y'>K\ K$9~^x vi?--".- f;*, ■-,- ¥ ^ w N& *cv.Jc *V /v <* . v«> V Ig5** **$*& > f K$, ;-v3*'< J„ MARINE BIOLOGICAL LABORATORY. Received Accession No. Given by Place, ***flo book op pamphlet is to be removed from the Liab- OPatopy taithout tbe pepmissior» of the Tpustees. ARBEITEN AUS DEM ZOOLOGISCHEN INSTITUTE DER UNIVERSITÄT WIEN UND DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. HERAUSGEGEBEN D* C. CLAUS, O. Ö. PROFESSOR DER UNIVERSITÄT UKD VORSTAKD DES ZOOLOGISCH-VERGL.-ANATOMISCHEN INSTITUTS IN WIEN, DIRECTOR DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. TOM. VIII. Mit 30 Tafeln und 4 in den Text gedruckten Holzschnitten. WIEN, 1889. ALFRED HOLDER, K. U. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, ROTHENTHURMSTRASSE 15 Alle Rechte vorbehalten. / 33 3 VIII. Band. Inhalt. Seite Claus, Dr. C, Ueber den Organismus derNebaliden und die syste- matische Stellung der Leptostraken. Mit 15 Tafeln .... 1 Claus, Dr. C, Bemerkungen über marine Ostracoden aus den Familien der Cypridinen und Halocypriden 149 Grobben, Prof. Dr. Carl in Wien, Zur Morphologie des Pteropoden- körpers 155 Claus, Dr. C, Zur Beurth eilung des Organismus der Siphon ophoren und deren phylogenetischer Ableitung. Eine Kritik von E. Haeckel's sog. Medusom-Theorie 159 Haller, B. (Ungarn), Beiträge zurKenntniss der Textur des Central- Nervensystems höherer Würmer. Mit 5 Tafeln und 4 Holz- schnitten 175 Claus, Dr. C, Zur morphologischen und phylogenetischen Beur- theilung des Bandwurmkörpers 313 Claus, Dr. C, Ueber neue oder wenig bekannte ha lb par asi ti seh e Copepoden, insbesondere derLichnmolgiden- und Asco- myzontiden-Gruppe. Mit 7 Tafeln 327 Pintner, Dr. Theodor, Assistent am k. k. zoologischen Institute der Wiener Universität, Neue Untersuchungen über den Bau des Band- wurmkörpers. I. Zur Kenntniss der Gattung Echinobothrium. Mit 3 Tafeln 371 ARBEITEN AUS DEM ZOOLOGISCHEN INSTITUTE DEK UNIVERSITÄT WIEN UND DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. HERAUSGEGEBEN Dß C. CLAUS, O. Ö. PROFESSOR DER UNIVERSITÄT UND VORSTAND DES ZOOLOGISCH-VERGL.-ANATOMISOHKN INSTITUTS IN WIEN, DIKECTOR DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. TOM. VIII, I. Heft. Mit 15 Tafeln. WIEN, 1888. ALFRED HOLDER, K. K. HOF- UND ÜNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, I., KOTHENTHÜRMSTRASSE 15. Alle Rechte vorbehalten. Ueber den Organismus der Nebaliden und die systematische Stellung der Leptostraken. Zwei Behandlungsarten sind zur Finsterniss und Verspätung die traurigsten Werkzeuge: entweder man nähert und verknüpft himmel- weit verschiedene Dinge in düsterer Phantasie und witziger Mystik oder man vereinzelt das Zusammengehörende durch zersplitternden Unverstand, bemüht sich nahe verwandte Erscheinungen zu sondern, jeder ein Gesetz zu unterlegen, woraus sie zu erklären sein soll. Go< >h'. Von C. Claus. (Mit 15 Tafeln.) Als ich vor mehr als einem Decennium die Ergebnisse ein- gehender auf die Organisation von Nebalia G-eoffroyi be- züglicher Untersuchungen in kurzer Fassung veröffentlichte ri , um dieselben in einem besonderen diese Crustaceenform behandelnden Abschnitte für die Genealogie der Crustaceengruppen zu verwerthen, stellte ich eine ausführlichere Darstellung des Gegenstandes für die nächste Zukunft in Aussicht. Vielfache Berufsarbeiten und an- derweitige wissenschaftliche Beschäftigungen haben es verschuldet, dass sich die beabsichtigte Publication so lange verzögerte. Zudem schien es mir wünschenswerth, zuvor noch eine Reihe von Fragen, insbesondere über die Organisation der Phyllopoden und Schizo- poden , zu welchen Nebalia und Verwandte mannigfache Be- ziehungen bieten, beantwortet zu haben, um zu einem gesicherten Urtheile über die Stellung der letzteren gelangen zu können. Eine Anzahl von mir inzwischen veröffentlichter Schriften verdankt zum Theil dieser Rücksichtnahme ihre Entstehung. Wiederholt habe v) C.Claus, Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grundlage des Crustaceensystems. Ein Beitrag zur Descendenzlehre. Wien 1876, pag. 26, Taf. XV. Clans, Arbeiten ans dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft l. 1 (1( 2 C. Claus: ich in der Zwischenzeit Gelegenheit gehabt, durch erneuerte Be- obachtungen nicht nur die Richtigkeit meiner früheren morpho- logischen und anatomischen Angaben im Allgemeinen zu bestätigen, sondern dieselben auch hier und da im Detail zu corrigiren , und durch Anwendung der verbesserten Schnittmethoden wesentlich zu er- gänzen, so dass die nunmehr vorzulegende Abhandlung auch eine Reihe neuer Thatsachen bringt, welche mit Rücksieht auf die Bedeutung von Nebalia und der auf dieselbe gegründeten Gruppe der Lepto- straken für die Crustaceen ein allgemeines Interesse bean- spruchen dürften. Nachdem meine Untersuchungen zu einem gewissen Abschlüsse gelangt sind , glaube ich mit der Veröffent- lichung derselben gegenwärtig umsoweniger zurückhalten zu dürfen, als in jüngster Zeit von scheinbar berufener Seite Ansichten über Nebalia und deren systematische Stellung ausgesprochen wurden, welche, sei es aus Unkenntniss, sei es in absichtlicher Ignorirung sowohl der anatomischen Ergebnisse als der allgemeinen Schluss- folgerungen meiner früheren Untersuchungen, auf völlig unhaltbare Gesichtspunkte gestützt sind und das Urtheil der nicht näher auf dem Crustaceengebiete orientirten Zoologen auf falsche Bahnen zu leiten oder zu verwirren geeignet erscheinen. In Bezug auf die geschichtliche Entwicklung unserer Kenntniss der Leptostraken erscheint es unabweislich, eine kurze übersichtliche Darstellung derselben vorauszuschicken. Während die älteren Autoren 1), wie Leach, Lamarck, L a- treille, Nebalia zu den Malacostraken stellten, war es die Autorität von MilneEdwards, auf welche sich die nachher allgemein accep- tirte Meinung von der nahen Verwandtschaft dieser Crustaceengattung mit A p u s und Limnadia zurückführt. In seiner ersten Arbeit -) über Nebalia gelangte M.Edwards auf Grund näher mitgetheilter Beobachtungen zu der Ueberzeugung, dass jene Gattung aus der Gruppe der langschwänzigen Decapoden zu entfernen sei und sprach in einem zweiten Aufsatze3) Latreille gegenüber, welcher die Stellung derselben unter den Decapoden aufrechterhalten wollte (Regne animal. 2. edit, T. 4, pag. 584), die Meinung aus : „II me parait evident, que d'apres leur mode d'organisation, ils tendent ä etablir le passage entre les Mysis et les Apus." Gleichwohl beurtheilte er die Verwandtschaft von Nebalia mit den Phyllopoden als eine 'jEKroyer, Carcinologiske Bidrag. Naturhist. Tidskrift. 1847, 2 Raekke, T. II. '-) M. Edwards, Memoire sur quelques Crustacees nouveaux. Ann. sc. natur. 1827, I. Ser ., Tom. XIII. 2. Ser. y) Derselbe, Note snr le genre Nebalia. An. sc. nat; 1834, II. Ser., T. III. (2) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 3 weit nähere und stellte diese Gattung in seinem Crustaceenwerke l) neben Limnadia unter die Phyllopoden. Diese irrige Auffassung gab dann den Paläontologen Anlass, die fossilen als Hymenocaris, Ceratiocaris, Dictyocaris, Peltocaris beschriebenen Crustaceenreste auf Grund ihrer Aehnlichkeit mit Nebali a für Phyllopoden auszugeben. So äusserte sich S alter2; über die verwandtschaftliche Beziehung jener fossilen Gattungen in folgender Weise: „The links between these Coal-measure forma and tho.-e of lecent times are many of them wanting ; but in Nebalia we have a good representative of the compact, shield shaped form of Ceratiocaris, the two valves soldered into one, and the rostrum attached — the eyes being still beneath tbe carapace- und betrachtete dieselben als Estheria und Apus nahestehende Phyllopoden. Erst Elias Met seh nik o ff 3) lenkte wieder in die Auffassung der älteren Autoren zurück, indem er in dem Vorhandensein eines mit Chitinplatten bewaffneten Kaumagens und in der Aehnlichkeit der Embryonalentwicklung mit der von Mysis, sowie in dem vermeintlichen Auftreten eines Zoeastadiums Beweisgründe zu er- kennen glaubte. Nebalia als „phyllopodenähnlichen Decapoden" betrachten zu müssen. Ich selbst habe mich bald nachher4) jener Auffassung insoweit angeschlossen, als mit derselben die herrschende Deutung von Nebalia als Phyllopod zurückgewiesen wurde, bin aber insofern wesentlich abgewichen, als ich das von Metschni- koff als Zoea gedeutete Entwicklungsstadium nicht als Zoea anzuerkennen5) vermochte und damit die Decapod ennatur für unbewiesen erachtete. Vielmehr glaubte ich lediglich die nahezu voll- ständige morphologische Uebereinstimmung mit dem Malaco- *) M. Edwards, Histoire naturelle des Crustacees. 1840, Tom. XIII. a) J. W. Salt er, On Peltocaris, a new genus of Silurian Crustacea. Quart. Journ. of the Geological Soci-ty of Londo n. 1863, Vol. XIX. pag. 87. 3) E. Metschnikof f, Sitzungsberichte der Naturforscherversammlung zu Hannover, 1865, pag. 218, sowie in einer russischen von 2 Tafeln begleiteten Ab- handlung vom Jahre 1868. 4) C. Claus, üeber den Bau und die systematische Stellung von Nebalia etc. Zeitschr. für wiss. Zoologie. 1872, Tom. XXII. 5) Die Gründe meines diesbezüglichen Dissenses, welche Packard (in dem Berichte über The Order Phyllocarida etc. Washington 1883) zu vermissen behauptet, glaube ich in meiner Schrift vom Jahre 1872 klar genug ausgesprochen zu haben. Aber auch ohne diese Kenntniss hätte Packard, nach dem gegenwärtigen Stand- punkte unseres Wissens über die Zoea, darüber klar sein müssen, dass der Beweis für die Zoeanatur jenes Nebaliastadiums nicht erbracht wurde. 1* (3) 4 C. Claus: strakentypus vertreten und den Nachweis führen zu können, dass Nebalia den Malacostraken sehr nahestehe. Im Anschluss an diese Auffassung wurden auch die paläo- zoischen mit dem silurischen Hymenocaris beginnenden Crusta- ceenreste von den Phyllopoden ausgeschlossen und als mit Nebalia verwandte Crustaceentypen gedeutet, „welche aus niederen Ento- mostraken ähnlichen Formenreihen die Entstehung des Malaco- strakentypus vorbereiteten, während Nebalia ein in die Jetzt- welt hineinreichendesVerbindungsglied d arstelle" . Auch wurde die bislang unbekannt gebliebene männliche Form beschrieben und die an die Diastyliden und Amphipoden erinnernden Sexualeigenthümlichkeiten näher erörtert. Diese von mir vertretene Auffassung ist dor.h wohl sehr verschieden von dem, was G. 0. Sars für dieselbe ausgibt, wenn er im Anschluss an die Worte: „Thus, Dr. E. Mets chnikof f etc. was led to the result, that this form should more properly be referred to the Decapoda than to the Phyllopoda and accordingly named it a phyllopodiform Decapod" sagt: „A similar view seems also to have been partly adopted by Professor Claus in trans- ferring Nebalia from the Entomostraca to the Malacostraca." In meinem grösseren, mehrere Jahre später publicirten Werke über das Crustaceensystem *) etc. folgte sodann eine ergänzende, vor- nehmlich auf die innere Organisation Bezug nehmende Darstellung, welche die zahlreichen Beziehungen der Nebalia zu den Malaco- straken, insbesondere zu den Mysideen in der Gestaltung des Nervensystems, Herzens, Darmcanales, der Leberschläuche, Anten- nendrüse und Sexualorgane zur Kenntniss brachte. Inzwischen (1875) beschrieb Willemoes-Suhm2) eine neue Nebaliaart mit sehr verlängerten Beinästen und Kiemenblättern als N. longipes, und beurtheilte die Verwandtschaft der Ne- baliaden in anderer Weise, indem er dieselben als Familie den Schizopoden zugesellte. Im Jahre 1879 machte Packard3), ohne, wie es scheint, mit meiner schon 1872 ausgeführten Erörterung über die Verwandtschaft der Nebalia mit Ceratiocaris und den verwandten fossilen :) C. Claus, Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grundlage des Crustaceensystems. Ein Beitrag zur Descendenzlehre. Wien 1876. 2) Willemoes-Suhm, On some atlantic Crustacea from the Challenger- Expedition. Transactions of the Linnean Society of London. 1875. ) A.S. Packard, The Nebaliad Crustacea as types a new Order. American Naturalist. February 1879, Vol. XIII, pag. 128. — Derselbe, Zoology for high Schools and Colleges. New- York 1879, 1. Edit. (4) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 5 Formen der paläozoischen Zeit bekannt zu sein, den Vorschlag, die Nebaliaden und Ceratiocariden als Ordnung der „Phyll o- c ariden" zwischen den Tetradecapoden und Decapoden unter den Malacostraken aufzunehmen. Ich selbst1) stellte in der neuen Bearbeitung der Grundzüge, durch das Bedürfniss gezwungen, für Nebalia und deren fossilen Verwandten einen den ermittelten Befunden entsprechenden Platz im System anzuweisen — unter der für die fossilen Ceratiocariden mit Rücksient auf unsere höchst dürftigen Kenntnisse von denselben gebotene Vorsicht — , gegenüber den Arthrostraken und Thoraco- straken eine neue Unterclasse als „Lep tostraka" auf, die ich nach den wichtigsten an Nebalia ermittelten Gestalt- und Organi- sationsverhältnissen charakterisirte. Später hat Packard2) eine Zusammenstellung über Bau und Entwicklung der Nebalia im Wesentlichen nach Auszügen aus meinen beiden Schriften ver- öffentlicht und denselben ein Resume über die paläozoischen Ver- wandten derselben angeschlossen. In diesem hält er seine nach Nebalia charakterisirte Ordnung der Phyllocariden aufrecht, in welcher die Familien der Neb ali a d en und Ceratiocari den unterschieden werden. In neuerer Zeit ist wiederum Boas3j in die frühere Ansicb.1" von M. Edwards zurückgefallen, indem er auf Grund des Körper- und Gliedmassenbaues von Nebalia zu dem Schlüsse gelangte, dass diese Gattung zwar eine Uebergangsform von den Phyllo- poden zu den Malacostraken sei, jedoch von den letzteren als fremdartiges Element abseits stehe und angemessener unter den Pbyllopoden ihre Stellung erhalte. Ein solcher Rückfall war jedoch nur bei höchst oberflächlicher Behandlung und unter völliger Nicht- beachtung der seither über die innere Organisation festgestellten That- sachen möglich und fand als solcher bereits seine Zurückweisung. 4) Gleichwohl hat vor Kurzem eine ähnliche Auffassung, freilich aber- mals unter Ignorirung der inneren Organisation und der über dieselben publicirten Arbeiten, ihren Vertreter gefunden. In seinem Berichte x) C.Claus, Grundzüge der Zoologie. 1880, 4. Auflage, 2. Heft. '-) A.S. Packard, A Monograph of North American Phyllopod Crustacea. Washington 1883. I. The Anatomy and Developement of Nebalia, pag. 432 — 443. II. The Palaeozoic Allies of Nebalia, pag. 443 — 452. 3j J. E. V. Boas, Studien über die Verwandtschaftsbeziehungen der Mala- costrakeD. Morphol. Jahrb. 1883, Tom. VIII, pag. 519. 4) C.Claus, Neue Beiträge zur Morphologie der Crustaceen. Ueber das Verhältniss von Nebalia zu den Malacostraken, pag. 83 — 90. Arbeiten aus dem zool. Institute zu Wien etc. 1885, Tom. VI, Heft 1. (5) 6 C. Claus: über die von W illemoes-S u hm gesammelten Phyllocariden der ChalJenger-Expedition theilt G. 0. Sars1) im Anscbluss an Para- nebalia die Beschreibung einerneuen, interessanten, blinden Ne- bal i den -Gattung der Tiefsee „Nebaliops is" mit und macht uns mit seiner Ansicht über die systematische Stellung dieser Crustaceen bekannt, nach welcher Nebalia ein „C opep o d if orm- B r a n c h i o p o d" sei und die Phyllo cariden neben den P h y 1 1 o- poden, Cladoceren und Branchiuren als Ordnung der Branchiopoden ihre Stellung erhalten Allgemeine Körperform und Gliedmassengestaltung. In der äusseren Erscheinung macht Nebalia den Eindruck eines beschälten Phyllopoden, welcher in einzelnen Charakteren und insbesondere in der Gestaltung des Abdomens an die Copepoden er- innert. Die zarte lamellöse Schale, welche als Integumentduplicatur am Kopfe entspringt und den Mittelleib umschliesst, ohne mit dessen Segmenten verwachsen zu sein, weist auf ein ursprüng- liches, bei vielen Branchiopoden wiederkehrendes Verhältniss hin, welches sich auch unter den Malacostraken bei den Squilliden und bei zahlreichen Schizopoden erhalten hat. Einen ganz ungewöhnlichen fremdartigen Eindruck macht das Vorhandensein eines dritten unpaaren Schalenstückes , der bewegl ichen Kopfplatte, welche am Vorderrande beider Schaien- hälften vom Rücken aus den Vorderkopf mit den Stielaugen und Antennen bedeckt und durch die Erhebung dieser Korpertheile selbst klappenfürmig emporgehoben wird. Aehnliche als Theile der Schalen zu betrachtende Bildungen wurden bislang nur bei den fossilen Ceratiocariden gefunden und weisen auf sehr alte Formen zurück. Ausser dem Kopf wird auch der grössere Theil des Leibes von den Schalenklappen bedeckt , aus welchen nur der hintere allmälig verjüngte, dem Abdomen der Copepoden ähnliche Leibes- abschnitt hervorragt , um mit zwei fast stabförmig gestreckten Eurcalgliedern zu enden. Der bedeckte Theil lässt in seiner vorderen Hälfte acht kurze Segmente unterscheiden, welche ebensoviel Paare phyllopodenähnlicher Schwimmfüsse tragen; die hintere Hälfte wird nur aus vier etwa doppelt so langen Segmenten gebildet, denen vier Paare weit vorstehender zweiästiger Ruderfüsse ange- hören, welche dem Thiere eine gewisse, durch die Gestaltung der ') G. 0. Sars, Report on the Plnilocarida collected by H M S. Cha II enge r during the years 1873 — 1876. The voyige of H. M. S. Cb all enger, Zoology 1887, Vol. XIX. (6) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 7 terminalen frei vorstehenden Leibesregion wesentlich verstärkte Copepodenähnlichkeit verleihen. Nimmt man dann noch den so- gleich in das Auge fallenden ansehnlichen Schliessmuskel der Schale wahr, der nach Lage und Verlauf durchaus den Adductoren der OstracodeD- und Phyllopodenschalen entspricht , so hat man den Eindruck eines die Charaktere von Phyllopoden und Copepoden in eigentümlicher Weise verbindenden Schalenkrebses gewonnen, welchen man den Entomostraken unterzuordnen kaum noch im Zweifel ist. Das war auch der erste Eindruck, den ich vor vielen Jahren bei der ersten Bekanntschaft mit den mir von Metschnikoff zu- gesandten Nebalien empfing. Die äussere Aehnlichkeit, insbeson- dere mit gewissen Copepoden der Harpactiden- Familie, die Gr. 0. Sars1) zu einem so fundamentalen Irrthum in df.r morphologischen Deutung verleiten sollte, fiel auch mir sofort als ') Wenn es G. 0. Sars staunenswerth rindet, dass die grosse Aehnlichkeit der Nebalia mit gewissen Copepoden der Aufmerksamkeit der Naturforscher entgangen sei, und dass auch ich trotz meiner ausgedehnten Untersuchungen über Copepoden von dieser Verwandtschaft keine Ahnung gehabt hätte, so habe ich darauf zu er- wiedern, dass Aehnlichkeit in der Erscheinung, die mir keineswegs verborgen blieb, vielmehr beim ersten Blick überraschend schien, und morphologische Ver- wandtschaft sehr verschiedene Dinge sind. Die Aehnlichkeit der Nebalia mit dem Copepodenbau ist eine lediglich äusserliche, nicht entfernt tiefgreifende, und ich ver- mag mein Staunen nicht zurück zu halten, wie es einem Forscher wie Sars möglich war, secundäre äussere Aehnlichkeit mit Homologie so vollständig zu confundireu. Eine ernstliche Discussion der von Sars behaupteten Homologien dürfte demjenigen gegenüber, welcher dea Copepodenorganismus mit dem der Nebalia näher in Vergleich gezogen hat und eine Vorstellung vou den Anforderungen einer morpho- logischen Parallelisirung besitzt, gar nicht erforderlich sein, umsoweniger, als bei G. 0. Sars der Evidenzsatz die Stelle des Beweises vertritt. Was bei den Copepoden als Thorax beschrieben ist, wird als „u n d o u b t e d 1 y" dem vorderen Theile des Abdomens der höheren Krebse homolog gestellt, während das sogenannte Abdomen der Copepoden .,e v i d e n 1 1 y" dem hinteren Theil des Abdomens derselben oder dem Schwanz der Nebalia mit den beiden rudimentären Fusspaaren und den Farcal- gliedern entsprechen soll. Diesen Evidenzsatz als Ausgangspunkt genommen, erscheint es dann als nothwendig, den vorausgehenden mit den acht phyllopodenähnlichen Beinpaaren behafteten Mittelleib der Nebalia bei den Copepoden „only fainthly indicated" zu finden, jene acht Gliedmassenpaare durch das Kieferfusspaar der letzten vertreten zu sehen und bei den Copepoden den Ausfall des ersten Maxillen- paares (the first pair of maxillae not being developed) anzunehmen ! Schon diese Pröbchen genügen vollständig, um das geradezu Erstaunliche der Sars'schen Leistung in der Zurnckführung des Nebaliden auf den Copepodenbau erkennen zu lassen, und den Beweis zu geben, dass solchen Znrückführungen, durch welche die Morphologie zum unterhaltenden und erheiternden Spiele wird , jede wissen- schaftliche Basis mangelt. (7) 8 C. Claus: eine überraschende auf und war für den ersten Versuch der Zu- rückführung bestimmend, um jedoch nach näherer Kenntnissnahme der Gliederung und Organisation alsbald von einer besseren und richtigeren Einsicht verdrängt zu werden. Nicht nur dass bei genauerer Untersuchung die Aehnlichkeit der vier Ruderfusspaare mit den Copepodenfüssen als eine blos oberflächliche erkannt wird, während sich eine grosse Uebereinstimmung mit den Pleopoden der Malacostraken herausstellt, man findet alsbald auch fast voll- ständigen Anschluss an die letzteren in dem Zahlenverhältnisse der Extremitäten und Segmente, so dass man die Grenzen der Regionen conform mit denen der Malacostraken l) zu bestimmen im Stande ist. Die auf den Kopf mit seinen vier Antennen und drei Kiefer - paaren folgende Region von acht kurzen Segmenten und ebenso- vielen phyllopodenähnlichen Beinpaaren wird als Mittelleib oder Brust erkannt, dem Thorax der Malacostraken gleichwerthig, welcher ursprünglich acht bei Malacostrakenlarven und Schizopoden noch völlig gleichgestaltete, aus den Phyllopodenbeinen ableitbare Gliedmassenpaare trägt, während der hintere, von den Schalen bedeckte Leibesabschnitt mit seinen vier zweiästigen Beinpaaren in Verbindung mit der langgestreckten frei vorragenden Schwanzregion dem Hinterleib oder Abdomen der Malacostraken zu entsprechen scheint. Obwohl von ungewöhnlicher Grösse und von abweichender Gestaltung des äussersten Endabschnittes, ist derselbe wie jener mit sechs Beinpaaren behaftet, von denen die vier vorderen den An- forderungen des Pleopodenbaues genau entsprechen, und die beiden hinteren die einfachere Form einer früheren Entwicklungsphase, bewahrt haben. Bemerkens werth ist die flügeiförmige Integument- platte, welche das vierte Abdominalsegment jederseits auszeichnet. Die Abweichung des äussersten Endabschnittes, welcher an Stelle des so verschieden gestalteten „Telsons" aus zwei cylindrischen in zwei langgestreckte Furcalglieder auslaufenden Ringen zusammen- gesetzt ist, würde mit Hilfe der naheliegenden, überdies durch zahl- reiche Thatsachen -) unterstützten Annahme, nach welcher das Telson 1) C. Claus, Untersuchungen zur Erforschung etc. 1. c 1876, pag. 6, 23, 37 etc. Ferner: Neue Beiträge zur Morphologie etc. 1. c. 1835, pag 24. 2) G. 0. Sars, der diese Annahme (Voyage of H. M. S. Challenger, pag. 20), einfach „very unreasonable'- nennt, ist offenbar mit den dieselbe stützenden That- sachen. welche in meinen späteren von Sars unberücksichtigt gebliebenen Abhandlungen über Nebalia discutirt wurden, ganz unbekannt. Yergl. C. Claus, Neue Beiträge zur Morphologie etc. 1885, pag. 88. (8) Organismus der Nebaliden und systematische. Stellung der Leptostraken. 9 als ein zusammengezogenes, aus mehreren Segmenten hervorge- gangenes Endstück zu betrachten ist, eine ungezwungene Erklärung finden. Und diese Bezeichnung und Abgrenzung der Leibesregionen von Nebalia nach Massgabe des Malacostrakentypus wird durch die Ergebnisse der anatomischen Untersuchung bestätigt. Das Vor- handensein eines mächtig entwickelten, den Entomostraken durchaus fremden Kaumagens, welcher alle wesentlichen Theile des Edrio- phthalmen- Magens enthält, die Gestalt des Mitteldarmes mit den langen, der Wandung desselben angelagerten Leberschläuchen, die ventrale Lage der Afteröffnung, der Bau des Mysideen ähnlichen Herzens, die Gestaltung der Geschlechtsorgane mit ihren Oeffnungen an den äquivalenten Segmenten des Mittelleibes bestätigt die nahe Beziehung und den unmittelbaren Anschluss der Nebalia an den Malacostrakentypus. Unter solchen Verhältnissen ergibt sich als naturgemäss die von mir vertretene Auffassung, nach welcher Nebalia nebst den verwandten paläozoischen Formen einer sehr alten Crystaceengruppe angehöre, welche den aus den Protostraken (Urphyllopoden) abzuleitenden Stammformen der Malacostraken nahe stehe, und dass dieselbe trotz der das Schwanzende betreffen- den Abweichungen den beiden Hauptabtheilungen der Malacostraken den Arthrostraken (Edriophthalmen) und Thoraco- straken (Podophthalmen) als Leptostraken gegenüber- zustellen sei. Die nähere Prüfung des gesammten Organismus auf seine äusseren Körpertheile und inneren Organe, die Vergleichung der Befunde mit dem Organismus der Arthrostraken und Podo- phthalmen wird es dem Leser möglich machen, sich über die Be- rechtigung dieser Zurückführung gegenüber der in jüngster Zeit zu Tage getretenen Missdeutungen ein sachgemässes Urtheil zu bilden. Die Antennen. Die vorderen Antennen von N. Geof froyi bestehen, um mich wörtlich an meine ältere Beschreibung zu halten, „aus einem kräftigen, viergliederigen, in der Mitte knieförmig nach hinten um- gebogenen Schaft und zwei Geisselar.hängen, von denen freilich der eine zu einer breiten, borstenrandigen Platte umgeformt, an die Schuppe erinnert, welche das zweite Antennenpaar der meisten langschwänzigen Decapoden auszeichnet und für die Schwimmbe- wegung so wichtige Dienste leistet. Die Hanptgeissei ist schmal, 10— 12gliederig, und trägt, zwischen den Borsten vertheilt, Gruppen von „Riechfäden", die im männlichen Geschlechte in viel dichterer Häufung die hier stark aufgetriebenen Fühlerglieder umlagern". (3) 10 C. Claus: Die knieförmige Beugung des Schaftes ist eine doppelte und steht in Beziehung zu der Bewegung der Kopfklappe. Das durch höckerformige Vorsprünge und wulstartige Auftreibungen auffallend unregelmässig geformte Basalglied liegt unterhalb des Stielauges schräg ventralwärts gerichtet und wird durch Muskelgruppen (A'M) nach vorn gehoben, beziehungsweise nach hinten gezogen. Das in der Verlängerung folgende zweite Schaftglied, welches eine langge- streckte, cylindrische Form besitzt, kann zu dem ersten in nahezu rechtem, dorsalwärts geöffneten Winkel gebeugt werden. In diesem Falle erhebt sich dasselbe nach vorne und berührt mit seinem Ende die emporgehobene Kopfklappe (Taf. I, Fig. 2). Das dritte Schaft- glied, welchem sich das kurze, verbreiterte, vierte Glied nur wenig beweglich anschliesst, wird in umgekehrter Richtung in einem ventralwärts und nach hinten offenen Winkel gebeugt, bei welcher Haltung die Geissei nach hinten gerichtet ist. Auch die eigenthümliche Anordnung der Borsten am Schafte verdient beachtet zu werden, zumal dieselbe bei Paranebalia in ganz ähnlicher Form wiederkehrt. Während das basale Glied der Cuticularanhänge entbehrt, erhebt sich an der lateralen Fläche des zweiten Gliedes eine Längsreihe langer Fiederborsten, zu der noch eine grosse, vereinzelt stehende dorsale Fiederborste und am distalen Rande ein Büschel quer gestellter Borsten hinzukommt (Fig. 4). Auch dieses gehört der lateralen Fläche an, setzt sich aber dorsalwärts bis zur Medialseite in eine Querreihe von acht verschieden langen Borsten fort, von denen fünf im männlichen Geschlechte zu ansehnlichen Stacheln (Fig. 5) umgestaltet sind. In dieser stärkeren Bewaffnung des Schaftes liegt ein leicht bemerkbarer Sexualcharakter der männlichen Antenne. Ein ähnlicher , jedoch mehr der medialen Fläche zugehöriger Borstensaum findet sich am Ende des nachfolgenden Gliedes , an welchem stärkere Dornen oder Stacheln fehlen. Das vierte Glied, welches sich von seiner Basis aus distal- wärts verbreitert und an der oberen dorsalen Seite in einen langen, zapfenförmigen Vorsprung ausläuft, erscheint an der lateralen Fläche des letzteren von einer unteren und oberen Längsreihe von Borsten besetzt , von denen sich die letztere in eine Gruppe von Stacheln fortsetzt. Im weiblichen Geschlechte sind es meist nur drei oder vier (Fig. 4), im männlichen dagegen (Fig. 5') fünf oder sechs Stacheln, welche die dorsale Bewaffnung des Vorsprunges bilden, eine Abweichung, welche ebenfalls zur Unterscheidung des Ge- schlechtes in Betracht gezogen werden kann. Zu diesen Cuticular- (10) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 11 anhängen kommt noch eine sehr lange Geisseiborste am schräg ab- gestutzten Distalrande des vierten Schaftgliedes zwischen Fächer- anhang und Geissei hinzu. Bei Paranebalia ist der Fortsatz am vierten Schaftglied ausserordentlich stark und an seinem freien Aussenrand durch zahnartige Kerben wie gesägt. Die Geissei, welche sich als Träger der Riechfäden in beiden Geschlechtern verschieden verhält, besteht im geschlechtsreifen Zustande des Weibchens meist aus 10—12 Gliedern, deren Zahl sich jedoch durch Abschnürung neuer Glieder am Ende des lang- gestreckten Basalgliedes noch um 1 oder 2 erhöhen kann, im männlichen Geschlecht in der Regel eine grössere ist und selbst auf 15 und 16 steigt. Dies Verhältniss gilt nicht nur für die Triester Nebalia, sondern auch für die als N. bipe s beschriebene nordische Form. Es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, dass nach Alter und Oertlichkeit grössere Variationen in der Länge und Gliederzahl der Geissei auftreten. Nicht selten findet man die Zahl der Glieder an beiden Antennen um 1 verschieden, indem beispielsweise die Jinke Antenne des Weibchens 12, die rechte 13 Geisseiglieder besitzt. Dann ist das Basalglied der Geissei an beiden Seiten ungleich lang, an der Seite mit höherer Gliederzahl kürzer und um eine Gruppe von Riechschläuchen ärmer. Die letzteren entspringen an der dorsalen, nach oben gekehrten Fläche auf kleinen Vorsprängen, welche der Autennengeissel in der Seitenansicht ein gezahntes Ansehen verleihen. Nach dem verjüngten Ende zu werden die Glieder beträchtlich länger und gestreckter, während sich zugleich die Vorsprünge im Zusammenhang mit der verminderten Zahl von Cuticularanhängen und Riechborsten allmälig mehr und mehr ver- lieren. Besonders umfangreich und zu wulstförmigen Anschwel- lungen verstärkt erscheinen die Vorsprünge im männlichen Ge- schlechte, wo sie einer viel grösseren Zahl von Riechschläuchen die Insertion geben (Fig. 5). Viel geringer ist die Zahl der letzteren bei Paranebalia, deren Antennengeissel beim Weib- chen an jeder Borstengruppe nur einen Riechschlauch trägt. In jeder Gruppe von Riechschläuchen finden sich mehrere schwachgebogene, sondenähnliche Tastborsten, von denen eine oder zwei über die Enden jener hinausragen. Aehnliche Tastborsten, und zwar je eine nahe am Vorderrande jedes Gliedes, stehen auf der Medianfläche fast rechtwinklig zur Längsachse der Antennen nach unten gerichtet (Fig. 4). Im jugendlichen Alter verhält sich der ßorstenbesatz und die Bewaffnung der Stacheldornen, welche später einen Sexual- en) 12 C. Claus: charakter bilden, weit einfacher, obwohl die allgemeine Form der Antenne dieselbe ist. An eben aus dem Brutraum ausgeschlüpften Larven von 1'5 Mm. Länge besteht die Antennengeissel nur aus drei Gliedern, von denen das basale langgestreckt ist und ein einziges Haarbüschel mit 4 Riechschläuchen, das zweite ein solches mit 2 Riechschläuchen trägt, Mit der nachfolgenden Häutung, nach welcher das vierte Ruderfusspaar eine dem vorausgehenden ähnliche Gestaltung gewonnen hat, wird die Antennengeissel viergliedrig. später an 2'5 bis 3 Mm. langen Formen fünf- gliedrig. Ein bemerkenswerther Charakter der Antenne liegt in dem Vorhandensein der gestreckt ovalen Platte, welche an dem oberen, stark vorspringenden (von Packard irrthümlich als besonderes fünftes Glied betrachteten) Fortsatze des vierten Schaftgliedes entspringt und die Geisseibasis von oben und aussen bis zum vierten Gliede bedeckt. Der obere dorsale Rand derselben trägt einen dichten Besatz ungleich langer und verschieden gestalteter Borsten, welcher über den gerundeten Distalrand reicht und am unteren Ende desselben mit einer starken , meist abwärts ge- richteten Borste endet. Aber auch über die mediale, den Cuticular- anhängen der Geissei zugekehrte Fläche der Platte verläuft in schwachem Bogen eine Reihe (meist 8) kurzer Borsten , welche die Form und Bedeutung der Sondenborsten wiederholen und zum Tasten dienen möchten. Aehnlich verhält sich die erste Reihe der Randborsten, welche um vieles länger sind, und dorsalwärts emporgerichtet die drei lateralwärts nachfolgenden Reihen de" hier viel dichter gestellten Randborsten winklig durchkreuzen. Diese sind mehr schräg nach vorn, beziehungsweise longitudinal gerichtet und entsprechen stärkeren, zur Locomotion und zum Schutze dienenden Anhängen. Die Borsten der äussersten Reihe gehören der Lateralfläche an und zeichnen sich bei relativ geringer Länge und bedeutender Stärke durch eine sägeartige Zähnelung ihrer oberen Hallte aus. Die Deutung dieser functionell der Schuppe am zweiten Antennenpaare der Mysideen vergleichbaren Platte habe ich bereits früher in der genealogischen Grundlage des Crustaceensystems (zu geben versucht, bevor dieselbe von Packard unrichtiger Weise dem Exopoditen der Rumpfgliedmassen gleichgestellt wurde). „Die Vorderantennen", äusserte ich mich in dieser Schrift, „scheinen freilich auf eine Ausnahmsstellung hinzuweisen , indem sie als Nebenast eine mit Borsten besetzte Platte tragen, welche mit (12) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 13 der Schuppe an der zweiten Antenne der langschwänzigen Deca- poden verglichen werden kann und vielleicht auch bei der Schwimm- bewegung eine ähnliche Function ausübt. Indessen ist es auch bei den Malacostraken gar nicht ungewöhnlich , dass diese ur- sprünglich nur durch eine Gliederreihe bezeichnete Extremität einen kurzen (Amphipoden) oder auch langen, geisselartigen Nebenast erzeugt. Bei den Stomatopoden und einigen lang- schwänzigen Decapoden trägt die vordere Antenne sogar drei Geissein, von denen zwei Nebenästen entsprechen. Der Vorgang, durch welchen die Bildung eines secundären, nicht mit dem äusseren Schwimm fussaste1) zu verwechselnden Nebenastes eingeleitet wird, vollzieht sich überall in höchst einfacher und wesentlich übereinstimmender Weise , indem sich ein Glied in einen Fortsatz auszieht , der sich mit dem weiteren Wachsthum beweglich absetzt und mit einer späteren Häutung in zwei oder mehrere Glieder zerfällt". Somit hatte ich nicht nur die morphologische Verschiedenheit dieses als secundären Neben- astes gedeuteten Schuppenstückes von dem Exopoditen oder äusseren Schwimmfussast der Rumpfgliedmassen ausdrücklich2) hervor- gehoben, sondern auch die Gleichwerthigkeit mit dem Nebenaste an den Vorderfühlern der Malacostraken unter Hinweisung auf dessen secundäre Entstehungsweise zu begründen versucht. G. 0. Sars, welcher sich gegen die Gleichstellung der äusseren Platte des N ebaliafühlers mit dem Nebenaste der Malacostrakenantenne erklärt , kennt offenbar meine Begründung gar nicht und bringt zum Beweise seiner Ansicht zwei Argumente vor: 1. Die Viergliedrigkeit des Schaftes im Gegensatze zu dem dreigliedrigen Schafte der Malacostrakenantenne. 2. Das Lagenverhältniss der Platte zur Geissei , welches das umge- kehrte als bei den Malacostraken sei. Was den ersten Punkt anbelangt, so beweist derselbe an sich gar nichts gegen die Zurückführung der Platte auf einen secundär entstandenen Nebenast, der ja bei den Leptostraken an einem anderen Gliede , eben am vierten an Stelle des dritten , hätte entstanden sein können. Indessen ist es in hohem Grade wahrscheinlich, x) Als solcher (Exopodit) wnrde derselbe später von Pack ard irrthümlich gedeutet. 2) Ich betone diese meiue Darstellung unter Heranziehung des citirten Passus deshalb besonders, weil B o a s bei Gelegenheit seiner im Wesentlichen übereinstimmen- den Beschreibung behauptet hatte, es sehe recht plausibel aus , den Schaft und den Innenast des Vorderfühlers als Endopodit, den Aussenast als Exopodit aufzu- fassen, was bisher auch immer geschehen sei. Boas, 1. c. II, pag. 490. Vergl. auch C.Claus, Neue Beiträge zur Morphologie. 1. c. pag. 5. (13) 14 C. Claus: dass trotz der Verschiedenheit in der Gliederzahl des Schaftes die Ursprungsstelle in beiden Fällen die nämliche ist. In gleicher Weise, wie der fünfgliedrige Schaft der zweiten Antenne dem ur- sprünglich zweigliedrigen Schaft gegenüber, auf welchem sich neben dem Endopodit der Exopodit erhob, einen secundäten Formzustand bezeichnet, wofür nicht nur die Metamorphose der Penaeiden etc., sondern auch das Verhalten von Apseudes einen zutreffenden Beleg gibt, könnte auch die Dreigliedrigkeit des Schaftes der vor- deren Antenne mit Rücksicht auf den Ursprung des zur Neben- geissel sich entwickelnden Seitenfortsatzes einen späteren Zustand bezeichnen. Dass dem in der That so ist, lehrt nun die erst kürzlich von mir beobachtete Entwicklungsweise der Haupt- und Nebengeissel an den Vorderantennen von Apseudes. An den Embryonen und Larven dieser Arthrostrakengruppe besitzt nämlich die Vorderantenne, wie ich1) in meiner Abhandlung über Apseudes zeigte, einen viergliedrigen Schaft, dessen viertes Glied sich in die Hauptgeissel fortsetzt und seitlich die dreigliedrige Nebengeissel erzeugt hat. Erst im Laufe der freien Entwicklung spaltet sich das kurze vierte Schaftglied der Länge nach in zwei Stücke , welche sich schliesslich vollständig von einander trennen und zu den Grund- gliedern der Hauptgeissel und Nebengeissel werden, während sich der Schaft auf drei Glieder reducirt. Die ursprüngliche Glieder- zahl des Schaftes stimmt demnach mit der des Antennenschaftes von Nebalia überein und erscheint erst secundär bei Apseudes und vielleicht in gleicher Weise bei den Malacostraken überhaupt auf drei Glieder herabgesetzt. Was das zweite Argument anbelangt, welches sich auf die entgegengesetzte Lage der äusseren und inneren Geissei stützt, so ergibt sich dasselbe bei näherer Betrachtung in gleicher Weise als hinfällig. Offenbar hat G. 0. Sars ein ganz untergeordnetes Ver- hältniss in den Vordergrund gestellt, das Wesentliche aber, auf das es bei der morphologischen Beurtheilung ankommt, unbeachtet gelassen. Nicht eine der ßiechfunction dienende Aussengeissel und eine mit Tasthaaren besetzte Innengeissel erheben sich am Schaft- ende als gleichwerthige Bildungen, sondern eine die Riechhaare tragende Hauptgeissel bildet die Fortsetzung des Schaftes , an dessen Ende die secundär entstandene Nebengeissel entspringt. Allerdings liegt diese bei den Thoracostraken und Amphipoden l) C. Claus, LTeber Apseudes Latreillii Edw. und die Tanaiden. II. Wien 1887. Taf. I, Fig. IA\ (14) Organismus der Nebaüden und systematische Stellung der Leptostraken. 15 an der medialen Seite der Hauptgeissel , deren Riechhaare an der lateralen Fläche vorstehen , und man kann daher nach diesem Lagenverhältniss die Hauptgeissel auch als äussere oder laterale, die Nebengeissel als innere oder mediale bezeichnen. Diesem Verhältniss aber morphologisch einen bestimmenden Werth beizulegen, erscheint durchaus verfehlt, nicht nur weil man mit demselben Rechte die Ungleichwerthigkeit der mit Riechfäden be- hafteten Geissei, welche beiNebalia die innere, beidenAmphi- p o d e n und Decapoden die äussere ist, behaupten musste, sondern mit Rücksicht auf die Beziehung, welche die Lage des secundären Anhanges zur Function bietet, in welcher die Modifikation der Lage begründet sein dürfte. Die Entwicklung der Riechfädenbüschel an der äusseren oder lateralen Seite der Greissei resultirt wahrscheinlich aus dem Bedürfniss einer möglichst freien, flächenhaften Entfaltung in dem umgebenden Medium und kehrt als allgemeiner Charakter an allen mir bekannt gewordenen Fühlerbildungen wieder. Hiermit steht im Zusammenhange, dass eine secundär auftretende, gegliederte Nebengeissel , deren Bedeutung vornehmlich in der Tastfunction liegen dürfte, an der Medialseite der Hauptgeissel zur Entwicklung kommt. Gestaltet sich aber die Anlage dieses Nebenanhanges zu einer borstenrandigen Platte von vorwiegend locomotorischer Function. so wird dieselbe, analog der sogenannten Schuppe am zweiten Antennenpaare der Garneelen, an die laterale Seite des Schaftes rücken müssen, wo sie unbeschadet der Ausbreitung der Riech- haare zu einer leichteren und besseren Wirkung gelangen kann. In diesem Sinne wird die nach aussen und oben (dorsalwärts) ge- rückte Lage der Fächerplatte des Nebaliafühlers im Gegensatze zu dem als Innengeissel auftretenden Nebenanhang der Malacostraken- fühler zu erklären sein. Dagegen ist mir kein Phyllopod bekannt, dessen Vorderantennen einen jener Platte gleichzustellenden Anhang tragen, und wenn G. 0. Sars den Copepodenfühler in Consequenz seiner unglücklichen Betrachtungsweise heranzieht, um in der geniculirenden Verbindung der Glieder den Ausdruck der nahen Beziehung zu finden und vor der Ableitung des Nebenanhangs aus einer Riechborste der Harpactidenantenne nicht zurückschreckt, so bezeugt er mit einer solchen Homologisirung lediglich, zu welch absurden Deutungen in der Morphologie ein verfehlter Ausgangs- punkt zu verleiten vermag. Das zweite Antennenpaar (Taf. II, Fig. 1—9). Meiner früheren Darstellung gemäss ist ,,der Schaft desselben ebenfalls knie- förmig gebogen, jedoch nur aus drei Gliedern zusammengesetzt und (15i 16 C. Claus: läuft in eine schmale, etwa 12 — 17gliedrige Geissei aus". „Im männ- lichen Geschlechte ist dieselbe wie bei den Cumaceenmännchen ausser- ordentlich, fast bis zum hinteren Körperrande verlängert und besteht aus ungefähr SO Gliedern, eine in der That so auffallende Geschlechts- differenz, dass man an ihr sofort die Männchen zu erkennen im Stande ist." Ich fügte dieser Beschreibung später (Crustaceen- system) noch die Ansrabe hinzu, dass die Geissei im männlichen Geschlechte an sämmtlichen Gliedern zarte Sinnesfäden trägt. Streng genommen ist jedoch die Geniculation des Stieles eine zwiefache (Taf. II, Fig. 1), indem nicht nur das zweite und dritte, sondern auch das erste und zweite Glied miteinander geniculiren. Allerdings erscheint die proximale Geniculation minder ausgeprägt und entzieht sich leichter der Beobachtung, tritt jedoch bei bestimmter Muskelaction deutlich hervor, indem das zweite Glied ganz ähnlich wie das entsprechende am Schafte der Vorderantenne zum Basal- gliede in einem stumpfen, nach vorn geöffnetem Winkel gestellt wird. Umgekehrt verhält sich die Stellung der viel ausgeprägteren nachfolgenden Geniculation, durch welche das dritte, die Geissei tragende Glied einen mehr oder minder spitzen, nach unten und hinten geöffneten Winkel mit dem zweiten Gliede bildet und längs des Körpers longitudinal nach hinten gewendet wird. In dieser Gelenks- stellung jedoch einen Beweis für den engeren, morphologischen Anschluss an die Copepoden zu finden, scheint mir in dem Masse ver- fehlt, dass überhaupt eine ernstliche Widerlegung überflüssig ist, zumal die Aehnlichkeit mit der entsprechenden Copepoden- und insbe- sondere Harpactic us antenne lediglich als eine rein äussere gelten kann, welche für die Beurtheilung der näheren Verwandtschaft nicht in Frage kommt. Wenn G. 0. Sars die hintere Harpacticusantenne aus drei bestimmt begrenzten Gliedern zusammengesetzt sein lässt und das vierte Glied mit den Klammerborsten als rudimentäre Geissei betrachtet, so steht diese Deutung weder in irgend- welcher Beziehung zur Entwicklung der Gliedmasse , die bekannt- lich im Jugendzustande am zweigliedrigen Schaft einen Nebenast trägt und diesen auch bei den Calaniden, Pontelliden und hoch entwickelten Copepoden bewahrt, noch lässt sich dieselbe durch die Gestaltungsverhältnisse der Antenne dieser letzteren begründen, sondern erscheint lediglich seiner unglücklichen Theorie zu lieb erfunden. Packard stellt den Schaft der Nebalia- antenne als zweigliedrig dar , indem er das dritte mit dem Schaftende geniculirende Glied zur Geissei bezieht. In der That würde man diese Auffassung dann berechtigt finden, wenn es (IG) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 17 sich um die Abgrenzung des primären Schaftes handelte, welcher dem zweigliederigen Stamme der Rumpfgliedmasse entspricht und sich unter den Malacostraken z. B. bei Apseudes als solcher erhalten hat. Denn erst secundär gestalteten sich die basalen Glieder des zur Geissei werdenden Endopoditen stilartig . gewisser- massen zu einem Schafte zweiter Ordnung, welcher sich im Falle der Erhaltung des Exopoditen vom primären Schafte sehr bestimmt abhebt, während derselbe da, wo der Exopodit hinweg- fällt, den distalen meist dreigliedrigen Abschnitt des zusammen- gesetzten oder secundären Schaftes bildet. Demgemäß wird der letztere in der Regel aus fünf Gliedern gebildet sein. Indessen erscheint diese Gliederzahl keineswegs so constant, dass sie als typischer Charakter der Malacostraken- Antenne in Frage kommen könnte. Bei zahlreichen Arthrostraken und insbesondere Hyperiden sinkt dieselbe auf eine geringere Zahl herab, indem nicht nur das Basalglied des primären Schaftantheiles in die Kopf- fläche einschmilzt, sondern auch der distale Antheil zwei- oder ein- gliedrig werden kann. Bei den G a m m a r i d e n ist der Schaft 4- oder 3gliedrig, und diesen steht Nebalia in der Gestaltung der Fühler überhaupt am nächsten. Wenn daher G. 0. Sars die Dreigliedrigkeit des Schaftes als Einwand gegen die Zurückführung der Nebalia- Antenne als Malacostrakenfühler vorbringt, da bei allen bekannten Malacostraken die Zahl der Scliaftglieder eine grössere, und zwar die Fünfzahl sei , so erscheint dieser Einwand schon wegen der Unrichtigkeit der Begründung hinfällig. Dazu kommt noch die grosse Uebereinstimmung mit der hinteren Antenne derCumaceen- Männchen, deren Schaft nicht nur die gleiche Geniculation zeigt, sondern auch an seinem langgestreckten distalen Abschnitte keine weitere Gliederung erfährt und an der vielgliedrigen verlängerten Geissei eine grosse Zahl von Sinnesborsten trägt. Bezüglich der besonderen Gestaltung der drei langgestreckten Schaftglieder bemerke ich, dass am distalen Ende des basalen Gliedes, in welchem die Antennendrüse liegt, ein wulstförmiger Vorsprung sich erhebt, gegen welchen das nachfolgende Glied ge- lenkig bewegt wird. Dieses ist am oberen Ende seines distalen Randes mit einem hakenförmigen Fortsatz bewaffnet, der im männ- lichen Geschlechte durch viel bedeutendere Stärke hervortritt. Borstenanhänge fehlen an beiden Gliedern vollständig, treten aber um so reicher am dritten Schaftgliede auf, an welchem man einen mächtigeren Proximalabschnitt und ein etwas verschmälertes, kürzeres Distalstück unterscheiden kann. Beide entsprechen wahrscheinlich Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 1. 2 (17) 18 C. Claus: besonderen Gliedern, die in der That bei Nebaliopsis (ähnlich wie beiden Am phipoden) getrennt erscheinen. Der proximale Abschnitt ist an seiner oberen dorsalen Fläche mit sieben oder acht Stachel- dornen bewaffnet, zu deren Seite medialwärts lange, gefiederte Haarborsten stehen , während nach der lateralen Fläche des Gliedes hin stärkere gekrümmte und stachelartige Borsten ent- springen, Dann folgt noch in weiterem Abstände eine Längsreihe von meist fünf flächenständigen Borsten , von denen die vordere Stachelborste eine dicht gestellte Borstengruppe lateralwärts ah- schliesst (Taf. II, Fig. 2). An der medialen Fläche des Abschnittes erhebt sich nahe der Basis eine bogenförmige Reihe schwacher, con- tinuirlich an Länge zunehmender Borsten (Taf. II, Fig. 3), welche eben- falls mit einer langen Fiederborste abschliesst. Ausser dieser findet sich noch eine viel längere Fiederborste an der unteren Seite desselben Abschnittes. Das distale Stück des Schaftgliedes endet mit einer oberen dicht gestellten Stachelreihe, einer Randgruppe von fünf bis sechs Borsten der Lateralfläche, und einem randständigen, quer über die Medialfläche gestellten Saum von langen Fiederborsten, Die nordische als bipes unterschiedene Nebalia stimmt in der Gestalt und Borstenbewaffnung des Antennenschaftes mit der mediterranen Form im Wesentlichen überein, während Para- nebalialongipes in der Bestachelung , sowie durch die grössere Länge des Distalstückes abweicht. Bemerkenswerth erscheint aber für Nebalia die Divergenz in der Bewaffnung des Antennen- schaftes am ausgebildeten geschlechtsreifen Männchen , dessen jugendliche Zustände den Charakter der weiblichen Form wieder- holen. Dieselbe beschränkt sich nicht auf die bereits erwähnte Grösse des Hakenfortsatzes am zweiten Gliede, sondern betrifft auch die Haken und Borsten am dritten Schaftgliede, welche letztere bedeutend "schwächer entwickelt und theilweise wie die des kranz- förmigen Saumes am distalen Rande fast verkümmert erscheinen. Weitere Argumente für den Anschluss an die Malacostraken- Antenne liegen in dem Verhalten der Geissei und der Verwendung derselben im männlichen Geschlecht als hoch entwickelter Sinnes- apparat. Die Antennengeissel der geschlechtsreifen Weibchen be- steht je nach Grösse, Alter und Fundort aus 12 — 17 und mehr Gliedern, während .sie im männlichen Geschlecht bei ganz ver- schiedener Gestaltung des Borstenbesatzes wohl die 3 — 4fache Länge erreicht und etwa 80 und mehr Glieder unterscheiden lässt. An den aus dem Brutraum ausschlüpfenden Larven mit noch un- vollständiger Entwicklung der Abdominalfüsse ist keine sexuelle Verschiedenheit weder der vorderen noch hinteren Antenne ersieh t- (18) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 19 lieh, alle Formen verhalten sich im Antennenbau untereinander gleich, indem auf dem bereits charakteristisch gestalteten drei- gliedrigen Schaft eine dreigliedrige Geissei aufsitzt, von deren lang- gestrecktem Basalgliede sich mit den nachfolgenden Häutungen neue Glieder absetzen. (Taf. II, Fig. 1.) Aber schon in den nächstfolgenden Jugendstadien, deren An- tennen bei allmäiiger Verlängerung eine grössere Zahl Geissel- glieder gewinnen, tritt in der Gestaltung dieser Gliedmassen ein Unterschied hervor. An jungen Nebalien von etwa 21 2 Mm. Länge mit bereits normaler Gestaltung des vierten der vorderen Abdominal- beine ist die Gliederzahl an der Geissei der hinteren wie auch vorderen Antenne auf 4 oder 5 vermehrt, und man kann jetzt schon die männlichen und weiblichen Formen an dem Verhalten des neu gesonderten Gliedes am Basaltheile der Geissei des zweiten Antennenpaares unterscheiden. Viel bestimmter tritt der Gegen satz an etwas älteren Formen von circa 3 bis 4 M. Länge hervor. Man beobachtet jetzt recht übersichtlich die charakteristische An- ordnung der Borsten an den Geisselgliedern der hinteren Antenne. Auch hier wiederholen sich die Borstengruppen nahe dem distalen Rande der oberen Fläche, welche bei der gewöhnlichen nach hinten gestreckten Lage der Antenne nach unten gerichtet sind. Jede Gruppe besteht aus einer Querreihe von drei diver- girenden Stachelborsten , von denen die mittlere nur kurz , aber um so kräftiger erscheint, und einer dazwischen stehenden zarten, wohl zum Tasten dienenden Sondenborste. Hierzu kommt noch auf der entgegengesetzten Seite eine längere quer abstehende Sondenborste. Am Termin algliede stehen die Borsten zusammen- gedrängt und die verlängerten Borsten haben den Charakter von Stachelborsten verloren (Fig. 4). So verhält sich die Antennen- geissel der jungen weiblichen Form. Die Antennen der gleich- grossen Männchen zeigen jedoch bereits ein abweichendes Ver- halten der Geisselglieder, indem an dem drittletzten oder viert- letzten Gliede eine seeundäre Gliederung beginnt, die nach der Basis zu fortschreitet. Das drittletzte oder viertletzte Glied ist nämlich in zwei , das vorausgehende in drei , die nach der Basis folgenden in vier oder fünf Glieder aufgelöst, und ebenso zeigt das langgestreckte Basalglied innerhalb der drei oder vier theil- weise schon mit ßorstengruppen versehenen Absätze, welche auch an der weiblichen Antennengeissel vorhanden sind und ebenso vielen später zur Abtrennung kommenden Gliedern entsprechen, unterhalb der Cuticula die kurze Ringelung, welche die seeundären 2* (19) 20 C. Claus: Glieder liefert (Fig. 5). Bei etwas grösseren Formen von 5 bis 6 Mm. Länge erscheinen die Geisselglieder an beiden Antennen . auf neun Glieder vermehrt , von denen die neugebildeten aus dem inzwischen noch mehr verlängerten und mit neuen Gliederanlagen versehenen Basalgliede zur Sonderling gelangt sind. Mit dem Her- vortreten der secundären Gliederung macht sich aber meist eine Unregelmässigkeit im Ursprung der zu einer Gruppe gehörigen fünf Borsten bemerkbar, indem sich dieselben nicht mehr in einer Querreihe am Distalrande des Primärgliedes erheben, sondern sich auf benachbarte Secundärglieder dieses letzteren vertheilen (Fig. 7). Auch können an jenen einzelne Borsten sich wiederholen, so dass die Zahl derselben an den vier oder fünf zu einem Abschnitte gehörigen Secundärgliedern eine grössere wird. Mit dem weiteren Wachsthum (Fig. 8) erhöht sich die Gliederung der männlichen Antennengeissel entsprechend der Zahl der Abschnitte, deren secun- däre Gliederung mit der Abstreifung der Haut keine Veränderung erfährt, bis schliesslich im letzten Jugendstadium, mit dessen Häu- tung die geschlechtsreife Form hervortritt, eine im Vergleich zum weiblichen Thiere bereits recht ansehnlich gestreckte An- tennengeissel zum Vorschein kommt, deren Basalglied unter der Haut sechs und mehr secundär geringelte Abschnitte erkennen lässt, während die nachfolgenden Abschnitte mit Ausnahme der zwei oder drei Terminalglieder in fünf, vier, drei oder zwei kurze deutlich abgesetzte Glieder zerfallen sind. Eine solche Geissei wurde auch bereits von Packard1) abgebildet, merk- würdigerweise aber gar nicht von der weiblichen unterschieden, geschweige denn als Antenne de? jungen Männchens erkannt. Mit dem Uebergang in den Zustand des geschlechtsreifen Männ- chens erscheint die Antenne wesentlich verändert, indem der an der Geissei und deren Borstenbesatz bislang ausgesprochene weibliche Habitus zu Gunsten einer anderen Gestaltung gewichen ist, welche die Function des Sinnesapparates in den Vordergrund treten lässt. Nunmehr werden nahezu an 80 Glieder unterschieden , von denen jedes an der oberen Seite nahe dem Terminalrande einen blassen schlauchförmigen Cuticularanhang trägt, neben welchem drei kurze, eine aufwärts gerichtete und zwei rechtwinklig abstehende, Borsten entspringen. Die den weiblichen Geisselgliedern entsprechenden Hauptabschnitte, aus deren secundärer Gliederung die Vermehrung der Gliederzahl abzuleiten ist, sind noch aus der Zahl der zarten Borstenfäden , welche den oberen Borstengruppen gegenüber ent- *) Packard 1. e. Taf. XXXVII, Fig. 2. (20) Organismus der Nebaliden und sj^stematische Stellung der Leptostraken. 21 springen und nach entgegengesetzter Richtung rechtwinklig ab- stehen (Taf. II, Fig. 9b) bestimmbar. Am proximalen Theile der Geissei erscheinen die Glieder kurz und gedrungen, strecken sich dann aber im weiteren Verlaufe mehr und mehr, um nach dem Distalrande zu unter allmäliger Verschmälerung eine bedeutende Länge zu gewinnen. Das Basalglied beginnt am Ende des Schaftgliedes ver- breitert und zeigt meist drei, (Suticularanhänge tragende Absätze, welche ebenso vielen nicht zur Sonderung gelangten Gliedern ent- sprechen (Fig. 9 a). Die Mundesgliedmassen. Von den Mundesgliedmassen schliessen sich die Mandibeln durch den Besitz eines umfangreichen nach vorn emporgerichteten, dreigliederigen Tasters an die entsprechenden Kiefer der Mala- costraken (Amphipoden, Mysideen) an, im Gegensatze zu den Phyllopoden, welche nur als Larven einen zweiästigen Taster tragen, denselben aber im Laufe der Entwicklung rückbilden und im ausgebildeten Zustand stets entbehren (Taf. II, Fig. 10 und 11). Ich habe diesem Umstände schon früher grossen Werth für die Be- urtb eilung der Verwandtschaft beigelegt und es als wahrscheinlich dargestellt, dass der Mandibeltaster von Nebalia — gleich dem der Malacostraken — auf eine secundär nach Verlust des ursprüng- lichen zweiästigen Beinanhanges von Neuem erzeugte Bildung zurückzuführen ist (vgl. die Larven von Ser gestes, den Mangel des Mandibeltasters im Zoeastadium und das späte Auftreten des- selben in der Decapodenentwicklung.) An dem Coxalglied der Extremität unterscheidet man den langgestreckten, mit Muskeln erfüllten Körper und einen irn rechten Winkel abstehenden Molarfortsatz , welcher unterhalb der Oberlippe in die Vorhöhle des Mundes hineinragt und an seiner Endfläche, einer Reibe vergleichbar, mit Querreihen von spitzen Höckern bewaffnet ist. Bei näherer Vergleichung der Reibfläche der rechten und linken Mandibel stellt es sich heraus, dass sich dieselbe constant an beiden Seiten verschieden verhält, so dass die asymmetrische Gestaltung der Mahlfortsätze, welche für die Mandibeln der Malacostraken charakteristisch ist, auch bei den Leptostraken auftritt. Beide Triturationsflächen, von denen die links- seitige ganz auffallend mit der von G. 0. Sars für Gammarus neglectus abgebildeten Mahlfläche übereinstimmt, zeigen an der convex vorspringenden mit Höckerreihen besetzten Reibe eine schwach concave Einbuchtung, welche an der rechtsseitigen Mandibel mit sechs bis sieben schrägen in weiterem Abstand (21) 22 C Claus: folgenden Höckerreihen bewaffnet ist, von denen vier mit je ein^r langen Stachelborste abschliessen (Taf. III, Fig. 1.) Am Molarfort- satze der linken Seite fehlen diese Nebenreihen von Erhebungen, während die letzten Reihen der Reibe fast spiral eingekrümmt liegen und sich auf die Bewaffnung mit je einer terminalen Stachel- borste beschränken , welche wie die gleichen Borsten der voraus- gehenden Reihe an Stärke die entsprechenden der rechtsseitigen Mandibel weit übertreffen (Taf. III, Fig. 2). Ebenso bemerkenswerth ist das Vorhandensein eines Zahnfortsatzes, der sich dicht neben der Tasterinsertion am Ventralrande des Molarfortsatzes als sichel- förmig vorspringende Firste erhebt und am Medialrande unterhalb eines terminalen Zahnes mit einem cuticularen, Härchen tragenden Saum besetzt ist (Fig 12). Bei Paranebalia, deren Mandibel durch den Besitz eines Wulstes hecheiförmig gestellter Spitzen an der Basis des Kaurandes abweicht, soll nach G. 0. Sars kein Unterschied in der Bewaffnung des Mahlfortsatzes der rechten und linken Seite bestehen, ich habe mich jedoch überzeugt, dass ganz ähnliche Eigentümlichkeiten auch hier wiederkehren, die nur deshalb jenem Autor entgangen sein dürften, weil derselbe das Flächenbild nicht beachtet, jedenfalls nicht unter stärkerer Ver- grösserung verglichen hat. Der mächtig entwickelte, wie bei den Schizopoden, Amphi- poden und Cumaceen nach vorne gerichtete Taster (Fig. 10, 11), besteht aus 3 frei beweglichen und gegen einander ein- schlagbaren Gliedern, von denen das basale das kürzeste ist und der Borsten entbehrt. Am zweiten Gliede sitzen nur zwei Borsten auf, die eine an der äussern Fläche , die andere fast terminal im Gegensatz zu Paranebalia, deren zweites Tasterglied an der Aussenfläche 4 Borsten trägt. Das stark comprimirte dritte, mit dem vorausgehenden gleichlange Glied trägt dagegen längs seines ventralen Randes eine Reihe dicht gestellter, mit Spitzen besetzter Borsten, zu denen noch am Distalende eine zweite äussere Reihe stärkerer in Bogen gekrümmter Hakenborsten hinzukommt. Bei Para- nebalia bleibt das proximale Dritttheil des Gliedes nackt, und die äussere Nebenreihe von Borsten erscheint vom Ende weiter abwärts gerückt. Beim Männchen macht sich an dem Kautheil der Mandibel als sexuelle Abweichung eine geringere Ausbildung der cuticularen Höcker bemerkbar , ferner am Taster der Mangel der zweiten Borstenreihe , während dieselbe am jugendlichen Männchen genau (22) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 23 wie im weiblichen Geschlecht vorhanden ist. Wahrscheinlich trifft dasselbe Verhältniss auch für Par an ebalia zu, dessen Männchen bislang nicht näher benannt geworden ist. An dem nun folgenden vorderen Maxillenpaare (Taf. III, Fig. 3) erscheint die für die Malacostraken so charakteristische Duplicität der Laden und die Umgestaltung des verlängerten, rück- wärts umgebogenen Endopoditen oder Tasters als Putzfuss be- merkenswerth. Die proximale schwächere Lade ist bei Nebalia an ihrem convex gekrümmtem Medialrande mit einer einzigen Reihe (meist 12) langer, sichelförmig gekrümmter Borsten bewaffnet, von denen die beiden oberen stets am kürzesten bleiben. Die obere (distale) Lade (Taf. III, Fig. 4, 5) bildet eine hohe umfangreiche Platte und springt beilförmig vor, während dieselbe bei Para- n ebalia viel niedriger, aber gestreckter und daher Mandibel- ähnlicher erscheint. In beiden Gattungen ist der Borstenbesatz auf zwei Reihen vertheilt, die freilich bei der letzteren beträchtlich kürzer und an Borsten minder reich sind (Fig. 9). Die äussere (der bauchwärts abgewandten Fläche zugehörige) Reihe beginnt bei Nebalia in beträchtlicher Entfernung vom unteren Rande und reicht fast bis zum Tastervorsprung (Fig. 5). Die derselben angehörigen Borsten (Fig. 6 b) enden fast spateiförmig mit ver- breiteter Terminal fläche und scharfer bezahnter Schneide. Nur die obere dem Taster zunächst stehenden Borsten laufen lanzenförmig in eine lange Spitze aus (Fig. 6 c). Die innere dem Körper zu- gewandte Borstenreihe nimmt etwa die Hälfte des Randes ein und beginnt am unteren Ende desselben (Fig. 4). Die Borsten sind hier kurz und kräftig (Fig. 6 a), nehmen nach aufwärts an Länge beträcht- lich zu und enden mit drei oder vier zahnähnlichen Vorsprüngen. Auf dieselben folgen noch zwei lange, von einander durch einen weiten Abstand getrennte Fiederborsten. Der als Endopodit r) zu deutende Taster erreicht eine ganz ausserordentliche Länge (Fig. 3) und liegt rückwärts umgekrümmt der innern Schalenlamelle an, welche er durch seine Schwingungen gewissermassen als „Putzfuss" von Schlamm- und Detritustheilen frei zu halten hat. Auch die beiden überaus beweglichen von Muskeln erfüllten Basalglieder, welche die bogenförmige Umbiegung ') In meinen neuen Beiträgen zur Morphologie der Crustaceen ist durch ein Versehen, pag. 23, irrthümlich der Putzfuss von Nebalia als Aussenast oder Exo- podit angeführt, während pag. 20 ganz richtig der Mangel der Exopoditen als charakteristisch für die vordere Maxille der Malacostraken mit Ausnahme der Euphausiden hervorgehoben worden war. (23) 24 C. Claus: vermitteln , folgt ein dünner peitschenförmig verlängerter Ab- schnitt, welcher nur undeutlich gegliedert erscheint und mit sehr langen Borsten besetzt ist. Die proximalen derselben entspringen dicht neben einander und bilden einen längern Borstensaum, die übrigen vereinzelt und in weiten Intervallen abstehend. Unter den Malacostraken finden wir den homologen, wenn auch an Umfang und Grösse reducirten „Putztaster" bei den mit einem Schalen- reste versehenen Apseudiden und in noch beträchtlicher Ver- einfachung, auf einen eingliedrigen rückwärts gewendeten Taster reducirt, bei den Cuniaceen. Sowohl die beiden Laden als der rückwärts gewendete Tasteranhang des Nebalidenkiefers zeigen daher einen unmittelbaren Anschluss an die vorderen Maxillen der genannten Malacostraken. während in keiner Entomostrakengruppe auch nur entfernt ähnliche Kieferbildungen auftreten. Es ist daher die Angabe von G. 0. Sars, nach welcher die vorderen Maxillen nur einen ganz allgemeinen Vergleich mit denen der höheren Crustaceen gestatten, völlig ungerechtfertigt. Im männlichen Geschlechte verhält sich der Putztaster nach Grösse, Lage und Function genau wie in der weiblichen Form und ist hier im Leben keineswegs, was ich früher für wahrscheinlich hielt, nach vorne gewendet, dagegen erscheinen die Borsten an beiden Laden ausserordentlich verkümmert (Taf. III. Fig. 7), während sie sich im Jugendzustande genau wie im weiblichen Geschlechte verhalten. Die Maxillen des zweiten Paares (Taf. III, Fig. 8) zeigen in ihrer Gestalt bereits entschieden den Charakter des Phyllopoden- fusses, dessen Epipodialanhanges oder Kiemenblattes sie allerdings entbehren. Der lamellöse Haupttheil oder Schaft, an welchem man zwei Glieder unterscheidet, besitzt medialwärts drei Laden, von denen die distale dem kürzeren zweiten Gliede angehört. Am Medialrande dieser Laden erheben sich je drei Reihen massig langer, mit Spitzen besetzter Borsten, von denen nur die der mittleren und inneren Reihe in dichter Folge nebeneinander, die der äusseren mehr unregelmässig und in grösserem Abstand von einander vertheilt sind. Die Borsten- bewaffnung der zweiten Maxille verhält sich beim Männchen im Zustande der Geschlechtsreife auffallend schwach und verkümmert. Der Hauptabschnitt (Schaft) des Kiefers trägt eine schmale, dem Exopoditen CExognathen) entsprechende, mit Borsten besetzte Aussen- lamelle und setzt sich in einen beinförmig gestreckten zweigliede- rigen Endopoditen (Endognathen'> fort , an dessen Basis sich ein niedriger als vierte Lade zu deutender Fortsatz erhebt. Derselbe (24) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 25 ist meist mit sechs, bei der grösseren nordischen Nebalia bipes mit acht Fiederborsten besetzt, von denen die beiden distalen eine bedeutendere Länge erreichen. Der nach Art eines Tasters gestal- tete Endopodit trägt an der äusseren Fläche beider Glieder eine Reihe von langen, in weitem Abstände von einander entspringenden, schräg nach vorn gerichteten Borsten, zu denen am medialen Rande des unteren Tastergliedes noch eine zweite Reihe von Borsten hinzu- kommt. Diese rechtwincklig abstehenden Borsten beschränken sich auf die obere distale Hälfte des Gliedes (Fig. 9. Die Zahl der Borsten, sowohl an der exopcdialen Lamelle, als am Taster wechselt nach der Grösse der Individuen und ist an den grossen Exem- plaren der nordischen Form ebenso wie die Länge des Exo- poditen und Tasters im Verhältniss zum ladentragenden Haupt- abschnitt eine viel beträchtlichere. Bei Paranebalia bleiben Exopodit und Taster verhältnissmässig viel kürzer, auch ist die Borstenzahl eine geringere, während bei Nebaliopsis die ge- sammte Form der Maxille bedeutender abweicht und den nach- folgenden Phyllopoden-ähnlichen Beinen noch ähnlicher wird. Auch die zweite Maxille der Nebaliden gestattet sehr wohl einen näheren Vergleich, beziehungsweise specielle Zuführung auf das entsprechende Kieferpaar der höheren Malacostraken, welches von mir schon von mehreren Decennien mit vollen Rechte als ..eine Art Phyllopodenfuss" bezeichnet worden war. Insbesondere sind es die Mysideenkiefer1), mit welchen sich die Homologie in fast allen Einzelnheiten durchführen lässt. Dagegen kann ich es wieder nur als ein arges Missverständniss bezeichnen, wenn G. 0. Sars die Beziehung zur Copepodenmaxille zum Ausgangspunkt der Zurück- führung nimmt. Nicht nur, dass er bei einem so verkehrten Aus- gangspunkt zu der völlig haltlosen Folgerung von dem Mangel des ersten Maxillenpaares in der Copepodengruppe geführt wird, auch die noch ungereimtere Vorstellung von der Zurückführung des Maxillarfusssegmentes der Copepoden auf die Region der 8 Phyllopoden-ähnlichen Beinpaare der Nebaliden knüpft an die specielle Homologisirung des Kieferpaares an. Diese kann aber nur insoweit Berechtigung haben, als die Maxille der Cope- poden ebenso wie die Phyllopodenbeine von den gleichen Extre- mitäten der Protostraken abzuleiten ist und somit an beiden alle wesentlichen Elementesich wiederholen. Uebrigens besitzt die Cope- podenmaxille (Calaniden, Pontelliden) ein Element, welches am ') Vgl. C.Claus, Neue Beiträge zur Morphologie der Crnstaceen. 1. c. Taf. I, Fig. 8, 9. 26 C. Claus: Kiefer der Nebalia . und der Malacostraken fehlt, ich meine die fächerförmige mit Borsten besetzte Epipodialplatte1), welche morphologisch von einem Branchialanhang nicht verschieden ist. Das alles ist G. 0. Sars uo bekannt geblieben oder doch von ihm nicht berücksichtigt worden. Die acht Beinpaare des Mittelleibes. Auf die Mundesgliedmassen folgen acht Paare blattförmiger Beine, welche an ebenso vielen, scharf abgegrenzten, kurzen Seg- menten des Mittelleibes entspringen und eine so grosse Aehnlichkeit mit den Phyllopodenbeinen zeigen, dass man die frühere irrthüm- liche Ansicht von der Zugehörigkeit der Nebalia zu den Phyllopoden begreiflich findet. Wie ich aber bereits in meiner früheren Ab- handlung nachzuweisen suchte und durch die nähere Untersuchung der Beine von Paranebalia bestätigt fand , ergibt sich bei ein- gehenderem Vergleich doch manche Eigentümlichkeit, welche einen engeren Anschluss an die Spaltfüsse der Schizopoden, deren Ab- schnitte und Glieder bereits an dem blattförmigen Beine der Nebalia vorgebildet sind, über alle Zweifel hebt. Während am Phyllopoden- fusse die durch Lappenfortsätze (Enditen) angezeigte Gliederung mannigfache Variationen erfährt und der Zahl der Glieder nach noch nicht in der Weise fixirt ist, dass wir dieselbe als Ausgangs- punkt zur Ableitung sämmtlicher Glieder des Schizopodenbeines benutzen können , so finden wir einen solchen in der Gestaltung des Nebaliabeines. An jedem der acht Beinpaare können wir einen zwei- gliedrigen Basalabschnitt und einen mehr oder minder deutlich fünfgliedrigen Hauptast (Endopoditen) nachweisen. Wollten wir beide nach dem Vorgang anderer Autoren zusammenziehen und als Endopoditen betrachten , so würde dieser aus sieben Gliedern zusammengesetzt sein. Ich halte es jedoch, meiner vollkommen richtigen früheren Darstellung folgend, mit Rücksicht auf die Grund- form2) der Rumpfgliedmassen für zutreffender, den zweigliedrigen Schaft, obwohl er sich in unserem Falle direct zum Innenast ver- längert, nicht mit diesem zusammenzuziehen, vielmehr nur den letzteren unter jener Bezeichnung zu begreifen. Der Basalabschnitt oder Schaft stellt sich als breite Platte dar und trägt an der *) Vgl. C. Claus, Ebendaselbst, pag. 16—24. 2) Vergl. auch Claus, Zur Kenntniss der Malacostrakenlarven. Würzburger naturw. Zeitschr. Tom II. 1861, pag. 33. Derselbe, Crustaceensystem 1. c. Wien 1876, pag. 16, 17. Ferner, Neue Beiträge zur Morphologie der Crustaceen 1. c. 1885, pag. 3 u. 84, (26; Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 27 lateralen Seite seines Grundgliedes eine sehr grosse zweizipfelige Lamelle , den als Kieme fnngirenden E p i p o d i a 1 anhang. (Taf. III, Fig. 10 Ep). Ebenso trägt das zweite Glied des Basalabschnittes, lateral- wärts vom Ursprung des Endopoditen , in welchen sich dasselbe unmittelbar fortsetzt, eine breite lamellöse Platte, welche dem äusseren, bei den Schizopoden zum Schwimmfussast umgebildeten Nebenast oder Exopoditen entspricht. Obwohl die acht Beinpaare im Wesentlichen gleich gestaltet sind, ergeben sich doch bei näherer Betrachtung Unterschiede in dem Bürstenbesatz und dem Grössen- verhältniss der Abschnitte, durch welche insbesondere das erste und letzte Beinpaar leicht erkenntlich sind. Die Epipodialplatte wird transversal von einem Blutcanal durchsetzt, welcher sich nahe dem Aussenrande in einen vorderen und hinteren Schenkel theilt, Der erstere begleitet den Lateral- rand des vorderen, zipfelförmig sich verjüngenden, der andere den des hinteren, oval gerundeten Lappens der Kiemenlamelle, welche fast die Länge der Extremität erreicht und nur am letzten Beinpaare beträchtlich reducirt erscheint. Beide Blutcanäle biegen am Ende der Lappen um und setzen sich , der vordere an dem concav gekrümmten Medialrand des lateralwärts mit wenigen Bor- sten besetzten Vorderlappens, der hintere an dem convexen Medial- rande des stets borstenfreien hinteren Lappens, in entsprechende Canäle fort in welche das Blut vom Schafte aus einströmt. Der vorn am Aussenrande des zweiten Schaftgliedes ent- springende Exopodit x) erscheint bei Nebalia zu einer nach vorn ge- richteten breiten, fast triangulär gestreckten Platte umgestaltet, welche bis zum Distalrande des in sanftem Bogen um ihren Medial- rand gekrümmten Endopoditen reicht und nur an ihrem Lateralrand von einzelnen, in weitem Abstände inserirten Borsten besetzt wird. An den beiden ersten Beinpaaren ist die Zahl der Borsten, welche besonders am verbreiterten Distalabschnitt der Platte dichter stehen und hier mit drei langen in einer Einbuchtung nebeneinander entspringenden Borsten absch Hessen, eine grössere als an den nach- folgenden Paaren. Am Exopoditen des ersten Beinpaares (Fig. 10) finden sich circa 20 und mehr, am zweiten 12 — 14 Borsten, vom dritten Beinpaare an sinkt die Zahl derselben auf 8 oder 7 herab, und es ist auch nur eine Borste, welche in der Einbuchtung des Distal- ') Packard betrachtet irrtliümlich den zweilappigen Kiemenanhang als dem Flabellum oder Exopoditen des Phyllopodenbeines gleichwertig, während er um- gekehrt den diesem entsprechenden Exopoditen als Kiemenanhang darstellt. (27) 28 C Claus: randes entspringt. Am letzten ßeinpaare (Taf. IV, Fig. 5) erscheint der Exopodit verschmälert und nicht dreiseitig, sondern oval gestreckt, während sich die Zahl der Randborsten auf 5 und weniger reducirt. Die Structur der exopodialen Platte stimmt durchaus mit der des zweilappigen Epipodialanhanges überein, und dürfte demnach auch die Function die gleiche sein. Ein longitudinaler Blutcanal durch zieht die Mitte derselben und nimmt das Blut durch eine Menge engerer Seitencanälchen auf. Wie am Epipoditen wird auch hier der Rand der Lamelle von einem weiten Blutcanal begleitet, in welchem das Blut aufwärts strömt und nach dem longitudinalen Canale geleitet wird. Den inneren oder medialen Rand des Stammes und Endo- poditen bekleiden drei Reihen von Borsten von verschiedener zum Theil sich winkelig kreuzender Richtung. Zwei von diesen Borsten- reihen i^SR, NR) gehören der vom Körper abgewendeten, bei recht- winkeliger Haltung des Beines nach hinten gerichteten Fläche des- selben an. Die dritte, streng randständige Reihe (RR), enthält die grösste Zahl von Borsten and verläuft von der Basis des Schaftes bis zum Terminalglied des Endopoditen, um sich über dessen End- spitze nach dem äusseren oder lateralen Rande als laterale Borsten (LB) fortzusetzen. Die Borsten dieser Hauptreihe (Taf. IV, Fig. 2, 5, R R) stehen am Schaft und am proximalen Abschnitt des Endopoditen sehr dicht und sind lange, an ihrem Ende /-förmig gekrümmte Fiederborsten. Eine ganz besondere Grösse erlangen dieselben an dem winkelig nach aussen gebogenen Endglied des Endopoditen , dessen convexen Medialrand sie in fächerförmiger Ausbreitung umsäumen. Dieser mächtige, für die Beinpaare des trächtigen Weibchens charakte- ristische Borstenfächer (BF), welchen ich anfangs für einen Strudel- apparat zur Verstärkung der durch die Schwingungen der Beine erzeugten Wasserströmung zu beurtheilen geneigt war. bleibt im männlichen Geschlechte ganz rudimentär (Taf. IV, Fig. 3, 4), wie er auch im jugendlichen Alter überaus reducirt ist (Taf. III. Fig. 11, Taf. IV, Fig. 1). Die wahre Bedeutung dieses Borstenfächers scheint demnach eine sexuelle zu sein , und in That ergiebt sich aus der Unter- suchung lebender, mit Larvenbrut erfüllter Weibchen, dass die medialwärts umgekrümmten Borsten eine Art Korb herstellen, weicher die Bruthöhle unbeschadet der durch schwache Auf- und Abwärtsbewegungen sämmtlicher acht der Schale anliegender Beinpaare regulirten Wasserströmung zwischen den Schalenlamellen (28) Organismus der Nebalideu und systematische Stellung der Leptostraken. 