernt sind ; oft können sie sogar die Mitte des Nerven einnehmen. In dem Falle , welchen ich in Fig. 2 abgebildet habe , war der Zellleib im Verhältniss zum grossen Kern gering. Die Zelle erhielt einen mittelstarken centralen Fortsatz und gab zwei peri- phere ab, wovon der eine dem centralen an Breite gleichkam, während der andere bedeutend schmäler als jener war. In andern Fällen wieder (Fig. 3 a) war der Zellleib im Verhältniss zum Kern stärker ; die zwei peripheren Fortsätze waren fast gleich breit. Nur ein centralev Fortsatz war vorhanden. Meistens konnte ich zwei periphere I^'ortsätze, wie in den erwähnten Fällen erkennen, ob jedoch selbst mehrere solcher vorkommen können, muss ich dahingestellt sein lassen, da ich ähnliches nicht beobachtet habe. Mit Sicherheit kann ich aber angeben, dass diesen Zellen stets nur ein centraler Fortsatz eigen ist. In den Fällen, wo die Zelle nur einen peripheren Fortsatz besass, konnte, wie schon erwähnt wurde, festgestellt werden, dass dieser den centralen Fortsatz bedeutend an Breite übertraf (Fig. 3 b). Diese breiten Fortsätze gehören zu jenen Nervenfasern, die wir manchmal zwischen den dünnen Nervenfäden dieser Nerven antreffen (Fig. 2 j), und welche sowohl durch ihr sporadisches Auftreten wie durch ihre Mächtigkeit auffallen müssen. Wir werden auf diese breiten Fasern noch zu sprechen kommen und hier sei nur noch bemerkt, dass ich weit entfernt bin, in ihnen Eigenschaften erkennen zu wollen, die sie etwa als „sympathische" kennzeichneten. Was speciell die Grössenverhältnisse der Zellen anbelangt, so mögen folgende Messungen, die ich der Uebersicht halber tabel- larisch zusammenstellte, hier Platz haben. Diese sporadisch innerhalb eines Nervenbündels auftretenden Ganglien- zellen sind aber nicht als Eigenthüm- lichkeit der Nerven des Peritoneums aufzufassen. Um mich über diese Frage zu vergewissern, untersuchte ich meh- Zellleib Kern a) 0-855 Mm. 0-405 Mm h) 0-810 „ 0-405 „ '•; 0-540 „ 0-270 „ d) 0-990 „ 0-675 „ e) 0-810 „ 0-585 „ (256) Beiträge z. Kenntniss d. Nerven im Peritoneum v. Doris tuberculata, Lam. 5 rere Nerven, die nur kurz vorher den Schlundring verliessen (Nerven der Nackenhaut, der Kopfhaut etc.) und gewahrte da diese sporadisch zerstreuten Ganglienzellen gleichfalls. Hier habe ich sie nur angeführt, da sie auch den Peritonealnerven unserer Doris eigen sind. Die Peritonealnerven zerfallen allmälig in feine Aeste, welch' letztere schliesslich blos durch eine Nervenfaser repräsentirt werden, welche Einzelnfasern aber, wie besonders seit der Untersuchung A. Solbrig'si) bekannt ist, wieder Aeste aus sich abgeben können. Nehmen wir daher an, was ja schon oft geschehen ist, dass diese Nervenfaser der Evertebraten dem Achsencylinder der Vertebraten entspricht, so müssen wir auch zugeben, dass der Achsencylinder der Theilung fähig ist. Wenn wir solche selbstständige Einzelnervenfasern, die selbst noch die bindegewebige Umhüllung besitzen, verfolgen , so ist es unschwer, ihren Ursprung in den riesenhaften Ganglienzellen auf dem Peritoneum zu erkennen (Fig. 4). Solche Einzelganglienzellen haben schon vermöge ihrer Lage als isolirte Elemente, ein grösseres Interesse für sich und dürften als ein kleines Centrum sympathi- scher Art aufgefasst werden. Ihre relativ grosse Selbständigkeit erhellt schon daraus, dass sie nur einen centralen Fortsatz von nicht besonderer Breite empfangen, dafür aber mehrere periphere Fortsätze von geringerer oder grösserer Stärke aussenden. Auf- fallend sind diese Zellen durch ihre Grösse, vermöge welcher sie an Carminpräparaten bereits bei stärkerer Loupenvergrösserung erkennbar sind; die in Fig. 4 zeigte eine Länge von TOS Mm. bei 0-677 Mm. Breite. Der Zellleib dieser Zellen war in den meisten Fällen langgestreckt, welcher Form sich auch der Kern anpasste, ob freilich postmortal oder schon im Leben, ist mir nicht bekannt. Im Kerne selbst entstand durch die verschiedene Aneinanderreihung der Fädchen entweder ein dickes Netzgerüst (Fig. 4, Fig. 3 a b), oder waren jene gleichmässig im Kerne vertheilt; in manchen Fällen sah man sogar kleine Theile des Kernes von den Fädchen ganz freigelassen (s. Fig. 2). In den Fällen, wo ein deutliches Kerngerüst zur Sicht kam, konnte man äusserst deutlich auf dem optischen Längsschnitt den Kern innerhalb seines Randes von einer Reihe Körnchen umsäumt ^) A. Solbrig: „Ueber die feinere Strnctur der Nerveuelemente bei den Gasteropoden." Leipzig 1872. (i57) 6 Dr. Bela Haller: sehen (Fig. 3,4); ein Verhalten, welches mit solcher Regelmässigkeit und Deutlichkeit wie hier bei sonstigen Zellkernen nur selten auftritt. A. Räuber^) beobachtete solche Erscheinungen im Kerne beim Forellen eie und jenem des Alligators und nannte sie „wandständige Nucleolen". Beim Forelleneie soll ein feines Netzwerk den Kern durchsetzen, während die „wandständigen Nucleolen" von be- deutender Grösse den Kern umsäumen. Beim Alligatoreie sollen die Verhältnisse sogar complicirter sein. In unserem speciellen Falle sind die umsäumenden Körperchen an Grösse durchaus den das Kerngerüst bildenden Körnchen oder optischen Querschnitten der Fädchen gleich und nur durch ihre regelmässige Anordnung auffallend. Als besondere Nucleoli können sie also nicht an- gesprochen werden; sie sind blos gerüstbildende Fädchendurch- schnitte und den übrigen gleich. Der Zellkern umschliesst in den meisten Fällen auch hier nur einen Nucleolus, doch sah ich auch schon zwei innerhalb eines Kernes (Fig. 4). Die bindegewebige Hülle des centralen Fortsatzes der Zelle geht auf letztere über, ihn als ein weiter Sack umgebend (Fig. 4). Die Zelle hat somit eine Umhüllung, welche aber von so bedeuten- der Weite ist, dass selbst, wenn man eine durch die Reagentien bedingte Schrumpfung der Zelle annimmt, diese nicht hinreichen würde, um den grossen Zwischenraum zwischen Zelle und Hülle zu erklären. Die Annahme ist somit statthaft, dass die Ganglien- zelle die bindegewebige Hülle nicht ausfüllt; ob dieser Zwischen- raum aber etwa durch eine lymphatische Flüssigkeit im Leben aus- gefüllt wird, diese Frage bleibt für die Zukunft eine offene. Die Umhüllung tritt beim Abgehen der peripheren Fortsätze Scheiden an sie ab. Was ihre Structur anbelangt, so besteht sie aus einer homogenen Zwischensubstanz , welche von sternförmigen Zellen, deren Fortsätze miteinander anastomosirend ein Netzwerk bilden, durchsetzt wird (Fig. 4). Andere Elemente besitzt dieses Gewebe nicht und nur selten lagert eine Plasmazelle der Nervenhülle auf, doch kommt es nie zu einer factischen Umhüllung von Plasma- zellen wie an den grossen Nervenbündeln. ^) Diese Netze in der Nervenhülle sind am schönsten zu erkennen , wenn man bei der ^) A. Raulier: „Neue Gmudlegung zur Kenntniss der Zelle." Morpliolog. .Jahrbuch. Bd. VÜI. -) Siehe J. Brock: „Untersuchungen über die interstitiellen Bindesnbstauzen der Mollusken." Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. XXXIX. (258) Beiträge z. Kenntniss d. Nerven im Peritoneum v. Doris tubercnlata, Lam. 7 Conservirung des Gewebes in Alkohol vorher mit einer verdünnten Lösung von Ueberosmiumsäure arbeitete und die Färbung mit ammoniakalischem Carmin vornimmt. In den meisten Fällen erkennt man an diesen Ganglienzellen einen stärkeren und mehrere schwächere periphere Fortsätze ; die schwächeren sind oft so fein, dass man sie bei flüchtiger Be- trachtung gar nicht erkennt und erst nach längerem Beschauen des Präparates sie aufzufinden vermag. In dem abgebildeten Falle konnte ein stärkerer Fortsatz (Fig. 4 f) erkannt werden , dessen Hülle gleich der Hülle der Zelle äusserst geräumig war. Die anderen drei Fortsätze dieser Art waren von geringerem Quermesser. Sämmtliche Fortsätze der Zelle waren sogenannte „Protoplasma- fortsätze" und wie ich hinzufügen möchte, ist mir weder an diesen Einzelzellen noch an den sporadisch zerstreuten der Nervenbündel gelungen, Kernfortsätze aufzufinden. In vielen Fällen, besonders wo grössere Ganglienzellen zu sehen waren, konnten Nervenfasern, die mit dem centralen Fort- satze in die Umhüllung der Zelle gelangt wären und dieselbe mit einem peripheren Fortsatze verlassen hätten, ohne mit der Zelle in Connex zu treten, nicht beobachtet werden. Wohl konnte aber in zwei Fällen constatirt werden, dass dieser Fall existiren kann. In beiden Fällen durchsetzten zwei Nervenfasern die Hülle der Ganglienzellen, ohne mit der Zelle zu correspondiren ; doch waren in beiden Fällen die Zellen multipolar. Wir können eben diese Verhältnisse derart auffassen, dass, nachdem durch Abzweigung aus dem gemeinsamer^ Nervenbündel die Zahl der Fasern sich vermindert und schliesslich bis auf einige Wenige (3—4) reducirt wird, noch immer innerhalb dieser Nerven- bündel (denn so müssen wir sie selbst jetzb noch nennen) Ganglien- zellen sich sporadisch finden können. Die Nerven nähern sich hier aber immer mehr ihren peripheren Enden und so ist es denn gekommen, dass diese Ganglienzellen ihre peripheren Aeste nicht mehr dem weiterlaufenden Bündelchen beimengen, sondern sie selbstständig abtreten lassen. Endlich können die durchtretenden mit der Ganglienzelle in keinem Connex stehenden Fasern gänz- lich fehlen, wie ich diesen Fall oben beschrieben habe. Ob nun aber jede Nervenfaser , die im Peritoneum zu enden berufen ist. zuvor in eine Ganglienzelle multipolarer Natur sich auflöst, ist mir nicht bekannt und wegen der Seltenheit der Ganglienzellen obiger Art auch unwahrscheinlich. Hier walten uns noch unbekannte Gesetze, warum wir auch heute über die (259) 8 Dr. Bela Haller: genaue physiologische Bedeutung dieser multipolaren Ganglien- zellen nur so viel auszusagen vermögen, dass sie vermöge ihrer Grösse und der Zahl ihrer peripheren Ausläufer eine grössere relative Selbstständigkeit besitzen dürften. Ich verlasse nun einstweilen diese Zellen, mich den End- verhältnissen der Peritonealnerven zuwendend. Um die feinen Nerven, die nun einer einzigen Nervenfaser entsprechen, studiren zu können , empfiehlt sich die schon all- bekannte Methode der Brüder Her twig wohl am besten. Ich habe d iese Mischung von Ueberosmiumsäure , Glycerin und Essigsäure vielfach combinirt und auch diesmal benutzt ; in diesem Falle ge- nügte eine sehr verdünnte Mischung vollkommen ; die Bilder waren dauerhaft. Man findet im Peritoneum sehr oft feine Nerven , die eine Einzelfaser vortäuschen, bei genauer Betrachtung ergibt sich jedoch , dass trotz der grossen Feinheit dieser Nerven wir in ihnen doch Nervenbündel vor uns haben, die allerdings nur einzelne (2 — 3) dünne Fasern in sich schliessen ; ihre Hülle weist eine ganz bedeutende Dicke auf (Fig. 11), Dann finden sich wieder gleich dicke oder selbst dickere Stämme, in denen wir vergebens nach mehreren Fasern suchen. Vielmehr ist der ganze Nerv eine äusserst breite bandförmige Faser (Fig. 7 , 12) , deren Nervenhülle eine besondere Dicke aufweist. Am optischen Längsschnitte schien es mir manchmal (Fig. 7 a), wie wenn die Nervenhülle, deren Dicke in keinem Verhältnisse zur Faserdicke steht, aus verschiedenen Schichten bestünde, doch könnten solche Bilder leicht durch die Faltungen bedingt worden sein. In den meisten Fällen traf ich aber Einzelfasern von ge- ringerer Dicke an (Fig. 5 b). Solche Nerven verästelten sich und ihre oft äusserst zarten Aestchen gingen entweder a, Anastomosen mit benachbarten ein (p.), ß, oder verfeinerten sie sich derart, dass ich sie nicht mehr recht erkennen konnte, oder aber, y, endigten sie in einer mehr oder weniger kleineren Ganglienzelle (g, Fig. 6). Und hiermit wären wir zu jenem Punkte angelangt, welchen zu er- kennen die Aufgabe vorliegender Untersuchung bildete: die Endi- gungsweise der Nerven im Peritoneum. An dem Präparate, welches ich auf Fig. 6 abgebildet habe, war die zarte Nervenfaser bis zur Endzelle gelangt und verband sich deutlich mit ihr; bei tieferer Einstellung des Tubus schien mir sogar in diesem speciellen Falle, als wenn der Nerv einen Kernfortsatz der Zelle bilden würde, doch da mir weitere ähnliche Beiträge z. Keuntniss d. Nerven im Peritoneum v. Doris tuberculata, Lam. 9 Fälle nicht vorkamen, muss ich mich hier einer decidirten Aussage enthalten. Ich konnte bei den feinen Nerven, die ich zuletzt beschrieb, die Nervenhülle nicht deutlich erkennen und nur selten gelang es mir, die dem Nerven stramm anliegenden Kerne derselben constatiren zu können. Es ist sehr wahrscheinlich, dass eine Hülle sowohl dem Nerven als der En dz eile abgeht. Solche End- zellen, die vereinzelt dalagen, kamen selten zur Sicht und ich weiss nicht, was mit den feineren Fasern, deren weiteren Ver- lauf ich nicht verfolgen konnte, geschieht. Sollten sie vielleicht, das Peritoneum durchbrechend, zu Nerven der Gefässe oder Ein- geweide werden ? Endzellen finden sich aber nicht nur an den feinen uni- fibrillären Nerven, sondern auch kleineren Nervenbündeln an- gelagert, in welchen Fällen sie dann meistens zu drei bis vier zusammenliegen. Flächenpräparate eignen sich zur Untersuchung dieser Ver- hältnisse wohl auch, doch möchte ich für angezeigter halten, diese Untersuchungsweise mit jener der Isolation zu verbinden ; dies um so mehr, als manchmal anliegende Plasmazellen die Ganglienzellen nicht in ihrer vollen Klarheit erkennen lassen. Auf Fig. 9 ist ein Fall abgebildet, wo aus einem Nerven- bündel eine Faser sich abzweigte und gleich darauf zum Fortsatze einer unipolaren Ganglienzelle wurde. Die Zelle hing gleich einer Beere mit kurzem Stiele dem Nervenbündel an. Die Hülle des Nerven ging auf die abgezweigte Faser über und auch die Zelle erhielt auf diese Weise einen Ueberzug, warum sie wie in einem Säckchen steckte. In Fig. 10 war an einem längeren Stiele wieder eine unipolare Ganglienzelle gehangen und die eben erwähnte Nervenhülle fehlte auch hier nicht; ob jedoch ihr Stiel aus einem Nervenbündel sich direct abzweigte oder möglicherweise der längere Fortsatz einer multipolaren Ganglien- zelle war, dieses konnte, da eben ein Isolationspräparat vorlag und der Fortsatz abgerissen war, nicht eruirt werden. In anderen Fällen kamen kleinere Gruppen von nervösen Endzellen zur Sicht und eine solche Gruppe von vier Zellen stellt Fig. 8 dar. In diesem Falle war es ein ganzes Nervenbündel (t), dessen sämmt- liche Fasern in Endzellen aufgingen. Bei der Zartheit der Nervenfasern konnte in diesem Falle mit Ausnahme einer Zelle der Eintritt der Faser in die Zelle nicht erkannt werden, da jedoch das Nervenbündel sich weiter nicht fortsetzte und man auch beim Verschieben des Objectes keine Abzweigung erkennen konnte, (261) 10 Dr. Bela Haller: SO ist es klar, dass der ganze Nervenbündel mit seinen vier Fasern in die vier Zellen eintreten musste. Die auch hier lockere Nervenhülle erweiterte sich continuirlich in einen Sack, welcher die Zellen umschloss. An einem anderen breiten Nervenbündel, welcher dem beschriebenen Objecte nach unten anlag, konnten einige Plasmazellen beobachtet werden (bz). Die eben beschriebenen Endzellen sind von verschiedener Grösse, doch, stets kleiner als die grossen multipolaren Zellen ; sie werden ähnlich den anderen, sowie auch die Nervenfasern, von der Ueberosmiumsäure gebräunt und können, selbst die kleineren, mit Bindegewebszellen, den sogenannten Plasmazellen Brooks, nicht verwechselt werden. Schon ihr stets runder Kern, welcher relativ klein und kleiner ist als die der grossen multipolaren Zellen, ist bedeutend grösser als jener der Plasraazellen. Anderer- seits sind die Plasmazellen meistens hell und ihre Protoplasma- körperchen ordnen sich zu gröberen Netzen, deren Fäden die Stoffwechselproducte in sich schliessen ; letztere sind Kügelchen von verschiedener Grösse. Selbst dann, wenn die Plasmazellen von Stoffwechselproducten strotzend gefallt sind, erlangen sie nie jene gelbliche Farbe wie die Ganglienzellen. Ich habe schon bei Beginn dieser Abhandlung erwähnt, dass mich ein Befund an Chiton veranlasst hatte, diese Untersuchung aufzunehmen. Ich hatte dort i) ähnliche unipolare Ganglien- zellen zwischen den Fasern des Peritoneums und dem Leibeshöhlen^ epithel erkannt; nur musste meine Beobachtung als eine einzeln- stehende betrachtet werden, da dieser Befund eben nur bei Chiton gemacht wurde. Heute, nach den Resultaten dieser letzten Unter- suchung, darf ich es aussprechen, dass die Endzellen im Peri- toneum von Chiton wohl mit jenen der Doris homologe Bildungen darstellen. Bei Chiton lagen solche Ganglienzellen zu „5 bis 9 in einer Gruppe nebeneinander". Die einzige Verschiedenheit läge im Verhalten der Nervenhülle, welche bei Chiton nicht näher erkannt werden konnte; so ist es aber auch bei Doris bei ihren kleineren Ganglienzellen und dessen Fasern geschehen. Diesen Punkt weiter zu verfolgen wird späteren Untersuchungen anheim- zustellen sein. Ich glaube diesen Endzellen im Peritoneum der Mollusken eine allgemeine Verbreitung zuschreiben zu dürfen ; ihre Function dürfte mit jener der Vater- P acini'schen Körperchen im Peri- ') 1. c. S. 17, Fig. 8. (262) Beiträge z. Kenntniss d. Nerven im Peritonenm v. Doris tuberculata, Lam. 11 toneum der Vertebraten eine identische sein, wenn wir selbst über diese keinen sicheren Begriff haben. Ich denke hier den passendsten Ort zu finden, eine mir durch meine Untersuchungen schon lange sich aufdrängende Er- klärung für die Structur der Nervenzelle und Faser zur Kennt- niss zu bringen. Bekanntlich war es zuerst Max Schnitze, der den Ganglienzellen aus den Lobi electrici von Torpedo eine fibril- läre Structur zuschrieb. ^) Seit dieser epochemachenden allbekannten Arbeit Schultze's theilten sich die Neurohistologen in zwei Gruppen, und wer könnte sich der vielen Controversen nicht erinnern, welche sich an dies Thema knüpften? Ohne hier geschichtlich diese Fiage erörtern zu wollen, möge nur erwähnt werden, dass fast von eben so vielen eine fibrilläre Structur der Ganglienzelle zugeschrieben ward, als von anderen geleugnet. Die bedeutenden Befunde C. Kupffer's, E. Klein's, C. Frommann's und W. Flemming's haben unserer Anschauung über den Zellleib eine ganz bedeutende Wendung gegeben. Kupffer's Sonderung des bisherigen „Protoplasmas" in Protoplasma im engeren Sinne und in Paraplasma^) ist heute zur Nothwendigkeit geworden. Flemming speciell war es, der auf Grund reicher Erfah- rung, sich dieser Ansicht anschliessend, auch der Ganglienzelle gedachte. ^) Dann war es S. Freud, der in seiner Arbeit über die Structur der Ganglienzelle von Astacus zu dem Resultate gelangte, dass die concentrische wie fibrilläre Anordnung*) des Pro- toplasmas in der Ganglienzelle nicht als eine specielle Eigenschaft dieser Zellen aufzufassen ist, sondern einer allgemeinen Eigen- schaft der Zellen zuzuschreiben wäre. Entweder wurde von den Autoren, wie schon erwähnt, eine fibrilläre Structur der Ganglienzelle zugeschrieben, oder mit dieser auch eine concentrische Form im Zellleibe erwähnt. Andere Forscher wieder leugneten jede ähnliche DifFerenzirung und gaben blos an, dass die Ganglienzelle gleichmässig „granulirt" sei. C. Frommann ^) ist, so viel mir bekannt, der Erste, der inner- ') „Allgemeines über die Structnrelemente des Nervensystems." InSlricker's Handbuch der Lelire von den Geweben. Leipzig 1871. -) „lieber Differenzirung des Protoplasma an den Zellen thierischer Gewebe." Schriften des natarw. Vereines für Schleswig-Holstein. Bd. I. 1875. ") „Vom Bau der Spinalganglienzellen." Beiträge zur Anatomie und Embryo- logie als Festgabe an J. Henle von seinen Schülern. Bonn 1832. *) D. h. nach d. Autor Netze, deren Maschen so angeordnet sind. ^) „Zur Lehre von der Structur der Zellen." Jenai'sche Zeitschr. f. Natur- wissensch. Bd. IX. 1875. S. 292. (Citirt nach Flemming.) (263) 12 Dr. Bela Hall er: halb der G-anglienzelle (an den Brustknoten von Astacus) ein feines Netzwerk sah, das von feinen Fäden gebildet wird. Heute kann ich mit Sicherheit auf Grund eigener Unter- suchungen sowohl an Ganglienzellen der Vertebraten , als jener der Evertebraten, und zwar hauptsächlich der Mollusken, angeben, dass selbst bei Ganglienzellen derselben Art und derselben anato- mischen Stelle sowol eine „fibrilläre" Form, resp. Anordnung des Protoplasmas innerhalb der Zelle vorkommen kann als eine con- centrische ; ferner aber auch eine Combination beider Anordnungs- arten. Ich kann aber auch behaupten, dass es Momente im Zellen- leben gibt, wo weder der eine, noch der andere Fall auftritt, sondern das Protoplasma im Zellleibe ganz gleichmässig vertheilt ist und blos „granulirt" erscheint, wir dann aber Bilder erhalten, wie das Fig. 25, Taf. IIb in Flemming's Buchet) dargestellt ist. Dass wir es hier also mit Erscheinungen zu thun haben, wie es andere Zellenarten, nach ihrer speciellen Art modificirt, zeigen, ist von S.Freud 2) richtig erkannt worden. Um die verschiedenen Form- stadien des Protoplasmas innerhalb der Ganglienzelle möglichst zu erfassen, glaube ich recht zu thun, ähnliche Bildungen auch bei anderen Zellarten zu betrachten. Um einige Beispiele anzuführen, wären die fibrilläre Anordnung des Protoplasmas oder besser Proto- plasmafeldehen in den glatten Muskelfasern »), die netzförmige An- ordnung in den Epithelien, Drüsenzellen, Plasmazellen der Mollusken etc., als stäbchenförmige Anordnung an der Zellbasis der Ausfüh- rungsgänge der Speicheldrüsen der Vertebraten (Pflüg er), der ge- 'wundenenNierencanäle der Säuger (Heidenhain), der Harncanäl- chen der Antennendrüse der Crustaceen (Grobben), der des Nieren- epithels und vieler Drüsen der Mollusken, sowie einzelne Stellen des secundären Leibeshöhlenepithels der Eledone (Grobben). Endlich die radiäre Anordnung des Protoplasmas in vielen Eiern. Ich glaube in dieser Zusammenstellung die charakteristischsten Formen der Protoplasmaanordnung aufgeführt zu haben und möchte hier nur auf einige vitale Veränderungen aufmerksam gemacht haben. Die Anordnung der Protoplasmafädchen zu Netzen kann meiner Ansicht nach auf zwei verschiedene Weisen zu Stande kommen. Entweder legen sich die Fädchen einreihig hinterein- ander, wobei das Ende des hinteren mit jenem des darauifolgenden ') „Zellsubstanz, Kern- und Zttlltlieilang." ^) „üeber den Bau der Nervenfasern nnd Nervenzellen des Flusskrebses." (Sitzb. d. Wiener Akademie Bd. LXXXV.) •') Siehe nnter Anderen: L. Ran vi er, „Traite techuique d'histologie" . (264) Beiträge z. Kenntniss d. Nerven im Peritoneum v. Doris tuberculata, Lam. IS zusammentrifFt. So würde dann ein Protoplasmanetz von grosser Feinheit entstehen, wie wir dieses etwa in manchen Epithelien erkennen. Oder aber können die Protoplasmafädchen zu mehreren nebeneinandergelagert sein und dann sind die Fäden des Netzes äusserst dick und erscheinen bei Trockensystemen „granulirt". Dass aber diese beiden Arten der Netzbildungen sich vielfach combiniren können, ja ein dicker Netzfaden sich allmälig verjüngt und zu einer „einreihigen" wird, dafür geben die Plasmazellen der Mollusken ein schönes Beispiel. Man findet bei diesen Zellen, wie ich dies am deutlichsten an jenen der Chitonen erkennen konnte, das Protoplasma oft um den Kern in verschiedener Form dicht gelagert, gleichsam zusammengezogen , ohne dass es Fort- sätze in das Paraplasma aussenden würde. Dann kann aber auch die Zelle hell und homogen erscheinen und nur um den Kern ist das bei Trockensystemen granulirte Protoplasma gelagert. In anderen Fällen hängt das um den Kern gelagerte Protoplasma durch eine dünne Brücke mit einem anderen Protoplasmaklumpen zusammen, der gewöhnlich bedeutend kleiner als der um den Kern gelagerte und gleichfalls fortsatzlos ist. Neben solchen Zellen gelagert, erkennt man an demselben Präparate, wodurch eine Affection und dadurch bedingte Formveränderung des Protoplasmas durch das Reagens ausgeschlossen wird, andere Plasmazellen, welche bereits ein dickes Protoplasmanetz mit sehr weiten Maschen aufweisen und man kann von solchen an alle Uebergänge bis zu einem dünnen Protoplasmanetze mit feinen Maschen auffinden. Zu ganz feinen Netzen, wo die Protoplasmafädchen einreihig ange- ordnet sein sollten, kommt es hier wahrscheinlich gar nicht. Nebenbei sei noch bemerkt, dass, falls StoiFwechselproducte inner- halb der Zellen sich finden, dieselben stets dem Protoplasma und nie dem Paraplasma eingelagert sind. Das Protoplasma ist um den Kern stets am dichtesten. Was speciell die Leberzelle des Frosches etc. betrifi't, so hat bekanntlich Kupffer in ihr ein Netzwerk beschrieben i) und in H ei d enhain's Artikel über die Physiologie der Absonderung in Herrmann's Handbuch der Physiologie^) ist auch eine Ab- bildung Kupffer's von diesen Zellen beigegeben; ein Netzwerk, das am dichtesten um den Kern gelagert ist und durch Ueber- osmiumsäure oder mit 10*'/oiger Kochsalzlösung und Jodtinctur sichtbar gemacht wurde. Im Gegensatz zu Kupffer konnte Flemming nicht er- ■') Bd. V. 1. S. 223. Fig. 61. 14 Dr. Bela Haller: kennen, „dass die Fadenmasse der Regel nach um den Zellkern oder neben ihm am beträchtlichsten angehäuft wäre". Weiter setzt er fort: „An meinen Präparaten ist dies eine ziemlich seltene Aus- nahme. Meistens ist vielmehr das Fadenwerk an der Seite der Zelle localisirt und verdichtet, welche den Galienröhren angrenzt, während der Kern an der entgegengesetzten, dem Blutgefässe zu- gewendeten liegt und entweder gar keine oder nur wenige Fäden- sammlungen um sich her hat." Netzförmige Verbindungen der Fäden konnte Flemming nicht constatiren. Behandlung (Här- tung) mit Alkohol, Chromsäure und chromsaurem Kali rufen nach Flemming von den Vorigen verschiedene Bilder hervor. Einstweilen die Erscheinungen in der Leberzelle verlassend, möchte ich den stäbchenavtigen Anordnungen des Protoplasmas einige Aufmerksamkeit schenken. Hier für unsere Zwecke am passendsten glaube ich C. Grob- b e n's kürzlich gemachte Beobachtungen anführen zu sollen. i) Nach- dem nämlich Gr r o b b e n die unterhalb des Kernes sich findende, für die Nierenzellen überhaupt so charakteristische Längsstreifung im Nierenepithel unter Anderen von Sepia officinalis constatirt hatte, fährt er fort: „Diese Streifung, welche auf eine strangförmige Anordnung der Protoplasmakörnchen zurückzuführen ist (soge- nannte Stäbchenbildung), ist jedoch nicht an allen Stellen gleich deutlich ausgeprägt, indem sich an Stelle der Stäbchen zuweilen in Reihen geordnete Körnchen finden; ja mitunter fehlt die Strei- fung vollständig und ist auch in der zuletzt beschriebenen Form nicht mehr vorhanden." Grobben schreibt diese Anordnung der Protoplasmatheilchen dem „durch die Epithelzellen streichenden Excretionsstrome" , also einem passiven Verhalten der „Proto- plasmakörnchen" zu. Diese Stränge können sich dann nach Grobben selbst zuPlättchen anwachsen, die senkrecht zur Zellenbreite stehen und den Kern concentrisch nmgeben sollen. Diese feste Aneinanderreihung muss aber meiner Ansicht nach unter Umständen soweit gehen können, dass man die Stränge angeblich sogar isoliren kann. Nur so kann ich wenigstens Heidenhai n's Angaben 2) betreff's der Säugerniere erklären. Was speciell die obenerwähnte Längsstreifung der glatten Muskelfasern betrifft, so kann man sich überzeugen (Harnblase der Ratte), dass sie keine continuirliche ist, sondern aus kleinen ') C. Grobben: „Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechts- apparat, sowie die Leibeshöhle der Cephalopoden". Arbeiten des zoolog, Institutes zu Wien. Tom. V. Heft 2. 