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NIE University of IllinoıS Librar REN = 132 Moll Rn N sata NER UNS: \ it AN E en wur er! - ’ 8 ARBEITEN TERSITF EN v7, Ir) | ZOOLOGISCHEN INSTITUTE DER UNIVERSITÄT WIEN ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. HERAUSGEGEBEN VON DEU ELAUS, 0. Ö. PROFESSOR DER UNIVERSITÄT UND VORSTAND DES ZOOLOGISCH-VERGL.-ANATUMISCHEN INSTITUTS IN WIEN, DIRECTOR DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. TOM. VIII &#eft. IX. X Mit 15 Tafeln. WIEN, 1888. ALFRED HÖLDER, &. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, I., ROTHENTHURMSTRASSE 15. / a N ae Alle Rechte vorbel rz — un Et = > . _ vg F £ 5 y. “ [3 5 . \ F u 4 4 f hi ’ \ ‘ * Ki x i « - » 4 sr MT, Win, B f Ueber den Organismus der Nebaliden und die systematische Stellung der Leptostraken. Zwei Behandlungsarten sind zur Finsterniss und Verspätung die traurigsten Werkzeuge: entweder man nähert und verknüpft himmel- weit verschiedene Dinge in düsterer Phantasie und witziger Mystik oder man vereinzelt das Zusammergehörende durch zersplitternden Unverstand, bemüht sich nahe verwandte Erscheinungen zu sondern, jeder ein Gesetz zu unterlegen, woraus sie zu erklären sein soll. Goethe, Von C. Claus. (Mit 15 Tafeln.) Als ich vor mehr als einem Decennium die Ergebnisse ein- gehender auf die Organisation von Nebalia Geoffroyi be- züglicher Untersuchungen in kurzer Fassung veröffentlichte!), um dieselben in einem besonderen diese Urustaceenform behandelnden Abschnitte für die Genealogie der Crustaceengruppen zu verwerthen, stellte ich eine ausführlichere Darstellung des Gegenstandes für die nächste Zukunft in Aussicht. Vielfache Berufsarbeiten und an- derweitige wissenschaftliche Beschäftigungen haben es verschuldet, dass sich die beabsichtigte Publication so lange verzögerte. Zudem schien es mir wünschenswerth, zuvor noch eine Reihe von Fragen, insbesondere über die Organisation der Phyllopodenund Schizo- poden, zu welchen Nebalia und Verwandte mannigfache Be- ziehungen bieten, beantwortet zu haben, um zu einem gesicherten Urtheile über die Stellung der letzteren gelangen zu können. Eine Anzahl von mir inzwischen veröffentlichter Schriften verdankt zum Theil dieser Rücksichtnahme ihre Entstehung. Wiederholt habe ‘) C. Claus, Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grundlage des Crustaceensystems, Ein Beitrag zur Descendenzlehre, Wien 1876, pag, 26, Taf. XV. Clans, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft ı. RM Br 2 ich in der Zwischenzeit Gel obachtungen nicht nur die r früheren morpho- logischen und anatomischen Angaben ım Allgemeinen zu bestätigen, sondern dieselben auch hier und da im Detail zu corrigiren, und durch Anwendung der verbesserten Schnittmethoden wesentlich zu er- gänzen, so dass dienunmehr vorzulegende Abhandlung auch eine Reihe neuer Thatsachen bringt, welche mit Rücksicht auf die Bedeutung von Nebalia und der auf dieselbe gegründeten Gruppe der Lepto- straken für die Crustaceen ein allgemeines Interesse bean- spruchen dürften. Nachdem meine Untersuchungen zu einem gewissen Abschlusse gelangt sind, glaube ich mit der Veröffent- lichung derselben gegenwärtig umsoweniger zurückhalten zu dürfen, als in jüngster Zeit von scheinbar berufener Seite Ansichten über Nebalia und deren systematische Stellung ausgesprochen wurden, welche, sei es aus Unkenntniss, sei es in absichtlicher Ignorirung sowohl der anatomischen Ergebnisse als der allgemeinen Schluss- folgerungen meiner früheren Untersuchungen, auf völlig unhaltbare Gesichtspunkte gestützt sind und das Urtheil der nicht näher auf dem Crustaceengebiete orientirten Zoologen auf falsche Bahnen zu leiten oder zu verwirren geeignet erscheinen. In Bezug auf die geschichtliche Entwicklung unserer Kenntniss der Leptostraken erscheint es unabweislich, eine kurze übersichtliche Darstellung derselben vorauszuschicken. Während die älteren Autoren !), wie Leach, Lamarck, La- treille, Nebalia zu den Malacostraken stellten, war es die Autorität von MilneEdwards, auf welche sich die nachher allgemein accep- tirte Meinung von der nahen Verwandtschaft dieser Crustaceengattung mit Apus und Limnadia zurückführt. In seiner ersten Arbeit °) über Nebalia gelangte M.Edwards aufGrund näher mitgetheilter Beobachtungen zu der Ueberzeugung, dass jene Gattung aus der Gruppe der langschwänzigen Decapoden zu entfernen sei und sprach in einem zweiten Aufsatze®) Latreille gegenüber, welcher die Stellung derselben unter den Decapoden aufrechterhalten wollte (Rögne animal. 2. edit, T. 4, pag. 584), die Meinung aus: „Il me parait evident, que d’apres leur mode d’organisation, ils tendent ä etablir le passage entre les Mysis et les Apus.“ Gleichwohl beurtheilte er die Verwandtschaft von Nebalia mit den Phyllopoden als eine durch erneuerte Be- ‘)H.Kroyer, Carcinologiske Bidrag. Naturhist. Tidskrift. 1847, 2 Raekke, TR 2) M. Edwards, Memoire sur quelques Orustac6es nouveaux. Ann. sc. natur. 1827, 1. Ser, "Tom. ZI, 2. ser ) Derselbe, Note sur le genre Nebalia. An. sc. nat. 1834, II. Ser., EA (2) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 3 weit nähere und stellte diese Gättung in seinem Crustaceenwerke !) neben Limnadia unter die Phyllopoden. Diese irrige Auffassung gab dann den Paläontologen Anlass, die fossilen als Hymenocaris, Ceratiocaris, Dietyocaris, Peltocaris beschriebenen Crustaceenreste auf Grund ihrer Aehnlichkeit mit Nebalia für Phyllopoden auszugeben. So äusserte sich Salter?) über die verwandtschaftliche Beziehung jener fossilen Gattungen in folgender Weise: „The links between these Coal-measure forms and tho:e cf recent times are many of them wanting; but in Nebalia we have a good representative of the compact, shield shaped form ot Ceratiocaris, the two valves soldered into one, and the rostrum attached — the eyes being still beneath the carapace“ und betrachtete dieselben als Estheria und Apus nahestehende Phyllopoden. Erst Elias Metschnikoff?) lenkte wieder in die Auffassung der älteren Autoren zurück, indem er in dem Vorhandensein eines mit Chitinplatten bewaffneten Kaumagens und in der Aehnlichkeit der Embryonalentwicklung mit der von Mysis, sowie in dem vermeintlichen Auftreten eines Zo&astadiums Beweisgründe zu er- kennen glaubte, Nebalia als „phyllopodenähnlichen Decapoden“ betrachten zu müssen. Ich selbst habe mich bald nachher ‘) jener Auffassung insoweit angeschlossen, als mit derselben die herrschende Deutung von Nebalia als Phyllopod zurückgewiesen wurde, bin aber insofern wesentlich abgewichen, als ich das von Metschni- koff als Zo&a gedeutete Entwicklungsstadium nicht als Zo&a anzuerkennen°) vermochte und damit die Decapodennatur für unbewiesen erachtete. Vielmehr glaubte ich lediglich die nahezu voll- ständige morphologische Uebereinstimmung mit dem Malaco- ‘) M. Edwards, Histoire naturelle des Crustacees. 1840, Tom. XIII. 2) J. W.Salter, On Peltocaris, a new genus of Silurian Crustacea. Quart. Journ. of the Geological Society of London. 1863, Vol. XIX, pag. 87. 2) E. Metschnikoff, Sitzungsberichte der Naturforscherversammlung zu Hannover, 1865, pag. 218, sowie in einer russischen von 2 Tafeln begleiteten Ab- handlung vom Jahre 1868. *#) C. Claus, Ueber den Bau und die systematische Stellung von Nebalia etc. Zeitschr. für wiss. Zoologie. 1872, Tom. XXII. °) Die Gründe meines diesbezüglichen Dissenses, welche Packard (in dem Berichte über The Order Phyllocarida etc. Washington 1883) zu vermissen behauptet, glaube ich in meiner Schrift vom Jahre 1872 klar genug ausgesprochen zu haben. Aber auch ohne diese Kenntniss hätte Packard, nach dem gegenwärtigen Stand- punkte unseres Wissens über die Zoöa, darüber klar sein müssen , dass der Beweis für die Zoöanatur jenes Nebaliastkdiums nicht erbracht wurde. 25.08 A Glass; strakentypus vertreten und den Nachweis führen zu können, dass Nebalia den Malacostraken sehr nahestehe. Im Anschluss an diese Auffassung wurden auch die paläo- zoischen mit dem silurischen Hymenocaris beginnenden Crusta- ceenreste von den Phyllopoden ausgeschlossen und alsmit Nebalia verwandte Urustaceentypen gedeutet, „welche aus niederen Ento- mostraken ähnlichen Formenreihen die Entstehung des Malaco- strakentypus vorbereiteten, während Nebalia ein in die Jetzt- welt hineinreichendes Verbindungsglied darstelle“. Auch wurde die bislang unbekannt gebliebene männliche Form beschrieben und die an die Diastyliden und Amphipoden erinnernden Sexualeigenthümlichkeiten näher erörtert. Diese von mir vertretene Auffassung ist doch wohl sehr verschieden von dem, was G. O. Sars für dieselbe ausgibt, wenn er im Anschluss an die Worte: „Thus, Dr. E. Metschnikoff ete. was led to the result, that this form should more properly be: referred to the Decapoda than to the Phyllopoda and accordingly named it a phyllopodiform Decapod“ sagt: „A similar view seems also to have been partly adopted by Professor Claus in trans- ferring Nebalia from the Entomostraca to the Malacostraca.“ In meinem grösseren, mehrere Jahre später publicirten Werke über das Crustaceensystem!) ete. folgte sodann eine ergänzende, vor- nehmlich auf die innere Organisation Bezug nehmende Darstellung, welche die zahlreichen Beziehungen der Nebalia zu den Malaco- straken, insbesondere zu den Mysideen in der Gestaltung des Nervensystems, Herzens, Darmcanales, der Leberschläuche, Anten- nendrüse und Sexualorgane zur Kenntniss brachte. Inzwischen (1875) beschrieb Willemoes-Suhm?) eine neue Nebaliaart mit sehr verlängerten Beinästen und Kiemenblättern als N. longipes, und beurtheilte die Verwandtschaft der Ne- baliaden in anderer Weise, indem er dieselben als Familie den Schizopoden zugesellte. Im Jahre 1379 machte Packard’), ohne, wie es scheint, mit meiner schon 1872 ausgeführten Erörterung über die Verwandtschaft der Nebalia mit Ceratiocaris und den verwandten fossilen !) C. Claus, Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grundlage des Crustaceensystems. Ein Beitrag zur Descendenzlehre. Wien 1876. ?) Willemoes-Suhm, On some atlantic Crustacea from the Challenger- Expedition. Transactions of the Linnean Society of London. 1875. ’) A.S. Packard, The Nebaliad Crustacea as types a new order. American Naturalist. February 1879, Vol. XIII, pag. 128. — Derselbe, Zoology for high Schools and Colleges. New-York 1879, 1. Edit. ® (4) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 5 Formen der paläozoischen Zeit bekannt zu sein, den Vorschlag, die Nebaliaden und Ceratiocariden als Ordnung der „Phyllo- ceariden“ zwischen den Tetradecapoden und Decapoden unter den Malacostraken aufzunehmen. Ich selbst!) stellte in der neuen Bearbeitung der Grundzüge, durch das Bedürfniss gezwungen, für Nebalia und deren fossilen Verwandten einen den ermittelten Befunden entsprechenden Platz im System anzuweisen — unter der für die fossilen Ceratiocariden mit Rücksient auf unsere höchst dürftigen Kenntnisse von denselben gebotene Vorsicht —, gegenüber den Arthrostraken und Thoraco- straken eine neue Unterclasse als „Leptostraka“ auf, die ich nach den wichtigsten an Nebalia ermittelten Gestalt- und Organi- sationsverhältnissen charakterisirte. Später hat Packard?) eine Zusammenste.lung über Bau und Entwicklung der Nebalia im Wesentlichen nach Auszügen aus meinen beiden Schriften ver- öffentlicht und denselben ein Besum& über die paläozoischen Ver- wandten derselben angeschlossen. In diesem hält er seine nach Nebalia charakterisirte Ordnung der Phyllocariden aufrecht, in welcher die Familien der Nebaliaden und Ceratiocariden unterschieden werden. In neuerer Zeit ist wiederum Boas?) in die frühere Ansicht. von M. Edwards zurückgefallen, indem er auf Grund des Körper- und Gliedmassenbaues von Nebalia zu dem Schlusse gelangte, dass diese Gattung zwar eine Uebergangsform von den Phyllo- poden zu den Malacostraken sei, jedoch von den letzteren als fremdartiges Element abseits stehe und angemessener unter den Phyllopoden ihre Stellung erhalte. Ein solcher Rückfall war jedoch nur bei höchst oberflächlicher Behandlung und unter völliger Nicht- beachtung der seither über die innere Organisation festgestellteu That- sachen möglich und fand als solcher bereits seine Zurückweisung. ‘) Gleichwohl hat vor Kurzem eine ähnliche Auffassung, freilich aber- mals unter Ignorirnng der inneren Organisation und der über dieselben publieirten Arbeiten, ihren Vertreter gefunden. In seinem Berichte ‘) ©. Claus, Grundzüge der Zoologie. 1880, 4. Autlage, 2. Heft. °) A.S. Packard, A Monograph of North American Phyllopod Crustacea. Washington 1883. I. The Anatomy and Developement of Nebalia, pag. 432—443. II. The Palaeozoic Allies of Nebalia, pag. 443—452. ») J.E.V.Boas, Studien über die Verwandtschaftsbezienungen der Mala- costraken. Morphol. Jahrb. 1883, Tom. VIII, pag. 519. °) C. Claus, Neue Beiträge zur Morphologie der Crustaceen. Ueber das Verhältniss von Nebalia zu den Malacostraken, pag. 83—90. Arbeiten aus dem zool. Institute zu Wien etc. 1885, Tom. VI, Heft 1. (5) Ö C, Claus: über die von Willemoes-Suhm gesammelten Phyllocariden der Challenger-Expedition theilt G.O. Sars') im Anschluss an Para- nebalia die Beschreibung einer neuen, interessanten, blinden Ne- baliden-Gattung der Tiefsee „Nebaliopsis“ mit und macht uns mit seiner Ansicht über die systematische Stellung dieser Crustaceen bekannt, nach welcher Nebalia ein „Copepodiform- Branchiopod“ sei und die Phyllocariden neben den Phyllo- poden, Cladoceren und Branchiuren als Ordnung der Branchiopoden ihre Stellung erhalten. Allgemeine Körperform und Gliedmassengestaltung. In der äusseren Erscheinung macht Nebalia den Eindruck eines beschalten Phyllopoden, welcher in einzelnen Charakteren und insbesondere in der Gestaltung des Abdomens an die Copepoden er- innert. Die zarte lamellöse Schale, welche als Integumentduplieatur am Kopfe entspringt und den Mittelleib umschliesst, ohne mit dessen Segmenten verwachsen zu sein, weist auf ein ursprüng- liches, bei vielen Branchiopoden wiederkehrendes Verhältniss hin, welches sich auch unter den Malacostraken bei den Squilliden und bei zahlreichen Schizopoden erhalten hat. Einen ganz ungewöhnlichen fremdartigen Eindruck macht das Vorhandensein eines dritten unpaaren Schalenstückes, der beweglichen Kopfplatte, welche am Vorderrande beider Schalen- hälften vom Rücken aus den Vorderkopf mit den Stielaugen und Antennen bedeckt und durch die Erhebung dieser Körpertheile selbst klappenförmig emporgehoben wird. Aehnliche als Theile der Schalen zu betrachtende Bildungen wurden bislang nur bei den fossilen Ceratiocariden gefunden und weisen auf sehr alte Formen zurück. Ausser dem Kopf wird auch der grössere Theil des Leibes von den Schalenklappen bedeckt, aus welchen nur der hintere allmälig verjüngte, dem Abdomen der Copepoden ähnliche Leibes- abschnitt hervorragt, um mit zwei fast stabförmig gestreckten Furcalgliedern zu enden. Der bedeckte Theil lässt in seiner vorderen Hälfte acht kurze Segmente unterscheiden, welche ebensoviel Paare phyllopodenähnlicher Schwimmfüsse tragen; die hintere Hälfte wird nur aus vier etwa doppelt so langen Segmenten gebildet, denen vier Paare weit vorstehender zweiästiger Ruderfüsse ange- hören, welche dem Thiere eine gewisse, durch die Gestaltung der | ') G. O.Sars, Report on the Phyllocarida colleettedby HM S. Challenger during the years 1873—1876. The voyage of H. M. S. Challenger, Zoology 1887, Vol. XIX. (6) Organismus+der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken, 3 terminalen frei vorstehenden Leibesregion wesentlich verstärkte Copepodenähnlichkeit verleiher. Nimmt man dann noch den so- gleich in das Auge fallenden ansehnlichen Schliessmuskel der Schale wahr, der nach Lage und Verlauf durchaus den Adductoren der Ostracoden- und Phyllopodenschalen entspricht, so hat man den Eindruck eines die Charaktere von Phyllopoden und Copepoden in eigenthümlicher Weise verbindenden Schalenkrebses gewonnen, welchen man den Entomostraken unterzuordnen kaum noch im Zweifel ist. Das war auch der erste Eindruck, den ich vor vielen Jahren bei der ersten Bekanntschaft mit den mir von Metschnikoff zu- gesandten Nebalien empfing. Die äussere Aehnlichkeit, insbeson- dere mit gewissen Copepoden der Harpactiden-Familie, die G. O0. Sars!) zu einem so fundamentalen Irrthum in der morphologischen Deutung verleiten sollte, fiel auch mir sofort als !) Wenn es @. OÖ. Sars staunenswerth findet, dass die grosse Aehnlichkeit der Nebalia mit gewissen Copepoden der Aufmerksamkeit der Naturforscher entgangen sei, und dass auch ich trotz meiner ausgedehnten Untersuchungen über Copepoden von dieser Verwandtschaft keine Ahnung gehabt hätte, so habe ich darauf zu er- wiedern, dass Aehnlichkeit in der Erscheinung, die mir keineswegs verborgen blieb, vielmehr beim ersten Blick überraschend schien, und morphologische Ver- wandtschaft sehr verschiedene Dinge sind. Die Aehnlichkeit der Nebalia mit dem Copepodenbau ist eine lediglich äusserliche, nicht entfernt tiefgreifende, und ich ver- mag mein Staunen nicht zurück zu halten, wie es einem Forscher wie Sars möglich war, secundäre äussere Aehnlichkeit mit Homologie so vollständig zu confundiren. Eine ernstliche Discussion der von Sars behaupteten Homologien dürfte demjenigen _ gegenüber, welcher den Copepodenorganismus mit dem der Nebalia näher in Vergleich gezogen hat und eine Vorstellung von den Anforderungen einer morpho- logischen Parallelisirung besitzt, gar nicht erforderlich sein, umsoweniger, als bei G.O.Sars der Evidenzsatz die Stelle des Beweises vertritt. Was bei den Copepoden als Thorax beschrieben ist, wird als „undoubtedly“ dem vorderen Theile des Abdomens der höheren Krebse homolog gestellt, während das sogenannte Abdomen der Copepoden „evidently“ dem hinteren Theil des Abdomens derselben oder dem Schwanz der Nebalia mit den beiden rudimentären Fusspaaren und den Farcal- gliedern entsprechen soll. Diesen Evidenzsatz als Ausgangspunkt genommen, erscheint es dann als nothwendig, den vorausgehenden mit den acht phyllopodenähnlichen Beinpaaren behafteten Mittelleib der Nebalia bei den Copepoden „only fainthly indicated“ zu finden, jene acht Gliedmassenpaare durch das Kieferfusspaar der letzten vertreten zu sehen und bei den Copepoden den Ausfall des ersten Maxillen- paares (the first pair of maxillae not being developed) anzunehmen ! Schon diese Pröbchen genügen vollständig, um das geradezu Erstaunliche der Sars’schen Leistung in der Zurückführung des Nebaliden auf den Copepodenbau erkennen zu lassen, und den Beweis zu geben, dass solchen Zurückführungen, durch welche die Morphologie zum unterhaltenden und erheiternden Spiele wird, jede wissen- schaftliche Basis mangelt, (7) 8 C. Claus: . eine überraschende auf und war für den ersten Versuch der Zu- rückführung bestimmend, um jedoch nach näherer Kenntnissnahme der Gliederung und Organisation alsbald von einer besseren und richtigeren Einsicht verdrängt zu werden. Nicht nur dass bei genauerer Untersuchung die Aehnlichkeit der vier Ruderfusspaare mit den Copepodenfüssen als eine blos oberflächlicbe erkannt wird, während sich eine grosse Uebereinstimmung mit den Pleopoden der Malacostraken herausstellt, man findet alsbald auch fast voll- ständigen Anschluss an die letzteren in dem Zahlenverhältnisse der Extremitäten und Segmente, so dass man die Grenzen der Regionen conform mit denen der Malacostraken !) zu bestimmen im Stande ist. Die auf den Kopf mit seinen vier Antennen und drei Kiefer- paaren folgende Region von acht kurzen Segmenten und ebenso- vielen phyllopodenähnlichen Beinpaaren wird als Mittelleib oder Brust erkannt, dem Thorax der Malacostraken gleichwerthig, welcher ursprünglich acht bei Malacostrakenlarven und Schizopoden noch völlig gleichgestaltete, aus den Phyllopodenbeinen ableitbare Gliedmassenpaare trägt, während der hintere, von den Schalen bedeckte Leibesabschnitt mit seinen vier zweiästigen Beinpaaren in Verbindung mit der langgestreckten frei vorragenden Schwanzregion dem Hinterleib oder Abdomen der Malacostraken zu entsprechen scheint. Obwohl von ungewöhnlicher Grösse und von abweichender Gestaltung des äussersten Endabschnittes, ist derselbe wie jener mit sechs Beinpaaren behaftet, von denen die vier vorderen den An- forderungen des Pleopodenbaues genau entsprechen, und die beiden hinteren die einfachere Form einer früheren Entwicklungsphase, bewahrt haben. Bemerkenswerth ist die flügelförmige Integument- platte, welche das vierte Abdominalsegment jederseits auszeichnet. Die Abweichung des äussersten Endabschnittes, welcher an Stelle des so verschieden gestalteten „Telsons“ aus zwei cylindrischen in zwei langgestreckte Furcalglieder auslaufenden Ringen zusammen- gesetzt ist, würde mit Hilfe der naheliegenden, überdies durch zahl- reiche Thatsachen ?) unterstützten Annahme, nach welcher das Telson !) C. Claus, Untersuchungen zur Erforschung etc. 1. c 1876, pag. 6, 23, 37 etc. Ferner: Neue Beiträge zur Morphologie etc. l. c. 1885, pag 24. ?) G. O. Sars, der diese Annahme (Voyage of H. M. S. Challenger, pag. 20), einfach „very unreasonable“ nennt, ist offenbar mit den dieselbe stützenden That- sachen, welche in meinen späteren von Sars unberücksichtigt gebliebenen Abhandlungen über Nebalia discutirt wurden, ganz unbekannt. Vergl. C. Claus, Neue Beiträge zur Morphologie etc. 1885, pag. 88. (8) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 9) als ein zusammengezogenes, aus mehreren Segmenten hervorge- gangenes Endstück zu betrachten ist, eine ungezwungene Erklärung finden. Und diese Bezeichnung und Abgrenzung der Leibesregionen von Nebalia nach Massgabe des Malacostrakentypus wird durch die Ergebnisse der anatomischen Untersuchung bestätigt. Das Vor- handensein eines mächtig entwickelten, den Entomostraken durchaus fremden Kaumagens, welcher alle wesentlichen Theile des Eario- phthalmen- Magens enthält, die Gestalt des Mitteldarmes mit den langen, der Wandung desselben angelagerten Leberschläuchen, die ventrale Lage der Afteröffnung, der Bau des Mysideen ähnlichen Herzens, die Gestaltung der Geschlechtsorgane mit ihren Oeffnungen an den äquivalenten Segmenten des Mittelleibes bestätigt die nahe Beziehung und den unmittelbaren Anschluss der Nebalia an den Malacostrakentypus. Unter solchen Verhältnissen ergibt sich als naturgemäss die von mir vertretene Auffassung, nach welcher Nebalia nebst den verwandten paläozoischen Formen einer sehr alten Crystaceengruppe angehöre, welche den aus den Protostraken (Urphyllopoden) abzuleitenden Stammformen der Malacostraken nahe stehe, und dass dieselbe trotz der das Schwanzende betreffen- den Abweichungen den beiden Hauptabtheilungen der Malacostraken den Arthrostraken (Edriophthalmen) und Thoraco- straken (Podophtkalmen) als Leptostraken gegenüber- zustellen sei. Die nähere Prüfung des gesammten Organismus auf seine äusseren Körpertheile und inneren Organe, die Vergleichung der Befunde mit dem Organismus der Arthrostraken und Podo- phthalmen wird es dem Leser möglich machen, sich über die Be- rechtigung dieser Zurückführung gegenüber der in jüngster Zeit zu Tage getretenen Missdeutungen ein sachgemässes Urtheil zu bilden. Die Antennen. Die vorderen Antennen von N. Geoffroyi bestehen, um mich wörtlich an meine ältere Beschreibung zu halten, „aus einem kräftigen, viergliederigen, in der Mitte knieförmig nach hinten um- gebogenen Schaft und zwei Geisselanhängen, von denen freilich der eine zu einer breiten, borstenrandigen Platte umgeformt, an die Schuppe erinnert, welche das zweite Antennenpaar der meisten langschwänzigen Decapoden auszeichnet und für die Schwimmbe- wegung so wichtige Dienste leistet. Die Hanptgeissel ist schmal, 10—12gliederig, und trägt, zwischen den Borsten vertheilt, Gruppen von „Riechfäden“, die im männlichen Geschlechte in viel dichterer Häufung die hier stark aufgetriebenen Fühlerglieder umlagern“. (9) 10 C. Claus: Die knieförmige Beugung des Schaftes ist eine doppelte und steht in Beziehung zu der Bewegung der Kopfklappe. Das durch höckerförmige Vorsprünge und wulstartige Auftreibungen auffallend unregelmässig geformte Basalglied liegt unterhalb des Stielauges schräg ventralwärts gerichtet und wird durch Muskelgruppen (A’M) nach vorn gehoben, beziehungsweise nach hinten gezogen. Das in der Verlängerung folgende zweite Schaftglied, welches eine langge- streckte, cylindrische Form besitzt, kann zu dem ersten in nahezu rechtem, dorsalwärts geöffneten Winkel gebeugt werden. In diesem Falle erhebt sich dasselbe nach vorne und berührt mit seinem Ende die emporgehobene Kopfklappe (Taf. I, Fig. 2). Das dritte Schaft- glied, welchem sich das kurze, verbreiterte, vierte Glied nur wenig beweglich anschliesst, wird in umgekehrter Richtung in einem ventralwärts und nach hinten offenen Winkel gebeugt, bei welcher Haltung die Geissel nach hinten gerichtet ist. Auch die eigenthümliche Anordnung der Borsten am Schafte verdient beachtet zu werden, zumal dieselbe bei Paranebaliıa in ganz ähnlicher Form wiederkehrt. Während das basale Glied der Cuticulararhänge entbehrt, erhebt sich an der lateralen Fläche des zweiten Gliedes eine Längsreihe langer Fiederborsten, zu der noch eine grosse, vereinzelt stehende dorsale Fiederborste und am distalen Rande ein Büschel quer gestellter Borsten hinzukommt {Fig.4). Auch dieses gehört der lateralen Fläche an, setzt sich aber dorsalwärts bis zur Medialseite in eine Querreihe von acht verschieden langen Borsten fort, von denen fünf im männlichen Geschlechte zu ansehnlichen Stacheln (Fig. 5) umgestaltet sind. In dieser stärkeren Bewaffnung des Schaftes liegt ein leicht bemerkbarer Sexualcharakter der männlichen Antenne. Ein ähnlicher, jedoch mehr der medialen Fläche zugehöriger Borstensaum findet sich am Ende des nachfolgenden Gliedes, an welchem stärkere Dornen oder Stacheln fehlen. Das vierte Glied, welches sich von seiner Basis aus distal- wärts verbreitert und an der oberen dorsalen Seite in einen langen, zapfenförmigen Vorsprung ausläuft, erscheint an der lateralen Fläche des letzteren von einer unteren und oberen Längsreihe von Borsten besetzt, von denen sich die letztere in eine Gruppe von Stacheln fortsetzt. Im weiblichen Geschlechte sind es meist nur drei oder vier (Fig. 4), im männlichen dagegen (Fig. 5‘) fünf oder sechs Stacheln, welche die dorsale Bewaffnung des Vorsprunges bilden, eine Abweichung, welche ebenfalls zur Unterscheidung des Ge- schlechtes in Betracht gezogen werden kann. Zu diesen Cuticular- (10) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 1l anhängen kommt noch eine sehr lange Geisselborste am schräg ab- gestutzten Distalrande des vierten Schaftgliedes zwischen Fächer- anhang und Geissel hinzu. Bei Paranebalia ist der Fortsatz am vierten Schaftglied ausserordentlich stark und an seinem freien Aussenrand durch zahnartige Kerben wie gesägt. Die Geissel, welche sich als Träger der Riechfäden in beiden Geschlechtern verschieden verhält, besteht im geschlechtsreifen Zustande des Weibchens meist aus 10—12 Gliedern, deren Zahl sich jedoch durch Abschnürung neuer Glieder am Ende des lang- gestreckten Basalgliedes noch um 1 oder 2 erhöhen kann, im männlichen Geschlecht in der Regel eine grössere ist und selbst auf 15 und 16 steigt. Dies Verhältniss gilt nicht nur für die Triester Nebalia, sondern auch für die als N. bipes beschriebene nordische Form. Es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, dass nach Alter und Oertlichkeit grössere Variationen in der Länge und Gliederzahl der Geissel auftreten. Nicht selten findet man die Zahl der Glieder an beiden Antennen um 1 verschieden, indem beispielsweise die linke Antenne des Weibchens 12, dierechte 13 Geisselglieder besitzt. Dann ist das Basalglied der Geissel an beiden Seiten ungleich lang, an der Seite mit höherer Gliederzahl kürzer und um eine Gruppe von Riechschläuchen ärmer. Die letzteren entspringen an der dorsalen, nach oben gekehrten Fläche auf kleinen Vorsprüngen, welche der Antennengeissel in der Seitenansicht. ein gezahntes Ansehen verleihen. Nach dem verjüngten Ende zu werden die Glieder beträchtlich länger und gestreckter, während sich zugleich die Vorsprünge im Zusammenhang mit der verminderten Zahl von Cuticularanhängen und Riechborsten allmälig mehr und mehr ver- lieren. Besonders umfangreich und zu wulstförmigen Anschwel- lungen verstärkt erscheinen die Vorsprünge im männlichen Ge- schlechte, wo sie einer viel grösseren Zahl von Riechschläuchen die Insertion geben (Fig. 5). Viel geringer ist die Zahl der letzteren bei Paranebalia, deren Antennengeissel beim Weib- chen an jeder Borstengruppe nur einen Riechschlauch trägt. In jeder Gruppe von Riechschläuchen finden sich mehrere schwachgebogene, sondenähnliche Tastborsten, von denen eine oder zwei über die Enden jener hinausragen. Aehnliche Tastborsten, und zwar je eine nahe am Vorderrande jedes Gliedes, stehen auf der Medianfläche fast rechtwinklig zur Längsachse der Antennen nach unten gerichtet (Fig. 4). Im jugendlichen Alter verhält sich der Borstenbesatz und die Bewaffnung der Stacheldornen, welche später einen Sexual- (11) 12 C. Claus: charakter bilden, weit einfacher, obwohl die allgemeine Form der Antenne dieselbe ist. An eben aus dem Brutraum ausgeschlüpften Larven von 15 Mm. Länge besteht die Antennengeissel nur aus drei Gliedern, von denen das basale langgestreckt ist und ein einziges Haarbüschel mit 4 Riechschläuchen, das zweite ein solches mit 2 Riechschläuchen trägt. Mit der nachfolgenden Häutung, nach welcher das vierte Ruderfusspaar eine dem vorausgehenden ähnliche Gestaltung gewonnen hat, wird die Antennengeissel viergliedrig, später an 25 bis 3 Mm. langen Formen fünf- gliedrig. Ein bemerkenswerther Charakter der Antenne liegt in dem Vorhandensein der gestreckt ovalen Platte, welche an dem oberen, stark vorspringenden (von Packard irrthümlich als besonderes fünftes Glied betrachteten) Fortsatze des vierten Schaftgliedes entspringt und die Geisselbasis von oben und aussen bis zum vierten Gliede bedeckt. Der obere dorsale Rand derselben trägt einen dichten Besatz ungleich langer und verschieden gestalteter Borsten, welcher über den gerundeten Distalrand reicht und am unteren Ende desselben mit einer starken, meist abwärts ge- richteten Borste endet. Aber auch über die mediale, den Cuticular- anhängen der Geissel zugekehrte Fläche der Platte verläuft in schwachem Bogen eine Reihe (meist 8) kurzer Borsten, welche die Form und Bedeutung der Sondenborsten wiederholen und zum Tasten dienen möchten. Aehnlich verhält sich die erste Reihe der Randborsten, welche um vieles länger sind, und dorsalwärts emporgerichtet die drei lateralwärts nachfolgenden Reihen der: hier viel dichter gestellten Randborsten winklig durchkreuzen. Diese sind mehr schräg nach vorn, beziehungsweise longitudinal gerichtet und entsprechen stärkeren, zur Locomotion und zum Schutze dienenden Anhängen. Die Borsten der äussersten Reihe gehören der Lateralfläche an und zeichnen sich bei relativ geringer Länge und bedeutender Stärke durch eine sägeartige Zähnelung ihrer oberen Hältte aus. Die Deutung dieser functionell der Schuppe am zweiten Antennenpaare der Mysideen vergleichbaren Platte habe ich bereits früher in der genealogischen Grundlage des Ürustaceensystems (zu geben versucht, bevor dieselbe von Packard unrichtiger Weise dem Exopoditen der Rumpfgliedmassen gleichgestellt wurde). „Die Vorderantennen“, äusserte ich mich in dieser Schrift, „scheinen freilich auf eine Ausnahmsstellung hinzuweisen, indem sie als Nebenast eine mit Borsten besetzte Platte tragen, welche mit (12) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 13 der Schuppe an der zweiten Antenne der langschwänzigen Deca- poden verglichen werden kann und vielleicht auch bei der Schwimm- bewegung eine ähnliche Function ausübt. Indessen ist es auch bei den Malacostraken gar nicht ungewöhnlich, dass diese ur- sprünglich nur durch eine Gliederreihe bezeichnete Extremität einen kurzen (Amphipoden) oder auch langen, geisselartigen Nebenast erzeugt. Bei den Stomatopoden und einigen lang- schwänzigen Decapoden trägt die vordere Antenne sogar drei Geisseln, von denen zwei Nebenästen entsprechen. Der Vorgang, durch welchen die Bildung eines secundären, nicht mit dem äusseren Schwimmfussaste!) zu verwechselnden Nebenastes eingeleitet wird, vollzieht sich überall in höchst einfacher und wesentlich übereinstimmender Weise, indem sich ein Glied in einen Fortsatz auszieht, der sich mit dem weiteren Wachsthum beweglich absetzt und mit einer späteren Häutung in zwei oder mehrere Glieder zerfällt“. Somit hatte ich nicht nur die morphologische Verschiedenheit dieses als secundären Neben- astes gedeuteten Schuppenstückes von dem Exopoditen oder äusseren Schwimmfussast der Rumpfgliedmassen ausdrücklich?) hervor- gehoben, sondern auch die Gleichwerthigkeit mit dem Nebenaste an den Vorderfühlern der Malacostraken unter Hinweisung auf dessen secundäre Entstehungsweise zu begründen versucht. G. OÖ. Sars, welcher sich gegen die Gleichstellung der äusseren Platte des Nebaliafühlers mit dem Nebenaste der Malacostrakenantenne erklärt, kennt offenbar meine Begründung gar nicht und bringt zum Beweise seiner Ansicht zwei Argumente vor: 1. Die Viergliedrigkeit des Schaftes im Gegensatze zu dem dreigliedrigen Schafte der Malacostrakenantenne. 2. Das Lagenverhältniss der Platte zur Geissel, welches das umge- kehrte als bei den Malacostraken sei. Was den ersten Punkt anbelangt, so beweist derselbe an sich gar nichts gegen die Zurückführung der Platte auf einen secundär entstandenen Nebenast, der ja bei den Leptostraken an einem anderen Gliede, eben am vierten an Stelle des dritten, hätte entstanden sein können. Indessen ist es in hohem Grade wahrscheinlich, ‘) Alssolcher (Exopodit) wurde derselbe später vonPackard irrthümlich gedeutet. ”) Ich betone diese meine Darstellung unter Heranziehung des citirten Passus deshalb besonders, weil Boas bei Gelegenheitseiner im Wesentlichen übereinstimmen- den Beschreibung behauptet hatte, es sehe recht plausibel aus, den Schaft und den Innenast des Vorderfühlers als Endopodit, den Aussenast als Exopodit aufzu- fassen, was bisher auch immer geschehen sei, Boas, |. c. II, pag. 490. Vergl. auch Ö,Claus, Neue Beiträge zur Morphologie. 1. c. pag. 5. (13) 14 C. Claus: dass trotz der Verschiedenheit in der Gliederzahl des Schaftes die Ursprungsstelle in beiden Fällen die nämliche ist. In gleicher Weise, wie der fünfgliedrige Schaft der zweiten Antenne dem ur- sprünglich zweigliedrigen Schaft gegenüber, auf welchem sich neben dem Endopodit der Exopodit erhob, einen secundären Formzustand bezeichnet, wofür nicht nur die Metamorphose der Penaeiden etec., sondern auch das Verhalten von Apseudes einen zutreffenden Beleg gibt, könnte auch die Dreigliedrigkeit des Schaftes der vor- deren Antenne mit Rücksicht auf den Ursprung des zur Neben- geissel sich entwickelnden Seitenfortsatzes einen späteren Zustand bezeichnen. Dass dem in der That so ist, lehrt nun die erst kürzlich von mir beobachtete Entwicklungsweise der Haupt- und Nebengeissel an den Vorderantennen von Apseudes. An den Embryonen und Larven dieser Arthrostrakengruppe besitzt nämlich die Vorderantenne, wie ich !) in meiner Abhandlung über Apseudes zeigte, einen viergliedrigen Schaft, dessen viertes Glied sich in die Hauptgeissel fortsetzt und seitlich die dreigliedrige Nebengeissel erzeugt hat. Erst im Laufe der freien Entwicklung spaltet sich das kurze vierte Schaftglied der Länge nach in zwei Stücke, welche sich schliesslich vollständig von einander trennen und zu den Grund- gliedern der Hauptgeissel und Nebengeissel werden, während sich der Schaft auf drei Glieder reducirt. Die ursprüngliche Glieder- zahl des Schaftes stimmt demnach mit der des Antennenschaftes von Nebalia überein und erscheint erst secundär bei Apseudes und vielleicht in gleicher Weise bei den Malacostraken überhaupt auf drei Glieder herabgesetzt. Was das zweite Argument anbelangt, welches sich auf die entgegengesetzte Lage der äusseren und inneren Geissel stützt, so ergibt sich dasselbe bei näherer Betrachtung in gleicher Weise als hinfällig. Offenbar hat G. O. Sars ein ganz untergeordnetes Ver- hältniss in den Vordergrund gestellt, das Wesentliche aber, auf das es bei der morphologischen Beurtheilung ankommt, unbeachtet gelassen. Nicht eine der Riechfunction dienende Aussengeissel und eine mit Tasthaaren besetzte Innengeissel erheben sich am Schaft- ende als gleichwerthige Bildungen, sondern eine die Riechhaare tragende Hauptgeissel bildet die Fortsetzung des Schaftes, an dessen Ende die secundär entstandene Nebengeissel entspringt. Allerdings liegt diese bei den Thoracostraken und Amphipoden ') C, Claus, Ueber Apseudes Latreillii Edw. und die Tanaiden. II. Wien 1887. Taf. I, Fig. IA’. (14) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 15 an der medialen Seite der Hauptgeissel, deren Riechhaare an der lateralen Fläche vorstehen, und man kann daher nach diesem Lagenverhältniss die Hauptgeissel auch als äussere oder laterale, die Nebengeissel als innere oder mediale bezeichnen. Diesem Verhältniss aber morphologisch einen bestimmenden Werth beizulegen, erscheint durchaus verfehlt, nicht nur weil man mit demselben Rechte die Ungleichwerthigkeit der mit Riechfäden be- hafteten Geissel, welche bei Nebalia die innere, bei den Amphi- poden und Decapoden die äussere ist, behaupten musste, sondern mit Rücksicht auf die Beziehung, welche die Lage des secundären Anhanges zur Function bietet, in welcher die Modification der Lage begründet sein dürfte. Die Entwicklung der Riechfädenbüschel an der äusseren oder lateralen Seite der Geissel resultirt wahrscheinlich aus dem Bedürfniss einer möglichst freien, flächenhaften Entfaltung in dem umgebenden Medium und kehrt als allgemeiner Charakter an allen mir bekannt gewordenen Fühlerbildungen wieder. Hiermit steht im Zusammenhange, dass eine secundär auftretende, gegliederte Nebengeissel, deren Bedeutung vornehmlich in der Tastfunction liegen dürfte, an der Medialseite der Hauptgeissel zur Entwicklung kommt. Gestaltet sich aber die Anlage dieses Nebenanhanges zu einer borstenrandigen Platte von vorwiegend locomotorischer Function, so wird dieselbe, analog der sogenannten Schuppe am zweiten Antennenpaare der Garneelen, an die laterale Seite des Schaftes rücken müssen, wo sie unbeschadet der Ausbreitung der Riech- haare zu einer leichteren und besseren Wirkung gelangen kann. In diesem Sinne wird die nach aussen und oben (dorsalwärts) ge- rückte Lage der Fächerplatte des Nebaliafühlers im Gegensatze zu dem als Innengeissel auftretenden Nebenanhang der Malacostraken- fühler zu erklären sein. Dagegen ist mir kein Phyllopod bekannt, dessen Vorderantennen einen jener Platte gleichzustellenden Anhang tragen, und wenn G@.O. Sars den Copepodenfühler in Consequenz seiner unglücklichen Betrachtungsweise heranzieht, um in der geniculirenden Verbindung der Glieder den Ausdruck der nahen Beziehung zu finden und vor der Ableitung des Nebenanhangs aus einer Riechborste der Harpactidenantenne nicht zurückschreckt, so bezeugt er mit einer solchen Homologisirung lediglich, zu welch absurden Deutungen in der Morphologie ein verfehlter Ausgangs- punkt zu verleiten vermag. Das zweite Antennenpaar (Taf. II, Fig. 1—9). Meiner früheren Darstellung gemäss ist „der Schaft desselben ebenfalls knie- förmig gebogen, jedoch nur aus drei Gliedern zusammengesetzt und (15) 16 C. Claus: läuft in eine schmale, etwa 12—17gliedrige Geissel aus“. „Im männ- lichen Geschlechte ist dieselbe wie bei den Cumaceenmännchen ausser- ordentlich, fast bis zum hinteren Körperrande verlängert und besteht aus ungefähr 80 Gliedern, eine in der That so auffallende Geschlechts- differenz, dass man an ihr sofort die Männchen zu erkennen im Stande ist.“ Ich fügte dieser Beschreibung später (Crustaceen- system) noch die Anrabe hinzu, dass die Geissel im männlichen (reschlechte an sämmtlichen Gliedern zarte Sinnesfäden trägt. Streng genommen ist jedoch die Geniculation des Stieles eine zwiefache (Taf. II, Fig. 1), indem nicht nur das zweite und dritte, sondern auch das erste und zweite Glied miteinander geniculiren. Allerdings erscheint die proximale Geniculation minder ausgeprägt und entzieht sich leichter der Beobachtung, tritt jedoch bei bestimmter Muskelaction deutlich hervor, indem das zweite Glied ganz ähnlich wie das entsprechende am Schafte der Vorderantenne zum Basal- gliede ın einem stumpfen, nach vorn geöffnetem Winkel gestellt wird. Umgekehrt verhält sich die Stellung der viel ausgeprägteren nachfolgenden Geniculation, durch welche das dritte, die Geissel tragende Glied einen mehr oder minder spitzen, nach unten und hinten geöffneten Winkel mit dem zweiten Gliede bildet und längs des Körpers longitudinal nach hinten gewendet wird. In dieser Gelenks- stellung jedoch einen Beweis für den engeren, morphologischen Anschluss an die Copepoden zu finden, scheint mir in dem Masse ver- fehlt, dass überhaupt eine ernstliche Wiederlegung überflüssig ist, zumal die Aehnlichkeit mit der entsprechenden Copepoden- und insbe- sondere Harpacticus antenne lediglich als eine rein äussere gelten kann, welche für die Beurtheilung der näheren Verwandtschaft nicht in Frage kommt. Wenn G.O.Sars die hintere Harpactieusantenne aus drei bestimmt begrenzten Gliedern zusammengesetzt sein lässt und das vierte Glied mit den Klammerborsten als rudimentäre Geissel betrachtet, so steht diese Deutung weder in irgend- welcher Beziehung zur Entwicklung der Gliedmasse, die bekannt- lich im Jugendzustande am zweigliedrigen Schaft einen Nebenast trägt und diesen auch bei den Calaniden, Pontelliden und hoch entwickelten Copepoden bewahrt, noch lässt sich dieselbe durch die Gestaltungsverhältnisse der Antenne dieser letzteren begründen, sondern erscheint lediglich seiner unglücklichen Theorie zu lieb erfunden. Packard stellt den Schaft der Nebalia- antenne als zweigliedrig dar, indem er das dritte mit dem Schaftende geniculirende Glied zur Geissel bezieht. In der That würde man diese Auffassung dann berechtigt finden, wenn es (16) F Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 17 sich um die Abgrenzung des primären Schaftes handelte, welcher dem zweigliederigen Stamme der Rumpfgliedmasse entspricht und sich unter den Malacostraken z. B. bei Apseudes als solcher erhalten hat. Denn erst secundär gestalteten sich die basalen Glieder des zur Geissel werdenden Endopoditen stilartig, gewisser- massen zu einem Schafte zweiter Ordnung, welcher sich im Falle der Erhaltung des Exopoditen vom primären Schafte sehr bestimmt abhebt, während derselbe da, wo der Exopodit hinweg- fällt, den distalen meist dreigliedrigen Abschnitt des zusammen- gesetzten oder secundären Schaftes bildet. Demgemäss wird der letztere in der Regel aus fünf Gliedern gebildet sein. Indessen erscheint diese Gliederzahl keineswegs so constant, dass sie als typischer Charakter der Malacostraken-Antenne in Frage kommen könnte. Bei zahlreichen Arthrostraken und insbesondere Hyperiden sinkt dieselbe auf eine geringere Zahl herab, indem nicht nur das Basalglied des primären Schaftantheiles in die Kopf- fläche einschmilzt, sondern auch der distale Antheil zwei- oder ein- gliedrig werden kann. Bei den Gammariden ist der Schaft 4- oder 3gliedrig, und diesen steht Nebalia in der Gestaltung der Fühler überhaupt am nächsten. Wenn daher G. O. Sars die Dreigliedrigkeit des Schaftes als Einwand gegen die Zurückführung der Nebalia- Antenne als Malacostrakenfühler vorbringt, da bei allen bekannten Malacostraken die Zahl der Schaftglieder eine grössere, und zwar die Fünfzahl sei, so erscheint dieser Einwand schon wegen der Unrichtigkeit der Begründung hinfällig. Dazu kommt noch die grosse Uebereinstimmung mit der hinteren Antenne der Cumaceen- Männchen, deren Schaft nicht nur die gleiche Geniculation zeigt, sondern auch an seinem langgestreckten distalen Abschnitte keine weitere Gliederung erfährt nnd an der vielgliedrigen verlängerten Geissel eine grosse Zahl von Sinnesborsten trägt. Bezüglich der besonderen Gestaltung der drei langgestreckten Schaftglieder bemerke ich, dass am distalen Ende des basalen Gliedes, in welchem die Antennendrüse liegt, ein wulstförmiger Vorsprung sich erhebt, gegen welchen das nachfolgende Glied ge- lenkig bewegt wird. Dieses ist am oberen Ende seines distalen Randes mit einem hakenförmigen Fortsatz bewaffnet, der im männ- _ liehen Geschlechte durch viel bedeutendere Stärke hervortritt. Borstenanhänge fehlen an beiden Gliedern vollständig, treten aber um so reicher am dritten Schaftgliede auf, an welchem man einen „ mächtigeren Proximalabschnitt und ein etwas verschmälertes, kürzeres Distalstück unterscheiden kann. Beide entsprechen wahrscheinlich Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft 1. 2 7 18 C. Claus: besonderen Gliedern, die in der That bei Nebaliopsis(ähnlich wie beiden Amphipoden) getrennt erscheinen. Der proximale Abschnitt ist an seiner oberen dorsalen Fläche mit sieben oder acht Stachel- dornen bewaffnet, zu deren Seite medialwärts lange, gefiederte Haarborsten stehen, während nach der lateralen Fläche des Gliedes hin stärkere gekrümmte und stachelartige Borsten ent- springen, Dann folgt noch in weiterem Abstande eine Längsreihe von meist fünf flächenständigen Borsten, von denen die vordere Stachelborste eine dicht gestellte Borstengruppe lateralwärts ab- schliesst (Taf. II, Fig. 2). An der medialen Fläche des Abschnittes erhebt sich nahe der Basis eine bogenförmige Reihe schwacher, con- tinuirlich an Länge zunehmender Borsten (Taf. II, Fig. 3), welche eben- falls mit einer langen Fiederborste abschliesst. Ausser dieser findet sich noch eine viel längere Fiederborste an der unteren Seite desselben Abschnittes. Das distale Stück des Schaftgliedes endet mit einer oberen dicht gestellten Stachelreihe, einer Randgruppe von fünf bis sechs Borsten der Lateralfläche, und einem randständigen, quer über die Medialfläche gestellten Saum von langen Fiederborsten. Die nordische als bipes unterschiedene Nebalia stimmt in der Gestalt und Borstenbewaffnung des Antennenschaftes mit der mediterranen Form im Wesentlichen überein, während Para- nebalialongipes in der Bestachelung, sowie durch die grössere Länge des Distalstückes abweicht. Bemerkenswerth erscheint aber für Nebalia die Divergenz in der Bewaffnung des Antennen- schaftes am ausgebildeten geschlechtsreifen Männchen, dessen jugendliche Zustände den Charakter der weiblichen Form wieder- holen. Dieselbe beschränkt sich nicht auf die bereits erwähnte Grösse des Hakenfortsatzee am zweiten Gliede, sondern betrifft auch die Haken und Borsten am dritten Schaftgliede, welche letztere bedeutend schwächer entwickelt und theilweise wie die des kranz- förmigen Saumes am distalen Rande fast verkümmert erscheinen. Weitere Argumente für den Anschluss an die Malacostraken- Antenne liegen in dem Verhalten der Geissel und der Verwendung derselben im männlichen Geschlecht als hoch entwickelter Sinnes- apparat. Die Antennengeissel der geschlechtsreifen Weibchen be- steht je nach Grösse, Alter und Fundort aus 12—17 und mehr Gliedern, während sie im männlichen Geschlecht bei ganz ver- schiedener Gestaltung des Borstenbesatzes wohl die 3—4fache Länge erreicht und etwa 80 und mehr Glieder unterscheiden lässt. An den aus dem Brutraum ausschlüpfenden Larven mit noch un- vollständiger Entwicklung der Abdominalfüsse ist keine sexuelle Verschiedenheit weder der vorderen noch hinteren Antenne ersicht- (18) \ Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 19 lich, alle Formen verhalten sich im Antennenbau untereinander gleich, indem auf dem bereits charakteristisch gestalteten drei- gliedrigen Schaft eine dreigliedrige Geissel aufsitzt, von deren lang- gestrecktem Basalgliede sich mit den nachfolgenden Häutungen neue Glieder absetzen. (Taf. II, Fig. 1.) Aber schon in den nächstfolgenden Jugendstadien, deren An- tennen bei allmäliger Verlängerung eine grössere Zahl Geissel- glieder gewinnen, tritt in der Gestaltung dieser Gliedmassen ein Unterschied hervor. An jungen Nebalien von etwa 2!/, Mm. Länge mit bereits normaler Gestaltung des vierten der vorderen Abdominal- beine ist die Gliederzahl an der Geissel der hinteren wie auch vorderen Antenne auf 4 oder 5 vermehrt, und man kann jetzt schon die männlichen und weiblichen Formen an dem Verhalten des neu gesonderten Gliedes am Basaltheile der Geissel des zweiten Antennenpaares unterscheiden. Viel bestimmter tritt der Gegen satz an etwas älteren Formen von circa 3 bis4M. Länge hervor. Man beobachtet jetzt recht übersichtlich die charakteristische An- ordnung der Borsten an den Geisselgliedern der hinteren Antenne. Auch hier wiederholen sich die Borstengruppen nahe dem distalen _ Rande der oberen Fläche, welche bei der gewöhnlichen nach - hinten gestreckten Lage der Antenne nach unten gerichtet sind. Jede Gruppe besteht aus einer Querreihe von drei diver- girenden Stachelborsten, von denen die mittlere nur kurz, aber um so kräftiger erscheint, und einer dazwischen stehenden zarten, wohl zum Tasten dienenden Sondenborste. Hierzu kommt noch auf der entgegengesetzten Seite eine längere quer abstehende - Sondenborste. Am Terminalgliede stehen die Borsten zusammen- _ gedrängt und die verlängerten Borsten haben den Charakter von Stachelborsten verloren (Fig. 4). So verhält sich die Antennen- geissel der jungen weiblichen Form. Die Antennen der gleich- _ grossen Männchen zeigen jedoch bereits ein abweichendes Ver- halten der Geisselglieder, indem an dem drittletzten oder viert- _ letzten Gliede eine secundäre Gliederung beginnt, die nach der Basis zu fortschreitet. Das drittletzte oder viertletzte Glied ist _ nämlich in zwei, das vorausgehende in drei, die nach der Basis _ folgenden in vier oder fünf Glieder aufgelöst, und ebenso zeigt das langgestreckte Basalglied innerhalb der drei oder vier theil- "weise schon mit Borstengruppen versehenen Absätze, welche auch an der weiblichen Antennengeissel vorhanden sind und ebenso vielen später zur Abtrennung kommenden Gliedern entsprechen, unterhalb der Outicula die kurze Rivgelung, welche die secundären 2” (19) 20 C. Claus: Glieder liefert (Fig. 5). Bei etwas grösseren Formen von 5 bis 6 Mm. Länge erscheinen die Geisselglieder an beiden Antennen auf neun Glieder vermehrt, von denen die neugebildeten aus dem inzwischen noch mehr verlängerten und mit neuen Gliederanlagen versehenen Basalgliede zur Sonderung gelangt sind. Mit dem Her- vortreten der secuudären Gliederung macht sich aber meist eine Unregelmässigkeit im Ursprung der zu einer Gruppe gehörigen fünf Borsten bemerkbar, indem sich dieselben nieht mehr in einer Querreihe am Distalrande des Primärgliedes erheben, sondern sich auf benachbarte Secundärglieder dieses letzteren vertheilen (Fig. 7). Auch können an jenen einzelne Borsten sich wiederholen, so dass dıe Zahl derselben an den vier oder fünf zu einem Abschnitte gehörigen Secundärgliedern eine grössere wird. Mit dem weiteren Wachsthum (Fig. 8) erhöht sich die Gliederung der männlichen Antennengeissel entsprechend der Zahl der Abschnitte, deren secun- däre Gliederung mit der Abstreifung der Haut keine Veränderung erfährt, bis schliesslich im letzten Jugendstadium, mit dessen Häu- tung die geschlechtsreife Form hervortritt, eine im Vergleich zum weiblichen Thiere bereits recht ansehnlich gestreckte An- tennengeissel zum Vorschein kommt, deren Basalglied unter der Haut sechs und mehr secundär geringelte Abschnitte erkennen lässt, während die nachfolgenden Abschnitte mit Ausnahme der zwei oder drei Terminalglieder in fünf, vier, drei oder zwei kurze deutlich abgesetzte Glieder zerfallen sind. Eine solche Geissel wurde auch bereits von Packard!) abgebildet, merk- würdigerweise aber gar nicht von der weiblichen unterschieden, geschweige denn als Antenne des jungen Männchens erkannt. Mit dem Uebergang in den Zustand des geschlechtsreifen Männ- chens erscheint die Antenne wesentlich verändert, indem der an der Geissel und deren Borstenbesatz bislang ausgesprochene weibliche Habitus zu Gunsten einer anderen Gestaltung gewichen ist, welche die Function des Sinnesapparates in den Vordergrund treten lässt. Nunmehr werden nahezu an 80 Glieder unterschieden, von denen jedes an der oberen Seite nahe dem Terminalrande einen blassen schlauchförmigen Cuticeularanhang trägt, neben welchem drei kurze, eine aufwärts gerichtete und zwei rechtwinklig abstehende, Borsten entspringen. Die den weiblichen Geisselgliedern entsprechenden Hauptabschnitte, aus deren secundärer Gliederung die Vermehrung der Gliederzahl abzuleiten ist, sind noch aus der Zahl der zarten Borstenfäden, welche den oberen Borstengruppen gegenüber ent- ‘) Packard]. @ Tor Rasa Due (20) FE u De See Bu Dh he Me re Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 21 springen und nach entgegengesetzter Richtung rechtwinklig ab- stehen (Taf. II, Fig. 9b) bestimmbar. Am proximalen Theile der Geissel erscheinen die Glieder kurz und gedrungen, strecken sich dann aber im weiteren Verlaufe mehr und mehr, um nach dem Distalrande zu unter allmäliger Verschmälerung eine bedeutende Länge zu gewinnen. Das Basalglied beginnt am Ende des Schaftgliedes ver- breitert und zeigt meist drei, Cuticularanhänge tragende Absätze, welche ebenso vielen nicht zur Sonderung gelangten Gliedern ent- sprechen (Fig. 9a). Die Mundesgliedmassen. Von den Mundesgliedmassen schliessen sich die Mandibeln durch den Besitz eines umfangreichen nach vorn emporgerichteten, dreigliederigen Tasters an die entsprechenden Kiefer der Mala- costraken (Amphipoden, Mysideen)an, im Gegensatze zu den Phyllopoden, welche nur als Larven einen zweiästigen Taster tragen, denselben aber im Laufe der Entwicklung rückbilden und im ausgebildeten Zustand stets entbehren (Taf. II, Fig. 10 und 11). Ich habe diesem Umstande schon früher grossen Werth für die Be- urtheilung der Verwandtschaft beigelegt und es als wahrscheinlich dargestellt, dass der Mandibeltaster von Nebalia — gleich dem der Malacostraken — auf eine secundär nach Verlust des ursprüng- lichen zweiästigen Beinanhanges von Neuem erzeugte Bildung zurückzuführen ist (vgl. die Larven von Sergestes, den Mangel des Mandibeltasters im Zo&astadium und das späte Auftreten des- selben in der Decapodenentwicklung.) An dem Coxalglied der Extremität unterscheidet man den langgestreckten, mit Muskeln erfüllten Körper und einen im rechten Winkel abstehenden Molarfortsatz, welcher unterhalb der Oberlippe in die Vorhöhle des Mundes hineinragt und an seiner Endfläche, einer Reibe vergleichbar, mit Querreihen von spitzen Höckern bewaffnet ist. Bei näherer Vergleichung der Reibfläche der rechten und linken Mandibel stellt es sich heraus, dass sich dieselbe constant an beiden Seiten verschieden verhält, so dass die asymmetrische Gestaltung der Mahlfortsätze, welche für die Mandibeln der Malacostraken charakteristisch ist, auch bei den Leptostraken auftritt. Beide Triturationsflächen, von denen die links- seitige ganz auffallend mit der von G.O.Sars für Gammarus neglectus abgebildeten Mahlfläche übereinstimmt, zeigen an der convex vorspringenden mit Höckerreihen besetzten Reibe eine schwach concave Einbuchtung, welche an der rechtsseitigen Mandibel mit sechs bis sieben schrägen in weiterem Abstand (21) 22 C. Claus: folgenden Höckerreihen bewaffnet ist, von denen vier mit je einer langen Stachelborste abschliessen (Taf. III, Fig. 1.) Am Molarfort- satze der linken Seite fehlen diese Nebenreihen von Erhebungen, während die letzten Reihen der Reibe fast spiral eingekrümmt liegen und sich auf die Bewaffnung mit je einer terminalen Stachel- borste beschränken, welche wie die gleichen Borsten der voraus- gehenden Reihe an Stärke die entsprechenden der rechtsseitigen Mandibel weit übertreffen (Taf. III, Fig.2). Ebenso bemerkenswerth ist das Vorhandensein eines Zahnfortsatzes, der sich dicht neben der Tasterinsertion am Ventralrande des Molarfortsatzes als sichel- förmig vorspringende Firste erhebt und am Medialrande unterhalb eines terminalen Zahnes mit einem cuticularen, Härchen tragenden Saum besetzt ist (Fig 12). Bei Paranebalia, deren Mandibel durch den Besitz eines Wulstes hechelförmig gestellter Spitzen an der Basis des Kaurandes abweicht, soll nach G@.O. Sars kein Unterschied in der Bewaffnung des Mahlfortsatzes der rechten und linken Seite bestehen, ich habe mich jedoch überzeugt, dass ganz ähnliche Eigenthümlichkeiten auch hier wiederkehren, die nur deshalb jenem Autor entgangen sein dürften, weil derselbe das Flächenbild nicht beachtet, jedenfalls nicht unter stärkerer Ver- grösserung verglichen hat. Der mächtig entwickelte, wie bei den Schizopoden, Amphi- poden und Cumaceen nach vorne gerichtete Taster (Fig. 10, 11), besteht aus 3 frei beweglichen und gegen einander ein- schlagbaren Gliedern, von denen das basale das kürzeste ist und der Borsten entbehrt. Am zweiten Gliede sitzen nur zwei Borsten auf, die eine an der äussern Fläche, die andere fast terminal im Gegensatzzu Paranebalia, deren zweites Tasterglied an der Aussenfläche 4 Borsten trägt. Das stark comprimirte dritte, mit dem vorausgehenden gleichlange Glied trägt dagegen längs seines ventralen Randes eine Reihe dicht gestellter, mit Spitzen besetzter Borsten, zu denen noch am Distalende eine zweite äussere Reihe stärkerer in Bogen gekrümmter Hakenborsten hinzukommt. BeiPara- nebalia bleibt das proximale Dritttheil des Gliedes nackt, und die äussere Nebenreihe von Borsten erscheint vom Ende weiter abwärts gerückt. Beim Männchen macht sich an dem Kautheil der Mandibel als sexuelle Abweichung eine geringere Ausbildung der euticularen Höcker bemerkbar, ferner am Taster der Mangel der zweiten Borstenreihe, während dieselbe am jugendlichen Männchen genau (22) | 5 Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 23 s B> I E P wie im weiblichen Geschlecht vorhanden ist. Wahrscheinlich trifft dasselbe Verhältniss auch für Paranebalia zu, dessen Männchen bislang nicht näher benannt geworden ist. An dem nun folgenden vorderen Maxillenpaare (Taf. III, Fig. 3) erscheint die für die Malacostraken so charakteristische Duplieität der Laden und die Umgestaltung des verlängerten, rück- wärts umgebogenen Endopoditen oder Tasters als Putzfuss be- merkenswerth. Die proximale schwächere Lade ist bei Nebalia an ihrem convex gekrümmtem Medialrande mit einer einzigen Reihe (meist 12) langer, sichelförmig gekrümmter Borsten bewaffnet, von denen die beiden oberen stets am kürzesten bleiben. Die obere (distale) Lade (Taf. III, Fig. 4,5) bildet eine hohe umfangreiche Platte und springt beilförmig vor, während dieselbe bei Para- nebalia viel niedriger, aber gestreckter und daher Mandibel- ähnlicher erscheint. In beiden Gattungen ist der Borstenbesatz auf zwei Reihen vertheilt, die freilich bei der letzteren beträchtlich kürzer und an Borsten minder reich sind (Fig. 9). Die äussere (der bauchwärts abgewandten Fläche zugehörige) Reihe beginnt bei Nebalia in beträchtlicher Entfernung vom unteren Rande und reicht fast bis zum Tastervorsprung (Fig. 5). Die derselben angehörigen Borsten (Fig. 6b) enden fast spatelförmig mit ver- breiteter Terminalfläche und scharfer bezahnter Schneide. Nur die obere dem Taster zunächst stehenden Borsten laufen lanzenförmig in eine lange Spitze aus (Fig. 6c). Die innere dem Körper zu- gewandte Borstenreihe nimmt etwa die Hälfte des Randes ein und beginnt am unteren Ende desselben (Fig. 4). Die Borsten sind hier kurz und kräftig (Fig. 6a), nehmen nach aufwärts an Länge beträcht- lich zu und enden mit drei oder vier zahnähnlichen Vorsprüngen. Auf dieselben folgen noch zwei lange, von einander durch einen weiten Abstand getrennte Fiederborsten. Der als Endopodit !) zu deutende Taster erreicht eine ganz ausserordentliche Länge (Fig. 3) und liegt rückwärts umgekrümmt der innern Schalenlamelle an, welche er durch seine Schwingungen gewissermassen als „Putzfuss“ von Schlamm- und Detritustheilen frei zu halten hat. Auch die beiden überaus beweglichen von Muskeln erfüllten Basalglieder, welche die bogenförmige Umbiegung ‘) In meinen neuen Beiträgen zur Morphologie der Crustaceen ist durch ein Versehen, pag. 23, irrthümlich der Putzfuss von Nebalia als Aussenast oder Exo- podit angeführt, während pag. 20 ganz richtig der Mangel der Exopoditen als charakteristisch für die vordere Maxille der Malacostraken mit Ausnahme der Euphausiden hervorgehoben worden war. (23) 24 C: Clans: vermitteln, folgt ein dünner peitschenförmig verlängerter Ab- schnitt, welcher nur undeutlich gegliedert erscheint und mit sehr langen Borsten besetzt ist. Die proximalen derselben entspringen dicht neben einander und bilden einen längern Borstensaum, die übrigen vereinzelt und in weiten Intervallen abstehend. Unter den Malacostraken finden wir den homologen, wenn auch an Umfang und Grösse reducirten „Putztaster“ bei den mit einem Schalen- reste versehenen Apseudiden und in noch beträchtlicher Ver- einfachung, auf einen eingliedrigen rückwärts gewendeten Taster reducirt, bei den Cumaceen. Sowohl die beiden Laden als der rückwärts gewendete Tasteranhang des Nebalidenkiefers zeigen daher einen unmittelbaren Anschluss an die vorderen Maxillen der genannten Malacostraken. während in keiner Entomostrakengruppe auch nur entfernt ähnliche Kieferbildungen auftreten. Es ist daher die Angabe von G.O.Sars, nach welcher die vorderen Maxillen nur einen ganz allgemeinen Vergleich mit denen der höheren Crustaceen gestatten, völlig ungerechtfertigt. Im männlichen Geschlechte verhält sich der Putztaster nach Grösse, Lage und Function genau wie in der weiblichen Form und ist hier im Leben keineswegs, wasich früher für wahrscheinlich hielt, nach vorne gewendet, dagegen erscheinen die Borsten an beiden Laden ausserordentlich verkümmert (Taf. III. Fig. 7), während sie sich im Jugendzustande genau wie im weiblichen Geschlechte verhalten. Die Maxillen des zweiten Paares (Taf. III, Fig. 8) zeigen in ihrer Gestalt bereits entschieden den Charakter des Phyllopoden- fusses, dessen Epipodialanhanges oder Kiemenblattes sie allerdings entbehren. Der Jamellöse Haupttheil oder Schaft, an welchem man zwei Glieder unterscheidet, besitzt medialwärts drei Laden, von denen die distale dem kürzeren zweiten Gliede angehört. Am Medialrande dieser Laden erheben sich je drei Reihen mässig langer, mit Spitzen besetzter Borsten, von denen nur die der mittleren und inneren Reihe in dichter Folge nebeneinander, die der äusseren mehr unregelmässig und in grösserem Abstand von einander vertheilt sind. Die Borsten- bewaffnung der zweiten Maxille verhält sich beim Männchen im Zustande der Geschlechtsreife auffallend schwach und verkümmert. Der Hauptabschnitt (Schaft) des Kiefers trägt eine schmale, dem Exopoditen (Exognathen) entsprechende, mit Borsten besetzte Aussen- lamelle und setzt sich in einen beinförmig gestreckten zweigliede- rigen Endopoditen (Endognathen) fort, an dessen Basis sich eın niedriger als vierte Lade zu deutender Fortsatz erhebt. Derselbe (24) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 25 ist meist mit sechs, bei der grösseren nordischen Nebalia bipes mit acht Fiederborsten besetzt, von denen die beiden distalen eine bedeutendere Länge erreichen. Der nach Art eines Tasters gestal- tete Endopodit trägt an der äusseren Fläche beider Glieder eine Reihe von langen, in weitem Abstande von einander entspringenden, schräg nach vorn gerichteten Borsten, zu denen am medialen Rande des unteren Tastergliedes noch eine zweite Reihe von Borsten hinzu- kommt. Diese rechtwincklig abstehenden Borsten beschränken sich auf die obere distale Hälfte des Gliedes (Fig. 9). Die Zahl der Borsten, sowohl an der exopodialen Lamelle, als am Taster wechselt nach der Grösse der Individuen und ist an den grossen Exem- plaren der nordischen Form ebenso wie die Länge des Exo- poditen und Tasters im Verhältniss zum ladentragenden Haupt- abschnitt eine viel beträchtlichere. Bei Paranebalia bleiben Exopodit und Taster verhältnissmässig viel kürzer, auch ist die Borstenzahl eine geringere, während bei Nebaliopsis die ge- sammte Form der Maxille bedeutender abweicht und den nach- folgenden Phyllopoden-ähnlichen Beinen noch ähnlicher wird. Auch die zweite Maxille der Nebaliden gestattet sehr wohl einen näheren Vergleich, beziehungsweise specielle Zuführung auf das entsprechende Kieferpaar der höheren Malacostraken, welches von mir schon von mehreren Decennien mit vollen Rechte als „eine Art Phyllopodenfuss“ bezeichnet worden war. Insbesondere sind es die Mysideenkiefer!), mit welchen sich die Homologie in fast allen Einzelnheiten durchführen lässt. Dagegen kann ich es wieder nur als ein arges Missverständniss bezeichnen, wenn G.O.Sars die Beziehung zur Copepodenmaxille zum Ausgangspunkt der Zurück- führung nimmt. Nicht nur, dass er bei einem so verkehrten Aus- gangspunkt zu der völlig haltlosen Folgerung von dem Mangel des ersten Maxillenpaares in der Copepodengruppe geführt wird, auch die noch ungereimtere Vorstellung von der Zurückführung des Maxillarfusssegmentes der Copepoden auf die Region der 3 Phyllopoden-ähnlichen Beinpaare der Nebaliden knüpft an die specielle Homologisirung des Kieferpaares an. Diese kann aber nur insoweit Berechtigung haben, als die Maxille der Cope- poden ebenso wie die Phyllopodenbeine von den gleichen Extre- mitäten der Protostraken abzuleiten ist und somit an beiden alle wesentlichen Elemente sich wiederholen. Uebrigens besitzt die Cope- podenmaxille (Calaniden, Pontelliden) ein Element, welches am ') Vgl. C. Claus, Neue Beiträge zur Morphologie der Crustaceen. ].c. Taf. I, Fig. 8, 9. (25) 26 C, Claus: Kiefer der Nebalia und der Malacostraken fehlt, ich meine die fächerförmige mit Borsten besetzte Epipodialplatte:), welche morphologisch von einem Branchialanhang nicht verschieden ist. Das alles ist @. O. Sars unbekannt geblieben oder doch von ihm nicht berücksichtigt worden. Die acht Beinpaare des Mittelleibes. Auf die Mundesgliedmassen folgen acht Paare blattförmiger Beine, welche an ebenso vielen, scharf abgegrenzten, kurzen Seg- menten des Mittelleibes entspringen und eine so grosse Aehnlichkeit mit den Phyllopodenbeinen zeigen, dass man die frühere irrthüm- liche Ansicht von der Zugehörigkeit der Nebalia zu den Phyllopoden begreiflich findet. Wie ich aber bereits in meiner früheren Ab- handlung nachzuweisen suchte und durch die nähere Untersuchung der Beine von Paranevalia bestätigt fand, ergibt sich bei ein- gehenderem Vergleich doch manche Eigenthümlichkeit, welche einen engeren Anschluss an die Spaltfüsse der Schizopoden, deren Ab- schnitte und Glieder bereits an dem blattförmigen Beine der Nebalia vorgebildet sind, über alle Zweifel hebt. Während am Phyllopoden- fusse die durch Lappenfortsätze (Enditen) angezeigte Gliederung mannigfache Variationen erfährt und der Zahl der Glieder nach noch nicht in der Weise fixirt ist, dass wir dieselbe als Ausgangs- punkt zur Ableitung sämmtlicher Glieder des Schizopodenbeines benutzen können, so finden wir einen solchen in der Gestaltung des Nebaliabeines. An jedem der acht Beinpaare können wir einen zwei- gliedrigen Basalabschnitt und einen mehr oder minder deutlich fünfgliedrigen Hauptast (Endopoditen) nachweisen. Wollten wir beide nach dem Vorgang anderer Autoren zusammenziehen und als Endopoditen betrachten, so würde dieser aus sieben Gliedern zusammengesetzt sein. Ich halte es jedoch, meiner vollkommen richtigen früheren Darstellung folgend, mit Rücksicht auf die Grund- form 2) der Rumpfgliedmassen für zutreffender, den zweigliedrigen Schaft, obwohl er sich in unserem Falle direct zum Innenast ver- längert, nicht mit diesem zusammenzuziehen, vielmehr nur den letzteren unter jener Bezeichnung zu begreifen. Der Basalabschnitt oder Schaft stellt sich als breite Platte dar und trägt an der = ') Vgl. C. Claus, Ebendaselbst, pag. 16—24. ?) Vergl. auch Claus, Zur Kenntniss der Malacostrakenlarven. Würzburger naturw. Zeitschr. Tom II. 1861, pag. 33. Derselbe, Crustaceensystem 1. c. Wien 1876, pag. 16, 17. Ferner, Neue Beiträge zur Morphologie der ÜOrustaceen |. c. 1885, pag. 3 u. 84. (26) er Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 27 lateralen Seite seines Grundgliedes eine sehr grosse zweizipfelige Lamelle, den als Kieme fungirendn Epipodialanhang. (Taf. III, Fig. 10Ep). Ebenso trägt das zweite Glied des Basalabschnittes, lateral- wärts vom Ursprung des Endopoditen, in welchen sich dasselbe unmittelbar fortsetzt, eine breite lamellöse Platte, welche dem äusseren, bei den Schizopoden zum Schwimmfussast umgebildeten Nebenast oder Exopoditen entspricht. Obwohl die acht Beinpaare im Wesentlichen gleich gestaltet sind, ergeben sich doch bei näherer Betrachtung Unterschiede in dem Borstenbesatz und dem Grössen- verhältniss der Abschnitte, durch welche insbesondere das erste und letzte Beinpaar leicht erkenntlich sind. Die Epipodialplatte wird transversal von einem Blutcanal durchsetzt, welcher sich nahe dem Aussenrande in einen vorderen und hinteren Schenkel theilt. Der erstere begleitet den Lateral- rand des vorderen, zipfelförmig sich verjüngenden, der andere den des hinteren, oval gerundeten Lappens der Kiemenlamelle, welche fast die Länge der Extremität erreicht und nur am letzten Beinpaare beträchtlich reducirt erscheint. Beide Blutcanäle biegen am Ende der Lappen um und setzen sich, der vordere an dem concav gekrümmten Medialrand des lateralwärts mit wenigen Bor- sten besetzten Vorderlappens, der hintere an dem convexen Medial- rande des stets borstenfreien hinteren Lappens, in entsprechende Canäle fort in welche das Blut vom Schafte aus einströmt. Der vorn am Aussenrande des zweiten Schaftgliedes ent- springende Exopodit!) erscheint bei Nebalia zu einer nach vorn ge- richteten breiten, fast triangulär gestreckten Platte umgestaltet, welche bis zum Distalrande des in sanftem Bogen um ihren Medial- rand gekrümmten Endopoditen reicht und nur an ihrem Lateralrand von einzelnen, in weitem Abstande inserirten Borsten besetzt wird. An den beiden ersten Beinpaaren ist die Zahl der Borsten, welche besonders am verbreiterten Distalabschnitt der Platte dichter stehen und hier mit drei langen in einer Einbuchtung nebeneinander entspringenden Borsten abschliessen, eine grössere als an den nach- folgenden Paaren. Am Exopoditen des ersten Beinpaares (Fig. 10) finden sich circa 20 und mehr, am zweiten 12—14 Borsten, vom dritten Beinpaare an sinkt die Zahl derselben auf 8 oder 7 herab, und es ist auch nur eine Borste, welche in der Einbuchtung des Distal- !) Packard betrachtet irrthümlich den zweilappigen Kiemenanhang als dem Flabellum oder Exopoditen des Phyllopodenbeines gleichwerthig, während er um- gekehrt den diesem entsprechenden Exopoditen als Kiemenanhang darstellt. (27) 28 C. Claus: randes entspringt. Am letzten Beinpaare (Taf. IV, Fig.5) erscheint der Exopodit verschmälert und nicht dreiseitig, sondern oval gestreckt, während sich die Zahi der Randborsten auf 5 und weniger redueirt. Die Structur der exopodialen Platte stimmt durchaus mit der des zweilappigen Epipodialanhanges überein, und dürfte demnach auch die Function die gleiche sein. Ein longitudinaler Bluteanal durch: zieht die Mitte derselben und nimmt das Blut durch eine Menge engerer Seitencanälchen auf. Wie am Epipoditen wird auch hier der Rand der Lamelle von einem weiten Blutcanal begleitet, in welchem das Blut aufwärts strömt und nach dem longitudinalen Canale geleitet wird. Den inneren oder medialen Rand des Stammes und poditen bekleiden drei Reihen von Borsten von verschiedener zum Theil sich winkelig kreuzender Richtung. Zwei von diesen Borsten- reihen (SR, NR) gehören der vom Körper abgewendeten, bei recht- winkeliger Haltung des Beines nach hinten gerichteten Fläche des- selben an. Die dritte, streng randständige Reihe (RR), enthält die grösste Zahl von Borsten und verläuft von der Basis des Schaftes bis zum Terminalglied des Endopoditen, um sich über dessen End- spitze nach dem äusseren oder lateralen Rande als laterale Borsten (LB) fortzusetzen. Die Borsten dieser Hauptreihe (Taf. IV, Fig. 2,5, RR) stehen am Schaft und am proximalen Abschnitt des Endopoditen sehr dicht und sind lange, anihrem Ende /-förmig gekrümmte Fiederborsten. Eine ganz besondere Grösse erlangen dieselben an dem winkelig nach aussen gebogenen Endglied des Endopoditen, dessen convexen Medialrand sie in fächerförmiger Ausbreitung umsäumen. Dieser mächtige, für die Beinpaare des trächtigen Weibchens charakte- ristische Borstenfächer (BF), welchen ich anfangs für einen Strudel- apparat zur Verstärkung der durch die Schwingungen der Beine erzeugten Wasserströmung zu beurtheilen geneigt war, bleibt im männlichen Geschlechte ganz rudimentär (Taf. IV, Fig. 3, 4), wie er auch im jugendlichen Alter überaus reducirt ist (Taf. III, Fig. 11, Taf. IV, Fig. Die wahre Bedeutung dieses Borstenfächers scheint demnach eine sexuelle zu sein, und in That ergiebt sich aus der Unter- suchung lebender, mit Larvenbrut erfüllter Weibchen, dass die medialwärts umgekrümmten Borsten eine Art Korb herstellen, weicher die Bruthöhle unbeschadet der durch schwache Auf- und Abwärtsbewegungen sämmtlicher acht der Schale anliegender Beinpaare regulirten Wasserströmung zwischen den Schalenlamellen (28) Zn u 40 u 0 Go A zen d 21 0 Du re Bl Ze A ne A Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 29 abschliesst und die Brut vor dem frühzeitigen Austritt aus dem Brutraume schützt. Von den beiden der äus:eren Fläche zugehörigen Borsten- reihen entspricht die mediale, welche wir als die Seitenreihe bezeichnen wollen, der am Taster der zweiten Maxillen beschrie- benen Aussenreihe. Die Borsten der Seitenreihe sind auch mit feinen Spitzen besetzt, erreichen aber kaum die halbe Länge der inneren Borsten, mit welchen sie sich bei ihrer schräg aufwärts nach dem Distalende der Extremität gerichteten Haltung unter spitzem Winkel kreuzen. Dieselben stehen in weiterem Abstande als jene und sind daher minder zahlreich, zumal sie schon am dritt. letzten Gliede der Extremität aufhören. Nur am achten Beinpaare reichen sie bis zum Endgliede, verlaufen hier auch mehr lateral- wärts über die Fläche des Endopoditen, an dessen Endgliede sie mit den lateralen Borsten zusammentreffen (Taf. IV, Fig.5 SR.). An demselben bleiben diese flächenständigen Borsten an Umfang nicht hinter denen der Hauptreihe zurück und bilden hier gewissermassen eine Art Gitter, welches den unter der Brustfläche zwischen den 8 Bein- paaren hergestellten Brutraum nach hinten abschliesst. Die dritte Borstenreihe (NR) entspringt lateralwärts von der Seitenreihe und besteht aus kurzen Stiftborsten, welche durch weite Spatien getrennt die Aussenfläche bedecken, am Endopoditen spärlicher werden und schon am drittletzten Gliede desselben nicht mehr nachweisbar sind. Es findet sich aber am Basalgliede der Schaftplatte sämmtlicher Beine noch eine vierte accessorische (zruppe sehr langer Borsten (ZB), welche 10 bis 12 an Zahl zwischen der Hauptreihe und Seitenreihe inserirt sind und nach dem Distal- ende des Gliedes zu continuirlich umfangreicher werden. Diese acces- sorische Borstenreihe dürfte vielleicht zur Enfernung der Detritus- massen, welche mit dem Wasserstrudel die mediane zwischen beiden Beinreihen befindliche Rinne durchsetzen, eine Beziehung haben, in- dem sie die Wirkung der Bewegung in dem Medianfelde verstärken. Bezüglich der Gliederung des Endopoditen vermag ich nach wiederholter Prüfung meine früheren Angaben in allen Punkten aufrecht zu erhalten. Das erste oder basale der fünf!) Endopoditen- !) Packard lässt die Extremität von Nebalia unrichtigerweise nur aus sechs Gliedern bestehen, bezeichnet den Exopoditen als Kieme, den Epipodialanhang als Flabellum und gibt den Anhängen meiner ihm bereits bekannten Zurückführung gegenüber, eine incorrecte Deutung mit Beziehung auf die des Schizopodenbeines. Dagegen zeigt das Schema, welches Boas vom Nebaliabeine abgebildet hat, meiner früheren Darstellung (l. c. Fig. 10) entsprechend, die sieben Glieder richtig an. (29) 30 C. Claus: glieder erscheint nur durch eine schwache Einkerbung vom zweiten Schaftgliede, in dessen Verlängerung dasselbe liegt, abgegrenzt und nach dem Distalende merklich verjüngt. Meist beobachtet man in der Mitte der langgestreckten, mit zahlreichen Borsten der Haupt- reihe besetzten Randes einen Einschnitt, welcher eine Sonderung in zwei Glieder andeuten könnte. Von den vier kürzeren nachfolgenden Gliedern sind lediglich die drei oberen an allen Beinen in ganzer Breite abgesetzt und mit besonderen Muskeln zur Bewegung des Endgliedes und dessen Borstenfächers versehen. Das auf das basale folgende zweite Glied ist mit 9 bis 10 Borsten der Hauptreihe besetzt, deren Zahl am letzten und an den beiden vorderen Beinpaaren auf sieben herabsinkt. Das dritte Glied trägt 4 bis 5, an den beiden vorderen Beinpaaren sogar nur 3 oder 2 Borsten der Hauptreihe und ist das kürzeste von allen, das nachfolgende vierte etwas längere Glied trägt 3 bis 5 Randborsten der Hauptreihe, unterscheidet sich aber noch durch den Besitz von äusseren Lateralborsten, deren Zahl an den beiden vorderen Beinpaaren sich auf fünf erhebt, an den nach- folgenden aber auf vier, drei (Taf. IV, Fig. 2 LB) und am letzten Paare auf zwei herabsinkt. Nur das vordere Beinpaar (Taf.IIl, Fig.10) trägt auch am Aussen- rande des drittletzten Gliedes eine Borste und ist überhaupt durch die grösste Zahl von lateralen Randborsten ausgezeichnet, dieauch am letzten Gliede in mehrfacher Zahl auftreten. An dieser Eigen- schaft, sowie an der geringen Grösse des drittletzten Endopoditen- gliedes ist das vordere Beinpaar kenntlich, wogegen sich das letzte (3.) Paar durch den dichten, flächenständigen Borstenkamm der Seitenreihe, sowie durch die Kürze des Endopoditen und die Reduc- tion der Epipodiallamelle auszeichnet. Auch sind hier stets die vier Endglieder des Endopoditen scharf von einander abgesetzt, wohl in Folge der Verlängerung der Muskelgruppen, welche sich vom Endgliede bis zur Grenze des vom Stamme nicht abgegrenzten Basalgliedes erstrecken (Taf. IV, Fig. 6). Während sich die nordische Nebalia bipes in Form und Borstenbesatz der lamellösen Brustfüsse eng an die mediterrane Nebalia-Art anschliesst,, bietet die Gattung Paranebalia mehr- fache Besonderheiten ihrer Brustgliedmassen, durch welche die Beziehung zu den Extremitäten der Schizopoden eine noch nähere wird. Nicht nur, dass die Endopoditen hier gestreckter sind und beträchtlich über den Schalenrand hinaus vorragen, auch die Borstenstellung derselben, obwohl nach denselben Reihen wie bei (30) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 3l Nebalia geordnet, zeigt eine viel grössere Aehnlichkeit mit der des Euphausidenbeines. Nach der Meinung von G.O. Sars ist dieselbe „more adapted for direct prehension of the food“.!) Dazu kommt die entsprechende Verlängerung des Exopoditen zu einer schmalen dem Schwimmfussast des Schizopodenbeines ähnlichen Geissel und die beträchtliche Reduction der Epipodialplatte zu einem schmalen Kiemenanhang. Die Beschreibung, welche @. O. Sars von den Brustgliedmassen der Paranebalia gegeben hat, kann ich nach eigenen Untersuchungen als im Allgemeinen richtig bestätigen. Neben den drei mächtig entwickelten Borstenreihen ist jedoch am Grundgliede des Stammes auch die Gruppe der Zwischenborsten, welche jenem Autor entgangen ist, vorhanden. Sodann sind die Glieder des Endopodites keineswegs „very imperfectly defined“, sondern an allen Beinen wenigstens die drei lateralwärts gebeugten letzten Glieder scharf abgesetzt und das viertletzte Glied wenigstens er- kennbar begrenzt. Der laterale als Strecker fungirende Längs- muskel (LM) erstreckt sich in sämmtlichen Endopoditen wie bei Nebalia im Endopoditen des letzten Beines bis zur unteren Grenze des viertletzten Gliedes, nicht aber, wie in der Abbildung von Sars unrichtiger Weise dargestellt ist, über diese Grenze hinaus in den Schaft hinein. Am letzten Beinpaare erscheint auch die Grenze dieses Gliedes scharf abgehoben und die des vorausgehen- den ersten Endopoditengliedes gegen das zweite Stammglied so deutlich markirt, dass man hier ausser den beiden Abschnitten des Schaftes die fünf (nicht sechs) Endopoditenglieder sehr gut zu unterscheiden vermag. Ob die am Endgliede des letzten Bein- paares in der That vorhandene kurze Dornborste im Sinne einer Endklaue gedeutet werden darf, mag dahin gestellt bleiben. Ueberraschen muss es nur, dass G. O. Sars trotz dieser von ihm selbst nachgewiesenen grossen Uebereinstimmung die nähere Beziehung von Nebalia zu den Schizopoden nicht acceptirt und durch die Thatsache zurückweisen zu können vermeint, dass dieselben Theile?), wie Endopodit, Exopodit und Epipodit in sehr verschiedenen Crustaceengruppen und auch bei den Branchiopoden nachzuweisen seien. Als wenn durch diese in der That zutreffende und in früheren Abhandlungen von mir eingehend erörterte Zu- rückführung der so mannigfach modifieirten Crustaceengliedmassen auf eine gemeinsame Grundform die viel nähere und unmittelbare Beziehung des Nebaliden- und Schizopodenbeines wiederlegt würde ! nr, lc, pag. 16, 1/, Taf, II, Fig. 2, 3. 4. ?) Derselbe, 1. c., pag. 34. (31) 32 C. Claus: Sehr bedeutend differiren die Beine der kürzlich erst bekannt gewordenen von Nebalia und Paranebalia weiter abstehenden Neba- liopsis, indem dieselben bedeutend vereinfacht sind und oval- gestreckte Lamellen darstellen, deren mit Borsten besetzter Innen- rand nach @. 0. Sars’!) Beschreibung keine weitere Gliederung erkennen lässt, während sich Epipodit und Exopodit auf schwache Lappen reduciren. Die sechs Pleopodenpaare. Von den sechs Beinpaaren des Abdomens sind die vier vor- deren Paare, welche an sehr umfangreichen noch von der Schale über- deckten Segmenten entspringen, zweiästige Ruderfüsse, während die beiden letzten einästig bleiben. Jene schliessen sich in ihrem Baue den Pleopoden der Malacostıaken an und bestehen wie diese aus einem langgestreckten zweigliederigen Schafte mit ganz kurzem Grundgliede und aus zwei langen schmalen, mit Dornen besetzten Ruderästen (Taf. IV, Fig. 3). Dazu kommt noch an der Medialseite des kurzen Grundgliedes des Innenastes ein fingerförmiger, mit vier Häkchen besetzter Anhang (Ret.)}, welcher sich mit dem der anderen Seite zusammenlegt und durch diese Vereinigung die Conformität der Bewegungen des rechten und linken Beines sichert. Diese von mir als Retinacula be- zeichneten Gebilde sind bekanntlich auch bei den Stomatopoden, Amphipoden, Schizopoden, vielen Decapoden und deren Larven (Megalopa)?) nachgewiesen worden. In den Besonderheiten des Baues dieser Gliedmassen stimmen Weibchen und Männchen im Wesentlichen überein, während an den einzelnen Paaren be- merkenswerthe Abweichungen auftreten. Für das vordere Paar ist die bedeutendere Streckung des schlanken, seitlich etwas ge- schweiften Schaftes, sowie besonders die dichte Stachelreihe, welche den lateralen Rand des Aussenastes besetzt, charakteristisch Ve u Et Diese Stacheln verhalten sich im männlichen und weiblichen Geschlechte verschieden. Bei den Weibchen (Taf. V, Fig. 3) und jugendlichen Männchen sind dieselben, besonders nach der Basis des Astes hin, beträchlich länger und enden mit drei Spitzen, während sie beim reifen Männchen kurze und einfache Spitzen darstellen. Das zweite und dritte Paar stimmen nahezu überein, der Schaft derselben ist eylindrisch und mit mehreren Borstengruppen !) Derselbe, 1. c.,, psg. 26, Dar. II, Ey 2 ?) C. Claus, Crustaceensystem ]. c., pag. 23. Ferner, Neue Beiträge zur Morphologie 1. c., pag. 39. (32) Dal. zen Au u u A Mn A Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 33 besetzt; die Bewaffnung am lateralen Rande des Aussenastes wird am zweiten Paare durch 7, am dritten durch 8 gabelförmig gestellte Dornpaare nebst Zwischenborsten hergestellt. Sodann folgen noch drei nebeneinander entspringende terminale Dornen. Der me- diale Rand des Aussenastes, sowie beide Ränder des schmäleren und länger gestreckten Innenastes, an dessen kurzem Grundgliede das Retinaculum entspringt, tragen wie am ersten Beinpaare lange, gefiederte Schwimmborsten. Das vierte Beinpaar wird von den vorausgehenden durch einen breiteren und gedrungeneren Schaft mit grob gezacktem Aussenrand unterschieden, Der Borsten- besatz der beiden Aeste stimmt mit dem des dritten Paares über- ein. Der Innenast endet wie dort mit einem langen Dorn; zwischen beiden Aesten findet sich ein blattförmiger zugespitzter Integu- mentfortsatz, welcher auch an den vorausgehenden Beinpaaren vor- handen ist. Obwohl sich die vier so gestalteten Beinpaare des Abdomens eng an die Pleopoden der Malacostraken anschliessen und geradezu als solche bezeichnet werden können, bieten sie doch, wie ich be- reits in meiner früheren Abhandlung!) dargethan habe, einige Be- sonderheiten, durch die wir unverkennbar an die Copepodenfüsse erinnert werden. „Nicht nur, dass die mächtigen Schäfte eines jeden Paares medianwärts mittelst eines wirbelartigen Zwischengliedes untereinander zu gemeinsamer Leistung verbunden sind und die Schwimmfussäste in Form und Bewaffnungsweise manche Aehnlich- keit mit den Ruderfüssen der Copepoden darbieten, auch die Bewegungsart der kräftigen Beinpaare, durch deren Ruderschläge der Körper in hüpfenden Bewegungen fortgeschnellt wird, wiederholt täuschend die Lo- comotion von Gyelops“. Hätte G. O. Sars, bevor er seinenReportofthePhyllo- cariden schrieb, den Inhalt meiner vor 11 Jahren veröffentlichten Untersuchungen über das Crustaceensystem, auf welche er schon durch die von ihm benützten Schriften Packard’s und Boas’ verwiesen worden war, nicht völlig igrorirt, so würde er schon aus dem citirten Passus darüber belehrt worden sein, dass mir der Ver- gleich der Nebaliden mit den Copepoden keineswegs fremd geblieben ist, und dass ich doch wohl eine Ahnung von der Aehnlichkeit („aware of this unmistakable resemblance“) gehabt haben möchte. Er würde dann wohl auch die Gründe kennen gelernt haben, wesshalb ich 1) C. Claus, Crustaceensystem ]. c., pag. 25. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft 1. 3 (83) 34 C. Clans: diese Aehnlichkeit nur als eine mehr äusserliche und ganz secundäre zu beurtheilen vermochte und dann vielleicht bei näherer Bekannt- schaft mit dem in jenem Werke versuchten Nachweise der genea- logischen Verwandtschaft zwischen den verschiedenen Crustaceen- zweigen nicht nur vor seiner Zurückführung der Nebalia auf ein „eopepodiform Branchiopod“, sondern auch vor der in der That er- staunlichen Entdeckung, nach welcher der Mittelleib oder Thorax der Copepoden „undoubtedly“ dem Abdomen der höheren Crustaceen entspreche und der bisher missverstandene Copepodenbau erst jetzt seine wahre Deutung erhalte, bewahrt worden sein. Mag auch, wie ich selbst ausdrücklich betont habe, eine Aehnlich- keit zwischen den Pleopoden von Nebalia und den Beinen der Copepoden bestehen, so ist doch die Uebereinstimmung mit den Pleopoden der Malacostraken eine viel grössere, so dass ich dieselben mit Recht in unmittelbarem Vergleiche mit den Abdominalfüssen !) der Am- phipoden und deren Abschnitten beschreiben konnte. Jene Aehnlichkeit aber, die besonders an jugendlichen Formen mit noch kurzen Ruderästen hervortritt, erklärt sich in der bereits an anderen Orten dargelegten Weise aus der Zurückführung der Pleopoden und Ruderfüsse auf eine gemeinsame Grundform. ?) Nebalia und Paranebalia stehen sich im Bau der zwei- ästigen Pleopoden ausserordentlich nahe, so dass selbst die beson- deren Unterscheidungsmerkmale der einzelnen Paare, wenigstens des ersten von den nachfolgenden Paaren auch bei dieser wieder- kehren. Auch die Retinaculahäkchen sind in beiden Gattungen überaus ähnlich. Nur die Ruderäste sind etwas kürzer und ent- sprechen jugendlichen Stadien von Nebalia mit einer geringeren Zahl von Stachelgruppen und Randborsten. An den 1!/, Mm. langen Larven von Nebalia ist das vierte der zweiästigen Pleopodenpaare noch unentwickelt und liegt in Form !) Vergl. C. Claus, Ueber den Bau und die Stellung von Nebalia 1. c., pag. 327. Wenn G. O. Sars meine Worte : „Diese (die zweiästigen Ruderfüsse) bestehen wie die Afterfüsse (Pleopoden) der Amphipoden aus einem langgestreckten Grundgliede und zwei schmalen und langen mit Dornen und Borsten besetzten Ruderästen etc.“ damit zu wiederlegen glaubt, dass er die Abdominalfüsse auf die Springfüsse beschränkt und dann sagt: „To compare then (the pleopoda) to the caudal limbs or the so called saltatory legs in the Amphipoda, as proposed by Prof. Claus, is I think objectionable, since the latter limbs belong to a different division of the body and more properly answer to the rudimentary caudal limbs in Nebalia“, so mag er die Sophistik einer solchen Beweisführung vor dem urtheilsfähigen Leser selbst verantworten. Von den Springfüssen war gar nicht die Rede. 2) C, Claus, Neue Beiträge zur Morphol. 1. c., pag. 38. (34) y FR EV EN N E “ L ’ u rn. u er ee m n u a Pt Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 35 zweier glattrandiger, auf kurzem Basalstücke entspringender Blätter dem Segmente angefügt (Taf. I, Fig. 3). Die vorausgehen- den drei Paare zeigen bereits die besonderen Merkmale des ausgebil- deten Zustandes ausgeprägt, wenn auch die Zahl der Borsten und Stacheln an den noch sehr kurzen Aesten eine sehr geringe ist. Die beiden nachfolgenden, einfacher gebauten Beinpaare sind als auf einer früheren Entwicklungsstufe zurückgebliebene Pleopoden zu betrachten, bei denen es überhaupt nicht zur Anlage zweier Aeste gekommen ist. Man wird es daher begreiflich finden, dass dieselben den rudimentären Copepodenfüsschen ähnlich erscheinen, welche aus der gleichen Anlage derselben Grundform entstanden, bei vielen Gattungen dieser Entomostraken einästig bleiben. Das vordere der beiden Paare ist stets zweigliederig und trägt auf kurzem Basalgliede ein langgestrecktes zweites Glied, an dessen medialem Rande sich eine Reihe von Borsten erhebt, während der laterale Rand mit Stacheln und zwischenstehenden Borsten bewaffnet ist. Die Basalglieder beider Beine stossen median fast zusammen und werden am Grunde von einem kurzen spitz zu- Jaufenden Integumentfortsatze des Segmentrandes bedeckt (Taf. V, Fig. 6). Im männlichen Geschlechte sind die Stacheln des länger gestreckten Beines auf die distale Hälfte beschränkt (Taf. V, Fig. 4). Das zweite der rudimentären Pleopodenpaare reducirt sich beim Weibchen auf ein einziges, mässig getrecktes Glied mit nur wenigen Borsten am Medialrand und vier lateralen, sowie einem terminalen Stacheldorn (Fig.7). Auch an diesem Füsschenr- paare fällt die mediale Lage und das Vorhandensein einer drei- seitigen Deckplatte als Fortsatz des Segmentrandes auf. Im männ- lichen Geschlechte besteht aber auch dieses Fusspaar, wenigstens am geschlechtsreifen Thiere, aus zwei @rliedern und ist wie das vor- ausgehende Paar grösser und länger gestreckt als beim Weibchen und mit zahlreicheren Seitenstacheln bewaffnet (Fig. 5). Bei Paranebalia scheinen die beiden rudimentären Pleo- podenpaare im Wesentlichen mit denen jugendlicher Nebalien über- einzustimmen. Das vordere wurde von Willemoes-Suhm gewiss richtig zweigliedrig dargestellt, während die Abbildung von Sars das Basalglied vermissen lässt. Ein ausreichender Grund, dieses letzte Paar dem von mir als Gliedmassenrudiment betrachteten Fortsatze am Genitalsegmente der Copepoden speciell homolog zu stellen, liegt nicht vor. 3* (35) 36 C. Claus: Das Ende des Abdomens und die beiden Fureal- glieder. Die zwei gabelförmig gestellten Stäbe, in welche das After- segment des Abdomens ausläuft, gleichen auffallend, besonders im Larvenalter, der Copepodenfurca, in späteren Zuständen mehr den jenen gleichwerthigen Caudalgabeln von Branchipus und anderer Pbyllopoden. Die Furcalstücke der Larve sind nur wenig länger als das Aftersegment und am zugespitzten Ende mit einer sehr langen und einer kurzen Borste besetzt, während über den Lateralrand 5 Dornen vertheilt sind und am Medialrand 3 Dornen und mehrere zarte Borsten stehen. In den nachfolgenden Jugendstadien wird mit dem fortschreitenden Wachsthum der Caudalanhänge die Zahl der Seiten- borsten und Dornen eine immer grössere. so dass wir am ausge- bildeten Thiere den Laateralrand in ganzer Länge mit Stacheldornen, den Medialrand mit einer Reihe von langen Fiederborsten und ventralwärts von denselben mit einer zweiten Reihe in etwas weiteren Abständen gestellter Dornen besetzt finden. An der Ventralfläche begleiten grosse Poren als Ausmündungsöffnungen von Drüsenschläuchen die lateralen Stacheln, welche am Distal- ende länger werden und continuirlich zu den langen Terminal- dornen hinführen. Auffallend länger und gestreckter gestalten sich die Caudal- glieder des Männchens, indem sie hier fast die Länge der drei letzten Abdominalsegmente erreichen und mit einer weit grösseren Zahl lateraler und medialer Borstenanhänge besetzt sind. Ueber die Beziehung der ähnlich wie bei Branchipus als Schwanzflosse beim Schwimmen bedeutungsvollen Furcal- oder Caudalglieder zur Furca der Copepoden und der dieser gleichwerthigen Schwanz- flosse von Branchipus und der Phyllopoden dürfte wohl keine Meinungsdifferenz unter den Autoren bestehen. Aber diese auch von mir niemals bestrittene Gleichwerthigkeit beweist für sich gar nichts für die Zugehörigkeit von Nebalia zu den Phyllopoden, ebenso- wenig wie sie die aus dem Gesammtorganismus hervorleuchtende viel engere Verwandtschaft mit den Malacostraken zu widerlegen vermag. Denn wenn auch ein Telson im Sinne der Decapoden, Schizopoden oder Cumaceen nicht vorhanden ist, so bleibt doch die morphologisch erwiesene Ableitung desselben aus dem Hinter- leibsende Phyllopoden-ähnlicher Formzustände in Anschlag zu bringen. Wenn G.O.Sars meine, ihm auffallenderweise bekannte, (36) ’ Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 37 Hypothese, nach welcher die zwei letzten Abdominalsegmente nebst den Caudalanhängen der Nebalia dem Telson der Malacostraken entsprechen, „very unreasonable“ findet, so hätte er die zur Stütze derselben herangezogenen Gründe, anstatt über sie einfach hinwegzu- gehen, widerlegen sollen. Indessen sind ihm dieselben, da er den Inhalt meiner bezüglichen Schriften über Nebalia und das Crustaceensystem ignorirt, wahrscheinlich ganz unbekannt. Im anderen Falle hätte er doch wissen müssen, dass auch an den Protozo&a-Larven vonSergestesundPenaeusdas Abdomen phyllo- podenähnlich endet, und dass sich der Terminalabschnitt desselben mit diesen Furcalfortsätzen erst später zum Telson umgestaltet. Ohne von diesen und von einer Reihe anderer auf jene Frage bezüglichen Thatsachen Kenntniss zu haben, wird man freilich leicht meine Ableitung „unreasonable“ nennen, weil man dieselbe zu verstehen, geschweige denn zu beurtheilen gar nicht in der Lage ist. Ich habe es daher nicht nöthig, dieselbe der absprechen- den Meinung von Sars gegenüber hier nochmals zu vertheidigen, sondern kann mich darauf beschränken, auf die Erörterurgen zur Begründung derselben in früheren Arbeiten !) hinzuweisen. Die Schale. Um die dünnhäutigen Schalenklappen, welche nicht nur Kopf- und Brust, sondern auch die vorderen Segmente des Abdomens umschliessen, ihrem morphologischen Werthe nach richtig zu beur- theilen, haben wir uns den wichtigen und wie ich glaube von mir durch ausreichende Gründe gestützten Satz?) zu vergegenwärtigen, nach welchem die Panzerduplicaturen der Malacostraken und die Schalenbildungen der Entomostraken von dem gleichen Ausgange abzuleiten sind und einander homologe Körpertheile darstellen. Sowohl an Entomostrakenlarven, als an Metanauplius- larven von Malacostraken (Euphausia, Penaeus) treten die- selben als dachförmige Integumentduplicaturen am Rücken und an der Seite der Maxillarregion hervor, und bleiben entweder auf diese Anlage beschränkt, um im Laufe der Entwicklung wiederum rückgebildet zu werden (Copepoden) oder breiten sich über einen grösseren oder geringeren Theil des Mittelleibes und Hinter- leibes, beziehungsweise, wie bei den meisten Entomostraken, zugleich nach vorn über den Kopf vorwachsend aus. ‘) Vergl. C. Claus, Untersuchungen über das Crustaceensystem 1. c., pag. 12, und 26, ferner Nene Beiträge, pag. 88. ”) Claus, Crustaceensystem |]. c., pag. 9, 77. (37) 38 C. Claus: Nur ausnahmsweise, wie an der Metanauplius- und Zo&alarve der Euphausiden, ist die letztere Wachsthumsform auch an der zum Schalenpanzer sich gestaltenden Integumentduplieatur von Mala- costraken nachweisbar. In dem erwähnten Falle wiederholen die grossen flügelförmigen Hautduplicaturen, an deren Seiten sich nahe dem Vorderende sogar die Einschnitte wiederfinden, welche wir an manchen Entomostrakenschalen, z. B. der Cypridinen, beob- achten, die tiefer stehenden für die Entomostraken charakteristischen Schalenbildungen, neben welchen noch das Vorhandensein der fron- talen Sinneszapfen und die Phyllopoden-ähnliche Gestaltung der acht Brustbeinpaare auf die tiefe und weit zurückreichende Stellung dieser Schizopodengruppe hinweist. Noch ursprünglicher und der Ento- mostrakenschale näher stehend verhält sich freilich die Schalen- duplicatur der Nebaliden, und zwar auf Grund zweier wichtiger Eigenthümlichkeiten, des Vorhandenseins eines Schalenmuskels und .einer lamellösen beweglich abgesetzten Kopfklappe. Der als Adductor wirkende Schalenmuskel der Maxillarregion entspricht nach Lage und Function dem Schalenmuskel der Ostra- coden und Estherien. Gleichwohl würde es unzulässig sein, aus dem Vorhandensein desselben auf die Zugehörigkeit der Nebalia zu den Phyllopoden zu schliessen. Der dem vorderen Maxillar- segmente gehörige Schalenmuskel begründet keineswegs schlechthin einen Phyllopodencharakter, sondern weist lediglich auf eine vielen Entomostraken gemeinsame ursprüngliche Verbindungsweise der Schalenklappen hin, welche bei den Malacostraken bislang nicht beobachtet wurde. Damit ist aber noch durchaus nicht bewiesen, dass nicht auch bei Malacostraken und insbesondere bei solchen Schizo- poden, deren Schalen sich frei über dem Rücken des Thorax aus- breiten, ohne mit den Segmenten desselben verwachsen zu sein, Ueberreste des Schalenmuskels vorhanden sind und bei sorgfältiger Untersuchung noch aufgefunden werden. Wären dieselben aber auch in keinem Falle bei Malacostraken mehr nachweisbar, so würde doch, zumal auch bei vielen Phyllopoden kein Schalenmuskel mehr vorhanden ist, aus dem Besitze eines solehen bei Nebalia nicht mehr gefolgert werden dürfen, als dass sich in dem Schalen- muskel ein alter ursprünglicher Charakier der Protostraken vererbt und erhalten hat. Eine zweite, dem Alter nach weit zurückreichende und deshalb nicht minder bedeutungsvolle Eigenthümlichkeit liegt in dem Besitze der unpaaren vorderen Klappe, welche bei keinem Phyllopoden angetroffen wird, und somit wiederum die Nebaliaschale zu den (38) r A 2 0 2 a Ze ZU 2, sa Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 39 Schalen jener Entomostraken in einen Gegensatz bringt. Diese die Stielaugen bedeckende und schützende Klappe (K) ist vom Rückenintegument, in welchem beide Schalenklappen zusammen- laufen, beweglich abgesetzt und als Hautduplicatur von gleicher Structur, als unpaarer medianer Abschnitt, gewissermassen als dritte nach vorn gerichtete Schalenklappe zu betrachten. Die wie in einem Öharniergelenke erfolgende Hebung und Senkung der- selben wird nicht durch besondere Muskeln, sondern indirect durch die Hebung des Vorderkopfes sowie der Augen und Vorder- fühler vermittelt. Ein Vergleich der Klappe mit dem Rostrum der Copepoden erscheint daher eben so unzutreffend als ein solcher mit dem Rostralfortsätzen am Panzer zahlreicher Malacostraken. Eine diesen entsprechende Bildung findet sich überdies unter der Klappe als ein in zwei Stacheln (St) auslaufender Kopfhöcker. Die Sars’sche Homologisirung der Nebaliaschale mit dem seit- lichen Integumentsaum am Cephalothorax der Harpacticiden muss daher um so mehr als eine verfehlte bezeichnet werden, als von jenem Autor dem Rostrum der Harpactieiden irrthümlich eine ähnliche Beweglichkeit beigelegt wurde. Dagegen tritt die gleiche bewegliche, vom Rostrum ganz verschiedene Kopfklappe an der Schale der paläozoischen Ceratiocariden auf, welche neben der gesammten Körpergestaltung und der Endigungsweise des Hinterleibes diesen Charakter mit den jetzt lebenden Nebaliden gemeinsam haben. Ich theile vollkommen die von Packard aus- gesprochene Meinung, nach welcher der beweglichen Kopfklappe der Werth eines wesentlichen diagnostischen Merkmales der beide Crustaceengruppen vereinigenden Ordnung zukommt. Ich bezeichne die Klappe als Kopfklappe, weil sie dem vor- deren beweglich abgesetzten Kopfabschnitte, welcher die beiden Antennenpaare trägt, als schützende Deckplatte aufliegt. Dabei übernimmt ein paariger Stirnstachel, den man seiner Lage nach als Rostralstachel zu bezeichnen wohl berechtigt ist, die Rolle, mit Hilfe eines bemerkenswerthen Mechanismus die den Bewegungen der Augen und Fühler zweckmässig entsprechenden Lageveränderungen der Kopfklappe zu sichern. An der dorsalen Seite des Vorderkopfes über der Insertion des Fühlerpaares erhebt sich nämlich ein nach den Seiten dachförmig vorspringender und die Basis der Augen überwölbender Kopfhöcker (Kh), welcher in zwei langausgezogene Stirnstacheln (St) ausläuft (Vergl. Taf. V, Fig. 8, 9, 10, KhSt; ferner Taf. VII, Fig. 1, 2, Kh). Die medialen, parallel und geradlinig nach vorn gerichteten Ränder beider Stirn- (39) 40 Q, Olans: stacheln umgreifen nun mittelst einer rinnenförmigen Vertiefung die in entgegengesetzter Richtung nach oben umgebogenen Seiten ränder eines basalen Wulstes (W) der Kopfklappe, so dass sie wie auf einer Schiene bei der Bewegung des Schnabels vorwärts und rückwärts laufen und gleichzeitig die Verbindung der Klappe sichern. Die wulstförmige Auftreibung, welche sich an der Unter- fläche der Kopfklappe erhebt, erscheint mit Fettkugeln enthaltendem Bindegewebe ausgefüllt und einem weichen Polster vergleichbar, dessen Seiten den Haltapparat bilden, an welchem die Stirnstacheln bei Hebung und Senkung des Kopfes mit seinen Anhängen und ent- sprechendem Heben und Senken der Klappe wie auf Schienen vor- wärts und rückwärts gleiten (Taf. I, Fig. 1u.2). Bei Parane- balia, deren Untersuchung mir die zuvorkommende Güte des Herrn J. Murray durch Zusendung einiger wohl erhaltener Exemplare der Challenger Expedition ermöglichte, fehlt diese Einriehtung. Es finden sich hier weder die Rostralstacheln noch der Klappenwulst, und die Kopfklappe repräsentirt eine einfache in einen terminalen Stachel auslaufende Platte. Wie sich aus der feineren Structur der Schale ergibt, welche. mit der des Exopoditen und Epipoditen der Brustbeine im Wesent- lichen übereinstimmt, hat die Schale neben der Bedeutung als passives Schutzorgan zugleich eine entschieden respiratorische Function. Schon in einer früheren Abhandlung habe ich auf das Vor- handensein zweier seitlicher Blutcanäle und eines mit jenen durch ein dichtes Netzwerk engerer Gänge verbundenen Mediancanals hingewiesen und gezeigt, dass das Blut vom Herzen aus eintritt, um in rückströmender Bewegung in den Mediancanal zu gelangen und von diesem aufwärts in den Pericardialsinus des Herzens zurückzufliessen, ähnlich wie sich der Kreislauf auch in der Schalen- duplicatur der Mysideen und Stomatopoden verfolgen lässt, während in der breiten Kopfklappe das Blut in einem Median- canal aufwärts bis zur Spitze emporströmt und durch netzförmige Anastomosen in seitliche Canäle abfliesst. Integument, Bindegewebe, Fettkörper. Das Körperintegument bietet keine auffallenden Besonder- heiten, welche eine eingehendere Darstellung erforderlich machten und schliesst sich den bekannten Verhältnissen anderer Urustaceen an. Soweit die Schalenklappen den Körper bedecken, ist die Chitin- haut dünn und glatt. An den vorderen Abdominalsegmenten beginnt dieselbe stärker zu werden und eine polygonale Sculptur (40) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 41 zu gewinnen, deren Begrenzung die der unterliegenden Matrikal- zellen wiederholt. Es sind quergezogene, rautenförmige, vier- bis sechsseitige Felder, welche eine fast schuppenähnliche Zeichnung bedingen und an ihren Grenzen durch Reihen vorspringender Höckerchen wie gezackt erscheinen (Taf. XI, Fig. 1a). Am dritten und vierten Abdominalsegmente wird die Cuticula schon derber, und auch über die Fläche der Felder zerstreut er- heben sich zarte Spitzen, welche der Cuticula ein überaus fein- körniges granulirtes Aussehen verleihen (Fig. 1b). Ganz ähnlich verhält sich das Integument der Abdominalfüsse und der Schale, doch erscheint an dieser die Granulirung mehr gleichmässig, da die Höckerchen an den Grenzen der polygonalen Felder nicht wie im ersteren Falle durch beleutendere Grösse hervortreten. Dazu kommt noch das Vorhandensein kleiner, über die Oberfläche der Schale zerstreuter Porencanäle, welche in der Nähe der Schalen- ränder, an dem dreiseitigen Schilde zwischen den Vorderantennen und auf der Kopfklappe dichter und regelmässiger auftreten. Die be- deutendste Stärke und eine incrustrirte Beschaffenheit zeigt der Hautpanzer an den frei vortretenden Abdominalsegmenten und an den Furcalgliedern, deren Integument ebenso wie das der voraus- gehenden Segmente reich an Kalksalzen ist. Die Contouren der poly- sonalen Felder sind hier schärfer umschrieben und durch breite, starke lichtbrechende Zonen bezeichnet, in welche auch die ziemlich dicht und regelmässig vertheilten Porengänge hineinfallen (Fig. e). An der Ventralfläche der Furcalglieder finden sich noch längs jeder lateralen Hakenreihe sehr weite Poren als Oeffnungen schlauch- ’förmiger Hautdrüsen (Fig. 1d). Einen sehr zierlichen Schmuck, aber auch einen gewissen Schutz für das Abdomen, gewähren Reihen zahnförmiger Fort- sätze der Öhitinhaut, durch welche der vorspringende Hinterrand der Abdominalsegmente sägeartig gezackt erscheint. Nur das erste und letzte der Segmente entbehrt dieses Besatzes, und am zweiten bleibt derselbe auf die Dorsalseite beschränkt. Die gleiche Zähnelung wiederholt sich auch bei der nordischen Nebalia bipes an denselben Abdominalsegmenten, während sie bei Paranebalia longipes aufdas vorletzte und drittletzte Segment, bei Nebaliopsis auf die drei dem Endsegmente voraus- gehenden Abdominalsegmente beschränkt ist. Dass @. O. Sars unter den Argumenten, auf welche er die Homologie der drei hinteren Abdominalsegmente der Nebaliden mit dem Abdomen _ der Copepoden stützen zu können vermeint, auch auf diese (41) 42 ®, Clans: Zähnelung Rücksicht nimmt und sich auf die ähnliche „denticulate armature“ am Hinterrande der Abdominalsegmente von Harpac- ticiden beruft, muss einen geradezu befremdenden Eindruck machen, als wenn diese so häufig bei kleinen Crustaceen auftretende Inte- gument-Bewaffnung, welcher als secundäre Anpassung eine höchst untergeordnete Bedeutung zukommt, einen Charakter von morpho- logisch bestimmendem Werth abgeben könnte. Am schönsten weist man die Sculptur an abgestreiften Häuten nach, deren Untersuchung auch zur Constatirung einzelner Detail- verhältnisse des Körperbaues und der Gliedmassengestaltung anzu- empfehlen ist und werthvolle Aufschlüsse gibt. Bezüglich der als Matrix der Cuticula fungirenden Hypodermis, deren Zellengrenzen an frisch gehäuteten lebenden Exemplaren als den polygonalen Feldern der Cuticula entsprechend recht deutlich erkannt werden, kehren ähnliche Verhältnisse wieder, wie ich sie für Branchipus!) und Verwandte näher dargestellt habe. Auch bei den Nebaliden findet die Ausscheidung der erhärtenden Chitinsubstanz nicht nur an der Aussenseite der Zellen zur Her- stellung des oberflächlichen Cutieularparzers statt, sondern an zahlreichen Territorien des Körpers, und besonders da, wo zwischen Integumentduplicaturen oder nahe aneinander liegenden Hautaus- breitungen nur enge Spalträume der Leibeshöhle als Blutlacunen zurückbleiben, werden die säulenförmig verlängerten Hypodermis- zellen grossentheils zu chitinösen Fasern und Bälkchen verbraucht, welche als Connectivfasern zur Stütze und Begrenzung der mit Blut gefüllten Lücken dienen. In grosser Ausdehnung findet sich aber in der Tiefe der Hypodermis eine zweite dünne Chitinhaut abgeschieden, welche als Basalmembran (Taf. XI,Fig. 11 Bm) die Festigkeit des Hautgewebes wesentlich unterstützt. Dieselbe wieder- holt sich auch an den durch Einstülpungen der Haut erzeugten Darmabschnitten, sowohl am Mund- als am Afterdarm, an welchem sie die äussere von Quermuskelreifen überkleidete Grenzmembran des hohen Epithels bildet. Sowohl am äusseren Integument als an gleichwerthigen Hautbildungen dieser Darmabschnitte durchsetzen die Sehnenfasern der herantretenden Muskeln die äussere Grenz- membran, um zwischen den Hypodermiszellen hindurchzustrahlen und an der viel stärkeren, geschichteten Cutieula, beziehungsweise Intima ihren Ansatz zu nehmen (Taf. XI, Fig. 7). !) C. Claus, Untersuchungen über die Organisation und Entwickelung von Branchipus und Artemia, Arbeiten aus dem zool. Institute in Wien 1886. Tom. VI, pag. 20—25. (42) | Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 43 Mit diesen bereits vom Gewebe der Bindesubstanz nicht streng abzugrenzenden Bildungen der Haut treten an vielen Stellen die mächtig entwickelten Bindegewebsnetze der Leibeshöhle in Berührung. Es ist das gleiche zellige Bindegewebe, wie das im Körper anderer Crustaceen, sowohl von Branchipus und Artemia als Asellus und Gammarus verbreitete Zellengewebe, welches in derselben Weise Träger von Fettanhäufungen wird und mit Rücksicht auf diese an vielen Stellen als „Fettkörper“ bezeichnet werden kann. Am massigsten erscheint dasselbe in der Umgebung des Darm- canales entwickelt, welcher sammt den Leberschläuchen und Geni- taldrüsen in einen perienterischen, den grössten Theil der Leibes- höhle erfüllenden Fettstrang verpackt erscheint. Rechts und links entsendet der mit Fettkugeln dicht gefüllte Strang flügelförmige Fortsätze nach dem Integumente, unter welchem dieselben zwischen den dorsalen und ventralen Längsmuskeln des Rumpfes in eine kleinzellige, subdermale Bindegewebsschicht übergehen. In den letzten Segmenten des Abdomens entsendet dieselbe auch ventral und dorsal bis zum Integument reichende Ausläufer (Taf. XII, Fig. 6). In den Beine tragenden Segmenten des Abdomens Taf. XII, Fig.3), sowie im Thorax sind die ventralen Bindegewebsmassen durch die Ganglienkette, die dorsalen durch das Herz und die ara Blutsinus verdrängt, beziehungsweise ausgefüllt. In jenen Seg- menten reichen die seitlichen Ausläufer nicht bis zum Integu- ment, indem sich dieselben an der medialen Seite der vom Rücken der Segmente entspringenden, schräg absteigender Ex- tremitätenmuskeln befestigen (Taf. XII, Fig. 3). Aber auch hier grenzen sie die dorsalen von den ventralen Rumpfmuskeln ab und liegen dem quer ausgespannten Septum für die grossen Blutsinus der Leibeshöhle an. In der vorderen Brustgegend nähern sich die seitlichen Fortsätze, indem sie zum Rücken emporsteigen, dem Herzen, zu dessen Seiten der Jorsale Blutsinus beträchtlich ver- engert wird. In der vom Schalenmuskel quer durchsetzten Maxillarregion reiehen die Bindegewebsmassen dorsalwärts bis zum Integument (Taf. IX, Fig. 6 Bg), verschmälern sich aber zu den Seiten des Magens, durch (lie Muskeln der Kiefer verdrängt, zwischen welche sie zahlreiche Ausläufer entsenden (Taf. XI, Fig.8, 11 Bg). Auch in der Oberlippe, in den Mundesgliedmassen und Antennen, sowie in der Kopfklappe finden sich bindegewebige Zellennetze als Füllungs- masse zwischen Integuiment, Muskeln und Blutcanälen. In der polsterartig aufgetriebenen Basis der Kopfklappe (Taf. V, Fig. 10, 11, (43) 44 C. Claus: Taf. VII, Fig. 8° Bg), sowie zwischen den Lamellen der seitlichen Schalenstücke sind es grosse mit Fettkugeln erfüllte Zellen, während in den Gliedmassen und intermuskularen Spalträumen die kleinzellige Form des Gewebes vorherrscht. Wie bereits hervorgehoben wurde, ist die Ansammlung von Fettkugeln vornehmlich in dem grosszelligen als Fettkörper zu bezeichnenden Bindegewebe eine ganz ausserordentlich reiche und steht im Zusammenhange mit den Ernährungsverhältnissen, welche zu verschiedenen Zeiten und in beiden Geschlechtern verschieden sind. Von dem angehäuften Nahrungsdepot, auf das sich zugleich auch die in dem feinkörnigen Protoplasma jenes @ewebes enthal- tenen Proteinsubstanzen beziehen dürften, zehren die Weibchen während der Dauer der Trächtigkeit, während welcher die in dem Brutraume aufgenommenen Eier die embryonale Entwickelung durchlaufen. Während dieser geraumen Zeitperiode, welche noch dadurch verlängert wird, dass die ausgeschlüpften Larven nicht sogleich den Brutraum verlassen, nehmen die Mutterthiere keine Nahrung zu sich, man sieht nur geringe, die Respiration unter- haltende fast rhythmische Schwingungen der Brustbeine, die nicht einmal ausreichen, um die mit dem Wasser in den Brutraum eir- tretenden und sich hier oft anhäufenden Schlammtheilchen zu ent- fernen. Der Darmcanal entledigt sich seines Inhaltes und bleibt leer, während der Fettkörper allmälig verbraucht wird unıl sammt Darm und Leberschläuchen merklich zusammenschrumpft. Gleichzeitig erlangen aber die Bluträume eine grössere Ausdeh- nung, die in denselben circulirende Säftemenge wird auf Kosten der aus dem Fettkörper ausgezogenen Nährsubstanzen eine reich- lichere. Untersucht man solche mit reifer Brut behaftete Weibchen, so findet man auf Sehnittserien die ventralen und dorsalen Blut- behälter entsprechend vergrössert, während die von dem, den ge- schrumpften Darm und die Leberschläuche umschliessenden Strange ausgehenden Seitenflügel auf das transversale Septum reducirt sind, welches zwischen der Rücken- und Bauchmuskulatur des Rumpfes ausgespannt ist und an die homologen Septen im Körper sowohl der Branchiopoden als höheren Malacostraken, wie Phro- nima, Apseudes u.A. anschliesst. Es erscheint demnach der Fettkörper bei Nebalia als Regulator des Stoffwechsels im Lebenshaushalte des Organismus von höchster Bedeutung. Auch im männlichen Geschlechte kehrt die gleiche Erschei- nung wieder. Schon durch die Reduction, welche der Borstenbesatz an den Mundesgliedmassen und Brustbeinen der ausgebildeten Männchen erfährt, war ich zu der’ Vermuthung geführt, dass (44) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Jueptostraken. 