^4^i<: ^*#t- :*••%,;»■ '%^.w ?%te^ ""-' *>v '#- . A [{ \] E 1 T 1^] N AUS DEN ZOOLOGISCHEN INSTITUTEN DEK UNIVERSITÄT WIEN UND DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. BEGRÜNDET VON CARL CLAUS FORTGEFÜHRT VON D^ KML GßOBBEN D^ BERTHOLD HATSCHEK O. Ö. PKOFESSOR UND O. Ö. PROFESSOK UND VORSTAND DES I. ZOOLOG. INSTITUTES UND VORSTAND DES II. ZOOLOG. INSTITUTES AN DER UNIVERSITÄT WIEN AN DER UNIVERSITÄT WIEN. TOM. XVII. Mit 23 T.ifelii und 53 Textfiguren. WIEN, 1909. ALFRED HOLDER, K. U. K.HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, I., ROTENTURMSTKASZE 13. Alle Rechte -v orbeh alteu. 3" ;3V :^ XVII. Band. Inhalt. Seite Gvidon Sajovic, Anatomie, Histologie und Ersatz der Borstenorgane bei Lumbricus. Mit zwei Tafeln 1 Jovan Hadzi, Einige Kapitel aus der Entwicklungsgeschichte von Chrysaora. Mit zwei Tafeln und 15 Abbildungen im Texte 17 Leopold Fulmek, Das Rückengefäß der Mallophagen. Mit zwei Tafeln . 45 Jovan Hadzi (Zagreb), Über die Nesselzellwanderung bei den Hydroid- polypen. Mit zwei Tafeln und zwei Abbildungen im Texte 65 Mat. Heric, Zur Kenntnis d er poly disken Strobilation von Chrysaora. Mit eintT Tafel und einer Textfigur 95 Giuseppe Dalla Fior, Über die Wachstu ms Vorgänge am Hinterende und die ungeschlechtliche Fortpflanzung von Stylaria lacustris (Nais p r oboscid ea). Mit zwei Tafeln 109 Alois Rogenhofer, Zur Kenntnis des Baues der Kieferdrüse bei Iso- puden und des G r ößen ver h äl tnisses der Antennen- und Kieferdrüse bei Meeres- und Süß w asser k rustazeen. Mit einer Tafel 139 Richard Czwiklitzer, Die Anatomie der Larve von Pedicellina echi- nata. IMit einer Tafel und zwei Textfiguren 157 Franz Leo Weber, Über Sinnesorgane des Genus Cardium. Mit zwei Tafeln 187 Gustav Stiasny, Eine atlantische Tima im Golfe von Triest. Mit einer Tafel ^21 Jovan Hadzi (Zagreb), Über das Nervensystem von Hydra. Mit zwei Tafeln und zwei Figuren im Text 225 Paul Groselj, Untersuchungen über das Nervensystem der Aktinien. Mit einer Tafel und 22 Textfiguren 269 Franz Mayerhofer, Untersuchungen über die Morphologie und Ent- wicklungsgeschichte des Rippensysteras der urodelen Am- phibien. Mit zwei Tafeln und neun Textflguren 309 Karl Miestinger, Die Anatomie und Histologie von Sterrhurus fusi- formis (Luhe) 1901. Mit zwei Tafeln 359 Anatomie, Histologie und Ersatz der Borsten- organe bei Lumbricus. Von Gvidon Sajovic. (Mit zwei Tafeln.) Einleitung: In der vorliegenden Arbeit will ich eingehender die anatomischen und histologischen Verhältnisse der Borstenfollikel sowie den Ersatz der Borsten beim Lumbricus beschreiben. Das Thema wurde mir von Herrn Prof. Dr. B. Hatschek auf den Vorschlag des Herrn Assistenten am IL zoologischen Institute, des a. ö. Prof. Dr. K. C. Schneider gegeben und infolgedessen wurde mir auch ein Arbeitsplatz im II. zoologischen Institute zu- gewiesen. Methode: Zum Studium verwendete ich die Schnittmethode, die hier allein Aussicht versprach, und fertigte vorwiegend Schnitte von 4 — 6 [f. Dicke an , an denen im allgemeinen die histologischen Verhältnisse der Borstenfollikel vollkommen genügend erkannt werden können. Nur das Studium der Borstenbildung erfordert dünnere Schnitte von 2—3 [i^ Dicke. Als Konservierungsflüssigkeit gebrauchte ich: PERENYische FL, Sublimat, Alkohol abs. und SviblimatalkohoL Die besten Dienste leisteten mir Pe RENVische Fl. und Sublimat- alkoholmischung. Von den Färbungen erwiesen sich am zweck- dienlichsten die Färbemethode mit Heiden HAiNschem Häraatoxylin und die van GiESONsche Färbung. Material: Ich untersuchte vor allem Allolobophora foetida und Lumbricus rubellusHoffm., nebenbei kamen auch Lumbr. polypliemus und Lumbr. communis in Betracht. Bei allen Arten gelangte ich zu denselben Resultaten. Geschichtlicher Überblick. Wohl wenige Formen des Tierreiches wurden so oft und viel- seitig untersucht wie Lumbricus. Was speziell die Untersuchung Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 1. \ (1) 2 Gvidon Sajovic: der histologischen Verhältnisse des Follikels und die Entwicklung der Borsten betrifft, sind als die ältesten zwei Werke das von Siebold 15^ und das von Gruben) zu erwähnen. Eine eingehendere Untersucliung haben wir erst Ehlers 3.*) zu verdanken, der uns in seinen Arbeiten eine nähere Beschreibung de-r Borstenorgane gab. In der ersten Abteilung seines Werkes konnte er noch keine Aufklärung geben, zu welcher Klas.se das Gewebe gehört, welches scheidenartig das Ende*) der Borsten umgibt. Er vermutet, daß dies ein kontraktiles Gewebe sein muß. In der zweiten Abteilung gibt er unter Verbesserungen schon an, „die von ihm erwähnte Borstenscheide sei eine Einstülpung von der äußeren Haut her" ; er gibt uns jedoch keine weitere Aufklärung über die Beschaffen- heit derselben. Bezüglich der Bostenbildung ist er der An.=*icht, daß „die Borsten offenbar aus dem gleichen Chitingewebe gebildet werden, welches den Stoff der Körperwandung darstellt". Zu derselben Zeit hat Leydigi*') in seinem Werke hervorge- hoben, „daß die Borsten in den drüsenartigen Eintief ungen der Haut entstehen und daß sie Chitingfbilde sind, welche durch Abscheidung und Schichtung einer einzigen Zelle ihren Ursprung hernehmen". Clapaeedei) wäre für die Ansicht Ehlers, wenn sie sich mit der geweblichen Beschaffenheit des Follikelfundus (FoUikel- kopfes) vereinigen ließe. Er meint: man könne theoretisch annehmen, „daß das Borsteuscheidegewebe ein modifiziertes Hypoderma sei"; da jedoch der Grund des Sackes nichts von der Struktur der Hypodermis bietet, kommt er zum Schlüsse, „die Borstensäckchen seien Stellen, wo die Hypodermis in das Bindegewebe des Peritoneums übergeht*'. An der Stelle, wo die Borsten den Leibesschlauch durchbrechen, be- schreibt er: „maschenlose, große Protoplasmainseln, in welchen die Kerne in regelmäßigen Kreisen gelagert sind". Bei der Betrachtung der Borstenbildung kommt er zu solch befremdendem Resultate, daß er sich selbst darüber wundert. Er nimmt nämlich an, daß die Borstenfollikel als abgeschnürte Gefäßdivertikel zu betrachten sind — eine Ansicht, die ganz unzulässig ist. Von KowALEwsKY, Hatschek und Semper wurde für die Borstenbildung die Ansicht vertreten, die Borsten seien als Meso- blastgebilde aufzufassen. Im Jahre 18^4 erschien das Werk Vejdovskys i*^), in welchem er sich näher mit dem Borstenfollikel und der Borstenbildung be- *) Ende ist hier gleichwertig mit dem in der Haut .steckenden Teil der Borste gemeint. (2) Anatomie, Histologie und Ersatz der Borstenorgane l)ei riumbricu.s. 3 scliäftigte. Erklärte ant. daß „die vermeintlichen Protoplasmainseln" Claparedes, in wolchen die Kerne eingelagert erscheinen, „echte, mit spindelförmigen Kernen versehene Fadenzellen vorstellen". Ihm fiel als dem ersten die fädige Struktur des Follikels auf (Faden- zellen); doch ließ er sich auf eine nähere Untersuchung derselben nicht ein. Was die Bildung der Borste anbetrifft, so nimmt Vejdovsk^ an, daß sie als Produkt einer einzigen Zelle aufzufassen ist, und verwies vor allem auf diesbezügliche Arbeiten Horsts und Leydigs. Auf der entsprechenden Zelle soll eine feinfaserige Kuppel ent- stehen , welche , von der Mntterzelle genährt, aufwächst und von den seitlichen Zellen durch eine Chitinmembran getrennt ist. Wichtig ist seine Angabe: „das Proximalende der jüngsten Borsten- spitze steht in direktem Zusammenhange mit dem Plasma der Bildungszelle". Zwei Dezennien nach dem Erscheinen des Werkes Vejdovskys gab K. C. Schneider 1*) eine genauere Beschreibung der Verhält- nisse der Borstenorgane. Wie bei weitem die Mehrzahl der Forscher, vertritt auch er die Ansicht, daß die Borstenfollikel als ektodermale Einstülpungen zu betrachten sind. In dem Follikel unterscheidet er zwei Zellarten: Zellen mit kleinem, länglichem Kern und fladen- artige großkernige Zellen (Borstenbildungszellen). Von den letzteren wird immer je eine zur Borstenbildung bestimmt, die anderen sind als Ersatzzellen zu betrachten. Die Borste besteht aus feinen Längs- fibrillen, die durch eine Kittsubstanz zusammengehalten werden, und verdankt ihren Aufbau einer einzigen, ziemlich umfangreichen Bil- dungszelle. Er besehreibt ferner die stark faserige Struktur der Bildungszelle, welche letztere sich seiner Meinung nach auch an der Bildung der seitlichen Follikelwand beteiligt. Wie bei den Chaetopoden (Sigalion) schien ihm die Fibrillenstruktur der Bil- dungszelle in direktem Zusammenhang mit den Fibrillen neu ent- stehender Borsten , doch konnte er den Zusammenhang bei Lum- bricus nicht sicher feststellen. Zu erwähnen wären noch die Arbeiten von Alexander Schepotieff. 16' ") Bemerkenswert ist, daß er den Borstenfollikel in die ,.Epidermaltasche" (Follikelhals mit der Grenzzone) und in „die echte Borstentasche" („Follikelkörper" -\- „Follikelfundus") gliedert. Im histologischen Bau und Borstenbildung gibt er nur bereits Bekanntes an. S t ü m m e r - T ß a u n f e l s 20) bestätigt in seiner Arbeit durch die Befunde in dieser Frage hauptsächlich die dies- bezügliche Ansicht K. C. Schneiders, welche Schepotieff un- bekannt blieb. 1* (3) 4 Gvidon Sajovic: Diese gedrängte Übersicht der wichtigsten Arbeiten auf diesem Gebiete möge genügen. Die übrigen Forscher (Oersted, Vogt- YüNG, Ratzel, Hesse, Michaelsen, Lang, Clads-GtRObben u. a.), die in ihren Werken dieses Thema berühren, stellen sich auf die Seite der einen oder anderen soeben erwähnten Anschauungen, geben uns jedoch nichts Neues. Meine Aufgabe war es nun, mög- lichst eingehend die Struktur des Follikels und die Entwicklung der Borste zu untersuchen. Hauptborstenorgan. An der Stelle der Polychaetenparapodien finden wir bei Lum- bricus sowie bei der ganzen Gruppe der Oligochaeten einfache Borstenorgane, welche als ektodermale Bildungen aufzufassen sind. Diese finden sich längs des ganzen Wurmkörpers mit Ausnahme des ersten und des letzten Segmentes in vier Längsreihen, und zwar in zwei ventrolateralen und in zwei dorsolateralen angeordnet. Sie haben bekanntlich die Form eines kleinen Zylinders und be- stehen aus folgenden wesentlichen Bestandteilen : a) Borstenfollikel mit Cuticularscheide , h) Borste, c) Bewegungsapparat und Um- hüllungsgewebe. a) Borstenfollikel mit Cuticularscheide: Der Borsten- follikel ist eine ektodermale Einstülpung. Am Follikelmund sieht man, wie sich die Cuticula und das Epiderm nach innen einschlagen und die Borstenscheide liefern (Tab. 1, Fig. 1). Den Borstensack selbst teile ich in folgende drei Teile: l. Follikelhals mit der Grenzzone, 2. Follikelkörper, 3. FoUikelfundus (Tab. I, 4). Dies geschieht nicht weniger aus Rücksicht auf DiflPerenzen in der ge- weblichen Beschaff'enheit , als aus praktischen Übersichtsgründen. 1. Follikelhals mit der Grenzzone: Als Follikelhals möchte ich den Teil des Borstensackes bezeichnen, in welchem noch die Cuticula vorhanden ist. Gleich auf den ersten Blick bemerkt man, daß bereits in der Nähe der Umschlagsstelle des Epithels in den Borstensack in dem ersteren eine Veränderung vorgeht. Während wir sonst unter den Epithelzellen zahlreiche Drüsenzellen finden, suchen wir in der Umgebung des Borstenfollikels nach solchen umsonst. In den Sack einbiegend verändern die Epithelzellen rasch ihre Form (Tab. I, Fig. 1). Sie nehmen an Höhe ab und gestalten sich kubisch. An der Grenze zum Follikelkörper zeigt der Hals einen auffallenden Charakter ; er ist leicht ringartig ver- dickt und besteht vorwiegend aus den großkernigen Faserzellen; (4) Anatomie, Histologie und Ersjitz der Horstenorgaue bei Luiubricug. 5 diesen Teil nenne ich, zum Unterschiede von dem übrigen Follikel- hals, Grenzzone (Tab. I, Fig. 2, Fig. 8 u. 9). Es ist zu be- merken, daß schon in den Zellen unmittelbar über dieser Stelle eine schwache Faserung wahrzunehmen ist. In der Grenzzone tritt sie besonders stark auf; vor allem sind bemerkenswert die für den Follikel besonders typischen Fasern (siehe Follikelfasern). 2. Follikelkörper: Unter dem Borstennodulus*) verdünnt sich die Grenzzone und geht in jenen Teil des Follikels über, welchen ich als Follikelkörper bezeichne. In der zarten Wand, die vorwiegend aus kleinkernigen Follikelzellen gebildet wird, finden sich neben w^enigen Zellkernen zahlreiche Fasern — FoUikel- körperfasern (Tab. I, Fig. 4 u. 5). 3. F ollikeif und US (Follikelgrund): Follikelfundus ist jener Teil des Borstensackes, welcher das Borstenende beiläufig in der Höhe des innersten Viertels der Borste umgibt (Tab. I, Fig. 6). Früher war für diesen Teil der Name „Follikelkopf" in Gebrauch; es scheint mir jedoch passender, die Benennung „ Follikelfundus (-Grund)" einzuführen ; erstens weil wir den oberen Teil als Follikelhals be- zeichnet haben, zweitens eignet sich für das Sackende viel besser der Name „Grund" (Fundus) als „Kopf". Die zarte Wand des Follikelkörpers verdickt sich beim Übergange in den Fundus. In dem letzteren tritt wiederum eine mächtige Faserung auf und wir begegnen hier beiden Zellarten, doch handelt es sich im Gegen- satze zum Follikelkörper hier vorwiegend um Faserzellen. Die Borsteubildungszelle ist nicht zu unterscheiden; entweder ist sie degeneriert oder nach Abschluß der Borstenbildung seitlich ver- schoben worden. Mit dem Follikelfundus finden wir gewöhnlich durch einen Plasmastrang flaschenförmige Gebilde in Zusammenhang — die Ersatzborstenorgane. Sehr oft finden wir aber auch nur eine zellige Wucherung, welche als erste Anlage eines Ersatzborstenorganes zu betrachten ist. Beim Herausfallen der Borste degeneriert vermutlich mit Aus- nahme des Follikelhalses der ganze übrige Borstensack und an seine Stelle tritt ein entwickeltes Ersatzborstenorgan. Cnticula: Die Cuticula verdickt sich am Eingange in den Borstensack etwas und verläuft dann, immer mehr sich verdünnend, bis zu der leichten Anschwellung der Borste, welche Vejdovsky *) So wurde die leichte Anschwellung der Borste, die an der Grenze des Fol- likelhalses und -körpers liegt, von Vejdovsky genannt. (5) 6 Gvidon Sajovic: Nodulus nennt. Etwas unterLaib des Noduliis tritt sie durch Ver- mittlung der Spiralfasern und Tonofibrillen (siehe unten) mit der Borstenmuskulatur in Kontakt. Im großen und ganzen bewahrt sie ihre Struktur während des ganzen Verlaufes im Borstenfollikel; nur das innere Ende zeigt eine abweichende Beschaffenheit. Hier verdickt sie sich auf einmal wulstartig, färbt sich dunkler und zeigt in allem eine deutlich protoplasmatische Struktur. Trotz aller dieser Eigentümlichkeiten kann man jedoch leicht den Zusammen- hang dieses Teiles mit der echten Cuticula nachweisen (Tab. I, Fig. 7 u. 9). Zu der Cuticula gehören feine Ringfasern (Quer- fasern), welche oberflächlich an ihr verlaufen und nur im Follikel nachweisbar sind (Tab. I, 3), wo sie sowohl in der typisch ausgebildeten Strecke , als auch am inneren modifizierten Wulst vorkommen. Innerhalb des letzteren finden sich übrigens noch mannigfaltige andere zarte Fibrillen vor, deren Verlauf nicht ge- nauer analysiert werden konnte (Tab. I, Fig. 7). Follikelzellarten: Während die Cuticula ihre Beschaffen- heit im Borstensacke in der Hauptsache bewahrt, ändert sich da- gegen das eingeschlagene Epithel vollkommen. Charakteristisch für den Borstensack sind zwei Zellarten — die kleinkernigen Follikel- zellen und die großkernigen Faserzellen. Die ersteren bilden die eigentliche Follikelwand , in die die anderen nur eingelagert er- scheinen. Ihr Protoplasma ist trübkörnig; Zellgrenzen konnte ich nicht wahrnehmen. Der Zellkern ist klein und länglich. Die Faser- zellen unterscheiden sich von den Follikelzellen scharf durch ihre Größe und Struktur. In Hücksicht auf die letztere möchte ich sie als Faserzellen benennen (Tab. II, Fig. 4). Der von Schneider angewendete Name „Borstenbildungszellen" scheint mir deswegen nicht für sie geeignet, weil vor allem in der Regel immer nur eine zur Borstenbildung berufen ist. Von den klein kern igen Follikel- zellen sind sie schon auf den ersten Blick durch ihr bei gewöhn- lieber Färbung helleres Cytoplasma, durch ihre starkfaserige Be- schaffenheit und durch ihren großen Zellkern leicht unterscheidbar. Im Follikelhals haben sie ungefähr kubische Form , im Follikel- fundus und im Ersatzfollikel erscheinen sie mehr abgerundet; im Follikelkörper schließlich sind sie abgeplattet , mit leicht vorge- wölbtem mittleren Teil, der den großen Zellkern enthält. Das trübkörnige Protoplasma ist charakterisiert durch zahlreiche Fasern, die sich mit Eisenhämatoxylin stark schwärzen. Ein großer, etwas abgeplatteter Nukleolus tritt im bläschenförmigen Nukleus in seit- licher Lage deutlich hervor (Tab. II, Fig. 1 u. 2). Das Chromatin (6) Anatoniic. Histologie und Ersatz, der Borstenorgane bei Lumlirieus. 7 ist teils an den Gerüstfäden . größtenteils jedoch längs der Kern- membran angeordnet. Die Faserzellen bringen ihre Veranlagung vor allem bei der Borstenbildung zur Entfaltung , wo eine von ihnen zur Borstenbildnerin wird ; andere, 4 an der Zahl, bauen als Lateralfaserzellen den Ersatzfollikel vorwiegend auf. Im Haupt- borstenfollikel bilden sie verschieden funktionierende Fasern: die Tonofibrillen (Zugfasern), die Follikelkörperfasern und die dicht unter der modifizierten Cuticula gelegenen , vielleicht auch als Cutieularbildung aufzufassenden Spiral fasern. Follikelfasern: Ich schildere jetzt die Anordnung der wich- tigsten Fasern des Follikels im einzelnen. Am inneren Ende der typi- schen Cuticula inserieren eigenartige Plasmafasern, die ich als Spiral- fasern bezeichne (Tab. I, 1 und 7). Auf den Längsschnitten, welche mit Eisenhämatoxylin behandelt werden, fallen sie sogleich durch ihre schwarze Färbung und charakteristische Form ins Auge. Sie verlaufen im Follikel längs, sind ziemlieh derb und spiralförmig ge- wunden, oben dünner als unten (Tab. I, Fig. 1 u. 2). Wegen ihrer charakteristischen Form, nicht etwa weil sie spiralförmig um die Borste verlaufen, kann man sie als Spiralfasern bezeichnen. Sie bilden im Umkreis der Borste, dicht unter der modifizierten Cuticula, ziemlich eng angeordnet einen Zylindermantel. Gegen innen biegen sie zusammen und bilden unter dem Nodulus, dort, wo die Cuticula aufhört, einen scharfen Rand, der sich an die Borste fest an- schmipgt. An diesem Rande inserieren Tonofibrillen , die den Zug des Refraktors auf die Spiralfasern übertragen (siehe unten). Die Spiralfasern übertragen wieder den Muskelzug auf die Cuticula. Je nach ihrer Inanspruchnahme werden sie vermutlich schlaffer oder stärker gespannt sein; sie verkürzen oder verlängern sich entsprechend dem Muskelzuge. Die Spiralfasern sind vielleicht als eine Cuticularbildung der Zellen der Grenzzone aufzufassen. Weiterhin finden wir in der Grenzzone die schon erwähnten Zugfasern (Tonofibrillen). Sie sind kurz, fein und dicht zusammen- gedrängt. Sie inserieren einerseits an dem Spiralfasersaum, andrer- seits an der Grenzlamelle im Ansatzgebiete des Refraktors. Man kommt leicht in Versuchung, sie als die Endabschnitte der Retraktor- fasern aufzufassen , doch läßt sich an guten Präparaten eine feine Grenzlamelle zwischen den Enden der Muskelfasern und den Zugfasern nachweisen; auch ist die Färbung eine etwas verschiedene. Die Zug- fasern werden auch von den Zellen der Grenzzone gebildet (Tab. I, 8). Über den Spiralfasern, in der Cuticula, finden sich die schon erwähnten zarten Ringfasern. (7) 8 Gvidon Sajovic: In der dünnen Wand des Follikelkörpers finden sich längs- verlaufende Fasern, die sich mit Eisenhämatoxylin stark schwärzen (Tab. I, Fig. 5). Diese Follikelkörperfasern, wie ich sie nach ihrem Vorkommen im Follikelkörper nennen will , sind auch als Stützfasern zu deuten. Sie werden von Faserzellen gebildet, deren Kerne zugrunde gegangen sind (s. bei Borstenbildung). Von den Muskelfasern , die sich außen an den Follikelkörper anlegen, sind sie nur an günstigen Präparaten, dann aber mit Sicherheit zu unter- scheiden, wie Fig. o auf Tab. I lehrt. Im Follikelfundus begegnen wir wiederum Tonofibrillen, welche in Beziehung zu den Muskelfasern der Protraktoren stehen (Tab. I, Fig. 6). Während es an minder guten Präparaten den Eindruck macht, als inserierten die Muskelfibrillen direkt an der Borste, zeigen gute Eisenhämatoxylinfärbungen , daß auch hier zwischen Borste und Muskulatur sich eine Zone von Epithelfibrillen einschiebt, die den Zug auf die Borste überträgt. Aus Fig. 6 auf Tab. I geht dies mit voller Klarheit hervor. h) Borste. Nun kommen wir zu dem zweiten wesentlichen Bestandteil des Borstenorganes , zu der Borste. Die Grundgestalt der Lumbricusborste ist eine leicht S-förmig geschweifte Haken- borste. Ungefähr im oberen Drittel zeigt sie eine wulstartige Ver- dickung, den sogenannten Nodulus nach Vejdovsky (Tab. I, 4). Ve.jdovsky nimmt an, daß der Nodulus als Regulator für die Hervorstreckung der Borste dient. Er selbst wird nie aus dem Leibesschlauch vorgestreckt. Man findet tatsächlich auch auf Schnitten den Nodulus der Borste nie über den Leibesschlauch hinausragen. Der Lage nach entspricht ihm am Follikel die Grrenz- zone. Unter dem Nodulus findet sich der untere Saum der Spiral- fasern dicht an die Borste angeschmiegt (Tab. I, 1 u. 2). Am Außenende spitzt sich die Borste hakenförmig zu, am basalen Teile endet sie abgerundet. An dieser Stelle inserieren an der Borste die erwähnten Zugfasern , an welche sich die Borstenmuskulatur ansetzt (Tab. I, Fig. 6). Die Borste selbst besteht aus dicht an- einander liegenden feinen Fibrillen, welche durch eine Kittsubstanz miteinander verklebt sind. Die Fibrillen verlaufen in der Borste Spiral. In der ausgebildeten Borste ist nicht zu entscheiden, was als Fibrillen und was als Kittsubstanz zu betrachten ist. Jedoch bekommt man darüber eine Aufklärung, wenn man die Entwicklung der Ersatzborsten beobachtet (s. bei Entwicklung). An den ausge- bildeten Borsten, die bereits ausgefallen sind, und an der Basis der Ersatzborsten ist leicht eine quere Schichtung der chitinigen Masse (8) Anatomie, Histologie und Ersatz der Borstenorgane l)ei Luiubricus. 9 ZU erkennen. Die Borsten fallen nacli außen aus, höchst wahrschein- lich von den heranwachsenden Ersatzborsten hinausgedrängt. Die von manchen Autoren vertretene Ansicht , daß die Borsten in die Leibeshöhle fallen, dürfte sich nur auf ein abnormales Verhalten beziehen. c) Bewegungsapparat der Borste. Für das Hervor.strecken und das Zurückziehen der Borste finden wir am Borstenfollikel einen eigenen Bewegungsapparat ausgebildet. Er setzt sich aus den bereits beschriebenen Stützfasern und der Borstenmuskulatur zusammen. Die letztere inseriert größtenteils an den Tonotibrillen, welche so den Zug des Muskels in einem Falle durch die Spiral- fasern auf die Cuticula, im anderen direkt auf die Borste über- tragen. Da wir die erwähnten Fasern schon bei der Beschreibung des Borstensackes näher kennen gelernt haben, wollen wir zu der Borstenmuskulatur übergehen. Der Muskelapparat der Borste setzt sich aus zwei Teilen zu- sammen — aus den Protraktoren und aus dem Retraktor (Tab. I, 4). Auf den Schnitten sehen wir von dem Follikelfimdus schräg gegen die Ringmuskulatur Bündel von Muskelfasern aufsteigen (Pro- traktores). Die Protraktoren [nach Ratzeli^) ,.Längsborsten- muskel" , nach Vejdovskyis) „Parietovaginalmuskelbündel"] be- stehen aus glatten, nach dem Hirudineentypus gebauten Muskel- fibrillen und sind von der Ringmuskulatur abzuleiten. In diese pinselartig ausstrahlend, verlaufen sie in 4 Bündeln von ihr schräg gegen die Borste und inserieren am Fundus an den Tonofibrillen (Tab. I, Fig. 4 u. 6). Das zweite Muskelbündel, der Retraktor, verläuft schräg von der Grenzzone des Follikels gegen die Leibesböhle hin, biegt hier um die Läugsmuskulatur herum und läuft dann frei in der Leibeshöhle zum anderen Borstenfollikelpaar der gleichen Seite. Im Bereich des Follikelkörpers liegt es diesem innig an (Tab. T, Fig. 5). Es inseriert einerseits an den Tonofibrillen des Fundus und anderseits an der Grenzzone, wo, wie erwähnt, eine bindege- webige Grenzlamelle sich zwischen das Muskelbündel und die Fibrillen des Epithels einschiebt. Umhüllungsgewebe: Es bleibt uns nun nur noch übrig, kurz das Umhüllungsgewebe der Borstenorgane zu erwähnen. Das ganze Borstenorgan mit dem etwa vorkommenden Ersatzborsten- organ ist in der Leibeshöhle von peritonealem Bindegewebe um- hüllt. Dieses besteht aus zarten Plasmasträngen, in denen man längliche oder rundlich geformte Kerne (Bindegewebskerne) einge- (9) 10 Gvidon Sajovic: lagert findet. An einzelnen Stellen konnte ich eine undeutlich faserige Struktur des Plasmas dieser Stränge beobachten. Charakte- ristisch für die Peritonealstränge sind die eingelagerten Bakteroiden (Tab. I, 2). Sie sind winzig klein und färben sich mit Eisenhäma- toxylin schwarz, mit Eosin schwach gelb. In den besagten Strängen finden sich auch spärliche Pigmentkörnchen. Zum Bindegewebe gehört ferner eine zarte Grenzlameile, welche den Follikel in der Halsregion umgibt und direkt in die des Epiderms übergeht. Wahrscheinlich überzieht sie auch den Follikelkörper und den FoUikelfundus, hier ist sie aher nicht mit Sicherheit nachweisbar. Sie schiebt sich zwischen den Refraktor und die Tonofibrillen der Grenzzone. Sie ist von homogener Be- schafi^enheit; bei der gewöhnlichen Färbung erscheint sie hell ge- färbt und setzt sich von dem Gewebe der Grenzzone scharf ab- (Tab. I, 9). Ersatzborstenorgan. Die Hauptborstenorgane werden in der Regel von Ersatz- borstenorganen begleitet. Auf Längsschnitten finden wir die Ersatz- borstenorgane etwas seitlich von den Hauptborstenorganen , doch immer im Zusammenhang mit dem FoUikelfundus durch Plasmastränge. Ihre Form ist eine mannigfaltige, je nachdem die Ersalzborste aus- gebildet ist. Im allgemeinen können wir drei Typen aufstellen: a) Wir sehen am FoUikelfundus einen Plasmahaufen, welcher durch AVucherung des Follikelgewebes entstanden ist — ■ An- lage des Ersatzborstenorganes (Tab. II, Fig. 1). b) Am zahlreichsten finden wir birnförmige, vom FoUikel- fundus bereits abgeschnürte Gebilde, welche mit dem Hauptborsten- organ nur durch einen Plasmastrang zusammenhängen — abge- schnürte Ersatzborstenorgane (Taf. II, Fig. 1 u. 2). c) In späteren Stadien dehnt sich der Ersatzfollikel der Länge nach aus, was durch das Heranwachsen der jetzt schon haken- förmig gekrümmten Ersatzborste bedingt wird — heranwachsendes Ersatzborstenorgan (Taf. II, Fig. 4). Das Ersatzborstenorgan besteht aus dem Ersatzfollikel und aus der Ersatzborste. Von dem Muskelapparat kann man hier noch nichts bemerken und man ist gezwungen anzunehmen, daß der Muskelapparat des Hauptborstenorganes auch bei dem später ein- tretenden Ersatzborstenorgan erhalten bleibt. a) Ersatzfollikel: Das Plasma des Ersatzfollikels ist ein trübes, grobkörniges, in welchem man gelegentlich kleine FoUikel- (10) Anatomie, Histologie und Ersatz der Borsienorganc hei liUinbricus. 11 kerne unterscheiden kann (Tab. U. Fig. 4). Wir finden ferner die Faserzellen, deren Zahl eine bestimmte ist. Stets kommen in einem jnngen Ersatzfollikel vier laterale Faserzellen vor (Tab. IL Fig. 3), welche den Ersatzfollikel vorwiegend aufbauen. Von ihnen sind zwei seitlich (rechts und links) und je eine vorn und rückwärts gelegen. Ferner finden wir an der Basis des Ersatzborstenorganes die ßorsten- bildung.«zelle, welcher die Ersatzborste aufsitzt (Tab. II, Fig. 3). //) Ersatzborste: Die junge Borste erscheint als hornförmig gekrümmte Chitinkuppe, streckt sich dann bis auf das distale Ende, das immer gekrümmt erscheint, und läßt den Nodulus noch voll- ständig vermissen (Tab. II, Fig. 4). In der Regel wird nur ein Ersatzborstenorgan angelegt, sehr selten findet man noch ein zweites (Tab. II, Fig. 1) , was nach Vejdovsky als ein atavistischer Fall zu betrachten wäre. Mehr als zwei Ersatzborstenorgane konnte ich im Gegensätze zu Cl apa- rede und Vejdovsky an meinen zahlreichen Schnitten nicht bemerken. Das ganze Ersatzborstenorgan ist gegen die Leibes- höhle zu ebenfalls vom Peritoneum umhüllt. Die Bildung der Ersatzborste im Ersatzfoililcei. Borstenbildungszelle: Die Bildung und Entwicklung der Borste von Lumbricus braucht man nicht gerade während der embryonalen Entwicklung des Tieres zu studieren, sondern man kann sie ganz schön in den Ersatzfollikeln verfolgen. Die Ersatzborste wird von einer einzigen Faserzelle — Borstenbildungszelle — ab- gesondert. In der schon erwähnten Anlage des Ersatzborstenorganes können wir an günstigen Präparaten die zur Borstenbildung be- stimmte Faserzelle von den übrigen Zellen ganz deutlich unter- scheiden. Sie ist sehr mächtig entwickelt und eiförmig gestaltet. Ihr Cytoplasma ist bei der gewöhnlichen Färbung heller als das der übrigen Zellen und in ihm tritt scharf der große Nukleus mit seinem Nukleolus hervor. In der Zelle selbst kann man eine Fase- rung wahrnehmen, die besonders in der Umgebung des Kernes ent- wickelt ist. Von den Lateralfaserzellen ist sie durch eine Schluß- leiste getrennt , welche besonders klar während der Borstenent- wicklung sichtbar wird, wie uns die Fig. 3 auf Tab. II zeigt. Es geht daraus hervor, daß die Borstenbildnerin sich nicht an dem Aufbaue der seitlichen Follikelwand beteiligt. Lateralfaserzellen: Wie schon bereits bemerkt wurde, wird die Follikelwand vorwiegend von den Lateralfaserzellen auf- (11) 12 Gvidon Sajovic: gebaut, deren es in einem Ersatzfollikel 4 gibt. Anfangs sind sie nur schwach, entwickelt und man bemerkt um den Zellkern , der bei den jüngsten Entwicklungsstadien noch oberhalb der kleinen Chitinkuppe gelegen erscheint, nur einige Fasern. Während der Entwicklung nehmen sie an Umfang zu und erscheinen von der heranwachsenden Chitinkuppe ganz seitlich verdrängt. In ihnen tritt eine starke Faserung auf und sie bilden vermutlich im späteren Hauptborstenfollikel den Follikelkörper (s. näher unten). Entwicklung und Bildung der Borste. Trotz meiner zahlreichen Präparate ist es mir nicht gelungen, Schnitte zu be- kommen, welche mir die Anfangsstadien der Borstenbildung ge- zeigt hätten; immer war bereits die Borste angelegt. Trotzdem konnte ich mir aus den aufgefundenen späteren Entwicklungsstadien ein klares Bild der Borstenbildung machen. In dem jüngsten Bil- dungsstadium, welches ich beobachten konnte, war die Ersatzborste schon kuppenförmig ausgebildet (Tab. II, Fig. 1). An der Borsten- bildungszelle entsteht durch Ausscheiden von Chitinsubstanz eine feinfaserige Chitinkuppe; der ganze Zelleib erscheint schüsselartig geformt und noch ziemlich mächtig entwickelt; der Zellkern, der vorher beiläufig in mittlerer Höhe der Zelle gelegen war , findet sich jetzt mehr basal wärts verschoben, In der Zelle treten vor allem oberhalb des Kernes und unmittelbar um ihn herum starke Fasern hervor, so daß man jetzt einen oberen, stark faserigen Teil, dem die Chitinkuppe aufsitzt, und einen unteren undeutlich faserigen Teil der Zelle unterscheiden kann. An dieser Stelle sei gleich be- merkt, daß auch in späteren Stadien oberhalb des Zellkernes eine viel stärkere Faserung als im unteren Teil der Zelle wahrzunehmen ist (Tab. II, Fig. 3). Das basale Ende der Borstenkuppe steht in direktem Zusammenhange mit dem Plasma der Bildungszelle. Sehen wir uns die von der Biidungszelle abgeschiedenen Chitinschichten etwas näher an, so bemerken wir in ihnen proximal einen dichten Faser- saum, der sich in einzelne Faserpakete (Fasergrupppen) auflöst, die pinselartig gegen die bereits gebildete Borste ausstrahlen. Während sich die fertigen Chitinschichten der Borste mit Heiden- HAiNschem Hämatoxylin hell färben, schwärzen sich die in dem Fasersaura befindlichen Fasern im Gegensatze zu der hier vorhan- denen Kittsubstanz (Tab. II, 3). Die Chitinschichten entstehen auf die Weise, daß sich die Faserpakete in einzelne Fasern auflösen, die durch Kittsubstanz untereinander verbunden erscheinen. Der Fasersaum selbst steht proximal direkt mit dem Fasergerüst der Biidungszelle in Verbindung. In der Basis der Zelle verlaufen die (12) Anatomie, Histologie und Ersatz- der Borstoiiorgane bei Lunihricu«. 18 Fasern horizontal und durchflechten sich ; gegen die Borstenbasis zu nehmen sie einen schräg aufsteigenden Verlauf an , wobei sie sich auch bündelweise vereinigen , welche Bündel mit denen in der Basalzone der Borste direkt in Zusammenhang stehen (Tab. II, Fig. 3). Aus diesem Befunde geht mit voller Klarheit und Sicher- heit hervor , daß die Fibrillen der Borste direkte Verlängerungen der Plasmafasern der Bildungszelle sind. Die Chitinkuppe verlängert sich allmählich durch Zuwachs an der Basis und beginnt sich hornförmig einzukrümmen (Tab. II, Fig. 2). Die Borstenbildungszelle nimmt dabei stark an Größe ab und wird ziemlich flach. Der dicht der Borstenbasis ansitzende Zellkern erscheint ebenfalls abgeflacht. Der junge Follikel ver- längert sich entsprechend dem Wachstume der Borste. In den Lateralfaserzellen, die auch an Umfang stark abgenommen haben, bemerken wir zahlreiche Fasern, die in der Richtung gegen die Borstenbasis hin verlaufen. Bei Abschluß der Borstenbildung ver- größert, erscheint der Kern in Degeneration begriff'en und ist völlig abgeflacht. Die Lateralfaserzellen dehnen sich aus und bilden die schmale Follikelwand. Ihre Kerne sind größtenteils auch im Dege- nerationszustande. In dem zarten Ersatzfoilikel bemerkt man die später für den Follikelkörper typischen Stützfasern. Auch einzelne Kerne der kleinkernigen Follikelzellen werden bemerkbar (Tab. II, 4). Beim Herausfallen der alten Borste tritt an ihre Stelle die junge Ersatzborste, welche nun zu vollkommener Form auswächst. Zum Schlüsse will ich in der Kürze meine wichtigsten Be- funde zusammenfassen. Das Borstenorgan von Lumbricus setzt sich aus folgenden drei Teilen zusammen: 1. Borstenfollikel mit der Cuticularscheide, 2. Borste, 3. Bewegungsapparat und Umhüllungsgewebe. Die Cuticula verdickt sich im Follikel am inneren Ende und zeigt hier eine protoplasmatische Struktur. Zu ihr gehören zarte, oberflächlich verlaufende Ringfasern. In dem Borstenfollikel unterscheide ich zwei Zellarten — kleinkernige Follikelzellen, welche die Follikelwand bilden, in die die großkernigen Faserzellen eingelagert erscheinen. Den Follikel teile ich ein in a) den FoUikelhals mit der Grenzzone, h) Follikel- körper und c) Follikelfundus. Typisch für den Follikel sind ver- schieden funktionierende Fasern (Spiralfasern , Tonofibrillen und Follikelkörperfasern), welche von den Faserzellen gebildet werden. (13) 14 Gvidon Sajovic: Die S-förmig geschweifte Hakenborste ist ein Produkt einer einzigen Faserzelle (ßildungszelle). Der Bewegungsapparat der Borste setzt sich aus den schon erwähnten Fasern und aus der Borstenrauskulatur zusammen. Die Muskelbündel inserieren an den Tonofibrillen ; in der Grenzzone schiebt sich zwischen dem Retraktor und den Fasern eine binde- gewebige Grenzlamelle ein. Das Ersatzborstenorgan besteht aus dem Ersatzfollikel und der Ersatzborste. In dem Ersatzfollikel sind zu erwähnen die vier Lateralfaserzellen und die Borstenbildungszelle , welche von den ersteren durch eine Schlußleiste getrennt ist. Die Borste entsteht durch Ausscheidung schmaler Bildungszonen — Chitinschichten, an welche basal ein Fasersaum grenzt. Der Fasersaum besteht aus Faserpaketen , die sich in den Chitinschichten in die einzelnen Fasern auflösen, welche von Kittsubstanz verbunden werden. Basal- wärts steht der Saum in direkter Verbindung mit den Fasern der Bildungszelle und somit ist Kontinuität der Borstenfasern mit den Fasern der Zelle nachweisbar. |14) Anatomie, Histologie und Ersatz der Borstenorgane bei Luni])ricus. 15 Literatur. 1. CLAPARfcDE Ed., Histologische Untersuchungen über den Regenwurm. Zeitschr. f. w. Zoologie, 1869, Bd. XIX. 2. Claus-Grobben, Lehrbuch der Zoologie, 19U3. 3. Ehlers E., Die Borsten würmer, 1864, I, H. 4. Ehlers, Über die Bildung der Borsten und Ruderfortsätze. Nachrichtend, k. Gesell, d. "Wissenschaften und d. G. A. Universität zu Göttingen. 1865, Nr. 14. 5. Grube, Über Lumbricus variegatus M. und ihm verwandte Anneliden. Archiv für Naturgeschichte, 1844. 6. Hatschek B., Studien zur Entwicklungsgeschichte der Anneliden. Arbeiten des zoologischen Institutes in Wien, 1878. 7. Hesse R., Zur vergleichenden Anatomie der Oligochaeten. Zeitschr. f. w. Zoologie, 1894. Bd. LVIII. 8. Lang A., Lehrbuch der vergleichenden Anatomie, 1894. 9. Leydig, Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Tiere, 1857. 10. Leydig, Phreoryctes Menkeanus Hoff, uebst Bemerkungen über den Bau anderer Anneliden. Archiv f. mikro-skopische Anatomie, 1865, Bd. I. 11. Michaelsen W., Oligochaeta. Tierreich, 10. 12. OerstedA. S, Zur Klassifikation der Anneliden mit Beschreibung einiger neuer oder unzulänglich bekannter Gattungen und Arten. Archiv f. Naturgeschichte, 1844. 13. Ratzel Fritz, Histologische Untersuchungen an niederen Tieren. (Die Muskeln der Oligochaeten.) Zeitschr. f. w. Zoologie, 1869. 14. Schneider K. C, Lehrbuch der vergleichenden Histologie, 1902- 15. Siebold C. v., Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Tiere, 1848. 16. Schepotieff Alex., Untersuchungen über den feineren Bau der Borsten einiger Chaetopoden und Brachiopoden. Zeitschr. f. w. Zoologie, 1903, Bd. LXXIV. 17. Schepotieff Alex., Untersuchungen über die ßorstentaschen einiger Polychaeten. Zeitschr. f. w. Zoologie, 1904, Bd. LXXVII. 18. Vejdovsky, System und Morphologie der Oligochaeten. 1884. 19. VoGT-YrNG, Lehrbuch der praktischen vergleichenden Anatomie, 18S8. 20. Stummer-Traunfels R. v., Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzo- stomen. Zeitschr. f. w. Zoologie, 1903, Bd. LXXV. Verzeichnis der Abkürzungen. A = Anlage des Ersatzborstenorganes. B — Borste. Bn = Bakteroiden. i/Ä'=Follikelhals. BKg =■ Grenzzone. BZ= Borstenbildungszelle. BZK:= Kern der Borstenbildungszelle. Ca = Chitinschichte. Cut = Cuticula. EB ==: Ersatzborste. £'jP=Ersatzfollikel. £'P=EpitheL FK = Faserzellkern. FS= Fasersaum. i^Z = Faserzelle. Fof= Follikelkörperfasern . aü) 16 Gvidon Sajovic: Anatomie, Histologie und Ersatz der Borstenorgane. FoK= FoUikelfuudus. i^oÄ; = Follikelkern. FoS = Follikelkörper. HF= Hauptfollikel. L = Grenzlamelle. iv^^= Lateral f'aserzelle linke. LZr --= „ rechte. N = Nodulus. Pe = Peritoneum. Pek = Peritonealkern. PI = Plasmastrang. Pr == Protraktor. Qf=^ Qnerfasern. R =: Retraktor. Sl= Sclilußl eiste. SF = Spiralfasern SFS= iSpiralfaseisaum. ZF= Tonofibrillen. Erklärung der Tafeln. Taf. I. Verhältnisse des Hauptborstenorganes. 1. Spezialzeiclmung der oberen Hälfte des Hauptboi'gtenorganes (Längsschnitt, Vergr. Obj. 5, Oc. 3). 2. Spiral faserrogion (Längsschnitt, Vergr. Obj. 7, Oc. 3). 3. Darstellung der Querfasern (Längsschnitt, Vergr. Obj. Öl-Em., Oe. 4). 4. Übersichtsbild des Hauptborstenorganes (Längsschnitt, Vergr. Obj. 5. Oc. 3). 5. SpezialZeichnung der unteren Hälfte des Hauptborstenorganes (Längsschnitt, Vergr. Obj. 7, Oc. 2). 6. Follikelfundus (Längsschnitt, Vergr. Obj. 7, Oc. 4). 7. Speziaizeichnung für das innere Cuticularende (Längsschnitt, Vergr. Obj.7, Oc. 3). 8. Speziaizeichnung für das Verhalten des Refraktors zu den Tonofibrillen der Grenz- zone (Längsschnitt, Vergr. Obj. 7, Oc. 3). 9. Übersichtsbild von Fig. 7 + 8 (Längsschnitt, Vergr. Obj. 7, Oc. 3). Taf. II. Ersatzborstenorgan und Borsten bildung. 1. Längsschnitt durch den Follikelfundus und diirch das Ersatzborstenorgan. Dar- stellung des Zusammenhanges der beiden Borstenorgane, kombiniert aus zwei Schnittserien. Ersatzborste als Chitinkuppe, eine zweite Anlage des Ersatzborsten- organes vorhanden (Vergr. Obj. 7, Oc. 4)- 2. Ersatzborste hornförmig (Längsschnitt, Obj. 7, Oc. 3). 3. Längsschnitt durch die Ersatzborstenbasis. Zusammenhang der Borstenbasis mit der Mutterzelle, Fasersaum in der Chitinschichte in Faserpakete sich auflösend. In den Lateralzellen mächtige Faserentwicklung (Öl-Em. Oc. 4). 4. Ausgebildetes Ersatzborstenorgan (Längsschnitt, Vergr. Obj. 7, Oc. 4). (16) Einige Kapitel aus der Entwicklungsgeschichte von Chrysaora. Von Jovan Hadzi. (Mit 2 Tafeln und 15 Abbildungen im Texte.) Einleitung. Die Frage über die Entwicklung der Discomedusen und spe- ziell derjenigen Entwicklungsvorgänge, welche dem Festsetzen der schwimmenden Planula folgen (Bildungsweise des Scyphostomd), ist noch immer nicht endgültig gelöst. Die Ergebnisse der embryologi- schen Untersuchungen werden allgemein zur Beurteilung der Ver- wandtschaftsbeziehungen der untersuchten Gruppen herangezogen, daher ist es verständlich , warum man sich bemüht , die strittige Frage zu erledigen. Bis zu dem Jahre 1887 , in welchem die Monographie von GoETTE (6) über die Entwicklung von Aurelia aurita und Co- tylorhiza tulerculata erschien, waren die diesbezüglichen Darstellungen nicht wesentlich verschieden voneinander. Von einigen Autoren (Claus [1], Kowalewsky [14]) wurde zwar angegeben, daß der eigentlichen Mundbildung des Scyphostoma eine Einstülpung des oralen Feldes vorangeht, was z. B. Haeckel (10) nicht angegeben hat; nachdem am Grunde dieser Einsenkung der Durchbruch des Mundes stattgefunden hat, wird das eingestülpte Ektoderm bald wieder emporgehoben, wodurch die Proboscis gebildet wird. Übri- gens erwähnt Claus, daß der Umfang der Einstülpung bei nächst verwandten Formen und sogar innerhalb derselben Spezies sehr variabel ist, so daß ihr keine besondere Bedeutung beizumessen ist. Die Einstülpung bleibt nach Claus ohne jedwede Folgen für die weitere Entwicklung des Scyphostoma. Auch in der Frage über die Entstehungsweise der Taeniolenmuskeln waren die Autoren nicht einig. Diese Frage hat erst Goette endgültig gelöst. Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVH, Heft 1. 2 (17) 2 Jovan Hadzi: Eine im Prinzip von jener bis dahin herrsehenden verschiedene Darstellung brachte die oben erwähnte Arbeit von Goette, welche seitens Claus auf das heftigste, jedoch mit wenig Erfolg bekämpft wurde. Bevor ich auf eine kurze Charakterisierung der GoEXTEschen Darstellung übergehe, will ich nur erwähnen, daß Goette (7) in seiner zweiten Publikation über diesen Gegenstand (,. Vergleichende Entwicklungsgeschichte von Felagia noctiluca Per .''•^ die Entwicklung von Scyphostoma wesentlich anders dargestellt hat; nicht um sich der Cl Aussehen Darstellung zu nähern, sondern im Gegenteil, der Unterschied zwischen den Darstellungen beider Forscher wurde noch bedeutender. Weiterhin bat Goette für Pelagia eine von den übrigen Discomedusen abweichende Entwicklungsweise (betreiFs der Taschenbildung etc.) angegeben. Nach Goette verläuft die Entwicklung des Scyphostoma folgendermaßen: Der bei der schwimmenden Planula nach hinten gerichtete Pol stülpt sich nach dem Festsetzen derselben ein. Dabei entstehen als Nebenprodukte in der breiteren Hauptebene zwei Magentaschen, als Entodermdivertikel. Am Grunde der Einstülpung bricht eine Öffnung durch; diese wird aber nicht zum Munde, wie es nach Claus der Fall sein soll, sondern zur Schlundjiforte. Das ein- gestülpte Ektoderm wird als Schlund bezeichnet. Die obere Öffnung des Schlundes ist der definitive Mund , der folglich mit dem Prostoma nichts zu tun hat. In der ..Querebene" des Scyjpliostoma buchtet sich der Schlund beiderseits aus, um das zweite Magentaschenpaar zu bilden. Somit sind das erste Magentaschenpaar und seine Derivate entodermalen Ursprungs, das zw^eite aber ist ektodermal. Die Magen- taschen münden durch Ostien in den Schlundhohlraum. Durch die Ostien wird der Schlund größtenteils in vier Streifen gespalten, welche zu den distalen Teilen der vier Septen werden und die daher vom Ektoderm bekleidet sind. Jetzt tritt eine Metamorphose aller dieser Gebilde ein , wodurch sie bis zur Unkenntlichkeit verändert werden. Der Schlund und die Taschen verstreichen beinahe. Es bleiben bloß die Septen und die Magenrinnen übrig. Dann treten die Tentakeln, die Proboscis, das Peristom und die Peristomtrichter auf; die diesbezüglichen Abweichungen der GoETTEschen Dar- stellung (gegenüber jenen anderer Autoren) sind nicht wesentlich. Auf die Konsequenzen der Schlund- und Taschen bildung (Ungleich- wertigkeit der Ephyren derselben Strobila etc.) will ich jetzt nicht eingehen. Der Unterschied zwischen der hier geschilderten Ent- wicklungsweise von Scyphostoma und jener nach früheren Dar- stellungen liegt klar auf der Hand und läßt sich , wie ich später (18) Einif!;o Kapitel aus der Entwicklungsgeschichte von Chrysaora. 'i zeigen werde , nicht durch Annahme einer Variabilität oder einer Graduation aus der Welt schaffen. Die Angaben von Goette konnte bis heute nur seine Schülerin Hyde (1H) bestätigen. Nach dem Erscheinen der Arbeiten von Goettk und Hyde ist erst in der neuesten Zeit eine und bald darauf die zweite Arbeit von Hein über die Entwicklungsgeschichte von Aurelia und GotylorJit'za, also denselben Formen erschienen, welche auch Goette untersucht hat. Das Ergebnis dieser Arbeiten ist ein ganz anderes. Hein findet keine Einstülpung des oralen Feldes von Scyphostoma ] bei Aurelia soll sogar der Urmund, ohne sich vollständig zu schließen, in den bleibenden Mund übergehen. Es gibt gar keine Taschen im Sinne Goettes. Die Magenfalten sind keine Reste der Taschen, sondern selbständig entstandene Falten des Magenepithels. Es folgt daraus, daß man das Scyphostoma nicht mit einem Anthozoon vergleichen darf, wie das Goette auf Grund eigener Untersuchungen getan hat. Zur ersten Arbeit Heins (11) (welche seine Hauptarbeit ist) schrieb Goette (9) eine Erwiderung, worin er nach einer abfälligen Kritik der Darstellung Heins erklärte, daß seine Beobachtungen (besonders über Aurelia aurita) auch weiter „vollständig zu Recht bestehen". Das ist der gegenwärtige Stand der Frage über die Ent- wicklung des Scyphostoma. Ich glaube wohl , daß es nicht über- flüssig erscheinen wird . wenn ich meine diesbezüglichen Befunde an Chrysaora veröffentliche. Bevor ich auf die Beschreibung meiner Befunde übergehe, will ich kurz erwähnen, daß auch Claus (1 — 4) die Entwicklung von Chrysaora untersucht hat , aber gerade im Punkte der Mund- bildung und der darauf folgenden Veränderungen zu keinem siche- ren Resultate gekommen ist, weshalb er gegen Goette nicht erfolg- reich auftreten konnte. Die Frage , ob die innere Auskleidung der Proboscis vom Ekto- oder Entoderm stammt, hat Claus nicht nach seinen Präparaten beantworten können , weil ihm offenbar die ent- sprechenden Stadien gefehlt haben ; er tat es nur auf Grund von Über- legungen. Claus hat nämlich untersucht, von welchem Blatte die Proboscis an den sich abschnürenden Ephyren regeneriert wird, und schloß daraus auf den Charakter der inneren Proboscisaus- kleidung des Scyphostomn ; natürlich ist dieser Schluß nicht ganz einwandfrei. Außerdem hat Claus seine Ansicht über den Cha- rakter der inneren Proboscisauskleidung selbst zweimal geändert, was dazu beigetragen hat, daß er sich Goette gegenüber schwer behaupten konnte. 2* (19) Jovan Hadzi: Eigene Untersuchungen. Die früheste Entwicklung von Ghrysaora (vom befruchteten Ei bis zum Planulastadium) ist von Claus (1) genau untersucht worden, so daß es nicht nötig erscheint, sie nochmals zu beschrei- ben, um so weniger, als die Kenntnis der Planulaentwicklung für die Frage der Mundbildung überflüssig ist. Meine Untersuchungen habe ich mit der frei schwimmenden Planula begonnen. Die inneren Veränderungen während der Entwicklung , auf welche es haupt- sächlich ankommt, sind am besten an in Schnittserien zerlegten Tieren zu studieren. Fixiert wurden die Tiere teils mit Sublimat- eisessig, teils mit der Peren Tischen Flüssigkeit, wodurch ich tadellos konservierte Tiere erhielt. Die Schnitte wurden mit Del a- FiELDs Hämatoxylin gefärbt. Das Material stammt aus der Adria und wurde durch die k. k. zoologische Station in Triest bezogen. Die Form und die Größe der frei schwimmenden Planula von Ghrysaora sind sehr mannigfach. Ich habe oft Planulae beobachtet, welche 4— 5mal größer waren als die meisten es sind. Eine Knospung oder Teilung der Planulae habe ich nicht konstatieren können. Gre- wöhnlich ist der beim Schwimmen nach vorne gerichtete Pol etwas dicker. Das mit Wimpern versehene Ektoderm besteht aus hohen, prismatischen Epithelzellen; zwischen diesen befinden sich Nessel- zellen und basiepitheliale Zellen. Die Epithelzellen enthalten Dotter- kugeln. Das Entoderm ist nicht epithelial angeordnet, sondern erfüllt als solide Masse das ganze Innere der Planula. Die Zellen sind sehr groß und voll mit Dotter, so daß man kaum die Grenzen derselben erkennen kann. Zwischen Ekto- und Entoderm befindet sich eine homogene Schichte (Stützlamelle). Schon während die Planula frei herumschwimmt, beginnt sich das Entodermepithel aus der soliden Masse heraus zu differenzieren, u. zw. zuerst am hinteren Pol. Die Dotterelemente lösen sich ; die Zellgrenzen werden sichtbar und in der Mitte der Planula entsteht ein Hohlraum — die Gastralhöhle. (Taf. II, Fig. o.) Auch im Ekto- derm schwindet der Dotter. In diesen Stadien ist von einem etwaigen Rest des Urmundes, wie das Hein für Aurelia angegeben hat, keine Spur zu finden. Nach einiger Zeit (für Ghnjsaora läßt sich kein bestimmtes Intervall angeben ; bei derselben Brut herrschen bedeutende Schwan- kungen) setzt sich die Planula, wie bereits bekannt ist, mit ihrem beim Schwimmen nach vorne gerichteten Pol fest. Für die Orien- tierung der Larven bei der weiteren Behandlung derselben, An- (20) Einige Kapitel aus der Eutwicklungsgeschiclite von Chrysaora. 5 fertigung bestimmt orientierter Schnitte, ist es von Vorteil, wenn sie sich an der Ulva festsetzen. Die Festsetzung wird durch Ab- sonderung eines chitinigen Sekretes seitens der Ektodermzellen be- werkstelligt. Differenzierte Drüsenzellen sind nicht vorhanden, sondern es wird an der Oberfläche aller basal gelegenen Epithel- zellen eine blättrige Lamelle ausgeschieden , welche dem Periderm (Perisark) der Hydropolypen entspricht. Mit dem Festsetzen der Planula geht eine Veränderung der allgemeinen Körperform einher. Der früher verdickt gewesene vor- dere Pol hat sich verengt und wird zu einem stielartigen Fußpol. Der freie Mundpol wird breit und flacht sich ab (Taf. I , Fig. 1) ; manchmal senkt er sich etwas ein. Tiefe Einstülpungen sind am Mundpole in keinem Falle zu beobachten. Die Histologie der Chrysaora-JjSiTve in diesem Entwicklungs- stadium ist sehr einfach. Es sind zwei einschichtige Epithelien vor- handen : Das Ekto- und Entoderm (Taf I, Fig. 1). Zwischen den beiden Epithelien befindet sich eine deutlich ausgebildete Zwischen- lamelle, welche am Übergange vom Stiel zu dem Leib mächtiger ist (Stützlamelle). Das Ektoderm besteht aus gleichartigen niedrig prismatischen Zellen. Basal von den Epithelzellen gibt es sogenannte indifferente und Nesselbildungszellen. Es gibt auch Nesselzellen mit fertigen Kniden zwischen den Epithelzellen eingelagert. Schon früher ist erwähnt worden, daß die Epithelzellen des Stieles ein chitinartiges Sekret von lamellösem Bau aasscheiden. Im Entoderm sind nur wenig basiepitheliale Zellen vorhanden. Ausnahmsweise findet man hier und da eine Nesselbildungszelle. Überall, außer an der oralen Fläche, sind die Entodermzellen im Vergleich zu den Ekto- dermzellen groß und vakuolig aufgetrieben. An der oralen Fläche sind die Zellen eng, dichtgedrängt und plasmareich (nicht vakuolig), daher färben sie sich dunkler. Zwischen beiden Zellformen besteht ein allmählicher Übergang. Als Ursache dieser Veränderung der Zellen an der Uralfläche ist wohl eine intensivere Zellvermehrung anzunehmen. Auf das abweichende Verhalten der Entodermzellen an der Stelle, an welcher der Mund entsteht, lege ich ein be- sonderes Gewicht, weil es eine Einleitung zur Mundbildung ist. Der wichtigste Vorgang dieses Entwicklungsstadiums ist wohl die Mundbildung. Der Mund kommt durch einen Durchbruch der beiden Epithelschichten und der Zwischenlamelle in der Mitte des oralen Feldes zustande. Damit wäre kurz und allgemein das we- sentliche der Mundbildung ausgedrückt. So wird sie gewöhnlich von allen Autoren beschrieben. Indessen will ich auf G-rund meiner (21) 6 Jovan H a d z i ; Präparate , welche die wichtigsten Stadien des Munddurclibruclies zeigen, eine detailliertere Darstellung dieses hocli wichtigen Vor- ganges zu geben versuchen. In der Mitte des Oralfeldes weichen die Entodermzellen mit ihren basalen Polen auseinander , so daß in dem früher dicht ge- drängten Epithel eine Lücke entsteht, welche von konischer Form ist. Die Basis des Konus ist der Zwischenlamelle zugekehrt. Durch das Zusammenziehen der Basalteile der Entodermzellen entsteht um die Lücke herum ein Wulst: der Mundrand. Zu gleicher Zeit wird auch die Zwischenlamelle offenbar durch den seitens der Entoderm- zellen auf sie ausgeübten Zug zerrissen. Das Ektoderm besteht an dieser Stelle aus flachen breiten Zellen. Es scheint überhaupt, daß das Entoderm die Hauptrolle bei der Mundbildung spielt. Auch im Ektoderm weichen die Zellen in der Mitte auseinander. Das Ento- derm stülpt sich so zu sagen nach außen und verwächst mit dem Ektoderm. Durch die Zusammenziehung der basalen Teile haben nämlich die Entodermzellen des Mundrandes ihre Richtung verän- dert , so daß sie mit ihrer Längsachse nicht mehr senkrecht zur Oralfläche, sondern geneigt zu der entstandenen Lücke liegen. Beim weiteren Wachstum behalten die Entodermzellen diese jetzt einge- nommene Richtung und so kommt die erwähnte Ausstülpung zustande. Die Entodermzellen machen dabei eine Drehung um 180° und darüber. In der Stellung von 90*^ zur ursprünglichen Lage verwachsen die Entodermzellen an ihren seitlichen Flächen mit den Ektodermzellen, wodurch der unmittelbare Anschluß des Entoderms an das Ektoderm hergestellt wird (Taf. I, Fig. 3). Die Stützlamelle reicht bis zu dieser Verwachsungsstelle. Das Ektoderm liegt dem Entoderm dicht an und so wird es bei dem Ausstülpen des Entoderms mit in die Höhe gehoben. Der gehobene, Proboscis genannte Mundrand ist innen vom Entoderm und außen vom Ektoderm ausgekleidet. Die Grenze zwischen den beiden Blättern ist wohl kenntlich und bleibt es auch weiterhin (Taf. I, Fig. 5). Die eigentliche Mundöff^nung ist am Anfang des Ausstülpungs- prozesses sehr eng und wird dann allmählich umfangreicher. Die histologische DifiPerenz der inneren (entodermalen) Proboscisausklei- dung bleibt auch weiterhin bestehen. Da die Ektodermzellen (an der Außenseite) der Proboscis später höher werden, gewinnen sie mehr Ähnlichkeit mit den Entodermzellen , so daß an späteren Entwicklungsstadien von ßcyphostoma (aber bevor die Muskel- fasern ausgebildet sind) die Grenze zwischen Ekto- und Entoderm nicht ohne weiteres zu bestimmen ist. Im Querschnitt ist der Mund- (22) Einig.! K.q.itel aus Jei- Entwicklungsgescliichte von CUryfflora. 7 kec^el a..fm,g* rundlich , später wird er mehr vie.eekig Mit der Proboscisbildvng schreitet auch eine allmähliche \erbrc,terang des ganzen Mundfeldes einher, an welche sich wieder weitere \er- änderungen knüpfen. Fig. -t. Fig. 3. Fi« 1-4 Schematische mediane Längsschrntte des Seypnostoma sonCUr.jsaora, d,o MLbildung zeigend. Das Entodsrm ist durch einen dunkleren Ton angedeu Yerg?« 325mal. Die letzte Figur stellt ein viertentaUliges Scjpkosnn.a da.. Die wielitigsten Stadien der Mundbildung sind an den sche- xnatischen Abbildungen 1-4 in Längsscbnittsbildern .^dargestellt Das Entoderm ist durch einen dunkleren Ton gekennzeichnet. Die Größe entspricht einer 350maligen Vergrößerung. Als Grundlage dienten die Längsschnittsserien entsprechender Entwicklungsstadien. (23) 8 Jovan Hadzi: In diesem Stadium (vor und während der Mundbildung) wird die früher rundliche Larve etwas seitlich abgeplattet , so daß wir an ihr eine etwas längere Hauptebene und eine kürzere auf die erstere senkrechte Querebene unterscheiden können (Taf. 1, Fig. 6). Der Unterschied in der Größe zwischen beiden Ebenen ist nicht so beträchtlich, wie das oft angegeben wurde, um eine Magentaschen- bildung (erstes Paar) dadurch (bei der angeblichen Schlundeinstülpung) mechanisch erklärbarer zu machen. Diese Abplattung der Larve verliert sich bald vollständig und wir haben ein Tier vom Bau- plane eines (jedoch noch tentakellosen) Hydroidpolypen vor uns. Bevor ich auf die weiteren Entwicklungsvorgänge übergehe, will ich auf das Geschilderte einen Rückblick werfen und dieses mit den Angaben von Goette und Claus kurz vergleichen. Nachdem sich die Planula festgesetzt hat, entsteht in der Mitte der freien Vorderfläche durch das Verwachsen der beiden Blätter und den Durchbruch der Zwischenlamelle der definitive Mund, und zwar an derselben Stelle, wo früher das Prostoma war. Unmittelbar an die Mundbildung schließt sich die Proboscisbildung an. Über die innere Auskleidung der Proboscis herrscht kein Zweifel , sie ist entodermal. Diese Entwicklungs weise unterscheidet sich ganz wesent- lich von jener, die Goette für die Discomedusen angegeben hat. Von einem Schlund, der durch Einstülpung hervorgehen soll, und den Magentaschen , die dabei entstehen sollen , ist gar nichts zu sehen. Ein Übersehen in dieser Hinsicht ist ausgeschlossen. An eine voll- kommene Rückbildung der Schlund- und Taschenbildung wäre nur in dem Fall zu denken, wenn die genannten Bildungen bei anderen Discomedusenformen , u, zw. graduiert ausgebildet , sicher nachge- wiesen wären , was aber nicht der Fall ist , wie das die Arbeiten von Hein klar gezeigt haben. Auch aus der Betrachtung der weiteren Entwicklung von Scypliostoma wird ersichtlich , daß die Unterschiede zwischen den beiden Entwicklungsmodi nicht bloß graduelle, sondern wesentlicher Natur sind. Eine so weitgehende Variation der Mundbildungsart ist höchst unwahrscheinlich. Deshalb halte ich die Mundbildung, wie sie bei Ghrysaora vorgefunden wird, (nach Hein auch bei Aurelia und Gotyloridza) mit jener von Goette beschriebenen als nicht vereinbar. In eine nähere Auseinandersetzung der diesbezüglichen Angaben und Bilder von Goette und Hyde will ich mich nicht einlassen, da ich die Lösung des Widerspruchs durch das Auffinden etwaiger Irrtumsquellen nicht erwarte. l24) Einige Kapitel aus der Entwicklungsgeschichte von Clirysaora. 9 Claus hat in seiner ersten und zweiten Publikation über die Entwicklung von Chrysaora (1877, 1883) die Mundbildung nicht sehr genau beschrieben, da sie damals noch nicht strittig war. In der ersten Arbeit erwähnt er eine Einstülpung des oralen Feldes, an deren Grund der Mund zum Durchbruch kommt; dann erhebt sich nachträglich das eingesenkte Peristom (bzw. „Falte"). Es scheint mir sehr wahrscheinlich zu sein, daß die „Faltenerhebung" mit dem früher beschriebenen Emporwachsen des entodermalen Ringwulstes identisch ist. In späteren Arbeiten hat Claus andere Formen mehr berücksichtigt. Über die Mundbildung des Scyphostoma liegen neuere Angaben von Hein vor (Am-elta, Cotylorhiza) . Nach Hein (11) herrschen bei Aurelia noch einfachere Verhältnisse, weil hier der Urmund direkt in den definitiven übergeht. Bei der Mundbildung von Cotylorliiza spricht Hein (12) auch von Verlötungen des Ento- und Ektoderms, gibt uns aber nur das Bild des Tieres mit bereits fertigem Munde. Die Längs- und Querschnitte von Chrysaora im Stadium , wo der Mund und die Proboscis ausgebildet sind, zeigen uns, daß das Ekto- und Entoderm überall eng aneinander schließen und gar keine Falten- oder Taschenbildungen oder etwa Rudimente solcher zeigen. (Taf. I , Fig. 5 und 6.) Erst nachher treten Bildungen auf, in welchen die spezifische Organisation von Scyphostoma zum Ausdruck kommt. Was die allgemeine Körperform anbetrifft , so wird das Scyphostoma immer mehr kelchförmig. (Taf. I, Fig. 7.) Der Rand des verbreiterten Peristoms erhebt sich etwas , so daß das eigentliche Peristom zwischen der Proboscis und dem Rande einge- senkt erscheint. An vier Stellen des Peristomrandes (nicht immer an allen vier Stellen auf einmal) in gleicher Entfernung voneinander entstehen durch Vorwachsen des darunter liegenden Entoderms die vier ersten Tentakel. Man hat früher (Claus) der Reihenfolge des Auftretens der Tentakel eine gewisse Bedeutung mit Bezug auf die Tentakelentwicklung bei Anthozoen zugeschrieben ; da aber jene sehr variiert . haben wir keinen Grund , aus dieser Reihenfolge diese Beziehung zu suchen. Der häufigste Fall ist , daß alle vier Tentakel zugleich oder je zwei Tentakel knapp nacheinander ent- stehen, so daß vier Primärtentakel vorhanden sind. Das viertentak- lige Stadium dauert einige Zeit lang und ist eine wichtige Etappe in der Entwicklung von Scyphostoma. Wenn wir die Stellung der Tentakel nach den früher erwähnten Ebenen des Scyphostoma be- (25) 10 Jovan Hadzi: zeichnen, so liegen zwei davon in der Hauptebene und zwei in der Querebene (nach Goette). Es ist noch besser, die Ebenen, in welchen die ersten vier Tentakel entstehen , als Radialebenen zu bezeichnen , weil man gewöhnlich die Haupt- und Querebene in diesem Stadium nicht unterscheiden kann und für uns die Unter- scheidung überhaupt von keiner Bedeutung ist. Die Achsen der Tentakel sind solide Entodermauswüchse , die Zellen stellen sich einreihig ein. In der ektodermalen Auskleidung der Tentakel be- finden sich viele Nesselzellen. Die Deckepithelzellen scheiden starke Längsmuskelfasern aus. Zu gleicher Zeit geht im Entoderm des Kelches ein höchst wichtiger Vorgang vor sich. In der oberen Partie des Kelches vom Mundrohr angefangen , bilden sich vier interradial liegende Entodermlängsfalten , die Anlagen der für das Sci/ijhostoma höchst charakteristischen Taeniolen. (Taf. I, Fig. 7 und 8.) Es soll gleich hier betont sein , daß die Taeniolen als durchaus selbständige Falten auftreten und daß sie daher keine Schlund- und Taschen- derivate (oder deren Rudimente) sind. Die Taeniolen sind, wie ihre Entstehung zeigt , rein entodermale Gebilde. Von den bei Hydro- zoen gelegentlich vorkommenden Entodermwülsten unterscheiden sich die Taeniolen des ticyplwstoma schon jetzt dadurch , daß sie echte Falten sind und nicht einfache Verdickungen des Entoderms. Das wesentliche ist, daß die Zwischenlamelle in die Faltenhöhlung hineinragt und sie ausfüllt. Viel mehr Ähnlichkeit hat diese Tae- niole mit dem Septum des Authozoenpolypen , obwohl beide nicht als homophyl anzusehen sind , was aus der weiteren Entwicklung klar hervorgeht. Deshalb vermeide ich hier den Ausdruck Septum für die Taeniole des Scyphostoma. Zunächst sind die Taeniolen in longitudinaler, wie in radialer Richtung von geringer Ausdehnung und unterscheiden sich histologisch nicht vom übrigen Entoderm. Die als einfache Falten angelegten Taeniolen verdicken sich an ihrem inneren (in den Magen ragenden) Rande und so entstehen die Taeniolen wülste ; das Epithel bleibt einschichtig , wie es zuA^or war. Zu gleicher Zeit geht vom Mundrande her eine histologische Veränderung der Taeniolen- wülste vor sich. Die Zellen werden durch rasche Vermehrung schmalprismatisch und plasmareich , ähnlich wie es die Zellen der inneren Proboscisauskleidung bereits sind. Außerdem treten Nessel- und Drüsenzellen auf. Dadurch werden die Taeniolen wülste (an den j)eripheren [im Gegensatze zu zentral] Teilen der Taeniolen tritt diese histologische Veränderung nicht auf) histologisch einigermaßen dem (26) Einige Kapitel ans der Eiiiwifkluni:i;s5;e.scliiclite von Clirysaora. 11 Ektodermepitbel ähnlich ; wenn man die Entstehungsweise derselben nicht kennt, könnte man leicht durch die histologische Ähnlich- keit verleitet werden, die Taeniolenwülste als ektodermal anzusehen (Taf. I, Fig. 10). Eine ganz ähnliche histologische Metamorphose des Entoderras haben wir schon bei der Proboscisbildung angeführt. Die Taeniolen wachsen allmählich immer tiefer gegen den Stiel hin. Durch das Auftreten der vier Taeniolen wird die Proboscis etwas verzogen und erscheint im Querschnitt viereckig. Durch die Taeniolenbildung sind in der Magenwand vier radiale Magenrinnen entstanden , welche genetisch mit den Magen- taschen von GoETTE nichts zu schaffen haben. In der oberen Partie des Magens sind die Rinnen , entsprechend der stärkeren Taeniolenausbildung, mächtiger und schwinden allmählich nach unten hin mit dem Verstreichen der Taeniolen. Gegen die Perlstomfläche zu endigen die Magenrinnen breit; von der Peristomdecke selbst überwölbt. Aus der Art und Weise , wie diese Magenrinnen ent- stehen und wie sie sich weiter verhalten , geht klar hervor , daß es unstatthaft ist , sie als Magentaschen zu bezeichnen , da man dadurch Gefahr laufen würde, diese im Sinne Goettes aufzufassen. Die Entstehung der Taeniolen gibt uns wieder einen Beweis dafür, daß die von Goette beschriebene Entwicklungsweise der Discomedusen wesentlich anders lautet, als die hier von Ghrysaora beschriebene und nach Hein auch jene von Aurelia und Cotylorhiza. Nach Goette sind die aktiven Ausbuchtungen (Magentaschen), zwei vom Ektoderm und zwei vom Entoderm (diese mehr passiv durch die Schlundbildung entstanden), die Hauptsache; die Septen sind bloß sekundäre Nebenprodukte , durch Aufspaltung des Schlundes entstanden. Nach meinen Befunden dagegen und jenen von Hein sind die Taeniolen ganz selbständige Bildungen , durch aktive Fältelung der Darmwand entstanden ; die Magenrinnen entstehen nur als Nebenprodukte ersterer. Man wird vielleicht denken : es ist doch in beiden Fällen derselbe Vorgang, nur ist er verschieden gedeutet. Ich verweise auf die Textbilder 5 — 7 , wo die Septenbildung nach Goette in Querschnitten schematisch dargestellt ist; das Ento- derm ist durch einen tieferen Ton angedeutet. Man vergleiche dann das Textbild 7 mit Textbild 8, welch letzteres schematisch den Quer- schnitt durch das ticyphostoma von Ghrysaora nach meiner Dar- stellung zeigt. Man erkennt dann , daß das Endresultat in beiden Fällen ein ganz verschiedenes ist. Die weiteren Konsequenzen der (27) 12 Jovan Hadzi: GoETT Eschen Darstellung, diejaGoETTE selbst gezogen hat, machen dieselbe, abgesehen davon, daß sie sieh von jener, die Hein und ich für Äurelia , Gotylorhiza und Ghrysaora gegeben haben, wesentlich und nicht graduell unterscheidet, sehr unwahrscheinlich. Es müßten nämlich die Gonaden der Scyphomeduse teils entodermalen , teils ektodermalen Ursprungs sein ; weiterhin hätte nur die erste Ephyra Fig. 5. Fig. Fig. 5 — 7. Schematische Querschnitte durch die orale Eegion des Snjphostoma. Drei Stadien der Taschen- und Septenbildung nach der GOETTE sehen Darstellung. Das Eutoderm ist durch einen dunkleren Ton angedeutet. S Schlund, T, primäre (entod.) Magentasche, To durch Schiandausstülpung entstandene Magentasche, Sp Sep- tum, durch Aufspaltung des Schlundes entstanden. Alles nach GOETTE (7). einer Strobila einen ektodermalen Schland^), die übrigen einen entodermalen etc. Wenn über die Entwicklungsgeschichte von Pelagia auch keine neuere Untersuchung als jene von Goette (7) vorliegt, so werden wir doch in Anbetracht der neueren Untersuchungen ^) Eine neuerdings von Heric unternommene Untersuchung hat gezeigt, daß die Ephyren von Chri/saora ihre innere Proboscisauskleidung vom Entoderm aus rege- nerieren. (28) Einige Kapitel aus der Entwicklungsgeschichte von Chrysaora. 13 an Aurelia, Cofi/lorhiza und Chrysaora einerseits und jener oben an- gedeuteten Konsequenzen der Goett Eschen Darstellung andrerseits die letztere auch für Pelagia , wenn sie auch eine gekürzte Ent- wicklung aufweist, nicht gelten lassen. Um so weniger, als Goette selbst gelegentlich eines Vergleiches der Entwicklungsgeschichte von Pelagia noctiluca (bevor er noch die Entwicklung selbst be- schrieben hat) mit jener anderer Discomedusen folgendes sagt (Goette [8] Seite 660) 0= „Daß dies" (nämlich: daß durch die Ab- kürzung der Entwicklung bei Pelagia die wesentlich gleichen Teile genetisch ungleichwertig werden) „aber schon unter so nahen Ver- wandten , wie den verschiedenen Discomedusen stattfinde , ist von vornherein um so weniger wahrscheinlich, als eine Abkürzung der Entwicklung unter den Hydromedusen , nämlich bei den Tracho- Fig. 8. Scheraatischer Querschnitt durch die orale Eegion des Scypliosloma von Chrysaora. Das Entoderm ist durch einen dunkleren Ton angedeutet. Tn Taeniole, durch Faltung der Darmwand entstanden, J/ Magenrinue. medusen, die genetische Homologie aller einzelnen Teile unberührt läßt." Wenn dem so ist, dann ist es zum mindesten ebenso un- wahrscheinlich , daß die ungleichwertige Anlage wesentlicher Teile unter Formen eintreten soll (z. B. CotylorMza und Chrysaora^, welche nicht einmal eine Abkürzung der Entwicklung in diesem Sinne auf- weisen, oder daß sie sogar bei ein und derselben Spezies, z. B. bei Aurelia vorkommen sollte, eine Möglichkeit, die Goette jedoch in seiner Erwiderung an Hein teilweise zugibt. Das Facit des Ver- gleiches der hier dargestellten Entwicklungsweise von Chrysaora (nach Hein auch jener von Aurelia und CotylorMza) mit der Dar- ^) Zum besseren Verständnis des Zitates habe ich in den Klammern, wo es nötig ist, eine Erläuterung eingeschoben. (29) 14 Jovan Hadzi: Stellung GoETTEs wäre, daß diese wohl geeignet ist, den Angaben von GoETTE Abbruch zu tun, um mich der Worte Goettes zu bedienen. Das ßcyphostoma von Chrysaora ähnelt von diesem Entwick- lungsstadium an vor dem Auftreten der Peristomtrichter and der Taeniolenmuskel dem Scyphostoma Goettes nur äußerlich. Sie unter- scheiden sich beide tatsächlich nicht nur dadurch, daß sie auf ganz verschiedenen Wegen entstanden sind; es besteht vielmehr jetzt und weiterhin immer ein durchgreifender Unterschied darin, daß die ge- samte innere Auskleidung des Scyphostoma von Chrysaora bis zu dem Proboscisrande entodermal ist; das Scyphostoma nach Goette hat aber einen bedeutenden Teil der inneren Auskleidung (besonders die orale Region) ektodermalen Ursprungs. Nachdem die Taeniolen in der Entwicklung vorgeschritten sind (gewöhnlich auch bevor die weiteren vier Tentakel gebildet werden), treten vier interradiale Peristomtrichter und ebenso viele Taeniolenmuskeln am Scyphostoma als sehr charakteristische Gebilde auf. Die richtige Darstellung der Entstehung dieser Gebilde verdanken wir Goette. Die von ihm eingeführten Ausdrücke Septaltrichter und Septalmuskel vermeide ich aus dem schon früher angeführten Grunde. Auch Friedemann (5) hat statt Septaltrichter Peristom- trichter geschrieben , aber aus ganz anderen Gründen als ich , weil er die von Goette beschriebenen Septaltrichter mit seinen Peristom- trichtern nicht für homolog hält. Schon früher habe ich bemerkt , daß das Peristom zwischen dem Rande und der Proboscis rinnenförmig eingesenkt ist. Ober- halb der vier Taeniolen vertieft sich das Peristomektoderm merk- lich , so daß das eingestülpte Ektoderm unter lebhafter Zellver- mehrung in das Taeniolenlumen hineinragt (Taf. I, Fig. 12). Das Lumen des eingestülpten Ektoderm ist trichterförmig und reicht verschieden tief (sogar bei ein und demselben Tier) ; es ist der Peristomtrichter (Taf. I, Fig. 9). Das will ich betonen, weil Frie- demann (5) unlängst das Vorhandensein eines Lumens bei der Peristomein stülpung Goette gegenüber bestritten hat. Nach Frie- demann gibt es zunächst nur eine solide Wucherung des Peristom- ektoderms in das Taeniolenlumen , erst sekundär und ganz unab- hängig von dieser Wucherung entsteht neben der Wucheruugs- stelle eine Einsenkung des Ektoderms, das ist nach ihm der Peri- stomtrichter. Bei Chrysaora. ist es , nach alledem , was ich beob- (30) Einige Kapitel aus der Entwicklungsgoscliichte von Chrysaora. 15 achtet habe, nicht so, sondern so, wie es schon Goettp: beschrieben hat. Es ist jedoch zu bemerken , daß der Peristomtrichter bei Chrysaora nicht sehr tief reicht (Taf. I , Fig. 1 1 und 9). Das eingestülpte Ektoderm wächst immer tiefer in die Taeniole herab, bis es ganz an das Stielende gelangt. Der anfangs breite Peristom- trichter wird allmählich enger (d. h. das Lumen schwindet) und die Zellen setzen sich in einen soliden Strang fort. Die Zellen der Peristomtrichter bewahren ihren epithelialen Charakter vollständig, je tiefer sie aber zu liegen kommen , desto platter und länglicher werden sie ; zuletzt sind die Zellgrenzen nicht mehr zu unter- scheiden. Inzwischen haben die Ektodermepithelzellen der Tentakel, des Peristoms und der Proboscis basal Muskelfasern ausgebildet. Das- selbe tun auch die Peristomtrichterzellen während ihrer Einsenkung. Die Muskelfasern ziehen in der Richtung von den Tentakeln zum Peristom hin und setzen sich auch in den soliden Strang fort, natür- lich in der Längsrichtung, wo sie besonders reichlich zur Ausbildung kommen, daher der Name Taeniolenmuskel. Weil die Muskelfasern an der Basis der Zelle ausgeschieden werden, so findet man sie im Querschnitt rings herum an der ganzen Oberfläche des Stranges. Oft sind die Muskelfasern in den der Körperwand zugewandten Zellen reichlicher ausgebildet (Taf. I, Fig. 11). Soweit die Taeniole reicht, verläuft der Muskelstrang im Taeniolenwulste , weiter basalwärts zieht er zwischen Ekto- und Entodermepithel zum Fuß (Stiel) hin. Durch die Kontraktion des Taeniolenmuskels werden der Kelch des Scf/jyliostoma stark verkürzt und die Mundränder weit auseinander- gezogen. Was für eine physiologische Bedeutung die durch Kon- traktion der Taeniolenmuskel n verursachte Verkürzung für das Scyphostoma hat (ob sie z. B. zum Entleeren der unverdaubaren Nahrungsreste dient?), ist nicht mit Sicherheit zu ersehen. In morphologischer Hinsicht sind die Taeniolenmuskeln sehr interessant, weil sie als ektodermale Muskeln tief in die entodermalen Taeniolen, welche wieder in den Gastralraum ragen, eingesenkt sind. Ungefähr zur gleichen Zeit mit dem Auftreten der Taeniolen- muskeln werden abermals vier Tentakeln gebildet. Es sind dies die interradialen Tentakel zweiter Ordnung. Mit diesem Stadium er- reicht das Scyphoatoina die Höhe seiner Entwicklung (es treten von nun an nnr noch weitere Tentakel auf). Bis zu diesem Stadium habe ich die Entwicklung von Chrysaora verfolgt. Im folgenden will ich einiges über den Bau des achttentakligen Scyphostoma an- geben. (31) 16 p/t Jovaii Hadzi: P Fig. 9. (32) Pig. 9 — -10. Längsschnitte durch das achttentaklige Scyphostoma von Chrysaora. Leitz, Ok. 2, Obj. 2 mit Zeichenapp. (Halbsohematisch.) Das Entoderm ist durch dunkleren Ton angedeutet. In der Pig. 9 ist der Peristommuskel getroffen (links). P Proboscis , T Tentakel , Tr Peristoratrichter , TM Taeniolenmuskel , MG Magen- divertikel, TW Taeniolenwulst, PK Peristomrand. Einige Kapitel aus der Entwicklungsgeschichte von Chrysaora. 17 Die Körperform des ausgebildeten Scyphostoma ist eine typisch becherförmige. Gegen unten hin setzt sich an den Becher ziemlich unmittelbar der Stiel an (Textfig. 9 und 10). Am Becherrande FiR. 11. -/' Querschnitt durch die orale Kegion des Scxjplwftfoma von Clirysaora. Leitz, Ok. 2, Obj. 2 mit Zeichenapp. (Halbscbematisch.) Das Entoderm ist durch einen dunkleren Ton angedeutet. An der Peripherie sieht man acht Querschnitte kegelförmiger Ento- dermzipfel. Zwischen dem Peristomrand und der Proboscis befindet sich ein Hohl- raum, d. h. das eingesenkte Peristom. P Proboscis, TTaeniole, FE Peristomein- senkung, MG Magendivertikel. PK Peristomrand. sitzen die Tentakel. Der Peristomrand ist etwas erhoben. Diese Erhebung macht auch das Entoderm mit; daher sieht man am Quer- Querschnitt durch die suborale Kegiou des Scyphostomn von Clirxjsnora. Leitz, Ok. 2, Obj. 2 mit Zeichenapp. (Halbscbematisch.) An der Peripherie statt der entoderraalen Zipfel ein beinahe einheitlicher scheinbarer Eingkanal ; nach unten folgt unmittelbar der Zentralraagen. Zwischen dem peripheren und zentralen Teil des Magens liegen die vier Peristoratrichter. TTaeniole, MG Magendivertikel, Tr Peristomtrichter. schnitte dieser Region (Textfig. 12) einen peripheren, entodermalen Ringkanal , der nach unten mit dem Zentralmagen frei kommuni- ziert und sich nach oben in acht Röhren teilt (Textfig. 11), welche Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 1. 3 (33) 18 Jovan Hadzi: ZU oberst solid werden und die entodermalen Tentakelaehsen aus- machen. Wenn man die im Text befindlichen halbschematiscben Ab- bildungen miteinander vergleicht, so wird man leicht alle diese Verhältnisse erkennen. Die Epithelien liegen nicht mehr dicht an- einander; es befindet sich dazwischen reichlich ausgeschiedene Gallerte, welche in diesem Stadium noch zellenfrei ist. An den interradial geführten Längsschnitten (durch die Taeniole und den Taeniolen- muskel) sieht man in dem peripheren Teile der oralen Region scheinbar abgekammerte Entodermsäcke (Textfig. 9) , welche aber Fig. 14. Querschnitt durch die untere Hälfte des Scy- pliostoma von Chrxjsaora. Leitz, Ok. 2, Obj. 2 mit Zeichenapp. (Halbschematisch.) Es sind vier Querschnitte der Taeniolen mit dem Mus- kelstrang im Inneren zu sehen. Dazwischen findet man die vier sekundären, schwach aus- gebildeten Magenfalten. T Taeniole, TA/ Tae- niolenmuskel, F sekundäre Magenfalten. 77if T^V Querschnitt durch die mittlere Region des Sojphoslomn von Chrysaora. Leitz, Ok. 2, Obj. 2 mit Zeichenapp. (Halbschematisch.) Zwei Taeniolenwülste sind in diesem Schnitt von der Darmwand ganz getrennt. TW Taeniolenwulst, TM Taeniolenmuskel. in Wirklichkeit an den beiden Seiten mit der Darmhöhle kommuni- zieren , gegen den Peristomrand hin in Zipfel ausgezogen sind (Textfig, 10), wie das schon oben erwälmt wurde. Außerdem kann sich der Taeniolenwulst tiefer unten von der Darmwand sozusagen abschnüren , d. h. derjenige Teil der Taeniole , der zwischen dem Wulst und der Darmwand liegt (der periphere) obliteriert stellen- weise, wodurch zwischen den benachbarten Magenrinnen eine direkte Kommunikation (Ostie) hergestellt wird (Textfig. 14); am Längs- schnitt macht dies den Eindruck einer Entodermkammer. Die Tae- niolen sind sehr mächtig geworden, ragen weit in den Gastralraum (34) Eiiiifje Kiijiitcl aus der Entwiiklunpsgcscliiclite von Cliiysaora. 19 hinein (Textfig. lo) und sind im Längsschnitt vielfach gefaltet (Textfig. 9). Es kann auch die Magenrinnenwand sanfte Falten an- legen (Textfig. lo). Die Proboscis hat sich nach außen umgeschlagen, wobei der umgeschlagene Teil vomEntoderm bekleidet ist (Textfig. 10). Über die Histologie des Scyplwstoma in diesem Stadium ist dem früheren gegenüber nichts besonderes zu bemerken. Ich möchte nur einiges über die Topographie der Muskeln angeben. Für das Sct/phostoma und die Scijphomc'dusen überhaupt ist es überaus charakteristisch , daß die Muskelfasern ausschließlich von Ektodermzellen ausgeschieden werden, was bereits Hatschek in seinem Lehrbuche der Zoologie (1888) betont hat. Die Muskeln sind in der oralen Region konzentriert, und die Taeniolenmuskel, welche ohnehin nur Derivate des Peristoms sind , durchziehen den ganzen Scj/p/tostoma-K.'ör])er bis zum Stielende. Da die beweglichsten Organe die Tentakel und die Proboscis sind, so ist auch die Musku- latur hier am besten entwickelt. Die ziemlich dicken Fasern der Tentakelmuskulatur verlaufen in der Längsricbtung der Tentakel und sind nicht quer gestreift (wenigstens ist von einer Querstreifung auch an bestdifPerenzierten mit Eisenhämatoxylin gefärbten Präpa- raten nichts zu sehen). Friedemann hat für das Scyphostoma von Aurelia angegeben, daß die Muskelfasern desselben queigestreift sind und außerdem, daß auch die Achsenzellen der Tentakeln (ebenfalls quergestreifte) Muskelfasern ausscheiden , welche aber rings um die Tentakel achse verlaufen. Ich habe bei dem Ghrysaora-Scyphostoma nach diesen entodermalen Ringrauskelfasern eifrig gesucht, konnte aber keine geringste Andeutung davon konstatieren. Man findet an den Längsschnitten der Tentakeln bloß querverlaufende Plasma- fäden, welche von Zellscheidewänden herrühren; diese könnten aber nur bei oberflächlichen Betrachtungen mit Muskelfasern ver- wechselt werden. Nachdem die Scyphosto7nen von Ghrysaora und Aurelia in ihrem Bau in so hohem Grade übereinstimmen , ist es sehr unwahrscheinlich, daß sie sich in einem so wesentlichen Punkte voneinander abweichend verhalten werden. Von den Tentakeln ziehen die Muskelfasern einerseits ein Stück lang dem Kelch entlang (Taf. II , Fig. 1), andrerseits nach innen zum Peristom. An vier Stellen, wo sich die Peristomtrichter befinden , setzen sich die vom Tentakel kommenden Muskelfasern direkt in den Taeniolenmuskel fort (Taf. II, Fig. 2). Von der Basis der Proboscii« an verlaufen Muskelfasern rings um dieselbe, einen Sphinkter bildend (Taf. II, Fig. 1). Es ist wichtig, um an der Proboscis die Grenze zwischen Ekto- und Entoderm leicht konstatieren zu können, 3 * (35) 20 Jovan Hadzi: hervorzuheben, daß die Muskelfasern an der Proboscis nur bis zu der Stelle ausgebildet sind, soweit das Ektoderm reicht. Andere Kriterien zur Erkennung der Grenze habe ich bereits früher angeführt. Überall befinden sich die Muskelfasern als basale Bildungen der ektodermalen Epithelzellen in deren Plasma eingebettet; nur in den Taeniolen- rauskeln haben wir selbständiger gewordene Muskelfasern, welche aber in der Ontogenie doch als basale Bildungen der Epithelzellen entstehen. Friedemann hat noch eine Art von akzessorischen Muskelfibrillen in den Nesselzellen beschrieben. Um das Knidarium herum sollen nämlich feine muskulöse Ringsfibrillen in mehreren Reihen ange- ordnet sein . deren Kontraktion bei der Explosion der Nesselzellen wesentlich beizutragen hätte. Abgesehen davon , daß wir in der Nesselzellforschung so weit gekommen sind, im Knidarium selbst die zur Explosion notwendige Energie gefunden zu haben (vergleiche die Arbeiten von Iwanzoff und Schneider), so daß weder Muskel- noch Gewebedruck dazu notwendig ist, also von vornherein die Angabe Friedemanns unwahrscheinlich erscheinen muß, habe ich mich durch Untersuchung überzeugt, daß es an den Kniden in der Tat keine Muskelfibrillen gibt. Die großen Nesselzellen von Ghrysaora und Aurelia (wie ich an den Zeichnungen von Friedemann gesehen habe, sind sie ganz gleich gebaut) haben die Eigentümlichkeit (wie auch die Nesselzellen mancher anderer Knidarier) , daß der Faden spiralig eingerollt i.st, der Intima der Kapsel dicht anliegt und sich mit Anilinfarbstoifen färbt; dadurch werden die Muskelfibrillen vor- getäuscht. Dies geschieht um so leichter, als man (wegen der Dünnheit und Durchsichtigkeit der Kapsel) nicht ohne weiteres entscheiden kann, ob die dunklen Konturen an der Kapsel oder in derselben ge- legen sind. Wenn man sich aber doch durch genauere Betrachtung über- zeugen kann, daß die scheinbaren Fibrillen in der Kapsel liegen und nur den eingerollten Faden vorstellen, kann man dies mit voller Sicher- heit tun, wenn man eine explodierte, aber noch von der ihr zuge- hörigen Zelle umgebene Knide betrachtet, da ist von Ring- fibrillen keine Spur. Friedemann hat selbst eine solche Knido- zyte abgebildet — ohne Muskelfibrillen. Es sind des öfteren in der Nesselzelliteratur Angaben über Vorkommen von Muskelfasern an Nesselzellen gemacht worden, und alle diese haben sich stets als irr- tümlich erwiesen. Ich will meine Beobachtungen über die Knospung des Scypho- stoma von Ghrysaora nicht unerwähnt lassen, weil nicht nur über Knos- pung von Ghrysaora, sondern von den Discomedusenlarven überhaupt (36) Einige Kapitel aus der Entwicklungsgeschichte von Chrysaora. 21 nur sehr dürftige Angaben bestehen. Von der ältesten diesbezüg- lichen Literatur (Sars, Dalyell, Aqassiz) können wir wohl absehen, weil die Knospung darin rein äußerlich beschrieben worden ist. Für uns ist aber gerade die Kenntnis der inneren Vorgänge interessant, speziell die Mundbildungsart, um diese mit der Mund- bildungsweise der auf geschlechtlichem Wege entstandenen In- dividuen vergleichen zu können. Gleich jetzt will ich erwähnen, daß es bis jetzt keine einzige Angabe gibt, wonach an dem durch Knospung entstandenen Tocbterindividuum der Mund (und somit die weitere Entwicklung) nach der GoETTEschen Art geschehen soll, obwohl GoETTE sclbst die Knospung bei dem Scyphostoma von Gotylorhiza beschrieben hat. Nach Goette verläuft die Knospung bei Gotylorhiza ganz eigentümlich. An dem vom Muttertier abge- wendeten Pole des Tochtertieres soll der Stiel entstehen. Die Knospe löst sich vom Muttertier ab und schwimmt mittels Wimpern davon. Bei der Besprechung der Mundbildung an der Knospe erwähnt Goette von der Schlundbildung nichts. Wenn Goette etwas davon gesehen hätte, so hätte er es gewiß erwähnt. Auch Claus bespricht die Knospung bei Gotylorhiza ^ aber ganz allgemein, so daß wir über die Mundbildung und weitere Entwicklung nichts erfahren. Bei der Knospung des Scyphostoma von Ghrysaora herrtchen ganz typische Verhältnisse. Die Knospe entsteht an der Grenzzone zwischen dem Kelch und Stiel, u. zw. aus beiden Blättern, als ein ovoider Auswuchs, in deren Mitte schon frühzeitig die Gastralhöhle auftritt. (Taf. I, Fig. lo.) Eine Bewimperung des Ektoderms habe ich nicht beobachtet. Die Knospe löst sich nicht in diesem Stadium los, sondern sie entwickelt sich weiter am Muttertiere verbleibend. (Textfig. 15.) Die Gastralhöhle der Knospe kommuniziert mit der des Muttertieres. Das Entwicklungsstadium, an welchem der Mund eben gebildet wird, habe ich nicht zur Beobachtung bekommen; das stört aber nicht besonders, da man aus einem etwas vorge- schritteneren Stadium auch durch den Vergleich mit dem ent- sprechenden Stadium der geschlechtlich entstandenen Individuen, ohne den geringsten Zweifel aufkommen zu lassen, schließen kann , daß die Mundbildung und die weitere Entwicklung ebenso vor sich geht, wie es bei dem Muttertier der Fall ist. Das ist übrigens auch zu erwarten. Auf Taf. I , Fig. 14 ist die Mundpartie eines Längs- schnittes durch die Knospe abgebildet. Hier finden wir auch die innere Proboscisauskleidung (den Wulstj vom übrigen Entoderm histologisch abweichend ausgebildet, gerade bis zu dem Proboscisrande, (37) 22 Jovan Hadzi: an welchem das Ektoderm beginnt. Auch die Muskelfasern des Pro- boscissphinkters sind nur bis zu dieser Grenze ausgebildet (und zwar nur von Ektodermzellen ausgeschieden). Wir finden also ganz die- selben Verhältnisse an der Knospe wieder, wie bei dem Muttertier. Das älteste Knospenstadium, das zur Beobachtung kam, war, ein viertentakliges, mit Taeniolen und Taeniolenmuskeln . von ty- pischer Becherform, mit weit geöffneter Mundöifnung. Die Knospe gibt ganz dasselbe Bild wie das Muttertier (Textfig. 15); sie ist nur viel kleiner. Diese viertentaklige Knospe enthält kein Zeichen Fig. 15. Längsschnitt durch ein knospendes Scyphostoma von Chnjsaora. Leitz, Ok. 2, Obj. 3 mit Zeichenapp. (Halbsohematisch.) Der Stiel des Scyphostoma, der an den weiteren Schnitten vorhanden ist, ist durch Punkte angedeutet. P Proboscis, T Tentakel, Tn Taeniole. einer etwaigen baldigen Absehnürung. Ob und wann die Abschnü- rung erfolgt, kann ich nicht angeben. Die Stolonenbildung wurde nicht beobachtet. Schlußbetrachtungen. Der Zweck dieser Untersuchung soll sich nicht in der einfachen Feststellung der Entwicklungsweise des Sc>/phostoma von Chrysaora er- schöpfen, sondern ich will auf Grund des Vorgefundenen, und im An- schluß an die Ergebnisse der Untersuchungen über die Discomedusen- entwicklung anderer Autoren , weiter gehen und einiges über die Stellung der Discomedusen und der ihnen verwandten Formen inner- (38) Einige Kapitel aus der Entwiciclungsgeschichte von Clirysuora. 