1884. -) 1. c. S. 285. (266) Beiträge z. Kenutniss d. Nerven im Peritoneum v. Doris tuberculata, Lam. 15 Theilchen. gebildet wird (Protoplasmafädclien). Diese Streifung ist aber gleich den anderen Anordnungen des Protoplasmas unbeständig und vom Zustande der Zelle bedingt. ^) Ich habe nun hier eine Anzahl Beispiele aus der Literatur und nach eigenen Beobachtungen angeführt, und wer sich die Mühe nehmen will, wird in der Literatur noch zahlreiche solcher finden, blos um zu zeigen, dass die Anordnung der Proto- plasmafädchen (oder wenn ihre Länge eine eventuell sehr geringe sein könnte „Körnchen") zu gewisser Form, die für gewisse Zellarten charakteristisch sind (Längsstreifen der glatten Muskelfasern 2) , die stäbchenartige der Nierenzellen und vieler Drüsen zellen) keine constante ist, sondern unter Umständen, b ei gewisse n Zus tänden , je nach dem Functionszustand der Zelle, vorhanden sind oder nur inBildung begriffen.') Dabei behaupte ich nicht, dass die Protoplasmatheilchen sich erst bilden müssen *) bevor sie sich anoidnen, vielmehr halte ich sie für ganz constante Theile der Zelle, nur meine ich, dass sie je nach demFunctionszustande der Zelle ') Die quergestreiften Muskelu liönnen niclit hierher gerechnet werden, da sie schon compliciitere Verhältnisse der Zellleiber aufweisen. Nach der schönen Untersuchung L. Bremer's („Ueber die Muskelspindeln nebst Bemerkungen über Structur, Neubildung und Innervation der quergestreiften Muskelfaser." Arch. f. mikr. Anatomie. Bd. XXII) soll von den Muskelkernen aus ein Netz die Muskel- fasern durchsetzen, welches wieder mit dem um andere Muskelkerne gelagerten „Proto- plasma" zusammenhängt. „Es gibt«, wie Bremer sich ausdrückt, „in den quer- gestreiften Muskelfasern alteruirende dicke und dünne Quer- und Längsfaden, alternirende Quer- und Längsreihen von grossen und klöinea Knötchen, ein gröberes und ein feineres Netz." Meiner Ansicht nach aber ist dieses Netz ein dem Zellleibe gleiches, aus Protoplasma und Paraplasma gebildetes und nicht einem blossen Proto- plasmanetze vergleichbares. Dann würde aber die zwischen dem Netze gelegene coutractile Substanz als eine Ausscheidung des Zellleibes aufzufassen sein und mit jenen Bildungen verglichen werden können, die in die grosse Gruppe der Cuticulabildungen gehören. ■-) Ein ganz ähnliches Verhalten vermuthet J Brock luden Fibrillenbündeln des Peritoneums von Aplysia. „Umgeben sind diese Kerne (der Fibrilleubündel. H.) stets von einem Hof unveränderten grobkörnigen Protoplasmas, welcher in der Profilansicht als eine sauft hügelige Auschwellang des Bündels erscheint, von obea gesehen ganz allmälig in die Streifung des Bündels übergeht. Auf welche Weise, ist bei der Feinheit der hier in Betracht kommenden Gebilde schwer zu ermitteln, es hat aber den Anschein, als ob die gröberen Körner des Protoplasmas (wohl Protoplasmafädchen. H.) sich in Reihen ordneten, welche immer mehr an Bestimmt- heit gewinnen und so zu den Fibrillen werden." (1. c. Separatabdr. S. 17.) •■') Diese Ansicht würde dann mit jener von H. D. Schmidt und Arndt, welche ich aus S. Freud 's Arbeit kenne, (I. c. S. 27) übereinstimmen. *) S. C. F rommann: „Untersuchungen über Structur, Lebenserscheinung und Eeactionen thierischer und pflanzlicher Zellen". Jena 1884. (Auch in der Jenaischen Zeitschr. f. Naturwiss.) (267) 16 Dr Bela Hall er: im Paraplasma zerstreut sein können („gleichmässig granulirt" bei Trockensystemen) oder zur charakteristischen Form sich anreihen. i) Auf diese Weise können wir aber auch der Ganglienzelle näher treten. Das Protoplasma der Ganglien- zelle ist in sehr vielen Fällen in der Zelle gleichmässig vertheilt erkannt worden. Oft beobachtet man aber bereits an solchen Stadien der Ganglienzelle noch eine reihenweise Anordnung des Protoplasmas in der Wurzel der Fortsätze oder aber noch Spuren einer concen- trischen Anordnung in der Nähe des Kernes. Ich habe aber auch oft an demselben Objecte und mit derselben Präparirmethode (Härtung mit Ueberosmiumsäure und Alkohol, Färbung mit Ammon-Carmin) sowohl an Schnitten wie ganzen Zellen eine streifenförmige, theil- weise um den Kern concentrirte Anordnung des Protoplasmas erkennen können. 2) In solchen Fällen konnte die fibrilläre Anordnung bis weit in den Fortsatz der Zellen verfolgt werden. Besonders an den früher erwähnten breiten Nervenfasern des Peritoneums von Doris konnte ich, selbst weit entfernt von einer Ganglienzelle, beobachten, dass eine fibrilläre Structur auf den ersten Blick zu erkennen war. Nach genauer Prüfung aber ergab es sich, dass wir es nicht mit Fibrillen, sondern mitFädchen zu thun haben, die sich reihenweise in der Nervenfaser anordneten , aber keine continuirliche Fibrille vorstellten, wie dieses Fr eud neulich für Astacus behauptete. (Fig. 12.) In anderen Fällen wieder zeigte es sich , dass innerhalb der Nervenfaser die Fädchen zu breiteren, jedoch wenigen Fasern angeordnet waren (Fig. 7), welche wieder durch Querverbindungen gleicher Art zusammenhingen (n, n'). ^) Selbst wenn wir vou der activen Thätigkeit absehen und die Proto- plasmafädchen für vergängliche Gebilde nach dem Vorgange A. Brass' („Die chromatische Sabstanz in der thierischen Zelle." Zoolog. Anzeiger. VI. Jahrgang. 1S83. Heft Nr. 156) ansehen, hat dieser Satz G-eltung. Denn dann würden die Protoplasmafädchen von äusseren Kräften zn gewisser Form des Protoplasmas ange- reiht, wie dieses Grobben meint. Meiner Ansicht nach aber sind die Bewegungen dar Protoplasmafädchen nicht von äusseren Kräften bedingt, sond^ern besitzen eine solche in sich selbst. Eine gewisse active Contractilität schreibt den Protoplasmafädchen der Leberzellen Kupffer zu (1. c). Stricker und Spina beobachteten eine vitale Contractilität an den Protoplasmafädchen in den Hautdrüsen des Frosches („Unter- suchungen ü. d. mechan. Leistung d. acinösen Drüsen.") E. Hermann beobachtete Körncheubewegungen in den Ganglienzellen der Darmwand von Hirndo. (Das Central- Nervensystem von Hir. medic. München 1875.) Sitzungsbericht d. Wiener Akad. der Wiss. 1879. Math.-nath. Cl. Tom. 8). Ob andere Angaben über die vitale Contractilität der Protoplasmafädchen bestehen, ist mir nicht bekannt. ■^) Gerade darum erscheint mir die Freud'sche Ansicht, dass das Protoplasma erst postmortal in der Zelle gleichmässig vertheilt ist, wenigstens in den mir bekannten Fällen für unwahrscheinlich. Beiträge z. Kenntuiss d. Nerven im Peritoneum v. Doris tuberculata, Lam. 17 In noch anderen Fällen konnte ich an diesen breiten Nerven eine niu' theilweise Anordnung in Strangform erkennen, welche, durch die öfteren Querverbindungen gestört (Fig. 7 b), oft in die Netzforra überging; stellenweise waren die Nervenfasern gleich- förmig von den Fädchen erfüllt, „granulirt". Diese Beobachtung aber erwogen, möchte ich behaupten, dass die Einzelnerve nfaser ( Axencylinder der Vertebraten), magsienochsodünn sein, aus Protoplasma und Para- plasma im Kupff er 'sehen Sinne bestehe; sie ist die directe Fortsetzung der Zelle oder doch in centralen Theilen aus einem Nervennetze entstanden, welches aus Zellfortsätzen hergestellt wird, und so folgt, dass ebenso wie in der Zelle die Anordnung des Proto- plasmas in gewissen Stadien der Function zu ge- wisserForm erfolgt^), es auch in der Ner venf aser ge- schehen kann. Wo jedoch die Faser ein Kernfortsatz ist, dort wird sie mit diesem übereinstimmen müssen. Ich möchte nun zum Schlüsse meiner Arbeit noch der Structur des Peritoneums kurz gedenken. Am meisten stimmt das Gewebe des Peritoneums von Doris tub, mit jener Abbildung überein, welche Brock in seiner unlängst erschienenen Arbeit von der Leberkapsel der Aplysia punctata gibt.^) Die Faserbündel waren sehr breit und so dicht über- und neben- einander gelagert , dass man nur selten eine Lücke zwischen ihnen erkennen konnte (Fig. 4). Die fibrilläre Structur, nach der von mir angewandten Behandlungsweise, war nicht so deutlich als bei den von Brock untersuchten Mollusken. Die Kerne der Bündel waren im Allgemeinen nicht gross, zeigten jedoch oft jene von Brock beschriebene, einseitig eingeschnürte Form. Die netzartig miteinander sich verbindenden Bindegewebszeilen habe ich auch gesehen, wenngleich nicht so schön wie durch die von Brock angewandte Methode (Hämatoxylinfärbung). Andererseits sind" mir bei Doris jene Zellgruppen, die Brock bei Aplysien als Tochter- zellen der Plasmazellen oder wie er sie nennt „secandäre Plasma- zellen" antraf, nie vorgekommen. Dafür aber sah ich oft Trümmer von Zellgruppen (Fig. 4 a) , die jedoch mit jenen nichts gemein hatten und als Blutzellen zu deuten sind. Das in Fig. 4 abgebildete Präparat stammt aus dem dorsal der Leibeswand anliegenden Peritoneum. *) Gerade in diesem Punkte würde meine Auffassung von der Frend'scben, der die Fibillen der Nerven für constante Gebilde hält, abweichen. ') J. Brock: „Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken." Zeitschrift f. wiss. Zoolog. Tom. XXXIX. Claus. Arbeiten ans dem Zoologischen Institute etc. Tom. V, Heft 3. jg (269) 18 Dr. Bela Haller: Zur Kenntniss der Nerven im Peritoneum etc. Aus anderen Stellen, wie Fig. 5 und 6 zeigen und welche Präparate aus dem lockern, die Eingeweide zusammenhaltenden Peritoneum, respective Mesenterien entnommen wurde, zeigt die Fibrillenbündel spärlicher und dünner, man trifft oft sogar sehr dünne an und das Bild ähnelt dann jenem, welches Brock aus der Leberkapsel von Aplysia fasciata wiedergibt. ') Auch werden hier die Plasmazellen häufiger. Eines Elementes möchte ich noch gedenken, welches ich im Bindegewebe des Peritoneums von Doris tuberculata angetroffen habe. Es sind sehr lange, dünne spindelförmige Zellen mit mittel- ständigem Kerne (Fig. 5 und 6 ff.). Um den Kern ist der Zellleib etwas aufgetrieben und die Protoplasmafädchen sind blos hier zu sehen, da der andere Theil der Zelle homogen erscheint. Eine fibrilläre Streifung habe ich an diesen Zellen nicht erkennen können, was übrigens auch ihre Dünne verhindert hätte. Ein das Peritoneum von innen auskleidendes Epithel, ein Epithel der secundären Leibeshöhle, habe ich nach der angewandten Methode nicht erkennen können. Das Pericard aber, welches gleichfalls eine ähnliche binde- gewebige Structur wie das Peritoneum aufweist, zeigt an seiner inneren Fläche ein deutliches Epithel ! Retesdorf (beiSchässburgin Siebenbürgen), im Januar 1884. Tafelerklärung. Fig. 1. Ein stärkerer Nerv; aus dem Peritoneum and der vorderen rechten Körperseite (schwach vergrössert). gz Ganglienzelle, b Nervenä"*tchen. Fig. 2. Aus demselben Nerven ein Stück stärker vergrössert (»/gHartna ck); der Theil zeigt die Verlaufsrichtuug des Nerven an. gz Ganglienzelle, j eine breite Nervenfaser, h Nervenbülle. Unterhalb der Ganglienzelle sind bei höherer Stellung des Tubus einige verästelte Zellen der Nervenhülle eingezeichnet (Carminpräparat). Fig. 3. Ganglienzellen aus einem Nerven (Vergr. wie früher). Fig. 4. Ein Stück aus dem dorsal der Leibeswand anliegenden Peritoneum mit einer grösseren multipolaren Ganglienzelle und dessen Hülle, a Blutzelleu. (Carminpräparat.) (Vergr. dieselbe.) Fig. 5. Ein Stück aus dem Peritoneum mit einer anastomosirenden Nerven- faser; nf Spindelzelle bindegewebiger Art. (Vergr. dieselbe; überosm. Präp.) Fig. 6. E. St. a. d. P. p Nervenendzelle, n nero, j Bindegewebsanastomose. (Vergr. dieselbe; überosm. Präp.) Fig. 7. Nervenfasern aus dem Periton. der Leber, a Nerven, h Hülle. Fig. 8. Isolirte Nervenendzellen mit einem darunter liegenden stärkeren Nervenaste, bz Bindegewebszellen. (Vergr. dieselbe.) Fig. 9, 10. Nervenendzellen. (Vergr. dieselbe.) Fig. 11. Fibrillen (überosm. pr. V. d.). Fig. 12. Breiter Nervenfaden mit fibrillärer Anordnung des Protoplasmas. ') 1. c. Fig. 7 (270) Zur Kenntniss der Kreislaufsorgane der Schizopoden und Decapoden. Von C. Claus. (Mit 9 Tafeln.) Nachdem unsere Kenntniss von den Kreislaufsorganen der E d r i 0 p h t h a 1 m e n durch eingehende neuere Untersuchungen eine so wesentliche Förderung erfahren hat, dürfte es wohl an der Zeit sein, auch den P o d o p h t h a 1 m e n von Neuem die Aufmerksamkeit zuzuwenden, theils um bestehende Lücken auszufüllen, theils um die auf dem Gebiete der höheren Malakostraken bereits festge- stellten Ergebnisse mit den an niederen i) Formengruppen ge- wonnenen Erfahrungen durch vergleichende Betrachtungen in Einklang zu bringen. Die Aufgabe , die Kreislaufsorgane der höheren und niederen Malakostraken auf einander zurückzuführen, erscheint um so versprechender, da sich nicht nur im Bau des Herzens und in der Anordnung der Arterien mehr oder minder klar liegende Homologien finden, sondern auch die mehr oder minder begrenzten ßluträume der Leibeshöhle, die grösseren Sinus und die engeren gefässartigen Canäle, in denen das Blut zum Herzen zurückströmt, unmittelbare Beziehungen bieten. Offenbar sind es die Isopoden, welche trotz der weit nach hinten gerückten Lage des Herzens in der Gestaltung des Gefäss- ') Selbstverständlich wird es mit Rücksiclit auf die einfachere Organisation und geringere Körpergrösse der A mp hipod en nnd Isopoden gestattet seiu, diese Formengruppen nach wie vor als die niederen Malakostraken zu bezeichnen. Damit ist natürlich nicht gesagt, dass dieselben die phylogenetisch ursprüng- licheren seien, und auch meines Wissens ebensowenig ausgesprochen worden, wie die Ansicht, dass die Edriophtbalmen zu den Podophthalmen „nur ganz entfernte Beziehungen" hätten. 19 * (271) 2 C. Claus: Systems den höheren Malakostraken am nächsten stehen. Nach- dem schon Audouin und Milne Edwards') über das Herz und Arteriensystem von L i g i a grundlegende Beobachtungen mitgetheilt hatten, und diese durch die Arbeiten von Kowalevsky^) über Idothea entomon und Nicolas Wagner 3) über Porcellio , von S ar s -) über Asellus aquaticus wesentlich ergänzt worden waren , hat jüngst De läge ^) durch umfassende Untersuchungen unsere Kennt- niss bedeutend gefördert und durch den Nachweis eines sternalen, die Ganglienkette begleitenden Arterie , sowie durch die genauere Verfolgung der thoracalen und abdominalen Blutsinus Verhältnisse festgestellt, welche über die nahen Beziehungen der Circulations- organe der Isopoden zu denen der Podophthalmen keinen Zweifel zurücklassen. Einfacher verhält sich das Gefässsystem der Amphipoden, an welchem eine Sternalarterie bislang nicht aufgefunden wurde, wohl aber ausser den beiden Aorten mehrere Paare ") seitlicher Arterien, sowie ein periösophagealer Gefässring ^) erkannt und auch die perivisceralen Blutsinus in einer mit den Isopoden wesentlich übereinstimmenden Gestaltung nachgewiesen wurden. Rücksichtlich des Herzens , dessen Form und Lage in den Malakostrakengruppen überaus verschieden ist, hatte ich bereits in einer früheren Arbeit ^) den Versuch einer einheitlichen Zurück- führung gemacht, gegen den kaum ein berechtigter Einwand zu erheben sein dürfte. Ich hatte als Ausgangspunkt das langge- streckte durch den ganzen Leib verlaufende Herz der Phyllopoden (Branchipus) gewählt und ein solches noch mit zahlreichen Spalten- paaren versehenes (sogenanntes vielkammeriges) Herz auch für die hypothetische Stammform der Malakostraken angenommen. Diese ') Aud Ollin et M. Edwards. Recherclies anatomir[ues et physiologiques sur la circulation dans les Crustaces. Ann. sciences nat. I. Serie. Tom. XI. '-') A. Kowalevsky. Russische Abhandlung über Idothea entomon. St. Petersburg. 1864. '■') N. Wagner. Rechercbes sur le Systeme circulatoire et les organes de la respjration chez le Porcellion elargie. Ann. sciences nai 5. Serie. Tom. IV. 1865. "*) G. 0. Sars. Histoire naturelle des Crustaces d'eaa douce de Norvöge. Christiania. 1867. ^) Yves Delage. Coniribution ä l'etade de l'appareil circulatoire des Crustaces Edriophthalmes mavins. Archiv de Zoologie. Tom. IX, Paris 1881. -) Vgl. C. Claus. Der Organismus der Phroniraiden. Arbeiten des zool. vergl. anatom. Instituts etc. Wien, Tom. II, 1879. ') Delage 1. c. *) C. Claus. Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grundlage des Crustaceensystems. Wien 1876, pag. 19 — 23. (272) Znr Kenntniss der Kreislaufsorgane der Schizopoden und Decapodeu. 3 ursprüngliche Gestaltung des Herzens, welche das lange rlicken- gefässähnliche Stomatopodenherz i) am vollständigsten bewahrt hat, erfuhr aber im Zusammenhang mit der Coneentrirung von Segmenten und mit der Specialisirung der Körpergestalt und Athmungsweise Reductionen, für welche wir in den verschiedenen Herzformen der Edriophthalmen ein zuverlässiges Zeugniss er- halten haben. Ist es zunächst auch nicht die Längsstreckung des Herzens und die grosse Zahl ^) der Spaltenpaare, welche in diesem Sinne als ausschlaggebend verwerthet werden kann, so doch die That- sache, dass innerhalb der Isopodengruppe so bedeutende Differenzen in Form und Lage des Herzens möglich sind, wie bei den echten Asseln einerseits und den Scheerenasseln andererseits, deren Herz nach Lage und Gestalt mit dem der Amphipoden übereinstimmt. Eine Erklärung dieses auffallenden Unterschiedes finden wir in der Supposition eines langen vielkammerigen Rückengefässes, wel- ches bei der Stammform der Edriophthalmen, den Mittelleib und Hinterleib durchsetzte und bei den zur Entwicklung der verschie- denen Edriophthalmentypen führenden Nachkommen jener in der vorderen oder hinteren Region rückgebildet wurde. Eine andere Erklärung erscheint nahiezu ausgeschlossen, da die Annahme, dass ursprünglich eine gemeinsame, wenigkammerige auf bestimmte Körpersegmente beschränkte Herzform bestanden habe, welche in einem Falle mehr nach vorn gezogen, im andern in das Abdomen zurückverlegt sei, ausreichender Anhaltspunkte entbehrt. Dagegen sprechen für die thatsächliche Vereinfachung vielkammerigerphyllo- podenähnlicher Herzformen, für die Rückbildung und den Verlust von Spaltöffnungen, nicht nur die von dem Rückengefäss der Nebalia bekannt gewordenen Eigenthümlichkeiten, sondern auch die Form- gestaltung des Edriophthalmenherzens selbst, an welchem (Amphi- poden) kammerartige s) Abschnitte ohne Spaltöffnungen vorhanden ') C, Claus. Die Kreislaufsorgane und Blutbewegung der iStomatopoden. Arbeiten des zool. vergl. anatom. Institutes etc. Wien, Tom. IV, 1883. •^) Als ich dieselbe in meiner früheren Arbeit zum Ausgangspunkt machte, waren noch die unrichtigen Angaben über die Existenz von sieben (Frey und Leuckart), beziehungsweise sechs (Sars) Spaltpaaren des Amphipodenherzens massgebend. Erst zwei Jahre später (Zool. Anzeiger 1878) überzeugte ich mich von der auch bei den Crevettineu allgemein giltigen Dreizahl der Ostienpaare, die auch nunmehr von Delage bestätigt wurde. ^) Ich gebrauche den Ausdruck Herzkammer nicht in dem Sinne eines auch dem Lumen nach partiell gesonderten, sondern eines dem entsprechenden Leibes- segmente zugehörigen Abschnitts. (273) 4 C. Claus: sind, oder (Isopoden) die Ostien unsymmetrisch an der einen oder anderen Seite zur Obliteration gelangt sind. Auch das mehr gedrungene im Mittelleibe gelegene Herz der Podophthalmen — unter Ausschluss der mehr abseits stehenden und in vielfacher Beziehung ursprüngliche Charaktere zeigenden Stomatopoden — ist aus einem vielkammerigen Phyllopodenherzen abzuleiten, welches sich unter bedeutender Concentration zu einem thoracalen, von drei Ostienpaaren durchbrochenen Abschnitt re- ducirte. Am wenigsten erscheint die Verkürzung bei den in vieler Hinsicht den Larven langschwänziger Decapoden nahestehenden Schizopoden, insbesondere den Mysideen, durchgeführt, deren Herz noch eine langgestreckte Form besitzt, von der Kiefer- gegend an den ganzen Mittelleib durchsetzen kann und erst im letzten oder vorletzten Segmente desselben in die abdominale Aorta übergeht. Im Vergleich zu dem Stomatopodenherzen ist allerdings die gesammte abdominale Region der ursprünglichen Herzform verschwunden, dagegen die des vorausgehenden Mittelleibes, wenn auch mit bedeutenden Reductionen der Ostienpaare ziemlich voll- ständig erhalten (Fig. 1). Wie bereits in einer früheren Arbeit mitgetheilt wurde, hat diese besonders nach hinten lang ausgezogene Herzform der Mysideen (M y s i s , Siriel la) eine gewisse Aehnlich- keit mit dem von zwei grossen und vier kleinen Ostienpaaren durchsetzten Nebal iaherzen, welches freilich von der Maxillar- region bis in das vierte Abdominalsegment herabreicht und sich auch am vordem Ende in eine Aorta fortsetzt. Ueber das Herz und den Kreislauf der Mysideen, von dem wir zum Verständniss des Decapodenherzens auszugehen haben, liegen eine Reihe von Angaben vor, die jedoch nur theilweise richtig , . sämmtlich aber höchst unvollständig sind. Nach Thompson 1) entspringt am vorderen Ende des Herzschlauches eine Aorta und am hinteren Ende ein Abdominalgefäss, aus welchem das Blut in zwei den Darmcanal begleitende Canäle gelangen und von da in einen grossen unter dem Herzen gelegenen Sinus zurück- kehren soll. Frey und Leuckart^) beschrieben am Mysideen- herzen drei Ostienpaare und einen vorderen unpaaren Grefässstamm, welcher über dem Magen verläuft und bald frei endet. Das aus demselben austretende Blut soll nach diesen Autoren an der ') Thompson, Zoological researches. vol. I 1828 -) Frey und R. Lenckart. Beitrag zur Kenntniss wirbelloser Thiere etc. Brannschweig 1847. Zur Kenntniss der Kreislaufsorgaue der Schizopoden und Decapoden. 5 Bauchseite zwischen den Insertionen der Beine von vorn nach hinten in das Abdomen eintreten und zahlreiche Seitenströme nach den einzelnen Organen abgeben. Wie die arteriellen, so sollen auch die venösen Blutbahnen, die ihren Ursprung aus schlingen- förmigen Umbiegungen jener nehmen, selbständiger Wandungen entbehren. P. J. van Beneden ^) unterscheidet am Herzen von Mysis vulgaris neben der vorderen Aorta zwei seitliche Arterien. Jene versorge die Augen und Kopfgliedmassen, während das Blut aus den Seitenarterien in einen gemeinsamenRaum gelange, in welchem dasselbe an der Ventralseite bis zum Telson herabströme. Seitliche Abzweigungen dieses Hauptstroms führen sofort zum Herzen hin, zu welchem das Blut des Abdomens in einem dorsal verlaufenden Hauptstrom zurückkehrt. Ergänzt wird diese Darstellung durcn die Beobachtungen von Gr. 0. Sars, welcher in seiner bekannten Arbeit über die Süsswasser-Crastaceen Norwegens die Angabe macht, dass die vorderen Seitenarterien der Mysideen die Antennen versorgen und am hinteren Herzende im vorletzten Brustsegment den Ursprung eines ventralwärts absteigenden Grefässes beschreibt, welches das Blut dem venösen Strome zuführe. Auch Sars unter- scheidet übereinstimmend mit Frey und Leuckart drei Ostien- paare, ein vorderes, ein mittleres und ein hinteres , bildet jedoch nur das mittlere Ostienpaar ab. Beobachtungen, welche ich in jüngster Zeit an den Mysideen- gattungen Siriella und Mysis gemacht habe, lassen jedoch die Kreislauforgane weit complicirter und in so vielfacher Ueberein- stimmung mit denen der langschwänzigen Decapoden erscheinen, dass durch dieselbe die bereits mehrfach ausgesprochene Vorstellung, nach welcher der Schizopodentypus einer phylogenetischen Durch- gangsstufe der Decapoden entspricht, durchaus bestätigt wird. Unter den verschieden Larvenformen , denen wir im Kreise der Decapoden begegnen, ist es unbedingt das sogenannte Mysis- stadium der Makraren , welches einen phyletischen Werth bean- spruchen dürfte, während die Zoea- und Naupliusform zahl- reiche durch frühzeitiges Auftreten später erworbener Charaktere bedingte Eigenthümlichkeiten aufweisen und gewiss nicht die Be- deutung phyletischer Typen besitzen. Von den im Triester Golf vorkommenden Mysideen wurden folgende Formen untersucht, welche wohl den grössten Theil der in der Adria einheimischen Arten repräsentiren dürften : ^) P. J. van Beneden, Recherches sur la faune littorale de Belgique. Crustaces, 1861. (275) 6 C. Claus; Siriella Clausii. Gr. 0. Sars. Pseudosiriellai) (Siriella) frontalis. Edw. Leptomysis mediterranea. G. 0. Sars. MysidoiDsis gibbosa. G. 0. Sars. Mysis truncata. Heller. Mysis baliirensis G. 0. Sars. Mysis minuta nov. sp. letztere eine winzig kleine Mysis art, welche ich nicht beschrieben finde, von der Grösse und Gestalt einer Makrurenlarve, kaum 3 Mm. lang. Ganz auffallend langgestreckt ist das Herz bei Siriella (Fig. 1) welches nahezu durch den ganzen Mittelleib 2) bis in das letzte Segment desselben verläuft und somit einen ursprünglichen, an das Phyllopodenherz erinnernden Typus bekundet. Weit kürzer und besonders in seinem hintern Abschnitt stark zusammengezogen erscheint das Herz von Mysis (Fig. 2), welches nur bis zum An- fang des vorletzten Segmentes reicht, indessen durch seine gleich- massige, schräg ringförmige Muskelbekleidung und durch den Mangel eines inneren Netzes von Muskeltrabekeln den einfachen ur- sprünglichen Charakter bewahrt. Noch mehr verkürzt sich der hintere Herzabschnitt bei My sidopsis. Stets wird die von einer zarten Peritonealhaut umhüllte Herzwand von zwei Paaren quer gestellter Ostien durchbrochen, welche in der Region des ') G. 0. Sars subsumirt in seinem „Nye Bidrag til kuudskabeu om Middel- havets Invertebratfauna. Kristiania 1876", diese von Milne Edwards alsMysis frontalis beschriebene Form der Gattung Siriella, jedoch mit Unrecht, da die Pleopoden des männlichen Thieres keine Kiemenanhänge tragen, sich vielmehr im Wesentlichen wie die der Gattung Leptomysis verhalten. Ich habe daher für die- selbe die Gattungsbezeichnnng Pseudo sir iell a gewählt. -') In meinen Untersuchnngen zur genealogischen Grundlage des Crustaceen- systems pag. 6 unterschied ich am Malakostrakenleib drei primäre Regionen, die primäre Kopfregion, die des primären Mittelleibes und des Hinterleibs. Die erstere umfasst die Region der drei Naupliusgliedmassenpaare uud wird duixh die Para- gnatben abgeschlossen. Der primäre Mittelleib umfasst 10 Segmente, von denen die beiden vorderen mit der Schild- oder Schalenaulage und dem Kopf in nähere Be- ziehung treten, während ihre Gliedmassen zu Maxillen werden. So entsteht der secundäre Kopf mit den fünf vorderen Gliedmassenpaaren und ein secundärer Mittelleib, die Brustregion, mit acht Gliedmassenpaaren, von denen ein oder- mehrere Paare im Falle der Bildung eines Cephalothorax (der freilich bei den Arthro- straken auch als Kopf bezeichnet wird) als Kieferfüsse umgestaltet werden. Diese acht Gliedmassenpaare wurden den Pleopoden gegenüber uud im Gegensatz zu der will- kürlichen Unterscheidung Westwoo d's von Diagonopoden undPereiopoden schlechthin als Brustfüsse bezeichnet, so dass eine neuerdings vorgeschlagene Bezeichnung derselben als Rumpffüsse ebenso unberechtigt als überflüssig erscheint. (276) Zur Kenntniss der Kreislaufsorgaue der Schizopodeu und Decapüden. 7 zweiten und dritten Brustsegmentes, das eine dorsal, das andere ventral, so dicht aufeinander folgen, dass sie fast in dieselbe Quer- ebene zu liegen kommen und leicht für ein einziges Ostienpaar gehalten werden. In der That haben P. J. van Beneden und Gr. 0. Sars die Duplicität dieser Ostien übersehen. Die Gefässe, welche das Herz entsendet, sind seither keines- wegs ausreichend erkannt worden. Am vorderen Herzende finden sich überall ein vorderes Mediangefäss, die Kopfaorta (Fig. 1 Ao. a.) und die beiden vorderen Seitenarterien (A. lat.). An der ventralen Herzwand entspringen ziemlich median zwei , beziehungsweise drei Arterien (A. v.), welche den Darmcanal, die Leber und die Geschlechtsdrüsen versorgen ; in der hinteren Herzregion tritt regelmässig rechts oder links die absteigende Arterie (A. d.) aus, welche zu der auch bei den Mysideen schon vorhandenen Sternal- arterie führt (Fig. 4, A. st.), endlich am äussersten Hinterende die abdominale Aorta nebst zwei rudimentären hinteren Seitenarterien (A.lat.p.). Das vordere Mediangefäss oder dieKopf a orta, an ihrem Ursprung durch zwei in allen Podophtbalmen-Gruppen wieder- kehrende Taschenklappen während der Diastole geschlossen, führt das Blut nach der vorderen Kopfregion, den Augen, den vorderen Antennen und dem Gehirn zu und entspricht der von Milne Ed- wards „Artere ophthalmique" genannten Arterie der Decapoden. BeiMysis verläuft dieselbe in gerader Richtung dicht unterhalb des Integuments, bei Siriella dagegen in grösserem Abstand und mehr oder minder im Bogen gekrümmt, indem sie gleich hinter ihrem Ursprung zwischen den beiden dorsalen Leberschläuchen nach der hinteren Seite des Kaumagens herabgezogen erscheint und dann wieder unmittelbar an der dorsalen Fläche desselben aufwärts emporsteigt (Fig. 8, Ao. c). Hinter dem Kaumagen ent- sendet die hier trichterförmig erweiterte Aorta einen medianen Ast in die Tiefe, in welchem man einen Theil des Blutes ventral- wärts nach den Mundwerkzeugen hin sich bewegen sieht, ohne dass es gelingt, dieses wohl nicht weiter verzweigte Gefäss in seinem ferneren Verlaufe zu verfolgen. In der vorderen Region des Magens tritt die Aorta wieder dicht unter das Integument, an welches sie durch Trabekeln befestigt ist, und biegt unter- halb des Rostrums zwischen zwei Muskelgruppen ventralwärts um, gibt einen medianen Zweig zum Gehirn ab (A. c.) und spaltet sich in ihre beiden Hauptäste (A. o.), welche rechts und links in die Stilaugen eintreten. Während im Allgemeinen die Verzweigungen der Arterien ziemlieh spärlich bleiben, bilden die Augengefässe (277) 8 C. Claus: ausserordentlich zahlreiche capillarartige Verzweigungen, welche die einzelnen Abschnitte des Augenganglion in überaus regelmässigen Schlingen umgürten und ihrem Verlaufe nach eine auffallende Uebereinstimmung mit den Augengefässen der langschwänzigen Decapoden (kleinere Garneelen, wie Virbius- und Äthan as- arten) bekunden. Die grosse Augenarterie (Fig. 9, A. o.) verläuft dorsalwärts an der vorderen Seite des Auges und gibt alsbald einen kurzen Ast ab, welcher in die Tiefe eindringt und an der inneren Grenze des inneren Marklagers (I. Ml.) eine Anzahl ge- streckter Gefässe in den basalen Theil des Ganglions entsendet. Der in gerader Richtung bis zu dem facettirten Pigmentabschnitt sich fortsetzende Hauptstamm gibt sodann weiter aufwärts nahe der oberen Grenze des äusseren Marklagers (Ae. Ml.) nach beiden Seiten starke Aeste ab, von denen der eine unter Bildung mehr- facher Nebenäste an der dorsalen oberen Seite des Auges, der andere meist noch durch einen zweiten verstärkten Ast in ähnlicher Weise an der ventralen unteren Seite sich ausbreitet und Gefässschlingen um die beiden Marklager bildet. Beide Gruppen von ramificirten Gefässschlingen anastomosiren in der Tiefe, die innere Faser- kreuzung durchsetzend, und bilden ein reiches capillares Netzwerk, dessen specielle Gestaltung ausserordentlich schwer am lebenden Objecte festzustellen ist. Auch entzieht sich der vordere Abschnitt der Augengefässe, welche durch die äussere Faserkreuzung in die Retina eintreten , weil durch das Pigment der Facettenkugel verdeckt, einer eingehenderen Verfolgung. Die venösen Blutcanäle finden sich an der hinteren und mehr ventralen Seite und beginnen mit einer weiten Lacune zwischen dem Schenkel des hufeisen- förmigen äusseren i) Marklagers (Fig. 9, V. s.). Die durch den Wechsel von Systole und Diastole erzeugten Druckschwankungen lassen sich weit über die Wandungen der Gefässstämme hin verfolgen und veranlassen Pulsationen, welche an entfernter Stelle wie am Vorderende der Aorta und an der Sternalarterie deutlich wahrzunehmen sind. Die beiden seitlich zur Kopfaorta austretenden Grfässe, die vorderen Seitenarterien (A. lat.