29 abschliesst und die Brut vor dem frühzeitigen Austritt aus dem Biutraume schützt. Von den beiden der äus-eren Fläche zugehörigen Borsten- reihen entspricht die mediale, welche wir als die Seitenreihe bezeichnen wollen, der am Taster der zweiten Maxillen beschrie- benen Aussenreihe. Die Borsten der Seitenreihe sind auch mit feinen Spitzen besetzt, erreichen aber kaum die halbe Länge der inneren Borsten, mit welchen sie sich bei ihrer schräg aufwärts nach dem Distalende der Extremität gerichteten Haltung unter spitzem Winkel kreuzen. Dieselben stehen in weiterem Abstände als jene und sind daher minder zahlreich, zumal sie schon am dritt letzten Gliede der Extremität aufhören. Nur am achten Beinpaare reichen sie bis zum Endgliede , verlaufen hier auch mehr lateral- wärts über die Fläche des Endopoditen , an dessen Endgliede sie mit den lateralen Borsten zusammentreffen (Taf. IV, Fig. 5 S R.). An demselben bleiben diese flächenständigen Borsten an Umfang nicht hinter denen der Hauptreihe zurück und bilden hier gewissermassen eine Art Gitter, welches den unter der Brustfläche zwischen den 8 Bein- paaren hergestellten Brutraum nach hinten abschliesst. Die dritte Borstenreihe (N ß) entspringt lateralwärts von der Seitenreihe und besteht aus kurzen Stiftborsten, welche durch weite Spatien getrennt die Aussenfläche bedecken, am Endopoditen spärlicher werden und schon am drittletzten G-liede desselben nicht mehr nachweisbar sind. Es findet sich aber am Basalgliede der Schaftplatte sämmtlicher Beine noch pine vierte accessorische Gruppe sehr langer Borsten (ZB), welche 10 bis 12 an Zahl zwischen der Hauptreihe und Seitenreihe inserirt sind und nach dem Distal- ende des Gliedes zu continuirlich umfangreicher werden. Diese acces- sorische Borstenreihe dürfte vielleicht zur Enfernung der Detritus- massen, welche mit dem Wasserstrudel die mediane zwischen beiden Beinreihen befindliche Rinne durchsetzen, eine Beziehung haben, in- dem sie die Wirkung der Bewegung in dem Medianfelde verstärken. Bezüglich der Gliederung des Endopoditen vermag ich nach wiederholter Prüfung meine früheren Angaben in allen Punkten aufrecht zu erhalten. Das erste oder basale der fünf1) Endopoditen- J) Packard lässt die Extremität von Nebalia unrichtigerweise nur aus sechs Gliedern bestehen, bezeichnet den Exopoditen als Kieme, den Epipodialanhang als Flabellum und gibt den Anhängen meiner ihm bereits bekannten Zurückführung gegenüber, eine incorrecte Deutung mit Beziehung auf die des Schizopodenbeines. Dagegen zeigt das Schema, welches Boas vom Nebaliabeine abgebildet hat, meiner früheren Darstellung (1. c. Fig. 10) entsprechend, die sieben Glieder richtig an. (29) 30 C. Claus: glieder erscheint nur durch eine schwache Einkerbung vom zweiten Schaftgliede, in dessen Verlängerung dasselbe liegt, abgegrenzt und nach dem Distalende merklich verjüngt. Meist beobachtet man in der Mitte der langgestreckten, mit zahlreichen Borsten der Haupt- reihe besetzten Randes einen Einschnitt, welcher eine Sonderung in zwei Glieder andeuten könnte. Von den vier kürzeren nachfolgenden Gliedern sind lediglich die drei oberen an allen Beinen in ganzer Breite abgesetzt und mit besonderen Muskeln zur Bewegung des Endgliedes und dessen Borstenfächers versehen. Das auf das basale folgende zweite Glied ist mit 9 bis 10 Borsten der Hauptreihe besetzt , deren Zahl am letzten und an den beiden vorderen Beinpaaren auf sieben herabsinkt. Das dritte Glied trägt 4 bis 5, an den beiden vorderen Beinpaaren sogar nur 3 oder 2 Borsten der Hauptreihe und ist das kürzeste von allen , das nachfolgende vierte etwas längere Glied trägt 3 bis 5 Randborsten der Hauptreihe, unterscheidet sich aber noch durch den Besitz von äusseren Lateralborsten, deren Zahl an den beiden vorderen Beinpaaren sich auf fünf erhebt, an den nach- folgenden aber auf vier, drei (Taf. IV, Fig. 2 LB) und am letzten Paare auf zwei herabsinkt. Nur das vordere Beinpaar (Taf. III, Fig. 10) trägt auch am Aussen- rande des drittletzten Gliedes eine Borste und ist überhaupt durch die grösste Zahl von lateralen Randborsten ausgezeichnet, die auch am letzten Gliede in mehrfacher Zahl auftreten. An dieser Eigen- schaft, sowie an der geringen Grösse des drittletzten Endopoditen- gliedes ist das vordere Beinpaar kenntlich, wogegen sich das letzte (8.) Paar durch den dichten, flächenständigen Borstenkamm der Seitenreihe, sowie durch die Kürze des Endopoditen und die Reduc- tion der Epipodiallamelle auszeichnet. Auch sind hier stets die vier Endglieder des Endopoditen scharf von einander abgesetzt, wohl in Folge der Verlängerung der Muskelgruppen, welche sich vom Endgliede bis zur Grenze des vom Stamme nicht abgegrenzten Basalgliedes erstrecken (Taf. IV, Fig. 6). Während sich die nordische Nebalia bipes in Form und Borstenbesatz der lamellösen Brustfüsse eng an die mediterrane Nebalia- Art anschliesst , bietet die Gattung P ar an e bau a mehr- fache Besonderheiten ihrer Brustgliedmassen, durch welche die Beziehung zu den Extremitäten der Schizopoden eine noch nähere wird. Nicht nur, dass die Endopoditen hier gestreckter sind und beträchtlich über den Schalenrand hinaus vorragen, auch die Borstenstellung derselben, obwohl nach denselben Reihen wie bei (30) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 31 Nebalia geordnet, zeigt eine viel grössere Aehnlichkeit mit der des Euphausidenbeines. Nach der Meinung von Gr. 0. Sars ist dieselbe „more adapted for direct prehension of the food".1) Dazu kommt die entsprechende Verlängerung des Exopoditen zu einer schmalen dem Schwimmfussast des Schizopodenbeines ähnlichen Geissei und die beträchtliche Reduction der Epipodialplatte zu einem schmalen Kiemenanhang. Die Beschreibung, welche G. 0. Sars von den Brustgliedmassen derParanebalia gegeben hat, kann ich nach eigenen Untersuchungen als im Allgemeinen richtig bestätigen. Neben den drei mächtig entwickelten Borstenreihen ist jedoch am Grundgliede des Stammes auch die Gruppe der Zwischenborsten, welche jenein Autor entgangen ist, vorhanden. Sudann sind die Glieder des Endopodites keineswegs „very imperfectly defined" , sondern an allen Beinen wenigstens die drei lateralwärts gebeugten letzten Glieder scharf abgesetzt und das viertletzte Glied wenigstens er- kennbar begrenzt. Der laterale als Strecker fungirende Längs- muskel (LM) erstreckt sich in sämmtlichen Endopoditen wie bei Nebalia im Endopoditen des letzten Beines bis zur unteren Grenze des viertletzten Gliedes, nicht aber, wie in der Abbildung von Sars unrichtiger Weise dargestellt ist, über diese Grenze hinaus in den Schaft hinein. Am letzten Beinpaare erscheint auch die Grenze dieses Gliedes scharf abgehoben und die des vorausgehen- den ersten Endopoditengliedes gegen das zweite Stammglied so deutlich markirt , dass man hier ausser den beiden Abschnitten des Schaftes die fünf (nicht sechs) Endopoditenglieder sehr gut zu unterscheiden vermag. Ob die am Endgliede des letzten Bein- paares in der That vorhandene kurze Dornborste im Sinne einer Endklaue gedeutet werden darf, mag dahin gestellt bleiben. Ueberraschen muss es nur, dass G. 0. Sars trotz dieser von ihm selbst nachgewiesenen grossen Uebereinstimmung die nähere Beziehung von Nebalia zu den Schizopoden nicht acceptirt und durch die Thatsache zurückweisen zu können vermeint, dass dieselben Theile21, wie Endopodit, Exopodit und Epipodit in sehr verschiedenen Crustaceengruppen und auch bei den Branchiopoden nachzuweisen seien. Als wenn durch diese in der That zutreffende und in früheren Abhandlungen von mir eingehend erörterte Zu- rückführung der so mannigfach modificirten Crustaceengliedmassen auf eine gemeinsame Grundform die viel nähere und unmittelbare Beziehung des Nebaliden- und Schizopodenbeines wiederlegt würde ! 1) G. 0. Sars, 1. c, pag. 16, 17, Taf. II, Fig. 2, 3. 4. 2) Derselbe, i. c, pag. 34. (31) 32 C. Claus: Sehr bedeutend differiren die Beine der kürzlich erst bekannt gewordenen von Nebalia und Paranebalia weiter abstehenden Neba- liopsis, indem dieselben bedeutend vereinfacht sind und oval- gestreckte Laraellen darstellen, deren mit Borsten besetzter Innen- rand nach G. 0. Sars'1) Beschreibung keine weitere Gliederung erkennen lässt, während sich Epipodit und Exopodit auf schwache Lappen reduciren. Die sechs Pleopodenpaare. Von den sechs Beinpaaren des Abdomens sind die vier vor- deren Paare, welche an sehr umfangreichen noch von der Schale über- deckten Segmenten entspringen, zweiästige Ruderfüsse , während die beiden letzten einästig bleiben. Jene schliessen sich in ihrem Baue den Pleopoden der Malacostraken an und bestehen wie diese aus einem langgestreckten zweigliederigen Schafte mit ganz kurzem Grundgliede und aus zwei langen schmalen, mit Dornen besetzten Ruderästen (Taf. IV. Fig. 8). Dazu kommt noch an der Medialseite des kurzen Grundgliedes des Innenastes ein fingerförmiger , mit vier Häkchen besetzter Anhang (Ret.), welcher sich mit dem der anderen Seite zusammenlegt und durch diese Vereinigung die Conformität der Bewegungen des rechten und linken Beines sichert. Diese von mir als Retinacula be- zeichneten Gebilde sind bekanntlich auch bei den Stomatopoden, Amphipoden, Schizopoden, vielen Decapoden und deren Larven (Megalopa)2) nachgewiesen worden. In den Besonderheiten des Baues dieser Gliedmassen stimmen Weibchen und Männchen im Wesentlichen überein, während an den einzelnen Paaren be- merkenswerthe Abweichungen auftreten. Für das vordere Paar ist die bedeutendere Streckung des schlanken, seitlich etwas ge- schweiften Schaftes, sowie besonders die dichte Stachelreihe, welche den lateralen Rand des Aussenastes besetzt, charakteristisch (Taf. V, Fig. 1, 2). Diese Stacheln verhalten sich im männlichen und weiblichen Geschlechte verschieden. Bei den Weibchen (Taf. V, Fig. 3) und jugendlichen Männchen sind dieselben, besonders nach der Basis des Astes hin, beträchlich länger und enden mit drei Spitzen, während sie beim reifen Männchen kurze und einfache Spitzen darstellen. Das zweite und dritte Paar stimmen nahezu überein , der Schaft derselben ist cylindrisch und mit mehreren Borstengruppen ') Derselbe, 1. c, pag. 26, Taf. III, Fig. 3. 2) C. Claus, Crustaceensystem 1. c, pag. 23. Ferner, Neue Beiträge zur Morphologie 1. c. pag. 39. (32; Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 33 besetzt: die Bewaffnung am lateralen Rande des Aussenastes wird am zweiten Paare durch 7. am dritten durch 8 gabelförmig gestellte Dornpaare nebst Zwischenborsten hergestellt. Sodann folgen noch drei nebeneinander entspringende terminale Dornen. Der me- diale Rand des Aussenastes, sowie beide Ränder des schmäleren und länger gestreckten Innenastes, an dessen kurzem Grundgliede das Retinaculum entspringt, tragen wie am ersten Beinpaare lange, gefiederte Schwimmborsten. Das vierte Beinpaar wird von den vorausgehenden durch einen breiteren und gedrungeneren Schaft mit grob gezacktem Aussenrand unterschieden. Der Borsten- besatz der beiden Aeste stimmt mit dem des dritten Paares über- ein. Der Innenast endet wie dort mit einem langen Dorn ; zwischen beiden Aesten findet sich ein blattförmiger zugespitzter Integu- mentfortsatz. welcher auch an den vorausgehenden Beinpaaren vor- handen ist. Obwohl sich die vier so gestalteten Beinpaare des Abdomens eng an die Pleopoden der Malacostraken anschliessen und geradezu als solche bezeichnet werden können, bieten sie doch, wie ich be- reits in meiner früheren Abhandlung x) dargethan habe, einige Be- sonderheiten , durch die wir unverkennbar an die Copepodenfüsse erinnert werden. „Nicht nur, dass die mächtigen Schäfte eines jeden Paares medianwärts mittelst eines wirbelartigen Zwischengliedes untereinander zu gemeinsamer Leistung verbunden sind und die Schwimmfussäste in Form und Bewaffnungsweise manche Aehnlich- keit mit den Ruderfüssen der Copepoden darbieten, auch die Bewegungsart der kr äftigen Beinp aare, durch deren Ruderschläge der Körper in hüpfenden Bewegungen fortgeschnellt wird, wiederholt täuschend die Lo- comotion von Cyclo psu. Hätte G. 0. Sars, bevor er seinen Rep ort of the Phy llo- c ariden schrieb, den Inhalt meiner vor 11 Jahren veröffentlichten Untersuchungen über das Crustaceensystem, auf welche er schon durch die von ihm benützten Schriften Packard's und Boas' verwiesen worden war, nicht völlig ignorirt, so würde er schon aus dem citirten Passus darüber belehrt worden sein, dass mir der Ver- gleich der Nebaliden mit den Copepoden keineswegs fremd geblieben ist. und dass ich doch wohl eine Ahnung von der Aehnlichkeit („aware of this unmistakable resemblance") gehabt haben möchte. Er würde dann wohl auch die Gründe kennen gelernt haben, wesshalb ich *) C. Claus, Crustaceensystem 1. c, pag. 25. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 1. 3 (33) 34 C. Claus: diese Aehnlichkeit nur als eine mehr äusserliche und ganz secundäre zu beurtheilen vermochte und dann vielleicht bei näherer Bekannt- schaft mit dem in jenem Werke versuchten Nachweise der genea- logischen Verwandtschaft zwischen den verschiedenen Crustaceen- zweigen nicht nur vor seiner Zurückführung der Nebalia auf ein „copepodiform Branchiopod", sondern auch vor der in der That er- staunlichen Entdeckung, nach welcher der Mittelleib oder Thorax der Copepoden „undoubtedly" dem Abdomen der höheren Crustaceen entspreche und der bisher missverstandene Copepodenbau erst jetzt seine wahre Deutung erhalte, bewahrt worden sein. Mag auch, wie ich selbst ausdrücklich betont habe, eine Aehnlich- keit zwischen den Pleopoden vonNebaliaund den Beinen der Copepoden bestehen, so ist doch die Uebereinstiminung mit den Pleopoden der Malacostraken eine viel grössere, so dass ich dieselben mit Eecht in unmittelbarem Vergleiche mit den Abdominalfüssen l) der Am- phipoden und deren Abschnitten beschreiben konnte. Jene Aehnlichkeit aber, die besonders an jugendlichen Formen mit noch kurzen Ruderästen hervortritt, erklärt sich in der bereits an anderen Orten dargelegten Weise aus der Zurückführung der Pleopoden und Ruderfüsse auf eine gemeinsame Grundform. -) Nebalia und Paranebalia stehen sich im Bau der zwei- ästigen Pleopoden ausserordentlich nahe, so dass selbst die beson- deren Unterscheidungsmerkmale der einzelnen Paare, wenigstens des ersten von den nachfolgenden Paaren auch bei dieser wieder- kehren. Auch die Retinaculahäkchen sind in beiden Gattungen überaus ähnlich. Nur die Ruderäste sind etwas kürzer und ent- sprechen jugendlichen Stadien von Neb al ia mit einer geringeren Zahl von Stachelgruppen und Randborsten. An den l1 , Mm. langen Larven von Nebalia ist das vierte der zweiästigen Pleopodenpaare noch unentwickelt und liegt in Form !) Vergl. C. Claus, Ueber den Bau und die Stellung von Nebalia 1. c, pag. 327. Wenn G. 0. Sars meine Worte : „Diese (die zweiästigen Ruderfüsse) bestehen wie die Afterfüsse (Pleopoden) der Amphipoden aus einem langgestreckten Grundgliedes und zwei schmalen und langen mit Dornen und Borsten besetzten Ruderästen etc." damit zu wiederlegen glaubt, dass er die Abdominalfüsse auf die Springfüsse beschränkt und dann sagt: „To compare then (the pleopoda) to the caudal limbs or the so called saltatory legs in the Amphipoda, as proposed by Prof. Claus, is I think objectionable, since the latter limbs belong to a different division of the body and more properly answer to the rudimentary caudal limbs in Nebalia", so mag er die Sophistik einer solchen Beweisführung vor dem urtheilsfähigen Leser selbst verantworten. Von den Springfüssen war gar nicht die Rede. 2) C. Claus, Neue Beiträge zur Morphol. 1. c, pag. 38. (34) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 35 zweier glattrandiger, auf kurzem Basalstücke entspringender Blätter dem Segmente angefügt (Taf. I, Fig. 3). Die vorausgehen- den drei Paare zeigen bereits die besonderen Merkmale des ausgebil- deten Zustandes ausgeprägt, wenn auch die Zahl der Borsten und Stacheln an den noch sehr kurzen Aesten eine sehr geringe ist. Die beiden nachfolgenden, einfacher gebauten Beinpaare sind als auf einer früheren Entwicklungsstufe zurückgebliebene Pleopoden zu betrachten, bei denen es überhaupt nicht zur Anlage zweier Aeste gekommen ist. Man wird es daher begreiflich finden, dass dieselben den rudimentären Copepodenfüsschen ähnlich erscheinen , welche aus der gleichen Anlage derselben Grundform entstanden, bei vielen Gattungen dieser Entomostraken einästig bleiben. Das vordere der beiden Paare ist stets zweigliederig und trägt auf kurzem Basalgliede ein langgestrecktes zweites Glied , an dessen medialem Rande sich eine Reihe von Borsten erhebt, während der laterale Rand mit Stacheln und zwischenstehenden Borsten bewaffnet ist. Die Basalglieder beider Beine stossen median fast zusammen und werden am Grunde von einem kurzen spitz zu- laufenden Integumentfortsatze des Segmentrandes bedeckt (Taf. V, Fig. 6). Im männlichen Geschlechte sind die Stacheln des länger gestreckten Beines auf die distale Hälfte beschränkt (Taf. V, Fig. 4). Das zweite der rudimentären Pleopodenpaare reducirt sich beim Weibchen auf ein einziges, massig getrecktes Glied mit nur wenigen Borsten am Medialrand und vier lateralen, sowie einem terminalen Stacheldorn (Fig. 7 . Auch an diesem Füsschen- paare fällt die mediale Lage und. das Vorhandensein einer drei- seitigen Deckplatte als Fortsatz des Segmentrandes auf. Im männ- lichen Geschlechte besteht aber auch dieses Fusspaar, wenigstens am geschlechtsreifen Thiere , aus zwei Gliedern und ist wie das vor- ausgehende Paar grösser und länger gestreckt als beim Weibchen und mit zahlreicheren Seitenstacheln bewaffnet (Fig. 5). Bei Paranebalia scheinen die beiden rudimentären Pleo- podenpaare im Wesentlichen mit denen jugendlicher Nebalien über- einzustimmen. Das vordere wurde von Will emo es- S uh m gewiss richtig zweigliedrig dargestellt, während die Abbildung von Sars das Basalglied vermissen lässt. Ein ausreichender Grund, dieses letzte Paar dem von mir als Gliedmassenrudiment betrachteten Fortsatze am Genitalsegmente der Copepoden speciell homolog zu stellen, liegt nicht vor. 3 * (35) 36 C. Claus: Das Ende des Abdomens und die beiden F u r c a 1- gli ede r. Die zwei gabelförmig gestellten Stäbe, in welche das After- segment des Abdomens ausläuft, gleichen auffallend, besonders im Larvenalter, der Copepodenfurea, in späteien Zuständen mehr den jenen gleichwerthigen Caudalgabeln von B r a n c h i p u s und anderer Phyllopoden. Die Furcalstücke der Larve sind nur wenig länger als das Aftersegment und am zugespitzten Ende mit einer sehr langen und einer kurzen Borste besetzt, während über den Lateralrand 5 Dornen vertheilt sind und am Medialrand 3 Dornen und mehrere zarte Borsten stehen. In den nachfolgenden Jugendstadien wird mit dein fortschreitenden Wachsthum der Caudalanhänge die Zahl der Seiten- borsten und Dornen eine immer grössere, so dass wir am ausge- bildeten Thiere den Lateral rand in ganzer Länge mit Stacheldornen, den Medialrand mit einer Reihe von langen Fiederborsten und ventralwärts von denselben mit einer zweiten Reihe in etwas weiteren Abständen gestellter Dornen besetzt finden. An der Ventralfläche begleiten grosse Poren als Ausmündungsüffnungen von Drüsenschläuchen die lateralen Stacheln , welche am Distal- ende länger werden und continuirlich zu den langen Terminal- dornen hinführen. Auffallend länger und gestreckter gestalten sich die Caudal- glieder des Männchens, indem sie hier fast die Länge der drei letzten Abdominalsegmente erreichen und mit einer weit grösseren Zahl lateraler und medialer Borstenanhänge besetzt sind. Ueber die Beziehung der ähnlich wie bei Branchipus als Schwanzflosse beim Schwimmen bedeutungsvollen Furcal- oder Caudalglieder zur Furca der Copepoden und der dieser gleichwerthigen Schwanz- flosse von Branchipus und der Phyllopoden dürfte wohl keine Meinungsdifferenz unter den Autoren bestehen. Aber diese auch von mir niemals bestrittene Gleichwerthigkeit beweist lür sich gar nichts für die Zugehörigkeit von Nebalia zu den Phyllopoden , ebenso- wenig wie sie die aus dem Gesammtorganismus hervorleuchtende viel engere Verwandtschaft mit den Malacostraken zu widerlegen vermag. Denn wenn auch ein Telson im Sinne der Decapoden, Schizopoden oder Cumaceen nicht vorhanden ist, so bleibt doch die morphologisch erwiesene Ableitimg desselben aus dem Hinter- leibsende Phyllopoden-ähnlicher Formzustände in Anschlag zu bringen. Wenn G. 0. Sars meine, ihm auffallenderweise bekannte, (36) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 37 Hypothese, nach welcher die zwei letzten Abdominalsegmente nebst den Caudalanhängen der Nebalia dem Telson der Malacostraken entsprechen , „very unreasonable" findet, so hätte er die zur Stütze derselben herangezogenen Gründe, anstatt über sie einfach hinwegzu- gehen, widerlegen sollen. Indessen sind ihm dieselben, da er den Inhalt meiner bezüglichen Schriften über Nebalia und das Crustaceensystem ignorirt, wahrscheinlich ganz unbekannt. Im anderen Falle hätte er doch wissen müssen, dass auch an den Protozoea-Larven von Sergestes und Penaeus das Abdomen phyllo- podenähnlich endet, und dass sich der Terminalabschnitt desselben mit diesen Furcalfortsätzen erst später zum Telson umgestaltet. Ohne von diesen und von einer Reihe anderer auf jene Frage bezüglichen Thatsachen Kenntniss zu haben , wird man freilich leicht meine Ableitung „unreasonable" nennen, weil man dieselbe zu verstehen , geschweige denn zu beurtheilen gar nicht in der Lage ist. Ich habe es daher nicht nöthig, dieselbe der absprechen- den Meinung von Sars gegenüber hier nochmals zu vertheidigen, sondern kann mich darauf beschränken, auf die Erörterungen zur Begründung derselben in früheren Arbeiten1) hinzuweisen. Die Schale. Um die dünnhäutigen Schalenklappen, welche nicht nur Kopf- und Brust, sondern auch die vorderen Segmente des Abdomens umschliessen, ihrem morphologischen Werthe nach richtig zu beur- theilen, haben wir uns den wichtigen und wie ich glaube von mir durch ausreichende Gründe gestützten Satz 2) zu vergegenwärtigen, nach welchem die Panzerduplicaturen der Malacostraken und die Schalenbildungen der Entomostraken von dem gleichen Ausgange abzuleiten sind und einander homologe Körpertheile darstellen. Sowohl an Entomostrakenlarven, als an Metanauplius- larven von Malacostraken (Euphausia, Penaeus) treten die- selben als dachförmige Int egumentduplicaturen am Rücken und an der Seite der Maxillarregion hervor, und bleiben entweder auf diese Anlage beschränkt, um im Laufe der Entwicklung wiederum rückgebildet zu werden (Copepoden) oder breiten sich über einen grösseren oder geringeren Theil des Mittelleibes und Hinter- leibes, beziehungsweise, wie bei den meisten Entomostraken, zugleich nach vorn über den Kopf vorwachsend aus. 1) Vergl. C. Claus, Untersuchungen über das Crustaceensystem 1. c, pag. 12, und id6, ferner Neue Beiträge, pag. 88. 2) Claus, Crustaceensystem 1. c, pag. 9, 77. (37) 38 C Claus: Nur ausnahmsweise, wie an der Metanauplius- und Zoealarve der Euphausiden, ist die letztere Wachsthumsform auch an der zum Schalenpanzersich gestaltenden Integumentduplicatur von Mala- costraken nachweisbar. In dem erwähnten Falle wiederholen die grossen flügeiförmigen Hautduplicaturen , an deren Seiten sich nahe dem Vorderende sogar die Einschnitte wiederfinden , welche wir an manchen Entomostrakenschalen, z. B. der Cypridinen, beob- achten, die tiefer stehenden für die Entomostraken charakteristischen Schalenbildungen, neben welchen noch das Vorhandensein der fron- talen Sinneszapfen und die Phyllopoden-ähnliche Gestaltung der acht Brustbeinpaare auf die tiefe und weit zurückreichende Stellung dieser Schizopodengruppe hinweist. Noch ursprünglicher und der Ento- mostrakenschale näher stehend verhält sich freilich die Schalen- duplicatur der Nebaliden, und zwar auf Grund zweier wichtiger Eigenthümlichkeiten, des Vorhandenseins eines Schalenmuskels und einer lamellösen beweglich abgesetzten Kopfklappe. Der als Adductor wirkende Schalenmuskel der Maxillarregion entspricht nach Lage und Function dem Schalenmuskel der Ostra- coden und Estherien. Gleichwohl würde es unzulässig sein, aus dem Vorhandensein desselben auf die Zugehörigkeit der Nebalia zu den Phyllopoden zu schliessen. Der dem vorderen Maxillar- segmente gehörige Schalenmuskel begründet keineswegs schlechthin einen Pbyllopodencharakter, sondern weist lediglich auf eine vielen Entomostraken gemeinsame ursprüngliche Verbindungsweise der Schalenklappen hin , welche bei den Malacostraken bislang nicht beobachtet wurde. Damit ist aber noch durchaus nicht bewiesen, dass nicht auch bei Malacostraken und insbesondere bei solchen Schizo- poden, deren Schalen sich frei über dem Kücken des Thorax aus- breiten , ohne mit den Segmenten desselben verwachsen zu sein, Ueberreste des Schalenmuskels vorhanden sind und bei sorgfältiger Untersuchung noch aufgefunden werden. Wären dieselben aber auch in keinem Falle bei Malacostraken mehr nachweisbar , so würde doch, zumal auch bei vielen Phyllopoden kein Schalenmuskel mehr vorhanden ist, aus dem Besitze eines solchen bei Nebalia nicht mehr gefolgert werden dürfen, als dass sich in dem Schalen- muskel ein alter ursprünglicher Charakter der Protostraken vererbt und erhalten hat. Eine zweite, dem Alter nach weit zurückreichende und deshalb nicht minder bedeutungsvolle Eigenthümlichkeit liegt in dem Besitze der unpaaren vorderen Klappe, welche bei keinem Phyllopoden angetroffen wird, und somit wiederum die Nebaliaschale zu den (38) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 39 Schalen jener Entomostraken in einen Gegensatz bringt. Diese die Stielaugen bedeckende und schützende Klappe (K) ist vom Rückenintegument , in welchem beide Schalenklappen zusammen- laufen, beweglich abgesetzt und als Hautduplicatur von gleicher Structur, als unpaarer medianer Abschnitt, gewissermassen als dritte nach vorn gerichtete Schalenklappe zu betrachten. Die wie in einem Charniergelenke erfolgende Hebung und Senkung der- selben wird nicht durch besondere Muskeln, sondern indirect durch die Hebung des Vorderkopfes sowie der Augen und Vorder - fühler vermittelt. Ein Vergleich der Klappe mit dem Rostrum der Copepoden erscheint daher eben so unzutreffend als ein solcher mit dem Rostralfortsätzen am Panzer zahlreicher Malacostraken. Eine diesen entsprechende Bildung findet sich überdies unter der Klappe als ein in zwei Stacheln (St) auslaufender Kopfhöcker. Die Sars'sche Homologisirung der Nebaliaschale mit dem seit- lichen Integumentsaum am Cephalothorax der Harpacticiden muss daher um so mehr als eine verfehlte bezeichnet werden, als von jenem Autor dem Rostrum der Harpacticiden irrthümlich eine ähnliche Beweglichkeit beigelegt wurde. Dagegen tritt die gleiche bewegliche, vom Rostrum ganz verschiedene Kopfklappe an der Schale der paläozoischen C er atio c ariden auf, weicheneben der gesammten Körpergestaltung und der Endigungsweise des Hinterleibes diesen Charakter mit den jetzt lebenden Nebaliden gemeinsam haben. Ich theile vollkommen die von Packard aus- gesprochene Meinung, nach welcher der beweglichen Kopfklappe der Werth eines wesentlichen diagnostischen Merkmales der beide Crustaceengruppen vereinigenden Ordnung zukommt. Ich bezeichne die Klappe als Kopfklappe, weil sie dem vor- deren beweglich abgesetzten Kopfabschnitte , welcher die beiden Antennenpaare trägt, als schützende Deckplatte aufliegt. Dabei übernimmt ein paariger Stirnstachel , den man seiner Lage nach als Rostralstaehel zu bezeichnen wohl berechtigt ist , die Rolle, mit Hilfe eines bemerkenswerthen Mechanismus die den Bewegungen der Augen und Fühler zweckmässig entsprechenden Lageveränderungen der Kopfklappe zu sichern. An der dorsalen Seite des Vorderkopfes über der Insertion des Fühlerpaares erhebt sich nämlich ein nach den Seiten dachförmig vorspringender und die Basis der Augen überwölbender Kopfhöcker (Kh), welcher in zwei langausgezogene Stirnstacheln (St) ausläuft (Vergl. Taf. V, Fig. 8, 9. 10, KhSt: ferner Taf. VII, Fig. 1. 2, Kh). Die medialen, parallel und geradlinig nach vorn gerichteten Ränder beider Stirn- 40 C. Claus: stacheln umgreifen mm mittelst einer rinnenförmigen Vertiefung die in entgegengesetzter Richtung nach oben umgebogenen Seiten ränder eines basalen Wulstes (W) der Kopf klappe, so dass sie wie auf einer Schiere bei der Bewegung des Schnabels vorwärts und rückwärts laufen und gleichzeitig die Verbindung der Klappe sichern. Die wulstförmige Auftreibung, welche sich an der Unter- fläche der Kopfklappe erhebt, erscheint mit Fettkugeln enthaltendem Bindegewebe ausgefüllt und einem weichen Polster vergleichbar, dessen Seiten den Haltapparat bilden, an welchem die Stirnstacheln bei Hebung und Senkung des Kopfes mit seinen Anhängen und ent- sprechendem Heben und Senken der Klappe wie auf Schienen vor- wärts und rückwärts gleiten (Taf. I, Fig. 1 u. 2). Bei Parane- balia, deren Untersuchung mir die zuvorkommende Güte des Herrn J. Murray; durch Zusendung einiger wohl erhaltener Exemplare der Challenger Expedition ermöglichte , fehlt diese Einrichtung. Es finden sich hier weder die Rostralstacheln noch der Klappenwulst, und die Kopfklappe repräsentirt eine einfache in einen terminalen Stachel auslaufende Platte. Wie sich aus der feineren Structur der Schale ergibt, welche mit der des Exopoditen und Epipoditen der Brustbeine im Wesent- lichen übereinstimmt, hat die Schale neben der Bedeutung als passives Schutzorgan zugleich eine entschieden respiratorische Function. Schon in einer früheren Abhandlung habe ich auf das Vor- handensein zweier seitlicher Blutcanäle und eines mit jenen durch ein dichtes Netzwerk engerer Gänge verbundenen Mediancanals hingewiesen und gezeigt, dass das Blut vom Herzen aus eintritt, um in rückströmender Bewegung in den Mediancanal zu gelangen und von diesem aufwärts in den Pericardialsinus des Herzens zurückzufliessen, ähnlich wie sich der Kreislauf auch in der Schalen- duplicatur der Mysideen und Stomatop öden verfolgen lässt, während in der breiten Kopfklappe das Blut in einem Median- canal aufwärts bis zur Spitze emporströmt und durch netzförmige Anastomosen in seitliche Canäle abfliesst. Integument, Bindegewebe, Fettkörper. Das Körperintegument bietet keine auffallenden Besonder- heiten, welche eine eingehendere Darstellung erforderlich machten und schliesst sieh den bekannten Verhältnissen anderer Crustaceen an. Soweit die Schalenklappen den Körper bedecken, ist die Chitin- haut dünn und glatt. An den vorderen Abdominalsegmenten beginnt dieselbe stärker zu werden und eine polygonale Sculptur (40) Organismus der Nebalidea und systematische Stellung der Leptostraken. 41 zu gewinnen, deren Begrenzung die der unterliegenden Matrikai- zellen wiederholt. Es sind quergezogene, rautenförmige, vier- bis sechsseitige Felder, welche eine fast schuppenähnliche Zeichnung bedingen und an ihren Grenzen durch Reihen vorspringender Höckerchen wie gezackt erscheinen (Taf. XI, Fig. la). Am dritten und vierten Abdominalsegmente wird die Cuticula schon derber, und auch über die Fläche der Felder zerstreut er- heben sich zarte Spitzen , welche der Cuticula ein überaus fein- körniges granulirtes Aussehen verleihen (Fig. 1 b). Ganz ähnlich verhält sich das Integument der Abdominalfüsse und der Schale, doch erscheint an dieser die Granulirung mehr gleichmässig , da die Höckerchen an den Grenzen der polygonalen Felder nicht wie im ersteren Falle durch beleutendere Grösse hervortreten. Dazu kommt noch das Vorhandensein kleiner, über die Oberfläche der Schale zerstreuter Porencanäle, welche in der Nähe der Schalen- ränder, an dem dreiseitigen Schilde zwischen den Vorderantennen und auf der Kopfklappe dichter und regelmässiger auftreten. Die be- deutendste Stärke und eine incrustrirte Beschaffenheit zeigt der Hautpanzer an den frei vortretenden Abdominalsegmenten und an den Furcalgliedern, deren Integument ebenso wie das der voraus- gehenden Segmente reich an Kalksalzen ist. Die Contouren der poly- gonalen Felder sind hier schärfer umschrieben und durch breite, starke lichtbrechende Zonen bezeichnet, in welche auch die ziemlich dicht und regelmässig vertheilten Porengänge hineinfallen (Fig. c). An der Ventralfläche der Furcalglieder finden sich noch längs jeder lateralen Hakenreihe sehr weite Poren als Oeffnungen schlauch- förmiger Hautdrüsen (Fig. 1 d). Einen sehr zierlichen Schmuck, aber auch einen gewissen Schutz für das Abdomen, gewähren Reihen zahnförmiger Fort- sätze der Chitinhaut, durch welche der vorspringende Hinterrand der Abdominalsegmente sägeartig gezackt erscheint. Nur das erste und letzte der Segmente entbehrt dieses Besatzes, und am zweiten bleibt derselbe auf die Dorsalseite beschränkt. Die gleiche Zähnelung wiederholt sich auch bei der nordischen Nebalia bipes an denselben Abdominalsegmenten, während sie bei Paranebalia longipes auf das vorletzte und drittletzte Segment, bei Nebaliopsis auf die drei dem Endsegmente voraus- gehenden Abdominalsegmente beschränkt ist. Dass G. 0. Sars unter den Argumenten, auf welche er die Homologie der drei hinteren Abdominalsegmente der Nebaliden mit dem Abdomen der Copepoden stützen zu können vermeint , auch auf diese (u) 42 C. Claus: Zähnelung Rücksicht nimmt und sich auf die ähnliche „denticulate armature" am Hinterrande der Abdominalsegmente von Harpac- ticiden beruft, muss einen geradezu befremdenden Eindruck machen, als wenn diese so häufig bei kleinen Crustaceen auftretende Inte- gument-BewafFnung, welcher als secundäre Anpassung eine höchst untergeordnete Bedeutung zukommt, einen Charakter von morpho- logisch bestimmendem Werth abgeben könnte. Am schönsten weist man die Sculptur an abgestreiften Häuten nach, deren Untersuchung auch zur Constatirung einzelner Detail- verhältnisse des Körperbaues und der Gliedmassengestaltung anzu- empfehlen ist und werthvolle Aufschlüsse gibt. Bezüglich der als Matrix der Cuticula fungirenden Hypodermis, deren Zellengrenzen an frisch gehäuteten lebenden Exemplaren als den polygonalen Feldern der Cuticula entsprechend recht deutlich erkannt werden, kehren ähnliche Verhältnisse wieder, wie ich sie für Branchipus1) und Verwandte näher dargestellt habe. Auch bei den Nebaliden findet die Ausscheidung der erhärtenden Chitinsubstanz nicht nur an der Aussenseite der Zellen zur Her- stellung des oberflächlichen Cuticularpanzers statt, sondern an zahlreichen Territorien des Körpers, und besonders da, wo zwischen Integumentduplicaturen oder nahe aneinander liegenden Hautaus- breitungen nur enge Spalträume der Leibeshöhle als Blutlacunen zurückbleiben, werden die säulenförmig verlängerten Hypodermis- zellen grossentheils zu chitinösen Fasern und Bälkchen verbraucht, welche als Connectivfasern zur Stütze und Begrenzung der mit Blut gefüllten Lücken dienen. In grosser Ausdehnung findet sich aber in der Tiefe der Hypodermis eine zweite dünne Chitinhaut abgeschieden, welche als Basalmembran (Taf. XI, Fig. 1 1 B m) die Festigkeit des Hautgewebes wesentlich unterstützt. Dieselbe wieder- holt sich auch an den durch Einstülpungen der Haut erzeugten Darmabschnitten, sowohl am Mund- als am Afterdarm, an welchem sie die äussere von Quermuskelreifen überkleidete Grenzmembran des hohen Epithels bildet. Sowohl am äusseren Integument als an gleichwerthigen Hautbildungen dieser Darmabschnitte durchsetzen die Sehnenfasern der herantretenden Muskeln die äussere Grenz- membran, um zwischen den Hypodermiszellen hindurchzustrahlen und an der viel stärkeren, geschichteten Cuticula, beziehungsweise Intima ihren Ansatz zu nehmen (Taf. XI, Fig. 7). ') C. Claus, Untersuchungen über die Organisation und Entwicklung von Branchipus und Artemia. Arbeiten aus dem zool. Institute in Wien 1886. Tom. VI, pag. 20—25. (42) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 43 Mit diesen bereits vom Gewebe der Bindesubstanz nicht streng abzugrenzenden Bildungen der Haut treten an vielen Stellen die mächtig entwickelten Bindegewebsnetze der Leibeshöhle in Berührung. Es ist das gleiche zellige Bindegewebe, wie das im Körper anderer Cr ustaceen , sowohl von Branchipus und A r t e m i a als Asellus und Gammarus verbreitete Zellengewebe, welches in derselben Weise Träger von Fettanhäufungen wird und mit Rücksicht auf diese an vielen »Stellen als ,.Fettkörper" bezeichnet werden kann. Am massigsten erscheint dasselbe in der Umgebung des Darm- canales entwickelt, welcher sammt den Leberschläuchen und Geni- taldrüsen in einen perienterischen, den grössten Theil der Leibes- höhle erfüllenden Fettstrang verpackt erscheint. Rechts und links entsendet der mit Fettkugeln dicht gefüllte Strang flügeiförmige Fortsätze nach dem Integumente, unter welchem dieselben zwischen den dorsalen und ventralen Längsmuskeln des Rumpfes in eine kleinzellige, subdermale Bindegewebsschicht übergehen. In den letzten Segmenten des Abdomens entsendet dieselbe auch ventral und dorsal bis zum Integument reichende Ausläufer (Taf. XII, Fig. 6). In den Beine tragenden Segmenten des Abdomens vTaf. XII, Fig. 3), sowie im Thorax sind die ventralen Bindegewebsmassen durch die Ganglienkette, die dorsalen durch das Herz und die Blutsinus verdrängt, beziehungsweise ausgefüllt. In jenen Seg menten reichen die seitlichen Ausläufer nicht bis zum Integu- ment, indem sich dieselben an der medialen Seite der vom Rücken der Segmente entspringenden , schräg absteigenden Ex- tremitätenmuskeln befestigen (Taf. XII, Fig. 3). Aber auch hier grenzen sie die dorsalen von den ventralen Rumpfmuskeln ab und liegen dem quer ausgespannten Septum für die grossen Blutsinus der Leibeshöhle an. In der vorderen Brustgegend nähern sich die seitlichen Fortsätze, indem sie zum Rücken emporsteigen, dem Herzen, zu dessen Seiten der dorsale Blutsinus beträchtlich ver- engert wird. In der vom Schalenmuskel quer durchsetzten Maxillarregion reichen die Bindegewebsmassen dorsalwärts bis zum Integument (Taf. IX, Fig. 6 Bg) , verschmälern sich aber zu den Seiten des Magens, durch ilie Muskeln der Kiefer verdrängt, zwischen welche sie zahlreiche Ausläufer entsenden (Taf. XI, Fig. 8, 11 Bg). Auch in der Oberlippe, in den Mundesgliedmassen und Antennen, sowie in der Kopfklappe finden sich bindegewebige Zellennetze als Füllungs- masse zwischen Integument, Muskeln und Blutcanälen. In der polsterartig aufgetriebenen Basis der Kopfklappe (Taf. V, Fig. 10, 11, M3) 44 C. Clans: Taf. VII, Fig. 8' Bg), sowie zwischen den Lamellen der seitlichen Schalenstücke sind es grosse mit Fettkugeln erfüllte Zellen, während in den Gliedmassen und intermuskularen Spalträumen die kleinzellige Form des Gewebes vorherrscht. Wie bereits hervorgehoben wurde, ist die Ansammlung von Fettkugeln vornehmlich in dem grosszelligen als Fettkörper zu bezeichnenden Bindegewebe eine ganz ausserordentlich reiche und steht im Zusammenhange mit den Ernährungsverhältnissen, welche zu verschiedenen Zeiten und in beiden Geschlechtern verschieden sind. Von dem angehäuften Nahrungsdepot-, auf das sich zugleich auch die in dem feinkörnigen Protoplasma jenes Gewebes enthal- tenen Protei'nsubstanzen beziehen durften, zehren die Weibchen während der Dauer der Trächtigkeit, während welcher die in dem Brutraume aufgenommenen Eier die embryonale Entwickelung durchlaufen. Während dieser geraumen Zeitperiode, welche noch dadurch verlängert wird, dass die ausgeschlüpften Larven nicht sogleich den Brutraum verlassen, nehmen die Mutterthiere keine Nahrung zu sich, man sieht nur geringe, die Respiration unter- haltende fast rhythmische Schwingungen der Brustbeine, die nicht einmal ausreichen, um die mit dem Wasser in den Brutraum ein- tretenden und sich hier oft anhäufenden Schlammtheilchen zu ent- fernen. Der Darmcanal entledigt sich seines Inhaltes und bleibt leer, während der Fettkörper allmälig verbraucht wird un 1 sammt Darm und Leberschläuchen merklich zusammenschrumpft. Gleichzeitig erlangen aber die Bluträume eine grössere Ausdeh- nung, die in denselben circulirende Säftemenge wird auf Kosten der aus dem Fettkörper ausgezogenen Nährsubstanzen eine reich- lichere. Untersucht man solche mit reifer Brut behaftete Weibchen, so findet man auf Schnittserien die ventralen und dorsalen Blut- behälter entsprechend vergrössert, während die von dem, den ge- schrumpften Darm und die Leberschläuche umschliessenden Strange ausgehenden Seitenflügel auf das transversale Septum reducirt sind, welches zwischen der Rücken- und Bauchmnskulatur des Rumpfes ausgespannt ist und an die homologen Septen im Körper sowohl der Branchiopoden als höheren Malacostraken, wiePhro- nima, Apseudes u. A. anschliesst. Es erscheint demnach der Fettkörper bei Nebalia als Regulator des Stoffwechsels im Lebenshaushalte des Organismus von höchster Bedeutung. Auch im männlichen Geschleehte kehrt die gleiche Erschei- nung wieder. Schon durch die Reduction, welche der Borstenbesatz an den Mundesgliedmassen und Brustbeinen der ausgebildeten Männchen erfährt, war ich zu der Vermuthüng geführt, dass (44) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 4^ dieselben im Zustande der Geschlechtsreife keine oder doch nur geringe Mengen von Nahrung aufnehmen. Die Untersuchung ge- scbleehtsreifer Männchen, die überhaupt durch ihre grössere Trans- parenz und geringere Menge von Fettkugeln von den Weibchen und jugendlichen Männchen abweichen , bestärkte meine Ver- muthung, indem ich auf Schnittserien nicht nur Darm und Leber- schläuche geschrumpft, sondern auch den Fettkörper völlig rück- gebildet fand. Möglicherweise hat jedoch ausser dem Alter des GeschlecLtsthieres — junge Männchen, welche erst kurze Zeit vorher mit Abstreifung der flaut in das Stadium der Geschlechts- reife eingetreten sind, besitzen Darm, Leberschläuche und Fett- körper in voller Integrität — auch die Jahreszeit einen Einfluss, da ich die Rückbildung lediglich an vereinzelten Männchen beob- achtete, welche noch am Anfange des Winters , gegen Ende No- vember, gefangen worden waren. Wahrscheinlicher ist es mir jedoch, dass dieselben ältere, schon in früheren Monaten zur Reite gelangte Formen waren, welche sich bis in diese Jahreszeit erhalten hatten. Muskulatur. Die Muskulatur zeigt in der Anordnung ihrer Abschnitte, sowie nach Insertion und Lage der einzelnen Muskelgruppen eine grosse Uebereinstimmung mit der Muskulatur der Arthrostraken, so dass die Beschreibung, die ich kürzlich von den Rumpf- und Extremitätenmuskeln der Apseudiden gegeben habe, nur geringer Modificationen bedarf, um auf Nebalia übertragen werden zu können. Wie hier bestehen die allerdings weit massiger ent- wickelten Rumpfmuskeln aus ventralen und dorsalen Längszügen, welche an den Seiten des Körpers, durch die Ansätze des Septums getrennt, fast zusammentreffen. Die dorsalen Längszüge (Taf. IX, Fig. 8 DM, Taf. XII, Fig. 3. 5, 6 DM) zerfallen jederseits in ober- flächliche und tief verlaufende Bündel. Jene entspringen vorn am Vorderrande des Segmentes, welcher vom Hinterrande des vorausgehenden Segmentes überdeckt wird, und ziehen in gerader Richtung bis nahe dem Vorderrande des letzteren, wo sie in geringer Entfernung von dem Ursprung des vorausgehenden Muskelabschnittes ihren Ansatz erhalten. Die lateral und tiefer verlaufenden Muskel- gruppen überspringen zwei , drei und mehr Segmente , die am tiefsten gerückten Züge erstrecken sich von der Maxillarregion bis in das Abdomen und durchsetzen fast die gesammte Körperlänge. Die dorsalen Muskeln des letzten Segmentes (Taf.XII, Fig. 5, 10— 15 MM'), welche die Furcalglieder bewegen, verhalten sich etwas abwei- chend. Dieselben inseriren sich nahe dem Vorderrande und bestehen (45) 46 C. Clau s: aus einer breiten oberflächlichen Lage (M), von der sich wieder ein mediales Bündel abhebt, und einem tiefer verlaufenden Muskel iM'), welcher in dem hinteren T heile des Segmentes eine mehr mediale Richtung gewinnt, um sich zugleich mit einem am Rücken- integument entspringenden schräg absteigenden Bündel (Fig. 13 M') an die mediale und ventrale Seite des Furcalgliedes anzuheften. Die oberflächliche Muskelgruppe inserirt sich dagegen lediglich am dorsalen Rande der Furca (Fig. 13 M), zu welchem dieselbe von der Seite des letzten Segmentes in schrägem Verlaufe absteigt ''Fig. 4, 5). Auch in den vorausgehenden Segmenten des Abdomens nehmen die oberflächlichen Dorsal muskeln, welche von Segment zu Segment ziehen, einen schräg sich kreuzenden Verlauf (Taf. XII, (Fig. 4 DM', DM"), indem je eine Gruppe (DM") mit der entspre- chenden der anderen Seite nach hinten, die zweite (DM') in um- gekehrter Richtung nach vorne convergirt. Dagegen halten in den kurzen Brustringen die oberflächlichen mehr medialen Muskelzüge einen longitudinalen Verlauf ein, in gleicher Weise die angren- zenden, tiefer ziehenden Muskeln, welche mehrere Segmente über- springen; es treten aber lateralwärts auch schräge Züge auf, ferner gehen hier schräg von vorn nach hinten verlaufende Bündel zur Verstärkung der mächtigen, tiefen Muskelmassen von den Seiten ab. Im Kopfe reichen die schräg aufsteigenden dorsalen Muskelzüge bis in die Region des Schalenmuskels und inseriren sich zur Seite des vorderen, von drei seitlichen Ostienpaaren durch- brochenen Herzabschnittes am Integumente (Taf. XIII, Fig. 3 DM). Die ventralen Muskelmassen (VM) halten die Längsrichtung strenger ein und erfahren an den einzelnen Segmenten durch sehnige Chitinlamellen, welche intermusculären Ligamenten entsprechen, eine Unterbrechung. Diese entspringen nahe an den Grenzen der Segmente und nehmen eine schräg nach vorne gerichtete Lage ein. An den sehr beweglichen, frei aus der Schalenduplicatur vorstehenden Abdominal- segmenten, deren Verbindungshäute eine grosse Ausdehnung besitzen und vom Hinterrande der vorausgehenden Segmente überdeckt wer- den, inseriren sich die nach Art von Apodemata nach innen ein- springenden Chitinsehnen der medialen Muskelzüge am hinteren Drittheile des Segmentes (Taf. XII, Fig. 5) , so dass die segmen- talen Muskelabschnitte Schleifen bilden, denen ähnlich, welche, wenn auch in ausgeprägterem Masse . bei Decapoden (z. B. bei Astacus) auftreten. Die jederseits einspringenden Chitinsehnen (Fig. 6 Ch S) erscheinen wie durch eine mediane Querbrücke verbunden; unter welcher im vorletzten Segmente die hier gesonderten Stämmchen (46) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 47 der Baucbganglienkette oberhalb einer subcutanen Bindegewebs- schicht verlaufen (Fig. 6 Ns). Dagegen bewahren die lateralen Muskel- züge auch an der Bauchseite ihre intersegmentalen Insertions- stellen an den einspringenden Zwischenhäuten der Segmente. Auch am Endsegmente beginnt der Ventralmuskel nicht am Furcal- rande, sondern rechts und links an der ziem'ich festen Verbin- dungshaut, an welcher derselbe mit einer langen, von einem Matrikaischlauch umhüllten Sehne entspringt (Taf. XII, Fig. 13 VM). Es besteht dieser terminale Muskelabschnitt aber nur aus zwei kräftigen Bündeln , von denen das oberflächliche schleifenfö'rmig über die Grenze des vorausgehenden Segmentes übergreift und an der beschriebenen Sehnenbrücke endet, das tiefere dagegen einen längeren Verlauf durch mehrere Segmente (Taf. XII, Fig. 5) nimmt. Die Segmente der vier grossen Schwimmfusspaare des Abdomens stehen ebenso wie die der Brustregion an der Ventralseite in einem engeren festeren Anschluss, insofern zwischen denselben einspringende Verbindungshäute fehlen. Die Muskelabschnitte nehmen auch hier an den Grenzen der Segmente oberflächlich ihre Insertion, tiefer dagegen an den mächtigen intermusculären Sehnenblättern , von denen jedoch tiefe, durch mehrere Segmente bis in die hintere be- wegliche Region des Abdomens hindurchgehende Muskelzüge un- berührt bleiben , obwohl sie schräg medial wärts hinzutretende Verstärkungsbündel erhalten. Zu diesen sehnigen Blättern . welche auch zwischen den Muskelabschnitten der Brustregion wiederkehren . läuft in jedem Segment ein schräg medialwärts vom Rücken absteigender Muskel, welcher als Spanner des Sehnenblattes fungirt (Taf. XII, Fig. 1 T Bp? Fig. 2T.). Die zu einem Paare gehörigen Blätter verbinden sich auch median durch eine Querbrücke , welche sich der bereits er- wähnten Sehnenbrücke in den Abdominalsegmenten analog über einen entsprechenden hinteren Abschnitt der Ganglienkette aus- spannt (Fig. 2 S). Die durch diese mediane Verbindung und die Wirkung der Tensoren erzielte Stützkraft scheint sowohl dem Bedürfnisse der ventralen Myomeren, welche durch die Sehnen- blätter getrennt sind, als besonders dem Ansatz der medialen Ventral- muskeln der Extremitäten zu Gute zu kommen, da dieselben an Fort- sätzen jener entspringen und in den Stamm der Extremitäten ein- treten. An den Muskelabschnitten der vier vorderen Abdominal - segmente, deren mächtige Gliedmassenpaare die Propulsion des Körpers nach Art der Copepodenfüsse bewirken, treten sogar zwei (47) 48 C. Claus: Paare vGn Tensoren schräg vom Integument an das Sehnenblatt heran (Taf. Xlf, Fig. 2T, T'). Vorn reichen die ventralen Muskelzüge bis in die Maxillar- region (Taf. XII, Fig. 1), wo sie bis zur hinteren Grenze der Sehne des Schalenmuskels (S. SM) zu verfolgen sind und theil- weise an den lateralen Verdickungen derselben, von denen auch Muskelzüge des 2. Maxillenpaares entspringen, sich anheften. Im vorausgehenden Kopfabschnitte, dessen Segmente ohne Grenzen ver- schmolzen sind, fehlen die Myomeren der Rücken- und Bauchmuscula- tur, dagegen nehmen hier die vom dorsalen Integumente entspringen- den Muskeln der beiden Antennenpaare und Kiefer einen um so grösseren Raum ein. Dazu kommt der mächtige, durch ein abstei- gendes Bündelpaar verstärkte Kaumuskel der Mandibeln und der ebenfalls transversale Schalenmuskel. Der letztere (Taf. IX, Fig. 5, 6 S M) hat in der Maxillar- region seine Lage und scheint nach dem umfangreichen Insertions- felde, mit welchem derselbe an beiden Schalenhälften entspringt, beiden Maxillarsegmenten anzugehören (Taf. I, Fig. 1 SM). In- dessen ist dieser Muskel ausschliesslich auf das erste Maxillarseg- ment zu beziehen , wie sich nicht nur aus der Lage des medialen gemeinsamen Sehnenstückes, sondern auch aus seiner Innervation vom ersten Maxillarganglion (Taf. IX, Fig. 5 Mx' Nd) , sowie aus dem Verlaufe der absteigenden Muskelzüge dieser Gliedmasse er- gibt (Taf. IX, Fig. 6). Die schräg nach vorn absteigenden Muskeln, welche hinter der Kopfklappe am Rückenintegumente entspringen, sind Heber des Vor- derkopfes, an welchem die Augen und beiden Antennenpaare entsprin- gen. (Taf .VII, Fig. 1 , 2, 3, 8' M, Taf. XIII, Fig. 3 KM, KM'.) Die vordere dieser paarigen Muskelmassen ist kürzer (KM), die hintere weit umfang- reichere verläuft mehr schräg longitudinal (KM'j. Zwei Bündel dersel- ben verlaufen nahe der Medianebene, die übrigen stärker lateralwärts. Noch umfangreicher und langgestreckter sind die hinter diesen kurzen Muskeln entspringenden, ebenfalls schräg nach vorn gerich- teten Muskelbündel, (A'M) welche in die vordere Antenne ein- treten und dieselbe nach der Bauchseite des Körpers adduciren. Die- selben liegen tiefer und inseriren sich, etwas lateralwärts nach der Oberfläche des Integumentes aufsteigend, oberhalb der Mandibeln und des Schalenmuskels, über welchem ihre hintere Grenze bis. vor den Ansatz der dorsalen Rumpfmuskeln reicht. Lateralwärts von dem kurzen, zum Aufrichten des Vorder- kopfes dienenden Muskel, über und zur Seite des Endstückes der (48) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 49 vorderen Leberschläuche liegt das Insertionsfeld für die Muskeln des zweiten Antennenpaares. Dieselben bestehen vorwiegend aus seitlich unter dem Integumente verlaufenden Faserbündeln, welche sich zur Bilduno: einer vorderen und hinteren nach der Antennen- Insertion convergirenden Muskelgruppe vereinigen (Taf. XIII, Fig. 4 A"M', A"M"). Ein tiefer liegendes, weiter hinten und medial wärts inserirtes Bündel bewegt die Antenne von aussen nach der Median- ebene, die seitlichen Muskelgruppen ziehen dieselbe nach vorn oder nach hinten und zugleich etwas nach aussen. Auch die Mandibel erhält schräg vom Rücken absteigende, den Rumpfmuskeln homologe Muskeln, ein mehr oberflächlich ver- laufendes vorderes und hinteres Bündel, welche nach der dorsalen seitlichen Einlenkungsstelle der Mandibel convergiren und diese abduciren. (Taf. XIII, Fig. 13 Md M', Md M".) Denselben entgegen- gesetzt wirkt ein mediales, an der inneren Seite der langen Antennen- muskeln schräg nach aussen und hinten absteigendes Bündel (Taf. IX, Fig. 4 Md Mi'), welches sich hinter dem Masseter an die Basis des Mahlfortsatzes ansetzt und die Mandibel aufwärts hebt und adducirt. Dazu kommt endlich noch ein vorderer mit der trans- versalen Sehne des Masseter verbundener schräg nach innen ab- steigender Muskel (Taf. XI, Fig. 9 Md Mi), von dessen langer Sehne auch kurze Muskelfasern zur Wandung des Kaumagens ziehen. Auch zu den Maxillarenpaaren ziehen vom Integumente schmäch- tige Muskelbündel herab, welche der reducirten Musculatur von Rumpf- gliedmassen entsprechen (Taf. IX, Fig. 4, 6 Me, Mi). Die zum ersten Maxillarsegmente gehörigen Bündelpaare verlaufen vor und hinter dem Schalenmuskel ventralwärts convergirend. Dazu kommen noch an beiden Maxillarpaaren mehrere der Bauchseite angehörige, schräg transversal von innen nach aussen verlaufende Muskeln (Fig. 4, Ma, Mp) , auf welche auch der transversale Masseter (Taf. XI, Fig. 5, Ms) der Mandibeln zurückzuführen ist und welche in etwas veränderter Lage an den acht Brustgliedmassen wiederkehren. Am ersten Maxillenpaare bilden dieselben eine obere und eine untere Gruppe von Bündeln, welche median theils unmittelbar vereint sind, theils an der vorderen sowie ventralen Partie der mächtigen Sehne des Schalenmuskels inseriren. Die vordere Bündelgruppe (Ma) verläuft nahezu transversal und gehört lediglich dem Basal- glied an, die hintere (Mp) nimmt eine schräg nach aussen ab- steigende Richtung und bewegt die grosse Kaulade. Dieser Gruppe entspricht die hintere und untere Bündelmasse des mächtigen Mandibelmuskels (Masseter), welche ohne Beziehung zur Median- C laus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft l. 4 (49) 50 C. Claus: sehne bleibt, in ihrem ganzen Verlaufe musculös ist und zu dem Tasterursprung zieht. Am zweiten Maxillenpaar ist nur die vordere Muskelgruppe median verbunden (Taf. IX, Fig. 6Ma) und schräg nach hinten und aussen absteigend, die zweite Gruppe von Bündeln entspringt lateral an der queren Sehne des Schalen- muskels (SM), da wo sich auch das vordere Ende der ventralen Rurapfmuskeln anheftet und nimmt einen fast longitudinalen Ver- lauf an der medianen Seite der Gliedmasse. Ganz ähnlich verhalten sich die Muskeln der acht Extremitäten, nur dass keiner der ventralen Muskelzüge eine mediane Verbindung besitzt, indem beide an dem Sehnenseptum des ventralen Myomers entspringen (Taf. IX, Fig. 8 Ma, Mp). Die an den Seiten des Rumpfes entspringenden dorsalen Muskeln lassen sich auf eine vordere und hintere Gruppe lateraler Faserzüge (Fig. 8 Me) und eine tiefer verlaufende Gruppe mehr medial gerichteter Bündel (Mi) zurück- führen. Weit umfangreicher sind die Muskelmassen , welche die vier Pleopodenpaare nach Art der Copepodenfüsse in kräftigen Ruderschlägen bewegen. Die dorsalen absteigenden Züge entspringen höher am Rückenintegumente (Taf. XII, Fig. 3 Mi, Me), ganz besonders beim Männchen, wo dieselben die dorsalen Rumpfmuskeln mit Ausnahme der oberflächlich verlaufenden medialen von den Seiten vollständig umlagern. Die Gruppirung der Faserzüge zu vorderen, als Vorzieher wirkenden, und hinteren die Ruder- schläge ausführenden Muskeln ist eine ganz ähnliche wie an den Brustgliedmassen, ebenso die Vereinigung von schräg einwärts verlaufenden Bündeln zur Bildung einer am medialen Rande des Schaftes inserirenden Muskelmasse. Auch die an den Sehnenscheiben der ventralen Myomeren entspringenden Ventralmuskeln lassen sich unmittelbar auf die der Brustgliedmassen (Taf. XII, Fig. 3 Ma, Mp) zurückführen. Die beiden rudimentären Pleopodenpaare werden nur von schmächtigen Muskelzügen bewegt, welche an der beschriebenen Sehne im Inneren des Segmentes entspringen und schräg medial- wärts zum Grunde der Gliedmasse ziehen (Taf. V, Fig. 4 M). Nervensystem. Das Nervensystem besteht aus einem gestreckten , mehrere Anschwellungen bildenden Gehirn und aus einem langen, mit jenem durch kurze Schlundcommissuren verbundenen Bauchstrang, an welchem der Gliedmassenzahl entsprechend 17 Ganglienanschwel- lungen hervortreten (Taf. I, Fig. 1 ; Taf. VII, Fig. 8', 8")- Dieselben repräsentiren ein Mandibel- und zwei Maxillarganglien , acht Gan- glien der Brust und sechs Ganglien des Abdomens. Dieselben waren (50) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraten. 51 bereits Met sehn iko ff bekannt, welcher sie im Embryo- und Larven- körper nachweisen konnte. Was diesem Beobachter jedoch entgangen war, ist das Vorhandensein einer auf die Pleopodenganglien folgenden kleinen Anschwellung, welche dem gliedmassenlosen siebenten Ab- dominalsegmente der Larve angehört, jedoch im Laufe der Entwicklung vollständig rückgebildet wird (Taf. VTI, Fig. 7, G7). Die Anlage dieses letzten siebenten Abdominalganglions weist darauf hin, dass die Zahl der Pleopoden ursprünglich eine grössere war und erst durch Reduction auf die Sechszahl beschränkt wurde. Dasselbe gilt auch für einzelne Malacostraken1), deren letztes (6. Abdominalganglion nicht selten durch seinen bedeutenden Umfang hervortritt. Die Thatsache, dass bei Sphaeroma noch ein kleines siebentes Ganglion folgt (B e 1 1 o n ci) — und es ist nicht schwer, durch Untersuchung dieser Jedem leicht zu- gängigen Assel die Bestätigung zu geben — , scheint für die Auffassung des Hinterleibes der Malacostraken in dem von mir mehrfach vertretenen Sinne ein wichtiges Zeugniss abzugeben. Sehr ausgeprägt erscheint die mediane Verschmelzung der Seitenhälften jedes Ganglions, so dass im Gegensatze zu der strick- leiterförmigen Gestaltung der Bauchkette bei Branchipus und Estheria der Charakter der paarigen Duplicität der Ganglien gänzlich zurücktritt. Erst bei genauer histologischer Prüfung erkennt man in dem scheinbar einfachen Nervenknoten die mediane Querfaserbrücke beider Hälften. Auch die Längscommissuren der aufeinander folgenden Ganglien sind in der Brustregion so kurz, dass sie erst mit Hilfe mikroskopischer Untersuchung nachgewiesen werden können, und der gesammte Brustabschnitt als gedrungener Strang mit dicht folgenden Anschwellungen (Taf. VII, Fig. 8') er- scheint. Dagegen liegen die Ganglien des Abdomens in weiteren Abständen entfernt und durch ansehnliche , median fast aneinander liegende Längscommissuren getrennt (Taf. VII, Fig. 8", Ag' — Ag6). Diese Ganglien sind langgestreckt, an der schwach ange- schwollenen Ventralfläche durch den Besitz von einer medianen (M w) und zwei echräg nach vorn gerichteten seitlichen An- schwellungen (Lw) ausgezeichnet, welche bis zur Basalmembran der Hypodermis reichen und an dieser mittelst Fortsätzen des Neuri- lemms haften. Dieselben enthalten Ganglienzellen, welche in den ventralen Zellenbelag des Ganglions Fortsätze entsenden. Die Ganglien des fünften und sechsten Abdominalsegmentes, deren Nerven die Muskeln der rudimentären Pleopoden, sowie die *) C. Claus, Ueber Äpseudes Latreillii etc. 1867, J. c. pag. 13. sowie Neue Beiträge zur Morphologie der Crustaceen. 1885, i. c. pag. 88 — 90. 4 * (51) 52 C. Claus: ventralen und dorsalen Myomeren des sechsten und siebenten Seg- mentes versorgen, treten an Umfang zurück, während ihre Längs- commissuren gestreckter und länger sind. Das letzte Ganglion setzt sich in zwei longitudinale Nervenstämmchen fort, welche nahe dem Endrande des siebenten Segmentes noch ein Nervenpaar (Taf. I, Fig. 1, N) abgeben, dann im achten Segmente allmählich seitlich auseinander weichen und um d.'e ventralen Muskelbündel bis in die Furca herabziehen i^Taf. XII, Fig. 6 EN). Dieselben versorgen die Musculatur des Endsegmentes. Die sehr schwachen Nerven des letzten Paares , welche am Ende des siebenten Segmentes austreten, entsprechen wahrscheinlich den Nerven des siebenten rückgebildeten Ganglions und verzweigen sich an den Rumpfmuskeln (Taf. XIV, Fig. 6 L Np). ßemerkenswerth ist die Art und Weise , wie der Ganglien- strang mittelst der intersegmentalen Querligamente suspendirt wird. An jedes dieser nahe an das vordere Segment grenzenden Sehnenbänder (Jl) heftet sich eine vom Hinterrande des voraus- gehenden Segmentes entspringende , schräg nach hinten empor- steigende und zwischen den Längscommissuren durchtretende Chitin- sehne. Dazu kommen noch zwei zarte Faserzüge vom Neurilemm der benachbarten Ganglien hinzu, durch welche die Fixirung der Bauch- kette am Endoskelet verstärkt wird (Taf. VII, Fig. 8"). In den vier vorderen, die grossen Pleopoden tragenden Segmenten treten von jedem Ganglion zwei Nervenpaare zu den Muskeln der Gliedmassen und des Rumpfes aus. Hinter denselben entspringt noch ein drittes Nervenpaar, welches von den Längscommissuren etwa an der Grenze zweier Segmente austritt (Taf. VII, Fig. 10, N1, N2, N3). Von den kleinen Ganglien des fünften und sechsten Abdo- minalsegmentes entspringt nur ein Nervenpaar, welches jederseits einen kleinen Zweig an die Muskeln der Füsschen abgibt und die ventralen und dorsalen Myomeren des nachfolgenden Segmentes versorgt. Diese oberflächlich verlaufenden Nerven kann man am lebenden Thiere leicht in ihrem Verlaufe verfolgen (Taf. XIV, Fig.Np). An dem viel gedrungeneren Brustabschnitte der Ganglienkette treten ebenfalls unpaare und paarige aus Ganglienzellen bestehende Anschwellungen auf. Die unpaare Anschwellung liegt an der Ventralseite jedes Ganglions und springt in den medianen Integu- mentkiel zwischen den Gliedmassen des zugehörigen Paares vor. (Taf. VII, Fig. 9, Bg 8). Indem dasselbe der Basalmembran der Hypodermis unmittelbar anliegt, bewahrt es ein ursprüngliches Lagenverhältniss. Die paarigen Ganglienwülste erheben sich an der dorsalen Seite und (52) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 53 ragen scbräg nach hinten vorstehend in den vorderen Abschnitt des nachfolgenden Segmentes hinein (Taf. VII, Fig. 9 Bg'). Nervenpaare treten hier nur in zweifacher Zahl aus ; ein vorderes mehr ventral entspringendes Paar, welches die Muskeln der Glied- massen versorgt, und ein weiter hinten, mehr dorsal aus dem Seiten- wulste austretendes Paar, das zu dem entsprechenden Rumpfmyomer verfolgt wird. An Serien gelungener Querschnitte gelingt es, die Nervenpaare der aufeinander folgenden Segmente der Reihe nach in der beschriebenen Ordnung aufzufinden (Taf. IX, Fig. 8). Auch die medianen zur Fixation dienenden Bindegewebsfasern werden zwischen den kurzen Längscommissuren der dicht gedrängten Ganglien auf Sagittalschnitten nachgewiesen und ebenso an Querschnitten erkannt (Taf. VII, Fig. 8'). Ganz ähnlich wie die beschriebenen Ganglien der Brustglied- massen verhalten sich in Form und Bau die Ganglien der beiden Maxillenpaare. Insbesondere zeigt das Ganglion der zweiten Mä- xille, welche ja auch nach Gestalt und Gliederung den Charakter eines Brustbeines wiederholt, eine so vollständige Uebereinstimmung mit den Brustgangli^n , dass man die Beschreibung dieser auf jenes unmittelbar übertragen kann (Taf. VII, Fig. 8;, Mx"g). Der vordere ventrale Nerv desselben tritt in die Gliedmassen ein (Taf. IX, Fig. 6, Mx" N v), der hintere dorsale verläuft zu dem von der Sehne des Schalenschliessers entspringenden Myomer des Maxillen- Segmentes (Taf. IX, Fig. 7, Mx", Nd). Das Ganglion des vorderen Maxillenpaares erscheint beträcht- lich verbreitert, trägt aber auch denselben Belag von Ganglien- zellen, welcher eine stark vorspringende ventrale und zwei nach hinten gerichtete dorsale Anschwellungen bildet An den letzteren entspringt der dorsale Nerv, welcher die Muskelmassen des Schalenschliessers versorgt und zu diesen von der hinteren Fläche hinzutritt (Taf. IX, Fig. 5 Mx' Nd). Der vordere Nerv (Fig. 4) entspringt ventral und verläuft zu den Muskeln der Maxillen. Aehnlich, aber noch stärker verbreitert und mit bedeutend ausgezogenen Seitenanschwellungen erweist sich das Mandibel- ganglion (Taf. IX, Fig. 3, M dg), an dessen hinterer Grenze der Zwischenraum hinter der kurzen Quercommissur von einem schräg vonderMasseter-Sehne zum Epipharynx des Mund-Atriums absteigen- den Muskelpaare durchsetzt wird (Taf. VII, Fig. 8', M; Taf. IX, Fig. 1 u. 2). Auch dadurch wird die Abweichung in der Form des Ganglions bedeutender, dass der mediane Zellenbelag der Dorsalseite verstärkt ist, und die ventralen Ganglienzellen anstatt einer unpaaren An- f55) 54 C. Claus : Schwellung eine paarige bilden. Dieses letztere Verhältniss tritt auch schon an dem vorderen Maxillarganglion hervor und steht damit im Zusammenhange, dass hier das mediane Integnment keinen kielformigen ausgehöhlten Vorsprung bildet, sondern am vorderen Maxillarsegmente die paarige Lippenplatte mit den Paragnathen- wülsten, am Mandibelsegmente den hypopharyngealen Boden des Mundatriums darstellt (Taf. V, Fig. 12 u. 14; Taf.VII, Fig. 8'). Das Mandibelganglion liegt hinter der queren Sehne des mächtigen Masseter, dessen Muskelmassen von dem aufsteigenden Dorsal- nerven versorgt werden ; der vorher austretende viel schwächere Ventralnerv verläuft zu den ventralen Bündeln und zu den Muskeln des Tasters (Taf. IX, Fig. 2, Md N v). In geringer Entfernung von dem Mandibelganglion findet sich unmittelbar hinter dem Mundeingange des Oesophagus eine Quer- commissur , welche man auf den ersten Blick geneigt ist als Commissur jenes Ganglions zu betrachten. Das nähere Studium auf- einanderfolgender Querschnitte und die Vergleiehung mit sagittalen Schnittserien lässt jedoch keinen Zweifel darüber, dass dieselbe vor der Commissur des Mandibelganglions liegt und durch einen ansehn- lichen einspringenden Fortsatz des hypopharyngealen Integumentes von dieser völlig getrennt ist (Taf. IX, Fig. 1, A'c; Taf. XI, Fig. 8). Dieselbe repräsentirt die quere Verbindung des am Schlundringe gelegenen Ganglions der zweiten Antenne und ist somit bereits eine auf das Gehirn zu beziehende Commissur. Das Gehirn erscheint nur an seinem Vorderende und an der Ventralseite durch eine mediane Spalte zweilappig. Die kaum vorgewölbte Dorsalseite, unter welcher quere als Commissuren fun- girende Faserbriicken liegen, entbehrt einer Medianspalte und ist nahezu flach. Dagegen bleibt die hintere Hälfte des Mittelhirnes und das Hinterhirn der Länge nach getheilt. Das letztere wird durch zwei gestreckte Schenkel dargestellt , welche in ihrer Ver- längerung zugleich den Schlundring bilden. Der verbreiterte Vorderabschnitt des Gehirnes repräsentirt in zwei ventralen Anschwellungen die Ganglien der Vorderantennen (Taf. VI, Fig. 1, 12; Taf. VIII L öl.) und in zwei frontalen Anschwel- lungen das Vo rderhirn, von welchem die mächtigen Augenganglien im Inneren der beweglichen Stiel-Augen entspringen (Taf. VIII, Fig. 2 V Gl). Die Ganglienzellen bilden auch hier einen Rindenbelag, welcher jedoch nicht gleichmässig den ventralen Fasermassen auf- lagert, sondern sich auf einzelne als kappenförmige Wülste hervor- tretende symmetrische Ganglienlager concentrirt und zwischen den- (54) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 55 selben liegende Partieen von ansehnlicher Ausdehnung frei lässt. Man unterscheidet zwei frontale das Vorderhirn bekleidende Lagen (Taf. VI, Fig. 1, FrG; Taf. VII? Fig. 2, 3), welche sich ventral- wärts an der Medialseite, sowie lateral über die Seitentheile des- selben ausbreiten (Taf. VIII, Fig. 2, VG1), ferner zwei mächtige seitliche Ganglienlager, welche als dicke kappenförmige Massen rechts und links der dorsalen Region des Mittelhirnes anliegen (Taf. VI, Fig. 3—7, 11, 12, MGI). Dazu kommt ein G-anglienbelag an der medialen Seite der Hirnschenkel, welcher dorsalwärts über- greift und dem hinteren Theile des Mittelhirnes zugehört (Taf. VI, Fig. VII MGd) Auch an der lateralen Fläche der Hirnschenkel finden sich Anhäufungen von Ganglienzellen (Taf. VI, Fig. 4 — 7, A"G), welche die hintere zur Seite des aufsteigenden Oesophagus liegende Re- gion derselben bekleiden, während hier die mediale Seite der Mark- masse von Ganglienzellen theilweise frei bleibt. Im Allgemeinen sind die Ganglienzellen leicht als solche kenntlich an ihren grossen rundlichen Nuclei, deren Kernsubstanz meist in Form eines grösseren und mehreren kleineren intensiv gefärbten Nucleolen vertheilt ist ; doch zeigt der Umfang der ersten und somit auch deren Kerne bedeutende Verschiedenheiten. Vereinzelt finden sich sehr grosse Ganglienzellen im Frontalbelage, sowie im Belage sämmtlicher Anschwellungen . zahlreicher in den ventralen Zellenwülsten , sowie an dem dorsalen Belage der ab- dominalen Ganglien (Taf. VI, Fig. 8, 9; Taf. VII. Fig. 11). Die Umrisse der Ganglienzellen sind an guten Präparaten wohl erhalten, jedoch vermag man sich über die Zahl und Be- schaffenheit der Fortsätze mittelst der von mir angewandten Prä- parationsmethode keine sichere Rechenschaft zu geben (Taf. VI Fig. 9, Taf. VII, Fig. 11). Multipolare Zellen habe ich nicht beob- achtet, sondern immer nur unipolare, deren Fortsätze in die Mark- substanz einstrahlen. Es weist dies Verhältuiss darauf hin, dass die Faserzüge der letzteren zu den G-anglienzellen treten , bezie- hungsweise von denselben entspringen. Kleinere unregelmässig gestaltete, meist oval gestreckte Kerne , welche in der Peri- pherie der Ganglien zerstreut liegen, gehören dem Neurilemma (Taf. VIII, Fig. 2) an und finden sich auch im Inneren der Mark- substanz, und zwar an einzelnen bestimmten Stellen in grösserer Zahl (Taf. VI, Fig. 3, CBl); dieselben sind auf Kerne der einge- wucherten Bindesubstanz zu beziehen, welche als stützendes Faser- gerüst in der Markmasse eine grosse Rolle spielt und dem Studium (55) 56 C. Claus: des Faserverlaufes deshalb bedeutende Hindernisse bereitet, weil es nicht möglich ist, überall die nervösen Faserzüge von den binde- gewebigen zu unterscheiden. Zwar sind die letzteren an der derberen Natur und an den zugehörigen Bindegewebskernen und wiederum jene an der zarten, feinpunktirt fibrillären Beschaffenheit zu erken- nen, eine scharfe Grenzbestiinmung dürfte jedoch kaum möglich sein. Ein bindegewebiges, von Nerven begleitetes Fasergerüst findet sich im Vorderhirn an zwei Stellen; ein vorderes zwischen den frontalen Ganglienlappen (Taf. VI, Fig. 4 VB1) und ein weiter hinten, central und ventralwärts ausgebreitetes (Fig. 3, C Bl). Das erstere tritt auf verticalen Querschnitten in Form zweier ansehn- licher, schräg nach aussen dorsalwärts ausstrahlender, durch eine mediane Kerneinlagerung verbundener Faserzüge hervor, das cen- trale auf eben solchen weiter nach hinten geführten Schnitten, aber noch markirter auf horizontalen Querschnitten, und erscheint in Form transversaler Fasern, zwischen denen kleine ovale Kerne eingestreut sind. Im Mittelhirne sind es ausser einer bindegewebigen queren Faserstütze für die hintere Commissur (Taf. VI, Fig. 6 Cp) vor- nehmlich die beiden ventralen Fühler-Anschwellungen oder Riech- ganglien, in denen Bindesubstanz-Elemente hervortreten. In der Axe derselben strahlt schräg von hinten und aussen von den Seitenganglien aus ein fester bindegewebiger Strang ein, welcher sowohl den aufliegenden Faserzügen als den eigenthümlichen peripherischen Punkthaufen der Marksubstanz zur Stütze dient (Taf. VI, Fig. 12 Ba). Auch in den Ganglien der Rumpfgliedmassen kehren binde- gewebige Faserzüge mit eingelagerten Kernen wieder , und zwar überall ein querausgespanntes centrales Lager, das man mit einer Quercommissur verwechseln kann, sodann mehr ventralwärts zwei seitliche schräge Faserzüge, welche die Markkerne der ventralen Nervenwurzeln nach oben von den longitudinalen Marksträngen abgrenzen. Dazu kommen noch vereinzelte bogenförmig gekrümmte und dorsoventral verlaufende Fasergruppen, deren Bedeutung zur Stütze und Isolirung der verschieden gerichteten nervösen Fibril- lenzüge einzuleuchten scheint. Verschieden von diesen intraneuralen Bindegewebszügen sind die interneuralen Wucherungen von Bindesubstanz, welche in den medianen Spalten der Längscommissuren und in den supra- oesophagealen Zwischenräumen der Hirnschenkel auftreten. Von den ersteren wurden bereits die als Haftfäden der Ganglienkette fun- girenden Sehnen beschrieben. (56) Organismus der Nebaliden und systematische Stellang der Leptostraken. 57 Aber auch am Gehirn findet sich eine solche leicht zu Verwechselungen führende Zwischenwucherung, und zwar in dem medianen röhrenförmigen Räume, welcher an der Rückenseite zwischen Vorderhirn und Mittelhirn bleibt und schon unter schwacher Vergrösserung am isolirten Gehirne bemerkbar wird. Dieser an die Medianspalte von Längscommissuren zweier aufeinanderfolgender Ganglien erinnernde Zwischenraum ist von um so grösserem Interesse, als derselbe, wenngleich bislang kaum beachtet, auch am Gehirn der Malacostraken wiederkehrt und hier von einem Blutgefässe durch- setzt wird. Am sichersten constatirt man denselben auf verticalen und horizontalen Querschnitten und weist mit Hilfe der ersteren nach, dass diese Zwischenhöhle sich oberhalb der beiden median zu- sammenliegenden ventralen Anschwellungen des Mittelhirns trichter- förmig erweitert (Taf. VII, Fig. 4ZH, Fig. 5). Bevor die senkrecht absteigende Röhre in den Trichter übergeht , findet sich an der Vorderwand derselben ein paariger quergezogener Sehnenkörper dem Neurilemma angelagert, wie es scheint zum Ansätze von Binde- gewebsfasern, welche in der Tiefe der Oberlippe von der Vorder- fläche von Oesophagus und Kaumagen zwischen die nach vorn convergirenden Hirnschenkel (Taf. VI, Fig. 6 Sk) einwuchern und bis zum Trichterraum (Taf. VII, Fig. 4, 5 Sk) reichen. Dass der letztere ebenso wie der in denselben einmündende Gang bei N e b a 1 i a einem Blutcanal entspricht, in welchem sich von der Aorta aus ein absteigender Blutstrom abzweigt, kann als sehr wahrscheinlich betrachtet werden, wenn es mir auch nicht gelang, mit Sicherheit die Wandung eines Gfeässes nachzuweisen. Hat man sich einigermassen von den auf Bindesubstanz zu beziehenden Fasermassen Rechenschaft gegeben, so wird es mög- lich sein, die Richtung und den Verlauf der fibrillären Nerven- bahnen richtiger zu beurtheilen, von denen die longitudinalen an Masse bei weitem überwiegen und an geeigneten Schnitten leicht bis zum Mandibelganglion zu verfolgen sind. In der hinteren, aus den beiden Hirnschenkeln mit dem Gan- glion des 2. Antennenpaares (A" G) bestehenden Gehirnregion, dem Hinterhirn, durchsetzen die Längsfaserzüge zwei Lager netzförmiger feinpunktirter Marksubstanz 1) (Punktsubstanzballen), *) Ueber die Bedeutung der Panktsubstanz kann ich nur das wiederholen, was ich in früheren Abhandlungen ausgesprochen habe. Da ich jedoch mehrfach missverstanden wurde, z. B. von Krieger, der meine Ansicht ganz misdeutet hat , so hebe ich ausdrücklich hervor, dass es niemals meine Meinung war, als ob (57) 58 C Claus: von denen das hintere (Taf. VI, Fig. 5 HM 1") dicht vor dem Uebergang in die hinter dem Mund befindliche Quercommissur, das vordere (HM1') an der Austrittsstelle der beiden Antennennerven liegt. Die Faserzüge der unter dem Munde verlaufenden Quercom- missur strahlen in die zu den Seiten des Schlundes emporstei- genden Schenkel des Antennenganglions und in dessen Marklager ein, wie man an Querschnitten (Taf. VIII, Fig. 2) und an Sagittal- schnitten nachzuweisen im Stande ist. Auch der in die Oberlippe eintretende Nervenring mit dem Lippenganglion, den ich sowohl bei Branchipus als bei Apseudes gefunden und abgebildet habe , fehlt nicht und wird auf gelungenen Schnitten erkannt. Der Ursprung desselben am Hirnschenkel liegt unmittelbar über dem Munde am Beginne des aufsteigenden Oesophagus vor der vorderen Gruppe der seitlichen Dilatatoren (Taf. VI, Fig. 5, 6 Md) und wird durch eine Anhäufung von Ganglienzellen an der media- len Seite des hinteren Marklagers der Hirnschenkel bezeichnet. Wie an den Ganglien der Kiefer und Beinpaare entspringen auch an dem das Antennenganglion repräsentirenden Hinterhirn ein ven- traler stärkerer Nerv (Taf. VII, Fig. 6 A"Nv), welcher in die Antenne eintritt und Zweige an deren Muskeln sowie sensible Fa- sern an die Sinnesborsten abgibt, und ein dorsaler Nerv (Taf. VI, Fig. 5, 6; Taf. VII, Fig. 6, Taf. VIII, Fig. A"Nd) für die Muskel- gruppen, welche an der Rückenseite der Schale entspringen und den Vorderkopf und dessen Gliedmassenpaare bewegen. Der letztere tritt seitlich aus dem vorderen Marklager x) des Ganglions, ist aber seinem Wurzel-Ursprünge nach weit medial in ein von Längsfaser- zügen durchsetztes Marklager zu verfolgen. Dieser Nerv biegt seitwärts um die Sehne des langen seitlichen Dorsalmuskels, welcher zum Basal gliede der vorderen Antenne tritt und steigt unter Ab- gabe von Nebenästen nach dem Rücken empor (Taf. VIII, Fig. 5). Das Mittel hirn mit den Anschwellungen, aus welchen die Fühlernerven oder sog. Riechnerven entspringen, ist seiner Haupt- masse nach auf den Centralapparat der vorderen Antennen mit ihrem Sinnesorgan zu beziehen, enthält freilich in seiner dorsalen nicht auch aus den nervösen Fibrillennetzen Nervenfasern hervortreten and sich zur Bildung von Nerven vereinigen könnten. Nur das habe ich mit Nachdruck bestritten, dass die Panktmassen neben den Ganglienzellen als eine zweite Form von Nerven- centren und demgemäss als Heerde der Erregung in Frage kommen könnten. ') Ich bezeichne als Marklager dasselbe, was von anderen Autoren, z. B. Krieger, Punktsubstanzballen genannt wird. Da diese Punktmassen immer noch von Faserzügen durchsetzt sind , so scheint die Bezeichnung Marklager besser gewählt. (58) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 59 Hälfte Nervenfasern, welche vornehmlich als longitudinale Bahnen die Centren des Vorderhirns mit dem Hinterhirn und Bauchmark in Verbindung setzen. Die mächtigen, als Lobi olfactorii zu bezeich- nenden Anschwellungen (L ol) erbeben sich an der ventralen Seite des Gehirnes und erscheinen weit nach vorn unter das Vorderhirn vorgeschoben (Taf. VII, Fig. 4, Taf. VIII, Fig. 2 L ol,). An dem vorderen Ende derselben entspringt der starke Fiihlernerv, dessen Faserzüge aber noch in einem zweiten mehr medialen Marklager (MM1) wurzeln, welches hinter dem vorgeschobenen Riechlappen der dorsalen Hälfte des Mittelhirnes angehört. Von diesem treten schräg abwärts nach vorn verlaufende Fibrillenzüge in das Innere der Olfactoriusanschwellung ein und bilden die mediale Masse (Taf. VI, Fig. 12 MB) von Nervenfasern, durch welche die Anschwellung mit dem dorsalen Abschnitte des Mittelhirnes in Verbindung steht, während laterale Fibrillenbündel (LB) von der seitlichen Gangliendecke einstrahlen und an der bindegewebigen Axe zu den für den Antennenlobus charakteristischen Haufen von Punktsubstanz herablaufen. Aber auch in dieses mediale hintere Marklager sieht man Faserbündel von dem lateralen Ganglion (MGI) und einzelne Züge auch in die dorsale Mark- masse des Mittelhirns eintreten. Die letzteren sind wahrschein- lich auf die quere Commissur (Cp) des Mittelhirns zu beziehen, während die übrigen von jenem Ganglion austretenden Nerven- fasern zum grossen Theile zu der Markmasse der Fühleran- schwellung (lobus olfactorius) ziehen. Wenn wir die bei Decapoden und Isopoden näher bekannt gewordenen Verhältnisse vergleichen, so gelangen wir zu dem Schlüsse, dass die als Riechlappen bezeich- nete Anschwellung dem Theile des A stac usgehirnes entspricht, welchen Dietl1) desshalb Lobus opticus nannte, weil aus dem unteren Marklager desselben die hinteren Schenkel der sich kreuzen- den zum Opticus gehörigen Nervenbündel entspringen. Krieger2) zeigte dann, dass aus dem unteren Marklager, welches er als hinteren Ballen von Punktsubstanz (II) der seitlichen Anschwel- luno- unterschied, auch das Bündel der feinen Fasern des Fühler- nerven entspringt, während die starken Faserzüge desselben in J) M. J. Dietl, Die Organisation des Arthropodengehirns. Zeitschr. f. wiss. Zool. XXVII. 1876. — Derselbe. Untersuchungen über die Organisation des Gehirns wirbelloser Thiere. Sitzber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien. Math. nat. A. 1878. 2) K. R. Krieger, Ueber das Centralnervensystem des Flusskrebses. Zeit- schr. f. wiss. Zool. Tom. XXXIII, 1879, Taf. XXXII, Fig. 14. II, VT. (59) 60 C. Claus: einem kleineren medialen Markballen (VI) wurzeln. Bellonci1), welcher diesen doppelten Ursprung für Nephrops bestätigte und auf die Aehnlichkeit der Punkthaufen in dem unteren Markballen mit den „Glomeruli olfactorii" im Bulbus olfactorius niederer Vertebraten hinwies, nahm auf Grund dieser Structur sowie des Ursprunges der zarten zu den Riechhaaren tretenden Fasern des Antennennerven aus diesem Marklager dasselbe als Lobus olfac- torius in Anspruch und zeigte, dass auch bei der Isopoden- gattung Sphaeroma die entsprechende, dem mittleren Segmente des Gehirnes zugehörige Anschwellung die gleiche Structur besitzt und den Fühlernerven entsendet. Ganz ähnlich verhält sich nun seinem Ursprünge nach bereits der Fühlernerv bei Nebalia, wenn auch der Gegensatz von den feineren und stärkeren Nervenfibrillen nicht in dem Masse hervor- tritt; indessen die Parallele der Centralorgane wird dadurch un- zweideutig, dass im Innern des Riech lobus Haufen von Punktsub- stanz ganz ähnlich vertheilt sind, wie sie dort als Glomeruli olfactorii beschrieben, das Centralorgan des Riechnerven charak- terisiren. Besonders auffallend ist die Uebereinstimmung mit dem mehr seitlich gelegenen Geruchscentrum von Sphaeroma2), welchem nach Bellonci's Darstellung ebenfalls Ganglienmassen kappen- artig aufgelagert sind. Die beiden dorsal ausgebreiteten Lager (V, VI) dürften der mächtigen lateralen Gangliendecke (MGi)des Nebaliagehirns entsprechen, die vorderen (VII) der medialen (M Gm), welche in unserem Falle nicht scharf von der Gangliendecke des Vorderhirns abzugrenzen ist. Nun findet sich aber auch an der dorsalen Hälfte des Mittelhirns eine mediale Lage von Ganglien- zellen (MGd), von denen Nervenfasern schräg nach vorne in die longitudinalen Faserbahnen dieses Hirnabschnittes einstrahlen, l) G. Bellonci, Sai Lobi olfattorii del Nephrops norwegicm. Memorie della accad. delle scienze dell' istituto di Bologna. 