23 halb des Tierkreises der Knidarier sagen. Das ist um so mehr an- gezeigt, als GüETTE, sich auf die von ihm behauptete Schlund- bildung in der Ontogenie der Discomedusen stützend, in der Syste- matik der Knidarier Veränderungen durchgeführt hat, in der Richtung, daß er die Scyphomedusen , Anthozoen und Ctenophoren in eine Klasse, die Scrjyhozoa vereinigt hat, dabei natürlich auf eine nähere phylogenetische Verwandtschaft aller dieser Gruppen schließend. Als die allen Scypliozoen gemeinschaftliche Larvenform wird die Scyphula hingestellt. Die Ctenophoren kann ich gleich von diesen Betrachtungen ausschließen , da sie allgemein und mit vollem Rechte als selbständige Gruppe vom Kreise der Knidarier getrennt werden. Die Zusammenfassung der Scyphomedusen mit den Antho- zoen zu Scyphozoen hat sich trotz Einwendung von Claus ziemlich allgemein erhalten. In der neuesten Zeit hat sich Hein gegen die Aufstellung des Begriffes Scyphozoa im Sinne Goettes ausge- sprochen, hat zwar seine eigene Anschauung nicht formuliert, wohl aber darauf hingewiesen, daß die Discomedusen in ihrer Ontogenie ein den Hydrozoen ähnliches Stadium durchlaufen. Hyde, die Schülerin Goettes, hebt als die wichtigste ihrer Beobachtungen hervor, „daß der ektodermale Schlund sich nicht wieder ausstülpt", würde die Schlundpforte zur Mundbildung führen , so wären die Scyphomedusenlarven den Hydropolypen gleich. Da bei Ghrysaora und nach Hein hoi Aurelia und CotylorMza in der Ontogenie das Scyphula-Stadium, worauf Goette seine Be- urteilung der Scyphomedusennatur gegründet hat, nicht vorkommt, so fällt konsequenterweise auch die von Goette gemachte Schluß- folgerung weg. Nur bis zum Planulastadium verläuft die Ontogenie der Scyphomedusen jener der Anthozoen ähnlich , andrerseits auch jener der Hydrozoen; dann treten Entwicklungsvorgänge auf, welche durchaus nur den Scyphomedusen eigentümlich sind, so daß uns die Ontogenie keine positiven Kriterien in die Hand gibt. wonach wir auf eine engere Verwandtschaft der Scyphomedusen zu den Anthozoen oder den Hydrozoen schließen dürften. Wir sehen, daß manche Forscher (z.B. R. Hertwig. W. Küken thal) bloß auf Grund der Bauplan Verschiedenheiten der ausgewachsenen Tiere, ohne Berücksichtigung der Entwicklungs- geschichte, die Scyphomedusen als selbständige Klassen neben Hy- drozoen und Anthozoen hingestellt haben. Wenn man aber auch die Entwicklungsgeschichte in Betracht zieht und sieht, daß sich die Scyphomedusen auch darin selbständig verhalten, so wird man um so mehr die Selbständigkeit der Scyphomedusen zugeben, was man (39) 24 Jovau Hadzi: im System am besten dadurch zum Ausdruck bringen kann, daß man eben die Scypliomedusen als eine Klasse für sich im Kreise der Knidarier aufstellt. Auf die Unterschiede zwischen Scypho- medusen, Anthozoen und Hydrozoen im Bau der ausgewachsenen Tiere brauche ich hier nicht einzugehen, da sie allgemein be- kannt sind. Unter den Hjalrozoen gibt es zwei Formentypen: Polypen und Medusen, beide sind aufeinander zurückfiihrbar und sind von un- gefähr gleich häufig. Unter den Scyphomedusen finden w^ir auch Polypen und Medusen, es tritt jedoch die Polypenform stark zurück. Unter den Anthozoen herrscht ausschließlich die Polypenform. Es wäre nach dem Dargelegten unangebracht, die Scyphomedusen als Medusenformen anthozoenähnlicher Polypen anzusehen (also ein Verhältnis, wie etwa zwischen Medusen und Polypen inner- halb der Hydrozoa). Die Scyphomedusen haben vielmehr ihre eigene Polypenform. Was die stammesgeschichtlichen Beziehungen aller drei Polypenformen untereinander anbelangt, z. B. ob sich der Scyphopolyp schon sehr frühzeitig selbständig gemacht hat, oder ob er doch näher dem Anthopolyp als dem Hydropolyp steht (wie es z. B. Haeckel in seiner „Systematischen Pbylogenie" II, 1896, annimmt), kann man nur Vermutungen äußern ; derzeit gibt es keinen zwingenden Grund, an eine nähere Verwandtschaft zwischen den Scyphopolypen und iVnthopolypen zu denken. In rein systematischer Hinsicht wären die drei Polypenformen (welche allgemein und mit Recht als ursprüngliche der Medusen- form gegenüber gehalten werden) folgendermaßen zu charakterisieren (die allen Polypen gemeinschaftlichen oder nur unwesentlichen Charaktere sind nicht berücksichtigt): 1. Hj^dropolyp: Ohne ektodermales Schlundrohr; ohne echte Taeniolen ; die Muskelfasern w^erden als basale A nhänge von Zellen des Ekto- und Entoderms gebildet; die Gastralhöhle ist einheitlich; im Falle der Geschlechtsreife ektokarp; Zwischensubstanz zellenfrei; die Medusen entstehen am Polypen durch Knosp ung. 2. Scyphopolyp: ohne ektodermales Schlundrohr; vier echte, rein entodermale Taeniolen mit ektodermalem Muskelstrang; die Muskelfasern nur vom Ektoderm geliefert; die Gastralhöhle geteilt; im Falle der Geschlechtsreife entokarp; Zwischenschichte zellen- haltig; die Medusen entstehen am Polypen durch Strobilisation. 3. Anthopolyp: mit ektodermalem Schlundrohr, echte Septen mit entodermaler Muskulatur; der der Gastralhöhle zugekehrte Teil des Septums ektodermal (Wilson); Muskeln ekto- und entodermal; (40) Einige Fvaiiitel ans der Entwicklungsgeschichte von Chrysaora. 25 Gastralhühle vielfach geteilt; entokarp; Zwischensubstanz zellen- haltig; es werden keine Medusen gebildet. Wie wir sehen, gibt es Charaktere, die dem Seyphopolyp und Hydropolyp gleichartig zukommen , andrerseits solche , die dem Scypho- und Anthopolyp gemeinschaftlich sind und zuletzt auch solche, die nur dem Seyphopolyp eigen sind. In histologischer Hinsicht steht der Seyphopolyp viel näher dem Hydropolyp als dem xlnthopolyp. Es wäre zuletzt noch notwendig, den Scyphomedusen (Acalephen) einen , der Klassenbezeichnung der zwei übrigen Knidariergruppen (Hydro-zoa, Antho-zoa) entsprechenden Namen zu geben. Dazu wäre wohl in erster Linie der Ausdruck Scyphozoa geeignet , welchen R. Hertwig in seinem „Lehrbuch der Zoologie" in diesem Sinne auch gebraucht. Obwohl der Ausdruck Scyphozoa schon früher von GoETTE in anderem Sinne (für die Scyphomedusen, Anthozoen und Ctenophoren zusammen) gebraucht worden ist, möchte ich ihn doch, weil er sehr geläufig und bezeichnend ist, anstatt einen neuen Aus- druck zu schaffen, beibehalten. Es würden somit unter Scyphozoa die Scyphomedusen (Acalephen) zu verstehen sein. Der Name Scypho- zoa kommt ja von jenem des Scyphostoma her, womit das jugend- liche polypoide Stadium der Discomedusen bezeichnet wird. Um eine Verwechslung der Bedeutung des Ausdrucks Scyphozoa zu vermeiden, weil damit einerseits die Scyphomedusen, Anthozoen und Ctenophoren zusammen (Goette), andrerseits die Scyphomedusen und Anthozoen (allgemein verbreitet) bezeichnet wurden, kann man, wenigstens in der ersten Zeit, solange sich diese Bezeichnung in meinem Sinne noch nicht eingebürgert hat , mit der besonderen Bezeichnung : sensu strictiori (s. str.) gebrauchen. Somit hätten wir folgende drei Klassen der Knidarier: 1. Hydrozoa, 2. Scyphozoa (s. str.), 3. Anthozoa. (41) 26 Jovan H a d z i : Literaturverzeichnis. Die älteren Arbeiten findet man bei Claus und Haeckel verzeichnet. 1. C. Claus: Studien über Polypen und Quallen der Adria. I. Acalephen (Disco- medusen) mit 11 Taf. Wien 1877. 2. C. Claus: Untersuchungen über die Organisation und Entwicklung der Medusen. Prag, Leipzig 1883. 3. C.Claus: Über die Entwicklung des Scijphostoma von CotylorMza, Aurelia und Chrysaora, etc. I. Arb. d. zool. Inst. d. Univ. Wien u. d. zool. Station in Triest, Bd. IX, 1891. 4. C. Claus: Über die Entwicklung des Sci/jyhostoina von Coti/lorhiza, Aurelia und Chrysaora etc. II. Arb. d. zool. Inst. d. Univ. Wien u. d. zool. Station in Triest, Bd. X, 1893. 5. 0. Friedemann: Untersuchungen über die postembryonale Entwicklung von Aurelia aurita. Zeitsclir. f. wiss. Zool., Bd. 71, 1902. 6. A.Goette: Entwicklungsgeschichte der Aurelia aurita uni Coti/lorJriza tuher- culata. Hamburg und Leipzig 18S7. 7. A. Goette: Vergleichende Entwicklungsgeschichte von Pelagia noctiluca Per. Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. 55. 1893- 8. A. Goette: Einiges über die Entwicklung der Scyphopolypen. Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. 63, 1898. 9. A.Goette: Wie man Entwicklungsgeschichte schreibt. Zool. Anzeiger, Bd. 33, 1900. 10. E. Haeckel: Metagenesis und Hypogenesis von Aurelia aurita. Jena 1881. 11. W.Hein: Untersuchungen über die Entwicklung von Aurelia aurita. Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. 67, 1900. 12. W.Hein: Untersuchungen über die Entwicklung von Cotylorliiza tuherculata. Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. 73, 1903. 13. J. Hyde: Entwicklungsgeschichte einiger Scyphomedusen. Zeitschr. f. wiss. Zoologie Bd. 58. 1894. 14. A. Kowalewsky: Beobachtungen über die Entwicklung der Coel enteraten. Mitt. d. k. Gesellsch. d. Liebhaber d. Nat. etc., Bd. X, 1874 (russisch). (42) Einige Kapitel aus der Entwicklungsgescliichte von Clirysaora. 27 Tafelerklärung. Alle Abbildungen sind mit Hilfe des ZEissschen (AßBESclien) Zeiclienapparates an- gefertigt. Beobachtet wurde am Mikroskop der Firma E. Leitz, "Wetzlar. Sämtliche Figuren beziehen sich auf Larven von Clirysaora. Taf. I. Fig. 1. Längsschnitt durch eine junge Larve von Clirysaora, die sich an der Ulva festgesetzt hat. Der Stiel ist schon gebildet; der Mund ist noch nicht durch- brochen. Gez. nach Leitz Okul. 4, Obj. 5. Arbeitstischhöhe. Fig. 2 — 4. Längsschnitte durch eine Larve, welche eben den Mund gebildet hat. Es sind drei nacheinander liegende Schnitte. Gezeichnet nach Leitz Okul. 4, Obj. 5. Fig. 5- Längsschnitt durch eine Larve mit bereits gebildetem Mund. Gez. nach Leitz Okul. 4, Obj. 5. Fig. 6. Querschnitt durch die obere Hälfte der Larve. Im Entoderm noch keine Falten. Gez. nach Leitz Okul. 4, Obj. 5. Fig. 7. Längsschnitt durch eine viertentaklige Larve. Gez. nach Leitz Okul. 4, Obj. 5. Fig. 8. Querschnitt durch eine viei'tentaklige Larve. Die Taeniolen sind schon ange- legt. Gez. nach Leitz Okul. 4, Ob. 5. Fig. 9. Teil eines Längsschnittes einer achttentakligen Larve, die Taeniole, den Muskel und den Peristomtrichter zeigend. Gez. nach Leitz Okul. 4, Obj. 3. Fig. 10. Querschnitt durch den Taeniolenwulst. Im Inneren der Taeuiolenmuskel. Gez. nach Leitz Okul. 4, Obj. 5. Fig. 11. Querschnitt durch den Taeniolenwulst. Im Taeniolenmuskel ist das Lumen deutlich sichtbar. Gez. nach Leitz Okul. 4, Obj. 5. Fig. 12- Längsschnitt. Aufangsstadium der Peristomtrichterbildung an einer vier- tentakligen Larve. Gez. nach Leitz Okul. 4, Obj. 5. Fig. 13. Längsschnitt durch eine junge Knospe. Gez. nach Leitz Okul. 4, Obj. 5. Fig. 14. Ein Teil des Längsschnittes einer viertentakligen Knospe. Die Proboscis mit den ektodermalen Muskelfasern. Gez. nach Leitz Okul. 4, Obj. 5. Tafel II. Fig. 1. Längsschnitt durch "eine achttentaklige Larve im Kontraktionszustande. Gez. nach Leitz Okul. 4, Obj. 5. Fig. 2. Längsschnitt durch eine achttentaklige Larve die Richtung der Muskelfasern zeigend. Gez. nach Leitz Okul. 4, Obj. 5. (43) 28 Jovan Hadzi: Einige Kapitel aus der Entwicklungsgeschichte etc. Fig. 3. Längsschnitt durch die Planula. Das Entoderra fängt sich an zu differenzieren^ Gez. nach Lejtz Okul. 4, Obj. 7. Allgemein gültige Bezeichnungen. P, Proboscis. PB, Peristomtrichter. PS, Sphinkter der Proboscis. T, Tentakel. TIS, Taeniole. TM, Taeniolenmuskel. TMn, Tentakeimuskel. (44) Das Rückengefäß der Mallophagen. Von Leopold Fulmek. (Mit 2 Tafelu.) Historische Einleitung.^) Seit Malpighi das längs des Rückens der Insekten hinziehende Gefäß hei Bombyx mori entdeckt und als große Pulsader beschrieben hatte, begnügten sich die nächsten Autoren, ihr Vorhandensein bei den übrigen Insektengruppen festzustellen. Während aber Malpighi selbst und Swammerdam sich bereits eine ziemlich richtige Vor- stellung von dem Kreislaufsystem der Insekten gebildet hatten, wurde diese wieder fallen gelassen und spätere Forscher, wie 1) Berücksichtigte Literatur: Malpighi, Dissertatio de bombyce. London 1669. — CuviER, Sur la maniere, dont se fait la nutrition dans les Insectes, in Mem. de la soc. d'hist. nat. de Paris 1798, Tom. VII. — J. Müller, Dissertatio de vase dorsali Insectorum. Berol. 1816. — Herold, Über das Riickeng-efäß der Insekten. Marburg 1824. — CG. Carus, Die Entwicklung eines einfachen, vom Herzen aus beschleu- nigten Blutkreislaufes in den Larven netzflügliger Insekten. Leipzig 1827. — Straus- DüRKHEiM, Considerations generales sur l'anatomie comparee des auiniaux articules, etc. Paris 1828. — Ttrell, In Philosophical Transactions. 1835, p. 317. — Burmeister, Handbuch der Entomologie. Bd. I, S. 16-4 und 436. Berlin 1838. — Dufour, Etudes anatomiques et physiologiques sur une Mouche etc. Annal. de sc. nat. Zool. 1841, Ser. 2, Tom. XVI. — Wedl, Über das Herz von Menopon pallidum. Sitzber. d. kais. Akad. d. Wiss. Wien 1855 , Bd. XVII. (Auch französisch : Sur la circulation chez le Menopon pallidum, in l'Institut. Tom. XII, Nr. 1140.) — Leydig, Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Tiere. Frankfurt a. M. 1857, S. 443. — F. Kramer, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Gattung Philopterus. Zeitschr. f. wiss. Zool. 1869, Bd. XIX. — Giebel, Insecta epizoa. Die auf Säugetieren und Vögeln schmarotzenden Insekten; nach Gh. L. Nitzsch' Nachlaß bearbeitet. Leipzig 1874. — Piaget, Les Pediculines. Leydenl880, Suppl. 1885. — F. Gbosse, Beiträge zur Kenntnis der Mallophagen. Zeitschr. f. wiss. Zool. 1885, Bd. XLII. — Snodgrass, The Anatomy of the Mallophaga. Contr. Hopk. Seaside Labor. Calif. Acad. of Sc. 1899, Vol. VI, Nr. 19. — Fulmek, Beiträge zur Kenntnis des Herzens der Mallo- phagen. Zool. Anz. 1905, Bd. XXIX. (45) 2 Leopold Fulmek: Reaumur, de Geer, Lyonet und Cuvier, haben das Rücken- gefäß der Insekten als ein allseitig geschlossenes G-efäß beschrieben, das einfach als Behälter für die Ernährungsflüssigkeit dienen sollte, welche lediglich auf osmotischem Wege die Wand des Behälters passiere. In der Folge gelang es erst Cards, die „Saftbewegung" nicht bloß im Rückengefäß , sondern auch in den übrigen Teilen des Leibes neuerdings zu entdecken und Straüs-Dürkheim hat den Bau des Rückengefäßes richtig erkannt. Aber noch im Jahre 1841 bestreitet DuF CUR den Blutkreislauf bei den Insekten, obwohl schon Burmeister, Tyrell u.a. vor ihm denselben direkt be- obachtet hatten , und sieht das Rückengefäß als Sekretionsorgan ohne Öffnungen an, wobei er sich auf Cuvier beruft, der dem Vas dorsale der Insekten weder den Namen noch die Funktion eines Herzens zukommen lassen wollte. Kein Wunder, wenn unter solchen Anschauungen die Angaben über das schwerer zu beobachtende Rückengefäß der Mallophagen erst in späte Zeit fallen. Irrtümlicherweise haben frühere Autoren die rhythmischen Bewegungen des leicht bemerkbaren Kropfes für die Kontraktionen des Herzens gehalten. Die erste ausführliche Beschreibung des eigentlichen Rückengefäßes der Mallophagen aber verdanken wir Wedl (1855). Wenn auch Leydig zwei Jahre später in seinem Lehrbuch der Histologie ziemlich ablehnend Wedls Befunden entgegentritt und eine viel naturgemäßere Abbildung der von Wedl untersuchten Form (Menopon palliihmi) bringt, so ge- bührt doch diesem das Erstrecht, das für die Mallophagen typische Verhältnis erkannt zu haben. Nach Wedls Angaben ist bei Menopon pallidum als Herz. d. i. als eigentlicher Herd der Kontraktionen, aliein der hinterste Abschnitt des Rückengefäßes anzusehen. Es liegt in der Mitte des achten Seg- mentes, zu beiden Seiten von je einer „feinen Molekülmasse" in Form eines Kugelsegmentes besetzt, welche Leydig den zplligen Gebilden längs des Rückengefäßes von Corethra für homolog erachtet. Wedl hat ferner ein hinteres „Venenpaar" besehrieben, das Leydig richtig als Flügelmuskeln erkannte; auch sind von letzterem zwei Paare von Spaltöffnungen am Herzen konstatiert worden. Auf Wedls weitere Daten über „Papillarmuskeln", Blutflüssigkeit und Herztätigkeit wird in der vorliegenden Arbeit an geeigneter Stelle Bezug genommen werden. Nach vorne setzt sich das Herz in eine Aorta fort, an deren Innenseite Wedl Klappen zu bemerken glaubte. i) *) Wedl hat auch andere Formen, wie Lipenrus variabili!^, Goniode.s- colciiici und Docophorus atratus in den Kreis seiner Beobachtung gezogen , mußte aber hier (46) Das Rückengefäß der Mallophagen. 3 Wir können also bereits für das tj^pische Verhalten folgenden Satz formulieren: „Am Rückengefäß der Mallopliagen lassen sich zwei Abschnitte deutlich unterscheiden 1. der hintere, welcher allein mit Ostien versehen als der eigentliche Pumpapparat anzusprechen ist, das Herz, 2. der vordere, gefäßartige Abschnitt, welcher keine Spalten besitzt, die Aorta." Wedls und Leydigs Bilder sind die einzigen, welche bisher vom Herzen der Mallophagen in der Literatur gegeben worden sind. Unter den späteren Autoren, welche sich mit der Anatomie dieser Tiere beschäftigt haben, ist nur Kram er hervorzuheben, der in seinen „Beiträgen zur Anatomie und Physiologie der Gattung Philopterus" eine ausführliche Beschreibung des Rückengefäßes von Lijjeunis jejünus gibt. Nach diesem Autor pflanzt sich die pulsie- rende Bewegung vom Herzen, das mit nur vier Öffnungen zum Eintritt der sehr wenig zahlreichen Blutkörperchen und der Blut- flüssigkeit versehen ist, noch bis etwa über die Mitte der Aorta nach vorne fort. Die Flügelmuskeln sind auf ein geringstes Maß reduziert und bilden nur an dem hintersten Ende des Rückengefäßes ein völlig lockeres Geflecht. Sie sitzen mit gabelig geteiltem Ende an der Herzwand, welche hie und da helle Kerne bemerken läßt. Kramers Nachfolger, Giebel, Piaget, Grosse u.a., be- gnügen sich, auf ihre Vorgänger äu verweisen. Auch der letzte üntersucher, Snodgrass, zitiert in seiner Arbeit über die Anatomie der Mallophagen in dem Abschnitt „The dorsal vessel" pag. 173—175 die Angaben Wedls und Kramers und stellt die voneinander etwas abweichenden Befunde der beiden Autoren ohne eigene ein- gehende Studien, entsprechend den beiden Subordines Ämhhjcera und Ischnocera (Kelloggi), einander gegenüber. In allen neueren i^rbeiten also ist das Rückengefäß der Mallo- phagen stets mit wenigen Worten abgehandelt worden, wofür haupt- sächlich die Schwierigkeit der Beobachtung verantwortlich gemacht wegen der Schwierigkeiten der Beobachtung auf nähere Einzelheiten verzichten und sich mit der Bestätigung ähnlicher Verhältnisse wie bei Menopon begnügen. ^) Die gegenwärtige Gruppierung der Mallophagen gestaltet sich in folgen- der Weise: Ordo: Mallophaga. 1. Subordo : Ischnocera. 1. Farn.: Philopteridae. 2. Fam.: Trichodectidae. 2. Subordo: Amblycera. 1. Fam.: Liotheidae. 2. Fam.: Gyropidae. (47) 4 Leoijold Fulmek: wird. Dieser Umstand veranlaßte mich, auf Anraten meines Lehrers Prof. Dr. K. Gkobben die Untersuchung des Rückengefäßes der Mallopbagen zu übernehmen und ich möchte gleich an dieser Stelle den vorzüglichsten Dank meinem hochverehrten Lehrer aussprechen für das Wohlwollen und die Aufmunterung, ohne die ich mich an eine anfangs so aussichtslos scheinende Aufgabe nicht herangewagt haben würde. Gleichzeitig fühle ich die angenehme Pflicht Herrn Prof. Dr. Th. Pintner zu danken, dessen umsichtige Fürsorge mir Material zu beschaffen ermöglichte und die notwendige Lite ratur zur Verfügung stellte. Material und Untersuchungsmethode. Zur einleitenden Orientierung über die Morphologie der Mallo- pbagen dienten mir einige Präparate, welche mir Herr Privatdozent Dr. F. Werner in liebenswürdigster Weise zur Verfügung stellte. Zu meinen eigentlichen Untersuchungen verwendete ich jedoch nur lebendes Material, da bei konservierten Tieren in toto über feinere Strukturen höchst spärliche und nur sehr unklare Aufschlüsse zu erhalten sind. So kamen im Verlaufe meiner Arbeit Goniocotes com'par , Lipeurus haculus und ein Nirmus sp. von der Haustaube (Columha livia) , Lipeurus jejunus von der Hausgans (Anser anser) Gyropus gracüis und G. ovalis vom Meerschweinchen (Cavia cohaya), Menopon pallidum vom Haushuhn (Gallus domesticus) und Triclio- dectes fiubrosfratus von der Hauskatze (Felis maniculata domestica) zur Beobachtung. Gleich hier möchte ich nicht versäumen , auf das Mißverhältnis in der Zahl der mir zur Verfügung gewesenen Vertreter beider Subordines der Mallophagen hinzuweisen , indem vier der von mir untersuchten Gattungen — Trichodectes, Goniocotes, Lipeurus und Nirmus — den Ischnocera und nur zwei — Menopon und Gyropus — den Amblycera angehören. Insbesonders für die Unterordnung der Amblycera dürfte deshalb eine Verallgemeinerung meiner Ergebnisse erst von weiteren Untersuchungen abhängig sein. Ich habe die Tiere durchwegs trocken auf dem Objektträger unter einem mit Wachsfüßchen gestütztien Deckgläschen untersucht. So konnte ich an warmen Sommertagen die zu beobachtenden Tiere zwei bis drei Tage lebend unterm Deckgläschen erhalten. Auf- hellende Mittel (Glyzerin, Terpentin, Nelkenöl), wie sie Wedl bei lebenden Tieren empfiehlt, haben keine befriedigenden Bilder geliefert , da bei der durch sie erzeugten gleichmäßigen Helligkeit das Körperhafte der einzelnen Organe sowie ihre Grenzen ver- schwinden und der Fettkörper, der bei reichlicher Entwicklung (48) Das Rückengefäß iler MallopliaKen. 5 die Beobachtung des Herzens geradezu unmöglich macht, dennoch nicht in der erwünschten Weise durchsichtig wird. Schließlich hindert oft der dunkle Inhalt des Enddarmes (besonders der Rektal- ampulle) für längere Zeit den Durchblick. Die schiefe Beleuchtung durch Spiegelverstellung leistet zuweilen für die körperliche An- schauung wesentliche Dienste. Dennoch ist die Untersuchung eine ziemlich langwierige und es werden manche Fragen , die ich un- beantwortet lassen mußte, noch einer späteren Untersuchung zur Beantwortung vorbehalten sein. Was ich am konservierten Mate- rial und an Schnitten erzielte, darauf komme ich im histologischen Teile meiner Arbeit zu sprechen. Die Ergebnisse der Arbeit. A. Morphologie. 1. Das Herz, i) Wie bereits erwähnt, lassen sich am ßückengef äß der Mallo- phagen zwei besondere Abschnitte deutlich unterscheiden, der hinten gelegene sackartig erweiterte, allein mit Spaltöffnungen versehene Teil, den ich dem allgemeinen Sprachgebrauch gemäß als Herz bezeichne, und der vom Herzen aus nach vorn ziehende, röhren- artige, spaltenlose Abschnitt, die Aorta. Das Herz liegt dorsal vom Darm, hinter der Rektalampulle, hart unter der Chitindecke im drittletzten , beim Männchen mancher Formen im vorletzten Segment; es ist in der Regel dasjenige Segment, welches das letzte Stigmenpaar trägt. 2) Das hintere Ende des Herzens hat also die Lage, wie sie für die übrigen Insekten angegeben wird. Während aber bei den 1) Berücksichtigte Literatur: Außer Wedl, Leydig, Kramer, Snodgkass noch: V. Graber, Über den propulsatorischen Apparat der Insekten. Arch. f. mikr. Anat. 1873, Bd. IX. — Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbel- losen Tiere. Jena 1894. — K. C. Schneider, Lehrbuch der vergleichenden Histologie. Jena 1902- — Popovici-Baznosano , Beiträge zur Kenntnis des Zirkulationssystems der Insekten. Jen. Zeitschr. f. Naturwissensch. 1905, Bd. XL. 2) Enderlein zählt das letzte stigmentragende Segment bei den Mallophagen als achtes, obwohl nach seinen eigenen Angaben die erste Bauchplatte stets fehlt und die erste Rnckenplatte nur in seltenen Fällen (hä,ufiger bei Jugend formen) vor- handen ist. Es würde aber zu einer unnötigen Konfusion fuhren, diese Zählung bei- zubehalten, da sie nach dem tatsächlichen Verhältnis beim ausgebildeten Tier nicht in Rechnung gezogen werden kann. Ich zähle die Segmente, wie sie beim ausge- bildeten Tier zu erkennen sind und das Herzsegment in der Regel als siebentes. Vergl. Enderlein, Über die Morphologie, Gruppierung und sj^stematische Stellung der Corrodentien. Zool. Anz. 1903, Bd. XXVI; auch Heymons, Der morphologische Bau des Insektenabdomens. Zool. Zentralbl. 1899, VI. Jahrg. Arbeilen aus den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 1. 4 (49) 6 LeopoM Fulniek: Apter^^gogenea das Herz mit seinem Vorderende sich bis ins letzte, sogar noch bis ins vorletzte Thorakalsegment, bei den Insekten in den meisten Fällen bis ins erste Abdominalsegment erstreckt, erscheint es bei den Mallophagen sehr verkürzt und überschreitet im allgemeinen nie die Länge des Segmentes . in welchem es ge- funden wird. Bei Lipeurus baculus , der häufigsten Mallophagenform auf der Haustaube, liegt das Herz im drittletzten (siebenten) Abdominal- segment, stets in der für diese Form charakteristischen Lagerung asymmetrisch nach links mit seinem Vorderende verschoben (Taf. 1. Fig. 1). Diese Lage scheint durch die hier verhältnismäßig viel Raum beanspruchende Rektalampulle bedingt zu sein; bei jungen Tieren ist die seitliche Verdrängung noch nicht so stark aus- geprägt. Das Herz ist vor dem medianen Winkel der vor- dersten linken Spaltöffnung dorsal nahe der Segmentgrenze des sechsten und siebenten Segmentes an der Körperdecke befestigt (Taf. I, Fig. 3 a). Das Herz hat die Form eines langgestreckten Sackes und erreicht die größte Längenausdehnung uuter allen von mir beobachteten Mallophagenformen, indem es in schiefer Richtung das Segment durchziehend dessen ganze Länge einnimmt. Von ähnlicher Lagerung und Ausdehnung fand ich das Herz nur noch bei einem leider nicht näher bestimmbaren Nirmus sp.; doch ist hier die Verdrängung des Herzens nach der Seite nur ein Ausnahmsfall, während seine Längsausdehnung in der Regel, wie auch bei den folgenden Formen , streng mit der Medianlinie des Tieres zusammenfällt. Das Herz liegt bei dem Ninnus sp. seiner Hauptausdehnung nach im siebenten Segment , reicht aber mit seinem Hinterende ein wenig noch ins achte Segment hinein. Im Gegensatze zu den beiden erwähnten Formen erscheint das Herz der übrigen Mallophagen als kurzes , eiförmiges Säckchen (Taf. II, Fig. 4 , 5), das sich ziemlich plötzlich nach vorne in die Aorta verengt. Es liegt in dem das letzte Stigmenpaar tragenden Segment , welches . wie bereits erwähnt . am erwachsenen Tier das siebente ist. Bei Menopon pallidum liegt das Herz im achten Segment. Beim Männchen von Goniocotes compar, dessen Hinterleib in eigen- tümlicher Art verkürzt erscheint, liegt das Herz mit seiner hinteren Hälfte zwar in dem sehr schmalen siebenten Segment, ragt aber zur Hälfte noch in das vorhergehende (sechste) Segment hinein. Gewöhnlich fallen Hinterende des Herzens und Segmentgrenze zu- sammen; aber nicht selten ragt jenes noch in das nächstfolgende Segment hinein. (60) Das Rückfiigerali der Mallnpliagen. 7 An seinem Hinterende ist das Herz blindgescblossen und bei < chilensü (jetzt Menopon titan) gibt, möchte ich auf den letzterwähnten Typus beziehen; er sagt: ..das Herz liegt dorsal vom Darm seitlich von starken Fettkörperwülsten begrenzt". Die Zahl der Zellen, welche die perlschnurartigen Stränge zu beiden Seiten bei den Ischnocera aufbauen, ist nicht immer konstant. Bei Lipeurus wurden meist sechs Zellen beobachtet, ebenso konnte ich bei den übrigen Formen häufig sechs Perikardialzellen auf jeder Seite des Herzens feststellen. Im allgemeinen geht ihre Zahl nicht unter vier jederseits herab. Bei frisch gehäuteten, jungen Tieren ist die Zahl eine beträchtlich größere. So sah ich z. B. bei einem Ninnus an Stelle der einfachen Stränge je eine Doppelreihe von mindestens sieben Zellen. In diesem Falle waren die Zellen bedeutend kleiner und ließen einen kleinen Kern deutlich erkennen. , In zj^to logisch er Hinsicht stellen sich die Perikardialzellen der Ischnocera als große, kugelige Zellen dar. Jede Zelle zeigt einen , bisweilen zwei oder drei große , helle Kerne , meist von runder, weniger häufig länglicher oder in der Mitte verengter Gestalt. Daneben sind auch größere oder kleinere hellglänzende oder opake Einschlüsse zu bemerken, welche oft die Ansicht der Kerne verdecken. Es sind dies wahrscheinlich die dem Blut entnommenAi auf- gespeicherten Exkrete. Die Membran der Zellen ist deutlich als helle Linie zu unterscheiden. Von Tracheenuraspinnungen ist keine Spur zu bemerken. Bei Menopon pallidum finden wir statt der Perikardialzellen- reihe zu beiden Seiten der Herzwand direkt aufgelagert je eine Zellmasse von der Form eines Kugelsegmentes. Schon Leydig ver- tritt die Ansicht, daß die von den übrigen Insekten her bekannten zellähnlichen Massen um das Herz bei Menopon „auf die paar Kugeln um die hinterste Kammer reduziert sind". Ihr Inhalt ist ebenso granuliert wie jener der Perikardialzellen; auch kann man, (57) 14 Leopold Fulmek: während Wedl keine „weiteren formellen Elemente" an diesen Grebilden zu unterscheiden vermag, stets mehrere (3 bis 5) Kerne, zuweilen auch dunkle Einschlüsse wahrnehmen (Taf. II , Fig. 4). Eine helle Linie begrenzt als deutliche Membran diese Gebilde. Wie in jedem Abdominalsegment, springt auch im Herzsegment von den Seitenwänden des Körpers je ein Fettkörperlappen gegen die Mitte vor , oft so weit , daß er die nähere Untersuchung des Herzens unmöglich macht. Das Tracheensystem nimmt nur mit seinem hintersten Abschnitt an den das Herz umgebenden Geweben Anteil. Wie schon oben gesagt worden ist, liegt das letzte Stigma am Herzsegment. Der von hier aus in der dorsalen Körperhälfte medianwärts ziehende Stigmenast teilt sich, nachdem er vorher einen Ast (Hautast) gegen die Lateialwand des Körpers entsendet hat . in zwei Teile , von welchen der vordere als Anteil des großen seitlichen Längsstamraes mit dem Stigmenast des vorhergehenden Segmentes Anschluß ge- winnt , während der hintere Ast dorsal vom Muskelgeflecht des Herzens nach hinten zieht, hier den letzten Fliigelmuskel des Herzens umfassend nach der Ventralseite umbiegt und in mehrere Äste sich teilend unter dem Herzen schief nach rechts vorn verläuft, um mit seinen End Verzweigungen die Kektalampulle zu umspinnen. An dem den letzten und vorletzten Stigmenast verbindenden Teil des Längsstammes ist in vielen Fällen eine kurze helle Strecke zu unter- scheiden . in welcher der Chitinspiralfaden fehlt (Taf. II, Fig. 1); diese Stelle liegt ungefähr in der Höhe vor dem ersten Ostium, bisweilen noch im vorhergehenden Segment. Auch die Endabschnitte von zwei (der vier bei den Mallo- phagen vorhandenen) Malpighischen Gefäßen sind zu beiden Seiten des Herzens gelagert. Von ihrer Einmündungsstelle in den Darm, welche etwas hinter der Körpermitte gelegen ist, ziehen sie nach hinten* fast bis zur hinteren Grenze des Herzsegmentes. Sie ver- laufen zu beiden Seiten des Herzens mehr oder weniger demselben parallel und benachbart und finden entweder in der Nähe der hinteren Grenze des Herzsegmentes ihr Ende (wie bei Gyropu^, Taf. II, Fig. ö) , oder sie ziehen (bei den übrigen Formen) ventral vom Perikardialseptum neben dem Herzen hin und biegen zwischen dem zweiten und dritten Flügelmuskelpaar nach der Rüekenfläche und nach vorne um, so daß ihr Endabschnitt meist knapp außerhalb und parallel der Perikardialzellenreihe zu liegen kommt. (58) Das Rückengelaß der MiiUopliagen. 15 ö. Das Blut und die Blutkörperchen.^) Das Blut ist farblos und die verhältnismäßig großen, spindel- förmigen, ebenfalls farblosen ßhitkörperchen sind nicht gerade ,.sehr zahlreich", wie Kram er meint. Bei frisch gehäuteten Tieren dagegen wird ersichtlich , daß die Zahl der Blutkörperchen eine gröPere ist. Man begegnet ihnen in allen Teilen des Abdomens, besonders leicht sind sie auf ihrem Rückwege , längs der Aorta zu sehen. Dohrn hat bei Embryonen von Mallophagen in allen Extremitäten die Blutkörperchen mit anhaftenden „Dotterbläschen" auf ihrer raschen Wanderung beobachtet. Bezüglich anderer Form- zustände der Blutkörperchen sei auf Fig. 3, Taf. I verwiesen. Eine besondere Bildung, die ich nur einmal bei Ltpeurus baculus zu sehen bekam, sind große, navizellenähnliche Täfelchen (Taf. I, Fig. 3 n) von streitiger Struktur (die Streifung geht parallel zum Außenrande) , welche an ihren spitzen Enden zuweilen in einen feinen Faden ausgezogen sind und deren Deutung mir völlig un- klar ist. B. Histologie des Rückengefäßes.'-) "Wenn ich nun auf die Histologie des Rückengefäßes zu sprechen komme, möchte ich vorausschicken, daß gerade die Mallophagen in dieser Hinsicht kein günstiges Untersuehungsobjekt bilden. Die Schwie- rigkeiten sind durch das Vorhandensein eines starken Chitinpanzers ') Berücksichligte Literatur: Außer den schon früher zitierten Autoren noch Landois, Beobachtungen über das Blut der Insekten. Zeitschr. f. wiss. Zool. 1864 Bd. XIV. — A. Dohrn, Notizen zur Kenntnis der Insekteuentwicklung. Zeitschr. f. wiss. Zool. 1876, Bd. XXVI. — Korotneff, Entwicklung des Herzens bei Gryllo- lalpa. Zool. Anz. 1883, Bd. VI. — Schimkewitsch , Über die Identität der Herz- bildung bei den Wirbel- und wirbellosen Tieren. Zool. Anz. 1885 , Bd. VIII. — H. Dewitz, Eigentätige Schwimmbewegung der Blutkörperchen der Gliedertiere. Zool Anz. 1889, Bd. XII. — A. Wagner, Über die Form der körperlichen Elemente des Blutes bei Arthropoden etc. Biol. Zentralbl. 1891 , Bd. X. — V. Franz, Über die Struktur des Herzens und die Entstehung der Blutzellen bei Spinnen. Zool. Anz. 1904, Bd. XXVII. 2) BerücksicMigte Literatur: Von den früher zitierten Autoren besonders Bur- MEISTER, LeYDIG, GrABKR, LaNG, SCHNEIDER, Po P O V I C I - BaZN O S A Nu , PRO- WAZEK; außerdem Siebold, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Tiere. Berlin 1848. — J. V. Cards, System der tierischen Morphologie. Leipzig 1853. — • KoLBK, Einführung in die Kenntnis der Insekten. Berlin 1893. — R. S. Bergh, Beiträge zur vergleichenden Histologie. III. Über die Gefäßwandung bei Arthropoden. Anat. Heft 1902, 1. Abt., Bd. XIX. — A. Lang, Beiträge zu einer Trophocoeltheorie. Jen. Zeitschr. f. Naturw. 1904, Bd. XXXVIII. — Gadzikiewicz, Zur Phylogenie des ßlutgefäßsystems bei Arthropoden. Zool. Anz. 1905, Bd. XXVIII. (59) 16 Leopold Fulmek: r erklärt. Aber ich möchte nicht unerwähnt lassen, daß ich für die Ergebnisse der Arbeit von Snodgrass und der inzwischen er- schienen Befunde von J. Gross die schönsten Bestätigungen er- halten habe, i) Die Herzwand baut sich aus deutlich quergestreiften Ring- muskelfasern auf. Bei Einstellung auf den optischen Längsschnitt sieht man die zu den einzelnen Muskelfasern gehörigen Kerne gegen das Lumen des Herzens vorragen. Außen überzieht das Herz eine helle, homogene Haut, welche ich für das äußere Sarkolemm der Ringfasern halte. An der dem Lumen zugewandten Seite der Ring- muskulatur ist eine viel zartere Grenzlinie zu sehen — das innere Sarkolemm. Längsmuskelfasern sah ich nicht. Auch die Wand der Aorta läßt einen ähnlichen Aufbau er- kennen. Als äußere Begrenzung sehe ich eine ziemlich dicke, kern- freic Haut, nach meiner Meinung das äußere Sarkolemm. Gegen das Lumen der Aorta springen in unregelmäßigen Abständen vonein- ander flache Kerne — die Muskelkerne der Aorta — von einer dünnen , granulierten Plasmalage überzogen vor (Taf. I, Fig. 4, Taf. IL Fig. 2). Diese Plasmaschichte breitet sich auch seitlich vom Kern hin aus und zieht als äußerst feine Lage an der Innenseite des äußeren Sarkolemms bis zum nächsten Kern. Im kontrahierten Zustand ist die Aorta längsgefaltet. Durch die Längsfaltung wer- den die Innenränder der Aorta einander nähergebracht und der Plasmabelag ist in der Umgebung der Kerne mächtig verdickt, so daß sich die Innenränder der Aorta auf eine kleine Strecke hin be- rühren. An der äußeren Schichte gewahrt man dann ringförmig ein- schneidende Furchen, die Grenzlinien der kontrahierten Muskel- ringe der Aorta. Eine besondere Intima als zellige Auskleidung fehlt der Aorta und dem Herzen. Die an der Aorta vereinzelt sich inserierenden Aufhängefäden sitzen dem äußeren Sarkolemm derselben auf; sie zeigen, wie die Aufhängefäden der Malpighischen Gefäße, ausgiebige Kontraktionen; doch ist eine Querstreifang nicht zu erkennen. Die Flügelmuskeln des Herzens zeigen quergestreiften Inhalt und eine homogene äußere Scheide — das Sarkolemm. Selbst die zahlreichen Äste, welche sich an der Herzwand ansetzen, sind nicht, wie Leydig meint, homogene Fäden, sondern die Querstreifung läßt sich bis zu ihrer In^^ertionsstelle an der Herz wand verfolgen. ') Verdamingstrakt uud Sexualorgane sind auf Schnitten am l)esfen erhalten. (60) Das Rik'kontrofaß tler Malli)i>lia;;eii. 17 C. Das Bewegungsspiel am lebenden Objekt, ') Die Bewegung ist im liintersten Abschnitte des ßüekengefäßes sichtlich am stärksten. Das Herz kontrahiert sich ziemlich lebhaft und energisch, nach Wedls Angaben 112 — 120mal pro Minute; ich sage ca. um 100 herum-), das dürfte den Mittelwert treffen, denn oft machen die Pulsationen des Herzens eine kürzere oder längere Pause (dann klaift die Herzwand infolge der elastischen Außen- scheide mit weitem Lumen). Bei allmählicher Ermattung des Tierchens oder infolge von Druck oder Kälte sinkt die Zahl der Kontraktionen bis über die Hälfte herab. Hauptursache der Dilatation des Herzens ist die Elastizität der Herzwand selbst; die sich an sie direkt an- setzenden Flügelmuskeln arbeiten dabei unterstützend mit. Krämer hat das Spiel der hinteren Flügelmuskeln am Herzen von Lipeurus jejunus beschrieben; doch kann ich mich seiner Dar- stellung nicht in jeder Hinsicht anschließen. Er sagt: „Vor allem das hintere Klappenpaar besitzt einen sehr deutlich quergestreiften Muskel, welcher an seiner Befestigungsstelle gabelförmig geteilt ist. Der eine Zacken der Gabel setzt sich an die Klappenbasis, der andere an die Herzwand; verkürzt sich nun der Muskel, so wird durch die Gabel die Klappe geöffnet, indem der Winkel zwischen den Zinken spitzer wird." Im Gegensatz dazu muß ich anführen, daß die Art der Fest- heftung der Muskeläste an der Herzwaud eine andere ist. Der Muskel gabelt sich, wie aus allen Abbildungen ersichtlich ist, gerade über der Spaltöffnung, so daß das Ostium zwischen den beiden Gabelästen liegt; damit fällt Kramers Erklärung. Ich bin der Meinung, daß die Flügelmuskeln zur Öffnung des Ostiums überhaupt nichts beitragen. An der Übergangsstelle des Herzens in die Aorta sind die Kontraktionen der Aorta am stärk;>ten (Taf. I, Fig. 2). Die Aorta ^) Berücksichtigte Literatur: Außer Wedl, Kr am er, Graber, Dewitz, Lang, Popovici-Baznosanu und Prowazek noch Meckel, Über das Riicken- gefäß der Insekten. Meckels Arch. f. Pbysiol. 1815, Bd L — Bergmann u. Leuckart, Anatomisch-physiologische Übersicht des Tierreichs. Neue Ausgabe. Stuttgart 1855. — L. Landois, üntersucliungen über die auf dem Menschen schmarotzenden Pedi- culinen. I. Zeitschr. f. wiss, Zool. 1864, Bd. XIV. — V. Graber, Über den pulsie- renden Bauchsinus der Insekten. Arch. f. niikr. Anat. I87t), Bd. XIL — Dufoüb, Etudes anat. et physiol. et observations sur les larves des Libellules. Annal. sc. nat. Zool. 1852, Ser. 3, Tom. XVIIL — Miall and Denny, The structure and life-history of the Cock- roach (Periplaneta orientalis) 18SÜ. -) Interessant ist vielleicht auch , daß bei den Pedicuiid<.'Q , welche in ihrer ganzen Lebensweise viel träger als die Mallophagen sind , auch die Zahl der Herz- schläge pro Minute viel geringer (47 nach Prowazek) ist. (61) 18 Leopold Fulmek: ist bis zum Thorax selbständig kontraktil; doch nehmen die Kon- traktionen wellenartig gegen vorne fortschreitend an Intensität ab. Beim intakten Tier stimmt die Zahl der Kontraktionen des Herzens und der Aorta nahezu überein. Während der Dauer der Beobach- tung unterm Deckgläschen bleiben die Kontraktionen der Aorta an Zahl gegen jene des Herzens zurück, so daß auf zwei Pulsationen des Herzens meist je eine der Aorta kommt. Im Erschlaffungs- zustand der Muskulatur der Gefäßwand klafft das Lumen der Aorta aus demselben Grunde wie das des Herzens. Zusammenfassung. Abweichend von dem bei den Insekten bekannten Bauplan erscheint das Herz der Mallophagen sehr verkürzt; eine ähnliche Ausbildung des ßückengefäßes kennen wir nur noch bei wenigen Insektenformen. Es ist daher auch bezüglich der nächsten Ver- wandten der Mallophagen im System i) vielleicht erwähnenswert, daß einerseits Prowazek vor Jahresfrist eine Abbildung und kurze Beschreibung des Pückengefäßes eines Siphunculaten (Pediculiden), Haematopinus spinulosus, veröffentlicht hat , welche ganz ähnliche Verhältnisse wie bei den Mallophagen erkennen läßt; betreffs der Psocoidea, des zweiten Nachbars im System, kann andrerseits ich^ durch eigene, allerdings nicht eingehende Beobachtung belehrt, an- geben , daß die Lagerungsverhältnisse und Ausbildungsweise des Pückengefäßes (Herz mit wenigen Spalten — Aorta) bei den Psocoidea im allgemeinen mit jenen bei den Mallophagen übereinstimmen. Inso- weit werden also die Beziehungen der Mallophagen zu den Psocoidea und Siphunculata (wie sie bereits Kellogg für die Mallophagen zu den Psocoidea, Gross für die Mallophagen zu den Siphunculata aufgestellt haben) nur noch gefestigt erscheinen. Wien, im Dezember 1906. ^) Berücksichtigte Literatur: Packakd, On the systematic position of the Mallopliaga. Proc. Amer. PbiL See. 1888, Vol. XXIV, Nr. 126. — Kellogg, Are tbe Mallophaga degeuerate P.socids? Psyclie 1902, Bd. IX. — Enderlein, Über die Jlorplio'ogie, Gruppierung und systematische Stellung der Corrodentien. Zool. Anz 1903, Bd. XXVI. — BöENER, Zur Systematik der Hexapoden. Zool. Anz. 1904, Bd. XXVII. — A. Handlirsch, Zur Systematik der Hexapodeu. Zool. Anz. 1905, Bd. XXVIII. — Derselbe, Phylogenetisches über Insekten. Ibid. 1905 , Bd. XXVIII. (62) Das Rückengefäß der Mallophiif^en. 19 Tafelerklärung. Tafel X. Fig. 1. Lipeurus baculus n. d. Leben (Leitz : Ohj. ;-}, Oc. III). a = Aorta. h = Herz. an = After. j k = Kropf. d = Darm. i »w == Malpighisches Gefäß. de =^ Ductus ejaculatorius r =: Rektalampulle. /= Fettkörper. .*:=: Stigma. t = Testikel. Fig. 2. Berz von Lipeurus baculus. (Bei Obj. 7, Oc. III ohne Kamera gezeichnet.) Um alle sichtbaren Muskelfäden zu zeigen, sind die verdeckenden Details weg- gelassen. Das Anfangsstück der Aorta (aj ist längsgefaltet und im kontrahierten Zustand dargestellt. Fig. 3. Herz von Lipeurus baculus (Obj. 5, Oc. IV). a = dorsale Anheftungszone. e' e" = eingesprengte Zellen (Blutkörperchen). / = Aufhängefaden der Perikardialzellen. tu = Muskelast zur letzten Perikardialzelle. n = Navizellenartige Gebilde. Fig. 4- Aorta von Gyropus ovalis, klaflend. (Die bei Ölimmersion [V12] sichtbaren histologischen Details; ohne Kamera entworfen.) o = Aufhängefaden. k = Kerne der Ringmuskulatur. s = Äußeres Sarkolemm. Fig. 5. Herz von Lipeurus jejunus (Obj. 7, Oc. III). 6^ = das Perikardialseptum. Tafel XI. Fig. 1. Herzsegment von Lipeurus baculus (Obj. 5, Oc. III). a = Aorta. d = Darm. de == Ductus ejaculatorius. /= Fettkörper mit dunklen, kristallartigen Einschlüssen. h = Herz. m = Flügelmuskeln. mg = Malpighische Gefäße. p = Perikardialzellen. s = Stigma. t = Tracheen. (Ö3) 20 Fig. 2. Fig. 3. Leopold Fulmek: Das Eückengefäß der Mallophagen. Aorta von Lipeurus baoulus mit den Knickungen in ihrem Verlaufe. (Bei Obj. 5. Oc. III ohne Kamera gezeichnet.) Schematischer Querschnitt durch die Herzregion von Lipeurus baculus (aus mehreren Schnitten rekonstruiert). Fig. 4, Fig. 5 ch =: Ghitinpanzer. d = Darm mit seinem Muskel- system . de = Ductus ejaculatorius. /■= Flügelmuskeln. fk = Fettkörper. h = Herz. Herz von Menopon pallidum (Obj. 7, Oc. III). h = Blutkörperchen. Herzspgment von Gyropus gracilis. Bezeichnungen wie früher. hy =■ Kerne der Hypodermis. m = Längsmuskelzüge des einzelnen Segmentes. mg = Malpighische Gefäße. j) = Perikardialzellen. r —■ Rückenleiste des Chitinpanzers. tr = Tracheen. (.64) über die Nesselzellwanderung bei den Hydroid- polypen. Von Jovan Hadzj (Zagreb). (Mit zwei Tafeln und zwei Abbildungen im Texte.) In der sonst sehr umfangreichen Literatur über die Nessel- zellen landen sich sonderbarerweise ziemlich wenige Angaben über den Ortswechsel derselben , welcher ja , wie ich in folgendem für die Hydroiden zeigen werde, eine weit verbreitete Erscheinung ist. Die meisten der vorhandenen Angaben beziehen sich auf bloße Ver- mutungen bzw. Wahrscheinlichkeitsschlüsse (JiCKELiß), Nüss- BAUM^o), Schnei DER ^^) , Bedot), weil man die Befunde nicht anders als durch eine Migration der Nesselzellen erklären konnte, z. B. Mangel an Entwicklungsstadien von Kniden an den Tentakeln von Hydra. Es ist bis jetzt nur in einem Falle bei den Hydroiden eine Migration der Nesselzellen direkt beobachtet worden, u. zw. von Murbach 8) an Pennaria Gavolinii. Nach Muebach wandern schon ausgebildete Nesselzellen aktiv durch Pseudopodienbildung. Auch diese einzig dastehende positive Angabe ist bezweifelt worden (Iwanzoff*). Beiden SiphonophorenhatK. C. Schneider^^, i4)(iurch eingehende Untersuchungen die Nesselzellwanderung als allgemein stattfindend festgestellt und ist sogar zu dem Schlüsse gekommen, daß bei den Siphonophoren alle Nesselzellen von der Bildungsstätte zur Verbrauchsstätte wandern müssen. Schneider unterscheidet daher im Leben einer Nesselzelle ebenso eine Wanderphase wie eine Wachsturasphase. Nachdem Schneider seine Untersuchungen hauptsächlich an konserviertem Material durchgeführt hat , finden wir näheres über die Art und Weise der Wanderung in seiner Arbeit nicht. Es mag zuletzt der interessante Vorgang einer pas- siven Übertragung der Nesselzellen erwähnt sein, wie ihn Gros- Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 1. 5 (65) Jovan Hadzi: VENOR (nach ß. V. Lendenfeldg) für Aeoliden angegeben hat; die nesselzellhaltigen Hydroiden und andere Knidarier werden von den Aeoliden verzehrt; die dabei verschluckten Kniden gelangen aus dem Darm durch wimpernde Kanäle in die dorsalen Anhänge von Aeoliden, wo sie verwendet werden. In folgendem will ich die Resultate eigener Beobachtungen und Untersuchungen über Wanderung der Nesselzellen bei Hydroid- polypen wiedergeben. Zur Untersuchung wurden ca. 20 Formen, Vertreter der Tubulariae (Gymnoblastidae) und Campanulariae (Calyptoblastidae) herangezogen, so daß die dabei gewonnenen Resultate wohl für alle Hydroidpolypen gültig sein werden. In erster Linie kommen die an lebenden Tieren gemachten Beobach- tungen in Betracht; nur zur Kontrolle dienten die Schnittserien. Den größten Teil der Untersuchungen habe ich an der k. k. zoolo- gischen Station in Triest gemacht. Ich benütze diese Gelegenheit, um dem ausgezeichneten Leiter der Station, Herrn Prof. C. J. Cori, für alle mir erwiesenen Liebenswürdigkeiten bestens zu danken. Es wird vorteilhaft sein, zunächst den Vorgang der Nessel- zellwanderung im allgemeinen zu beschreiben, u. zw. an einer Form, die diesbezüglich ganz typische Verhältnisse zeigt. Dazu ist Cam- panularia sehr günstig. Campanularia bildet reich verzweigte Stöcke, deren Zweige von einer chitinigen Hülle (Perisark, Periderm) umgeben sind. Nimmt man einen Zweig unter das Mikroskop, so wird man ohne weiteres im ganzen Ektoderm desselben viele ausgebildete Nessel- zellen sehen. Das Vorhandensein einer ziemlich dicken Hülle schließt wohl eine Verwendung der Nesselzellen im Stiele (wie ich Coenosark und Perisark nennen will) aus. An Schnitten und Zupfpräparaten kann man auch die Entwicklungsstadien der Nesselzellen und die in- differenten Zellen leicht auffinden. Die Nesselzellen liegen gar nicht an der Oberfläche des Ektoderms, sondern ganz basiepithelial. Es fällt auf, daß fast alle Kniden (hier kommen nur solche von läng- licher Form vor) mit ihrer Längsachse in der Richtung des Stieles, u. zw. mit ihrem basalen Ende nach vorne (wie das auch von Murbach 9) und Schneider") erwähnt wird) gerichtet sind. An günstigen Stellen in der Nähe eines Hydranthen oder noch besser einer Knospe, konnte ich eine langsame, aber kontinuierliche Vor- wärtsbewegung der Knidozyten beobachten. Wegen der Kleinheit des Objektes ist es zwar nicht möglich gewesen, die Form Verände- rungen des Plasmas der Nesselzelle (Pseudopodienbildung) zu kon- (68) über die Nesselzellwaiulerung bei den Hydroidpolypen. 3 statieren (wie es bei grüßeren Foi-men gelungen ist). Eine andere als eine aktive Bewegung ist indessen ganz ausgeschlossen, weil es im Coenosark keine anderen Bedingungen gibt, welche die Beförderung der Kniden ermöglichen könnten (Unbeweglichkeit des Coenosark, Mangel an Muskelfasern). Die Bewegung einzelner Nesselzellen be- obachtete ich über weite Strecken hin. Weiter sah ich sie aus dem Coenosark an den sehr verengten Insertionsstellen der Hydranthen (Textabb. 1) in diese innerhalb des Ektoderms hinüberwandern (Taf. II, Fig. 1); dabei ist die Bewegung etwas rascher als gewöhn- lich im Coenosark. Von der Basis des Hydranthen wandern die Nesselzellen weiter über den ganzen Kelch zu den Tentakelbasen und von da auf die Tentakel selbst. Am Kelch, der ebenfalls von einer chitinigen TJieka umgeben ist, finden sich keine aufgestellten Nesselkapseln, es wandern daher alle auf die Tentakel, welche also die einzige Verbrauchsstätte sind. Am Tentakel ist die Bewegung der Nesselzelle besonders leicht zu beobachten. Die bereits auf- gestellten Kniden sind wirtelig angeordnet und stehen der Stütz- lamelle anliegend schräg nach vorne-oben gerichtet, die Oberfläche der Ektodermepithelzellen hervorwölbend. Zwischen einzelnen Wirtein bewegen sich die Wanderknidozyten , oft die bereits aufgestellten umgehend, zum Verbrauchsort, wo sie sich ebenfalls an die Stütz- lameile anheften und aufstellen. Der Aufstellungsplatz ist immer wieder in einem schon vorhandenen Wirtel. Welchen Hydroidpolypen immer wir nehmen , überall finden wir dieselben Verhältnisse (mit einigen Variationen) wieder: In dem vom Periderm umgebenen Coenosarkektoderm werden die Knidozyten gebildet und wandern von da aus zur Verbrauchsstelle an den Tentakeln. Bevor ich auf genauere Darstellung dieser Vorgänge über- gehe, will ich die entsprechenden Verhältnisse , welche ich bei Tubu- laria gefunden habe, im allgemeinen beschreiben, weil sie von den früher erwähnten bezüglich der Art der Wanderung abweichend sind. Als Untersuchungsobjekt diente Tubxdaria mesembryantliemum (Text- abb. 2); an dieser habe ich die Nesselzeil Wanderung überhaupt zuerst beobachtet und dann erst die anderen Formen zur Untersuchung herangezogen. Auch bei Tubularia ist der ganze Stiel (Coenosark) bis zum Hydranthen hinauf von einem chitinigen Periderm umschlossen. Bei jungen Tieren ist das Periderm ganz durchsichtig und man kann das Gewebe darunter leicht beobachten. Das Coenosark-Ekto- derm besteht (außer am distalen Ende des Stieles) aus großen, 5 * 1.67) 4 Jovan Hadzi: blasigen Zellen. Unter diesen (basiepithelial) befindet sich eine Schichte kleiner plasmareicher Zellen mit verschiedenen Entwick- lungsstadien von Nesselkapseln (Kniden) und viele bereits fertige Nesselkapseln. Es ist ohne weiteres klar, daß die Nesselzellen hier im Stiele nicht gebraucht werden können. An der Übergangsstelle vom Stiel zum Hydranth sieht das Ektoderm ganz anders als sonst aus (Taf. I, Fig. 28). Die Zellen sind hier durchaus euepithelial, Fig. 1. Fig. 2. -AT Schematischer Längsschnitt dtirch Cam- panularia. T Tentakel, AT chitinige Theka, D diaphragmaartiger Vorsprung des Periderms , P Periderm , Z Stütz- lamelle, En Entoderm, Ek Ektoderm. Schematischer Längsschnitt durch Tubularia. OT Oraltentakel, AT Aboraltentakel , K Knopf. Anderes wie Fig. 1. sehr lang und eng; sie färben sich mit Eisenhämatoxylin intensiv und zeigen eine faserige Struktur, schließen eng aneinander und scheinen eine besondere mechanische Funktion zu haben. Dieser Teil des Stieles wird Knopf genannt. Beim Anblick so vieler Nesselzellen im Stiele wird man wohl an eine Wanderung derselben denken. Die oben beschriebene Zone von ektodermalen Zellen im Knopf des Stieles würde den etwa intraektodermal wandernden Nessel- zellen ein unüberwindliches Hindernis sein. Nie habe ich in dieser (68) über die Nesselzellwaiiderung bei den Hydroidpolypen. 5 Zone eine Nesselzelle wandern sehen. Da fand ich eine andere kompliziertere Wanderiingsart. Richtet man den Tubus auf das Lumen des Stieles, so sieht man darin verschiedene Körperchen kreisend sich bewegen. Darunter befinden sich viele in runden Bläschen eingeschlossene Nesselkapseln. Es sind das die schwimmen- den Wanderkniden (Taf. I, F\g. ö — 7) und nicht etwa mit der Beute verschluckte Nesselzellen. Davon kann man sich leicht überzeugen. Wenn man, von der Einstellung auf das Ektoderm aus, den Tubus langsam herunterschraubt, so wird man auch in tieferen Lagen zwischen den Entodermzellen einzelne Nesselzellen treffen (Taf. I, Fig. 1 — 3). Noch besser ist dies am optischen Längsschnitt zu sehen. Es mag erwähnt sein, daß im Entoderm keine Kniden gebildet werden, somit der eventuelle Einwand, es handle sich hier um solche im Entoderm selbst entstandene Kniden, entkräftet wird. Das gilt nicht nur für Tubularia, sondern für alle untersuchten Hydroidpolypen. Bei genauerem Zusehen wird man auch die Fortbewegung der Nesselzellen sehen können. Die Knidozyten durchwandern die zwischen Ekto- und Entoderm sich befindende Stützlamelle und drängen sich zwischen den Entodermzellen in das Lumen des Stieles. Man kann sehen, wie die Nesselzellen zwischen den Entodermzellen in das Lumen vorragen und vom Strome fortgerissen werden. In der Gastralflüssigkeit suspendiert , bewegen sie sich sprungweise und rotierend nach hinauf. Der Flüssigkeitsstrom im Lumen des Stieles wird durch den Wimperschlag der Entodermzellen verursacht. Die schwimmenden Nesselzellen müssen sehr klebrig sein, denn wo sie nur die Oberfläche einer Zelle berühren, dort heften sie sich an, oder wenn sich zwei während des Schwimraens berühren, haften sie aneinander und schwimmen gemeinsam weiter. Mit dem Strome kommen die Nesselzellen zu dem Hydranthen hinauf. Aus dem Knopf führt ein ganz enger Kanal (durch den „Polster" verengt, vgl. das Textbild 2) in den Gastralraum des Hydranthen (Taf. II, Fig. 7). Wegen der Enge des Kanals und weil der Strom hier wieder nach abwärts umkehrt, kommen die Knidozyten nicht leicht und nicht bald hinein. Deshalb sammeln sich hier im Knopf gewöhnlich viele an und kreisen herum. Bei ganz jungen Individuen, bei welchen die Ektodermzellen des Knopfes noch nicht besonders differenziert sind, habe ich wiederholt beobachtet, daß sich die herangeschwommenen Nesselzellen an die Entodermzellen anheften, zwischen diesen ein- keilen und einwandern. Sie passieren die Stützlamelle und ge- langen in das Ektoderm. Auch bei älteren Individuen habe ich des öfteren zwischen d^ Entodermzellen des Knopfes wandernde Nessel - (69) 6 Jovan Hadzi: Zellen beobachtet. Die Stützlamelle ist aber hier bei älteren Individuen so mächtig, daß sie von den Nesselzellen gewiß nicht durchbrochen werden kann; ich habe sie auch nie durchwandern sehen. Eine nach der anderen gelangen die Nesselzellen in den Gastralraum des Hydranthen, u. zw. werden sie durch die Wimpern der Entodermzellen in den peripheren Teil des Gastralraums ge- trieben (Taf. I, Fig. 4). Es ist dies ein sehr günstiges Verhältnis, weil von da aus der kürzeste Weg zur Tentakelbasis führt. Die Nesselzellen kleben sich an den Entodermzellen fest und wandern zwischen denselben zur Stützlamelle und durch diese in das Ektoderm. Somit ist die Rückwanderung in das Ektoderm vollzogen (Taf. II, Fig. 5, 6, 21) und die Nesselzellen wandern weiter zur Verbrauchs- stelle. Die Rückwanderung ist schwer zu beobachten, weil sich bei den meisten Individuen von Tubularia viele rote Körner in den Zellen befinden , die das Tier undurchsichtig machen. Bei jungen durch- sichtigen Tieren gelingt es mit einiger Mühe immerhin. Die gesamte Aus- und Einwanderung habe ich auch an Schnitt- serien studiert; da findet man alle Stadien derselben, welche das oben Beschriebene bestätigen (Taf. I, Fig. 1 — 3, Taf. II, Fig. 5, 6). Die im Stielektoderm entstandenen Nesselzellen müssen vor dem Gebrauche somit folgende vier Perioden durchmachen: 1. Aus- wanderung aus dem Stielektoderm in das Stiellumen ; 2. Schwimmen aus dem Stiel in den Gastralraum; 3. Einwanderung in das Gewebe des Hydranthen und 4. Wanderung bis zur Verbrauchsstelle. Außer dieser großen Wanderung gibt es bei Tubularia wie bei allen anderen Hydroidpolypen eine kleine innerhalb des Hydranth- ektoderms. Es werden nämlich auch am Hydranthen Nesselzellen gebildet, welche an die Tentakel wandern, aber nur in geringer Zahl. Ich habe mittelst vitaler Methylenblaufärbung und Zer- zupfungsmethode nach Hertwig die Nesselbilduugszellen am Hydranthen gesucht und stets nur sehr wenige gefunden, an den Tentakeln gar keine. Die wenigen, die ich gefunden habe, befanden sich in der Region zwischen beiden Tentakelkränzen. Tubularia steht betreffs ihrer Nesselzellwanderungsverhältnisse nicht ganz vereinzelt da. Bei Stauridium z. B. habe ich öfters das Auswandern in das Lumen des Stieles beobachtet (Taf. I, Fig. 5); wenn ich die Einwanderung auch nicht verfolgt habe, so ist sie doch sehr wahrscheinlich. Ausnahmsweise kommt auch bei Campanu- lariden eine Auswanderung in das Stiellumen vor (Taf. II, Fig. 4). Diese Wanderung der Nesselzellen erinnert an die Wanderung der Keimzellen, wie sie besonders eingehend von. Weismann i^) an (.70) Über die Nesselzellwanderung bei den Hydroidpolypen. 7 Hydroiden beschrieben wurde. Auch die Urkeimzellen unternehmen ähnliche Wanderungen und durchbohren dabei einige Male die Stütz- lamelle. Die Hauptwanderstraße ist für die Keimzellen das Entoderra, die Marschroute gewöhnlich eine ganz bestimmte. Die Wanderung ist eine sekundäre Erscheinung, jedoch durch andere Ursachen be- stimmt, als es bei den Nesselzellen der Fall ist. Noch andere Zellen- arten der Hydroiden zeigen eine amöboide Eigenbewegung: so die Sarkostylzellen der Nematophoren ; Pseudopodien bilden die Nähr- entodermzellen (das habe ich bei Hydra beobachtet) , die Fußzellen bei Hj'dra und die Stielektodermzellen der Campanulariden. Die Nesselzellen haben diese Eigenschaft nicht verloren. Wieso ist es dazu gekommen , daß die Kniden im Stiel , der beinahe bei allen Hydroidpolypen von mehr oder weniger dicker Hülle umgeben ist, gebildet werden? Ich erkläre mir es folgender- maßen : Es ist ganz gewiß, daß wir die stockbildenden Hydroid- polypen von solitären entstanden zu denken haben, u. zw. so, daß sich die durch Knospung entstandenen Individuen vom Muttertier nicht ablösten und die Stöcke sessil wurden (z. B. Hydra rhaetica, Limnocodium sowerbii). Die solitären , beweglichen Polypen (wie z. B. Hydra) produzieren fast an der ganzen Körperoberfläche Nesselzellen (außer am Fuß und an den Tentakeln), und da die Tiere von keinerlei Peridermbildung umgeben sind , so können die Nesselzellen auch auf der ganzen Oberfläche gebraucht werden. Eine ganz geringe lokale Wanderung der Nesselzellen findet übrigens auch hier statt. Die Kniden werden nämlich basiepithelial gebildet und müssen, um gebraucht zu werden, zur Oberfläche wandern. Mit der Stockbildung ist notwendigerweise auch die Skelettbildung aufgetreten. Bei Anthozoen hat sich die Skelettbildung sehr ver- schieden gestaltet, bei Hydropolypen sehr gleichförmig und einfach : es wurde eine kutikulare , chitinige Hülle gebildet. Das darunter befindliche Ektoderm hat die Eigenschaft, Nesselzellen zu produ- zieren, beibehalten. Ich halte daher die Eigenschaft der Nesselzell- produktion im Stiele für eine primäre. Erst die Art und Weise, wie die im Stiel gebildeten Nesselzellen zur Verbrauchsstelle kommen, hat sich später ausbilden müssen. Hand in Hand mit diesen Ver- änderungen ist auch die Arbeitsteilung betreffs der Bildungsstätte von Nesselzellen gegangen , infolge welcher der Hydranth davon immer mehr entlastet wurde und die Aufgabe, Nesselzellen zu bilden, mehr dem Stiel (Coenosark) zukam. (71) 8 Jovan Hadzi: Doch scheint mir, daß die Hauptrolle der im Coenosark ge- bildeten Nesselzellen nicht im Versorgen fertiger Hydranthen besteht, sondern darin, daß die durch Knospung entstehenden Individuen mit Kniden versehen werden. An den regenerierenden Tubularia- Hydranthen gibt es beinahe gar keine Entwicklungsstadien von Nesselzellen; hingegen findet man nur fertige Kniden sowohl im Ekto- als Entoderm verteilt. Wenn ein Hydranth regeneriert wird, wandern aus dem Stiele sehr viele Nesselzellen in die Hydranthen- bildungsstelle aus. Jeder neugebildete Hydranth kommt daher mit vollkommener Knidenausstattung aus der Perisarkröhre. Besonders schön war die Inanspruchnahme der Coenosarkkniden bei der Knospenbildung von Eudendrtum racemosimi zu sehen. Ich machte seitlich am Stiel einen Einschnitt , wodurch die Hydranthen- bildung ausgelöst wurde. Dabei strömten aus der ganzen Umgebung des Einschnittes die Nesselzellen herbei. Noch ein anderes Experi- ment hat mir die Bedeutung der im Coenosark gebildeten Nessel- zellen gezeigt. Ich habe an einem frischen, wohlausgebildeten Individuum von Tubularia mit sehr vielen Nesselzellen im Stiel- ektoderm den Hydranthen abgeschnitten. Bald darauf entwickelte sich durch Regeneration ein neuer; diesen schnitt ich wieder weg und so auch den zweiten und dritten. Dabei habe ich stets das Stielektoderm auf Nesselzellen geprüft (der Stiel war schon von Anfang an vom Stocke isoliert worden). Es hat sich mit jeder Hydranthbildung eine Verminderung der Nesselzellen konstatieren lassen, u. zw. ging die Verarmung immer mehr gegen den Wurzel- pol, so daß zuletzt am basalen Ende des Stieles nur noch wenig Nesselzellen geblieben waren. Schon am dritten, aber besonders am vierten der sukzessive gebildeten Hydranthen habe ich eine Unvoll- ständigkeit in der Ausrüstung derselben mit Nesselzellen beobachtet. Das Gewebe hatte oflPenbar wegen forcierter Hydranthenbildung keine Zeit und kein Material gehabt, um die Verluste an Nesselzellen zu decken. Bei solcher künstlich hervorgerufener Hydranthenbildung ist die Auswanderung, das Schwimmen und die Einwanderung der Nesselzellen sehr schön zu sehen. Auch bei Campanularia , Eudendrium und vielen anderen Formen sammeln sich die Wanderkniden an der Stelle, wo eine Knospe entstehen soll. Bei Formen, welche am ganzen Hydranthen zerstreut (während des ganzen Lebens) Tentakel bilden, wie z. B. Clava, sieht man gleichfalls die Nesselzellen zur Tentakelbildungs- stelle hinwandern. (72) fber die Nesselzellwanderung hei den Hydroidpolypen. 9 Es ist am Platze, einiges über die Entstehung der Nesselzellen in topographischer Hinsicht (im allgemeinen) zu erwähnen , welche im Znsammenhange mit der Produktion der Kniden im Coenosark steht und zum besseren Verständnis des Wanderungsphänomens bei- trägt. Wir fangen mit Hydra an, welche beinahe am ganzen Körper Kniden produziert, ausgenommen die Tentakel (diese haben sich am ehesten davon emanzipiert). Am Peristomfeld und Fuß werden zu- weilen sehr wenige Nesselzellen angetroffen. Am meisten werden sie in der mittleren Körperregion gebildet. Schon bei Hydra müssen wir außer der kleinen Wanderung aus der basiepithelialen Schichte zur Oberfläche eine Wanderung der Nesselzellen vom Leibe an die Tentakel annehmen, wenn es auch wegen der Beschaffenheit des Hydrakörpers nicht gelungen ist, dieselbe in vivo zu beobachten. Diese Vermutung wurde schon von Jickelp'), NussbaümI") und Schneider") ausgesprochen. Unter den Seehydroidpolypen gibt es sehr wenige solitäre Formen {Protohydra Leuckartii , Haleremita cumulans, Hypolytus peregrmus nndLnocheimge). Bei manchen (darunter Tiarella, Hypolytus) wird der Stiel (Hydroka alus), der sich schon vom Hydranthen gesondert hat, bereits von einer, wenn auch dünnen Kutikula umgeben. Damit ist der Grebrauch der Nesselzellen auf die Hydranthen, bzw. auf die Tentakel derselben, beschränkt. Nach MüRBACH werden die Nesselzellen bei Hypolytus peregrmus hauptsächlich an einem Wulst unterhalb der aboralen Tentakel ge- bildet; von hier wandern sie auf die Tentakel. Die tentakellosen Süßwasserpolypen Microhydra ryderi und Limnocodiam sowerhyi ge- brauchen ihre Nesselkapseln nur an einem peripheren Ring, gebildet werden sie aber am ganzen Körper. Limnocodium ist überdies von einer Hülle umgeben, so daß nur das „Capitulum" (der vordere Teil) des Polypen frei bleibt. Wenn wir zu den stockbildenden Hydroiden übergehen, so sehen wir, daß die Rolle des Nesselzellbildners immer mehr dem Hydrokaulus zukommt. Bei den Tubul ariden werden am Hydranthen nur wenige Nesselkapseln gebildet ; die Hauptmasse derselben wird aus dem Stiel bezogen. Am weitesten ist die Arbeits- teilung in bezug auf die Nesselzellbildung bei den Campanulariden und verwandten Formen vorgeschritten. Am Hydranthen werden gar keine Kniden produziert, der Hydrokaulus hat die Nesselzell- bildung vollständig übernommen. Hand in Hand mit der Arbeits- teilung betreffs der Knidenproduktion hat auch die Wanderung der Knidoz3^ten als notwendige Folge derselben immer größere Dimen- sionen angenommen. Auch bei den Siphonophoren ist nach Schnei- der "j in der Nesselzellbildung eine weitgehende Spezifikation ein- (73) IQ Jovan Hadzi: getreten, wonach die Kniden nur an gewissen Stellen (Basalwülste) entstehen; von hier aus werden die verschiedenen Organe bzw. Individuen mit -Kniden versorgt. Andrerseits sehen wir, daß auch in bezug auf den Ort des Verbrauches eine Spezialisation eingetreten ist. Die Kniden werden nicht, wie etwa bei Protohydra und Hydra, überall am Körper aufgestellt (bei Hydra sind schon die Tentakel bevorzugt). Zuerst wird der Hydrokaulus von der Verbrauchsfläche ausgeschaltet (in erster Linie wohl wegen der Peridermbildung). Es bleibt also bloß der Hydranth als Verbrauchsort, wobei jedoch die Tentakel haupt- sächlich in Betracht kommen, bis sie endlich bei den Calyptoblasten der alleinige Verbrauchsort werden. Am Tentakel selbst hat noch eine weitere Differentiation stattgefunden ; z. B. sind bei Hydra und Tubularia die Kniden über die ganze Oberfläche der Tentakel, aber in bestimmt geordneten Gruppen, aufgestellt. Bei Campanula- riden sind sie in einzelnen Wirtein angeordnet, welche in gewissen Abständen von einander stehen. Bei vielen Formen, z. B. Stauridium, Goryne, gibt es aufgestellte Kniden bloß am Ende der Tentakel (keulenförmige Tentakel), und das ist auch die ökonomischeste Weise der Knidenaufstellung. Ganz unabhängig von der eben besprochenen Arbeitsteilung in der Entsteh ungs- und Verbrauchs weise der Knido- zyten ist oft die Ausbildung verschiedener Individuen innerhalb derselben Spezies eingetreten (Polymorphismus), die ja auch bei der Besprechung der Nesselzellfrage von Interesse ist. Es haben sich nämlich dabei teils ganze Individuen (Wehrpolypen), teils Anhänge (Nematophoren) zu speziellen nesselzelltragenden Gebilden aus- gebildet. Bei den Plumulariden haben sich in den Nematophoren besondere Nesselzellarten entwickelt. Die Kniden entstehen in dem basalen Teil des Nematophors und wandern zur Spitze, wie ich ganz deutlich beobachtet habe. Nach der mehr allgemein gehaltenen Beschreibung der Nessel- zellwanderung will ich zur speziellen Darstellung der Wander- kniden (was ihre Form und Wanderungsweise anbelangt) übergehen. Dabei will ich mich an die bei Tubularia vorgefundenen Verhält- nisse halten, erstens weil ich sie gerade bei Tubularia am genauesten studiert habe, zweitens weil bei Tubularia die Nesselzellen ver- hältnismäßig groß sind, was die Darstellung erleichtert und endlich, weil die Wanderungsverhältnisse bei ihr sehr kompliziert sind, was (74) über die Nesselzellwanderung bei den Hydroidpolypen. 11 uns die beste Grelegenheit bietet , das Verhalten der Wanderkniden zu beobachten. Dabei werde ich auch die Verhältnisse anderer Hydroiden, insoferne sie von jenen der Tubularia verschieden sind, stets berücksichtigen. Bei der kleinen Wanderung, d. li. der vom Hydranthen zum Tentakel, will ich mich nicht weiter aufhalten. Die am Hydranthen entstandenen Kniden wandern mittelst Lobopodienbildung (Taf.- 1, Fig. 12, 13) zur Verbrauchsstelle, u. zw. innerhalb des Ektoderms, sich zwischen den Ektodermzellen (basiepithelial) durchdrängend. Oft wird die Bewegung der Nesselzellen durch die im Gewebe herrschenden Verhältnisse unterstützt , so z. B. durch den Druck des Grewebes (besonders am ausgestreckten Tentakel , Taf. 1, Fig. 22 bis 24) oder durch die Muskelbewegungen des Hydranthen oder der Tentakel. Diese für die wandernde Nesselzelle äußeren Um- stände spielen eine ganz untergeordnete Rolle, weil sie nicht kon- stant sind. Die Lobopodienbildung kann man deutlich beobachten; an den Abbildungen (Taf. I, Fig. 22, 24) gebe ich einige Beispiele davon. Schon F. E. ScHULZEi^-i«) hat in seinen berühmten Arbeiten über Cordylophora lacustris und Syncoryne Sarsii die Beobachtung gemacht, daß im Ektoderm des Hydrokaulus und der Hydrorhiza dieser Formen Nesselzellen vorkommen, u. zw. darin alle parallel zur Oberfläche liegen. An den Hydranthen (außer der Tentakel) fand er sehr wenige Nesselzellen, die aber auch durchwegs parallel der Oberfläche lagen. Es ist zweifellos, daß Schulze wandernde Nesselzellen gesehen hat. G-robbeni^) \^i \,q{ der Untersuchung von Podocoryne carnea die große Anzahl der Nesselkapseln in den von Periderm bedeckten Teilen aufgefallen ; Ghobben deutet dieses Vorkommen als Vererbungserscheinung. Auch in der neueren Literatur finden wir ähnliches oft erwähnt oder an den Abbildungen dargestellt. So beschreibt Ciamician^) gerade für Tubularia, daß sich im Stiel ganz junger Individuen (die sich vor kurzem als Aktinule festgesetzt haben) unterhalb der großen Deckzellen, welche das Periderm bilden, die indifferenten Zellen vermehren und zu Nessel- zellen werden. Über eine Verwendung dieser im Stiele sich bildenden Kniden äußert sich aber niemand. Im ganzen Verlaufe des Stieles (das ist allen untersuchten Formen gemein) können und werden Kniden gebildet. (Über die Entwicklung der Kniden sieh Schneider, i*) Davon kann man sich besonders an Mazerationspräparaten leicht überzeugen. Oft findet man ganze Nester, in welchen sich alle Kniden in ungefähr (75) 12 Jovau Hadzi: gleichem Entwicklungsstadium befinden. Die Nesselbildungszellen liegen stets basiepithelial an der im Stiel gewöhnlich ziemlich schwach entwickelten Stützlaraelle, Bei Tubularia ist die Stützlamelle an der Ansatzstelle des Hydranthen sehr mächtig, gegen abwärts zu wird sie immer dünner. Das erscheint ja ganz verständlich, nachdem hier ein Außenskelett vorhanden ist. Die Menge der Kniden im Stiel ist sehr variabel, hängt von vielen Umständen ab: vom Alter des Stockes, von der Ernährung, dem Verbrauche der Kniden am Hydranthen etc. Manchmal häufen sich so viele bereits fertige Kniden an, daß sie sich zwischen die Deckepithelzellen zur Oberfläche drängen und bei Formen, bei welchen das Perisark nicht dicht dem Coenosark anliegt, in den Hohlraum zwischen Coeno- und Perisark fallen (Campanularia, Obelia, Gonothyrea). Obwohl ich es nicht beobachtet habe, so halte ich doch für sehr wahrscheinlich, daß sie später wieder in das Gewebe eintreten , weil ich nie zu- grunde gegangene Nesselzellen in dem Hohlraum gesehen habe. In anderen Fällen habe ich wieder beobachtet, daß die massenhaft an- gehäuften Kniden die Stützlamelle durchdringen und zwischen den Entodermzellen in das Stiellumen gelangen. Daß die Nesselzellen sehr widerstandstähig sind und sogar einige Tage im Seewasser liegen können , ohne ihre Fähigkeiten einzubüßen , ist eine schon lang bekannte Tatsache (Möbius^). Daß man den Nesselzellgehalt des Stieles auch künstlich ändern kann, habe ich an einem bereits früher erwähnten Experiment (Tubularia) gezeigt. Es ist leicht, nachzuweisen, daß die im Stielektoderm (Coeno- sark) entstandenen Nesselzellen nicht im Stiel selbst verbraucht werden können. Die Kniden entwickeln sich zwar zur ganz voll- kommenen Form ; es fehlen nur die akzessorischen Bestandteile (Diflerenzierungen des Plasmas am Explosionspol: Knidozil etc.), diese werden ja immer erst beim Aufstellen gebildet. Dazu kommt es aber im Stiele nicht. Die Nesselzellen gehen hier gar nicht zur Oberfläche (ausgenommen , wenn sie durch große Anhäufung gedrängt werden, aber auch dann differenziert sich der Explosions- pol nicht). Die Hauptschwierigkeit, welche sich einem eventuellen Gebrauche der Kniden am Stiel entgegenstellen würde , ist das starke Perisark. Verdünnte Essigsäure wirkt sehr prompt auf die Nesselkapsel, wenn sie dieser zugänglich ist. Setzt man dem "Wasser, in welchem sich etwa ein Stück des Stieles von Tubularia befindet, etwas Essigsäure zu, so gehen die Nesselkapseln, die sich im Coenosark befinden , nicht los, obwohl sie , wie ich es später zeigen werde, explosionsfähig sind. Man kann hier nur die Undurch- (76) über die Nesselzeil waiulerunf? bei den Hydroidpolypen. 13 lässigkeit des Periderms in Betracht ziehen. Das Perisark ist blättrig und zeigt keine Poren. Ich habe nie im Coenosarkektoderm eine explodierte Knide gesehen, noch weniger solche, die etwa mit ihrem Stilett das Perisark durchbohrt und den Faden herausgestülpt hätten, auch nirgends in der Literatur finde ich ähnliches erwähnt. Wenn auch die Nesselzellen bekanntlich (Grenachers), Wagnkri^) imstande sind, aus einer gewissen Entfernung chitinige Bepanze- rungen der Beutetiere zu durchdringen, so kann das, wie aus dem Bau des sogenannten Basalstückes des Fadens hervorgeht, nur eben aus einer gewissen Entfernung geschehen. Es wird wohl überflüssig sein, weiter die Unmöglichkeit des Nesselzellverbrauches im Stiele auseinanderzusetzen. Man wird vielleicht einwenden, daß die im Coenosark ange- häuften Nesselzellen bei Knospenbildung einfach durch Wachstum des Gewebes in die Knospen geschoben werden. (Iwanzoff*) hat einen ähnlichen Einwand Schneider gegenüber hinsichtlich der Siphonophoren gemacht.) Außer der direkten Beobachtung der Wan- derung spricht auch der Umstand dagegen, daß ja viele Formen (z. B. Tubularia, Clythia etc.) überhaupt am Stiele keine Knospen treiben und dennoch auch in ganz basalen Regionen, welche nicht einmal bei einer forzierten Hydranthenregeneration (etwa beim Ex- periment) dazu gelangen , einen Hydranthen oder eine Knospe zu bilden, massenhaft Nesselzellen produzieren. Endlich würde außer der Auswanderung nur noch eine Mög- lichkeit übrig bleiben, daß nämlich die im Stiel entstandenen Kniden hier bleiben und zugrunde gehen. Dem gegenüber will ich wohl nicht das in der Natur angeblich herrschende Sparsamkeitsprinzip stellen, weil man sich beim Studium der Nesselzellen, wie das schon Schneider 1*) hervorgehoben hat, schwer davon überzeugen könnte. Die Beobachtung selbst spricht dagegen. Wenn man sieht, daß es am Hydroidpolypen Teile gibt, an welchen die Nesselzellen stark gebraucht , aber an diesen nicht ge- bildet werden, andrerseits Teile, wo die Kniden unmöglich ge- braucht werden können, solche massenhaft produzieren, so liegt es wohl am nächsten, an eine Wanderung zu denken; und sie findet unzweifelhaft statt. Bei allen untersuchten Formen (außer Tubu- laria) findet man dieselben Verhältnisse. Auf einen gewissen Reiz hin schicken sich die Nesselzellen zur Wanderung an. Einen Reiz müssen wir annehmen, weil die Nesselzellen nicht sogleich die Wanderung unternehmen , wenn sie ausgebildet sind , sondern oft längere Zeit ruhig verharren. Sie stellen sich parallel der Stütz- (77) 14 Jovan Hadzi: lamelle und bewegen sieh mit ihrem hinteren (freien) Ende voraus, durch aktive Bewegung sich zwischen die Ektoderrazellen drängend. Näheres über die Richtung und Geschwindigkeit der wandernden Nesselzellen werde ich später angeben. Die abweichenden Verhältnisse, welche wir bei Tubularia vor- finden, müssen wir entschieden als sekundär bezeichnen. Schon in der allgemeinen Schilderung habe ich erwähnt, daß der distalste Teil des Stielektoderms wegen seines Baues für wandernde Nessel- zellen unpassierbar ist, da gibt es keine interzellularen Lücken, wie sich solche sonst überall im Ektoderm finden. Die Difi'erenzierung des distalen Stielektoderms zum Stützgewebe (auch die Stützlamelle ist an dieser Stelle sehr verdickt) stelle ich mir durch Vergrößerung des Hydranthen und die dadurch größer gewordene mechanische Inan- spruchnahme dieses Teiles desselben entstanden vor, weil das Periderm gerade in dieser Höhe ganz dünn ist und allmählich schwindet. Die Annahme , daß die Stielektodermzellen des Knopfes spezifische Drüsenzellen wären, stimmt weder mit dem Bau noch mit der Funktion überein. Die Fähigkeit, das Peridermsekret (Kutikula) zu bilden, be- sitzt jede Stielektodermzelle, wie man sich experimentell überzeugen kann. Wenn man ein Stück Coenosark von irgend welchem Teil des Stieles aus dem Periderm ausdrückt, so rundet sich das ausge- drückte Gewebe ab und scheidet nach einiger Zeit auf der ganzen Oberfläche eine Peridermlamelle aus. Auf welche Weise sich die Nesselzellen bei Tubularia den hier herrschenden Verhältnissen angepaßt haben, daß sie nämlich nicht innerhalb des Ektodeims (intraektodermal) zum Hydranthen wandern , sondern durch die Stützlamelle und das Entoderm in das Stiellumen, darüber kann man nur Hypothesen aufstellen. Jedenfalls ist anzunehmen, daß die Nesselzellen auch hier früher intraektodermal gewandert sind, nach- dem aber der Durchgang gesperrt worden ist, sich vor dem Hindernis angesammelt, durch den bei der Ansammlung entstandenen Druck die Stützlamelle passiv durchbrochen haben und zwischen den Ento- dermzellen in das Stiellumen gelangt sind. Gegenwärtig wandern die Nesselzellen nie im Ektoderm hinauf. Ich habe nie eine Ansammlung von Nesselzellen im Ektoderm unter- halb des Knopfes angetroffen. Wie die Beobachtung zeigt, wandert die Nesselzelle von der Stelle , wo sie entstanden ist oder unweit davon durch die Stützlamelle. Dabei kann man eine gewisse An- (78) über die Nesselzellwanderung bei den Hydroidpolypen. 15 strengung der Nesselzelle konstatieren. Auf der Tafel I, Fig. 27 sind mittelst Zeichenapparates intra vitam einige nacheinander kontinuier- lich verlaufende Stadien derselben Nesselzelle bei ihrer Beraühunff, durch die Stützlamelle (im Stiele) zu gelangen, skizziert. Ich glaube nicht, daß dabei die Stützlamelle an der Stelle aufgelöst wird ; die Beobachtungen deuten eher auf eine Durchbohrung der Zwischen- lamelle hin. Während die Nesselzelle sich zwischen die Entoderm- zellen drängt, verändert sich ihr Plasma, es bläht sich auf und wird vakuolig (siehe Tafel I, Fig. 57); es scheint, als ob die Zelle sich auf das Schwimmen durch Verminderung ihres spezifischen Ge- wichtes vorbereiten würde. Das ist um so wahrscheinlicher, als das Plasma beim Zurückwandern wieder die normale BeschafPenheit annimmt. Eine einfache Einwirkung des Mediums scheint es auch nicht zu sein. Die bereits aufgestellten Knidenzellen von Tubularia zeigen diese Veränderung nicht, wenn sie künstlich aus dem Ge- webe austreten. Ebenso wenig zeigen es Nesselzellen anderer Hydroid- polypen, wenn sie in die Gastralflüssigkeit oder das Seewasser ge- langen. Die schwimmenden Knidozyten behalten ihre Form, wenn sie aus dem Gastralraum in das reine Seewasser gelangen. Die Form der schwimmenden Nesselzellen ist so charakteristisch, daß man absolut nicht den Fehler begehen könnte, sie mit etwa als Beute verschluckten zu verwechseln. Das die Nesselzelle umgebende Plasma verändert sich bei dem Aufstellen durch die Stielbildung so, daß man herausgefallene sofort erkennen kann. Außerdem finden wir auch bei ganz jungen Hydranthen (auch Regeneraten) , welche nofh überhaupt aus der Peridermhülle gar nicht herausragen und keine Nahrung zu sich genommen haben, ebenso schwimmende Nesselzellen, gewöhnlich viel mehr, als bei älteren Individuen. Am leichtesten kann man sich natürlich von einer Auswanderung der Knidozyten durch direkte Beobachtung über- zeugen. Wenn man einen Stielabschnitt distal und proximal abschneidet (unten vom Rhizom und oben vom Hydranthen befreit) und dafür sorgt, daß das abgeschnittene Stückchen am Objektträger nicht austrocknet (man kann auch die beiden Schnittwunden zubinden), so wird man in dem früher leeren Stiellumen nach einiger Zeit schwimmende Nesselzellen auffinden ; wenn man auch nicht kon- tinuierlich beobachtet hat, so muß man doch zugeben, daß ein anderer Ursprung der schwimmenden Nesselzellen als eben das Stielektoderm ganz und gar ausgeschlossen ist. Die nähere Be- trachtung wird weiter lehren, daß sie eben die Stützlamelle und das Entoderm durchwandern, ehe sie in das Stiellumen gelangen. (79) 16 Jovan Hadzi: Etwas schwieriger ist es, die Einwanderung der Nesselzellen auf eine andere Weise als durch direkte Beobachtung zu beweisen. Während der Hydranthregeneration sehen wir massenhaft Nessel- zellen hinaufschwimmen ; hinausgeworfen werden sie nicht, sie können einfach nicht ausgeworfen werden, weil ja noch keine Öff- nung vorhanden ist, bzw. wenn der Mund vorhanden ist, kann er nicht geöffnet werden, weil der regenerierende Hydranth in die enge Peridermröhre eingescblossen ist (Tafel II, Fig. 7). Der werdende Hydranth füllt sich mit Nesselzellen, die nachweislich nicht an ihm entstanden sind , und von den schwimmenden -Nesselzellen werden immer weniger (zerfallen sieht man sie nicht; wenn es geschähe, so wäre es leicht zu konstatieren , weil die Sklera der zerfallenen Kapseln sich lange erhält und leicht sichtbar ist) ; es bleibt gar nichts übrig , als eine Einwanderung anzunehmen. Durch direkte Beob- achtung wird diese Annahme bestätigt (Tafel I, Fig. 21 , 1 — 3), wie ich es oft tun konnte. Es ist bemerkenswert, daß bei Hydranthen- regeneraten (Taf. II , Fig. 7) an der Insertionsstelle der aboralen Tentakel die Stützlamelle zwischen Ento- und Ektoderm außer- ordentlich schwach entwickelt ist. Auf Taf. II, Fig. 5 u. 6 ist ein Stück des Hydranthen dargestellt, und zwar derjenige Teil, an welchem die Rückwanderung der herangeschwommenen Nesselzellen stattfindet. I)ie Einwanderung in das Gewebe geschieht auf dieselbe Weise wie die Auswanderung. Entoderm und die Stützlamelle werden durchbrochen und die Nesselzellen wandern basiepithelial zur Ver- brauchsstätte. In Hydranthen ausgewachsener Individuen kann man auch verschluckte Nesselzellen finden , diese werden aber von den Nährzellen eingenommen : die einwandernden Nesselzellen liegen aber stets zwischen den Nährzellen eingekeilt und bewegen sich mittelst Lobopodien. Wenn man den Vorgang der Aus- und Ein- wanderung ursächlich nicht erklären kann , so kann man an der Tatsache selbst doch nicht zweifeln. Die Geschwindigkeit, mit welcher die Nesselzellen wandern, ist sehr verschieden, im allgemeinen aber ziemlich gering. Ich habe viele Aufnahmen mit dem Zeichenapparat gemacht, ähnlich wie es Mukbachs) getan hat. Immer nach einer bestimmten Zeit zeichnete ich die wandernde Knide ein und daneben einen fixen Punkt des Objektes. Auch die Bewegungen ganzer Gruppen von Nesselzellen habe ich auf diese Weise aufgenommen . wobei man die relative und absolute Bewegung unterscheiden kann (Taf. I, Fig. 29, Taf. II, (80) über die Nesselzellwanderung bei den Hydroidpolypen. 17 Fig. 2). Die größte Geschwindigkeit erreichen die Nesselzellen an ausgestreckten Tentakeln (Taf. I, Fig. 24) (bei Formen , wo die Kniden nur an der Spitze aufgestellt sind); hier wird höchstwahr- scheinlich die Eigenbewegung auch durch (für die Nesselzelle günstige) äußere Umstände reichlich unterstützt. Wenn die Nesselzelle zum Verbrauchsort gekommen ist, wird sie nach einigen Veränderungen sessil und zum Gebrauche fertig. Die am Orte des Gebrauches durchgemachten Veränderungen bestehen erstens darin (ich habe es an Tubularia studiert), daß sich die Nesselzelle an die Stützlamelle mittelst des am basalen Pole an- gehäuften Plasmas festheftet. Dann dreht sich die Knide mit ihrer Längsachse senkrecht zur Oberfläche des Ektoderms (Taf. I, Fig. 23). Der Zellkern liegt der Kapsel an. Das Plasma , welches sich mit verhältnismäßig großer Fläche der Stützlamelle anheftet, verengt sich allmählich oberhalb der Ansatzstelle (oder: zwischen der An- satzstelle und der Basis der Knide) und wird immer länger, bis die Knide mit ihrem Explosionspol die freie Oberfläche erreicht hat (Taf. I, Fig. 6 — 10). Wenn das geschehen ist (oft schon etwas früher) , werden das Knidozil und die übrigen Differenzierungen des Plasmas um den Explosionspol der Knide ausgebildet. Erst jetzt hat die Knidozyte ihre definitive Gestalt angenommen und ist schußfertig. Diese Beobachtungen konnte ich wegen der eigen- tümlichen Eigenschaft des Nesselzellplasmas machen , das sich intra vitam mit Methylenblau färbt, wenn sich die Knidozyte ein- mal an der Stützlamelle festgeheftet hat. Weil diese Reaktion während der Wanderung nicht eintritt, müssen wir annehmen, daß sich das Nesselzellplasma inzwischen verändert hat. Zuerst ist das Plasma körnelig, mit der weiteren Ausbildung des Stieles wird es glatt und stärker lichtbrechend. (Auf Taf. I, Fig. 6 — 10 bringe ich einige Stadien der Umbildung des Nesselzellplasmas zum Stiel.) Bei der Färbung bin ich folgendermaßen vorgegangen: Von einer konzentrierten Lösung von Methylenblau in destilliertem Wasser setzte ich einige Tropfen (je nach der Größe des Gefäßes, in welchem sich die Tiere befanden) dem Seewasser zu, in welchem die Tubu- laria war. Nach einiger Zeit (V2 bis ^j^ Stunde) schnitt ich einige aborale Tentakel ab, setzte sie auf den Objektträger und bedeckte sie mit dem Deckgläschen. Nachdem die Tentakel 2 — 3 Minuten so gestanden waren, trat allmählich die Färbung der Knidenstiele ein. Zuerst ist die Färbung ganz diffus, um sich dann auf das Kniden- plasma zu konzentrieren, was ein sehr schönes Bild darbietet. Die ganz ausgebildeten Stiele färben sich intensiver , als die im Ent- Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 1. g /gj> 18 Jovan Hadzi: stehen begriffenen. Die Knidozile färben sieb gar nicht, wohl aber die plasmatische Umhüllung der Kapsel (Theka). Auf diese Weise ist es mir gelungen, zu zeigen, auf welche Weise die Kniden zur Ober- fläche gelangen; nicht wie man gewöhnlich angenommen hat, durch Hinauf wandern , um dann von der Oberfläche einen Stiel herunter- wachsen zu lassen, sondern durch Stielbildung selbst (wenigstens bei Tubularia). Außerdem habe ich durch Methylenblaufärbung noch ein merkwürdiges Verhalten der Nesselzellstiele konstatiert: daß sie basal untereinander vielfach durch feinere Faden im Zu- sammenhange sind (Taf. I, Fig. 11). Die Stiele sind an der Basis überhaupt flach ausgebreitet. Die Verbindung ist jedenfalls sekundär zustande gekommen. Über die Bedeutung dieser Verbindungen kann ich nichts sicheres angeben. Noch eine Eigenschaft der Nesselzellstiele habe ich Gelegen- heit gehabt, zu beobachten: es ist die außerordentliche Dehnbarkeit, mit Elastizität verbunden. Wenn man einem unter dem Deckgläs- chen liegenden, lebenden Tubulariatentakel Wasser entzieht, da- durch einem großen Drucke aussetzt) , so wird der Tentakel ab- geflacht und verbreitert; diese Verbreiterung machen die Nessel- zellstiele mit und verlängern sich , dabei immer dünner werdend, um das 3 — 4fache ihrer ursprünglichen Länge (Taf. I, Fig. 10). Wenn man dann wieder Wasser zusetzt (also den Druck aufhebt), rundet sich der Tentakel wieder mehr ab , die Nesselzellstiele verkürzen sich und werden dicker. Es ist eigentlich diese Eigenschaft der Nesselzellstiele vorauszusetzen , weil ja mit dem Kontraktionszu- stande des Tentakels auch die Höhe des Ektodermepithels wechselt und die Nesselkapseln doch immer an der Oberfläche bleiben. Aus allem scheint mir hervorzugehen, daß der Nesselzellstiel eine Bildung sui generis ist und daß er nicht als homolog einer Muskel-, Stütz- oder Nervenfaser zu setzen ist. Auch mit Eisenhämatoxylin (Heidenhain) färben sich die Nesselzellstiele tief schwarz, ebenso wie die von mir an den Tentakeln von Tubularia beobachteten Sinneszellenfortsätze oder wie die Muskelfasern. Was die wandernde Nesselzelle veranlaßt, sich an einer be- stimmten Stelle, wo sie gerade notwendig ist, festzusetzen , wobei oft die Stelle eine sehr bestimmte ist, wie z. B. bei Campanulariden, wo die Nesselzellen nur in Wirtein aufgestellt sind, die in gewissen Abständen voneinander stehen , und die Nesselzelle oft mehrere Wirtel passieren muß, bis sie zu einer leeren Stelle kommt, das (82) f^ber die Nesselzellwanderung bei den Hydroidpolypen. 19 wissen wir nicht; ebensowenig, wie bei der Urkeimzelle, die ja oft so komplizierte Bahnen durchwandert, bis sie zur ganz be- stimmten Reifungsstelle kommt. Auch wandern die Nesselzellen nicht immer in gleicher Anzahl, sondern zurzeit eines vergrößerten Gebrauches (Knospenbildung, Regeneration etc.) viel reichlicher. Wir können auch experimentell auf die Nesselzellen einen Reiz ausüben, damit sie sich massenhaft in Bewegung setzen. Ich habe bei der untersuchten Tubularia, welche keine Seitenknospen treibt, z. B. an dem basalen Teil des Stieles zwei gegeneinander ge- richtete schiefe Einschnitte gemacht. Aus den beiden Schnittwunden wachsen je ein Hydranth (senkrecht auf die Schnittwunde), dabei konnte ich eine massenhafte Wanderung von Nesselzellen aus der ganzen Umgebung der Einschnitte beobachten. Es wirkt also der Hydranthenbildungsreiz zugleich auch als Wanderungsreiz auf die Nesselzellen. Au die Stelle, wo ein Tentakel entstehen soll (bei Formen, welche am ganzen Hydranthen Tentakel bilden), wandern die Nesselzellen (wie ich schon früher erwähnt habe) offen- bar auf einen sie dorthin richtenden Reiz, so daß alle früher er- wähnten Bildungsreize nicht nur die Nesselzelle überhaupt zur Be- wegung veranlassen, sondern auch ihr die Richtung geben. Im all- gemeinen geht die Richtung nach dem Hydranthen hinauf, ist aber nicht etwa durch die Schwerkraft bestimmt. Wenn wir nämlich ein Ästchen von Eudendrium, Campanularia oder einen Stiel von Tubu- laria ganz horizontal legen (am Objektträger bei der Beobachtung), so wandern die Nesselzellen die schon eingeschlagene Richtung- weiter, ohne Rücksicht auf die stattgefundene Drehung, zum Ver- brauchsorte hin. Am Hydroidpolypstock gibt es auch horizontal, schräg nach unten verlaufende Äste, was für die Wanderungs- richtung der Nesselzellen belanglos ist. Der Stock kann auch von der Unterlage herunterhängen, also gerade umgekehrt orientiert sein als gewöhnlich. Schneiden wir den Stiel von Eudendrium oder Tubularia ein und lösen dadurch eine Hydranthbildung aus, so werden nicht nur die unter der Einschnittstelle befindlichen Nessel- zellen zum Regenerate wandern, sondern auch jene oberhalb der- selben Stelle liegenden Kniden, die also nach hinunter wandern müssen. Das zeigt gleichfalls, daß der Reiz für die Richtung der wandernden Nesselzelle bestimmend ist und nicht etwa äußere Einflüsse. Es wird uns nicht wundern, wenn wir sehen, daß nicht alle von den vielen im Stiel (Coenosark) gebildeten Nesselzellen ihr Ziel erreichen : an den Verbrauchsort zu gelangen und dort auf- gestellt zu werden. Ich habe schon früher erwähnt , daß sich bei 6 * (83) 20 Jovan Hadzi: den Campanulariden oft sehr viele fertige Nesselzellen im Stiel ansammeln und durch die Stützlamelle und das Entoderm in das Stiellumen gelangen, dann findet man sie im Gastralraum des Ry- dranthen halb zerfallen, und sie werden von Entodermzellen aufge- nommen und verdaut. Auch in Stielentodermzellen fand ich oft halb- verdaute Nesselzellen. Bei Tubularia habe ich beobachtet, wie sich die wandernden Nesselzellen in das ,, Polstergewebe" verirren und dort zwischen die Zellen durch amöboide Bewegungen diängen. Im allgemeinen möchte ich glauben , daß bei der Wanderung weniger Nesselzellen ihr Ziel verfehlen, als bei der Ausübung ihrer Funktion selbst. Noch auf eines müssen wir bei der Besprechung der Nessel- zellwanderung eingehen, nämlich, wie sich die Knide (Nesselkapsel und Inhalt) dabei verhält und was wir daraus in bezug auf das Wesen und die Funktion derselben schließen können. Trotz zahl- reicher eingehender Untersuchungen, welche die Nesselzellen (physio- logisch) erfahren haben , ist noch vieles unverständlich oder hypothetisch. Deshalb wird es von Nutzen sein, wenn ich das bei meinen Untersuchungen Beobachtete mitteile. In einem Punkte sind alle Autoren (der neueren Zeit) einig , darin , daß das wesent- lichste an der Knide das Sekret ist, welches quellbar ist und durch dessen Verquellung die Energie geschaffen wird, welche nötig ist, um den Faden herauszustoßen (Iwanzoff*), Schneider!