\ welche ihrer Lage nach den „ Arteres ') Ich habe die ßezeichnuugeu des in den Augenstilen hiueingeruckten Augen- ganglions und seiner Abschnitte nach Berger gewählt, dessen Arbeit über den Nervenapparat des Arthropodenauges mit die genauesten und zuverlässigsten Beob- achtungen enthält. Vergl. E. Berg er, Untersuchungen über den Bau des Gehirnes und der Retina der Arthropoden. Arbeiten aus dem zoologischen Institute in Wien. Tom. I, 1879. (278) Zur Kenntniss der Kreislaufsorgane der Schizopoden und Decapoden. 9 antennaires" der Decapoden entsprechen, bleiben verhältnissmässig schwach und verlaufen schräg aufsteigend der Medianlinie ge- nähert, au der medialen Wand der beiden dorsalen Leberschläuche- Jedes Grefäss spaltet sich gabiig in zwei Aeste, von denen der obere einen rückwärts verlaufenden Zweig abgibt, welcher den blasig aufgetriebenen Vorderlappen des hinteren Leberschlauches begleitet und die dorsale und laterale Seite desselben umschlingende Verästelungen bildet. Die in die Tiefe tretenden Hauptäste führen das Blut zum Darm und zu den ventralen Leberschläuchen (Fig. 8). Nach Gr. 0. Sars soll das obere dieser Gefässe bei Mysis zu den Antennen verlaufen, dann würde schon bei den Schizopoden ein Verhältniss vorbereitet sein, welches bei den Decapoden in voll- kommenerem Grade zur Entwicklung gelangt. Mir ist es leider nicht geglückt, den oberen aufsteigenden Ast, der allein als An- tennengefäss in Betracht kommen konnte , in seinem terminalen Verlaufe zu verfolgen. Von besonderem Interesse sind die Gefässe , welche an der Ventralseite der vorderen Herzhälfte entspringen und ihren Ver- lauf zwischen den Genital drüsen nach Leber und Darmcanal neh- men. Wenn sich dieselben seither der Beobachtung entziehen konnten, so hat dies wohl darin seinen Grund, dass sie in der Tiefe verlaufen und nur an besonders günstigen Objecten deutlich hervortreten und näher zu verfolgen sind. Die unpaaren Arterien steigen schräg vom Herzen zwischen den Ovarien, beziehungs- weise Hoden zum vorderen Abschnitt des Darmes empor, an dessen Wandung sie sich nach Abgaben von Zweigen , welche an der Medialwand der Leber aufsteigen, verästeln. (Fig. 9, Fig. 1 und 2, A. V.). Wir haben es hier mit Gefässen zu thun, welche sich ahn-» lieh wie die Leberarterien der Decapoden verhalten, denn auch diese entspringen, freilich paarig, an der ventralen Seite des Herzens und nehmen einen ähnlichen Verlauf, wenn sich auch die Function als Leberarterie in höherem Grade und in mehr exclusiver Weise ausspricht. Wahrscheinlich ist dieses bei den Decapoden bestehende Verhältniss ein späteres und durch die Rückbildung der hinteren bei den Mysideen noch vorhandenen, aber hier unpaar gewordenen Gefässe entstanden. Höchst überraschend ist gewiss die Eigenthümlichkeit dieser Darmgefässe der Mysideen, dass sie nicht paarig auftreten, sondern unpaarig in (zwei- oder) dreifacher Zahl einander folgen und genau median am Herzen entspringen. Lange Zeit war ich durch die ausschliessliche Berücksichtigung des in seitlicher Lage (279) 10 C. Claus: zu beobachtenden Bildes der Ansicht, dass es sich um medial nahe aneinander gerückte Gefässpaare handelt, bis ich endlich durch günstige Objecte, deren ventrale Herzwand ich von der Rücken- seite aus am lebenden Thiere verfolgen konnte (Fig. 3, Av', Av", Av'")> 8 C. Claus: Leberarterie und das rechts- oder linksseitig absteigende Gefäss, welches zur Sternalarterie führt, aufzufinden, ein, wie mir scheint, höchst beachtenswerthes Factum, welches uns klarlegt, dass nicht nur Mysideen-, sondern auch Decapodencharaktere in die Zoeaform aufgenommen sind, die nunmehr wohl schwerlich noch als palingenetischer ^) Formzustand beurtheilt werden dürfte. Merkwürdigerweise ist diese Thatsache schon seit mehreren Decennien für die einfachste und am tiefsten stehende unter allen Zoeen, für die von Dana als Calyptopis beschriebene Larve der Eu- phausia, und zwar in meiner eigenen Arbeit über die Schizo- poden 2) dargelegt worden, ohne jedoch von irgend welcher Seite beachtet und in dem obigen Sinne verwerthet worden zu sein. Das gleiche Verhältniss wiederholt sich nun auch an allen in- zwischen von Neuem untersuchten Zoeaformen der langschwän- zigen und kurzschwänzigen Decapoden, welche schon unmittelbar nach dem Ausschlüpfen sämmtliche Gefässstämme des ausgebil- deten Thieres und somit auch die die unpaare Anlage der Gan- glienkette durchbrechende Seitenarterie besitzen, bevor noch die Anlagen der 6 oder 5 hinteren Thoracalgliedmassen zur Entwick- lung gelangt sind. Von nicht geringerer Bedeutung für diese Auffassung der Zoea erscheint die Thatsache, dass die Ganglienmasse der Brust schon in der kurzen, äusserlich noch nicht segmen- tirten, gewissermassen latent gebliebenen Region, welcher noch die Bein paare fehlen, der Anlage nach bereits vorhanden ist und von der zur Sternal- arterie führenden absteigenden Arterie durchsetzt wird. Freilich ist die Ganglienanlage noch überaus kurz und gedrungen und entwickelt sich erst mit Ausbildung der Segmente ; immerhin aber handelt es sich um die Anlage der sämmtlicben Brustganglien der scheinbar noch vollständig fehlenden Segmente, wie unzweideutig aus dem Verhalten des absteigenden Gefässes zur Sternalarterie hervorgeht. An den jungen Garneel zoeen, welche bekanntlich das hintere Paar von Kieferfüssen besitzen und bereits als Spaltfüsse zur Bewegung gebrauchen, dagegen den vorderen Kieferfuss der •) Wie jüngst noch von Balfour, welchem mein früherer Versuch einer Beweisführung nicht ausreichend schien. ^) C. Claus: lieber einige Schizopodeu und andere Malacostraken Messinas. Zeitschrift für wissensch. Zoologie. Tom. XIII, 1863, Fig. 47. Zur Kenntniss der Kreislaufsorgane der Sckizopoden und Decapoden. 29 Grösse nach reducirt nach vorne geschlagen, den Kiefern angelegt tragen, besitzt die ganz kurze Sternalarterie nur 1 Paar von Seitengefässen , welche mittelst zweier Aeste die beiden hinteren Kieferfusspaare versorgt. (Fig. 20.) Die Einmündung der abstei- genden Arterie in die ganz kurze Sternalarterie liegt unmittel- bar hinter diesem Gefässpaare. Alsbald aber wird an der sich streckenden Arterie hinter dem vorderen Gefässpaare die Anlage eines zweiten Paares von Seitengefässen bemerkbar, welche durch zwei oder drei der Länge nach aneinander liegende Zellen gebildet wird. Anfangs ist in dem kurzen Zellenstrang noch kein Lumen vorhanden, welches durch Aushöhlung der den Strang zusammen- setzenden Zellen entstehen dürfte und mit dem Lumen der an- liegenden Arterie in Communication tritt. Die Reste der Zellen persistiren als spindelförmige, schliesslich nur noch den Kern re- präsentirende Anschwellungen an der zarten hyalinen Gefässwand. (Fig. 23, 33.) Die weitere Entwicklung des Sternalgefässsystems schreitet mit der Anlage und Ausbildung der fünf Gehfusspaare, dieser im Allgemeinen vorauseilend, rasch vorwärts. Schon bevor das erste Beinpaar, welches als doppelter nach vorne umgeschlagener Schlauch hervorwächst, als neuer den Kieferfüssen folgender Spalt, fuss in Function tritt, hat sich das Sternalgefäss bis zum Hinter- rande der thoracalen Ganglienmasse verlängert und zwei neue seit- liehe Zellenstränge für das zweite Beinpaar gebildet. (Fig. 23.) In gleicher Weise weist eine Zelle, beziehungsweise eine Gruppe von Zellen an der gabiigen Ausbuchtung des vorderen, die Kiefer- füsse versorgenden Seitengefässes auf die mediane Verlängerung der Sternalarterie nach der Kiefergegend hin. (Fig. 33, } Im All- gemeinen erfolgt die Entwicklung der sternalen Gefässe bei den Makrurenlarven, welche ich bisher untersuchen konnte, überein- stimmend , individuelle Variationen ausgenommen , welche überall wiederkehren können. Am vollständigsten vermochte ich die Reihenfolge der Ent- wicklungsphasen für die Larven von Crangon^) und Virbius zu verfolgen, die mir in allen lieber gangsstadien bis zur jungen Cran- gon- und Virbiusform vorlagen. Minder vollständig waren die Larvenreihen, welche ich auf eine Hippolyte (H. Cranchii) zu beziehen geneigt bin ; vereinzelt kamen Larven nicht näher bestimm- ') Diese Crangonlarve steht der Helgolander Form, welche ich in meiner ersten Abhandlung über Makrurenlarven abgebildet und damals schon vollkommen richtig auf Crangon bezogen hatte, ausserordentlich nahe und gehört mit derselben wahrscheinlich zu der nämlichen Species. (299) 30 C. Clans: barer Garneelgattungen zur Beobachtung, an denen scbon die Anlagen der Scheeren an den beiden vorderen Gehfusspaaren kenntlich waren. Ich will vorausschicken, dass die Knospen der fünf Gehfuss- paare bei den meisten Makrurenlarven — mit Ausnahme des vor- deren, früher auftretenden Paares — sich gleichzeitig anlegen, nur sind die hinteren Paare anfangs so klein, dass sie leicht über- sehen und erst in späteren Stadien beobachtet werden. Nur das letzte Beinpaar scheint nicht immer gleichzeitig mit den 3 voraus- gehenden Paaren als Knospe aufzutreten, dasselbe bleibt ein- fach und ohne Anlage des Nebenastes, die freilich auch an dem dritten und vierten Beinpaare (Crangon) unterdrückt sein kann, eventuell auch am zweiten Paare wieder verloren geht, so dass die ältesten Larvenformen im Mysisstadium nur am vorderen, be- ziehungsweise zugleich am zweiten ßeinpaare einen Nebenast tragen. Am häufigsten dürfte das Vorkommen eines Nebenastes an den vier vorderen Beinpaaren sein (Virbius), so dass die meisten Makruren- larven im Mysisstadium ausser dem zweiten und dritten Kieferfuss- paar vier Paare jenen gleichgebildeter Spaltfüsse besitzen, auf welche das letzte, einfach gebliebene Beinpaar folgt. Im Zusammen- hang mit dem Hervorsprossen der Beine legen sich nun auch die noch fehlenden Paare von Seitengefässen, welche die vier hinteren Beinpaare der Brust zu versorgen haben, frühzeitig, und zwar von vorn nach hinten vorschreitend an dem verlängerten Stamm der Sternalarterie an, bevor die entsprechenden Gliednaassenpaare den Zustand des indifferenten nach vorne umgeschlagenen Schlauches aufgegeben und die gegliederte Form gewonnnen haben. (Fig. 34.) Das erste der vier Gefässpaare entspringt zu den Seiten oder un- mittelbar hinter der Einmündungsöö'nung des absteigenden Gefässes in die Sternalarterie, die übrigen in kurzem Abstände dicht ge- drängt. Die Verlängerung der Sternalarterie des an der Ventralseite der Abdominalganglien herablaufenden Bauchgefässes kommt erst im vorgeschrittenen Alter zu Stande. Dagegen bildet sich die me- diane Fortsetzung derselben nach der Kiefergegend mit zwei seit- lichen in die Maxillen des zweiten Paares eintretenden Gefässen frühzeitig aus. (Fig. 35, 45.) Ich hielt diese schon an jüngeren Larven bemerkbaren Seitengefässe anfangs für die Arterien des vorderen Maxillarfusses , bis ich mich überzeugen konnte , dass diese Gliedmasse von einem Nebenast des vorderen seitlichen Gefäss- paares versorgt wird, aus welchen somit die Gefässe sämmtlicher Maxillarfüsse hervorgehen. (Fig. 35.) Im Besonderen treten nun aber während der Entwicklung. Zur Kenntniss der Kreislaufsorgane der Schizopoden und Decapoden. 31 des sternalen Gefässapparates mancherlei Variationen auf, welche vornehmlich in einer mehr oder minder unsymmetrischen Gestal- tung der rechten und linken Seitengefässe beruhen. Sehr oft entspringen die zu einem Paare gehörigen Seitengefässe nicht genau einander gegenüber und das eine höher oder tiefer als das andere (Fig. 33, 45) , seltener fällt das Gefäss einer Seite ganz hinweg und wird durch einen Zweig des vorausgehenden oder nachfolgenden Gefässes vertreten. In einzelnen Fällen zweigen sich hinter der Einmündung der absteigenden Arterie auch die Gefässe des drittletzten und vorletzten Beines von dem vorausgehenden Gefässe (Fig. 47) ab. Häufig entspringt die vordere mediane Fort- setzung der Sternalarterie aus der rechten oder linken Kieferfuss- arterie (Fig. 36). Was die Mündungsstelle des absteigenden Ge- fässes anbelangt, so scheint dieselbe mit dem fortschreitenden Wachsthum weiter nach hinten zu rücken. In Wahrheit aber ist es nur das Wachsthum der Sternalarterie mit den sich vor- schiebenden Insertionen der Seitengefässe, welche diese Täuschung veranlasst. An älteren Larven liegt die Mündungsstelle zwischen den Gefässen des zweiten und dritten Gehfusspaares oder wie auch an dem jugendliehen C r a n g o n unmittelbar zwischen den letz- teren ; überall aber dürfte das absteigende Gefäss zwischen dem drittletzten und vorletzten Ganglion — beziehungsweise deren Anlagen im Larvenzustand — die Bauchkette durchbrechen. Andere Variationen sind nicht individuell, sondern generisch und betreffen das Verhalten der Gefässe für Maxillen und Kiefer- füsse. Bei manchen Gattungen erhalten die Kieferfüsse des dritten Paares ihre selbstständigen Gefässe (Homarus) oder es können zugleich die hinteren Maxillen durch einen Zweig des vorderen Maxillarfuss- Gefässes versorgt werden (Palinurus). Niemals aber scheinen die Mandibeln von der Sternalarterie aus ihr Blut zu beziehen, vielmehr tritt in dieselben, wie man an jeder beliebigen Makrurenlarve, sowie an jungen Garneelen nachweisen kann, ein Ast (R. md.) der vorderen Seitenarterie ein (Fig. 29, 32, A.lat). Bei dem Vergleich mit dem Gefässsystem der Mysideen fällt das bisher unbekannt gebliebene Vorkommen einer hinteren Seitenarterie (Fig. 32, A. lat. p.) auf, welche man bei vorgeschrittenen Makruren- larven leicht constatiren kann. Dagegen verhält sich das im sechsten Abdominalsegment von der Aorta aus abtretende, die Fächerglied- massen versorgende Gefäss insoferne von dem der Mysideen ver- schieden, als dasselbe paarig ist und nicht, wie dort, hakenförmig nach vorne umgebogen, sondern gerad-gestreckt mit freier Oeffnung endet. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. V, Heft 3. 21 (301) 32 C. Claus: Bei dieser Gelegenheit möchte ich einer in vieler Hinsicht merkwürdigen Larve (Fig. 48 — 50) Erwähnung thun, welche in jungen und älteren Stadien zur Beobachtung kam , indessen noch nicht auf die zugehörige Gattung zurückgeführt werden konnte. Diese Larve erinnert durch ihren stabförmig gestreckten Leib und den engen stielartig ausgezogenen Vorderkopf an Leucifer, ohne jedoch zu dieser Sergestidengattung nähere Beziehungen zu bieten. Auch von den bekannten Makrurenlarven entfernt sie sich durch den anfänglichen Mangel der hintern Kieferfüsse und nicht weniger durch Form und Bestachelung des Telsons (Fig. 50), welches an das Telson junger Paguridenlarven erinnert. Die jüngsten, mit nur 2 Kieferfusspaaren versehenen Formen (Fig. 58) erreichen bereits eine Länge von S^I^M-m,, von welchen weit mehr als die Hälfte auf das sehr gestreckte und mit Stachelpaaren bewaffnete Ab- domen kommen. Als besonderes Merkmal fällt sogleich die sichel- förmige Gestalt der linken einen kräftigen Kaufortsatz besitzenden Mandibel gegenüber der normal gestalteten rechtsseitigen Man- dibel, sowie die ganz abnorme in lange Hakenspitzen ausgezogene Form der Paragnathen (Pg) auf. Das Herz ist wie bei den Mäkrurenzoeen gestaltet , von zwei Spaltenpaaren durchbrochen und bereits im Besitz sämmtlicher Gefässstämme, von denen der absteigende Arterienstamm nach der bereits in kurze Segmente gegliederten Thoracalregion einbiegt und zwischen dem drittletzten und vorletzten Segment die Brustganglienmasse durchsetzt. Die Larven, welche in ihrer weiteren Entwicklung bis zu einer Länge von 8 Mm, verfolgt wurden, bilden ganz allmälig die ziemlich gleichzeitig auftretenden Anlagen der Brustgliedmassen aus, während die Verlängerung des stielförmigen Vorderkopfes unverhält- nissmässig zunimmt. Larven von 4^/3 Mm. Länge besitzen bereits das hintere Kieferfusspaar als fungirende Schwiramfüsse , jedoch noch ohne Nebenast, während der vordere Gehfuss als massig gestreckter functionsloser Schlauch nach vorne umgeschlagen der Brust anliegt und die nachfolgenden Beine noch kurze, knospenförmige Anlagen sind. An dem ausserordentlich verlängerten Abdomen sind bereits Fächergliedmassen gesondert. Sehr auffallend erscheint eine kuglige, übrigens auch bei Paguridenlarven vor- handene Auftreibung zwischen Maxillen und vorderem Kieferfuss- paar, in der eine unpaare durch medianen Porus geöffnete Drüse ihre Lage findet (Fig. 49, Dr. p.), Larven von 7V2 Mm. Länge besitzen nun auch das auf den dritten Kieferfuss folgende Bein- paar als functionsfähigen Schwimmfuss , aber, ebenso wie jenen, Znr Kenatniss der Kreislaufsorgane der Schizopoden und Decapoden. 33 lediglich als Exopodit entwickelt ; hinter demselben erhebt sich die nachfolgende Gliedmasse als langer nach vorn gestreckter Schlauch, während die drei hinteren Brustbeine auf kurze , knospenförmige Anlagen beschränkt sind. Pleopoden fehlen mit Aufnahme der massig grossen Fächergliedmasse gänzlich. Bedeutende Abweichungen von dem Verhalten der Makruren zeigen die sternalen Gefässe der Paguriden und Porcel- lanen, mit welchen wohl auch die nahe verwandten Galathei- den übereinstimmen dürften. Die jüngsten Larven von Pagurus, von denen mir zwei verschiedene Formen bekannt geworden sind, besitzen an ihrer kurzen Sternalarterie zwei gemeinsam entsprin- gende Gefässpaare für die als Spaltfüsse fungirenden Kieferfüsse des ersten und zweiten Paares (Fig. 53). Zn den Seiten der Ein- mündung des absteigenden (Tcfässes finden sich nach rechts und links Anlagen zu einem neuen Gefässpaare, welches zu dem dritten, noch rudimentären und umgeschlagenen Kieferfüsse gehört und mit der nächsten Häutung ein Lumen gewinnt. Während mit dem fortschreitenden Wachsthum die 5 Beinpaare hervorsprossen, ver- längert sich die Sternalarterie über die Mündungsstelle hinaus nach hinten und bildet die noch fehlenden Seitengefässe in dicht- gedrängter Folge. An Larven mit 3 fungirenden Kieferfusspaaren und in der Sonderung begriffenen Fächergliedmassen , aber noch ohne Pleopodensprossen, beobachtet man bereits drei bis vier Paare von Seitengefässen für die entsprechenden Gehfüsse (Fig. 54), sowie einen von der vorderen Kieferfussarterie zur zweiten Maxille abgehenden Gefässast (Fig. 55). Die Abweichung des sternalen Gefässapparates bei Pagurus beruht demnach vornehmlich auf dem Verhalten der die 2 vorderen Kieferfusspaare versorgenden Arterien, welche selbstständig an dem medianen Stamme entspringen und nicht, wie bei den meisten Makruren , als gabiig auseinanderweichende Aeste eines einzigen Gefässpaares auftreten. In den älteren Sta- dien dürften die Mündungsstellen des absteigenden Gefässes im Verhältniss zu dem Ursprung der seitlichen Arterienpaare weiter rückwärts verlegt erscheinen. Im Mysisstadium verschiedener Ma- kruren und auch Paguriden konnte ich mich von dem Darchtritt des zuführenden Gefässes zwischen dem vorletzten und drittletzten Brustganglion überzeugen. Ob für das dorsalwärts inserirte hintere ßeinpaar ein besonderes Gefässpaar gebildet wird, scheint mir fraglich. In der Gestaltung der vorderen Gefässpaare der Sternal- arterie verhält s'ch die Thalassinidengattung Gebia den Pagu- 21* (303) 34 C. Claus: riden ähnlich. Die Larven von Gebia littoralis verlassen die Eihüllen bereits mit den Anlagen sämmtlicher Thoracalbeine — das letzte Paar ausgenommen. Trotz dieser bedeutend ab- gekürzten Metamorphose sind dieselben schmächtige Zoeen mit kurzem, gedrungenen Cephalothorax und nur zwei fungirenden Spaltfasspaaren, welche dem ersten und zweiten Kieferfusse ent- sprechen. Das dritte Kieferfusspaar besitzt zwar schon einen an- sehnlichen Exopoditen, derselbe trägt jedoch noch keine Borsten und ist wie die vier nachfolgenden Gliedmassenanlagen ventral- wärts eingeschlagen. Es gibt somit auch Makrurenlarven, welche sieb in der unvollkommenen Ausbildung des dritten Kieferfuss- paares den Zoeen der Anomuren anscbliessen , mit denen auch Form und Borstenbesatz des Telsons übereinstimmt. Die zwei vorderen Gehfusspaare sind von ansehnlicher Grösse, das dritte und vierte Paar dagegen noch stumraelförmig , freilich schon zweiästig. Mit der nächsten Häutung gewinnt die Larve das Aussehen einer Mysisform mit Schwimmfussästen an nur 5 Paaren von Brustfüssen, den drei Kieferfusspaaren und den zwei vorderen schon mit ansehnlichen, wenn auch nicht gegliederten Endopoditen versehenen späteren Gehfusspaaren (Fig. 52). Die 3 nachfolgenden Beinanlag^n sind verhältnissmässig noch wenig entwickelt, Pleo- podenstummel fehlen noch gänzlich, das noch einfache Telson hat jedoch einen kleinen medianen Stachel und zu dessen Seiten je ein mediales Borstenpaar gewonnen. In diesem Stadium besitzt die Gebialarve bereits ein complicirt gestaltetes System von Gefässen der Sternalarterie , welche sich durch die bedeutende Weite ihres vorderen Abschnittes auszeichnet (Fig. 51). Die drei Gefässpaare der Maxillarfüsse entspringen wie bei Pagurus ge- sondert, die (jefässe der zwei hinteren Beinpaare sind erst in der Anlage begriffen. Von der zu den Brachyuren hinführenden Gattung Porcel- lana habe ich ebenfalls jüngere und ältere Larven vergleichen können. Bei denselben mündet die absteigende Arterie hinter einem grossen verästelten Gefässpaare in die Sternalarterie ein (Fig. 56). Die Aeste dieses Gefässpaares versorgen die Kieferfusse des ersten und zweiten Paares nebst den zweiten Maxillen, während ein neu angelegtes hinteres Gefässpaar dem noch rudimentären dritten Kieferfusse Blut zuführt (R. mxp.). Auch für die vordere Maxille geht ein Gefässpaar am vorderen Ende der Sternalarterie ab. An älteren Larven mit knospenförmigen Anlagen der Gehfüsse ist Zur Kenntniss der Kreislaufsorgane der Schizopoden und Decapodeu, 35 das Gefäss des dritten Maxillarfiisses stärker entwickelt, und in einem noch weiter vorgeschrittenen Zustande, wenn bereits der Schwimmfuss des dritten Kieferfusses in Function getreten ist und die mit Kiemenanlagen besetzten Gehfüsse am Schalenrand frei hervorstehen, gibt dieses hintere Gefässpaar Aeste zu den ent- sprechenden Beinpaaren ab, ohne dass an der Sternalarterie neue Seitengefässe gebildet worden wären (Fig. 57). Wir treffen demnach am Sternalgefässe von P o r c e 1 1 a n a, abgesehen von den Maxillargefässen am Vorderende, zwei mächtige Arterienpaare an, von denen das eine unmittelbar vor der .Ein- mündung des absteigenden Gefässes entspringt, und die vorderen Kieferfusspaaren versorgt, das zweite beträchtlich weiter hinten austritt und zu den hinteren Kieferfüssen und zu den Gehfüssen Zweige entsendet. Die hintere Fortsetzung der Sternalarterie läuft als sehr enges Gefässrudiment bis zum Ende der Ganglienmasse. Die bestachelten Z o e a 1 a r v e n der B r a c h y u r e n erscheinen zur Feststellung der Besonderheiten des Sternalgefässes minder günstig, weil sie wegen ihres langen, gekrümmten Rückenstachels im lebenden Zustande nicht gut in die Rückenlage zu bringen sind. Um so geeigneter erweisen sie sich in seitlicher Lage zur Unter- suchung des Herzens und der von demselben abgehenden Arterien, die, wie Figur 58 zur Anschauung bringt, bereits in jüngeren Stadien mit noch gliedmassenlosem Abdomen vollzählig sind. Das bereits oben kurz beschriebene Herz enthält im Innern einige Züge musculöser Fäden und Trabekeln, scheint aber noch des ventralen Ostienpaares zu entbehren, welches in älteren Zoea- stadien leicht nachweisbar ist (Fig. 59). Stets findet sich oberhalb des Austritts der Leberarterien an der Ventralwand des Herzens eine ganglienähnliche Anlagerung, welche vielleicht einem Complex sympathischer Ganglienzellen entspricht. Im Zustand der Megalopa sind die Brachyurenlarveu zur Untersuchung der Sternalarterie weit geeigneter. Die absteigende Arterie durchbricht die concentrirte Ganglienmasse in dem Seg- mente des zweiten Gehfusspaares, welches ein Seitengefäss von der Sternalarterie empfängt ; hinter diesem folgt jedoch in dem von mir beobachteten Falle nur ein Paar von Seitengefässen, welche zum dritten Beinpaar hinziehen und wahrscheinlich durch Seitenäste die beiden hinteren Beinpaare mit versorgen. Ebenso wie in das zweite Beinpaar treten auch in das erste Scheeren tragende Bein, sowie in den dritten Kieferfuss Seitengefässe aus der Sternalarterie ein, während die vorausgehenden beiden Kieferfüsse und vielleicht auch (305) 36 ' C. Claus: die hintern Maxillen durch Aeste eines starken gemeinschaftlichen Gefässes versorgt werden. (Fig. 60.) Die auffallenden Abweichungen , welche Herz und Gefäss- system der gewöhnlich als Thorakostraken zusammengefassten, übrigens sehr ungleich werthigen Malakostraken- Gruppen, wie Stomatopoden, Schizopoden und Decapoden zeigen, weisen auf bedeutende Veränderungen, auf Reductionen der Herz abschnitte und Arterienpaare hin , welche die Vorfahren dieser Crustaceen durchlaufen haben. Die meisten auf ursprüngliche Ver- hältnisse hinweisenden Eigenthümlichkeiten haben die Stomatopoden aufzuweisen: Als solche erscheinen die bedeutende Länge eines vielkammerigen gefässartigen Herzens, die grosse Ostienzahl, das relativ gleichmässige Verhalten der zahlreichen vom Herzen ausgehenden Arterienpaare , die Versorgung der Gliedmassenpaare auch des Mittelleibes von den dorsalen Gefässpaaren aus, die fast ausschliessliche Beziehung der Stern alarterie zur Ernährung des Nervensystems, endlich das Verhalten des Verbindungsgefässes mit dem Herzen. Auch hier tritt bereits eine einseitige Anastomose der Sternalarterie mit einem vordem dorsalen Gefässpaare auf, dessen Ursprung dem erweiterten als Herz bezeichneten Abschnitte des Rückengefässes angehört und rechts und links symmetrisch ist. Wenn dieser Gefässbogen, welcher bei den Squilliden zwischen den Ganglien des ersten und zweiten Maxillarfusses in die Sternal- arterie mündet, auch nicht aus der Dorsalarterie desselben Seg- mentes'), wie bei den Schizopoden und Decapoden hervorgegangen, so ist es doch morphologisch dasselbe Element und wohl ge- eignet, die übrigens auch durch das Verhalten der entsprechenden Bogenschlinge am Gefässsystem der Schizopoden bekräftigte Richtigkeit, meiner dargelegten Auffassung zu unterstützen. Im Gefässsystem der Mysideen besteht bereits eine grosse Ueberein- stimmung mit dem der Decapoden, was bei der nahen Verwandtschaft beider Gruppen und der Schizopoden- Aehnlichkeit vieler Makruren- larven nicht auffallen kann ; indessen ist das langgestreckte Herz der ersteren nicht auf die Somiten der drei vorderen Gehfuss- paare beschränkt, und statt eines Paares von Leberarterien mit 2 oder 3 an der ventralen Herz wand entspringenden , unpaaren Arterien versehen , die möglicherweise in anderen bislang nicht näher untersuchten Schizopodengruppen paarig sind. ^) In diesem Sinne ist die früher von mir gegebene Beurtheilung zu modi- ficiren. (Kreislauforgane und Blutbewegung der Stomatopoden.) (306) Zur Kenntuiss der Kreislaafsorgane der Sehizopoden und Decapoden. 