1880. — Derselbe, Morfologia del Sistema nervoso centrale della Sqnilla niantis. Annali del Museo civico di Genova 1878. — Derselbe , Sistema nervoso e organi dei sensi dello Sphaeroma serratum. Atti della R. Accademii dei Lincei. Roma 1881- 8J Ganz ähnlich wie bei den Isopoden scheint der Gehirubau der Gam- mariden, uach der Arbeit za schliessen, welche kürzlich R. Köhler über das Gehirn von Gammarus pulex veröffentlicht hat. Die Nervenzellen, welche dieser Autor mit c5, eis, clp bezeichnet hat, entsprechen den Frontalganglien und Ganglien der Vorderhirnlappen (V G) bei Nebalia; die mit coa und cop markirten Lager der „region olfactive" den Ganglien des Mittelhirns MGI, MGd und Mgm, endlich die Nervenzellen c a i den Ganglien des Hinterhirns H G 1, H G m oder zusaramen- gefasst A"G. (60) Organismus der Nebaliden niid systematische Stellung der Leptostraken. 61 welche dorsal wärts oberhalb der Lobi olfactorii vom Hinterhirn her in das Vorderhirn eintreten. Diese schrägen Fibrillenzüge verlaufen theilweise zu dem seitlichen Ganglienlager des Vorder- hirns, zum Theil aber durch die Marklager desselben und gesellen sich hiedurch den in die Augenganglien einstrahlenden Fasermassen zu. Auch eine ansehnliche Brücke transversaler Nervenfasern ver- bindet als hintere Quercommissur die beiden Hälften des Mittelhirns und über derselben vei läuft ein gekreuztes Längsbündel von Nervenfasern, dessen vordere Schenkel in das Vorderhirn eintreten. Auch in dem feineren Baue des Vorderhirnes besteht eine auffallende Uebereinstimmung mit dem Malacostrakengehirn. Nur von untergeordnetem Werthe erscheint die Abweichung in der Lage der Augenganglien , welche nicht zur Seite der Central- lappen, sondern frontal vorn in der Verlängerung derselben sich an- schliessen und vollständig in die beweglich abgesetzten Augenstiele aufgenommen sind. Diese Verschiedenheit steht mit der Gestaltung des Kopfes und dessen Beziehung zu den Schalenklappen im Zusam- menhang und wird durch die entsprechende frontale Lage der Stiel- augen bedingt. Demgemäss verlaufen die in die Augenganglien einstrahlenden Nervenfasern in schräg longitudinaler Richtung. Aehnlich wie bei Sphaeroma und auch bei Astacus unterscheiden wir zwei Paare von Marklagern, ein vorderes (V Ml) mit einer hinter der frontalen Ganglienkappe verlaufenden Quer- commissur (C a) und ein hinteres mehr lateral gerücktes Lager (SM1), dessen Aussenseite die laterale Gangliendecke des Vorder- hirnes anliegt. Das letztere Lager erinnert an den hinteren Punkt- sabstanzballen in der vorderen Anschwellung des Astacushirnes und zeigt wie dieser eine mediane Verbindung durch Quercommissuren. Diese Faserbrücken (es, ci) liegen in verschiedener Höhe und durch die beschriebenen centralen Bindesubstanz-Einlagerungen (C B 1) getrennt (Taf. VI, Fig. 3, 4, 5, 11). Auch findet sich vor denselben eine quere, stark ausgezogene Punktsubstanzbrücke, durch welche wohl Faserzüge verschiedener Richtung hindurchtreten dürften (Taf. VI, Fig. 4, Fig. 10 CK). Dieselbe scheint dem Centralkörper im Vorderhirne der Phyllopoden und dem fächerförmigen Gebilde am Gehirne der höheren Arthropoden zu entsprechen. Die in das Augenganglion der Stielaugen einstrahlenden Faserzüge durchsetzen in schräg longitudinalem Verlaufe die vorderen Marklager (Taf. VI, Fig. 3), deren Quercommissur die Verbindung der den beiden Augen zugehörigen Fasermassen herstellen dürfte, und treten auch in die hinteren seitlichen Marklager ein. (61) 62 C. Claus: Auf höheren, der Dorsalseite mehr genäherten Transversal- schnitten (Fig. 5) verfolgt man Faserbündel in convergirendem Verlaufe nach der Quercommissur beider der hinteren Marklager (SM1) gerichtet. Dieselben dürften wahrscheinlich den etwas tiefer gelegenen Centralkörper durchsetzen und durch denselben in die Punktmassen entgegengesetzter Seite eintreten. Auf noch höheren Schnitten trifft man gekreuzte Faser- bündel (Fig. 7, GFb) in der Region der Quercommissur des Mittelhirnes. Auch diese werden auf die Fasersysteme des Augen- ganglions zu beziehen sein, wie schon bei Besprechung des Mittel- hirnes erwähnt wurde, und das Cbiasma darstellen, dessen hintere Schenkel bei Sphaeroma, Astacus, Nephrops etc. als im Marklager der Olfactoriusanschwellung wurzelnd erwiesen werden konnten. Wahrscheinlich existiren aber, wie bei Phronima, noch andere Faserkreuzungen, welche die von den Vorderhirnganglien in die Hirn- schenkel und von da zum Bauchmark verlaufenden Faserzüge be- treffen. Zu diesen dürften die frontalen und ventralen Ganglien- decken des Vorderhirnes als Centren gehören, während die lateralen Lager, die dem seitlichen Marklager aufliegen, ihrer Hauptmasse nach zu den Nervenbahnen des Augenganglions als Projections- centren (erster Ordnung) zu beziehen sein würden. Wenn es bei der Schwierigkeit und complexen Natur des Gegenstandes auch nicht möglich wurde , die Faserbahnen und Ursprünge von Nerven in ihrem Zusammenhange mit den Ganglien- centren im Detail klar zu legen, so scheint doch durch die an sich unzureichenden Untersuchungsergebnisse die Basis für den Vergleich, sowohl einerseits mit dem Phyllopoden- als Arthrostrakengehirn gewonnen. Nach den mitgetheilten Be- funden kann es keine Frage sein, dass das Gehirn von Nebalia seiner Differenzirung nach nicht nur weit über dem der Phyllopoden steht, sondern wesentliche Züge mit dem der Arthrostraken ge- meinsam hat. Allerdings wird auch das Gehirn von B ranc hipus und der Phyllopoden aus denselben drei Regionen gebildet, die ich bereits in meiner ersten Arbeit über Apus und Branchipus und in der Daphnidenschrift unterschieden habe 2). Dieselben sind : 1. die oberen (vorderen) Centrallappen mit ventraler (a) und dor- *) C. Claus, Zur Kenntniss des Baues und der Entwicklung von Branchipus stagnalis und Apus cancriformis. Göttingen 1873, pag. 21, Tat'. IV, Fig. 11. Derselbe: Zur Kenntniss der Organisation und des feineren Baues der Dapbniden. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. Tom. XXVII. 1876, pag. 378, 379. (62) Organismas der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 63 saler (b) Gangliendecke, der vorderen Quercommissur und den seit- lichen zu den Augenganglien gehörigen Hirntheilen, 2. die unteren (hin- teren) kleineren Lappen (c) oder Anschwellungen mit der unteren (hinteren) Quercommissur und dem Fühlernerven und 3. die Längs- stämme des Schlundringes mit ihrem Ganglienbelag, der suboesopha- gealen Commissur und den Nerven des zweiten Antennenpaares. Die Gangliencentren dieses dritten Gehirnabschnittes sind bei den Malacostraken im Anschlüsse an die veränderte Insertion jener Gliedmassen weiter aufwärts gerückt und der mittleren Region des Gehirnes angeschlossen. Am Gehirne von Nebali a werden zwar die Längsstämme des Schlundringes noch in ganzer Länge von dem Ganglienbelage be- kleidet, indessen verhält sich die hintere Hälfte schon mehr als Commissuralganglion , an welchem die Nerven des Lippenringes und die suboesophageale Commissur der Antennenganglien entspringt. Dagegen ist der Ursprung der Antennennerven schon weit empor- gerückt, so dass die vordere Hälfte der Längsstämme des Schlund- ringes als hinterer Hirntheil erscheint. Dazu kommt die Gestaltung des mittleren Gehirnabschnittes, an welchem die Fühleranschwellung als Lobus olfactorius hervortritt, welcher die charakteristische Structur der Punkthaufen zeigt, durch das gekreuzte Faserbündel mit den Augenganglien verbunden ist und einen einzigen Fühlernerven mit motorischen und sensiblen Faserbündeln entsendet. Auch im Gehirne der Amphipoden sind, wie bereits R. K ö h- ler1) für Gammarus pulex dargethan hat, diese gekreuzten Faserbündel, welche die Olfactorius-Anschwellung mit den Augen- ganglien verbinden , wohl entwickelt und wir haben allen Grund in dem Vorhandensein derselben einen allgemeinen Charakter des Malacostrakenkirnes zu erkennen. Ebenso möchte ich der medianen Zwischenhöhle zwischen Vorder- und Mittelhirn , welche von Bindesubstanz nebst einer Blutlacune, beziehungsweise einem Gefässaste der Aorta ausgefüllt wird, eine Bedeutung beimessen. Ich habe diese, wie ein Canal sich ausnehmende Höhlung schon für das Gehirn von Apseudes beschrieben und finde dieselbe auch bei Asellus und Idotea in gleicher Form wieder, so dass sie als Charakter des Isopoden- hirnes betrachtet werden kann. Am Amphipodengehirne, welches nach Delage von einem medianen Gefässringe umzogen wird, scheint dieselbe , so weit ich nach meinen Untersuchungen an *) R. Köhler, Recherches sur la structur du cervean du Gammarus pulex. Internat. Monatsschrift, für Anat. u. Phys. 1887. Bd. IV, Heft I. (63) 64 C. Claus: Phronima und den Beschreibungen, welche über den Gehirnbau von Garn mar us und Caprella vorliegen, urtheilen darf, mehr reducirt zu sein und deshalb leichter der Beobachtung zu entgehen. Auch die Gestaltung der sympathischen Nerven und Ganglien am Schlünde und Magen entspricht dem Malacostrakentypus , in- soferne ausser dem am Schlundringe entspringenden, zum Lippenringe und dessen Ganglion sich vereinigenden Nervenpaaren das unpaare Magenganglion vorhanden ist, welches bei Branchipus und den Phyllopoden fehlt, dagegen bei Apseudes und Asellus, sowie bei Caprella1) unter den Amphipoden aufgefunden wurde und wahrscheinlich sämmtlichen Arthrostraken gemeinsam ist. Dasselbe betrachte ich als dem ansehnlichen Ganglion stomato- gastricum 2) des Flusskrebses und der Decapoden homolog, welches zwischen der vorderen Muskelgruppe des Magens gelegen, dem oberen sympathischen Nervengerl echte angehört und mittelst eines mehrfach verzweigten unpaaren Nerven mit dem unteren in dem paarigen Nerven des Schlundringes wurzelnden Geflecht in Ver- bindung steht. Das letztere entspricht dem Nervenringe nebst Ganglion der Oberlippe, welcher schon bei A p u s und Branchipus auftritt und bei Apseudes und Nebalia, sowie gewiss bei allen Isopoden und Amphipoden vorhanden ist. Wenn somit aus allen diesen Gründen das Gehirn der Neba- liden dem Malacostrakentypus zugehörig erscheint, so nimmt das- selbe innerhalb desselben eine tiefere, den niederen Formengruppen entsprechende Stellung ein. Auf dieselbe weist nicht nur die lang- gestreckte Form des Gehirnes , sondern auch der Umstand hin, dass seine drei Abtheilungen hintereinander ohne Beuge in der Ebene der Ganglienkette folgen. Sowohl am Isopoden- als Amphipodengehirne erscheinen die entsprechenden Abschnitte mehr oder minder zusammengedrängt und in ausgesprochener Beugung unter das Vorderhirn gerückt, dessen Lage hierdurch eine mehr senkrecht frontale, beziehungsweise dorsale geworden ist. Dieser Lagenverschiebung entspricht eine Beugung, die am Mittelhirne beginnt und dieses, sowie das Vorder- hirn dorsalwärts hebt, beziehungsweise zugleich nach hinten wendet. Unter den Isopoden scheint die Gattung Sphaeroma, nach Bel- lonci's Abbildung zu urtheilen, die geradgestreckte und langge- *) Paul Mayer, Die Caprelliden des Golfes von Neapel. Neapel 1882, Taf. V. 2) Vergl. u. a. V. Lemoine, Recherches pour servir ä l'histoire des systemes üerveux, musculaire et glandulaire de l'ecrevisse. Ann. scienc. nat. V. Ser. Tom. IX 1868, pag. 212. (64) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 65 zogene Gehirnform am wenigsten verändert zu bewahren und unter den Hyperiden verhalten sich Oxycephalus und Rhab- dosoma ähnlich. Dagegen ist bei Asellus, Oniscus und Porcellio die Concentration und Ueberlagerung der hinteren Hirnregion seitens des Vorderhirnes sehr ausgeprägt, und unter den Amphipoden bei Caprella und P h r o n i m a die Beugung zwischen Mittelhirn und Hinterhirn in so starkem Winkel durchgeführt, dass das Vorderhirn dorsalwärts aufgerichtet, bei frontaler Ansicht nach hinten gedrängt scheint. Die Anschwellungen desselben wurden daher sowohl von mir bei Phronima1), als von P. Mayer-) bei Caprella als Hinterhirn bezeichnet, während ich die vorn gelegenen Ganglien des Fühlernerven vordere Gehirnanschwellungen und demgemäss auch die Commissuren beider Hirntheile in ent- sprechender Weise benannte. Wenn nun auch für den speciellen Fall eine solche Unter- scheidung und Benennung entschuldigt werden kann , so ist die- selbe doch mit Rücksicht auf den morphologischen Vergleich als unzutreffend und zu Verwechselungen Anlass gebend zurückzu- weisen. Vertauscht man meine in jener Darstellung gebrauchten Bezeichnungen im Sinne des morphologischen Werthes der Hirn- abtheilungen in der Weise, dass aus den Hinterlappen die An- schwellungen des Vorderhirnes und aus ihren Commissuren die vorderen werden, dass ferner an Stelle der vorderen Anschwel- lungen die Lobi olfactorii oder Anschwellungen des Mittelhirnea treten und die Commissuren derselben zu den hinteren werden, so ist die Zurückführung des Phronimagehirnes nicht nur in seiner allgemeinen Gestaltung ohne Weiteres verständlich, sondern auch die Vergleichung seines histologischen Baues mit dem von Sphae- r o m a und N e b a li a im Einzelnen ohne Schwierigkeit durchführbar. Sinnesorgane. Die Stielaugen. Bekanntlich besitzt N e b a 1 i a. ähnlich wie Braiichipus und die Podophthalmen unter den Malako- straken zwei bewegliche Stielaugen, welche in unserem Falle ziem- lich frontal am Kopf entspringen, und deren Ganglien daher eine entsprechend modificirte Lage zu den Centralganglien des Vorder- hirns erhalten. Diese Stielaugen zeigen eine hochdifferenzirte Orga- *) C.Claus, Der Organismus der PhronimiJen. Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien. Tom. 11, 1879, pag. 59. *) P. Mayer, 1. c. Tat. VI, Fig. 4hh. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 1. 5 ,;5l 66 C. Claus: nisation, welche sieh weit über die von Branchipus und Artemia erhebt und an die der Podophthalmen unmittelbar anschliesst. Gr. 0. Sars vertritt freilich die gerade entgegengesetzte Meinung, ohne dieselbe jedoch begründen zu können. Die neun Zeilen, auf welche sich seine Angaben über das Auge von Para- nebalia beschränken, können aber doch nicht die Behauptung be- weisen, dass diese Augen von denen der Podophthalmen durch ihre viel einfachere Structur und durch den Mangel einer facettirten Cornea wesentlich differiren, dagegen nach Form und Structur mit den Augen der Branchipodiden vollkommen übereinstimmen. In Wahr- heit ist aber der Sachverhalt der entgegengesetzte. Offenbar hat Gr. 0. S ar s das Auge der Nebaliden unter stärkerer Vergrösserung gar nicht näher angesehen , es hätte ihm sonst unmöglich entgehen können, dass dasselbe eine sehr distincte facettirte Cornea besitzt, die ich überdies für die Gattung Nebalia längst nachgewiesen und beschrieben hatte. Ein so ober- flächliches Bild, wie es Sars in Fig. 3 der Taf. I vom Auge der Paranebalia gegeben hat, kann unmöglich als Beweis für die Richtigkeit seiner Behauptung in Betracht kommen. Indessen würde sieh aus dem Mangel von Cornea-Facetten, welche überdies bei Para- nebalia schon unter schwacher Vergrösserung, und zwar viel leichter als bei Nebalia, bemerkt werden, noch keineswegs die einfachere Structur und die Uebereinstimmung mit dem Branchipusauge als Folgerung ergeben. Das Auge könnte der Facetten völlig entbehren und doch im Baue seiner Retinulae und. der Ganglien der Retina weit complicirter sein. Die Gestalt des Nebalia-Auges ist keine ganz regelmässige. Man kann an demselben einen das Augenganglion umschliessenden Stiel und einen längeren, stärker angeschwollenen Sehabschnitt unterscheiden , welcher die Retina nebst Stäbchen, Pigment und Krystallkegeln enthält und an der Oberfläche facettirt ist (Taf. X, Fig. 2, 3). Der Stiel beginnt mit enger Einschnürung , über welche sich das Integument fast kragenartig zurückstülpt, ist aber nicht einfach cylindrisch, sondern dorsalwärts stärker ge- wölbt als an der ventralen mehr abgeflachten Seite und bildet hier eine Erhebung, welche sich über die Länge des dorsalen Ab- schnittes bis zu dessen zugespitztem Vorderrande in eine schwache Firste fortsetzt. Nach dieser hin erscheinen die rechte und linke Seite der dorsalen Augenfläche etwas comprimirt, wovon man sich an ver- ticalen Querschnitten am besten überzeugt. Betrachtet man ein (66) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 67 lebendes Thier in der Seitenlage, so erscheint der am stärksten gewölbte laterale Theil des Auges als dreiseitig gerundetes Feld, dessen dorsaler Rand der Firste entspricht, dem Beobachter zuge- wendet. Diesem zwischen Kopfklappe und Schale frei vortre- tendem Augenfelde gehört die grösste Zahl der Facetten und Ommatidien an, dasselbe repräsentirt den vornehmlichen Theil des zur Aufnahme der Lichtstrahlen dienenden Sehfeldes. An der unteren ventralen Seite ist das Auge mehr abgeflacht, und entbehrt mit Ausnahme der seitlichen Partieen und des äussersten Endes der Cornea-Facetten, wovon man sich am sicher- sten an abgestreiften Häuten überzeugt. Zur Bewegung des Auges finden sich in der Basis des Stieles mehrere Muskel- gruppen, deren wechselnde Contractionen vornehmlich Drehungen, sowie geringe Senkungen veranlassen , während eine ausgeprägte Querstellung, mit welcher ein Heraustreten des Sehabschnittes aus dem Spaltraume zwischen Kopfklappe und seitlichem Schalenrande verbunden wäre, ausgeschlossen erscheint. An der dorsalen Seite des Stieles finden sich drei Muskelgruppen (Taf. VI, Fig. 6 ; Taf. X, Fig. 2 a, ß, y). Von den zwei lateralen beschränkt sich die tiefer liegende auf ein langgestrecktes, schräg nach aussen gerichtetes, wohl als Adductor wirkendes Muskelbündel (ß), um die sich drei mehr ober- flächliche kürzere, das Auge nach aussen drehende Bündel (a) herum- schlagen. Diesen liegt als Antagonist ein schräg verlaufender medialer Muskel (y) gegenüber. Viel umfangreicher ist ein an der unteren Seite etwas schräg verlaufender Längsmuskel, den man bei Be- trachtung des Thieres von der Ventralseite in ganzer Länge bis weit unter das Pigment verfolgt. Derselbe dürfte die Senkung des Auges unter gleichzeitiger Drehung bewirken (Taf. X, Fig. 3, 9 5). Bei der Präparation des Auges erhält dasselbe regelmässig eine von der natürlichen Haltung abweichende Lage, indem es auf die breite Fläche fällt, so dass die schwach gekrümmte Dorsalkante auf die Seite zu liegen kommt. Betrachtet man jetzt das Auge von der unteren,' medialen Seite, so fallen an der proximalen Grenze des Stieles zwei Höcker (H, H') auf, von denen der vordere und obere an die Rückenkante grenzt. Dieselben treten vornehmlich an dem stärker angeschwollenen grösseren Auge des Männchens hervor, so dass ich von vornherein geneigt war , in diesen Bildungen Sinnesorgane zu vermuthen, etwa dem Frontalorgane analog, nach welchem ich bei Nebalia bislang vergebens gesucht hatte. Ein solches konnte aber möglicherweise mit der Abhebung des vorderen Kopf- abschnittes zur Bildung der Stielaugen vom Kopfe abgerückt und 0 (67) 68 C. Claus: an den Augenstielen seine Lage erhalten haben. Die nähere Unter- suchung auf Schnittserien hat nun die Wahrscheinlichkeit eines Sinnesorganes bekräftigt, es hat sich herausgestellt, dass in diesen Vorsprüngen Züge von Fibrillen und Gruppen eigenthümlicher kolbig walzenförmiger Körper enthalten sind , hinter denen grosse vom Belage des Augenganglions getrennte Ganglienzellen und Nerven- fasern liegen (Taf. X, Fig. 9Sk). Es lag die Vermuthung nahe, dass auch bei andern Podoph- thalmen ein ähnliches Organ am Stielauge vorkomme, und wirk- lich hat mir die Durchsicht des kürzlich veröffentlichten umfang- reichen Podophthalmen- Werkes von Spence Bäte1) für die Rich- tigkeit meiner Vermuthung Anhaltspunkte gegeben. Die Papillen, welche jener Autor am Stielauge der Dendrobranchiaten-Gattungen Hepomadus, Gennadas und Benthesicymus beschreibt und unter den phyllobranchiaten Makruren auch bei Bentheocaris und Hymen od ora beobachtet hat, dürften die gleichwerthigen Organe sein. Freilich soll nach Spence Bäte die Spitze der Papille eine runde Linse umschliessen, zu der ein distinkter Zweig des Augennerven herantrete. Die beigefügte Abbildung zwingt uns jedoch, diese Angabe mit grosser Vorsicht aufzunehmen , so dass die Bedeutung des Organes und eventuell die Beziehung zu den Leuchtorganen von Euphausia, die jedenfalls für Nebalia aus- geschlossen ist, vorläufig unbewiesen bleibt. Von der Facettirung der Cornea überzeugt man sich am besten an abgestreiften Häuten, an denen die Facetten als kreis- förmig begrenzte nicht unmittelbar aneinander stossende Cuticular- f eider sofort in das Auge fallen (Fig. 10). Am lebenden Thiere er- wiesen sich ausgewachsene Exemplare und geschlechtsreife Männchen zum Nachweise der linsenförmig gewölbten Corneafacetten, welche an jüngeren Individuen in Folge geringerer Wölbung minder deut- lich hervortreten, besonders geeignet (Fig. 13a und HCL). Noch stärker als an den geschlechtsreifen Nebaliamännchen sind die Cornealinsen am Auge von Paranebalia entwickelt, dessen gewölbte Vorderseite im Gegensatze zu Nebalia bestachelt ist. Die recht ansehnlichen stachelförmigen Höcker erheben sich hier zwischen benachbarten Linsen, welche einen bedeutenden Brechungs- index besitzen, fehlen aber an der flachen ebenfalls nicht facettirten Seite des Auges (Fig. 1 CL) vollständig. Die Hypodermiszellen haben sich als deutlich gesonderte Lage *) Spence Bäte, Report of the Crustacea Macrnra. The voyage of H. M. S. Challenger. Zoologie, 1887, Vol. XXV. (68) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 69 erhalten und sind paarweise in Gruppen geordnet , so dass zu jeder Cornealinse ein Paar von Zellen gehört. Die Kerne sind von der Achse der Linse nach der Peripherie gerückt und kommen an die Grenzen benachbarter Facetten zu liegen. Be- sonders deutlich heben sich diese den Facetten zugehörigen Zellenpaare der Hypodermis in dem der Häutung vorausgehenden Stadium hervor, wenn sie die zur neuen Linsenhaut erhärtenden Abscheidungen bilden. Indessen erkennt man die Zellengruppen auch während des Zustandes ihrer Unthätigkeit und weist die An- lage und gruppenweise Sonderung derselben an einer bestimmten Stelle des Auges, der Knospungszone, noch an grösseren Individuen nach. Aehnlich wie bei Branchipus findet sich auch am Auge von Nebali a — und dasselbe gilt für das Podophthalmenauge — eine Wachsthums- oder Knospungszone, welche die Vermehrung der Augenelemente beim Wachsthum des Thieres vermittelt, auf deren Verhalten ich später zurückkommen werde. Unter jeder Facette liegt ein viertheiliger Krystallkegel (Fig. 11, 13, 14), an dessen Peripherie sich eine Hülle abhebt, welcher die vier Kerne der Krystallzellen anliegen. Von den mehr oberflächlich gelegenen Kernen der Hypodermiszellen (Fig. 13 n h) sind die zu den Krystallkörpern gehörigen Kerne (n k) sowohl durch ihre Lage und Form als durch die intensivere Färbung bei Carminbehandlung leicht zu unterscheiden, so dass schon die Untersuchung des ausgebildeten Auges keinen Zweifel über den Ursprung der Krystallkegel aus einer zweiten von der Hypoder- mis wohlgesonderten Zellenlage zurhcklässt. Zudem gibt die Untersuchung der Wachsthumszone sehr schöne und bestimmte Bilder über die Sonderung der beiderlei Zellengruppen und über die allmälige Abscheidung der vier centralen Krystallkörperelemente aus der entsprechenden Gruppe der tieferen Zellenlage. An solchen noch unfertigen kleineren und grösseren Krystallkegeln sitzen die vier grossen von Protoplasma umgebenen Kerne kappen- artig dem Vorderende auf, an welchem sich distalwärts die zuge- hörige Zellengruppe der Cornealinse divergirend abhebt (Fig. 16 nh). Es ist somit auch bei N e b a 1 i a das hypodermale, die Cornea ausscheidende Epithel vorhanden, welches ich zuerst bei Phro- nima1) und den Hyperiden oberhalb der Krystallkegelzellen nachwies und in dessen allgemeines Vorkommen bei allen Crustaceen mit zusammengesetzten Facettenaugen, welche auch im geschlechts- reifen Zustande ihre Cuticula abstreifen und bei denen mit dem ') C. Ol-uis, Der Organismus der Phronimiden. 1. c. pag. 73. (69) 70 C Claus: Wachstimm des Leibes auch das Auge sich vergrössert und eine Zunahme seiner Elemente erfährt, ich keinen Zweifel setzte. Gegen diese theoretisch vollkommen richtige Anschauung er- hoben sich mir später *) wiederum Bedenken, als ich die gesonderte Lage von Hypodermiszellen bei Apus und Branchipus auf- gefunden hatte , dagegen am Facettenauge der Schizopoden und Decapoden nicht beobachten konnte. Da dieselbe auch P. May er 2) bei den Amphipoden und Laemodipoden nachgewiesen hatte, glaubte ich das Vorkommen einer besonderen Hypodermis wenigstens bei den Crustaceen mit glatter Cornea für gesichert zu halten und den Mangel einer besonderen Lage von Hypodermis- zellen als secundäres, erst mit der Ausbildung von Facetten ent- standenes Verhältniss betrachten zu können. Nun ist inzwischen von mehreren Forschern auch an den Facetten der Podophthalmen, zuerst von Reichen b ach für den Flusskrebs und kürzlich von Patten für die Paguriden und Garneelen der Nachweis geliefert worden , dass auch hier eine die Cornea erzeugende Hypodermis über den Krystallkegelzellen erhalten ist, und auch ich habe mich nunmehr bei Mysideen von dem Vorhandensein derselben über- zeugen können. Somit scheint die Erhaltung „corneagener" Ecto- dermzellen über den durch die Semper'schen Kerne bezeichneten Krystallkegelzellen bei den Crustaceen ein ganz allgemeines Verhalten im Gegensatze zu den Insecten, welche keiner weiteren Häutung unterworfen sind. Am M y s i s - Auge, über dessen Entwick- lung kürzlich J. Nasbaum3) Beobachtungen veröffentlicht hat, gehören zu jeder Facette besondere Corneazellen, deren Kerne sich oberhalb des gestreckten, aus zwei Zellen erzeugten Krystallkegels mit den S emp er'schen Kernen derselben sich rechtwinkelig kreuzen und von diesen durch beträchtlich geringere Grösse differiren. Nusbaum lässt irrthümlich jede dieser Zellengruppen aus vier Zellen bestehen. In Wahrheit sind jedoch in jeder Gruppe nur zwei Zellen enthalten , deren Kerne unter rechtwinkeliger Kreu- zung miteinander alterniren (Fig. 18 ab). Schon Grenacher 4) hat dieses Verhältniss richtig beobachtet und abgebildet, aber falsch ') C. Claus, Untersuchungen über die Organisation und Entwickelung von Branchipus und Artemia, 1. c. pag. 57. 2) P. Mayer, Die Caprelliden des Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeresabschnitte. Eine Monographie. Leipzig 1882, pag. 122. :i) J osef Nu s bäum , L'embryologie de Mysis chameleo. Archives de Zoologie experimentale et generale. 2. Ser., Tom. V, 1887, Nr. 2, pag. 179. 4) B. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 1879, pag. 117—122, Taf. X, Fig. 111 u. 113. (70) Organismus der Nebaliden nnd systematische Stellung der Leptostraken. 71 gedeutet. Indem derselbe die ungleiche Grösse und verschiedene Lage beider Kerngruppen nicht würdigte, bezog er beide auf die zu einem Krystallkegel gehörigen Semper'schen Kerne, „von denen zwei näher an die Facette, die beiden anderen mehr in die Tiefe gerückt" seien, während die Zellenconturen den Eindruck hervorrufen, „als ob zwei Zellen übereinander geschoben wären". Diese und die weitere ganz richtige Beobachtung über die Zwei- zahl der Krystallkegel-Segmente, in welcher im Gegensätze zu den anderen untersuchten Podophthalmen Mysis mit den Amphi- poden und Isopoden übereinstimmt, hätten Grenadier con- sequenter Weise schon von dem Irrthume seiner Auslegung und von dem Vorhandensein einer peripherischen Gruppe von zwei Corneazellen über je zwei Krystallkegelzellen überzeugen müssen. Auch die Zurückführung der kleinen spitzen Dörnchen, welche in regelmässiger Vertheilung um die Facetten gruppirt nach innen vortreten, auf spitzenförmige Vorsprünge der Cuticula trifft nicht zu, wie man sich an Exemplaren, welche im Häutungsprocesse be- griffen sind, überzeugt. Es handelt sich vielmehr um Ansätze der Pigmentzellen, welche bei der Häutung zurückbleiben. Zwischen den Krystallkegeln finden sich langgestreckte, einen ovalen Kern enthaltende Fadenzellen (Fig. 14, 16 Fdz), welche die Verbindung der tieferen Pigmentregion des Auges und der Oberfläche vermitteln. Man übersieht dieselben in ganzer Länge besonders schön an Sagittalschnitten und überzeugt sich, dass zwischen zwei benachbarten Krystallkegeln nur eine Fadenzelle verläuft, also wohl jeder Krystallkegel von vier solcher Zellen umgeben ist, welche sich an die schmalen, zwischen den Facetten verbleibenden Cuticularstreifen ansetzen. In grosser Zahl und dichter Häufung treten die gleichen Fadenzellen an der Grenze des Augenstieles und Sehabschnittes auf und bilden hier eine Art Grenzstreifen , an dessen Distalseite die Knospungszone für die Bildung neuer Krystallkegel und Ommatidien gelegen ist. Die Zellen des Grenz- streifens erweisen sich als spindelförmige Hypodermiszellen, deren tiefe in lange Fasern ausgezogene Fortsätze sich an die Basal- membran befestigen , welche als Fortsetzung der Membrana limi- tans zwischen Sehstäben und Faserbündeln der Retina an Hori- zontal- und Sagittalschnitten leicht erkannt wird (Fig. 17 Mb). Die hinter dem Krystallkegel in der Tiefe folgenden Ele- mente jedes Ommatidiums bestehen aus 7 distalen Pigmentzellen, einer Gruppe langgestreckter flacher Retinulazellen und einem centralen von beiden Zellenformen umlagerten Rhabdom. Die (71) 72 C. Claus: Pigmentzellen haben eine kugelig birnförmige Gestalt und ent- halten einen grossen blasigen Kern, der vom Pigmente vollkommen verdeckt wird. An Embryonen, deren Augenpigment erst abgelagert zu werden beginnt, sowie an kleinen in der Entstehung begriffenen Omma- tidien der Wachsthumszone treten die sieben etwas unsymmetrisch um einen Mittelpunkt gruppirten Kernblasen umso deutlicher her- vor, je weniger noch die Pigmentablagerung in der Protoplasmazone der Zelle vorgeschritten ist (Fig. 12 a). Im ausgebildeten Zustand weichen die sieben Zellen distalwärts etwas auseinander und um- lagern becherförmig das hintere in einen kurzen Stiel ausgezogene Ende des Krystallkegels. Auf Querschnitten erhält man im Centruin jeder Pigmentzellengruppe das Bild eines hellen siebenstrahligen Sternchens, dessen Mitte den Raum bezeichnet (Fig. 12 b), welchen der kurze Stiel des Krystallkegels einnimmt. Auf die birnförmigen Pigmentzellen, welche zugleich das äusserate Ende des Rhabdoms umlagern, folgen die langen ebenfalls dicht mit Pigment erfüllten Retinulazellen, deren ovalgestreckte Kerne eine bedeutendere Grösse besitzen und in der Tiefe auf zwei Reihen unregelmässig vertheilt sind. Die Zahl derselben mit Sicherheit zu bestimmen , ist mit o-rosser Schwierigkeit verbunden, da schon das Pigment ein Hinder- niss für den Nachweis des Kernes abgibt. Mit Eilfe einer ge- lungenen Serie von Schnitten, an welchen das Augenpigment aufge- löst worden war, während sich die Zellkerne intensiv gefärbt und die stark angeschwollenen Rhabdome trefflich erhalten hatten, glaube ich jedoch durch Vergleichung von Quer- und Längsschnitten der Ommatidien wenigstens als wahrscheinlich erkannt zu haben, dass es ebenfalls sieben Retinulazellen sind, welche dasRhabdom umgeben. Gleiches dürfte auch für die Augen der Mysideen Geltung haben , deren Retinulakerne in drei nicht ganz regel- mässigen Reihen hintereinander liegen. Diese Kerne sind frei- lich mehr kuglig gerundet und bieten in höherem Grade das Aussehen von Kernen nervöser Endzellen. Zwischen denselben liegen der mittleren Reihe genähert lang gestreckt walzenförmige Kerne, dem Anscheine nach in den Zwischenräumen der Retinulae in der Verlängerung der vorderen und hinteren Pigmentzellen, welche die Krystallkegel von Mysis umgeben. Ich glaube nicht zu irren , wenn ich diese drei in Längsstreifen hintereinander folgenden Zellen, beziehungsweise Kerne, welche zwischen den Ommatidien ibre Lage haben, auf die von Nusbaum am embryo- nalen Mysisauge abgebildeten ..piliers cellulaires" (vergl. Fig. 93 r) beziehe, welche nach diesem Autor den Zellen der Retinula Ent- (72 Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 73 stehung geben sollen. Dass diese Meinung eine irrthümliche ist, ergibt sich schon aus der oberflächlichen Lage dieser Kerncolumnen in der Hypodermis und Krystallkegelzone. Ich habe auf einer ge- lungenen Schnittserie durch das ausgebildete Mysisauge, an welchem wie auch an dem Decapoden- und Stomatopodenauge die schon mit Rücksicht auf die Vermehrung der Augenelemente bei zuneh- mender Körpergrösse nothwendige Wachsthumszone wiederkehrt, das auf Fig. 18 abgebildete Verhältniss von Linsen- und Krystall- kegelzellen, sowie Pigmentzellen der Krystallkegel mit den zuge- hörigen Kernen (P n) sicher bestimmen können und glaube kaum, dass ein Vergleich mit der bereits angezogenen Abbildung N u s- baum's einen Zweifel über die Richtigkeit der vou mir gegebenen Deutung zurücklässt. Das centrale Element des Nervenstabes (Retinula), das Rhab- dom, ist im Auge von Nebalia ausserordentlich umfangreich und bildet einen langgestreckten proximalwärts verjüngten Kegel oder genauer eine vierseitige Pyramide, deren Basis zwischen den sieben Pigmentzellen am Ende des Krystallkegelstiels ihre Lage hat. (Fig. 13, 14.) Bekanntlieh hat die von G-rena eher dem Rhabdom gegebene Deutung als centrale Cuticularausscheidung der Retinula- zellen in einer grösseren Arbeit von Patten1) eine Ablehnung erfahren. Patten betrachtet das Rhabdom als Fortsetzung der 1) W. Patten, Eyes of Mulluscs and Arthropods. Mitth. der zool. Station zu Neapel. 1886, Taf. 28—32, 4. Heft, Tom. VI. — W. Patten hat meiue An- gaben über die Knospungszone von Branchipus gänzlich missverstanden, wenn er mir in seiner jüngst veröffentlichten Schrift „Studies on the Ej'es of Arthropods" (Journal of Morphology. Vol. I, 1887) die Meinung unterlegt, dass die Retinula aus derselben Masse proliferirender Zellen hervorgehe , auf welche die Elemente des wachsenden Sehganglions zurückzufahren sind, während die oberhalb der Eetinula gelegenen Krystallzellen getrennt entsprängen. Gerade das Umgekehrte habe ich behauptet und an mehreren Abbildungen, welche jede andere Deutung ausschliessen, erläutert (Branchipus 1. c. pag. 41, Taf. VII, Fig. 1, 2, 3). Allerdings bilden die Krystallzellen und Eetinulae zwei aufeinanderfolgende Schichten, die aber aus der- selben Zelleumasse ihren Ursprung nehmen, während die zur Verstärkung des Seh- ganglions dienenden Zellen aus einer besonderen jener proximal anliegenden Hypo- dermiswueherung hervortreten. Wie freilich dieses Missverständniss meiner unzwei- deutigen Darstellung zu erklären ist, bleibt mir unverständlich und ich kann es nur dem umstände zuschreiben, dass dieselbe in einer dem Verfasser fremden und daher minder geläufigen Sprache gegeben wurde. Thatsächlich besteht kein Wider- spruch zwischen meiner Darstellung und Patten's Beobachtung und Deutung; ebensowenig trifft die Meinung dieses Autors zu, es wären die von mir beobachteten Metanaupliusstadien zu weit vorgeschritten gewesen, um das Verhältniss richtig zu sehen und beurtheilen zu können. Auch die Stielaugen viel älterer Larven sowie die des jungen Branchipus erweisen sich hierzu noch vollkommen geeignet. 74 C. Claus: Krystallkegel und als tiefer liegendes Product der Krystallkegel- zellen , die als Retinophoren bezeichnet werden und bis zur Basal- membran reichen sollen. Ohne mich vorläufig für oder wider diese Auffassung, die jedenfalls die Natur des Rhabdoms als Ausschei- dungsproduct intact lässt, erklären zu wollen, muss ich doch auf die abweichende Lichtbrechung und auf die sehr ausgesprochene Blättchenstructur des Rhabdoms von Nebalia als der Deutung Patten's wenig günstig hinweisen. Dazu kommt die entfernte Lage der Kerne an der Vorderfläche der Krystallkegel und die Thatsache, dass die Sinnesepithelien so häufig Cuticulargebilde ab- sondern, und von den Nervenzellen der Retina, denen doch die Retinulae entsprechen würden, so allgemein Cuticulargebilde er- zeugt werden. Auch Reagentien und Färbemittel wirken auf die Krystallkegel und Rbabdome verschieden ein. An Chromsäure- präparaten erscheint das Rhabdom intensiver gelb. Umgekehrt veranlasst Boraxcarmin nach vorausgegangener Sublimat- und Alkoholbehandlung eine stärkere Tinction der Krystallkegel. An dem proximalen Ende der Retinulazone breitet sich noch eine dünne Schichte von Pigment aus, welches vielleicht auf eine besondere Lage kleiner Pigmentzellen zu beziehen ist , wenn das- selbe nicht aus der Nervenbündelschichte der Retina eingetretenen Nervenfasern zugehören und hier entstanden sein sollte. Alle diese distalwärts von der der Basalmembran der Hypo- dermis entsprechenden Grenzmembran gelegenen Augenelemente, also sämmtliche Theile der Ommatidien, sind ihrem Ursprünge nach auf die Hypodermis zurückzuführen, deren Zellen auch am entwickelten Stielauge in dem als Knospungs- oder Wachsthums- zone bezeichneten Streifen, an der Grenze von Sehabschnitt und Stiel, in lebhafter Wucherung begriffen sind und neuen Omma- tidien Entstehung geben. Wie bei B r a n c h i p u s stellt sich auch am N e b a 1 i a äuge die Knospungszone als ein gürtelförmiger, die Längsachse fast recht- winkelig kreuzender Streifen der dorsalen Augenfläche dar, welcher beiderseits auf die Unterseite übergreift. Proximalwärts wird der- selbe von einer Zone langgezogener Connectivzellen (C z) der Hypodermis begrenzt, welche sich an die Basalmembran anheften. Es liegt somit der gesammte, die Ommatidien fassende Augen- abschnitt in der Hypodermis, deren Basalmembran hier zu Limitans zwischen der Retinulae und der Nervenbündelschicht der Retina geworden ist (Taf. X, Fig. 17 Mbj. An der Distalseite der Con- nectivfasern liegen fadenähnliche langgezogene Zellen , von denen (741 Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 75 sich bereits gruppenweise geordnete Zellen abheben. Erstere sind die in Wucherung begriffenen Elemente , als deren Theilproducte die Corneazellen, Xrystallzellen und Connectivzellen, sowie die tiefer gelegenen Pigment- und Retinulazellen hervorgehen. An Flächen- schnitten sowohl (Taf. X, Fig. 8, 9) wie an Verticalschnitten (Fig. 1 7) vermag man die allmälige Differenzirung und Anordnung dieser Zellenformen mit Sicherheit nachzuweisen. Anfangs sind die Kerne ausserordentlich gross und in der Protoplasmazone der tieferen Zellen noch kein Pigment abgesondert, wie denn auch die Rhabdome und Krystallkegel in einigem Abstände von dieser Grenzzone (Fig. 16 a), nachdem sich die verschiedenen Zellengruppen bestimmter differen- zirt haben, nachweisbar werden. Die der Vermehrung der Ommatidien entsprechende Verstär- kung des Sehganglions und dessen als Retina oder Retinaganglion unterschiedenen distalen Abschnittes scheint mir auf der proxi- malen Seite des durch die Ausbreitung der Fadenzellen bezeich- neten Grenzstreifens durch einen der Hypodermis anliegenden breiten Streifen von Zellen vermittelt zu werden, aus welchem Elemente nach der Retina und dem Sehganglion herabrücken (Taf. X, Fig. 2 Z S). Es ist jedoch wahrscheinlich, dass auch in der Peripherie der einzelnen Abschnitte des G-anglions eine dem Wachsthum des Auges und der Zunahme der Ommatidienzahl ent- sprechende Vermehrung der Elemente parallel geht. Offenbar findet ganz derselbe Vorgang auch beim Wachsthum der Stielaugen der Podophthalmen statt, an denen sich in gleicher Weise das Vor- handensein einer die Vermehrung der Ommatidien vermittelnde Knospungszone nachweisen lässt. Leider ist dieselbe von den seit- herigen Beobachtern vollkommen übersehen und daher für die Be- urtheilung der Augenentwicklung nicht verwerthet worden. Viel- mehr fand bisher lediglich die sehr schwer zu beurtheilende embryonale Anlage Berücksichtigung, ohne jedoch zu einer klaren Einsicht in den Vorgang geführt zu haben. — Was Reichen- bach1) Augenfalte nennt, Kingsley „optic invagination" nennt, betrifft offenbar die homologe Wucherung, welche als zusammen- gezogener und abgekürzter Entwicklungspr ocess zu betrachten ist. An diese Auffassung, welche sich aus einem Vergleiche mit der Augenentwicklung von Branchipus und aus der phylogene- tischen Ableitung der stieläugigen Malacostraken unmittelbar ergibt, ') H. Reichenbach, Studien zur Entwicklungsgeschichte des Flusskrebses. Abhandlungen : Senkenberg. nat. Ges. Frankfurt 1886. (75) 76 C. Claus: hat keiner der genannten Autoren gedacht. Reichenbach ist die Entstehungsweise des Branchipusauges, die ich schon in meiner älteren Arbeit über Apus und Branchipus beschrieben, anscheinend ganz un- bekannt geblieben, da er sich sonst nicht in gleicher Weise wie später Nusbaum für die ältere von mir längst widerlegte Ansicht hätte aussprechen können, dass das Stielauge das vorderste Gliedmassen- paar des Kopfes und die Augenganglien Segmentganglien seien. Kingsley1), dessen Angaben von denen Reichenbach's mehr- fach abweichen , hat zwar der Entwicklung des Branchipusauges Rechnung getragen , indessen anstatt den Inhalt meiner späteren Arbeit zu lesen , lediglich auf einige derselben beigegebene Ab- bildungen Rücksicht genommen und daher die zwischen beiden bestehende Beziehung nicht verstanden, obwohl dieselbe unmittelbar einleuchtet. Nicht nur dass die von mir beschriebene und abge- bildete Hypodermisverdickung (C. Claus, 1. c. Taf. VII, Fig. 1, 2, 3 Kz, Ret. Gr.) von einer Invagination nicht wesentlich ver- schieden ist, vielmehr den Anfang einer solchen darstellt und bei abgekürzter und zusammengezogener Entwicklung zur Entstehung einer wahren Invagination führen muss, auch bezüglich der ausser- halb der Pigmentzone beschriebenen Kerngruppen hat Kings- ley meine Darstellung irrthümlich gedeutet und einen nicht vorhande- nen Widerspruch in dieselbe hineininterpretirt. In Wahrheit lassen sich sowohl die Entwicklungsvorgänge des viel einfacher gebauten Branchipus- und Art emia- Auges wie die in der Knospungs- zone des Nebalia- und P odoph thalmen- Auges erfolgenden Neubildungen sehr wohl mit den in der embryonalen Anlage der Augen von Astacus, Crangon, Mysis auftretenden Differenzi- rungen in Beziehung bringen. Man überzeugt sich zunächst aus der übereinstimmenden Structur, dass die Wachsthumszone des fertigen Stielauges bei Nebalia ein an der Oberfläche liegender Rest der embryonalen Einfaltung ist vergl. Taf. X, Fig. 8, 9 Kn z, G-z, *) Kingsley, Development of the compouod eye of Crangon. Journal of Morphology. Boston 1887, Nr. 1. Wenn Kingsley hervorhebt, dass von mir nur in einer Figur Kerne ausserhalb der Pigmentzoue abgebildet seien — und er bezieht sich auf Fig. 7, Taf. VII — so hat er die Figur 10, welche das Auge der Branchipus 1 arv e darstellt, übersehen; desgleichen scheint er die Stelle im Text nicht gelesen zu haben, nach welcher die Kernreste der Krystallkegelzellen am ausgebildeten Thiere nicht erhalten seien und die in den Ecken der sechsseitigen Cuticularfelder liegenden Kerne den oberflächlichen Hypoderniiszrllen zugehören, was durch den Vergleich mit dem Apusauge (Fig. 11) bestätigt wurde. Ich habe gerade das Gegen- theil von dem, was Kingsley für wahrscheinlich hält, indem er die oberflächlichen mit Hp bezeichneten Hypodermiskerne auf Kerne seiner Retinophorenzellen be- zieht, behauptet und, wie mir scheint, hinreichend klar erwiesen. '76) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 77 Fig. 17 Knz und Kings ley, 1. c. Fig. 6, 12). Auch hier wiederholt sich die oberflächliche Lage von Hypoderrniszellen und die tiefere durch fadenförmig langgezogene und in Theilung begriffene Ele- mente bezeichnete Zellenlage (Knz), welche Kingsley die retino- gene nennt. Beide sind durch die Basalmembran abgegrenzt von dem Streifen, an welchem die ganglionären Zellen gewissermassen als zweites (proximales oder inneres) Blatt der hypodermalen Ein- faltung der Hypodermis anliegen. Ganz dasselbe gilt für die bei Branchipus beschriebene Knospungs- oder Wachsthumszone, an deren hypodermaler Einwucherung ich bereits dieselben Streifen, einen distalen (äusseren), welcher die Zellen der Hypodermis, sowie die der Krystallkegel und Nervenstäbe erzeugt und einen proxi- malen (inneren) , an welchem die Zellen der ganglionären Lagen wuchern, unterschieden habe. So scheint mir auch Reichenbach's Darstellung insoweit in Uebereinstimmung , als die als Innenwall der Augenfalte unterschiedene Region sämmtliche Zellen und deren Derivate distalwärts von der Basalmembran erzeugt, der Aussen- wall derselben dagegen die ganglionären Elemente des Retina- und Augenganglions liefert. Der Nerven- und Ganglienapparat, welcher zwischen Gehirn und Sehabschnitt des Stielauges gelegen ist und den Stiel des letzteren erfüllt, entspricht dem Ganglion opticum, an welchem wir wie bei den höheren Crustaceen und Insecten drei Abschnitte zu unterscheiden vermögen, eine proximale Anschwellung mit dem inneren Marklager (Berger), eine distale mit dem äusseren Mark- lager und das am meisten distalwärts zur Basalmembran des Sehabschnittes reichende Retinaganglion. Zwischen innerem und äusserem Marklager liegt die innere (Taf. X, Fig. 6 IFk), zwischen dem letzteren und dem Retinaganglion die äussere Faserkreuzung (Fig. 5 AFk). In der Peripherie der Marklager breitet sich ein dicker Mantel von Ganglienzellen aus, welcher zwischen den drei aufeinanderfolgenden Abschnitten auf Längsschnitten keilförmig in das Innere einspringt, wodurch die beiden Marklager von einander und das äussere von der Punktsubstanz des Retinaganglions (Mo- lecularschicht des ganglionären Theiles der Retina, Berg er) schärfer abgesetzt werden. Eine ganz eigenthümliche Gestaltung der Oberfläche erhält der Rindenbelag durch etwas schräg zur Längsachse des Augenstieles verlaufende Blutcanäle , welche die breite dorsale und ventrale Blutlacune des Auges verbinden und durch ebenso viel bandförmige Aufwulstungen des Rindenbelages von einander abgegrenzt werden (Taf. X, Fig. 2, 3, 4, 6). (77) 78 C. Claus: Den bei weiten grössten Umfang besitzt die proximale An- schwellung des Augenganglions, deren Punktmasse in mehrere, durch Bündel von Nervenfibrillen begrenzte Ballen zerfällt, während der Faserverlauf der Nerven durch mehrfache Kreuzungen , ein recht complicirter ist. Diese hohe Differenzirung weist auf das Augenganglion der Podophthalmen hin, dessen proximale An- schwellung eine sehr complicirte, vornehmlich durch Bellonci's Arbeit über Squilla näher beschriebene Structur darbietet. Ausserdem „corpo stratificato posteriore", welches dem inneren Marklager des Augenganglions der Edriophthalmen und Insecten entspricht, werden hier als „massa reticolata, corpo emielissoidale, allungato und reniformea Ballen von feinster Punktsubstanz unterschieden , welche ihrer Anlage nach auch in dem inneren Marklager des Augenganglions von Nebalia enthalten sein dürften. Schon Bellonci hat die Frage aufgeworfen, ob diese so bedeu- tende Complication , welche für die G-estaltung der proximalen Ganglienregion des Podophthalmenauges gegenüber dem Edri- ophthalmenauge charakteristisch ist , auf Neubildungen zurück- zuführen sei, welche zum inneren Marklager hinzugekommen seien, oder bereits im Gehirn vorhandenen, von diesem aber getrennten und mit dem corpo stratificato posteriore vereinigten Theilen entspreche, und sich in ersterem Sinne entschieden. Indessen ist bei der Frage- stellung übersehen, dass die Edriophthalmen, obwohl in der Or- ganisation tiefer stehend, doch keineswegs phylogenetisch ältere Formzustände repräsentiren , von denen aus die Podophthalmen entsprungen, sondern umgekehrt von stieläugigen Malacostraken 2) abzuleiten sind, deren Stielauge zum Sitzauge rückgebildet wurde und damit auch zugleich Vereinfachungen des Ganglienappa- rates erfuhr. Die Thatsache , dass schon das Nebaliaauge die Complicationen, welche für das Stielauge der Podophthalmen charakteristisch sind, in der Gestaltung des Augenganglions auf- zuweisen hat, dürften dieser Ableitung, die ich3) bereits vor vielen Jahren entwickelte, eine weitere bedeutende Stütze sein. Ebenso- wenig kann ich mich mit der Ansicht jenes Autors einverstanden erklären, nach welcher diese hinteren Partieen des Augenganglions ') 6. Bellonci, Nuove richercbe sulla struttura del ganglio ottico della squilla mantis. Memorie delT Academia delle scienze di Bologna 1882. ") G. Bellonci, Intorno al ganglio ottico degli artropodi superiori. Intern. Monatsckr. f. Anat. u. Hist. 1886, Tom. III, pag. 196. ■') C. Claus, Untersuclmngen zur Erforschung der genealogischen Grundlage des Crustaceensysteius. Wien 1876. (78) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostrakeo. 79 (masse ganglionari posteriori) auf die sogenannten pilzhutförmigen Körper des Insectengehims morphologisch und auch der Function nach (wenn auch nur uncomplet) zu beziehen seien. Dazu scheint mir doch das Vorhandensein analog verlaufender Bündel, welche ähn- liche Verbindungen herstellen, nicht ausreichend. Den Verlauf der vom Gehirn in den Augenstiel eintretenden, sowie der vom Zellen- belage des Augenganglions entspringenden, mit jenen und unter- einander mehrfach gekreuzten Faserzüge im Detail zu bestimmen, schien mir theils von der Hauptaufgabe dieser Abhandlung zu weit abzuführen, theils dem Zeitaufwande nach mit den etwa zu er- zielenden Resultaten nicht in Einklang zu stehen, so dass ich von dem weiteren und tiefergehenden Verfolgen dieser interessanten Fragen vorläufig abgesehen habe. Die distale, als Retinaganglion oder Ganglientbeil der Retina zu bezeichnende Anschwellung wiederholt im Wesentlichen das für andere zusammengesetzte Augen (Phronima) bekannt gewor- dene Verhalten. Wir unterscheiden eine proximale Punktmasse, in welche die gekreuzten Fasern des Opticus einstrahlen (ßerger's Molecularschicht), und eine distale, schalenförmig aufgelagerte Schichte von Ganglienzellen, aus welcher die zwischen die Pig- mentmasse eintretende und die Grenzmembran durchsetzende Nerven- bündelschicht folgt. Da, wo an der proximalen Seite der Punkt- masse die Fibrillenzüge des Sehnerven sich kreuzen, liegt eine grosse Zahl von Kernen und Zellen eingestreut, die man jedoch nicht berechtigt ist, als besondere Schichte zu unterscheiden. Im Mysisauge wurden von Grenacher zwei Kernreihen beschrieben x), welche an der distalen Seite der Molecularschichte hinziehen und der Ganglienzellenschichte (Berge r's Körnerschichte) entsprechen. Die innere derselben bildet nur eine einzige Reihe perlschnurähn- lich aneinander gereihter Zellen an der äusseren Grenze der Molecularschichte, die Grenacher als erste gangliöse Masse (G) bezeichnet. Das zweite Ganglion dieses Autors entspricht der Region der äusseren Markmasse des Augenganglions , das dritte der inneren Markmasse nebst parietalem Zellenbelag , das vierte endlich den „masse ganglionari posteriori" Bellonci's mit seinen verschiedenen Lagern von Punktsubstanz und Faserzügen. Ganz dasselbe gilt für die von Carriere2) für das Augen- ganglion des Flusskrebses gegebene Darstellung. Das erste *) Vergl. Grenacher, 1. c. pag. 183, Taf. X, Fig. 110 Km' und Km". 2) J. Carriere, Die Sehorgane der Thiere. 1885, pag. 167, Fig. 120. (79) 80 C. Claus: Ganglion mit seiner schalenförmig gewölbten Vorderfläche ist das Retinaganglion, aus welchem die von Capillaren und Blutge- fässen quer durchsetzte Nervenbündelschichte zur Basalmembran emporsteigt. Die in dasselbe nach vorausgegangener Kreuzung (äussere Kreuzung) eintretenden Nervenfasern würden denen des Sehnerven entsprechen. Das zweite und dritte Ganglion um- schliessen das äussere und innere Marklager (Bellonci's corpo stratificato anteriore e posteriore), getrennt durch die innere Faser- kreuzung, das vierte Ganglion endlich repräsentirt die „masse ganglionari posteriori", an deren distaler Grenze eine dritte, die hintere Faserkreuzung, zur vollen Ausbildung gelangt. Der in das Stielauge eintretende Nerv würde überall mit Berger dem Seh- nerven gegenüber als Stiel des Augenganglions zu bezeichnen sein. Die reichen Blutmengen, welche in das Stielauge treten, durch- setzen dasselbe in ganz regelmässigen, durch Lacunen und Lücken zwischen den Geweben hergestellten Bahnen. Der Blutstrom er- giesst sich an der Dorsalseite in einen medianen zwischen Integument und Ganglion befindlichen Blutcanal , der im Äugenstiel sechs Paare anastomosirender Seitengänge abgibt und distalwärts inner- halb der Nervenbündelschicht in ein Netz von Lacunen führt. Aus diesem und aus den Seitengängen , welche bogenförmig das Augen- ganglion umziehen , gelangt das Blut in einen weiten ventralen Blutcanal, um durch denselben in den Körper zurückzuströmen. Am schönsten beobachtet man die regelmässige lebhafte Blutbewe- gung im Auge der Larven , in deren Lacunensystem man die grossen amöboiden Blutzellen auf ihrem Wege vom Eintritt bis zum Austritt aus dem Auge zu verfolgen vermag (Taf. X, Fig. 4). Ich kann die Besprechung des Stiel auges nicht verlassen, ohne noch einmal auf die morphologische Beurtheilung des- selben zurückzukommen, da sich noch immer Stimmen vernehmen lassen , welche der alten , seit Decennien zurückgewiesenen Deutung des Stielauges als vorderste Gliedmasse des Kopfes bei- stimmen. Wir haben hier wiederum ein schlagendes Beispiel für die Zähigkeit, mit welcher veraltete, durch die zutreffendsten Beweisgründe längst widerlegte Irrlehren immer wieder von Neuem auf eine oberflächliche, veraltete Argumentirung hin hervor- tauchen, deren eifriges Festhalten freilich nur für die Unbekannt- schaft mit den wohlbegründeten Ergebnissen neuerer Forschung Zeugniss ablegt. Aus diesem Umstände erklärt sich mir hin- reichend Reichenbach's und Nusbaum's durch kein weiteres Argument als das plausible des äusseren Scheines gestützter (80) Organismus der Mebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 81 Anschluss an jene irrige Deutung; beide Autoren stehen offen- bar, trotz ihrer sehr eingehenden Behandlung eines speciellen embryologischen Themas aus dem umfassenden Crustaceengebiete, den morphologischen Gesichtspunkten und Lehren fern, welche insbesondere durch vergleichende anatomische und auf die post- embryonale Entwicklung bezügliche Studien gewonnen wurden und sowohl auf die Beurtheilung der phylogenetischen Verwandt- schaft der Crustaceengruppen als der gesammten Morphologie der Gliederthiere ihren Einfluss übten. Wie es aber möglich ist, dass ein Crustaceenforscher von der Bedeutung Spence BateV), welcher das specielle Formengebiet durch so viele umfangreiche, descriptiv systematische Arbeiten in hervorragender Weise gefördert und als Berichterstatter über die Forschungen auf dem Crustaceengebiete eine ganze Reihe von Jahres- berichten abgefasst hat, auf demselben Standpunkt zurückgeblieben verharrt und diesen noch dazu durch völlig irrelevante, das Wesen der Frage gar nicht tangirende Angaben stützen zu können ver- meint, wird weit schwerer und schliesslich nur durch den Umstand begreiflich , dass die descriptiv systematisirende Richtung nicht selten für sich abgeschlossen einhergeht und ohne Beziehungnahme auf vergleichend anatomische und entwicklungsgeschichtliche For- schung gar oft von dieser unbeeinflusst ihren eigenen Weg einhält. Wenn Spence Bäte mit der sehr decidirten Behauptung beginnt, dass durch den Verlauf der Entwicklung und ebenso mit Hilfe der Zergliederung die Bedeutung der die Stielaugen tragenden Kopfregion als vorderstes Somit bewiesen worden sei, so werden wir überrascht, von den Beweisgründen, welche die Entwicklungsgeschichte geben soll, kein Wort weiter zu vernehmen, während sich der vermeintliche anatomische Beweis auf die That- sache beschränkt, dass die vordersten Ausläufer des Gehirns direct zu dem Sehorgane gehen , eine Thatsache , welche doch nur für das Lagenverhältniss der Augen vorne am Kopfe vor den An- tennen Zeugniss ablegt, dagegen für die Natur dieses Kopftheils als Somit ebensowenig wie für die Bedeutung der Stielaugen als Gliedmassen desselben auch nur die geringste Beweiskraft besitzt. Noch schlechter steht es mit dem morphologischen Hinweis auf die in einzelnen Fällen (P al in urus) hervortretende distincte Ab- hebung eines gestielte Augen tragenden Kopfsegmentes , das in 1) Spence Bäte, Report oa the Crustacea Macrara collected by H. M. S. Challenger during tlie years 1873—1876. The voyage of H. M. S. Challenger, Zoo- logy. Vol. XXIV, 1888. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 1. 6 (81) 8X C. Claus: anderen Fällen versteckt zwischen Schnabel und Antennensegment keine verkalkte Structur mehr darbiete und deshalb die von mir und Fr. Müller vertretene Meinung veranlasst habe, dass zu den Stielaugen kein oculares Somit gehöre. Niemals ist weder für mich noch für Fr. Müller ein solches Verhältniss mass- gebend gewesen, um das Vorhandensein eines Antennensomiten zu bestreiten und deshalb den Werth der Stielaugen als Segment- anhänge oder Gliedmassen in Abrede zu stellen, vielmehr bot umge- kehrt die letztere, aus ganz anderen Gründen abgeleitete Ablehnung den Ausgangspunkt, um die durch nichts erwiesene Annahme eines besonderen Augensegmentes zurückzuweisen. Natürlich den Begriff „Segment" im Sinne eines metameren Theilstückes mit Ganglion und Gliedmassenpaar, nicht aber als einfache quere Zone oder Region des Kopfes genommen , deren Vorhandensein von keiner Seite jemals bestritten wurde und zu bestreiten war, da ja das Augenpaar einem Abschnitte des Kopfes, und zwar stets dem vordersten Endstücke desselben angehört. An- fangs1) waren es für mich lediglich Gründe negativer Art, welche die bislang herrschende Zurückführung der Stielaugen auf ein Gliedmassenpaar des Kopfes als willkürlich und unthunlich erscheinen Hessen , der Mangel eines positiven Anhaltspunktes 2J, um die Natur des dem Sitzauge gleichwerthigen Stielauges als Gliedmasse auch nur wahrscheinlich zu machen. Später aber habe ich zuerst durch die Untersuchung der Entwicklungsweise des Stielauges von Branchipus , sodann durch die gleiche Verfolgung des Augenwachsthums vor und während der Zoe aentwicklung den positiven Beweis erbracht, dass dasselbe sowohl bei den stieläugigen Phyllopoden, als bei den Podophthalmen unter den Malacostraken, durch Abschnürung der Seitenstücke des verbreiterten Kopfab- schnittes entsteht und dass während dieser Wachsthumsvorgänge ') Vergl. C. Claus, Zur Kenntniss der Malacostrakenlarven. 1. c. 1861. — Fr. Müller, Für Darwin. 1863. Fr. Müller schloss sich in dieser Schrift, pag. 9 einfach meiner Auffassung an, ohne selbst weitere Argumente anzuführeu. 2) Wie man aus dem einmaligen Befund einer abnormen Bildung, dem Vor- handensein eines geisselähnlichen Anhanges am Augenstiele, den Beweis für die Natur des Stielauges als Gliedmasse erbracht zu haben vermag, wird nur derjenige ver- stehen, welcher sehr geringe Anforderungen an eine morphologische Beweisfüh- rung stellt. In der kurzen Note von Alph. Mi Im Edwards, Sur un cas de transformation da pedoncule oculaire eu une antenne, observe chez une langouste. Comptes rendus, Tom. LIX, pag. 10, 1864, liegt der Deutung jenes Autors die Vor- aussetzung zu Grunde, dass ein supranumerärer Geisselanhang lediglich an einer Gliedmasse entstehen könne, eine Voraussetzung, die durch nichts erwiesen ist. (82) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 83 auch die seitlichen Ganglienmassen des Vorderhirns in die zu den Augenstielen sich ausziehenden Seitenstücke des Kopfes mit aufgenommen werden und somit ohne ihr ursprüngliches Lagen- verhältniss zu dem vordersten Abschnitte des Kopfes aufzugeben, als Augenganglien in die Augenstiele scheinbar hineinrücken. Dieser Entwicklungsmodus hat mit dem der Extremitäten, welche als Anhänge an den Segmenten hervorsprossen und der Zeit nach früher auftreten , als sich die Abschnürung der Augenstiele voll- zieht, nichts zu schaffen und liefert zumal in Verbindung mit den auf die Ganglien desselben bezüglichen Entwicklungsvorgängen für die von mir vertretene morphologische Auffassung ein so unzwei- deutiges Zeugniss, dass ich nicht wüsste, wie demselben gegenüber die gegnerische Ansicht noch vertheidigt werden könnte. Ich vermag mir das Festhalten an derselben lediglich aus der Unkenntniss jener von mir beschriebenen Entwicklungsweise zu erklären. Dass sich auch Spence Bäte ungeachtet der zahlreichen Jahresberichte über Crustaceenliteratur in diesem Falle befindet, dürfte wohl schon aus dem Citate der Schrift von Fr. Müller hervorgehen, auf die er sich ausschliesslich beruft, ohne der älteren und ebenso der für jene Frage weit wichtigeren späteren Arbeiten von mir über Branchipus, Apus, Artemia, sowie über die Zoeaentwicklung der Euphausiden etc. aus den Untersuchungen über das Crustaceen- system, pag. 18 etc., auch nur Erwähnung zu thun. In vollkommener Uebereinstimmung mit den Ergebnissen der ontogenetischen Entwicklung, durch welche bewiesen wird, dass die Stielaugen nicht Gliedmassen, sondern die abgeschnürten und beweglich abgesetzten Seitenstücke des Vorderkopfes sind, welche die Seitenganglien des Vorderhirns (Augenganglien) einschliessen, stehen die Grundanschauungen über die Stammesentwicklung der Glieder- thiere und die aus den anatomischen und entwicklungsgeschicht- lichen Beziehungen der Arthropoden, beziehungsweise der Crustaceen zu den Anneliden abgeleiteten fundamentalen Sätze der Phylogenie im besten Einklänge. Nicht nur die Uebereinstimmung in der gegen- seitigen Lage und metameren Gliederung der Organe (Nerven- system, Musculatur, Darmcanal, Rückengefäss) , sondern auch die verwandte Entwicklungsweise der.Larven, die Knospung der Rumpf- segmente an der L o v e n'schen Larve und Naupliuslarve lässt die Gleichstellung der primären Annelidenfühler mit den vorderen Antennen der Arthropoden als Anhänge des praeoralen Kopfab- schnittes, sowie die Zurückführung des zweiten Antennenpaares der Crustaceen auf das erste Gliedmassenpaar des Rumpfes als 6* (83) 84 C Claus: wohlbegründet erscheinen. Das grosse zusammengesetzte Seiten- auge der Arthropoden, welches seine Lage vor den Fühlern hat, ist eine diesem Thierkreise eigenthümliche Bildung , welche zwar von dem seitlichen , zuweilen zu hoher Differenzirung gelangten Kopfauge der Anneliden ihren Ausgang genommen haben kann, jedoch in der mächtigen Ausbreitung über bedeutende Kopfnächen sowie in der specifischen Gestaltung und Structur erst aus späteren nach Abzweigung vom Annelidenstamme eingetretenen Anpassungen zu erklären ist. Die allgemeine Structur und Beziehung zum Gehirn bleibt, mag das Seitenauge als sogenanntes Sitzauge der Kopffläche unmittelbar angehören oder als Stielauge extremi- tätenähnlich abgesetzt sein und dadurch den Vortheil eines leicht und nach allen Seiten hin veränderlichen Sehfeldes gewähren , so vollkommen dieselbe, dass die Homologie beider Augen auch niemals bezweifelt wurde und merkwürdig genug von dem Stielauge und dessen vermeintlichem Kopfsegment auch auf ein Segment oder Somit des Sitzauges zurückgeschlossen wurde. Wie aber hätte secundär am Vorderende des Kopfes ein neues Metamer und an diesem ein Gliedmassenpaar entstehen sollen und welche Bedeutung hätte das letztere zuvor gehabt haben können, bevor dies zusammengesetzte Seitenauge sammt den dazu gehörigen Seitenanschwellungen des Gehirns nach dem Basalgliede desselben aufgerückt und in dasselbe eingetreten wäre? Für Jeden , welcher phylogenetisch zu denken vermag und von den Fortschritten unterrichtet ist, welche die Morphologie der Arthro- poden durch die vergleichende Ontogenie der Anneliden und Cru- staceen gewonnen hat, eine geradezu unannehmbare Vorstellung, die nicht nur mit dem erfahrungsmässig festgestellten Fundamentalsatze *) vom Wachsthume des Arthrozoenleibes und der mit demselben von vorn nach hinten vorschreitenden Metamerenbildung in directem "Widerspruche steht, sondern eines jeden Anhaltspunktes auch nur für ihre Wahrscheinlichkeit entbehrt. Die Sinnesorgane der Antennen. Wie bei allen Cru- staceen, so ist auch bei Nebalia die vordere Antenne Träger blasser als Riech- oder Spürorgane zu deutender Schläuche, welche am oberen Rande der einzelnen Geisseiglieder aufsitzen und die so zahlreich wie an manchen Podophthalmen-Fühlern vorhanden sind. Das weib- liche Geschlecht steht dem männlichen an Reichthum der Spür- anhänge bedeutend nach. Es sind hier nur vier bis sieben Schläuche *) Vergl. C. Claus, Untersuchungen über das Contraceensystem. I.e. 1876, pag. 6. (84) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 85 in jedem Büschel , welches noch eine untere Querreihe von drei verschieden langen Borsten enthält. An den oberen Fühlergliedern sind die Borsten, von denen zwei der Medialfläche, die dritte kürzere der Lateralfläche des Gliedes angehören, länger als die Riech- schläuche, deren Zahl auf fünf oder vier herabsinkt. Am vorletzten Gliede sind sogar nur noch zwei Riechschläuche vorhanden, und am Endgliede fallen dieselben ganz hinweg. An der Antenne des Männchens verhalten sich die fünf bis sechs oberen Glieder, abge- sehen von ihrer bedeutenden Längsstreckung und dem Vorhandensein eines Riechschlauches am Endgliede, in dem Besätze cuticularer Schläuche und Borsten im Wesentlichen übereinstimmend ; von hier an aber nach der Basis fortschreitend, wird die Zahl der Riech- schläuche an jedem Gliede eine unverhältnissmässig grössere, indem sich jedes Büschel über die dorsale und mediale Seite des wuistförmig erhobenen Gliedes flächenhaft ausbreitet und an der lateralen Seite durch eine breite Querzone von Schläuchen verstärkt wird. Die letztere erscheint als Neubildung und fehlt noch im Jugendzustande, sowie stets an dem meist mit drei Wülsten versehenen Basalgliede. Am sechstletzten Gliede ist sie in der Regel nur durch zwei oder drei, am vorausgehenden durch 10 — 12 Schläuche vertreten , welche in geschlossener von dem dorsalen Büschel noch separirter Reihe stehen (Taf. XIV, Fig. 1 R s) ; erst von dem nach der Basis zu folgenden Gliede an fliessen beide Gruppen von Schläuchen zu einer einzigen zusammen, welche ein recht ansehnliches, quergezogenes Flächen- stück als Spürfeld besetzt. An dem lateralen Abschnitte desselben, welcher die ganze Breite des Gliedes einnimmt, erheben sich die Riechschläuche in zwei bis drei dicht gedrängten Querreihen, während sie am dorsalen Abschnitte , auf die mediale Fläche des Wulstes übergreifend, fünf bis sieben und mehr unregel- mässige Reihen bilden. Die Zahl der Spürschläuche an jedem Wulste der proximalen Antennenhälfte mag an den grösseren Indi- viduen leicht acht bis zehn Dutzend betragen, und die Gesammt- zahl derselben an jeder Antenne wohl auf circa tausend sich belaufen. Auch in Grösse und Gestalt zeigen die Riechschläuche im männlichen Geschlechte Besonderheiten , welche die Function zu begünstigen scheinen. Am weiblichen Fühler sind dieselben ziem- lich geradgestreckte , cylindrische Schläuche , deren Basis durch die Stärke der Cuticularbekleidung hervortritt und sich als doppelt contourirter Stiel von dem zarten, blassen Schlauche abhebt (Taf. XIV, Fig. 2d). An der dem Gliede zugewendeten Seite zieht sich vom (85) 86 C. Claus: Stiel aus an der zarten Wand des Schlauches eine stärker cuticulari- sirte, glänzende Stützleiste wohl über die halbe Länge desselben hin. Im männlichen Geschlechte erreichen die Riechschläuche nicht nur eine beträchtlichere Länge , sondern gewinnen dadurch eine etwas complicirtere Gestalt, dass der stielformige Träger bauchig aufgetrieben und wie auf einem Sockel am Integumente des Fühler- gliedes eingefügt zu sein scheint (Fig. 2a,b, c). Auch reicht die glänzende Chitinleiste weiter aufwärts nach der geschlossenen Spitze des Schlauches, und der Stützapparat erscheint, dem bedeutenderen Umfange jenes entsprechend, kräftiger entwickelt. Der Inhalt des schlauchförmigen Cuticularanhanges ist eine blasse unter sehr starker Vergrösserung feinstreifige Substanz, die sich bei Behand- lung mit Boraxcarmin intensiv tingirt. Dieselbe tritt nicht etwa durch eine terminale Oeffnung des Schlauches nach aussen, da dieser an seinem etwas spitz zulaufenden Ende ursprünglich geschlossen ist. Allerdings kann dasselbe auch gerundet und offen oder secundär geschlossen und dann mit einem glänzenden Körperchen behaftet sein. Nach sorgfältiger Vergleichung einer grossen Zahl von Anhängen kann ich jedoch diese Fälle nicht für normal halten, sondern nur auf Verletzung der Endspitze mit nachfolgendem Verschluss zurück- führen und werde in dieser Deutung auch durch die Beobachtung bestärkt, dass die Anhänge nicht selten weiter abwärts zuweilen schon in halber Länge abgebrochen sind und dann am verletzten Ende eine viel grössere glänzende Vernarbungsstelle aufweisen. Ich finde somit meine frühere an zahlreichen anderen Crustaceen gewonnenen Befunde, durch welche ich wiederholt veranlasst wurde, der von Leydig ausgesprochenen und von anderen Autoren adoptirten Ansicht von dem normalen Vorhandensein einer terminalen Oeffnung an den Riechzapfen der Crustaceen ent- gegenzutreten , durch die an Nebalia gemachten Beobachtungen bestätigt. Wenn schon aus dem optischen und chemischen Verhalten der zartstreifigen zähflüssigen Substanz , welche den Inhalt der Riechschläuche ausmacht, auf die nervöse Natur jener geschlossen werden kann, so spricht für dieselbe auch die Verbindung der- selben mit Nervenfasern , welche sich von den ansehnlichen An- tennennerven abzweigen und unter Einschaltung von Ganglien- zellen zur Basis der Anhänge hinziehen. Die zu denselben gehö- rigen Ganglienzellen liegen in grosser Zahl dicht zusammengedrängt unterhalb des Riechfeldes und bilden die Füllung der wulstig vor- springenden Erhebungen der Antennenglieder. (86) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 87 Auf Zusatz verdünnter Osmiumsäure bräunt sich, der Inhalt des Riechschlauches und erstarrt zu varicös fibrillären Streifen, deren nervöse Natur nicht bezweifelt werden kann. Eine interessante und bedeutungsvolle Reaction, die zuerst Kowalevsky für die Sinnesanhänge an den Antennen der Phyllo- poden angewendet hat, wird durch Fütterung der Thiere mit Lack- mus und Carmin eingeleitet. Schon wenige Stunden, nachdem man Lackmusstückchen dem Seewasser zugesetzt hat, erscheint der Inhalt der Schläuche besonders an der Basis derselben blau tingirt, während in den unterliegenden, zu jenen hin verlaufenden Nervenfasern roth gefärbte Körnchen auftreten. Setzt man eine Spur Essigsäure zu, so geht die blaue Färbung in die rothe über, und umgekehrt wird bei Zusatz von Ammoniak die rothe der Körnchen in blaue übergeführt. Nach Carminfütterung lagern sich in den Ausstrah- lungen der Antennennerven unterhalb der Sinnesfäden rothe Körnchen in grosser Menge ab. Auch die Antennen des zweiten Paares, deren Verlängerung in Folge vermehrter Gliederzahl im männlichen Geschlechte bereits beschrieben wurde , erscheinen am geschlechtsreifen Männchen als Träger ähnlicher blasser Schläuche, welche der gleichen Func- tion, beziehungsweise einer specifischen, nicht zu ermittelnden Variation derselben dienen dürften. Jedes Glied der aus circa 80 Gliedern bestehenden Antenne trägt am oberen Ende nahe dem terminalen Rande einen blassen Cuticularschlauch , neben welchem drei kurze Borsten, nämlich eine aufwärts gestellte (B) und zwei recht- winkelig abstehende (B'j Borsten entspringen (Taf. II, Fig. 9 a, b, ferner Taf. XIV, Fig. 3). Auch hier hebt sich ein scharf con- tourirter stark lichtbrechender Stiel von dem blassen , an seinem zugespitzten Ende geschlossenen Schlauch scharf ab, und wird der Inhalt von einer zähflüssigen, mit einzelnen Kügelchen behafteten Substanz gebildet. Die Form des Schlauches weicht insofern von der beschriebenen, der den vordem Fühlern ansitzenden Spürschläuche ab, als derselbe bei seitlicher Betrachtung einem Messer gleicht, dessen Griff dem Stiele entspricht (Fig. 3). Die eigenthümlich gezackte Chitinleiste verläuft in gleicher Weise an der dem Gliedrande (R) zugewendeten schwach convex gekrümmten Seite des zart- wandigen Schlauches. Nur an den schmäleren und länger gestreckten Schläuchen, welche den stark verjüngten langen Endgliedern an- gehören , ist derselbe geradlinig und liegt dem Rande des Gliedes an. Von dem in die Antenne eintretenden längs der Arterie ver- laufenden Nervenstamm sieht man, am deutlichsten in den kurzen (87) 88 C. Claus: Gliedern der Basis, Nervenzweige abgehen und in einiger Ent- fernung von den einzelnen Cuticularschläuchen zu oval gestreckten Ganglienzellen anschwellen. Die nahe functionelle Beziehung dieser blassen Anhänge zu den Riechschläuchen der ersten Antenne dürfte aus der gleichen Reaction nach Fütterung mit Lackmus wahrscheinlich sein. Das Auftreten blassrandiger Sinnesanhänge am zweiten Antennenpaare erscheint als ein verhältnissmässig seltenes und exceptionelles. Unter den Entomostraken ist mir kein sicherer Fall bekannt, während unter den Malacostraken die auch durch viele andere Besonderheiten ausgezeichneten Cumaceen die gleiche Eigenschaft der männlichen Antennen aufzuweisen haben. Auf diesen den Leptostraken und Cumaceen gemeinsamen Charakter habe ich schon in früheren Arbeiten über Nebalia die Aufmerk- keit gelenkt. Darmcanal und Anhangsdrüsen. Der im Bogen aufsteigende Munddarm beginnt, wie bei allen Malacostraken, mit einer die Kaufortsätze (Processus molares) der Mandibeln aufnehmenden Atrialhöhle, deren Eingang von der gewölbten Oberlippe und zweilappigen Unterlippe begrenzt wird (Taf. V, Fig. 15 Atr.). Die Oberlippe (Ol) hat im Allgemeinen die Form eines sechsseitig gerundeten, convex gewölbten Schildes, dessen Vorderseite mittelst zapfenformiger Chitinverdickung im medianen Integumentfelde des Antennensegmentes gestützt wird (Fig. 12). Der freie Lippenrand am Eingang der Atrialhöhle er- scheint median ein wenig eingebuchtet und mit kleinen Chitin- zähnchen bewaffnet. Der unbedeutenden Einbuchtung des Zahnrandes entspricht aber eine rinnenförmige Aushöhlung am medianen Theil der Aussenfläche. Im Boden dieser Aushöhlung, welche rechts und links von feinen Haarborsten überdeckt wird, bemerkt man eine mediane den Lippenrand stützende Längsplatte und zu deren Seiten parallele Reihen querer Chitinleistchen , durch welche jederseits in nischenförmiger Vertiefung zwei ovale quersculpturirte Felder begrenzt werden (Fig. 12). Die vordere Partie der gewölbten Oberlippe, von dem frei vorstehenden Lippentheil rechts und links durch einen queren, etwas bogenförmig gekrümmten Chitinstab abgegrenzt, wird nur von einem spärlichen Besätze äusserst zarter Härchen bekleidet und erscheint bei schwächeren Vergrösserungen glatt. Dagegen trägt dieselbe an ihrer oralen Unterfläche, welche die Decke der (88) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 89 Atrialhöhle bildet , auf einem medianen , durch jene Chitinstäbe gestützten Längswulste zwei nach der Tiefe ziehende Reihen rück- wärts gerichteter Spitzen (Fig. 13 AW) , zu welcher zwei in etwas weiterem Abstände gestellte Härchengruppen (HW) an der Unterfläche des distalen Lippentheiles hinleiten. Man kann diese mit Cuticulargebilden besetzten Vorsprünge wohl als Epipharynx (Fig. 15 Ep.) unterscheiden. An der Unterlippe (Fig. 12, 13 Ul) erheben sich zwei mit feinen Haaren dicht besetzte Lappen auf dem Zwischenfelde der vorderen Kieferregion, die Paragnathen (Pgn). Dasselbe wird durch einen medianen Chitinstab in zwei Seitenfelder getrennt, welche nach dem Zwischenfelde der hinteren Kiefergegend in ovaler Ab- randung rahmenartig abschliessen (Ul) und medial einen dichten Besatz feiner oralwärts gerichteter Härchen tragen. Dagegen trägt das Zwischenfeld, welches dem Segmente des zweiten Kieferpaares angehört, bereits ganz den Charakter der nachfolgenden Inter- pedalfelder, auf denen sich als einzige Differenzirung eine mediane, mit Härchen besetzte Längsfirste erhebt (Fig. 12 Kfw). In der Tiefe der Atrialhöhle verlaufen von dem Zwischenfelde aus zwei oralwärts convergirende , mit Härchen besetzte Erhebungen, welche in der Verlängerung des Chitinstabes zusammentreffen und sich auf dem verengten medianen Wulste in Form stärkerer zahnähnlicher Spitzen unterhalb des Epipharynx fortsetzen. Man wird diese Differenzirung im Boden der Atrialhöhle, entsprechend den homologen Bildungen der Malacostraken , als Hypopharynx bezeichnen können (Fig. 14, 15 Hp.). Ueberaus kurz bleibt der senkrecht aufsteigende Oesophagus (Taf. V, Fig. 15 Oes.), dessen Wandung seitlich, sowie ventral und dorsal mittelst mehrerer am hitegumente entspringender Muskel- paare an jenem befestigt ist. Dieselben wirken als Dilatatoren den mächtigen Ringmuskeln entgegen (Taf. XI, Fig. 6 und 7 RM), welche die chitinige Innenhaut des Oesophagus umkleiden. Die als continuirliche Fortsetzung des atrialen Integumentes entstandene Auskleidung des Schlundes ist eine ziemlich derbe Cuticula, an welcher sich längs der Seitenwände Reihen kleiner Höckerchen erheben. An der Dorsalwand erzeugt die stark entwickelte Matrix der Intima unmittelbar vor dem Uebergang in den Kaumagen einen zapfen- förmigen, mit Härchen und Spitzen besetzten Vorsprung (Taf. V, Fig. 15 DZ), dessen schräg nach hinten gerichtete Spitze bis in den Kaumagen hineinragt (Taf. XI, Fig. 2, 3, 5 DZ). (89) 90 C. Claus: Der als Kaumagen zu bezeichnende Abschnitt des Mund- darmes ist von dem fast senkrecht aufsteigenden Oesophagus winklig abgesetzt und fällt in die Längsachse des Thieres. Im Verhältniss zu diesem nur wenig erweitert, erscheint derselbe merklich höher als breit (Taf. XI, Fig. 8, 9) und durch die Bewaffnung mehrerer in das Lumen vorspringenden Chitinbildungen, sowie durch die be- deutend complicirtere Gestaltung der Musculatur verschieden. An der Rückenseite mittelst zweier Paare schräg absteigender Muskeln (Taf. XI, Fig. 6, 8, 9, Taf. XIII, Fig. 3 MMs' MMs") am Integumente befestigt, wird der Magen auch seitlich und ventral wärts durch paarige Muskeln suspendirt, welche als Dilatatoren den ringförmig ange- ordneten Muskelbändern der Wandung entgegenwirken (Taf. XI, Fig. 8, 9). Die Matricalzellen der Chitinhaut sind besonders an den in das Innere vorspringenden Falten und Erhebungen mächtig entwickelt. An der Dorsalwand unterscheidet man zwei lange walzenförmig gestreckte Chitinwülste (CK) , deren Oberfläche durch dichtgestellte cuticulare Querleistchen eine transversale Streifung gewinnt, durch Querleistchen, welche sich lateralwärts über die rechte und linke Ausbuchtung der Innenfläche auf die cuticularen Seitenwände, an der sie überaus zarte Streifen bilden, fortsetzen (Taf. XI, Fig. 1 bis Fig. 3). Die walzenförmigen Chitinerhebungen, welche ich als Car- diacalkiefer (CK) bezeichnen werde, weil dieselben ihrer Lage nach den Cardiacalkiefern der Malacostraken entsprechen, beginnen am Eingange des Magens in breitem Abstände und convergiren von vorn nach hinten in spitzem Winkel bis zum Zusammentreffen (Taf. XI, Fig. 3). Zwischen beiden durch feine Chitinleisten quer gerieften Walzen erhebt sich an der Decke des Magens ein unpaarer Längswulst, welcher nach hinten in eine scharfe mediane Leiste ausläuft (Taf. XI, Fig. 2 mF). Dazu kommt noch an der rechten Seite des Magens eine wenig vorspringende aber mit langen Borsten besetzte Leiste (Taf. XI, Fig. 2, 3, Bl), welcher wohl ebensowie wie dem dorsalen Zapfen am Ende der Speiseröhre die Bedeutung zu- kommt, die in den Kaumagen eingetretenen Nahrungsstoffe während der Action der Magenmusculatur nicht wieder in den Oesophagus zurücktreten zu lassen. Die