*), ABRiEi)etc.) Über die spezielleren Fragen: auf welchen Reiz hin die Kniden losgehen, wie das Wasser ins Innere der Kapsel gelangt, um das Sekret zur Verquellung zu veranlassen usf., herrschen sehr ver- schiedene Meinungen. Eine genauere Vorstellung über den ganzen Vorgang der Knidenexplosion hat für die hoehdifFerenzierten Kniden der Siphonophoren Schneider i*) gegeben, diese kann aber schon deshalb nicht ohne weiteres allgemein gelten , weil der Vorgang bei Knidenformen , welche keine so hohe Differenzierung (Deckel, gefaltete Membran , Vakuum etc.) aufweisen , nicht derselbe sein kann, wie ihn Schneider für Siphonophorenkniden annimmt. Wie ich schon früher angeführt habe , entwickeln sich die Kniden vor der Wanderung ganz vollständig, nur die Differen- zierungen, welche vom Zellplasma (Theka) ihren Ursprung nehmen, werden erst am Orte des Verbrauches gebildet. Die Sklera hat ihre definitive Gestalt und Härte, das Basalstück und der Faden sind vorhanden. Ich glaube aber auf Grund des Verhaltens des (84) über die Nesselzellwanderuiig bei den llydroidpolypen. 21 quollbaren Sekretes den Farbstoffen gegenüber annehmen zu dürfen, daß das Sekret der wandernden Nesselzellen wenigstens in vielen Fällen nicht ganz reif ist. So habe ich bei den Carapanulariden beob- achtet, daß sich das Sekret bereits aufgestellter Nesselzellen durch Hämatoxylin gar nicht färbt, jenes der Wanderkniden aber wohl (selbstverständlich beides in fixiertem Zustande). Bei Tubularia ist der Unterschied zwischen beiden nicht so groß. Nicht die Unreife des Sekretes allein ist es, welche die Wanderung der Nesselzellen un- gefährdet und überhaupt möglich macht. Es spielen da auch andere Faktoren mit. Wie angegeben, wandern die Kniden mit dem Basal- pol der Kapsel voran, so daß der gewiß empfindlichere Explosions- pol nicht dem Drucke ausgesetzt ist. Es scheint aber, daß dieses Verhalten nicht direkt zum Schutze der wandernden Nesselzellen zustande gekommen ist. Da der Explosionspol der Kapsel an der Zelloberfläche angewachsen ist, können an dieser Seite die Lobopodien gar nicht gebildet werden; das meiste Plasma ist am hinteren Ende der Kapsel angesammelt, und deshalb, denke ich, geht es voran. Ganz gewiß muß die Knide während der Wanderung oft Druck und Stöße aushalten, weil sie oft Räume passieren muß, die viel enger sind als die Kapsel (z. ß. das niedrige Epithel der keulen- förmigen Tentakel etc., Taf. I, Fig. 24). Daß die Kapsel dabei nicht losgeht, wird auch darin seinen Grund haben, daß die rein mecha- nischen Reize (Einwirkungen) unzulänglich sind , eine Explosion zu veranlassen (das zeigen auch die Versuche von Wagner i'^) an Hydra). Die Nesselzellen sind ja, wie ich gleich zeigen werde, be- reits im Wanderstadium explosionsfähig, es muß nur der Reiz ein entsprechender sein. Es wird die intraektodermal wandernden Nesselzellen auch Mangel an freiem Wasser zwischen den Epithel- zellen an einer Explosion hindern, ohne Wasser aber gibt es ver- mutlich keine Explosion, i) Die intraektodermale Wanderung bietet 1) Bei dem Verquellen vergrößert sich das ursprüngliche Volumen des Sekretes um bedeutendes, wie ich das beobachten konnte : Unter dem Deckglase war zwischen vielen isolierten Kniden aus der Akontie einer Aktinie eine Luftblase. Die Kniden wurden an die Peripherie der Blase durch Wasserströmung (Oberflächenspannung) an- gezogen und gingen los mit den Fäden in die Luftblase schießend; das Sekret er- goß sich in den wasserleeren Raum und so konnte man die Menge desselben direkt beobachten. Das ergossene Sekret übertraf um bedeutendes das Volumen der Kapsel, welche sich nur um geringes verkleinert hat und nach der Explosion mit verquollenem Sekrete gefüllt war. Da um die isolierte Kapsel nur Wasser vorhanden war, so ist es wohl am wahrscheinlichsten, daß die Vergrößerung des Volums des Sekretes während der Explosion auf Kosten des umgebenden Wassers vor sich ging. Auch der Umstand, daß die längere Zeit hindurch in kleinen Mengen Seewasser (unter dem Deckglas) (85) 22 Jovan Hadzi: also keine Explosionsgefahr. Ich habe nie eine wandernde Nesselzelle innerhalb des Gewebes losgehen gesehen, obwohl sie oft unter be- trächtlichem Druck (Deckglas) gestanden sind. Alles das kann wohl die neuere Ansehaung, wonach ein mechanischer Reiz (Druck, Zug, Stoß) nicht imstande ist, eine Explosion der Nesselzellen auszuüben, bestätigen, ausgenommen eine mechanische Beschädigung der Kapsel, wodurch der Wasserzutritt zum Sekret gestattet wird. Interessanter sind die diesbezüglichen Verhältnisse bei Tabu- laria. Da kommen ja die Wanderkniden in die wässerige Gastral- flüssigkeit und gehen nicht los. Daß dabei die Konzentration der Flüssigkeit keine Rolle spielt, sieht man daraus, daß die schwim- menden Nesselzellen auch in reinem Seewasser nicht losgehen. Man braucht den Hydranthen, der im Gastralraum Nesselzellen enthält, nur etwas zu drücken, so werden die Nesselzellen durch den Mund ausgestoßen. Reizt man solche Nesselzellen mit ganz verdünnter Essigsäure , so gehen die meisten los , auch ohne ein Knidozil und andere spezielle Vorrichtungen gehabt zu haben (Taf. I, Fig. 24). Also sind auch die Wandernesselzellen explosionsfähig. Die wasser- dichte Sklera schützt das Sekret vor der Explosion. Unlängst hat Wagner 1^) gezeigt, daß auch die aufgestellten Kniden (mit Knidozils) auch auf ziemlich grobe mechanische Reize nicht mit Explosion reagieren. Wenn wir dann sehen , daß die Nesselzellen, welche sonst Knidozils besitzen, auch ohne Vermittlung derselben losgehen können , so entsteht die Frage , ob überhaupt auch die plasmatische Theka (welche ja ohnehin später zu- sammenschrumpft) für die Explosion unumgänglich notwendig ist. Um das zu eruieren, ist es notwendig, die Kapsel von der Plasma- hülle zu befreien. Bei Tubularia gelingt das sehr schwer, aber doch, und zwar durch Drücken eines abgeschnittenen Tentakels, wobei man aufgestellte Kniden so isolieren kann , daß sie ohne Plasma und Knidozil bleiben. Solche Kapseln gehen nicht ohne weiteres los (etwa durch Einwirkung des umgebenden Wassers), wohl aber auf Zusatz von etwas verdünnter Essigsäure. Noch leichter als bei Tubularia gelang mir die gänzliche Isolation der Kapsel aus der Akontie einer kleinen Aktinie (an solchen Nesselkapseln , die mit einer Plasmahülle aus dem Gewebe ausgestoßen worden sind, kann man stehenden Kniden, wobei die Konzentration des Seewassers sehr gesteigert wird, auch nach Reizung nicht losgehen, sondern nur halbswegs verquellen, ohne daß der Faden ausgestoßen wird, scheint mir darauf hinzuweisen, daß das freie Wasser für die Ex- plosion unumgänglich notwendig ist. (86) über die Nesselzellwandi-niu}^ bei den Hydroidpolypen. 23 diese wohl konstatieren); oft sind die großen länglichen Kapseln ohne sichtbare Ursache, also spontan losgegangen. Jedenfalls kann die Knide auch ohne Vermittlung von Plasma explodieren. An diesen Kniden habe ich noch andere interessante Beobach- tungen gemacht. Das reife, aber unverquollene Sekret der Nessel- zelle färbt sich (intra vitam) mit Neutralrot sehr intensiv. Solange jedoch die Sklera ganz vollständig ist, dringt der Farbstoff nicht zum Sekret. Die vom Zellplasma umhüllten Kniden erscheinen bei Zusatz von Neutralrot (in destilliertem Wasser gelost) rosarot, die Kniden ohne Plasmahülle ganz farblos 0, dadurch kann man sie mit Sicherheit voneinander unterscheiden. Wenn einmal das Wasser zum Sekret gelangt (am Anfang der Explosion, wenn die Sklera am Explosionspol durchbrochen wird), verfärbt sich dasselbe rasch sehr tief, um sich bei der Verquellung (Verflüssigung) wieder zu ent- färben. Dabei habe ich beobachtet, wie sich inmitten des verquollenen Sekretes einige Körner von unverquollenem Sekrete befinden. Diese werden in den Faden getrieben (offenbar durch den Druck, der beim Verquellen entsteht) und bewegen sich innerhalb des Fadens rasch, immer kleiner werdend, d. h. sie verquellen (Taf. I, Fig. 26). Daraus folgt, daß die Sklera wasserdicht, die Intima (Schneiderin), deren Fortsetzung der Faden ist, dagegen für Wasser durchlässig ist. Die erste Menge des Wassers muß jedenfalls an bereits dazu prä- destinierter Stelle eintreten. Das ist die Stelle , wo die Intima in den Faden (d. h. das Basalstück desselben) umbiegt ; dort befindet sich in der Sklera eine Öffnung, welche durch den Deckel ge- schlossen ist. Die Hauptfrage des Problems ist nun, auf welchen Reiz hin und auf welche Weise der Deckel abgesprengt wird. Einen sehr wahrscheinlichen Erklärungsversuch hat für die hochkompli- zierten Nesselzellformen der Siphonophoren , wie früher erwähnt, Schneiderin) gegeben. Die gleiche Erklärung wird natürlich auch für andere Nesselzellen, welche ein Knidozil und die übrigen Vor- richtungen besitzen, Geltung haben. Wo dies aber nicht der Fall ist, wie z. ß. bei den untersuchten Nesselzellen aus der Akontie der Aktinie oder bei ganz isolierten Kniden von Tubularia, welche vorher ein Knidozil wohl besessen haben, und noch vielen anderen Formen, müssen wir uns den Vorgang etwas anders denken, als 1) Bei Hydra dringt die Methylenblaufarbe wohl in die reifen Kniden ein und verfärbt das Sekret, ohne daß es verquillt. Die Farbe des Sklera bleibt dabei durch- schimmernd, wenn aber eine solche Knide losgeht, dann verändert sich die Färbung des Sekretes. Es wird ganz tiefblau und opak und entfärbt sich bei der Verquellung allmählich. Das Sekret hat sich vermutlich verändert. (87) 24 Jovan Hadzi: dies Schneider tat. Hier muß der Reiz wohl direkt, ohne Ver- mittlung des Knidozils, der gefalteten Membran und des Vakuums einwirken. Ich habe bei knidozillosen Kniden beobachtet, daß knapp vor der Explosion das Basalstück, welches dem Deckel bzw. der Sklera dicht anliegt, um ganz weniges über die Kapseloberfläche steigt und darauf dann die eigentliche Explosion erfolgt. Als ersten Effekt des Reizes stelle ich mir nicht eine mechanische Ab- sprengung des Deckels vor, worauf dann durch Ermöglichung der Wasserzufuhr die Explosion ausgelöst würde. Wir sehen überhaupt an der Knide keine Vorrichtung , die uns das mechanische Ab- springen des Deckels wahrscheinlich machen würde. Ich denke mir den Vorgang vielmehr so: durch einen Reiz chemischer Natur (bei ganz reifen Kniden) wird am Explosionspole an der Stelle, welche von vorneherein etwas abweichend beschaffen ist (Deckel), dem Wasser, wenn auch in ganz geringer Menge, der Eintritt auf eine nicht näher zu bezeichnende Weise ermöglicht , wodurch die zur Sprengung des Deckels nötige Energie entbunden wird. Wenn der Deckel gesprengt ist, dann dringt das weitere Wasser leicht ein und die Explosion ist bewerkstelligt. Wir sind genötigt, uns eine solche Vorstellung von der Ex- plosionsweise der knidozillosen Kniden zu bilden , weil wir an solchen Kniden keine Vorrichtungen finden, welche eine mechanische Wirkungsweise des Reizes zulassen würden. So habe ich an den Kniden bei Aeoliden, welche nach Geosvenor von verzehrten Knidariern herrühren, beobachtet, daß viele von ihnen ganz ohne Plasmahülle und Knidozils sind und viele in einer Zelle des Tieres eingebettet sich finden; auf einen Reiz hin (ehem.) gehen fast alle in derselben Zelle befindlichen Kniden (oft von verschiedener Art) los. Die wandernden Kniden von Tabularia (noch ohne Knidozile) ebenso wie jene isolierten , welche ein Knidozil gehabt und dieses bei der Isolation verloren haben (ohne dabei loszugehen), explodieren auf einen chemischen Reiz hin (bei den wandernden muß der Reiz stärker sein). Weil das Wasser durch die Sklera nicht zum Sekret gelangen kann, bleibt nur die am Explosionspol präformierte Stelle übrig, die bloß auf chemische Reize hin für das Wasser passierbar wird. In dieser Hinsicht ist folgender Fall in- teressant: es war eine wahrscheinlich anormal gebaute Knide, das Basalstück reichte nicht bis zum Explosionspol. Auf Zusatz von etwas 20/0 Essigsäure gingen die normalen Kniden los, die früher erwähnten aber hatten zwar offenbar Wasser aufgenommen, weil das Sekret aufgequollen war und die Sklera auf einer Stelle stark (88) über die Nesselzellwanderung bei den Hydroidpolypen. 25 ausgebuchtet hatte, aber die Explosion ist ausgeblieben. (Taf. I, Fig. 25.) In geringerem Umfange haben sich noch manche andere Kniden, die längere Zeit unter dem Deckgläschen gelegen sind, ausgebuchtet (teilweise Verquellung). Es ist sehr unwahrscheinlich, daß es sich um verletzte Kniden handelt , weil solche gleich das Sekret ausgießen würden. Wie ich mich durch Versuche überzeugt habe, kann die, wenn auch ziemlich bedeutende Verminderung der Konzentration des Mediums die ganz isolierte oder auch die vom Zellplasma um- gebene Knide nicht zur Explosion bringen. Nur wenn man dem See- wasser, in welchem sich die Kniden befinden , sehr rasch viel destil- liertes "Wasser zusetzt, dann gehen wohl manche los oder sie ver- kleinern sich um bedeutendes, ohne loszugehen. Dabei scheint die Sklera für das Wasser wie auch für das verquollene Sekret durchlässig ge- worden zu sein. Auch unter einem anderen Umstände tritt dasselbe auf. Wenn sich nämlich die Kniden längere Zeit unter einem Druck befinden (unter dem Deckgläschen gepreßt), verquillt nach einiger Zeit das Sekret ganz allmählich , die Explosion bleibt aus;, das Volumen der Knide wird kleiner. Wir müssen notwendigerweise annehmen, daß das verquollene Sekret durch die gesamte Oberfläche der Sklera hindurch diffundiert ist, weil die Knide nur wenig de- formiert wird. Daß das Sekret wirklich verquollen ist, kann man außer durch verändertes Verhalten den Farbstoffen gegenüber auch durch die Veränderung des Lieh tbrechungs Vermögens erkennen. Außerdem wird die Sklera nach dem Verquellen des Sekretes weich, läßt sich knicken und fälteln. Das alles habe ich nur deshalb er- wähnt, um zu zeigen, wie sich die Sklera durch Einwirkung äußerer Umstände in der Tat in ihren Eigenschaften ändern kann, daß heißt ebensoviel, wie, daß sie reizbar ist , was jedenfalls für den Explosionspol in viel höherem Maße gelten wird. Somit wäre die Explosions weise der einfachen Kniden und das Verhalten der Nessel - Zellen während der Wanderung unserem Verständnis nähergeräckt. Kurze Zusammenfassung. 1. Die Kniden werden ganz allgemein im Coenosark, das vom Perisark umgeben ist, produziert , wo sie nicht gebraucht werden können. 2. Sie wandern vielmehr in ausgebildetem Zustande haupt- sächlich durch aktive Bewegungen zu den Verbrauchsstellen (Ten- takel der Hydranthen , Knospen , Regenerate) a) intraektodermal (39) 26 Jovan Hadzi: (das ist der weitaus häufigste Fall) oder h) (bei Tubularia) auf kombinierte Weise: Im Coenosark aktiv durch die Stützlamelle und das Entoderm in das Stiellumen ; von da passiv durch den Flüssig- keitsstrom in den Zentralmagen, wo sie wieder in das Gewebe (des Hydranthen) eintreten und durch aktive Bewegungen zur Verbrauchs- stelle gelangen. 3. Die Nesselzellen wandern in der Richtung gegen den Ver- brauchsort, wenn ein „Verbrauchsreiz" auf sie einwirkt; die Ge- schwindigkeit ist verschieden, aber im allgemeinen ziemlich gering. 4. An dem Verbrauchsort angelangt, bilden die Nesselzellen die noch fehlenden akzessorischen Bestandteile aus (Stiel, Knidozil etc.) und werden , wie es an Tubularia beobachtet wurde , durch das Auswachsen des Stieles zur Oberfläche gehoben. 5. Die Wanderung der Knidozyten ist von großer Bedeutung, indem durch allmählich eintretende Arbeitsteilung das Coenosark die Rolle des Knidenlieferanten übernimmt. 6. Die Wanderkniden sind explosionsfähig , gehen aber erst auf einen chemischen Reiz hin los; normalerweise explodieren sie während der Wanderung trotz ziemlich starker mechanischer In- sulte nicht. 7. Die ganz isolierten Kniden (ohne Plasmahülle) sind ex- plosionsfähig, daher müssen wir annehmen , daß die sonst wasser- dichte Sklera auf chemische Reize am Explosionspole für das Wasser durchlässig wird (daß sie direkt reizbar ist). (00) über ilie Nesselzellwanderung bei den Hydroidpolypen. 27 Literaturverzeichnis. Die bis zum Jahre 1897 erschienenen Arbeiten über die Nesselzellen überhaupt findet man im Referate von Lendenfeld: Biol. Zentralblatt, Bd. XVI, ziemlich voll- ständig zusammengestellt. Hier ist nur das notwendigste angeführt. 1. P. ÄBRiE, Sur le fcnctionnement des nematocystes des Coelenteres. C. R. See. Biol, Paris T. 56. 2. J. CiAMiciAN, Über den feineren Bau und die Entwicklung von Tubularia mesem- brj-anthemum. Zeitschr. f. wiss. Zoologie, 1879, Bd. XXXII. 3. H. Grenacher, Über die Nesselkapseln von Hydra. Zoologischer Anzeiger, 1895, Bd. XVIII. 4. N. IwANz OFF, Über den Bau, die Wirkungsweise und die Entwicklung der Nessel- kapseln der Coelenteraten. Bull, de la Soc. imp. d. nat. d. Moscou T. X. 1896. 5. C. F. JiCKELi, Der Bau der Hydroidpolypen I. Morph. Jahrb., 1883, Bd. VIII. 6. R. V. Lendenfeld, Die Nesseleinrichtungen der Aeoliden. Biol. Zentralblatt 1904, Nr. 24. 7. C. MÖBius, Über den Bau, den Mechanismus und die Entwicklung der Nessel kapseln einiger Polypen und Quallen. Hamburg 1866. 8. L. MüRBACH, Beiträge zur Kenntnis der Anatomie und Entwicklung der Nessel Organe der Hydroiden. Arch. f. Naturgeschichte, 1894, Jahrg. 60, Bd. I. 9. Derselbe, Hydroids from Wood's Holl. Quart. Journ. of micr. Sc, 1899, Vol. 42 10. M. Ndssbaüm, Über die Teilbarkeit der lebendigen Materie. I. Arch. f. mikr Anatomie, 1887, Bd. 29. 11. K. C. Schneider, Histologie von Hydra fusca. Arch. f. mikr. Anatomie, 1890 Bd. XXXV. 12. Derselbe, Einige histologische Befunde an Coelenteraten. Zool. Anzeiger, 1891 Bd. XIV. 13. Derselbe, Einige histologische Befunde an Coelenteraten. Jenaer Zeitschr. für Naturwissenschaft, 1892, Bd. 27. 14. Derselbe, Mitteilungen über Siphonophoren V. Nesselzellen. Arbeiten aus dem zool. Institut, Wien 1900, Bd. XII. 15. F. E. Schulze, Über den Bau und die Entwicklung von Cordi/lophora laciistris (AUman). Leipzig 1871. 16. Derselbe, Über den Bau von Syncoryne Sarsii (Lov6n). Leipzig 1877. 17. G.Wagner, On some movements and reactions of Hydra. Quart. Journ. of micr. Sc, 1905, Vol. 48. 18. A. Weismann, Die Entstehung der Sexualzellen bei den Hydromedusen. Jena 1883. 19. C. Grobben, Über Podocoryne carnea Sars. Sitzgsber. K. Akad. d. Wissensch. Wien. Bd.LXXII, 1875. (91) 28 Jovan Hadzi: Tafelerklärung. Tafel I. Fig. 1. Teil eines Längssclmittes aus dem Stiel von Tubularia; zeigt eine Nesselzelle, die eben aus dem Ektoderm durch die Zwischenlamelle in das Entoderm vorgedrungen ist. Fixierung mit FLEMMiNGScher Mischung, Färbung mit Delafields Hämatoxylin. Gezeichnet mit Zeichenapp. Vergr. Leitz, Ok. 4. Obj. 7. P Periderm; Ek Ektoderm; Z Zwischenlamelle; En Entoderm; K Kern der ektodermalen Epithelzelle; Nb Nesselbildungszelle; W wan- dernde Nesselzelle. Fig. 2- Wie in Fig. 1. Nur ist die wandernde Nesselzelle bereits weiter vorgedrungen. Fig. 3. Wie in Fig. 1. Die wandernde Nesselzelle knapp vor dem Verlassen des Coenosarks, in das Stiellumen eintretend. Fig. 4. Teil aus dem Längsschnitt des Hydranthen von Tubularia aus der Gegend der Aboraltentakelbasis, um die Rückwanderung der wandernden Nesselzelle zu zeigen. Flemming-Delafields Hämatoxylin. Zeichenapp. Leitz, Ok. 2, Obj. 5. Bezeichnung wie früher, außerdem St entodermales Stützgewebe (Tentakelbasis); T Tentakel. Fig. 5. Optischer Längsschnitt aus dem Stiel von Stauridium. Nach dem Leben ge- zeichnet. Vergr. Leitz, Ok. 4, Obj. 7- Fig. 6 — 10. Verschiedene Stadien der Stielbildung der Nesselzellen im Tentakel von Tubularia. Vitale Färbung mit Methylenblau. Nach dem Leben gezeichnet. Vergr. Leitz, Ok. 4, Ölimm. 7i2- ^ Stützlamelle; A' Kern der Nesselzelle; Ki Knide ; Si plasmatischer Stiel ; B der basale, verbreitete Teil des Stieles. Fig. 11. Fläcbenbild aus dem Tentakel von Tubularia mit Methylenblau behandelt, die Zusammenhänge der Nesselzellstiele zeigend. Nach der Natur gezeichnet. Vergr. Leitz, Ok. 4, Imm. Yi2- Bezeichnung wie früher. Fig. 12. Wandernde Nesselzelle aus dem Hydranthen von Tubularia. Es sind zwei Stadien der Pseudopodienbildung dargestellt. Nach dem Leben gezeichnet. Vergr. Leitz, Ok. 4, Obj. Imm. 7^,,. Fig. 13. Nesselzelle von Stauridium. In a ist die Kapselkontur gezeichnet; in b — d nur der basale Teil derselben. Das Plasma am Hinterende der Kapsel zeigt pseudopodienartige Fortsätze. Nach dem Leben gezeichnet. Vergr. Leitz, Ok. 4, Imm. V,„. Fig. 14. Eine schwimmende Nesselzelle, die auf Zusatz von 2''/o Essigsäure losge- gangen ist. PI Zellplasma. Nach dem Leben mit Zeichenapp. gezeichnet. Leitz, Ok. 4, Imm. 7i2- Fig. 15 — 17. Schwimmende Nesselzellen von Tubularia, aus einem Schnittpräparate (Flemming-Delafields Hämatoxylin). Mit Zeichenapp. gezeichnet. Leitz, Ok. 4, Imm. 7j.3. Fig. 18. Flächenbild aus dem Hydranthen von Tubularia. Es ist eine Ektodermepithel- zelle mit einer aufgestellten Nesselzelle dargestellt, um die Lagerungsweise der Nesselzelle zu zeigen. Nach dem Leben gezeichnet. Zeichenapp. Leitz, (92) über die Nesselzell Wanderung bei den Hydroidpolypen. 29 Ok. 4, Inim. 7j^. G Grenzlinie der Epithelzelle; Ki Knide , die sich in deren Mitte beiludet und mit einem Knidozil die Zelle an der Oberfläche durchbohrt. Die Nesselzelle befindet sich nicht in der Epithelzelle, sondern in einem bis zur Oberfläche reichenden Hohlraum derselben. Fig. 19 — 20. Kniden von Stauridium. 19 vor, 20 nach der Explosion. Nach dem Leben gezeichnet. Leitz, Ok. 4, Imni. '/lo. Zeichenapp. Fig. 21. Optischer Längsschnitt aus dem Ilydrantlien von Tubularia. Rückwanderung einer Nesselzelle in das Ektoderm. Nach dem Leben gezeichnet. Leitz, Ok. 4, Obj. 5, Bezeichnung, wie in Fig. 1. Es sind nur die Zellkonturen angegeben. Fig. 22. Spitze des Tentakels von Stauridium. Nach dem Leben gezeichnet. Eine wandernde Nesselzelle ist eben angekommen. Leitz, Ok. 4, Obj. 7, Pn Palpozil. Fig. 23 a) bis d). Vier Stadien der Aufrichtung einer eingewanderten Nesselzelle (am Tentakel von Tubularia). Nach dem Leben mit Zeichenapp. gezeichnet, der ganze Vorgang hat 15 Minuten gedauert. Es ist nur die Stützlamelle und die Kontur des Kapsel ausgeführt. Fig. 24. Stück eines Tentakels von Stauridium. Nach dem Leben mit Zeichenapp. ge- zeichnet. Das Ektoderm ist nur an einer Seite eingetragen. Der Weg von einer Querlamelle zur anderen ist in 3 Minuten zurückgelegt worden. Mit punktierter Linie ist die Kapsel nach 3 Minuten gezeichnet. Leitz , Ok. 4, Obj. 7. Fig. 25. Isolierte Knide einer Aktinie, in welcher das Sekret vei-quollen war, ohne daß sie losgegangen wäre. Die Sklerawand ausgebuchtet. Nach dem Leben ge- zeichnet. Leitz, Ok. 4, Imm. Via- Fig. 26. Der Explosionspol einer Aktinienknide gleich nach der Explosion, mit Neutral- rotlösung gefärbt. Die im Basalstück des Fadens sich befindlichen tief ge- färbten Sekretballen bewegten sich vorwärts im Faden, dabei verfließend- Nach dem Leben gezeichnet. Leitz, Komp.-Ok. 8, Imm. Yjg- Fig. 27. Acht Stadien der Zwischenlamellen-Durchbrechung. Optische Querschnitte aus dem Stiel von Tubularia. Es sind nur die Konturen der Zwischenlamelle, des Periderms und der Wanderknide nach dem Leben gezeichnet. Leitz, Ok. 4, Ob. 5. Fig. 28. Stück eines Längsschnittes des „Knopf"-Ektoderms von Tubularia. Flemming- Eisenhämatoxylin. Leitz, Ok. 4, Obj. 5. Fig. 29. Zwei längliche wandernde Nesselzellen von Tubularia (im Stiel), es sind nur die Konturen der Kapseln angegeben. Drei nacheinander folgende Stadien der Bewegung. Nach dem Leben mit Zeichenapp. gezeichnet. Leitz, Ok. 4, Obj. 7. Tafel II. Fig. 1. Teil eines Längsschnittes von Campanularia, und zwar Übergangsstelle vom Stiel zum Hydranthen, um die Überwanderung der Nesselzellen zu zeigen. Flemmings Eisenhämatoxylin. Zeichenapp. Leitz, Ok.4, Imm. 7i2 und zirka um die Hälfte verkleinert. V diaphragmaartiger Vorsprung des Periderms; //Hydrothek; Dr Drüsenzelle des Ektoderms. Übriges wie früher. Fig. 2. Wandernde Nesselzellen in einer Knospe von Campanularia. Nach Ablauf von je 3 Minuten sind dieselben drei Kniden mit Zeichenapp. aufgenommen. Eine Knide ist mit einem Sternchen bezeichnet. Nach dem Leben gezeichnet. Leitz, Ok. 4. Obj. 7. (93) 30 Jovan Hadzi: Über die Nesselzellwanderung bei den Hydroidpolypen. Fig. 3. Optischer Läugssclinitt durch die Körperwand eines noch unbeschriebenen Hydroidpolypen. Nach dem Leben gezeichnet. Die Wanderknide wölbt das flache Ektoderm stark vor. Leitz, Ok. 4, Obj. 7. Fig. 4. Stück eines Längsschnittes aus dem Stiel von Campanularia. Im Ektoderm sind viele Nesselzellen. Einzelne dringen durch die Zwischenlamelle zwischen die Entodermzellen vor. FLEMMiNG-Eisenhämatoxylin. Zeichenapp. Leitz, Ok. 4, Obj. 7. Fig. 5 u. 6. Stücke des Längsschnittes von Tubularia aus der Hydranthenwand ober- halb der Insertionsstelle der aboralen Tentakeln , mit rückwandernden Nesselzellen zwischen den Entodermzellen. Sublimat-Hämatoxylin. Zeichenapp. Leitz, Ok. 4, Obj. 7. Fig. 7. Halbschematischer Längsschnitt durch einen jungen Hydranthen von Tubularia, der das Periderm noch nicht verlassen hat. Im Gastrallamen sind die schwimmenden Nesselzellen angedeutet. FLEMMiNG-Hämatoxylin. Zeichen- apparat Leitz, Ok. 2, Obj. 3, verkleinert, o T orale Tentakel ; t? T aborale Tentakel. (94) Zur Kenntnis der polydisken Strobilation von Chrysaora. Von Mal Heric. (Mit 1 Tafel und 1 Textfigur.) Die Angaben über die Strobilation der Scypbomedusen ergänzen und bestätigen sich teils gegenseitig, teils weichen sie in wesent- lichen Punkten ab, ein Umstand, der immer wieder Anlaß zu neuen Untersuchungen geboten hat. Auch in vorliegender Arbeit wurde ein Versuch gemacht , diesen Prozeß näher kennen zu lernen. Ich will an dieser Stelle die angenehme Pflicht erfüllen, Herrn Professor Hatschek für die Anregung zu dieser Arbeit, sowie für die wohlwollende Förderung derselben meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. Ebenso standen mir Herr Professor Schneider und Herr Privatdozent Dr. Joseph stets in entgegenkommendster Weise mit Rat und Tat zur Seite; dafür, sowie für die lehrreichen Präparate, die mir jener zur Verfügung gestellt, bin ich ihnen zu bestem Danke verpflichtet. Das untersuchte Material stammt von der k. k. zoologischen Station in Triest. Die mit FLEMMiNGscher Flüssigkeit fixierten und in Schnittserien (4 [;.) zerlegten Objekte wurden mit Eisen- Hämatoxylin gefärbt. Historisches. Der Entwicklungszyklus der Scypbomedusen, dessen einzelne Stadien man schon vorher kannte, aber als solche nicht erkannte, ist zuerst von M. Sars (1841, 15) beschrieben worden. Auch seither hat es an Publikationen über dieses Thema nicht gefehlt. Doch möchte ich davon nur dasjenige hervorheben, was sich auf die (95) 2 Mat. Heric: Strobilation, und zwar insbesondere auf die Bildung des Mundrohres der Ephyren, die Natur seiner inneren Auskleidung, Veränderungen an den Septen, die Septaltrichter, die Abstoßung der Ephyren und die Regeneration des Polypenrestes bezieht. Die Strobilation wurde teils an mono- teils an polydisken Larven verfolgt , an Formen , zwischen denen kein wesentlicher Unter- schied besteht, da, wie allgemein angenommen wird, die polydiske Strobila aus der monodisken durch „Verzögerung in der Ablösung der Ephyren und Beschleunigung der Regeneration" (Claus, 1893; 4, 35) oder durch „Abkürzung und Zusammenziehung der sich wiederholenden Entwicklungs Vorgänge" hervorgegangen ist (Claus, 1893; 4, 18). Was nun die Beurteilung der Strobilation betrifft, so geht die allgemeine Ansicht im Gegensatze zu Haeckel (1879, 10, 475; 1881. 11, 16), der sie für terminale Gemmation hält, dahin, daß sie als Querteilung der Scyphostoma aufzufassen ist, die zur Entwicklung der Meduse führt. Während nun die meisten Forscher in dem Entwicklungszyklus der Scyphomedusen einen Generations- wechsel sehen, spricht Goette (1887, 6, 51) von einer „ununter- brochen fortschreitenden Metamorphose, verbunden mit ungeschlecht- licher Vermehrung". Monodiske Strobila. Kommt es an dem Scyphostoma zur Entwicklung einer einzigen Ephyra mit darauffolgender Regeneration des Polypenrestes zu einem neuen Scyphostoma, so sprechen wir von einer monodisken Strobila. Goette (1887, 6, 42) und Friede- MANN (1902, 5, 254) vertreten in ihren Arbeiten die Ansicht, daß die Ephyra bildung an dem achtarmigen Scyphostoma eintritt und unter Rück-, Um- und Neubildungen unabhängig von der Strobilation vor sich geht, diese erst mit der „Durchschnürung" zwischen der Ephyra und dem Polypenrest beginnt. Man ist darüber einig, daß das Mundrohr der aus der mono- disken Strobila hervorgegangenen Ephyra die ungewandelte Proboscis des Scyphostoma repräsentiert. Welchem Blatte gehört nun die innere Auskleidung der Proboscis, bzw. des Mundrohres an ? Bei der Beantwortung dieser Frage ist es wichtig zu wissen, wie der Mund an der Larve des Scyphostoma gebildet wird. Haeckel (1881, 11, 12) führt die Mundbildung auf die Wieder- eröffnung des Prostoma zurück; desgleichen Hein (1900, 13, 419, 426), nach dessen Berichten „eine vollkommene Verwachsung des planulären Prostoma niemals zustande kommt". Claus (1891, 3, 9) beobachtet an dem distalen Ende eine ektodermale Einstülpung, die „wenigstens teilweise zur Bildung der Proboscis hervortritt", (96) Zur Kenntnis der polydisken Strobilation von Chrysaora. « 3 lind glaubt entgegen seiner früheren Ansicht, daß die innere Aus- kleidung der Proboscis ektoderraaler Natur sei. Dies stellt sich aber auf Grund seiner neuen Untersuchungen (189.H, 4, loj als unrichtig heraus, indem er die Grenze zwischen Ento- und Ektoderm am freien Rande der Proboscis erkannten. GoETTE, dessen Angaben in der Arbeit von Hyde (1894, 14, 533) Bestätigung finden, beschreibt eine ektodermale Ein- stülpung, in deren Grunde diese mit dem Entoderm verwächst. Es tritt ein Durchbrach beider Blätter ein, um die Schlund- pforte zu bilden, während der Mund selbst am oberen Ende der genannten Einstülpung, die zum Schlundrohr wird, zu suchen ist. Zugleich mit der Einstülpung wird in der Hauptebene ein Magen- taschenpaar angelegt (Scyphula-Stadium 1887, 6, 10); diesem folgt alsbald die Bildung des zweiten Paares in der Querebene (poly- poides Scyphostoma, 1887, 6, 14). Die beiden Magentaschenpaare finden sich um das Schlundrohr angeordnet und sind von diesem durch die Taschenvorhänge getrennt. ') Wie erfolgt die Umbildung der Proboscis zum Mundrohr der Me- duse? GoETTE (1887, 6, 27) gibt an, daß sich die merklich verkürzten Taschenvorhänge verbreitern und deshalb die vier Magentaschen vom Schlundrohr rücken. Die Proboscis wird septal (= interradial) abgeplattet und nach und nach eingebuchtet, um dem Mundrohre die charakteristische Gestalt zu geben. Nach diesen Veränderungen ist das polypoide Scyphostoma zum medusoiden geworden. Im weiteren Verlaufe der Metamorphose beschreibt dieser Autor die Rückbildung der Septen, die mit der schon von A. Schneider (1870, 16, 364) angegebenen Bildung des Septal- ostiums unter der Basis der Septaltentakel (1887, 6, 31) auftritt. Infolge der Fortsetzung dieses Ostiums nach abwärts erfolgt die Ablösung der Septen von der Wand. Dadurch kommt der ,, Magen- taschenraum" (Goette) oder „Ringsinus" (Claus) zustande, indem die Magentaschen in einen einheitlichen Raum zusammenfließen, wie es A. Schneider zuerst gesehen (1870, 16, 365). Das Septum stellt nun in seinem von der Wand getrennten Teile einen „koni- schen Schlauch", bestehend aus der entodermalen Umhüllung der Septaltrichter, dar. Im Fuße bleibt das Septum mit der Magen- *) Goette gibt in seiner Pelagia-Arbeit (1893, 9, 651, 649) an, daß nicht nur das Scblundrohr, sondern aucb das zweite Taschenpaar (in der Querebene), sowie die Septen „mit Ansnahme der Flächen, welche der Lichtung der entoJermalen Magentaschen zugekehrt sind", ektodermaler Natur sind. Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tora. XVII, Heft 1. 7 (97) Mat. Heric; wand vereinigt. Wenn scbließlich die Stamm- und Flügellapx^en mit entsprechenden Taschen des Magenraumes, ferner die Sinneskolben zur Entwicklung gekommen sind, haben wir das Stadium der Scyephyra" (= monodiske Strobila) vor uns, die nach erfolgter Ablösung (= Strobilation) zur Ephyra wird, wie es Goette (1887, 6, 44) beschreibt. Polydiske Strobila. Nach Goettes Angaben durchlaufen sämtliche Ephy renanlagen „die Vorstufen des Scyphostoma und dessen Metamorphose zur Ephyraform" (1887, 6, 45); allerdings unterbleibt in der Regel die Tentakelbildung. Im Gegensatze zu Goettes und Friedemanns Ansicht (vide oben) beginnt nach Claus (1883, 2, 9, 14; 1893, 4, 45), dem wir eingehende Unter- suchung der polydisken Strobila verdanken, die Ephyrabildung zugleich mit der queren Einschnürung des Scyphostoma und der Bildung des Ringsinus, so daß die Strobilation gleichbedeutend der Ephyrabildung erscheint. Während nun das Mundrohr der terminalen Ephyra ebenso wie an der monodisken Strobila aus der Proboscis hervorgeht, muß jenes an allen nicht terminalen Ephyren neuangelegt werden. Wie dieser Prozeß vor sich geht, darüber liegen abweichende Befunde vor. Haeckel (1881, 11, 17) und Claus (1877, 1, 18; 1893, 4, 25) führen die Anlage des Mundrohres aller nicht terminalen Ephyren auf das Verbindungsrohr zweier Ephyren zurück. Claus (1893, 4, 28) beschreibt eine hügelförmige Erhebung der zentralen Subumbrella. Jene trennt sich infolge der Umwachsung der vier zum Mundrolire gehörenden Septenteile teilweise von diesen, „so daß im Umkreise der vier Stränge ein ringförmiger peripherischer Raum auftritt". Da sich hierauf diese Septenabschnitte auch in ihren oberen Enden von der entsprechenden Wand des Mundrohres ablösen, bleiben nur ihre unteren Enden mit dem Mundrohr verwachsen und verursachen darin die charakteristische Form des Mundkreuzes. Die vier von der Wand getrennten Septenteile ziehen als strangförmige Gebilde frei durch das obere Ende des Mundrohres zur Exumbrella der vorausliegenden Ephyra hin. Nach Goette (1887, 6, 45) wird dagegen das Mundrohr rege- neriert, da er glaubt, daß bei der Abstoßung der Ephyra das Ver- bindungsrohr zwischen dieser und der folgenden Ephyra zugrunde geht, und behauptet, die Regeneration des Mundrohres setze erst dann ein, wenn die Ephyra nach erfolgter Ablösung der terminalen bzw. der vorausliegenden Ephyra an die Spitze des ganzen Satzes zu liegen kommt. (08) Zur Kcimtnis der i)olydisken Strobilation von Cbrysaora. 5 Aucli über die Ablösung der Epbyren liegen verscbiedene Be- funde vor. Claus (189o, 4, 30) beschreibt sie folgendermaßen. Sobald die quere Einschnürung eine beträchtliche Tiefe erreicht hat, tritt die Trennung der Exumbrella von dem Mundrohre der folgenden Ephyra ein, worauf beide Blätter an der Trennungsstelle mit einander verschmelzen. Die Ephyren einer polydisken Strobila, an der dieser Prozeß, bei der terminalen Ephyra beginnend, zum Fuße vorschreitet, hängen schließlich mittelst der schon stark rückge- bildeten Stränge, deren Herkunft bereits oben erörtert wurde, zu- sammen. Ihre Mundrohre schlagen sich teilweise nach außen um. Reißen dann die Stränge ein, so werden die Ephyren sukzessive frei. Anders lauten dagegen diesbezügliche Berichte GtOEttes (1887, 6, 41). Das Ekto- und Entoderm des Verbindungsrohres atrophieren zuerst, „während die zwischen sie eingelagerten Septaltrichterfort- sätze noch intakt und gerade gespannt bleiben. Daher sinkt die Exumbrella zwischen ihnen so ein, daß der Stiel an der Einschnürungs- stelle stets vierkantig wird (Fig. 57)." Es lösen sich daselbst beide Blätter gänzlich auf und die Trichterfortsätze bilden die Verbin- dung der Ephyren. Wenn hierauf diese zerreißen, ziehen sich ihre Enden in die Ephyren zurück, wobei das Verbiudungsrohr ganz verschwindet (1887, 6, 46). Mit dieser von Goette angegebenen Art der Ablösung steht nach seiner Ansicht die Anlage der Subgenitalhöhlen in inniger Beziehung, indem diese auf die Trichterfortsätze zurückzuführen sind. Ist nämlich eine Ephyra nach erfolgter Abstoßung der voraus- liegenden zur terminalen geworden, so findet sich an ihrer Subum- brella eine vierkantige zentrale Mundöifuung, in deren Ecken sich die vom Ektoderm fast ganz umschlossenen Trichter befinden. Ver- wächst nun jenes axialwärts von diesen, so kommen die Trichter ganz außerhalb des Mundrohres auf die Subumbrella zu liegen (1887, 6, Fig. 57), um hier die Anlage der Subgenitalhöhle zu bilden (1887, 6, 41, 46). Diese Angaben stehen im Widerspruch mit den Befunden anderer Autoren (Claus, Hein, Fkiedemann), die das Vor- handensein der Trichter im Sinne Goettes nicht anerkennen (1893, 4, 36; 1902, 5, 259; 1900, 13, 433). Die trichterförmigen Ein- senkungen auf der Mundscheibe sind nach Claus wie auf der ter- minalen, so auch an allen übrigen Ephja-en „auf den durch Längs- muskel veranlaßten Zug" zurückzuführen, eine Erscheinung, deren Möglichkeit auch Goette zugibt. Dies bestätigt auch Friede- mann, indem er beobachtet, daß der Peristomtrichter der 7 '"■ (09) 6 Mat. Ileric: terminalen Epliyra „bis zum Niveau der Subumbrella hinauf- gezogen wird". An den freien Epbyren sahen A. Schneider und Goette nocb eine weite ScheitelöfFnung , Claus fand sie bis auf einen kleinen ßest, Friedemann aber völlig verschlossen. Wie geht die Regeneration des Polypenrestes vor sich? Dieser Frage hat besonders Claus (1893, 4, 35) größere Aufmerksamkeit zugewendet. Nach seinen Angaben regeneriert sich nämlich der Polypenrest zu einem neuen Scyphostoma mit entodermaler Proboscis, die sich als eine niedrige Falte an ihrem oberen Ende von der Exumbrella ablöst. Nach Goettes Beobachtungen (1887, 6, 43) wird dagegen der Polypenrest durch Umbildung zu einem anthozoon- förmigen Scyphostoma mit ektodermalem Schlundrohr. Behufs leichterer Orientierung sei eine Gruppierung der An- sichten verschiedener Autoren angeführt. 1. Die Proboscis des aus der Larve hervorgegangenen Scypho- stoma ist innen ektodermal (Goette, Hyde); nach Beobachtungen von Claus, Hein und Friedemann entodermal. 2. Das Mundrohr aller Ephyren ist innen entodermal (Claus); das der terminalen ektodermal (Goette). (Über dieses Ver- halten an den nichtterminalen Ephyren finden wir in der Arbeit dieses Autors keine Mitteilung.) 3. Das Mundrohr der Ephyra geht aus dem Verbindungsrohr hervor (Ha eck EL, Claus); nach Goette aber durch völlige Neu- bildung nach der Abstoßung der vorausliegenden Ephyra. 4. Die Ablösung erfolgt durch Einreißen des Verbindungs- rohres (Claus); durch Auflösung beider Blätter mit Ausnahme der Septaltrichterfortsätze (G o e t t e). 5. Die Septaltrichter sind seichte Einsenkungen des Peristom- feldes; die Subgenitalhöhlen gänzliche Neubildungen (Claus, Friede mann). Die Septaltrichter reichen durch den ganzen Satz bis in den Fuß. Die Subgenitalhöhlen sind die auf die Subumbrella gerückten Septaltrichter (Goette). 6. Das regenerierte Scyphostoma besitzt nach Claus eine innen entodermale, nach Goette ektodermale Proboscis. Eigene Beobachtungen. Die hier mitzuteilenden neuen Beobachtungen sind durchwegs an polydisken Strobilae mit 3 — 7 Ephyraanlagen gemacht worden. Schon zu Beginn der queren Einschnürung gibt sich die Anlage (100) Zur Kenntnis der polydisken Strobilation von Chrysaora. 7 der Subumbrella durch den Mangel an Gallerte zu erkennen (Fig. 1), während Goette an der Subumbrella reichlich eingelagerte Gallerte beobachtet. Außer der terminalen Ephyra, deren Mundrohr die umge- wandelte Proboscis, deren Herkunft weiter unten erörtert werden wird, repräsentiert, geht an allen übrigen Ephyren das Mund- Fig. 1. röhr aus dem Verbindungsrohre zweier Ephyren hervor. Dieses wird erst dann ausgebildet, wenn die quere Einschnürung beträcht- liche Tiefe erreicht und die Subumbrella sich vertieft hat. In den vier gastralen ^) Regionen des Verbindungsrohres werden eben- ') Die anschaulicheren Ausdrücke: gastral, septal werden vom Herrn Professor Hatschek statt der gewöhnlichen Ausdrücke: radial, interradial gebraucht. (101) 8 Mat. Heric: soviele blasenartige Ausbuchtungen beider Blätter, Anlagen der Mundlappen, angelegt (Fig. 2) , die um so mehr hervortreten, je tiefer daselbst die quere Einschnürung wird. Diese reicht septal nur bis zum Septalmuskel, weshalb der septale Teil des Verbindungs- rohres gestreckt bleibt (Fig. 2, 3). Eine Trennung der Septen von dem Entoderm, wie sie Claus angibt, findet nicht statt. Das ento- dermale Epithel derjenigen Septenteile, die im weiteren Verlaufe der Strobilation der Rückbildung nicht unterliegen, sowie das der Mundlappenanlagen zeichnen sich durch plasmareiche zylindrische Zellen aus und heben sich dadurch von dem übrigen Entoderm sichtbar ab (Fig. 4, 6). Ist nun die quere Einschnürung in der gastralen Region so weit vorgeschritten, daß die oberen Enden der Ausbuchtungen ein- ander nahe kommen, so erfolgt daselbst die Ablösung des Mundrohres von der Exumbrella der vorausliegenden Ephyra (Fig. 3, 4) und zwar tritt sie in der Mitte der gastralen Region in Form einer Spalte oder eines Schlitzes ein und sehreitet zu den Septen hin vor. ohne aber auf diese selbst überzugreifen. Hier verläuft das Verbindungs- rohr noch immer gerade gestreckt (Fig. 3). Die losgelösten gastralen Teile des Mundrohres schlagen sich nach und nach als vier halb- kreisförmige Lappen nach außen um. An den Trennungsstellen verschmelzen beide Blätter miteinander. Septal wird das Verbindungsrohr von vier Verwachsungs- lappen, deren inneres Blatt entodermaler, deren äußeres ektodermaler Natur ist, umwachsen. Das Entoderm dieser Lappen, das sich in das Ektoderm einkeilt und mit diesem sowie mit dem übrigen Entoderm vei'schmilzt, zeichnet sich durch zylindrische, plasmareiche Zellen aus und gleicht in dieser Beziehung dem Entoderm der Mundlappen, während das Ektoderm der Verwachsungslappen den Charakter des übrigen ektodermalen Blattes zeigt. Je mehr nun die Verwachsungslappen an Höhe zunehmen, um so mehr tritt ihre Aufgabe, die vier Mundlappen zu einem einheitlichen Rohre zu vereinigen, hervor. Kommen schließlich jene an Große diesen gleich, so schlagen sie sich ebenfalls nach außen um , und die ursprüng- liche Vierlappigkeit des Mundrohrendes ist verschwunden (Fig. 4, 5). Das von der Basis der vier Umwachsungslappen zur Exumbrella hinziehende Ekto- und Entoderm wird infolge der Degeneration strangartig, zieht sich in die Länge und konvergiert von der Umwachsungsstelle, wo es aus dem neuen Mundrohr heraustritt, welches Verhalten dadurch zustande gekommen ist, daß es von den Umwachsungslappen umgriffen worden ist, zu der immer mehr zum (1T)2) Zur Kenntnis der polytlisken Strobilation von Chryaaora. 9 Verschlusse gelangenden ScbeitelofFnung der vorausliegenden Ephyra. Die vier Stränge , deren Zcllenbelag axial dem Entoderm , abaxial dem Ektoderm angehört, vereinigen sich unterhalb der Subumbrella zu einem kurzen, hohlen Verbindungsstrang (eine notwendige Folge der queren Einschnürung und der Rückbildung der Epithelien), Das Ekto- und Entoderm, die auch an diesem zu unterscheiden sind, finden in den entsprechenden Schichten der vorhergehenden Ephyra ihre Fortsetzung (Fig. 4 — 7). Unterhalb der Umwachsungsstellen bleibt das Epithel der Septen wohl erhalten und bildet vier leistenartige Vorwölbimgen gegen das Zentrum des Mundrohres, wodurch in diesem die charakteristische Form des Muudkreuzes zustande kommt. In gleicher Weise erscheint auch das Ektoderm des Mundrohres septal in Form seichter Rinnen nach innen eingebuchtet (Fig. 5). Der anfangs wulstig aufgetriebene untere Teil des Septenseg- mentes zieht sich in die Länge und wird zu einem zungenartigen Fortsatz, dem Magenfilament (Fig. 6). Wenn dessen Verbindung mit der Exumbrella rückgebildet wird, hängt es von der Subumbrella frei in den Magen herab. Eine weitere Veränderung ist an demselben insoferne zu verzeichnen, als seine Ansatzstelle ganz auf die Subum- brella rückt, wie es auch Goette und Claus angeben, und es sich in Filamentstiel und Filamentblatt sondert. Letzteres ist breit und peripheriewärts umgeknickt ; seine Zellen sind plasmareich und zylindrisch (Fig. 9). Wenn nun die vier Stränge, die auf diesem Stadium allein die Verbindung der Ephyren bilden, reißen, wahrscheinlich infolge des Schiagens der Stammlappen, denn die subumbrellare Muskulatur ist bereits wohlentwickelt (Fig. 9), kommen die Ephyren zur Ab- lösung. Die Abstoßung der Ephyren dürfte gleichzeitig mit der gänzlichen Verwachsung der ScheitelöflPnung erfolgen, da die eben frei gewordenen Ephyren keine mehr besitzen, die vor der Ablösung stehenden aber nur einen kleinen Rest derselben aufweisen (Fig. 9). Die zentrale Region der Exumbrella entbehrt gleich nach der Ab- lösung der Gallerte (Fig. 9). Ferner sehen wir an der Subumbrella axial vom Gastralfilament eine Entodermfalte , in die sich das ektodermale Epithel einschiebt. Die Falte erweitert sich zu einer zylindrischen Einsenkung , um die Anlage der Subgenitalhöhle zu bilden. Betrachtet man die Epithelien der Strobilae in verschiedenen Stadien und der freien Ephyren, so bemerkt man, daß die Zellen an Höhe stetig abnehmen, um schließlich ein Plattenepithel oder kubisches Epithel zu bilden (Fig. 9). (103) 10 Mat. Heric: Die Septalmuskel , die zu Beginn der Strobilation nocli wohl erhalten sind, unterliegen gänzlicher Rückbildung; das Querschnitts- bild (Fig. 5) zeigt uns eine homogene Masse mit einem Plasmarest in deren Mitte. Reste von Muskeln wurden an der freien Ephyra nie beobachtet. Was nun die Septaltrichter Goettes betrifft, so könnten sie nach unseren Beobachtungen, abgesehen davon, daß sich die Muskeln stets als solid erwiesen haben, schon nach Art und Weise der Ab- lösung mit der Anlage der Subgenitalhöhlen in keiner Beziehung stehen. Da aber an der terminalen Ephyra der Septaltrichter nach und nach verschwindet, wie Friedemann angibt, so ist die Subgenitalhöhle sämtlicher Ephyren als eine Neubildung zu be- zeichnen. Die Regeneration des Polypenrestes setzt gleichzeitig mit der Entstehung der Mundrohre der Ephyren ein. Die letzte quere Ein- schnürung führt zur Anlage der Mundscheibe und eines unansehn- lichen Verbindungsrohres des Polypenrestes, an dem man den breiten becherförmigen Oralteil und den Stiel beobachtet (Fig. 2 , 3). Wichtig ist nun die Frage, wie die Proboscis entsteht. Ihre Ent- stehung fällt mit der Ablösung der letzten Ephyra zusammen. Der gastrale Teil des Verbindungsrohres, dessen Durchmesser die Höhe übertrifft, trennt sich von der Exumbrella, ohne vorher die an den Ephyren beschriebene blasenartige Ausbuchtung anzulegen, und bildet eine spaltförmige Öffnung, die zu den Septen hin zu- nimmt. Auf diese Weise entstehen vier kleine Proboscislappen, die sich jedoch nicht umschlagen und an deren freien Enden das Ekto- und Eutoderm verschmelzen. Septal entwickelt sich auf die- selbe Weise wie am Mundrohr der Ephyra (vide oben) ein Ver- wachsungslappen in Form einer niedrigen Falte (Fig. 2) , deren inneres Blatt dem Entoderm, deren äußeres dem Ektoderra angehört. Später findet eine Trennung zwischen den Verwachsungslappen und den von diesen umwachsenen septalen Teilen des Verbindungsrohres statt, so daß diese durch die weite Öffnung der niedrigen Proboscis frei zu der Wand des Magens hinziehen. Sie fallen dann völliger Degeneration anheim. Wie nun die Mundscheibe mit den Septen in Beziehung tritt, konnte ebensowenig wie die Frage, ob der Septalmuskel in seinem Verlaufe durch den Polypenrest rückgebildet und durch einen neuen von der Mundscheibe aus entstehenden ersetzt wird, oder ob er erhalten bleibt und mit der Mundscheibe in Beziehung tritt, ermittelt werden. (104) Zur KMuitnis der polydi.-ken Strobilation vou Cliiysaora. 11 Zusammenfassung. Die Anlage des Mundrohres jeder nicht terminalen Ephyra wird durch das sogenannte Verbindungsrohr repräsentiert. An diesem legen sich gastral vier blasenartige Ausbuchtungen an, die sich an ihren oberen Enden durch BiLlung von vier Mund- spalten von der Exumbrella ablösen und zu „Mundlappen" werden. Zwischen den vier Mundspalten bleiben vier „Verbindungsstränge" bestehen. Septal bilden sich vier „Verwachsungslappen", welche durch freies Vor wachsen der Mundlappen über die Verbindungs- stränge entstehen, durch welchen Vorgang sich die Mundlappen in der Folge zu einem einheitlichen Rohre verbinden. Das innere Blatt der Mund- und Verwachsungslappen gehört dem Entoderm, das äußere dem Ektoderm an. Bei der charakteristischen Umkrempelung des sich ausweitenden Mundrohres, die an den Ephyrasätzen zeitweilig besteht, wird das innere Blatt nach außen gewendet, ein Verhalten, das bei der freien Ephyra wieder aufgehoben wird. Der Polypenrest entwickelt seine nene Proboscis gerade so wie die Ephyra ihr Mundrohr. Es werden auch hier vier Mund- lappen, vier Verwachsungslappen und vier Spalten angelegt, die zusammen die Proboscis liefern. Das innere Blatt der beiderlei Lappen, die in die Proboscis eingehen, ist entoder maier Natur. Daß die Subgenitalhöhle der Ephyra eine mit dem Septal- trichter ontogenetisch in keiner Beziehung stehende Neubildung ist, wird bestätigt. Dennoch kann eine morphologische Beziehung an- erkannt werden, wenn dieser Vorgang als ein caenogenetischer be- trachtet wird. Die Verhältnisse bezüglich der inneren Auskleidung der Pro- boscis bei dem aus der Larve hervorgegangenen Scyphostoma und des Mundrohres der aus diesem Scyphostoma sich entwickelnden terminalen Ephyra wurde von uns nicht untersucht. ^) *) Dies ist seither durch meinen Kollegen Herrn Dr. Hadzi geschehen, dessen Ergebnis eine erwünschte Ergänzung zu vorliegender Arbeit bildet. Durch äußere Umstände erfolgte die Publikation dieser als Dissertation im Mai 1906 eingelieferten Arbeit später als die des früher Genannten. Arbeiten aua den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 1. fi (lOS) 12 Mat. Heric: Verzeichnis der benützten Literatur. I.Claus, Studien über Polypen und Quallen der Adria. I. Denkschr. der Akad. der Wiss., Wien 1877, Bd. 38. 2. Derselbe, Untersuchung über die Organisation und Entwicklung der Medusen. Prag 1883. 3. Derselbe, Über die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorliiza, Aurelia und Chrysaora, I. Arb. zool. Inst., Wien 1891, Bd. IX. 4. Derselbe, Über die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorliiza, Aurelia und Chrysaora, II. Arb. zool. Ins., Wien 1893, Bd. X. 5. Fkiedemann , Untersuchungen über postembryonale Entwicklung von Aurelia aurita. Zeitschr. f. wiss. Zool., 1902, Bd. 71. 6. GoETTE, Abhandlungen zur Entwicklungsgeschichte der Tiere. 4. Heft, 1887. 7- Derselbe, Über die Entwicklung der Aurelia aurita und der Cotylorhiza bor- bonica. Zool. Anzeiger, 1885, Nr. 205. 8. Derselbe, Wie man Entwicklungsgeschichte schreibt. Zool. Anzeiger, 1900, Nr. 627. 9. Derselbe, Vergleichende Entwicklungsgeschichte von Pelagia noctiluca. Zeitschr. f. wiss. Zool., 1893, Bd. LV. 10. Haeckel, Monographie der Medusen, I, 1879. 11. Derselbe, Metagenesis und Hypogenesis von Aurelia aurita. Jena 1881. 12. Hein, Untersuchungen über die Entwicklung von Cotylorhiza tuberculata. Zeit- schrift f. wiss. Zool., 1902, Bd. LXXIII. 13. Derselbe, Untersuchungen über die Entwicklung von Aurelia aurita. Zeitschr. f. wiss. Zoo]., 1900. 14. Hyde, Entwicklungsgeschichte einiger Scyphomedusen. Zeitschr. f. wiss. Zool., 1894, Bd. LVIII. 15. M. Sars, Über die Entwicklung der Medusa aurita und Cyanea capillata. Arch. für Naturg., 1841, Bd. VII. 16. A. Schneider, Zur Entwicklungsgeschichte der Aurelia aurita. Arch. f. mikrosk. Auat., 1870, Bd. VI. (106) Zur Kenntnis der polydisken Strobilation von Chrysaora. 13 Abkürzungen. (ds = Alllösungsstelle am = Anlage des Mundlappens ek = Ektoderm en = ; Entoderm ff = : Gallerte 9f = : Gastralfilament gh^ : Anlage der Subgenitalhöhle nif = : Mundrohr ml — : Mundlappen pl = : Proboscislappen Pf = = Verwachsungslappen der Proboscis rm - = Ringmuskel rs - - Riugsiüus str - = Septaltrichter SJ)^ = Septuni f = = Tentakel vml = = Verwaclisungslappen des Mundrohres vstr - = Verbindungsstrang sm - = Septalmuskel. (107) 14 Mat. Heric: Zur Kenntnis der polydisken Strobilation von Chrysaora. Erklärung der Figuren. 1, L. Seh. Strobila mit drei Ephyrenanlagen, links gastral, rechts septal, str kurz. 2\ L. Seh. Septal das nir gerade, gastral blasenförmige mn angelegt, pf an dem Poly- penrest entwickelt, pl von der Exumbrella abgelöst. 3. L. Seh. durch eine Strobila mit 7 Ephyraanlagen , von denen nur drei dargestellt sind, am an als von der Exumbrella getrennt, mr septal gerade, ml der dritten Ephyra noch nicht umgeschlagen. Septenstränge, von der Basis der pf abgelöst, ziehen durch die Proboscis in den Magen des Polypenrestes. 4. L. *T. Zu dieser Zeit hat sich das Mesoderm schon sehr stark entwickelt und greift über die obere Grenze der entodermalen Wucherung über. Ich meine, daß Semper durch dieses Stadium zu der Annahme geführt wurde, daß nach oben die Pharynxwandung vom mittleren Keimblatt gebildet werde. Es fehlt aber nicht an den Bedingungen, welche eine Proli- feration des Entoderms im dorsalen Teile ermöglichen, weil sich auch hier Zellen mit embryonalem Charakter vorfinden und ich habe solche Schnitte vor mir gehabt, wo der Prozeß der Darmverdickung auch dorsal begonnen hatte und wo kein Zweifel über den Ursprang der Zellen bestehen konnte, da sie innerhalb des Peritoneums erschienen. Die Entstehung der Pharynxanlage bei Stylaria erfolgt bis in die Details genau so wie bei der verwandten Art Chaetogaster. Wetzel drückt sich für diese Form folgendermaßen aus: „Die Neubildung des Pharynx beginnt damit, daß die basalen Zellen der ventralen Darm- wand, nicht das Epithel, sich zu teilen beginnen. Die ventrale Darm- wand verdickt sich auf diese Weise eine Strecke weit. Die Zell- wQcherung bleibt auch nicht auf die ventrale Partie der Darmwand beschränkt, sondern erstreckt sich auch seitlich, umgreift also den Darm halbmondförmig. " In Bezug auf die weitere Ausbildung des Pharynx stimme ich mit Semper überein: Die obere Hälfte der dicken, den Darm um- (133) 26 Giuseppe Dalla Fior: gebenden Zellplatte löst sich vom Darmepitbel ab und es entsteht zwischen beiden ein weiter leerer Raum. Es zerfällt dann allmählich das Darmepithel, so daß die definitive Pharynxbekleidung direkt von den Elementen der Zellplatte gebildet wird. Ich erhoffe derart ge- zeigt zu haben, daß die Entstehung eines so wichtigen Organes nicht wie bei der Ontogenie vom Ektoderm, sondern vom Entoderm erfolgt. Dieselbe Überzeugung hat Abel aus seinen Beobachtungen über die Regeneration des Vorderdarmes bei Nais gewonnen. Es ist übrigens auch von zahlreichen anderen Seiten und zwar in weitgehender Über- einstimmung für die verschiedensten Arten von Oligochaeten- und Polychaetenspezies (TuMfex, Lumhriculus , Ghaetogaster ^ Lumbricus, Allolobophora , Dero) der Beweis erbracht worden, daß bei der Regeneration nur die wenig umfangreiche Mundhöhle ektodermalen Ursprunges ist. Die Mundbildung. Sind in der Kopfzone sämtliche Organe schon ziemlich weit entwickelt, so trennt sich das Hintertier vom vorderen ab. Dabei ist der Darm das letzte Organ, das sich teilt; selbst das Ektoderm ist an der Ringfurche gespalten und es handelt sich nun darum, den Mund zu bilden. Zu diesem Zwecke stülpt sich der Vorderrand der Epidermis im ganzen Umkreis ein und tritt mit dem Entoderm (Darm) in Verbindung. Die Einstülpung ragt aber nicht weit nach innen, sondern nur etwa um die Dicke des Schlundringes. Das Vorhanden- sein dieser Einkrümmung habe ich zuerst an Querschnitten nach- gewnesen, bei denen die ektodermale Längsmuskulatur um den Darm herum zu sehen war. An sagittalen und frontalen Längsschnitten ist das Vei hältnis noch deutlicher. An diesen habe ich beobachtet, daß die Einstülpung ventral tiefer ist als dorsal; bedenkt man aber, daß nach der Ablösung vom Vordertiere der obere Teil des Kopfes sich stark verlängert und die Mundöffnung ventral zu liegen kommt, so ist wohl anzunehmen, daß die Einsenkung auch dorsal tiefer wird und wenigstens die ganze Mundhöhle auskleidet. Semper nimmt die Bildung einer ventralen unpaaren Mund- einsenkung an. Von dieser habe ich nie eine Andeutung gesehen, selbst an Zooiden nicht, die sich eben abgelöst hatten. Der Mund hat sich einfach durch die Verbindung der Epidermis mit dem Darm gebildet und wird dann später ventral verschoben. Er liegt übrigens schon vor der Trennung etwas ventral, weil die Ringfurche nicht ganz vertikal, sondern schief von vorne oben nach unten hinten verläuft. Lifolge der Ektodermeinstüipung ragt nach der Ablösung (134) Waclisluinsvi rgiingc und uiigesclilrcbtliche ForliiHanzung von Stylaria lacustris. 27 ein kleines Darmstüek aus dem ektodermalen Munde heraus, welches aber bald zugrunde geht. Aus meinen Befunden folgt, daß auch keine sekundäre Veniarbung zur Bildung der Stirne notwendig ist, wie sie Semper auf Grund der Annahme einer ventralen Mundeinsenkung vertreten muß. Zusammenfassung der Resultate. Fasse ich die gewonnenen Resultate zusammen, so ergibt sich folgendes für das mittlere Keimblatt: 1. Das Mesoderm wächst am freien Hinterende durch die Tätigkeit von Urmesodermzellen, welche zu 2 — 3 beiderseits die hinterste Spitze der Mesodermstreifen einnehmen und vom Ektoderm vollständig getrennt sind. Wenigstens für meinen speziellen Fall ist also die von Prof. Hatschek behauptete, von Kleinenberg und LwoFF bestrittene hintere Endigung des Mesoderms mit Polzellen endgültig bewiesen. 2. Schon vor der Gliederung des Mesoderms in Ursegmente entstehen zwischen beiden Mesodermplatten die Chordazellen Sem per s (Neoblasten). welche immer einen ausgeprägt embryonalen Charakter tragen und einen kontinuierlichen Strang bis in die vordersten Segmente bilden. 3. Bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung wird das Mesoderm in der Rumpfzone (Schwanz des Vordertieres) hauptsächlich durch die Neoblasten regeneriert und nur in sehr geringem Maße durch die mesodermalen Elemente der Seitenlinien ; 4. in der Kopfzone, in der hinter dem Kopfe 4 Rumpfsegmente neugebildet werden, entsteht das Mesoderm aller Wahrscheinlichkeit nach auf dieselbe Weise wie in der Rumpfzone, obwohl das Bild, das man von ihm in diesem Körperteile bekommt, mit Ausnahme der hintersten jüngsten Region der Zone, ein ganz anderes ist. In allen drei Fällen liefert das Mesoderm dieselben Organe und zwar: Längs-, Pharynx- und Borstenmuskulatur, Peritoneum und Nephridien. Was die Tätigkeit des Ektoderms anbelangt, hat sich gezeigt: Das äußere Keimblatt produziert ausschließlich 1. die Ringmuskulatur und 2. das Nervensystem, dessen Anlage immer eine paarige ist. a) Am Hinterende fließt die Anlage des Nervensystems in der äußersten Schwanzspitze mit dem Ektoderm zusammen, dasselbe ge- schieht in der (135) 28 Giuseppe Dalla Fior: h) Rumpfzone, wo eine neue Anlage für das Nervensystem ge- bildet wird , die sich an der vorderen Grenze der Zone mit dem alten Bauchmark verbindet; c) in der Kopfzone erfolgt nur eine Verlängerung des Bauch- markes, welche dadurch ermöglicht wird, daß sich eine paarige ekto- dermale Zellplatte zwischen Fasersubstanz und neurale Muskulatur einschiebt. Die Schlundkommissur und das Gehirn werden durch paarige ektodermale Wucherungen an den Seitenlinien und an den ventralen Borstenfollikeln angelegt. Die auf diese Weise entstandenen Zellmassen umwachsen allmählich den Darm und verschmelzen ober- halb desselben. Als Produkt des Entoderms hat sich der Pharynx ergeben. Der neue Mund entsteht durch Einstülpung des Ektoderms und Verbindung der Einstülpung mit dem Darm; er liegt unmittel- bar nach der Trennung noch fast vollkommen terminal. Das neue Proktodaeum wird durch einfache Verlötung von Darm und Epidermis hergestellt. Literatur. Abel Max, Beiträge zur Kenntnis der Regenerationsvorgänge bei den limikolen Oligocbaeten. Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. LXXIII, 1903- BüLow C, Die Keirascliichten des wachsenden Schwänzendes von Lumhriciüus varle- yatus, nebst Beiträgen zur Anatomie und Histologie dieses Wurmes. Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. XXXIX, I880. Hatschek B., Studien zur Entwicklungsgeschichte der Anneliden. Arbeiten Zool. Inst. Wien, Bd. I, 1878. Hatschek B., Zur Entwicklung des Kopfes von PohjgorcUus. Arb. Zool. Inst. Wien, Bd. VI, 1885. Derselbe, Über den gegenwärtigen Stand der Keimblättertheorie. Verh. Deutsch. Zool. Gesellschaft. 3. Jahresversammlung. Göttingen 1893. 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Wktzel H., Zur Kenntnis der natürlichen Teilung von Chaetogaster diaphanus. Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. LXXIII, 1902. Figurenerklärung. bg = Bauchgefäß bni -■= Bauchmark bin' = Anlage des neuen ßanchmarks d = Darm c/Z)/ = dorsaler Borstenfollikel diss := Dissepiment diH = Dorsalmuskulatur ek = Ektoderm e7tm = emporgehobener Neuralmuskel fs = Fasersubstanz fs' = neue Faserschichte gl r:: Gehirnlappen ism = junger Seitenmuskel litis = linke Mesodermplatte msf = Mesodermfortsatz jV = Neoblasten (Chordazellen) um = neurale Muskulatur osp = oberes Spaltungsstück des Seiten- muskels 2) = Peritoneum pJi = Pharynx pz}) = paarige Zellplatte rmf = Ringmuskelfasern rms = rechte Mesodermplatte s = Seitenlinie sehe = Schlundkommissur sz = Zellen der Seitenlinie ums =■ Urmesodermzellen usp =: unteres Spaltungsstück des Seiten- muskels vbf =■ ventraler Borstenfollikel ehw = Ektodermwucherung nf = Nephridium Fig. 1 — 5 sind derselben Serie von Querschnitten entnommen. Fig. 1 zeigt ein junges Stadium der Mesodermentwicklung. Fig. 2. Ein weiteres Stadium mit Anlage eines Borstenfollikels und mit Neu- ralanlage. Fig. 3. Noch älteres Stadium mit stark verdicktem Ektoderm und deutlichem ventralen Borstenfollikel. Beiderseits auch die Anlagen eines dorsalen Borstenfollikels. Fig. 4. Beginn der Bildung der Fasersubstanz. Links hat sich ein Mesoderm- stück an das Nervensystem schon angegliedert, während auf der rechten Seite die entsprechende Mesodermpartie von einer deutlichen Linie begrenzt erscheint. Oberhalb des Bauchmarks das Lumen des Ventralgefäßes. Links die Bildung der Seitenlinie, (137) 30 G. Dalla Fior: Wachstumsvorgänge und ungeschleclitliche Fortpflanzung etc. dorsal zahlreiche Zellen, welche die Längsmusknlatur liefern. Die Ektodermzellen sind zahlreicher und kleiner geworden. Fig. 5. Die dem Nervensystem angegliederten Mesodermpartien sind schon in Zerfall begriffen. Über der Fasermasse liegen drei große Neoblasten. Fig. 6. Sagittaler Längsschnitt durch das Hinterende, welcher die Endiguag des Mesoderms mittelst Polzellen zeigt. Fig. 7. Neoblastenproliferation zur Bildung des Mesodermgewebes in einer jungen Rumpfzone. Fig. 8. Schnitt durch eine ältere Rumpfzone, die Anlage des neuen Seiien- mnskels und des Nervensystems zeigend. Fig. 9' Späteres Stadium in der Entwicklung des Mesoderms in der Rumpf- zone, die Mesodermfortsätze nach der Haut und die drei Ektodermverdickungeu zeigend. Fig. 10. Verbindungsstelle des alten ßauchmarks mit der neuen Faserschichte im vorderen Teile einer Rumpfzone (etwas schematisch). Fig. 11. Schematische Darstellung der Verschiebungen, welche die Musku- latur in der Rumpfzone eingeht. Die Muskelbänder sind auf einer Fläche ausgebreitet gezeichnet. In a) erscheinen die Mu.skelbänder infolge der starken Ektodermverdickung aneinander genähert; in b) ist die Bildung des neuen Seitenmuskels (ism) abgebildet, welcher keilförmig zwischen die Spaltungsstücke eindringt. Von den letzteren ver- bindet sich das untere (usp) mit der neuralen Muskulatur, das obere (osp) mit dem dorsalen Seitenmuskel (dsm). In der Mitte die in Zerfall begriffene subneurale Musku- latur (enni). Fig. 1^. Querschnitt durch eine juuge Kopfzone mit den ektodermalen Ein- wucherungen an den ventralen BorstenfoUikeln und an den Seitenlinien und mit den zwei Zellsträngen, welche die erste Anlage der Schlnndkommissur darstellen. Fig. 13. Querschnitt durch die Schlundkommissurregion einer älteren Kopf- zone. Der Zusammenhang mit der Seiteulinie und den ventralen Follikelstellen schon aufgehoben, rechts findet sich ein junger BorstenfoUikel. Deutlich zu seheu ist die paarige subneurale Einwucherung (i)zp). Rechts oben ein Gehirnlappen , links der Schlundring. Die ventralen Darmteile sind stark verdickt. Fig. 14. Querschnitt durch den hinteren jüngeren Teil einer Kopfzone. Die zwei Zellgruppen, welche das Mesoderm eines dem eigentlichen Kopf folgenden Seg- mentes liefern, sind unzweifelhaft auch mesodermaler Herkunft. Fig. 1.5. Längsschnitt durch Bauchmark und Chordazellenstrang. (138) Zur Kenntnis des Baues der Kieferdrüse bei Isopoden und des Größenverhältnisses der Antennen- und Kieferdriise bei Meeres- und SUßwasserkrustazeen. Von Dr. Alois Rogenhofer. (Mit 1 Tafel.) Über die Schalen- oder Kieferdrüse der Isopoden finden wir in verschiedenen Arbeiten zerstreut längere und kürzere, zum Teil, wie die eigene Untersuchung gezeigt hat, unrichtige Angaben. Auf Veranlassung meines hochverehrten Lehrers Herrn Professor Dr. K. Grobben habe ich es daher unternommen, diese Organe weiter zu untersuchen und unsere Kenntnisse darüber teilweise zu ergänzen. Was das mir zur Verfügung gestandene Material betrifft, so ge- langten Land-, Süßwasser- und Meeresformen, unter letzteren para- sitisch und frei lebende Tiere zur Untersuchung, daher sind auch einige Angaben in biologischer und physiologischer Richtung möglich geworden. Die marinen Tiere stammen mit Ausnahme der Bopyriden, welche ich von Neapel bezog, aus Triest, wo ich sie in der k. k. zoolo- gischen Station konservierte. Die Land- und Süßwasser bewohnenden Isopoden habe ich in der Umgebung Wiens gesammelt, und zwar PorcelUo scaher, Platyarthrus Hoffmansegcji und Äsellus aquaticus. Von marinen Formen untersuchte ich Bopyrus squillarum, Gyge branchialis , Anilocra mediterranea, Ligia Brandtn, Sphaeroma und Astacüla. Eine gute Konservierung vorbenannter Objekte ist infolge des schwer durchlässigen Chitinpanzers nicht leicht zu erreichen. Ich bekam erst nach längeren Versuchen mit warmem Sublimat und Pikrinessigsäure gute Resultate. Nicht weniger unangenehm ist das Chitin auch für das Mikrotom und die Ursache des öfteren Zerreißens der Schnitte , insbesonders in der Nähe der bisweilen kräftigen Mundteile, wo ja die Kieferdrüse liegt. Nichtsdestoweniger habe ich (139) 2 Alois Rogenhofer: unter den zahlreich angefertigten Schnitten ganz brauchbare Serien erhalten, meistens jedoch nur in einer Dicke von 6 a. Am besten sind zur Untersuchung junge oder frisch gehäutete Tiere zu verwenden, da sich dieselben leichter schneiden lassen. Gefärbt wurden die Schnitte mit Hämatoxylin (Delafield) und Eosin oder Orange, ferner auch mit Heidenhain schem Eisen- hämatoxylin. Alle diese Methoden eigneten sich sehr gut und gaben ganz hübsche Bilder. Trotz vielfacher Versuche war es mir nicht möglich, die Kiefer- drüse an ganzen Tieren zu beobachten. Dies ist zum Teil auf die geringe Größe des Organes, wie z. B. bei den Bopyriden, zum Teil auf die starke Pigmentierung des Körpers, wie z. B. bei Asellus oder Äntlocra, zurückzuführen. Infolgedessen mußte ich mich mit den Schnittergebnissen begnügen . Zur Anatomie und Histologie der Kieferdrüse der Isopoden. a) Bopyridae. Am wenigsten wissen wir über die Kieferdrüse bei der in- teressanten Familie der Bopyriden. Walz hat wohl die Kieferdrüse bei G7/ge gesehen und bildet sie auch andeutungsweise ab, bezeichnet sie jedoch fälschlich als Antennendrüse; er schreibt in seiner Arbeit über die Bopyriden: „Mit Sorgfalt suchte ich nach Antennendrüsen, konnte jedoch bei Bopyrus keine derartigen Organe beobachten. Bei Gyge finde ich auf meinen Querschnitten beiderseits unterhalb des äußeren Antennenpaares, das hier lang ist, ein mehrfach gewundenes Gebilde vom Charakter einer Drüse , indem es ein sehr deutliches Epithel und außen einen feinen Saum, wie eine Stützmembran auf- weist, welchem Saume sich peritoneales Bindegewebe anlegt. Da ich außer der Lage nichts angeben kann, was dieses Gebilde als eine Antennendrüse kennzeichnen möchte, so lasse ich diese Frage noch unentschieden." Auch Bonnier erwähnt in seiner Monographie über die Bopyriden nichts von einer Kieferdrüse. Richtig bezeichnet, aber nur ganz kurz erwähnt hat Brüntz die Kieferdrüse bei Bopyrus Fougerouxi. Mit Rücksicht auf diese ungenügenden Angaben habe ich so- wohl bei Bopyrus als auch bei Gyge nach einer Kieferdrüse gesucht und konnte dieselbe bei beiden Formen konstatieren. Die Drüse zeigt bei beiden Tieren einen ganz ähnlichen Bau und liegt im Kephalothorax ventralwärts von dem umfangreichen Vormagen an der Basis der 2. Maxille ('Fig. 1 Dr)^ welche kurz und halbkreis- förmig ist. Demnach haben wir es hier nach der Lage mit einer Länge Höhe Breite ca. 290 [7. 10 i>. 225 [X ca. 275 i>. 64 a 280 [/. Zir Kenntnis des Baues der Kieferdrüse bei Isopoden etc. 3 typischen Kiefer- oder Schalendrüse zn tun und nicht mit einer Antennendrüse, wie Walz vermutet, denn die Antennen liegen ganz am Vorderrande des Körpers und der Schnitt, welchen Walz ab- bildet (Fig. 18), kann unmöglich mehr durch die Antennenregion gehen. Da die ßopyriden sehr undurchsichtig sind, konnte ich tiotz mannigfaltiger Versuche die Drüse an ganzen Tieren nicht genau verfolgen. Die Totalansicht der Drüse (Fig. 2), bei welcher auch die Lage des Endsäckchens angedeutet erscheint, ist daher das Ergebnis einer Rekonstruktion aus Schnittpräparaten. Die Kieferdrüse ist nicht umfangreich und kann daher insbesonders bei den kleinen Männchen (Fig. 5), wo sie noch um die Hälfte kleiner als bei den Weibchen ist, leicht übersehen werden. Die Messung einer Drüse beim Weibchen ergab folgende Dimensionen: Name Bojjyrus squillarum Gyge hranchialis Die Kieferdrüse ist demnach bei Bopyrus und Gyge fast gleich groß, Sie hat bei beiden Formen sackförmige Gestalt, ist dorsoventral abgeflacht und rings von Bindegewebe und Blutlakunen umgeben. Die Drüse ist ziemlich einfach gebaut und beginnt mit einem kurzen, aber ziemlich breiten Endsäckchen, welches keine Krümmung auf- weist und an der nach außen gewendeten Seite ventral (Fig. 2^) in ein kurzes Kanälchen, das Harnkanälchen, übergeht. Dieses biegt an dem hinteren Ende des Säckchens nach vorne um und mündet ungefähr in gleicher Höhe mit dem vorderen Ende des Säckchens gegen die Medianebene des Tieres zu mit einem kurzen, von einer chitinigen Kutikula ausgekleideten Ausführung^gang, welcher einen Durchmesser von 3'6 y- hat ( Fig. 6). Wir haben es hier demnach mit einem ziemlich einfach ver- laufenden und wahrscheinlich infolge der parasitären Lebensweise des Tieres kleinen Organe zu tun. Zur Darstellung der histologischen Verhältnisse der Kieferdrüse bei den zwei erwähnten Formen mögen die weiteren Schnittfiguren (Fig. 3 bis 6) dienen. Im allgemeinen stimmt der feinere Bau dieser Drüsen mit jenem bereits beschriebener derartiger Organe überein. Die Zellen des Endsäckchens sitzen auf einer feinen strukturlosen Basalmembran auf und sind an jener Stelle, wo der Kern liegt, gegen das Lumen zu vorgewölbt. Diese Vorwölbung ist aber nicht so auffallend wie z. B. bei PorceUio, jedoch immerhin bei einzelnen Zellen ziemlich stark sichtbar. Das Plasma der Zellen, deren Kerne Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVn, Heft 2. W (141) 4 Alois Rogenhofer: größtenteils eine rundliche Gestalt besitzen , zeigt feinkörnige Struktur. Die Wandzellen des Harnkanälchens, welche auch auf einer Basal- membran aufsitzen, sind etwas höher als jene des Endsäekchens und bilden ein geschlossenes Epithel. Das Plasma der Zellen ist gegen das Lumen zu von zahlreichen kleineren Vakuolen durchsetzt und zeigt körnige Struktur. Eine Anordnung des Plasmas in Streifen oder Stäbchen konnte ich nicht beobachten. Als Bekleidung der Epithelzellen kann man eine weitere Schichte unterscheiden, welche der von Grobben nachgewiesenen Stäbchen- kutikula entspricht. Da ich die Tiere bereits in konserviertem Zu- stande erhielt, waren einzelne Details nicht besonders gut erhalten, so auch hier nicht die Streifung der Stäbchenkutikula. Die Kerne haben runde Gestalt und gleiche Größe, wie jene des Endsäekchens. Die Kieferdrüse ist bei Boj)yrus und Gyge sowohl anatomisch, als auch histologisch fast ganz gleich gebaut. Einen Unterschied, der mir besonders auffiel, möchte ich noch erwähnen, wenngleich er nicht direkt die Drüse betrifft. Bei Boi^yrus ist die Kieferdrüse von etwas stärkerem Bindegewebe und zahlreicheren Blutlakunen (Fig. 3 BS) umgeben als bei Gryge. b) Oniscoidea. Bei Oniscus erwähnt zuerst Claus in seiner Arbeit über Apseudes Latreüln vergleichsweise das Vorhandensein einer Schalendrüse. In einer Beschreibung über die Anatomie der Isopoden findet sodann Nemec, daß die Schal endrüse bei Oniscinen schwach entwickelt und sogar rückgebildet sei; bei Platyarthrus und PorcelUo soll sie nur aus einem weiten Kanal bestehen, und bei Platyarthrus außerdem sogar eines Ausführungsganges entbehren. Nemec ist ferner der Meinung, daß die Schalendrüse ein „ur- sprünglich exkretorisches Organ", bei den Oniscoideen sich in eine Art Speicheldrüse umgewandelt habe. Letzterer Ansicht, sowie den angeführten Angaben über Platyarthrus und PorcelUo kann ich mich nicht anschließen. Soweit ich diese beiden Genera untersucht habe, zeigen sie fast ganz gleich gebaute Kieferdrüsen. Bei Platyarthrus und insbesonders bei PorcelUo konnte ich sehr wohl und sogar besser als bei den Bopyriden eine Diiferenzierung in Endsäckchen und Kanal unterscheiden; der histologische Unterschied ist ganz typisch und unzweifelhaft (Fig. 9 und 10). Sowohl Platyarthrus als auch PorcelUo besitzen einen Ausführungsgang. Die Drüse von PorcelUo ist ziemlich groß, liegt in der Kopfregion unterhalb des Kaumagens (142) Zur Kenntnis des Baues der Kieferdrüse bei Isopoden etc. 5 und seitlich vom Baiichmarke. Das Endsäckchen geht vorne in das Harnkanälchen über, welches darüber liegt. Bald hinter der Ein- mündung des Endsäckchens teilt sich das Harnkanälchen in zwei Äste (Fig. 9) , welche sich vor der Ausmündung wieder zu einem Kanäle vereinigen. An der Übergangsstelle des Endsäckchens in das Harnkanälchen konnte ich die von Vejdovsky beschriebenen Trichterzellen, welche durch ihre großen Kerne auffallen, konstatieren. Vejdovsky be- handelt in derselben Arbeit auch anatomisch und histologisch die Kieferdrüsen von Ligidium agile und Titlionetes albus ; ich er- wähne dies nur deshalb , weil beide Arten auch zu den Oniscoidea gehören. Insbesonders schöne histologische Resultate habe ich durch Studium der Schnitte von Porcellio erhalten. Hier zeigen die Zellen des Endsäckchens, welche auf einer Basalmembran aufsitzen, besonders schöne grobkörnige Struktur und sind sehr stark gegen das Lumen zu vorgewölbt (Fig. 10). Die Kerne besitzen rundliche Gestalt. An den Zellen des flarnkanälchens , welches verhältnismäßig dünnwandig ist, kann man deutlich zwei Schichten unterscheiden, eine feinkörnige flache Plasmaschichte, auf welcher eine ungefähr gleich hohe Stäbchenkutikula aufsitzt. Die Kerne zeigen infolge der geringen Höhe der Epithelzellen langgestreckte Formen. Zellgrenzen konnte ich keine beobachten, da sie infolge der Streifung verwischt er- scheinen. In größerer Anzahl habe ich ferner noch Ligia Brandtii , als marine Form untersucht und hübsche Schnitte von der Kieferdrüse erlangt. Auch bei dieser Form liegt die Drüse von zahlreichen Blut- lakunen umgeben in der Kieferregion ventralwärts unterhalb des Kau- magens und erstreckt sich von dem Bauchmarke dorsalwärts bis zu den Leberschläuchen. Die mittlere Transversalebene überschreitet sie ebensowenig wie bei Porcellio und Flatyarthrus. Das Endsäckchen, welches Brüntz folgendermaßen beschreibt: „le saccule est constitue par un long tube ferm^ ä une de ses extremites et plus ou moins replie sur lui-meme'', geht vorne in das Harnkanälchen über, das sich ebenfalls wie bei den zwei früher erwähnten Formen in zwei Kanäle teilt und vor der Ausmündung wieder zu einem Kanäle vereinigt. An der Einmündungssteile des Harnkanälchens in das Endsäckchen, welche nicht seitlich wie bei Porcellio verschoben ist, fand ich wieder die von Vejdovsky beschriebenen Trichterzellen. Das Harnkanälchen von Ligia ist ein wenig länger als von Porcellio, bei welcher es 6 Alois Rogenhofe r: jedoch im Durchschnitt ein fast dreimal größeres Lumen besitzt. Gegen das Ende macht das Harn kanälchen sodann noch einige kurze Windungen und mündet an der Basis der 2. Maxille in einen Aus- führungsgang, der den Bau der Haut zeigt. Die histologischen Verhältnisse sind wie jene bei PorcelUo. Während jedoch bei PörcelUo die Zellen des Endsäckchens eine Höhe von 16 [J. erreichen, sind sie bei Ligia nur bis zu 7 ]J. hoch. Es zeigt sich daher, daß Bruntz mit seiner Angabe von 17 [v. für die Höhe der Zellen des Endsäckchens bei Ligia entschieden zu hoch gegriffen hat. Ligia habe ich gerade in zahlreichen Exemplaren untersucht und nirgends diese Höhe der Vorwölbung gefunden. c) Asellidae. Ebenfalls in der Arbeit über Apseudes erwähnt Claus als erster die Schalendrüse der Wasserassel; er findet dieselbe mächtig entwickelt und gibt von derselben auch eine Abbildung (Fig. 48). Rosenstadt beschreibt sodann auch dasselbe Organ von Asellus aquaticus mit einem Harnkanälchen von ansehnlicher Länge und mit der Mündung an der 2. Maxille. Ferner erwähnt Rosenstadt das Vorhandensein von Schalendrüsen bei PorcelUo, Idothea, Nesaea, Cymothoa und Jaera. Auch Bruntz, welcher großenteils mittels physiologischer Injektionen seine Untersuchungen gemacht hat, hat nebst anderen exkretorischen Organen bei Arthropoden unter den Isopoden auch bei Asellus die Kieferdrüse (reins maxillaires) nach- gewiesen. Im Besonderen jedoch beschreibt Bruntz nur das End- säckchen, und zwar von Asellus folgendermaßen: „le saccule se montre sous la forme d'un petit tube dejä un peu courbe." Diese Form des Endsäckchens konnte ich auch an meinen Schnitten kon- statieren. Hinzufügen möchte ich noch, daß die Kieferdrüse bei Asellus auch zwischen Bauchmark und Leber, jedoch mehr lateral als ventral gelagert ist. Sie reicht dorsal wärts über die mittlere Transversalebene hinaus und bei größeren Exemplaren fast bis an die Rückenwand des Körpers. Insbesonders lang ist das Harnkanälchen , welches alle bisher erwähnten Formen um ein Beträchtliches an Länge übertrifft. Die Kieferdrüse ist daher an Schnitten (Fig. 7) so umfangreich^ daß sie nicht leicht übersehen werden kann, wie z. B. bei den Bopyriden. Die Windungen des Kanales sind sehr zahlreich, infolgedessen kann man sie schwer genau verfolgen. Die histologische Beschaffenheit dieser Drüse stimmt bis auf die größeren Zellen mit der bei den bisher erwähnten Formen überein. (144) Zur KeiinfTiis des Baues der Kiel'erdriise hei laopoddi etc. 7 d) Flabellifera. Bei Anilocra mediterranea finden wir, ähnlich wie bei Asellus, eine verhältnismäßig große Kieferdrüse, welche gleichfalls über die mittlere Transversalebene hinausreicht. Das Endsäckchen, welches wie bei Asellus (Fig. 7) ungefähr in der Mitte der ganzen Drüse liegt, wird daher von den Windungen des Harnkanälchens rings umgeben. Durch innere Scheidewände, welche Bruntz als „cloisons internes" bezeichnet , hat das Endsäckchen eine Überflächenver- größerung erfahren. Das Harnkanälchen ist länger als bei den bisher erwähnten marinen Formen und läßt sich daher in seinem Verlaufe schwer genau verfolgen. Der histologische Aufbau der Drüse stimmt mit dem der vorher erwähnten Formen überein. Von Anilocra habe ich nur ein junges Männchen untersucht, da ältere Tiere wegen ihres starken Chitinpanzers sehr schwer zu untersuchende Objekte sind. Sphaeroma serratum zeigt wie die anderen marinen Isopoden wieder eine kleine Kieferdrüse und erinnert in Bezug auf den Bau der Drüse an Porcellio. Von den Valvifera möchte ich hier nur noch kurz Astacilla erwähnen. Dieses Tier hat ebenfalls eine kleine und ähnlich gebaute Kieferdrüse wie Porcellio und Sphaeroma. Betrachtungen und Untersuchungen über das relative Größenverhältnis der Kiefer- und Antennendrüsen bei Meeres- und Süßwasserkrustazeen. Durch die vorhergehenden Untersuchungen mögen unsere Kenntnisse über die Kieferdrüse der Isopoden teilweise ergänzt werden. Wenn wir von Anilocra absehen, so fällt uns bei einem Vergleiche aller sonst erwähnten Isopoden ein bedeutender Größenunterschied in der Drüse zwischen marinen und Süßwasserasseln auf. und ich möchte in Folgendem darauf insbesonders die Aufmerksamkeit lenken. Diese merkwürdige Erscheinung ist bei anderen Tieren in der Literatur schon mehrmals erwähnt worden und ich will daher hier nun die diesbezüglichen Angaben über Krustazeen zusammenfassen. Als erster hat wohl Grobben auf die in Frage stehenden Punkte aufmerksam gemacht. In seiner Arbeit über die Antennen- drüse der Krustazeen sagtGROBBEx am Schlüsse: „Vergleichen wir die Antennendrüse des Cetochilusnauplius mit der des Cyclops nauplius so fällt die außerordentliche Länge des Harnkanälchens bei Cyclops im Vergleich zu Cetochilus auf. Ich will darauf auf- (U5) 8 Alois Rogenhof er: merksam maclien, daß die eine Form ein Süßwasserbewohner , die andere ein Meeresbewohner ist. Es scheint also die Verlängerung des Harnkanälchens mit dem Leben im Süßwasser parallel zu gehen. Stimmen noch einige Tatsachen damit? Vergleichen wir die Schalen- driise der marinen Calaniden mit der des Süßwassercalaniden Dia- ptomus, oder gar mit Cyclops , so zeigt sich hier abermals eine bedeutende Verlängerung des Harnkanälchens der genannten Drüse bei den Süßwasserformen." Weiter weist Grobben darauf hin, daß unter den Anneliden die marinen Polychaeten kurze Schleifenkanäle, die meist das Süßwasser bewohnenden Oligochaeten und Hirudineen dagegen lange schleifenförmige Organe besitzen. „Auch der von Hatschek beschriebene Protodrilus Leuckartii hat einen kurzen Schleifenkanal, während der von Langerhans gefundene im Brack- und Süßwasser lebende Polygordius Schneideri (wie Hatschek vermutet auch ein Protodrilus) viel längere Segmentorgane besitzt." Grobben schließt nun mit den Worten: „es bleibt noch zu unter- suchen , ob dieser Parallelismus zwischen der Länge des Harn- kanälchens und dem Süßwasserleben allgemein zutriift." Von In- teresse ist hier für uns zunächst, was Grobben über die Antennen- und Kieferdrüse der Kopepoden sagt. In gleichem Sinne lauten die Angaben von Richard über Kopepoden. In seiner Arbeit über die freilebenden Süßwasserkope- poden gibt Richard nebst einer genauen Beschreibung der Kiefer- drüse auch zahlreiche Angaben über die Größenverhältnisse der Drüse. Richard bestätigt Grobbens Beobachtung über die relativ bedeutend größere Antennen- und Kieferdrüse der Süßwasserkrebse für die Kieferdrüse der Kopepoden. Richard fügt noch weiter bei: „Mais on peut aller plus loin et montrer que, d'une fa^on g6n6- rale, le canal de la glande est d'autant plus long et complique qu'on Fobserve dans des genres plus confines dans les eaux douces." Was nun die einzelnen Genera betrifft, so findet Richard das Harnkanälchen bei Cyclops am längsten entwickelt ; die im Meere unbekannten Calaniden- Gattungen Episcliura, Heterocope xmaDiaptonuis zeigen ebenfalls lange Harnkanälchen an der Schalendrüse, während die im Brack- oder Süßwasser lebende Eurytemora, ein minder langes Harnkanälchen als die vorher genannten Tiere aufweist. Endlich ist das Harnkanälchen bei Popella, Schmackeria und Limnocalanua relativ sehr kurz. Diese Formen repräsentieren nach Richard aus- sprochen marine Typen, wenngleich die Reliktenform Limnocalanus sowohl im süßen als auch im salzigen Wasser lebt, was auch bei Popella und Schmackeria nach Richard der Fall sein dürfte. (14C) Zur Kenntnis des Baues der Kief'erdrüse hei Isopoden ete. () Unter den Harpacticiden hat Cantkocamptufi, welcher im Süß- wasser lebt, ein viel längeres Harnkanälchen als die Gattung Bradi/a, von der alle Formen im Brack- oder Seewasser leben , mit Aus- nahme von Bradya Edivardsi. Wie aus dem bereits Erwähnten her- vorgeht, fand Richard, daß schon die im schwach salzigen Brack- wasser lebenden Formen eine Verkürzung des Harnkanälchens auf- weisen. Eine hervorzuhebende Ausnahme bildet nach Richard Dia- ptomus saltnus. Bei demselben ist das Harnkanälchen der Schalendrüse genau so entwickelt, wie bei den Süßwasserformen dieser Gattung. Richard äußert nun folgendermaßen seine Ansicht über die Verkürzung des Harnkanälchens bei den Süßwasserformen: .,La na- ture du milieu dans lequel vivent les animaux exerce sans doute une action assez forte, mais dont nous ignorons completement le mecanisme" und an einer anderen Stelle: „H etait interessant de rechercher si l'influence de ce milieu special ne s'exercait pas sur la glande du fest et si la salure de l'eau n'entrainait pas une dimi- nution dans la longueur du caoal de cette glande comme on pouvait le supposer a priori d'apres ce que nous savons de la longueur de ce canal chez les Copepodes d'eau douce." Gehen wir nun zu den Dekapoden über, so sind hier die Beob- achtungen von Marchal in Betracht zu ziehen. Marchal findet, daß für die Drüse von Astacus ßuviatilis das Vorhandensein eines langen Kanales (substance medullaire), welcher das Labyrinth mit der Harnblase verbindet, charakteristisch ist. Bei dem nahe verwandten Homarus ist dieser Kanal nur an- deutungsweise vorhanden und fehlt anderen marinen Dekapoden, die er untersuchte. Marchal glaubt nun ebenfalls, daß die Verschieden- heit des Mediums höchstwahrscheinlich einen Einfluß ausübt und eine Verlängerung dieses Verbindungsstückes zwischen dem eigent- lichen Labyrinth und der Blase herbeiführt. Es scheint auch bei der Süßwasserform Caridina Desmaresti das Harnkanälchen von an- sehnlicher Länge zu sein nach der Stelle bei Marchal: mais la vessie assez reduite se prolonge en un large et long canal sinueux, qui se termine en s'amincissant au tubercule excreteur.' Doch findet Marchal in dieser Beziehung eine Ausnahme, nämlich die im Süßwasser lebende Telphusa ßuviatilis, bei welcher er keinen wesent- lichen Unterschied von den im Meere lebenden Verwandten in der Größe des Exkretionsapparates konstatieren konnte. Schließlich hat Claus sowohl bei den Phyllopoden als auch Ostrakoden ähnliche Verhältnisse gefunden und insbesonders bei (1*7) 10 Alois Rogenhofe r: ersteren einen Größenunterschied in der Schalendrüse zwischen ma- rinen und Süßwasser formen erwähnt. Claus findet nämlich, daß bei Ärtemia die Form der Schalendrüse infolge der geringen Kompli- kation der Windungen des Kanälchens einfacher erscheint als bei Branchipus torticornis und wahrscheinlich auch bei den übrigen Branchtpusarten. Bei Artemia fehlt die absteigende Schleife des Harnkanälchens. welche bei BrancMpus in das Segment des ersten Beinpaares herabreicht. Was die Ostrakoden betrifft, so sind die Angaben diesbezüglich zwar nicht so zahlreich und ausreichend, mögen aber doch der Voll- ständigkeit halber hier angeführt werden. Claus sagt in seiner Arbeit über die Halocypriden folgendes: ,.Die für die Krustazeen so charakteristische Antennen- und Kieferdrüse habe ich nicht nach- weisen können.'' Dagegen findet Claus bei den Süßwasser-Ostrakoden „eine umfangreiche Schalendrüse in der vorderen Schalenregion." Bei den marinen Formen Bairdia mediterranea und Paradoxostoma triste fand Müller ein Organ, das er als Segmentalorgan anspricht; es ist „kurz zweiteilig", sonst aber bei keiner marinen Species vorhanden. „Bei den Süßwassercypriden (Gypris puhera)'^ dagegen sagt er, „lassen sich mit Hilfe von Carminfütterung 2 Segmental- organe nachweisen : eines an der Oberlippe, es mündet an der Spitze des 1. Gliedes (Stammes) der 2. Antenne, die Antennen drüse ; ein 2. an der Basis der Maxille." Wenn ich nur noch kurz erwähne, daß auch Della Valle bei den Gammariden unter den Amphipoden Grobbens Angabe über die verschiedene Länge des Harnkanälchens bestätigt, so glaube ich hiemit die diesbezügliche Literatur über die Krustazeen so ziemlich erschöpft zu haben. Bei meinen Untersuchungen der Isopoden habe ich ganz ähn- liche Verhältnisse zwischen marinen und Süßwasserformen gefunden, welche hier anschließend Erwähnung finden sollen. Außerdem jedoch habe ich Amphipoden und Dekapoden in dieser Richtung hin unter- sucht und konnte hier die bereits bekannten diesbezüglichen Tat- sachen bestätigen. Was nun die Isopoden anbelangt, so finden wir, wie aus der vorausgehenden Beschreibung bereits hervorgeht, einen bedeutenden Größen unterschied der Kieferdrüse zwischen marinen und Süßwasser- formen, den ich bisher in der Literatur nicht erwähnt finde. Ins- besonders ist es wieder die Länge des Harnkanälchens, welche bei Asellus aquaticus auffällt. Lüjia Brandtü und Porcellio scaher^ erstere eine Meeres-, letztere eine Land form , zeigen dagegen bedeutend (148) Zur Kenntnis des Baues der Kieferdrüse bei Isopoden etc. 11 kleinere Dimensionen der Drüse als Asellus. Doch mögen zur besseren Übersicht gleich folgende Zahlen dienen: Name Länge Höhe Breite Ligia Brandtü ca. 240 y- 89 u- 1U2 a Porcellio scaber .... ca. 192 u. 101 [v- 222 [j. Asellus aquaticus .... ca. 306 \j. 326 \j. 474 (a Wir sehen aus diesen Dimensionen der Drüse, sowie aus den beiden schematischen Zeichnungen (Fig. 11 und 12), welche das Vo- lumen der Drüse in eine Fläche projiziert darstellen, den gewaltigen Unterschied in der Größe der Drüse bei der Süßwasser- und Meeres- form. Da ich an ganzen Tieren die Drüse nicht beobachten konnte, mußte ich mich hier zu diesen Vergleichen , welche natürlich an gleich großen Exemplaren gemacht wurden , mit einer schema- tischen Zeichnung begnügen. Die Landform Porcellio ist in Bezug auf die Größe der Drüse nicht viel von Ligia verschieden, sie hat eine etwas breitere, dafür aber wieder kürzere Drüse. Hauptsächlich liegt auch bei der Kieferdrüse der Isopoden der Größenunterschied in der Länge des Harnkanälchens, denn an Schnitten durch die Drüse zeigt z.B. Asellus 6 — 8 Querschnitte durch das Harnkanälchen, während man z. ß. bei Ligia höchstens 2 — 4 Kanälchenlumina beob- achten kann. Schließlich sei darauf hingewiesen, daß die Ab- bildungen der Kieferdrüsen (Fig. 3, 4, 7, 8 und 9) alle bei der gleichen Vergrößerung angefertigt wurden. Hervorgehoben muß jedoch noch werden , daß unter den bisher untersuchten Isopoden sich auch eine Ausnahme bereits gezeigt hat, und zwar Anilocra. Letztere zeigt eine für marine Formen verhältnismäßig große Kiefer- drüse, welche ganz an jene von Asellus erinnert. Es scheint daher dieser bedeutende Größenunterschied der Kieferdrüse bei den Isopoden zwischen Meeres- und Süßwasserformen doch nicht allgemein zuzu- treffen. In Bezug auf die Frage der relativen Größe habe ich weiters die Antennendrüse von Gammariden untersucht, worüber mir anschließend noch einige Bemerkungen gestattet seien. Bei dem marinen Gammarus locusta liegt die Antennendrüse ventralwärts von dem Gehirn m einer Ausbauchung des Basalgliedes der 2. Antenne und ist so unscheinbar, daß sie leicht übersehen werden kann. Betrachten wir andrerseits Süßwasserformen, und zwar zunächst Gammarus pulex. so liegt hier die Drüse an derselben Stelle, kann aber infolge ihrer Ausdehnung nicht so leicht übersehen werden. Die Ausbauchung im Basalgliede der Antenne . in welchem die Drüse 12 Alois Rogenhofe r: hier liegt, ist bedeutend größer. Denselben Bau und die gleiche Aus- dehnung der Drüse zeigt auch Niphargus puteanus. Bei beiden Süß- wasserformen reicht die Drüse bis an die Transversalebene, was bei Ganimarus locusta nicht der Fall ist. Das Harnkanälchen ist auch hier bei den zwei letzteren Tieren viel länger und macht daher zahlreichere Windungen, so daß man an Schnitten durch die Drüse im Maximum 7 Kanälchenlumina sieht, während man bei Gammarus locusta deren höchstens 3 beobachten kann. Das Harnkanälchen er- scheint demnach bei den Süßwassergammariden mindestens doppelt so lang , als bei der marinen Species. Bei Tieren von 5 — 7 mm Länge zeigen die Drüsen folgende Dimensionen: Name Länge Höhe Breite Gammarus locusta ... ca. 90 [^. 