37 Auch zur Beurtheilung" einer anderen, zur Zeit noch unent- schiedenen Frage dürften die aus der Untersuchung der Schizopoden und älteren Decapodenlarven gewonnenen Ergebnisse einige Anhalts- punkte bieten, zu der Frage, ob der Kreislauf der Decapoden ein vollkommen geschlossener sei. Bekanntlich war dieselbe in der älteren fundamentalen Abhandlung von Audouin^) und Milne Edwards im bejahenden Sinne beantwortet, indem das Blut aus den Arterien in Venen und schliesslich durch die Kiemenvenen jeder- seits mittelst einer Haiiptöffnung in das Herz zurückgeführt werden sollte. Nun führten später Lund^) und Schultz den Nachweis, dass die Herzwand von 3 Spaltenpaaren durchbrochen sei und dass das Blut durch den bisher unbeachtet gebliebenen Pericardialsinus in das Herz zurückströme , bestritten aber gleichzeitig das Vor- handensein von Kiemenvenen und venösen Gefässen, an deren Stelle sie das ausschliessliche Vorkommen von Blutlacunen behaupteten. A. Krohns), welcher die Ostien am Herzen des Flusskrebses be- stätigen konnte, restituirte dann die canaux branchio-cardiaques der französischen Autoren als Kiemen venen, die er in den Pericardial- sinus als den Vorhof einmünden Hess, konnte sich jedoch von einem ausgeprägten Venens3^steme nicht überzeugen. Der durch A. Krohn vertretenen Auffassung schloss sich später Milne Edwards*) im Allgemeinen an und betrachtete die rückströmenden Blutbahnen unter Ausschluss der grossen selbstständig begrenzten zuführenden und abführenden Kiemengefässe als lacunäre , theils durch engere, miteinander zusammenhängende Lücken der Leibes- höhle, theils durch weite Räume oder Blutsinus hergestellt. Als solche unterschied er neben dem durch ein horizontales Querseptum von der Perivisceralhöhle abgegrenzten Pericardialsinus, grosse paarige Blutsinus im Abdomen und die seitlichen Sinus des Thorax oder Kiemensinus, zu dem wohl nach' meinen Beobachtungen an P h y 1 1 0 s 0 m a zu schliessen, auch noch ein den Darm umgebender, dem Interseptalsinus der Phronimiden entsprechender Mediansinus hinzukommen dürfte. ') Audouin und Milne Edwards I. c. Ana. scienc. nat. Tom. XI, 1827. ^) Lund und Schultz: Fortgesetzte Unters ucbungen über das System des Kreislaufes bei den Crastaceen. Isis 1830. ^) A. Krohn: lieber das Gefässsystem des Flusskrebses. Isis 1834. ^) Milne E dwards: Lecons sur la physiologie et Fanatomie comparee de l'homme et des animaux. Tom. III, 1859, pag. 191; Histoire naturelle des Cru- stacees. Tom. I, pag. 101, 1834. (307) 38 C. Claus: Diese von Milne Edwards vertretene Auffassung wurde von nun an die herrschende und auch in v. S iebold's^) Lehrbuch der vergleichenden Anatomie mit vollem Rechte aufgenommen. So- viel mir bekannt, hat sich seither nur ein Autor in entgegenge- setzter Weise vernehmen lassen und ist sowohl für das Vorhan- densein eines sehr ausgebildeten Venensystems als eines vollkom- men geschlossenen Kreislaufes bei den Decapoden sehr entschieden eingetreten. In seiner mit Recht hochgestellten Abhandlung über die Gewebe des Flusskrebses bemerkt E. H a e k e 1 2) gegenüber der MilneEdward s'schen Auffassung: „Indessen ist ein so unvollkom- mener lacunaler Kreislauf, wenn er auch bei anderen Krustern Geltung hat, bei den Decapoden sicher nicht vorhanden, bei diesen ist er vielmehr ebenso geschlossen wie bei den Wirbelthieren. Nur sehr wenige Autoren vertreten noch diese richtige, ältere Ansicht, wie Johannes Müller, der schon seit vielen Jahren das vollkommen geschlossene Gefässsystem der Decapoden in seinen Vorlesungen beschreibt und durch schöne In- jectionspräparate erläutert. Da es mir bei näherer Verfolgung des- selben gelang, auch die bisher übersehenen Capillaren und Venen- wände nachzuweisen, so sind nunmehr wohl alle bisher noch über den vollkommen geschlossenen Kreislauf der Decapoden gehegten Zweifel als behoben anzusehen." Ob H a e c k e l's Meinung vom ge- schlossenen Gefässsystem seither Anhänger gefunden hat, ist mir nicht näher bekannt geworden ; auf mich selbst hat die Begrün- dung keinen überzeugenden Eindruck machen können , da ich in ihr die Beweisführung vermisse. Dass das Arteriensystem mit seinen sehr ausgeprägten Verästelungen sich in überaus feine als Capillarnetze zu deutende Netze auflöst, ist auch den älteren Forschern kaum unbekannt geblieben, besagt aber nichts , da der Nachweis fehlt, dass diese Capillarnetze überall, wo sie auf- treten, in Anfänge von Venen übergehen , dass also feine Lacunen der Leibeshöhle nirgends zu finden sind. Der Befund einer selbstständigen Wandung an zurückführenden Blutbahnen wie sie E. Haeckel als Venenwand beschrieben und abgebildet hat, besitzt ebenso wenig Beweiskraft, da ein Zustand im Pro- cesse der weiteren Entwickelung angetroffen wird, der mir auch schon an den rückführenden Blutbehältern der Arthrostraken be- *) V. Siebold: Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Thiere. Berlin 1848, pag. 457. ^) E. Haeckel: Archiv für Anatomie und Physiologie. 1857, pag. 556. Zur Kenntniss der Kreislaufsorgane der Schizopoden und Decapoden. 39 kannt geworden ist; die durcli Septen vorbereitete Scheidung ist an sehr vielen Stellen eine vollständigere geworden und hat zur Entstehung gefässartiger Canäle geführt, wie als solche ja auch bereits von M i 1 n e E d w a r d s die zu- und abführenden Kiemengänge als Blutgefässe betrachtet wurden. Dass nun auch noch an vielen anderen Stellen ähnliche und bei weitem engere und selbst ver- zweigte Gänge mit bindegewebiger Peritonealwand bestehen, soll nicht bezweifelt werden, ist aber nach keiner Seite hin für die Auffassung eines vollständig geschlossenen Kreislaufes entschei- dend, zumal weder Anfang noch Ende dieser aus selbstständig um- kleideten Räumen der Leibeshöhle entstandenen Blutcanäle zu Gunsten derselben sprechen. Das Vorhandensein von Capillarnetzen am Ende des Arterien- systems ist, wie wir an hochentwickelten Larven der Stomato- poden und Decapoden (Phyllosoma) gesehen haben, noch kein Zeugniss für die Existenz feiner Venen , da hier die aus den Oeff- nungen der Netze hervorkommenden Blutmengen in die lacunären Blutbahnen führen. Wenn wir dieses Verhältniss aber in so vorge- schrittenen Formen wie bei Alima, Erichthus und Phyllo- soma beobachten, die mit der nächsten Häutung in den Form- zustand der wenn auch noch winzig kleinen Stomatopoden und Decapoden eintreten, so trifft dasselbe gewiss auch für die nach- folgenden Stadien zu, in denen sich zunächst an den stärkeren Blutbahnen eine selbstständige Bekleidung entwickeln wird. Das Ende der stärksten Bahnen ist aber in allen Fällen der Pericar- dialsinus, also ein grosser Blutraum der Leibeshöhle, von dem aus das Blut erst in die Spaltöffnungen einströmt. Diesen Sinus als Vorhof auszugeben und auf solche Weise den Leibesraum oder einen Theil desselben als einen in das Gefässsystem eingeschobenen Blut- behälter auszuschliessen , scheint mir auf dem Gebiete der Arthropoden unzulässig. Selbst wenn in zahlreichen Organen, was bislang nicht geschehen, der Zusammenhang der aus den Arterien hervorgehenden Capillarnetze mit einem complicirten Venensystem nachzuweisen wäre, würden die Ostien der Herzwand und der mit Blut sich füllende Pericardialsinus ausreichen, um die Ansicht von dem „vollkommen geschlossenen" Gefässsystem der Decapoden wie überhaupt irgend welcher Arthropoden (Scorpioniden) zurückzuweisen. Noch ein anderer Punkt bedarf einer kurzen Berichtigung. MilneEdwardsi^ und im Anschlüsse an ihn auch noch andere ') M. Edwards: Le9ons snr la physiologie etc. Tom. IV, 1859, pag. 195. 40 C. Claus: Forscher führen die ganze Blutmenge, welche durch den Pericardial- sinus in das Herz gelangt, auf das arterielle Kiemenblut zurück. Man hat daher wohl auch das Decapodenherz dem Molluskenherzen entsprechend geradezu als ein arterielles bezeichnet. Indessen trifft dieser Vergleich nicht zu. Man hat eben merkwürdiger- weise das Schalenblut unbeachtet gelassen, welches wie bei Phyl- losoma, durch die zahlreichen Aeste und Verzweigungen der vorderen Seitenarterien in die Schalenduplicatur gelangt und aus der Schale wieder zum Herzen zurückströmen muss. Wenn daher Huxley^) meint, dass den am. Ende der Systole ver- grösserten Raam zwischen den "Wandungen des Herzens und denen des Perieardialiums das aus den Kiemen kommende Blut einnehme „und vielleicht etwas Blut , das die Kiemen nicht durchströmt hat , — doch ist dies zweifelhaft — " so tritt er zwar dem wahren Sachverhalt, wenn auch nur unter dem Zuge- ständniss der Möglichkeit, näher, ohne jedoch die auf der Hand liegende Begründung zu erkennen. In Wahrheit aber führt die Schale, deren Duplicaturen Nebenräume des Leibes umfassen, welche mit jener in weiter Communication stehen, eine sehr reiche Blutmenge, die möglicherweise auch noch wie bei den Phyllosomen und ganz entsprechend , wie in der gleich werthigen Phyllopoden- schale^) durch aufsteigende Seitenströme der Kiefergegend ver- stärkt wird. Diese aber fliessen gewiss nicht erst in die seitlichen Kiemensinus herab , um erst die Kiemen zu durchsetzen , sondern treten, wie bei Phyllosoma leicht nachweisbar, direct vom Rücken aus in den Pericardialsinus ein. ') T. H. Huxley: Der Krebs, eine Einleitung in das Studium der Zoologie. Leipzig 1881, pag. 63. ^) Däss die Schale der Malacostraken der Schalenduplicatur der Phyllopoden gleichwerthig ist und beide auf hintere und seitliche Falten, welche das Integu- ment in der Kiefergegeud gebildet, zurückzuführen, habe ich bereits vor nahezu einem Decennium nachgewiesen und wiederholt erörtert. C. Claus; Crustaceen- system. Wien 1876, pag. 6, 23, 53. Zur Kenntniss der Kreislaufsorgane der Schizopoden und Decapoden. 41 Literaturverzeichniss. Äudouin et M.Edwards: Recherclies anatomiques et physiologiques sur la circu- lation dans les Crustaces. Ann. sciences nat. I. Serie. Tom. XI. 1827. B en eden P. J. van: Recherches snr la faune littorale de Belgique. Crustaces, 1861. Claus C. : lieber einige Schizopoden etc. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoo- logie. Tom. XIII. 1863. — Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grundlage des Crustaceen- systems. Wien 1876, pag. 19—23. — Ueber Herz und Gefässsystem der Hyperiden. Zool. Anzeiger. Tom. I, Nr. 12. ^ — Der Organismus der Phronimiden. Arbeiten des zool. vergl. anatom. Instituts etc. Wien, Tom. II, 1879. — Die Kreislaufsorgane und Blutbewegung der Stomatopoden. Arbeiten des zool. vergl. anatom. Instituts etc. Wien, Tom. IV, 1883. Belage Yves: Contribution ä l'etude de l'appareil circulatoire des Crustaces Edriophthalmes marins, Archiv, de Zoologie. 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Thompson: Zoological researches. vol. I, 1828. Wagner N. : Recherches sur le Systeme circulatoire et les organes de la respira- tion chez le Porcelliou elargie. Ann. sciences nat. 5. Serie. Tom. IV. 1865. (311) 42 C. C laus: Erklärung der Abbildungen. Bedeutung der Buchstaben. A. Erste Antenne (Sinnes-Antenne). A^. Zweite (äussere Antenne). Aa'. Arterie der ersten Antenne. Aa^ Arterie der zweiten Antenne. Ao. c. Kopfaorta, Aorta cephalica. A. oph. Arteria ophthalmica. ADr. Antennendrüse. A. h. Leberarterie, A.lat. Vordere Seitenarterie. A. lat. p. Hintere Seitenarterie. A. d. Arteria descendens. Ao. p. Hintere Aorta. A. t.', A. t.^ Erste, zweite Schalenarteri« A, t. p. Hintere Schalenarterie. A. abd. Abdominale Arterie. A. p. Beinarterie. A. st. Sternalarterie. A. c. Cerebralarterie. Er. Branchialanhang. Co. Nervencommissur. D. Darmcanal. Ep. Epipodit (Flagellum). Fl. Flagellum (Epipodit). G, Ganglien. H. Leber. H. a. Vorderer Lebersclilaucb. H, p. Hinterer Leberschi auch. LC. Längscommissur. M. Muskel. Md. Mandibel. Mx'. Vordere Maxille. Mx^. Zweite Maxille. Mxp^, Mxp'^, Mxp^. Die drei Maxillarfass- paare. N. Nerv. 0. Auge. Oe. Oeffnung. 0. d. Dorsales Ostium. ü. 1. Seitliches oder hinteres Ostiam der Rückenseite. 0. V. Ventrales Ostium. P'. bis P^ Die 5 Gebfusspaare. « Plp. Pleopoden. ß. e, Exopodit. R. i. Endopodit. R. md.' Gefässast der Mandibel. R. mx^ Gefässast der zweiten Maxille. R. mxp^, R mxp^, R mxp"' Gefässäste der Kieferfüsse. R. p\ R. p^ Gefässäste der Gehfüsse. Zar KenntDiss der Kreislaufsorgane der Scliizopoden und Deeapoden. 43 Taf. 1. Fig. 1. Siriella Clausii. Cephalothorax in seitlicher Ansicht. H. ven. Ventraler, H. dor. Dorsaler Leberschlauch. HOe. Einmündung der Leber in den Darm (D). T. Hoden mit dem Vas deferens. S''. drittes, S\ siebentes, S**. achtes Brnstseg- ment. R'., R^, R^. die drei Aeste der absteigenden Arterie. Av. Viscerale Arterien. Fig. 2. Herz von Mysis bahirensis. Dasselbe reicht nur bis zum An- fang des 7. Brustsegments. Man sieht die Erhebungen der seitlichen Brustwand, in denen das Blut nach dem Herzen znrückströmt. Fig. 3. Herz von Siriella Clausii nebst dem Vorderstück der abdomi- nalen Aorta und deren Seitenarterie, vom Rücken aus betrachtet. Rl. Av^, Av^., Av^. Ursprungsöffnungen der drei Visceralarterien. — SD. Contour der Schale. AbS^ Erstes Abdomiualsegment. Die Pfeile zeigen die Richtung der rückführenden venösen Ströme an. Fig 4. Die Sternalarterien mit deu 3 Einmündungen der drei Gefässäste der absteigenden Arterie. Die capillaren Gefässschlingen (C*) der Ganglien sind nur in wenigen Segmenten dargestellt. A. mx. Maxillararterie. A. p.' . . . A. p. s''. Arterien der Brustbeine. Fig. 5. Ende der hinteren Aorta mit dem in die Schwanzplatte eintretenden engen Fermialast (A. caud.) und dem weiteren ventralwärts absteigenden Ast, welcher sich im letzten Abdominalsegment (Oe) öffnet. D. Darm. Fig. 6. Endstück einer seitlichen Arterie der abdominalen Aorta mit den terminalen Oeffnungen der Seitenäste. Taf. II. Fig. 7. Auge von Psendosiriella frontalis mit den Aesten und capil- laren Verzweigungen der Augenarterie. NO Opticus. IMl Inneres Marklager. AeMl Aeusseres Marklager. V. S. Venöser Sinus. Fig. 8. Oberes Stück vom Cephalothorax einer Siriella bei tiefer Einstellung, um das Verhalten der Aorta und die Verästelungen der vorderen Seitenarterie am Darm und an den Leberschläuchen zu sehen. Ds Drüsenschlauch zur Seite des Vormagens (VM). Mtr. Triangulärer Muskel. Mr'., Mr'-^. Die beiden Retractoren des Vormagens. Fig. 9. Vorderer Leberschlauch mit den Gefässverzweigungen an seiner "Wand. Fig. 10. Cephalothorax von Siriella Clausii bei oberflächlicher Einstellang. Man sieht die Auftreibungen der Ihoracalen Seitenwand in dem 2. bis 6. Brust- segmente, in denen das Blut nach dem Pericardialsinus zurückströmt. S. Oe. Sinus- Oeffnung zwischen den Kiefermuskeln , aus der das rückströmende Blut in die Schale eintritt. Fl. Schwingender Anhang (Epipodit) des ersten Beinpaares zur Re- gulirung des Athemstromes unter der Schalenduplicatur. PS. Pericardialsinus. Die Pfeile bezeichnen die Richtung der venösen Ströme. (313) 44 C. Claus: Fig. 11. Herz von Eiiphausia ia seitlicher Lage. (Zeichnung aus dem Jahre 1862.) Taf. III. Fig 12. Dorsale Ansicht einer Palinnrus-Phyllosoma mit dem Herzen (C) und den arteriellen Gefässen. 0. Augenstiel. A'^. Zweite Antenne. P'. bis P^ Die 5 zu Gehfüssen sich umgestaltenden Beinpaare. Fig. 13. Ventrale Ansicht derselben. Man sieht das ventrale Ostienpaar des Herzens. Mx-. Zweite Maxille. Mxp.', Mxp^., Mxp.^ Die 3 Maxillarfiisse. PIp. Pleo- poden. Die Pfeile bezeichnen die Richtung der venösen Blutströme. Taf. IV. Fig. 14. Dorsale Ansicht des Gehirns und seiner arteriellen Gefässschlingen. LC. Längscommissuren des Hirnstammes. Oe. Oeifnungen von Arterien an der Ober- fläche des Gehirns. 0^ Unpaares Auge. Fig. 15. Ventrale Ansicht desselben. Die Pfeile bedeaten die Richtung der venösen Blutströme. Fig. 16. Ein Pleopod mit seiner Arterie und deren Oeffnangen. * Taf. V. Fig. 17. Die zwei letzten Ganglien der Brustmasse von der Ventralseite dar- gestellt mit ihren Gefässschlingen* Oe. A. d. Die Einmündung der Arteria descendens in die Sternalarterie (A. st.) zwischen den Commissuren des vorletzten und dritt- letzten Ganglions. Hinter dem letzten Arterienpaare, welches die hinteren Brust- beine versorgt, folgt die abdominale Arterie als Fortsetzang der Sternalarterie. Fig. 18, Das Herz mit den austretenden Arterien vom Rücken aus unter starker Vergrösserung dargestellt. Hr. Hinterrand der Schalenduplicatur. Sp. Suspen- sorien des Herzens im Pericardialsinus. Man sieht den Ursprung der beiden Leber- arterien (A. h.) an der Ventralwand des Herzens. A. t. p. Hintere Schalenarterie. Fig. 19. Die Umgebung des Magens mit den Lebergängen (H.) und den beiden accessorischen Leberlappen (H. a. und H. p.), welche die Leberarterie (A. h.) ver- sorgt; stark vergrössert. Taf. VI. Fig. 20. Zoealarve von Virbius im Stadium mit noch einfacher Schwanz- flosse. Das erste Beinpaar als Doppelknospe angelegt. Der Aussenast der zweiten Antenne (A-), die spätere Schuppe, noch gegliedert. G. M. Ganglienmasse der Brust. G^ G'^. Die Ganglien des ersten und zweiten Abdominalsegments. An der Sternal- arterie ist nur ein Paar von Seitengefässen entwickelt, welches das 2. und 3. Paar Kieferfüsse versorgt. Fig. 21. Die Schwanzflossen desselben mit den Seitenborsten (S. b.) und 7 Ter- minalborsten (T. b.) jederseits. Tb'. Siebente Terminalborste. Fig. 22. Stirntheil der Larve mit Schnabel und Augen, von der Rückenseite gesehen. Fig. 23. Sternalarterie einer weiter vorgeschrittenen Larve einer verwandten Makrurengattung ; die Arterie des ersten noch umgeschlagenen Beinpaares (P'.) ist vorhanden und eine zweite nachfolgende in der Anlage begriffen. (314) Zar Keuntniss der Kreislaufsorgane der Schizopoden und Decapoden. 45 Fig. 24. Schwanzflosse derselben Larve mit gesondertem 6. Pleopodenpaar und knospenförmigen Anlagen sämmtlicher Beinpaare der Brust. Fig. 25. Aelteres Stadium derselben Larve. Das erste Beinpaar fangirt bereits als Spaltfoss mit wohlentwickeltem viergliedrigen Endopodit und langem Schwimm- fussast (Exopodit). Die übrigen Beinpaare nach vorne umgeschlagen und mit Aus- nahme des fünften zweiästig. An der verlängerten Sternalarterie sind weitere 3 bis 4 Paare von Gefässen für die entsprechenden Beinpaare vorhanden. Fig. 26. Schwanzflosse dieser Larve. Die beiden seitlichen Terminalborsten sind im Schwunde begrifl'en, die Seitenborste am Rande wohl entwickelt. Fig. 27. Sternalarterie mit sämmtlichen Seiteugefässen und dem Anfang der Abdominalarterie. Die Einmündungsstelle der absteigenden Arterie scheint in die Gegend des drittletzten Beingefässes gerückt. Tb^ Fünfte Terminalborste. Ausser den Kieferfüssen fungiren die drei vorderen Beinpaare als Spaltäste, das vorletzte Bein mit nicht fungirendem Nebenast, das letzte einfach, lang. Fig. 28. Schwanzplatte dieses Stadiums. Fig. 29. Zweites ßeinpaar des jungen Vir bius mit dreigliedrigem Antibrachium, aber noch mit Eudiment des Geisselastes , welches auch noch am vorausgehenden Beine nachweisbar, am dritten und vierten aber geschwunden ist. Fig 30. Herz und Gefässe einer Larve im Stadium der Fig. 27 in seit- licher Lage. A. md. Mandibulararterie Taf. VII. Fig. 31. Abdomen einer Crangonlarve mit bereits gesonderten Fächer- gliedmassen. Sb'. Siebente Terminalborste. Sb. Seitenborste. Fig. 32. Vorderleib einer etwas älteren Crangonlarve vom Rücken aus ge- sehen. ML Muskelinsertion medialwärts von den dor.salen Leberschläuchen. E. Rostram. R. md. Mandibulargefäss als Ast der vorderen Seitenarterie. A. lat. p. Hintere Seiten- arterie. Fig. 33- Sternalgefässe einer jungen Crangonlarve ohne Fächergliedmassen mit als Spaltfuss fungirendem ersten Gehfuss (P^), welcher bereits sein Gefäss erhält. P". knospenförmige Anlage des zweiten Gehfnsses. R. mxp. das vordere Seitengefäss der Sternalarterie, welches die Kieferfüsse versorgt. GM. Ganglienmasse der Brast. G^ Ganglion des ersten Abdominalsegments. Fig. 34. Dieselben einer älteren Larve mit gesonderten Fächergliedmassen. Die Anlagen der drei hinteren Brustbeine, welche einfache Schläuche (ohne Neben- ast) bleiben, sind vorhanden. Auch die Pleopoden erheben sich als einfache Knospen. Fig. 35. Fächergliedmasse einer etwas älteren Larve. Fig. 36. St-rnalgefäss nebst Seiteugefässen desselben. Fig. 37. Sternalgefässe einer weiter vorgeschrittenen Larve (vor dem Mysis- stadinm), deren zwei vordere Gehfasspaare mit Schwimmfussast als Spaltfüsse fungiren und in der Bildung des Endopodits schon den Charakter von Crangon erkennen lassen. Die drei hinteren Beinpaare sind bereits gegliedert, aber noch nach vorne umo;eschlagen und entbehren des Nebenastes. Die Pleopoden zweigliedrig, von ansehnlicher Länge. Fig. 38. Sternalgefässe eines jangen Crangon nach Abstreifung der Larvenhaut. Fig. 39. Schnabel derselben Form. (315) 46 C. Claus: Fig. 40. Die Scheevenhand des ersten Gehfusses. Fig. 41. Borstenbesatz am Terminalstück des Telsons. Taf. VIII. Fig. 42. Herz einer älteren Crangonlarve im Mj^sisstadinm (mit frei vor- tretenden hinteren Gliedmassen der Brust). Man sieht aufser den beiden dorsalen Ostienpaaren auch das ventrale Spaltenpaar und das Balkennetz, welches das Lumen durchsetzt. Fig. 43. Weit zurückgedrängter Stirnrand nebst Rostrum einer halb flachen, breiten Alphei den-Zoea (wahrscheinlich von Hippolyte) mit gedrungenem Kopfbrustschild. Fig. 44. Die Sternalgefässe einer jüngeren Alpheidenlarve, noch ohne Fächergliedmassen der ausgebuchteten mit 7 Paar Terminalborsten besetzten Schwanz- flosse. Hinter dem ersten bereits als Spaltfach fungirenden Beinpaar (P') finden sich die knospenförmigen Anlagen der nachfolgenden Gliedmassen. Fig. 45. Die Sternalgefässe einer älteren Alphei den larve mit gesonderten Fächergliedmassen und 2 als Spaltfüsse fongirenden Beinpaaren. Die 3 hinteren Beinpaare nach vorne geschlagene Schläuche, ausschliesslich das letzte Paar ist ein- ästig angelegt. Pleopoden fehlen noch. Fig. 46. Sternalgefäss einer weiter vorgeschrittenen Alp hei d enlarve im Mysisstadium von 4 Mm. Länge. Pleopoden, die ausserordentlich spät auftreten, noch stummeiförmig. Rg. Gefässäste, welche in den Ganglien Capillarschlingen bilden, PIp*. Vordere Pleopoden. Fig. 47. Etwas abnorm gestaltete Sternalgefässe einer Crangonlarve im Mysisstadium (mit triangulärem spitzen Schnabel und Schwimmfussästen nur am ersten Gehfusspaar). Fig. 48. Kopfbruststück einer nicht näher bestimmbaren Zoea mit sehr lang- gestrecktem Abdomen, dessen Segmente an der Ventralseite je mit einem umge- krümmten Hakenpaare bewaffnet sind. Die 6 hinteren Thoracalsegmente schon an- gelegt, aber ohne Gliedmassen. Fig. 49. Aelteres Stadium dieser Larve mit nach vorne geschlagenem dritten Maxillarfusse. Die linke Mandibel hakenförmig gebogen, ebenso die Paragnathen. Fig. 50. Terminalstück des Telsons dieser Larve. Taf. IX. Fig. 51. Sternalgefässe der Larve von Gebia litt oral is. Fig. 52. Die 6 hinteren Brustgliedmassen der Gebia larve im zweiten Ent- wickliingsstadium. Die Endopoditen der drei vorderen Paare sind nicht dargestellt. Fig. 53. Sternalgefässe einer jungen P aguri denlarve (ohne seitlichen Stachel- fortsatz der Schale). Erstes und zweites Maxillarfusspaar erbalten besondere Ge- fässe. Das Gefässpaar des dritten noch functionslosen Maxillarfusses bereits angelegt. Fig. 54. Sternalgefässe eines späteren Stadiums derselben Larveuform, mit bereits fungirendem dritten Kieferfusspaar und knospenförmigen Anlagen der Bein- paare, noch vor Sonderung der Fächergliedmassen. Fig. 55. Sternalgefässe einer noch weiter vorgeschrittenen P aguri denlarve mit fungirendem dritten Kieferfusspaar nebst Fache rgliedmassen und Anlage der Pleopoden des 2. und 3. Segmentes. (:;i6) Zur Kenntniss der Kreislaufsorgaue der Schizopoden und Decapoden. 47 Fig. 56. Sternalgefässe einer jungen P orcellana-Larve vor Auftreten der Beinanlagen. Das Gefäss des hinteren Maxillarfusses ist noch einfach. Fig. 57. Dieselben von einer älteren P orcellana-Larve mit langen schlauch- förmigen Beinanlagen. Das Gefäss des hinteren Maxillarfusses entsendet Aeste zu den Beinpaaren. Fig. 58. Kopfbruststück und vordere Abdomiualsegmente einer jungen Krabbenzoea (noch ohne Pleopodenanlagen) bei Einstellung des Herzens. Coe. Blinddarm a.\s Anlage des gewundenen wahrscheiulich als Harnorgan fungirenden Darmanhanges. D. Darm. Fig. 59. Aelteres Zoeastadium mit langen schlauchförmigen Beinanlagen und Pleopodenstummeln. Auch das ventrale Ostienpaar (0. v.) ist deutlich erkennbar, S. S. Suspensorien des Herzens. A. md. Arterie der Mandibel. Fig. 60. Sternalgefässe einer Megalopa, Nachträgliche Bemerkungen. In dem nach Abschluss vorliegender Abliandlung in meine Hand gelangten „Bidrag til knndskaben om Decapodernes For- wandlinger" von G. 0, Sars finden sich Beobachtungen über verschiedene Makrurenlarven mitgetheilt, welche mir zu nachfol- genden Bemerkungen Anlass geben. Die von Sars beschriebene Zoea von Calocaris Macan- dreae erinnert so auffallend an eine von mir beschriebene Hel- golanderlarve (Zur Kenntniss der Malacostrakenlarven. Würzb. naturw. Zeitschrift, Tom. IL 1861. Taf. III.), dass ich beide für nahe verwandt halten muss. Die gleiche Form des Rostrums, des Rückenstachels und Telsons, sowie die grösste Uebereinstimmung in der G-estalt der Extremitäten. Nun soll freilich nach Sars das zweite Stadium schon durch die vollständig fertige Mysisform mit 7 Paaren von Schwimmfassästen und sämmtlichen Brust- gliedmassen, von denen das letzte Paar des Spaltastes entbehrt, repräsentirt sein. In der Helgolanderlarve dagegen wird die Aus- bildung zur Mysisform durch mehrere Zwischenglieder vermittelt, von denen das jüngere die beiden vorderen Grehfusspaare als zwei- ästige Schläuche trägt, das ältere diese zu fungirenden Spaltfüssen ausgebildet hat, während die 3 hinteren Paare als schlauchförmige Anlagen hinzugekommen sind. Bezüglich der Metamorphose der Gebiazoea wurden von Sars sämmtliche Larvenstadien in vollständiger Reihe beschrieben und das zweite Stadium als Zwischenform zur Mysisform mit vier Paar Schwimmfussästen dargestellt. Nach meinen Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. V. Heft 3. 22 (317J 48 C. Claus: Zur Kenntuiss der Kreislaufsorgaue der Schizopoden etc. Beobachtungen besitzt dieses Larvenstadium jedoch 5 Paare von Schwimmfussästen, indem auch der Exopodit des zweiten späteren Beinpaares bereits als Schwimmfuss fungirt. Sollte das eine constante Abweichung zwischen der nordischen und der adria- tischen Larvenform sein? Die bizarre Stachellarve von Nephrops norvegicus, welche ähnlich wie die Larven von Homarus in Mysisform die Eihüllen verlassen, hält Sars irrthümlich für seither unbekannt. Er scheint nicht zu wissen, dass dieselbe in meiner oben citirten Arbeit genau beschrieben und auch als Nephro pslarve erkannt worden ist. Immerhin musste es erwünscht sein, meine damals versuchte Zurückführung der in Nizza pelagisch gefischten Larve auf Nephrops durch die S a r s'schen Beobachtungen verificirt zu sehen. Ich schrieb damals „da die drei ersten Fusspaare mit Scheeren enden und eine ansehnliche Grösse besitzen, wusste ich unter Berücksichtigung des Baues der Antennen und der Form des ganzen Leibes keine andere Familie namhaft zu machen, welcher die Larve als Jugendform angehört, als die der Astacinen; es würde, da Hummer und Flusskrebs nicht in Betracht gezogen werden können, die Gattung Nephrops als das muthmassliche Geschlechtsthier übrig bleiben." Nun gehört bekanntlich — was ich früher nicht wusste — Nephrops auch der Fauna Nizza's an, so dass seither schon die Richtigkeit der von mir versuchten Bestimmuno; nicht bezweifelt werden konnte. (318) lieber Apseudes Latreillii Edw. und die Tanaiden. Von C. Claus. (Mit 2 Tafeln.) Seitdem Fr. Müller durch seine vielbesprochene Entdeckung der „Riecher und Packer" die Aufmerksamkeit der Zoologen auf die Scheerenasseln gelenkt hatte, wurden dieselben mehrfach zum G-egenstande eingehender Untersuchung gemacht, so dass man wenigstens ihren Bau für genügend aufgeklärt halten sollte. Dies ist jedoch keineswegs der Fall , vielmehr bestehen unter den Autoren gerade über diejenigen Organe, welchen die Tanaiden das besondere Interesse verdanken, mancherlei Widersprüche. Neben dem bemerkenswerthen Dimorphismus der Männchen, der übrigens meines Wissens seither für keine zweite Tanaiden- Form bestätigt wurde, zieht vor Allem die Panzerduplicatur und die Athmungsweise der Scheerenasseln die Aufmerksamkeit auf sich. Wenn auch die Auffassung Fr. Müller's keine Bestätigung fand, dass dieselben in der Art ihrer Respiration eine wesentliche Z 0 e a eigenthümlichkeit bewahrt hätten, so stehen sie doch durch die Duplicatur des Kopfbruststückes, sowie die auf diese Körperregion concentrirte Athmung , endlich durch einen die Wasserströmung unterhaltenden Kieferanhang den Schizopoden, beziehungsweise den Decapoden nahe. Ganz besonderes Interesse aber verdient die Gattung Apseudes, indem dieselbe auch an den Antennen und an zwei vorderen Brustgliedmassen Charaktere der Podophthalmen zur Erscheinung bringt, für deren Besitz wir kein zweites Beispiel unter den Arthrostraken kennen : an den Antennen die schuppen- förmige Nebengeissel, am Scheerenfusse, sowie an dem nachfolgenden Brustfusse einen als Geisselast entwickelten Exopoditen. Die an den Küsten der Bretagne und von Northumberland vorkommende Apseudesart gehört nun auch der Schlammfauna der Adria an und konnte daher von mir näher untersucht werden. 