45 dieselben im Zustande der Geschlechtsreife keine oder doch nur geringe Mengen von Nahrung aufnehmen. Die Untersuchung ge- schlechtsreifer Männchen, die überhaupt durch ihre grössere Trans- parenz und geringere Menge von Fettkugeln von den Weibchen und jugendlichen Männchen abweichen, bestärkte meine Ver- muthung, indem ich auf Schnittserien nicht nur Darm und Leber- schläuche geschrumpft, sondern auch den Fettkörper völlig rück- gebildet fand. Möglicherweise hat jedoch ausser dem Alter des Geschlechtsthieres — junge Männchen, welche erst kurze Zeit vorher mit Abstreifung der Haut in das Stadium der Geschlechts- reife eingetreten sind, besitzen Darm, Leberschläuche und Fett- körper in voller Integrität — auch die Jahreszeit einen Einfluss, da ich die Rückbildung lediglich an vereinzelten Männchen beob- achtete, welche noch am Anfange des Winters, gegen Ende No- vember, gefangen worden waren. Wahrscheinlicher ist es mir jedoch, dass dieselben ältere, schon in früheren Monaten zur Reite gelangte Formen waren, welche sich bis in diese Jahreszeit erhalten hatten. Muskulatur. Die Muskulatur zeigt in der Anordnung ihrer Abschnitte, sowie nach Insertion und Lage der einzelnen Muskelgruppen eine grosse Uebereinstimmung mit der Muskulatur der Arthrostraken, so dass die Beschreibung, die ich kürzlich von den Rumpf- und Extremitätenmuskeln der Apseudiden gegeben habe, nur geringer Modificationen bedarf, um auf Nebalia übertragen werden zu können. Wie hier bestehen die allerdings weit massiger ent- wickelten Rumpfmuskeln aus ventralen und dorsalen Längszügen, welche an den Seiten des Körpers, durch die Ansätze des Septums getrennt, fast zusammentreffen. Die dorsalen Längszüge (Taf. IX, Fig.8DM, Taf. XII, Fig. 3,5, 6 DM) zerfallen jederseits in ober- flächliche und tief verlaufende Bündel. Jene entspringen vorn am Vorderrande des Segmentes, welcher vom Hinterrande des vorausgehenden Segmentes überdeckt wird, und ziehen in gerader Richtung bisnahe dem Vorderrande des letzteren, wo sie in geringer Entfernung von dem Ursprung des vorausgehenden Muskelabschnittes ihren Ansatz erhalten. Die lateral und tiefer verlaufenden Muskel- gruppen überspringen zwei, drei und mehr Segmente, die am tiefsten gerückten Züge erstrecken sich von der Maxillarregion bis in das Abdomen und durchsetzen fast die gesammte Körperlänge. Die dorsalen Muskeln des letzten Segmentes (Taf.XII, Fig. 5, 10—15 MM’), welche die Furcalglieder bewegen, verhalten sich etwas abwei- chend. Dieselben inseriren sich nahe dem Vorderrande und bestehen (45) 46 C. Claus: aus einer breiten oberflächlichen Lage (M), von der sich wieder ein mediales Bündel abhebt, und einem tiefer verlaufenden Muskel (M‘), welcher in dem hinteren Theile des Segmentes eine mehr mediale Richtung gewinnt, um sich zugleich miteinem am Rücken- integument entspringenden schräg absteigenden Bündel (Fig. 13 M‘) an die mediale und ventrale Seite des Furcalgliedes anzuheften. Die oberflächliche Muskelgruppe inserirt sich dagegen lediglich am dorsalen Rande der Furca (Fig. 13M), zu welchem dieselbe von der Seite des letzten Segmentes in schrägem Verlaufe absteigt (Fig. 4,5). Auch in den vorausgehenden Segmenten des Abdomens nehmen die oberflächlichen Dorsalmuskeln, welche von Segment zu Segment ziehen, einen schräg sich kreuzenden Verlauf (Taf. XII, (Fig. 4 DM‘, DM“), indem je eine Gruppe (DM‘) mit der entspre- chenden der anderen Seite nach hinten, die zweite (DM’) in um- gekehrter Richtung nach vorne convergirt. Dagegen halten in den kurzen Brustringen die oberflächlichen mehr medialen Muskelzüge einen longitudinalen Verlauf ein, in gleicher Weise die angren- zenden, tiefer ziehenden Muskeln, welche mehrere Segmente über- springen; es treten aber lateralwärts auch schräge Züge auf, ferner gehen hier schräg von vorn nach hinten verlaufende Bündel zur Verstärkung der mächtigen, tiefen Muskelmassen von den S:iten ab. Im Kopfe reichen die schräg aufsteigenden dorsalen Muskelzüge bis in die Region des Schalenmuskels und inseriren sich zur Seite des vorderen, von drei seitlichen Ostienpaaren durch- brochenen Herzabschnittes am Integumente (Taf. XIII, Fig. 3 DM). Die ventralen Muskelmassen (VM) halten die Längsrichtung strenger ein und erfahren an den einzelnen Segmenten durch sehnige Chitinlamellen, welche intermusculären Ligamenten entsprechen, eine Unterbrechung. Diese entspringen nahe an den Grenzen der Segmente undnehmen eine schräg nach vorne gerichtete Lage ein. An den sehr beweglichen, frei aus der Schalenduplieatur vorstehenden Abdominal- segmenten, deren Verbindungshäute eine grosse Ausdehnung besitzen und vom Hinterrande der vorausgehenden Segmente überdeckt wer- den, inseriren sich die nach Art von Apodemata nach innen ein- springenden Chitinsehnen der medialen Muskelzüge am hinteren Drittheile des Segmentes (Taf. XII, Fig. 5), so dass die segmen- talen Muskelabschnitte Schleifen bilden, denen ähnlich, welche, wenn auch in ausgeprägterem Masse, bei Decapoden (z. B. bei Astacus) auftreten. Die jederseits einspringenden Chitinsehnen (Fig. 6Ch S) erscheinen wie durch eine mediane Querbrücke verbunden, unter welcher im vorletzten Segmente die hier gesonderten Stämmchen (46) Pr Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 47 der Bauchganglienkette oberhalb einer subcutanen Bindegewebs- schicht verlaufen (Fig. 6 Ns). Dagegen bewahren die lateralen Muskel- züge auch an der Bauchseite ihre intersegmentalen Insertions- stellen an den einspringenden Zwischenhäuten der Segmente. Auch am Endsegmente beginnt der Ventralmuskel nicht am Furcal- rande, sondern rechts und links an der ziemlich festen Verbin- dungshaut, an welcher derselbe mit einer langen, von einem Matrikalschlauch umhüllten Sehne entspringt (Taf. XII, Fig. 13 VM). Es besteht dieser terminale Muskelabschnitt aber nur aus zwei kräftigen Bündeln, von denen das oberflächliche schleifenförmig über die Grenze des vorausgehenden Segmentes übergreift und an der beschriebenen Sehnenbrücke endet, das tiefere dagegen einen längeren Verlauf durch mehrere Segmente (Taf. XII, Fig. 5) nimmt. Die Segmente der vier grossen Schwimmfusspaare des Abdomens stehen ebenso wie die der Brustregion an der Ventralseite in einem engeren festeren Anschluss, insofern zwischen denselben einspringende Verbindungshäute fehlen. Die Muskelabschnitte nehmen auch hier an den Grenzen der Segmente oberilächlich ihre Insertion, tiefer dagegen an den mächtigen intermusculären Sehnenblättern, von denen jedoch tiefe, durch mehrere Segmente bis in die hintere be- wegliche Region des Abdomens hindurchgehende Muskelzüge un- berührt bleiben, obwohl sie schräg medialwärts hinzutretende Verstärkungsbündel erhalten. Zu diesen sehnigen Blättern, welche auch zwischen den Muskelabschnitten der Brustregion wiederkehren, läuft in jedem Segment ein schräg medialwärts vom Rücken absteigender Muskel, welcher als Spanner des Sehnenblattes fungirt (Taf. XII, Fig. 1TBp: Fig. 2T.). Die zu einem Paare gehörigen Blätter verbinden sich auch median durch eine Querbrücke, welche sich der bereits er- wähnten Sehnenbrücke in den Abdominalsegmenten analog über einen entsprechenden hinteren Abschnitt der Ganglienkette aus- spannt (Fig. 25). Die durch diese mediane Verbindung und die Wirkung der Tensoren erzielte Stützkraft scheint sowohl dem Bedürfnisse der ventralen Myomeren, welche durch die Sehnen- blätter getrennt sind, als besonders dem Ansatz der medialenVentral- muskeln der Extremitäten zu Gute zu kommen, da dieselben an Fort- sätzen jener entspringen und in den Stamm der Extremitäten ein- treten. An den Muskelabschnuitten der vier vorderen Abdominal- segmente, deren mächtige Gliedmassenpaare die Propulsion des Körpers nach Art der Copepodenfüsse bewirken, treten sogar zwei (47) 48 C. Claus: Paare von Tensoren schräg vom Integument an das Sehnenblatt heran’ (Taf. AH, IE 27 Vorn reichen die ventralen Muskelzüge bis in die Maxillar- region (Taf. XII, Fig. 1), wo sie bis zur hinteren Grenze der Sehne des Schalenmuskels (S. SM) zu verfolgen sind und theil- weise an den lateralen Verdickungen derselben, von denen auch Muskelzüge des 2. Maxillenpaares entspringen, sich anheften. Im vorausgehenden Kopfabschnitte, dessen Segmente ohne Grenzen ver- schmolzen sind, fehlen die Myomeren der Rücken- und Bauchmuseula- tur, dagegen nehmen hier die vom dorsalen Integumente entspringen- den Muskeln der beiden Antennenpaare und Kiefer einen um so grösseren Raum ein. Dazu kommt der mächtige, durch ein abstei- gendes Bündelpaar verstärkte Kaumuskel der Mandibeln und der ebenfalls transversale Schalenmuskel. Der letztere (Taf. IX, Fig. 5, 6SM) hat in der Maxillar- region seine Lage und scheint nach dem umfangreichen Insertions- felde, mit welchem derselbe an beiden Schalenhälften entspringt, beiden Maxillarsegmenten anzugehören (Taf. I, Fig. 1SM). In- dessen ist dieser Muskel ausschliesslich auf das erste Maxillarseg- ment zu beziehen, wie sich nicht nur aus der Lage des medialen gemeinsamen Sehnenstückes, sondern auch aus seiner Innervation vom ersten Maxillarganglion (Taf. IX, Fig. 5Mx‘Nd), sowie aus dem Verlaufe der absteigenden Muskelzüge dieser Gliedmasse er- gibt (Taf. IX, Fig. 6). Die schräg nach vorn absteigenden Muskeln, welche hinter der Kopfklappe am Rückenintegumente entspringen, sind Heber des Vor- derkopfes, an welchem die Augen und beiden Antennenpaare entsprin- gen. (Taf. VII, Fig.1,2,3, 8°M, Taf. XIII, Fig.3 KM, KM’.) Die vordere dieser paarigen Muskelmassen ist kürzer (KM), die hintere weit umfang- reichere verläuft mehr schräg longitudinal (KM‘). Zwei Bündel dersel- ben verlaufen nahe der Medianebene, die übrigen stärker lateralwärts. Noch umfangreicher und langgestreckter sind die hinter diesen kurzen Muskeln entspringenden, ebenfalls schräg nach vorn gerich- teten Muskelbündel, (A'M) welche in die vordere Antenne ein- treten und dieselbe nach der Bauchseite des Körpers addueiren. Die- selben liegen tiefer und inseriren sich, etwas lateralwärts nach der Oberfläche des Integumentes aufsteigend, oberhalb der Mandibeln und des Schalenmuskels,. über welchem ihre hintere Grenze bis vor den Ansatz der dorsalen Rumpfmuskeln reicht. Lateralwärts von dem kurzen, zum Aufrichten des Vorder- kopfes dienenden Muskel, über und zur Seite des Endstückes der (48) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken, 49 vorderen Leberschläuche liegt das Insertionsfeld für die Muskeln des zweiten Antennenpaares. Dieselben bestehen vorwiegend aus seitlich unter dem Integumente verlaufenden Faserbündeln, welche sich zur Bildung einer vorderen und hinteren nach der Antennen- insertion convergirenden Muskelgruppe vereinigen (Taf. XIII, Fig. 4 A“M‘, AM‘). Ein tiefer liegendes, weiter hinten und medialwärts inserirtes Bündel bewegt die Antenne von aussen nach der Median- ebene, die seitlichen Muskelgruppen ziehen dieselbe nach vorn oder nach hinten und zugleich etwas nach aussen. Auch die Mandibel erhält schräg vom Rücken absteigende, den Rumpfmuskeln homologe Muskeln, ein mehr oberflächlich ver- laufendes vorderes und hinteres Bündel, welche nach der dorsalen seitlichen Einlenkungsstelle der Mandibel convergiren und diese abduciren. (Taf. XIII, Fig. 13 Md M‘, Md M‘.) Denselben entgegen- gesetzt wirkt ein mediales, an der inneren Seite der langen Antennen- muskeln schräg nach aussen und hinten absteigendes Bündel (Taf. IX, Fig. 4Md Mi‘), welches sich hinter dem Masseter an die Basis des Mahlfortsatzes ansetzt und die Mandibel aufwärts hebt und adducirt. Dazu kommt endlich noch ein vorderer mit der trans- versalen Sehne des Masseter verbundener schräg nach innen ab- steigender Muskel (Taf. XI, Fiz. 9Md Mi), von dessen langer Sehne auch kurze Muskelfasern zur Wandung des Kaumagens ziehen. Auch zu den Maxillarenpaaren ziehen vom Integumente schmäch- tige Muskelbündel herab, welche der reducirten Museulatur von Rumpf- gliedmassen entsprechen (Taf. IX, Fig. 4, 6 Me, Mi). Die zum ersten Maxillarsegmente gehörigen Bündelpaare verlaufen vor und hinter dem - Schalenmuskel ventralwärts convergirend. Dazu kommen noch an _ beiden Maxillarpaaren mehrere der Bauchseite angehörige, schräg | transversal von innen nach aussen verlaufende Muskeln (Fig. 4, - Ma, Mp), auf welche auch der transversale Masseter (Taf. XI, _ Fig. 5, Ms) der Mandibeln zurückzuführen ist und welche in etwas _ veränderter Lage an den acht Brustgliedmassen wiederkehren. Am _ ersten Maxillenpaare bilden dieselben eine obere und eine untere Gruppe von Bündeln, welche median theils unmittelbar vereint sind, theils an der vorderen sowie ventralen Partie der mächtigen Sehne des Schalenmuskels inseriren. Die vordere Bündelgruppe (Ma) verläuft nahezu transversal und gehört lediglich dem Basal- glied an, die hintere (Mp) nimmt eine schräg nach aussen ab- steigende Richtung und bewegt die grosse Kaulade. Dieser Gruppe „entspricht die hintere und untere Bündelmasse des mächtigen - Mandibelmuskels (Masseter), welche ohne Beziehung zur Median- Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom, VIII, Heft i. 4 (49) 50 C. Claus: sehne bleibt, in ihrem ganzen Verlaufe musculös ist und zu dem Tasterursprung ziebtt. Am zweiten Maxillenpaar ist nur die vordere Muskelgruppe median verbunden (Taf. IX, Fig. 6Ma) und schräg nach hinten und aussen absteigend, die zweite Gruppe von Bündeln entspringt lateral an der queren Sehne des Schalen- muskels (SM), da wo sich auch das vordere Ende der ventralen Rumpfmuskeln anheftet und nimmt einen fast longitudinalen Ver- lauf an der medianen Seite der Gliedmasse. Ganz ähnlich verhalten sich die Muskeln der acht Extremitäten, nur dass keiner der ventralen Muskelzüge eine mediane Verbindung besitzt, indem beide an dem Sehnenseptum des ventralen Myomers entspringen (Taf. IX, Fig. 8 Ma, Mp). Die an den Seiten des Rumpfes entspringenden dorsalen Muskeln lassen sich auf eine vordere und hintere Gruppe lateraler Faserzüge (Fig. 8 Me) und eine tiefer verlaufende Gruppe mehr medial gerichteter Bündel (Mi) zurück- führen. Weit umfangreicher sind die Muskelmassen, welche die vier Pleopodenpaare nach Art der Copepodenfüsse in kräftigen Ruderschlägen bewegen. Die dorsalen absteigenden Züge entspringen höher am Rickenintegumente (Taf. XII, Fig. 3 Mi, Me), ganz besonders beim Männchen, wo dieselben die dorsalen Rumpfmuskeln mit Ausnahme der oberflächlich verlaufenden medialen von den Seiten vollständig umlagern. Die Gruppirung der Faserzüge zu vorderen, als Vorzieher wirkenden, und hinteren die Ruder- schläge ausführenden Muskeln ist eine ganz ähnliche wie an den Brustgliedmassen, ebenso die Vereinigung von schräg einwärts verlaufenden Bündeln zur Bildung einer am medialen Rande des Schaftes inserirenden Muskelmasse. Auch die an den Sehnenscheiben der ventralen Myomeren entspringenden Ventralmuskeln lassen sich unmittelbar auf die der Brustgliedmassen (Taf. X1I, Fig. 3 Ma, Mp) zurückführen. Die beiden rudimentären Pleopodenpaare werden nur von schmächtigen Muskelzügen bewegt, welche an der beschriebenen Sehne im Inneren des Segmentes entspringen und schräg medial- wärts zum Grunde der Gliedmasse ziehen (Taf. V, Fig. 4M). Nervensystem. Das Nervensystem besteht aus einem gestreckten, mehrere Anschwellungen bildenden Gehirn und aus einem langen, mit jenem durch kurze Schlundcommissuren verbundenen Bauchstrang, an welchem der Gliedmassenzahl entsprechend 17 Ganglienanschwel- lungen hervortreten (Taf. I, Fig. 1; Taf. VII, Fig. 8‘, 8“). Dieselben repräsentiren ein Mandibel- und zwei Maxillarganglien, acht Gan- glien der Brust und sechs Ganglien des Abdomens. Dieselben waren (50) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. öl bereitsMetschnikoff bekannt, welcher sieim Embryo- und Larven- körper nachweisen konnte. Was diesem Beobachter jedoch entgangen war, ist das Vorhandensein einer auf die Pleopodenganglien folgenden kleinen Anschwellung, welche dem gliedmassenlosen siebenten Ab- dominalsegmente der Larve angehört, jedoch im Laufe der Entwicklung vollständig rückgebildet wird (Taf. VII, Fig. 7, G?). Die Anlage dieses letzten siebenten Abdominalganglions weist darauf hin, dass die Zahl der Pleopoden ursprünglich eine grössere war und erst durch Reduction auf die Sechszahl beschränkt wurde. Dasselbe gilt auch für einzelne Malacostraken!), deren letztes (6.) Abdominalganglion nicht selten durch seinen bedeutenden Umfang hervortritt. Die Thatsache, dass bei Sphaeroma noch ein kleines siebentes Ganglion folgt (Belloneci) — und es ist nicht schwer, durch Untersuchung dieser Jedem leicht zu- gängigen Ässel die Bestätigung zu geben —, scheint für die Auffassung des Hinterleibes der Malacostraken in dem von mir mehrfach vertretenen Sinne ein wichtiges Zeugniss abzugeben. Sehr ausgeprägt erscheint die mediane Verschmelzung der Seitenhälften jedes Ganglions, so dass im Gegensatze zu der strick- leiterförmigen Gestaltung der Bauchkette bei Branchipus und Estheria der Charakter der paarigen Duplieität der Ganglien gänzlich zurücktritt. Erst bei genauer histologischer Prüfung erkennt man in dem scheinbar einfachen Nervenknoten die mediane Querfaserbrücke beider Hälften. Auch die Längscommissuren der aufeinander folgenden Ganglien sind in der Brustregion so kurz, dass sie erst mit Hilfe mikroskopischer Untersuchung nachgewiesen werden können, und der gesammte Brustabschnitt als gedrungener Strang mit dicht folgenden Anschwellungen (Taf. VII, Fig. 8‘) er- ' scheint. Dagegen liegen die Ganglien des Abdomens in weiteren Abständen entfernt und durch ansehnliche, median fast aneinander liegende Längscummissuren getrennt (Taf. VII, Fig. 3“, Ag’ — Ag°). Diese Ganglien sind langgestreckt, an der schwach ange- schwollenen Ventralfläche durch den Besitz von einer medianen (M w) und zwei schräg nach vorn gerichteten seitlichen An- schwellungen (L w) ausgezeichnet, welche bis zur Basalmembran der Hypodermis reichen und an dieser mittelst Fortsätzen des Neuri- lemms haften. Dieselben enthalten Ganglienzellen, welche in den ventralen Zellenbelag des Ganglions Fortsätze entsenden. Die Ganglien des fünften und sechsten Abdominalsegmentes, deren Nerven die Muskeln der rudimentären Pleopoden, sowie die 1) C. Claus, Ueber Apseudes Latreillii ete. 1887, ]. e. pag. 13. sowie Neue Beiträge zur Morphologie der Crustaceen, 1885, 1. c. pag. 88—90. 4* ($1) 52 C. Claus: ventralen und dorsalen Myomeren des sechsten und siebenten Seg- mentes versorgen, treten an Umfang zurück, während ihre Längs- commissuren gestreckter und länger sind. Das letzte Ganglion setzt sich in zwei longitudinale Nervenstämmchen fort, welche nahe dem Endrande des siebenten Segmentes noch ein Nervenpaar (Taf. I, Fig. 1, N) abgeben, dann im achten Segmente allmählich seitlich auseinander weichen und um die ventralen Muskelbündel bis in die Furca herabziehen (Taf. XII, Fig. 6 EN). Dieselben versorgen die Musculatur des Endsegmentes. Die sehr schwachen Nerven des letzten Paares, welche am Ende des siebenten Segmentes austreten, entsprechen wahrscheinlich den Nerven des siebenten rückgebildeten Ganglions und verzweigen sich an den Rumpfmuskeln (Taf. XIV, Fig. 6 LNp). Bemerkenswerth ist die Art und Weise, wie der Ganglien- strang mittelst der intersegmentalen Querligamente suspendirt wird. An jedes dieser nahe an das vordere Segment grenzenden Sehnenbänder (Jl) heftet sich eine vom Hinterrande des voraus- gehenden Segmentes entspringende, schräg nach hinten empor- steigende und zwischen den Längscommissuren durchtretende Chitin- sehne. Dazu kommen noch zwei zarte Faserzüge vom Neurilemm der benachbarten Ganglien hinzu, durch welche die Fixirung der Bauch- kette am Endoskelet verstärkt wird (Taf. VII, Fig. 8°. In den vier vorderen, die grossen Pleopoden tragenden Segmenten treten von jedem Ganglion zwei Nervenpaare zu den Muskeln der Gliedmassen und des Rumpfes aus. Hinter denselben entspringt noch ein drittes Nervenpaar, welches von den Längscommissuren etwa an der Grenze zweier Segmente austritt (Taf. VII, Fig. 10, N1, N2, N3). Von den kleinen Ganglien des fünften und sechsten Abdo- minalsegmentes entspringt nur ein Nervenpaar, welches jederseits einen kleinen Zweig an die Muskeln der Füsschen abgibt und die ventralen und dorsalen Myomeren des nachfolgenden Segmentes versorgt. Diese oberflächlich verlaufenden Nerven kann man am lebenden Thiere leicht in ihrem Verlaufe verfolgen (Taf. XIV, Fig.Np). An dem viel gedrungeneren Brustabschnitte der Ganglienkette treten ebenfalls unpaare und paarige aus Ganglienzellen bestehende Anschwellungen auf. Die unpaare Anschwellung liegt an der Ventralseite jedes Ganglions und springt in den medianen Integu- mentkiel zwischen den Gliedmassen des zugehörigen Paares vor. (Taf. VII, Fig. 9, Bg 8). Indem dasselbe der Basalmembran der Hypodermis unmittelbar anliegt, bewahrt es ein ursprüngliches Lagenverhältniss. Die paarigen Ganglienwülste erheben sich an der dorsalen Seite und (52) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 53 ragen schräg nach hinten vorstehend in den vorderen Abschnitt des nachfolgenden Segmentes hinein (Taf. VII, Fig. 9 Bg‘). Nervenpaare treten hier nur in zweifacher Zahl aus ; ein vorderes mehr ventral entspringendes Paar, welches die Muskeln der Glied- massen versorgt, und ein weiter hinten, mehr dorsal aus dem Seiten- wulste austretendes Paar, das zu dem entsprechenden Rumpfmyomer verfolgt wird. An Serien gelungener Querschnitte gelingt es, die Nervenpaare der aufeinander folgenden Segmente der Reihe nach in der beschriebenen Ordnung aufzufinden (Taf. 1X, Fig. 8). Auch die -medianen zur Fixation dienenden Bindegewebsfasern werden zwischen den kurzen Längscommissuren der dicht gedrängten Ganglien auf Sagittalschnitten nachgewiesen und ebenso an Querschnitten erkannt (Taf. VII, Fig. 8°). Ganz ähnlich wie die beschriebenen Ganglien der Brustglied- massen verhalten sich in Form und Bau die Ganglien der beiden Maxillenpaare. Insbesondere zeigt das Ganglion der zweiten Ma- xille, welche ja auch nach Gestalt und Gliederung den Charakter eines Brustbeines wiederholt, eine so vollständige Uebereinstimmung mit den Brustganglien, dass man die Beschreibung dieser auf jenes unmittelbar übertıagen kann (Taf. VII, Fig. 8, Mx‘g). Der vordere ventrale Nerv desselben tritt in die Gliedmassen ein (Taf. IX, Fig.6, Mx“ N v), der hintere dorsale verläuft zu dem von der Sehne des Schalenschliessers entspringenden Myomer des Maxillen- segmentes (Taf. 1X, Fig. 7, Mx“, Nd). Das Ganglion des vorderen Maxillenpaares erscheint beträcht- lich verbreitert, trägt aber auch denselben Belag von Ganglien- zellen, welcher eine stark vorspringende ventrale und zwei nach hinten gerichtete dorsale Anschwellungen bildet. An den letzteren entspringt der dorsale Nerv, welcher die Muskelmassen des Schalenschliessers versorgt und zu diesen von der hinteren Fläche hinzutritt (Taf. IX, Fig. 5 Mx‘ Nd). Der vordere Nerv (Fig. 4) entspringt ventral und verläuft zu den Muskeln der Maxillen. Aehnlich, -aber noch stärker verbreitert und mit bedeutend ausgezogenen Seitenanschwellungen erweist sich das Mandibel- ganglion (Taf. IX, Fig. 3, Mdg), an dessen hinterer Grenze der Zwischenraum hinter der kurzen Quercommissur von einem schräg von der Masseter-Sehne zum Epipharynx des Mund-Atriums absteigen- den Muskelpaare durchsetzt wird (Taf. VII, Fig. 8‘, M; Taf. IX, Fig. lu.2). Auch dadurch wird die Abweichung in der Form des Ganglions bedeutender, dass der mediane Zellenbelag der Dorsalseite verstärkt ist, und die ventralen Ganglienzellen anstatt einer unpaaren An- (53) 54 C. Claus: schwellung eine paarige bilden. Dieses letztere Verhältniss tritt auch schon an dem vorderen Maxillarganglion hervor und steht damit im Zusammenhange, dass hier das mediane Integument keinen kielförmigen ausgehöhlten Vorsprung bildet, sondern am vorderen Maxillarsegmente die paarige Lippenplatte mit den Paragnathen- wülsten, am Mandibelsegmente den hypopharyngealen Boden des Mundatriums darstellt (Taf. V, Fig. 12 u. 14; Taf. VII, Fig. 8°). Das Mandibelganglion liegt hinter der queren Sehne des mächtigen Masseter, dessen Muskelmassen von dem aufsteigenden Dorsal- nerven versorgt werden; der vorher austretende viel schwächere Ventralnerv verläuft zu den ventralen Bündeln und zu den Muskeln des Tasters (Taf. IX, Fig. 2,Md Nv). In geringer Entfernung von dem Mandibelganglion findet sich unmittelbar hinter dem Mundeingange des Oesophagus eine Quer- commissur, welche man auf den ersten Blick geneigt ist als Commissur jenes Ganglions zu betrachten. Das nähere Studium auf- einanderfolgender Querschnitte und die Vergleichung mit sagittalen Schnittserien lässt jedoch keinen Zweifel darüber, dass dieselbe vor der Öommissur des Mandibelganglions liegt und durch einen ansehn- !ichen einspringenden Fortsatz des hypopharyngealen Integumentes von dieser völlig getrennt ist (Taf. IX, Fig. 1, A’c; Taf. XI, Fig. 8). Dieselbe repräsentirt die quere Verbindung des am Schlundringe gelegenen Ganglions der zweiten Antenne und ist somit bereits eine auf das Gehirn zu beziehende Commissur. Das Gehirn erscheint nur an seinem Vorderende und an der Ventralseite durch eine mediane Spalte zweilappig. Die kaum vorgewölbte Dorsalseite, unter welcher quere als Commissuren fun- girende Faserbrücken liegen, entbehrt einer Medianspalte und ist nahezu flach. Dagegen bleibt die hintere Hälfte des Mittelhirnes und das Hinterhirn der Länge nach getheilt. Das letztere wird durch zwei gestreckte Schenkel dargestellt, welche in ihrer Ver- längerung zugleich den Schlundring bilden. Der verbreiterte Vorderabschnitt des Gehirnes repräsentirt in zwei ventralen Anschwellungen die Ganglien der Vorderantennen (Taf. VI, Fig. 1,12; Taf. VIII L ol.) und in zwei frontalen Anschwel- lungen das Vorderhirn, von welchem die mächtigen Augenganglien im Inneren der beweglichen Stiel-Augen entspringen (Taf. VIII, Fig. 2 VGl). Die Ganglienzellen bilden auch hier einen Rindenbelag, welcher jedoch nicht gleichmässig den ventralen Fasermassen auf- lagert, sondern sich auf einzelne als kappenförmige Wülste hervor- tretende symmetrische Ganglienlager eoncentrirt und zwischen den- 454) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 55 selben liegende Partieen von ansehnlicher Ausdehnung frei lässt. Man unterscheidet zwei frontale das Vorderhirn bekleidende Lagen (Taf. VI, Fig. 1, FrG; Taf. VII, Fig. 2, 3), welche sich ventral- wärts an der Medialseite, sowie lateral über die Seitentheile des- selben ausbreiten (Taf. VIII, Fig. 2, VG]), ferner zwei mächtige seitliche Ganglienlager, welche als dicke kappenförmige Massen rechts und links der dorsalen Region des Mittelhirnes anliegen (Taf. VI, Fig. 3—7, 11, 12, MG]). Dazu kommt ein Ganglienbelag an der medialen Seite der Hirnschenkel, welcher dorsalwärts über- greift und dem hinteren Theile des Mittelhirnes zugehört (Taf. VI, Fig. VII MGd). Auch an der lateralen Fläche der Hirnschenkel finden sich Anhäufungen von Ganglienzellen (Taf. VI, Fig. 4—7, A‘“G), welche die hintere zur Seite des aufsteigenden Oesophagus liegende Re- gion derselben bekleiden, während hier die mediale Seite der Mark- masse von Ganglienzellen theilweise frei bleibt. Im Allgemeinen sind die Ganglienzellen leicht als solche kenntlich an ihren grossen rundlichen Nuclei, deren Kernsubstanz meist in Form eines grösseren und mehreren kleineren intensiv gefärbten Nucleolen vertheilt ist; doch zeigt der Umfang der ersten und somit auch deren Kerne bedeutende Verschiedenheiten. Vereinzelt finden sich sehr grosse Ganglienzellen im Frontalbelage, sowie im Belage sämmtlicher Anschwellungen, zahlreicher in den ventralen Zellenwülsten, sowie an dem Jorsalen Belage der ab- dominalen Ganglien (Taf. VI, Fig. 8,9; Taf. VII, Fig. 11). Die Umrisse der Ganglienzellen sind an guten Präparaten wohl erhalten, jedoch vermag man sich über die Zahl und Be- schaffenheit der Fortsätze mittelst der von mir angewandten Prä- parationsmethode keine sichere Rechenschaft zu geben (Taf. VI Fig. 9, Taf. VII, Fig. 11). Multipolare Zellen habe ich nicht beob- achtet, sondern immer nur unipolare, deren Fortsätze in die Mark- substanz einstrahlen. Es weist dies Verhältniss darauf hin, dass die Faserzüge der letzteren zu den Gauglienzellen treten, bezie- hungsweise von denselben entspringen. Kleinere unregelmässig- gestaltete, meist oval gestreckte Kerne, welche in der Peri- pherie der Ganglien zerstreut liegen, gehören dem Neurilemma (Taf. VIII, Fig. 2) an und finden sich auch im Inneren der Mark- substanz, und zwar an einzelnen bestimmten Stellen in grösserer Zahl (Taf. VI, Fig. 3, CBl); dieselben sind auf Kerne der einge- wucherten Bindesubstanz zu beziehen, welche als stützendes Faser- gerüst in der Markmasse eine grosse Rolle spielt und dem Studium (55) 56 C, Claus: des Faserverlaufes deshalb bedeutende Hindernisse bereitet, weil es nicht möglich ist, überall die nervösen Faserzüge von den binde- gewebigen zu unterscheiden. Zwar sind die letzteren an der derberen Natur und an den zugehörigen Bindegewebskernen und wiederum jene an der zarten, feinpunktirt fibrillären Beschaffenheit zu erken- nen, eine scharfe Grenzbestimmung dürfte jedoch kaum möglich sein. Ein bindegewebiges, von Nerven begleitetes Fasergerüst findet sich im Vorderhirn an zwei Stellen; ein vorderes zwischen den frontalen Ganglienlappen (Taf. VI, Fig. 4 VBl) und ein weiter hinten, central und ventralwärts ausgebreitetes (Fig. 3, CBl). Das erstere tritt auf verticalen Querschnitten in Form zweier ansehn- licher, schräg nach aussen dorsalwärts ausstrahlender, durch eine mediane Kerneinlagerung verbundener Faserzüge hervor, das cen- trale auf eben solchen weiter nach hinten geführten Schnitten, aber noch mwarkirter auf horizontalen Querschnitten, und erscheint in Form transversaler Fasern, zwischen denen kleine ovale Kerne eingestreut sind. Im Mittelhirne sind es ausser einer bindegewebigen queren Faserstütze für die hintere Commissur (Taf. VI, Fig. 6Cp) vor- nehmlich die beiden ventralen Fühler-Anschwellungen oder Riech- ganglien, in denen Bindesubstanz-Elemente hervortreten. In der Axe derselben strahlt schräg von hinten und aussen von den Seitenganglien aus ein fester bindegewebiger Strang ein, welcher sowohl den aufliegenden Faserzügen als den eigenthümlichen peripherischen Punkthaufen der Marksubstanz zur Stütze dient (Taf. VI, Fig. 12 Ba). Aueh in den Ganglien der Rumpfgliedmassen kehren binde- gewebige Faserzüge mit eingelagerten Kernen wieder, und zwar überall ein querausgespanntes centrales Lager, das man mit einer Quercommissur verwechseln kann, sodann mehr ventralwärts zwei seitliche schräge Faserzüge, welche die Markkerne der ventralen Nervenwurzeln nach oben von den longitudinalen Marksträngen abgrenzen. Dazu kommen noch vereinzelte bogenförmig gekrümmte und dorsoventral verlaufende Fasergruppen, deren Bedeutung zur Stütze und Isolirung der verschieden gerichteten nervösen Fibril- lenzüge einzuleuchten scheint. Verschieden von diesen intraneuralen Bindegewebszügen sind die interneuralen Wucherungen von Bindesubstanz, welche in den medianen Spalten der Längscommissuren und in den supra- oesophagealen Zwischenräumen der Hirnschenkel auftreten. Von den ersteren wurden bereits die als Haftfäden der Ganglienkette fun- girenden Sehnen beschrieben. (56) Te Ta SZ a a a a nn m u 1 u 1 u see Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 97 Aber auch am Gehirn findet sich eine solche leicht zu Verwechselungen führende Zwischenwucherung, und zwar in dem medianen röhrenförmigen Raume, welcher an der Rückenseite zwischen Vorderhirn und Mittelhirn bleibt und schon unter schwacher Vergrösserung am isolirten Gehirne bemerkbar wird. Dieser an die Medianspalte von Längscommissuren zweier aufeinanderfolgender Ganglien erinnernde Zwischenraum ist von um so grösserem Interesse, als derselbe, wenngleich bislang kaum beachtet, auch am Gehirn der Malacostraken wiederkehrt und hier von einem Blutgefässe durch- setzt wird. Am sichersten constatirt man denselben auf verticalen und horizontalen Querschnitten und weist mit Hilfe der ersteren nach, dass diese Zwischenhöhle sich oberhalb der beiden median zu- sammenliegenden ventralen Anschwellungen des Mittelhirns trichter- förmig erweitert (Taf. VII, Fig. 4ZH, Fig. 5). Bevor die senkrecht absteigende Röhre in den Trichter übergeht, findet sich an der Vorderwand derselben ein paariger quergezogener Sehnenkörper dem Neurilemma angelagert, wie es scheint zum Ansatze von Binde- gewebsfasern, welche in der Tiefe der Oberlippe von der Vorder- fläche von Oesophagus und Kaumagen zwischen die nach vorn convergirenden Hirnschenkel (Taf. VI, Fig. 6 Sk) einwuchern und bis zum Trichterraum (Taf. VII, Fig. 4, 5 Sk) reichen. Dass der letztere ebenso wie der in denselben einmündende Gang bei Nebalia einem Blutcanal entspricht, in welchem sich von der Aorta aus ein absteigender Blutstrom abzweigt, kann als sehr wahrscheinlich betrachtet werden, wenn es mir auch nicht gelang, mit Sicherheit die Wandung eines Gfeässes nachzuweisen. Hat man sich einigermassen von den auf Bindesubstanz zu beziehenden Fasermassen Rechenschaft gegeben, so wird es mög- lich sein, die Richtung und den Verlauf der fibrillären Nerven- bahnen richtiger zu beurtheilen, von denen die longitudinalen an Masse bei weitem überwiegen und an geeigneten Schnitten leicht bis zum Mandibelganglion zu verfolgen sind. In der hinteren, aus den beiden Hirnschenkeln mit dem Gan- glion des 2. Antennenpaares (AG) bestehenden Gehirnregion, dem Hinterhirn, durchsetzen die Längsfaserzüge zwei Lager netzförmiger feinpunktirter Marksubstanz !) (Punktsubstanzballen), !) Ueber die Bedeutung der Panktsubstanz kann ich nur das wiederholen, was ich in früheren Abhandlungen ausgesprochen habe. Da ich jedoch melırfach missverstanden wurde, z. B. von Krieger, der meine Ansicht ganz misdeutet hat, so hebe ich ausdrücklich hervor, dass es niemals meine Meinung war, als ob (57) 58 C. Claus: von denen das hintere (Taf. VI, Fig. 5HM]1“) dicht vor dem Uebergang in die hinter dem Mund befindliche Quercommissur, das vordere (HMI) an der Austrittsstelle der beiden Antennennerven liegt. Die Faserzüge der unter dem Munde verlaufenden Quercom- missur strahlen in die zu den Seiten des Schlundes emporstei- genden Schenkel des Antennenganglions und in dessen Marklager ein, wie man an Querschnitten (Taf. VIII, Fig. 2)und an Sagittal- schnitten nachzuweisen im Stande ist. Auch der in die Oberlippe eintresende Nervenring mit dem Lippenganglion, den ich sowohl bei Branchipus als bei Apseudes gefunden und abgebildet habe, fehlt nicht und wird auf gelungenen Schnitten erkannt. Der Ursprung desselben am Hirnschenkel liegt unmittelbar über dem Munde am Beginne des aufsteigenden Oesophagus vor der vorderen Gruppe der seitlichen Dilatatoren (Taf. VI, Fig. 5, 6Md) und wird durch eire Anhäufung von Ganglienzellen an der media- len Seite des hinteren Marklagers der Hirnschenkel bezeichnet. Wie an den Ganglien der Kiefer und Beinpaare entspringen auch an dem das Antennenganglion repräsentirenden Hinterhirn ein ven- traler stärkerer Nerv (Taf. VII, Fig. 6 A’“Nv), welcher in die Antenne eintritt und Zweige an deren Muskeln sowie sensible Fa- sern an die Sinnesborsten abgibt, und ein dorsaler Nerv (Taf. VI, Fig. 5, 6; Taf. VII, Fig. 6, Taf. VIII, Fig. A“Nd) für die Muskel- gruppen, welche an der Rückenseite der Schale entspringen und den Vorderkopf und dessen Gliedmassenpaare bewegen. Der letztere tritt seitlich aus dem vorderen Marklager !) des Ganglions, ist aber seinem Wurzel-Ursprunge nach weit mediai in ein von Längsfaser- zügen durchsetztes Marklager zu verfolgen. Dieser Nerv biegt seitwärts um die Sehne des langen seitlichen Dorsalmuskels, welcher „um Basalgliede der vorderen Antenne tritt und steigt unter Ab- gabe von Nebenästen nach dem Rücken empor (Taf. VII, Fig. 5). Das Mittelhirn mit den Anschwellungen, aus welchen die Fühlernerven oder sog. Riechnerven entspringen, ist seiner Haupt- masse nach auf den Centralapparat der vorderen Antennen mit ihrem Sinnesorgan zu beziehen, enthält freilich in seiner dorsalen nicht auch aus den nervösen Fibrillennetzen Nervenfasern hervortreten und sich zur Bildung von Nerven vereinigen könnten, Nur das habe ich mit Nachdruck bestritten, dass die Punktmassen neben den Ganglienzellen als eine zweite Form von Nerven- centren und demgemäss als Heerde der Erregung in Frage kommen könnten. !) Ich bezeichne als Marklager dasselbe, was von anderen Autoren, zZ. B. Krieger, Punktsubstanzballen genannt wird. Da diese Punktmassen immer noch von Faserzügen durchsetzt sind, so scheint die Bezeichnung Marklager besser gewählt, (58) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der L:ptostraken. 59 Hälfte Nervenfasern, welche vornehmlich als longitudinale Bahnen die Centren des Vorderhirns mit dem Hinterhirn und Bauchmark in "Verbindung setzen. Die mächtigen, als Lobi olfactorii zu bezeich- nenden Anschwellungen (L ol) erheben sich an der ventralen Seite des Gehirnes und erscheinen weit nach vorn unter das Vorderhirn vorgeschoben (Taf. VII, Fig. 4, Taf. VIII, Fig.2 Lol)). An dem vorderen Ende derselben entspringt der starke Fühlernerv, dessen Faserzüge aber noch in einem zweiten mehr medialen Marklager (MM]) wurzeln, welches hinter dem vorgeschobenen Riechlappen der dorsalen Hälfte des Mittelhirnes angehört. Von diesem treten schräg abwärts nach vorn verlaufende Fibrillenzüge in das Innere der Olfactoriusanschwellung ein und bilden die mediale Masse (Taf. VI, Fig. 12 MB) von Nervenfasern, durch welche die Anschwellung mit dem dorsalen Abschnitte des Mittelhirnes in Verbindung steht, während laterale Fibrillenbündel (LB) von der seitlichen Gangliendecke einstrahlen und an der bindegewebigen Axe zu den für den Antennenlobus charakteristischen Haufen von Punktsubstanz herablaufen. Aber auch in dieses mediale hintere Marklager sieht man Faserbündel von dem lateralen Ganglion (MGl) und einzelne Züge auch in die dorsale Mark- masse des Mittelhirns eintreten. Die letzteren sind wahrschein- lich auf die quere Commissur (Cp) des Mittelhirns zu beziehen, während die übrigen von jenem Ganglion austretenden Nerven- fasern zum grossen Theile zu der Markmasse der Fühleran- schwellung (lobus olfactorius) ziehen. Wenn wir die bei Decapoden und Isopoden näher bekannt gewordenen Verhältnisse vergleichen, so gelangen wir zu dem Schlusse, dass die als Riechlappen bezeich- nete Anschwellung dem Theile des Astacusgehirnes entspricht, welchen Dietl!) desshalb Lobus optieus nannte, weil aus dem unteren Marklager desselben die hinteren Schenkel der sich kreuzen- den zum Optieus gehörigen Nervenbündel entspringen. Krieger?) zeigte dann, dass aus dem unteren Marklager, welches er als hinteren Ballen von Punktsubstanz (II) der seitlichen Anschwel- lung unterschied, auch das Bündel der feinen Fasern des Fühler- nerven entspringt, während die starken Faserzüge desselben in ") M. J. Dietl, Die Organisation des Arthropodengehirns. Zeitschr. f. wiss. Zool, XXVI. 1876. — Derselbe, Untersuchungen über die Organisation des Gehirns wirbelloser Thiere. Sitzber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien. Math. nat. A. 1878. ?) K. R. Krieger, Ueber das Centralnervensystem des Flusskrebses. Zeit- schr. f. wiss. Zool. Tom. XXXIII, 1879, Taf. XXXII, Fig. 14, II, VI. (59) 60 C. Claus: einem kleineren medialen Markballen (VI) wurzeln. Bellonei'), welcher diesen doppelten Ursprung für Nephrops bestätigte und auf die Aehnlichkeit der Punkthaufen in dem unteren Markballen mit den „Glomeruli olfactorii“ im Bulbus olfactorius niederer Vertebraten hinwies, nahm auf Grund dieser Structur sowie des Ursprunges der zarten zu den Riechhaaren tretenden Fasern des Antennennerven aus diesem Marklager dasselbe als Lobus olfac- torius in Anspruch und zeigte, dass auch bei der Isopoden- gattung Sphaeroma die entsprechende, dem mittleren Segmente des Gehirnes zugehörige Anschwellung die gleiche Structur besitzt und den Fühlernerven entsendet. Ganz ähnlich verhält sich nun seinem Ursprunge nach bereits der Fühlernerv bei Nebalia, wenn auch der Gegensatz von den feineren und stärkeren Nervenfibrillen nicht in dem Masse hervor- tritt; indessen die Parallele der Centralorgane wird dadurch un- zweideutig, dass im Innern des Riechlobus Haufen von Punktsub- stanz ganz ähnlich vertheilt sind, wie sie dort als Glomeruli olfactorii beschrieben, das Centralorgan des Riechnerven charak- terisiren. Besonders auffallend ist die Uebereinstimmung mit dem mehr seitlich gelegenen Geruchscentrum von Sphaeroma?), welchem nach Bellonci’s Darstellung ebenfalls Ganglienmassen kappen- artig aufgelagert sind. Die beiden dorsal ausgebreiteten Lager (V, VI) dürften der mächtigen lateralen Gangliendecke (M Gi) des Nebaliagehirns entsprechen, die vorderen (VII) der medialen (M G m), welche in unserem Falle nicht scharf von der Gangliendecke des Vorderhirns abzugrenzen ist. Nun findet sich aber auch an der dorsalen Hälfte des Mittelhirns eine mediale Lage von Ganglien- zellen (MGd), von denen Nervenfasern schräg nach vorne in die longitudinalen Faserbahnen dieses Hirnabschnittes einstrahlen, !) @. Bellonei, Sui Lobi olfattorii Jel Nephrops norwegicus.- Memorie della accad. delle scienze dell’ istituto di Bologna. 1880. — Derselbe, Morfologia del Sistema nervoso centrale della Squilla mantis. Annali del Museo civico di Genoya 1878. — Derselbe, Sistema nervoso e organi dei sensi dello Sphaeroma serratum, Atti della R. Accademia dei Lincei. Roma 1881. °) Ganz ähnlich wie bei den Isopoden scheint der Gehirubau der Gam- mariden, nach der Arbeit zu schliessen, welche kürzlich R. Köhler über das Gehirn von Gammarus pulex veröffentlicht hat. Die Nervenzellen, welche dieser Autor mit c5, cls, elp bezeichnet hat, entsprechen den Frontalganglien und Ganglien der Vorderhirnlappen (VG) bei Nebalia; die mit coa und cop markirten Lager der „region olfactive“ den Ganglien des Mittelhirus MGl, MGd und Mgm, endlich die Nervenzellen cai den Ganglien des Hinterhirns HG1l, HG m oder zusammen- gefasst AG. (60) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 61 welche dorsalwärts oberhalb der Lobi olfactorii vom Hinterhirn her in das Vorderhirn eintreten. Diese schrägen Fibrillenzüge verlaufen theilweise zu dem seitlichen Ganglienlager des Vorder- birns, zum Theil aber durch die Marklager desselben und gesellen sich hiedurch den in die Augenganglien einstrahlenden Fasermassen zu. Auch eine ansehnliche Brücke transversaler Nervenfasern ver- bindet als hintere Quercommissur die beiden Hälften des Mittelhirns und über derselben verläuft ein gekreuztes Längsbündel von Nervenfasern, dessen vordere Schenkel in das Vorderhirn eintreten. Auch in dem feineren Baue des Vorderhirnes besteht eine auffallende Uebereinstimmung mit dem Malacostrakengehirn. Nur von untergeordnetem Werthe erscheint die Abweichung in der Lage der Augenganglien, welche nicht zur Seite der Central- lappen, sondern frontal vorn in der Verlängerung derselben sich an- schliessen und vollständig in die beweglich abgesetzten Augenstiele aufgenommen sind. Diese Verschiedenheit steht mit der Gestaltung des Kopfes und dessen Beziehung zu den Schalenklappen im Zusam- menhang und wird durch die entsprechende frontale Lage der Stiel- augen bedingt. Demgemäss verlaufen die in die Augenganglien einstrahlenden Nervenfasern in schräg longitudinaler Richtung. Aehnlich wie bei Sphaeroma und auck bei Astacus unterscheiden wir zwei Paare von Marklagern, ein vorderes (V M]) mit einer hinter der frontalen Ganglienkappe verlaufenden Quer- commissur (Ca) und ein hinteres mehr lateral gerücktes Lager (SMI), dessen Aussenseite die laterale Gangliendecke des Vorder- hirnes anliegt. Das letztere Lager erinnert an den hinteren Punkt- substanzballen in der vorderen Anschwellung des Astacushirnes und zeigt wie dieser eine mediane Verbindung durch Quercommissuren. Diese Faserbrücken (es, ci) liegen in verschiedener Höhe und durch die beschriebenen centralen Bindesubstanz-Einlagerungen (C B]) getrennt (Taf. VI, Fig. 3, 4,5, 11). Auch findet sich vor denselben eine quere, stark ausgezogene Punktsubstanzbrücke, durch welche wohl Faserzüge verschiedener Richtung hindurchtreten dürften (Taf. VI, Fig. 4, Fig. 10 CK). Dieselbe scheint dem Centralkörper im Vorderhirne der Phyllopoden und dem fächerförmigen Gebilde am Gehirne der höheren Arthropoden zu entsprechen. Die in das Augenganglion der Stielaugen einstrahlenden Faserzüge durchsetzen in schräg longitudinalem Verlaufe die vorderen Marklager (Taf. VI, Fig. 3), deren Quercommissur die Verbindung der den beiden Augen zugehörigen Fasermassen herstellen dürfte, und treten auch in die hinteren seitlichen Marklager ein. (61) 62 C. Claus: Auf höheren, der Dorsalseite mehr genäherten Transversal- schnitten (Fig. 5) verfolgt man Faserbündel in convergirendem Verlaufe nach der Quercommissur beider der hinteren Marklager (SM) gerichtet. Dieselben dürften wahrscheinlich den etwas tiefer gelegenen Gentralkörper durchsetzen und durch denselben in die Punktmassen entgegengesetzter Seite eintreten. Auf noch höheren Schnitten trifft man gekreuzte Faser- bündel (Fig. 7, GFb) in der Region der Quercommissur des Mittelhirnes. Auch diese werden auf die Fasersysteme des Augen- ganglions zu beziehen sein, wie schon bei Besprechung des Mittel- hirnes erwähnt wurde, und das Chiasma darstellen, dessen hintere Schenkel bei Sphaeroma, Astacus, Nephrops ete. als im Marklager der Olfactoriusanschwellung wurzelnd erwiesen werden konnten. Wahrscheinlich existiren aber, wie bei Phronima, noch andere Faserkreuzungen, welche die von den Vorderhirnganglien in die Hirn- schenkel und von da zum Bauchmark verlaufenden Faserzüge be- treffen. Zu diesen dürften die frontalen und ventralen Ganglien- decken des Vorderhirnes als Gentren gehören, während die lateralen Lager, die dem seitlichen Marklager aufliegen, ihrer Hauptmasse nach zu den Nervenbahnen des Augenganglions als Projections- centren (erster Ordnung) zu beziehen sein würden, Wenn es bei der Schwierigkeit und complexen Natur des Gegenstandes auch nicht möglich wurde, die Faserbahnen und Ursprünge von Nerven in ihrem Zusammenhange mit den Ganglien- centren im Detail klar zu legen, so scheint doch durch die an sich unzureichenden Untersuchungsergebnisse die Basis für den Vergleich, sowohl einerseits mit dem Phyllopoden- als Arthrostrakengehirn gewonnen. Nach den mitgetheilten Be- funden kann es keine Frage sein, dass das Gehirn von Nebalia seiner Differenzirung nach nicht nur weit über dem der Phyllopoden steht, sondern wesentliche Züge mit dem der Arthrostraken ge- meinsam hat. Allerdings wird auch das Gehirn von Branchipus und der Phyllopoden aus denselben drei Regionen gebildet, die ich bereits in meiner ersten Arbeit über Apus und Branchipus und in der Daphnidenschrift unterschieden habe). Dieselben sind: 1. die oberen (vorderen) Centrallappen mit ventraler (a) und dor- 1) C. Claus, Zur Kenntniss des Baues und der Entwicklung von Branchipus stagnalis und Apus cancriformis, Göttingen 1873, pag. 21, Taf. 1V, Fig. 11. Derselbe: Zur Kenntniss der Organisation und des feineren Baues der Daphniden. Zeitschr. f, wissensch, Zoologie. Tom. XXVJ. 1876, pag. 378, 379. (62) ul u 1 A Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 63 saler (b) Gangliendecke, der vorderen Quercommissur und den seit- liehen zuden Augenganglien gehörigen Hirntheilen, 2. die unteren (hin- teren) kleineren Lappen (c) oder Auschwellungen mit der unteren (hinteren) Quercommissur und dem Fühlernerven und 3. die Längs- stämme des Schlundringes mit ihrem Ganglienbelag, der suboesopha- gealen Commissur und den Nerven des zweiten Antennenpaares. Die Gangliencentren dieses dritten Gehirnabschnittes sind bei den Malacostraken im Anschlusse an die veränderte Insertion jener Gliedmassen weiter aufwärts gerückt und der mittleren Region des Gehirnes angeschlossen. Am Gehirne von Nebalia werden zwar die Längsstämme des Schlundringes noch in ganzer Länge von dem Ganglienbelage be- kleidet, indessen verhält sich die hintere Hälfte schon mehr als Commissuralganglion, an welchem die Nerven des Lippenringes und die suboesophageale Commissur der Antennenganglien entspringt. Dagegen ist der Ursprung der Antennennerven schon weit empor- gerückt, so dass die vordere Hälfte der Längsstämme des Schlund- ringes als hinterer Hirntheil erscheint. Dazu kommt die Gestaltung des mittleren Gehirnabschnittes, an welchem die Fühleranschwellung als Lobus olfactorius hervortritt, welcher die charakteristische Structar der Punkthaufen zeigt, durch das gekreuzte Faserbündel mit den Augenganglien verbunden ist und einen einzigen Fühlernerven mit motorischen und sensiblen Faserbündeln entsendet. Auch im Gehirne der Amphipoden sind, wie bereits R. Köh- ler!) fir Gammarus pulex dargethan hat, diese gekreuzten Faserbündel, welche die Olfactorius-Anschwellung mit den Augen- ganglien verbinden, wohl entwickelt und wir haben allen Grund in dem Vorhandensein derselben einen allgemeinen Charakter des Malacostrakenkirnes zu erkennen. Ebenso möchte ich der medianen Zwischenhöhle zwischen Vorder- und Mittelhirn, welche von Bindesubstanz nebst einer Blutlacune, beziehungsweise einem Gefässaste der Aorta ausgefüllt wird, eine Bedeutung beimessen. Ich habe diese, wie ein Canal sich ausnehmende Höhlung schon für das Gehirn von Apseudes beschrieben und finde dieselbe auch bei Asellus und Idotea in gleicher Form wieder, so dass sie als Charakter des Isopoden- hirnes betrachtet werden kann. Am Amphipodengehirne, welches nach Delage von einem medianen Gefässringe umzogen wird, scheint dieselbe, so weit ich nach meinen Untersuchungen an !) R. Köhler, Recherches sur la structur du cerveau du Gammarus pulex, Internat. Monatsschrift für Anat. u. Phys. 1887. Bd. IV, Heft I. (63) 64 C. Claus: Phronima und den Beschreibungen, welche über den Gehirnbau von Gammarus und Caprella vorliegen, urtheilen darf, mehr redueirt zu sein und deshalb leichter der Beobachtung zu entgehen. Auch die Gestaltung der sympathischen Nerven und Ganglien am Schlunde und Magen entspricht dem Malacostrakentypus, in- soferne ausser dem am Schlundringe entspringenden, zum Lippenringe und dessen Ganglion sich vereinigenden Nervenpaaren das unpaare Magenganglion vorhanden ist, welches bei Branchipus und den Phyllopoden fehlt, dagegen bei Apseudes und Asellus, sowie bei Caprella'!) unter den Amphipoden aufgefunden wurde und wahrscheinlich sämmtlichen Arthrostraken gemeinsam ist. Dasselbe betrachte ich als dem ansehnlichen Ganglion stomato- gastricum ?) des Flusskrebses und der Decapoden homolog, welches zwischen der vorderen Muskelgruppe des Magens gelegen, dem oberen sympathischen Nervengetiechte angehört und mittelst eines mehrfach verzweigten unpaaren Nerven mit dem unteren in dem paarigen Nerven des Schlundringes wurzelnden Geflecht in Ver- bindung steht. Das letztere entspricht dem Nervenringe nebst Ganglion der Oberlippe, welcher schon bei Apusund Branchipus auftritt und bei Apseudes und Nebalia, sowie gewiss bei allen Isopoden und Amphipoden vorhanden ist. Wenn somit aus allen diesen Gründen das Gehirn der Neba- liden dem Malacostrakentypus zugehörig erscheint, so nimmt das- selbe innerhalb desselben eine tiefere, den niederen Formengruppen entsprechende Stellung ein. Auf dieselbe weist nicht nur die lang- gestreckte Form des Gehirnes, sondern auch der Umstand hin, dass seine drei Abtheilungen hintereinander ohne Beuge in der Ebene der Ganglienkette folgen. Sowohl am Isopoden- als Amphipodengehirne erscheinen die entsprechenden Abschnitte mehr oder minder zusammengedrängt und in ausgesprochener Beugung unter das Vorderhirn gerückt, dessen Lage hierdurch eine mehr senkrecht frontale, beziehungsweise dorsale geworden ist. Dieser Lagenverschiebung entspricht eine Beugung, die am Mittelhirne beginnt und dieses, sowie das Vorder- hirn dorsalwärts hebt, beziehungsweise zugleich nach hinten wendet. Unter den Isopoden scheint die Gattung Sphaeroma, nach Bel- lonei’s Abbildung zu urtheilen, die geradgestreckte und langge- !) Paul Mayer, Die Caprelliden des Golfes von Neapel. Neapel 1882, Taf. V. ?) Vergl.u. a. V.Lemoine, Recherches pour servir ä l’histoire des syst&mes nerveux, musculaire et glandulaire de l’&crevisse, Ann. scienc. nat. V. Ser. Tom. IX 1868, pag. 212. (64) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 65 zogene Gehirnform am wenigsten verändert zu bewahren und _ unter den Hyperiden verhalten sich Oxycephalus und Rhab- dosoma ähnlich. Dagegen ist bei Asellus, Oniscus und _Porcellio die Concentration und Ueberlagerung der hinteren Hirnregion seitens des Vorderhirnes sehr ausgeprägt, und unter den Amphipoden bei Caprella und Phronima die Beugung zwischen _ Mittelhirn und Hinterhirn in so starkem Winkel durchgeführt, dass das Vorderhirn dorsalwärts aufgerichtet, bei frontaler Ansicht nach hinten gedrängt scheint. Die Anschwellungen desselben wurden daher sowohl von mir bei Phronima!), als von P. Mayer?) bei Caprella als Hinterhirn bezeichnet, während ich die vorn gelegenen Ganglien des Fühlernerven vordere Gehirnanschwellungen und demgemäss auch die Commissuren beider Hirntheile in ent- sprechender Weise benannte. Wenn nun auch für den speciellen Fall eine solche Unter- _ scheidung und Benennung entschuldigt werden kann, su ist die- selbe doch mit Rücksicht auf den morphologischen Vergleich als unzutreffend und zu Verwechselungen Anlass gebend zurückzu- weisen. Vertauscht man meine. in jener Darstellung gebrauchten _ Bezeichnungen im Sinne des morphologischen Werthes der Hirn- ‚abtheilungen in der Weise, dass aus den Hinterlappen die An- schwellungen des Vorderhirnes und aus ihren Commissuren die vorderen werden, dass ferner an Stelle der vorderen Anschwel- lungen die Lobi olfactorii oder Anschwellungen des Mittelhirnes treten und die Commissuren derselben zu den hinteren werden, so ist die Zurückführung des Phronimagehirnes nicht nur in seiner allgemeinen Gestaltung ohne Weiteres verständlich, sondern auch - die Vergleichung seines histologischen Baues mit dem von Sphae- roma und Nebalia im Einzelnen ohne Schwierigkeit durchführbar. Sinnesorgane. Die Stielaugen. Bekanntlich besitzt Nebalia ähnlich wie _ Branchipus und die Podophthalmen unter den Malako- straken zwei bewegliche Stielaugen, welche in unserem Falle ziem- lich frontal am Kopf entspringen, und deren Ganglien daher eine _ entsprechena modificirte Lage zu den Centralganglien des Vorder- hirns erhalten. Diese Stielaugen zeigen eine hochdifferenzirte Orga- ‘) C. Claus, Der Organismus der Phronimiden. Arbeiten aus dem zoolog. Institat zu Wien. Tom. ll, 1879, pag. 59. 2) P. Mayer, |. c. Taf. Vl, Fig. Ahh. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 1. d (65) 56 "C, Claus: nisation, welche sich weit über die von Branchipus und Artemia erhebt und an die der Podophthalmen unmittelbar anschliesst. G. OÖ. Sars vertritt freilich die gerade entgegengesetzte Meinung, ohne dieselbe jedoch begründen zu können. Die neun Zeilen, auf welche sich seine Angaben über das Auge von Para- nebalia beschränken, können aber doch nicht die Behauptung be- weisen, dass diese Augen von denen der Podophthalmen durch ihre viel einfachere Structur und durch den Mangel einer facettirten Cornea wesentlich differiren, dagegen nach Form und Structur mit den Augen der Branchipodiden vollkommen übereinstimmen. In Wahr- heit ist aber der Sachverhalt der entgegengesetzte. Offenbar hat @.O.Sars das Auge der Nebaliden unter stärkerer Vergrösserung gar nicht näher angesehen, es hätte ihm sonst unmöglich entgehen können, dass dasselbe eine sehr distincte facettirte Cornea besitzt, die ich überdies für die Gattung Nebalia längst nachgewiesen und beschrieben hatte. Ein so ober- flächliches Bild, wie es Sars in Fig. 3 der Taf. I vom Auge der Paranebalia gegeben hat, kann unmöglich als Beweis für die Richtigkeit seiner Behauptung in Betracht kommen. Indessen würde sich aus dem Mangel von Cornea-Facetten, welche überdies bei Para- nebalia schon unter schwacher Vergrösserung, und zwar viel leichter als bei Nebalia, bemerkt werden, noch keineswegs die einfachere Structur und die Uebereinstimmung mit dem Branchipusauge als Folgerung ergeben. Das Auge könnte der Facetten völlig entbehren und doch im Baue seiner Retinulae und der Ganglien der Retina weit complieirter sein. Die Gestalt des Nebalia-Auges ist keine ganz regelmässige. Man kann an demselben einen das Augenganglion umschliessenden Stiel und einen längeren, stärker angeschwollenen Sehabschnitt unterscheiden, welcher die Retina nebst Stäbchen, Pigment und Krystallkegeln enthält und an der Oberfläche facettirt ist (Taf. X, Fig. 2, 3). Der Stiel beginnt mit enger Einschnürung, über welche sich das Integument fast kragenartig zurückstülpt, ist aber nicht einfach cylindrisch, sonderu dorsalwärts stärker ge- wölbt als an der ventralen mehr abgeflachten Seite und bildet hier eine Erhebung, welche sich über die Länge des dorsalen Ab- schnittes bis zu dessen zugespitztem Vorderrande in eine schwache Firste fortsetzt. Nach dieser hin erscheinen die rechte und linke Seite der dorsalen Augenfläche etwas comprimirt, wovon man sich an ver- ticalen Querschnitten am besten überzeugt. Betrachtet man ein ' f | EB (66) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 67 lebendes Thier in der Seitenlage, so erscheint der am stärksten gewölbte laterale Theil des Auges als dreiseitig gerundetes Feld, dessen dorsaler Rand der Firste entspricht, dem Beobachter zuge- wendet. Diesem zwischen Kopfklappe und Schale frei vortre- tendem Augenfelde gehört die grösste Zahl der Facetten und Ommatidien an, dasselbe repräsentirt den vornehmlichen Theil des zur Aufnahme der Lichtstrahlen dienenden Sehfeldes. An der unteren ventralen Seite ist das Auge mehr abgeflacht, und entbehrt mit Ausnahme der seitlichen Partieen und des äussersten Endes der Cornea-Facetten, wovon man sich am sicher- sten an abgestreiften Häuten überzeugt. Zur Bewegung des Auges finden sich in der Basis des Stieles mehrere Muskel- gruppen, deren wechselnde Contractionen vornehmlich Drehungen, sowie geringe Senkungen veranlassen, während eine ausgeprägte Querstellung, mit welcher ein Heraustreten des Sehabschnittes aus dem Spaltraume zwischen Kopiklappe und seitlichem Schalenrande verbunden wäre, ausgeschlossen erscheint. An der dorsalen Seite des Stieles finden sich drei Muskelgruppen (Taf. VI, Fig. 6; Taf. X, Fig. 2 &,ß, y). Von den zwei lateralen beschränkt sich die tiefer liegende auf ein langgestrecktes, schräg nach aussen gerichtetes, wohl als Adductor wirkendes Muskelbündel (£), um die sich drei mehr ober- Hlächliche kürzere, das Auge nach aussen drehende Bündel («) herum- schlagen. Diesen liegt als Antagonist ein schräg verlaufender medialer Muskel (y) gegenüber. Viel umfangreicher ist ein an der unteren Seite etwas schräg verlaufender Längsmuskel, den man bei Be- trachtung des Thieres von der Ventralseite in ganzer Länge bis weit unter das Pigment verfolgt. Derselbe dürfte die Senkung des Auges unter gleichzeitiger Drehung bewirken (Taf. X, Fig. 3, 9 9). Bei der Präparation des Auges erhält dasselbe regelmässig eine von der natürlichen Haltung abweichende Lage, indem es auf die breite Fläche fällt, so dass die schwach gekrümmte Dorsalkante auf die Seite zu liegen kommt. Betrachtet man jetzt das Auge von der unteren, medialen Seite, so fallen an der proximalen Grenze des Stieles zwei Höcker (H,H‘) auf, von denen der vordere und obere an die Rückenkante grenzt. Dieselben treten vornehmlich an dem stärker angeschwollenen grösseren Auge des Männchens hervor, so dass ich von vornherein geneigt war, in diesen Bildungen Sinnesorgane zu vermuthen, etwa dem Frontalorgane analog, nach welchem ich bei Nebalia bislang vergebens gesucht hatte. Ein solches konnte aber möglicherweise mit der Abhebung des vorderen Kopf- abschnittes zur Bildung der Stielaugen vom Kopfe abgerückt und * ö (67) 68 C. Claus: an den Augenstielen seine Lage erhalten haben. Die nähere Unter- suchung auf Schnittserien hat nun die Wahrscheinlichkeit eines Sinnesorganes bekräftigt, es hat sich herausgestellt, dass in diesen Vorsprüngen Züge von Fibrillen und Gruppen eigenthümlicher kolbig walzenförmiger Körper enthalten sind, hinter denen grosse vom Belage des Augenganglions getrennte Ganglienzellen und Nerven- fasern liegen (Taf. X, Fig. 9 Sk). Es lag die Vermuthung nahe, dass auch bei andern Podoph- thalmen ein ähnliches Organ am Stielauge vorkomme, und wirk- lich hat mir die Durchsicht des kürzlich veröffentlichten umfang- reichen Podophthalmen-Werkes von Spence Bate!) für die Rich- tigkeit meiner Vermuthung Anhaltspunkte gegeben. Die Papillen, welche jener Autor am Stielauge der Dendrobranchiaten-Gattungen Hepomadus, @ennadas undBenthesiceymus beschreibt und unter den phyllobranchiaten Makruren auch bei Bentheocaris und Hymenodora beobachtet hat, dürften die gleichwerthigen Organe sein. Freilich soll nach Spence Bate die Spitze der Papille eine runde Linse umschliessen, zu der ein distinkter Zweig des Augennerven herantrete. Die beigefügte Abbildung zwingt uns jedoch, diese Angabe mit grosser Vorsicht aufzunehmen, so dass die Bedeutung des Organes und eventuell die Beziehung zu den Leuchtorganen von Euphausia, die jedenfalls für Nebalia aus- geschlossen ist, vorläufig unbewiesen bleibt. Von der Facettirung der Cornea überzeugt man sich am besten an abgestreiften Häuten, an denen die Facetten als kreis- förmig begrenzte nicht unmittelbar aneinander stossende Cuticular- felder sofort in das Auge fallen (Fig. 10). Am lebenden Thiere er- wiesen sich ausgewachsene Exemplare und geschlechtsreife Männchen zum Nachweise der linsenförmig gewölbten Corneafacetten, welche an jüngeren Individuen in Folge geringerer Wölbung minder deut- lich hervortreten, besonders geeignet (Fig. 13a und 14 CL). Noch stärker als an den geschlechtsreifen Nebaliamännchen sind die Cornealinsen am Auge von Paranebalia entwickelt, dessen gewölbte Vorderseite im Gegensatze zuNebalia bestachelt ist. Die recht ansebnlichen stachelförmigen Höcker erheben sich hier zwischen benachbarten Linsen, welche einen bedeutenden Brechungs- index besitzen, fehlen aber an der flachen ebenfalls nicht facettirten Seite des Auges (Fig. 1 CL) vollständig. Die Hypodermiszellen haben sich als deutlich gesonderte Lage 1). Sp onsk Bate, Report of the Crustacea Macrura. The voyage of H.M.S. Challenger. Zoologie, 1887, Vol. XXV. (68) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 69 erhalten und sind paarweise in Gruppen geordnet, so dass zu jeder . Cornealinse ein Paar von Zellen gehört. Die Kerne sind von der Achse der Linse nach der Peripherie gerückt und kommen an die Grenzen benachbarter Facetten zu liegen. Be- sonders deutlich heben sich diese den Facetten zugehörigen Zellenpaare der Hypodermis in dem der Häutung vorausgehenden Stadium hervor, wenn sie die zur neuen Linsenhaut erhärtenden Abscheidungen bilden. Indessen erkennt man die Zellengruppen auch während des Zustandes ihrer Unthätigkeit und weist die An- lage und gruppenweise Sonderung derselben an einer bestimmten Stelle des Auges, der Knospungszone, noch an grösseren Individuen nach. Aehnlich wie bei Branchipus findet sich auch am Auge von Nebalia — und dasselbe gilt für das Podophthalmenauge — eine Wachsthums- oder Knospungszone, welche die Vermehrung der Augenelemente beim Wachsthum des Thieres vermittelt, auf deren Verhalten ich später zurückkommen werde. Unter jeder Facette liegt ein viertheiliger Krystallkegel (Fig. 11, 13, 14), an dessen Peripherie sich eine Hülle abhebt, welcher die vier Kerne der Krystallzellen anliegen. Von den mehr oberflächlich gelegenen Kernen der Hypodermiszellen (Fig. 13nh) sind die zu den Krystallkörpern gehörigen Kerne (nk) sowohl durch ihre Lage und Form als durch die intensivere Färbung bei Carminbehandlung leicht zu unterscheiden, so dass schon die Untersuchung des ausgebildeten Auges keinen Zweifel über den Ursprung der Krystallkegel aus einer zweiten von der Hypoder- mis wohlgesonderten Zellenlage zurücklässt. Zudem gibt die Untersuchung der Wachsthumszone sehr schöne und bestimmte Bilder über die Sonderung der beiderlei Zellengruppen und über die allmälige Abscheidung der vier centralen Krystallkörperelemente aus der entsprechenden Gruppe der tieferen Zellenlage. An solchen noch unfertigen kleineren und grösseren Krystallkegeln sitzen die vier grossen von Protoplasma umgebenen Kerne kappen- artig dem Vorderende auf, an welchem sich distalwärts die zuge- hörige Zellengruppe der Cornealinse divergirend abhebt (Fig. 16nh). Es ist somit auch bei Nebalia das hypodermale, die Cornea ausscheidende Epithel vorhanden, welches ich zuerst bei Phro- nima!) und den Hyperiden oberhalb der Krystallkegelzellen nachwies und in dessen allgemeines Vorkommen bei allen Crustaceen mit zusammengesetzten Facettenaugen, welche auch im geschlechts- reifen Zustande ihre Cuticula abstreifen und bei denen mit dem ‘) ©. Claus, Der Organismus der Phronimiden. ]. c. pag. 73. (69) 70 0; Claus: Wachsthum des Leibes auch das Auge sich vergrössert und eine Zunahme seiner Elemente erfährt, ich keinen Zweifel setzte. Gegen diese theoretisch vollkommen richtige Anschauung er- hoben sich mir später!) wiederum Bedenken, alsich die gesonderte Lage von Hypodermiszellen bei Apus und Branchipus auf- gefunden hatte, dagegen am Facettenauge der Schizopoden und Decapoden nicht beobachten konnte. Da dieselbe auch P. Mayer?) bei dn Amphipoden und Laemodipoden nachgewiesen hatte, glaubte ich das Vorkommen einer besonderen Hypodermis wenigstens bei den Crustaceen mit glatter Cornea für gesichert zu halten und den Mangel einer besonderen Lage von Hypodermis- zellen als secundäres, erst mit der Ausbildung von Facetten ent- standenes Verhältniss betrachten zu können. Nun ist inzwischen von mehreren Forschern auch an den Facetten der Podophthalmen, zuerst von Reichenbach für den Flusskrebs und kürzlich von Patten für die Paguriden und Garneelen der Nachweis geliefert worden, dass auch hier eine die Cornea erzeugende Hypodermis über den Krystallkegelzellen erhalten ist, und auch ich habe mich nunmehr bei Mysideen von dem Vorhandensein derselben über- zeugen können. Somit scheint die Erhaltung „corneagener“ Ecto- dermzeilen über den durch die Semper’schen Kerne bezeichneten Krystallkegelzellen bei den Crustaceen ein ganz allgemeines Verhalten im Gegensatze zu den Insecten, welche keiner weiteren Häutung unterworfen sind. Am Mysis-Auge, über dessen Entwick- lung kürzlich J. Nusbaum?) Beobachtungen veröffentlicht hat, gehören zu jeder Facette besondere Corneazellen, deren Kerne sich oberhalb des gestreckten, aus zwei Zellen erzeugten Krystallkegels mit den Semper’schen Kernen derselben sich rechtwinkelig kreuzen und von diesen durch beträchtlich geringere Grösse differiren. Nusbaum lässt irrthümlich jede dieser Zellengruppen aus vier Zellen bestehen. In Wahrheit sind jedoch in jeder Gruppe nur zwei Zellen enthalten, deren Kerne unter rechtwinkeliger Kreu- zung miteinander alterniren (Fig. 18 ab). Schon Grenacher!) hat dieses Verhältniss richtig beobachtet und abgebildet, aber falsch 1) C. Claus, Untersuchungen über die Organisation und Entwickelung von Branchipus und Artemia, l. c. pag. 57. ?) P. Mayer, Die Caprelliden des Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeresabschnitte. Eine Monographie. Leipzig 1882, pag. 122. 3) Josef Nusbaum, L’embryologie de Mysis chameleo. Archives de Zoologie exp£rimentale et göncrale. 2. Ser., Tom. V, 1887, Nr. 2, pag. 179. #) H. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. 1879, pag. 117—122, Taf. X, Fig. 11l u. 113. (70) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 71 gedeutet. Indem derselbe die ungleiche Grösse und verschiedene Lage beider Kerngruppen nicht würdigte, bezog er beide auf die zu einem Krystallkegel gehörigen Semper’schen Kerne, „von denen zwei näher an die Facette, die beiden anderen mehr in die Tiefe gerückt“ seien, während die Zellenconturen den Eindruck hervorrufen, „als ob zwei Zellen übereinander geschoben wären“. Diese und die weitere ganz richtige Beobachtung über die Zwei- zahl der Krystallkegel-Segmente, in welcher im Gegensatze zu den anderen untersuchten Podophthalmen Mysis mit den Amphi- poden und Isopoden übereinstimmt, hätten Grenacher con- sequenter Weise schon von dem Irrthume seiner Auslegung und von dem Vorhandensein einer peripherischen Gruppe von zwei Corneazellen über je zwei Krystallkegelzellen überzeugen müssen. Auch die Zurückführung der kleinen spitzen Dörnchen, welche in regelmässiger Vertheilung um die Facetten gruppirt nach innen vortreten, auf spitzenförmige Vorsprünge der Cuticula trifft nicht zu, wie man sich an Exemplaren, welche im Häutungsprocesse be- griffen sind, überzeugt. Es handelt sich vielmehr um Ansätze der Pigmentzellen, welche bei der Häutung zurückbleiben. Zwischen den Krystallkegeln finden sich langgestreckte, einen ovalen Kern enthaltende Fadenzellen (Fig. 14, 16 Fdz), welche die Verbindung der tieferen Pigmentregion des Auges und der Oberfläche vermitteln. Man übersieht dieselben in ganzer Länge besonders schön an Sagittalschnitten und überzeugt sich, dass zwischen zwei benachbarten Krystallkegeln nur eine Fadenzelle verläuft, also wohl jeder Krystallkegel von vier solcher Zellen umgeben ist, welche sich an die schmalen, zwischen den Facetten verbleibenden - Cutieularstreifen ansetzen. In grosser Zahl und dichter Häufung treten die gleichen Fadenzellen an der Grenze des Augenstieles und Sehabschnittes auf und bilden hier eine Art Grenzstreifen, an dessen Distalseite die Knospungszone für die Bildung neuer Krystallkegel und Ommatidien gelegen ist. Die Zellen des Grenz- streifens erweisen sich als spindelförmige Hypodermiszellen, deren tiefe in lange Fasern ausgezogene Fortsätze sich an die Basal- membran befestigen, welche als Fortsetzung der Membrana limi- tans zwischen Sehstäben und Faserbündeln der Retina an Hori- zontal- und Sagittalschnitten leicht erkannt wird (Fig. 17Mb). Die hinter dem Krystallkegel in der Tiefe folgenden Ele- mente jedes Ommatidiums bestehen aus 7 distalen Pigmentzellen, einer Gruppe langgestreckter flacher Retinulazellen und einem centralen von beiden Zellenformen umlagerten Rhabdom. Die (71) 72 C. Claus: Pigmentzellen haben eine kugelig birnförmige Gestalt und ent- halten einen grossen blasigen Kern, der vom Pigmente vollkommen verdeckt wird. An Embryonen, deren Augenpigmenterst abgelagert zu werden beginnt, sowiean kleinen in der Entstehung begriffenen Omma- tidien der Wachsthumszone treten die sieben etwas unsymmetrisch um einen Mittelpunkt gruppirten Kernblasen umso deutlicher her- vor, je weniger noch die Pigmentablagerung in der Protoplasmazone der Zelle vorgeschritten ist (Fig. 12a). Im ausgebildeten Zustand weichen die sieben Zellen distalwärts etwas auseinander und um- lagern becherförmig das hintere in einen kurzen Stiel ausgezogene Ende des Krystallkegels. Auf Querschnitten erhält man im Centrum jeder Pigmentzellengruppe das Bild eines hellen siebenstrahligen Sternchens, dessen Mitte den Raum bezeichnet (Fig. 12b), welchen der kurze Stiel des Krystallkegels einnimmt. Auf die birnförmigen Pigmentzellen, welche zugleich das äusserste Ende des Rhabdoms umlagern, folgen die langen ebenfalls dicht mit Pigment erfüllten Retinulazellen, deren ovalgestreckte Kerne eine bedeutendere Grösse besitzen und in der Tiefe auf zwei Reihen unregelmässig vertheilt sind. Die Zahl derselben mit Sicherheit zu bestimmen, ist mit grosser Schwierigkeit verbunden, da schon das Pigment ein Hinder- niss für den Nachweis des Kernes abgibt. Mit Hilfe einer ge- lungenen Serie von Schnitten, an welchen das Augenpigment aufge- löst worden war, während sich die Zellkerne intensiv gefärbt und die stark angeschwollenen Rhabdome trefflich erhalten hatten, glaube ich jedoch durch Vergleichung von Quer- und Längsschnitten der Ommatidien wenigstens als wahrscheinlich erkannt zu haben, dass es ebenfalls sieben Retinulazellen sind, welche das Rhabdom umgeben. Gleiches dürfte auch für die Augen der Mysideen Geltung haben, deren Retinulakerne in drei nicht ganz regel- mässigen Reihen hintereinander liegen. Diese Kerne sind frei- lich mehr kuglig gerundet und bieten in höherem Grade das Aussehen von Kernen nervöser Endzellen. Zwischen denselben liegen der mittleren Reihe genähert lang gestreckt walzenförmige Kerne, dem Anscheine nach in den Zwischenräumen der Retinulae in der Verlängerung der vorderen und hinteren Pigmentzellen, welche die Krystallkegel von Mysis umgeben. Ich glaube nicht zu irren, wenn ich diese drei in Längsstreifen hintereinander folgenden Zellen, beziehungsweise Kerne, welche zwischen den Ommatidien ihre Lage haben, auf die von Nusbaum am embryo- nalen Mysisauge abgebildeten „piliers cellulaires“ (vergl. Fig. 93 r) beziehe, welche nach diesem Autor den Zellen der Retinula Ent- (72) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 73 stehung geben sollen. Dass diese Meinung eine irrthümliche ist, ergibt sich schon aus der oberflächlichen Lage dieser Kerncolumnen in der Hypodermis und Krystallkegelzone. Ich habe auf einer ge- lungenen Schnittserie durch das ausgebildete Mysisauge, an welchem wie auch an dem Decapoden- und Stomatopodenauge die schon mit Rücksicht auf die Vermehrung der Augenelemente bei zuneh- mender Körpergrösse nothwendige Wachsthumszone wiederkehrt, das auf Fig. 18 abgebildete Verhältniss von Linsen- und Krystall- kegelzellen, sowie Pigmentzellen der Krystallkegel mit den zuge- hörigen Kernen (Pn) sicher bestimmen können und glaube kaum, dass ein Vergleich wit der bereits angezogenen Abbildung Nus- baum’s einen Zweifel über die Richtigkeit der von mir gegebenen Deutung zurücklässt. Das centrale Element des Nervenstabes (Retinula), das Rhab- dom, ist im Auge von Nebalia ausserordentlich umfangreich und bildet einen langgestreckten proximalwärts verjüngten Kegel oder genauer eine vierseitige Pyramide, deren Basis zwischen den sieben Pigmentzellen am Ende des Krystallkegelstiels ihre Lage hat. (Fig. 13, 14.) Bekanntlich hat die vonGrenacher dem Rhabdom gegebene Deutung als centrale Öuticularausscheidung der Retinula- zellen in einer grösseren Arbeit von Patten!) eine Ablehnung erfahren. Patten betrachtet das Rhabdom als Fortsetzung der ‘) W. Patten, Eyes of Mulluscs and Arthropods. Mitth. der zool. Station zu Neapel. 1886, Taf. 23—32, 4. Heft, Tom. VI. — W. Patten hat meine An- gaben über die Knospungszone von Branchipus gänzlich missverstanden, wenn er mir in seiner jüngst veröffentlichten Schrift „Studies on the Eyes of Arthropods“ (Journal of Morphology. Vol. I, 1887) die Meinung unterlegt, dass die Retinula aus derseiben Masse proliferirender Zellen hervorgehe, auf welche die Elemente des wachsenden Sehganglions zurückzuführen sind, während die oberhalb der Retinula gelegenen Krystallzellen getrennt entsprängen. Gerade das Umgekehrte habe ich behauptet und an mehreren Abbildungen, welche jede andere Deutung ausschliessen, erläutert (Branchipus ]. c. pag. 41, Taf. VII, Fig. 1, 2, 3). Allerdings bilden die Krystallzellen und Retinulae zwei aufeinanderfolgende Schichten, die aber aus der- selben Zellenmasse ihren Ursprung nehmen, während die zur Verstärkung des Seh- ganglions dienenden Zellen aus einer besonderen jener proximal anliegenden Hypo- dermiswucherung hervortreten. Wie freilich dieses Missverständniss meiner unzwei- dentigen Darstellung zu erklären ist, bleibt mir unverständlich und ich kann es nur dem Umstande zuschreiben, dass dieselbe in einer dem Verfasser fremden und daher minder geläufigen Sprache gegeben wurde. Thatsächlich besteht kein Wider- spruch zwischen meiner Darstellung und Patten’s Beobachtung und Deutung; ebensowenig trifft die Meinung dieses Autors zu, es wären die von mir beobachteten Metananpliusstadien zu weit vorgeschritten gewesen, um das Verhältniss richtig zu sehen und beurtheilen zu können. Auch die Stielaugen viel älterer Larven sowie die des jungen Branchipus erweisen sich hierzu noch vollkommen geeignet. 74 0. Clans: Krystallkegel und als tiefer liegendes Product der Krystallkegel- zellen, die als Retinophoren bezeichnet werden und bis zur Basal- membran reichen sollen. Ohne mich vorläufig für oder wider diese Auffassung, die jedenfalls die Natur des Rhabdoms als Ausschei- dungsproduct intact lässt, erklären zu wollen, muss ich doch auf die abweichende Lichtbreehung und auf die sehr ausgesprochene Blättchenstructur des Rhabdoms von Nebalia als der Deutung Patten’s wenig günstig hinweisen. Dazu kommt die entfernte Lage der Kerne an der Vorderfläche der Krystallkegel und die Thatsache, dass die Sinnesepithelien so häufig Cutieulargebilde ab- sondern, und von den Nervenzellen der Retina, denen doch die Retinulae entsprechen würden, so allgemein Cuticulargebilde er- zeugt werden, Auch Reagentien und Färbemittel wirken auf die Krystallkegel und Rhabdome verschieden ein. An Chromsäure- präparaten erscheint das Rhabdom intensiver gelb. Umgekehrt veranlasst Boraxcarmin nach vorausgegangener Sublimat- und Alkoholbehandlung eine stärkere Tinction der Krystallkegel. An dem proximalen Ende der Retinulazone breitet sich noch eine dünne Schichte von Pigment aus, welches vielleicht auf eine besondere Lage kleiner Pigmentzellen zu beziehen ist, wenn das- selbe nicht aus der Nervenbündelschichte der Retina eingetretenen Nervenfasern zugehören und hier entstanden sein sollte. Alle diese distalwärts von der der Basalmembran der Hypo- dermis entsprechenden Grenzmembran gelegenen Augenelemente, also sämmtliche Theile der Ommatidien, sind ihrem Ursprunge nach auf die Hypodermis zurückzuführen, deren Zellen auch am entwickelten Stielauge in dem als Knospungs- oder Wachsthums- zone bezeichneten Streifen, an der Grenze von Sehabschnitt und Stiel, in lebhafter Wucherung begriffen sind und neuen Omma- tidien Entstehung geben. Wie bei Branchipus stellt sich auch am Nebaliaauge die Knospungszone als ein gürtelförmiger, die Längsachse fast recht- winkelig kreuzender Streifen der dorsalen Augenfläche dar, welcher beiderseits auf die Unterseite übergreift. Proximalwärts wird der- selbe von einer Zone langgezogener Connectivzellen (Cz) der Hypodermis begrenzt, welche sich an die Basalmembran anheften. Es liegt somit der gesammte, die Ommatidien fassende Augen- abschnitt in der Hypodermis, deren Basalmembran hier zu Limitans zwischen der Retinulae und der Nervenbündelschicht der Retina geworden ist (Taf. X, Fig. 17Mb). An der Distalseite der Con- nectivfasern liegen fadenähnliche langgezogene Zellen, von denen (74) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 75 sich bereits gruppenweise geordnete Zellen abheben. Erstere sind die in Wucherung begriffenen Elemente, als deren Theilproducte die Corneazellen, Krystallzellen und Connectivzellen, sowie die tiefer gelegenen Pigment- und Retinulazellen hervorgehen. An Flächen- schnitten sowohl (Taf. X, Fig. 8, 9) wie an Verticalschnitten (Fig. 17) vermag man die allmälige Differenzirung und Anordnung dieser Zellenformen mit Sicherheit nachzuweisen. Anfangs sind die Kerne ausserordentlich gross und in der Protoplasmazone der tieferen Zellen noch kein Pigment abgesondert, wie denn auch die Rhabdome und Krystallkegel in einigem Abstande von dieser Grenzzone (Fig. 16 a), nachdem sich die verschiedenen Zellengruppen bestimmter differen- zirt haben, nachweisbar werden. Die der Vermehrung der Ommatidien entsprechende Verstär- kung des Sehganglions und dessen als Retina oder Retinaganglion unterschiedenen distalen Abschnittes scheint mir auf der proxi- malen Seite des durch die Ausbreitung der Fadenzellen bezeich- neten Grenzstreifens durch einen der Hypodermis anliegenden breiten Streifen von Zellen vermittelt zu werden, aus welchem Elemente nach der Retina und dem Sehganglion herabrücken (Taf. X, Fig. 2ZS). Es ist jedoch wahrscheinlich, dass auch in der Peripherie der einzelnen Abschnitte des Ganglions eine dem Wachsthum des Auges und der Zunahme der Ommatidienzahl ent- sprechende Vermehrung der Elemente parallel geht. Offenbar findet ganz derselbe Vorgang auch beim Wachsthum der Stielaugen der Podophthalmen statt, an denen sich in gleicher Weise das Vor- handensein einer die Vermehrung der Ommatidien vermittelnde Knospungszone nachweisen lässt. Leider ist dieselbe von den seit- herigen Beobachtern vollkommen übersehen und daher für die Be- urtheilung der Augenentwicklung nicht verwerthet worden. Viel- mehr fand bisher lediglich die sehr schwer zu beurtheilende embryonale Anlage Berücksichtigung, ohne jedoch zu einer klaren Einsicht in den Vorgang geführt zu haben. — Was Reichen- bach!) Augenfalte nennt, Kingsley „optie invagination“ nennt, betrifft offenbar die homologe Wucherung, welche als zusammen- gezogener und abgekürzter Entwicklungsprocess zu betrachten ist. An diese Auffassung, welche sich aus einem Vergleiche mit der Augenentwicklung von Branchipus und aus der phylogene- tischen Ableitung der stieläugigen Malacostraken unmittelbar ergibt, ') H. Reichenbach, Studien zur Entwicklungsgeschichte des Flusskrebses. Abhandlungen: Senkenberg. nat. Ges. Frankfurt 1886. (75) 76 C. Claus: hat keiner der genannten Autoren gedacht. Reichenbach ist die Entstehungsweise des Branchipusauges, die ich schon in meinerälteren Arbeit über Apus und Branchipus beschrieben, anscheinend ganz un- bekannt geblieben, da er sich sonst nicht in gleicher Weise wie später Nusbaum für die ältere von mir längst widerlegte Ansicht hätte aussprechen können, dass das Stielauge das vorderste Gliedmassen- paar des Kopfes und die Augenganglien Segmentganglien seien. Kingsleyt), dessen Angaben von denen Reichenbach’s mehr- fach abweichen, hat zwar der Entwicklung des Branchipusauges Rechnung getragen, indessen anstatt den Inhalt meiner späteren Arbeit zu lesen, lediglich auf einige derselben beigegebene Ab- bildungen Rücksicht genommen und daher die zwischen beiden bestehende Beziehung nicht verstanden, obwohl dieselbe unmittelbar einleuchtet. Nicht nur dass die von mir beschriebene und abge- bildete Hypodermisverdiekung (C. Claus, l. c. Taf. VII, Fig. 1, 2, 3Kz, Ret. G.) von einer Invagination nicht wesentlich ver- schieden ist, vielmehr den Anfang einer solchen darstellt und bei abgekürzter und zusammengezogener Entwicklung zur Entstehung einer wahren Invagination führen muss, auch bezüglich der ausser- halb der Pigmentzone beschriebenen Kerngruppen hat Kings- ley meine Darstellung irrthümlich gedeutet und einen nicht vorhande- nen Widerspruch in dieselbe hineininterpretirt. In Wahrheit lassen sich sowohl die Entwicklungsvorgänge des viel einfacher gebauten Branchipus- und Artemia-Auges wie die in der Knospungs- zone des Nebalia- und Podophthalmen-Auges erfolgenden Neubildungen sehr wohl mit den in der embryonalen Anlage der Augenvon Astacus, Crangon, Mysis auftretenden Differenzi- rungen in Beziehung bringen. Man überzeugt sich zunächst aus der übereinstimmenden Structur, dass die Wachsthumszone des fertigen Stielauges bei Nebalia ein an der Oberfläche liegender Rest der embryonalen Einfaltung ist (vergl. Taf. X, Fig. 8, 9Knz, Gz, !) Kingsley, Development of the compound eye of Crangon. Journal of Morphology. Boston 1887, Nr. 1. Wenn Kingsley hervorhebt, dass von mir nur in einer Figur Kerne ausserhalb der Pigmentzone abgebildet seien — und er bezieht sich auf Fig. 7, Taf. VII — so hat er die Figur 10, welche das Auge der Branchipuslarve darstellt, übersehen; desgleichen scheint er die Stelle im Text nicht gelesen zu haben, nach welcher die Kernreste der Krystallkegelzellen am ausgebildeten Thiere nicht erhalten seien und die in den Ecken der sechsseitigen Cuticularfelder liegenden Kerne den oberflächlichen Hypodermiszellen zugehören, was durch den Vergleich mit dem Apusauge (Fig. 11) bestätigt wurde. Ich habe gerade das Gegen- theil von dem, was Kingsley für wahrscheinlich hält, indem er die oberflächlichen mit Hp bezeichneten Hypodermiskerne auf Kerne seiner Retinophorenzellen be- zieht, behauptet und, wie wir scheint, hinreichend klar erwiesen. (76) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 77 Fig. 17 Knzund Kingsley,l.c. Fig. 6, 12). Auch hier wiederholt sich die oberflächliche Lage von Hypodermiszellen und die tiefere durch fadenförmig langgezogene und in Theilung begriffene Ele- mente bezeichnete Zellenlage (Knz), welche Kingsley die retino- gene nennt. Beide sind durch die Basalmembran abgegrenzt von dem Streifen, an welchem die ganglionären Zellen gewissermassen als zweites (proximales oder inneres) Blatt der hypodermalen Ein- faltung der Hypodermis anliegen. Ganz dasselbe gilt für die bei Branchipus beschriebene Knospungs- oder Wachsthumszone, an deren hypodermaler Einwucherung ich bereits dieselben Streifen, einen distalen (äusseren), welcher die Zellen der Hypodermis, sowie die der Krystallkegel und Nervenstäbe erzeugt und einen proxi- malen (inneren), an welchem die Zellen der ganglionären Lagen wuchern, unterschieden habe. So scheint mirauch Reichenbach’s Darstellung insoweit in Uebereinstimmung, als die als Innenwall der Augenfalte unterschiedene Region sämmtliche Zellen und deren Derivate distalwärts von der Basalmembran erzeugt, der Aussen- wall derselben dagegen die ganglionären Elemente des Retina- und Augenganglions liefert. Der Nerven- und Ganglienapparat, welcher zwischen Gehirn und Sehabschnitt des Stielauges. gelegen ist und den Stiel des letzteren erfüllt, entspricht dem Ganglion opticum, an welchem wir wie bei den höheren Crustaceen und Inseeten drei Abschnitte zu unterscheiden vermögen, eine proximale Anschwellung mit dem inneren Marklager (Berger), eine distale mit dem äusseren Mark- lager und das am meisten distalwärts zur Basalmembran des Sehabschnittes reichende Retinaganglion. Zwischen innerem und äusserem Marklager liegt die innere (Taf. X, Fig. 6 IFk), zwischen dem letzteren und dem Retinaganglion die äussere Faserkreuzung (Fig.5 AFk). In der Peripherie der Marklager breitet sich ein dieker Mantel von Ganglienzellen aus, welcher zwischen den drei aufeinanderfolgenden Abschnitten auf Längsschnitten keilförmig in das Innere einspringt, wodurch die beiden Marklager von einander und das äussere von der Punktsubstanz des Retinaganglions (Mo- lecularschicht des ganglionären Theiles der Retina, Berger) schärfer abgesetzt werden. Eine ganz eigenthümliche Gestaltung der Oberfläche erhält der Rindenbelag durch etwas schräg zur Längsachse des Augenstieles verlaufende Bluteanäle, welche die breite dorsale und ventrale Blutlacune des Auges verbinden und durch ebenso viel bandförmige Aufwulstungen des Rindenbelages von einander abgegrenzt werden (Taf. X, Fig. 2, 3, 4, 6). (77) 78 C. Claus: Den bei weiten grössten Umfang besitzt die proximale An- schwellung des Augenganglions, deren Punktmasse in mehrere, durch Bündel von Nervenfibrillen begrenzte Ballen zerfällt, während der Faserverlauf der Nerven durch mehrfache Kreuzungen , ein recht complicirter ist. Diese hohe Differenzirung weist auf das Augenganglion der Podophthalmen hin, dessen proximale An- schwellung eine sehr complieirte, vornehmlich durch Bellonci’s Arbeit über Squilla näher beschriebene Structur darbietet. Ausser dem „corpo stratificato posteriore“, welches dem inneren Marklager des Augenganglions der Edriophthalmen und Insecten entspricht, werden hier als „massa reticolata, corpo emielissoidale, allungato und reniforme“ Ballen von feinster Punktsubstanz unterschieden, welche ihrer Anlage nach auch in dem inneren Marklager des Augenganglions von Nebalia enthalten sein dürften. Schon Bellonci hat die Frage aufgeworfen, ob diese so bedeu- tende Complication, welche für die Gestaltung der proximalen Ganglienregion des Podophthalmenauges gegenüber dem Edri- ophthalmenauge charakteristisch ist, auf Neubildungen zurück- zuführen sei, welche zum inneren Marklager hinzugekommen seien, oder bereitsim Gehirn vorhandenen, von diesem aber getrennten und mit dem corpo stratificato posteriore vereinigten Theilen entspreche, und sich in ersterem Sinne entschieden. Indessen ist bei der Frage- stellung übersehen, dass die Edriophthalmen, obwohl in der Or- ganisation tiefer stehend, doch keineswegs phylogenetisch ältere Formzustände repräsentiren, von denen aus die Podophthalmen entsprungen, sondern umgekehrt von stieläugigen Malacostraken ?) abzuleiten sind, deren Stielauge zum Sitzauge rückgebildet wurde und damit auch zugleich Vereinfachungen des Ganglienappa- rates erfuhr. Die Thatsache, dass schon das Nebaliaauge die Complicationen, welche für das Stielauge der Podophthalmen charakteristisch sind, in der Gestaltung des Augenganglions auf- zuweisen hat, dürften dieser Ableitung, die ich ?) bereits vor vielen Jahren entwickelte, eine weitere bedeutende Stütze sein. Ebenso- wenig kann ich mich mit der Ansicht jenes Autors einverstanden erklären, nach welcher diese hinteren Partieen des Augenganglions ') G. Bellonci, Nuove richerche sulla struttura del ganglio ottico della squilla mantis. Memorie dell’ Academia delle scienze di Bologna 1882. °) G. Bellonci, Intorno al ganglio ottico degli artropodi superiori. Intern. Monatschr. f. Anat. u. Hist. 1886, Tom. III, pag. 196. >) C, Claus, Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grundlage des Crustaceensystems. Wien 1876. (78) u > us u Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 19 (masse ganglionari posteriori) auf die sogenannten pilzhutförmigen Körper des Insectengehirns morphologisch und auch der Function nach (wenn auch nur uncomplet) zu beziehen seien. Dazu scheint mir doch das Vorhandensein analog verlaufender Bündel, welche ähn- liche Verbindungen herstellen, nicht ausreichend. Den Verlauf der vom Gehirn in den Augenstiel eintretenden, sowie der vom Zellen- belage des Augenganglions entspringenden, mit jenen und unter- einander mehrfach gekreuzten Faserzüge im Detail zu bestimmen, schien mir theils von der Hauptaufgabe dieser Abhandlung zu weit abzuführen, theils dem Zeitaufwande nach mit den etwa zu er- zielenden Resultaten nicht in Einklang zu stehen, so dass ich von dem weiteren und tiefergehenden Verfolgen dieser interessanten Fragen vorläufig abgesehen habe. Die distale, als Retinaganglion oder Ganglientheil der Retina zu bezeichnende Anschwellung wiederholt im Wesentlichen das für andere zusammengesetzte Augen (Phronima) bekannt gewor- dene Verhalten. Wir unterscheiden eine proximale Punktmasse, in welche die gekreuzten Fasern des Opticus einstrahlen (Berger’s Molecularschicht), und eine distale, schalenförmig aufgelagerte Schiehte von Ganglienzellen, aus welcher die zwischen die Pig- mentmasse eintretende und die Grenzmembran durchsetzende Nerven- bündelschicht folgt. Da, wo an der proximalen Seite der Punkt- masse die Fibrillenzüge des Sehnerven sich kreuzen, liegt eine grosse Zahl von Kernen und Zellen eingestreut, die man jedoch nicht berechtigt ist, als besondere Schichte zu unterscheiden. Im Mysisauge wurden von Grenacher zwei Kernreihen beschrieben !), welche an der distalen Seite der Molecularschichte hinziehen und der Ganglienzellenschichte (Berger’s Körnerschichte) entsprechen. Die innere derselben bildet nur eine einzige Reihe perlschnurähn- lich aneinander gereihter Zellen an der äusseren Grenze der Moiecularschichte, die Grenacher als erste gangliöse Masse (G@) bezeichnet. Das zweite Ganglion dieses Autors entspricht der Region der äusseren Markmasse des Augenganglions, das dritte der inneren Markmasse nebst parietalem Zellenbelag, das vierte endlich den „masse ganglionari posteriori* Bellonci’s mit seinen verschiedenen Lagern von Punktsubstanz und Faserzügen. Ganz dasselbe gilt für die von Carriere?) für das Augen- ganglion des Flusskrebses gegebene Darstellung. Das erste ‘) Vergl. Grenacher, l. c. pag. 183, Taf. X, Fig. 110 Km‘ und Km“. ?) J. Carriöre, Die Sehorgane der Thiere. 1885, pag. 167, Fig. 120. (79) 80 0. Claus: Ganglion mit seiner schalenförmig gewölbten Vorderfläche ist das Retinaganglion, aus welchem die von Capillaren und Blutge- fässen quer durchsetzte Nervenbündelschichte zur Basalmembran emporsteigt. Die in dasselbe nach vorausgegangener Kreuzung (äussere Kreuzung) eintretenden Nervenfasern würden denen des Sehnerven entsprechen. Das zweite und dritte Ganglion um- schliessen das äussere und innere Marklager (Bellonei’s corpo stratiicato anteriore e posteriore), getrennt durch die innere Faser- kreuzung, das vierte Ganglion endlich repräsentirt die „masse ganglionari posteriori“, an deren distaler Grenze eine dritte, die hintere Faserkreuzung, zur vollen Ausbildung gelangt. Der in das Stielauge eintretende Nerv würde überall mit Berger dem Seh- nerven gegenüber als Stiel des Augenganglions zu bezeichnen sein. Die reichen Blutmengen, welche in das Stielauge treten, durch- setzen dasselbe in ganz regelmässigen, durch Lacunen und Lücken zwischen den Geweben hergestellten Bahnen. Der Blutstrom er- giesst sich an der Dorsalseite in einen medianen zwischen Integument und Ganglion befindlichen Blutcanal, der im Augenstiel sechs Paare anastomosirender Seitengänge abgibt und distalwärts inner- halb der Nervenbündelschicht in ein Netz von Lacunen führt. Aus diesem und aus den Seitengängen, welche bogenförmig das Augen- ganglion umziehen, gelangt das Blut in einen weiten ventralen Bluteanal, um durch denselben in den Körper zurückzuströmen. Am schönsten beobachtet man die regelmässige lebhafte Blutbewe- gung im Auge der Larven, in deren Lacunensystem man die grossen amÖöboiden Blutzellen auf ihrem Wege vom Eintritt bis zum Austritt aus dem Auge zu verfolgen vermag (Taf. X, Fig. 4). Ich kann die Besprechung des Stieiauges nicht verlassen, ohne noch einmal auf die morphologische Beurtheilung des- selben zurückzukommen, da sich noch immer Stimmen vernehmen lassen, welche der alten, seit Decennien zurückgewiesenen Deutung des Stielauges als vorderste Gliedmasse des Kopfes bei- stimmen. Wir haben hier wiederum ein schlagendes Beispiel für die Zähigkeit, mit welcher veraltete, durch die zutreffendsten Beweisgründe längst widerlegte Irrlehren immer wieder von Neuem auf eine oberflächliche, veraltete Argumentirung hin hervor- tauchen, deren eifriges Festhalten freilich nur für die Unbekannt- schaft: mit den wohlbegründeten Ergebnissen neuerer Forschung Zeugniss ablegt. Aus diesem Umstande erklärt sich mir hin- reichend Reichenbach’s und Nusbaum’s durch kein weiteres Argument als das plausible des äusseren Scheines gestützter (80) a ee Fe ee A > Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 81 Anschluss an jene irrige Deutung; beide Autoren stehen offen- bar, trotz ihrer sehr eingehenden Behandlung eines speciellen embryologischen Themas aus dem umfassenden Crustaceengebiete, den morphologischen Gesichtspunkten und Lehren fern, welche insbesondere durch vergleichende anatomische und auf die post- embryonale Entwicklung bezügliche Studien gewonnen wurden und sowohl auf die Beurtheilung der phylogenetischen Verwandt- schaft der Crustaceengruppen als der gesammten Morphologie der Gliederthiere ihren Einfluss übten. Wie es aber möglich ist, dass ein Urustaceenforscher von der Bedeutung Spence Bate’s!), welcher das specielle Formengebiet durch so viele umfangreiche, descriptiv systematische Arbeiten in hervorragender Weise gefördert und als Berichterstatter über die Forschungen auf dem Crustaceengebiete eine ganze Reihe von Jahres- berichten abgefasst hat, auf demselben Standpunkt zurückgeblieben verharrt und diesen noch dazu durch völlig irrelevante, das Wesen der Frage gar nicht tangirende Angaben stützen zu können ver- meint, wird weit schwerer und schliesslich nur durch den Umstand begreiflich, dass die deseriptiv systematisirende Richtung nicht selten für sich abgeschlossen einhergeht und ohne Beziehungnahme auf vergleichend anatomische und entwicklungsgeschichtliche For- schung gar oft von dieser unbeeinflusst ihren eigenen Weg einhält. Wenn Spence Bate mit der sehr decidirten Behauptung beginnt, dass durch den Verlauf der Entwieklung und ebenso mit Hilfe der Zergliederung die Bedeutung der die Stielaugen tragenden Kopfregion als vorderstes Somit bewiesen worden sei, so werden wir überrascht, von den Beweisgründen, welche die Entwicklungsgeschichte geben soll, keinWort weiter zu vernehmen, während sich der vermeintliche anatomische Beweis auf die That- sache beschränkt, dass die vordersten Ausläufer des Gehirns direct zu dem Sehorgane gehen, eine Thatsache, welche doch nur für das Lagenverhältniss der Augen vorne am Kopfe vor den An- tennen Zeugniss ablegt, dagegen für die Natur dieses Kopftheils als Somit ebensowenig wie für die Bedeutung der Stielaugen als Gliedmassen desselben auch nur die geringste Beweiskraft besitzt. Noch schlechter steht es mit dem morphologischen Hinweis auf die in einzelnen Fällen (Palinurus) hervortretende distincte Ab- hebung eines gestielte Augen tragenden Kopfsegmentes, das in 1) Spence Bate, Report on the Crustacea Macrura collected by H.M. S, Challenger during the years 1873—1876. The voyage of H. M.S. Challenger, Zoo- logy. Vol. XXIV, 1888. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 1. 6 8) 82 0.'’Olau®: anderen Fällen versteckt zwischen Schnabel und Antennensegment keine verkalkte Structur mehr darbiete und deshalb die von mir und Fr. Müller vertretene Meinung veranlasst habe, dass zu den Stielaugen kein oculares Somit gehöre. Niemals ist weder für mich noch für Fr. Müller ein solches Verhältniss mass- gebend gewesen, um das Vorhandensein eines Antennensomiten zu bestreiten und deshalb den Werth der Stielaugen als Segment- anhänge oder Gliedmassen in Abrede zu stellen, vielmehr bot umge- kehrt die letztere, aus ganz anderen Gründen abgeleitete Ablehnung den Ausgangspunkt, um die durch nichts erwiesene Annahme eines besonderen Augensegmentes zurückzuweisen. Natürlich den Begriff „Segment“ im Sinne eines metameren Theilstückes mit Ganglion und Gliedmassenpaar, nicht aber als einfache quere Zone oder Region des Kopfes genommen, deren Vorhandensein von keiner Seite jemals bestritten wurde und zu bestreiten war, da ja das Augenpaar einem Abschnitte des Kopfes, und zwar stets dem vordersten Endstücke desselben angehört. An- fangs!) waren es für mich lediglich Gründe negativer Art, welche die bislang herrschende Zurückführung der Stielaugen auf ein Gliedmassenpaar des Kopfes als willkürlich und unthunlich erscheinen liessen, der Mangel eines positiven Anhaltspunktes >), um die Natur des dem Sitzauge gleichwerthigen Stielauges als Gliedmasse auch nur wahrscheinlich zu machen. Später aber habe ich zuerst durch die Untersuchung der Entwicklungsweise des Stielauges vonBranchipus, sodann durch die gleiche Verfolgung des Augenwachsthums vor und während der Zo&aentwicklung den positiven Beweis erbracht, dass dasselbe sowohl bei den stieläugigen Phyllopoden, als bei den Podophthalmen unter den Malacostraken, durch Abschnürung der Seitenstücke des verbreiterten Kopfab- schnittes entsteht und dass während dieser Wachsthumsvorgänge !) Vergl. C. Claus, Zur Kenntniss der Malacostrakenlarven. 1. c. 1861. — Fr. Müller, Für Darwin. 1863. Fr. Müller schloss sich in dieser Schrift, pag. 9 einfach meiner Auffassung an, ohne selbst weitere Argumente anzuführen, ?) Wie man aus dem einmaligen Befund einer abnormen Bildung, dem Vor- handensein eines geisselähnlichen Anhanges am Augenstiele, den Beweis für die Natur des Stielauges als Gliedmasse erbracht zu haben vermag, wird nur derjenige ver- stehen, welcher sehr geringe Anforderungen an eine morphologische Beweisfüh- rung stellt. In der kurzen Note von Alph. Miln> Edwards, Sur un cas de transformation da pedoncule oculaire en une antenne, observ& chez une langouste. Comptes rendus, Tom. LIX, pag. 10, 1864, liegt der Deutung jenes Autors die Vor- aussetzung zu Grunde, dass ein supranumerärer Geisselanhang lediglich an einer Gliedmasse entstehen könne, eine Voraussetzung, die durch nichts erwiesen ist, (82) 4 * v “ eo Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Teptostraken, 83 auch die seitlichen Ganglienmassen des Vorderhirns in die zu den Augenstielen sich ausziehenden Seitenstücke des Kopfes mit aufgenommen werden und somit ohne ihr ursprüngliches Lagen- verhältniss zu dem vordersten Abschnitte des Kopfes aufzugeben, als Augenganglien in die Augenstiele scheinbar hineinrücken. Dieser Entwicklungsmodus hat mit dem der Extremitäten, welche als Anhänge an den Segmenten hervorsprossen und der Zeit nach früher auftreten, als sich die Abschnürung der Augenstiele voll- zieht, nichts zu schaffen und liefert zumal in Verbindung mit den auf die Ganglien desselben bezüglichen Entwicklungsvorgängen für die von mir vertretene morphologische Auffassung ein so unzwei- deutiges Zeugniss, dass ich nicht wüsste, wie demselben gegenüber die gegnerische Ansicht noch vertheidigt werden könnte. Ich vermag mir das Festhalten an derselben lediglich aus der Unkenntniss jener von mir beschriebenen Entwicklungsweise zu erklären. Dass sich auch Spence Bate ungeachtet der zahlreichen Jahresberichte über Crustaceenliteratur in diesem Falle befindet, dürfte wohl schon aus dem Citate der Schrift von Fr. Müller hervorgehen, auf die er sich ausschliesslich beruft, ohne der älteren und ebenso der für jene Frage weit wichtigeren späteren Arbeiten von mir über Branchipus, Apus, Artemia, sowie über die Zo&aentwicklung der Euphausiden etc. aus den Untersuchungen über das Crustaceen- system, pag. 18 etc., auch nur Erwähnung zu thun. In vollkommener Uebereinstimmung mit den Ergebnissen der ontogenetischen Entwicklung, durch welche bewiesen wird, dass die Stielaugen nicht Gliedmassen, sondern die abgeschnürten und beweglich abgesetzten Seitenstücke des Vorderkopfes sind, welche die Seitenganglien des Vorderhirns (Augenganglien) einschliessen, stehen die Grundanschauungen über die Stammesentwicklung der Glieder- thiere und die aus den anatomischen und entwicklungsgeschicht- lichen Beziehungen der Arthropoden, beziehungsweise der Crustaceen zu den Anneliden abgeleiteten fundamentalen Sätze der Phylogenie im besten Einklange. Nicht nur die Uebereinstimmung in der gegen- seitigen Lage und metameren Gliederung der Organe (Nerven- system, Musculatur, Darmcanal, Rückengefäss), sondern auch die verwandte Entwicklungsweise der. Larven, die Knospung der Rumpf- segmente an der Loven’schen Larve und Naupliuslarve lässt die Gleichstellung der primären Annelidenfühler mit den vorderen Antennen der Arthropoden als Anhänge des praeoralen Kopfab- schnittes, sowie die Zurückführung des zweiten Antennenpaares der Crustaceen auf das erste Gliedmassenpaar des Rumpfes als 6* (83) 84 C. Claus: wohlbegründet erscheinen. Das grosse zusammengesetzte Seiten- auge der Arthropoden, welches seine Lage vor den Fühlern hat, ist eine diesem Thierkreise eigenthümliche Bildung, welche zwar von dem seitlichen, zuweilen zu hoher Differenzirung gelangten Kopfauge der Anneliden ihren Ausgang genommen haben kann, jedoch in der mächtigen Ausbreitung über bedeutende Kopfflächen sowie in der specifischen Gestaltung und Structur erst aus späteren nach Abzweigung vom Annelidenstamme eingetretenen Anpassungen zu erklären ist. Die allgemeine Structur und Beziehung zum Gehirn bleibt, mag das Seitenauge als sogenanntes Sitzauge der Kopffläche unmittelbar angehören oder als Stielauge extremi- tätenähnlich abgesetzt sein und dadurch den Vortheil eines leicht und nach allen Seiten hin veränderlichen Sehfeldes gewähren, so vollkommen dieselbe, dass die Homologie beider Augen auch niemals bezweifelt wurde und merkwürdig genug von dem Stielauge und dessen vermeintlichem Kopfsegment auch auf ein Segment oder Somit des Sitzauges zurückgeschlossen wurde, Wie aber hätte secundär am Vorderende des Kopfes ein neues Metamer und an diesem ein Gliedmassenpaar entstehen sollen und welche Bedeutung hätte das letztere zuvor gehabt haben können, bevor dies’ zusammengesetzte Seitenauge sammt den dazu gehörigen Seitenanschwellungen des Gehirns nach dem Basalgliede desselben aufgerückt und in dasselbe eingetreten wäre? Für Jeden, welcher phylogenetisch zu denken vermag und von den Fortschritten unterrichtet ist, welche die Morphologie der Arthro- poden durch die vergleichende Ontogenie der Anneliden und Cru- staceen gewonnen hat, eine geradezu unannehmbare Vorstellung, die nicht nur mit dem erfahrungsmässig festgestellten Fundamentalsatze !) vom Wachsthume des Arthrozoenleibes und der mit demselben von vorn nach hinten vorschreitenden Metamerenbildung in direetem Widerspruche steht, sondern eines jeden Anhaltspunktes auch nur für ihre Wahrscheinlichkeit entbehrt. Die Sinnesorgane der Antennen. Wie bei allen Cru- staceen, so ist auch bei Nebalia die vordere Antenne Träger blasser als Riech- oder Spürorgane zu deutender Schläuche, welche am oberen Rande der einzelnen Geisselglieder aufsitzen und die so zahlreich wie an manchen Podophthalmen-Fühlern vorhanden sind. Das weib- liche Geschlecht steht dem männlichen an Reichthum der Spür- anhänge bedeutend nach. Es sind hier nur vier bis sieben Schläuche !) Vergl.C. Claus, Untersuchungen über das Contraceensystem. 