133 [J. 104 [j- Gammarus fulex. . . . . ca. 180 [J. 296 u. 296 u. Niphargus puteanus ... ca. 150 |J. 355 [-'- 222 a Obwohl die Dekapoden bereits von Marchäl in dieser Hinsicht untersucht worden sind , möchte ich doch noch einige eigene Beob- achtungen hier anschließen; und zwar verglich ich Astacus fluviatilis mit Nephrops norvegicus, Palaemon squilla mit Palaemonetes varians, Telphusa fluviatilis mit Portunus depurator. Präparieren wir zunächst bei Astacus und Nephrops die Antennendrüse heraus und nehmen hiezu Exemplare von 130 cm Länge, so finden wir bei Astacus die größere Drüse. Ebenso zeigt sich bei einem Vergleiche zwischen Palaemonetes und Palaemon bei sonst gleich großen Tieren, daß Palaemonetes die größere Antennendrüse besitzt. Überzeugt man sich durch Messung von der Größe der Drüse, so erhält man folgende Dimensionen: Länge Höhe Breite Name Millimeter Nephrops norvegicus 8 1'5 7 Astacus fluviatilis 8"5 4 8'5 Palaem/on squilla 0'8 1 1*2 Palaetnonetes varians l'l 1"7 1'5 Bei Telphusa fluviatilis, welche eine vielverzweigte Blase besitzt, ist es schwer, in Zahlen zu sprechen, doch konnte ich keine wesent- liche Vergrößerung gegenüber der Antennendrüse von Portunus depurator bemerken, wie auch Marchal bereits angibt. Aus den bisher angeführten Tatsachen geht deutlich hervor, daß die von G robben gemachte Beobachtung, daß die Harnkanälchen bei Süßwasserformen länger sind, auch für andere Gruppen, wenn auch nicht ausnahmslos, zutriift. Doch sind Ausnahmsfälle anscheinend (150) Znr Kenntnis lies Baues der Kieterdriise bei Isopoden etc. 13 nur selten, und zwar finden wir sie hauptsächlich bei solchen Tieren, die gerade außergewöhnliche Lebensbedingungen haben. Nach Richards Beobachtungen ist dies einerseits Dlaptomus salinus, nach Marchal a,ndreTse\ts Teljyhiisaßuvmtilis und schließlich Ruch Anüocra, wie ich konstatieren konnte. Alle drei Tiere zeigen keine wesentliche Verschiedenheit in der Größe der Drüse von ihren im anderen Medium lebenden Verwandten. Was zunächst Düiptomiis salinus betrifft, so findet sich derselbe in den mehr oder weniger salzigen Gewässern von Algier , Ungarn , Rußland und auch in dem nur 0'3"/o Salz enthaltenden Salzsee bei Halle. Richard selbst hat Exemplare aus dem salzgesättigten Sebkha bei Oran untersucht und vermutet, daß Diaptomus salinus mit Rücksicht auf seine große Antennendrüse noch nicht hinreichend lange Zeit in diesem Medium existiere. Ganz ähnlich verhält es sich wahrscheinlich auch mit Telphusa^ eine der wenigen im Süßwasser vorkommenden Krabben. Dieselben sind höchst wahrscheinlich auch erst in jüngerer Zeit, im Gegensatze zu Diaptomus salinus aber ins Süßwasser eingewandert. Weniger leicht erklärlich erscheint dagegen die etwas größere Kieferdrüse, welche ich bei Anilocra gefunden habe. Diese Art nimmt zwischen den marinen Formen und Asellus in Bezug auf die Größe der Drüse eine Mittelstellung ein. Man könnte allenfalls diese Aus- nahme unter jene Gruppe von Vorkommnissen subsumieren, welche Semper mit folgenden Worten bezeichnet: ..Thiere, welche an den- selben Stellen unter scheinbar ganz gleichen äußern Existenzbedin- gungen leben, reagieren trotzdem in ganz verschiedener Weise gegen die im Wasser aufgelöst enthaltenen Stoffe (Salze, Sauerstoff. Kohlen- säure usw.). Wenn wir nun von diesen wenigen Ausnahmsfällen absehen, handelt es sich um die Beantwortung der Frage, auf welche bereits Grobben hinwies, ob das längere Harnkanälchen mit dem Leben im Süßwasser zusammenhängt, und ob ein Gesichtspunkt für die Er- klärung dieser Verhältnisse gewonnen werden kann. Jedenfalls können wir die Ursache, welche einen so auffälligen Unterschied in der Größe der Drüsen bei Süßwasserkrebsen und marinen Formen be- wirkt, nicht sogleich angeben. Zunächst muß hervorgehoben werden, was auch aus den Abbildungen (Fig. lo und 14) hervorgeht, daß die größere Drüse bei den Süßwasserkrebsen zum Teil zunächst auf das Vorhandensein größerer Zellelemente zurückgeführt werden kann. Ich konnte diese Tatsache bei Isopoden, Amphipoden und Dekapoden konstatieren. Wenngleich die Zellgrenzen nicht sichtbar sind, so genügen zu dieser Erkenntnis jedenfalls schon die größeren Kerne (161) 14 Alois Eogenhofer: (Fig. 13 und 14) und die Dimensionen zwischen denselben. BeiAsellus aquaticus konnte ich an Schnitten durch Zählung sogar finden, daß die größere Drüse eher weniger Zellen aufweist als die kleinere bei Ligia. Diese größeren Zellen können jedoch nicht die einzige und letzte Ursache der größeren Kiefer- und Antennendrüse sein. Die eigentliche Veranlassung zur Vergrößerung muß jedenfalls tiefer liegen und physiologischen Ursprungs sein. Während einige Autoren, wie z. B. Della Valle, glauben, daß die Größe der Drüse nicht durch das Medium, beeinflußt werde, sondern ein rein spezifischer Charakter sei, haben Grobben, Richard und Marchal jedenfalls viel richtiger erkannt, daß das Medium, in dem die Tiere leben, einen Einfluß auf die Vergrößerung der Drüse ausübe. Es ist gewiß naheliegend, die Vergrößerung des Exkretiona- organes bei den aufgezählten Tieren gegenüber den marinen Ver- wandten, mit dem Leben im Süßwasser in Verbindung zu bringen. Denn das Meerwasser enthält verschiedene Salze, wovon insbesonders das Chlornatrium stark vertreten ist. Es drängt sich nun die An- nahme auf, daß diese Salze, beziehungsweise der Mangel oder das geringe Vorhandensein dieser Substanzen im Süßwasser in verschiedener Weise auf den Bau eines Organismus einwirken mögen. Im Folgenden möchte ich auf einige Beobachtungen hinweisen, aus denen sich ein Gesichtspunkt für die Erklärung ergibt. Eine größere Niere respektive Kiefer- oder Antennendrüse leistet naturgemäß mehr Arbeit bei der Exkretion als eine kleine. Die Verlängerung der gewundenen Harnkanälchen bei den Süßwasser- bewohnern vergrößert nun entschieden die sezernierende Epithelfläche. Es muß also bei den Meerestieren ein Moment vorhanden sein, welches die dort zu leistende Arbeit der Niere verringert oder erleichtert. Das Nächstliegende ist natürlich der reiche Salzgehalt. Heidenhain hat nun bei Wirbeltieren folgende Erfahrung gemacht , welche ich hier zuerst in Betracht ziehen möchte. Durch Einführung gewisser Substanzen (des Harnstoffes, harnsaurer Salze, Kochsalz^ Salpeter usf.) in das Blut ist man imstande, eine Harnsekretion unter Bedingungen herbeizuführen, unter welchen dieselbe ohne jene Zusätze in das Blut nicht stattfindet. Auch geht nach Injektion einiger Gramm von jenen Substanzen die Wassersekretion der Niere in die Höhe, wenngleich durch vorherige Halsmarksdurchschneidung der Aortendruck soweit gesunken ist, daß vor der Einspritzung die Absonderung völlig stockte. Als spezifischer Heiz für die absondernden Epithelien wirkt jede größere Steigerung des Gehaltes des Blutes an solchen so- (152) Zur Kenntnis des Baues der Kieferdrüse bei Isopoden etc. 15 genannten harnfähigen Substanzen (Harnstoff, Neutralsalze usf.). Ihre Absonderung wird dabei so intensiv, daß sie mit jenen Sub- stanzen merkliche Wassermengen in die Harnkanälchen überführen. Wenden wir nun diese Erfahrung für die Meerestiere an. Die Kiefer- und Antennendrüsen sind von zahlreichen Blut- lakunen umgeben und die auszuscheidenden Bestandteile werden aus dem Blute genommen. Fredericq hat nun nachgewiesen, daß der Salzgehalt des Blutes bei marinen und Süßwassertieren ein verschiedener ist. So fand er bei Astacus fluviatilis 0'94%, bei Homarus vulgaris dagegen 3*04''/o. Auch Pelseneer sagt, daß das Blut der stenohalinen Wirbellosen regelmäßig denselben Salzgehalt wie das äußere Medium zeigt. Im Blute der marinen Krebse ist somit eine harnfähige Sub- stanz . das Kochsalz , in reichlicherer Menge zu finden als bei den Süßwasserformen. Man könnte somit zu der Ansicht neigen, daß die reichlichere Menge von Chlornatrium im Blute als spezifischer Reiz auf die Harnkanälchen wirke, die Niere der Seetiere somit eine geringere oder leichtere Arbeit zu leisten habe, infolgedessen kleiner sein kann als jene. Einer solchen Annahme steht aber entgegen, daß das Blut der marinen Tiere im Salzgehalte mit dem Seewasser übereinstimmt, ein solcher Reiz demnach hier wegfällt. Die kleinere Niere der Seetiere erscheint somit unter diesem Gesichtspunkte nicht zu erklären. Für die größere Niere der Süßwassertiere da- gegen können wir andrerseits wohl dem Mangel an Salzgehalt in dem Medium hier zunächst wahrscheinlich größere Bedeutung zumessen. Jedenfalls ist es für den sicheren Nachweis auch nötig , daß man marine Tiere an Süßwasser und umgekehrt Süßwasserbewohner an Seewasser allmählich anpaßt. Derartige Versuche sind allerdings von Plateau und anderen schon gemacht worden, doch wurde hiebei auf innere anatomische Veränderungen, insbesonders der Ex- kretionsorgane, nicht geachtet. Diese könnten wohl erst im Ver- laufe von Generationen merkbar werden. Schließlich möchte ich noch erwähnen, daß ich auch derartige Versuche angestellt habe. Eine größere Anzahl von Äsellus aqua- ticus habe ich durch sehr langsames und geringes Zusetzen von See- wasser (2000 cm3 Süßwasser + 100 cm^ Seewasser wurden alle drei Wochen um 25 cm^ vermehrt), I Jahr lang erhalten und den Salz- gehalt dabei auf 2Vo gebracht. Für die physiologischen und anatomischen Zwecke meiner Untersuchung war dies jedoch leider noch zu kurz. Da sich die Tiere nur durch eine Generation erhalten haben. (153) 16 Alois Rogenhofer: Wenn ich das Wichtigste aus dem Vorhergehenden nun noch- mals kurz zusammenfasse, so ergeben sich dabei folgende Resultate. 1. Die Bopyriden besitzen keine Antennendrüse, sondern eine Kieferdrüse , dieselbe ist nicht umfangreich und zeigt die charak- teristischen Bestandteile : Endsäckchen , Harnkanälchen und Aus- führungsgang. 2. Bei den Oniscinen ist die Kieferdrüse nicht rückgebildet, wie NfiMEC angibt, sondern typisch ausgebildet. 3. Die Angaben von Bruntz über die Kieferdrüse der Iso- poden werden größtenteils und jene von Vejdovsky über die Trichterzellen vollständig bestätigt. 4. Der Größenunterschied der Kiefer- und Antennendrüse zwischen Meeres- und Süßwasserformen liegt hauptsächlich in der Länge des Harnkanälchens ; er trifft auch bei den Isopoden und bei den Krustazeen somit fast ausnahmslos zu. 5. Die größere Drüse bei den untersuchten Süßwasserkrustazeen kann zunächst auf das Vorhandensein größerer Zellen zurückgeführt werden. 6. Es läßt sich die Verlängerung des Harnkanälchens bei den Süßwasserkrebsen mit einiger Wahrscheinlichkeit auf den Mangel an Salzgehalt im Süßwasser zurückführen. Zum Schlüsse sei es mir gestattet, einer angenehmen Pflicht nachzukommen und meinem hochverehrten Lehrer Herrn Professor Dr. K. Grob BEN für die wertvolle Unterstützung, welche er meinen Untersuchungen angedeihen ließ , den verbindlichsten Dank auszu- sprechen. Gleichzeitig bin ich auch Herrn Professor Dr. Th, Pintnee für manche wichtige Anweisung zu Dank verpflichtet. Literaturverzeichnis. 1. BoNNiER J., Contribution a l'etude des Epicarides: Les Bopyridae. Trav. Stat. Zool. Wimereux 1900. Tom. VIII. 2. Bruntz L., Contribution ä l'etude de rexcretion chez les Artliropodes. Archiv, de Biol. 1903. Tora. XX. 3. Claus C, Die Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocy- priden nebst Bemerkungen über die Organisation derselben. Arbeit, d. zool. Inst. Wien, 1891, Bd. IX. 4. Derselbe, Über Apsemies Latreillii Edw. und die Tanaiden. Ebenda. 1887, Bd. VII. (154) Zur Kenntnis des Baues der Kieferdrüse bei Isojjoden etc. 17 5. Derselbe, Untersuchungen über die Organisation und Entwickhing von Brancßiipus und Arlemia nebst vergleichenden Bemerkungen über andere Pbyllopoden. Ebenda. 1886, Bd. VI. 6. Del LA Vallk A. , Ganimarini del Golfo dl Napoli. Fauna u. Flora d. Golfes V. Neapel, 1898, Bd. XX. 7. FREDEBicti L.', Influence du milieu ambiant sur la compo.sition du sang des animaux aquatiques. Arch. d. Zool. exp. 1885, II. Ser., Bd. III. Notes et revue Nr. XXIII. 8. Grobbkn C. Die Antennendrüse der- Crustaceen. Arb. d. zool. Inst. AVien, 1881, Bd. III. 9. Heidenhain R. , Die Absonderungsvorgänge. Hekrmann L. , Handbuch der Physiologie, 1880. Bd. V, I. T. 10. Kowalewsky A., Ein Beitrag zur Kenntnis der Exkretionsorgane. Biol. Zentral- blatt, 1890, Bd. IX, 11. Maechal P. , Recherches anatomiques et physiologiques sur l'appareil excr^teur de crustacees decapodes. Arch. d. Zool. exp. Paris, 1892, II. Ser., Bd. X. 12- Müller G. W., Die Ostracoden des Golfes von Neapel. Fauna u. Flora d. Golfes V. Neapel, 1894, Bd. XXI. 13. Nkmec B., Studie o Isopodech. Sitzungsber. d. K. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. (math.-nath. Gl.), Jahrg. 1895 u. 189(j. 14. Nüssbaum M., Über die Sekretion der Niere. Arch. f. d. ges. Phys., 1878, Bd. XVI. 15. Derselbe, Fortgesetzte Untersuchungen über die Sekretion der Niere. Ebenda, 1878, Bd. XVII. 16. Pelseneer P., Der Ursprung der Süßwassertiere. Bull. d. 1. Classe de Science l'Acad. roy. de Belg. 1905. 17. Plateau, Recherches physico-chiniiques sur les Articules aquatiques. Memoire couronne etc. public par TAcademie Royale de Belgique, 1871, Tom. XXXVI. 18. Richard J. , Recherches sur le Systeme glandulaire et sur le systöme nerveui des Copepodes libres d'eau douce suivies d'une revision des especes de ce groupe, qui vivent eu France. Ann. Sc. Nat. Paris, 1891, Ser. VII, Bd. XII. 19. Derselbe, Sur la glande du lest des Copepodes d'eau douce. Bull, de le Soc. zool. de France, 1890, Bd. XV. 20. Rosen STADT B., Beiträge zur Kenntnis der Organisation \ on Asellus aquaticus und verwandter Isopoden. Biol. Zentralbl., 1889, Bd. VIII. 21. Semper K., Die natürlichen Existenzbedingungen der Tiere. Leipzig, 1880. 22. Vejdovsky f.. Zur Morphologie der Antennen- und Schalendrüse bei Krusta- zeen. Zeitschr. f. wiss. Zool., 1901, Bd. LXIX. 23. Walz R., Über die Familie der Bopyriden mit besonderer Berücksichtigung der Fauna der Adria. Arbeit, d. zool. Inst. Wien, 1882, Bd. IV. Tafelerklärung. BM = Bauchmark BS = Blutsinus C = Kanälchen cu = Stäbchenkutikula ES = Endsäckchen K = körnige Plasmaschichte KM = Kaumagen KW =z Körperwand StM = Stützmembran. (155) 18 Alois Rogenhofer: Zur Kenntnis des Baues der Kieferdrüse etc. Fig. 1. Ventrale Ansicht des Kopfes von Gi/ge branchialis Q «^ u. a^ An- tennen, md Mandibel, ul Unterlippe, mx, 2. Maxille , Vm Vormagen , Dr Kieferdrüse (20fache Vergrößerung). Fig. 2. Totalansicht der rechten Kieferdrüse von Gyge branchialis Q ( aus Schnitten rekonstruiert) (lOüfache Vergrößerung). Der Übergang in das Kanälchen liegt bei X an der Unterseite. Das Säckchen liegt darüber. Fig. 3. Schnitt durch die rechte Kieferdrüse von Bopyrus squillarum Q ( 125fache Vergrößerung). Fig. 4. Schnitt durch die linke Kieferdrüse von Gi/(/e Q ( 125fach vergrößert). Fig. 5. Schnitt durch die rechte Kieferdrüse von Gt/ge (5 (220fach vergrößert). Fig. 6. Schnitt durch den Ausführungsgang von Gi/ge Q (links, 220fach Tergrößert ). Fig. 7. Schnitt durch die Kieferdrüse von Asellus aquaticus (120fach ver- größert ). Fig. 8. Schnitt durch die linke Kieferdrüse von Ligia Brandtii ( 120fach vergrößert ). Fig. 9. Schnitt durch die linke Kieferdrüse von Porcellio scaber ( 120fach vergrößert). Fig. 10. Schnitt durch die rechte Kieferdrüse von Porcellio scaber (290fach vergrößert). Fig. 11. Schematische Darstellung der Größe der Kieferdrüse von Ligia Brandtii (lOfach vergrößert, die Größe der Drüse in eine Ebene projiziert). Fig. 12. Dasselbe von Asellus aquaticus. Fig. 13. Drüsenzelle aus dem Harnkanälchen von Ligia Brandtii (940fach vergrößert). Fig. 14- Dieselbe von Asellus aquaticus. Fig. 13 und 14 mit Zeiss homog. Imm. Yjj, Okular 4. (156) Die Anatomie der Larve von Pedicellina echinata. Von Richard Czwiklitzer. (Mit einer Tafel und zwei Textfignren.) Die vorliegende Untersuchung wurde zu Ostern 1906 an der k. k. zoologischen Station in Triest begonnen und in den darauf- folgenden Monaten — bis Ende Juni — so weit geführt, daß alle wesentlichen tatsächlichen und theoretischen Resultate feststanden. Nach längerer Unterbrechung der Arbeiten während des Sommers wollte ich dann im Herbst an die Feststellung aller Details schreiten, als ich die im Juliheft der „Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie" erschienene Arbeit Seeligers (22) zu Gesicht bekam, die unter dem Titel ..Über die Larven und Verwandtsehaftsbeziehungen der Bryozoen" eine überaus detaillierte, mit zahlreichen Abbildungen versehene Darstellung der Anatomie der Pedicellinalarve brachte und mir im ersten Augenblicke meine eigenen Untersuchungen bzw. deren Publizierung als völlig überflüssig erscheinen ließ. Eine ge- nauere Durchsicht der SEELiGEßschen Arbeit zeigte mir aber bald eine in vielen Punkten bestehende Differenz zwischen den dort niedergelegten Resultaten und denen, zu welchen ich selbst ge- kommen war, eine Differenz, die mich zu erneuter Nachunter- suchung meiner Befunde veranlaßte, die, unterstützt durch die Be- obachtung des lebenden Materials, mir nicht nur eine volle Bestäti- gung meiner ersten Anschauungen brachte, sondern mir auch einen genaueren Einblick in einzelne Teile der Organisation der Larve, speziell des Nervensystems, verschaffte, die in Seeligers Darstel- lung überhaupt keinen Platz gefunden hatten. Ich darf hier wohl erwähnen, daß Seeligers Untersuchungen an einem zum Teil viele Jahre alten Material vorgenommen wurden, das sich aus- schließlich aus Larven in vollständig kontrahiertem Zustande zu- Arbeiten ans den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 2. 22 Qt") 2 Richard Czwiklitzer: sammensetzte, ein Umstand, der allein schon die richtige Beurtei- lung mancher Bildungen sehr erschwert, und, wie es scheint, auch fast unmöglich macht. — Diese wenigen Worte glaubte ich gleich- sam als Erklärung für das Unternehmen, einer von so bewährter Hand durchgeführten Untersuchung so bald darauf eine neue über denselben Gegenstand folgen zu lassen, die zudem nicht einmal den Anspruch auf gleiche Ausführlichkeit zu machen gedenkt, so- wie zu dem Zweck, das — sagen wir — zeitliehe Verhältnis dieser Arbeit zu der Seeligers ins richtige Licht zu setzen, an die Spitze meiner Ausführungen stellen zu sollen. — Jede auf die Beurteilung der Morphologie des Entoprokten- körpers hinzielende Untersuchung wird notwendigerweise auf einer Anzahl von Arbeiten fußen müssen, die, zum Teil einige Jahrzehnte zurückreichend, uns die grundlegenden Kenntnisse dieser Formen - gruppe vermitteln. Da ist zunächst die aus dem Jahre 1870 stam- mende Arbeit von Nitsche (19), in welcher zum ersten Male die bisher mit den übrigen Bryozoen zusammengeworfenen, damals bekannten Gattungen: Pedicellina, Loxosoma und Urnatella auf Grund anatomischer Charaktere als „Entoprokta" fest zusammen- gefaßt und den übrigen Bryozoen als den „Ektoprokta" scharf gegen- übergestellt wurden. Damit war eine Anschauung ausgesprochen. die unverändert bis heute fast allgemeine Anerkennung findet und die, eben durch die Vornahme der Trennung der Bryozoen in zwei Gruppen, auch dann noch mehr als historischen Wert besitzt, wenn man, wie dies ja von verschiedenen Seiten geschieht, eine getrennte phylogenetische Ableitung beider Formenkreise vornimmt. War also so durch Nttsche die systematische Stellung der Entoprokten im allgemeinen festgesetzt, so machte uns Hatschek (11) in einer mehrere Jahre später — 1877 — erschienenen Arbeit mit ihrer Embryologie bekannt, in einer Arbeit, deren Ergebnisse, in ihrer Ausführlichkeit und Genauigkeit alle früheren Angaben weit in den Schatten stellend, in den wesentlichen Punkten durch Harmer (8) volle Bestätigung fanden. Hatschek hatte durch den Hinweis darauf, es möchte das Ganglion der Pedicellina einem unteren Sehlundganglion entsprechen . eine wesentlich veränderte Auffassung des Bryozoenkörpers angebahnt und v^^ohl als einer der Ersten einen weitgehenden Vergleich zwischen Ento- und Ektoprok- tenlarve gezogen. Was nun die an die Embryonalentwicklung sich anschließende, so überaus interessante und für die Beurteilung unserer Formen so wichtige Metamorphose anlangt , so fand sie durch die Arbeiten Barr eis' ^1877, 1881, 1886) (1, 2, 3) und Die Anatomie der Larve von Pedicellina echinata. 3 Hakmers (t!^8T) (10) ihre überraschende Darstellung, aus der die Festsetzung dieser Tiere mit der oralen Seite und die merkwür- dige Drehung des Eingeweidekomplexes ohne Veränderung des rela- tiven Lagerungsverhältnisses der einzelnen Theile mit Sicherheit hervorging. Kurze Zeit darauf — in den Jahren 1889 und 1890 — erschienen Seeligers Arbeiten über Brj^ozoenknospung (21, 22), in welchen auch diese noch strittige Frage wohl in definitiver Weise gelöst und zugleich der Nachweis „der vollkommenen Gleich- artigkeit der Knospungsvorgänge bei ektoprokten und entoprokten Bryozocn" erbracht wurde. Den Schlußstein zu allen diesen Unter- suchungen setzte Ehlers' große Pedieellineenarbeit (7). Hier wurde zum ersten Male die x\natomie der Entoprokten in ausführlicher Weise dargestellt und ihre vergleichend-anatomischen und phylo- genetischen Beziehungen nach allen Seiten hin eingehend erörtert. Damit war aber auch die Entoproktenforschung zu einem gewissen, vorläufigen Abschlüsse und Ruhepunkte gelangt, denn die in den nächsten anderthalb Jahrzehnten erschienenen wenigen Original- arbeiten brachten nichts Neues von w^esentlicher Bedeutung. Und doch sollte sich gerade in dieser Zeit ein teilweiser Umschwung der An- schauungen vollziehen. Hatschek hatte — wohl im Hinblick auf Ca LD WELLS (5) und CoRis (6) Untersuchungen über Phoronis — in seinem ..Lehrbuch der Zoologie" (1891) (13) eine vollkommene Trennung der Entoprokten von den übrigen Bryozoen vorgenommen, indem er die Annahme näherer verwandtschaftlicher Beziehungen zwischen beiden Gruppen verwarf, und ihm schlössen sich dann Korschelt und Heider (1893) (16) in noch entschiedenerer Weise an. Auch in dem auf ganz neuer Basis sich aufbauenden Systeme Schneiders (1902) (24) findet man Entoprokten und Ektoprokten grundverschiedenen Formenkreisen angehörend. So standen sich denn zwei Anschauungen scharf einander gegenüber, die eine fast von allen Bryozoenforschern, so namentlich von Barrois(I), Harmer (8), Seeliger (23), Ehlers (7) und Prochü (20), aber auch von Caldwell (5) und Ray Lankester (17), allerdings unter anderen Voraussetzungen vertretene, welche eine engere Verwandtschaft beider Gruppen gelten ließen, und die andere, von Hatschek aus- gehend (worüber später noch zu sprechen sein wird), die eine solche leugnete. Unter solchen Umständen ein wenig zur Klärung der strittigen Frage beizutragen, bot sich vielleicht Aussicht durch Vornahme einer genauen Untersuchung der Larvenform der Entoprokten, die bis zu Seeligers letzter Arbeit noch ausstand, und ihrer Bezie- 12^^ (151,) 4 Richard Czwiklitzer: huDgen zur Ektoproktenlarve. Eine Reihe von älteren Angaben über diesen Gegenstand sind ja schon seit langem bekannt und knüpfen sich an die Namen Reid, Gosse, Van Beneden (4). Uljanin (25), HiNCKS (14) und Barrois (3) für die Pedicellina-, an die Namen Busch, Kowalewsky, Keferstein und Schmidt für die Loxosomalarve. Aber erst Hatschek (11) verdanken wir eine genaue, ausführliche Darstellung der Larvenanatomie, insoweit sie sich aus der Beobachtung der Totopräparate und des lebenden Objekts, ohne Vornahme von Schnitten, erkennen ließ. In mehr- facher Hinsicht eine Erweiterung unserer Kenntnisse brachten dann Harmers Arbeiten (8, 10). insbesondere durch den Nachweis, daß wir es in der sogenannten Knospe Hatscheks mit einem nervösen Organ zu tun hätten. Zu erwähnen wäre noch Prouho (20) und aus der letzten Zeit Lebedinsky (18), dessen Angaben aber wohl zum größten Teil als irrtümlich zurückzuweisen sind. Schließlich die Arbeit Seelig ers (23). Mit diesem kurzen Hinweis auf die vorhandene Literatur will ich mich hier begnügen; im Text wird ja dann noch vielfach auf die einzelnen Befunde zu verweisen sein. Nun noch ein paar Worte über die angewendeten Methoden. Die ausschwärmenden Embr3^onen wurden in 5^/o Kokainlösung be- täubt und dann — meistens in gut gestrecktem Zustande — in Sublimat-Eisessig oder Fl emming scher Flüssigkeit fixiert. Beide Fixierungen lieferten vorzügliche Resultate. Gefärbt wurde haupt- sächlich mit HEiDENHAiNschem Eisenhämatoxylin, wodurch un- gemein klare Bilder erzielt wurden. Nachfärbung mit Orange leistete gelegentlich gute Dienste. Ferner wurde DfiLAFiELDsches Häma- toxylin entweder allein oder kombiniert mit Säurefuchsin und Orange verwendet. Nunmehr will ich zur eigentlichen Darstellung übergehen, die sich in drei Teile gliedern soll. Zuerst sei die Anatomie der Pedicellinalarve mit Rücksicht auf ihre Auffassung als Trochophora- larve dargelegt, dann wird der Vergleich mit der Ektoproktenlarve gezogen, woran sich eine allgemeine Betrachtung über die Stellung der Entoprokten zu den übrigen Bryozoen schließen soll. A. Anatomie der Larve. 1. Äußere Körperformen. Was der äußeren Gestalt der Pedicellina- und mithin der Entoproktenlarve überhaupt ihr charakteristisches Gepräge verleiht, ist, wie ja schon mehrfach hervorgehoben w^urde, die weitgehende Reduktion des Gegenfeldes, wie es Hatschek, oder des Prymno- (lÜO) Die Anatomie der Larve von Pedicelliiia ecltinatu. 5 soma. wie es Ehlers nennt, eine Reduktion, die durch die tief einschneidende Atrialfalte und vor allem durch die Möglichkeit der Vor Wölbung des Gegenfeldes gegen das Seh eitel feld oder Prorosoma, durch die es zur Bildung des Atriums kommt, eine exzessive Stei- gerung erfährt. Zur Erklärung dieser charakteristischen Gestalt der Larve glaubt Seeliger eine Verschiebung des Wimperkranzes annehmen zu müssen, „und zwar in der Art, daß er aus der dorso- ventralen Querlage in die Längsrichtung sich einstellte, weil seine Dorsalregion immer weiter nach hinten zu sich senkte", indem er die alte Auflassung, nach der die Umbildung nur durch Vorwöl- bung des Gegenfeldes zustande kam, verwirft, weil ein solcher Vor- gang nicht befriedigend erklären könne, „daß der Darmkanal in der alten Weise wohl entwickelt bleibt und die Afterregion, die ursprünglich vom Dorsalteil des Wimperkranzes, zumal in älteren Larven, weiter entfernt war, in dessen unmittelbare Nachbarschaft rückt". Daß die SEELiGERsche Anschauung eine irrige ist, beweist folgende Betrachtung. Sehen wir uns eine Larve im ausgestreckten Zustande an (Textfigur Nr. 1), und von diesem müssen wir ja doch bei Beurteilung der Verhältnisse ausgehen, so haben wir — abge- sehen von der mächtigen Entwicklung des Scheitelfeldes — die typische Trochophoragestalt vor uns. Der After ist etwa in der Mitte des Gegenfeldes gelegen, von Mundöifnung und Dorsalteil des Wimperkranzes gleich weit entfernt, mithin der zwischen letz- terem und der Afteröffnung gelegene Teil des Larvenkörpers sehr wohl entwickelt, wie etwa bei einer Polygordiuslarve. Von einer Verlagerung des Wimperkranzes oder einer ..unmittelbaren Nach- barschaft" zwischen diesem und dem After ist nichts zu sehen. Daß sich von diesem phylogenetisch aufzufassenden Zustand aus. der sich also lediglich durch eine Verkleinerung des Gegenfeldes auszeichnete, die typische Entoproktenlarve einzig und allein da- durch entwickelte, daß durch Ausbildung einer Falte, die ich in der Atrialrinne wiederfinde, eine Retraktioil des ganzen Gegen- feldes möglieh wurde, liegt auf der Hand. Damit ging zur Unter- bringung des ganzen zurückgezogenen Komplexes eine starke Raum- veigrößerung des Scheitelfeldes einher. Diese einfache Überlegung zeigt wohl klar, daß die Annahme einer Verlagerung des Wimper- kranzes zurückzuweisen ist. Zur Vervollständigung der Schilderung sei noch daran erinnert, daß das von einer starken Kutikula bedeckte Scheitelfeld durch zwei Faltenbildungen eingeschnürt wird, von welchen die eine, untere, den ganzen Körperumfang umfaßt, die andere, obere, von (161) 6 Richard Czwiklitzer: der Analseite gegen die Ösophagusseite hin verstreicht; daß ferner das Scheitelfeld vom Gegenfeld durch den auf einem starken, im ausgestreckten Zustande zurückgeschlagenen Wulste aufsitzenden, wahrscheinlich nur aus einer einzigen Zellreihe> bestehenden Wim- perkranz abgegrenzt wird, und daß schließlich das Gegenfeld selbst Schoniatisclie Barsttllung der Petlicellinalaive. PJs !:;ind z-wei Schnitte übereinaudeigelegt ge- dacht, ein sagittaler tiir die Körperform, den Darnakanal und die Sinnesorgane und ein para- sagittaler für die Drüsen und Nerven. JV Nephridinm, SH Sinnesbärchen. durch die in seiner Mitte einschneidende Atrialfalte in zwei kegel- artige Gebilde, das Epistom und den Analkonus, zerlegt wird (Text- ligur 1). Hier treten auch einige typische Faltenbildungen auf, auf deren Beschreibung ich schon deshalb mit ein paar Worten ein- gehen muß, weil Seeligers Darstellung in diesem Punkte einzelne Irrtümer aufweist. Zunächst kommt hier in Betracht die schon (162) Die Anatomie der Larve von Teilicellina eehinata. 7 von Hatschek beschriebene Atrial rinne, oral groove Harmkrs, welche innerhalb des Wimperkranzes gelegen , das ganze (Tegenfeld umgreift, wobei sie, ohne irgend welche Verbindungen mit der Atrialfalte einzugehen, hinten um den Analkonus herumzieht, vorn in den Ösophagus hinein sieh vertieft. (Textfig. 2, Fig. 1 , A li). Sie weist in ihrem ganzen Verlaufe ein Winiperej^ithel auf. Wohl zu unterscheiden von ihr ist ein weiter innen, zu beiden Seiten des Analkonas gelegenes, von einem hohen, leicht tingierbaren, völlig wimperlosen Epithel gebildetes, tiefes Rinnenpaar. Diese Rinnen, die Harm ER als ..lateral portions of anal division of vestibule" anspricht, bezeichne ich als Konusrinnen (Textfig. 2, Fig. 1, CB). Fig. 2. ^,m\\v3-^J..mu■cff Schematische Darstellung des Verlaufes der Atrial-, 'Epistom- und Konusrinnen, die auf eine Ebene projiziert gedacht sind. KW Körperwand. Sie verstreichen nach rückwärts an den Seiten des Analkomis, vorn gehen sie in die Atrialfalte über. Schließlich ist noch eine dritte Rinne zu erwähnen, die von einem ebenfalls wimperlosen, aber niedrigen Epithel gebildet , von der Höhe des Epistoms herab- ziehend, dieses hufeisenförmig umgreift und schließlicli zu beiden Seiten etwas unter- und innerhalb der Konusrinne in die Atrial- falte mündet, die Epistomrinne (Textfig. 1, 2, Fig. 1, 14 ^> B). Seeligers Darstellung dieser Verhältnisse ist nun insoferne irr- tümlich, als er überhaupt nur von der Atrialrinne Notiz nimmt, infolgedessen in seiner Textfigur 1 die dort abgebildete Konusrinne als Atrialrinne anspricht. Dasselbe gilt auch für Figur 26 auf Tafel II, wo ebenfalls fälschlicherweise die weiter innen gelegene a63) 8 Richard Czwik litzer: Konusrinne als Atrialrinne, die weiter außen gelegene wirkliche Atrialrinne dagegen gar nicht bezeichnet wird. Auch ist hier merk- würdigerweise die Konusrinne bewimpert, die Atrialrinne aber nicht, während gerade das umgekehrte Verhalten zutrifft. Alle drei genannten Rinnen haben den Zweck, durch ihre weitgehende Vertiefung die Einstülpung des Gegenfeldes, bzw. des Epistoms und des Analkonus zu ermöglichen. 2. Der Darmkanal. Was den Darmkanal anbelangt, möchte ich vor allem auf die große Ähnlichkeit zwischen Larvendarm und Darm des erwach- senen Tieres hinweisen. An der Larve unterscheidet man zunächst den langgestreckten, reich bewimperten Ösophagus (Fig. 2, Oe), der durch einen einseitig gelegenen, stark entwickelten, aus einem dicken Wimperschopf (BA) bestehenden Reusenapparat — wie er ja — nach Hatschek — auch für andere Trochophoralarven charakteristisch ist und so eine phylogenetische Bedeutung besitzen mag — von dem darauffolgenden, an seiner Ventralseite von einem dicken Drüsenepithel bekleideten Magendarm getrennt ist (MD). An den letzteren schließt sich als dritter Abschnitt ein Dünndarm (Fig. 3, B D) und an diesen als vierter der wie der Ösophagus wiederum ektodermale Hinterdarm {HD). Alle diese vier Abschnitte finden sich nun ebenso wie der Reusenapparat fast im gleichen gegenseitigen Lagerungsverhältnis auch beim erwachsenen Tiere. Daraus ergibt sich die, wie mir scheint, noch nicht genügend ge- würdigte Tatsache, daß unter allen Zygoneuren, mit Einschluß der Rotatorien, die Entoprokten die einzigen Formen sind, bei denen der Trochophoradarm nahezu unverändert , und ohne wesentliche Differenzierungen zu erfahren , in das definitive Tier übergeht, was wohl ein bedeutsamer Hinweis darauf ist, wie nahe diese Tiergruppe der Trochophora selbst steht. 3. Das Nervensystem. Bevor ich auf die spezielle Beschreibung der einzelnen ner- vösen Organe eingehe — betrefts der historischen Bemerkungen, deren Wiederholung ich mir wohl ersparen kann, verweise ich auf Seeligeks Angaben — , will ich zuerst die Homologien der bis jetzt meistens als Kittdrüse und als Dorsalorgan bezeichneten Teile des Nervensystems festzustellen suchen. Harm er (S) hat als erster die nervöse Natur des Dorsalorgans bei Loxosoma erkannt (1885). und es mag begreiflich erseheinen, daß er in dem seiner Ansicht (164) Die Anatomio iler Larve von Peilicellina ecliinata. 9 nach einzigen nervösen Gebilde des Scheitel fei des — das andere dortselbst gelegene Organ hielt er für drüsig — das Homologon der Seheitelplatte erblickte und es deshalb auch als „Gehirn'' be- zeichnete. Seeliger schließt sich dieser Auffassung des Dorsal- organs an und sieht in der Kittdrüse, deren nervöse Beschaffenheit er nachweisen konnte, ein Sinnesorgan, das er als Dorsalgangiion bezeichnet und das mit der Scheitelplatte nichts zu tun habe. Ich kann eine derartige Anschauung nicht teilen, denn ein einziger Blick auf die Larve, wie sie etwa in Textiigur 1 abgebildet ist. läßt mich nicht im geringsten daran zweifeln, daß ich in der sogenannten Kittdrüse das Homologon der Scheitelplatte der Trochophora vor mir habe, das Dorsalorgan dagegen nichts an- deres als ein im Zusammenhang mit der besonderen Lebensweise def Larve zur Ausbildung gekommenes Sinnesorgan — das ja immerhin ein Derivat der Scheitelplatte sein mag — darstellt. Sollte diese Auffassung der „Kittdrüse" noch eines Beweises be- dürfen, so sei auf ihre Lage etwa in der Mitte des Scheitelfeldes verwiesen, ferner darauf, daß auf ihr mit starren Borsten versehene Tentakelbildungen vorkommen, und daß sie beim Schwimmen nach vorne gerichtet ist, alles Charaktere, wie sie der Scheitelplatte der Trochophora zukommen. An dieser Anschauung kann auch dadurch nichts geändert werden, daß sich das ..Dorsalorgan" — wie später ausgeführt werden wird — in höherem Maße als die Scheitelplatte als „Zentralorgan" erweist. Was übrigens die Bezeichnung des ersteren als ..Dorsalorgan" anlangt, so halte ich sie mit Seeliger für eine der Lage desselben nicht entsprechende und es würde mir der in Anlehnung an die SEELiGERsche Benennung, nämlich Oral- oder Üsophagealganglion , gewählte Xame „Oralorgan'- am passendsten erscheinen. Bei der nun folgenden speziellen Beschreibung des Nervensystems will ich mich — ohne etwas Wesentliches zu vernachlässigen — etwas kürzer fassen, als dies Seeliger tut, und namentlich eine Anzahl neuer oder abweichender Beobachtungen auseinandersetzen. a) Die Seheitelplatte. Die Entwicklung dieses Organs verläuft im wesentlichen so, wie dies Seeliger geschildert hat, d. h. durch Einstülpung des ektodermalen Epithels und nachfolgende AVucherung desselben. Es kommt dadurch schließlich jene Gestalt zustande, wie sie sich schon bei Betrachtung des lebenden Objektes in Form etwa einer halben, in zwei Zipfel ausgezogenen, ein wenig gekrümmten Spin- XO Richard Cz wiklitzer; del präsentiert. Die eigentliche Zellraasse des Organs (Fig. 4, HF) grenzt unmittelbar an das äußere Epithel, das gelegentlieh ein wenig nach innen gezogen werden kann. Der bei starker Retrak- tion, deren ja das Organ in hohem Maße fähig ist, auftretende Kanal ist jedoch eine Bildung nicht so sehr des benachbarten Epithels, als vielmehr der sich in der Mitte einsenkenden Zellmasse selbst (Fig. 5, SF). Die freie Fläche der Scheitelplatte wird von etwa 10 oder 12 im Kreise angeordneten, schlanken, am Ende verdickten oder geknöpften Tentakelchen begrenzt, von denen jedes eine einzige, feine, spitz zulaufende Borste trägt (Textfig. 1, Fig. 4, T). Diese Bildungen sind die von Hatschek beschriebenen „kleinen, papillenförmigen Hervorragungen", denen die Tasthärehen des Organs, u. zw. je drei bis vier aufsitzen sollten. Es zeigt sich aber, daß jedes Tentakelchen nur eine Borste trägt, während die übrigen an der Scheitelplatte vorhandenen, im ausgestreckten Zu- stande fächerförmig auseinanderstrebenden, starren Härchen inner- halb des Tentakelkranzes liegen und unmittelbare Bildungsprodukte der obersten Zellage sind (Fig. 4). — An Hand von Schnitten einen Einblick in den feineren Bau des Organes zu gewinnen, ist, wie auch Seeliger betont, mit großen Schwierigkeiten verbunden. Die einzelnen Zellen sind dicht aneinander gedrängt, die Zell- grenzen fast vollständig verwischt, und auch sonst bieten sich keine Anhaltspunkte, die Aufschluß über den histologischen Charak- ter der einzelnen Elemente geben könnten. Kaum daß man in manchen Fällen eine spindel- oder sternförmige Gestalt der Zellen feststellen kann. Und doch kann kein Zweifel darüber herrschen, daß es sich hier um Nervenelemente handelt, wofür in erster Linie — abgesehen von der wohl gerechtfertigten Auffassung des Ganzen als Sinnesorgan — das am hinteren Ende desselben fest- zustellende Vorhandensein von Punktsubstanz spricht (Fig. 5, FS), die, in zwei Zipfel sich ausziehend, die Ursprungsstelle für die zum Oralorgan hinziehenden Nerven abgibt (Fig. 5, N). Diese Nerven, die ja auch an Schnitten unschwer festzustellen sind, sind, wie an allen beobachteten lebenden Larven zu konstatieren war, stets in Zweizahl vorhanden, stellen also eine richtige Kommissur vor. An Eisenhämatoxylinpräparaten durch ihre intensive Schwarzfärbung leicht von ihnen zu unterscheiden sind die sie begleitenden Muskel- fasern, deren Eintiitt zwischen die Zellen der Scheitelplatte selbst, wie ihn auch Seeliger angenommen hat, ich mit Sicherheit nach- weisen konnte (Fig. 4, Mf). Sie dienen zweifellos der Retraktion des Organs. (166) Die Anatomie Jer Larve von Pedicellina ccbinata. 11 h) Das Oralorgan. Die Entwirklung dieses Organs hat in Seeligers Arbeit eine ziemlich ansflihrliche Darstellung erfahren, doch ist ihm ein — wie mir scheint — ganz interessantes Detail entgangen, das sich mir aus meinen eigenen Beobachtungen mit Sicherheit ergeben hat. Nach Seeliger wird die erste Anlage des Organs durch eine Ektodermverdickung dargestellt, an der man bald eine ,.in die Tiefe gerückte Zellplatte etwas schärfer von dem sie überlagernden einschichtigen Hautepithel" sich abheben sieht. Diese Zellplatte bildet sich -- wahrscheinlich in ähnlicher Weise wie die Nerven- platte des Amphioxus — zu einem „taschenförmigen Säckchen" um, das dann an Größe bedeutend zunimmt. Eine Kommunikation des Säckchenlumens mit der Außenwelt ist nicht festzustellen. Aus diesem Zustande entwickelt sich dann das fertige Organ in der Weise, daß am distalen Ende des Säckchens sich die Wände durch Wucherung verdicken, während der proximale Teil unter Flimmer- bildung nach außen durchbricht und so den sogenannten Wimper- kanal bildet. Diese letzte Angabe nun bedarf einer Richtigstellung. Ich habe nämlich an einer großen Anzahl von Schnitten feststellen können, daß zwischen das Stadium des geschlossenen Zellsackes und das fertige Organ ein Stadium sich einschiebt, bei welchen an Querschnitten distalwärts das breite Zellsäckchen getroffen er- scheint, während man proximalwärts ein Paar etwa kreisrunder Kanäle antrifft, die, symmetrisch zu beiden Seiten der Medianlinie gelegen, sich zwischen das Zellsäckchen und die Körperwand ein- schieben (Fig. 6 a, h). Eine Verbindung zwischen den Kanälchen und dem Zellsäckchen einerseits, dem Körperepithel andrerseits konnte nicht nachgewiesen werden, was vielleicht darin seine Er- klärung findet, daß bei den betreffenden Larven die durch Ekto- dermeinstülpung oder Wucherung hervorgegangenen Kanälchen das Säckchen noch nicht erreicht hatten, vielleicht aber auch auf den Ausfall eines Schnittes der Serie zurückzuführen ist. Wie dem aber auch immer sein mag — so kann nicht daran gezweifelt werden, daß man es in den beschriebenen Kanälchen mit Bildungen zu tun hat, die homolog sind den nach Harmer bei der Entwicklung des Oralorgans von Loxosoma auftretenden, paarigen sekundären Ein- stülpungen, die ebenso wie bei Pedicellina zwischen das zuerst eingestülpte Säckchen und die Körperwand zu liegen kommen. Bei Loxosoma gehen aus diesen zwei Kanälchen unmittelbar die auch bei der vollendeten Larve paarigen Ciliensäcke (ciliated sacs Har- (1C7) 12 Richard Czwiklitzer: MERs) hervor, die ja wobl mit dem sogenannten Wimperkanal der Pedicellina, der, wie bekannt, nur in Einzahl vorhanden ist, zu vergleichen sind. Was nun die Entstehung des letzteren anlangt, so vermutete ich nach erfolgter Beobachtung der paarig ange- legten Kanälchen, daß er aus diesen durch Aneinanderrücken und Auflösung der medialen Wände hervorginge. Die an einem Schnitte gemachte Beobachtung, daß der Wimperkanal an seiner Innenwand einen scharfen , leistenartigen Yorsprung besitze (Fig. 7), schien mir, als ein auf eine derartige Entstehung hindeutendes Verhalten, meiner Vermutung eine Stütze zu geben. — Aus den mitgeteilten Befunden geht jedenfalls klar hervor, daß bei der Entwicklung des Oralorgans der Pedicellinalarve der definitive Zustand dieses Organs bei dem schon lange als ursprünglichste Entoproktenform erkannten Loxosoraa wiederholt wird , um im weiteren Verlaufe eine neue Gestalt anzunehmen. Ich habe bis jetzt immer nur vom „sogenannten" Wimper- kanal gesprochen und ich will — zur Beschreibung desselben über- sehend — ffleich die näheren Gründe hierfür anführen. Es werden nämlich von den Autoren — so von Harm er für Löxosoma (8), dann von Procho (20) und Seeliger (23) — in gewisser Über- einstimmung mit den Angaben Hatscheks (11) am Oralorgan zwei Teile scharf unterschieden , und zwar erstens die eigentliche, tiefer gelegene Ganglienmasse und zweitens ein an dieselbe sich anlegender, an seinen W^änden mit langen Wimpern besetzter, nach außen sich öffnender Kanal, eben der Wimperkanal Seeligers. Nach des letzteren Angaben soll der Kanal dort, wo die Zellen des Ganglions ihn begrenzen, völlig wimperlos sein. — So sehr mich nun auch eine so große Anzahl übereinstimmender Angaben zur Vorsicht mahnen, muß ich doch gestehen, daß sich mir das Verhalten des Kanals wesentlich anders darstellt. Meine Beobach- tungen am lebenden Objekt sowohl wie an Schnitten zeigen mir nämlich mit aller Deutlichkeit, daß an der Stelle, wo das Organ sich befindet, das ektodermale Hautepithel zur Bildung eines Ganges von etwa ellipsoidem Querschnitt sieh einschlägt (Fig. 8. 9 EK). Dieser Gang, der nur bei retrahiertera Organ in die Er- scheinung tritt, hat ungefähr die Drittel länge der ganzen Zell- masse. Seine Wände dürften überall gleich lang sein, nur erscheint die dem Ösophagus zugewendete Wand infolge der Abdrängung des ganzen Organs gegen die Körperoberfläehe oft stärker gedehnt (Fig. 8. Oe W). Das Epithel hat eine wesentlich andere Beschaffen- heit als das Hautepithel. Nicht nur, daß ihm die kutikulare Be- etes) Die Anatomie di-v Larve von IVdicellina echinata. 13 kleidung vollständig fehlt, es ist auch wesentlich niedriger als das Körperepithel, so daß die Kerne die ganze Höhe der Zellen von der Basis bis zur freien Obertläclie einnehmen. Zellgrenzen sind nicht sichtbar. Zu den Zellen gehörige Wimpern fehlen — wie ich im Gegensatze zu den bestehenden Angaben hervorheben muß — vollständig. Der ^ Wimperkanal" stellt demnach nicht — wie Se ELI GER ausführt — als allein wimpertragender Teil des Oral- organs eine für dieses Sinnesorgan wichtige Bildung vor (genau genommen deutet Seeliger schon den Wimperkanal allein „als ein chemisches Sinnesorgan, als Geruchsgrübchen oder Geschmacks- organ"), sondern er ist nichts anderes als ein zwischen die Ivörperoberfläche und die eigentliche Zellmasse eingeschobenes Zwischenstück, welches nur bei Retraktion des Organs, also im eingestülj)ten Zustande, einen Kanal bildet, der dann als Ek toder m- kanal bezeichnet werden mag, bei Vorstreckung des Organs aber völlig nach außen umgestülpt wird, so daß auch nicht die Spur einer Kanalbildung übrig bleibt (Textfig. 1). (Ich erwähne diese an allen lebenden Tieren gemachte Beobachtung deshalb besonders, weil Seeliger die dasselbe aussagende Mitteilung Hatscheks in Zweifel ziehen zu sollen glaubt.) Das Oralorgan wird mithin fast ausschließlich durch die Zellmasse präsentiert, deren freie, mit der Außenwelt in Verbin- dung stehende Fläche den Abschluß des Ektodermkanals nach innen bzw. seine Grundfläche bildet (Fig. 8, G). Sie allein ist es auch, welche wimpertragende Elemente besitzt, indem die äußerste Zellschicht durchwegs aus Wimperzellen sich aufbaut (Fig. 9, WZ). Die Wimpern liegen der Länge nach im Ektodermkanal, und daß sie nicht Bildungsprodukte der Kanalzellen sind, geht schon daraus hervor, daß sie im Kanalquerschnitt durchwegs als Punkte er- scheinen , im Längsschnitt sich aber gelegentlich ein deutlicher Zwischenraum zwischen ihnen und der Kanalwand zeigt (Fig. 8). Sie gehören eben zu den obersten Zellen des Ganglions, wo jede von ihnen zu zwei, mit Eisenhämatoxylin sich sehr schön färbenden Basalkörpern in Beziehung steht (Fig. 8) (Seeliger gibt im Gegensatze hierzu an, daß gerade die Zellen des Ganglions wimper- los wären). Unter der großen Zahl von Wimpern, die alle von gleicher Länge sind, ragen zwei besonders hervor. Sie sind symme- trisch zar Linken und zur Rechten gelegen, bedeutend größer und stärker als die übrigen, von der verdickten Basis gegen das freie Ende spitz zulaufend (Textfig. 1); ihr lebhaftes Schlagen i^t oft noch lauge, nachdem alle übrigen Wimpern schon abgestorben sind. 14 Richard Czwiklitzer: ZU beobachten. Ob ihnen eine besondere Funktion zukommt oder ob sie die übrigen Wimpern nur unterstützen, ist natürlich nicht zu entscheiden. Unmittelbar an die äußerste Schicht von Wimperzellen, deren Grenzen gelegentlich deutlich hervortreten, schließt sich nun die übrige Masse der das Organ aufbauenden Zellen. Diese sind meist dicht gedrängt und lassen ihre Gestalt dann kaum erkennen (Fig. 8). Manchmal aber erscheint ihr Verband — wie auch Seeliger hervorhebt — auffallend gelockert, wobei man einen oder mehrere Fortsätze von ihnen abgehen sehen kann. Diese Fortsätze sind Nervenfortsätze, die Zellen selbst Ganglienzellen. (Ich verweise hier auf Seeligers schöne Abbildung auf Tafel 11, Fig. 29). Neben den Ganglienzellen findet sich, namentlich in dem gegen Scheitelplatte und Ösophagus gewendeten Teile des Organs, eine reichlich entwickelte Punktsubstanz, Das Verhältnis beider zu- einander will ich nur kurz beschreiben, im übrigen die hierzu gege- benen Abbildungen sprechen lassen (Fig. 9 — 13). Es bilden dem- nach die Ganglienzellen um die Punktsubstanz eine etwa halb- kugelförmige Kuppe, die an ihrem Scheitel von mehreren Zellage.n gebildet wird (Fig. 10). Der dem Ösophagus zugewendete Seitenteil schiebt sich nicht weit vor. Dagegen begleitet der die Punktsub- stanz an ihrer Außenseite bedeckende Teil der Ganglienzellen dieselbe fast in ihrer ganzen Ausdehnung, wobei man an auf- einanderfolgenden Querschnitten sehr schön die Abnahme der Dichte des Belages wahrnehmen kann. Schließlich teilt sich die Punktsubstanz in zwei Zipfel, aus der die zur Scheitelplatte hin- ziehenden Nerven hervorgehen (Fig. 5, 10). Das ganze Organ ist von einer deutlichen Membran umgeben. Was die Funktion des Oralorgans anlangt, so möchte ich der Ansieht derer zustimmen, die ihm eine Bedeutung für die Aufsuchung der zur Festheftung geeigneten Stelle zuschreiben. AVenigstens konnte ich zu wiederholten Malen beobachten, wie Larven, die, im Begrifie sich festzusetzen , mit der Oralseite auf dem Objektträger umher- krochen, das Organ weit herausstreckten, wobei dann namentlich die beiden langen Wimpern den Boden gleichsam tastend berührten. Es erscheint ja aber auch naheliegend, die Ausbildung eines genanntem Zwecke dienenden Sinneorgans anzunehmen, da doch bei der Eigen- art der Metamorphose die günstige Beschaffenheit der zur Fest- heftung au.sgewählten Stelle von Bedeutung ist. Die vom Oialorgan abgehenden Nerven werden im folgenden im Zusammenhang mit den da/Ai gehörigen Organen besprochen. (170) Die Anatomie der liiiive von IVdicellina ediinata. 15 c) Das untere Schlnndgangliou und die Schlund- komraissur. In der Literatur finden sieh zwei Angaben über das Vor- kommen eines unteren Schlundganglions bei Entoproktenlarven. Die eine stammt von Harme u (8) und gilt für Loxosoma. wo die mediale Wand des Epistoms in zwei symmetrisch gelegene, ver- dickte Zipfel ausgezogen sein soll, die in direktem Zusammenbang mit dem Oralorgan stünden. Diese als unteres Sehlundganglinn beschriebene Bildung würde wohl kaum mit den von mir bei Pedicellina beobachteten Verhältnissen übereinstimmen; wohl aber könnte das von den Angaben Lebedinskys (18) gelten, wenn nicht die in seiner Textfig. 1 gegebene, mir ganz unbegreifliche Bezeichnung offenbar des — Wiraperkranzes als unteres Schlund- ganglion mich zur Vorsicht mahnten. Wie schon Hatschek beobachtet hat, zeigt sich die mediale Wand des Epistoms bedeutend verdickt, eine Verdickung, die sieh auch auf den Scheitelteil desselben erstreckt, kurz die ganze, nach innen von der Epistomrinne gelegene Fläche einnimmt. Das Epithel erweist sich hier aus auffallend langen, zylindrischen, durch Inter- zellularlücken getrennten Zellen zusammengesetzt, die in der Tiefe einen großen Kern zeigen (Fig. 14. U G^. An ihrer freien Fläche tragen sie Wimpern, die an den Scheitelzellen des Epistoms besonders lang, hier den sogenannten Wimperschopf bilden (Fig, 3, ir/S), Jede dieser Zellen nun zieht sich — wie schon am lebenden Objekt bei Deckglasdruck deutlich zu beobachten ist • — in einen sich ver- jüngenden Fortsatz aus. Alle diese Fortsätze vereinigen sich zu einem Nervenpaar, das, den Ösophagus zwischen sich schließend, zum Oralorgan hinzieht. An günstigen Schnitten kann man sehr schön den Verlauf dieser Nerven und das Eingehen ihrer Enden in die Punktsubstanz des Oralorgans wahrnehmen (Textfig. 1. Fig. 3, Fig. 11 — 13, ^'C'). Die Deutung der beschriebenen Zellen als unteres Schlund- ganglion ist wohl durch ihre Lage sowie durch die begründete Vermutung, daß aus ihnen durch Einsenkung sich das definitive Ganglion des Tieres, das ja einem Unterschlundganglion homolog ist, entwickelt, gerechtfertigt. Die von ihnen abgehenden Nerven stellen eine richtige Schlundkommissur vor. Daß sie ihre Endigung nicht in der Scheitelplatte, sondern im Oralorgan finden, würde bei der Ableitung dieses Organs von der Scheitelplatte keine Schwierig- keiten bieten. 16 Richard Czwiklitzer: Das von Lebedinsky (18) angegebene Mittel- und Hinter- ganglion beruht wohl auf willkürlicher Deutung. d) Der AVimperkranznerv. Noch eines Nerven will ich kurz erwähnen. Er zieht, offenbar paarig, vom unteren Teil des Oralorgans zum Wimperkranz hin und gibt einige Fasern auch an die nächstliegenden Wimperzellen ab (Fig. 15, WKN). Da er jedenfalls der Innervierung des Wimper- kranzes dient, mag er als Wimperkranznerv bezeichnet werden. Wenn ich schließlich noch an die auf der Körperoberfläche verstreuten Härchen, die von Hatschek als Sinneshärchen in Anspruch genommen werden, erinnere (Textfig. 1, SH), habe ich alles dargelegt, was ich an der Larve an nervösen Bildungen be- obachten konnte. 4. Die Atrialdrüsen. Die in diesem Abschnitte zu beschreibenden Gebilde finden ihre erste unvollständige und mehr beiläufige Erwähnung bei Proüho (20), ihre genauere Darstellung bei Lebedinsky (18) und Seeliger (23). Für Lebedinskys Ausführungen muß ich zwar die Bezeichnung ,.genauere Darstellung" eigentlich zurücknehmen, denn seine Angaben entsprechen so wenig den tatsächlichen Verhält- nissen, daß ich mir kaum eine Vorstellung davon machen kann, wie er zu seinen Anschauungen gelangt ist. Es sollen nämlich zwischen Enddarra und Ösophagus drei Paare von Cölomsäcken mit deut- licher Cölomhöhle und Cölomwand gelegen sein, von denen das vorderste durch zwei kurze Kanal chen mit der Außenwelt kommu- niziere und das Exkretionsorgan des Embryos darstelle. Auch zu den beiden anderen Cölompaaren, die für die Anlage von Ovarium und Hoden erklärt werden, sollen Ektodermeinstülpungen hinzu- treten. Aus dieser gegliederten Anlage des Mesoderms und den an- geblich in Dreizahl vorhandenen Ganglienpaaren wird geschlossen, daß die Entoprokten dreigliedrige Tiere vorstellen. — Es kann ja nun kein Zweifel sein, daß die Grundlage der „Beobachtungen'- Lebedinskys die an gleicher Stelle wie seine Cölomsäcke gele- genen, hier näher zu beschreibenden Drüsenmassen sind. Es sind das kompakte Gebilde, deren freie Oberfläche direkt einen Teil der Atrialfaltenwand bildet und die auch nicht die Spur einer zentralen Höhle oder gar eines besonderen Ausführungsganges auf- weisen. Lebedinskys Angaben über diesen Punkt scheinen eben wie noch manche andere völlig aus der Luft gegriffen zu sein. (WS) Die Anatoiriie der Larve von Pedicellina echinata. 17 Eine relativ größere Übereinstimmung mit meinen Befunden zeigen die Beobachtungen Seeligers, obwohl auch hier in vielen Punkten bedeutende Differenzen herrschen. Der Hauptsache nach unterscheidet Seeliger drei zwischen Ösophagus und Rektum gelegene Organe, die er als ösophageales, basales und rektales Advestibularorgan bezeichnet. Sie sollen alle in der primären Leibeshühle liegen, ohne an irgend einer Stelle — wenigstens nach den im Text gemachten Angaben — mit der Außenwelt in direkte Berührung zu treten. Für das erste und letzte der genannten Organe wird mesodermaler Ursprung angenommen, hinsichtlich des ersteren außerdem auf die Möglichkeit einer Homologie mit dem unteren Schlundganglion hingewiesen. Nach meinen eigenen Beobachtungen stellt sich mir das Verhalten der genannten „Organe" vollständig anders dar, u. zw. sind im ganzen 4 getrennte Komplexe deutlich zu unterscheiden, die zweifellos drüsiger Natur sind, weshalb ich sie als rektale, basale und ösophageale Atrialfaltendrüsen (Atrialdrüsen) bzw. Epistomdrüsen bezeichne (Textfig. 1), und die — was im Hinblick auf Seeligers Angaben über ihre Lage innerhalb der primären Leibeshöhle besonders hervorzuheben ist — mit zum Teile sehr breiten Flächen nach außen münden. Ihre genauere Beschreibung, die abgesehen von den eben erwähnten auch noch andere, minder wichtige Differenzen gegen die SfiELiGERsche Darstellung zeigen wird, auf die aber jedesmal besonders hinzuweisen wohl zu weit führen würde, soll nun folgen. Ich beginne mit dem zwischen rektaler Atrialfaltenwand und Enddarm gelegenen Drüsen komplex. Er besteht aus zwei Lappen, welche vorne in der Medianebene sich unmittelbar berühren, hinten nach links und rechts auseinanderweichen und zugleich gegen die Magenwand sich herabsenkend weit in die Leibeshöhle hinein- ragen (Fig. 16, RD). Ihre freie Fläche nimmt — was an Schnitten die neben der Medianebene geführt sind, mit voller Deutlichkeit zu sehen ist — fast den ganzen unteren Teil der rektalen Atrial- faltenwand ein (Fig. 2, RD). Jeder Lappen setzt sich aus einer größeren Anzahl sehr lang gestreckter Zellen zusammen, deren Grenzen deutlich zu erkennen sind, die alle parallel nebeneinander verlaufen und an ihrer Basis einen großen Kern tragen. Mit Aus- nahme der um den Kern gelegenen Zone ist der ganze Zelleib dicht mit Körnern erfüllt, die sich mit Eisenhämatoxylin intensiv schwärzen, mit Säurefuchsin eine Rotfärbung annehmen und wohl als Sekretkörner aufzufassen sind. Der ganze Habitus der Arbeiten ans den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 2. 13 n7S) 18 Richard Czwiklitzer: Zelle läßt die drüsige Natur derselben erkennen. Als bemerkens- wert darf dann wohl der reiche Wimperbesatz, der an der freien Oberfläche sich findet, hervorgehoben werden, da ja Wimpernng bei Drüsenzellen eine sonst im Tierreich nicht weit verbreitete Erscheinung ist. — "Wenn also auch Seeliger angibt: „es ist mir aber nicht gelungen, den direkten Zusammenhang der Anlage (nämlich des rektalen Advestibularorgans, das ja zweifellos iden- tisch ist mit den hier beschriebenen rektalen Atrialdrüsen, wie ich sie nenne) mit der Vestibularwand zu erweisen, und daher muß ich die Möglichkeit eines mesodermalen Ursprunges zugeben", so ist dem entgegenzuhalten, daß die Drüsen — was eben Seeliger entgangen ist — dauernd einen Teil der Körperober- fläche bilden, mithin wohl sicher durch Differenzierung des Atrial- faltenepithels entstanden sind. Das gleiche gilt wohl auch von dem folgenden Drüsenkom- plex, den basalen Atrialdrüsen, die ebenfalls mit breiter Fläche mit der Außenwelt in Verbindung stehen. Ihr Mündungsgebiet um- faßt den kielförmigen Boden der Atrialfalte und reicht außerdem an ihrer rektalen Wand ein wenig, an der ösophagealen — zumal in der Medianebene — fast bis zur Hälfte hinauf (Fig. 2, BD). Um dieses Grebiet ordnen sich nun die Drüsenmassen in der Weise an, daß unmittelbar unter die Atrialfalte ein von links nach rechts verlaufender, nur wenig ins Innere vorspringender Streif zu liegen kommt, der das Verbindungsstück zwischen den in Kugel- form in die Leibeshöhle vorspringenden Seitenteilen bildet (Fig. 3, 16). Das Ganze hat also im wesentlichen die Form einer gedrungenen Hantel, deren kugelige Endstücke frei und bilateralsymmetrisch angeordnet in der Leibeshöhle liegen, während der sie verbindende Stab, unterstützt durch die an der Vorder- und Hinterwand der Atrialfalte aufsteigenden Lappen, die Berührung mit der Außen- welt vermittelt. Die freie Fläche ist auch hier mit einem dichten Wimperbesatz versehen. — Der innere Bau der basalen Drüsen ist ganz verschieden von dem der rektalen. Während diese letzteren sich deutlich aus wohl gesonderten Zellen zusammensetzen, ist das bei den ersteren nicht der Fall. Sie stellen vielmehr, wie es scheint, ein Syncytium vor. Wenigstens sind Zellgrenzen nicht mit Sicher- heit nachzuweisen, der ganze Komplex ist vielmehr in gleicher Weise von einem Protoplasmanetz durchzogen, zwischen dessen Balken sich eine homogene, kaum färbbare Flüssigkeit ausbreitet (Fig. 16, BD). Die Kerne, die außerordentlich chromophil sind, liegen fast ausschließlich peripher , nur vereinzelt auch mehr im Innern. (174) Die Anatdinie der Larve von Pcdicellina ecliinata. 19 Es folgen nunmehr die ösophagealen Atrialdriisen, die. vollständig paarig, zu beiden Seiten der Medianlinie etwa in halber Höhe der ösophagealen Atrialfaltenwand in eine leichte Vertief ung derselben ausmünden (Textfig. 1, OeD, Fig. 2, Oe D). Auch sie sind an ihrer freien Fläche bewimpert. Jede Hälfte des Drüsen- paares, die im Längsschnitt von außen nach innen zu keulenförmig verdickt erscheint (Fig. 17, OeD), im Querschnitt etwa die Form einer Ellipse bat, ragt zu den Seiten des Ösophagus weit in die Leibeshöhle hinein. Das Innere ist ganz von einer Körnermasse er- füllt, die sich aber, im Gegensatze zu den rektalen Drüsen, in der Regel nur in der äußeren Region mit Eisenhämatoxylin schwärzt, mithin von dem Lihalt der letzteren verschieden sein dürfte. Die Drüsen bestehen aus wenigen Zellen mit meist an der Basis ge- legenen Kernen. — Die Auffassung dieser Grebilde als Drüsen rechtfertigt sich wohl durch ihren Inhalt und ihre Beziehungen zur Außenwelt. Schließlich sind noch die Epistomdrüsen zu erwähnen, die, ganz im Epistom gelegen, am Scheitel desselben an einer durch ihren Mangel an Wimpern inmitten der Wimperzellen des unteren Schlundganglions leicht kennbaren Stelle nach außen mün- den (Textfig. 1, Fig. 17; EpD). Sie sind mithin die einzigen wimper- losen Drüsen. Ebenfalls vollständig paarig und aus wenigen kernhaltigen Zellen bestehend, zeigen sie eine typische Spindel- gestalt (Fig. 18, EpD). Gegen Farbstoffe verhalten sie sich ab- lehnend. Ihr Inneres ist in gleichförmiger Weise von einer fein- körnigen Masse erfüllt, an der weitere Differenzierungen nicht zu unterscheiden sind. Inwieweit die zuletzt genannten Drüsen oder auch nur die erste von ihnen mit Seeligers „ösophagealem Advestibularorgan" identisch sind, vermag ich nicht mit Sicherheit zu entscheiden, da ich Bilder ähnlich denen, die Seeliger bringt, niemals er- halten habe. Es wäre möglich, daß diese nur dem starken Kon- traktionszustande der verwendeten Larven ihre Entstehung ver- danken oder daß, was mir wahrscheinlicher vorkommt, einzelne dicht gedrängte Mesenchymzellen, wie auch ich sie hier beobachten konnte, ein besonderes Gebilde vortäuschten. Was schließlich die Funktion der beschriebenen Drüsen, die vier ihrem inneren Bau nach durchaus verschiedene Drüsenarten repräsentieren, anlangt, so wird es vielleicht nicht allzu schwer sein, sich darüber ein Urteil zu bilden. Ich möchte nämlich am ehesten glauben, daß den Drüsen für die Festsetzung der Larve 20 Richard Czwiklitzer: insoferne eine Bedeutung zukommt, als sie dabei ein Sekret liefern, das die Anheftung an die Unterlage ermöglicht. Ich konnte auch gelegentlich beobachten, daß eine Larve, offenbar im Begriffe sich festzusetzen, längere Zeit an einer Stelle des Objektträgers ver- weilte, und dann, als sie durch den Deckglasruck beunruhigt, wieder fortschwamm, eine klebrige, mit Faeces kaum zu verwech- selnde Masse zurückließ, die wohl den Drüsenmassen ihren Ursprung verdankte. Warum freilich dabei eine ganze Anzahl verschiedener Drüsen in Verwendung kommen, ist nicht leicht einzusehen. 5. Das Mesoderm. Was zunächst das Nephridium anlangt, so ist dieses ja, wie bekannt, zuerst von Hatschek beobachtet und als ein flimmern- des, „jederseits dicht unter dem Ektoderm hin" verlaufendes Kanäl- chen beschrieben worden. Später hat dann Ehlers (7) eine Abbil- dung der Niere gegeben, doch ist nicht zu ersehen, ob sie eigene Beobachtungen zur Grundlage hat, oder nur eine schematisierte und erweiterte Darstellung der HATSCHEKschen Befunde ist. Endlich konnte See l ig er in zwei Fällen an seinen Schnitten das Vorhandensein eines Nierenkanälchens konstatieren, das eine Mal, längsgetroffen als „ein kleines, zart bewimpertes Kanälchen, das dicht hinter dem Ösophagus, noch vor dem Wimperschopf, in das Atrium mündete", und das seines Erachtens ,.dem unpaaren Aus- führungsgang, zu dem sich die beiden seitlichen exkretorischen Abschnitte der voll ausgebildeten Pedicellina vereinigen, entspricht", das andere Mal quergetroffen, als ein äußerst dünnwandiges Kanäl- chen, das er dem eigentlichen exkretorischen Teil der ausgebildeten Niere vergleicht. — Meine eigenen Untersuchungen über diesen Punkt haben mir leider keine vollständig befriedigenden Resultate ergeben. Es ist mir nämlich nur am lebenden Objekt gelungen, das Vorhandensein eines Nephridiums zu erkennen. Ich sah hier zu wiederholten Malen ein flimmerndes Kanälchen, das unterhalb der Magenwand beginnend, im Epistom, der Atrialfaltenwand genähert, nach unten verlief (Textfig. 1, N). An den Schnitt- präparaten konnte ich mit Sicherheit nichts davon nachweisen, höchstens daß ich ein oder das andere Mal ein birnförmiges Ge- bilde von der Form des ausgebildeten Wimperkölbchens nachweisen konnte, dessen Deutung aber immerhin zweifelhaft blieb. Jedenfalls waren Details daran wegen gleichmäßiger Färbung mit Eisen- hämatoxylin nicht zu erkennen. (176) Die Anatomie der Larve von Pedicellina cchinata. 21 Abgesehen von den verschieden gestalteten Mesenchymzellen, welche die primäre Leibeshöhle durchsetzen, ist nun noch das Ver- halten der Muskulatur zu betrai-ht^n. Ich kann mich darüber um so kürzer fassen, als einerseits die hier vorliegenden Verhältnisse ziemlich einfach sind und ich andrerseits den von Seeliger ge- machten Befanden nichts wesentlich Neues hinzuzufügen habe. Ich bestätige seine Angabe von der Endigungsweise der einzelnen Muskelfasern, die an den Insertionsstellen zwischen die betreffen- den Zellen hineintreten, und begnüge mich, im übrigen auf See- liger verweisend, mit einer kurzen Aufzählung der wichtigsten Muskelzüge. Die stärksten unter ihnen sind die sogenannten Re- traktoren, die. paarig angeordnet, von der Leibeswand in der Umgebung der Scheitelplatte zur Atrialwand ziehen, wobei sie der Ventralseite genähert verlaufen. Ferner treten von der unmittelbar über dem Wimperkranz gelegenen Region der Leibeswand Fasern an diesen und an die Atrialfalte heran, welche ebenfalls bei der Re- traktion des Gegenfeldes eine große Rolle spielen. Die Zurück- ziehung von Scheitelplatte und Oralorgan vermittelt offenbar die beide verbindende „Muskelkommissur''. Schließlich sind noch eine Reihe zirkulär verlaufender Muskelfasern zu erwähnen, sowie solche, die zwischen Körperhaut und Darmkanal sich ausspannen. B. Vergleich der Entoprokten- mit der Ektoproktenlarve. Die im vorangehenden Kapitel über die Anatomie der Pedi- eellinalarve gewonnenen Resultate lassen den Versuch, einen Ver- gleich der Entoproktenlarve mit der der Ektoprokten unter Heran- ziehung eines größeren Tatsachenmaterials, als es bis jetzt zu Ge- bote stand, noch einmal durchzuführen, wohl gerechtfertigt er- scheinen, obwohl erst jüngst Seeliger über die hier in Betracht kommenden Homologien sich geäußert hat und auch sonst in der älteren Literatur genauere Angaben über diesen Punkt vorliegen. Hat doch schon • — um nur die wichtigsten Namen zu nennen — Hatschek (11) im Jahre 1877 den Satz ausgesprochen: „Die Cyphonautesform stimmt mit der Pedicellinalarve ganz auffallend überein" und den Darmkanal, die Wimperschnur, die „Knospe" und die ..Kittdrüse" für homolog erklärt. Auch Barroi s (o), Harmer (9), und Prouho (20) haben die einzelnen Teile der beiden Larvenformen in mehr oder minder weitgehender Weise miteinander homologisiert. Bei der Durchführung des Vergleiches gehe ich von der Voraussetzung aus, daß beide Larven modifizierte Trochophoren (177) 22 Richard Czwiklitzer: vorstellen, als die sie sich ja auch durch den Besitz eines präoralen Wimperkranzes, einer Scheitelplatte und anderer typischen Trocho- phoracharaktere erweisen. Untersuchen wir nun zunächst, welche Abänderungen die äußeren Körperformen dieser Larven gegenüber der ursprünglichen Troehophora etwa eines Polygordius mit dem das Scheitelfeld an Größe überragenden Gegenfeld erfahren haben, so ist hier auf die Ausführungen zu verweisen, welche am Ein- gange dieser Arbeit über diesen Punkt gemacht wurden. Danach er- scheinen die Entoproktenlarven abgeleitet von Trochophoren mit redu- ziertem Gegenfelde, bei denen es durch Vor wölbung desselben gegen das Scheitelfeld zur Bildung eines Atriums und Hand in Hand mit diesem Vorgang zu einer bedeutenden Vergrößerung des Seh eitel feldes ge- kommen ist. Die gleichen Verhältnisse finden wir nun auch bei den Ektoproktenlarven, unter denen wir natürlich nicht die abgeleiteten Formen zum Vergleiche heranziehen dürfen, sondern uns an die ursprünglichsten unter ihnen, vor allem den Cyphonautes, halten müssen. Hier sehen wir die Atriumbildung, die bei den Entoprok- ten nur im kontrahierten Zustande auftritt, gewissermaßen stabili- siert, indem das reduzierte Gegenfeld dauernd in das Scheitelfeld eingestülpt bleibt. Auch weist dieses letztere eine bedeutende Aus- dehnung auf. — Die Atrialbildung beim Cyphonautes, die ja auch bei anderen Formen, wie Flustrella, sich findet, ist als ein ur- sprünglicher Znstand aufzufassen, der bei den übrigen Ektoprokten- larven einem sekundären Verhalten weicht. Wir sehen mithin, daß in der charakteristischen Ausbildung der äußeren Körperformen die Larven der Entoprokten und der Ektoprokten eine weitgehende Übereinstimmung zeigen. Unter den Organen der Ektoproktenlarve ist vor allem eines durch seine oft bedeutende Ausdehnung und Funktion bemerkens- wert; ich meine den zwischen Mund und After (wo solche vor- handen sind) gelegenen, drüsigen Saugnapf. Man hat bis jetzt ver- gebens nach einem Homologon dieser Bildung bei den Entoprokten gesucht — allerdings verglich es Barrois mit dem Vestibulum dieser Formen — bis dann See l ig er den von ihm als Atrium angesprochenen Saugnapf von Alcyonidium mit der an gleicher Stelle gelegenen Atrialfalte der Pedicellinalarvehomologisierte. Dieser Vergleich hat ja schon als solcher vieles für sich, erhält aber erst dadurch seine tiefere Begründung und Rechtfertigung, daß, wie ich zeiffcn konnte, die Atrialfalte durch einen außerordentlich großen Drüsenreichtum sich auszeichnet, mithin gerade die charakteristische drüsige Ausbildung des Saugnapfes hier ia gleicher Weise sich wieder- (178) Die Anatuinie der Larve vc)n Pedicelliiia echinata. 2'i findet. Man wird also in dem Vorhandensein einer driisenreichen Atrialfalte einerseits und dem Saugnapte andrerseits eine bedeut- same Übereinstimmung erblicken, die sieh — bei aller Ver- schiedenheit des endlichen Schicksales beider Bildungen — auch in der im Prinzip oft'enbar gleichen Funktion derselben, nämlich die Pestheftung der Larve zu ermöglichen, ausspricht. Was die übrigen Larvenorgane anlangt, so war es stets in erster Linie das Nervensystem, dessen charakteristische Ausbildung — Scheitelplatte durch Nervenkommissuren verbunden mit einem vor dem Ösophagus gelegenen Sinnesorgan — als ein wichtiges Zeugnis für die Verv^^andtschaft beider Larventypen gegolten hat. In der Tat liegt hier ein überaus ähnliches Verhalten vor. das nun im einzelnen besprochen werden soll. Zunächst das Scheitel- organ, das wir als die Scheitelplatte der Entoprokten kennen ge- lernt haben, die ja zweifellos dem sogenannten retraktilen Scheiben- organ der Ektoprokten homolog ist. Wie schon der Name des letzteren sagt, kann es weit in die primäre Leibeshöhle hinein zurück- gezogen werden, eine Eigentümlichkeit, die es mit der Scheitelplatte der Entoproktenlarven teilt. Der die Retraktion vermittelnde Muskel weist nun ein bemerkenswertes Verhalten auf, über das sich Küpe L WIES ER, speziell für Cyphonautes, folgendermaßen äußert: ,.Eine meines Wissens nach bisher nirgends beobachtete Art der Insertion zeigt der Retraktor, insofern er nämlich nicht an der Innenfläche des Organs ansetzt, sondern zwischen die Zellen in das Organ eindringt und an der Crousta inseriert. Dieses Phä- nomen steht aber hier nicht vereinzelt da, sondern findet sich bei- nahe an allen Insertionen, am Wimperkranz, am birnförmigen Organ und am auffallendsten am Saugnapf." Man wird sich dabei an das erinnern, was früher über die Endignngsweise der Muskel- fasern bei der Pedicellinalarve im allgemeinen und über die zur Scheitelplatte führenden im besonderen ausgesagt wurde, Angaben, die eine Bestätigung der schon von See liger gemachten Befunde bildeten, der auch die Muskelfasern im Innern des Organs enden und nicht nur außen sich ansetzen sah. „obwohl ich", wie er sagt, „die befremdliche Erscheinung nicht verkenne, daß Muskelfibrillen das Ganglion durchsetzen". Dieses interessante histologische Ver- halten finden wir also sowohl bei Ektoprokten als bei Entoprokten, was gewiß eine bemerkenswerte Tatsache ist (Fig. 4). Die eben besprochenen Muskelfasern, die von der Scheitel- platte zu dem vor dem Ösophagus gelegenen Sinnesorgan hin- ziehen, werden dabei von einem Nervenstrang begleitet, der bei 24 Richard Gz wiklitzer: der Pedicellinalarve in Form einer Kommissur ausgebildet ist und der, wie aus der Untersuchung einer Anzahl verschiedener Larvenformen hervorgeht, auch bei den Ektoprokten sich findet. Er steht in Beziehung zum Oralorgan der Entoprokten, zum birnförmigen Organ der Ektoproktenlarven. Die Homologie dieser Organe ist letzthin namentlich von Seeliger betont worden und es läßt sich nicht leugnen, daß tatsächlich eine Reihe von Ähnlich- keiten bestehen. Wir haben es in beiden Fällen zweifellos mit Sinnesorganen zu tun, deren gleiche Lage vor dem Ösophagus bei Würdigung des charakteristischen Komplexes, den sie mit der Scheitelplatte und der Nerven-Muskelverbindung darstellen, eine Homologie wahrscheinlich machen würde. Auch darf man wohl annehmen, daß beiden Bildungen die Bedeutung eines der Auf- suchung einer zur Festsetzung geeigneten Stelle dienenden Sinnes- organs zukommt, iftdem ich selbst das für die Pedicellinalarve wahrscheinlich zu machen suchte und Kupelwieser unlängst dasselbe in überzeugender Weise für den Cyphonautes gezeigt hat, wobei er ausführt: „Die ganze Bewegung (des Wimperschopfes) erinnert jetzt frappant an die einer Ameise, die den Kopf hin und her wendet und hierbei ihre Umgebung mit den Antennen ..betastet"' — und als Tastorgan haben wir somit auch das birnförmige Organ hier aufzufassen. Es scheint, daß die Larve nach einer möglichst glatten Unterlage sucht, denn sie setzt sich mit Vorliebe auf bisher von Bryozoen unbenutzte, vor allem junge Posidonienblätter fest und ebenso gern auf Glas und Kollodium." Doch abgesehen von diesen Übereinstimmungen, stellt sich immerhin der Homologisierung beider Organe eine Schwierigkeit entgegen, nämlich ihre verschiedene Lage in bezug auf den Wimper- kranz. Während bekanntlich das Oralorgan oberhalb desselben, also in das Scheitelfeld, zu liegen kommt, hat das birnförmige Organ unterhalb des Wimperkranzes, also im Gegenfelde seinen Platz. Zur Erklärung dieser Verschiedenheit müßte man annehmen, daß das Organ aus seiner ursprünglichen Lage, wie sie die Ento- proktenlarve zeigt, weiter herabgerückt ist, indem bei den Ekto- prokten wegen der Art ihrer Festsetzung mit einer größeren Fläche vielleicht die Auswahl einer geeigneten, glatten Stelle hier- für von viel größerer Bedeutung ist, und das Organ in seiner Lage unterhalb des Wimperkranzes (dessen Nerv — nebenbei be- merkt — in seinem Verlaufe auch eine gewisse Ähnlichkeit bei beiden Larvenformen zeigt) diesem Zwecke besser entsprechen kann. (180) Die Anatomie der Larve von Pcdicellina echinata. 25 Schließlich sei als letzter, aber, wie mir scheint, nicht un- wichtigster Punkt, die ])rinzipielle Übereinstimmung in der Art der Festsetzung erwähnt. Die.se erfolgt in der bekannten, merk- würdigen Weise nicht etwa mit dem Seheitelfelde, sondern mit der Mund-Afterseite, wobei es zu einem völligen Abschluß von Mund und After von der Außenwelt kommt. Die auffallende Ähnlichkeit dieses charakteristischen Vorganges kann, so sehr auch die Weiter- entwicklung bei Ento- und Ektoprokten abweicht, nicht geleugnet werden. Wenn wir uns nun noch einmal zusammenfassend die Punkte vergegenwärtigen, in denen wir weitgehende Übereinstimmung bei Ijeiden Larvenformen gefunden haben, also die gleiche Ausbildung der allgemeinen Körperformen, nämlich Reduktion des Gegenfeldes, Ausbildung eines Atriums und mächtige Entwicklung des Scheitel- feldes, das Vorhandensein von Drüsenmassen zwischen Mund und After (Saugnapf), einer retraktilen Scheitelplatte mit den in sie eindringenden Muskelfasern, einer davon ausgehenden Nerven- kommissur, eines vor dem Ösophagus gelegenen, besonderen Sinnes- organes, endlich die charakteristische Art der Festsetzung (von den allgemeinen Trochophoracharakteren ganz abgesehen), so wird es wohl schwer fallen, alle diese Momente nur als Konvergenz- erscheinungen zu betrachten, wir werden vielmehr annehmen müssen, daß diese Übereinstimmung in wirklicher Verwandtschaft ihre Begründung findet. Einige Betrachtungen, die sich an dieses Ergebnis knüpfen, und die Schwierigkeiten, die sich einer solchen Annahme entgegenstellen, sollen im folgenden, letzten Kapitel kurz auseinandergesetzt werden. C. Schlußbetrachtung. Schon in den einleitenden Worten wurden die Wandlungen angedeutet, welche die Anschauungen über die morphologische Deutung des Entoproktenkörpers sowie seiner verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Ektoprokten im Laufe der Jahrzehnte erfahren haben. Zunächst gingen ja die Meinungen dahin, daß die beiden Grruppen, die überhaupt erst von Nitsche (1870) schärfer unter- schieden wurden, zweifellos miteinander verwandt seien und zu- sammen die Klasse der Bryozoen bilden, wobei man sich auf die Ähnlichkeiten im Bau der erwachsenen Tiere stützte, die man in allen ihren Teilen miteinander verglich, so auch in dem zwischen Mund und After gelegenen Ganglion, das man einem oberen (181) 26 Richard Czwiklitzer: Schlundganglion gleichsetzte und als solches mit dem Gehirn der übrigen „Würmer" homologisierte. Eine wesentlich andere Auf- fassung des Bryozoenkörpers wurde dann von Hatschek begrün- det, der in seiner Pedicellinaarbeit (1877) und namentlich in seinen ,,Studien über Entwicklungsgeschichte der Anneliden" (1878) (12) zum ersten Male die Ansicht aussprach, daß das Ganglion der Bryozoen einem unteren Schlundganglion entspreche. Die in allen wesentlichen Punkten bestehende Übereinstimmung der Bryozoen- larve mit der von Hatschek damals in ihrer großen phylogene- tischen Bedeutung gewürdigten Trochophora gestattete eine Orien- tierung derselben nach Dorsal- und Ventralseite und aus der großen Ähnlichkeit der Larve mit dem erwachsenen Tiere, wie sie von Hatschek namentlich für Pedicellina betont worden war, ergab sich auch die Orientierung des letzteren. Dabei zeigte sich, daß die kurze Mundafterlinie des Tieres auf die Ventrallinie der Larve zu beziehen sei, das dortselbst gelegene Ganglion mithin ein unteres Schlundganglion vorstelle. Dieser Auffassung schlössen sich in der Folgezeit die meisten Bryozoenforscher an, so namentlich Babrois. Harmer, Seeliger, Ehlers und Prouho. Einige Jahre später aber ging von England eine neue Lehre aus, die in ihren Resultaten wieder an die ältere Meinung an- knüpfte. Caldwell (5) nämlich nahm (1883) bei seiner Beur- teilung des Bryozoenkörpers die Verhältnisse von Phoronis zur Grundlage, einer Form, die ja in ihrer Anatomie vielfache Ähn- lichkeit mit den Phylaktolaemen zeigt, worauf auch Caldwell die Annahme verwandtschaftlicher Beziehungen zwischen Phoro- niden und Bryozoen stützte. Die Metamorphose der Phoronislarve zeigt nun aber bekanntlich, daß die kurze Mundafterlinie des er- wachsenen Tieres der Dorsallinie entspricht, daß sein Ganglion mithin ein oberes Schlundganglion ist, demzufolge auch das Ganglion der Bryozoen einem oberen Schlundganglion entsprechen sollte. Dabei ist zu erwähnen, daß sowohl Caldwell als auch Ray-Lankester (1885) (17) und Mc Intosh (1888) (15), die sich ihm anschlössen, zu den Bryozoen auch die Entoprokten rech- neten, obwohl für diese Formen die Richtigkeit der Auffassung ihres Ganglions als Unterschlundganglion nach den Ausführungen Hatscheks und den Befunden Barrois' und Harmers über die Metamorphose der Pedicellina als erwiesen gelten konnte. Erst Hatschek (13) hat dann (1891). ebenfalls auf Phoronis fußend, konsequenterweise die Entoprokten von den Ektoprokten völlig getrennt, und ihm folgten Korschelt und Heider. (182) Die Anatomie der Larve von Pediteliiua echinata. 27 Nach dem Gesagten würde also die Ableitung der Ekto- prokten, besonders der Gyninolaemen, von den Entoprokten wohl kaum auf Widerspruch stoßen, wenn nicht eben unter Heranziehung von Phoronis auch eine andere Auffassung möglich wäre. Die Ent- scheidung der Frage hängt demnach ganz davon ab, ob wir die Be- ziehungen der Ektoprokten zu den Entoprokten für größer und maß- gebender halten als die zu den Phoroniden. Meine Untersuchung der Pedicellinalarve, die mir, in Übereinstimmung mit früheren Forschungen anderer Autoren, eine so weitgehende Ähnlichkeit dieser Larve mit den Ektoproktenlarven ergab, läßt mich zu er- sterer Anschauung hinneigen, wobei ich allerdings vornehmlich an die Gymnolaemen unter den Ektoprokten denke und für die Phjlaktolaemen — einer Anregung folgend, die ich Herrn Prof. Hatschek verdanke ■ — auf die Möglichkeit hinweisen möchte, daß sie vielleicht mit den Gymnolaemen gar nicht so nahe ver- wandt sind, als dies gewöhnlich angenommen wird. Zur Stütze einer solchen Ansicht ließe sich wohl eine ganze Reihe von Tat- sachen anführen. Zunächst die durch die Auffassung von Phoronis als Stammform für die Ektoprokten entstehende Schwierigkeit, die im Süßwasser lebenden, doch zweifellos höher organisierten und in ihrer Entwicklung durchaus abgeleitete Charaktere aufweisen- den Ph3daktolaemen als Ausgangsformen für die marinen, viel weniger hoch organisierten und in ihrer Entwicklung durch die Larve an ursprünglichere Verhältnisse anknüpfenden Gymnolaemen ansehen zu müssen. Ferner finden wir bei den Phylaktolaemen in dem Auftreten einer wohl ausgebildeten, in Rumpf-, Lophophor- und Epistomcoelom gegliederten Leibeshöhle , in dem Vorhan- densein eines hufeisenförmigen Lophophors und eines Epistoms Charaktere, wie sie den Gymnolaemen nicht zukommen. Gerade durch sie aber und wohl auch durch den Besitz eines Metanephri- diums nähern sich die Phylaktolaemen den Phoroniden, mit denen die Gymnolaemen nun erst recht wenig gemeinsam haben. Da ja die oben für die Phylaktolaemen geltend gemachten Unterschiede auch hier gelten , möchte ich nur noch auf die große Verschie- denheit der Gymnolaemen und der Phoronidenlarve hinweisen, welch letztere keine der charakteristischen Eigentümlichkeiten der ersteren aufweist, ja, was das Verhältnis von Scheitelfeld und Gegenfeld anlangt, gerade eine entgegengesetzte Ausbildung zeigt. Es ist demnach wohl möglich, daß zwar die Phylaktolaemen sich von den Phoroniden ableiten, nicht aber die Gymnolaemen. die dann eher an die Entoprokten angeschlossen werden könnten. Bei 28 Richard Czwiklitzer: dieser Angliederung an die niederen Würmer, die Skoleciden, als die wir ja die Entoprokten betrachten, würde allerdings der Mangel von Sackgonaden, wie sie sonst für alle Skoleciden charakteristisch sind, als ein stark abweichendes Verhalten er- scheinen. Immerhin läßt die von allem Anfang an betonte Ähn- lichkeit im Aufbau des Körpers sowie namentlich die große Übereinstimmung der Larven und der Art ihrer Festsetzung die Annahme einer näheren Verwandtschaft zwischen Entoprokten und Gymnolaemen wohl als gerechtfertigt erscheinen, wie sie ja auch von den meisten Bryozoenforschern angenommen wird. Zum Schlüsse sei noch darauf hingewiesen, daß ja zweifellos eine ganze Reihe von Ähnlichkeiten es ist, die die Phoroniden, die Ektoprokten und die Entoprokten miteinander verbindet, und daß bei der Ableitung der gesamten Ektoprokten von der einen oder der anderen Gruppe immer einzelne Charaktere als Konvergenz- erscheinungen aufgefaßt werden müssen. Am wenigsten Schwierig- keiten dürfte eben die oben angedeutete Anschauung bringen, die die Pb3'laktolaenien von den Phoroniden ableitet und ihr Ganglion demzufolge einem oberen Schlundgaiiglion gleichsetzt, die Gym- nolaemen dagegen als Abkömmlinge der Entoprokten betrachtet und ihr Ganglion demnach als Unterschlundganglion auffaßt. Ich möchte diese Arbeit nicht sehließen , ohne meinem ver- ehrten Lehrer, Herrn Prof. Berthold Hatschek, für eine Fülle von Anregungen, morphologische Fragen betreffend, und das große Interesse, das er meinen Untersuchungen entgegenbrachte, meinen wärmsten Dank auszusprechen. Desgleichen den Herren Prof. Dr. K. C. Schneider und Dozenten Dr. Joseph für mancherlei Unter- stützung und Ratschlag. Zu besonderem Danke bin ich auch dem Leiter der zoologischen Station in Triest. Herrn Prof Dr. C. J. Cori, verpflichtet, der mir bei der Beschaffung des üntersuchungsobjektes zur Seite stand und mich in größtem Entgegenkommen, selbst unter den ungünstigsten äußeren Bedingungen mit Material versorgte. (184) Dio Anatomie der Larve von Pedicelline echinat.i. 29 Literaturverzeichnis. 1. Barrois, Recberches sur rembryologie des Bryozoaires. Lille 1877. 2. — Metamorphose de la Pedicelline. Compt. Rend. Acad. Paris. T. 92- 18J~!l. 3. — Memoire sur la Metamorphose de quelques Bryozoaires. Ann. Sc. Nat. 7. Serie, T. I, 1886. 4- Beneden, Histoire naturelle du -. bk Basalkörper, bb = Bürstenbesatz. Fig. 4. Sagittalschnitt durch das Auge von C. mutieum 20 JJ-, Obj. 5, Ok. 3. t-' = Cornea, Z =: Linse , ^A; = Glaskörper , rri = Außenlamelle, «7 = Innenlamelle, rf== Drüse, id = im Inneren gelegene Drüse, am — Akkommodationsmuskulatur, gs = Ganglienschichte, 2^8 = Pigmentschichte, k — kammartige Erhöhung (legt sich über Auge und Sinnesorgan), «n = Augennerv, c = Chorioidea Kischi- nouyes recte Lamina pigmenti, r ^= Retina, t = Tapetum. (219) 34 Franz Leo Weber: Über Sinnesorgane des Genus Cardium. Fig. 5. Eintrittsstelle des Nerven unter diePigmentscbiclite bei C. niutkiim. Imm. Vii-Ok. 4, 4 [jL an = Augennerv, gz — Ganglieözelle, ps = Pigmentscliichte. Fig. 6. Innervation der Retina bei C. muticum, seitliclier Anschnitt der Pigment- kapsel Obj. 7, Ok. 4. gJ^ = Glaskörper, am = Akkommodationsmuskel , rz = Retinazellkerne, «»= Augennervast, t/i = Chorioidea , ^^s = Pigmentscliichte. Fig. 7. Retinaelemente von C. muticum. Imm. V12 ^^- 8, 4 [>-. gs = Ganglienschichte, rz = Retinazelle, rk = Retinazellkern, im = Isoliermantel , zg = Zellgrenze, nf= Nervenfibrille, ch = Chorioidea, li — Limitans, sst = Sehstäbchen. Fig. 8. Retinaelemente (Querschnitt) von C. muficum Imm. V12 8- "./' = Nervenfibrille, im = Isoliermantel, zg = Zellgrenze. Fig. 9. Haarsinnesorgan von C. edule Imm. ',., Ok. 4, 4 H-. f/,*/ = nach Rawitz degenerierte FLEMJuiNGSche ßindegewebszellen. Fig. 10. Sagittalschnitt durch das Haarsinnesorgan von C. iHherculatum. Obj. 7, Ok.4,4(J-. Fig. 11. Sagittalschnitt durch das Haarsinnesorgan von C. oblong am. Imm. Vi2.0k.4, 4 JJ-. Fig. 12. Sagittalschnitt durch das Haarsinnesorgan von C. paHcicostatton. Imm. ^'j„, Ok. 4, 4 [J.. Fig. 13. Sagittalschnitt durch das Haarsinnesorgan von C. aculeatum. Imm. V12' Ok. 4, 4 [J.. Fig. 14. Teil eines Haarsinnesorganes von C. acidcntum. Imm. V12. Ok. 4. Die Sinnes- haare lösen sich innerhalb des Kiitikulatrichters V auf. {'J20.' Eine atlantische Tima im Golfe von Triest. Von Dr. Gustav Stiasny, Triest. (Mit einer Tafel.) Ordo: Leptomedusae. Familie: Eucopidae Subfamilie: Irenidae. Tima flavilabris Eschscholtz. Tima flavilabris Eschscholtz 1829; System der Acal. p. 103, Taf. 8, Fig. 3. Tima flavilabris Blainville 1834; Actinologie, p. 286; PI. 38, Fig. l. Tima flavilabris L. Agassiz 1862; Monogr. Acal. Contrib. IV., p. 362. Irene flavilabris, Haeckel, 1877; Prodrom. Syst. Med. Nr. 217. Tima flavilabris, Haeckel, 1879; Das System der Medusen, p. 204. Spezies-Diagnose: Schirm hochgewölbt, glockenförmig, breiter als hoch, am Rande etwas nach außen, distal, vorragend. Magenstiel kegelförmig, zirka 3 mal so lang als breit, über den Schirmrand hinausragend, zirka so lang als der Schirmdurchmesser, 4 Radiärkanäle in einen kurzen Magen mündend, 4 Mundlappen lanzettlich, zierlich gekräuselt, etwa '/a des Schirraradius. Gonaden krausenförmig , in doppelter Reihe die ganze Länge der Radial- kanäle, vom Schirmrande bis zum Magen einnehmend, 58 kurze Tentakel, die meisten von gleicher Länge, einige davon etwas kürzer. Girren fehlen. Zwischen den längeren Tentakeln zirka 200 rudi- mentäre Tentakel (Randwarzen) in regelmäßigen Abständen zu je 3 bis 7, getrennt durch je eine kleine hügelige Vorwölbung (vielleicht den Girren homolog). Randbläschen 8. (Otolithen darin nicht mit Sicherheit erkennbar, infolge der langen Einwirkung des For- maiins.) Farbe: Farblos, durchsichtig. Gonaden, Magen, Mundlappen, Tentakel milchweiß. Größe: Schirmbreite zirka b^mm, Schirmhöhe zirka "d^mm. Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft '2. Jß (221) 2 Gustav Stiasny: Fundort: Golf von Triest, 14. November 1902.*) Einziges Exemplar, konserviert in Formalin. Auf Grund des Vorhandenseins von 8 Randbläschen müßte diese hier als „Tima flavilabris" bezeichnete Meduse nach dem HAECKELschen System unter die Eutimidae eingereiht werden und eine neue Gattung gegründet werden, da unsere Meduse mit keinem von beiden der allein in Frage kommenden Genera Eutimalphes und Octorchandra übereinstimmt. Legt man jedoch — entgegen dem Vorgange Haeckels — auf die Zahl der Randbläschen geringeres Gewicht, so ergibt sich eine nahe Zugehörigkeit zu dem Genus Tiraa der Irenidae, dem die Meduse durch ihre Gestalt, den weit heraushängenden Magenstiel und durch die die Radialkanäle in ganzer Länge begleitenden Gonaden enge verwandt erscheint. Unter den bekannten 4 Spezies, von denen einige höchst wahrscheinlich identisch sein dürften, wäre unsere Form noch am ehesten mit Tima flavilabris Eschscholtz zu identifizieren, obwohl hier die Zahl der Tentakel auf 80 angegeben wird, doch darf man dieaelbe wohl als variabel annehmen. Über Vorhandensein und Zahl von Randbläschen ist bei der von Eschscholtz aufgestellten Spezies nichts bekannt. Da die Abbildung dieser Spezies bei Eschscholtz ganz schematisch gehalten und ungenau in bezug auf den Schirm- rand ist. die im Atlas zum „Leitfaden für das Aquarium" der Zoologischen Station in Neapel enthaltene zwar von Merculianos Meisterhand herrührt, aber an diesem Orte absichtlich nur den Cha- rakter einer Skizze trägt, schien eine neuerliche Abbildung geboten. Das von Eschscholtz beobachtete Exemplar stammt aus dem Atlantischen Ozean, nordöstlich von den Azoren, Da auch die übrigen Tima-Spezies aus dem Atlantik stammen, so haben wir wohl auch für die besprochene Form atlantische Provenienz anzu- nehmen. Nach einer Mitteilung Dr. Lobiancos ist Tima flavilabris bei Neapel in den letzten Jahren häufig beobachtet worden, im Golfe von Triest nur im vorliegenden einzigen Falle. Herr Professor Dr. E. Vanhöffen, Berlin, besitzt, wie er mir brieflich mitteilte, eine der an den schottischen Küsten ziemlich häufig vorkommen- den Tima Bairdii Forbes nahestehende Form, die aus dem Golfe von Neapel stammt. *) Sieh: Mitteilungen aus der k. k. Zoologischen Station in Triest, Nr. 8. Be- obachtungen über das Plankton des Triester Golfes im Jahre 1902 von Dr. Adolf Steuer. Zoolog. Anz., Bd. 27, Nr. 5 vom 22. Februar 1903. (222) Eine atlantische Tima im Golfe von Triest. 3 Die Randbläschen sind schon beim lebenden Tiere wenig auf- fallend und nur schwer zu sehen, bei konserviertem Material oft aber überhaupt nicht sichtbar. Es scheint daher, daß das Vorhan- densein oder Fehlen, die größere oder geringere Zahl der Rand- bläschen kein sicheres Kriterium für eine Genus -Diagnose, ge- schweige denn hinreichend ist, um Subfamilien, wie z. B. die Euti- midae und Irenidae zu trennen. Auf dieser Basis zahlreiche Spezies im System unterzubringen, wie es Haeckel tat, obwohl die Zahl der Randbläschen gar nicht (bei Tima flavilabris und Bairdii, welche Formen wahrscheinlich identisch sind) oder nicht genau be- kannt ist (bei Tima formosa und Teuscheri), ist keineswegs ein- wandfrei. Es ist nicht ausgeschlossen, daß eine Revision derHAECKEL- schen Ordnung der Leptomedusen, welche sich auch aus anderen Gründen als wünschenswert erweist, die Identität vieler Spezies und Genera ergeben und zur Auflassung mancher Subfamilien führen würde. Meinen Chef, Herrn Professor Dr. C.J.Co ri, danke ich für die Überlassung des interessanten Objektes zur Bearbeitung, Herrn Professor Dr. E. Vanhöffen, Berlin, für einige wertvolle brieflich erteilte Auskünfte. Nachtrag. Am 27. März 1908 wurde im Triester Golf eine Meduse gefangen, die ich gleichfalls als T. flavilabris determiniere. Die Schirmbreite ist 6Snmi, Schirmhöhe 'db nmi , die Meduse ist also breiter und weniger hoch als die abgebildete und entspricht ihrer Form nach etwa der MERCüLiANOschen Skizze. Der Schirm- rand ragt nicht nach außen vor. Gonaden im ganzen Verlaufe viel schwächer entwickelt , 64 Tentakel, viele davon bedeutend länger, oft doppelt so lang als bei der abgebildeten Form, jedoch dünner. Ca. 15 Randbläschen in unregelmäßiger Verteilung längs des Sehirm- randes, mit 5 — 8 Otolithen. 16* (223) Gustav Stiasny: Eine atlantische Tima im Golfe von Triest. Figurenerklärung. Alle Figuren betreffen Tinia flavüahris Eschscholtz , Fig. 1. Die ganze Meduse von der Seite gesehen, zirka lV4nial vergrößert. Der beim Originalexemplar etwas geschrumpfte Magen ist etwa den natürlichen Ver- hältnissen entsprechend gezeichnet. Fig. 2. Schirmrand, zirka 8mal vergrößert (Lupe). Zwischen den 2 langen (nur teilweise gezeichneten) Tentakeln sieht man in der Mitte 2 bedeutend kürzere Tentakel von ungleicher Länge. Zwischen diesen und den 2 langen, äußeren Tenta- keln 3 resp. 4 rudimentäre Tentakel, dazwischen je 1 kleine Vorwölbuug. Fig. 3. Schirmrand mit rudimentären Tentakeln und Vorwölbung dazwischen weiter rückwärts, dem Innern des Schirmrandes resp. dem Velum genähert, ein Rand- bläschen. Reichert, Ok. 2, Obj. 3. Fig. 4. Ein Randbläschen. (Die Otolithen durch Einwirklang des Formalins größtenteils zerstört.) Ok. 3, Obj. 3. Fig. 5. Ein Stück der Gonade. Ok. 2, Obj. 3- 1 Gottlieb Gistel &. Cie., Wien, IH., Münzgosse 6. über das Nervensystem von Hydra. Von Jovan Hadzi (Zagreb). (Mit zwei Tafeln und zwei Figuren im Text.) Einleitung. Unsere Kenntnisse vom Nervensystem der Hydra und der Hydroidpolypen überhaupt haben sieh seit dem Erscheinen der all- gemein bekannten und grandlegenden Arbeit von K. C. Schnei- der (14) über Hydra fitsca{\^^Qi) um nichts Wesentliches erweitert. Das hat Chun(3) im Jahre 1902 konstatiert und das gilt ebenso noch heute. Wenn man bedenkt, daß sich Schneider bei der Unter- suchung des Nervensystems von Hydra der Isolationsmethode be- dient hatte, welche zwar in mancher Hinsicht, wie z. B. zur Unter- suchung der Formelemente des Nervensystems und einigermaßen auch zur Ermittlung der Topographie des Nervensystems als brauch- bar sich erwiesen hat; in anderer Hinsicht aber, z. B. zur Eru- ierung der Zusammenhänge der Nervenzellen untereinander und mit andersartigen Zellen , nicht verläßlich und daher nicht besonders geeignet ist, so ergibt sich von selbst die Notwendigkeit, das Ner- ven System von Hydra nach anderen neueren, womöglich spezifischen Nervenmethoden zu untersuchen. Ein Versuch wurde zwar in dieser Richtung gemacht, aber auf eine wenig glückliche Weise. Ich meine die Arbeit von R. Zoja(23) (1892), in welcher das Nervensystem von Hydra auf Grund von vitaler Methylenblaufärbung beschrieben worden ist. Indessen waren die Gebilde, welche Zoja als Nerven- zellen angesprochen hatte, gar nicht zelliger Natur. Es handelte sich vielmehr um ausgefällte Kristalle der Farbe selbst, die in den mit Flüssigkeit erfüllten Vakuolen der ektodermalen Muskelepithel- zellen lagen, worauf ich später noch zurückkommen werde. Auch WoLrF(20), der ebenfalls an Hydra die vitale Färbung mit Methylenblau vorgenommen hatte, wie es mir scheint, gerade so Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 3. X7 (225) 2 Jovan Hadzi: erfolglos wie Zoja, hat die Angaben von Zoja angezweifelt. Es bliebe noch die Arbeit von Chapeaux(2) zu erwähnen. Chapeaüx, dessen Arbeit ich nirgends erwähnt finde [Chün(3), Wolff(20)], hat das Nervensystem von Hydra an Isolationspräparaten (nach Hertwig) und Schnittserien studiert und ist ungefähr zu denselben Resultaten gekommen wie Schneider, hat aber die an gefärbten Schnitten gewonnenen Bilder, wie aus dem Vergleiche mit meinen Befunden hervorgeht, in einigen Punkten falsch gedeutet. Die übrigen Angaben einiger Autoren, die sich auf das Nervensystem von Hydra beziehen, werde ich bei der Beschreibung eigener Be- funde kritisch erwähnen. Im allgemeinen Teil werde ich auch die vielfach angestellten Reizversuche an Hydra besprechen. Vor K. C. Schneider haben das Nervensystem von Hydra Nüssbaum(12) und Jickeli(8) untersucht; der letztere hat dasselbe zuerst gefunden. Die Ergebnisse der Jickeli sehen Untersuchung sind sehr unvollkommen. Dagegen hat Nussbaüm, dessen Arbeit Schneider unbekannt geblieben ist, viel mehr geleistet; die von ihm gefundenen entodermalen Sinneszellen sind später von Schnei- der wiedergefunden worden. Außerdem hat Nussbaüm auch im Ektoderm Zellen gefunden, die er als Sinneszellen deutete. Einen Zusammenhang der Nervenzellen untereinander, oder der Nerven- zellen mit anderen Zellen, hat Nussbaüm nicht nachweisen können. Die Ergebnisse der Untersuchungen von Schneider sind kurz folgende: Meistens multipolare Nervenzellen befinden sich basi- epithelial im gesamten Ektoderm und Entoderm (außer dem der Tentakel). Häufiger als sonst sind die Nervenzellen am Peristom- felde. In einigen wenigen Fällen gelang es zwischen zwei, höch- stens drei Nervenzellen den Zusammenhang festzustellen. Auf Grund dieses Befundes hat man ganz allgemein auf das Vorhan- densein eines plexusartigen Nervennetzes geschlossen. In einem Falle wurde eine Nesselzelle im Zusammenhange mit einer Nervenzelle gefunden und einige Male kamen Verwachsungen der Nervenzell- fortsätze und Muskelepithelzellen zur Beobachtung. Sinneszellen konnten nur für das Entoderm nachgewiesen werden. Die Angaben über die Entstehung der Nervenzellen sowie der Sinneszellen lasse ich unberücksichtigt, weil die Entstehung der nervösen Elemente nicht Gegenstand dieser Arbeit ist. Sodann kann ich auf die Be- sprechung eigener Untersuchungen übergehen. Vorliegende Untersuchungen wurden im II. zoologischen In- stitute der Universität Wien angestellt. (226) über das Nervensystem von Hydra. 3 Spezieller Teil. Zur Untersuchung habe ich die als zwei Arten unterschiedenen grauen und grünen Hydren {Hydra fusca und Hydra viridis), haupt- sächlich aber die grauen verwendet. Für die Isolationsmethode und Schnittserienanfertigung ist die große Hydra fusca günstiger, für die Färbung intra vitam durch Methylenblaulösung aber haben sich die grünen Hydren als allein brauchbar erwiesen. Während meiner Untersuchungen habe ich folgende drei Methoden mit Er- folg angewendet: 1. Die Isolationsmethode nach Hertwig-Schnei- DER, u. zw. Fixation mit einem Gemisch von Osmium-Essigsäure (0-02<'/o Osmiumsäure, 5% Essigsäure, 1 : 4), Mazeration in P/oigei' Essigsäure (24 Stunden), Färbung in Pikrokarmin, Zerzu})fung in Glyzerin. 2. Schnittserienmethode, u. zw. Fixation mit Sublimateis- essig und Färbung der Schnitte mit Heidenh AiNschem Eisen- hämatoxylin, 3. Vitale Färbung mit Methylenblaulösung. Außer- dem wurden auch mit anderen spezifisch nervenfärbenden Methoden (BiELSCHOwsKY, K,AMÖN Y Cajal etc.) Vcrsuche gemacht, aber stets ohne Erfolg. Die Ergebnisse der drei angewendeten Methoden ergänzen sich gegenseitig. Durch die Isolationsmethode werden ein- zelne Elemente ausgezeichnet isoliert und zur Darstellung gebracht. Eine gelungene Schnittserie mit entsprechender Färbung gibt uns Aufschluß über die Lagebeziehungen der nervösen Elemente und über die Histologie überhaupt. Die dritte Methode, die der vitalen Färbung, dient vorzüglich zur Feststellung der Zusammenhänge der nervösen Elemente. Somit werden wir ein ziemlich vollstän- diges Bild des Nervensystems von Hydra bekommen. Obwohl Hydra ihrer Organisation nach als einfach bezeichnet werden muß, so be- sitzt sie, wie wir weiter unten sehen werden, doch ein ziemlich gut ausgebildetes Nervensystem, was höchstwahrscheinlich mit ihrem Vermögen, sich frei zu bewegen, im Zusammenhang steht. Ich werde die Resultate jeder Methode für sich, der oben erwähn- ten Reihe nach, besprechen und zuletzt einen daraus resultierenden Überblick über das Nervensystem von Hydra geben. 1. Die Resultate der Isolationsmethode. Diese Methode ist hauptsächlich deshalb angewendet worden, weil die meisten der vorliegenden Angaben auf Grund dieser Me- thode gemacht worden sind und einige davon einer Bestätigung harren. Die Isolationsmethode nach Hertwig- Schneider hat manche Vorteile (besonders was die Untersuchung einzelner Zell- 17* (227) 4 Jovan Hadzi: elemente und das quantitative Yorkommen derselben in verschie- denen Körperregionen anbelangt), in anderer Hinsicht (z. B. die Frage nach der Innervation) ist sie nur mit großer Vorsicht zu brauchen. Jedenfalls ist die Isolationsmethode für sich allein nicht geeignet, ein vollständiges Bild des Nervensystems zu geben. Nach der Behandlung mit Osmiumessigsäure und Färbung mit Karmin wurden einzelne Körperteile von Hydra (Tentakel, Mund- kegel, Fuß etc.) der Reihe nach zerzupft. Außerdem ist das En- toderra gesondert vom Ektoderm untersucht worden. Im allgemeinen bin ich zu denselben Resultaten gekommen wie Schneider. Nervenzellen mit verschieden vielen (2 — 5) Fort- sätzen befinden sich im gesamten Ektoderm von Hydra. In größter Anzahl sind sie am Mundkegel und am Fuße vorhanden (Taf. I, Fig. 9, 10, 11). Die Größe und Form der Nervenzellen ist ganz charakteristisch und daher sind sie als solche gleich zu erkennen. Die Größe derselben steht bedeutend hinter derjenigen der Muskel- epithelzellen zurück. Durch die Plasmaarmut sind sie leicht von den basiepithelial gelegenen, sog. indifferenten Zellen zu unter- scheiden. Die Form der Nervenzellen richtet sich nach der Anzahl der Fortsätze. Außer Nervenzellen wurden im Ektoderm auch Zellen beobachtet, welche man wegen ibrer Form wohl als Sinnes- zellen deuten kann. Der Zelleib ist schmal und so lang wie das ektodermale Epithel. Der ellipsoide Kern liegt ungefähr in der Mitte der schmalen Zelle. Basal teilt sich das Plasma gewöhnlich in zwei Fortsätze. Am freien Ende hat die Zelle ein feines Här- chen (Taf. I, Fig. 1, 5). (Bekanntlich haben die ektodermalen Mus- kelepithelzellen an der Oberfläche keine Wimpern.) Nach dem Baue dieser Zellen zu schließen, sind sie euepithelial ; wir wollen sie als Sinneszellen ansprechen. Die Sinneszellen sind in der Mund- gegend gefunden worden. Am Fuß habe ich, den Drüsenzellen anliegend, spindelförmige Zellen, ähnlich den oben beschriebenen, gesehen (Taf. I, Fig. 9, 10). Diese haben zwar keine Härchen am freien Ende, machen aber doch den Eindruck von Sinneszellen. Ähnliche Zellen hat Nüss- baüm(12) beschrieben, ohne anzugeben, in welcher Gegend er sie gefunden hat. Schneider(14) hat Sinneszellen im Ektoderm von Hydra ganz vermißt und daher angenommen, daß die Nesselzellen als Sinneszellen funktionieren. Zusammenhänge der Nervenzellen untereinander habe ich öfters beobachtet. Was den Zusammenhang der Nervenzellfort- sätze mit Muskelepithelzellen und besonders mit Nesselzellen an- (228) über das Nervensystem von Hydra. 5 belangt, so kann ich sagen, daß ein solcher an zerzupften Maze- rationspräparaten kaum mit Sicherheit festzustellen ist. Wohl findet man ab und zu Verklebungen der Nervenzellfortsätze mit dem die Muskelfasern umhüllenden Plasma und viel seltener noch mit Nessel- zellen. In sehr vielen Fällen wird die vermeintliche Verbindung der Nervenzellfortsätze mit anderen Zellen gelöst, sobald man an das Deekgläschen des Präparates klopft. In anderen Fällen aber blieben die Verbindungen trotz allen Klopfens bestehen (Taf. 1, Fig. 2, 3, 4), so daß man es als höchst wahrscheinlich bezeichnen muß, daß es sich hier um eine wirkliche Innervation handelt. In keinem Falle habe ich eine solch innige Verwachsung der Nerven- zellfortsätze mit den Nesselzellen gefunden. Teils nach den Befunden und teils auf Grund der Überlegungen müssen wir das Bestehen einer Innervation der Nesselzellen bei Hydra in Abrede stellen. Darauf werden wir aber noch später zu sprechen kommen. Jetzt verweise ich nur auf den Umstand, daß an den Tentakeln, an welchen es Hunderte von Nesselzellen gibt, die Nervenzellen ziem- lich spärlich vorhanden sind, so daß es ganz unmöglich ist, daß jede Nesselzelle innerviert wird, auch wenn man die Zahl der Nervenzellfortsätze berücksichtigt. Man wird nun doch nicht an- nehmen wollen, daß einige Nesselzellen innerviert werden, andere wieder nicht. Im Entoderm fand ich weitaus weniger Zellen, welche man mit Sicherheit als Nervenzellen determinieren kann. Es ist auch nicht ganz ausgeschlossen, daß einige davon durch Unvollkommen- heit der Trennung des Entoderms vom Ektoderm bei der Präparation als entodermal angesehen wurden, obwohl sie dem Ektoderm ange- hören. Es ist jedoch zweifellos, daß es entodermale Nervenzellen gibt (Taf. 1, Fig. 2, 3, 4). Da die übrigen angewandten Methoden zur Kenntnis der entodermalen Nervenzellen wenig oder gar nichts bei- tragen, so sind wir nur auf die Isolationsmethode angewiesen. Nach dem, was uns diese Methode über das entodermale Nervensystem sagt, dürfen wir nicht annehmen, wie es Wolff(20) getan hat, daß •es im Entoderm einen basiepithelialen Nervenplexus, ähnlich wie im Ektoderm gibt, da die vorgefundene Menge von Nervenzellen im Entoderm viel zu gering dazu erscheint. Auch die Fortsätze der entodermalen Nervenzellen sind nicht etwa länger, als die der ektodermalen, was ja der Fall sein müßte, wenn trotz der geringen Menge der Nervenzellen ein Nervenplexus gebildet werden sollte. Im Entoderm wurden des öfteren Zusammenhänge zwischen Nervenzell- fortsätzen und Nährepithelzellen (zugleich Muskelzellen) beobachtet. (229) 6 Jovan Hadzi: Eine Verbindung der Nervenzellfortsätze mit Drüsenzellen kam nicht zur Beobachtung. Hydra gibt uns ein gewiß sehr seltenes Beispiel vom Vorhanden- sein entodermaler Sinneszellen. Nussbaum (12) hat an Mazerations- präparaten und Schnitten zwischen den Nährzellen des Entoderms schmale, lange, je ein Härchen tragende Zellen gefunden; er ver- mutete in ihnen Sinneszellen. Etwas später hat Schneider (14), ohne von dem Befunde Nussbaüms Kenntnis zu haben, dieselben Zellen gefunden und ebenfalls als Sinneszellen angesprochen. Unter denselben Umständen wie Nussbaum und Schneider habe ich auch solche Sinneszellen aufgefunden. Unter den schmalen laogen Zellen des Entoderms kann man zwei Formen unterscheiden. Die eine ist besonders häufig an den entodermalen Mundwülsten und stellt entweder schon fertige oder werdende , wie es die Übergangsformen zeigen , Schleimzellen (Drüsenzellen) dar. Die Schleimzellen sind an den Isolationspräparaten nicht leicht als solche zu erkennen (wie z. B. die Eiweißdrüsen- zellen), wohl aber, wenn man die Schnittpräparate von mit Sublimat fixierten Tieren zum Vergleiche heranzieht. Die Schleimdrüsenzellen sind basal ganz schmal ausgezogene euepitheliale Zellen und ver- dicken sich allmählich gegen das freie Ende hin. An den Mund- wülsten habe ich andere schmale Zellen außer diesen nicht beob- achtet; sonach gäbe es an den entodermalen Mundwülsten keine Sinneszellen. Im übrigen Entoderm , besonders in der unteren Hälfte des Tieres (fußwärts) kommen zwischen den Nährzellen schmale Zellen vor, welche wegen ihrer Form ganz den Eindruck von Sinneszellen machen. Hier findet man keine Schleimzellen. Außer der Form gibt es aber kein anderes Indizium oder Beweis, daß diese Zellen wirk- lich Sinneszellen sind. Erwähnenswert ist der schon von Schneider angegebene Umstand , daß die schmalen , als Sinneszellen ange- sprochenen Zellen an ihrem etwas verdickten freien Ende ein kürzeres Härchen besitzen, wogegen die Nähr- und Drüsenzellen je zwei lange Wimpern tragen. Der Kern der Sinneszelle ist meistens dem freien Ende genähert (Taf. I, Fig. 6. 7, 8) . diese Stelle ent- spricht gewöhnlich zugleich der Stelle der größten Protoplasma- anhäufung der sonst sehr schmalen Zelle. Basalwärts verdünnt sich die Sinneszelle immer mehr und zieht sich in einen feinen Fortsatz aus, der sich, wie es Schneider ebenfalls beobachtet hatte, verzweigen kann (Taf. I, Fig. 8). Einen Zusammenhang zwischen den entodermalen Sinneszellen und Nervenzellen habe ich (230) über das Nervensystem von Hydra. 7 niemals beobaclitet. Hingegen habe ich öfters an Zupfpräparaten Bilder gesehen, die auf einen Zusammenhang des basalen Fortsatzes der Sinneszelle mit dem basalen, die Muskelfaser enthaltenden Teil der Nährzelle hindeuten (Taf. I, Fig. 6, 7) , vielleicht ist es nur eine Verklebung. Übergänge von den Sinneszellen zu den Nerven- zellen, v^ie sie Schneider beschreibt, habe ich nicht beobachtet. Man muß hier bemerken, daß im Entoderm die Nervenzellen nicht so tief basal wie im Ektoderm liegen, sondern, wie man sich an den Schnitten überzeugen kann, oft bis zur halben Höhe der Nähr- zellen, die eng aneinander schließen, reichen. Diese höher liegenden Nervenzellen könnte man als Übergangsformen von Sinneszellen zu Nervenzellen deuten, aber mit ebensolchem Recht auch umgekehrt als Übergangsformen von Nervenzellen zu Sinneszellen. Weiter gibt es im Entoderm , und zwar besonders in der mittleren Körper- region, tiefer liegende Zellen, welche zu Drüsenzellen werden (Eiweißdrüsenzellen). Jugendzustände solcher Drüsenzellen haben vielleicht durch ihre Form auch dazu beigetragen, daß man an eine Umwandlung von Sinneszellen zu Nervenzellen gedacht hat. Meines Wissens ist nur noch ein Beispiel, und zwar unter den Hydroidpolypen, bekannt, wo im Entoderm echte Sinneszellen vor- kommen. Es sind von v. Lendenfeld (U) in der entodermalen Proboscisauskleidung von Eucopella campanularia Sinneszellen nach- gewiesen worden. Da gibt es aber auch reichlich Nervenzellen, mit welchen die Sinneszellen in Verbindung stehen. Außerdem hat der entodermale Teil der Proboscis von Eucopella eine exponierte Lage , so daß uns das Vorkommen von Sinneszellen nicht wundern kann. Bei Hydra könnte man das Vorhandensein von Sinneszellen im Entoderm am ehesten durch das Vorkommen von Muskelfasern im Entoderm erklären, worauf wir noch später zu sprechen kommen werden. 2. Die Resultate der Schnittmethode. Für die Feststellung der Lagerungsverhältnisse der einzelnen nervösen Zellelemente zu den übrigen Zellen ist die Schnittmethode unerläßlich. Eine selbstverständliche Voraussetzung ist aber, daß die Fixierung und Färbung dabei eine entsprechende ist , weil die nervösen Elemente von Hydra klein und bei nicht gelungener Schnittmethode gar nicht sichtbar sind. Beim Gelingen der Methode aber gewinnt man sehr klare und aufschlußgebende Bilder. Bei Anfertigung der Schnittserien von Hydra bin ich folgender- maßen vorgegangen: Möglichst große Individuen wurden in ein (231) 8 Jovan Hadzi: Uhrscliälchen mit wenig Wasser gesetzt. Die nicht sehr ausgestreckten Tiere werden mit einem Gemenge von konzentrierter Sublimatlösiing und 2Vo Essigsäure (100 : 7) rasch Übergossen. Ausgestreckt dürfen die Tiere deshalb nicht sein , weil sonst die Epithelien zu platt werden und die basal gelegenen Elemente (indifferente Zellen, Nesselbildungszellen, Nervenzellen) aneinander gepreßt werden und schwer voneinander zu unterscheiden sind. Aus der Fixierungs- flüssigkeit, in welcher die Tiere eine Stunde verbleiben können, werden sie wie gewöhnlich durch aufsteigend konzentrierten Alkohol (mit etwas Jod gemischt, zur Entfernung von Sublimat) und Xylol in Paraffin überführt. Die 5 p- dicken Schnitte werden nach der HEiDENHAiNschen Methode ca. 12 Stunden in 3*^/oiger Eisenalaun- lösung zur Beizung gelassen und dann 16 — 20 Stunden in der Hämatoxylinlösung gefärbt. Das obligate Waschen dazwischen muß natürlich vorgenommen werden. Die überschwärzten Schnitte werden in derselben Eisen alaunlösung differenziert. Das ist ein sehr wichtiger Vorgang. Von der Fixierung und Differenzierung hängt die Güte der Schnitte ab. Das Plasma der Epithelzellen bleibt farblos, nur sehr feine Fibrillen sind darin sichtbar, ihre Kerne sind geschwärzt, die Nerven- und Sinneszellen sind ganz geschwärzt. Dadurch gibt sich die besondere Beschaffenheit der nervösen Elemente kund. Deutlich differenzierte Neurofibrillen in den Nervenzellen und ihren Fortsätzen habe ich nicht nachweisen können. Wolff (20) fflaubte die Neurofibrillen mittelst derselben Färberaethode nach- gewiesen zu haben , ohne aber eine nähere x'^uskunft über deren Verlauf zu geben. Ich glaube mit Recht die Gebilde , welche Wolff als Neurofibrillen angesprochen hat, als allgemeine fibrilläre Plasmastruktur deuten zu können, da ja die vermeint- lichen Neurofibrillen auch in anderen als Nervenzellen vorkommen und weil an vital mit^ Methylenblau gefärbten Nervenzellen keine Neurofibrillen nachzuweisen waren, was gewiß der Fall ge- wesen wäre, wenn es Neurofibrillen gäbe. Da man aber am lebenden Plasma von Hydra nichts von der fibrillären Struktur sehea kann, so ist es nicht unmöglich, daß die an den Schnittpräparaten beob- achtete fibrilläre Struktur des Plasmas bloß eine Folge der Fixation und Präparation ist. Ich werde die an Schnittpräparaten geraachten Beobachtungen der Reihe nach, zuerst die im Ektoderm, und zwar eines jeden Körperabschnittes für sich und dann die des Entoderms besprechen. An den Tentakeln findet man tief gelegen (basiepithelial) eine mäßige Anzahl von Nervenzeilen. Ihr länglicher Zelleib liegt (232) über das Nervensystem von Hydra. 9 parallel zur Stützlamelle (Taf. I, Fig. 18). Außer diesen typischen Nervenzellen gibt es solche, die senkrecht zur Stiitzlamelle stehen und bis an die Oberfläche der Epithelzellen reichen, also euepithelial lagern (Taf. I, Fig. 20, 25). Die Kerne liegen in mittlerer Höhe der Zellen. Der Zelleib ist schmal und teilt sich basal. Am freien Ende habe ich an Schnitten kein Härchen beobachtet, es ist aber durch- aus möglich, daß ein solches vorhanden war, aber bei der Präparation verloren gegangen ist. An Isolationspräparaten habe ich solche Fig. 1. Körperlich gedachter Ausschnitt der Leibeswand von Hj'dra, um die Lagebeziehungen der einzelnen Zellarten zu zeigen (Bnchstabenerklärung vide Tafolerklärung). Zellen mit einem Härchen am Ende gefunden. Ich glaube, daß man diese Zellen mit Recht für Sinneszellen halten kann. Die Epithel- muskelzellen schließen ganz eng aneinander, die Grenzen sind am Längsschnitt durch Einkerbungen der Oberfläche kenntlich. Die Sinneszellen liegen aber nicht an diesen Grenzen, sondern in den Arealen der Epithelmuskelzellen selbst, wie bekanntlich auch die Nesselzellen. Diese letzteren bilden in je einer Epithelmuskelzelle eine regelmäßige Rosette, in deren Mitte eine große Nesselzelle liegt und um sie herum eine größere Anzahl kleiner, „birnförmiger". Man kann auch sagen , daß die Nessel- und Sinneszellen in den (233) 10 Jovan Hadzi: Höhlungen der Epitbelmuskelzellen liegen. Es ist dies jedenfalls eine sehr eigentümliche Lage (vgl. hierzu Textabbildung 1). Bei Isolation (Zupfen) nach der Mazeration lassen sich die Nessel- und Sinneszellen aus der Epithelmuskelzelle ganz unversehrt her- ausnehmen. Das zeigt uns, daß sie in keiner näheren Beziehung zu derselben stehen. Die Nesselzellen (besonders die birnförmigen) haben einen basalen Stiel, der sich mit Eisenhämatoxylin schwärzt und an der Stützlamelle angevi^achsen ist. Ein Zusammenhang des Stieles der Nesselzelle mit einem Nervenzellfortsatz ist nicht beob- achtet worden. An den basalen Teilen der Tentakel sind die Sinneszellen viel häufiger und weiter differenziert als jene am distalen Ende (gegen die Spitze des Tentakels zu). Das Plasma schwärzt sich, bei den an dem basalen Teil des Tentakels liegenden Sinneszellen^ tiefer, der Zelleib ist basal stielförmig. Au der freien Oberfläche ragt ein kegelförmiges, ganz ungefärbtes Endstück, welches das Dach der Epithelmuskelzelle durchbohrt, ebenso wie die Knidocile der Nesselzellen (Taf. I, Fig. 20) vor. Auch an den Tentakeln von Tubu- laria habe ich Sinneszellen nachweisen können. An den Tentakeln von Hydra selbst war ein Zusammenhang der Nervenzellen mit den Sinneszellen nicht zu konstatieren , wohl aber an der Mund- scheibe. Die Tentakel sind sehr ungeeignet zum Aufsuchen solcher Zusammenhänge. Es ist aber zweifellos, daß sie auch hier bestehen. Bis jetzt waren die Sinneszellen an den Tentakeln von Hydra unbekannt. Um die Reizbarkeit der Tentakel zu erklären, hat man, nachdem die IvLEiNENBERGsche Neuromuskeltheorie durch Auf- findung von Nervenzellen zu Falle gebracht worden war, allgemein [Schneider (24), Chapeaux (2) etc.] angenommen, daß hier die Nesselzellen mit ihren Knidocils die Sinnesfunktion bestreiten. Natürlich ist jetzt diese ohnehin nicht bewiesene Annahme überflüssig. Auch die Funktion der Nesselzellen stellen wir uns jetzt ganz anders vor als früher (Schneider, Iwanzoff, Wagner). Die Nesselzelle (wenigstens bei Hydroiden) funktioniert ganz selbständig auf chemische Reize hin und bedarf hierzu keiner von innen kommen- den nervösen Reize. Es ist klar, daß die Nerven- und Sinneszellen wegen der Muskelfasern da sind und mit den Nesselzellen in keiner Beziehung stehen. Im Entoderm der Tentakel gibt es bloß Nährzellen , welche nicht einmal Muskelfasern gebildet haben. Es sind hier weder indifierente, noch Nervenzellen vorhanden. Das Fehlen der Nerven- zellen erscheint uns hier ganz verständlich. (234) über das Nervensystem von Hydra. 11 Die höchste Differenzierung hat das Nervensystem von Hydra im Gebiete der inneren Tentakel basen bis zur Mundöffnung erreicht. Auch der Quantität nach ist dieses Gebiet am besten versorgt. Der Mundkegel (das Peristomfeld) ist wegen seines histologischen Ver- haltens für die Untersuchung sehr geeignet. Es fehlen nämlich hier die indifferenten Zellen, die Nesselbildungszellen und die Nessel- zellen selbst beinahe vollständig, so daß von den basiepithelial vor- kommenden Zellen nur die Nervenzellen vorhanden sind. Das Plasma der Epithelmuskelzellen ist sehr vakuolig und ungefärbt, basal sind sehr starke Muskelfasern ausgebildet. Die nervösen Elemente sind dagegen geschvpärzt und daher leicht kenntlich. Am Mundfelde kann man sofort zwei Arten von nervösen Ele- menten unterscheiden : Nervenzellen und Sinneszellen von typischem Bau. Die Nervenzellen sind in großer Anzahl über die gesamte Mundtiäche verbreitet, liegen der Stütziaraelle genähert und parallel zu derselben (Taf. I, Fig. 16,17,23,24). Über die Verlaufsrichtung der Nervenzellfortsätze kann uns die Schnittmethode keine voll- kommenen Aufschlüsse geben. Der Stützlamelle liegen unmittelbar die starken, dicht nebeneinander gelagerten Muskelfasern an. Längs und quer über diese sind die Nervenfasern gelagert, berühren aber (wenigstens am Schnitte) nicht in ihrem ganzen Verlaufe die Mus- kelfasern. Die Lagerung der Nervenzellen in bezug auf die Epithel- muskelzellen ist die gleiche wie an den Tentakeln: oben (an der freien Oberfläche) und unten (an der Stützlamelle) und nur strecken- weise auch dazwischen schließen die Epithelmuskelzellen dicht aneinander. Zwischen dem Dache der Epithelmuskelzellen, das aus der kutikularen Schichte und einem dünnen Wandbelag von Plasma besteht, und dem basalen, die Muskelfasern enthaltenden Teil ziehen schmale, fadenförmige Plasmastränge und lassen breite Hohlräume zwischen sich frei. Diese vakuolenähnlichen, mit einer Flüssigkeit erfüllten Hohlräume der Epitlielmuskelzellen kommunizieren unter- einander. Der Kern der Epithelmuskelzellen befindet sich in einem solchen, vom Dache zum Boden ziehenden Plasmastrang. In den Hohlräumen befinden sich die basiepithelial liegenden Zellen. Da- durch, daß die Hohlräume untereinander kommunizieren, ist es den Nervenzellfortsätzen ermöglicht, sich untereinander zu verbinden und einen Plexus zu bilden. Sehr oft liegen im Areale einer Epithelmuskelzelle eine ganze Menge indifferenter Zellen, so daß man von der ersteren nur das Dach und den Boden sieht. Die Sinnes- und Nesselzellen (besonders die letzteren) gelangen durch (235) 12 Jovan Hadzi: Wachstum vom Boden, mit welchem die Nesselzellen in Verbindung bleiben, bis zum Dache und durchbohren zuletzt dasselbe. Wir können diese Lagerung auch so auffassen: die Epithelmuskelzellen haben sehr komplizierte, vielfach gewundene Grenzlinien ihrer Oberfläche (wie sie etwa die Lebeizellen haben) und zwischen ihnen, wenn auch scheinbar in ihnen, liegen andere Zellen, welche auf die Formation der Oberfläche (seitliche) der Epithelmuskelzellen von Einfluß sind (vgl. Textabbildung 1). Für den Mundkegel sind überaus charakteristisch die Sinnes- zellen. Sie kommen in solch typischer Ausbildung nur hier vor und sind in der Nähe der Mundöifnung am häufigsten vorhanden (Taf. I, Fig. 16, 17, 21, 22, 23, 24). Die Form der Sinneszellen ist so charakteristisch, daß man sie auf den ersten Blick als solche er- kennen kann und doch sind sie bis jetzt unbekannt geblieben. Die Sinneszellen sind schmal und spindelförmig, ungefähr gleich hoch wie die Epithelmuskelzellen. Der ovoide Kern kann in verschiede- ner Höhe liegen, doch ist er meistens in mittlerer Höbe gelagert. An der Stelle, an welcher der Kern liegt, ist die Sinneszelle etwas verdickt, und verschmälert sich gegen das freie und basale Ende, Der Kern ist sehr chroraatinreich und schwärzt sich so intensiv, daß man ein Kernkörperchen gar nicht erkennen kann. Auch das dürf- tige Zellplasma schwärzt sich, besonders an seinem distalen Teil, wo man keine Struktur erkennen kann. Am proximalen Teil zeigt das Plasma je nach der Behandlung verschiedene Struktur. Einmal erscheint es fein körnelig, ein anderesmal mehr faserig. Das freie Ende der Sinneszelle zeigt eine eigenartige Differen- zierung (Taf. I, Fig. 19, 21). Der distale Teil der Sinneszelle, der bis zur Oberfläche der' Epithelmuskelzelle reicht und diese oft selbst hervorwölbt, ist gewöhnlich am Ende etwas verbreitet (sockelartig). Mit dieser Verbreiterung hält sich die Sinneszelle an der Kutikularschichte der Epithelmuskelzelle fest. Die Verbin- dung muß ziemlich innig sein, da man bei der Isolation so selten eine Sinneszelle freipräparieren kann. Je nach dem Kontraktions- zustande des Tieres wechselt auch die Höhe des Epithels, und da die Sinneszellen an die Oberfläche der Epithelmuskelzellen gebunden sind, so müssen sie diese Schwankungen der Epithelhöhe immer mitmachen. Daher kommt es, daß die Sinneszelle einmal die Ober- fläche der Epithelmuskelzelle, in deien Areale sie liegt, hervor- wölbt, ein anderesmal ihr freies Ende in einer Einsenkung der Kutikularschichte liegt. Wenn das Tier sehr ausgestreckt ist und die Epithelmuskeln viel niedriger werden , als die Sinneszellen (236) über das Nervensystem von Hydra. 13 sind, so müssen sich die Sinneszellen krümmen, damit die Höhen- differenzen ausgeglichen werden. Ähnlich verhalten sich auch die Nesselzellen. An der sockeiförmigen Verbreiterung der Sinneszelle liegt, über die OberHäehe der Epithelmuskelzelle ragend, ein kleines, kegelförmiges Gebilde, u. zw. sitzt es mit der breiteren Basis der sockelartigen Verbreiterung an und endigt spitz. Dieser kegel- förmige Aufsatz, der offenbar einem Sinnesfortsatz gleichzustellen ist, färbt sich matt oder gar nicht, und ist mattglänzend. Manch- mal habe ich zwei solche Sinnesfortsätze an einer Sinneszelle beob- achtet (Taf. I, Fig. 21). Basal verläuft die Sinneszelle gewöhnlich in zwei Fortsätze, die der Stützlamelle parallel liegen. Es ist mir gelungen nachzuweisen, daß diese Fortsätze der Sinneszellen mit den Nervenzeil Fortsätzen in Verbindung stehen, wodurch der Cha- rakter der Sinneszellen als solcher und ihrer basalen Fortsätze als nervöser Fortsätze bestimmt wird (Taf. I, Fig. 17, 24). Über die Lagerungsweise der Sinneszellen ist schon früher gesprochen worden. Es sei hier nur bemerkt, daß gerade aus der Lagerungsart der Sinneszellen hervorgeht, daß sie aus basiepithelial gelegenen Ele- menten hervorgegangen sind und erst sekundär euepithelial gewor- den sind, wie wir das für die Nesselzellen auch am ausgewachsenen Tier sehen können. Ontogenetisch (vielleicht auch phylogenetisch) sind die basiepithelialen Zellen aus euepithelialen entstanden. Die Frage, ob die Verbindungen der Sinneszellen mit den Nervenzellen primärer oder sekundärer Natur sind^ wollen wir hier nicht berück- sichtigen, weil sie nur auf Grund des Studiums der Ontogenie mit Sicherheit zu beantworten ist. Was die spezielle Funktion der Sinneszellen anbelangt, so ist es am wahrscheinlichsten, daß sie in der Perzeption der Wasserbe- wegung besteht. Es ist leicht zu beobachten, daß sich das Tier beim Vorbeischwimmen von kleineren Tieren (z. B. Crustaceen) un- ruhig verhält, wenn auch eine chemische Einwirkung seitens der Tiere ausgeschlossen ist (z. B. Cyclops), gegen den die Nesselkap- seln nicht losgehen, weil sie eben chemisch nicht gereizt werden, da Cyclops gut gepanzert ist [W agner(18)]. Von einem Sehen kann kaum die Rede sein. Nach der Anzahl der Nerven- und Sinneszellen zu schließen, können wir sagen, daß der Mundkegel die empfindlichste Stelle der Hydra ist, was auch die physiologischen Versuche beweisen. Die Tentakel, die man wegen ihrer Form und Beweglichkeit für sehr empfindlich halten könnte, sind es, wie die Histologie und die (237) 14 Jovan Hadzi: Reizversuche zeigen, nicht; im gleichem Maße dienen sie vielmehr als Sitz der Nesselbatterien zum Angriff und Schutz. Für die Tast- empfindungen sind sie wegen der Länge zahlreicher, steifer Knido- cile gar nicht empfänglich. Am Mundkegel fehlen die Nesselzellen beinahe vollständig (besonders die birnförmigen, die die längsten Knidocile besitzen). An der Basis der Tentakel (besonders dem in- neren Teil der Basis) gibt es noch Sinneszellen, gegen die Spitze des Tentakels werden sie immer seltener; mit den Nesselzellen ist es gerade umgekehrt. Im Gegensatze zum Reichtum an nervösen Zellelementen dieser Region im Ektoderm finden wir im Entoderm (an den Schnitten) gar nichts davon. Das Entoderm bildet in der Mund- region mächtige Wülste, die aus Nährmuskelzellen und Schleim- drüsenzellen bestehen. Beide Zellarten sind lauggestreckt und rei- chen bis an die Stützlamelle, u. zw. die Nährzellen mit mächtigen Muskelfasern (basal), die ungefähr zirkulär verlaufen. Zwischen den Nährmuskelzellen liegen in sehr großer x\nzahl die nur am freien Ende keilförmig verdickten, basal wärts in einen dünnen Faden ausgezogenen Schleimdrüsenzellen. Nur an jungen Individuen findet man basiepithelial mehr indifferente Zellen, die aber sichtlich zu Schleimdrüsenzellen werden, welche allmählich verbraucht werden. Bei älteren Individuen sind überhaupt kaum basiepitheliale kleinere Zellen vorhanden. Zellen, die man als Sinneszellen deuten könnte, gibt es auch nicht. Ein Übersehen ist nicht leicht möglich, weil auch die kleinsten Exkretkörner wohl sichtbar sind. Wenn irgend- wo im Entoderm, so wären in erster Reihe in der Mundregion die Nerven- und Sinneszellen zu postulieren, weil hier die Muskulatur am mächtigsten entwickelt ist und weil die Mundwülste am ehesten mit der Außenwelt (beim Verschlingen der Beute) in Berührung kommen. Um uns die reaktionsmäßige Tätigkeit der entodermalen Muskulatur dieser Region erklären zu können, müssen wir uns eine andere, als direkt von Sinneszellen vermittelte Reizmitteilung als wenigstens mögliche ausfindig machen ; doch darüber im allge- meinen Teil. Das Ektoderm des nächsten Körperabschnittes, von der unteren Tentakelbasis bis zum Fuß, also der eigentliche Leib, zeigt hin- sichtlich des Nervensystems einfache Verhältnisse. Der obere Teil dieses Abschnittes ist wegen seines Reichtums an indifferenten Zellen und Nesselbildungszellen nicht besonders zur Untersuchung geeignet, wohl aber der untere Teil, der auch reichlicher mit ner- vösen Elementen versehen ist. Über diesen ganzen Körperabschnitt (238) über das Nervensystem von Hydra. 15 sind Nervenzellen ziemlich regelmäßig verteilt. Gegen den Fuß hin werden sie reichlicher angetroffen. Die Lage derselben ist die gleiche wie am Mnndkegel. ebenso die der Nervenfortsätze. Außer typischen Nervenzellen, welche ihre Fortsätze nur der Stützlamelle parallel entsenden, gibt es in diesem Körperabschnitt ganz allgemein auch solche, die je einen Fortsatz zur Oberfläche des Körpers abgeben (Taf. 1, Fig. 26, 27 etc.). Die Form dieser atypischen, offenbar sensitiven Nervenzellen, die ich deshalb Sinnes- nervenzellen nennen will, ist wenig verschieden von jener der typischeil Nervenzellen. Der Hauptunterschied besteht außer in der Lage, eben darin, daß es einen rein sensitiven Fortsatz gibt. Die typischen Nervenzellen legen sich mit ihrem zumeist länglichen Zelleib ganz nahe an die Muskelfaserschichte, parallel der Stütz- lamelle, ebenso ihre meistens ellipsoiden Kerne. Die Sinnesnerven- zellen liegen gewöhnlich etwas höher als die Muskelfasern, der Zell- leib und der Kern stellen sich mehr weniger senkrecht zur Stütz- lamelle (Taf. I, Fig. 26, 27). Die Sinnesnervenzellen sind mehr tektiepi- thelial, die Nervenzellen mehr basiepithelial. Der zur Oberfläche zie- hende Fortsatz wird in seinem distalen Abschnitt immer dünner. In den meisten Fällen sieht man (an Schnitten) am Ende des Sinnesfortsatzes keine besondere Differenzierung, nur manchmal ist dieses Ende blasig aufgetrieben (Endbläschen?). Da der Schnitt nur äußerst selten vollkommen parallel einem solchen Sinnesfortsatze geführt ist, der meistens etwas gebogen verläuft, so fällt es schwer, etwas allge- mein gültiges betreffs dieser Enddifferenzierungen der Sinnesfortsätze auf Grund der Schnitte zu sagen; da wird uns die Methylenblau- methode mehr nützen. Die Lagerung der Sinnesnervenzellen ist dieselbe wie jene der Sinneszellen; darausfolgt, daß der Sinnesfortsatz auch in diesem Falle (ontogenetisch) erst sekundär die Oberfläche erreicht. Die Feinheit des Sinnesfortsatzes und seine Lagerung ist gewiß die Ursache davon, daß man die Sinnesnervenzellen an Isolationspräpa- raten nicht gefunden hat. Die Verteilung der Sinnesnervenzellen ist eine fast gleichmäßige über den ganzen Körper der Hydra; nahe an der Fußregion sind sie etwas häufiger. Die Sinnesnervenzellen vertreten hier offenbar die Sinneszellen, die hier gänzlich fehlen, und ihr Vorhandensein erklärt uns die Reizbarkeit des Leibes. Basal laufen die Sinnes- nervenzellen in zwei bis drei Fortsätze aus, welche, wie ich kon- statieren konnte, mit Nervenzellfortsätzen im Zusammenhang stehen. Ob es rein motorische Fortsätze gibt, läßt sich nicht mit Sicherheit nachweisen. Oft kann man im Areale einer und derselben Epithel- (239) 16 Jovan Hadzi: muskelzelle die Nervenzelle neben der Sinnesnervenzelle beobachten, wobei der Unterschied zwischen den beiden Zellformen klar hervor- tritt (Taf. I, Fig. 34). Die Sinnesnervenzellen von Hydra sind bis jetzt unbekannt gewesen, Jickeli hat für einige marine Hydroidpolypen (besonders Eudendriunx) ähnliche Zellen beschrieben. Das Entoderm dieses Abschnittes besteht fast ausschließlich aus eu- und tektiepithelialen Elementen (bei ausgewachsenen Individuen). Die Hauptmasse biklen die fester als die ektodermalen Epithel- muskelzellen aneinander schließenden Nährmuskelzellen. Zwischen diesen liegen tektiepithelial die Eiweißdrüsenzellen, welche manchmal basale Fortsätze haben , die bis zur Stützlamelle reichen können. Außerdem kommen die schon vorher beschriebenen Sinneszellen hinzu. Die Sinneszelle ist auch epithelial, reicht aber nicht immer bis an die freie Oberfläche und liegt stets zwischen den Nährmuskel- zellen. Basal reichen die Sinneszellen bis zur Stützlamelle (Taf. 1, Fig. 29). Von den basiepithelialen Zellen findet man hier sehr wenige. Ein Teil davon entfällt auf die indifferenten Zellen, die zu Eiweiß- drüsenzellen werden , welche verbraucht und ausgestoßen werden. Sehr wenige gibt es von in verschiedener Höhe liegenden Nerven- zellen, die sich durch Form und Größe von den indifferenten leicht unterscheiden lassen. Am Fuß, dem letzten Körperabschnitt, liegen die Verhältnisse sehr klar zutage. Die ektodermalen Epithelmuskelzellen sind hier zu Drüsenzellen geworden ; sie sind solide und scheiden besonders an der gesamten Überfläche stark schwärzbare Fasern, höchstwahrscheinlich Stützfibrillen, aus. An der Grenzzone zwischen Leib und Fuß sind alle Übergänge vom gewöhnlichen zum drüsigen Epithel vorhanden. Hier ist die Lagerungsart der basiepithelialen Zellen sehr klar, weil sie nur zwischen den Drüsenzellen liegen können. Auch sonst ist der Fuß zur Untersuchung der Nervenelemente sehr günstig, weil andere subepitheliale Zellen beinahe vollständig fehlen. Der Fuß zeichnet sich durch Reichtum an nervösen Elementen aus. Es kommen auch hier zwei Nervenzellarten vor: typische Nerven- zellen und Sinnesnervenzellen. Die ersteren sind gleich jenen an den übrigen Körperteilen und liegen tief basiepithelial. Die hier vor- kommenden Sinnesnervenzellen unterscheiden sich von den früher beschriebenen. Sie nähern sich in ihrer Form mehr den Sinneszellen des Mundfeldes (Taf. I, Fig. 28, o2). Die Sinnesnervenzellen des Fußes sind schmal, spindelförmig; der Kern liegt ungefähr in der (240) IHier das Nfervensystem von Hydra. 17 Mitte des Zelleibes. Distal . wo sie die freie Oberfläche erreichen, lassen sie keine Differenzierung erkennen. Daß wir am Fuße von Hydra Sinneszellen finden, wird uns nicht wundern, wenn wir daran denken , daß sich Hydra mit demselben , auf der Unterlage kriechend, fortbewegt. Interessant ist der Umstand, daß man im Ektoderra von Hydra sozusagen alle Übergänge von typischen Nervenzellen bis zu den Sinneszellen auf einmal sehen kann. i\m weitesten ist die Differenzierung am Mundkegel gegangen, der Fuß hält die Mitte und der Leib zeigt die einfachsten Verhältnisse. An den Tentakeln ist nur insofern das Nervensystem ausgebildet, als es für die dortselbst befindliche Muskulatur notwendig ist. Von einer Umwandlung der Epithelmuskel zellen zu Sinneszellen ist keine Andeutung vorhanden. Vielmehr sprechen die Befunde dafür , daß sich die Sinneszellen in der Ontogenie aus den Nervenzellen durch Vermittlung eines Sinnesnervenzellstadiums entwickelt haben und entwickeln. Auch im Entoderm sind keine Stützen dafür gefunden worden, daß die Sinneszellen die primären nervösen Elemente wären, aus welchen sich erst sekundär die Nervenzellen herangebildet hätten, durch Versenkung der ersteren in die Tiefe. In der phylo- genetischen Entwicklung mag es so gewesen sein, aber am ausge- wachsenen Tier ist davon nichts zu sehen. Was das Entoderm der Fußregion anbelangt, so ist dem früher Gesagten nichts neues hinzuzufügen. Ehe ich die Beschreibung der an den Schnittpräparaten ge- sehenen Gebilde, inwieweit sie sich auf das Nervensystem von Hydra beziehen, abschließe, will ich eine bemerkenswerte Tatsache er- wähnen. Zwischen Ekto- und Entoderm befindet sich bekanntlich eine verschieden dicke, scheinbar vollkommen homogene Zwischen- schichte, die Stützlamelle. Schneider (14) hat an den basalen Abschnitten der Epithelmuskelzellen, und zwar von dem die Muskel- faser umhüllenden Plasma ausgehende Plasmafortsätze beschrieben, welche sich in die Stützlamelle einsenken, ohne an den Isolations- präparaten konstatieren zu können . ob die Plasmafortsätze durch die Stützlamelle hindurch, z. ß. vom Ektoderm zum Entoderm, gelangen. An dazu geeigneten Präparaten (an welchen die Stütz- lamelle dick gequollen und gänzlich ungefärbt geblieben ist, das Plasma hingegen gut gefärbt ist) habe ich in der Stützlamelle feine protoplasmatische Fasern nachweisen können. Diese Fasern ver- laufen quer durch die Stützlamelle. Es ist aber schwer zu ent- scheiden, ob die Fasern sämtlich von den ektodermalen Epithel- muskelzellen zu den entodermalen Nährmuskelzellen ziehen , um 18 Arbeiten ans den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 3. (241) 18 Jovan Hadzi: etwa der Überleitung von Nahrung zu dienen, oder ob es darunter auch Nervenzellfortsätze, die ja auch so fein sein können, gibt, und zwar zum Zwecke einer Reizübertragung vom Ektoderm an das Entoderm , weil es auch im Entoderm eine gut ausgebildete Muskulatur gibt. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß die entodermalen Nervenzellen, deren es sicher gibt, ganz ohne Zusammenhang mit den ektodermalen wären, da es ja doch Bewegungen gibt, bei welchen die ektodermalen Längsmuskeln und die entodermalen Qner- muskeln zusammen arbeiten müssen. — Außer Verbindungsfasern kann man in der Stützlamelle noch andere feine Fibrillen beob- achten, die aber von ganz anderer Beschaffenheit als die ersteren sind und zu dem Strukturbau der Stützlamelle selbst gehören ; also ist die Stützlamelle nicht homogen, sondern fibrillär, was ja ihrer Funktion als Stützlamelle entspricht. Die Schnittserienmethode wurde bisher nur wenig zur Unter- suchung des Nervensystems von Hydra verwendet. Von den älteren Arbeiten ist nur jene von Nussbaüm (12) zu erwähnen, in welcher er eine Abbildung gibt , und zwar eines Schnittes durch das Entoderm. Zwischen den Nährzellen befindet sich eine kleine Zelle ziemlich nahe an der Oberfläche, welche er, wenn auch mit Reserve, als Sinneszelle deutet. Nach meinen Präparaten kann ich sagen, daß es ganz sicher eine Sinneszelle war. Von sonstigen nervösen Elementen hat Nussbaüm an Schnitten nichts sehen können. An Isolationspräparaten hat Nussbaüm sogar einen Zusammenhang zwischen entodermaler Sinneszelle und Nervenzelle aufgefunden. Zuerst hat an Schnitten die Nervenzellen von Hydra Chapeaux (2) gesehen. Chapeaüx hat nur die Mundgegend unter- sucht , weil ihm bei den Reizversuchen die große Reizbarkeit des Mundkegels aufgefallen ist. Chapeaüx hat, wie seine Abbildung zeigt, alles mögliche für nervös gehalten. So hat er im Ektoderm die Nesselzellen (die ja gestielt sind) als Sinneszellen gedeutet, ob- wohl er auf derselben Abbildung auch Gebilde wiedergibt, die man eher als Sinneszellen ansprechen könnte. Im Entoderm, und zvv^ar an den Mundwülsten, hat Chapeaüx die Schleimdrüsenzellen, deren Leib ja ganz hoch im Epithel gelegen ist, als Granglienzellen ge- deutet. Im allgemeinen kann man seine einzige Abbildung, weil sie ein kombiniertes und mehr schematisches Bild ist . nicht sehr be- rücksichtigen. Auf dieser Abbildung basieren seine Auseinander- (242) über das Nervensystem von Hydra. 19 Setzungen über das Nervensystem von Hydra. Chapeaux nimmt die Nesselzellen als sinnesperzipierend an und deshalb will er durchaus eine Verbindung der Nesselzellen mit den Nervenzellen finden ; und obwohl es erwiesen ist , daß die Stiele der Nessel- zellen an der Stützlamelle inserieren [Schneider (14)], zeichnet Chapeaux die Stiele der Nesselzellen im Zusammenhange mit Nervenzellfortsätzen. Wie wir später hören werden , gibt es eine solche Verbindung wenigstens für die Hydra nicht. WoLFF (20) hat auf Grund der Angaben von Schneider (14) und nach eigenen Schnittpräparaten, die er aber nicht näher be- schreibt, ein Schema des Nervensystems von Hydra konstruiert, das wir verwerfen müssen , nicht nur weil es teilweise hypothe- tisch , sondern auch unrichtig ist. Im Entoderm ist am Schema ein weitmaschiger Nervenplexus eingetragen, was den tatsäch- lichen Befunden nicht entspricht. Im Ektoderm gibt es lange Bahnen, die niemand aufgefunden hat, und die Nesselzellen ver- treten die Sinneszellen. Die Angabe von Wolff, wonach es in den Nervenzellen von Hydra durch Eisenhämatoxylin sich schwärzende Neurofibrillen gibt, habe ich schon erwähnt und Stellung dazu genommen. J ICKE LI (9) hat an Schnitten von Hydra, die durch Osmium- säure fixiert worden sind, feine Fäserchen beobachtet , die vom Ektoderm zum Entoderm durch die Stützlamelle verlaufen, und zwar gehen sie . wie ich auch beobachten konnte . von dem die Muskelfasern umgebenden Plasma aus. Für die Stützlamelle des Tentakels von Hydra erwähnt Jickeli zwar nicht ausdrücklich, ob er auch da die Fasern aus dem Ektoderm zum Entoderm durch- ziehen sah, wohl bemerkt aber Jickeli für die soliden Tentakel von Tabularia, daß er solche trotz vielen Suchens nicht auffinden konnte. Ich will bemerken, daß auch ich in der Stützlamelle des Tentakels von Hydra keine Plasmafäden gefunden habe, sonst aber überall. Ernährungsbeziehungen gibt es zwischen Ekto- und Ento- derm zweifellos auch an den Tentakeln, es gibt aber im Entoderm der Tentakel weder Muskelfasern noch Nervenzellen, was mit dem Fehlen der Verbindungsfäden zwischen Ekto- und Entoderm in den Tentakeln möglicherweise in Beziehung steht. F. E. Schulze (16) gibt für Syncoryne an, daß diese Verbindungsfasern in den Ten- takeln fehlen, wo auch die Muskelfasern im Entoderm mangeln. An seiner Abbildung sieht man sehr schön, daß die Verbindungs- fasern nur knapp bis zur Tentakelbasis, bis wo es im. Ekto- und Entoderm Muskelfasern gibt, vorkommen. 18* (243) 20 Jovan Hadzi: J ICK ELI hat an Schnitten von Eudendrium im Ektoderm Nervenzellen gesehen, die Fortsätze zur Oberfläche senden, also meinen Sinnesnervenzellen entsprechen würden. In einem Falle zeichnet er auch ein Endbläschen eines Sinnesfortsatzes ab. 3, Die Resultate der vitalen Methylenblaufärbung. Schon der Tatsache an sich, daß die elektive vitale Färbung des Nervensystems von Hydra gelungen ist, muß man eine beson- dere Bedeutung beimessen , insoferne sich dadurch die besonders differenzierte Struktur der nervösen Elemente von Hydra kund- gibt. Es sind schon sehr oft Versuche mit dieser Methode gemacht worden (Schneider. Retziüs, Zoja etc.), aber bei keinem Hy- droiden mit befriedigendem Erfolge. Ich selbst habe zuerst mit Hydra fusca, die ja geeigneter dazu zu sein schien, Versuche ge- macht, die aber stets erfolglos geblieben sind. Die Farbe sammelt sich in den Vakuolen der ektodermalen Epithelrauskelzellen reich an und wird in diesem Farbstoffe charakteristischen Kristallen aus- gefällt. Hie und da färbt sich eine indifferente Zelle (das kommt sehr oft bei Tubularia vor), oder eine Nesselkapsel. Dann habe ich die Versuche auch auf die grüne Hydra ausgedehnt und bald stellten sich ganz distinkte Färbungen des Nervensystems ein. Es liegt dabei die Vermutung nahe, das Gelingen der elektiven Färbung der Gegenwart der Zoochlorellen, die in den entodermalen Nähr- muskelzelleu massenhaft wohnen, zuzuschreiben. Die Zoochlorellen scheiden nämlich als chlorophyllhaltige Algen Sauerstoff aus. Daß dieser von den Algen ausgeschiedene Sauerstoff dem Gewebe des Wirtstieres zugute kommt, habe ich selbst durch einen Versuch gezeigt (24). Es ist eine sehr verbreitete x^nsicht, daß der Sauerstoff die elektive Färbung des Nervensystems durch Methylenblau (intra vitam) begünstigt. Schon der Begründer dieser Methode Ehrl ich (5) hat diese Ansicht vertreten. Bei Hydra fusca gelingt die Färbung auch bei bester Durchlüftung des Wassers nicht, wogegen sie bei Hydra viridis auch ohne Durchlüftung eintritt, jedoch ist sie hier vom Vorhandensein des Lichtes abhängig, was mit der oben er- wähnten Vermutung übereinstimmt. Nur an hellen Tagen und wenn das Gefäß, das die Tiere enthält, an lichtem Orte aufgestellt ist, gelingt die Färbung, u. zw. ganz regelmäßig. Daß sich die Nerven- zellen im Ektoderm färben, obwohl die Zoochlorellen in den Ento- dermzellen leben, wird uns nicht befremden, wenn wir bedenken, daß die Gase (Luft) auch normalerweise durch das Gewebe und die Stützlamelle hindurchdiffundieren müssen. (244) über das Nerveusystem von Hydra. 21 Bei der vitalen Färbung der Hydra mit Methylenblau bin ich folgendermaßen vorgegangen: Es wurde eine konzentrierte Lö- sung von Methylenblau (von (tRüblrr oder Lenoir und For- ster. am besten rektifiziert) in destilliertem Wasser angefertigt und diese sorgfältig filtriert. Die Tiere (Hydra viridis) werden in ein kleines Gefäß, das mit reinem Wasser gefüllt ist, gesetzt. Von der Lösung der Farbe werden allmählich einige Tropfen unter steter Mischung des Wassers in das Gefäß, welches die Tiere ent- hält, zugesetzt, bis das Wasser einen tiefblauen Ton angenommen hat, aber doch durchscheinend ist (auf bOcm^ Wasser kommen un- gefähr ?)cni'^ konzentrierter Lösung). Schon nach einigen Minuten soll ein Tier zur Kontrolle untersucht werden. Gewöhnlich ist ein Aufenthalt von einer halben bis dreiviertel Stunden notwendig, bis die Färbung vollkommen eingetreten ist. Je nach der Licht- intensität geschieht es etwas früher oder später. Das zu untersuchende Tier ist mit einem Tropfen Wasser auf den Objektträger zu bringen, mit einem Papierstreifen zu um- säumen und mit dem Deckgläschen zu bedecken. Leider kann man bei Hydra wegen ihrer KörperbeschaflPenheit die Vorteile der vätalen Methylenblaufärbung nicht vollauf ausnützen. Um das gefärbte Tier untersuchen zu können, muß Hydra plattgedrückt werden, weil die dichte Lage der Zoochlorellen sonst keine Durch- sicht auf die basiepithelial gelagerten, blau gefärbten Nervenzellen und besonders auf ihre Fortsätze gestatten würde. Auch habe ich beobachtet, daß mit der Steigerung des Druckes die Intensität der Färbung erhöht wird. Andrerseits zieht wieder die Platt- drückung ein baldiges Absterben des zu untersuchenden Tieres nach sich. Der Körper der Hydra wird gezerrt und zerfließt bald, wobei die Färbung (auch schon etwas früher) ditfus wird. Oft tritt die Färbung vor den Augen während der Beob- achtung auf. Es kam weiter vor (besonders schön bei Tubularia), daß die schon vorhandene Färbung plötzlich verschwand, um dann wieder aufzutreten, was uns zeigt, daß es sich bei der Färbung der Nervenzellen um einen wirklich vitalen Vorgang handelt, d. h. daß die Nervenzellen intra vitam gefärbt werden. Ähnliches hat W. Kolmer an den Larven von Corethra beobachtet (Biol. Cen- tralbl., 24, 1904). Die Ausnützung der oft ganz vollkommenen Ver- färbung der nervösen Elemente hindert auch der Umstand , daß sich die gefärbten Tiere nicht fixieren lassen, um Schnittserien an- fertigen zu können, und daher bloß die Untersuchung am lebenden, plattgedrückten Tier möglich ist. Höchstwahrscheinlich bringt es (246) 22 Jovan Hadzi: nur diese Untersuchunggart mit sich, daß man durch diese Methode gar nichts vom Nervensystem des Entoderms erfahren kann. Da- her gilt das in folgendem Geschilderte nur für das Ektoderm. Gewöhnlich tritt die Färbung nicht am ganzen Körper auf, sondern nur an einzelnen Körperteilen, u. zw. am meisten in der Fußgegend und an den äußeren Tentakel basen. Die Fußgegend ist auch sonst zur Untersuchung der Nervenzellen am günstigsten, weil die sekretreichen Drüsenzellen Fig- 2. (ies Fußes gegen den Druck sehr widerstandsfähig sind und eine Beobachtung im optischen Längs- schnitt gestatten. Der Mundkegel, der ja manches zu bieten versprach, kam nur selten, u. zw. unter be- sonderen Umständen, wovon später die Rede sein wird , zur Beob- achtung; gewöhnlich ist er von den kontrahierten Tentakeln be- deckt. Bei gelungener Färbung ge- winnt man ein recht schönes und vollkommenes Bild des ektoder- malen Nervensystems von Hydra, Die dunkelblau gefärbten , zahl- reichen Nervenzellen sind über den ganzen Körper und auf den Ten- takeln verbreitet. Die Zellkörper sind durch viele , in allen Rich- tungen verlaufende Nervenfort- sätze untereinander verbunden und bilden ein je nach der Körperregion verschieden dichtes Nervenfaser- netz. Wie auch die früher be- sprochenen Methoden gezeigt haben, so ergibt auch diese, daß die Nervenzellen in der Mundregion und am Fuß häufiger als sonst sind und daher auch das Nervenfasernetz hier engmaschiger ist (Textfig. 2). Alles dies sieht man auf einem hellgrünen Untergrund, den die Zoochlorellen bilden. Die Form und die Größe der Nervenzellen ist sehr mannig- fach. Von ganz kleinen Zellen, deren Kern von nur wenig Plasma umgeben ist, bis zu verhältnismäßig großen, plasmareichen v^ Kombiniertes Ü bersichtsbild des ektoderraalen Nervensystems von Hydra (schematisch). (246) über (las Nervensystem von Hydra. 23 finden wir alle Übergänge, so daß in dieser Hinsicht keine Ein- teilung der Nervenzellen (nach der Größe) möglich ist, wie das laut des Referates in S c h w a l u e s Jahresbericht (I V. Bd.) M i ya s h i m a getan hat. Dasselbe gilt für die Form der Nervenzellen, die je nach der Menge von Plasma und nach der Anzahl vorhandener Nerven- fortsätze verschieden ist (siehe verschiedene Figuren auf Taf. II). Am häutigsten sind solche mit H — 5 Fortsätzen. Der Zellkörper ist an den Stellen, an welchen ein Nervenfortsatz entspringt, zipfelförmig ausgezogen und verengt sich allmählich. Gewöhnlich ist der Zell- körper in zwei bis drei Richtungen stärker ausgezogen. Oft besitzt die Nervenzelle einen dickeren , plasmatischen Fortsatz, von welchem aus dann mehrere dünne Fortsätze ausgehen. Es sind auch mehr runde Nervenzellen von mir beobachtet worden. Was die Lagernngsverhältnisse der Nervenzellen anbelangt, so ist dem gelegentlich der Besprechung der an Schnitten gewonnenen Resul- tate gesagten nichts neues hinzuzufügen. Das Plasma der intra vitam mit Methylenblau gefärbten Ner- venzellen erscheint inhomogen, mehr wabig, mit eingelagerten kleinen Körnchen und ungleich gefärbt (Taf. II, Fig. 14). Es färbt sich nämlich hauptsächlich die um die "Waben befindliche, konsi- stentere Substanz, welche oft nur in flocken förmigen Stücken, die untereinander in Verbindung stehen, vorhanden ist. Das Aussehen des Plasmas wechselt sehr , je nach der Länge der seit der Färbung verstrichenen Zeit. Das Plasma der Nervenzellen ist nämlich im Ver- gleich zu dem Plasma der übrigen Zellen äußerst zart und empfind- lich; es verändert bald nach dem Auftreten der Färbung seine Struktur. Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß diese flockige und wabige Beschaffenheit des Nervenzellplasmas etwas anormales, durch den Beginn des Zerfalles bedingtes ist. Dafür spricht auch der Umstand, daß ganz allgemein an dem mit Methylenblau ge- färbten Nervenzellplasma, bald nachdem das Tier mit dem Deck- gläschen bedeckt wird, ein mattglänzender, gelblichgraner Flüssig- keitstropfen auftritt, u. zw. gewöhnlich am Rande des Zelleibes (Taf. II, Fig. 16, 18). An einer Stelle im Zellplasma schwindet das Plasma, es sammelt sich sehr rasch die fettig aussehende Flüssigkeit an und buchtet bald die Zellwand aus. Die Größe des Tropfens kann der Größe der Nervenzelle gleichkommen. Der Tropfen kann aus der Nervenzelle ganz hinaustreten, mischt sich aber mit der interzellu- lären Flüssigkeit nicht. Der von der Nervenzelle ausgeschiedene Flüssigkeitstropfen scheint ein Zerfallsprodukt der Nerven Substanz (247) 24 Jovan Hadzi: (des Plasmas) zu sein , vergleichbar jenen Flüssigkeitstropfen, die etwa bei der Muskeldegeneration aufzutreten pflegen. Hier schwindet auch mit der Vergrößerung des Tropfens das Neüroplasma. Schaeppi hat an den Nervenzellen der Siphonophoren ähnliches beobachtet, in diesem Falle ging aber die Bildung des Flüssigkeitstropfens vom Zellkern aus; die Flüssigkeit ergießt sich in den perizellulären Raum. Fibrilläre Strukturen sind in den Nervenzellen niemals beob- achtet worden. Der Zellkern, dessen Größe mit jener der Nerven- zellen im Verhältnisse steht, färbt sich intensiver als das Zell- plasma. Außer der äußersten Schichte des Zellkernes sind im Kern auch noch dunkler gefärbte Gebilde, kleine Körnchen und ein deut- lich ausgebildeter Nukleolus. dessen Vorhandensein oft in Abrede gestellt wurde, stets zu sehen. Die Nerven zellfoitsätze zeigen eine ähnliche Struktur wie das Zellplasma. Das Plasma der Fortsätze ist jedoch mehr homogen, sehr feiukörnelig und erst nach längerem Stehen zeigt es eine mehr flockige Beschaffenheit. Die Nervenzellfortsätze sind sehr dehnbar (natürlich in frischem Zustande) , durch den Druck des Deckgläs- chens werden die Entfernungen zwischen den Nervenzellen größer und dadurch werden die Nervenzellfortsätze in die Länge ge- dehnt. Beim Aufheben des Druckes wird wieder die frühere Lage eingenommen. Wenn der Zug zu groß wird, dann reißen die Ner- venfortsätze. Wenn man bedenkt, daß sich der Körper von Hydra um das Vielfache seiner kürzesten Ausdehnung zu strecken vermag, dann wird uns die Dehnbarkeit der Nervenzellfortsätze ganz ver- ständlich erscheinen. Wie an den Nervenzellen, so treten auch an ihren Fortsätzen die vorher erwähnten Flüssigkeitstropfen (Taf. II, Fig. 13), u. zw. vorwiegend an Stellen auf, an denen der Fortsatz etwas verdickt ist oder sich verzweigt, und zuletzt auch an freien Enden desselben. Die Hauptfortsätze, von denen es 2—3 gibt, sind stets mächtiger als deren Verzweigungen und als die Neben- fortsätze und zeigen oft Anschwellungen, besonders an Kreuzungs- stellen. Die frei endigenden Nervenfasern sind stets kürzer als die Hauptnervenfasern, die die Nervenzellen untereinander verbinden. An den Hauptfasern treten auch Verzweigungen auf (Taf. 11, Fig. 1). Die Methylenblaumethode gibt uns eine günstige Gelegenheit, die Verlaufsrichtung der Nervenfasern zu studieren. In der Regel bekommt man bei der Untersuchung die Seitenansicht zu Gesicht, u. zw. ist das Tier stets in kontrahiertem Zustande. Unter diesen (248) über das Nervensystem von Hydra. 25 Umständen scheinen die Nervenfasern am Körper unregelmäßig in allen Richtungen zu verlaufen. Es ist aber nicht ausge- schlossen, daß am ganz ausgestreckten Tier die Längsrichtung (vom Mund zum Fuß) vorwiegt, was am kontrahierten Tier nicht zu konstatieren ist. Am Leib bilden die Nervenzellen mit ihren Fortsätzen ein ungleichmäßig weitmaschiges Netz (Textfig. 2). Ein regelmäßiger Verlauf der Nervenzellfortsätze ist an den unteren Teilen der Tentakel zu beobachten (Taf. II, Fig. 2), hier ziehen nämlich die ziemlich zahlreichen Nervenfasern aneinander parallel den Tentakeln entlang. Die Nervenzellen zeigen auch eine Streckung in derselben Richtung. Wenn man sehr kleine Individuen zur Untersuchung benützt, so gelingt es ab und zu, die fast zu einer Kugel kontrahierten Tiere dazu zu veranlassen, sich mit dem Munde oder Fuße an den Objekt- träger festzusetzen und diese dann in derselben Lage mit dem Deckgläschen zu fixieren. Auf diese Weise gewinnt man die An- sicht des Mund- und Fußpoles und dabei stellt sich heraus, daß hier die Verlaufsrichtung nicht so unbestimmt ist wie am Leib, u. zw. am Fußpol die regelmäßige Anordnung der Nerven-Zellen und -Fortsätze viel deutlicher ausgebildet ist, als am Mundpol. Um die mit Drüsenzellen besetzte Fußscheibe findet man einen ganz distinkt ausgebildeten Ring von dicht angeordneten Nerven- zellen und Nervenzellfortsätzen (Taf. II, Fig. 6). Die Nervenzellen sind im Sinne der zirkulär verlaufenden Nervenfasern in die Länge gezogen. Bei der Seitenansicht ist dies selbstverständlich nicht so deutlich zu sehen, weil das Tier bei der Untersuchung stark deformiert (seitlich ausgebuchtet) wird und der Ring doch nicht so mächtig und konzentriert ist, daß er unter solchen Verhältnissen als solcher imponieren könnte. Wie ich schon früher erwähnt habe, fällt auch bei der Seitenansicht dieser Region die große Anzahl von Nervenzellen auf und man sieht die Hauptfaseru zirkulär (in der Querachse) verlaufen. Außer den ringsverlaufenden Hauptfasern gibt es auch solche, welche in der Längsrichtung und schräg verlaufen. Nach oben hin steht der Nervenring mit dem allge- meinen Nervenplexus in Verbindung. Nach unten hin strahlen zahlreiche Nervenzellen mit ihren Fortsätzen zwischen die Drüsen- zellen aus. Ein ähnliches Verhältnis, aber schwächer ausgebildet, finden wir am Mundfelde (Textfig. 2). An der Peripherie des Mundfeldes verlaufen die Nervenzellen und ihre Fortsätze zirkulär und stehen mit jenen der Tentakel und andrerseits mit jenen des Leibes im (249) 26 Jovan Hadzi: Zusammenhange. Gegen die Mundöffnung hin ziehen die Nervenzellen radiär, was mit dem an Längsschnitten Beobachteten übereinstimmt. Es war leider nicht zu entscheiden, was mit den Nervenfasern ge- schieht, die bis zum Mundrande verlaufen, ob sie nämlich an dem- selben endigen , oder ob sie etwa am Übergange vom Ektoderm zum Entoderm in das letztere umbiegen und dortselbst weiter ver- laufen, wo sie dann die sehr stark ausgebildete entodermale Mus- kulatur der Mundscheibe innervieren würden. Wie man bei der seitlichen Flächenansicht deutlich sehen kann, ist der Verlauf der Nervenzellfortsätze nicht an die Grenzen der Epithelmuskel Zellen gebunden. Die Nervenzellen, wie auch ihre Fortsätze liegen in verschiedenen Höhen (Randansicht); ein einzelner Nervenfortsatz verläuft nicht in seiner ganzen Länge in derselben Höhe , sondern mehr wellig. Die Nervenzellfortsätze können sich überkreuzen. Jetzt wollen wir uns der Frage über die Zusammenhänge der Nervenzellen untereinander zuwenden. Das wichtigste Resultat der Anwendung der Methylenblaumethode bei Hydra ist der sichere Nachweis eines plexusartigen Nervennetzes im Ektoderm. Bis jetzt wurde nach den durch Mazerationsmethode gewonnenen Präparaten mehr auf das Vorhandensein eines solchen geschlossen, als daß er in der Tat gesehen worden wäre. Dabei ist Hydra der meist und best untersuchte Hydroidpolyp. Die meisten Hauptfortsätze der Nervenzellen dienen dazu, eine Verbindung zwischen Nervenzellen herzasteilen (Taf. IL Fig. 3, 4, 5, 12). Bei sehr vielen Nervenzellen findet man überhaupt nur solche Fortsätze, welche die Verbindung der Nervenzellen vermitteln; andere zeigen außer dieser Verbindung noch frei endigende Fortsätze. Somit hätten wir zwei Arten von Nervenzellen zu unterscheiden, nicht was die Größe anbelangt, sondern in bezug auf die Verwendung der Fort- sätze. Die beiden Nervenzellarten unterscheiden sich auch in ihrer Lagerung voneinander, wie man das bei der Randansicht konsta- tieren kann. Die Nervenzellen mit Fortsätzen, die nur zur Ver- bindung der Nervenzellen dienen, liegen mehr der Stützlamelle, d. h. der Muskelfaserschichte an, die anderen höher. Gewöhnlich sind die Nervenzellen durch Fortsätze direkt ver- bunden; es kann aber auch der Fall eintreten, daß der Fortsatz einer Nervenzelle an einen anderen Fortsatz herantritt , der zwei Nervenzellen verbindet. An der Stelle , wo sich auf diese Weise (250) über das Nervensystem von Hydra. 27 drei Fortsätze begegnen, findet man gewöhnlich eine knotenförmige Verdickung (Taf. II, Fig. 1, 3). In einzelnen Fällen ist ein Zu- sammentreffen von vier Fortsätzen in demselben Punkt beobachtet worden. Es kann vorkommen, daß sich zwei Nervenzellen zuerst durch einen direkten Fortsatz verbinden , außerdem durch einen zweiten, zu welchem ein anderer Nervenzellfortsatz (von einer dritten Nervenzelle her) hinzutritt, was man durch das Bestehen einer primären Nervenzeil Verbindung untereinander (Wolff) nicht erklären kann. Wir müssen annehmen, daß die Verbindungen der Nervenzellen untereinander, ebenso wie mit anderen Zellarten se- kundärer Natur sind. ^) Die Verbindungsarten können sich noch weiter komplizieren , als es oben beschrieben worden ist (Taf. II, Fig. 1. 3, 4, 5). Ein weiteres Resultat der vitalen Methylenblaufärbung ist, daß sich ein Zusammenhang der im Ektoderm der Tentakel lie- genden Nervenzellen mit jenen des Leibes nachweisen ließ, den man bis jetzt auf Grund von physiologischen Reiz versuchen angenom- men hat. Damit ist gezeigt worden, daß sich das Nervennetz wirk- lich im gesamten Ektoderm in kontinuierlichem Zusammenhange befindet. Außer den Nervenzellfortsätzen, die nur zur Verbindung der Nervenzellen untereinander dienen, gibt es noch dreierlei Fortsätze, wenn wir die zuerst zu besprechenden, frei endigenden Fortsätze der Sinnesnervenzellen mitrechnen. Die Sinnesnervenzellen entsenden ihre Sinnesfortsätze auf dem kürzesten Wege zur Oberfläche, wo sie mit einem Endknöpfchen auf- hören (Taf. II, Fig. 8, 9, 22). Nicht immer erreicht der Sinnesfortsatz die freie Oberfläche, sondern er kann in verschiedener Höhe zwischen den Epithelmuskelzellen enden. In einzelnen Fällen teilt sich der Sinnesfortsatz in zwei oder noch mehr Äste, von welchen jeder mit einem Knopfchen endet (Taf. II, Fig. 9, 21). Gegen die Stützlamelle hin sendet die Sinnesnerv( nzelle zwei bis drei Fortsätze, welche ge. wohnlich mit Nervenzellen im Zusammenhang stehen (Taf. II, Fig. 22). Oft läßt sich für den basalen Fortsatz der Sinnesnervenzelle nicht nachweisen, daß er mit einer Nervenzelle im Zusammenhange steht, sondern er verläuft, den Muskelfasern anliegend, eine mehr oder minder weite Strecke, wird immer dünner und schwindet zuletzt. ^) Vergleiche dazu die während des Druckes der vorliegenden Arbeit er- schienene Abhandlung von R. Gold Schmidt: Das Nervensystem von Ascaris lum- bricoides und megalocephala. Ein Versuch, in den Aufbau eines einfachen Nerven- systems einzudringen. I. Teil. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 90, 1908» (251) 28 Jovan Hadzi: ohne daß man feststellen könnte, ob er etwa an eine Muskelfaser herantritt, weil die Muskelfasern ungefärbt bleiben und nicht zu erkennen sind; am Ende des Fortsatzes sind wieder keine End- differenzierungen ausgebildet. Auch an gewöhnlichen Nervenzellen habe ich solche Hauptfortsätze beobachtet, die sich nicht zu einer anderen Nervenzelle begeben, sondern frei endigen. Dieser Umstand spricht auch dafür, daß die Verbindungen der Nervenzellen unter- einander sekundärer Natur sind, indem sie sich durch Verbindung solcher, frei endigender Hauptfortsätze gebildet hätten. Von den anderen zwei Arten von Nervenzellfortsätzen (Neben- fortsätze der Nervenzellen) ist besonders die eine von großer Wich- tigkeit. Es sind dies kurze, von den Nervenzellen ausgehende Fort- sätze, die in den meisten Fällen mit einem Knöpfchen endigen; an diesen erseheinen sehr häufig die früher erwähnten Flüssigkeits- tropfen. Die meisten der Nervenzellen entsenden solche Fortsätze, die ich wegen ihrer Form und ihres Verlaufes als motorische be- zeichnen möchte. Sie liegen der Muskelschichte an, es ist aber nicht möglich, mit Sicherheit zu entscheiden, auf welche Weise sicli die Endknöpf chen mit den Muskelfasern oder vielleicht mit dem diese umgebenden Plasma in Verbindung setzen, ob es bloß ein Adherieren. ein Kontakt, oder ob es eine innigere Verwachsung ist. Daß es sich um innervierende Nervenfortsätze handelt, ist nicht zu bezweifeln. Endbäumchenbildungen wurden in keinem Falle be- obachtet. Die Muskel innervierungsfrage erschwert der Umstand, daß die Muskelfasern im Leben bei Methylenblaufärbung gar nicht zu sehen sind. Nach dem, was wir an Zupfpräparaten gesehen haben, scheint es viel wahrscheinlicher, daß es sich bei der Innervation von Muskelfasern nicht um einen losen Kontakt handelt, sondern daß eine Verklebung , wenn nicht Verwachsung vorliegt. Eine Nervenzelle kann zwei bis drei solcher motorischer Fortsätze haben (Taf. II, Fig. 1, o, 12). Diesen, wenigstens teilweise, motorischen (weil sie daneben auch als Schaltzellen funktionieren) Nervenzellen gegenüber könnte man solche, die keine motorischen Fortsätze haben, als rein zwischenleitende Nervenzellen, Schaltzellen, ansprechen. Zuletzt wären noch die Nervenfortsätze dritter Art zu er- wähnen, die sich von den vorherigen dadurch unterscheiden, daß sie nicht von einer Nervenzelle, sondern von einem flauptnervenfort- satz , d.h. von einem, der zwei Nervenzellen verbindet, ausgehen (Taf. II, Fig. 4, 5). Sie sind kurz und endigen mit einem Knöpf- chen an der Muskelscliichte, sind also vermutlich motorisch. Man könnte vielleicht einwenden, daß es sich bei diesen kurzen, blind (252) Ülier das Nervensystem von Hydra. 29 endigenden Fortsätzen um abgerissene Haiiptfortsätze handelt. Dem ist entgegenzustellen (außer dem Vergleiche mit den Befunden an- derer Methoden), daß diese Fortsätze etwas dünner sind als die Hauptfortsätze und ganz scharf mit einer Anschwellung am Endo aufhören (Taf. 11, Fig. 14) und daß man sie auch an minimal ge- drückten Tieren wohl sehen kann. Die Nervenfortsätze sind über- haupt, wie ich schon früher erwähnt habe, sehr dehnbar und reißen nicht leicht. Die an der Taf. II, Fig. 12 zu oberst stehende Zelle scheint eine Sinnesnervenzelle zu sein (an plattgedrückten Tieren ist es nicht immer leicht zu entscheiden), die außer dem Sinnesfortsatz, basal einen Verbindungsfortsatz (Hauptfortsatz) und noch einen sich teilenden motorischen Fortsatz zu haben scheint. Ähnliches sieht man an der Fig. 11 und 20 derselben Tafel, wo dies, weil es eine Randansicht ist, noch deutlicher erscheint. In diesen Fällen würde eine und dieselbe Zelle alle drei Funktionen bestreiten. Jedenfalls ist die Arbeitsteilung unter den nervösen Elementen von Hydra nicht vollständig durchgeführt. Nur in einzelnen Fällen beobachtete ich, wie ein kurzer, blind endigender Nervenfortsatz an eine Nesselzelle herantrat. Der Nervenfortsatz schien mit dem Plasma der Nesselzelle zu ver- schmelzen (Taf. II, Fig. 18). Hier würde also eine Innervation der Nesselzelle vorliegen. Ich muß aber bemerken, daß dieser Befund nicht als sicher bezeichnet werden kann. In erster Linie muß es befremdend wirken, daß dies nur in vereinzelten Fällen zu .sehen war, was gegenüber den Hunderten von Nesselzellen, an welchen nichts derartiges beobachtet werden konnte, noch mehr an Wert verliert. Durch den auf die untersuchte Hydra ausgeübten Druck wird diese so abgeplattet, daß die Nesselzellen, die an der Ober- fläche aufgestellt sind, beinahe in dieselbe Ebene zu liegen kommen wie die basiepithelialen Nervenzellen und deren Fortsätze, und da ist es durchaus möglich, daß in einzelnen Fällen einige Nessel- zellen an die Stellen zu liegen kommen, an welchen eine Nerven- faser endigt, wodurch ein Bild der Nesselzelleninnervation hervor- gerufen wird. Es muß weiter auffallen, daß bei der Randansicht nie etwas Ähnliches beobachtet wurde, ebensowenig an den Ten- takeln, w^o man es am ehesten erwarten würde. Auf Grund meiner Beobachtungen kann ich keine Innervation der Nesselzellen be- haupten. In keinem Falle habe ich um die Nesselkapsel selbst etwa sich verzweigende Nervenfasern (ein Nervennetz) beobachten können. (253) 30 Jovan Hadzi: An der Tentakelbasis baben sieb ziemlicb bäufig Sinneszellen gefärbt (Taf. II, Fig. 7, 15, 23). Es sind länglicbe, scbinale, bis zur Oberfläcbe reicbende Zellen. Am freien Ende wurden keine besonderen Differenzierungen geseben, böcbstens eine kleine Ver- dickung. Basal setzt sieb die Sinneszelle gewöbnlicb in zwei Fort- sätze fort, mittelst welcber sie mit Nervenzellen im Zusammen- bange stebt. Die Sinneszellen der Mundsebeibe konnten wegen der früber erwäbnten Umstände nicbt beobacbtet werden. An der Fuß- scbeibe sind die bereits etwas weiter differenzierten Sinnesnerven- zellen mit Knöpfeben am freien Ende sebr bäufig zu seben (Taf. II, Fig. 21). In der Literatur finden wir drei positiv lautende Angaben über die Anwendung der Metbylenblaumetbode zur Untersucbung des Nervensystems von Hydra. Die bedeutendste dieser Angaben ist jene von Miyashima (Schwalbe: Jabresbericbt über die Fort- scbritte der Anatomie und Entwicklungsgescbicbte, IV. Bd., 1899, S. 287. K. Miyashima: Über die Nervenzellen der Hydra. Tbe zool. Magazine, X. Bd., Nr. 115, 1898, Ref. Osawa). Leider ist es mir nicbt gelungen, die Arbeit von Miyashima selbst einzu- seben, sie ist mir nur durcb das sebr kurze Referat von Osawa bekannt geworden und so kann icb sie nicbt voll berücksicbtigen. Im Referate ist angegeben, daß Miyashima zwei Nervenzellarten unterscbeidet : größere, die plexusartig untereinander durcb Fort- sätze verbunden sind und nicbt der Innervation dienen, und kleinere, die einerseits mit größeren Nervenzellen in Verbindung steben und andrerseits die Innervation anderer Zellen besorgen. Die großen wären als die zentralen Nervenzellen und die kleinen als die peripberen zu deuten. Auf Grund meiner Beobacbtungen kann icb dieser Einteilung nur insoferne beipflicbten , als es wirklieb Nerven- zellen gibt, die nur mit anderen Nervenzellen in Verbindung steben, und solcbe, die außerdem aucb blind endigende Fortsätze besitzen. In ibrer Größe und Lagerung unterscbeiden sieb also die beiden Nervenzellarten nicbt voneinander. Die zweite Angabe, die nur insoferne positiv ist, als sie sieb auf das Färben der Hydra mit Methylenblau beziebt, ist jene scbon vorber erwäbnte von R. Zoja (23). Die Arbeit von Zoja (es ist unter Nr. 23 binten nur die Hauptarbeit zitiert, es existiert von R. Zoja über denselben Gegenstand nocb je eine deutscb und französiscb gescbriebene Arbeit) entbält einen Irrtum; Zoja bat (254) über das Nervensystem von Hydra. 31 die ausgefällten Kristalle von Methylenblau für Nervenzellen und Fortsätze gebalten. Es ist merkwürdig, daß bis jetzt die Angaben von R. ZoJA keine gründliche Widerlegung erfahren haben. WoLFF (20) hat nur für manche von den durch Zoja dargestellten Gebilden den Zweifel aufkommen lassen, daß es Kristalle oder über- haupt Kunstprodukte sind. Es ist eine leichte Sache, die Gebilde, welche Zoja als Nervenzellen beschrieben hat, auch außerhalb des Körpers von Hydra herzustellen. Wenn man die wirklichen Nervenzellen einmal gefärbt gesehen hat, wird man nie in den Fehler verfallen, diese Gebilde als Nervenzellen anzusprechen. Die Kristalle von Methylenblau treten in den von Flüssigkeit erfüllten Vakuolen und auch in den Intrazelliilarräumen nur dann auf, wenn die Färbung nicht gelungen ist, meistens wenn die Farblösung nicht gut filtriert war. Auf der Taf. I (Fig. 12, 13, 14) gebe ich einige Bilder von solchen ausgefällten Kristallen. Ganz konstant treten die Kristalle bei der Färbung der Seehydroiden auf. Die Kristalle sind dunkelblau bis violett und ganz opak. Sie senden oft ziemlich lange, starre Fortsätze aus und man kann beobachten, wie diese in die Länge wachsen und zuletzt auch die Zellwand durchbrechen. Manchmal sind die Kristalle ganz fädig und machen den Eindruck von nervösen Endbäumchen (z.> B. um eine Nesselkapsel herum). Somit können wir über die Angaben von Zoja, ohne sie näher zu berücksichtigen, hinweggehen. Es sei zuletzt noch die Angabe von Wolff (20) erwähnt. In seiner Zusammenfassung unserer Kenntnisse über das Nerven- system der polypoiden Cnidarier gibt Wolff an, daß er mit teil- weisem Erfolg die Methylenblaumethode bei Hydra angewendet hat. Es haben sich aber merkwürdigerweise dabei gar keine Nerven Zellen gefärbt, sondern bloß Fibrillengeflechte um die Nesselzellen herum ganz ähnlich jenen von Zoja beschriebenen. Die Deutung dieser Geflechte als nervöse Endigungen muß ich entschieden zurück- weisen, und zwar aus mehreren Gründen. Ich habe wirklich prächtige Methylenblaufärbungen bei Hydra erzielt, daß man sie sich nicht besser wünschen kann. Es konnte überhaupt keine Innervation der Nesselzellen mit Sicherheit nachgewiesen werden, geschweige denn so komplizierte Endgeflechte. Bei der Fällung des Urteils (die nach WoLFFs eigenem Ausspruch nicht ohne Zögern vor sich gegangen ist), ob diese Geflechte nervöser Natur seien, hat sicher der Um- stand, daß Wolff von vorneherein die Nesselzellen als sinnes- perzipierend gehalten hat, mitgewirkt. Auch kann man sich bei dem Anblicke der Wolff sehen Abbildung des Vergleiches mit (255) 32 Jovan Hadzi: äbnliclien von Zoja gegebenen nicht erwehren, um so weniger, als sieh WoLFF auf die Angaben von Zoja beruft. Mit der Zurück- weisung dieser Angaben von Wolff verlieren auch die auf Grund dieser Angaben aufgestellten Schemen „des primären interzellulären Reflexbogens" ihren Wert. Außerdem zeichnet Wolff eine mit Methylenblau gefärbte Nervenfaser, die in ihrer Mitte dunkler ge- färbt ist als an den Rändern; diese dunklere mittlere Partie deutet Wolff als Neurofibrille. Dem gegenüber ist zu bemerken, daß an Fasern, die sicher Nervenfasern sind, nie, weder durch Methylen- blau noch durch andere Farbstoffe, Neurofibrillen gefärbt worden, sind. Über die Struktur der Nervenzellfortsätze habe ich schon berichtet. Nach den kritischen Betrachtungen der Angaben von R. Zoja (23) und M. Wolff (20) stellt sich also heraus, daß keine von beiden der Kritik bei dem Vergleiche mit meinen eigenen Befunden stand- halten kann. Allgemeiner Teil. A. Zusammenfassung der anatomisch-histologischen Befunde, Wie die vorliegende Untersuchung gezeigt hat, besteht das Nervensystem von Hydra aus folgenden Elementen: Nervenzellen (und zwar rein leitende und andere auch motorisclip zugleich) samt Nervenzellfortsätzen, Sinnesnervenzellen und Sinneszellen (die des Ektoderms in drei Unterarten vorhanden: die der Tentakel, der Mundscheibe und des Fußes, im Entoderra nur eine Art). Die Nervenzellen liegen basiepithelial zwischen den Epithel- muskelzellen und sind im ganzen Ektoderm, von den Tentakelspitzen bis zur Fußscheibe verbreitet. Häufiger als sonst sind die Nervenzellen an der Mundscheibe, wo sie peripher ringförmig angeordnet sind und gegen die Mitte des Mundfeldes radiär einstrahlen, sowie an der Fußscheibe, wo sie einen deutlichen, aber nicht so kompakten Nervenring , wie es etwa bei den Medusen der subumbrellare Nerven- ring ist, bilden. Das gilt für das Ektoderm. Im Entoderm fehlen die Nervenzellen in den Tentakeln durchaus und am Leibe sind sie in verhältnismäßig geringer Anzahl vorhanden. Die Sinnesnervenzellen sind nur im Ektoderm, und zwar am ganzen Leibe beobachtet worden. Die Sinneszellen finden sich hauptsächlich an der Mund- scheibe und den inneren basalen Teilen der Tentakel, sowie an der Fußscheibe. Im Entoderm, besonders in der Fußregion finden sich schmale, lange Zellen, die man mit Schneider wohl als Sinnes- zellen bezeichnen kann. (256) über das Nervensystem von Hydra. 