22* (313) 2 C. Claus: Dieselbe wurde von M. Edwards i) alsRhoeaLatreillii beschrieben, später von Spenceßate und West wo od 2) als zu A p s e u d e s gehörig erkannt, einer Gattung, welche schon lange vor- her von Leach^) nach der an den englischen Küsten verbreiteten A. talpa (Cancer gammarus talpa Montagu = Eupheus talpa Desm.) aufgestellt worden war. Indessen war die Beschreibung von Milne Edwards wenig eingehend und höchst ungenau. An den hinteren Antennen war nicht einmal der Nebenanhang er- kannt, dessen erst Spence Bäte und West wo od als rudimen- täre Schuppe Erwähnung thun. Von den Mundwerkzeugen wurden nur die Kieferfüsse erwähnt, welche an ihrer Basis vereinigt sein und einen dreigliedrigen Palpus tragen sollten. Zwar war die Ver- schmelzung des vorderen, die Scheerenfüsse tragenden Segmentes mit dem Kopfe richtig erkannt, dagegen die Gestaltung der Brust- beine durchaus oberflächlich und fehlerhaft beurtheilt. Das Vor- handensein der Schildduplicatur , der schwingenden Kiemenplatte und der Geisselanhänge der vorderen Brustbeine blieb M. Edwards völlig unbekannt. Nicht viel besser und eingehender erscheint die Darstellung von Apseudes in dem Werke der englischen Autoren; auch diese ist durch zahlreiche Unrichtigkeiten entstellt, und mit Rücksicht auf die beigegebenen Abbildungen unzureichend. Beispielsweise sollen die Augen auf beweglichen Stilen (Foot- stalks) getragen werden, die Kieferfüsse an ihrer Basis ver- schmolzen sein. Von den Mundtheilen wurden lediglich die Man- dibeln mit ihren dreigliederigen Palpen beschrieben, die Geissei- rudimente an dem Scheerenfüsse und nachfolgendem Fasspaare aber blieben ebenso wie die schwingende Kiemenlamelle in der Athemhöhle unerwähnt. Indessen waren schon einige Jahre vorher beiderlei Anhänge von Lilljeborg*) beobachtet, wenn auch erst vor Kurzem *) M. Edwards, Memoire sur quelques Crustaces noaveaux. Ann. science nat. I. Serie, Tom. XIII, 1828, pag. 292—294, Taf. 13 A, Fig. 1-8. Derselbe, Histoire naturelle des Crustaces. Tom III, pag. 141, 1840. 2) Spence Bäte und Westwood, A History of the Brit. sessile Eyed Crustacea. Vol. II, 1868, pag. 144. ■'0 Leach, Brewster's Edinb. Enigit. VII, pag. 404, 1872, sowie Transact. Linn. Soc. Tom. XI, pag. 372. Vergl. auch Cuvier, Rögne animal de Cavier. Crustac. Taf. 62, Fig. 1. — Desmarest, Consid6rations sur les Crustaces, pag. 284. *) Wilh. Lilljeborg, Bidrag til kännedomen om de inom Sverige och Norrige förekommande Crustaceer af Isopodernas under ordning och Tanaidernas Familj. Upsala 1864. (320) lieber Apseudes Latreillii Edw. und die Tanaiden. 3 G. 0. Sarsi) die Bedeutung derselben als Exopoditen, beziehungs- Epipodialanliang erkannt hat. In jüngster Zeit tbeilte Yves Belage 2) genauere Beobachtungen über die Gestalt der Athem- höhle und deren OefFnungen, sowie über die Richtung der in der- selben stattfindenden Wasserströmung bei Apseudes und T a- nais mit. Endlich fanden die Mundtheile und vorderen Beinpaare nebst Geisselanhängen von Apseudes in einem Aufsatze von B o a s^) Berücksichtigung, doch dürften die Beschreibungen dieses Autors ebenso wenig wie die denselben beigegebenen mangelhaften Ab- bildungen strengeren Anforderungen genügen. Eine zusammenhän- gende genauere Darstellung vom Baue des Apseudes und seiner Gliedmassen ist meines Wissens seither von keiner Seite versucht worden, scheint mir aber bei dem Interesse des Objects in gleicher Weise Bedürfniss , als ein näheres Eingehen auf die innere Organisation, über welche bislang überhaupt keine Angaben vor- liegen. 1. Körperbau und Gliedmassen. Schon die äussere Erscheinung von Apseudes hat etwas Bizzares und zeigt Merkmale von Asseln und Amphipoden in absonder- licher Weise vereinigt. Der massig comprimirte , langgestreckte Leib wird von einem stark incrustirten Hauptpanzer geschützt, an welchem zahlreiche spitzige Vorsprünge, meist in Form langer Stacheln und Haken hervorstehen. Als solche machen sich ausser dem E-ostrum vier lange mediane Stacheln an der Bauchseite von ebenso vielen Brustsegmenten bemerkbar. Ferner treten rechts und links am Vorderrand des Kopf bruststückes, sowie an den Pleuren der freien Brustsegmente Stachelfortsätze hervor, (Fig. 1.) Auch die Seitenstücke der Abdominalsegmente laufen in starke Fortsätze aus. (Fig. 18.) Den grössten Umfang aber erreicht ein schräg nach vorn gerichteter Stachel zur Seite des ersten freien ßrustseg- mentes, welcher das Exopodit des diesem Segmente zugehörigen Gliedmassenpaares lateralwärts schützt und dem Coxalgliede des Beines angehört, daher zugleich mit den Bewegungen des Beines verschoben wird. (Fig. 2.) Ueberdies ist der Panzer an einzelnen Stellen von längeren und kürzeren borstenförmigen Haaren *) G. 0. Sars, Isopoda chelifera. Archiv f. Math, og Natnrw. 1881. Tom VII. ^) Yves De läge, Contribution a l'etude de l'appareil circulatoire des Cra- staces edriophthalmes marins. Paris 1881, pag. 146, Taf. 11, Fig. 9 u. 10. 2) J. E. V. Boas, Studien über die Verwandtseh aftsbeziehungen der Mala- kostraben. Morpholog. Jahrbiieh, Tom. VIII, 1833, pag. 514, Fig. 8, 16-18, 28, 45, 68. 4 C. Claus: bekleidet, unter denen helle, körnchen erfüllte Drüsenzellen liegen, die aber auch unter nackten Stellen des dicken Hauptpanzers, besonders in den Extremitäten, in reichster Fülle wiederkehren. Endlich erscheint das hintere Ende des Körpers ganz eigeuthümlich gestaltet, indem auf die fünf ziemlich gedrungenen Abdominal- segmente ein sehr gestreckter Abschnitt folgt, welcher das sechste Segment nebst dem Telson repräsentirt und ventralwärts fast terminal das zweiastige Uropodenpaar trägt , dessen Innenast zu einer vielgliedrigen, fadenförmigen Greissei verlängert ist. (Fig. 18.) Trotz der wesentlich gleichen Gestaltung der passiven Schutz- und Vertheidigungsmittel zeigen doch beide Geschlechter Angriffen gegenüber in der Haltung ihres Leibes in der Regel ein verschie- denes Verhalten, welches man jedoch nicht als sexuelles Merkmal verwerthen kann. Wenn man einen weiblichen Apseudes durch Be- rührung beunruhigt, so legt sich das Thier meist mit der vorderen und hinteren Ventralfläche in einer Art unvollständiger Kugelung zusammen, während das Männchen bei der gleichen Beunruhigung seine Extremitäten in drohender Haltung ausstreckt und sich etwas nach dem Rücken zu krümmt, so dass die ventralen Stacheln nach aussen vorstehen. Vielleicht steht die ventrale Krümmung des weiblichen Leibes im Zusammenhange mit dem Vorhandensein der Brutblätter, welche zur Zeit der Trächtigkeit die Bruthöhle bilden. Was unsere Aufmerksamkeit am meisten in Anspruch nimmt, ist die den Tanaiden eigenthümliche Bildung des Cephalothorax und dessen Athemhöhle mit der schwingenden Kieme. Der vor- dere der bei den normalen Arthrostraken freien Brustringe erscheint mit dem Cepholathorax vereinigt und ventralwärts rechts und links von einer seitlichen Integumentduplicatur über- deckt, welche eine Art Athemhöhle bildet und einen als Kiemen- lamelle fungirenden Epipodialanhang des Kieferfusspaares ein- schliesst. (Fig. 2.) Das nachfolgende Brustsegment ist zwar an seiner Dorsalseite durch eine Quercontur scharf abgesetzt und würde sich somit bei Betrachtung von der Räckenseite als das erste der freien Brustsegmente darstellen, ist dagegen ventralwärts mit dem Integument des Cephalothorax unbeweglich und ohne Ab- grenzung verschmolzen, so dass streng genommen nur von 5 frei beweglichen Brustringen die Rede sein kann. Die Schalendupli- catur, welche zu beiden Seiten des Cephalothorax eine massig geräumige Athemcavität umgrenzt , beginnt in der Region der Maxillen dicht hinter den Mandibeln, deren wulstig erhobenes, von Muskeln erfülltes Basalstück am Vorderrande der Duplicatur lieber Apseiides Latreillii Edw. ^^nd die Tanaiden. 5 hervorragt. Dieselbe sieht ähnlich wie die Brustklappe eines Leibrockes aus, welche auf die Brust umgeschlagen jederseits nur einen Tbei] derselben bedeckt und nach hinten schräg abge- schnitten endet. Man unterscheidet daher ausser dem freien durch die Mandibeln ziemlich geschlossenen Vorderrand, einen schwach ausgebuchteten Medialrand, an welchem der Schalenraum in klaffen- der Spalte geöffnet ist. In dem breiten nach vorn verschmälerten Felde, welches zwischen den langgezogenen Medialspalten beider Athemhöhlen bleibt , liegen die beiden Kieferfiisse und , von denselben bedeckt, die beiden Maxillenpaare. Zu den Seiten des breiten Kieferfussschaftes inseriren sich die beträchtlich nach vorne gerückten Scheerenfüsse dicht an der klaffenden Medial- spalte der Athemhöhle, in welche das ringförmige Coxalstück der G-liedmasse hineinragt. Unmittelbar hinter demselben entsendet der verdickte Medialrand der Schalenduplicatur einen nach hinten ge- richteten hakenförmigen Fortsatz, an dessen Aussenseite ein ähn- licher Fortsatz des sternalen Integuments, jenen umgreifend, in entgegengesetzter Richtung nach vorne vorspringt, so dass eine schräg longitudinale Brücke entsteht, welche die hintere Partie der Athemspalte als scheinbar selbstständige ovale Oeffnung ab- grenzt. (Fig. 2, Oe.p.) Die letztere dient, wie bereits De läge richtig erkannt hat, zum Eintritt des Wasserstromes in die Athem- höhle, welcher aus der medialen Längsspalte zur Seite des Scheeren- fusses wieder ausgeführt wird. Regulirt wird diese Bewegung von der schwingenden Kiemenlamelle, sowie durch die lebhaften Vibrationen der beiden Geisseiäste, von denen der vordere (Exop.') als Anhang des Scheerenfusses an der klaffenden Ausgangsspalte hervorsteht, der zweite (Exop.' ) als Exopodit der nachfolgenden Gliedmasse hinter der Eingangsspalte seine Schwingungen ausführt. Als Charakter von Apseudes wird auffallenderweise von den Autoren der Besitz gestielter Augen hervorgehoben, und auch Boas scheint denselben als eine nicht in Zweifel zu ziehende Eigenschaft zu betrachten, wenn er die Bemerkung macht: „Be- kanntlich sitzen die Augen von Apseudes auf kurzen , unbeweg- lichen Stielen." Offenbar hat es dieser Autor für überflüssig erachtet, unsere Tanaide auf die Augen näher anzusehen, da er sich beim ersten Blick von der Unrichtigkeit der verbreiteten Angabe und seiner Bestätigung derselben hätte überzeugen müssen. Thatsächlich liegen die Augen rechts und links unter den Ecken des Stirnrandes (Fig 2, 0.) und sind sessil, wie die der echten Asseln. Dagegen zieht sich das Integument 6 C. Claus: vor dem Ange in einen langen Stachel aus , der aber auch beim flüchtigsten Blick nicht mit einem Augenstiel verwechselt werden kann. Auch fehlen linsenartige Facetten an dem das Auge überkleidenden Integument, wie wir sie an dem allerdings scharf abgesetzten Auge von Tanais und Verwandten finden. Wie aber Boas zu der weiteren Angabe geführt werden konnte, die Augen stellten bei Apseudes „selbständige, dem Kopfe eingefügte, wenn auch nicht mehr bewegliche Gebilde" dar, ist mir ganz unver- ständlich, zumal dieselbe eine ganz verfehlte Vorstellung vom Stilauge bekundet. Von den Grliedmassen tragen die vorderen Antennen eine Nebengeissel, welche an der Dorsalseite des dritten Antennengliedes entspringt und medialwärts liegt (Fig. 1 A^). Durch das Auftreten dieses secundären Anhangs wird es möglich, an der primären Gliederreihe der Antenne einen Schaft oder Stil und eine Haupt- geissel zu unterscheiden. Der Schaft, an welchem beide Geissein aufsitzen , ist durch seine bedeutendere Stärke ausgezeichnet und besteht aus drei Gliedern, von denen das sehr gestreckte basale Glied den weit grössten Umfang besitzt und, wie auch das nachfolgende stark reducirte Glied, mehrere Gruppen der charakteristischen Drüsenzellen umschliesst. Die mediale Nebengeissel ist viergliedrig (das gemeinsame Ursprungsglied miteingezählt) und etwa halb so lang als die achtgliedrige lateralwärts gewendete Hauptgeissel, welche dem stark verjüngten oberen Abschnitt der primären Glieder- reihe entspricht und wie die gleichwerthige Hauptgeissel der Podophthalmen zwischen kürzern Borsten lange, schlauchförmige Riechfäden trägt. Die Zahl dieser Sinnesanhänge ist in beiden Geschlechtern verschieden und beim Weibchen auf drei beschränkt (Fig. 4). Im männlichen Geschlechte finden sich meist 9 ßiechhaare, von den vier dem zweiten, drei dem dritten und je eine dem vierten und sechsten Gliede der Hauptgeissel angehören. (Fig. 3.) Auch die Antennen des zweiten Paares, welche unterhalb und ventralwärts von den erstem entspringen, zeigen sexuelle Unter- schiede , jedoch nur in der Gliederzahl ihres Hauptastes (Fig. 5). Von grossem Interesse ist die Uebereinstimmung dieser Gliedmassen mit der Entomostrakenantenne, indem sich der zweigliedrige Schaft mit seinen beiden primären Aesten erhalten hat. Wir finden hier ein ursprüngliches Verhältniss bewahrt, wie es unter den Mala- kostraken auch bei manchen Schizopoden- und Decapoden -Larven angetroffen wird, wenngleich sich bereits in unserem Falle die drei unteren Glieder des Hauptastes (Endopoditen) durch ihre grössere (324) Ueber Apseudes Latreillii Edw. und die Tanaiden. 7 Stärke den Stammgliedern anschliessen und von dem 6gliedrigen (Weibchen), beziebungsweise ögliedrigen (bei den meisten Männchen) oberen Abschnitt , welcher zur Geissei wird , schärfer absetzen. Der Aussenast (Exopodit) erscheint nicht weiter gegliedert und als eine der Schuppe der Makruren vergleichbare Platte, deren Aussen- rand mit einigen langen Borsten besetzt ist. Das Basalglied des Stammes zieht sich medial wärts in einen hohen kantigen Fort- satz aus. Eine Antennendrüse nebst entsprechendem Porus fehlt; dagegen finden sich in den Schaftgliedern und im Expoditen die kleinen körnigen Drüsenzellen wieder, welche in sämmtlichen Gliedmassen auftreten und auch über alle Segmente an manchen Stellen in dichter Häufung verbreitet sind. Von den Mundwerkzeugen fällt die grosse, dachartig vor- springende Oberlippe auf, an deren Unterseite eine kurze, von zwei seitlichen Wülsten umgrenzte Rinne nach der Mundöffnung führt. (Fig. 6.) Die Mandibeln schliessen sich- wie auch die nachfolgenden Mundesgliedmassen am nächsten den Kiefern der Cumaceen an, haben aber auch manches mit denen der normalen Asseln gemeinsam. Im Gegensatze zu diesen tragen die Mandibeln von Apseudes einen nach vorn gerichteten dreigliedrigen Taster, der jedoch bei anderen Tanaiden-Gattungen wie bei den Cumaceen fehlt. Die transversal gestellte Lade ist durch ihre kräftige Muskel- füllung stark aufgetrieben und läuft in zwei Kaufortsätze aus, von denen der untere, in der Tiefe liegende mit breiter Mahlfläche endet, der obere am Unterrand der Oberlippe an der Oberfläche vorspringt und einen gezähnten, schneidenden Rand besitz'. An der linksseitigen Mandibel kommt wie auch bei C u m a zu der obern vierzähnigen Schneide noch ein unterer dreizähniger Fortsatz hinzu, auf welchen ein flacher, mit drei- und mehrzinkigen Gabelborsten besetzter Vorsprung folgt. (Fig. 7 i.) Rechtsseitig fehlt der drei- zähnige Fortsatz unterhalb der vierzähnigen Schneide des Kaurandes. Die zwischen Mandibel und erster Maxille gelegene Unter- lippe zeichnet sich, abgesehen von ihrem relativ bedeutenden Umfange, dadurch aus, dass von dem median verbundenen Basal- lappen, dessen Aussenrand sägeartig gezähnt ist, jederseits an der äusseren Ecke des Vorderrandes eine ladenähnliche, mit drei Dornen und feinen Härchen besetzte Platte abgegliedert ist, eine DiiöFe- renzirung, welche die Bezeichnung der Unterlippe als Para- gnathen rechtfertigt und für die freilich unhaltbare Ansicht zu sprechen scheint, nach welcher dieselben den Werth eines Extre- mitätenpaares besitzen. (325) C. Claus: Die erste Maxille besteht ans zwei verhältnissmässig schmalen, nach vorn erhobenen Laden und einem nach hinten ge- richteten Taster, welcher wie der gleich werthige Anhang am Kiefer von Nebalia in die Athemhöhle hineinragt und gewisse r- massen als „Putzfuss" zum Reinigen der zarthäutigen inneren Schalenlamelle, wie überhaupt der respiratorischen Oberfläche dient. Auch bei den unter ähnlichen Verhältnissen im schlammigen Grunde lebenden Cumaceen ist dieser Tasteranhang vorhanden, wenngleich hier minder gestreckt und ungegliedert. Seiner Bedeutung nach entspricht derselbe dem nach hinten umgeschlagenen reducirten Endopoditen und besteht aus zwei gestreckten Grliedern, von denen das letzte in zwei lange Geisselborsten ausläuft und vor denselben am Innenrande mit vier kurzen Haarborsten besetzt ist. Bei Tanais und ebenso bei den Cumaceen ist der Taster kürzer und entbehrt der Gliederung, sowie des Haarborsten-Saumes. Von den beiden Laden erscheint die untere oder innere (Fig. 9 ^ L. i.) am oberen Ende mit fünf zart befiederten Borsten besetzt, die obere oder äussere (Fig. 5) schwach einwärts gekrümmt und mit einer grössern Zahl kurzer Zahndornen bewaffnet. Die Maxillen des zweiten Paares stehen in gleicher Weise den entsprechenden Kiefern der Cumaceen, von welchen G. 0. Sarsi) eine genaue Darstellung gegeben hat, sehr nahe, unter- scheiden sich jedoch durch den Ausfall der Fächerplatte (Exopodit). Vielleicht ist ein leistenartiger Vorsprung am lateralen Rande als Rudiment (Fig. 10) dieser Platte zu betrachten. Ihrer allgemeinen Form nach erscheint die zweite Maxille in beiden Crustaceengruppen, worauf bereits von anderer Seite hin- gewiesen wurde, von dem weit vollständiger entwickelten und um- fangreichern Mysidenkiefer ableitbar. Auch ist die Borstenstellung am Innenrande des Basalgliedes recht ähnlich. Andererseits bildet diese wie auch die vorausgehende Maxille der Tanaiden den Ueber- gang zu den entsprechenden Gliedmassen der Isopoden , an denen Taster und Exopodit (Fächerplatte) völlig geschwunden sind. An der Kieferplatte selbst unterscheidet man ein Basalglied und einen zweiten umfangreichen Abschnitt, an dessen Medialrand eine Reihe von starken, durch massige Intervallen getrennten Borsten sich inseriren. An der inneren , dem Körper zugewendeten Seite trägt dieselbe einen dichten Saum zarter, gekrümmter Haarborsten. ') G. 0. Sars, Beskrivelse af de paa Fregatten Josephines expedition fundne Cumaceer. Stockholm 1871. Taf. II. Fig. 8 und 9. (326) Ueber Apseudes Latreillii Edw. und die Tauaiden. 9 (Fig. 10 1.) Nach vorn stehen zwei Kieferladen hervor, eine untere (L. i.), von einer starken, ziemlich isolirt stehenden Borste über- ragt, nnd an ihrem medialen Rande mit mehrzinkigen Gabelborsten und fingerförmigen Hakenborsten besetzt, und eine obere Lade (L. s.). Diese ist gestreckter und am freien Rande theils mit ähnlichen Hakenborsten, theils mit gekrümmten, lateralwärts abstehenden Dornen bewaffnet. Ein kürzerer, mehr an der Innenfläche entspringen- der Fortsatz (P) , welcher mit langen Borsten endet, scheint einem Tasterrudiment zu entsprechen. Auch derMaxillarfuss (Fig. 11, 12, 13, 14) weist auf die nahe Verwandtschaft mit den Cumaceen hin, indem er im Wesent- lichen die gleich werthige Grliedmasse einer Cuma (Diastylis) wiederholt. In beiden Fällen fehlt der Exopodit, während am kurzen Basalglied eine als Kieme fungirende Epipodiallamelle auftritt, die freilich bei Diastylis einen grösseren Umfang und eine viel complicirtere Gestaltung gewinnt. Am Stamm des Kieferfusses bleibt das Grundglied (1) kurz, dagegen ist das zweite Glied (2) als Träger des Exopodits gestreckt und von ansehnlichem Umfang. Der breite, beinförmige Endopodit erscheint auffallenderweise vier- gliedrig. Indessen gilt das gleiche auch für den Scheerenfuss (Fig. 15), an welchem das erste an den nachfolgenden Brustfüssen kurze Endopoditglied geschwunden ist. Ganz eigenthümlich verhält sich die an der unteren , dem Körper zugekehrten Seite des zweiten Stammgliedes entspringende Lade (L), welche durch eine Art Re- tinaculum , das heisst drei bis vier Häkchen , mit der gegenüber- stehenden zu einer dachförmig nach innen vorspringenden Unter- lippe verbunden ist. Diese Häkchen greifen mit denen der andern Seite ineinander, inseriren sich aber nicht am Medialrande, welcher ebenso wie der kurze Vorderarm mit Borsten besetzt ist, sondern in einiger Entfernung von demselben an der vom Körper abgewendeten Seite der Platte. (Fig. 12.) Im Zustande der Fixirung beider Laden müssen daher die medialen Randtheile des rechten und linken Kieferfussstammes umgeschlagen sein. (Fig. 13.) Der complicirte Borstenbesatz des Endopoditen ist ebenso wie Form, Stellung und Grössenverhältniss der vier Glieder aus den Abbil- dungen ersichtlich, die eine Beschreibung überflüssig machen dürften. Dagegen bedarf der Epipodialanhang, der in ähnlicher Weise auch bei den übrigen Tanaidengattungen als schwingende Kiemenplatte wiederkehrt, einer näheren Besprechung, da die Meinungen der Autoren über den Ursprung der Tanaidenkieme von einander abweichen. Bei den Gattungen Tanais, Paratanais und (327) 10 C. Claus: Verwandten ist es in der That ausserordentlich schwer, sich über die Insertion des Branchialanhangs sichere Rechenschaft zu geben. Während Kröyeri) die ovalgestreekte Kieme von Tanais als der lateralen Seite des Kieferfusses anhaftend darstellt, wird die- selbe von Fr. Müller 2) als Anhang auf die zweite Maxille be- zogen. S p e n c e B a t es) ist dagegen der Ansicht, dass die Branchial- platte dem Scheerenfusse angehöre, und A. Dohrn*), dass dieselbe selbständig zwischen Kiefer und Kieferfuss an der Körperwand entspringe. Der jüngste Autor über Tanaiden, H. Blanc''), schliesst sich Dohrn's Auffassung an, während Delage"^) nicht sicher zu entscheiden wagt, ob die Kieme isolirt oder an der Basis des Maxillarfusses entspringe. Bei Apseudes ist die Entscheidung minder schwierig, wenn sie auch nicht sogleich am ersten Prä- parate gelingt. In der That hat bereits G. 0. Sars^) die Zugehörig- keit dieses Anhangs zum Maxillarfuss erkannt und Boas^) in entsprechender, stark schematisirter Abbildung dargestellt. Da die Insertion des Scheerenfusses auffallend weit nach vorn, zur Seite des Kieferfusses gerückt ist, so begreift man, dass der zwischen beiden Gliedmassen entspringende Schaft der Kiemenlamelle bei der Präparation leicht von dem Kieferfusse abgelöst wird und an der Basis des Scheerenfusses haften bleibt (Fig. 15), so dass die Zugehörigkeit zu dieser Gliedmasse vorgetäuscht wird. Indessen entspringt der stielförmige Schaft der Kiemenlamelle an dem kurzen Basalglied* des Kieferfusses und erhält von hier aus seine Mascu- latur. Die Kiemenlamelle selbst ist schalenförmig gekrümmt und läuft an der unteren Ecke ihres Aussenrandes in einen spitzen, borstenförmigen Fortsatz aus (Fig. 14), der gewöhnlich aus der hinteren Oeffnung der Kiemenhöhle vorsteht. Da, wo der Schaft (a) in die Lamelle (c) übergeht, setzt sich ein ovales von feinem Härchensaum umrandetes Läppchen (b) von der Lamelle ab. Bei der Betrachtung des lebenden Thieres vom Bauch oder Riicken aus erhält man kein Flächenbild der Kiemenlamelle, sondern sieht 1) Kröyer, Naturhist. Tidsskrift. Nye Raekkes. Tom. IL 1849. '■*) Fr. Müller, lieber den Bau der Scheerenasseln. Archiv f. Naturg. 1864. ") Spence Bäte, Carcinological Glanings No. 4. Anu. Mag. Nat. Hist. 18Ö8. *) A. Do hm, Zur Kenntniss vom Baue und der Entwicklung von Tanais. Jenaische Zeitschr. Tom. V. '') H. Blanc, Contribution ä l'hist. nat. des Asellotes heteropodes. Obser- vations faites sur la Tanais Orstedii Kr. Geneve 1884. *') Delage 1. c. ^) G. 0. Sars 1. c. «j Boas 1. c. pag. 549, Fig. 8. üeber Apseudes Latreillii Edw. und die Tacaideu. 11 dieselbe von der Seite im optischen Durchschnitte. Ob dieser be- ständig schwingende Epipodialanhang als Athmungsorgan fungirt lind deshalb mit Recht den Namen Kieme verdient, oder ob der- selbe nur die Wasserströmung regulirt und wie die gleicliwerthige Epipodialplatte der Mysideen nur indirect die Athmung unter- stützt, wird später bei Besprechung des Kreislaufes unter Berück- sichtigung der feineren Structur der Laraelle erörtert werden. Die nachfolgenden 7 Beinpaare der Brust sind mit Ausnahme der beiden vorderen, zum Cephalothorax in nähere Beziehung ge- tretenen Paare, gleichartig gebildet, vollzählig gegliedert und mit schwacher Kralle am Endglied bewaffnet. Das Coxalglied des Tgliedrigen Beines ist ein relativ kurzer im Rahmen der Pfanne eingefügter Ring, am distalen Rande mit einem Stachelkranz, der sich auch am Pfannenrand wiederholt. Dagegen ist das zweite Glied sehr langgestreckt, und über dem proximalen mittelst breiter Gelenkhaut eingefügten Ende stark eingeschnürt. (Fig. 17.) Das dritte Glied stellt"" sich wieder als ein kurzer Verbindungsring dar, welcher die starke Beugung des nachfolgenden Abschnittes am Schaftglied vermittelt. Das Endglied erscheint als schmaler Stiel der scharf abgesetzten Terminalkralle. Die beiden vorderen Bein- paare weichen in mehrfacher Hinsicht ab und zeichnen sich durch den Besitz eines rudimentären Exopoditen aus. Dieser ist mittelst kurzen Ringes auf einem Vorsprung an der Basis des Schaft- gliedes eingefügt und besteht — von dem Verbindungsring abge- sehen — aus zwei Gliedern, von denen das kürzere Endglied am vorderen Paare vier, am hinteren sechs lange Borsten trägt. Das dem ersten freien Brustringe zugehörige Beinpaar zeichnet sich durch bedeutenden Umfang, sowie durch die Stärke seiner BorstenbewafFnung aus, endet aber mit den nachfolgenden Glied- massen übereinstimmend. Dagegen ist das vordere seitlich von den Kieferfüssen eingelenkte Beinpaar durch Umgestaltung der beiden Endglieder zum „Scheerenfusse" geworden, dessen Greifhand, wie auch bei Tanais, sexuelle Verschiedenheiten aufweist, an denen beide Geschlechter sogleich zu erkennen sind. Beim Männchen ist die Greifhand im Allgemeinen stärker und besitzt am oberen Rande des Scheerenfortsatzes einen vorspringenden Zahn, welchem ein kleinerer Zahnfortsatz des beweglichen End- gliedes entspricht. Die eigenthümliche Sculptur des Randes, be- dingt durch fein gesägte Zahnborsten, deren Aussenseite eine Reihe zarter cylindrischer Borsten begleiten (Fig. 15"), ist dem Scheeren- fortsatz an der Greif band beider Geschlechter gemeinsam, ebenso (329) 12 C. Claus: die Anhäufung von Drüsenzellen, welche auch in den vorausgehen- den Grliedern des Scheerenfusses , wie besonders in dem nachfol- genden Beinpaare auftreten. i) Den gänzlichen Mangel des dritten Gliedes (4') (ersten Endopoditengliedes) habe ich als auffallende Eigenthümlichkeit des Scheerenfusses bereits oben hervorgehoben. Im weiblichen Geschlecht tragen die Beine der Brust mit Aus- nahme der beiden hinteren Paare Brutlamellen, die jedoch am Scheerenfusse rudimentär bleiben. Die fünf Pleopodenpaare sind untereinander nicht verschieden und stimmen auch in beiden Geschlechtern überein. Ohne bemerkens. werthe Besonderheiten zu bieten, tragen sie auf einem zweiglied- rigen Schaft zwei grosse schräg medianwärts gestellte Schwimm- fussäste mit reichlichem Borstenbesatz. (Fig. 19.) Das Uropoden- paar ist ebenfalls zweiästig, der Aussenast dreigliedrig und kurz, der Innenast dagegen zu einem ausserordentlich langen Faden ver- längert, an dem man meist 48 verschieden lange Ringe unter- scheidet. ') Die von Boas gegebene Abbildung des Scheerenfusses ist, abgesehen von ihi^m ganz schematischen Charakter, insofern unrichtig, als sich in derselben ein drittes Glied abgegrenzt findet. (330) Ueber Apseudes Latreillii Edw, und die Tanaiden. 13 Figurenerklärung. Taf. I. Fig. 1. Vordere Körperbälfte eines männlichen Apseades Latreillii, von der Rückenseite aas dargestellt. Vergrösserung : 65. O.Auge. A', erste Antenne. Dr. Drüsenzellen der Haut. OL. Oberlippe. K. Kieme. C. Herz. Os. Ostien desselben, S'. erstes der 6 freien Brustsegmente. Fig. 2. Cephalothorax und erstes der 6 freien Brustsegmente desselben Thieres von der Bauchseite dargestellt, 70mal vergrössert. A". Stamm der zweiten Antenne. R. Rostrum. 