1. c. 1876, pag. 6. (84) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken, 85 in jedem Büschel, welches noch eine untere Querreihe von drei verschieden langen Borsten enthält. An den oberen Fühlergliedern sind die Borsten, von denen zwei der Medialfläche, die dritte kürzere der Lateralfläche des Gliedes angehören, länger als die Riech- schläuche, deren Zahl auf fünf oder vier herabsinkt. Am vorletzten Gliede sind sogar nur noch zwei Riechschläuche vorhanden, und am Endgliede fallen dieselben ganz hinweg. An der Antenne des Männchens verhalten sich die fünf bis sechs oberen Glieder, abge- sehen von ihrer bedeutenden Längsstreckung und dem Vorhandensein eines Riechschlauches am Endgliede, in dem Besatze euticularer Schläuche und Borsten im Wesentlichen übereinstimmend ; von hier an aber nach der Basis fortschreitend, wird die Zahl der Riech- schläuche an jedem Gliede eine unverhältnissmässig grössere, indem sich jedes Büschel über die dorsale und mediale Seite des wulstförmig erhobenen Gliedes fächenhaft ausbreitet und an der lateralen Seite durch eine breiteQuerzone von Schläuchen verstärkt wird. Die letztere erscheint als Neubildung und fehlt noch im Jugendzustande, sowie stets an dem meist mit drei Wülsten versehenen Basalgliede. Am sechstletzten Gliede ist sie in der Regel nur durch zwei oder drei, am vorausgehenden durch 10—12 Schläuche vertreten, welche in geschlossener von dem dorsalen Büschel noch separirter Reihe stehen (Taf. XIV, Fig. 1Rs); erst von dem nach der Basis zu folgenden Gliede an fliessen beide Gruppen von Schläuchen zu einer einzigen zusammen, welche ein recht ansehnliches, quergezogenes Flächen- stück als Spürfeld besetzt. An dem lateralen Abschnitte desselben, welcher die ganze Breite des Gliedes einnimmt, erheben sich die Riechschläuche in zwei bis drei dicht gedrängten Querreihen, während sie am dorsalen Abschnitte, auf die mediale Fläche des Wulstes übergreifend, fünf bis sieben und mehr unregel- mässige Reihen bilden. Die Zahl der Spürschläuche an jedem Wulste der proximalen Antennenhälfte mag an den grösseren Indi- viduen leicht acht bis zehn Dutzend betragen, und die Gesammt- zahl derselben an jeder Antenne wohl .auf circa tausend sich belaufen. | Auch in Grösse und Gestalt zeigen die Riechschläuche im männlichen Geschlechte Besonderheiten, welche die Function zu begünstigen scheinen. Am weiblichen Fühler sind dieselben ziem- lich geradgestreckte, eylindrische Schläuche, deren Basis durch die Stärke der Cuticularbekleidung bervortritt und sich als doppelt contourirter Stiel von dem zarten, blassen Schlauche abhebt (Taf. XIV, Fig. 2d). An der dem Gliede zugewendeten Seite zieht sich vom (85) 86 C. Clans: Stiel ausan der zarten Wand des Schlauches eine stärker euticulari- sirte, glänzende Stützleiste wohl über die halbe Länge desselben hin. Im männlichen Geschlechte erreichen die Riechschläuche nicht nur eine beträchtlichere Länge, sondern gewinnen dadurch eine etwas complicirtere Gestalt, dass der stielförmige Träger bauchig aufgetrieben und wie auf einem Sockel am Integumente des Fühler- gliedes eingefügt zu sein scheint (Fig. 2a,b,c). Auch reicht die glänzende Chitinleiste weiter aufwärts nach der geschlossenen Spitze des Schlauches, und der Stützapparat erscheint, dem bedeutenderen Umfange jenes entsprechend, kräftiger entwickelt. Der Inhalt des schlauchförmigen Cutieularanhanges ist eine blasse unter sehr starker Vergrösserung feinstreifige Substanz, die sich bei Behand- lung mit Boraxcarmin intensiv tingirt. Dieselbe tritt nicht etwa durch eine terminale Oeffnung des Schlauches nach aussen, da dieser an seinem etwas spitz zulaufenden Ende ursprünglich geschlossen ist. Allerdings kann dasselbe auch gerundet und offen oder secundär geschlossen und dann mit einem glänzenden Körperchen behaftet sein. Nach sorgfältiger Vergleichung einer grossen Zahl von Anhängen kann ich jedoch diese Fälle nicht für normal halten, sondern nur auf Verletzung der Endspitze mit nachfolgendem Verschluss zurück- führen und werde in dieser Deutung auch durch die Beobachtung bestärkt, dass die Anhänge nicht selten weiter abwärts zuweilen schon in halber Länge abgebrochen sind und dann am verletzten Ende eine viel grössere glänzende Vernarbungsstelle aufweisen. Ich finde somit meine frühere an zahlreichen anderen Crustaceen gewonnenen Befunde, durch welche ich wiederholt veranlasst wurde, der von Leydig ausgesprochenen und von anderen Autoren adoptirten Ansicht von dem normalen Vorhandensein einer terminalen Oeffnung an den Riechzapfen der Crustaceen ent- gegenzutreten, durch die an Nebalia gemachten Beobachtungen bestätigt. Wenn schon aus dem optischen und chemischen Verhalten der zartstreifigen zähflüssigen Substanz, welche den Inhalt der Riechschläuche ausmacht, auf die nervöse Natur jener geschlossen werden kann, so spricht für dieselbe auch die Verbindung der- selben mit Nervenfasern, welche sich von den ansehnlichen An- tennennerven abzweigen und unter Einschaltung von Ganglien- zellen zur Basis der Anhänge hinziehen. Die zu denselben gehö- rigen Ganglienzellen liegen in grosser Zahl dicht zusammengedrängt unterhalb des Riechfeldes und bilden die Füllung der wulstig vor- springenden Erhebungen der Antennenglieder. (86) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 87 Auf Zusatz verdünnter Osmiumsäure bräunt sich der Inhalt des Riechschlauches und erstarrt zu varicös fibrillären Streifen, deren nervöse Natur nicht bezweifelt werden kann. Eine interessante und bedeutungsvolle Reaction, die zuerst Kowalevsky für die Sinnesanhänge an den Antennen der Phyllo- poden angewendet hat, wird durch Fütterung der Thiere mit Lack- mus und Carmin eingeleitet. Schon wenige Stunden, nachdem man Lackmusstückcehen dem Seewasser zugesetzt hat, erscheint der Inhalt der Schläuche besonders an der Basis derselben blau tingirt, während in den unterliegenden, zu jenen hin verlaufenden Nervenfasern roth gefärbte Körnchen auftreten. Setzt man eine Spur Essigsäure zu, so geht die blaue Färbung in die rothe über, und umgekehrt wird bei Zusatz von Ammoniak die rothe der Körnchen in blaue übergeführt. Nach Carminfütterung lagern,sich in den Ausstrah- lungen der Antennennerven unterhalb der Sinnesfäden rothe Körnchen in grosser Menge ab. Auch die Antennen des zweiten Paares, deren Verlängerung in Folge vermehrter Gliederzahl im männlichen Geschlechte bereits beschrieben wurde, erscheinen am geschlechtsreifen Männchen als Träger ähnlicher blasser Schläuche, welche der gleichen Func- tion, beziehungsweise einer specifischen, nicht zu ermittelnden Variation derselben dienen dürften. Jedes Glied der aus circa 80 Gliedern bestehenden Antenne trägt am oberen Ende nahe dem terminalen Rande einen blassen Cuticularschlauch, neben welchem drei kurze Borsten, nämlich eine aufwärts gestellte (B) und zwei recht- winkelig abstehende (B‘) Borsten entspringen (Taf. Il, Fig. 9 a, b, ferner Taf. XIV, Fig.3). Auch hier hebt sich ein scharf con- tourirter stark lichtbrechender Stiel von dem blassen, an seinem zugespitzten Ende geschlossenen Schlauch scharf ab, und wird der Inhalt von einer zähflüssigen, mit einzelnen Kügelchen behafteten Substanz gebildet. Die Form des Schlauches weicht insofern von der beschriebenen, der den vordern Fühlern ansitzenden Spürschläuche ab, als derselbe bei seitlicher Betrachtung einem Messer gleicht, dessen Griff dem Stiele entspricht (Fig. 3). Die eigenthümlich gezackte Chitinleiste verläuft in gleicher Weise an der dem Gliedrande (R) zugewendeten schwach convex gekrümmten Seite des zart- wandigen Schlauches. Nur an den schmäleren und länger gestreckten Schläuchen, welche den stark verjüngten langen Endgliedern an- gehören, ist derselbe geradlinig und liegt dem Rande des Gliedes an. Von dem in die Antenne eintretenden längs der Arterie ver- laufenden Nervenstamm sieht man, am deutlichsten in den kurzen (87) 88 C. Claus: Gliedern der Basis, Nervenzweige abgehen und in einiger Ent- fernung von den einzelnen Öuticularschläuchen zu oval gestreckten Ganglienzellen anschwellen. Die nahe functionelle Beziehung dieser blassen Anhänge zu den Riechschläuchen der ersten Antenne dürfte aus der gleichen Reaction nach Fütterung mit Lackmus wahrscheinlich sein. Das Auftreten blassrandiger Sinnesanhänge am zweiten Antennenpaare erscheint als ein verhältnissmässig seltenes und exceptionelles. Unter den Entomostraken ist mir kein sicherer Fall bekannt, während unter den Malacostraken die auch durch viele andere Besonderheiten ausgezeichneten Cumaceen die gleiche Eigenschaft der männlichen Antennen aufzuweisen haben. Auf diesen den Leptostraken und Cumaceen gemeinsamen Charakter habe ich schon in früheren Arbeiten über Nebalia die Aufmerk- keit gelenkt. Darmcanal und Anhangsdrüsen. Der im Bogen aufsteigende Munddarm beginnt, wie bei allen Malacostraken, mit einer die Kaufortsätze (Processus molares) der Mandibeln aufnehmenden Atrialhöhle, deren Eingang von der gewölbten Oberlippe und zweilappigen Unterlippe begrenzt wird (Taf. V, Fig. 15 Atr.). Die Oberlippe (Ol) hat im Allgemeinen die Form eines sechsseitig gerundeten, convex gewölbten Schildes, dessen Vorderseite mittelst zapfenförmiger Chitinverdiekung im medianen Integumentfelde des Antennensegmentes gestützt wird (Fig. 12). Der freie Lippenrand am Eingang der Atrialhöhle er- scheint median ein wenig eingebuchtet und mit kleinen Chitin- zähnchen bewaffnet. Der unbedeutenden Einbuchtung des Zahnrandes entspricht aber eine rinnenförmige Aushöhlung am medianen Theil der Aussenfläche. Im Boden dieser Aushöhlung, welche rechts und links von feinen Haarborsten überdeckt wird, bemerkt man eine mediane den Lippenrand stützende Längsplatte und zu deren Seiten $ ı parallele Reihen querer Chitinleistchen, durch welche jederseits in nischenförmiger Vertiefung zwei ovale quersculpturirte Felder begrenzt werden (Fig. 12). Die vordere Partie der gewölbten Oberlippe, von dem frei vorstehenden Lippentheil rechts und links durch einen queren, etwas bogenförmig gekrümmten Chitinstab abgegrenzt, wird nur von einem spärlichen Besatze äusserst zarter Härchen bekleidet und erscheint bei schwächeren Vergrösserungen glatt. Dagegen trägt dieselbe an ihrer oralen Unterfläche, welche die Decke der (88) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 89 Atrialhöhle bildet, auf einem medianen, durch jene Chitinstäbe gestützten Längswulste zwei nach der Tiefe ziehende Reihen rück- wärts gerichteter Spitzen (Fig. 13 AW), zu welcher zwei in etwas weiterem Abstande gestellte Härchengruppen (HW) an der Unterfläche des distalen Lippentheiles hinleiten. Man kann diese mit Cutieulargebilden besetzten Vorsprünge wohl als Epipharynx (Fig. 15 Ep.) unterscheiden. An der Unterlippe (Fig. 12, 13 Ul) erheben sich zwei mit feinen Haaren dicht besetzte Lappen auf dem Zwischenfelde der vorderen Kieferregion, die Paragnathen (Pgn). Dasselbe wird durch einen medianen Chitinstab in zwei Seitenfelder getrennt, welche nach dem Zwischenfelde der hinteren Kiefergegend in ovaler Ab- rundung rahmenartig abschliessen (Ul) und medial einen dichten Besatz feiner oralwärts gerichteter Härchen tragen. Dagegen trägt das Zwischenfeld, welches dem Segmente des zweiten Kieferpaares angehört, bereits ganz den Charakter der nachfolgenden Inter- pedalfelder, auf denen sich als einzige Differenzirung eine mediane, mit Härchen besetzte Längsfirste erhebt (Fig. 12 Kfw). In der Tiefe der Atrialhöhle verlaufen von dem Zwischenfelde aus zwei oralwärts convergirende, mit Härchen besetzte Erhebungen, welche in der Verlängerung des Chitinstabes zusammentreffen und sich auf dem verengten medianen Wulste in Form stärkerer zahnähnlicher Spitzen unterhalb des Epipharynx fortsetzen. Man wird diese Differenzirung im Boden der Atrialhöhle, entsprechend den homologen Bildungen der Malacostraken, als Hypopharynx bezeichnen können (Fig. 14, 15 Hp.). Ueberaus kurz bleibt der senkrecht aufsteigende Oesophagus (Taf. V, Fig. 15 Oes.), dessen Wandung seitlich, sowie ventral und ‚dorsal mittelst mehrerer am Integumente entspringender Muskel- paare an jenem befestigt ist. Dieselben wirken als Dilatatoren den mächtigen Ringmuskeln entgegen (Taf. XI, Fig. 6 und 7 RM), welche die chitinige Innenhaut des Oesophagus umkleiden. Die als continuirliche Fortsetzung des atrialen Integumentes entstandene Auskleidung des Schlundes isteine ziemlich derbe Cuticula, an welcher sich längs der Seitenwände Reihen kleiner Höckerchen erheben. An der Dorsalwand erzeugt die stark entwickelte Matrix der Intima unmittelbar vor dem Uebergang in den Kaumagen einen zapfen- förmigen, mit Härchen und Spitzen besetzten Vorsprung (Taf. V, Fig. 15 DZ), dessen schräg nach hinten gerichtete Spitze bis in den Kaumagen hineinragt (Taf. XI, Fig. 2, 3, 5 DZ). (89) 90 C. Claus: Der als Kaumagen zu bezeichnende Abschnitt des Mund- darmes ist von dem fast senkrecht aufsteigenden Oesophagus winklig abgesetzt und fällt in die Längsachse des Thieres. Im Verhältniss zu diesem nur wenig erweitert, erscheint derselbe merklich höher als breit (Taf. XI, Fig. 3, 9) und durch die Bewaffnung mehrerer in das Lumen vorspringenden Chitinbildungen, sowie durch die be- deutend complicirtere Gestaltung der Musculatur verschieden. An der Rückenseite mittelst zweier Paare schräg absteigender Muskeln (Taf. XI, Fig. 6, 8,9, Taf. XIII, Fig. 3 MMs‘ MMs“) am Integumente befestigt, wird der Magen auch seitlich und ventralwärts durch paarige Muskeln suspendirt, welche als Dilatatoren den ringförmig ange- ordneten Muskelbändern der Wandung entgegenwirken (Taf. XI, Fig. 8, 9). Die Matricalzellen der Chitinhaut sind besonders an den in das Innere vorspringenden Falten und Erhebungen mächtig entwickelt. An der Dorsalwand unterscheidet man zwei lange walzenförmig gestreckte Chitinwülste (CK), deren Oberfläche durch dichtgestellte cuticulare Querleistehen eine transversale Streifung gewinnt, durch Querleistchen, welche sich lateralwärts über die rechte und linke Ausbuchtung der Innenfläche auf die cuticularen Seitenwände, an der sie überaus zarte Streifen bilden, fortsetzen (Taf. XI, Fig. 1 bis Fig. 3). Die walzenförmigen Chitinerhebungen, welche ich als Car- diacalkiefer (CK) bezeichnen werde, weil dieselben ihrer Lage nach den Cardiacalkiefern der Malacostraken entsprechen, beginnen am Eingange des Magens in breitem Abstande und convergiren von vorn nach hinten in spitzem Winkel bis zum Zusammentreffen (Taf. XI, Fig. 3). Zwischen beiden durch feine Chitinleisten quer gerieften Walzen erhebt sich an der Decke des Magens ein unpaarer Längswulst, welcher nach hinten in eine scharfe mediane Leiste ausläuft (Taf. XI, Fig. 2 mF). Dazu kommt noch an der rechten Seite des Magens eine wenig vorspringende aber mit langen Borsten besetzte Leiste (Taf. XI, Fig. 2, 3, Bl), welcher wohl ebensowie wie dem dorsalen Zapfen am Ende der Speiseröhre die Bedeutung zu- kommt, die in den Kaumagen eingetretenen Nahrungsstoffe während der Action der Magenrmusculatur nicht wieder in den Oesophagus zurücktreten zu lassen. Die Seiten wände dieses vorderen als car- diacalen zu unterscheidenden Magenabschnittes springen als hohe Wülste in das Lumen vor (Taf. XI, Fig. 8, 9), so dass der Raum unterhalb der walzenförmigen Chitinvorsprünge verengert wird und einer Längsspalte gleicht, die sich über der ventralen Wand wieder zu einer breiten Querspalte erweitert. Auch die (90) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 9] ventrale Wand wird von einer stark chitinisirten Intima bekleidet, welche im optischen Längsschnitt bei seitlicher Betrachtung des lebenden Thieres als schwach concav ausgebuchtete Contour hervor- tritt. Der Magen erscheint bedeutend nach vorn gezogen und hat seine Lage über und hinter der Mandibel (Taf. VII, Fig. 8‘, Taf. XIII, Fig. 3), so dass die cardiacale Portion und der nach vorn aufsteigende Oesophagus weit in das Antennensegment hinaufreichen. Am dorsalen Integumente durch die erwähnten Muskelpaare be- festigt (Taf. XI, Fig.6 MM5‘, Fig. 9 MM 5‘, Taf. XIII, Fig. 5), hebt sich die Rückenwand bei der Erweiterung des Magenraumes unter schwacher Krümmung, vornehmlich in ihrer vorderen Partie, während gleichzeitig die ventrale Wand besonders stark an dem sich ebenfalls erweiternden Schlundende herabgezogen wird. Im nächsten Moment kehrt die Rückenwand in ihre Ruhelage zurück, und die ventrale Wand klappt aufwärts zuerst etwas nach vorn bewegt, dann aber sehr rasch mit ihrem hinteren, zapfenförmig in den Pylorusabschnitt vorspringenden Ende ein wenig nach hinten emporgezogen. Während der ersteren Bewegung, durch welche bei seitlicher Ansicht des lebenden Thieres der cardiacale Magentheil sich glockenförmig zu öffnen scheint, dürften die seitlichen Chitin- bekleidungen der Magenwand einander genähert und das zwischen denselben befindliche Lumen verengert werden. Der zu triturirende Inhalt würde alsdann vornehmlich in den oberen dorsalen Magen- raum getrieben werden, in welchem der Medianwulst, die Cardiacal- walzen und die gerieften Seitenwände einer Reibe vergleichbar auf die Nahrungstheile wirkten. Als Dilatatoren der Seitenwand dürften die quer in derselben ausgespannten Muskelfasern fungiren, welche theilweise der langen Sehne des vorderen vom Rücken- integument herabziehenden Mandibelmuskels (Md Ma) entspringen. Der hintere Theil des Kaumagens, welchen man passend als pyloricalen Abschnitt bezeichnen kann, ist von dem cardiacalen durch eine schwache Einschnürung seiner Wand abgesetzt und durch den Besitz einer langen, rinnenförmig gebogenen Chitin- lamelle, sowie zweier seitlicher mit Borsten besetzter Blätter aus- gezeichnet. Die erstere gehört der Rückenwand an und beginnt als Einfaltung der cuticularen Decke an der Grenze des cardia- calen Magenabschnittes. Diese Einfaltung besitzt die Form eines sehr langen rinnenförmig nach der Bauchseite geöffneten Trichters, dessen seitliche Ränder mit schräg von aussen nach innen und hinten gerichteten Härchenborsten bekleidet sind (Taf. XI, Fig. 5, 10, 11 Tr.). Nach hinten verlängert sich der Trichter weit über (91) 92 C. Claus: die Magengrenze hinaus und erstreckt sich im Lumen des Mittel- darmes bis in die hintere Brustgegend. Von den seitlichen auf das Magenlumen beschränkten Lamellen bleibt das ventrale Paar kurz und erscheint blos am freien Rande mit Borsten besetzt (Fig. 5 Bp). Das zweite Paar (PBw), welches oberhalb des ersten entspringt und den grössten Theil der Seitenwand einnimmt, ist weit um- fangreicher und an seiner Oberfläche mit kurzen Borsten übersäet. Dasselbe erscheint minder abgeflacht, zipfelförmig verjüngt und erstreckt sich über die Einmündung der Leberschläuche in den Dünndarm hinein (Taf. V, Fig. 15). Die Bedeutung dieser pyloricalen Differenzirungen gegenüber denen des vorderen cardiacalen Abschnittes ergibt sich aus dem Befunde des Mageninhaltes, welcher sowohl zwischen den paarigen Vorsprüngen der Magenwand, als besonders in der röhrenförmig gebogenen dorsalen Chitinlamelle zurückgehalten wird, offenbar um der Einwirkung des zufliessenden Secretes der Mitteldarmdrüse vor dem Uebertritt in den Dünndarm entsprechend lange Zeit ausgesetzt sein zu können. Wir finden somit vor dem Dünndarm einen mächtig ent- wiekelten Vormagen, und dasselbe trifft, wie ich leicht constatiren konnte, auch für Paranebalia zu, deren vorderer cardiacaler und hinterer pyloricaler Magenabschnitt ähnliche Differenzirungen zeigt. Der rinnenförmige, mit Speisetheilen erfüllte, weit in den Dünn- darm hineinragende Trichter (Taf.V, Fig. 15, Taf. XI, Fig. 5 Tr) findet sich in einzelnen Malacostrakengruppen, wiez.B. bei den Gamma- riden, in ähnlicher Weise wieder, und auch die paarigen Platten und Faltungen der Seitenwand treten entsprechend modifieirt als Grenzfalten pyloricaler Taschen im Magen der Malacostraken auf. Indessen erscheint der Magen von Nebalia im Ganzen doch ein- facher gebaut; man vermisst insbesondere die nach vorne conver- girenden quergestreiften Chitinfaltungen an der Ventralwand des pyloricalen Abschnittes, sowie in Fortsetzung derselben die zungen- förmige Klappe, welche sowohl bei Apseudes und den Isopo- den, als bei den Gammariden vorhanden sind, bei den Hype- riden jedoch wiederum fehlen. Weder bei den Copepoden und Phyllopoden, noch in einer anderen Entomostrakenordnung findet sich am Vorderdarm, soweit meine Kenntniss reicht, eine dem Kaumagen der Nebaliden entsprechende Bildung. Die erste Andeutung einer solchen könnte vielleicht in dem wulstförmig vortretenden Schlundende der Phyllo- poden erkannt werden, welches beiBranchipus zweiklappig und (92) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 93 am Rande mitkleinen euticularen Papillen bewaffnet, in den Mitteldarm hineinragt. Bereits in einer früheren Arbeit!) habe ich die Ansicht ausgesprochen, dass auf diesen kurzen trichterartig vorspringenden Abschnitt der niederen Urustaceen die complieirten Bildungen des ‚Malacostraken-Kaumagens, welche in den Mitteldarm hineinragen, zurückzuführen sind. Indessen handelt es sich höchstens um die ersten Anfangsstufen von Differenzirungen, welche in der pylori- calen Region des Vormagens auftreten, nicht aber wie bei Nebalia um einen complieirt gestalteten, als Kaumagen gegliederten und bereits mit den wesentlichsten Differenzirungen des Malacostraken- darmes versehenen Schlundabschnitt. Auch die Wandung des pyloricalen Magens ist überaus muskulös, und man vermag leicht am lebenden Thiere den rhytnh- mischen Bewegungen der Cardiacalportion parallel schreitende Con- tractionen der ventralen Wand zu beobachten. Dagegen fehlen hier Muskeln, welche vom Integumente aus an die Magenwandung treten und diese zu fixiren, beziehungsweise dem Integumente zu nähern vermögen. An der Ventralwand dieses Magenabschnittes erheben sich unmittelbar seitlich vor der weiten Einmündung der Leberschläuche zwei kurze nach vorne gerichtete Drüsensäckchen (Taf. V, Fig. 15 DrS, Taf. IX, Fig. 4, Taf. XI, Fig. 10), über deren specielle Func- tion ich keinen Aufschluss zu geben vermag. Wahrscheinlich sind es dieselben Gebilde, welche an der gleichen Oertlichkeit, wenn auch median zu einem unpaaren Drüsenanhang vereint, am Magen der Gammariden beschrieben worden sind. In Form und Grösse gleichen dieselben den bekannten Leberhörnchen der Daphniden, nur dass sie an der Ventralseite liegen und in der Beschaffenheit ihres Epithels und des engen bis auf einen -schmalen Spaltraum ge- schlossenen Lumens abweichen. Einen weit bedeutenderen Umfang erreichen die mit Körnchen- haufen, Fettkugeln und grünlichgelber Flüssigkeit erfüllten Leber- schläuche, welche an der ventralen Hälfte der hinteren Magenregion mit gemeinsamer median eingebuchteter Oeffnung einmünden. Es sind drei Paare langer, bis in die letzten Segmente des Abdomens reichender Schläuche, welche zugleich mit dem median verlaufen- den Darm in die bereits beschriebene perienterische Bindegewebs- masse fest eingebettet sind und ihrer Lage nach als obere, seit- !) Vergl. C. Claus, Untersuchungen über die Organisation und Entwick- lung von Branchipus und Artemia. Arbeiten des zoolog. Institutes. Wien 1886, Tom, VII, pag. 63. (93) 94 C. Claus: liche und untere (ventrale) Leberschläuche unterschieden werden können. Dieselben treten jederseits zur Bildung eines kurzen, weiten Sinus zusammen, welcher mit dem der anderen Seite an dem hinteren Abschnitt des Pylorusmagens vereinigt, die ven- trale und seitliche Wand desselben bildet (Taf. XI, Fig. 11, Taf. XIII, Fig. 3 Loe). Vor diesem Sinus erheben sich, und zwar an der Dorsalwand desselben Magenabschnittes, zwei wei- tere Schläuche, die vorderen Leberschläuche. Dieselben sind zwar kürzer aber von bedeutender Stärke und erstrecken sich dorsal- wärts zu den Seiten des Kaumagens weit nach vorne über die hintere Hälfte des Gehirns bis in den Vorderkopf (Taf. I, Fig. 1 und20L; Taf. VI, Fig. 10 L; Taf. VIII, Fig.5 VL; Taf. XI, Pig 8,4 Va: In ihrem feineren Bau wiederholen die Leberschläucheim Wesent- lichen die bekannten Structurverhältnisse der Isopoden- und Am- phipodenleber. Die äussere Bekleidung wird von Ringmuskelzellen gebildet, welche in weitem Abstande reifartig die Wandung um- gürten und wie bei Asellus durch zarte longitudinale Ausläufer untereinander in Zusammenhang bleiben. Dieselben veranlassen Einschnürungen, zwischen denen sich die muskelfreien Partien als Auftreibungen vorwölben (Taf. XV, Fig. 5), welche wiederum von unregelmässigen longitudinalen Furchen durchzogen werden. Die letzteren erweisen sich als Ausdruck der longitudinalen Muskel- fortsätze, welche auf der Membran des Schlauches ein zartes, oberflächliches Netzwerk bilden (Fig. 6). Die Epithelzellen, welche an der Innenseite der Membrana propria aufsitzen, springen in das Lumen mit convexer Wölbung vor und zeigen an dieser einen dicken glänzenden Grenzsaum, der sich am frischen Objecte wie eine doppelt conturirte Intima wellenförmig über die Epithelbe- kleidung hinzieht. Je nach dem Ernährungszustande enthalten die Zellen (Fig. 7) grössere oder kleinere Fettkugeln, beziehungsweise Haufen concre- mentähnlicher Körnchen, welche sich jedoch Reagentien gegenüber im Wesentlichen wie jene verhalten und daher nicht der feinkörnigen Masse entsprechen können, welche in den Fermentzellen der Deca- podenleber den Inhalt der sogenannten Secretionsblasen bilden. Nach solchen Bestandtheilen habe ich in den Leberzellen von Nebalia vergebens gesucht und muss daher der grünlichgelben Flüssigkeit, welche zugleich mit den grösseren und kleineren Fett- kugeln das Secret der Drüsenzellen bildet, die Function der Eiweiss- verdauung zuschreiben. (94) RR PR hr Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 95 Diese besonders in den vorderen und mittleren Partien der Leberschläuche reichlich abgesonderte Flüssigkeit tritt, durch die Ringmuskeln nach vorne bewegt, in den Pylorusmagen ein und vermischt sich mit den in demselben befindlichen Nahrungstheilen, denen es auch in der langen trichterförmigen Röhre im Darme beigemengt bleibt. Daher erfolgt jedenfalls schon in dem hinteren Abschnitte des Munddarmes die Verdauung, wenn sie auch erst im Verlaufe des Mitteldarmes ihren Abschluss findet. Der hintere Abschnitt der langen Leberschläuche scheint noch nicht zur Ab- sonderung verwendet zu werden, sondern die dem Wachsthum des Leibes entsprechende Grössenzunahme zu unterhalten. Die Zellen sind hier klein und eylindrisch, so dass sie ein nur sehr enges Lumen freilassen, auch enthält das spärliche Protoplasma derselben weder Fettkugelr, noch flüssige Secrete (Taf. XII, Fig. 6— 10). Sehr hoch sind die Cylinderzellen, welche die Epithelbe- kleidung der vorderen Leberschläuche bilden, deren Lumen auf einen ganz schmalen hohen Spaltraum beschränkt ist und sich erst nahe der Mündung in den Pylorusmagen erweitert. Auch enthalten dieselben weder Fettkugeln, noch das für die Leber eharakteristische grünliche Secret und werden demgemäss eine von dieser abweichende Function haben, zu deren Eruirung mir leider die erforderlichen Anhaltspunkte fehlten. Mit der modi- fieirten Function derselben mag vielleicht auch im Zusammenhang stehen, dass sie nicht wie die 6 hinteren Schläuche in den peri- enterischen Fettkörper eingebettet liegen, sondern von einer zarten kleinzelligen Serosa umhüllt, direct vom Blute umspült werden. Das Secret der Leberschläuche reagirt wie das Protoplasma der Leberzellen schwach sauer, wie aus dem Verhalten der mit Lackmus gefütterten Thiere hervorgeht. Während das Darmrohr derselben mit Lackmustheilen gefüllt ist, welche in eine ungefärbte an der Oberfläche membranähnlich erstarrte Schleimschicht einge- hüllt sind, erscheint das Epithel der Leberschläuche roth tingirt und nimmt auf Zusatz von Ammoniak alsbald die blaue Färbung an. Die Darmflüssigkeit, die auch in die Leberschläuche dringt, ist intensiv blau gefärbt. Es dürfte daher die Verdauung der Eiweissstoffe doch bei schwach saurer Beschaffenheit der Lösung erfolgen, während der Darmsaft alkalisch reagirt. Die Leberzellen trennen sich überaus leicht von der Wandung und nehmen im Lumen des Schlauches, in welchem man bei Prä- paration in Seewasser zahlreiche Ballen losgelöster Leberzellen findet, Kugelform an. Der protoplasmatische Inhalt derselben (95) 96 C, Shaw: dürfte zum guten Theil das verdauende Ferment liefern, ohne dass dieses in Form von Fermentkörperchen abgelagert würde. Der an den Magen sich anschliessende Mitteldarm erscheint als langes cylindrisches Rohr, welches in gerader Richtung, ohne Windungen zu bilden, die Mitte des Thorax und Abdomens durch- setzt und erst an der hinteren Grenze des vorletzten Leibesseg- mentes in den Afterdarm übergeht. Die Wandung des Darmes wird von einer äusseren Ringmuskelschicht gebildet, deren breite Fasern in dichter Folge reifartig die Tunica propria umgürten. Einge- bettet in die Achse des perienterischen Fettkörpers wird der Darm ebenso wie die Leberschläuche noch von einer kleinzelligen Serosa umhüllt, deren Vorhandensein darauf hinweist, dass die Fettkörper- umlagerung keine ursprüngliche, sondern erst durch Vereinigung der im Leibesraume zwischen Leberschläuchen und Darm ausgebrei- teten fetthaltigen Bindegewebszellen entstanden ist. Die Darmzellen verhalten sich in den einzelnen Individuen nach Alter und Ernäh- rungszustand sehr verschieden. Bei normaler Entwickelung sind sie mässig hoch, cubisch bis eylindrisch, und an der dem Lumen zugewandten Seite mit einem deutlichen Grenzsaum versehen. Sehr häufig aber ist ihre Höhe reducirt und sie erscheinen abge- flacht, im höchsten Grade am Darme trächtiger Weibehen und solcher Männchen, deren perienterischer Fettkörper verbraucht und rückgebildet ist. Im vierten Abdominalsegmente beginnt an der Dorsalseite des Darmrohres eine von hohen Cylinderzellen be- kleidete faltenartige Erhebung, welche nach hinten zu allmälig an Umfang zunimmt und sich über die ganze Länge des Darmes bis zur hinteren Grenze des vorletzten Segmentes fortsetzt, um sich hier oberhalb des beginnenden Afterdarmes als selbständiger Schlauch abzuheben und in einen weiten das letzte Abdominalseg- ment durchsetzenden Blindsack fortzusetzen (Taf. XV, Fig.8 BID.). Derselbe endet mit zwei seitlichen und abgerundeten Vorstülpungen !) (Taf. XII, Fig. 10). Dieser kurze dorsale Blindsack ist mit sehr hohen Cylinderzeller ausgekleidet und setzt sich an der Grenze des Mitteldarmes und Afterdarmes als hohe, fast cylin- ) Nur das Ende des Blinddarms, bis zu welchem sich die mittleren Leber- schläuche erstrecken, ist paarig, nicht aber der gesammte Anhang, wie ich früher (Crustaceensystem 1, c., pag. 28) irrthümlich angab. Die einfache Präparation mit der Nadel reicht hier nicht aus, um das Richtige zu erkennen und eine Verwechslung mit den hinteren Enden der mittleren Leberschläuche zu vermeiden, Erst die Methode der Querschnitte, deren ich mich bei der früheren Untersuchung von Nebalia noch nicht bediente, führt zur sicheren Bestimmung. (96) | Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 97 drisch geschlossene, nach vorne allmälig sich reducirende Rinne fast über die halbe Länge des Mitteldarmes fort. Es handelt sich um einen unpaaren Drüsenanhang, welcher sein Secret durch die mediane langgestreckte Spalte der Rinne in das scharf abgesetzte weite Lumen des Darmes einfliessen lässt. Die Beschaffenheit dieses Secretes ist offenbar eine flüssige; wahrscheinlich unterstützt das- selbe die Verdauung, jedenfalls hat dasselbe mit Harnausscheidungen, für welche andere Drüsen vorhanden sind, nichts zu thun. Das hohe Cylinderepithel, das mit der Epithelauskleidung der vorderen Leberschläuche (Kopfleber) grosse Aehnlichkeit besitzt, ist sicher ‚aus demselben Blatte entstanden, als das Epithel des Mitteldarms, also wohl aus dem Entoderm. Mit dem scharfabgesetzten Afterdarm, dessen Zellenbekleidung eine ectodermale ist, steht dasselbe in keinem Zusammenhang. Der Enddarm bleibt kurz und auf das Endsegment des Ab- domens beschränkt, an dessen Integument derselbe durch seitliche, dorsale und ventrale Dilatatoren suspendirt ist. Von queren Muskel- binden umgürtet, welche am lebenden Thiere lebhafte peristaltische Bewegungen der Darmwand veranlassen, trägt die Tunica propria ein ziemlich hohes ectodermales Epithel nebst derber cuticularer Intima, von deren Abstreifung man sich bei jeder Häutung über- zeugen kann. Die Afteröffnung liegt im Gegensatz zu den Phylio- poden und Copepoden an der Ventralseite des Endsegmentes, ein ebenso wichtiger als unzweideutiger Malacostrakencharakter. Vor dem Uebergang in dieselbe gewinnen die seitlichen Wandungen des Enddarmes eine derbere Beschaffenheit und enden mit zwei klappenähnlichen Fortsätzen, welche während der Dilatation der Darmwandung auseinander weichen (Taf. XV, Fig. 9 Ak). Dazu kommen noch als Schutzeinrichtungen des Afters zwei grosse ven- trale Analplatten (Ap), deren stachelförmige Ausläufer weit über die Afterspalte hervorstehen. Excretionsorgane. Als solche kommen in erster Linie die beiden Drüsenpaare in Betracht, welche als „Antennendrüse“ und „Schalendrüse“ Harnproducte abscheiden. Beide Drüsenpaare finden sich jedoch in redueirter Form, die dem zweiten Maxillarsegmente zugehörige Schalendrüse sogar in dem Grade rückgebildet, dass sich dieselbe bisher der Beobachtung entzogen hat und nur bei sehr sorg- fältiger Untersuchung, sowie auf Querschnitten mit Sicherheit nachgewiesen wird. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc, Tom. VIII, Heft 1. 1 9 Pu a it . a ri... ® n id" 6 "Er RE ER a I a; 9 >; 2 . , \ Ye Be, s h NN v 628 Br R C. Claus: 4 A EN. | Br Die Antennendrüse erkennt man ohne Schwierigkeit bei seitlicher Betrachtung des lebenden Thieres, in welchem sie als lang- gestreckter Schlauch durch das Integument der Gliedmassen und der aufliegenden Schalenplatte hindurchschimmert. (Taf. I, Fig. 1und2, Taf. XIII, Fig. 4A Dr.) Der Drüsenschlauch durchsetzt fast die ganze Länge des Basalgliedes und hat an dessen lateraler Seite oberhalb zweier Längsmuskeln seine Lage. Schwieriger und nur an recht durchsichtigen Objeeten mit hellem Inhalt des Drüsenlumens gewahrt man bei tieferer Einstellung einen zweiten, minder breiten Schenkel derselben, welcher nahe dem distalen Ende des Gliedes beginnt und als cylindrischer Gang das Drüsenseeret ausführt. Eine Oeffnung desselben vermochte ich nicht deutlich nachzu- weisen, möchte dieselbe aber am Grunde des Basalgliedes ver- muthen, da der Sack am distalen Ende des Gliedes in den Gang umbiegt und eine Ausmündung des letztern nach aussen schon durch die wechselnde Beschaffenheit des Inhalts wahrscheinlich wird. Die Zellen, welche die Wandung des Schlauches auskleiden, springen in das Lumen desselben mit stärkerer oder schwächerer Wölbung vor und verhalten sich wie der zellige Drüsenbelag des Säckchens der von anderen Crustaceen näher bekannt gewordenen Antennen- drüse. Meist enthalten dieselben verschieden grosse, gelbliche oder Br 4 A braune Körnchen, aber auch Fettkugeln, welche besonders an fett- erfüllten Weibchen vor dem Eintritt der Eier in dem Brutraum angetroffen werden. Dann ist meist auch die Füllung der Drüsen- zellen mit Körnchen so reich, dass der Drüsenschlauch eine gelb- braune Färbung erhält und das Lumen unsichtbar wird. Die Aussenfläche der Wand erscheint durch Connectivfasern, die sich am Integumente befestigen, in einer weiten Blutlacune suspendirt, in welcher man am lebenden Objeete einen recht lebhaften Blut- strom. beobachtet. Eine genauere Vorstellung von der besonderen Gestalt der Drüse erhält man mittelst querer und verticaler Schnitte (Taf. XIV, Fig. 6, 8), welche zeigen, dass der Drüsen- schlauch vornehmlich in transversaler Richtung verbreitert ist, ° während der an der Innenseite desselben gelegene enge Gang eine unregelmässige cylindrische Form besitzt. An transversalen ° Schnitten (Fig. 7) weist man die Umbiegung des Schlauches in den Gang nach. Der letztere (Drg) zeigt ein nur wenig ent wickeltes Epithel, enthält aber in einzelnen Individuen ein gelb- liches, in Folge der Behandlung mit Alkohol, Chloroform (behufs Anfertigung der Trockenschnitte) geronnenes Excret (Exer), welches © offenbar von der Zellenwand des in gleicher Weise gefüllten (98) 99 ee ehlauihes ekieden ist. Ich war daher schon auf "Grund dieser Befunde der Meinung zugethan, der Drüsenschlauch möchte dem terminalen Säckchen der Antennendrüse, der Canal aber lediglich dem indifferenten ausführenden Endstück ent- ‚sprechen, während der gewundene bei Amphipoden, Schizo- poden und Decapoden so mächtig entwickelte Schleifencanal in unserem Falle nicht vertreten sei. Die Anwendung der Re- actionen, welche nach den Mittheilungen!) Kowalevsky’s einer- seits für den Drüsensack, andererseits für den Schleifengang der " Antennendrüse höchst charakteristisch sind, hat in der That jene Deutung bestätigt und erhärtet. Nebalien, welche mit Carmin gefüttert wurden und mit diesem ihren Magen und Darm füllten, enthielten einige Tage später im Drüsenschlauch Carminkörnchen abgesetzt, während bei Zusatz von Indigocarmin Drüsenschlauch und Endgang ungefärbt blieben. Am bestimmtesten gelingt der Nachweis der Carminablage in der Antennendrüse der Larven und jugendlicheren Individuen, deren Organisation bei der ausser- ordentlichen Pellucidität die Untersuchung des Objeetes unter den ‚stärksten Vergrösserungen gestattet. Weit mehr redueirt und deshalb schwieriger aufzufinden ist die am zweiten Maxillenpaare gelegene Schalendrüse, welche mir bei der ersten Untersuchung entgangen war und daher auch in der älteren Darstellung keine Erwähnung fand. Ich fand dieselbe zuerst auf schräg longitudinal geführten ‚Querscehnitten unterhalb des Schalenmuskels als ringförmig be- "grenztes Organ, dessen Epithel und Lumen auf eine Drüse -hinwies (Taf. XV, Fig. 1, SDr). Am lebenden Thiere wollte mir aber lange Zeit der Nachweis der kleinen Drüse nicht gelingen, "bis ich durch Fütterung jugendlicher Thiere mit Carmin in Folge der Ablagerung von Carminkörnchen das Drüsensäckchen erkannte. ‚Man sieht an solchen Thieren bei tiefer Einstellung ein schlauch- förmiges röthliches Drüsensäckchen am Kopfe des Schalenmuskels "und noch von diesem bedeckt durch das Integument hindurch- schimmern und findet an günstigeren Larven sogar die Contouren von der Umgebung abgehoben. Das Drüsensäckchen, welchem kein weiterer Schleifencanal folgt, erstreckt sich mit kurzem halsartig 1) Ich kann diese Angaben wenigstens für die Larven von Branchipus _ bestätigen. Füttert man dieselben mit Carmin, so treten einige Tage nachher im Endsäckchen sowohl der Antennendrüse als der Schalendrüse rothe Körnchen und Kugeln auf. Dagegen gelang es mir für die Schalendrüse von Moina und _ Diaptomus nicht, das gleiche Verhalten nachzuweisen, ” i 7* (9) 100 C. Claus: verengtem ausführenden Gang in die Basis der zweiten Maxille hinein (Fig. 2SDr). Auch in den beiden ihrer Ausbildung nach meist im Wechselverhältniss stehenden Drüsenpaare spricht sich sonach ein unverkennbarer Gegensatz zu den Phyllopoden aus, welche die im Larvenleben vorhandene Antennendrüse früh rück- bilden, während die Schalendrüse im Schalenraume zu mächtiger Entwicklung gelangt, und insbesondere der Schleifencanal in viel- fachen, sehr regelmässig geordneten Windungen zusammengedrängt, eine ausserordentliche Länge erreicht. Dagegen macht sich wiederum die nahe Beziehung zu den Malacostraken geltend, bei denen die Schalendrüse, wenn überhaupt vorhanden, doch der Antennen- drüse gegenüber zurücktritt. Allerdings ist in jüngster Zeit auch in einzelnen Malacostrakengruppen, bei den Anisopoden und Isopoden, eine recht ansehnlich entwickelte Kieferdrüse!) mit reichen Windungen des Schleifencanals bekannt geworden, während hier die Antennendrüse auf ein ganz rudimentäres Säckchen redueirt erscheint, allein diesen Formengruppen steht der Organismus von Nebalia auch minder nahe als denen der Amphipoden und Schizopoden, bei denen die Schalendrüse, wenn sie überhaupt noch vorhanden ist, sehr reducirt sein muss, da sie trotz eifrigen Nachsuchens bislang nicht aufgefunden wurde. Bei der bedeutenden Reduction beider Drüsenpaare ist es schon von vornherein höchst wahrscheinlich, dass zur Aus- scheidung stickstoffhaltiger Exeretionsstoffe noch andere Drüsen- zellen vorhanden sein dürften, welche zum Ersatz der ausgefallenen Schleifengänge eine diesen entsprechende Function ausüben. Schon bei oberflächlicher Betrachtung des lebenden Thieres fallen an den 8 Brustsegmenten ebensoviele Paare gelblich-brauner Streifen auf (Taf. I, Fig. 1—3), welche den Basalgliedern der 8 Beinpaare zu- 3 gehören und nahe dem nach hinten gewendeten Rückenrande der- selben liegen. Untersucht man an dem auf der Seite liegenden Thiere nach Entfernung der Schale und der aufliegenden Epipodial- lamellen (Taf. XV, Fig. 3) die Streifen sorgfältiger, so überzeugt man sich, dass dieselben dem äusseren Randwulste einer besonderen Zellenlage entsprechen, welche einen Blutraum des an dieser Stelle e mässig aufgetriebenen Schaftgliedes rinnenartig umlagert (Taf. XV, Fig. 4a) und sich an der vom Beobachter abgewendeten medial- wärts liegenden Fläche desselben als ansehnliche, im ersten Bein paare besonders hervorragende Zellenplatte fortsetzt (Fig. 4b). Der !) Vergl. C. Claus, Ueber Apseudes etc. II. l. c. pag. 50—54. (100) ‘ Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 101 selben schliesst sich an der oberen Fläche dem hohen Randwulste gegenüber ein schmaler, mit Fettkügelchen erfüllter Streifen an, _ welcher die Begrenzung des Blutsinus nach der Mitte des Grliedes hin vervollständigt. Wie man an lebenden Thieren leicht con- statiren kann, wird der Blutsinus von dem aus den Beinanhängen zurückkehrenden Blute durchströmt, von welchem offenbar an die denselben wie ein: Drüsenepithel umlagernder Zellen Bestandtheile abgegeben und als Concremente niedergeschlagen werden. Auch in der feineren Structur der Zellen, welche sich in einer Längs- streifung des Protoplasmas und einer entsprechenden, an dem hoben Epithel des Randwulstes besonders deutlich nachweisbaren Anreihung der Conerementkörnchen ausspricht, tritt der Charakter von Drüsenzellen unverkennbar hervor, wenn auch der Bau der Drüse darin eine wesentliche Umgestaltung, ja gerade Umkehrung erfahren hat, dass im centralen Lumen derselben an Stelle der Drüsenseerete, die Blutflüssigkeit die Drüse durchströmt, während die Secrete des Epithels in diesem angehäuft zurückbleiben. Dass es nun Uratablagerungen sind, und zwar von ähnlicher Beschaffenheit, wie sie sonst in dem Schleifencanale der Antennen und Schalendrüse abgelagert werden, ergibt sich aus dem ähnlichen Verhalten nach Fütterung mit Indigocarmin, indem sich schon kurze Zeit, nachdem dasselbe vom Darme aufgenommen, in das Blut resorbirt ist, die acht Drüsenpaare intensiv blau färben. Wahrscheinlich ist der geringe Gehalt dieser Zellen an wässerigen Theilen die Ursache, dass sich das Indigocarmin nicht wie in den Vacuolen analoger!) Excretionszellen in Form nadelförmiger Krystalle niederschlägt, sondern die Conerementkörnchen blau tingirt, so dass die Drüsenzellen eine intensiv indigoblaue Farbe erhalten. Derartig gefärbte Beindrüsen erweisen sich nun auch zur Präparation und näheren Untersuchung höchst geeignet und lassen das oben dargestellte Verhältniss auf Querschnitten (Tafel XV, ‘) Es ist interessant zu beobachten, dass sich in den schon seit geraumer Zeit als Harnzellen gedeuteten concrementhaltigen Zellen im Mitteldarm der Cope- poden auch Indigocarmin ablagert. Füttertt man Diaptomus castor mit Indigo- carmin, indem man eine geringe Menge dieser Substanz dem Wasser zusetzt, so kann man schon wenige Stunden später nadelförmige Krystalle in den genannten Darmzellen nachweis-n, und zwar erscheinen dieselben stets den Concremer ten ankrystallisirt, so dass man in den grossen Vacuolen dieser Zellen Packete steck- nadelförmiger Stäbchen findet, deren Köpfe die schon früher vorhandenen Concrement- Körnchen darstellen. Säckchen und Schleifengang der Schalendrüse bleiben unver- ändert, (101) 102 C.:Claus: Fig. 4c) ebenso leicht als sicher nachweisen. Insbesondere erscheinen auch die Zellen von einander schärfer abgegrenzt, ihre ansehnlichen Kerne treten in den einzelnen Zellen deutlich hervor, und die schon mittelst Osmium schön nachweisbare streifige Beschaffenheit bleibt nicht minder deutlich erkennbar. Man kann in dieser Weise behandelte Thiere auch nach der Giesbrecht’schen Methode schneiden und die Schnitte nachträg- lich mit Boraxcarmin färben. Die hohen Drüsenzellen bewahren die blauen Körrchen unverändert und lassen die roth tingirten Kerne um so schärfer hervortreten. Es ergibt sich auch, dass diese Zellen vergrösserte Hypodermiszellen sind, welche die Eigenschaft, Urate auszuscheiden, erworben haben, ohne ihre Fähigkeit, neue Uutieularabsonderungen zu bilden, eingebüsst zu haben (Fig. 4e). Mit Carmin oder Lackmus gefütterte Thiere zeigen keine Ver- änderung in der Färbung der Beindrüsen ; dagegen hat die Er- nährung mit Alizarinblau zur Folge, dass dieselben in kurzer Zeit eine intensiv gelbe Tinction erhalten, während die Säckchen der Antennen- und Kieferdrüse keinen merklichen Farbenwechsel erfahren. Es bedarf nach dem dargestellten Verhalten keiner weiteren Ausführung, dass die 8 Paare von Beindrüsen, welche sich segment- weise wiederholen, mit Segmentalorganen, für die sie bei der ersten Betrachtung gehalten werden könnten, nichts zu thun haben, auch nicht etwa aus dem mesodermalen Zellenmateriale, welches diesen Organen zur Anlage dient, aufgebaut sein können. Im Anschluss an die beschriebenen Exeretionsorgane möchte ich noch hervorheben, dass im Endopoditen des zweiten Maxillen- paares in strangförmig sich anreihenden Fettzellen ganz regelmässig gelbe Körnchen in dichter Häufung auftreten, so dass diese bein- ähnliche Extremität schon durch die intensiv gelbe Färbung sogleich bemerkbar wird. Auf die in diesen Zellen angehäuften gelben Kügelchen übt die Fütterung mit Carmin, Indigocarmin und Alizarin- blau keine verändernde Einwirkung aus. Es bleibt noch eine Gruppe von einzelligen Hautdrüsen zu besprechen, welche in den Porenreihen der Furcalglieder nach aussen münden und fettartige Exeretionsstoffe abzusondern scheinen. Be- trachtet man das Hinterleibsende eines lebenden Thieres von der Bauchseite, so findet man an der Aussenseite der Furcaiglieder eine grosse Zahl schräg nach hinten gerichteter Schläuche, welche in grossen halbmondförmigen Porenspalten medialwärts von den Seiten- stacheln ausmünden. Jeder flaschenförmige Schlauch entspricht einer einzelligen Drüse, welche dicht mit mattglänzenden, den (102) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 103 Kern verdeckenden Kugeln erfüllt ist und mit verengtem, lang- gezogenem Halse zum Porus zieht (Taf. XV, Fig. 10). Die den Inhalt des Schlauches bildenden Kugeln fliessen oft zu grösseren Ballen zusammen und setzen sich dann scharf von einer hellen, mehr wässerigen Flüssigkeit ab, welche sich im Halse des Drüsen- schlauches ansammelt. Auf Zusatz von Osmiumsäure schwärzen sich dieselben alsbald intensiv, ähnlich wie Fettkugeln, von denen sie sich jedoch durch den matteren Glanz unterscheiden. In dem Furcalgliede des ausgewachsenen Thieres mögen, mit der Zahl der Poren übereinstimmend, wohl 60 bis 80 solcher Drüsen enthalten sein. Dieselben liegen im oberen Theile der Furca, ent- sprechend der grössern und auf zwei unregelmässigen Reihen ver- theilten Porenzahl dichter gehäuft; schon in der Mitte des Grliedes sind sie auf eine Reihe beschränkt, die sich unter immer weiter ent- ferntem Abstande der Poren nahe bis zur Spitze des Gliedes erstreckt. Der Haut anliegend werden die Drüsenschläuche seitlich von dem Blutstrom bespült, welcher in dem äussern Seitencanal aufwärts in das Abdomen zurückfliesst. Ueber die Bedeutung dieser in den Furcalgliedern angehäuften Hautdrüsen vermag ich keine sichere Meinung zu äussern. Wahr- scheinlich schaffen dieselben Exceretionsstoffe bestimmter Quali- tät aus dem Körper, welche zugleich vielleicht im Zusammen- hang mit den kräftigen Stachelreihen, an deren Grunde die Poren liegen, zur Vertheidigung und zum Schutze verwendet werden. Man wird an die in der Furca der Copepoden vereinzelt auftretenden Drüsenzellen, sowie an die mit hellen Kugeln gefüllten Hautdrüsen von Apseudes erinnert, ohne jedoch eine bestimmtere Parallele durchführen zu können. Am Larvenleibe, dessen Furca an jedem Gliede nur 4 bis 5 äussere Seitenstacheln trägt, findet sich nur ein einziger grosser Porus, und zwar medialwärts vom zweiten Stachel und demgemäss auch nur eine Drüse vor. Herz- und Gefässsystem. Kreislauf. Ein besonderes Interesse nimmt die Gestaltung des Herzens in Anspruch, welches zwar mit Rücksicht auf seine bedeutende Längenentwicklung dem Rückengefäss der Phyllopoden ähnlich sieht, indessen bei genauerer Untersuchung Besonderheiten auf- weist, welche den engeren Anschluss an das Malacostrakenherz über jeden Zweifel darthun. Vornehmlich verdienen in dieser Hin- sicht die Ungleichmässigkeiten in Grösse und Lage der ÖOstien (103) 104 C. Claus: Beachtung, welche sowohl an die Herzspalten der Isopoden als Mysideen erinnern. Wie ich schon in meiner älteren Darstellung hervorgehoben habe, erstreckt sich das Herz von der Maxillarregion durch den ganzen Mittelleib und die vordere Hälfte des Abdomens, um etwa in der Mitte des vierten der umfangreichen Abdominalsegmente, welche die grossen zweiästigen Ruderfüsse tragen, zu enden. Das grösste der Östienpaare (Os m), welches dem grossen seitlichen Spaltenpaar von Mysis ähnlich ist, findet sich etwa in halber Länge des Herzens im drittletzten Brustsegmente. Der hintere Abschnitt des weiten Herzschlauches entbehrt der Spaltöffnungen gänzlich, (Taf. XIII, Fig. 2), während der des vorderen Abschnittes noch von sechs Paaren theils dorsaler, theils seitlich ventraler Ostien durchbrochen wird. Sehr kurz und eng sind drei dorsalwärts gerückte Spalten- paare (Osd‘, Osd‘, Osd‘‘), welche an der hinteren Grenze des zweiten, in der Mitte des vierten und des fünften Brustsegments liegen. Vor denselben finden sich noch drei seitliche Spaltenpaare, von denen das hintere (Osd‘), obwohl etwas vor der vorderen Grenz- contour des ersten Brustsegmentes gelegen, doch auf dieses zu beziehen sein dürfte, und nur die beiden vorausgehenden zu den Maxillarsegmenten gehören. Das letzte dieser drei Ostienpaare habe ich früher als erstes dorsales Ostium beschrieben, getäuscht durch eine quere Contour der Dorsalwand (Taf. XIII, Fig. 1). In- dessen findet sich bei allen jenen Individuen das Spaltenpaar unterhalb jener queren Linie an der Seitenwand des Herzens. Ebenso constant ist das vordere der drei seitlichen Spaltenpaare, welches schwieriger besonders an jugendlichen Individuen zu beobachten ist und leicht ganz übersehen wird. So erklärt sich meine frühere unrichtige Angabe, dass bei ausgebildeten Männchen und Weibchen regel- mässig noch ein drittes seitliches Ostienpaar vorhanden sei, welches am jugendlichen Individuum fehle. Den vordersten verergerten Theil des Herzens, welcher bis zum Pylorustheil des Kaumagens reicht und über demselben mit einem paarigen Klappenventil endet, habe ich in der früheren Zeichnung nicht abgebildet und mit der Aorta verwechselt. Erst sagittale und transversale Schnittserien stellten die Bedeutung dieses Rohres als musculösen Herzabschnitt ausser Frage, und nachher war es leicht, auch am lebenden Thiere die Zugehörigkeit dieses Abschnittes zum Herzen und den Abschluss durch ein Klappenpaar zu constatiren (Taf. XIII, Fig. 2). (104) REN ui in eı_z Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 105 Die Herzwand wird von kräftigen Muskelfasern gebildet, deren quergestreifte Fibrillen ringförmig verlaufen. Die zahlreichen kleinen Kerne liegen der inneren, das Lumen begrenzenden Intima an, von der ich im Zweifel geblieben bin, ob dieselbe als besondere Bindegewebsmembran zu betrachten oder, was mir wahrscheinlicher dünkt, als innere sarcolemmartige Ausscheidung zu der Muskelschicht zu beziehen ist. Dagegen liegt an der Aussenseite der Muskelwand eine bindegewebige Membran, welche durch die sehr grossen in Längsreihen gestellten Kerne sogleich in das Auge fällt, und sich von den Seiten des Herzschlauches, besonders an der ventralen Fläche, leicht abhebt (Taf. IX, Fig. 8). An den venösen Ostien finden sich musculöse kernhaltige Lippenklappen, welche mit den bekannten homologen Klappenbildungen des Herzens anderer Urusta- ceen übereinstimmen. Schwieriger ist die Frage über die Beschaffenheit der peri- pherischen Blut führenden Canäle zu entscheiden, welche an vielen Stellen des Körpers den Eindruck wahrer Blutgefässe machen. In- soferne dieselben eine bindegewebige Begrenzung besitzen und im Zusammenhang mit dem Herzen erkannt werden, wird man be- rechtigt sein, sie als Blutgefässe zu bezeichnen, und ich habe in diesem Sinne bereits früher eine vordere und hintere Aorta nebst hinterem Gefässpaare unterschieden. Ob ausser diesen den Blutstrom nach vorn und hinten fortleitenden Arterien noch weitere Gefässe am Herzen entspringen, konnte ich nicht mit Sicherheit entscheiden. Von weiten bindegewebig umgrenzten Bluträumen der Leibes- höhle sind der dorsale Pericardialsinus und der ventrale, unterhalb des Darmes gelegene Blutsinus hervorzuheben. Der erstere nimmt den Raum zwischen Herz- und Rückenmusculatur ein und wird ventral- wärts durch ein quer oberhalb des Darmes und dessen perienterische, die Leberschläuche und Geschlechtsdrüsen umlagernde Bindegewebs- masse ausgespanntes Septum abgeschlossen. In denselben gelangt das Blut.vor seinem Eintritt in die venösen Ostien des Herzens im Thorax von vorn nach hinten, im Abdomen von hinten nach vorn den Spaltenpaaren zuströmend. In den ventralen Blutsinus, von dem aus das perienterische Bindegewebe mit den umschiossenen Organen und die Bauchganglienkette ernährt wird, strömen auch die aus den Extremitäten zurückkehrenden Blutmengen ein, Indessen beobachtet man auch noch lebhafte Blutströmchen unter- halb der Oberfläche in Lücken und Lacunen zwischen Integument und Musculatur, und zwar an vielen Stellen in entgegengesetzter, mit den tieferen Strömen sich kreuzender Richtung. (105) Rd a. 723 55: 106 C. Claus: Nicht nur der Bau des Herzens und die arteriellen Ostien desselben, an welchem die vordere und hintere Aorta entspringen, auch die complieirte in gefässähnlichen Bahnen sich bewegende Circeulation des Blutes erhebt die Nebaliden über die Phyllopoden und weist auf ihre nähere Beziehung zu den Malacostraken hin. Auch zeigt der Schalenkreislauf mit dem der Mysideen und Stomatopoden, wie ich schon früher hervorgehoben habe, eine grosse Uebereinstimmung. In die Ostienpaare des Herzens tritt das aus dem Körper zurückkehrende Blut ein, und zwar seiner Hauptmasse nach durch die grosse seitliche Spaltöffnung (Fig. 2 Os m) im drittletzten Brust- segmente. Durch die vorausgelegenen kleineren Ostien der Dor- salseite wird vornehmlich das aus dem Mediancanal der Schale ausfliessende Blut, durch die vorderen seitlichen Paare der aus dem Kopf zurückkehrende Blutstrom in das Herz geleitet. Das durch jene Spaltöffnungen aufgenommene Blut wird durch die Contractionen der Herzwand aus der vorderen und hinteren je durch ein Klappenpaar verschliessbaren arteriellen Oeffnung aus- getrieben, Aus der vorderen gelangt die Flüssigkeit in den weiten als Aorta zu bezeichnenden Blutraum zwischen Magen, vorderen Leberschläuchen und Integument und bewegt sich in gerader Richtung nach der Basis der Kopfklappe hin, um von hier aus durch seitliche Bahnen schräg zu den Antennen geleitet zu werden. Dieser aufwärts gerichtete arterielle Blutstrom tritt zwischen beiden vorderen Leberschläuchen in einen weiten Sinus ein, welcher vorn mittelst bindegewebiger Wand blasenartig abgegrenzt ist. Bei jeder Contraction des Herzens erweitert sich der Blutbehälter und man sieht nicht nur, wie die Leberschläuche etwas auseinander weichen, sondern auch die Vorderwand einer jeden Sinushälfte klappenartig aufgehoben wird. Diese pulsirenden Bewegungen er- folgen streng rhythmisch und mit den Contractionen des Herzens synchronisch. Man glaubt zuerst den Eindruck von Nebenherzen zu empfargen, bis man sich überzeugt, dass die klappenartigen Hebungen von dem aus dem Herzen ausgetriebenen Blutstrom be- wirkt werden. Aus den beiden Seitenhälften des Blutsinus gelangt die Blut- Nüssigkeit theils in die Kopfklappe, theils in die grossen Seitencanäle der schildförmigen Schale, ein anderer Theil mengt sich dem aus den Augen und Antennen zurückkehrenden Strome bei, welcher an der Oberfläche unter der Haut abwärts fliesst. Somit ist es nur ein Theil des aus dem vorderen Herzende aus- (106) E 4 2 Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 107 tretenden Blutes, welcher die Schale versorgt und zu dem offen- bar respiratorischen Kreislauf in dem Canalsystem derselben Ver- wendung findet. Dasselbe wird durch den nahe dem Schalenrande verlaufenden Hauptcanal theils direct, theils mittelst eines compli- cirten Netzes engerer transversaler Zwischencanälchen in den weiten Mediancanal der Schale geführt und steigt in diesem auf- wärts empor, um durch die vordere Oeffnung oberhalb der dor- salen Spaltenpaare in den Pericardialsinus einzutreten und durch jene in den Herzraum zurückzugelangen. In der breiten schnabelähnlichen Kopfklappe, die ich früher als Stirntheil der Schale bezeichnet habe, steigt das B!ut von der Aorta aus empor, durchströmt deren medianen Blutcanal, um von hier durch netzförmige Queranastomosen in seitlichen Längscanälen abzufliessen. Aus dem grossen auf- und anschwellenden Sinus wird auch das Gehirn, ferner die Augen und Antennen mit Blut versorgt. In diesen sieht man einen aufsteigenden und absteigenden Strom- kreisen. Der erstere verläuft tiefer im Innern der Gliedmasse, in einem deutlich begrenzten Gefässe, welches sich längs der dor- salen, die Borsten und Sinnesfaden tragenden Seite der Geissel verfolgen lässt, während das zurückfliessende Blut an der ent- gegengesetzten Seite in oberflächlichen Bahnen herabsteigt und sich im Körper dem grossen Seitenstrome zugesellt, welcher unter dem Integument zu den Seiten des Kaumagens und des Leberschlauches hinter den Mandibeln herab läuft. Besonders scharf treten an der zweiten Antennenarterie die Gefässwandungen hervor. Im Basalglied wird dieses Gefäss bei seitlicher Betrachtung des Objectes von dem breiten Drüsen- schlauche , im zweiten G@liede von den Muskelbündeln verdeckt. zwischen denen es erst bei tiefer Einstellung bemerkbar wird; im dritten Gliede gibt dasselbe mehrere offene Aeste ab (Taf. XIV, Fig. 4 Ar und Ar) und ist von da an aufwärts aber bis zur Spitze der Antennengeissel zu verfolgen, an deren oberem Rande das Gefäss in gerader Richtung bis zum Endgliede verläuft. In diesem oder auch im vorausgehenden Gliede (Taf. XIV, Fig. 5 Oe) endet dasselbe mit einer terminalen oder seitlichen Oeffnung, aus der man die aufwärts getriebenen Blutzellen in den abwärts führenden Blut- canal übertreten sieht. Indessen auch im Verlaufe ist die Wandung des Gefässes am Ende der einzelnen Glieder von Oeffnungen durch- brochen, durch welche Blutelemente schon weiter abwärts in den rückführenden Strom übertreten. Nach der Complication zu schliessen, (107) 103 C. Claus: welche die Antennenarterie im langgestreckten dritten Antennen- gliede bieten, dürften auch an anderen der Beobachtung minder leicht zugänglichen Körperstellen, besonders im Abdomen, einfache und verzweigte Gefässe vorhanden sein. In den Augen findet eine sehr lebhafte Circulation statt, indem der Blutstrom in den dorsalen Hauptcanal (DBle) des Augenstieles eintritt und theils durch die enge Lacune in die Nervenbündelschicht, theils durch Querschlingen in die Umgebung des Augenganglions in den abführenden ventralen Canal (V Ble) übergeht (Taf. X, Fig. 3, 4). Auch die Beinpaare der Brust er- halten einen mächtigen Strom zugeführt, der in das Stammglied eintritt und in die lamellösen Epipoditen und Exopoditen Ab- zweigungen entsendet. In diesen steigt das Blut durch die weiten Randcanäle aufwärts, durchsetzt einen Theil des flächenständigen engen Lückensystems und fliesst durch den medianen Canal wieder abwärts, um in den am Dorsalrande des Stammgliedes verlaufenden ausführenden Gang einzutreten. In den Endopoditen steigt der Blutstrom an dem (innern oder) medialen borstenbesetzten Rand empor und biegt in den lateralen Canal, welcher längs des dor- salen, glatten Randes verläuft, zu dem rückführenden Strome um (Taf. 1V, Fig. 4). In den äusseren Aesten der Pleopoden bewegt sich das Blut an der medialen Seite aufwärts, um in einer weiten Blutlacune längs der Lateralseite abwärts zurückzufliessen. In der speciellen Gestaltung der Blutcanäle und des dieselben verbindenden vielfach anastomosirenden Lückensystems verhalten sich die beiden lamellösen Beinanhänge, die zweizipfelige Kiemen- platte (Epipodit) und der blattförmige Exopodit ganz ähnlich wie die Schale und fungiren, wie diese, als Athmungsorgan. Der hintere Abschnitt des Herzens regulirt die Blutbewegung im Abdomen und dessen Gliedmassen. Aus der hinteren arteriellen Öeffnung des Herzens wird das Blut durch die abdominale Aorta und zwei zu deren Seiten entspringende, schräg absteigende Arterien (Taf. XIII, Fig. 2) in die hinteren Segmente des Abdomens geführt. Man verfolgt sowohl in diesen Segmenten, als innerhalb der Furcaläste den absteigenden Blutstrom, welcher am Ende der- selben in den aufsteigenden Strom umbiegt. Dieser bewegt sich längs der lateralen Seite in einem weiten Blutcanal, umspült die Drüsenschläuche und tritt in das letzte Abdominalsegment ein, in welchem er an der ventralen Seite zwischen den Dilatatoren des Darmes in das vorletzte Segment, und von hier in die beiden vor- ausgehenden Segmente zu verfolgen ist. In diesen Segmenten wird (108) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 109 aber auch ein oberflächlicher absteigender Blutstrom bemerkbar, welcher am Hinterrande derselben in transversalen Schlingen nach dem Rücken umbiegt (Taf. XIV, Fig. 9). Respirationsorgane. Als Athmungsorgane haben wir alle zarthäutigen fächen- haft ausgebreiteten Integumentduplicaturen und unter diesen in erster Linie die Schale, sowie die beiden lamellösen Anhänge, den Exopoditen und Epipoditen der Brustbeine, zu betrachten. Die Schale, deren Lage und Gestaltung bereits oben besprochen wurde, fungirt vornehmlich an ihrer inneren, dem Leibe zugekehrten Fläche, deren Chitinbekleidung ausserordentlich zart bleibt, als Athmungsorgan. Wollte man die respiratorische Function derselben bezweifeln, so würde schon der Hinweis auf die Thätigkeit des langen, nach hinten gewendeten Maxillartasters, welcher die Schalenfläche von Schleim- und Schmutztheilen frei erhält, für die Wahrscheinlichkeit sprechen, die lebhafte und reiche Bluteirculation im Innern der Schalenduplicatur, sowie der feinere mit der Kiemenstructur überein- stimmende Bau jedes Bedenken beheben. Wie an den Kiemenblättern der Amphipoden!) und Isopoden sind auch an der Schale die Hypodermiszellen an beiden Blättern der Doppellamelle durch ihre Anordnung sowohl zur Herstellung von stützenden Scheidewänden, als zur Bekleidung des Canalsystemes verwendet worden. Auf Schnitten, die der Länge und Quere nach geführt sind, findet man die epithelartigen geordneten Hypodermiszellen der äusseren und inneren Schalenlamelle einander zugekehrt und jede mit einer Basalmembran versehen. An den Längs- und Quercanälen weichen die sonst aneinander schliessenden Basalmembranen, das Lumen des Canales begrenzend, auseinander. Die Ungleichmässigkeiten in der Lage der Kerne steht im Zusammenhange mit dem Vorhandensein senkrechter, von beiden Zelllagen abgeschiedener Connectivfasern, welche als Stützpfeiler die obere und untere Chitinlamelle mit einander verbinden, und welchen das Protoplasma der Zellen nebst zugehörigen Kernen, von den Lücken und Canälen abgehoben, anliegt. Ueberall bleibt die obere Zellenschicht wohl im Zusammenhang mit der von ihr aus- geschiedenen dickern und incerustirten äusseren Chitindecke niedriger als die untere, welche besonders in der Umgebung des Schalen- ınuskels beträchtlich höher erscheint und hier aus regelmässig ge- t) Vergl.C. Claus, Die Platysceliden, Wien 1887, pag.25, Taf. XXI, Fig. 12,13. (109) 110 C, Claus: ordneten Öylinderzellen gebildet wird, deren zugehörige Stützfasern dem Bedürfniss einer grösseren Festigkeit der Schale entsprechend stärker entwickelt sind. I Die Insertion des mächtigen Schalenschliessers findet sich an der äusseren Schalendecke, indem die Muskelfasern desselben die Schalen- duplicatur durchsetzen und nach aussen divergirend an der ineru- stirten äusseren Chitinplatte sich befestigen. Hinter der Insertion des Schliessmuskels, nach dem Mittelfeld der Schalenklappen zu, erreicht das untere Epithel die bedeutendste Höhe, so dass dasselbe eine schwach convexe Auftreibung der inneren Schalenfläche veran- lasst. Da zugleich das Protoplasma der hohen Cylinderzellen an der inneren zarten Cuticularmembran angehäuft liegt, die Stützfasern aber zurücktreten, so scheint mir die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass von diesem Theile des unteren Schalenepithels zur Zeit der Brutpflege Substanzen ausgeschieden werden, welche den so ge- raume Zeit im Brutraume weilenden Eiern und Embryonen als Nährstoffe dienen. Dazu kommt, dass zu dieser Zeit der Schalen- raum Träger von Fettanhäufungen wird, welche sich in Form grösserer und kleinerer Kugeln und Tropfen in Bindegewebszellen — ähnlich denen des Fettkörpers und des Fettzellenpolsters der Kopf- klappe — zwischen beiden Zellenschichten der Schale ablagern (Taf. XV, Fig. 11a Bz). Das System von Canälen, welches in der oben beschriebenen Weise zwischen beiden Zellenlagen und deren Stützbalken, aber noch von beiden Basalmembranen begrenzt (Fig. 11a), zu Stande kommt, lässt sich auf zu- und abführende Hauptgänge, auf grössere, beide verbindende und untereinander communicirende Zwischen- canäle und ein sehr reiches, zwischen diesen entwickeltes Netz feinster Capillarcanälchen zurückführen, welche letztere nicht mehr von Blutkörperchen, sondern nur von der plasmatischen Flüssigkeit durchströmt werden. Der zuführende Hauptgang ist paarig, entspringt seitlich aus dem weiten pulsirenden Sinus am oberen Ende der Aorta (Taf. XIII, Fig. 1 Ble), um nahe dem Vorderrande der Schale zu ver- laufen und im Bogen in den langen, dem Rande mehr genähberten seitlichen Längscanal umzubiegen. Der abführende Hauptcanal verläuft median in dem kürzeren, beiden Schalenklappen gemein- samen Rückentheile der Duplicatur und mündet in der hinteren Maxillargegend über der letzten der drei vorderen Seitenostien (O3) in den dorsalen Sinus ein. Mit den zuführenden Seitencanälen: ist derselbe verbunden durch ein weitmaschiges Netz von engeren Bluteanälen, welches (110) o% DEZE N 2 2 RN 3, NL ST se 2 BE Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 111 See beide Schalenklappen durchsetzt und von bogenförmigen, durch ziekzackförmige Längscanäle verbundenen Transversalcanälen her- gestellt wird. Demnach stellen sich die Maschen dieses Netzes _ als unregelmässig fünf- oder sechsseitige, beziehungsweise schräg _ rautenförmige Felder dar, welche ihrerseits aber wieder von einem viel feineren Netze capillarähnlicher, durch die Substanzinselchen getrennter Canälchen durchzogen werden, deren Inhalt helle plas- - matische Blutflüssigkeit unter Ausschluss von Blutkörperchen bildet. - Auch vor den beiden weiten Randeanälen, zwischen diesen und dem Schalenrande, finden sich ähnliche, wenngleich sehr schmale und langgezogene Netze, die dann am Vorderrande und be- sonders an dem winkelig vorspringenden Uebergange desselben in den Seitenrand eine bedeutendere Breite und Ausdehnung gewinnen. Am hinteren, schräg aufsteigenden Schalenrande fällt der breite Seitengang hinweg, da sich derselbe schon am Ende des ‚Seitenrandes in mehrere bogenförmige Zwischencanäle mit zuge- - hörigen Capillarnetzen aufgelöst hat. Die dem Epipoditen und Exopoditen entsprechenden blatt- förmigen Beinanhänge stimmen in Bezug auf ihre Structur und _ Anordnung der Blutcanäle mit der Schale im Wesentlichen überein. Auch hier kehren die beiden zuführenden randständigen - Canäle wieder und vereinigen sich zu einem abführenden Canal, welcher am Epipoditen transversal, am Exopoditen longitudinal - verläuft und zwei ziemlich gleich grosse Felder trennt. Nur inso- ferne verhält sich das System der Zwischencanäle einfacher, als dasselbe, ohne secundäre Netze zu erzeugen, beide Hauptgänge verbindet und somit direet das Capillarnetz repräsentirt, welches freilich an manchen Stellen auch Blutzellen Durchgang gestattet. - An jedem der Beinanhänge tritt, in Folge eigenthümlicher ‚Verlöthung des äusseren und inneren Blattes, eine sehr regel- mässige longitudinale Linie hervor, welche am Exopoditen längs des medianen Blutcanales, und zwar an der Aussenseite desselben, - verläuft, am Epipoditen, der Anheftungsstelle genähert, den Quer- ' eanal rechtwinklig durchschneidet. Dieselbe (Taf. IV, Fig. 2 R) gleicht einer Naht (Raphe), welche aus länglichen, streng linear - gehaltenen Stichen zusammengesetzt erscheint. Den letzteren ent- - sprechen niedrige, aber langgezogene Connectivfasern, neben welchen stets ein oder zwei Kerne nebst Protoplasmaresten erhalten sind (Taf. XV, Fig. 12 Cf). Die Bedeutung dieser niemals fehlenden _ Differenzirung scheint auf einer engeren und festeren Verbindung von beiden Lamellen der lamellösen Platte zu beruhen. (111) 112 C. Claus: Geschlechtsorgane und Fortpflanzung. Sowohl Ovarien als Hoden sind langgestreckte Schläuche, welche rechts und links an der Dorsalseite des Darmcanals ihre Lage haben (Taf. I, Fig. 1 u.2Ov). In jugendlichen Exemplaren sind dieselben auf die hintere Brust- und vordere Abdominal- gegend beschränkt, im geschlechtsreifen Zustand nach vorn bis zum Kaumagen und nach hinten bis in das letzte Abdominal- segment verlängert. Als Ausführungsgänge findet man mit Leich- tigkeit im männlichen Geschlechte kurze Samenleiter, welche auf einem vorragenden Zapfen am Coxalstücke des 8. Beinpaares ausmünden und somit die Lage und Mündungsstelle mit den Samenleitern der Malacostraken gemeinsam haben (Taf. XV, Fig. 13). Im weiblichen Geschlechte ist es viel schwieriger, über die Frage in's Klare zu kommen, ob Ausführungsgänge überhaupt existiren und, im bejahenden Falle, in welchem Körpersegmente dieselben aus- münden. Ich habe lange Zeit vergeblich nach dem Ausführungsgange der Ovarien gesucht, wie ja auch in manchen Malacostrakengruppen (Isopoden) die Oviducte schwierig und nur in bestimmten Zuständen der Geschlechtsthätigkeit nachgewiesen werden konnten, glaube jedoch ihr Vorhandensein im drittletzten Brustsegmente constatiren zu können. Der lange, segmentweise angeschwollene Hodenschlauch wird von einer zarten bindegewebigen Hülle, welche an den flachen ovalen Kernen kenntlich ist, umschlossen. Dann folgt ein Epithel, dessen Zellen rundliche granulirte Kerne bergen und das Keimepithel dar- stellen. Dasselbe erscheint an der äusseren oder lateralen Seite in lebhafter Wucherung begriffen (Taf. XV, Fig. 13 Spb) und erzeugt in dem als mächtiger Längswulst nach dem Lumen zu vor- springenden Keimlager die Spermatoblasten. Man findet hier die Kerne der Keimzellen bedeutend vergrössert und zu Kernspindeln verschiedener Theilungsstadien umgestaltet. Daneben liegen Zellen mit 2, 4, 8, 12, 16 und mehr Tochterzellen noch in die wulstige Wand eingebettet, während in das enge Lumen nur spärlich Spermakugeln übergetreten sind. So verhält sich der Hoden jugend- licher Männchen , in welchem die Wucherung der Keimzellen und die Bildung von Spermazellen in sehr lebhaftem Fortschritt begriffen ist, während in begattungsreifen Männchen das Keimlager bereits auf- gelöst erscheint und die Samenzellen das Lumen des Hodens strotzend erfüllen (Taf. XV, Fig. 15). Ar der seitlichen Wandung macht sich auch hier noch eine Verdiekung geltend, in welcher sich (112) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 113 x . Epithelzellen mit dichteren und grösseren Kernen finden. Es sind dies Reste der Zellen, welche auch für die laterale Hodenwand des jugendlichen Männchens charakteristisch sind und wohl in die _ Kategorie von Secretionszellen gehören. Dieselben treten hier in _ viel grösserer Zahl und dichter gehäuft auf und sind von der an- grenzenden Zone, in welcher die Spermatoblasten und Samenzellen erzeugt werden, ziemlich scharf abgegrenzt. Für das Verständniss derselben ist in Betracht zu ziehen, dass zwischen den in das Lumen übergetretenen Samenzellen eine von zähen kleinen Körnchen und blassen Kugeln gebildete Substanz bemerkbar wird, welche wohl nichts anderes als ein Secret (Taf. XV, Fig. 14 a) der Hodenwand ist. Zur Bereitung desselben können nur diese durch dichtere Kerne und reichliches blasses Protoplasma kenntlichen Zellen, welche sich von den samenerzeugenden Hodenzellen scharf unterscheiden, in Frage kommen, zumal für dieselben keine andere Function geltend gemacht werden kann und auch ihre eventuelle Beziehung auf Ersatzzellen, wie sie im Hoden höherer Crustaceen so allgemein verbreitet sind, bei der Auflösung des Keimlagers ausgeschlossen erscheint. h Die Samenzellen, welche durch fortgesetzte Theilung aus _ den Spermatoblasten hervorgehen, fand ich niemals, auch nicht im strotzend gefüllten Samenleiter des begattungsreifen Männchens, frei, sondern stets in der bestimmten, der Entstehungsweise durch - Theilung entsprechenden Zahl vereint, von dicker Hülle um- kapselt. In diesem Zustande werden die Samenkapseln, kleinen _ Spermatophoren vergleichbar, durch das erwähnte zähe Secret zu Ballen vereint, aus der Oeffnung des Samenleiters am Grunde des letzten Beinpaares entleert. Man kann jedoch durch vor- 3 sichtig ausgeübten Druck die Samenkapseln in der Weise sprengen, dass die Samenzellen unversehrt aus denselben hervortreten (Taf. XV, Fig 14 ec). Dieselben erweisen sich als kleine Kugeln von 00045 Millimeter Durchmesser, deren grosser kernkörperhaltiger Kern j von einem fein granulirten Hof eines sehr dichten zähen Proto- _ plasmas umgeben ist. Ueber das weitere Schicksal der Samen- zellen habe ich mich vergeblich bemüht, in’s Klare zu kommen. Ob die Samenkapseln bei der Begattung in die Leitungswege des "Weibehens entleert werden und dann in diesen die Kapseln ge- ‚sprengt und die Samenzellen frei werden, oder ob letzteres im Brutraum des Weibchens während der Eierablage geschieht, vermag ich nicht zu entscheiden. Der Hoden, welcher in den einzelnen Brustsegmenten seit- liche Anschwellungen bildet, entbehrt einer äusseren Muskel- Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft 1. 8 a1) ._ Pr 114 C. Claus: bekleidung; ebensowenig habe ich eine solche an dem Vas deferens aufgefunden, dessen Zellenwand am besten an jugendlichen Männchen erkannt wird. Das Lumen des Samenleiters erscheint in diesem Alter eng und fast frei von Samenkapseln, die erst mit dem Eintritt in das begattungsreife Stadium aus dem Hoden übertreten und den Samenleiter blasenartig auftreiben. Muskeln ziehen aber in mehrfachen Bündeln vom Integumente des Beinfortsatzes an das Ende des Leitungsweges, der in einer stark erweiterungsfähigen Oeffnung ausmündet. Die Ovarien haben genau dieselbe Lage wie die Hoden, dorsal- wärts zu den Seiten des Darmes und der in den perienterischen Fettstrang verpackten Leberschläuche. In den verschiedenen Grössen- und Reifezuständen, natürlich von verschiedener Ausdehnung, sind dieselben schon frühzeitig in den jüngsten Formen als schmale, kurze Zellenschläuche nachweisbar, erreichen dann aber in den geschlechtsreifen Weibchen vor dem Eieraustritt in die Bruthöhle sehr bedeutende Dimensionen und erstrecken sich vom Kopf bis in das letzte Abdominalsegment. Die meist in einer Längsreihe an- geordneten (hier und da alternirend in einander geschobenen) Eier, welche das Lumen des Övarialschlauches füllen, sind reich an dunkelkörnigem, Fettkugeln enthaltenden Nahrungsdotter und ver- decken durch ihren Umfang bei seitlicher Betrachtung des Thieres nicht nur Darm und Leberschläuche, sondern auch die ventrale Partie des Herzschlauches. Wie am Hoden unterscheiden wir am Ovarium eine äussere, durch flache, gestreckt ovale Kerne kenntliche Serosa, die den Zellen des perienterischen Fettkörpers eng an- lagert, dorsalwärts aber an die quer zwischen dorsalem und ven- tralem Blutsinus ausgespannte und ganz ähnliche Kerne enthaltende Scheidewand angrenzt. Das Keimlager entwickelt sich auch am Ovarium an der lateralen Seite, so dass mit fortschreitendem Wachs- thum die grösseren Eier nach der Medialseite des Schlauches rücken, hier aber wie in besonderen Eikammern von einem kleinzelligen Epithel umgeben werden, welches wahrscheinlich die Vermehrung des Dotters unterhält und sich vielleicht auch an der Bildung der Eihülle betheiligt. Sicher konnte ich hierüber nicht in's Klare kommen, da die Eihülle des in den Brutraum eintretenden Eies eine einfache ist und daher auch lediglich aus dem Dotter ausgeschieden sein kann (Taf. XV, Fig. 16). Vielfache Schwierigkeiten verursachte mir die Frage nach 4 dem Vorhandensein eines Oviductes und dessen Mündungsstelle. Lange Zeit suchte ich nach einem solchen vergeblich. Weder die 114) Br Be Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 115 Präparation mittelst sorgfältiger Zerzupfung, noch Querschnitt- serien gaben mir Anhaltspunkte zum Auffinden des Ausführungs- - ganges, bis ich endlich Weibchen zur Hand nahm, deren umfang- reiche, mit reifen Eiern erfüllte Ovarien auf den bevorstehenden UVebertritt der Eier in die Bruthöhle hinwiesen. Zuerst glückte es mir, auf dem Wege der Präparation einen dünnhäutigen Strang nachzuweisen, der den Ovarialschlauch mit dem Körperintegument an der Ventralseite des drittletzten Brustsegmentes herstellte. Schnittreihen durch ein solches vor der Brutpflege stehendes Weibehen erwiesen denn auch das Vorhandensein eines reifen, mit Fettkugeln erfüllten Eies in dem kurzen zarthäutigen Verbindungs- gang, welcher jederseits an der Ventralseite des drittletzten _ Brustsegmentes an der Basis des zugehörigen Beinpaares zu be- merken war und den ich daher als Oviduct in Anspruch nehmen zu können glaube. Durch denselben werden die Eier bei der Ent- feınung der ÖOvarialschläuche in den Brutraum gelangen. der ‚nieht wie bei Estheria und den Phyllopolen zwischen Körper und Schale, sondern wie bei den Arthrostraken und Mysideen zwischen den lamellösen Beinanliängen unterhalb der Brust gelegen ist. Bei Nebalia sind nicht nur die Epipodiallamellen und die blattförmigen Exopoditen an der Bildung und Umgrenzung des Brutraumes betheiligt, sondern auch die langgezogenen flachen Endopoditen, dessen Endglied schon vor dem Eieraustritt winklig umgebogen erscheint und den bereits oben beschriebenen mächtigen Borstenfächer gewonnen hat. Eier tragende Weibchen sind stets an dem geiblich opaken Aussehen der Schale kenntlich, welches durch die durchschimmernde Färbung der Eidotter bedingt ist. Wenn sich die Eier im Laufe einiger Wochen zu Embryonen entwickelt haben, erscheint die Färbung durch angehäufte Schlammtheilchen zwischen Schale und _ Beinen in eine schmutzigbräunliche verändert. Mit dem Eintritt in den Zustand der Trächtigkeit stellen nämlich die Weibchen die _ Bewegungen ihrer Brustbeine bis auf geringe Schwingungen ein, welche, wie es scheint, zur Unterhaltung der Respiration, sowie der _ Wassereireulation in der durch die Borstenfächer korbartig ge- schlossenen Bruthöhle erforderlich bleiben. In Folge dieser offenbar / ee u re Ka DE Ba 2 4 1 Fa Pi ang a I ne a iu für die Brutpflege nothwendigen Bewegungsreduction hört die leb- hafte Strudelung auf, durch welche unter normalen Verhältnissen Schlamm- und wohl auch Nahrungstheilchen nach dem Munde zwischen Kiefer und Beine bewegt und von diesen wieder weg- gespült werden, und es beginnt ein allmäliger Ansatz von Schmutz- 8* (115) 116 -C, Claus: und Schlammtheilen zwischen den Beinpaaren und insbesondere den Borsten des Fächers, bis gegen Ende der Brutzeit die An- häufung von Schlamm zwischen den Blättern der Bruthöhle die Kenntlichkeit der Theile beeinträchtigt. Unter solchen Verhält- nissen scheint auch die Nahrungsaufnahme zur Zeit der Brutpflege wenn nicht völlig aufgehoben, so doch bedeutend herabgesetzt, und es werden nun die reichen, in den Fettzellen besonders des perienterischen Stranges deponirten Nahrungsüberschüsse von dem Blute wieder aufgenommen und zur Erhaltung des Stoffwechsels verbraucht. Daher findet man gegen Ende der Brutzeit die Fett- kugeln im Körper des Mutterthieres grösstentheils geschwunden und den perienterischen Strang sammt Darm und Leberschläuchen beträchtlich reducirt, dagegen die Bluträume, sowie den Herz- schlauch im entsprechenden Masse erweitert und ausgedehnt. Gleich- zeitige Veränderungen in der Beschaffenheit der beiden Drüsen- säckchen, sowie der 8 Paare von Beindrüsen, die auf einen lebhaften oder veränderten Stoffwechsel hingewiesen hätten, sind mir nicht aufgefallen. Im männlichen Geschlechte schreitet die Schrumpfung des perienterischen Fettkörpers, der Leberschläuche und des Darmes viel weiter vor, wenn die begattungsreifen Thiere längere Zeit am Leben bleiben. Auch hier scheint die Nahrungsaufnahme eine sehr beschränkte zu sein, wie schon aus der Verkümmerung der Borstenanhänge an Kiefern und Beinen wahrscheinlich wird. Immerhin führt die, wenn auch schwache Strudelung der Brust- beine, die für die Athmung unerlässlich sein dürfte, fein im Wasser vertheilte Stoffe zum oralen Ostium und in den Darm- canal, wovon man sich leicht durch Zusatz von Carmin oder Indig- carmin zum Seewasser überzeugen kann. Ballen von beiderlei Farbstoffpartikelehen werden alsbald im Darmcanale nachgewiesen und auch in den Stoffwechsel aufgenommen, wie die später ein- tretende blaue Färbung der Beindrüsen beweist. Die accessorischen Sexualcharaktere, durch welche sich die niemals in grosser Zahl, sonderg mehr vereinzelt auf- tretenden begattungsreifen Männchen von den Weibchen sogleich kenntlich machen, wurden zum grossen Theil schon bei Be- sprechung des Körperbaues und der Gliedmassen hervorgehoben. In erster Linie ist die grössere Streckung und schlankere Körper- form, sowie die bedeutendere Länge der Furcalglieder für das Männchen charakteristisch, Eigenschaften, welche im Vereine mit der kräftigeren Museulatur des Abdomens und der ent- (116) ar Be a ae 1 ad Kuh u a RI en 2} Zee as N ER \ Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 117 _ sprechenden stärkeren Entwicklung der vier Schwimmfusspaare _ desselben eine raschere und behendere Locomotion möglich machen. - Dazu kommt die grosse Zahl von Riechschläuchen an den Geisseln des ersten Fühlerpaares und das durch jene veranlasste buschige "Aussehen der Antennen, ferner die beträchtliche Verlängerung und vermehrte Gliederzahl des zweiten Antennenpaares, sowie das Vorhandensein von zarten Sinnesschläuchen an den Gliedern desselben. Auch die Stielaugen sind umfangreicher und durch die ansehnlichere Stärke ihrer beiden Sinneshöcker, sowie der Üorneal- Jinsen ausgezeichnet. Kiefer und Brustbeine sind dagegen schmäch- tiger, ihr Borstenbesatz spärlich und verkümmert. Sodann er- scheinen die beiden rudimentären Beinpaare im Vergleiche mit - denen des Weibchens länger und mit einer grösseren Zahl von Borsten und Dornen besetzt. Dazu kommt für die innere Organi- sation die Reduction des perienterischen Fettstranges, sowie die _ Ansammlung von grossen Fettkugeln in den Bindegewebszellen der Schale und der Beinpaare, sowie endlich die viel beträcht- _ liehere Ausdehnung des Herzschlauches und der blutführenden Räume und Lakunen der Leibeshöhle. ’ Begattungsreife Männchen und trächtige Weibchen findet man mit Ausschluss der strengen Wintermonate December, Januar - und Februar zu jeder Jahreszeit, doch beginnen dieselben schon _ im November spärlich zu werden und sind gegen Ende dieses _ Monates fast vollständig verschwunden. Im Winter findet man in- dessen auch reife Weibehen, jedoch ohne die Borstenfächer der Beine, mit schmächtigen, aber völlig entwickelten Ovarialschläuchen, die auf die Reife der sexuellen Functionen hinweisen. Der grösseren Mehrzahl nach sind es aber Jugendstadien aller Grössen und unter _ diesen auch junge Männchen in verschiedenen Alterszuständen, _ welche man jetzt antrifft. Unter den reifen, nicht geschlechts- thätigen Weibchen dürften auch Formen enthalten sein, welche bereits Brut producirt und mit der später erfolgten Abstreifung der Haut die langen Borstenfächer verloren haben, wie es über- - haupt wahrscheinlich ist, dass die Weibchen nach einer einmaligen Bruterzeugung nicht zu Grunde gehen, sondern nach Verlauf einer _ gewissen Ruhezeit und entsprechenden Häutung von Neuem trächtig werden. Aut ein solches Verhalten weisen auch die nicht wünbeträchtlichen Unterschiede in der Zahl der Antennenglieder, sowie in der Körpergrösse der mit Brut erfüllten Weibchen hin. Leider bin ich zur Zeit ausser Stande, über die Art der Be- gattung, der Beziehung derselben zur Eiablage und den Ort der (117) ii; | NR, i» a rn nr De 118 C Clans: Befruchtung Auskunft zu geben, hoffe aber über diese und andere sich anschliessende Fragen durch fortgesetzte Beobachtungen später noch Aufschluss zu gewinnen. Ihrem Aufenthalte nach sind die Nebalien Schlammbewohner, die sich an seichten Stellen des Meeres, in der Nähe der Küsten, besonders da, wo Aas und putrescirende Stoffe angehäuft sind, massenhaft ansammeln. An solchen Oertlichkeiten finden sich die- selben auch im Hafen von Triest!), wo sie in versenkten Fisch- kästen mit Cadavern grösserer Crustaceen zu jeder Zeit leicht in grosser Menge gefangen werden. Diesem Aufenthalt entspricht die Ernährung von zerfallenden thierischen Stoffen und orga- nischem Detritus, welcher durch die Kiefer bearbeitet, in den Schlund gelangt und von da in den Kaumagen übergeführt, einer nochmaligen Zerkleinerung durch die Cardiacalwalzen unterworfen wird. Von diesem mit Erd- und Schlammtheilen untermengten Detritus erscheint unter normalen Verhältnissen — die trächtigen Weibchen und die begattungsreifen Männchen ausgenommen — das gesammte Darmrohr angefüllt. Auch lassen unsere Thiere die Cadaver der eigenen Gattung nicht unverschont. Recht oft findet man jugend- liche Formen zwischen Schale und Körper abgestorbener Nebalien eingeschlüpft, mit dem Aufzehren der Ueberreste dieser beschäftigt, und in Pokalen, welche Hunderte lebender Nebalien enthielten, ist nach Monaten der ganze Inhalt bis auf Haut und Schalenreste und wenige lebend zurückgebliebene Individuen verschwunden. Viel rascher vollzieht sich dieser Zerstörungsprocess, wenn ein oder mehrere Gammariden, insbesondere der gefrässige, mit Nebalien vergesellschaftete G. locusta, mit eingesetzt wurden, welche jene lebend angreifen und zur Beute machen. Uebrigens sind die 1) Ueber das Vorkommen im Hafen von Triest theilt mir Dr. Graeffe Folgendes mit: „Nebalia ist ziemlich allgemein im ganzen Golfe von Triest ver- breitet. Sowobl in den tieferen (”—8 Faden) Schlammgründen, wie an der Küste findet man die Nebalia immer in einzelnen Exemplaren. Am häufigsten indess be- wohnt dieselbe den Schlammgrund im Hafen von Triest, und zwar besonders die- jenige kleinere Abtheilung des alten Hafens an der Riva Grumula, wo die italie- nischen Fischer ihre „Baragozza“ zu ankern pflegen. Jeder Schleppnetzzug bringt dort mit Algen und Schlamm gemischt eine grössere Menge dieser Thiere herauf. Siebt man dieses Gemisch im Wasser von den feineren Schlammtheilen frei, so ist es dann leicht, eine grössere Anzahl von diesen Crustaceen zu isoliren. Es sei übrigens noch erwähnt, dass auch andere ruhige Stellen des Hafens auf ihrem Grunde die Nebalia in grösserer Menge beherbergen, so namentlich der sogenannte „Canal grande“, welcher in die Stadt hinein sich erstreckt. Die aus dem Grunde der See einige Seemeilen von der Küste gefischten Nebalien sind durchschnittlich kleiner was wohl mit den weniger günstigen Ernährungsverhältnissen zusammenhängt.“ (118) a a n 4 z 2 Ft A Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 119 Weibehen und Jugendformen der Nebalia durch eine staunenswerthe Lebenszähigkeit ausgezeichnet; nicht nur dass sie, wohl durch die Anhäufung von Nährstoffen im Fettkörper begünstigt, viele Wochen lang ohne Nahrung bleiben können, selbst in völlig verdorbenem, mit Fäulnissstoffen und Zersetzungsproducten erfülltem Seewasser halten sie aus, wenn alle übrigen Organismen bereits abgestorben sind. Und diesem mit ihrer Lebensweise und Aufenthaltsorte ver- knüpften Umstande mag überhaupt die Erhaltung dieser Form mit so vielen ursprünglichen Eigenthümlichkeiten der Organisation aus sehr alten Zeiten in die Lebewelt zu verdanken sein. Unter normalen Verhältnissen ruhen die Thiere stundenlang auf den Boden des Pokales ausgestreckt, bis auf regelmässige, zur Unterhaltung der Athmung erforderliche Schwingungen der Brust- beine unbeweglich; eine heftige Erschütterung genügt jedoch, um die Mehrzahl derselben momentan aufzuschrecken und zum Fort- schwimmen mittelst kräftiger Ruderschläge der Pleopoden zu ver- anlassen. Nur vereinzelt steigen sie zur Oberfläche empor, fangen dann aber gelegentlich Luft, die der Aussenseite der Schalen- Häche leicht adhärirt, zwischen Schale und Leib, und die Schalen- hälften beginnen sich Nügelförmig abzuheben und in horizontaler Ausbreitung der Oberfläche des Wassers anzulegen. Dass sich am Körper unserer Thiere ausser marinen Infusorien häufig Parasiten ganz eigener Gattungen ansiedeln, ist durch die Arbeiten über Seison!) und über eine parasitische Turbellarie ?) hinreichend bekannt. Von entozoischen Schmarotzern habe ich gelegentlich, jedoch überaus selten, einen jugendlichen Echino- thynchus im Leibesraume der Nebalia gefunden. Geographische Verbreitung. Das Vorkommen von Nebalien an den Meeresküsten verschie- dener Continente und Inseln weist auf die grosse räumliche Ver- breitung dieser Gattung hin und macht es wahrscheinlich, dass dieselben zu den Kosmopoliten gehören. ‘) €. Claus, Ueber die Organisation und die systematische Stellung der Gattung Seison Gr. Wien 1876. L. Plate, Ueber einige ektoparasitische Rotatorien des Golfes von Neapel. Mittheilungen aus der zoologischen Station zu Neapel. Tom. VII, 1887. ”) W. Repiachoff, Ueber eine neue an Nebalien lebende Turbellarie. Zoo- logischer Anzeiger, 1884, VII, pag. 717. (119) 120 C. Claus: Zuerst wurden Nebalien im hohen Norden von den sandigen Küsten Grönlands bekannt und von OÖ. Fabricius!) als Cancer bipes beschrieben. Eine ähnliche, durch Grösse hervorragende Form fand später auch Leach an der Westküste Englands und bezeichnete sie als Nebalia Herbstii. Wahrscheinlich fallen beide Formen der Art nach zusammen und repräsentiren die hochnordische Nebalie, welche inzwischen auch an verschiedenen Küstenpunkten Norwegens (Tromsoe?) gefunden wurde. Dass Nebalien auch in bedeutender Tiefe ihren Lebensunterhalt finden, wurde zuerst durch G. OÖ. Sars erwiesen, dem wir die Be- schreibung der N. typhlops?°) von den Lofoten verdanken. Leider war der genannte Forscher auf ein einziges Exemplar dieser interessanten blinden Form verwiesen, deren Merkmale nur ganz allgemein und für die Artbestimmung unzureichend beschrieben werden konnten. Wir erfahren aus der Sars’schen Diagnose kaum mehr, als dass N. typhlops bis auf die gerin- gere Grösse, schwächere Gestaltung der Gliedmassen und die rudimentären, des Pigmentes, sowie der Krystallkegel entbehrenden Stielaugen im Wesentlichen mit der nordischen Nebalia überein- stimmt. Die durch Milne Edwards bekannt gewordene Nebalia Geoffroyi von der französischen Küste (Bretagne) findet sich auch im Mittelmeere (Nizza, Neapel), sowie in der Adria und unter- scheidet sich von der nordischen Form vornehmlich durch ge- ringere Dimensionen des Körpers und der Gliedmassen, ohne jedoch meiner Meinung nach die Grenze der Varietät zu überschreiten und als Art getrennt werden zu können. Die von Kowalevsky an der Küste des rothen Meeres beobachtete Form stimmt, wie ich mich aus der Untersuchung einiger mir gütigst übersandter Exemplare überzeugen konnte, mit der Nebalia von Neapel und Triest in allen wesentlichen Charakteren überein. Aus dem atlantischen Ocean konnte ich zwei Exemplare) von Madeira vergleichen, von denen das grössere von 9 Millimeter Körperlänge ein jugendliches Männchen war, das kleinere, zwischen 7 und 8 Millimeter lange ') Otto Fabricius, Fauna Groenlandica. 1780. 2) Von dieser Oertlichkeit erhielt ich durch die Güte des Museumsvorstandes in Bergen, Herrn Danielssen, eine Reihe gut erhaltener Weingeistexemplare, leider fehlten jedoch begattungsreife Männchen und trächtige Weibchen. 3) Nye Dybvandscrustaceer fra Lofoten, Vidensk Selsk. Forhandlinger for 1869. *) Ich verdanke dieselben der Freundlichkeit des Herrn Collegen Lütken in Kopenhagen, der mir auch einige Exemplare der grönländischen Nebalia gütigst übersandte, (120) BE Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 121 A)” } a SA m er . . : Exemplar sich als ein noch unausgewachsenes Weibchen mit eilf- gliedrigen Antennengeisseln erwies, Auch für diese atlantischen Formen ergab sich eine so vollständige Uebereinstimmung mit den mediterranen, dass ich über die Artidentität umsoweniger im Zweifel sein kann, als ich auch in der Darstellung, welche Packard von der an den Küsten von Labrador und Puget Sound gesammelten amerikanischen Nebalia gab, keine auf eine besondere Species hinweisenden Unterschiede aufzufinden vermag. Ich habe ferner Gelegenheit gehabt, Nebalien von den Küsten Japans zu vergleichen. Obwohl mir eine grosse Zahl von Exemplaren aus der Sammlung des Wiener Hofmuseums vorlag, fehlten leider begattungsreife Männchen und trächtige Weibchen. Die grösseren 8 bis 10 Millimeter langen Exemplare erwiesen sich als junge Männchen und ziemlich ausgebildete Weibchen, deren Vorder- und Hinterantennen meist 15gliedrige Geisseln trugen. Bei einer sonst _ grossen Uebereinstimmung mit der mediterranen und atlantischen Form traten doch einzelne Besonderheiten hervor, welche als Art- - merkmale in Anspruch genommen werden könnten, nämlich geringe Grösse des Augenstieles im Verhältnisse zu d-m umfangreichen Pigmentabschnitt, sowie der glatte Aussenrand am Schafte des 4. Pleopodenpaares. Auch mag ein sehr detaillirter Vergleich der Mundtheile und Beinpaare noch weitere kleinere Unterschiede zu Tage fördern, trotzdem aber scheint es mir kaum zweifelhaft, dass man die Unterschiede ais Racer- und nicht als Artmerkmale auf- zutassen hat. Es schien mir sehr wichtig, auch Nebalien von den Küsten Chile’s, von denen sich zwei Exemplare in der Schmarda’schen Abtheilung der Wiener Universitätssammlung fanden, vergleichen zu können. Beide Exemplare, das eine von 10, das zweite von 11 Millimeter Länge, sind trächtige Weibehen mit sehr ausgebildeten Borsten- fächern am Endgliede der Brustbeine. An dem grösseren Exem- plare ist die Geissel des Vorderfühlers 16gliedrig, die des Hinter- fühlers 17gliedrig mit kurzem Endgliede, an dem kleineren die Geissel des rechten Vorderfühlers 14gliedrig, die des linken 12gliedrig (die Geissel der 2. Antenne war beiderseits abgebrochen). Das auffallend langgestreckte Stielauge ist auch bei dieser Nebalie durch den Umfang des pigmentirten Sehabschnittes aus- gezeichnet, welcher sich fast über das ganze Auge erstreckt. Der 3 Aussenrand des 4. Pleopodenschaftes besitzt hier aber die charak- teristische Zähnelung. Die Verhältnisse der Körpertheile stimmen 5 mit der mediterranen Form im Wesentlichen überein, so dass ich (121) me. 122 C. Claus: auch die Nebalia von den Küsten Chile’s nur als Varietät anzu- sehen vermag. Auch der Küstenfauna Australiens und Neuseelands scheinen Nebalien nicht zu fehlen, wie aus dem Funde eines Exemplares bei Dunedia Harbour hervorgeht, weiches G@. Thomson!) als neue Art unter dem Namen Nebalia longicornis beschrieben hat. Leider sind jedoch Beschreibung und Abbildung für die Kenntniss der Einzelheiten im Körper- und (rliedmassenbau so un- zureichend, dass man die Form mit Sicherheit nur als ein begattungs- reifes Männchen bestimmen kann, ohne irgend welche Anhalts- punkte zu finden, welche über die Besonderheit der Art Ent- scheidung brächten. Denn die von Thomson als Artcharakter in Anspruch genommene Länge und Vielgliedrigkeit der 2. Antennen- geissel ist lediglich der bekannte Sexualcharakter der männlichen @eschlechtsform, mit welchem dieser Autor aus meiner 5 Jahre vor seiner Publication veröffentlichten Arbeit über das Nebaliamännchen wohl hätte bekannt gewesen sein können. Die Angabe, nach welcher die Schale die drei ersten Abdominalsegmente bedeckte und der Hinterrand des 3. bis 7. Abdominalsegmentes mit Spitzen besetzt sei, würde für die Zugehörigkeit der neuseeländischen Form zu dem engeren Typus aller von mir untersuchten Nebaliaformen sprechen, nur dass dann dem Autor das Vorhandensein der viel kürzeren Spitzenreihe am Rücken des 2. Abdominalsegmentes entgangen wäre. Systematisches. Erst seitdem durch Willemoes-Suhm eine zweite, sehr abweichende Nebalidenform bekannt und als Nebalia longipes beschrieben wurde, erscheint die Bestimmung der generischen Charaktere von Nebalia ausführbar, da jene Art in so zahl- reichen und bedeutenden Differenzen abweicht, dass sie einer besonderen Gattung, für die ich den Namen Paranebalia vor- schlug, zugetheilt werden muss. Die Gattungs-Charaktere von Nebalia würden demnach in folgender Weise bestimmt werden können: DieSchalenklappen verbinden sich dorsalwärts an der hinteren Grenze des ersten Abdominal- segmentes, so dass der Rückentheil der drei nach- folgenden, seitlich mehr oder minder bedeckten !) G. Thomson, On a new species of Nebalia from New-Zealand. Ann. of nat. hist. 5. ser. Tom. IV. 1879. (122) I bu Kay R A Pu f En a > Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 123 Abdominalsegmente zwischen den auseinander weichenden, schräg ventralwärts nach hinten ver- laufenden Hinterrändern beider Schalenhälften theil- weise freiliegt. Vorderkopf mit zwei Stirnstacheln, welche an der Basis der Kopfklappe (Rostralplatte) sechienenartig fixirtsind. Dieacht Beinpaare der Brust ragen nicht über den Rand der Schalenklappen hervor. Die Endopoditender Brustbeine deutlich geglie- dert, die desträchtigen Weibchensmit Borstenfächer. Exopodit flachtriangulär, am Rande mit vereinzelt stehenden Borsten. Epipodit halbmondförmig, in der Mitte eingeschnürt, fast ohne Randborsten. Die Geissel der zweiten Antenne im männlichen Ge- schlechte beträchtlich verlängert. Dem gegenüber würde die Gattung Paranebalia folgender- massen zu charakterisiren sein: DieSchalenklappen vereinigen sich dorsalwärts in der mittleren Brustregion, so dass schon die hin- teren Brustsegmente zwischen den seitlich ausein- ander weichenden, schräg ventralwärts nach hinten verlaufenden Hinterrändern beider Schalenhälften frei liegen und vom Abdomen nur die Seitenflächen des ersten und theilweise auch des zweiten Segmentes bedeckt werden. Kopfklappe ohne die Einrichtung des Haltapparates, da die Stirnstacheln an der Dorsalseite des Vorderkopfes fehlen. Die deutlich gegliedertenEndopoditen derBrustbeine ragen über dem Rand der Schale frei vor. Exopoditen schmal, fast beinförmig verlängert, mit borstenbesetztem Aussenrande. Die Epipoditen sind schmale, nach hinten gewendete, am äusseren Rande mit feinen Härchen besetzte Blättchen. Die Geisselder zweiten Antenne im männlichen Geschlechte von der des Weibchens nicht wesentlich verschieden. Durch G. OÖ. Sars, welcher unsere Kenntniss von Para: nebalia durch eine eingehende genaue Beschreibung des Körper- baues dieser Thierform ergänzte und vervollständigte, wurde noch eine dritte, leider nur unvollständig erhaltene Nebalidengattung bekannt und als Nebaliopsis beschrieben. Die Charaktere dieser dritten Gattung würden sich folgender- massen zusammenfassen lassen: (123) 124 0. Claus Die Schalenklappen vereinigen sich dorsalwärts oberhalb des dritten Abdominalsegmentes ohne Incisur in der Weise, dass der Rücken nicht nur der Brust, sondern auch der zwei bis drei vorderen Ab- dominalsegmente von der Schale bedeckt wird. Die Hinterränder beider Schalenhälften divergiren ven- tralwärts nach vorn und lassen die Seitenflächen der abdominalen,sowieauch der hinteren Brustsegmente theilweiseunbedeckt. Brustabschnittunverhältniss- mässig verlängert, fast so lang als das Abdomen. Die Endopoditen der Brustbeine zu ovalen unge- gliederten Lamellen verbreitert, mit borstenbe- setztem Innenrande, am Aussenrande mit lang- gezogener Ansatzfläche der als schmale Lappen vorstehenden borstenlosen Exopoditen und Epipo- diten. Stielaugen kurz und pigmentlos, dementspre- chend auch die Kopfklappe verkürzt. Da von jeder der beiden letzten Gattungen nur eine einzige Art bekannt geworden ist, erscheint die Abgrenzung der Species- charaktere kaum durchführbar, insbesondere bei der ihrem Glied- massenbau nach unvollständig beschriebenen Nebaliopsis typica G. O. Sars. Für Paranebalia longipes wird man als Speciesmerk- male Besonderheiten in dem Grössenverhältniss und der Gestaltung einzelner Körpertheile heranzuziehen haben und als solche vor- nehmlich folgende Charaktere hervorheben können: Kopfklappe in eine Spitze ausgezogen, kaum länger als die Stielaugen. Stielaugen vorn und an ihrer Aussenseite bestachelt. Geissel der Vorder- antenne kaum halb so lang als der dreigliedrige Stiel, die Länge der Nebenplatte etwa um das Doppelte übertrefiend, meist fünf- gliedrig. Fortsatz am Endgliede des Stiels breit, am Aussenrand sägeartig gekerbt. Stiel der zweiten Antenne am Vorderrande des dritten sehr lang gezogenen Gliedes mit zwei vorstehenden Haken bewaffnet. Geissel meist sechsgliedrig, kürzer als der Stiel. Der Hinterrand des vorletzten und letzten Abdominalsegmentes ge- zähnelt. Hinterrand des Stieles der drei letzten zweiästigen Pleo- podenpaare sägeartig gekerbt. Dorsalende der rudimentären Pleo- poden abgestutzt und mit drei Dornen bewaffnet. Furcalglieder nicht ganz so lang als die drei vorausgehenden Abdominalseg- mente. Körperlänge ungefähr 6 Mm. Fundort: Harrengton Sound, Bermudas. (124) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 125 Von der Gattung Nebalia wurden bislang eine Reihe von Formen weit getrennter Fundorte als besondere Arten beschrieben, indessen sind sämmtliche Darstellungen der Autoren einer strengen Kritik gegenüber zum Nachweise der Artverschiedenheit unzu- reichend. Die durch bedeutende Körpergrösse, reichere Gliederung der Antennengeisseln und stärkere Bedornung der Pleopoden aus- gezeichneten hochnordischen Nebalien entsprechen dem Cancer bipes von OÖ. Fabricius, mit welchem Kroyer’s Nebalia bipes und Leach’s Nebalia Herbstii identisch sind. Die kleinere mediterrane Form, welche zuerst Risso bei Nizza ge- funden und als N. Straussi beschrieben hatte, weicht nicht wesentlich von der in der Bretagne von M. Edwards beobachteten und als N. Geoffroyi unterschiedenen Form ab, mit welcher auch die Nebalien Triest’s und der Adria in allen wichtigen Merk- malen übereinstimmen. Ich habe eine grössere Anzahl grönländischer und norwegischer Nebalien näher verglichen, indessen keinen wesentlichen, zur Art- - unterscheidung ausreichenden Charakter aufzufinden vermocht. Die E - ee Schnabel- und Schalenform des 2—16 Millimeter langen Leibes sind dieselben, desgleichen stimmt das Grössenverhältniss und die Be- zähnelung der Segmente, sowie die Gestalt der Gliedmassen überein. Auch zeigen die Antennen und die Mundtheile keine irgendwie er- hebliche Abweichung, da ich die meist grössere (übrigens zwischen 12 und 17 wechselnde) Gliederzahl der Geisseln, ebenso wie die ver- mehrte Zahl von Borsten an den massiger gestalteten Kiefern als variabel befunden habe und daher nicht als belangreich betrachten kann. Ein begattungsreifes Männchen, welches ich untersuchen konnte, stimmte in der schlanken Körpergestalt, sowie in der Verlängerung der etwa 8Ogliedrigen zweiten Antennengeissel und der in Folge der vermehrten Riechschläuche buschig erscheinenden Vorderantennen überein. Umgekehrt bleiben die Nebalien von Neapel, soweit ich nach den mir vorliegenden Exemplaren zu urtheilen berechtigt bin, in Körperumfang und Gliederzahl der Extremitäten hinter der adria- tischen Form beträchtlich zurück, ohne deshalb in irgend einem anderen Charakter specifisch abzuweichen. Ich habe trächtige Weibehen von 6—7 Millimeter Körperlänge mit 10gliedriger Vordergeissel, 13—1ögliedriger Geissel der hinteren Antennen, _ mit 5 und 6 Dornpaaren am Rande der äusseren Pleopodenäste in F - beobachtet, die in allen wesentlichen Merkmalen mit der nordi- schen und adriatischen Nebalia übereinstimmten und nur als (125) vo ie, R ie 126 C. Claus: Formen einer im Waehsthum ZUrÜCK Bob schmächtigeren Race zu beurtheilen sind. Betrachten wir die hochnordischen, mediterranen, adriatischen und atlantischen Nebalien nur als geographische Abänderungen derselben Art, welche wir nach dem gemeinsamen Charakter des sägeartig gezahnten Randes der Abdominalsegmente als N. serrata bezeichnen könnten, so würden die Charaktere dieser Art etwa folgende sein: Beide Schalenhälften unter einspringender In- cisurüber demerstenAbdominalsegment vereint, die Seitenflächen der vier vorderen Abdominalsegmente mehr minder vollständig bedecekend. Kopfklappe schalenförmig gebogen, vorne abgerundet, weit über das Ende der Stielaugen hinausragend, etwa /,solang als der vereinte Dorsalrand beider Schalenhälften. Fortsatz am letzten Stielglied der Vorderantennen kurz, mit mehreren Stacheldornen bewaffnet. Neben- platte so lang als die 3 bis 4 proximalen Geissel- glieder. Geissel 10—17Tgliedrig. Die zweite Antenne am Ende des zweiten Stielgliedes mit hakigem Fort- satz bewaffnet. Der Hiuterrand der Abdominalseg- mente,mitAusnahmedesersten und letzten Segmentes, sägeartig gezähnelt. Der Aussenrand des vierten Pleopodenschaftes mit 5 bis 6 zahnähnliehen Vor sprüngen. Die Furcalglieder des Weibchens kaum so lang als die beiden vorausgehenden Segmente, die des begattungsreifen Männchens beträchtlich länger. Es war mir von grossem Interesse, dass auch die an den Küsten Chile’s und Japan’s gefundenen Nebalien in allen wesent- lichen Charakteren mit dem beschriebenen Typus übereinstimmen. Immerhin liessen sich einzelne Besonderheiten nachweisen, welche vielleicht von anderer Seite als zur Artunterscheidung ausreichend betrachtet werden könnten, bei der chilenischen Form mit 14- bıs 16gliedriger Vordergeissel und 17gliedriger Geissel der Hinter- antennen (des trächtigen Weibchens), die relativ grosse Ausdehnung des pigmentirten Sehabschnittes am Stielauge, die grössere (7) Zahl der Dornen am zweiten rudimentären Füsschen, bei der ') Von der Stirne bis zum Ende des Furcalgliedes unter Ausschlass der Furcalborsten gemessen. (126) I > Bid de U Ba Au u 7 Te eg ae ee Ze u? 7777 am ern Ian. ER Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 127 japanesischen.!) Form mit lögliedriger Vordergeissel und 14- bis 16gliedriger Geissel der hinteren Antenne, der in gleichem Um- fang bervortretende pigmentirte Sehabschnitt des Stielauges, die Grösse der Schalenklappen, welche sich auch über das fünfte Abdominalsegment ausbreiten, und der glatte unbezahnte Aussen- rand am Schafte des vierten Pleopodenpaares. Die grosse Conformität, welche in der speciellen Gestaltung der so entfernt lebenden, durch Meere und Continente getrennten Nebalien zum Ausdruck gelangt und es kaum möglich macht, scharf bezeichnete geographische Varietäten zu unterscheiden, dürfte wohl mit dem Aufenthalt und der Ernährungsweise, die überall auf ähnliche Lebensbedingungen hinweisen, sowie mit der erstaunlichen Lebenszähigkeit, welche ein Ueberdauern sehr un- günstiger Verhältnisse der Ernährung und der Beschaffenheit des Mediums ermöglicht, in causalem Zusammenhange stehen. Manchem liegt vielleicht die Annahme nahe, unserer so ver- breiteten und in nur geringen Varietäten abändernden Nebaliaart einen relativ jungen Ursprung zuzuschreiben, indessen haben wir, da bislang paläontologische Ueberreste von Nebalien in älteren oder jüngeren Formationen nicht bekannt wurden, keinerlei Anhaltspunkte für die Ableitung aus einer älteren Art oder Gattung. Andererseits weist der gesammte Typus der Organisation, wenn wir von Gattungs- und Artcharakteren abstrahiren, auf sehr alte ursprüngliche Ver- hältnisse hin, die sich eben in nur wenigen, vereinzelt dastehenden Gliedern in die Lebewelt erbalten haben, und gerade der beson- deren Gestaltung ihres zähen, die ungünstigsten Lebensbedingungen überdauernden Organismus ihre Erhaltung zu verdanken haben, Die nahen und unmittelbaren Beziehungen der Nebaliden zu den Malacostraken sind bereits bei der Darstellung der einzelnen ÖOrgansysteme in einer Weise hervorgetreten, dass ich es für überflüssig halte, auf dieselben noch einmal zurückzukommen. Wer trotz der nunmehr näher bekannt gewordenen Gestaltung des Magens und Darmes, des Herzens und Gefässsystems, des Gehirnbaues und der Structur des Stielauges neben dem wesent- lich gleichen Zahlenverhältniss der Segmente und Gliedmassen, ‘) Die von Japan stammenden Nebalien, von denen ich eine grössere Zahl verschieden grosser Exemplare (leider fehlten begattungsreife Männchen und träch- tige Weibchen) vergleichen konnte, sind in der Sammlung des hiesigen Hofmuseums aufbewahrt. — Ich unterscheide dieselben als N. japanensis, die chilenischen als N. chilensis, mögen sie nun geographische Racen der N, serrata sein, oder für besondere Arten gehalten werden. (127) 128 C. Claus: der übereinstimmenden Lage der Geschlechtsöffnungen, an der engeren Verwandtschaft mit den Phyllopoden oder gar Copepoden festzuhalten vermag, für den halte ich jede Argumentation für unnütz. Ich habe diese Beziehungen schon auf Grund meiner früheren unvollständigen Untersuchungen in früheren Arbeiten, wie ich glaube, zutreffend gewürdigt, und insbesondere in den neuen Beiträgen zur Morphologie!) das Verhältniss von Nebalia zu den Malacostraken näher besprochen, so dass ich mich darauf be- schränken könnte, auf diese Darstellung einfach hinzuweisen, zumal der Versuch von @. OÖ. Sars, die Nebaliden als copepodiforme Phyllopoden zu deuten, meine ihm völlig unbekannt gebliebene Begründung in keinem Punkte abzuschwächen geeignet ist. Nach wie vor bleibt es freilich nach Massgabe des zur Zeit noch unzureichenden Materiales unmöglich, die Stellung scharf zu präcisiren, welche die Nebaliden, oder, wie ich dieselben als allgemeinere Gruppe bezeichnete, die Leptostraken neben den Malacostraken einzunehmen haben, theils mit Rücksicht auf die Werthschätzung des branchipodiformen Schwanzendes mit seiner grösseren Segmentzahl, theils wegen unserer gänzlichen Unbekanntschaft mit der besonderen Gliederung und Gestaltung des Körper- und Gliedmassenbaues der paläozoischen ÜCeratio- cariden, welche sich in dem Verhalten der Schild- oder Schalen- duplicatur und insbesondere deren Kopfklappe mit den Lepto- straken verwandt erweisen, indessen wiederum in der Form des Schwanzendes wesentlich abweichen. Betrachtet man die Sechszahl der Abdominalsegmente mit ihren sechs Gliedmassenpaaren und der Telsonplatte mit ihrer ventralen Afterspalte als massgebend für die Definition der Malacostraken, so wird man denselben die Leptostraken nicht unmittelbar einverleiben können. Beurtheilt man jedoch den Werth dieses Charakters nicht einseitig nach dem fertigen Zu- stande, sondern mit Rücksicht auf die Ertwicklung, welche für das Abdomen und dessen Endstück noch jetzt ontogenetisch bei einzelnen Malacostrakengattungen bekannt geworden ist, so wird man die Bedeutung des Charakters in anderer Weise beurtheilen und die Leptostraken sehr wohl mit dem Mala- costrakenbegriff in Einklang zu bringen vermögen. In der That erscheint mir diese Deutung als die naturgemässe. Schon die zahlreichen Abweichungen und Reductionen, welche der Hinter- 1) Q. Claus, l. c. 1885, pag. 83—91. (128) | j h 7 i j # ; 5 R R en er RE ar SE Ze ER > F P Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 129 _leib in den verschiedenen Malacostrakengruppen erfährt, weisen darauf hin, dass diese bedeutenden Abänderungen unterworfene Körperregion sich aus ursprünglich variabelen, der Segmentzahl nach nicht fest begrenzten Zuständen entwickelt hat. ‚Dass der Segmentzahl gerade der hinteren Leibesregion nur ein relativer Werth beizumessen ist, dürfte auch aus dem Vergleiche mit ähnlichen Schwankungen, welche die hintere Rumpfregion in anderen Thierkreisen unterworfen ist, hervorgehen, und aus dem Umstande sich erklären, dass bei metamerischen Thieren die Knospungszone neuer Segmente am Körperende liegt und hier die Neubildungen ihren Abschluss finden. In diesem Sinne deute ich eine Reihe zwar bekannter, aber meist unbeachtet gebliebener, jedenfalls ihrer Bedeutung nach nicht gewürdigter Eigenthümlich- keiten am Abdomen verschiedener lebender Malacostraken, welche meist als Abnormitäten betrachtet werden. Als solche hebe ich die beweglichen Seitenstacheln am Telson der Euphausiden!) und die Sonderung des sechsten Abdominal- segmentes vonGnathophausia?) in zwei Segmente hervor, in deren Folge das Abdomen dieser Gattung aus sieben Segmenten und dem Telson zusammengesetzt zu sein scheint. Jene Stacheln entsprechen offenbar den zwei Seitenstachelr, welche am unpaaren, dem Telson zu vergleichenden Schwanzstachel der fossilen Gattungen Ceratio- caris und Dithyrocaris vorhanden sind und in noch vermehrter Zahl am Leibesende der älteren Gattungen Hymenocaris und Peltocaris auftreten. Wahrscheinlich haben diese beweglich ein- gefüsten Seitenstacheln morphologisch den Werth vereinfachter Gliedmassen, deren Zahl in der hinteren Leibesregion noch eine grössere war. Und hiermit würde auch die Zurückführung des Telsons auf ein indifferentes, aus mehreren Segmenten oder deren Anlagen zusammengezogenes Terminalstück des Rumpfes im Ein- klang stehen. Andererseits würde die vermehrte Gliederung des Abdomen bei Gnathophausia den Schluss gestatten, dass die beiden dem Telson vorausgehenden Glieder, von denen der letzte den Fächeranhang trägt, nicht mehr den Werth zweier Segmente haben, da von einer entsprechend vermehrten Zahl der Ganglien nichts bekannt geworden ist. Auch bei Nebalia würde ‘) C. Claus, Ueber einige Schizopoden und andere Malacostraken Messinas. Zeitschr. für wiss. Zool. 1863, Tom. XIII, pag. 449 u. 451, Fig. 43. ’) Willemoes-Suhm, On some atlantic Crustacea from the „Challenger“ ‚Expedition. Transactions of the Lion. Soc. of London. 