Seiten wände dieses vorderen als car- diacalen zu unterscheidenden Magenabschnittes springen als hohe Wülste in das Lumen vor (Taf. XI, Fig. 8, 9), so dass der Raum unterhalb der walzenförmigen Chitin vorsprünge verengert wird und einer Längsspalte gleicht , die sich über der ventralen Wand wieder zu einer breiten Querspalte erweitert. Auch die <90) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 91 ventrale Wand wird von einer stark chitinisirten Intima bekleidet, welche im optischen Längsschnitt bei seitlicher Betrachtung des lebenden Thieres als schwach concav ausgebuchtete Contour hervor- tritt. Der Magen erscheint bedeutend nach vorn gezogen und hat seine Lage über und hinter der Mandibel (Taf. VII, Fig. 8', Taf. XIII, Fig. 3), so dass die cardiacale Portion und der nach vorn aufsteigende Oesophagus weit in das Antennensegment hinaufreichen. Am dorsalen Integumente durch die erwähnten Muskelpaare be- festigt (Taf. XI, Fig. 6 MM 5', Fig. 9 MM 5", Taf. XIII, Fig. 3), hebt sich die Rückenwand bei der Erweiterung des Magenraumes unter schwacher Krümmung, vornehmlich in ihrer vorderen Partie, während gleichzeitig die ventrale Wand besonders stark an dem sich ebenfalls erweiternden Schlundende herabgezogen wird. Im nächsten Moment kehrt die Rücken wand in ihre Ruhelage zurück, und die ventrale Wand klappt aufwärts zuerst etwas nach vorn bewegt , dann aber sehr rasch mit ihrem hinteren, zapfenförmig in den Pylorusabschnitt vorspringenden Ende ein wenig nach hinten emporgezogen. Während der ersteren Bewegung, durch welche bei seitlicher Ansicht des lebenden Thieres der cardiacale Magentheil sich glockenförmig zu öffnen scheint, dürften die seitlichen Chitin- bekleidnngen der Magenwand einander genähert und das zwischen denselben befindliche Lumen verengert werden. Der zu triturirende Inhalt würde alsdann vornehmlich in den oberen dorsalen Magen- raum getrieben werden, in welchem der Medianwulst, die Cardiacal- walzen und die gerieften Seitenwände einer Reibe vergleichbar auf die Nahrungstheile wirkten. Als Dilatatoren der Seitenwand dürften die quer in derselben ausgespannten Muskelfasern fungiren, welche theilweise der langen Sehne des vorderen vom Rücken- integument herabziehenden Mandibelmuskels (Md Ma) entspringen. Der hintere Theil des Kaumagens, welchen man passend als pyloricalen Abschnitt bezeichnen kann, ist von dem cardiacalen durch eine schwache Einschnürung seiner Wand abgesetzt und durch den Besitz einer langen, rinnenförmig gebogenen Chitin- lamelle, sowie zweier seitlicher mit Borsten besetzter Blätter aus- gezeichnet. Die erstere gehört der Rückenwand an und beginnt als Einfaltung der cuticularen Decke an der Grenze des cardia- calen Magenabschnittes. Diese Einfaltung besitzt die Form eines sehr langen rinnenförmig nach der Bauchseite geöffneten Trichters, dessen seitliche Ränder mit schräg von aussen nach innen und hinten gerichteten Härchenborsten bekleidet sind (Taf. XI. Fig. 5, 10, 11 Tr.). Nach hinten verlängert sich der Trichter weit über (91) 92 C. Claus : die Magengrenze hinaus und erstreckt sich im Lumen des Mittel- darmes bis in die hintere Brustgegend. Von den seitlichen auf das Magenlumen beschränkten Lamellen bleibt das ventrale Paar kurz und erscheint blos am freien Rande mit Borsten besetzt (Fig. 5 Bp). Das zweite Paar (PBw), welches oberhalb des ersten entspringt und den grössten Theil der Seitenwand einnimmt . ist weit um- fangreicher und an seiner Oberfläche mit kurzen Borsten übersäet. Dasselbe erscheint minder abgeflacht, zipfelförmig verjüngt und erstreckt sich über die Einmündung der Leberschläuche in den Dünndarm hinein (Taf. V, Fig. 15). Die Bedeutung dieser pyloricalen Differenzirungen gegenüber denen des vorderen cardiacalen Abschnittes ergibt sich aus dem Befunde des Mageninhaltes, welcher sowohl zwischen den paarigen Vorsprüngen der Magenwand, als besonders in der röhrenförmig gebogenen dorsalen Chitinlamelle zurückgehalten wird, offenbar um der Einwirkung des zufliessenden Secretes der Mitteldarmdrüse vor dem Uebertritt in den Dünndarm entsprechend lange Zeit ausgesetzt sein zu können. Wir finden somit vor dem Dünndarm einen mächtig ent- wickelten Vormagen, und dasselbe trifft, wie ich leicht constatiren konnte, auch für Paran ebalia zu, deren vorderer cardiacaler und hinterer pyloricaler Magenabschnitt ähnliche Differenzirungen zeigt. Der rinnenförmige, mit Speisetheilen erfüllte, weit in den Dünn- darm hineinragende Trichter (Taf. V, Fig. 15, Taf. XI. Fig. 5 Tr) findet sich in einzelnen Malacostrakengruppen, wie z. B. bei den Gramm a- riden, in ähnlicher Weise wieder, und auch die paarigen Platten und Faltungen der Seitenwand treten entsprechend modificirt als Grenzfalten pyloricaler Taschen im Magen der Malacostraken auf. Indessen erscheint der Magen von Nebalia im Ganzen doch ein- facher gebaut; man vermisst insbesondere die nach vorne conver- girenden quergestreiften Chitinfaltungen an der Ventralwand des pyloricalen Abschnittes, sowie in Fortsetzung derselben die zungen- förmige Klappe, welche sowohl bei Apseudes und den Isopo- den. als bei den Gammariden vorhanden sind, bei den Hype- riden jedoch wiederum fehlen. Weder bei den Copepoden und Phyllopoden, noch in einer anderen Entomostrakenordnung findet sich am Vorderdarm, soweit meine Kenntniss reicht, eine dem Kaumagen der Nebaliden entsprechende Bildung. Die erste Andeutung einer solchen könnte vielleicht in dem wulstförmig vortretenden Schlundende der Phyllo- poden erkannt werden, welches bei Branch ipu s zweiklappig und (92) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 93 am Rande mit kleinen cuticularen Papillen bewaffnet, in den Mitteldarm hineinragt. Bereits in einer früheren Arbeit *) habe ich die Ansicht ausgesprochen, dass auf diesen kurzen trichterartig vorspringenden Abschnitt der niederen Crustaceen die complicirten Bildungen des Malacostraken-Kauraagens, welche in den Mitteldarm hineinragen, zurückzuführen sind. Indessen handelt es sich höchstens um die ersten Anfangsstufen von Differenzirungen , welche in der pylori- calen Region des Vormagens auftreten, nicht aber wie bei Nebalia um einen complicirt gestalteten, als Kaumagen gegliederten und bereits mit den wesentlichsten Differenzirungen des Malacostraken- darmes versehenen Schlundabschnitt. Auch die Wandung des pyloricalen Magens ist überaus muskulös, und man vermag leicht am lebenden Thiere den rhyth- mischen Bewegungen der Cardiacalportion parallel schreitende Con- tractionen der ventralen Wand zu beobachten. Dagegen fehlen hier Muskeln, welche vom Integumente aus an die Magenwandung treten und diese zu fixiren, beziehungsweise dem Integumente zu nähern vermögen. An der Ventralwand dieses Magenabschnittes erheben sich unmittelbar seitlich vor der weiten Einmündung der Leberschläuche zwei kurze nach vorne gerichtete Drüsensäckchen (Taf. V, Fig. 15 DrS, Taf. IX, Fig. 4, Taf. XI, Fig. 10), über deren specielle Func- tion ich keinen Aufschluss zu geben vermag. Wahrscheinlich sind es dieselben Gebilde, welche an der gleichen Oertlichkeit, wenn auch median zu einem unpaaren Drüsenanhang vereint , am Magen der Grammariden beschrieben worden sind. In Form und Grösse gleichen dieselben den bekannten Leberhörnchen der Daphniden, nur dass sie an der Ventralseite liegen und in der Beschaffenheit ihres Epithels und des engen bis auf einen schmalen Spaltraum ge- schlossenen Lumens abweichen. Einen weit bedeutenderen Umfang erreichen die mit Körnchen- haufen, Fettkugeln und grünlichgelber Flüssigkeit erfüllten Leber- schläuche, welche an der ventralen Hälfte der hinteren Magenregion mit gemeinsamer median eingebuchteter Oeffnung einmünden. Es sind drei Paare langer, bis in die letzten Segmente des Abdomens reichender Schläuche, welche zugleich mit dem median verlaufen- den Darm in die bereits beschriebene perienterische Bindegewebs- masse fest eingebettet sind und ihrer Lage nach als obere, seit- *) Vergl. C. Claus, Untersuchungen über die Organisation und Entwick- lung von Branchipus und Artemia. Arbeiten des zoolog. Institutes. Wien 1886. Tom. VII, pag. 63. (93) 94 C. CM aus: liehe und untere (ventrale) Leberschläuche unterschieden werden können. Dieselben treten jederseits zur Bildung eines kurzen, weiten Sinus zusammen , welcher mit dem der anderen Seite an dem hinteren Abschnitt des Pylorusmagens vereinigt, die ven- trale und seitliche Wand desselben bildet (Taf. XI, Fig. 11, Taf. XIII , Fig. 3 Loe). Vor diesem Sinus erheben sich, und zwar an der Dorsalwand desselben Magenabschnittes , zwei wei- tere Schläuche , die vorderen Leberschläuche. Dieselben sind zwar kürzer aber von bedeutender Stärke und erstrecken sich dorsal- wärts zu den Seiten des Kaumagens weit nach vorne über die hintere Hälfte des Gehirns bis in den Vorderkopf (Taf. I, Fig. 1 und 2 OL; Taf. VI, Fig. 10 L ; Taf. VIII, Fig. 5 VL; Taf. XIII, Fig. 1, 3, 4 VL). In ihrem feineren Bau wiederholen die Leberschläuche im Wesent- lichen die bekannten Structurverhältnisse der Isopoden- und Am- phipodenleber. Die äussere Bekleidung wird von Ringmuskelzellen gebildet, welche in weitem Abstände reifartig die Wandung um- gürten und wie bei Asellus durch zarte longitudinale Ausläufer untereinander in Zusammenhang bleiben. Dieselben veranlassen Einschnürungen, zwischen denen sich die muskelfreien Partien als Auftreibungen vorwölben (Taf. XV, Fig. 5), welche wiederum von unregelmässigen longitudinalen Furchen durchzogen werden. Die letzteren erweisen sich als Ausdruck der longitudinalen Muskel- fortsätze, welche auf der Membran des Schlauches ein zartes, oberflächliches Netzwerk bilden (Fig. 6). Die Epithelzellen, welche an der Innenseite der Membrana propria aufsitzen, springen in das Lumen mit convexer Wölbung vor und zeigen an dieser einen dicken glänzenden Grrenzsaum, der sich am frischen Objecte wie eine doppelt conturirte Intima wellenförmig über die Epithelbe- kleidung hinzieht. Je nach dem Ernährungszustande enthalten die Zellen (Fig. 7) grössere oder kleinere Fettkugela, beziehungsweise Haufen concre- mentähnlicher Körnchen, welche sich jedoch Reagentien gegenüber im Wesentlichen wie jene verhalten und daher nicht der feinkörnigen Masse entsprechen können, welche in den Fermentzellen der Deca- podenleber den Inhalt der sogenannten Secretionsblasen bilden. Nach solchen Bestandtheilen habe ich in den Leberzellen von Nebalia vergebens gesucht und muss daher der grünlichgelben Flüssigkeit, welche zugleich mit den grösseren und kleineren Fett- kugeln das Secret der Drüsenzellen bildet, die Function der Eiweiss- verdauung zuschreiben. (94) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 95 Diese besonders in den vorderen und mittleren Partien der Leberschläuche reichlich abgesonderte Flüssigkeit tritt, durch die Ringmuskeln nach vorne bewegt , in den Pylorusmagen ein und vermischt sich mit den in demselben befindlichen Nahrungstheilenr denen es auch in der langen trichterförmigen Röhre im Darme beigemengt bleibt. Daher erfolgt jedenfalls schon in dem hinteren Abschnitte des Munddarmes die Verdauung, wenn sie auch erst im Verlaufe des Mitteldarmes ihren Abschluss findet. Der hintere Abschnitt der langen Leberschläuche scheint noch nicht zur Ab- sonderung verwendet zu werden, sondern die dem Wachsthum des Leibes entsprechende G-rössenzunahme zu unterhalten. Die Zellen sind hier klein und cylindrisch , so dass sie ein nur sehr enges Lumen freilassen, auch enthält das spärliche Protoplasma derselben weder Fettkugeln, noch flüssige Secrete (Taf. XII, Fig. 6 — 10). Sehr hoch sind die Cylinderzellen , welche die Epithelbe- kleidung der vorderen Leberschläuche bilden , deren Lumen auf einen ganz schmalen hohen Spaltraum beschränkt ist und sich erst nahe der Mündung in den Pylorusmagen erweitert. Auch enthalten dieselben weder Fettkugeln , noch das für die Leber charakteristische grünliche Secret und werden demgemäss eine von dieser abweichende Function haben, zu deren Eruirung mir leider die erforderlichen Anhaltspunkte fehlten. Mit der modi- ficirten Function derselben mag vielleicht auch im Zusammenhang stehen, dass sie nicht wie die 6 hinteren Schläuche in den peri- enterischen Fettkörper eingebettet liegen, sondern von einer zarten kleinzelligen Serosa umhüllt, direct vom Blute umspült werden. Das Secret der Leberschläuche reagirt wie das Protoplasma der Leberzellen schwach sauer, wie aus dem Verhalten der mit Lackmus gefütterten Thiere hervorgeht. Während das Darmrohr derselben mit Lackmustheilen gefüllt ist, welche in eine ungefärbte an der Oberfläche membranähnlich erstarrte Schleimschicht einge- hüllt sind, erscheint das Epithel der Leberschläuche roth tingirt und nimmt auf Zusatz von Ammoniak alsbald die blaue Färbung an. Die Darmflüssigkeit, die auch in die Leberschläuche dringt, ist intensiv blau gefärbt. Es dürfte daher die Verdauung der Eiweissstoffe doch bei schwach saurer Beschaffenheit der Lösung erfolgen, während der Darmsaft alkalisch reagirt. Die Leberzellen trennen sich überaus leicht von der Wandung und nehmen im Lumen des Schlauches, in welchem man bei Prä- paration in Seewasser zahlreiche Ballen losgelöster Leberzellen findet, Kugelform an. Der protoplasmatische Inhalt derselben (95) 96 C Claus: dürfte zum guten Theil das verdauende Ferment liefern , ohne dass dieses in Form von Fermentkörperchen abgelagert würde. Der an den Magen sich anschliessende Mitteldarm erscheint als langes cylindrisches Rohr, welches in gerader Richtung, ohne Windungen zu bilden, die Mitte des Thorax ur.d Abdomens durch- setzt und erst an der hinteren Grenze des vorletzten Leibesseg- mentes in den Afterdarm übergeht. Die Wandung des Darmes wird von einer äusseren Ringmuskelschicht gebildet, deren breite Fasern in dichter Folge reifartig die Tunica propria umgürten. Einge- bettet in die Achse des perienterischen Fettkörpers wird der Darm ebenso wie die Leberschläuche noch von einer kleinzelligen Serosa umhüllt, deren Vorhandensein darauf hinweist, dass die Fettkörper- umlagerung keine ursprüngliche, sondern erst durch Vereinigung der im Leibesraume zwischen Leberschläuchen und Darm ausgebrei- teten fetthaltigen Bindegewebszellen entstanden ist. Die Darmzellen verhalten sich in den einzelnen Individuen nach Alter und Ernäh- rungszustand sehr verschieden. Bei normaler Entwickelung sind sie massig hoch, cubisch bis cylindrisch, und an der dem Lumen zugewandten Seite mit einem deutlichen Grenzsaum versehen. Sehr häufig aber ist ihre Höhe reducirt und sie erscheinen abge- flacht, im höchsten Grade am Darme trächtiger Weibchen und solcher Männchen, deren perienterischer Fettkörper verbraucht und rückgebildet ist. Im vierten Abdominalsegmente beginnt an der Dorsalseite des Darmrohres eine von hohen Cylinderzellen be- kleidete faltenartige Erhebung, welche nach hinten zu allmälig an Umfang zunimmt und sich über die ganze Länge des Darmes bis zur hinteren Grenze des vorletzten Segmentes fortsetzt, um sich hier oberhalb des beginnenden Afterdarmes als selbständiger Schlauch abzuheben und in einen weiten das letzte Abdominalseg- ment durchsetzenden Blindsack fortzusetzen (Taf. XV, Fig. 8 B1DA Derselbe endet mit zwei seitlichen und abgerundeten Vorstülpungen x) (Taf. XII, Fig. 10). Dieser kurze dorsale Blindsack ist mit sehr hohen Cylinderzellen ausgekleidet und setzt sich an der Grenze des Mitteldarmes und Afterdarmes als hohe, fast cylin- *) Nur das Ende des Blinddarms, bis zu welchem sich die mittleren Leber- schläuche erstrecken, ist paarig, nicht aber der gesammte Anhang, wie ich früher (Crustaceensystem 1. c, pag. 28) irrthümlich angab. Die einfache Präparation mit der Nadel reicht hier nicht aus, um das Richtige zu erkennen und eine Verwechslung mit den hinteren Enden der mittleren Leberschläuche zu vermeiden. Erst die Methode der Querschnitte, deren ich mich bei der früheren Untersuchung von Nebalia noch nicht bediente, führt zur sicheren Bestimmung. (96) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 97 drisch geschlossene, nach vorne allmälig sich reducirende Rinne fast über die halbe Länge des Mitteldarmes fort. Es handelt sich um einen unpaaren Drüsenanhang, welcher sein Secret durch die mediane langgestreckte Spalte der Rinne in das scharf abgesetzte weite Lumen des Darmes einfliessen lässt. Die Beschaffenheit dieses ^ecretes ist offenbar eine flüssige; wahrscheinlich unterstützt das- selbe die Verdauung, jedenfalls hat dasselbe mit Harnausscheidungen, für welche andere Drüsen vorhanden sind , nichts zu thun. Das hohe Cylinderepithel, das mit der Epithelauskleidung der vorderen Leberschläuche (Kopfleber) grosse Aehnlichkeit besitzt , ist sicher aus demselben Blatte entstanden, als das Epithel des Mitteldarms, also wohl aus dem Entoderm. Mit dem scharfabgesetzten Afterdarm, dessen Zellenbekleidung eine ectodermale ist , steht dasselbe in keinem Zusammenhang. Der Enddarm bleibt kurz und auf da3 Endsegment des Ab- domens beschränkt, an dessen Integument derselbe durch seitliche, dorsale und ventrale Dilatatoren suspendirt ist. Von queren Muskel- binden umgürtet, welche am lebenden Thiere lebhafte peristaltische Bewegungen der Darmwand veranlassen, trägt die Tunica propria ein ziemlich hohes ectodermales Epithel nebst derber cuticularer Intima, von deren Abstreifung man sich bei jeder Häutung über- zeugen kann. Die Afteröffnung liegt im Gegensatz zu den Phyllo- poden und Copepoden an der Ventralseite des Endsegmentes, ein ebenso wichtiger als unzweideutiger Malacostrakencharakter. Vor dem Uebergang in dieselbe gewinnen die seitlichen Wandungen des Enddarmes eine derbere Beschaffenheit und enden mit zwei klappenähnlichen Fortsätzen, welche während der Dilatation der Darmwandung auseinander weichen (Taf. XV, Fig. 9 A k). Dazu kommen noch als Schutzeinrichtungen des Afters zwei grosse ven- trale Analplatten (Ap), deren stachelförmige Ausläufer weit über die Afterspalte hervorstehen. Excretionsorgane. Als solche kommen in erster Linie die beiden Drüsenpaare in Betracht, welche als „Antennendrüse" und „S chalendr üse" Harnproducte abscheiden. Beide Drüsenpaare finden sich jedoch in reducirter Form , die dem zweiten Maxillarsegmente zugehörige Schalendrüse sogar in dem Grade rückgebildet, dass sich dieselbe bisher der Beobachtung entzogen hat und nur bei sehr sorg- fältiger Untersuchung , sowie auf Querschnitten mit Sicherheit nachgewiesen wird. Claus. Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VlH, Heft 1. 7 (97) 98 C. Claus: Die Antennendrüse erkennt man ohne Schwierigkeit bei seitlicher Betrachtung des lebenden Thieres, in welchem sie als lang- gestreckter Schlauch durch das Integument der Gliedmassen und der aufliegenden Scbalenplatte hindurchschimmert. (Taf. I, Fig. 1 und 2, Taf. XIII, Fig. 4 A Dr.) Der Drüsenschlauch durchsetzt fast die ganze Länge des Basalgliedes und hat an dessen lateraler Seite oberhalb zweier Längsmuskeln seine Lage. Schwieriger und nur an recht durchsichtigen Objecten mit hellem Inhalt des Drüsenlumens gewahrt man bei tieferer Einstellung einen zweiten, minder breiten Schenkel derselben, welcher nahe dem distalen Ende des Gliedes beginnt und als cylindrischer Gang das Drüsensecret ausführt. Eine OefFnung desselben vermochte ich nicht deutlich nachzu- weisen , möchte dieselbe aber am Grunde des Basalgliedes ver- muthen, da der Sack am distalen Ende des Gliedes in den Gang umbiegt und eine Ausmündung des letztern nach aussen schon durch die wechselnde Beschaffenheit des Inhalts wahrscheinlich wird. Die Zellen, welche die Wandung des Schlauches auskleiden , springen in das Lumen desselben mit stärkerer oder schwächerer Wölbung vor und verhalten sich wie der zellige Drüsenbelag des Säckchens der von anderen Crustaceen näher bekannt gewordenen Antennen- drüse. Meist enthalten dieselben verschieden grosse, gelbliche oder braune Körnchen, aber auch Fettkugeln, welche besonders an fett- erfüllten Weibchen vor dem Eintritt der Eier in dem Brutraum angetroffen werden. Dann ist meist auch die Füllung der Drüsen- zellen mit Körnchen so reich, dass der Drüsenschlauch eine gelb- braune Färbung erhalt und das Lumen unsichtbar wird. Die Aussenfläche der Wand erscheint durch Connectivfasern , die sich am Integumente befestigen, in einer weiten Blutlacune suspendirt, in welcher man am lebenden Objecte einen recht lebhaften Blut- strom beobachtet. Eine genauere Vorstellung von der besonderen Gestalt der Drüse erhält man mittelst querer und verticaler Schnitte (Taf. XIV, Fig. 6, 8), welche zeigen, dass der Drüsen- schlauch vornehmlich in transversaler Richtung verbreitert ist, während der an der Innenseite desselben gelegene enge Gang eine unregelmässige cylindrische Form besitzt. An transversalen Schnitten (Fig. 7) weist man die Umbiegung des Schlauches in den Gang nach. Der letztere (Drg) zeigt ein nur wenig ent- wickeltes Epithel, enthält aber in einzelnen Individuen ein gelb- liches, in Folge der Behandlung mit Alkohol , Chloroform (behufs Anfertigung der Trockenschnitte) geronnenes Excret (Excr), welches offenbar von der Zellenwand des in gleicher Weise gefüllten (98) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 99 Drüsenschlauehes abgeschieden ist. Ich war daher schon auf Grund dieser Befunde der Meinung zugethan, der Drlisenschlauch möchte dem terminalen Säckchen der Antennendrüse , der Canal aber lediglich dem indifferenten ausführenden Endstück ent- sprechen, während der gewundene beiAmphipoden, Schizo- poden und Decapoden so mächtig entwickelte Schleifencanal in unserem Falle nicht vertreten sei. Die Anwendung der Re- actionen, welche nach den Mittheilungen1) Kowalevsky's einer- seits für den Drüsensaok, andererseits für den Schleifengang der Antennendrüse höchst charakteristisch sind, hat in der That jene Deutung bestätigt und erhärtet. Nebalien , welche mit Carmin gefüttert wurden und mit diesem ihren Magen und Darm füllten, enthielten einige Tage später im Drüsenschlauch Carminkörnchen abgesetzt, während bei Zusatz von Indigocarmin Drüsenschlauch und Endgang ungefärbt blieben. Am bestimmtesten gelingt der Nachweis der Carminablage in der Antennendrüse der Larven und jugendlicheren Individuen , deren Organisation bei der ausser- ordentlichen Pellucidität die Untersuchung des Objectes unter den stärksten Vergrösserungen gestattet. Weit mehr reducirt und deshalb schwieriger aufzufinden ist die am zweiten Maxillenpaare gelegene Schalendrüse, welche mir bei der ersten Untersuchung entgangen war und daher auch in der älteren Darstellung keine Erwähnung faud. Ich fand dieselbe zuerst auf schräg longitudinal geführten Querschnitten unterhalb des Schalenmuskels als ringförmig be- grenztes Organ , dessen Epithel und Lumen auf eine Drüse hinwies (Taf. XV, Fig. 1, SDr). Am lebenden Thiere wollte mir aber lange Zeit der Nachweis der kleinen Drüse nicht gelingen, bis ich durch Fütterung jugendlicher Thiere mit Carmin in Folge der Ablagerung von Carminkörnchen das Drüsensäckchen erkannte. Man sieht an solchen Thieren bei tiefer Einstellung ein schlauch- förmiges röthliches Drüsensäckchen am Kopfe des Schalenmuskels und noch von diesem bedeckt durch das Integument hindurch- schimmern und findet an günstigeren Larven sogar die Contouren von der Umgebung abgehoben. Das Drüsensäckchen, welchem kein weiterer Schleifencanal folgt, erstreckt sich mit kurzem halsartig *) Ich kann diese Angaben wenigstens für die Larven von Branchipus bestätigen. Futtert man dieselben mit Carmin, so treten einige Tage nachher im Endsäckchen sowohl der Antennendrüse als der Schalendrüse rothe Körnchen und Kugeln auf. Dagegen gelang es mir für die Schalendrüse von Moina und Diaptomus nicht, das gleiche Verhalten nachzuweisen. 7 * 09) 100 C. Clans: verengtem ausführenden Gang in die Basis der zweiten Maxille hinein (Fig. 2 SDr). Auch in den beiden ihrer Ausbildung nach meist im Wechselverhältniss stehenden Drüsenpaare spricht sich sonach ein unverkennbarer Gegensatz zu den Phyllopoden aus, welche die im Larvenleben vorhandene Antennen drüse früh rück- bilden, während die Schalendrüse im Schalenraume zu mächtiger Entwicklung gelangt, und insbesondere der Schleifencanal in viel- fachen, sehr regelmässig geordneten Windungen zusammengedrängt, eine ausserordentliche Länge erreicht. Dagegen macht sich wiederum die nahe Beziehung zu den Malacostraken geltend, bei denen die Schalendrüse, wenn überhaupt vorhanden, doch der Antennen- drüse gegenüber zurücktritt. Allerdings ist in jüngster Zeit auch in einzelnen Malacostrakengruppen , bei den Anisopoden und Isopoden, eine recht ansehnlich entwickelte Kieferdrüse1) mit reichen Windungen des Schleifencanals bekannt geworden, während hier die Antennendrüse auf ein ganz rudimentäres Säckchen reducirt erscheint, allein diesen Formengruppen steht der Organismus von Nebalia auch minder nahe als denen der Amphipoden und Schizopoden, bei denen die Schalendrüse, wenn sie überhaupt noch vorhanden ist, sehr reducirt sein muss, da sie tiotz eifrigen Nachsuchens bislang nicht aufgefunden wurde. Bei der bedeutenden Reduction beider Drüsenpaare ist es schon von vornherein höchst wahrscheinlich , dass zur Aus- scheidung stickstoffhaltiger Excretionsstoffe noch andere Drüsen- zellen vorhanden sein dürften, welche zum Ersatz der ausgefallenen Schleifengänge eine diesen entsprechende Function ausüben. Schon bei oberflächlicher Betrachtung des lebenden Thieres fallen an den 8 Brustsegmenten ebenso viele Paare gelblich- brauner Streifen auf (Taf. I, Fig. 1 — 3), welche den Basalgliedern der 8 Beinpaare zu- gehören und nahe dem nach hinten gewendeten Rückenrande der- selben liegen. Untersucht man an dem auf der Seite liegenden Thiere nach Entfernung der Schale und der aufliegenden Epipodial- lamellen (Taf. XV, Fig. 3) die Streifen sorgfältiger , so überzeugt man sich, dass dieselben dem äusseren Randwulste einer besonderen Zellenlage entsprechen, welche einen Blutraum des an dieser Stelle massig aufgetriebenen Schaftgliedes rinnenartig umlagert (Taf. XV, Fig. 4 a) und sich an der vom Beobachter abgewendeten medial- wärts liegenden Fläche desselben als ansehnliche, im ersten Bein paare besonders hervorragende Zellenplatte fortsetzt (Fig. 4 b). Der ') Yergl. C. Claus, Ueber Apseudes etc. II. 1. c. pag. 50 — 54. (ioo; Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 101 selben schliesst sich an der oberen Fläche dem hohen Randwulste gegenüber ein schmaler, mit Fettkügelchen erfüllter Streifen an, welcher die Begrenzung des ßlutsinus nach der Mitte des Gliedes hin vervollständigt. Wie man an lebenden Thieren leicht con- statiren kann, wird der Blutsinus von dem aus den Beinanbängen zurückkehrenden Blute durchströmt, von welchem offenbar an die denselben wie ein Drüsenepithel umlagernder Zellen Bestandteile abgegeben und als Concremente niedergeschlagen werden. Auch in der feineren Structur der Zellen, welche sich in einer Längs- streifung des Protoplasmas und einer entsprechenden, an dem hohen Epithel des Randwulstes besonders deutlich nachweisbaren Anreihung der Concrementkörnchen ausspricht, tritt der Charakter von Drüsenzellen unverkennbar hervor, wenn auch der Bau der Drüse darin eine wesentliche Umgestaltung, ja gerade Umkehrung erfahren hat, dass im centralen Lumen derselben an Stelle der Drüsensecrete , die Blutflüssigkeit die Drüse durchströmt, während die Secrete des Epithels in diesem angehäuft zurückbleiben. Dass es nun Uratablagerungen sind, und zwar von ähnlicher Beschaffenheit, wie sie sonst in dem Schleifencanale der Antennen und Schalendrüse abgelagert werden, ergibt sich aus dem ähnlichen Verhalten nach Fütterung mit Indigocarmin , indem sich schon kurze Zeit , nachdem dasselbe vom Darme aufgenommen, in das Blut resorbirt ist, die acht Drüsenpaare intensiv blau färben. Wahrscheinlich ist der geringe Gehalt dieser Zellen an wässerigen Theilen die Ursache, dass sich das Indigocarmin nicht wie in den Vacuolen analoger1) Excretionszellen in Form nadeiförmiger Krystalle niederschlägt, sondern die Concrementkörnchen blau tingirt, so dass die Drüsenzellen eine intensiv indigoblaue Farbe erhalten. Derartig gefärbte Beindrüsen erweisen sich nun auch zur Präparation und näheren Untersuchung höchst geeignet und lassen das oben dargestellte Verhältniss auf Querschnitten (Tafel XV, *) Es ist interessant zu beobachten, dass sich in den schon seit geraumer Zeit als Harnzellen gedeuteten concrementhaltigen Zellen im Mitteldarm der Cope- poden auch Indigocarmin ablagert Füttert man Diaptomus castor mit Indigo- carmin, indem man eine gelinge Menge dieser Substanz dem Was?er zusetzt, so kann man schon wenige Stunden später nadeiförmige Krj'stalle in den genannten Darmzellen nachweis n, und zwar erscheinen dieselben stets den Concremet ten ankrystallisirt , so dass man in üen grossen Vacuolen dieser Zellen Packe'e steck- nadelförmiger Stäbchen firnJet, deren Köpfe die schon früher vorhandenen Concrement- Körncheu darstellen. Säckchen und Schleifengang der Schalendrüse bleiben unver- ändert. (101) 102 C. Claus: Fig. 4c) ebenso leicht als sicher nachweisen. Insbesondere erscheinen auch die Zellen von einander schärfer abgegrenzt, ihre ansehnlichen Kerne treten in den einzelnen Zellen deutlich hervor, und die schon mittelst Osmium schön nachweisbare streifige Beschaffenheit bleibt nicht minder deutlich erkennbar. Man kann in dieser Weise behandelte Thiere auch nach der G i es brecht'schen Methode schneiden und die Schnitte nachträg- lich mit Boraxcarmin färben. Die hohen Drüsenzellen bewahren die blauen Körnchen unverändert und lassen die roth tingirten Kerne um so schärfer hervortreten. Es ergibt sich auch, dass diese Zöllen vergrösserte Hypodermiszellen sind, welche die Eigenschaft, Urate auszuscheiden, erworben haben, ohne ihre Fähigkeit, neue Cuticularabsondernngen zu bilden, eingebüsst zu haben (Fig. 4 c). Mit Carmin oder Lackmus gefütterte Thiere zeigen keine Ver- änderung in der Färbung der Beindrüsen ; dagegen hat die Er- nährung mit Alizarinblau zur Folge, dass dieselben in kurzer Zeit eine intensiv gelbe Tinction erhalten, während die Säckchen der Antennen- und Kieferdrüse keinen merklichen Farbenwechsel erfahren. Es bedarf nach dem dargestellten Verhalten keiner weiteren Ausführung, dass die 8 Paare von Beindrüsen, welche sich segment- weise wiederholen, mit Segmentalorganen, für die sie bei der ersten Betrachtung gehalten weiden könnten, nichts zu thun haben, auch nicht etwa aus dem mesodermalen Zellenmateriale, welches diesen Organen zur Anlage dient, aufgebaut sein können. Im Anschluss an die beschriebenen Excretionsorgane möchte ich noch hervorheben, dass im Endopoditen des zweiten Maxillen- paares in strangförmig sich anreihenden Fettzellen ganz regelmässig gelbe Körnchen in dichter Häufung auftreten, so dass diese bein- ähnliche Extremität schon durch die intensiv gelbe Färbung sogleich bemerkbar wird. Auf die in diesen Zellen angehäuften gelben Kügelchen übt die Fütterung mit Carmin, Indigocarmin und Alizarin- blau keine verändernde Einwirkung aus. Es bleibt noch eine Gruppe von einzelligen Hautdrüsen zu besprechen, welche in den Porenreihen der Furcalglieder nach aussen münden und fettartige Excretionsstoffe abzusondern scheinen. Be- trachtet man das Hinterleibsende eines lebenden Thierts von der Bauchseite, so findet man an der Aussenseite der Furcalglieder eine grosse Zahl schräg nach hinten gerichteter Schläuche, welche in grossen halbmondföimigen Porensralten medialwärts von den Seiten- stacheln ausmünden. Jeder flaschenförmige Sehlauch entspricht einer einzelligen Drüse , welche dicht mit mattglänzenden , den (102) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 103 Kern verdeckenden Kugeln erfüllt ist nnd mit verengtem , lang- gezogenem Halse zum Porus zieht (Taf. XV, Fig. 10). Die den Inhalt des Schlauches bildenden Kugeln fliessen oft zu grösseren Ballen zusammen und setzen sich dann scharf von einer hellen, mehr wässerigen Flüssigkeit ab, welche sich im Halse des Drüsen- schlauches ansammelt. Auf Zusatz von Osmiumsäure schwärzen sich dieselben alsbald intensiv, ähnlich wie Fettkugeln, von denen sie sich jedoch durch den matteren Glanz unterscheiden. In dem Furcalgliede des ausgewachsenen Thieres mögen, mit der Zahl der Poren übereinstimmend, wohl 60 bis 80 solcher Drüsen enthalten sein. Dieselben liegen im oberen Theile der Furca , ent- sprechend der grössern und auf zwei unregelmässigen Reihen ver- teilten Porenzahl dichter gehäuft ; schon in der Mitte des Gliedes sind sie auf eine Reihe beschränkt, die sich unter immer weiter ent- ferntem Abstände der Poren nahe bis zur Spitze des Gliedes erstreckt. Der Haut anliegend werden die Drüsenschläuche seitlich von dem ßlutstrom bespült, welcher in dem äussern Seitencanal aufwärts in das Abdomen zurückfliesst. Ueber die Bedeutung dieser in den Furcalgliedern angehäuften Hautdrüsen vermag ich keine sichere Meinung zu äussern. Wahr- scheinlich schaffen dieselben Excretionsstoffe bestimmter Quali- tät aus dem Körper , welche zugleich vielleicht im Zusammen- hang mit den kräftigen Stachelreihen, an deren Grunde die Poren liegen , zur Verteidigung und zum Schutze verwendet werden. Man wird an die in der Furca der Copepoden vereinzelt auftretenden Drüsenzellen, sowie an die mit hellen Kugeln gefüllten Hautdrüsen von Apseud es erinnert, ohne jedoch eine bestimmtere Parallele durchführen zu können. Am Larvenleibe, dessen Furca an jedem Gliede nur 4 bis 5 äussere Seitenstacheln trägt, findet sich nur ein einziger grosser Porus, und zwar medialwärts vom zweiten Stachel und demgemäss auch nur eine Drüse vor. Herz- und Gefässsystem. Kreislauf. Ein besonderes Interesse nimmt die Gestaltung des Herzens in Anspruch, welches zwar mit Rücksicht auf seine bedeutende Längenentwicklung dem Rückengefäss der Phyllopoden ähnlich sieht , indessen bei genauerer Untersuchung Besonderheiten auf- weist , welche den engeren Anschluss an das Malacostrakenherz über jeden Zweifel darthun. Vornehmlich verdienen in dieser Hin- sicht die Ungleichmässigkeiten in Grösse und Lage der Ostien (103) 104 C. Claus: Beachtung , welche sowohl an die Herzspalten der Isopoden als Mysideen erinnern. Wie ich schon in meiner älteren Darstellung hervorgehoben habe, erstreckt sich das Herz von der Maxillarregion durch den ganzen Mittelleib und die vordere Hälfte des Abdomens, um etwa in der Mitte des vierten der umfangreichen Abdominalsegmente, welche die grossen zweiästigen Ruderfüsse tragen, zu enden. Das grösste der Ostienpaare (Os m), welches dem grossen seitlichen Spaltenpaar von Mysis ähnlich ist, findet sich etwa in halber Länge des Herzens im drittletzten Brustsegmente. Der hintere Abschnitt des weiten Herzschlauches entbehrt der Spaltöffnungen gänzlich, (Taf. XIII, Fig. 2), während der des vorderen Abschnittes noch von sechs Paaren theils dorsaler, theils seitlich ventraler Ostien durchbrochen wird. Sehr kurz und eng sind drei dorsal wärts gerückte Spalten - paare (Osd', Osd", Osd'") , welche an der hinteren Grenze des zweiten, in der Mitte des vierten und des fünften Brustsegments liegen. Vor denselben finden sich noch drei seitliche Spaltenpaare, von denen das hintere (Osd/y/), obwohl etwas vor der vorderen Grenz- contour des ersten Brustsegmentes gelegen , doch auf dieses zu beziehen sein dürfte, und nur die beiden vorausgehenden zu den Maxillarsegmenten gehören. Das letzte dieser drei Ostienpaare habe ich früher als erstes dorsales Ostium beschrieben , getäuscht durch eine quere Contour der Dorsal wand (Taf. XIII, Fig. 1). In- dessen findet sich bei allen jenen Individuen das Spaltenpaar unterhalb jener queren Linie an der Seitenwand des Herzens. Ebenso constant ist das vordere der drei seitlichen Spaltenpaare, welches schwieriger besonders an jugendlichen Individuen zu beobachten ist und leicht ganz übersehen wird. So erklärt sich meine frühere unrichtige Angabe , dass bei ausgebildeten Männchen und Weibchen regel- mässig noch ein drittes seitliches Ostienpaar vorhanden sei, welches am jugendlichen Individuum fehle. Den vordersten verengerten Theil des Herzens, welcher bis zum Pylorustheil des Kaumagens reicht und über demselben mit einem paarigen Klappenventil endet, habe ich in der früheren Zeichnung nicht abgebildet und mit der Aorta verwechselt. Erst sagittale und transversale Schnittserien stellten die Bedeutung dieses Rohres als musculösen Herzabschnitt ausser Frage, und nachher war es leicht, auch am lebenden Thiere die Zugehörigkeit dieses Abschnittes zum Herzen und den Abschluss durch ein Klappenpaar zu constatiren (Taf. XIII, Fig. 2). (104) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 105 Die Herzwand wird von kräftigen Muskelfasern gebildet, deren quergestreifte Fibrillen ringförmig verlaufen. Die zahlreichen kleinen Kerne liegen der inneren, das Lumen begrenzenden Intima an, von der ich im Zweifel geblieben bin, ob dieselbe als besondere Bindegewebsmembran zu betrachten oder, was mir wahrscheinlicher dünkt, als innere sarcolemmartige Ausscheidung zu der Muskelschicht zu beziehen ist. Dagegen liegt an der Aussenseite der Muskelwand eine bindegewebige Membran, welche durch die sehr grossen in Längsreihen gestellten Kerne sogleich in das Auge fällt, und sich von den Seiten des Herzschlauches, besonders an der ventralen Fläche, leicht abhebt (Taf. IX, Fig. 8). An den venösen Ostien finden sich musculöse kernhaltige Lippenklappen, welche mit den bekannten homologen Klappenbildungen des Herzens anderer Crusta- ceen übereinstimmen. Schwieriger ist die Frage über die Beschaffenheit der peri- pherischen Blut führenden Canäle zu entscheiden, welche an vielen Stellen des Körpers den Eindruck wahrer Blutgefässe machen. In- soferne dieselben eine bindegewebige Begrenzung besitzen und im Zusammenhang mit dem Herzen erkannt werden , wird man be- rechtigt sein, sie als Blutgefässe zu bezeichnen , und ich habe in diesem Sinne bereits früher eine vordere und hintere Aorta nebst hinterem Gefässpaare unterschieden. Ob ausser diesen den Blutstrom nach vorn und hinten fortleitenden Arterien noch weitere Gefässe am Herzen entspringen, konnte ich nicht mit Sicherheit entscheiden. Von weiten bindegewebig umgrenzten Bluträumen der Leibes- höhle sind der dorsale Pericardialsinus und der ventrale, unterhalb des Darmes gelegene Blutsinus hervorzuheben. Der erstere nimmt den Raum zwischen Herz- und Rückenmusculatur ein und wird ventral- wärts durch ein quer oberhalb des Darmes und dessen perienterische, die Leberschläuche und Geschlechtsdrüsen umlagernde Bindegewebs- masse ausgespanntes Septum abgeschlossen. In denselben gelangt das Blut vor seinem Eintritt in die venösen Ostien des Herzens im Thorax von vorn nach hinten, im Abdomen von hinten nach vorn den Spaltenpaaren zuströmend. In den ventralen Blutsinus, von dem aus das perienterische Bindegewebe mit den umschlossenen Organen und die Bauchganglienkette ernährt wird , strömen auch die aus den Extremitäten zurückkehrenden Blutmengen ein, Indessen beobachtet man auch noch lebhafte Blutströmehen unter- halb der Oberfläche in Lücken und Lacunen zwischen Integument und Musculatur, und zwar an vielen Stellen in entgegengesetzter, mit den tieferen Strömen sich kreuzender Richtung. (105) 106 C. Claus: Nicht nur der Bau des Herzens und die arteriellen Ostien desselben, an welchem die vordere und hintere Aorta entspringen, auch die complicirte in gefässähnlichen Bahnen sich bewegende Circulation des Blutes erhebt die Nebaliden über die Phyllopoden und weist auf ihre nähere Beziehung zu den Malacostraken hin. Auch zeigt der Schalenkreislauf mit dem der Mysideen und Stomatopoden, wie ich schon früher hervorgehoben habe, eine grosse Uebereinstimmung. In die Ostienpaare des Herzens tritt das aus dem Körper zurückkehrende Blut ein, und zwar seiner Hauptmasse nach durch die grosse seitliche Spaltöffnung (Fig. 2 Os m) im drittletzten Brust- segmente. Durch die vorausgelegenen kleineren Ostien der Dor- salseite wird vornehmlich das aus dem Mediancanal der Schale ausfliessende Blut , durch die vorderen seitlichen Paare der aus dem Kopf zurückkehrende Blutstrom in das Herz geleitet. Das durch jene Spaltöffnungen aufgenommene Blut wird durch die Contractionen der Herzwand aus der vorderen und hinteren je durch ein Klappenpaar verschliessbaren arteriellen Oeffnung aus- getrieben. Aus der vorderen gelangt die Flüssigkeit in den weiten als Aorta zu bezeichnenden Blutraum zwischen Magen, vorderen Leberschläuchen und Integument und bewegt sich in gerader Richtung nach der Basis der Kopfklappe hin, um von hier aus durch seitliche Bahnen schräg zu den Antennen geleitet zu werden. Dieser aufwärts gerichtete arterielle Blutstrom tritt zwischen beiden vorderen Leberschläuchen in einen weiten Sinus ein, welcher vorn mittelst bindegewebiger Wand blasenartig abgegrenzt ist. Bei jeder Contraction des Herzens erweitert sich der Blutbehälter und man sieht nicht nur, wie die Leberschläuche etwas auseinander weichen , sondern auch die Vorderwand einer jeden Sinushälfte klappenartig aufgehoben wird. Diese pulsirenden Bewegungen er- folgen streng rhythmisch und mit den Contractionen des Herzens synchronisch. Man glaubt zuerst den Eindruck von Nebenherzen zu empfargen , bis man sich überzeugt , dass die klappenartigen Hebungen von dem aus dem Herzen ausgetriebenen Blutstrom be- wirkt werden. Aus den beiden Seitenhälften des Blutsinus gelangt die Blut- flüssigkeit theils in die Kopfklappe , theils in die grossen Seitencanäle der schildförmigen Schale, ein anderer Theil mengt sich dem aus den Augen und Antennen zurückkehrenden Strome bei, welcher an der Oberfläche unter der Haut abwärts fliesst. Somit ist es nur ein Theil des aus dem vorderen Herzende aus- (106) Organismus der Nebalideii ULd systematische Stellung dtr Leptos!rak< n. 107 tretenden Blutes, welcher die Schale versorgt und zu dem offen- bar respiratorischen Kreislauf in dem Canalsystera derselben Ver- wendung findet. Dasselbe wird durch den nahe dem Schalenrande verlaufenden Hauptcanal theils direct, theils mittelst eines compli- cirten Netzes engerer transversaler Zwischencanälchen in den weiten Mediancanal der Schale geführt und steigt in diesem auf- wärts empor, um durch die vordere Oeffnung obeihalb der dor- salen Spaltenpaare in den Pericardialsinus einzutreten und durch jene in den Herzraum zurückzugelangen. In der 1 reiten schnabelähnlichen Kopfklappe , die ich früher als Stirntheil der Schale bezeichnet habe, steigt das B'ut von der Aorta aus empor, durchströmt deren medianen Blutcanal, um von hier durch netzförmige Queram stomosen in seitlichen Läng:canälen abzuflie^sen. Aus dem grossen auf- und anschwellenden Sinus wird auch das Gehirn , ferner die Augen und Antennen mit Blut versorgt. In diesen sieht man einen aufsteigenden und absteigenden Strom- kreisen. Der erstere verläuft tiefer im Innern der Gliedmasse, in einem deutlich begrenzten Gefässe , welches sich längs der dor- salen, die Borsten und Sinnesfaden tragenden Seite der Geissei verfolgen lässt , während das zurückfliessende Blut an der ent- gegengesetzten Seite in oberflächlichen Bahnen herabsteigt und sich im Körper dem grossen Seitenstrome zugesellt, welcher unter dem Integument zu den Seiten des Kaumagens und des Leberschlauches hinter den Mandibeln herab läuft. Besonders scharf treten an der zweiten Antennenarterie die Gefässwandungen hervor. Im Basalglied wird dieses Gefäss bei seitlicher Betrachtung des Objectes von dem breiten Drüsen- schlauche, im zweiten Gliede von den Muskelbündeln verdeckt, zwischen denen es erst bei tiefer Einstellung bemerkbar wird; im dritten Gliede gibt dasselbe mehrere offene Aeste ab (Taf. XIV, Fig. 4 Ar und Ar) und ist von da an aufwärts aber bis zur Spitze der Antennengeissel zu verfolgen , an deren oberem Rande das Gefäss in gerader Richtung bis zum Enclgliede verläuft. In diesem oder auch im vorausgehenden Gliede (Taf. XIV, Fig. 5 Oe) endet dasselbe mit einer terminalen oder seitlichen Oeffnung , aus der man die aufwärts getriebenen Blutzellen in den abwärts führenden Blut- canal übertreten sieht. Indessen auch im Verlaufe ist die Wandung des Gefässes am Ende der einzelnen Glieder von Oeffnungen durch- brochen, durch welche Blutelemente schon weiter abwärts in den rückiuhrenden Strom übertreten. Nach der Complication zu schliessen, (107) 10S C. Claus: welche die Antennenarterie im langgestreckten dritten Antennen- gliede bieten , dürften auch an anderen der Beobachtung minder leicht zugänglichen Körperstellen, besonders im Abdomen, einfache und verzweigte Gefässe vorhanden sein. In den Augen findet eine sehr lebhafte Circulation statt, indem der Blutstrom in den dorsalen Hauptcanal (D Blc) des Augenstieles eintritt und theils durch die enge Lacune in die Nervenbündelschicht, theils durch Querschlingen in die Umgebung des Augenganglions in den abführenden ventralen Canal (V Blc) übergeht (Taf. X, Fig. 3, 4). Auch die Beinpaare der Brust er- halten einen mächtigen Strom zugeführt, der in das Stammglied eintritt und in die lamellösen Epipoditen und Exopoditen Ab- zweigungen entsendet. In diesen steigt das Blut durch die weiten Randcanäle aufwärts, durchsetzt einen Theil des flächenständigen engen Lückensystems und fliesst durch den medianen Canal wieder abwärts, um in den am Dorsalrande des Stammgliedes verlaufenden ausführenden Gang einzutreten. In den Endopoditen steigt der Blutstrom an dem (innern oder) medialen borstenbesetzten Rand empor und biegt in den lateralen Canal, welcher längs des dor- salen, glatten Randes verläuft, zu dem rückführenden Strome um (Taf. IV, Fig. 4). In den äusseren Aesten der Pleopoden bewegt sich das Blut an der medialen Seite aufwärts, um in einer weiten Blutlacune längs der Lateralseite abwärts zurückzufliessen. In der speciellen Gestaltung der Blutcanäle und des dieselben verbindenden vielfach anastomosirenden Lückensystems verhalten sich die beiden lamellösen Beinanhänge, die zweizipfelige Kiemen- platte (Epipodit) und der blattförmige Exopodit ganz ähnlich wie die Schale und fungiren. wie diese, als Athmungsorgan. Der hintere Abschnitt des Herzens regulirt die Blutbewegung im Abdomen und dessen Gliedmassen. Aus der hinteren arteriellen Oeffnung des Herzens wird das Blut durch die abdominale Aorta und zwei zu deren Seiten entspringende, schräg absteigende Arterien (Taf. XIII, Fig. 2) in die hinteren Segmente des Abdomens geführt. Man verfolgt sowohl in diesen Segmenten, als innerhalb der Furcaläste den absteigenden Blutstrom, welcher am Ende der- selben in den aufsteigenden Strom umbiegt. Dieser bewegt sich längs der lateralen Seite in einem weiten Blutcanal, umspült die Drüsenschläuche und tritt in das letzte Abdominalsegment ein, in welchem er an der ventralen Seite zwischen den Diktatoren des Darmes in das vorletzte Segment, und von hier in die beiden vor- ausgehenden Segmente zu verfolgen ist. In diesen Segmenten wird (108) Organismus der Nebaliden uud systematische Stellung der Leptostraken. 109 aber auch ein oberflächlicher absteigender Blutstrom bemerkbar, welcher am Hinterrande derselben in transversalen Schlingen nach dem Rücken umbiegt (Taf. XIV, Fig. 9). Respirationsorgane. Als Athmungsorgane haben wir alle zarthäutigen tiächen- haft ausgebreiteten Integumentduplicaturen und unter diesen in erster Linie die Schale, sowie die beiden lamellösen Anhänge, den Exopoditen und Epipoditen der Brustbeine, zu betrachten. Die Schale, deren Lage und Gestaltung bereits oben besprochen wurde, fungirt vornehmlich an ihrer inneren, dem Leibe zugekehrten Fläche, deren Chitinbekleidung ausserordentlich zart bleibt, als Athmungsorgan. Wollte man die respiratorische Function derselben bezweifeln , so würde schon der Hinweis auf die Thätigkeit des langen , nach hinten gewendeten Maxillartasters, welcher die Schalenfläche von Schleim- und Schmutztheilen frei erhält, für die Wahrscheinlichkeit sprechen , die lebhafte und reiche Blutcirculation im Innern der Schalen duplicatur, sowie der feinere mit der Kiemenstructur überein- stimmende Bau jedes Bedenken beheben. Wie an den Kiemenblättern der Amph ipoden1) und Isopoden sind auch an der Schale die Hypodermiszellen an beiden Blättern der Doppellamelle durch ihre Anordnung sowohl zur Herstellung von stützenden Scheidewänden, als zur Bekleidung des Canalsystemes verwendet worden. Auf Schnitten, die der Länge und Quere nach geführt sind, findet man die epithelartigen geordneten Hypodermiszellen der äusseren und inneren Schalenlamelle einander zugekehrt und jede mit einer Basalmembran versehen. An den Längs- und Quercanälen weichen die sonst aneinander schliessenden Basalmembranen, das Lumen des Canales begrenzend, auseinander. Die Ungleichmässigkeiten in der Lage der Kerne steht im Zusammenhange mit dem Vorhandensein senkrechter, von beiden Zelllagen abgeschiedener Connectivfasern , welche als Stützpfeiler die obere und untere Chitinlamelle mit einander verbinden , und welchen das Protoplasma der Zellen nebst zugehörigen Kernen, von den Lücken und Canälen abgehoben, anliegt. Ueberall bleibt die obere Zellenschicht wohl im Zusammenhang mit der von ihr aus- geschiedenen dickern und incrustirten äusseren Chitindecke niedriger als die untere, welche besonders in der Umgebung des Schalen- muskels beträchtlich höher erscheint und hier aus regelmässig ge- *) Vergl. C. C 1 a u s , Die Platysceliden. Wien 1887, pag. 25, Taf. XXI, Fig. 12, 13. (109) HO C. Claus: ordneten Cylinderzellen gebildet wird, deren zugehörige Stützfasern dem Bedürfniss einer grösseren Festigkeit der Schale entsprechend stärker entwickelt sind. Die Insertion des mächtigen Schalenschliessers findet sich an der äusseren Schalendecke, indem die Muskelfasern desselben dieSchalen- duplicatur durchsetzen und nach aussen divergirend an der incru- stirten äusseren Chitinplatte sich befestigen. Hinter der Insertion des Schliessmuskels , nach dem Mittelfeld der Schalenklappen zu, erreicht das untere Epithel die bedeutendste Höhe, so dass dasselbe eine schwach convexe Auftreibung der inneren Schalenfläche veran- lagst. Da zugleich das Protoplasma der hohen Cylinderzellen an der inneren zarten Cuticularmembran angehäuft liegt, die Stützfasern aber zurücktreten, so scheint mir die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass von diesem Theile des unteren Schalenepithels zur Zeit der Brutpflege Substanzen ausgeschieden werden , welche den so ge- raume Zeit im Brutraume weilenden Eiern und Embryonen als Nährstoffe dienen. Dazu kommt, dass zu dieser Zeit der Sehalen- raum Träger von Fettanhäufungen wird; welche sich in Form grösserer und kleinerer Kugeln und Tropfen in Bindegewebszellen — ähnlich denen des Fettkörpers und des Fettzellenpolsters der Kopf- klappe _ zwischen beiden Zellenschichten der Schale ablagern (Taf. XV, Fig. 1 l a Bz). Das System von Canälen, welches in der oben beschriebenen Weise zwischen beiden Zellenlagen und deren Stützbalken, aber noch von beiden Basalmembranen begrenzt (Fig. IIa, zu Stande kommt, lässt sich auf zu- und abführende Hauptgänge , auf grössere, beide verbindende und untereinander communicirende Zwischen- canäle und ein sehr reiches, zwischen diesen entwickeltes Netz feinster Capillarcanälchen zurückführen, welche letztere nicht mehr von Blutkörperchen, sondern nur von der plasraatischen Flüssigkeit durchströmt werden. Der zuführende Hauptgang ist paarig, entspringt seitlich aus dem weiten pulsirenden Sinus am oberen Ende der Aorta (Taf. XIII, Fig. 1 Blc), um nahe dem Vorderrande der Schale zu ver- laufen und im Bogen in den langen, dem Rande mehr genäherten seitlichen Längscanal umzubiegen. Der abführende Hauptcanal verläuft median in dem kürzeren, beiden Schalenklapp ?n gemein- samen Rückentheile der Duplicatur und mündet in der hinteren Maxillargegend über der letzten der drei vorderen Seitenostien (Oi'") in den dorsalen Sinus ein. Mit den zuführenden Seitencanälen ist derselbe verbunden durch ein weitmaschiges Netz von engeren Blutcanälen , welches (110) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 111 beide Schalenklappen durchsetzt und von bogenförmigen, durch zickzackförmige Längscanäle verbundenen Transversalcanälen her- gestellt wird. Demnach stellen sich die Maschen dieses Netzes als unregelmässig fünf- oder sechsseitige, beziehungsweise schräg rautenförmige Felder dar, welche ihrerseits aber wieder von einem viel feineren Netze capillarähnlicher, durch die Substanzinselchen getrennter Canälchen durchzogen werden, deren Inhalt helle plas- matische Blutflüssigkeit unter Ausschluss von Blutkörperchen bildet. Auch vor den beiden weiten Randcanälen , zwischen diesen und dem Schalenrande, finden sich ähnliche, wenngleich sehr schmale und langgezogene Netze , die dann am Vorderrande und be- sonders an dem winkelig vorspringenden Uebergange desselben in den Seitenrand eine bedeutendere Breite und Ausdehnung gewinnen. Am hinteren, schräg aufsteigenden Schalenrande fällt der breite Seitengang hinweg, da sich derselbe schon am Ende des Seitenrandes in mehrere bogenförmige Zwischencanäle mit zuge- hörigen Capillarnetzen aufgelöst hat. Die dem Epipoditen und Exopoditen entsprechenden blatt- förmigen Beinanhänge stimmen in Bezug auf ihre Structur und Anordnung der Blutcanäle mit der Schale im Wesentlichen überein. Auch hier kehren die beiden zuführenden randständigen Canäle wieder und vereinigen sich zu einem abführenden Canal, welcher am Epipoditen transversal, am Exopoditen longitudmal verläuft und zwei ziemlich gleich grosse Felder trennt. Nur inso- ferne verhält sich das System der Zwischencanäle einfacher, als dasselbe, ohne secundäre Netze zu erzeugen, beide Hauptgänge verbindet und somit direct das Capillarnetz repräsentirt, welches freilich an manchen Stellen auch Blutzellen Durchgang gestattet. An jedem der Beinanhänge tritt, in Folge eigenthümlicher Verlöthung des äusseren und inneren Blattes, eine sehr regel- mässige longitudinale Linie hervor , welche am Exopoditen längs des medianen Blutcanales, und zwar an der Aussenseite desselben, verläuft, am Epipoditen, der Anheftungsstelle genähert, den Quer- canal rechtwinklig durchschneidet. Dieselbe (Taf. IV, Fig. 2 R) gleicht einer Naht (Raphe) , welche aus länglichen , streng linear gehaltenen Stichen zusammengesetzt erscheint. Den letzteren ent- sprechen niedrige , aber langgezogene Connectivfasern , neben welchen stets ein oder zwei Kerne nebst Protoplasmaresten erhalten sind (Taf. XV, Fig. 12 C fj. Die Bedeutung dieser niemals fehlenden Differenzirung scheint auf einer engeren und festeren Verbindung von beiden Lamellen der lamellösen Platte zu beruhen. (in) 112 C. Claus: Geschlechtsorgane und Fortpflanzung. Sowohl Ovarien als Hoden sind langgestreckte Schläuche, welche rechts und links an der Dorsalseite des Darmcanals ihre Lage haben (Taf. I, Fig. 1 u. 2 Ov). In jugendlichen Exemplaren sind dieselben auf die hintere Brust- und vordere Abdominal- gegend beschränkt, im geschlechtsreifen Zustand nach vorn bis zum Kaumagen und nach hinten bis in das letzte Abdominal- segment verlängert. Als Ausfnhrungsgänge findet man mit Leich- tigkeit im männlichen Geschlechte kurze Samenleiter , welche auf einem vorragenden Zapfen am Coxalstücke des 8. Beinpaares ausmünden und somit die Lage und Mündungsstelle mit den Samenleitern der Malacostraken gemeinsam haben (Taf. XV, Fig. 13). Im weiblichen Geschlechte ist es viel schwieriger, über die Frage in's Klare zu kommen , ob Ausführungsgänge überhaupt existiren und, im bejahenden Falle, in welchem Körpersegmente dieselben aus- münden. Ich habe lange Zeit vergeblich nach dem Ausführungsgange der Ovarien gesucht, wie ja auch in manchen Malacostrakengruppen (Isopoden) die Oviducte schwierig und nur in bestimmten Zuständen der Geschlechtsthätigkeit nachgewiesen werden konnten , glaube jedoch ihr Vorhandensein im drittletzten Brustsegmente constatiren zu können. Der lange, segmentweise angeschwollene Hodenschlauch wird von einer zarten bindegewebigen Hülle, welche an den flachen ovalen Kernen kenntlich ist, umschlossen. Dann folgt ein Epithel, dessen Zellen rundliche granulirte Kerne bergen und das Keimepithel dar- stellen. Dasselbe erscheint an der äusseren oder lateralen Seite in lebhafter Wucherung begriffen (Taf. XV, Fig. 13 Spb) und erzeugt in dem als mächtiger Längswulst nach dem Lumen zu vor- springenden Keimlager die Spermatoblasten. Man findet hier die Kerne der Keimzellen bedeutend vergrössert und zu Kernspindeln verschiedener Theilungsstadien umgestaltet. Daneben liegen Zellen mit 2, 4, 8, 12, 16 und mehr Tochterzellen noch in die wulstige Wand eingebettet, während in das enge Lumen nur spärlich Spermakugeln übergetreten sind. So verhält sich der Hoden jugend- licher Männchen , in welchem die Wucherung der Keimzellen und die Bildung von Spermazellen in sehr lebhaftem Fortschritt begriffen ist, während in begattungsreifen Männchen das Keimlager bereits auf- gelöst erscheint und die Samenzellen das Lumen des Hodens strotzend erfüllen (Taf. XV, Fig. 15). An der seitlichen Wandung macht sich auch hier noch eine Verdickung geltend , in welcher sich (112) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 113 Epithelzellen mit dichteren und grösseren Kernen finden. Es sind dies Reste der Zellen , welche auch für die laterale Hodenwand des jugendlichen Männchens charakteristisch sind und wohl in die Kategorie von Secretionszellen gehören. Dieselben treten hier in viel grösserer Zahl und dichter gehäuft auf und sind von der an- grenzenden Zone, in welcher die Spermatoblasten und Samenzellen erzeugt werden, ziemlich scharf abgegrenzt Für das Verständniss derselben ist in Betracht zu ziehen, dass zwischen den in das Lumen übergetretenen Samenzellen eine von zähen kleinen Körnchen und blassen Kugeln gebildete Substanz bemerkbar wird, welche wohl nichts anderes als ein Secret (Taf. XV, Fig. 14 a) der Hodenwand ist. Zur Bereitung desselben können nur diese durch dichtere Kerne und reichliches blasses Protoplasma kenntlichen Zellen, welche sich von den samenerzeugenden Hodenzellen scharf unterscheiden, in Frage kommen, zumal für dieselben keine andere Function geltend gemacht werden kann und auch ihre eventuelle Beziehung auf Ersatzzellen, wie sie im Hoden höherer Crustaceen so allgemein verbreitet sind, bei der Auflösung des Keimlagers ausgeschlossen erscheint. Die Samenzellen, welche durch fortgesetzte Theilung aus den Spermatoblasten hervorgehen, fand ich niemals, auch nicht im strotzend gefüllten Samenleiter des begattungsreifen Männchens, frei, sondern stets in der bestimmten, der Entstehungsweise durch Theilung entsprechenden Zahl vereint, von dicker Hülle um- kapselt. In diesem Zustande werden die Samenkapseln , kleinen Spermatophoren vergleichbar, durch das erwähnte zähe Secret zu Ballen vereint , aus der Oeffnung des Samenleiters am Grunde des letzten Beinpaares entleert. Man kann jedoch durch vor- sichtig ausgeübten Druck die Samenkapseln in der Weise sprengen, dass die Samenzellen unversehrt aus denselben hervortreten (Taf. XV, Fig. 14 c). Dieselben erweisen sich als kleine Kugeln von 00045 Millimeter Durchmesser , deren grosser kernkörperhaltiger Kern von einem fein granulirten Hof eines sehr dichten zähen Proto- plasmas umgeben ist. Ueber das weitere Schicksal der Samen- zellen habe ich mich vergeblich bemüht, in's Klare zu kommen. Ob die Samenkapseln bei der Begattung in die Leitungswege des Weibchens entleert werden und dann in diesen die Kapseln ge- sprengt und die Samenzellen frei werden , oder ob letzteres im Brutraum des Weibchens während der Eierablage geschieht, vermag ich nicht zu entscheiden. Der Hoden , welcher in den einzelnen Brustsegmenten seit- liche Anschwellungen bildet , entbehrt einer äusseren Muskel- cia us, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft l. 8 (H3) 114 C. Claus: bekleidung; ebensowenig habe ich eine solche an dem Vas deferens aufgefunden, dessen Zellenwand am besten an jugendlichen Männchen erkannt wird. Das Lumen des Samenleiters erscheint in diesem Alter eng und fast frei von Samenkapseln, die erst mit dem Eintritt in das begattungsreife Stadium aus dem Hoden übertreten und den Samenleiter blasenartig auftreiben. Muskeln ziehen aber in mehrfachen Bündeln vom Integumente des Beinfortsatzes an das Ende des Leitungsweges , der in einer stark erweiterungsfähigen Oeffnung ausmündet. Die Ovarien haben genau dieselbe Lage wie die Hoden, dorsal- wärts zu den Seiten des Darmes und der in den perienterischen Fettstrang verpackten Leberschläuche. In den verschiedenen Grrössen- und Reifezuständen, natürlich von verschiedener Ausdehnung, sind dieselben schon frühzeitig in den jüngsten Formen als schmale, kurze Zellenschläuche nachweisbar, erreichen dann aber in den geschlechtsreifen Weibchen vor dem Eieraustritt in die Bruthöhle sehr bedeutende Dimensionen und erstrecken sich vom Kopf bis in das letzte Abdominalsegment. Die meist in einer Längsreihe an- geordneten (hier und da alternirend in einander geschobenen) Eier, welche das Lumen des Ovaiialschlauches füllen , sind reich an dunkelkörnigem, Fettkugeln enthaltenden Nahrungsdotter und ver- decken durch ihren Umfang bei seitlicher Betrachtung des Thieres nicht nur Darm und Leberschläuche, sondern auch die ventrale Partie des Herzschlauches. Wie am Hoden unterscheiden wir am Ovarium eine äussere, durch flache, gestreckt ovale Kerne kenntliche Serosa, die den Zellen des perienterischen Fettkörpers eng an- lagert, dorsalwärts aber an die quer zwischen dorsalem und ven- tralem Blutsinus ausgespannte und ganz ähnliche Kerne enthaltende Scheidewand angrenzt. Das Keimlager entwickelt sich auch am Ovarium an der lateralen Seite, so dass mit fortschreitendem Wachs- thum die grösseren Eier nach der Medialseite des Schlauches rücken, hier aber wie in besonderen Eikammern von einem kleinzelligen Epithel umgeben werden, welches wahrscheinlich die Vermehrung des Dotters unterhält und sich vielleicht auch an der Bildung der Eihülle betheiligt. Sicher konnte ich hierüber nicht in's Klare kommen , da die Eihülle des in den Brutraum eintretenden Eies eine einfache ist und daher auch lediglich aus dem Dotter ausgeschieden sein kann (Taf. XV, Fig. 16). Vielfache Schwierigkeiten verursachte mir die Frage nach dem Vorhandensein eines Oviductes und dessen Mündungsstelle. Lange Zeit suchte ich nach einem solchen vergeblich. Weder die Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 115 Präparation mittelst sorgfältiger Zerzupfung, noch Querschnitt- Serien gaben mir Anhaltspunkte zum Auffinden des Ausführungs- ganges, bis ich endlich Weibchen zur Hand nahm, deren umfang- reiche, mit reifen Eiern erfüllte Ovarien auf den bevorstehenden Uebertritt der Eier in die Bruthöhle hinwiesen. Zuerst gluckte es mir, auf dem Wege der Piäparation einen dünnhäutigen Strang nachzuweisen, der den Ovarialschlauch mit dem Körperintegument an der Ventralseite des drittletzten Brustsegmentes herstellte. Schnittreihen durch ein solches vor der Brutpflege stehendes Weibchen erwiesen denn auch das Vorhandensein eines reifen, mit Fettkugeln erfüllten E:es in dem kurzen zarthäutigen Verbindungs- gang , welcher jederseits an der Ventralseite des diittletzten Brustsegmentes an der Basis des zugehörigen Beinpaares zu be- merken war und den ich daher als Oviduct in Anspruch nehmen zu können glaube. Durch denselben werden die Eier bei der Ent- fernung der Ovarialschläuche in den Brutraum gelangen, der nicht wie bei Estheria und den Phyllopo len zwischen Körper und Schale, sondern wie bei den Arthrostraken und Mysideen zwischen den lamellösen Beinanhängen unterhalb der Brust gelegen ist. Bei Nebalia sind nicht nur die Epipodiallamellen und die blattförmigen Exopoditen an der Bildung und Umgrenzung des Brutraumes betheiligt, sondern auch die langgezogenen flachen Endopoditen, dessen Endglied schon vor dem Eieraustritt winklig umgebogen erscheint und den bereits oben beschriebenen mächtigen Borsten fächer gewonnen hat. Eier tragende Weibchen sind stets an dem gelblich opaken Aussehen der Schale kenntlich, welches durch die durchschimmernde Färbung der Eidotter bedingt ist. Wenn sich die Eier im Laufe einiger Wochen zu Embryonen entwickelt haben, erscheint die Färbung durch angehäufte Schlammtheilchen zwischen Schale und Beinen in eine schmutzigbräunliche verändert. Mit dem Eintritt in den Zustand der Trächtigkeit stellen nämlich die Weibchen die Bewegungen ihrer Brustbeine bis auf geringe Schwingungen ein, welche, wie es scheint, zur Unterhaltung der Respiration, sowie der Wassercirculation in der durch die Borstenfächer korbartig ge- schlossenen Bruthöhle erforderlich bleiben. In Folge dieser offenbar für die Brutpflege notwendigen Bewegungsreduction hört die leb- hafte Strudelung auf, durch welche unter normalen Verhältnissen Schlamm- und wohl auch Nahrungstheilchen nach dem Munde zwischen Kiefer und Beine bewegt und von diesen wieder weg- gespült werden, und es beginnt ein allmäliger Ansatz von Schmutz- 8* (115) 116 C Claus: und Schlammtheilen zwischen den Beinpaaren und insbesondere den Borsten des Fächers, bis gegen Ende der Brutzeit die An- häufung von Schlamm zwischen den Blättern der Bruthöhle die Kenntlichkeit der Theile beeinträchtigt. Unter solchen Verhält- nissen scheint auch die Nahrungsaufnahme zur Zeit der Brutpflege wenn nicht völlig aufgehoben , so doch bedeutend herabgesetzt, und es werden nun die reichen , in den Fettzellen besonders des perienterischen Stranges deponirten Nahrungsüberschüsse von dem Blute wieder aufgenommen und zur Erhaltung des Stoffwechsels verbraucht. Daher findet man gegen Ende der Brutzeit die Fett- kugeln im Körper des Mutterthieres grösstentheils geschwunden und den perienterischen Strang sammt Darm und Leberschläuchen beträchtlich reducirt , dagegen die Bluträume, sowie den Herz- schlauch im entsprechenden Masse erweitert und ausgedehnt. Gleich- zeitige Veränderungen in der Beschaffenheit der beiden Drüsen- säckchen , sowie der 8 Paare von Beindrüsen , die auf einen lebhaften oder veränderten Stoffwechsel hingewiesen hätten, sind mir nicht aufgefallen. Im männlichen Geschlechte schreitet die Schrumpfung des perienterischen Fettkörpers, der Leberschläuche und des Darmes viel weiter vor, wenn die begattungsreifen Thiere längere Zeit am Leben bleiben. Auch hier scheint die Nahrungsaufnahme eine sehr beschränkte zu sein, wie schon aus der Verkümmerung der Borstenanhänge an Kiefern und Beinen wahrscheinlich wird. Immerhin führt die, wenn auch schwache Strudelung der Brust- beine, die für die Athmung unerlässlich sein dürfte, fein im Wasser vertheilte Stoffe zum oralen Ostium und in den Darm- canal, wovon man sich leicht durch Zusatz von Carmin oder Indig- carmin zum Seewasser überzeugen kann. Ballen von beiderlei Farbstoffpartikelchen werden alsbald im Darmcanale nachgewiesen und auch in den Stoffwechsel aufgenommen, wie die später ein- tretende blaue Färbung der Beindrüsen beweist. Die accessorischen Sexualcharaktere, durch welche sich die niemals in grosser Zahl, sondern mehr vereinzelt auf- tretenden begattungsreifen Männchen von den Weibchen sogleich kenntlich machen, wurden zum grossen Theil schon bei Be- sprechung des Körperbaues und der Gliedmassen hervorgehoben. In erster Linie ist die grössere Streckung und schlankere Körper- form, sowie die bedeutendere Länge der Furcalglieder für das Männchen charakteristisch , Eigenschaften , welche im Vereine mit der kräftigeren Musculatur des Abdomens und der ent- (tl6) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 117 sprechenden stärkeren Entwicklung der vier Schwimmfusspaare desselben eine raschere und behendere Locomotion möglich machen. Dazu kommt die grosse Zahl von Riechschläuchen an den Geissein des ersten Fühlerpaares und das durch jene veranlasste buschige Aussehen der Antennen , ferner die beträchtliche Verlängerung und vermehrte Gliederzahl des zweiten Antennenpaares , sowie das Vorhandensein von zarten Sinnesschläuchen an den Gliedern desselben. Auch die Stielaugen sind umfangreicher und durch die ansehnlichere Stärke ihrer beiden Sinneshöcker, sowie der Corneal- linsen ausgezeichnet. Kiefer und Brustbeine sind dagegen schmäch- tiger, ihr Borstenbesatz spärlich und verkümmert. Sodann er- scheinen die beiden rudimentären Beinpaare im Vergleiche mit denen des Weibchens länger und mit einer grösseren Zahl von Borsten und Dornen besetzt. Dazu kommt für die innere Organi- sation die Reduction des perienterischen Fettstranges, sowie die Ansammlung von grossen Fettkugeln in den Bindegewebszellen der Schale und der Beinpaare, sowie endlich die viel beträcht- lichere Ausdehnung des Herzschlauches und der blutführenden Räume und Lakunen der Leibeshöhle. Beffattungsreife Männchen und trächtige Weibchen findet man mit Ausschluss der strengen Wintermonate December, Januar und Februar zu jeder Jahreszeit, doch beginnen dieselben schon im November spärlich zu werden und sind gegen Ende dieses Monates fast vollständig verschwunden. Im Winter findet man in- dessen auch reife Weibchen, jedoch ohne die Borstenfächer der Beine, mit schmächtigen, aber völlig entwickelten Ovarialschläuchen, die auf die Reife der sexuellen Functionen hinweisen. Der grösseren Mehrzahl nach sind es aber Jugendstadien aller Grössen und unter diesen auch junge Männchen in verschiedenen Alterszuständen, welche man jetzt antrifft:. Unter den reifen , nicht geschlechts- thätigen Weibchen dürften auch Formen enthalten sein, welche bereits Brut producirt und mit der später erfolgten Abstreifung der Haut die langen Borstenfächer verloren haben , wie es über- haupt wahrscheinlich ist, dass die Weibchen nach einer einmaligen Bruterzeugung nicht zu Grunde gehen, sondern nach Verlauf einer gewissen Ruhezeit und entsprechenden Häutung von Neuem trächtig werden. Auf ein solches Verhalten weisen auch die nicht unbeträchtlichen Unterschiede in der Zahl der Antennenglieder, sowie in der Körpergrösse der mit Brut erfüllten Weibchen hin. Leider bin ich zur Zeit ausser Stande, über die Art der Be- gattung, der Beziehung derselben zur Eiablage und den Ort der (117) 118 C. Claus: Befruchtung Auskunft zu geben, hoffe aber über diese und andere sich anschliessende Fragen durch fortgesetzte Beobachtungen später noch Aufschluss zu gewinnen. Ihrem Aufenthalte nach sind die Nebalien Schlammbewohner, die sich an seichten Stellen des Meeres, in der Nähe der Küsten, besonders da, wo Aas und putrescirende Stoffe angehäuft sind, massenhaft ansammeln. An solchen Oertlichkeiten finden sich die- selben auch im Hafen von Triest1), wo sie in versenkten Fisch- kästen mit Cadavern grösserer Crnstaceen zu jeder Zeit leicht in grosser Menge gefangen werden. Diesem Aufenthalt entspricht die Ernährung von zerfallenden thieiischen Stoffen und orga- nischem Detritus , welcher durch die Kiefer bearbeitet , in den Schlund gelangt und von da in den Kaumagen übergeführt, einer nochmaligen Zerkleinerung durch die Cardiacalwalzen unterworfen wird. Von diesem mit Erd- und Schlammtheilen untermengten Detritus erscheint unter normalen Verhältnissen — die trächtigen Weibchen und die begattungsreifen Männchen ausgenommen — das gesammte Darmrohr angefüllt. Auch lassen unsere Thiere die Cadaver der eigenen Grattung nicht unverschont. Recht oft findet man jugend- liche Formen zwischen Schale und Körper abgestorbener Nebalien eingeschlüpft, mit dem Aufzehren der Ueberreste dieser beschäftigt, und in Pokalen, welche Hunderte lebender Nebalien enthielten, ist nach Monaten der ganze Inhalt bis auf Haut und Schalenreste und wenige lebend zurückgebliebene Individuen verschwunden. Viel rascher vollzieht sich dieser Zerstörungsprocess, wenn ein oder mehrere Grammariden, insbesondere der gefrässige, mit Nebalien vergesellschaftete G. locusta, mit eingesetzt wurden, welche jene lebend angreifen und zur Beute machen. Uebrigens sind die !) Ueber das Vorkommen im Hafen von Triest theilt mir Dr. Graeffe Folgendes mit: „Nebalia ist ziemlich allgemein im ganzen Golfe von Triest ver- breitet. Sowohl in den tieferen (7 — 8 Faden) Schlammgrauden , wie an der Küste findet man die Nebalia immer in einzelnen Exemplaren. Am häutigsten ind';ss be- wohnt dieselbe den Schlammgrund im Hafen vou Triest, und zwar besonders die- jenige kleinere Abtheilung des alten Hafens an der Riva Grumula , wo die italie- nischen Fischer ihre „Baragozza" zu ankern pflegen. Jeder Schleppnetzzug bringt dort mit Algen und Schlamm gemischt eine giössere Menge dieser Thiere herauf. Siebt man dieses Gemisch im Wasser von den feineren Schlammtheilen frei, so ist es dann leicht, eine grössere Anzahl von diesen Crnstaceen zuisoliren. Es sei übrigens noch erwähnt, dass auch andere ruhige Stellen des Hafens auf ihrem Grunde die Nebalia in grösserer Menge beherbergen , so namentlich der sogenannte „Canal grande" , welcher in die Stadt hinein sich erstreckt. Die aus dem Grunde der See einige Seemeilen von der Küste gefischten Nebalien sind durchschnittlich kleiner ^ was wohl mit den weniger günstigen Ernährungsverhältnissen zusammenhängt." (118) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 119 Weibchen und Jugendformen der Nebalia durch eine staunenswerthe Lebenszähigkeit ausgezeichnet; nicht nur dass sie, wohl durch die Anhäufung von Nährstoffen im Fettkörper begünstigt, viele Wochen lang ohne Nahrung bleiben können , selbst in völlig verdorbenem, mit Fäulnissstoffen und Zersetzungsproducten erfülltem Seewasser halten sie aus, wenn alle übrigen Organismen bereits abgestorben sind. Und diesem mit ihrer Lebensweise und Aufenthaltsorte ver- knüpften Umstände mag überhaupt die Erhaltung dieser Form mit so vielen ursprünglichen Eigenthümlichkeiten der Organisation aus sehr alten Zeiten in die Lebewelt zu verdanken sein. Unter normalen Verhältnissen ruhen die Thiere stundenlang auf den Boden des Pokales ausgestreckt, bis auf regelmässige, zur Unterhaltung der Athmung erforderliche Schwingungen der Brust- beine unbeweglich; eine heftige Erschütterung genügt jedoch, um die Mehrzahl derselben momentan aufzuschrecken und zum Fort- schwimmen mittelst kräftiger Ruderschläge der Pleopoden zu ver- anlassen. Nur vereinzelt steigen sie zur Oberfläche empor, fangen dann aber gelegentlich Luft , die der Aussenseite der Schalen- fläche leicht adhärirt, zwischen Schale und Leib, und die Schalen- hälften beginnen sich flügeiförmig abzuheben und in horizontaler Ausbreitung der Oberfläche des Wassers anzulegen. Dass sich am Körper unserer Thiere ausser marinen Infusorien häufig Parasiten ganz eigener Gattungen ansiedeln, ist durch die Arbeiten über Seison1) und über eine parasitische Turbellarie2) hinreichend bekannt. Von entozoischen Schmarotzern habe ick gelegentlich, jedoch überaus selten, einen jugendlichen Echino- rhynchus im Leibesraume der Nebalia gefunden. Geographische Verbreitung. Das Vorkommen von Nebalien an den Meeresküsten verschie- dener Continente und Inseln weist auf die grosse räumliche Ver- breitung dieser Gattung hin und macht es wahrscheinlich , dass dieselben zu den Kosmopoliten gehören. ') C. Claus, Ueber die Organisation und die systematische Stellung der Gattung Seison Gr. Wien 1876. L. Plate, Ueber einige ektoparasitische Rotatorien des Golfes von Neapel. Mittheilungen aus der zoologischen Station zu Neapel. Tom. VII, 1887. 2) W. Repiachoff, Ueber eine neue an Nebalien lebende Turbellarie. Zoo- logischer Anzeiger, 1884, VII, pag. 717. (119) 120 C. Claus: Zuerst wurden Nebalien im hohen Norden von den sandigen Küsten Grönlands bekannt und von 0. Fabricius1) als Cancer bipes beschrieben. Eine ähnliche, durch Grösse hervorragende Form fand später auch Leach an der Westküste Englands und bezeichnete sie als Nebalia Herbstii. Wahrscheinlich fallen beide Formen der Art nach zusammen und repräsentiren die hochnordische Nebalie, welche inzwischen auch an verschiedenen Küstenpunkten Norwegens (Tromsoe2) gefunden wurde. Dass Nebalien auch in bedeutender Tiefe ihren Lebensunterhalt finden, wurde zuerst durch G. 0. Sars erwiesen, dem wir die Be- schreibung der N. typhlops3) von den Lofoten verdanken. Leider war der genannte Forscher auf ein einziges Exemplar dieser interessanten blinden Form verwiesen, deren Merkmale nur ganz allgemein und für die Artbestimmung unzureichend beschrieben werden konnten. Wir erfahren aus der Sars'schen Diagnose kaum mehr, als dass N. typhlops bis auf die gerin- gere Grösse , schwächere Gestaltung der Gliedmassen und die rudimentären, des Pigmentes, sowie der Krystallkegel entbehrenden Stielaugen im Wesentlichen mit der nordischen Nebalia überein- stimmt. Die durch Milne Edwards bekannt gewordene Nebalia Geoffroyi von der französischen Küste (Bretagne) findet sich auch im Mittelmeere (Nizza, Neapel), sowie in der Adria und unter- scheidet sich von der nordischen Form vornehmlich durch ge- ringere Dimensionen des Körpers und der Gliedmassen, ohne jedoch meiner Meinung nach die Grenze der Varietät zu überschreiten und als Art getrennt werden zu können. Die von Kowalevsky an der Küste des rothen Meeres beobachtete Form stimmt, wie ich mich aus der Untersuchung einiger mir gütigst übersandter Exemplare überzeugen konnte, mit der Nebalia von Neapel und Triest in allen wesentlichen Charakteren überein. Aus dem atlantischen Ocean konnte ich zwei Exemplare4) von Madeira vergleichen, von denen das grössere von 9 Millimeter Körperlänge ein jugendliches Männchen war, das kleinere, zwischen 7 und 8 Millimeter lange 1) Otto Fabricius, Fauna Groenlandica. 1780. 2) Von dieser Oertlichkeit erhielt ich durch die Güte des Museumsvorstandes in Bergen, Herrn Daniel ssen, eine Reihe gut erhaltener Weingeistexemplare, leider fehlten jedoch begattungsreife Männchen und trächtige Weibchen. J) Nye Dybvandscrustaceer fra Lofoten. Vidensk Selsk. Forhandlinger for 1869. 