3J5 Dadurch, daß die überall im Ektoderm vorkommenden Nerven- zellen mittelst Nervenfasern (in welchen keine Neurofibrillen nach- gewiesen werden konnten) im Zusammenhange stehen, kommt ein plexusartiges Netz mit den beiden Verdichtungszentren am Mundfelde und der Fußscheibe zustande. An den Tentakeln ver- laufen die Nervenfasern in der Längsrichtung, an der Mund- und Fußscheibe ringförmig und am Leibe unregelmäßig. Mit den Nerven- zellen stehen die Sinnesnervenzellen und Sinneszellen in Verbindung. Von den Nervenzellen (nicht allen) und ihren Fortsätzen gehen kürzere, mittelst kleiner Anschwellungen blind endigende Fortsätze aus, welche vermutlich der motorischen Funktion obliegen, d. h. die Muskelfasern innervieren, denen sie anliegen. Die Innervation der Nesselzellen ist nicht konstatiert worden. Im Entoderm ist ein kontinuierlicher Nervenplexus nicht mit Sicherheit nachgewiesen worden. ^) B. Physiologisches. Dem oben geschilderten Baue des Nervensystems von Hydra entspricht auch die Funktion. In dieser Hinsicht sind physiologische Versuche von vielen Autoren ausgeführt worden [s. bei "Wolf f (20) und Wagner (28)]. Auch ich selbst habe die Reaktionsart auf die Berührungsreize hin untersucht und bin zu folgenden, größten- teils in Übereinstimmung mit den Angaben anderer Autoren stehenden Resultaten gekommen. Hydra ist an der gesamten Oberfläche reizbar und antwortet auf Berührungsreize durch Kontraktion der Muskelfasern. Am empfindlichsten ist die Mund- und Fußscheibe. Einzelne Teile sind ziemlich unabhängig vom ganzen, indem sie auch getrennt (abgeschnitten) lebhaft reagieren, z. ß. abgeschnittene Tentakel. Der Reiz löst zunächst an der betroffenen Stelle die Reaktion aus und verbreitet sich erst allmählich weiter. Je schwächer der Reiz ist, desto lokalisierter ist die Reaktion; so ist es möglich, bei schwacher Reizung einen Tentakel zur Kontraktion zu bringen, 1) Das Nervensystem von Hydra (im Ektoderm) ist nach dem Typus eines Nervennetzes (Bethe) gebaut. Man kann nicht gut von Neuronen reden, weil die Zellen direkt durch plasmatiscbe Fortsätze verbunden sind und weil Hydra gar zu weit steht von den Tieren, für welche der Begriä' des Neurons (Wirbeltiere) aufge- stellt worden ist. Eine Ganglienzelle (Retzids, Bethe) von Hydra ist kaum ver- gleichbar der Ganglienzelle eines Wirbeltieres. Die Frage, ob die Fortsätze primärer oder sekundärer Natur sind, ist nicht entschieden, da die Eatstehungsweise des Nervennetzes nicht bekannt ist. Nach der Verbindungsart zu schließen ist die Ver- bindung eine sekundäre. Vergleiche dazu die Bemerkung auf S. 27- Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 3. \Q ^257) 34 Jovan Hadzi: ohne die anderen zugleich dazu zu veranlassen. Es läßt sich dies gut im Aquarium beobachten. Ein einzelner Tentakel kontrahiert sich , nachdem sich die Beute (z. B. eine kleine Cypris) daran ge- fangen hat, und das Beutetier zum Munde gebracht wird, ohne daß die übrigen vollkommen ausgestreckten Tentakeln davon betroffen werden. Bekanntlich ist Hydra auch spontaner Bewegung (Ortsbewe- gung auf der Unterlage) fähig, wenigstens ist man nicht imstande, eine äußere Ursache der Ortsveränderung anzugeben. Die Nessel- kapselexplosion wird durch einen chemischen Reiz (unabhängig vom Nervensystem) ausgelöst [Wagner (18)]. Außer auf Berührungs- reize antwortet Hydra auch auf stärkere chemische, thermische und galvanische Reize hin mit einer Bewegung (bzw. Kontraktion). Eine tonusartige Kontraktion ist bei Hydra nicht beobachtet worden. Das Zusammenziehen der Tentakel und des Leibes auf einen Reiz hin erscheint uns verständlich, d. h. durch Muskelkontraktion be- dingt, nicht aber das oft sehr weitgehende Ausstrecken der Tentakel, das nicht durch eine ErschlafPung der Muskelfasern erklärt werden kann. Da könnte man, wenigstens was den Leib anbelangt, an eine Kontraktion der entodermalen ringförmig verlaufenden Muskelfasern denken. Es würde also die entodermale Muskulatur aus inneren Ur- sachen (weil die Ausstreckung gerade nur dann eintritt, wenn das Tier von keinen äußeren Reizen getroffen wird) und ganz unabhängig von der ektodermalen Muskulatur arbeiten. Bei anderen Hydroid- polypen, bei welchen kein solches Ausstreckungsvermögen beobachtet wird (Tuhulario, Ohelia, Campanularia etc.) finden wir auch die ento- dermale Muskulatur, besonders am Leibe, schwach oder gar nicht ausgebildet. Anderer Funktion würde die entodermale Muskulatur der Mundscheibe obliegen, nämlich der Schließung des Mundes; sie ist da ringförmig (konzentrisch um den Mund) angeordnet und wirkt bei Kontraktion als Sphinkter. Was die Dehnbarkeit der Tentakeln anbelangt, so müssen wir hier andere Ursachen annehmen als bei dem Leibe, hier gibt es keine entodermale Muskulatur. Wenn wir also sehen, daß die soliden Tentakel, wie sie viele Meereshydroiden haben, nicht so weit ausgestreckt werden können wie die hohlen der Hydra, so können wir wohl annehmen, daß das unter Druck stehende Wasser der Gastralhöhle bei dem Strecken des Leibes auch die Ausdehnung der hohlen Tentakel veranlaßt (ähnlich wie bei Aktinien). Der Mund ist nämlich bei Hydra immer fest geschlossen, besonders im (258) über das Nervensysti'in von llytlia. '^5 ausgestreckten Zustande (bei Kontraktion der Ringmuskol (leg Entoderms). Durch diese Betrachtungen kommen wir zur Frage von dem Verhältnisse des ektodermalen Nervensystems zu dem entodermalen. Histologisch ließ sich, wie wir gesehen haben, ein Zusammenhang zwischen den Nervenzellen beider Blätter nicht nachweisen, es sind bloß Möglichkeiten eines solchen Zusammenhanges gegeben, und gwar erstens durch die Stützlamelle hindurch, in welcher sich plasma- tische Fäden nachweisen ließen : zweitens ist es möglich , wenn auch nicht nachgewiesen, daß die Nervenzellen vom Mundrande aus ihre Fortsätze über die Umschlagstelle des Ekto-Entoderms zu den entodermalen Muskelfasern senden. Der letzte Fall hätte nur einen lokalen Wert, da wir nicht berechtigt sind, für das Entoderm einen Nervenplexus anzunehmen, weiterhin zeigt gerade das Ento- derm der Mundscheibe eine große Armut an Nervenzellen- IS ach den Versuchen von Bethe (1) dürfen wir nicht an- nehmen, daß die Muskelfasern an sich beim Bestehen eines Nervensj^stems den Reiz weiterleiten. Bethe hat aber mit einer Skyphomeduse experimentiert, in deren Ektoderm ein ver- hältni.-^mäßig hoch differenziertes Nervensystem entwickelt ist. Im Entoderm von Hj^dia zeigt aber das Nervensystem, wenn man über- haupt von einem System sprechen kann, sehr primitive Verhältnisse, so daß die Reizleitung mittelst der Muskelfasern nicljt als ganz ausgeschlossen gelten soll. Besonders, wenn es hier zu keinem zu- sammenhängenden Plexus gekommen ist, wie ich vermute, dann müssen wir sogar eine solche Reizleitung durch die Muskel an- nehmen, ohne Rücksicht auf das Bestehen oder Fehlen eines Zu- sammenhanges zwischen ektodermalen und entodermalen Nerven- zellen. Wir sehen ; daß die entodermalen Muskelfasern gleichmäßig reagieren, obwohl auch sie einzeln, jede für sich, sich zu kontra- hieren imstande sind [Nüssbaüm (12)j. Das dürfte aber nicht zu- stande kommen, wenn eine Reizleitung vollkommen fehlen würde und nach den Nervenfasern sind die Muskelfasern die ersten, die man dazu für fähig halten möchte. Bei der Unzugänglichkeit des Entoderms fiir experimentelle Eingriffe, ist man beim Studium der Nerven- und Muskelverhältni.sse des Entoderms nur auf die Beobachtung des lebenden Tieres und die Überlegung angewiesen. Wir wollen sehen, ob wir bei der Be- trachtung der Bewegungen von Hydra genötigt sind, einen innigeren Zusammeniiang und ein Zusammenarbeiten des ektodermalen Neuro- muskelsystems mit dem entodermalen anzunelimen, 19* (259) 36 Jovan Hadzi: Schon die Stellung der Muskelfasern, im Ektoderm Längsmuskeln, im Entoderm Ringmuskeln, schließt für die gewöhnlichen Bewe- gungen ein Zusammenarbeiten aus. Für das Ausstrecken haben wir es schon gesehen, da können sich die ektodermalen Muskelfasern nicht aktiv beteiligen (von einer aktiven Streckung der Muskelfasern ist nichts bekannt; es muß nur eine langsame Erschlaffung angenommen werden). Beim Zusammenziehen des Leibes kommen nur die ekto- dermalen Muskelfasern in Betracht, weil sich dabei der Körper ver- kürzt und zugleich verdickt, was auf eine .Dehnung oder wenigstens Erschlaffung der entodermalen Ringmuskeln hindeutet. Bei der Krümmung des Leibes auf eine Seite (was auch eine sehr oft vor- kommende Bewegungsart bei Hydra ist) kontrahieren sich die ekto- dermalen Muskeln einseitig (die der Gegenseite müssen gedehnt werden); diese Bewegungsart kann ganz ohne Beteiligung der ento- dermalen Muskeln vor sich gehen. Mittelst Krümmungsbewegungen kann sich Hydra bekanntlich auch vorwärts bewegen ; spannraupen- artig, die Hauptarbeit wird dabei offenbar von den ektodermalen Längsmuskeln geleistet. Bei den bis jetzt besprochenen Bewegungs- arten, und das sind die häufigst vorkommenden, kommen entweder nur die ektodermalen Muskelfasern in Betracht oder (bei Kontraktion des Leibes) nur die entodermalen, und zwar schließt dabei die Aktion der einen Muskelschichte die der anderen aus. Es könnte doch keine Streckung des Leibes erzielt werden, wenn die ektodermalen Muskeln kontrahiert blieben und beim Zusammenziehen des Körpers gilt das umgekehrte. Daraus folgt, daß wir für das Zustandekommen der oben besprochenen Bewegung kein Zusammenarbeiten, sondern vielmehr eine große Selbständigkeit der beiden Muskelschichteu von- einander konstatieren müssen und weiter, daß auch die Nervensysteme beider Blätter unabhängig voneinander sind (das gilt für den Leib). Etwas anders sind die diesbezüglichen Verhältnisse am Mund- kegel. Wenn das Tier am Mundkegel grobmechanisch gereizt wird, so kontrahieren sich nicht die ektodermalen, radial gestellten Muskel- fasern, was zu einem Öffnen des Mundes führen würde, sondern die entodermalen Muskeln (die ringsverlaufenden Sphinkteren). Da wird also der Rei'/c von außen auf die entodermalen Muskeln über- tragen. Die Hauptfunktion der Muskelfasern des Mundkegels be- steht im Aufnehmen der Beute und nachher im Auswerfen der un- verdauten Reste. Das letztere muß auf einen inneren Reiz hin vor sich gehen (Funktion der entodermalen Sinneszellen?), das erstere ist kombiniert. Beim Aufnehmen und Verschlingen der Beute spielt, wie man das experimentoll schon oft nachgewiesen hat [neuerdings (200) Ülier das Nervensystem von Hydra. 37 von Wagner (18)J, der von außen kommende chemische Reiz eine wichtige Rolle, weil ein bloßer Kontaktreiz keine Sohluckbewegung auslosen kann. Auf einen kombinierten chemisch-taktischen Reiz hin öffnet sich die MundöflPnung (durch Kontraktion der ektodermalen Muskeln) und umfaßt die Beute, jetzt tritt erst die entodermale Muskulatur in Aktion. Durch eine Kontraktionswelle, die von oben nach unten geht, wird das Beutetier in die Gastralhöhle befördert. Wir finden auch bei ganz sessilen thekaten Hydroiden in der Pro- boscis gut ausgebildete Muskulatur im Ekto- und im Entoderm, und bei Eucopella, wie schon erwähnt, sind im Entoderm der Pro- boscis auch Sinneszellen nachgewiesen, was alles mit der Tätigkeit der Proboscis im Zusammenhange steht. Was die Proboscis anbe- langt, so können wir eine direkte Übertragung des Reizes vom Ektoderm zu dem Entoderm annehmen, wenn sie auch baulich nicht nachgewiesen werden konnte. Aus dem ganzen ergibt sich, daß die Teile, wenn sie auch vom Tiere als Ganzem beherrscht werden, ziemlich selbständig sind. Die Tatsache, daß sich am Mundkegel der Anfang einer Konzentration des Nervensystems bemerkbar macht , wird niemanden wundern. Die Proboscis hat ja die wesentlichsten Funktionen , was die Kommunikation mit der Außenwelt anbetrifiPt, auszuführen (be- sonders in Hinsicht auf den Nahrungserwerb). Die Hydra ist aber eine der wenigen Polypenformen, die sich frei auf der Unterlage bewegen und unter diesen (z. B. Baleremita eumulans, Protohydra LeuckarfAi, Polyjwdium hydriforme, Microhydra Ryderi etc.) scheint Hydra die beweglichste Form zu sein (speziell mittelst der Fuß- scheibe) und so werden wir das Vorhandensein einer Nervenzellan- sammlung und Ringbilduug an der Fußscheibe verständlich finden: der Fuß funktioniert zugleich als Tastorgan. Bei den solitären und stockbildenden Hydroiden, die ja regel- mäßig an ihrem Körper eine chitinige Hülle ausgebildet haben und sessil sind, findet man am unteren Körperteil keine Sinnes- und Nerven- zellen, soviel aus den bisherigen ziemlich spärlichen Untersuchungen bekannt ist [Jickeli (9)]. Bei den untersuchten Meercshydroiden (Eudendrium Tubularia, Campanularta) sind die Nervenzellen haupt- sächlich an den Tentakeln und der Proboscis gefunden worden. Aller- dings hat CiTRON (4) bei Syncoryne auch im Ektoderm des Coenosarks Zellen gefunden, die er als Nervenzellen deutet, obwohl sie nach der Abbildung vielmehr an die indiflPerenten Zellen erinnern. Es wäre (261) 38 .Tovan Hadzi: nicht berechtigt, bei den stockbildenden Hydroideu auf das Vor- handensein von Nervenzellen im Coenosark zu schließen, wenn auf das Berühren des Periderms hin die Hydranten bzw. deren Ten- takel reagieren, weil ja in diesem Falle die Erschütterung des ganzen Stämmchens und nicht der fortgeleitete E,eiz die Bewegung der Tentakel an den Hydranten veranlaßt, wie ich mich an Tubularia überzeugen konnte. Da Hydra von jeglichen Periderm- bildungen frei und überdies frei beweglich ist, so sind die Be- dingungen gegeben, welche eine Ausbildung des Nervensystems be- günstigten, und so kam es dazu, daß die, was die geschlechtliche Fortpflanzung anbelangt, sich so einfach verhaltende Hydra hin- sichtlich des Nervensystems höhere Ausbildung zeigt, als die Me- dusen produzierenden Meereshydroiden, bei welchen die freibewegliche geschlechtliche Generation, eben die Medusen, eine noch weitere Konzentration des Nervensystems und Ausbildung der Sinnesorgane zeigen , als Hydra selbst. Da sieht man sehr klar die Beziehung der Ausbildung des Nervensystems zu der Beweglichkeit. Die bei Hydra vorgefundenen Verhältnisse in bezug auf das Nervensystem kann man nur betreffs einzelner nicht besonders wesentlicher Punkte mit den diesbezüglichen Verhältnissen bei anderen Hydroidpolypen vergleichen, wie z. B. was das Vorkommen der Nervenelemente und ihre Lagerungsart auoetrifft; übei' die Ver- bindungsart ist recht wenig Sicheres bekannt, da ja in keinem Falle irgend eine spezifische nervenfärbende Methode mit Erfolg angewendet wurde. Von den außer Hydra bekannten Süßwasser- hydroiden [Microhi/dra Bi/dert (Pots), Polypodiwm hydnforme (Ussow), Limnocodiiim Sotoerbii (AhhMAti)] ist nur für Polypodium nach Ussow (17) bekannt, daß es Nervenzellen besitzt, von den übrigen ist nicht einmal das bekannt. Was die Meereshydroiden anbelangt, so hat man mit wenigen Ausnahmen [z. B. Monobrachium parasiticum Merej nach J. Wag- ner (19)] überall dort, wo man nach Nervenzellen gesucht hat, diese auch gefunden. Die Genauigkeit unserer diesbezüglichen Kenntnisse ist über das schon von v. Lendenfeld (10, 11) und Jiceeli (9) Ermittelte kaum hinausgekommen. Abgesehen von einigen Abwei- chungen, fand man überall, daß sich an den Hydranten, und zwar im Ektoderm, gleichmäßig zerstreute Nervenzellen finden und daß sie in der Proboscis oft häufiger vorkommen als sonst [v. Lendenfeld (1 1), Jickeli(9), CiTR0N(4),PAULy(lo)]. Auch Sinne.szellen wurden häufig beobachtet, besonders an der Proboscis und der Spitze der Tentakel. Was die Verbindungsart anbelangt (das ist schon früher erwähnt (262) t^ber das Nervensystem von Hydra. 39 worden), so reichten nicht die angewandten Methoden aus, um in diesem Punkte zu sicheren Resultaten zu kommen. Mir selbst ge- lang es in einigen wenigen Fällen bei Tulmlana intra vitam mit Methylenblau Nervenfärbungen von sehr kurzer Dauer zu erzielen; es waren bipolare, mit sehr langen Fortsätzen versehene Nervenzellen, die sich dabei gefärbt haben, und zwar an der Proboscis. Interessant ist die Tatsache, daß man an sich freibewegenden Planulae von Gonothyraea und Glava [Wulfert (21), Harm (7)], und zwar am Sinnes- oder Scheitelpol , der bei der Bewegung nach vorn gekehrt wird, Nerven- und Sinneszellen findet. Dieser Scheitelpol entspricht dem Fußpol der Hydra. Bei der Festsetzung befestigen sich die Planulae mit dem Scheitelpole und dabei wer- den die Nerven- und Sinneszellen rückgebildet (Wülfert). Was Hydra anbelangt, so ist für sie eher anzunehmen, daß die reichere Ausbildung der nervösen Elemente am Fußpol eine sekundäre Bildung ist; die Histogenese ist bei Hydra leider unbekannt, und so ist es nicht möglich, etwas Bestimmtes zu sagen. (263) 40 Jovau Hadzi: Literaturverzeichnis. 1. A. Bethe, Allgemeine Anatomie und Physiologie des Nervensystems. Leipzig 1903. 2. M. Chapeadx, Contribution ä l'etude de l'appareil de relatiou des Hydromeduses. Arch. de Biol. XII. 1892. 3. C. Chün, Coelenterata in Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreiches. Bd. II. 2. Abt. Leipzig 1902. 4. E. CxTEON, Beiträge zur Kenntnis des feineren Baues von Syncoryne Sarsii Lov. Archiv f. Naturgesch. 1902. 5. P. Ehklich, Über die Methylenblaureaktion der lebenden Nervensubstanz. Biol. Centralbl. Bd. 6. 1887. 6. 0. Hamann, Der Organismus der Hydroidpolypen. Jen. Zeitschr. "f. Naturw. Bd. 8. 1882. 7. K. Harm, Die Entwicklungsgeschichte von Clava squamata. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 73. 1903. 8. C. JiCKELi, Der Bau der Hydroidpolj^pen. I. Morph. Jahrb. Bd. 8. 1883- 9. — Der Bau der Hydroidpolypen. II. Morph. Jahrb. Bd. 8. 1883- 10. R. V. Lendenfeld, Über Coelenteraten der Südsee. 3. Mitt. Über Wehrpolypen und Nesselzellen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 38- 1883. 11. — Über Coelenteraten der Südsee. 4. Mitt. Eucopella campanularia nov. gen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 38, 1883. 12. M. NUSSBAUM, über die Teilbarkeit der lebendigen Materie. 2. Mitt. Beiträge zur Naturgeschichte des Genus Hydra. Arch. f. mikroskop. Anat. Bd. 29. 1887. 13. R. Pauly, ünter.suchnngen über den Bau und die Lebensweise der Cordylophora lacustris. Allg. Jen. Zeitschr. f. Naturw. Bd. 36. 1902. 14. K. C. Schneider, Histologie von Hydra fusca mit besondei'er Berücksichtigung des Nervensystems der Hydroidpolypen. Arch. f. mikroskop. Anat. Bd. 35. 1890. 15. F. E. Schulze, Über den Bau und die Entwicklung von Cordylophora lacustris Allm. Leipzig 1871. 16. — Über den Bau von Syncoryne Sarsii Lov. Leipzig 1873. 17. M. Ussow, Eine neue Form von Süßwasser-Coelenteraten. Morph. Jahrb. Bd. 12. 1887. 18. G.Wagner, On some Movemeuts and Reactions of Hydra. Quart. Journ. of microsc. sc. Vol. 48. 1905. (264) über das Nervensystem von Hydra. 41 19. J. Wagnek, Reclierche.s sur rorgaiüsation de Monobrach i um parasilicnm Merej. Arch. f. Biol, Bd. 10. 1890- 20. M. WoLi'F, Das Nervensystem der polypoideu Hydrozoa und Scypbozoa. Zeitschr. f. allg. Physiol. III. 1903. 21. J. WuLFERT, Die Embryonalentwicklung- von Gonothyrea loveni. Allg. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 71. 1902. 22. R. Zo.)A, Alcune ricerche morphologiche e fisiologiche suU' Hydra. Boll. sc. Pavia. Vol. 12. 1890. 23. _ Intorno ad alcun particolarita di struttura dell' Hydra. Rand. Ist. Lomb. Milauo. Vol. 25. 1892. 24. J. Hadzi, Vorversuche zur Biologie von Hydra. Arch. f. Entwicklungsgeschichte, Bd. XXII. 1906. Tafelerklärung. Allgemein, auch für die Textfiguren gültige Bezeichnungen. C Knidocil; Cu Kutikularsaum derektodermalenEpithel- nmskelzellen ; D Fußdrüsenzelle; E Endknöpfchen; E K Ektoderm ; E T Entoderm ; F Flüssigkeitstropfen ; G Grenze der ektod. Epithelmuskelzellen; I Indifferente Zellen ; Iz Interzellularraum; K Nesselzelle; K B Nesselbildungszelle ; KN Nesselzellfortsatz; N Nervenzelle; M Muskelfaser; N F Nervenzellfortsatz ; P Plasmabrücken; S Sinneszelle; SF Sinnesfortsatz; S N Sinnesnerveufortsatz ; Z Stützlamelle : ZK Zellkern. Tafel I. Fig. 1. Sinneszelle aus dem Ektoderm von Hydra fusca. Zupfpräparat. An der freien Fläche ein Sinneshaar, an dem basalen Ende die nervösen Fortsätze. Leitz. Ok. 2. Obj. 7. Fig. 2. Zwei entodermale Nährmuskelzellen (bzw. nur die basalen Teile der- selben) und eine Nervenzelle dazwischen. Die Fortsätze der Nervenzelle kleben so fest an dem die Muskelfasern umgebenden Plasma, daß die Verbindung auch auf Klopfen mittelst einer Nadel an das Deckgläschen nicht zerstört werden konnte. Zupf- präparat. Zeichenapp. Ok. 2. Obj. 7. Fig. 3. Ent. Nährmuskelzelle. Die Fortsätze der Nervenzelle kleben fest am Plasma der Nährmuskelzelle. Zupfpräparat. Zeichenapp. Ok. 2. Obj. 7. W. Wimpern. Fig. 4. Alles wie in Fig. 3. Fig. 5. Sinueszelle aus dem Ektoderm. Zupfpräparat. Zeichenapp. Ok. 2. Obj 7. Fig. 6. Basaler Teil einer Nährmuskelzelle mit einer ihm anliegenden Sinnes- zelle. Zupfpräparat. Ok. 2. Obj. 7. (265) 42 Jovan Hadzi: Fig. 7. Eine entodermale Ncährmuskelzelle mit einer Sinneszelle. Zupfpräparat. Ok. 2. Obj. 7. Fig. 8- Entodermale Sinueszelle. Zupfpräparat. Zeicbenapp. Ok. 4. Obj. 7. Fig. 9. Ektoderraale Fußdrüsenzelle mit einer Sinneszelle. Zupfpräparat. Ok. 2. Obj. 7. Fig. 10. Ektodermale Fußdriisenzelle mit angelagerten Nervenzellen. Zupf- präparat. Ok. 2. Obj. 7. Fig. 11. Eine Gruppe von Fußdrtisenzellen mit angelagerten Nervenzellen. Zupfpräparat. Ok. 2. Obj. 7- Fig. 12. Kontur einer ektodermalen Mnskelepithelzelle von der Fläche gesehen. In der Zelle ist ein Kristall von Methylenblau ausgefällt (von R. Zo.ta als nervös angesprochen). Nach dem Leben gezeichuet. Ok. 4. Öl. Imm. '/j„. Fig. 13 und 14. Dasselbe wie in Fig. 12, nur von der Seite gesehen. Die. Kristalle liegen in den Vakuolen. Der Inhalt der Vakuole war zuerst dunkelblau ge- färbt; nachdem die Farbe ausgefällt worden ist, wurde er wieder farblos. Nach dem Leben gezeichnet. Ok. 4. Öl-Imm. Y^j- Fig. 15. Stück eines Längsschnittes durch die Stutzlamelle, um die dieselbe durchziehenden Plasmafäden zu zeigen. H. fusca. Mit Sublimatessigsäure fixiert und Eisenhäm. gefärbt. Zeicbenapp. Ok. 4. Imm. ^\^. Fig. 16. Nerven- und Sinneszellen im Ektoderm der Mundscheibe von H. fasca; Längsschnitt; Präparationsmethode wie in Fig. 15 angegeben. Ok. 4. Imm. Via. Fig. 17. Sinnes- und Nervenzellen von H. fusca im Ektoderm der Mundscheibe. Längsschnitt. Zeicbenapp. Ok. 4. Imm. Via- Fig. 18. Nesselwulst aus dem Tentakel von Hydra fusca. Längsschnitt. Ok. 4. Imm. 7i2- Zeicbenapp. Fig. 19. Das freie Ende einer Sinneszelle aus dem Ektoderm der Mundscheibe. Ok. 4. Imm. V'i2- Zeicbenapp. Fig. 20. Siuneszelle aus dem Tentakel von H. fusca. Längs-schnitt. Ok. 4. Imm. 7i2- Zeicbenapp. Fig. 21. Eine Sinneszelle (Ektoderm) mit zwei Sinneskegeln an der freien Ober- fläche. Längsschnitt aus der Mundscheibenregion. Ok. 4. Imm. 7i2- Zeicbenapp. Fig. 22- Eine sehr lange und schmale Sinneszelle aus dem Ektoderm der Mund- scheibe. Längsschnitt. Ok. 4. Obj. Imm. Vi2- Zeicbenapp. Fig. 23. Sinnes- und Nervenzellen. Längsschnitt. Mundscheibe. Ektoderm. Ok. 4. Imm. Vi2- Zeicbenapp. Fig. 24. Dasselbe wie in Fig. 23, [von einem anderen Individuum. Ok. 4- Obj. Imm. \/j2. Fig. 25. Sinneszelle aus dem Tentakel von H. fusca. Längsschnitt. Ok. 4. Imm. Yi2- Zeicbenapp. Fig. 26. Nervensinneszellen. Längsschnitt. Ektoderm der mittleren Leibesregion. Ok. 4. Imm. \\^. Fig. 27. Nervensinueszelle. Längsschnitt. Ektoderm der mittleren Leibesregion. Ok. 4. Imm. 7i2- Zeicbenapp. Fig. 28. Fußdrüsenzellen und Sinnesnervenzellen dazwischen. An der Oberfläche der Drüsenzellen sind Stützfibrillen ausgebildet. Längsschnitt. Ok.4. luim. 7i2- Zeicbenapp. (266) über das Nerven.svstcin von Hyilra. 4H ,{' Fig. 29. Siiineszelle im Ektoderm. Längsschnitt durch die untere Leibesregion. Ok. 4. Obj. 7. Fig. 30. Sinnesnervenzello mit einem Endbläschen. Längsschnitt durch das Ektoderm. Ok. 4. Iram. ',.,. Fig. 31. Sinnesnervenzelle. Längsschnitt. Ektoderm. Ok. 4. Imm. Vis- ^eichenapp. Fig. 32. Sinnesnervenzelle, an der Grenze zwischen Leib- und Fußregion. Ektoderm. Ok. 4. Imm. Yi»- Fig. 33. Sinnesnervenzelle. Längsschnitt. Ektoderm. Ok. 4. Imm. \'j2- Zeiehenapp. Fig. 34. Nerven- und Sinnesnervenzellen. Längsschnitt durch die mittlere Körper- region. Ok. 4. Imm. */j„. Zeiehenapp. Tafel II. Sämtliche Figuren der II. Tafel sind nach intra vitara mit Methylenblau gefärbten Tieren nach dem Leben gezeichnet, und zwar ursprünglich bei der Vergrößerung Leitz Ok. 4. Öl-Imm. ^\„, nachher wurden alle Figuren (außer 6, 13, 14) um die Hälfte (linear gemessen) verkleinert. Alle Zeichnungen beziehen sich auf Hydra viridis. Fig. 1. Teil des Nervennetzes von der Fläche gesehen, und zwar aus der oberen Hälfte des Leibes. Fig. 2. Nervenzellen aus der Tentakelbasis, von der Fläche gesehen. Die Nerven- zellfortsätze längs verlaufend. Fig. 3. Teil des Nervennetzes, von der Fläche gesehen, aus der mittleren Partie des Leibes. Fig. 4. Dasselbe wie oben. Das Tier war stark kontrahiert. Fig. 5. Ein weiteres Beispiel des Nervennetzes von der Fläche gesehen. Fig. 6. Teil des Fußnervenringes. Blick auf die Fußscheibe. Ok. 4- Obj. 7. Fig. 7. Eine Sinneszelle. Randansicht. Tentakelbasis. Fig. 8. Nervensinneszelle mit einem Endknöpfchen an der freien Oberfläche. Mittlere Körperregion. Fig. 9. Nervensinneszelle mit geteiltem Sinnesfortsatz, jeder mit je einem End- knöpfchen. Fußregion. Randansicht. Fig. 10. Der Stötzlamelle anliegende Nervenzellen. Randansicht. Die rechts liegende Nervenzelle (Nervensinneszelle) sendet einen mit dem Endknöpfchen ver- sehenen Fortsatz zur Oberfläche, von einem anderen Nervenfortsatz derselben Nerven- sinneszelle geht ein ebenfalls mit Endknöpfchen versehener Fortsatz za den Muskel- fasern ab. Mittlere Körperregion. Fig. 11. Eine Siunesnervenzelle, deren Sinnesfortsatz mit seinem Endknöpfchen die Oberfläche nicM ganz erreicht. Basal steht die Sinnesnervenzelie mit einer Nerven- zelle im Zusammenhange. Randansicht. Untere Körperregion. Fig. 12. Teil eines Nervennetzes von der Fläche gesehen. Mittlere Korperregion. Fig. 13. Stück eines Nervenzellfortsatzes mit Flüssigkeitstropfen. Ok.4. Imm. V'is- Zeiehenapp. Fig. 14. Nervenzelle mit zwei kurzen mit Endknöpfchen versehenen Fortsätzen. Ok. 4. Imm. Yi2' Zeiehenapp. Fig. 15. Sinncszelle in Verbindung mit einer Nervenzelle. Tentakel. Randansicht. (267) 44 Jovan Hadzi: Über das Nervensystem von Hydra. Fig. 16. Nervenzelle mit einem Flüssigkeitstropfen (Fl). Fig. 17. Nervenzelle mit Nerven fortsätzen, die zur Stützlamelle ziehen. Fig. 18. Nervenzelle (N) mit anliegenden Nesselzellen (K) nnd einem Flüssig- keitstropfen (Fl). Fig. 19. Zwei Nervenzellen mit den der Stützlamelle parallel verlaufenden Nervenfortsäten. Seitenansicht. Fig. 20. Gruppe von Sinnesnervenzellen und Nervenzellen. Teils Randansicht. Fig. 21. Gruppe von Sinnesnervenzellen und Nervenzellen. Randansicht. Fuß- region. Fig. 22. Tj'pische Nervensinneszelle im Zusammenhange mit Nervenzellen. Randansicht. Fig. 23. Sinneszelle aus dem basalen Teil des Tentakels. Randansicht. (268) Untersuchungen über das Nervensystem der Aktinien. Von Paul Groselj, cand. pbil. (Mit einer Tafel tind 22 Textfiguren.) Einleitung. Die Untersuchungen über den feineren histologischen Bau und die Topog-raphie des Nervensystems der Wirbellosen sind in aller- letzter Zeit, besonders auf die Anregung von Retzius und Apäthy, in den Vordergrund aller neurologischen Studien getreten. Sowohl Anhänger als auch Gegner der Neurontheorie glaubten, in den ver- einfachten und daher leichter verständlichen Verhältnissen, die uns hier zutage liegen , neue Argumente für ihre Theorien finden zu können. Obwohl nun die gewonnenen Resultate hinter diesen Hoffnungen weit zurückgeblieben sind, so hatte die Neuron- bzw. die Metaneurontheorie doch einen großen heuristischen Wert, indem sie zum Ausgangspunkte unserer genaueren Kenntnis über den Bau des Nervensystems der Wirbellosen geworden ist , über- dies ergab der Vergleich zwischen den hier gewonnenen Re- sultaten mit jenen an den Wirbeltieren manche neue Gesichtspunkte. Wegen der technisch schwierigen Untersuchungsmethoden, speziell bei den niedersten Wirbellosen, und bei der außergewöhnlichen Vor- sicht, die man bei der Konstatierung von Befunden wegen ihrer Tragweite anwenden muß, ist auf diesem Gebiete jedes sichergestellte neue Detail wertvoll. Einiges zur detaillierten Kenntnis des Nerven- systems einer der niedersten Metazoengruppen , der Aktinien, bei- zutragen , ist der Zweck vorliegender Arbeit , die ich auf An- regung meines hochverehrten Lehrers Prof. Dr. B. Hatschek im Herbste 1904 begonnen habe. Für die rege Anteilnahme an der Arbeit als auch für die Mitteilung wichtiger leitender Gesichtspunkte spreche ich ihm meinen verbindlichsten Dank aus. Zu gleichem Danke bin ich auch den Herren Assistenten des II. zoologischen Institutes (269) 2 Paul Groselj: Prof. Dr. K. C. Schneider und Dr. H. Joseph für zahlreiche Unter- stützung und manche Ratschläge verpflichtet. Anderthalb Monate weilte ich zu Ostern 1905 in Ausführung dieser Arbeit an der k. k. zoologischen Station in Triest; dem Direktor derselben, Pro- fessor Dr. C. CoRi, fühle ich mich besonders verpflichtet, da er mich mit frischem Untersuchungsmaterial während der ganzen Arbeits- zeit aufs reichlichste versorgte, und zwar mit folgenden Spezies: Cerianthus membranaceus Spall., Äctinia equina L.^ Äctinia Cari Chiaje, Änemonia sulcata Penn, Adamsia Rondeletii CfliAJE, Adamsia palliata Bohadscb, Aiptasia mutabüis Grav., Ragactis piilchra Anbues, Heliactis bellis ^LLis, Bunodes gemmaceus Ellis, Ilyanthus parthenopeus Andres. [Bestimmt nach Andres (1),] I. Untersuchungsmethoden. Nach mehrmonatlichen resaltatlosen Versuchen, das Nervensystem der Aktinien mit den Silbermethoden Golgis, Ramön y Cajals und BiELSCHOFSKYs sowie mit der Hämatoxylinimprägnation nach Viallanes, mit Eisenhämatoxylin und Thionin darzustellen i), wandte ich mich der Ehrlich sehen vitalen Methylenblaufärbung zu, obschon mit einigem Zögern, da bereits die Versuche von Retziüs (19) mit derselben an den Cölenteraten negativ aus- gefallen sind und ihre Anwendung an Aktinien Carlgren (5) vollständig mißlang; Havet (10) erwähnt zwar, daß ihm dieselbe an Aktinien einige Dienste geleistet hatte, hat jedoch bis jetzt die gewonnenen Resultate noch nicht publiziert. Von der Ehrlich sehen vitalen Methylenblaufärbung machte ich in folgender Weise Gebrauch: In einem gut durchlüfteten, mit Seewasser gefülltem Glasgefäße brachte ich die einzelnen Tiere zu voller Entfaltung; wenn dies geschehen, setzte ich mit einer Pipette von einer in Aq. dest. konzentrierten Methylenblaulösung dem See- wasser soviel Tropfen zu , bis dasselbe eine stahlblaue Farbe an- nahm, aber in größeren Mengen noch durchsichtig blieb, und durch- lüftete gut. Durch eine spätere Kontrolle konstatierte ich, daß die Methylenblaulösungen eine Konzentration V50 — VioVoo aufwiesen; die von Carlgren (5) gebrauchte Konzentration von 1^1 qq ist ent- schieden zu stark. Schon etwas vor einer Viertelstunde färben sich an den Tentakeln die epithelialen Endungen der ektoilermalen Sinnesnervenzellen ; das farblos gebliebene Ektoderm weist eine große ^) Nur die erste von allen genaunten Methoden, die auch Havet (lU) und Retzius (21) teilweise gelang, lieferte einige jedoch unbrauchbare Nervenfragniente. (270) UutersiioliuiiRcn über das Nervensystem der Aktioien. 3 Menge von blauen Kügelcben auf, die sich nach unten in einen feinen, abbhissenden Fortsatz ausziehen. Nach einer guten halben Stunde sind die Sinnesnervenzellen in ihrem ganzen Verlaufe gefärbt und man sieht von ihnen blal)blaue Nervenfasern auslaufen , die sieh bei längerem Einwirken der Lösung immer intensiver färben. Gleichen Schritt mit der Färbung der Tentakel hält derjenige oberste Teil des Schlundrohres, der bei einem sehr gut entfalteten Tiere mit dem Methylenblau noch in Berührung kommt, ja er eilt in der Färbung sogar noch etwas voraus, was besonders für seine Schlundrinnen gilt. Sind einmal die Nervenfasern distinkt gefärbt, beginnt auch die darunter liegende Muskulatur sich zu bläuen und auch das übrige ektodermale Gewebe nimmt einen granulösen blaß- blauen Ton an. Einen größeren Widerstand gegen das Eindringen des Methylenblau leisten die übrigen Körperpartieen; die Fußscheibe mit dem an sie grenzenden Teile des Mauerblattes reift erst nach einigen Stunden, während das übrige Mauerblatt und speziell die ' Mundsoheibe sich gegen das Reagens am meisten ablehnend verhalten. Die Färbung der Nervenelemente auf der letzteren gelingt nur selten, und zwar dann, wenn die Tiere länger Zeit ruhig in schön ausgestrecktem Zustande verharren und wenig Schleim ab- sondern. Die Färbung der inneren Körperpartieen gelingt nicht so regelmäßig wie die der äußeren, da das Methylenblau bei normalem Verhalten der Tiere in ihr Inneres nicht eindringen kann. Einige Arten, vor allem Bunodes gemmacem, teilw^eise auch Äctinia eqaina, Adamsia Bondeletü , Ragactis pulchra , Ili/anthus- partkenopeas u. a. haben die vorteilbringende Gewohnheit , auf die Reizung mit Me- thylenblau und auf den Sauer.stofPüberfluß. der bei starker Durch- lüftung des Seewassers eintritt , in der Weise zu reagieren , daß sie das Schlundrohr als pralle Blase ausstülpen, ja einige drehen nach und nach den ganzen Körper wie den Finger eines Hand- schuhes um, wobei die inneren Organe mit dem Medium in Kontakt gelangen und ihre Nervenelemente sich färben; nur die entodermale Auskleidung der Körperwand und der Mundscheibe widersetzen sich jedem Färbungsversuche, weil sie meist von den inneren Or- ganen der Tiere und von dicken Schleimmassen bedeckt werden; bei den anderen Spezies ist man gezwungen, den Körper aufzuschneiden. Die äußeren Verhältnisse, die verschiedene physikalische Kon- stitution der Gewebe und ihr physiologischer Zustand bedingen das höchst verschiedene Gelingen der Reaktion. Frisches, reines, von sezerniertem Schleim nicht getrübtes Seewasser begünstigt es, resistentere Gewebe (Tentakel von Bunodes, Cerianthus, die Schlund- (271) 4 Paul Groselj: röhren von Bunodes , Actinia equina, Fußscheibe von Bunodes) sind vorteilhafter, während weiche Gewebe, die unter dem Deckglase schon bei geringem Drucke zu einem Brei zerfließen, selten gefärbte Nerven- elemente aufweisen. Bei diesen (Tentakel von llyanthus ^ Adamsia Rondeletii, Heliactis) färbt sich das Plasma in diffus verstreuten blauen Kügelchen. Ebenso benachteiligt das bei vielen Aktinienarten anzutreffende Pigment das Gelingen der Färbung, Prall ausgestreckte, nicht Schleim absondernde Organe sind derselben zugänglicher, kon- trahierte oder sehr dicke Gewebe sowie Tiere, die durch ein langes Verbleiben im Aquarium an Lebensfrische eingebüßt haben , sind zu Färbungszwecken minder geeignet. Auch ist ein großer Unterschied in dem Verhalten sensibler und motorischer Nervenelemente zu konstatieren. Während sich die Sinnesnervenzellen mit ihren Fortsätzen äußerst leicht und in statt- licher Anzahl darstellen lassen, färben sich die Ganglienzellen in sehr seltenen Fällen und dann ziemlich spät und meist nur spora- disch; das Gelingen schöner Ganglienzellenpräparate hängt von ganz unberechenbaren Zufälligkeiten ab. Der eben erwähnte Unter- schied dürfte auf Differenzen chemischer Natur beruhen. Die günstigsten Resultate unter allen von mir untersuchten Aktlnien lieferten Bunodes gemmacens und Ceriantims memhranaceus : die Färbung der Tentakel bei beiden sowie des Schlundrohres an ersterem mißlingt bei einiger Übung nur in seltenen Fällen. Mit Ausnahme des Schlundrohres, welches sieh bei den meisten unter- suchten Arten als ein ziemlich gut tingierbares Organ erwies, erzielte ich an den Organen der übrigen Spezies in der Regel keine schönen Färbungen; jedoch gelang es mir. bei den meisten wenigstens einzelne Nervenelemente zum Vergleiche darzustellen. Das verschiedene Verhalten der einzelnen Aktinienspezies gegen die Methylenblaufärbung ergibt sich aus den oben mitgeteilten Gesichts- punkten. Von den verschiedenen Partieen der Tiere schnitt ich in ein- zelnen Intervallen, angefangen von einer viertelstündigen Ein- wirkungsdauer bis zu einer solchen von zwei Tagen i), kleine Stück- chen ab und preßte sie ziemlich intensiv unter dem Deckgläschen, um die tieferliegende Nervenfaserschichte der Beobachtung zugäng- lich zu machen; unter diesem Drucke leiden zwar die Nerven- ') Die Tiere bleiben in der Lösung bei einer guten Durchlüftung eine ganze Woche und mehr am Leben, jedoch sind für die Untersuchung nur die ersten Stunden von Belang. (272) Untersuchungen über das Nervensystem der Aktinien. 5 elemente, speziell die epithelialen Endigungen der Sinnesnervenzellen, allein es bleibt dessenungeachtet von denselben noch immer eine genügend große Anzahl intakt. Ist die Färbung gelungen, so ist es angezeigt, das dünngepreßte Häutchen mit Methylenblau zu be- netzen und der Luft auszusetzen, die Färbung wird dadurch eine intensivere und distinktere. Nach solchen frischen Totalpräparaten zeichnete ich den größten Teil der beigegebenen Abbildungen, weil die Konservierung derselben eine launenhafte ist und im Verlaufe der Nervenfasern viele Diskontinuitäten entstehen läßt. Durch feine Falten des Häut- chens als auch infolge des angewandten Druckes bekommt man die Sinnesnervenzellen in schrägen seitlichen Ansichten, oft geradezu in einem optischen Längsschnitte zu sehen. Als Konservierungsflüssig- keit gebrauchte ich eine konzentrierte Lösung von Ammonium- molybdat in Aq. dest., sie hat jedoch die unvorteilhafte Eigenschaft, daß sie die Gewebe zu stark mazeriert; durch Zusatz einiger ' Tropfen Osmiumsäure wird diesem Übel zwar abgeholfen , allein man bekommt bei dieser Behandlung zu dunkle, schwer durch- sichtige Präparate. Die Präparate wusch und entwässerte ich , um sie in Kanadabalsam einzubetten. Das Zeichnen nach frischen Präparaten liefert zwar unzwei- deutige, deutliche Bilder, man kann jedoch bei den schnell abblassen- den und absterbenden Geweben nicht den ganzen, oft geradezu erstaunlichen Reichtum an Nervenelementen zeichnerisch festhalten. II. Historisches. Aus physiologischen Gründen wurde den Aktinien ein Nerven- system lange vor seiner definitiven Entdeckung zugeschrieben (QuATREFAGES 1842). Vor allem postulierte man ein solches auf Grund ihrer gut entwickelten Muskulatur und ihrer, oft scheinbar zielbewußten Antwort auf äußere ßeize. A. v. Heider (1877, 1879) gelang es zuerst in seinem „Interbasalnetz" des Sagartia- und CermwifÄifs-Ektoderms;, die Nervenfaserschichte der Aktinien zu beobachten , er konnte jedoch zu keiner richtigen Deutung dieser Interbasalsubstanz gelangen. Letztere lieferten erst die Gebrüder Hertwig (1879), welche zugleich einen vollen Beweis für die Stichhältigkeit ihrer Deutungsweise erbrachten. Sie beschrieben eine, den untersten basalen Teil des einschichtigen Aktinienepithels durchziehende Nervenfaserschichte, die sich im Ektoderm, mit Aus- nahme von Gerianthus , nur auf dem prostomalen Teile des Tieres gut ausgebildet präsentiert und die im Entoderm an Mächtigkeit Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 3. 20 (273) ß Paul Groselj: zwar abnimmt, aber auch in den mehr apikal gelegenen Partieen desselben stellenweise gut entwickelt anzutreffen ist. Die nervösen Fortsätze der tektepithelial gelegenen Sinnes-, Nessel-. Drüsenzellen und der subepithelial anzutreffenden Ganglienzellen liefern dieses Filzwerk. In topographischer Hinsicht konstatierten sie eine begin- nende Konzentration der Nervenelemente auf der Mundscheibe; dieses nervöse „Zentralorgan" besteht aus einem dicht unter dem Tentakelkranze um den Mund verlaufenden Nervenringe, der meist aus multipolaren Ganglienzellen besteht, und aus radiären Streifen, die von diesem Ringe gegen den Mund ausstrahlen und meist aus bipolaren, radiär orientierten Ganglienzellen aufgebaut sind. Eine genauere historische Darstellung und Würdigung dieser als auch aller späteren histologischen und physiologischen Befunde am Aktiniennervensystem bringt die Arbeit von Wulff (1904); ich beschränke mich daher im weiteren nur auf seine Untersuchungen und auf den von ihm noch unberücksichtigt gebliebenen Beitrag Havets (1901). Havet stellte mit der schnellen Silbermethode Golgis im ge- samten Ekto- und Entoderm von Methridiam dianthus Ellts Nerven- elemente dar, und zwar schlanke, meist bipolare Sinnesnervenzellen; die von ihnen auslaufenden Nervenfasern weisen im Verlaufe oft dickere Anschwellungen auf, welche Havet als besonders kleine Nervenzellen deutet und ihnen die Funktion der Reizübertraguug zuspricht. Die Kontinuität dieser, mit kleinen Nervenzellen ver- sehenen Fasern mit den Ausläufern der Sinnesnervenzellen scheint ihm im Präparate durch künstliche Verlötung entstanden zu sein. Von den Fortsätzen der Sinnesnervenzellen steigen hie und da feine Ästchen ziemlich hoch zwischen die Deckzellen empor und endigen daselbst frei, andere wiederum durchqueren die Stützlamelle und stellen auf diese Weise eine Verbindung zwischen dem ekto- und entodermalen Nervensystem dar. In beiden erwähnten Körperpartieen beobachtete Havet auch vielverzweigte, meist ansehnliche Zellen, die er für motorische Nervenzellen hält und die er zahlreich auch in der Stützlamelle antraf, von wo sie Ausläufer in das Ekto- und Entoderm entseu'len. Wulff (23), der seine Resultate mit den histologischen und physiologischen Befunden seiner Vorgänger verbindet, gelangt zu folgender Ansicht: Das gesamte Epithel der Aktinien wird von einem netzartigen Nervenplexus durchzogen, in welchem spärliche Nervenzellen eingestreut liegen und von dem sich Sinnesnervenzellen zur Oberfläche erheben; große Nervenzellen findet er ähnlich den (274) Untersiuhuiifien über das Nervensystem der Aktinien. 7 Gebrüdern Hertwig auf der Mundscheibe. Mit diesem Hkutw lo- schen Nervenring steht das gesamte Nervensystem in Verbindung; überdies ziehen, physiologischen Befunden zufolge, besondere Bahnen von jedem „Tentakelbasalzentrum" zu allen anderen Tentakeln, von der Sohle zu den adoralen Partien, durch das Schlundrohr und die Drüsenstreifen der Mesenterialfilamente in das entodermale Nerven- system; diese Bahnen sollen fast ausschließlich aus den Nerven- fortsätzen der zentral, d. h. adoral gelegenen Nervenzellen bestehen. Die Sinnesnervenzellen sind auf den Tentakeln zusammengedrängt, kommen aber auch auf den Septen, Akontien und der Mundscheibe vor. Die von den Nervenzellen ausgehenden motorischen Fasern endigen an den Muskelfasern mit motorischen Endplatten , die sekretorischen Fasern umspinnen in pericellulären Netzen die Drüsen- und Nesselzellen. In spindelförmigen, basiepitbelial ge- legenen Zellen , die er als Nervenzellen deutet , stellt er den NissLschen Tigro'idschollen ähnliche Gebilde dar. Eine genauere Auseinandersetzung mit den hier zitierten Be- funden bringe ich in den nächsten Abschnitten, in denen ich meine eigenen Resultate eingehend schildern will. III. Zur Histologie des Nervensystems. Die Sinnesnervenzelle. Wie schon erwähnt, färben sich bereits nach einer kurzen Einwirkungsdauer der Methylenblau- lösung dicht unter der Oberfläche des Epithels rundliche oder ge- streckte Gebilde, welche sich nach unten in einen schmäleren Hals ausziehen und sich bei längerer Einwirkungsdauer des Reagens als die Endigungen von Sinnesnervenzellen erweisen (Taf. Fig. 2). Läßt man den Färbungsprozeß längere Zeit dauern , so gewahrt man mit einer Immersionslinse bei Einstellung auf die Oberfläche des Epithels ein blaßblaues körniges Mosaik, bestehend aus Polygonen an vielen Stellen durch einen ungefärbt gebliebenen, staik licht brechenden Kreis unterbrochen. Es sind die Zell grenzen der Deck- zellen, zwischen denen ungefärbt gebliebene Nesselkapseln und Drüsenzellen eingestreut liegen. Auf diesem blaßblauen Felde stechen dunkelblaue Kügelchen oder Stäbchen hervor, auf denen man je ein — in den seltensten Fällen zwei (Taf. Fig. 2, SjÄj) — bei langer Färbungsdauer auch blaugefärbtes Sinneshaar sitzen sieht. Von ganz feinen, geschlungenen, einer Wimper ähnelnden Härchen, welche ich besonders im Schlundrohre von Bunodes beobachtete (Taf. Fig. 1 u. Textfig. 17 sä), findet man alle Übergänge bis zu einem dicken, steifen, geraden oder leicht gebogenen, einer Borste !^- Nessel kapsei, 1/ vertikaler Fortsatz. Den Zusamenhang des Nervensystems mit den Drüsenzellen, wie ihn die Gebrüder Hertwig beschreiben, konnte ich nicht be- stätigen , ebenso führten zu keinem Resultate die Versuche , den sekretorischen Endapparat, wie ihn Wolff annimmt, darzustellen. Die Muskelzelle. Im Ektoderm des Tentakels und des obersten Teiles des Schlundrohres von Bunodes fand ich einige lange, die Höhe des Epithels (Textfig. 7, h) weit übersteigende euepithelial gelegene Zellen von feinfadenförmiger Gestalt, die in (283) 16 Paul Groselj: Fig. «. b Stut^zellen, c, d Endigungen derselben, ai,s dem Ektoderm des Tentakels von Bunodes d'" t"?1' ': ^' \ ^'^^"'^"'^^'"^ <^-- ^^-venfasern au der Muskulatur, ., / aus de« Ektoderm des Tentakels und Schlundrohres von Bunodes ge..r>,acevs, g aus dem Ektoderm des Ten- takels von Cerianü>us ^embranaceus. Leitz, ölim. Vn, Ok. 4. ./ Endfüßchen, eAn End- knopfchen, 7< Höhe des Ep ith el s, ..Stützzelle. Der Pfei 1 gibt für e die Längs- richtung des 'l'entakels gegen die Basis hin an. ihrem Verlaufe zahlreiche Varikositäten aufwiesen. Ihre proximalen Ausläufer waren so lang, daß (284) sie auf eine längere Strecke ent- Untersuchungeu über dan Nervensystem der Aktinien. 17 weder stark gegen die vertikale Richtung der Epithelelemente geneigt oder geradezu horizontal veidaufen mußten (Textfig. 7, s z). Genau im Niveau der Muskulatur endigten sie an den Muskel- fasern mit einem langgestreckten Fiißchen , dessen Richtung mit dem Verlaufe der Muskelfasern übereinstimmte. Die beschriebenen Zellen weisen demnach eine große Ähnlichkeit mit Nervenzellen auf, so daß es anfangs allen Anschein hatte, als läge hier ein sehr primärer Reflexbogen vor — wenn man diesen Namen im gegebenen Falle anwenden dürfte — bestehend aus einer noch vollkommen euepithelial gelegenen Ganglienzelle und einer basiepithelialen Muskelzelle. Einen großen Zweifel an der nervösen Natur dieser ziemlich seltenen langgestreckten, varikösen Zellen erweckte eine stattliche Anzahl im gleichen Präparate gefärbter Zellen , welche die Höhe des Epithels nicht überstiegen, eine ziemlich steife Gestalt zur Schau trugen und im Niveau der Muskelschichte ebenfalls mit einem parallel zu den Muskelfasern gestellten Füßchen endigten (Textfig. 7, s^Zy), welches auch die Form einer Triangel annehmen kann (Textfig. 7, ef). Ganz ähnliehe Zellen stellte Havet im Ekto- und Entoderm von Methridium dianthus Ellis als Muskelzellen dar. Da ich jedoch in der mir zugänglichen Literatur keine Angaben über euepithelial gelegene ektodermale Muskelzellen vorfand, bin ich eher geneigt , sie für schmächtige Stützzellen zu halten , die an der Muskellaraelle befestigt sind , ähnlich wie es die Gebrüder Hertwig dargestellt haben. Die oben beschriebenen seltenen varikösen Zellen dürften nur auf eine abnormale Weise so lang und fadenförmig geworden sein , ihre Varikositäten sind künstlich hervorgerufene Plasmaschwellungen. Ektodermale Muskelzellen stellt übrigens die Methylenblau- methode auch dar, besonders schön am Tentakel von Gerianthus. Man beobachtet sie daselbst nach ziemlich langer Färbungszeit und bei intensivem Drücken des Präparates als durch das ganze Gesichts- feld parallel verlaufende vielfach gekrümmte, anschwellende und sich wieder verjüngende Streifen (Textfig. 8 , mf) , die in ihrer außergewöhnlichen Länge eine große Anzahl von Gesichtsfeldern (Obj. 5, Ok. 4) durchlaufen. Diese varikösen Muskelfasern sind stellenweise so dünn , daß man sie von einer Nervenfaser nur schwer unterscheiden kann. Die vielen spindelförmigen Auftreibungen sind Schwellungen von Protoplasmazipfeln, die der Muskelfaser an- liegen ; in fixierten Präparaten kann man durch ihre Mitte einen dunkleren, kompakteren Zug verlaufen sehen, welcher das Bündel der Muskel fibrillen darstellt. Von einer größeren Anschwellung der (286) 18 Paul Groselj: Muskelfaser erhebt sich zwischen das Epithel ein feiner Fortsatz, welcher zu einer birn-, kugel- oder keulenförmigen Muskelzelle anschwillt (Textfig. 8, a, b, c). An Mazerationspräparaten sind die erwähnten Plasmazipfel gut zu beobachten , wie sie ja schon die Gebrüder Hertwig im Ektoderm von Gerianthus membranaceus (T. VIII, Fig. 7) und besonders schön auch Carlgren (5) an ProthantJiea simplex Carlgren (T. IV, Fig. 9 b) dargestellt haben. In einer ziemlich geringen, jedoch mit dem Heben und Senken des Tubus noch immer sehr gut zu messenden Distanz breitet sich über der Muskelschichte die Schichte des nervösen Filzwerkes aus, Fig. 8. Muskelzellen und Muskelfasern aus dem Ektoderm des Tentakels von Gerianthus membrana- ceus. Leitz, Ölim. 1/12. Ok. 4, auf 2/3 verkleinert, w/ Muskel fas er, mz Muskelzelle, VC Varikosität. von welchem ich in einigen Fällen an den Tentakeln von Bunodes und Gerianthus einzelne Nervenfasern in die Tiefe biegen und in der Schichte der Muskulatur mit einem Knötchen oder Stiftchen (Textfig. 7, ek'ii) endigen sah; bei der Einstellung auf dieses Knötchen war von den zahlreichen darüberliegenden Nervenfasern keine mehr zu sehen. Von einem solchen Knötchen sah ich bei Gerianthus zwei haarfeine Fädchen auslaufen , die sich zwischen den Muskel- fasern verloren (Textfig. 7 , e^k^ n^). Die erwähnten Nervenfasern kamen von der Basis des Tentakels und stiegen gegen seine Spitze hin in die Tiefe. ';In den obersten Partieen des Sehlundrohres von Bunodes sah ich gelegentlich die Nervenfasern nicht direkt zur (286) Untersuchungen über das Nervensystem der Aktinien. 19 Muskulatur hinabsteigen, sondern es entsprang von ihnen eine laterale Abzweigung, welche zur Muskulatur hinablief und in ihrem Niveau auf eine kurze Strecke verstärkt endigte (Textfig. 7,/). Die beschriebenen Endigungen zur Muskulatur verlaufender Nervenfasern stellen uns höchst primitive Endknötchen von motori- schen Fasern dar, welche, wie erwähnt, der Methylenblaumethode sehr schwer zugänglich sind. Die Nervenfasern der Aktinien sind äußerst feine, in ihrer mittleren Dicke wenig variierende Fäden, die nur auf kurze Strecken anschwellen, um wieder zu ihrer normalen Dicke sich zu verjüngen, und die von zahlreichen Varikositäten besetzt sind. Letztere können zu so großen Spindeln anschwellen (Textfig. 12 u. 11, v (■), daß man geneigt wäre, sie für besondere Zellen zu halten, wie sie ja Fig. 9. Nervenfasern einer Sinnesnervenzelle aus dem Ektoderm des Tentakels von Bttnodes gemmaceus. IJeitz, Ölim. 1/121 Ok. 4, auf ^3 verkleinert. /*/ vertikaler Fort.'satz. auch Havet (10) für besondere, Reize transportierende Zellelemente ansah, obwohl in seinen Bildern alle Übergänge von den kleinsten bis zu den größten Varikositäten vorzufinden sind. Die Verzweigungen der Nervenfasern sind nicht besonders zahlreich und vielästig; falls sie auftreten, gewahrt man sie meist in unmittelbarer Nähe der zugehörigen Nervenzelle. Neben den eigentlichen Verzweigungen entspringen von den Nervenfasern sehr oft vertikale kurze Fäden (Textfig. 13, 9 u. 6, vf^ hf), die mit einem Knöpfchen endigen und von einer echten Verzweigung ganz wohl zu unterscheiden sind. Die Neurofibrillen. In Präparaten, welche mit Ammonium- molybdat fixiert worden sind, gewahrt man gelegentlich Sinnesnerven- zellen, welche sehr gut differenziert sind und deren Plasma sehr blaß geraten ist ; besonders bevorzugt sind in dieser Hinsicht die Sinnesnerven- zellen an der Peripherie des roten Fleckes oberhalb der Schlund rinnen bei Bunodes, wo das rote Pigment eine allzu schnelle Überfärbung (287) 20 Paul Groselj: derselben hintanhält. In solchen Zellen gewahrt man einen deutlich individualisierten, glatten, dunklen Faden (Taf. Fig. 4, nfr), welcher sich spiralig windend und streckenweise der Zell wand sich an- schmiegend von der Basis der Zelle dem Kern zustrebt, wo er meist in der dunkleren Umgebung des letztern unsichtbar wird; ebenso findet man ihn gelegentlich in einer distalen Anschwellung der Sinnesnervenzelle wieder, wo er sich ganz unvermittelt in den zur Oberfläche des Epithels hinziehenden letzten Fortsatz zu ver- längern scheint (Taf. Fig. 4 />). Da dieser Faden die Dicke der Nerven- faser, welche von seiner Mutterzelle entspringt, übersteigen kann, so ist es wahrscheinlich, daß er ein ganzes Bündel oder Netz von Neurofibrillen repräsentiert, die unter der Einwirkung der Reagen- tien zu einem glatten Faden zusammengeschnürt sind. Und wirk- lich gewahrt man sehr oft um den Kern von Sinnesnervenzellen Andeutungen eines dunkleren Gitterwerkes; nur selten gewahrt man in Zellen, deren Plasma fast vollständig abgeblaßt ist, ein voll- ständiges, äußerst scharf begrenztes, individualisiertes und um den Kern der Zellperipherie anliegendes, relativ dickbalkiges Neuro- fibrillennetz (Taf. Fig. 3, nfg), dessen Gitter werk intensiv dunkelblau erscheint; seine Maschen erstrecken sich in unserem Bilde auf den basalen Teil b der Sinnesnervenzelle. Bruchstücke von pericellulären Netzen beschrieb Wulff (23) an Nesselkapselzellen von Heliactis hellis, was ja sehr plausibel erscheint, wenn man an der oben begründeten Homologie zwischen Sinnesnerven- und Nesselkapselbildungszelle festhält; sie würden demnach den oben beschriebenen intrazellulären Gittern der Sinnes- nervenzellen entsprechen. IV. Zur Topographie des Nervensystems. Verteilung und gegenseitige Anordnung der Nerven- elemente. Sowohl das Ekto- als auch das Entoderm der Aktinien weisen bekanntlich auf Schnitten in der Regel drei deutlich unter- scheidbare Schichten auf: zu äußerst die Schichte der Epithelzellen, nahe an der Basis derselben die Nervenfaserschichte und unter dieser, in unmittelbarer Nähe der Stützlamelle oder in verschieden- artigem Zusammenhange mit derselben, die Muskelfaserschichte. Die Höhe der Nervenfaserschichte über der Muskulatur variiert bei einzelnen Arten in engen Grenzen und auch ihre Mächtigkeit ändert sich je mit den einzelnen Spezies als auch mit den verschiedenen Organen derselben. Auffallend in dieser Hinsicht ist nur die be- sondere Bevorzugung der prostomalen Ektodermpartieen , nämlich (238) Untersuchungen über das Nervensystem der Aktinien. 21 die außergewühnliohe Mächtigkeit der Nervenfaserschichte auf der Mundscheibe und im Schlundrohre. Die Nervenfaserschichten in diesen beiden Körperpartieen halten einander so ziemlich das Gleich- gewicht. Wenn man jedoch in Erwägung zieht, daß in dem an und für sich mächtigeren Epithel der Mundscheibe alle seine Bestand- teile relativ stärker ausgebildet sind und daß auf die Reizung mit Reagentien hin die muskelreiche Mundscheibe viel stärker sich kontrahiert als das an Muskeln arme oder von denselben ganz freie Schlundrohr, so ersieht man, daß auf diese Weise durch die starke Kontraktion des Mundscheibenepithels eine künstliche Mächtigkeits- zunahme der Nervenschichte zugunsten der Mundscheibe zustande kommt. Wir wären also schon auf diesen einfachen Vergleich hin geneigt, das Schlundrohr als das nervenreichste Organ der Aktinien zu betrachten, eine Ansicht, die weiter unten eingehender begründet werden soll. Einen ziemlich vollkommenen Einblick in die Verteilung der Nervenelemente gewähren uns erst mit der vitalen Methylenblau- färbung dargestellte Präparate , weil diese Methode die Nerven- elemente sehr gleichmäßig und vollzählig zur Darstellung bringt. Die Tentakel als „Universalsinnesorgane" [Nagel (16)] der Aktinien verfügen begreiflicherweise über einen sehr großen Reich- tum an Sinnesnervenzellen ; bei einer ziemlich vollständigen Färbung erscheinen sie bei Bunodes etwas weniger dicht gesät, als auf der Textfig. 16 aus dem Schlundrohre vonllyanthus. Tafelfig. 2 gibt uns in den Endigungen derselben ein beiläufiges Bild ihrer Dichtigkeit bei einer ziemlich vollständigen Färbung. Die Sinnesnervenzellen sind fast gleichmäßig über den ganzen Tentakel verstreut; die Vermutung Hertwigs, daß an der Spitze der Tentakel eine Anhäufung derselben sich vorfinde, konnte ich nicht bestätigen, eher ist eine Zunahme ihrer Dichtigkeit gegen die Basis hin zu verfolgen; außergewöhnlich dicht fand ich die Sinnesnervenzellen außer auf den Tentakeln von Bunodes auch auf denen der kleinen Ädamsia palliata und von Cerianthus. Übrigens schwankt aber die Dichte der Nervenzellen und Nerven- fasern an ein und derselben Körperpartie als auch die relative Dichtigkeit derselben an verschiedenen Organen im Vergleiche zu- einander in nicht engen Grrenzen von Spezies zu Spezies [Danielssen (6, 7, 8), Appellöf (2, B), Carlgren (5)]. Besonders wichtig für uns sind jedoch vor allem die konstanten Verhältnisse in der Ver- teilung der Nervenelemente. Das Ektoderm der Tentakel erwies sich bei allen auf diesen Punkt von mir untersuchten Arten als eine sehr augenfällige Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tora. XVn, Heft 3. 21 Cftö) 22 Paul Groselj: Prädilektionsstelle für Sinnesnervenzellen , so daß sie in dieser Hinsicht von keiner anderen Körperpartie , mit Ausnahme des Schlundrohres, übertroifen oder überhaupt erreicht v/erden. Was die Anzahl und Anordnung der von den Sinnesnervenzellen ausgehenden Nervenfasern betrifft, so sind in dieser Hinsicht zwei von mir auf diesen Punkt besonders sorgfältig untersuchte Aktinien- spezies zu unterscheiden, nämlich Gerianthus und Bunodes, und einander gegenüberzustellen. Die Sinnesnervenzellen der Oermw^/«^s-Tentakel sind in erdrückender Majorität unipolar und alle senden ihre Ausläufer entv^eder direkt oder nach einem kurzen queren Verlaufe gegen die Basis des Tentakels hinab (Textfig. 10, 9 u. 11). Der Fig. 10. SinnesnervenzeUen ans dem Ektoderm des Tentakels von Gerianthus membranaceus. Leitz, Olim. 1,2, Ok. 4, auf 2/3 verkleinert. Der Pfeil gibt die Längsrichtung gegen die Basis des Tentakels an. proximale Teil der Sinnesnervenzelle weist schon auf diesen regel- mäßigen Verlauf hin, indem er in leichtem Bogen gegen die Basis des Tentakels abbiegt (Textfig. 10). Stellt man bei einem gut und frisch gefärbten Tentakel auf die Nervenschichte ein, so sieht man das Gesichtsfeld durch bogenförmig gegen die Basis des Tentakels hin einschwenkende Nervenfasern schraffiert; die ziemlich seltenen bipolaren Sinnesnervenzellen entsenden von ihren Fortsätzen den einen gegen die Basis, den anderen gegen die Spitze des Tentakels hin ; die drei , vier gegen die Spitze des Tentakels auslaufenden unipolaren Sinnesnervenzellen, die ich beobachtet z;u haben glaube, ändern am ganzen deutlich zutage tretenden Typus nichts , wenn (290) Untersuchungen üher das Nervensystem der Aktinien. 23 es nicht etwa bipolare Zellen waren, von denen sich zufällig nur der eine Fortsatz gefärbt hatte. Bei Bunodes hingegen kompliziert sich das Bild insofern, als hier sowohl uni- als auch bipolare Sinnesnervenzellen in großer Anzahl anzutreffen sind iind ihre Ausläufer nicht so genau zur Längsachse des Tentakels orientiert sind, so daß man auf den ersten Blick ein unregelmäßiges Gewirr von Nervenfasern vor sich zu haben glaubt. Bei näherem Auflösen gewahrt man jedoch auch hier, daß bei weitem die meisten und vor allem die stärkeren Nervenfasern parallel zur Längsachse des Tentakels verlaufen und Sinnesnervenzenon aus dem Ektoderm des Tentakels von Cerianihus membranaceus. Leitz, Ölim. i/jj, Ok. 4, auf 2,3 verkleinert, vc Varikosität. Der Pfeil gibt die Längsrichtung gegen die Basis des Tentakels an. auch die Mehrzahl der übrigen gegen diese Richtung nur schwach geneigt hinzieht; und wiederum sind es die unipolaren Sinnes- nervenzellen, die auch hier in der Regel ihren Fortsatz gegen die Basis des Tentakels hin abgeben (Textfig. 12). Von den Tentakeln auf das Mauerblatt übergehend, sieht man bei Bunodes die Sinnesnervenzellen weniger dicht werden, sie sind dessenungeachtet noch ziemlich häufige Erscheinungen; die Fortsätze derselben zeigen im allgemeinen eine parallel zur Längs- achse des Körpers verlaufende Anordnung, welche besonders schön an der Übergangsstelle des Mauerblattes in die Fußscheibe zu beobachten ist, wo die Nervenfasern radienartig zu und von der 21* (291) 24 Paul Groselj: Fußscheibe verlaufen, auf welch letzterer sie sich dann in allen mög- lichen Richtungen kreuzen (Textfig. 13) und von sehr schmächtigen, fadenförmigen Sinnesnervenzellen ausstrahlen. Im Gregensatze zu den meisten älteren Autoren, welche die Fußscheibe als eine sehr nervenarme und fast aller Sinnesnervenzellen entbehrende Körper- partie hinstellen , repräsentiert sich dieselbe bei Bunodes als sehr nervöse und mit zahlreichen Sinnesnervenzellen versehene Stelle, wie ja auch Danielssen den aboralen Pol von Andvakia mirahilis Fig. 12 Sinnesuervenzellen aus dem Ektoderm des Tentakels von Bunodes gemmaceus. Leitz, Ölim. Vi2) ^^- *> *"^ 2 3 yerkleinert. sn Sinnesnervenzelle, vc Varikosität. Der Pfeil gibt die Längsrichtung des Tentakels gegen die Basis hin an. mit einem gut entwickelten Nervensystem versehen vorfand. Dieses Resultat ist eigentlich gar nicht befremdend, wenn man die wichtige, oft auch vielseitige Funktion der Fußscheibe in Betracht zieht, die sich den jeweiligen Bodenunebenheiten anzuschmiegen und anzuheften hat und die überdies bei vielen Aktinien als kriechende Sohle verwendet wird; ich selbst konnte in den Aquarien Wanderungen von Bunodes, Äctinia equina und Actinia Cari beobachten , welche an der Glaswand oder am Luftrohre hinaufgleitend der Luft zu- strebten, bis sie an der Wasseroberfläche oder über dem Luftstrahle sitzen geblieben waren. (292) Untersuchungen über das Nervensystem der Aktinien. 25 Der Abnahme des Nervenreichtums nach außen vom Tentakel- kranze entspricht oralwärts eine Zunahme desselben. Leider ist gerade in bezug auf die Mundscheibe die Methylenblauraethode sehr schwer zu handhaben , sie stellt nur reichlich vorhandene Sinnesnervenzellen und sporadische Ganglienzellen (Textfig. 14) bei Bunodes und Actinia equina dar, ohne eine genaue Einsicht in die Fig. 13. Sinnesnervenzellen aus dem Ektoderra der Faßscheibe von Bunodes gemmacens. Leitz, Ölim. Vi2) Ok. 4, auf * 3 verkleinert, sn Sin n esne rv enzell e n, t/vertikaler Fortsatz. Anordnung ihrer Fortsätze zu gewähren. Doch wissen wir bereits von den Gebrüdern Hertwig. daß das Feld der Mundscheibe von vorwiegend bipolaren radiärorientierten Ganglienzellen besät ist, so daß wir diese Anordnung ohne weiteres auch für die Nerven- fasern der Sinnesnervenzellen als gesichert annehmen dürfen, speziell weil ihr radiärer Verlauf in dem an den Mund grenzenden, einer (293) 26 Paul Groselj: gelungenen Färbung noch zugänglichen Gürtel der Mundscheibe von Bunodes wohl ausgeprägt zutage tritt. Mit Ausnahme der Mundscheibe fand ich in keiner bis jetzt besprochenen ektodermalen Partie des Aktinienkörpers an einigen Tausend Präparaten eine einzige unzweideutige Ganglienzelle, obwohl es an und für sich und in Hinsicht auf die höher stehen- den Tiergruppen wahrscheinlich ist, daß einzelne Ganglienzellen auch überall peripher sich vorfinden müssen. Mit dem Mundrande verlassen wir die bei normalem Verhalten der Tiere mit der Außenwelt in Kontakt stehenden Partieen des Aktinienektoderms und gelangen zu dem Schlundrohre, welches in Ganglienzelle ans der Mnndsclieibe, unter dem Tentakelkranze, von Actinia equina. Leitz, Ölim. i/i2) Ok. i, auf *'3 verkleinert. bezug auf das Nervensystem das reichste und komplizierteste Organ des Aktinienkörpers ist. Das Schlundrohr. Wie gesagt, zeigen die Nervenfortsätze des an das Schlundrohr grenzenden Teiles der Mundscheibe eine radiäre Anordnung, welche an den obersten Partieen des Schlundrohres noch ganz klar zutage tritt (Textfig. 15). Was uns beim Übertritte in das Schlundrohr vor allem ins Auge fällt, ist sein außergewöhnlicher Reichtum an Sinnesnervenzellen. Die große Mächtigkeit der Nerven- faserschichte im Schlundrohre ist bereits den älteren Autoren auf- gefallen. Die Gebrüder Hertwig brachten diesen Nervenreichtum mit der außergewöhnlichen Menge hier anzutreffender Drüsenzellen in Zusammenhang und hielten ihn für eine Nervenschichte , die meist aus sekretorischen Nerven besteht , weil sie mit ihren Unter- suchungsmethoden in diesem Gebiete „einen fast vollständigen (294) Untersuchungen über das Nervensystem der Aktinien. 27 Mangel" an Nervenzellen konstatieren mußten. Die Zugehörigkeit der erwähnten Nervenfasern zu ganz normal gebauten Sinnesnerven-, Nesselkapselbildnngs- und Ganglienzellen bewies mir nun die Methyl enblauraethode vollständig. In seinem Reichtume an Sinnes- nervenzellen übertrilft das Ektoderm des Schlundrohres alle anderen Fig. 16. Sinnesnei-venzellen aus dem obersten Teile des Schlundrohres von Banodes gemmaceus. Leitz, Ölim. Vi2i Ok. 4, auf 2/3 vejkleinert. sn Sinnesnervenzelle, vc Varikosität. Körperpartieen um ein Ziemliches. Nun wäre man vielleicht geneigt zu glauben, daß dieser Reichtum an Sinnesnervenzellen zwar eine interessante, aber bei der einen oder anderen Aktinienspezies nur zufällig auftretende, bedeutungslose Erscheinung sei, wie ja der relative Reichtum der Nervenelemente an den einzelnen Organen bei den Aktinien großen Schwankungen unterworfen ist. Demgegen- (296) 28 Paul Groseli Über fiel jedoch die große Mächtigkeit der Nervenfaserschichte im Schlundrohre den meisten älteren Autoren auf und mir gelang es, den außerordentlichen Reichtum der dazugehörigen Sinnesnerven- zellen an Bunodes , Actinia equina , Ilyanthus und Gerianthus über- einstimmend vorzufinden. Die beigegebenen Bilder geben mit Aus- nahme von Textfig. 16 keine richtige Vorstellung von der Dichtig- keit der Sinnesnervenzellen, weil ich zur gleichzeitigen Darstellung der Nervenfasern entweder nicht vollständig gefärbte oder stark gedrückte Präparate anwenden mußte. Im Schlundrohre wiederum sind die Schlundrinnen mit den sie einsäumenden Wülsten mit besonders dicht gestellten, schlanken Sinnesnervenzellen versehen. Diese Fig. 16. Sinnesnervenzellengrupiie aus deiti Schlnndiohre von Ilyanthus parteiiopeus. Leitz, Obj. 5, Ok. 2. letzterwähnte Bevorzugung der Schlundrinnen tritt schon makrosko- pisch zutage ; bei einer kurzen Färbungsdauer gewahrt man näm- lich die Schlundrinne mit ihren Wülsten deutlich blau gefärbt zu einer Zeit, wenn das übrige Schlundrohr noch vollständig weiß erscheint. Unter dem Mikroskope gewahrt man am Präparate den Sinnesnervenzellenreichtum des erwähnten Streifens wie mit einer Linie abgeschnitten , indem außerhalb derselben nur spärliche Sinnesnervenzellen dargestellt erscheinen; es ist übrigens möglich, daß in diesem Verhalten eine besondere Prädisposition der Schlund- rinnen für die Methylenblautinktion eine Rolle mitspielt. In den zur Seite der Schlundrinne liegenden zwei Höckerchen, die an (296) Untersuchungen über das Nervensystem iler Aktinien. 29 der Grenze zwischen Sehlundrinne und Mundscheibe liegen, gewahrt man bei Bnnodes oft eine so große Anzahl von Sinnesnerzenzellen, daß die darunterliegende auch mitgelarbte außerordentlich mächtige Nerventaserschiehte wie eine blaue Körnelung kaum noch durch- schimmert. Textfig. 19 ist einem solchen Höckerchen, das die Schlundrinne oben abgrenzt, entnommen; sie entstammt zur gleich- zeitigen Darstellung der Nervenfaserschichte einem absichtlich sehr sehwach gefärbten, stark gedrückten, konservierten Präparate. Vig. 17. Sinnesnervenzellen aus dem Schlundrohre, Mitte, von Bunodes gemmaceus. Leitz, Ölira. Vwi Ok. 4, auf 2/3 verkleinert, es Endstiftchen, sh Sinneshaar, v Verdickung, VC Varikosität. Der Pfeil läuft der Schlundrinne parallel. Was die Richtung der von den Sinnesnervenzellen auslaufen- den Nervenfasern anbetrifft , so zeigen dieselben bei Bunodes , wie erwähnt, in den obersten Partieen des Schlundrohres eine deutliche, parallel zur Schlundrinne verlaufende Anordnung, welche in schwächer gefärbten Präparaten auch im übrigen Schlundrohre angedeutet ist (Textfig. 17); an stärker gefärbten Stücken bekommt man jedoch in den mittleren Partieen des Schlundrohres ein wirres Geflecht nach allen Richtungen sich durchkreuzender, keine be- stimmte Orientierung aufweisender, sehr zahlreicher Nervenfasern (297) 30 Paul Groselj: ZU Gesicht (vgl. Textfig. 6 a). Bemerkenswert erscheint es, daß ich an eben dieser Stelle bei Bunodes sehr ansehnliche Gruppen von Ganglienzellen vorfand. Sie waren in schmalen Streifen, die parallel zur Schlundrinne zogen, angeordnet und bestanden aus sehr zahl- reichen, nach allen Richtungen ihre Fasern abgebenden, meist tri- und multipolaren Ganglienzellen; diese Ganglienzellenbänder waren durch engere ganglienzellenfreie Felder, welche nur Nervenfasern durchquerten, voneinander getrennt. Die Textfiguren 5 und 18 Fig. 18. Ganglienzellen aus dem Schlundrohre von Bunodes gemmaceus. Leitz, Ölim. i/i2) Ok. 4, auf -3 verkleinert, gz Ganglienzelle. entstammen je einem solchen Bande, und zwar entsprechen sie seinem mittelsten Teile. Nur ein deutlich abgegrenztes Gebiet behält im Schluadrohr in seiner ganzen Ausdehnung eine deutliche, parallel zur Längs- achse des Tieres orientierte Anordnung seiner Nervenfasern, nämlich die Schlundrinne. Man siebt bei Bunodes in derselben, besonders schön darstellbar in den obersten Partieen, eine erstaunliche Menge von Nervenfasern, die in weitaus überwiegender Anzahl die Schlund- rinne entlang verlaufen und von nur wenigen Querfasern qf durch- kreuzt werden, die gegen das Gebiet der Ganglienzellen hinziehen (298) Untersuchungen über das Nervensystem der Aktinien. 31 (Textfig. 19). 0 Die in der Sclilundrinno anzatreffenden Nervenfasern sind so dicht und so wohl orientiert, daß wir hier eine deutliche Nervenbahn vor uns haben, die man direkt mit einem Nerven zu vergleichen berechtigt ist. Ja sogar die hierorts vorkommenden Ganglienzellen fügen sich dieser Bahn, es sind nämlich bipolare, in ihren Nervenfasern zum Verlaufe der Schlundrinne parallel orientierte Fig. 19. /, t > . t V >/ i: •■ ./>''^^ Ä\ %n{ t ) Sinnesnervenzellen und Nervenfaserbahn im obersten Teile der Schlundrinne von Bunodes gemmaceus. Leitz, Obj. 7, Ok. 4 (fixiertes Präparat), j/ Qu erf aser. Der Pfeil zeigt die Richtung der Schlundrinne gegen den Gastralraum hin an. Ganglienzellen (Textfig. 20). Wenn man bedenkt, daß die Schlund- rinnen mit langen Zipfeln ziemlich tief in den Gastralraum der Aktinien hineinragen, daß sie also die Stellen sind, an denen die 1) Dieses Bild entstammt dem obersten Teile der Schlundrinne, den oben erwähnten Höckerchen, und ist der Deutlichkeit wegen einem schwach gefärbten Präparate entnommen. (299) 32 Paul Groselj: Septen, in der Regel sind es die Richtungssepten, in den innigsten Kontakt mit dem Schlundrohre gelangen können, und wenn man weiters in Erwägung zieht, daß die unter dem Drüsenstreifen an den Mesenterialfilamenten vorhandene Nervenfaserschichte speziell an den Septen, die sich an das Schlundrohr ansetzen, mächtiger entwickelt ist (Hertwig), so wird man nicht irre gehen, wenn man annimmt, daß die beschriebene deutlich ausgeprägte Nervenbahn der Schlundrinnen die vorwiegende Verbindung zwischen dem ekto- und entodermalen Nervensystem herzustellen hat. Über der Schlundrinne sitzt bei Bunodes gemmaceus an der Kreuzungsstelle des nervenreichsten Triviums: Mundscheibe, Schlund- rohr und Schlundrinne bekanntlich ein intensiv roter Fleck, zu dessen beiden Seiten die erwähnten parallelen Nervenbahnen in die Schlundrinne einziehen und der, aus dieser seiner Stellung zu urteilen, Fig. 20. Ganglienzellen aus der Schlundrinne von Bunodes gemvtaceus. Leitz, Obj. 7, Ok. 4, auf Vi ver- kleinert, g Ganglienzelle, vc Varikosität. Der Pfeil zeigt die Richtung der Schlundrinne an. vielleicht mit der Lichtperzeption dieser Aktinie im Zusammenhange steht, da ja die Empfindlichkeit für Licht eine in der Aktinien- gruppe sehr oft anzutreffende Erscheinung ist. Von der ektodermalen Bekleidung des Schlundrohres auf das Entoderm übergehend, hätte ich nur zu bemerken, daß ich Sinnes- nervenzellen als viel seltenere Erscheinungen antraf, und zwar konnte ich sie in den Tentakeln (Textfig. 3, abc), an dem Schlund- rohre (Textfig. 3, c/), den Septen, Akontien und Mesenterialfilamenten zur Darstellung bringen, an welch letzteren ich auch einige bipolare Ganglienzellen beobachtete. V. Bemerkungen über die Zentralisation des Aktiniennervensystems. Die Gebrüder Hertwig bezeichneten die Mundscheibe der Aktinien in bezug auf das Nervensystem als „eine Art Zentral- organ" und beschrieben auf derselben dicht unter dem Tentakel- (300) Untersnchiiiifren üIkt das Nervensystem der Aktinien. 33 kränze einen Ring von Ganglienzellen, deren Nervenfortsätze sich ganz nnregelmäßig durchkreuzen und von dem radiäre Streifen, bestehend aus Ganglienzellen, deren Ausläufer radiär orientiert sind, gegen den ]\Innd hinziehen; eine Ansicht, welche von den späteren Autoren angenommen und des öfteren wiederholt worden ist. Bevor ich daran gehe, meine eigenen Befunde mit der eben zitierten Ansicht zu vergleichen und zu verbinden, will ich mir die Entwicklung der Zentralisation vor Augen führen. Wenn wir von einem vollständig diffusen, oder wie es B ET HE (4) als den phylogenetischen Urzustand annimmt, von einem diifns-netzartigen Nervensystem ausgehen, so ist es klar, daß durch die Symmetrieverhältnisse des Tieres, als auch durch seine Lage im Räume (in unserem Falle sitzt der radiärsymmetrisch gebaute Polyp an dem apikalen Pole fest) den von der Außenwelt kom- menden Reizen gewisse Prädilektionsstellen geboten werden, so daß schließlich auf diesen letzteren eine Zunahme, auf gewissen anderen Partieen wiederum eine Abnahme der Nerveneleraente zustande kommt; das Nervensystem kom massiert sich zu einzelnen, anfangs wenig scharf begrenzten Verdichtungspunkten. Mit diesem Vorgange der Kommassierung geht Hand in Hand die Zentralisation des Nervensystems, deren Kennzeichen die Art und Weise der Ver- bindung und gegenseitigen Abhängigkeit der Nervenzellen und verschiedener Körperpartieen ist und die histologisch in deutlich ausgeprägten, aus parallelen Nervenfasern bestehenden Bahnen sich kundgibt. Es ist nämlich offenbar, daß ein kommassiertes, aber in seinem Nervenfaserverlaufe noch unzentralisiertes Nervensystem wohl dazu geeignet ist, ein Maximum von Reizen aufzufangen, daß es aber nur ganz diffuse Reflexe vermitteln kann. Ein geraeinsames, koordiniertes Mitarbeiten entfernter Körperpartieen kann erst dann erfolgen, wenn diese letzteren nicht durch diffuse Plexus, sondern durch Nervenbahnen zueinander in eine nähere Beziehung gebracht worden sind (Bethe[4]). Es ist nun bei den Aktinien im vorhinein zu erwarten, daß die parallel zu den durch den Körper gelegten Radialflächen verlaufenden Nervenfasern von allem Anfange an stärker in Anspruch genommen und bevorzugt werden, weil ja bei diesen Tieren der gesamte Körper nach dem radiären Plane ge- baut ist und weil sie die kürzesten Verbindungslinien zwischen den einem Radius zugehörigen Organen darstellen , so daß also aus den diffus verlaufenden Nervenfasern gewisse Bahnen heraus- gewählt und gebildet werden. Eine einheitliche Zentralisation be- ginnt natürlich erst dann, wenn von den vielleicht vielzählig ent- (301) 34 Paul Groselj: standenen Verdichtungszentren eines, das gegen die Außenwelt eine besonders bevorzugte Lage und eine zwischen den verschiedenen Körperpartieen vermittelnde Stellung einnimmt, die absolute Ober- hand gewinnt. Der prostomale Pol ist bei den Aktinien diese Prädilektionsstelle und auf ihm wiederum ist das Schlundrohr als die der Mitbeteiligung an der äußeren Körperbedeckung entzogene und das Entoderm mit dem Ektoderm verbindende Korperpartie besonders bevorzugt. Mit den hier dargelegten Gesichtspunkten stimmen nun meine Resultate aufs schönste überein. Am ganzen prostomalen Pole: auf den Tentakeln, teilweise auch auf der Mundscheibe und besonders im Schlundrohre ist eine Kommassierung von Sinnesnervenzellen zu beobachten. Die von den Sinnesnervenzellen ausziehenden Nerven- fasern zeigen eine deutlich zutage tretende Anordnung, welche die größte Mehrzahl der Nervenfasern befolgt, nur eine kleine Minder- zahl verläuft quer oder schräg zu derselben. Diese Anordnung entspricht in den Tentakeln der Längsachse derselben, im Mauer- blatt der Achse des Körpers, auf der Fußscheibe schneiden sich die in ihrem ganzen Umfange radienartig zu und von ihr ziehenden Nervenfasern, auf der Mundscheibe laufen sie den Radien parallel und diese ihre Anordnung bleibt auch im ganz obersten und untersten Teile des Schlundrohres erhalten, während sie in seinen mittleren Partieen verwischt wird. Ein besonders schönes Bild von der Bahnung der sensiblen Nervenfasern geben die Tentakel von Cerianthus mit ihren unipolaren, einseitig auslaufenden Sinnes- nervenzellen (Textfig. 1, 10, 11). Alle eben dargestellten topographischen Details beweisen uns, daß wir bei den Aktinien noch ein sehr primitives, aber schon deutlich zentralisiertes Nervensystem vor uns haben; für diese An- sicht spricht auch die Tatsache, daß die meisten älteren Autoren die Seltenheit peripher — d. h. apostomal — anzutreifender Gang- lienzellen betonen; mir gelang ihr Nachweis ausgenommen im En- toderm überhaupt nicht. Den Sitz dieser Zentralisation glaube ich nun im Ektoderm des Schlundrohres gefunden zu haben. Die große Mächtigkeit der Nervenfaserschichte in diesem Gebiete, der größte Reichtum an Sinnesnervenzellen, welche hier eine reichere Verzweigung aufweisen und deren Fortsätze sich nach allen Rich- tungen durchkreuzen, und schließlich der außergewöhnliche Reich- tum tri- und multipolarer Ganglienzellen, welche in radiär ver- laufenden Streifen gelagert sind und deren Fortsätze sich ordnungs- los durchflechten, sprechen deutlich genug für das Schlundrohr als (302) Untersuchungen über das Nervensystem d.u- Aktinien. 35 nervöses Zentralorgan, wie es ja durch seine Lage nach dem Ge- sagten dazu schon prädestiniert erscheint. Dnrch die Rinnen dieses Zentralorgans verlaufen deutliche, dichte Bahnen von Nervenfasern, welche die vorwiegende Vermittlung zwischen ekto- und entoder- malem Nervensystem übernommen haben; so nimmt das Nerven- system des Schlundrohres an dem zweistrahlig- (bei Cerianthus bilateral-) symmetrischen Baue des inneren Aktinienkörpers mit Anteil. Wenn ich nach dieser Darstellung die Angaben der Gebrü- der Hertwig wieder ins Auge fasse, so wäre vor allem hervor- zuheben, daß der größte Teil des von ihnen als nervöses Zentral- organ beschriebenen Mvindscheibennervensystems diesen Namen nicht verdient, es besteht ja nach ihren eigenen Angaben aus deut- lichen radiären Bahnen, die aus bipolaren Ganglienzellen bestehen und gegen den Mund hin zusammenstrahlen, wie ich ebensolche bipolare Ganglienzellen in der ausgeprägtesten Bahn der Schlund- rinnen wiederfand. Anspruch auf ein nervöses Zentralorgan könnte höchstens der unter den Tentakeln verlaufende, aus multipolaren, nicht orientierten Ganglienzellen bestehende Nervenring erheben, dessen Vorhandensein ich durch die Methylenblaumethode wegen ihrer Launenhaftigkeit in bezug auf die Darstellung von Ganglien- zellen weder bestätigen, noch absprechen kann. Wir hätten demnach im Schlundrohre ein radiär gebautes Haupt-, unter den Tentakeln ein ringförmiges Unterzentrum, beide durch radiäre Ganglienzellenbahnen miteinander verbunden. Das wenige, das ich über motorische Fasern oben mitgeteilt habe , reicht natürlich bei weitem nicht aus, uns wenigstens einen beiläufigen Einblick in die Anordnung der motorischen Bahnen zu verschaflPen. Zum Schlüsse erwähne ich, daß die physiologischen Befunde mit den oben dargelegten Verhältnissen sich sehr befriedigend in Einklang bringen lassen. Wenn wir das Nervensystem der Aktinien mit dem der nächstverwandten Formen, des Hydropolypen, der Hydromeduse und Scyphomeduse vergleichen, so taucht vor allem die Frage auf: Bei welchen Formen das Nervensystem höher entwickelt ist? Um dieser Frage gerecht zu werden, müssen wir zunächst nach den Charakteren fragen, auf die sich eine Beurteilung der Organisations- stufe des Nervensystems zu stützen hat. Zwei Charaktere sind in dieser Hinsicht scharf voneinander zu trennen: erstens die Menge und Differenzierung der sensiblen Elemente (sensorischer Bau- (303) 36 Paul Groselj: plan), zweitens Zentralisation des Nervensystems (Organisations- stufe). Wir sehen nämlich, daß die jeweilige Differenzierung der sensiblen Bestandteile eine in der Tierreihe höchst variable Größe ist ; bei den nächstverwandten Tierformen können sehr verschiedene Sinnesorgane ausgebildet sein oder können auch vollständig fehlen und bei sehr entfernten Tiergruppen kann es in bezug auf die Sinnesorgane zur Bildung von Parallelerscheinungen kommen. Die Art und Weise der Zentralisation hingegen ist ein in der gesamten Tierreihe sehr konstantes Merkmal, welches bei verwandten Tier- formen keinen großen Schwankungen unterworfen ist. Wenn wir einen Ausdruck Nägelis(17) anwenden wollten, könnten wir die Ausbildung der Sinnesorgane zur jeweiligen „Anpassungsvoll- kommenheit" des Tieres, die Höhe der Zentralisation des Nerven- systems za seiner „Organisationsvollkommenheit" rechnen, ohne damit sagen zu wollen, daß letztere nicht auch ein langsam erreichtes Produkt der Anpassung sei; die Art und Weise der Ausbildung der Zentralisation ist also für uns das maßgebende Kriterium bei der Vergleichung oben erwähnter Tierformen. Denn eine höhere sensorische Ausbildung ist noch nicht gleichwertig mit einer höheren Organisationsstufe, in ersterer kommt nur eine voll- kommenere Zuordnung der Organismen zur Umgebung zum Aus- druck , eine höhere Organisation aber wird repräsentiert durch eine größere Abhängigkeit der Nervenelemente und entfernter Kör- perpartieen voneinander, die sich eben in der Zentralisation ausdrückt. Von diesen Gesichtspunkten aus haben die zu vergleichenden Tiergruppen folgende gemeinsame Merkmale: das Nervensystem weist bei ihnen am prostomalen Pole eine Kommassation und eine mit ihr einhergehende Zentralisation der Nervenelemente auf, diese Zentralisation entwickelt sich in unmittelbarem Anschlüsse an die Ausbildung der sensiblen Elemente; das Nervensystem ist überall noch vollständig epithelial ausgebildet; im übrigen müssen wir jedoch zwischen den Hydrozoen und Scyphozoen eine Trennungs- linie ziehen. Die Ausbildung des Nervens3'stems bei den ersteren haben wir als eine niedrigere zu betrachten. Wenn wir als Beispiel eines Hydroidpolypen die Hydra, deren Nervensystem uns die Unter- suchungen K. C. Schneiders (22) erschlossen haben, ins Auge fassen, so repräsentiert sich an ihr das Nervensystem als ein über den ganzen Körper zerstreuter, ziemlich diffuser Plexus netzartig verbundener Ganglienzellen, welche eine Kommassierung auf der Mundscheibe aufweisen; im Entoderni verraten uns dieselben noch (304) UntiTsiu'liungen über das NiirvtMisysteui der Aktinien. 37 einen sehr primitiven Charakter, indem daselbst Übergangsformen von Epithelzellen (Sinneszellen) zu den Ganglienzellen vorhanden sind (Schneider), ein sehr ursprünglieher Zustand, der auch bei den craspedoten Medusen erhalten bleibt. Sinneszellen linden sich nur im Entoderm und werden im Ektoderm (der oben dargestellten Homologie zwischen Sinnesnerven- und Nesselkapselbildungszellen zufolge) wahrscheinlich durch die Nesselzellen vertreten, eine Ansicht, zu welcher auch Schneider neigt.') Von einer deutlichen Zentrali- sation oder von distinkten Nervenbahnen ist nichts zu bemerken. Dem niedrigeren Zustande des Hydroidpolypen-Nervensystems schließt sich jener der craspedoten Medusen an. Das Vor- bandensein zweier wenig individualisierter Nervenringe, von denen der höher ausgebildete exumbrellare als das eigentliche Zentralorgan aufzufassen ist, im innigsten Anschlüsse an die Ausbildung der Sinnesorgane, spricht von einer sehr primären Kommassation der Nervenelemente auf dem zur Aufnahme von Reizen besonders be- vorzugten Scheibenrande, und auch der noch epitheliale Charakter der Ganglienzellen [Hertwig (14)] beweist einen sehr niederen Ausbildungsgrad dieser Nervenzellen. Im Gegensatze zur Ansicht Hertwigs betrachten wir mit Hesse (15) das Nervensystem der Acraspeden als einer höheren Organisationsstufe angehörend; denn sowohl die Verdichtung des Nervensystems zu meist acht unter den Randkörpern in den inneren Sinnesgruben befindlichen, wohlbegrenzten Zentren im Gegensatze zu dem flachen, nicht deut- lich begrenzten Zentralnervenringe der Craspedoten (Hesse ver- gleicht den Nervenring der Craspedoten mit den inneren Sinnes- gruben der Acraspeden), als auch der subepitheliale Charakter der Ganglienzellen zeugen von einer höheren Differenzierung des Ner- vensystems, überdies ziehen von diesen Zentren radiäre, Nerven vergleichbare, von bipolaren Ganglienzellen ausgehende Nerven- faserstraßen in die Ringnervenstraße. Zu den eben beschriebenen Zentren gesellt sich bei beiden Formen der Medusen noch ein peripherer Nervenplexus auf der Subumbrella, der wahrscheinlich aus diffus-netzartig verbundenen Ganglienzellen besteht. Das Nervensystem der Aktinien schließt sich in seiner höheren Ausbildung den Acraspeden an. Die unter dem topogra- 1) Anmerkung bei der Revision: Die liier über das Nervensystem von Hydra gemachten Angaben erfahren durch die gleichzeitig in diesem Hefte erscheinende Arbeit von Hadzi: Über das Nervensystem von Hydra, die ich aber leider aus äußeren Gründen nicht mehr berücksichtigen konnte, vielfach eine Modifikation. Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 3. 22 (305) 38 Paul Groseli: < Aiiastomosierende Ganglienzellen aus der Mitte des Schlundrohres von Bunodes gemmaceus. Leitz, Ölim., Ok. i ^ 4:, auf ^3 verkleinert, g: Gau!?l ienzellen. Fig. 22. Anastomosierende Nervenzellen von der Grenze zwischen Mundscheibe und Schlundrohr von Actiuia equina. Leitz, Ölim. Viji Ok. i, atJ.f ^/^ verkleinert. (306) Untersiuluingen iilier das Nervensystem der Aktinien. 39 phischen Teile dargestellte Verdichtung des Zentrums in radiären Streifen von Ganglienzellen, die zu diesem Zentralorgan nach den Angaben Hertwigs verlaufenden radiären Bahnen bipolarer Ganglienzellen, der subepitheliale Charakter der Ganglienzellen, die deutlich ausgeprägte Anordnung der sensiblen Nervenfasern sprechen daliir. Von einer netzartigen Verbindung der Ganglienzellen ist nichts zu bemerken, obwohl man hie und da einige Anastomosen zwischen denselben vorfindet (Textfig, 21 u. 22). Auch bei den Ak- tinien befindet sich das nervöse Zentrum, obschon nicht so deutlich, im unmittelbaren Anschlüsse an den größten Reichtum der Sinnes- nervenzellen im Schlundrohre und an den Tentakeln; peripher ge- legene Nervenzellen gehören zu den Seltenheiten, ich fand sie nur im Entoderm, welches ja auch bei den höheren Tiergruppen in dem mit ihm im Zusammenhang stehenden Nervensystem einen primären Cha- rakter bewahrt. Die Verlagerung des Aktiniennervensystems in die Tiefe des Schlundrohres und die Orientierung seiner Nervenfasern er- geben, daß die Aktinien organisatorisch höher stehen, als die anderen Formen, von denen dagegen die Medusen sensorisch höher differenziert sind, indem sie als freischwimmende Formen dem sessilen Polypen gegen- über in neue Lebens- und Anpassungsverhältnisse gebracht, ihre sen- siblen Nervenelemente zu mannigfaltigen Sinnesorganen entwickelten. Abschließend spreche ich die Vermutung aus, daß die Be- handlung zahlreicher dazu geeigneter Aktinienspezies mit der vi- talen Methylenblaumethode voraussichtlich manche in meiner Arbeit vorhandene Lücken ausfüllen und die hier vorgebrachten Befunde vervollständigen oder rektifizieren dürfte. Literaturverzeichnis. 1. 1884. A. Andres, Le Aftinie. Fauna und Flora des Golfes von Neapel. Leipzig. 2. 1892. A. Appellöf, Zur Kenntnis der Edwardsien. Bergens Mus. 