1875, Vol. I, pag. 31, Taf. IX, Fig. 1. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 1. 9 (139) 130 C. Claus: die Zahl der Hinterleibssegmente, obgleich auf die sechs Glied- massen tragenden Segmente noch zwei Körperringe mit den Furcal- ästen folgen, da nur in jenen Ganglienknoten vorhanden sind, thatsächlich keine grössere sein, und das aus den zwei letzten Körperringen und den Furcalästen zusammengesetzte Schwan- zende dem Telson entsprechen. Ebensowenig wie das Telson be- sitzen die beiden letzten Schwanzringe von Nebalia Ganglien, wenn auch, wie ich oben (pag. 51) gezeigt habe, im Embryo und Larvenleib (Taf. VII, Fig. 7) eine kleine Anschwellung im glied- massenlosen siebenten Segmente vorhanden ist. Die Anlage eines siebenten Abdominalganglions, welche im Laufe der weiteren Ent- wicklung wieder rückgebildet wird, tritt nun auch bei Sphaeroma unter den Isopoden auf und dürfte wahrscheinlich unter den Malacostraken eine weitere Verbreitung haben. Dieselbe scheint mir im Vereine mit ihrer alsbald erfolgenden Rückbildung als zutreftender Beleg für die Richtigkeit der von mir versuchten Zurückführung. Die branchipodiforme Endigungsweise des Ablomens von Nebalia mittelst zweier langgezogener Furcalglieder, welche beim ersten Blick für die Zugehörigkeit zu den Phyllopoden spricht, hat mit Rücksicht auf die von mir beschriebene Entwicklung des Telsons von Penaeus und Sergestes mit ganz ähnlichen Furcal- anlagen imStadium der Protozo&a umsoweniger entscheidenden Werth, als die Afteröffnung bereits die für die Malacostraken charak- teristische Lage an der Ventralseite des Endgliedes aufweist. Wenn wir lediglich auf Grund der jetzt lebenden Nebaliden- gattungen, deren Bau und Organisation uns näher bekannt geworden ist, den Begriff der Leptostraken bestimmen, so würde mit der gegebenen Zurückführung des branchipodiformen Hinterleibsendes das Hinderniss beseitigt sein, welches der Vereinigung derselben mit den Malacostraken entgegenstünde und man würde dieselben in die drei Abtheilungen Leptostraca, Arthrostraca, Thoraco- straca einzutheilen berechtigt sein. Nun aber ergibt sich eine neue Schwierigkeit aus den verwandtschaftlichen Beziehungen der Nebaliden zu den fossilen Ceratiocarides, auf welche schon vor langer Zeit zuerst Salter hingewiesen hatte. Vor Allem bezeugt die Uebereinstimmung in dem Besitze einer beweglich abgesetzten Kopfklappe, welche in keiner anderen bekannten Urustaceengruppe wiederkehrt, die Verwandtschaft der Nebaliden und Ceratio- cariden!) und ihre Zugehörigkeit zu einer einheitlichen, sehr 1) C. Claus, Zeitschr, für wiss. Zoolog. Tom. XXII, 1. c. pag. 329, 330. Crusta- ceensystem, 1. c. pag. 24, 105. Neue Beiträge zur Morphologie 1. c. pag. 86. (130) a iS & = Be Sn. Er Organismus der Nebaliden und systematische Stejjung der Leptostraken. 131 alten Formenreihee Auch ich habe es seinerzeit nicht unter- lassen, diese Beziehungen zu jenen ältesten paläozoischen Ueber- resten hervorzuheben und dieselben als Glieder eines sehr alten Crustaceenzweiges !) zu betrachten, welcher durch die Nebaliden zur Gestaltung des Malacostrakentypus führte. Viel weiter ist Packard gegangen, wenn er die Nebaliden mit ihren paläo- zoischen Verwandten zu einer Gruppe vom Werthe der Ordnung als Phyllocarida vereinigte. Indessenist uns derselbe den Beweis für die Berechtigung zu einem so engen Verbande dieser Formen- gruppen schuldig geblieben. Als gemeinsamer Charakter desselben ist uns doch kaum mehr als der beweglich abgesetzte sogenannte Rostralfortsatz bekannt, von welchem ich gezeigt habe, dass er einem besonderen als Kopfklappe bezeichneten Schalenstück ent- spricht. Wenn durch diesen wichtigen Charakter auch die Zuge- hörigkeit in eine gemeinsame alte Urustaceenreihe wahrscheinlich gemacht ist, so folgt doch noch nicht die Uebereinstimmung in der Organisation und Körpergliederung, sowie im Gliedmassenbau, noch weniger aber das gleiche Zahlenverhältniss der Segmente und Gliedmassen, welches bei den Nebaliden mit dem der Malacostraken zusammenfällt. Nicht nur, dass für das Vorhandensein gestielter Augen keine Anhaltspunkte vorliegen, auch die Gestaltung der Antennen, Kiefer und Beinpaare könnte ja eine sehr abweichende und die Zahl der letzteren, sowie der Abdominalsegmente eine andere und selbst für die einzelnen Gattungen verschiedene gewesen sein. Dann aber würden wir kaum berechtigt sein, die durch die bewegliche Kopfklappe der Schale charakterisirte Gruppe dieser paläozoischen Crustaceen, die wir als Archaeostraken be- zeichnen könnten, mit den Leptostraken in eine Ordnung zu vereinigen, umsoweniger, als uns die innere Organisation ganz un- bekannt geblieben ist und das Hinterleibsende bemerkenswerthe Abweichungen zeigt. Allerdings wird auch für die Familien der Phyllopoden, die man als eine Ordnung der Entomostraken betrachtet, ein überaus schwankendes Zahlenverhältniss in den Körpersegmenten und Beinpaaren beobachtet, indessen konnte doch die grosse Uebereinstimmung in der Organisation und im Baue der Mundwerkzeuge für die Zugehörigkeit in die gleiche Ordnung verwerthet werden. Wollten wir eine solche Ueberein- stimmung auch für die als Ordnung der Phyllocariden im ‘) A. S. Packard, The Nebaliad Crustacea as types of a new order. American Naturalist, 1879. 9* (130 132 C. Claus: Sinne Packard’s vereinigten Archaeostraken und Lepto- straken voraussetzen, so würden wir dieselben doch nicht als Abtheilung unter den Malacostraken aufnehmen können, da die Uebereinstimmung der Archaeostraken auch in dem für jene charakteristischen Zahlenverhältnisse der Segmente und Glied- massen sehr problematisch und in Hinblick auf die zum Ver- gleiche auffordernden Phyllopoden höchst unwahrscheinlich sein dürfte. Unter solchen Verhältnissen werden wir zwar die Lepto- straken, das heisst die für die Nebaliden aufgestellte Abtheilung, welche sich nach Körperbau und Organisation so vollständig als Malacostraken erwiesen haben, mit diesen vereinigen, die ver- wandten Archaeostraken aber trotz ihrer Zugehörigkeit in die gleiche Entwicklungsreihe zur Zeit nicht mit einzubeziehen be- rechtigt sein. Resume der allgemeinen Ergebnisse. 1. Unter den zu einer Art gehörigen Nebalien hat man folgende Formen zu unterscheiden : a) Begattungsreife Männchen, kenntlich an der schlanken, gestreckten Körperform, den langen Furcalgliedern, buschigen Geisseln der Vorderantennen und stark verlängerten (eisseln des zweiten Antennenpaares. 5b) Trächtige Weibchen mit Borstenfächer am Terminalglied eines jeden Brust- beines. c) Geschlechtsreife Weibchen und jüngere Weibchen ver- schiedener Grösse mit kurzem Borstenbesatze am Terminalgliede der Brustbeine. d) Jugendliche Männchen verschiedener Grösse, kenntlich an den kurz geringelten Geisselgliedern der zweiten Antenne. e) Larven mit dreigliederigen Antennengeisseln und noch einfachem vierten Pleopodenpaare. 2. Die nordische als N. bipes OÖ. Fabr. beschriebene Form ist eine durch grössere Dimensionen des Körpers und reichere Gliederung der Antennengeisseln ausgezeichnete Varietät der adriatischen, mediterranen und atlantischen Nebalia, mit welcher auch die Nebalien von der Ostküste Nordamerikas zusammen- gehören. 3. Auch die von mir untersuchten Nebalien von den Küsten Chiles und Japans (sowie wahrscheinlich auch die als N. longi- cornis beschriebene Nebalia Neu-Seelands) zeigen so geringe und untergeordnete Abweichungen, dass sie mit grösserem Rechte als Varietäten der gleichen Art, denn als besondere Species zu be- trachten sind. | (132) SP EZ AR i Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 133 4. Die sogenannte Rostralplatte entspricht einem dritten als Kopfklappe beweglich abgesetzten Schalenstücke, welches zwei Rostralfortsätze des Kopfes bedeckt und mit diesen in derartiger Verbindung steht, dass durch die Hebung des Kopfes auch die Kopfklappe der Schale emporgehoben wird. 5. Die zwei letzten Segmente des Abdomens nebst der branchi- podiformen Furca entsprechen dem sogenannten Telson der Mala- costraken, mit dem sie auch die ventrale Lage des Afters am Endsegmente gemeinsam haben. 6. Die eomplieirte Structur des Gehirns, welche sich weit über die der Phyllopoden erhebt, weist auf die Zugehörigkeit zu den Malacostraken hin. 7. Das Mittelhirn mit den Centren des Riechnerven stimmt in dem Vorhandensein der sogenannten „Glomeruli olfactorii“ mit den Lobi olfactorii der Isopoden und Podophthalmen überein. 8. Das Hinterhirn (Ganglien des zweiten Antennenpaares) liegt an der Schlundeommissur und besitzt eine schwache suboeso- phageale Quercommissur vor der Commissur des Mandibel- ganglions. 9. Die Mandibel- und Kieferganglien sind wie beiApseudes und Sphaeroma wohl gesondert, ebenso die Ganglien der Brust- segmente. 10. Hinter den sechs Abdominalganglien wird im Embryo und Larvenleibe noch die Anlage eines siebenten Ganglions (wie bei Sphaeroma) nachgewiesen, die später rückgebildet wird. 11. An der Medialseite des Stielauges findet sich unterhalb zweier Höcker ein besonderes Sinnesorgan unbekannter Function (Frontalorgan’?). 12. Der feinere Bau des facettirten Stielauges und seines Augenganglions steht dem der Mysideen am nächsten. 13. In dem Kaumagen findet sich, wie bei den Malacostraken, ein complieirter Apparat von Chitinbildungen, bestehend aus zwei walzenförmigen Cardiacalkiefern, einer rechtsseitigen Borstenleiste, zwei Paaren pyloricaler mit Borsten besetzter Blätter und eine weit in den Dünndarm hineinragende Trichterrinne. 14. Die Leber besteht aus zwei vorderen, in den Kopf ein- tretenden Schläuchen und drei Paaren von hinteren bis in die letzten Abdominalsegmente reichenden Schläuchen. 15. Mitteldarm und hintere Leberschläuche sind in eine peri- viscerale, auch die Sexualdrüsen umlagernde Bindegewebsmasse eingebettet, deren Zellen von Fettkugeln erfüllt sind und für (133) 134 C, Claus: die Regulirung der Ernährung zur Zeit der sistirten Nahrungs- aufnahme grosse Bedeutung haben. 16. Trächtige Weibchen, sowie begattungsreife Männchen verbrauchen die in diesem Gewebe deponirten Nährstoffe allmälig, so dass schliesslich nach Schwund der Fettkugeln der periente- rische Zellenstrang einschrumpft, während die Bluträume der Leibeshöhle in gleichem Masse erweitert erscheinen. 17. Am Ende des Mitteldarmes mündet ein unpaarer, ober- halb des Afterdarmes gelegener Blindsack ein, dessen hohe Cylinder- zellen sich weit nach vorne an der dorsalen Darmwand fortsetzen. 18. Ausser der Antennendrüse ist auch eine kleine, fast ganz auf das Endsäckchen reducirte Schalendrüse vorhanden, in welcher sich, wie in dem Endsäckchen jener, nach Carmin- fütterung Carminkörnchen ablagern. Die fehlenden Schleifengänge werden durch 8 Paare von Beindrüsen ersetzt, welche sich nach Indigocarminfütterung blau färben. 19. Das Herz erstreckt sich von der Maxillarregion durch den ganzen Mittelleib bis in das vierte Segment des Abdomens und ist von 7 Östienpaaren durchbrochen, von denen das 4. bis 6. kleine, an der Dorsalseite gelegene Spalten sind, die übrigen der rechten und linken Seitenfläche angehören. Ausser einer vorderen und hinteren Aorta finden sich verzweigte Arterien in beiden Antennenpaaren und im Abdomen. 20. Die Ausführungsgänge der Sexualdrüsen verhalten sich nach Lage und Mündung wie die der Malacostraken. 21. Die Weibchen tragen Eier und Brut an der Brustseite des Thorax zwischen den lamellösen Beinpaaren und deren Borsten- fächern wie in einem von Wasser durchströmten Korb mit sich herum und bergen auch die ausgeschlüpften, sich häutenden Larven noch längere Zeit in diesem Brutraume. 22. Die Leptostraken sind als erste Hauptabtheilung. unter den Malacostraken aufzunehmen. 23. Die fossilen Archaeostraken (Öeratiocariden und verwandten Crustaceengattungen) gehören zwar, nach dem Besitze der beweglichen Kopfklappe zu schliessen, mit den Leptostraken in die gleiche Entwicklungsreihe, sind mit diesen aber nicht in der- selben Ordnung zu vereinen, da die Organisation, Gestaltung der Mundtheile und Gliedmassen, sowie das Zahlenverhältniss der Segmente sehr abweichend gewesen sein können. (134) — Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der L Die Literatur über Nebaliden. Otto Fabricius: Fauna Groenlandica. 1780. J. Herbst: Versuch einer Naturgeschichte der Krabben und Krebse. Tom. II, 1796. 6. Montagu: Descriptions of severae new and rare animals discovered on the southcoast of Devonshire. Transactions of the Linnean society. IX, 1813. W, Leach: Naturalists miscellany. 1814. H. Milne-Edwards: Memoire sur quelques Crustaces nouveaux, Ann. scienc, natur. Tom. 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A monograph of Nord American Phyllopod Crustacea. Washington 1883. R. v. Willemoes-Suhm: On some Atlantic Crustacea from the „Challenger“ Expedition, Transactions of the Linnean Society, 2. ser. Zoology. I, 1875. G. 0. Sars: Nye Dybvandscrustaceer fra Lofoten. Vidensk. Selskab Forhandlinger. 1869. — Report of the Phyllocarida collected by H.M.S. Challenger during the years 1873—1876. The voyage ofH.M.S. Challenger. Zoology. Vol. XIX, 1887. G. Thomson: On a new species of Nebalia from New-Zealand. Ann. of nat.-hist, 5. ser, Tom, 1V, 1878. J. E, V. Boas, Studien über die Verwandtschaftsbeziehungen der Malacostraken. Morpb. Jahrb. Tom. VIII, 1883. (135) 136 0. Claus: Taf. Fig.1. Nebalia Geoffroyi. Weibchen im Stadium der Geschlechtsreife vor der Brutproduction, von der linken Seite dargestellt, schwach vergrössert. A‘. vordere Antenne, A“. zweite Antenne. SM. Schalenmuskel, Plp!. Erster Pleopod. Plp®. Rudi- mentärer Pleopod des 6. Paares. AD. Afterdarm. OL. Oberer Leberschlauch. BID, Blinddarm. Ov. Ovarium. ©. Herz. N, Nervensystem. K. Kopfklappe. SM. Schalen- muskel. ADr. Antennendrüse. Fg. Furcalglied. Die Epipodiallamellen sind beträcht- lich zu klein dargestellt, da sie die 8 Beindrüsen bedecken. Fig. 2. Männchen derselben Form im Stadium der Geschlechtsreife, MT. Mandibeltaster, T. Hoden. K. Kopfklappe im erhobenen Zustande, Fig. 3. Aus dem Brutraum austretende Larve, etwas stärker vergrössert Der vierte Pleopod Plp* noch rudimentär. Fig. 4. Vordere Antenne des Weibchens, stärker vergrössert, von der lateralen Seite dargestellt. Fig. 4°. Zapfenförmiger Vorsprung am Ende des vierten Schaftgliedes, sehr stark vergrössert. Fig. 5. Vordere Antenne des Männchens, von der medialen Seite dargestellt. Fig. 5’. Zapfenförmiger Vorsprung am Ende des vierten Schaftgliedes, sehr stark vergrössert. Fig. 6. Vordere Antenne der Larve, unter starker Vergrösserung, Taf. II. Fig. 1. Zweite Antenne der Larve von Nebalia Geoffroyi, sehr stark vergrössert. Fig. 2. Der Schaft der linksseitigen zweiten Antenne mit Ausschluss der Geissel eines ausgebildeten Weibchens, von der lateralen Seite dargestellt. ADr. An- tennendrüse, Fig. 3. Die rechtsseitige zweite Antenne eines ausgebildeten Weibchens, von der medialen Seite dargestellt, schwächer vergrössert. Fig. 4. Die Antennengeissel einer weiblicheu Jugendform von 2'/, Mm, Länge. Fig. 5. Dieselbe eines ebenso grossen jungen Männchens. Fig. 6. Dieselbe eines jugendiichen Weibchens von 4?/, Mm. Länge. Fig. 7. Die Geissel der hinteren Antenne eines jugendlichen, etwa 5 Mm, langen Männchens. Die eingeklammerten Zahlen bezeichnen die den einzelnen Geissel- gliedern der weiblichen Antenne entsprechenden Abschaitte. Fig. 8. Dieselbe eines fast ausgewachsenen Männchens vor dem Uebergang in den geschlechtsreifen Zustand. Fig. 9. Basalstück (a) und oberes Stück (b) der Geissel der hinteren Antenne des ausgebildeten Männchens mit den Sinnesschläuchen. Fig. 10. Rechtsseitige Mandibel mit Taster. Fig. 11. Linksseitige Mandibel mit Taster. Fig. 12. Der Molarfortsatz des Coxalstückes sowie der Zahnfortsatz nebst härchentragenden Saum, stärker vergrössert., Taf. III. Fig. 1. Reibfläche des Molarfortsatzes der rechtseitigen Mandibel, sehr stark vergrössert. P. Poren. (136) Zu, Di sa K De ae ee ae ae en 1, Fa Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 137 Fig. 2. Dieselbe vom Molarfortsatze der linksseitigen Mandibel. Fig. 3. Die Maxille des ersten Paares mit dem als Putzfuss fungirenden Taster. Fig. 4. Die obere (distale) Lade derselben nebst Tasteransatz, stärker ver- grössert, von der inneren (dem Munde zugekehrten) Seite dargestellt. Fig. 5. Dieselbe von der äusseren Seite dargestellt. Fig. 6a, b, c. Die Borstenformen derselben, stärker vergrössert. Fig. 7. Die obere Maxillarlade des geschlechtsreifen Männchens. Fig. 8. Die Maxille des zweiten Paares von Nebalia Ge offroyi, mässig stark vergrössert. Fig. 9. Die beiden Laden der vorderen Maxilla nebst Tasterstück von Para- nebalia longipes. Fig. 10. Vorderes Brustbein eines zur Brutproduction reifen Weibchens, Ep. Epipodialplatte. BF. Borstenfächer am Endgliede des Hauptastes Ex. Exopo- dialplatte. RR. Randständige Borstenreibe, SR. Seitenreihe. NR. Nebenreihe. Fig. 11. Die drei Endglieder des Hauptastes vom vorderen Brustbeine eines ausgebildeten aber nicht trächtigen Weibchens. Taf. IV. Fig. 1. Endstück des 5. Brustbeines einer weiblichen Jugendform, das vor- letzte und drittletzte Glied noch nicht getrennt. Fig. 2. Drittes Brustbein eines trächtigen Weibchens von der hinteren, bei normaler nach vorn geschlagener Lage, unteren Seite gesehen. ZB. Zwischenborsten am Schaftstücke. LB. Laterale Borsten der Endglieder. RR. Randständige Borsten- reihe. NR. Nebenreihe. BIC. Blutcanal. R. Raphe. Fig. 3. Endabschnitt des vorderen Brustbeines eines geschlechtsreifen Männ- chens. Das vorletzte und drittletzte Glied bleiben vereinigt. Die Borsten kurz. Fig. 4. Endopodit und Schaft des letzten Brastbeines eines reifen Männchens. Das vorletzte und drittletzte (314) Glied bleiben vereinigt. Fig. 5. Letztes (8.) Brustbein eines reifen Weibchens, Buchstabenbezeichnung wie Fig. 2. Fig. 6. Endopodit des achten Brustbeines eines Weibchens nach Verlust des Borstenfächers, mit den beiden Muskelgruppen der gesonderten Glieder. Nur zwei Lateralborsten sind vorhanden. Fig, 7. Terminalstück des 8. Brustbeines eines jugendlichen Weibchens. Vor- letztes und drittletztes Glied noch nicht getrennt. Fig. 8. Pleopod des zweiten Paares von einem ausgewachsenen Weibchen, Ret. Anhang mit Retinaculum. Taf. V. Fig. 1. Endstück des Aussenastes vom ersten Pleopodenpaar eines reifen Männchens mit den drei an der Basis verbundenen Terminalborsten und den einfachen lateralen Dornen, Fig. 2. Die laterale Dornreihe nebst den vier paarweise stärker entwickelten Enddornen, stärker vergrössert. Fig. 3. Dornen der lateralen Reihe vom Aussenaste des ersten weiblichen Pleopodenpaares, stark vergrössert. Fig. 4. Fünfter Pleopod des geschlechtsreifen Mäunchens. M. Muskel, welcher das Basalglied medialwärts bewegt. Fig. 5. Sechster Pleopod desselben. (137) 138 C. Claus: Fig. 6. Fünfter Pleopod ıles Weibchens. Fig. 7. Sechster Pleopod desselben. Fig. 8. Kopfklappe (K) der Schale von der Dorsalseite aus gesehen. W. Basaler Wulst derselben mit seitlichen Schienen, um welche sich die umgebogenen Seiten- ränder der beiden Stirnstacheln (St) des Kopfes legen. BIC. Medianer Blutcanal mit seinen Ramificationen. O. Stielaugen, Fig. 9. Kopfklappe (K), Kopfhöcker (Kh) mit Stirnstachel und Stielaugen (O.) bedeckend, von der Seite dargestellt. R. Vorderrand der linken Schalenklappe. W. Basaler mit Fettgewebe eıfüllter Wulst der Klappe. Schienen und Stirnstachel ausser Verband. Fig. 10. Querschnitt durch den basalen Wulst (W.) der Kopfklappe und die von derselben bedeckten Stielaugen, Ost. Stielauge mit dem Ganglion opticum (Go.). St. Stirustacheln — Rostralstacheln, auf den Seitenschienen des Wulstes beweglich. Fig. 11. Querschnitt vor der Einlenkung der Kopfklappe. Kh. Kopfhöcker, welcher dachartig über die Basis der Augenstiele vorspringt und nach vorn sich in die Stirnstachel fortsetzt. A‘. Vordere Antenne. Fig. 12. Oberlippe und Unterlippe von der freien Unterseite dargestellt, in natürlicher Lage. OJ. Oberlippe. Ul. Platten der Unterlippe. Pgn. Paragnathen. Klw. Kielförmiger Medianwulst des 2, Maxillarsegmentes. Fig. 13. Oberlippe von der inneren dem oralen Atrium zugekehrten Seite dargestellt. Ep. Epipharynx in der Tief» des Atriums. HW. Härchenbesetzte Wülste im vorderen Theile des Vorraumes, stärker vergrössert. Fig. 14. Unterlippe nebst Hypopharynx (Hp.) in der Tiefe des Atriums nach Entfernung der Oberlippe. Fig. 15. Lippen und Atrium in Zusammenhang mit dem Oesophagus und Magen, von der linken Seite dargestellt. Ol. Oberlippe. Ul. Unterlippe. Atr. Atrium, Ep. Epipharynx. Hp. Hypopharynx. Oes. Speiseröhre. Dz. Dorsaler Zapfen derselben vor dem Eingange in den Magen. Br. Borstenreihe (der rechten Seite). Kw. Kiefer- wulst. Bp‘. Bp”. Die beiden Borstenplatten. DrS. Ventrales Drüsensäckchen. Tr. Trichter. M. Muskelwand. Taf. VI. Fig. 1—7. Horizontalschnitte durch das Gehirn von Nebalia Geoffroyi, Haıtn. Syst. 2 (bei ausgez. Tubns), mittelst Camera von Oberhäuser gezeichnet, nicht ganz O0fach vergrössert. Fig. 1. Ventraler Horizontalschnitt oberhalb der Oberlippe. VMI. Vorderes Märklager des Vorderhirns. FrG. Frontales Ganglienlager desselben. Lol. Olfactorius- Anschwellung. A’, A“ Durchschnitte durch die Basis der beiden Antennen. Fig. 2. Nächst höherer Schnitt durch die Gangliendecken und Marklager des Vorderhirns (VH.) und Mittelhirns (MH.). A’M. Mu:keln der vorderen Antennen, A”M. Muskeln der hinteren Antennen. Fig. 3. Höhberer Schnitt, welcher auch die medialen Ganglienlager des Mittel- birns und die vordere Hälfte des Hinterhirns (HH.) trifft. ©. Basis der Stielaugen mit dem in das Augenganglion einstrahlenden Nervenfasern. VMI. Vorderes Marklager. SMI. Seitliches Marklager des Vorderhirns. CBl. Centraler Bindegewebsbalken, Üa. Vordere Commissur. MG]. Seitliche Ganglienkappe des Mittelhirns. Fig. 4. Höherer Schnitt. VBl. Vorderes Bindegewebslager. CK. Centralkörper vor dem Bindegewebsbalken zwischen den seitlichen Marklagern des Vorderhirns. A’”G. Vordere Hälfte des Hinterhirns mit dem seitlichen und medialen Zellenbelag des Antenrenganglions. Die übrigen Buchstaben wie in Fig. 3. (138) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 139 Fig. 5. Nächst höherer Schnitt. Auch der hintere die Schlundcommissur bildende Abschnitt des Hinterhirns ist getroffen mit dem seitlichen und medianen Ganglien- belag, welchen man als Commissurenganglion (nach Analogie von Astacus) bezeichnen könnte. An der medialen Seite desselben treten die unteren Dilatatoren (Mdi.) zum Schlunde. A“Nd. Der seitliche dorsal aufsteigende Nerv der 2. Antenne. HMI’. Vor- deres Marklager des Hinterhirns. HMI“. Hinteres Marklager desselben am Com- missurenganglion. Die seitlichen Marklager des Vorderhirns sind durch quere Faser- züge verbunden, vor denselben sieht man die sich kreuzenden Fasersysteme im Vorderhirn. Fig. 6. Nächst höherer Schnitt durch die dorsale Region des Gehirns. Op. Hintere Commissur des Mittelhirns. Vor derselben der mediane Spaltraum mit inter- cerebralem Bindegewebe und einem quer ausgespannten hantelförmigen Körper (SK). M. Muskel zur Seite des Hinterhirns, welchen der seitlich dorsal aufsteigende An- tennennerv (A’Nd.) umzieht. AG. Hintere dem Commissurenganglion entsprechende Partie des Antennenganzlions, Fig. 7. Höherer Transversalschnitt, nahe der dorsalen Oberfläche des Gehirns gefübrt. MGd. Dorsale Partie des medianen Ganglienbelags am Mittelhirn. GFb. Gekreuzte Faserbündel, wahrscheinlich zum Chiasma der zum Ganglium opticum tretenden Nervenzüge gehörig. Sk. Der transversale bindegewebige Körper im medianen Spaltraum. Mdg. Mandibelganglion. Md. Mandibel. Linksseitig sieht man die Verlängerung der Schlundeommissur zum Mandibelganglion getroffen und median einen Theil des aufsteigenden Schlundes und des Atriums mit den beiden Mandibel- laden geöffnet. Ch. Medianer Chitinwulst. | Fig. 8, 10—12. Querschnitte durch das Gehirn nebst umgebenden Theilen des Kopfes von Nebalia, unter der Camera bei gleicher Vergrösserung. Fig. 8 Querschnitt durch die vordere Gegend des Vorderhirns und die beiden Vorderfühler. VBl. Vordere Bindegewebseinlagerung. Fb. Faserbündel, welche zu den Stielaugen gehören. VGi. Unteres frontales Ganglienzellenlager. Fig. 9. Ganglienzellen aus dem unteren frontalen Ganglienzellenlager. Hartn. WII. Oeul. 3. Fig. 10. Schnitt durch die mittlere Gegend des Vorderhirns und die Vorder- fühler. VG]. Seitliches Lager des Vorderhirnganglions. CK. Centralkörper. L. Vor- derer Leberschlauch, Fig. 11. Querschnitt durch die hintere Gegend des Vorderhirns und die vordere des Mittelhirns, schräg von hinten und oben nach vorne und unten (ventral) geführt. MG]. Seitliches Ganglienlager des Mittelhirns. Cp. Hintere Commissur. Bz. Bindegewebswucherungen in der medianen Lücke zwischen Mittel- und Vorder- birn. Cs., Ci. Obere und untere Commissurenfasern im Vorderhirn, dazwischen binde- gewebige Querbalken. VGl.Seitliches Ganglienlager des Vorderhirns. MGm, Mediales Ganglienlager desselben in der Verlängerung des frontalen Lagers auf die Lobi olfactorii sich fortsetzend. A/N. Fühlernerv. Fig. 12. Querschnitt durch das Mittelhirn und die Lobi olfactorii desselben, schräg von hinten und oben nach vorn und unten (ventral) geführt. MGd. Dor- sales Ganglienlager an den Medialseiten der hinteren getrennten Stämme des Mittel- hirns. DF, Dorsale Faserzüge desselben, Lol. Lobi olfactorii mit den charakte- ristischen Punkthaufen (Glomeruli olfactorii). Ba. Bindegewebszüge in der Achse desselben. MB. Mediale Nervenbündel. LB. Laterale Nervenbündel. (139) 140 Ö, Olaü$: Taf. VII. Fig. 1—4 und 6, Verticale Querschnitte durch das Gehirn nebst umgebenden Theilen. Vergrösserung wie die Schnitte auf Taf. VI. Fig. 1. Schnitt durch den vordersten Theil des Kopfes am Ursprung der Stielaugen. Kb, Frontaler Kopfhöcker als Basis der median vereinigten Rostral- stacheln. Go. Ganglion opticum. Fig. 2. Querschnitt durch den Vorderkopf an der vorderen Grenze der Fühlerinsertion hinter dem Ursprung der Stielaugen. Fr@. Frontales Ganglion. KM. Insertion der Muskeln, welche vermittelst des Vorderkopfes und der Stirnhöcker die Kopfklappe heben. Fig. 3. Schnitt durch das Vorderhirn mit den Frontalganglien und vorderem Marklager. Auf diesen Schnitt folgen die in Fig. 8 und 10, Taf. VI, abgebildeten Querschnitte, Fig. 4. Ventraler Schnitt durch die Grenzregion von Vorder- und Mittelhirn. SK. Hantelförmiger Sehnenkörper am Ende des canalförmigen Spaltraumes, ZH. Trichterförmige Erweiterung desselben über den beiden Lobi olfactorii. Fb. Gekreuzte Faserbündel in der dorsalen Region des Vorderhirns. Ba. Bindegewebe im Centrum der Lobi olfactorii. MGl. Vorderende der lateralen Gangliendecke des Mittelhirn. Fig. 5. Die Contouren des als Blutlacune zu betrachtenden Trichterraumes mit dem Sehnenkörper (SK.) und Bindegewebseinwucherung, stärker veıgrössert. Fig. 6. Querschnitt durch die vordere Partie der Hirnschenkei am Ursprunge der beiden Nerven der Hinterantenne. A’Nd. Seitlicher dorsal aufsteigender Nerv, welcher die dorsalen Muskeln des Kopfes und der Antennen versorgt. A“Nv. Vor- derer in die Antenne eintretender Nerv. M. Muskeln, welche der erstere umzieht VL. Vorderer Leberschlauch. HGm. Mediane Ganglienzellenhanfen des Hinterhirnes, HG]. Laterale Ganglienzellenhaufen desselben. Fig. 7. Abdominaier Theil der Ganglienkette einer aus dem Brutraum aus- schlüpfenden Larve, sehr stark vergrössert. Plp*., Plp?., Plp‘. Die drei hinteren Pleopodenpaare. G! bis G’. Die 7 Ganglien des abdominalen Theiles der Bauchkette, von der rechten Seite dargestellt. Fig. 8, 8”, 9. Sagittalschnitte durch das Nervensystem von Nebalia mit Hilfe der Camera dargestellt. Vergrösserung wie vorher, etwa 90fach. Fig. 8°. Nahezu median geführter Schnitt durch das Gehirn und die Ganglien- kette der Kiefer und Brustsegmente. K. Kopfklappe der Schale. Fr&. Frontales Gang- lion. Lol. Lobus olfactorius, über demselben der trichterförmige Spaltraum. Ol. Ober- lippe. Md. Kautheil der Mandibel in der Atrialhöhle. Oes. Oesophagus. A“C. Antennen- commissur. M. Muskel, welcher von der Sehne des Masseters entspringt, zwischen Maxillen- and Mandibelganglion hindarchtritt und sich an den Hypopharynx an- heftet. S’, Querschnitt durch die Sehne des Schalenmuskels. Mx“g. Ganglion des 2. Maxillenpaares, Bg!.—Bg°®. Die 8 Ganglien der Brustbeine. Fig. 8° Abdominaler Theil der Ganglienkette. Ag!.-Ag°. Die 5 Ganglien des Abdomens. Il, Querschnitt durch die intermuscularen Ligamente, von denen mediane Sehnen zwischen den Ganglienpaaren hindurch an das Integument treten, und sehnige Anheftungen des Neurilemms die Ganglienkette suspendiren. Mw. Medianer schlauchförmiger Ganglienzellenwulst. Lw. Lateraler Ganglienzellenwulst. Plp°. Fünfter Pleopod. Fig. 9. Sagittaler Schnitt durch das Hinterhirn, die Schlundcommissur und Kieferganglien. SMm. Querschnitt durch die Sehne des Masseters. SSM. Querschnitt durch die Sehne des Schalenmuskels, Ul. Unterlippe. Ol. Oberlippe. Md. Kautheil (140) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 141 der Mandibel im oralen Atrium. Mdg. Mandibelganglion mit dem Punkthaufen für den dorsalen und ventralen Mandibelnerven, Mx’g., Mx’g. Die Ganglien des ]. und 2. Maxillensegmentes. Bg‘. Ganglion des ersten Brustbeines. Il. Intermusculäre Ligamente. Fig. 10. Transversaler Schnitt durch das erste Abdominalganglion mit den drei austretenden Nervenpaaren (N’.—N’“.), den medianen hinteren (Mw.) und den paarigen nach vorne gerichteten Ganglienwülsten (Lw.). Fig. 11. Ganglienzellen aus dem medianen Wulste des 4. Abdominalsegments, NS. Nervenscheide mit anliegenden Kernen, etwa 400fach vergrössert. Taf. VIII. Fig. 1, 3, 4 u. 5. Sagittalschnitte darch das Gehirn von Nebalia mittelst Camera gezeichnet, unter 90facher Vergrösserung. Fig.2 stärker vergrössert. Hartn. Objeetiv 4 bei eingezogenem Tabus. Fig. 1. Sagittalschnitt nahe der Medianlinie. K. Kopfklappe der Schale mit Fettgewebe gefüllt, charnierartig eingelenkt. KM. Heber des Vorderkopfes. A‘. Inser- tion der vorderen Antenne unterhalb des Stielauges (0.). Lol. Lobus olfactorius mit dem austretenden Antennennerven. A‘g. Vordere Partie des Hinterhirns mit dem medianen Belage von Ganglienzellen. A“c. Antennencommissur unter dem Schlunde. Kh. Kopfhöcker. Fig. 2. Sagittaler Schnitt durch Gehirn, Schlundring und Kieferganglien, der Figur 9 auf Taf. VII entsprechend, stärker vergrössert. Og. Augenganglion. SMI. Seitliches Marklager. VMI. Vorderes Marklager des Vorderhirns, bedeckt vom ven- tralen Ganglienbelage desselben (VGl.), A’N. Fühlernerv mit seinen beiden Wurzeln im Lobus olfactorius und medialen Marklager des Mittelhirns (MMI.). Die Buch- staben M, K, St., Ul., SMm. und SSm. wie in den früheren Figuren. MGd. Dor- saler Ganglienzellenbelag der hinten getheilten Region des Mittelhirns. HGl. Ganglion des Hinterkirns. SR, Seitenschenkel des Schlundringes. MdNd. Punktmasse als Wurzel des dorsalen Mandibelnerven. MdNv. Dieselbe für den ventralen Mandibel- nerven, DMx‘N. Dieselbe für den Dorsalnerven des ersten Maxillenganglions. VMx‘’N Für den Ventralnerven desselben. VMx’”N. Pankthaufen für die Wurzel der ven- tralen Nerven der 2. Maxille. M. Muskeln des Kopfes. Fig. 3. Sagittalschnitt durch die laterale Gegend des Schlundringes. VGl. Lateraler Ganglienbelag des Vorderhirns. MMI. Mediales Marklager des Mittelhirns. VL. Vorderer Leberschlauch. Die Bedeutung der übrigen Buchstaben wie früher. Fig. 4. Sagittalschnitt lateralwärts von Fig. 3 durch die seitlichen Partien des Gehirns geführt. A’Nv. Vorderer Nerv der 2. Antenne. Fig. 5. Schnitt noch weiter lateralwärts, durch die beiden Nerven der 2, An- tenne geführt. A’. Vordere, A“. Hintere Antenne. A‘Nd. Dorsal aufsteigender seit- licher, A”Nv. Vorderer Nerv der zweiten Antenne, VL. Vorderer Leberschlauch, Taf. IX. Fig. 1. Transversalschnitt durch den Schlundring und die Kieferganglien der Bauchkette in der Höhe der Marklager für die dorsalen Kiefernerven. A’c. An- tennencommissur unterhalb des Schlundes (Oes.) vor dem Mandibe'ganglion. Mdc, Commissur desselben. MdNd, Marklager für den dorsalen Mandibelnerv. Zwischen Mandibel- und Maxillencommissur befindet sich eine mediane Nervenverbindung, zu ‚deren Seiten man die Querschnitte des zum Hypopharynx tretenden Muskelpaares sieht (vergl. Tafel VII, Figur 8). MD. Mandibel. Mdg. Mandibelganglion. Mx’g. (141) 142 C. Claus: l. Maxillenganglion. L. Leber. Zeichnung mittelst Camera, etwa S90fach ver- grössert. Fig. 2. Mehr ventralwärts geführter Horizontalschnitt bei gleicher Vergrösse- rung, mittelst Camera. Aus den drei Kieferganglien sieht man die ventralen Nerven in die Mandibeln und Maxillen (Mx‘, Mx‘‘) eintreten. | Fig. 3—8. Querschnitte durch die Kieferganglien und deren Nerven mittelst der Camera gezeichnet, 9Ofach vergrössert. Fig. 3. Schnitt durch das Mandibelganglion, hinter der Sehne des Masseters geführt, vor der vorderen Maxille und deren Muskeln, Man sieht die schräg auf- steigende Wurzel des dorsalen Nerven, Fig. 4. Schnitt durch die vordere Maxille und deren Ganglion vor der transversalen Sehne des Schalenschliessers geführt. Mx‘’g. Das Maxillenganglion mit dem vorderen oder ventralen Nerven, welcher in die Gliedmasse eintritt. Me. Aeusserer Abductor. Mi. Innerer Abductur der Maxille. Mp. Unterer Adductor der Maxille. MdMi. Hinterer innerer medialer Mandibelmuskel. Fig. 5. Querschnitt durch den Schalenschliesser und die unterhalb desselben gelegene Partie des Maxillenganglions mit dessen Dorsaluerven, welche die Muskel- masse des Schalenschliessers versorgen. SM. Schalenmuskel. SSM. Sehne desselben, Fig. 6. Querschnitt durch den vorderen Theil des 2. Maxillenganglions hinter der Sehne des Schalenschliessers geführt. Mxg”. Zweites Maxillenganglion. Mx’Nv. Ventraler Nerv desselben. Ma., Mp. Die beiden Muskelgruppen der 2. Maxille. MiMe, Dorsal absteigende Maxillenmuskeln. VM. Das Vorderende der ventralen Rumpf- muskeln an der Sehne des Schalenschliessers. SM. Schalenschliesser. L‘, Gemein- samer Mundendabschnitt der 3 hinteren Leberschläuche. Bg. Bindegewebe. Fig. 7. Schnitt durch die hintere Partie des 2. Maxillenganglions mit dem dorsalen Nerven, welcher zu den ventralen Rumpfmuskeln aufsteigt. Bg. Binde- gewebe. Fig. 8. Querschnitt durch das zweite Brustsegment eines jungen, noch uicht begattungsreifen Männchens. Bg?. Beinganglion. Mi., Me., Ma., Mp. Die den gleich- bezeichneten Kiefermuskeln entsprechenden Muskeln des Beinpaares. Il. Iutermuscu- läres Ligament. Ueber demselben der Darm mit den 6 Leberschläuchen und den Ovarien, in die periviscerale mit Fettkugeln erfüllte Bindegewebsmasse eingebettet. C. Herz. PS. Pericardialsinus. T. Hoden. DM. Dorsale, VM. Ventrale Rumpfmuskeln. Fig. 9. Querschnitt durch den oberen Theil des Oesophagus vor der Ein- mündung in den Kaumagen. G. Sympathisches Magenganglion. Zeichnung mittelst Camera Oberh. Objectiv 4, mit eingezogenem Tubus. Taf, X. Fig. 1. Endstück des Stielauges von Paranebalia, stark vergrössert. CL. Cornealinsen zwischen den kegelförmigen Erhebungen. Kr. Krystallkegel mit den unterliegenden pigmentirten Retinastäben. Fig. 2. Stielauge von Nebalia, von der dorsalen Seite dargestellt, mit dem aufliegenden Stirnstachel, schwach vergrössert. «, ß, y. Die drei dorsalen Muskel- gruppen. Bll. Blutlacunen. ZS, Zellenstreifen unter der Hypodermis distalwärts von der Wachsthumszone. H. Höcker nebst Sinnesorgan, Fig. 3. Dasselbe von der ventralen Seite dargestellt, etwas stärker vergrössert. HH’. Die beiden Höcker des accessorischen Sinnesorganes. ö Ventraler Längsmuskel. DBlc. Dorsaler, VBlc. Ventraler Blutcanal, durch Quercanäle verbunden. (142) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 143 Fig. 4. Stielauge der Larve, vor dem Ausschlüpfen aus dem Brutraum nach begonnener Pigmentablagerung im Sehabschnitt. Man sieht die Blutcanäle, welche den dorsalen und ventralen Canal verbinden, sowie im Dorsalcanale eine mit dem Blutstrom fortgetriebene Blutzelle. Fig. 5. Etwas schief gehaltener Sagittalschnitt durch das Stielauge von Nebalia. AFk. Aeussere Faserkreuzung. Einstrahlung des Sehnerven in das Retina- ganglion. MS. Molekularschicht desselben. Gz. Ganglienzellenschichte, AMI. Aeusseres Marklager (Bellonei’s corpo stratificato anteriore). ZS. Zellenstreifen (Ganglienrinde des Augenganglions) distalwärts von der Knospungszone. DBlc. Dorsaler, VBle, Ventraler Blutcanal. «, 8, ©. Muskeln. Zeichnung mittelst Oberh. Cameraobjectivs 2 mit ausgezogenem Tubus. Fig. 6. Nächstfolgender Sagittalschnitt, in welchem der Basaltheil des Augen- schafts mehr median geroffen ist, AG, Aeussere Ganglienanschwellung. IG. Innere Ganglienanschwellung mit der inneren Faserkreuzung (IFk). Die dorsale Hypoder- mis mit weit abgehobener durch Stützfasern getragener Basalmembran. R. Die Rostralplatte mit dem Stirnstachel oberhalb des Auges. (Vergrösserung wie Fig. 5.) Fig. 7. Nächstfolgender Sagittalschnitt durch die Mitte des Augenganglions, dessen grössere proximale Anschwellung mehrere Lager von Punktsubstanz (IMI.) enthält. Sk.Ovale Körper desaccessorischen (frontalen ?) Sinnesorganes. (Vergrösserung wie Fig. 5.) Fig. 8. Nächstfolgender Schnitt, an welchem die Knospungszone getroffen ist. Knz. Knospungszone. Bm. Basalmembran. (Vergrösserung wie Fig. 5.) Fig. 9. Entsprechender Sagittalschnitt durch das Auge der anderen Seite. (Vergrösserung wie Fig. 5.) Fig. 10. Sieben benachbarte Cornealinsen, von der äusseren Fläche betrachtet. Fig. 11. Die unterliegenden viert heiligen Krystallkegel, etwas stärker ver- grössert. Fig. 12. Querschnitte durch das vordere Eude der Stäbe. a) durch die sieben distalen Pigmentzellen, deren Kerne durchschimmern, b) durch die Mitte derselben und das 7strahlige helle Centrum. Fig. 13. Längsschnitte durch 2 benachbarte Ommatidien. a) Mit erhaltener Kerngruppe. CL. Cornealinse. nh. Kerne der Hypodermiszellen, welche die Linse abgeschieden haben. nk. Kerne der Krystalizellen (Retinophoren nach Patten). Rhd. Rhabdome mit Blättchenstructur von der Pigmentzone der Segmentzellen und Retinulazellen umgeben. b) Durch 2 Rhabdome und Krystallkegel eines anderen Schnittes. Die Kerne und Cuticolarschicht sind nicht dargestell.. K. Krystallkegel. Fig. 14. Schnitt durch Cornealinse und Krystallk-gel mit dazwischenliegenden Fadenzellen (Fdz.). Bezeichnung wie in Fig. 13. Fig. 15. Zwei Rhabdome mit vorliegenden Pigmentzellen (Pz.) und Faden- zellen (Fdz.), sowie anliegenden ovalgestreckten Kernen (K.) der Retinalzellen. Fig. 16a u. b. Die Elemente von je zwei Ommatidien an der Grenze der Knospungszone mit Weglassung des Pigmentes. n‘. Kerne der Pigmentzellen. n“, Kerne der Retinalzellen. K. Krystallkegel. nk. Deren Kerne. nh. Kerne der Hypo- dermiszellen, welche die Cornealinsen abscheiden. Fdz. Fadenzellen. Fig. 17. Schnitt durch die Gegend der Knospungszone. Mb. Basalmembran. Kz. Knospungszone. Cz. Connectivzellen. Gz. ganglionäre Zone, Rg. Retinaganglion. Fig. 18. Cornealinsen, Hypodermis, Krystallkegel und Pigmentzellen aus dem Auge von Mysis. a, und c. im Längsschnitt, b. die zwei Kernpaare der Hypo- (143) 144 C. Claus: dermis- (nh.) und Krystallkegelzellen (nk.) von der Fläche unterhalb der Cornea- linse. Pn. Kerne der Pigmentzellen, welche die Krystallkegel umlagern. Taf. XI. Fig. 1. Cuticulare Sculptur verschiedener Integumentpartien von Nebalia Geoffroyi unter starker Vergrösserung. a. Rautenförmige Felderung der Cuticula. b. Dieselbe vom 3. und 4. Segmeute des Abdomens, c. Von den nach- folgenden Abdominalsegmenten. d. Von dem Integument der Furcalglieder, P. Kleine Poren. P!. Grosse Porenöffaung eines Drüsenschlauches, Fig. 2. Die dorsale Bewaffnung der cardiacalen Portion des Kaumagens von der linken Seite dargestellt. Dz. Dorsaler Zapfen am Mageneingang. CK. Cardiacal- kiefer, mF. mediane Längsfirste. Bl. Rechtseitige Borstenleiste, Fig. 3. Dieselbe von der ventralen Seite dargestellt. Buchstabenbezeichnung wie Fig. 2. Fig. 4. Querschnitt durch das dorsale Lumen des cardiacalen Magenab- schnittes. a. Cardiacalkiefer. b. geriefte Seitenwand. c. Medianer Wulst. Fig. 5. Die Chitinbewaffnung des von der Ventralseite geöffneten Kaumagens DZ. Dorsaler Zapfen am Mageneingang. Bl. Borstenleiste. CK. Cardiacalkiefer. SW, Seitenwand. MM”. Hinterer Dorsalmuskel, welcher sich am Ende des cardiacalen Abschnittes inserirt. Tr. Trichter des pyloricalen Abschnittes. Bp. Ventrale Borsten- platte. PBw.Zipfelförmiger Borstenwulst der Seitenwand. Tr’, Verlängerung des Trichters in den Darmcanal. Fig. 6. Querschnitt durch die Speiseröhre und die vordere Portion des car- diacalen Magens, etwas schräg von vorne nach hinten geführt. Ol. Oberlippe. A’g. Antennenganglion. DOes., D‘Oes. Seitliche Dilatatoren des Oesophagus. RM. Ringmuskeln desselben im Querschnitt. MM‘. Vorderes Muskelpaar des Kaumagens. Bl. Borstenleiste desselben. VL. Vorderer Leberschlauch. Fig. 7. Längsschsitt durch die Seitenwand des Oesophagus, stärker ver- grössert. Die säulenförmigen Zellen der Wand, welche die Matrix der Intima (I) und der cuticularen Aussenschicht bildet. Die letztere wird von den Ringmuskeln (Rm.) bekleidet und ebenso wie die Zellenwand von den an die Intima sich an- heftenden Sehnen der Dilatatoren durchsetzt. Fig. 8. Querschnitt durch den Cardiacalabschnitt und die Antennencommissur (A“c) unterhalb desselben. Bm. Die von der Hypodermis abgelöste Basalmembran. Ao. Aorta. MdM‘, Vorderer äusserer Mandibelmuskel. Md. Mandibel. Die übrigen Buchstaben wie in Fig. 6. Fig. 9. Nachfolgender Querschnitt durch die hintere Portion des Cardiacal- abschnittes und die transversale Sehne des Masseters (Ms) MM“. Hinteres Muskel- paar des Kaumagens. A’M. Grosser Fühlermuskel. MdM‘. Vorderer äusserer Man- dibelmuskel. Md, Ma. Vorderer innerer, zum Masseter absteigender Muskel mit 3 langer Sehne, von welcher schräge Faserzüge entspringen und zur ventralen Wand des Kaumagens ziehen. Die übrigen Buchstaben wie Fig 8. Fig. 10. Weiter hinten geführter Querschnitt durch den pyloricalen Magen- E abschnitt. DrS. Drüsensäckchen an der ventralen Wand desselben. VMx’N. Vorderer Nerv des ersten Maxillarganglions. Die übrigen Buchstaben wie in Fig. 5. E Fig. 11. Querschnitt durch die hintere Portion des pyloricalen Magenab- schnittes an der gemeinsamen Einmündungsstelle der vorderen und der hinteren Leberschläuche. SM. Schalenmuskel (Adductor der Schale) mit seiner transversalen R Sehne. Mx“Nd. dorsaler, Mx“Nv. ventraler Nerv des 2. Maxillarganglions. 0. hr & (144) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 145 Ende des Herzens mit den beiden Klappen am Ostium der Aorta. Bg. Bindege- webszellen. Sämmtliche in den Fig. 6, 8, 9, 10, 11 dargestellten Querschnitte sind etwas schräg von oben und vorne nach unten und hinten geführt und mittelst Camera Hartn. Syst. 2 bei ausgezogenem Tubus gezeichnet. Taf. XII. Fig. 1. Die ventralen Myomeren der Maxillar- und vorderen Brustsegmente, von der Seite dargestellt. 2Mx. Maxille des zweiten Paares. Bp'. Vorderer Brust- fuss, S. Sehne des Schalenmuskels (SM). T. Strecker der intersegmentalen Ligamente. Fig. 2. Querschnitt durch ein ventrales Myomer und dessen intersegmentales Ligament (S). Abg“. Zweites Abdominalganglion. Fig. 3. Qnerschnitt durch das dritte Abdominalsegment und dessen dorsales (DM) und ventrales (VM) Myomer. C. Herz. T. H»den am oberen Ende des perien- terischen Bindegewebsstranges, in welchem der Darm und die 6 Leberschläuche eingelagert sin). Mi, Me, Mp, Ma. Die Muskelgruppen zur Bewegung des dritten Pleopodenpaares. Fig. 4. Die dorsalen Muskeln der hinteren Abdominalsegmente, unter Lupen- vergrösserung. DM’, DM“. Die oberflächl'ch verlaufenden sich kreuzenden Bündel. Fig. 5. Sagittaler Schnitt durch dieselben Segmente, unter Lupenvergrösse- rung. VM. Ventrale Muskelzüge. DM. Dorsale Muskelzüge mit ihren Insertionen. MM’. Die dorsalen Muskelbündel des Endsegmentes, weiche die Furca bewegen. Fig. 6. Querschnitt durch das vorletzte Abdominalsegment eines jungen Männchens. Der perienterische Bindegeweb:körper mit dem Darm und 4 Leber- schläuchen erfüllt die Mitte des Segmentes und reicht seitlich bis zum Integument, die dorsalen (DM) und ventralen (VM) Myomeren abgrenzend. NS. Die beiden Längsstämme der Ganglienkette unterhalb der brückenartig ausgespannten Chitinsehne (ChS), an welcher sich Muskelbündel der ventralen yomeren anheften. Fig. 7. Querschnitt durch die hintere Grenze des vorletzten Abdominal- segmentes. DM. Ansätze der Dorsalmuskulatur. Bg. Ventraler Fortsatz des Binde- gewebsstranges, welcher den Darm und die 4 Leberschläuche umgibt. Fig. 8. Querschnitt durch die vordere Portion des letzten Abdominalseg- mentes. Enddarm (AfD) und Blinddarm (BlD) gesondert. Fig. 9. Nachfolgender Schnitt. D. Dilatatoren des Afterdarmes. Nur 2 Leber- ‚Schläuche reichen in diese Region, Fig. 10. Querschnitt durch die beiden Endsäckchen des Blinddarmes. M, M’‘ die beiden Mu-kelgruppen des dorsalen Myomers. Fig. 11. Querschnitt hinter dem Blinddarm durch das Endstück des noch vom Bindegewebsstrange umschlossenen Afterdarmes. Fig. 12. Querschnitt durch das Ende des letzten Abdominalsegmentes. VM. Matrikalschlauch der Sehne des Ventralmuskels. Fig. 13. Nachfolgender Schnitt durch die seitlichen und ventralen Klappen der Afterspalte. Fu. Die in das Segment eingefügten Furcalglieder, Sämmtliche Figuren, mit Ausnahme von Fig. 1, 4, 5, sind mittelst Camera Hartn, Syst. 2 bei ausgezogenem Tubus gezeichnet. Taf. XIII, Fig. l. Herz und vordere Leberschläuche vom Rücken aus dargestellt, Ble. Seitlicher Blutcanal der Schale, Osd’, Osd‘, Osd’”. Die drei dorsalen Ostienpaare. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft 1. 10 c«45) 146 C. Claus: Osm. Das grosse laterale Ostienpaar im drittletzten Brustsegmente, Os‘, Os‘, Os‘, Die drei vorderen Paare seitlicher Ostien. Der Pfeil deutet die Richtung der Blut- bewegung in der Aorta an. VL. Vordere Leberschläuche zur Seite der Aorta und des Kaumagens. A’M, AM. Muskeln der vorderen und hinteren Antennen. MdM’ MdM“. Die dorsalen Mandibelmuskeln. KM. Die langen Kopfmuskeln. K. Kopfklappe, welche die Augen und die Rostralstacheln bedeckt. Ble, Seitlicher Blutcanal der Schale. Fig. 2. Das Herz in seitlicher Ansicht. Gr. Vorderer Grenzrand des ersten Brustsegmentes. Ao. Aorta. Die übrigen Buchstaben wie in Fig. ]. Fig. 3. Kopf‘ und vordere Brustregion bei tiefer Einstellung in seitlicher Ansicht. Bkl. Klappenartig sich bewegende Wandungen des Blutsinus. KM, KM‘. Die beiden Gruppen der Kopfmuskeln. A”M, A‘M’. Die absteigenden Muskeln der zweiten Antennen. MMs‘, MMs‘. Vorderer und hinterer Muskel des Kaumagens. Md Mi. Vorderer medialer Mandibelmuskel, dessen Sehne mit der Sehne des Masseters sich vereinigt. Md Mi‘. Zweiter medialer Mandibelmuskel. Mx‘M. Absteigende Muskeln der vorderen Maxille. Mx‘T. Taster derselben. Mx‘’’M. Absteigende Muskeln der zweiten Maxille. SM. Schalenmuskel. Md. Mandibel. Gr. Grenzrand des vordersten Brust- segmentes. Loe. Einmündung der hinteren Leberschläuche. Fk. Ansatzstelle des Fett- körpers oberhalb desselben. Oa. Ostium der Aorta. Die übrigen Buchstaben wie in Fig. 1. Man verfolgt den aufsteigenden Blutstrom an der dorsalen Seite der vorderen Leberschläuche, den absteigenden zu den Seiten derselben und sieht die Contouren des Oesophagus, sowie der Cardiacalkiefer und der ventralen Wand des Kaumagens, Fig. 4. Kopf und vordere Brustregion, bei mehr oberflächlicher Einstellung, in seitlicher Ansicht. Buchstabenbezeichnung wie in Fig. 1 u. 3. ADr. Antennendrüse. Taf. XIV. Fig. 1. Siebentes (7), achtes (3) und neuntes (9) Glied einer 13gliedrigen Geissel der vorderen männlichen Antenne, von der lateralen Fläche gesehen, Rs. Riechschlauch. Fig. 2. Die Riechschläuche stärker vergrössert. a. und bb Vom Männchen. c. Sockel, Schaft und Chitinleiste nach Verlust der zarten Hüllmembran des Schlauches. d. Riechschlauch von der Antenne eines weiblichen Thieres. Fig. 3. Ein Sinnesschlauch (Ss) der zweiten Antenne, stark vergrössert. RR. Rand zweier Glieder. BB’. Die Borsten, welche den Schlauch umstellen. Fig. 4. Drittes Glied des Schaftes der zweiten Antenne, Ar. Arterie, Ar‘. Aeste derselben. N. Antennennerv. Fig. 5. Die fünf letzten Glieder der Antennengeissel. Ar. Arterie. Oe, Oe. Oeffnungen derselben mit austretenden Blutkörperchen. Fig. 6. Querschnitt durch das erste, die Drüse umschliessende Glied der zweiten Antenne, nahe seiner Insertion. MM. Die Muskeln der dorsalen, M’ die der ventralen Seite. A’”N. Nerv. Blc. Bluträume. Drs. Drüsensack. Drg. Drüsengang. Zeichnung mittelst Camera Hartu. Syst. 4. Fig. 7. Transversaler Längsschnitt durch dieses Glied und die umgebogene Drüse, in der Richtung y—£ der Fig. 6 geführt. Exer. Excretionsstoffe im Lumen. Buchstabenbezeichnung und Vergrösserung wie in Fig. 6, Fig. 8. Verticalschnitt durch den Drüsenschlauch in der Richtung «—ß der Fig. 6 geführt. Vergrösserung etwas stärker. Fig. 9. Viertes (S*), fünftes (S°), sechstes (S°), siebentes (S’) und achtes (5?) Segment des Abdomens einer weiblichen Nebalia, von der linken Seite dar- gestellt, unter starker Vergrösserung. Im 7. Segmente ist die Muskulatur einge- (146) Organismus der Nebaliden und systematische Stellung der Leptostraken. 147 zeichnet, die den Darm verdeckt. C. Ende des Herzens mit dem arteriellen Ostium und der hinteren Aorta. Ov. Ovarium. DM. Dorsales, VM. Ventrales Myomer des 7. Segmentes. Md. Dilatatoren des Afterdarmes, AD. Afterdarm. BD. Blinddarm. Fu Furca. Np. Nervenpaar des 4., 5. und 6. Abdominalganglions. LNp. Letztes Nervenpaar. EN. Endnerv. Oe. Oeffnungen der Aorta, aus welchen Blut in die Leibes- höhle austritt, um in umgekehrter Richtung in den Segmenten emporzufliessen. Die Pfeile bezeichnen die Richtung der Blutströmung! D. Darm. VL. Ventraler, DL. Dor- saler Leberschlauch. Fig. 10. Stück des Schalengewebes vom lebenden Thiere. Man sieht den seit- lichen Blutcanal der Schale und die mit derselben communicirenden Seitencanälchen erster und zweiter Ordnung getrennt durch die sogenannten Substanzinseln, das heisst die von Hypodermiszellen beider Lamellen und deren Stützbalken gebildeten Trabekelsysteme von der Fläche. Blz. Blutzellen, Taf. ZV. Fig. 1. Schräger Querschnitt durch die Region des Schalenmuskels. Ls. Sinus- artiger Endabschnitt der Leberschläuche. SM. Schalenmuskel. SDr. Schalendrüse G. Ganglion. Zeichnung mittelst Camera Hartn. Syst. 2 (bei ausgezogenem Tubus). | Fig. 2. Seitenansicht der Maxillarregion einer Larve, etwa 300fach ver- grössert. SM. Schalenmuskel. SDr. Schalendrüse. BDr. Vordere Beindrüse. Gz. Gelbe Zellen im Endopoditen der 2. Maxille. Fig. 3. Die acht Beindrüsen eines ausgebildeten Thieres in seitlicher Ansicht. Ep. Epipoditen. Fig. 4a. Beindrüse von der äusseren Seite des nach vorn geschlagenen Beines aus dargestellt, circa 300fache Vergrösserung. Ep. Mündung des abführenden Blut- canals der Epipodialplatte. Fig. 4b. Dieselbe von der unteren (hinteren) Seite aus dargestellt. Fig. 4c. Querschnitt durch die Beindrüse und den Blutraum. M. Muskel. Fig. 5. Stück eines frei gelegten Leberschlauches in frischem Zustand, mit den Fettkügelchen hältigen Leberzellen und den Quermuskeln. Fig. 6. Zwei Muskelzellen der Leberwand durch Fortsätze netzförmig verbunden. Fig. 7. Leberzellen, isolirt, circa 300fach vergrössert. Fig. 8. Medianer Längsschnitt durch die zwei letzten Abdominalsegmente, schwach vergrössert. BD. Blinddarm. R. Rectum mit seinen Dilatatoren. DI. Darm- inhalt. DZ. Dorsaler Zellenwulst. Af. After. Fig. 9. Endstück des letzten Abdominalsegmentes, von der Bauchseite dar- gestellt, mässig stark vergrössert. Af. Afteröffnung. Ap. Afterplatte. Ak. After- klappe. Fk. Fettkugeln. Dil. Dilatatoren. R. Rectum, Fig. 10. Ein Stück der äusseren Hälfte eines Furcalgliedes. D. Dornen am Aussenrande. DrS. Einzellige Drüsenschläuche, welche in den grossen Poren an der Ventralseite ausmünden. Fig. 11. Durchschnitt durch den Randtheil der Schale nach Erhärtung in Sublimat und Behandlung mit absolutem Alkohol und Chloroform. a. Sehr stark vergrössert. J. Cuticularmembran der Innenfläche. E, Die dickere chitinisirte Aussen- decke. RC. Seitlicher Blutcanal mit geronnenem Blutplasma und 2 Blutzellen. Man sieht die Hypodermiszellen beider Blätter, die von denselben gebildeten Stützbalken und die Bluträume zwischen den Basalmembranen. b. Ein zweiter Schnitt, schwächer vergrössert. Bz. Mit Fett (durch die Behandlung ausgezogen) gefüllte Bindegewebs- zellen im Innenraum. Fig. 12. Stück der Naht (Raphe) eines Epipoditen. Of. Connectivfasern. 10* («4m 148 C.Claus: Organismus d. Nebaliden u. systemat. Stellung d. Leptostraken, n Fig. 13. Querschnitt durch den Hoden eines jungen, noch nicht begattungs- reifen Männchens. Spb. Spermatoblasten, die Samenzellen erzeugend. Sz. Secretions- zellen in der lateralen Wand des Hodens. Das Lumen noch ohne Samenzellen, die aber schon in dasselbe einzutreten beginnen. Fig. 14. a. Kapseln von Samenzellen mit der zähen, aus kleinen Körnchen und blassen Kugeln bestehenden, von den Secretzellen abgesonderten Zwischen- substanz. b. Dieselben nach Behandlung mit Essigsäure. ec. Eine Samenkapsel, gesprengt mit den austretenden Samenzellen. d. Samenkapseln nach Behandlung mit absolutem Alkohol in Boraxcarmin gefärbt. Fig. 15. Durchschnitt durch den Hoden (T) und das Vas deferens (var) eines begattungsreifen Männchens. Darm (D) und Leberschläuche sammt perienterischem Fettkörper. Die Fettkugeln aufgebraucht, die Zellen geschrumpft. G. Ganglion der Bauchkette. S. Septaum. Fig. 16. Sagittalschnitt durch das Ovarium eines jungen Weibchens. TS. Trans- versales Septum, Corrigenda. Pag. 25 Zeile 9 von oben statt (Fig.9): (Fig. 8). Pag. 28 Zeile 15 von unten statt „nach aussen gebogenen“ ist zu setzen: „nach aussen und hinten umgebogenen“, Pag. 33 Zeile 10 von oben ist einzuschalten: Am Ende desselben fehlt die lange Borste, welche an den drei vorausgehenden Pleopodenpaaren vorhanden ist. Pag. 39 Zeile 15 von unten ist statt „Ordnung“: „Crustac-enreihe“ zu setzen. (148) Bemerkungen über marine Ostracoden aus den Familien der Cypridinen und Halocypriden. Von C. Claus. Unter den zahlreichen, durch genaue Beobachtung wie gründ- liche Verarbeitung gl-ich ausgezeichneten Crustaceenschriften, welche wir dem norwegischen Zoologen G. OÖ. Sars verdanken, nimmt eine umfangreiche, im vorigen Jahre veröffentlichte Abhandlung !) über mediterrane Ostracoden unser Interesse in Anspruch. Leider scheint sich jedoch der Verfasser sehr wenig mit der seither erschienenen Literatur bekannt gemacht zu haben, es wäre ihm sonst unter Anderem ?) unmöglich entgangen, dass ich in drei vor einer Reihe von Jahren veröffentlichten Schriften und Werken Beob- achtungen über Oypridina mediterranea, ferner über Con- choecia- und mediterrane Halocypris-Arten, sowie über Asterope oblonga veröffentlicht habe, mit denen seine für neu gehaltenen Beobachtungen dieser Formen sich theilweise in erfreulicher Uebereinstimmung decken. Diese meine unberücksichtigt gebliebenen Schriften sind: 1. Neue Beobachtungen über Cypridinen, Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. 1873, Tom. XXIII, pag. 211—227 mit Taf. X und XI. 2. Die Familie der Halocypriden. Schriften zoologischen Inhalts. 1874, Heft 1, Wien, pag. 5—16, Taf. I bis III. 1) G. O. Sars, Nye Bidrag til kundskaben om Middelhavets Invertebrat- fauna. IV. Ostracoda mediterranea (Südeurop, Ostracoden.) Kristiania 1387. Separat- aftryk af Archiv for Mathematik og Naturvidenskab. ?) Zum Beispiel auch A. Garbini’s Contribuzione all’Anatomia ed alla Istologia delle Cypridinae. E. Bolletino della societä Ent. Ital. XIX. (149) 2 C, Claus: 3. Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grund- lage des Crustaceensystems. Wien 1876, pag. 91—100, Taf. XVII und XVIII. In der ersten Schrift habe ich die mir früher unbekannt ge- bliebenen Sexualunterschiede der Cypridina mediterranea — im Anschluss an die bedeutender in das Auge fallenden Sexual- differenzen der Cypridina stellifera Cls — näher beschrieben und als Charaktere des Männchens, von der gestreckten Schalentorm abgesehen, in erster Linie die zwei langen Sinnesborsten nebst zwei mit Haftscheibchen besetzten Seitenborsten der vorderen Antenne hervorgehoben, während ich in dem kleinen, einfach gebliebenen Nebenast der Schwimmfussantenne (Antenne des zweiten Paares) den an der Schwimmfussantenne der männlichen C. stellifera so mächtig hervortretenden Greifhaken vermisste. G. OÖ. Sars scheint diese mit Saugscheibchen bewaffnete Nebenborsten der männlichen Antenne nicht weiter beachtet und an derselben, nach seiner Abbildung Taf. VIII, Fig. 2 zu schliessen, lediglich die grössere basale Haftscheibe gesehen zu haben. Da G.O.Sars nur von der mediterranen Uypridina männliche Formen beobachtet hat, so be- ‚trachtet er im Gegensatze zu Asterope und Philomeles die geringe Grösse und mangelnde Greifeinrichtung am Nebenaste der männlichen 2. Antenne als Gattungscharakter von Cypridina. Ich habe aber für Ü. stellifera, welche alle wesentlichen Merkmale im Bau der Antennen, Kiefer und Beine mit jener Form gemeinsam hat und nur in untergeordneten zur Aufstellung einer besonderen Gattung nicht ausreichenden Besonderheiten abweicht, gezeigt, dass der Nebenast der männlichen Schwimmfussantenne ebenso wie bei Cypridina Grubii!) Fr. Müll. dreigliedrig ist und mit kräftigem Greifhaken endet. G.S. Brady ?), welchem meine drei erwähnten Arbeiten, sowie Fr. Müller’s Schrift ebenfalls unbe- kannt blieben, hat in seinem Berichte über die Challenger-Östracoden nach einer solchen männlichen Cyprinide eine besondere Gattung Crossophorus aufgestellt, ohne sich bewusst zu werden, dass er in erster Linie einen männlichen Sexualcharakter als Haupt- merkmal der Gattung verwerthete. Die übrigen, den vorderen 1) Fritz Müller, Bemerkungen über Cypridina. Jena’sche naturw. Zeitschrift. 1870, Tom. V, pag. 255—276, Taf. VIII und IX. Die von Fr. Müller als Cypridina Agassizii und nitidula unterschiedenen Arten mit Kiemen- blättern am Rücken dürften auf die Gattung Asterope zu beziehen sein. ?2) G. S. Brady, Report on the Ostracoda „Voyage of H.M. S. Challenger.“ Zoology. Tom I, 1880. (150) Bemerkungen über marine Ostracoden etc. 3 Antennen und Gliedmassen entlehnten Merkmale sind so unbe- stimmter Natur, dass sie, zumal da das weibliche Thier nicht in Frage kam, zur Begründung einer neuen Gattung ungenügend erscheinen, wenn auch die Wahrscheinlichkeit nicht zu bestreiten ist, dass die so mangelhaft untersuchte Form (wie auch Cypridina Grubii Fr. Müll. mit sechsgliederigen Vorderantennen) auf eine andere Cypridinidengattung, vielleicht auf Philomedes Lilljeb., zu beziehen ist. Ich habe dann in meiner Schrift über das Crustaceen- system bei Besprechung des Verhältnisses der Ostracoden zu den Phyllopoden die Gattungen Cypridina und Asterope ihrem Gliedmassenbau nach eingehend verglichen und zwei auf die Gestalt und Organisation der männlichen und weiblichen Ü. mediterranea bezügliche Abbildungen mitgetheilt, von denen reducirte und vereinfachte Copien in das illustrirte Lehrbuch !) aufgenommen wurden. Ich betrachtete als einen wesentlichen Üha- rakter der Gattung Cypridina die siebengliederigen Vorderantennen, sowie im männlichen Geschlechte den Besitz der mit zwei Reihen von Riechschläuchen besetzten Sinnesborste am Einde des fünften Gliedes und die beiden mit Haftscheiben bewaffneten Seitenborsten, welche die zwei geisselförmig verlängerten Terminalborsten begleiten, während die übereinstimmende Gestaltung des Nebenastes der männlichen Schwimmfussantenne mit dem der weiblichen nicht als generisches Merkmal gelten kann. Von der Gattung Asterope Phil, welche durch die Mit- * theilungen der älteren Autoren, Philippi und Grube, nur sehr unzureichend beschrieben und auch durch Fr. Müller’s ergänzende Mittheilungen (über die zu derselben gehörigen U. Agassizii und nitidula) nicht genügend aufgeklärt worden war, habe ich in meinem Werke über das Crustaceensystem nach der adriatischen A. oblonga Gr. eine genaue und vollständige Darstellung des Körper- und Gliedmassenbaues gegeben und damit alle erforder- lichen Anhaltspunkte zur Aufstellung einer Gattungsdiagnose dem Genus Cypridina gegenüber vorgelegt. Ich habe zu derselben ausser dem Vorhandensein der sieben Paare dorsaler Kiemenlamellen sowohl die sechsgliederigen Vorderantennen, welche die mit zwei Reihen von Riechschläuchen besetzte Sinnesborste am vierten !) Auffallenderweise verweist G. OÖ. Sars auf diese Holzschnitte im Lehrbuchr, 3. Aufl., pag. 354, ohne freilich weitere Beziehung auf die in demselben zum Aus- drucke gebrachte Organisation zu nehmen. Wenn ihm aber das Lehrbuch bekannt war, so ist nicht verständlich, weshalb er meine drei Abhandlungen, welche sich in jenem Werke eitirt finden, gänzlich unberücksichtigt liess. (151) 4 C. Claus: Gliede tragen und am Ende neben den terminalen Anhängen mit einer Hakenborste bewaffnet sind, als die kräftigeren gedrungeneren Mandibularfüsse mit ihrem basalen , einwärts gekrümmten Kiefer- haken und -Borsten besetztem Ladenfortsatz am zweiten Gliede, vor Allem aber die ganz eigenthümliche Gestalt der drei Maxillenpaare verwerthet, über welche weder Grube, noch Fr. Müller hatten in’s Klare kommen können. Die vordere Maxille wurde als sichelförmig gebogene, am Unterrande mit langen Borsten besetzte Lamelle (Endopodit) beschrieben, ihr dorsaler Nebenanhang als der Dorsal- platte des Phyllopodenfusses entsprechender Aussenast (Exopodit) gedeutet. Auch für die Maxille des zweiten Paares wurde die Homologie mit dem Phyllopodenfusse betont und die für die Gattung charakteristische Besonderheit des lamellösen, lancetförmig verlängerten und eigenthümlich gebogenen Endopoditen mit seinem basalen Kieferhaken hervorgehoben, während für das dritte Maxillen- paar der Mangel der Ladenfortsätze und die Vereinfachung zur Form einer dreiseitigen borstenbesetzten Platte als bezeichnend erkannt worden war. Mit meiner in mehrfacher Hinsicht voll- ständigeren Zurückführung stimmt nur die Beschreibung und Diagnose, welche G. OÖ. Sars von Asterope gibt, in allen wesentlichen Punkten überein und reicht nur insofern über jene hinaus, als sie auch auf die Sexualcharaktere des mir unbekannt gebliebenen Männchens Bezug nimmt. Ueber die Gattungen Conchoecia Dan. und Halocypris Dan., welche nach den unzureichenden Beschreibungen Dana’s so wenig auseinanderzuhalten waren, dass spätere Beobachter nur eine derselben aufnahmen und bald den einen, bald den anderen Gattungsnamen verwendeten, habe ich in meiner Schrift „die Familie der Halocypriden“ ausführliche Beobachtungen mitgetheilt und die bisher gänzlich unbekannte Organisation, insbesondere das Herz, das Nervensystem, den Darm-, Drüsen- und Geschlechtsapparat, sowie die Drüsen- und Schlosseinrichtung der Schale näher beschrieben. Auch wurden für beide Gattungen und deren mir bekannt gewordenen mediterranen, atlantischen und Südsee-Arten kurze Diagnosen ge- geben und die kleine Gruppe mariner Ostracoden nach dem Vorgange von @. O. Sars (1865) als Familie der Halocypridae (Con- choeciadae) von den Cypridinen getrennt. In seiner neueren Schrift hat G. O. Sars die Charaktere der Familie in wesentlich übereinstimmender !) Weise nach Schalen- 1) Die untergeordneten Differenzen zwischen meiner und Sars’ Charakteri- sirung erklären sich aus der unvollständigeren Kenntniss sowohl der Organisation, (152) Bemerkungen über marine Östracoden etc. h) form, Antennen und Gliedmassen bestimmt. Ebenso wurden von demselben für die Gattung Conchoecia so ziemlich dieselben Merkmale verwerthet, indessen die besondere Form der Zahnbe- waffnung am Ladentheil der Mandibeln, in welcher die drei von mir unterschiedenen Gattungen Conchoecia, Halocypris und Halocypria merklich differiren, unberücksichtigt gelassen. Meine beiden als C. spinirostris und magna beschriebenen Con- choe’eia-Arten von Messina und Neapel sind vielleicht mit C. pellueida und C. tetragona von G. O. Sars identisch. Dahingegen weicht nun die Sars’sche Gattungsdiagnose von Halo- eypris von derjenigen, welche ich für Halocypris aufgestellt hatte, wesentlich ab und fällt, wie ich gleich hinzufügen will, mit der für Conchoecia gegebenen generisch zusammen. Von den Dana’schen Charakteren !) erscheint doch ausschliesslich die allge- meine Form der Schale als einziges, aber für sich unzureichendes Merkmal verwerthbar, und an dieses anschliessend habe ich an einer aus dem atlantischen Ocean und der Südsee stammenden Art den winkelig gebogenen Schaft der Vorderantenne, die besondere Be- zahnung der Mandibel und die in beiden Geschlechtern überein- stimmende Gestaltung der Vorderantennen und des vorletzten Bein- paares als generische Merkmale in Verwendung gebracht. Die me- diterrane, seinerzeit von mir beobachtete und vornehmlich auf die Sexualunterschiede untersuchte Halocypride (Ueber die Ge- schlechtsdifferenzen von Halocypris. Zeitschr. für wiss. Zool. 1865), welcher G. O. Sars die Gattungsdiagnose von Halocypris ent- lehnte und die er als H. Clausii genau beschrieb, ist generisch von Conchoecia nicht zu trennen und lediglich eine gedrungenere, der atlantischen C. serrulata Cls sehr ähnliche Art mit überaus als des Formengebietes, von welchem G. O. Sars ausschliesslich mediterrane und nordische Arten kannte, So z. B. wurde von Sars die Ungleichheit des vorletzten Gliedmassenpaares in beiden Geschlechtern als Familienmerkmal verwerthet, während dasselbe lediglich Charakter der Gattung Conchoecia ist. ‘) Dana gibt als Charaktere für Conchoecia an: „Testa oblonga, Pedes mandibulares articulis tribus ultimis inflexi, 2do multum oblongo“, für Halocypris: „Corpus curtum. Pedes mandibulares fere recti et non inflexi, articulo 2do parum oblongo*“, Der erste Theil des 2. Merkmales ist unrichtig und bezieht sich lediglich auf den Contractionszustand der Musculatur, der zweite Theil generisch nicht ver- werthbar. So bleibt nur der Unterschied in der Schale und Leibesform übrig, der in der Diagnose viel zu allgemein und unbestimmt zum Ansdruck gelangt. Dagegen geben uns die Abbildungen insbesondere von Dana’s H. inflata, einer Art, die jedenfalls meiner H. concha sehr nahe steht, Anhaltspunkte, um die beiden Gattungen nach Schalengestalt und Gliedmassenbau in der von mir versuchten Weise ausein- anderzuhalten, (153) Play ‘ TS 5 2 ie | £ % a 6 C. Claus: Bemerkungen über marine Ostracoden ic. kurzem und gedrungenem oberen Ladenglied der Mandibel (Basal- glied des viergliedrigen Tasters nach Sars), welches wohl als specifisches, nicht aber als generisches Merkmal verwerthet werden kann. Sowohl in der Form der Schale, als in der Gestaltung der Gliedmassen und den sexualen Besonderheiten des Männchens ist H. Clausii @. O. Sars eine Conchoecia-Art.!) !) Wie es möglich war, dass G. OÖ. Sars meine Crustaceenarbeiten aus den Jahren 1873, 1874 und 1876 so vollständig übersehen konnte, mag zum Theil auch aus dem kläglichen Zustande der Jahresberichte über Crustaceenliteratur Erklärung finden. Schlagen wir die Jahresberichte im Archiv für Naturgeschichte nach, so ver- missen wir zu unserer grossen Ueberraschung die Berichte über Crustaceenforschung während der Jahre 1871, 1872, 1873, 1874 vollständig. Vom Jahre 1875 an sind die- selben wieder aufgenommer, aber in höchst unbefriedigender Weise fortgeführt, Ueber mein Werk vom Jahre 1876 wird der Bericht einfach auf einen späteren Jahr- gang verschoben und in diesem dann ganz allgemein mit ein paar Sätzen abgefertigt, ohne dass man in der Besprechung der einzelnen Ordnungen über den Inhalt der Untersuchungen, z. B. Nebalien, Sergestidenentwicklung etc., Ostracoden, Cirri- pedien etc. betreffend nähere Daten erhält. Ein solcher Zustand der Crustaceenberichte scheint aber in diesem Archiv permanent werden zu sollen. Der Bericht für die Jahre 1885—1887 ist gar zur Stufe eines einfachen, in alphabetischer Reihenfolge gehaltenen Verzeichnisses der Publicationen, der Abschrift eines englischen Registers in deutscher Sprache, herabgesunken, während über den Bericht für das Jahr 1887 im 2. Heft des II. Bandes 1888 die zuversichtliche Auskunft ertheilt wird, dass derselbe mit dem über das Jahr 1888 gleichzeitig im nächsten Jahrgang erscheinen solle. (154) Zur Morphologie des Pteropodenkörpers. Von Prof. Dr. Carl Grobben in Wien. Es kann heute kein Zweifel darüber bestehen, dass die Ptero- poden Gastropoden sind und sich von den Opisthobranchiern her- leiten. Boas und Pelseneer ordnen dieselben geradezu in die Gruppe der Opisthobranchier ein und kommen damit auf die später auch von Souleyet gestützte Auffassung de Blainville’s zurück, wonach die Pteropoden ihren Platz neben Bulla, Gastro- pteron und Aplysia finden. Für die Gastropodennatur der Ptero- poden sind in neuerer Zeit auch Fol, Spengel, der dieselben zu seinen Euthyneuren stellte, sowie auch ich eingetreten. Es handelt sich in den Pteropoden um der pelagischen Lebens- weise angepasste Gastropoden. Daraus sind die Eigenthümlichkeiten des Pteropodenkörpers ableitbar, so die Rückdrehung und Streckung des Eingeweidesackes, die umfangreiche Ausbildung der Epipodien unter gleichzeitiger mehr oder minder weitgehender Rückbildung des Protopodiums, die Leichtigkeit oder der vollständige Verlust der Schale u. A. Es seien blos bezüglich der beiden ersten Punkte einige Bemerkungen hier angeknüpft. In Betreff des Fusses der Pteropoden möchte ich auf die Thatsache hinweisen, dass sich am Protopodium der Gymnosomen noch die Sohle des Gastropodenfusses erhalten hat und diesen Hinweis als Anlass nehmen, um eine Beobachtung Souleyet’s in Erinnerung zu bringen, welche auch die functionelle Bedeutung dieses mittleren Fussabschnittes als eine mit der Gastropoden- sohle in ihrer Verwendung als Haftorgan übereinstimmende er- (155) 2 Carl Grobben: weist. Nachdem bereits P. J. van Beneden!) die Vermuthung ausgesprochen hatte, dass dieser mittlere Fusstheil von Pneum o- dermon die Function des Gastropodenfusses ausübt, wenn das Thier nicht schwimmt, stellte Souleyet durch directe Beob- achtung fest, dass Pneumodermon im Stande ist, sich mittelst dieses Fusstheiles festzuheften, wie dies die Heteropoden mittelst ihrer zu einem Saugnapfe reducirten Sohle thun. „Nous avons vu, en effet“, heisst es bei Souleyet?) „les Pneumodermes que nous conservions dans les vases, s’attacher tr&s-fortement ä& leurs parois au moyen de cet organe.“ Was die Epipodien anbelangt, so sei mit Bezug auf die von mir bei früherer Gelegenheit ’) ausgesprochene Auffassung der- selben ohne weiteres Eingehen auf die einschlägige Literatur noch folgende Ausführung gegeben. Ich betrachte die Epipodien als vom Protopodium aus neu entstandene und von demselben zu unterscheidende paarige Fusstheile, welche in demselben Ver- hältnisse zum Protopodium stehen, wie ich dies vom Pterygo- podium der Heteropoden erörtert habe. *) Es handelt sich meiner Ansicht nach hier nicht um einen Theil, „der vollkommen neu mit dem Protopolium keinen Zusammenhang hätte. Es liegt vielmehr in der Flosse eine „Neubildung“ vor, welche nur „in beschränktem Sinne“ eine solche zu nennen ist“. Was den zweiten Punkt, den ich hier berühren will, betrifft, nämlich die Rückdrehung des Eingeweidesackes, so ist von Boas) sowohl als von Pelseneer*) die bezügliche Stelle in meiner Publication 7) so aufgefasst worden, ala meinte ich in jener die Aufrollung des Eingeweidesackes, d. h. den Verlust der Win- dungen. Dass ich jedoch mit dem Ausdrucke „Drehung“ und !) P.J. van Beneden, Anatomie da Pneumodermon violaceum. M&moires de l’Acad. Bruxelles 1837, pag. 6. ?) Souleyet, Voyage autour du moade execute pendant les annees 1336 et 1837 sur la corvette La Bonite. t. II, Paris 1552, pag. 258. ®) C. Grobben, Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechts- apparat, sowie die Leibeshöhle der Cephalopoden. Arb. a. d. zoolog. Instit. zu Wien, Bd. V, 1884, pag. 59. *) C. Grobben, Zur Morphologie des Fusses der Heteropoden. Ebendaselbst. Bd. VII, 1887, pag. 8. 5) J. E. V. Boas, Spolia Atlantica. Bidrag til Pteropodernes Morfologi og Systematik. Vidensk. Selsk. Skr. 6. Raekke, 1886, pag. 183. 6) P. Pelseneer, Report oa the Pteropoda collected by H.M. S. Challenger. P. LXVI, 1888. Part III, pag. 30. ?) C. Grobben, Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechts- apparat etc. der Cephalopoden, pag. 63. (156) ae . Zur Morphologie des Pteropodenkörpers. 3 „Rückdrehung“ die Bewegung des Eingeweidesackes um die dorso- ventrale Axe des Thieres verstanden habe, kann nicht zweifelhaft sein, da ich dies an einem Beispiele erörtere; die betreffende Stelle lautet: „Die dorsale Lage der Mantelhöhle, wie sie bei allen spiralig gedrehten Gasteropoden vorkommt, ist erst bei der Drehung des Eingeweidesackes zu Stande gekommen, somit secundär. Es lässt sich dies leicht zeigen, wenn wir die Verhältnisse z. B. von Helix genauer beobachten, und auf die Lage der Niere zur Mantelhöhle unser Augenmerk richten. Die Niere von Helix liegt links neben der Mantelhöhle (sog. Lunge). Sie ist aber die rechte Niere, deren Linkslagerung eine Folge der Drehung des Eingeweidesackes ist. Drehen wir aber die linksgelegene rechte Niere auf die rechte Seite zurück, so kommt die rechts von ihr gelegene Mantelhöhle an die Hinterseite (Ventralseite) des Ein- geweidesackes zu liegen.“ Die misverständliche Auffassung dieser Stelle seitens Boas und Pelseneer könnte ich nur darauf zurückführen, dass ich einmal den Ausdruck „gedreht“ für „gewunden“ verwende, und zwar in der eben citirten Stelle in dem ersten Satze, „wie sie bei allen spiralig gedrehten Gasteropoden vorkommt“. Ich hielt mich für verpflichtet, bei sich bietender Gelegenheit diesen Punkt zur Sprache zu bringen, um nicht durch Ueber- gehung desselben den Schein zu erwecken, als wäre die Auffassung jener Stelle mit meiner in derselben ausgesprochenen Ansicht in Uebereinstimmung. Ich muss übrigens hier noch hinzufügen, dass ich, obwohl ich in jenem Passus zunächst nur die Drehung des Eingeweidesackes im Auge hatte, wie aus dem beigegebenen Beispiele ersichtlich ist, doch bisher der Ansicht war, dass die spirale Aufrollung des Eingeweidesackes mit der Drehung des letzteren zusammenhängt, ebenso wie der Verlust der Windungen und die Rückdrehung des Eingeweidesackes Vorgänge sind, welche mit einander in Ver- bindung stehen. Erst die in neuerer Zeit bekannt gewordenen Thatsachen haben diese Ansicht in mir erschüttert. Wien, December 1888. nn ——r Lie — . Druck von Gottlieb Gistel & Comp, in Wien, I., Augustinerstrasse 12. (157) N s z en... Dr are? BT wer t AR: pi vn = a, 7 y \ 4 x ; ur N tag at a N % h a Bi I: E Ei ri Bl u huge Er 5 a Pr i Brit e Fake hier re en #2 ARNCHZSNN alfe un Wr IR Ar N: i / F3 % FR "Dab- Die Fn£lk Ta dıeN.? ;‘ 7 r f er 0 PN SUN FIIR i ’ r X l ( } itiTe re FE Im “RE u E u 2 f ?. 2 $ 367 j' ‘ PER Id e je Fat N 14 ma; 3 er ‘ 2 u * 4 be L 13 nr ’ r ’ , > N r y u, Au r 445 . os g nr k 1 . fi’ "LE + n [xt 2 BiRT, ve n y bi } ö + ri j F j j l t u i E23 2 f' in „4 £ i i ’,8 ns er 2 i j ” r 4 fi i HM j rn et r M TI: 4 . x 6 fr \ i r. a: ca u F ey w; Bud Wen d a ne I 5 u, « ee we Pr} . Wien. BaLHr Heft, Tafl Ru, 97 va pr ; Verl w Altea Holder, ke L e; t en j k r Di i DAR Claus, Organismus der Nebaliden. Taf/T. ır £ = “ . 4% er. 2.42 NR LE. AT l \ Pr > Zith. Anst.v. Werner # Winter Frankfurt ?M. Pr Fa Pan Ka ri me us er zu Wien. Ba.Vl Heft Arbeiten aus dem zoolog. Ih FIRZE \ re en TE BI EEF2EEEFE a 6 Kir I u Rh “C Claus del # J,Wenzt lich > | L 4 L E AT Reh u > An nu "27 a "Pe a > "A en ee “ u u ’ ha ai, u Eirate - = Ale | y a A ee | | | | | | | r | | | t fi Lich Anst.r 6. Freyung a Berndt in Wier. EL 4 er) Y S = i S pr are na en hie etz 2 4 nn : ET ze v TE ER ET BER 1 RB Zoe Be A a I « I r ri . ' * ‘ * . d Ä “ e h > p w 5 x u Ai N Er ” ” Er. # 2 Pr, A D .s 2 ä 5 . 4 2 T 1% D BT. Arbe Fler aus dem . 200log.. A Ra 1% d 4. 4 In n ! N) u er ä rm : cr een 2 N IR ) . (N Dip a NE Cdus, Organismus der Nebaliden. Taf I. RE Im Muse, a Fe s J/ao0oco Dog } ® 00, n o oo o I Ps ©» 7900 29.90 @ Pe a0g0 ;, eo Dan, 2 e?,0 oo 0ohro #00 a o RL a > 0300 deko Poroeno, vo o 3 R RE ’> ® VÄ 0%, Bon dee nn megsger o ” ® Y 4 »O°o00r.0 .‘ "enau- 04,9 Te 5 9». x Pr ‚A ; “L 7 I EL PA } BEE; = EEE Lich.Anst.n. 6. Fleytag &. Berndt in Wien. es 9.0.58 TE ; e POT, te a 5 “. . “ Bi ı ; a’ u 4 Fit a a an ih il En br 1 are s _ r_ a a r N ET a 5 44 be; nr I Er’ ve Bu An > 4 N . 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PROFESSOR DER UNIVERSITÄT UND VORSTAND DES ZOOLOGISCH-VERGL.-ANATOMISCHEN INSTITUTS IN WIEN DIRECTOR DER ZOOVOLOGISCHEN STATION IN TRIEST, TOM. VIII, II. Heft. Mit 5 Tafeln und 4 in den Text gedruckten Holzschnitten. WIEN 1889. ALFRED HÖLDER, K,K, HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, ROTHENTHURMSTRASSE 15. Zur Beurtheilung desOrganismus der Siphonophoren und deren phylogenetischer Ableitung. Eine Kritik von E. Haeckel’s sog. Medusom-Theorie. Von C. Claus. Bekanntlich weichen die Ansichten über die Deutung der Siphonophoren nach zwei Richtungen auseinander, indem eine Reihe von Forschern nach dem Vorgange 0. Vogt's und R. Leuckart's im Anschlusse an des letzteren Lehre vom Polymorphismus die Siphonophoren als freischwimmende Hydroidstöcke mit polypoiden und medusoiden Individuen betrachtet, andere Zoologen der älteren Auffassung von Eschscholtz und Huxley beipflichten und be- stärkt durch das Bild einer proliferirenden Sarsia (Metschnikoff) den Organismus der Siphonophore auf die Meduse beziehen. Ich selbst habe mich schon 1860 bemüht (in meiner Arbeit „Ueber Physophora hydrostatica“, Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XII), die Richtigkeit der ersteren Auffassung klarzulegen, in neuerer Zeit aber in zwei Schriften das Gemeinsame beider Lehren hervorgehoben und dieselben zu vereinigen versucht. Dasselbe hat auch, wenngleich theilweise von anderen Gesichtspunkten ge- leitet, kürzlich E. Haeckel in seinem an Beschreibungen interes- santer bisher unbekannter Formen so reichen „Report on the Siphonophorae collected by H.M.S. Challenger during the years 1873— 1876“, sowie in einem diesem Werke vorausgeschickten Aus- zuge „System der Siphonophoren auf phylogenetischer Grundlage‘ Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft 2. 11 (139) 2 C. Claus: (Jen. Zeitschr. für Naturw. Tom. XXII, 1888) gethan und eine vermittelnde Lehre entwickelt, welche nach der Meinung ihres Autors die wahren Bestandtheile der beiden älteren Theorien vereine, dagegen ihre Irrthümer ausscheide und zuerst die wahre Natur der Siphonophore aufdecke, Den Schein der Neuheit und Besonderheit wusste E. Haeckel seiner Medusom-Theorie, wie er sie nannte, in sehr geschickter Weise dadurch zu verleihen, dass er in der Definition beider Lehren nebensächlich gewordene Momente in den Vordergrund stellte und sich dem entsprechend neuer Bezeichnungen bediente, welche das Wesentliche der Lehren verdeckten. Die erste wurde als Polyperson-Theorie, die zweite als Polyorgan-Theorie be- zeichnet und von beiden behauptet, dass sich dieselben in gleicher Weise wie früher noch heute schroff gegenüberständen. Nach der letzteren sei die Siphonophore eine individuelle Hydroidmedusen- Person, also ein morphologisches Individuum dritter Ordnung, nach der anderen, welche die Abstammung von Polypen be- haupte, ein schwimmender Hydropolypenstock oder ein morpho- logisches Individuum vierter Ordnung. Eine derartige Begriffs- bestimmung entspricht jedoch keineswegs dem wahren Sachverhalt, sondern einer einseitigen, den Kernpunkt der Frage verhüllenden Darstellung, welche im Hinblicke auf unsere durch neuere Arbeiten gewonnenen Anschauungen über das Verhältniss von Meduse und Polyp als unrichtig zurückzuweisen ist. Diesen Anschauungen gemäss konnte sich dievonR. Leuckart begründete Lehre vom Polymorphismus keineswegs in ihrer alten Form und Fassung unverändert erhalten, und ebenso wie der vermeintlich schroffe Gegensatz von Polypersonen und Polyorganen längst eine Ausgleichung fand, so ist es auch keineswegs mehr zulässig, aus der Zurückführung der Siphonophore auf einen schwimmenden Hydroidenstock den „philosophischen Schluss abzu- leiten, dass die ganze Klasse von Polypen abstammt“. Wer nur einigermassen auf dem Üoelenteratengebiete orientirt ist, sieht alsbaid ein, dass auch die Lehre, welche in der Sipho- nophore auf die Meduse zurückführt und demnach wohl am besten als Medusen-Theorie zu bezeichnen ist, keineswegs die noth- wendige Folgerung einschliesst, die Siphonophore als Individuum dritter Ordnung oder Person im Sinne E. Haeckel’s zu betrachten. Denn wenn auch die Ausgangsform für die morphologische Ge- staltung der Larve eine Meduse ist, von welcher sich durch fort- gesetzte Knospung neuer Medusen oder Medusentheile die Anhänge (160) N Zur Beurtbeilung des Organismus der Siphonophoren etc. 3 der Siphonophore entwickelten, so muss in gleicher Weise, wie der Sarsienstock , welcher durch Prolification von Tochtermedusen am "Mutterthiere entsteht, auch die Siphonophore durch Hervorsprossung einer grossen Zahl neuer Medusen und deren dislocirter Körper- theile an dem Leibe der primären Meduse zu einem Thierstock oder Cormus, einem Individuum vierter Ordnung im Sinne E. Haeckel’s werden. Nicht in der Frage, ob Person oder Thier- stock, lag der Schwerpunkt der Controverse, sondern in dem für die Deutung der Larve massgebenden Ausgange von der Hydroid- MeduseodervondemschwimmendenHydroid-Stöckchen. Aber auch im letzteren Falle bleibt die Hydroid-Meduse das den Stock begründende Geschlechtsthier. Es ist deshalb ein schwerwiegender Irrthum, wenn E. Haeckel von dieser zweiten Lehre, welche wir als Hydroid-Theorie bezeichnen wollen, behauptet, dieselbe führe die Abstammung der letzteren auf den Polypen zurück und sei daher gezwungen, sämmtliche Schwimm- organe der Siphonophoren als Neubildungen aufzu- fassen. Man sieht aus dieser von mir bereits wiederholt ausgeführten Betrachtung, wie wenig zutreffend die Behauptung ist, dass sich beide Lehren heute noch schroff gegenüberstehen. Ich habe be- reits vor 11 Jahren in einem besonderen Capitel meiner Halistemma- Arbeit ?), welches die Ueberschrift führt: „Ueber die Auffassung der Siphonophoren als polymorphe Thierstöcke“, das Verhältniss beider Theorien klargelegt und nachgewiesen, dass dieselben keineswegs scharf und unvermittelt gegenüberstehen. Ganz ähnlich habe ich fünf Jahre später in einem kleinen Aufsatze?) „Ueber den phy- logenetischen Entwicklungsgang der Siphonophoren“, den Sach- verhalt dargestellt und darauf hingewiesen, dass auch die Hy- droid-Theorie, welche das schwimmende Hydroid - Stöckchen zum Ausgange des Vergleiches nimmt, die demselben als Ge- schlechtsthier zu Grunde liegende Meduse als Stammform voraus- setzt, somit nach beiden Seiten sowohl mit Rücksicht auf die Auf- fassung von Polymorphismus und Thierstock als auf die Stammform der Meduse eine Ausgleichung versucht. E. Haeckel hat den diesbezüglichen Inhalt beider Schriften vollständig ignorirt, die erstere zu meiner Ueberraschung zwar citirt, die letztere aber ) Arbeiten des zool. Institutes zu Wien, Tom.I, 1878. Ueber Halistemma Tergestinum etc. S, 47—5l. ?”) Ebenda, Tom. V, 1883. Ueber das Verhältniss von Monophyes zu den Diphyiden, sowie über den phylogenetischen Entwickelungsgang der Siphonophoren. 11* cası) 4 C. Claus: nicht einmal in dem seinem Werke angeschlossenen Schriftenver- zeichniss auch nur aufzuführen für zweckmässig erachtet. Hätte er auf dieselben Beziehung genommen, so wäre es ihm freilich eben- sowenig möglich gewesen, einen heute noch bestehenden schroffen Gegensatz der Polyperson- und Polyorgan-Theorie zu lehren, als seine Medusom-Theorie, welche in Wahrheit mit der Medu- sen-Theorie zusammenfällt, als eine neue zwischen beiden ver- mittelnde Lehre darzustellen. Unter solchen Umständen darf ich mir wohl erlauben, zumal die in beiden Schriften gegebenen Ausführungen in weiteren Kreisen wenig bekannt geworden zu sein scheinen, einige der für unsere Frage entscheidenden Stellen zum Abdrucke zu bringen. In dem eitirten Capitel der Halistemmaarbeit finden sich zunächst die Argumente erörtert, welche gegen die Medusenlehre Huxley’sundMetschnikoff’s sprechen. Dann heisst es pag. 48: -„Aber gerade die Tendenz zur Wiederholung gleichartiger Organe, welche Metschnikoff gezwungen ist, dem Siphonophoren- Organismus beizulegen, führt ihn von seinem abweichenden Aus- gangspunkt (Meduse) wieder auf die Theorie des Polymorphis- mus zurück, dieer mitso grosser Bestimmtheit widerlegt zu haben glaubt. Denn in Wahrheit kommt bald ein zweites Deckstück, oder ‘eine neue Schwimmglocke, ein zweiter, dritter Polyp oder Taster hinzu, und der Stiel des primären Magens oder Medusenmundstiels wird, ich will gern zugestehen, einer Sarsia prolifera ähn- lich, zu einer Art proliferirenden Stamm mit vielen Hunderten von Anhängen. Hiermit aber ist zugleich die Auffassung der Siphonophore als eine Vielheit sich wiederholender Medusentheile, beziehungsweisereducirter Medusen mit besonderen Functionen ausgesprochen und die Lehre vom Polymorphismus und der Arbeitstheilung vollkommen bestätigt, denn wenn die in Vergleich gestell- ten Gemmen am Magenstiel der Sarsia zu neuen Medusen sich gestalten, morphologisch also Anlagen von Individuen sind, so gilt gleiches auch für die sprossenden Siphonophoren-Anhänge, mögen diese nun als Genitalschwimmglocken die volle Medusen- form zum Ausdruck bringen oder als Taster und Polyp (Magen- schlauch), beziehungsweise als Schwimmglocke und Deckstück lediglich Theile von Medusen, das heisst reducirte Medusen wiederholen und demgemäss nur Theilfunetionen der Arbeit zu besorgen im Stande sein.“ (162) Zur Beurtheilung des Organismus der Siphonophoren ete., d „Der Unterschied von Leuckart’s Deutung des Siphono- phorenleibes als eines polymorphen freischwimmenden Hydroiden- stockes betrifft also im Grunde lediglich die Aus- gangsform, die Leuckart bei dem damaligen Stande der Entwicklungslehre in der als isolirter Magenschlauch die Colonie begründenden Larve zu erkennen glaubte, während dieselbe nach den neueren entwicklungsgeschichtlichen Erfahrungen durch die Theile einer Meduse repräsentirt zu sein scheint.“ „Wäre aber auch wirklich, wofür vielleicht die Ergebnisse späterer Untersuchungen entscheidende Anhaltspunkte liefern werden, die morphologisch höhere Hydroidform, die Meduse, phylo- genetisch der Ausgang für die Entstehung der Siphonophore, so wäre doch, wie die vorausgeschickten Betrachtungen dargethan haben, der Polymorphismus unserer nunmehr als „Röhren- quallen“ zu bezeichnenden Organismen, welche den Charakter von Hydroidstöckchen gewinnen, nicht im entferntesten widerlegt; vielmehr würden die Anhänge derselben nach wie vor, je nachdem sie den Magenstiel (Polypiten) oder den Medusenschirm, bezie- hungsweise beide Abschnitte in vereinfachter Form (Geschlechts- gemme) wiederholen, morphologisch als polypoide und medu- soide Individuen im Sinne Leuckart’s zu bezeichnen sein. Da wir uns aber bereits klar gemacht haben, dass Polyp und Meduse im Grunde ein und dasselbe!) sind, so würde derin beiden Auffassungen ausgesprochene Unter- schied nur noch für die phylogenetische Zurück- führung der Siphonophore bedeutungsvoll bleiben.“ „Uebrigens ergibt sich zugleich, was in ähnlicher Weise auch aus der Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Cestoden abge- leitet werden kann, dass die Begriffe von Individuum und Thier- stock bei niederen Thieren keineswegs im Sinne von „Person“ und „Cormus* Haeckel’s morphologisch scharf begrenzt einander gegenüberstehen, sondern in gleicher Weise wie die von Organ und Individuum nur als Verhältnissbegriffe betrachtet werden müssen und je nach dem Vergleichsobjecte eine wechselnde An- wendung gestatten. Daher kann auch Leuckart’sKriterium, welches die Individualität sämmtlicher Siphono- phorenanhänge beweisen soll, die gleichartige Be- schaffenheit im Knospenzustand, in diesem Sinne 1) An einer früheren Stelle dieser Abhandlung (pag. 26—30) war die morpho- logische Ableitung von Schwimmglocke, Hydroidmeduse und Acalephe von Polypen genetisch begründet. (163) 6 C. Claus: nicht im entferntesten verwerthet werden. Auch der sprossende Randfaden am Medusenschirme, der Tentakel einer Scyphistoma oder eines beliebigen Polypen würde damit als Indi- viduum erwiesen sein. Dieser allerdings unverkennbare Wider- spruch, der aber mit der Auffassung von Individuum und Stock als Verhältnissbegriffe sofort hinwegfällt, scheint für Metschni- koff vornehmlich Anlass gewesen zu sein, gegen die Polymor- phismustheorie aufzutreten und sozusagen das Kind mit dem Bade auszuschütten.“ Nicht minder bestimmt sprach ich mich in der späteren kleinen Schrift (pag. 9) über das Verhältniss beider Ansichten und. die Möglichkeit ihrer Vereinbarung in folgender Weise aus: „Ich habe schon früher (in dem Halistemma-Aufsatz) zu zeigen ver- sucht, dass der Unterschied beider Auffassungen, zumal bei dem relativen Werthe des Begriffes „Individuum“ und bei der Bezie- hung der Meduse zu Hydroidstock als dessen aufgeammten Ge- schlechtsthieres, keineswegs so bedeutend ist, als er beim ersten Blick zu sein scheint, und dass auch die zweite Auffassung (Me- dusentheorie) die Lehre vom Polymorphismus nicht im Entferntesten alterirt.“ Wenn daher E. Haeckel der Medusen-Theorie darin Unrecht gibt, dass sie dem ausgebildeten Siphonophoren-Cormus nur den Werth einer Person zuspreche und die Personen, welche denselben zusammensetzen, nur für Organe (im morphologischen Sinne) halte, so ist ihm entgangen, dass ich bereits wiederholt näher aus- geführt hatte, wie wenig eine solche Folgerung in der Lehre selbst begründet ist, indem dieselbe im vollen Einklange mit der Forderung seiner Medusom-Theorie die ausgebildete Siphonophore als einenauszahlreichenpolymorphen Personen zusammengesetzten Cormus zu betrachten hat. Wenn er ferner an der Hydroid- Theorie die Aus- stellung macht, dass dieselbe darin zu weit gehe und Unrecht habe, wenn sie auch den einzelnen (morphologischen) Organen dieser Personen den gleichen Werth zuschreibe, so hat er zu sagen vergessen, dass diese Mängel durch die in jenen Schriften gege- benen Erörterungen bereits beseitigt und in der von mir vertretenen Fassung der Theorie nicht mehr enthalten waren, dass somit be- reits eine Vermittlung zwischen beiden Theorien vorlag, durch welche der vermeintlich bestehende schroffe Gegensatz derselben aufgehoben war. HätteaberE. Haeckeldem Inhalt meiner Schriften Rechnung getragen, so würde nicht nur die in seiner Medusom- (164) w m u Zur Beurtheilung des Organismus der Siphonophoren etc. ji Theorie enthaltene Vermittlung den Schein der Neuheit verloren haben, sondern auch das Wesentliche, die wahre Natur des Gegen- satzes der beiden seitherigen Lehren und damit die Coincidenz seiner Medusom-Theorie mit der Medusen-Theorie zu Tage getreten sein. Allerdings war es consequent, dass sich E. Haeckel im Anschluss an einen ihm von E. Metschnikoff gemachten Vor- halt, die Deutung !) der Siphonophorenlarve als Meduse betreffend, von der Vogt-Leuckart'schen Theorie, deren eifriger Anhänger er bislang gewesen, zu der Medusen-Theorie bekehrte und in diese den Polymorphismus der ersteren übertrug. Indessen hätte man von ihm doch wenigstens die Darlegung der Gründe erwarten sollen, warum nicht ein schwimmender Polypenstock der phylogene- tische Ausgang der Siphonophoren gewesen sein könne, umsomehr, als in jüngster Zeit mehrere Argumente zu Gunsten desselben und zur Widerlegung der Medusen-Theorie vorgebracht worden waren. Anstatt die von R. Leuckart, sodann von mir und Anderen hervorgehobenen Schwierigkeiten, welche die vorausgesetzte Dis- location zahlreicher Medusentheile dieser Lehre bereitet, zu be- heben uud die von mir erhobenen Einwürfe gegen die Annahme, dass die Geschlechtsform der Hydroidpolypen in ihrer vollendeten Gestalt als Meduse den Ausgangspunkt für die Entstehung der Siphonophoren gab, zu widerlegen, werden eine Reihe von Behaup- tungen als Axiome hingestellt und als Sätze im Schematismus der neuen Medusom-Theorie aufgenommen. Womit beweist uns denn. E. Haeckel, dass die primäre medusiforme Siphonophorenlarve palingenetisch zu beurtheilen sei und die Annahme einer weitgehenden Multiplication und Dislocation der einzelnen Medusen-Organe der Wahrheit entspreche ? Und auf welche neue thatsächlichen Verhältnisse beruft er sich, wenn er als Schiedsrichter in dieser Hauptfrage die gegentheilige Ansicht, welche eine weitgehende secundäre Muitiplication und Dislocation dieser Organe leugnet und die primäre medusiforme Larve für eine cenogenetische Form hält, als unrichtig ver- wirft? Oder ist es mehr als ein Axiom, von einer bilateralen Meduse als der primären Larve oder „Siphonula“ auszugehen, welche durch eine ventrale Schirmspalte und den Besitz eines einzigen Randfadens ausgezeichnet, einer uralten bilateralen, „Protomeda“ getauften Stammform der Anthomedusen- gruppe entsprungen sei? Seit wann ist denn im System Haeckel’s !) El, Metschnikoff, Studien über die Entwicklung der Medusen und Siphonophoren. Zeitschr. für wiss, Zoologie. Tom. XXIV, 1874, pag. 38. (165) 8 C. Claus: die bilaterale Symmetrie, welche doch nach seiner sog. Gastraea- theorie in Folge kriechender Lebensweise entstanden sein soll, ein so uralter Charakter der Meduse geworden, deren ontogene- tische Entwicklung am Hydroidstock auf eine regulär radiäre Grundform hinweist ? Mit einer solchen dogmatischen, jeder Erfahrung wider- streitenden Behauptung erspart man sich freilich die Beant- wortung der Frage!), auf welchem Wege Magenrohr und Fang- faden aus dem Centrum und vom Schirmrande hinweg an die Aussenseite des Medusenschirmes gelangt seien und welchen Vor- theil diese Abweichung von der radiären Grundform für die Er- haltung des Organismus gehabt haben könnte, ohne zu bedenken, dass man damit den Knoten zerhauen hat, anstatt ihn zu lösen. Nicht anders steht es mit dem zweiten Axiom, welches der Haeckel’schen Medusen-Theorie ihren besonderen Charakter verleiht, der Annahme einer zweiten, „Archimeda“ benannten nralten Stammform von octoradialem Bau aus der Trachymedusengruppe, um von derselben eine zweite medusiforme Larve, die „Disconula“, abzuleiten, welche im Besitze eines marginalen Tentakelkranzes, die Individuen des Stockes durch Knospung aus der Subumbrella erzeugt habe und den Ausgang für die Entwicklung der in Diseonanthen umgetauften Discoideen (Porpita, Velella) darstellte. Durch diese Hypothese und die mit derselben ausgesprochene Suppo- sition eines diphyletischen Ur sprunges der Siphonophoren wird die Lehre Haeckel’sallerdings zu einer neuen Abart der Medusen- Theorie, büsst jedoch zugleich in demselben Grade an Wahrschein- lichkeit ein, als die neue absonderliche Annahme willkürlich und unbegründet erscheint. Aus beiden Axiomen folgt die Trennung der Siphonophoren in zwei Hauptabtheilungen, die E. Haeckel als Siphonanthen und Disconanthen bezeichnet und von denen jene ihrem Ursprung nach auf die Anthomedusen, diese auf die Traehymedusen zurückzuführen sein würden. Die Unzulässigkeit dieser diphyletischen Ableitung wurde bereits von anderer Seite dargethan und auf die Widersprüche hingewiesen, welche sich für Bau und Entwicklung der Velellen aus der Anknüpfung an octoradiale Medusen ergeben würden.) Nicht nur, !) Vergl. C. Claus, Ueber das Verhältniss von Monopbyes zu den Dipbyiden, sowie über den phylogenetischen Entwicklungsgang der Siphonophoren. Arbeiten des zool. Instituts etc. Wien 1823, page. 9. ?) C. Chun, Bericht über eine nach den Canarischen Inseln im Winter 1887—S8 ausgeführte Reise. Sitzungsberichte der k. preuss. Akademie der Wissen. schaften, Berlin 1888, XLIV, pag. 3, 4. (166) ne = Zur Beurtheilung des Organismus der Siphonophoren etc. 9 dass das Stadium der radiären Disconula erst auf einfacher gestaltete bilaterale Entwicklungsstadien folgt, welche es wahr- scheinlich machen, dass hier eine ähnliche bilaterale Gliederung wie an Siphonanthenlarven vorausgeht, auch die Entstehungsweise des keineswegs unmittelbar auf die Medusenumbrella zu beziehenden Mantels, sowie die Entwicklung eines reichen Gefässnetzes und kräftigen Muskelbelages auf der aboralen Fläche im Gegensatze zu der gefässlosen und muskelfreien Exumbrella der Meduse lassen sich mit Haeckel’s Annahmen nicht vereinigen. Gegen die Medusen-Theorie, in welcher Form und Modification sie auch vertreten werde, habe ich aber in meiner früheren Schrift noch ein anderes Argument verwerthet, welches von E. Haeckel gänzlich ignorirt worden ist. Ich bemerkte, „eine andere Be- trachtung macht es unwahrscheinlich, dass die Geschlechtsform der Hydroidpolypen in ihrer vollendeten Gestalt den Ausgangs- punkt für die Entstehung der Siphonophoren gab, da dieselbe ja ihrer ontogenetischen Entstehung nach durch Hydroidstöckchen vorbereitet wird, welche demnach auch bei einer durch Dislocation bestimmter Körper- theile veränderten und zur Stammform der Siphono- phoren gewordenen Meduse!) in deren Entwicklung hätten wiederkehren müssen.“ „Die directe Entwick- lung (ohne Generationswechsel) einzelner Hydroid- Medusen?) aber ist unbestritten eine erstspäter ent- standene secundäre Zusammenziehung der Entwick- lungsvorgänge, die wir deshalb gewiss nicht zum Ausgang der Ableitung zu nehmen berechtigt sind.“ Die NMedusen-Theorie knüpft nun an diese secundäre, erst später entstandene hypogenetische Entwicklung der Stammform an, welche schon in der bilateralen (Siphonula) oder radialen (Disconula) Si- phonophorenlarve als Meduse zur Wiederholung gelangt, lässt demnach die ältere und ursprünglich metagenetische Entwicklung der Meduse durch Hydroidstöcke gänzlich unberücksichtigt. Das ist der Schwerpunkt, aber auch der schwächste Punkt der Theorie, der zugleich den Gegensatz zur Hydroid-Theorie zum Ausdruck bringt. Diese knüpft an die ältere und ursprüngliche metagenetische Entwicklung der Stammform an und führt die so frühzeitig an !) Wie sie Metschnikoff voraussetzt und auch E. Haeckel in seiner „Protomeda“ voraussetzt. ?) Zu denselben gehören die Trachymedusen, also auch Haeckel's „Archi- meda*, (167) 10 C. Claus: der jungen Siphonophorenlarve hervortretende Aehnlichkeit mit einer bilateral gestalteten Meduse nur auf äusserliche, erst secundär entstandene Analogien zurück. Für sie erscheint die Siphonophorenlarve nicht als Wiederholung einer uralten, hypo- genetisch sich fortpflanzenden, bilateralen Oceanide mit dislo- cirtem Magenrohr und Randfaden, welche durch fortgesetzte Knospung neuer Medusen und Medusentheile den polymorphen Stock erzeugt, sondern ein freischwimmendes Entwicklungsstadium des Hydroid- stöckchens einer metagenetisch sich fortpflanzende Oceanide gab den Ausgang für die Entstehung der Siphonophoren, und zwar war die Behinderung an der Fixation die Ursache der ersten Veränderung, der Anlass zu einer Reihe von Umgestaltungen, welche dann auch die an dem Stocke hervorsprossende Geschlechts- meduse betrafen. Natürlich muss es bei dem Mangel bestimmterer, etwa in Uebergangszuständen und Zwischenformen vorliegender Anhaltspunkte der Phantasie überlassen bleiben, sich das Bild der Veränderungen auszumalen, durch welche im phylogenetischen Process die einer Hydractinia-oder Podocoryne-Larve ähnliche Ausgangsform sich zur Siphonophore umgestalte+ haben konnte. Nur in diesem Sinne ist der in meiner kleinen Schrift vor- gelegte Versuch!) zu beurtheilen, als eine Vorstellung, welche dem Bilde der knospenden Meduse gegenüber mindestens gleiche Be- rechtigung hat. Der Ausgleich, den ich mit dieser Darlegung zwischen der Medusen- und Hydroid-Theorie versuchte, be- ruhte demnach auf dem Nachweise, dass während für die erstere die Auffassung der Siphonophore als polymorpher Thierstock keineswegs ausgeschlossen erscheint, auch die zweite Lehre eine in der Stammform bereits vorhandene Hydroidmeduse voraus- setzt. Ich konnte der Medusen-Theorie darin Recht geben, dass sie an die Hydromeduse anknüpft, aber nicht darin beistimmen, dass sie diese schon in der primären Larve wiederholt findet und diese letztere palingenetisch beurtheilt. Dahingegen vertrat ich die Hydroid-Theorie, in deren Auffassung vom polymorphen Thiersto ck ich keinen Widerspruch zu der ersteren fand, mit Rücksicht auf den für die Entstehung behaupteten Ausgangspunkt der Siphono- !) Ueber denselben wurde seinerzeit in der unter E. Haeckel’s Aegide erscheinenden Zeitschrift „Kosmos“ ein Referat gebracht, dessen ablehnende Be- urtheilung in sehr naiver Weise durch die geringe Grösse der gedachten Larve den ausgebildeten Siphonophoren gegenüber, an denen doch die langsamen Ab- änderungen hätten auftreten müssen, begründet wurle, (168) Zur Beurtheilung des Organismus der Siphonophoren etc, 11 freischwimmenden Larven-Stöckchen zu suchen ist. Nicht eine sym- metrisch gewordene Meduse mit dislocirten Körpertheilen und hypo- genetischer Entwicklurg, sondern eine metagenetisch sich ent- wickelnde normal gestaltete Meduse wurde als Stammform vor- ausgesetzt und in deren schwimmendem Larvenstöckchen der Aus- gang, beziehungsweise Anstoss zur Entstehung der Siphonophore erkannt. Somit standen sich beide Lehren keineswegs mehr als Poly- organ- und Polyperson-Theorien schroff gegenüber und waren auclı darin einander nähergeführt, dass ebenso seitens der letz- teren die Abstammung von der Hydroidmeduse eingeräumt werden konnte. Die Mischung von Wahrheit und Irrthum war bereits, wenn auch in einer anderen Form und Richtung als in E. Haeckel’s sogenannter Medusom-Theorie, zu klären versucht worden, und zwar zu Gunsten der Hydroidtheorie, welche die Siphonophore für „schwimmende Hydropolypenstöcke“ hält und die Medusenähnlichkeit der Larven aus cenogenetisch veränderten Zuständen ableitet. Nur insoweit war es erforderlich, die ursprüngliche, von R. Leuckart begründete Auffassung zu modifieiren, dass an Stelle des Hydroid- stöckcehens, welches nach Ablösung von seiner Unterlage die pela- gische Lebensweise angenommen und an der nach oben gewendeten Basis einen hydrostatischen Apparat gewonnen habe, die schwim- mende, an der Fixation behinderte, aber nicht in der Ernährung gestörte Larve gesetzt und im Anschlusse an die erst in neuerer Zeit begründeten Anschauungen über das Verhältniss von Meduse zum Polypen die Abstammung der Siphonophore von der Meduse als dem Geschlechtsthiere des Hydroidenstockes anerkannt wurde. Was die neue Ülassification der Siphonophoren anbetrifft, welche E. Haeckel seinem Werke zu Grunde gelegt hat, so er- geben sich die Besonderheiten derselben zunächst als CGonsequenzen seiner Hypothese des diphyletischen Ursprunges. Die Siphonophoren werden zur Classe erhoben und mit Rücksicht auf die zweifache Abstammung in zwei Legionen oder Unterclassen getheilt. 