4) Ich verdanke dieselben der Freundlichkeit des Herrn Collegen Lütken in Kopenhagen, der mir auch einige Exemplare der grönländischen Nebalia gütigst übersandte. (120) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 121 Exemplar sich als ein noch unausgewachsenes Weibchen mit ein- gliedrigen Antennengeisseln erwies. Auch für diese atlantischen Formen ergab sich eine so vollständige Uebereinstimmung mit den mediterranen, dass ich über die Artidentität umsoweniger im Zweifel sein kann, als ich auch in der Darstellung, welche Packard von der an den Küsten von Labrador und Puget Sound gesammelten amerikanischen Nebalia gab, keine auf eine besondere Species hinweisenden Unterschiede aufzufinden vermag. Ich habe ferner Gelegenheit gehabt, Nebalien von den Küsten Japans zu vergleichen. Obwohl mir eine grosse Zahl von Exemplaren aus der Sammlung des Wiener Hofmuseums vorlag, fehlten leider begattungsreife Männchen und trächtige Weibchen. Die grösseren 8 bis 10 Millimeter langen Exemplare erwiesen sich als junge Männchen und ziemlich ausgebildete Weibchen, deren Vorder- und Hinterantennen meist lögliedrige Geissein trugen. Bei einer sonst grossen Uebereinstimmung mit der mediterranen und atlantischen Form traten doch einzelne Besonderheiten hervor, welche als Art- merkmale in Anspruch genommen werden könnten, nämlich geringe Grösse des Augenstieles im Verhältnisse zu dem umfangreichen Pi°;mentabschnitt, sowie der glatte Aussenrand am Schafte des 4. Pleopodenpaares. Auch mag ein sehr detaillirter Vergleich der Mundtheile und Beinpaare noch weitere kleinere Unterschiede zu Tage fördern, trotzdem aber scheint es mir kaum zweifelhaft, dass man die Unterschiede als Racen- und nicht als Artmerkmale auf- zufassen hat. Es schien mir sehr wichtig, auch Nebalien von den Küsten Chile's, von denen sich zwei Exemplare in der Schmarda'schen Abtheilung der Wiener Universitätssammlung fanden, vergleichen zu können. Beide Exemplare, das eine von 10, das zweite von 11 Millimeter Länge, sind trächtige Weibchen mit sehr ausgebildeten Borsten- fächern am Endgliede der Brustbeine. An dem grösseren Exem- plare ist die Geissei des Vorderfühlers 16gliedrig, die des Hinter- fühlers 17gliedrig mit kurzem Endgliede, an dem kleineren die Geissei des rechten Vorderfühlers 14gliedrig, die des linken 12gliedrig (die Geissei der 2. Antenne war beiderseits abgebrochen). Das auffallend langgestreckte Stielauge ist auch bei dieser Nebalie durch den Umfang des pigmentirten Sehabschnittes aus- gezeichnet, welcher sich fast über das ganze Auge erstreckt. Der Aussenrand des 4. Pleopodenschaftes besitzt hier aber die charak- teristische Zähnelung. Die Verhältnisse der Körpertheile stimmen mit der mediterranen Form im Wesentlichen überein , so dass ich (121) 122 C. Claus: auch die Nebalia von den Küsten Chile's nur als Varietät anzu- sehen vermag. Auch der Küstenfauna Australiens und Neuseelands scheinen Nebalien nicht zu fehlen, wie aus dem Funde eines Exemplares bei Dunedia Harbour hervorgeht, weiches Gr. Thomson1) als neue Art unter dem Namen Nebalia longicornis beschrieben hat. Leider sind jedoch Beschreibung und Abbildung für die Kenntniss der Einzelheiten im Körper- und Gliedmassenbau so un- zureichend, dass man die Form mit Sicherheit nur als ein begattungs- reifes Männchen bestimmen kann , ohne irgend welche Anhalts- punkte zu finden , welche über die Besonderheit der Art Ent- scheidung brächten. Denn die von Thomson als Artcharakter in Anspruch genommene Länge und Vielgliedrigkeit der 2. Antennen- geissel ist lediglich der bekannte Sexualcharakter der männlichen Geschlechtsform, mit welchem dieser Autor aus meiner 5 Jahre vor seiner Publication veröffentlichten Arbeit über das Nebaliamännchen wohl hätte bekannt gewesen sein können. Die Angabe, nach welcher die Schale die drei ersten Abdominalsegmente bedeckte und der Hinterrand des 3. bis 7. Abdominalsegmentes mit Spitzen besetzt sei, würde für die Zugehörigkeit der neuseeländischen Form zu dem engeren Typus alier von mir untersuchten Nebaliaformen sprechen, nur dass dann dem Autor das Vorhandensein der viel kürzeren Spitzenreihe am Rücken des 2. Abdominalsegmentes entgangen wäre. Systematisches. Erst seitdem durch Willemoes-Suhm eine zweite, sehr abweichende Nebalidenform bekannt und als Nebalia longipes beschrieben wurde , erscheint die Bestimmung der generischen Charaktere von Nebalia ausführbar, da jene Art in so zahl- reichen und bedeutenden Differenzen abweicht, dass sie einer besonderen Gattung, für die ich den Namen Paranebalia vor- schlug, zugetheilt werden muss. Die Gattungs-Charaktere von Nebalia würden demnach in folgender Weise bestimmt werden können : Di e Schal enklappen verbinden sich dorsalwärts an der hinteren Grenze des ersten Abdominal- segmentes, so dass derüückentheil der drei nach- folgenden, seitlich mehr oder minder bedeckten ') G. Thomson, On a new species of Nebalia from New-Zealand. Ann. of nat. bist. 5. ser. Tom. IV. 1879. (122) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 123 Abdominalsegmente zwischen den auseinander weichenden, schräg ventralwärts nach hinten ver- lauf en den Hinterrändern beider Schalenhälften theil- weise freiliegt. Vorderkopf mit zwei Stirnstacheln, welche an der Basis der Kopfklappe (Rostralplatte) schienenartig fixirt sind. Die acht Beinpaare der Brust ragen nicht über den Rand der Schalenklappen hervor. Die Endopoditen der Brustbeine deutlich geglie- dert, die des trächtigen Weibchens mit Borstenfächer. Exopodit flachtriangulär, am Rande mit vereinzelt stehenden Borsten. Epipodit halbmondförmig, in der Mitte eingeschnürt, fast ohne Randborsten. Die Geissei der zweiten Antenne im männlichen Ge- schlechte beträchtlich verlängert. Dem gegenüber würde die Gattung Paranebalia folgen der- massen zu charakterisiren sein : Die Schalenklappen vereinigen sich dorsalwärts in der mittleren Brustregion, so dass schon die hin- teren Brustsegmente zwischen den seitlich ausein- ander weichenden, schräg ventralwärts nach hinten verlaufenden Hinterrändern beider Schalenhälften frei liegen und vom Abdomen nur die Seitenflächen des ersten und theilweise auch des zweiten Segmentes bedeckt werden. Kopfklappe ohne die Einrichtung des Haltapparates, da die Stirnstacheln an der Dorsalseite des Vorderkopfes fehlen. Die deutlich gegliedertenEndopoditen derBrustbeine ragen über dem Rand der Schale frei vor. Exopoditen schmal, fast beinförmig verlängert, mit b orsten besetztem Aussenrande Die Epipoditen sind schmale, nach hinten gewendete, am äusseren Rande mit feinen Härchen besetzte Blättchen. DieGeisselder zweiten Antenne im männlichen Ge schlechte von der des Weibchens nicht wesentlich verschieden. Durch G. 0. Sars, welcher unsere Kenntniss von Para- nebalia durch eine eingehende genaue Beschreibung des Körper- baues dieser Thierform ergänzte und vervollständigte, wurde noch eine dritte, leider nur unvollständig erhaltene Nebalidengattung bekannt und als Nebaliopsis beschriebsn. Die Charaktere dieser dritten Gattung würden sich folgender- massen zusammenfassen lassen : (123) 124 C. Claus: Die Schalenklappen vereinigen sich dorsal wärts oberhalb des dritten Abdominalsegmentes ohne Incisur in der Weise, dass der Rücken nicht nur der Brust, sondern auch der zwei bis drei vorderen Ab- dominalsegmente von der Schale bedeckt wird. Die Hinterränder beider Schalenhälften divergiren ven- tral wärts nach vorn und lassen die Seitenflächen der abdominalen, sowie auch der hinterenBrustsegmente theilweiseunbe deckt. Brustabschnittunverhältniss- mässig verlängert, fast so lang als das Abdomen. Die Endopoditen der Brustbeine zu ovalen unge- gliederten Lamellen verbreitert, mit borstenbe- setztem Innenrande, am Aussenrande mit lang- gezogener Ansatzfläche der als schmale Lappen vorstehenden borstenlosen Exopoditen und Epipo- diten. Stielaugen kurz und pigmentlos, dementspre- chend auch die Kopfklappe verkürzt. Da von jeder der beiden letzten Gattungen nur eine einzige Art bekannt geworden ist, erscheint die Abgrenzung der Speeies- cbaraktere kaum durchführbar, insbesondere bei der ihrem Glied- massenbau nach unvollständig beschriebenen Nebaliopsis typica G. 0. Sars. Für Paranebalia longipes wird man als Speciesmerk- male Besonderheiten in dem Grössenverbältniss und der Gestaltung einzelner Körpertheile heranzuziehen haben und als solche vor- nehmlich folgende Charaktere hervorheben können: Kopfklappe in eine Spitze ausgezogen, kaum länger als die Stielaugen. Stielaugen vorn und an ihrer Aussenseite bestachelt. Geissei der Vorder- antenne kaum halb so lang als der dreigliedrige Stiel, die Länge der Nebenplatte etwa um das Doppelte übertreffend, meist fünf- gliedrig. Fortsatz am Endgliede des Stiels breit, am Aussenrand sägeartig gekerbt. Stiel der zweiten Antenne am Vorderrande des dritten sehr lang gezogenen Gliedes mit zwei vorstehenden Haken bewaffnet. Geissei meist sechsgliedrig , kürzer als der Stiel. Der Hinterrand des vorletzten und letzten Abdominalsegmentes ge- zähnelt. Hinterrand des Stieles der drei letzten zweiästigen Pleo- podenpaare sägeartig gekerbt. Dorsalende der rudimentären Pleo- poden abgestutzt und mit drei Dornen bewaffnet. Furcalglieder nicht ganz so lang als die drei vorausgehenden Abdominalseg- mente. Körperlänge ungefähr 6 Mm. Fundort: Barrengton Sound, Bermudas. (124) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 125 Von der Gattung Nebalia wurden bislang eine Reihe von Formen weit getrennter Fundorte als besondere Arten beschrieben, indessen sind sämmtliche Darstellungen der Autoren einer strengen Kritik gegenüber zum Nachweise der Artverschiedenheit unzu- reichend. Die durch bedeutende Körpergrösse, reichere Gliederung der Antennengeisseln und stärkere Bedornung der Pleopoden aus- gezeichneten hochnordischen Nehalien entsprechen dem Cancer bipes von 0. Fabricius, mit welchem Kroyer's Nebalia bipes und Leach's Nebalia Herbstii identisch sind. Die kleinere mediterrane Form, welche zuerst Risso bei Nizza ge- funden und als N. Straussi beschrieben hatte, weicht nicht wesentlich von der in der Bretagne von M. Edwards beobachteten und als N. Geoffroyi unterschiedenen Form ab, mit welcher auch die Nebalien Triest's und der Adria in allen wichtigen Merk- malen übereinstimmen. Ich habe eine grössere Anzahl grönländischer und norwegischer Nebalien näher verglichen, indessen keinen wesentlichen, zur Art- unterscheidung ausreichenden Charakter aufzufinden vermocht. Die Schnabel- und Schalenform des 2 — 16 Millimeter langen Leibes sind dieselben, desgleichen stimmt das Grössenverhältniss und die Be- zähnelung der Segmente, sowie die Gestalt der Gliedmassen überein. Auch zeigen die Antennen und die Mundtheile keine irgendwie er- hebliche Abweichung, da ich die meist grössere (übrigens zwischen 12 und 17 wechselnde) Gliederzahl der Geissein, ebenso wie die ver- mehrte Zahl von Borsten an den massiger gestalteten Kiefern als variabel befunden habe und daher nicht als belangreich betrachten kann. Ein begattungsreifes Männchen , welches ich untersuchen konnte, stimmte in der schlanken Körpergestalt, sowie in der Verlängerung der etwa 80gliedrigen zweiten Antennengeissel und der in Folge der vermehrten Riechschläuche buschig erscheinenden Vorderantennen überein. Umgekehrt bleiben die Nebalien von Neapel, soweit ich nach den mir vorliegenden Exemplaren zu urtheilen berechtigt bin , in Körperutnfang und Gliederzahl der Extremitäten hinter der adria- tischen Form beträchtlich zurück, ohne deshalb in irgend einem anderen Charakter specifisch abzuweichen. Ich habe trächtige Weibchen von 6 — 7 Millimeter Körperlänge mit lOgliedriger Vordergeissel , 13 — lögliedriger Geissei der hinteren Antennen, mit 5 und 6 Dornpaaren am Rande der äusseren Pleopodenäste beobachtet, die in allen wesentlichen Merkmalen mit der nordi- schen und adriatischen Nebalia übereinstimmten und nur als (125) 126 C. Claus: Formen einer im Wachsthum zurückgebliebenen schmächtigeren Race zu beurtheilen sind. Betrachten wir die hochnordischen, mediterranen, adriatischen und atlantischen Nebalien nur als geographische Abänderungen derselben Art , welche wir nach dem gemeinsamen Charakter des sägeartig gezahnten Randes der Abdominalsegmente als N. serrata bezeichnen könnten , so würden die Charaktere dieser Art etwa folgende sein: Beide Schalenhälften unter einspringender In- cisurüber d em ersten Abdominal segment vereint, die Seitenflächen der vier vorderen Abdominalsegmente mehr minder vollständig bedeckend. Kopfklappe schalenförmig gebogen, vorne abgerundet, weit über das Ende der Stielaugen hinausragend, etwa 2/5 so lang als der vereinte Dorsal rand beider Schalenhälften. Fortsatz am letzten Stielglied der Vor der antennen kurz, mit m ehr er en Stacheldornen bewaffnet. Neben- platte so lang als die 3 bis 4 proximalen Greissei- glieder. G-eissel 10— 17 gliedrig. Die zweite Antenne am Ende des zweiten Stielgliedes mit hakigem Fort- satz bewaffnet. Der Hi n t e rr and der Abdo m in al Seg- mente, mit Ausnahme des ersten und letzten Segmentes, sägeartig g e z ä h n e 1 1. Der Aussenrand des vierten Pleopo den schaft es mit 5 bis 6 zahnähnlichen Vor- sprüngen. Die Furcalglieder des Weibchens kaum so lang als die beiden vorausgehenden Segmente, die des begattungs reifen Männchens beträchtlich länger. Es war mir von grossem Interesse, dass auch die an den Küsten Chile's und Japan's gefundenen Nebalien in allen wesent- lichen Charakteren mit dem beschriebenen Typus übereinstimmen. Immerhin Hessen sich einzelne Besonderheiten nachweisen, welche vielleicht von anderer Seite als zur Artunterscheidung ausreichend betrachtet werden könnten, bei der chilenischen Form mit 14- bis 16gliedriger Vordergeissel und I7gliedriger Geissei der Hinter- antennen (des trächtigen Weibchens), die relativ grosse Ausdehnung des pigmentirten Sehabschnittes am Stielauge, die grössere (7) Zahl der Dornen am zweiten rudimentären Füsschen, bei der ') Voii der Stirne bis zum Ende des Furcalgliedes anter Ausschluss der Furcalborsten gemessen. (126) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 127 japaDesischen x) Form mit lögliedriger Vordergeissel und 14- bis 16gliedriger Geissei der hinteren Antenne, der in gleichem Um- fang hervortretende pigmentirte Sehabschnitt des Stielauges, die Grössa der Schalenklappen , welche sich auch über das fünfte Abdominalsegment ausbreiten, und der glatte unbezahnte Aussen- rand am Schafte des vierten Pleopodenpaares. Die grosse Conformität, welche in der speciellen Gestaltung der so entfernt lebenden, durch Meere und Continente getrennten Nebalien zum Ausdruck gelangt und es kaum möglich macht, scharf bezeichnete geographische Varietäten zu unterscheiden, dürfte wohl mit dem Aufenthalt und der Ernährungsweise, die überall auf ähnliche Lebensbedingungen hinweisen, sowie mit der erstaunlichen Lebenszähigkeit, welche ein Ueberdauern sehr un- günstiger Verhältnisse der Ernährung und der Beschaffenheit des Mediums ermöglicht, in causalem Zusammenhange stehen. Manchem liegt vielleicht die Annahme nahe, unserer so ver- breiteten und in nur geringen Varietäten abändernden Nebaliaart einen relativ jungen Ursprung zuzuschreiben , indessen haben wir, da bislang paläontologische Ueberreste von Nebalien in älteren oder jüngeren Formationen nicht bekannt wurden, keinerlei Anhaltspunkte für die Ableitung aus einer älteren Art oder Gattung. Andererseits weist der gesammte Typus der Organisation, wenn wir von Gattungs- und Artcharakteren abstrahiren, auf sehr alte ursprüngliche Ver- hältnisse hin, die sich eben in nur wenigen, vereinzelt dastehenden Gliedern in die Lebewelt erbalten haben, und gerade der beson- deren Gestaltung ihres zähen, die ungünstigsten Lebensbedingungen überdauernden Organismus ihre Erhaltung zu verdanken haben. Die nahen und unmittelbaren Beziehungen der Nebaliden zu den Malacostraken sind bereits bei der Darstellung der einzelnen Organsysteme in einer Weise hervorgetreten, dass ich es für überflüssig halte, auf dieselben noch einmal zurückzukommen. Wer trotz der nunmehr näher bekannt gewordenen Gestaltung des Magens und Darmes, des Herzens und Gef ässsystems , des Gehirnbaues und der Structur des Stielauges neben dem wesent- lich gleichen Zahlenverhältniss der Segmente und Gliedmassen, l) Die von Japan stammenden Nebalien, von denen ich eine grössere Zahl verschieden grosser Exemplare (leider fehlten begattungsreife Männchen und träch- tige Weibchen) vergleichen konnte, sind in der Sammlung des hiesigen Hofmuseums aufbewahrt. — Ich unterscheide dieselben als N. j apa n e nsi s , die chilenischen als N. chilensis, mögen sie nun geographische Racen der N. serrata sein, oder für besondere Arten gehalten werden. (127) 128 C. Claus: der übereinstimmenden Lage der Geschlechtsöffnungen , an der engeren Verwandtschaft mit den Phyllopoden oder gar Copepoden festzuhalten vermag , für den halte ich jede Argumentation für unnütz. Ich habe diese Beziehungen schon auf Grund -meiner früheren unvollständigen Untersuchungen in früheren Arbeiten, wie ich glaube, zutreffend gewürdigt, und insbesondere in den neuen Beiträgen zur Morphologie1) das Verhältniss von Nebalia zu den Malacostraken näher besprochen , so dass ich mich darauf be- schränken könnte, auf diese Darstellung einfach hinzuweisen, zumal der Versuch von Gr. 0. Sars, die Nebaliden als copepodiforme Phyllopoden zu deuten, meine ihm völlig unbekannt gebliebene Begründung in keinem Punkte abzuschwächen geeignet ist. Nach wie vor bleibt es freilich nach Massgabe des zur Zeit noch unzureichenden Materiales unmöglich, die Stellung scharf zu präcisiren, welche die Nebaliden, oder, wie ich dieselben als allgemeinere Gruppe bezeichnete, die Leptostraken neben den Malacostraken einzunehmen haben, theils mit Rücksicht auf die Werthschätzung des branchipodiformen Schwanzendes mit seiner grösseren Segmentzahl , theils wegen unserer gänzlichen Unbekanntschaft mit der besonderen Gliederung und Gestaltung des Körper- und Gliedmassenbaues der paläozoischen Ceratio- cariden , welche sich in dem Verhalten der Schild- oder Schalen- duplicatur und insbesondere deren Kopfklappe mit den Lepto- straken verwandt erweisen, indessen wiederum in der Form des Schwanzendes wesentlich abweichen. Betrachtet man die Sechszahl der Abdominalsegmente mit ihren sechs Gliedmassenpaaren und der Telsonplatte mit ihrer ventralen Afterspalte als massgebend für die Definition der Malacostraken , so wird man denselben die Leptostraken nicht unmittelbar einverleiben können. Beurtheilt man jedoch den Werth dieses Charakters nicht einseitig nach dem fertigen Zu- stande , sondern mit Rücksicht auf die Entwicklung , welche für das Abdomen und dessen Endstück noch jetzt ontogenetisch bei einzelnen Malacostrakengattungen bekannt geworden ist, so wird man die Bedeutung des Charakters in anderer Weise beurtheilen und die Leptostraken sehr wohl mit dem Mala- costraken begriff in Einklang zu bringen vermögen. In der That erscheint mir diese Deutung als die naturgemässe. Schon die zahlreichen Abweichungen und Reductionen , welche der Hinter- ») C. Claus, 1. c. 1885, pag. 83— 91. (128) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 129 leib in den verschiedenen Malacostrakengruppen erfährt, weisen darauf hin , dass diese bedeutenden Abänderungen unterworfene Körperregion sich aus ursprünglich variabelen , der Segmentzahl nach nicht fest begrenzten Zuständen entwickelt hat. Dass der Segmentzahl gerade der hinteren Leibesregion nur ein relativer Werth beizumessen ist, dürfte auch aus dem Vergleiche mit ähnlichen Schwankungen , welche die hintere Rumpfregion in anderen Thierkreisen unterworfen ist, hervorgehen, und aus dem Umstände sich erklären, dass bei metamerischen Thieren die Knospungszone neuer Segmente am Körperende liegt und hier die Neubildungen ihren Abschluss finden. In diesem Sinne deute ich eine Reihe zwar bekannter, aber meist unbeachtet gebliebener, jedenfalls ihrer Bedeutung nach nicht gewürdigter Eigenthümlich- keiten am Abdomen verschiedener lebender Malacostraken, welche meist als Abnormitäten betrachtet werden. Als solche hebe ich die beweglichen Seitenstacheln am Telson der Euphausiden x) und die Sonderung des sechsten Abdominal- segmentes von Gnathophausia2) in zwei Segmente hervor, in deren Folge das Abdomen dieser Gattung aus sieben Segmenten und dem Telson zusammengesetzt zu sein scheint. Jene Stacheln entsprechen offenbar den zwei Seitenstacheln, welche am unpaaren, dem Telson zu vergleichenden Schwanzstachel der fossilen Gattungen Ceratio- caris und Dithyrocaris vorhanden sind und in noch vermehrter Zahl am Leibesende der älteren Gattungen Hymenocaris und Peltocaris auftreten. Wahrscheinlich haben diese beweglich ein- gefügten Seitenstacheln morphologisch den Werth vereinfachter Gliedmassen, deren Zahl in der hinteren Leibesregion noch eine grössere war. Und hiermit würde auch die Zurückführung des Telsons auf ein indifferentes, aus mehreren Segmenten oder deren Anlagen zusammengezogenes Terminalstück des Rumpfes im Ein- klang stehen. Andererseits würde die vermehrte Gliederung des Abdomen bei Gnathop h ausia den Schluss gestatten, dass die beiden dem Telson vorausgehenden Glieder, von denen der letzte den Fächeranhang trägt, nicht mehr den Werth zweier Segmente haben, da von einer entsprechend vermehrten Zahl der Ganglien nichts bekannt geworden ist. Auch beiNebaiia würde x) C. Clans, Heber einige Schizopoden und andere Malacostraken Messinas. Zeitschr. für wiss. Zool. 1863, Tom. XIII, pag. 449 u. 451, Fig. 43. -) Willemoes-Suhm, On some atlantic Crustacea from the „Challenger" Expedition. Transactions of the Litm. Soc. of London. 1875, Vol. I, pag. 31, Taf. IX, Fig. 1. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 1. 9 (129) 130 C. Claus: die Zahl der Hinterleibssegmente, obgleich auf die sechs Glied- massen tragenden Segmente noch zwei Körperringe mit den Furcal- ästen folgen, da nur in jenen Ganglienknoten vorhanden sind, thatsächlich keine grössere sein, und das aus den zwei letzten Körperringen und den Furcalästen zusammengesetzte Schwan- zende dem Telson entsprechen. Ebensowenig wie das Telson be- sitzen die beiden letzten Schwanzringe von Nebalia Ganglien, wenn auch, wie ich oben (pag. 51) gezeigt habe, im Embryo und Larvenleib (Taf. VII, Fig. 7) eine kleine Anschwellung im glied- massenlosen siebenten Segmente vorhanden ist. Die Anlage eines siebenten Abdominalganglions, welche im Laufe der weiteren Ent- wicklung wieder rückgebildet wird, tritt nun auch bei Sphaeroma unter den Isopoden auf und dürfte wahrscheinlich unter den Malacostraken eine weitere Verbreitung haben. Dieselbe scheint mir im Vereine mit ihrer alsbald erfolgenden Rückbildung als zutreffender Beleg für die Richtigkeit der von mir versuchten Zurückführung. Die branchipodiforme Endigungsweise des Abiomens von Nebalia mittelst zweier langgezogener Furcalglieder, welche beim ersten Blick für die Zugehörigkeit zu den Phyllopoden spricht, hat mit Rücksicht auf die von mir beschriebene Entwicklung des Telsons von P e n a e u s und Sergestes mit ganz ähnlichen Furcal- anlagen imStadium der Protozoea umso weniger entscheidendenWerth, als die After Öffnung bereits die für die Malacostraken charak- teristische Lage an der Ventralseite des Endgliedes aufweist. Wenn wir lediglich auf Grund der jetzt lebenden Nebaliden- gattungen, deren Bau und Organisation uns näher bekannt geworden ist, den Begriff der Leptostraken bestimmen, so würde mit der gegebenen Zurückführung des branchipodiformen Hinterleibsendes das Hinderniss beseitigt sein, welches der Vereinigung derselben mit den Malacostraken entgegenstünde und man würde dieselben in die drei Abtheilungen Leptostraca, Arthros traca, Thoraco- straca einzutheilen berechtigt sein. Nun aber ergibt sich eine neue Schwierigkeit aus den verwandtschaftlichen Beziehungen der Nebaliden zu den fossilen C e r a t i o c a r i d e s, auf welche schon vor langer Zeit zuerst Salter hingewiesen hatte. Vor Allem bezeugt die Uebereinstimmung in dem Besitze einer beweglich abgesetzten Kopfklappe, welche in keiner anderen bekannten Crustaceengruppe wiederkehrt, die Verwandtschaft der Nebaliden und C erat io- cariden !) und ihre Zugehörigkeit zu einer einheitlichen, sehr *) C. Claus, Zeitschr. für wiss. Zoolog. Tom. XXII, 1. c. pag. 329, 330- Crusta- ceensystem, 1. c. pag. 24, 105. Neue Beiträge zur Morphologie 1. c. pag. 86. (130) Organismus der Nebaliden und systematische Stelling der Leptostraken. 131 alten Formenreihe. Auch ich habe es seinerzeit nicht unter- lassen, diese Beziehungen zu jenen ältesten paläozoischen Ueber- resten hervorzuheben und dieselben als G-lieder eines sehr alten Crustaceenzweiges x) zu betrachten, welcher durch die Nebaliden zur Gestaltung des Malacostrakentypus führte. Viel weiter ist Packard gegangen, wenn er die Nebaliden mit ihren paläo- zoischen Verwandten zu einer Gruppe vom Werthe der Ordnung als Phyllocarida vereinigte. Indessen ist uns derselbe den Beweis für die Berechtigung zu einem so engen Verbände dieser Formen- gruppen schuldig geblieben. Als gemeinsamer Charakter desselben ist uns doch kaum mehr als der beweglich abgesetzte sogenannte Rostralfortsatz bekannt, von welchem ich gezeigt habe, dass er einem besonderen als Kopfklappe bezeichneten Schalenstück ent- spricht. Wenn durch diesen wichtigen Charakter auch die Zuge- hörigkeit in eine gemeinsame alte Crustaceenreihe wahrscheinlich gemacht ist, so folgt doch noch nicht die Uebereinstimmung in der Organisation und Körpergliederung, sowie im Gliedmassenbau, noch weniger aber das gleiche Zahlenverhältniss der Segmente und Gliedmassen, welches bei den Nebaliden mit dem der Malacostraken zusammenfällt. Nicht nur , dass für das Vorhandensein gestielter Augen keine Anhaltspunkte vorliegen, auch die Gestaltung der Antennen, Kiefer und Beinpaare könnte ja eine sehr abweichende und die Zahl der letzteren, sowie der Abdominalsegmente eine andere und selbst für die einzelnen Gattungen verschiedene gewesen sein. Dann aber würden wir kaum berechtigt sein , die durch die bewegliche Kopfklappe der Schale charakterisirte Gruppe dieser paläozoischen Crustaceen, die wir als Archaeostraken be- zeichnen könnten, mit den Leptostraken in eine Ordnung zu vereinigen, umsoweniger, als uns die innere Organisation ganz un- bekannt geblieben ist und das Hinterleibsende bemerkenswerthe Abweichungen zeigt. Allerdings wird auch für die Familien der Phyllopoden, die man als eine Ordnung der Entomostraken betrachtet, ein überaus schwankendes Zahlenverhältniss in den Körpersegmenten und Beinpaaren beobachtet, indessen konnte doch die grosse Uebereinstimmung in der Organisation und im Baue der Mundwerkzeuge für die Zugehörigkeit in die gleiche Ordnung verwerthet werden. Wollten wir eine solche Ueberein- stimmung auch für die als Ordnung der Phy llocariden im ') Ä. S. Packard, The Nebaliad Crustacea as types of a new order. American Naturalist. 1879. 9 * (130 132 C. Claus: Sinne Packard's vereinigten Archaeostraken und Lepto- straken voraussetzen, so würden wir dieselben doch nicht als Abtheilung unter den Malacostraken aufnehmen können , da die Uebereinstimmung der Archaeostraken auch in dem für jene charakteristischen Zahlenverhältnisse der Segmente und Glied- massen sehr problematisch und in Hinblick auf die zum Ver- gleiche auffordernden Phyllopoden höchst unwahrscheinlich sein dürfte. Unter solchen Verhältnissen werden wir zwar dieLepto- straken, das heisst die für die Nebaliden aufgestellte Abtheilung, welche sich nach Körperbau und Organisation so vollständig als Malacostraken erwiesen haben , mit diesen vereinigen , die ver- wandten Archaeostraken aber trotz ihrer Zugehörigkeit in die gleiche Entwicklungsreihe zur Zeit nicht mit einzubeziehen be- rechtigt sein. Resume der allgemeinen Ergebnisse. 1. Unter den zu einer Art gehörigen Nebalien hat man folgende Formen zu unterscheiden : a) Begattungsreife Männchen, kenntlich an der schlanken, gestreckten Körperform, den langen Furcalgliedern, buschigen Geissein der Vorderantennen und stark verlängerten Geissein des zweiten Antennenpaares, b) Trächtige Weibchen mit Borstenfächer am Terminalglied eines jeden Brust- beines, c) Geschlechtsreife Weibchen und jüngere Weibchen ver- schiedener Grösse mit kurzem Borstenbesatze am Terminalgliede der Brustbeine, d) Jugendliche Männchen verschiedener Grösse, kenntlich an den kurz geringelten Geisseigliedern der zweiten Antenne, e) Larven mit dreigliederigen Antennengeisseln und noch einfachem vierten Pleopodenpaare. 2. Die nordische als N. bipes 0. Fabr. beschriebene Form ist eine durch grössere Dimensionen des Körpers und reichere Gliederung der Antennengeisseln ausgezeichnete Varietät der adriatischen, mediterranen und atlantischen Nebalia, mit welcher auch die Nebalien von der Ostküste Nordamerikas zusammen- gehören. 3. Auch die von mir untersuchten Nebalien von den Küsten Chiles und Japans (sowie wahrscheinlich auch die als N. longi- cornis beschriebene Nebalia Neu-Seelands) zeigen so geringe und untergeordnete Abweichungen, dass sie mit grösserem Rechte als Varietäten der gleichen Art, denn als besondere Species zu be- trachten sind. (132) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 133 4. Die sogenannte Rostralplatte entspricht einem dritten als Kopfklappe beweglich abgesetzten Schalenstücke, welches zwei Rostralfortsätze des Kopfes bedeckt und mit diesen in derartiger Verbindung steht, dass durch die Hebung des Kopfes auch die Kopfklappe der Schale emporgehoben wird. 5. Die zwei letzten Segmente des Abdomens nebst der branchi- podiformen Furca entsprechen dem sogenannten Telson der Mala- costraken, mit dem sie auch die ventrale Lage des Afters am Endsegmente gemeinsam haben. 6. Die complicirte Structur des Gehirns, welche sich weit über die der Phyllopoden erhebt, weist auf die Zugehörigkeit zu den Malacostraken hin. 7. Das Mittelhirn mit den Centren des Riechnerven stimmt in dem Vorhandensein der sogenannten „Glomeruli olfactorii" mit den Lobi olfactorii der Isopoden und Podophthalmen überein. 8. Das Hinterhirn (Ganglien des zweiten Antennenpaares) liegt an der Schlundcommissur und besitzt eine schwache suboeso- phageale Quercommissur vor der Commissur des Mandibel- ganglions. 9. Die Mandibel- und Kieferganglien sind wie beiApseudes und S phaerom a wohl gesondert, ebenso die Ganglien der Brust- segmente. 10. Hinter den sechs Abdominalganglien wird im Embryo und Larvenleibe noch die Anlage eines siebenten Ganglions (wie bei Sphaer oma) nachgewiesen, die später rückgebildet wird. 11. An der Medialseite des Stielauges findet sich unterhalb zweier Höcker ein besonderes Sinnesorgan unbekannter Function (Frontalorgan?). 12. Der feinere Bau des facettirten Stielauges und seines Augenganglions steht dem der Mysideen am nächsten. 13. In dem Kaumagen findet sich, wie bei den Malacostraken, ein complicirter Apparat von Chitinbildungen, bestehend aus zwei walzenförmigen Cardiacalkiefern, einer rechtsseitigen Borstenleiste, zwei Paaren pyloricaler mit Borsten besetzter Blätter und eine weit in den Dünndarm hineinragende Trichterrinne. 14. Die Leber besteht aus zwei vorderen, in den Kopf ein- tretenden Schläuchen und drei Paaren von hinteren bis in die letzten Abdominalsegmente reichenden Schläuchen. 15. Mitteldarm und hintere Leberschläuche sind in eine peri- viscerale , auch die Sexualdrüsen umlagernde Bindegewebsmasse eingebettet, deren Zellen von Fettkugeln erfüllt sind und für (133) 134 C. Claus: die Regulirung der Ernährung zur Zeit der sistirten Nahrungs- aufnahme grosse Bedeutung haben. 16. Trächtige Weibchen, sowie begattungsreife Männchen verbrauchen die in diesem Gewebe deponirten Nährstoffe allmälig, so dass schliesslich nach Schwund der Fettkugeln der periente- rische Zellenstrang einschrumpft, während die Bluträume der Leibeshöhle in gleichem Masse erweitert erscheinen. 17. Am Ende des Mitteldarmes mündet ein unpaarer, ober- halb des Afterdarmes gelegener Blindsack ein, dessen hohe Cylinder- zellen sich weit nach vorne an der dorsalen Darmwand fortsetzen. 18. Ausser der Antenn en drüse ist auch eine kleine, fast ganz auf das Endsäckchen reducirte Schalendrüse vorhanden, in welcher sich , wie in dem Endsäckchen jener , nach Carmin- fütterung Carminkörnchen ablagern. Die fehlenden Schleifengänge werden durch 8 Paare von Beindrüsen ersetzt, welche sich nach Indigocarrainfütterung blau färben. 19. Das Herz erstreckt sich von der Maxillarregion durch den ganzen Mittelleib bis in das vierte Segment des Abdomens und ist von 7 Ostienpaaren durchbrochen, von denen das 4. bis 6. kleine, an der Dorsalseite gelegene Spalten sind, die übrigen der rechten und linken Seitenfläche angehören. Ausser einer vorderen und hinteren Aorta finden sich verzweigte Arterien in beiden Antennenpaaren und im Abdomen. 20. Die Ausführungsgänge der Sexualdrüsen verhalten sich nach Lage und Mündung wie die der Malacostraken. 21. Die Weibchen tragen Eier und Brut an der Brustseite des Thorax zwischen den lamellösen Beinpaaren und deren Borsten- fächern wie in einem von Wasser durchströmten Korb mit sich herum und bergen auch die ausgeschlüpften, sich häutenden Larven noch längere Zeit in diesem Brutraume. 22. Die Leptostraken sind als erste Hauptabtheilung unter den Malacostraken aufzunehmen. 23. Die fossilen Archaeostraken (Ceratioc ariden und verwandten Crustaceengattungen) gehören zwar, nach dem Besitze der beweglichen Kopfklappe zu schliessen , mit den Leptostraken in die gleiche Entwicklungsreihe , sind mit diesen aber nicht in der- selben Ordnung zu vereinen, da die Organisation, Gestaltung der Mundtheile und Gliedmassen , sowie das Zahlenverhältniss der Segmente sehr abweichend gewesen sein können. (134) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptost raken. 135 Die Literatur über Nebaliden. Otto Fabricius: Fanna Groenlandica. 1780. J. Herbst: Versuch einer Naturgeschichte der Krabben und Krebse. Tom. II, 1796. 0. Montagu: Descriptions of severae new and rare animals discovered on the southcoast of Devonshire. Transactions of the Linnean society. IX, 1813. W. Leach: Naturalists miscellany. 1814. H. Milne-Ed wards: Memoire sur quelques Crustaces nouveaux. 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Rudi- mentärer Pleopod des 6. Paares. AD. Afterdarm. OL. Oberer Leberschlauch. B1D. Blinddarm. Ov. Ovarium. C. Herz. N. Nervensystem. K. Kopfklappe. SM. Schalen- muskel. ADr. Antennendrüse. Fg. Furcalglied. Die Epipodiallamellen sind beträcht- lich zu klein dargestellt, da sie die 8 Beindrüsen bedecken. Fig. 2. Männchen derselben Form im Siadium der Geschlechtsreife. MT. Mandibeltaster. T. HodeD. K. Kopfklappe im erhobenen Zustande. Fig. 3. Aus dem Brutranm austretende Larve, etwas stärker vergrössert Der vierte Pleopod Plp4 noch rudimentär. Fig. 4. Vordere Antenne des Weibchens, stärker vergrössert, von der lateralen Seite dargestellt. Fig. 4'. Zapfenförmiger Vorsprung am Ende des vierten Schaftgliedes, sehr stark vergrössert. Fig. 5. Vordere Antenne des Männchens, von der medialen Seite dargestellt. Fig. 5'. Zapfenförmiger Vorsprang am Ende des vierten Schaftgliedes , sehr stark vergrössert. Fig. 6. Vordere Antenne der Larve, unter starker Vergrösserung. Taf. II. Fig. 1. Zweite Antenne der Larve von Nebalia Geoffroyi, sehr stark vergrössert. Fig. 2. Der Schaft der linksseitigen zweiten Antenne mit Ausschluss der Geissei eines ausgebildeten Weibchens, von der lateralen Seite dargestellt. ADr. An- tennendrüse. Fig. 3. Die rechtsseitige zweite Antenne eines ausgebildeten Weibchens, von der medialen Seite dargestellt, schwächer vergrössert. Fig. 4. Die Antennengeissel einer weiblichen Jugendform von 21 ,'., Mm. Länge. Fig. 5. Dieselbe eines ebenso grossen jungen Männchens. Fig. 6. Dieselbe eines jugendlichen Weibchens von 41/-, Mm. Länge. Fig. 7. Die Geissei der hinteren Antenne eines jugendlichen, etwa 5 Mm. langen Männchens. Die eingeklammerten Zahlen bezeichnen die den einzelnen Geissei- gliedern der weiblichen Antenne entsprechenden Abschnitte. Fig. 8. Dieselbe eines fast ausgewachsenen Männchens vor dem Uebergang in den geschlechtsreifen Zustand. Fig. 9. Basalstück (a) und oberes Stück (b) der Geissei der hinteren Antenne des ausgebildeten Männchens mit den Sinnesschläuchen. Fig. lö. Rechtsseitige Mandibel mit Taster. Fig. 11. Linksseitige Mandibel mit Taster. Fig. Iz. Der Molarfortsatz des Coxalstückes sowie der Zahnfortsatz nebst härchentragenden Saum, stärker vergrössert. Taf. III. Fig. 1. Reibfläche des Molarfortsatzes der rechtseitigen Mandibel, sehr stark vergrössert. P. Poren. (136) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 137 Fig. 2. Dieselbe vom Molarfortsatze der linksseitigen Mandibel. Fig. 3. Die Maxille des ersten Paares mit dem als Putzfuss fongirenden Taster. Fig. 4. Die obere (distale) Lade derselben nebst Tasteransatz , stärker ver- größert, von der inneren (dem Munde zugekehrten) Seite dargestellt. Fig. 5. Dieselbe von der äusseren Seite dargestellt. Fig. 6 a, b, c. Die Borstenformen derselben, stärker vergrössert. Fig. 7. Die obere Maxillarlade des geschlechtsreifen Männchens. Fig. 8. Die Maxille des zweiten Paares von Nebalia Geoffroyi, massig stark vergrössert. Fig. 9. Die beiden Laden der vorderen Maxil la nebst Tasterstück von Para- nebalia longipes. Fig. 10. Vorderes Brustbein eines zur Brutproduetion reifen Weibchens. Ep. Epipodialplatte. BF. Borstenfächer am Endgliede des Hauptastes Ex. Exopo- dialplatte. RR. Randständige Borstenreibe. SR. Seiteureihe. NR. Nebenreihe. Fig. 11. Die drei Endglieder des Hauptastes vom vorderen Brustbeine eines ausgebildeten aber nicht trächtigen Weibchens. Taf. IV. Fig. 1. Endstück des 5. Brustbeines einer weiblichen Jugendform, das vor- letzte und drittletzte Glied noch nicht getrennt. Fig. 2. Drittes Brustbein eines trächtigen Weibchens von der hinteren, bei normaler nach vorn geschlagener Lage, unteren Seite gesehen. ZB. Zwischenborsten am Schaftstücke. LB. Laterale Borsten der Endglieder. RR. Randständige Borsten- reihe. NR. Nebenreihe. B1C. Blutcanal. R. Raphe. Fig. 3. Endabschnitt des vorderen Brustbeines eines geschlechtsreifen Männ- chens. Das vorletzte und drittletzte Glied bleiben vereinigt. Die Borsten kurz. Fig. 4. Endopodit und Schaft des letzten Brustbeines eines reifm Männchens. Das vorletzte und drittletzte (314) Glied bleiben vereinigt. Fig. 5. Letztes (8.) Brustbein eines reifen Weibchens. Buchstabenbezeichnung wie Fig. 2. Fig. 6. Endopodit des achten Brustbeines eines Weibchens nach Verlust des Borstenfächers, mit den beiden Muskelgruppen der gesonderten Glieder. Nur zwei Lateralborsten siud vorhanden. Fig. 7. Terminalstück des 8. Brustbeines eines jugendlichen Weibchens. Vor- letztes und drittletztes Glied noch nicht getrennt. Fig. 8. Pleopod des zweiten Paares von einem ausgewachsenen Weibchen. Ret. Anhang mit Retinaculnm. Taf. V. Fig. 1. Endstück des Aussenastes vom ersten Pleopodenpaar eines reifen Männchens mit den drei an der Basis verbundenen Terminalborsten und den einfachen lateralen Dornen. Fig. 2- Die laterale Dornreihe nebst den vier paarweise stärker entwickelten Enddornen, stärker vergrössert. Fig. 3. Dornen der lateralen Reihe vom Aussenaste des ersten weiblichen Pleopodenpaares, stark vergrössert. Fig. 4. Fünfter Pleopod des geschlechtsreifen Männchens. M. Muskel, welcher das Basalglied medialwärts bewegt. Fig. 5. Sechster Pleopod desselben. (137) 138 C. Claus: Fig. 6. Fünfter Pleopod «les Weibchens. Fig. 7. Sechster Pleopod desselben. Fig. 8. Kopiklappe (K) der Schale von der Dorsalseite aus gesehen. W. Basaler Wulst derselben mit seitlichen Schienen, um welche sich die umgebogenen Seiten- ränder der beiden Stirnstacheln (St) des Kopfes legeD. BIG. Medianer Blutcanal mit seinen Ramificationen. 0. Stielaugen. Fig. 9. Kopfklappe (K), Kopfhöcker (Kn) mit Stirnstachel und Stielaugen (0.) bedeckend, von der Seite dargestellt. R. Yoiderrand der linken Schalenklappe. W. Basaler mit Fettgewebe eifülller Wulst der Klappe. Schienen und Stirnstachel ausser Verband. Fig. 10. Querschnitt durch den basalen Wulst (W.) der Kopfklappe und die von derselben bedeckten Stielaugen. Ost. Stielauge mit dem Ganglion opticum (Go.). St. Stirnstacheln = Rostralstacheln, anf den Seitenschienen des Wulstes beweglich. Fig. 11. Querschnitt vor der Einlenkung der Kopfklappe. Kh. Kopfhöcker, welcher dachartig über die Basis der Augenstiele vorspringt und nach vorn sich in die Stirnstachel fortsetzt. A'. Vordere Antenne. Fig. 12. Oberlippe und Unterlippe von der freien Unterseite dargestellt, in natürlicher Lage. Ol. Oberlippe. Ul. Platten der Unterlippe. Pgn. Paragnathen. Klw. Kielförmiger Medianwulst des 2. Maxillarsegmentes. Fig. 13. Oberlippe von der inneren dem oralen Atrium zugekehrten Seite dargestellt. Ep. Epipharynx in der Tief* des Atriums. HW. Härchenbesetzte Wülste im vorderen Theile des Torraumes, stärker vergrössert. Fig. 14. Unterlippe nebst Hypopharynx (Hp.) in der Tiefe des Atriums nach Entfernung der Oberlippe. Fig. 15. Lippen und Atrium in Zusammenhang mit dem Oesophagus und Magen, von der linken Seite dargestellt. Ol. Oberlippe. Ul. Unterlippe. Atr. Atrium. Ep. Epipharynx. Hp. Hypopharynx. Oes. Speiseröhre. Dz. Dorsaler Zapfen derselben vor dem Eingange in den Magen. Br. Borstenreihe (der rechten Seite). Kw. Kiefer- wulst. Bp'. Bp". Die beiden Borstenplatten. DrS. Ventrales Drüsensäckchen. Tr. Trichter. M. Mnskelwand. Taf. VI. Fig. 1 — 7. Horizontalschnitte durch das Gehirn von Nebalia Geoffroyi, Haitn. Syst. 2 (bei ausgez. Tubus), mittelst Camera von Oberhäuser gezeichnet, nicht ganz 90fach vergrössert. Fig. 1. Ventraler Horizontalschnitt oberhalb der Oberlippe. VMi. Vorderes Mai-klager des Vorderhirns. FrG. Frontales Ganglienlager desselben. Lol. Olfactorius- Anschwellung. A', A" Durchschnitte durch die Basis der beiden Antennen. Fig. 2. Nächst höherer Schnitt dnrch die Gangliendecken und Maiklager des Vorderhirns (VH.) und Mittelhirns (MH.). A'M. Mu-keln der vorderen Antennen, A"M. Muskeln der hinteren Antennen. Fig. 3. Höherer Schnitt, welcher auch die medialen Ganglienlager des Mittel- hirns und die vordere Hälfte des Hinterhirns (HH.) trifft. 0. Basis der Stielaugen mit dem in das Augenganglion einstrahlenden Nervenfasern. VMI. Vorderes Marklager. SM1. Seitliches Marklager des Vorderhirns. CB1. Centraler Biudegewebsbalken. Ca. Vordere Commissur. MGI. Seitliche Ganglienkappe des Mittelhirns. Fig. 4. Höherer Schnitt. Vßl. Vorderes Bindegewebslager. CK. Centralkörper vor dem Bjndegewebsbalken zwischen den seitlichen Marklagern •les Vorderhirns. A"G. Vordere Haltte des Hinterhirns mit dem seitlichen und medialen Zellenbelag des Antencenganglions. Die übrigen Buchstaben wie in Fig. 3. (138) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 139 Fig. 5. Nächst höherer Schnitt. Auch der hintere die Schlundcommissur bildende Abschnitt des Hinterhirns ist getroffen mit dem seitlichen und medianen Ganglien- belag, welchen man als Commissurenganglion (nach Analogie von Astacus) bezeichnen könnte. An der medialen Seite desselben treten die unteren Dilatatoren (Mdi.) zum Schlünde. A"Nd. Der seitliche dorsal aufsteigeude Nerv der 2. Antenne. HM1'. Vor- deres Marklager des Hinterhirns. HM1". Hinteres Marklager desselben am Com- missurenganglion. Die seitlichen Marklager des Vorderhirns sind durch queie Faser- züge verbunden, vor denselbeu sieht man die sich kreuzenden Fasersysteme im Vorderhirn. Fig. 6. Nächst höherer Schnitt durch die dorsale Region des Gehirns. Cp. Hintere Commissur des Mittelhirns. Vor derselben der mediane Spaltraum mit inter- cerebralem Bindegewebe und einem quer ausgespannten hantelförmigeu Körper (SK). M. Mnskel zur Seite des Hinterhirns, welchen der seitlich dorsal aufsteigende An- tennennerv (A"Nd.) umzieht. A"G. Hintere dem Commissurenganglion entsprechende Partie des Antennengan^lions. Fig. 7. Höherer Transversalschnitt, nahe der dorsalen Oberfläche des Gehirns geführt. MGd. Dorsale Partie des medianen Ganglienbelags am Mittelhirn. GFb. Gekreuzte Faserbündtl, wahrscheinlich zum Chiasma der zum Gangliuni opticum tretenden Nervenzüge gehörig. Sk. Der transversale bindegewebige Körper im medianen Spaltraum. Mdg. Mandibelganglion. Md. Mandibel. Linksseitig sieht man die Verlängerung der Schlundcommissur zum Mandibelganglion getroffen und median einen Thcil des aufsteigenden Schlundes und des Atriums mit den beiden Mandibel- laden geöffnet. Ch. Medianer Chitinwulst. Fig. 8, 10 — 12. Querschnitte durch das Gehirn nebst umgebenden Theilen des Kopfes von Nebalia, uuter der Camera bei gleicher Vergrösserung. Fig. 8 Querschnitt durch die vordere Gegend des Vordeihirns und die beiden Vorderfühler. VB1. Vordere Bindegewebseinlagerung. Fb. Faserbündel, welche zu den Stielaugen gehören. VGi. Unteres frontales Ganglienzellenlager. Fig. 9. Ganglienzellen aus dem unteren frontalen Ganglienzellenlager. Hartn. VIII. Ocul. 3. Fig. 10. Schnitt durch die mittlere Gegend des Vorderhirns und die Vorder- fühler. VGL Seitliches Lager des Vorderhirnganglions. CK. Ceutralkorper. L. Vor- derer Leberschlauch. Fig. 11. Querschnitt durch die hintere Gegend des Vorderhirns und die vordere des ilittelhirns, schräg von hinten und oben nach vorne und unten (ventral) geführt. MGI. Seitliches Ganglienlager des Mittelhirns. Cp. Hintere Commissur. Bz. Bindegewebswucherungen in der medianen Lücke zwischen Mittel- und Vorder- hirn. Cs., Ci. Obere und untere Commissurenfasern im Vorderhirn, dazwischen binde- gewebige Querbalken. VGL Seitliches Ganglienlager des Vorderhi'-ns. JIGm. Mediales Ganglienlager desselben in der Verlängerung des frontalen Lagers auf die Lobi olfactorii sich fortsetzend. A'N. Fühlernerv. Fig. 12. Querschnitt durch das Mittelhirn und die Lobi olfactorii desselben, sciiräg von hinten und oben nach vorn und unten (ventral) geführt. MGd. Dor- sales Ganglienlager an den Medialseiten der hinteren getrennten Stämme des Mittel- hirns. DF. Dorsale Faserzüge desselben, Lol. Lobi olfactorii mit den charakte- ristischen Punkthaufen (Glomeruli olfactorii). Ba. Bindegewebszüge in der Achse desselben. MB. Mediale Nervenbündel. LB. Laterale Nervenbündel. (139) 140 C. Claus: Taf. VIT. Fig. 1 — 4 Und 6. Verticale Querschnitte durch das Gehirn nebst umgebenden Theilen. Vergrösserung wie die Schnitte auf Taf. VI. Fig. 1. Schnitt durch den vordersten Theil des Kopfes am Ursprung der Stielaugen. Kb. Frontaler Kopfhöcker als Basis der median vereinigten Rostral- stacheln. Go. Ganglion opticum. Fig. 2. Querschnitt durch den Vorderkopf an der vorderen Grenze der Fühlerinsertion hinter dem Ursprung der Stielaugen. FrG. Frontales Ganglion. KM. Insertion der Muskeln, welche vermittelst des Vorderkopfes und der Stirnhöcker die Kopfklappe heben. Fig. 3. Schnitt durch das Vorderhirn mit den Frontalganglien und vorderem Marklager. Auf diesen Schnitt folgen die in Fig. 8 und 10, Taf. VI, abgebildeten Querschnitte. Fig. 4. Ventraler Schnitt durch die Grenzregion von Vorder- und Mittelhiru. SK. Hanteiförmiger Sehnenkörper am Ende des canalförmigen Spaltraumes. ZH. Trichterförmige Erweiterung desselben über den beiden Lobi olfactorii. Fb. Gekreuzte Faserbündel in der dorsalen Region des Vorderhirns. Ba. Bindegewebe im Centrum der Lobi olfactorii. MGI. Vorderende der lateralen Gangliendecke des Mittelhirn. Fig. 5. Die Contouren des als Blutlacune zu betrachtenden Trichterraumes mit dem Sehnenkörper (SK.) und Bindegewebseinwucheruug, stärker veigrössert. Fig. 6. Querschnitt durch die vordere Partie der Hirnschenkel am Ursprünge der beiden Nerven der Hinterantenne. A"Nd. Seitlicher dorsal aufsteigender Nerv, welcher die dorsalen Muskeln des Kopfes und der Antennen versorgt. A"Nv. Vor- derer in die Antenne eintretender Nerv. M. Muskeln, welche der erstere umzieht VL. Vorderer Leberschlauch. HGm. Mediane Ganglienzellenhaufen des Hinterhirnes. HG1. Laterale Ganglienzellenhaufen desselben. Fig. 7. Abdominaler Theil der Ganglienkette einer aus dem Brutraum aus- schlüpfenden Larve, sehr stark vergrössert. Plp4., Plp5., Plp6- Die drei hinteren Pleopodenpaare. G1 bis G7. Die 7 Ganglien des abdominalen Theiles der Bauchkette, von der rechten Seite dargestellt. Fig. 8', 8", 9. Sagittalschnitte durch das Nervensystem von Nebalia mit Hilfe der Camera dargestellt. Vergrösserung wie vorher, etwa 90fach. Fig. 8'. Nahezu median geführter Schnitt durch das Gehirn und die Ganglien- kette der Kiefer und Brustsegmente. K. Kopfklappe der Schale. FrG. Frontales Gang- lion. Lol. Lobus olfactorius, über demselben der trichterförmige Spaltraum. Ol. Ober- lippe. Md. Kautheil der Mandibel in der Atrialhöhle. Oes. Oesophagus. A"C. Antennen- commissur. M. Muskel, welcher von der Sehne des Masseters entspringt, zwischen Maxillen- und Mandibelganglion hindurchtritt und sich an den Hypopharynx an- heftet. S'. Querschnitt durch die Sehne des Schalenmuskels. Mx"g. Ganglion des 2. Maxillenpaares. Bg1. — Bg8. Die 8 Ganglien der Brustbeine. Fig. 8". Abdominaler Theil der Ganglienkette. Ag1. - Ag6. Die 6 Ganglien des Abdomens. II. Querschnitt durch die intermuscularen Ligamente, von denen mediane Sehnen zwischen den Ganglienpaaren hindurch an das Integument treten, und sehnige Anheftungen des Neurilemms die Ganglienkette suspendiren. Mw. Medianer schlauchförmiger Ganglienzellenwulst. Lw. Lateraler Ganglienzellenwulst. Plp6. Fünfter Pleopod. Fig. 9. Sagittaler Schnitt durch das Hinterhirn, die Schlundcommissur und Kieferganglien. SMm. Querschnitt durch die Sehne des Masseters. SSM. Querschnitt durch die Sehne des Schalenmuskels. Ul. Unterlippe. Ol. Oberlippe. Md. Kautheil (140) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 141 der Mandibel im oralen Atrium. Mdg. Mandibelganglion mit dem Punkthaufen für den dorsalen und ventralen Mandibelnerven. Mx'g., Mx"g. Die Ganglien des 1. und 2. Maxillensegmentes. Bg'. Ganglion des ersten Brustbeines. II. Intermusculäre Ligamente. Fig. 10. Transversaler Schnitt darck das erste Abdominalganglion mit, den drei austretenden Nervenpaaren (N'. — N'".), den medianen hinteren (Mw.) und den paarigen nach vorne gerichteten Ganglienwülsten (Lw.). Fig. 11. Ganglienzellen aus dem medianen Wulste des 4. Abdomiualsegments. NS. Nervenscheide mit anliegenden Kernen, etwa 400fach vergrössert. Taf. VIII. Fig. 1, 3, 4 n. 5. Sagittalschnitte durch das Gehirn von Nebalia mittelst Camera gezeichnet, unter 90facher Vergrösserung. Fig. 2 stärker vergrössert. Hartn. Objectiv 4 bei eingezogenem Tabus. Fig. 1. Sagittalschnitt nahe der Medianlinie. K. Kopfklappe der Schale mit Fettgewebe gefüllt, charnierartig eingelenkt. KM. Heber des Vorderkopfes. A'. Inser- tion der vorderen Antenne unterhalb des Stielanges (0.). Lol. Lobus olfactorius mit dem austretenden Antennennerven. A"g. Vordere Partie des Hinterhirns mit dem medianen Belage von Ganglienzellen. A"c. Antennencommissur unter dem Schlünde. Kh. Kopfhöcker. Fig. 2. Sagittaler Schnitt durch Gehirn, Schlundring und Kieferganglien, der Figur 9 auf Taf. VII entsprechend, stärker vergrössert. Og. Augenganglion. SM1. Seitliches Marklager. VM1. Vorderes Marklager des Vorderhirns, bedeckt vom ven- tralen Ganglienbelage desselbeu (VGL), A'N. Fählernerv mit seinen beiden Wurzeln im Lobus olfactorius und medialen Marklager des Mittelhirns (MM1.). Die Buch- staben M, K, St., Ul., SMui. und SSm. wie in den früheren Figuren. MGd. Dor- saler Ganglienzellenbelag der hinten getheilten Region des Mittelhirns. HG1. Ganglion des Hinterhirns. SR. Seitenschenkel des Schlundringes. MdNd. Punktmasse als Wurzel des dorsalen Mandibelnerven. MdNv. Dieselbe für den ventralen Mandibel- nerven. DMx'N. Dieselbe für den Dorsalnerven des ersten Maxillenganglions. VMx'N Für den Ventralnerven desselben. VMx"N. Puukthaufen für die Wurzel der ven- tralen Nerven der 2. Maxille. M. Muskeln des Kopfes. Fig. 3. Sagittalschnitt durch die laterale Gegend des Schlundringes. VGL Lateraler Ganglienbelag des Vorderhirns. MM1. Mediales Marklager des Mittelhirns. VL. Vorderer Leberschlauch. Die Bedeutung der übrigen Buchstaben wie früher. Fig. 4. Sagittalschnitt lateralwärts von Fig. 3 durch die seitlichen Partien des Gehirns geführt. A"Nv. Vorderer Nerv der 2. Antenne. Fig. 5. Schnitt noch weiter lateralwärts, durch die beiden Nerven der 2. An- tenne geführt. A'. Vordere, A". Hintere Antenne. A"Nd. Dorsal aufsteigender seit- licher, A"Nv. Vorderer Nerv der zweiten Antenne. VL. Vorderer Leberschlauch. Taf. IX. Fig. 1. Transversalschnitt durch den Schlundring und die Kieferganglien der Bauchkette in der Höhe der Marklager für die dorsalen Kiefernerven. A"c. Än- tennencomniissnr unterhalb des Schlundes (Oes.) vor dem Mandibelganglion. Mdc. Commissnr desselben. MdNd. Marklager für den dorsalen Mandibelnerv. Zwischen MandilieL und Maxillencomiuissur befindet sich eine mediane Nervenverbindung, zu deren Seiten man die Querschnitte des zum Hypopharynx tretenden Muskelpaares sieht (vergl. Tafel VII, Figur 8')- MD. Mandibel. Mdg. Mandibelganglion. Mx'g. (141) 242 C. Claus: J. Maxillenganglion. L. Leber. Zeichnung mittelst Camera, etwa 90fach ver- grössert. Fig. 2. Mehr ventralwärts geführter Horizontalschnitt bei gleicher Vergrösse- rung, mittelst Camera. Aus den drei Kiefeiganglien sieht man die ventralen Nerven in die Mandibeln nnd Maxillen (Mx', Mx") eintreten. Fig. 3 — 8. Querschnitte durch die Kieferganglien und deren Nerven mittelst der Camera gezeichnet, 90fach vergrössert. Fig. 3. Schnitt durch das Mandibelganglion, hinter der Sehne des Masseters geführt, vor der vorderen Maxille und deren Muskeln. Man sieht die schräg auf- steigende Wnrzel des dorsalen Nerven. Fig. 4. Schnitt durch die vordere Maxille und deren Ganglion vor der transversalen Sehne des Schalenschliessers geführt. Mx'g. Das Maxillenganglion mit dem vorderen oder ventralen Nerven, welcher in die Gliedmasse eintritt. Mp. Aeusserer Abductor. Mi. Innerer Abductur der Maxille. Mp. Unterer Adductor der Maxille. MdMi. Hinterer innerer medialer Mandibelmuskel. Fig. 5. Querschnitt durch den Schalenschliesser und die unterhalb desselben gelegene Partie des Maxillenganglions mit dessen Dorsalnerven, welche die Muskel- masse des Schalenschliessers versorgen. SM. Schalenmuskel. SSM. Sehne desselben. Fig. 6. Querschnitt durch den vorderen Theil des 2. Maxillenganglions hinter der Sehne des Schalenschliessers geführt. Mxg". Zweites Maxillenganglion. Mx"Nv. Ventraler Nerv desselben. Ma., Mp. Die beiden Muskelgruppen der 2. Maxille. MiMe. Dorsal absteigende Maxillenmuskeln. VM. Das Vorderende der ventralen Eumpf- muskeln an der Sehne des Schalenschliessers. SM Schalenschliesser. L'. Gemein- samer Mundendabschnitt der 3 hinteren Leberschläuche. Bg. Bindegewebe. Fig. 7. Schnitt durch die hintere Partie des 2. Maxillenganglions mit dem dorsalen Nerven, welcher zu den ventralen Rnmpfmuskeln aufsteigt. Bg. Binde- gewebe. Fig. 8. Querschnitt durch das zweite Brustsegment eines jungen, noch nicht begattungsreifen Männchens. Bg3. Beinganglion. Mi., Me., Ma., Mp. Die den gleich- bezeichneten Kieferauskeln entsprechenden Muskeln des Beinpaares. II. Iutermuscu- läres Ligament. Ueber demselben der Darm mit den 6 Leberschläuehen und den Ovarien, iu die periviscerale mit Fettkugeln erfüllte Bindegewebsmasse eingebettet. C. Herz. PS. Pericardialsinus. T. Hoden. DM. Dorsale, VM. Ventrale Rumpfmuskeln. Fig. 9. Querschnitt durch den oberen Theil des Oesophagus vor der Ein- mündung in den Kaumagen. G. Sympathisches Magenganglion. Zeichnung mittelst Camera Obe-h. Objectiv 4, mit eingezogenem Tubus. Taf, X. Fig. 1. Endstück des Stielauges von Paranebalia, stark vergrössert. CL. Cornealinsen zwischen den kegelförmigen Erhebungen. Kr. Krystallkegel mit den unterliegenden pigmentirten Retinastäben. Fig. 2. Stielauge vonNebalia, von der dorsalen Seite dargestellt, mit dem aufliegenden Stirnstachel, schwach vergrössert. a, ß, y. Die drei dorsalen Muskel- gruppen. Bll. Blutlacunen. ZS, Zellenstreifen unter der Hypodermis distalwärts von der Wachsthumszone. H. Höcker nebst Sinnesorgan. Fig. 3. Dasselbe von der ventralen Seite dargestellt, etwas stärker vergrössert. HH'. Die beiden Höcker des accessorischen Sinnesorganes. S Ventraler Längsmuskel. DBlc. Dorsaler, VBlc. Ventraler Blutcanal, durch Quercanäle verbunden. (142) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 143 Fig. 4. Stielauge der Larve, vor dem Ausschlüpfen aus dem Brutraum nach begonnener Pigmentablagerung im Sehabschnitt. Man sieht die Blutuanäle, welche den dorsalen und ventralen Caual verbinden, sowie im Dorsalcanale eine mit dem Blut&trom fortgetriebene Blutzelle. Fig. 5. Etwas schief gehaltener Sagittalschnitt durch das Stielauge von Nebalia. AFk. Aeussere Faserkreuzung. Einstrahlung des Sehnerven in das Retiua- ganglion. MS. Molekularschicht desselben. Gz. Ganglienzellenschichte. AMI. Aeusseres Marklager (Bellonci's corpo stratificato anteriore). ZS. Zellenstreifen (Ganglieuriude des Augenganglions) distalwärts von der Knospungszone. DBlc. Dorsaler, VBlc. Ventraler Bfutcanal. a, ß, S. Muskeln. Zeichnung mittelst Oberh. Cameraobjectivs 2 mit ausgezogenem Tubus. Fig. 6. Nächstfolgender Sagittalschnitt, in welchem der Basaltheil des Augen- schafts mehr median geroffeu ist. AG. Aeussere Ganglienanschwellung. IG. Innere Ganglienanschwellung mit der inneren Faserkreuzung (IFkV Die dorsale Hypoder- mis mit weit abgehobener durch Stützfasern getragener Basalmembran. R. Die Rostralplatte mit dem Stirnstachel oberhalb des Auges. (Vergrösserung wie Fig. 5.) Fig. 7. Nächstfolgender Sagittalschnitt durch die Mitte des Augenganglions, dessen grössere proximale Anschwellung mehrere Lager von Punktsubstanz (IM1.) enthält. Sk. Ovale Körper desaccessorischen (frontalen?) Sinnesorganes. (VergrösseruDg wie Fig. 5.) Fig. 8- Nächstfolgender Schnitt, an welchem die Knospungszone getroffen ist. Knz. Knospungszone. Bm. Basalmembran. (Vergrösserung wie Fig. 5.) Fig. 9. Entsprechender Sagittalschnitt durch das Auge der auderen Seite. (Vergrösserung wie Fig. 5.) Fig. 10. Sieben benachbarte Cornealinsen, von der äusseren Fläche betrachtet. Fig. 11. Die unterliegenden viert heiligen Krysta'lkegel, etwas stärker ver- grössert. Fig. 12. Querschnitte durch das vordere Ende der Stäbe, a) durch die sieben distalen Piginentzelleu, deren Kerne durchschimmern, b) durch die Mitte derselben und das 7strahlige helle Centrum. Fig. 13. Längsschnitte durch 2 benachbarte Ommatidien. a) Mit erhaltener Kerngruppe. CL. Cornealinse. nb. Kerne der Hypodermiszellen, welche die Linse abgeschieden haben, nk. Kerne der Krystallzellen (Retinophoren nach Patten). Rhd. Rhabdome mit Blättchenstructur von der Pigmentzone der Segmentzellen und Retinulazellen umgeben, b) Durch 2 Rhabdome und Krystallkegel eines anderen Schnittes. Die Kerne und Cuticnlarschicht sind nicht dargestell-.. K. Krystallkegel. Fig. 14- Schnitt durch Cornealinse und Krystallkegel mit dazwischenliegenden Fadenzellen (Fdz.). Bezeichnung wie in Fig. 13. Fig. 15. Zwei Rhabdome mit vorliegenden Pigmentzelleu (Pz.) und Faden- zellen (Fdz.), sowie anliegenden o valgestreckteu Kernen (K.) der Retinalzellen. Fig. 16 a u. b. Die Elemente von je zwei Ommatidien an der Grenze der Knospungszone mit Weglassung des Pigmentes, n'. Kerne der Pigmentzellen, n". Kerne der Retinalzellen. K. Krystallkegel. nk. Deren Kerne, nh. Kerne der Hypo- dermiszellen, welche die Cornealinsen abscheiden. Fdz. Fadenzellen. Fig. 17. Schnitt durch die Gegend der Knospungszone. Mb. Basalmembran. Kz. Knospungszone Cz. Connectivzellen. Gz. ganglionäre Zone. Rg. Retinaganglion. Fig. 18. Cornealinsen, Hypodermis, Krystallkegel und Pigmentzellen aus dem Auge von Mysis. a. und c. im Längsschnitt, b. die zwei Kernpaare der Hypo- (143) 144 C. Claus: dermis- (nh.) und Krystallkegelzellen (nk.) von der Fläche unterhalb der Cornea- linse. Pn. Kerne der Pigmentzellen, welche die Krystallkegel umlagern. Taf. Xt. Fig. 1. Caticulare Sculptur verschiedener Integumeotpartiea von Nebalia Geoffroyi unter starker Vergrösserung. a. Rautenförmige Felderung der Cuticula. b. Dieselbe vom 3. und 4. Segmente des Abdomens, c. Von den nach- folgenden Abdominalsegmenten, d. Von dem Integument der Furcalglieder. P. Kleine Poren. P1. Grosse Porenöffaung eines Drüsenschlauches. Fig. 2. Die dorsale Bewaffnung der cardiacalen Portion des Kaumagens von der linken Seite dargestellt. Dz. Dorsaler Zapfen am Mageneingang. CK. Cardiacal- kiefer. mF. mediane Längsfirste. Bl. Rechtseitige Borstenleiste. Fig. 3. Dieselbe von der ventralen Seite dargestellt. Bachstabenbezeichnung wie Fig. 2. Fig. 4. Querschnitt durch das dorsale Lumen des cardiacalen Magenab- schnittes, a. Cardiacalkiefer. b. geriefte Seitenwand, c Medianer Wulst. Fig. 5. Die Chitinbewafinung des von der Ventralseite geöffneteu Kaumagens DZ. Dorsaler Zapfen am Mageneingang. Bl. Borstenleiste. CK. Cardiacalkiefer. SW. Seitenwand. MM". Hinterer Dorsalmuskel , welcher sich am Ende des cardiacalen Abschnittes inserirt. Tr. Trichter des pyloricalen Abschnittes. Bp. Veatrale Borsten- platte. PBw.Zipfelförmiger Borsten wulst der Seitenwand. Tr'. Verlängerung des Trichters in den Darmcanal. Fig. 6. Querschnitt durch die Speiseröhre und die vordere Portion des car- diacalen Magens, etwas schräg von vorne nach hinten geführt. Ol. Oberlippe. A"g. Antennenganglion. DOe<., D'Oes. Seitliche Dilatatoreu des Oesophagus. RM. Ringmuskeln desselben im Querschnitt. MM'. Vorderes Muskelpaar des Kaumagens. Bl. Borstenleiste desselben. VL. Vorderer Leberschlauch. Fig. 7. Längsschnitt durch die Seitenwand des Oesophagus, stärker ver- grössert. Die säulenförmigen Zellen der "Wand, welche die Matrix der Intima (I) und der cuticularen Aussen^hicht bildet. Die letztere wird von den Ringmuskeln (Rm.) bekleidet und ebenso wie die Zellenwand von den an die Intima sich an- heftenden Sehnen der Dilatatoreu durchsetzt. Fig. 8. Querschnitt durch den Cardiaealabschnitt und die Antennencommissnr (A"c) unterhalb desselben Bm. Die von der Hypodermis abgelöste Basalmembran. Ao. Aorta. MdM'. Vorderer äusserer Mandibelmuskel. Md. Mandi'nel. Die übrigen Buchstaben wie in Fig. 6 Fig. 9. Nachfolgender Querschnitt durch die hintere Portion des Cardiaeal- abschnittes und die transversale Sehne des Masseters (Ms) MM". Hinteres Muskel- paar des Kaumagens. A'M. Grosser Fühlermuskel. MdM'. Vorderer äusserer Man- dibelmuskel. Md, Ma. Vorderer innerer, zum Masseter absteigender Muskel mit langer Sehne, von welcher schräge Faserzüge entspringen und zur ventralen Wand des Kaumagens ziehen. Die übrigen Buchstaben wie Fig 8. Fig. 10. Weiter hinten geführter Querschnitt durch den pyloricalen Magen- abschnitt. DrS. Drüsensäckchen an der ventralen Wand desselben. VMx'N. Vorderer Nerv des ersten Maxillarganglions. Die übrigen Buchstaben wie in Fig. 5 Fig. 11. Querschnitt durch die hintere Portion des pyloricalen Magenab- schnittes an der gemeinsamen Einmündungssteile der vorderen und der hinteren Leberschläuche. SM. Schalenmuskel (Adductor der Schale) mit seiner transversalen Sehne. Mx"Nd. dorsaler, Mx"Nv. ventraler Nerv des 2. Maxillarganglions. C. (144) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 145 Ende des Herzens mit den beiden Klappen am Ostiam der Aorta. Bg. Bindege- webszellen. Sämmtliche in den Fig. 6, 8, 9, 10, 11 dargestellten Querschnitte sind etwas schräg von oben und vorne nach unten und hinten geführt und mittelst Camera Hartn. Syst. 2 bei ausgezogenem Tubus gezeichnet. Taf. XII. Fig. 1. Die ventralen Myomeren der Maxillar- und vorderen Brustsegmente, von der Seite dargestellt. 2Mx. Maxille des zweiten Paares. Bp1. Vorderer Brust- fuss. S. Sehne des Schalenmuskels (SM). T. Strecker der intersegmentalen Ligamente. Fig. 2. Querschnitt durch ein ventrales Myomer und dessen intersegmentales Ligament (S). Abg". Zweites Abdominalganglion. Fig. 3- Querschnitt durch das dritte Abdominalsegment und dessen dorsales (DM) und ventrales (VM) Mj'onier. C. Herz. T. Hoden am oberen Ende des perien- terischen Bindegewebsstranges , in welchem der Darm und die 6 Leberschläuche eingelagert sind. Mi, Me, Mp, Ma. Die Muskelgruppen zur Bewegung des dritten Pleopodenpaares. Fig. 4. Die dorsalen Muskeln der hinteren Abdominalsegmente, unter Lupen- vergrösserung. DM', DM". Die oberflächlich verlaufenden sich kreuzenden Bündel. Fig. 5. Sagittaler Schnitt durch dieselben Segmente , unter Lupenvergrösse- rung. VM. Ventrale Muskelzfige. DM. Dorsale Muskelzüge mit ihren Insertionen. MM'. Die dorsalen Muskelbündel des Endsegmentes, welche die Furca bewegen. Eig. 6. Querschnitt durch das vorletzte Abdominalsegment eines jungen Männchens. Der perienterische Bindegewebskörper mit dem Darm und 4 Leber- schläuchen erfüllt die Mitte des Segmentes und reicht seitlich bis zum Integument, die dorsalen (DM) und ventralen (VM) Myomeren abgrenzend. NS. Die beiden Längsstämme der Ganglienkette unterhalb der brückenartig ausgespannten Chitinsehne (ChSj, an welcher sich Muskelbündel der ventralen Myomeren anheften. Fig. 7. Querschnitt durch die hintere Grenze des vorletzten Abdominal- segmentes. DM. Ansätze der Dorsalmuskulatur. Bg. Ventraler Fortsatz des Binde- gewebsstraDges, welcher den Darm und die 4 Leberschläuehe umgibt. Fig. 8. Querschnitt durch die vordere Portion des letzten Abdominalseg- mentes. Enddarm (Ai'D) und Blinddarm (B1D) gesondert. Fig. 9. Nachfolgender Schnitt. D. Diktatoren des Afterdarmes. Nur 2 Leber- Schläuche reichen in diese Region. Fig. 10. Querschnitt durch die beiden Endsäckchen des Blinddarmes. M, M' die beiden Muskelgruppen des dorsalen Myomers. Fig. 11. Querschnitt hinter dem Blinddarm durch das Endstück des noch vom Bindegewebsstrange umschlossenen Afterdarmes. Fig. 12. Querschnitt durch das Ende des letzten Abdominalsegmentes. VM. Matrikaischlauch der Sehue des Ventralmuskels. Fig. 13. Nachfolgender Schnitt durch die seitlichen und ventralen Klappen der Afterspalte. Fu. Die in das Segment eingefügten Furcalglieder. Sämmtliche Figuren , mit Ausnahme von Fig. 1, 4, 5 , sind mittelst Camera Hartn. Syst. 2 bei ausgezogenem Tubus gezeichnet. Taf. XIII. Fig. 1. Herz und vordere Leberschläuche vom Rücken aus dargestellt. Blc. Seitlicher Blutcanal der Schale. Osd', Osd", Osd"'. Die drei dorsalen Ostienpaare. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 1. 10 (H5) 146 C Claus: Osm. Das grosse laterale Ostienpaar im drittletzten Brustsegrnente. Os', Os", Os'". Die drei vorderen Paare seitlicher Ostien. Der Pfeil deutet die Richtung der Blut- bewegung in der Aorta aD. VL. Vordere Leberschläuche zur Seite der Aorta und des Kaumagens. A'M, A"M. Muskeln der vorderen and hinteren Antennen. MdM' MdM". Die dorsalen Mandibelmuskeln. KM. Die langen Kopfmuskeln. K. Kopfklappe, welche die Augen und die Rostralstacheln bedeckt. Blc. Seitlicher Blutcanal der Schale. Fig. 2. Das Herz in seitlicher Ansicht. Gr. Vorderer Grenzrand des ersten Brustsegmentes. Ao. Aorta. Die übrigen Buchstaben wie in Fig. 1. Fig. 3. Kopf und vordere Brustregion bei tiefer Einstellung in seitlicher Ansicht. Bkl. Klappenartig sich bewegende Wandungen des Blutsinus. KM , KM'. Die beiden Gruppen der Kopfmuskeln. A"M, A"M'. Die absteigenden Muskeln der zweiten Antennen. Mils', MMs", Vorderer und hinterer Muskel des Kaumagens. Md Mi. Vorderer medialer Mandibelmuskel, dessen Sehne mit der Sehne des Masseters sich vereinigt. Md Mi'. Zweiter medialer Mandibelmuskel. Mx'M. Absteigende Muskeln der vorderen Maxille. Mx'T. Taster derselben. Mx"M. Absteigende Muskeln der zweiten Maxille. SM. Schalenmuskel. Md. Mandibel. Gr. Grenzrand des vordersten Brust- segmentes. Loe. Einmündung der hinteren Leberschläuche. Fk. Ansatzstelle des Fett- körpers oberhalb desselben. Oa. Ostium der Aorta. Die übrigen Buchstaben wie in Fig. 1. Man verfolgt den aufsteigenden Blutstrom an der dorsalen Seite der vorderen Leberschläuche, den absteigenden zu den Seiten derselben und sieht die Contouren des Oesophagus, sowie der Cardiacalkiefer und der ventralen "Wand des Kaumagens. Fig. 4. Kopf und vordere Brustregiou, bei mehr oberflächlicher Einstellung, in seitlicher Ansicht. Buchstabenbezeichnung wie in Fig. 1 u. 3. ADr. Antennendrüse. Taf. XIV. Fig. 1. Siebentes (7), achtes (8) und neuntes (9) Glied einer 13gliedrigen Geissei der vorderen männlichen Antenne, von der lateralen Fläche gesehen. Rs. Riechschlaueh. Fig. 2. Die Riechschläuche stärker vergrössert. a. und b. Vom MänncheD. c. Sockel, Schaft und Chitinleiste nach Verlust der zarten Hüllmembran des Schlauches, d. Riechschlauch von der Antenne eines weiblichen Thieres. Fig. 3. Ein Sinnesschlauch (Ss) der zweiten Antenne, stark vergrössert. R R. Rand zweier Glieder. B B'. Die Borsten, welche den Schlauch umstellen. Fig. 4. Drittes Glied des Schaftes der zweiten Antenne. Ar. Arterie. Ar'. Aeste derselben. N. Antennennerv. Fig. 5. Die fünf letzten Glieder der Antennengeissel. Ar. Arterie. Oe, Oe. Oeffnungen derselben mit austretenden Blutkörperchen. Fig. 6. Querschnitt durch das erste, die Drüse umschliessende Glied der zweiten Antenne, nahe seiner Insertion. M M. Die Muskeln der dorsalen, M' die der ventralen Seite. A"N. Nerv. Blc. Bluträume. Drs. Drüsensack. Drg. Drnsengang. Zeichnung mittelst Camera Hartn. Syst. 4. Fig. 7. Transversaler Längsschnitt durch dieses Glied und die umgebogene Drüse , in der Richtung y — 3 der Fig. 6 geführt. Excr. Excretionsstoffe im Lumen. Buchstabenbezeichnung und Vergrösserung wie in Fig. 6. Fig. 8. Verticalschnitt durch den Drüsenschlauch in der Richtung a — ß der Fig. 6 geführt. Vergrösserung etwas stärker. Fig. 9. Viertes (S4), fünftes (S5), sechstes (S6) , siebentes (S7) und achtes (S8) Segment des Abdomens einer weiblichen Nebalia, von der linken Seite dar- gestellt, unter starker Vergrösserung. Im 7. Segmente ist die Muskulatur einge- (146) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 147 zeichnet, die den Darm verdeckt. C. Ende des Herzens mit dem arteriellen Ostiuni und der hinteren Aorta. Ov. Ovarium. DM. Dorsales, VM. Ventrales Myomer des 7. Segmentes. Md. Dilatatoren des Afterdarmes. AD. Afterdarm. BD. Blinddarm. Fa Furca. Np. Nervenpaar des 4. , 5. und 6. Abdominalganglions. LNp. Letztes Nervenpaar. EN. Endnerv. Oe Oeffnungea der Aorta, aus welchen Blut in die Leibes- höhle austritt, um in umgekehrter Richtung in den Segmenten emporzuflie&sen. Die Pfeile bezeichnen die Richtung der Blutströmung! D.Darm. VL Ventraler, DL. Dor- saler Leberschlaucb. Fig. 10. Stück des Schalengewebes vom lebenden Thiere. Man sieht den seit- lichen Blutcanal der Schale und die mit derselben communicirenden Seitencanälchen erster und zweiter Ordnung getrennt durch die sogenannten Substanzinseln, das heisst die von Hypodermiszellen beider Lamellen und deren Stützbalken gebildeten Trabekelsysteme von der Fläche. Blz. Blutzellen. Taf. XV. Fig. 1. Schräger Querschnitt durch die Region des Schalenmuskels. Ls. Sinus- artiger Endabschnitt der Leberschläuche. SM. Schalenmuskel. SDr. Schalendrüse G. GaDglion. Zeichnung mittelst Camera Hartn. Syst. 2 (bei ausgezogenem Tubus). Fig 2. Seitenansicht der M^xillarregion einer Larv;, etwa 300f*ch ver- grössert. SM. Schalenmuskel. SDr. Schalendrüse. BDr. Vordere Beindrüse. Gz. Gelbe Zellen im Endopoditen der 2. Maxille. Fig. 3. Die acht Beiudrüseu eines ausgebildeten Thieres in seitlicher Ansicht. Ep. Epipoditen. Fig. 4 a. Beindrüse von der äusseren Seite des nach vorn geschlagenen Beines aus dargestellt, circa 300fache Vergrösserung. Ep. Mündung des abführenden Blnt- canals der Epipodialplatte. Fig. 4 b. Dieselbe von der unteren (hinteren) Seite aus dargestellt, Fig. 4 c. Querschnitt durch die Beindrüse und den Blutraam. M. Muskel. Fig. 5. Stück eines frei gelegten Leberschlauches in frischem Zustand, mit den Fettkügelchen hältigen Leberzellen und den Quermuskeln. Fig. 6. Zwei Muskclzellen der Leberwand durch Fortsätze netzförmig verbunden. Fig. 7. Leberzellen, isolirt, circa 300fach vergrößert. Fig. 8. Medianer Längsschnitt durch die zwei letzten Abdominalsegmente, schwach vergrössert. BD. Blinddarm. R. Rectum mit seinen Dilatatoren. DL Darm- inhalt DZ. Dorsaler Zellenwulst. Af. After. Fig. 9. Endstück des letzten Abdominalsegmentes, von der Bauchseite dar- gestellt, massig stark vergrössert. Af. Afteröffnung. Ap. Afterplatte. Ak. After- klappe. Fk. Fettkugeln. Dil. Dilatatoren. R. Rectum. Fig. 10. Ein Stück der äusseren Hälfte eines Farcalgliedes. D. Dornen am Aussenrande. DrS. Einzellige Drüsenschläuche, welche in den grossen Poren an der Ventralseite ausmünden. Fig. 11. Durchschnitt durch den Randtheil der Schale nach Erhärtung in Sublimat und Behandlung mit absolutem Alkohol und Chloroform, a. Sehr stark vergrössert. J. Cuticularmembran der Innenfläche. E. Die dickere chitinisirte Aussen- decke. RC. Seitlicher Blutcanal mit geronnenem Blutplasma und 2 Blutzellen. Man sieht die Hypodermiszellen beider Blätter, die von denselben gebildeten Stützbalken und die Bluträume zwischen den Basalmembranen, b. Ein zweiter Schnitt, schwächer vergrössert. Bz. Mit Fett (durch die Behandlung ausgezogen) gefüllte Bindegewebs- zellen im Innenraum. Fig. 12. Stück der Naht (Raphe) eines Epipo liten. Cf. Connectivfasern. 10* (147! 148 C. Claus: Organismus d. Nebalidenu. systeruat. Stellung d.Leptostraken. Fig. 13. Querschnitt durch den Hoden eines jungen, noch nicht begattungs- reifen Männchens. Spb. Spermatoblasten, die Samenzellen erzeugend. Sz. Secretions- Zellen in der lateralen "Wand des Hodens. Das Lumen noch ohne Samenzellen , die aber schon in dasselbe einzutreten beginnen. Fig. 14. a. Kapseln von Samenzellen mit der zähen , aus kleinen Körnchen und blassen Kugeln bestehenden, von den Secretzellen abgesonderten Zwischen- substanz, b. Dieselben nach Behandlung mit Essigsäure, c. Eine Samenkapsel, gesprengt mit den austretenden Samenzellen, d. Samenkapseln nach Behandlung mit absolutem Alkohol in Boraxcarmin gefärbt. Fig. 15. Durchschnitt durch den Hoden (T) und das Vas deferens (Vdf) eines begattungsreifen Männchens. Darm (D) und Leberschläuche sammt perienterischem Fettkörper. Die Fettkugeln aufgebraucht, die Zellen geschrumpft. G. Ganglion der Bauchkette. S. Septum. Fig. 16. Sagittalschnitt durch das Ovarium eines jungen Weibchens. TS. Trans- versales Septum. Corrigenda. Pag. 25 Zeile 9 von oben statt (Fig. 9) : (Fig. 8). Pag. 28 Zeile 15 von unten statt „nach aussen gebogenen" ist zu setzen: „nach aussen und hinten umgebogenen". Pag. 33 Zeile 10 von oben ist einzuschalten: Am Ende desselben fehlt die lange Borste, welche an den drei vorausgehenden Pleopodenpaaren vorhanden ist, Pag. 39 Zeile 15 von unten ist statt „Ordnung"; „Crustacceureihe" zu setzen. (148) Bemerkungen über marine Ostracoden aas den Familien der Cypridiiien und Haloeypriden. Von C. Claus. Unter den zahlreichen, durch genaue Beobachtung wie gründ- liche Verarbeitung gleich ausgezeichneten Crustaceenschriften, welche wir dem norwegischen Zoologen Gr. 0. Sars verdanken, nimmt eine umfangreiche, im vorigen Jahre veröffentlichte Abhandlung x) über mediterrane Ostracoden unser Interesse in Anspruch. Leider scheint sich jedoch der Verfasser sehr wenig mit der seither erschienenen Literatur bekannt gemacht zu haben, es wäre ihm sonst unter Anderem 2) unmöglich entgangen, dass ich in drei vor einer Reihe von Jahren veröffentlichten Schriften und Werken Beob- achtungen über Cypridina mediterranea, ferner über Con- choecia- und mediterrane H a 1 o c y p r i s- Arten , sowie über Asterope oblonga veröffentlicht habe, mit denen seine für neu gehaltenen Beobachtungen dieser Formen sich theilweise in erfreulicher Uebereinstimmung decken. Diese meine unberücksichtigt gebliebenen Schriften sind: 1. Neue Beobachtungen über Cypridinen , Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. 1873, Tora. XXIII, pag. 211—227 mit Taf. X und XL 2. Die Familie der Haloeypriden. Schriften zoologischen Inhalts. 1874, Heft 1, Wien, pag. 5—16, Taf. I bis III. *) G. 0. Sars, Nye Bidrag til knndskaben om Middelhavets Invertebrat- fauna. IV. Ostracoda mediterranea (Südeurop. Ostracoden.) Kristiania 1887. Separat- aftryk af Archiv for Mathematik og Naturvidenskab. 2) Zum Beispiel auch A. Garbini's Contribuzione all'Anatomia ed alla Istologia delle Cypridinae. E. Bolletino della societä Ent. Ital. XIX. (149) C. Claus: 3. Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grund- lage des Crustaceensystems. Wien 1876, pag. 91 — 100, Taf. XVII und XVIII. In der ersten Schrift habe ich die mir früher unbekannt ge- bliebenen Sexualunterschiede der Cypridina mediterranea — im Anschluss an die bedeutender in das Auge fallenden Sexual- diffVrenzen der Cypridina stelliferaCls — näher beschrieben und als Charaktere des Männchens, von der gestreckten Schalenform abgesehen, in erster Linie die zwei langen Sinnesborsten nebst zwei mit Haftscheibchen besetzten Seitenborsten der vorderen Antenne hervorgehoben, während ich in dem kleinen , einfach gebliebenen Nebenast der Schwimmfussantenne (Antenne des zweiten Paares) den an der Schwimmfussantenne der männlichen C. stellifera so mächtig hervoi tretenden Greifhaken vermisste. G. 0. Sars scheint diese mit Saugscheibchen bewaffnete Nebenborsten der männlichen Antenne nicht weiter beachtet und an derselben, nach seiner Abbildung Taf. VIII, Fig. 2 zu schliessen , lediglich die grössere basale Haftscheibe gesehen zu haben. Da G. 0. Sars nur von der mediterranen Cypridina männliche Formen beobachtet hat , so be- trachtet er im Gegensatze zu Asterope und Philomeles die geringe Grösse und mangelnde Greifeinrichtur.g am Nebenaste der männlichen 2. Antenne als Gattungscharakter vun Cypridina. Ich habe aber für C. stellifera, welche alle wesentlichen Merkmale im Bau der Antennen, Kiefer und Beine mit jener Form gemeinsam hat und nur in untergeordneten zur Aufstellung einer besonderen Gattung nicht ausreichenden Besonderheiten abweicht, gezeigt, dass der Nebenast der männlichen Schwimmfussantenne ebenso wie bei Cypridina Grubii1) Fr. Müll, dreigliedrig ist und mit kräftigem Greifhaken endet. G. S. Brady2), welchem meine drei erwähnten Arbeiten, sowie Fr. Müller's Schrift ebenfalls unbe- kanntblieben, hat in seinem Berichte über die Challenger-Ostracoden nach einer solchen männlichen Cyprinide eine besondere Gattung Crossophorus aufgestellt, ohne sich, bewirfst zu werden, dass er in erster Linie einen männlichen Sexualcharakter als Haupt- merkmal der Gattung verweithete. Die übrigen, den vorderen ') Fritz Müller, Bemerkungen über Cypridina. Jena'sche naturw. Zeitschrift. 