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Endigungen von Sinnesnervenzellen aus dem Ektoderm des Tentakels von Bunodes gemmaceiis. Leitz, Ölim. Ok. 4. Fig. 3. Neurofibrillengitter in einer Sinnesnervenzelle ans dem Schlundrohre von Bunodes yemmaceus. Leitz, Ölim. Komp. Ok. 8 (fixiertes Präparat). Fig. 4. Neurofibrillen in Sinnesnervenzellen aus dem Schlundrohre von Bunodes gemmaceiis. Leitz, Ölim. Ok. 4 (fixiertes Präparat). Fig. 5. Nesselkapselbildungszelle aus dem Schlundrohre von Bunodes gemmaccus. Leitz, Ölim. Ok. 4. Fig. 6. Sinnesnervenzelle -von Ilijanfhus partJienojJeus, Schlundrohr. Leitz, Obj. 7, Ok. 4. C308) Untersuchungen über die Morphologie und Ent- wicklungsgeschichte des Rippensystems der urodelen Amphibien. Von Franz Mayerhofer. (Mit zwei Tafeln und 9 Textfiguren.) Die Frage nach der raorphologisclien Bedeutung der Vierfüßer- rippen ist in mancher Hinsicht noch ungeklärt; namentlich die in letzter Zeit betonten Beziehungen derselben zu dem Rippensystem der Fische lassen einige Nachuntersuchungen wünschenswert er- scheinen. Die Entscheidung in derartigen Fragen ist vor allem von der Entwicklungsgeschichte zu erwarten; leider sind bisher die embryologischen Angaben im Vergleiche zu den mehr oder minder spekulativ gewonnenen Meinungen ziemlich gering. Für die Be- urteilung der Vierfüßerrippen müssen natürlich in erster Linie die ursprünglichen Tetrapoden typen, die geschwänzten Amphibien, in Betracht gezogen werden, die auch bisher bereits Gegenstand ein- gehenderer Untersuchungen gewesen sind. Wir besitzen einige wert- volle Arbeiten über die Entwicklung der Urodelenrippen , von denen vornehmlich die Abhandlungen von Fieck und Knickmeyer zu nennen sind. Nichtsdestoweniger macht sich das Bedürfnis fühlbar, noch weiteres Tatsachenmaterial zu schaifen und die jetzt bestehenden Lücken auszufüllen. Die Aufgabe der vorliegenden Arbeit besteht nun darin, die genaue Entwicklungsgeschichte des Rippensysteras an einer Urodelenform festzustellen und an der Hand der gefundenen Tatsachen die bisherigen Ansichten über die Bedeutung der Tetra- podenrippen zu erörtern. Für die erabryologischen Untersuchungen wurde die bisher weniger untersuchte Salamandm mnculosa ge- wählt. (309) 2 Franz May er hofer: A. Historische Übersicht Bevor wir in die speziellen, den Gegenstand der vorliegenden Arbeit bildenden Fragen eingehen , wollen wir knrz die Frage nach den allgemeinen Homologieverhältnissen der Vertebratenrippen historisch beleuchten. Die älteren vergleichenden Anatomen Cuvier (5), Owen (25 — 27) etc. betrachten die Rippen sämtlicher Vertebraten als homologe Gebilde. Owen unterscheidet in seinem ziemlich künst- lichen Wirbelschema neben dem bei allen Vertebraten gleichwertigen Rippensysteme (Par- und Pleurapophysen) noch das von letzterem verschiedene System der unteren Bogen (Hämapophyse und Hämal- dorn), welche im allgemeinen die Bildung des Kaudalkanales be- sorgen, im Rumpfe dagegen mit wenigen Ausnahmen wegfallen. — Aber schon frühzeitig erkannte Auüust Müller (23), daß die Rippen der Vierfüßer von denen der Fische scharf zu unterscheiden wären. Die Veranlassung zu dieser Unterscheidung gaben einerseits die Befunde, daß bei den Vierfüßern neben dem ihnen eigentüm- lichen Rippensysteme noch Gebilde auftreten, welche mit dem Fisch- rippensysteme zu homologisieren sind (Rippen der Geckonen neben den Interzentren , welche Müller als Rudimente des Fischrippen- systems betrachtet, paralleles Auftreten von unteren Bogen im Schwänze neben Rippenrudimenten). Anderseits war es die genaue Berücksichtigung der Muskulatur, welche den Unterschied beider Rippenbildungen scharf hervortreten ließ (Lage der Fischrippen an der Innenfläche der Seitenrumpfrauskeln , die der Tetrapoden- rippen in den Muskeln selbst). — Später hat auch Rathke (29) auf Grund einiger embr^^ologischer Tatsachen jenen Unterschied betont, indem er auf die verschiedene Genese der Fisch- und Vierfüßer- rippen hinwies. Diese beiden Angaben blieben damals ziemlich unbeachtet; ohne auf sie Rücksicht zu nehmen, trug Gegenbaur in der „Entwicklungsgeschichte des Lepidosteus" (10) eine ganz entgegengesetzte Ansicht vor. Er betrachtet wiederum die Rippen aller Vertebraten als homolog und genetisch als Abgliederungen der unteren Bogen. Diese zunächst an Ganoiden gewonnenen An- schauungen wurden dann auch auf alle übrigen Vertebraten aus- gedehnt; nach der damaligen Ansicht Gegenbaürs entsprächen also die unteren Bogen des Schwanzes bei sämtlichen Vertebraten den vereinigten Rippen des Rumpfes. Die Befunde von dem parallelen Auftreten von unteren Bogen und Rippenrudimenten im Schwänze mancher Vierfüßer (Schildkröten) stellten sich einer derartigen Auf- (310) Untersuclinngen über die Morphologie uiul Kntwickliingsgeschichte etc. 3 fassung als Hindernis entgegen, das aber für Gegenbaur da- durch wegfällt, daß er die Natur jener beschriebenen Rippenrudi- mente als tatsächliche Rippen leugnet und sie bloß als Querfortsätze bezeichnet. — Zu wesentlich anderen (Grundsätzen gelangte (tötte in der „Entwicklungsgeschichte der Unke" (17); zt^iächst war es wiederum das Auffinden von Rippen und unteren Bogen im Schwänze von Salamandrinen, welches den Autor in Widerspruch mit Gegen- BAüR brachte. Die genauere Berücksichtigung der Entwicklungs- geschichte sowie der Lagebeziehungen der Skeletteile zur Musku- latur veranlaßte Götte zu folgenden Schlüssen: An jedem Wirbel ist neben dem oberen Bogensysteme ein diesem horaotypes unteres zu unterscheiden, welch letzteres den Hämalbogen sämtlicher Verte- braten sowie den Fischrippen gleichzusetzen ist. Die Vierfüßer- rippen sind keinem von beiden Bogensystemen gleichwertig, sondern eine später auftretende Bildung. Die Selachierrippen entsprechen wegen ihrer Lage im Interstitium den Vierfüßerrippen; der Unter- schied, daß sie nicht aus dem oberen, sondern dem unteren Bogen entspringen, veranlaßt uns, sie mit den Vierfüßerrippen nicht als homolog, sondern homotyp zu bezeichnen. — Die Gott Eschen Angaben wurden kurz darauf von Gegenbadr (11) einer scharfen Kritik unterzogen, in welcher er auf seinem früheren Standpunkte verharrt. Gegen diese Befunde eines parallelen Vorkommens von Rippen und unteren Bogen im Schwänze führt er wieder seine früheren Argumente ins Feld. Außerdem kritisiert er mit Recht die Gö TT Eschen Behauptungen über die Selachierrippen, indem er darauf hinweist, daß Götte bei der Homologisierung der letzteren mit den Vierfüßerrippen in der verschiedenen Genese beider auf Schwierigkeiten stößt, aus denen ersieh durch die Einführung des Begriffes der Homotypie hilft. — Die nachfolgenden Untersuchungen von Claus (4) und Hoffmann (21) haben aber in einwandfreier Weise den Beweis erbracht, daß wir in der Kaudalregion einiger Tetrapoden (Krokodile, Schildkröten, Amphibien) tatsächlich Rippen neben unteren Bogen vor uns haben. Dadurch wurde endgültig fest- gestellt, daß die Rippen der Vierfüßer von denen der Fische, die ja mit den unteren Bogen des Schwanzes gleichwertig sind, ver- schiedene Bildungen darstellen. Später wurde von Götte (17) dieser Unterschied noch schärfer hervorgehoben und betont, daß die Vierfüßerrippe nur mit der Selachierrippe und den sogenannten „Seitengräten" der Knochenfische zu vergleichen wären, daß sie dagegen den eigentlichen Fischrippen (Pleuralrippen) scharf gegen- überstünden, — Eine eigenartige, von Baur (2) ausgesprochene, (311) 4 Franz Mayerliofer: von ihrem Autor später aber wieder aufgegebene Ansicht besagt, daß die Fischrippe mit der Tetrapodenrippe zu homologisieren sei, die unteren Bogen des Schwanzes der Vierfüßer dagegen nicht die Homologa der unteren Bogen der Fische , sondern die Rudi- mente von zentralen Flossen strahlen darstellen. — Die von Götte durchgeführte Unterscheidung der Fisch- und Vierfüßerrippen wurde späterhin mehr weniger vernachlässigt, bis Hatschek die Götte sehen Anschauungen wieder bestätigte und ihnen allgemeine Anerkennung verschaffte. Hatschek (20) geht von den damals wenig verstandenen Verhältnissen des Polypterus aus, an dem er in außerordentlich deutlicher Weise die zwei verschiedenen Arten von Vertebratenrippen nebeneinander demonstrierte. Der genaue Vergleich des Polypterus mit den übrigen Fischen einerseits, mit den Vierfüßern anderseits, sowie die Beziehungen beider Rippen zur Muskulatur ergaben nämlich, daß wir in den unteren Rippen des Polypterus die Homologa der Fischrippen, in den oberen da- gegen die Homologa der Vierfüßerrippen vor uns haben. Bezüglich der Selachierrippen, welche in der damaligen Arbeit keine Berücksichtigung fanden, ist Hatschek der Meinung, daß sie mit Unrecht als obere Rippen bezeichnet würden. Wenngleich ihre Lage im Interstitium sehr auffallend ist, so zeigen sie doch durch ihre enge Verbindung mit dem unteren Bogenschenkel Charaktere echter Fischrippen, welche nur eine starke Aufbiegung in die Muskulatur erfahren haben , wofür die Auf biegung des distalen Rippenendes bei Lepi- dosteus als Analogon angeführt werden könnte. — ■ Den Aus- führungen von Götte und Hatschek schließt sich im allgemeinen auch DoLLo (7) an, indem er einerseits die Hämalbogen, ander- seits die (oberen) Rippen sämtlicher Vertebraten für homolog erklärt. — Rabl (28) schließt sich bezüglich der Selachierrippen Götte an, sofern er die Selachierrippen als obere Rippen bezeichnet und sie mit den Vierfüßerrippen homologisiert. — In jüngster Zeit kam Scheel (31) auf Grund seiner Untersuchungen an Rhodeus zu der Ansicht, daß die Vierfüßerrippe nichts anderes als eine dorsal ver- schobene Fischrippe sei, da wir ja auch bei Fischen (Rhodeus) sehen können, daß die Fischrippe eine dorsale Verlagerung bis an den oberen Bogen erfahren kann. Die unteren Bogen der Vierfüßer wären dann ganz neue Bildungen und niclit den ähnlichen Bil- dungen der Fische gleichzusetzen. — Nach der in den neuesten Auflagen der Lehrbücher von Gegenbaür (12) und Wieders- HEiM (34), sowie in den neueren Arbeiten [Göppert (16)] vertretenen Ansicht unterscheidet man bei den Vertebraten zweierlei Rippen- (312) Untersuchungen über die Morpliologio und Entwicklungsgeschichte etc. 5 Systeme, von denen das untere (Pleuralrippen der Fische nach Götte) das ursprünglichere, das obere (Vierfüßer, Selachier) da- gegen das phylogenetisch jüngere darstellt: es tritt bei manchen Fischen (^Polypterus , Teleostier) neben dem ursprünglichen auf, ge- winnt bei den Vierfüßern und Selachiern das Übergewicht, während das ursprüngliche, das untere nur noch in Resten (untere Schwanz- bogen. Interzentren) vorhanden bleibt. Nach dieser allgemeinen Orientierung wenden wir uns den speziellen Fragen zu , soweit sie später berücksichtigt werden, und wollen uns zunächst mit der Duplizität der Vierfüßerrippen beschäftigen. Zuerst war es August Müller (23), welcher die Ansicht äußerte , daß die Öeitenstrahlen der Wirbeltiere (obere Rippen) Doppelbildungen seien, sofern dieselben aus einem dorsalen und ventralen Strahle bestünden. Doch ist es in der verschiedensten Weise zu einer teil weisen Verschmelzung der beiden Strahlen gekom- men, so daß die Duplizität der Rippen ziemlich verdeckt erscheint. In typischer Weise zeigen nach Müller die hinteren Becken wirbel der Vögel eine Zusammensetzung der Rippen aus zwei gesonderten, parallelen Strahlen. Auch die Amphibien, speziell die Salamandrinen, lassen an ihrer deutlichen Spaltung der Querfortsätze, sowie der proximalen Rippenenden die Duplizität ziemlich deutlich erkennen, wiewohl an ihrem distalen Ende bereits eine Verschmelzung ein- getreten ist. Müller weist ferner darauf hin, daß auch die Amnioten größtenteils die Duplizität der Rippen zeigen , so die Schlangen in der distalen Gabelung der Beckenrippen, die Säuger in der regelmäßigen Ausbildung eines Capitulum und Taherculum costae. So kommt Müller zu der Anschauung, daß die Seitenstrahlen ebenso paarig sind , wie die Rücken- und Bauchstrahlen , letzteren also in gewissem Sinne homodynam erscheinen. Daraus leitet nun der Autor einen vierstrahligen Typus im x\ufbau des Wirbeltier- körpers ab. — Die Beobachtungen Gottes (17), daß bei Salamandra die seitlichen Wirbelfortsätze jederseits doppelt auftreten und darauf in eigentümlicher Weise verschmelzen , schließen sich un- mittelbar den Beobachtungen Müllers an. Eine weitere Stütze für die Duplizität der Seitenstrahlen liegt auch in der von Götte zu- erst beschriebenen distalen Gabelung der vorderen Salamanderrippen. Aus den in einer späteren Arbeit Gottes (18) enthaltenen Ab- bildungen der Rippen von Salamandrina ■pern'picillata und Menopoma gewinnt man tatsächlich den Eindruck, daß dieselben Doppelbildun- gen darstellen, deren beide Strahlen bloß in ihrem mittleren Teile eine kurze Verschmelzung aufweisen. — Rabl (28) erklärt (313) 6 Franz May er ho f er: die Zweiköpfigkeit der Vierfüßerrippen aus einer Spaltung des horizontalen Septums in seinem Ansätze an die Wirbelsäule, wo- durch sich zwei Durchsfhnittslinien mit dem transversalen Septum, also die Möglichkeit zur Bildung zweier Strahlen ergeben. — In eigentümlicher Weise wurde die Zweiköpfigkeit der Vierfüßerrippen von WiEDERSHEiM (32) Und DoLLO (7) aufgefaßt; beide Autoren schließen ebenfalls auf eine Zusammensetzung der Vierfüßerrippen aus zwei parallelen Strahlen, von denen sie den dorsalen Strahl mit der oberen Rippe des Folypterus, der Teleostier und mit der Sela- chierrippe verglichen, den ventralen Strahl dagegen als untere, echte Fischrippe betrachteten, wobei sie annahmen , daß die letzteren ihre t^'pische Lage an der Innenseite der Seitenrumpfmuskeln auf- gegeben , sich dorsal verschoben und mit der oberen Rippe ver- einigt hätten. — Diese sonderbare Ansicht fand aber wenig An- klang; Hatschek (20) widerlegte sie mit dem Hinweise darauf, daß im Schwänze der Urodelen die Amphibienrippe mit ihrer Gabelung und ihren doppelten Querfortsätzen neben den die echte Fischrippe enthaltenden unteren Bogen auftritt. Wenngleich sich Hatschek entschieden gegen die Auffassung von AViedersheim ausspricht, so hält er trotzdem die Zusammensetzung der A^ierfüßer- rippen aus einer dorsalen und ventralen Rippe nicht für ausgeschlossen. In der neuesten Zeit hat man die Lehre von der Duplizität der Rippe so ziemlich verlassen. Göppert (16) erkennt in dem Spangen- stücke nur einen sekundären Auswuchs der Rippe, eine Apophysen- bildung. welche eine festere Verbindung mit der Wirbelsäule er- möglichen soll. Diese letztere Ansicht erscheint jetzt am meisten verbreitet. Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist es insbesondere, die Frage nach dem Ursprünge des Vierfüßerrippensystems einer kriti- schen Erörterung zu unterziehen. Der Ursprung des Vierfüßer- rippensystems gehört zu den Problemen der vergleichenden Ana- tomie, und die Ansichten der Forscher sind heute noch vielfach widersprechend. Von den älteren Autoren halten Owen (26, 27) und August Müller (23) die Rippen für selbständige Bildungen. Während Owen die Querfortsätze als Auswüchse des Wirbels auffaßt, betrachtet sie Müller für abgegliederte Teile des selbständigen Seitenstrahles. — Rathke (29) hat mit Rücksicht auf die Ent- wicklung der Amniotenrippen , das Rippensystem als Auswüchse aus jeweilig verschiedenen Wirbelelementen angesehen. — Die ersten präzisen Angaben finden wir bei Götte (17). Dieselben beziehen sich ausschließlich auf Amphibien, und zwar zunächst auf die Anuren, (314) Untersuchungen über die Morphologie und Entwicklungsgeschichte etc. 7 gelten aber mit un wesentlich eii Modifikationen anch für die Uro- delen. Die GöTTEschen Befunde lauten kurz folgendermaßen: Das Rippensystem der Amphibien wächst in kontinuierlicher knorpeliger Anlage aus den oberen Bogen hervor und zwischen die segmentalen Muskeln hinein ; sobald dasselbe eine gewisse Länge erreicht hat, erkennt man an ihm eine Teilung in ein kurzes Innenglied (Quer- fortsatz) und ein längeres Außenglied (Rippe). — Gegen die von GöTTE veröffentlichten Angaben erhob sich bald von mehreren Seiten Widerspruch : die betreffenden Arbeiten vertreten nämlich wieder den Standpunkt, daß das Rippensystem der Vierfüßer eine selbständige Entwicklung nehme. Hoffmann (21) kommt bei seinen Untersuchungen an Schildkröten und Säugern zur Ansicht, daß die Rippen ursprünglich intervertebrale, aus der die Chorda umgebenden skeletogenen Schichte her vor wachsende Stücke darstellen , welche selbständig ossifizieren. Bei den meisten Vierfüßern dagegen haben die Rippen ihre intervertebrale Stellung wegen Schwund der inter- vertebralen Partien aufgeben müssen und sich sekundär vertebral verlagert. Die Querfortsätze gehören nicht dem System der Rippen an, sondern sind akzessorische, vom oberen Bogen ausgehende Bildun- gen. — Die GöTTEschen Untersuchungen fanden ferner durch Fi ECK (9) eine eingehende Revision. Da seine rein embryologische Abhandlung mit dem Thema dieser Arbeit in engster Beziehung steht, so möchte ich dieselbe genauer besprechen. Fieck gibt be- züglich der Entwicklung des Rippensystems von Triton folgendes an: Die Rippe legt sich am peripheren Ende des Myokomma selb- ständig, zunächst in Form einer bindegewebigen Wucherung an, welche alsbald in Knorpelgewebe übergeht. Diese Rippenanlage liegt nach Fieck anfänglich völlig isoliert in dem Bindegewebe des transversalen Muskel septums, durch eine breite Muskelschichte vom oberen Bogen getrennt. Die später ebenfalls selbständig auf- tretenden Querfortsatzanlagen repräsentieren sich als Knorpel- zapfen, die von der Basis des oberen Bogens nach außen ver- laufen und gleich den Rippen aus einer Vorknorpel anläge hervor- gehen. Rippe und Querfortsatz entwickeln sich selbständig von- einander weiter, treten aber bald vermittelst einer Brücke von zerstreuten Knorpelkernen miteinander in Fühlung, um endlich vollständig zusammenzufließen. Der Knorpel des Querfortsatzes ist ursprünglich von dem des oberen Bogens deutlich durch eine Knoehenschichte getrennt, nach deren Resorption erst eine Ver- schmelzung beider Knorpel stattfindet. Als Muttergewebe des Quer- fortsatzes fährt der Autor das Perichondrium des oberen Bogens (315) 8 Franz Mayerliofer: sowie die „skeletogene Schiclite" G-egenbaurs an, als Mutter- gewebe der Rippe das intermuskuläre Bindegewebe. In dem als „Querspange" beschriebenen Rippenteil erkennt der Verfasser einen nacbherigen Auswuchs der Rippe. — In der darauf erschienenen Erwiderung schränkte Götte (18) seine früheren Angaben einiger- maßen ein. Er gibt wohl zu , daß entgegen seiner früheren Be- hauptung Querfortsatz und Rippe nicht in continuo knorpelig aus dem oberen Bogen hervorwachsen ; doch sei von allem Anfange ein von Fi ECK übersehener vorknorpeliger Zusammenhang zwischen Rippe , Querfortsatz und oberen Bogen vorhanden , welcher den genetischen Zusammenhang aller dieser Teile beweise. Dem Umstände, daß die Knorpelbildung getrennt vor sich gehe, könne nicht das Hauptgewicht zugeschrieben werden. — Gegen die letztere Deutung Gottes nehmen Hasse und Böen (19) Stellung, welche die ent- wicklungsgeschichtlichen Befunde Fiecks bestätigen. Hasse hält es für ungerechtfertigt, wenn Götte einzig und allein auf Grund der bindegewebigen Anlage einen ursprünglichen kontinuierlichen Zusammenhang zwischen Rippe, Querfortsatz und oberen Bogen annimmt ; er hält eben das Auftreten des Knorpels für das Wesent- liche. Die strenge Berücksichtigung des bindegewebigen Stadiums führe zu Ungeheuerlichkeiten , da man dann schließlich das ganze intermuskuläre Bindegewebe als Rippenanlage bezeichnen müßte, obwohl aus demselben noch andere Gebilde (Gefäße, Nerven) hervor- gehen. — Ein genetischer Zusammenhang zwischen Rippe, Querfort- satz und oberem Bogen wurde späterhin wieder von Gerstäcker (13) befürwortet, welcher auf Gi-und von Studien an Säugerskeletten Rippe und Querfortsatz als Differenzierungsprodukte derselben Art von Anhängen der oberen Bogen betrachtet und die Anfügung des Rippensystems an andere Wirbelbestandteile als sekundäre bezeichnet. Er verfällt in einen alten Irrtum, wenn er die Vierfüßerrippen mit den Hämalbogen des Schwanzes vergleicht. — Die zweite ein- gehendere Arbeit über die Entwicklung des Rippensystems von Triton verdanken wir Knickmeyer (22). Leider konnte ich mir diese Arbeit nicht verschaffen; soviel ich aber aus der Abhandlung von Göppert entnehme, stimmen die Resultate Knickmeyers im allgemeinen mit den Befunden von Fieck überein, ergänzen dieselben aber in wesentlichen Punkten. Nach Knickmeyer hängen Rippe und Quer- fortsatz im Vorknorpel Stadium zusammen, sind dagegen dem oberen Bogen nur angelehnt. Die Knorpelbildung findet später für Rippe und Querfortsatz gesondert statt, woraus der Verfasser auf eine selbständige Entwicklung beider schließt. Für die „ Querspange " (316) Untersuchungen über die Morphologie und Entwicklungsgeschichte etc. 9 der Rippe hat der Autor gefunden, daß dieselbe einen eigenen Ver- knorpelungspunkt besitze. Ein derartiger Befund gibt natürlich der Lehre von der Duplizität der Rippe einen festen Stützpunkt. — Diesen Angaben von Fieck, Hassk und K^•ICKMEYER betreffs der selbständigen Entwicklung der Rippe stimmt auch Rabl (28) bei, und zwar auf Grund ähnlicher Befunde an den nach seiner Ansicht mit den Vierfüßerrippen homologen Selachierrippen. — In neuerer Zeit wurde die selbständige Entwicklung der echten Rippen (Lateralrippen, obere R.) besonders von Eimer (8) befür- wortet, welcher dieselben als gesonderte Bildungen des septalen Bindegewebes betrachtet und ihre Beziehungen zum Wirbel als sekundäre bezeichnet. Er stützt seine Behauptungen vorwiegend darauf, daß es bei den Fischen unmöglich sei, eine scharfe Grenze zwischen echten Rippen und Fleischgräten festzustellen, indem man einen allmählichen Übergang beider beobachten kann, ferner daß bei den Fischen Beziehungen der echten Rippen zu einem bestimmten "Wirbelbestandteil nicht vorliegen , sondern viel- mehr die verschiedensten Befestigungsarten am Wirbel und nicht minder die gänzliche Unabhängigkeit der Rippen vom Wirbel in den Bauchrippen realisiert seien. Die echten (oberen) Rippen sind somit nichts anderes als Fleischgräten , welche bei den Vierfüßern zu mächtigen Gebilden herangewachsen und sekundär in bestimmte Beziehungen zum Wirbel getreten sind. Die gegenwärtig am meisten verbreitete Auffassung über den Ursprung der Vierfüßerrippen wurde im wesentlichen durch die Untersuchungen von Göppert (14, 15) begründet, wenngleich schon früher Wieder sheim (32) dieselbe kurz angedeutet hat. Dieser Auffassung zufolge betrachtet man die Vierfüßerrippen als Abkömmlinge der unteren Bogenschenkel der Fische, deren Reste noch in den Querfortsätzen der Amphibien mehr oder minder deut- lich nachgewiesen werden können. Göppert geht von der Ansicht aus, daß die Selachierrippen mit den Vierfüßerrippen homolog seien und beginnt seine Untersuchungen bei Menohranchus lateralis. Die unteren Querfortsätze von Menohranchus bestehen aus zwei knorpe- ligen Wurzeln, aas einer ventralen, welche unterhalb der Verte- bralgefäße liegt und am Wirbelkörper ihren Ansatzpunkt findet, und einer dorsalen, welche seitlich die Vertebralgefäße flankiert und sich alsbald am oberen Bogen anlagert. Die ventrale Wurzel des unteren Querfortsatzes zeigt nun am Beginne des Schwanzes ein eigentümliches Verhalten: sie verschmilzt daselbst mit der Basis des unteren Bogens. Aus diesem Verhalten erkennt Göppert, daß (317) 10 Franz May erliofnr; die ventrale Wurzel des unteren Rippenträgers von Menobranchus eine vollständige Übereinstimmung mit dem unteren Bogenschenkel (Basalstumpf) der Selachier zeigt und somit mit dem letzteren zu homologisieren sei. An der Hand der Ontogenie erläutert Göppert ferner, daß der dorsale Anteil des unteren Rippenträgers, welcher die Verbindung mit dem oberen Bogen eingeht, phylogenetisch jünger sei, einen Auswuchs des ventralen Anteiles (Basalstumpf) dar- stelle und speziell als eine Neuerwerbung der Amphibien angesehen werden müsse. Da derselbe vom Knorpel des oberen Bogens meistens durch eine Knochenschicht getrennt ist, könnten irgendwelche ge- netische Beziehungen zu letzterem nicht abgeleitet werden. Bei Salamandra hat sich der Basalstumpf zum großen Teil nur mehr in Form einer unscheinbaren Knochenspange erhalten, während vor- wiegend der sekundäre dorsale Anteil als Querfortsatz imponiert. Daß im Schwänze eine Verbindung jenes Basal stumpfrestes (Knochen- spange) mit dem unteren Bogen nicht stattfindet, erscheine bei der starken Rückbildung dieses Gebildes nicht auffällig. Dagegen bezeugen nach Göppert wieder die Gymnophionen in unzweifel- hafter Weise die Natur ihrer Querfortsätze als Basalstümpfe. Die Querfortsätze der Gymnophionen (dieselben besitzen nur untere) sind nach ihrer Lage unterhalb der Vertebralgefäße mit den ventralen Wurzeln des Menobranchusquerfortsatzes vergleichbar; dieselben rücken am Beginne des Schwanzes nach abwärts bis an den Wirbel- körper und gehen an den folgenden Wirbeln vollständig in die unteren Bogen auf, wobei aber in allen Fällen eine Verbindung mit dem oberen Bogen erhalten bleibt. — Davison (6) hat an der Wirbelsäule von Ämphiuma gefunden , daß die Anlage der Rippen- träger mit jener der Hämalbogen nicht in Verbindung stehe, sondern aus der Basis der Neuralbogen abzuleiten sei. Die Basalstümpfe, die unter der Arteria vertehralis verlaufen und sich distal mit den Rippenträgern verbinden, entstehen als später verknöcherndes Liga- ment (zitiert nach den Neapler Jahresberichten). — Die konsequente Durchführung der GöPPERTschen Ansicht zwingt uns zur An- nahme einer Spaltung des ursprünglichen Basalstumpfes der Vier- füßer in zwei Teile, von denen der eine die Bildung des Hämal- bogens im Schwänze besorgt, während der andere zum Querfort- satze wird und an seinem distalen Ende die Lateralrippe entwickelt. Schauinsland (30), der ganz auf dem Boden der GöPPERTschen Ansicht steht, will nun bei gewissen Fischen (Laemargus, Anna) Anhaltspunkte für die Möglichkeit einer Spaltung des unteren Bogenschenkels gefunden haben. Indem er dieses Verhalten mit den (318) Untersuchungen fibor die Morphologie und Entwicklungsgeschichte etc. 1 1 Tetrapoden vergleicht, glaubt er der GöPPERTschen Ansieht einen neuen Stützpunkt gebracht zu haben. — Nach der Ansicht von Hatschek (mündliehe Mitteilung) handelt es sich im Rippensysteme der Vierfüßer um eine ursprünglich einheitliche Bildung, in der es erst sekundär zu einer Abgliederung in einen Querfortsatz und eine bewegliche Rippe gekommen ist. Das Rippensy.stem als Ganzes nimmt aber eine selbständige Entwicklung und verschmilzt nur sekundär mit dem einen oder anderen Wirbelbestandteil. Hatschek stützt sich dabei auf die Tatsache, daß das Rippensystem in der Reihe der Tetrapoden die verschiedensten Verschiebungen erleiden kann, die wahrscheinlich durch eine Verlagerung des Interstitiums zu erklären sind. Eine allmähliche Verschiebung des Rippensystems nach abwärts beobachten wir beispielsweise sehr deutlich in der hinteren Körperregion von Ichthyosaurus und in extremer Weise zeigt sich endlich in der Halsregion des Krokodils eine solche Ver- lagerung bis an das untere Bogensystem (Interzentren). So sei es auch denkbar, daß bei Menohranchus in der Schwanzregion eine Verschiebung des Rippensystems nach abwärts und eine Verbindung mit dem unteren Bogen eingetreten sei, ohne daß man dabei an eine Entstehung aus dem letzteren denken müsse. B. Eigene Beobachtungen. Als Untersuchungsobjekte verwendete ich vornehmlich die Salamandra maculosa, von der mir die verschiedensten Stadien des Embryonal- und Larvenlebens bis zur Metamorphose zur Verfügung standen. Zum Zwecke des Studiums bediente ich mich der Methode der Längs- und Querschnittserien. Von den knorpelig präformierten Teilen der Wirbelsäule tritt in der Entwicklung zuerst das obere und untere Bogensystem auf. Der Vollständigkeit halber möchte ich zunächst einiges über die erste Anlage der beiden Bogen vorausschicken. Die oberen Bogen, welche die Bildung des Neuralkanales besorgen (Neural- bogen) , treten im ganzen Bereiche der Wirbelsäule in typischer Aus- bildung auf. Die unteren Bogen dagegen, die wir mit dem Rippen- system der Fische vergleichen, haben sich bei den Vierfüßern nur in geringer Ausdehnung, als die den Kaudalkanal bildenden Hämal- bogen des Schwanzes erhalten. Als Rudimente von unteren Bogen im Rumpfe (Interzentren) dürften wohl die von Göppert an einer Salamanderlarve gefundenen kleinen Knorpelchen an der Basis des Wirbels anzusprechen sein. Von ihnen konnte ich leider an den (319) 12 Franz Mayerhof er: untersuchten zwanzig Individuen keine Spur sehen. Die Bildung beider Bogen und der an ihnen später auftretenden Anhänge ge- schieht aber nicht an allen Teilen der Wirbelsäule gleichzeitig, sondern wir sehen die Entwicklung an zwei Punkten, am 1. Rumpf- wirbel und am Kreuzbeinwirbel einsetzen und von da nach rück- wärts weitergreifen. Dieser Umstand gestattet es, an einem und demselben Tiere verschiedene Entwicklungsstadien beobachten zu können. Beide Bogensysteme entwickeln sich aus dem axialen Binde- gewebe an der Grenze zweier Muskelsegmente, dort, wo sich be- reits die erste Anlage des knöchernen Wirbelkörpers in Form einer dünnen, doppelkegelförmigen, die Chorda umschließenden Knochen- hülse befindet. Daselbst beobachtet man zuerst jederseits eine starke Wucherung des axialen Bindegewebes, welche vom Wirbelkörper ausgehend, sich später nach aufwärts um das Rückenmark, bzw. nach abwärts um die Schwanzgefäße ausdehnt. In der binde- gewebigen Anlage des oberen Bogens geht die erste Knorpelab- scheidung zunächst in unmittelbarer Anlagerung an den knöchernen Wirbelkörper vor sich, und zwar gesondert auf der rechten und linken Seite. Die beiden knorpeligen Bogenhälften umwachsen sodann allmählich das Rückenmark, bis sie sich dorsal in der Medianlinie zu einem vollständigen Bogen schließen. Die Bildung des unteren Bogensystems geht parallel mit der Entwicklung des korrespon- dierenden oberen Bogens, so daß man beide Bogensysteme an dem- selben Wirbel im gleichen Entwicklungsstadium antrifft. Auch die unteren Bogen setzen sich aus einer rechten und linken Hälfte zu- sammen, deren Knorpel selbständig in unmittelbarem Anschluß an den Wirbelkörper entstehen, die Schwanzgefäße umwachsen und sich in der Mediane schließlich vereinigen; hierauf kommt es noch zur Bildung eines kurzen, unpaaren Dornfortsatzes. Zu bemerken wäre noch, daß die unteren Bogen eine nach hinten geneigte Stel- lung einnehmen. Bei Salamandra treffen wir dieselben vom 3., mit- unter auch vom 2. Kaudalwirbel bis an das Ende des Schwanzes an. wobei die vorderen mancherlei Vereinfachungen und Rückbildungen erkennen lassen. An diesen erscheinen nämlich die knorpeligen Bogen- basen einander stark genähert, so daß dieselben in der Mitte zur Berührung kommen und nur durch eine Knochenschichte von einander getrennt werden. An den zwei vordersten Schwanzbogen (3. und 4. Kaudalwirbel) endlich verschmelzen die Bogenbasen vollständig zu einem unpaaren Stücke, aus dem die beiden Bogenhälften ihren Ausgangspunkt nehmen (Fig. 10 a). Am vordersten kommen überdies die Bogenhälften distal nicht mehr zur Vereinigung. An einem (320) Untersuchungen über die llorphologi«' iiiid Eni wirkluiii^s-.'schichto etc. l'i Exemplar fand ich auch noch am "J. Kaiulalwirbel ein liudiment eines unteren Bogens in Form eines unpaarea Knorpelchens vor, welches also nur mehr den verschmolzenen Bogenbason entspricht und mit Recht als ein typisches Interzentrum angesprochen werden könnte. Ich komme jetzt zur Beschreibung der ersten Anlage der an den oberen Bogen auftretenden Rippenanhänge. Vorher habe ich aber auf eine Erscheinung aufmerksam zu machen, welche für die Auffassung des folgenden von Wichtigkeit ist. Die Ent- wicklung des oberen Bogens, welche am 1. Rumpf wirbel noch während des Embryonallebens beginnt, setzt in ziemlich rascher Folge auch an den übrigen Wirbeln ein, so daß die ausschlüpfenden Larven fast sämtliche oberen Bogen besitzen. Die Entwicklung des Rippensystems geht dagegen nicht parallel mit der des oberen Bogens; dieselbe beginnt wohl auch noch während des Embryonal- lebens am 2. Rumpfwirbel, pflanzt sich aber langsamer auf die folgen- den Wirbel fort, so daß das Rippenpaar des letzten Rumpfwirbels erst in sehr vorgerückten Larvenstadien zur Anlage kommt. Es entspricht also einem bestimmten Entwicklungsstadium des oberen Bogens nicht in allen Regionen der AVirbelsäule der gleiche Ent- wicklungszustand des Rippensystems ; während das letztere an den vorderen Rumpfwirbeln bei sehr unentwickeltem oberen Bogen auf- tritt, erscheint es an den hintersten Wirbeln bei bereits ziemlich ausgebildetem Bogen. Zur Darstellung der ersten Entwicklungs- vorgänge des Rippensystems wähle ich den 6. Wirbel eines ca. 22 mm langen Salamanderembryos. An diesem Wirbel erscheint wohl der obere Bogen dorsal bereits geschlossen, er entbehrt aber noch voll- ständig eines knöchernen Überzuges. Der Wirbelkörper ist natürlich bereits angelegt, der Intervertebralknorpel noch größtenteils binde- gew^ebig. Das erste Entwicklungsstadium des Rippeusystems stellt sich an diesem Wirbel folgendermaßen dar: An der Basis des oberen Bogens tritt in der Höhe des Interstitium laterale eine ziemlich deutlich umgrenzte, rundliche Wucherung von Binde- gewebszellen auf (Fig. 1 a). Verfolgt man die Serie nach vorwärts, so sieht man von dieser Bindegewebswucherung eine schmale Straße von Bindegewebszellen nach abwärts ausgehen, welche mit einer leichten Wendung nach vorn schräg gegen den Wirbelkörper zu verläuft, um sich an der halben Höhe des letzteren anzusetzen. Auf diese Weise wird mit dem Wirbelkörper und oberen Bogen eine Lücke angedeutet, durch welche die Arteria vertebmlis collateralis ver- läuft. Die beschriebene Anlage ist in ihrem proximalen Teile im Arbeiten aits den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 3. 23 (321) 14 Franz May er hofer: axialen Bindegewebe eingebettet und gebt daselbst unmittelbar in das Pericbondrium des oberen Bogens über (Fig. Ib u.. c). Distal erstreckt sie sich in das Interstitium hinein in Form eines Bindegewebs- slranges, welcher in der Durchschnittslinie des Interstitiums und transversalen Muskelseptums gelegen ist. Diese Bildung ist daselbst eine Strecke weit peripher zu verfolgen , verliert sich aber später allmählich im septalen Bindegewebe, Vergleicht man mit diesem Stadium die weiter hinten folgenden Wirbel , welche noch viel weniger entwickelt sind , so beobachtet man , daß an den letzteren diese bindegewebige Anlage noch nicht so weit peripher vorge- schritten ist und schließlich überhaupt nur auf einen kleinen medialen Anteil beschränkt ist; daraus ergibt sich, daß diese bindegewebige Wucherung vom Wirbel ausgeht und sich von da peripher weiter- entwi(;kelt. Wir wollen das Entwicklungsstadium des Rippensystems, welches wir jetzt kennen gelernt haben , als bindegewebiges oder „vorknorpeliges" bezeichnen. An Fig. 1 /> sehen wir dasselbe aus einem schmalen distalen und breiteren medialen Anteil zusammen- gesetzt. Vorgreifend will ich schon jetzt erwähnen, daß der starke mediale Teil die Anlage des (unteren) Querfortsatzes, der schwächere laterale dagegen die Anlage der Rippe darstellt. Von Bedeutung erscheint nun bis jetzt die Feststellung der Tatsache, daß Rippe und Querfortsatz in ihrem ersten, vorknorpeligen Stadium eine kontinuierliche Anlage darstellen, welche von der Skelettachse ausgeht und von da gegen die Peripherie auswächst. Manche Autoren erörtern nun die Frage, aus welcher Bindegewebsschichte die besprochenen Anlagen ihren Ursprung nehmen. Fieck leitet den medialen Abschnitt (Querfortsatz) vom Pericbondrium des oberen Bogens und vom axialen Bindegewebe (skeletogene Schichte Gegenbaurs), den lateralen (Rippe) vom intermuskulären Bindegewebe (Fasziengewebe) ab. Für diese An- gaben konnte ich aber keinen Anhaltspunkt finden; viel begründeter erscheint es mir dagegen, in dem septalen Bindegewebe den Ursprung der Rippe zu suchen ; da der Querfortsatz mit der Rippe eine ein- heitliche Anlage darstellt, so dürfte er auch mit dieser eine gemein- same Genese haben. Für letzteren käme nur noch das perichordale Bindegewebe in Betracht. In dieser einheitlichen bindegewebigen Anlage beobachten wir alsbald den Übergang in das nächstfolgende, das knorpelige Stadium. Dabei ergeben sich für die verschiedenen Regionen der Wirbelsäule einige DiiFerenzen , weshalb es notwendig erscheint, die Entwick- lungsvorgänge in den einzelnen Abschnitten getrennt darzustellen. (322) Untersuchunseii über die Morphologie und Entwicklungsgeschichte etc. 15 Ich beginne nun die Veränderungen auseinanderzusetzen, welche sich in der vorderen llumpfhälfte (2.-7. Wirbel) abspielen. Dabei haben wir vor allem den Entwicklungszustand des oberen Bogen- systems genau zu berücksichtigen. Wie ich schon früher erläutert habe, tritt die Anlage des Rippensystems im vorderen Rumpf- abschnitte zu einer Zeit auf, in welcher die oberen Bogen ziemlich unentwickelt sind; das breite Knorpeldach des oberen Bogens mit den daran befindlichen Gelenkfortsätzen ist noch nicht zur Aus- bildung gekommen oder die beiden Bogenhälften sind überhaupt noch nicht zu ihrem dorsalen Schlüsse gekommen. Worauf ich aber besonders hinweisen muß, ist der Umstand, daß die Abscheidung einer perichondralen Knochenschichte nocli nicht stattgefunden hat. Die folgenden Angaben beziehen sich auf die vordersten Wirbel eines ca. 18 mm langen Embryos. Die erste Knorpelabscheidung erfolgt in jenem Abschnitte der Vorknorpelanlage des Rippen- systetns, welchen ich früher als erste Anlage der Rippe bezeichnet habe. In kurzem Abstände vom oberen Bogen sehen wir daselbst eine stärkere Wucherung der Bindegewebszellen, Umwandlung der spindel- förmigen Bindegewebselemente in die rundlichen Knorpelelemente und gleichzeitig die Abscheidung von hyaliner Grandsubstanz ein- treten. Verfolgt man die Wirbel nach vorn, so findet man an jedem vorderen Wirbel den Prozeß weiter vorgeschritten, als dessen Resultat man endlich ein kleines, dünnes Knorpelstäbchen erkennt, welches an der Oberfläche noch dicht von Vorknorpel überdeckt ist, auf dessen Kosten es seinen Umfang vergrößert. Dabei ist dieses Gebilde der vorknorpeligen Anlage des Querfortsatzes eng angelagert (Fig.^ey.). Aus demselben geht, wie leicbt zu erkennen ist, die Hauptmasse der späteren Rippe hervor. Nachdem sich die Rippe in der geschilderten Weise angelegt hat, beginnt auch der Knorpel des (unteren) Querfortsatzes aufzutreten. Von dem Bindege- webszellenmaterial, welches oben als vorknorpelige Anlage des Quer- fortsatzes bezeichnet wurde, beginnt in der dem oberen Bogen dicht anliegenden Schichte ein Knorpelbildungsprozeß; dabei lagern sich die jungen Knorpelzellen unmittelbar dem Knorpel des Bogens an und auch die neu auftretende Grundsubstanz fließt derart mit der des oberen Bogens zusammen, daß eine Abgrenzung beider Knorpel nicht möglich ist. Der ganze Prozeß erweckt den Eindruck, als ob es sich hierum einen Auswuchs des oberen Bogens handelte, wie es auch schon von mancher Seite gedeutet wurde (Fig. 2 a). Indem später die Knorpelbildung weitergreift, stellt sich an einem älteren Embryo der Querfortsatz als eine starke buckeiförmige Erhebung 23* (323) l(j Franz May erhofer : der oberen Bogenbasis dar, welche mit der gesonderten knorpe- ligen Rippenanlage nur durch Vorknorpel zusammenhängt. Zum Studium der entsprechenden Entwicklungsvorgänge in der hinteren Rumpfhälfte müssen wir bereits eine '60 mm lange Larve verwenden, denn ich habe schon früher auseinandergesetzt, daß das Rippensystem an den rückwärtigen Wirbeln ziemlich spät zur Ent- wicklung kommt. Wenn wir an einem rückwärtigen Wirbel die erste Knorpelanlage im Bereiche des Rippensystems beobachten, befindet sich der obere Bogen bereits in einem ziemlich vorgeschrittenen Entwicklungszustande. Die Veränderungen und Neubildungen, welche an demselben vor sich gegangen sind, will ich an späterer Stelle besprechen . möchte aber vorläufig bloß feststellen , daß an der lateralen Eläche desselben bereits eine perichondrale Knochen- schichte von größerer oder geringerer Dicke aufgetreten ist. In dem Vorknorpelstadium, bezüglich dessen ich gegen früher nichts abweichendes zu konstatieren habe, findet die Bildung von Knorpel- substanz zuerst im medialen Teile im Bereiche des Querfortsatzes statt, welcher hier im Gegensatze zu der vorderen Rumpfhälfte der Entwicklung der Rippe auch fernerhin vorauseilt. Bezüglich der Art und Weise der Knorpelbildung beobachten wir auch hier zunächst in der dem oberen Bogen anliegenden Schichte des Vorknorpels den Prozeß der Knorpelabscheidung eingeleitet, der sich sodann peripher fortsetzt. Trotzdem der erste Knorpel in unmittelbarer Anlagerung an den oberen Bogen auftritt, ist eine Vereinigung der Knorpelgewebe beider Gebilde wegen der sie trennenden Knocheu- schichte ausgeschlossen {Fig. 2b und e (i). Somit scheint eine Beteili- gung des oberen Bogens an der Bildung des Querfortsatzes in diesem Falle nicht möglich, sondern wir müssen vielmehr zugeben, daß der Querfortsatz eine selbständige Entwicklung genommen hat. Die Knochenlamelle kann nach Anlagerung des Querfortsatzes an dieser Stelle ihre Dicke nicht mehr vergrößern, da die Osteoblasten daselbst zugrunde gegangen sind. Anderseits habe ich aber auch niigends eine Resorption derselben beobachten können , wie dies von einigen Forschern behauptet wird; die Knochenlamelle ist in allen späteren Entwicklungsstadien bis zur Metamorphose in ihrer ursprünglichen Anlage zu verfolgen. Es kommt nicht selten vor, daß dieselbe beim Auftreten des Querfortsatzes noch nicht konti- nuierlich angelegt ist, sondern Lücken enthält, die dann nach Anlagerung des Querfortsatzes als Fenster erscheinen ; letztere sind also nicht auf Resorptionserscheinungen, sondern auf unvollkommene Entwicklung zurückzuführen. (324) Untersuclmngoii ühtr die Morphologie und Entwicklungsgeschichte etc. 17 Ich habe nun noch in Kürze die entsprechenden Verhältnisse in der Sakral- und Schwanzregion zu skizzieren. Wie schon ein- leitend bemerkt wurde, beginnt die Entwicklung aller knorpeligen AVirbelteile am 1. Rumpf- und am Sakralwirbel ziemlich gleich- zeitig und erstreckt sich von da fortschreitend auch auf die folgenden Wirbel. Wir treffen daher bei Embryonen, welche gerade erst in der vordersten Rumpfregion die oberen Bogen entwickelt haben, dieselben auch am Sakriim und im vordersten Schwanzabschnitte bereits angelegt. Vom o. Kaudalwirbel angefangen, treten dann parallel mit den oberen Bogen auch die entsprechenden unteren auf. Die Entwicklung beider Bogensysteme geht fernerhin ziemlich rasch auch auf den rückwärtigen Schwanzabschnitt über, so daß die jungen Larven bereits sämtliche Bogen des Schwanzes besitzen. Analog den Verhältnissen des Rumpfes tritt das Rippensystem am Sakrum und an den vordersten Schwanzwirbeln sehr früh auf. Es ist zunächst die Sakralrippe, deren knorpelige Anlage noch während des Embryonallebens zu beobachten ist. Dieselbe wächst bald zu einem mächtigen Gebilde heran, welches frühzeitig mit dem Becken- gürtel in Beziehung tritt. Bald nach der Anlage der Rippe tritt auch der dazu gehörige Querfortsatz in der Entwicklung auf. An den folgenden Schwanzwirbeln ist von einer Rippenanlage zunächst nichts zu sehen , wir können an ihnen vorläufig bloß die Anlage von Querfortsätzen konstatieren. Dabei ist zu beachten, daß sich die Bildung der letzteren sehr langsam von den vorderen auf die hinteren Wirbel fortpflanzt. Obwohl die Bildung des Querfortsatzes am 1 . Kaudaiwirbel im frühesten Larvenstadium stattfindet, besitzt die Larve in Verwandlung erst an vier bis sechs Schwanzwirbeln knor- pelige Querfortsätze. Ähnlich wie im Bereiche des vorderen Rumpfes sehen wir auch am Sakrum und den zwei vorderen Kaudalwirbeln, an denen die Anlage der Querfortsätze bei sehr jungen und jeglicher Knochenhülse entbehrenden oberen Bogen auftritt, den Knorpel des Querfortsatzes in unmittelbarer Anlagerung an den Knorpel des oberen ßogens auftreten, aus letzterem also gleichsam heraus- wachsen. Vom 3. Kaudal Wirbel angefangen beginnt die Entwick- lung der Querfortsätze erst, nachdem am oberen Bogen bereits eine Knochenlamelle aufgetreten ist, welche von allem Anfang an eine scharfe Grenze zwischen Bogen und Querfortsatz bezeichnet. In diesem Falle werden wir wie in der hinteren Rumpf half te eine selb- ständige Entwicklung des Querfortsatzes zu konstatieren haben. Überblicken wir nun die ganze Wirbelsäule, so sehen wir zwei Modi der Entwicklung des Querfortsatzes: scheinbares Hervor- (325') 18 Franz May erhofer: wachsen desselben aus dem oberen Bogen im Vorderrumpfe und an der Schwanzwurzel , selbständige Entwicklung desselben an den übrigen Teilen der Wirbelsäule. Dabei ist es aber nicht möglich anzugeben , an welchem Wirbel die selbständige Ent- wicklung des Querfortsatzes beginnt, da die Grenze sehr großen Schwankungen unterliegt. Ich habe zwei Individuen untersucht, an denen sich die Querfortsätze durchaus selbständig anlegten. In diesem Falle erkannte ich aber, daß die erste Anlage derselben auch an den vordersten Rumpfwirbeln sehr spät erfolgte, zu- mindest in jenem Stadium, in welchem der obere Bogen bereits Knochen entwickelt hatte. Bezüglich der Befestigungs weise des (unteren) Querfortsatzes am oberen Bogen wäre nachträglich noch zu bemerken, daß ersterer in der hinteren Rumpf half te eine gering- fügige, aber immerhin wahrnehmbare dorsale Verschiebung an letzterem erkennen läßt. Dieselbe ist mit etwas größerer Deutlich- keit auch an den letzten Querfortsätze tragenden Kaudalwirbeln zu beobachten. Bevor ich die weitere Entwicklung des Rippensystems bespreche, möchte ich in Kürze auseinandersetzen, welche Veränderungen seither am oberen Bogensysteme vor sich gegangen sind, bzw. sich während der folgenden Entwicklungsstadien abspielen werden. Ich habe erwähnt, daß die beiden knorpeligen Bogenhälften das Rückenmark umwachsen und sich dorsal endlich zu einem vollständigen Bogen schließen ; das oberste Stück des nunmehr geschlossenen Bogens beginnt so- dann in Form eines dachförmigen Vorsprunges nach hinten aus- zuwachsen. Gleichzeitig entwickeln sich in entsprechender Weise nach vorn jederseits zwei stabförmige Fortsätze, welche bald dem rasch entgegenwachsenden Bogendach e des vorangehenden Wirbels begegnen und die vorderen Gelenkfortsätze darstellen. In diesem Stadium beginnt nun auch an dem nach rückwärts ausladenden Bogendache die Entwicklung zweier Fortsätze, welche sich über die vorderen Gelenkfortsätze des nachfolgenden W^irbels legen und mit ihnen später zur Bildung eines Gelenkes zusammentreten (hintere Gelenkfortsätze). Zur Ausbildung eines veritablen Dornes kommt es nicht; es findet bloß eine leistenförmige Erhebung des Knorpels an der Dorsalseite des Bogendaches statt, welche eventuell als Andeutung eines Dornfortsatzes angesehen werden könnte. Den Ossifikationsprozeß, der schon jetzt einsetzt, will ich im Zusammen- hange erst später besprechen. Wir kehren nun wieder zur Entwicklungsgeschichte des Rippensystems zurück; im Interesse einer möglichst synchronisti- (326) Untersiu'lningen über ilie Morpliologie uiul Entwicklungsgeschiclite eto. 19 sehen Darstellung' der Entwicklung aller zum Rippensystem ge- hörigen Teile ist es gelegen, an dieser Stelle die ersten Ansätze zu jenen Gebilden zu beschreiben . welche als Querspange der Rippe (Nebenspange) und als dazugehöriger oberer Querfortsatz bekannt sind. Noch an älteren Embryonen ist dicht oberhalb des jungen Quer- fortsatzes und des proximalen Teiles der Rippenanlage eine Wuche- rung von Bindegewebe im Trans versalseptum zu beobachten ; da dieselbe in unmittelbarem Anschlüsse an die genannten Teile auf- tritt und von ihnen aus in dorsaler Richtung weiterwächst, ist zu schließen, daß diese Bindegewebswucherung genetisch nichts anderes als eine Verbreiterung der vorknorpeligen Anlage des Rippensystems an seinem proximalen Ende darstellt. Diese Anlage ist dem Perichondrium des oberen Bogens mit breiter Basis angelagert, verschmälert sich aber peripheriewärts rasch und verliert sich bald im Perichondrium der Rippe. So erhalten wir eine flächen- hafte, dreiseitig begrenzte Vorknorpelanlage, welche uns die Grundlage zur Entwicklung des oberen Querfortsatzes und dorsalen Rippenkopfes darstellt. — Zum Studium der weiteren Entwicklungsvorgänge am unteren Querfortsatze wählen wir einen vorderen Rumpfwirbel einer jungen Larve. Wir haben den Querfortsatz in jenem Zustande verlassen , in welchem er sich im Vorderrumpf als eine starke buckeiförmige Vorwölbung der Bogenbasis repräsentiert; der übrige noch vorknorpelige Anteil setzt sich nach rückwärts in eine die Vertebralarterie umgreifende Bindegewebsstraße fort und steht distal in kontinuierlichem Zu- sammenhange mit der knorpeligen Rippenanlage. Der Knorpel des Querfortsatzes wächst nun rasch, bis der ganze Vorknorpel desselben in hyalinen Knorpel umgewandelt erscheint, bleibt aber von der Rippe immer noch durch eine Knorpelschichte getrennt. Im Verlaufe der Weiterentwicklung erkennt man nun, daß der Querfortsatz in der Richtung der obenerwähnten Bindegewebsstraße nach abwärts zu wachsen und dabei die Vertebralgefäße bogenförmig zu umgreifen beginnt (Fig. 4). Ein Vordringen der Knorpelbildung bis an den Wirbelkörper findet in der Regel nicht statt ; das Stück, welches noch fehlt, um den Bogen um die Vertebralarterie zu schließen, wird nicht knorpelig angelegt, sondern erscheint sofort knöchern. Die Zellen der genannten Bindegewebsstraße scheiden eine Substanz aus, die sich an der braunen Färbung mit Orange als Knochensubstanz verrät; die einzelnen Knochenpartikelchen fließen dann zusammen und bilden eine knöcherne Spange, welche die Verbindung des Querfortsatzes mit dem Wirbelkörper herstellt (Fig. 6). (327) 20 Franz Mayerhofer: Eine an der Oberfläche liegende Periostschichte ermögliclit noch ein späteres Wachstum in die Länge wie in die Dicke. Die Knochenspange hat eine variable Ausdehnung, welche davon abhängt, wie weit die Knorpelanlage des Querfortsatzes heruntergewachsen ist. Ich habe einen Fall beobachtet, in welchem der Knorpel des Querfortsatzes die Vertebralarterie vollständig umwachsen hat und sich nur mit Hilfe eines ganz minimalen Knochenstückchens am Wirbelkörper befestigte. Solche Fälle sind bei Salamandra selten , erscheinen dagegen bei anderen ■'Formen (Menobranchufi) als Regel. Die Höhe, in welcher sich die Knochenspange am Wirbelkörper ansetzt, ist nicht konstant ; während in der Mehrzahl der Fälle die Knochenspange in halber Höhe am Wirbelkörper inseriert , beobachten wir auch manchmal ein Hinabrücken derselben bis an die Basis des Wirbelkörpers (Fig. 6). In dem jetzt beschriebenen Stadium tritt der Querfortsatz an den vorderen Wirbeln bereits in Beziehungen zur knorpeligen Rippe, deren Weiterentwicklung den Gegenstand des folgenden Ab- schnittes bilden wird. Als erste knorpelige Anlage der Rippe haben wir ein kleines, im Interstitium gelegenes Knorpelstäbchen kennen gelernt, welches an den vorderen Wirbeln der Entwicklung des Querfortsatzes vorausgeeilt war. Da sich aber die Entwicklung der Rippe auf die hinteren Wirbel viel langsamer fortpflanzt als die der Quer- fortsätze, so folgt, daß sich rückwärts das umgekehrte Verhältnis einstellen wird. Der Querfortsatz wird bereits eine ansehnliche Größe erreicht haben, wenn das Auftreten der knorpeligen Rippe einsetzt. Ferner müssen wir noch folgendes beachten : in der vor- deren Region des Rumpfes entsteht die erste Anlage der knorpeligen Rippe in enger Nähe des Querfortsatzes, und die sie trennende Vorkuorpelschichte ist sehr schmal, so daß man an der Kontinuität und Zusammengehörigkeit beider Bildungen nicht zweifeln kann. Je weiter wir nach rückwärts gehen , um so mehr sehen v/ir die knorpelige Rippenanlage distal rücken, wobei aber der Zusammen- hang mit dem Querfortsatz überall durch eine Vorknorpelpartie hergestellt bleibt. Zur Demonstration der ersten Knorpelanlage von Querfortsatz und Rippe leistet uns also ein mittlerer Rampfwirbel die besten Dienste ; er zeigt uns beide Gebilde nebeneinander im selben Entwicklungsstadium, außerdem läßt er sehr deutlich das völlig getrennte Knorpelauftreten für Querfortsatz und Rippe erkennen, die aber durch eine schmale Vorknorpel- straße im Zusammenhang stehen (Fig. 2 c. c^). Die Rippe wächst nun an beiden Enden weiter und nimmt dabei auch entsprechend an (328) Untersuchnngeu über die Morphologie und Entwicklungsgeschichte etc. 21 Dicke zu, so daß sich dieselbe immer mehr dem Querfortsatz nähert. Infolge der engen Anlagerung beider Teile im Vorderrumpfe und der starken Entwicklung der Rippe kommt es bier frühzeitig zu einem Znsaramentretfen beider Knorpel, die schließlich ganz ineinander- fließen. Dabei sind beide Gebilde noch relativ sehr jung. Weiter rückwärts kommt es aus den angefühi'ten Gründen nicht so früh zu einer Verschmelzung, und wir sehen Rippe und Querfortsatz sich längere Zeit nebeneinander entwickeln, bis ihre Vereinigung erfolgt. Neben der geschilderten proximalen Rippenanlage habe ich in einem einzigen Falle auch einen distalen gesonderten Knorpelherd konstatieren können. Dieser Fall betiitft den 5. Wirbel einer ca. 30 mm langen Larve. An demselben hatte sich in der oben ge- schilderten Weise in der medialen Hälfte des Interstitiums ein kurzes Knorpelstäbchen als Rippenanlage gebildet ; in dem lateralen Abschnitte der vorknorpeligen Rippenanlage hatte sich aber noch ein zweiter gesonderter Knorpelherd, vermutlich später, entwickelt. Derselbe lag ziemlich weit an der Peripherie, ungefähr dort, wo das Interstitium sich nach abwärts zu senken beginnt. Dieser distale Knorpelherd stand natürlich durch eine Straße von Vorknorpel in Verbindung mit dem medialen. Aus der Vereinzeltheit dieses Falles muß ich schließen, daß es sich hier um eine Variationserscheinung handelt. Ob derselben eine Bedeutung zukommt, kann ich nicht näher erörtern. Wir kommen jetzt zur Beschreibung jenes Rippenstückes, welches in der Literatur gewöhnlich als Rippenspange oder Quer- spange bezeichnet wird. Gleichzeitig mit ihr entwickelt sich auch der zu ihr gehörige obere Querfortsatz, der uns später beschäftigen wird. Die Vorknorpelanlage beider Teile wurde schon an früherer Stelle besprochen; ich knüpfe an die dortige Darstellung an und führe aus, daß am oberen Rande der genannten, dreiseitigen Vor- knorpelanlage eine Verdichtung der Bindegewebselemente stattfindet, welche von der Rippe ausgeht und sich gegen den oberen Bogen fort- setzt. In diesem stark wuchernden Rande beobachtet man auch das erste Auftreten von Knorpel in direktem Anschlüsse an die Rippe, indem sich der neu auftretende Knorpel unmittelbar an den Knorpel der Rippe apponiert, welche zu dieser Zeit noch keinerlei Knochen an ihrer Oberfläche gebildet hat, sondern bloß von Periost bedeckt ist. Dieser Vorgang macht nun den Schluß sehr naheliegend, daß es sich hier um einen Auswuchs der Rippe handelt (Fig. 3 a). Späterhin sieht man dieses Gebilde sich weiter gegen den oberen Bogen erstrecken und sodann mit dem inzwischen gebildeten oberen (329) 22 Franz Mayerhof er: Querfortsatz in Beziehung treten. Wenngleich der Knorpel der Nebenspange mit dem Rippenhauptstücke immer in deutlicher Kontinuität verbunden ist, so sieht man doch bisweilen, besonders an rückwärtigen Wirbeln , eine kleine Abweichung in der feineren Struktur beider Knorpel (Fig. b d). An die Entwicklung der Rippennebenspange anschließend, möchte ich gleich jetzt der Bildung der sogenannten „distalen Rippengabelung" Erwähnung tun, ob- gleich dieselbe erst später auftritt. Diese zuerst von Götte be- schriebene distale Rippengabel kommt dadurch zustande, daß sich in ähnlicher Weise, wie die jetzt beschriebene Querspange nach innen, eine Knorpelspange auch nach außen von der Rippe aus entwickelt. Diese Knorpelspange entspringt ebenfalls der dorsalen Seite der Rippe, ragt ein Stück in die Muskulatur und endigt da- selbst frei." Hervorgehoben muß werden, daß dieses Gebilde keine allgemeine Verbreitung an der Wirbelsäule besitzt, sondern nur auf einige vordere Wirbel (2. — 4.) und den Sakralwirbel beschränkt bleibt. Die Entwicklung dieser distalen Knorpelspange zeigt große Ähnlichkeit mit derjenigen der medialen Querspange. Nachdem die letztere bereits vollständig ausgebildet ist, tritt nicht weit von ihrem Ursprünge an der dorsalen Seite der Rippe eine Bindegewebs- wucherung auf. Auch hier tritt die Knorpelbildung am oberen Rande dieser Vorknorpelanlage auf, und zwar zuerst in direktem Anschlüsse an die Rippe; wir sind also berechtigt, auch hier von einem Auswüchse der Rippe zu sprechen (Fig. 9 c). Diese Anlage wächst ein Stück distal im Myoseptura weiter und endigt schließlich frei in der Muskulatur. Bei der periostalen Ossi- fikation treten nicht selten knöcherne Verbindungsbrücken mit der Rippe auf. Der Rest der zwischen dieser so entstandenen Gabel be- findlichen Vorknorpelanlage geht später zugrunde. Nachdem wir so die Elemente, aus denen sich die Rippe zu- sammensetzt, kennen gelernt haben, wollen wir wieder die Entwick- lung des Querfortsatzes weiterverfolgen. Ich habe die Entwicklung desselben bis zu jenem Stadium beschrieben, in welchem er einen geschlossenen Bogen um die Arteria vertehralis darstellt. Nunmehr beginnen jene Bildungsprozesse, welche die Entwicklung des oberen Querfortsatzes einleiten. Das Bildungsmaterial für den letzteren entstammt jener dreiseitig begrenzten Vorknorpelanlage, an deren oberen (dorsalen) Rande wir die Entwicklung der Rippenquer- spange beobachtet haben. Ziemlich gleichzeitig mit der Bildung dieser beginnt auch in der dem oberen Bogen unmittelbar an- liegenden Schichte jener Vorknorpelanlage ein Knorpelbildungs- (330) Untersucluiiigen über die Morpliologie und Entwicklungsgeschichte etc. 2';\ prozeß, und zwar zunächst in direktem Anschlüsse an den Knorpel des unteren Qnerfortsatzes. So entsteht an der Wurzel des letzteren ein knorpeliger Auswuchs, welcher sich dem oberen Bogen anlagert und an* ihm emporwächst (Fig. 5 a, b). Diese Knorpelleiste, welche mit dem oberen Bogen fest verwächst, vom Knorpel desselben aber durch eine bereits aufgetretene Knochenschichte deutlich getrennt ist, dringt; mit einer leichten Neigung nach rückwärts, bis an den dorsalen Rand der besprochenen Vorknorpelanlage vor. Von da an beginnt sich das dorsale Ende gegen das Myoseptum hin zu verbreitern und der von außen kommenden Rippenspange zu nähern (Fig. 9 b). Der so entstehende obere Querfortsatz verschmilzt nun im vor- deren Rumpfabschnitte sehr bald mit der bereits frühzeitig angelegten, weit vorgerückten Rippennebenspange ; in der hinteren Rumpf hälfte dagegen sehen wir wieder den oberen Querfortsatz eine ansehnlicbe Größe erreichen , ehe die Verbindung mit der später auftretenden Rippennebenspange stattfinden kann. Die frühzeitige Verschmelzung der knorpeligen Querfortsätze und der entsprechenden Rippenteile, zwischen denen weiterhin jede Grenze verschwindet, macht eine ge- trennte Weiterverfolgung beider Teile unmöglich. Es könnte hier der Zweifel berechtigt sein, ob jene relativ kleinen Knorpel, die wir bis jetzt als unteren, resp. oberen Querfortsatz kennen gelernt haben, tat- sächlich zu den im ausgebildeten Zustande so mächtigen Querfort- sätzen werden, kurz, ob die Stelle, wo die Verschmelzung eintritt, jener Stelle entspricht, an welcher später die Gelenkhöhle erscheint. Wenngleich die Knorpel beider Teile ohne Grenze ineinander über- gehen, so ergeben sich doch gewisse Anhaltspunkte, Rippe und Quer- fortsätze auch späterhin auseinanderhalten zu können; wie man an Längsschnitten sieht, besteht an der Grenze beider von allem An- fang an eine mehr oder minder starke Knickung, welche durch die verschiedene Lage der Rippe und Querfortsätze zur Querachse herbeigeführt wird. Die Rippe liegt eingebettet im Myoseptum und schließt daher, dem Verlauf desselben folgend, mit der Querachse einen Winkel von zirka 60° ein. Die Querfortsätze dagegen, welche außerhalb des Myoseptums in dem axialen Bindegewebe liegen, schließen mit der Querachse nur einen sehr kleinen Winkel ein oder liegen überhaupt ganz quer (Fig. 2 c und Fig. 9 a). Über die durch diese Knickung hervorgerufene Grenze können nun unmöglich Elemente der Rippe an die Querfortsätze oder um- gekehrt kommen , sondern beide Teile können nur auf eigene Kosten ihre weitere Entwicklung nehmen. Das Wachstum der Quer- fortsätze in die Länge wird, wie es scheint, veranlaßt durch die (331) 24 Franz Mayerhof er: mächtige Entfaltung des axialen Bindegewebes. Dasselbe besitzt anfänglich eine sehr geringe Ausdehnimg, so daß die Muskulatur und die darin eingebettete Rippe sehr nahe an den oberen Bogen zu liegen kommen. Späterhin nimmt aber das axiale Bindege- webe sehr rasch an Dicke zu, wodurch die Muskulatur einiger- maßen vom oberen Bogen weggedrängt wird. Parallel mit der Ausbildung des Bindegewebes geht auch das Wachstum der Quer- fortsätze in die Länge, die demnach die Aufgabe hätten, eine Ver- bindungsbrücke zwischen der in der Muskulatur befindlichen Rippe und dem oberen Bogen durch das reich entwickelte axiale Binde- gewebe herzustellen. Ganz unzweifelhaft liegen aber die Verhält- nisse im hinteren Teile des Rumpfes. Ich habe schon früher darauf hingewiesen , daß hier Rippe und Querfortsätze lange ihre Selb- ständigkeit bewahren. Besonders an den letzteren Wirbeln sehen wir den Querfortsatz ungemein weit der Rippe in der Entwicklung vorauseilen und eine ziemliche Größe erreichen, bis erst die Rippe als kleines Knorpelchen auftritt (Eig. 7). In diesem Falle können wir uns also überzeugen, daß der Querfortsatz aus jenem kleinen Knorpelchen in Eig. 2 c hervorgeht und auf eigene Kosten zu jener mächtigen Ausdehnung kommt wie in Eig. 7. Ganz ähnliche Ver- bältnisse lassen sich auch bezüglich des oberen Querfortsatzes be- obachten (Eig. 8 a und V). Ich möchte noch mit wenigen Worten die Rippenanhänge der Kaudalwirbel erledigen; an die schon früher gegebene Darstellung der ersten knorpeligen Anlagen füge ich nun an, was ich an den späteren Entwicklungsstadien bis zur Verwandlung beobachten konnte. Wie das Skelett des ausgewachsenen Tieres zeigt, tritt das Rippensystem bloß an den 10 vorderen Kaudalwirbeln in mehr oder minder guter Ausbildung auf; die letzten Rippenanhänge treten aber spät auf j denn die in Verwandlung begriffene Larve besitzt erst an 6 — 7 Kaudalwirbeln die Anlage von Rippenanhängen, die sich wohl zum größten Teil als bloße Querfortsätze erweisen. Wie uns die Betrachtung einer solchen Larve lehrt, durchlaufen auch im Schwanzabschnitte die Querfortsätze alle jene Stadien, wie wir sie am Rumpfe beobachtet haben. An den vordersten Kaudalwirbeln dieser Larve war auch bereits die Bildung eines oberen Querfort- satzes in der beschriebenen Weise vor sich gegangen. Beide Quer- fortsätze sind jedoch daselbst so nahe aneinander gerückt, daß sie in ihrem distalen Abschnitte vollständig miteinander verschmolzen erscheinen, nur proximal sind sie durch eine kleine Knochenschichte oder durch eine kleine Lücke voneinander gesondert. Ein solches (332) UntersiK'linniicn über ilie Morphologie und Entwicklungsgeschichte etc. 25 Verhalten zeigt Fig. 10« vom H. Kaiulalwirbel. An den folgenden Wirbeln ist eine Unterscheidung beider Querfortsätze überhaupt nicht mehr möglich , indem dieselben zu einer einheitlichen, soliden Knorpelmasse an der Basis des oberen Bogens vereinigt sind. Zu bemerken wäre noch, daß der untere Querfortsatz an den rück- wärtigen Rippenanhänge tragenden Schwanzwirbeln eine leichte, dorsale Verschiebung längs des oberen Bogens erkennen läßt. Auch im Schwanz erscheint der Qnerfortsatz durch eine knöcherne Spange mit dem Wirbelkörper verbunden, wodurch ebenso wie im Rumpfe ein Bogen um die Vertebralarterie gebildet wird (Fig. 10 li). Infolge einer starken ventralen Verschiebung dieser Knoehenspange bis an die Basis des Wirbels kann es eintreten, daß dieselbe in unmittel- bare Nähe des unteren Bogensystems rückt, ohne jedoch mit dem letzteren in innigere Beziehungen zu treten. Von diskreten Rippenanlagen konnte ich im Schwänze wenig sehen. An der besprochenen Larve war bloß am distalen Ende der verschmol- zenen Querfortsätze des ersten Kaudalwirbels ein kleines Knorpelchen als erste Anlage einer Rippe zu finden; an den übrigen war aber die Spur einer solchen auch nicht in der Vorknorpelanlage zu sehen. Wie Claus anführt, findet sich auch bei der ausgewachsenen 8ala- mandra bloß ein einziges, ausnahmsweise noch ein zweites Schwanz- rippenpaar vor. Alle übrigen Rippenanhänge stellen also nur die mehr minder kräftig entwickelten Querfortsätze dar (Fig. 10 c). Ich habe nun die völlige knorpelige Entwicklung der beiden Bogen und des Rippensystems dargestellt; es erübrigt mir noch, den Ossifikationsprozeß, soweit ich denselben an dem mir zur Ver- fügung gestandenen Material verfolgen konnte, mit einigen Worten zu schildern. Die Ossifikation beginnt an den zuerst knorpelig an- gelegten Skeletteilen , den beiden Bogensystemen. AVir haben das erste Auftreten des Knochens schon kennen gelernt, und zwar in Form einer dünnen , oberflächlichen , anfangs homogenen Knochen- schichte, welche zuerst an der Basis der Bogen, später aber auch an dem übrigen Abschnitte derselben auftrat, so daß schließlich der ganze Bogen von einer kontinuierlichen Knochenröhre ein- geschlossen wurde. Die Bildung des Knochens ist natürlich dort un- möglich, wo sich frühzeitig der Knorpel des unteren Querfortsatzes an den oberen Bogen angelegt hat, woselbst eben eine Kontinuität beider Knorpel bestehen bleibt (vordere Rumpf- und Schwanzwirbel). Später nimmt diese perichondral entstandene Knochenhülse zusehends an Dicke zu und die späteren Schichten zeigen auch schon die Einlagerung von Knochenkör per chen. Jene Partie der äußeren (333) 26 Franz Maj-erhofer: Knoclienschicht , an welche sich frühzeitig der obere Querfortsatz, bzw. die ihn tragende Knorpelleiste angelagert hat, wird selbst- verständlich von einer späteren Dickenzunahme ausgeschlossen bleiben und in ihrer ursprünglichen Dicke weiterbestehen. Das Wachstum der Knochenhülse schreitet besonders an der Vorder- und Hinterseite des oberen Bogens in exorbitanter Weise vor sich, so daß der bisher siegelringförmige obere Bogen bald die Form einer kurzen Röhre annimmt, welche also zum größten Teil aus solidem Knochen besteht, nur in der Mitte den ursprünglichen Knorpelring enthält und dorsal von dem breiten knorpeligen Bogen- dache gedeckt wird. Während so die Knochenbildung immer mehr überhand nimmt, findet allmählich eine Rückbildung des Knorpels statt, welche zuerst im mittleren Teile des oberen Bogens auftritt, später aber auch den basalen Teil desselben ergreift. An der Stelle, wo oberer Bogen und Querfortsatz kontinuierlich zusammenhängen, wird nach Schwund des Bogenknorpels an der bloßen Stelle des Querfortsatzes nachträglich eine Knochenschichte gebildet. Der Dorsalabschnitt des Bogens (Bogendach) erhält sich lange knorpelig. Gleichzeitig mit dem Zerfalle des Knorpels bricht auch die Knochen- hülse an der Innenseite des Bogens ein und fällt ihrer Auflösung anheim. Es bleibt somit an dieser Stelle nur die äußere Knochen- schichte erhalten , die nun durch Apposition von neuen Knochen an der Innenfläche der Dicke des übrigen Knochens bald gleich- kommt (Fig. 9 d). Die Ossifikation des oberen Bogens , soweit ich sie jetzt beschrieben habe, fällt noch zum größten Teil in die Zeit des Larvenlebens. Die Verknöcherung des Rippensystems , deren erste Spuren wohl auch schon während des Larvenlebens zu be- merken sind, geht erst nach der Metamorphose vor sich. Da mir die entsprechenden Entwicklungsstadien leider nicht zur Verfügung standen, konnte ich den Ossifikationsprozeß daselbst nur in seinen Anfängen verfolgen. Die Ossifikation beginnt auch am Rippensystem, so wie überall, mit der Bildung einer homogenen Knochenschichte an der Oberfläche des Knorpels; dieselbe tritt zuerst an der Stelle der ersten Knorpelabscheidung auf, d. i. am proximalen Teile der Rippe und an der Basis des unteren Quer- fortsatzes. Die Knochenbildung greift dann weiter um sich, so daß schließlich alle Teile des Rippensystems von einer knöchernen Hülle umgeben sind. Ausgenommen davon bleibt bloß jene Stelle, an welcher Rippe und Querfortsatz zusammenhängen und wo später die Gelenk- bildung erfolgt. Bis zu diesem Stadium, welches ungefähr durch einen vier Monate alten j ungen Salamander repräsentiert wird, reichen (334) Untersuchnugen über die Morphologie und Entwicklungsgeacbichte etc. 27 meine eigenen Beobachtungen. Aus den zitierten Werken entnehme ich nun, daß neben dieser perichondralen später noch eine enchondrale Ossifikation stattfindet, indem an verschiedenen Stellen eine De- generation des Knorpels und die Bildung von Markräumen statthat, an deren Wänden sodann die Ahscheidung von Knochen erfolgt. An der Verbindungsstelle zwischen Querfortsätzen und Rippe kommt es später zu einer vollständigen Auflösung des Knorpelgewebes und zur Bildung einer Gelenkhöhle. Später treten noch akzessorische KnochenverbinduDgen zwischen den einzelnen Teilen des Rippen- systems auf, welche morphologisch bedeutungslos sind. Dazu gehört eine dünne Knochenlamelle, welche die beiden Querfortsätze ihrer ganzen Länge nach verbindet, sowie nicht selten auftretende knöcherne Verbindungsstücke zwischen den Gabelstücken der me- dialen und distalen Rippengabel. Zusammenfassung der gewonnenen Resultate : 1. Rippe und Querfortsatz stellen in ihrem vorknorpeligen Entwicklungsstadium eine kontinuierliche Anlage dar, welche von der Skelettachse aus gegen die Peripherie wächst. 2. Die erste Abscheidung von Hyalinknorpel findet für Rippe und Querfortsatz gesondert statt. o. Der untere Querfortsatz entsteht entweder in unmittelbarer Anlagerung an den Knorpel des oberen Bogens (vordere Rumpf- hälfte, Sakrum und vordere Schwanzwirbel) oder selbständig, vom oberen Bogen durch eine Knochenlamelle getrennt (die übrigen Abschnitte der Wirbelsäule). Der Entwicklungsmodus hängt jeweilig von der früheren oder späteren Anlage des Querfortsatzos im Ver- hältnis zur Ossifikation des oberen Bogens ab. 4. Der untere Querfortsatz stellt im bindegewebigen Stadium einen die Vertebralarterie umgreifenden Bogen dar, welcher aber nur in seinem dorsalen Teile in Hyalinknorpel übergeht, im ven- tralen in der Regel sofort verknöchert (Knochenspange). Die Ent- wicklung geht vom oberen Bogen aus nach abwärts. 5. Die Nebenspange der Rippe repräsentiert sich als ein dorsaler Auswuchs des proximalen Rippenendes und dementsprechend der obere Querfortsatz als Auswuchs des unteren. Beide Gebilde difPerenzieren sich aus einer fläehenhaften , dreiseitig begrenzten Vorknorpelanlage, welche genetisch eine Verbreiterung der vor- knorpeligen Anlage des Rippensystems an seinem proximalen Ende darstellt. 6. Direkte Beziehungen des Rippensystems zu den unteren Bogen lassen sich bei Salamandra nicht nachweisen. (335) 28 Franz Mayer hof er: C. Schlußfolgerungen. Im folgenden wollen wir nun erwägen, welche Konsequenzen sicli aus einer genauen Betrachtung der im vorhergehenden fest- gestellten entwicklungsgeschichtliehen Tatsachen ergeben. Dem Gange der Entwicklung entsprechend ist zunächst die Frage zu erörtern, ob Querfortsatz und Rippe als entwicklungsgeschichtlich selb- ständige Stücke oder aber als ein einheitliches Gebilde aufzufassen sind ; der letzteren Möglichkeit entsprechend wäre dann der Quer- fortsatz als eine Abgliederung der Rippe zu betrachten. Für jede dieser Möglichkeiten lassen sich gewisse Anhaltspunkte linden, die, wie wir im ersten Abschnitte gesehen haben, von den Autoren zugunsten der einen oder anderen Ansicht ins Feld geführt wurden. Die Tatsache, daß die Knorpelbildung für Rippe und Querfortsatz gesondert auftritt, bildet das Argument für jene Ansichten , welche für eine vollkommen selbständige Anlage beider eintreten. Dabei wurde das Vorknorpelstadium entweder ganz vernachlässigt oder sehr geringgeschätzt , indem die Autoren , wie Hasse, nur das Auftreten von Knorpel für das Wesentliche halten (vgl. pag. ol6). Fassen wir nun die Vorknorpelanlage nochmals ins Auge. Dieselbe repräsentiert sich als eine im septalen und axialen Bindegewebe gelegene Anhäufung von Bindegewebszellen . welche gegen die Umgebung ziemlich deutlich abgegrenzt erscheint. Zudem ist zu bemerken, daß aus den Elementen derselben später keine anderen Gebilde als Querfortsatz und Rippe hervorgehen, indem die Bindegewebszellen direkt in Knorpelzellen übergehen. Somit erscheint Hasses Einwurf nicht ganz begründet, und ein Blick auf Fig. 1 h wird lehren , daß wir berechtigt sind , dieses Stadium tatsächlich als „Anlage" des Rippensystems zu betrachten. Berücksichtigen wir ferner das progressive Vorwachsen der kon- tinuierlichen Vorknorpelanlage von der Achse gegen die Peripherie, so werden wir außerdem noch in Übereinstimmung mit Götte einen genetischen Zusammenhang zwischen Rippe und Querfortsatz annehmen müssen. Beide verraten ihre Zusammengehörigkeit als Glieder eines Systems auch dadurch, daß sie immer unzertrennlich miteinander verbunden sind ; bei Verschiebungen des Rippensystems, welche ja bei den Vierfüßern nicht selten sind, sehen wir niemals die Rippe sich vom Querfortsatz abtrennen, sondern es findet immer eine gleichzeitige Verlagerung beider statt. Es ist somit eine gewisse genetische und morphologische Zusammengehörig- keit von Querfortsatz und Rippe nicht zu leugnen. Ob nun beide (336) Untersuchungen ülier die Morphologie und Entwieklungsgeschichte etc. 29 Gebilde in ihrer knorpeligen Ausbildung jemals ein einheitliches Ganze bildeten, ist auf Grund der Tatsachen nicht zu entscheiden. Es ist möglich, daß die Knorpelabscbeidung für beide Teile schon von allem Anfang an getrennt in dem Vorknorpel stattgefunden hat. Das nachherige Zusammenwachsen der Knorpel, worauf Götte besonders hinweist, kann meiner Ansicht nach nicht viel beweisen. Es ist eine bei den Amphibien verbreitete Erscheinung, daß überall dort, wo echte Gelenke auftreten, zunächst eine Verschmelzung der Knorpelstücke stattfindet und erst sekundär wieder die Diskontinuität im Gelenke erscheint (Gegenbaur). Wir wollen daher unsere Er- gebnisse wie folgt zusammenfassen: Es ist nicht zu entscheiden, ob knorpelige Rippe und knorpeliger Querfortsatz durch Gliederung eines ursprünglich einheitlichen Knorpelstabes entstanden sind; da aber beide Gebilde eine deutliche genetische und morpho- logische Zusammengehörigkeit verraten, so können wir sie wohl als selbständige Glieder eines einheitlichen Strahles bezeichnen. — Die selbständige Entwicklung der Rippe gegenüber dem Querfortsatz, der bloß als eine Bildung desjenigen Wirbelelements aufzufassen ist, an welches sich die Rippe anlegt, wurde neuerdings von Eimer hervorgehoben. Die Gründe, auf welche sich diese Ansicht stützt, sind vergleichend-anatomische Spekulationen, welche vom Skelettsystem der Knochenfische ausgehen. Es ist aber unrichtig, die Knochenfische als Ausgangspunkt für die Beurteilung des Seiten- rippensystems zu wählen, da doch die Seitenrippen der Teleostier allgemein als rückgebildete Organe betrachtet werden. Wir finden in den meisten Fällen wohl nur einen schwachen, sofort knöchern angelegten Seitenstrahl, in welchem eine Gliederung in Rippe und Querfortsatz nicht zu beobachten ist und der in der verschiedensten Weise am Wirbel befestigt sein kann. Wenn wir nun sehen, daß diese rückgebildeten Seitenrippen äußerlich den Fleischgräten (Sehnenverknöcherungen) sehr ähnlich sind, so folgt nicht, daß sie auch dieselbe Genese wie jene besitzen. Die Verschiebungen der Seitengräten finden auch bei dem Seitenrippensystem der Vierfüßer ihre Parallele. Diese Erscheinung wäre eine Stütze der Ansicht, daß das Seitenrippensystem als Ganzes (Rippe + Querfortsatz) eine vom Wirbel unabhängige Entwicklung nimmt und erst nachträg- lich gewisse Verbindungen mit dem Wirbel eingeht. — Anknüpfend an die obigen phylogenetischen Erörterungen möchte ich kurz die Frage anfügen, ob wir die Urodelenrippen , id est Salamandrinen- rippen, als Glieder einer aufsteigenden Entwickluugsreihe oder aber als in Rückbildung begriffene Gebilde aufzufassen haben. Die meisten Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 3. 24 (337) 30 Franz Mayerhofer: Autoren neigen der letzteren Ansicht zu im Hinblick auf den all- gemeinen Rückgang des Amphibienstammes. Wir haben in der Entwicklung keinerlei Anzeichen einer Rückbildung beobachten können. Vergleichen wir damit die fossilen Formen , so sehen wir nirgends umfänglichere Rippen auftreten, von denen wir annehmen könnten, sie reichten über die epaxonische Muskulatur hinaus. Auch im übrigen ist die Rippe der Salamandrinen den Rippen der Stego- cephalen sehr ähnlich gebaut ; von derartigen Rippenbildungen sind wohl die Rippen der übrigen Amphibien als vereinfachte und rück- gebildete Formen abzuleiten. Die Salamandrinen stellen also unter den heute lebenden Vierfüßern den ursprünglichsten Zustand der Tetrapodenrippen dar ; ihre Rippe besteht an sich nur aus einem Stücke und ist nur auf den Bereich der epaxonischen Muskulatur beschränkt. Erst bei den Amnioten nimmt sie vielleicht im Anschlüsse an die mächtige Entfaltung der ventralen Rumpfmuskulatur an Ausdehnung zu, und indem sich an sie noch ein oder zwei Rippenstücke angliedern, kommt es zum vollständigen Umschließen der Leibeshöhle. Wir haben ferner auf Grund der Entwicklungsgeschichte die Frage nach der Duplizität der Rippe zu beantworten. Gerade die Salamandrinen verlocken , wie wir gesehen haben , zur Annahme einer Duplizität des Rippensystems, indem ihre vorderen Rippen an beiden Enden deutlich ausgebildete Gabelungen besitzen, wodurch eine Zusammensetzung derselben aus zwei parallelen Strahlen vorgetäuscht wird, welche nur im mittleren Abschnitte eine ganz kurze Strecke verschmolzen sind und denen proximal der untere und obere Quer- fortsatz entsprechen. Wir werden aber sehen, daß sich eine derartige Auffassung mit den entwicklungsgeschichtlichen Tatsachen keines- wegs vereinigen läßt. Wir konnten in der Entwicklungsgeschichte nirgends Anhaltspunkte für die Selbständigkeit eines dorsalen Rippen- strahles finden, vielmehr beobachteten wir, daß alle jene einem dorsalen Rippenstrahl entsprechenden Teile als sekundäre Aus- wüchse bereits vorhandener Skelettstücke aufzufassen sind , und zwar der obere Querfortsatz als eigentümlicher Auswuchs des unteren, die Rippennebenspange als Auswuchs der eigentlichen Rippe. Auch bezüglich des distalen oberen Gabelastes läßt sich erweisen, daß derselbe aus dem Hauptstücke der Rippe nachher auswächst. Die Angabe Knickmeyers, daß die Nebenspange der Rippe eine selbständige Knorpelanlage besitze , trifft auf Grund der Nachunter- suchungen von GöPPERT nur für einige Wirbel von Triton zu. Wegen der Vereinzeltheit dieses Falles kann man , glaube ich, darauf kein besonderes Gewicht legen. Auf Grund dieser Befunde (338) Untersuchungen über die Morphologie und Entwicklungsgeschichte etc. 31 läßt sich schwer die Ansicht von der Existenz eines selbständigen dorsalen Rippenstrahles aufrecht erhalten. Die Entstehung der eigentümlichen Gabelungen am Ende der Rippe dürfte wohl eine ganz andere Erklärung finden. Gegenbadr vermutet, daß sich diese Bildungen phylogenetisch aus einer ursprünglich einfachen Verbreiterung des Rippensystems an seinen Enden differenziert haben, von denen die mediale jedenfalls eine festere Anheftung an dem oberen Bogen ermöglichtm soll. Diese Ansicht findet nun in der Entwicklungsgeschichte ilire treflPlichste Stütze. Es hat sich heraus- gestellt, daß die eigentümliche flächenhafte, dreiseitig begrenzte Vor- knorpelanlage, aus welcher der obere Querfortsatz und die Rippen- nebenspange hervorgehen, genetisch nichts anderes als eine dorsal sich ausdehnende Verbreiterung der vorknorpeligen An- lage des unteren Querfortsatzes und der Rippe ist und dementsprechend auch die Knorpelbildung im direkten Anschluß an die letzteren Gebilde vor sich geht. Wenn wir nun sehen, daß jene Vorknorpelanlage sich nicht in ihrer ganzen Aus- dehnung in Hyaliuknorpel umwandelt, sondern nur an ihren Rändern, so werden wir diese Erscheinung ganz begreiflich finden ; einerseits leistet diese ringförmige Vorknorpelung mechanisch bessere Dienste als eine solide Vorknorpelung, anderseits wird nur durch sie die in ihrem Bereiche später auftretende Gelenkbildung und Beweglichkeit gewähr- leistet. An den vereinfachten Kaudalwirbeln sehen wir eine Fusion aller dieser knorpeligen Teile eintreten und eine solide Knorpel- masse an der Basis des oberen Bogens auftreten; in diesem sekundär vereinfachten Zustande könnte vielleicht die Rückkehr zu einem phylogenetisch ursprünglicheren Verhältnisse erblickt werden, aus dem sich dann die am Rumpfe ausgebildete Gabelung der Rippe und Spaltung des Querfortsatzes differenziert hat. Die Entwicklung der proximalen Rippengabel und die damit verbundene Entwicklung zweier Querfortsätze, welche in der Reihe der Vierfüßer fast ohne Ausnahme beobachtet wird, hat jedenfalls den Zweck, eine größere Verfestigung des Rippensystems an dem oberen Bogen zu bewerk- stelligen , weil das Rippensystem der Vierfüßer einem bedeutend stärkeren Muskelzuge ausgesetzt sein dürfte, als das der Fische. Da dieselbe schon bei den Stegocephalen in guter Ausbildung vor- kommt und auch ontogenetisch frühzeitig auftritt, werden wir wohl auf ein hohes Alter derselben schließen können. Die distale Rippen - gabel ist viel weniger konstant ; wir beobachten sie bei den urodelen Amphibien bloß im Bereiche des Schulter- und Beckengurteis, woraus eine Beziehung derselben zu den letzteren sehr naheliegend 24* (339) 32 Franz Mayerhofer: erseheint. In ähnliclier Weise dürfte sie auch im Sakrum der Vögel und Schlangen erklärt werden können. Im folgenden werden wir uns mit der überaus wichtigen Frage nach dem Ursprünge bzw. den Beziehungen des Rippensystems zu den übrigen Teilen des Wirbels zu beschäftigen haben. Wir finden dasselbe bei den Yierfüßern in der Regel mit dem oberen Bogen sehr innig verbunden ; zu entscheiden, welcher Art diese Verbindung ist, wird zunächst unsere Aufgabe sein. Nach dem, was wir über die Entwicklung des unteren Querfortsatzes in der vorderen Rumpf- region gehört haben, wäre es naheliegend anzunehmen, daß das Rippensystem mit dem oberen Bogen genetisch zusammenhängt ; die unmittelbare Anlagerung des knorpeligen Querfortsatzes an den Knorpel des oberen Bogens erweckte unwillkürlich den Eindruck, daß es sich hier um einen Auswuchs des ersteren aus dem Bogen handelt. In diesem Sinne wurde die Frage von Götte beantwortet. Seither hat sich aber eine große Anzahl von Forschern im entgegen- gesetzten Sinne ausgesprochen. Zunächst hat Fieck an Tritonen beobachtet, daß sich das Rippensystem auch selbständig, vom oberen Bogen durch eine Knochenschichte getrennt, ent- wickeln könne. Wir haben diese Beobachtungen durch unsere Be- funde an den hinteren Wirbeln von Salamandra bestätigen können. Die tatsächlich selbständige Entwicklung des Rippen- systems in der hinteren Rumpfhälfte macht nun die Voraussetzung einer solchen auch in der vorderen Rumpf hälfte naheliegend; die- selbe muß aber hier deshalb verdeckt erscheinen, weil der Knorpel des Querfortsatzes zu einer Zeit auftritt, wo am oberen Bogen noch keine Knochenhülse aufgetreten ist, so daß also schon von allem Anfang an wegen der engen Nachbarschaft beider Knorpel ein Znsammenfließen derselben eintritt und so ein Hervor wachsen des Querfortsatzes aus dem oberen Bogen vorgetäuscht wird. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich aus der Entwicklungs- geschichte, welche lehrt, daß es nur von dem früheren oder späteren Auftreten des Querfortsatzes abhängt, ob und wie weit derselbe mit dem oberen Bogen verschmilzt. Damit erklärt sich auch die außerordentliche Variabilität jener Verhältnisse bei verschiedenen Individuen. Eine Auflösung der Knochenlamelle und nachträgliche Verschmelzung der Knorpel im Sinne Gottes erscheint ausge- schlossen und würde auch nichts beweisen, da die ursprünglichen Anlagen doch selbständig waren. Wir wenden nun unsere Aufmerksamkeit auf die Beziehungen des Rippensystems zu den unteren Bogen, welche vor nicht langer (340) Untersuchungen über die Morphologie und Entwicklungsgeschichte etc. 3:^ Zeit von Ernst Göppert gefunden wurden und der Ausgangs- punkt von weitgehenden vergleicbend-anatomischen Erörterungen geworden sind. Wir wollen untersuchen, inwieweit unsere ent- wieklungsgeschichtlit'hen Tatsachen mit der GöPPERTschen Ansicht im Einklänge stehen. Dem Gange der GöPPERTschen Abhandlung folgend, muß zunächst die Bedeutung der GöTTEschen Knochen- spange näher erörtert werden. Dieselbe wurde von ihrem Entdecker bekanntlich für ein akzessorisches Gebilde gehalten ; die Untersuchun- gen von Göppert haben aber erwiesen, daß derselben eine morpho- logische Bedeutung zukommt. Menohranchus zeigt uns nämlich jene Knochenspange in knorpeliger Ausbildung und gegen den Schwanz zu immer mehr die Funktion des Rippenträgers übernehmen, während gleichzeitig der dorsale Anteil rudimentär wird und bald ver- schwindet. Das letztere Verhalten findet man bei den Gymnophionen und Anuren im ganzen Bereiche der Wirbelsäule durchgeführt. Ver- gleichen wir nun damit, was wir über die Entwicklung der Knochen- spange beim Salamander gehört haben. Das vorknorpelige Stadium des unteren Querfortsatzes in Form einer kontinuierlichen bogen- förmigen Bindegewebsanlage um die Vertebralarterie lehrt uns, daß jene Knochenspange mit dem knorpeligen Teile des unteren Quer- fortsatzes vollständig gleichwertig zu bezeichnen ist, die in seltenen Fällen auch tatsächlich eine knorpelige Anlage erhalten kann. In der Regel aber macht jener Teil eine abgekürzte Entwicklung durch, indem mit Überspringung des knorpeligen Stadiums gleich die Ab- scheidung von Knochen beginnt. Göppert führt nun ferner aus, daß die ventrale Wurzel des Querfortsatzes die ursprünglichere ist, von der aus sich sekundär die dorsale gegen den oberen Bogen ent- wickelt hat, und beruft sich dabei auf die Entwicklungsgeschichte, welche bei Menohranchus lehrt, daß die ventrale Wurzel des Quer- fortsatzes auch in der Ontogenie früher auftritt. Die Entwicklung der mit der ventralen Wurzel des ifcfmoferawc/ms-Querfortsatzes homo- logen Knochenspange von Salamandra zeigt aber gerade umgekehrt eine viel spätere Entwicklung als der dazugehörige dorsale Knorpel- anteil. Die bei den Salamandrinen rudimentäre Beschaffenheit der unteren Querfortsatzwurzel (Knochenspange), welche diese Ver- hältnisse als stark abgeleitete kennzeichnet, gestattet uns nicht, daraus irgendwelche sicheren Schlüsse zu ziehen ; die Entscheidung in dieser Frage können wir eben nur von jenen Formen erwarten, welche die ursprünglichen Verhältnisse einigermaßen gewahrt haben. Auf Grund der bei Menohranchus von Göppert gefundenen embryo- logischen Befunde werden wir uns nun entschieden der Ansicht an- (341) 34 Franz Mayerhofer: schließen müssen, daß die Knochenspange der Salamandrinen den primären Vierfüßerquerfortsatz in rudimentärer Form darstellt. Soweit müssen wir den GöPPERTschen Auseinander- setzungen ohne weiteres folgen ; dagegen muß es uns nicht ganz ver- ständlich erscheinen, wieso Göppert berechtigt ist, den primären Querfortsatz der Vierfüßer mit dem unteren Bogenschenkel (Basal- stumpf) der Fische zu vergleichen. Vorerst noch einige Worte über die unteren Bogen der Tetrapodeii. Es ist eine ziemlich allgemein ver- breitete Ansicht, daß die unteren Bogen im Schwänze der Vierfüßer (im Rumpfe als Interzentren erhalten) den unteren Kaudalbogen der Fische homolog sind. Die nahe Verwandtschaft der Dipnoer mit den Vierfüßern läßt Göppert vermuten, daß die unteren Bogen der letzteren sowohl aus einem dem unteren Bogenschenkel entsprechenden Stücke als auch einer derFischrippe homologen Komponente bestehen; die Gliederung der Kaudalbogen bei den Krokodilen unterstützt eine derartige Auffassung. Die Entwicklungsgeschichte lehrt uns nun, daß die unteren Bogen bei Salamandra gleichzeitig mit den oberen auf- treten, womit einerseits die Gleichwertigkeit beider Bogensysterae, anderseits die Übereinstimmung der Hämalbogen der Vierfüßer mit dem unteren Bogensysteme der Fische bekräftigt wird. Die diskrete Anlage eines unteren Dornes gelingt jedoch nicht nachzu- weisen. Doch abgesehen davon : es ist ohne weiteres klar, daß sich die unteren Bogen der Vierfüßer wenigstens in ihrem basalen Teile aus einem dem unteren Bogenschenkel der Fische entsprechenden Stücke aufbauen. Der ganze Komplex des unteren Querfortsatzes entwickelt sich jedoch viel später, zu einer Zeit, wo der untere Bogen schon völlig geschlossen ist. Kehren wir nun wieder zur Arbeit von Göppert zurück. Aus dem Umstände, daß bei Meno- branchus die ventrale Wurzel des unteren Querfortsatzes (= pri- mären Tetrapodenquerfortsatzes) am Beginn des Schwanzes nach abwärts verlagert und mit dem unteren Bogen verschmolzen er- scheint, leitet Göppert eine Homologie des erstgenannten Gebildes mit dem unteren Bogenschenkel der Selachier ab, welche aber bei einer genauen Betrachtung der Verhältnisse unverständlich bleibt. Bei den Selachiern sehen wir die am Rumpfe die Rippen tragenden Querfortsätze (Textfig. IV) sich im Schwänze stark verlängern und deutlich in die unteren Bogen übergehen, wodurch jene Querfortsätze ihre Natur als untere Bogenschenkel bezeugen. Es bleibt nur manchmal ein kleines Knorpelhöckerchen an der Außenseite des unteren Bogens bestehen , an welchem sich ein Rudiment einer Rippe ansetzt (Textfig. III). Und nun die Vierfüßer : es wird wohl heute niemand (342) Untersui'liuiifxtMi iilier ilie Morpholofiie uuil Entwicklmiijsficsi'lnclite etc. !