1. In die von der bypothetischen Protomeda abzuleitenden Siphonan- then und 2. in die von der hypothetischen Archimeda ent- sprungenen Diseonanthen. Die erste Unterclasse zerfällt in die zu Ordnungen erhobenen Abtheilungen der Galyconectae, Physonectae und Cystonectae, welchen den ‚bisher be- kannten Gruppen der Calycophoriden, Physophoriden und Physaliden entsprechen und zu denen noch die Auro- nectae, eine Gruppe höchst merkwürdiger, seither unbekannt (169) 12 0. Claus: gebliebener Tiefseeformen als vierte Ordnung hinzukommen. Die zweite Unterclasse enthält die einzige Ordnung der Disconec- tae, welche mit der als Chondrophoriden oder Discoideen bekannten vierten Siphonophorengruppe zusammenfällt. Da die An- nahme einer besonderen Stammform für die von den Physophoriden leicht und ungezwungen ableitbaren Discoideen weder nothwendig noch begründet erscheint, wird die auf dieselbe gestützte Aen- derung des Systemes, welche die Discoideen in ein gleichwerthiges Verhältniss zu der Gesammtheit aller übrigen Gruppen bringt, als eine durch den Sachverhalt keineswegs gerechtfertigte Neue- rung zurückzuweisen sein. Nicht anders möchte es mit den zahl- reichen neuen Bezeichnungen zu halten sein, durch welche E. Haeckel seiner bisherigen Gewohnheit folgend, eine Menge althergebrachter und in der Wissenschaft eingebürgerter Namen aus derselben ohne zureichenden Grund verschwinden lassen will. Nicht nur den Ordnungen, vielen Familien und Gattungen werden neue Bezeichnungen gegeben, sondern auch für die Theile und Anhänge der Siphonophoren ganz ohne Nöthigung und ohne vor- handenes Bedürfniss eine neue Nomenelatur eingeführt. Der Fiction des Medusombegriffes entsprechend, werden alle Organe, welche ursprünglich einer Medusenperson zugehört haben sollen, als „Medusom“ zusammengefasst und palingene von ceno- genen Medusomen unterschieden. Bei den ersteren sollen die Haupt- organe mehr oder. weniger im ursprünglichen Zusammenhange geblieben, bei den letzteren in Folge cenogenetischer Wanderung. mehr oder weniger dislocirt worden und eine secundäre Ver- mehrung gleichwerthiger Theile, eine „Multiplication“ der Organe eingetreten sein. Gruppen zusammengehöriger Medusome werden als Cormidien bezeichnet und diese falls sie durch freie Internodien getrennt sind und sich in metamerischer Aufeinander- folge wiederholen, als ordinate (Cormidea ordinata), falls die- selben am Stamme zerstreut und ihre Organe von einander getrennt sind, als dissolute Cormidien (Cormedia dissoluta) unter- schieden. Die Schwimmsäule heisst fortan „Nectosom“, der unter- halb derselben folgende Stamm „Siphosom“, die Schwimm- glocke „Nectophore“, der Magenschlauch oder Nährpolyp wird als „Siphon“, der Taster als „Palpon“ umgetauft, für den Fangfaden wird der Ausdruck „Tentakel“'!), für die Endfäden ') Ich habe in meinen Arbeiten wiederholt den Ausdruck Tentakel als synonym mit Taster in Anwendung gebracht, wie man ja auch die Fühler der Mollusken als Tentakeln zu bezeichnen pflegt. Für E. Haeckel, welcher mit Ten- (170) Zur Beurtheilung des Organismus der Siphonophoren etc. 13 am Nesselknopfe „Tentillen“, für den Nebenfaden des Tasters „Palpakel“, für den tasterähnlichen Anhang mit terminaler Oeff- nung „Cyston“, für das Deckstück „Bractee*, für den Ge- schlechtsgemmen tragenden Taster oder Magenschlauch „G@ono- styl“, für die Geschlechtsgemme „&onophore“ in Anwendung ‘gebracht. An der Luftkammer oder Pneumatophore wird der Luft- sack als „Pneumotosaccus“, die Luftflasche als „Pneumato- eystis“, deren unterer als Gasdrüse fungirender Theil als „Pneumodenia“ und dessen basale Oeffnung oder Trichterpforte als „Pneumatopyle“ bezeichnet. Dass E. Haeckel von der Kunstfertigkeit, neue zutreffende Namen zu bilden, einen sehr aus- gedehnten, fast schrankenlosen Gebrauch macht, wird allerdings aus dem Umstande begreiflich, dass er dieselbe in hohem Grade besitzt und durch langjährige Uebung zu einer Specialität ausge- bildet hat, in welcher ihn zur Zeit kein zweiter Gelehrter erreichen dürfte. Wenn nun auch nicht geleugnet werden kann, dass die Einführung neuer sachgemässer Benennungen manchen Vortheil bringt und insbesondere für die Conformität im Schematismus der Theorie und des Systemes unentbehrlich wird, so ist es doch ebenso unbestreitbar, dass dieselbe durch fortgesetzte Häufung der Syno- nyme eine in’s Unbegrenzte wachsende Complication der Nomen- clatur zur Folge hat, manche Verwirrung veranlasst und das Studium nicht erleichtert, sondern erschwert. Dieselbe erscheint daher nur da, wo esder Sachverhalt unbedingt erfordert, in mass- voller Weise geübt, wohl am Platze, dagegen ohne vorhandenes Bedürfniss in massloser Weise übertrieben, entschieden von Uebel und in dem Falle geradezu verwerflich, wenn durch sie alte, nicht minder gute und durch die Person verdienter Autoren historisch gewordene Namen verdrängt und aus der Wissenschaft beseitigt werden. Indessen erfährt unsere Kenntniss des Formengebietes durch E. Haeckel’s Werk eine ganz ausserordentliche Erweiterung, indem unter 240 aufgeführten Arten mehr als 60 bisher unbekannte takel den Senkfaden bezeichnet, gibt dieser verschiedene Gebrauch des Wortes An- lass zu dem logischen Schluss, „nicht selten seien die Palponen mit Tentakeln ver- wechselt (confused) worden. z. B. wiederholt von Claus seibst bei Physophora“ -(Report, pag. 17, 193, 260). Ein Einblick in meine Arbeiten und insbesondere in die Halistemmaschrift (1878) überzeugt Jedermann sogleich , dass ich Tentakel mit Taster synonym gebrauche und mich beider Bezeichnungen abwechselnd bediene, dass also von einer Verwechselung mit dem Senkfaden gar nicht die Rede sein kann. Ueberdies ist es ganz und gar unverständlich, wie es möglich sein soll, die Taster zumal von Physophora mit den Senkfäden zu confund'ren. (171) 14 C. Claus: Arten, welche sich vorwiegend auf neue interessante Gattungen vertheilen, enthalten sind. Durch diese staunenswerthe Bereicherung des Materiales musste auch dem System eine entsprechende com- plicirtere Gestalt und reichere Gliederung erwachsen, und neben neuen Gattungen neue Kategorien höherer Ordnung, insbesondere Familien und Unterfamilien aufgestellt werden. Ohne Frage be- sitzt der specielle beschreibende Theil, der auch an Umfang bei weitem überwiegt, einen ungleich höheren Werth als der in den kurzen einleitenden Capiteln mehr aphoristisch behandelte allge- meine, im Sinne Haeckel’s „philosophische“ Theil, welcher die Medusom-Theorie und das auf dieselbe gestützte System begründen soll. Ob freilich der Verfasser auch in jenem überall das Richtige getroffen hat und nicht gar oft zu weit gegangen ist, wird jetzt schon mit berechtigtem Zweifel gefragt und in Zukunft von späteren Untersuchungen entschieden werden können. Zahlreiche Neuerungen betreffen die Auflösung bisheriger Gattungen in zwei oder mehrere Gattungen, und zwar auf Grund geringfügiger, zu generischen Merkmalen kaum verwendbarer Unterschiede. Beispiels- weise mag angeführt werden: Die Spaltung von Physalia in Physalia und Caravella, von Alophota in Alophota und Arethusa, sowie die an dieselbe anknüpfende Aufstellung zweier Unterfamilien; ferner die Auflösung von Rhizophysa nach ihren einzelnen Arten in die Gattungen Aurophysa, Cannophysa, Linophysa, Nectophysa, Pneumophysa, Rhizophysa und die Unterscheidung zweier Unterfamilien als Cannophysiden und Linophysiden nach Unterschieden, welche etwa die generische Trennung rechtfertigen. Gleiches gilt von der Spaltung der Agalmidengattungen, soweit zur Be- gründung derselben ausschliesslich die Gestalt der Tentillen ver- werthet wurde (Agalmopsis— Lychnagalma; Halistemma — Cupulita; Anthemodes — Cuneolaria; Agalma — Phyllophysa; Stephanomia — Grystallodes). Sodann scheint es mir ganz ungerechtfertigt, für die merk- würdigen, durch den Besitz der Aurophore charakterisirten Tiefsee- Gattungen Stephalia (Stephonalia), Auralia und Rho- dalia eine besondere Siphonophoren-Ordnung zu creiren, da diese Formen doch die Pneumatophore der Physophoriden (Phy- sonectae) besitzen und nur durch die Verbindung des proxi- malen Abschnittes derselben mit einem Luft ausführenden Apparat (Aurophore) die ihnen eigenthümlichen Charaktere gewonnen haben, durch die sie sich als besondere Physophoridengruppe erweisen. (172) Zur Beurtheilung des Organismus der Siphonophoren etc. 15 Dass der eigenthümliche als Aurophore bezeichnete Apparat durch Umgestaltung einer Schwimmglocke entstanden sei, ist nicht nur nicht dargethan, sondern sogar sehr unwahrscheinlich, da man nicht einzusehen vermag, wie eine Schwimmglocke an die stets knospenfreie Dorsallinie des Stammes gelangt sein konnte. Selbst wenn dieser merkwürdige Pneumoduct nach Analogie der Schwimm- glocken-Anlage durch eine knospenartige Erhebung der beiden Zellenschichten des Stammes mit nachfolgender Entodermwucherung und Einstülpung des umlagernden Entoderms vorbereitet sein sollte, so wäre hiemit doch noch keineswegs der Beweis geführt, dass er nun auch durch Umgestaltung einer Schwimmglocke her- vorgegangen sei, vielmehr würde die Deutung desselben als einer dem Bedürfnisse des Luftaustrittes entsprechenden besondern Differenzirung der Stammeswand am Lufttrichter der Pneumato- phore viel grössere Berechtigung haben. Indessen würde auch im ersteren Falle kein Grund zur Aufstellung einer besonderen Ordnung vorliegen. Eine andere weit schwerer wiegende Ausstellung betrifft die Classifieation der Calycophoriden (Calyconectae), unter welchen die Eudoxiden und Ersaeiden mit ihrer Gattungen und Arten als besondere Familien neben den Monophyiden und Diphyiden figuriren. Es ist geradezu ein fundamentaler Ver- stoss gegen den Begriff eines natürlichen, auf phylogenetischer Grundlage aufgebauten Systems, die selbstständig gewordenen Ge- schlechtsgenerationen von den sie aufammenden Generationen zu trennen und als besondere Arten eigenen Gattungen und Familien zu subsummiren, die neben den entsprechenden Kategorien der Ammengenerationen aufgenommen und aufgezählt werden. Nicht weniger als 25 Arten, 8 Gattungen und 2 Familien kehren somit zweimal und unter doppelten Bezeichnungen wieder. In der That würde eine derartige Verdoppelung gleichwerthiger Kategorien das auf Genealogie basirte natürliche System durch Dislocation und Wieder- holung zusammengehöriger Glieder zu einem künstlichen schablonen- mässigen Fachwerk herabsetzen. Fände dieses von E. Haeckel gegebene Beispiel Aufnahme und Nachahmung, die bei den vielen talentvollen Anhängern der Schule wahrscheinlich nicht lange ausbleiben dürfte, so würden wir bald dahin kommen, auch die analoge Umänderung z. B. des Cestodensystems, als consequenten und zeitgemässen Fortschritt gepriesen zu sehen. Nach dem vor- liegenden Muster würden zunächst für die Proglottiden und Strobila- formen, dann auch für die Cysticerken besondere Familien ge- (173) 16 C. Claus: Zur Beurtheilung des Organismus der Siphonophoren etc, gründet und dem Principe der Dislocation und Muitiplieation der Organe analog in Familien, Gattungen und Arten gegliedert werden. Es ist schwer, einen vernünftigen Grund ausfindig zu machen, welcher dem Autor Anlass zu einem so unbegreiflichen logischen Lapsus gegeben haben kann. Sollte es vielleicht die Conformität der Anordnung gewesen sein, welche der Schematismus der Classification verlangt? Die übrigen Ordnungen beginnen mit monogastrischen Familien, die Physonectae mit den Circa- liden und Athoriden, die Cystonecten mit den Cysta- liden, die Disconectae sind ausschliesslich monogastrische Siphonophoren, so müssen auch an der Spitze der Calyconectae monogastrische Familien vorausmarschiren. Indessen hätte doch die Ungleichwerthigkeit der monogastrischen Familien auffallen müssen, indem dieselben in jenen Ordnungen die einfachsten und der Ent- wicklung nach ältesten Gattungen repräsentiren, während die Eudoxiden und Ersaeiden als metamere den sog. Prodo- xien der polygastrischen Apolemiaden gleichwerthige Theilstücke die Endglieder der Entwicklung repräsentiren. Inwieweit die Aenderungen, welche die Nomenclatur der Gattungen und Familien betreffen, Berechtigung haben, soll hier nicht weiter erörtert werden, nur eine Abweichung vom alther- gebrachten Gebrauche, welche sich E. Haeckel wie in früheren Werken, so auch in seinem Systeme der Siphonophoren er- laubt, mag erwähnt und als unstatthaft zurückgewiesen werden. Dieselbe betrifft das ganz neue Verfahren, an bereits be- kannten, von früheren Autoren aufgestellten Arten, auf Grund der gewechselten Gattungsbezeichnung, den Namen des Autors zu streichen und an dessen Stelle den eigenen Namen als des Autors der neuen Gattung zu substituiren. Es ist das eine Licenz, die sich, soweit mir bekannt, kein anderer Forscher herausnimmt, eine der Specialitäten Haeckel’s, welche in Verbindung mit dem Principe, nach geringfügigen seither zur Unterscheidung der Arten benützten Unterschieden die Gattungen in neue zu spalten, dem Mihi des Systematikers Aussicht auf ein ganz neues höchst er- giebiges Feld eröffnet. Wien, im December 1888. (174) Beiträge zur Kenntniss der Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. Mit 5 Tafeln. Von B. Haller (Ungarn). Bereits in früheren Publicationen war ich bemüht, die doppelte Ursprungsweise der Nerven im Central-Nervensystem, einerseits direct aus Ganglienzellen, andererseits aus jenem centralen Nerven- netze, welches bei den Vertebraten von J. Gerlach!) entdeckt wurde, nachzuweisen. Wie ich glaube, ist mir dieses für die rhipido- glossen Prosobranchier gelungen, was hauptsächlich jenem gewich- tigen Umstande zuzuschreiben ist, dass bei diesen Thieren, noch mehr aber bei den Placophoren und Cyclobranchiern das primäre Nervensystem, welches noch keine gedrungeneren Ganglienbildungen aufweist, der neuroglialen Umhüllung insoferne keine grössere Rolle im Aufbau des Central-Nervensystems zukommen lässt, als dieselbe in die tieferen Schichten derselben nicht eingreift. Es findet sich hier eben ein corticalwärts gelegener Ganglienzellbelag vor, dessen einzelne multipolare Elemente, untereinander sich vielfach direct ver- bindend, andere Fortsätze in Form einer peripheren Nervenfaser in einen Nervenstamm übertreten lassen. Zum grössten Theil gehen aber die Fortsätze der Ganglienzellen, sich allmälig theilend, in ein central gelegenes Nervennetz über, aus welchem sich wieder centrale Nervenfasern construiren können. Die directe Nervenhülle schickt blos Fortsätze in das centrale Nervengewebe, welche innerhalb der Ganglienzellschichte, sich theilweise theilend, hierselbst stützend !) J. Gerlach, „Von dem Rückenmark.“ In Stricker’s Handbuch von den Geweben, Leipzig 1871. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc, Tom. VIII, Heft 2, 12 (175) 2 B. Haller: eingreifen und innerhalb derselben im centralen Nervennetze immer blind endigen. Ich stellte seinerzeit dieses hier kurz geschilderte Verhalten, über welches im Speciellen in jener Arbeit nachzulesen ist), als ein primäres hin. In der That ist dieses Verhalten auch bei Würmern und betreff der Neuroglia noch einfacher aufzufinden, die als sehr ursprüngliche Formen nicht nur für die Anneliden, wenn wir das Annelid, und ich glaube mit vollem Recht, als ein secundäres Stadium auffassen, sondern auch für die Mollusken als Ausgangspunkt dienen, nämlich den Nemertinen. Meine Entdeckungen für die Prosobranchier wurden für die Acephalen von B. Rawitz?) bestätigt und ich selbst habe in einer kurzen Mittheilung °) die Resultate veröffentlicht, welche ich in diesem Punkte bei Würmern, Arthropoden und Vertebraten gefunden habe. Dort schon habe ich gesagt, dass ich meine diesbezüglichen Resultate mit den nöthigen Tafeln versehen zu veröffentlichen wünsche, doch obgleich meine diesbezüglichen Untersuchungen für die Würmer damals schon vollständig abgeschlossen waren, konnte wegen Zeitmangel an die Fertigstellung zum Drucke nicht gedacht werden, und erst jetzt kann ich diese Resultate über die Würmer wenigstens der Oeffentlichkeit übergeben. | Zweck der Untersuchung war, bei vielen mir zugänglichen Wurmtypen das centrale Nervennetz und die doppelte Ursprungs- weise der Nerven nachzuweisen. Untersucht wurden hierauf die Nemertinen, Sipunculiden, polychaeten und oligochaeten Anneliden in allerdings sehr wenig Vertretern, welche jedoch bei dem gesteckten Ziele genügten. Später wurde in mir der Wunsch rege, auch nach dem Grade der Entwicklung der Neuroglia in den verschiedenen Wurmcelassen zu trachten, was übrigens mit jener obigen Frage zusammenhängt und bei der Untersuchung ohnehin berücksichtigt werden musste. Dass aber bei diesem festgesetzten Plane hier auch viele andere morphologische Fragen Erörterung finden müssen, war bei den vielen offenen Fragen hierselbst unvermeidlich. Hier- durch glaube ich die leitenden Motive zu dieser Arbeit gekenn- zeichnet zu haben. Eine ausführliche topographische Histologie der hier zu erörternden Nervensysteme zu schreiben lag nicht in meiner Absicht. Die Objecte wurden entweder nur mit Alkohol oder Osmium- ') B. Haller, „Studien über mar. Rhipidoglossen.“ Il. Morph. Jahrb, Tom. XT. ?) B. Rawitz, „Das centrale Nervensystem der Acephalen.“ Jena’sche Zeit- schrift f. Naturwiss. 1887, Tom, XX. ») Morph. Jahrbuch. 1886. (176) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer, 3 säure, oder auch mit chromsaurem Ammoniak gehärtet und mit Carmin oder Pierocarmin tingirt, im Speciellen soll aber an Ort und Stelle berichtet werden. Die Schnitte waren, die meisten wenigstens, die denkbar feinsten, und die verwendeten Vergrösserungssysteme (unter diesen ein Wasserimmersion Reichert XI) tadellos. Dass ein in neurohistologischen Untersuchungen geübtes Auge auf diese Weise auch das Möglichste beobachten kann, ist mir sicher. Besonders waren meine Präparate, mit gewöhnlichem Carmin gefärbt, ausgezeichnet. Retesdorf, bei Schässburg in Siebenbürgen, im Juni 1889. Anneliden. A. Polychaeten. a) Raubpolychaeten. Von erranten Polychaeten wurden auf Querschnitten Lepidas- thenia elegans Gr., da mein Material jedoch zu Längsschnitten nicht ausreichte, zur Entscheidung einiger strittiger Punkte im Gehirne Nereis Costae Gr. untersucht. Die Angaben über das Bauchmark beziehen sich lediglich auf Lepid. elegans. Beide Thiere wurden, da sie mir unbekannt waren, auf mein Ansuchen von Herrn Dr. E. von Marenzeller am k.k. Hofmuseum zu Wien bestimmt. Dieser Liebenswürdigkeit halber fühle ich mich genanntem Herrr gegenüber zu Dank verpflichtet. Das Central-Nervensystem wird nach aussen vollständig durch eine Nervenhülle umscheidet, die entweder wie im Gehirne dorsal- wärts, oder im Bauchmarke ventralwärts, direct unter der oft sehr dünnen Basalmembran des Hautepithels (Hypodermis) liegt und darum fälschlicher Weise von E. Rohde!) als Subeutieula aufgefasst wurde oder wie dorsalwärts im Bauchmarke der Musku- latur anliegt. Diese innerste Nervenhülle schickt, wie fast überall bei den Bilaterien, Fortsätze in das Nervengewebe, die dort hauptsächlich als Stützgewebe functioniren. Dieses Stützgewebe ist aber bei den Polychaeten ein wirkliches Netz, das entweder sehr weitmaschig ist und zwischen den Maschenräumen stellenweise Ganglienzellen birgt, oder als sehr feines Netz das centrale Nervennetz gleichmässig durchsetzt. 2) %) E. Rohde, „Histologische Untersuchungen über das Nervensystem der Chaetopoden.“ In A. Schneider’s zoolog. Beiträgen. 1887, Tom. II. ?) Die Behauptung Rohde’s, wonach das bindegewebeartige Netz in der nervösen Centralsubstanz nicht vorhanden sej, sondern das äussere Stütznetz sende blos blinde Fortsätze oder quer durchsetzende Balken durch dieselbe, bedarf ihm 12* «am 4 B. Haller: Die Nervenhülle setzt sich aber auch auf die peripheren Nerven continuirlich fort und hängt dort gleichfalls mit einem Stützgewebe, das, ebenfalls ein weitmaschiges Netz vorstellend, die Nervenfasern umspinnt, engezusammen. Das Neurilemm hängt somit mit einem Stützgewebe, das wieder als identisch mit der Neurogliader Wirbelthiere zu betrachten ist, organologisch ganz enge zusammen, oder bildet, anders ausgedrückt, ein enge zusammenhängendes Ganzes mit ihm, was auch gewiss durch die Histogenese Be- stätigung finden wird.!) In dieser Beziehung stimmen Rohde’s Untersuchungen, in denen das Studium auf eine grössere Zahl von Polychaeten ausgedehnt wurde, und meine vollständig überein, warum ich mir diesen Satz auf die erranten Polychaeten allgemein auszudehnen erlaube. Bevor ich die specielle Beschreibung beginne, möchte ich be- merken, dass die von mir untersuchte Lepidasthenia elegans Gr. wohl kaum identisch sein wird mit jener, die von Rohde unter- sucht wurde, was ich daraus schliesse, dass in manchen Punkten, die eventuell auf Specieseigenthümlichkeit zurückführbar sind, unsere Beobachtungen abweichen, natürlich abgesehen von anderen wich- tigeren Fragen, in denen wir nur wenig übereinstimmen. Der von Rohde untersuchte Polynoe heisst nach seiner Angabe P. elegans Gr., während er den Namen Lepidasthenia elegans von Malmgreen führt. Ferner vertritt Rohde eine Auffassung, wonach das von mir als perineurales Stütznetz bezeichnete Gewebe um das Central- Nervensystem herum, direct mit der Subcuticula, also mit der Hypodermis zusammenhänge. Diese zwar althergebrachte, aber auch von neueren Autoren, wie Jourdan?), einigermassen getheilte gegenüber keiner ernsten Widerlegung, da, wie Vejdovsky ganz richtig bemerkt, die feineren Verhältnisse der sogenannten Leydig’schen Punktsubstanz Rohde unbekannt blieben und es so auch nicht zu verlangen ist, dass er bei dieser Un- kenntniss ein weiteres feineres Verhalten des neuroglialen Netzes erkennen sollte, !) Es ist mir darum nicht recht verständlich, wie Rohde behaupten mag, dass ich einen Zusammenhang dieses Netzes mit der Nervenhülle seiner „Subeuticula“ nicht angebe (l.c. pag.68), wobei ich doch in meinem kurzen Berichte über diese Verhältnisse (Morph. Jahrbuch 1886), nachdem ich über die chemisch verschiedene Schichtung der Nervenhülle gesprochen, ausdrücklich betont habe, dass auch dem inneren Theile der Umhüllung (Rohde’s Subcuticula) Fortsätze in das perineurale Netz, wie ich es dort nannte, übergehen, und ich sagte weiter „präciser ausgedrückt lautet dies so, dass letzteres (Netz) mit ersterem (Neurilemm) organologisch enge zusammenhängt“. ®) Jourdan, „Cerveau de l’Eunice Harassi et ses rapports avec l’hypo- derme*, Compt. rend. d. l’Acad. des scienc. de Paris. 1884. (178) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. h) Ansicht beruht auf ungenauer histologischer Beobachtung und wird durch jene dogmatische Auffassung genährt, wonach bei ursprünglicheren Formen, wofür aber noch nach der Geoffroy- St. Hilaire’schen Auffassung die Anneliden gehalten werden und bei denen in der That, bei vielen Polychaeten wenigstens, das Central- Nervensystem zeitlebens seine ectodermale Lagerung beibehält, die Hypodermiselemente (Leibesepithel) noch einen directen, oder doch gewissermassen directen Zusammenhang mit den fest anliegenden Nervenelementen des Central-Nervensystems gewahrt hätten. Und doch, wie sonderbar die Behauptung noch für Viele klingen mag, ist es Thatsache, dass das Central-Nervensystem der Sipunculiden und Nemertinen, Central-Nervensysteme also, welche bereits ihre definitive Lagerung ausserhalb des Ectodermes haben, betreff der nervösen Structur ein ursprünglicheres Verhalten aufweisen wie die Anneliden, insbesondere die Polychaeten, denn die Oligochaeten, bei denen ja das Central-Nervensystem schon aus dem Ectoderme herausgerückt ist, zeigen trotzdem ursprünglichere Texturver- hältnisse wie erstere. Gerade das Studium der Textur des Central-Nervensystems ist es, welches die übliche Annahme, als stamme der ungegliederte Körper anderer Würmer, ganz geschwiegen von dem der Mollusken, vom Annelid ab, sehr zu untergraben hilft und eher jener Annahme beipflichtet, dass im Gegentheil das Annelid kein primärer Zustand ist und dass eher die Ringelwürmer von einer ungegliederten Form, welche vielleicht auch den Stammeltern der Mollusken nahe stand, abstammen. Ich will hier, bevor ich meine eigenen Beobachtungen mit- theilen werde, die Beobachtungen Rohde’s über dieses Gewebe auszüglich mittheilen. Er fand das Netz um das neurale Gewebe überall in dieser Form vorhanden, wohl am einfachsten mit zahl- reichen, in die Knotenpunkte eingelagerten Zellkernen bei Aphro- diten und Polynoe elegans; etwas complieirter bei Sthenelais und Sigation. Bei diesen zwei letztgenannten Formen sollen sogar Ein- lagerungen in den Maschenräumen stellenweise auftreten. Bei Sthenelais soll dieses Gewebe dorsalwärts vom Hirne wesentlich anders gebildet sein als lateral- und ventralwärts. Dorsalwärts ist es ein engmaschiges Netz mit eingestreuten Kernen, um die herum „in geringerer oder stärkerer Ausbildung ein Besatz feiner Körn- chen, welche die feinen Fasern theilweise verdecken“, vorhanden sein soll, doch drückt sich über die Natur dieser Körnchen Rohde weiter nicht aus. Vom Hirn ventralwärts sollen die Maschen des (179) 6 B. Haller: Netzes viel weiter sein und ein feineres Netz soll hier überhaupt fehlen, und die Maschenräume sollen durch eine „grosskrümmliche Masse“ erfüllt sein, welche je einen Zellkern enthält. Auch die Bedeutung des letztbeschriebenen Gebildes blieb dem Autor un- bekannt. Gegen die nervösen Elemente hin wird dieses Netz enger und bildet um die @anglienzellen herum Scheiden, und sollen die Kerne an diesen Stellen im Netze etwas länglicher geformt sein. Aus diesem Grunde unterscheidet Rohde dieses feinmaschigere Netz von dem peripherer gelegenen weitmaschigen als inneres. Innerhalb der sogenannten Leidig’schen Punktsubstanz bildet aber dieses Ge- webe kein Netz, sondern blos einzelne Fortsätze sind es, welche dorthin eindringen und dieses sogar ganz durchsetzen sollen. In eine viel innigere Beziehung soll dieses Netzwerk nach Rohde zu den Ganglienzellen treten, denn obgleich Rohde sehr unverständ- lich ist, so geht aus seiner Angabe soviel doch hervor, dass die Netzfasern in den Zellleib eindringen und hier mit dem Mitom (Protoplasma im engeren Sinne) verschmelzen. Dies ist aber ein Irrthum, in welchen für die Wirbelthiere früher bereits E. La- housse!) verfallen ist, der in die unklarsten Behauptungen geräth und angibt, dass die Neuroglia mit den Ganglienzellen innig und organologisch zusammenhänge, wie dieses seiner Zeit auch Sal. Stricker annahm. Die Hauptsache aber ist und bleibt bei der Rohde’schen Auffassung, dass dieses perineurale Netz als directe Fortsetzung der sogenannten Subecuticularzellen zu betrachten ist, wesshalb es von ihm auch als „Subeutieularfasergewebe“ benannt wurde. Rohde machte nämlich die Beobachtung, dass bei Sthenelais dorsalwärts vom Hirn die hier sehr niedrigen „Subeuticularzellen“ mit ihren basalen, dem Centrum zugekehrten Rändern mit zahlreichen Fort- sätzen direct in jenes Netzwerk übergehen, welches Verhalten von ihm auch abgebildet wurde. Ausser dem eben Angeführten hat er noch mehrere Beobachtungen gemacht, welche diese seine Annahme stützen sollen, von denen wir aber blos die eine anführen möchten, dass „die die beiden Hälften des Bauchmarkes trennende mediane Scheidewand fast ausschliesslich von den dichen Fortsätzen der Subeutieularzellen gebildet wird“. Nach dieser Auffassung würde somit dieses Stützgewebe von der „Subceuticula“ kaum scharf zu trennen sein. 1) Lahousse, „La cellule nerveuse et la n&vroglia.“ Anatom. Anzeiger, 1886, pag. 116. (180) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 7 Soviel, glaube ich, genügt, um Rohde’s Standpunkt über dieses Gewebe zu kennzeichnen, um später in Detailfragen, soweit es sich auf Lepidasthenia bezieht, auf seine Beobachtungen zurück- zukommen. Dieses perineurale Netz wurde vor mir und Rohde bereits vielfach beobachtet, wenngleich keine grössere Aufmerksamkeit demselben geschenkt wurde. G.Pruvot!) unterscheidet am Central- Nervensystem der Polychaeten eine corticale Lage von einer ihr centralwärts eingelagerten. Die letztere hält er für das wirklich nervöse, während die corticale Lage nach ihm das perineurale Netz ist. Bei Nephthys Hombergi aber, wo er diese Verhältnisse genauer studirt hatte, unterscheidet er ein Neurilemm, das er an seinen, freilich sehr klein gehaltenen Abbildungen auch wiedergibt. Jourdan?), der dieses Gewebe nicht besonders ausführlich behandelt, nimmt, wie schon erwähnt, jenen Standpunkt demselben gegenüber ein, den Rohde später in seiner eitirten Arbeit ausführlicher vertritt. Bei den Archianneliden erwähnt J. Fraipont) dieses Gewebe nicht, doch gibt er eine deutliche Membran zwischen dem Nervengewebe und den Epidermzellen mehrfach an. Es wäre nun sehr interessant, zu erfahren, ob dieses Gewebe in jener Mächtigkeit bei diesen Urformen der Ringelwürmer bereits auftritt oder nicht. Ob weitere Angaben von Bedeutung über dieses Gewebe in der Literatur vorhanden sind, ist mir unbekannt geblieben, doch auch in der neueren Literatur finde ich darauf keinen Hinweis. Die Nervenhülle oder das Neurilemm ist im Gehirn sehr dünn, und eine nach meinen Beobachtungen homogene Schichte, in der ich selten und dann auch (n) sehr undeutlich Kerne erkennen konnte. Dorsalwärts lagern sie sich dem medianwärts hohen (Fig. 1E), hier pigmentlosen, dann aber jederseits lateralwärts niedrigen und dunkel pigmentirten (Fig. 1 y) Ectoderm fest an. Auch die Augen liegen ausserhalb derselben, doch werden sie von ihr von hinten gleichsam umhüllt (Fig. 3 A). Sie ist erkenntlich an genügend feinen Präparaten, denn während das Leibesepithel nur durch seine gefärbten Kerne auffällig ist, färbt sich die Nervenhülle intensiv. Bei starken Vergrösserungen sah ich zwischen ihr und dem Epithel eine sehr zarte Membran, die nichts anderes als die !) G. Pruvot, „Systeme nerveux des annelides polychötes.“ Arch. d. Zool. experm, et generale. 1885, Serie 2, Tom. II. VL € ») J. Fraipont, „Recherches s. l. systeme nerveux central et peripherique des Archiannelides.*“ Arch. de Biologie. 1384, Tom. V. (181) 8 B. Haller: zarte Basalmembran des Leibesepithels sein kann. Bei Nereis Costae legt sich die Nervenhülle dem Leibesepithel nicht fest an, da zwischen diesem und dem Gehirn eine Höhlung sich vorfindet (Fig. 22h), welche dadurch, dass erstere medianwärts durch einen engen Isthmus (a) sich dem Gehirn anlegt, paarig, das ist bilateral symmetrisch wird. An dieser oben erwähnten Stelle lagert die Nerven- hülle so fest an die Basalmembran des Leibesepithels, dass eine Grenze zwischen ihnen umso schwerer erkennbar ist, da sie sich dazu noch beide sehr intensiv färben. Unter den Augen (A), wo die Basalmembran eine bedeutende Dicke aufweist, konnte ich eine Grenze stets erkennen. Auf die Nerven setzt sich diese Hülle des Gehirns deutlich fort, was bei Nereis Costae, da sie sich hier viel intensiver färbt wie bei Lepidasthenia elegans, schon bei schwächeren Vergrösserungen erkennbar ist (Fig. 22, 23, 24). Wie ich schon am anderen Orte hervorgehoben habe, ist um das Hirn insoferne eine chemische Differenzirung der Nervenhülle eingetreten, als sie sich durch die angewandten Färbstoffe schichtenweise mit ver- schiedener Intensität färbt, wobei aber die Farbentöne eontinuirlich in einander übergehen (Fig. 7). Zu äusserst und wohl der grösste Theil färbt sich schön rosa (a), welche Schichte durch eine hellere (b) mit der innersten gelblich-rosa gefärbten (c) verschmilzt. Es ist dies aber eine blos chemische Differenzirung, der keine morphologische zu Grunde liegt. Ich halte diese chemische Differenzirung für insoferne wichtig, als sie auf die Entstehung der Nervenhülle direct hinweist. Zu innerst, also aus der gelblich gefärbten Schichte der Nervenhülle, gehen kurze Fortsätze ab, die aber sofort in das perineurale Netz continuirlich übergehen, und somit gibt es hier zwischen diesem und der Nervenhülle keine Grenze. Das perineu- rale Netz selbst wird aber gleich von seinem Beginne aus dem Neurilemm an weder durch Pierocarmin, noch durch ammoniakalisches Carmin gefärbt. Ganz ähnlich verhält sich die Nervenhülle ventral- wärts über der Darmmusculatur (m). Auch dort, wo das Neurilemm den Palpen (n, n‘, Fig. 1) fest anliegt, ist es durch die dort stark ver- dickte Basalmembran vom Körperepithel abgegrenzt, doch konnte ich nirgends eine völlige Verschmelzung mit dieser wahrnehmen. Schon der Umstand, dass zwischen der Nervenhülle und dem deut- lichen Leibesepithel eine Basalmembran sich vorfindet, noch mehr jedoch die Verhältnisse, wie sie sich bei Nereis Costae vorfinden, wo zwischen Hirn und Hypodermis eine deutliche Spalte sich aus- gebildet hat (Fig. 22, 23, 24 h), schliesst schon a priori jene zu allerletzt von Rohde vertretene Ansicht aus, dass das perineurale (182) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 9 Netz mit dem Leibesepithel zusammenhängt, womit ich aber durch- aus nicht behaupten will, aus welchem der Keimblätter dieses Gewebe eigentlich entstammt. Wissen wir doch heute mit Sicher- heit überhaupt nicht, ob die Neuroglia aus dem Ecto- oder Meso- derme sich bildet. Bei Sthenelais zeichnet freilich Rohde den innigen Zusammenhang des perineuralen Netzes mit dem Leibes- epithel (auf seiner Figur 24b) sehr deutlich, doch kann ich zu meinem Bedauern dieser Angabe keinen Glauben schenken, denn obgleich ich die Verhältnisse bei Sthenelais aus eigener Anschauung nicht kenne, so muss ich die Richtigkeit von Rohde’s Behauptung umsomehr in Zweifel ziehen, als er auch für Lepidasthenia diese Behauptung aufstellt, wo doch die Verhältnisse ganz andere sind, wie er sie angibt. Wie ich für jene Scheidewand zwischen den jederseitigen Bauchmarkhälften für Lepidasthenia zu zeigen Ge- legenheit haben werde, befand sich hierin Rohde auch im Irrthum. Er gibt geradezu an, dass „die beide Hälften des Bauchmarkes trennende mediane Scheidewand“ fast ausschliesslich von den dicken Fortsätzen der Subcutieularzellen gebildet werde. Weiter aber gibt er darüber, was noch an der Bildung derselben Antheil nimmt, nichts an. Nach den Angaben Rohde’s ist dieses perineurale Netz, welches er als „Subeuticularfasergewebe“ bezeichnet, bei den ver- schiedenen untersuchten Formen nicht nur verschieden, sondern diese Verschiedenheit erstreckt sich bei Sthenelais sogar auf die verschiedenen anatomischen Stellen im Gehirn. Es soll nämlich bei letzterer Form dorsal vom Hirn ein Netzwerk sich vorfinden, in dessen Knotenpunkten grosse und deutliche Zellkerne eingelagert sind. „In der Umgebung dieser Kerne findet sich oft in geringerer oder stärkerer Ausbildung ein Besatz feiner Körnchen, welche die feinen Fasern theilweise verdecken. Hierdurch wird das Bild von verschieden grossen Zellen hervorgerufen, welche nach der Peri- pherie zu immer deutlicher in Fasern zerfallen und unterschiedslos in das umgebende feinfaserige Gewebe übergehen.“ Lateral vom Hirn soll nun jenes feine Netzwerk zwar fehlen, nicht jedoch ein gröberes, dessen Maschenräume von grossen, sehr hellen Zellen eingenommen werden. Es scheint mir fast, dass die „grossen Krümmeln“, deren Rohde theils zwischen den Maschenräumen, theils um die Kerne herum Erwähnung thut, in der That nichts anderes sind, als das extrahirte, chemisch vielleicht durch die Re- agentien veränderte Pigment aus den Granglienzellen. Bei den Aphroditen und Polynoe (Lepidasthenia) elegans soll das „Sub- (183) 10 B. Haller: cuticularfasergewebe überall im Hirn etwa die Structur, welche es bei Sthenelais dorsal zeigt“, besitzen. „Es besteht aus feinen, engmaschig sich verbindenden Fasern, zwischen denen spärlich feine Körnchen auftreten.“ Endlich gelangt Rohde zu dem Re- sultate, dass das perineurale Netz überall im Wesentlichen aus einem Netz besteht. Diese Angabe scheint mir wichtig, denn obgleich ich mit seinen Resultaten, nach welchen dieses perineurale (Gewebe von den directen Fortsätzen der „Subeuticularzellen“ ge- bildet werde, nicht übereinstimmen kann, da nach meinen Er- fahrungen das perineurale Netz bei Lepidasthenia und Nereis nirgends einen Zusammenhang mit der Subcuticula aufweist, aber auch diese Zellen des Leibesepithels nirgends Fortsätze besitzen, so muss ich jener Annahme, wonach die Netzform das Hauptsäch- lichste an diesem Gewebe bildet, mich anschliessen. Das Vorkommen der selbständigen, vom Zellverbande des Netzes unabhängigen Elemente zwischen den Maschenräumen bei Sthenelais möchte ich nicht bestreiten, da ich Sthenelais aus eigener Betrachtung über- haupt nicht kenne, diese Modification wäre aber überall, wo sie vorkäme, von mehr oder weniger untergeordneter Bedeutung und blos das Netzwerk als solches von Wesenheit. Um durch weitere Erwähnung der Rohde’schen Angaben in der Beschreibung der eigenen Beobachtungen nicht aufgehalten zu werden, führe ich noch an, dass er meine Beobachtungen, nach welchen dieses perineurale Netz auch in die sogenannte Leydig’sche Punktsubstanz in freilich verfeinerter Form eindringt, bestreitet, was jedoch bei dem Umstande, dass er über die Structur der sogenannten Punktsubstanz nicht weiter hinausgekommen ist, wie Forscher etwa zwanzig Jahre vor ihm, kaum von einigem Gewicht sein dürfte. Dafür gibt aber Rohde an, dass das perineurale Netz nach Art, wie nach @. Fritsch die feinsten Capillaren in die riesen- haften Ganglienzellen der Markanschwellungen von Lophius ), in den Körper der Ganglienzellen eindringen. Ich kann dem gegenüber nur behaupten, dass mir so etwas nie begegnet ist, und muss sowohl diese, wie Lahousse’s früher erwähnte gleichartige Angabe als völlig unrichtig bezeichnen. Nach meinen eigenen Beobachtungen ist somit eine deutliche Basalmembran unter dem Körper- epithel (Hypodermis) vorhanden, welche dieses vom perineuralen Netze und somit auch vom Neurilemm '!) G. Fritsch, „Ueber einige bemerkenswerthe Elemente des Centralnerven- systems von Lophius piscatorius.“ Arch. f. mikr. Anat, Tom. XXVII. (134) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 11 trennt und wobei das Netz, nur mit dem Neurilemm zusammenhängend, mitihm ein einziges organisches Ganzes vorstellt. | Dorsalwärts im Gehirne (Fig. 2 bei v) finden wir das peri- neurale Netz sehr weitmaschig, doch sind die Maschenräume durch- aus nicht gleich weit, sondern neben sehr weiten finden sich auch bedeutend engere vor. In der Gegend des zweiten Augenpaares reicht jenes Ganglion, das von sehr kleinen Nervenzellen gebildet, noch in der Gegend des ersten Augenpaares (Fig. 1 g) sich weit median- wärts, fast bis zum medianen Septum (p) erstreckt, nicht so weit nach innen, und da das Septum hier gleichfalls keine solche Mächtigkeit besitzt wie an erster Stelle, so ist zwischen diesen Theilen jederseits eine Stelle vorhanden, welche dorsalwärts ganz frei von Ganglienzellen ist und blos vom perineuralen Netze einge- nommen wird (Fig.2 bei v). Ebenso ist ventralwärts oberhalb des Darmes (Fig. 1 k) das perineurale Netz nach aussen dem Perineurum zu vollständig frei von Ganglienzellen. Diese zwei Stellen sind desshalb am geeignetsten, um dieses (Gewebe zu studiren. Hier im Gehirne ist in diesem perineuralen Netze, mit Aus- nahme einer noch zu erwähnenden ganz bestimmten anatomischen Stelle, in dessen Knotenpunkten nur in den allerseltensten Fällen ein Zellkern nachweisbar. Auch in dem Falle, dass ich einen solchen beobachten konnte, geschah dies nur mit starken Ver- grösserungen und bei der grössten Aufmerksamkeit, denn der Kern färbte sich mit den zwei von mir angewandten Farbstoffen, ammoniakalischem Carmin und Picrocarmin, nicht. An den Knoten- punkten des Netzes finden sich dafür sehr oft verbreiterte Stellen vor (Fig. 1 q, hu.s. w.), in denen zwar ein Zellkern nicht er- kennbar ist, die aber ihrer Form nach als Verschmelzungen mehrerer Zellen aufzufassen sein werden. Solche breite Stellen sind recht häufig. In der Nähe der Nervenfasermasse, der die Ganglienzellen peripher anlagern, sind letztere in die einzelnen Maschenräume des perineuralen Netzes eingelagert (Fig. 1, 4, 6). Manchmal fand ich auch zwei kleinere Ganglienzellen innerhalb eines Maschen- raumes, aber immerhin recht selten. Natürlich werden an der Peripherie einer solchen Ganglienzelle auch Stellen sein, wo ihr eine andere direct anliegt, d. h. durch die Balken des Netzes nicht getrennt wird, ich glaube aber, dass es sich in vielen Fällen anders verhält, denn ich habe oft beobachten können, dass eine Seite einer Netzmasche sich sehr verbreiterte (Fig. 4, 6, 7 p) und da- durch ein sackartiges Gebilde hergestellt wurde, welches nicht die (135) 12 B. Haller: ganze Ganglienzelle, sondern nur den untern abgerundeten Theil derselben aufnahm. Dass diese verbreiterten Stellen an den Maschen des perineuralen Netzes mit jenen früher beschriebenen Gebilden gleichartig sind und offenbar durch die Vereinigung mehrerer oder doch zweier Zellen dieses Netzes entstanden sein müssen, ist ge- wiss. Klar ist es ferner, dass man solche nach zwei bis drei Seiten hin concav verbreiterte Stellen zwischen dicht aneinander gelegenen Garglienzellen selbst auf feinen Schnitten nicht beobachten kann; zumeist habe ich solche sackartige Erweiterungen an Stellen ge- funden, wo sonst Granglienzellschichten lagern (Fig. 4p), und so liegt der Gedanke nahe, dass an einer solchen Stelle eine Ganglien- zelle darinnen gelegen, aber durch das Präpariren herausgefallen war. Dabei bin ich aber weit entfernt, annehmen zu wollen, dass diese Verbreiterungen lediglich dazu bestimmt wären, den Ganglienzellen als Bett zu dienen, denn ich fand sie, wenngleich auch seitener, auch an solchen Stellen, wo sonst keine Ganglien- zellen lagern. Dort, wo ventralwärts unter der Nervenfasermasse die Ganglienzellen fehlen (Fig. 2 w) oder auch oberhalb dieser, zwischen Garglienzellen und der Nervenfasermasse (Fig. 4 w), also stets an Theilen des perineuralen Netzes, welche direct an die Nervenfasermasse anstossen, fand ich dieses Netz engmaschiger wie sonst wo, doch war der Unterschied kein besonders auffallender. Das perineurale Netz umgibt das Gehirn von allen Seiten und schliesst es der Haut und den Augen gegenüber dadurch, dass es in eine verdickte und aus ihm hervorgegangene Membran, der Nervenhülle, direct übergeht (Fig. 7), ab. Im Gehirne ist somit bei Lepidasthenia elegans und Nereis Costae keine Stelle vorhanden, die beweiskräftig dafür auftreten könnte, dass die verlängerten basalen Enden der Hypodermiszellen direct in dieses Netz über- gehen würden, wofür mir gegenüber Rohde eintritt. Diese in letzter Zeit eben durch ihn vertretene Ansicht beruht lediglich auf einem Beobachtungsfehler. | Bevor ich auf die medianen Septe des Hirnes von Lepida- sthenia elegans eingehen möchte, die auch eine Bildung aus dem perineuralen Netze ist, möge hier Einiges über die chemische Eigenschaft des perineuralen Netzes im Hirne mitgetheilt werden, welches ich übrigens in meiner früheren Publication angeführt hatte. Es sind der gelbe Hornglanz dieses Netzes sowie der Schwund der Zellkerne einerseits, andererseits das ganz indifferente Ver- halten den zwei angewandten und schon erwähnten Farbstoffen gegenüber. Der Umstand nun, dass ich dieses perineuiale Netz in (186) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 13 seiner ganzen Wesenheit, also auch jenen Theil im nervösen cen- tralen Fasertheil des Gehirns wie Bauchmarkes, als ein unzwei- deutiges Homologon mit dem durch H. Gierke!) wohl am aus- führliehsten beschriebenen Neuroglianetze der Wirbelthiere erkannt habe, sowie der Umstand, dass jenes Netz bei erwachsenen Säuge- thieren eine allmälige Verhornung, d. h. Umwandlung der Eiweiss- substanz in Keratin oder wie die Entdecker dieses Verhaltens, Ewald und Kühne), dieses Keratin benannten, „Neurokeratin“, eingeht, was durch Gierke abermals ausführliche Erörterung fand, veranlassten mich, bei dem Umstand, dass die Zellkerne dieses Netzes im Gehirne der hier aufgeführten zwei Polychaeten eine Umwandlung erfuhren, anzunehmen, dass hier möglicherweise auch eine Verhornung eingetreten sei. Die Zellkerne in den Knoten- punkten des Netzes sind derart umgewandelt, dass ich sie nur, wie ich schon mittheilte, in den seltensten Fällen auffinden konnte. Das Netz verräth einen auffallenden matten Glanz, wodurch die Begrenzung der Fasern viel schärfer hervortritt, wieim Bauch- marke. Dies sind alles Eigenschaften, die dem Neuroglianetze der Wirbelthiere, wo jene Verhornung zumeist überall im Central- nervensystem durch Gierke constatirt werden konnte, eigen sind. Ich kann heute aber diese Anschauung für das perineurale Netz nicht mehr aufrecht halten, denn wenn ich auch noch jetzt behaupten muss, dass durch die oben angeführten Eigenschaften eine chemische Umwandlung des perineuralen Netzes erfolgt ist, so kann ich doch nicht mehr annehmen, dass jener Process eine Keratinisirung sei, denn abgesehen von dem Umstande, dass ich überhaupt wichtigere chemische Reagentien, wie Alkalien und Säuren, sowie die Ver- dauungsversuche nicht vorgenommen habe, färbt sich das perineurale Netz im Gehirne, d. h. um die Nervenbestandtheile, mit ammonia- kalischem Carmin nicht, was doch geschehen müsste, wenn eine veritable Verhornung eingetreten wäre. Ich beschränke mich also jetzt nur auf jene Wahrnehmung, dass in jenem Netze und an angeführter Stelle sich ein Process vollzog, welcher die Zellkerne bei der angeführten Behandlung nicht mehr erkennen lässt. Medianwärts in der Mitte des Hirnes zieht durch dessen ganze Länge eine septale Bildung hin, welche von Rohde zwar ‘) H. Gierke, „Die Stützsubstanz des Centralnervensystems.*“ Archiv f. mikr, Anat, Tom. XXV, XXVI. ?) A. Ewald und W. Kühne, „Ueber einen neuen Bestandtheil des Central- nervensystems.“ Verhandl. d. naturhist.-med. Vereins zu Heidelberg. Neue Folge, 1877, Tom. I (187) 14 B. Haller: beobachtet, aber ganz unrichtig aufgefasst wurde. Rohde zeichnet und beschreibt dieses Gebilde als aus den hier besonders langen Hypodermiszellen gebildet und an einen vereinzelten Strang des Subeuticularfasergewebes anstossend und mit ihm verschmelzend. Dieser Strang soll dann unter dem letzteren gelegen nach hinten verlaufen, um zum Schlusse in die Leibeshöhle hervortretend aufzu- hören. Meine Beobachtungen sind von Rohde’s Angaben grund- verschieden, denn nach jenen ist dieses System (Fig. 1, 2), welches bei Nereis Costae fehlt (Fig. 12), in der vorderen Kopfregion aus einem mittleren mächtigen, direct an das Kopfdach stossenden unpaaren Abschnitte und drei Fortsätzen gebildet (Fig. 1 p). Die zwei lateralen Fortsätze ziehen, jederseits unter dem innern Rande des jederseitigen kleinzelligen Stirnganglions (mihi) gelegen und diesem fest angelagert, bis zur Stelle, wo die von Rohde richtig beobachtete Ganglienzellschichte desselben Ganglienpaares aufhört und seine Fasermasse beginnt. Der unpaare mediane Fortsatz ist kurz, von etwas conischer Form und hört oberhalb der medianen gross- zelligen Ganglienzellschichte des Hirns zugespitzt auf. Ich habe, um die Structur dieser stützenden Vorrichtung, worauf es mir ja in erster Instanz hier ankam, kennen zu lernen, einen Schnitt durch eine Stelle geführt, wo sie ein lockeres Gefüge zeigt — es ist dies die Gegend des zweiten Augenpaares — und habe diesen Schnitt auf Fig. 2 abgebildet. Hier sehen wir nur noch den medianen Fortsatz (p) in seiner früheren Compaetheit und Mächtigkeit entwickelt, denn der mächtige Theil, aus dem die drei Fortsätze abtraten, hört hier ganz auf. Der unpaare Fortsatz stösst fest an die Nervenhülle an und scheint mit dieser innig verwachsen. Er besteht aus von oben nach unten ziehenden und fest aneinander gereihten Fasern, welche an der Peripherie und besonders nach unten in ein feines, sehr kernreiches Netz sich auflösen (y). Dieses Netz reicht bis an die Fasermasse, oder richtiger gesprochen, an das obere Commis- suralsystem (f) des Gehirnes. Hier speciell sind den Maschenräumen dieses Netzes keine Ganglienzellen eingestreut, doch werden sie einige Schnitte früher von solchen ganz ausgefüllt. Von oben ziehen dem unpaaren Fortsatze angelagert (t) jeder- seits, gleich diesem anfangs fest aneinandergereihte, später unten aber auseinanderweichende Fasern, ohne sich netzförmig ausser- halb der nervösen Fasermasse zu verbinden, bis zu letzterem. Diese Fasern senken sich von hier mit den Fortsätzen der anliegenden Ganglienzellen in die nervöse Fasermasse ein. Von dem unpaaren Fortsatze treten gleichfalls lateralwärts Fasern über (p), und unten (188) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 15 findet sich zwischen ihnen jenes oben erwähnte kernreiche feine Netz vor. Das oben beschriebene Gebilde gehört somit dem peri- neuralen Netze an, und sind seine Fasern gleich denen des übrigen Netzes gegen die angewandten Farbstoffe unempfindlich, von dem- selben gelben Hornglanze. Nur das feine Netz verräth eine leise Färbung nach gehörig langer Einwirkung der angewandten Farb- stoffe und seine deutlichen Kerne (g) wurden vom Pierocarmin gut tingirt. Aus alldem zu schliessen ist dieses kernreiche Netz chemisch derart nicht verändert, wie das übrige perineurale Netz. Weiter nach vorne, dort, wo die mittlere Einsenkung des medianen Gehirndaches (E) keine so grosse ist, ist, wie schon oben erwähnt wurde, das mediane Septum mächtiger entwickelt (Fig. 1) und sowohl die lateralen wie der unpaare Fortsatz hängen durch abtretende Verbindungen mit einem Netze zusammen, dessen Maschenräume von Ganglienzellen vollständig ausgefüllt werden. Dieses Netz zeigt hier aber jene Eigenschaften des eben beschrie- benen, weiter hinten sich an dieser Stelle vorfindenden Netzes nicht mehr und unterscheidet sich durch nichts vom übrigen peri- neuralen Netze. Dort, wo Ganglienzellen sehr dicht aneinanderliegen, wie die grossen Zellen auf Fig. 2, dort konnte ich nur die wandständiger gelegenen, von den Fasern des perineuralen Netzes umgeben, be- obachten. Darum glaube ich, dass das perineurale Netz ebenso- wenig bis zu innerst in die dichte Ganglienzellschichte eindringt, wie in die sehr compacten Stirnganglien. Die jederseitigen zwei Commissuren vom Gehirne zu dem Bauchmarke (Fig. 1 d) werden auch, nachdem ihre Ganglienschichte (gzs) aufgehört hat, lateralwärts von dem perineuralen Netze, welches hier freilich sehr reducirt ist, umgeben, so dass das peri- neurale Netz des Gehirns mit jenem des Bauchmarkes continuirlich zusammenhängt. Gleich bei der ersten gangliösen Verdickung des Bauchmarkes finden wir das perineurale Netz mächtig entwickelt (Fig. 31, 32). Wenn wir aber dieses Netz hier um das Bauchmark herum nach guten Carminpräparaten betrachten, so werden uns sogleich zwei Eigenschaften dieses Gewebes auffallen, welche dem- selben Gewebe bis auf jene schon erörterte Stelle im Gehirne fehlen; denn erstens sind die Zellkerne in den Knotenpunkten des Netzes schön umrandet und sehr intensiv tingirt, zweitens aber fehlt hier dem Netze jener Hornglanz, welcher im Hirne so auf- fill. Wir sind somit sowohl durch die positive wie durch die negative Eigenschaft zur Annahme voll- (189) 16 B. Haller: berechtigt, dass das perineurale Netz um das Bauch- mark herum chemisch anders beschaffen ist, wieim Hirne. Dorsalwärts unter der Körpermuskulatur (Fig. 12, 13, 16, 18, 31,32 m) findet sich eine Nervenhülle (ft) vor, die gerade so wie im Gehirne mit dem perineuralen Netze ganz eng zusammenhängt und ohne Zweifel aus diesem entstanden ist. Bei schwächeren Ver- grösserungen scheint es, wie wenn diese Hülle sich auch als Grund- membran um die umliegende Hypodermis erstrecken würde (Fig. 15, 18). Doch wird man bei den feinsten Schnitten und stärkeren Ver- grösserungen wohl erkennen können, dass dem nicht so ist und dass die dorsale Nervenhülle hier von innen, der Hypodermis an- lagernd, hierorts nach unten biegt. Sie hört aber dann hier plötz- lich als eine dieke compacte Membran weiter zu bestehen auf, denn wir werden an der lateralen und ventralen Begrenzung jenes Raumes, der zur Aufnahme des Bauchmarkes dient und von diesem, sowie dem perineuralen Netze ausgefüllt wird, vergebens nach einer ähnlichen Nervenhülle suchen, da diese als solche hier fehlt. Wir finden hier bei stärkeren Vergrösserungen höchstens, dass das perineurale Netz bei dem Anstossen an dieHypodermis viel engmaschiger ge- worden ist als sonst wo. Somit ist es im Bauchmarke an dessen lateraler und ventraler Begrenzung noch zu keiner ähnlichen Hüllenbildung gekommen, wie dieses im Gehirne überali und dorsal- wärts im Bauchmarke sich bereits vorfindet, denn, wie ich dort den Nachweis geliefert habe, hat sich die Nervenhülle aus dem perineuralen Netze durch dessen Verdichtung herausgebildet. Vielmehr ist das Bauchmark der Hypodermis gegenüber noch nicht durch eine membranartige Hülle abgegrenzt, und dieses ist um so auffallender, als hier das perineurale Netz sich in dieHypodermisfortsetzt und alssolches sich hier überall nachweisen lässt (Fig. 12). Es wäre aber darum anzunehmen, dass dieses Netz mit den Hypodermiszellen eng zu- sammenhänge, wie nach den Angaben von Rohde zu vermuthen wäre, ganz unrichtig, denn die Hypodermis besteht hier immer, vorausgesetzt, dass durch unzweckmässiges Conserviren ihre Ele- mente durch allzu grosse Schrumpfung nicht fadenförmig geworden sind, was dann in der That zu einer confusen Auffassung Gelegen- heit gegeben hätte, aus breiten hohen Cylinderzellen, deren grosser schwach tingirbarer Kern von jenem des perineuralen Netzes scharf absticht. Zwischen diesen Hypodermiszellen liegt dann das Netz gleich den abtretenden Nerven, und es ist als eine Fortsetzung (190) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 17 des perineuralen Netzes zu betrachten. Weiter habe ich die Ver- hältnisse innerhalb der Hypodermis nicht verfolgt, kann aber das Mitgetheilte mit gutem Gewissen versichern. Aus jedem beliebigen Querschnitte ist ersichtlich, was schon durch Pruvot und dann genauer durch Rohde bekannt geworden ist, dass das Bauchmark jederseits aus einer mehr oder weniger runden, oder wo Nerven abtreten, etwas ovalen Nervenfasermasse und aus dem dieser nach aussen fest anliegenden Ganglienzellbelag besteht. Diese Ganglienzellen liegen dann, gleich wie im Gehirne, wie dieses ja von Rohde richtig beschrieben wurde, in den Maschenräumen des perineuralen Netzes. Ferner werden wir auch an jedem beliebigen Querschnitte constatiren können, dass um die Fasermasse herum das perineurale Netz bestrebt ist, sich concen- trisch anzuordnen, wodurch erstens eine lockere, beide Faserstrang- massen in sich aufnehmende (Fig. 12 r) und eine um jede Faser- masse kreisende Hülle entsteht (r)). Dieses kommt dadurch zu Stande, dass die Maschen des Netzes sich um die Faserstränge in die Quere der Körperachse ziehen, wobei die Fasern enger an- einander zu liegen kommen. Die concentrische Schichtung ist um die einzelnen Faserstränge dichter, als die gemeinsame um beide Faserstränge herum. Auf gröberen Schnitten macht erstere sogar oft den Eindruck, wie wenn um jeden Faserstrang herum eine kernreiche Membran sich befinden würde. Obgleich aber diese Hülle um die beiden Faserstränge herum bei den von mir untersuchten Polychaeten keine compacte ist, so möchte ich doch in Anbetracht ihrer phyletischen Bedeutung sie benennen, und zwar jene um beide Fasermassen herum als die gemeinsame, die anderen zwei aber als die eigenen Umhüllungen der Faserstränge. Dieses schien mir auch bei der weiteren Beschreibung geboten, doch möchte ich, um jedem zukünftigen Missverständnisse aus dem Wege zu gehen, abermals betonen, dass es sich hier um keine compacten Hüllen, sondern blos um eine Verdichtung des perineuralen Netzes in der angegebenen Richtung handelt. Ausser dieser eigenen Umhüllung werden die zwei Nerven- faserstränge noch von einem dorso - ventralwärts ziehenden ver- ticalen Septum getrennt (s. d. Abbild. s). Dieses Septum wird von Rohde beschrieben und abgebildet, der es als mediane Scheide- wand bezeielinet hat. Von der Annahme ausgehend, dass das peri- neurale Netz mit der Hypodermis eng zusammenhänge, fasst er auch dieses Septum als eine lediglich von den Hypodermiszellen gebildete auf. Dieses hat für denjenigen, der mit diesen Verhält- Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 13 a9 18 B. Haller: nissen nicht aus eigener Anschauung bekannt ist, und in Betracht des Umstandes, dass das Uentralnervensystem noch immer jene primäre Lage im Ectoderme gewahrt hat, ich sehe es ein, etwas sehr Bestechliches, zumal wenn man die Abbildungen Rohde’s über Sthenelais ansieht. Ich habe allerdings Sthenelais nicht unter- sucht und man könnte mir darum leicht einwenden, dass mein Einwand der Rohde’schen Behauptung gegenüber völlig unbe- rechtigt sei. Von diesem Standpunkte aus betrachtet wäre ja dies gewiss richtig, wenn ich aber bedenke, wie unrichtig diese Ver- hältnisse Rohde bei Lepidasthenia elegans wiedergibt und recht gut weiss, dass jenes Septum weiter mit den Hypodermiszellen als solchen nicht zusammenhängt, wenn ich dann ferner be- denke, dass Sthenelais in der sonstigen Organisation nicht als eine ältere Form auffassbar ist, dann muss ich diese Verhältnisse, so wie sie Rohde wiedergibt, mit ganzer Entschiedenheit bezweifeln. Ich beschränke mich nun auf Lepidasthenia, wo Rohde dieses Verhalten in der Weise, dass die Septenfasern directe Verlän- gerungen der Hypodermiszellen wären, nicht so deutlich zeichnet. Seine zwei Abbildungen (Fig. 80a, 80b) sind durchaus nicht so beweiskräftig, zumal wenn man bedenkt, bei wie schwachen Ver- grösserungen diese Abbildungen gezeichnet wurden. Dieses Septum ist nicht compact, sondern besteht aus locker aneinandergefügten Fasern, die, ganz ähnlich wie das übrige perineurale Netz, mit der dorsalen Nervenhülle eng zusammen- hängt (Fig. 12, 13, 16, 18, 31, 32 s). Es sind verticale Fasern in verschiedener Zahl, die, von der Nervenhülle entspringend (Fig. 31, 32 s), nach unten ziehen. Bereits zwischen den Nerven- fasersträngen beginnen diese verticalen Fasern sich zu gabeln (Fig. 14 s) und zerfallen, bis an die Hypodermis angelangt, in ihre Endäste oder besser gesagt, sie gehen in das kernreiche peri- neurale Netz auf (siehe d. Figg. vr). Dieses Netz setzt sich dann wie immer in die Hypodermisschicht fort. Bevor aber diese ver- ticalen Fasern diesen Zerfall in das perineurale Netz eingegangen wären, divergiren sie etwas unterhalb der Ganglienzellschichte. Während ihres Verlaufes zwischen den Nervenfasersträngen werden sie vom übrigen Netze durchsponnen (Fig. 14 s), doch enthalten sie selber hier nur selten einen Zellkern. Sie sind somit ein blosser Theil jener Substanz, welche das perineurale Netz bildet. Diese Verhältnisse sind so klar zu beobachten , dass man sich in der That wundern muss, wie Rohde in den erwähnten Irrthum verfallen sein konnte. 4192) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 19 Dort, wo Nerven abtreten, umlagert das perineurale Netz die- selben und bildet um dieseiben eine dichte Hülle (Fig. 13, 16, 18 n), wobei es nach innen in den Nervenbündel als ein nach allen Rich- tungen hin abgeschlossenes Netzwerk sich erstreckt, und die Nerven- fasern liegen dann in den Maschenräumen dieses Netzes. Um dieses perineurale Netz in seiner gesammten Vollständigkeit zu würdigen, möge gleich hier mitgetheilt werden, wie die centrale Fasermasse des Centralnervensystems, oder wie schon ziemlich unzutreffend bezeichnet wurde, die „Marksubstanz“ beschaffen ist. Rohde ist bezüglich der feineren Structur dieser Centralsubstanz nicht weiter gekommen als die ältesten Autoren vor ihm. Ich meine hier natür- lich die feine Netzstructur. Ich?!) hatte hierüber mitgetheilt, dass man, und dieses möchte ich hier nochmals betont haben, bei den feinsten Präparaten und mit guten Immersionssystemen hier in dieser Centralsubstanz ein etwas gröberes Netzwerk und ein feineres erkennen kann, die sich vielfach ineinander flechten, ohne jedoch mit einander irgendwie zu verschmelzen. Das gröbere Netz, be- haupteteich dann, gehöre dem perineuralen Netze als dessen Fort- setzung an, während das viel feinere mit aller Sicherheit ein Nervennetz sei, welches von mir für andere Thiere als „centrales Nervennetz“ bezeichnet wurde und dessen Entdecker für alle Zeiten nur und allein L.Gerlach gelten kann. Hierauf erwiderte Rohde folgendermassen: „Haller behauptet, dass die Central- substanz des Gehirns bei den Polychaeten ähnlich wie bei den Wirbelthieren neben dem nervösen Netz auch ein sehr ausgebildetes bindegewebiges erhalte. Das kann ich nicht bestätigen. Es ziehen zwar im Hirn und Bauchmark Subeuticularfasern theils in Be- gleitung der Ganglienzellfortsätze, theils unabhängig von diesen allenthalben in die nervöse Centralsubstanz hinein, sie endigen aber in dieser entweder nach kürzerem. Verlauf blind oder treten die Centralsubstanz quer durchsetzend aus dieser am entgegen- gesetzten Rande des Bauchmarkes wieder heraus. Niemals aber verbinden sie sich innerhalb der Centralsubstanz zu einem Netz, wie ich mich namentlich deutlich bei Sthenelais überzeugen konnte, wo sich die Subcuticularfasern nach Sublimatbehandlung stets durch dunklere Färbung von den centralen nervösen Fibrillen scharf abheben.“ Auch vom centralen Nervennetze will Rohde nichts wissen, seine Abbildung auf Fig. 29 beweist aber nur zu sehr, dass er in diese subtilen Verhältnisse gar nicht eingedrungen € 13* (193y 20 B. Haller: ist, wenngleich ihn dies nicht abhält, trotzdem darüber ein Urtheil zu fällen. Es ist somit ganz überflüssig, hier weiter sich mit seinen Angaben hinsichtlich dieser Frage zu befassen. Ich selbst nannte das perineurale Netz sowohl ausserhalb wie innerhalb des cen- tralen Nervennetzes ein bindegewebiges, jetzt möchte ich aber diesen Ausdruck aus später anzuführenden Gründen fallen lassen. Leydig’s sonderbare Auffassung betreffs des centralen Nerven- netzes habe ich in meinen Studien über marine Rhipidoglossen zurückgewiesen und gleiches auch später wiederholt. Es ist darum unbegreiflich, wie Leydig heute behaupten mag !), dass er in meiner letzten diesbezüglichen Mittheilung schon etwas von Unsicherheit „und ein Hinneigen zu dem, was er behauptete“, bemerke. Hier- gegen muss ich ganz entschieden protestiren. Ich habe dieses nur der Berichtigung halber erwähnt und will hier auf die neuere Literatur über das centrale Nervennetz wie der Neuroglia nicht eingehen, da ich zum Schlusse dieser Abhandlung mir Gelegenheit nehmen werde, mich kritisch auf dieselben einzulassen. Hier will ich nun die diesbezüglichen Verhältnisse, wie ich sie bei den unter- suchten zweierranten Polychaeten gefunden, mittheilen. Unter meinen diesbezüglichen Präparaten wurden nun auch viele in chromsaurem Ammoniak gehärtet, frei aus der Hand geschnitten, ohne zuvor sie einzuschliessen und mit ammoniakalischem Carmin, aus dem jedes freie Ammoniak entfernt wurde, gefärbt. Eingeschlossen wurde in Canadabalsam und mit einem ganz vorzüglichen Wasser- immersions-System XI von Reichert untersucht. Dabei wurde von Zeit zu Zeit auch der Beleuchtungsapparat angewandt. Bei solcherweise angestellten Untersuchungen konnte ich im Gehirne an Stellen, wo massenhaftere Nervenfaserzüge mehr oder weniger fehlten, wie unter Anderem in der Gegend der unteren Commissural- züge (Fig.2 r), gleich bei der ersten Betrachtung ein Netzwerk ‘mit aller nur wünschenswerthen Sicherheit erkennen. Es gehört hierzu freilich ein auf ähnliche Nervenpräparate eingeschultes Auge, denn ein anderes wird erst nach längerem Suchen mit solcher Sicherheit das Vorhandensein eines regelrechten Netzes constatiren können. Es war mir im Anfang nicht möglich, etwas anderes zu sehen, als eben ein subtiles Netz, dem hie und da recht selten ein gut gefärbter Zellkern eingelagert war. Erst als ich die denk- barst feinsten Schnitte mehrere Tage hindurch fast unausgesetzt !) Zoolog. Anzeiger, XI. Jahrgang, Nr. 281, pag. 311. (194) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. al beobachtete, konnte ich mich überzeugen, dass hier die Verhält- nisse nicht so einfach sind, wie etwa bei den rhipidoglossen Schnecken und dass ich es mit Complicationen zu thun habe, die lebhaft an ähnliche Verhältnisse bei Vertebraten erinnern. Wie es sich dann nachträglich herausstellte, sind zwar die Verhältnisse hier durchaus nicht so complicirt wie bei den Wirbelthieren, doch bilden sie immerhin eins der schwerst enträthselbarsten Objecte der Histologie. Ich habe aber trotz diesen Umständen keine andere Technik angewandt, daich überzeugt bin, dass die angewandten Reagentien auf Nervenhistologie heute wenigstens das möglichst Vollkom- mendste leisten. Hierin stimme ich mit dem sachkundigen Gierke vollkommen überein. Sollten also meine Untersuchungen kritisch besprochen werden, so kann dies nur dann geschehen, wenn der betreffende Forscher auf dieselbe Weise untersucht hat, nicht aber nach oberflächlichen und schülerhaften Studien. Ich werde mich in Zukunft stets hüten, auf solche zu reflectiren, denn hiermit ist in dieser Sache nichts Förderndes anzustellen; im Gegentheil, sie wird nur immer complicirter. Wie ich schon erwähnt habe, erkannte ich die Structur des centralen Fasertheiles am ersten und genauesten in der Gegend des Abganges des hinteren Augennerven. An dieser Stelle fehlten die anderen Commissuralsysteme, blos die obere (Fig. 2 f) war vorhanden. Lateralwärts von dieser median gelegenen Stelle (N) trat ein Theil der Nervenfasern des hinteren Augennerves von oben nach unten hierher ein (nua), um sich dann hier in die Endäste aufzulösen, oder correcter gesprochen, ein Theil der Nervenfasern des hinteren Augennerven entsprang von hier. Wie ich schon bei Beschreibung des medianen Septums erörtert habe, treten jederseits an dieser Stelle Längsfasern des perineuralen Netzes mit den Fortsätzen anliegender Ganglienzellen hierher ein (r). Man kann diese Stützgewebsfasern bis weit in das centrale Faserwerk schon mit stärkeren Trockensystemen verfolgen, ohne jedoch ihr Endverhalten auf diese Weise ermitteln zu können. Erst bei Anwendung des gedachten Immersionssystemes konnte ich feststellen, dass diese Fasern sich allmälig ramificirend hier in ein feines Netz auflösten (Fig. 3 b). Betrachtet man solche Prä- parate längere Zeit bei der gewünschten Beleuchtung und auch bei Anwendung des Beleuchtungsapparates, so wird man gut er- kennen können, dass hier die Lücken dieses Netzes, dessen Fasern deutlich doppelt contourirt und etwas wie glänzend erscheinen, (195) 92 B. Haller: von einem andern bedeutend feineren und regelmässigeren Netze ausgefüllt werden. Wenn man eine bestimmte Faser dieses grö- beren Netzes längere Zeit betrachtet, so wird es einem nicht ent- gehen können, dass die Fasern des feineren Netzes stellenweise über sie hinwegziehen und auf diese Weise das feine Netzwerk innerhalb der Maschenräume des gröberen Netzes mit dem in an- liegenden Maschenräumen zusammenhängt, oder, dass jenes feinere Netz ein eben so innig zusammenhängendes und in sich abge- schlossenes Ganzes darstellt, wie jenes gröbere. Da die längere Betrachtung so feiner Structuren das Auge sehr ermüdet, man aber dann leicht einer Täuschung ausgesetzt sein könnte, andererseits aber man eventuell bei solch feinen Structuren auch etwas sehen könnte, was eine Vortäuschung, begünstigt durch die subjective Auffassung der Dinge, sein könnte, so verfuhr ich, um von solchem Irrthum möglichst verschont zu werden, auf folgende Weise: Ich suchte mir eine beliebige Stelle im Präparate aus, studirte diese und zeichnete sie; dann stellte ich die Betrachtung für etliche Tage ein, indem ich das Präparat auf dem Mikroskop befestigt liegen liess, und nahm die Betrachtung dann abermals auf. Dann zeichnete ich jene Stelle im Präparate wieder, ohne jedoch die erste Zeichnung von der Zeit her, wo ich sie fertiggestellt hatte, zu betrachten. Erst als ich drei solehe Zeichnungen auf diese Weise fertiggesteilt hatte, ver- glich ich sie. Sie stimmten auffallend überein! Ich kann darum behaupten, dass die Abbildung in Fig. 3 sehr naturgetreu ist. Der Unterschied zwischen den zwei Netzen besteht äusserlich hauptsächlich darin, dass das eine Netz breitere Fasern besitzt, diese doppelt contourirt sind und einen gewissen Glanz besitzen. Diesen Eigenschaften gegenüber ist das andere, viel zartere Netz ganz matt, und vermöge der grossen Feinheit seiner Fasern erscheinen dieselben auch nicht so scharf begrenzt, sondern stellenweise varicös. Ferner sind an den Knotenpunkten letzteren Netzes feinste Punkte eingestreut, die nichts anderes als die Querschnitte der von hier abtretenden Fasern sind. Dem gegenüber erkennt man an dem gröberen Netz solche quergeschnittene Fasern nur nach öfterem Verschieben des Tubus und auch dann nicht so deutlich wie an dem feineren Netz, bei welchem sie sofort in die Augen fallen. Während ferner das feinere Netz sich durch ammoniakalischen Carmin nicht färbt, erfährt das grössere Netz eine ganz leise Tinction. Wie ich schon mitgetheilt habe, gehen jene verticalen Fasern aus dem perineuralen Netz durch allmälige Ramification in das (196) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 23 'gröbere Netz innerhalb der centralen Fasermasse am genannten Orte über, wie dieses mit aller nur wünschenswerthen Sicherheit eonstatirt werden konnte. Bei gut tingirten Präparaten sieht man innerhalb der centralen Fasersubstanz zwei Gebilde sehr schön tingirt. Erstens sind es schöne runde, mehr oder weniger ovale und verhältnissmässig grosse Zellkerne (Fig. 2t), die ein feines Kerngerüst und stets ein deutliches Kernkörperchen besitzen. Ein Zellleib ıst zwar um diese Zellen herum stets vorhanden, denn möge es noch so sehr den Anschein gehabt haben, dass diese Kerne frei innerhalb des centralen Fasergewebes einlagern, so konnte doch bei genauer Besichtigung ein, wenn noch so feiner Zellleib um den Kern herum beobachtet werden. Von diesem geringen Zellleibe, und somit nicht vom Zellkerne, gehen dann kurze Fortsätze ab, die in jeder Beziehung den Fasern des gröberen Netzes entsprechen und sich, dichotomisch theilend, in dieses auf- lösen. Somit gehören diese Kerne dem gröberen Netze an und, obgleich man bei der Feinheit des Netzes und der verhältniss- mässig ganz bedeutenden Grösse dieser Zellkerne nicht so recht sagen kann, dass sie die Knotenpunkte des Netzes einnehmen, so ist dies in Wirklichkeit doch der Fall. Was ich aber betonen möchte, sind diese Kerne selbst an diesem Orte nicht häufig und verrathen blos eine mittelstarke Tinction. Eine andere Einlagerung innerhalb des gröberen Netzes sind grössere Gebilde in den Knotenpunkten, die durch die Carmin- tinetion eine mittelstarke Färbung, etwa wie die besprochenen Zellkerne, annehmen. Diese Gebilde (z, z‘) besitzen Ausläufer, die in das Netz übergehen. Ein Zellkern lässt sich hier in diesen Ge- bilden, die nichts anderes sind wie chemisch umgewandelte Zellen, durch die angeführte Tinctionsweise nicht nachweisen, und wenn ein solcher durch besondere Kernfärbemittel, wie Beale’schen Carmin, Alauncarmin ete., sich nachweisen lassen wird, so sind diese Zellen, die morphologisch mit jenen eben beschriebenen gross- kernigen identisch sind, von ihnen chemisch doch ganz verschieden. Ob freilich diese Umwandlung auf einer Verhornung beruht, das kann ich nicht unterscheiden. Das gröbere Netz hängt somit ganz enge zusammen mit dem perineuralen Netz und ist mit demselben eins und dasselbe, nur mit dem Unterschiede, dass es, den topographischen Verhältnissen entsprechend, viel engmaschiger und bedeutend feiner ist, wobei es chemisch noch eine Veränderung erfahren hat, die dem perineuralen Netze fehlte. An der beschriebenen Stelle der centralen Fasermasse (197) 24 B. Haller: im Gehirn war dieses Netz wohl am schönsten sichtbar. Ich werde das perineurale Netz im Gehirn sowohl wie im Bauchmark von nun an perineurales Neuroglianetz, jenes in der centralen Faäsermasse aber centrales Neuroglianetz nennen, wobei ich den innigen Zusammenhang beider abermals betonen möchte. Die Begründung dessen, wenn es nunmehr einer solchen noch bedarf, dass in der That dieses Stütznetz ein Homologon der Neuroglia der Vertebraten ist, soll mehr weiter unten erfolgen. Bevor ich hier die allgemeine Verbreitung der Neuroglia, soweit ich das Central-Nervensystem angeführter erranten Polychaeten unter- sucht habe, im Gehirn sowohl, wie im Bauchmark noch kurz erörtern würde, möge zuvor das centrale Nervennetz besprochen werden. Dieses Netz ist äusserst zart und seine Fäden nehmen keine Färbung an. In den Knotenpunkten sieht man die Querschnitte nach einer an- deren Richtung abtretender Nervenfasern (Fig.3,4). Betrachten wir abermals die früher erörterte Stelle im Gehirn (Fig. 2N), so finden wir, wie ich dieses schon erwähnt habe, dass ein Theil der Fasern (kr) des hinteren Augennerven, die Commissur (t) kreuzend, sich hierher begibt, um allmälig in feinere Aeste zerfallend (nua), bei Trocken- systemen unserem weitern Blicke zu entgehen. Es gelang mir bei aufmerksamer Betrachtung bei vorzüglicher Beleuchtung auch schon mit den stärksten Trockensystemen constatiren zu können, dass diese Fasern (nua) allmälig in das Netzwerk sich auflösen. Bei Immersionssystemen sieht man aber recht deutlich, dass diese Nervenfasern (Fig. 3 nua), welche den gröberen Neurogliafasern (b) gegenüber ganz blass erscheinen, allmälig sich in das feinere Netz auflösen. Ich beobachtete dies Alles mit der grössten Sicherheit und ich glaube darum den Beweis erbracht zu haben, dass das feinere Netz innerhalb der centralen Fasermasse ein nervöses ist, wie ein Solches für das Central-Nervensystem der Prosobranchier von mir!) und für jenes der Bivalven von Rawitz?) mit aller nur wünschenswerthen Sicherheit beschrieben wurde. Der Unterschied wäre zwischen dem der untersuchten erranten Polychaeten und dem der Mollusken nur der, dass das centrale Nervennetz ersterer viel engmaschiger ist. Es existiren somit bei diesen Poly- chaeten innerhalb der centralen Fasermassezweiin- einander verschlungene, doch miteinander nicht ver- bundene Netze, und zwarein gröberes, der Neuroglia !) Morphol. Jahrbuch, Tom. XI. ®) B. Rawitz, Das centrale Nervensystem der Acephalen. Jena’sche Zeitschr. f. Naturwiss. Tom. XX, N. F. XIII. (198) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 25 angehörendes undein vielzarteresNervennetz, welch letzteres aus den Fortsätzender G@anglienzellen sich eonstruirt und peripheren Nervenfasern zum Ur- sprung dient. Nun möchte ich nochmals auf das centrale Neuroglianetz zurück- kommen, um zu erörtern, wie weit es, sich allgemein verbreitend, im Central-Nervensystem dieser Würmer anzutreffen ist. Wasdas Bauch- mark betrifft, so ist es dort überall in der centralen Fasermasse gleichmässig vertheilt. In Bezug auf das Gehirn sind aber meine Beobachtungen nicht ausreichend genug, um für alle Theile ein sicheres Urtheil abgeben zu können; so viel aber schien mir ganz sicher, dass erstens die innere Neuroglia feiner ist wie im Bauch- mark und zweitens, dass sie sich nicht jener allgemeinen Verbreitung erfreut wie dort. Es existirt nämlich ein äusserst feines Netzwerk gleich unterhalb der Kreuzung des hinteren Augennerven mit der Commissur (t) innerhalb der centralen Fasermasse, welches lediglich aus einem äusserst feinen Nervennetz (g) besteht, das noch feiner ist wie das Nervennetz an anderen Stellen und innerhalb welchem die innere Neuroglia gänzlich fehlt. Es treten zwar in nächster Nähe der Commissur gröbere Fasern der äusseren Neu- roglia hierher ein ($), diese dienen aber eher zur Stütze der Com- missur und verästeln sich nicht in ein feines Netz, sondern bilden blos etliche gröbere Maschen. Dadurch nun, dass an dieser kleinen Stelle weder gröbere Nervenfaserbündel sich vorfinden, andererseits aber, dass hier das Nervennetz enger wie sonst ist und das innere Neuroglianetz fehlt, erhält diese Stelle (g) der Nachbarschaft gegen- über ein etwas blassmattes eigenartiges Aussehen. Ventralwärts (w) sieht man fast immer aus der perineuralen Neuroglia Fasern in die centrale Fasermasse eintreten, welche dann die innige Verbindung zwischen dem centralen und peri- neuralen Neuroglianetz herstellen. Es sind mir aber einige Male Stellen aufgefallen (Fig. 4), wo blos die Ganglienzellfortsätze (gzf) in das centrale Nervennetz (nn) sich einsenkten, während die peri- neurale Neuroglia (sn) keine Fortsätze einsandte, vielmehr an der inneren Fasermasse ganz abgeschlossen (w) zu enden schien und man auch an letztem Orte keine innere Neuroglia erkennen konnte. Wie weit diese Stelle reicht, ob sie grössere Ausdehnung besitzt, oder blos auf kleine Strecken sich erstreckt, darüber habe ich kein Urtheil. Dieses ist nun Alles, was ich über die Neuroglia dieser Poly- chaeten ermitteln konnte, und ich werde nun die Neuroglia hier zu (199) 26 B. Haller: charakterisiren versuchen. Bei den zwei untersuchten Formen besteht die Neuroglia aus einem äusseren und inneren Netz. Das äussere weitmaschige Netz umgibt die nervösen Theile des Gehirnes und des Bauchmarkes von allen Seiten, in ihren Maschen- räumen die @anglienzellen bergend. Nach aussen zu wird das Gehirn von einer Membran abgeschlossen, dieich mit der „Glyahülle“ Gierke’s bei den Wirbel- thieren vergleiche und welche als eine Umwandlung deräussersten, demHypodermisangrenzendenTheile des perineuralen Neuroglianetzes zu betrachtenist, entstanden dadurch, dass diese Theile des Netzes sich morphologisch verdichteten und durch feste Aneinanderlagerung der Netzfäden, sowie chemische Umwandlung zu einem einheitlichen Ganzen wurden. Im Bauchmark aber findet diese Membranbildung nur dorsalwärts statt, da lateral- wie ventralwärts das perineurale Neuroglianetz sich in die Hypodermis- schicht fortsetzt, ohne jedoch mit den Elementen derselben zu verschmelzen. Diese perineurale Neu- roglia setztsich dann in viel feinerer Netzform auch in diecentrale Fasermasse fort undbildetdortgleich- falls ein zusammenhängendes Netz. Aus all dem geht aber hervor, dass die Neuroglia hier ein Stützgewebe in physiolo- gischem Sinne xxT' &oyrv ist. Soviel einstweilen hier über dies Gewebe, und nun möge auf die Angaben Rohde’s bei anderen Formen Rücksicht genommen werden. Nach Rohde kommen bei Sthenelais sehr grosse und vielfach verästelte Zellen innerhalb der Knotenpunkte des peri- neuralen Neuroglianetzes vor. Diese wären dann, meiner Ansicht nach, als ungemein vergrösserte Formen der bei Lepidasthenia und Nereis in den Knotenpunkten sich vorfindenden Zellen zu betrachten. Ganz anders würde es sich mit den Zellen innerhalb der Netzfächer der lateralen und ventralen Theile bei Sthenelais verhalten. Diese wären Elemente, welche der Lepidasthenia und Nereis Costae ganz fehlen und deren Bedeutung als eingewanderte Mesodermgebilde, die vielleicht durch das Bedürfniss des Stoffwechsels hierher befördert wurden, noch am wahrscheinlichsten ist. Immerhin bedürften aber die durch Rohde untersuchten Formen mehr zum Zwecke der Erweiterung einer eingehenderen histologischen Untersuchung. (200) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. Zei Die Topographie des Central-Nervensystems. Die Form der Ganglienzellen betreffend, kann ich insoferne Rohde beistimmen, als auch ich die Ganglienzellen sowohl von Lepidasthenia als Nereis mit Ausnahme weniger Stellen birnförmig und somit scheinbar wenigstens unipolar fand. Diese Unipolarität bezieht sich aber selbstverständlich nicht darauf, dass der Fortsatz sich ungetheilt in einen peripheren Nerven fortsetzen würde, wo- durch die Nervenzelle ausser allen Zusammenhang mit dem übrigen Central-Nervensystem gerathen würde. Eine solche echte Unipolarität ist im physiologischen Sinne rein unmöglich und es liegen nur Be- obachtungen morphologischer Art zahlreich genug vor, um sie mit aller Bestimmtheit leugnen zu müssen. Gerade meine hier mitzu- theilenden Beobachtungen sind ein weiterer Beleg für diese Be- hauptung. Die Ganglienzellen sind zwar hier birnförmig, doch theilt sich der strunkförmige Fortsatz innerhalb des centralen Nervennetzes, um entweder sammt allen Aesten oder blos mit dem einen, oder doch wenigen, dann gewöhnlich sehr feinen, sich in dasselbe aufzulösen. Im letzteren Falle geht der stärkste Ast in einen peripheren Nerven oder in eine Commissur über. Dies ist die allgemeine Regel und somit würden die Ganglien- zellen hier untereinander keine directen Anastomosen eingehen, sondern der Zusammenhang unter der @esammtheit der Ganglienzellen würde durch dascentrale Nervennetz vermittelt werden.!) Damit will ich aber durchaus nicht be- hauptet haben, dass directe Anastomosen zwischen Ganglienzellen hier überhaupt nicht vorkämen, doch sind es blos ganz bestimmte anatomische Stellen, wo solche vorkommen. So beobachtete ich ausser im Tentakelganglion und stellenweise im übrigen Gehirn, dass Ganglienzellen zweier entgegengesetzter Seiten, also sehr weit auseinander gelegener Gebiete (Fig. 26, 27), mitein- ander sich direct verbanden. Es gibt aber gewiss keine Zelle im Central-Nervensystem der Polychaeten, die ausser dem dicken Fortsatze, für den Fall er in einen Nerven oder Commissur ein- treten sollte, nicht feinste Aeste in das centrale Nervennetz abgeben sollte. Es gibt aber eben so viele Fälle, wo der gesammte Fortsatz einer Zelle sich in das centrale Nervennetz auflöst. Für den ersteren Fall geben uns ein schönes Beispiel jene riesenhaften durch Rohde entdeckten Ganglienzellen im Bauchmark, die jeder- seits lateral an ganz bestimmten Stellen gelegen sind. !) Rohde scheint die Unipolarität in der That im althergebrachten Sinne zu verstehen, S, 1. c. pag. 23. (201) 28 B. Haller: Der Zellkern ist in der Ganglienzelle von Lepidasthenia und Nereis im Verhältniss zum Zellleib nicht gross; im Gegentheil sind es diese Ganglienzellen, welche in dem angeführten Ver- hältniss bei den mir bekannt gewordenen Nervenzellen die kleinsten Kerne besitzen (siehe Taf. II). Dies ist eine Eigenschaft, die bei den Oligochaeten nicht anzutreffen ist, wo der Zellkern der Gang- lienzellen geradezu sehr gross ist. Ein grösseres Kernkörperchen kommt allen Ganglienzellen dieser Polychaeten zu. Die Zellkerne behalten ihre vollkommene Kugel- form resistenter wie sonst eine Ganglienzellenart, wenigstens konnte ich bei der von mir angewandten Methode nur sehr selten einen verzerrten Zellkern antreffen. Rohde unterscheidet bei den Polychaeten nach Grösse, dichterer Granulirung des Zellkörpers und nach der chemischen Natur des Zellkernes zwei Typen von Ganglienzellen, welcher Unterscheidung ich aber für die von mir untersuchten Polychaeten wenigstens nicht beistimmen kann ; wie es denn überhaupt ungemein schwer fällt, dort, wo es nicht zu ganz besonderen Gruppirungen gewisser Nervenzellen im Central-Nervensystem kommt, wie etwa im Hirn der Vertebraten ete. zwischen den Ganglienzellen Grenzen durchzuführen. Dies geht aber auch aus Rohde’s Angaben deutlich hervor, da er selbst zwischen seinen zwei aufgestellten Ganglien- typen „alle möglichen Uebergangsformen“ angibt. Den Unterschied nach dem chemischen Verhalten des Zellkernes konnte ich bis auf die Zellen der Tentakelganglien gleichfalls nicht constatiren, ob- gleich ich auch neuerdings auf meinen Präparaten eine Musterung in dieser Richtung vornahm. Ebenso wenig konnte ich das Fehlen eines grösseren Kernkörperchens in den Zellkernen der kleineren Zellen feststellen. Was schliesslich die Granulation der Ganglienzellen betrifft, womit Rohde allerdings nicht näher bestimmt, ob er ausschliesslich das Protoplasma (Filarmasse) oder auch die noch nach der Con- servirung theilweise im Zellleib verbliebenen Stoffwechselproducte versteht, so konnte ich unter den gewöhnlichen Zellen nur den sehr hellen Zellleib mit sehr feiner, zumeist um den Kern gruppirter Filarmasse beobachten, der nur selten noch Stoffwechselproducte eingelagert waren. Man wird aber auch an fest aneinander gelagerten und von einander sonst gar nicht verschiedenen Ganglienzellen, deren Fortsätze fest aneinander liegend sogar in ein und denselben Faserbündel eintreten, beobachten können, dass sie nicht gleich „dicht granulirt“ sind. Es lässt sich aber darum, wie dieses Fig. 2 (202) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 29 am besten versinnlicht, noch kein zutreffendes Charakteristikon zwischen ihnen herausfinden. Ich bin vielmehr der Meinung, dass es sich in solchen Fällen, wo eine „dichtere Granulirung“ vor- handen ist, weniger um ein dichteres Filarwerk (Protoplasma), sondern um feine Körnchen eines Stoffwechselproductes handelt, die zwischen den Fäden der Filarmasse sich gleichmässig vertheilen. Was die Anordnung der Filarmasse betrifft, so hat Rohde besonders bei Aphrodite öfter an jenen schönen grossen Elementen die concentrische Anordnung beobachtet. Ich selbst habe zumeist nur die netzförmige Anordnung angetroffen und nur an den Riesen- zellen des Bauchmarkes gelang es mir einige Male, die concentrische Anordnung zu sehen. Damit will ich aber selbstverständlich nicht eine zeitweise concentrische Anordnung der Filarmasse in den Ganglien- zellen bezweifeln, denn eine concentrische habe ich an den Riesen- zellen des Bauchmarkes, wie ich es eben erwähnte, auch beobachtet. Ich vertrete vielmehr jene von mir schon vor fünf Jahren ausge- sprochene Ansicht!), wonach innerhalb der Ganglienzelle die Filar- masse nach dem jeweiligen Functionszustande der Zelle eine con- centrische, netzförmige oder gleichmässig vertheilte Anordnung ein- gehen kann. Nur in den Riesenzellen des Bauchmarkes konnte ich in der That eine gröbere Granulirung erkennen, aber auch da würde man sich irren, wollte man annehmen, dass diese gröbere Granulirung lediglich auf eine gröbere und zahlreichere Filarmasse zurück- zuführen sei, denn in der Tbat handelt es sich hier auch um zahl- reiche Stoffwechselproducte (Fig. 14 v), die in Form feinerer oder gröberer Körnchen die Zelle erfüllen. Doch habe ich manchmal auch diese Riesenzellen nicht so dicht erfüllt von Stoffwechsel- producten angetroffen, wenn sie auch heller erschienen, doch bei weitem nie so hell, wie die übrigen Ganglienzellen. Auch Fälle fanden sich vor (Fig. 18 h), wo ein gewisses Stoffwechselproduct einmal ausgeschieden die Randpartien des Zellleibes in Form von kranzförmig gestellten, mehr oder weniger unregelmässigen Kugeln einnahm, wo dann diese lichten Plätze von Filarmasse freibleiben. Es entstanden dann sehr oft Figuren, wie sie von Rohde so aus- führlich beschrieben und auf Taf. IV abgebildet wurden und die lediglich als Kunstproducte anzusehen sind. Nach dieser Erörterung auf die topographisch-histologischen Verhältnisse übergehend, möchte ich hier mit dem vorderen, oberen ‘) B, Haller, Beiträge zur Kenntniss der Nerven im Peritoneum von Doris tuberculata. Arb. a. d. Zool, Institut z. Wien, Tom. V. (203) 30 B. Haller: Theil des Gehirnes beginnen. Wenn wir die vordersten Querschnitte über das Gehirn von Lepidasthenia nach Carmintinetion betrachten, so werden uns sofort durch ihre intensive Tinction ein paar gang- liöse Gebilde auffallen müssen (Fig. 1g). Obgleich mir die Bedeutung dieser Gebilde nach ihrer Auffindung sofort klar wurde und ich mich darüber zum Theil wenigstens auch geäussert habe, so fand diese Deutung, möglicherweise darum, weil ich sie in jener kurzen Mittheilung zu wenig eingehend motiviren konnte, bei Rohde keinen Anklang. Bevor ich nun auf die Mittheilung anderer Autoren über diesen Organtheil bei Lepidasthenia oder bei anderen Formen mich einlassen werde, möchte ich zuvor über denselben meine eigenen Beobachtungen mittheilen. Bei Lepidasthenia elegans, wo ich dieses Ganglienpaar auf Querschnitten bei den zwei von mir untersuchten Exemplaren zu beobachten Gelegenheit hatte, sind es zwei, ganz richtig von Rohde als hutpilzförmig bezeichnete, rein -gangliöse Gebilde (Fig. 1g, g‘) und sitzen ganz ähnlich wie der Hut des Pilzes auf seinem Stiele einem kurzen Stiele (n, n‘) auf, der mit dem ganglienzelllosen Kerntheil des Gehirns eng verwachsen ist. Sie stossen hier nicht direct an die Hypodermis, obgleich sie bei dem Umstand, dass sie bei schwächeren Vergrösserungen der pigmen- tirten Epithelschicht fest anzuliegen scheinen (Fig. 1), in der That leicht zu dieser Auffassung verleiten könnten. Bei stärkeren Vergrösserungen (Fig. 2sg) erkennt man aber deutlich, dass sie gerade so, wie das ganze Gehirn, durch die Neurogliahülle von der Hypodermis getrennt werden. Von den Augen, die ihnen nach aussen und unten (Fig. 1 an, an‘) fest anliegen, sind sie gleichfalls durch eine zarte Neurogliaschichte getrennt. Dieses Ganglienpaar innerbalb des Gehirns ist, wie ich schon früher Gelegenheit gehabt habe hervorzuheben und, wie dieses vor mir bei anderen Formen schon durch Pruvot geschehen ist, dadurch auffallend, dass die Kerne seiner Ganglienzellen viel intensiver durch ammoniakalischen Carmin und Picrocarmin tingirt werden, als jene der übrigen Ganglienzellen des Central-Nervensystems. Diese Angabe bestätigt auch Rohde nicht nur für Lepidasthenia, sondern auch für die Aphroditen. Wie schon Rohde ganz richtig mitgetheilt hat, erkennt man innerhalb der Zellschichte dieses Ganglions Faserzüge, welche aber nur zum allergeringsten Theile Neurogliazüge sind, die sich von oben her nur auf eine ganz kurze Strecke in die Zellenschichte stützend fortsetzen; zum grössten Theil sind es die nervösen Faserzüge (r), die sich aus der Ganglienschichte in den faserigen (204) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 3l Stiel (n) begeben. Was die histologische Structur dieses Ganglions weiter betrifft, so ist es aus kleinen multipolaren Ganglienzellen gebildet, deren im Verhältniss zum Zellleib grosser Kern sich sehr intensiv tingirt. Die Fortsätze dieser Zellen sind sehr kurz und verbinden sich mit jenen der anliegenden Zellen, wodurch ein inniger Zellverband hergestellt wird, oder gehen manche unter ihnen, miteinander zu Bündeln vereint, auf die schon angegebene Weise in den faserigen Stiel über. Ob dabei freilich jede einzelne Zelle eine Faser in den Stiel sendet, ist mehr als unwahrscheinlich, soviel steht aber fest, dass die meisten unter ihnen auch solche Fortsätze besitzen. Nur selten sah ich in diesen Ganglien und dann stets an ihren Rändern, und zwar an jenen der den übrigen Ganglienzelllagen am meisten genäherten, eine grössere gewöhn- liche Ganglienzelle (Fig. 2gzg). Diese Structurverhältnisse sind aber, ich gestehe es gerne zu, äusserst schwer zu beobachten, denn die Zelikörper sind sehr fein und von sehr geringer Aus- dehnung. Nur die feinsten und bestgelungensten Präparate lassen die beschriebenen Structurverhältnisse erkennen, aber bereits etwas diekere Schnitte, solche, an denen man anderweitige histologische Beobachtungen noch mit Erfolg machen kann, zeigen nur die dicht gestellten Zellkerne, sonst aber gar nichts weiter. Ich habe bei dem geringen Material keine Längsschnitte am Gehirn des Lepidasthenia angelegt und konnte so über die volle Bedeutung dieser Ganglien hier nicht in's Klare kommen und nur soviel ermitteln, dass sie zum Theil dazu dienen, mit ihren nach innen gerichteten Fasern die Uentralsubstanz zu verstärken, auf welche Weise aber, darüber soll weiter unten die Rede sein. Völlige Klarheit über die Bedeutung dieser Ganglien erhielt ich dann bei Nereis Costae, wo ich zahlreiche Exemplare zur Untersuchung hatte und so auch Längsschnitte über das Hirn anfertigen konnte. Diese Ganglien liegen bei Nereis viel weiter auseinander als bei Lepidasthenia (Fig. 22 g‘) und reichen auch oben nicht bis zur Neurogliahülle, von welcher sie durch das Neuroglianetz getrennt sind. Sie sind der Länge nach von grösserer Ausdehnung wie bei Lepidasthenia, was ich für letzte Form aus den Querschnitten schliesse, sind dabei aber schmäler (Fig. 22) wie bei derselben. Jedes Ganglion überdeckt das übrige Gehirn seitlich fast in seiner ganzen Länge (Fig. 23 g), ganz ähnlich, wie dieses Rohde für Sigalion angibt, und stösst nach vorne beinahe an die vordere Gehirnseite. Das sonstige Verhalten schliesst sich im Uebrigen jenem bei Lepidasthenia völlig an. (205) 32 B. Haller: | Wenn man auf einer Längsschnittserie einen Schnitt betrachtet, der gerade durch die Mitte des einen Tentakels geführt wurde, so erkennt man, dass der Tentakelnerv (Fig. 23 tn) aus dem vorderen oberen Theil jenes „pilzhutförmigen“ Ganglions (g) heraustritt und somitunterliegteskeinemZweifel,dass der Tentakel- nerv jederseits aus diesem @anglion seinen Ursprung hat; freilich ist dieser weiter in seinem histologischen Detail nicht verfolgt worden. Man findet, wie auf angeführter Abbildung, die Ganglienzellschichte sich sogar noch in den abgehenden Nerven etwas verlängern. Etwas unterhalb des Tentakels schwillt der Tentakelnerv bedeutend an, wo ihm zahlreiche grosse Ganglien. zellen (tg) peripher anlagern und ihn verstärken helfen, nicht unähnlich wie etwa die Nervenzellen des Bulbus olfaetorius bei den Selachiern, die in das Geruchsorgan tretenden Nervenfasern. Weiter nach innen vom Tentakelnerven treten zwei andere Nerven (Fig. 24n,]) aus dem Gehirn ab, von denen der obere (n) sofort in der dorsalen Hypodermis der 'Tentakelwurzel sich auflöst, während der untere (l) an die ventrale Seite der Tentakelwurzel sich begibt. Keiner dieser beiden Nerven nimmt seinen Ursprung aus dem pilzhutförmigen Ganglion. Es ist somit klar, dass, neben der innigen Verbindung der pilzhutförmigen Ganglien mit dem übrigen Hirn esausschliesslich jederseits zum Ursprung des Tentakelnerven dient. Das Sinnesepithel der Tentakeln beginnt an dem Ende des Tentakeis, während der übrige Theil bis zum Gehirn (Fig. 24) Drüsen und indifferente Epithelzellen gemeinsam vermischt führt. Nun werden aber diese Theile der Tentakeln auch von anderen Nerven versehen, als die Spitze. Es ist somit gewiss, dass das Ende der Tentakeln ein wichtiges Sinnesorgan sein muss, dessen Wichtigkeit schon daraus er- hellt, dass ihm im Gehirn ein sehr ansehnliches Ganglion aus- schliesslich zum Ursprung dient. Es ist somit die Bedeutung dieses Ganglions und zugleich jene der Tentakeln klar. Wichtig ist ferner noch, dass bei Formen, wo paarige Tentakeln am Kopfe wie auch alle übrigen Anhänge fehlen und blos ein unpaarer Fortsatz, der aber mit Tentakeln nicht zu homologisiren wäre, wie bei den meisten Opheliaceen!) (mit Ausnahme der Gattung Polyophthalmus) diese Ganglien in der That zu fehlen scheinen. Sehen wir uns nun in der Literatur bei den Anneliden um, so finden wir dasselbe Ganglienpaar bereits bei den Astehianfakhleni bei Protodrilus und 1) 8, S.d. W.Kükenth al, Ueber das Nervensystem der ee Jena’sche Zeitschr. f. Naturwiss. Tom. xx (neue Folge Tom. XIII). | (206) Textur des Uentral-Nervensystems höherer Würmer. 33 Polygordius wieder, wo esdurch Fraipontt)ausführlich beschrieben wurde, der jederseits das Ganglion „ganglion nerveux anterieur*“ bezeichnet und innervirt nach des Autors Angabe jederseits den Tentakel. Wer nun die Abbildungen Fraipont’s (Taf. XII, Fig. 9 und Taf. XIII, Fig. 2) mit meinen bei Lepidasthenia und Nereis und mit Eduard Meyer's?) bei Polyophthalmus andererseits vergleicht, der wird kaum darüber zweifeln dürfen, dass es sich bier um homologe Gebilde des Hirnes handelt. Bei letzter Form würden dann die aus den Ganglien tretenden Nerven ein Sinnesorgan ver- sorgen, das möglicherweise der Tentakelspitze gleichwerthig zu setzen wäre. Von Pruvot?) wurden diese Ganglien für Nephthys und Staurocephalus beschrieben, doch nicht richtig verstanden, da er sie für Hirnloben hält. Obgleich Rohde) meine Angabe über dieses Ganglienpaar, nach welcher sie aus wirklichen Ganglienzellen bestehen, bezweifelt und auch von der Homologisirung dieser Ganglien mit jenen von Poly- ophthalmus nichts wissen will, so gibt er weder was die Structur, noch was die Bedeutung derselben betrifft, etwas über sie an. Ueber die Structur meint er, beständen diese Gebilde aus „Nerven- kernen‘ (!), die jedes Plasmabeleges ermangeln sollen. Unter Nerven- kernen verstand man in der Hirnanatomie des Menschen und höherer Vertebraten früher etwas anderes, als was dieser Autor meint, denn er bezeichnet damit in der That freie Zellkerne. Diese weiland „freien Zellkerne“ sind aber aus der normalen Neurohisto- logie allmälig geschwunden, und selbst jene in der Neuroglia der Wirbelthiere erwiesen sich unter der Hand des sachkundigen Hans Gierke als mit einem wenngleich geringen Zellkörper umgeben, der sogar zahlreiche Fortsätze absendet. Dabei gibt aber Rohde selbst an, feine Nervenfäden an die einzelnen Kerne treten gesehen zu haben; ferner, dass solche „Nervenkerne“ bei ver- schiedenen Wirbellosen, im engsten Zusammenhange mit Sinnes- nerven stehend, beobachtet wurden. Rohde’s Endresultat ist aber trotzdem, dass dieser „Pilzhut“*, wie er diese Ganglien nennt, weder mit Fühlern, noch mit Palpen oder Augen in nachweisbarem !) J. Fraipont, „Recherches sur Je syst&me nerveux central et peripherique des Archiannölides“, Arch. de Biologie. 1884, Tom. V. ?) Eduard Meyer, „Zur Anatomie von Polyophthalmus picetus“, Clap. Arch. f, mikr. Anat. Tom. XXI. %) G. Pruvot, „Systeme nerveux des anne&lides polychötes“. Arch. d. Zool. exper. et generale, Serie 2, Tom. III. er 1. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft 2. 14 (207) 34 B. Haller: Zusammenhange stünden. Hierüber wäre Rohde allerdings anderer Meinung geworden, hätte er auch Längsschnitte untersucht. Die Benennung Rohde’s als „Hutpilz“ oder hutpilzförmiger Körper für diese Ganglien möchte sich aber schon aus dem Grunde nicht verwenden lassen, weil sie sehr leicht zu einer Verwechslung mit den hutpilzförmigen Körpern am Hirn der Insecten veranlassen dürfte, mit denen aber diese Ganglien nichts Homologes aufweisen können. Ich möchte darum dieses Ganglienpaar in Anbetracht des aus ihnen abtretenden Tentakelnerven als „Tentakelganglion“ bezeichnen und nochmals zugleich darauf hinweisen, dass im Tentakel der Anneliden offenbar ein wichtiges Sinnesorgan vorliegen dürfte. Rohde beschreibt noch ein Gebilde im Hirn von Lepida- sthenia, welches er, in Folge der Paarigkeit, „Hirnhörner“ nennt. Sie liegen, jederseits einer, hinter den Tentakelganglien als schmale Streifen, die lediglich aus denselben Elementen gebildet werden wie die Tentakelganglien. Aus der Mitte dieser Gebilde sollen, jederseits ein stärkerer, Faserbündel nach innen ziehen, um sich in der Mitte des Hirnquerschnittes zu vereinigen. Der vereinigte Bündel würde aber im Fasertheil des Gehirns sich nicht auflösen, sondern ihn durchsetzend ventral und, wie aus Rohde’s Abbildungen (Taf. II, Fig. 12, 17, 18) hervorzugehen scheint, ausserhalb des Gehirns in eine Gruppe ventral gelegener Ganglienzellen übergehen. Was nun die oberen Theile der „Hirnhörner“ betrifft, so liegt dort meiner Ueberzeugung nach nichts Anderes vor, wie der hinterste Theil der Tentakelganglien, die ihre Fasern in das Faserwerk des Hirnes senden. Was aber den unteren Theil der Rohde’schen Hirnhörner anbelangt, so muss da dem Autor ein Irrthum unterlaufen sein, wenigstens habe ich so etwas nie beobachtet. Wenn man das Hirn von Lepidasthenia etwa in der Gegend des vorderen Augenpaares, und zwar hinter dem Abgange des Augennerven, auf dem Querschnitt beobachtet, so findet man die ganglienzelllose Fasermasse (Fig. 1) in Form eines H angeordnet, dessen untere Schenkel jederseits sich theilen und auf diese Weise das Hirn verlassen, um in das Commissuralganglion (gzs) einzu- treten. Nachdem sie aus diesem Ganglion, das ich auf sein weiteres bistologisches Verhalten nicht untersucht habe, neue Fasern auf- genommen haben, treten sie auch als äusserlich erkennbare Com- missuren, die jederseits doppelten Schlundeommissuren, nach län- gerem Verlaufe in ‘das erste Ganglion des Bauchmarkes, in das sogenannte untere Schlundganglion, ein. Sie sind die Wurzeln dieser Commissuren. (203) 1 eu a + % Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 35 Oberhalb, unterhalb, seitlich und hinter der Fasermasse, wie auch zwischen den beiden Commissuralwurzeln liegen die Ganglien- zelllagen, so dass somit die Fasermasse allseitlich von Ganglien- zellen umgeben wird. Wir wollen auf die weitere Form dieses Faserkernes hier nicht eingehen und blos die Verhältnisse, so wie sie uns auf angeführtem Querschnitt vorliegen, genauer be- trachten, denn für unsere Zwecke genügt so viel hier vollständig und eine detaillirte Beschreibung bezweckt diese Abhandlung nicht. Oberhalb der Fasermasse findet sich nach den Tentakel- ganglien die mächtigste Ganglienzelllage des Hirnes vor. Auf feinen Schnitten und bei entsprechend starker Vergrösserung (Fig. 2 oben) finden wir diese Zellschichte aus verschieden grossen Elementen gebildet. Die grössten Zellen unter ihnen waren birnförmig, unter den kleinsten fanden sich aber tri- bis quadripolare vor, welche stellenweise untereinander kurze Anastomosen eingingen (e). Eine weitere Beschreibung dieser Zellschichte wäre hier nicht am Orte und ich glaube, die sehr naturgetreue Abbildung (Fig. 2) ist am besten geeignet, diesich hier vorfindenden Verhältnisse zu vergegenwärtigen. Die seitlich dem Faserkerne anliegende Ganglienzellschichte ist ebenso zusammengesetzt wie die zuvor beschriebene, und auch hier gelang es, gleich wie dort, manchmal eine Anastomose zwischen zwei anliegenden Zellen zu beobachten (cg). Etwas anders zusammen- gesetzt fand ich die Zelllage unterhalb der Fasermasse (Fig. 1 w‘), denn hier kommen stets nur birnförmige Zellen vor (Fig. 4, 5) und die kleinen multipolaren Zellen fehlen. Ich muss Rohde beistimmen, dass sich im Gehirn hier die grössten Ganglienzellen befinden, wenngleich ich die Differenz zwischen der Grösse dieser Zellen und jenen im übrigen Gehirn für nicht so gross fand wie Rohde. Wie ‚ich schon dieses bei Gelegenheit der Beschreibung des Neuroglia- netzes mitgetheilt habe, ist die Ganglienzellschichte am unteren Rande der Fasermasse keine continuirliche, sondern fehlt stellen- weise bei Lepidasthenia (Fig. 2) vollständig, bei welcher Form sie nie die Mächtigkeit der oberhalb der Fasermasse gelegenen Ganglien- zellschichte erreicht. Bei Nereis Costae ist diese Schichte lateral- wärts stets continuirlich vorhanden (Fig. 22, 23), doch wird sie medianwärts stellenweise wenigstens (Fig. 22, 24) unterbrochen. Von hinten wird die Fasermasse gleichfalls von Ganglienzellen umgeben, die gleich jenen der oberen Seite entweder grosse birn- förmige oder kleine multipolare sind. Auf die weiteren Details möchte ich aber hier weiter nicht eingehen und blos noch erwähnen, dass ich bei Nereis Costae hinten 14* (09 36 B. Haller: im Gehirn an der Stelle, wo die Neurogliahülle innig mit der Subepithelialschichte zusammenhängt (Fig. 23, 24q), eine durch stärkere Neurogliafasern von den übrigen Ganglienzelllagen sozu- sagen vollständig abgeschlossene Ganglienzellgruppe mittelgrosser Zellen auffand (wg), deren volle Bedeutung mir nicht ganz klar wurde. Ich fand aus ihr ein Nervenfaserbündel (Fig. 23 n‘) abgehen, der, nach innen biegend (Fig. 24 n), die Wurzel des Nerven für das obere Tentakelwurzelepithel (t) in der Fasermasse des Gehirns errreichte und sich mit diesem vereinigend innen vom Tentakel- ganglion (Fig. 227) nach vorne in den Nerven (Fig. 24n) begab. Da jedoch dieser Nerv auch Fasern aus der Fasermasse des Gehirns aufnimmt, so scheint es mir nicht unmöglich, dass die Fasern aus jener Ganglienzellgruppe hauptsächlich die Fasern directen Zellursprunges jenes Nerven bilden; dass jene Ganglien- zellgruppe aber ausschliesslich dazu dienen möchte, scheint mir bei der geringen Grösse des abgehenden Faserbündels für völlig ausgeschlossen. Nach dieser Beschreibung möchte ich abermals auf die cen- tralen Faserkerne des Gehirns zurückkommen und die Ursprungs- weise der beiden Schlundeommissuren jederseits und die der Augen- nerven besprechen. Beginnen wir vorerst mit dem Ursprung der unteren Schlundeommissur. Man findet gerade unter der oberen Zelllage in der Fasermasse des Gehirns eine bogenförmig von oben nach unten biegende Quercommissur (Fig. 1, 2f). Sämmtliche Fasern dieser Quercommissur zu verfolgen, gelang mir allerdings nicht, doch so viel steht fest, dass sie in innigstem Zusammenhange mit der unteren Schlundcommissur steht und meiner Ueberzeugung nach nur Fasern derselben zuführt. Von den untersten Fasern dieser Quercommissur (Fig. 2 uf) konnte mit aller nur wünschenswerther Klarheit ermittelt werden, dass sie aus dem Nervennetz der Uentral- masse sich construiren, und dass sie somit Nervenfasern „indirecten Ursprunges“ sind. An den oberen Fasern erkannte ich aber, dass sie ihren Ursprung direct aus der oberhalb gelegenen Ganglien- schichte nehmen (Fig. 2z). Diese Ursprünge der unteren Schlund- commissuren würden sich aber nur auf die jederseitige Hälfte des Gehirns beziehen, wobei dann ein Theil der Fasern jener Quer- commissur sich unter der Zellschichte auf die andere Hälfte des Gehirns fortsetzt (Fig. 2f). In der That verhält sich dies aber ganz anders. Wenngleich ich, um die Tafelzahl nicht unnöthiger Weise zu vermehren, diese Verhältnisse nicht abgebildet habe, so glaube ich, genügt nach dem beschriebenen Verhalten die blosse (210) TE ELITE TEN RL Ben Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 3 Angabe, dass diese quer von der einen Hälfte des Gehirns in die andere sich fortsetzenden Fasern nichts anderes sind, als die ‚beiderlei Ursprünge von Nervenfasern der unteren Schlundcommissur aus der entgegengesetzten Hälfte des Gehirns, wodurch eine mediane Faserkreuzung entsteht. Somit entspringt also aus dem Gehirn jede der beiderseitigen unteren Schlundceommissuren auf die Weise, dass ein Theil seiner Fasern sowohl directen als indirecten Ur- sprunges, also aus Ganglienzellen und aus dem centralen Nerven- netze aus der gleichseitigen Hälfte des Gehirns entsteht, während der andere Theil auf dieselbe Weise aus der entgegengesetzten Hälfte desselben beginnt. Ganz ähnlich verhält es sich mit der unteren Quercommissur im Hirn (Fig. Inv‘), die gleichfalls an dieser Stelle Ursprungsfasern für die untere Schlundcommissur führt. Diese zwei Quercommissuren sind nur in der Gegend des ersten Augenpaares in derselben Querebene vorhanden (Fig. 1), während die unteren in der Gegend des zweiten Augenpaares bereits fehlen. Selbstverständlich sind auch Fasern in der unteren Wurzel der unteren Schlundeommissur vorhanden, die von vorne etwas nach hinten, oder umgekehrt, ziehen, um dann in die Com- missur einzubiegen. Aus dem Faserkern der Tentakelganglien ziehen Fasern (Fig. 1r) direet in den Faserkern des Gehirns, um sich hier auf- zulösen, dann sieht man gerade in der Gegend des ersten Augen- paares eine Quercommissur (pv) aus dem einen Ganglion durch die Fasermasse des Gehirns zum anderen ziehen. Diese Quercommissur ist von oben nach unten gebogen und somit nach oben zu concav; sie verbindet die beiderseitigen Tentskelganglien miteinander. Zu äusserst aus der Centralsubstanz jener Ganglien zieht ein äusserst starker Faserbündel (Fig. 1 af) direct in die obere Schlund- commissur. Ausser dieser Wurzel bekommt die obere Schlund- commissur noch eine andere starke Wurzel (Fig. 22 uv) aus der Fasermasse des Gehirns selbst. Die Wurzel kann bei Nereis Costae bis in die Mitte der Fasermasse verfolgt werden, wo auch eine Kreuzung der Endfasern der beiderseitigen Wurzeln zu beobachten ist; sie geht ferner eine sehr schöne Kreuzung mit der Wurzel der unteren Schlundcommissur ein (Fig. 22uc). Nach dem Mit- getheilten würde somit die obere Schlundeommissur zum Theil aus dem Tentakelganglion entspringen. In das feinste Verhalten aber habe ich den Ursprung der oberen Schlundcommissur nicht verfolgt, doch möchte ich es für sehr wahrscheinlich annehmen, dass sie ihre Fasern directen Ursprunges aus der unteren Ganglien- zellschichte erhält. (211) 38 B. Haller: Ich will nun, bevor ich das Gehirn verlassen möchte, den Ursprung der Augennerven besprechen, worüber ich schon mit- getheilt!), dass er am hinteren Augenpaare, wo ich ihn dazumal beobachtet hatte, sowohl Fasern aus dem centralen Nervennetz, als aus den Zellen der oberhalb der centralen Fasermasse gelegenen Ganglienzellschichte erhält. Heute, nachdem ich dieses Verhalten nochmals unbefangen genau geprüft habe, muss ich meine frühere Angabe als unrichtig bezeichnen. Meine Controlbeobachtungen über- zeugten mich nämlich, dass jene Fasern aus den Ganglienzellen (Fig. 2 z), welche ich anfänglich in die Augennerven sich einbiegen dachte, nicht dorthin, sondern in die untere Schlundeommissur sich begeben und dass thatsächlich die Augennerven keine Fasern directen Ursprungs erhalten, sondern dass ihre sämmtlichen Fasern, wie dieses auf Fig. 2 für einen grossen Theil derselben abgebildet wurde, aus dem centralen Nervennetz sich sammeln (nu). Sie kreuzen beim hinteren Augenpaar vielfach die Fasern der unteren Schlundeommissur (kr) und treten durch diese aus der Fasermasse des Gehirns, wobei ich beobachten konnte, dass die unteren Fasern des Augennerven die oberen kreuzen (Fig. 2) und so den oberen Theil des Auges) innerviren, während die oberen nach unten an ') Morphol. Jahrbuch. 