1870, Tom. V, pag. 255-276, Taf. VIII und IX. Die von Fr. Müller als Cvpridina Agassizii und nitidula unterschiedenen Arten mit Kiemen- blättern am Rücken dürften auf die Gattung Asterope zu beziehen sein. 2) G. S. Brady, Report on the Os-tracoda „Voyage of H. M. S. Challenger." Zoology. Tom I, 1680. (150) Bemerkungen über marine Ostracoden etc. 3 Antennen und Gliedmassen entlehnten Merkmale sind so unbe- stimmter Natur, dass sie, zumal da das weibliche Thier nicht in Frage kam, zur Begründung einer neuen Gattung ungenügend erscheinen, wenn auch die Wahrscheinlichkeit nicht zu bestreiten ist, dass die so mangelhaft untersuchte Form (wie auch Cypridina Grubii Fr. Müll, mit sechsgliederigen Vorderantennen) auf eine andere Cypridinidengattung , vielleicht auf Philomedes Lilljeb., zu beziehen ist. Ich habe dann in meiner Schrift über das Crustaceen- system bei Besprechung des Verhältnisses der Ostracoden zu den Phyllopoden die Gattungen Cypridina und Asterope ihrem Gliedmassenbau nach eingehend verglichen und zwei auf die Gestalt und Organisation der männlichen und weiblichen C. mediterranea bezügliche Abbildungen mitgetheilt, von denen reducirte und vereinfachte Copien in das illustrirte Lehrbuch x) aufgenommen wurden. Ich betrachtete als einen wesentlichen Cha- rakter der Gattung Cypridina die siebengliederigen Vorderantennen, sowie im männlichen Geschlechte den Besitz der mit zwei Reihen von Riechschläuchen besetzten Sinnesborste am Ende des fünften Gliedes und die beiden mit Haftscheiben bewaffneten Seitenborsten, welche die zwei geisseiförmig verlängerten Terminalborsten begleiten, während die übereinstimmende Gestaltung des Nebenastes der männlichen Schwimmfussantenne mit dem der weiblichen nicht als generisches Merkmal gelten kann. Von der Gattung Asterope Phil., welche durch die Mit- theilungen der älteren Autoren, Philippi und Grube, nur sehr unzureichend beschrieben und auch durch Fr. Müller's ergänzende Mittheilungen (über die zu derselben gehörigen C. Agassizii und nitidula) nicht genügend aufgeklärt worden war, habe ich in meinem Werke über das Crustaceensystem nach der adriatischen A. oblonga Gr. eine genaue und vollständige Darstellung des Körper- und Gliedmassenbaues gegeben und damit alle erforder- lichen Anhaltspunkte zur Aufstellung einer Gattungsdiagnose dem Genus Cypridina gegenüber vorgelegt. Ich habe zu derselben ausser dem Vorhandensein der sieben Paare dorsaler Kiemenlamellen sowohl die sechsgliederigen Vorderantennen, welche die mit zwei Reihen von Riechschläuchen besetzte Sinnesborste am vierten ') Anffallenderweise verweist G. 0. Sars auf diese Holzschnitte im Lehrbuch", 3. Aufl., pag. 354, ohne freilich weitere Beziehung auf die in demselben zum Aus- drucke gebrachte Organisation zu nehmen. Wenn ihm aber das Lehrbuch bekannt war, so ist nicht verständlich, weshalb er meine drei Abhandlungen, welche sich in jenem "Werke citirt finden, gänzlich unberücksichtigt liess. (151) C. Claus: Gliede tragen und am Ende neben den terminalen Anhängen mit einer Hakenborste bewaffnet sind, als die kräftigeren gedrungeneren Mandibularfüsse mit ihrem basalen , einwärts gekrümmten Kiefer- haken und -Borsten besetztem Ladenfortsatz am zweiten Gliede, vor Allem aber die ganz eigentümliche Gestalt der drei Maxillenpaare verwerthet, über welche weder Grube, noch F r. M ü 1 1 e r hatten in's Klare kommen können. Die vordere Maxille wurde als sichelförmig gebogene, am Unterrande mit langen Borsten besetzte Lamelle (Endopodit) beschrieben, ihr dorsaler Nebenanhang als der Dorsal- platte des Phyllopodenfusses entsprechender Aussenast (Exopodit) gedeutet. Auch für die Maxille des zweiten Paares wurde die Homologie mit dem Phyllopodenfusse betont und die für die Gattung charakteristische Besonderheit des lamellösen, lancetförmig verlängerten und eigenthümlich gebogenen Endopoditen mit seinem basalen Kieferhaken hervorgehoben, während für das dritte Maxillen- paar der Mangel der Ladenfortsätze und die Vereinfachung zur Form einer dreiseitigen borstenbesetzten Platte als bezeichnend erkannt worden war. Mit meiner in mehrfacher Hinsicht voll- ständigeren Zurückführung stimmt nur die Beschreibung und Diagnose, welche G. 0. Sars von Asterope gibt, in allen wesentlichen Punkten überein und reicht nur insofern über jene hinaus, als sie auch auf die Sexualcharaktere des mir unbekannt gebliebenen Männchens Bezug nimmt. Ueber die Gattungen Conchoecia Dan. und Halocypris Dan., welche nach den unzureichenden Beschreibungen Dana's so wenig auseinanderzuhalten waren, dass spätere Beobachter nur eine derselben aufnahmen und bald den einen, bald den anderen Gattungsnamen verwendeten, habe ich in meiner Schrift „die Familie der Halocypriden" ausführliche Beobachtungen mitgetheilt und die bisher gänzlich unbekannte Organisation, insbesondere das Herz, das Nervensystem, den Darm-, Drüsen- und Geschlechtsapparat, sowie die Drüsen- und Schlosseinrichtung der Schale näher beschrieben. Auch wurden für beide Gattungen und deren mir bekannt gewordenen mediterranen, atlantischen und Südsee-Arten kurze Diagnosen ge- geben und die kleine Gruppe mariner Ostracoden nach dem Vorgange von G. 0. Sars (1865) als Familie der Halocypridae (Con- choeciadae) von den Cypridinen getrennt. In seiner neueren Schrift hat G. 0. Sars die Charaktere der Familie in wesentlich übereinstimmender *) Weise nach Schalen- *) Die untergeordneten Differenzen zwischen meiner und Sars' Charakteri- sirung erklären sich aus der unvollständigeren Kenntniss sowohl der Organisation, (152) Bemerkungen über marine Ostracoden etc. 5 form, Antennen und Gliedmassen bestimmt. Ebenso wurden von demselben für die Gattung Conchoecia so ziemlich dieselben Merkmale verwerthet, indessen die besondere Form der Zahnbe- waffnung am Ladentheil der Mandibeln, in welcher die drei von mir unterschiedenen Gattungen Conchoecia, Halocypris und Halocypria merklich differiren, unberücksichtigt gelassen. Meine beiden als C. spinirostris und magna beschriebenen Con- choecia-Arten von Messina und Neapel sind vielleicht mit C. pellucida und C. tetragona von G. 0. Sars identisch. Dahingegen weicht nun die Sars'sche Gattungsdiagnose von Halo- cypris von derjenigen, welche ich für Halocypris aufgestellt hatte, wesentlich ab und fällt, wie ich gleich hinzufügen will, mit der für Conchoecia gegebenen generisch zusammen. Von den D an a'schen Charakteren x) erscheint doch ausschliesslich die allge- meine Form der Schale als einziges, aber für sich unzureichendes Merkmal verwerthbar, und an dieses anschliessend habe ich an einer aus dem atlantischen Ocean und der Südsee stammenden Art den winkelig gebogenen Schaft der Vorderantenne, die besondere Be- zahnung der Mandibel und die in beiden Geschlechtern überein- stimmende Gestaltung der Vorderantennen und des vorletzten Bein- paares als generische Merkmale in Verwendung gebracht. Die me- diterrane, seinerzeit von mir beobachtete und vornehmlich auf die Sexualunterschiede untersuchte Halocypride (lieber die Ge- schlechtsdifferenzen von Halocypris. Zeitschr. für wiss. Zool. 1865), welcher G. 0. Sars die Gattungsdiagnose von Halocypris ent- lehnte und die er als H. Clausii genau beschrieb, ist generisch von Conchoecia nicht zu trennen und lediglich eine gedrungenere, der atlantischen C. serrulata Cls sehr ähnliche Art mit überaus als des Formengebietes, von welchem G. 0. Sars ausschliesslich mediterrane und nordische Arten kannte. So z. B. wurde von Sars die Ungleichheit des vorletzten Gliedmassenpaares in beiden Geschlechtern als Familienmerkmal verwerthet, während dasselbe lediglich Charakter der Gattung Conchoecia ist. *) Dana gibt als Charaktere für Conchoecia an: „Testa oblonga, Pedes mandibulares articulis tribus ultimis inflexi, 2do multum oblongo", für Halocypris: „Corpus curtum. Pedes mandibulares fere recti et non inflexi, articulo 2do parum oblongo". Der erste Theil des 2. Merkmales ist unrichtig und bezieht sich lediglich auf den Contractionszustand der Musculatur, der zweite Theil generisch nicht ver- werthbar. So bleibt nur der Unterschied in der Schale und Leibesform übrig, der in der Diagnose viel zu allgemein und unbestimmt zum Ansdruck gelangt. Dagegen geben uns die Abbildungen insbesondere von Dana's H. inflata, einer Art, die jedenfalls meiner H. concha sehr nahe steht, Anhaltspunkte, um die beiden Gattungen nach Schalengestalt und Gliedmassenbau in der von mir versnobten Weise ausein- anderzuhalten. (153) 6 C. Clans: Bemerkungen über marine Ostracoden etc. kurzem und gedrungenem oberen Ladenglied der Mandibel (Basal- glied des viergliedrigen Tasters nach Sars), welches wohl als specifisches , nicht aber als generisches Merkmal verwerthet werden kann. Sowohl in der Form der Schale, als in der Gestaltung der Gliedmassen und den sexualen Besonderheiten des Männchens ist H. Clausii G. 0. Sars eine Conchoecia-Art.1) J) Wie es möglich war, dass G. 0. Sars meine Crustaceenarbeiten aus den Jahren 1873, 1874 und 1876 so vollständig übersehen konnte, mag zum Theil auch aus dem kläglichen Zustande der Jahresberichte über Crustaceenliteratur Erklärung finden. Schlagen wir die Jahresberichte im Archiv für Naturgeschichte nach, so ver- missen wir zu unserer grossen Ueberrascbung die Berichte über Crustaceenforschung während der Jahre 1871, 1872, 1873, 1874 vollständig. Vom Jahre 1875 an sind die- selben wieder aufgenommen, aber in höchst unbefriedigender Weise fortgeführt. Ueber mein Werk vom Jahre 1876 wird der Bericht einfach auf einen späteren Jahr- gang verschoben und in diesem dann ganz allgemein mit ein paar Sätzen abgefertigt, ohne dass man in der Besprechung der einzelnen Ordnungen über den Inhalt der Untersuchungen, z. B. Nebalien, Sergestidenentwicklung etc., Ostracoden, Cirri- pedien etc. betreffend nähere Daten erhält. Ein solcher Zustand der Crustaceenbericbte scheint aber in diesem Archiv permanent werden zu sollen. Der Bericht für die Jahre 1885 — 1887 ist gar zur Stufe eines einfachen, in alphabetischer Reihenfolge gehaltenen Verzeichnisses der Publicationen, der Abschrift eines englischen Registers in deutscher Sprache, herabgesunken, während über den Bericht für das Jahr 1887 im 2. Heft des II. Bandes 1888 die zuversichtliche Auskunft ertheilt wird, dass derselbe mit dem über das Jahr 1838 gleichzeitig im nächsten Jahrgang erscheinen solle. (154) Zur Morphologie des Pteropodenkörpers. Von Prof. Dr. Carl Grobben in Wien. Es kann heute kein Zweifel darüber bestehen, dass die Ptero- poden Gastropoden sind und sich von den Opisthobranchiern her- leiten. Boas und Pelseneer ordnen dieselben geradezu in die Gruppe der Opisthobranchier ein und kommen damit auf die später auch von Souleyet gestützte Auffassung de Blainville's zurück, wonach die Pteropoden ihren Platz neben Bulla, Gastro- pteron und Aplysia finden. Für die Gastropodennatur der Ptero- poden sind in neuerer Zeit auch Fol, Spengel, der dieselben zu seinen Euthyneuren stellte, sowie auch ich eingetreten. Es handelt sich in den Pteropoden um der pelagischen Lebens- weise angepasste Gastropoden. Daraus sind die Eigentümlichkeiten des Pteropodenkörpers ableitbar, so die Rückdrehung und Streckung des Eingeweidesackes, die umfangreiche Ausbildung der Epipodien unter gleichzeitiger mehr oder minder weitgehender Rückbildung des Protopodiums , die Leichtigkeit oder der vollständige Verlust der Schale u. A. Es seien blos bezüglich der beiden ersten Punkte einige Bemerkungen hier angeknüpft. In Betreff des Fusses der Pteropoden möchte ich auf die Thatsache hinweisen, dass sich am Protopodium der Gymnosomen noch die Sohle des Gastropodenfusses erhalten hat und diesen Hinweis als Anlass nehmen, um eine Beobachtung Souleyet's in Erinnerung zu bringen, welche auch die functionelle Bedeutung dieses mittleren Fussabschnittes als eine mit der Gastropoden- sohle in ihrer Verwendung als Haftorgan übereinstimmende er- (155) 2 Carl Grobben: weist. Nachdem bereits P. J. van Beneden1) die Vermuthung ausgesprochen hatte, dass dieser mittlere Fusstheil von Pneumo- dermon die Function des G-astropodenfusses ausübt, wenn das Thier nicht schwimmt, stellte Souleyet durch directe Beob- achtung fest, dass Pneumodermon im Stande ist, sich mittelst dieses Fusstheiles festzuheften, wie dies die Heteropoden mittelst ihrer zu einem Saugnapfe reducirten Sohle thun. „Nous avons vu, en effet", heisst es bei Souleyet2) „les Pneumodermes que nous conservions dans les vases, s'attacher tres-fortement ä leurs parois au moyen de cet organe." Was die Epipodien anbelangt, so sei mit Bezug auf die von mir bei früherer Gelegenheit 3) ausgesprochene AufPassung der- selben ohne weiteres Eingehen auf die einschlägige Literatur noch folgende Ausführung gegeben. Ich betrachte die Epipodien als vom Protopodium aus neu entstandene und von demselben zu unterscheidende paarige Fusstheile , welche in demselben Ver- hältnisse zum Protopodium stehen, wie ich dies vom Pterygo- podium der Heteropoden erörtert habe. *) Es handelt sich meiner Ansicht nach hier nicht um einen Theil, „der vollkommen neu mit dem Protopodium keinen Zusammenhang hätte. Es liegt vielmehr in der Flosse eine „Neubildung" vor, welche nur „in beschränktem Sinne" eine solche zu nennen ist". Was den zweiten Punkt, den ich hier berühren will, betrifft, nämlich die Rückdrehung des Eingeweidesackes, so ist von Boas B) sowohl als von Pelseneer6) die bezügliche Stelle in meiner Publication 7) so aufgefasst worden, als meinte ich in jener die Aufrollung des Eingeweidesackes , d. h. den Verlust der Win- dungen. Dass ich jedoch mit dem Ausdrucke „Drehung" und J) P. J. van ßeneden, Anatomie da Pneumodermon violaceum. Memoires de l'Acad. Bruxelles 1837, pag. 6. 2) Souleyet, Voyage autoar da moade execute pendant les annees 1836 et 1837 sur la corvette La Bonite. t. II, Paris 1852, pag. 258. s) C. Grobben, Morphologische Studien über den Harn- nnd Geschlechts- apparat, sowie die Leibeshöhle der Cephalopoden. Arb. a. d. zoolog. Instit. zu Wien. Bd. V, 1884, pag. 59. 4) C. G robben, Zur Morphologie des Fusses der Heteropoden. Ebendaselbst. Bd. VII, 1887, pag. 8. 6) J. E. V. B o a s, Spolia Atlantica. Bidrag til Pteropodernes Morfologi og Systematik. Vidensk. Selsk. Skr. 6. Raekke, 1886, pag. 183. 6) P. Pelseneer, Report oa the Pteropoda collected by H. M. S. Challenger. P. LXVI, 1888. Part III, pag. 30. 7) C. Grobben, Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechts- apparat etc. der Cephalopoden, pag. 63. (156) Zur Morphologie des Pteropodenkörpers. 3 „Rückdrehung" die Bewegung des Eingeweidesackes um die dorso- ventrale Axe des Thieres verstanden habe, kann nicht zweifelhaft sein, da ich dies an einem Beispiele erörtere; die betreffende Stelle lautet: „Die dorsale Lage der Mantelhöhle, wie sie bei allen spiralig gedrehten Gasteropoden vorkommt, ist erst bei der Drehung des Eingeweidesackes zu Stande gekommen, somit secundär. Es lässt sich dies leicht zeigen, wenn wir die Verhältnisse z. B. von Helix genauer beobachten, und auf die Lage der Niere zur Mantelhöhle unser Augenmerk richten. Die Niere von Helix liegt links neben der Mantelhöhle (sog. Lunge). Sie ist aber die rechte Niere, deren Linkslagerung eine Folge der Drehung des Eingeweidesackes ist. Drehen wir aber die linksgelegene rechte Niere auf die rechte Seite zurück, so kommt die rechts von ihr gelegene Mantelhöhle an die Hinterseite (Ventralseite) des Ein- geweidesackes zu liegen." Die misverständliche Auffassung dieser Stelle seitens Boas und Pelseneer könnte ich nur darauf zurückführen, dass ich einmal den Ausdruck „gedreht" für „gewunden" verwende, und zwar in der eben citirten Stelle in dem ersten Satze, „wie sie bei allen spiralig gedrehten Gasteropoden vorkommt". Ich hielt mich für verpflichtet, bei sich bietender Gelegenheit diesen Punkt zur Sprache zu bringen, um nicht durch Ueber- gehung desselben den Schein zu erwecken, als wäre die Auffassung jener Stelle mit meiner in derselben ausgesprochenen Ansicht in Uebereinstimmung. Ich muss übrigens hier noch hinzufügen, dass ich, obwohl ich in jenem Passus zunächst nur die Drehung des Eingeweidesackes im Auge hatte, wie aus dem beigegebenen Beispiele ersichtlich ist, doch bisher der Ansicht war, dass die spirale Aufrollung des Eingeweidesackes mit der Drehung des letzteren zusammenhängt, ebenso wie der Verlust der Windungen und die Rückdrehung des Eingeweidesackes Vorgänge sind, welche mit einander in Ver- bindung stehen. Erst die in neuerer Zeit bekannt gewordenen Thatsachen haben diese Ansicht in mir erschüttert. Wien, December 1888. Druck von Gottlieb Gistel & Comp, in Wien, I., August inerstrasse 12. (157) ARBEITEN AUS DEM ZOOLOGISCHEN INSTITUTE DER UNIVERSITÄT WIEN UND DER ZOOLÜGISCHEN STATION IN TRIEST. HERAUSGEGEBEN DR C. CLAUS, O. Ö. PROFESSOR DER UNIVERSITÄT UND VORSTAND DES ZOOLOGISCH-VERGL.-ANATOWSCHEN INSTITUTS IN WIEN DIRECTOP. DKK ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIES'l . TOM. VIII, II. Heft. Mit 5 Tafeln und 4 in den Text gedruckten Holzschnitten. WIEN 1889. ALFRED HOLDER, K. K. HOF- UND UNI VERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. ROTHEXTHURMSTRASSE 15. Alle Rechte vorbehalten. Zur Beurtheilung1 des Organismus der Siphonophoren und deren phylogenetischer Ableitung. Eine Kritik von E. Haeckel's sog. Medusom-Theorie. Von C. Claus. .bekanntlich weichen die Ansichten über die Deutung der Siphonophoren nach zwei Richtungen auseinander, indem eine Reihe von Forschern nach dem Vorgange C. Vogt's und R. Leuckart's im Anschlüsse an des letzteren Lehre vom Polymorphismus die Siphonophoren als freischwimmende Hydroidstöcke mit polypoiden und medusoiden Individuen betrachtet, andere Zoologen der älteren Auffassung von Eschscholtz und Huxley beipflichten und be- stärkt durch das Bild einer proliferirenden Sarsia (M e ts c h n i k o f f) den Organismus der Siphonophore auf die Meduse beziehen. Ich selbst habe mich schon 1860 bemüht (in meiner Arbeit „Ueber Physophora hy dr ost at ica", Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XII), die Richtigkeit der ersteren Auffassung klarzulegen, in neuerer Zeit aber in zwei Schriften das Gemeinsame beider Lehren hervorgehoben und dieselben zu vereinigen versucht. Dasselbe hat auch, wenngleich theilweise von anderen Gesichtspunkten ge- leitet, kürzlich E. Haeckel in seinem an Beschreibungen interes- santer bisher unbekannter Formen so reichen „Report on the Siphonophorae collected by H. H. S. Challenger during the years 1873 — 1876", sowie in einem diesem Werke vorausgeschickten Aus- zuge „System der Siphonophoren auf phylogenetischer Grundlage" Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII. Heft 2. \[ ,,59) 2 C. Claus: (Jen. Zeitschr. für Naturw. Tom. XXII, 1888) gethan und eine vermittelnde Lehre entwickelt, welche nach der Meinung ihres Autors die wahren Bestandteile der beiden älteren Theorien vereine, dagegen ihre Irrthümer ausscheide und zuerst die wahre Natur der Siphonophore aufdecke. Den Schein der Neuheit und Besonderheit wusste E. Haeckei seiner Medusom-Theorie, wie er sie nannte, in sehr geschickter "Weise dadurch zu verleihen, dass er in der Definition beider Lehren nebensächlich gewordene Momente in den Vordergrund stellte und sich dem entsprechend neuer Bezeichnungen bediente, welche das Wesentliche der Lehren verdeckten. Die erste wurde als Polyp er son- Theorie, die zweite als Polyorgan- Theorie be- zeichnet und von beiden behauptet, dass sich dieselben in gleicher Weise wie früher noch heute schro ff gegenüberständen. Nach der letzteren sei die Siphonophore eine individuelle Hydroidmedusen- Person, also ein morphologisches Individuum dritter Ordnung, nach der anderen, welche die Abstammung von Polypen be- haupte, ein schwimmender Hydropolypenstock oder ein morpho- logisches Individuum vierter Ordnung. Eine derartige Begriffs- bestimmung entspricht jedoch keineswegs dem wahren Sachverhalt, sondern einer einseitigen, den Kernpunkt der Frage verhüllenden Darstellung, welche im Hinblicke auf unsere durch neuere Arbeiten gewonnenen Anschauungen über das Verhältniss von Meduse und Polyp als unrichtig zurückzuweisen ist. Diesen Anschauungen gemäss konnte sich die von R. Leuckart begründete Lehre vom Polymorphismus keineswegs in ihrer alten Form und Fassung unverändert erhalten , und ebenso wie der vermeintlich schroffe Gegensatz von Polypersonen und Polyorganen längst eine Ausgleichung fand, so ist es auch keineswegs mehr zulässig, aus der Zurückführung der Siphonophore auf einen schwimmenden Hydroidenstock den „philosophischen Schluss abzu- leiten, dass die ganze Klasse von Polypen abstammt". Wer nur einigermassen auf dem Coelenteratengebiete orientirt ist, sieht alsbald ein, dass auch die Lehre, welche in der Sipho- nophore auf die Meduse zurückführt und demnach wohl am besten als Medusen-Theorie zu bezeichnen ist, keineswegs die not- wendige Folgerung einschliesst , die Siphonophore als Individuum dritter Ordnung oder Person im Sinne E. Haeckel's zu betrachten. Denn wenn auch die Ausgangsform für die morphologische Ge- staltung der Larve eine Meduse ist, von welcher sich durch fort- gesetzte Knospung neuer Medusen oder Medusentheile die Anhänge (160) Zur Benrtheilung des Organismus der Siphonophoren etc. 3 der Siphonophore entwickelten, so muss in gleicher Weise, wie der Sarsienstock , welcher durch Prolification von Tochtermedusen am Mutterthiere entsteht, auch die Siphonophore durch Hervorsprossung einer grossen Zahl neuer Medusen und deren dislocirter Körper- theile an dem Leibe der primären Meduse zu einem Thierstock oder Cormus , einem Individuum vierter Ordnung im Sinne E. Haeckel's werden. Nicht in der Frage, ob Person oder Thier- stock, lag der Schwerpunkt der Controverse, sondern in dem für die Deutung der Larve massgebenden Ausgange von der Hydroid- Meduse oder von dem schwimmenden Hydroid-Stöckchen. Aber auch im letzteren Falle bleibt die Hydroid-Meduse das den Stock begründende Geschlechtsthier. Es ist deshalb ein schwerwiegender Irrthum, wenn E. Haeckel von dieser zweiten Lehre, welche wir als Hydroid-Theorie bezeichnen wollen, behauptet, dieselbe führe die Abstammung der letzteren auf den Polypen zurück und sei daher gezwungen, sämmtliche Schwimm- organe der Siphonophoren als Neubildungen aufzu- fassen. Man sieht aus dieser von mir bereits wiederholt ausgeführten Betrachtung, wie wenig zutreffend die Behauptung ist, dass sich beide Lehren heute noch schroff gegenüberstehen. Ich habe be- reits vor 11 Jahren in einem besonderen Capitel meiner Haiistemma- Arbeit x), welches die Ueberschrift führt : „Ueber die Auffassung der Siphonophoren als polymorphe Thierstöcke", das Verhältniss beider Theorien klargelegt und nachgewiesen, dass dieselben keineswegs scharf und unvermittelt gegenüberstehen. Ganz ähnlich habe ich fünf Jahre später in einem kleinen Aufsatze'2) „Ueber den phy- logenetischen Entwicklungsgang der Siphonophoren", den Sach- verhalt dargestellt und darauf hingewiesen , dass auch die H y- droid-Theorie, welche das schwimmende Hydroid-Stöckchen zum Ausgange des Vergleiches nimmt, die demselben als Ge- schlechtsthier zu Grunde liegende Meduse als Stammform voraus- setzt, somit nach beiden Seiten sowohl mit Rücksicht auf die Auf- fassung von Polymorphismus und Thierstock als auf die Stammform der Meduse eine Ausgleichung versucht. E. Haeckel hat den diesbezüglichen Inhalt beider Schriften vollständig ignorirt , die erstere zu meiner Ueberraschung zwar citirt , die letztere aber *) Arbeiten des zool. Institutes zu Wien, Tom. I, 1878. Ueber Haiistemma Tergestinum etc. S. 47 — 51. ■) Ebenda, Tom. V, 1883. Ueber das Verhältniss von Monopbyes zu den Diphyiden, sowie über den phylogenetischen Entwickelungsgang der Siphonophoren. 11* (161) 4 C. Claus: nicht einmal in dem seinem Werke angeschlossenen Schriftenver- zeichniss auch nur aufzuführen für zweckmässig erachtet. Hätte er auf dieselben Beziehung genommen, so wäre es ihm freilich eben- sowenig möglich gewesen, einen heute noch bestehenden schroffen Gegensatz der Polyperson- und Polyorgan-Theorie zu lehren, als seine Medusom -Theorie, welche in Wahrheit mit der Medu- sen-Theorie zusammenfällt, als eine neue zwischen beiden ver- mittelnde Lehre darzustellen. Unter solchen Umständen darf ich mir wohl erlauben, zumal die in beiden Schriften gegebenen Ausführungen in weiteren Kreisen wenig bekannt geworden zu sein scheinen, einige der für unsere Frage entscheidenden Stellen zum Abdrucke zu bringen. In dem citirten Capitel der Haiist emmaarbeit linden sich zunächst die Argumente erörtert, welche gegen die Medusenlehre Huxley's und Met sehn ikoffs sprechen. Dann heisst es pag. 48 : „Aber gerade die Tendenz zur Wiederholung gleichartiger Organe, welche Metschnikoff gezwungen ist, dem Siphonophoren- Organismus beizulegen, führt ihn von seinem abweichenden Aus- gangspunkt (Meduse) wieder auf die Theorie des Polymorphis- mus zurück, die er mit so grosser Bestimmtheit widerlegt zu haben glaubt. Denn in Wahrheit kommt bald ein zweites Deckstück, oder eine neue Schwimmgloeke, ein zweiter, dritter Polyp oder Taster hinzu, und der Stiel des primären Magens oder Medusenmundstiels wird, ich will gern zugestehen, einer Sarsia prolifera ähn- lich, zu einer Art proliferirenden Stamm mit vielen Hunderten von Anhängen. Hiermit aber ist zugleich die Auffassung der Siphonophore als eine Vielheit sich wiederholender Medusentheile,beziehungsweisereducirterMedusen mit besonderen Functionen ausgesprochen und die Lehre vomPolymorphismus undderArbeitstheilung vollkommen bestätigt, denn wenn die in Vergleich gestell- ten Gemmen am Magenstiel der Sarsia zu neuen Medusen sich gestalten, morphologisch also Anlagen von Individuen sind, so gilt gleiches auch für die sprossenden Siphonophoren-Anhänge, mögen diese nun als Genitalschwimmglocken die volle Medusen- form zum Ausdruck bringen oder als Taster und Polyp (Magen- schlauch), beziehungsweise als Schwimmglocke und Deckstück lediglich Theile von Medusen, das heisst reducirte Medusen wiederholen und demgemäss nur Theilfunctionen der Arbeit zu besorgen im Stande sein." (162) Zur Beurtheilung des Organismus der Siphonophoren etc. 5 „Der Unterschied von Leuckart's Deutung des Siphono- phorenleibes als eines polymorphen freischwimmenden Hydroiden- stockes betrifft also im Grunde lediglich die Aus- gangsform, die Leuckart bei dem damaligen Stande der Entwicklungslehre in der als isolirter Magenschlauch die Colonie begründenden Larve zu erkennen glaubte, während dieselbe nach den neueren entwicklungsgeschichtlichen Erfahrungen durch die Theile einer Meduse repräsentirt zu sein scheint." „Wäre aber auch wirklich, wofür vielleicht die Ergebnisse späterer Untersuchungen entscheidende Anhaltspunkte liefern werden, die morphologisch höhere Hydroidform, die Meduse, phylo- genetisch der Ausgang für die Entstehung der Siphonophore, so wäre doch, wie die vorausgeschickten Betrachtungen dargethan haben, der Polymorphismus unserer nunmehr als „Röhren- quallen" zu bezeichnenden Organismen, welche den Charakter von Hydroidstöckchen gewinnen, nicht im entferntesten widerlegt; vielmehr würden die Anhänge derselben nach wie vor, je nachdem sie den Magenstiel (Polypiten) oder den Medusenschirm, bezie- hungsweise beide Abschnitte in vereinfachter Form (Geschlechts- gemme) wiederholen, morphologisch als polypoide und medu- soide Individuen im Sinne Leuckart's zu bezeichnen sein. Da wir uns aber bereits klar gemacht haben, dass Polyp und Meduse im Grunde ein und dasselbe1) sind, so würde der in beiden Auffassungen ausgesprochene Unter- schied nur noch für die phylogenetische Zurück- führung der Siphonophore bedeutungsvoll bleiben." „Uebrigens ergibt sich zugleich, was in ähnlicher Weise auch aus der Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Cestoden abge- leitet werden kann, dass die Begriffe von Individuum und Thier- stock bei niederen Thieren keineswegs im Sinne von „Person" und „Cormus" HaeckeTs morphologisch scharf begrenzt einander gegenüberstehen, sondern in gleicher Weise wie die von Organ und Individuum nur als Verhältnissbegriffe betrachtet werden müssen und je nach dem Vergleichsobjecte eine wechselnde An- wendung gestatten. Daher kann auch Leuckart's Kriterium, welches die Individualität sämmtlicher Siphono- phorenanhänge beweisen soll, die gleichartige Be- schaffenheit im Knospenzustand, in diesem Sinne *) An einer früheren Stelle dieser Abhandlung (pag. 26 — 30) war die morpho- logische Ableitung von Schwimmglocke, Hydroidmeduse und Acalephe von Polypen genetisch begründet. (163), 6 C Claus: nicht im entferntesten verwerthet werden. Auch der sprossende Randfaden am Medusenschirme, der Tentakel einer Scyphistoma oder eines beliebigen Polypen würde damit als Indi- viduum erwiesen sein. Dieser allerdings unverkennbare Wider- spruch, der aber mit der Auffassung von Individuum und Stock als Verhältnissbegriffe sofort hinwegfällt, scheint für Metschni- koff vornehmlich Anlass gewesen zu sein, gegen die Polymor- phismustheorie aufzutreten und sozusagen das Kind mit dem Bade auszuschütten." Nicht minder bestimmt sprach ich mich in der späteren kleinen Schrift (pag. 9) über das Verhältniss beider Ansichten und die Möglichkeit ihrer Vereinbarung in folgender Weise aus : „Ich habe schon früher (in dem Halistemma-Aufsatz) zu zeigen ver- sucht, dass der Unterschied beider Auffassungen, zumal bei dem relativen Werthe des Begriffes „Individuum" und bei der Bezie- hung der Meduse zu Hydroidstock als dessen aufgeammten Ge- schlechtsthieres, keineswegs so bedeutend ist, als er beim ersten Blick zu sein scheint, und dass auch die zweite Auffassung (Me- dusentheorie) die Lehre vom Polymorphismus nicht im Entferntesten alterirt." Wenn daher E. Haeckel der Medusen-Theorie darin Unrecht gibt, dass sie dem ausgebildeten Siphonophoren-Cormus nur den Werth einer Person zuspreche und die Personen, welche denselben zusammensetzen, nur für Organe (im morphologischen Sinne) halte, so ist ihm entgangen, dass ich bereits wiederholt näher aus- geführt hatte , wie wenig eine solche Folgerung in der Lehre selbst begründet ist , indem dieselbe im vollen Einklänge mit der Forderung seiner Medusom -Theorie die ausgebildete Siphonophore als einen aus zahlrei chen po lymorphen Personen zusammengesetzten Cormus zu betrachten hat. Wenn er ferner an der Hydroid - Theorie die Aus- stellung macht, dass dieselbe darin zu weit gehe und Unrecht habe, wenn sie auch den einzelnen (morphologischen) Organen dieser Personen den gleichen Werth zuschreibe, so hat er zu sagen vergessen, dass diese Mängel durch die in jenen Schriften gege- benen Erörterungen bereits beseitigt und in der von mir vertretenen Fassung der Theorie nicht mehr enthalten waren, dass somit be- reits eine Vermittlung zwischen beiden Theorien vorlag, durch welche der vermeintlich bestehende schroffe Gegensatz derselben aufgehoben war. Hätte aber E. Haeckel dem Inhalt meiner Schriften Rechnung getragen , so würde nicht nur die in seiner Medusom- (164) Zur Beurtheilung des Organismus der Sipkonophoren etc. 7 Theorie enthaltene Vermittlung den Schein der Neuheit verloren haben, sondern auch das Wesentliche, die wahre Natur des Gegen- satzes der beiden seitherigen Lehren und damit die Coincidenz seiner Medusom-Theorie mit der Medusen-Theorie zu Tage getreten sein. Allerdings war es consequent, dass sich E. Haeckel im Anschluss an einen ihm von E. Metschnikoff gemachten Vor- halt, die Deutung 1) der Siphonophorenlarve als Meduse betreffend, von der Vogt-Leu ckart'schen Theorie, deren eifriger Anhänger er bislang gewesen , zu der Medusen-Theorie bekehrte und in diese den Polymorphismus der ersteren übertrug. Indessen hätte man von ihm doch wenigstens die Darlegung der Gründe erwarten sollen, warum nicht ein schwimmender Polypenstock der phylogene- tische Ausgang der Siphonophoren gewesen sein könne, umsomehr, als in jüngster Zeit mehrere Argumente zu Gunsten desselben und zur Widerlegung der Medusen-Theorie vorgebracht worden waren. Anstatt die von R. L e u c k a r t, sodann von mir und Anderen hervorgehobenen Schwierigkeiten, welche die vorausgesetzte Dis- locatiou zahlreicher Medusentheile dieser Lehre bereitet, zu be- heben und die vou mir erhobenen Einwürfe gegen die Annahme, dass die Geschlechtsform der Hydroidpolypen in ihrer vollendeten Gestalt als Meduse den Ausgangspunkt für die Entstehung der Siphonophoren gab, zu widerlegen, werden eine Reihe von Behaup- tungen als Axiome hingestellt und als Sätze im Schematismus der neuen Medu?om-Theorie aufgenommen. Womit beweist uns denn E. Haeckel, dass die primäre medusiforme Siphonophorenlarve p ali ngenetis ch zu beuitheilen sei und die Annahme einer weitgehenden Multiplication und Dislocation der einzelnen Medusen-Organe der Wahrheit entspreche? Und auf welche neue thatsächlichen Verhältnisse beruft er sich, wenn er als Schiedsrichter in dieser Hauptfrage die gegentheilige Ansicht, welche eine weitgehende secundäre Multiplication und Dislocation dieser Organe leugnet und- die primäre medusiforme Larve für eine cenogenetische Form hält, als unrichtig ver- wirft? Oder ist es mehr als ein Axiom, von einer bilateralen Meduse als der primären Larve oder „Siphonula" auszugehen, welche durch eine ventrale Schirmspalte und den Besitz eines einzigen Randfadens ausgezeichnet , einer uralten bilateralen, „Protomeda" getauften Stammform der Anthomedusen- gruppe entsprungen sei? Seit wann ist denn im System Haeckel's 1) El. Metschnikoff, Studien über die Entwicklung der Medusen und Siphonophoren. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXIV, 1874, pag. 38. (165) g C. Claus: die bilaterale Symmetrie, welche doch nach seiner sog. Gastraea- theorie in Folge kriechender Lebensweise entstanden sein soll, ein so uralter Charakter der Meduse geworden, deren ontogene- tische Entwicklung am Hydroidstock auf eine regulär radiäre Grundform hinweist? Mit einer solchen dogmatischen, jeder Erfahrung wider- streitenden Behauptung erspart man sich freilich die Beant- wortung der Frage1), auf welchem Wege Magenrohr und Fang- faden aus dem Centrum und vom Schirmrande hinweg an die Aussenseite des Medusenschirmes gelangt seien und welchen Vor- theil diese Abweichung von der radiären Grundform für die Er- haltung des Organismus gehabt haben könnte , ohne zu bedenken, dass man damit den Knoten zerhauen hat, anstatt ihn zu lösen. Nicht anders steht es mit dem zweiten Axiom, welches der Haeckel'schen Medusen-Theorie ihren besonderen Charakter verleiht, der Annahme einer zweiten, „Archimeda" benannten uralten Stammform von octoradialem Bau aus der Trachymedusengruppe, um von derselben eine zweite medusiforme Larve, die „Discon ula", abzuleiten, welche im Besitze eines marginalen Tentakelkranzes, die Individuen des Stockes durch Knospung aus der Subumbrella erzeugt habe und den Ausgang für die Entwicklung der in Disconanthen umgetauften Discoideen (Porpita, Velella) darstellte. Durch diese Hypothese und die mit derselben ausgesprochene Suppo- sition eines diphyletischen Ursprunges der Siphonophoren wird die Lehre H a e c k e l's allerdings zu einer neuen Abart der Medusen- Theorie, büsst jedoch zugleich in demselben Grade an Wahrschein- lichkeit ein , als die neue absonderliche Annahme willkürlich und unbegründet erscheint. Aus beiden Axiomen folgt die Trennung der Siphonophoren in zwei Hauptabtheilungen, die E. Haeckel als Siphonanthen und Disconanthen bezeichnet und von denen jene ihrem Ursprung nach auf die Anth o me dusen, diese auf die Trachy m eduse'n zurückzuführen sein würden. Die Unzulässigkeit dieser diphyletischen Ableitung wurde bereits von anderer Seite dargethan und auf die Widersprüche hingewiesen, welche sich für Bau und Entwicklung der Velellen aus der Anknüpfung an octoradiale Medusen ergeben würden. 2) Nicht nur, x) Vergl. C. Claus, Ueber das Verhältniss von Monopbyes zu den Diphyiden, sowie über den phylogenetischen Entwicklungsgang der Siphonophoren. Arbeiten des zool. Instituts etc. Wien 18?3, pag. 9. 2) C. Chun, Bericht über eine nach den Canarischen Inseln im Winter 1887 — S8 ausgeführte Reise. Sitzungsberichte der k. preuss. Akademie der Wissen- schaften, Berlin 1888, XLIV, pag. 3, 4. (166) Zur ßeurtheilung des Organismus der Siphonophoren etc. 9 dass das Stadium der radiären Disconula erst auf einfacher gestaltete bilaterale Entwicklungsstadien folgt, welche es wahr- scheinlich machen , dass hier eine ähnliche bilaterale Gliederung wie an Siphonanthenlarven vorausgeht, auch die Entstehungsweise des keineswegs unmittelbar auf die Medusenumbrella zu beziehenden Mantels, sowie die Entwicklung eines reichen Gefässnetzes und kräftigen Muskelbelages auf der aboralen Fläche im Gegensatze zu der gefässlosen und muskelfreien Exumbrella der Meduse lassen sich mit Haeckel's Annahmen nicht vereinigen. Gegen die Medusen-Theorie, in welcher Form und Modifikation sie auch vertreten werde, habe ich aber in meiner früheren Schrift noch ein anderes Argument verwerthet, welches von E. Haeckel gänzlich ignorirt worden ist. Ich bemerkte, „eine andere Be- trachtung macht es unwahrscheinlich, dass die Geschlechtsform der Hydroidpolypen in ihrer vollendeten Gestalt den Ausgangs- punkt für die Entstehung der Siphonophoren gab, da dieselbe ja ihrer ontogenetischen Entstehung nach durch Hydroidstöckchen vorbereitet wird, welche demnach auch bei einer durch Dislocation bestimmter Kör per- theile veränderten und zur Stammform der Siphono- phoren gewordenen Meduse1) in deren Entwicklung hätten wiederkehren müssen." „Die directe Entwick- lung (ohne Generationswechsel) einzelner Hydro id- Medusen2) aber ist unbestritten eine erst später ent- standene secundäre Zusammenziehung der Entwick- lungsvorgänge, die wir deshalb gewiss nicht zum Ausgang der Ableitung zu nehmen berechtigt sind." Die Medusen-Theorie knüpft nun an diese secundäre, erst später entstandene hypogenetische Entwicklung der Stammform an, welche schon in der bilateralen (Siphonula) oder radialen (Disconula) Si- phonophorenlarve als Meduse zur Wiederholung gelangt, lässt demnach die ältere und ursprünglich metagenetische Entwicklung der Meduse durch Hydroidstöcke gänzlich unberücksichtigt. Das ist der Schwerpunkt, aber auch der schwächste Punkt der Theorie, der zugleich den Gegensatz zur Hydroid-Theorie zum Ausdruck bringt. Diese knüpft an die ältere und ursprüngliche metagenetische Entwicklung der Stammform an und führt die so frühzeitig an *) Wie sie Metscli n ik of f voraussetzt und auch E. Haeckel in seiner „Protoraeda" voraussetzt. 2) Zu denselben gehören die Trachyraedusen, also auch Haeckel's „Archi- meda". (167) 10 C. Clans: der jungen Siphonophorenlarve hervortretende Aehnlichkeit mit einer bilateral gestalteten Meduse nur auf äusserliche , erst secundär entstandene Analogien zurück. Für sie erscheint die Siphonophorenlarve nicht als Wiederholung einer uralten , hypo- genetisch sich fortpflanzenden, bilateralen Oceanide mit dislo- cirtem Magenrohr und Randfaden, welche durch fortgesetzte Knospung neuer Medusen und Medusentheile den polymorphen Stock erzeugt, sondern ein freischwimmendes Entwicklungsstadium des Hydroid- stöckchens einer metagenetisch sich fortpflanzende Oceanide gab den Ausgang für die Entstehung der Siphonophoren , und zwar war die Behinderung an der Fixation die Ursache der ersten Veränderung, der Anlass zu einer Reihe von Umgestaltungen, welche dann auch die an dem Stocke hervorsprossende Geschlechts- meduse betrafen. Natürlich muss es bei dem Mangel bestimmterer, etwa in Uebergangszuständen und Zwischenformen vorliegender Anhaltspunkte der Phantasie überlassen bleiben, sich das Bild der Veränderungen auszumalen, durch welche im phylogenetischen Process die einer Hy dracti nia-oderP o docory ne-Larve ähnliche Ausgangsform sich zur Siphonophore umgestaltet haben konnte. Nur in diesem Sinne ist der in meiner kleinen Schrift vor- gelegte Versuch1) zu beurtheilen, als eine Vorstellung, welche dem Bilde der knospenden Meduse gegenüber mindestens gleiche Be- rechtigung hat. Der Ausgleich, den ich mit dieser Darlegung zwischen der Medusen- und Hydroid -Theorie versuchte, be- ruhte demnach auf dem Nachweise, dass während für die erstere die Auffassung der Siphonophore als polymorpher Thierstock keineswegs ausgeschlossen erscheint, auch die zweite Lehre eine in der Stammform bereits vorhandene Hy dr oidmeduse voraus- setzt. Ich konnte der Medusen-Theorie darin Recht geben, dass sie an die Hydromeduse anknüpft, aber nicht darin beistimmen, dass sie diese schon in der primären Larve wiederholt findet und diese letztere palingenetisch beurtheilt. Dahingegen vertrat ich die Hydroid-Theorie, in deren Auffassung vom polymorphen Thierstock ich keinen Widerspruch zu der ersteren fand , mit Rücksicht auf den für die Entstehung behaupteten Ausgangspunkt der Siphono- phore , welcher nicht in dem fertigen Hydroid-, sondern in dem x) Ueber denselben wurde seinerzeit in der unter E. Haeckel's Aegide erscheinenden Zeitschrift „Kosmos" ein Referat gebracht, dessen ablehnende Be- nrtheilung in sehr naiver Weise durch die geringe Grösse der gedachten Larve den ausgebildeten Siphonophoren gegenüber, an denen dcch die langsamen Ab- änderungen hätten auftreten müssen, begründet wurie. (168) Zur Beurtheilung des Organismus der Siphonophoren etc. 11 freischwimmenden Larven -Stöckchen zu suchen ist. Nichteine sym- metrisch gewordene Meduse mit dislocirten Körpertheilen und hypo- genetischer Entwicklung, sondern eine metagenetisch sich ent- wickelnde normal gestaltete Meduse wurde als Stammform vor- ausgesetzt und in deren schwimmendem Larvenstöckchen der Aus- gang, beziehungsweise Anstoss zur Entstehung der Siphonophore erkannt. Somit standen sich beide Lehren keineswegs mehr als Po ly- organ- und Polyp er so n -Theorien schroff gegenüber und waren auch darin einander nähergeführt, dass ebenso seitens der letz- teren die Abstammung von der Hydroidmeduse eingeräumt werden konnte. Die Mischung von Wahrheit und Irrthum war bereits, wenn auch in einer anderen Form und Richtung als in E. Haeckel's sogenannter Medusom-Theorie, zu klären versucht worden, und zwar zu Gunsten der Hydroidtheorie , welche die Siphonophore für „schwimmende Hydropolypenstöcke" hält und die Medusenähnlichkeit der Larven aus cenogenetisch veränderten Zuständen ableitet. Nur insoweit war es erforderlich, die ursprüngliche, von R. Leuckart begründete Auffassung zu modificiren, dass an Stelle des Hydroid- stöckchens, welches nach Ablösung von seiner Unterlage die pela- gische Lebensweise angenommen und an der nach oben gewendeten Basis einen hydrostatischen Apparat gewonnen habe, die schwim- mende , an der Fixation behinderte , aber nicht in der Ernährung gestörte Larve gesetzt und im Anschlüsse an die erst in neuerer Zeit begründeten Anschauungen über das Verhältniss von Meduse zum Polypen die Abstammung der Siphonophore von der Meduse als dem Geschlechtsthiere des Hydroidenstockes anerkannt wurde. Was die neue Classification der Siphonophoren anbetrifft, welche E. Haeckel seinem Werke zu Grunde gelegt hat, so er- geben sich die Besonderheiten derselben zunächst als Consequenzen seiner Hypothese des diphyletischen Ursprunges. Die Siphonophoren werden zur Classe erhoben und mit Rücksicht auf die zweifache Abstammung in zwei Legionen oder Unterclassen getheilt. 1. In die von der hypothetischen Protomeda abzuleitenden Siphonan- then und 2. in die von der hypothetischen Archimeda ent- sprungenen Disconanthen. Die erste Unterclasse zerfällt in die zu Ordnungen erhobenen Abtheilungen der Calyconectae, Physonectae und Cystonectae, welchen den bisher be- kannten Gruppen der Caly cop horiden, Phy sophoriden und Physaliden entsprechen und zu denen noch die Auro- nectae, eine Gruppe höchst merkwürdiger, seither unbekannt (169) 12 C. Claus: gebliebener Tiefseeformen als vierte Ordnung hinzukommen. Die zweite Unterclasse enthält die einzige Ordnung der Disconec- tae, welche mit der als Chondr ophoriden oder Discoideen bekannten vierten Siphonophorengruppe zusammenfällt. Da die An- nahme einer besonderen Stammform für die von den Physophoriden leicht und ungezwungen ableitbaren Discoideen weder nothwendig noch begründet erscheint, wird die auf dieselbe gestützte Aen- derung des Systemes, welche die Discoideen in ein gleichwertiges Verhältniss zu der Gesammtheit aller übrigen Gruppen bringt, als eine durch den Sachverhalt keineswegs gerechtfertigte Neue- rung zurückzuweisen sein. Nicht anders möchte es mit den zahl- reichen neuen Bezeichnungen zu halten sein, durch welche E. Haeckel seiner bisherigen Gewohnheit folgend, eine Menge althergebrachter und in der Wissenschaft eingebürgerter Namen aus derselben ohne zureichenden Grund verschwinden lassen will. Nicht nur den Ordnungen, vielen Familien und Gattungen werden neue Bezeichnungen gegeben , sondern auch für die Theile und Anhänge der Siphonophoren ganz ohne Nöthigung und ohne vor- handenes Bedürfniss eine neue Nomenclatur eingeführt. Der Fiction des Medusombegriffes entsprechend, werden alle Organe, welche ursprünglich einer Medusenperson zugehört haben sollen, als „Medusonr' zusammengefasst und palingene von ceno- genen Medusomen unterschieden. Bei den ersteren sollen die Haupt- organe mehr oder weniger im ursprünglichen Zusammenhange geblieben, bei den letzteren in Folge cenogenetischer Wanderung mehr oder weniger dislocirt worden und eine secundäre Ver- mehrung gleichwerthiger Theile, eine „Multiplication" der Organe eingetreten sein. Gruppen zusammengehöriger Medusome werden als Cor midien bezeichnet und diese falls sie durch freie Internodien getrennt sind und sich in metamerischer Aufeinander- folge wiederholen, als Ordinate (Cormidea ordinata), falls die- selben am Stamme zerstreut und ihre Organe von einander getrennt sind, als dissolute Cormidien (Cormedia dissoluta) unter- schieden. Die Schwimmsäule heisst fortan „Nectosom", der unter- halb derselben folgende Stamm „Siphosom", die Schwimm- glocke „Nectophore", der Magenschlauch oder Nährpolyp wird als „Siphon", der Taster als „Palpon" umgetauft, für den Fangfaden wird der Ausdruck „Tentake 1" ]), für die Endfäden ]) Ich habe in meinen Arbeiten wiederholt den Ausdruck Tentakel als synouym mit Taster in Anwendung gebracht, wie man ja auch die Fühler der Mollusken als Tentakeln zu bezeichnen pflegt. Für E. Haeckel, welcher mit Ten- (170) Zur Beurtheilung des Organismus der Siphonophoren etc. 13 am Nesselknopfe ,,T e ntil len", für den Nebenfaden des Tasters „Palpakel", für den tasterähnlichen Anhang mit terminaler Oeff- nung „Cyston", für das Deckstück „Bractee", für den Ge- schlechtsgemmen tragenden Taster oder Magenschlauch „G ono- styl", für die Geschlechtsgemme „Gonophore" in Anwendung gebracht. An der Luftkammer oder Pneumatophore wird der Luft- sack als „Pneumoto Saccus" , die Luftflasche als „Pne um ato- cystis". deren unterer als Gasdrüse fangirender Theil als „Pneumo d eni a" und dessen basale Oeffnung oder Trichterpforte als „Pneum atopyle" bezeichnet. Dass E. Haeckel von der Kunstfertigkeit, neue zutreffende Namen zu bilden, einen sehr aus- gedehnten, fast schrankenlosen Gebrauch macht, wird allerdings aus dem Umstände begreiflich, dass er dieselbe in hohem Grade besitzt und durch langjährige Uebung zu einer Specialität ausge- bildet hat, in welcher ihn zur Zeit kein zweiter Gelehrter erreichen dürfte. Wenn nun auch nicht geleugnet werden kann, dass die Einführung neuer sachgemässer Benennungen manchen Vortheil bringt und insbesondere für die Conformität im Schematismus der Theorie und des Systemes unentbehrlich wird, so ist es doch ebenso unbestreitbar, dass dieselbe durch fortgesetzte Häufung der Syno- nyme eine in's Unbegrenzte wachsende Complication der Nomen- clatur zur Folge hat, manche Verwirrung veranlasst und das Studium nicht erleichtert, sondern erschwert. Dieselbe erscheint daher nur da, wo es der Sachverhalt unbedingt erfordert, in mass- voller Weise geübt , wohl am Platze , dagegen ohne vorhandenes Bedürfniss in massloser Weise übertrieben, entschieden von Uebel und in dem Falle geradezu verwerflich , wenn durch sie alte, nicht minder gute und durch die Person verdienter Autoren historisch gewordene Namen verdrängt und aus der Wissenschaft beseitigt werden. Indessen erfährt unsere Kenntniss des Formengebietes durch E. Haeckel's Werk eine ganz ausserordentliche Erweiterung, indem unter 240 aufgeführten Arten mehr als 60 bisher unbekannte takel den S^nkfaden bezeichnet, gibt dieser verschiedene Gebrauch des Wortes An- lass zu dem logischen Schlafs, „nicht selten seien die Palponen mit Tentakeln ver- wechselt (coDfused) worden. z.B. wiederholt von Claus selbst bei Physophora" (Report, pag. 17, 193, 260). Ein Einblick in meine Arbeiten und insbesondere in die Haiistemmaschrift (1878) überzeugt Jedermann sogleich, dass ich Tentakel mit Taster synonym gebrauche und mich beider Bezeichnungen abwechselnd bediene, dass also von einer Verwechselung mit dem Senkfaden gar nicht die Rede sein kann. Ueberdies ist es gaaz und gar unverständlich, wie es möglich sein soll, die Taster zumal von Physophora mit den Senk fäden zu confund ren. (171) 14 C. Claus: Arten, welche sich vorwiegend auf neue interessante Gattungen vertheilen, enthalten sind. Durch diese staunenswerthe Bereicherung des Materiales musste auch dem System eine entsprechende com- plicirtere Gestalt und reichere Gliederung erwachsen, und neben neuen Gattungen neue Kategorien höherer Ordnung, insbesondere Familien und Unterfamilien aufgestellt werden. Ohne Frage be- sitzt der specielle beschreibende Theil , der auch an Umfang bei weitem überwiegt, einen ungleich höheren Werth als der in den kurzen einleitenden Capiteln mehr aphoristisch behandelte allge- meine, im Sinne Haeckel's „philosophische" Theil, welcher die Medusom-Theorie und das auf dieselbe gestützte System begründen soll. Ob freilich der Verfasser auch in jenem überall das Richtige getroffen hat und nicht gar oft zu weit gegangen ist , wird jetzt schon mit berechtigtem Zweifel gefragt und in Zukunft von späteren Untersuchungen entschieden werden können. Zahlreiche Neuerungen betreffen die Auflösung bisheriger Gattungen in zwei oder mehrere Gattungen, und zwar auf Grund geringfügiger, zu generischen Merkmalen kaum verwendbarer Unterschiede. Beispiels- weise mag angeführt werden : Die Spaltung von Physalia in Physalia und Caravella, von Alophota in Alophota und Arethusa, sowie die an dieselbe anknüpfende Aufstellung zweier Unterfamilien ; ferner die Auflösung von Rhizophysa nach ihren einzelnen Arten in die Gattungen Aurophysa, Cannophysa, Linophysa, Nectophysa, Pneumophysa, Rhizophysa und die Unterscheidung zweier Unterfamilien als Cannophysiden und Linophysiden nach Unterschieden, welche etwa die generische Trennung rechtfertigen. Gleiches gilt von der Spaltung der Agalm idengattungen, soweit zur Be- gründung derselben ausschliesslich die Gestalt der Tentillen ver- werthet wurde (Agalmopsis — Lychnagalma; Halistem ma — Cupulita; Anthemodes — Cuneolaria; Agalma — Phyllophysa; Stephanomia — Crystallodes). Sodann scheint es mir ganz ungerechtfertigt , für die merk- würdigen, durch den Besitz der Aurophore charakterisirten Tiefsee- Gattungen Stephalia (Stephonalia), Auralia und R no- dal ia eine besondere Siphonophoren -Ordnung zu creiren, da diese Formen doch die Pneumatophore der Physophoriden (Phy- sonectae) besitzen und nur durch die Verbindung des proxi- malen Abschnittes derselben mit einem Luft ausführenden Apparat (Aurophore) die ihnen eigenthümlichen Charaktere gewonnen haben, durch die sie sich als besondere Physophoriden gruppe erweisen. (172) Zur Beunheilung des Organismus der Siphonophoren etc. 15 Dass der eigenthümliche als A u r o p h o r e bezeichnete Apparat durch Umgestaltung einer Schwimmglocke entstanden sei, ist nicht nur nicht dargethan, sondern sogar sehr unwahrscheinlich, da man nicht einzusehen vermag, wie eine Schwiramglocke an die stets knospenfreie Dorsallinie des Stammes gelangt sein konnte. Selbst wenn dieser merkwürdige Pneumoduct nach Analogie der Schwimm- glocken-Anlage durch eine knospenartige Erhebung der beiden Zellenschichten des Stammes mit nachfolgender Entodermwucherung und Einstülpung des umlagernden Entoderms vorbereitet sein sollte, so wäre hiemit doch noch keineswegs der Beweis geführt, dass er nun auch durch Umgestaltung einer Schwimmglocke her- vorgegangen sei, vielmehr würde die Deutung desselben als einer dem Bedürfnisse des Luftaustrittes entsprechenden besondern Differenzirung der Stammeswand am Lufttrichter der Pneumato- phore viel grössere Berechtigung haben. Indessen würde auch im ersteren Falle kein Grund zur Aufstellung einer besonderen Ordnung vorliegen. Eine andere weit schwerer wiegende Ausstellung betrifft die Classification der Caly cophor iden (Caly conectae), unter welchen die Eudoxiden und Ersaeiden mit ihren Gattungen und Arten als besondere Familien neben den Mo nop hy iden und Diphyiden figuriren. Es ist geradezu ein fundamentaler Ver- stoss gegen den Begriff eines natürlichen, auf phylogenetischer Grundlage aufgebauten Systems, die selbstständig gewordenen Ge- schlechtsgenerationen von den sie aufammenden Generationen zu trennen und als besondere Arten eigenen Gattungen und Familien zu subsummiren, die neben den entsprechenden Kategorien der Ammengenerationen aufgenommen und aufgezählt werden. Nicht weniger als 25 Arten, 8 Gattungen und 2 Familien kehren somit zweimal und unter doppelten Bezeichnungen wieder. In der That würde eine derartige Verdoppelung gleichwerthiger Kategorien das auf Genealogie basirte natürliche System durch Dislocation und Wieder- holung zusammengehöriger Glieder zu einem künstlichen schablonen- mässigen Fachwerk herabsetzen. Fände dieses von E. Haeckel gegebene Beispiel Aufnahme und Nachahmung, die bei den vielen talentvollen Anhängern der Schule wahrscheinlich nicht lange ausbleiben dürfte, so würden wir bald dahin kommen, auch die analoge Umänderung z. B. des Cestodensystems , als consequenten und zeitgemässen Fortschritt gepriesen zu sehen. Nach dem vor- liegenden Muster würden zunächst für die Proglottiden und Strobila- formen, dann auch für die Cysticerken besondere Familien ge- (173) 16 C. Claus: Zur Beurtheilung des Organismas der Siphonophoren etc. gründet und dem Principe der Dislocation und Multiplication der Organe analog in Familien, Gattungen und Arten gegliedert werden. Es ist schwer, einen vernünftigen Grund ausfindig zu machen, welcher dem Autor Anlass zu einem so unbegreiflichen logischen Lapsus gegeben haben kann. Sollte es vielleicht die Conformität der Anordnung gewesen sein, welche der Schematismus der Classification verlangt? Die übrigen Ordnungen beginnen mit monogastrischen Familien, die Physonectae mit den Circa- lid en und Athoriden, die Cystonecten mit den Cy sta- nden, die Disconectae sind ausschliesslich monogastrische Siphonophoren, so müssen auch an der Spitze der Calyconectae monogastrische Familien vorausmarschiren. Indessen hätte doch die Ungleichwerthigkeit der monogastrischen Familien auffallen müssen, indem dieselben in jenen Ordnungen die einfachsten und der Ent- wicklung nach ältesten Gattungen repräsentiren , während die Eudoxiden und Er sa ei den als metamere den sog. Prodo- xien der polygastrischen Apolemiaden gleichwerthige Theilstücke die Endglieder der Entwicklung repräsentiren. Inwieweit die Aenderungen , welche die Nomenclatur der Gattungen und Familien betreffen, Berechtigung haben, soll hier nicht weiter erörtert werden , nur eine Abweichung vom alther- gebrachten Gebrauche, welche sich E. Haeckel wie in früheren Werken, so auch in seinem Systeme der Siphonophoren er- laubt, mag erwähnt und als unstatthaft zurückgewiesen werden. Dieselbe betrifft das ganz neue Verfahren, an bereits be- kannten, von früheren Autoren aufgestellten Arten, auf Grund der gewechselten Gattungsbezeichnung, den Namen des Autors zu streichen und an dessen Stelle den eigenen Namen als des Autors der neuen Gattung zu substituiren. Es ist das eine Licenz, die sich, soweit mir bekannt, kein anderer Forscher herausnimmt, eine der Specialitäten Haeckel's, welche in Verbindung mit dem Principe, nach geringfügigen seither zur Unterscheidung der Arten benützten Unterschieden die Gattungen in neue zu spalten, dem Mihi des Systematikers Aussicht auf ein ganz neues höchst er- giebiges Feld eröffnet. Wien, im December 1888. (174) Beiträge zur Kenntniss der Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. Mit 5 Tafeln. Von B. Haller (Ungarn). Bereits in früheren Publicationen war ich bemüht, die doppelte Ursprungsweise der Nerven im Central-Nervensystem, einerseits direct aus Ganglienzellen, andererseits aus jenem centralen Nerven- netze , welches bei den Vertebraten von J. Gerlach1) entdeckt wurde, nachzuweisen. Wie ich glaube, ist mir dieses für die rhipido- glossen Prosobranchier gelungen, was hauptsächlich jenem gewich- tigen Umstände zuzuschreiben ist, dass bei diesen Thieren, noch mehr aber bei den Placophoren und Cyclobranchiern das primäre Nervensystem, welches noch keine gedrungeneren Ganglienbildungen aufweist, der neuroglialen Umhüllung insoferne keine grössere Rolle im Aufbau des Central-Nervensystems zukommen lässt, als dieselbe in die tieferen Schichten derselben nicht eingreift. Es findet sich hier eben ein corticalwärts gelegener Ganglienzellbelag vor, dessen einzelne multipolare Elemente, untereinander sich vielfach direct ver- bindend, andere Fortsätze in Form einer peripheren Nervenfaser in einen Nervenstamm übertreten lassen. Zum grössten Theil gehen aber die Fortsätze der Ganglienzellen, sich allmälig theilend, in ein central gelegenes Nervennetz über, aus welchem sich wieder centrale Nervenfasern construiren können. Die directe Nervenhülle schickt blos Fortsätze in das centrale Nervengewebe, welche innerhalb der Ganglienzellschichte , sich theil weise theilend , hierselbst stützend *) J. Gerlach, „Von dem Rückenmark." Ia Stricker's Handbuch von den Geweben. Leipzig 1871- Claus, Arbeiten aus dem Zoologiscben Institute etc. Tom. VIII, Heft 2. 12 (175) B. Haller : eingreifen und innerhalb derselben im centralen Nervennetze immer blind endigen. Ich stellte seinerzeit dieses hier kurz geschilderte Verhalten, über welches im Speciellen in jener Arbeit nachzulesen ist1), als ein primäres hin. In der That ist dieses Verhalten auch bei Würmern und betreff der Neuroglia noch einfacher aufzufinden, die als sehr ursprüngliche Formen nicht nur für die Anneliden, wenn wir das Annelid, und ich glaube mit vollem Recht, als ein secundäres Stadium auffassen, sondern auch für die Mollusken als Ausgangspunkt dienen, nämlich den Nemertinen. Meine Entdeckungen für die Prosobranchier wurden für die Acephalen von B. Rawitz2) bestätigt und ich selbst habe in einer kurzen Mittheilung3) die Resultate veröffentlicht, welche ich in diesem Punkte bei Würmern, Arthropoden und Vertebraten gefunden habe. Dort schon habe ich gesagt, dass ich meine diesbezüglichen Resultate mit den nöthigen Tafeln versehen zu veröffentlichen wünsche, doch obgleich meine diesbezüglichen Untersuchungen für die Würmer damals schon vollständig abgeschlossen waren, konnte wegen Zeitmangel an die Fertigstellung zum Drucke nicht gedacht werden, und erst jetzt kann ich diese Resultate über die Würmer wenigstens der Oeffentlichkeit übergeben. Zweck der Untersuchung war, bei vielen mir zugänglichen Wurmtypen das centrale Nervennetz und die doppelte Ursprungs- weise der Nerven nachzuweisen. Untersucht wurden hierauf die Nemertinen, Sipunculiden, polychaeten und oligochaeten Anneliden in allerdings sehr wenig Vertretern, welche jedoch bei dem gesteckten Ziele genügten. Später wurde in mir der Wunsch rege, auch nach dem Grade der Entwicklung der Neuroglia in den verschiedenen Wurmclassen zu trachten, was übrigens mit jener obigen Frage zusammenhängt und bei der Untersuchung ohnehin berücksichtigt werden musste. Dass aber bei diesem festgesetzten Plane hier auch viele andere morphologische Fragen Erörterung finden müssen, war bei den vielen offenen Fragen hierselbst unvermeidlich. Hier- durch glaube ich die leitenden Motive zu dieser Arbeit gekenn- zeichnet zu haben. Eine ausführliche topographische Histologie der hier zu erörternden Nervensysteme zu schreiben lag nicht in meiner Absicht. Die Objecte wurden entweder nur mit Alkohol oder Osmium- ') B.Hall er, „Stadien über mar. Rhipidoglossen." II. Morph. Jahrb. Tom. XL -) B. Eawitz, „Das centrale Nervensystem der Acephalen." Jena'sche Zeit- schrift f. Naturwiss. 1887, Tom. XX. 3) Morph. Jahrbuch. 1886, (176) Textur des Central-Nervensystems höherer "Würmer. 3 säure, oder auch mit chromsaurem Ammoniak gehärtet und mit Carmin oder Picrocarmin tingirt, im Speciellen soll aber an Ort und Stelle berichtet werden. Die Schnitte waren, die meisten wenigstens, die denkbar feinsten, und die verwendeten Vergrösserungssysteme (unter diesen ein Wasserimmersion Reichert XI) tadellos. Dass ein in neurohistologischen Untersuchungen geübtes Auge auf diese Weise auch das Möglichste beobachten kann, ist mir sicher. Besonders waren meine Präparate, mit gewöhnlichem Carmin gefärbt, ausgezeichnet. Retesdorf, bei Schässburg in Siebenbürgen, im Juni 1889. Anneliden. A. Polychaeten. a) Raubpolychaeten. Von erranten Polychaeten wurden auf Querschnitten Lepidas- thenia elegans Gr., da mein Material jedoch zu Längsschnitten nicht ausreichte, zur Entscheidung einiger strittiger Punkte im Gehirne Nereis Costae Gr. untersucht. Die Angaben über das Bauchmark beziehen sich lediglich auf Lepid. elegans. Beide Thiere wurden, da sie mir unbekannt waren, auf mein Ansuchen von Herrn Dr. E. von Marenzeller am k. k. Hofmuseum zu Wien bestimmt. Dieser Liebenswürdigkeit halber fühle ich mich genanntem Herrn gegenüber zu Dank verpflichtet. Das Central-Nervensystem wird nach aussen vollständig durch eine Nervenhülle umscheidet, die entweder wie im Gehirne dorsal- wärts, oder im Bauchmarke ventral wärts , direct unter der oft sehr dünnen Basalmembran des Hautepithels (Hypodermis) liegt und darum fälschlicher Weise von E. Roh de1) als Subcuticula aufgefasst wurde oder wie dorsal wärts im Bauchmarke der Musku- latur anliegt. Diese innerste Nervenhülle schickt, wie fast überall bei den Bilaterien, Fortsätze in das Nervengewebe, die dort hauptsächlich als Stützgewebe functioniren. Dieses Stützgewebe ist aber bei den Polychaeten ein wirkliches Netz, das entweder sehr weitmaschig ist und zwischen den Maschenräumen stellenweise Ganglienzellen birgt, oder als sehr feines Netz das centrale Nervennetz gleichmässig durchsetzt. 2) ') E. Roh de, „Histologische Untersuchungen über das Nervensystem der Chaetopoden." In A. Schneider's zoolog. Beiträgen. 1887, Tom. II. -') Die Behauptung Rohde's, wonach das bindegewebeartige Netz in der nervösen Centralsubstanz nicht vorhanden sei, sondern das äussere Stütznetz sende blos blinde Fortsätze oder quer durchsetzende Balken durch dieselbe, bedarf ihm 12* (177) 4 B. Haller: Die Nervenhülle setzt sich aber auch auf die peripheren Nerven continuirlich fort und hängt dort gleichfalls mit einem Stützgewebe, das, ebenfalls ein weitmaschiges Netz vorstellend, die Nervenfasern umspinnt, enge zusammen. DasNeurilemm hängt somit mit einem Stützgewebe, das wieder als identisch mit der Neuroglia der Wir belthiere zu betrachten ist, organologisch ganz enge zusammen, oder bildet, anders ausgedrückt, ein enge zusammenhängendes Ganzes mit ihm, was auch gewiss durch die Histogenese Be- stätigung finden wird.1) In dieser Beziehung stimmen Rohde's Untersuchungen, in denen das Studium auf eine grössere Zahl von Polychaeten ausgedehnt wurde, und meine vollständig überein, warum ich mir diesen Satz auf die erranten Polychaeten allgemein auszudehnen erlaube. Bevor ich die specielle Beschreibung beginne, möchte ich be- merken , dass die von mir untersuchte Lepidasthenia elegans Gr. wohl kaum identisch sein wird mit jener, die von "Roh de unter- sucht wurde, was ich daraus schliesse, dass in manchen Punkten, die eventuell auf Specieseigenthümlichkeit zurückführbar sind, unsere Beobachtungen abweichen, natürlich abgesehen von anderen wich- tigeren Fragen, in denen wir nur wenig übereinstimmen. Der von E, o h d e untersuchte Polynoe heisst nach seiner Angabe P. elegans Gr., während er den Namen Lepidasthenia elegans von Malmgreen führt. Ferner vertritt Roh de eine Auffassung, wonach das von mir als perineurales Stütznetz bezeichnete Gewebe um das Central- Nervensystem herum, direct mit der Subcuticula, also mit der Hypodermis zusammenhänge. Diese zwar althergebrachte, aber auch von neueren Autoren, wie Jourdan2), einigermassen getheilte gegenüber keiner ernsten Widerlegung, da, wieVejdovsky ganz richtig bemerkt, die feineren Verhältnisse der sogenannten Leydig'schen Punktsubstanz Roh de unbekannt blieben und es so auch nicht zu verlangen ist, dass er bei dieser Un- kenntniss ein weiteres feineres Verhalten des neuroglialen Netzes erkennen sollte. ') Es ist mir darum nicht recht verständlich, wie Roh de behaupten mag. dass ich einen Zusammenhang dieses Netzes mit der Nervenhülle seiner „Subcuticula" nicht angebe (1. c. pag. 68), wobei ich doch in meinem kurzen Berichte über diese Verhältnisse (Morph. Jahrbuch 1886), nachdem ich über die chemisch verschiedene Schichtung der Nervenhülle gesprochen , ausdrücklich betont habe , dass auch dem inneren Theile der Umhüllung (Rohde's Subcuticula) Fortsätze in das perineurale Netz, wie ich es dort nannte, übergehen, und ich sagte weiter „präciser ausgedrückt lautet dies so, dass letzteres (Netz) mit ersterem (Neurilemm) organologisch enge zusammenhängt". 2) Jourdan, „Cerveau de l'Eunice Harassi et ses rapports avec l'hypo- derme". Compt. rend. d. l'Acad. des scienc. de Paris. 1884. (178) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 5 Ansicht beruht auf ungenauer histologischer Beobachtung und wird durch jene dogmatische Auffassung genährt, wonach bei ursprünglicheren Formen, wofür aber noch nach der Geoffroy- St. H i 1 a i r e'schen Auffassung die Anneliden gehalten werden und bei denen in der That, bei vielen Polychaeten wenigstens, das Central- Nervensystem zeitlebens seine ectodermale Lagerung beibehält, die Hypodermiselemente (Leibesepithel) noch einen directen, oder doch gewissermassen directen Zusammenhang mit den fest anliegenden Nervenelementen des Central-Nervensystems gewahrt hätten. Und doch, wie sonderbar die Behauptung noch für Viele klingen mag, ist es Thatsache, dass das Central-Nervensystem der Sipunculiden und Nemertinen, Central-Nervensysteme also, welche bereits ihre definitive Lagerung ausserhalb des Ectodermes haben, betreff der nervösen Structur ein ursprünglicheres Verhalten aufweisen wie die Anneliden, insbesondere die Polychaeten, denn die Oligochaeten, bei denen ja das Central-Nervensystem schon aus dem Ectoderme herausgerückt ist, zeigen trotzdem ursprünglichere Texturver- hältnisse wie erstere. Gerade das Studium der Textur des Central-Nervensystems ist es, welches die übliche Annahme, als stamme der ungegliederte Körper anderer Würmer, ganz geschwiegen von dem der Mollusken, vom Annelid ab, sehr zu untergraben hilft und eher jener Annahme beipflichtet, dass im Gregentheil das Annelid kein primärer Zustand ist und dass eher die Ringelwürmer von einer ungegliederten Form, welche vielleicht auch den Stammeltern der Mollusken nahe stand, abstammen. Ich will hier, bevor ich meine eigenen Beobachtungen mit- theilen werde, die Beobachtungen Rohde's über dieses Gewebe auszüglich mittheilen. Er fand das Netz um das neurale Gewebe überall in dieser Form vorhanden, wohl am einfachsten mit zahl- reichen, in die Knotenpunkte eingelagerten Zellkernen bei Aphro- diten und Polynoe elegans; etwas complicirter bei Sthenelais und Sigation. Bei diesen zwei letztgenannten Formen sollen sogar Ein- lagerungen in den Maschenräumen stellenweise auftreten. Bei Sthenelais soll dieses Gewebe dorsalwärts vom Hirne wesentlich anders gebildet sein als lateral- und ventralwärts. Dorsalwärts ist es ein engmaschiges Netz mit eingestreuten Kernen, um die herum ,,in geringerer oder stärkerer Ausbildung ein Besatz feiner Körn- chen, welche die feinen Fasern theilweise verdecken", vorhanden sein soll, doch drückt sich über die Natur dieser Körnchen Roh de weiter nicht aus. Vom Hirn ventralwärts sollen die Maschen des (179) 6 B. Haller: Netzes viel weiter sein und ein feineres Netz soll hier überhaupt fehlen, und die Maschenräume sollen durch eine „grosskrümmliche Masse" erfüllt sein , welche je einen Zellkern enthält. Auch die Bedeutung des letztbeschriebenen Gebildes blieb dem Autor un- bekannt. Gegen die nervösen Elemente hin wird dieses Netz enger und bildet um die Ganglienzellen herum Scheiden, und sollen die Kerne an diesen Stellen im Netze etwas länglicher geformt sein. Aus diesem Grunde unterscheidet Rohde dieses feinmaschigere Netz von dem peripherer gelegenen weitmaschigen als inneres. Innerhalb der sogenannten Leidig'schen Punktsubstanz bildet aber dieses Ge- webe kein Netz , sondern blos einzelne Fortsätze sind es , welche dorthin eindringen und dieses sogar ganz durchsetzen sollen. In eine viel innigere Beziehung soll dieses Netzwerk nach Rohde zu den Ganglienzellen treten, denn obgleich Rohde sehr unverständ- lich ist, so geht aus seiner Angabe soviel doch hervor, dass die Netzfasern in den Zellleib eindringen und hier mit dem Mitom (Protoplasma im engeren Sinne) verschmelzen. Dies ist aber ein Irrthum, in welchen für die Wirbelthiere früher bereits E. La- housse1') verfallen ist, der in die unklarsten Behauptungen geräth und angibt, dass die Neuroglia mit den Ganglienzellen innig und organologisch zusammenhänge, wie dieses seiner Zeit auch Sal. Stricker annahm. Die Hauptsache aber ist und bleibt bei der Rohde'schen Auffassung , dass dieses perineurale Netz als directe Fortsetzung der sogenannten Subcuticularzellen zu betrachten ist, wesshalb es von ihm auch als „Subcuticularfasergewebe" benannt wurde. Rohde machte nämlich die Beobachtung, dass bei Sthenelais dorsal wärts vom Hirn die hier sehr niedrigen „Subcuticularzellen" mit ihren basalen, dem Centrum zugekehrten Rändern mit zahlreichen Fort- sätzen direct in jenes Netzwerk übergehen , welches Verhalten von ihm auch abgebildet wurde. Ausser dem eben Angeführten hat er noch mehrere Beobachtungen gemacht, welche diese seine Annahme stützen sollen, von denen wir aber blos die eine anführen möchten, dass „die die beiden Hälften des Bauchmarkes trennende mediane Scheidewand fast ausschliesslich von den dichen Fortsätzen der Subcuticularzellen gebildet wird". Nach dieser Auffassung würde somit dieses Stützgewebe von der „Subcuticula" kaum scharf zu trennen sein. pag (180) l) Lahousse, „La cellule nerveuse et la nevroglia." Anatom. Anzeiger, 1886, 116. Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 7 Soviel, glaube ich, genügt, um Rohde's Standpunkt über dieses Gewebe zu kennzeichnen, um später in Detailfragen, soweit es sich auf Lepidasthenia bezieht, auf seine Beobachtungen zurück- zukommen. Dieses perineurale Netz wurde vor mir und Roh de bereits vielfach beobachtet, wenngleich keine grössere Aufmerksamkeit demselben geschenkt wurde. G. Pr u vot x) unterscheidet am Central- Nervensystem der Polychaeten eine corticale Lage von einer ihr centralwärts eingelagerten. Die letztere hält er für das wirklich nervöse, während die corticale Lage nach ihm das perineurale Netz ist. Bei Nephthys Hombergi aber, wo er diese Verhältnisse genauer studirt hatte, unterscheidet er ein Neurilemm, das er an seinen, freilich sehr klein gehaltenen Abbildungen auch wiedergibt. Jourdan2), der dieses Gewebe nicht besonders ausführlich behandelt, nimmt, wie schon erwähnt, jenen Standpunkt demselben gegenüber ein, den Roh de später in seiner citirten Arbeit ausführlicher vertritt. Bei den Archianneliden erwähnt J. Fraipont3) dieses Gewebe nicht, doch gibt er eine deutliche Membran zwischen dem Nervengewebe und den Epidermzellen mehrfach an. Es wäre nun sehr interessant, zu erfahren , ob dieses Gewebe in jener Mächtigkeit bei diesen Urformen der Ringelwürmer bereits auftritt oder nicht. Ob weitere Angaben von Bedeutung über dieses Gewebe in der Literatur vorhanden sind, ist mir unbekannt geblieben, doch auch in der neueren Literatur finde ich darauf keinen Hinweis. Die Nervenhülle oder das Neurilemm ist im Gehirn sehr dünn, und eine nach meinen Beobachtungen homogene Schichte, in der ich selten und dann auch in) sehr undeutlich Kerne erkennen konnte. Dorsalwärts lagern sie sich dem medianwärts hohen (Fig. 1 E), hier pigmentlosen, dann aber jederseits lateralwärts niedrigen und dunkel pigmentirten (Fig. 1 y) Ectoderm fest an. Auch die Augen liegen ausserhalb derselben, doch werden sie von ihr von hinten gleichsam umhüllt (Fig. 3 A). Sie ist erkenntlich an genügend feinen Präparaten, denn während das Leibesepithel nur durch seine gefärbten Kerne auffällig ist, färbt sich die Nervenhülle intensiv. Bei starken Vergrösserungen sah ich zwischen ihr und dem Epithel eine sehr zarte Membran , die nichts anderes als die *) G. Pruvot, „Systeme nerveux des annelides polychetes." Arch. d. Zool. experm. et generale. 1885, Serie 2, Tom. II. 2) I. c. 3) J. Fraipont, „Recherches s. 1. Systeme nerveux central et peripherique des Archiannelides." Arch. de Biologie. 1384, Tom. Y. (181) 8 B. Haller: zarte Basalmembran des Leibesepithels sein kann. Bei Nereis Costae legt sich die Nervenhülle dem Leibesepithel nicht fest an, da zwischen diesem und dem Gehirn eine Höhlung sich vorfindet (Fig. 22 h), welche dadurch , dass erstere medianwärts durch einen engen Isthmus (a) sich dem Gehirn anlegt, paarig, das ist bilateral symmetrisch wird. An dieser oben erwähnten Stelle lagert die Nerven- hülle so fest an die Basalmembran des Leibesepithels, dass eine Grenze zwischen ihnen umso schwerer erkennbar ist, da sie sich dazu noch beide sehr intensiv färben. Unter den Augen (A), wo die Basalmembran eine bedeutende Dicke aufweist, konnte ich eine Grenze stets erkennen. Auf die Nerven setzt sich diese Hülle des Gehirns deutlich fort, was bei Nereis Costae, da sie sich hier viel intensiver färbt wie bei Lepidasthenia elegans , schon bei schwächeren Vergrösserungen erkennbar ist (Fig. 22, 23, 24). Wie ich schon am anderen Orte hervorgehoben habe, ist um das Hirn insoferne eine chemische Differenzirung der Nervenhülle eingetreten, als sie sich durch die angewandten Farbstoffe schichtenweise mit ver- schiedener Intensität färbt, wobei aber die Farbentöne continuirlich in einander übergehen (Fig. 7). Zu äusserst und wohl der grösste Theil färbt sich schön rosa (a), welche Schichte durch eine hellere (b) mit der innersten gelblich-rosa gefärbten (c) verschmilzt. Es ist dies aber eine blos chemische Differenzirung, der keine morphologische zu Grunde liegt. Ich halte diese chemische Differenzirung für insoferne wichtig, als sie auf die Entstehung der Nervenhülle direct hinweist. Zu innerst, also aus der gelblich gefärbten Schichte der Nervenhülle, gehen kurze Fortsätze ab, die aber sofort in das perineurale Netz continuirlich übergehen, und somit gibt es hier zwischen diesem und der Nervenhülle keine Grenze. Das perineu- rale Netz selbst wird aber gleich von seinem Beginne aus dem Neurilemm an weder durch Picrocarmin, noch durch ammoniakalisches Carmin gefärbt. Ganz ähnlich verhält sich die Nervenhülle ventral- wärts über der Darmmusculatur (m). Auch dort, wo das Neurilemm den Palpen (n, n', Fig. 1) fest anliegt, ist es durch die dort stark ver- dickte Basalmembran vom Körperepithel abgegrenzt, doch konnte ich nirgends eine völlige Verschmelzung mit dieser wahrnehmen. Schon der Umstand, dass zwischen der Nervenhülle und dem deut- lichen Leibesepithel eine Basalmembran sich vorfindet, noch mehr jedoch die Verhältnisse, wie sie sich bei Nereis Costae vorfinden, wo zwischen Hirn und Hypodermis eine deutliche Spalte sich aus- gebildet hat (Fig. 22, 23, 24 h), schliesst schon a priori jene zu allerletzt von Rohde vertretene Ansicht aus, dass das perineurale (182) Textur des Central-Nervensystems höherer "Würmer. 9 Netz mit dem Leibesepithel zusammenhängt, womit ich aber durch- aus nicht behaupten will, aus welchem der Keimblätter dieses G-ewebe eigentlich entstammt. Wissen wir doch heute mit Sicher- heit überhaupt nicht , ob die Neuroglia aus dem Ecto- oder Meso- derme sich bildet. Bei Sthenelais zeichnet freilich Rohde den innigen Zusammenhang des perineuralen Netzes mit dem Leibes- epithel (auf seiner Figur 24b) sehr deutlich, doch kann ich zu meinem Bedauern dieser Angabe keinen Glauben schenken, denn obgleich ich die Verhältnisse bei Sthenelais ans eigener Anschauung nicht kenne, so muss ich die Richtigkeit von Rohde's Behauptung umsomehr in Zweifel ziehen, als er auch für Lepidasthenia diese Behauptung aufstellt, wo doch die Verhältnisse ganz andere sind, wie er sie angibt. Wie ich für jene Scheidewand zwischen den jederseitigen Bauchmarkhälften für Lepidasthenia zu zeigen Ge- legenheit haben werde, befand sich hierin Rohde auch im Irrthum. Er gibt geradezu an, dass „die beide Hälften des Bauchmarkes trennende mediane Scheidewand" fast ausschliesslich von den dicken Fortsätzen der Subcuticularzellen gebildet werde. Weiter aber gibt er darüber, was noch an der Bildung derselben Antheil nimmt, nichts an. Nach den Angaben Rohde's ist dieses perineurale Netz, welches er als „Subcuticularfasergewebe" bezeichnet, bei den ver- schiedenen untersuchten Formen nicht nur verschieden, sondern diese Verschiedenheit erstreckt sich bei Sthenelais sogar auf die verschiedenen anatomischen Stellen im Gehirn. Es soll nämlich bei letzterer Form dorsal vom Hirn ein Netzwerk sich vorfinden, in dessen Knotenpunkten grosse und deutliche Zellkerne eingelagert sind. „In der Umgebung dieser Kerne findet sich oft in geringerer oder stärkerer Ausbildung ein Besatz feiner Körnchen, welche die feinen Fasern theilweise verdecken. Hierdurch wird das Bild von verschieden grossen Zellen hervorgerufen, welche nach der Peri- pherie zu immer deutlicher in Fasern zerfallen und unterschiedslos in das umgebende feinfaserige Gewebe übergehen/' Lateral vom Hirn soll nun jenes feine Netzwerk zwar fehlen, nicht jedoch ein gröberes, dessen Maschenräume von grossen, sehr hellen Zeilen eingenommen werden. Es scheint mir fast, dass die „grossen Krümmein", deren Rohde theils zwischen den Maschenräumen, theils um die Kerne herum Erwähnung thut , in der That nichts anderes sind, als das extrahirte, chemisch vielleicht durch die Re- agentien veränderte Pigment aus den Ganglienzellen. Bei den Aphroditen und Polynoe (Lepidasthenia} elegans soll das „Sub- (183) 10 ß. Haller: cuticularfasergewebe überall im Hirn etwa die Structur , welche es bei Sthenelais dorsal zeigt", besitzen. „Es besteht aus feinen, engmaschig sich verbindenden Fasern , zwischen denen spärlich feine Körnchen auftreten." Endlich gelangt Roh de zu dem Re- sultate, dass das perineurale Netz überall im Wesentlichen aus einem Netz besteht. Diese Angabe scheint mir wichtig , denn obgleich ich mit seinen Resultaten, nach welchen dieses perineurale Gewebe von den directen Fortsätzen der „Subcuticularzellen" ge- bildet werde , nicht übereinstimmen kann , da nach meinen Er- fahrungen das perineurale Netz bei Lepidasthenia und Nereis nirgends einen Zusammenhang mit der Subcuticula aufweist, aber auch diese Zellen des Leibesepithels nirgends Fortsätze besitzen, so muss ich jener Annahme, wonach die Netzform das Hauptsäch- lichste an diesem Gewebe bildet, mich anschliessen. Das Vorkommen der selbständigen , vom Zeilverbande des Netzes unabhängigen Elemente zwischen den Maschenräumen bei Sthenelais möchte ich nicht bestreiten, da ich Sthenelais aus eigener Betrachtung über- haupt nicht kenne , diese Modifikation wäre aber überall , wo sie vorkäme, von mehr oder weniger untergeordneter Bedeutung und blos das Netzwerk als solches von "Wesenheit. Um durch weitere Erwähnung der Rohde'schen Angaben in der Beschreibung der eigenen Beobachtungen nicht aufgehalten zu werden, führe ich noch an, dass er meine Beobachtungen, nach welchen dieses perineurale Netz auch in die sogenannte L e y d i g'sche Punktsubstanz in freilich verfeinerter Form eindringt, bestreitet, was jedoch bei dem Umstände, dass er über die Structur der sogenannten Punktsubstanz nicht weiter hinausgekommen ist, wie Forseher etwa zwanzig Jahre vor ihm , kaum von einigem Gewicht sein dürfte. Dafür gibt aber Roh de an, dass das perineurale Netz nach Art, wie nach G. F ritsch die feinsten Capillaren in die riesen- haften Ganglienzellen der Markanschwellungen von Lophius *), in den Körper der Ganglienzellen eindringen. Ich kann dem gegenüber nur behaupten, dass mir so etwas nie begegnet ist, und muss sowohl diese, wie Lahousse's früher erwähnte gleichartige Angabe als völlig unrichtig bezeichnen. Nach meinen eigenen Beobachtungen ist somit eine deutliche Basalmembran unter dem Körper- epithel (Hypo dermis) vorhanden, welche dieses vom perineuralen Netze und somit auch vom Neurilemm ') G. Fritsch, „Ueber einige bemerken swerthe Elemente des Centralnerven- systems von Lophius piscatorius." Arch. f. mikr. Anat. Tom. XXVII, (1H) Textur des Central-Nervensystems höherer "Würmer. 