0. Auge. Md. Mandibel mit dreigliedrigem Palpus. Oe. a. mediale Längsspalte der Kiemenhöhle zum Abfluss des Wassers, seitlich vom Kieferfuss (Mxf.). Oe. p. hintere Oeffnnng derselben zum Eintritt des Wassers. Exop'. schwingender Exopodit des Scheerenfusses. Exop". derselbe am nachfolgenden Brustfasse. Mx. P. Palpus (Endopodit) der ersten Maxille. Fig. 3. Hauptgeissel der ersten Antenne eines männlichen Thieres , stark vergrössert. R. f. Riechfäden. Fig. 4. Dieselbe von einem Weibchen. Fig. 5. Zweite Antenne eines Männchens. Vergrösserung : 65. Fig. 6. Oberlippe von der inneren , dem Körper zugewendeten Seite darge- stellt. Vergrösserung : 65. Fig. 7^ Mandibel der linken Seite unter derselben Vergrösserung. Fig. 7'. Vorderer Kaufortsatz derselben, stärker vergrössert. Fig. 7". Vorderer Kaufortsatz der rechten Mandibel. Fig. 8. Unterlippe ( Paragnathen). Vergrösserung : 65. Fig. 9. Erste Maxille, in demselben Grössenverhältniss dargestellt. Fig. 9'. Dieselbe stärker vergrössert. L. i. untere Lade. L. s. obere Lade. End. Endopodit. Fig. 10. Zweite Maxille der rechten Seite. Vergrösserung: 65. Fig. 10'. Dieselbe von der Aussenfläche dargestellt, stärker vergrössert. B. Basalglied. L. i. untere Lade. .L. s. obere Lade. P. Taster. Fig. 10". Die zweite Maxille der linken Seite von der Aussenfläche darge- stellt. Buchstabenbezeichnung wie in Fig. 10^ Fig. 11. Maxillarfuss der linken Seite vo^ der Aussenfläche dargestellt, Ver- grösserung : 65. K. Kiemenlamelle. Erstes Glied (1), siebentes Glied (7). Das dritte Glied fehlt. L. Lade an der inneren, dem Körper zugewendeten Fläche. (331) 14 C. Claus: Ueber Apseudes Latreillii Edw. und die Tanaiden. Fig. 12. Linker Kieferfuss von seiner medialen Seite aus dargestellt, stärker vergrössert. An der Lade L. sieht man auf das aus vier Haken bestehende Retinaculnm. Fig. 13. Die Lade isolirt von der Innenfläche dargestellt mit umgeschla- genem Medialrand und vereinigtem Haftapparat, Fig. 14. Die Kieme isolirt. a. Schaft, b. ovales, mit Härchen besetztes Läppchen, c. Schalenförmig gekrümmte Lamelle. Fig. 15. Scheerenfuss eines Weibchens von der lateralen Fläche dargestellt. Vergrösserung : 6-5. Das basale Glied desselben durch das Integumsnt des Segmentes verdeckt. K. die anhaftende Kiemenlamelle. Exop. Exopodit. Das dritte Glied des Beines ist völlig rückgebildet. Fig. 15'. Scheerenhand des Männchens. Vergrösseraag : 65. Fig. 15". Eand des Scheerenfortsatzes mit Zahnhöcker und Zahnborsten, stärker vergrössert. Fig. 16. Das vordere der sechs thoracalen Beinpaare unter Ausschluss des Basalgliedes mit dem Stachelfortsatz (vgl. Fig. 2). Vergrösserang : 70. Exop. Exopodit. Fig. 17. Ein Bein des dritten Paares. Vergrösserung : 65. Fig. 18. Letztes Brustsegment und Abdomen, vom Rücken aus dargestellt, etwa 60mal vergrössert. D. Darm. ürp. Uropodenpaar. Fig. 19. Pleopod des fünften Paares. (1), (2) die beiden Glieder des Schaftes. R. e. Aussenast. R. i. Innenast. (332) Uebersicht der Seethierfauna des Golfes von Triest nebst Notizen über Yorkommen, Lebensweise, Erscheinungs- und Fort- pflanznngszeit der einzelnen Arten von Dr. Ed. Graeffe. III. Coelenteraten. C n i d a r i a. 1. Snb-Classe Anthozoa. Unter den Anthozoen sind besonders die Zoantharia Ma- lacodermata in der Adria bei Triest vertreten. Die Corallen- polypen oder Madreporarier sind nur in wenigen Gattungen und Arten vorhanden. Yon diesen bildet Cladocora cespitosa kleine Bänke, alle übrigen sind unansehnliche Arten, die an Steinen ver- einzelt festsitzen. Noch geringer ist die Zahl der Alcy onarien, da ausser Rhizoxenia, C ornularia und Alcyonium keine weiteren Repräsentanten dieser interessanten Anthozoengruppe im Meere bei Triest zur Beobachtung kamen. •Die Anthozoen vertheilen sich über alle Tiefen des Golfes. Vorherrschend aus den tieferen Gründen erhält man Adamsia palliata, Aureliania, Peachia und Ilyanthus, Paly- thoa, Alcyonium wie auch Sagartia bellis und para- sitic a. Alle übrigen Formen sind innerhalb der Fünffadenlinie zu finden undActinia me sembryanthemum wie Anemonia sogar in der Fluthlinie, Letztere überwiegt an Zahl vor allen anderen Actinienarten und bildet stellenweise ganze Rasen dicht aneinander gedrängter Individuen. Die Anthozoen, besonders die Actinien , dauern bekanntlich in Aquarien gut aus , so dass ihre Lebensweise lange Zeit hindurch beobachtet werden kann. Clans, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. V, Heft 3. 23 (333) 2 Dr. Ed. Graeffe: Interessant ist das Verhältniss von Adamsia palliata und Sagartia parasitica zu ihren gewöhnlichen Bundes- genossen. Sehr oft verlassen diese Actinien die Schale mit dem darin hausenden Paguriden oder Weichthiere und setzen sich an andere Gegenstände fest. So erhielt sich eine Adamsia palliata über 7 Monate abgetrennt von ihrer Naticaschale und dem darin wohnenden Eupagurus Prideauxii. Erwähnenswerth ist das stets eintretende Erblassen der frischen Farbentinten dieser Actinien nach längerem Aufenthalte in den Aquarien , welche Veränderung übrigens die Actinien mit sehr vielen Thieren theilen. lieber Feinde der Anthozoen konnte man bisher keine Daten gewinnen. Es scheint, dass die Nessel zellen und eigenthümliche widrige Grerüche, welche die Alcyonien verbreiten, andere Thiere von Angriffen abschrecken. In den Aquarien sieht man zwar öfters kleine Fische , namentlich Spariden , nach den Fangarmen der Actinien schnappen , indessen dürften diese Angriffe w.ohl dem intensiven Hunger zuzuschreiben sein , welchen diese Fische in der Gefangenschaft , wo sie nur ungewohnte Nahrung erhalten, zu leiden scheinen. Von den Parasiten der Anthozoen ist ausser den Infusorien in verschiedenen Actinien namentlich das Staurosoma para- siticum Will, das in einer häutigen Ausbuchtung des Magenrohrs von Anemonia lebt, erwähnenswerth. Ausser diesem parasitischen Copepoden sind auch noch auf derselben Gattung andere kleine Copepoden, ähnlich der auf Eunice lebenden Art, zu finden. 1. Ordo. Alcyouaria. Farn. Alcyonidae. Subfamilia Cornularinae. Rhizoxenia rosea Dana. = Evagora rosea Philippi. — Fundort und Er- scheinungszeit: Auf der Uuterfläclie der Steinblöcke, namentlich beim Theresiendamm , zu jeder Jahreszeit zu finden. Im Winter und Frühjahr am üppigsten entwickelt. In Eovigno sind ebenfalls die Steine mit Rhizoxenien dicht bedeckt. — Zeit der Fortpflanzung: Im Mai und Juni fanden sich in solchen Polj'pen eine Menge röthlicher Planulae, die im Wasser frei umherschwammen. Ausser der geschlecht- lichen FortpflanzQng findet fortwährend die Bildang von Stolonen statt, aus denen wieder neue Polypen hervorknospen. Qornularia COrnucopiae Schweig. — Fundort und Erscheinungs- zeit: Die Coloiiien dieser Polypenart, durch Stolonen verbunden, finden sich auf der oberen Fläche von Steinen und Felsen nicht selten. — C334) Ueber.4cht der Seelhierfauna des Golfes von Triest. 3 Zeit der Fortpflanzung: Die bislang beobachteten Cornularieu- polypen waren sämmtlicli männlichen Geschlechtes, und fand ich im Januar entwickelte Spermatozoen. Es wird also wohl Februar-März die Zeit der Fortpflanzung sein. Subfamilia Alcyoninae. Alcyonium palmatum Pallas. — Fundort und Er s ch e in ungs z e i t : Die Fi.schernetze bringen nicht selten diese Alcyonarie aus grösseren Tiefen von 10 — 16 Faden Wasser. Der Pol.ypenstock sitzt meist kleinen Körpern, wie Musöhelfragmen'en etc., auf und ist oft im Schlamme tief eingegraben. Alcyonium palniatnm ist zu jeder Jahreszeit von den Giundnetzfischereien der Chioggioten zu erhalten. — Zeit der Fort- pflanzung: Dieselbe findet im Sommer in den Monaten Juni und Juli statt. Die weiblichen Stöcke entleeren alsdann durch den Mund der Polypen ihre röthlichen undurchsichtigen Eier, welche sich von den Sepien der Leibeshöhle losgelöst haben. Bei der Durchsichtigkeit der lebenden ausgedehnten Alcyoniumstöcke sieht man die Eier deutlich durchschimmern. Ordo Zoantharia. Subordo Actinaria Andres. *) Familia Edwardsidae. Edwardsia Claparedi Panceri. — Fundort und Erscheinungszeit: Dieselbe ist in grösseren Tiefen im Schlamm zu finden, aber im Ganzen nicht häufig in ausgewachsenem Zustande, Häufiger trifit mau in dem durchgesiebten Schlamme aus 10—12 Faden Tiefe kleine E d- wardsien von 2 Centimeter Grösse an, bei welchen es mir noch zweifelhaft geblieben, ob sie die Jugendform der Claparedi oder eine eigene Art darstellen. Die pelagisch lebenden Larven von Ed- wardsien, Arachnactis, kleinen Actinien gleichend, mit durch- sichtigem Körper, finden sich häufig im Auftriebe, der in den Monaten Januar bis Juni gesammelt wird. Die Sprossung der Tentakeln an einem Pole der Kopfscheibe ist an denselben leicht zu beobachten. Familia Actinidae. Subfamilia Halcampinae. Halcampa medusophila. nov. spec. — Fundort und Erscheinungs- zeit: Diese Halcampa, deren Form und Entwicklungs weise in dem „Bollettino della societä di Scienze naturali in Trieste 1884" beschrieben ist, wurde im Meere selbst noch nicht beobachtet, sondern aus Lai'venformen im Aquarium erzogen. Die Larven finden sich para- sitisch an freischwimmenden Hydromedusen der Gattungen Tima, Octorchis und Aequorea angeheftet, verlassen aber dann ihre "Wirthe, um im Meeresgrunde zur Halcampa auszuwachsen. Diese Hai camp alarve hat keine Conchula, wie die als Phil om ed usa *) In der systematischen Anordnung der Familien und Gattungen bin ich An- dres' Monographie der Actinien gefolgt. 23 * (335) 4 Dr. Ed. Graeffe: Vogtii Müller beschriebene ähnliche Form. Die Halcampa selbst möchte vielleicht mit Halcampa chrysanthellum Peach synonym sein , zeigt aber doch einige Unterschiede von dieser nordischen Form. Die Larvenforra findet sich in den Wintermonaten , die Aus- wachsung zur Halcampa findet im Zeitraum weniger Tage statt. Subfamilia Siphonactininae. Siphonactinia tricapitata Andres. — Fundort undErscheinungszeit : Diese Siphonactinia nach Andres ist wohl nur die Mittelmeer- form der von Gosse beschriebenen Peachia triphylla, obwohl Andres sie als besondere Art anführt. Diese Actinie ist verhältniss- mässig selten auf den tieferen Schiammgründen zu finden und hält in Aquarien sich jahrelang. — Fortpflanzungs weise noch un- bekannt. Subfamilia Sagartmae. Haliactis bellis Ell. = Sagartia bellis Gosse. = Sagartia troglodytes Hei der. — Fundort und Erscheinungszeit: Ueberall auf den tieferen Gründen der Bucht von Triest meist' leeren Muschelschalen aufsitzend und mit zahlreichen Fremdkörpern am oberen Theil der Körpersäule belegt. Hält sich gut in Aquarien und lässt sich in feuchten Algen weit versenden, da sich diese Actinie stark contrahiren kann. — Zeit der Fortpflanzung: Januar bis März und April. Die Genitalproducte liegen in den Septen auf weibliche and männliche Thiere vertbeilt. Ans den weiblichen Actinien schlüpfen die Em- bryone in Planulaform in der Leibeshöhle aus und gelangen aus dem Munde nach aussen, um ein pelagisches Leben zu führen, ehe sie sich festsetzen. Cylista Viduata Müller. Syu. Sagartia Viduata Gosse etc. — Fundort und Erscheinungszeit: Diese kleine Actinie kömmt nicht selten auf Steinen, Muschelschalen festsitzend in tieferem Wasser vor. Die langen, schmalen überhängenden Tentakeln sind sehr charakteristisch für diese Art. — Zeit der Fortpflanzung: Im December und Januar fand ich im pelagischen Auftriebe schwärmende Actinienlarven, demnach wird die Zeit der Entwicklung in den Spätherbst fallen Diese Larven setzten sich im Aquarium fest und trieben nach wenigeu Wochen 7 Fangarme, die sich verlängerten und zwischen denen successive weitere Tentakeln sprossten. Nach einem Jahre hatten diese Exemplare der H. viduata erst circa 5—7 Millimeter im Durch- messer, was auf ein langsames Wachsthum dieser Art hinweist. Adamsia Rondeletii D. Ch. = Calliactis effoeta, = Sagartia para- sitica Johns. — Fundort und Erscheinungszeit: Häufig auf Murex brandaris und trunculus sitzend, bald mit der lebenden Schnecke, bald mit Paguristes macu latus vergesell- schaftet. Die Varietät mit rostrothen Tentakeln ist selten. Der Acontien bald weiss, bald rosenroth , je nach den Individuen variirend. — Zeit der Fortpflanzung noch unbekannt. (336) Uebjrsicht der Seethierfauna des Golfes von Triest. 5 Adamsia palliata Boh. — Fundort und Erscheinungszeit: Diese auch den atlantischen Ocean und die Nordsee bewohnende Art ist ebenfalls in der Adria bei Triest nicht selten auf den tieferen schlammigen Gründen. Kommt stets nur in Gesellschaft des in Naticagehäusen sitzenden Eup agurus Pri deauxii hier vor. Doch lebt die Actinie, von der Schale abgelöst, noch längere Zeit, an andere Körper ge- klammert, in den Aquarien fort. — Zeit der Fortpflanssung: Ende Sommers und Beginn des Herbstes fand ich reife Eier in den Septen dieser Actinie. Aiptasia mutabilis Grav. ^ Cribrina punctata Schmarda. = Sagartia Penoti Jourdan. — Fundort und Erscheinungszeit: Nicht selten in Felsspalten, aber auch an Holzpfählen und wie dei Name treffend angibt, höchst veränderlich in Form und Färbung. Im Hafen von Triest fand sich eine erwähnenswerthe Varietät dieser Actinie, die durchsichtig, farblos, die Zeichnung der mutabilis nur schwer erkennen lässt. Die Farblosigkeit ist bedingt durch einen wesentlichen Mangel an jenen gelben einzelligen Algen, den Zooxan- thellen*), die bei der gewöhnlichen Form in gröbster Anzahl in den Entodermzellen auftreten. — Zeit der Fortpflanzung noch unbekannt. Aiptasia diaphana Rapp. = Adamsia diaphana M. Ed. ^ Actinia elon- gata Grube. — Fundort und Erscheinungszeit: Im Hafen auf den Holzpfählen, namentlich Mytilusschalen aufsitzend, doch nur zur warmen Jahreszeit in grösserer Anzahl auftretend, im Winter fast gänzlich fehlend. — Zeit der Fortpflanzung: Im Sommer trifft man neben einzelnen grösseren Exemplaren ringsum eine grosse Menge ganz kleiner stecknadelknopfgrosser Actiuien , indem diese Art vivipar ist, wahrscheinlich sogar ungeschlechtlich durch Knospung an den Septen oder an der Leibeswandung sich vermehrt. Ich beob- achtete, dass im Aquarium kleine, von der Basis der Körpersäule sich abtrennende Stücke zu kleinen Actinieu answuchsen. Die geschlecht- liche Fortpflanzung ist mir noch unbekannt getdieben. Subfamilia Aciininae. Actinia equina Lin. = Actinia mesembryanthemum. Ell. = Actinia rubra. D. Ch. — Fundort und Erscheinungszeit: Diese Form ist überall und zu jeder Jahreszeit längs der Küste inner- halb der Flathlinie an Felsen, Mauern etc. zu finden. — Zeit der Fortpflanzung noch unbekannt geblieben. Actinia Cari D. Ch. = Actinia COncentrica. Risso. — Fundortund Er- scheinungszeit: Diese Form ist hier bei Triest in grosser An- zahl, namentlich auf dem westlichen Ufer bei S. Bartolo innerhalb der Flnthlinie, aber mehr am Grund auf kleinen Steinen sitzend zu finden. *) Solche einzellige Algen fanden sich dagegen wieder in pelagisch im Januar gefischten planulaartigen Larven einer unbekannten Actinienart , die ganze innere Leibeshöhle erfüllend. Von Dr. Hatschek beobachtet. (337) 6 Dr. Ell. Graeffe: — Zeit der Fortpflanzung: Reife Eier an einem Exemplar im Monate October beobachtet. Anemonia sulcata Penn. ^ Actinia cereus. Ellis. = Actinia viridis- Fo rch. = Anthea cereus Gosse. — Fundort nnd Erschei- nungszeit: Als diese häufigste Actinie in der Adria bei Triest, belebt sie alle Tiefen von der Küstenzone bis in die tieferen Schlamm- gründe, wo die grössten Exemplare sich finden. An der Küste findet man Felsen, an denen die Anemonien, dicht gediängt aneinander sitzend, dieselben gänzlich bedecken. Kommt auch auf den Fisch- markt, da sie gegessen wiid. — Zeit der Fortpflanzung: Die Anemonia ist getrennten Geschlechtes, und findet man reife Eier in den weiblichen Thieren im Juni und Juli. Die von den Autoreu als besondere Art unterschiedene Anemonia cinerea Contarini = Anemonia Contarini Heller, welche sich auf den Zostera- blättern, namentlich der Bucht von Muggia findet, halte für die Jugend- foim der „sulcata", da ich nie Geschlechtsproducte in den Septen auf- finden konnte. Subfamilia Bunodinae. Bunodes gemmaceus E 1 11 s. = Actinia verrucosa Pennant. = A. bimaculata (jrube. — Fundort und Erscheinungszeit: Innerhalb der Küsteniinie , besonders an geschützten , viele Ulvea enthalteudeu Orten, nicht selten. In der Adria finden sich zwei Farbenvarietäteu. Die eine ist einfach gelblicbgrau mit intensiv weiss hervortretenden Warzenreihen. Es ist dies die Varietät „ochracea" von Andres in seiner schönen Monographie der Actinien. Die zweite Varietät ist rosenroth mit ähnlich gefärbten Warzenreihen, die Varietät „carnea" von Andres. — Zeit der Fortpflanzung, Bunodes gemma- ceus ist vivipar, und wirft ihre jungen Actinien schon ziemlich gross, mit 6 bis 8 Fangarmen versehen, durch den Mund aus. Diesen Process beobachtete mehrmals im Winter, December und Januar, aber auch einmal im Monat Mai. Möglicherweise ist diese Fort- pfianzungsweise an keine bestimmte Jahreszeit gebunden und beruht wahrscheinlich ungeschlechtlich auf Knospung an den Septen oder der inneren Leibeswandung, da ich auf Schnitten solcher, junge Actinien produciiender Exemplare keine Geschlechtsorgane in den Septen wahrnehmen konnte. Bunodes Ballii Cooks. ^ Bunodes clavata Gosse. Jourdan. — Fundort und Erscheinungszeit: Diese kleine Bunodes ist viel seltener als gemmaceus und lelit mehr solitär an Steinen auf 2—4 Faden Tiefe. Ich konnte bislang die vivipare Fortpflanzung an dieser Form nicht beobachten. Bunodes rigidus Andres. = Bunodes glandulosa Otto. = B. rubri- punctata Grube. — Fundort undErscheinuugszeit: Seltene Form und nur einige Male aus Muggia erhalten. Subfamilia Cereactinae. Cereactis aurantiaca D. Cb. = Actinia aurantiaca auiorum. — Fundort und Erscheinuli g szei t; Die von Delle Chiaje zuerst als Uebersicht der Seethierfanna des Golfes von Triest. 7 Actinia aurantiaca beschriebene prachtvolle Art wurde von Grube auch im Quarnero aufgefunden und findet sich ebenfalls in der Adria an der istrischen Küste bei Rovigno und Pirano. Das Tbier liebt flache Uferstellen* mit Geröll. — For tpflanznngszeit noch unbekannt. Reife Eier im Januar beobachtet. Subfamilia llyanihinae. Ilyanthus partenopeus Andres. = Ilyanthus diaphana Rapp. — Fundortund Erscheinangszeit: Unter den von den italienischen Fi.'chein mittelst der Grundnetze aus der Tiefe heraofgebrachten mannig- fachen Seethiereu findet sich öfters^ auch eine Ilyanthusart, die ich als eine unbeschriebene Art erkannte und unter den Namen Ilyanthus Hei der i in das Verzeichniss der Actinien eintrug. Seitdem habe aus der Monographie der Actinien von Andres erfahren, dass diese Art auch bei Neapel vorkommt und von diesem Autor als Ilyanthus partenopeus beschrieben und vortrefflich abgebildet wurde. Auch die hier vorkommende Ilyanthus hat die Eigenthnmiichkeit in der Zahl der Tenlakel grosse Variabilität zu zeigen , bis zum vollständigen Mangel dieser Organe. — Zeit der Fortpflanzung. Im Monat November und December mit reifen Eiern versehen , das Ausstosseu derselben wurde indess nicht beobachtet. Ilyanthus Mitchell! Gosse. — Fundort und Erscheinungszeit: Diese ganz genau mit der Beschreibung von Gosse übereinstimmende Ilyanthusart fand bislang nur zweimal unter den aus den tieferen Schlammgiünden von den italienischen Fischern gebrachten Actinien. Hält sich im Aquarium ganz besonders gat. Subfamilia Heieraciinae. Ragactis pulchra A n d r e F. — Fundort und Erscheinungszeit: Auch diese höchst interess-ante an Tiopenformen erinnernde Actinie, welche ich schon vor einigen Jahren aus Pirano durch gütige Vermittlung des Barons v. Lichtenstern erhielt, ist nun durch Andres in seiner Actinien-Monographie beschrieben und abgebildet worden. Diese Actinie kommt bei Pirano nur an einer beschränkten Localität vor, von wo sie mit dem Schleppnetz auf 10 Faden Tiefe heraufgezogen wurde. Im Aquarium dauert Ragac tis längere Zeit aus und zeichnet sich durch geringe Beweglichkeit und Ausdehnbaikeit aus. — Zeit der Fortpflanzung noch unbekannt. Familia Siichodaciylidae. Subfamilia Aurelianinae. Aureliana augUSta Gosse. — Fundort und Erscheinungszeit: Diese durch ihre verkümmerttn knopfföimigen Tentakeln ausgezeichnet^! Actinie stimmt vollständig mit der von Gosse gegebenen Beschreibun^jr überein. Die Tentakeln finden &ich auch bei der adriatischen Form in zwei Kreisen und stellen kurze zweilappige Knöpfe dar. Wurde während 9 Jahren nur in zwei Exemplaren aus den tieferen Schlammgiünden hei aufgebracht, ist also eine seltene Art. (339) Dr. Ed. Graeffe: Familia Zoanthidae. Polythoa arenacea D. Ch. — Fundort und Erscheinungszeit: Diese Zoanthide ist nicht selten auf Murexgehäusen, auch auf Steinen und anderen Gegenständen. Eupagurusarten sind oft die Träger solcher Colonien. — Die Fortpf lanz ung szeit ist noch unbekannt geblieben. Sphenopus marsupialis ? Steenstrup. — Fundort und Erscheinungs- zeit: Eine Zoanthide von geringer Grösse — die Polypen haben aus- gedehnt nicht mehr wie 4 — 5 Millimeter Länge — findet sich auf der Unterseite von Steinen im Hafen. Die Colonien enthalten an 30 — 40 Einzelpolypen, die durch Ausläufer mit einander verbunden sind. Die Säule der Polypen ist mit kleinen Sandkörnern bedeckt, nur die Polypenköpfe, die viele Kreise kleiner dunkelbläulicber Tentakeln tragen, sind frei davon. Es möchte diese Form Sphenopus am nächsten stehen. Familia Cerianihidae. Cerianthus membranaceus. Edw. H. — Fundort und Erscheinung s- zeit: In sandigem Boden überall, besonders in der Bucht von Muggia, in der Algenzone tief hinabreichende Gänge bewohnend. Man kann hier zwei Hauptvarietäteu unterscheiden. 1. Mit dunkelvioletter Körpersäule und ebenso gefärbtem äusseren Tentakelkranz, während der innere weiss oder leicht violet ist. 2. Mit bräunlich-gelbem Körper und weiss und gelb geringelten Tentakelkreisen — Zeit der Fort- pflanzung: April, Mai und Juni, zu welcher Zeit man Eier und Sperma in den Septen dieser hermaphroditischen Actinie findet. Eine ausgewachsene Larve mit vier äusseren und zwei inneren kurzen Tentakeln (undurchsichtigem gelbröthlichem Körpergewebe) wurde im Monat Juli pulagisch gefischt und verwaudelte sich im August in den kleinen Cerianthus, der im Monat December erst die Länge von einem Centimeter erreicht hatte. Subordo Madreporarla. Familia Perforata. Sub familia Eupsammidae. Balanophyllia Bairdiana Wood. — Fundort und Erscheinungszeit: Der einzeln lebende Stfeirkorall kommt auf 4—5 Faden Tiefe an der Oberfläche von Steinen festsitzend häufig vor. Der Polyp, respective die Weichtheile desselben sind von unansehnlicher, gelblich- bräunlicher Färbung. Fortpflanzungsverhältnisse noch un- bekannt. Familia Eporosa. Cladocora CespitOSa L. — Fundort und ErscheiDungszeit: la der Tiefe von 4—8 Faden auf Geröllgründen und Nulliporenbänken nicht selten, besonders häufig in der Bucht von Muggia. Hält in Aquarien Jahre lang aus, ohne sich indess durch Knospung zu vermehren und Uebersicht der Se;thie]fauna des Golfes vou Triest. i) verliert dann alle Färbung ihrer Weichtheile. Mandscheibe, Tentakeln etc. bis zur vollständigen Durchsichtigkeit. — Fortpflanzungs- weise noch unbekannt. Cladocora astraearia Sars. — Fundort und Erscheinungszeit: Au der unteren Fläche von Steinplatten am Leuchtthurmdamme gefunden. Eine bei Triest selten vorkommende Art. II. Sub-Clas&e Acalephen. Aus der Gruppe der Schirmquallen findet sich in der Adria eine nur beschränkte Anzahl von Arten. Diese werden aber öfters in grossen Mengen angetroffen, so namentlich in den Sommermonaten Mai, Juni und Juli ßhizostoma, wohl die häufigste Form. Von speciell dem Mittelmeer und vielleicht der Adria eigenthümlichen Arten sind nur Discomedusa lobata und Cotylorhiza zu nennen. Sämmtliche weitere Arten gehören auch dem atlantischen Meere und der Nordsee an. Erwähnenswerth ist auch das Vorkommen von Lucernaria in der Adria bei Triest, welche Gattung mehr den nördlichen Meeren angehört. Die Acalephen sind, wie auch die Hydroid- medusen, besonders an der Meeresfläche zu finden, wenn die Nord- ostwinde reines klares Wasser in der Bucht geschafft haben. Sciroccalwetter und Regen sind stets ungünstige Witterung für den Fang dieser und der meisten pelagisch lebenden Thiere, mit Ausnahme der Copepoden welche stets das Meerwasser in allen Schichten erfüllen. Bei solchen Wetterverhältnissen, die eine un- reine mit vielem Süsswasser gemengte obere Schichte des Meeres erzeugen, ziehen sich die Acalephen in die Tiefe zurück, wo sie s ch an Algen und andere Gegenstände festklammern. Es gelang zuweilen mit dem Schleppnetz, die Thiere hervorzuziehen. Die Acalephen haben wohl wenige Feinde, indessen wurden doch im Magen von Fischen, wie der seltenen Aus oni a und von Orthagoriscus mola Massen von halbverdauten Quallen vor- gefunden. Interessant ist das bekannte symbiotische Verhältniss, das eine gewisse Anzahl junger Fische der Genera Stromateus, Caranx, Äther in a und Gadus mit der grossen Rhizostoma eingehen. Man sieht dieselben entweder in unmittelbarer Nähe der Qualle oder selbst unter der Umbrella und zwischen den Tentakeln sich bergen, ohne dass die nesselnde Kraft der Nesselzellen, welche alle Theile der Qualle erfüllen und selbst dem Menschen bei Be- rührung Schmerz verursachen , ihnen den geringsten Schaden brächten. (341) 10 Dr. Ed Graeffe: Die polypären Zustände der Acalephen, die sogenannten Scyphistomea, sind nur von der Gattung Aurelia, Chrysaora und Cotylorhiza bekannt. Die Scyphistoma der Aurelia und Chrysaora hält in Aquarien viele Jahre aus und erzeugt jedes Jahr auf dem Wege der Strobila-Bildung junge Quallen , soge- nannte Ephyren. Das angeheftete Ende der Strobila bleibt aber stets zurück, ausserdem entstehen vor und nach der Zeit der Strobila-Bildung durch seitliche Sprossung neue Scyphistomen, so dass solche Colonien nie ausgehen, so lange das Aquarium in gutem Stande bleibt. Familia Ephyropsidae. Nausithoe punctata Kölliker. — Fundort und Erscheinungszeit: Ausgewachsene Exemplare finden sich im pelagischen Auftrieb vom Juni bis in den October, aber nie häufig, eher selten. Die Epbyralarve ist im Mai und Juni zu finden. Reife Eier sind an den Nausithoeu im August und September beobachtet. Familia Pelagidae. Chrysaora hyoscella Seh. — Fundort und Erscheiuungszeit: Die grossen geschlechtsreifen Chrj'saoren sind vom Monat Januar bis in den April keine seltene Erscheinung. Jüngere Quallen dieser Art zeigen sich schon im November und December. — Zeit der Fort- pflanzung: Obwohl die Cbry.-aora hermaphioditisch ist, scheint doch eine wechselseitige Befruchtung stattzufinden, denn man findet im Februar und Mäiz ölters grössere Schwärme dieser schönen Qualle bei einander. Die befruchteten Eier entwickeln sich im Ova- rium and in den genannten Frühlingsmonaten März und Apiil schwärmen die Chrysaorenlarven als sogenannte Planalao in grosser Menge aus den Ovarien heraus. Diese Larven setzen sich innerhalb 8 — 14 Tage fest und treiben die Fangarme der Scyphistomaform, Letztere strobilisirt im September und October und stösst circa 8 — 12 Ephyren ab. Bei einzelnen Scyphistomen-Colonieu findet im Herbst keine Strobilabildung statt. Familia Cyaneidae. Drymonema dalmatina Haeckel. — Fundort und Erscheinungszeit: In der Stationsammlung befinden sich feeit vier Jahren eine grössere Anzahl von reichlich entwickelten sogenannten MunJgardinen , wie sie die Cyaneiden besitzen. Dieselben waren vor der Statiou im Meere treibend gefunden worden. Ebenso wurde einige Jahre später eine grosse Qualle, die einer Cyanea glich, in mehreren Faden Tiefe gesehen, koLUte aber leider im Momente nicht heraufgefischt werden und war später verschwunden. Immerhin deuten diese Reste darauf hin, dass die von Haeckel beschriebene Drymonema dalmatina zuweilen auch in den nordlichsten Winkel der Adria verschlagen wird. (342) Uebersicht der Seethierfauua des Golfes von Triest. 