1886. °) Nach Carriere (Die Sehorgane der Thiere. München und Leipzig 1885) soll der Binnenraum des Anges bei Nereis cultifera „von einem faserigen, körnig gerinnenden Gallertkörper erfüllt“ sein, dessen Aussehen aber selbst bei ver- schiedenen Exemplaren wechseln soll. Dem gegenüber besteht aber nach Graber (Morphol. Unters. u. d. Augen der freilebenden marinen Borstenwürmer. Arch. f. mikr. Anat. Tom. XVII, eitirt nach Carriere) der Glaskörper der erranten Polychaeten gerade so wie bei den Alciopiden aus kernbhaltigen Zellen. Diese Angabe bestreitet Carritre, dem ich für Lepidasthenia elegans und Nereis Costae ganz entschieden für Graber entgegentreten muss. Bei Lepidasthenia besteht der Glaskörper aus einzelnen, fest aneinander gelagerten Zellen, die mit einem durch Carmin sich sehr wenig tingirenden Zellkern versehen sind (Fig. 1). Bei Nereis Costae ist dieser Glaskörper gleichfalls aus fest aneinander gelagerten Zellen zusammengesetzt, doch ist an letzteren eine ausgesprochene Verschiedenheit bemerkbar. Während nämlich das hintere Zweidrittel des fast kugeligen Glaskörpers aus Zellen besteht, die den Zellkern deutlich zeigen, fehlen letztere den Zellen des vorderen Drittheils (Fig. 22). Somit ist hier bereits im vorderen Drittel eine Differenzirung der Zellkörper ein- getreten und es wäre nicht unmöglich, dass bei gewissen Formen, wie bei Nereis cultifera, in der That diese Differenzirung der Zellkörper für die gesammten Zellen des Glaskörpers noch in höherem Grade eingetreten ist und auf diese Weise ein mehr oder weniger homogener Glaskörper gebildet wird, wie ihn bei dieser Form Carriöre beobachtet hat. Es würde sich dann die ontogenetische Entwicklung des Glaskörpers hier aus den Hypodermiszellen phylogenetisch von Lepidasthenia durch Nereis Costae zu Nereis cultifera verfolgen lassen. (212) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 39 das Auge treten. Somit haben wir in den Augennerven der unter- suchten Polychaeten bei den Wirbellosen zum ersten Mal einen reinen Sinnesnerven vor uns, der keine Fasern directen Ursprungs, also aus Ganglienzellen, sondern ausschliesslich aus dem cen- tralen Nervennetz bezieht. Ganglienzellen am Auge des vorderen Augenpaares konnte ich weder bei Nereis Costae, noch bei Lepidas- thenia auffinden, ebenso fehlen diese am hinteren Augenpaar. Mit der Beschreibung der histologischen Verhältnisse im Bauchmark beginnend, möchte ich mittheilen, dass meine dies- bezüglichen Angaben sich ausschliesslich auf Lepidasthenia elegans beziehen. Zuallererst finden wir im Bauchmark das Subösophageal- ganglienpaar, welches, wie seit Quartrefages bei Nereis bekannt, das stärkste im ganzen Bauchmark ist. Wenn wir aus dem vor- dersten Theil dieses Ganglienpaares einen Querschnitt betrachten, so finden wir die beiden Faserkerne des Bauchmarkes unter ein- ander durch eine zarte Quercommissur (Fig. 31 com) verbunden. Sie besteht aus 7—11 nicht sehr dieken Nervenfasern, welche lose aneinander gelagert durch das Neuroglianetz zu einem lockeren Bündel zusammengehalten werden. Diese Commissuralfasern lösen sich, in den Faserkern der jeweiligen Bauchmarkshälfte eintretend, dortselbst sofort in das centrale Nervennetz auf, so dass nur selten eine dieser Fasern sich bis zur Mitte des Faserkernes verfolgen lässt. Nie habe ich beobachten können, dass die Fasern dieser Quer- commissur sich mit Ganglienzellen verbunden hätten, und ebenso wenig gelang es mir, dickere Nervenfasern nach Art der colossalen Nervenfasern hier zu beobachten. Letztere Beobachtung führe ich hauptsächlich darum an, weil nach Rohde die von ihm als innere, kleinere colossale Nervenfaser jeder Bauchmarkshälfte aus einer colossalen Ganglienzelle der entgegengesetzten Bauchmarkshälfte im Subösophagealganglion entstehen soll, von wo sie, das Bauch- mark quer durchsetzend, dann zu ihrem Bestimmungsorte gelangt. Obgleich nun Rohde über die Quercommissur der Subösophageal- ganglien nichts angibt, so kann die Kreuzung der erwähnten Colossalfasern nur dort stattfinden, denn eine andere nervöse Ver- bindung, mit Ausnahme der Fortsätze der lateral gelegenen colos- salen Ganglienzellen, findet sonst unter den beiderseitigen Bauch- markshälften nicht statt. Wie ich aber eben mitgetheilt habe, konnte ich in der Quercommissur der Subösophagealganglien keine colossale Faser, ja nicht einmal eine von besonderer Dicke auf- finden. Aus diesem Grunde scheint mir dieRohde’sche Behauptung, wonach in der angegebenen Weise eine Kreuzung zweier kleinerer (213) 40 B. Haller: Colossalfasern hierselbst stattfinden sollte, was übrigens Rohde nicht abbildet, wohl auf einem Irrthum seinerseits zu beruhen. Die beschriebene Quercommissur befindet sich gerade vorn in dem Subösophagealganglion, so dass ein Schnitt, der die Mitte des Ganglions getroffen hat (Fig. 32), dieselbe nicht mehr zeigt. _ Die Ganglienzellen in den Subösophagealganglien sind, mit Aus- nahme der lateralen Colossalzellen, die mächtigsten im ganzen Central-Nervensystem. Am zahlreichsten sind die Ganglienzellen an der ventralen Seite, weniger zahlreich an der dorsolateralen, und an der dorsomedianen Seite fehlen sie im Bauchmark über- haupt (Fig. 32). Unter den abgehenden Nerven gelegen befinden sich die beiden lateralen Colossalzellen (kz) schon in den Subösophageal- ganglien vor. Sie wurden sammt ihrem Fortsatz von Rohde be- schrieben, auf welche Beschreibung sowohl, wie auf meine eigenen Befunde hierüber ich weiter unten eingehen möchte. Ausser dieser Colossalzelle befinden sich noch Colossalzellen, wenngleich von geringerer Mächtigkeit, in den Subösophagealganglien vor, wie dieses Rohde wohl bekannt war. Ich fand drei solche unter ein- ander nicht gleich mächtige Ganglienzellen in der dorsolateralen Zellgruppe, von welchen aber die zwei kleineren ihrer Lage nach nicht ganz constant waren und einmal übereinander, ein andermal unter dem grössten (z,z‘) gelagert waren. Die übrigen Ganglienzellen der dorsolateralen Schichte sind verschieden gross und unter ein- ander vermischt; sie senden ihre Fortsätze, nachdem mehrere der- selben sich zu Bündeln vereinigt haben, in den Faserkern oder ganz einzeln direct (du) in den abgehenden Nerven. Auch die Ganglien- zellschichte der ventralen Seite besteht aus sehr verschieden grossen Elementen (Fig. 32), die unter einander gleichfalls vermischt sind. Es finden sich kier manchmal geradezu sehr grosse Elemente vor (gzg). Die Zellen, insoferne sie nicht direct mit ihren Fort- sätzen in den abgehenden Nerven eintreten, vereinigen zu mehreren ihre Foortsätze bündelweise und lassen sie auf diese Weise in einem gemeinsamen Bündel in den Faserkern des Bauchmarkes ein- treten; ich konnte nie beobachten, dass eine grössere Zelle zum Ursprung einer colossalen Nervenfaser gedient hätte. Die Ganglienzellhaufen der beiden Seiten stossen medianwärts hier so fest aneinander, dass man oft in Verlegenheit geräth, anzugeben, welche medianwärts gelegene Zelle der rechten Seite und welche der linken angehört. Aber schon einige Schnitte hinter dem vorigen erscheint das mediane Septum der Neuroglia (s) auch zwischen der ventralen Ganglienzellschichte und theilt diese nach (214) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 41 den zwei Seiten in zwei Gruppen. Allmälig nehmen nun die Gang- lienzellen an Zahl ab, bis sie wiederum mit dem nächstfolgenden Ganglienpaar an Zahl zunehmen. Nach meinen Untersuchungen gibt es somit im Bauchmark hier keine Stelle, welche von Ganglien- zellen vollständig frei wäre. Die Ganglienzellen sind, wie im ganzen Bauchmark, auch hier mit allerdings wenigen Ausnahmen birnförmig und pseudo-unipolar, doch konnte ich hier selbst unter den kleinsten Zellen jene tri- bis quadripolaren des Gehirnes ebenso wenig antreffen, wie überhaupt im gesammten Bauchmark. Die Verhältnisse im Faserkern möchte ich hier nicht be- sprechen, dieses soll vielmehr im Zusammenhange mit den des ganzen Bauchmarkes erst dann geschehen, nachdem wir ein Ganglienpaar der gewöhnlichen Art aus dem Bauchmark be- sprochen haben. Ein Schnitt durch die Mitte des Bauchmarkganglions (Fig. 16) zeigt, dass die Ganglienzellschichte, gleich wie in den Suböso- phagealganglien, jederseits den Faserkern von unten und innen nach aussen und oben halbmondförmig umgibt und somit auch hier die dorsale und dorsomediane Seite des Faserkernes von keinen Gang- lienzellen umlagert werden. So ist es im ganzen Bauchmark. Hier gibt es mit Ausnahme der lateralen Colossalzellen keine so grossen Ganglienzellen wie in den Subösophagealganglien. Es gibt aber andererseits hier auch selten eine so kleine Ganglienzelle, wie wir sie dort in grösserer Zahl angetroffen haben, und somit be- halten hier die Ganglienzellen eine grössere Gleichförmigkeit in ihrer Grösse untereinander. Sie sammeln ihre Fortsätze zu grösseren Bündeln, um sie so in den Faserkern treten zu lassen. Solche Zell- gruppen (lgr) sehen dann ganz ähnlich Packeten einzelliger Drüsen mit langen Ausführungsgängen, wie sie etwa unter Anderem in den Speicheldrüsen der Ameisen oder in den Fussdrüsen der Ar- thropoden vorkommen. Entweder lassen solche Zellgruppen ihre Fortsatzbündel lateralwärts (Fig. 16 lgr), oder ventralwärts (Fig. 13 vgr, vgr‘) in den Faserkern eintreten. Man kann darnach eine laterale (Fig. 16 Igr, Igr‘) und eine ventrale (Fig. 13, 16 vgr) Zellgruppe in den Bauchmarksganglien unterscheiden. Zur ersteren würden auch die laterodorsal gelegenen Zellen gehören. Nicht in allen Ganglien- paaren konnte ich mit gleicher Sicherheit eine Verbindung zwischen einem Element der laterodorsalen und dem der ventrolateralen Zellen der lateralen Zellgruppe durch den Faserkern hindurch beob- achten ; in einigen Fällen war jedoch diese directe Anastomose sehr (215) 42 B. Haller: deutlich. Man findet nämlich stellenweise die in den Faserkern ge- langten Fortsatzbündel der unteren Zellen der Gruppe mit einem Theil der dorsolateralen Zellen etwas lateralwärts von der Mitte im Faserkern zusammenstossen. Dies findet in beiden Bauchmarks- hälften gleichzeitig statt. Wenn man diese aneinander stossenden Fasern an den dünnsten Präparaten betrachtet, so wird man finden, dass hier eine der unteren Zellen (Fig. 26, 27C) mit einer der oberen (a) durch ihren Fortsatz sich direct verbindet (e), während die anderen Fortsätze der anliegenden Zellen im ventralen Nervennetz sich auflösen. Bei genauer Betrachtung konnte auch sichergestellt werden, dass von dieser Anastomose sich äusserst feine Reiserchen abzweigten, die sich gleich den anliegenden Fort- sätzen im centralen Nervennetze auflösten. Es liegt hier somit eine directe Anastomose zweier Ganglienzellen vor, und es wäre wichtig zu erfahren, ob diese Verbindung auch in jedem Ganglien- paar auf diese Weise sich vorfindet. Wenn ich auch dieses mit entschiedener Sicherheit nicht habe ermitteln können, so liegen mir doch Gründe vor, um es anzunehmen. Medianwärts stossen die Ganglienzellen der beiderseitigen Bauchmarkshälften nicht so fest aneinander wie in den Suböso- phagealganglien und werden von einander durch das mediane Septum (Fig. 18 s) der Neuroglia getrennt. Diese Trennung ist mehr oder weniger im ganzen Bauchmark vorhanden und wird in der Mitte des Bauchmarkes nur durch zwei Zellen unterbrochen. Es sind das zwei in der Medianlinie über einander gelagerte Ganglienzellen, die in jedem Ganglion an demselben Orte anzutreffen sind, so deutlich jedoch, wie in dem abgebildeten Falle (Fig. 16 A, A‘) selten beobachtet werden konnten. Die obere dieser Zellen ist unzweideutig bipolar (Fig. 20); ihr oberer mächtiger Fortsatz dringt in den links- seitigen Faserkern ein, während der schwächere, dem Fortsatze der unteren Zelle anlagernd, zwischen den Ganglienzellen der rechtsseitigen Hälfte sich verlor. Bei starker Vergrösserung konnte dieser schwächere Fortsatz bis in die nächste Nähe des Zellkernes verfolgt werden, doch konnte ich, wie ich unverholen zugestehen möchte, den directen Zusammenhang mit dem Zellkern sicher nie beobachten. Von der unteren Zelle konnte der linksseitige Fortsatz nicht beobachtet werden, doch war er an anderen Prä- paraten eine kurze Strecke sichtbar. Es ist bezeichnend für dieses Zellenpaar, dass es die gleiche Lagerung und die gleiche Form überall beibehält und in jedem Ganglienpaar vorkommt. Dies war der Grund, warum ich diese Zellen mit den von Fried- (216) LEE EEE u nn nr De Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 43 länder!) bei Lumbricus entdeckten und von mir in dieser Arbeit in ihrem weiteren Verhalten beschriebenen, und jenen bei Hirudineen durch Hermann beschriebenen gewiss homologen „Medianzellen*“ gleichstelle. Diese Medianzellen sind gewiss dazu berufen, was besonders bei den Polychaeten jedem denkenden Neurologen ein- leuchten muss, den innigen Zusammenhang der beiderseitigen Bauchstrangshälften zu vervollkommnen. Einige Schnitte vor dem oben beschriebenen, also an der Stelle, wo der Nerv aus dem Ganglion abgeht (Fig. 18), sind die Ganglien- zellschichten nicht mehr so mächtig, und besonders sind die dorso- lateralen Schichten redueirt. Gerade so verhält es sich hinter der Mitte des Ganglions, bis endlich auf allen Stellen jene Armuth an Ganglienzellen erreicht wird, wie dies etwa auf Fig. 12 dar- gestellt wurde. Hinter dieser Stelle beginnt dann das Bauchmark sich abermals zu einem Ganglienpaar zu verdicken. Am ehesten schwindet nach hinten zu die laterale Zellgruppe, während die ven- trale in der Gegend liegt, wo der schwächere Nerv des Bauchmarkes (der III. nach Rohde) noch ganz gut erhalten ist (Fig. 13 vgr). Wie ich aber nochmals betonen möchte, gibt es keine Stelle im Bauchmark von Lepidasthenia elegans, wo die Ganglienzellen, wie dieses bei zahlreichen anderen Polychaeten, wie Hyalinaecia, Phyllo- doce u. A. m. der Fall ist, gänzlich fehlen sollten. Mit der Betrachtung des Faserkernes im Bauchmark fällt jene der Nervenursprünge zusammen. Aus einem Bauchmarkssegment treten jederseits vier Nerven ab, und zwar sind zwei unter ihnen nach dem gewöhnlichen Modus von einem Nervenfaserbündel ge- bildet, während die zwei anderen blos aus einsr einzigen, jedoch colossalen Nervenfaser bestehen. Wir wollen mit der Ursprungs- weise der ersteren beginnen, dieselben aber blos so weit verfolgen, soweit es der Zweck der vorliegenden Untersuchung erfordert. Nach meiner Beobachtung treten aus jedem Bauchmarkssregment bei Lepidasthenia nicht drei, sondern blos zwei Nerven der letzten Art ab, der eine und mächtigere aus der Mitte des Ganglions (Fig. 16, 18, 32 n,n‘), der andere etwa gegen Ende eines jeden Segments. In vorliegender Untersuchung handelte es sich weniger darum, nachzuweisen, wie weit jeder dieser Nerven von longitudi- nalen Nervenfasern im Bauchmark ergänzt wird und wie weit sich dieselben nach vorne oder hinten im Bauchmark verfolgen lassen, was übrigens zu ergründen lediglich nur an Serien von Horizontal- ') B. Friedländer, Beiträge zur Kenntniss des Central-Nervensystems von Lumbriceus. Inaug. Diss. — Berlin 1888 (Otto Franke). (217 44 B. Haller: schnitten möglich gewesen wäre. Solche wurden aber bei dem geringen Material gar nicht verfertigt, denn mein Zweck war ja nur, die doppelte Ursprungsweise der Nervenfasern nachzuweisen. Dieses zu illustriren, wählte ich der grösseren Klarheit halber einen schönen Querschnitt durch den dünneren hinteren Nerven des Bauchmarkes, welchen ich auf Fig. 25 getreulich abbildete. Wir sehen hier den rechtsseitigen Nerven (N) das Bauchmark oben verlassen und in die Hypodermis (hy) eintreten. Das centrale Nervennetz setzte sich noch eine Strecke weit in den Nerven fort und wurde erst dort, wo der Nerv in die Hypodermis übertrat, von den dicht aneinander gelagerten Nervenfasern verdrängt. Die innersten dieser Nervenfasern verfolgend, erkannte ich, dass sich ein Theil (m) der auf dem Schnitte erkennbaren Nervenfasern bald darauf in das centrale, von der Colossalfaser nach aussen gelegene Nervennetz auflöste, während die anderen (w, v), die Colossalfaser von oben und unten passirend, sich ziemlich in die Mitte des Faser- kernes begaben und dort, gleich wie die ersteren, im centralen Nervennetz auflösten. Unterhalb des Nerven lagen mehrere Gang- lienzellen der lateralen Gruppe, die ihre Fortsätze zu einem Bündel vereinigt, von unten gerade an der Stelle in den Faserkern ein- treten liessen, an der der Nerv abzweigte. Sämmtliche dieser Ganrglienzellfortsätze bogen nach aussen zu in den Nerven um und die Fortsätze zweier Ganglienzellen (g,g‘) konnten weit in den Nerven hinein verfolgt werden. An dem einen dieser Fortsätze konnte ich sogar beobachten, dass er an der Stelle, an der erin den Nerven überbog, ein feines Aestchen abzweigen liess, welches sich bald darauf in das centrale Nervennetz auflöste. Durch diesen letzten Umstand trat die scheinbar unipolare Zelle durch Vermittlung des centralen Nervennetzes in Verbindung mit dem centralen Nerven- system, ohne welche sie ein vom Central- "Nervensystem ganz unab- hängiges kleines Centrum gewesen wäre. Ein dem eben beschriebenen Bilde ganz gleiches bildete ich auch von dem grossen Nerven des Bauchmarkes auf Fig. 18 rechts ab, wo man auch zwei Ganglienzellen (g‘) aus der ventralen Zell- gruppe mit ihren Fortsätzen in den Nerven eintreten sieht. Ich muss bemerken, dass auch aus der dorsolateralen Zellgruppe, wie ich dieses oft genug zu beobachten Gelegenheit hatte, Nervenfasern direeten Zellursprunges in den Nerven abgeben können (Fig. 32 du). Somitglaubeichnundiedoppelte Ursprungsweise der Nerven sowohl im Gehirn wie im Bauchmark bei den erranten Polychaeten nachgewiesen zu haben. (218) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 45 Nun möchte ich auf jene zwei Nerven jederseits im Segmente eingehen, welche blos aus einer einzigen, aber ganz colossalen Nervenfaser bestehen. Die schwächere unter den beiden Fasern ist der Fortsatz der lateralen Ganglienzelle, welch letzteren zuerst Rohde beschrieb. Er traf diese enorme Ganglienzelle sowohl bei Sthenelais als auch bei Lepidasthenia in ziemlich gleicher Lagerung an. Sie sendet „ihren colossalen Nervenfortsatz quer durch den Bauch- strang in den letzten der in jedem Segment abgehenden drei Nerven (den schwächeren der zwei von mir beobachteten Nerven H), mit welchem er gemeinsam zur Peripherie verläuft“. Weiter gibt Rohde über dieses Zellenpaar nichts an, welche so, wie sie von Rohde beobachtet wurden, unbedingt ein vom ganzen Central- Nervensystem unabhängiges kleines Centrum darstellen würden, denn andere Fortsätze, wie die erwähnten, besitzen diese Zellen nach Rohde nicht. Was speciell die Lage dieser Zellen betrifft, so kann ich Rohde insoferne beistimmen, als auch ich diese colossale Ganglien- zelle in jedem Bauchmarksegmente paarig (in jeder Bauchmarkshäfte eine) vorfand. Weniger kann ich jedoch diesem Autor beistimmen, wenn er behauptet, dass diese Zellen immer hinter dem letzten Nerven des Segmentes lagern. Allerdings trifft diese Angabe für die meisten Fälle zu, doch findet man das Zellenpaar in manchen Segmenten weit nach vorne gerückt und so sich gerade in den Bauchganglien befinden, wie dieses der Fall in dem ersten Ganglien- paare, d. i, in den Subösophagealganglien (Fig. 32, kz, kz‘) ist, und überhaupt scheint mir die letztbeschriebene Lagerung hauptsächlich in den vorderen Ganglienpaaren sich vorzufinden (Fig. 16). In den weiter nach hinten gelegenen Ganglien fand ich dann immer diese Zellen an dem von Rohde angegebenen Orte liegen (Fig. 12, 13 kz, kz‘). Sie liegen lateralwärts in der jederseitigen Bauchmarkshälfte und entsenden ihren starken Fortsatz durch denselben Kerntheil in den der anderseitigen Bauchmarkshälfte (Fig. 13), von wo diese jeder- seits als ein peripherer Nerv abtritt. In der Mitte des Bauchmarkes, zwischen den beiden Faserkernen also, kreuzen sich die beiden Fortsätzeundbilden,ausserderQuercommissur,zwischen den Subösophagealganglien die einzigen nervösen queren Durchbrückungen im ganzen Bauchmark. Bis hierher würden meine Untersuchungen mit den Angaben Rohde’s übereinstimmen, und meine weiteren Beobachtungen bilden Ergänzungen hierzu. Ich will das Gefundene beschreiben, wie ich es sehr schön an einem äusserst dünnen und wohl prä- (219) 46 B. RBaller: parirten Querschnitte zu beobachten Gelegenheit hatte. Es war das ein Schnitt (Fig. 13) hinter dem letzten Nerven im Segmente, an einer Stelle, wo nur die ventrale Ganglienzellgruppe sich vorfand. Die Fortsätze kreuzten sich hier eigentlich erst im rechts- seitigen Faserkerne (Fig. 13, 14), wo die Faser der linksseitigen Zelle (b) sich ober die rechtsseitige begab; zwischen den Faser- kernen und auch eine kurze Strecke im linksseitigen Faserkerne lagen sie übereinander, wobei die rechtsseitige Faser der links- seitigen auflag. Während die linksseitige Faser im rechtsseitigen Faserkerne auf diesem Präparate durchschnitten war (Fig. 14 r), trat der rechtsseitige oberhalb der lateralen Colossalfaser (Fig. kf‘) im linksseitigen Faserkerne aus demselben, um, sich dem letzten Nerven (n) des Segmentes anlagernd, das Bauchmark zu ver- lassen. Auf den folgenden Schnitten verhielt sich die anderseitige Faser ebenso. Wenn man nun den Fortsatz der Colossalzellen im Faserkerne mit starken Vergrösserungen untersucht, so wird man alsbald erkennen, dass jeder von ihnen bis zu seinem Abgange aus dem Bauchmark sich etwas verjüngt hat. Vollends überzeugt wird man hierüber, wenn man zu Beginn der Faser und bei ihrem Ab- gange aus dem Bauchmark Messungen vornimmt. Der Grund davon liegt darin, dass diese Fortsätze während ihrem Ver- laufe im Faserkern feine Aestchen abgeben, die sich im centralen Nervennetz auflösen. An vorliegendem Prä- parate erkennt man linkerseits, dass der Fortsatz der dort der centralen Fasermasse fest anliegenden Colossalzelle (kz) bald nach seinem Abtritte in den Kerntheil dortselbst sich in zwei Aeste spaltet, von denen der stärkere, als die eigentliche Fortsetzung, seinen oben beschriebenen Weg einhält, während der untere (y), von viel ge- ringerer Mächtigkeit, sich sofort im centralen Nervennetz auflöst. Der Hauptfortsatz gibt ausserdem etwas vor dem Verlassen des linksseitigen Kerntheiles noch ein Aestchen (y‘) in denselben ab, das sich gleichfalls sofort theilt und in dem centralen Nervennetz vollständig auflöst. An dem Hauptfortsatze der rechtsseitigen Colossalzelle konnte ich hier nur ein Aestchen auffinden (z), das etwa an derselben Stelle sich befand, wo das zweite Aestchen des anderseitigen Fortsatzes war; es löste sich gleichfalls im centralen Nervennetz auf. Somit würde der Hauptfortsatz der jederseitigen Colossal- zelle in dem gleichseitigen Faserkern 1—2 Aestehen von ungleicher Dicke abgeben, die sich im Kerntheile der betreffenden Seite, in dessen centralem Nervennetz, auflösen. An einem meiner übrigen (220) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 47 Präparate aus einer zwar anderen, jedoch ähnlichen Stelle, wie die vorige war, konnte nur der Fortsatz der rechtsseitigen Zelle, und auch dieser nicht in seiner Vollständigkeit beobachtet werden. Man konnte hier beobachten, dass der vorhandene Fortsatz einen dünnen Ast in den gleichseitigen Faserkern abgab (Fig. 12), während die Fortsetzung in dem linksseitigen Faserkern, d.i. in dessen centralem Nervennetz, sich auflöste (z‘), worüber mich auch meine stärksten Vergrösserungen überzeugen konnten (Fig. 9a). Wie aber aus den vorhergehenden Präparaten ersichtlich wurde, zweigte sich ein Ast, und zwar der stärkste, nach vorne und seitlich ab, um als Hauptfortsatz den linksseitigen Faserkern zu verlassen und dann dem letzten Nerven des Segmentes sich fest anzuschliessen. Auf demselben Präparate war auch der Fortsatz der linksseitigen Colossalzelle vorhanden und somit fiel die Kreuzung der Hauptfasern beider Zellen nicht in eine und dieselbe senkrechte Ebene. Nach meinen mitgetheilten Beobachtungen gibt somitjede derbeiderseitigenlateralenColossalzellen je einen mächtigen Fortsatz ab, der zwar, allerdings indenanderseitigen Faserkernsich fortsetzend, von dort als periphere Nervenfaser abtritt, jedoch da- nebensowohlinseinemeigenen, alsauchindemander- seitigen Faserkern feine Aeste abtreten lässt, die sich an beiden Orten in das centrale Nervennetz auf- lösen. Hieraus wird also klar, dass der Zusammenhang auch dieser Colossalzelle bei Lepidasthenia, und offenbar wird es sich mit der homologen Zelle von Sthenelais ähnlich verhalten, mit dem centralen Nervensystem durch das centrale Nervennetz her- gestellt wird. Wenn wir nun aber nach der Bedeutung dieser Zellen uns weiter umsehen, so würde sich daraus Folgendes ergeben. Betrachten wir die Bilaterien, so werden wir überall finden, dass die beiden seitlichen Hälften des Central-Nervensystems, des engeren Zusammenhanges halber, was aus der phyletischen Entwicklung derselben unbedingt folgt, von denienigen primitiven Nervensystemen angefangen, wo die beiderseitigen Hälften weit auseinander liegen, wie etwa die sogenannten Hauptkörpernerven einer Turbellarie, die durch nervöse Querverbindungen miteinander zusammenhängen, bis hinauf zu den compactesten Nervencentren ähnlicher Art, deren laterale Theile miteinander engstens verbunden sind, wie das Rückenmark,, -wo die beiden seitlichen Theile durch Commissuren (Pyramidenkreuzung des verlängerten Markes, Commissura alba sive anterior u. s, f.) noch zusammenhängen, durch nervöse Quer- (221) 48 B. Haller: verbindungen zusammenhängen. Diese nervösen Querverbindungen oder Commissuren führen entweder Fasern, die aus der einen Hälfte des centralen Nervensystems entsprungen sind und in der anderseitigen endigen, oder solche, die, aus der einen Hälfte entsprungen die anderseitige Hälfte durchsetzen, um in einen peripheren Nerven dieser Seite eintretend, diese Seite des bilateral symmetrischen Körpers innerviren zu helfen. Die Kreuzungen solcher Nervenfasern sind ein morphologisch wohlbekanntes Object, worüber unser Wissen bei den höheren Wirbelthieren noch durch das physiologische Experiment sowohl, wie durch die Beobachtungen am kranken und an dem verletzten Körper in höherem Masse ver- vollständigt wird. Auch vorliegende Abhandlung gibt hierfür zahl- reiche, wie ich glaube, lehrreiche Beispiele, doch, um uns nur aus der allernächsten Nähe welche zu verschaffen, mögen aus diesem Grunde speciell die Anneliden herangezogen werden. Wollen wir mit den Olygochaeten beginnen, so sehen wir, dass den abtretenden Nerven der einen Bauchmarkshälfte (siehe weiter unten bei Lum- brieus) auch Fasern aus der anderen Bauchmarkshälfte, und zwar sowohl aus dem Nervennetz, wie auch direct aus den Ganglien- zellen entspringend (Fig. 48, 50), beigemengt werden. Unter den Polychaeten hat uns Kükenthal!) bei den Opheliaceen, und zwar bei Ophelia limacina und Travisia Forbesii Fälle kennen gelehrt, wo Ganglienzellen der einen Bauchmarkshälfte ihre Fort- sätze in die abgehenden Nerven der anderen Bauchmarkshälfte entsendeten. Bei Aphrodite treten nach Rohde die Fortsätze mehrerer Ganglienzellen der einen Bauchmarkshälfte gleichfalls in den abtretenden Nerven der anderen Bauchmarkshälfte ab. Ueber die dem centralen Nervennetz entspringenden Fasern berichten diese zwei Autoren, da sie die feine Textur nicht weiter verfolgt haben, nicht so, dass wir über diesen Punkt der sich kreuzenden Nervenfasern hier ununterrichtet würden, wenngleich hier ein Analogieschluss vollständig am Platze ist. In Anbetracht der angeführten anatomischen Verhältnisse können wir uns von der Bedeutung der lateralen Colossalzellen einen Begriff machen. Erwägen wir einmal, dass mit Ausnahme der Quercommissuren zwischen den Subösophagealganglien weiter im ganzen Bauchmark von Lepidasthenia keine nervösen Quer- verbindungen zwischen den beiderseitigen Hälften vorkommen, wobei der Umstand, dass nach Rohde solche zwischen den Nerven (222) Kenn u 2 | | | Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 49 bei Sthenelais vorkommen sollen, kaum hindernd sein dürfte, und dass bei Aphrodite, wie derselbe Autor mittheilt, nicht in der Einzahl, sondern gruppenweise Ganglienzellfortsätze „nicht nur in dem einen, sondern in jedem der jederseits abgehenden Nerven eines Segmentes“ ihre Fortsätze in die anderseitigen Nerven ent- senden !), so muss uns die Bedeutung dieser lateralen colossalen Ganglienzellen von Lepidasthenia klar werden. Ich denke mir nun die Sache auf die Weise erklärbar, dass jene bei Aphrodite bereits in geringer Zahl auftretenden grösseren Ganglienzellen, die ihre Fortsätze in die Nerven der jenseitigen Bauchmarkshälfte entsenden, schon durch ihre geringe Zahl und gleichzeitige bedeutende Grösse darauf hindeuten, dass die physiologische Aufgabe, welche bei an- deren Formen der erranten Polychaeten auf eine grössere Zahl von kleineren Ganglienzellen vertheilt war (hier müssen wir uns aller- dings bei dem heutigen geringen Wissen über den feineren Bau des Central-Nervensystems der Polychaeten mit ihnen ferner stehenden Formen, wo diese Verhältnisse genauer bekannt sind, also mit Lumbricus begnügen), hier auf eine beschränktere Zahl grösserer Ganglienzellen übertragen wurde, um endlich bei Lepidasthenia auf eine einzige Zelle beschränkt zu werden, welche in Folge dessen eine immense Grösse erreichen musste, da mit der Zunahme der Functionsintensität die Zunahme der Grösse erfolgte. Nebenbei möchte ich hier noch bemerkt haben, dass ich die Nebenäste des Hauptfortsatzes dieser Zellen, die sich im centralen Nervennetz der beiderseitigen Bauchmarkshälften auflösen, nicht etwa so auffasse, wie wenn sie ans dem centralen Nervennetz ent- springen würden, sondern so, dass sie sich vom Hauptfortsatz abzweigen; diese Annahme rechtfertigen die oben beschriebenen anatomischen Verhältnisse vollständig. Von dem oben auseinandergesetzten Standpunkt aus werden auch sämmtliche colossalen Ganglienzellen sowohl, wie die längs verlaufenden Colossalfasern, auf die wir jetzt weiter zu reden kommen, zu beurtheilen sein. Für diese Auffassung für die Colossal- fasern spricht speciell noch der gewichtige Umstand, dass nach Rohde bei Aphrodite und Hermione solche gar nicht vorkommen. ) Zu welchen Zellen speciell jene starken Nervenfasern bei Aphrodite gehören, konnte zwar dieser Autor nicht ermitteln, was weiter aber auch nicht von Bedeutung ist. Diejenigen des starken vorderen Nerven schienen ihm jedoch „vou lateral auf entgegengesetzter Bauchmarkshälfte liegenden grossen Ganglienzellen des zweiten Typus zu stammen“, und diese Beobachtung, so sehr auch ganz positive Angaben erwünscht gewesen wären, ist für die Bedeutung der lateralen Ganglienzellen von Lepidasthenia von grossem Werthe., Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VII, Heft 2. 15 (223) 50 B. Haller: Weder von den zahlreichen Mittheilungen über die colossalen Nervenfasern, noch über ihr Vorkommen bei den verschiedenen Formen der erranten Polychaeten soll hier die Rede sein, sondern blos von diesen, soweit sie sich bei Lepidasthenia vorfinden. Bei Lepida- sthenia elegans beschreibt Rohde zwei Paar längs verlaufende colossale Nervenfasern im Bauchmark, und zwar jederseits eine mittlere, schwächere und eine seitliche, viel stärkere. Erstere soll im unteren Schlundganglion mit einer colossalen Ganglienzelle der entgegengesetzten Seite in directe Verbindung treten. Ueber diese Angabe habe ich mich weiter oben geäussert und möchte hier blos noch hinzufügen, dass ich diese mittlere Colossalfaser stellen- weise zwar auch angetroffen habe (Fig, 18 £, f‘), dass ihr Vorkommen in den einzelnen Abschnitten des Bauchmarkes aber bei weitem kein so constantes ist, als das der lateralen Colossalfaser. Im dritten und vierten Segment beginnend, findet man eine oft grosse Zahl kleinerer Colossalfasern auf dem Querschnitte (Fig. 12, 13, 14) beisammenliegen, doch sind dieselben im Faserkerne sehr unregel- mässig zerstreut und ich glaube kaum, dass es sich hier um ganz bestimmt localisirte Elemente handeln würde. An der Stelle der mittleren Colossalfaser sieht man oft eine fest aneinander gelagerte Colossalfasergruppe (Fig. 25 f), so dass es in der That den Anschein hat, wie wenn sich diese Faser in Aeste auflösen würde. Befrie- digende Klarheit aber über das Verhalten der Colossalfasern werden erst Serien von Horizontalschnitten gewähren, die ich zu unter- suchen keine Gelegenheit hatte. Viel mehr habe ich über die laterale Colossalfaser ermitteln können. Diese, die mächtigste unter allen diesen Colossalfasern, besitzt eine ganz constante Lagerung lateralwärts in jeder Bauch- markshälfte (Fig. 12, 13, 14, 18, 25 kf). Ueber ihren Ursprung hat Rohde nichts zu ermitteln vermocht, doch scheint es ihm am wahrscheinlichsten, dass sie ihren Ursprung im Hirn hat, „da sie in den Schlundeommissuren deutlich zu verfolgen ist“. Dieser Be- hauptung muss ich nun ganz entschieden entgegentreten, denn sowohl diese Colossalfaser, wie auch die kleineren derselben Art, fehlen bis auf einen einzigen (Fig. 16f), in den vorderen zwei Seg- menten und auch in den Subösophagealganglien ist von ihnen keine Spur zu erkennen (Fig. 32). Die laterale Colossalfaser scheint vielmehr erst im dritten Ganglienpaare des Bauchmarkes zu be- ginnen (Fig. 16 f). Hier sah ich einmal im Faserkern an einer Stelle, wo sonst die lateralen Colossalfasern liegen, eine kleinere Ganglienzelle (Figg. 15, 16 w), welche umso mehr auffallen (224) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. öl musste, da sonst Ganglienzellen in der Mitte der Faserkerne nie vorkommen, doch konnte ich weiter über ihren Zusammenhang mit der Colossalfaser nichts ermitteln. Bei Sthenelais hat Rohde aber thatsächlich in Colossalfasern solche Zellen eingeschoben auf- gefunden. Vom dritten Bauchmarkssegmente beginnend, ist die laterale Colossalfaser überall in jedem Segmente vorhanden, doch findet man auch Stellen, wo sie in der einen Bauchmarkshälfte mehr nach innen gerückt und in Aeste zerfallen ist (Fig. 12 links), und auch Rohde ist der Meinung, dass diese Faser sich im Bauchmark öfter in Aeste theilt, die seiner Meinung nach aber „eine Strecke neben einander weiter verlaufen, dann sich aber wieder vereinigen“. Wenn man diese Colossalfaser bei stärkerer Vergrösserung betrachtet, so erkennt man, dass sie, vom Neuroglia- netz scheidenartig umgeben, im Querschnitt nicht rund noch oval ist und überhaupt nicht immer glatte Ränder besitzt, sondern diese oft mehr oder weniger ausgezackt erscheinen. Auf Fig. 21 habe ich an einem dickeren Schnitte bei verschieden tiefer Tubus- einstellung die Contouren dieser Faser zweimal mit der Camera übereinander gezeichnet. Ebenso that ich auf Fig. 17 auf einem anderen Präparate, wo ich sogar die Contouren dreimal mit der Camera übereinander zeichnete. Aus erster Figur geht hervor, dass die Faser auch auf eine ganz kurze Strecke Formverände- rungen erleidet, während aus der zweiten die wichtige Thatsache ersichtlich ist, dass diese Formveränderungen auch mit einer Ver- jüngung der Faser verbunden sein können. Bei sehr feinen Prä- paraten konnte ferner erkannt werden, dass die Colossalfaser kurze Fortsätze abgibt, die sich sofort theilen und im centralen Nerven- netz auflösen (Fig. 19 fr). Oft sind diese Fortsätze sehr kurz, dann aber um so zahlreicher (Fig. 11), und erscheinen dann als kleine Kegelchen, die mit dem centralen Nervennetz verschmelzen (a). Mit Ganglienzellen habe ich aber bis auf jenen vereinzelten Fall (Figg. 15,16 w) dielaterale Nervenfaser nie zusammenhängen gesehen. Es steht somit nach meinen vorgetragenen Befunden fest, dass sich die laterale Colossalfaser hauptsäch- lich,wenn möglicherweisenicht ganz ausschliesslich, aus dem centralen Nervennetz construirt, ähnlich wie dieses nach meinen Beobachtungen die drei Colossalfasern der Oligo- chaeten theilweise thun. Auch ihre zeitweise Verjüngung (Fig. 17) weist darauf hin, dass sie ihren Ursprung aus dem Nervennetz hat. Die laterale Colossalfaser gibt in jedem Segmente einen mächtigen peripheren Ast ab (Fig. 8, 10. n), den ich in der Hypo- 15* (285) 59 B. Haller: dermisschichte bis unterhalb des Lateralmuskels (Fig. 8 1,m) verfolgen konnte, ohne dass er sich verzweigt oder feinere Aeste abgegeben hätte. Dieser periphere Ast der lateralen Colossalfaser ist nur wenig schwächer wie diese selbst (Fig. 10) und erhält von dem Neuroglianetz eine lockere netzförmige Umhüllung. Unbegreiflich war es mir, wie Rohde diese periphere Nervenfaser bei ihrer Mächtigkeit hat übersehen können. Es ist nun klar, dass, ebenso wie die laterale Colossalzelle und ihr Hauptfortsatz, durch die Uebertragung der gleichwerthigen Functionen mehrerer Elemente auf eine sich allmälig vergrösserte, die laterale Colossalfaser aus der Gemeinschaft mit anderen wenigen (Aphrodite), die zum Schluss zurücktreten mussten und die ganze Function auf dieselbe übertrugen, sich heraushob und nun auf diese Weise die enorme Grösse erlangen musste. Zum Schluss möchte ich noch erwähnt haben, dass ich diese Nervenfaser einer ganz gewöhnlichen Nervenfaser für homolog halte, welche von der Filar- und Interfilarmasse gebildet wird, wobei die als „Markscheide“ etc. bezeichnete Hülle nichts als die Interfilarmasse selbst ist. Die Filarmasse kann in der Faser aber, ebenso wie in dem Ganglienzellleibe, je nach dem Functionszustande sich entweder gleichmässig vertheilen (Fig. 14, kf), sich mehr centralwärts gruppiren, sternförmig auf dem Querschnitte nach der Peripherie zu anordnen (Fig. 10), oder sich in der Netzform in der Interfilarmasse (Figg. 10, 11, 19)!) ausbreiten. Fig. 1. Zum Schluss nun möchte ich die Ursprungsweise der Bauch- marksnerven bei Lepidasthenia zusammenfassen und auf beigegebenem Holzschnitte der Uebersicht halber kurz erörtern. Wir finden erstens gewöhnliche periphere Nervenbündel (c), deren Einzelfasern entweder !) Selbstverständlich sind die von Rohde bei Sthenelais in den Colossal- fasern gefundenen rosettenförmigen Gebilde nichts anderes, als postmortale krystal- linische Ausscheidungen. (226) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 53 direct aus Ganglienzellen (x) oder aus dem centralen Nervennetz entspringen (9), welches seinerseits abermals aus den Fortsätzen der gewöhnlichen Ganglienzellen (w) gebildet wird. Zweitens sind zwei Colossalfasern vorhanden, von welchen die eine, und zwar stets geringere (a), direct aus einer colossalen Ganglienzelle (z) der anderen Seitenhälfte entspringt, welche Zelle aber ihren Zu- sammenhang mit dem Central-Nervensystem sowohl derselben als auch der entgegengesetzten Seite durch Aeste bewahrt, die im centralen Nervennetz sich auflösen. Endlich ist noch die grössere periphere Faser (b) vorhanden, die ein Ast einer centralen colossalen Faser ist, die ihren Ursprung im centralen Nervennetz hat. Es hat sich somit hier in diesen beiden peripheren Üolossal- fasern einerseits eine periphere Nervenfaser entwickelt, deren Ur- sprung ein directer ist, während der Ursprung der anderen aus dem Nervennetz erfolgt. Keineder beiden Ursprungsweisen hat sich also hier einseitig verstärkt, sondern dies erfolgte für beide gleichmässig. b) Röhrenbewohnende Polychaeten. Von den tubicolen Polychaeten habe ich nur ein einziges Exem- plar einer bei Triest häufigen Serpula (vermicularis?) mir auf die Weise conservirt, dass, nachdem ich das Thier aus dem Gehäuse zog, es in dieckere Querschnitte zerlegte und diese zuerst in Ösmiumsäure und nachträglich in immer concentrirteren Alkohol brachte. Dabei ereignete es sich leider, dass die Stücke zu dick waren und dem Eindringen der Osmiumsäure widerstanden. Darum waren die aus dem Bauchstrang verfertigten Präparate nicht zu feineren histologischen Detailbeobachtungen geeignet. Zufällig ganz vorzüglich waren die unteren Schlundganglien conservirt, weniger gut, aber noch immer brauchbar, war das Gehirn conservirt. Immerhin konnte ich, abgesehen von der Form der Ganglienzellen, in den Hauptpunkten feststellen, dass die Verhältnisse in den Ganglienknoten des Bauchmarkes mit jenen in den unteren Schlund- ganglien übereinstimmen. Ueber die unteren Schlundganglien besitze ich vier ganz vorzügliche Querschnitte. Ein Querschnitt über das Gehirn, das, nach den Querschnitten beurtheilt, nicht ganz die Form besitzen dürfte, als diese in der bekannten Quatrefages- schen Abbildung!) wiedergegeben ist, sondern hinter und vor dem Abgang des mächtigen Nerven in die Tentakeln eine etwas eckige Gestalt besitzt, zeigt Folgendes. Nach aussen wird das Gehirn !) A. de Quatrefages, Histoire des Annales. Pl. III, Fig. 8. (227) 54 B. Haller: von einer Neurogliaschichte umgeben (Fig. 43 ah), die sich auch auf den abtretenden Nerven fortsetzt. Dieser Nervenscheide heften sich nach aussen Bindegewebszüge fest an (v), die, besonders an der dorsalen Seite, septenförmig an das Integument inseriren und auf diese Weise das Gehirn in seiner Lage fixiren. Ausser dieser äusseren Neurogliahülle gibt es noch stellenweise eine innere, deren Genese erst durch das Studium der Textur des unteren Schlundganglions klar werden wird. Die innere Neurogliahülle ist dorsolateral mit der äusseren verwachsen (m) und fehlt an der dorsalen Seite des Gehirns; nur medianwärts findet sich noch ein mit der äusseren Neurogliahülle verwachsener Rest davon vor (t), der aber mit der übrigen inneren Neurogliahülle nirgends zusammen- hängt. Die innere Neurogliahülle scheidet auf die oben angegebene Weise somit lateral und ventralwärts einen Raum ab, der zwischen ihr und der äusseren Neurogliahülle gelegen ist (r) und in welchem die Ganglienzellen der lateralen und ventralen Seite des Gehirns liegen. Die beiden Neurogliahüllen verbinden sich untereinander durch zahlreiche, mehr oder weniger dicke Septen (s}) und die innere gibt ausserdem Fortsätze in den centralen Fasertheil (cf) noch ab. In der ventralen Hälfte der inneren Neurogliahülle finden sich von Blutgefässen ausgefüllte Räume vor (bg). Die sehr geringe Ganglienzellschichte (r‘) im dorsalen Theile des Gehirns wird von dem centralen Fasertheile durch keine innere Neurogliahülle ge- schieden. In der Gegend, wo die beiden Hüllen verwachsen sind, ist die Ganglienzellschichte der dorsalen Seite geradezu einschichtig. Ein Längsschnitt durch das Subösophagealganglion (Fig. 42) zeigt, dass die grösste Anhäufung von Ganglienzellen in der Nähe der Schlundeommissuren (n) sich findet, während das entgegengesetzte Ende, wo die Cerebralceommissur eintritt (m), und hauptsächlich die obere laterale Seite (h) nur wenig Ganglienzellen besitzt. Die Ganglienzellen gruppiren sich vollständig corticalwärts, so dass inmitten des Ganglions gar keine Zelle zu finden ist. Da dieses Präparat äusserst dünn, wohl conservirt und vorzüglich mit am- moniakalischem Carmin gefärbt war, so konnte es auch zum Studium der Textur verwendet werden. Die Abbildung auf Fig. 41 bei sehr starker Vergrösserung ist etwa die Stelle, die auf Fig. 42 zwischen den Linien vv‘ und rr‘ liegt. Medianwärts, in der Nähe der Schlund- commissur (n), ist die Ganglienzellschichte (gz) recht ansehnlich. Eine dickere Neurogliahülle ist nicht vorhanden, diese ist vielmehr nicht einmal mächtiger, wie ihre zwischen die Ganglienzellschichte sich fortsetzenden Septen. Letztere vereinigen sich zwischen den (228) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 55 Ganglienzellen zu einem sehr weitmaschigen Netz, das der Com- missur zu immer enger wird und endlich ganz aufhört, wobei sich blos die einfache äussere Neurogliahülle weiter fortsetzt. Dieses dieke Neuroglianetz innerhalb der Ganglienzellschichte ist umso deutlicher zu beobachten, als sie sich ebenso, wie die dünne Neu- rogliahülle, mit Carmin intensiv tingirt. Zellkerne konnten in seinen Knotenpunkten deutlich nicht beobachtet werden, und wenn dann und wann sich auch etwas Aehnliches zeigte (t), so war ich meiner Sache doch nie sicher, ob ich es thatsächlich mit einem Zellkern zu thun habe. Nach innen, dem centralen Nervennetz zu, hört das Neuroglianetz entweder vollständig auf, oder schickt es blos verschieden dicke Fortsätze in dasselbe, die sich öfter sogar noch theilen können, dann aber plötzlich blind endigen (fs). Gewöhnlich enden sie aber, ohne sich zuvor gegabelt zu haben, blind auf. Das beschriebene Verhalten ist umso deutlicher zu beobachten, als das centrale Nervennetz bekanntlich keine Tinction erfährt. Auch wo die Ganglienzelllage blos einschichtig ist, wie auf der oberen lateralen Seite (gz‘), schickt die Neurogliahülle (h) zwischen die multipolaren Ganglienzellen verzweigte Fortsätze ein, die sich jedoch hier zu keinem Netz vereinen, wie dieses an den dieken Ganglienzellschichten der Fall war, und die Neuroglia setzt sich zwischen das centrale Nervennetz auch hier nicht weiter fort. Somit ist das centrale Nervennetz in diesem Ganglion sowohl, wie auch im Gehirn bei Serpula von keinem Neuroglianetz durchwebt, wie dieses bei den erranten Polychaeten der Fall war, und ein solches ist blos in den corticalwärts gelegenen Ganglienzellschichten mehr oder weniger ausgebildet vorhanden. An diesem Beispiele ist ferner auch sehr deutlich zu sehen, wie die Mächtigkeit des Neuroglia- netzes in der Ganglienzellschichte mit der Dicke derselben zu- nimmt und in der ventralen und lateralen Seite des Gehirns, wo die Ganglienzellschichte ihre grösste Mächtigkeit im Central- Nervensystem von Serpula erreicht, zur besseren Stütze derselben selbst zu einer inneren Neurogliahülle sich entwickeln kann. In den diekeren Ganglienzellschichten sind ausschliesslich grössere, sogenannte unipolare Zellen vorhanden, welche ihre Fort- sätze entweder in das centrale Nervennetz senden und in demselben sie auflösen lassen (Fig. 41 w), oder es treten dieselben als directe Nervenfasern (a, b) in die abtretende Commissur ein. Von zahl- reichen Fasern der Commissur lässt sich erkennen, dass sie sich aus dem centralen Nervennetz construiren (if, if’), so dass somit (229) 56 B. Haller: auch bei Serpula die doppelte Ursprungsweise der Nervenfasern nun erwiesen ist. Ich habe unter den Gang- lienzellen der diekeren Schichten, wie das an der oben beschriebenen Stelle der Fall war, keine multipolaren Ganglienzellen und somit auch keine direeten Anastomosen zwischen ihnen auffinden können. Kleinere multipolare Ganglienzellen fanden sich zwar hier und da vor (7), doch lagerten dieselben schon ausserhalb des Neuroglianetzes. Ganz anders verhält es sich mit den Elementen der dünneren Ganglienzellschichten, denn diese sind (gz‘) immer multipolar und ihre Fortsätze anastomosiren entweder direct mit denen der Nachbarzellen, oder sie lösen sich theilweise in das centrale Nerven- netz auf. | Der Zellleib der Ganglienzellen bei Serpula ist zart, ihr Pigment war extrahirt. Er nimmt durch ammoniakalisches Carmin sowohl, wie durch Picrocarmin eine leise Tinetion an. Der Zellkern ist gross und besitzt ein stets deutliches Kernkörperchen. Wie ich schon im Vorhinein zugestanden habe, besitze ich vom Bauchmark keine derartigen Präparate, welche das Studium der feineren Structur ermöglichen würden, doch, soweit ich an diesen Präparaten mich überzeugen konnte, ist die Textur ähnlich der der unteren Schlundganglien. B. -Oligochaeten. Von Oligochaeten habe ich nur Lumbricus terrestris L. (agricola Hoffm.) untersucht, doch bin ich der Meinung, dass bei den Oligo- chaeten bezüglich des quantitativen Verhaltens der gesammten Neuroglia grosse Verschiedenheiten anzutreffen sein werden, weshalb ich die bei Lumbricus gefundenen diesbezüglichen Verhältnisse nicht auf die gesammten Oligochaeten übertragen möchte. Die Topographie des Bauchmarkes, denn das Hirn wurde hier nicht untersucht, ist von mir nur insoferne berücksichtigt worden, als es der Zweck vorliegender Abhandlung unbedingt erheischte, indem ich hier das Hauptgewicht auf die Feststellung der quanti- tativen Betheiligung der Neuroglia am Aufbau des Oentral-Nerven- systems und auf den Nachweis der zweifachen Ursprungsweise der Nervenfasern legte. Darum habe ich auch die sehr umfangreiche Literatur über das Central-Nervensystem der Öligochaeten nur insoweit berücksichtigt, als sie sich speciell auf Lumbricus bezog oder bei Behandlung vorliegenden Themas doch unbedingt nöthig erschien. (230) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 57 W. Vignal hat in seiner Abhandlung über das Central- Nervensystem einiger Wirbelloser !) auch des Central-Nervensystems von Lumbricus terrestris L. gedacht, und da er somit über dieselbe Art berichtet wie ich, so sind seine Angaben hier hauptsächlich zu berücksichtigen. Wie schon seit lange her bekannt, wird das Bauchmark von Lumbrieus, ebenso wie bei zahlreichen anderen Oligochaeten, von einer sehr dicken und äusserst resistenten Nerven- hülle umgeben, der stellenweise selbst Muskelfasern einlagern. Vignal findet nun diese Nervenhülle aus drei verschiedenen Schichten zusammengesetzt, wobei wir freilich in seiner angeführten Arbeit auf beweiskräftige Detailabbildungen uns vergebens umsehen. Zu äusserst findet er aus polygonalen Elementen eine platte ein- schichtige Zelllage, die er am schönsten mit Argentum nitricum darstellen konnte. Es ist dies dieselbe Lage, welche bereits durch Clapar&de beschrieben wurde. Die hierauf folgende Muskel- schichte ist die dickste von allen dreien. Gebildet aus glatten Muskelfasern, ist zwischen den einzelnen Elementen nur ein sehr spärliches Bindegewebe (Tissu conjonctif) vorhanden, über dessen Structur wir weiter aber nichts erfahren. Auf diese Muskellage folgt nun eine dritte, ganz homogene Schichte, welche für die angewandten Farbstoffe, nämlich Carmin und Picrocarmin, eine grosse Affinität zeigt und mit Hämatoxylin sich violett färbt; Osmiumsäure bräunt sie intensiv. In heissem Wasser mehrere Tage gelegen, soll diese Schichte sich ähnlich in Lamellen zer- legen lassen, wie die Descemet’sche Membran. Aus all dem zieht Vignal den Schluss, dass diese dritte Schichte der Nerven- hülle eine ceuticulare Bildung sei, ganz gleich der hinteren Membran der Wirbelthiercornea. Seiner Ansicht nach sind es Bindegewebs- zellen (Cellules conjunctives) innerhalb der Central-Nervenmasse, welche diese Cuticula abscheiden, freilich weiter begründet wird diese Ansicht nicht. Diese cuticulare Schichte sendet dann nach diesem Autor sehr feine Fortsätze sowohl zwischen die Muskel- bündelschichte, als auch in die CGentral-Nervenmasse. Zu ähnlichen Resultaten kam auch Friedländer. In der kürzlich erschienenen ersten Lieferung seines Lehrbuches der Zoologie zeichnetHatschek einen Querschnitt durch das Bauchmark von Allolobophora ab (Fig. 142) und benennt eine sehr dicke Schichte über der Muskel- lage als „Peritonealschichte“. Diese Schichte ist nach der Zeichnung äusserst dick, vielfach gekörnt und besitzt viele Zellkerne, die ') W. Vignal, Recherches histologiques sur les centres nerveux de quelqnes intervertebres. Arch, d. Zool. exper. et gener. 1883., Serie 2, Tom. I. (231) 58 B. Haller: besonders dorsalwärts reihenförmig in der Körper -Querachse angeordnet sind. Bei Lumbricus fand ich über der eigentlichen Nervenhülle gelegen eine einschichtige, im Allgemeinen zwar platte Schichte vor (Fig. 44 v, v‘), welcbe aber stellenweise auch dicker sein konnte. Diese Schichte ist sehr fein granulirt, zeigt, auf den (Juerschnitten wenigstens, keine Zellgrenzen, doch sind stark tingirbare Zellkerne vorhanden, deren Lage eben auf eine Ein- schichtigkeit dieses Ueberzuges schliessen lässt. Sie umschliesst das Nervenmark allseitig, setzt sich jedoch auch auf die ab- tretenden Nerven nicht fort; auch Vignal beobachtete, dass diese Zellschichte dort, wo der Nerv in das Gewebe eintritt, auf- hört. Diese einschichtige Lage setzt sich der eigentlichen Nerven- hülle gegenüber ganz scharf ab (Fig. 44). Wenn man nun meine Abbildung mit der angeführten von Hatschek vergleicht, so wird es klar, dass diese Zellschichte mit der bei Allolobophora zwar sehr dicken, doch immerhin einschichtigen identisch ist, und somit Hatschek’s „Peritonealschichte“ bei Lum- brieus darstellt. Hatschek’s Abbildung ist bei schwacher Ver- grösserung entworfen und so wird eine Abgrenzung der eigent- lichen Nervenhülle gegenüber nicht angegeben. Bei Lumbricus fand ich öfter gelbliche Körnchen in dieser Schichte zerstreut liegen. Diese Schichte beschreibt nun Clapar&de zum ersten Mal und Vignal rechnet sie irrthümlich, wie wir oben sahen, zur Nervenhülle, indem er sie als äusserste Schichte derselben auffasst. Als die eigentliche Nervenhülle oder Neurogliahülle be- zeichne ich nach meinen Untersuchungen bei Lumbricus eine sehr dicke homogene (mit den bisher angewandten Reagentien wenigstens) Hülle um das Central-Nervensystem herum, welche sich als dünne Schichte auch auf die peripheren Nerven fortsetzt, wo ihre Zell- kerne noch stellenweise aufzufinden sind. Diese Hülle reicht von der centralen Nervenmasse an bis zur Peritonealschichte, welche der glatten Oberfläche derselben aufliegt. Diese Nervenhülle ist kein compactes Ganzes, sondern ist vielfach durch Hohlräume unterbrochen. Die schon seit Alterszeiten her bekannten glatten Muskelfasern lagern in Höhlungen derselben (Fig. 44 m). Die Muskelfasern heften sich mit einem Ende an die äussere Wand der Höhlung, mit dem anderen an die innere (Fig. 44) an. Auf die Anordnung dieser Muskelfasern, wie auf ihre Vertheilung während der ganzen Länge des Bauchstranges einzugehen, ist hier nicht der Ort. Dass sie stellenweise spärlicher (Fig. 48), stellen- (232) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 59 weise in grösseren Massen (Fig. 46) auftreten, ist ja bekannt, doch fehlt es noch immer an ausführlichen Angaben. Die Muskelbündel füllen nur selten die ihnen in der Neurogliahülle angewiesene Höhlung so vollständig aus, dass nicht kleinere Lücken, entweder zwischen ihnen und der Höhlenwand oder zwischen ihnen selbst nicht vorhanden wären. Innerhalb der Neurogliahülle liegt ferner auch das grosse ventrale Gefäss (bgf), dessen Muskelwände stellen- weise sehr verschieden dick sind. Es finden sich ferner noch andere Lückensysteme innerhalb der dicken Neurogliahülle (Fig. 44 gl) vor, welche jedoch nie leer, sondern von eigenthümlichen Zellen mehr oder weniger erfüllt gefunden werden. Manchmal findet man solche Hohlräume von jenen Zellen ganz erfüllt (Fig. 44 gl‘); ferner liegen die drei colossalen Nervenfasern mehr oder weniger inner- halb der Neurogliahülle. Die Neurogliahülle nimmt mit Carmin- tinetion eine intensive rothe Färbung an und Picrocarmin färbt sie blassrosa (Fig. 53 bz). Die topographischen Verhältnisse der Nervenhülle hier zu be- sprechen, würde zu weit führen, so viel mag aber angeführt werden, dass es stellenweise Plätze gibt, wo jener Theil der Nerven- hülle, welcher zwischen centraler Nervenmasse und der Muskel- lage gelegen ist, eine grössere Breite aufweist wie auf Fig. 44, und man dann ähnliche Bilder bei schwachen Vergrösserungen gewinnt, wie die Abbildungen Vignal’s (Taf. XVIII) sie wieder- geben. Vignal gibt nun an, dass zu innerst eine Schichte liege, welche er sehr deutlich als separate Membran gesehen haben wili und sie als eine von den innerhalb der centralen Nervenmasse von ihm beobachteten Bindegewebszellen abgeschiedene Cuticula auffasst. Leider wird diese Beobachtung durch keine Detailabbildung gestützt, als durch seine bei schwachen Vergrösserungen aufgenommenen Totalpräparate. Dies glaube ich aber genügt nicht, um einen von der Richtigkeit seiner Aussage zu überzeugen. Eine solche Membran existirt aber in der That nicht. Und doch wäre sehr zu wünschen, dass in histologischen Streitfragen hauptsächlich das Gesehene bildlich möglichst getreu wiedergegeben werde, denn nur auf diese Weise liesse sich für die Leser, die sich speciell mit dem Gegen- stande aus eigener Anschauung nicht bekannt gemacht haben, eine gewünschte Lectüre bieten. Gerade die Neurohistologie ist es, in welcher auf diese Weise so viel gesündigt wurde, und nur daraus lässt sich eben erklären, dass in Lehrbüchern der Zoologie so oft über die Histologie des Central-Nervensystems so unerklärlich Sonderbares mitgetheilt wird. (233) 69 B. Haller: Es war mir bei dem Studium des Central-Nervensystems von Lumbricus sehr wichtig, zu erfahren, wie weit die Neurogliahülle durch Einsenden von Fortsätzen in die centrale Nervenmasse am Aufbau derselben betheiligt sei. Sehr wahrscheinlich schien es mir Verhältnisse zu finden, wie sie sich bei den erranten Polychaeten vorfänden, und dass somit auch hier ein schönes inneres Neuroglianetz zu beobachten sein wird. Vignal, der von der Neuroglia nichts redet, sondern das nichtnervöse Gewebe innerhalb des centralen Nervengewebes als „Tissu conjonctif“ bezeichnet, findet dieses hier- selbst in folgender Form vor. Ich will ihn selber sprechen lassen : „Le tissu conjonctif, au milieu duquel elles se trouvent, me parait &tre form& de lamelles intimement, unies entre elles par un cement qui ne se revele que par une leg£ere difference de re&- fringence; dans certains points, il est dense et serr& (contre la gaine anhiste, cloison), le lamelles sont formement appliquees les unes contre les autres; dans d’autre points, au contraire, il se presente sons la forme de minces et elegantes lamelles isolees (eolonnes des fibres nerveuses). Il m’a &te impossible de d&composez ces lamelles en fibres.“ Durch Abbildungen wird diese kurze und unsichere Aussage nicht gestützt, und wie Vignal zur Auffassung gelangt sein mag, dass in der centralen Nervenmasse das Zwischen- gewebe in Form lamellöser Septen sich vorfindet, ist mir ganz unerklärlich. Dies ist aber auch Alles, was der Autor uns hierüber mitzutheilen weiss. Viel wichtiger als diese nichtssagende Mittheilung ist eine andere Beobachtung Vignal’s, nach welcher nämlich innerhalb der centralen Nervenmasse Zellen nichtnervöser Natur, die er als Bindegewebszellen (cells conjonctifs) anspricht, sich vor- finden. Es sind granulirte Zellen der verschiedensten Form, spindel- förmig bis vieleckig. Die Granula selbst sind sehr kleine Kügelchen von stärkerem Lichtbrechungsvermögen wie der Zellleib. Die che- mische Natur dieser Kügelchen konnte er zwar sicher nicht ermitteln, doch meint er, sie mögen auch etwas Fett enthalten. Manche unter diesen Zellen und notorisch diejenigen, welche in der centralen Nervenmasse mehr peripher und in unmittelbarer Nähe der Neurogliahülle liegen, wo sie unter Umständen eine förmliche Schichte bilden sollen, sind von diesen Kügelchen derart vollgepfropft, dass man selbst den Zellkern nicht zu sehen vermag. Andere, und zwar solche, die eine mehr centrale Lagerung einnehmen, enthalten nur wenige dieser Kügelchen und zwischen diesen beiden Extremen gibt es alle möglichen Uebergänge. (234) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 61 Diese Zellen sind nun, wie Vignal sich vielfach ausdrückt, sehr gestaltveränderlich, ob er aber der Meinung ist, dass sie im Leben spontan amöboid sich verändern könnten, ist mir nicht klar geworden. Diese Abänderung in der Gestalt beobachtete Vignal wenn er Nervengewebe frisch in Körperflüssigkeit des Thieres macerirte, wo dann diese Zellen in Folge der Strömung der Körperflüssigkeit eine Gestaltveränderung erfuhren. Besser bemerkte man aber diese passive Gestaltveränderung, meint Vignal, wenn man 48 Stunden in Jodserum macerirte, und er sagt: „On verra alors que ces cellules sont excessivement mall&ables, et qu’elles prennent toutes les formes sous l’influence des courants qu’on determine dans la preparation.“ Diese Gebilde sind somit auch nach Vignal freie Zellen, die weiter morphologisch in keinem Connex mit dem übrigen Gewebe, noch untereinander stehen. Ueber die Bedeutung dieser Zellen spricht sich Vignal dahin aus, dass sie neben der Aufgabe, bei Bewegung des Thieres zwischen den Nervenelementen zur Verhütung von Stössen als weiche Polster zu dienen, noch die Abscheidung jener cuticularen Membran, die er früher um das Nervensystem herum beschrieb, verrichten. Diese Membran als solche existirt aber, wie ich mich überzeugt habe und schon auseinandersetzte, nicht und somit ist auch Vignal’s Annahme über die zweite Bedeutung dieser Zellen hinfällig, doch möchte ich, da ich es für die richtige Bedeutung dieser Zellen von Wichtigkeit halte, es nicht unerwähnt lassen, wie er zu dieser Auffassung über die Bedeutung der Zellen gelangte. Er beobachtete nämlich, wie ich dieses schon angeführt habe, dass die centralwärts gelegenen Zellen dieser Art weniger Kügelchen im Innern besassen, wie die nach aussen gelegenen, und dass letztere oft so dicht unter einander unter der Nervenhülle gelegen hatten, dass sie „sozusagen ein viertes Neurilemm“ bildeten. Dieses halte ich für wichtig und für eine gewaltige Stütze für meine Ansicht über die physiologische Bedeutung dieser Zellen. Ich möchte nun meine eigenen Beobachtungen über diese Zellen bier mittheilen. Ich fand sie im ganzen Bauchmark, sowohl im centralen Nervengewebe wie innerhalb des Neurilemms zerstreut liegen. Ihre Form ist, wie dieses schon Vignal beobachtete, sehr verschieden, doch möge einstweilen davon abgesehen und andere von ihren Charaktern hier beschrieben werden. Im Grossen und Ganzen stimmen meine Beobachtungen mit den Angaben Vignal’s überein; gleich wie er fand ich stets einen stark granulirten Zell- kern ohne einem ausgesprochenen Kernkörperchen vor. Der (235) 62 B. Haller: Kern enthielt die chromatophile Substanz ganz gleichförmig im Kernkörper vertheilt, wodurch eben ein dunklerer Farbenton erzielt wurde. Ganz runde Kerne konnte ich nie beobachten, vielmehr waren diese mehr oder weniger langgestreckt oder doch nicht kugel- rund. Oft waren manche Kerne geradezu sehr langgestreckt. Sollten diese Zellen sich noch so dicht um eine gleich grosse Ganglienzelle lagern und sollte der Körper der Nervenzelle noch so undeutlich zur Beobachtung kommen, so sind wir doch im Stande, durch die Verschiedenheit der Zellkerne den Unterschied festzustellen. Dieser Unterschied ist dann, natürlich beim Studium der Histologie des Central-Nervensystems, von grösster Wichtigkeit, besonders an Stellen, wo kleinere Ganglienzellen von der Grösse dieser eben zu beschreibenden Zellen sich vorfinden. Der Kern der Ganglienzellen bei Lumbricus enthält in den meisten Fällen ein sehr deutliches und grosses und nur in seltenen Fällen zwei Kernkörperchen ; doch ist, wie gesagt und wie bereits Walter richtig beobachtet hatte, blos ein Kernkörperchen die Regel. Die chromatophile Sub- stanz ist im Zellkern der Ganglienzellen von Lumbricus nie gleich- förmig innerhalb des Kernkörpers vertheilt, sondern ist entweder an Querschnitten nur peripher angeordnet, wobei das mehr oder weniger central gelegene Kernkörperchen durch einen Isthmus mit ihr verbunden ist, oder findet sie sich, ein echtes Kerngerüst bildend, in dem Zellkern in der Netzform vertheilt vor. Auf diese Weise erscheint der Zellkern immer hell, ganz ähnlich wie jener der Vertebraten, mit welchen er die auffallendste Aehnlichkeit besitzt, während die Zellkerne jener anderen Zellen durch die ganz gleichmässige Vertheilung der chromatophilen Substanz viel dunkler sind. Erstens dieser gewichtige Unterschied, dann aber der Mangel von Kernkörperchen lässt die dunkel tingirten Kerne dieser Zellen von jenen der Ganglienzellen sehr deutlich unterscheiden (Fig. 44, 49, 51, 54). Wie ich schon erwähnt habe, sind die Kerne dieser Zellen oft länglich, welche Form oft geradezu in ihr grösstes Extrem übergehen kann. Letzte Eigenschaft fehlt nun den Kernen der Nervenzellen und ich bin geneigt, anzunehmen, dass die so gestalteten Zellkerne einer durch die Conservirung verursachten Schrumpfung zuzuschreiben sind. Diese Zellen findet man innerhalb der centralen Nervengewebe überall vertheilt vor. Es gibt unter einer Schnittserie oft viele auf einander folgende Schnitte, in denen diese Zellen in grosser Zahl auftreten (Fig. 44), während wieder andere sie in geringerer Zahl besitzen (Fig. 49). Wie dieses schon Vignal richtig angibt, (236) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer, 63 sind diese Zellen an der Peripherie oft geradezu auffallend dicht aneinander gelagert (Fig. 44) und finden sich, wenigstens bei ihrem Abgange, auch in den Nerven vor. Ihr Zellkörper nimmt im Gegen- satze zu jenem der Ganglienzellen durch ammoniakalischen Carmin keine Tinetion an, doch färbt er sich mit Picrocarmin strohgelb, während jener der Nervenzelle sich rosaroth färbt (Fig. 53). Auch hierdurch haben wir somit einen Unterschied zu verzeichnen, welcher eventuellen Verwechslungen auf das Sicherste vorbeugt. Der Zell- körper ist mehr oder weniger erfüllt mit kleinen, etwas glänzenden Kügelchen von Stoffwechselproducten, deren chemische Natur mir ganz unbekannt blieb. Noch bevor ich Vignal’s Angabe gekannt hatte, fiel es mir auf, dass die Zellen diese Stoffwechselproducte nicht alle in gleicher Zahl besitzen, und während einige unter ihnen förmlich von solchen erfüllt sind, bergen sie andere nur in sehr geringer Zahl in sich. Vignal hat nun gefunden, dass die peripher gelegenen Zellen von diesen Kügelchen mehr besitzen, wie die centralwärts lagernden, eine meiner Ansicht nach wichtige Beobachtung, der ich leider im Laufe meiner Untersuchung, da ich dazumal Vignal’s Arbeit eben nicht kannte, keine Aufmerk- samkeit schenken konnte. Diese Beobachtung halte ich aber von der grössten Wichtigkeit für die Erklärung der Aufgabe dieser Zellen, wie denn diese in der That durch Vignal, freilich in einer ganz anderen Weise wie von mir, versucht wurde. Wie ich dessen schon gedachte, finden sich stellenweise innerhalb der Neurogliahülle dort, wo die Muskeln fehlen, verschieden grosse Lücken vor (Fig. 44 gl, gl‘). Diese Lücken wurden von den bisherigen Autoren gänzlich übersehen. Man findet sie nie leer, sondern mehr oder weniger erfüllt mit jenen Zellen (Fig. 44). Sie communiciren theils untereinander, theils durch sehr feine Oeffnungen mit der centralen Nervenmasse. Oefter habe ich nun die Beobachtung gemacht, dass jene Zellen mit einem ihrer Enden, welches dann etwas dünner wie der übrige Zellleib war, durch solche Communicationsöffnungen hindurchtraten ; nirgends war dieses schöner zu beobachten, wie auf dem abgebildeten Prä- parate (Fig. 44), wo zwei solcher Zellen (br) im Begriffe waren, aus einer grösseren Lücke der Nervenhülle in das cen- trale Nervengewebe zu übersiedeln. Aber nicht nur hier, auch zwischen den Muskelfasern, wo solche sich innerhalb der Nervenhülle vorfinden, sind diese Zellen vorhanden (Fig. 44 m) und man kann auch hier die Beobachtung machen, dass sie von hier aus durch dünnne Oeffnungen in das centrale Nervengewebe über- (237) 64 B. Haller: treten (bei m, ba‘, bz). Wie schon Vignal in der Körperflüssigkeit, die er zur Macerirung des Central-Nervengewebes anwendete, oder in anderer Macerationsflüssigkeit beobachten konnte und wie dieses weiter oben angeführt wurde, sind diese sonderbaren Zellen sehr gestaltveränderlich, indem sie, durch die Strömung der Macerations- flüssigkeit verursacht, ihre Form allmälig veränderten. Somit schreibt denn auch Vignal diesen Zellen eine weiche Consistenz zu, doch nimmt er sonderbarer Weise eine amöboide Thätigkeit im Leben, worauf er ja, nach dieser angeführten Beobachtung sowohl, wie nach jener, wonach diese Zellen auch innerhalb des Nervengewebes die mannigfachsten Formen aufweisen, hätte schliessen können, nicht an. Innerhalb des centralen Nerven- gewebes, wie zwischen den Muskelfasern nehmen diese Zellen die mannigfachsten Formen an, von der mehr oder weniger rundlichen zeigen sie Uebergänge zu solchen, die mit einem stärkeren und ein bis zwei kurzen, aber stets dicken Fortsätzen eine multipolare Gestalt aufweisen. Ganz feine Fortsätze besitzen sie nie. Nach allen denkbaren Uebergängen findet man endlich lange dünne Zellen. All diese Formveränderungen sind aber zweifellos nur der Ausdruck für die kriechenden Bewegungen dieser Zellen zwischen den Geweben im Leben. Es sind diese Zellen ohne Zweifel amöboide Gebilde, die während des Lebens aus den Lücken der Nervenhülle oder aus der Muskelschichte, welche ja auch innerhalb solcher, wenngleich bedeutend grösserer Lücken der Nervenhülle gelegen sind, in die centrale Nervenmasse und von hier abermals zurückwandern. Hiermit steht die Beobachtung Vignal’s vollständig im Einklang, dass diese Zellen inmitten der centralen Nervenmasse nur spärlich mit jenen kugeligen Körnchen eines nicht weiter bekannten Stoffwechselproductes beladen sind, während die peripher gelegenen von solchen vollständig vollgestopft erscheinen. Wie gesagt, hat Vignal weder zwischen der Musculatur, noch in den von ihm gar nicht gekannten Lücken der Nervenhülle diese Zellen beobachtet. Soviel kann ich aber versichern, dass die Zellen an letzteren Orten nicht weniger mit jenem Stoffwechsel- producte erfüllt sind, wie die peripher innerhalb des centralen Nervengewebes gelegenen. Erwähnt hatte ich schon, dass Vignal durch die Thätigkeit dieser Zellen jene angebliche feine cuticulare Membran unterhalb der Nervenhülle, und zwar durch Abscheidung entstehen lässt. Wie ich aber gezeigt habe, existirt jene Membran nicht, welche, wenn sie auch existirte, für ihre Entstehung diese Zellen nicht in Anspruch nehmen könnte, da sie ja bis weit hinauf (238) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 65 in der Nervenhülle und zwischen der Musculatur anzutreffen sind. Jedenfalls ist es aber wichtig, dass Vignal den Umstand, dass die central gelegenen dieser Zellen mit dem Stoffwechselproduct weniger gefüllt sind wie die peripheren, nicht ausser Acht liess und darin einen physiologischen Vorgang vermuthete, nach welchem die Stoffwechselproducte nicht ausschliesslich zur Erhaltung ihrer Träger dienen. Hierin stimme ich mit Vignal vollständig überein. Ueber die Dignität dieser Zellen scheint mir folgende Erklärung zutreffend zu sein. Wie in den übrigen (eweben der Oligochaeten, so sind auch in dem centralen Nervengewebe feinste capillare Gefässe vorhanden, welche diesem Gewebe ernährende Stoffe, ohne Betheiligung von zelligen Geweben in der Hämolyphe, zuführen; über die Abführung verbrauchter Stoffe aus dem Central-Nerven- system hätten wir aber weiter keine Anhaltspunkte. Meiner Ansicht nach nun wären die beschriebenen amöboiden Zellen dazu bestimmt, verbrauchte Stoffe aus den Ganglienzellen sowohl, wie aus dem centralen Nervennetz und aus den innerhalb des centralen Nerven- gewebes gelegenen grösseren Nervenfasern aufnehmend, aus dem Central-Nervensystem in die Nervenhülle zu führen. Die amö- boiden Zellen würden aber dann, ihres Inhaltes entleert, abermals in die centrale Nervenmasse zurückkehren. Wohin wird aber der abgeschiedene Stoff abgegeben ? Bevor ich diese Frage beantworten würde, möchte ich auf eine Angabe eines anderen Forschers ein- gehen. Grobben hat anknüpfend an seine frühere schöne Arbeit über die Pericardialdrüse der acephalen Mollusken in einem kürzeren Aufsatze!) einige für uns hier wichtige Mittheilungen gemacht. Ueber die Pericardialdrüse der Mollusken erbrachte Grobben den Nachweis, dass sie eine locale drüsige Entfaltung des Peri- cardialepithels ist; die Pericardialhöhle ist aber nichts anderes als ein abgeschnürter Theil der secundären Leibeshöhle, wofür wir, wie ich hinzufügen möchte, wohl den schönsten Beweis bei den Placophoren finden. Grobben sagt dann weiter: „Drüsige Dif- ferenzirungen des Leibeshöhlenepithels gleicher Art sind nur in den Chloragogenzellen verschiedener Anneliden, sowohl Oligo- chaeten als Polychaeten, zu erkennen, welche auch hier über den Blutgefässen sich vorfinden.“ Als solche nennt Grobben die mächtig entfalteten, schlauchförmigen, contractilen und mit Chlora- gogenzellen bedeckten Anhänge des Rückengefässes bei den Lum- ‘) €. Grobben, Die Pericardialdrüse der Opisthobrauchier und Anneliden, sowie Bemerkungen über die perienterische Flüssigkeit der letzteren. Zoolog. Anzeiger. 1887, pag. 479. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft 2. 16 (239) 66 | B. Haller: briceiden, ferner die durch Kückenthal beschriebenen Zellenhaufen an dem Blutgefäss der Segmentalorgane vonNereisundPolymnia. „In allen angeführten Fällen“, meint Grobben weiter, „handelt es sich um besondere Gebilde, um Vergrösserungen des Peritoneal- überzuges im Zusammenhange mit Gefässvergrösserungen. Es besteht somit die volle Berechtigung, in allen genannten Fällen von einer Pericardialdrüse zu sprechen.“ Grobben nimmt dann weiter mit Sicherheit an, dass die physiologische Aufgabe der Pericardial- drüse in einer excretorischen Function bestände, wobei die Excerete durch den Nierentrichter in die Niere und von hier nach aussen befördert werden. „Dasselbe gilt“, aber auch, wie er hinzufügt, „rücksichtlich der die Leibeshöhle auskleidenden Zellen, somit ebenso rücksichtlich der Chloragogenzellen der Anneliden, welche ab- gestossen, die Körperchen der perienterischen, die Leibeshöble erfüllenden Flüssigkeit vorstellen.“ Nach dieser Auseinander- setzung nimmt Grobben auch an, worin ich ihm beistimme, dass die perienterische Flüssigkeit mit ihren Körperchen in durchaus keine Beziehung zu einer Lymphe oder Chylus zu bringen ist, sondern eineausgeschiedene Flüssigkeit darstellt. Wenn nun auch Grobben bei dieser Auffassung hauptsächlich mehr oder weniger differenzirte und vielleicht auch mit Gefässen in nächster Berührung stehende Stellen im Leibeshöhlenepithel der Anneliden meint, so schreibt er diese excretorische Funetion auch dem genannten Epithel der secundären Leibeshöhle zu. Nun habe ich weiter oben angeführt, dass Hatschek im jüngst erschienenen ersten Hefte seines Lehrbuches einen Querschnitt durch das Bauch- mark von Allolobophora zeichnet, wo die „Peritonealschichte* eine an Volumen sehr massige, aber immerhin nur einreihige ist. Ich selbst habe dann beobachtet, dass bei Lumbrieus die nicht abgegrenzten Elemente der Peritonealschichte manchmal mächtiger aufgetrieben waren und gelbliche Kügelchen in sich schlossen; eine Beobachtung also, die in Betracht der oben angeführten Ansicht Grobben’s an Bedeutung gewinnen muss. Darum glaube ich, dass die amöboiden Zellen im Central-Nervensystem die in sich bergenden und für das Central-Nervensystem unbrauchbaren, d.h. ausgeschiedenen Stoffe an die Peritonealschichte abgeben, welche ihrerseits sie in die perienterische Flüssigkeit entleert. Für die Bedeutung jener amöboiden Zellen als solche, die mit dem Stoffwechsel des Nervengewebes in engstem Zusammen- hange stehen, habe ich noch eine Thatsache anzuführen, die ich bis jetzt unerwähnt liess. Wenn man an Serien von Querschnitten (240) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer, 67 die drei colossalen Nervenfasern untersucht, so wird man an den zwei kleineren Fasern einen vollständigen (Fig. 51 y), an der grossen Faser einen dorsal gelegenen und hier recht dicken Halbriug (p) von Zellen bemerken. Es müssen diese Bildungen umso mehr auffallen, da sie schon auf dem vierten bis fünften Schnitte der Serie fehlen können. Man findet aber auch Präparate, wo sich nur eine einzige Zelle um die kleineren Fasern halbringförmig lagert (Fig. 53 bz) und auch die Colossalfaser als Ueberrest für den Halbring blos nur noch eine einzige Zelle besitzt. Nach dem Studium der be- schriebenen amöboiden Zellen war es mir sofort klar, dass ich es auch hier mit denselben zu thun habe; es sind dieselben Zellen, die sich zu zweit oder dritt um die lateralen Fasern lagern, sie ringförmig umfassen und an ihrer Berührungsstelle miteinander vollstärfdig zu verschmelzen scheinen. Um die grosse unpaare Nervenfaser lagern sie gewöhnlich zweischichtig übereinander. Ausserdem sind sie zwischen dem, jede Colossalfaser umspinnenden Nervennetze und der Nervenhülle vorhanden. Hier habe ich nun die Beobachtung gemacht, dass die Leiber dieser Zellen manchmal bedeutend mehr von jenem Stoffwechselproduct in sich schliessen, während sie andere Male als ganz helle Streifen um die Faser herum sich vorfinden. Es erleidet also keinen Zweifel, dass diese amöboiden Zellen sich an die Colossalfasern anschieben, um die von jenen abgeschiedenen Stoffe zu übernehmen und wegzuführen, was am geeignetsten erfolgen kann, wenn diese Zellen die Fasern umlagern. Der Umstand, dass sie nicht immer in der ganzen Länge einer Faser sich vorfinden, mag die Schuld tragen, dass sie von den Autoren bis jetzt übersehen wurden. Ich möchte diese amöboiden Zellen verlassen und nun zu beant- worten suchen, wie weit die Neurogliahülle durch Fortsätze am Auf- bau des Öentral-Nervensystems Antheil hat. Vignal, der die feineren Structurverhältnisse bei Lumbrieus in einer heute keineswegs befrie- digenden Weise erörterte, meint mit einer auffallenden Unsicherheit, es möchten auch Fortsätze aus seiner innersten „euticularen“ Nerven- hülle sich in die centrale Nervenmasse fortsetzen, welche aber weiter nicht beschrieben werden. Ich habe bei Beginn meiner Untersuchung nach meinen Befunden bei den Polychaeten gehofft, und seinerzeit dieser Vermuthung auch Ausdruck verliehen, es werde die Neuroglia bei den Oligochaeten beim Aufbau des ÜOentral- Nervensystems einen wesentlichen Antheil haben, wozu mich anderer- seits auch die Unkenntniss der wahren Natur jener Zellen, die ich, zu keinem Zellverband vereint, schliesslich erkannte und deren 16* ca) 68 B. Haller: wahre Dignität in der amöboiden Thätigkeit gegeben ist, verleitet haben mag. Umsomehr musste es mich somit überraschen, und dieses wird gewiss auch vielen Lesern dieser Zeilen passiren, welche. Empfindung manche vielleicht mit einiger Skepsis zum Ausdruck bringen werden, wie wenig eine Neuroglia im Aufbau des centralen Nervensystems bei Lumbricus theilnimmt. Schon die grosse Affinität zu den angewandten Farbstoffen ermöglicht es, die Fortsätze der Neurogliahülle von dem centralen Nervennetze und den feineren Nervenfasern zu unterscheiden. Untersucht man aber die feinsten und besttingirten Schnitte einer oder mehrerer Serien bei gutem Lichte mit Immersionssystemen, wozu noch aber, um mit Bellonci zu reden, „praktische Uebung im Studium der nervösen Gewebe“ gehört, so werden wir finden, dass die wohl tingirte neurogliale Hülle dem centralen Nervengewebe gegenüber durch einen scharfen Rand wohl markirt ist und dass somit durchaus keine Fortsätze in dasselbe von ihr entsendet werden (Fig. 44). Die Neurogliahülle sendet somit bei Lumbricus Fortsätze weder in das centrale Nervennetz, noch bildet sie solche Umhüllungen um peripher gelegene Ganglienzellen, wie dieses etwa unter Umständen beirhipidoglossenMollusken u. A. m. der Fall ist, und somit findet sich, bei Lumbricus wenigstens, kein ähnliches Neuroglianetz innerhalb des Central-Nervensystems vor, wie dieses bei den erranten Polychaeten der Fall war. Solche Fortsätze kommen also nicht vor und mir sind blos vier solche sehr auf- fallende bekannt geworden, die jedoch im Central-Nervensystem sich nicht verästelten. Die drei colossalen Nervenfasern liegen auf vielen Schnitten ausserhalb des centralen Nervengewebes in der neuroglialen Hülle (Fig. 46 a, a’, a’) stetsabgeschlossen von einander. Unter der mittleren, der grössten dieser Fasern (a), zieht ventralwärts, gegen das Nerven- gewebe zu, eine dünne Brücke der Neurogliahülle von einer Seite zur anderen hinüber (Fig. 46). Verfolgen wir aber diese Abgrenzung vom centralen Nervengewebe auch auf den darauffolgenden Schnitten, so finden wir, besonders an Stellen der vorderen Ganglienanschwel- lungen des Bauchmarkes, wo die grossen Nerven abtreten, dass diese Brücke fehlt und somit die Neurogliahülle unter der grossen mittleren Colossalfaser sich nicht vorfindet und diese somit dem centralen Nervennetz direct anliegt (Fig. 48, 51). Leider habe ich bis zur Zeit nicht ermitteln können, ob solehe Unterbrechungen (242) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 69 der Neurogliahülle unter dieser Oolossalfaser regelmässig in jeder Anschwellung des Bauchmarkes auftreten, oder sie auch in den Zwischenstücken desselben vorkommen und ob sie überhaupt eine regelmässige Lage einhalten. Genug, ich habe sie bis zur Zeit nur an den Anschwellungen, insbesondere an den vorderen, beobachtet. Hier sieht man vermöge der Färbung sehr deutlich, dass die zwei Schenkel jener Brücke, die hier nun unterbrochen ist (Fig. 48, 5l w,w‘), sich in zwei starke Fortsätze ausziehen, welche in ziemlich paralleler Richtung untereinander perpendiculär ventral- wärts ziehen. Sie vereinigen sich hier mit zwei anderen Fortsätzen der ventralen Seite, die oberhalb des ventralen Blutgefässes (Fig.48bgf) von der neuroglialen Hülle sich in das Nervengewebe begeben (q, q‘). Auf diese Weise kommt stellenweise in dem sonst einheitlichen Bauehmark medianwärts die Neurogliahülle zu einer doppelt septalen Bildung. Es handelt sich hier um sehr schmale Septen, die aber noch obendrein unterbrochen sein können. Ich hätte hiermit die neurogliale Hülle beendet und möchte nun zur Beschreibung jener histologischen Theile des nervösen Gewebes übergehen, die uns speciell bei dem gesteckten Ziele dieser Arbeit interessiren. Vor Allem möge über die Colossalfasern berichtet werden. Diese colossalen Nervenfasern, deren Mächtigkeit für die erste Betrachtung allerdings stutzig machen muss, kommen bei Lumbrieus in der Dreizahl vor und nehmen median eine dorsale Lage über dem Bauchmark ein. Der median gelegene ist der mächtigste (Figg. 46, 48, Bla, a‘, a”). Bekanntlich war es Leydig"), der diese Gebilde zuerst als echte Nervenfasern erkannte. Nachher wurden sie von Kowalevsky?) entgegen der Leydig’schen Ansicht, als nicht nervös erklärt und sie nicht nur ihrer physio- logischen Aufgabe nach, sondern auch nach ihrer Ontogenese für ein Homologon der Chorda dorsalis der Wirbelthiere gehalten, was ja nach der Umkehrungstheorie sehr leicht anging. Semper schloss sich dann dieser Ansicht an. Vejdovsky °) hat die nervöse Natur dieser Gebilde gleichfalls geleugnet und erblickt in ihnen blos einen Accommodationsapparat, dazu bestimmt, während den Krümmungen des Thieres das Bauchmark zu stützen. Er schliesst sich somit der Ansicht der obigen zwei Forscher an und bezeichnet diese Nervenfasern als „Neurochordröhren‘. Von dieser durch ') Fr. Leydig, Vom Bau des thierischen Körpers, pag. 154. ?) A. Kowalevsky, Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden, ») Fr. Vejdovsky, System und Morphologie der Oligochaeten. (243) 70 B. Haller: nichts gestützten Ansicht weicht Vejdovsky auch in seiner jüngsten Publication!) nicht ab. Der Leydig’schen Ansicht, wo- nach diese Gebilde nervös sind, schlossen sich noch H.Schultze?), Langerhans°), Spengel‘, Vignal°®), Fr. Nansen®), B. Friedländer”) und Hatschek®) an. Dann hat Leydig diese Frage vor drei Jahren ®) wieder besprochen, und da diese seine letzte diesbezügliche Beschreibung vorliegt, so möge sie hier erörtert werden. Er findet nun selbst nach Behandlung mit Re- agentien diese Nervenfasern im Querschnitte ganz homogen; doch treten andere Male nach erfolgter Härtung mit Chrom-Essigsäure und Anderen gewisse Sonderungen ein. Es soll sich dann „ein Zug von körniger Achsensubstanz im Querschnitte der Riesenfaser“ abheben, „wobei die Körnchen, wenn scharf und bei hoher Ver- grösserung in’s Auge gefasst, nicht rein rundlich sich darstellen, sondern eine eckig ausgezogene Form haben“. Es ist ein aller- feinstes Netzwerk hier vorhanden, dessen Knotenpunkte die Pünkt- chen bilden, und somit ist nach Leydig’s Auffassung eine solche Colossalfaser aus einem Netzwerk (Leydig’s Spongioplasma) gebildet, das einer homogenen Substanz, seinem Hyaloplasma, ein- gelagert ist. Ausserdem sollen noch vom Rande der Riesenfaser her „derbere Blättchen vorspringen, welche, wie es wahrscheinlich schien, mit dem Netze innerhalb der Faser zusammenhängen“. Die Riesenfasern sind dann mit einem derberen Netzwerk umgeben, welches Leydig nach seiner früher schon geäusserten sonderbaren Auffassung in Einklang bringend !%), als ein Wabenwerk auffasst, welches das „Spongioplasma“ der übrigen Nervensubstanz darstellt. Es ist nicht zu verkennen, dass hier Leydig, was speciell die reine Beobachtung betrifft, der Wahrheit ziemlich nahe stand. Meine eigenen Beobachtungen führten gleichfalls zu dem Resultat, dass wir hier bei Lumbricus in diesen Gebilden wirkliche !) Fr. Vejdovsky, Studien über Gordiiden. II. Zeitschrift f. wiss. Zool. Tom. XLVI. 2),:9),.°) Gitirt-nachLeydie, a a ee ”) B. Friedländer, Beiträge zur Kenntniss des .Central-Nervensystems von Lumbricus. Inaug.-Diss. Berlin 1888 (Otto Francke). ©) B. Hatschek, Lehrbuch der Zoologie. 1. Lief. 1888 (Jena). ®) Fr. Leydig, Die riesigen Nervenröhren im Bauchmark der Ringelwürmer. Zoolog. Anzeiger. 1886, pag. 591. 1%) 8,d. Fr. Leydig, Zelle und Gewebe. Neue Beiträge zur Histologie des Thierkörpers. Bonn 1835 und meine Widerlegung im Morphol. Jahrbuch. Tom. XI, pag. 427. (244) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. Ur Nervenfasern vor uns haben, die in Structur mit Nervenfasern geringeren Calibers durchaus übereinstimmen. Solche colossale, wenngleich nicht so enorm an Durchmesser, wie die mittlere Faser bei Lumbrieus, finden sich ja auch an ganz bestimmten Stellen bei den erranten Polychaeten vor, wie diese von Rhode und mir in dieser Arbeit beschrieben wurden. Dabei muss ich hier gleich schon bemerken, dass ich den Verlauf dieser Nervenfasern nicht verfolgt und sie blos auf Querschnitten studirt habe. Was vor Allem die grösste dieser Nervenfasern, also die mittlere betrifft, so habe ich sie nach den angewandten Reagentien, d. ı. Härtung entweder mit ÖOsmiumsäure oder Alkohol, nie ganz homogen gefunden, wie dieses Leydig gesehen haben will. Wenngleich ich zugebe, dass bei schwächeren Vergrösserungen ein homogenes Innere sich zeigt, so kann ich dieses bei stärkeren Vergrösserungen und besonders nach Anwendung des Immersionssystems nicht mehr behaupten. Ich fand dann die Faser nicht mehr homogen, sondern auf dem Querschnitte wie von kleinen dunkleren Wölkchen in einem helleren “runde durchsetzt. Diese Wölkchen hingen miteinander nicht zusammen (Fig. 51 a). Andere Male wieder war ein dunklerer Achsentheil von einem hellen äusseren umgeben, ein Bild somit, wie es auch Leydig beschrieb. Ich brauche kaum zu erwähnen, dass die dunkleren, scheinbar miteinander nicht zusammenhängenden Flecken es waren, die das andere Mal als ein einziges Achsenstück auftraten. Nach Leydig’s Beobachtungen soll nun der duuklere Achsentheil bei sehr starken Vergrösserungen sich in ein äusserst zartes Netz auflösen. Bei Wasserimmersionssystemen ist mir dieses zu sehen nie gelungen und blos feinste Pünktchen konnte ich, diese aber mit aller Sicherheit, erkennen; sie nehmen vom Farbstoff eine äusserst geringe Tinction an und darum erscheint der Achsentheil etwas rosa gefärbt, darum dann diese Fädchen, in mehrere Gruppen zusammengeordnet, je nach der Dichtigkeit eine mehr oder weniger leise Färbung aufweisen. Die Grundmasse zeigt dabei eine fast gar nicht erkennbare Tinction (Fig. 52). An den zwei kleineren Colossalfasern fand ich diese feine Filarmasse stets im Achsentheil gruppirt (Fig. 51). Diese riesenhaften Nervenfasern besitzen keine eigene Nerven- hülle, sondern liegen innerhalb der Neurogliahülle des Bauchmarkes (Fig. 46,48). Die Form des Querschnittes ist dort, wo die drei Colossalfasern auf einmal nebeneinander auftreten, mehr oder weniger rund, während diejenige der zwei kleineren etwas drei- eckig abgeplattet ist. Wie ich schon hervorgehoben habe, habe (245) 72 B. Haller: ich diese Nervenfasern blos auf Querschnitten studirt und kann somit nicht ausführlicher berichten, doch möchte ich hier auf etwas aufmerksam machen, was mir aufgefallen ist. Man findet nämlich stellenweise, dass die zwei kleineren Fasern fehlen und blos die mittlere grosse Colossalfaser sich vorfindet. In solchen Fällen ist die Form des Querschnittes von der grossen Colossalfaser nicht rund, sondern oval, wobei die grosse Achse mit der Querachse des Uentral-Nervensystems zusammenfällt; man wird auch leicht bemerken, dass an solchen Stellen das Volumen bedeutend zuge- nommen hat. Wieder an darauffolgenden Präparaten, wo nur noch die grosse Colossalfaser sich vorfindet, bemerkt man, dass ihre lateralen Theile jederseits etwas wie eingeschnürt sind, und auf dem darauffolgenden Schnitte sind bereits alle drei Colossalfasern vorhanden. Nach alldem scheint es, dass die zwei kleineren Colossal- faseın mit der grossen direct zusammenhängen. Wenn man die Colossalfasern auf dem Querschnitte unter schwächeren Vergrösserungen betrachtet (Fig. 46, 48), so scheint es, wie wenn um dieselben sich eine dünne Hülle befände. Es ist dies aber durchaus keine Hülle, sondern ein äusserst zartes Netz, welches als eine Fortsetzung des centralen Nervennetzes sich herausstellt (Fig. 51 en). Dieses Netz wurde auch von Fried- länder gesehen, doch in Anbetracht der Unkenntniss der feineren Verhältnisse hierselbst als bindegewebige Scheide gedeutet. Ebenso hat Nansen diese Verhältnisse mit mir ziemlich übereinstimmend beobachtet, nur erklärt er freilich das Netz für Neuroglia. An guten Präparaten, die vor Allem die grösstmöglichste Dünne!) erreicht haben, wird ein in neurohistologischen Studien geschultes Auge mit Hilfe eines guten Immersionssystems bei der besten Beleuchtung den Zusammenhang dieses feinen Netzes mit dem centralen Nerven- netze sofort, so wie ich es abgebildet habe, erkennen lassen. Diese Abbildung entspricht vollständig der Wahrheit und wurde mit der grössten Genauigkeit von mir ausgeführt, nur sei noch angeführt, dass man in höchst seltenen Fällen amöboide Zellen auch hier antrifft, was die neueren Autoren verleitet haben mag, in diesem Netze Zellkerne zu sehen. Es ist das die Stelle, wo ventralwärts die Neurogliahülle unter der grossen Colossalfaser fehlt, wo dieser Zu- sammenhang erkannt werden konnte (Fig. 51h). Bei Anwendung eines stärkeren Oculars mit ausgezogenem Tubus und des Beleuchtungs- apparates, habe ich dann die Abbildung auf Fig. 52 entworfen. ') Ich habe immer aus freier Hand geschnitten, (246) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer, 73 Hier erkennen wir, dass die grosse ÜOolossalfaser zahlreiche sehr kurze Fortsätze besitzt, welche, sich dichotomisch theilend, in jenes feine Nervennetz um die Faser herum aufgehen. Somit con- struiren sich die Colossalfasern theilweise aus dem centralen Nervennetze undhaben, wie ich dies seiner, zeit nannte, auch einen indirecten Ursprung, wobei man sich freilich auch auf die Weise ausdrücken konnte: sie geben zahlreiche feinste Aestchen ab, die sich in das centrale Nervennetz auflösen. Unter den zwei kleineren Colossalfasern liegt zwar immer die Neurogliahülle, doch ist diese vielfach fein durchbohrt, durch welche Poren der Zusammenhang des feinen Nervennetzes mit dem centralen Nervennetze stattfindet. Wie ich erörtert habe, bestehen diese colossalen Nervenfasern, wie jede marklose Nervenfaser, aus einem homogenen Theil, der meiner festen Ueberzeugung nach ein Aequivalent des Kupfer- schen Paraplasma einer Zelle ist, ferner aus einem gekörnten Theil vom Protoplasmas im Kupfer’schen Sinne bei einer Zelle, oder wie es Flemming bei der Zelle nennt, der „Filarmasse“ gleich- zustellen ist. Es wird einem oft auffallen, dass bei manchen Prä- paraten der Achsentheil der kleineren Üolossalfasern eine stern- törmige Anordnung zeigt (Fig. 46, 48). Bei starken Vergrösserungen habe ich mich überzeugt, dass dem aber nicht so ist, sondern dass hier die ganze Faser einer offenbar durch die Härtung bedingten Schrumpfung unterlag. Dann sieht man manchmal auch die ganze Faser geschrumpft, wobei die dünnen Fortsätze mit dem anliegenden Nervennetz zusammenhängen, doch sind die Verbindungen der letzteren mit dem centralen Nervennetz in Folge der Schrumpfung durchrissen. Der Achsentheil erscheint schön gefärbt. Ich möchte hier noch nebenbei erwähnt haben, dass Leydig im eitirten Aufsatze des Zoologischen Anzeigers offenbar von einem anderen Lumbrieiden den Querschnitt der Colossalfasern abgebildet hat, denn nach der Abbildung zu urtheilen, scheinen dort die histo- logisch-topographischen Verhältnisse von Lumbricus verschieden zu sein, natürlich abgesehen von dem feinsten histologischen Ver- halten, wo dann unsere Angaben von einander ebenso, wie unsere Auffassung, sowohl hier wie über die gesammte feine Structur des Central-Nervensystems der Thiere grundverschieden sind. Es sei nur noch erwähnt, dass die zwei letzten Autoren den Inhalt der Colossalfasern nicht richtig erkannt haben. Nansen behauptet, dass sie aus zahlreichen Einzelfasern zusammengesetzt (247) 74 P. Haller: wären, die auf dem Querschnitte eine ganz runde Contour zeigen. Nach ihm wären somit die Colossalnerven Nervenfaserbündel und keine Nervenfasern. Friedländer, der nicht weit davon war, den Abgang feinster Faserchen aus den Colossalfasern zu erkennen, erklärt jede Differenzirung in den colossalen Fasern für Kunst- producte und nimmt den Inhalt für „eine homogene Masse“ an. Sehr wichtig sind die Angaben Friedländer’s über Zusammen- hang der Colossalfasern mit Ganglienzellen. Leider versäumte dieser Autor, Abbildungen seiner Beschreibung beizugeben, was umso mehr zu bedauern ist, da ähnliche Angaben, speciell über die Regenwürmer, noch von keinem Autor gemacht wurden und man beim Lesen über die Richtigkeit dieser Verhältnisse kein rechtes Urtheil sich bilden kann.) Er fand diesen Zusammenhang mit Ganglienzellen für die zwei kleineren Colossalfasern am hinteren Ende des Bauchmarkes nach dem Abgang des letzten Seitennerven. Es sind das jederseits ventro-lateral gelegene, durchaus nicht allzu grosse, unipolare, chemisch von den übrigen Ganglienzellen etwas verschiedene Zellen, deren Fortsätze nach oben liegen und jeder- seits in eine der kleinen Colossalfasern übergehen. Die Fortsätze dieser Nervenzellen sind also viel zu dünn, um die Dicke jener Uolossalfasern zu erklären, diese wird vielmebr verstärkt durch andere, den anderen gleichende Zellen, die an sämmtlichen Stellen der hinteren Bauchmarkspartie, wo der Doppelnerv entspringt, auf jeder Seite liegen. Sie sind erheblich grösser, wie die am Ende des Bauchmarkes, aber von gleichem Typus. In einem Fall waren sie bipolar. Ferner war es Friedländer sehr wahrscheinlich, dass ein Ast dieser kleineren Colossalfasern mit den Seitennerven in Verbindung steht, worin dann ein peripherer Ast dieser Colossal- fasern gefunden wäre. Würde sich somit diese letzte Beobachtung bestätigen, so hätten wir betreffs des peripheren Verhaltens der kleineren Colossalfasern ein ähnliches vor uns, wie ich für die Colossalfasern von Lepidasthenia weiter oben beschrieben habe, mit dem Unterschied jedoch, dass dort der periphere Ast nicht in Gemeinschaft mit dem Seitennerven, sondern selbstständig in den Körper abtritt. Ausserdem sollen zahlreiche grössere Seitenäste sowohl aus den kleineren, wie auch aus der grossen mittleren Colossaifaser in das centrale Nervengewebe abgehen, deren weiteres !) Die Abhandlung Friedländer’s, der Abbildungen beigegeben sind (Zeitschr. f, wissensch. Zoologie. Tom. XLVII) lernte ich erst kennen, als ich eben die Correcetur besorgte. Hier sind allerdings Abbildungen, die für diese Angaben beweiskräftig ein- treten, mitgegeben. (248) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 75 Verhalten aber nicht beobachtet wurde. Diese grösseren Aeste sind aber nicht zu verwechseln mit jenen feinsten, die ich in das um die Fasern gelegene Nervennetz auflösen sah. Fassen wir nun das, was Friedländer über die Colossal- fasern ermitteln konnte, durch die Ergänzung meines Befundes zusammen, so ergibt sich für die Colossalfasern, dass sie theils mit Ganglienzellen (Friedländer), theils mit dem cen- tralen Nervennetz (Haller) zusammenhängen, dass sie ausserdem aber auch noch dickere Aeste abgeben, von denen wenigstens ein Theil als periphere Nerven- faser abtritt. Ist nun auch so Manches, und ich möchte sagen das Meiste, über diese riesigen Nervenfasern noch zu ermitteln übrig, so können wir heute doch schon mit einiger Sicherheit aus- sagen, dass sie in ihren Ursprungsweisen mit den übrigen Nerven ‚übereinstimmen, wenngleich der Fall, dass eine Nervenfaser sowohl directen Ursprung aus einer Ganglienzelle, wie indirecten aus dem centralen Nervennetz nimmt, bis zur Zeit wenig beobachtet wurde. Einen ähnlichen Ursprungsmodus, nach welchem eine sonst nicht besonders dicke Nervenfaser aus zwei Ganglienzellen entsprang, später aber noch mit einem Ast aus dem centralen Nervennetz sich vereinigte, habe ich bei Fissurella sehr deutlich gesehen, be- schrieben und abgebildet. !) Ich gehe nun dazu über, die directe Ursprungsweise der Nerven zu besprechen ; bevor dieses aber geschehen soll, möge kurz die Oentral- substanz erörtert werden. Wie eben mitgetheilt wurde, nimmt an der Bildung der Centralsubstanz die Neuroglia keinen Antheil und ein ähnliches neurogliales Netz, wie etwa bei den erranten Poly- chaeten, findet sich hier nicht vor. Aber auch die Anordnung der Ganglienzellen stimmt mit der Beschreibung der bisherigen Autoren bei Lumbricus terrestris wenigstens nicht überein. Es wurde sowohl von Vignal wie Friedländer angenommen, dass die Ganglien- zellen, lateral und ventral gelegen, die centrale Fasermasse halb- ringförmig umgeben, wobei die dorsalen Seiten frei von Ganglien- zellen seien. Ferner wird, besonders von Friedländer, hervor- gehoben, dass das Bauchmark, ähnlich etwa wie bei den erranten Polychaeten, durch zwei „bindegewebige Separatscheiden“ in zwei bilateral symmetrische Hälften getheilt wird, und dass die Ganglien- zellen ausserhalb dieser Scheiden liegen. Somit würden nach der !) B. Haller, Studien über marine Rhipidoglossen. II. Morph. Jahrbuch. Tom, XI, Fig. 17. (249) 76 B. Haller: Beschreibung dieser zwei Autoren sich bei Lumbrieus Verhältnisse vorfinden, die sich direct an die erranten Polychaeten anschliessen würden. Die beiderseitigen Fasertheile würden dann durch Quer- commissuren zwischen den Abgangsstellen sowohl der unpaaren, wie paarigen Nerven verbunden. Ich habe hier nun kurz im Allgemeinen jene Ansichten skizzirt, die heute über das Bauchmark von Lumbricus gang und gäbe zu sein scheinen, um ihnen gegenüber meine eigenen Beobachtungen mitzutheilen. !) Vor Allem möchte ich einen Querschnitt in der Gegend eines unpaaren Nerven bei sehr starker Vergrösserung auf’s Genaueste beschreiben. Dieser Schnitt wurde mit der grössten Genauigkeit untersucht und gezeichnet, ich muss darum diese Abbildung (Fig. 44) als äusserst gelungen bezeichnen. Das Präparat selbst ist aufgehoben und heute ebenso deutlich wie vor vier Jahren, als ich die Abbildung angefertigt hatte. Wir sehen ventralwärts (die Ab- bildung ist auf der Tafel umgekehrt) nur spärlich Ganglienzellen sich vorfinden, welche stets multipolar sind '(gz‘, t). Dorsomedian sind mehrere multipolare Ganglienzellen von sehr verschiedener Grösse vorhanden, wobei selbst unter den kleinsten sich solche vorfinden, die einen stärkeren Fortsatz aufweisen (ez). Doch waren diese diekeren Fortsätze nie dem abtretenden Nerven zugekehrt, weshalb man geneigt sein würde, anzunehmen, dass sie in longitudi- nalen Fasern, in die Fasern der sogenannten Längscommissuren, übergehen. Dieses wäre dann umso mehr anzunehmen, weil zwischen und hauptsächlich lateralwärts unter ihnen zahlreiche Querschnitte von oft ziemlich dicken Längsfasern, die nebenbei gesagt, etwas geschrumpft waren, sich vorfanden. Dorsalwärts unter der hier dieken und mit zahlreichen Muskelfasern durchsetzten Neurogliahülle fanden sich einige sehr kleine multipolare Ganglienzellen vor, deren sämmtliche Fortsätze in das Nervennetz sich sofort nach ihrem Abgange auflösten; auch die feineren Aeste der grösseren Zellen thaten das Gleiche. Lateralwärts am Abgange des Nerven fanden sich drei Ganglienzellen vor, die, wenn sie auch nicht die Grösse der !) Dass meine Beobachtung in diesem Falle so sehr von jenen der früheren Autoren abweicht, dürfte wohl hauptsächlich darin seinen Grund haben, dass diese sröbere Schnitte und nur bei mässigen Vergrösserungen untersucht haben und auf die feineren histologischen Verhältnisse, untersucht auf den möglichst dünnen Schnitten mit starken, womöglich Immersionssystemen, gar nicht eingegangen sind. Dass dem so ist, gesteht B. Friedländer offen zu und beim Durchlesen der Vignal’schen Arbeit und Betrachtung seiner Tafeln können wir uns ver- gewissern, dass er auch nicht anders gearbeitet hat. (250) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 77 mächtigsten Ganglienzellen im Bauchmark des Lumbricus erreichten, doch zu den grössten zu rechnen sind. Der zu oberst und innerst gelegene besass auf diesem Schnittpräparate fünf Fortsätze, von denen vier in das anliegende Nervennetz sich auflösten, während der fünfte und mächtigste die Birnform der Zelle bedingte. Dieser starke Fortsatz setzte sich in dem Nerven fort und konnte noch eine weite Strecke in demselben verfolgt werden; das gleiche that der stärkste Fortsatz der unteren Zelle, so dass diese beiden Fort- sätze als Nervenfasern (a) directen Ursprunges zu betrachten sind. Die unterste und äusserste dieser drei Zellen besass nur solche Fortsätze, welche, wie die feineren der zwei anderen Zellen, sich in das Nervennetz auflösten. Ich glaube aber, schon der Tage nach müsste diese Zelle auch einer peripheren Nervenfaser den Ursprung geben, welche eventuell auf einem vorangehenden oder folgenden Schnitte zu suchen wäre, was mir zu verfolgen, da die Schnitte nicht die gewünschte Dünne besassen, unmöglich war. Das Nervennetz selbst setzte sich noch eine kurze Strecke weit in dem abtretenden Nerven fort, hörte aber dann dort, wo die Fasern desselben sich fest aneinander gruppiren, auf. Aus dem Nervennetz sah ich sehr deutlich zwei Nervenfasern des Nerven entspringen (b,, so dass auf diesem Präparate die dop- pelte Ursprungsweise der Nervenfasern bei Lum- brieus auf das Schönste demonstrirt werden kann. Das Nervennetz selbst, welches ausser den Ganglienzellen noch durch die zahlreichen Querschnitte von dünneren und oft sehr dicken Längsnervenfasern ausgefüllt wird, wird noch stellenweise von Capillargefässen und den amöboiden Zellen durchsetzt. Das Nervennetz selbst gehört nicht zu den feinsten, die ich im Thierreich zu beobachten Gelegenheit gehabt habe. Es erfüllt den Querschnitt bis zur Neurogliahülle vollständig, wo diese, ohne Fortsätze in dasselbe gesendet zu haben, scharf begrenzt aufhört. Auch von einer bindegewebigen Separatscheide Friedländer’s ist keine Spur zu sehen. So etwas hat aber auch Nansen, mit dem, soweit es die reine Beobachtung und nicht die Auffassung betrifft, meine histologischen Beobachtungen übereinstimmen und der nicht nach Art der zwei oben erwähnten Beobachter verfuhr, sondern nach streng histologischen Regeln !), nicht gesehen. Auf Fig. 71, Taf. VIII, seiner erwähnten Arbeit zeichnet Nansen Verhältnisse, die meine Resultate vollinhaltlich bestätigen ; die multipolaren Ganglienzellen ') Ich meine hier natürlich nicht die Zahl der angewandten Reagentien, denn diese ist bei beiden Autoren eine recht angesehene, (251) 78 B. Haller: lösen ihre Fortsätze in ein feines Nervennetz auf, und ausser diesem Netz gibt es kein anderes netzartiges Gewebe dort und auch die Neuroglia sendet keine Fortsätze in die centrale Nervensubstanz. Innerhalb der Maschenräume des Nervennetzes finden sich die oft sehr ansehnlichen longitudinalen Nervenfasern vor. Diese Abbildung Nansen’s stimmt mit meinen Beobachtungen vollständig überein, wobei natürlich jene absurde Ansicht, nach welcher Fortsätze der Ganglienzellen und mithin auch das centrale Nervennetz nicht nervöser Natur seien, hier weiter nicht störend für die gleiche Beobachtung wirken kann. Nach meinen Beobachtungen nun ist der Bauchstrang von Lumbricus ein einheitliches Gebilde, das nicht wie etwa bei den Polychaeten oder Hirudinen, aus zwei bilateral symmetrischen Theilen gebildet wird, sondern als ein einheitliches Ganzes zu betrachten ist und somit weder zwischen den sogenannten Ganglienknoten, das ist zwischen den unpaaren und den paarigen Nerven, noch zwischen jener Stelle, wo nebenbei bemerkt noch die sogenannten Quercommissuren sich vorfinden, in jederseits separirte Theile zerfällt, die noch nebenbei, wie dieses Friedländer angibt, durch bindegewebige Separatscheiden von einander getrennt würden (Fig. 46). Ich habe nie und in keinem Falle etwas gesehen, was auch annähernd jenen Abbildungen entsprechen würde, die durch Vignal wiedergegeben werden. Das Einzige was zu dieser sonder- baren Annahme Veranlassung geben könnte, könnten nur jene Septen gewesen sein, welche ich bereits beschrieben habe und welche nichts anderes als jederseits ein Fortsatz der Neurogliahülle (Fig.48,q.q') sind. Diese Septen sind aber durchaus kurz und können bei genauer Betrachtung unmöglich als die medianen Theile einer bindegewebigen Separatscheide aufgefasst werden. Ausserdem ist die Stelle zwischen diesen zwei Septen, dort wo sie überhaupt sich vorfinden, nicht nur mit Commissuralfasern, sondern auch mit allen übrigen nervösen Theilen des Bauchmarkes durchsetzt, wie dieses am prägnantesten an feinsten Schnitten bei starker Vergrösserung (Fig. 51) her- vortritt. An vielen Stellen fehlen aber diese Septen vollständig (Fig. 46) und an solehen Querschnitten wird die einheitliche Natur des Bauchmarkes um so deutlicher. | Nach den Autoren nun soll das Bauchmark aus zwei Längs- strängen bestehen, die vorwiegend longitudinale Fasern enthalten; diese Längsstränge sollen von einer bindegewebigen Separat- scheide umgeben und so von einander getrennt sein. Ausserhalb dieser Separatscheide lägen dann die Ganglienzellen, welche ihre (252) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 79 Fortsätze in die Längsstränge entsenden. Wie ich nun aber gezeigt habe, fehlt eine solche Scheide und die G@anglienzellen liegen somit innerhalb des übrigen centralen Nervengewebes (Fig. 44, 46, 48), Zu Anfang habe ich schon hervorgehoben, dass diese Beschreibung zu sehr in die Länge gedehnt werden müsste, wollte ich eine ganz genaue Beschreibung der topographischen Anordnung der Gang- lienzellen innerhalb des Bauchmarkes von Lumbricus geben. An diesem Orte konnte die Anordnung nur so weit berücksichtigt werden, als sie für die Ursprungsweise der Neıven von Bedeutung ist. Was die Ganglienzellen selbst betrifft, so sind sie von sehr verschiedener Grösse. Die kleinsten erreichen das geringste Volum, was eine Ganglienzelle überhaupt aufweist. Diese kleinen Zellen finden sich an der dorsalen Seite des Bauchmarkes (Fig. 46 e), wo sie ununter- brochen von der einen Seite des Bauchmarkes unter der mittleren Colossalfaser auf die andere übergehen und somit ist die dorsale Seite des Bauchmarkes nicht frei von Ganglienzellen. Die geringe Grösse dieser Zellen einerseits, andererseits der Umstand, dass die bisherigen Autoren die feinere Histologie hierselbst nicht berück- sichtigt haben, trägt die Schuld, dass diese Ganglienzellen bis jetzt übersehen wurden. Es sind stets multipolare Zellen, mit den für die Ganglienzellen, hesonders der Oligochaeten, so charakteri- stischen Zellkernen und deutlichen Kernkörperchen; mit einem Theil ihrer Fortsätze verbinden sie sich untereinander (Fig. 54 az), der andere Theil aber löst sich bald nach dem Abgange in das Nerven- netz auf. In dem speciell abgebildeten Falle vereinigten sich zwei Fortsätze zweier benachbarter Zellen unter spitzem Winkel miteinander, um auf diese Weise sich centralwärts zu begeben. Was dann aber weiter mit diesem so gebildeten Fortsatze geschah, konnte ich nicht weiter verfolgen. Diese kleinen Ganglienzellen liegen stets knapp unter der Neurogliahülle und bilden somit an der dorsalen Wand des Bauchmarkes eine ununterbrochene Lage. Ihr Zellleib unterscheidet sich chemisch gar nicht von jenem der grösseren Ganglienzellen. Zwischen diesen kleinsten Ganglienzellen, sowie den grössten ventro-median gelagerten (Fig. 46 gz) gibt es nicht nur alle möglichen Uebergänge sowohl in Gestalt, von der multipolaren Form ohne bestimmten starken Einzelfortsatz ange- fangen, bis zur ausgesprochensten Birnform, als auch in Grösse, Alle diese Grössen zu messen, wie alle Formen für sich zu beschreiben, wäre aber eine kaum erspriessliche Sache. Dass die Ganglienzellen bei Lumbricus unter einander (durch direete Anastomosen) zusammenhängen, diese Beobachtung (253) 80 B. Haller: machte zuerst Walter, der mehrere solche Fälle abbildet.') Vignal, der die Mehrzahl der Ganglienzellen bei Lumbricus für unipolar hält?), bestreitet nicht nur die angeführten Beob- achtungen Walter’s, sondern erklärt jede directe Anastomose zwischen Ganglienzellen bei Lumbricus für eine Täuschung des Beobachters. Vignal hat aber insoferne jene Anschauung von der sogenannten unipolären Natur der Ganglienzellen hier sich eigen machen können, als er überhaupt eine Betrachtung feinerer Structur- verhältnisse nicht vorgenommen hat, denn sonst würde er von so einer Annahme abgekommen sein. Nansen zeichnet sehr natur- getreu eine Partie aus dem dorsolateralen Theile des Bauchmarkes von Lumbricus und Friedländer hat schon mehr von der Multipolarität der Ganglienzellen von Lumbricus beobachtet. Ich selbst bin aber zur Ueberzeugung gelangt, dass ähn- liche scheinbar unipolare Zellen wie etwa bei den Polychaetenoderden Hirudinen hierüberhaupt nicht vorkommen und dass somit alle@anglienzellen mehr oder weniger multipolar sind. Dabei ist aber auf einen höchst wichtigen Umstand aufmerksam zu machen, der bis zur Zeit ziemlich vereinzelt dasteht. Während nämlich überall wo zahlreiche multipolare Ganglienzellen auftreten diese untereinander zahl- reiche directe Anastomosen eingehen (Rückenmark Pedalstränge der Mollusken ete.), sind solche mit Ausnahme jener dorsalen, multipolaren, kleinen Zellen nur in den seltensten Fällen bei Lumbricus vorhanden), aber auch dann sind diese nicht kurz, sondern erstrecken sich auf grosse Strecken (Fig. 45). Dieses mag wohl Vignal verleitet haben, den Walter’schen Beobachtungen gegenüber sich so skeptisch zu verhalten. Solche directe Anastomosen mit an- deren Ganglienzellen gehen z.B. die durch Friedländer zuerst bei Lumbricus beschriebenen medianen Ganglienzellen ein. Er fand diese unmittelbar hintereinander liegenden Zellen entweder gerade auf dem Niveau der Wurzel des einfachen Nerven oder doch ganz kurz vorher. Sowohl der constanten Lage, wie nach ihrer chemischen Beschaffenheit hält sie Friedländer für Ganglienzellen besonderer Art und vergleicht sie mit vollem Rechte mit den durch Hermann 2)...10 "Mad DIE Piel, STE ?).l. c, pag. 378. ®) Ich konnte nicht ermitteln, aus welcher Gegend des Banchmarkes Walter’s angeführte Abbildungen stammen mögen. (254) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 3 bei Hirudo zuerst beschriebenen „medianen Zellen“. Diese Zellen fand er stets multipolar, wobei er einen dorsalwärts aufsteigenden und zwei laterale Fortsätze erkennen konnte. Er vermuthet vom dorsalen Aste, dass er in den von ihm gesehenen unpaaren Nerven übergeht und dass die zwei lateralen Fortsätze in die Nerven- wurzeln treten. Ich selbst kann die Lage dieser Zellen, wie sie Friedländer angibt, bestätigen, doch habe ich die zwei lateral gelegenen Zellen seltener hintereinander (Fig. 48), sondern vielmehr übereinander liegen gesehen (Fig. 46). In der chemischen Be- schaffenheit ist mir nach der von mir angewandten Methode kein Unterschied von den anderen Zellen aufgefallen. An einem meiner feinsten und bestgelungensten Präparate (Fig.46) konnte ich über diese Zellen Folgendes mit aller Sicherheit ermitteln. Die obere dieser zwei Zellen hatte drei Fortsätze, von welchen die zwei lateralen mit den gleichen Fortsätzen der unteren Zelle zu den lateralen Ganglienzellen hinzogen (Fig. 46 47). Der mittlere obere Fortsatz der oberen Zelle (Fig. 47b) war sehr kurz und löste sich sofort in das centrale Nervennetz auf. Einen ähnlichen Fortsatz, wie dieser, konnte ich an diesem Präparate an der unteren Zelle nicht beobachten, doch konnte man am unteren Rande derselben (a) ein Höckerchen erkennen, das unzweideutig an einem vorhergehenden oder darauffolgenden Präparate mit einem Zellfortsatze zusammenhängen musste. Die zwei lateralen Fort- sätze treten nicht, wie Friedländer vermuthet, in die unpaaren Nerven ein, wenigstens habe ich dieses nie beobachten können. Sie haben vielmehr eine ganz andere Bedeutung. Den linken Fortsatz der oberen Zelle konnte man an diesem Präparate nicht weiter verfolgen, da er nicht in diese Schnittebene fiel. Umso deutlicher war dieser Fortsatz der unteren Zelle und man konnte schon bei schwächeren (Fig. 46), um so deutlicher aber bei stärkeren Ver- grösserungen beobachten, dass dieser Fortsatz, zur Ganglienzelllage angelangt, sich hier mit einer zu innerst gelegenen, sehr kleinen, multipolaren Ganglienzelle (Fig. 47c) direct verband. Die übrigen sehr zarten Fortsätze dieser kleinen Nervenzelle lösten sich alle in das anliegende Nervennetz auf. Von den rechtsseitigen Fortsätzen dieser zwei Zellen konnte ich, da sie unterbrochen waren, mit solcher Deutlichkeit ihr weiteres Verhalten nicht er- mitteln, doch wenngleich der Zusammenhang unterbrochen war, so ist es kaum zu bezweifeln gewesen, dass der linke laterale Fortsatz der oberen Zelle abermals mit einer kleinen Ganglienzelle (Fig. 47 d) zusammenhing, welche rechterseits dieselbe Lage ein- Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft 2. 