11 trennt und wobei das Netz, nur mit dem Neurilemm zusammenhängend, mit ihm ein einziges organisches Ganzes vorstellt. Dorsalwärts im Gehirne (Fig. 2 bei v) finden wir das peri- neurale Netz sehr weitmaschig, doch sind die Maschenräume durch- aus nicht gleich weit, sondern neben sehr weiten finden sich auch bedeutend engere vor. In der Gegend des zweiten Augenpaares reicht jenes Ganglion, das von sehr kleinen Nervenzellen gebildet, noch in der Gegend des ersten Augenpaares (Fig. 1 g) sich weit median- wärts, fast bis zum medianen Septum (p) erstreckt, nicht so weit nach innen, und da das Septum hier gleichfalls keine solche Mächtigkeit besitzt wie an erster Stelle, so ist zwischen diesen Theilen jederseits eine Stelle vorhanden, welche dorsalwärts ganz frei von Ganglienzellen ist und blos vom perineuralen Netze einge- nommen wird (Fig. 2 bei v). Ebenso ist ventralwärts oberhalb des Darmes (Fig. 1 k) das perineurale Netz nach aussen dem Perineurum zu vollständig frei von Ganglienzellen. Diese zwei Stellen sind desshalb am geeignetsten , um dieses Gewebe zu studiren. Hier im Gehirne ist in diesem perineuralen Netze, mit Aus- nahme einer noch zu erwähnenden ganz bestimmten anatomischen Stelle, in dessen Knotenpunkten nur in den allerseltensten Fällen ein Zellkern nachweisbar. Auch in dem Falle, dass ich einen solchen beobachten konnte , geschah dies nur mit starken Ver- grösserungen und bei der grössten Aufmerksamkeit, denn der Kern färbte sich mit den zwei von mir angewandten Farbstoffen, ammoniakalischem Carmin und Picrocarmin, nicht. An den Knoten- punkten des Netzes finden sich dafür sehr oft verbreiterte Stellen vor (Fig. 1 q, h u. s. w.), in denen zwar ein Zellkern nicht er- kennbar ist, die aber ihrer Form nach als Verschmelzungen mehrerer Zellen aufzufassen sein werden. Solche breite Stellen sind recht häufig. In der Nähe der Nervenfasermasse, der die Ganglienzellen peripher anlagern , sind letztere in die einzelnen Maschenräume des perineuralen Netzes eingelagert (Fig. 1, 4, 6). Manchmal fand ich auch zwei kleinere Ganglienzellen innerhalb eines Maschen- raumes, aber immerhin recht selten. Natürlich werden an der Peripherie einer solchen Ganglienzelle auch Stellen sein , wo ihr eine andere direct anliegt, d. h. durch die Balken des Netzes nicht getrennt wird, ich glaube aber, dass es sich in vielen Fällen anders verhält, denn ich habe oft beobachten können, dass eine Seite einer Netzmasche sich sehr verbreiterte (Fig. 4, 6, 7 p) und da- durch ein sackartiges Gebilde hergestellt wurde, welches nicht die (185) 12 B. Haller: ganze Ganglienzelle , sondern nur den untern abgerundeten Theil derselben aufnahm. Dass diese verbreiterten Stellen an den Maschen des perineuralen Netzes mit jenen früher beschriebenen Gebilden gleichartig sind und offenbar durch die Vereinigung mehrerer oder doch zweier Zellen dieses Netzes entstanden sein müssen, ist ge- wiss. Klar ist es ferner, dass man solche nach zwei bis drei Seiten hin concav verbreiterte Stellen zwischen dicht aneinander gelegenen Ganglienzellen selbst auf feinen Schnitten nicht beobachten kann ; zumeist habe ich solche sackartige Erweiterungen an Stellen ge- funden , wo sonst Ganglienzellschichten lagern (Fig. 4 p) , und so liegt der Gedanke nahe, dass an einer solchen Stelle eine Ganglien- zelle darinnen gelegen , aber durch das Präpariren herausgefallen war. Dabei bin ich aber weit entfernt, annehmen zu wollen, dass diese Verbreiterungen lediglich dazu bestimmt wären, den Ganglienzellen als Bett zu dienen, denn ich fand sie, wenngleich auch seltener, auch an solchen Stellen, wo sonst keine Ganglien- zellen lagern. Dort, wo ventralwärts unter der Nervenfasermasse die Ganglienzellen fehlen (Fig. 2 w) oder auch oberhalb dieser, zwischen Ganglienzellen und der Nervenfasermasse (Fig. 4 w), also stets an Theilen des perineuralen Netzes, welche direct an die Nervenfasermasse anstossen , fand ich dieses Netz engmaschiger wie sonst wo, doch war der Unterschied kein besonders auffallender. Das perineurale Netz umgibt das Gehirn von allen Seiten und schliesst es der Haut und den Augen gegenüber dadurch, dass es in eine verdickte und aus ihm hervorgegangene Membran, der Nervenhülle, direct übergeht (Fig. 7), ab. Im Gehirne ist somit bei Lepidasthenia elegans und Nereis Costae keine Stelle vorhanden, die beweiskräftig dafür auftreten könnte , dass die verlängerten basalen Enden der Hypodermiszellen direct in dieses Netz über- gehen würden, wofür mir gegenüber Roh de eintritt. Diese in letzter Zeit eben durch ihn vertretene Ansicht beruht lediglich auf einem Beobachtungsfehler. Bevor ich auf die medianen Septe des Hirnes von Lepida- sthenia elegans eingehen möchte, die auch eine Bildung aus dem perineuralen Netze ist , möge hier Einiges über die chemische Eigenschaft des perineuralen Netzes im Hirne mitgetheilt werden, welches ich übrigens in meiner früheren Publication angeführt hatte. Es sind der gelbe Hornglanz dieses Netzes sowie der Schwund der Zellkerne einerseits, andererseits das ganz indifferente Ver- halten den zwei angewandten und schon erwähnten Farbstoffen gegenüber. Der Umstand nun, dass ich dieses perineuiale Netz in (186) Textur des Central-Nerven Systems höherer Würmer. 13 seiner ganzen Wesenheit, also auch jenen Theil im nervösen cen- tralen Fasertheil des Gehirns wie Bauchmarkes, als ein unzwei- deutiges Homologon mit dem durch H. Gierke1) wohl am aus- führlichsten beschriebenen Neuroglianetze der Wirbelthiere erkannt habe, sowie der Umstand, dass jenes Netz bei erwachsenen Säuge- thieren eine allmälige Verhornung, d. h. Umwandlung der Eiweiss- substanz in Keratin oder wie die Entdecker dieses Verhaltens, Ewald und Kühne2), dieses Keratin benannten, „Neurokeratin", eingeht, was durch Gierke abermals ausführliche Erörterung fand, veranlassten mich, bei dem Umstand, dass die Zellkerne dieses Netzes im Gehirne der hier aufgeführten zwei Polychaeten eine Umwandlung erfuhren, anzunehmen, dass hier möglicherweise auch eine Verhornung eingetreten sei. Die Zellkerne in den Knoten- punkten des Netzes sind derart umgewandelt, dass ich sie nur, wie ich schon mittheilte, in den seltensten Fällen auffinden konnte. Das Netz verräth einen auffallenden matten Glanz, wodurch die Begrenzung der Fasern viel schärfer hervortritt, wie im Bauch- marke. Dies sind alles Eigenschaften, die dem Neuroglianetze der Wirbelthiere, wo jene Verhornung zumeist überall im Central- nervensystem durch Gierke constatirt werden konnte, eigen sind. Ich kann heute aber diese Anschauung für das perineurale Netz nicht mehr aufrecht halten, denn wenn ich auch noch jetzt behaupten muss, dass durch die oben angeführten Eigenschaften eine chemische Umwandlung des perineuralen Netzes erfolgt ist, so kann ich doch nicht mehr annehmen, dass jener Process eine Keratinisirung sei, denn abgesehen von dem Umstände, dass ich überhaupt wichtigere chemische Reagentien, wie Alkalien und Säuren, sowie die Ver- dauungsversuche nicht vorgenommen habe, färbt sich das perineurale Netz im Gehirne, d. h. um die Nervenbestandtheile, mit ammonia- kalischem Carmin nicht , was doch geschehen müsste , wenn eine veritable Verhornung eingetreten wäre. Ich beschränke mich also jetzt nur auf jene Wahrnehmung , dass in jenem Netze und an angeführter Stelle sich ein Process vollzog, welcher die Zellkerne bei der angeführten Behandlung nicht mehr erkennen lässt. Medianwärts in der Mitte des Hirnes zieht durch dessen ganze Länge eine septale Bildung hin, welche von Rohde zwar *) H. Gierke, „Die Stützsubstanz des Centralnervensystems." Archiv f. mikr. Anat. Tom. XXV, XXVI. 2) A. Ewald und W. Kühne, „Ueber einen neuen Bestandtheil des Central- nervensystems." Verhandl. d. naturhist.-med. Vereins zu Heidelberg. Neue Folge, 1877, Tom. I. (187) 14 B. Haller: beobachtet, aber ganz unrichtig aufgefasst wurde. Roh de zeichnet und beschreibt dieses Gebilde als aus den hier besonders langen Hypodermiszellen gebildet und an einen vereinzelten Strang des Subcuticularfasergewebes anstossend und mit ihm verschmelzend. Dieser Strang soll dann unter dem letzteren gelegen nach hinten verlaufen, um zum Schlüsse in die Leibeshöhle hervortretend aufzu- hören. Meine Beobachtungen sind von Rohde's Angaben grund- verschieden, denn nach jenen ist dieses System (Fig. 1, 2), welches bei Nereis Costae fehlt (Fig. 12), in der vorderen Kopfregion aus einem mittleren mächtigen, direct an das Kopfdach stossenden unpaaren Abschnitte und drei Fortsätzen gebildet (Fig. 1 p). Die zwei lateralen Fortsätze ziehen, jederseits unter dem innern Rande des jederseitigen kleinzelligen Stirnganglions (mihi) gelegen und diesem fest angelagert, bis zur Stelle, wo die vonRohde richtig beobachtete Ganglienzellschichte desselben Ganglienpaares aufhört und seine Fasermasse beginnt. Der unpaare mediane Fortsatz ist kurz, von etwas conischer Form und hört oberhalb der medianen gross - zelligen Ganglienzellschichte des Hirns zugespitzt auf. Ich habe, um die Structur dieser stützenden Vorrichtung, worauf es mir ja in erster Instanz hier ankam, kennen zu lernen, einen Schnitt durch eine Stelle geführt, wo sie ein lockeres Gefiige zeigt — es ist dies die Gegend des zweiten Augenpaares — und habe diesen Schnitt auf Fig. 2 abgebildet. Hier sehen wir nur noch den medianen Fortsatz (p) in seiner früheren Compactheit und Mächtigkeit entwickelt, denn der mächtige Theil , aus dem die drei Fortsätze abtraten , hört hier ganz auf. Der unpaare Fortsatz stösst fest an die Nervenhülle an und scheint mit dieser innig verwachsen. Er besteht aus von oben nach unten ziehenden und fest aneinander gereihten Fasern, welche an der Peripherie und besonders nach unten in ein feines, sehr kernreiches Netz sich auflösen (y). Dieses Netz reicht bis an die Fasermasse, oder richtiger gesprochen, an das obere Commis- suralsystem (f) des Gehirnes. Hier speciell sind den Maschenräumen dieses Netzes keine Ganglienzellen eingestreut, doch werden sie einige Schnitte früher von solchen ganz ausgefüllt. Von oben ziehen dem unpaaren Fortsatze angelagert (t) jeder- seits , gleich diesem anfangs fest aneinandergereihte, später unten aber auseinanderweichende Fasern , ohne sich netzförmig ausser- halb der nervösen Fasermasse zu verbinden, bis zu letzterem. Diese Fasern senken sich von hier mit den Fortsätzen der anliegenden Ganglienzellen in die nervöse Fasermasse ein. Von dem unpaaren Fortsatze treten gleichfalls lateral wärts Fasern über (p), und unten (188) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 15 findet sich zwischen ihnen jenes oben erwähnte kernreiche feine Netz vor. Das oben beschriebene Gebilde gehört somit dem peri- neuralen Netze an, und sind seine Fasern gleich denen des übrigen Netzes gegen die angewandten Farbstoffe unempfindlich, von dem- selben gelben Hornglanze. Nur das feine Netz verräth eine leise Färbung nach gehörig langer Einwirkung der angewandten Farb- stoffe und seine deutlichen Kerne (g) wurden vom Picrocarmin gut tingirt. Aus alldem zu schliessen ist dieses kernreiche Netz chemisch derart nicht verändert, wie das übrige perineurale Netz. Weiter nach vorne, dort, wo die mittlere Einsenkung des medianen Gehirndaches (E) keine so grosse ist , ist , wie schon oben erwähnt wurde, das mediane Septum mächtiger entwickelt (Fig. 1) und sowohl die lateralen wie der unpaare Fortsatz hängen durch abtretende Verbindungen mit einem Netze zusammen , dessen Maschenräume von Ganglienzellen vollständig ausgefüllt werden. Dieses Netz zeigt hier aber jene Eigenschaften des eben beschrie- benen, weiter hinten sich an dieser Stelle vorfindenden Netzes nicht mehr und unterscheidet sich durch nichts vom übrigen peri- neuralen Netze. Dort, wo Ganglienzellen sehr dicht aneinanderliegen, wie die grossen Zellen auf Fig. 2, dort konnte ich nur die wandständiger gelegenen, von den Fasern des perineuralen Netzes umgeben, be- obachten. Darum glaube ich, dass das perineurale Netz ebenso- wenig bis zu innerst in die dichte Ganglienzellschichte eindringt, wie in die sehr compacten Stirnganglien. Die jederseitigen zwei Commissuren vom Gehirne zu dem Bauchmarke (Fig. 1 d) werden auch, nachdem ihre Ganglienschichte (g z s) aufgehört hat , lateralwärts von dem perineuralen Netze, welches hier freilich sehr reducirt ist, umgeben, so dass das peri- neurale Netz des Gehirns mit jenem des Bauchmarkes continuirlich zusammenhängt. Gleich bei der ersten gangliösen Verdickung des Bauchmarkes finden wir das perineurale Netz mächtig entwickelt (Fig. 31, 32). Wenn wir aber dieses Netz hier um das Bauchmark herum nach guten Carminpräparaten betrachten , so werden uns sogleich zwei Eigenschaften dieses Gewebes auffallen, welche dem- selben Gewebe bis auf jene schon erörterte Stelle im Gehirne fehlen ; denn erstens sind die Zellkerne in den Knotenpunkten des Netzes schön umrandet und sehr intensiv tingirt , zweitens aber fehlt hier dem Netze jener Hornglanz, welcher im Hirne so auf- fiel. Wir sind somit sowohl durch die positive wie durch die negative Eigenschaft zur Annahme voll- (189) 16 B. Hall er: berechtigt, dass das perineurale Netz um das Bauch- mark herum chemisch anders beschaffen ist, wie im Hirne. Dorsalwärt-; unter der Körpermuskulatur (Fig. 12, 13, 16, 18, 31, 32 m) findet sich eine Nervenhülle (f t) vor, die gerade so wie im Gehirne mit dem perineuralen Netze ganz eng zusammenhängt und ohne Zweifel aus diesem entstanden ist. Bei schwächeren Ver- grösserungen scheint es, wie wenn diese Hülle sich auch als Grund- membran um die umliegende Hypodermis erstrecken würde (Fig. 15, 18). Doch wird man bei den feinsten Schnitten und stärkeren Ver- grösserungen wohl erkennen können , dass dem nicht so ist und dass die dorsale Nervenhülle hier von innen, der Hypodermis an- lagernd, hierorts nach unten biegt. Sie hört aber dann hier plötz- lich als eine dicke compacte Membran weiter zu bestehen auf, denn wir werden an der lateralen und ventralen Begrenzung jenes Raumes, der zur Aufnahme des Bauchmarkes dient und von diesem, sowie dem perineuralen Netze ausgefüllt wird, vergebens nach einer ähnlichen Nervenhülle suchen, da diese als solche hier fehlt. Wir finden hier bei stärkeren Vergrösserungen höchstens, dass das perineurale Netz bei dem Anstossen an die Hypodermis viel engmaschiger ge- worden ist als sonst wo. Somit ist es im Bauchmarke an dessen lateraler und ventraler Begrenzung noch zu keiner ähnlichen Hüllenbildung gekommen, wie dieses im Gehirne überall und dorsal- wärts im Bauchmarke sich bereits vorfindet , denn , wie ich dort den Nachweis geliefert habe, hat sich die Nervenhülle aus dem perineuralen Netze durch dessenVerdichtung herausgebildet. Vielmehr ist das Bauchmark der Hypodermis gegenüber noch nicht durch eine membranartige Hülle abgegrenzt, und dieses ist um so auffallender, als hier das perineurale Netz sich in die Hypodermis fortsetzt und als solches sich hier überall nachweisen lässt (Fig. 12). Es wäre aber darum anzunehmen, dass dieses Netz mit den Hypodermiszellen eng zu- sammenhänge, wie nach den Angaben von Roh de zu vermuthen wäre, ganz unrichtig, denn die Hypodermis besteht hier immer, vorausgesetzt, dass durch unzweckmässiges Conserviren ihre Ele- mente durch allzu grosse Schrumpfung nicht fadenförmig geworden sind, was dann in der That zu einer confusen Auffassung Gelegen- heit gegeben hätte, aus breiten hohen Cylinderzellen, deren grosser schwach tingirbarer Kern von jenem des perineuralen Netzes scharf absticht. Zwischen diesen Hypodermiszellen liegt dann das Netz gleich den abtretenden Nerven, und es ist als eine Fortsetzung (190) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 1 7 des perineuralen Netzes zu betrachten. Weiter habe ich die Ver- hältnisse innerhalb der Hypodermis nicht verfolgt, kann aber das Mitgetheilte mit gutem Gewissen versichern. Aus jedem beliebigen Querschnitte ist ersichtlich, was schon durch Pruvot und dann genauer durch R o h d e bekannt geworden ist, dass das Bauchmark jederseits aus einer mehr oder weniger runden, oder wo Nerven abtreten, etwas ovalen Nervenfasermasse und aus dem dieser nach aussen fest anliegenden Ganglienzellbelag besteht. Diese Ganglienzellen liegen dann, gleich wie im Gehirne, wie dieses ja von Roh de richtig beschrieben wurde, in den Maschenräumen des perineuralen Netzes. Ferner werden wir auch an jedem beliebigen Querschnitte constatiren können, dass um die Fasermasse herum das perineurale Netz bestrebt ist, sich concen- trisch anzuordnen, wodurch erstens eine lockere, beide Faserstrang- massen in sich aufnehmende (Fig. 12 r) und eine um jede Faser- masse kreisende Hülle entsteht (r'). Dieses kommt dadurch zu Stande, dass die Maschen des Netzes sich um die Faserstränge in die Quere der Körperachse ziehen, wobei die Fasern enger an- einander zu liegen kommen. Die concentrische Schichtung ist um die einzelnen Faserstränge dichter, als die gemeinsame um beide Faserstränge herum. Auf gröberen Schnitten macht erstere sogar oft den Eindruck, wie wenn um jeden Faserstrang herum eine kernreiche Membran sich befinden würde. Obgleich aber diese Hülle um die beiden Faserstränge herum bei den von mir untersuchten Polychaeten keine compacte ist, so möchte ich doch in Anbetracht ihrer phyletischen Bedeutung sie benennen, und zwar jene um beide Fasermassen herum als die gemeinsame, die anderen zwei aber als die eigenen Umhüllungen der Faserstränge. Dieses schien mir auch bei der weiteren Beschreibung geboten, doch möchte ich, um jedem zukünftigen Missverständnisse aus dem Wege zu gehen, abermals betonen , dass es sich hier um keine compacten Hüllen, sondern blos um eine Verdichtung des perineuralen Netzes in der angegebenen Richtung handelt. Ausser dieser eigenen Umhüllung werden die zwei Nerven- faserstränge noch von einem dorso - ventralwärts ziehenden ver- ticalen Septum getrennt (s. d. Abbild, s). Dieses Septum wird von Roh de beschrieben und abgebildet, der es als mediane Scheide- wand bezeichnet hat. Von der Annahme ausgehend, dass das peri- neurale Netz mit der Hypodermis eng zusammenhänge, fasst er auch dieses Septum als eine lediglich von den Hypodermiszellen gebildete auf. Dieses hat für denjenigen, der mit diesen Verhält- Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 13 (191) 18 B. Haller: nissen nicht aus eigener Anschauung bekannt ist, und in Betracht des Umstandes, dass das Centralnervensystem noch immer jene primäre Lage im Ectoderme gewahrt hat, ich sehe es ein, etwas sehr Bestechliches, zumal wenn man die Abbildungen Rohde's über Sthenelais ansieht. Ich habe allerdings Sthenelais nicht unter- sucht und man könnte mir darum leicht einwenden, dass mein Einwand der Rohde'schen Behauptung gegenüber völlig unbe- rechtigt sei. Von diesem Standpunkte aus betrachtet wäie ja dies gewiss richtig, wenn ich aber bedenke, wie unrichtig diese Ver- hältnisse Rohde bei Lepidasthenia elegans wiedergibt und recht gut weiss, dass jenes Septum weiter mit den Hypodermiszellen als solchen nicht zusammenhängt, wenn ich dann ferner be- denke, dass Sthenelais in der sonstigen Organisation nicht als eine ältere Form auffassbar ist, dann muss ich diese Verhältnisse, so wie sie Rohde wiedergibt, mit ganzer Entschiedenheit bezweifeln. Ich beschränke mich nun auf Lepidasthenia, wo Rohde dieses Verhalten in der Weise, dass die Septenfasern directe Verlän- gerungen der Hypodermiszellen wären, nicht so deutlich zeichnet. Seine zwei Abbildungen (Fig. 80 a, 80 b) sind durchaus nicht so beweiskräftig, zumal wenn man bedenkt, bei wie schwachen Ver- grösserungen diese Abbildungen gezeichnet wurden. Dieses Septum ist nicht compact, sondern besteht aus locker aneinandergefügten Fasern, die, ganz ähnlich wie das übrige perineurale Netz, mit der dorsalen Nervenhülle eng zusammen- hängt (Fig. 12, 13, 16, 18, 31, 32 s). Es sind verticale Fasern in verschiedener Zahl , die , von der Nervenhülle entspringend Camera-Zeich- Rücken aus dargestellt. nung. Ver- Fig. 12. Männchen desselben von der Ventralseite gesehen J grösserung 90 : 1. Taf. VI. Fig. 1. Echinocheres minutus. Männchen, vom Rücken aus dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausgezog. Tubus. Vergrösserung 220 : 1. Fig. 2. Die vorderen Antennen des Weibchens. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, ausgezog. Tubus. Vergrösserung 380: 1. Fig. 3. Die männliche Greifantenne in gleicher Weise unter derselben Ver- grösserung dargestellt. Fig. 4. Die Mundtheile des Weibchens unter gleicher Vergrösserung. A" die untere Hälfte der zweiten Antenne, Md Mandibel, MdT Mandibulartaster, Mx Maxille, MxT Maxillartaster, MxL Maxillarlade, Mxf, Mxf" die beiden Maxillarfusspaare. (369) 44 C. Claus: Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. Fig. 5. D er mat omyzon elegans. Weibchen vom Rücken ans dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. II, ausgezog. Tubus. Vergrösserung 90: 1. Sp Sperma- tophore. Fig. 6. Vordere Antenne desselben. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst IV, ein- gezogener Tubus. Vergrösserung 150 : 1. Fig. 7. Das Mundfeld bis zum Stirnrande von derselben Form. Camera- Zeichnung. Hartn. Syst. VI, ausgezog. Tubus. Vergrösserung 220 : 1. R Rostralplatte. A' die 3 proximalen Glieder der vorderen Antenne, A" hintere Antenne, NA Neben- ast derselben, Md Mandibel, MdT Mandibnlartaster, Mx Maxille, MxT Maxillartaster, Mxf, Mxf" die beiden Maxillarfusspaare, Rd Rand der eingeschlagenen Seitenflügel. Fig. 8. Nebenast der zweiten Antenne circa 400fach vergrössert. Fig. 9. Distales Ende der Mandibel mit den vier Zähnchen. Fig. 10. Die Endklaue am Hakenstück des vorderen Maxillarfusses. Taf. VII. Fig. 1. Acontiophorus scutatus. Weibliches Thier vom Rücken aus gesehen. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. II, mit ausgezog. Tubus. Vergrösserung 90 : 1. O Auge, D Darmcanal, L Darmdivertikel oder Leberschläuche. Fig. 2. Die vorderen Antennen desselben von der Ventralseite dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eingezog. Tabus. Vergrösserung 260 : 1. RS Riech- schlauch. Fig. 3. Die hintere Antenne desselben in gleicher Weise vergrössert, NA Nebenast. Fig. 4. Die Mundwerkzeuge nebst den ventralen Zwischengliedern (Wirbeln) der vier Schwimmfusspaare, sowie dem fünften Thoracalsegmente und Abdomen. Camera- Zeichnung unter derselben Vergrösserung. S der kegelförmige Basalabschnitt des Siphos, SR Siphonalröbre, MdT Mandibulartaster, Mxb Maxillenborste, Mx Maxille, Mxf, Mxf" die beiden Maxillarfusspaare, TrR häutige Trichterrinne, 1 Bp Stamm- glieder des ersten Beinpaares nebst wirbelähnlichem Zwischenstück , 5 Bp fünftes Beinpaar. Fig. 5. Maxille isolirt unter derselben Vergrösserung, T Taster, L Lade. Fig. 6. Acontiophorus armatus. Männchen vom Rücken aus gesehen. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. II, mit ausgezog. Tubus. Vergrösserung 90 : 1. Buch- stabenbezeichnung wie in Fig. 1 und 2. Fig. 7. Die Antenne des Männchens 260fach vergrössert. Camera-Zeichnung. Die Riechschläuche der unteren und mittleren Glieder sind nicht dargestellt. Fig. 8. Cephalothorax nebst 2. und 3. Brustsegmente desselben von der Ventralseite gesehen, SF die umgeschlagenen Seitenflügel des ersteren, SR Siphonai- röhre. Vergrösserung 90 : 1. Fig. 9. Mundtheile desselben mit abgebrochener Siphonairöhre. 260fach ver- grössert. Camera-Zeichnung, OL Oberlippe des kegelförmigen Basalstückes, ÜL Unter- lippe desselben, Md Mandibel, MxT Maxillartaster, MxL Maxillarlade, Mxb Haupt- borste derselben, Mxf vorderer Maxillarfuss. Fig. 10. Linkes Bein des 5. Paares von der Ventralseite gesehen. MB die beiden Borsten am medialen Rande des 2. Gliedes. Camera-Zeichnung. Ver- grösserung 260 : 1. (370) Keue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers von Dr. Theodor Pintner, Assistenten am k. k. zoologischen Institute der Wiener Universität. I. Zur Kenntniss der Gattung Echinobothrium. (Mit 3 Tafeln.) Das Genus Echinobothrium wurde im Jahre 1848 von J. P. Van Beneden in einer einzigen Art aufgefunden und schon damals und in dem zwei Jahre später erschienenen grossen Cestoden- werke einer bis auf wenige Punkte ganz zutreffenden Beschreibung zu Tbeil , der selbst das nach einem weiteren Decennium ver- öffentlichte Werk desselben Verfassers über die Eingeweidewürmer nur mehr Richtigstellungen in der Deutung des Geschlechtsapparates hinzuzufügen vermochte. Im Jahre 1854 brachte dann G. R. Wagener Abbildungen von einem Echinobothrium, die nur von wenigen beschreibenden Worten begleitet wurden. Wagen er glaubte dieselbe Art vor sich zu haben, die bereits Van Beneden beschrieben hatte. Kurz darauf (1857) folgte der Bericht über eine vermeintlich neue Art durch Lespes, die jedoch, in wenigen, geschlechtlich nicht ent- wickelten Fällen aufgefunden, zweifelhaft blieb. Endlich kamen 1858 Leuckart und Pagenstecher, welche Vertreter dieser Gattung in Helgoland beobachteten und zuerst auf wahrscheinliche Artunterschiede zwischen den bisher beschriebenen Formen hinwiesen. Es wurden Unterschiede fest- gestellt, auch abgesehen von der Zahl der Längsreihen, welche die Haken an dem halsähnlichen Theile des Kopfes bilden; diese Zahl wurde hier zum ersten Male richtig mit 8 angegeben. (371) 2 Dr. Theodor Pintner; Auf diese und auf Wedl's aus dem Jahre 1855 stammende Angaben über die Form der Eier gestützt, stellte Diesing 1863 zwei in geschlechtsreifem Zustande , als Ketten, bekannte Species fest: Echinobothrium typus Van Ben. und E. affine Dies., denen sich als dritte zweifelhafte Species die Cestodenlarve aus Nassa reticulata : E. levicolle Lespes anschliesst. Heben wir das wichtigste aus der Dies ing'schen Kenn- zeichnung der beiden Arten hervor, so ergibt sich für Echinobothrium Typus Van. Ben.: Pioglottidenzahl 8 — 10; Eier einzeln, an einem Ende zugespitzt, am anderen, breiteren, abgestutzt, ohne jeden fadenförmigen Anhang. Und für E. affine Dies.: Glieder stets in der Zahl 3 vorhanden; stets mehrere Eier durch kurze stäbchenförmige Fortsätze mit- einander verbunden in einer Längsreihe liegend und in einer gemein- samen Hülse eingeschlossen ; jedes Ei mit einem langen geissel- formigen, nach hinten gerichteten Fortsatze versehen. In den Frühlingsmonaten der Jahre 1888 und 1889 fand ich nach langer Unterbrechung wiederum Gelegenheit, an der k. k. zoo- logischen Station in Triest Bandwürmer aus Haien und Rochen zu untersuchen. Schon während des ersten dieser beiden Aufent- halte an der See hatte ich das Glück, eine vollständig neue Art von Echinobothrium im Hundshai zu finden, und, als sich dann die anatomischen und histologischen Verhältnisse, sowohl in Bezug auf den Kopftheil , als in Bezug auf die Glieder recht untersuchenswerth erwiesen, fasste ich den Plan, die ganze Gattung monographisch zu bearbeiten. Der Ausführung dieser Idee stellten sich jedoch bis jetzt vielfache und unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg. So haben z. B. die zu besprechenden Bandwurmformen die Eigenthümlichkeit , alsbald nach dem Absterben des Wirthes zu maceriren, ein Umstand, der sich insbesondere an dem unglaublich raschen Zerfall des Kopfes höchst unangenehm bemerklich macht. Da nun lebende Haifische nur äusserst schwierig und selten zu erhalten waren, da es mir ferner noch nicht gelungen ist, die so interessanten finnenartigen Jugendzustände aufzufinden , so habe ich mich denn entschliessen müssen, nicht nur von jener zuerst beabsichtigten vollständigeren Bearbeitung vorläufig ganz abzusehen, sondern sogar meine Beobachtungen bruchstückweise, wie sie sind, ja in manchen Punkten , wo ich das natürlich immer besonders bezeichnen werde, mit einiger Unsicherheit zu veröffentlichen und eine allseitige Weiterführung mir für die Zukunft vorzubehalten. (372) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwarmkörpers. 3 Der vorliegende Theil meiner Untersuchungen ist in den wesentlichsten Punkten bereits vor Jahresfrist, während meiner Stellung am Grazer zoologischen Institute beendigt worden, und ich habe in erster Linie dessen Vorstande, Herin Prof. Ludwig von G-raff, für die fürsorgliche Ausrüstung zur Arbeit und für liberalste Ueberlassung seiner bekannten schönen und wertb- vollen Bibliothek zu meinen Studien meinen wärmsten Dank zu sagen, desgleichen für Gewährung eines längeren Urlaubes zum Besuche der Triester Station. Zur Ermöglichung dieses letzteren erwirkte mir Prof. v. Graff beim hohen Unterrichtsministerium ein kleineres Reisestipendium, gleichwie für den heurigen neuerlichen Besuch Herr Hofrath Prof. Claus, wofür ich gleichfalls allseits zu Dank verpflichtet bin. Ich werde hier eineKe nnzeic hnung der verschiedenen Arten zu geben versuchen und sodann den Aufbau des Kopftheiles von Echinobothrium affine Diesing genauer beschreiben, während die bereits abgeschlossene Untersuchung der geschlechtsreifen Glieder dieser Art alsbald folgen soll. Nur von dieser Art fand ich nämlich reichliches Material, von den anderen Arten nur wenige, zum grössten Theile unbenutzbare Exemplare, auch von der schon erwähnten neuen Art, mit deren anatomischer Beschreibung ich beginne. Echinobothrium Musteli nov. spec. (Tafel L, Fig. 1—8; Tafel II, Fig. 14—15; Tafel III, Fig. 30, Fig. 39—42.) Es sind 4—5-5 Mm. messende kleine Ketten , welche in dem Inhalte der Spiralklappe des Hundshaies sich durch die lebhafte blutrothe Färbung einzelner Körpertheile leicht bemerklich machen, sobald die Aufmerksamkeit des Beobachters sie einmal heraus- gefunden, und wohl nur deshalb bisher übersehen wurden, weil sie beim ersten Anblicke von Jedermann für geronnenes Blut, für kleine unscheinbare Extravasate gehalten werden dürften. Diese blut- rothe Färbung , von den bekannten und erst in letzter Zeit (Monticelli) wieder gewürdigten rothen Pigmenttropfen in den Geweben (Taf. II, Fig. 15) herrührend, verschwindet meist alsbald, wenn die Thiere absterben, wodurch sie sodann nahezu unauffind- bar werden. Betrachtet man das Thier unter einer schwachen Vergrösse- rung (Taf. I, Fig. 1), so findet man einen grossen langgestreckten, wohl entwickelten Kopftheil von circa 085 Mm. Länge und darüber, (373) 4 Dr. Theodor Pintner: zu welchem sowohl der vorderste, die Haftlappen tragende Körper- abschnitt als auch der nachfolgende, bisher als „Halsa bezeichnete Theil, welcher die 8 Längsreihen von Haken trägt, zu rechnen ist (Fig. 1, Kst). Ich werde auf diese Thatsache noch später zurück- kommen und den halsartigen Kopftheil , um Verwechslungen vor- zubeugen, als „Kopfstiel" bezeichnen. Der Kopf setzt sich scharf durch eine tiefe Furche von dem Halstheile ab. Dieser selbst, breiter als der Kopf, erscheint nur ein ganz kurzes Stück unge- gliedert, bald erkennt man die jüngsten Glieder, die wie bei den meisten Bandwürmern erst viel breiter als lang, allmälig quadra- tisch und endlich viel länger als breit werden — ein wie gesagt so allgemeines und für Jeden , der Bandwürmer lebend kennt, zu- gleich so unbestimmtes und werthloses Kennzeichen, dass es höchst bedauerlich ist, dass dasselbe in die kürzesten Beschreibungen der systematischen Werke Aufnahme gefunden hat und leider nur zu oft den Mangel jeglicher schärferen Charakteristik zu verdecken helfen muss. Ich konnte an den wenigen vollständiger erhaltenen Exem- plaren, die ich gefunden, ungefähr 20 Glieder deutlich zählen. Um diese sofort abzumachen , da ich bei dem geringfügigen Materiale mich auf eine nähere Untersuchung derselben nicht einlassen konnte und im Hinblicke auf die bevorstehende eingehende Beschrei- bung der Proglottis von Echinobothrium affine hier füglich auf eine solche verzichten darf, so befinden sich die letzten an der Kette hängenden Glieder auf einer Altersstufe , die dem Höhepunkt der Thätigkeit der männlichen Geschlechtsdrüsen unmittelbar vorher- geht. Man findet drei "Viertel der Längenausdehnung dieser Glieder von den rundlichen, ungefähr in der Zahl 22 vorhandenen Hoden (t) ausgefüllt, welche in zwei Längsreihen, oft eng aneinander gedrängt und sich dadurch polygonal abplattend, gelagert sind. Das untere Viertel des Gliedes zeigt in seiner Mitte einen rundlichen blasen- artigen Körper mit einem vielfach gewundenen Schlauche im Innern, und mit einer Oeffnung die Gliedwand durchbohrend, den Penis- sack (ps) mit dem in ihm eingeiollten Penis und der männlichen Geschlechtsöffnung. Unmittelbar unter dieser liegt die Vaginal- öffnung, beide Oeffnungen flächenständig in der Mittellinie der Ventralfläche des Gliedes, somit bei sämmtlichen Gliedern auf der nämlichen Fläche der Kette. Kranzförmig umgeben erscheint der Penissack von den weiblichen Geschlechtsdrüsen, von denen die unteren, compacteren, dunkleren dem Keimstocke (ov), die seitlichen helleren den Dotterstöcken entsprechen. Diese letzteren bilden an (374) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 5 jeder Seite des Gliedes in seiner ganzen Länge verlaufende ge- streckte Drüsencomplexe. Die Länge des letzten, an der Kette hängenden Gliedes fand ich bis 0-9, die Breite bis 0"3 Mm., Zahlen, bei deren Verwerthung nie auf die ausserordentliche Contractilität vergessen werden darf. Je weiter man in der Entwicklung der Glieder zurückgeht, desto kürzer wird das Stück eines jeden Gliedes, das den Hoden zugewiesen ist, gegenüber demjenigen Stücke, in welchem sich der Keimstock und die Leitungswege ausbreiten. Beim sechst- oder siebentletzten Gliede ungefähr liegen der Penissack und die Ge- schlechtsöffnungen ziemlich genau in der Mitte der Gliedlänge. Freie Glieder fand ich leider ein einziges Mal in geringer Anzahl. Dieselben standen noch lange nicht auf der Höhe der Entwicklung, im Uterus befanden sich noch keine Eier. Da diese Glieder trotzdem schon etwas grösser waren, als die letzten an der Kette bangenden, ist mit Sicherheit anzunehmen , dass sie auch hier, wie bei den verwandten Arten und überhaupt bei fast allen Cestoden der Haie und Rochen noch lange und bedeutend fort- wachsenV Figur 2 auf Tafel I stellt eines der von mir gefundenen freien Glieder von Echinobothrium Musteli dar, und zwar in seit- licher Lage, so dass die Mündungen der Geschlechtsorgane, welche auf der Fläche liegen, am Rande erscheinen. Solche Lagen kommen unter dem Deckglase leicht und häufig zu Stande, weil die los- gelösten Glieder aller Echinobothriumarten meist nur äusserst wenig abgeplattet, oft vollkommen stielrund sind. Man sieht in dem hinteren Theile des Gliedes den Keimstock (ov), der wie bei den Tetrabothrien aus zwei schmetterlingsflügelartigen paarigen Hälften besteht, die hier in Folge der seitlichen Lage übereinander ver- schoben erscheinen, und einem in der Abbildung unsichtbaren un- paaren Verbindungsstücke jener. Von der Mitte des Keimstockes nach oben verläuft die Vagina, welche im Grunde einer, von lippen- artigen Wülsten überragten , kleinen Geschlechtscloake mündet (vagö). Sie hat hier, von der Seite gesehen, einen durch 2 scharfe winkelige Knickungen hervorgerufenen verkehrt Z-förmigen Verlauf macht aber keine weiteren Windungen, sondern verläuft einfach. Ich werde nämlich unten bei der Uebersicht über den Geschlechts- apparat von Echinobothrium affine Dies, zeigen, dass dasselbe einen von allen mir bekannten Bandwurmarten höchst auffallend abweichenden Verlauf der Scheide besitzt, indem dieselbe bei einer ganz ungeheueren Länge in vielfachen, aber ganz gesetzmässig ver- laufenden Windungen und auf sich selbst zurückgewundenen Schlingen zusammengelegt ist. (375) 6 Dr. Theodor Pi n tner: An einer Stelle der Vagina, unmittelbar oberhalb der unteren Knickung zeigt sich eine bauchige Aufblasung, ungefähr dort, wo bei Echinobothrium affine thatsächlich ein sehr dickwandiges Re- ceptaculum seminis liegt. Solche Aufblasungen kommen aber am Scheidenverlaufe bei Tetrabothrien oft an demselben Individuum zu gleicher Zeit an mehreren Stellen und in Folge der grossen Erweiterungsfähigkeit und der wellenförmig fortschreitenden Con- tractionen der Scheide an Präparaten immerfort den Ort wech- selnd vor, so dass man keineswegs alle schlechthin als Receptacula bezeichnen kann und ich das auch im vorliegenden Falle ohne weitere Untersuchung nicht mit Sicherheit thun darf. Die Dotterstöcke haben den bereits beschriebenen Verlauf, und zwar sind in der Abbildung die bei do als oben liegend , die bei do' als unten liegend aufzufassen , die ersteren also auf der rechten, die letzteren auf der linken Gliedseite liegend , wenn die Proglottis richtig orientirt gedacht wird. In der Mitte des Gliedes erstreckt sich der auf der Abbildung retortenförmige Uterus in der Richtung von vorne nach hinten (ut). Derselbe befindet sich hier auf früher Entwicklungsstufe, noch nicht in seitliche Taschen ausgezogen und noch nicht mit Eiern erfüllt und von denselben ausgedehnt. Derselbe hat bei unserer Art ebensowenig, wie bei den anderen Arten der Gattung, weder in dem hier abgebildeten Alter, noch später, jemals eine natür- liche Ausmündung nach aussen a). Etwas oberhalb des Penissackes *) Zschokke in seinen „Studien über den anatomischen und histologischen Bau der Cestoden", Centralblatt f. Bacteriologie und Parasitenkunde, I. Bd. Nr. 7, sagt, dass bfi den Tetrabothrien „gewöhnlich" eine ventrale Uterinöffnung vor- handen sei. Für sämmtliche mir bekann'e Arten der Gattung Calliobothrium , für Anthobothrium Musteli, für Phyllobothrium gracile, für Echeneibothrium und noch für manche andere von mir untersuchte Tetrabothrien , trifft das ganz entschieden nicht zu. Der Uterus, durch die Hunderttausende von Eiern immer mehr und mehr angeschwellt, sprengt in solchen späten Reifezuständen die Gliedwand, und die Pro- glottis platzt wie der Uterus selbst schon bei der leisesten Berührcuig, und zwar meist an einer ganz bestimmten Stelle in einer medianen Längslinie auf der Ventral- seite, was sich mechanisch leicht erklären lässt, weil eben der Uterus an der Ventral- seite der Gliedwand anliegt, während er auf der Dorsalseite von derselben durch umfangreiche Organe, v?ie das Vas deferens getrennt ist. Nun sieht man nach dem Austreten der Eier eine grosse, einem gothischen Thore ähnliche Spalte, oft über das ganze Glied hin klaffen, welches noch lange Zeit leben bleiben kann. Diese Spalte hat ganz scharfe Ränder und die Linie, längs welcher sie entsteht, ist bei sorgfältigst behandelten Gliedern schon im Vorhinein erkenobar. Dieselbe mag ja die erste Andeutung oder der letzte Rest einer in der phylogenetischen Reibe früher bestandenen oder erst sich vorbereitenden Uterinöffuung sein; eine wirkliche, ohne äussere Einwirkung, wie Druck des Deckgläschens oder den ungemein stark (376) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 7 sieht man den von dem mittleren unpaaren Stücke des Keimstockes her aufsteigenden Oviduct von der Rückenseite in den Uterus ein- münden. Ist so die weibliche Reife bei diesen Gliedern noch nicht eingetreten, so sind dagegen die männlichen Geschlechtsdrüsen bereits in voller Thätigkeit, wie das mit Spermatozoon prall ge- füllte Vas deferens (vd) zeigt, das hier gleichfalls in ziemlich ein- fachem Verlaufe von den Hoden direct zum Penissacke herabzu- steigen scheint und an der Oeffnnng des letzteren unmittelbar über der Scheide im Grunde der Geschlechtskloake ausmündet. Auch der Verlauf des Vas deferens unterscheidet sich bei Echinobothrium Musteli von dem bei E. affine, wo dasselbe mit langer Schlinge fast bis zum Grunde des Gliedes herabsteigt, um sich dann erst, nach Bildung einer kleinen Samenblase, zurück und zum Penis- sacke emporzuwenden. Die mächtigen Hoden erfüllen den ganzen oberen Theil des Gliedes. Was nun den Kopf von Echinobothrium Musteli betriift (Tafel I, Fig. 1 und 3), so setzt sich derselbe, wie bei allen Arten der Gattung Echinobothrium, aus zwei, sich schon äusserlich auf- fallend von einander abhebenden Theilen zusammen: aus demjenigen nämlich, an dem die Haftlappen befestigt sind, — er misst von der Stirne bis zur Basis dieser ungefähr 0-37 Mm. — und aus dem Kopf stiele (Fig. 1 und 3, kst), dem Träger der acht Längsreihen von Haken mit circa 0*48 Mm. Der Kopfstiel wurde, wie schon oben erwähnt, bisher all- gemein als „Hals" bezeichnet, ganz ähnlich, wie der ihm morpho- logisch gleichwerthige Theil bei den Tetrarhynchen. Ich habe schon seinerzeit , bei der Beschreibung des Kopfes von Rhyncho- bothrium corollatum, die Thatsache, dass der Kopfstiel ein Theil reizenden Einfluss des Seewassers, sich, von selbst bildende, natürliche Ausmündung des Uterus, wie bei den Bothriocephaliden , wo auch die Bildung der Uterinaus- mündung lange, bevor die Eier im Inneren eine Spannung auf die Uterinwände ausüben, durchbricht, existirt aber bei den genannten Tetrabothrien gewiss nicht. — Es kommt eben jetzt, wo ich die letzte drängende Correctur absende, Zschokke's umfangreiches Werk : „Recherches sur la structure anatomique et histologique des Cestodes", Geneve 1888, durch freundliche Zusendung des Verfassers in meine Hände. Ich bin natürlich nicht im Stande, den ganzen Stoff für die vorliegende Arbeit zu bewältigen, komme aber an den wichtigsten Punkten auf das Werk zurück. Iu der soeben besprochenen Auffassung vermochten mich jedoch auch die einschlägigen Stellen von Zschokke's Hauptwerk nicht anders zu überzeugen. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 3. 26 (377) 8 Dr. Theodor Pintner: des Kopfes ist und nicht als „Hals" betrachtet werden kann, wie von dem Urheber des Namens Tetrarhynchus longicollis und allen anderen älteren Autoren, als ganz selbstverständlich angenommen1), und ich glaube wirklich , dass heutzutage Jedermann , bei den Tetrarhynchen sowohl, wie bei den Echinobothrien nach der ersten flüchtigen Betrachtung sich hierüber klar sein muss. Die scharfe Einschnürung und die Beschaffenheit des nachfolgenden Theiles, an welchem zuerst jene feine Segmentirung beginnt, die der Glieder- bildung vorausgeht , zeigen das ebenso deutlich , wie irgend ein Längsschnitt durch jene Regionen den Unterschied in den Geweben erkennen lässt: das charakteristische Parenchym des Kopfes im Stiele und die dicht gedrängten, sich intensiv färbenden Zellkerne in dem darauffolgenden Abschnitte mit den embryonalen, noch nicht weiter differenzirten Zellen , aus welchen später das Paren- chym und die Geschlechtsorgane der Glieder gebildet werden (Taf. III, Fig. 37). Dieser Unterschied in den Geweben ist selbst bei Bandwürmern, die nach dem ersten Anschein äusserlich keine schärfere Abgrenzung von Kopf und Hals besitzen, wie bei den Tetrabothrien, so deutlich, dass, zumal mit Berücksichtigung der Kopfmusculatur, sich meist eine ziemlich scharfe Grenzlinie zwischen dem Kopfe und jenen Körpertheilen festsetzen lässt, deren Zusammen- fassung zu der morphologisch ziemlich werthlosen Bildung des Begriffes „Hals" als einer bequemen Ausdrucks weise geführt hat. Auch darauf habe ich schon früher hingewiesen. 2) Der vordere der beiden Kopftheile von Echinobothrium Musteli besitzt am Stirnrande ein eiförmiges, sehr bewegliches Rostellum (Taf.I, Fig. l,r; Taf. II, Fig. 14), mit circa 0'17 Mm. Durchmesser, in dem dorsal und ventral, nicht rechts und links, die beiden Muskelpolster mit den Stirnhaken (Fig. 1 und 3, sth) liegen. Un- mittelbar unter der vordersten Ansatzstelle der Stirnhaken beginnt als hervorstechendstes Merkmal der neuen Art ein den vordersten rüsselartigen Kopftheil kragenartig umkleidender und sich von den Bothridien mit einem zarten, aber deutlichen Ringwulst abhebender Theil, der ungefähr 9 — 12 Querreihen kleiner Häkchen mit napf- förmiger Basis im Quincunx angeordnet trägt (Taf. I, Fig. 1 u. 3, krh). Die Haut dieses Theiles, im Leben von der Fläche her be- trachtet, erscheint zwischen diesen Häkchen glatt, nicht mit den gewöhnlichen Zotten oder Härchen bekleidet und lässt sehr schön x) Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers, IL, in dieser Zeitschrift, Bd. III , pag. 44 ff. 2) Ebenda, pag. 4. (378) Neue Untersuchungen über den Bau des Band wurmkörpers. 9 die äusserst zarten diagonal gekreuzten Fasern der subcuticularen Schicht hindurchschimmern. Ist dieser Rüsselkegel dagegen nicht ganz in der Längsrichtung ausgestreckt, so erscheint diese Haut fein quergerunzelt. Auf den Kragen folgt der die Haftlappen stützende Theil. Diese liegen, genau wie bei jenen Tetrarhynchen, welche deren nur zwei besitzen (Rhynchobothrium corollatum), oben und unten, dorsal und ventral, und nicht rechts und links und nehmen auch — bei allen Arten der Gattung — stets diese Lage an, wenn man das lebende Thier unter dem Deckglase seiner Willkür überlässt. Beginnt das Thier abzusterben , oder wird es noch so rasch getödtet, so spreizen sich die Stirnhaken, wahrscheinlich in Folge starker Contraction ihrer Muskeln durch die Erhärtungs- flüssigkeit, weit auseinander und damit auch von der Körperwand, der sie früher eng anlagen , ab , und der Kopf hat nun , da die Seitenflächen eine grössere Breite gewonnen haben , als Rücken- und Bauchfläche, die Neigung, jene nach oben und unten zu wenden, wodurch die seitliche Lage der Haftscheiben auf fast allen Prä- paraten zu Stande kommt. Aus der Berücksichtigung dieses Um- standes erkennt man leicht, ob die vorhandenen Zeichnungen nach lebenden Thieren oder nach Präparaten angefertigt wurden; die Abbildungen Van Beneden's: Les vers cestoi'des , Taf. XXIII, Fig. 1 und Me"m. s. les vers intestinaux, Taf. XIX, Fig. 1 und 2 sind die dem Aussehen des ganz frischen Thieres weitaus am nächsten stehenden. Man sieht auf solchen , sich noch lebhaft bewegenden Individuen rechts und links je eine Schleife der excretorischen Hauptstämme und in der Mitte den geschlängelten Retractor des Rostellums, sowie auch ganz besonders die grossen Stirnhaken genau in jener charakteristischen Lage (vergl. Taf. II, Fig. 14), wie das Van Beneden von seiner Art ganz vorzüg- lich abgebildet hat und wie dies eben Alles auch für die neue Species zutrifft. Die grossen , im Ganzen elliptischen Haftlappen (Taf. II, Fig. 14), auf deren Bau ich noch bei Echinobothrium affine zu- rückkomme, haben eine Mittelrippe (Taf. I, Fig. 3, mr), welche bei den lebhaften wellenförmigen Bewegungen im Leben gar nicht auffällt, an Präparaten aber oft scharf ausgeprägt ist und eigent- lich nichts Anderes darstellt, als den Kopfrand, der zwischen den beiden Flügeln des äusserlich als eine so überzeugende Einheit sich darstellenden Haftlappens bald hervortritt, bald als tiefe Furche sich zurückzieht. Dort, wo die feine Ringfalte den 26 * (379) 10 Dr. Theodor Pintner: Bothridientheil des Kopfes von dem Häkchenkragen trennt, bildet diese Rippe bei Echinobothrium Musteli eine besonders auffallende und hervorragende Aufwulstung (Taf. I, Fig. 3, a). Beide Flächen der Bothridien tragen die charakteristischen Cuticularhärchen der Cestoden, aber in sehr verschiedener Ausbildung. Wenn man die Ober- oder Aussenseite des Haftlappens im Leben betrachtet, so erscheint sie fein punktirt durch Tupfen, die in ganz regelmässigen sich schief kreuzenden dichtest gedrängten Reihen verlaufen. Diese Tupfen sind nur der optische Ausdruck sehr feiner und zarter Härchen. Die Unterseite dagegen ist mit jenen kleinen dreieckigen Schüppchen, jenen „peli setolosi" Mo nticelli's bedeckt, die so vielen gerade der kleineren Bandwurmformen aus Rochen und Haien eigenthümlich zu sein scheinen. Sie sind gleichfalls sehr regelmässig dachziegelförmig angeordnet (Taf. III, Fig. 42, wo sie, an einem Flächenschnitte dargestellt, in den oberen Partien abgeschnitten erscheinen und so ihre lanzettlichen Ansatzstellen erkennen lassen) und ziemlich auffallend grösser und derber als bei allen anderen Echinobothriumarten. Den Unterschied zwischen den beiderlei Haut- anhängen der Oberseite und der Unterseite der Haftlappen und ihre allmäligen Uebergänge in einander sieht man sehr schön an Längsschnitten der Bothridien, wie ein solcher Tafel III, Fig. 40 dargestellt ist. Was nun die Hakenbewaffnung des Kopfes anbelangt, so unterscheiden wir bei Echinobothrium Musteli vier verschiedene Hakenarten: 1. Die beiden Gruppen der grossen Stirnhaken, die vorne und rückwärts , ventral und dorsal auf den ihnen zuge- hörigen Muskelbündeln des Rostellums, wie auf Polstern aufruhen (Taf. I, Fig. 1 und 3, sth, Fig. 4 und 5) ; 2. die vier Gruppen kleiner Stirnhaken, die je zu beiden Seiten der ersteren die vier Ecken des Kopfes hervorheben (Taf. I, Fig. 6, nh) ; 3. die bereits erwähnten ca. 12 Reihen der napfförmigen Kragenhäkchen (Taf. I, Fig. 1, 3 und 6 krh); endlich 4. die 8 Reihen der Haken des Kopfstieles (Taf. I, Fig. 1, 3, 7 und 8). Die grossen Stirnhaken liegen, wie schon erwähnt, im Ruhezustande den Flächen des Körpers dicht an und zu einander ziemlich parallel, ein Verhältniss, das durch Zusammenziehen der ihnen zugehörigen Muskeln des Rostellums in der Weise auf- gehoben wird, dass sie sich dann einmal mit ihren nach hinten gerichteten Spitzen vom Körper abspreizen und zweitens zugleich sehr stark radiär divergiren , wie das auf Taf. I, Fig. 4 abge- bildet ist. (380) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwarnikörpers. 11 Die genaue Anzahl derselben festzusetzen ist nicht so leicht, als man annehmen sollte ; ich fand nämlich bei Echinobothrium affine, also einer Art, von welcher ich zahllose Köpfe durch- musterte, dass es eine grosse Menge von Individuen gibt, bei denen die Zahl der Haken das Maximum erreicht, das man überhaupt feststellen kann, und überall genau gleich bleibt; dann aber zahlreiche solche mit geringerer Hakenzahl . bei denen diese ge- ringere, in den verschiedenen Gruppen wiederum wechselnde Zahl aber bei allen Individuen derselben Gruppe und auf beiden Seiten eines jeden Individuums sich ganz constant hält, so dass der Verdacht, es seien von den besonders bei der Präparation sich leicht ablösenden Haken , welche verloren gegangen , nicht ganz unerschüttert bleibt und man beinahe an ein wirkliches Schwanken der Hakenzahl oder gar an ein Zunehmen dieser Zahl mit dem Alter, so unwahrscheinlich auch besonders letzteres zu sein scheint, glauben möchte. Die vollständigste Corona nun, welche ich bei Echinobothrium Musteli fand, die in Taf. I, Fig. 4 abgebildete, zählt 31 Haken. Es gelingt nicht allzu rasch, sich über ihre Form und Anordnung klar zu werden. Man findet aber bei wiederholter und genauer Untersuchung , dass sich unter den von Haken zu Haken etwas abweichenden Gestalten derselben zwei Haupt formen unter- scheiden lassen, die in ihrer Stellung regelmässig miteinander ab- wechseln. Die einen sind höher am Stirnende befestigt , in ihrem Verlaufe stärker gekrümmt und stehen so mit ihren nach hinten gerichteten Spitzen zwischen den übrigen stark empor , wie die alternirenden Fingerspitzen zweier durcheinander gefalteter Hände. Ihre Spitzen endigen in Folge der hohen Insertionsstelle viel weiter vorne, als die der anderen, so dass man sie beim ersten Anblick für viel kürzer zu halten geneigt ist , als die letzteren , was bei der fast vollständig gleichen Länge des ungekrümmten Theiles nicht nur nicht der Fall ist, sondern mit Hinzurechnung des um- gebogenen oberen Hakenendes gerade umgekehrt. Die Stirnenden dieser Haken sind nämlich mit einem runden Knie um neunzig Grade hakenförmig umgebogen (Taf. I, Fig. 5, a, b) und ihr Ende meist auf sich selbst zurückgekrümmt (bei a), manchmal aber wie rinnenförmig ausgehöhlt (bei b). Sie liegen einander dicht an und wie mit lauter Gelenkflächen zu einer ununterbrochenen Phalanx vereinigt (Fig. 4). Betrachtet man isolirte Haken , so sieht man, dass ein jeder auf der Unterseite zu einem kleinen Tuberculum, einem Muskelansatz oder Wurzelfortsatz vorspringt und an dieser (381) 12 Dr. Theodor Pintner: Stelle oft ziemlich dick ist. Die Spitzen sind wie bei den mit ihnen alternirenden Haken meist deutlich hakig eingebogen. Die kürzeren, aber mit ihren Enden viel weiter nach hinten hiaausragenden , weil weiter hinten befestigten Haken sind mehr gerade gestreckt , als die anderen , gleichmässiger in ihrer Dicke und entbehren vor Allem des umgekrümmten Vorderendes (Fig. 5,c, d). Sie zeigen an demselben oft Gelenkflächen angedeutet (Fig. 5, d bei gfl) und gleichfalls einen Wurzelfortsatz (w). Sie lagern den erst beschriebenen auf und sind durch ihre eigenen Wurzelfortsätze und zwischen den emporgekrümmten Spitzen der höher inserirten Haken fest eingeklemmt. Beiderlei Haken muss ich nach wiederholter Untersuchung als hohl bezeichnen, was mir umso sicherer erscheint, als ich sie oft auf Präparaten wie mit Luft gefüllt fand. Indessen scheint es Alters- stufen der Haken zu geben , in denen der spätere Hohlraum viel- leicht noch mit einer von der ßindenschicht sich im Lichtbrechungs- vermögen sehr wenig unterscheidenden Masse gefüllt ist, so dass man dann, was besonders auf Querschnitten auffällig ist, keines- wegs den Eindruck eines wirklichen Hohlraumes bekommt. Dieser, im vorderen Hakentheile von immerhin ziemlich dicken, parallel begrenzten äusseren Wänden gebildet , schliesst im hinteren Drittel gegen die solide Hakenspitze ab, indem er sich oft in zahl- reiche Zipfel zerfasert. Die Stirnhaken nehmen sämmtlich von der Mittellinie des Rückens und Bauches gegen die Körperränder zu an Grösse be- deutend ab, so dass die randständigen kaum ein Viertel der Länge der mittleren erreichen (vergl. Taf. I, Fig. 5 mit Fig. 6 , sth , bei derselben Vergrösserung gezeichnet). Die Grössenabnahme ist eine gleichmässige , so dass man durch die Hakenspitzen Kreisbögen gelegt denken kann. Die Breite der gesammten Hakengruppe dort, wo sie gelenkig verbunden erscheint, beträgt circa 0062 Mm. , die Länge des un- gekrümmten Hakentheiles 0*08 und darüber , die Breite an den Wurzelfortsätzen 0'004— 0-007. Die kleinen Stirnhaken stehen genau in den Ecken des Kopfes (wie besonders deutlich aus dem Querschnitte von Echino- bothrium affine, Taf. III, Fig. 23 ersichtlich ist), an denen sie vier dicht aneinander und an die grossen Haken gedrängte Gruppen bilden, ohne dass sie aber aneinander articuliren würden, wie diese. Ihre Zahl ist eine ungemein wechselnde , besonders an Prä- paraten, offenbar, weil sie ganz besonders leicht loslöslich sind. (382) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurnikörpers. 13 Bei Echinobothriuin Musteli zählte ich aber an einem lebenden Exemplare in jeder der vier Gruppen deren 12. Zugleich waren sie in diesem Falle, genau wie die grossen Stirnhaken, abwechselnd höher und tiefer befestigt und daher mit ihren Spitzen wechsel- weise vor- und zurückstehend. In ihrer Gestalt ähneln sie ungefähr den grossen (Tafel I, Fig. 6, nh), nur dass sie sehr unregelmässig und ungleichmässig entwickelt sind. Während die beiden eben beschriebenen Hakengruppen, sowie die Bewaffnung des Kopfstieles allen Echinobothriumarten gemein- sam sind, so sind die nun zu besprechenden Organe, die kleinen Kragenhäkchen, welche der rüsselförmigen Zone unterhalb des Stirnendes aufsitzen, der neuen Art eigenthümlich. Sie messen von der Basis bis zur Spitze 0-01—0-012 Mm., besitzen eine feine, glas- helle, Schüssel- oder napfförmige Basis, aus welcher sich ein nach hinten gerichteter konischer, sanft hornförmig gekrümmter, in eine feine Spitze auslaufender Haken erhebt (Taf. I, Fig. 1, 3, 6, krh). Diese Häkchen dürften kaum anders, als wie eine örtliche Um- wandlung der „peli setolosi" aufzufassen sein, eine Annahme, in der man dadurch nur bestärkt werden kann, dass diese und die ihnen entsprechenden cuticularen Härchen auf der Hautstelle, auf der diese Häkchen aufsitzen, gänzlich fehlen. Sie stehen ferner, wie jene beiden Hautgebilde (vergl. oben), im Quincunx geordnet, und zwar locker in Querreihen , die von einander ungefähr eben- soweit abstehen , wie die einzelnen Häkchen von einander. Die vordersten Reihen zeigen die grössten, die hintersten die kleinsten, und diese letzteren nähern sich schon einigermassen jenen drei- eckigen Hautzipfeln. Es macht den Eindruck, als wären sie hohl und die dütenförmige Höhlung gegen die napfförmige Basis hin geöffnet. Sie ruhen aber mit dieser letzteren keineswegs auf der Haut auf, sondern sind im Gegentheil tief in die hier sehr dicke Cuticula , aus welcher nur ihre Spitzen hervorragen , eingesenkt, wie man ganz deutlich auf Querschnitten sieht (Taf. III, Fig. 41, welche Abbildung zugleich die Querschnitte der Längsfibrillen und die unter denselben liegende epithelartige Zellschicht zeigt). Die vierte Hakenart endlich, die grossen T-förmigen Haken des Kopfstieles stehen bei Echinobothrium Musteli, wie bei allen bisher bekannten Arten , in acht geraden, von vorne nach hinten verlaufenden Längsreihen, und zwar gerade so dicht hinter- einander , dass die nach rückwärts gerichtete Spitze eines jeden Hakens über die queren Fortsätze der nachfolgenden zwei, bei den besonders langen Spitzen der vordersten Haken sogar über die (383) 14 Dr. Theodor Pintner: der drei, ja vier nachfolgenden Haken übergreift (Taf. I , Fig. 3, bei kst). Gegen einander stehen die Haken benachbarter Längs- reihen wiederum derart, dass immer die Querfortsätze des einen Hakens genau in die Lücken zwischen die Querfortsätze je zweier Haken der nebenan liegenden Reihen eingreifen. Dabei kommt es natürlich auf die Stärke der Contraction des betreffenden Kopf- theiles an, wieweit sich die einzelnen Haken einander nähern oder von einander entfernen. Jeder Haken besitzt vier Fortsätze: Einen langen spiessförmig von vorne nach rückwärts gerichteten, sich allmälig zuspitzenden Theil , der gegen die Körperfläche zu ganz schwach concav ist (Taf. I, Fig. 7); dann die beiden von dessen Vorderende abgehenden Flügel, welche meist fast in einer Geraden, oft unter sehr stumpfem Winkel gegeneinander geneigt liegen und dem Spiesse so wie der Querbalken dem Stamme eines T aufsitzen; sie sind an ihren freien Enden etwas nach hinten und zugleich meist stark gegen die Körperfläche zu umgekrümmt (Taf. 1, Fig. 7 bei b) und scheinen nach vorne mit flacher Wölbung oder einer etwas schärferen Kante versehen, nach hinten kehlförmig ausgehöhlt zu sein (Fig. 7 bei a und c und Fig. 8). Dort nun, wo die genannten drei Aeste zusammen- stossen, sitzt ein mächtiger, oft geradezu monströs entwickelter Wurzelfortsatz auf der Ebene derselben senkrecht auf, der in der Richtung von vorne nach hinten plattenartig entwickelt, handgriff- artig (Fig. 7, w), zungenförmig oder stiefeiförmig (w') tief in das Parenchym des Kopfes hineinragt, so dass dieses auf Querschnitten durch diese Hakenlamellen in acht symmetrische Sectoren zertheilt erscheint (Taf. III, Fig. 30). Auch diese Haken, die durchwegs solid zu sein scheinen, da keinerlei Spur eines inneren Hohlraumes an ihnen wahrzunehmen ist, liegen nicht etwa oberflächlich, auf der Haut, sondern fast ganz in taschenförmige Quer- und lange Längsfächer derselben tief eingebettet und ragen nur mit ihren spitzen hinteren Enden über dieselbe hervor. Man sieht diese Furchen am besten gleich- falls an Querschnitten, denen man auch entnehmen kann, dass die spiessartigen Theile einer Längsreihe alle übereinander in der- selben Furche liegen , so dass man zwei , drei Querschnitte der- selben in einem solchen Thale nebeneinander liegen sieht, zu innerst immer den dicksten vom oberen Hakentheile des hintersten, nach aussen zu kleinere, von den spitzen Endtheilen höber nach vorne stehender Haken (Taf. III, Fig. 30). Es liegen , nach den Individuen verschieden , 20 — 22 Haken I 884) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 15 in einer Längsreihe, die von vorne nach rückwärts stetig an Grösse abnehmen. Die Länge der grössten , vordersten beträgt circa 0*058 — 0*064 Mm., die der hintersten 0-024, also nahezu ein Drittel der Länge der vordersten; die Spannweite der Flügel bei den obersten 0-034—0-044 Mm., um bei den mittleren auf 0'030, bei den untersten auf 0*026, also weit unter die Hälfte herabzusinken. Was nun in Betreff unserer neuen Art noch zu sagen wäre, ist Folgendes: Das bekannte Pigment, dunkelroth mit einem Stich in'a Gelbe, das durchscheinend ist und von kleinen bis ziemlich grossen Tropfen in sehr dichten Zonen beisammen sitzt (Taf.II, Fig. 15, pg), bildet hauptsächlich einen breiten Ring im Halse dort, wo er an den Kopfstiel anstösst. Dieser Ring erstreckt sich oft noch weit über die ersten erkennbaren Glieder hinaus und entsendet breite seitliche Streifen in der Zone der Dotterstöcke und der excre- torischen Hauptstämme nach rückwärts. Wenige, einzeln stehende Pigmenttropfen finden sich sogar noch in den von der Kette los- gelösten Gliedern, die schon hieran unter den vielen anderer Arten leicht als zu E. M u s t e 1 i gehörig zu erkennen sind, ein Vorkommen, welches ich sonst niemals beobachten konnte. Das gelbe Pigment des Kopfstieles von E. affine scheint hier gänzlich zu fehlen. Ich fand im ganzen Thiere keine Kalkkörperchen. Auch jene mächtigen Muskelzüge und Muskelstrata, welche ja sonst bei Cestoden so allgemein verbreitet sind, fehlen in Kopf und Gliedern bis auf die zu Rostellum und Stirnhaken in Beziehung stehenden — die bei Besprechung von E. affine ausführliche Be- schreibung erfahren werden — und bis auf die subcuticularen Fibrillenstrata fast gänzlich. Sehr interessant gestaltet sich das excretorische System. Die Hauptstämme desselben folgen im Kopfe genau jenem Typus, den ich seinerzeit als Grundschema für die Bandwürmer festzu- setzen in der Lage war. Rechts und links liegt je eine mächtige Schlinge (Taf. II, Fig. 14), deren vorderstes Ende ungefähr mit dem Hinterrande des Rostellums in gleicher Höhe verläuft. Dort, wo sich der die Bothridien tragende Kopfabschnitt vom Kopfstiele ab- setzt , nähern sich sowohl ventral als dorsal die entsprechenden Aeste der rechten und der linken Schlinge einander stark und verlaufen so genähert durch den ganzen Stiel, um beim Uebertritte in den Hals wieder in weitem Bogen auseinander- und an den Körperrand heranzutreten (Taf. II, Fig. 15). In den Gliedern ent- ziehen sie sich meist der Beobachtung. Die vier Hauptstämme sind (385) 16 Dr. Theodor Pintner; auch hier, wie bei so vielen anderen Bandwürmern, bis über den Austritt aus dem Kopfstiele hinaus vollkommen gleich dick ; wenn oft stellenweise und besonders auf Querschnitten das G-egentheil der Fall zu sein scheint, so ist dies theils auf augenblickliche Con- tractionserscheinungen , theils auf die verschiedene Richtung, in der der Schnitt die Canäle getroffen, zurückzuführen. Was aber am merkwürdigsten erscheint, ist ein System feiner und dünner Canälchen, die — natürlich nicht mit Trichtercapillaren zu verwechseln — sich dichotomisch theilend und mit denen der anderen Seite verbindend auf einer kurzen Strecke an der Grenze zwischen Kopf und Stiel ein Commissurennetz bilden , sich aber dann als ungetheilte kurze Röhrchen bis nahezu an die Spitze der Schlingen fortsetzen (Fig. 14). Ich gewann bald den Eindruck, als ob diese sich nicht weiter spaltenden Canälchen arkadenförmig eines in das andere hinüberliefen, bald schienen sie mir wieder einzeln mit ganz kleinen blinden Ampullen zu enden (beide Er- scheinungen sind auf verschiedenen Stellen der Fig. 14 dargestellt). Wer die ausserordentlichen Schwierigkeiten kennt, mit denen man bei der Untersuchung dieses Organsystems zu kämpfen hat, ehe man zu sicheren Resultaten kommt, wird sich nicht wundern, dass es an zwei bis drei zu diesen Beobachtungen verfügbaren Individuen nicht gelingen konnte, zu völliger Klarheit zu gelangen. Wenn man Canäle des excretorischen Systems bei Bandwürmern verfolgt glaubt man sehr oft, unzweideutig blind endigende Zipfel eines Stammes vor sich zu haben , von denen absolut keine weitere Fortsetzung sichtbar ist und die auch scharf abgeschnitten aus- sahen; da plötzlich, wenn das Thier sich anders zusammenzieht, taucht die Fortsetzung des Canälchens ganz klar und deutlich auf, da der Muskelstrang, der sie früher zusammengepresst und den Eintritt der stark lichtbrechenden Flüssigkeit verhindert hatte, nun gewichen ist. So könnten vielleicht auch jene Stellen der Fig. 14 zu deuten sein, wo die arkadenförmige Verbindung der feinen Canälchen unter einander nicht sichtbar ist. Allerdings muss ich gestehen, dass ich in dieser Beziehung Stellen sah, die nur schwer in solchem Sinne zu deuten waren. Und es kann ja auch andererseits ganz gut möglich sein, dass alle Canälchen blind endigen, und dass an Stellen , wo sie scheinbar arkadenförmig in einander über- gehen, dieser Anschein dadurch hervorgerufen wird, dass die blinden Enden schief übereinander gelegt sind. (38G) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 17 Es ist zweifellos, dass in der im Vorstehenden beschriebenen Art eine noch unbekannte Species vorliegt. Doch wäre es nicht ganz unmöglich, dass sie die Geschlechtsform jener Larve darstellt, die Lespes in seiner Notiz: „Sur une nouvelle espece du genre Echinobothrium", Ann. d. sc. nat. 4e Ser., t. VII, pag. 118 ff. be- schreibt und auf Taf. I, Fig. 8—10 abbildet. Unter den Abbildungen ist in Fig. 9 der rückwärtige Saugnapf wahrscheinlich ein Irrthum und auf eine Endblase des Excretionssystems, vielleicht mit jenen langen borstenartigen Härchen, wie bei manchen Tetrarhynchen- larven, zurückzuführen. Der Grund, warum ich aber eine Zu- gehörigkeit der Larve zu meiner Form für nicht ganz unwahr- scheinlich halten möchte, ist die Zahl der Stirnhaken, welche ja in Lespes' Fig. 8 die Zahl der Stirnhaken der anderen Arten bei Weitem übertrifft, und von der er auch im Texte ausdrücklich sagt (pag. 119): „II y en a plus de vingt ä chaque levre." — Dazu käme, dass mir Herr Inspector Dr. E. Graeffe versicherte, neben anderen Molluskenresten im Magen von Mustelus häufig Gehäuse von Nassa reticulata gefunden zu haben, also von jener Schnecke, in der Lespes die fragliche Larve entdeckt hatte. Gleichwohl konnten mir diese Umstände nicht genügen, um den Namen der Lespes'schen Art beizubehalten, zumal ich den- selben aus den oben angeführten Gründen des Wortes „colle" wesren hätte durchaus verwerfen müssen. Ich schreite nunmehr zur Charakterisirung der übrigen Arten. Material in ausreichender Menge zur Feststellung der Art- charaktere wurde mir, wie schon betont, nur von Echinobothrium affine Dies, zu Theil. Dieses Thier (Taf. I, Fig. 9) tritt in fast jedem Exemplare der in Triest vor- kommenden Raja- Arten im Spiraldarme, und zwar meist in sehr ansehnlicher Menge auf, letzteres, sowohl was die Köpfe mit den daran hängenden kleinen Ketten, als besonders, was die freien Glieder betrifft. Dass die ersteren ausserordentlich rasch nach dem Absterben des Wirthes maceriren , worin ihnen nicht ebenso rasch die anderen Glieder der Kette und erst viel später die freien Proglottiden folgen, wurde bereits erwähnt. Es finden sich hinter dem Kopfstiele gewöhnlich vier gliedartige Abschnitte. Das letzte Glied ist meist länger als die ganze übrige Kette zusammenge- nommen und erreicht eine Länge bis zu l1/-. Mm., bei einer Breite (387) 18 Dr. Theodor Pin tu er: bis über 1/3 Mm. ; das vorletzte oder dritte Glied erreicht eine Länge bis 0*50, bei einer Breite bis 0"25 Mm., das zweite Glied eine Länge bis 0*17, bei einer fast ebenso grossen Breite, das erste gliedartige Stück endlich eine Länge bis 0*08 und eine Breite bis 0*07 Mm. Was dieses letztere Stück anbelangt, so zeigt das- selbe häufig ungefähr in seiner Mitte eine furchenartige Einkerbung, als ob eigentlich zwei Glieder da wären, und brüchigere Präparate pflegen häufig an dieser Stelle abzubrechen. Auf die morphologische Bedeutung dieser beiden Abschnitte werde ich bei der seinerzeitigen Beschreibung der Geschlechtsorgane zurückkommen; nur muss hier darauf hingewiesen werden , dass bei Echinobothrium affine nach dem Gesagten also ein Hals, wie der der übrigen Band- würmer, d. h. also ein Anfangsstück der Kette, an welchen aus einem kaum merklich gegliederten vorderen Abschnitte sich nach hinten zu immer deutlicher und deutlicher schmale Glieder zu trennen beginnen, fehlt. Der Kopf sammt Kopfstiel erreicht eine Länge von 0 40 — 0*54, die Haftscheiben eine solche von 022 Mm., die ganze Kette wird somit bis über d r i 1 1 h a 1 b Millimeter lang. Die freien Glieder werden noch bedeutend länger, als die letzten an der Kette hängenden und sind meist prall mit Eiern gefüllt. Alle Glieder sind meist sehr wenig abgeplattet und nähern sich mehr oder weniger vollkommen der stielrunden Körperform. Die Zeichnung auf Taf. I, Fig. 9, stellt das Thier nach einem Präparate in seitlicher Lage dar, am Kopfende die Stirnhaken, neben denselben die kleinen Stirnhäkchen, darunter der Kopfstiel mit seinen anker- oder T-förmigen Haken, dieser Theil gewöhnlich von vorne gegen rückwärts leicht an Breite zunehmend, von 005 bis 0*08 Mm. anwachsend. In dem zweiten gliedartigen Abschnitte sind schon deutlich die Hoden (t) ausgeprägt, welche von der Fläche des Gliedes gesehen in zwei Längsreihen nebeneinander, dagegen von der Seite gesehen untereinander liegen, und so daher in einer einzigen, und zwar dicht gedrängten Reihe als gestreckte walzenförmige Körper mit einander parallelen Wandungen er- scheinen. Im nächsten Gliede ist schon der Penissack (ps) deutlich sichtbar, der, so ziemlich die Mitte des Gliedes einnehmend, den oberen Theil mit den Hoden von dem unteren mit den weiblichen Geschlechtsdrüsen (ov) trennt. Der Entwicklungsgrad des letzten an der Kette hängenden Gliedes ist meist derart, dass die männ- lichen Organe in vollster Thätigkeit begriffen sind und nicht nur das Vas deferens, sondern ebenso sehr die Vagina vollständig mit Sperma angefüllt erscheint, während der bereits weit ausgedehnte Uterus entweder noch leer oder eben mit Eiern vollgefüllt erscheint. (388) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 19 Ich werde die Geschlechtsorgane hier nur insoweit besprechen, als sie zur Charakterisirung der Art herangezogen werden müssen. Der Keimstock (ov) schmetterlingsfiügelartig , wie bei den Tetrabothrien entwickelt, ist über das hintere Drittel des Gliedes hinaus, fast bis in die Hälfte desselben, ausgedehnt. Die Dotter- stöcke liegen rechts und links jederseits als je zwei lange Reihen meist dicht aneinander liegender rosettenförmiger Drüsen- zellgruppen. Zwischen diesen beiden Reihen liegen jederseits die Hauptstämme des Excretionsorganes und der sehr dünne fadenförmige Seiten nerv. Die Hoden, in diesen Gliedern gewöhnlich ungefähr in der Zahl 10 vorhanden, entsenden kurze Vasa efferentia blattrippenartig zu einem immer dicker wer- denden und im gefüllten Zustande sich in den mannigfaltigsten wulstigen Windungen bis ungefähr zur Mitte des Keimstockes herabwindenden Vas deferens, das hier mit einer kleinen samen- blasenähnlichen Erweiterung umbiegend nun einen viel dünneren und feineren Abschnitt ziemlich gerade zum Penissacke hinauf entsendet. Penis und Vaginalmündung liegen in der Mitte des Gliedes auf seiner Fläche (ps, p, vagö) , die Vagina aber steigt, wie schon oben erwähnt, von der Ausmündungsstelle in vielfachen, aber ganz gesetzmässigen Windungen und auf sich selbst zurückgebogenen Schlingen als ein erst sehr breiter, dann viel dünnerer Canal zum Keimstocke herab. Hinter ihm, etwas dorsal, liegt die Schalendrüse, eine im Ganzen rundliche Masse sehr langgestreckter einzelliger Drüsen, die mit ihren oft in Spitzen ausgezogenen Zellen bis in das meist gleichfalls stark zugespitzte hinterste Gliedende hineinragen. Der Uterus ist ein langer Schlauch in ganzer Gliedlänge entwickelt, der, wenn er noch nicht mit Eiern gefüllt ist, ohne bedeutendere seitliche taschenförmige Ausbuchtungen an der Stelle des Penissackes dorsoventrai stark eingeengt in der Seitenansicht mützenartig über dem Penissacke vorspringend erscheint (ut). Er bleibt zeitlebens geschlossen, so dass die Eier nur durch Zerplatzen des Gliedes in's Freie gelangen können. Die grossen Stirnhaken sind in der Zahl von 11 vor- handen (Taf. II, Fig. 13 und 16; Fig. 13 genau in dem natürlichen Grössenverhältnisse zu den Haken der anderen Arten). Es ist aber ein sehr gewöhnliches Vorkommen , dass man , besonders auf Präparaten, eine geringere Anzahl vorfindet , ohne dass selbst bei genauer Untersuchung sich eine Lücke nachweisen Hesse , wo der eine oder der andere ausgefallen wäre. Was ihre Lage betrifft, (389) 20 Dr. Theodor Pin tu er: entsprechen sie durchaus dem , was oben von E. Musteli gesagt wurde , grösstenteils auch in ihrer Form , nur sind sie viel schlanker, 6 Haken stehen höher (Fig. 16) und besitzen den gegen den Thierkörper zu umgekrümmten Theil (Fig. 13, a) , der , wenn man die Haken von der Fläche betrachtet, wie eine Verdickung des vordersten Theiles hindurchschimmert. Die 5 tiefer stehenden entbehren, genau wie bei E. Musteli, der hakenartigen Umbiegung des Vorderendes, zeigen aber an demselben zwei leichte Einker- bungen. Die natürliche Lage der Haken im Leben ist wieder die auf Taf. II, Fig. 16 dargestellte. Als grösste Länge derselben fand ich 0-054, bei einer stellenweisen Dicke bis höchstens O004 Mm. Von den kleinen Stirnhaken sind meistens drei vor- handen, deren Stellung aus Fig. 9 und 16 zu entnehmen ist, sowie aus dem Querschnitte Fig. 23 auf Taf. III, wo sie die vier Ecken des vordersten Kopftheiles kennzeichnen. Sonst liegen sie den grossen eng angeschmiegt und zeigen eine Länge bis über 0014 Mm. Die Haken des Kopfstieles (Fig. 10 ihre Stellung, Fig. 11 und 12 ihre Form und Grösse zeigend) entsprechen wiederum durch- aus jenen von E. Musteli, bis auf ihre Grösse; Fig. 11 stellt die vordersten, Fig. 12 die hintersten derselben, wieder in gleicher Vergrösserung, wie bei den übrigen Arten dar. Jene werden bis 0'04, diese bis 0*02 Mm. lang, die Spannweite der Flügel sinkt von 0-024 auf 0'016. Was die Zahl derselben in einer Längsreihe be- trifft , so waren unter einer sehr grossen Menge von Zählungen die am häufigsten wiederkehrenden Ergebnisse 20 oder 21 Haken in einer Längsreihe, doch fanden sich, und zwar jedesmal an mehreren Individuen, sämmtliche Zahlen von 17 bis 25. Diese Zahlen stimmen auch vollkommen zu den Angaben Wage ner's, der (Entwicklung d. Cestoden, Nova Acta 1854, Tafelerklärung pag. 70) von den „18-20 Hakenreihen des Halses" spricht. Von den grossen Stirn- haken zeichnet er (Ebenda Taf. VII, Fig. 87) zwar nur 8, doch ist die Zeichnung entworfen, sichtlich, ohne auf diesen Punkt Gewicht zu legen. Dagegen zeichnet er (Fig. 91) deutlich die drei kleinen Nebenhäkchen. Was das Ex er etions System anbelangt, so entspricht das- selbe wiederum genau dem bekannten Typus (Taf. II , Fig. 16). Wie bei E. Musteli bilden die Hauptcanäle je eine grosse Schlinge auf der rechten und auf der linken Kopfseite und sind im vordersten Kopftheile dem Köperrande sehr nahe gelegen ; treten da- gegen an jener Stelle, wo sich der die Bothridien tragende Abschnitt vom Kopfstiele trennt . ausserordentlich enge zusammen und bilden (390) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 21 hier zwei feine und kurze einander sehr nahe gelegene und so eine kleine Insel einschliessende Anastomosen, um sodann im Kopfstiele in dieser genäherten Lage zu verharren, dagegen im Halse wiederum an den Körperrändern zu verlaufen. Am vordersten Schlingenende ist jederseits ein ziemlich langer , in das Kopfinnere hineinragender Zipfel vorhanden; derselbe scheint eine weitere Verbreitung und allgemeinere Bedeutung zu besitzen. Ich erinnere mich, solche, aber viel kleinere Zipfel an der Schlingenspitze schon bei meinen früheren Untersuchungen des Excretionsorganes an verschiedenen Calliobothrien bemerkt zu haben, ohne dass ich ihnen damals irgend weitere Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Nun fand ich sie aber bei den kleinen Calliobothrien aus Raja , Mustelus , Torpedo, die unterdess durch Zschokke und Monticelli eine Bearbeitung erfahren haben, in ganz derselben nicht zu übersehenden Ausbildung, wie hier bei E. affine , nur dass sie in der Vierzahl vorhanden waren, an jeder Schlinge zwei. Bei E. affine schienen mir nach zahlreichen und oft wiederholten Beobachtungen, wie gesagt, deren nur zwei vorzuliegen, was in der Zeichnung Taf. II, Fig. 16 wieder- gegeben erscheint. Diese Zipfel mögen wohl mit Ursache gewesen sein, dass Wagener zu der jedoch nicht mit völliger Sicherheit ausgesprochenen Annahme eines Gefässringes um das Rostellum herum geführt wurde: „Im Kopf sieht man etwas wie einen Gefäss- ring, von dem vier Gefässe abgehen" (1. c. pag. 70). Der Theil des vermeintlichen Grefässringes jedoch, der auf Taf. VII, Fig. 91 in Wagen er's "Werk unterhalb des Rostellum angedeutet ist, ist freilich richtig, weil der Kopf hier von der Seite betrachtet, dem Beschauer die Querschlinge zwischen den beiden Gefässstämmen derselben Körperseite zuwendet. Das Weitere über den Kopf von E. affine folgt unten. Echinobothrium Typus Van Ben. fand ich, wie schon erwähnt, nur in sehr wenigen Individuen , die ich erst unter dem conservirten Materiale auffand. Auf diesen Dauerpräparaten fand ich an den Ketten bis über 14 deutlich erkennbare Glieder, die Ketten bis über 2, die freien Glieder bis 0'6 Mm. lang und 0'36 Mm. breit; doch erinnere ich mich sehr wohl, viel längere Ketten und viel grössere freie Glieder gesehen zu haben, so dass die betreffenden Angaben von Van Beneden (Vers Cestoides, S. 158 ff.): Länge der Strobila bis 6 , Länge der freien Glieder bis 1 Mm., gewiss richtig sind. Ganz charakteristisch für die Art sind zwei Eigenthümlich- keiten in der Lagerung des Geschlechtsapparates: Erstens liegt (391) 22 Dr. Theodor Pintner; der P e n i s s a c k nicht in der Mitte, sondern im unterenDrittel der Gliedlänge und die Folge davon ist ein eigentkümlicher Verlauf der ungeschlängelten Vagina, die, wie gewöhnlich vom Keimstocke bis über den Penissack emporsteigt, um dann in grossem Bogen diesen zu umlaufen und mit einem ab- steigenden Schenkel, der ebenso lang, aber wegen der grösseren Breite noch viel auffallender ist , wie der aufsteigende , wieder in gewöhnlicher Weise unterhalb des Penissackes auszumünden (Fig. 17 vag.). Der zweite Punkt ist der Verlauf des zickzack- förmig oft hin- und hergewundenen Vas deferens (Fig. 17, vd), das in den letzten noch an der Kette hängenden Gliedern mit Sperma gefüllt und von demselben rosenkranzförmig aufgetrieben im obersten Drittel des Gliedes sichtbar wird, mit seinen zahlreichen Schlingen die Mitte des zweiten Drittels ausfüllt und endlich zum Penissacke herabsteigt. Das Sperma fand ich auf allen meinen Präparaten auf das Lebhafteste gefärbt, und das in Folge dessen sehr auf- fallend hervortretende Vas deferens führte mich stets sofort zu sicherer und rascher Wiedererkennung der vorliegenden Art. Ich muss nämlich bemerken, dass, so zahlreiche Arten von Bandwürmern ich auch untersucht habe, ich diese Eigenthümlichkeit einer leb- haften dunklen Färbung des Spermas durch Farbflüssigkeiten, z. B. Alauncarmin , nur sehr selten bemerkt habe , dass im Gegentheile das Sperma immer einen mehr grauen, neutralen Ton beizubehalten geneigt ist. Ich fand auf den mir vorliegenden Exemplaren den Kopf in Folge der grösseren Länge des Kopfstieles länger als bei E. affine, nämlich bis 0-65 Mm., den Kopfstiel in einzelnen Fällen auch breiter, bis 0-09 Mm. anwachsend. Stirnhaken (Taf. II, Fig. 18) fand ich 7, ohne wegen der geringen Anzahl der untersuchten Species mit Sicherheit angeben zu können, dass diese Zahl bei der Art con- stant und für sie charakteristisch ist. Ihre Form hat gegenüber der der vorhergehenden durchaus nichts Auffallendes, nur sind sie entschieden schlanker, dünner und kürzer als bei E. affine, näm- lich O044— 0 046 Mm. lang, wobei, wie sonst immer, die längsten herausgegriffen sind. Von den kleinen Stirnhaken finde ich hier meistens 4 Stück in jeder der vier Gruppen (Fig. 18). Die Haken des Kopfstieles (Taf. II, Fig. 19) erschienen etwas grösser als die der vorhergehenden Art, denen sie im Uebrigen vollkommen gleichen, die obersten nämlich bis 0'05 Mm., in der Flügelspannweite selbst 0*032 Mm. erreichend. Ich fand hier ziemlich oft eine Erscheinung, die ich auch an den Halshaken anderer Arten beobachtete , aber (392) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 23 nicht so häufig , dass nämlich ein breites nach vorne gelegenes Stück der T-balkenförmigen Querflügel der Kopfstielhaken sich bei Carminfärbung lebhaft tingirte. so dass es den Anschein hatte, als ob eine Hautkappe auf denselben aufsässe. Ob dies wirklich der Fall ist und vielleicht ein Rest eines die Flügel bildenden Zellleibes vorliegt, oder ob ein Theil der Hakensubstanz selbst sich färbte, konnte ich, da es sich um schon verhärtete Dauerpräparate handelte, nicht mehr entscheiden. Das sonst für die Art ganz charakteristische Excretions- system habe ich leider hier nicht beobachten können. Während L euckart (Untersuchungen über niedere Seethiere von L euckart und Pagen stech er. Mülle r's Archiv, 1858, pag. 602 ff.) in Uebereinstimmung mit einer Stelle bei VanBeneden (Vers cestoides, pag. 159) als Zahl der Stirnhaken „etwa 9" angibt, stimmt er mit meinen Untersuchungen in der Angabe der Zahl der Nebenhäkchen mit 4 überein. Die Ansicht, dass diese letzteren eine den grossen Stirnhaken „entgegengesetzte Richtung haben", die auch in den Abbildungen Taf. XXII, Fig. 3, 4, 5 zum Ausdrucke kommt, ist nur durch gewaltsame Verschiebung der Häkchen unter dem Deckglase zu erklären. Die kleinen Häkchen liegen überall, wie aus meinen Abbildungen hervorgeht , zur Seite der grossen Stirnhaken diesen eng und parallel an, die Hakenspitze genau wie diese nach hinten richtend. Später zeichnet Van Ben eden (Vers intestinaux, Taf. XIX, Fig. 2 und 13) von den grossen Stirnhaken 11 und sogar 15 und spricht von „neuf ä seize" (pag. 135); das dürfte zum Tb eile wohl auf Ungenauigkeiten und Verwechslungen zurückzuführen sein. Er erkannte von diesen Haken bereits richtig, dass sie in zwei Lagen übereinander liegen, indem er (Vers cestoides, pag. 159) sagt, dass man 6 oberflächlich, 3 tiefer liegen sieht, was allerdings nicht genau ist. Dagegen erkannte L euckart, dass sie regel- mässig in ihrer Länge abwechseln. Man liess aber unbeachtet, dass unter den Stirnhaken zwei in ihrer Form wesentlich ver- schiedene Typen vorliegen. Die Zahl der Haken des Kopfstieles gibt Van Beneden für eine Längsreihe mit 12 — 13, Leuckart mit 16 — 18 an; während sie Van Beneden (Vers intestinaux. pag. 136) alle in ihrer Länge gleich sein lässt, spricht Leucka rt bereits davon, dass die vordersten , die er als die „ältesten" be- zeichnet, auch länger sind. Die Zahl der deutlich abgesetzten Glieder gibt Leuckart nur auf 8, VanBeneden (Vers intesti- naux, pag. 136) auf 9 — 10 an; Leuckart sagt, dass die letzten Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 3. 