-i5 bezweifeln . daß die Hämalbfigen im Schwänze der Vierfüßer (im Rumpfe als Interzentren rudimentär) dem unteren Bogensystem (Hämalbogen) der Fische homolog sind , daß somit die (Tebilde, welche bei den Vierfüßern den Kaudalkanal bilden, wenigstens in ihrem basalen Abschnitte den unteren Bogenschenkeln (Basal- stümpfen) der Fische, also auch denen der Selachier entsprechen. Diese den Kaudalkanal begrenzenden Teile sind nun bei den Sa- lamandrinen vollständig getrennt von der dem primären Qiierfort- satz entsprechenden Knochenspange (Textfig. I). Bei Menohranchus sehen wir ebenfalls Querfortsatz und unteren Bogen nebeneinander auftreten , wenngleich beide an der Basis miteinander zusammen- hängen. Aus dem parallelen Auftreten von primärem Quer- fortsatz und unterem Bogenschenkel in Form der Hämal- bogen ergibt sich, daß beide nicht dieselben Gebilde sein können; man müßte denn eine Spaltung des ursprünglichen Basal- stumpfes annehmen. Für eine derartige Auffassung ergeben sich aber aus dem Tatsächlichen keine Anhaltspunkte. Wir sehen bloß , daß der primäre Querfortsatz tief nach abwärts rückt und mit der Basis des unteren Bogens verschmilzt (Textfig. II). Auf Grund dessen lassen sich vielmehr nur folgende zwei Auffassungen verteidigen. Entweder man betrachtet das ganze Rippensystem überhaupt als selbständige Bildung, welche nur sekundär an der Schwanzwurzel von Menohranchus mit dem unteren Bogen verschmolzen ist, oder man faßt diese letztere Verbindung als ursprüngliche auf, indem man das Rippensystem als einen seit- lichen Auswuchs der unteren Bogen betrachtet, der sich in der Reihe der Vierfüßer frühzeitig vom unteren Bogen losgelöst und gleichzeitig dorsal verlagert hat. In diesem Falle wäre der primäre Querfortsatz nicht als der Basalstumpf selbst, sondern bloß als ein seitlicher Fortsatz des unteren Bogenscheukels anzusehen. Ziehen wir nun auch die Crossopterygier in den Kreis unserer Betrachtungen und vergleichen wir die besprochenen Verhältnisse mit einem vor- deren Schwanzwirbel von Calamoichthys (Textfig. V). Wir sehen hier den unteren Bogen zusammengesetzt aus den unteren Bogenschenkeln und den an ihnen angefügten unteren Rippen. Dagegen erscheint der die obere Rippe tragende, mächtig entwickelte Querfortsatz als ein vom unteren Bogenschenkel vollständig verschiedenes Skelett- stück, welches mit der Basis des letzteren nur durch eine Knorpel- leiste verbunden ist. Ob auch hier diese Verbindung eine ursprüng- liche ist, d. h. ob der Querfortsatz der oberen Rippe einen seitlichen Auswuchs des unteren Bogenscheukels darstellt oder nur sekundär mit (343) 36 Franz Mayerliofeiy Fig. I. ^VF Salamrinilra »lac. 3. Schwanzwirbel einer in Verwand- lung begriffenen Larve. (Original.) Fig. II. pgf Menobranchus tat. 2. Sohwanzwirbel einer 22 mm langen Larve. (Nach G OPFERT.) Fig. IV. Fig. III. rws h7r V.caud. Prtsfiarus. Vorderer Sehwanzwirbel eines 34 mm langen Exemplares. (Nach GÖPPERT.) I'J^S LR ScylUuni can. Vorderer Schwanzwirb«! eines reifen Embryo. (Nach GÖTTE.) AO Aorta AV Arteria vertebr. CH Chorda CHS Chordascheide HR Häraaliippe KnSp Knocheuspange Erklilrnng für die Textf5guren I — VII: LR Lateralrippe M Mednlla spin. OB Oberer Bogen OBS Oberer Bogenschenkel QF Querfortsatz R Kippe ÜB Unterer Bogen TJBS Unterer Bogenschenkel UQP Unterer Qaerfortsatz VC Vasa caudalia WA' Wirbelkörper (344) Untersuchungen über die Morphologie und Entwicklungsgeschichte etc. 37 dem letzteren verschmolzen ist, muß vorläufig dahingestellt bleiben. AVir sehen somit, daß weder der primäre Querfortsatz der Tetra- poden noch der Querfortsatz der oberen Rippe von Calamoichthys Fig. V. Calamoichthys cal. 2. Schwanzwirbel. (Nach GörPEKT.) Fip. VI. CV /.R 1/ - Ichlhyophis gl. Vordorpi' Schwanzwirbel. (Nach GöPl'KRT.) Fig. VK. CAS Amia calva. Querschnitt durch einen vorderen Bumpfwirbel. (Nach SCH AUINSL AND.) ohne weiteres mit dem Basalstumpf der Selachier zu vergleichen ist. Fassen wir im Sinne der GöPPP^RTschen Annahme die Sei achier- rippe als eine obere Rippe auf, so ergibt sich für die Selachier (345) 38 Franz Mayerliofer: folgendes : Bei den Selachiern erweisen sich die Rippen unzweifel- haft als Auswüchse der unteren Bogenschenkel. Diese Tatsache wäre wiederum ein sicherer Anhaltspunkt für die Ansicht, daß das obere Rippensystem von dem unteren Bogen abzuleiten ist. Die Rippen der Selachier sind aber direkt an den Basalstümpfen be- festigt ohne Vermittlung eines besonderen Querfortsatzes , wie bei Menobranchus und Galamoichthys. Wo wären nun bei den Selachiern jene den Querfortsätzen der genannten Formen entsprechenden Stücke zu suchen? Offenbar in den unteren Bogenschenkeln selbst, welche in potentia auch die Querfortsätze darstellen, sofern es eben noch nicht zur Bildung der letzteren in Form von seitlichen Aus- wüchsen aus den Bogenschenkeln gekommen ist wie bei den Poly- pteriden und Tetrapoden, Es erübrigt nun noch , die Verhältnisse der Gymnophionen auseinanderzusetzen. Bei Ichthyoijhis sehen wir die primären Querfortsätze in ähnlicher Weise wie bei Menobranchus an der Schwanzwurzel nach abwärts rücken , ohne dagegen die Verbindung mit dem oberen Bogen vermittelst einer Knorpelleiste aufzugeben, und später vollständig mit dem unteren Bogenschenkel verschmelzen, so daß die Rippen unmittelbar am unteren Bogenschenkel seitlich angelagert erscheinen (Textiig. VI). In diesem Verhalten sehen wir eine auffallende Annäherung an die Rippenverhältnisse der Selachier. Wir haben auch hier einen unteren Bogenschenkel vor uns, welcher gleichzeitig die Funktion eines Rippenträgers be- sitzt, an dem es eben nicht zur Ausbildung eines Querfortsatzes in Form eines besonderen Auswuchses aus dem Bogenschenkel ge- kommen ist. Überblicken wir nun alle gefundenen Tatsachen , so ergibt sich folgendes: Die bei den Fischen durchgehends beob- achteten engen Lagebeziehungen des oberen Rippensystems zu den unteren Bogenschenkeln lassen auch einen geneti- schen Zusammenhang des ersteren mit dem unteren Bogen mit Berechtigung vermuten in dem Sinne, daß das Rippen- system als ein seitlicher Fortsatz des letzteren entstanden ist. Die auch bei einigen Vierfüßern, und zwar bei Formen, welche im allgemeinen ursprüngliche Verhältnisse be- wahrt haben, gefundenen engen Lagebeziehungen ihres Rippensystems zu dem unteren Bogen machen auch hier einen genetischen Zusammenhang wenigstens sehr wahr- scheinlich. Dieses so durch sukzessives Auswachsen aus dem unteren Bogenschenkel entstandene obere Rippen- system hat sich dann bei den Vierfüßern vollständig von seinem Mutterboden losgelöst, gleichzeitig unter Bildung (346) Untersuchungen über die Morphologie und Entwicklungsgeschichte etc. 39 sekundärer Skelettstiieke eine komplizierte dorsale Ver- lagerung erfahren und ist so sekundär mit dem oberen Bogen in Beziehung getreten. Schließlieh käme ich noch auf die Möglichkeit einer Spaltung des unteren Bogenschenkels im Sinne von Sch a ii i ns l a n d zu sprechen ; durch diesen Prozeß würde sich der Bogenschenkel in einen ven- tralen und dorsalen Teil gliedern, von denen sich der erstere zum Träger der Hämalrippe, der letztere dagegen zum Träger der Seiten- rippe entwickelte. Wir haben erkannt, daß sich bei den Vierfüßern absolut keine Anhaltspunkte für eine derartige Ansicht finden lassen; es gibt aber Fische, nach den Beobachtungen Hatscheks vor allem Gonger unter den Teleostiern, Polyptenis unter den Ganoi- den, welche einer derartigen Auffassung günstig sind. Dagegen kann die von Schaüinsland angeführte Ämia, wie später gezeigt werden soll, hierfür gar nicht in Betracht kommen. Die an den obengenannten Fischen beobachteten Erscheinungen lassen nun eine zweifache Deutung zu , und zwar die Möglichkeit einer Spaltung im strengen Sinne (Längsteilung) oder eine Gabelbildung, d. i. die Entwicklung eines seitlichen Auswuchses. Eine Längsteilung des ßasalstumpfes, welche schon aus theoretischen Gründen problema- tisch erscheinen muß, ließe sich auch aus folgenden Gründen nicht recht verstehen ; wie in der vorliegenden Arbeit die Wahrscheinlichkeit der Zusammengehörigkeit von Rippe und Querfortsatz zu einem einheitlichen Strahle betont wurde, so wird auf Grund derselben Befunde bezüglich Fischrippe und Bogenschenkel auch die Zuge- hörigkeit der letzteren Gebilde zu einem einheitlichen Strahle höchst wahrscheinlich. Es wäre nun nicht recht denkbar , daß in einem solchen einheitlichen Strahle bloß die Spaltung eines einzigen Glie- des einträte, ohne auch das andere zu ergreifen. Es ließe sich dem- nach bloß die Ansicht verteidigen, daß der Träger der Seiten- rippe und auch die letztere mitin begriffen durch seitliches Aus- wachsen mit dem unteren Bogenstücke entstanden sind. In einem solchen Falle kann es nicht angehen, den Seitenrippenträger direkt „Basalstumpf" mit Göppert zu nennen; wir könnten ihn nur als einen „Seitenfortsatz" des letzteren im Gegensatze zu dem an seiner Innenseite auftretenden, mit den Blutgefäßen im Zusammenhange stehenden „Innenfortsatze" bezeichnen. Die Verhältnisse der Amiaden (Textfig. VII) , auf welche Schaüinsland verweist, lassen sich erstens absolut nicht mit jenen der Vierfüßer vergleichen und berechtigten uns zweitens auch gar nicht zur Annahme einer Spaltung des unteren Bogenschenkels. Nach (347) 40 Franz Mayerhofer: Schauinsland ist es durch letztgenannten Prozeß bei den Amiaden zur Bildung eines dorsalen und ventralen Basalstumpfabschnittes ge- kommen, von denen der ventrale, sich medial erstreckend, die Blut- gefäße zu umgreifen sucht, während der dorsale Abschnitt an seinem distalen Ende eine Rippe trägt, welche sich unzweifelhaft als eine echte Fisch- (Hämal-)rippe erweist. Überdies läßt sich feststellen, daß der dorsale Basalstumpfabschnitt im Schwänze zur Bildung des Kaudalkanales verwendet wird. Die Möglichkeit einer Spaltung des Basalstumpfes hier und bei den Tetrapoden zugegeben , könnte den- noch auf Grund der genannten Tatsachen ein Vergleich des dorsalen Basalstumpfabschnittes mit dem Vierfüßerquerfortsatz nicht gezogen werden, da der letztere immer nur eine Lateralrippe trägt und niemals zur Bildung des Kaudalkanales herangezogen wird. Die morphologische Bedeutung dieses ventral mit dem Bogenschenkel zusammenhängenden Knorpelstückes der Amiaden ist wohl leicht zu erkennen. Man sieht sowohl in der Schwanzregion der Selachier als auch in der ganzen Rumpfregion der Störe von der Innenseite der Bogenschenkel kleine Knorpelstücke ausgehen, welche mit den vor der Wirbelsäule gelegenen Blutgefäßen in Beziehung stehen und gewöhnlich als Processus oortici bezeichnet werden. Sowie nun diese Fortsätze unzweifelhaft als innere Auswüchse der Bogenschenkel aufzufassen sind , könnte das Seitenrippensystem als äußerer Aus- wuchs der Bogenschenkel betrachtet werden, wofern man nicht eine selbständige Entwicklung desselben annimmt. Wir haben übrigens auch oben gesehen, daß die Gabelung des distalen und proxi- malen Rippenendes und des Querfortsatzes , welche früher durch Spaltung der betreffenden Skelettstücke erklärt wurde, in Wirk- lichkeit durch Bildung von seitlichen Auswüchsen zustande ge- kommen ist. Bis zur Stunde ist es also nicht möglich, unzweifelhafte Be- weise für die Entwicklung des Seitenrippensystems aus den unteren Bogen anzuführen. Die Klärung dieser Frage ist einzig von der genauen Untersuchung der Entwicklungsgeschichte von Crossopte- rygiern, Menohranchus etc. zu erwarten. Heute bleibt eben noch die Möglichkeit einer selbständigen Entwicklung des Seitenrippensystems im Sinne von Hatschek zu erwägen; die Hauptargumente für diese Ansicht wären die selbständige onto- genetische Entwicklung bei den meisten Vierfüßerformen und die verschiedenen Anheftungsarten, welche die Rippen daselbst erfahren können; das letztere Argument wird freilich durch die Annahme entkräftet, daß sich das Seitenrippensystem schon frühzeitig von (348) Untersuchungen über die Morpliulos^ne und P]ntwit'lvliiiigsgescliit;lite etc. 41 seinem Mutterboden, dem unteren Bogenschenkel, losgelöst hat und sodann zu den verschiedensten Verschiebungen befähigt ist. Zuletzt noch einige Worte über das Verhältnis der Vierfüßer- rippen zu den Lateralrippen der Fische. Die Rippen der Selachier sind noch immer Gegenstand von Auseinandersetzungen ; gewöhn- lich werden sie auf Grund ihrer Lage im Interstitium laterale als Lateralrippen bezeichnet und mit den Vierfüßerrippen homologisiert (WiEDERSHEiM, GöPPERT, Gegenbaür). Anderseits ist aber der Einwurf gemacht worden (Hatschek), daß die Selachierrippe bloß eine dorsal verschobene Fisch- (Hämal-)rippe sei, wie wir in ähnlicher Weise bei Lepidosteus eine Aufbiegung des distalen Rippenendes in die Muskulatur beobachten. Durch diese An- nahme würde jedoch der sonst so scharfe Gegensatz zwischen Lateral- und Hämalrippen zum großen Teile verschwinden. Die deutliche Lagerung im Interstitium laterale ist jedenfalls das schwer- wiegendste Argument für die Homologisierung der Selachierrippe mit der Lateralrippe aller übrigen Vertebraten. Pristiurus, der an den vordersten Schwanzwirbeln noch Rippen besitzt, zeigt uns^ daß die unteren Bogen des Schwanzes ohne Vermittlung der Rumpf- rippen gebildet werden, indem letztere seitlich an den Hämalbogen ansitzen. Götte gelang es endlich bei Garchan'as, eine Gliederung des Schwanzbogens in ein proximales und ein davon abgesetztes distales Stück zu finden. Ein genaues Verfolgen der Wirbel ergibt, daß dieses distale Knorpelstück nicht einer Rumpfrippe entsprechen kann , sondern als Rudiment einer Hämalrippe angesehen zu werden verdient. Alle diese Tatsachen machen es wohl im höchsten Grade wahrscheinlich, daß wir in den Rippen der Selachier Lateralrippen vor uns haben. Eine direkte Ableitung der Vierfüßerrippen von den Selachierrippen ist natürlich unmöglich. Die mit den Vierfüßern am nächsten verwandten Fische sind die Dipnoer; sowohl die rezenten wie die fossilen Formen zeigen echte ursprüngliche Fisch- rippen, welche im Schwänze in die Y- förmigen Stücke (untere Dornen) übergehen. Nirgends ist dagegen eine Andeutung von oberen Rippen zu finden. Die ursprünglichen Verhältnisse der Wirbelsäule im allgemeinen lassen vermuten, daß sich diese alte Fischgruppe sehr frühzeitig von ursprünglichen Fischformen spezia- lisiert habe und so mit den Selachiern, die sich nach einer ganz anderen Richtung in aberranter Weise entwickelten, nichts zu tun habe. Daraus ergibt sich, daß die obere Rippe der Vierfüßer als eine Neu- erwerbung der letzteren anzusehen ist, welche von ihnen festgehalten wurde, während die ursprünglichen Fischrippen nur mehr als Reste (349) 42 Franz Mayerhofer: in den Hämalbogen des Schwanzes zu finden sind. In gleicher Weise kann man auch bezüglich der oberen Rippen der Polypteriden und Tele- ostier erkennen, daß sie weder untereinander noch mit jenen der Sela- chier und Vierfüßer Beziehungen aufweisen. Die fossilen Crossopte- rygier besaßen keine Spur von oberen Kippen, da solche sich erst bei den rezenten Polypteriden entwickeln, und ebenso sehen wir bei den Vorfahren der Teleostier, den Amiaden und Heterocerd, nur echte Fischrippen, während die oberen Rippen erst bei den Knochen- fischen auftreten, wo sie aber bereits wieder in Reduktion begrifi'en sind. Aus dem Gesagten geht nun hervor, daß die oberen Rippen im Stamme der Vertebraten heterophyletisch entstanden sind. Faßt man den Begriff der Homologie im engen Sinne , indem man daraus heterophyletisch entstandene Gebilde ausscheidet, so könnte also von einer Homologie der Vierfüßerrippen weder mit der oberen Rippe der Selachier, noch der Ganoiden, noch der Teleostier gesprochen werden, sondern wir werden vorsichtiger die genannten Gebilde als bloße Parallelerscheinungen zu bezeichnen haben. Zusammenfassung. Die speziell an den urodelen Amphibien gewonnenen Resultate, die in weiterer Ausdehnung auch auf die übrigen Vierfüßer Geltung haben, lassen sich in folgenden Sätzen zusammenfassen : 1. Rippe und Querfortsatz verraten eine deutliche genetische und morphologische Zusammengehörigkeit und können daher als selbständige Glieder eines einheitlichen Strahles aufgefaßt werden. 2. Es ist kein doppelter, sondern ein einfacher Strahl, welcher an seinem proximalen Ende und auch bisweilen distal eine aus einer ursprünglichen Verbreiterung hervorgegangene Spaltung besitzt. 3. Das Rippensystem entwickelt sich unabhängig vom oberen Bogen ; das scheinbare Hervorwachsen des Rippensystems aus dem oberen Bogen im vorderen Rumpf- und Schwanzabschnitte ist wohl durch eine frühzeitige Verschmelzung der Knorpel beider zu erklären, welche hier wegen des zu dieser Zeit bestehenden Mangels einer trennenden Knochenschichte am oberen Bogen möglich ist. 4. Die bei einigen Vierfüßern aufgedeckten engen Beziehungen des Rippensystems zu den unteren Bogen und der Vergleich mit den oberen Rippen der Fische lassen die Vermutung rechtfertigen, daß das Rippensystem als ein seitlicher Auswuchs des unteren Bogenschenkels entstanden ist, wobei der Querfortsatz nicht mit dem Bogenschenkel selbst, sondern eben bloß mit einem seitlichen Fortsatz desselben verglichen werden könnte. Immerhin müßte auch die Mög- (350) Untersuchungen über die Morphologie und Entwicklungsgeschichte etc. 43 Jichkeit einer selbständigen Entwicklung des Rippensystems berück- sichtigt werden, der zufolge die Verbindung mit den unteren Bogen als sekundäre zu bezeichnen wäre. Bemerkungen über die Nomenklatur (Textfig. VlIIu. IX). Die Verschiedenartigkeit in der Auffassung und Deutung der ein- zelnen Wirbelbestandteile hat naturgemäß eine ganz verschiedene Bezeichnungsweise mit sich gebracht, welche eine ziemliche Ver- wirrung anrichtet, weshalb sich das Bedürfnis nach einer end- gültigen Nomenklatur recht fühlbar macht. Bisher ist immer noch teilweise die alte OwENsche Nomenklatur in Gebrauch, welche recht kompliziert und mit den Ergebnissen der neueren Forschung gar nicht mehr vereinbar ist. Im folgenden soll die nunmehr von Hatschek vorgeschlagene Nomenklatur auseinandergesetzt werden, die den neueren Forschungen Rechnung trägt und trotz ihrer Ein- fachheit recht präzis ist. An dem Wirbel körper (Corpus vertehrae) setzt sich dorsal das obere Bogensystem (Arcus swperior) an, welches das Nervensystem umgreift nnd daher auch als Neuralbogen (Arcus neuraUs) bezeichnet werden kann. Dasselbe besteht bei den Fischen aus drei getrennten Stücken : den paarigen Bogenstücken ('S eurarcualia) und dem unpaaren Dornstücke (Neurospinale). Aus theoretischen Gründen ist es zweckmäßig, den basalen Teil der Bogen- stücke speziell als neurale Bogenbasis von dem übrigen Teile, dem neuralen Bogenschenkel, abzugrenzen. Die beiden Bogen- stücke umschließen einen Kanal, welcher bei den Fischen meistens durch zwei an der Innenseite der Bogenschenkel hervortretende quere Fortsätze (neurale Innenfortsätze) in zwei Hälften, in den Medullär- und Ligamentalkanal, geteilt wird. An der Vorder- und Hinterseite der Bogenschenkel entwickeln sich endlich die vorderen und hinteren Gelenkfortsätze (Processus articulares anteriores et posteriores). Die einfachen Neuralbogen der Vierfüßer zeichnen sich durch den Mangel der Innenfortsätze und selbständigen Dorn- stücke aus, welch letztere vielleicht durch Verlängerungen der Bogenschenkel (Dornfortsätze) ersetzt worden sind. Die älteren No- menklaturen sind weitaus nicht so präzis und unterscheiden nur zwei Teile, Neurapophyse und Neurdpine (Owen), bzw. Lames ver- tehrales und Apophyse epineuse (Cüvier), bzw. Bogenschlußstücke und Dornen (Jon. Müller). Eine gewisse Homodynamie des unteren Bogensystems mit dem oberen voraussetzend, wendet die Hatschek- sche Nomenklatur alle besprochenen Bezeichnungen auch auf die ent- sprechenden Teile des unteren Bogensystems an. Das untere Bogen- system (Arcus inferior), welches wegen seiner besonders im Schwänze (351) 44 Franz Mayerhofer: unverkennbaren Beziehungen zu den großen Blutgefäßen als Hä mal- bogen (Arcus haemalis) bezeichnet werden kann, besteht bei den Fischen wieder aus drei Stücken, aus den paarigen hämalen Bogen- stücken (Haemarcnalia) und dem unpaaren Dornstücke (Haemo- sjpinale), welches im Rumpfe deutlich in die paarigen, zwischen Peri- tonaeum und Muskulatur eingelagerten Rippen übergeht. Wegen ihrer Homologie mit den hämalen Dornen verdienen diese Rippen am besten den Namen Hämalrippen, welchen auch He rtw ig anwendet. Eine Abgrenzung des Bogenstückes in eine hämaleBogenbasis und einen hämalen Bogenschenkel erscheint auch hier notwendig. Ebenso finden wir auch an der Innenseite der Bogenschenkel bei manchen Eischen quere Fortsätze entspringen (hämale Innenfortsätze), welche den Gefäßkanal in zwei Etagen teilen. Die Owen sehe Be- zeichnung Parapophyse für den hämalen Bogenschenkel ist entschieden fallen zu lassen, da derselbe Autor auch die unteren Querfortsätze der Tetrapoden mit den letzteren homologisiert und ebenso bezeichnet. Die in neuerer Zeit so viel gebrauchte Bezeichnung Basalstumpf (Gtötte) ist wenig prägnant. Die Hämalrippe ist wegen ihrer Lage an der Pleura nicht unpassend als Pleurapophyse (Owen), bezie- hungsweise Pleuralrippe nach Götte genannt worden ; da sie speziell den Eischen eigentümlich ist, kam auch der Name Fischrippe oder wegen ihrer tiefen Lage „untere Rippe" (Göppert) in Schwung. Eimer unterscheidet diese Rippen als „echte" Rippen von allen übrigen rippenähnlichen Gebilden („falsche" Rippen). Es erübrigt nun noch das seitliche Rippensystem, welches von Hatschek direkt als Lateralbogensystem bezeichnet wird. Gemäß den in der vor- liegenden Arbeit durchgeführten Erörterungen läßt sich die Ansicht verteidigen, daß das Lateralrippensystem als ein seitlicher Aus- wuchs des hämalen Bogenschenkels aufzufassen sei. Aus dieser Auf- fassung entspringt die Bezeichnung „Seitenfortsatz" für den Träger der freien Rippen, welche dementsprechend mit Hertwig als Lateralrippe bezeichnet werden muß. Da Owen alle Vertebraten- rippen als homolog betrachtet, belegt er auch die letzteren Rippen mit dem Namen Pleurapophysen. Im Gegensatze zu den Hämalrippen werden sie auch „obere Rippen" (Göppert) genannt. Bei den Vier- füßern hat sich die Bezeichnung Querfortsatz für den Träger der Rippe so eingebürgert , daß sie schwer abgeändert werden könnte. Wir haben erkannt, daß nicht bei allen Tetrapoden die Querfort- sätze entwicklungsgeschichtlich ganz gleichwertig sind. AVir unter- scheiden am besten primäre Qaerfortsätze (Seitenfortsätze) bei den Gymnophionen, Amiren, Menobranchus , welchen bei den Salaman- (352) Untersuchungen über die Morphologie und Entwicklungsgeschichte etc. 45 drinen als Rudiment die ventralen Knochenspangen entsprechen, während hier sowie bei allen übrigen Tetrapoden die Entwicklung von sekundären Querfortaätzen überwiegt. Die letzteren zeigen in der Regel eine Grliederung in einem ventralen und dorsalen Teil, Fig. VIII. neuralis Dornstück neurales Bogenstück "Wirbelkörper hämales Bogenstück.. ' Neuraler Bogenschenkt^l Neuraler InnenfortBatz Neurale Bogenbasis Hämale Bogenbasis Seitenrippe Seitenfortsatz Häm. Bogenschenkel Hämalrippe (Hämaldorn)— Schema eines Fischwirbels. Fig. IX. Neuraler Bogenschenkel Wirbel körper ~). — Seiten Jortsatz Hämales Bogenstück Hämalrippe Neurales Bogenstück Wirbelkörper — Seitenfortsatz h -Hämales Bogenstück .Hämaldorn Wirbelschemen gewisser Fische, welche das Überwiegen der Seitenfortsätze über die Bogenstücke, bzw. ihre Lostrennnng von letzteren zeigen ; a vom Rumpf; h vom Schwanz. die wir einfach als Processus transversus inferior et superior bezeichnen können. Dieser Gliederung des Querfortsatzes entspricht auch eine Gabelvmg des proximalen Rippenendes in eine Haupt- und Neben- spange. Für den bisweilen distal auftretenden Seitenast der Rippe möchte ich den Namen Seitenspange in Anwendung bringen. Arbeiten aus den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 3. 25 rS'SI 46 Franz Mayerhofer: Synonymen -Tabelle. HATSCHEK Neuere Forscher OWEN JOH. Müller C U V I E R Wirbelkörper ~ Zentrum "Wirbelkörper Corps de vertebre Neurales — Neurapophyse oberes Schluß- Lames Bogenstück stück des vertebrales ;^Basis-r Schenkel) Wirbelbogens Neurales Dorn- — Neurepine oberer Dorn Apophyse stück epineuse Gelenkfortsätze — Zygapopbysen Gelenkfortsätze Apophyse articulaire Hämales Bogen- Basalstümpfe Parapophyse unterer Wirbel- Cotes sternales stück (Götte) bogen ou abd. (Basis+Scbenkel) Os ploye en chevron Hämalrippe ■ Pleuralrippe (Götte) untere Rippe (Göppert) Plenrapopbyse Rippe Cotes verte- brales Hämales Dorn- — • Haemepiue unterer Dorn Apophyse stück epineuse inferieure Lateralrippe — obere Rippe (Göppert) Pleurapophyse Cotes verte- brales Hauptspange — — — — (capitulum costae) Nebenspange Querspange — — — (tuberculum (FlECK, costae) Knickmever) Seitenspange — — — — Primärer Quer- ßasalstumpf — — — fortsatz (Göppert) sekun- 1 oberer — Parapopliyse unterer^ Quer- Apophyse därer \ unterer Diapophyse oberer J fortsatz transverse Querfortsatz 1 Am Schlüsse angelangt, drängt es mich, meinem hochverehrten Lehrer Herrn Prof. Hatschek, der die Anregung zu dieser Arbeit gab, dieselbe mit großem Interesse verfolgte und mich dabei freund- lichst unterstützte, sowie den Herren Prof. K. C. Schneider und Dr. H. Joseph für ihre liebenswürdige Anleitung meinen innigsten Dank abzustatten. Wien, am 14. Juni 1907. (354) Untersuchungen über die Morphologie und Entwicklungsgeschichte etc. 47 Literaturverzeichnis. 1. G. Bair, On the Morphology of Ribs. Americ. Naturalist, 1887. 2. — . On the Morphologj' of Ribs. Journal of Morphology, 1889. '6- — , t'ber Rippen und ähnliche Gebilde und deren Nomenklatur. Anatom. Anzeiger, 1894. 4. C. Claus, Beiträge zur vergleichenden Osteologie der Vertebraten. Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wissensch. Wien, Bd. XXIV, 1876. 5. CuviER, Lecons d'Anatomie comparee, 2. edition, 1835 — 1846. 6. A. A. Davis ON, Preiiminary Contribution to the Development of the Vertebral Column. Anatom. Anzeiger, XIV. Bd., 1897. 7. DoLLO, Sur la Morphologie des Cötes. Bulletin scientiiique de la France et Belgique, T. XXIV, 1892. 8. Th. Ei.MER, Die Entstehung der Arten III. Vergleich, anatom. u. physiol. Unter- suchungen über das Skelettsystem der Wirbeltiere, 1901. 9. E. FiECK, Zur Entwicklung der Rippen und Querfortsätze. Arch. f. Anatomie und Physiologie, 1879. 10. C. Gegenbaür, Über die Entwicklung der Wirbelsäule des Lepidosteus etc. Jenaische Zeitschr., III. Bd., 1867. 11. — , Einige Bemerkungen zu G öttes Entwicklungsgeschichte der Unke. Morphol. Jahrb., I. Bd., 1876. 12. — , Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere, I. Bd., Leipzig 1898. 13. Gerstäcker, Das Skelet des Döglings. Ein Beitrag zur Osteologie der Ceta- ceen und zur vergleichenden Morphologie der Wirbelsäule. Leipzig 1887. 14. E. Göppert, Zur Kenntnis der Amphibienrippen. Morpholog. Jahrb., XXII. Bd., 1895. 15. — , Die Morphologie der Amphibieurippen. Festschr. f. Gegenbaür, I, 1896. 16. — , Untersuchungen zur Morphologie der Fischrippen. Morpholog. Jahrb., XXIII. Bd., 1895. 17. A. Götte, Die Entwicklungsgeschichte der Unke, 1875. 18. — , Beiträge zur vergleichenden Morphologie des Skelettsystems der Wirbeltiere, I. u. II. Arch. f. mikrosk. Anatomie. 15. u. 16. Bd., 1878 u. 1879. 19. Hasse und Borx, Bemerkungen über die Morphologie der Rippen. Zoologischer Anz., 1879. 20. B. Hatschek, Die Rippen der Wirbeltiere. Anatom. Anz., IV. Bd., 1889. 21. C. K. Hoffmann, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Wirbeltiere. Leyden 1878. 22. C. Knickmeyee, über die Entwicklung der Rippen bei Triton taeniatus. Dissertation, München 1891. 23. August Mijller, Beobachtungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbelsäule. Müllers Archiv, 1853- 25* (355) 48 Franz Mayerhofer: 24. J. A. Murray, The vertebral Column of certain primitif Urodela. Anatom. Anz., XIII, 1897. 25. R.Owen, Description of tlie Plesiosaurus macroceph. Geol. Transact., 2. Serie. Vol.V, 1838. 26. — , Principes d'Osteologie comparee, 1855. 27. — , On tlie Anatomy of Vertebrates, Vol. I, 1866. 28. C. Rabl, Theorie des Mesoderms. Morpholog. Jahrb., Bd. XIX, 1892. 29. Rathke, Entwicklungsgeschichte der Wirbeltiere, 1861. 30. H. Schauinsland, Die Entwicklung der Wirbelsäule nebst Ripi^en und Brust- bein. In „Handbuch der vergleichenden und der experimentellen Entwicklungs- lehre der Wirbeltiere" von Oskar Hertwig, 1906. 31. C. Scheel, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Teleostierwirbelsäule. Morpholog. Jahrb., XX. Bd., 1893. 32. WiEDERSHEiM, Lchrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbeltiere. 2. Aufl. 1886. 33. — , Das Gliedmaßenskelett der Wirbeltiere. Jena 1892. 34. — , Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere. 5. Aufl., Jena 1902. (356) Untersuchungen über die Morphologie luul Entwicklungsgeschichte etc. 49 Tafelerklärung. A V , Arteria vertebralis collateralis. CH, Chorda dorsalis. G sp, Ganglion spinale. HSp, Hauptspange der Rippe (Capitulum costae). / 1, Interstitium laterale. / r, ventrales Interstitium. IK, Intervertebralknorpel. KnSp, Knochenspange. M, MeduUa spinalis. N, Niere. Nl , Nervus lateralis. N sp, Nervus spinalis. iV^5);, Nebenspange der Rippe (Tubercnlum costae). OB, oberer Bogen. OQ, oberer Querfortsatz. P, Peritonaeum. pB, perichordales Bindegewebe. R, Rippe. SSp, Seitenspange. Str, Septum transversale. ÜB , unterer Bogen. U Q , unterer Querfortsatz. WK, Wirbelkörper, Sämtliche Figuren beziehen sich auf Salamandra maculosa. Lineare Ver- größerungen: ca. 74 mal. Die Horizontalprojektionen Fig. 2e, 3^, 5& und d, 9d, 10c bloß 45 mal. Tafel I. Fig. 1. Vorknorpelstadium des Rippensystems. aj Querschnitt durch den 6. Wirbel eines 22 mm langen Embryos. bj Längsschnitt durch den 10. Wirbel einer 26 mm langen Larve. cj Ein höher geführter Längsschnitt durch denselben Wirbel , um die Anlage- rung der Querfortsatzanlage an den oberen Bogen zu demonstrieren. Fig. 2. Erste Knorpelanlage des Rippensystems. aJ Querschnitt durch den 5. Wirbel eines 22 mm langen Embryos. bJ Querschnitt durch den 7. Wirbel einer 30 mm langen Larve. c) Längsschnitt durch den 7. Wirbel einer 26 »im langen Larve. dj Ein etwas höher geführter Längsschnitt, um die enge Anfügung des Quer- fortsatzes an den oberen Bogen zu zeigen. e) Links: Horizontalprojektion des 2. Wirbels eines Id mm langen Embryos. Rechts : Horizontalprojektion des 6. Wirbels einer 30 mm langen Larve. Fig. 3. Entwicklung der Nebenspange der Rippe. a) Querschnitt durch den 4. Wirbel einer 26 mm langen Larve. b) Horizontal Projektion des 3- AVirbels einer 26 »im langen Larve. 4. Querschnitt durch den 3. Wirbel einer 26 mm langen Larve (Weiterentwicklung des unteren Querfortsatzes). Fig. (357) 50 Franz Mayerhofer: Untersuchungen über die Morphologie etc. Fig. 5. Entwicklung des oberen Querfortsatzes. a) Querschnitt durch den 3. Wirbel einer zirka 30 mm langen Larve. h) Horizontalprojektion desselben Wirbels. c) Querschnitt durch den 3. Wirbel einer 30 mm langen Lars'e. d) Horizontalprojektion des 4. Wirbels derselben Larve. Fig. 6. Querschnitt durch den 2. Wirbel einer 35 mm langen Larve (Knocheuspange). Tafel II. Fig. 7. Längsschnitt durch den letzten Rumpfwirbel einer 40 mm langen Larve (unterer Querfortsatz und Rippe). Fig. 8. Ausbildung des oberen Querfortsatzes. a) Längsschnitt durch den 8. Wirbel einer 40 mm langen Larve. h) Längsschnitt durch den 5. Wirbel eines jungen Salamanders. Fig. 9. Ausbildung der beiden Querfortsätze und der Rippe. a) Längsschnitt durch den 2. Wirbel einer 40 mm langen Larve. h) Querschnitt durch den 4. Wirbel einer in Verwandlung begriffenen Larve. c) Querschnitt durch den 3. Wirbel einer in Verwandlung begriffenen Larve. ä) Horizontalprojektion des 2. Wirbels einer in Verwandlung begriffeneu Larve. Fig. 10. Das Rippensystem in der Schwanzregion. a) Querschnitt durch den 3. Kaudahvirbel einer in Verwandlung begriffenen Larve. h) Ein mehr vorne geführter Schnitt durch denselben Wirbel. c) Horizontalprojektion des 4. Kaudalwirbels derselben Larve. NB. In Fig. 5 d) steht der Knorpel der Rippennebenspange mit dem Rippen- hauptstück in kontinuierlicher Verbindung. Die daselbst gezeichnete Linie soll bloß die etwas verschiedene Knorpelbeschaffenheit beider Stücke zum Ausdruck bringen. (868) Die Anatomie und Histologie von Sterrhurus fusiformis (Luhe) 1901. Von Karl Miestinger. (Mit 2 TaJelu.) Einleitung. Schon durch längere Zeit beschäftigte ich mich in dem I. zoologischen Institute der Universität Wien mit Anatomie und Histologie der Trematoden, als ich auf einer Reise des „Natur- wissenschaftlichen Vereines der Universität Wien" nach den dalmatinischen Inseln zufällig in dem Duodenum eines bei Lesina gefangenen Conger conger reichliches Material von Sterrhurus fusiformis (Lhe) und einige Exemplare von Lecithochirium rufoviride (Rud.) fand. Da ich die Tiere sofort auf dem Schiffe konservieren mußte, war eine Vitaluntersuchung leider ausgeschlossen. An dieser Stelle sage ich Herrn Privatdozenten Dr. Fr. Werner für die tätige Hilfe bei der Gewinnung des Materials meinen besten Dank. Als Konservierungsmittel verwendete ich 40/0 Formol, Pere- nyische Flüssigkeit und Liquor Pfeifferi. Daß das Material recht gut erhalten war, führe ich auf den Umstand zurück, daß es vor der Konservierung in keine Zwischenflüssigkeit (Salzwasser oder physiologische Kochsalzlösung) gekommen war; ich machte nämlich die Erfahrung, daß bei vielen Trematoden, die, wenn auch nur kurze Zeit, in physiologischer Kochsalzlösung gelegen waren, zum mindesten die äußeren Schichten der Kutikula mehr oder minder stark mazeriert waren. Nach Formolexemplaren konnte ich wegen ihrer Durchsichtig- keit direkt Totozeichnungen herstellen. Zupfpräparate, die ich vom Genitalendapparate und Ovarium mit Receptaculum und Schalen- (359) 2 Karl Miestinger: drüsenkomplex anfertigte, ließen sich infolge der Großmaschigkeit des Parenchyms mit einiger Sorgfalt ziemlich leicht herstellen und lieferten recht gute Resultate; am besten eigneten sich hiezu Formolexemplare , die ich, um sie aufzuweichen , kurze Zeit in Wasser legte. Schnittfärbungen mit Delafield-Hämatoxylin und Eosin, ferner HEiDENHAiNschem Eisenhämatoxylin lieferten die besten Resultate. Angewendet wurden noch die modifizierte van GiESONsche Färbung, Toluidinblau, ferner die von Roewee, (36) angegebene Methode (Stückfäibung mit Boraxkarmin, Schnitt- färbung mit Bleu de Lyon und Ammoniumpikrat). Die vorliegende Arbeit bezieht sich hauptsächlich auf Sterrhurus fusiformis, nur wo sich Verschiedenheiten zeigten, habe ich Lecitho- chirium rufoviride vergleichsweise erwähnt. Eine Zeit nach Abschluß dieser Arbeit erschien die Loosssche Abhandlung „Zur Systematik der Distomen" (23); ich unterzog daher die vorliegende Arbeit nachträglich einer Revision und strich diejenigen Stellen, welche sich mit solchen der Loossschen Arbeit deckten. Form und Gestalt. Bei fast allen mir vorliegenden Exemplaren war das Abdomen vollständig eingezogen, bei nur wenigen teilweise ausgestreckt. Die Länge von Exemplaren mit vollständig gestrecktem Soma schwankt zwischen 4 und bmm] die größten erreichen eine Länge von 4 9 m?«, ihre Breite beträgt 1 — l'-imm. Die Form des Somas erscheint den verschiedenen Kontraktions- zuständen entsprechend bald walzenförmig, bald spindelförmig. Das Abdomen zeigte auch bei den mir vorliegenden Exemplaren die verschiedensten Grade der Einstülpung, wie es Looss in seiner Arbeit (23) schildert. Mund- und Bauchsaugnapf, die einander stark genähert un- gefähr im ersten Viertel des Somas liegen, zeigen fast kugelförmige Gestalt, doch kann die Rückwand des Bauchsaugnapfes gelegentlich flachgedrückt sein. Der Bauchsaugnapf (Querdurchmesser 0*64 bis 0*7 7nm) ist ein wenig über doppelt so groß als der von einer kleinen, wenig muskulösen Lippe überragte Mundsaugnapf (0*28 bis 0-33). Auch die von Looss (22, 23) beschriebene „Abflachung resp. Aushöhlung" der Bauchfläche ist bei den mir vorliegenden Exemplaren deutlich ausgebildet. (360) Die Anatomio und Histologie von Storrhurus fnsiformis (Luhe) 1901. 3 Trotz der Unterschiede zwischen den Maßen, die Looss (23) angibt, und den vorstehenden, unterliegt es keinem Zweifel, daß die hier vorliegende Form als Sterrhurus fusiformis (Lhe) an- zusprechen ist. Männlicher Genitalapparat. Die beiden meist kugeligen, seltener etwas unregelmäßig ge- stalteten Hoden sind symmetrisch zur Medianebene gelagert, bald knapp, bald ein wenig weiter hinter dem Bauchsaugnapf der Ventralseite stark genähert (Tf. I, Fig. 1 b). Gelegentlich kann einer der beiden Hoden infolge Kontraktion aus dieser symmetralen Lage verschoben sein. Ihr Querdurchmesser beträgt ungefähr ein Drittel der Körperbreite und mißt durchschnittlich 0"25 vim. Die Tuniea der Testes erscheint strukturlos und läßt weder Kerne noch eine ihr aufliegende Muskulatur erkennen. Von der Ventralseite der Hoden, ungefähr in der Medianebene derselben, gehen die Vasa efferentia aus, die dorsal vom Bauchsaugnapf nach vorne verlaufen und sich knapp vor der Vesicula seminalis zu einem kurzen Vas deferens vereinigen. Die Wand der Samenleiter ist sehr zart, färbt sich ebenso wie die der Hoden mit Hämatoxylin dunkel und zeigt wenige, fast spindelförmige Kerne mit einem deutlichen Nukleolus, die in das Lumen der Samenleiter vorgewölbt sind. Die Muskulatur des Vas efferens besteht aus einer sehr zarten Ringmuskellage, welche von einer etwas stärkeren Längsmuskulatur überlagert wird. Der Durehmesser der Samenleiter, die an ihrer Abgangsstelle von den Hoden etwas breiter sind, beträgt O'OOöm?«; doch kann stellen- weise eine Erweiterung eintreten. Die mächtig ausgebildete Samenblase (Taf. I, Fig. 2 vs) liegt dorsal zwischen den beiden Darmschenkeln größtenteils vor dem Bauchsaugnapf, nur ihr hinterster Abschnitt über dem vorderen Drittel des Bauchsaugnapfes. Die Vesicula seminalis erscheint bei Sterrhurus fusiformis meist stark erweitert und ungeteilt; sie ver- jüngt sich nach vorne, macht eine S-förmige Krümmung und geht, sich ventralwärts wendend, in den Genitalendapparat über. Bei Lecithocfnrium rufoviride hingegen erscheint die Vesicula seminalis durch eine an der Ventralseite besonders tief gehende Einschnürung in zwei Abschnitte geteilt, von welchen der hintere weitaus umfang- reicher ist. Das Vas deferens mündet etwas ventral nahe dem Hinterende der Vesicula seminalis ein. Besondere Vorrichtungen, die als Ver- (361) 4 Karl Miestinger: schlnßapparat fungieren könnten, wie einen solchen Looss (18) von Distomum folium zeichnet und beschreibt, sind an der Einmündungs- stelle nicht ausgebildet. Die Wand der Vesicula seminalis enthält wenig flachgedrückte Kerne. Die Muskulatur, die anscheinend nur aus Ringmuskelfasern besteht, ist an dem verschmälerten Vorder- ende bedeutend stärker ausgebildet und nimmt gegen das Hinter- ende zu an Stärke ab. Stärker ist die Muskulatur der Vesicula seminalis bei Lecifliochirtum rufoviride ausgebildet, indem besonders am vorderen Ende zahlreiche starke Ringmuskeln vorhanden sind, die an der Ventralseite der Einschnürungsstelle am mächtigsten ausgebildet erscheinen. Bei der von Peatt (35) untersuchten Form bilden die Vasa efferentia ein Vas deferens, während bei Hemiurus crenatus nach Lander (12) jedes Vas efferens für sich in die Vesicula seminalis einmündet. Die von Lander (12, Taf. III, Fig. 28) beschriebenen und auch gezeichneten ,.numerous small flattened nuclei" dürften, wie aus seiner Zeichnung zu ersehen ist, die Querschnitte der oben erwähnten Ringmuskelfasern sein. Weibliche Genitaiorgane. Die weiblichen Genitalorgane sind in bedeutend höherem Grade Lageveränderungen infolge Kontraktion ausgesetzt als die männlichen. Sie liegen bald vor, bald hinter der Grenze der vorderen und hinteren Körperhälfte, bald rechts oder links, seltener in der Medianebene. Die Dotterstöcke können bisweilen so stark gedreht sein, daß man von der Ventralseite aus nicht ein Flächenbild, sondern eine Seitenansicht derselben bekommt. Das Ovarium ist kugelig oder schwach oval, etwas größer als die Hoden und mißt im Durchmesser 0'29 — 0*o3 mvi. Der Bau der Ovarialwand ist ganz gleich dem der Hodenwand. An der dem Hinterende zugekehrten Seite befindet sich eine „buckeiförmige Erhebung", von welcher der Ovidukt ausgeht (Taf. I, Fig. 6). Es lassen sich im Ovarium zweierlei Zellen unterscheiden. 1. Finden sich kleine Zellen, die überall im Ovarium meist zu mehreren nebeneinander vorkommen; sie zeigen um den Kern nur eine geringe Plasmamenge, die oft von der benachbarten Zelle nicht deutlich abgegrenzt ist. Die ruhenden Kerne dieser Zellen sind nach vorgenommener Tingierung infolge zahlreicher Chromatin- körnchen dunkel gefärbt und zeigen eine dunkel tingierte Kern- membran; auch ein Nukleolus ist deutlich wahrnehmbar. Der (362) Die Anatoraie und Histologie von Stenhurus tiisilonnis (Lülie) lOol. .5 Durchmesser dieser Kerne beträgt 0*003 mm. Diese Zellen dürften meiner Ansicht nach als Oogonien anzusprechen sein, da ihr Aus- sehen im großen und ganzen den von Schübmann (41) und Schleif (39) geschilderten Verhältnissen entspricht. Gelegent- lich lassen sich auch eine schleifenförmige Anordnung der Chro- raatinsubstanz dieser Oogonien und darauf folgende mitotische Teilungsstadien ihrer Kerne erkennen. Die Teilungsstadien waren entsprechend der verschiedenen Lagerung der Oogonien an ver- schiedenen Stellen auch im Innern des Ovariums zu finden; denn es ist bei dieser Form in den mir vorliegenden Altersstadien ein eigentliches kontinuierliches Keimlager nicht mehr zu erkennen. 2. Finden sich Zellen , die als Oozyten I. Ordnung anzusprechen sind und alle Entwicklungsstadien bis zur Bildung der Richtungs- spindel erkennen lassen. Die jungen Oozyten unterscheiden sich von den Oogonien durch ihre verhältnismäßig größere Plasmamenge. Weitaus die meisten Oozyten scheinen in dem Stadium zu stehen, in welchem der Kern das „scheinbar postsynaptische Kerngerüst" (Schleif, 39) zeigt, der Nukleolus läßt sich deutlich erkennen, das Chromatin hingegen erscheint reduziert und „unregelmäßig in Körnchen oder kürzere Stränge verteilt" (Schleif). Die Keim- bläschen messen in diesem Stadium 0*0068 mm , die Eizellen 0-009 mm. Ein besonders auffälliges Verhalten zeigen die in der „buckei- förmigen Erhebung" des Ovariums zusammengedrängten Keimzellen; sie nehmen Eosin stark an und werden auch von Eisenhämatoxylin dunkel fingiert. Das Chromatin erscheint bedeutend vermehrt und ist in unregelmäßige, größere und kleinere Chromatinstücke zer- teilt; in vielen Fällen erscheinen Kernmembran und Nukleolus aufgelöst, ein Verhalten, aus dem sich schließen läßt, daß sich diese Zellen in dem Stadium vor Bildung des ersten Richtungskörperchens befinden. Auffallend in dem Plasma dieser Eizellen ist das Auf- treten mehrerer großer, meist halbmondförmig gestalteter Gebilde, die von Eisenhämatoxylin gleichmäßig dunkel gefärbt werden. Verhältnismäßig selten sind im Ovarium degenerierte Eizellen, die das von Schübmann (41) und Schleif (39) geschilderte Ver- halten zeigen. Follikelzellen , wie sie Schleif bei Planaria gono- cephala erwähnt, konnte ich nicht auffinden. Auch Schubmann erwähnt bei Fasciola hepatica keine Follikelzellen. Gelegentlich finden sich in der zwischen den einzelnen Eizellen gelegenen fase- rigen Masse einzelne dunkle Granula, die wahrscheinlich von zerfallenen Oozyten herrrühren. (363) 6 Karl Mies tinger: Die reifenden Eizellen, die in der „buckeiförmigen Erhebung" und in der Nähe derselben zu einer von den übrigen Eizellen ge- sonderten, deutlich unterscheidbaren Masse zusammengedrängt sind, werden durch Fortsätze, die von der Wand des Ovariums ausgehen und sich im Innern des Ovariums zwischen den Keimzellen ver- lieren, von den übrigen Keimzellen abgesondert. Diese Einrichtung hat bereits Jüel (11) gesehen und als „eine Art Gerüstsubstanz" gedeutet, während Looss (18. pag. 201) sie für „Bahnen, auf denen die reifenden Eizellen gleichmäßig und sicher der Mündung des Keimganges zugeführt werden sollen", hält. An der dem Hinterende zugekehrten Wand des Ovariums liegen knapp angelagert Receptaculum seminis und der Schalen- drüsenkomplex, Das Receptaculum seminis ist länglich oval und liegt mit seiner längeren Seite dem Ovarium an; je nach dem Füllungs- zustande variiert es in seinen Größendimensionen; durchschnittlich betragen die Maße 0' Ol 2 mm und O'lll mm, die größten 0"12 und 0"2 mm. Der Bau des Receptaculums entspricht dem von Juel(II) und Lander (12) beschriebenen. So befindet sich in dem eigentlichen Receptaculum seminis, dem „äußeren Reservoir" Juels, ein kleinerer birnförmiger Abschnitt, das „innere Reservoir", dessen breiteste Stelle (auf die größten obenerwähnten Maße bezugnehmend) 0'05 mm mißt (Taf. I, Fig. 5, rsi). An der der Mündung des Ausführungs- ganges des Receptaculums gegenüberliegenden Wand , die dem Ovarium zugekehrt ist, befindet sich eine Öffnung (Taf. I, Fig. 5, o), durch welche das „innere Reservoir" mit dem übrigen Hohlraum des Receptaculums in Verbindung steht. Die Länge des „inneren Reservoirs" beträgt 0'092 mm. Die Wand des Receptaculums läßt keine besondere Struktur, aber gelegentlich wenige, flachgedrückte Kerne erkennen. Die Wand des „inneren Reservoirs" kommt der Wand des „äußeren Reservoirs" an Stärke gleich und wird ebenso wie diese dunkel tingiert; die Wand nimmt von der Stelle der Verschmäl erung des „inneren Reservoirs" an allmählich an Dicke zu und erreicht an der Durchtrittsstelle durch die Wand des Receptaculums die Dicke der Wand des Ausführungsganges (Taf. I, Fig. 5). Auch die Wand des „inneren Reservoirs" läßt Kerne er- kennen, die in ihrem Habitus den Wandkernen des Receptaculums vollständig gleichen. Eine Muskellage ist weder an der Wand des „äußeren" noch des „inneren Reservoirs" ausgebildet. Der Inhalt des „äußeren Reservoirs" besteht aus einer bald kompakteren, bald lockereren Plasmamasse, die von mehr oder (364) Die Anatomie und Histologie von Sterrhurus fusiformis (Luhe) 1901. 7 weniger scharf begrenzten Hohlräumen durchsetzt ist. Den Haupt- bestandteil dieser „protoplasmatischen Gerüstsubstanz" — wie Juj^l (11) diese Plasmamasse bezeichnet — bilden, wie Looss (18) ver- mutet und Odhner (o2) durch seine Untersuchungen nachgewiesen hat , zerfallene Spermafäden and Keimzellen , die allmählich einer Resorption unterliegen. Es zeigen sich auch in meinem Falle in dieser Plasmamasse, ebenso in den Hohlräumen kleine Granula, Dotter- kügelchen, Keimzellen und Spermatozoen ; sowohl Spermafäden wie Keimzellen befinden sich in einem mehr oder weniger weit vorgeschrittenen Stadium der Auflösung. Dieses sogenannte „innere Reservoir" dürfte meiner Ansicht nach die Aufgabe haben, wie aus seinem Bau hervorgeht, gleich einem Ventil zu wirken und den Austritt des Inhalts des Receptaculums in den Ausführungsgang zu verhindern. Es zeigt sich nämlich, daß in dem „inneren Reservoir" nie jene Plasmamasse sich vorfindet, sondern nur intakte Spermatozoen resp. Keimzellen. Der besondere Bau des Receptaculums dürfte ein Beweis für die jetzt allgemein anerkannte Looss sehe Ansicht sein, daß „die bei der Befruchtung nicht verwendeten Samenfäden gemeinsam mit anderen, nicht mehr verwendbaren Produkten, so unreifen Eizellen und Dotterkügelchen, wenn ein Laue er scher Kanal fehlt" — was ja für unseren Fall tatsächlich zutriff't — „in dem Receptaculum aufbewahrt werden, wo sie dann resorbiert werden". Odhner betrachtete zuerst „das innere Reservoir" als einen Hohlraum in der zerfallenen Spermamasse (32) , welche Auffas- sung er aber in seiner Arbeit über Didymozoon (33) berichtigte; er faßt das „innere Reservoir" als das eigentliche Recepta- culum auf, sagt jedoch, daß das „äußere Reservoir" keine eigenen Wandungen besitze, sondern durch die in das umgebende Parenchym ausgetretene Spermamasse, durch deren Zerfall die protoplasmatische lakunenhaltige Gerüstsubstanz entstanden sei , vorgetäuscht werde. Was das sogen, „äußere Reservoir" betrifft , so muß ich be- merken, daß bei den mir vorliegenden Exemplaren eine eigene Wand des „äußerven Reservoirs" deutlich ausgebildet ist (zumal es mir gelang , das Receptaculum durch Zupfen herauszupräparieren), welche die zerfallene Spermamasse umschließt. Daß diese Wand durch umliegende Parenchymzellen gebildet werde, ist wohl nicht anzunehmen, da die einzelnen Parenchymwände im Laufe des Wachstums in einem gewissen Grade der Auflösung anheim- gegeben sind. Ich betrachte somit das „äußere Reservoir" als das eigentliche Receptaculum. (3Ü5) Karl Miestinger: Das „innere Reservoir" könnte man sich durcli einen Ein- stülpungsprozeß des Ansführungsganges des Receptaculums ent- standen denken, eine Auffassung, die auch von Lander vertreten wird. Der Ausführungsgang des Receptaculums, der, w\e erwähnt, die direkte Fortsetzung der Wand des „inneren Reservoirs" bildet, mündet nach kurzem und geradem Verlaufe in den Ovidukt ein; sein rundlicher Querschnitt mißt 0-014 mw; die Wand zeigt eine anscheinend fibrilläre Struktur und ist 0 005 mm dick; sie enthält 0"0045 mrn große, länglich ovale Kerne. Die Schalendrüsen, die zu einem länglich - ovalen , 011 bis O'Ollmm messenden Komplex vereint sind, sind birnförmig und liegen dicht um den Ootyp herum (Taf. I, Fig. 6, sa dr). Das ver- schmälerte Ende der Drüsen, der Ausführungsgang, tritt durch die Wand hindurch in das Lumen des Ootyps. Der Durchmesser des breiten Endes einer solchen Schalendrüsenzelle beträgt durchschnitt- lich 0•018m??^, die Länge variiert. Die Kerne sind kugelig oder oval, bläschenförmig und zeigen einen deutlichen Nukleolus; die Größe eines solchen Kernes beträgt O'OOöö mm. Das Plasma dieser Zellen, das eine faserige Struktur zeigt, umgibt den Kern und ent- sendet einzelne Stränge zu einem Wandbelag, so daß auf diese Art auf Schnitten sternförmige Figuren des Plasmas entstehen, in deren Zentrum der Kern liegt (Taf. I, Fig. 6, sadr). Das Plasma hebt sich deutlich von der in den Zwischenräumen gelegenen Substanz ab, die als Sekret des Plasmas anzusehen ist. Die paarigen Dotterstöcke (Taf. I, Fig. 1, dst) liegen dem Ovarium knapp an, gewöhnlich ventral von demselben, gelegentlich aber stark verschoben. Sie bestehen aus 7 Schläuchen, die sich gegen ihre Vereinigungsstelle zu verschmälern, an ihrem freien Ende aber verdickt und gelegentlich gegabelt sind; die einzelnen Schläuche sind ziemlich stark gewunden und erreichen eine beträchtliche Länge; ihre durchschnittliche Dicke, die auch bei dem einzelnen In- dividuum ziemlich stark variiert, beträgt 0*09 mm. Von den Dotterstöckeu geht je ein kurzer Dottergang aus, die sich zu einem unpaaren Abschnitt vereinigen, der nach kurzem Verlaufe in den Ovidukt einmündet (Taf. I, Fig. 6, dstg). Die Wand der Dotterstöcke ist zart, strukturlos und läßt weder Kerne noch eine ihr aufliegende Muskulatur erkennen. Der weitaus größte Teil der Dotterstöcke ist von kugeligen, gelegentlich durch gegenseitigen Druck polygonal gewordenen reifen Dotterzellen ausgefüllt; diese besitzen eine zarte Membran und einen meist deformierten Kern , der dann weder Chromatin- (366) Die Anatomie nnil Histologie von Sterrlmrus fusifonnis (Liilu') 1901. 9 stücke noch einen Nukleolus deutlich erkennen läßt. Zahlreiche Dotterkiigelchen, die ungefähr um ein Drittel kleiner sind als die Kerne , erfüllen den restlichen Teil der Zelle und verdrängen das Zellplasma fast vollständig, so daß dieses auf ein feines Netzwerk zwischen den Dotterkügelchen beschränkt ist. Der Durchmesser der Dotterzellen beträgt O'Ol mm, jener der Kerne 0"003 m?/i. Das Plasma der reifen Dotterzellen seheint infolge Verbrauch auf ein Minimum reduziert und auch der Kern zeigt ein Aussehen, welches schließen läßt , daß er in Auflösung begriffen ist. In den Dotter- gängen und kurz vorher löst sieh die Zellmembran der Dotter- zellen auf, so daß die Dotterkügelchen daselbst frei werden; seltener hingegen trifft man freie Kerne der Dotterzellen an. Außerdem finden sich in den Dotterstöcken noch junge , unreife Dotterzellen, die kleiner und plasraareicher sind als die reifen und sich des- halb dunkler färben; ihr Kern ist etwas größer, bläschenförmig und zeigt deutlich Chromatinbestandteile und Nukleolus. Die Dotter- kügelchen der unreifen Dotterzellen sind kleiner als die der reifen und nicht in so großer Anzahl vorhanden. Reife und unreife Dotter- zellen sind anscheinend nicht an bestimmten Stellen lokalisiert, sondern treten allerorts auf. Als dritte Art kommen im Dotterstocke noch Zellmassen vor, die bald in größerer Menge angehäuft, bald mehr vereinzelt sind ; diese besitzen ein ziemlich dunkel tingierbares Plasma und Kerne , die den Kernen der unreifen Dotterzellen gleichen. Diese Zellmassen sind als Keimlager der Dotterzellen aufzufassen das hier, entsprechend den Verhältnissen im Ovarium, nicht einheitlich auftritt, sondern an verschiedenen Stellen ausgebildet erscheint. Vielleicht kann man eine Erklärung für dieses eigentümliche Ver- halten finden, wenn man annimmt, daß das Keimlager ursprünglich in kontinuierlicher Lage vorhanden war, aber im Laufe der Ent- wicklung in einzelne Abschnitte zerfiel. Die Dotterkügelchen zeigen eine bräunliche Färbung, nehmen weder Eosin noch Hämatoxylin an, erscheinen aber mit Toluidinblau grünlich, mit Eisenhämatoxylin schwarz gefärbt. Ein Dotterreservoir ist nicht ausgebildet. Der Ovidukt geht von der buckeiförmigen Erhebung des Ovariums aus ; er verläuft in seinem Anfangsteil gerade, nimmt hier den Gang des Receptaculums auf und bildet dann eine halbkreis- förmige Biegung, an deren Höhepunkt der unpaare Dottergang ein- mündet (Taf. I, Fig. 6). Der Ovidukt geht sodann ohne scharfe Grenze in den Ootyp über, welcher ungefähr parallel zum Anfangs- teil des Oviduktes verlaufend durch den Schalendrüsenkomplex hin- durchtritt. Es bilden somit Ovidukt und Ootyp eine ungefähr hufeisen- (367) 10 Karl Miestinger: förmige Schlinge , die in den Uterus übergeht (Taf. I , Fig. 6). Im Ovidukt fehlt eine besondere Verschlußvorrichtung gegen das Ovarium hin; auch ein besonderer Befruchtungsraum ist nicht aus- gebildet. Der Ootyp unterscheidet sich von dem Ovidukte nur durch seine geringere Wanddicke und ein etwas erweitertes Lumen. Der Durchmesser des Ganges des Receptaculums und jener des Oviduktes sind ungefähr gleich groß, der des Ootyp ist etwas größer (0"017 mm). Die Wand dieser Genitalgänge zeigt eine längsfibrilläre Struktur und verhältnismäßig zahlreiche Kerne. Eine Bewimperung des Ovidukts, wie sie Looss beschreibt, konnte ich nicht auffinden. Die Ringmuskulatur, die an allen diesen Gängen ausgebildet ist, konnte ich wegen ihrer Zartheit nur stellenweise erkennen; sie scheint nicht besonders dicht und erstreckt sich auch auf die Ausbuchtung des Ovariums. Der Ootyp geht ebenfalls ohne scharfe Grenze in den Uterus über ; der Uterusanfangsteil ist dünn (O'Oo nwi), enthält nur ein bis zwei Lagen von Eiern, nimmt aber in seinem weiteren Verlaufe an Dicke immer mehr zu, so daß gelegentlich eine 8 — lOfache Lage von Eiern auftritt. Sein durchschnittlicher Durchmesser beträgt an solchen Stellen 0*012 mm. Mit der Masse der Eier hängt auch die Färbung des Uterus zusammen, der in seinem Anfangsteil farblos, dann gelb- lich und bei großer Anhäufung von Eiern bräunlich erscheint. Im Anfangsteil des Uterus finden sich zahlreiche Spermatozoen, die durch eine lange Strecke hindurch das Lumen vollständig er- füllen; dieser Abschnitt, von Looss als Receptaculum seminis ute- rinum bezeichnet, wurde auch von Jüel (11) und Lander (12) konstatiert und es scheint, daß er bei allen Malacocotylea in diesem Sinne differenziert ist. Die Wand des Uterus ist dünn und zeigt an der Innenseite einen dünnen Plasmabelag, der gelegentlich etwas stärker ist, stellen- weise aber ganz rückgebildet erscheint. Dieser Belag zeigt eine körnigfaserige Struktur und fährt keine Kerne. An der Außen- seite befindet sich eine sehr zarte , wenig dichte und nur stellen- weise erkennbare Ringmuskalatur. Das Metraterm (Taf. I, Fig. 3, m) unterscheidet sich histologisch von den anderen Partien des Uterus ; es zeigt an der Innenseite einen Plasmabelag, der in den zwei ersten Dritteln eine glatte Oberfläche besitzt, im Endabschnitt, dem letzten Drittel, aber in zahlreiche Papillen zerteilt ist. Die Muskulatur ist in diesem Abschnitt sehr kräftig ausgebildet und besteht aus einer Ringmuskellage, die von einer etwas schwächeren Längsmuskel- lage bedeckt wird. (368) Die Aiialmiiie niul Histologie vnii Sterrliunis fnsiforniis (Lülif) lilOl. 11 Receptaculum seminis und Vagina sind von einer der Subku- tiknla ähnliehen Schichte , die zahlreiche Kerne enthält und eine ziemlich dicke, kontinuierliche Lage bildet, umgeben; auch an anderen Teilen des Uterus ist diese Schichte zu erkennen. Die Eier von Stei-rhuriis fusiformis sind gelblich gefärbt und oval geformt; ihre Dimensionen betragen 0023 ww und 0"018 mm. Die Eier von LecitJtockirium rufovin'de sind etwas schmäler, sie messen 0*02 mm und 0'012 mm. Ein Deckel ist bei beiden Formen nicht ausgebildet. Genitalendapparat. (Taf. T. Fig. 2, 3, 4.) Der Ausführungsgaug der Vesicula seminalis geht in eine 0"09 wm lange Pars prostatica (p pr) über; der Verschluß der Vesicula seminalis gegen die Pars prostatica wird durch konische Papillen (Taf. I, Fig. 3, sp), die an der Grenze der Vesicula semi- nalis stehen und in das Lumen der Pars prostatica hineinragen, gebildet. Die Pars prostatica wird von einem dichten Mantel zahl- reicher, einzelliger Prostatadrüsen (pr dr) umschlossen, deren Aus- führungsgänge durch die Wand hindurchtreten und das Lumen der Pars prostatica mit dem zu konischen Papillen erhärteten Sekrete dieser Drüsen erfüllen (Taf. I, Fig. 3, drs). In vielen Fällen ragen diese Sekretpapillen, die an der Grenze der Pars prostatica stehen, in das Lumen des darauf folgenden blasigen Hohlraumes hinein (de), der kugelförmig aufgetrieben ist und in einen kurzen Gang über- geht, welcher nach Looss (23) als Äquivalent des Ductus ejaculatorius zu betrachten ist. Es scheint mir zweifelhaft, ob man diesen „blasigen Hohlraum" mit Recht als einen eigenen Ab- schnitt des Genitalendapparates auffassen kann, ob er nicht doch als ein Teil des Ductus ejaculatorius anzusprechen ist, da die Länge des „als Äquivalent des Ductus ejaculatorius zu betrachtenden Ganges", nach den mir vorliegenden Fällen zu schließen, nicht konstant zu sein scheint, sondern abhängig von dem Grade der Auftreibung des „blasigen Hohlraumes" ist, indem bei stärkerer Ausdehnung sich die Länge des Ganges verringert; so stellt zum Beispiel Fig. 3, Taf. I einen Fall vor , in welchem der Gang fast gänzlich in den „blasigen Hohlraum"' einbezogen ist. Auch ist bei beiden Abschnitten die Ausbildung der Muskulatur und der histo- logische Aufbau der gleiche (siehe unten). Von der Ventralseite her tritt nun das Metraterm hinzu , das mit dem Endabschnitte des Ductus ejaculatorius vereint den Sinus genitalis (sg) bildet. Letzterer Arbeiten ans den Zoologischen Instituten etc. Tom. XVII, Heft 3. 26 (369) 12 Karl Miestinger: ist '0-07 mm lang und mündet direkt durch die GenitalöfFnung (go) nach außen. Ein Cirrussack fehlt, wie Looss (23) angibt, wird aber durch einen Muskelscblauch von birnförmiger Gestalt ersetzt (et). Em Genitalvorraum und eine Papille, an deren Spitze der Sinus geni- talis ausmündet, wie es Odbner (32) bei Derogenes varicus schildert, fehlt hier. Zu beiden Seiten der Prostata liegt je ein großer Komplex von Drüsenzellen (Taf. I, Fig. 2, 4, sdr), die sich von den Prostata - drüsen durch bedeutendere Größe und längere Ausführungsgänge, unterscheiden, welche durch den Cirrussack hindurchtreten, die Wand des Sinus genitalis durchbohren und in denselben einmünden. Ich bezeichne diese Drüsen, die meines Wissens noch nicht be- schrieben worden, als Sinus drüsen (sd). ^QiLecühochiriiimMAün diese Drüsen. Auch Looss (23) wurde auf das eigentümliche Verhalten dieser Drüsen aufmerksam, indem er mehrere distinkte Drüsengruppen erkannte; auch das verschiedene Verhalten der Ausfübrungsgänge schilderte er; er beschrieb Ausführungsgänge, die über die Blase hinweglaufen und solche, die an den hintersten Teil der Blase herantreten. Die ersteren sind die Ausführungsgänge der Sinns- drüsen, die letzteren die der eigentlichen Prostatazellen. Der histologische Bau der männlichen Leitungswege stimmt mit dem bei den übrigen Trematoden überein. Es findet sich an der Innenseite einer dunkel sich färbenden Membran ein plasmatischer Belag, der ebenso wie jener des Metraterms in feine Zäpfchen zerteilt ist (Taf. I. Fig. 3, plh). In der Pars prostatica ist dieser Belag verhältnismäßig zart, nimmt aber in seinem weiteren Verlauf an Dicke zu und setzt sich im Sinus genitalis bis knapp zur Genital- öffnung hin fort: diese Auskleidung ist von der Körperkutikula. die ein ganz kurzes Stück in den Sinus genitalis übergreift, ziem- lich scharf geschieden. Die Muskulatur ist kräftig und besteht aus einer der Eigenmembran aufliegenden Ringmuskel läge (Taf. I. Fig. 3, rm) , über welcher sich eine wohlausgebildete Längsmuskel- schichte (im) befindet. Diese beiden Muskelschichten sind auch in dem „blasigen Hohlräume", für welchen Looss (23) ein Fehlen der Muskulatur angibt, ausgebildet. Besondere Muskelschichten sind noch um den Endabschnitt der Vesicula seminalis entwickelt; es finden sich nämlich hier durch eine kurze Strecke hindurcli über beiden erstgenannten Muskellagen kräftige und zahlreich ent- wickelte, radiär angeordnete Muskeln (Taf. I, Fig. 3, 7- am), die eine ziemlich dicke Lage um diesen Endabschnitt bilden ; über diesen (370) Die Anatoiuie uml Histulogu" vnn Stenliurus riisil'oriiiis (liülic) 1901- 1-i findet sieh außerdem noch eine Lage von Längsmnskeln (IviJ, die an Stärke den anderen Längsmuskeln des Genitalendapparates gleichkommt. Eine solche radiäre Muskulatur um den Endabschnitt der Vesicula seminalis wurde auch von Lander bei Hemiurus crennf.its beschrieben. Der Cirrussack v^'ird durch einen Mnskelschlauch (et) ersetzt, dessen Muskelzüge sich am 13eginne des Sinus genitalis knapp bei de»- Genitalöftnung inserieren und über den Ductus ejaculatorius hinweg verlaufend am Beginne der Pars prostatica anheften; außerdem sind noch Muskelbündel vorhanden, die pinselförmig an der Körper- wand mehr oder weniger in der Nälie der Genitalöffnung beginnen und dann an den Muskelschlauch herantreten, ein Verhalten, das ganz mit dem von Looss (23) geschilderten übereinstimmt. Um die Genitalöffnung herum ist eine kräftige Lage von Ringmuskeln an- geordnet (rm^j. die besonders an der dem Bauchsaugnapfe zugekehrten Seite kräftig entwickelt sind. Der Hohlraum des Cirrussackes ist von einem der Subku- tikularschichte gleichenden Parenchym erfüllt, das zahlreiche den Subkutikularkernen gleichende Kerne enthält. Auch der Genitalend- apparat ist von einer solchen Subkutikularschichte umkleidet, wie sie auch andere Organe umgibt. Die Prostatadrüsen (Taf. I , Fig. 2, 3, 4, jrr dr) sind birn- förmig und haben kurze Ausführungsgänge, die in die Pars prosta- tica einmünden. Der verbreiterte Abschnitt einer solchen Drüse mißt durchschnittlich 0-02 min in der Breite und 0-029 mm in der Länge. Der Kern liegt meistens median in der Nähe des hinteren Endes des verbreiterten Abschnittes. Der histologische Bau dieser Drüsen ist ganz gleich jener der Schalendrüsen. Die obenerwähnten Sekretpapillen (drs) sind als erhärtetes Sekret dieser Drüsen auf- zufassen. Die Sinusdrüsen (Taf. I , Fig. 2, 4, sdr) sind über doppelt so groß als die Pro.statadrüsen und haben viel längere Ausführungs- gänge, die oft das 3— 5 fache der Länge des Zellkörpers erreichen können. Ihr Kern ist ebenfalls größer (O'OöS mm) und zeigt einen deutlichen Nukleolus; auch sind diese Drüsen bedeutend plasma- reieher, zeigen aber in der Anordnung des Plasmas ein den Schalen- und Prostatadrüsen ganz ähnliches Verhalten. Das Sekret der Sinusdrüsen ist bedeutend grobkörniger und tingiert sich deut- lich mit Eosin. Bei manchen Individuen war der Sinus genitalis, in welchen, wie oben erwähnt, die Drüsen einmünden, vollständig von deren Sekret erfüllt. 26'-' (371) 14 Karl Miestinger: In der Plasmaschichte des Ductus ejaculatorius fand ich bei mehreren Exemplaren an der gleichen Stelle einen deutlichen, bläs- chenförmigen Kern (Taf. I, Fig. 3, k), der einen dunkelgefärbten Nukleolus aufwies und verhältnismäßig groß war. In seinem ganzen Habitus glich er am ehesten einem Parenchymkern. Über seine Bedeutung bin ich vollständig im unklaren. Verdauungssystem. Das Verdauungssystem zeigt den für die Hemiuridae charakte- ristischen Bau. Die Darmschenkel sind stellenweise infolge An- häufung des Inhaltes blasenförmig aufgetrieben und erreichen an solchen Stellen das 4— 5 fache des normalen Durchmessers. Auch die Anordnung der Muskulatur stimmt mit den von Jüel bei Apohlema excisum und von Lander bei Hemiurus crmatus beschrie- benen \'erhältnissen überein. Zu erwähnen wäre, daß die Muskulatur des Ösophagus stärker ausgebildet ist, als die der beiden Darmschenkei. Die Kutikula, die Mundsaugnapf, Pharynx und Ösophagus auskleidet, setzt sich auch auf den Anfangsteil der beiden Darmschenkel fort. Die Darmwand wird von hohen Zellen ausgekleidet, deren Grenzen nur in den seltensten Fällen zu erkennen sind. Das Plasma dieser Zellen , das gegen das Lumen zu in zahlreiche feine Fäden ausgezogen erscheint (Taf. I, Fig. 7), färbt sich an der Basis inten- siver und nimmt gegen das Lumen zu an Intensität der Färbung ab; seine Struktur ist deutlich faserig. Jede Darmzelle zeigt einen 0*003 mw großen, meist rundlichen Kern, der gelegentlich aber etwas deformiert erscheinen kann. Die Kerne liegen gewöhnlich an der Basis der Zellen, können aber bisweilen etwas mehr gegen das Lumen zu verlagert sein ; sie tingieren sich in den meisten Fällen dunkel . Die Höhe der Darmzellen ist ziemlich variabel (0"007 — 0'015 mm und darüber hinaus). So erscheint an den blasenförmig aufgetriebenen Stellen das Epithel bedeutend niederer, oft kaum höher als der Durchmesser der Kerne beträgt; diese selbst sind infolge Dehnung der Wand weit voneinander entfernt. Histologisch verschieden von dem übrigen Teil der Darmschenkel ist eine kurze , auf den noch mit Kutikula versehenen Abschnitt folgende Partie der beiden Darmschenkel , indem hier die Zellen bis an ihre Basis in zahlreiche feine Plasmafäden zerteilt sind, die infolge ihrer beträchtlichen Länge das ganze Darmlumen erfüllen. Lander fand in dem Darmepithel keine Kerne, wohl aber kernähnliche, dunkelgefärbte Körperchen, welche in mehreren Fällen Die Anatomie iiml Histologie von Sterrlnirus liisifoniiis (ijiiiie) 11)01. 15 zwischen den Zellen gelegen waren. Sie waren in Kontakt mit dei- Basalmembran oder mittelst eines Stieles mit derselben verbunden. Er hält sie nicht für Kerne der Darmzellen, sondern für Kerne von Zellen des Wirtstieres, die in den Darmtrakt hineingekommen sind. Es ist höchst wahrscheinlich, daß diese Deutung irrtümlich ist und Landers „nucleus-like bodies" nichts anderes sind, als die Kerne des Darmepithels. Auch der Anfangsteil des Darmtraktes ist von einer der Subkutikularschichte gleichenden Schichte umgeben. Exkretionssystem. Das Exkretionssystem besteht, wie bekannt, aus dem am Hinterende ausmündenden und in zahlreichen Windungen bis zu den beiden Hoden verlaufenden Hauptstamm und zwei Ästen, die sich dorsal vom Mundsaugnapf zu einer Schlinge vereinigen (Fig. 1, Taf. I, exb). Die Wand des unpaaren Abschnittes ist zum großen Teil vielfach in unregelmäßige Falten gelegt, während der paarige Teil glatte Wände zeigt. Der Durchmesser des ersteren beträgt 0-054 mm, der der letzteren ungefähr die Hälfte. Der hinterste Teil des un- paaren Abschnittes erscheint glatt und unterscheidet sich auch histologisch. Die Wand der Exkretionsgefäße wird von einer zarten . an- scheinend hyalinen und dunkel tingierbaren Membran gebildet, an deren Innenseite sich ein schwach gefärbter Belag, der nicht in kontinuierlicher Schichte ausgebildet ist, befindet; er erscheint bald dicker, bald dünner, mehr oder weniger stark zerfasert und macht so den Eindruck eingetretener, ziemlich starker Mazeration (Taf. II, Fig. !<, plh). In dieser Plasraaschichte befinden sich zahlreiche, kuge- lige, der Wand meist anliegende Kerne, die sich wenig färben; sie sind 0'003 ?wm groß und besonders im unpaaren Abschnitt zahlreich. Die Muskulatur des Exkretionssystems , die ich nur am un- paaren Abschnitt deutlich verfolgen konnte , ist ebenso wie im Abdomen in umgekehrter Reihenfolge angeordnet. Es ist eine aus verhältnismäßig wenigen Längsmuskeln (Im) bestehende Schichte, die der Wand direkt anliegt, und eine darüberliegende , aus etwas zahlreicheren Ringmuskeln (rm) bestehende Lage, ausgebildet. Diese Anordnung der Muskulatur wurde bereits von Jüel und Lander beschrieben. (373) Iß Karl Miestinger: Verschieden, wie erwähnt, ist der histologische Bau des oben- erwähnten hintersten Abschnittes, der an dem Abdomen ausmündet. Die Membran, welche einerseits in die Basalmembran des Abdomens direkt übergeht, andrerseits mit der Wand des Exkretionsgefäß- hauptstammes zusammenhängt, ist ebenfalls dunkel tingiert und anscheinend strukturlos. Die innere Auskleidung, die stärker aus- gebildet erscheint, bietet mehr ein der Körperkiitikula ähnliches Aus- sehen und ist ebenso wie diese ohne Kerne. Die Muskulatur ist in der- selben Weise angeordnet wie die des Exkretionssystems, doch etwas kräftiger. Während der vordere Abschnitt des Exkretionssysteras von dem großmaschigen Körperparenchym umgeben wird , findet sich hier eine mächtig entwickelte Schichte, die in ihrem Verhalten vollständig der Subkutikularschichte des Abdomens gleicht, zahl- reiche Kerne enthält und ohne Grenze in die Subkutikularschichte des Abdomens übergeht. An den beiden Übergangsstellen (Taf. II. Fig. 8, A, B) ist die Ringmuskulatur verstärkt, so daß sie wie eine Art Sphinkter den Verschluß dieser beiden Stellen bewerkstelligen kann. Wie aus der Histologie des ganzen vorderen Abschnittes, so- wohl des paarigen als auch des unpaaren hervorgeht, ist dieser vordere Abschnitt nach Looss als Exkretionsblase zu bezeichnen, während der hinterste Abschnitt (Taf. II, Fig. 8, r e) nur als ein sekundär eingestülptes Reservoir aufzufassen sein dürfte. Dieses Reservoir ist also nicht dem Exkretionsgefäß zuzurechnen, sondern wäre das eingestülpte Ende des Abdomens. Pratt faßt die Schlinge als die „collecting tubules". den unpaaren Abschnitt als Exkretions- blase auf, während Lander den letzten x^bschnitt als Exkretions- blase, den ganzen vorderen, sowohl den schlingenförmigeri als auch den unpaaren . welchen er sich durch Vereinigung des paarigen entstanden denkt, als „collecting tubes'' bezeichnet. Von den übrigen Teilen des Exkretionsgefäljes konnte ich wegen Mangel an lebendem Material wenig auffinden. Im Exkretionssystem finden sich zahlreiche , stark licht- brechende, kugelige Körnchen von durchschnittlich 0"004 mm. Durch- messer; außerdem kommen noch in geringerer Menge bedeutend größere (bis zu üOll mw) Körnchen vor, die eine stark licht- brechende Außenschichte und im Inneren einen dunkleren, aus mehreren konzentrischen Schichten bestehenden Kern erkennen lassen. Nervensystem. Der Gesamt auf bau des Nervensystems stimmt im allgemeinen mit dem der übrigen Trematoden überein, speziell mit den Angaben (374? Die AiKitoiDi"'; iiml Histologie; von Si.rrluuus l'nsit'onnis (LiUiiO 1!//<^/j , welche dorsal über dem Phaiynx hinzieht , verbunden ist. Ventral ist eine zweite bedeutend schwächere Kommissur (cphv), die zwischen Mundsaugnapf und Pharynx gelegen ist, ausgebihlet. Das Zerebralganglion zeigt in der Mitte eine schwache Einschnürung, durch die es in einen vorderen und hinteren Abschnitt zerfällt. Die vordere Anschwellung, von Pratt als „pharyngeal ganglion" bezeichnet, liegt an der Über- gangsstelle von Pharynx und Mundsaugnapf, der hintere Abschnitt, der etwas größer ist und von Pratt als „superoesophageal ganglion" bezeichnet wurde, neben der hinteren Hälfte des Pharynx. Von d« m Gehirnganglion gehen vier Nervenpaare nach vorne, korrespondierend damit vier Paare nach hinten. Und zwar gehen von den vorderen Anschwellungen, die durch die subpharyngeale Kommissur verbunden sind , folgende Nervenpaare (aufgezählt von innen nach außen) nach vorne ab. Als schwächstes und kürzestes Paar , die Mundsaugnapfnerven (Taf. II . Fig. 9, ma) , als nächste folgen die ziemlich stark entwickelten und weiter nach vorne ver- laufenden vorderen dorsalen Nerven (ndaj, ferner die vorderen ventralen Nerven (nva), die etwas stärker ausgebildet sind als die ersterwähnten und ebenl'alls nach kurzem Verlaufe in den Mundsaug- napf eintreten, als äußerstes Paar, die bis an das Vorderende heran- reichenden vorderen Lateralnerven (nla), die bogenförmig um den Mundsaugnapf herumgehen. Von der vorderen Anschwellung geht noch ein Nervenpnar nach hinten, das dem Ursprung nach mit den Mundsaugnapfnerven korrespondiert, die Phar3'nxnerven fnph), die nicht besonders stark entwickelt sind und nach kurzem Verlaufe in den Pharynx übergehen. Von der hinteren Anschwellung des Zerebralganglions ver- laufen drei Paare von Längsnerven, die im allgemeinen ziemlich kräftig entwickelt sind, nach hinten, und zwar der Medianebene am nächsten die hinteren Dorsalnerven (ndpj, ferner die weitaus am stärksten ausgebildeten Ventralnerven (nvp) , schlieülich die den Körperseiten am meisten genäherten hinteren Lateralnerven (n l p). Ferner konnte ich noch das Auftreten einer lateralen Kommissur (cl) feststellen , die die vorderen und hinteren Lateralnerven ver- bindet und bogenförmig verläuft. Genauere Details über den Ver- lauf der einzelnen Nervenfasern kann ich wegen Mangel an leben- dem Material nicht bringen. (375) 18 Karl Mies t in g er: Looss (18) erwähnt bei Distormim tereticolle „eine dünne, aber deutliche, subösophageale Kommissur", die mit der obenerwähnten subpharyngealen Kommissur zu identifizieren sein dürfte. Betten- dorf (1) glaubt, daß diese Verbindung mit seinen Pharynxnerven identisch sei, was nach unseren Befanden nicht zulässig ist. Die Hi- stologie des Nervensystems stimmt vollständig mit dem der anderen Trematoden überein. Parenchym. Sowohl von SterrhuruH fusiformif; als auch von Lecithochirium rufoviride zeigt das Körperparenchym einen blasigen Aufbau, der sich auf Schnitten als ein unregelmäßiges Netzwerk repräsentiert. Die einzelnen Hohlräume entsprechen nicht immer einer einzelnen Parenchymzelle, sondern in manchen Fällen dürften mehrere solche Hohlräume in den Bereich einer einzelnen Parenchymzelle fallen. Man hat demnach auf Schnitten unter den Parenchym-Fasern , resp. -Wänden zu unterscheiden zwischen a) den Zellwänden, den Wänden der Urparenchymzellen und b) den Plasmawänden, den Resten des Plasmas innerhalb dieser Zellen. Die Plasmawände sind zarter , färben sich schwach rötlich mit Eosin und zeigen keine so regelmäßige Porenbildung. Die Zellwände färben sich schwach mit Delafield-Hämatoxylin und zeigen deutlich bald äußerst feine, bald etwas größere Poren. Sowohl Zellwände, wie Plasmawände weisen eine homogene Grundsubstanz und in ihr verlaufend in vielen Fällen feine mit Hämatoxylin deutlich tingierbare Fibrillen auf, die untereinander anastomosieren und so ein feines Fasernetzwerk bilden; diese Fibiillen dürften wohl als Stützfasern aufzufassen sein. Gelegentlich aber bieten auch Faltenbildungen dieser Wände ein an solche Fibrillen erinnerndes Bild. Die ovalen , selten länglichen Parenchymkerne . die in ver- hältnismäßig großer Anzahl auftreten , zeigen einen deutlichen 0'0012 — 0*002 mm großen Nukleolus und messen 0*0068 bis 0*007 riim im Durchmesser. Sie liegen sowohl Zell- als Plasmawänden an; manchmal aber an der Vereinigungsstelle mehrerer Parenchym- wände. Diese letztere Art der Lagerung erinnert an die von Juk[. bei Lecitkocladiuta excisw7?i geschilderten Verhältnisse; Jüel nimmt an, daß das Netzwerk durch Ausläufer von Zellen gebildet ist, da die Kerne immer „da, wo die Balken des Netzwerkes zusammentreften", liegen. Das Niederschlagsprodukt der in den Parencbymzellen kom- munizierenden Flüssigkeit erseheint als ein unregelmäßiges, wenig (376) Die Anatomie iiiul Histologie von Steniuuns rusit'orniis (ivülit;) l'JUl. 19 tiiigiertes Netzwerk, das in homogener Grundsubstanz zahlreiche lichtbrechende Granula erkennen laut. Lander beschreibt bei der von ihm untersuchten ficin/'urusavt eine Lage von Zellen , welche die beiden Darmschenkel von der Höhe der Dotterstöcke an bis zu ihrem Ende wie eine Scheide um- gibt. Das Plasma dieser Zellen ist granuliert, die Zellen selbst zeigen einen Kern mit deutlichen Chromatinkörperclien; diese Zellen fehlen bei Sterrhu)'us nnd Lecithochirium. Die Subkutikularschichte des Somas . die besonders stark im Vorder- und Hinterende , weniger mächtig an den übrigen Stellen entwickelt ist , geht ohne Grenze in die besonders mächtige Sub- kutikularschichte des Abdomens über. An Stellen stärkerer Ent- wicklung zeigt die Subkutikularschichte das Bild eines aus ver- worrenen Fasern bestehenden Bindegewebes, das von einzelnen noch stärkeren Fasern durchzogen wird, an Stellen schwächerer Ent Wicklung wird das feinere Faserwerk durch das Netzwerk der groben Fasern fast ganz verdeckt. Die Subkutikularzellen, die nach den Arbeiten Blochmanxs (2) und Heins (10) als in die Tiefe versenkte Epithelzellen aufzu- fassen sind , treten besonders an Stellen stärkerer Entwicklung der Subkutikularschichte, vor allem in der des Abdomens, in Nestern von 4 — 8 Stück auf, während sie an Stellen schwächerer Ent- wicklung mehr vereinzelt sind. Die rundlichen Kerne dieser Epithel- zellen messen 0"0045 mm ; das Plasma ist dunkler gefärbt , doch konnte ich die Zellfortsätze auf meinen Schnitten nicht weiter verfolgen. Die Subkutikularschichte zieht sich, besonders im Vorderkörper, weit in das Innere des Körpers hinein . so daß man auf Schnitten srelesentlich im Inneren einzelne solche Partien finden kann . ein Verhalten, das die Angaben Jltüls, daß. im vorderen Körper- abschnitte überall solche Zellgruppen (Subkutikularzellen) zu finden seien . erklären dürfte. Die kleinkernigen , unterhalb der Haut- muskelschichte gruppenweise angeordneten Zelihaufen J u kls dürften mit unseren Epithelzellen zu identifizieren sein. Im Widerspruch mit unseren Angaben stehen jene Pratts, daß bei der von ihm untersuchten Form „subcuticular cells" im Appendix fehlen. Die unterhalb der Kutikula gelegene Basalmembran, die sich mit Delafield-Hämatoxylin dunkel färbt und scharf konturiert er- scheint, ist sowohl im Soma, als auch im Abdomen, doch in letzterem etwas schwächer ausgebildet. Sie erscheint stellenweise , indem sie Faltenbildungen der Kutikula folgt , gefältelt , besonders im ein- (377) 20 Karl M i e s t i n g e r : gestülpten Abdomen, wo es manchmal den Eindruck macht, als ob Fortsätze der Basalmembran in die Kutikula einträten. Kutikula. Die Kutikula erreicht am Vorder- und Hinterende des Somas eine Dicke von 0"005 mm, an den übrigen Somastellen nur O'OOo mm. Die Oberfläche ist von unregelmäßigen Furchen, deren Tiefe jedoch nicht mehr als ein Viertel der Kutikularschichte erreicht, durch- zogen. Die Kutikula besteht aus mehreren nicht scharf voneinander getrennten Schichten (Taf. II, Fig. 10, 11. 12, c); die äußerste hyaline und sehr zarte Schichte ist nur gelegentlich zu erkennen und stark lichtbrechend. Die nächste ihr folgende Schichte färbt sich mit Hämatoxylin schwach bläulich und erscheint st)ukturlos, ihre Dicke beträgt ungefähr ein Viertel der Kutikuladicke; diese beiden Schichten sind scharf voneinander getrennt, während der Übergang der zweiten in die innere Schichte ein allmählicher ist; diese innerste Schichte ist die stärkste, mit Eo:5in schwach rötlich färbbar und von körnig-fas;eriger Struktur, dif^ sich auf schiefen Schnitten als ein äußerst feines Netzwerk zarter Fibrillen erweist; diej^e Fibrillen verdicken sich nach außen und innen, so daß es gelegentlich aussieht, als ob an der lunen.seite eine weitere besondere Schichte ausgebildet wäre. Stärker als die Kutikula de.^ Somas ist die des Abdomens ausgebildet; sie erreicht eine Dicke von 0-009 — O'Oll »im. Sie läßt nur zwei Schichten erkennen (Taf. II, Fig. 10. crt6). eine innere ver- hältnismäßig starke, gleichmäßig sich fingierende Schichte von zarter, körnig- faseriger Struktur und eine äußere bedeutend schwächere Schichte, die sich wenig färbt und aus stark lichtbrechenden Körnchen besteht, die schon bei schwacher Vergrößerung zu erkennen sind. Eine scharfe Grenze zwischen diesen beiden Schichten erscheint nicht ausgebildet. An allen mir zur Verfügung stehenden Schnitten erschien diese äußere Schichte wie mazeriert . indem ein äußerer Kontur fehlte und die Schichte mehr oder weniger tief in stark lichtbrechende Körnchen aufgelöst war. Die ..homogene und kaum tingierbare Lamelle", die Jukl an der Kutikula des Abdomens erwähnt, konnte ich auf meinen Präparaten nicht konstatiei'en, vielleicht daß sie schon mazeriert war. Zwischen der Kutikula des Somas und des Abdomens besteht eine deutliche scharfe Grenze (Taf. II. Fig. 10) . indem einerseits die Kutikula des Abdomens sich viel stärker mit Eosin fingiert, anderseits auch ihre Dicke eine bedeutend größere ist. (378) Die Anatomie uml Histologie von Stoirliiinis t'usiforniis (IjhIicI lÜUl. 21 An mit Eisenhämatoxylin gefärbten Schnitten von Lecitho- chirium rufoviride fanden sich in der Snbkutikularschichte des Ab- domens knapp untf^r der Kutikula /ahlreiche kugelförmige, sf.harf kontiirierte , bis 0"086 »*wt große Gebilde, die von einer dünnen, stark lichtbrechenden Lamelle umgeben waren; die im Innern ge- legene Masse war körnig-faserig und enthielt gelegentlich Vakuolen, meist zahlreiche kleinere, selten eine größere, zentral gelagerte. Einen Zusammenhang dieser Gebilde mit der Kutikula konnte ich nicht auffinden. Das ganze Aussehen dieser Gebilde stimmt mit dem der Kutikula überein, so daß der Gedanke nahe liegt, daß die Sub.stanz dieser Gebilde eine der Kutikula gleiche ist. Ich glaube, daß sie als pathologische Konkretionen aufzufassen sind. Es gelang mir, in der Kutikula des Somas einige Kerne auf- zufinden (Taf. II, Fig. 11); sie sind spärlich und schwer zu erkennen. Die Kerne sind länglich oval, messen 0'003 und O'OOlömw und lassen einen deutlichen Nukleolus und Chromatinkörnchen erkennen. Sinneskörperchen sind hauptsächlich auf den vorderen Teil der Ventralfläche und auf die beiden Saugnäpfe beschränkt (Taf. II, Fig. 12); sie zeigen den typischen von Bettendorf (1) beschrie- benen Bau. Zum Schlüsse sei es mir gestattet, einer angenehmen Pflicht nachzukommen und meinem hochverehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. K. Grob BEN für die freundliche Überlassung des Arbeitsplatzes und mannigfaltige Unterstützung meinen verbindlichsten Dank auszu- drücken . Insbesonders fühle ich mich Herrn Professor Di'. Th. Ptntner verpflichtet, der mir durch Rat und Tat, sowie durch gütige Über- lassung seiner Privatbibliothek bei meiner Arbeit weitgehende Förderuno; ansreileihen ließ. (379) 22 Karl Miestinger Tafelerklärung. oh = Abdomen. ;/ p/i. = Pbarynxnerv. uct or = Mundsaugnapf. )i V a = Nervus ventralis anterior. act V = Bauchsaugnapf. n V p = Nervus ventralis posterior. h = Basalmembran. od = Ovidukt. c = Kutikula. oe = Oesophagus. c ab = Kutikula des Abdomens. ot — Ootyp. ci = Cirrus. ov = Ovarium. c 1 = Commissura lateralis. ovz ^=. Eizellen. c pli d = Commissura phar3'ngealis imh = Parenchymkern. dorsalis. pam = Parenchymmuskel. c ph V = Commissura pliaryngealis ph = Pharynx. ventralis. plh = Plasmabelag. c 6- = Kutikula des Somas. p pr =^ Pars prostatica. (l =: Darmscbenkel. pr dr = Prostatadrüsen. de ~ Ductus ejaculatorius. re = Eeservoir. drs = Drüsensekret. ru m = Eadiäre Muskulatur. dst ^ Dotterstock. nn, rrn^, = Ringmuskulatur. dst rj = Ausführungsgang der Dotter- >• s- = Receptaculum seminis. stöcke. rsi — Receptaculum seminis inter dz r= Dotterzellen. num. e = Eier. sa dr — Schalendrüsen. e.xb = Exkretionsblase. sck = Subkutikularkerne. gc = Zerebralganglion. scs = Subkutikularschichte gdr = Genitaldrüsen. sc^-u = Subkutikularschichte des go = Genitalört'nuiig. Uterus. k = Kern. sc z r= Subkutikularzelle. Im, hn^, = Längsmuskulatur. sdr = Sinusdrüsen. mt r= Metraterm. sg = Sinus genitalis. )i d a = Nervus dorsalis anterior. sp = Schließpapillen. ;( d p — Nervus dorsalis posterior. t = Testes. n l a = Nervus lateralis anterior. u = Uterus. n 7, p =z Nervus lateralis posterior. vd = Vas deferens. um = Mundsaugnapfnerv. V6- = Vesicula seminalis. Tal eil. Fig. 1. Sferrhurus fusiformis (Lhe) von der Dorsalseite, Abdomeu unregelmäßig einge- •stülpt. Leitz, Obj. 1*, Ok. II. Tubuslänge 170 mm. Fig. 2. Genitalendapparat desselben, Zupfpräparat, von der Ventralseite aus gesehen. Ein Stück des Genitaisinus fehlt. Leitz, Obj. 3, Ok. III. Tubuslänge 170 wm. (380) Die Anatomie und Histologie von Sterrhurus fusiformis (liiilie) 1901. 2'i Fig. 3. Genitalendapparat, Sagittalschiiitt, Rciionslrnktion. Leitz, Obj. 5, Ok. II. Tabus- länge 170 »IUI. Fig. 4. Querschnitt tlurcli den Genitalendapparat, geführt in der Hohe der Sinusdrüsen. Leitz, Ohj. 6, Ok. 11. Tubusläuge 170"'»« Fig. 5. Läng-ssehnitt durch das Receptacnlum seminis; Rekonstruktion, o = Konimu- nikationsöflnung. Leitz, Obj. 6, Ok. IL Tubuslänge 170 >nm. Fig. 6. Rekonstruktion der weihlichen Geschlechtsorgane. Leitz, Obj. 6, Ok. II. Tubus- Jänge 170 «'/». Fig. 7. Querschnitt durch einen Darmsohenkel. Leitz, Obj. 8, Ok. II. Tubuslänge 170 'mn. Tafel II. Fig. 8. Endabschnitt des Exkretionssystemes ; Längsschnitt, Rekonstruktion. Rechts ein Stück der Abdominalwand gezeichnet. Leitz, Obj. 5, Ok. II. Tubuslänge 170 mm. Fig. 9. Schematische Darstellung des Nervensystems. Fig. 10. Längsschnitt durch die Übergangsstelle des Sonias in das Abdomen. Leitz. Obj. 6, Ok. IV. Tubuslänge 170 '»w. Fig. 11. Längsschnitt durch dieKörperkutikula (mit Kern) und den Hautmuskelschlauch. Leitz, honiog. Ölimniersion Vis, Ok. IV. Tabuslänge 170 ww. Fig. 12. Längsschnitt durch ein Sinneskorperchen. Kutikula schief geschnitten. Leitz, homog. Ölimmersion \'^.^, Ok. IV. Tubuslänge 170 mm. Sämtliche Figuren mit AsBfischem Zeichenapparat entworfen. Höhe des Zeichentisches gleich der Höhe des Objekttisches. (381) 24 Karl Miestinger: Literaturverzeichnis. 1. Heinrich Bettendorf: Über Muskulatur und Sinneszellen der Trematoden. Zool. Jahrb., Anat., Bd. 10, 1897. 2. Dr. F. Blochmänn: Die Epithelfrage bei Cestoden und Trematoden. Hamburg 1896. 3. G. 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Looss: Reolierclies sur la faune para.sitaire de TE^ypte. Preiniöre Partie, Extrait, des M6moires de Tlnstitut Egyptien, T. III. Le Caire 1896. 20 A. Looss: Weitere Beiträge zur Kenntni.«; der Treraatodeiifauna Ägyptens, /-ugieicli Versuch einer natürlichen Gliederung des Genus Distomum Iletzius. Zool. Jalirl»., Syst., Bd. 12, 1899. 21. A. Looss: Zur Frage nacli derNalur des i\örperparenchyms bei den Trematoden. Berichte der sächs. Gesellschaft der Wissensch., math.-phys. Kl. 1893. 22. A. Looss: Zur Kenntnis der Distomeufamilie Heniiuridae (vorläufige Mitteilung). Zoolog. Anzeiger, Bd. 31, 1907. 23. A. Looss: Beiträge zur Systematik derDistomen. Zur Kenntnis der Hemiuridae. Zool. Jahrb., Syst., Bd. 26, L Heft, 1907. 24. M. Luhe: Über Distomen aus der Gallenblase von Mitt.i-lmeerfischen. Zoolog. An- zeiger, Bd. 23, 1900. 25. M. Luhe: Über Hemiuriden. Zoolog. Anzeiger, Bd. 24, 1901. 26. N. Mäclaren: Über die Haut der Trematoden. Zoolog. Anzeiger, Bd. 26, 1903. 27- R. Mohn: Nuovi Myzelmintha raccolti ed e.saminati. Sitzungsbericht d. math.- naturw. Kl. d. Akad. d. Wissensch. Wien. Bd. 37, 1859. 28. R. Molin: Prodromus fauuae helmintologicae Venetae. Denkschr. d. k. Akad. d. Wissensch. Wien. Math, naturw. Kl. Bd. 19, 1861. 29. F. S. MoNTicELLi: Osservazione interno ad alcune forme del Gen. Apoblema Dujard. Atti. R. Accad. Sc. Torino vol. 26, 1891. 80. P. Mühling: Die Helminthen-Fauna der Wirbeltiere Ostpreußens. B. I. Arch. f. Naturgesch. 64. Jahrg. 1898. 31. Th. Odhner: Der wahre Bau des „Syuaptobothrium copulans v. Linst", einer von ihrem Autor verkannten Distomide. Zoolog. Anzeiger, BJ. 30, 1904. 32. Th. Odhnek: Die Trematoden des arktischen Gebietes in Fauna Arktika von RöMiai lind Schaddinn. Bd. 4. 1905. nÜ Th. Odhner: Zur Anatomie der Didymozoeu , ein getrennt geschlechtlicher Trematode mit rudimentären Hermaphroditismus. Zoologische Studien, Professor T. TuLLBEKG zum 65. Geburtstage gewidmet (herausgegeben von der zoologischen Sektion des naturwissenschaftlichen Studentenvereines zu Upsala), üpsala 1907, pag. 319. 34. Th. Pintner: Studien über Tetrarbynchen. nebst Beobachtungen an anderen Band- würmern (2. Mitteilung). Aus dem Sitzungsbericht der k. Akad. d. Wissensch. in Wien. Math.-naturw. Kl. Bi. 105, Abt. 1, 1896. 35. H. S. Prätt: A Contribution to the Life-history and Anatomy of the Appeudi- culate Distomes. Zool. Jahrb. Anar., Bd. U, 1898. 36. C. Fr. Roewer: Beiträge zur Histogenese von Cercariaeura helicis. Jenaische Zeitschr. f. Naturw., Bd. 41. neue Folge 34, 1906. 37. C. A. Rddolphi: Entozoorum sive vermium intestinalium historia naturalis, vol. 2, pars 1, 1809. 38. C. A. Rüdolphi: Entozoorum Synopsis cui accedunt mantissa duplex et indices locupletissimi. Berlin 1819. (383) 26 Karl Miestinger: Die Anatomie und Histologie von Sterrhurus fnsiformis etc. 39. Waldemar Schleif: Die Entwicklung der Cliromosomen im Ei von Planaria gonocephala Dug. Zool. Jahrb., Anat., Bd. 23, 1907- 40. Ä. Schuberg: Zur Histologie der Trematoden. Arbeiten aus dem zoologischen Institut Würzburg. Bd. 10, 1895. 41. Wilhelm Schubmann: Über die Eibildung und Embryonalentwicklung von Fasciola hepatica L. (Distomum hepaticum Retz.). Zool. Jahrb., Anat., Bd. 21, 1905. 42. W. Schwarze: Die postembryonale Entwicklung der Trematoden. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie, Bd. 43, 1886. 43. G. R. Wagner: Über Distoma appeudiculatum R. Archiv. f. Naturgesch. Jahrg. 26, 1860. 44. Ernst Zernecke: Untersuchungen über den feineren Bau der Cestoden. Zoo). Jahrb., Anat., Bd. 9, 1896. 45. H.E. Ziegler: Bucephalus und Gasterostomum. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie, Bd. 39, 1883. Druck von Gottlieb GiBtel & Cie., Wien, lU., Mu Arheiirn arl mihi/.. Iiisliliit m ll im. Bd.XVll MrlU_ TniJ^ '(l.Sa]o\ir.' Borsienorgane hei Lumbricus. Taf.l. , hiiahi (tÄm)l(Xi.JiMiit./MHhi. M. WH. M I. M7l. fifim^^. (i . Sk/iis k: iiinsiciiiniiiiiic lui Liinilnini.K. iiiÜI. m\ ^^-^^U. •ü /.// 7:7/ IZr -91 FS- Pr- «V..,.r*.V F.Z liZk IW ■IZr EB '•■■Pf BZ Verlag mn AUrgd Holder, kwk Hofu. ffmersääts-SuMmdUr in, Wün Iilliii!St.y.WimtriWmUnFran]© ' 0 €) W i^ o ^ 0 A r.:c^ .r:i ^ «^^ Arhiiliii iiÄ/MhiJiisliliil./M'uv l'xl.WII. IMl. liiMil. .111,1(1/1. I krdii- SissihillwiiiuliruiHi (ii: Jdl'll. m.Anity.Wirncr i V/mer, FravMHirfyN. Aii)nlcn a.d.z<>ol»(iJiisliliit.yM Wim. 11,1. .Wll. IMl I. /d/.'I.V. M 11,111 . /iiiKiiinlnil.i ,liri>,iliiili.ihii Stmliil,iliii„ v. (linisii„i,i . Tiif.l - f ' i^... .. ^ .'*> '..*►. "f.:/ • '^i-f-;,,,, -K'- \rl„,l,;i ,1 ,1 /,>oh,/.Jm/iliil./M Willi. I'„I..\V1I Ikli J.' Til'.X. : Diillii Firn: l'lirrilir hhiiaUiiiniirm/mi/r i/i- im .Sliilnmilihiislris. Tiil'.I. rmS»~irjs_m^- # •».'" "i^i -'1. ^». -g^ .^\ >,, /ä.<*1h ^^^?^s«? >' Ailmlni II d amkHi.JmliUit. zu Will BdXVIl. Hell 2. Til'.M (! Diillii l-'i'or. riwrJirW,irhlhwmyonjcm}crli\vn Stiilaniiliicmim Till. II w:'^-* ^•^n® .^ ^^^^ Mhriliii ,i,l./M}h>ii..liiMjil./.n\Urn M.\l7lJlii)l '/liCVir XRlKJillhofn: /lirl\fimlm.^,lnlhiur-ulirl\ui;r,lnis,li,-ilM,i„i,l,ii,li- 'Ih/l. ;/ / // / /f 111/ u iiwimn 1 1 \iii l<(y II 1/ I / / / 1 P I II in Miifrii it.,L/jioh(i..hishinf./M Wim. lULWU. Ihn UTtilXIV. KLM'ibtr. I 'hiT Siiimsinpd/if ilr.\ dcnm ('(infmii - Taf'.l. \- 'N »^ .0 ^ tt^ , hixilrn (lA/.oohui.Jii.'ililnl.m \Uiv. Ihl.XVII.Iliill Tnl'.W II l'l,.h't Jlfe^ Mifitm a.(lzooloy.Jn.^liUtl zu lUmMtl.XVUJlell :^. Jal..\U. d.Mwsiii/.i:!/;' u: r I Uli 1/1 II- v ii> Jir/ii' I Vi ■ I'Ii i. jrTTrrwr\ 1 1 1 ^rUiC-^ ^ /i?35i, ,.'.s^ ..^r^72^ /^3*> /#iVi'i( J^^. \^,,f. ^,^- '^ 'erkukTTof-u bhiy'.rsttcäs-Bi'.' AHirilm iiil.zuologJnsliliam Wien lid XXII Hill 3 Tiili-t .m I Hnd/i Ificrdfa ]cne/isistem t Hidra lai l Arhfihn f ti zooloiiJmUtuly.n Wien. Bd XW Hfl} 3 Tafel Xm J Hadxi f'/HrdniXarensisfem v Hydm. TaJ'.Il \rhnlen a fel MX. P (irosrlj Nmmsvsiau i/v/vii Ainji/ii/zini Vi/'./. 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