1% (255) 82 B. Haller: nahm wie jene kleine multipolare Zelle linkerseits. Auf anderen Präparaten konnte zwar der Zusammenhang der lateralen Fort- sätze mit jenen kleinen Zellen mit der oben beschriebenen Klar- heit nicht beobachtet werden, doch selbst dann zog der Fortsatz zur Gruppe der kleinen Zellen der lateralen Ganglienzellgruppe. Dass der Fortsatz aber, selbst im Falle, wenn ich die Zellen am Niveau der einfachen Nerven auffand, sich nie in den abtretenden Nerven begab, kann ich mit Entschiedenheit behaupten; vielmehr war dann der Fortsatz kurz abgestutzt, was doch darauf hinweist, dass er kurz vorher sich nach hinten oder vorne zu abbog. Zwei kleinere Zellen, die jederseits der medianen Zellen manchmal anlagern (Fig. 48), halte ich entgegen Friedländer nicht für constante und so bestimmte Elemente, wie die Medianzellen sind. Sie stehen mit diesen nicht in Zusammenhang und gehören den anliegenden Zellgruppen an. Ausser dieser directen Anastomose zwischen Ganglienzellen und den zahlreichen Anastomosen jener kleinen multipolaren Zelle an der dorsalen Wand des Bauchmarkes habe ich nur noch in einen Falle eine directe Anastomose mit Sicherheit beobachten können. Es war eine grosse lateral gelegene Zelle (Fig. 45) von deren Fortsätzen einer der mächtigsten nicht verfolgt werden konnte, während ein feinerer in das Nervennetz sich auflöste; ein anderer, sehr langer Fortsatz verband sich mit einer nicht allzu kleinen, multipolaren Zelle, deren Fortsätze sämmtlich in das Nervennetz aufgingen. Wenngleich nun mit der fortschreitenden genaueren Beob- achtung der histologischen Details die multipolare Natur der Gang- lienzellen bei Lumbricus immer mehr betont wurde und ich hier geradezu dieBehauptungaufstelle, dass sämmt- liche Ganglienzellen des Lumbricus mehr oder weniger multipolar sind, soist hier,entgegen sämmt- lichen bisher bekannten Nervensystemen, wo multi- polare Ganglienzellenobwaltenoderausschliesslich auftreten, die Thatsache sehr merkwürdig, dass eine Neigung zur directen Anastomose zwischen Ganglienzellen sehr in den Hintergrund tritt. Wenn ich nun auch die angeführte Beobachtung Walter’s bei dem Umstande, dass meine Beobachtungen an Lumbricus nicht in die nöthigsten Einzelheiten geführt werden konnten, durchaus nicht bestreite und gerne zugeben will, dass directe Anastomosen im Bauchmarke von Lumbricus zwischen Ganglienzellen häufiger sind, (256) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 83 als ich sie zu beobachten Gelegenheit hatte, so ändert dies an jenem oben ausgesprochenen Satze durchaus nichts und man wird die Seltenheit der directen Anastomosen zwischen Ganglienzellen bei Lumbrieus, wo doch die Ganglienzellen auf einer Multipolarität _ verharren, doch für einen sonderbaren Fall ansehen müssen. Hier möchte ich, bevor ich auf andere hier uns interessirende Fragen einginge, noch einmal auf die medianen Zellen zurück- kommen, Solche mediane Zellen, welche ihrer Lage nach als homologe Elemente betrachtet werden müssen, sind bis zur Zeit beobachtet worden bei Hirudo durch Hermann, bei Travisia durch Kükenthal, bei Lepidasthenia von mir und bei Lumbricus von Friedländer und mir. Dieser Vergleich der medianen Zelle von Lumbricus mit jener von Hirudo wurde in der That, wie erwähnt, durch Friedländer gemacht, der, wie ich gezeigt, irrthümlich, allerdings nur vermuthungsweise, annahm, die lateralen Fortsätze zögen bei Lumbricus gleichfalls als Nervenfäden in die abtretenden Nerven ein. Was speciell den Vergleich dieser Ganglienzellen unterein- ander ihrer Lage nach betrifit, so ist er gewiss gerechtfertigt. Die Bedeutung dieser Zellen selbst aber ist nicht sichergestellt und darum wäre es angezeigt, das Bekannte über das Verhalten ihrer Fortsätze etwas näher zu berücksichtigen. Bei Hirudo liegen in jedem Ganglion nach Hermann zwei solche Zellen hintereinander und verbinden sich untereinander durch eine direete Anastomose. Dann gehen durch die Längscommissur von beiden Zellen directe Verbindungen an die gleichnamigen Zellen des folgenden, resp. vorangehenden Ganglion. Unter einander würden somit diese Zellen durch das ganze Bauchmark hindurch kettenförmig verbunden sein, was, obgleich mir diese Behauptung durch die Abbildungen sowohl, wie durch den Umstand, dass so eine Verbindung durch die Längscommissur hindurch kaum verfolgt werden könnte, nicht bewiesen genug erscheint, durch den Umstand doch sehr wahr- scheinlich wird, dass im letzten aus mehreren Ganglien entstandenen Endganglion, woHermann 6—7 solche Zellen aufgefunden hat, diese in der That untereinander kettenförmig verbunden sind. Andere Aeste ziehen dorsalwärts in die Fasermasse und sollen sich hier mit den Zellfortsätzen anderer Ganglienzellen verbinden. In Anbetracht des Umstandes aber, dass Hermann’s Abbildung (Taf. XIII) in dieser Beziehung kaum beweiskräftig genug ist, andererseits aber er auch die centrale Masse genau histologisch gar richt untersucht hat, so möchte ich diese Annahme einstweilen 17* (5m 84 B. Haller: dahingestellt sein lassen. Ausser diesen Fortsätzen besitzt jede mediane Zelle noch jederseits zwei laterale Ausläufer, wovon der obere jederseits in den abtretenden Nerven übergeht. Das weitere Verhalten des unteren lateralen Fortsatzes konnte Hermann mit Sicherheit nicht verfolgen. Bei Lepidasthenia konnte ich das Vorhandensein zweier über- einandergelagerter Zellen constatiren. Ausser ihrer Lage war mir ihre Homologität mit den medianen Zellen von Lumbricus und den Hirudinen noch daraus klar geworden, dass die obere Zelle einen Fortsatz in die linksseitige Fasermasse, den anderen aber in die rechtsseitige Ganglienzelllage entsandte. Von dem linken Fortsatze konnte constatirt werden, dass er sich in das centrale Netz auf- löste. Wie ich schon erwähnt habe, hat die mediane Zelle Küken- thal!) bei Travisia Torbesii, einer Opheliacee, gefunden, doch da er von derselben keine Abbildung gibt und angibt, sie lägen beide hintereinander „nach der dorsalen Seite zu“, so weiss ich nicht zu entscheiden, ob sie hier nicht eine geringe Lageveränderung ein- gegangen seien. Es sind multipolare Zellen. Einen dorsalen Fortsatz sollen sie in den medianen Nerven entsenden und je einen lateral- wärts, doch konnte das weitere Verhalten dieser Fortsätze Kükenthal nicht ermitteln. Durch einen vierten Fortsatz „scheinen sie beide mit einander in Verbindung zu stehen“. Was also bis zur Zeit über die mediane Zelle bei den genannten Wurmformen ermittelt werden konnte, das Verhalten ihrer Fort- sätze, scheint mir dazu nicht angetban zu sein, um durch den Ver- gleich über ihre Bedeutung zu einem allgemeinen Schlusse gelangen zu können. Ihren Zusammenhang mit dem medianen Nerven, dessen Vorkommen ich bei den untersuchten Polychaeten in Abrede stellen muss, und welchen Friedländer bei Lumbrieus gefunden haben will, der aber, falls er sich dort findet, gewiss nicht ein isolirtes Bündel ist, hat von den angeführten Forschern, ausser Kükenthal, Niemand behauptet, und da auch er keine Abbildung mitgibt, so möchte ich seine Angabe einstweilen nicht berücksichtigt haben. Bei der Erklärung der Bedeutung dieser Ganglienzellen, soweit diese überhaupt hier möglich ist, möchte ich darum von jenen Formen ausgehen, wo bis zur Zeit die genauesten histologischen Details sichergestellt werden konnten, und dies um so mehr, da mir diese aus eigener Anschauung bekannt wurden, nämlich von Lumbricus. Hier scheinen sie mir die Aufgabe zu ) W. Kükenthal, Ueber das Nervensystem der Opheliaceen. Jena’sche Zeitschrift für Naturwiss. Tom. XX, neue Folge, XIII. Band, par. 526. (258) en Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 85 erfüllen, die rechtsseitigen Ganglienzelllagenmitden linksseitiger durch ihre Vermittlung direct zu ver- binden, worinnen ihre wenigstens theilweise Bedeutung eben gegeben sein wird. Obgleich ein inniger Zusammenhang der beiderseitigen Hälften des Bauchmarkes bei Lumbricus entgegen- gesetzt den Polychaeten durch das centrale Nervennetz gegeben ist, so scheint diese Verbindung aus weiter nicht bekannten physio- logischen Gründen der beiderseitigen Theile durch die medianen Zellen geboten. Dabei stehen die medianen Zellen durch kurze Fort- sätze mit dem centralen Nervennetze im engsten Zusammenhange, was wohl nach den Angaben der Autoren zu vermuthen bei allen ange- führten Formen der Fall sein wird. Es ist aber sehr leicht ein- zusehen, dass, um eine definitive Erklärung über die volle Bedeutung der medianen Zellen zu erlangen, bei allen angeführten Arten eine eingehendere, streng histologische Untersuchung erforderlich wäre. Die übrigen Ganglienzellen des Bauchmarkes liegen zwar randständig, doch erreichen sie nie ganz die Neurogliahülle, viel- mehr bleibt zwischen dieser und den Zelllagen ein Raum übrig (Fig. 46, 48), der, wie dieses Nansen sehr richtig zeichnet!), von einem durch die Auflösung der Fortsätze der Ganglienzellen ge- bildeten Nervennetz ausgefüllt wird. Nach den bisherigen Angaben würde die dorsale Seite des Bauchmarkes frei von Ganglienzellen sein; wie ich aber weiter oben gezeigt, ist dies nicht der Fall, denn auch dort finden sich kleine Ganglienzellen vor. Die Haupt- masse der Ganglienzellen gruppirt sich aber lateroventral im Bauch- marke. Es soll hier, wie dieses ja schon betont wurde, nicht eine ausführliche und erschöpfende Erörterung der Anordnung der Ganglienzellen im Bauchmarke geboten werden, sondern nur eine kurze Beschreibung, soweit diese für die in dieser Arbeit gestellten Ziele geboten erschien. Vor Allem möchte ich gegen eine solche Anordnungsweise in bestimmte Gruppen der Ganglienzellen, wie dieses durch Friedländer angegeben wird, der auf dem Quer- schnitte eine ventrale von einer lateralen Gruppe, welche Gruppen wieder in zwei Untergruppen zerfallen sollten, protestiren. Die Ganglienzellen sind vielmehr so angeordnet, dass eine Sonderung in bestimmte Gruppen nicht möglich ist. Auch habe ich nie beobachtet, dass die Zwischenstelle zwischen den einfachen Nerven und den Doppelnerven auch nur auf kurze Strecken vollständig von Ganglienzellen frei gewesen wäre. Allerdings sind hier Ganglien- !) The Structur and Combination etc. Taf. VIII, Fig. 71. (259) 86 B. Haller: zellen nur spärlich vorhanden und grössere kommen überhaupt nicht vor, doch vollständig fehlen sie nicht. Etwas vor dem Abgange des einfachen Nerven treten zahlreichere Zellen der kleineren Art auf, deren Fortsätze zumeist gleich dick sind und hauptsächlich in das Nervennetz aufgehen. In der Gegend des Abganges des ein- fachen Nerven finden sich schon grössere Zellen vor (Fig. 48 links) und etwas hinter dem Abgange desselben treten ventromedian jene vielfach von früheren Autoren beschriebenen grossen birnförmigen Zellen (Fig. 48 gz) auf. Sie liegen aber auch einzeln oder doch in geringerer Zahl gerade an der Wurzel des Nerven (Fig. 44) und ihr stärkster Fortsatz tritt hier direct in den Nerven ein, wie ich dieses schon beschrieben habe. Obgleich nun diese Zellen stets einen starken Fortsatz besitzen, so sind doch an ihnen noch drei bis fünf und vielleicht auch mehr Fortsätze vorhanden, die in das Nervennetz sich auflösen, wie dieses übrigens bereits gezeigt wurde. Diese grösseren Zellen nehmen dann auch in der Gegend der gangliösen Erweiterung beim Abgange der paarigen Nerven an Zahl zu und erreichen vor und hinter diesen ihre grösste Zahl. Zwischen den paarigen Nerven sind sie nicht so häufig (Fig. 46 gz). Median und lateralwärts liegen im Bauchmarke kleinere, oft sehr kleine multi- polare Ganglienzellen und es lässt sich nicht verkennen, dass zwischen diesen, wie jenen grossen, sowohl was die Grösse wie auch wasdie Form betrifft,allemöglichen Ueber- gänge vorkommen. Man kann hier die Regel aufstellen, dass die kleineren Zellen zumeist eine innere Lagerung einnehmen (Fig. 46). Auch unter diesen gibt es solche, welche einen stärkeren Fortsatz nach Art jener grossen birnförmigen Zelle besitzen, welcher dann wohl in den meisten Fällen als ein directer Nervenursprung sich documentiren dürfte. Die grossen Fortsätze der grossen birn- förmigen Zellen werden aller Wahrscheinlichkeit nach in allen Fällen als directe Nervenursprünge gelten dürfen. Ich beschränke mich hier auf diese kurze Beschreibung, da eine ausführliche Erörterung über diese Frage nur in einer Monographie geboten werden kann. Wie schon von Friedländer richtig mitgetheilt würde, findet sich zwischen den zwei einfachen Nerven eine Querfaserung vor. Diese Nerven bezeigen nach meiner Beobachtung folgende Ursprungsweise. Erstens treten direct an der Wurzel und gleich im Beginn von grösseren Ganglienzellen directe Fortsätze neben Fasern indirecten Ursprunges, d. h. solchen, die sich aus dem Nerven- netze construiren, in den abtretenden Nerven (Fig. 44) ein. Einige Schnitte weiter hinten sehen wir dann, dass ausser diesen Fasern (260) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 87 auch solche den Nerven bilden helfen, die ihren indirecten Ursprung in der Mitte des Bauchmarkes aus dem Nervennetze nehmen. Sowohl dorsal (on) als ventralwärts (un) sind solche Faserbündel zu beobachten. Dass aber unter diesen Bündeln auch solche Fasern sich vorfinden werden, welche aus Ganglienzellen direct entstehen und wieder andererseits sie, vor und hinter diesem Querschnitte entstanden, ganz kurze Zeit als Längsfasern im Querschnitte zu sehen sind, ist gewiss. Die Querfaserung zwischen den einfachen Nerven ist eine Kreuzung von Einzelfasern; erstens sind es Nerven- fasern, welche ihren Ursprung aus kleinen lateral gelegenen Zellen (Fig. 48 w) der einen Seite nehmend sich in den Nerven der anderen Seite begeben (p). Ob dabei auch Fortsätze der grossen birnförmigen Zelle der einen Seite in den Nerven der anderen Seite sich begeben, wie dieses Friedländer angibt, weiss ich nicht zu sagen. Danr sind es aber auch noch andere Fasern, welche ich mit Sicherheit in der einen Hälfte des Bauchmarkes aus dem Nervennetze ent- stehen sah (Fig. 48 nf), die sich in den Nerven der anderen Seite verfolgen liessen und somit nımmt der einfache Nerv sowohl Nervenfasern beiderlei Ursprungs aus der einen wie aus der anderen Hälfte des Bauchstranges auf. Ausser den angeführten Fasern des einfachen Nerven finden sicb in der Querfaserung noch andere vor, die mit dem Ursprung dieser Nerven nichts zu thun haben. Ich konnte nämlich auf zweien meiner besseren Präparate mit aller Klarheit beobachten, (dass der dickere Fortsatz (Fig. 49) einer kleineren Zelle (r) sich auf die andere Hälfte des Bauchmarkes begab, um hier sich in das Nerven- netz aufzulösen (nf). Die anderen Fortsätze solcher Zellen lösten sich kurz nach ihrem Abtritte in derselben Hälfte des Bauchmarkes im Nervennetze auf. Dieser Fall ist in Berücksichtigung von gewissen Verhältnissen bei Lepidasthenia (das Verhalten der Kolossalzellen) von grossem Interesse. Die Ursprungsweise der paarigen Nerven ist nun folgende. Wie Friedländer schon richtig hervorhob, sieht man lateralwärts in der Fasermasse jeder Hälfte des Bauchmarkes zwei aus sehr verschieden dicken Fasern gebildete Längsstränge. Diese (Fig. 50 m) ziehen von der einen gangliösen Anschwellung zur anderen und wie ich mich an Horizontalschnitten überzeugen konnte, führen sie sowohl Fasern directen Ursprunges aus den grossen Ganglienzellen, wie solche indirecten Ursprungs aus dem Nervennetze. Angelangt an den eısten der paarigen Nerven, treten diese Fasern nach aus- wärtsbiegend in den Nerven über (Fig. 50 m). Ein kleiner Theil unter (261) 88 B. Haller: ihnen zieht aber, wie dieses tiefere Schnitte zeigen, weiter und tritt in den zweiten paarigen Nerven derselben Seite ein. Andererseits machte ich aber auch die Beobachtung, dass ein Theil dieser Längs- fasern sich der anderen Bauchmarkhälfte zuwendend in den Nerven der anderen Seite einbog und ebenso verhielten sich die weiter in den zweiten Nerven ziehenden Fasern. Es findet somit hier aus den Längsfasernbündeln, die Einzelfasern beiderlei Ursprunges aus dem vorangehenden Ganglion führen, eine Kreuzung im nächst- folgenden Ganglion statt. Auf Längsschnitten findet man eine zahl- reiche Kreuzung in der gangliösen Anschwellung, welche dann zum Theil auch dadurch hervorgerufen wird, dass ähnlich wie an dem einfachen Nerven, wie man sich hierüber an Querschnitten am besten zu überzeugen im Stande ist, von der anderseitigen Bauchmarkshälfte in der gangliösen Anschwellung selbst Fasern sowohl direeten als ındireeten Ursprungs Figur 2. im Nerven der ander- seitigen Bauchmarks- hälfte sich fortsetzen (Fig. 50 v). Man müsste eine ganze Serie von Hori- zontal- und Längs- schnitten abbilden, um dem Leser das Verhal- ten des Faserverlaufes hierselbst klar vorzu- führen. Um dieses hier : Nee zu ersparen, habe ich | SE | in nebenstehendem # 87 Schema (Fig. 2) das an solchen Schnittserien Gefundene ohne wei- tere Berücksichtigung der einfachen Nerven >> zusammengestellt. — \ Wie schon oben her- vorgehoben wurde und wie diesesauchFried- - N länder gezeigt hat, TEN EN sind innerhalb des Bauchmarkes jederseits eine laterale Faserung vor- handen (Fig. 50 m). Die Fasern dieses Bündels entspringen theilweise (262) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 89 dem Nervennetze (m), zum Theil sind sie aber die mächtigeren Fortsätze der grossen birnförmigen Ganglienzellen (m). Ueber ihr weiteres Verhalten im nächstfolgenden Ganglion wurde schon oben referirt, hier möge aber zur Erklärung des Schemas nochmals darauf zurückgekommen werden. Die Sache verhält sich auf folgende Weise: Die jederseitigen Längsfaserbündel führen Fasern nach zweierlei Richtungen. Wir wollen der Klarheit wegen diese beiderlei Fasern, die untereinander vermengt sind, trennen und sie uns im Schema in zwei Bündeln neben einander verlaufend denken. Der innere Bündel (I, I‘), kommend aus einem vorhergehenden Gang- lion (A), entspringt auf die angezeigte Weise aus diesem Gang- lion und zieht zum nächstfolgenden Ganglion (B). Hier angelangt, löst er sich in vier Bündel auf, wovon einer (a) in den ersten Doppelnerven derselben Seite (z), der zweite (b) in den nächst- folgenden Nerven derselben Seite (ß), der dritte (e) in den zweiten Nerven der entgegengesetzten Seite (ß”) und endlich der innerste (d) in den ersten Doppelnerven («') der entgegengesetzten Seite einbiegt. Im Schema wurde der Klarheit halber blos die Auf- lösung des rechtsseitigen Bündels ausgeführt. Hinter diesem Gang- lion (B) nun, worin die Auflösung des aus dem vorhergehenden Ganglion entsprungenen Bündels sich vollzog, entspringen jederseits abermals auf die angegebene Weise die zwei Bündel (I”, I”), die in dem darauffolgenden Ganglion denselben Process wiederholen. Wenn wir im Schema das Ganglion A als einen vorderen bezeichnen wollen, so müssen wir die besprochenen Faserbündel als die nach hinten ziehenden benennen. Diese nach hinten ziehenden Fasern entspringen stets aus dem hinteren Theil des Ganglions oder hinter dem Abgange der hinteren paarigen Nerven. Es entspringen aber auch Fasern aus dem vorderen Theile des Ganglions oder vor dem Abgange des vorderen paarigen Nerven, die zum vorhergehenden Ganglion hinziehen. Im Schema habe ich diese Fasern von dem nach hinten ziehenden Bündel getrennt und nenne sie den nach vorne ziehenden Bündel (II, IT’, II”, II”). Dieser Bündel, nachdem er in das vorhergehende Ganglion eingetreten, löst sich ganz nach Art des nach hinten ziehenden Bündels auf, wie dieses aus dem Schema leicht ersichtlich ist. Fassen wir nun das Mitgetheilte zusammen, so ergibt sich für den Ursprung eines jeden paarigen Nerven folgender Modus. Erstens erhält der Nerv Fasern beiderlei Ursprunges aus derselben Ganglionhälfte (n, n‘), dann ebensolche Fasern aus der anderseitigen Hälfte desselben Ganglions (m). Er enthält ferner Fasern aus dem (263) 90 B. Haller: vorhergehenden wie darauffolgenden Ganglion derselben Bauch- markshälfte (a, b”) und ebenso Fasern aus denselben zwei Ganglien der jenseitigen Bauchmarkshälfte (d’, ec’). Auf diese Weise ist der innigste Zusammenhang jedes paarigen Nerven mit dem gesammten Bauchmarke gesichert. Zum Schlusse möchte ich noch einmal auf die Ganglienzellen zu sprechen kommen. Wie ich dieses bereits hervorgehoben habe, sind sämmtliche Ganglienzellen im Bauchmarke von Lumbricus mehr weniger multipolar und dieses gilt selbst von den grössten mir bei Lumbrieus bekannt gewordenen Ganglienzellen. Es sind dies grosse birnförmige Zellen, die einzeln auf jeder Seite ventromedianwärts liegen (in Fig. 48 mit schwarz). Diese Zellen scheint auch Fried- länder gesehen zu haben !), der sie mit der mittleren Colossal- faser jederseits in Beziehung bringt. Ich selbst kann hierüber nichts aussagen, nurmöchteichFriedländer gegenüber betonen, dass diese Zellen sehr gross im Verhältniss zu den andern sind und stets mehrere Fortsätze besitzen (Fig. 55). Von diesen Fortsätzen ist der mächtigste (a) stets nach oben gerichtet, wie dieses jener Autor angibt. Die anderen Fortsätze sind sehr klein und lösen sich in das Nervennetz auf. Bereits Friedländer gibt eine chemische Verschiedenheit dieser Zellen von den übrigen an; ich selbst kann dieses für diese Zellen bestätigen und etwas erweitern. Während der consistente Körper der übrigen Zellen ganz ähnlich wie die Ganglienzellen der Wirbelthiere sich ganz durch ammoniakalisches Carmin färbt, indem nicht nur die Filarmasse.(Protoplasma, Kupfer), sondern auch die Interfilarmasse (Paraplasma, Kupfer) den Farb- stoff aufpimmt, tingirt sich bei diesen grossen Zellen blos die Filar- masse (Fig. 55). Diese ist stets in der Netzform angeordnet, ent- gegen den anderen Ganglienzellen, wo die Filarmasse gleichmässig vertheilt ist. Die Filarmasse setzt sich dann auch in die Fortsätze der Zelle fort, so dass hier deren Zusammensetzung aus Filar- und Interfilarmasse auf das Schönste demonstrirbar ist. Die Kerne verhalten sich wie die übrigen. Ganglienzellen und Sternformen, wie Friedländer gesehen haben will, habe ich nie angetroffen. Sipunculaceen. Ueber die höchst eigenthümliche Textur des Centralnerven- systems von Sipunculus nudus L. ist bis zur Zeit nichts bekannt gewesen. Dieses Versäumniss mag zum grössten Theil auch dadurch 2 1.406 Pag. 1AR; (264) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 91 verschuldet worden sein, dass der histologischen Untersuchung hier die grösstmöglichste Schwierigkeit in dem Wege steht und man wohl so bei dem Umstande, dass die genaueren Texturverhältnisse der Centralnervensysteme wirbelloser Thiere überhaupt nur in jüngster Zeit ausführlicher verfolgt worden sind, nicht gleich mit den schwierigsten Objecten beginnen wolite. Ueber das äussere Verhalten des Centralnervensystems dieser Wnrmform sind wir schon besser unterrichtet, doch interessiren uns bier nur die Angaben über das Bauchmark, da ich das Gehirn nicht unter- sucht habe. Nach Keferstein und Ehlers!) besteht das gleich- mässig dicke und somit keine gangliösen Anschwellungen auf- weisende Bauchmark aus zwei ineinander liegenden Abtheilungen, wovon die äussere aus dicht aneinanderliegenden klaren Zellen, wohl Ganglienzellen, zusammengesteckt sein soll. Die innere Ab- theilung führt ausser solchen Zellen noch Körnchen und faserige Elemente. Eine frühere Angabe Krohn’s, wonach die hier be- schriebene äussere Abtheilung ein Blutgefäss darstellen sollte, wird von diesen Autoren mit vollem Rechte zurückgewiesen. Einen weiteren Schritt vorwärts kam Leydig2), der entgegen Krohn an mit Essigsäure und Kalilauge behandelten Totalpräparaten, von welchen er auch eine Abbildung gibt 3), feststellen konnte, dass der Bauchstrang vollkommen einheitlich und durch eine mediane Längsfurche nicht in zwei symmetrische Hälften getheilt ist. Ein äusseres und inneres Neurilemm unterscheidet auch er, wobei er das Gewebe zwischen äusserem und innerem Neurilemm nicht ganz sicher für nervös erkannte, wenigstens nennt er es „eine körnigzellige Masse“ und in dem vorhergehenden Satze sagt er: „Das äussere Neurilemm (Blutgefäss bei Krohn, äussere Abtheilung des Bauchstranges bei Keferstein und Ehlers) bildet ein ge- räumiges Rohr, aus welchem das eigentliche Bauchmark an Querschnitten oft weit hervorsteht.“ Die Krohn’sche Deutung des äusseren Neurilemms als Blutgefäss weist allerdings Leydig zurück und obgleich er jene „körnige Masse“ zwischen den beiden Neurilemmen „eher noch für einen Bau des Nervenstranges“ vermuthüngsweise hält, so ist er zu keinem bestimmten Resultate darüber gelangt. Diese „körnige Masse“ soll im frischen Zustande die röthliche Farbe des Bauchmarkes bedingen und beim Abstreifen des äusseren Neurilemms ziemlich fest an demselben kleben bleiben. 1) Keferstein und Ehlers, Zoolog. Beiträge. 1861; eitirt nach Leydig. 2) Leydig, Vom Bau des thierischen Körpers. Tübingen 1864, pag. 177. °) Leydig, Tafeln zur vergleichenden Anatomie. Taf. I, Fig. 9. (265) 92 B. Haller: Ganz soll diese körnige Masse den Raum zwischen äusserem und innerem Neurilemm nicht ausfüllen, sondern fällt „auf ganzen Strecken vollständig aus, so dass ein scharf begrenzter Hohlraum rings um die eigentliche Scheide des Bauchmarkes vorliegt“. Wichtig war in der Leydig’schen Untersuchung, dass er das Bauchmark von Sipunculus für einen einheitlichen, nicht in zwei seitlichen Hälften gesonderten Strang mit einer terminalen gangliösen Verdickung erkannte, welche Auffassung auch bis auf den heutigen Tag sich forterhielt. Seit fünfundzwanzig Jahren, nach dem Erscheinen des Leydig’schen Buches, ist auch weiter nichts mehr über das Bauchmark des Sipunculus geschrieben worden, denn auch bei dem letzten Autor, der über die Anatomie des Sipuneulus Mittheilung machte, nämlich Andreaet), finden wir nichts, was die alte Auffassung erweitern oder gerade verändern würde. Und in der That ist dieses alte Bild über das Bauchmark von Sipun- culus ein ganz richtiges. Auch Querschnitte 5) bestätigen diese Ansicht, aus weicher hervorgeht, dass das ganze einheitliche Bauch- mark zwar an der ventralen Seite eine mediane Längsfurche auf- weist (Fig. 33, 34sl), welche aber viel zu seicht ist, um auch nur die geringste Scheidung zu bewirken. Dorsalwärts fehlt diese Längsfurche. War das Bauchmark bei der Härtung dadurch fixirt worden, dass die Unterlage nicht entfernt und das Totalpräparat gut ausgespannt war, so erhalten wir am schönsten die Gestalt des Bauchmarkes auf dem Querschnitte. Aus solchen Präparaten (Fig. 33) ersehen wir, dass die dorsale Seite des Bauchstranges eine nach oben zu concave Wölbung zeigt, und dass der’ Bauch- strang im Querschnitte eine ovale Form besitzt, wobei diese Form nur durch die ventrale Längsfurche einigermassen gestört wird. Die grösste Axe des Ovoids fällt mit der Queraxe des Körpers zusammen. Die Nerven (In, rn) treten aus den lateralen Seiten unter und neben den jederseitigen Längsmuskeln (lm, rm) aus dem Bauchmarke, um sich in die Körperwand zu begeben. Nerven, *) Andreae, Beitrag zur Anatomie und Histologie des Sipunculus nudus. Zeitschr. für wiss. Zoologie. 1882, Tom. XXXVI. 5) Nachdem aus dem lebensfrischen ausgespannten Thiere nach Entfernung des Darmes das Bauchmark freigelegt wurde, wurde letzteres sammt der unter- liegenden Körperwand durch zwei Längsschnitte neben und auswärts von den Längsmuskeln ausgeschnitten und so das Ganze in Querstücke zerlegt, die aus- gespannt in Osmiumsäure und nachträglich in der üblichen Weise gradatim in hoch-- gradigen Alkohol gebracht wurden. Auch Präparate, die blos im Alkohol oder auch in Chromsäure gehärtet wurden, wurden untersucht, doch wegen der grossen Schrumpfung nicht mit jenem Erfolge. (266) Er 0 er a Textar des Central-Nervensystems höherer Würmer, y3 welche die Längsmuskeln innervirt hätten, habe ich nie beobachtet ; doch glaube ich, dass es Aeste der Hauptnerven sein werden, welche jene Muskeln innerviren. Solche Aeste sind im Quer- schnitte öfter zu sehen (a, a‘, a“), die sowohl eine ventrale wie dorsale Lage (p) am Hauptnerven einnehmen können, doch habe ich wenig darauf geachtet, ob sie in der That in die Längsmuskeln einbiegen. Nur wenn der Bauchstrang dadurch Zerrungen erlitten hat, dass die unterliegende Körperwand nicht ausgespannt war und so aufgerollt wurde, kann eine Gestaltveränderung des Bauch- markes im Querschnitte auftreten (Fig. 34), was im speciell abgebil- deten Falle durch eine Dehnung in die Quere entstanden sein mag. Das Bauchmark ist überall gleich weit, wie dieses Messungen an einer und derselben Serie bezeugen und besitzt keine gangliösen Anschwel- lungen. Nerven treten immer nur in der Zweizahl, d. i. auf jeder Seite nur einer ab. Diese sah ich immer gleichzeitig oder doch so auftreten, dass der eine nur um ein sehr Geringes früher abtrat, wie jener der andern Seite. Das Bauchmark wird von einer Hülle umgeben, dem äusseren Neurilemm Leydig'’s. Wir wollen sie die äussere Neuroglia- hülle nennen. Sie setzt sich auf die abtretenden Nerven als deren Neurilemm fort. Diese Nervenhülle, die ich nur auf Schnitten zu untersuchen Gelegenheit hatte, ist eine nicht sehr dicke (Fig. 35 an), structurlose Membran. Man kann der Färbung nach mit am- moniakalischem Carmin an ihr eine äussere tiefe und eine innere heller gefärbte, sonst aber von einander nicht getrennte Schichte unterscheiden. Ihr eingelagert findet man sonderbare gelbe Körper (w) von oblonger bis kurz spindelförmiger Form und von gelber Farbe. Diese granulirten Körper sind vielleicht veränderte Zellkerne, doch konnte ich mich hiervon mit ganzer Gewissheit nicht überzeugen. Zu innerst erscheint die äussere Neurogliahülle wie geschichtet, doch ist sie dies nur scheinbar und diese scheinbare Schichtung steht mit ihrer Genese in engstem Zusammenhange. Zu innerst der Nervensubstanz zu besitzt diese Hülle nämlich kurze, feine Fortsätze, die mit einem weitmaschigen Netze (b) zusammenhängen. Somit also hängt die Neurogliahülle, ganz ähnlich wie bei den polychaeten Anneliden, hier mit einem Neuroglianetze zusammen und die oben erwähnte Schichtung ist nur so erklärlich, wie ich es dort versucht habe, nämlich dadurch, dass die äussersten, periphersten Theile des Neuroglianetzes sich allmälig zu einer Membran verdichteten, die sich auch chemisch von dem Netze nun unterscheidet. Dieses Neuroglianetz färbt sich mit den angewandten (267) 94 B. Haller: Tinetionsmitteln nicht und Kerne habe ich zwischen den Knoten- punkten in keinem Falle beobachten können, warum ich annehme, dass diese sich noch mehr wie bei den polychaeten Anneliden rück- gebildet haben. Einen gelben Hornglanz wie dort im Hirne besitzt dieses Netz hier nicht. Die Maschenräume dieses Neuroglianetzes, welches ich jetzt schon als das äussere bezeichnen möchte, sind unter der äusseren Neurogliahülle mit der Längsaxe der Maschen- räume der Oberfläche jener Hülle parallel gestellt (j), doch ver- ändern die Maschenräume nach innen zu ihre Form, wo sie mit ihrer Längsaxe auf ihre frühere Richtung unter rechtem Winkel liegen. Hier werden dann aber die Maschenräume auch besonders weit (j‘). Angelangt nach innen zu an die innere Neuroglia- hülle (in) hängt das äussere Neuroglianetz mit dieser ebenso wie mit der äusseren zusammen und der Unterschied wäre nur der, dass hier die Maschenräume ihre Form nicht ändern würden. Die innere Neurogliahülle selbst ist eine ganz homogene Schichte, welche sich mit Carmin intensiv tingirt und auf Schnittpräparaten ausser dem Zusammenhange mit dem Neuroglianetze noch viele glänzende Pünktchen erkennen lässt, die aber nichts anderes sind, als Durch- schnitte von Verbindungen mit dem Netze. Aber nicht blos nach aussen zu, auch nach innen hängt die innere Neurogliahülle mit einem Neuroglianetze zusammen (Fig. 55 gs), das sich von dem äusseren Neuroglianetze weder chemisch, noch sonst unterscheidet und mit jenem durch Oeffnungen in der inneren Neurogliahülle continuirlich zusammenhängt. Die Maschenräume dieses inneren Neuroglianetzes sind viel enger wie jene des äusseren. Die innere Neurogliahülle (Fig. 33 und 34 in) ist besonders nach unten und lateralwärts vielfach durchbrochen, ausser diesen Durchlöcherungen aber ist sie continuirlich und trennt das Bauch- mark in einen äusseren (v) und inneren Theil (w). Der innere oder Kerntheil(w), wie wir ihn nennen wollen, wiederholt in seiner Form vollständig die äussere Form des Bauchstranges und selbst die ventrale Längsfurche ist vorhanden. Somit hätten die früheren Autoren zutreffende Vergleiche angestellt, wenn sie den Bauchstrang des Sipunculus aus zwei ineinandergeschobenen Theilen bestehen liessen, nur kann man selbst vergleichsweise nicht von zwei ineinanderge- schobenen Röhren reden, da der Kerntheil vollständig ohne Lumen ist. Die Maschenräume des äusseren Neuroglianetzes sind zum kleineren Theil dorsal sowohl wie ventralwärts ausgefüllt von den grössten birnförmigen Ganglienzellen (gz) des Bauchstranges. Diese sind sehr helle, feingranulirte, mit einem äusserst zarten Zellleib (268) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 95 versehene Nervenzellen, in denen nur der Zellkern eine leise Rosa- tinetion annimmt, während der Zellleib selbst ungefärbt bleibt. Selbst Osmiumsäure braunt den Zellleib nicht beträchtlich, doch immerhin ein wenig. Der Zellleib dieser Zellen ist wohl der zarteste, den ich während meiner achtjährigen neurohistologischen Studien bei irgend einem Thiere angetroffen habe. Oft findet man ihn in den Maschenräumen des Neuroglianetzes in dem Falle, wenn der Zeilkern nicht in die Schnittfläche fällt, so zart, dass man ihn bei Hüchtiger Betrachtung schier übersehen könnte (w). Eben diese ausser- ordentliche Zartheit bedingt es, dass an gröberen Bauchmarkstücken, in welche die Conservirungsflüssigkeiten nicht gehörig eindringen konnten, die Zellen zerfallen angetroffen werden. Aus diesem Grunde möchte ich Jedermann rathen, bei der Härtung das Bauch- mark in möglichst kleine Stücke zu zerlegen, insbesondere bei der Behandlung mit Ueberosmiumsäure, welche Behandlungsweise doch die schönsten Präparate gewährt, Der Zellleib dieser birnförmigen Ganglienzellen enthält das im Leben besessene, gelblichrothe Pigment nach der angegebenen Behandlungsweise nur selten noch (Fig. 36 u), es ist stellenweise in den Maschenräumen in Form kleinerer oder grösserer Tropfen extrahirt (p) noch anzutreffen. Der Zellkern besitzt ein glänzendes Kernkörperchen. Diese birnförmigen Zellen sind, soweit ich beob- achten konnte, immer nur mit einem Fortsatze versehen, welcher in allen Fällen dem Kerntheil des Bauchmarkes zugewendet ist (Fig. 35 gz und 37a). Unter einander wären somit diese Zellen, ähnlich wie die Ganglienzellen der polychaeten Anneliden, durch direete Anastomosen nicht verbunden. Unter den Ganglienzellen in den Maschenräumen des äusseren Neuroglianetzes habe ich nur in einem einzigen Falle eine multipolare Ganglienzelle beobachten können (Fig. 40). Wie ich schon erwähnt habe, ist die innere Neurogliahülle vielfach durchlöchert. Diese Communicationen sind nun, wie schon erwähnt wurde, dazu bestimmt, einestheils eine eontinuirliche Verbindung des äusseren Neuroglianetzes mit dem inneren zu ermöglichen, anderntheils aber auch den Zusammen- hang der nervösen Elemente im äusseren Neuroglianetze mit jenem im Kerntheile des Bauchmarkes zu gestatten. Wenn wir nämlich sorgfältig betrachten — denn da dieses Nervengewebe wohl nicht nur was die Öonservirung, sondern auch was die Zartheit des Objectes betrifft, zu den schwierigsten Objecten der Neurologie gehört, ist sehr sorgfältiges Studium unbedingt nöthig — so werden wir sehr zarte, blasse Fäden diese Communicationen passiren sehen (Fig. 35 r). (269) 96 B. Haller: Diese in der Einzahl oder zu lockeren Bündeln sich vereinigten vari- kösen Nervenfäden sind nichts anderes, als die Fortsätze der be- schriebenen Ganglienzellen, welche in den Kerntheil des Bauch- markes ziehen ; ob dabei die Fortsätze dieser Zellen auch ausserhalb des Kerntheiles sich theilen können, diese Frage bleibt eine offene. Solche variköse Nervenfäden verbanden sich entweder direct mit einer Ganglienzelle unter der inneren Neurogliahülle (Fig. 35’), oder indem sie die Ganglienzellschichte dortselbst durchsetzten, lösten sie sich im centralen Nervennetze auf (r). Nur in wenigen Fällen gelang es mir bei der grossen Subtilität des Objectes zu beobachten, dass ein mit einer der beschriebenen Ganglienzellen noch direct zusammenhängender Fortsatz sich mit Elementen der Ganglien- zellschichte im Kerntheile direct verbunden hätte. In dem abge- bildeten äusserst lehrreichen Falle (Fig. 37) konnte ich an einem meiner schönsten Präparate beobachten, dass sich der Fortsatz (a) einer ziemlich nahe der inneren Neurogliamembran gelegenen birnförmigen Zelle in den Kerntheil des Bauchmarkes begab, um sich dort, gabelig theilend, mit jedem Aste seines Fortsatzes mit je einer kleinen multipolaren Ganglienzelle zu verbinden. Auf diesem Präparate wurde somit sozusagen schematisch der Zusammenhang jener grösseren Zellen mit dem Zellverbande der Ganglienzell- schichte im Kerntheile demonstrirbar. Nach meinen Ermitt- lungen stehen somit die birnförmigen Zellen in den Maschenräumen des äusseren Neuroglianetzes unter einandernicht in direetem Zusammenhange, sondern ihre Fortsätze ermitteln entweder eine directe Ver- bindungmitder Ganglienzellschichte des Kerntheiles oder mit dem centralen Nervennetze. In den Maschen- räumen des äusseren Neuroglianetzes differiren im Allgemeinen die Ganglienzellen in der Grösse nur wenig unter einander, doch habe ich in manchen Fällen auch viel kleinere birnförmige Zellen gefunden (Fig. 36 b), die sonst in jeder Beziehung mit den dortselbst gelegenen, grösseren Zellen übereinstimmten. Wie ich schon her- vorgehoben habe, ist mir eine Theilung des Zellfortsatzes dieser Nervenzellen unweit seines Abganges zu beobachten nie gelungen, warum ich aber durchaus nicht behaupten möchte, dass eine solche Theilung nicht auch vorkommen kann. Dem entgegen habe ich manch- mal Stellen in manchen Präparaten zu Gesichte bekommen, welche auf eine Vereinigung der Fortsätze dieser Kanglienzellen schliessen lassen. Ich bildete einen Fall ab (Fig. 39 bei a), welcher sehr deutlich für die Vereinigung der Zellfortsätze spricht, wobei dann der (270) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer, 97 vereinigte Nervenfaden in den Kerntheil des Bauchmarkes «indrang und hier sich in diesem speciellen Falle im centralen Nervennetze auf- löste. Auf diesem, wie auch an manchen anderen Präparaten waren die Oeffnungen in der-inneren Neurogliahülle so fein, dass sie blos den Durchtritt eines einzigen Nervenfadens, oder doch nur weniger solcher gestattete. Auf diesem abgebildeten Präparate waren die zu dem in den Kerntheil eintretenden Bündel sich vereinigenden Nervenfädchen so fein, dass die Vermuthung nicht ferne liegt, diese untereinander zur Vereinigung bestimmten Fäden seien nicht ganze Fortsätze der birnförmigen Ganglienzellen, sondern blosse Aeste ihrer Hauptfortsätze. Der Kerntheil des Bauchmarkes wird von einem vollständig ganglienzellfreien, grösseren dorsalen Abschnitt (Fig. 33, 34 w) und von einer ventralen Ganglienzellschichte (gz) gebildet. Während also die Ganglienzellen innerhalb des äusseren Neuroglianetzes überall zerstreut, aber nie in dichteren Gruppen vereinigt vor- kommen, beschränken sie sich im Kerntheile des Bauchmarkes auf eine Gruppirung zu einer ventralen dicken Schichte (Fig. 33, 34, 35 gz) und die lateralen und dorsalen Seiten, sowie der innerste Theil des Kerntheiles sind vollständig frei von Ganglienzellen; diese ist vielmehr ausschliesslich vom centralen Nervennetze, wie von Zügen nervöser Längs- und Querfasern gebildet. Die recht ansehnliche Ganglienzellschichte im Kerntheile des Bauchmarkes beginnt an der Stelle, wo die Wurzeln der Nerven in den äusseren Theil des Bauchmarkes abtreten. Sie wird aus multipolaren Ganglienzellen zusammengesetzt (Fig. 55, 37, 38 gs), die sich untereinander, ähnlichetwa wie bei niedern prosobranchen Schnecken, zu einem Zellverbande vereinen. Es kommt hier somit zu den engsten Verbindungen der Ganglienzellen unter einander und die in der Mitte der Schichte sich findenden Zellen gehen mit ihren Ausläufern nach allen Richtungen direete Anastomosen mit benachbarten Zellen ein, so dass auf Schnittpräparaten man oft genug eine einzige Zelle sich mit vier, ja sogar mit fünf benachbarten Zellen verbinden sieht. Eine Regel über die Anordnung der Ganglienzellen nach Grösse hier angeben zu wollen, wäre rein unmöglich, da sie sich unter- einander nach Form sowohl, wie nach Grösse vollständig ver- mischen, wobei Uebergänge zwischen Grösse und Form zahlreich genug sich vorfinden. Immerhin kann man so viel aussagen, dass die grössten Zellen mehr lateralwärts liegen, während die kleinsten eine centrale Lagerung in der Zellschichte einnehmen ; von diesen Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 2. 18 (271) 98 B. Haller: letzteren kann man geradezu im Allgemeinen behaupten, dass sie die centralsten Zellen (Fig. 35, 37, 38) sind. Vereinzelte, im cen- tralen Nervennetze zerstreute Zellen kommen nicht vor. Bevor wir aber auf die neuralen Elemente und ihr weiteres Verhalten noch weiter eingehen, möge hier noch einmal auf das innere Neuroglianetz zurückgekommen werden. Es ist, obgleich feinmaschiger als das äussere, immerhin noch weitmaschig genug und seine Fäden sind gleich dem des äusseren Netzes im Ver- hältniss zu den Nervenfasern breit, stets doppelt contourirt und den matten Nervenfäden gegenüber hell glänzend. Durch Osmiumsäure, womit sich das Nervengewebe bräunt, erfährt das Neuroglianetz keine Bräunung. All dies ermöglicht es, an wohlgelungenen Präparaten die Grenze, bis wohin das innere Neuroglianetz reicht, ganz genau zu ermitteln. Man kann es zwischen der Ganglienzellschichte als glänzende Fäden deutlich erkennen, wo es förmlich die Ganglienzellschichte (Fig. 35, 37, 38) durchwebt. Nie wird man aber beobachten können, dass die Fäden des Neuroglianetzes in das centrale Nerven- netz eindringen würden, was bei seiner Mächtigkeit jenem Netze gegenüber, wie auch durch seine refractile Eigenschaft leicht zu constatiren wäre. Die einzelnen Fäden des Netzes iösen sich aber auch nie in feinere Theile auf, wie ich dieses mit Sicherheit constatiren konnte, um ein zarteres und aus diesem Grunde vielleicht leichter übersehbares Netz im Nervennetze zu bilden. Mit grösster Sicherheit kann ich darum behaupten, dass das innere Neuroglianetz mit der Ganglienzellschichte im Kern- theile des Bauchmarkes aufhört, wie dieses auf meinen Ab- bildungen (Fig. 35, 37, 38) dargestellt wurde. An der dorsalen Seite des Kerntheiles, wo in demselben die Ganglienzellschichte fehlt, setzt sich das innere Neuroglianetz in Verbindung mit dem äusseren Neuroglianetze auf die schon beschriebene Weise und weiter nur kurze Strecken in das Nervennetz fort, um hier entweder in sich abgeschlossen oder mit einzelnen Fäden blind zu endigen (Fig. 39b). Nach meinen Untersuchungen nun besteht bei Sipunculus ein äusseres und inneres Neuroglia- netz, wobei das äussere Netz innig sowohl mit der äusseren, wie mit der inneren Neurogliahülle, von welchen es sich chemisch unterscheidet, zusammen- hängt; ausserdem aber auch durch Lücken in der innerenNeurogliascheidemitdeminneren Neuroglia- netzezusammenhängt, welch letzteres mit deminnern (272) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer, 99 Rande der inneren Neurogliahülle fest verbunden ist. Das innere Neuroglianetz hört aber mit der Ganglienzellschichte ventralwärts auf, und dorsal- wärts erstreckt es sich nur ganz kurze Strecken in das centrale Nervennetz fort. Es kommt somit in der centralen Fasersubstanz neben dem Nerven- netze kein Glianetz vor, worin sich diese Ver- hältnisse von jenen dererranten Polychaeten wesent- Jich unterscheiden und mehr dem der Tubicolen anschliessen. Das Innere des Kerntheiles wird somit von rein nervösen Geweben erfüllt, worin hauptsächlich das feine, aber durch Osmiumsäure sehr schön darstellbare Nervennetz die Hauptrolle spielt. Dieses Nervennetz gehört wohl zu den feinsten mir bekannt gewordenen centralen Nervennetzen, denn ein feineres habe ich nur noch bei den Nemertinen beobachten können. Zumeist zerfielen die Fortsätze der Ganglienzellen, welche dieses Gewebe zu bilden berufen sind, sofort nach ihrem Abtritte in dasselbe. Bei den grösseren birnförmigen Zellen der äusseren Neuroglia- schichte mussten die in das Nervennetz sich auflösenden Fortsätze naturgemäss sehr lang sein. Doch sind solche Fortsätze jener grösseren Zellen im Ganzen nur seltenere Vorkommnisse, da diese Zellen sich in der ventralen Hälfte des Bauchstranges haupt- sächlich mit den Zellen der Ganglienzellschichte verbinden. Anders verhalten sich die Fortsätze jener Zellen in der dorsalen Bauch- strangshälfte, die wohl zum grössten Theile in das centrale Nerven- netz sich auflösen. In der Ganglienzellschichte sind, wie dieses schon erwähnt wurde, die Zellen untereinander zu einem Zellver- bande vereint und somit sind es nur die innersten Fortsätze der innersten Zellen, welche sich in das centrale Nervennetz auflösen (Fig. 35, 37, 38). Die Verbindung, d. h. die Anastomose zwischen den Gang- lienzellen, findet immer zwischen Nachbarzellen statt, von welcher Regel ich nur an einer Stelle Ausnahmen constatiren konnte. Ich fand nämlich, wenn ich durch den Bauchstrang von oben und links nach unten und rechts (Fig. 33, = =’), oder von der anderen Seite in derselben Richtung Schnitte führte, in dem medianen Theile der Ganglienzellschichte, oberhalb der der ventralen Lateralfurche entsprechenden Einbiegung der inneren Neurogliascheide, dass die innersten Ganglienzellen der Zellschichte, deren übrige Fortsätze sich in das centrale Nervennetz auflösten, mit einem ihrer Fort- sätze sich mit einer anderen Zelle, welche bereits in der entgegen- 18* 73) 100 B. Haller: gesetzten Seitenhälfte des Bauchstranges gelegen hatte (Fig. 37 b, e), sich verbinden. Die zwei miteinander anastomosirenden Zellen lagen weit auseinander und somit waren diese Verbindungen äusserst lang. Somit verbanden sich hier zwei Zellen der beiden Seiten- hälften mit Ausschluss anderer Zwischenglieder des sonst einheit- lichen Bauchstranges direct miteinander. Ich kann nicht umhin, an diese Beobachtung einige Bemerkungen anzuknüpfen. Würde diese Verbindung in den bekannten Fällen allein dastehen, so würde sie kaum einer weiteren Aufmerksamkeit für werth erscheinen. Wir kennen aber noch einen Fall, wo selbst die sonst ganz einheitlichen Bauchstränge ähnliche Verbindungen von (Ganglienzellen sind, der einen Bauchmarkshälfte mit solchen der anderen, wenn auch durch die Vermittlung einer ganz bestimmten Zelle, stattfinden. So einen Fall beschrieb ich bei Lumbricus, wo zwei Zellen, je eine aus jeder Bauchmarkshälfte (siehe das Capitel über Lumbrieus), durch die Vermittlung der sogenannten „medianen Zelle“ erfolgte. Diese Arten der Verbindungen werden wahrscheinlich die Aufgabe zu erfüllen haben, eine raschere Communication zwischen den beider- seitigen Bauchmarkshälften zu ermöglichen, als eine solche durch die Vermittlung des Ganglienzellverbandes oder durch die des Nervennetzes sonst möglich wäre. Ich will nun auf die Ursprungsweise der Nerven im Bauch- strange von Sipunculus eingehen. Nachdem der Nerv aus dem Kerntheile des Bauchmarkes getreten, durchsetzt er den äusseren Theil und tritt aus dem Bauchmarke (Fig. 33, 34) heraus. Einen Ueberzug erhält der abtretende Nerv von der äusseren Neuroglia- hülle und die innere Neurogliahülle gibt dem Nerven keinen Ueberzug, der etwa als ein zweiter, innerer den Nerven ein- hüllen sollte. Entweder ist dort, wo der Nerv den Kerntheil verlässt, die äussere Neuroglia ganz durchbrochen, um den Nerven- faserbündeln durch eine grosse Oeffuoung den Durchtritt zu ermöglichen (Fig. 33 links), oder besitzt er nur mehrere kleinere Oeffnungen und ist gewisseımassen durchsiebt, durch welche einzelne kleinere Faserbündel hindurchtreten, um dann, in der inneren Hälfte des Bauchstranges angelangt, sich zu einem einzigen Bündel zu vereinen (Fig. 33 rechts, Fig. 34). Man findet an manchen Präpa- raten einer Serie innerhalb des Kerntheiles die Nervenfasern nicht weiter in das Innere desselben ziehen (Fig. 33). In so einem Falle hat man dann eine Stelle innerhalb des Nerven getroffen, wo sämmtliche seiner Fasern gleich am lateralen Rande des Kerntheiles sus dem centralen Nervennetze sich construiren, und so nach meiner (274) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 101 Bezeichnung Fasern indireeten Ursprunges sind. In anderen Fällen sieht man aber innerhalb des Kerntheiles die Fasern weiter bis an die Medianebene hinziehen (Fig. 34). In solchen Fällen ziehen die Fasern immer in der ventralen Hälfte oberhalb der Ganglienzell- schichte hin, so dass die dorsale Hälfte (w) stets frei von Querfaserungen angetroffen wird. Aufder rechtseitigen Hälfte des abgebildeten Präparates ist ferner zu sehen (Fig. 34 bei k), dass, indem die von unten kommenden Fasern unweit beim Austritte aus dem Kerntheile sich nach oben wenden und die über ihnen gelegenen nach unten zu ziehen, eine Kreuzung entsteht. In jenen Fällen, wo die Faserung des Nerven weit in das Innere des Kern- theiles verfolgbar ist, wie im letzten Falle, haben wir es zum grössten Theile der Fasern mit directen Zellursprüngen zu thun. Ich habe da ein sehr lebrreiches Präparat abgebildet (Fig. 38), an dem an einer Stelle, wo der Nerv nicht allzu mächtige Faser- bündel in den Kerntheil sandte, also an dem proximalen oder distalen Ende des Nervenrandes, die Texturverhältnisse besser zu beobachten waren. Die innersten Ganglienzellen am inneren Rande der Ganglienzellschichte der Medianebene waren hier kleine mehr oder weniger spindelförmige Elemente mit nur drei Fortsätzen. Die zwei Fortsätze an dem inneren Pole waren der Zellschichte zugekehrt und, wie dieses eine Zelle noch ganz deutlich zeigte, mit einer anderen multipolaren Zelle dortselbst verbunden. Der innerste Fortsatz dieser ihrer Form nach charakteristischen Zellen (z) war nach innen zu gerichtet und stets sehr lang. Diese Fortsätze dürften sich wohl in keinem Falle im Nervennetze auf- lösen, wie dieses auch andere Präparate bezeugten, sondern setzen sich als Nervenfasern in den Nerven direct fort oder aber zogen sie nach einigem Verlaufe nach vorwärts oder rückwärts, um schliesslich doch in den Nerven nach aussen umzubiegen. Von einem derselben (z) konnte ich sogar den Fortsatz als echten Nerven- faden (z’, df) in den peripheren Nerven verfolgen. Auch sind unter diesen Zellen, doch nicht unmittelbar ihnen anliegend, noch einige grössere Zeilen vorhanden (t), welche mit dem einen ihrer recht zahlreichen Fortsätze mit grossen birnförmigen Zellen in dem äusseren Neuroglianetz verbunden sind, mit ihrem langen inneren Fortsatz aber aller Wahrscheinlichkeit nach in den Nerven sich fortsetzen. Oberhalb jener charakteristischen kleinen Zellen finden sich noch sehr zahlreiche Nervenfäden vor, die eine deutliche Kreuzung(w)unter sich zeigen. Es unterliegt somit keinem Zweifel, dass aus der einen Hälfte des Bauchmarkes auch in den der ent- (275) 102 B. Haller: gegengesetzten Hälfte angehörenden Nerven Fäden abgehen und dass hier eine Kreuzung der beiderseitigen Fasern sich vorfindet. Ausser den angeführten directen Zellursprüngen sah man auch noch eine andere Zelle (z”), bei der einer ihrer Fortsätze sich mit einer anderen Ganglienzelle verband, während ein anderer in das centrale Nervennetz sich auflöste, und ein dritter und längster Fortsatz sich in die Nervenwurzel fortsetzte. Zwei andere neben einander liegende multipolare Ganglienzellen (r) gaben zwei Fasern in den Nerven ab und lösten ihre übrigen Fortsätze in das centrale Nervennetz auf. Viele der Nervenfasern hatten aber einen indirecten Ursprung (nf, nf‘) und entstanden aus dem centralen Nervennetze. Auch drei andere Zellen habe ich beobachtet (dn, dn’, dn’), die bereits in dem äusseren Neuroglianetze lagerten und ihren stärksten Fortsatz in den Nerven sandten. An diesem Präparate, dem ähnliche ich noch mehrere besitze, warsomitdiedoppelte Ursprungsweise der peripheren Nervenfäden bei Sipunculus aus den Ganglienzellen einerseits und dem Nervernetzeandererseits auf das Sicherstenach- weisbar. Die peripheren Nerven entstehen somit sozusagen ausschliesslich aus dem Kerntheile des Bauchmarkes, denn ausser den angeführten, weniger dicht anliegenden Zellen (dn, dn‘, dn”) sah ich nie von den Ganglienzellen aus dem äusseren Neuroglianetze Fasern in den Nerven abtreten. Jene Ganglienzellen hängen vielmehr, wie es scheint, fast ausschliesslich mit den Ganglienzellen der Ganglien- zellschichte im Kerntheile zusammen und nur seltener dürften ihre Fortsätze sich im centralen Nervennetze auflösen. Nemeriinen. Von Nemertinen habe ich blos eine nicht weiter bestimmte Cerebratulus untersucht und auch von dieser Form topographisch die Texturverhältnisse nicht weiter verfolgt. Wenn ich nun auch nicht behaupten kann, über diesen oder jenen Theil des Gehirnes sicheren Aufschluss zu geben, so kann ich meiner Ansicht nach auf zwei Fragen ganz sicher antworten, und zwar erstens auf die Frage, wie weit innerhalb des Centralnervensystems die Neuro- glia sich verbreitet und zweitens, in welcher allgemeinen Form die Ganglienzellen auftreten. Ich habe im Ganzen nur wenige, doch ganz tadellose Präpa- rate nach der schon angeführten Weise behandelt, angefertigt, ihre (276) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer, 103 Zahl beträgt nur achtundzwanzig. Durch diese vorzüglichen Prä- parate einerseits, andererseits durch die Herbeiziehung der betreffenden Literatur glaube ich aber immerhin eine Lücke in der Anatomie der Nemertinen ausfüllen zu können. Was speciell die Neuroglia betrifft, so habe ich hier ein sehr primäres Verhalten constatiren können, das aber einige Aehnlich- keiten mit jenem der Sipunculiden und niederen Prosobranchiern aufweist. Hubrecht hat einige Angaben über die Neuroglia der Nemertinen, welche er aber „Stützgewebe“ nennt, gemacht. Er hat gefunden, dass die Nervenzellen in einem weitmaschigen Stütz- gewebe eingebettet liegen, „welches besonders gegen die Aussen- wand des Gehirnes, woselbst die Zellen nicht so dicht gedrängt stehen, auch die grösseren Nervenzellen gefunden werden, zu Tage tritt“.t) Dieses Stützgewebe soll sich ferner durch Carmin dem Nervenfasergewebe gegenüber tingiren. Darüber, ob dieses Maschen- werk zwischen den Ganglienzellen mit der Nervenscheide zusammen- hänge oder jene innere Scheide, die bei Carinella speciell die Gang- lienzellschichte vom Faserkerne trennt und welche von den Fort- sätzen der Ganglienzellen, um in den Faserkern zu gelangen, durch- bohrt wird, mit jenem Maschenwerke zusammenhängt, darüber gibt Hubrecht weiter nichts an. Ich habe nun aus dem Gehirne, wo der Rüsselnerv abtrat und somit in der Nähe der centralwärts gelegenen grösseren Commissur allerdings auch ein weitmaschiges grobes Netz gefunden (Fig. 30 a), in dessen Maschenräumen ich aber Ganglienzellen nie erblicken konnte, diese liegen vielmehr unter diesem Netze (gz) und sind von ihm durch ein sehr dünnes Häutchen getrennt (b), das sich auch dadurch von jenem Netze unterscheidet, dass es sich mit Carmin intensiver tingirt als jenes. Dieses ist aber nicht identisch mit der Neuroglia der anderen Würmer und die Neuroglia wird blos durch jenes Häutchen repräsentirt, das zwischen jenem und den Ganglienzellen gelegen ist. Dieses wird vollinhaltlich bestätigt, wenn wir einen Schnitt aus dem lateralen Rande der sogenannten Markstränge betrachten. Von hier erhielt ich einige schön tingirte feine Präparate. An einem solchen (Fig. 28) fand ich die Neuroglia in Form eines dünnen Häutchens vor (n), welches !) A. A. W. Hubrecht, Zur Anatomie und Pbysiologie des Nervensystems der Nemertinen, Naturk. Verh. der königl. Akademie. Amsterdam 1880, Decl. XX (pag. 11 d. Separatabdr.). (277) 104 B. Haller: nach innen zu zwar Andeutungen von Fortsätzen zeigte, solche aber nirgends bedeutende Mächtigkeit besassen. Auf keinen Fall existirt an den untersuchten Stellen, weder zwischen den Ganglienzellen, noch in dem Faserkerne, ein Neuroglianetz, welcher Mangel durch den Umstand sehr hervortritt, dass diese Neuroglia- hülle den nervösen Bestandtheilen gegenüber mit Carmin sich sehr intensiv tingirt. Obgleich meine Untersuchungen nicht sehr aus- gedehnt waren, so darf ich doch behaupten, dass das Wenige, was ich hier mittheilen kann, genau von mir beobachtet wurde. Ich kann darum behaupten, dass bei Cerebratulus die Neuroglia in einem sehr primären Zustande auftritt und blos aus einer dasganzeCentralnervensystemnachaussenumhüllen- den und auf die peripheren Nerven abtretendeHülle besteht, die nur selten Kerngebilde besitzt und mit einem Neuroglianetze innerhalb des Gentralnerven- systemes, das ausschliesslich vonnervösen Geweben gebildet wird, nicht zusammenhängt. Es wird nun ferneren Untersuchungen anheimgestellt werden müssen, ob jenes von Hubrecht beschriebene Netz zwischen den Garglienzellen des Gehirnes ein neurogliales ist, oder blos von den durch Hubrecht nicht beobachteten, mit einander sich direct verbindenden Fortsätzen der Ganglienzellen gebildet wird. Hubrecht gibt über diese Structurverhältnisse keine Abbildung und so wird es sehr schwer, seine Beobachtungen zu beurtheilen. Aber selbst angenommen, Hubrecht’s Beobachtungen bestätigten sich und es würde nachweisbar werden, dass in der That bei manchen Nemertinen zwischen den Ganglienzellen, aber an blos ganz bestimmten anatomischen Stellen sich ein neurogliales Netz vorfindet, so wird an meiner Aussage, dass sich hier die Neuroglia in der That auf sehr primärem Zustande erhalten, nur wenig und blos insoferne modificirt werden, als im Gehirne, welches eine grosse Concentration aufweist, die Neuroglia sich mächtig entwickeln musste. Dass es aber anatomische Stellen in der Nähe von Commissuren gibt, wo die Neuroglia sich sehr primär erhielt, dieseswird kaum je widerlegt werden können. Was die Morphologie der Ganglienzellen anbelangt, so befinde ich mich im Widerspruche mit den Angaben Hubrecht’s Er führt, ohne freilich seine Angaben durch Abbildungen zu stützen, an, dass die Ganglienzellen der Mehrzahl nach unipolar seien, wobei auch der einzige Fortsatz in den meisten Fällen sehr schwer nachweisbar wäre. Nun abgesehen von dem Umstande, dass eine (278) er 7, Textur des Central-Nervensystems höherer Würmft : 105 | Unipolarität im strengsten Sinne, wie dieses @olgi\ ich und vor uns schon seit langem Rudolph Virchow betont haben, nicht gibt, da jeder Fortsatz später sich mehr oder weniger theilt, so möchte ich diese Beobachtung wenigstens bezweifeln, daich gerade aus dem oberen Rande der Gehirnschwellung ein Präparat besitze, wo die ziemlich dicht bei einander gelegenen Zellen ausnahmslos multipolar sind (Fig. 29) und deren Fortsätze zu directen Ver- bindungen untereinander dienen. Die Ganglienzellen anastomosiren vielfach unter einander und ihre Maschenräume sind entweder von Durchsehnitten anderer Ganglienzellfortsätze mehr oder weniger erfüllt oder es lagert in einer solchen eine andere Ganglienzelle ein, die auf dem Querschnitte dann fortsatzlos erscheint, was sie aber selbstverständlich nicht ist. Ich will darum nicht ganz kate- gorisch behauptet haben, dass an Stellen des Gehirns, wie etwa an dem dritten, durch den Flimmercanal des sogenannten Seiten- organes durchsetzten Ganglion, wo die Ganglienzellen sehr dicht gestellt sind, sich weniger verästelte Zellen vorfinden, was in dem Falle durch die grosse Concentration bedingt sein würde; und somit geht meine Behauptung nur dahin, dass an Stellen, wo die Ganglienzellen lockerer liegen, diese im höchsten Grade multipolar sind. An dem schon angeführten Präparate aus dem „Nervenmark- stamme* habe ich nun beobachtet, dass die cortical gelegene Ganglienzellschichte (Fig. 29 gz) aus grösseren und sehr kleinen Ganglienzellen bestand, die einen sehr grossen, doch nicht ganz runden Zellkern besassen. Ein deutliches, sehr kleines Kernkörper- chen war gut zu erkennen. Die verschieden grossen Gang- lienzellen waren sämmtlich multipolar und ihr Zellleib um den Kern herum war stets recht ansehnlich. Die Fortsätze der Ganglienzellen verbanden sich entweder sofort mit solchen ihrer Nachbarn oder sie verästelten sich in ein gröberes Nerven- netz, das zwischen den Ganglienzellen lagerte. Zu äusserst, an der Neurogliahülle, war dieses Netz feiner und die ihr eingestreuten Ganglienzellen sehr klein (a). Sie wurde aber in der nächstfolgenden Stellenach innen zu bereits weitmaschiger und dementsprechend waren bier auch grössere Ganglienzellen (b) vorhanden. Endlich zu innerst in der Ganglienzellschichte waren bei gleichbleibender Netzweite die Ganglienzellen wieder kleiner (d). !) Darauf folgte !) An sogenannten Nervenmarkstämmen, also an einem der primärsten Ganglien, wie wir solche bis zur Zeit blos bei Trematoden, Turbellarien, Nemertinen und in den Bauchsträngen niedriger Prosobranchier kennen, ist diese Anordnung der Ganglien- zellen, nach welcher nach aussen und innen die kleinsten Zellen gelegen sind, die Begel. (279) 106 B. Haller: ein weitmaschiges Nervennetz (nv), dessen Maschenräume länger als breit und von vorne nach hinten gerichtet waren. Dieses weit- maschige Nervennetz ging nun auf einmal in ein äusserst zartes Netz über (rh), welches die ganze innere Faserschichte ausfüllte und welcher nur longitudinale gröbere Nervenfaserzüge, nie aber Gang- lienzellen eingestreut waren. Dieses war das feinste centrale Nerven- netz, das ich bis zur Zeit zu beobachten Gelegenheit hatte, doch war es bei aller seiner Zartheit mit dem Immersionssystem sehr deutlich zu beobachten. Hubrecht gibt vom Faserkern richtig an, dass er aus äusserst zarten, mit einander anastomosirenden, mit Tinetionsmitteln sich beinahe gar nicht färbenden Fasern bestünde, und in der That kann ich auch bestätigen, dass sich das centrale Nervennetz nicht nur hier, sondern im ganzen Thierreiche, soweit meine Erfahrung reicht, fast gar nicht durch Öarmintinctur färbt. Ferner soll der Faserkern bei Carinella im Gegensatze zu jenem der Schizo- nemertini von aussergewöhnlich lockerem Baue sein, da er, wie ich hinzufügen möchte, höchstwahrscheinlich von einem grossmaschi- geren Nervennetze gebildet wird. Beim Abgange des starken Rüsselnerven, und zwar an dessen äusserem Rande, konnte ich einmal beobachten, dass einer der Fortsätze der Ganglienzellen, die übrigen an Breite übertreffend, sich direct in den Nerven fortsetzte (Fig. 30 du), während andere aber naturgemäss stets die zu innerst gelegenen Fasern des Nerven ihren Ursprung aus dem Nervennetze nahmen (nu). Soweit reichen meine Beobachtungen, aus denen aber, so wenig ausgedehnt sie auch sind, sich mit aller Klarheit ergibt, dass das Nervensystem auchin seiner Structur sich den primärsten Verhält- nissen anschliesst, denn sowohl die geringe Ausbil- dung der Neuroglia, als auch die grosse Zahl der multipolaren Ganglienzellen müssen als der Aus- druck eines solchen angesehen werden. Allgemeine Betrachtungen. Zum Schlusse dieser Abhandlung möchte ich mir erlauben, einige allgemeine Betrachtungen an die gewonnenen Resultate anzu- knüpfen. Vor Allem möchte ich auf phyletischem Wege die Frage zu beantworten suchen, was wir heute unter Neuroglia zu ver- stehen haben. Auf ontogenetischem Wege ist diese Frage heute noch insoferne nicht beantwortet, als wir zur Zeit noch nicht wissen, aus welchem Keimblatte dieses @ewebe ableitbar sei, (280) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer, 107 woran die Schuld allein der Umstand tragen mag, dass die Kennt- niss der Histogenese trotz der immensen Fortschritte in der Embryo- logie heute noch keinen grossen Fortschritt aufweist. Selbst histogenetische Untersuchungen über Nervengewebe bei den Wirbel- thieren, bei denen zur Zeit die Neuroglia am genauesten histologisch bekannt war, beschäftigen sich mit dieser Frage leider nicht. ') So konnte es denn kommen, dass bei den wenigen Angaben über die Herkunft der Neuroglia die Ansichten der Forscher sich auf das Entschiedenste widerstreiten. Während Gierke, der allerdings seine Annahmen weiter nicht stützt, der Ansicht ist ?2), dass die Zellen der Neuroglia aus dem Ectoderm, und zwar aus denselben Zellen, aus welchen die Ganglienzellen entstehen, sich entwickeln welcher Ansicht auch Götte?), der sich freilich darüber nur en passant äussert, zu sein scheint, gibt einer unserer hervor- ragendsten Embryologen, Kölliker*), an, dass sie mesodermalen Ursprunges seien und erst mit den Blutgefässen in das Rückenmark hinein wuchern. Ich glaube fast, wir dürfen, selbst bei den wider- sprechenden Angaben, umsomehr der Ansicht hinneiger, dass die Neuroglia thatsächlich eetodermalen Ursprunges sei, als sie, wie dies Gierke sicher nachwies, mit der epithelialen Auskleidung des Neuralcanales im Rückenmarke und mit der gleichen Auskleidung der Hirnhöhlen direet zusammenhängt, aber auch andererseits die vergleichende Anatomie hiezu Belege abgibt. Bei den Polychaeten wissen wir, dass das der Neuroglia homologe Stütznetz sich auch in die Hypodermis fortsetzt. Wenn auch nicht nachgewiesen werden konnte, dass es heute noch in irgend einem directen Zusammenhange mit den Elementen der Hypoder- mis stünde und die diesbezüglichen Angaben Rohde’s als unrichtig bezeichnet werden müssten, so ist der Umstand, dass das äussere perineurale Netz sich in die Hypodermis fortsetzt, doch von einiger Wichtigkeit und scheint mir einen Fingerzeig bei weiteren For- schungen bei Formen abzugeben, wo primäre Verhältnisse sich besser gewahrt haben werden. Ich meine hiemit die Archianneliden. Ueber dieselben besitzen wir zwei Abhandlungen, die Hatschek’s°) !) V. Rohon, Zur Histogenese im Rückenmarke der Forelle. Sitzungsbericht d. bayr. Akad. d. Wiss. Math.-phys. Classe. Jahrg. 1884. ?) H. Gierke, Die Stützsubstanz des Centralnervensystems. I. Archiv für mikr. Anat. Tom. XXV, pag. 498. 9) Götte, „Entwicklungsgeschichte der Unke*, *) A. Kölliker, Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere, Leipzig 1879, pag. 599. 5) B. Hatschek, Protodrilus Leuckartii, eine neue Gattung aer Archianneliden. Arbeiten aus dem zool. Inst. zu Wien. 1880, Tom. III. (281) 108 B. Haller: und die ausführlichere Fraipont’s.!) So werthvoll diese Ab- handlungen nun in anderweitiger Beziehung sind, so sind sie für unsere Frage doch nicht belangreich genug. Fraipont, der über das periphere Verhalten und hauptsächlich über die Nervenendi- gungen höchst werthvolle Angaben liefert, behandelt die Histo- logie des Oentralnervensystems viel zu ungenau, um daraus zu allgemeineren Resnltaten gelangen zu können. Hier thut noch eine strenge histologische Untersuchung Noth und die Frage nach der Herkunft der Neuroglia ist bei den Anneliden noch nicht endgiltig erledigt. Wenn wir somit nun weiter gehen und bei niedersten Thier- formen das centrale Nervensystem, wo es am genauesten bekannt ist, also bei den Medusen, betrachten ?), so sehen wir, dass der Nervenring, das centrale Nervensystem jener Thiere, nur Ganglien- zellen und Nervenfasern enthält, dass aber dem nervösen Gewebe andere Bestandtheile nicht eingemengt sind. Diese Thatsache ist heute durch die Untersuchungen O. und R. Hertwig’s ) besser bekannt und viel zu oft bestätigt worden, um einen Zweifel zu- zulassen. Die den oberen vom unteren Nervenringe trennende Stütz- lamelle kann aber meiner Ansicht nach in keinem Zusammen- hange mit der Neuroglia gebracht werden. Weiterhin hat weder der Nervenring, noch die peripher abtretenden Nerven, mögen sie auch schon eine grössere Summe von Nervenfasern in sich fassen, wie etwa die Hörnerven der Gorgoniden, eine wenn noch so feine Hülle um sich. Bei den Radiaten tritt somit eine Neuroglia auch in der primärsten Form, als dünne Umhüllung des Nerven- systemes noch nicht auf und eine solche wurde auch von Ha- mann*) bei Echinodermen nicht beobachtet. Sie ist eine Eigen- 1) J. Fraipont, Recherches s. l. systeme nerv. centr. et peripherique d. Archiannelides (Protodrilus et Polygordius) et du Saccocirrus papillocercus. Arch, d. Biologie 1884, Tom. V. ?) Ich glaube in dieser Beziehung mit der Betrachtung des Nervensystemes der Medusen mich begnügen zu dürfen und auf jene der Actinien keine weitere Rücksicht nehmen zu müssen, denn was die zu behandelnde Frage betrifft, würden sich diese doch so verhalten wie jene. Auf die Spongien, bei denen Lendenfeld ein Nervensystem gefunden, ist dieses noch nicht so genau beschrieben, dass wir uns darauf einlassen könnten; dieselben werden aber zweifellos auch keine anderen Verhältnisse wie die Actinien ‚aufweisen. >) Das Nervensystem der Medusen. Leipzig 1878. ‘) O0. Hamann, Beitrag zur Histologie der Echinodermen. Zeitschr. für wissensch. Zool. Tom. XXXIX. (282) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 109 thümlichkeit der Bilaterien und wurde durch diese erst im Laufe der phylotischen Entwicklung erworben. Unter den Platoden tritt eine Nervenhülle nach den Angaben Läang’s*) weder bei Turbellarien, noch bei Trematoden und Cestoden auf. Auch bei den Chaetognathen, wo doch schon ein äusserst concen- trirtes Nervensystem besteht, thut Oskar Hertwig?) mit keinem Worte einer Nervenhülle Erwähnung. Auch Bütschli?) hat bei den Nematoden keine Nervenhülle gefunden, wenigstens erwähnt er sie nicht. Somit tritt eine Neurogliahülle in Form einer dünnen Umhüllung des Nervensystemes zum ersten Male bei den Nemer- tinen auf. Von hier aus scheint mir ihre Entwicklung nach zwei Richtungen erfolgt zu sein. Erstens dort zu, wo die dem Nerven- markstamme der Nemertinen ähnlichsten Bildungen im ganzen Thierreiche anzutreffen sind, also in den Fusssträngen niederer Gasteropoden und dann den ihnen nächstverwandten Neomenien. Bei den niederen Gasteropoden speciell ist die Neuroglia, die ich dazumal, als ich sie zum ersten Male beschrieb, noch nicht als solche bezeichnete ‘), sowohl an den Pedalsträngen als auch an den übrigen Ganglien eine mehr oder weniger dicke Hülle, die sowohl in die Centralmasse, als auch in die peripheren Nerven Fortsätze einsendet. Diese Fortsätze können dann sogar einzelne Ganglien- zellen bis auf ihre Ausläufer allseitig umhüllen, aber erreichen nur selten das centrale Nervennetz und in diesem Falle hören sie dort blind auf und nehmen somit an der Bildung der centralen Fasermasse keinen Antheil. Ob innerhalb der peripheren Nerven eine mehr oder weniger ausgesprochene Septenbildung, vielleicht ein sehr grobes Netz aus den Fortsätzen der Neurogliahülle oder „Gliahülle*, wie sie Gierke bei den Wirbelthieren nennt, entsteht, in dessen Maschenräumen die Nervenfasern liegen würden, darüber ist sicher nichts bekannt. So viel aber steht fest, dass die Neuroglia innerhalb des centralen Nervennetzes keine Netzbildung eingeht, wofür ich heute mit eben soviel Sicherheit einstehe, als ich dieses früher gethan habe. Aber auch innerhalb der Ganglien- zellschichte tritt keine Netzbildung ein, wie dieses etwa unter den tubicolen Polychaeten zu beobachten ist. Wie sich aber die ‘) A. Lang, Unters. z. vergl. Anat. und Hist. des Nervensystems d. Plat- helminten. Mitth. d. zool. Station z. Neapel. Tom. I, II, III, ?) O.Hertwig, Die Chaetognathen, Jena 1880. °) O. Bütschli, Beitr. z. Kenntniss d. Nervensystems d. Nematoden, Arch. f. m, Anat. Tom. X, *) B. Haller, Stud. über marine Rhipidoglossen, II. Morph. Jahrbuch. Tom. XI. (283) 110 B. Haller: Neuroglia innerhalb der Ganglienzellschichte bei denjenigen Mollusken, wo es zu compacten Ganglienbildungen kommt (höhere Prosobranchier mit Einschluss der Heteropoden, Acephalen, Opisto- branchier, Pteropoden, Pulmonaten und Cephalopoden, sowie Scapho- poden), verhält, hierüber sind einstweilen die Beobachtungen lücken- haft und somit durchaus unbefriedigend; so viel geht aber aus der Untersuchung Ravitz’s hervor, dass ein neurogliales Netz zwischen dem centralen Nervennetze auch in den compacten Ganglien der Bivalven nicht vorkommt, was ich nach meinen neuesten, noch nicht veröffentlichten Beobachtungen bei Prosobranchiern auch bestätigen kann. Was nun ferner die Structur der Gliahülle betrifft, so kann so viel constatirt werden, dass sich in der stark färbenden Grundsubstanz Zellkerne mit geringer Protoplasma- umlagerung, der manchmal Pigmentkörner eingestreut sind, vorfinden. Weiter reicht unsere Kenntniss zwar hierüber heute nicht, doch möchte ich hier trotzdem die Vermuthung aussprechen, dass diese Hülle überall am Nervensysteme, wo sie vorkommt, anfänglich wenigstens aus einem dichten Zellnetze bestand, wovon heute nur die Zellkerne und ein geringer Zellleib beobachtet wurden, dessen Maschenräume von einer homogenen Zwischensubstanz angefüllt werden. Dieses Zellnetz wird sich dann nur durch entsprechende Chemikalien nachweisen lassen. Hiefür spricht ihr innigster Zu- sammenhang mit dem Neuroglianetze, wo diese vorkommt, Nur an einzelnen periphersten Stellen ist dieses Zellnetz auch mit der gewöhnlichen Carmintinction sichtlich zu machen. So habe ich in einer wenig bekannten Schrift!) zu beweisen Gelegenheit gehabt, dass im Peritoneum von Doris enorm grosse multipolare Ganglien- zellen sich vorfinden, die sowohl als auch ıhr starker centraler Fortsatz und nicht weniger ihre peripheren Ausläufer von einer Nervenhülle, wie ich nun ausbessern möchte, der Gliahülle umschlossen werden, und dass diese Hülle aus einem sehr feinen Zellnetze besteht, dessen Maschenräume von einer homogenen Zwischensubstanz ausgefüllt werden. Auch dafür habe ich einen Nachweis erbracht), dass die Gliahülle der Mollusken für patho- logische Neubildungen nicht minder erregbar ist, wie jene des Menschen und der Säuger. | !) B.Ravitz, Das centr. Nervensystem der Acephalen. Jena’sche Zeitschr. für Naturwiss. Tom. XX, N. F. XII. °) B. Haller, Beitr. z. Kenntniss der Nerven im Peritoneum von Doris tuberculata L. Arb. a. d. zool. Inst. zu Wien. Tom. V, Fig. 4. ®) B. Haller, Beitr, z. Kenntniss der Muriciden. Denkschriften d. Akad. d. Wissensch. zu Wien, Math.-naturwiss. Cl. Tom. XLV, pag. 102—104. (284) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 111 In einer etwas anderen Weise ist die Neuroglia bei Sipunculus und unter den Anneliden bei Serpula differenzirt. Bei Sipunculus saben wir, dass die Neurogliahülle mit einem weitmaschigen, von ihr chemisch verschiedenen Neuroglianetze zusammenhängt, in dessen Maschenräumen Ganglienzellen liegen. Dieses Netz verdichtet sich dann zu einer Membran, die zwischen der äusseren Ganglienzell- schichte des Bauchmarkes und den inneren Ganglienzellen gelegen ist, welche ihre Lagerung corticalwärts vom centralen Nervennetze haben. Von dieser inneren Membran gehen Fortsätze ab, die sich zwischen der oberen Ganglienzelischichte abermals zu einem Netze vereinen. Dieses Netz, und dies ist wichtig, setzt sich aber nicht weiter in das centrale Nervennetz fort, wodurch letzteres von jeder neuroglialen Bildung frei bleibt. Bei Serpula findet sich zwischen der corticalwärts gelegenen Ganglienzellschichte ein grobes, mit Carmin sich intensiv tingirendes Netz als Fortsetzung der Neuroglia- hülle vor, aber dieses Netz nimmt an der Bildung der centralen Fasermasse keinen Antheil, sondern diese wird ausschliesslich vom centralen Nervennetze gebildet. Bei den Raubpolychaeten hat sich nun das äussere, die Ganglienzellen bergende Neuroglianetz, das bei den Sipuneuliden und bei Serpula anzutreffen ist, nicht nur weiter ausgebildet und in seine Maschenräume mesodermale Ge- bilde stellenweise aufgenommen (bei Sthenelais nach Rohde), sondern setzt sich auch als ein viel feinmaschigeres Netz auf das centrale Nervennetz fort. Hiedurch haben sich aber Verhältnisse herausgebildet, die sich von den Nemertinen aus in einer anderen Richtung auch auf die Wirbelthiere fortgesetzt haben. Das Verhalten der reducirten Neuroglia bei den Lumbriciden ist als ein durch diese Thiere (eventuell durch die Olygochaeten) selbstständig erworbenes Verhalten zu betrachten, wo die Neuroglia nicht blos ein eigenartiges Verhalten aufweist, sondern auch die nervösen Elemente einen Rückschlag auf primäre Verhältnisse ein- gegangen sind. Das Verhältniss bei den erranten Polychaeten ist aber im höchsten Grade analog mit jenem der Wirbelthiere, wobei die Ganglienzellen sowohl ihrer Morphologie wie ihrer topo- graphischen Gruppirung nach gerade einen Gegensatz zu jenem Verhalten bilden, was wir im Rückenmarke vorfinden und was von Gegenbaur schon seinerzeit betont wurde. Eine zweite Frage, die ich hier erörtern möchte, ist jene über die primärster morphologischen Verhältnisse der Ganglienzellen. Es ist das die Frage, sind die multipolaren oder die pseudo-uni- polaren Ganglienzellen älteren Datums? Dies ist gewiss eine sehr (285) 112 B, Haller: wichtige Frage, die, wie immer beantwortet, die heftigsten Gegen- erwiderungen hervorrufen wird. Obgleich ich hierauf gefasst bin, so willich diese Frage hier doch erörtern, denn soll durch diese Er- örterung die Beantwortung wie immer ausfallen mögen, so wird hiedurch endlich doch diese Frage rege gemacht. Ich will vorerst von einer gut begründeten Hypothese ausgehen, die als eine all- bekannte dazu viel beigetragen hat, die Kleinenberg’sche Neuro- muskeltbeorie gründlichst zu vernichten. Sie rührt von den Ge- brüdern Hertwig her und wurde von mir in meinen Arbeiten mehrmals besprochen. Nach dieser Theorie soll das Nervensystem im Thierreiche zuerst als ein indifferentes Zellnetz entstehen, welches Hertwig als „Zellverband“ bezeichnen. — Sollte nun v. Lendenfeld’s Angabe über das Nervensystem der Spongien sich vollinhaltlich begründen, woüber ich nicht zweifle, so wird diese schöne Theorie sich aus der hypothetischen Lage ganz erheben müssen. Nachdem nun dieses indifferente Zellennetz durch die Erwerbung der specifisch nervösen Energie sich zu einem Nerven- system der primärsten Art differenzirt, wird es beiden eraspedoten Medusen durch die Beeinflussung der nun ausgebildeten Sinnesorgane zu einer viel höheren Stufe erhoben, als etwa bei den Anthozoen, wo speciell bei den Actinien!) jenes primäre Verhalten sich noch theilweise ausprägt. Bei der Bildungeinessolchen Nervennetzes aber waren multipolare Ganglienzelleneineconditiosine qua non. Es wäre aber selbst bei dem Umstande, dass jene hypothetische Annahme heute eine wohlbegründete ist, eine miss- liche Sache, wenn ich den Nachweis nicht auch sonst versuchen wollte, dass die multipolaren Ganglienzellen in der That primärere Vorkommnisse sind als Ganglienzellen mit wenigen und haupt- sächlich nach einer Richtung hin concentrirten Fortsätzen, wodurch birnförmige, oft scheinbar unipolare Ganglienzellen oder solche, die neben einem hauptsächlich starken, sogenannten Achsencylinder- fortsatz oder Nervenfortsatz oder wie ich ihn auch nannte, direeten Fortsatz, entstehen. So werthvoll die eitirten Abhandlungen der Ge- brüder Hertwig nun auch sind, und so hoch ich diese Leistung auch schätze, so bin ich doch der Ansicht, dass im primitiven Nerven- netz der Anthozoen und innerhalb des Nervenringes der Medusen die Verhältnisse sich etwas anders herausstellen werden, als dieses bis jetzt bekannt gemacht wurde. Ich habe diese Ansicht schon 1)O. und R.Hertwig, Die Actinien. Jena’sche Zeitschr. f. Naturwissensch. Tom. XII], (286) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer, 113 früher dorthin ausgesprochen, „zukünftige Untersuchungen dürften vielleicht in dem faserigen Theile des Nervensystemes der Medusen eine theilweise Netzstructur auffinden lassen“.!) Gewiss werden sich dann auch an den oft nur als eine Verdickung einer diekeren Nervenfaser oder blos als eine birnförmige Zelle erscheinenden Ganglienzellen feinere, ja sehr feine Fortsätze ausfindig machen lassen, die dann in ein feines, zur Zeit noch nicht beobachtetes Ner- vennetz sich auflösen würden. Die Untersuchung des Nervenringes der Medusen ist ja auch technisch sehr schwierig, in Folge dessen es sich sehr leicht hätte ereignen können, dass bei der Isolirung mit der Nadel oder selbst bei der Abpinselung, welches Verfahren ja die Autoren anwandten, die feinsten Fortsätze abgerissen wären. — Bedenken wir doch nur, wie lange Ganglienzellen auch bei Vertebraten für einfortsätzig gehalten worden sind, welche in der That daneben noch zahlreiche feinste Fortsätze besitzen! Hierauf hat auch G. Fritseh:) hingewiesen und inder That würden die von ihm beschriebenen grossen Ganglienzellen aus den Rückenmarksknoten des Lophius piscatorius die besten Beispiele für diese feinsten Fort- sätze liefern. Die Mehrzahl der Ganglienzellen im centralen Nerven- system der Medusen und Actinien ist aber aucn in der That als multipolar von O. und R. Hertwig beschrieben worden. Um einen Schritt weiter zu gehen, so ist das bekannte primitivste Structurverhältniss ohne Zweifel in den sogenannten Nervenmarksträngen und nicht in concentrirten Ganglienknoten zu finden. Als solche wären zu bezeichnen die Lateralstränge der Nemertinen :), sowie die Pedalstränge der niederen Prosobranchier und der Neomenien. Die Annahme, dass diese sogenannten t) B. Haller, Ueber d. sog. Leydig’sche Punktsubstanz im Centralnerven- system. Morphol. Jahrbuch. 1887. 2) G. Fritsch, Ueber einige bemerkenswerthe Elemente des Centralnerven- systems von Lophius piscatorius. L. Arch. f. mikr. Anat. Tom. XX VI. %) Wenn ich auch in dem Nervensystem der Turbellarien, insoferne es nicht speciell den Gehirnknoten betrifft, sehr primäre Verhältnisse erblicke, die sich bei phyletischen Betrachtungen des Centralnervensystemes vorzüglich verwerthen lassen, so möchte ich doch, da mir die histologischen Verhältnisse dortselbst nur nach den Angaber der sonst werthvollen Lang’schen Arbeit bekannt sind, in der aber die feinere Histologie in der Weise, wie es hier nöthig gewesen wäre, nicht verfolgt wurde, auf dieselben nicht eingehen, Immerhin hat Lang doch histologische Ver- hältnisse mitgetheilt, die unserer Auseinandersetzung hier zu Gute kommen; so hat er unter Anderem eine Abbildung eines ganglienzellhaltigen Nerven von Thysanozoon Diesingii (l. ec. Taf. XV, Fig. 5) gegeben, welche ganz zu Gunsten dieser Ausein- andersetzung spricht. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft 2. 19 (9) 114 B. Haller: Nervenmarkstränge primäre Bildungen darstellen, wird heute nach dem, was von ihnen bekannt ist, wohl Niemand bezweifeln. Hier finden wir aber, wie ich dieses sowohl für die Nemertinen, als auch für jene Prosobranchier nachgewiesen habe, corticalwärts eine mehr oder weniger mächtige Ganglienzellsehichte, die stets aus multipolaren Elementen zusammengesetzt ist, welche unter einander vielfach anastomosiren. Ein Theil ihrer Fortsätze geht dann ent- weder direct in Nervenfasern über oder löst sich mit den stets zu innerst gelegenen Fortsätzen, und zumeist nur die innerste Zellreihe, in das centrale Nervennetz auf. In Bezug auf die übrigen Details verweise ich auf meine citirte Arbeit. Weisen somit die „Nervenmarkstämme“ der Nemertinen schon a priori auf ein primäres Verhalten hin und beweisen die Pedalstränge der Mollusken, dass sich aus ihnen die Pedalganglien der höheren Formen im Laufe der Phylogenie concentrirt haben, so zeigt ihre Structur ein Ver- halten, das mit dem ursprünglichen Entstehen des Nervennetzes oder des Hertwig’schen Zellverbandes völlig harmonirt. Ich muss nun bei meinen weiteren Auseinandersetzungen mich streng au die Mollusken halten. Wir finden hier bei jenen Formen, die ein ursprüngliches, noch wenig concentrirtes Centralnervensystem aufweisen, stets die grösste Zahl der Ganglienzellen und selbst noch diejenigen, welche vermöge ihres einseitig mächtigen Fortsatzes eine mehr oder weniger birnförmige Gestalt annehmen mussten, multipolar, ferner, dass sie sich mit anderen Ganglienzellen direct ver- binden. Ein Anastomosiren der Ganglienzellen unter- einander ist hier somit dominirend. Lange schon war es mein Vorhaben, meine Beobachtungen über die Structurverhält- nisse der concentrirten Ganglien der Prosobranchier zu veröffent- lichen, doch wirkte Vieles dazu mit, dass dieses verzögert wurde. Einiges hieher Bezügliches soll, so weit es hier nöthig erscheint, mit Berücksichtigung der diesbezüglichen Literatur mitgetheilt werden. Wenn wir die werthvollen histologischen Arbeiten über die Ganglien der Pulmonaten von Walter, Buchholz und Solbrig überblicken, so muss es uns auffallen, dass von diesen genauen Arbeitern sehr wenig multipolare Ganglienzellen, dagegen !) G. Walter, Mikroskop. Studien über das Centralnervensystem wirbelloser Thiere. Bonn 1863. ?) R. Buchholz, Bemerkungen über den histolog. Bau des Centralnerven- systems der Süsswassermollusken. Müller’s Archiv. 1863. °) A. Solbrig, Ueber die feinere Structur der Nervenelemente bei den Gasteropoden. Leipzig 1872. (268) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 115 zahlreich solche beschrieben wurden, die hauptsächlich einen mächtigen Fortsatz besassen, der dann nach längerem oder kürzerem Verlaufe sich vielfach theilte oder wenigstens feine Aeste abgehen liess und die man schlechterdings unipolar nannte. — Ferner, wie wenig mit einander anastomosirende Ganglienzellen angetroffen wurden, so, dass sich Solbrig schliesslich über das Vorkommen direeter Anastomosen ganz skeptisch äussert. Die von diesen Autoren hier angeführten Beobachtungen fanden auch von den neueren Autoren, die über diesen Gegenstand schrieben, wie L. Böhmig!), Bestätigung. Die ausführliche Untersuchung Rawitz’s hat allerdings die Zahl der multipolaren Ganglienzellen innerhalb der Ganglienknoten der acephalen Mollusken vermehrt, immerhin geht aber auch aus dieser Untersuchung deutlich hervor, dass in den concentrirten Ganglienknoten die Zahl der einseitig mit Fortsätzen versehenen Ganglienzellen jene der echt multipolaren, d. h. solcher mit allseitig abtretenden Fortsätzen, weit übertrifft. Ich könnte hiefür bei anderen Thierelassen mit Ganglienknoten aus der Literatur noch zahlreiche Beispiele anführen, doch ent- halte ich mich dessen absichtlich, da ich, wie ich schon hervor- gehoben, hier ausschliesslich die Mollusken berücksichtigt haben möchte. Das Resume meiner eigenen Beobachtungen an den con- centrirten Ganglienknoten höherer Prosobranchier ist nun, dass die Mehrzahl der Ganglienzellen hier blos einseitig mit Fort- sätzen versehen ist, die sich oft blos auf einen sehr dicken und kurzen Truncus reducirthaben, der sich aber nachher alsbald vielfach theilt. Die Aeste dieses Fortsatzes oder einige der einseitig abgehenden Fortsätze können nun in eine direete Verbindung mit mehr centralwärts gelegenen kleinen multipolaren Ganglienzellen eintreten. Solche oder doch sehr ähnliche Fälle wurden auch von Walter beobachtet und in seiner eitirten Arbeit von Limneus stagnalis abgebildet (Taf. III, Fig. 14, 15). Manche dieser Fort- sätze der obengenannten Zellen gehen direct in eine periphere Nervenfaser über oder treten zum grössten Theile in das centrale Nervennetz ein, um sich dortselbst aufzulösen. Mit Ausnahme der erwähnten directen Verbindungen zwischen Gang- lienzellen sind solche Anastomosen selten. Daher mag es denn auch gekommen sein, dass meine zahlreichen Angaben und Ab- bildungen über directe Ganglienzellverbindungen bei den Rhipido- 1) L. Böhmig, Beiträge zur Kenntniss des ÜCentralnervensystems einiger pulmonaten Gasteropoden. Inaug.-Diss. Leipzig 1883. 19* og9) Bar "a 116 B. Haller: glossen von solchen Forschern, die mit diesem Gegenstand und mit vergleichender Nervenhistologie überhaupt weniger vertraut waren !), mit einiger Skepsis aufgenommen wurden, denn in der That treten bei den Mollusken bei eintretender Concentration von Ganglienknoten die directen Zellanastomosen in den Hintergrund. Wenn man daher die Histologie der Ganglienzellschichte der peri- phereren Nervensysteme, wie das der Chitonen, Patellen und Rhipido- glossen, theilweise auch das der Cypraeen, mit den durch Gang- lienknoten ausgezeichneten der höheren Prosobranchier vergleicht, so wird das angeführte Verhalten zwischen ihnen der auffallendst e Unterschied sein. Abgesehen nun von dem Umstande, dass dort, wo wir so zu sagen noch die primärsten bekannten Verhältnisse des Nerven- systems auffinden, wie bei den Actinien, die Mehrzahl der Gang- lienzellen multipolar ist, wenn sich hier und da eine findet, die einigermassen birnförmig ist, müssen wir, falls wir logisch vorgehen wollen und einstweilen speciell die Mollusken in Betracht ziehen, diejenigen Ganglienzellformen als primär betrachten, welche auch in Nervensystemen sich vorfinden, die allgemein als primär aner- kannt werden, also in den Pedalsträngen. Dass dies gewiss ein logisches Verfahren ist, wird mir Niemand absprechen wollen. Wir werden dann vollends noch in unserer Ansicht bestärkt, wenn wir finden, dass bei den concentrirten anglienknoten die multipolaren Elemente auf eine geringere Zahl sich redueiren, wofür der Cen- tralknoten von Thetys wohl das allerschönste Beispiel abgibt. Wir müssen somit zugeben, dass die multipolaren Ganglien- !) Der noch geringen Erfahrung auf dem Gebiete der vergleichenden Nerven- histologie ist es wohl beiNansen zuzuschreiben, dass er, da er directe Anastomosen zwischen Ganglienzellen bei Myzostomen nicht aufgefunden hat, wo die Verhältnisse doch ganz ähnlich sind, wie bei den erranten Polychaeten, meine Angaben über solche bei den Prosobranchiern bezweifelt. Diese Naivetät ist auch daraus ersichtlich, dass er das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein solcher directer Anastomosen zwischen Ganglienzellen „für Verhältnisse von sehr allgemeiner Natur“ hält. während er dieses bei grösserer Erfahrung kaum hätte behaupten dürfen (S. d. Fr. Nansen, Anat. und Hist. der Myzostomen. Jena’sche Zeitschr. f. Naturwissensch. Tom, XXI, N, F.XIV, pag. 305). In seiner anderen Arbeit (The Structur and Combination of the Histologieal Elements of the Central Nervous System. Bergen 1887) bildet er zwar etliche Präparate von Patella ab, die aber, nach der Abbildung geurtheilt, stark geschrumpfte und somit unbrauchbare Präparate waren. Wir werden bei Nansen überhaupt vergebens nach einem zielbewussten Verständnisse suchen, da er viele einzelne Details gesehen, die aber bei ihm fragmentarisch zusammengefügt wurden und auf diese Weise unmöglich zu einem harmonischen Ganzen führen konnten. (290) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer, MY zellen den wenigfortsätzigen oder geradezu birnför- migen gegenüber, vondenenvorallemeindicker Fort- satz abgeht, ohne dabei in allen Fällen zu einem peripheren Nervenfaden zuwerden, als primäre auf- zufassen sind. Wer sich mit dem Studium der Ganglienzellen beschäftigt hat, der wird wohl wissen, wie zahlreich ihre Formen sind und gerade die niedersten Formen im Thierreiche zeigen oft nebeneinander stehend die verschiedensten Zellformen, während bei höheren Formen, etwa bei den Chaetopoden, sich freilich ein noch auf Weniges beschränktes Ansammeln gleichförmiger Ganglien- zellen auf ganz bestimmte anatomische Distriete bemerkbar macht, was sich bei den Hymenopteren unter den Insecten (hutpilz- förmige Körper u. s. w.) geradezu in frappantester Weise äussert. Dies steigert sich dann im Gehirn der Cranioten auf eine geradezu überraschende Weise. Ich habe nun im Holzschnitt (Fig. 3) schematisch dargestellt, wie successive eine ausgesprochen multipolare Ganglienzelle (a) durch Zwischenformen (b, ce) in Figur 3. eine solche Form übergeht, die neben einer mehr oder weniger oblongen Gestalt scheinbar blos einen Fortsatz besitzt, während in Wirklichkeit dieser Fortsatz als- bald in Aeste zerfällt, die wieder bei ein und derselben Zelle eines von den mehr oben erwähnten drei möglichen Verhältnissen eingehen. Die Anfangs von allen Seiten abgehenden Fortsätze würden somit allmälig und durch Zwischen- formen bestrebt sein, sich blos auf einen bestimmten Theil der Zelle zu concentriren, welches Bestreben darin seinen Höhepunkt erreicht, dass die Fortsätze insgesammt von einen mehr oder weniger langen gemeinsamen Truncus der Zelle abgehen (siehe Holzschnitt Fig. 4). Ich möchte schon im Vorhinein, um jetzt schon jedem even- tuellen Missverständnisse aus dem Wege zu gehen, bemerken, dass meine Annahme nicht dorthin culminirt, als wenn diese Formver- änderung der Ganglienzelle in der phylogenetischen Reihe unbedingt bei den höher stehenden Formen ausnahmslos erreicht werden müsste, denn wir wissen doch recht gut, dass im Rückenmarke blos multipolare Ganglienzellen, also Zellen der primärsten Art, sich vorfinden. — Meine Behauptung geht vielmehr dahin, dass, wo (291) 118 B. Haller: ausgesprochenste Ganglienbildungen sich einstellen, da auch diese Umformung der grössten Zahl der Ganglienzellen sich vollziehen wird. !) Unter den Ganglienknoten unterscheide ich wieder zwischen inneren und äusseren, denn während in den ersteren die Ganglien- zellen nach innen in die centrale Fasermasse mehr oder weniger vor- rücken, treten sie bei letzteren aus Figur 4. ihrer früheren corticalen Lage nicht nach innen. Zuvörderst ist zu bemer- ken, dass, wie ich eben anführte, die Ganglienzellschicht bei jenen Bilaterien, welche primärste Nervenmarkstäinme aufweisen (Plathelminten, niedere Pro- sobranchier), die Ganglienzellschichte dem centralen Nervennetze gegen- über eine exquisit corticale Lagerung einnimmt. Von diesen Nervenmark- stämmen können sich Bauchmarkstämme nur durch Verschmelzung zweier solcher hervorbilden, in welchen die Ganglien- zellen, wie in der grauen Substanz des Rückenmarkes, von der corticalen Lagerung vollständig sich nach innen in das centrale Nervennetz begeben haben ?) und nun in diesem liegen. In solchen Bildungen behalten die Gan- glienzellen ihre primäre Form bei und die Garglienbildungen, welche aus . . Ganglienzelle eines Pulmonaten nach solchen Nervenmarksträngen wie das 5 Solbrig. 1) Ich betrachte hier die weisse Substanz des Bauchmarkes als gar nicht vor- handen, denn sie ist als solche eine durch die Wirbelthiere speciell erworbene Bil- dung, welche selbst bei den niedersten Stammformen nicht so ausgesprochen ist und sonderbarer Weise bei gewissen Formen, wie dem Mondfisch, als echte weisse Sub- stanz, d. h. also als ausschliessliche Nachaussengruppirung längstgestellter Nerven- fasern, sich in diesem Grade gar nicht vorfindet; die Längsfasern sind ganz im Gegen- theil gleichmässig im Rückenmarke vertheilt. 2) Auch das Hirm der Wirbelthiere bildete sich consequenterweise phylo- genetisch von den Nervenmarksträngen nach dem Schema der inneren Ganglien heraus und somit würde die äussere Ganglienbildung ausschliesslich sich auf die wirbellosen Thiere beschränken. Denn obgleich man im Hirne der Vertebraten stellenweise (z. B. in den Hirmwindungen nach Golgi’s schönen Untersuchungen) Ganglienzellen antrifft, deren Fortsätze hauptsächlich nach einer bestimmten Richtung des Zellleibes sich concentriren und möglicherweise hier stellenweise diese Form auf (292) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 119 Rückenmark hervorgegangen sind, werden somit auch von pri- mären Ganglienzellen gebildet (die Ganglienknoten im Rücken- marke der Trigliden, Gymnodonten und Tetrotontiden ete.). Solche Ganglien nenne ich innere. Ihrem Baue nach innere Ganglien sind, wie wir gesehen, jene im Bauchmarke der Oligochaeten auch. Als äussere Ganglienknoten bezeichne ich solche, in denen nach aussen, das ist corticalwärts, nur Ganglienzellen und innen von nervösen Geweben nur Faserwerk (centrales Nervennetz und grössere Nervenfasern) sich vorfinden (Ganglienknoten höherer Prosobranchier und aller übrigen Mollusken, Bauchmark der erranten Polychaeten, Hirudineen, Arthropoden, Ganglienknoten der Chaeto- gnathen u. A. m.). Bei den Arthropoden schienen im Bauchmarke der Phronimiden aber nach den Untersuchungen von Claus!) die multipolaren Ganglienzellen zahlreicher aufzutreten, wie bei den Tracheaten, speciell im Bauchmarke von Oryctes 2), und darum möchte ich hier sowohl, wie überhaupt im Thierreiche dieses Verhalten nicht so schematisch genommen haben, vielmehr der Ansicht sein, dass betreff der Ganglienzellen auch die ver- schiedensten histologischen Combinationen zwischen inneren und äusseren Ganglien sich vorfinden werden, wie im Bauchmarke der Polychaeten und Hirudineen, wo dieses allerdings meiner Ausein- andersetzung entsprechen würde. Eben die äussere Ganglienbildung, wie sie bei den Mollusken, dann unter den Polychaeten und Hirudineen am ausgesprochensten auftritt, ist der Grund davon, warum jene mehr oder weniger oblonge, nur einseitig mit Fortsätzen versehene Form der Gang- lienzellen auftritt. Dieser Vorgang würde aber bei einer zahlreichen Gruppe solcher Forscher, die gewohnt sind, die physiologische Dignität einer Ganglienzelle in ihrem morphologischen Charakter zu suchen, — und es handelt sich hier doch fast ausschliesslich um die höheren Säuger — kaum annehmbar erscheinen. Und doch wird sich auch die Physiologie nur durch die allseitige Begründung im Thier- reiche sichern können, obgleich wir die Thätigkeit einer Ganglien- dieselbe mechanische Weise erreicht wurde, wie jene in den äusseren Ganglien, so findet man die Ganglienzellen doch zum grössten Theile multipolar. Hierauf sich jedoch einzulassen, würde uns zu weit führen. 1) C. Claus, Der Organismus der Phronimiden. Arb. aus dem zool. Inst. zu Wien. Tom, II. ?) H. Michels, Beschreibung des Nervensystemes von Öryctes nasicornis im Larven-, Puppen- und Käferstadium, Zeitschr. f. wiss. Zoologie. Tom. XXXIV. (293) 120 B. Haller: zelle in ihrem ganzen Umfange kaum je ergründen können, denn nicht nur die Thätigkeit einer Ganglienzelle, sondern nur die specifische Energie einer jeden beliebigen Zelle beider organischer Naturreiche ist heute ein Problem, vor welchem selbst die wohl- bewaffnete, vergleichende Wissenschaft unserer Zeit wehrlos dar- niederliegt. Nur die einzige Frage, was bewegt die chromatische Substanz des Zellkernes, die gleichmässig dortselbst vertheilt ist, plötzlich, durch einen uns nicht einmal in allen Fällen näher be- kannten Grund zu so geregelten Umformungen während der in- direeten Zelltheilung, oder was ist es, was die uns wohl bekannten, zusammengesetzten, chemischen Körper oder Verbindungen inner- halb der Zelle auflöst und aus ihren Ingredienzien so gewaltige Mittel zusammensetzt, die, obgleich aus bekannten gewöhnlichen Elementen gebildet, so gewaltige Zerstörungen in einem fremden Organismus, selbst in den kleinsten denkbaren Mengen anzurichten im Stande sind, wie das Gift einer Brillenschlange, beweist schon, wie weit wir noch in der Erkenntniss der Naturgesetze zurück sind. Hat sich doch dieser Stoff lediglich durch die specifische Energie einer gewissen Zellgruppe bilden müssen. Wie jene Birnform mit anfangs blos einem Fortsatze durch die Ganglienzelle erreicht wurde, ist theoretisch sehr einfach zu erklären. Das primäre Nervenmark concentrirt sich, d. i. zieht sich bei gleichbleibendem Bedürfnisse der durch die Ganglienzellen geleisteten Arbeit auf ein geringeres Stück zusammen, wo- durch erreicht wird, dass bei Abnahme der Ganglienzellenzahl die Grösse der Elemente zunimmt; diese Abnahme kann aber keine so grosse sein, dass die Zellen gerade bei Zunahme ihrer Grösse ihre frühere Lage behalten könnten. Die Ganglienzellen werden somit aus ihrer früheren Lage durch den gegenseitigen Druck herausgepresst. — Diesem Drucke nachgeben kann zu allererst nur die äusserste Schichte, und zwar nach aussen der Neu- rogliahülle zu, wodurch eben auch die anderen Ganglienzellen in dieser und blos in dieser Richtung zu Folge des sonst allseitigen Druckes nachgeben können. Von Seite der Centralmasse erfolgt noch kein weiterer Druck und ein Widerstand in dieser Richtung würde sich nur insoferne kundgeben, als die Fasermasse dem Eindringen einer Ganglienzelle entgegenstünde, was jedoch ge- nügt, um der Zelle das Eindringen zu wehren. Andererseits wird jede Zelle von den anderen Seiten gedrückt und sie wird sich bei gleichzeitiger Zunahme ihres Umfanges im Laufe der phyleti- schen Entwicklung nur nach der einen Seite, nach aussen nämlich, (294) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 121 entwickeln können. Hiedurch durchläuft nun die Ganglienzelle jene Gestaltentwicklung, welche ich auf dem Holzschnitte (Fig. 3) schematisch zusammenstellte. Bei diesen Ereignissen würde aber bei den äusseren Ganglienknoten eine directe Anastomose der Ganglienzellen unter einander eine Seltenheit werden müssen, wie sich dies in der That bei dem Bauchmarke der erranten Polychaeten und den Hirudineen auffallend deutlich ausgeprägt hat. Hiedurch lässt sich aber auch erklären, warum bei den Mollusken mit con- centrirten Ganglien, mit Ausnahme jener zu innerst liegenden kleinen multipolaren Ganglienzellen, so selten directe Anastomosen zwischen benachbarten Ganglienzellen vorkommen. Sind solche auch vorhanden, so bestehen sie darin, dass die centralwärts ver- laufenden Ausläufer zweier unweit von einander liegender Zellen sich unter sehr spitzem Winkel mit einander vereinigen, wie etwa dieses von Rawitz!) bei Acephalen, sehr selten von mir bei Rhipidoglossen ?) beobachtet wurde. Ganz schematisch konnte man meine hier kurz angeführte Auf- fassung dieser Verhältnisse blos bei den Polychaeten und Hiru- dineen finden, während die Ganglienknoten der Mollusken und Chaetognathen, sowie das Bauchmark der Arthropoden zahlreiche, diese Auffassung aber durchaus nicht gefährdende Einzelheiten zeigen die sich nicht schematisch nehmen lassen. Durch die in dieser Arbeit auseinandergesetzten Beobachtungen wird dann auch auf histologischem Wege der Nachweis geführt, dass die Nervenmarkstämme der Nemertinen in der That sehr alte Bildungen darstellen, zweitens, dass das Centralnervensystem der Anneliden histologisch von jenem der Wirbelthiere sehr abweicht, was für die Polychaeten besonders zutreffend ist, während die Structur jenes der Oligochaeten allerdings weite Analogien aufweist, dafür aber die Neuroglia, die sich bei erranten Polychaeten der Wirbelthiere nicht blos quantitativ, sondern auch qualitativ ähnlich gestaltet, sich bis auf die Glyahülle, die hier aber be- sonders modifieirt erscheint, rückgebildet hat. Aber auch in der Histologie würden wir nicht den geringsten Anhaltspunkt für jene heute allmälig zurückgedrängte Ansicht Geoffroy-St. Hilaire’s finden, welche, besonders von Semper mit so viel Ausdauer ver- theidigt, dazumal aber schon durch die Erwiderungen Gegenbaur’s und Haeckel’s so sehr von ihrer Wahrscheinlichkeit einbüssen musste. Wirhabenaberauch inder Histologie ganz ge- ı) Le. Fig, 73 u. 74. 2) ]. c. Fig. 6. (295) 182 B. Haller: waltige Stützen für die Gegenbaur-Häckel’sche Auffassung erhalten, wodurch die Anneliden durch- ausnichtals Stammformen zu betrachtensind. Gegen- baur!) hat die Unzulässigkeit jener Umkehrungstheorie gezeigt und dadurch die Abstammung der Wirbelthiere von Anneliden meiner Ansicht nach widerlegt. Andererseits wies er darauf hin, dass durch das nahe Aneinanderrücken der Nervenmarkstämme gewisser Nemertinen (Oerstedtia) eine Verbindung ventraler Gang- lien sich ausspricht. Er bemerkt hierüber: „Durch die ventralwärts rückenden Längsstämme der Nemertinen ist der Weg gezeigt, auf welchem das centrale Nervensystem noch ventralen Abschnitt ge- winnt, der durch Ganglienbildungen in ursprünglich peripheren Bahnen sich ausbildete.“:) Diese in der That mit der Auf- fassung eines Genies erkannte Thatsache gewinnt aber heute immer mehr an Boden. Es wäre aber immerhin noch zu früh, an- nehmen zu wollen, dass jene alte Ansicht völlig aufgegeben worden sei, denn nur zu ofthört man noch die Ansicht ausgespro- chen, die Nieren, respective die Niere der Mollusken entspreche einem Seginentalorganpaare oder beziehungsweise einem Segmental- organe. Darum wird es noch offenbar längere Zeit bedürfen, bevor die Annahme, dass vom gegliederten Körper unbedingt der unge- gliederte müsse abgeleitet werden, vollständig aufgegeben wird, welche wohl jener den Platz räumen muss, wonach die Gliederung selbstständig erworbene Erscheinungen darstellt. Es vergessen die- jenigen, welche das Annelid als etwas Primäres auffassen wollen, nur zu sehr, dass ja das Annelid auch innerhalb der Ontogenie später auftritt und welchem eine ungegliederte Trochophora sowohl bei den alten Anneliden als auch bei den Echiuriden, die von Hatschek als echte Anneliden erkannt wurden 3), vorangeht, welche so viel Aehnlichkeit mit dem Pilidiam der Nemertinen be- zeugt. — Hatschek sagt über diesen Punkt: „Die Larven- form der Nemertinen, das Pilidium, liesse sich leicht auf die Trochophoraform zurückführen. Auch die Metamorphose des Pilidium liesse sich auf die Metamorphose der Anneliden zurück- führen. Die Faltenbildung und das theilweise Abwerfen des Larven- leibes kann man mit der Bildung von embryonalen Hüllen ver- 1) Grundriss der vergl. Anatomie. Leipzig 1878. 2) 0 DABEIDT, ®) B. Hatschek, Ueber Entwicklungsgeschichte von Echiurus etc, Arbeiten aus dem zool. Institut zu Wien. Tom. III. (296) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer, 123 gleichen.“!) Dazumal aber, als Hatschek diese Aussage machte, war er noch ein gemässigter Anhänger jener Theorie, welche dem Annelide eine so grosse Rolle in der Phylogenie zuschreibt. Eben das beweist es ja, wie sehr diese Auffassung an Boden verloren, dass so ausgezeichnete Zoologen, wie Hatschek, der im Beginn seiner Thätigkeit dieser Theorie ergeben war ?2), nun und gerade durch ihre reichen Erfahrungen anderer Ansicht geworden sind. In seiner Abhandlung über die Ontogenie von Sipunculus nudus spricht er die Ansicht aus, dass die Ableitung des Sipunculus- stammes von einer gegliederten Urform „sehr zweifelhaft sei“. Er sagt dann hierüber: „Ich möchte denselben von jenem unge- gliederten Typus sich abzweigen lassen, von welchem Sagitten, die Mollusken und auch (durch Erwerbung der Segmentirung) die Anneliden abzuleiten sind.“ >) Ohne auf diejenigen Schriften, die der @egenbaur-Häckel- schen Ansicht widersprechen, hier weiter einzugehen, möchte ich noch weiterhin auf die Bedeutung der Nemertinen als Stammform zu sprechen kommen. Hubrecht, der ausführlichste Autor über diese Thiere, hat anknüpfend an die Gegenbaur’sche Auffassung arauf hingewiesen ‘), pdass, während die Nemertinen einerseits durch Näherung der Nervenmarkstämme ventralwärts an einander an die Anneliden und Arthropoden erinnern (Oerstedtia, Drepano- phorus), die nach dorsalwärts gerückten Nervenmarkstämme (Langia) an jene Thiere erinnern würden, welche ein Rückenmark besitzen. Die Verwandtschaft der Nemertinen mit den Chordoniern suchte er dann in einer späteren Schrift5) zu begründen. Wie weit diese Begründung im Detail zutreffend ist, gehört nicht hieher, und ich möchte mich nur der Ansicht an- schliessen, dass die Nemertinenin der That sehr alte Stammformen darstellen, von denen einerseits die Mollusken, andererseits die Anneliden, Hirudineen !) Stadium über Eutwicklungsgeschichte der Anneliden. Ebenda. Tom. I, pag. 380. ?) Entwicklungsgeschichte der Lepidopteren. Jena’sche Zeitschr. für Naturw. und Zoologie. 1877. ») Ueber Entwicklungsgeschichte von Sipunculus nudus. Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien. Tom. V, pag. 130. *) A. A. W. Hubrecht, Zur Anatomie und Physiologie des Nervensystems der Nemertiren. Naturwissensch, Verh. der k. Akademie zu Amsterdam. Tom. XX. ?) Derselbe, On the ancostral form of the Chordata. Quarterly Journal of Microscopical Science. 1883. (297) 124 B. Haller: und Arthropoden, sowie die Wirbelthiere ableitbar sein werden. Bei den Nemertinen ist ein Organpaar seit langem bekannt geworden, welches, im Prineip eine Hauteinsenkung, mit dem Ge- hirne in Connex tritt. Es ist hier nicht der Ort, auf die von Hubrecht beschriebene verschiedene Gestaltung dieses Organes bei verschiedenen Nemertinen einzugehen und es möge blos er- wähnt werden, dass Hubrecht dieses Organ mit einer Art Re- spirationsapparat vergleichen möchte, dazu berufen, bei einigen Formen eine Oxydation des in den Ganglienzellen enthaltenen Hämoglobins zu vermitteln. Auch auf die verschiedenen Ansichten über die Bedeutung dieses Organpaares von Hubrecht soll hier nicht eingegangen werden, sondern blos das mag hervorgehoben werden, dass diese Auffassung Hubrecht’s, die Jedem nach Erwägen der Sache zweifelhaft erscheinen musste, durch die Arbeit Dewoletzky’s!) widerlegt wurde, der die Natur der „Seitenorgane“ als Sinnes- organ nachwies. Den schlagensten Beweis hiefür erblickte ich in Dewoletzky’s Arbeit in der Beschreibung der anatomischen Verhältnisse bei Carinella annulata.?) Hier bei diesem Thiere fanden Hubrecht und Dewoletzky eine einfache kurze, canalartige Einsenkung, dessen Sinnesepithel nach den Beobachtungen Dewoletzky’s von Nervenfasern versorgt wird, die aus äusseren Schichten der Hirnganglien entspringen. Ist hier auch noch, wie überhaupt bei sämmtlichen Nemertinen, betreffs der Textur Manches aufzuklären, so steht so viel doch fest, dass wir in den sogenannten Sinnesorganen der ÜÖarinella annulata ein denkbar primitivstes Sinnesorgan, wie etwa in den Augen der Patellen und in denen der Seesterne, vor uns haben. Es ist die beginnende !) R. Dewoletzky, Das Seitenorgan der Nemertinen. Arbeiten ans dem zoolog. Institut zu Wien. Tom, VII. ?) Die Angabe Barrois’ (L’Embryogenie des Nemert. Ann. Sc. Nat. Ser. b, Tom. VI), nach welcher bei dem Desor’schen Larventypus diese Organe sich als ein paar Ausbuchtungen vom Vorderarm ausbilden sollen, wie dieses auch Metschnikoff (Studien über die Entwicklung der Echinodermen und Nemertinen, Mem. Acad. imp. Petersbourg. Ser. b, Tom. XIV) bei dem Pilidium gesehen haben will, ist gewiss einem Beobachtungsfehler zuzuschreiben, worauf auch die Beob- achtung Bütschli’s (Einige Bemerkungen zur Metamorphose des Pilidiums. Arch. f. Naturgesch. 