27 (393) 24 Dr. Theodor Pintner: noch kein Sperma besessen ; dann lagen eben Ketten vor, an denen die letzten Glieder, die gewöhnlich noch anzuhangen pflegen , ab- gerissen waren, was ja so leicht geschieht. Ich glaubte bis kurz vor Abschluss dieses Theiles meiner Arbeit, soweit derselbe in Triest selbst vorgenommen worden war, dass die Zahl der hier vorkommenden Arten mit den drei be- schriebenen erschöpft sei, als ich plötzlich, bei nochmaliger Unter- suchung des Excretionssystems, im Kopfe einer Art eine Form dieses Apparates auffand, die von den mir bisher bekannt ge- wordenen nicht unwesentlich abwich. Sie ist Taf. II, Fig. 21 dar- gestellt. Während der Verlauf der Hauptstämme, der rechten und der linken Gefässschlinge, natürlich durchaus dem allgemeinen und durch den Besitz einer Quercommissur an der Uebertrittsstelle aus dem Bothridien tragenden Kopftheile in den Kopfstiel dem Typus der Echinobothrien entspricht, zeigten dieselben aber sehr zahlreiche und in ihrer Stellung scheinbar regelmässig, bald nach aussen, bald nach innen abwechselnde kleine zipfelige Aussackungen, wie sie schon Van Beneden ähnlich in seiner guten Abbildung von E. Typus (Vers intestinaux, Taf. XIX, Fig. 2) zeichnet, nur noch viel zahlreicher als dort und eben regelmässig. Was aber noch auffallender war, es gingen diese Zipfel ganz vorne an der Um- biegungsstelle der Schlingen in eine Reihe kleiner, ampullenförmiger, mit kurzem Halse der Gefässschlinge aufsitzender Anschwellungen über, die etwas an die von Hock bei seinem Tetrarhynchenscolex gegebenen Bilder (Niederl. Arch. f. Zool. Bd. V, Taf. I, Fig. 10 a, bei o) erinnern könnten, auch leicht für Ausmündungen gehalten werden dürften, wie ja dies Hock von jenen behauptete. Gleich- wohl schienen sie mir nach wiederholter Untersuchung keine solchen zu sein. In die äussersten Spitzen aller dieser Zipfel glaubte ich bisweilen zahlreiche Trichtercapillaren einmünden zu sehen, so dass sie dann vielleicht nichts anderes wären , als ungewöhnlich er- weiterte Gesammtmündungen mehrerer Trichter, doch kam ich bei dem geringen Material, das mir zur Verfügung stand, hierin keines- wegs über Vermuthungen hinaus. So merkte ich denn, dass es sich da wieder um eine neue Art handle. Der ganze Körper derselben scheint viel kleiner und gedrungener, wenigstens zeigte er auf dem Präparate, von dem die Abbildung Taf. II, Fig. 20 stammt, gegenüber den anderen Arten ganz aufallend kleinere Dimensionen, besonders was die Kürze des Halses anbelangt und die Grösse der letzten Proglottis, die bereits den Höhepunkt ihrer Reife erlangt hat, da der Uterus schon den (394) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurnikörpers. 25 Innenraum des ganzen Gliedes einnehmend mit Eiern prall gefüllt ist. Ich zählte wiederholt sechs deutliche gliederähnliche Ab- schnitte. Das vorderste Stück aber war wiederum, genau wie E. affine nicht eine „Hals"-Bildung, sondern ein einheitlicher glieder- ähnlicher, weiter ungegliederter Abschnitt. Die Glieder schienen etwas mehr abgeplattet, als die der anderen Arten. Unter den Ge- schlechtsorganen waren die 6 — 7 Hoden auffallend gross ausgebildet. Die Eierstöcke hatten eine etwas regelmässiger schmetterlings- flügelartige Gestalt, als bei den anderen Arten , und die Glieder zeichneten sich durch eine sonst durchaus nicht vorhandene Trans- parenz aus, so dass ich allein bei dieser Art schon im Leben den eigenthümlichen Ausführungsapparat des Ovariums in Thätigkeit beobachten konnte. Ich hatte nämlich schon lauge vor der Veröffentlichung meiner seinerzeitigen Cestodenarbeit am Ovarium sämmtlicher von mir untersuchten Calliobothrien und Phyllobothrien einen eigenthümlichen Schluckapparat, eine Hohlkugel, aus queren und radialen Fibrillen zusammengesetzt aufgefunden, die, sich unmittelbar an das mittlere, unpaare, schmale Stück des Keim- stockes ansetzend, in einen kurzen sehr dickwandigen, hornartig gekrümmten , mit der Fortbewegungsrichtung der Eikeime ent- sprechend gestellten Härchen ausgekleideten Eiergang übergeht, und in regelmässigen rhythmischen Contractionen , einer völligen Schlingbewegung, die Eikeime, die über ihm in der dünnen glashellen Grenzhaut des Keimstockes noch eingeschlossen, aber schon vollkommen lose liegen, aus dieser heraussaugt und weiter stösst. Diesen Apparat nun konnte ich unter allen Echinobothriumarten einzig bei dieser in Folge der merkwürdigen Transparenz des Gliedes in Thätigkeit beobachten. l) Auch die Ver- *) Obzwar ich schon nach Zschokke's vorläufigen Mittheilungen über den Geschlechtsapparat der Tetrabothrien vermuthst hatte, dass Zschokke diese Theile nicht beachtet habe, kann ich dies erst jetzt, nach seiner ausführlichen Arbeit, mit Sicherhei tsagen. An zahlreichen Stellen (a. a 0. pag. 193, 210, 227, 261, 378 u. a.) bespricht er bei seinem „germiducte commun" nur polygonale Zellen indessen Um- gebung, denen er eine drüsige Beschaffenheit zuschreibt und von denen er glaubt, dass sie vielleicht das Material der bei vielen Formen vorkommenden gemeinsamen Hüllen mehrerer Eier liefern. Es wäre aber schon a priori unwahrscheinlich, dass dieser Eikapselstoff an einer Stelle sollte abgeschieden werden, wo die Eier noch nicht befruchtet, noch nicht mit ihrem Dotter, noch nicht mit ihrer eigenen Eierschale versehen sind. Jene Zellen, von denen Zschokke sagt, dass sie meist ein kugeliges Conglomerat bilden, sind dort, wo sie noch als solche erhalten sind, vielmehr nichts anderes, als die Bildungszellen des oben besprochenen muskulösen Schluckapparates. Dass Zschokke diesen, wenigstens soweit ich bis jetzt seine umfangreiche Arbeit zu studiren vermochte, übersehen hat, was übrigens Letzterer bei ihrem nicht auf 27* (395) 26 Dr. Theodor Pintner: bindungen der übrigen weiblichen Leitungswege, welche vollkommen denen der Tetrabothrien entsprechen, waren deutlich sichtbar. War in dieser Durchsichtigkeit ein zweites mehr äusserliches Moment gegeben, das mich nun die Art leicht erkennen Hess, so traten bei genauer Besichtigung noch schärfer charakterisirende Eigenthümlichkeiten hervor, besonders im Kopfe. Diesen erkannte ich bald sofort an der ausserordentlich feinen Granulation der oberen oder äusseren Fläche der Bothridien, die weit feiner war, als bei den anderen Arten. Daran schlössen sich nun die Eigenthümlichkeiten des Hakenapparates. Ich fand bei allen beobachteten Exemplaren die grossen Stirnhaken in der Zahl neun ausgebildet; dieselben sind noch kleiner, als die der vorher- gehenden Art, sonst aber in der Form übereinstimmend, nur dass die höher gestellten und stärker gekrümmten mir hier ziemlich auffallend kürzer zu sein schienen, als die geraden und mehr ober- flächlich liegenden, welche mit ihren hinteren Spitzen weit über histologische DetailuntersuchuDgen gerichteten Ziele nichts von ihrem Werthe rauben wird, lässt sich, da der ganze Apparat sich in geradezu aufdringlicher Weise geltend macht, dadurch erklären, dass Zschokke mehr die noch an der Kette hängenden jüngeren, als die alten, freien, in vollster Geschäftsthätigkeit stehenden grossen Tetra- bothrienglieder zur Untersuchung gewählt und diese letzteren nicht in lebendem Zustande beobachtet zu haben scheint. Deun während des Lebens kann man an den freien Gliedern die Schluckbewegungen in dem Muskelkopfe des Eierganges und die ganze Eibildung, die schon Van Beneden in einzelnen Stadien vortrefflich be- schrieben hat (Vers cestoides, pag.62ff.), oft in wundervoller Klarheit beobachten, und es zeigen sich da wichtige Einzelnheiten, die man an Präparaten nur schwer oder gar nicht feststellen kann, wie den Gegensatz in dem Fortstossen der Eichen durch den besprochenen Schluckapparat zu der Bewegung des Dotters, der in den paarigen langen Ausführungsgängen des Dotterstockes durch ein ausserordentlich feines Fl immer epithel fortgeschoben wird. Zweifellos ist es übrigens dieser Schluckapparat, den Van Beneden, Vers intestinaux, Taf. XXVII, 1 bei h in der schematischen Darstellung des Geschlechtsapparates der Bandwürmer abbildet und als Samenblase deutet; die Abbildung ist aber insoferne unrichtig, als eben aus diesem kugeligen Gebilde und nicht unter und neben ihm der Eiergang entspringt. Auch in der morphologischen Deutung des Keimstockes möchte ich nicht mit Zschokke den medianen nnpaaren Theil als einen jederseits gelegenen paarigen Ausführungsgang in Anspruch nehmen und demgemäss dann von einem „gemeinsamen" Eiergange sprechen, sondern lieber auch noch den medianen Theil als zur Geschlechts- drüse selbst gehörig betrachten, weil ich ihn in jüngeren Stadien für direct keim- bereitend halte, so dass dann nur der „gemeinsame" Eiergang als alleiniger Aus- führungsapparat übrig bleibt. Ausser diesen zwei Punkten: dem eben besprochenen und dem oben betonten Mangel einer natürlichen Uterinausmündung , kanü ich Zschokke's Darstellung des Geschlechtsapparates der Tetrabothrien nach meinen eigenen zahlreichen und zum Theile schon vor vielen Jahren ausgeführten Beob- achtungen durchaus bestätigen. (396) Nene Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. kl diese hinausragen (Taf. II , Fig. 22). Der gedrungene Kopfstiel liess seine T-förmigen Haken an den Präparaten oft kaum recht erkennen, so dass sie jedenfalls kleiner und unscheinbarer sein werden, als bei den anderen Arten. Gewiss aber stehen deren höchstens vierzehn in einer Längsreihe, also um eine geraume Anzahl weniger, als sonst. Wenn mich aber das Alles noch nicht überzeugt hätte, dass eine neue Art und nicht etwa eine schwan- kende Uebergangsform, vielleicht zwischen E. affine und Typus, vorliege, so hätte dieser Zweifel endgiltig beseitigt werden müssen durch die Beschaffenheit der Eierballen. Liegen die Eier nämlich bei jenem in den von Wagener's und Wedl's Arbeiten her bekannten Eierschläuchen und bei diesem frei und einzeln im Uterus, so erscheinen hier 4—6 derselben durch eine Kittmasse kugelig zusammengeballt, wie das Fig. 20 b auf Tafel II zeigt. Ich nenne diese Art wegen ihrer gedrungenen Körperform E. brachysoma nov. spec. Ein analytischer Schlüssel für die Bestimmung der nunmehr vorliegenden Arten würde sich also ungefähr folgen dermassen gestalten : Vorderkopf mit rüsselarti- gem Kragen, der kleine Häk- chen mit napfförmiger Basis trägt; jederseitige Zahl der grossen Stirnhaken circa 30, der kleinen Neben- häkchen circa 12; die vorder- sten Kopfstielhaken bis über 0'06 Mm. lang, Flügelspannweite derselben bis über 0"04 Mm. Wirt : der Hundshai E.Musteli nov. spec. Hals- theil vorhanden, Excretionssystem mit eigenthümlichen, den Haupt- stämmen im Kopfe ansitzenden kurzen und unverästelten Seiten- Vorderkopf ohne Kragen- zweigen, häkchen, Zahl der grossen Stirn- haken weit unter 20, der kleinen kaum über 4 , Kopfstielhaken kleiner, Wirte: Die Rochenarten. a) Halstheil ausgebildet, Penissack im hintersten Drittel (397) 28 Dr. Theodor Pintner: der Glieder, die bis in die Glied- mitte emporsteigende Vagina mit einem absteigenden Aste, der, den Penissack in weitem Bogen umlaufend, unter- halb desselben ausmündet; Vas deferens mit zickzackförmigen Schlingen das Mittelstück des Gliedes ausfüllend; die unge- schwänzten Eier einzeln, einerseits breit abgestutzt, an- dererseits zugespitzt b) Kein Halstheil vorhanden, sondern hinter dem Kopfstiel sofort ein gliedartiger , unsegmentirter Abschnitt; Penissack in der Mitte des Gliedes , Vagina ohne ab- steigenden Ast, Eier stets mehrere miteinander verbunden : a) Eier geschwänzt, in einer Längsreihe in langen Hülsen liegend, die vollständige Kette bis gegen 3 Mm. lang; bis über 20 Kopfstielhaken in einer Längs- reihe ß) E i e r u n g e s c h w ä n z t, zu rundlichen Eierballen zusammengeklebt, Körperbau ge- dx ange^, Kette viel kürzer, nur bis 14 Kopf stiel haken in einer Längsreihe E. Typus Van Ben. 7 (?) grosse Stirnhaken. E. affine Dies. (= D i- bothrium Typus Wagen er.) Excretionssystem ohne Seiten- zipfel der Hauptstämme; 11 grosse Stirnhaken jederseits. E. brachysoma nov. spec. ; Excretionsssystem mit zahlrei- chen zipfelförmigen Aussackungen der Hauptstämme im Kopfe ; 9 (?) Stirnhaken, äussere Ober- fläche der Bothridien ausser- ordentlich viel feiner punktirt als bei den vorigen Arten. (398) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 29 Ich gelange nunmehr in meiner Beschreibung zum Kopftheil von Echinobothrium affine Dies. Ich muss gleich im Vorhinein bemerken , dass es sich hier nur um die gröbere histologische Zusammensetzung handeln wird, soweit dieselbe eben anatomische Bedeutung hat. Ich hatte von vornherein nicht die Absicht , auf Details einzugehen, und es ist auch das Object kaum so beschaffen , dass es einladen würde , von ihm aus in eine neuerliche Erörterung der auf dem Gebiete der Bandwürmer schwebenden histologischen Fragen einzutreten. In jenen selteneren Fällen, wo sich hierzu günstige Gelegenheit bietet, werde ich dieselbe natürlich nicht vorübergehen lassen. Ueber die durch die seitliche Lage der Schlingen des Excretions- systems und der Hauptnerven vorgezeichnete Orientirung , sowie über die Theilung in Vorderkopf und Kopfstiel habe ich schon bei E. Musteli ausführlich gesprochen , und ich brauche dem dort Gesagten nichts mehr hinzuzufügen. Um sich den ersten Ueberblick über den Bau des Vorder- kopfes zu verschaffen , der sich als Träger der Haftlappen , der Stirnhaken, des Nervencentrums und der Schlingen der Harncanäle charakterisirt, wählt man sehr zweckmässig Präparate von Indi- viduen, die nicht mehr ganz frisch waren , schon im Darm des Wirtes ganz leicht macerirten und die Haken verloren haben. Ein solches Präparat ist in Fig. 35 auf Tafel III dargestellt, und zwar in seitlicher Lage, mit einer Seite des Körpers nach oben ge- wendet. Man sieht das Stirnende des Kopfes im Ruhezustande im Allgemeinen ziemlich abgeflacht , die Bothridien mit der deut- lichen unter diesen Contractionsverhältnissen stark vorragenden Mittelrippe (mr), mit ihrem Vordertheile dem Kopfparenchym eng an- geschmiegt, mit den hintersten Zipfeln frei, vor diesen aber durch eine dünne, meist weite und faltige Haut am Kopf unter Ermöglichung leichtester Beweglichkeit befestigt (vergl. Fig. 33). In der Mitte des Kopfes sieht man das Rostellum hindurchschimmern, das auf dieser Ansicht seine breiteste Fläche zeigt und einen eichel- oder (Fig. 10) herzförmigen Umriss besitzt , noch vor dem Rostellum aber sehr bedeutende Muskelzüge (qm) von dorsoventraler Richtung, die wir auf Quer- und Längsschnitten leicht wiederfinden (Fig. 23 und Fig. 36 qm). Diese möchten, etwa neben einer Correlation der Be- wegung der beiden Haftscheiben vor Allem eine dorsoventrale Abplattung des Kopfes bezwecken. Dorsal und ventral vom Rostellum erscheinen in Fig. 35 zwei von vorne nach hinten fächerförmig aus- (399) 30 Dr- Theodor Pintner: strahlende Muskelgruppen, welche noch vor und über dem Rostellum beginnend in ihrem ganzen Verlauf bis zur hintersten Spitze sich demselben enge anschmiegen. Wir werden dieselben auf allen Quer- schnitten und Längsschnitten wiedererkennen und dort auch darüber klar werden, dass dieselben nicht an dem Rostellum, sondern in ihrem ganzen Verlaufe in demselben liegen, da^s sie also ein wesentlicher und mächtiger Theil seiner Gewebselemente sind und dass sie ferner zu den Stirnhaken in Beziehung stehen. Sie sind es nämlich , auf welchen diese wie auf Polstern aufruhen (schon G. Wagen er spricht psg. 70 von den „Haken des Kopf- polsters", meint aber damit wohl das ganze Rostellum, da er diese letztere Bezeiehnungsweise nicht in Verwendung bringt). Diese Muskeln aber sind es zugleich, welche, wie man besonders deutlich auf dem Längsschnitt Fig. 33 (hm) sieht, durch ihre Contraction die Abduction der Hakenspitzen von der Körperwand verursachen, indem sie die vordersten hakig umgekrümmten Theile (sth), welche sich ihnen innig anlegen, herabziehen und den Haken dadurch um einen tiefer gelegenen Punkt, seine dickste mit dem oben be- schriebenen Tuberculum versehene Stelle als Drehungspunkt, herum- drehen. Sie wären demnach physiologisch den „Muscoli longitudinali degli uncini" Monticelli's gleichwerthig. Auf diesem Längs- schnitte erkennt man gleichfalls , dass der auf Fig. 35 hindurch- schimmernde eicheiförmige Körper nicht allein das Rostellum vorstellt, sondern dass die Stirnhakenmu-kulatur dazu gehört. Endlich sieht man auf einem solchen Totopräparate, wie es Fig. 35 darstellt, noch die beiden mächtigen Retractoren des Rostellums, die in der Medianebene gelegen, hier auf dem optischen Längsschnitte erscheinen ; und zuletzt sind schon bei dieser schwächeren Vergrösserung die subcuticularen Längsfibrillen (hf) deutlich zu erkennen. Diese aber sind es , welche, horizontal um- gebogen, auch unter jener faltigen dünnen Verbindungshaut, welche den unteren Bothridientheil mit dem Vorderkopfe verbindet, ver- laufen und hier, etwas verstärkt, die Contractionen dieser Haut reguliren ; so erscheinen sie auf dem Längsschnitte Fig. 33, m'". — Auch erblickt man schon auf Totopräparaten unmittelbar unterhalb des Rostellums, in der Mitte des Kopfes, häufig einen kleinen mit der Spitze nach hinten und mit breiter Basis nach vorne gerichteten Zapfen, der nichts anderes ist, als die centrale Ganglienmasse des Nervensystems. Ich gehe nunmehr zur Betrachtung der Schnitte über. Die ersten, durch die vorderste Kopfpartie gelegten Quer- (400) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 31 schnitte (Taf. III, Fig. 23) erscheinen vollkommen quadratisch, die vier Seiten ziemlich geradlinig, an den beiden Körperseiten rechts und links jedoch jederseits leicht zu einem etwas stumpfen Winkel, mit dem Scheitel in der Sagittalebene emporgezogen, so dass man dann eigentlich ein symmetrisches Sechseck vor sich hat. Man sieht dorsal und ventral die Querschnitte der eilf Haken , unter denen man sogar deutlich die beiden Arten erkennen kann, ja ihre verschiedene Stellung bemerkt, indem die einen, schief ge- troffen, ihre mehr von der Körperwand weggespreizte Lage an- deuten, die anderen, die aber von der Körperoberfläche etwas weiter fortliegen und zu ihr parallel gerichtet sind, viel mehr senkrecht durchschnitten sind. Die vier Ecken des Vorderkopfes sind durch die vier Gruppen von je drei Nebenhäkchen hervor- gehoben. Darauf sehen wir die Cuticula folgen, welche sich hier in unregelmässigen Zotten erhebt, dorsal und ventral sehr dick, rechts und links sehr dünn erscheint. Hier an den Körperseiten sehen wir zugleich die Querschnitte der subcuticularen Längs- fibrillen, nur durch sehr wenig kernloses Parenchym, d. h. also durch die weit ausgedehnten Plasmafortsätze sehr weit von ein- ander entfernter subcuticularer Zellen, getrennt von jener dickeren Lage dorsoventraler Fibrillen , die wir schon auf dem macerirten Totopräparate Fig. 35 bei qm vorgefunden haben. Unterhalb dieser Querfibrillen finden wir schiefe Schnitte von höchst eigenthümlichen, stark lichtbrechenden, scharf contourirten, eng aneinanderliegenden und streng parallelen, durchaus gleich dicken Längsfibrillen, welche ungefähr in der Zahl 15 — 18 sich am Querschnitte genau so weit ausbreiten, als die mächtige Hakenmuskulatur des Rostellums Raum gewährt. Diese Fibrillen erscheinen nur mehr auf wenigen der folgenden Querschnitte, wie auf Fig. 24 und sind auf Fig. 43 von der Fläche dargestellt, wie man sie erblickt , wenn man das Ro- stellum von der Seite betrachtet. Sie verlaufen bei dieser Ansicht von vorne nach hinten und zugleich bogerjförmig von innen und oben nach den Seiten und aussen, und bilden so ein dünnes haut- förmiges Stratum, das dem Rostellum eng anzuliegen scheint, von dessen sonstiger Lage und Bedeutung man sich aber nicht leicht eine Vorstellung machen kann. Zwischen ihnen sieht man tiefer liegend eine äusserst feine, gleichfalls parallele und auf den scharf heraustretenden Längsfibrillen senkrechte Strichelung , wie von sehr feinen Querfibrillen (Fig. 43). Auf den Querschnitten (Fig. 23 und 24) erscheinen demgemäss die Längsfibrillen als kurze, am Rande des Rostellums stehende parallele Stäbchen, deren (401) 32 Dr. Theodor Pintner: Schnittstellen bei scharfer Einstellung deutlich als stark leuchtende Punkte erscheinen. Während auf Fig. 23 die Umgrenzungshaut des Rostellums noch gar nicht sichtbar erscheint, verläuft sie auf Fig. 24 ausserhalb dieser Stäbchen, so dass diese in das Rostellum zu liegen und wie ein Kamm auf die Grenzhaut zu stehen kommen. Ich kann mir nach alle dem nur denken, dass die äussere Körperhaut mit ihren local veränderten, subcuticularen Fibrillen faltenartig eingeschlagen und so flach und sehr dicht an die obere Wölbung des Rostellums angelegt ist. Kehren wir nun zu dem Querschnitte Fig. 23 zurück, so erscheint zunächst die Hak en musculatur des Rostellums, von einer dicken cuticulaähnlichen Schicht nach aussen begrenzt, wahr- scheinlich der schräg getroffenen Rostellarmembran, die aber von der eigentlichen Cuticula deutlich durch einen hellen Zwischenraum getrennt ist und sich bei weitem nicht so gleichmässig und homogen darstellt, wie jene, sondern viel mehr gestreift erscheint. Die Haken- muskulatur bildet dorsal und ventral zwei mächtige, jederseits über ein Drittel des von den beschriebenen Gebilden quadratisch um- rahmten Raumes einnehmende, bogenförmig gegen das Innere vor- springende Masse von punktförmigen Fibrillenquerschnitten, die in 6 Gruppen geschieden sind, besonders deutlich aber in der Mitte durch drei wellenförmig verlaufende, dorsoventral ziehende Querfibrillen, die stellenweise ziemlich dick anschwellen und von denen es mir scheinen wollte, als ob sie sich mit sehnenartigen Verbreiterungen an die dicke cuticulaähnliche Randschicht anlegen würden. Kerne sah ich in diesen unzweifelhaft muskulösen Fibrillen keine. Das übrigbleibende biconcave Mittelstück ist von nicht allzu dichten Kernen mit Protoplasmahöfen und netzähnlichen Zügen zwischen denselben erfüllt, die der subcuticularen Schicht der Stirn- kappe angehören , obzwar sie gar weit davon entfernt sind , epi- thelartig auszusehen. Diese Stirnkappe besitzt übrigens, wie ihr die eben erwähnten dorsoventralen Fibrillen angehören, auch zahl- reiche feine, von rechts nach links das vordere Kopfende fass- reifenartig umspannende Fibrillen, die gewöhnlich zu zweien oder dreien einander genähert, schon auf Toto-Präparaten, wie z. B. auf Fig. 10. sichtbar sind. Noch höher gelegene Schnitte zeigen übrigens die Hakenmuskulatur nicht quer-, sondern längsgeschnitten, als jederseits gegen die Haken radiär convergirende Fibrillen , wie das sofort begreiflich wird, wenn man den Faserverlauf auf Fig. 33 und 35 vergleicht. In dieser Region lässt sich an den Querschnitten also noch (.4021 Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 33 durchaus keine schärfere Umgrenzung des Rostellums erkennen und es entspricht dies vollkommen dem, was man erwarten muss, wenn man berücksichtigt, wie auf Fig. 35 die Hakenmuskulatur hier jederseits kuppenformig über das übrige Rostellum nach vorne emporgewölbt ist. Gehen wir nun zu dem folgenden Querschnitte, Fig. 24, über, der in der obersten Rostellumpartie und dem vorhergehenden sehr nahe liegt. Wir sind hier bereits in der Region der Haftlappen, deren jeder aber noch rechts und links in zwei Zipfeln vorspringt, die durch den dorsal und ventral sich stark vorwölbenden Kopf von einander weit getrennt bleiben. Xoch immer ist dorsal und ventral die Cuticula viel dicker als auf den übrigen Stellen. Wie auf allen folgenden Schnitten fällt uns auf, dass die Haftlappen jeglicher besonderen Muskulatur, etwa mit Ausnahme der deutlich als eine unter der Cuticula liegende Punktreihe erscheinenden sub- cuticularen Längsfibrillen und der als eine analoge Punktreihe auf Längsschnitten erscheinenden Querfibrillen (Fig. 34) entbehren. Sie bestehen aus einem ganz ungemein engmaschigen Protoplasma- netzwerk , das besonders auf recht dunkel tingirten, sehr feinen Schnitten erkennbar wird und Zellen angehört, deren helle Kerne in demselben allenthalben zu finden sind und sich meist nicht undeutlich von den viel dunkleren und kleineren, oft länglichen, spindeligen Kernen der subcuticularen Zellschicht unterscheiden, die hier durch auffallende, zonenförmige Anordnung der Kerne deutlich auf epithelialen Charakter hinweist, besonders auf Längs- schnitten (Fig. 34), obwohl dieser im ganzen Kopfe nirgends so unwidersprechlich ausgebildet ist, wie in den Gliedern. Aber auch noch auf den nachfolgenden Schnitten sehen wir jeden der beiden Haftlappen in einen rechten und in einen linken Zipfel zerfallen, die durch Muskelzüge scheinbar ziemlich scharf von dem Parenchym des Kopfes geschieden erscheinen (Fig. 26), gleichwohl aber durch keinerlei besondere Eigenthümlichkeit von ihm zu trennen sind. Erst in dem unteren Bothridientheile , wo die Haftlappen nicht mehr dem Kopfe anliegen (Fig. 32 a), die zu- gleich zeigen soll, wie stark die dorsale oder ventrale Mittellinie in den Haftlappen als Rippe vorspringen kann , vereinigen sich die beiden seitlichen Flügel, während sie im alleruntersten Theile in der Medianebene wiederum so stark nach vorne eingezogen werden können, dass sie jederseits nun in zwei getrennte Endzipfel zerfallen, wie der Querschnitt Fig. 32 b zeigt. Wir sehen an diesen beiden wenig vergrößerten Abbildungen Fig. 32 auch angedeutet, (103) 34 Dr. Theodor Pintner: wie die subcuticularen Zellen der Haftlappen oder vielmehr ihre dunklen Kerne zonenförmig dicht aneinander liegen und zwischen diesen Zonen der helle Zwischenraum für das Parenchym übrig bleibt (vergl. auch Fig. 40). Fassen wir das, was wir an den Bothridien gesehen, aber zusammen, so ergibt sich, dass es Haft- lappen sind, die jedenfalls den möglichst einfachen Bau besitzen. Wir sehen, dass dieselben keinerlei ihnen eigenthümliche Muskel- züge irgend einer Art besitzen, dass ihr Gewebe vollkommen mit dem Körpergewebe übereinstimmt, nur dass es bedeutend klein- maschiger (Fig. 40) wird, ja dass es sich kaum schärfer von dem Kopfparenchym abgrenzen lässt, dass die am lebenden Thiere oder am Totopräparate als so einheitliche Gebilde erscheinenden Haft- lappen nicht einmal solche repräsentiren und nicht anders aufge- fasst werden können , denn als weite, seitlich ausgezogene Zipfel des Kopfgewebes selbst , kurz , dass wir auf dem ersten Punkte der Entwicklung stehende, primitive, oder in sehr reducirtem Zu- stand befindliche, rudimentäre Haftlappen vor uns haben. Diesen Verhältnissen, dem Mangel einer höher entwickelten eigenen, sowohl inneren, als äusseren, d. h. aus dem Kopfparenchym an das Bothri- dium als Ganzes herantretenden Muskulatur entspricht auch ihre Bewegungsweise, welche zwar sehr lebhaft ist, aber nicht jenem raschen , ruckweisen Vorstossen abwechselnd des einen oder des anderen Haftlappens der Tetrabothrien gleicht, sondern lediglich durch ein Wellenspiel der Haftlappenränder das Hauptbewegungs- organ, das Rostellum, unterstützt. An den Kopfseiten sehen wir die Zipfel der Haftlappen ge- trennt durch kurze bogenförmige Stücke des eigentlichen Kopf- parenchyms mit den Querschnitten der subcuticularen Längs- fibrillen, die hier viel dicker sind als in den Haftlappen, aber an Dicke noch bedeutend übertroffen werden von den Fibrillen, die an der Rücken- und Bauchseite unter der Cuticula verlaufen. Hier scheinen sie jedoch eine Strecke genau rechts und links von der Medianebene aufzuboren, also dort, wo der Retractor des Rostellums, dessen Querschnitt hier als noch wenig umfangreiche, mondsichel- artige Masse erscheint , dem Rostellumquerschnitte dicht anliegt. Während sie jedoch an der Rücken- und Bauchseite nicht nur nicht an Stärke zunehmen, sondern eher das Gegentheil stattfindet, werden die subcuticularen Längsfibrillen rechts und links am Kopfrande zwischen den beiden Haftlappen immer dicker und dicker und folglich deren Querschnitte immer ansehnlicher, so dass wir diese an den Figuren 26, 27, 28 von Stufe zu Stufe wachsen und bis (404) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 35 zu dem beträchtlichen Umfange auf Fig. 29 sich emporheben sehen. Auf dieser letzten Abbildung aber sehen wir ausser den dickeren Querschnitten noch punktförmige unmittelbar unter der Cuticula (auf der linken Seite der Zeichnung), so dass in uns der Verdacht rege wird, als sei eine zweite neue Muskelschicht unterhalb der cuticularen Längsfibrillen aufgetaucht. Wir fahren in der Betrachtung der Kopfgewebe unter Aus- schluss deä Rostellums fort, um dieses sodann im Zusammenhange zu betrachten. Auf Fig. 24 und 25 schiebt sich zwischen den Zipfeln der Haftlappen und den schmalen Zonen von Kopfparenchym rechts und links eine sehr helle aus überaus weitmaschigem Gewebe mit sehr spärlichen Kernen erfüllte Schicht ein und so kommt die Scheidung eines „Innenparenchym s" von einem „Aussen- parenchym" zu Stande, ähnlich wie ich sie seinerzeit im Kopfe von Rhynchobothrium corollatum zu beschreiben Gelegenheit hatte. Sie dürfte auch hier eine ganz ähnliche physiologische Bedeutung haben wie dort ; es ist nämlich sehr naheliegend anzunehmen, dass das Rostellum eingebettet sein muss in eine sehr dehnbare, elastische Schicht, um leichter seine mannigfaltigen raschen und oft plötzlichen Bewegungen („s'eleve brusquement ä droite et k gaucbe" Van B e n e d e n. Les vers intestinaux pag. 135) ausführen zu können. Nur ist dieser Gegensatz zwischen Aussen- und Innenparenchym hier nicht auf einer so langen Strecke so scharf durchgeführt wie bei Rhynchobothrium corollatum und erscheint schon auf den nach- folgenden Schnitten immer mehr und mehr verwischt. Auf Fig. 25 sehen wir als auffälligste Veränderung gegen den vorigen Abschnitt das Auftreten des Excretionssystems, und zwar jenes Theiles, der gerade der dorsoventralen Commissur jeder Seite entspricht. Die Schlingen liegen in dem dichteren Aussen- parenchym, und zwar knapp an der Grenze desselben gegen das Innenparenchym. Der Querschnitt des Rostellumretractors ist nicht nur an und für sich grösser geworden , sondern auch in Betreff der Querschnitte seiner einzelnen Muskelfasern. Ausserdem sehen wir rechts und links zwischen dem Excretionscanale und dem Kopfrande zwei nebeneinanderliegende convex gegen das Kopfinnere einspringende contractile Fibrillen dorsoventralen Verlaufes, denen man auf diesen Querschnitten weiter keine besondere Bedeutung zuschreiben würde. Aber man sieht sie in allmälig sich steigernder Anzahl immer und immer auf den folgenden Abschnitten wieder- kehren, bis man endlich, natürlich neben ihrer Bedeutung für eine (405) 36 Dr. Theodor Pinta er: dorsoventrale Abplattung des Kopfes, beim Auftaneben des Nerven- systems eine Beziehung zu diesem erkennt. Sie liegen den Nerven- stämmen nämlich knapp an und begrenzen dieselben gegen aussen wie eine schützende Schicht. Bemerken wir schon auf Fig. 27 Kerne in verdächtiger Nähe dieser Fibrillen , so erscheinen auf Fig. 28, wo die Fibrillen schon zahlreicher zu werden beginnen, Kerne direct in ihren Verlauf eingeschaltet. Auf Fig. 29 ziehen sie als mächtige dorsoventrale Muskelbündel von den seitlichen An- satzstellen der rückenständigen Haftlappenzipfel zu denen der bauchständigen bin. Diese Fibrillen sind es, die wir auf dem dorso- ventralen in der Medianebene liegenden Längsschnitte Fig. 33 bei m' quergeschnitten finden, wo dieselben in ihrer gegenseitigen Stellung eine bogenförmig gegen das Kopfinnere vorgewölbte Linie beschreiben, die bis in den Kopfstiel hinunterzieht (m") und so einen trichter- oder krippenförmigen Raum umschreibt, in welchem das Nerven- centrum liegt, ganz ähnlich also, wie ich das seinerzeit auch bei Rhynchobothrium corollatum gefunden habe. Der Querschnitt Fig. 26 liegt in der Region, die auf das erste Auftreten des Nervensystems unmittelbar folgt. Dieses erscheint zuerst in zwei sehr feinen, an jeder Seite des Rostellums gelegenen Stämmchen, die von vorne nach hinten verlaufend sehr nahe neben- einander liegen und an Stärke zunehmend an dem abgebildeten Querschnitte eigentlich nur mehr durch einen Zellbelag — wahr- scheinlich Ganglienzellen — von einander geschieden sind. Die Kerne dieser Belagzeilen färben sich etwas intensiver als die übrigen, sind auch ein wenig grösser, aber wie die Kerne des Parenchyms in ihrer Grösse schwankend und kaum von jenen scharf zu trennen. Die seitlichen Räume zwischen Rostellum und Körperrand, in welchen jederseits die beiden Nervenstämmchen liegen, sind bedeutend breiter geworden, da das Rostellum selbst immer kleiner und kleiner wird. Zu den Seiten des Nervensystems sehen wir den Querschnitt je eines dorsalen und eines ventralen Stammes des Excretionssystems, ausserdem wenige Muskeln, welche in den Winkeln entspringen , in denen sich die innere ßothridien- fläche an die Kopfseite anlegt, und in einer Cauda equina gegen die Mittellinie des Kopfes und Bauches (vergl. auch Fig. 28, unten) zu ausstrahlend und in die subeuticulare Zellschicht eindringend, sich bis an die Cuticula anzulegen scheinen, wodurch eben jene erwähnte scheinbare Abgrenzung der vier Bothridienzipfel vom Kopfparencbym schärfer hervorgehoben wird. Auch zwischen den Retractor und das Rostellum drängen sich quere geschlängelt (406) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwtirmkörpers. 37 verlaufende Muskelnbrillen mit Kernen hinein, so dass ein immer grösserer Zwischenraum zwischen jenen beiden Organen entsteht. Der folgende Querschnitt, Fig. 27, zeigt uns, wie die Quer- schnitte der Stämmchen noch näher aneinander treten und ein x- förmiges Territorium bilden, aber immer noch von einander durch Ganglienzellen getrennt erscheinen; diese schieben sich be- sonders als zwei kleine dreieckige Massen, die die Spitzen ein- ander zukehren, von rechts und links, d. h. also vom Körperrande und von der Rostellumseite her, in die Nervensubstanz hinein. Diese Verhältnisse führen durch Fig. 28, einen Querschnitt aus der hintersten Rosteilumregion , allmälig weiter fortscheitend, zu denen in Fig. 29 hinüber. Diese Querschnitte, vom Hinterende des Rostellums und knapp unter demselben zeigen die Nervensubstanz jederseits ^u einem mächtigen Complexe vereinigt, der dorsal und ventral einen sehr starken Ganglienzellbelag besitzt, während noch immer vom Körperrande her eine kleine dreieckige Gruppe von Ganglienzellen in denselben eindringt und die ehemalige Trennung in zwei Stämmchen, die nunmehr verschmolzen erscheinen, andeutet. Auf Fig. 28 wie auf mehreren nun folgenden Schnitten erscheint diese Nervenmasse durch je eine einzige dieselbe dorsoventral quer durchsetzende Muskelnbrille in eine grössere äussere und eine kleinere innere Portion zerschnitten , während in der Mitte der Fig. 29 der Querschnitt durch das grosse Gehirnganglion vorliegt. Es besteht aus einer x-förmigen Masse dicht gedrängter grosser Kerne mit sehr spärlichen Protoplasmahöfen und aus ansehnlichen multipolaren Ganglienzellen. Fig. 44 a zeigt uns solche bei sehr starker Vergrösserung ; bei den drei eng aneinanderliegenden war keine Spur eines Zellleibes nachweisbar, während andere , wie die zwei nebenan gezeichneten deutliche multipolare Ganglienzellen darstellten. Der Grössenverhältnisse wegen erscheinen in dieser Figur nebenan bei c eine Zelle mit Kern des Parenchyms. Von den blasseren, grösseren und nur zart contourirten Zellkernen der Ganglienzellen hebt sich dieser durch eine scharfe Umgrenzungslinie und durch schärfer hervortretende Kernkörperchen ab, was auch für die zum Theil langgestreckten Kerne der contractilen Fibrillen bei b gilt. Bei d sind, wieder im richtigen natürlichen Grössen- verhältnisse, die Kerne der subcuticularen Zellen der Haftlappen aufgezeichnet, welche viel kleiner und viel dunkler tingirt erscheinen. Unterdessen haben auch die bereits erwähnten, sich zwischen die Retractoren und das Rostellum einschiebenden, häufig gekernten Querfibrillen immer mehr und mehr an Mächtigkeit und Zahl zu- (407) 38 Dr. Theodor Pintner: genommen und stellen endlich auf Fig. 29 und fernerhin mit den correspondirenden dorsoventralen Muskelzügen ein vollständig ge- schlossenes Muskelrechteck dar, in welchem das gesammte Cerebral- ganglion , nach allen Seiten umhüllt, innen liegt. In den Ecken dieses Rechteckes sehen wir hier, auf Fig. 29, je eine mächtige, sich sehr dunkel tingirende Zelle mit leuchtendem Kern liegen, die offenbar gleichwerthig ist mit jenen Zellen, die ich seiner- zeit bei Rhynchobothrium corollatum als „Myoblasten" in Anspruch genommen habe. Betrachten wir nun noch, um die Beschreibung des Nerven- systems zu Ende zu führen, sein Verhalten auf Längsschnitten und im Kopfstiele. Auf dem in der Medianebene liegenden dorsoventralen Längs- schnitte, Fig. 33, der uns zu oberst unter der Stirnhaut dicht unter dieser von rechts nach links ziehende Querfibrillen (stm) durchschnitten zeigt, jene bogenförmigen Fibrillen, die wir auf dem Totopräparate Fig. 10 gesehen haben, erblicken wir unter dem Rostellum das Ganglion durchschnitten in halbmondförmiger Masse dem Rostellum angelagert in einem von bereits beschriebenen Muskeln (m', m/y) gebildeten krippenartigen Räume liegend. Da- gegen erscheint auf dem Schnitte Fig. 34, der zu dem eben be- schriebenen parallel, aber stark, ausserhalb der Medianlinie liegt, die Nervensubstanz zu den Seiten des Rostellums, fast in platten- förmiger Ausdehnung durchschnitten. Sie ist zunächst in einem oberen und unteren Theil getrennt und der obere selbst wieder in zwei Abtheilungen gespalten, und zwar durch einen zwischenliegenden Zellbelag, während die beiden oberen Theile, die sich dann weiter nach vorne in die erwähnten zwei Stirnstämmchen verlängern, vom hinteren Theile durch eine quere Muskelfibrille geschieden erscheinen, die jedenfalls derjenigen auf dem Querschnitte Fig. 28 entspricht. In dieser unteren Partie ist bereits eine gewisse strassen- förmige Anordnung der Nervensubstanz leicht angedeutet, die auf den Ursprung der austretenden Hauptlängsnerven hinweist. Aber auch im Inneren des Haftlappens sehen wir eine Masse , die der Nervensubstanz vollständig gleicht, so dass es den Anschein ge- winnt, als ob wir einen Haftlappennerven vor uns haben würden. Wie wir unten sehen werden , scheint auch in das Rostellum ein Nerv einzutreten. Die beste Uebersicht bietet aber ein in der Sagittalebene liegender Schnitt, wie er in Fig. 36 dargestellt ist. Hier erscheint sehr schön die ganglionäre Querbrücke, welche rechts und links, nach oben die Stirnstämmchen, nach unten die beiden Seitennerven (hn) aussendet. (408) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 39 Im Kopfstiele endlich verläuft jederseits ein Hauptstarnm, der, wie gewöhnlich, etwas ausserhalb der beiden Excretionscanäle liegt. Derselbe hat auf der Flächenansicht und im Längsschnitt nicht mehr jenes „Punktsubstanz" artige Aussehen der nichtzelligen Masse des Kopfganglions und der Stirnstämmchen, sondern erscheint fein längsgefasert, wie auf Fig. 39, mit seitlich abgehenden, aber nur selten auf kürzesten Strecken etwas deutlicher zu verfolgenden kleinen Ausläufern, die auf seine Verlaufsrichtung senkrecht stehen. Auch der Querschnitt unterscheidet sich in seinem Aussehen durch- aus von der Nervenmasse im Gehirn , die stellenweise mit den stärksten Vergrößerungen nichts weiter als feinste homogene Punktsubstanz, stellenweise das denkbar feinste Maschennetzwerk zeigt. Der Querschnitt der Hauptstämme im Kopfstiel ist in Fig. 30 von E. Musteli dargestellt, weil er hier viel deutlicher und klarer erscheint , als bei E. affine. Es zeigt sich zunächst, dass die Stämme durch die Wurzelfortsätze der Kopfstielhaken etwas aus ihrer Lage in der Sagittalebene herausgedrängt worden sind ; da aber die Lage dieser Fortsätze sich mit jeder Quer- reihe der Haken ändert, so ist der Verlauf der Nervenstämme, den Wurzelfortsätzen immer ausweichend, geschlängelt. Der Quer- schnitt macht den Eindruck zahlreicher, dicht nebeneinander liegen- der, ziemlich derber Röhrchen ; er zeigt ein ziemlich grobes Netzwerk, dessen Maschenhohlräume rund sind. Es stimmt das Alles ganz genau mit dem überein , was ich früher bei Rhynchobothrium corollatum beobachtet habe. Zu genaueren Untersuchungen lud das Object, wie gesagt, nicht ein. Fassen wir das über Nervensystem Festgestellte zusammen, so erscheint uns dasselbe als ein mächtiges, unmittelbar unter dem Rostellum gelegenes Ganglion mit centraler Zellenmasse und peripher gelagerter Nervensubstanz , die nach oben in vier kurze Stirnstämmchen , nach unten in zwei mächtige Hauptnerven aus- strahlt, welche sich in ihrem histologischen Bau von jenen bedeutend unterscheiden. Haftlappen und Rostellum scheinen durch besondere Nerven versorgt zu werden. Ich will durchaus nicht behaupten, dass durch Untersuchungen, die nur auf diesen Punkt ihr Augen- merk richten , bei den Echinobothrien nicht noch hie und da ein vom Gehirnganglion abzweigender Nerv würde ausfindig zu machen sein; aber sicher, hier nichts Wesentlicheres übersehen zu haben, war ich auf erschöpfende Vollständigkeit in diesem Punkte umso weniger erpicht, als ich glaube, dass so complicirte und gewagte Reconstructionen , wie sie die Niemec'schen Schemen darstellen, vorläufig nur schwer morphologisch verwerthbar sein Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 3. 28 (-lO'i) 40 Dr. Theodor Pintner: dürften , und freute mich umsomehr, bei unserer Form eine Ein- fachheit des Nervensystems vorzufinden , die von den bekannten Formen am meisten an die von Monticelli für Scolex polymorphus festgestellte erinnert und sich durchaus an die von Lang und mir für Tetrarhynchen beschriebenen anschliesst. Was nun das Rostellum anbelangt, so erscheint dasselbe auf den ersten Querschnitten in Form einer Ellipse, deren bedeutend längere grosse Achse in die Medianebene fällt, hat aber in an- deren Contractionszuständen am Querschnitte auch eine ganz ausgesprochen bisquitförmige Gestalt mit gleicher Orientirung des längeren Durchmessers. Wir haben bereits hervorgehoben, dass man in der allervordersten Region, wie auf Fig. 23, noch nicht sicher feststellen kann, was dem Rostellum zugehört, was nicht. Sofort aber folgen Schnitte, auf denen durch eine scharf doppelt- contourirte Membran die Umgrenzungslinie des Rostellums klar bezeichnet wird. Dieser Membran sieht man nicht allzu oft , wie auf Fig. 27, von aussen platte Kerne angelagert. Der Rostellum- querschnitt zerfällt in der obersten Region deutlich in fünf Ab- theilungen, die in der Richtung seiner Längsachse nebeneinander- liegend jede seine ganze Breite einnehmen. Dorsal und ventral wird jederseits das kleinste Fünftel des Längsdurchmessers von convex gegen das Innere vorgewölbten quergeschnittenen Längs- muskelfibrillen eingenommen, denselben, die wir schon in Fig. 23 fanden und die natürlich der Hakenmuskulatur hm auf Fig. 35 entsprechen. Sie sind, was die Dicke der einzelnen Fibrillen anbe- langt, bedeutend gegen die vorhergehende Figur gewachsen und wachsen noch auf den folgenden Schnitten immerfort weiter, während das Territorium, das sie einnehmen, seine nach Innen vorgewölbte Gestalt beibehaltend, immer kleiner und kleiner wird (Fig. 25 — 27), bis sie endlich auf Fig. 28 vollständig verschwunden sind. Hier, auf den vorderen Schnitten, Fig. 24, sehen wir an ihrem äusseren Umfange nicht wenige dunkle Kerne die Muskelfibrillen- querschnitte umlagern und zwischen sie eindringen, wie eine binde- gewebige Hülle der Muskulatur andeutend. Diese Kerne werden aber später immer seltener und seltener. Die mittlere Partie des Rostellums nimmt reichlichst drei Fünftel des längeren Querdurch- messers ein und besteht aus parallel zu einander von rechts nach links ziehenden Fibrillen. Sie lässt wieder drei Abtheilungen unter- scheiden, von denen die dorsale und ventrale einander wiederum gleich sind. Diese beiden letzteren haben nämlich zartere Fibrillen, die strenger parallel laufen , als die des Mittelstückes , und nur äusserst spärlich blasse oblonge Kerne, deren Längsachse der (410) Nene Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 41 Fibrillenrichtung entspricht, enthalten. Die Fibrillen des Mittel- stückes dagegen sind etwas gröber und umschliessen zahlreiche Kerne, die reihenweise in der Fibrillenrichtung hintereinander liegen und sich besonders gegen die beiden Körperseiten anhäufen und hier reichlich von einer Masse umgeben sind, die stark an die „Punktsubstanz" des Nervensystems erinnert. Auf den folgen- den Schnitten wird die Mittelzone des Rostellums bedeutend schmäler. Jene bogenförmigen Fibrillen , die mit ihren stäbchen- förmigen Querschnitten die Randzone des mittleren Stückes ge- bildet und dieselbe dadurch so scharf hervorgehoben haben, sind verschwunden. Von nun an wird der Querschnitt des Rostellums begreiflicher Weise immer kleiner und kleiner; es verwischt sich der Unterschied zwischen der Mittelzone und den beiden Seiten- zonen vollständig. Endlich verschwinden die Querschnitte der Hakenmusculatur des Rostellums, wie schon erwähnt, gänzlich und es bleiben auf dem nunmehr sehr klein gewordenen elliptischen Räume (Fig. 28) nur mehr die Querfibrillen übrig. Dafür sehen wir aber hier eine in ihrem Querschnitte wiederum elliptische, aber mit ihrer Längsachse auf die Längsachse des Rostellumquer- schnittes senkrecht gestellte punktförmige Masse, welche durchaus nicht von der Punktsubstanz des Nervensystems zu unterscheiden ist. Dieselbe kehrt entsprechend auf den Längsschnitten wieder (Fig. 33, n) und dürfte kaum anders als ein ziemlich mächtiger in das Rostellum eintretender Nervenknoten zu deuten sein, obzwar es mir nicht gelang, die Eintrittsstelle oder seine Abzweigung aus dem Gehirnganglion nachzuweisen. Dann wären jene, den Quer- fibrillen eingeschalteten Kerne und die sie umgebenden Plasmahöfe vielleicht als von diesem Nervenknopfe ausstrahlenden zahlreichen Rostellarnerven zugehörig zu betrachten. Entsprechend dem auf den Querschnitten Vorgefundenen be- merken wir auf dem Sagittalschnitte, Fig. 36 , der im vordersten Theile etwas vor der Sagittalebene liegt, in Folge dieses Um- standes hier noch Stirnhaken (h) , und zwar in ihrem hakig um- gekrümmten Theile durchschnitten, das Rostellum aber mit ei- förmigem Umrisse. Es zeigt die von rechts nach links verlaufenden Fibrillen in ganzer Breite, oben aber in radialer Stellung die Fibrillen seiner Hakenmuskulatur (hm), die hier zugleich noch deutlich von der Rostellarmembran umfasst erscheinen. Die Kerne in der Querfibrillenpartie ziehen wieder reihenweise von rechts nach links und besitzen eine längliche Gestalt, ganz wie auf den Querschnitten. Dagegen erscheint auf dem in der Medianebene liegenden Schnitte (Fig. 33) die Hakenmuskulatur in der bereits 28* (4ii) 42 Dr. Theodor Pintner: oben beschriebenen Weise , als zwei von vorne nach rückwärts sich zuschärfende K.eulen mit nach hinten und aussen ausstrahlenden Längsfibrillen, die ziemlich parallel angeordnet nur im vordersten Theile haarwirbelartig gedreht liegen, und zwischen diesen beiden Muskelmassen eingeschlossen der Querschnitt des von rechts nach links ziehenden mittleren Fibrillencomplexes des Rostellums (r), dessen blasse Kerne hier nicht oblong, sondern kreisrund erscheinen, wie dies ihrer in der Richtung des Fibrillenverlaufes von rechts nach links spindelig ausgezogenen Gestalt entspricht. Die ganze Masse sammt den Hakenmuskeln aber nimmt, in ihrem Hinterende den schon erwähnten Nervenknoten (n) einschliessend , in dem mittleren, den Querfibrillen entsprechenden Theile eine birnförmige, im Ganzen eine mehr kreisrunde Umgrenzungslinie an, die durch die Rostellarmembran , welche natürlich auch die Hakenmuskulatur umschliesst, scharf hervorgehoben wird. Das ganze Areal des Rostellums erscheint hier, der über die seitliche bedeutend über- wiegenden dorsoventralen Ausdehnung desselben entsprechend, weit- aus umfangreicher, als auf dem Sagittalschnitt. Jenseits der Grenz- membran ziehen zu beiden Seiten die Rostellarretractoren (rr) wellenförmig zu ihren Ansatzstellen herab. Sowie aber die ein- zelnen Fibrillen des Retractors in der Richtung von vorne nach hinten wellenförmig verlaufen , so ist auch der hintere Theil des ganzen Stratums des Retractors in der Richtung von rechts nach links wellenförmig angeordnet und daher kommt es, dass wir auf Fig. 29 die Querschnitte desselben in einem eigenthümlichen zick- zackförmigen Verlaufe wiederfinden ; es scheint dabei gleichzeitig stets abwechselnd ein Bündel mehr nach Aussen, eines mehr gegen das Innere des Kopfparenchyms seinen Ansatzpunkt zu finden. Das Rostellum der Echinobothrien (Van Beneden spricht immer, z.B. „Vers intestinaux" pag. 135, von einem „double rostellum", bezeichnet also jeden der beiden Hakenmuskelpolster für sich als Rostellum , sowie er unverständlicher Weise die Stirnhaken „dans l'inte'rieur" gelegen sein lässt) ist somit ein einheitlicher, seitlich zusammengedrückter Körper, der durchaus aus contractilen Fibrillen besteht und von einer derben resistenten Haut umschlossen wird. Es wird als Ganzes durch die Zusammenziehung der Kopf- gewebe wie durch zwei breite, mächtige, sich dorsal und ventral an ihm inserirende Muskel sehr vielseitig und lebhaft hin- und herbewegt und dürfte so, da es zugleich reichlich innervirt zu sein scheint , nicht minder Tast- und Orientirungs-, als Locomotions- organ sein. In letzterer Hinsicht heftet es nach vorausgegangener Vorwärtsbewegung durch Abductionsstellung der Haken den Kopf am (412) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 43 betreffenden Orte fest, so dass der Körper nachgezogen werden kann. Dabei kann die Bewegung nach vorne und aus dem Kopfparenchym heraus, da jegliche Protractoren fehlen, nur durch Contraction aller jener Muskelgruppen bewerkstelligt werden, die wir auf den Querschnitten Fig. 26 — 29 als dorso ventral und von rechts nach links , sowie schief und bogenförmig verlaufende Querfibrillen kennen gelernt haben ; dorsale und ventrale Wendungen des Rostellum wären dann durch jedesmaliges Zusammenziehen nur eines der beiden Retractoren, Wendungen nach rechts oder links durch Con- traction der gleichseitigen Fibrillen beider Retractoren, Rückziehung des Rostellums durch Erschlaffung der Kopfmuskulatur und gleichzeitige vollständige Contraction der Retractoren zu erklären. Es entsteht nun für uns die Frage: in was für einer Be- ziehung steht das Rostellum der Gattung Echinobothrium zu dem der Tänien? Es ist bekannt, dass nach den Darstellungen N i t s c h e's und Leuckart's (Parasiten, pag. 496 ff. und pag. 506 ff.) mehrere Typen im Bau des Rostellums unterschieden werden. Allein alle diese Typen beziehen sich im Wesentlichen auf Abänderungen im Verlaufe der Muskelfasern dieses Körpers , die sehr augen- scheinlich auf Anpassungsverhältnisse zurückzuführen sind. Allen diesen Formen liegen ganz homologe Bildungen zu Grunde, alle sind als morphologisch gleichwerthig zu betrachten. Ganz dasselbe gilt aber auch zweifelsohne für das Rostellum der Echinobothrien. Denn es hat mit dem Rostellum der Tänien gemeinsam: 1. Die Lage, in der Mitte der Stirnfläche, über dem Nervens3^stem, über den Kopfschlingen, resp. dem Ringe des Excretionssystems ; 2. die Zusammensetzung aus mannig- fachen, den verschiedenen Formverhältnissen von Kopf und Haken angepassten Muskelsystemen ; 3. die Verbindung mit einem Haken- apparat. Während aber das Rostellum der Tänien als vier- strahlig radiär aufgefasst werden kann (mit Rücksicht auf den übrigen Kopf bau) , ist das der Echinobothrien mir zweistrahlig, ebenso sein Hakenapparat. Dieser selbst aber muss wiederum als dem der Tänien vollkommen homolog bezeichnet werden. Die Haken an und für sich haben genau denselben Bau, wie die Tänienhaken, nur dass sie viel schlanker, ihre Wurzelfortsätze viel unscheinbarer sind ; dann liegen sie in zwei Lagen alternirend , genau wie die Rostellumhaken der Tänien ; endlich ist der Hakenapparat nur in toto beweglich, wie der der Tänien, wenn ich auch nicht glaube, dass, wie Leuckart das für die Tänien festgestellt hat, die Haken hier, wie dies dort der Fall ist, nur durch Veränderung (413) 44 Dr. Theodor PiDtner: in der Oberflächenkrümmung des Rostellums bewegt werden sollten, sondern hier, bei Echinobothrium, spielen gewiss die Längsmuskeln, die ich als „ Hakenmuskeln u beschrieben habe, bei der Bewegung der Haken die Hauptrolle. Wenn Nitsche („Untersuchungen über den Bau der Tänien", Z. f. w. Z. XXIII, 1873, pag. 186) sagt: „In der Mitte der Unter- fläche des Kissens bleibt ein kleiner von Fasern freier Raum, der mit einer feinkörnigen Substanz erfüllt ist", so dürfte das, auch nach seinen Abbildungen zu schliessen , auf eine ganz ähn- liche Innervation des Rostellums zu beziehen sein, wie wir sie bei Echinobothrium fanden. Was aber die Abbildung Nit sehe's von Taenia undulata anbelangt, so glaube ich nicht zu weit zu gehen, dass der sogenannte äussere Sack, welcher das Rostellum um- schliesst, nichts anderes ist, als das unter demselben gelegene Gehirnganglion in Verbindung mit eigenthümlich gestellten Muskeln, die sehr an das erinnern, was ich von den in der Umgebung des G-ehirnganglions befindlichen Muskeln und Membranen hier von Echinobothrium und seinerzeit von Rhynchobothrium corollatum beschrieben habe. Das wären dann weitere Punkte der Ueberein- stimmung in der Lage des Rostellums bei beiden Familien. Hervorgehoben mag noch werden, dass bei Echinobothrium, dessen Rostellum, wie das der Tänien, wohl gewiss Beziehungen zu dem unpaaren centralen Stirnnapf des Scolex polymorphus und anderer Formen bietet, keinerlei Spuren zu entdecken sind, die gestatten würden , in jenem Organe einen Rest eines ehemaligen Schlundkopfes zu erblicken. Es erübrigt uns noch eine kurze Betrachtung des Kopfstieles. Derselbe ist vollkommen stielrund, von vorne nach hinten leicht an Dicke zunehmend. In Folge dessen erscheinen die Querschnitte kreisrund, oder genauer in Form von regelmässigen Achtecken, in deren Ecken die Haken liegen. Der Querschnitt Fig. 30 ist E. Musteli entnommen, bei welcher Art wegen der bedeutenderen Grösse alle Verhältnisse viel deutlicher erscheinen. Wir finden zu äusserst eine besonders dicke homogene Cuticula, die übrigens gerade bei E. Musteli noch viel auffallender ausgebildet erscheint, wie bei den übrigen Arten. Unter ihr eine gleichfalls der Cutis zuzuzählende Schicht, die aber nicht mehr so homogen, sondern, wenn auch nur sehr undeutlich , radial zerfasert erscheint. Die Thäler und Furchen , welche den spiessförmigen Theil der Hals- haken aufnehmen , liegen in der äussersten dicken Hautschichte, dagegen liegen die T-förmigen Querbalken der Kopfstielhaken viel tiefer, noch unter der zweiten der eben erwähnten Schichten, (414) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwunnkörpers. 45 eigentlich schon im Kopfparenchym. Diese tiefe Lage derselben macht es auch begreiflich, dass sie oft auf Totopräparaten sehr schwer sichtbar sind. Diese beiden Cuticularschichten sind noch gegen die Kopfgewebe zu abgegrenzt durch eine deutliche dunkle Linie, welche der Ausdruck ist für die äusseren cuticularen Querfibrillen ; auf diese folgen die in zierlichen Bogen angeordneten Querschnitte der cuticularen Längsfibrillen , die keineswegs zart, in Fig. 38 als streng parallele, sich nicht verzweigende, sämmtlich gleich dicke Längsfasern erscheinen und schon auf Uebersichts- präparaten nicht zu übersehen sind. Darauf folgen die subcuticu- laren Zellen, auf Querschnitten selten mit epithelial ansprechendem Charakter. Der Innenraum ist durch die lamellösen Querschnitte der Hakenwurzelfortsätze in acht Sectoren getheilt und wird er- füllt von dem plasmatischen Maschenwerk des Parenchyms und den Kernen der dasselbe bildenden Zellen. In demselben liegen die vier gleich grossen Querschnitte des Wassergefässsystems und die beiden Querschnitte des Nervensystems. Genau entsprechend sieht der Längsschnitt Fig. 39 aus, nur sah ich hier auch die äussere dunkler tingirte Cuticula undeutlich radial gestreift , zum Theil wohl ein Ausdruck von Faltungen, noch mehr aber von den dieser Schicht entsprechenden cuticularen Härchen, die aber hier eben nur höchst undeutlich und ver- schwommen ausgebildet erscheinen. Es ist überhaupt hervorzuheben, dass dieser Theil der Cuticula am Kopfstiele mehr als sonst dazu neigt, ausserordentlich leicht zu quellen und dann eben liefert er auch Bilder, wie z. B. das bei Van Beneden „Vers instestinaux", Taf. XIX , Fig. 2 mit der geschlängelten Begrenzungslinie , die grossentheils als Kunstproducte zu bezeichnen sind. Xun folgt die hellere, radial zerfaserte Schicht, dann feine Punkte als Ausdruck der Quer- und dann die Längsfibrillen , hinter diesen die subcuti- cularen Zellen mit ihren Kernen, die hier deutlicher epithelialen Charakter zeigen (in der Abbildung erscheint diese Schichte flach getroffen und daher mehrschichtig), endlich das Nervensystem, daneben der Excretionscanal. Der auffallend kleinere Querschnitt durch den Kopfstiel von E. affine (Fig. 31) zeigt jenen complicirteren Bau der Cuticular- schichten nicht, wohl aber finden wir das charakteristische, wieder- holt beschriebene gelbe Pigment, und zwar in linsenförmigen Massen in der Cuticula selbst und sogar im Parenchym recht zahlreich in bogenförmigen Zonen längs der Hakenwurzellamellen und der Haut hinziehend. Dann die Längsfibrillen sehr deutlich, aber die Quer- fibrillen ebensowenig nachweisbar, wie auf dem entsprechenden (415) 46 Dr. Theodor Pintner: Längsschnitte Fig. 37. Auf diesem aber sehen wir sehr deutlich, wie die Hakenstücke in einem ziemlich breiten hellen Räume zwischen der äusseren Cuticula und der dunkel und scharf hervor- tretenden Linie liegen, welche der Ausdruck der Längsfibrillen ist. Von der Härchenschicht ist auf dem Längsschnitte nur inso- ferne eine Spur, als die äusserste Grenze der dicken Cuticula noch um einen Ton dunkler ist und direct in die deutliche und schön ausgebildete Härchenschicht des Halses übergeht. Dagegen haben hier die subcuticularen Zellen einen ganz ausgesprochen epithelialen Charakter , der umso überzeugender wird , wenn man ihre Fort- setzung in das ganz unbezweifelbare Epithel des Halstheiles betrachtet. :) Was das gelbe Pigment des Kopfstieles anbelangt , so kann dasselbe nicht morphologisch und nicht chemisch, daher auch nicht physiologisch mit dem bekannten rothen auf dieselbe Stufe gestellt werden. Es sieht anders aus, indem es aus weit kleineren griesähn- lichen Körperchen gebildet wird, die durchaus nicht das Aussehen einer Flüssigkeit besitzen, sondern mehr an feste Körper gemahnen, und es wird von Alkohol, Nelkenöl, Säuren und den sonstigen in der mikroskopischen Technik verwendeten E-eagentien gar nicht verändert, sondern findet sich vollkommen wohl erhalten in Form und Farbe auf den Querschnitten vor. Ich kann daher , soweit E. affine in Betracht kommt — E. Typus habe ich in dieser Richtung nicht untersuchen können — Monticelli nicht bei- stimmen, wenn sich auf dieses Pigment sein Satz beziehen sollte: „Anche della stessa natura (wie das rothe Pigment, wo er übrigens auch eine mir nicht ganz verständliche Unterscheidung zwischen „Pigment" und „gefärbter Flüssigkeit" macht; für Pigmentzellen *) Es gibt zahlreiche Stellen, wie die halbreifen Glieder der Calliobothrien, ihre Ketten u. s. f., wo die subcuticularen Zellen unter der Form des schönsten polygonalen Epithels auftreten. Im Gegensatze hiezu wieder andere, wie besonders in den Köpfen der Phyllobothrien, wo diese Sabcuticularzellen kaum nachzuweisen sind. Zwischen diesen beiden Extremen aber gibt es sehr zahlreiche Uebergangs- stnfeD. Von der iein histologischen Frage nun, ob diese Gewebe als Epithelien auf- zufassen sind, ob nicht, ist aber die entwicklungsgesuhichtliche , ob ihr Ursprung ectodermal ist, zu trennen, denn Epithelien können ja ebensogut vom Mesoderm stammen. Die S ch au in sl an d'schen Ansichten vom Abstossen des Ectoderms geben also keine Unterstützung für die Gegner der epithelialen Natur der subcuticularen Zellen. Zudem lassen sich diese Ansichten aber aus keiner einzigen Stelle «1er vor- trefflichen Untersuchungen dieses Autors mit logischer Notwendigkeit ableiten, ja, gegenüber der Anschauung, dass es sich um vorübergehende Hüllen der Embryonen, wie bei zahlreichen anderen Thieren, handle, aucb nur wahrscheinlich machen, und werden um ?o unannehmbarer, wenn man bedenkt, zu welchen Consequenzen dieselben mit Rücksicht auf die Entstehung des Nervensystems führen. (416) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 47 hat ja wohl Niemand das rothe Pigment angesehen) mi pare la macchia giallastra, che si trova nel collo dei giovani E. typus, e che sparisce negli adulti (Bicerche sullo Scolex polymorphus. Mitth. a. d. zool. Stat. z. Neapel. 1888, VIII, pag. 131 ff.). Der Kopfstiel der Gattung Echinobothrium ist somit, sowie der Vorderkopf streng zweistrahlig radiär gebaut, und das ist es, was ihn scharf vom Halse trennt, der durch die auch in den jüngsten Gliedern bereits angedeuteten Anlagen der Geschlechts- organe als bilateral symmetrisch gebaut erscheint. Durch jenen Bau und seine Gewebe, die sich weit von denen des „Halses", d. h. der jüngsten Glieder und deren Keimlager unterscheiden und genau denen gleichen , die ich für die ähnliche stielförmige Ver- längerung des Kopfes von Rhynchobothrium corollatum beschrieben habe, erweist sich der Kopfstiel als integrirender Bestand theil des Kopfes. Die Kopfstielhaken gleichen in ihrer Form durchaus den drei- zinkigen mit "Wurzelfortsätzen versehenen Haken der Haftlappen der Calliobothrien und dürften physiologisch , da sie entschieden keine selbständigen Bewegungen auszuführen im Stande sind, so wie die gesammten „peli setolosi" als Organe aufzufassen sein, die die Bestimmung haben, das ßückwärtsgleiten des Körpers zu verhindern. Die Echinobothrien leben nämlich nicht tief in die Darm- wand eingebohrt, wie andere Bandwürmer, sondern mehr in den lockeren, oberflächlichen, zum Theil abgestossenen Darmepithelien und im Darmschleim und führen hier immerfort die lebhaftesten Bewegungen aus. Man könnte beinahe glauben, dass es damit zu- sammenhängt , dass sich der gesammte Bau des Echinobothrium- kopfes nicht so sehr dem vierstrahlig radiären Typus nähert, wie der Tänienkopf. Unter allen in Folge festsitzender Lebensweise radiär gewordenen Cestodenköpfen nähern sich die mit 4 Saugnäpfen versehenen Tänien und die mit 4 Haftlappen bewaffneten Tetra- bothrien dem vierstrahlig radiären Typus am meisten , während jene Tetrarhynchen, welche nur zwei Haftlappen besitzen, sowie die Echinobothrien und Bothriocephaliden rein zweistrahlig radiär gebaut sind , und so sind diese drei Familien in der Systematik bereits wiederholt vereinigt worden. Echinobothrium aber erscheint nach all dem Gesagten als ein rechter Sammeltypus. Durch die Zweizahl seiner Haftlappen und den Kopfstiel in entschiedene Beziehung zu den Tetrarhynchen tretend, erscheint es durch sein Rostellum den Tänien, durch seine Geschlechtsorgane (Lage und Form der Dotterstöcke , des Keim- öl?) 48 Dr. Theodor Pintner: Stockes, geschlossener Uterus, ganze Entwicklung des Proglottis) und zum Theil durch seine Kopfstielhaken den Tetrabothrien ver- wandt, ohne aber in jeder Richtung weitgehende Besonderheiten vermissen zu lassen, die allein genügen würden, eine schon von VanBeneden eingeführte Aufstellung einer selbständigen Familie zu rechtfertigen. Tafelerklärung. Sämmtliche Abbildungen sind mit einer Oberhäuser'schen Camera lucida gezeichnet, und zwar auf einem neben das gewöhnliche Schulstativ von Hartnack gestellten 20 Cm. hohen Tische, wie das der deutlichen Sehweite meines Auges entspricht. Daraus ergeben sich die betreffenden Vergrösserungen. Taf. I. Fig. 1 — 8. Echin obothr ium M usteli. Fig. 1. Das ganze Thier bei ung. 43maliger lin. Vergr. (Syst. Reichert III, eing. Tubus). rRostellum; sth Stirnhaken ; krh Kragenhäkchen ; hl Haftlappen (= Both- ridien); kst Kopfstiel; h Hals; t Hoden; ps Penissack ; ov Keimstock. Nach einem Carminpräparate. Fig. 2. Eine freie Proglottis desselben Thieres, bei derselben Vergr., von der Seite gesehen, so dass die Bauchseite rechts; die Rückenseite links liegt, ov Ovarium ; vagö Vaginalöffnung ; ps Penissack, do rechter, do' linker Dotterstock, der erstere in Folge der seitlichen Lage oben, der letztere unten liegend zu denken ; ut Uterus, links oberhalb des Keimstockes der in denselben von der Rückenseite her einmündende Oviduct ; t Hoden ; vd Vas deferens. Nach einem Carminpräparate. Fig. 3. Der Kopf, bei circa 104mal Vergr. (Syst. Hart n. IV, aufgez. Tubus), mr Mittelrippe des Haftlappens ; a die Stelle, wo diese gegen den Kragen anschwillt. Die übrigen Bezeichnungen wie oben. Nach einem Carminpräparate. Fig. 4. Die grossen Stirnhaken, Vergr. circa 380mal (Syst. Hartn. Nr. VIH, aufgez. Tubus). Nach einem Glycerinpräparate. Fig. 5. Einzelne; Stirnhaken bei de rs el b en Vergr. a, c, d aus der mittleren, b aus der seitlichen Partie der Hakencorolla; w Wurzelfortsatz; gfl Gelenkfiäche. Fig. 6. Dieselbe Vergrösserung; sth die äussersten der grossen Stirnhaken ; nh die kleinen Nebenhäkchen; krh die Kragenhäkchen. Fig. 7. Die Haken des Kopfstieles vom vordersten Theile bei derselben Vergrössernug. w, w' Wurzelfortsätze , b die umgebogenen Zipfel der Hakenflügel. Fig. 8. Dieselben Haken aus der hintersten Partie des Kopfstieles ; bei der- selben Vergr. Fig. 9 — 12. Echinobothrium affine Dies. Fig. 9. Das ganze Thier, bei 43maliger Vergr.; also genau im natürlichen Verhältniss zu Fig. 1. Von der Seite gesehen; p Penis; vag Vagina; die übrigen Bezeichnungen wie oben. Nach einem Carminpräparate. Fig. 10. Der Kopf, von der Seite, bei circa 180maliger Vergr. (Syst. Hart- nack V, aufgez. Tab.), also bedeutend stärker vergrössert, als der neben- anstehende Kopf von Ech. Musteli! nh die kleinen Nebenhäkchen, sonst wie oben. Nach einem Carminpräparate. Fig. 11 und 12. Haken des Kopfstieles in genau derselben Vergrösserung wie Figur 7 und 8- w Wurzelfortsätze. (418) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 4 9 Taf. II. Fig. 13. Die Stirnhaken von E eh. affine in derselben Vergrösserung wie Fig. 4 (380mal) ; links von der dem Körper zugewandten Unterseite, rechts von der der Körperfläche abgewandten Oberseite, nh die kleinen Nebenhäkchen. Fig. 14. Excretionssystein von Echinobothrium Musteli. Die Umrisse des Kopfes schematisirt in natürlicher, dem lebenden Thier entsprechender Lage. Fig. 15. Die Excretionsgefässe desselben Thieres an der Grenze zwischen Kopfstiel kst und Hals h ; gleichfalls halbschematisch ; pg die rothen Pigmenttropfen. Fig. 16. Der Excretionsapparat von Echinobothrium affine; in der Mitte der Retractor des Rostellnms ; gleichfalls in dorsoventraler Lage nach dem lebenden Thiere halbschematisch. Fig. 17 — 19. Echinobothrium typus Van Ben. Fig. 17. Echinobothrium typus Van Ben. 43malige Vergr., also in dem natürlichen Grössenverhältnisse zu den beiden anderen Arten. Bez. wie oben. Nach einem Carniinpräparate. Fig. 18. Die Stirnhaken, 380mal, so gross gez. wie die der anderen Arten; links von oben, rechts von unten ; b ein isolirter Haken. Fig. 19. Die Kopfstielhaken, o vom vorderen, u vom rückwärtigen Kopftheile, 380mal ; pg die sich in der Farbflüssigkeit tingirende Kappe derselben. Fig. 20 — 22. Ech. braehysoma nov. spec. Fig. 20. Das ganze Thier bei a, 43mal wie oben ; b Eierballen. Fig. 21- Die Excretionscanäle im Kopfe, halbschematisch. Fig. 22. Die Stirnhaken 380mal. Rechts von oben , links von unten. Taf. III. Fig. 23 — 31, 33, 34, 37 — 43 bei circa 380maliger Vergrösserung (Hartnack Syst. VIII, aufgez. Tub.). Fig. 23— 29, 31-36, 38, 43—44 von E. affine; Fig. 30, 37, 39-42 von E. Musteli. Die Zeichnungen sind nach Schnitten durch Sohl. -Osmium-Präparate, die mit Picroc. in toto oder nach dem Schneiden mit Haemat. nach Ehrlich gefärbt worden sind. Fig. 23. Querschnitt durch die vorderste Kopfregion. Fig. 24. Querschnitt durch die vorderste Rostellumpartie , sehr nahe dem vorhergehenden. Fig. 25. Querschnitt durch die folgende Partie des Rostellums in der Höhe der dorsoventralen Commissuren der Excretionsstämme. Fig. 26 und 27 erscheinen in ihrer Lage gegen die vorhergehenden und nach- folgenden Schnitte um 90° gedreht. Fig. 26 aus der obersten, Fig. 27 aus einer mehr nach rückwärts gelegenen Partie der Nervenstämme. Die Gewebe des Rostellums nicht eingezeichnet. Fig. 28. Querschnitt aus der untersten Partie des Rostellums. Fig. 29. Querschnitt knapp unterhalb des hinteren Endes des Rostellums. Fig. 30 und 31. Querschnitte durch den Kopfstiel, beide bei derselben Vergr.; der erstere von E. Musteli, der letztere von E. affine, gp gelbes Pigment. Fig. 32. Querschnitte durch den hintersten Theil der Haftlappen , a mehr gegen vorne, b die getrennten Endzipfel; die dunklen Punkte sind die Zonei der Kerne der subeuticularen Zellen. Bei circa lOOmaliger Vergr. Fig. 33. Medianer dorsoventraler Längsschnitt durch den Bothridientragenden vorderen Kopfabschnitt, sth Stirnhaken ; stm quere Stirnfib rillen ; hm Hakenmuskeln des Rostellums; r Querfibrillen des Rostellums im Querschnitt; n der Nervenknopf (419) 50 Dr. Theodor Pintner: Neue Unters, über d. Bau d. Bandwurmkörpers. am Hinterende des Rostellums; rr die Retractoren des Rostellums; m', m" quer- geschnittene Querfibrillen ; m'" Fibrillen in der Verbindungshaut der Bothridien. Die auffallende Erweiterung des links gelegenen excretoriscben Gefässes entspricht offen- bar der Queranastomose. Fig. 34. Stark aussei halb der Medianlinie geführter dorsoventraler Längs- schnitt durch denselben Körpertbeil ; n in die Haftlappen eintretender Nerv. Fig. 35. Nach einem mit Carmin tingirten Toto-Präparate , das auf natür- lichem Wege schon etwas macerirt war, bei circa 180maliger Vergr. qm dorso- ventrale Quermuskel der Stirnregion ; hm Hakenmnskulatur des Rostellums ; mr Mittel- rippe der Bothridien ; rr Retractoren des Rostellums ; hf subcuticulare Längsfibrillen (Hartn. Obj. V, aufgez. Tub.). Fig. 36. Sagittaler Flächenschnitt (von rechts nach links) durch den Kopf, hauptsächlich das Nervencentrum ist in der Sagittalebene durchschnitten , der obere Theil des Schnittes liegt etwas vor derselben, h Hakenqaerschnitte ; qm Quer- fibrillen der Stirnregion, wie in Fig. 35 und auf Querschnitt Fig. 23 ; hm Haken- muskulatur des Rostellums ; hn die beiden Bauptstämme des Nervensystems. Von den beiden Stämmen des excretoriscben Systems gehört der eine der rechten, der andere der linken Körperseite an; die angedeuteten Haftlappentheile gehören zu einem und demselben Bothridium (Vergr. dieselbe wie in der vorhergehenden Figur). Fig. 37. Längsschnitt durch das hintere Ende des Kopfstieles und den vordersten Halstheil ; h Hakenschnitte. Fig. 38. Flächenansicht der Haut des Kopfstieles mit den Längsfibrillen. Fig. 39. Längsschnitt durch den Kopfstiel von E. Musteli ; h Haken. Fig. 40. Längsschnitt durch den Zipfel eines Haftlappens von E. Musteli. Fig. 41. Querschnitt durch die Cuticularschichten von E. Musteli in der Region der kleinen Kragenhäkchen. Fig. 42. Die „peli setolosi" von der unteren Bothridienfläche von E. Musteli. Fig. 43. Die eigenthümlichen Fibrillen vom Stirntheile des Rostellums, wie auf den Querschnitten Fig. 23 und 24. Fig. 44. Zellkerne und Zellen bei sehr starker Vergrösserung (Reichert, Im. XV, in der Ebene des Mikroskop-Fusses mit der Camera gezeichnet); a Kerne und Zellen aus dem Nervencentrum; b Muskelfibrillen mit Kernen; c Parenchym- zelle; d Zellkerne der subcuticularen Schicht, die kleinsten aus den Haftlappen. Druck von Gottlieb Gistel A Comp, in Wien, I., Augustinerstras (420) Bd.VM.HclH. TM n 'IUI' i : liixlilitt zu »im. litt. IW. lieft I. Tut II. Claus. On/art ..!,■:, TaCII. ,. i k i ' h AHntten aus dem zooky Institut mu fiten. ftdVWJh'tll. Tat.M CClans, Organismus der Mcbatiden, liit'Ill . Aiieiten u is dem tooloi). Institut r i Wim. Bd.m,Hefll nifir. C.Claus, Orgaiüsmit. tla-Xebaliden. TaCIR " SS. i - | HF u HR nn .1. mrMtJ WdrrtUta'v-l'te'Wlw&dJiantUw m WIM , dtm w,üo<). Institut tu »uit. Bd. IM Heft ' Taf. I : C.Claus. Organismiu, ilfr Xelmlidm TaCV. usdemzoologJnslitutzu Wun Bd.mffeft i. Taf.Vl C Claus Organismus da Nebahdm TafW. : OFb ^5 v"/ & Cfl .... Md M,l„ MOd 3dm //,/// m vi/ i i laia i ' i Tuf.IV. i-i,,' | ri,r u., :::i) ß>/> - ■ .4' 5 '_> Kl, Vi - M - MMl /..Ol S .!, i Mx'Xd M > :! njvni ii,-ii/. ia/:x. .trn im Ar/ieitf/i aus ilcm wol.tfi- Institut m llh'ti lid !W Hell/. VUH CClaus. Organismus der Nebaliden, liil'Xl si .. •».■" ■' ; irr : . : ilutntHlm lidW Ikltl 7,,/XJT "". ; ,// //,•// TM Xlll derXebaliden 'IUI XIII flfdiV MdM' n i Mut zu h ':. ii /•>/! III Hill I Tul'Xn ' - h ganismus il.r X, bulidi ans dem zoolog Institut zn H Ten Bd.m Heft I. AV/'.l7 OnjanismmderNebaliden T/if!X\'. h-hnlrn „„*./.;„ /„„/„„..faslitllt tuWcm Bd IY// //,/> Jf7„/\\r/ llnll.-ri enlval Vcroensi/stem höfierer IVannei l„i I % * » • • . ' • »X Arbeiten am dem Xoolog.Jmlitat tu ll/.r, M VIII. Ihn II T„r\ MI i-;., 12 i IMler, Central Nervensystem hökerer Ittirmer ih/J WrW£Xs$8%$&(l ,«•!•! Hg* ■ ' **•■• ß k-r Fig II, ,,.. % iL m ■ Arbatm am r/rm Zoote.q.jTU:lUuttu W,n, . II.IMII IM) II 1„1' XVIJI !■'„, tt. af Salier Central Xrrueiisiisterii linln-n-r U'iinnrr. Tut III o o i Ivheilen am dem Zoolog. Jnslilut *« Wien, 1hl \ III lieft II. Tai: XIX Bauer, Central DTervensystem höherer Wärmer. Tat. W. i**l Arbeiten aus dem Zoolog JnsUlul tu Wien, Bd.VM. Bell IL Tai: U Hauer, Central Neroensystem höherer tt'iirmer. Taf.t r.Clau.s //a/b/ii >.,/,,„/,„ Tai. I ten mindern zoolog.Jnstilut - i\ Halb/Mntsiliirhe Co/te/wden litt II \ I Clum ffu/b/ia/ysitür/ie (tye/ior/ai Ihr III Weilen ausdemxoohfj-InslUulzu \üm IUI r/// ffefl itiii.t. //(t/b/iam.sili ■ Taf' IV. v zoo/or; ■ /n.i/ifut in llien Bit '171/ /Ml 71/ 7rt/:.W C. Claia Htilbpam.silixcht Co/u/ioelan Tafil . Ubcifen mixdcm zooI,»/.JnsliM C.Climx. ff/ifbptmtxtfixi Tut: 1/ . hbcilen aus dem zooloc/.Jris/itut zu h Ten &/ ' W Heft in -. ( Ctcuu Halbfiantsitiaehc Co/ic/toden Arlicitrn ans i/rm Zoolog. Jnstilnt zu Wieii.Jlil. VIII. Hill III. Di/.Ul'I/I. Tli.Pininrr, /'irr Echinobothrvam . Taf.I. Fig. 6 JA ' Fig. i < . A. Holder, t I ''■* ■ Arteäm aas dem Zoolo^JnstiUU zu ffn-n. Hd 1111,11^ III.TafXXIX. Th Pintner, Ueber r-cMnobothrium Taf II A Holder I ■ Arbeiten aus tlem Zoolog.JnstUut zu Wien Mm ' lh-r. < III. Tai: XXX Th Pinlner, I 'eber BchinoboUcrium, Ihil, A Holder, MBL WHOI LIBRARY UH 1AXB I /333 /<* >* V / 14* <* >, , W*. '« 1 * **L fr Jw .-**- ' -V **«