11 Farn i Ha Aurelidae (Ulmaridae Haeckel). Discomedusa lobata Claus. = Umbrosa lobata Haeckel. — Fund- ort und Ersehet nungszeit : Diese Qaalle ist je nach den Jahr- gängen bald nur vereinzelt, bald in etwas grösserer Menge im Hafen von Triest und dessen Umgebung in den Wintermonaten December, Januar, Februar, März, seltener noch im April zu finden. Junge Larven und Ephyren sind namentlich im Januar zu finden. — Die Zeit der Fortpflanzung ist im Februar und März, wenigstens 1ri£ft man alsdann grosse Exemplare mit reifen Gonaden au. Es gelang bis jetzt noch nicht, in den Zuchtaquarien die Eier der eingesetzten Quallen dieser Art zur Ausstossung und Fortentwicklung zu bringen, daher die Scyphistomaform noch unbekannt blieb. Aurelia aurita Lin. — Fundort und Erscheiuungszeit: Diese wuit verbreitete Qualle ist in der Adria in grossen Exemplaren im Monat Februar bis April und Mai, sehr selten noch im Juni zu finden. An Grösse steht die adriatische Form der Aurelia aus di-r Nord- und Ostsee bedeutend nach und stellt eine kleinere Varietät derselben vor. — Zeit der Fortpflanzung. Reife Eier und aus- schlüpfende Planulae sind im Frühjahr, März bis Mai, Juni , zu finden. Die Scyphostoma ist in den Aquarien leicht aufzuziehen und Jahre lang zu erhalten. Die meisten bilden im Monat October die Strobila. Die im Cctober abgelösten Ephyren sind in circa -1 Monaten zur gesthlechtsreifen Medase erwachsen. In den Aquarien gelingt freilich die Anfziehuug der Ephyren nicht; dieselben gehen nach einigen Wochen sämmtlich ein. Farn i Ha Rhizosiomidae. RhizOStoma pulmo L — Fundort und Erscheinungszeit: Diese Acalephe ist die häufigste und giösste Form in der Adria bei Triest, die man in einzelnen Exemplaren in allen Monaten des Jahres zu beobachten Gelegenheit hat. Indessen sind doch die Monate Juni, Juli und August die Zeit, wo die Rhizostoma in grossen Schwärmen auftritt. Die Rhizostoma, wie die Cotylorhiza, sind Acalephenarten, die die Sommerwärme lieben, was vielleicht auf ihre Einwanderung aus südlicheren Meeren zu deuten ist. — Zeit der Fortpflanzung: Reife Eier finden sich im August und September in den Ovarit^u, ebenso haben die männlichen Thiere, die sich schon durch etwas abweichende Färbung der Mundarmfranzen auszeichnen , zu dieser Zeit entwickelte Samenzellen. Die Scyphistomaform konnte bis anl.in weder gezüchtet, noch im Meere aufgefunden werden. Sehr kleine Larven wurden im Monat Juli aufgefangen, seltener findet man auch im Januar kleine Rhizostomea. Cotylorhiza tuberculata L. = Cephea Wagneri, Will, = Gassiopea borbonica. Delle Chiaje. — Fundort und Erscheinungs- zeit: Diese schöne Acalephe ist in der Adria manche Jahre l ar nicht anzutreffen, in anderen Jahrgängen hingegen vereinzelt oder sogar nicht selten. Stets tritt dieselbe nur in den Monaten Juli, August und September auf. Kleine Cotylorhizen sind besonders im (343j 12 Dr. Ed. Graeffe: Jali und August anzutreffen. Die bereits bekannte Scyphistomaform wurde hier noch nicht aufgefunden. Nach Schätzung der Zeit, in welcher die Ephyren gefunden wurden, muss die Strobila-Bildung im Jali stattfinden. Familia Lucernaridae. Lucernaria campanulata Johnston. — Diese mehr nördlichen Meeren ange- hörende Form der Lucernariden wurde auch in der Adria vor einigen Jahren von mir aufgefunden. Merkwürdigerweise konnte man dieselbe bis anhin nur an einer beschränkten Localität in der Nähe der Statiou auf Cystoseirenalgen festgeheftet nachweisen, indem alles Suchen nach weiteren Fundorten erfolglos blieb. Die Lucernaria campanulata ist nur in den Monaten Mai und Juni anzutreffen. Ende Juni findet man sehr grosse Exemplare mit reifen Eiern. Die Zucht der Lucernarie in den Aquarien ist schwierig und konnten bislang die Eier nicht zur Ausstossung und Entwicklung gebracht werden. Lucernaria Salpinx Clark. — Eine zweite Lucernarienart , die mit der von Clark beschriebenen Lucernaria Salpinx Aehnlichkeit hat, indessen durch die ungemeine Länge des Körperstieles sich aaszeichnet, wurde im vergangenen Sommer an derselben Stelle, wo die Lucernaria cam p an q1 ata vorkommt, ebenfalls an Cystoseiren vorgefunden, und zwar im Juni und Juli. III. Sub-Classe Hydroideae. I. Ordo Hydroidea. Die Hydroideen oder Hydro idpolypen bilden, was Zahl der Gattungen und Arten betrifft, den Hauptbestandtheil der eigent- lichen Coelenteraten im Golfe von Triest. In grösster Anzahl finden sich ihre zierlichen Polypenstöcke an Steinen, Holzwerk und Algen emporrankend , während die von denselben sprossen- den Qaallen alle Wasserschichten der See bevölkern. Es ist bislang nur in wenigen Fällen gelungen, von der geschlechtlichen Meduseu- generation die entsprechende Polypenamme aufzufinden. Dieser Uebelstand und der stark entwickelte Polymorphismus und die Metamorphose bietet die grössten Schwierigkeiten für die syste- matische Gruppirung dieser Thiere. Stellt man dieselben allein nach den medusoiden freilebenden Geschlechtsthieren zusammen, als der höchsten zu erreichenden Entwicklungsstufe, so fallen ganze Familien , die nur sessile medusoide Gemmen aufammen oder durch Geschlechtsproducte , im Innern der Lsibeshöhle entstanden, sich fortpflanzen , aus der Grappirung heraus. ^■) Eine Systematik *) Das Medusenwerk Ernst Haeckel's, welches mir bei der Bestimmung der medusoiden Formen gute Dienste leistete, ist diesem Princip gefolgt und hat nur die medusoiden Generationen der Hydroidpolypen systematisch behandelt. Uebersicht der Seethierfanna des Golfes von Triest. 13 der Hydroideen nach den Hauptformen des polypoiden Metamor- phosenznstandes lässt noch am ehesten eine Uebersicht der ganzen Classe gewinnen. Die Formen, die nur eine medusoide Metamorphose durchlaufen, wie die Trachymedusen, Narcomedusen, sind alsdann in eine besondere Unterordnung zusammenzufassen. Was die Erscheinungszeit der Hydroiden betrifft, so ist im Allgemeinen zu bemerken , dass dieselben sich vorwiegend in der wärmeren Jahreszeit entwickeln, namentlich alle die Formen, die in geringerer Tiefe sich vorfinden. Einige Polypenstöcke gehen im Herbst ganz ein , aber eine Reihe von Gattungen verharrt die kältere Jahreszeit in einem noch wenig berücksichtigten Zustand. Von den Stöcken gehen nämlich sämmtliche Zoiden ein und es bleibt nur die chitinöse Ausscheidung des Ectoderms, das Perisarc mit dem von demselben umschlossenen Achsentheil oder Coenosarc zurück, welches an den Endpunkten durch eine dünne Membran sich nach aussen abschlies?st. Die Wimperung im Inneren des Achsencanales zeigt allein noch an , dass Leben in dem Polypen- stamm vorhanden ist. Mit der wärmeren Jahreszeit bilden sich wieder die Zoiden durch Sprossung aus den Enden des Coenosarcs und neues "Wachs- tbum geht im ganzen Polypenstock vor sich. Diese Art von Eiur kapselung oder Ruhezustand beobachtete ich bisher direct nur bei Eudendriden, Tubulariden und Podocoryne, doch werden wahrscheinlich ähnliche ruhende Zustände auch bei manchen anderen Hydroidpolypen stattfinden. Die grösseren Polypenstöcke von Halecium, Antennularia etc. waren im Herbst meist ohne Zoiden. Da dieselben aber schon im ersten Frühling solche besitzen und diese grossen Polypenstöcke jedenfalls mehrjährig sind, ist ein ähnliches Verharren derselben im Winter voraus- zusetzen. Manche Hydroidpolypen, wie z.B. Cladonema, erhalten sich in den Aquarien fortwährend durch seitliche Sprossung und produciren lange Zeit hindurch Quallen. Viele Polypenstöcke er- schöpfen sich indess durch die Quallen- und Gemmenproduction und gehen ein. Da die medusoiden Geschlechtsthiere aber rasch wachsen und bald wieder aus ihren Eiern die Polypen generation entsteht, können sich die Generationen solcher Arten im Jahre wiederholen. Man trifft auf diese Weise junge medusoide Geschlechts- thiere in auseinanderliegenden Jahreszeiten im pelagischen Auf- trieb an. (345) 14 Dr. Ed. Graeffe: Viele Hydroidpolypen haben aber entschieden nur eine Periode des Jahres, in welcher sie wachsen und ihre Gremmen treiben. So z. B. Podocoryne, dann die C a m x^a nul ar i en , viele P Iu- ra u 1 a r i e n , S e r t u 1 a r i e n. Eine eigenthümliche Art von Association bilden manche Hydroidstöcke , indem sie sich um den Stamm anderer Stöcke herumwinden , ähnlich wie im Pflanzenreich die Winden , so eine Lafoea um die Aglaophenia octodonta, oder an dem Stamm anderer Arten festwurzeln und ihre Zweige in die Höhe treiben, z. B. eine Sertularie auf Antennular ia. Die verschiedenen Hydroidpolypenstöcke wählen sich ihre besonderen Standorte oder Befestigungspunkte aus. Bekannt ist das Vor- kommen von Podocoryne carnea auf den Schalen der lebenden Nassa reticulata. Zuweilen kommt derselbe Polyp auf der Schale von Murex brandaris und trunculus vor , stellt alsdann aber eine Varietät vor. Eine Coryneart kommt nur auf ßissoa liier vor. Aglaophenia pluma ist bei Triest nur auf Cysto seirenarten za finden. Tubularia mesembryanthemum und Euden- drium ramosum, Plumularia halecioides All. siedeln sich mit Vorliebe an Holzwerk, Pfählen, ßootsplanken etc. an, Die grösste Anzahl der Hydroidpolypen setzt sich an Steine fest und zwar an der Unterseite etwas hohlliegender Felsenstücke und an Algen, Zostera, Sabellenröhren etc. an. Alle diese Stand- orte, wie auch das Reiten auf Mollusken haben den Zweck, die Colonien vor der Verschlammung zu schlitzen und dahin zu postiren, wo stets kleine Seethiere, namentlich Copepoden, zu ihrer Nahrung vorhanden sind. An den Küstenregionen, die theils durch felsigen Boden , theils durch fortwährende Bewegung des Wassers weniger der Schlammablagerung ausgesetzt sind , findet man die Stocke mancher Arten frei an der Oberseite von Steinen befestigt. So wenige Feinde der Anthozoen sich auff'inden Hessen , so zahlreiche weisen die Hydroiden, besonders die festsitzenden Generationen auf. Es sind namentlich kleine Crustaceen und Mollusken, welche denselben nachstellen. Von den Crustaceen sind vornehmlich die Caprelliden zu nennen, welche durch ihre Orga- nisation zum Klettern zwischen den Zweigen der Polypenstöcke eingerichtet , die Zoiden wegfressen. Auch gewisse Gattungen der Gammariden wie Probolium, Podocerus findet man stets zwischen den Eudendriden und Tubularienstöcken und stehen daher im Verdachte , den Polypen nachzustellen. Indessen wäre es möglich, dass sie nur an den, die Chitionröhren massenhaft (316) Uebersicht der Seethierfauna des Golfes vou Triest. 15 besetzenden Algen weiden. Unzweifelhafte Feinde sind dagegen wieder die N u d i b r a n c li i a t e n der Gattungen D o t o , H e r- maea, Tergipes und Aeolidia mit ihren Untergattungen. Ferner Polycera und einige kleine Doriden. Jede dieser Nacktschnecken weidet an besonderen Hydroidpolypen. So z. B. Doto, Hermaea, Tergipes an Obelien, die Acolidien an Enden dri um, Polycera an Tubularien etc. Pycno- goniden, namentlich Nymphon, leben ebenfalls im ausge- bildeten , wie im Larvenzustand, auf Kosten der Hydroidpolypen. Den medusoiden Formen stellen' eine Anzahl Fische aus der Familie der Scomberiden und Coryphaeniden nach , die sich speciell von Medusen ernähren, so namentlich Ausonia und Stro mateus. Ausser diesen Fischen sind aber auch die grösseren Formen der Hydroidraedusen, Acalephen und Ctenophoren heftige Feinde der kleineren Arten. Von Parasiten der Hydroideen sind die Larven der Pycno- goniden hervorzheben, ausserdem ist eine kleine Actinie zu nennen, welche an den Hydroidquallen der Genera T i m a und Aequorea und zwar meist am unteren Theile der Scheibe und am Magen- stil sitzt. Diese Actinie zeigt indess keine reifen Generations- producte in den Mesenterialfalten und ist eine Jagendform der Gattung Halcampa. 1. Unterordnung: Tabulariae. /. Familie Clavidae. Clava Squamata Müller. — Fuudort und Erscheinungszeit: Diese Form kommt nur selten in tieferem Wasser an der Unterseite bohl- liegender Steine vor. Die Claviden scheinen überhaupt mehr den nor- dischen Meeren anzugehören. Im Frühjahr wurden sessile Geschlechts- gemmen an diesen Stöcken beobachtet. Tubiclava cornucopiae Norman (Merona cornucopiae (Norman). — Fundort und Erscheinungszeit: Die trompetenförmigen Chitiu- becher, welche diesen Polypen beherbergen , finden sich anf den tieferen Schlammgründen (6—9 Faden), auf den Schalen von Dentalium, Natica und anderen Mollusken. Im Janaar und Februar finden sich neben geschlechtlos bleibenden Polypen solche , die zu Gono- blastidien umgewandelt sind und an der Stelle der Tentakeln, und zwar einer kleinereu Anzahl derselben , die Gonophoren tragen. Die Tentakel selbst, d.h. etwas kürzere Reste derselben , sind zum Träger der Geschlechtsorgane geworden. Die beobachteten Exemplare trugen meist 4 Eier in jeder Gonophore. Familie Hydractinidae. Podocoryne carnea Sars (Cytaeis exigua Haeckel). — Fundort und Erscheinungszeit. — Diese Hydroidpolypencolonie ist überall (347) 16 Dr. Ed. Graeffe: am Strande auf den Schalen der lebenden Nassa reticulata Lin. zu finden und zwar das ganze Jahr hindurch. Indessen sind die Polypen- stöcke in den Sommermonaten ohne Hydranthen auf das Stolonen- geflecht und die Perisarkröhren des Hydrosoras beschränkt. Auch auf den Schalen von Murexarten, die von Paguren bewohnt sind, findet sich eine etwas grössere Form von Podocoryne , dessen medusoide Form aber ebenfalls nur 4 Randfäden zeigt. — ZeitderFortpflanzung^ Im Frühjahr den Monaten Februar bis Mai entwickelt sich die Colonie wieder stärker, und bildet sich an den Geschlechtspolypen durch Knospung die medusoide Form , die sogenannte Cytaeis exigua Haeckel's, die durch die Anwesenheit von nur 4 Randfäden aus- zeichnet, während die nordische 8 Randfäden hat. Auch die aus- gewachsene Meduse mit reifen Gonaden hat nur 4 Randfäden und ist im pelagischen Auftrieb im Sommer und Anfangs Herbst anzu- treffen. Es sei aber hier gleich noch bemerkt, dass im pelagischen Auftriebe im Sommer sich eine ganze Anzahl kleiner Quallen findet, die zu der Familie der Cytaeiden Haekel's zu rechnen sind, an denen aber die Zahl der Randfäden allein verschieden, ponst keine Unterschiede zu finden sind. Man findet so Cytaeisformen mit 2 Randfäden und 2 Tentakelbulben , dann mit 3 Randtentakeln und 1 entwickelten Bulbus derselben, endlich mit 4, mit 8, ja mit 16 Randfäden. Die Gestaltung des Magensackes und der 4 kurzen un- verästelten Mundgriffel blieb sich bei allen diesen verschiedene Rand- tentakelzahl tragenden Cytaeiden gleich. Es wäre nun zu denken, dass die Formen , welche weniger oder über vier Randtentakel haben, entweder ganz junge oder in letzterem Falle ältere Thiere wären. Allein um die Aufklärung, ob wir es hier mit besonderen Arten oder Gattungen, oder nur mit Varietäten zu thun haben, die möglicher- weise einer Colooie von Polypen entsprungen sein könnten, noch mehr zu verwirren , finden wir geschlechtsreife, ganz kleine Meduse^ mit nicht einmal 4 Randtentakeln und bald geschlechtsreife, bald sterile Medusen , anter ihnen mit höherer Randfädenzahl. Erst weitere Untersuchungen durch Aufzucht der medusoiden Form der Podocoryne werden über diese Verhältnisse Aufschlnss geben können. Thamnostpma dibolia Haeckel (Lizzia dibalia Busch). — Fundort und Erscheinungszeit: Diese Medusenform, welche schon Busch in Triest beobachtete und die ich hier zu den Hydractiniden einreihe, weil diese medusoide Form mit den Cytaeiden nahe ver- wandt ist, kommt ziemlich selten im October im pelagischen Auf- triebe vor. Zu dieser Zeit waren auch schon reife Eier in den Gonaden zu beobachten. Die Polypenform ist noch unbekannt. Ganz kleine Thamnostoma mit nur 4 ausgebildeten Randtentakeln fanden sich An- fangs October, so dass die Medusensprossung wohl im September stattfinden wird. Familie Eudendridae oder Bougainvillidae. Eudendrium ramOSUm L. — Fundort und Erscheinungszeit: Dieser grosse schöne Polypenstock ist im Hafen von Triest an den Holz- pfählen in grosser Anzahl fast das ganze Jahr hindurch anzutreffen. (348) Uebersicht der Seethierfauna des Golfes von Triest. 17 Doch wird man in kälteren Wintern, im Januar und Februar nur wenige Stöcke antreffen, die die Polypenköpfe (Hydranthen) tragen, wie schon in der Einleitung bemerkt wurde. Die grösste Entwicklung zeigt Eudendriam in den wärmeren Monaten und findet man zu dieser Zeit von Mai an die Gonophoren, die in wenigen Wochen sich ent- wickeln. Die raedusoiile Gemme setzt sich sofort nach seiner Ausbil- dung fest. E. racemosum Cavolini.= Eudendrium racemosum Weismann. — Fund- ort und Erscheinungszeit: Auch diese von Weissmann wieder näher beschriebene Form kommt neben dem E. ramosum im Hafen von Triest vor. Auffallend ist aber die verhältnissmässige Seltenheit dieser Art, ferner die Erscheinung, dass nicht alle Hy- dranthen eines Stockes diesen Wehrfortsatz tragen. Vielleicht liegt hier ein Fall von Dimorphismus vor! Eudendrium humile A 1 1 m. E. insigne Hinks. — Fundort und Er- scheinungszeit: Auch diese kleinere Eudendriumart kommt hie und da in etwas tieferem Wasser an Felsen , aber auch an Holzwerk vor. Die Gonophoren sind nur im Sommer zu finden. Bougainvillia muscus AUm. — Fundort und Erscheinungszeit: Eine Bougainvillia mit muscus Allm. verwandt, aber durch zahlreiche fadenförmige Stolonen, die sich vertical von den Seitenästen und dem Hauptstamme erheben, etwas verschieden. "Von Hinks wurde eine ähnliche Varietät beobachtet. Ferner hat diese Form nur 12 Ten- takeln. Diese Bougainvillia wurde im Sommer auf treibendem Sargassum atifgefunden. Die medusoide Form, die sogenannte Margeiis, entsteht im September durch Knospung unterhalb des Hydranthen und hatte eine domförmige Umbrella, einen kurzen Magensack mit 4 kurzen noch unverästelten Mnndgriffeln. Am Rande der Umbrella sassen 4 Tentakelbaiben mit je 2 Tentakeln und 2 Ocellen. Die Tentakeln waren ungefähr von der Länge des Scheibendurchmessers, wenn aus- gedehnt. Von der Gattung Margeiis Steenstrup, kleineu craspe- doten Medusen, welche die medu-ioide Form der Bougainvillia dar- stellen , kommen im pelagischen Auftrieb bei Triest im Herbst (October), seltener im Frühjahr eine Anzahl Formen vor. Dieselben beschreibe ich hier in Kürze , um die Variabilität derselben namentlich in Bezug auf die Randtentakel und die dazu gehörigen Organe zu zeigen. Die Polypencolonie , einer Bougainvilliaart angehörend , ist mir noch unbekannt geblieben. Margeiis I.Form. — Kleine Quallen von nur 1-5 Mm. Länge und Breite. Umbrella breit, glockenförmig gegen den Rand am dicksten, oben etwas abgeplattet. Magensack mit deutlichem Stiel und vier in der Wandung derselben befindlichen reifen Gonaden. Mund einfach rund- lich und vierkantig, je nach Contraction desselben. Die Mundtentakeln bestehen aus zwei Paaren einmal dichotom verästelter Mundtentakeln mit Nesselknöpfen am Ende derselben. Innere Lage der Mundtentakeln von einer Reihe grosser chordaähnlicher Entodermzellen eingenommen. Randtentakel noch gar nicht entwickelt, nur die 4 Bulben mit je einem Paar kurzer Tentakelanlagen und je zwei Ocellen. Claus, Arbeiten aus dem Zoologlsclien Institute etc. Tom. V, Heft 3. 24 (349) 18 Dr. Ed. Graeffe: Margelis II. Form. — Grösse, Umbrella, Magen.sack und Mundtentakel wie bei der vorhergehenden Form. Entwickelte Randtentakel nur drei. An einem Tentakelbulbus 2 entwickelte Tentakel, an den anderen nebenstehenden 1 Randtentakel und kurz Anlage eines zweiten. Auf den zwei anderen Bulben, und zwar den gegenüberstehenden, nur kurze Tentakelanlagen. Margelis III. Form. — Grösse 2 Mm. Umbrella und Mundtentakel wie bei den beiden eben beschriebenen Quallen , nur sind die Mundtentakel etwas tiefer dicbotom gespalten. Zwölf Randtentakel. An jedem der 4 Tentakelbulben 3 Randfäden und 3 Ocellen. Bulben von derselben Form und Farbe wie bei I und II, nämlich bei durchfallendem Licht schmutziggrün , bei auffallendem Licht periweiss. Margelis IV. Form. — Grösse 25 Mm. Umbrella höher wie breit, an dem Scheitel stark verdickt eine Art Kuppe bildend. Magensack noch ohne entwickelte Gonaden , Mundtentakel zweimal dichotom gespalten, also mit 4 Nesselknöpfen an jedem Tentakel, Randtentakel sechs. Ein Bulbus ohne deutliche Anlage von Tentakeln, die 3 anderen Tentakel- bulben mit je zwei Randtentakeln und je zwei Ocellen. Margelis V. Form. — Grösse 1 Mm. Umbrella rundlich glockenförmig, überall gleich dick. Gonaden am Magensack entwickelt. Mundtentakel zweimal dichotom gespalten , die eine Abspaltung aber noch kurz Radiärgefässe vier wie bei den übrigen vier Formen , aber am Scheiben rande 8 Tentakelbulben, wovon aber nur 2 einen Tentakel an den selben tragen. Diese zwei Bulben, ein radialer und ein perradiale stehen nebeueinander. Alle übrigen Bulben sind höchstens mit An lagen von Tentakeln in Form kurzer "Warzen versehen. Diese sämmtlichen fünf Margeiisformen scheinen nun doch nach der über- einstimmenden Form der Nesselkapseln, sowie nach dem Pigmente der Tentakelbulben zu einer Art zu gehören, die bei der Knospung sich verschieden ausbilden und auch später noch nach der Freiwerdung einen anderen Entwicklungsgang einschlagen. Es erschwert dies unge- mein die Classification dieser polymorphen Craspedoten und wird man sich genöthigt sehen , durch genaue Vergleichung der histologischen Elemente, besonders der charakteristischen Nesselkapseln etc. die Zu- sammengehörigkeit dieser Formen zu constatiren. Diese Elemente lassen auch die Amme, respective den Polypenstock, dem eine medu- soide Form angehört , eher auffinden , so lange die directe Beobachtung der Knospung fehlt. PerigOnimus Steinachi Jickeli. *)— Fundort und Erscheinungszeit: Diese Form findet sich einzeln auf Bryozoenstöcken, Muschelschalen bei Triest. Es möchte diese von Jickeli beschriebene Form indessen doch mit Perigonimus palliatus oder sessilis Wright zusammenfallen. Die Bildung von Gonophoren wurde nicht beobachtet, Perigonimus repens S. Wright. — Fundort und Erscheinungszeit: Ist eine nicht häufige Form, wie alle Perigonimusarten hier in der Adria. Es fand sich nur einmal eine kleine Colonie auf einer Murex- schale. Im Mai entwickelten sich die medusoiden Knospen von bedeu- *) Morphologisches Jahrbuch. Bd. VIII, pag. QVt (350) Uebersicht der Seethierfauna des Golfes von Triest. 19 tender Grösse an dem Stamme, welcher die Polypen trägt. Hierher gehört wahrscheinlich die Sarsia ocellata Busch, Dinema ocellatum Haeckel als medusoide Form, doch wurde die Beobachtung nicht direet gemacht , da die Knospen , ohne sich weiter zu entwickeln, eingingen. Dicodonium adriaticum uov. spec. Hierher gehörtauch eine craspedote Qualle, die im pelagischen Auftrieb vom October sich vorfand und wahr- scheinlich auch von einer Perigonimus oder verwandten Polypenform abstammt. Die Quall» lässt sieb in Kürze folgendermassen charak- terisiren: Umbrella glockenförmig mit einem kleinen conischen Scheitelaufsalz, mit vielen kleinen Bläschengruppen übersäet, die der- selben ein punktirtes Ansehen verschaft'eu. Magensack kurz, sitzend mit vier verdickten Partien, die wohl die Gonaden darstellen. Mund einfach und lappig. Vier ßadiärge fasse, vier Tentakelbulben und zwei weitere perradiale Anlagen von Tentakelbulben. Randtentakel nur zwei entwickelt mit stark verdickter Basis, die Länge der Um- brella um das Dreifache übertreffend, üeber diesen zwei Tentakeln am Bulbus derselben ein carmoisinrother Ocellus, dessen Rand rings- um mit langen steifen Sinneshaaren besetzt ist. An den zwei alter- nirenden Tentakelbulben , deren Tentakel nicht zur Entwicklung ge- kommen sind, findet sich ebenfalls ein kleiner rother Ocellus. Grösse: 4 mm. Länge, 35 mm. Breite der Umbrella. Familia Corynidae. Coryne spec. P — Fundort und Erscbeinnngs zeit: Im Januar und Februar findet man auf den Gehäusen kleiner Rissoaarten nahe der Station zwischen Zosterapflanzen eine kleine Coryneform , die im äusseren Habitus grosse Aehnlichkeit mit Coryne pusilla Gärtner hat. Sie unterscheidet sich aber von dieser letzteren Art durch die Stellung der Gonopboren, die nicht am Hydr anthen selbst, sondern unmittelbar darunter am Hydrocaulus hervorsprossen. Meist ist nur ein Gonophor" an einem Hydranthen, doch sitzen zuweilen auch ein Paar dicht neben- einander an der Chitinscheide des Hydrocaulus. Auf jeder Rissoa- schale sitzt meist nur eine kleine, durch Stolonen verbundene Colonie mit 8 — 12 Hydranthen, da die kleine Oberfläche des Rissoengehäuses nicht viel Raum bietet. Beschreibung und Feststellung dieser Art kann erst nach weiterer Verfolgung der Entwicklung der Gonopboren geschehen, was bis dahin nicht glückte, und soll hiermit nur auf diesen Hydroidpolypen aufmerksam gemacht werden. Sarsia Clavata Keferstein und Syncoryne clavata nov. spec — Fundort nnd Erscheinungszeit: In den Monaten Mai und Juni findet sich häufig im Oberflächenwasser des Golfes eine kleine Sarsia, die durch ihren einige Centimeter langen, mit Quallensprossen besetzten Magenstiel auflUllt. Die Beschreibung, welche Keferstein von seiner in S. Vaast aufgefundenen Sarsia clavata gibt, stimmt noch am besten mit dieser adriatischen Art zusammen, nur ist die Glocke mehr länglich, eher höher wie breit, Differenzen, die übrigens mehr vom Contractionszustand der Umbrella herrühren, als die Qualle be- obachtet und gezeichnet wurde. Die Bildung der Randtentakeln stimmt 24* (351) 20 Dr. Ed. Graeffe: vollständig mit Keferstein's Beschreibung überein und ist von den meisten Sarsia-Arten verschieden. Sie erinnert an die Form der Tentakel, wie sie Haeckel von seiner Gattung Dipurena entwirft. Zeit der Fortpflanzung: Die ungeschlechtliche Fortpflanzung durch Sprossung von Quallen am Magen, die ebenfalls wieder Qualleu am Magenrohre knospen lassen, fällt in den Monat Mai und Juni. Zu dieser Zeit reifen auch die Eier in den Gonaden , die den Magen schlauch- förmig umgeben. Die Syncoryneform , welche aus diesen Eiern ent- steht, fand ich im Monat October auf Suberites massa aufsitzend mit Stolonen, die tief im Gewebe des Schwammes versenkt waren. Die Hydranthen sind fast allein von der ganzen Colonie sicht- bar. Diese sind nur 2 — 3 mm. lang und haben eine keulenförmige Gestalt mit vier Kreisen von je vier geknöpften Fangarmen. Das Hypostom ist zwischen den obersten vier Tentakeln gelegen und ist kegelförmig. Die Fangarme sind steif und kurz und wie der Hy- dranthenkörper selbst von einem chitinösen Perisarc umhüllt. Die Achse bilden eine Reihe von elastischen Entodermzellen, wie bei so vielen Hydroidpolypen. Der Arm selbst enthält keine Nematocysten, hingegen sind in dem rundlichen Eudknopf eine grosse Anzahl solcher "Waffen centrisch gruppirt. Diese Nesselzellen sind zweierlei Art, 25 bis 30 kleinere und 4 — 5 grössere von derselben rundlich - ovalen Form mit einem gabelig gespaltenen Nesselfadenschaft und den darum geschlungenen Faden. Bei der Ausstülpung des letzteren zeigt die Kapsel ein deutliches Deckelchen. Jede Nematophore ist mit einem Cnidocil versehen. Der kurze Hydrocaulus und die vielfach anasto- mosirenden Stolonen bieten nichts Abweichendes von anderen Syn- coryniden dar und sind unregelmässig geringelt. An diesem Polypen- stock entstanden durch Sprossnng zwischen den zwei letzten Tentakel- kreisen die jungen Sarsien, auf die gewöhnliche Weise einer ursprüng- lichen Ausstülpung sämmtlicher Zelllagen der Leibeswandung und späterer Differenzirung der einzelnen Medusenorgane. Ist die Qualle reif zur Abtrennung, wobei sie dem Hydranthen an Grösse fast gleich steht, so reisst die chitinöse Knospenhülle durch, und die vier Rand- tentakeln entfalten sich nach aussen. Die Glocke der kleinen Qualle . fängt nun an , Schwimmbewegungen auszuführen, und schliesslich bricht der kurze dünne Verbindungsstrang, der sie mit dem elterlichen Thiere noch verband, durch und der Pianoblast schwimmt frei davon. Dieser zeigt nur einen kurzen Magensack, aber bereits vier Radial- gefässe und vier Randtentakel. Letztere haben bereits den charak- teristischen Endknopf und auch zuweilen schon einen Nesselzellenring. Die Stellen der weiteren Nesselzellenringe sind durch einzelne Nessel- kapseln angedeutet. Diese Nesselkapseln haben die gleiche Form, wie die des Polypen. Wahrscheinlich findet im Frühjahre noch eine zweite Sprossung an dem Polypen statt, da man im Auftrieb zu dieser Zeit noch kleine Sarsien antrifft. SynCOryne CCoryne) GraeflFei Jickeli. — Fundort und Erscheinungs- zeit: Unter dem Namen Coryne Graffei beschreibt Jickeli in dem morphologischen Jahrbuch, Band VIII, pag. 607 eine Corynide, die sich in einem Aquarium der zoologischen Station vorfand. Jickeli (352) Uebersicht der Seethierfauua des Golfes von Triest. 21 spricht von einer Medusenknospe , die zwischen den Tentakeln des Hydranthen hervorsprosst und müsste in diesem Falle der Polyp zur Gattung Syncoryne gestellt werden. Der Polyp mit seiner Knospe fand sich im Monat September. CladOGOryne floccosa Rotsch. — Fundort und Erscheinuugszeit; Diese ausgezeichnete Corynidenform fand sich im Sommer an schwim- mendem Sargassum liuifolium. Die Gonophoren Sporosac's darstellend entwickeln sich ebenfalls zu dieser Zeit im August und September. Gemmaria implexa Allm. Tubularia implexa Alder. Zanclea implexaAIm. — Fundort und Erscheinungszeit. Fiodet sich nicht selten auf verschiedene Gegenstände, wie Spongien, Muschelschalen etc. in tieferem Wasser angeheftet und ist zu jeder Jahreszeit anzutreffen. Die höchst eigenthümliche medusoide Form, die mit Zanclea Gegen- baur verwandt ist, aber stets nur zwei entwickelte Randtentakeln mit den langen gestielten Nesselknöpfen besetzt zeigt, knospt im Frühjahr und wahrscheinlich noch ein zweites Mal im Sommer, da man im pelagischen Auftrieb diese Qualle noch im October und November findet. Direct bsobachtet wurde die Kaospung nur im April und Mai. Im Juni und Juli hat die medusoide Form reife Gescblechts- producte in den Gonaden. Die Qualle macht keine Metamorphosen durch, indem schon ganz kleine, eben abgelöste Thiere die Form der ausgewachsenen zeigen. Familia Cladonemidae. Cladonema radiatum Dujardin. — Fundort und Erscheinuugszeit: Diese Cladonemide findet sich häufig im Hafeu von Triest, nament- lich an Ulven in der wärmeren Jahreszeit bis tief in den Winter, im Frühjahre seltener. Die Knospung der medusoiden Form beobachtete vom Juli bis in den December. In den Aquarien, wo diese Polypen- form sich gut hält, kann man Monate lang die Entwicklung der Medusen beobachten. Die abgelösten Planoblasteu sitzen mit Vorliebe auf den ülven und den Glaswänden der Aquarien mit den Rand- tentakeln angeklammert und schwimmen nur selten. In circa vier Wochen ist die Qualle aufgewachsen und hat reife Gonaden. Eleutheria dichotoma Quatrefages (Clavatella prolifera Hinks). — Fundort und Erscheinungszeit: Auf Ulven im Sommer, Juli bis September, nicht selten, die kleinen Polypenstöckchen , auf die man erst aufmerksam wird, wenn die zu derselben Zeit fi-ei werdende medusoide Form erscheint. Hier in Triest ist die Subspecies Eleu- theria hexanema Haeckel's am häufigsten. Sie vermehrt sich sofort durch Knospung weiterer Quallen am Scheibenrande. Nach 3 — 4 Wochen entwickeln sich die Geoerationsstofl'e im oberen Scheiben- theil der Qualle. Auch diese Eleatheria ist mit Leichtigkeit in den Aquarien aufzuziehen. Familia Pennaridae. Tiarella singularis Eil. Seh. — Fundort und Erscheinungszeit: Auf Cystoseiren in der Nähe der Station , aber nur im Frühjahre , März (.?53) 22 Dr. Ed. Graeffe: und April bis Mai. Die Gonophorenbildung ebenfalls im Frühjahre. Die Sporosac's unter 50 Exemplaren zeigten nur Sperma und Sperma- mutterzellen, ebenso beobachtete der Enldecker dieser interessanten Form Eil. Schulze nur männliche Polypen. Wahrscheinlich findet hier ein Polymorphismus der Polypen verschiedenen Geschlechtes statt. Anmerkung. Das Genus Vorticlava AI der hat die grösste Verwandtschaft mit Tiarella. Es sind ebenfalls solitäre Polypenformen. Die Gattung Acharadria Wright ist in der Hydranthenform mit Verticlava fast identisch, zeigt aber eine chitinöse Hülle und ein verzweigtes Troph osom und möchte daher vielleicht auch bei Vorticlava Polymorphismus existiren. Familia Tubularidae. Tubularia mesembryanthemum Allm. — Fundort und Erschei- nungszeit: Im Hafen von Triest an Pfählen, Schiffsböden und anderem Holzwerk, vom Apiil bis tief in den Winter, je nach den Witterungsverhältnissen. Bei grösserer Kälte sterben die Hydranthen ab und bleibt nur das Perisarc mit dem noch lebend bleibenden Coenosarc zurück. Die sessilen Geschlechtsgemmen findet man vom Juni bis November an den Tubularienstöckchen und lassen im Ver- laufe weniger Wochen die Planulae ausschlüpfen, die sich zur Arach- nactis-Form weiter entwickeln und bald festsetzen, um zu neuen Polypenstöckchen heranzuwachsen. Steenstrupia cranoides Haeckel. — Fundort und Erscheinungs zeit: Diese mtdusoide Form einer CorymorphaArt findet sich nicht selten im pelagis^chen Auftrieb des Winters, namentlich im Januar bis März. Steenstrupia lineata R. Lkt. — Fundort und Ersehe in ungszeit: Auch diese Steenstrupia findet sich etwas seltener in den Wintermonaten bei Tiiest vor. Es gelang bis anhin noch nicht , die dazu gehörende Corymorphaform zu erziehen oder im freien Meere aufzufinden. Eupbysa mediterranea Haeckel. — Fundort und Erscheinungs zeit: JiTnge Larven dieser mit Steenstrupia verwandten Qualle von nur 1 Mm. Länge fanden sich nur einmal im pelagischen Auftrieb des Monates October. Die Gonaden waren noch nicht entwickelt, ebenso keine Ocellen. Im Magenrohr waren mehrere Oeltropfen , auch hatte dasselbe einen schwarzen Ring. Diese Enphysa als medusoide Form einer Halatractus Allm. tonstatirt das Vorkommen dieser Hydroid- polypenform in der Adria bei Triest. Ectopleura Dumortieri Van Ben e den. — Fundort und Erscheinungs- zeit; Eine weitere medusoide Foim einer Tnbularide mit acht Nessel- streifen in der Umbrella fand sich im pelagischen Auftriebe im Monate October. Abweichend von Ectopleura Dumortieri waren meist nur zwei Tentakeln entwickelt, da sich aber auch eine eiförmige Ectopleura mit nur zwei Tentakelrudimenten in Form von fünf Warzen vorfand, so ist anzunehmen, dass Ectopleura Metamorphosen durchmacht (die Gonaden waren in beiden gefundenen Exemplaren noch nicht ent- wickelt) oder variable Entwicklung hat. Saphenia dinema E s c h s c h ( Amphinema Titania Haeckel). Fundort und Erscheiuuugszeit: Auch diese einer noch unbekannten Uebersicht der Seethierfauna des Golfes von Triest. 23 Tubalaridenamme zugehörende craspedote Mednse wurde pelagiscli im Februar und Spätherbst beobachtet. Exemplare mit reifen Gonaden wurden noch nicht gefunden, überhaupt ist diese Art selten. Tiara pileata L. Ag. (Oceania pileata Leukk.). — Fundort und Er- scheinungszeit: Vom November an, den ganzen Winter hindurch, bis in den Monat April, findet man pelagisch diese schöne Quallen - form. Im Februar und März enthalten die Gonaden reife Geschlechts- producte. Durch Zucht im Aquarium gelang es einmal, die Polypen - form der Tiara zu erhalten. Es war eia circa 6 Mm. hoher solitärer Polyp von Corymorphaform. Leider hielten die wenigen erhalten en Exemplare nur wenige Tage aus, elie dieselben genauer untersucht und beschrieben werden konnten. II. Unterordnung:. Campanulariae oder Vesicnlatae. /. Familia Plumularidae. Plumularia pinnata Lin. — Fundort und Erscheinungszeit: Kommt bei Rovigno vor, von wo diese Form durch die Gefälligkeit des Baron V. Liechtenstern erhielt. Die Zeit der Gonophorenbildung ist mir unbekannt geblieben, da die Exemplare ohne solche Geschlechts- producte waren. Plumularia frutescens E 1 1. S o l. Isocola frutescens Kirchen p. — Fund- ort und Erscheinungszeit: Bei Triest in tieferem Wasser nicht häufig, eher selten. Gonangien im Sommer und Herbst beobachtet, Plumularia setacea Eilis. Anisocalyx setaceus Kirchenp. — Fundort und Erschein ungszeit: Bei Triest selten, häufiger in Rovigno an den Stöcken von Antennularia. Gonangien im Sommer und Herbst (October). Plumularia halecioides A l d e r Anisocola halecioides A l d. Anisocalyx pinnatifrons Heller. — Fundort und Erscheinungszeit: Diese Form von Plumularia ist die häufigste im Hafen von Triest, an Holzwerk, Ascidiea, Muscheln festsitzend. Die Polypenstöcke erscheinen mit dem Frühjahre und verbleiben bis tief in den Herbst. Die Gonangien bilden sich in der wärmeren Jahreszeit. Aglaophenia pluma Lin. Plumularia cristata Lamk. — Fundort und Erscheinungszeit: Häufig an den Aesten dei Cystuceira- Algen in der Uferzone. Im Winter findet man nur kleine junge Stöckchen. Die Gonaden oder corbulae entwickeln sich im Frühjahre und Sommer Mai, Juni bis August. Aglaophenia elongata Meneghini. — Fundort und Erscheinungszeit: Auf Sargassnm, welches von Rovigno durch Baron v. Liechtenstern erhielt. Aglaophenia OCtodonta Meneghini. — Fnndort und Erscheinungs- zeit: Auf der Unterseite von Steinen beim Leuchtthurmdamme des Hafens von Triest. Meist umrankt von der Lafoea parasitica Ciamician's. Entwicklung der Corbulae im Mai und Juni. Antennularia Janini Lamour. — Fundort und Erscheinungszeit: Die adriatische Antennularia hat nur vier Aeste in einem Wirbel und und stellt die unter dem Namen Janini von Lamonroux beschriebene Art oder Localvarietät der antennina vor. Diese Form ist bei Triest (355) 24 Dr. Ed. Graetfe: selbst Dicht zu finden, sondern erst südlicher an der istrischen Küste bei Pirano nnd Eovigno namentlich. Die kleinen kugelförmigen Gonangien oder Gonophoren knospen im Frühjahre, März und April, am Hauptstamme hervor. Familia Seriularidae. Sertularella polyzonias Lin. (Sertularia Ellisii M. Edw. Cotulina polyzonias Agass.) — Fundort und Erscheinungszeit: Bei Triest häufig an Steinen nahe dem Strande auf 1 Faden Tiefe. Im November sind die Gonophoren mit reifen Geschlechtsproducten ge- füllt, und noch im December findet man die Marsnpialtasche die Gono- phoren krönend. Sertularella fusiformis Hinks. — Fundort und Erscheiuungszeit: Bei Triest an Muschelschalen, Seegras etc. im Herbst. Sertularella Gayi Lamx. — Fundort und Erscheinungszeit: Findet sich bei Eovigno (durch Baron v. Lie cht enst er n erhalten) das ganze Jahr. Die Gonotheken im Frühjahre beobachtet. Diphasia attenuata Hinks. (Dynamena pinaster var. Johnst.)— Fund- ort und Erscheinungszeit: In ßovigno an anderen Sertulariden und Pluniulariden rankend, auch auf Steinen, das ganze Jahr hindurch. Die Gonotheken im Frühjahr beobachtet. Halecium halecinum. Lin. Schweigger. — Fundort und Erschei- nungszeit: Tritt erst südlicher an der istrischen Küste bei Eovigno auf. Die männlichen, wie die weiblichen Gonophoren treten schon im December auf, können aber auch noch im Frühjahre, Februar und März, beobachtet werden. Die weiblichen Polypenstöcke sind viel seltener wie die männlichen. Die Gonangien bilden sich auf eigen- thtmliche "Weise bei Halecium, müna eine Gabelung; des Hydrocaulus die zwei Polypen trägt, zusammenwächst und zum Gonangium wird. Familia Campanulandae. Clythia Johnstoni A 1 d e r (Campanularia volubilis E 1 1 i s. = Clytia bico- phora Agass), — Fundort und Erscheinungszeit: Die Clythia ist im April und Mai an den Hafenpfählen auf Mytilus und Eudendriunstöcken ansitzend zu finden. Die abgeplatteten Gonophoren entstehen aus den Stolonen im Mai und die aus denselben aus- schlüpfenden kleinen Medusen mit vier Eandtentakeln und vierEand- bläschen sind die Larven von Phialid ium variabile C laus. Das Phialidium ist im Winter und Frühjahr in grossen geschlechts- reifen Exemplaren zu finden von 4 — 5 Centimeter Scheibendurch- messer. Die im Frühjahr und Sommer sich vorfindenden Phialidien sind kleiner, höchstens 3 — 4 Mm. Durchmesser erreichend. Die Winter- form von Phialidium hat auch mehr längliche Gonaden, während die Sommerform eher rundliche Gonaden zeigt, die aber ebenfalls reife Geschlechtsproducte bergen können. Cbeliagelatinosa Pallas (übelia dichotomaAilm. = Obelialeucostyla Will.). — Fundort und Er sc h e inung s zeit : Diese Obelia scheint die einzige Art hier in der Adria zu sein , denn alle medu soiden Formen von Obelia, welche aus den Hydrotheken der Obelia (3.'i6) Uebersicht der Seetliierfauna des Golfes von Triest. 25 Stöcke zog, hatten 24 Eandarme, die die Länge des Scheibeuradius hatten und die Gonaden dem Magen ansitzend. Die ausgewachsene Form hatte 53 Randarme und die Gonaden dem distalen Ende der Radiärgefässe ansitzend. Die Länge der Fangarme nicht die Hälfte des Scheibenradius an Länge erreichend. Es ist daher wohl Obelia leucostyla Will, und Obelia gelatinosa Haeckel, ein und dieselbe Form in verschiedenen Entwicklungsstadieu. Fundort und Erscheinungszeit: Die Polypenstöcke der Obelia finden sich vom Februar an in grosser Menge an den Holz- pfählen des Hafens , namentlich den dort hängenden Schalen von Mytilus ansitzend. Im März beobachtete man bereits das Austreten der kleinen 05 Mm. grossen Mednsengemmen. In grösseren Tiefen an Spongien, namentlich Suberiten, kommen sehr langgegliederte, hochge- wachsene Polypenstöcke von Obelia vor, die aber dieselbe medusoide Form liefern, daher wohl nur durch den Standort modificirt sind. Die ausgewachsenen Obeliagemmen finden sich im pelagischen Auftrieb fast das ganze Jahr hindurch, indessen doch häufiger im Frühjahr. Campanularia VOlubilis A 1 d e r. — Fundort und Erscheiuungszeit: Auf Myriozoon truncatum im December. Die Hydrotheken-Eutwicklung nicht beobachtet. Campanularia calyculata Hinks. (Campanularia breviscyphia Sars.) Fundort und Erscheinungszeit: Auf Ulven, Cystociren und anderen Algen häufig im November noch ohne Hydrotheken. Dieselben erscheinen erst im Frühjahr. In Campanularia calyculata fand Jickeli eigenthümlich amoeboide Zellen im Ectoderm. Campanularia angulata Hincks. — Fundort und Erscheinungszeit: Auf Zostera nicht selten im Sommer, Juni und Juli. Zu eben dieser Zeit findet man auch die den Stolonen entsprossenden Hydrotheken. Campanularia raridentata Alder. — Fundort undErscheinungszeit: Eine sehr zierliche, ganz durchsichtige Art, die auf Steinen, Muschelschalen in grösserer Tiefe vorkommt. Entwicklung der Gono- theka ist noch unbekannt. Familia Thaumantidae. Lafoea parasitica Ciamician. — Fundort und Erscheinungszeit: Rankt sich an dem Hanptstamm der Aglaophenia octodonta mit auf- fallender Regelmässigkeit empor seine Polypenbecher alternirend in den Zwischenräumen der Seitenäste absendend. Gonotheken wurden noch nicht beobachtet. Laodice cruciata L. Ag. — Fundort und Erscheinungszeit: Eine medusoide Form der Thanmantiden, die Laodice cruciata, findet sich vom October an bis in den December nicht selten pelagisch bei Triest« Geschlechtsreife Laodicen sind im November und December zu beob- achten. Junge Larven sind im Herbst in grossen Mengen im pela- gischen Auftrieb. Dieselben haben erst acht Randarme , vier längere und vier kürzere und noch keine Randcirren. Familia Spongicolidae. Stephanoscyphus mirabilis. A 1 1 m. (Spongicola fistularis. Eil. Schulze). — Fundort und Erscheinungszeit: Namentlich in Myxilla (357) 26 Dr. Ed. Graeffe: fascicularis Ose. Schmidt, dann aber auch in Esperien, Spongelien und anderen Schwämmen, das Gewebe derselben mit seinen Chitin- röhren der Hydrocauli und Stolonen durchziehend. Das ganze Jahr hindurch anzutreffen. Ontogenie noch unbekannt , ebenso die Gono- phorenbildung. Familia Campanulinidae. Campanulina acuminata P Aide r. — Fundort und Erscheinungszeit: Im Aquarium gezogen, wo Tima, Aequorea und Phialidium eingesetzt worden waren. Die Polypencolonie war ganz unverzweigt, eine Reihe von Hydranthen darstellend, die ans rankenden Stolonen emporstehen. Eigenthümlich war die nickende Stellung der Proboscis des Hydranthen mit seinem Fühlerkreis. Ein Operculum und eine Hydrothek waren nicht vorhanden. Ausser den erwähnten Unter- schieden stimmt sonst die Abbildung der Campan ulina acuminata von Wright mit diesem gezogenen Polypen überein, namentlich die Art und Weise der Knospung der Qualle, sowie das freigewordene Pianoblast selbst. Die Knospung fand im September und October statt und bilden sich an demselben Fortsatz des Hydrocaulus , an welchem sich die erste Qualle ablöste, noch eine bis zwei weitere Medusen hinter einander aus. Die abgelöste Qualle hat eine hohe, glockenförmige Umbrelia, vier Radiärgefässe und einen kurzen sitzen- den Mageusack mit vierlappigem Munde. An dem Schirmrande sitzen perradial vier grüngefärbte Tentakelbulben , von denen zwei gegen- überstehende grösser entwickelt und je mit einem langen , meist spiralig eingerollten Tentakel versehen sind. Links und rechts von jedem Tentakelbulbus befindet sich ein Randbläschen , also acht im Ganzen. Die Exumbrella enthält über die ganze Fläche einzeln zer- streute, eiförmige Nesselkapseln, die ein Cnidocil nach aussen tragen. Sie geben dem Schirm ein punktirtes Aussehen. Das Velum ist verhältnissmässig schmal. Höchst wahrscheinlich ist die eben kurz beschriebene medusoide Form der Campanulina von Triest die Larve der Tima pellucida (Geryonia pellucida Will). Eirene pellucida Haeckel. Tima pellucida Agass. — Diese Qualle ist den ganzen Winter hindurch in grossen Schwärmen im Hafen und der freien See um Triest zu finden (nur im Jahre 1883 auf 1884 auffallend selten). Die grössten Exemplare mit reifen Gouodeu im Februar und März. Die Larvenentwickelung im Mai und Juni, aber auch mitten im Winter findet man Larven der Tima. Es werden daher wohl zwei Perioden der Quallenknospung vorkommen. Octorchis Gegenbauri Haeckel (Liriopsis campanulata Clans). — Fundort und Erscheinungszeit: Die Amme dieser von Haeckel zuerst beschriebenen Octorchis ist die von Claus be- schriebene Campanopsis. Dieselbe, zuerst im Aquarium der zoolo- gischen Station aufgezogen , ist später im freien Meere an Steinen und Muscheln sitzend aufgefunden worden. Die Campanopsis ent- wickelt ihre Medusenknospen am Körper des Hydrantheu im April und Mai. Junge Octorchis-Larven sind im Mai und Juni im pelagischen Auftrieb nicht selten, doch kommen auch während des Winters noch (358) Uebersicht der Seethierfanna des Golfes voa Triest. 27 junge Larven vor. Es müssen die Campanopsispolypen daher zwei Perioden der Medusenknospen haben oder es müssen in grösserer Tiefe lebende Polypen eine andere Zeit der Knospung einhalten, wie dieser Fall mir noch bei anderen Hydroidpolypen vorzukommen scheint. Die geschlechtsreife Octorchis Gegenbauri ist den ganzen Winter über, von October bis März, zu finden, indessen am häufigsten im December und Januar. Hydranthea margarica H i c c k s. — Fundort und Erscheinnngszeit: Diese interessante schöne Hydroidpolypenform schliesse hier an die Campanuliden an, da sie wie diese die Bildung einer zwischen dem Grunde der Tentakeln ausgespannten Membran zeigt. Hincks stellt die Gattung zu seiner Familie der Atractyliden, die aber eine wenig natürliche Gruppirung verschiedener Hydroidpolypen zeigt. Durch die Fortpflanzung aus Eiern, die in festsitzenden Gonophoren gebildet werden, nähert sich die Form eher den Campanalarien, doch fehlt die beckeaförmige Hülle des Hydranthen. Die Hydranthea margarica Hincks erhielt durch die Güte des Baron von Liechtenstern aus Rovigno mit grossen Stöcken von Myriozoon truncatnm, deren Aeste dieser Polyp mit seinen Stolonen überzog. Die Polypen stimmen im Ganzen mit der Beschreibung, die Hincks gegeben hat, überein, doch ist zu bemerken, dass die Knäuel grosser säbelförmiger Nesselkapseln nicht am Grunde der Arme, sondern zwischen denselben iu der Verbindungsmembran liegen, ferner waren nicht 30, sondern nur 2ü Tentakeln vorhanden. Gonophoren kamen leider nicht zur Beobachtung. Familia Aequoriden. Aequorea Forskalea Eschsch (Aequorea violacea M. Ed.). — Fundort und Erscheinungszeit: Diese Aequorea ist die einzige Aequo- ridenform, welche in der Adria vorkommt, und zwar namentlich den ganzen Winter hindurch mit ihren grossen Schwärmen das Meer belebt. Im Sommer und Anfangs Herbst findet man keine Aequoreen mehr. Die grössten Exenjpiare kommen im Frühjahre im März und April vor und findet auch zu dieser Zeit die Fortpflanzung statt. Männliche und weibliche Thiere lassen sich durch die verschiedene Färbung der Gonaden leicht unterscheiden. Erstere haben mehr bläuliche, letztere mehr rosa gefärbte Gonaden. Die Thiere stosseu ihre Geschlechts- producte gegen Sonnenaufgang in's Wasser aus. Es gelang bis anhin noch nicht, die Polypen aufzuziehen, den Wright einmal erhielt, doch nur als junges Stöckchen. Unterordnung Trachymedusen. Familia Peiasidae. Olindias Mülleri Haeckel. — Fundort und Erscheinungszeit: Diese grosse schöne Trachynjeduse erhielt durch die Gefälligkeit des um die Kenntnisse der Flora und Fauna der Adria so verdienstvollen Baron von Liechtenstern ans Rovigno und Pirano. Um Triest konnte man diese Art noch nicht finden , die wahrscheinlich felsige Küsten liebt. Die Zeit, in welcher die Olindias erscheint, ist im Herbst (359) 28 . Dr. Ed. Graeffe: und Winter, October bis Februar. Tm Frühjahr beobachtetete reife Go- naden an denselben. Familia Agiauridae. Aglaura hemistoma Peron und Lesueur. — Fundort und Erschei- nungszeit: Im pelagischen Auftrieb wurden im Monate Juni und Juli geschlechtsreife Thiere beobachtet. Larven derselben im October und November. Dieselben sind ganz farblos mit vier bis acht Gonaden- anlagen und sehr kurzen Eandarmen. 3— 4 Lithocysten und 8 Radiär- gefässen. Diese Qualle hat die Eigenthümlichkeit, nach dem Tode sich in die Länge zu strecken und das Velum nach aussen umzustülpen. "Wahrscheinlich wird die quadratische laterneuartige Gestalt der lebenden Qualle von der Musculatur der Umbrella abhängen und nach dem Tode die Elasticität der Schirmgalerte überwiegen. Familia Geryonidae. Liriope eurybia H a e c k e l. = Geryonia exigua Leuck. — Fnndort und Erscheinungszeit: Bei Triest nicht selten in den Herbstmonaten, wie im Winter. Mit reifen Gonaden im Winter. Geryonia proboscidalis. Eschsch. — Fundort und Erscheinungszeit: Selten in den Herbst- und Wintermonaten. Carmarina hastata Haeckel. — Fundort und Erscheinungszeit: Häufiger wie Geryonia , namentlich im Spätherbst und Winter (De- cember), aber immerhin doch nur so vereinzelt vorkommend , so dass anzunehmen ist, dass diese Quallen aus südlicheren Meeresstrichen durch Strömung herbeigebracht werden. Unterordnung^ Narcomedusen. Familia Solmaridae. Aeginopsis mediterranea Joh. Müller. = Solmundella mediterranea Haeckel. — Fnndort und Erscheinungszeit: Diese kleine interessante Narcomeduse mit ihren beiden eigenartig angelegten Eandarmen ist im Winter nicht selten im pelagischen Auftriebe. Thiere mit reifen Geschlechtsproducten wurden hier noch nie beob- achtet , wahrscheinlich im Frühjahre nach den Beobachtungen von Joh. Müller. Polyxenialeacostyla w i 1 1. = Solmaris leucostylus Haeckel. — Fundort und Erscheinnngszeit: Nicht selten namentlich von September bis Januar im pelagischen Auftrieb. 0 r d 0. S i p h o 11 o p li 0 r a e. Von den scliönen Thierformen der Schwimmpolypen oder Siphonophoren der südlicheren Striche des Mittelmeeres enthält der Golf von Triest nur wenige Repräsentanten. Am häufigsten das ganze Jahr hindurch ist die kleine Muggiaea Kochii. Will., dann Monophyes gracilis Claus und Haiistemma tergestina Claus in den Wintermonaten. Weitere Formen sind nur seltene Graste aus südlicheren Breiten (hiezu gehört auch Velella von Stossich einmal bei Triest beobachtet). (:160) Uebersicht der Seethierfauna des Golfes vou Triest. 29 1. Unterordnung^ Physophorae. Familia Agalmidae. Haiistemma tergestina Clausa Haiistemma pictum Metschn. — Fundort und Erschein ungszeit: Ziemlich häufige Art in den "Winter- monaten November, December und Januar, später nur vereinzelt, im Sommer ganz fehlend. Forskalia COntorta M. E d w. — Fundort und Erscheinungszeit: Selten iu den Wintermonaten, einmal sogar noch im März. Meist verstüm- melte Colonien, durch Strömungen und Wellen aus südlicheren Strichen gebracht. Unterordnung^ Calycophcras. Familia Diphyidae. Praya cym.biformis Delle Chiaje. — Fundort uud Erscheinungs- zeit: Seltene Siphonophorenform im Winter und Frühjahr in kleinen oft verstümmelten Colonien. Galeolaria aurantiaca C. Vogt. — Fundort und Erscheinungszeit; Etwas häufiger in schönen . grossen Exemplaren zur Winterszeit, namentlich im Januar uud Februar. Diphyes Kochii Will. (Muggiaea Kochii Chun.). — Fun d ort und Er- scheinungszeit: Dies ist die einzige Siphonophorenform neben Monophyes gracilis, die das ganze Jahr hindurch im pelagischen Auf- triebe zu finden ist. Die drei Generationsformen derselben am meisten im Sommer, Juli, August. Monophyes gracilis Claus. — Fundort und Erscheinungszeit: Eben- falls nicht seltene Calycophore im Winter, wie auch zu anderen Jahres- zeiten. Die Generationsform Diplophysa verhältnissmässig nicht so häufig zu beobachten, am ehesten im März. IV. Sub-Classe. Ctenophorae. Die häufigste Form derselben ist wohl die Eucharis multicornis, dann folgt Beroe ovataund Forskali i, wie Pleurobrachia rhodopis. Seltener Gast ist Cestus Veneris, sowie eine kleine bisher noch unbeschriebene Cydippide. Nur die ersterwähnte lobate Ctenophore ist jedes Jahr in grösserer Anzahl zu treifen , während die anderen Ctenophoren im Winter bald gänzlich ausbleiben, bald mehr oder weniger häufig sich zeigen. Günstige Jahre für diese, wie andere pelagische Thiere, sind solche mit vielen starken Nordoststürmen abwechselnd mit Süd- winden, Nach Will „Horae tergestina" kamen Beroiden schon im October zum Vorschein , während ich dieselben jetzt während 9 Jahren nie früher wie Ende November beobachtete. Die Er- scheinungszeiten pelagischer Thiere wechseln etwas je nach den meteorologischen Verhältnissen der Jahresperioden. (361) 30 Dr. Ed. Graeffe: Uebersicht der Seethierfauna des Golfes von Triest, Cydippidae. Pleurobrachia rhodopis Chun. — Fundort uud Erscheinnngszeit: Diese hübsche Cydippe mit den braunröthlichen Fangarmen ist in den Wintermonatea nicht selten anziitreffen. Lobaiae. Eucharis multicornis E seh seh. (Alcinoe papulosa Dell Ch. Chiaja neapolitana L e s s.) — Fundort und Erscheinungszeit: Die Eucharis ist wie tiberall im Mittelmeere , so auch im Golfe von Triest die ansehnlichste häufigste Ctenophorenform. Im "Winter von November an sind die ausgewachsenen Exemplare bis in den März und April stets zu finden. Die jungen Larven, von Will als Cydippe brevicostata beschrieben , findet man schon im August den ganzen Winter hindurch bis in das Frühjahr. Die interessante Beobachtung Chun's, dass diese jungen Larven bereits geschlechtlich sich fort- pflanzen, wurde auch hier in einem Falle bestätigt, doch war die Larve schon etwas aus dem Cydippestadium getreten. In Rovigno sah ich bereits im August Larven mit deutlichen Flügelanhängen. Immer bleibt die Eucharis in Schwärmen beisammen. Cestidae. CestUS Veneris Lessueur. — Fundort und Erscheinungszeit: Nicht alle Jahre, aber doch hin und wieder finden sich einzelne Exemplare dieser Gattung. Dieselben sind auffallend klein und schmal, wohl ent- sprechend der stürmischen Adria und der nördlichen Lage zum Mittelmeere. Beroidae. Beroe OVata Eschsch. — Fundort und Erscheinungszeit: Beroe ist in der Adria bei Triest gerade nicht häufig, indessen fehlte dieselbe nur wenige Jahre ganz und ist in anderen Jahren nicht selten, einige Male selbst häufig aufgetreten. Sie ist ausschliesslich eine Winter- ctenophore, die schon im Februar oder höchstens März wieder von der Meeresoberfläche verschwindet. Die Eier fand ich einige Male in den Gefässen, in deneu Beroe ovata gehalten wurde, im Januar. Beroe Forskalii. Chun. — Fundort und Ers cheiuungszeit. Diese von Chun zuerst mit Recht aufgestellte Art tritt bei Triest in gleichem Zahlenverhältniss , wie die Boro« ovata auf. Sie wird hier meist grösser und lässt sich durch die röthliche Färbung der Geschlechts- follikel, die schlanke Form, sofort erkennen. Haus: Or/aJisy.strm //rrSbtmaO'podm VprlfiQ y^Ifr«d Holder, V- k Hof-u Uriversitäts-Buchhändiep in W»n. f/nus: t;--fn/ssf.tlem rlrrSlmnaloforlrn Tfir Itt ao v^^lfred Holder, h * "«-U-Umversiläts-euchhandler in Wien , „US tirm za>/. Jns/ilitl mi II im Bd. V. Hc/ll. Ta/:jr^ Halscliek Kritm ,/ Si/mnrii/ii.f Tu/ I J"^ i.l0.t\\\\\A. Miilrn nuxilammUiislilut xiMrn Md.VIkft ITiifV. //alschek. J'^ntm tl Sifiuiicuhs. 7iiff. 4%^ \ '^////,w//(///||||||)(ll|llll|H\\\\\^\^"? ^■^ MaMi mi.i,lrni^ml.ln.sn(„i A,im,n HdJ.ffcfll.raf.fL .^.: IhitsrIhI, h'i///n(/ .Si/ii/iiiu/iis Tfif } f ,-,.rr 'f> x iL. Xrclug. Jnslilut z. HTat. BiLKUeHI. 10. .i\}t^ lUilIrr. Orgmhatim l. rhil/men.. 'ly. i m uw.^,„t.,tf,6' W Arbei/m aus ,/Jm/off. .fnsliliiljJlkn.Bd_l-Jcn I. // Mller.Onittnisalion d CIntonm Taf.X. l-i,-, J.V. />//w. .'' ■ ^X. />;ftftf. 1 \ -:,::; ] : ".^ |: /;;„„,- fuidi. /•i>.«j; '\ ^^ ? f ' "^ ' i Pill. 59 ;i, ) ( -■ ■4\ ■■'■' #- .„<-*■ "X />»• x;>' Mf„ -,'■.... • X^^ o% Imim. aus dm zaoU/istUiil zu Mm . Bd.K Hffi 11. ^i/'-W MetM-hinlwffi 'nicrsuchattgea cU Taf'B /■)\f.ö7 \5^ Fi(fA7 Tig. 'iH. Fiff.50. %J^-^ ^^ FigAS. ^Qy /,,« . ".f" "f" "f" '*r? B \i^re^^^^^^. Fig.i ^ n /Jit.-iilii/xiiliy<'n.ß,/i:ff,-/l// T.ifXM riiws: l'pliip'n villi ('iil!ilarhh.aM.t l'hj II .Wil ) ', S ' ^'' fr-' /•■','/ C'^Ji-'') V ■Wdlf . \rlvih-ji ans dein 200/ JnslUul zu llu-ri MV Hf/t // T.ifmr i.:ivl>beii. Mim II di-.sv/ilfihlsuiJikinil dtr Ci/ilinhyiikhi Taf l /^, ■!vitai aitsJem zoflJnstiluf m mmBd.KHeftlfTalllM. , V- ,•,/■,■// //am-u Cesdilcdilsapimnü da- n-pimlopodai Ttif// f aool ./iis/ililt zu m<-ii B,l l/fc/!// T,i, C.aivbbai.//imi ii OcsMciiiisapim-«/ liiihpodm Ta/ 1 :i> 7 ©7 4%^ /\€ \ «.^ N ^^......^>U^i>l^^^^.^^^^^. Malen aus dan zoohf Jaslilut a» MetiMr/ü/lM Ta/'XX \ Ftgi ".^us: ZufÄt'ff/rMt'sSf/frA/ris/aa^/yanr n -.S'cfll2»»nJeH ußecofjflJfi L" Verlagv^klfred Holder k.kt ^i^ Verlag v/Hfred Holder kk Hof-u UnivErsilats-Bunhhandlungii Alifiltn aas dem ZM/of. Jnsniut zuH 'im Bd F UrA M rafSJM. ".Cliiun.y.üi'A't'/mlfii.'iSticrArfislmfiiof^imedcr.S'r/täo/wife/tuffffnpoJeii.Ta/'äl F<3 15. -^ ■ \ p ' ) I ( ,\ nr Verlag v /klfred Häldsr. k.k.Hof-u Universiiäfs-Buchhandlung inWi ,M am dem zmIhj Jmlilut zu Wim. Bd. F Mefl m ral'Xm' . /.«/.t. ZurKmnlniss dfrKrrklmif^iy/m- d.TXr/iizo/iodn U-I/rfn/iodrli T,ijT<' Verlag V /ilfred HbMei .4Hvi///t avs äem äw% JMSfitut xtt H'/f/i. Bd. V ffr/flB TafMi: ". Claus: Zur/ix'/inüita.s Ji-r /yrinlaiäko/^ane iL'rScIiizß/iüäm u.I/ft'a/iod*n. 7iif [; Kg. fS. ^ii J // .,, S/i J-kf Id. Cs Ad -' Y \ ~ - I Verlag »jilfred Holder, k.kHor-u Universilärs-ßuchhandlung inW.e ZiiiAemilinxs Ji-rAhris/mrM/yme ArXrim/iiii/m ii l/era/li>i/rii Tm Fig. 30. 1_, c:- "-^ Ah. ff^^ -fe^ -TK- / ^ Fi«.2il Verlag v/tlfred Holder, !->; Hof i. Un,versilats-Buchhandli/ng AtiieiUf' ms dem Z'mIo^ JmMiU £ti W mi. Bd. V Ifeü IS Tai ". Vlüuii. Zut'/iM//fft}ss tJ.-r/^tii/au/i-ff/ya/if d,rSWfi2a/wt/f/i uffeef^iiJen. Tit/'U/ %ßt r-y...., Verlagv/Ifred Holder, k,k Hof-u Universilats-Buchhandlung i Jr^itf/t uas dem jo^log •^"'fif^f -^^ " '""■ ^^ ^ ^''^^ Ml Tt/f • : ^urKemrfmmidtr/u-asinu/iöfyji/ne ffi'r-S'cAüa/iof/e/i u.ÜecofiadHt.Tit/'W '•%, Verlag V /iirred Holder kk.Hof-u Universiläfs-Buchhandlung in Wien. Jrfroff/r MS dm zmhg. Mm mr zu M 'i'cn. ßä. r ffe/} M_ Ta/ .nZT ('.Claus: /^urKeMtlftissderJu-mlau/koryanp dxT.S'eßtäo/todeti uüeco/toJeU- Taf IS 1 -> F,ysfl. .^' Verlag v^iirred Holder, k kHof-u üniversilats-Buchha-dloiiä .tiWion. .yMiriimiiK/imzmihfJimiln/a/UVmMr/MrMr«/- riH-A/Kftirim lalmim. Tun Verlag v /Ifred Holder, kkNof^iJ Universitäts.Buchhandlung inWien. Alifilrn aus dem ma/ojf Jrmilul r.u \l 'irnBä r Ur/t/l/ Tu/' Ol: f H.^" Verlag V, /.Ifred -Holder, kk.Hor-ii,Umversilars-BiichhandlunginW,e M13I WHOl LIBRARY ^^ 'llllllli ■H^v^.^* >#«tMk y}^'4%'^i- -. >''^ Jf ' äT -^ ^#;« ,^ ■*. ^i^ f •* • .^^ -xi": ^ /^- ^il? ?.i ;,^-. ^