1873) hinweist und nach welcher bei dem Pilidium die sogenannten Seitenorgane als echte Einstülpungen des Ectodermes erkannt wurden. Die letzte Angabe wird dann durch die Verhältnisse bei dem entwickelten Thiere von Carinella aunulata durch die Wahrung ursprünglicher Verhältnisse bestätigt. (298) Pur, a A a Zr .r a ” Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 125 Einstülpung des Epithels, deren Elemente theilweise schon früher mit Nerven in Zusammenhang standen. Nicht minder primitiv wären die Kopfgruben der Archianneliden beschaffen, worauf übrigens Dewoletzky hinweist. Als eine blosse Ectodermeinstülpung sind die Kopfgruben des Protodrilus von Hatschek!) gezeichnet worden, wenngleich die Innervirung weiter nicht verfolgt wurde. Gerade so einfach fand die „Fosette vibratile“ Fraipont?) bei Polygordius neapolitanus, bei welchem die hinteren Ganglien des Gehirnes direct an die Kopfgruben anstossen. Histologisch Be- friedigendes wird zwar auch hier nicht geboten, doch genügen diese Beobachtungen, um zu zeigen, dass die Kopfgruben der Archianneliden mit jenen der Carinella annulata direct verglichen werden können und von diesen in Anbetracht des primären Verhältnisses auch abgeleitet werden müssen. Somit stehen diese Einsenkungen bei Carinella annulata und den Archianneliden auf gleichem Niveau der Ausbildung; diejenigen also, welche das Annelid als ein Ausgangsstadium phylogenetischer Weiterbildung und somit die Anneliden als die Stammform der Nemertinen auf- fassen wollten, könnten leicht sagen, dass mit eben so vielem Rechte in dieser Beziehung die Nemertinen von den Grlieder- würmern ableitbar seien, wie umgekehrt. Dafür aber, dass wir von den Nemertinen und speciell von Carinella annulata ausgehen müssen und nicht von den Anneliden, hiefür spricht ebensehr be- weiskräftig die gesammte Anatomie des Nervensystemes dieser Thiere. Von C. annulata und ähnlichen Formen entwickelt sich, soviel heute bekannt, das Centralnervensystem nach zwei verschiedenen Richtungen hin, und zwar in jene der höheren Nemertinen, wo man die höhere Ausbildung der sogenannten Seitenorgane wohl weniger in dem oft enormen äusseren Rande der Ausstülpung (Schizo- nemertini) als vielmehr in dem Verhalten des peripheren Ganglions dieses Örganpaares zum Centralorgane zu suchen hat (Drepanophorus) und in jener der Anneliden, wo zwar bei den Archianneliden eine einfache Einsenkung sich vorfindet, von welcher wir aber nicht wissen, ob sie ausstülpbar ist, wie bei den höheren Anneliden, wo diese Einsenkung versehen mit Muskeln thatsächlich ausstülpbar und so auch als Taster zum Fühlen verwendbar ist. So die Angabe !) „Protodrilus Leuckarti.“ u (299) 126 B. Haller: Kleinenberg’s!) bei Lopadorhynchus. Und gerade darin, dass dieses Organ bei vielen höheren Anneliden auch ausstülpbar ist, ist ein Moment gegeben, wodurch bewiesen wird, dass hier das Organ, versehen mit retractilen Muskeln ete., eine höhere ein- seitige Differenzirung erfahren hat, wie bei Carinella annulata. Aber auch bei den Mollusken sind neuerdings Organe bekannt geworden, die mit den Kopfgruben der Würmer in phylogenetischer Beziehung stehen. Die Gebrüder Sarasin?) haben bei Helix Waltoni ein larvales Organpaar aufgefunden, welches sie in der That mit den Kopfgruben der höheren Würmer, insbesondere mit dem der Anneliden, vergleichen. Dass diese larvalen Organe der Helix Waltoni, welche sie Cerebraltuben nennen, auch mit den sogenannten Seitenorganen der Nemertinen in Beziehung zu bringen sind, darauf wird gleichfalls hingewiesen. Hauptsächlich sind es aber die Anneliden, die zum Vergleich herangezogen werden. Dass die Anneliden mit den Mollusken nichts zu schaffen haben und dass die Pedalstränge niederer Cephalophoren von den Bauch- strängen der Anneliden durchaus nicht ableitbar sind, welche Ab- leitung seinerzeit durch Ihering so heftig vertreten ward 3), viel- mehr eine viel mehr primäre Stellung einnehmen, dies ist eine That- sache, die heute gut begründet ist. Auch die Kopfgruben der An- neliden sind nicht dazu geeignet, um aus ihnen die der Mollusken ableiten zu können, sondern sind diese Gebilde beider Thierclassen von jenen der Carinella annulata abzuleiten. Bei Helix Waltoni ist speciell die Cerebraltube jederseits eine Einsenkung des Eeto- dermes, die durch das Auftreten einer medianen Falte doppelt erscheint. Sie stossen direct an die Cerebralganglien an und ihre Aniage geht continuirlich in jene dieser Ganglien über. Beim aus- gebildeten Thiere schwindet nun diese Cerebraltube und somit haben sie eine blos phylogenetische Bedeutung. So wichtig also auch diese Entdeckung der Gebrüder Sarasin ist, steht sie heute vereinzelt da und wir wissen gar nicht, ob die Cerebraltuben bei den ältesten Cephalophoren, wie die Placophoren sind, zeitlebens vorkommen oder auch dort ein blos larvales Organ vorstellen. Sie sind heute aber weder hier, noch bei Patellen und den übrigen )N. Kleinenberg, Die Entstehung des Annelids aus der Larve von Lopadorhynchus. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. Tom. 44. ®) P. und F. Sarasin, Ergebnisse naturwissensch. Forschungen auf Ceylon in den Jahren 1884/86. Wiesbaden 1888. 5) H. v. Ihering, Das Centralnervensystem und Phylogenie der Mollusken. Leipzig 1875. (300) Textur des Central-Nervens ystems höherer Würmer. 127 alten Prosobranchiern bekannt geworden. Wir müssen uns zur Zeit somit mit der Vermuthung begnügen, dass in Folge des biologischen Grundgesetzes dieselben auch hier als larvales oder persistirendes Gebilde in Form der primitivsten Art anzutreffen sein werden. Meine Ansicht würde somit von jener der Gebrüder Sarasin insoferne abweichen, als ich die Kopfgruben oder Üerebraltuben der Mollusken nicht von jenen der Anneliden, sondern von jenen niederer Nemertinen ableiten möchte. Freilich sind in dieser Frage noch zukünftige Untersuchungen wünschenswerth. Ich würde aber für diese Ansicht schon darum einstehen, weil, abgesehen von den schon etwas concentrirten Kopfganglien der Nemertinen, die sich aber histologisch von den @anglienknoten höherer Evertebraten unterscheiden und als viel älteren Datums sich documentiren, die Textur des centralen Nervensystemes, wie ich es kennen lernte, sich enge an die Textur der Pedal- stränge der Mollusken anschliesst. Diese, meiner An- sicht nach wichtige Frage wird aber in Zukunft näher zu berück- sichtigen und zur Beantwortung der Frage nach der Abstammung der Mollusken von ungegliederten Wurmformen von grösster Wich- tigkeit sein. Ich möchte noch zum Schlusse darauf hingewiesen haben, dass ich die Lagerung des Bauchmarkes der erranten Poly- chaeten für eine phyletische Ableitung für nicht wichtig genug halten kann, denn schon innerhalb der Gruppe der Nemertinen kann ja die Lagerung eine tiefe (Amphiporus, Drepanophorus) oder höhere, ausserhalb der Muskulatur liegende sein (Carinella) und obgleich bei den rhipidoglossen Prosobranchiern die Bauchstränge schon in Folge der anatomischen Verhältnisse knapp unter dem Leibesepithel nicht liegen können, so lagern sie zumeist in der Fussmusculatur, von der ein Theil ja ectodermalen Ursprunges sein könnte. Bei diesen Thieren sehen wir aber sehr deutlich, dass gerade bei Formen, die eine ältere Stufe einnehmen, wie die Fissurellen, die Pedalstränge sehr tief in dem Körper liegen und aus dem Fusse herausgerückt sind. Unter den Anneliden ist ja bei Oligochaeten die Lagerung der Bauchstränge eine in dieser Be- ziekung andere, wie bei den Polychaeten, wo eventuell durch die starke Ausbildung des Leibesepithels (Hypodermis) die frühere Lagerung beibehalten wurde. Es ist diese Veränderlichkeit dieser Verhältnisse bei selbst nahe stehenden Formen, andererseits aber der Umstand, dass diese Lagerung bei Formen vorkommt, die, wie die erranten Polychaeten, in der Textur des Centralnervensystemes in so mancher Beziehung von primären Verhältnissen gänzlich abge- (301) 128 B. Haller: kommen sind, der Grund, warum ich dieser Lagerung keine Be- deutung zuschreibe. !) Kritik der Ansichten der Autoren über das centrale Nervennetz. Zum Schlusse möchte ich noch einmal auf das centrale Nerven- netz zu sprechen kommen und die Ansichten der Autoren hierüber prüfen. Diese widerlegen sich zum Theil von selbst insoferne, als sie jener prachtvollen Errungenschaft unserer Zeit, der Zellenlehre, entgegen sind (Leydig und zum Theil Nansen). Ich zu meinem Theil bin fest überzengt, dass die alte @erlach’sche Ansicht, die ich nach besten Kräften zu vertheidigen bestrebt war und auch in Zukunft sein werde, den Sieg davontragen wird oder auch schon davon getragen hat. Ich hatte allerdings die Ansicht, dass die einfachen und darum am allerleichtesten zu erkennenden Verhält- nisse bei den Placophoren, Patellen und rhipidoglossen Proso- branchiern nach eigener Untersuchung die Autoren gänzlich über- zeugen werden, dies musste ich nach dem, was mir bekannt wurde, annehmen. Ich habe mich aber in meiner Annabme geirrt, denn Nansen untersuchte zwar Patella und zeichnet die gefundenen Verhältnisse so deutlich), dass die Abbildungen an und für sich ‘) Ich kann es nicht verhehlen, dass ich die Kenntniss des Centralnerven- systemes der Nemertinen für lückenhaft ansehe und hauptsächlich zum weiteren Vergleiche die Kenntniss der Nervenmarkstämme noch besser gekannt wissen möchte. Hubrecht hatallerdings bei sehr vielen Nemertinen eine commissurale Verbindung oberhalb des Afters aufgefunden und es höchst plausibel gemacht, dass derselben ein sehr allgemeines Vorkommen zukommt. Dieser Verbindung und hauptsächlich ihrer dorsalen Lagerung schreibt Hubrecht eine wichtige phyletische Bedeutung zu, doch so weit ich ihn verstehen kann, gibt er es nicht an, worin diese Bedeu- tung liegen mag. Ich für meinen Theil sehe in dieser Verbindung weiter nichts, als eine durch die Nemertinen speciell erworbene Eigenschaft, der weiter nur in- soferne eine Bedeutung zukommen kann, als sie zeigt, dass dorsalwärts zahlreiche, wahrscheinlich netzförmige Verbindungen bestanden haben, die dann nicht unähnlich wie am Pedalstrange der Mollusken secundär sich zu einer Commissur einigten. Ich denke mir heute die Sache so, dass bei den Nemertinen netzförmige Verbindungen zwischen den beiden Nervenmarkstämmen sowohl dorsal-, wie ventralwärts existirten und als solche eventuell bei Carinella, wo auch das sogenannte Gehirn keine Differen- zirung in einzelne Abschnitte aufweist, aufzufinden sein werden, natürlich nur durch die feinste histologische Untersuchung. Aus diesem ursprünglichen Verhalten würde ich mir dann das Weitere so construiren, dass bei denjenigen Formen der Nemertinen, die zu den Thieren, die mit Bauchmark oder Pedalstrangen versehen sind, hinüber- führten, die dorsalen netzartigen Verbindungen hiedurch geschwunden wären, während bei denjenigen, welche zu den Wirbelthieren hinführen, die ventralen sich aufgelöst hätten. 2) F. Nansen, The Structur and Combination of the histological Elements of the Central Nervous System, Bergen 1887. | (302) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 129 meine Angaben bei den Rhipidoglossen am schönsten bestätigen helfen, wie denn auch alle seine übrigen Abbildungen; im Texte aber lesen wir. es anders. Die Voreingenommenheit ist es, die Nansen nicht gestattet, von den Ansichten Leydig’s sich ganz frei zu machen, welche ihm den wirklichen und von ihm be- obachteten Thatbestand richtig zu erfassen hindert. Nansen schliesst sich, soweit man ihn überhaupt verstehen kann, der Leydig’schen Auffassung an. Dass ich ihn hierin nicht habe missverstehen können, glaube ich auch darum schon, da Leydig?!) selbst und L. Edinger?), letzterer als Referent, der gleichen Ansicht sind, wie ich. Die sogenannte Leydig’sche Punktsubstanz wird nach der Auffassung Nansen’s sowohl bei Wirbellosen wie Wirbelthieren weder von einer spongiösen Masse im Sinne Leydig’s, noch von einem reticularen Netz im Sinne Haller’s gebildet, sondern von einem filzartigen, dichten Geflecht feinster Nervenfasern oder Nervenröhrchen, in welchem viele durch- laufende Nervenfasern, gröbere und feine, hinziehen.?) Die Ganglien- zellen sollen nun entweder solche sein, die stets einen Fortsatz direct in eine Nervenfaser entsenden (Nervenfortsatz Golgi’s) und mit den übrigen, vielfach theilend, im „Geflechtwerk“ auflösen oder nur diese letzte Art von Fortsätzen besitzen (Protoplasmafortsätze Golgis). Soweit vertritt somit Nansen die durch Golgi ver- tretene recht sonderbare Auffassung. Nun soll aber nach Nansen noch ein Netzwerk innerhalb der sogenannten Leydig’schen Punktsubstanz sich vorfinden, welches er als nicht nervös betrachtet und bei den Wirbellosen für identisch mit der Neuroglia der Vertebraten hält. Dieses ist das „Spongioplasma“ Leydig’s und ist, wenn ich Nansen recht verstehe, dazu berufen, die Nerven- fibrillen von einander zu isoliren. Diese Neuroglia umgibt auch die Ganglienzellen. Die Ganglienzelle selbst besteht aus einer hyalinen Grundsubstanz, dem Hyaloplasma Leydig’s und einem Reticulum, dem Spongioplasma Leydig’s. Dieses feine Netz innerhalb der Ganglienzelle soll aber mit dem Neuroglianetze in der sogenannten Punktsubstanz zusammenhängen (The Struct. and Combinatete., pag. 121), was auch durch eine Abbildung bei Homarus demonstrirt wird (Fig. 24, Taf. III). Die Protoplasmafortsätze der Ganglienzellen aber sollen zusammenhängen mit dem Neuroglia- netze („being united with the neuroglia“). Somit vereinigt Nansen ?) Schmidt’s Jahrbücher d. ges. Mediein. Tom. CCXIX. ») Jena’sche Zeitschrift f. Naturwissenschaften. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft 2. 20 (303 130 B. Haller: zwei Ansichten, nämlich die G@olgi’s mit jener von Leydig, ob- gleich nach Jedermanns Ansicht diese absolut sich nicht vereinen lassen. Die „Protoplasmafortsätze“ der Ganglienzellen sollen sich mit der Neuroglia vereinen, diese aber setzt sich ihrerseits wieder in das „Spongioplasma“ der Ganglienzelle fort. Wie wird aber auf diese Weise Nansen einen Protoplasmafortsatz von einer Neuroglia- faser unterscheiden wollen? Hier würde Nansen’s sonderbare Combination scheitern! Nansen hat vieles in seiner letzten Arbeit richtig gesehen und abgesehen von seinen offenbar sehr mangelhaften Präparaten auch richtig abgebildet, nur hat er das Gesehene nicht verstanden. Seine Abbildungen über Patella wären ja bis auf die directen Anastomosen zwischen den Ganglienzellen richtig dar- gestellt, nur liegt ein Beobachtungsfehler darin, dass er die Balken der Nervenhülle der Neuroglia in das nervöse Centralnetz übergehen sah und auf Figur 17 die randständigen, auf seinem Präparate offenbar ungemein geschrumpften Ganglienzellen nicht abbildet. Ich für meinen Theil kann, wie gesagt, nicht klar werden darüber, ob Nansen sich der Leydig’schen Ansicht ganz anschliesst, denn er neigt zum Theil zur Golgi’schen Ansicht hin, wonach nur ein Theil der Ganglienzellfortsätze nervöser Art seien, die andern aber eine ernährende Function vermitteln. Die Golgi’sche Ansicht aber ist mit der Leydig’schen unvereinbar und dies ist es gerade, warum ich Nansen nicht verstehen kann. Für uns speciell sind hier die Leydig’schen und Nansen’schen Auffassungen vollständig werthlos und ich übergehe auf eine andere Arbeit, die von höherer Bedeutung ist. Ich meine das werthvolle Buch Golgi’s. !) G olgi theilt uns hier eine ganz neue Methode mit, wonach er eben seine Resultate erlangt hat. Er härtete in doppelchrom- saurem Kali und liess nachher auf solche Präparate entweder eine Höllensteinlösung oder Sublimatlösung langsam einwirken. Auf diese Weise verfahren, werden die Ganglienzellen sammt ihren Ausläufern tief schwarz gefärbt; was aber als der grösste Nach- theil dieser Methode zu bezeichnen ist, färben sich auch die Glia- zellen sammt ihren zahlreichen Ausläufern ebenso tief schwarz wie die nervösen Elemente. Nach den schönen Abbildungen Golgi’s ') C. Golgi, „Sulla fina anatomia degli organi centrali del sistema nervoso. “ Milano 1886. (304) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 131 geurtheilt, wird hier ein Unterscheiden zwischen beiderlei Elementen nochmehr aber zwischen ihren Ausläufern, beziehungsweise dem Glia- und Nervennetze eine Unmöglichkeit. Insoferne die Richtung des Verlaufes der Ausläufer von Ganglienzellen auf grössere Strecken verfolgt werden soll, was insbesondere da von Wesenheit ist, wo man die Ursprünge von Nerven aus einzelnen Hirntheilen zu verfolgen hat, steht die Golgi’sche Methode unübertroffen da; was jedoch das centrale Nervennetz, sei es im Rückenmark, sei es im jedwelchen Theile des Gehirnes betrifft, so lässt sich dieses auf derweise behandelten Präparaten nicht studiren. Wer wird da zu enträthseln wissen, was nervös und was der Gliasubstanz angehörig ist. Auch für topo- graphische Verhältnisse ist diese Methode von Bedeutung, wie dieses unter Anderem für den Pes hippocampi majoris Golgi auf die überzeugendste Weise bewiesen hat; wenn wir aber fragen würden, wie weit die Verästelung der Fortsätze der grossen medianwärts gestellten feineren Ganglienzellen dortselbst geht, beziehungsweise wo eine solche beginnt, da ist die Methode kaum ausreichend wie hiefür für jeden Neurohistologen die sonst so schöne und sorg- fältigst ausgeführte Abbildung Golgi’s deutlich genug spricht (l. ec. Taf. XXIIa). Diesem Umstande schreibe ich es auch zu, dass Golgi von einem feinsten Nervennetze, das doch Belloneci im Tectum opticum bereits gesehen hat, nirgends Erwähnung that und statt dem eher von einem Flechtwerk spricht. Es ist hier natürlich nicht der Ort, auf die Arbeit Golgi’s weiter einzugehen und ich möchte hier daraus nur das hervorgehoben haben, was uns hier speciell interessirt. Nach Golgi besitzt jede Ganglien- zelle zwei Arten von Fortsätzen, die sich von einander durch ihre Function unterscheiden. Jede Zelle besitzt einen Fortsatz, welcher direct in eine Nervenfaser übergeht und als Processus nervosus von ihm bezeichnet wurde. Ausser diesem einen sind aber noch zahlreiche, bis 50 an der Zahl, andere vorhanden, die jedoch mit der strieten Nerventhätigkeit nichts zu thun haben, sondern zur Ernährung der Nervenzelle dienen. Diese Fortsätze nennt Golgi Processus protoplasmatici; sie lösen sich allmälig in ein Flecht- werk auf. Welche sind nun die sichtbaren Unterschiede zwischen diesen zwei von einander physiologisch doch so verschiedenen Fortsatzarten einer Ganglienzelle und worauf basirt Golgi diesen Unterschied? Einen morphologischen Unterschied, welcher, soweit ich Golgi verstehe, in einem mehr hyalinen Aussehen des Processus nervosus dem Processus protoplasmatiei gegenüber bestehen soll, 20* (305) 132 B. Haller: wird jeder Neurohistologe mit einigem Lächeln anhören müssen. So was gibt es eben nicht. In der Färbung ist aber kein Unter- schied vorhanden. Was speciell die Auflösung der Fortsätze betrifft, so hat Golgi selbst die Beobachtung gemacht, dass der Processus nervosus öfter Aeste in das nach ihm der Ernährung dienende Geflecht abgibt und sogar nach längerem Verlauf dortselbst gänz- lich aufgehen kann. Hätte sich nun Golgi etwas auch in der vergleichenden Neurohistologie umgesehen, hätte er Arbeiten über die Ganglienzellen auch der Wirbellosen, wie etwa die hochwichtige R. Buchholz'’s über diese Elemente der Lungenschnecken, studirt, so hätte er unmöglich zu jenem Irrthum über die doppelte physio- logische Dignität der Ganglienzellfortsätze sich verleiten lassen. Auch die Neurohistologie kann selbstverständlich nur durch den Vergleich, diesen sicheren Prüfstein jeder morphologischen Forschung, sicher vorwärtsschreiten. Einen morphologischen sicheren Unter- schied konnte somit Golgi zwischen den Fortsätzen der Gang- lienzelle des Gehirnes nicht feststellen. Einen Beweis für seine Annahme wollte sonderbarerweise Golgi dadurch führen, dass die zahlreichen sich rasch verästelnden Fortsätze der Ganglienzellen, seine Processus protoplasmatiei im Gehirne, in Gegenden liegen, wo keine markhaltigen Nervenfasern vorkommen sollen. Abgesehen nun von demhochwichtigen Umstande, dass Golgi hier abermals den Befunden im Rückenmarke und im Centralnervensystem wirbelloser Thiere keine Aufmerksamkeit schenkt und lediglich auf dem Standpunkte der sogenannten menschlichen Histologen sich hält, hat Kölliker!) von jenen erwähnten Gegenden (oberflächlichere Lagen) in der grauen Ge- hirnrinde schon vor langem markhaltige Nervenfasern nachge- wiesen, welcher Befund auch von Andern bestätigt wurde. — In der Fascia dentata cornu Ammonis geschah dies einerseits 1887. An beiden Orten sind diese markhaltigen Nervenfasern offenbar indireeten Ursprunges, das ist, sie construiren sich aus dem sehr feinen Nervennetze der grauen Hirnrinde, resp. aus der Fascia dentata des Ammonhornes. Kölliker bezweifelt darum mit vollem Rechte jene sonderbare Annahme Golgi’s, wonach die Processus protoplasmatiei der Ganglienzellen nicht nervöser Natur seien. Wie ich hier hinzufügen möchte, wird es sich hier, abgesehen von topo- graphischen Gruppirungen, ebenso verhalten wie sonstwo im Thier- reiche, und es liegen heute genug ausführliche Berichte bei Wirbel- 845% 1) Da mir 'die Originalabhandlnng.Kölliker’s nicht vorlag, eitire ich nach Edinger’s Referat. (306) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 133 losen wie Wirbelthieren vor, um jene Annahme Golgi’s von der Hand zu weisen. Soweit interessirt uns die sonst so wichtige Abhandlung Golgi’s und nun möchte ich auf eine Arbeit zu sprechen kommen, die ich betreff des centralen Nervennetzes und der doppelten Ursprungs- weise der Nervenfasern von Wichtigkeit halte. Ich meine die Arbeit B. Rawitz’s über das Centralnervensystem der Muscheln. !) Rawitz hat das nervöse Netz bei diesen Mollusken nicht nur richtig dargestellt, sondern auch ganz richtig aufgefasst und somit finde ich in allen diesbezüglichen Punkten meine Beobachtungen an den rhipidoglossen Schnecken bei den Acephalen durch Rawitz bestätigt. Unsere Beobachtungen decken sich auf die schönste Weise und eine Differenz wäre nur darin, dass Rawitz in den Maschenräumen des centralen Nervennetzes noch eine homogene Myelinformen bildende Substanz, welche die Fäden des Netzes und die übrigen Nervenfibrillen von einander isolirt, bemerkt. Eine solche Substanz habe ich nie gesehen, weder bei Mollusken, noch bei Würmern oder Arthropoden und muss ihre Existenz auch heute in Zweifel ziehen. Es möge denn sein, dass Rawitz eventuell eingesickerte Haemolymphe ohne Zellen gesehen und verkannt hat, was ich aber kaum für möglich halte. Was speciell die Verästelung und Netzbildung in der grauen Substanz der Hirnwindungen betrifft, so bin ich eher der Meinung, dass diese berufen wäre, eine Communication zwischen den Ganglienzellen herzustellen, wobei nicht behauptet werden soll, dass aus jenem Netze nicht auch markhaltige Nervenfasern entstehen sollen. Aus Golgi’s Untersuchung, aber auch aus Unter- suchungen früherer Forscher geht es mit Sicherheit hervor, dass in den Hirnlappen die Ganglienzellen unter einander keine directen Anastomosen eingehen, wie dieses unter Anderem im Rückenmarke stattfindet. Aus diesem Grunde glaube ich das Nervennetz in der grauen Substanz der Windung hauptsächlich als die durch ein Netz bewerkstelligte Communication zwischen den Ganglienzellen aufzu- fassen. Die doppelte Ursprungsweise der Nervenfasern ist in der Golgi’schen Arbeit auf das Schönste illustrirt. Am deutlichsten ist der Ursprung von Nervenfasern aus dem centralen Nervennetze, aus dem Ammonshorn des Kaninchen, wo aus den randständigen ') B. Rawitz, Das centrale Nervensystem der Acephalen, Jena’sche Zeit- schrift für Naturwissenschaft, Bd. XX, N. F. XIII, 1887. (307) 134 B. Haller: kleinen Zellen centralwärts ein feines Netz hervorgeht, woraus die einzelnen Fasern des Nervenbündels sich construiren (s. Taf. XXII a). (olgi’s und meine Beobachtungen, abgesehen von seiner angeführten Annahme, decken sich, denn ein mehr oder weniger regelrechtes Netz (je nach der anatom. Stelle) innerhalb des Hirnes, wie sie Bellonei im Th. opt. abbildet, ergibt sich aus den schönen Abbil- dungen Golgi’s. Tafelerklärung. Taf. I. Fig.1. Lepidasthenia elegans Gr. Querschnitt durch das Hirn in der Mitte des ersten Augenpaares. g rechtes, g‘ linkes Fühlerganglion; n n‘deren Kerntheil, aus welchem radiär verlaufende Faserstränge x in die Zellschichte ziehen; p binde- gewebige Septe zwischen diesen Ganglien ; w obere, w‘ untere, r laterale Ganglien- zelllage; n obere, pv mittlere, fv‘ untere Commissuralfasern ; af äussere, af innere Commissur zum Bauchmarke, die sich rechts ausserhalb der Kopfhöhle bei d aneinan- derlegen; p deren Ganglion, aus welchem ein Cirrennerv cn abtritt; au rechtes, au‘ linkes vorderes Auge; u rechte, u’ linke Palpe (gez. m. d. Camera). Fig. 2. Lepid. eleg. Querschnitt in der Gegend des zweiten Augenpaares A. P rechtes Fühlerganglion; k Augennerv, nua dessen Ursprung aus dem ceniralen Nervennetze; kr Kreuzung der Fasern der inneren Commissur zum Bauchmarke t, als deren Fortsetzung die oberen Commissuralfasern mit den Fasern des Augen- nerven ; z Ganglienzellen, aus welchen Nervenfasern in die Commissur zum Bauch- marke abtreten; N centrale Netzsubstanz; bei g sehr fein und ohne Beimengung von Neuroglianetz; x verticale Fasern; r bindegewebiges Medianseptum; p verticale Neurogliafasern; y feines kernhaltiges Neuroglianetz; p Nervenhülle; w perineurales Neuroglianetz; E Ectoderm; C Cuticuta (entw. m. d. Camera, vergr. Reichert, Syst. 8, Oc. 4). Fig.3. Lepid. eleg. Querschnitt aus dem Centralnetz an der Stelle bei x auf der vorigen Figur, Das Bild ist so gekehrt, dass die obere Hälfte auf der Tafel nach links bei b liegt. nua Nervenfasern des Augennerven ; bh verticale Neuro- gliafasern; t Neurogliazelle; z verbreiterte Knotenstellen im Neuroglianetze (vergr. Reichert, s. Imm. XI, Oe. 2). Fig.4. Lepid. eleg. Querschnitt aus der unteren Ganglienzellschichte. gz Gan- glienzellen, von welchen eine einen Fortsatz in das centrale Nervennetz nn sendet; sm perinearales Neuroglianetz; r, p verbreiterte Stellen an demselben (vergr. wie zuvor). Fig.5. Nereis Costae Gr. Querschnitt an derselben Stelle wie zuvor (vergr. wie zuvor). (308) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer. 135 Fig.6. Lepid. eleg. Querschnitt aus dem kernhaltigen, feinen, perineuralen Neuroglianetze der Stelle y der 2. Figur (vergr. wie zuvor), Fig. 7. Lepid. eleg. Querschnitt aus dem Rande der Nervenhülle, seine Fortsetzung in das perineurale Neuroglianetz zeigend; a, b, c ihre chemisch verschie- denen Schichten, p verbreiterte Stelle im Netze (vergr. wie zuvor). Fig.8. Lepid. eleg. Querschnitt aus der Bauchwand. N Bauchmark; n Ab- ‚gang der rechtsseitigen Riesenfaser; hy Hypodermis; Im Lateralmuskel; fm Segmental- muskel; om Leibeshöhlenepithel. Fig. 9. Lepid. eleg. Querschnitt aus dem Bauchmarke, die Endigung der rechtsseitigen Riesenzellausläufer a in der linksseitigen Bauchmarkshälfte zeigend (vergr. Reichert, Imm. XI, 4). Fig. 10. Lepid, eleg. .Querschnitt aus der rechtsseitigen Bauchmarkhälfte den Abgang der Riesenfaser kf zeigend. gz Ganglienzellen, r perineurales Neuro- glianetz ; N Kerntheil des Bauchmarkes; x neurogliale Hülle um dasselbe; f, v, v’ grössere Nervenfasern; hy, hy Hypodermis;- m Muskelschichte;, e Leibeshöhlen- ithel (vergr. Reichert, Imm. XI, 2). Fig. 11.Lepid. eleg. Rechtsseitige Riesenfaser (vergr. Reichert, Imm.XT, 4). Taf. 1I. (Alle Figuren beziehen sich auf Lepidasthenia elegans Gr.) Fig. 12. Querschnitt aus dem Bauchmarke zu Ende einer gangliösen An- schwellung ; om median. Längsmuskel‘; fm Segmentalmuskel; lm Lateralmuskel; hy Hypodermis; r circumscripte Fasern des perineur. Gewebes; s verticale, zwischen den beiden Kerntheilen des Bauchmarkes gelegene Fasern des perineuralen Neuroglia- netzes; t Neurogliastrang; gz gewöhnliche Ganglienzellen der ventomedianen Gruppe; kz rechte, kz’ linke Riesenganglienzellen; kf deren Fortsatz (gez. m. d. Camera, vergr. Reichert, °/,.) Fig. 13. Querschnitt aus dem Bauchmarke vor dem vorherigen; sonst alles wie zuvor. Fig. 14. Der mediane Theil vorigen Präparates bei starker Vergrösserung (Reichert, Imm. XI, 3), die Verhältnisse der Fortsätze der Riesenzellen kz, kz’ zum Kerntheile des Bauchmarkes demonstrirend. Fig. 15. Eine im Kerntheil der linksseitigen Bauchmarkhälfte gelegene Ganglien- zelle (s. Fig. 16 w; vergr. wie zuvor). Fig. 16. Querschnitt aus der Mitte eines Bauchmarkganglious; A,X. mediane Ganglienzellen, Sonst wie zuvor. Fig. 17. Die rechtsseitige Riesenfaser an einem dickern Schnitte, bald hinter dem der vorigen Figur; im Umriss bei verschiedener Einstellung mit der Camera gezeichnet, Fig. 18. Querschnitt aus dem Banchmarke, etwas vor der Mitte einer gangliösen Anschwellung. w, v Nervenfasern in den abtretenden Nerv n, die ihren Ursprung im Nervennetze haben; g,g’ Ganglienzellen, welche Fasern in den abtretenden Nerven (n) senden; r ausgetretene Pigmentkügelchen aus den Ganglienzellen. Sonst wie auf den übrigen Figuren. Fig. 19. Querschnitt aus der rechten Riesenfaser, einen seiner abtretenden und im centralen Nervennetze sich auflöüsenden Ast (rf) demonstrirend; ns Neuroglia- bündel (vergr. Reichert, Imm. XI, 3). Fig. 20. Querschnitt. Die mediane Ganglienzelle (Fig 16, A). ( 309) 136 B. Haller: Fig. 21. Contouren der Riesenfaser, auf einem dickeren Längsschnitte bei ver- schiedener Einstellung mit der Camera gezeichnet. Taf. III. Fig. 22. Nereis Costae Gr. Querschnitt aus dem Gehirn in der Gegend des zweiten Augenpaares(A); g Tentakelganglion ; p Nerv in die Kopfhaut (s. Fig. 24, n‘); af Fasern in die äussere Commissur zam Bauchstrange ; uc dieselben zur iunern ; h Höhle zwischen Gehirn und Ectoderm (gez. mit der Camera). Fig.23. Ner. Costae. Längsschnitt der oberen Kopfhälfte. T Tentakel. tn dessen Nerv; tg Ganglion am letzteren; sonst wie zuvor. Fig. 24. Ner. Costae. Längsschnitt ebenda, lateralwärts vom vorigen. tg Gauglion am Tentakelnerven; g, g’ die beiden Abschnitte des a, n Nerv zur dorsalen Kopfhaut; 1 Nerv zur ventralen Kopfhaut. Fig. 25. Lepid. eleg. Abgang eines Nerven (N) aus dem Bauchmarke (Quer- schnitt). m Nervenfasern des' Netzursprunges; nf Nervenfasern directen Ursprunges. kf Riesenfaser; f grössere Nervenfasern; hy Ectoderm; bg Capillargefäss? (gez. m. d. Cam., vergr. Reichert, Imm. XI, 3). Fig. 26. Lepid. eleg. Querschnitt des rechten Kerntheiles des Bauchmarkes, die Anastomose (c) zwischen lateroventral gelegenen Ganglienzellen (C) mit dorso- lateral gelegenen (a b) demonstrirend. Fig. 27. Lepid. eleg. Dasselbe der linken Seite, auf demselben Präparate. Fig. 28. Cerebratulus crassus (Meckelia sommatostomus F, S.). Aus dem äusseren Rande der, Lateralstränge, n Nervenhülle; gz Ganglienzellschichte; nv Schichte des weiten Nervennetzes; h Schichte des engen Nervennetzes (vergrössert Reichert, Imm. XI, 3). Fig. 29. Cerebr. crass. Aus dem Rande der oberen Gehirnanschwellung (vergr. wie zuvor). Fig. 30. Cerebr. crass. Fasern beiderlei Ursprunges des Rüsselnerven (vergr. wie zuvor). Taf. 1V. Fig. 31. Lepid. eleg. Querschnitt aus dem Bauchmarke hinter dem auf Fig. 31. Fig. 32. Lepid. eleg. Die Commissur (com) des ersten Bauchganglions ; de Darmepithel; dm Ringmusculatur desselben (gez. m. d. Camera, vergr. —). Fig. 33. Sipunculus nudus L. Querschnitt durch das Bauchmark. In Nerv; as äussere, in innere Nervenhülle und diesen entsprechend n äusserer, w innerer Marktheil; gz Ganglienzelllage in der ventralen Seite der innern Mark- hälfte; st ventrale Längsfurche; Im linker, om rechter Lateralmuskel (gez. m. d. Camera, vergr. Reichert). Fig. 34. Sip. nudus. Dasselbe um den Nervenursprung zu illustriren (musste, um deutlicher zeichnen zu können, mit der Camera bei völlig ausgezogenem Tubus gezeichnet werden). Fig. 35. Sip. nud. Aus der ventralen Hälfte des Bauchmarkes. m äussere Nervenhülle; b äusserer Bauchmarkstheil; gz Ganglienzellen; ih innere Nerven- hülle mit Oeffaungen, durch welche Bindegewebs- (bg) und Nervenfasern (nf) in die innere Bauchmarkshälfte treten; gs Ganglienzellschichte; zn Netztheil der innern Bauchmarkhälfte; p aus den Ganglienzellen extrahirte Pigmentkugeln (vergr. Reichert, Iimm. XI, 2), (310) Textur des Central-Nervensystems höherer Würmer, 137 Fig. 36. Sip. nud, Ganglienzellen aus der äusseren Bauchmarkhälfte, in dem bindegewebigen Netze liegend , mit theilweise noch enthaltenem Pigmente (vergr. wie zuvor). Fig. 37. Sip. nud. Etwas dorsoventral geführter Horizontalschnitt aus dem Bauchmarke. r äussere ventrale Bauchmarkhälfte ; 1 innere Bauchmarkhälfte ; If Bündel von längsverlaufenden Nervenfasern (vergr. wie zuvor). Fig. 38. Sip. nud. Querschnitt aus dem Bauchmarke, den Ursprang der Nerven demonstrirend; die Stelle bei w entspricht der gleichb>z:ichn:ten auf Fig. 34 (vergr. wie zuvor). Fig. 39. Sip. nud. Aus der dorsalen äusseren Bauchmarkhälfte (a), (vergr. wie zuvor). Fig. 40. Sip. nud. Multipolare Ganglienzelle aus der dorsalen äusseren Bauch- markhälfte (vergr. wie zuvor). Taf, V. Fig. 41. Serpula spee.? Aus dem unteren Schlundganglion; die Stelle vv’ rr‘ auf der folgenden Figur. n die abtretende Commissur zum ersten Bauchmarkgang- lion; m Nervenfasern der oberen Commissur; gz Ganglienschichte der inneren Seite, gz’ dieselbe der lateralen Seite (vergr. Reichert, ®/,). Fig. 42. Serp. Längsschnitt des Subösophageal-Ganglions, wo die zwei Linien die Stelle bezeichnen, wovon das vorige Präparat gezeichnet wurde; sonst wie dort. Fig.43. Serp. Querschnitt durch das Cerebralganglion. ah äussere, ih innere Nervenhülle; m die Verschmelzung derselben; t Rest einer oberen inneren Nerven- hülle; bg Blutgefässe in der inneren Nervenhülle; r Ganglienzellsch ichte. Fig. 44. Lumbricus agricola Hoffan. Qnerschnitt aus dem Bauchmarke den Abgang eines Nerven zeigend. a Nervenfasern directen Ursprunges; b solche des Netzursprunges; nh Nervenhülle; gl Gefässlücke in derselben ; br Blutzellen (Chlor- agonzellen?); gz grosskernige Ganglienzelle; m Muskelfasern (vergr. Reichert, ?/,). Fig. 45. Lumb agric. Zwei anastomosirende Ganglienzellen aus einem Quer- schnitte des Bauchmarkes (vergr. wie zuvor). Fig. 46. Lumb. agric. Querschnitt aus dem Bauchmarke. nh Nervenhülle, m Muskelbündeln in derselben; bgf Hauptarterienstamm des Bauchmarkes (Central- gefäss; a mediane, a’, a’ laterale riesige Nervenfasern; zz mediane Ganglienzellen ; gz grosse laterale Ganglienzellen. Fig. 47. Lumb. agric. Die zwei medianen Ganglienzellen (vorig. Fig. zz) mit ihren Anastomosen. Fig. 48. Lumb. agric. Querschnitt aus dem Bauchmarke, und zwar an einer Stelle, wo ein Nerv (n) abtritt (vergr. wie auf Fig. 46). Fig. 49. Lumb. agric. Ein Stück aus einem Querschnitte, die Auflösung des Fortsatzes (nf) einer Ganglienzelle (r) der linken Hälfte in dem Centralnetze der rechten Seite zeigend (vergr. Reichert, °/,). Fig. 50. Lumb. agric. Horizontalschnitt aus einem Bauchmarkknoten, den Faserverlanf zeigend. Fig.5l. Lumb. agric Querschnitt aus der oberen Hälfte des Bauchmarkes. a mediane, a’, a’ laterale riesige Nervenfasern; cn centrales Nervennetz um dieselben ; p kappenförmig angeordnete Amöboidzellen; bz Amöboidzellen; gz Ganglienzellen; uh Nervenhülle; m, m‘ Muskelfasern in demselben (?), (vergr. Reichert, ®/,). Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft 2. PAR (311) 138 8. Haller: Textur des Central-Nervensyste ms höherer Würmer. Fig. 52. Lumb. agric. Der untere Rand der mittleren Riesenfaser (vergr. Reichert, Imm. XI, 4). Fig. 53. Lumb. agric. Querschnitt der linksseitigen Riesenfaser a‘. bz um- lagernde Amöboidzelle (vergr. wie zuvor). Fig. 54. Lumb. agric. Querschnitt aus dem oberen dorsalen Rande (s. Fig, 48, 144: des Bauchmarkes, kleine multipolare und mit einander anastomosirende Ganglien. zellen zeigend (vergr. wie zuvor). Fig. 55. Lumb. agric. Grosse Ganglienzelle aus der ventralen Bauchmarks- hälfte, in welcher das Protoplasma netzförmige Anordnung zeigt (vergr. Reichert, Imm. XI, 4). Druck von Gottlieb Gistel & Comp. in Wien, I., Augustinerstiasse 12. 2 nn En ee ülen aus dem /oolog. Institut zu Wien, Ba. VI Hett I Taf: Arbe Fr .A.Hölder, k.k. Wien, Verlag v 09,8 y H # » iy Ar art .. ZZ —— en 0 LL 0 L_ ‘ * a Nu ‚Universitäts-Buchhändler Lith.Anst. Julius Klinkha at, LEI Haller, Central -Nervensystenv höherer Würmer. laß I. ag nn & | z r E r3 D Arbeiten aus dem. Zoolog. Institut zu Wien, Bd.VIHeft HIar XI. me Ei: Fig. 12. ENREEER * “es & s 4 I DIE D u RL LS { Be To IS g 3 NR ) > se > Se N Se ne x Rap GL GCHG: ©. = +I>,n 0.0 „ 28 Be | Di ® w Pl 04! | = H 6 D x “ fi ’ rd I ' Pe nn ! / \ r ‚ » N Fig. 14. LETTER Kay I wong { BER N rrzS U.7> XPS CIE a WE, Ar Haller del. Wien, Verlag v.A.Hölder,kk Haller, Central -Nervensystem höherer Würmer. Tafl. “ FG @ AN we \ >, ej-I 2 Netze In ER ’ NAHE a CL) E “ ‘ f Universitäts-Buchhändler. Lith.Anst. Julius Klinkhardt, Leipzig. u * Arbeiten aus dem Zoolog. Institut zu Wien, Bad.VIH, Heft I, Taf XVII. N ’ / « \ Fig.22. € Ay 7 2 ’ | 1 ll a \ı - \ AN r< . | III SITZ Yin N a Te 2 / Inn | | SE DD SEIHFR ST 7% B Haller del. Wien, Verlag v. A.Hölder, | Haller. Central -Vervensystem. höherer Würmer. Taf IM. Sf il M IN ji \ x \ Lith.Anst. Julius Klinkhardt, Leipzig. _ A \ .A.Hölder, N _ ie Wien, Verlag 0% # [3 u t Arbeiten aus dem Zoolog. Institut z aller del. H 3 ud > MT ie % Haller, Central Nervensystem höherer Würmer. Taf. IV. Y 4 » 2 er a MY} [ 5 1) % Liih.Anst. Julius Klinkhardt, Leipzig. ILTafAX. VII. Heft Arbeiten aus dem Zoolog. Institut zu Wien, Bd. N \ un u) aa ve I RIZAN N ; N \A N II RER IN I Ü ” .r 2 ıM mg Y\ - w REN: | | Wien, Verlag v. A.Höl: Haller del. a : F ar I N f ” ’ E} ni ersi äts-Buchhändler. Lith.Anst.Julius Klinkhardt, Leipzig. ARBEITEN AUS DEM ZOOLOGISCHEN INSTITUTE DER UNIVERSITAT WIEN ZVOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. HERAUSGEGEBEN _ VON DI CLAUS, 0. Ö. PROFESSOR DER UNIVERSITÄT UND VORSTAND DES ZOOLOGISCH-VERGL.-ANATOMISCHEN INSTITUTS IN WIEN, DIBEECTOR DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIES!, TOM. VII, II. Heft. Mit 10 Tafeln. WIEN, 1889. ALFRED HÖLDER, K. U. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, _ ROTHENTHURMSTRASSE 15. YUIN-TANZAITIFAU HT 4 AOIERTR 71er Alle Rechte ls WalH ar TITTEN KARGEINUTAR A INHALT EEATERNN ee ‚erru ar AL ABIT TE FAND HER BE ROTEN IbH. Ti JNVv 1207 aa AU Aal R UHSITEER & IOHÄNHBLUNH-ATÄTIENTI TAU dun Pro a ARTE A)RNTHAuTOgN ıd r av . 17 5 e 7 Far a » f 5 [} aa % v u er 2 0 u ä 2‘ un zn ARBEITEN AUS DEM Z/VOLOGISCHEN INSTITUTE DER UNIVERSITÄT WIEN ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. HERAUSGEGEBEN VON DL ELATS, 0, Ö. PROFESSOR DER UNIVERSITÄT UND VORSTAND DES ZOOLOGISCH-VERGL.-ANATOMISCHEN INSTITUTS IN WIEN, DIRECTOR DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIEST, TOM. VIII. Mit 30 Tafeln und 4 in den Text gedruckten Holzschnitten. WIEN, 1889. ALFRED HÖLDER, K. U. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, ROTHENTHURMSTRASSE 15 FELL Band. Inhalt. Claus, Dr. C., Ueber den Organismus der Nebaliden und die syste- matische Stellung der Leptostraken. Mit 15 Tafeln Claus, Dr. GC, Bemerkungen über marine OÖstracoden aus Jen Familien der Cypridinen und Halocypriden ; Grobben, Prof. Dr. Carl in Wien, Zur Morphologie des en Bärners . . . = Claus, Dr. C., ne desÖrganismus Versehen und Heron phylogenetischer Ableitung. Eine Kritik von E. Haeckel’s sog. Medusom-Theorie , : Haller, B. (Ungarn), Beiträge zur ediakke dee Bee dies Oetker Nervensystems höherer Würmer. Mit 5 Tafeln und 4 Holz- schnitten . Claus, Dr. C., Zur BE stassachen ne oe eischan a theilung des Bandwurmkörpers Claus, Dr. C., Ueber neue oder wenig Da anse EN en, insbesondere der Lichomolgiden- und Asco- myzontiden-Gruppe. Mit 7 Tafeln . F ER Pintner, Dr. Theodor, Assistent am k.k. zoologischen nein, Her Wiener Universität, Neue Untersuchungen über den Bau des Band- wurmkörpers. I. Zur Kenntniss der Gattung Echinobothrium,. Mit 3 Tafeln . 155 159 175 313 327 371 tin] yw.i sat sawiiae han. ABdrs lo FagE rar tn aru Ei 1 - ’2 ” - fi M' s sur IR TR 4X Bi | ‚sb anne get ee 2 Wa ‚| a: j uuhz EDEREeTET To I MERUN? IE TiLBE 2; \ Di azı t Vi R, { PEEE u: a er Ber PER « Fe _ « Bin _ Zur morphologischen und phylogenetischen Beurtheilung des Bandwurmkörpers.” Von C. Claus. Schon seit einer Reihe von Jahren vertrete ich in meinen Vorlesungen eine Auffassung des Bandwurmkörpers, welche von der durch Steenstrup aufgestellten und durch die Forschungen v. Siebold’s, van Beneden’s und Rud. Leuckart’s tiefer begründeten T,ehre nicht unerheblich abweicht, jedoch aus dem Zusammenhasge der Thatsachen, sowie auf Grund zahlreicher Forschungsergebnisse jüngeren Datums als die allein richtige und zutreffende abgeleitet werden kann. Die Hauptgesichtspunkte dieser veränderten Auffassung, der übrigens Rud. Leuckart’s!) neueste Bearbeitung der Helminthen in manchen Punkten nicht so ferne steht, finden sich bereits in den letzten Auflagen meiner Lehr- bücher ?2) in kurzen Umrissen markirt; eine präcisere, in zusammen- hängendem Vergleiche versuchte Begründung derselben liegt jedoch meines Wissens bislang nicht vor und soll in nachfolgendem Auf- satze in kurzgedrängter Darstellung versucht werden. Bekanntlich war es das vom Bandwurmleibe losgelöste, mit Eiern und Embryonen erfüllte Glied, die Proglottis, welche der Lehre des Generationswechsels entsprechend als das geschlechts- reife Individuum galt und den Ausgangspunkt beim Vergleiche mit den nahe verwandten, aber höher organisirten Trematoden abgab. *) Gleichzeitig veröffentlicht in der Wiener klinischen Wochenschrift Nr. 36, 5. September und Nr. 37, 12. September 1889. ) Rud. Leuckart, Die Parasiten des Menschen und die von ihnen her- rührenden Krankheiten. Ein Hand- und Lehrbuch für Naturforscher und Aerzte. Leipzig 1879— 1886, Tom. I. 2) C. Claus, Grundzüge der Zoologie. Marburg : 1879. IV. Aufl, Tom. I, I. Lieferung, pag. 388 ete. — Lehrbuch der Zoologie. Illustrirte Ausgaben. II., III. und IV, Aufl. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft 3 22 (313) 2 C., Olaus; Man betrachtete die Proglottis als das Aequivalent des Saugwurms, welcher unter Ausfall von Mund, Darmcanal und Haftorganen mittelst terminaler Sprossung am Hinterende eines als Amme fungirenden, einer anderen Generation zugehörigen Individuums, des Bandwurmkopfes oder Scolex, entstanden, während des Verbandes mit der Gliederkette in dem Hakenkranz und Sauggruben des Scolex einen mit allen übrigen aufgeammten Gliedern gemeinsamen Haftapparat besitze. Die Thatsache, dass es Cestoden gibt, welche wie der Nelkenwurm (Caryophyllaeus) jeglicher Gliederung entbehren und in ihrem einfachen trematoden- ähnlichen Leibe Scolex und Proglottis nicht zur Sonderung bringen, schien mit dieser Anschauungsweise recht gut im Einklange zu stehen und wurde als secundäres Gestaltungsverhältniss in der Weise erklärt, dass die bei dem gewöhnlichen Bandwurm auf zwei Generationen vertheilten Formen, ähnlich wie auch in anderen Fällen des Generationswechsels in Folge vereinfachter und abge- kürzter Entwicklung wieder in ein Individuum zusammengezogen seien (Rud. Leuckart). Nun zeigt jedoch der ganze Zusammen- hang der Erscheinungen, dass thatsächlich das gerade umgekehrte Verhältniss Geltung hat, dass der Generationswechsel der Cestoden nicht als primärer, sondern als secundärer Entwicklungsvorgang in Betracht kommt. Nicht die Proglottis, sondern der gesammte Bandwurmleib, und zwar nicht als Gliederkette, sondern in seiner einfachsten Form als ungegliedeter, den darmlosen, als Verbindungsglieder von Trematoden und Cestoden zu betrachtenden Gattungen Amphilina und Amphiptychesäbnlicher Wurm, wie er durch die Gattung Garyophyllaeus vertreten wird, hat beim Ver- gleiche mit dem Organismus der Saugwürmer, von denen die Cestoden nach der übereinstimmenden Ansicht aller Autoren abzu- leiten sind, den Ausgang zu bilden. Der ungegliederte Bandwurm mit einheitlichem Geschlechtsapparat ist der ursprüngliche Form- zustand gewesen, von welchem aus sich durch weitere und voll- kommenere Anpassung an die günstigen Ernährungs- und Wachs- thumsbedingungen im Innern des Darmcanals erst secundär die gegliederten Bandwürmer mit fortschreitend vollkommener Indi- vidualisirung ihrer beim Wachsthum in der Längsaxe sich wieder- holenden Theilabschnitte entwickelt haben. Den Caryophylläen schliessen sich zunächst die Riemenwürmer (Liguliden) an, in deren bandförmig gestrecktem Leibe sich zwar schon der Ge- schlechtsapparat metamerisch wiederholt, eine entsprechende äussere (314) k Zur morph. und phylog. Beurtheilung des Bandwurmkörpers. 3 Gliederung jedoch noch fehlt; diesen folgen die Bothriocepha- liden mit kurzen, aber scharf ausgeprägten Gliedern, die aber noch nicht, jedes für sich als Einheit, zur Isolirung gelangen, sondern nach Eintritt der Geschlechtsreife in grösseren Abschnitten vom Bandwurmkörper frei werden. Eine höhere Stufe der Indi- vidualisirung wird bei den Taeniaden, von deren Leib sich die Proglottiden einzeln loslösen, die höchste endlich bei manchen Phyllobothrien erreicht, deren Glieder nach der Isolirung sich unter beträchtlicher Grössenzunahme noch weiter entwickeln und geraume Zeit selbstständig existiren (Eechinobothrium). Trotz der Aehnlichkeit, welche zwischen dem Generations- wechsel der Cestoden und dem der Acalephen (Scyphomedusen) besteht und sich so vollständig erweist, dass man für das Stadium der gegliederten Kettenform in beiden Fällen den gleichen Namen „Strobila“ anwendet, haben wir doch die Entstehung desselben in beiden Fällen sehr verschieden zu erklären. Der (Generations- wechsel der Scheibenquallen, welche von einem sich gliedernden zur Strobila gestaltenden Polypen als dessen Theilstücke auf- geammt werden, erscheint gegenüber der einfachen directen Ent- wicklung einzelner Quallen (Pelagia noctiluca)alsursprüng- licher Entwicklungsvorgang von palingenetischer Bedeutung. Dementsprechend repräsentirt auch die am Distalende der Strobila durch Trennung frei werdende Ephyra dem jugendlichen Polypen gegenüber den morphologisch höheren und vollkommener organi- sirten Formzustand. Der bei Pelagia noctiluca verwirklichte Ausnahmsfall directer, mit Ueberspringung der Strobila erfolgter Entwicklung entspricht dagegen einem durchaus secundären Verhältniss und ist erst aus dem Generationswechsel durch Zu- sammenziehung und Abkürzung urd Entwicklung hervorgegangen. Im Gegensatze zu der am Distalende der Acalephen-Strobila losgetrennten Scheibenqualle vertritt die von der Cestoden-Strobila erzeugte Proglottis im Vergleiche zur Ausgangsform des Saug- wurms einen tiefer stehenden, durch Ausfall des Haftapparates und des Darmcanales vereinfachten, gewissermassen rückge- schrittenen Formzustand, für dessen Individualisirung aber gerade die Reduction der Organe Bedingung war. Während dort der Generationswechsel der ursprüngliche und primäre, die an dem- selben Individuum sich vollziehende Metamorphose der erst secundär durch Zusammenziehung und Vereinfachung der Entwicklung ent- standene spätere Vorgang ist, trifft für die Cestoden das gerade umgekehrte Verhältniss zu, und der Generationswechsel ist die 22% (315) 4 C. Claus: später entstandene Entwicklungsform, aus der Metamorphose, welche ein und dasselbe Individuum durchlief, im Zusammenhange mit der Vereinfachung der Organisation und der durch den Para- sitismus im Darme begünstigten Ernährungs- und Wachsthums- bedingungen erst secundär hervorgegangen. Demgemäss haben wir die Entwicklung der Acalephen als Generationswechsel !) zu defi- niren, welcher sich in einzelnen Fällen durch Zusammenziehung und Abkürzung zur Metamorphose vereinfachen kann, die Ent- wicklung der Cestoden dagegen als Metamorphose aufzufassen, welche durch Individualisirung bestimmter Wachs- thumsproducte verschieden compliceirte Formen des. Generationswechsels entstehen lassen kann. Indessen ist in unseren bisherigen Betrachtungen die erste überaus variable Reihe von Entwicklungsphasen,, welche der Scolexbildung vorausgehen, unberücksichtigt geblieben, es ist der mannigfachen und complieirten Vorgänge nicht Rechnung getragen worden, durch welche sich der aus dem befruchteten Ei hervor- gegangene Embryo zum Scolex gestaltet. Gerade dieser Theil der Ontogenie ist aber für unsere Aufgabe von ganz besonderer Be- deutung, nicht nur weil derselbe die Complieation der als Gene- rationswechsel gedeuteten Entwicklungsvorgänge durch das Auf- treten eines zu ungeschlechtlicher Fortpflanzung befähigten und deshalb als Grossamme bezeichneten Stadiums erhöht und somit die Berechtigung jener Deutung verstärkt, sondern auch weil gerade dieser Abschnitt der Entwicklung in erster Linie mit der Trematodenentwicklung in Vergleich zu bringen ist, die ja selbst lange Zeit allgemein als Generationswechsel in Geltung war und, falls die phylogenetische Ableitung der Bandwürmer von den Saug- würmern richtig ist, sich bei jenen, wenn auch in modifieirter Form, wiederholen muss. Bekanntlich durchlaufen sowohl die Distomeen — und nur diese, nicht die Polystomeen können bei dem Vergleiche in Frage kommen — als auch die Cestoden ihre Jugendstadien in anderen Trägern als in denen der Geschlechtsthiere und haben somit !) Die überraschende Aehnlichkeit, welche in den Wachsthums- und Theilungs- erscheinungen der Acalephen- und Cestoden-Strobila, sowie in der Bildung der Ephyren und Proglottiden besteht, hat es verschuldet, dass man den phylogenetischen Gegensatz übersehen und den morphologischen Werth der Geschlechtsgenerationen in beiden Fällen identificiren konnte und alsdann (Götte) in den Irrthum verfiel, auch die Acalephen-Entwicklung nicht als Generationswechsel gelten zu lassen und für eine Metamorphose zu erklären. (316) Zur morph. und phylog. Beurtheilung des Bandwurmkörpers. 5 einen Wirthswechsel zu erfahren Für jene sind es vornehmlich Schnecken und verschiedene Wirbellose, in deren Organismus sich die Jugendformen als sogenannte Keimschläuche (Sporo- eysten ohne Mund und Darm — Redien mit Mund und Darm- schlauch) nebst ihrer Brut, den Oercarien oder Distomeen-Larven, entwickeln; für die Cestoden sind zwar auch Wirbellose, vor- wiegend aber Wirbelthiere die Träger der Jugendstände, welche bier als Cysticercoide oder Cysticercen (Blasenwürmer, Finnen), letztere meist in parenchymatösen Organen encystirt, angetroffen werden. Es kann demnach keine Frage sein, dass wir die Blasen- würmer oder Cysticerceen sowohl als die Cysticercoiden auf die bruterzeugenden Keimschläuche oder auf deren Brut, die Öercarien, zurückzuführen haben, wenn anders die Ableitung der Oestoden von den Trematoden begründet sein soll. Die Wahl zwischen beiden Eventualitäten scheint auf den ersten Blick keine so leichte zu sein und zumal im Hinblick auf die Analogie der Prolification der Blasenwürmer eher zu Gunsten der Keim- schläuche als Aequivalente der Blasenwürmer auszufallen. Indessen zeigt ein näherer Vergleich, dass es sich bei der Prolification nur um analoge, nicht um homologe Vorgänge handelt, da die von den Sporocysten und Redien erzeugten Keimballen, die man früher als Sporen, beziehungsweise als innere Knospen auffasste, mit den Knospen an der Blasenwand der Cysticercen nicht in Parallele gestellt werden können, vielmehr als Bildungen ganz anderer Art zu betrachten sind. Lange Zeit freilich galten dieselben, solange eben die Deutung der Distomeen-Entwicklung als Generations- wechsel unangefochten war, als Producte einer ungeschlechtlichen Fortpflanzung, als Sporen oder Keimkörner, bis die Entdeckung der Paedogenese bei Dipterenlarven und die frühzeitige, zuweilen schon während der Eifurchung!) eintretende Sonderung der ersten Sexualzellen zu einer ganz anderen Auffassung hinführte, einer Auffassung, welche durch das an und für sich schon höchst un- wahrscheinliche Vorkommen von Sporenbildung bei Metazo&n be- kräftigt, gegenwärtig wohl die allgemein herrschende geworden ist. Demgemäss hält man die sogenannten Keimzellen im Körper der Sporocysten und Redien für frühzeitig gesonderte und im Larvenkörper zur Entwicklung gelangte Zellen der Ovarialanlage, !) Vergl. ©. Grobben, Die Entwicklungsgeschichte der Moina rectirostris. Arbeiten aus dem zoologischen Iustitute in Wien und der zoologischen Station in Triest, Wien 1879, Tom. II. (317) 6 0. Claus: für parthenogenetisch sich entwickelnde Eier!) und fasst die Distomeen-Entwicklung nicht mehr als Generationswechsel, sondern als eine Form von heterogener Fortpflanzung oder Heterogonie auf. Den Sporocysten und Redien würde alsdann lediglich die Bedeutung von rückgebildeten oder zu Gunsten einer raschen und reichlichen Brutproduction in ihrer Ausgestaltung gehemmten Larven- formen zukommen, sie würden auf verschiedenen Stufen der Ent- wicklung zurückgebliebenen Larvenformen entsprechen und morpho- logisch als vereinfachte, bruterzeugende Cercarien zu betrachten sein. Demnach würde also lediglich die Cercarie als Aequivalent des Cysticercoids oder Cysticercus in Frage kommen. Nun gestattet diese Larve in der That einen unmittelbaren und ungezwungenen Vergleich mit denjenigen Entwicklungsformen des Scolex, welche wir auch aus einer Reihe anderer Gründe als die primären und ursprünglichen zu betrachten haben. Es sind dies die kleinen, erst verhältnissmässig spät bekannt gewordenen, im Körper von Wirbellosen lebenden Cysticereoiden. Während man früher geneigt war, das Cysticercoid auf eine vereinfachte und der Grösse nach reducirte Finne zurückzuführen, als einen Cysticercus anzu- sehen, dessen Blase in Zusammenhang mit dem ungünstigeren Nährboden geschrumpft und zu einem kleinen, kaum den Leib des Scolex in sich aufnehmenden Anhang rückgebildet sei, wird man nunmehr umgekehrt den Blasenkörper der Finne aus dem ver- grösserten und durch Ansammlung einer wässerigen Flüssigkeit blasig aufgetriebenen Schwanzanhang des Oysticercoids abzuleiten und als von diesem aus entstandene, dem parasitischen Aufenthalt im Vertebratenleibe angepasste secundäre Modification zu beurtheilen haben. Dass thatsächlich diese Auffassung die zutreffende ist und nicht der Cysticercus, sondern das Cysticercoid den primären Zustand repräsentirt, von dem aus wir erst jenen abzuleiten haben, wird nicht nur von vornherein aus dem einfacheren Bau und der geringeren Grösse, sowie aus dem Aufenthalt im Körper der phyletisch ältern Wirbellosen wahrscheinlich, sondern durch die überraschende Aehn- lichkeit in der Formerscheinung, welche zwischen gewissen Uysti- cercoiden und Cercarien besteht und eine unmittelbare Homologi- sirung beider möglich macht, erhärtet und bestätigt. 1) Diese zuerst von CO. Grobben in der citirten Arbeit ausgesprochene Deutung wurde seither auch von anderen Forschern in ganz ähnlicher Weise wieder- holt und dürfte gegenwärtig wohl ziemlich allgemein als die richtige aufgenommen sein. Vergl. auch H. Schauinsland’s Beitrag zur Kenntniss der Embryonal- entwicklung der Trematoden. Jena 1883. (318) Zur morph. und phylog. Beurtheilung des Bandwurmkörpers. 7 Schon das zuerst von Stein beschriebene Cysticercoid der Wegeschnecke erinnert durch seine in Körper und Schwanzanhang abgeschnürte Gestalt an die Trematodencercarie. In ungleich höherem Grade tritt diese Uebereinstimmung an dem in Naideen lebenden Archigetes Sieboldii hervor, einem schon im Larvenzustande geschiechtsreif werdenden, dem Nelkenwurme verwandten Caryophyl]- laeiden. Nach Rud. Leuckart’s!) Worten besteht derselbe „gleich der Cercarie aus einem abgeflachten ovalen Körper und einem cylin- drischen Schwanztheile, der in eine grubenförmige Vertiefung des hinteren Leibesendes eingeführt ist“, so dass man ohne genaue Unter- suchung eine Üercarie vermuthen würde. Nicht minder gross ist die Aehnlichkeit des in der Hundelaus und im Floh sich entwickelnden Öysticercoids der auch im Darm des Menschen auf- tretenden Taenıia elliptica=cucumerina, von dessen vollstän- diger Körperform nebst Schwanzanhang wir erst jüngst durch die Beobachtungen von Grassi?) und Rovelli Kenntniss erhalten haben. Zutreffend erkannten beide die Homologie von Körper und Schwanzanhang mit den gleichen Theilen der Cercarie, wenn sie auch darin vielleicht zu weit gingen, die vordere Einstülpung des Cysticercoids als Aequivalent der Mundhöhle, das Rostellum als den vorgestülpten Bulbus und die Höhlung des Körpers ohne ausreichende Anhaltspunkte als die Anlage des Mitteldarmes zu bestimmen. Dieser Gleichstellung entspricht auch die mit dem Cercarien- schwanze anscheinend übereinstimmende Entwicklung des Schwanz- anhanges, welchen man auch mit Rücksicht auf die Lage der Embryonalhäkchen für den vergrösserten Leib des sechshakigen Embryo gehalten und demgemäss als „Kopfbildner“ bezeichnet und als Amme des vermuthlich erst später entstehenden Scolex ge- deutet hatte. In Wahrheit aber repräsentirt derselbe keineswegs den gesammten Embryonalkörper, sondern nur den verschmälerten Theil desselben, an welchem sich ähnlich wie an dem sich zur Cercarie entwickelnden Zellenballen der Keimschläuche ein ver- breiterter Abschnitt als Körper und ein verjüngter als Schwanz- anhang) abheben. Damit aber wird auch die Bedeutung des Oysti- !) Rud. Leuckart, Archigetes Sieboldii, eine geschlechtsreife Cestoden- amme,. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Supplementband. 1878, Tom. XXX, ?) Embryologische Forschungen von Prof. Battista Grassi und Dr. Giuseppe Rovellji, Centralblatt für Bacteriologie und Parasitenkunde. Cassel 1889, V. Band, Nr. ]1]. ”) In vollem Gegensatze zu dieser durch Grassi’s Beobachtungen über die Entwicklung der Cysticercoide von Taenia elliptica und murina wohlbe- (319) 8 C. Claus: cercoids und des von diesem abzuleitenden Blasenwurms als Indi- viduum ausser Zweifel gestellt, jener Anschauung gegenüber, welche in dem Blasenwurm einen aus wenigstens zwei Individuen zusammengesetzten Thierstock zu erkennen glaubte, gebildet aus dem zum Schwanzanhange, beziehungsweise Blasenwand des Oysticercus umgestalteten Embryo und dem von diesem erst durch Knospung erzeugten Scolex oder Bandwurmkopf. Die Veränderungen, welche die Trematodenlarve bei ihrem Uebergang zur Cestodenlarve erfuhr, betreffen im Anschluss an die Rückbildung des Darmkanals und der hiermit eingetretenen Ver- einfachung der Organisation auch den vorderen, mit Sauggruben ‚ und Chitinhäkchen bewaffneten Körpertheil, welcher sich frühzeitig in den hintern einstülpte und von diesem wie von einer schützenden Hülle umschlossen wurde. Das offenbar vorhandene und durch diesen Vorgang einigermassen befriedigte Schutzbedürfniss dürfte auch den Functionswechsel des Schwanzes bestimmt haben, welcher sich aus einem den Ortswechsel vermittelnden Bewegungs- organe zu einer grösseren oder kleineren, den gesammten Scolex in sich aufnehmenden Blase gestaltete, oder auch und zwar überall da, wo bereits die Invagination des Scolexkopfes in den Scolexleib einen ausreichenden Schutz gewährte, zu einem anscheinend funetionslosen Rudimente rückbildete, um schliesslich auch ganz hinwegzufallen (Bothriocephalus). Im ersteren Falle, wo der Schwanz zu einer umfangreichen, mit wässeriger Flüssigkeit sich füllenden Blase wurde, vermochte derselbe aber bei seiner mächtigen Grössenzunahme noch eine zweite bedeutungsvolle Function, die der Prolifiecation, zu gewinnen und zahlreiche Seolices (Coe- nurus), beziehungsweise Brutkapseln mit Scolices, direct oder erst durch Vermittlung von Tochter- und Enkelblasen (Echinococeus) durch Knospung hervorzubringen. Während sich die Metamorphose nach der einen Richtung bin, im Falle von Rückbildung und Aus- fall des Schwanzanhanges, zu einer mehr directen Entwicklung verein- fachte, complieirte sich dieselbe nach der anderen hin zu verschiedenen Formen des Generationswechsels, bei denen gewissermassen als Ersatz für die durch den Ausfall der Pädogenese herabgesetzte Productivität dem Bedürfnisse der Brutvermehrung auf einem gründeten Zurückführung betrachtet Villot den Schwanzanhang der Cysticercoiden als eine durch Knospung am Embryo entstandene Nenbildung, ohne jedoch seine auch der älteren Auffassung des Schwanzanhanges als Embryonalkörper Jiametral gegenüberstehende Behauptung bewiesen zu haben. Villot, M&moire sur les Cysti- cerques des T@nias. Annales de sc. nat. 1883, Tom. XV, (320) Zur morph. und phylog. Beurtheilung des Bandwurmkörpers. g anderen neu erworbenen Wege — durch Knospung an der vergrösserten Blasenwand — Genüge geleistet wurde. Das von gewissen Blasenwürmern (Öoenuren und Echi- nococcen) erst secundär erworbene Prolificationsvermögen war mit Unrecht in gleicher Weise wie die Proglottidenbildung der Strobila für die Deutung der gesammten Bandwurmentwicklung massgebender Ausgangspunkt, indem man von demselben aus den Scolex als Knospungsproduct des Embryos, die Proglottis als solches vom Scolex beurtheilte und im Anschlusse an die Auf- fassung der individualisirten Theilstücke des Bandwurmleibes als Geschlechtsthiere das complicirte fünfgliedrige Schema für die Cestoden-Metagenese aufstellte, in welchem der Embryo, als Grossamme, der Scolex als Amme, die Proglottis als Ge- schlechtsthier und die den Verband von Grossamme und Amme, sowie von Amme und Geschlechtsthier vermittelnden Oysticereus- und Strobila-Formen als polymorphe Thierstöcke figurirten. So hat denn die Metamorphose der parasitischen Platy- helminthen, welche in der Trematodengruppe durch die Pädo- genese der als Sporocysten und Redien bezeichneten Jugend- zustände zu einer lange Zeit für Generationswechsel gehaltenen Heterogorie führte, bei den Gestoden durch Individualisirung von Knospungs- und Theilungsproducten bestimmter Entwicklungs- zustände verschiedene mehr oder minder complicirte Formen des (Generationswechsels entstehen lassen, deren Modificationen aus dem dargelegten Zusammenhange ungezwungen erklärt und ver- standen werden. Sowohl die Knospung an der Blasenwand der Cysticercen als die Abschnürung und Trennung von Theilstücken am Band- wurmkörper finden sich aber schon in der Distomeenentwicklung vorbereitet, jene in dem Sprossungsvermögen gewisser Sporocysten (Leucochloridium), diese sowohl in der regelmässigen Trennung zwischen Öercarienleib und Schwanz als in den Theilungsvorgängen, welche gewisse Sporocysten (z. B. die der Cercaria minuta) und Redien (die der Cercaria echinata und fulvopunctata) erfahren. Dass auch der in erster Linie als Bewegungsorgan fungirende Schwanzanhang als ein zur Individualisirung befähigtes Theilstück des Körpers aufzufassen ist, ergibt sich aus der über- raschenden, schon vor mehreren Decennien von Alex. Pagen- stecher!) für Bucephalus behaupteten und erst neuerdings TEE %) Alex. Pagenstecher, Trematodenlarven und Trematoden. Helmintho- logischer Beitrag. Mit 6 Tafeln. Heidelberg 1857. (321) 10 0. Claus: von Ercolani!) bestätigten und noch in mehreren anderen Fällen constatirten Thatsache, dass sich derselbe zu einem bruterzeugenden Theilstücke wie zu einer Sporocyste gestalten kann, ein Verhalten, welches auch den Gegensatz von Schwanzanhang des Cysticercoids und Öysticercusblase zu dem invaginirten Halse oder Laibe des Scolex aufhellt und diesen als einen weiteren Theilabschnitt des Wurmkörpers erscheinen lässt, welcher sich vor Eintritt der Pro- glottidenbildung vielleicht regelmässig vom vordersten den eigent- lichen Kopf repräsentirenden Abschnitt abtrennt und morphologisch dem Schwanztheil keineswegs so scharf gegenübersteht. Wenn es eine wohl berechtigte und durch den Zusammenhang der Thatsachen gut begründete Annahme ist, dass ähnlich, wie sich die zahllosen, in so mannigfachen Abänderungen variirenden und oft in so bizarren Formen auftretenden Schmarotzerkrebse aus freilebenden Crustaceen entwickelt haben, so auch die Eingeweidewürmer durch Anpassung an eine parasitische Lebensweise und an die durch dieselbe modificirten Existenzbedingungen aus freilebenden Wurm- formen hervorgegangen sind, so wird für die Platyhelminthen dar- über keine Meinungsverschiedenheit bestehen können, dass es die den Trematoden so nahe verwandten Planarien waren, denen sie ihren Ursprung verdanken. Indem dendrocöle Strudelwürmer des süssen und salzigen Wassers das freie Leben mit einem parasiti- schen vertauschten und den neuen Liebensbedingungen Form und Bau des Körpers anpassten, die äussere Wimperbekleidung (bis auf Ueberreste im Larvenalter) verloren, dagegen Sauggruben und Haftorgane mancherlei Art erwarben, wurden sie zu Trematoden, welche im Anschluss an die leichtere und günstigere Ernährung im Körper eines Wirthes eine weit grössere Nachkommenschaft zu erzeugen vermochten. Complieirter und schwieriger wird die nähere Vorstellung von diesen Vorgängen durch die Thatsache, dass es bei so zahlreichen Trematoden und wohl durchweg bei den für uns in Frage kom- menden Distomeen zwei verschiedene Träger sind, auf welche sich die Lebensgeschichte der Art vertheilt. Der eine Träger fungirt gewissermassen als Zwischenwirth und bringt den in ihn eingedrungenen Parasiten nur bis zu einem bestimmten Stadium der Entwicklung, er birgt in seinem Körper die, wenn auch in diesem Zustand bereits fortpflanzungsfähige Jugendform. Der zweite Träger nimmt die letztere, auf dem Wege activer ') G.B. Ercolani, Nuove ricerche sulla storia genetica dei Trematodi. 1881, Tom. I und 1882 Tom. II. (322) Zur morph. und phylog. Beurtheilung des Bandwurmkörpers. 11 oder passiver Wanderung zugeführt, in sich auf und bringt sie zur vollen Ausgestaltung und sexuellen Reife, er beherbergt das Geschlechtsthier. Sind nun, und diese Frage hat bereits Rud. Leuckart!) scharfsinnig aufgeworfen, „die Zwischenwirthe erst nachträglich in die Lebensgeschichte der Helminthen eingeschaltet“ oder sind dieselben „die ursprünglichen genuinen Träger, die An- fangs ihre Eingeweidewürmer auch zur Geschlechtsreife brachten, später aber dadurch zu Zwischenträgern degradirt wurden, dass die Entwicklungsgeschichte der Insassen durch Weiterbildung und Differenzirung über eine grössere Zahl von Stadien sich aus- dehnte“. Der erstere Fall würde, um uns E. Haeckel’s mar- kanter Ausdrucksweise zu bedienen, einem cenogenetischen, der zweite einem palingenetischen Verhältnisse entsprechen, in jenem würden die Redien und Sporocysten erst später (als die Geschlechtsthiere) entstandene, durch Anpassung secundär und cenogenetisch veränderte Zustände sein, in diesem dagegen bereits früher vorhandene, phyletisch ältere und einstmals sexuell ent- wickelte Formen bedeuten. Wenn sich nun Rud. Leuckart sehr entschieden für die zweite Eventualität ausspricht und zur Be- gründung auf die Thatsache hinweist, dass gegenwärtig fast sämmt- liche Entozoen im geschlechtsreifen Alter im Organismus der Wirbelthiere leben, deren Ursprung doch zweifelsohne jüngeren Datums sei, so glaube ich nicht, dass er das Richtige ge- troffen haben dürfte. Abgesehen von dem Umstande, dass Fische und andere wasserlebende Vertebraten bereits zur paläozoischen Zeit existirten, und schon aus diesem Grunde das herangezogene Argument keine Beweiskraft besitzt, so scheint mir ein anderer Umstand zur Widerlegung seiner Anschauung wenigstens für die Platyhelminthen ausreichend, ich meine die grosse Uebereinstimmung, welche zwischen Trematoden und dendrocölen Strudelwürmern in der Organisation des ausgebildeten Geschlechtsthieres besteht, eine Uebereinstimmung, welche, falls jene Anschauung zutreffend wäre, nur durch eine zumal im Hinblick auf den Gegensatz der Lebens- bedingungen höchst unwahrscheinliche Convergenz der Entwicklung erklärt werden könnte. Damit ist nun aber noch keineswegs die Nöthigung gegeben, die Zwischenträger der Jugendzustände als erst nachträglich in die Lebensgeschichte der Helminthen eingeschaltet zu betrachten ; vielmehr wird man recht gut die Vorstellung aufrecht erhalten N) Rad. Leuckart, Die Parasiten des Menschen. 2. Heft, Tom. I, Cl. pag. 148. (323) 12 C. Claus: können, dass die jugendlichen Würmer schon beim Beginne des phyletischen Vorganges in Wirbellose einwanderten, hier aber ihre volle Ausbildung und geschlechtliche Reife nicht zu erreichen ver- mochten, dagegen durch die veränderten Ernährungsbedingungen eine den Verhältnissen entsprechende zweckmässige Umgestaltung erfuhren, vermöge der sie selbst oder erst in ihren paedogenetisch erzeugten Nachkommen den Zwischenträger mittelst activer oder passiver Wanderung. wieder verlassen konnten und nun unter günstigere Ernährungsbedingungen in den Organismus eines Verte- braten übergeführt, in ihrem nenen Wirth, als dem definitiven Träger des Geschlechtsthieres, ihre morphologische Ausgestaltung und digen-sexuelle Ausbildung erlangten. In dieser Weise dürfte der so regelmässig in der Lebensgeschichte der Helminthen auf- tretende Zwischenwirth und die Vertheilung der Entwicklungs- phasen auf zwei (oder mehrere) Träger eine ungezwungene Er- klärung finden. Auch wird es ganz begreiflich erscheinen, dass bei zahlreichen Eingeweidewürmern nicht eine einzige, sondern mehrere !), meist einander nahestehende Thierarten als Zwischen- wirthe derselben Wurmart gefunden werden, und dass sich Gleiches auch für die Träger der geschlechtsreifen Helminthen wiederholt. Wenn nun schon bei den ihrer Stammesentwicklung nach auf dendrocöle Turbellarien zurückzuführenden Trematoden die Zwischenwirthe nicht die ursprünglichen Träger der geschlechts- reifen Würmer gewesen sind, so kann dies Verhältniss umsoweniger bei den aus jenen hervorgegangenen Cestoden bestanden haben ; weder Cystieercen noch Cysticercoide werden jemals in ihren Wohnthieren die ursprünglichen Endglieder mit digener Fortpflanzung in der Lebensgeschichte der Helminthenart repräsentirt haben. Wie die Larven der Trematoden gelangten auch die Jugendformen der ältesten !) Für manche Eingeweidewürmer scheint eine besonders grosse Anpassungs- fähigkeit an die Ernährungsbedingungen im Körper der Träger zu bestehen, durch welche das Vorkommen ein und derselben Entozoenart in verschiedenen, selbst ent- fernter stehenden Wohnthieren erklärlich wird. Beispielsweise wird das aus der Cercaria echinata verschiedener Schneckenarten hervorgehendeDistomum echi- natum nicht nur im Darm der Ente und anderer Wasservögel, sondern auch in dem des Hundes, der Ratten und Mäuse geschlechtsreif. Der zur Taenia solium gehörige Cysticercus cellulosae lebt nicht nur im Körper des Schweines, sondern auch in den verschiedensten Organen des Menschen, und ist auch in den Muskeln des Rehes, des Hundes und der Katze gefunden worden. Taenia elliptica kommt nicht nur im Darm der Katze, sondern auch (cucumerina) in dem des Stuben- hundes und des Menschen vor. Man denke ferner an die Verbreitung des Ecchino- coccus, sowie zahlreicher Nematoden, insbesondere der Trichina spiralis im Körper der verschiedensten Säugethiere. (324) Zur morph. und phylog. Beurtheilung des Bandwurmkörpers, 13 im Darm von Fischen und anderen wasserbewohnenden Vertebraten lebenden Cestoden in Wirbellose und gestalteten sich hier an Stelle der Redien und Üercarien zu Cysticercoiden. Erst später, mit dem Erscheinen der Vögel und Säugethiere, traten dann die Taeniaden zur Erscheinung, deren Jugendzu- stände nur theilweise noch in Wirbellosen verblieben, zum grössern Theile aber in Wirbelthiere überwanderten und sich im Körper der- selben aus Uysticercoiden zu Blasenwürmern gestalteten. Man wird durch diese Betrachtungen an die Lehre von v. Siebold’s erinnert, welcher die Blasenwürmer als in unrechte Thiere verirrte und hier in fremdem Wohnort hydropisch gewordene, entartete Bandwürmer auffasste und demgemäss lange Zeit die Bedeutung der Blasen- würmer als normale Jugendzustände der Cestoden leugnete. In der That würden wir in der stammesgeschichtlichen Entwicklung von Verirrungen mit demselben Rechte reden können, wie bei frei lebenden Thieren, von denen einzelne Individuen über den Ver- breitungskreis der Art hinaus in fern gelegene, durch mächtige Schranken getrennte Wohngebiete verschlagen werden, und hier in Folge der völlig veränderten Ernährungsbedingungen zur Ent- stehung neuer Arten und Artengruppen Anlass geben. Selbst die Vorstellung der hydropischen Entartung würden wir, da bei physio- logischen Vorgängen Normales und Pathologisches nicht scharf und nur insoweit dem Begriffe nach abzugrenzen ist, als die letzteren Vorgänge störende unddem Leben desIndividuums nachtheilige Folgen mit sich bringen, für berechtigt halten‘), freilich in einem ganz andern Sinne als in dem der Siebold’schen Lehre, welche der Transmutationsidee ganz und gar fern stand und den Ergebnissen vonKüchenmeister’s und R. Leuckart’s Forsch- ungen gegenüber lediglich einen Irrth um vertheidigte. Es ist daher eine arge, schwer begreifliche Uebertreibung, wenn E. Haeckel?), welcher das phylogenetische Verhältniss der Cestoden in ähnlicher Weise beurtheilt, v. Siebold das Verdienst vindicirt, zuerst die wahre Erklärung gefunden und den Weg gezeigt zu haben, auf welchem wir zu einem causalen Verständnisse der ontogenetischen Erscheinungen gelangen können. Nur ein einziger Ausnahmsfall eines bereits im ceysticercoiden Zustand geschlechtsreif gewordenen Bandwurmes ist bislang be- kannt geworden, er betrifft den von seinem Entdecker, Ratzel, !) C. Claus, Grundzüge derZoologie. 4. Auflage, 2. Lieferung, 1879, pag. 389. ?) E. Haeckel, Metagenesis und Hypogenesis von Aurelia aurita. Jena 1881, pag. 33. (325) 14 C. Claus; Zur morphol. und phylog. Beurtheilang etc. als Caryophyllaeus appendiculatus beschriebenen, aber erst von Rud. Leuckart als vollkommen geschlechtsreifen und fortpflanzungsfähigen Wurm nachgewiesenen und zum Vertreter einer besonderen Gattung Archigetes erhobenen Parasiten aus der Leibeshöhle der Naideen. Wenn dieser Ausnahmsfall der An- nahme des berühmten Helminthologen, dass die in den Zwischen- wirthen lebenden Jugendzustände ursprünglich die Geschlechts- thiere gewesen seien, eine noch festere Unterlage zu geben schien, so dürfte es dem gegenüber im Hinblick der erörterten Beziehungen weit natürlicher sein, in diesem Falle kein ursprüngliches und aus- nahmsweise verbliebenes Verhältniss zu erkennen, sondern denselben im Sinne einer secundären Zurückverlegung des Reifezustandes der Sexualorgane in das Larvenstadium zu beurtheilen, ähnlich, wie auch encystirte Jugendstadien von Trematoden (sasterostomum gracilescens in Cysten von Gadus und Distomum agamos der Gammarinen) geschlechtsreif werden können. Die von Rud. Leuckart auf Grund seiner Deutung dem Saenuris-Parasiten beigelegte Bezeichnung Archigetes (Ahn- herr) würde auch unserer abweichenden Beurtheilung gegenüber insoweit eine zutreffende bleiben, als es sich in Archigetes um einen Caryophyllaeiden ohne Proglottidenbildung mit einfachem Ge- schlechtsapparat handelt, in diesem Sinne aber würde sie um so rückhaltloser unsere Zustimmung finden, als mit derselben nicht nur die Auffassung des ungegliederten Bandwurmes — im Gegen- satze zur Proglottis — als Aequivalent des Trematoden erhärtet, sondern auch in weiterer Öonsequenz die in obiger Darlegung ver- suchte Zurückführung des Bandwurmkörpers überhaupt bestätigt sein dürfte. Uebrigens erscheint bei unserer zur Zeit noch unvollstän- digen Kenntniss der Archigetes-Entwieklung die Möglichkeit keines- wegs ausgeschlossen, dass dieser interessante Parasit auch noch sein Caryophyllaeusstadium im Darm der Fische besitzt und nur unter bestimmten Bedingungen im Naideenleib zur digenen Reife gelangt, dass vielleicht hier ein ähnlicher Dimorphismus vorliegt, wie wir ihn durch Zeller’s treffliche Arbeit für Polystomum integerrimum mit seinen zwei geschlechtsreifen Formen an den Kiemen der Frosch- larve und in der Harnblase des Frosches kennen gelernt haben. Aussee, im August 1889. (326) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Gopepoden, insbesondere der Liehomoleiden- und Aseomyzontiden-6Frupp®e. Von C. Claus. Mit 7 Tafeln. Als ich im Laufe des Winters die zwischen Meeres-Algen vorkommenden Peltidien untersuchte, wurde ich auf einzelne mit denselben an gleichem Orte vorkommende Copepoden aufmerk- sam, welche am Körper wirbelloser Thiere, vornehmlich von Aseidien, Echinodermen und Nacktschnecken als Parasiten leben und von ihrem normalen Aufenthaltsort zwischen die an Steinen befestigten Algen gelangt waren. Einzelne der- selben fanden sich, wenn auch vereinzelt, doch so regelmässig, dass ein zeitweiliges Verlassen des Trägers und freies Umher- schwimmen an seichten Stellen der Uferzone zu den Lebensbedin- gungen dieser Thierformen zu gehören scheint, die deshalb auch nicht mit Unrecht als Halbparasiten bezeichnet worden sind. Dem- gemäss hat sich auch die Gliederung des Leibes und insbesondere der Bau der 4 Ruderfusspaare in so vollständiger Uehereinstimmung mit dem der freilebenden Cyclopiden erhalten, dass man unsere überaus rasch schwimmenden Thiere ohne Untersuchung der Mundtheile leicht mit jenen verwechseln kann. Es handelt sich hier vornehmlich um Lichomolgiden und Ascomyzontiden, um Formengruppen, die sich ihrer Körper- gestalt und Gliederung nach so überraschend ähnlich verhalten, dass man sie trotz der grossen Verschiedenheiten im Bau der Mund- theile vereinigen zu können glaubte und die Berechtigung ihrer Sonde- (327) 2 0. Claus: rung als verschiedene Gruppen bestreiten konnte. Da nun über- haupt unsere Kenntniss von diesen Formen eine noch recht lücken- hafte ist und gerade die jüngsten Publicationen auf diesem Gebiete manches Unrichtige gebracht haben, dessen Beseitigung schon als Fortschritt gelten kann, so habe ich die sich mir bietende Gelegen- heit zur genaueren Untersuchung einer Reihe von neuen oder wenig bekannten Formen dieser Halbparasiten benützt und die Ergebnisse meiner Beobachtungen im Nachfolgenden zusammen. gestellt. I. Lichomolgiden. Liehomolgiden sind unter den an Steinen zwischen Algen gefischten Harpacticiden und Peltidien nicht selten. Offenbar ge- langen dieselben an diesen Aufenthaltsort vom Leibe ihrer an gleicher Oertlichkeit lebenden Träger, an deren Integument oder Kiemen sie parasitisch leben. Ausser dem an Doriopsis und verwandten Nacktschnecken vorkommenden L. Doridicola wurden zwei Liechomolgiden beob- achtet, welche an Actinien (Anemonia) schmarotzen, und von denen die grössere Form eine von L.Actiniae D. V. verschiedene Licho- molgus-Art ist, die kleinere aber einer besonderen Gattung angehört, Auch fanden sich noch einige andere bisher unbekannt gebliebene Formen, deren Wohnthier nicht bestimmt werden konnte. Die nähere Untersuchung derselben gab mir Veranlassung, noch einmal auf diese Familie zurückzukommen, und irrthümliche Angaben, welche in jüngerer Zeit mehrere Beobachter, Kossmann!) und A. della Valle2), über diese und verwandte Copepoden veröffentlicht haben, richtigzustellen. Ich darf wohl in Erinnerung bringen, dass Thorell:), welcher die Gattung Lichomolgus aufgestellt und einige Arten derselben sorgfältig beschrieben hatte, in der Deutung der Mundtheile weniger glücklich gewesen war, indem er die Maxillen als Taster des voraus- gehenden Gliedmassenpaares betrachtete und dieses als erstes Kiefer- paar bezeichnete, dagegen das Vorhandensein von Mandibeln leugnete. Eine weitere Consequenz dieses Irrthumes war die Eintheilung !) Robby Kossmann, Zool. Ergebnisse einer im Auftrage der königl. Akademie der Wissensch. in Berlin ausgeführten Reise in die Küstengebiete des rothes Meeres. IV. Entomostraca. Leipzig 1887. ®) Della Valle, Sui Coriceidi parasiti e sull’ anatomia del gen. Lichomolgus. Mittheilg. aus der zool. Station Neapel. 1881, Heft 1. 3) T. Thorell, Bidrag till Kännedomen om krustaceer, som lefva i arter af Slägtet Ascidia L. K. V. Akad. Handl. T. 3, Nr. 8. (328) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 3 der Copepoden in Gmnathostomen, Poecilostomen und Siphono- stomen, von denen die Poecilostomen (mit den Familien Cory- caeiden, Miraciden, Sapphiriniden, Ergasiliden, Monstrilliden, Chondracanthiden und Lamippe) der Mandibeln entbehren, dagegen die drei den Maxillen und beiden Kieferfüssen entsprechenden Kieferpaare besitzen sollten. Nachdem ich zuerst in meinen „Beiträgen zur Kenntniss der Entomostraken*!) die Mundwerk- zeuge von Sapphirina und Lichomolgus (Sepicola) be- schrieben und richtig gedeutet hatte, war es mir leicht), den Irr- thum Thorell’s aufzudecken und die von ihm für das System ver- werthete Folgerung zurückzuweisen. Gleichwohl gelangte die richtige Auffassung nicht sogleich zur allgemeinen Anerkennung, und es versuchten noch einzelne Forscher, an der Spitze derselben Thorell, den Mangel der Mandibeln für die Poecilostomen aufrecht zu erhalten. Ebenso unrichtig als Thorell’s Deutung war die von dieser abweichende Meinung, welche Claparede:) über die Mundtheile von Liehomolgus und den von ihm an Spirographis aufgefundenen Sabelliphilus aussprach. Nach derselben sollten die Mandibeln zwar vorhanden, aber miteinander zu einer median getheilten Platte verschmolzen sein. Es konnte mir nicht schwer fallen, durch nochmalige genaue Untersuchung der Mundtheile von Liehomolgus und von Sabelliphilus nachzuweisen t), dass Claparede die beiden Seitenlappen der ÖOberlippe mit den Mandibeln confundirt und für die verwachsenen Oberkiefer ausgegeben hatte, während von ihm die Maxillen ganz übersehen und die vorderen Maxillarfüsse als „Maxillen“, ihr gezahntes Endglied als „Palpen“ gedeutet waren. Auch gab ich eine die Rich- tigkeit dieses Sachverhaltes beweisende Abbildung der Mundtheile in situ (Fig. 3 des eitirten Aufsatzes) und zeigte zugleich, dass Sabelliphilus der Familie der Lichomolgiden zugehöre. 1) ©. Claus, Beiträge zur Kenntniss der Entomostraken. Marburg 1860. ?) C. Claus, Die frei lebenden Copepoden mit besonderer Berücksichtigung der Fauna Deutschlands, der Nordsee und des Mittelmeeres. Leipzig 1863, pag. 28. — Derselbe, Beiträge zur Kenntniss der Schmarotzerkrebse. Zeitschr. f. wiss, Zoul. Tom. XIV (Bomolochus), pag. 373—379. — Derselbe, Neue Beiträge zur Kenntniss parasitischer Copepoden nebst Bemerkungen über das System derselben. Ebendas, 1875, Tom. XXV, pag. 5, 20—22, Taf. XXIII, Fig. 28. °®) Ed. Clapar&de, Note sur les Crustaces Copepodes parasites des Annelides et description du Sabelliphilus Sarsii. Ann. des sc. nat. Tom. XIII. 1870. *) C. Claus, Ueber Sabelliphilus Sarsii und das Männchen desselben. Zeit- schrift f. wiss. Zoologie. 1875. Tom. XXVT, Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete, Tom, VIIT, Heft 3. 23 (329) 4 C. Claus: Umsomehr war ich einige Jahre später überrascht, in der von A. della Valle publieirten Abhandlung über parasitische Cory- caeiden zu lesen: „il Clapar&de non riconobbe la distinzione delle mandibole dal labbro“, „Nello stesso errore & caduto il Claus, il quale, pur rimproverando al Clapar&de la poca esattezza di osservazioni, afferma l’esistenza delle mandibole, ma figura e descrive queste come rappresentate da due „sichelförmigen, feinbehaarten Stileten“ che poi infine non esistono niente affatto, ovvero debbono essere stati semplicemente le estremitä eiliate delle vere antenne.“ In der That eine arge Fälschung des Sachver- haltes, die sowohl beweist. dass der italienische Autor über die Geschichte unserer Kenntniss der Lichomolgiden-Mundtheile in voller Unkenntniss geblieben war, als geradezu eine Musterleistung in der Entstellung von Text und Abbildung liefert. Nicht nur, dass die Mandibel mit ihrem sichelförmigen Endstück in ganzem Um- fang von mir dargestellt worden war, auch im Texte findet sich ausdrücklich hervorgehoben: Unter der Oberlippe „liegen die sichelförmig gekrümmten, feinbehaarten Stilette der Mandibeln, deren Basalabschnitt freilich die breite Form der Kieferlade bewahrt“. Allerdings sind mir dadurch, dass ich es unterliess, die schon in situ deutlich zu übersehenden Mundesgliedmassen zu isoliren, ein Paar Einzelheiten entgangen, welche indessen für die Beurtheilung des Ganzen keine Bedeutung haben. So habe ich unrichtigerweise den medialen Rand der beiden Lippenflügel als gezähnelt dargestellt und auch wenigstens an einer Seite der Ab- bildung so gezeichnet. Diese Zähnchen gehören nun thatsächlich dem unteren Rand der Mandibeln an, wie vor della Valle schon Kossmann berichtigt hatte. Ebenso fehlt in meiner Ab- bildung der zarte, feinbehaarte Borstenanhang am sichelförmigen Endgliede des vorderen Maxillarfusses. Auch diesen hatte Koss- mann bereits nachgewiesen, jedoch irrigerweise als feinbehaarten „Nebenast“ gedeutet, den ich dem Anscheine nach für die Mandibel gehalten hätte! Nun vergleiche man die Zeichnung und Beschreibung, welche ich von der Mandibel gegeben, mit dem zarten Borstenanhang des Maxillarfusses und versuche dann die Möglichkeit einer solchen Missdeutung zu begreifen, die wahrscheinlich zu der Entstellung della Valle’s der Anlass gewesen war. Uebrigens aber hat unser Autor trotz seiner so ausgiebig geübten gesuchten Detail- kritik, ebenso wie Kossmann, das Wesentliche ganz über- sehen, indem ihm die Grenzen der Öberlippe ganzunbe- (330) ee UL LU UT Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 1) kannt geblieben sind. Die beiden über die Mandibeln hinausragenden Randlappen der Öberlippe (Taf. I, Fig. 8 Ol., Fig.9 Rl.), welche Anlass zur Confundirung mit den Mandibeln gaben, sind von della Valle weder beschrieben, noch abgebildet worden. Derselbe stellt vielmehr die Oberlippe als eine halbkreis- förmige Lamelle dar, deren convexer, median leicht eingekrümmter Rand nach hinten gerichtet sei und jeglicher Zähnelung entbehre. Man sieht aus der von della Valle beigegebenen Abbildung, dass die von ihm als freier Endrand derOberlippe betrachtete Linie (in della Valle’s Fig. 5 mit As bezeichnet), welche vor den Mandibeln liegt, mit dem Rande der beiden diese Mundesglied- massen bedeckenden Lappen der Öberlippe gar nichts zu thun hat, vielmehr einer bei tiefer Einstellung sichtbar werdenden Contour entspricht, welche quer die Oberlippe durchsetzt (vergl. Taf. I, Fig. 8c und 9) und eine vordere von einer hinteren, durch die beiden Seitenlappen tief gespaltenen Hälfte abgrenzt. Diese letztere ist unserem Autor, der meine „inexacte“ Beschreibung der Mund- werkzeuge vonSabelliphilus nicht stark genug betonen kann, entgangen, und damit natürlich auch der Gegensatz vonClaparede’s und meiner Darstellung unverstanden geblieben. Indessen nicht nur die Beschreibung der Mundtheile, auf deren Besonderheiten ich später bei der Charakterisirung der Lichomolgiden noch näher zurückkommen werde, auch andere vermeintliche Berichtigungen della Valle’s über Sabelliphilus sind irrthümlich und bezeichnen einen entschiedenen Rückschritt. Schon die Leibes- gliederung wird unrichtig beschrieben und die Zahl der Seg- mente in beiden Geschlechtern um 2 zu hoch angegeben. Koss- mann hat zu meiner früheren Darstellung, nach welcher Kopf und Thorax von einander getrennt seien, die Berichtigung gegeben, dass nur in der Rückenansicht die Grenze beider Abschnitte durch einen leichten, seitlichen Einschnitt angedeutet sei. Della Valle hält nieht nur diese thatsächlich nicht existirende Trennung auf- recht, sondern lässt, offenbar durch das Trugbild eines Präparates getäuscht, den Kopf sowohl an der dorsalen wie ventralen Seite durch eine „speciale articolazione o linea di separazione“ in einen vorderen Abschnitt mit den beiden Antennenpaaren und einen hinteren mit den Mundwerkzeugen abgesetzt sein. Indessen existirt an keiner Seite weder eine besondere Articulation, noch eine Trennungslinie beider Kopfregionen, und wie bei allen mir bekannt gewordenen Lichomolgiden erscheint der Körper des Männchens aus 10, der des Weibchens in Folge der Verschmelzung des 23* (331) 6 6; Olaus: Genitalsegmentes mit den nachfolgenden Abdominalsegment aus 9 Segmenten zusammengesetzt. Unrichtig ist ferner della Valle’s Deutung der Borstenreihe am zweiten Gliede der vorderen Antenne als Geruchsanhänge; es handelt sich viel- mehr um Tastborsten, ähnlich denen, welche an gleicher Stelle in grosser Zahl bei Cycelops vorhanden sind und im Zusammen- hang mit Ganglienzellen des Antennennerven bereits vor nahezu 30 Jahren von mir !) dargestellt waren. Ebenso beruhen die Angaben über den Mund und dessen umgebende Ligamente auf einem Miss- verständniss, indem das, was als „orificio boccale“ beschrieben und in Fig. 236 abgebildet wird, den optischen Querschnitt des Schlundes _ bezeichnet, während die Ligamente die an der Wand der Speise- röhre befestigten, als Dilatatoren wirkenden Muskeln sind, Ueber Darm, Nervensystem, Augen und Geschlechtsorgane erfahren wir Nichts, was nicht bereits von Sabelliphilus oder verwandten Cory- caeiden bekannt gewesen wäre. Von überraschender Oberflächlichkeit zeugt aber die Behaup- tung, dass Sabelliphillus mit der Gattung Lichomolgus zusammenfalle und daher Sabeliphilus Sarsii als Licho- molgus Sarsii zu bezeichnen sei. Hatte ich früher bereits dar- gethan, dass jene Gattung in die Familie der Lichomolgiden gehöre, so werde ich nun getadelt, dass ich, obwohl Doridi- cola und Sepicola als Lichomolgus-Arten erkannt, Sabelli- philus als Gattung aufrecht erhalte. Ein Vergleich mit den Charakteren der Gattung Liehomolgus zeigt jedoch sogleich, wie verfehlt die Einbeziehung von Sabelliphilus in dieselbe sein würde. Die viel stärkere Chitinisirung des Integuments, die kräftigen Chitinringe der Klammer-Antenne, die Gabelung des gestreckten Rostrums, der dreigliedrige Innenast des vierten Beinpaares, die Verbreiterung der beiden proximalen Glieder der Vorderantenne, sowie Besonderheiten in der Gestaltung der Mund- theilelassenSabelliphilus zuden verschiedenen Lichomolgus- Arten in einem Gegensatz erscheinen, der hinter den Unterschieden zwischen der Gattung Lichomolgus und der von della Valle aufgestellten Gattung Anthessius keineswegs zurück- bleibt. Daher wird Sabelliphilus wiederum in sein früheres Recht als besondere Lichomolgidengattung einzusetzen sein. Um das zwischen beiden Gattungen bestehende Verhältniss is ©. 'Claus, Ueber die blassen Kolben und Cylinder an den Antennen der Copepoden.‘ Würzburger naturw. Zeitschrift, 1860. Tom. I. (332) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden, / präciser hervortreten zu lassen, wird es erforderlich sein, auf die Charaktere vonLichomolgus und insbesondere auf die Gestaltung der Mundtheile näher einzugehen, iiber welche noch immer Miss. deutungen unterlaufen und überhaupt unsere Kenntniss noch nicht zu einem befriedigenden Abschlusse gelangt ist. Was einer klaren Einsicht und Deutung entgegensteht, ist vor Allem die Schwierigkeit, die Grenze der Öberlippe zu be- stimmen und von den Contouren der Mandibeln scharf zu scheiden. Vollkommen richtig habe ich die Oberlippe im Anschluss an Sapphirina und Verwandte als tiefgespaltenen Mundaufsatz dargestellt, dessen unterer Rand in zwei die Mandibeln überdeckende Lappen auseinanderweicht. Thor ell hatte sich von diesem Sachver- halt keine Rechenschaft gegeben, und Buchholz!) gedenkt in der Beschreibung seines mit L. Forficula Th. identischen L. elon- gatus der Oberlippe weder im Text noch in der Abbildung. Ebensowenig finden wir in della Valle’s Abhandlung die Ober- lippe seiner neuen Lichomolgus-Arten (Actiniae, Pte- roides, Chromodoris) beschrieben oder abgebildet, und auch Kossmann?) hat keine Vorstellung von der Gestalt der Ober- lippe weder aus eigener Erfahrung noch nach meiner Darstellung, die er bekämpft, gewinnen können. Was wir von diesem Autor erfahren, ist lediglich, dass bei Liechomolgus das Längenver- hältniss der Oberlippe ausserordentlich wechsele und dieselbe, zu- mal Thorell für L.Forficula das Vorhandensein eines längeren und vorne verbreiterten semicanaliculus constatirt habe, zur Unterscheidung der Familie als Kriterium unbrauchbar sei. Es ergibt jedoch die nähere Untersuchung, dass Grösse und Form der Oberlippe bei allen Lichomolgusarten im Wesentlichen die- selbe ist und dass der vermeintliche semicanaliculus, den übrigens Thorell selbst als fraglich bezeichnete, eine überall vorkom- mende Ausbuchtung ist, deren scharfe Grenzen durch die unter die Oberlippe hinaufragenden symmetrisch gebogenen Ausläufer der Mandibeln und Maxillarfüsse vorgetäuscht werden. Die unteren Grenzen der Oberlippe hat Thorell überhaupt nicht gesehen, sie verhalten sich im Wesentlichen wie bei den übrigen Licho- ') R. Buchholz, Beiträge zur Kenntniss der innerhalb der Ascidien leben- den Orustaceen, Zeitschr. für wissensch. Zool. 1869. Tom. XIX. ?) R Kossmann, Ueber Clausidium testudo, einen neuen Copepoden, nebst Bemerkungen über das System der halbparasitischen Copepoden. Verhandl. d. phys. med, Gesellschaft. Würzburg. Tom. VII. (333) 8 | C. Claus: molgus-Arten, wenn auch die mediane Ausbuchtung zwischen dem oberen Ende beider Lappen ungewöhnlich erweitert ist. Zur richtigen Deutung der zahlreichen Contouren, welche das die Mundtheile enthaltende Feld durchziehen, erscheint es von Bedeutung, sich von der Gestaltung der zur Stütze der Mund- werkzeuge dienenden Chitinleisten Rechenschaft zu geben. Man übersieht dieselben am besten im Zusammenhange, wenn man von der Dorsalseite aus das aufgestellte Object untersucht (Taf. IV, Fig. 12), und überzeugt sich dann, dass es sich um einen sym- metrischen, jederseits in vier schräge laterale Leisten ausstrahlenden Mundrahmen handelt, dessen rechte und linke Hälfte an der unteren Grenze der Oberlippe durch eine schwache Querbrücke verbunden sind. In dem lateralwärts geöffneten Felde, welches von den beiden vorderen Leisten a und b begrenzt wird, inserirt sich die Man- dibel mit breiter Basis, während an der unteren Grenze der zweiten Leiste (b) die Maxille entpringt (Taf. II, Fig. 9, Taf. IV, Fig. 11, Mx). Auf den beiden zwischen den nachfolgenden Jıeisten liegenden Feldern erheben sich die beiden Maxillarfüsse, der vordere durch die Leiste e, der hintere durch die Leiste d gestützt (Taf. IV, Fig. 11 u. 12). Diese eine Art Mundgestell bildenden Stäbe kehren bei allen von mir untersuchten Lichomolgus-Arten (L.Doridicola, Ane- moniae undForficula), sowie bei den übrigen Gattungen der- selben Familie in nabezu übereinstimmender Lage und Gestalt wieder und müssen von den aufliegenden Theilen der Mundwerk- zeuge wohl unterschieden werden. Diese aber sind bereits in meiner früheren Abhandlung richtig und im Wesentlichen voll- ständig dargestellt worden, nur habe ich die Function derselben nicht zutreffend beurtheilt (vergl. Claus, 1. ec, Taf. XXIII, Fig. 27, 28). Die Mandibeln sind einfache. sichelförmig gebogene, in einen langen Fortsatz ausgezogene Platten ohne jegliche Spur von Tasteranhang (Taf. Il, Fig. 7, Taf. III, Fig. 4, 11 Md). Was della Valle (vergl. dessen Fig. 27 und 37 pmd.) an der Mandibel von L. Actiniae und Pteroides als Mandibelpalpus bezeichnet, hat mit einem Taster oder Palpus gar nichts zu thun und ist wahrscheinlich ein über den Rand der Mandibei vorstehen- der Theil des vorderen Maxillarfusses. Wie wäre es auch möglich, dass eine in allen Einzelnheiten sich als Lichomolgusart erweisende Form durch den Besitz eines Mandibeltasters von allen anderen Arten abweichen sollte, und wie könnte ein Tasteranhang, dessen (334) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 9 Insertion am Körper der Mandibel zu suchen ist, als Borste am medialen Kaurande vorstehen? Es ist das eine arge Missdeutung von della Valle, die sich in gleicher Weise an der Mandibel von Anthessius wiederholt, nur dass hier der Borstenanhang des vorderen Kieferfusses über dem concaven Rand der Sichel vor- steht, und somit der Ursprung des vermeintlichen Tasters an eine ganz audere Stelle verlegt wird. Allerdings kann am convexen Vorderrand der sichelförmigen Mandibel ein durch feine Zähnchen wie gesägter Vorsprung auftreten, wie bei L. Dori- dieola (Fig. II, Fig. 7) und wohl auch bei L. Chromo- doridis D. V., doch hat derselbe mit einem Tasterrudiment nichts zu thun, sondern ist lediglich die stärker vortretende, zum Einschneiden besonders wirksame Basis des Kaurandes. Bei vielen, vielleicht den meisten Arten ist ein solcher Vorsprung nicht vor- handen, und der Rand an dieser Stelle unmittelbar mit feinen Spitzen oder starken Stacheln besetzt (L. Anemoniae, Forfi- eula). Auch an der concaven Seite der Mandibel findet sich auf dem vorspringenden Rande eine ähnliche Bewaffnung, die sich ebenso wie jene auf den langen, fadenförmigen Ausläufer in Form feiner Spitzen fortsetzen kann (Taf. III, Fig. 4). Die Mandibel ist seitlich von dem Lappenfortsatz der Oberlippe eingelenkt und wird nur zum Theile von demselben bedeckt, so dass auch der mit Stacheln besetzte convexe Medialrand neben dem schrägen Medialrande der Oberlippe frei vorsteht und leicht eine feine Zähnelung des Lippenrandes vortäuscht. Aus der Lage, Bewaffnung und Gestaltung der Mandibel, sowie aus dem Lagenverhältniss derselben zu der Oberlippe er- gibt sich, dass es der gezähnelte Rand der Mandibeln ist, welcher bei der Nahrungsaufnahme in die Gewebe des Trägers einschneidet, während der dünne, fadenförmig verlängerte Endabschnitt ledig- lich die Richtung der Bewegung unterhalb der diese Führung besorgenden Oberlippe zu bestimmen scheint. Die Wirkung des Kiefers dürfte daher nicht als eine einfache stechende, sondern nach Art einer Säge schneidende zu betrachten sein und kann vielleicht am besten mit der des Hirudineenkiefers verglichen werden. In ähnlicher Weise dürfte auch der Endabschnitt des oberen Kieferfusses gebraucht werden, welcher etwas unterhalb der Mandibel dem schneidenden Kaurande derselben fast parallel noch im Zwischenfelde der Lippenklappen liegt und seine Wirkung ausübt. Das mächtige Basalstück dieser Gliedmassen (Taf. II, Fig. 8, Mxf‘ Taf. III, Fig. 5) reicht lateralwärts ziemlich weit über das (335) 10 0. Qlaur: Insertionsfeld der Mandibel hinaus. Demselben schliesst sich das zweite terminale Glied an, dessen oberer Abschnitt sichelförmig nach aufwärts gekrümmt und am medialen Rande mit einer Reihe von Dornstacheln besetzt ist. Ausser dem sichelförmigen, in eine längere oder kürzere Spitze sich ausziehenden Stück finden wir am Endabschnitt des Kieferfusses noch eine aus feinen Spitzen besetzte Borste (B), die beweglich ist und sich meist quer über jenen hinüberlegt und eine kleinere, mehr basalwärts entspringende Nebenborste (NB). Die erstere wurde von Kossmann wenig glücklich als Neben- ast!) bezeichnet, eine Unterscheidung, die wohl zu der noch un- richtigeren Deutung della Valle’s als Palpus Veranlassung gab. (Vergl. dessen Fig. 27 und 40, ppm.) Die schräg medialwärts nach hinten gerichtete Maxille macht ganz den Eindruck eines Tasters, so dass dieselbe, zumal bei dem Lagenverhältniss zur Mandibel, als Palpus dieser Gliedmasse auf- gefasst werden konnte. Ich habe meiner früheren Darstellung nur hinzuzufügen, dass an derselben ausser den beiden terminalen Borsten noch eine dritte, medialwärts gerichtete Borste zu unter- scheiden ist, der noch eine vierte, sehr kleine Borste vorausgehen kann ‚(Daf. I, ‚Eig.:@ und: 9, Tat. II ‚Eis, 3,00% Der untere Kieferfuss (Mxf“) ist stets dreigliedrig, über- trifft jedoch, wenigstens im weiblichen Geschlecht, den vorderen an Umfang und Stärke (Taf. Il, Fig.10, Taf.IV, Fig. 11 und 14) kaum beträchtlich. Seiner Function nach entspricht derselbe einem Greif- organ, wie aus der Bewaffnung des verjüngten, beim Weibchen in eine kleine Hakenborste auslaufenden, beim Männchen einen kräftigen Klammerhaken tragenden Endgliedes hervorgeht (Taf. II, Fig. 11, Taf. III, Fig. 6). Dieser Sexualunterschied in der Gestaltung der unteren Kieferfüsse gilt nicht nur für die Gattung Lichomol- gus, sondern wiederholt sich an sämmtlichen verwandten Gat- tungen, bei denen auch die Form der Oberlippe und der Bau der Mundgliedmassen mit nur untergeordneten Modificationen wieder- kehrt. Ich war daher vollkommen berechtigt, den Bau der Mund- werkzeuge an die Spitze der Familiencharaktere zu stellen, welche die Lichomolgiden von den gleichgestalteten und ebenfalls vollzählig gegliedertten Ascomyzontiden unterscheiden, deren !) Unter Ast einer Gliedmasse versteht man bei den Copepoden eine der beiden am Stamme aufsitzenden Gliederreihen, die sich auch auf ein einfaches Stück, selbst einen Borstenanhang reduciren können. Einem solchen Aste aber ist der gesammte Kieferfuss gleichwerthig. (336) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 11 Mundtheile durch den Besitz eines Sipho’s und stiletförmig aus- gezogener, als Stechwaffen fungirender Mandibeln von jenen sehr wesentlich abweichen, und es bedarf die von Kossmann ver- suchte Confundirung beider Familien unter Hinweis auf die jenem Autor theils unbekannt gebliebenen, theils ohne ausreichenden Grund in Frage gestellten Thatsachen keiner besonderen- Zurück- weisung. Auch die Gestalt und Gliederung der Vorderantennen scheint als ein für die Familie der Lichomolgiden durchgreifenden Cha- rakter verwerthet werden zu können. Ich finde dieselben bei allen Gattungen aus sieben Gliedern zusammengesetzt, von denen das dritte Glied und auch das Endglied kurz bleiben, während die übrigen stärker entwickelten Glieder generische und specifische Unterschiede bieten. Ueberall erscheinen die Antennen durch das lang ausgezogene zweite, vierte und fünfte Glied gestreckt und tragen, wie bei L.Doridicola (Taf. II, Fig. 5, 6), im männlichen Geschlecht sechs, im weiblichen nur drei Riechschläuche (RS.). Für die Klammerantennpen ist die Bewaffnung des Endgliedes mit zwei nahezu gleich starken Klammerhaken charakteristisch (Taf. III, Fig. 2). Als durchgreifendes Merkmal erscheint ferner die Kürze und Verschmälerung des inneren Ruderastes vom vierten Beinpaare. Derselbe besteht nur aus zwei Gliedern, während dieser Ruderast an allen vorausgehenden Beinpaaren, ebenso wie der äussere, dreigliedrig ist. Wir würden daher die Gattung Lichomolgus in folgender Weise zu charakterisiren haben: Körpervollzähliggegliedertmitaufgetriebenem Kopfbruststück und verschmälertem Abdomen. Kopf und erstes Thoracalsegment verschmolzen, Rostrum breit, gerundet. Vorderantennen siebengliedrig, langgestreckt, mit überaus kurzem dritten Gliede und verlängertem zweiten, viertenund fünften Gliede. Die@GreifantennentragenamEndgliedezweiKlammer- hakennebsteinigen verschieden langen Borsten. Man- dibel stark gekrümmt, sichelförmig, am Rande der Sichel mit feinen Spitzen oder Zähnchen besetzt. Vor- derer Kieferfuss mit sichelförmigem, gesägtem End- gliedeundähnlich bewaffneterTerminalborste.Innen- ast des vierten Beinpaareszweigliedrig, mit gestreck- tem, schmalem Endgliede. (337) 12 C. Claus: Von den zahlreichen bisher beschriebenen Lichomolgusarten dürften folgende ausreichend dargestellt und als gesichert zu be- trachten sein: L. albens Th. in Ascidia parallelogramma und anderen Ascidien. L. Forfieula Th. in Ascidia canina (ob nicht identisch mit L. marginatus?). L. fureillatus Th. in Ascidia intestinalis. L. Pteroides DV. auf Pteroides spinulosus. L. Actiniae DV. auf Anthea cereus. L. Doridicola Leyd. (wohl identisch mit L. Chromodo- rıdis DV.), auf Doris und verwandten Nudibranchiatengattungen. L. Sepicola Cls. an den Kiemen von Sepia. L. Fucicola Brady. Für L. Doridicola (Taf. II, Fig. 1—12), deren Merkmale bislang keine genügende Zusammenstellung gefunden haben, würde sich folgende Diagnose aufstellen lassen: Cephalothorax des Weibchens aufgetrieben, eirca 0:7 Mm. breit (Taf. Il, Fig. 1). Körperlänge circa 1'3 bis 1'’4 Mm., des Männchens circa 0'855 Mm. Genitalsegment des Weibchens ge- drungen, fast kuglig, die nachfolgenden Abdominalsegmente breiter als lang. Genitalsegment des Männchens sehr stark auf- getrieben, fast vierseitig, wohl drei Mal so breit als die nach- folgenden überaus gedrungenen Abdominalsegmente (Fig. 2 und 2‘): Die beiden Haken am Endgliede der unteren Antenne ungleich gross, der eine fast !/, Mal grösser als der andere (Fig. 12). Die Lappen- fortsätze der Oberlippe divergiren im weiten Abstande und lassen die Basis der Mandibeln und die Maxillen unbedeckt (Fig. 9). Die Mandibeln mit vorspringender Säge am Medialrand (Fig. 7). Ma- xille ziemlich schmal und lang, mit 3 Borsten besetzt (Fig. 9). Terminalglied des vorderen Kieferfusses mit etwa 10 langen spitzen Zinken bewaffnet, denen noch ein sichelförmig gekrümmter, stark verjüngter Endausläufer mit 5—6 feinen Spitzen folgt (Fig. 8). Unterer Kieferfuss langgestreckt, zangenförmig endend (Fig. 10). Die Furcalglieder sind kaum so lang als das Endsegment des Ab- domens. Von den beiden Hauptfurcalborsten bleibt die laterale beträchtlich kürzer als das Abdomen, während die mediale die Länge desselben erreicht. Ich halte es für wahrscheinlich, dass die von della Valle als L. Chromodoridis unterschiedene, leider nur zu unvoll- ständig beschriebene Form mit L. Doridicola der Art nach (338) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 13 zusammenfällt. Grösse und Form des Körpers stimmen so ziemlich überein, ebenso scheinen Mandibeln und Kieferfüsse (vergl. della Valle, l. e., Taf. II, Fig. 47) die gleichen Besonderheiten zu bieten, doch würden die Maxillen im Verhältniss zu umfangreich dargestellt sein. Die als L. Anemoniae n. sp. unterschiedene Art (Taf. III, Fig. 1—7) würde in folgender Weise zu charakterisiren sein. Körper des Weibchens stark aufgetrieben, fast 1 Mm. breit und über 2 Mm. lang, des Männchens um !/, kürzer. Abdomen gestreckt, mit ziemlich gleich breiten Segmenten. Genitaldoppel- segment langgezogen, der vordere Abschnitt nur wenig breiter als der viel längere, dem zweiten Segmente entsprechende hintere Abschnitt (Fig. 1). Furcalglieder fast um die Hälfte länger als das Endsegment, die laterale Hauptborste derselben kaum drei Mal, die mediale kaum vier Mal so lang. Das Verhältniss der sieben Antennenglieder entspricht den Zahlen: 25, 30, 10, 20, 18, 12, 9. Die beiden Haken am Endgliede der Greifantenne sind stark gekrümmt und von nahezu gleicher Grösse (Fig. 2). Die beiden Lappen der Oberlippe sind sehr umfangreich und bedecken Man- dibeln und Maxillen fast vollständig (Fig. 3). Mandibel mit gesägtem Vorsprung zwischen dem concaven Rand und der Basis des langen hakenförmigen Fortsatzes. Dieser ist mit feinen Spitzen besetzt und von ansehnlicher Stärke (Fig. 4). Terminalglied des vorderen Kiefer- fusses am convexen Rande mit gesägter Borste (Fig. 5). Neben- anhang nur wenig kürzer, mit Spitzen besetzt (B). Nebenborste (NB) von mässiger Länge. Die von della Valle an Anthea cereus beobachtete und als L. Actiniae beschriebene Form ist unserer Art gewiss nahe verwandt, ja möglicherweise mit derselben identisch. In diesem Falle würde dieselbe aber von ihrem Beschreiber zu schlank und im Verhältniss zur Länge zu schmal dargestellt sein. Auch trifft die Angabe nicht zu, nach welcher Kopf und erstes Thoracalsegment getrennt sein sollen, während wiederum die grosse Uebereinstimmung der Mandibeln (ohne Berücksichtigung des von jenem Autor ein- gezeichneten, als Mandibeltaster irrthümlich gedeuteten Anhanges pmd) und der vorderen Kieferfüsse für die Identität sprechen würde. Leider fehlen Angaben über die Oberlippe, wie überhaupt die Beschreibung zu unvollständig ist, am ohne nochmalige Unter- suchung des Antheaparasiten mit Sicherheit urtheilen zu können. Ueber den von A.H.N. Ridley als DoridicolaAntheae (339) 14 C. Claus: (Ann. Mag. of. nat. Hist. Dec. 1879) beschriebenen Liehomolgiden lässt sich auf Grund der unzureichenden Angaben nichts Sicheres aussagen. - Von Liehomolgus verschiedene, aber nahe verwandte, der- selben Familie angehörige Gattungen sind bislang nur wenige genauer, die meisten unvollständig beschrieben worden. Es sind die Gattungen SabelliphilusClap., Anthessius DV., Leca- nurıus Kossm., Boholia Kossm., Paclabius Kossm., Stelli- cola Kossm. Die als Arten der letzteren Gattung aufgefassten, vorwiegend an Seesternen (Öphidiaster, Asteropsis, Ore- aster) des rothen Meeres lebenden Formen dürften jedoch nicht sämmtlich von Lichomolgus generisch zu trennen sein, worüber erst eine genauere Untersuchung der Mundwerkzeuge Aufschluss geben kann. Die am genauesten bekannte, bereits von verschiedenen Autoren behandelte und jüngst von della Valle mit Unrecht zu Licho- molgus einbezogene Gattung Sabelliphilus (Taf.I, Fig. 8—10) wird in folgender Weise zu charakterisiren sein. Körpervollzählig gegliedert, mit stark chitini- sirtem Integument und mässig verbreitertem Kopf- brustabschnitt. Kopf und erstes Thoracalsegment verschmolzen, jedoch durch eine Einbuchtung abge- grenzt. Rostrum schmal und gestreckt, in zwei Gabel- zinkenauslaufend. VordereÄntennensiebengliedrig, mit hohem und umfangreichem ersten und zweiten Gliede. Die Greifantennen am Endgliede mit drei grossen Klammerhaken bewaffnet, zu denen noch ein kleiner Haken am Ende des vorausgehenden Gliedes hinzukommt. Die beiden Randlappen der Oberlippe breit, nach den Seiten stark prominirend (Fig. 8, 9, R]). Mandibeln sichelförmig gekrümmt, mit feinen Zahn- kerben längs des Medianrandes, fadenartig auslau- fend (Fig. 10, Md). Terminalglied der vorderen Kiefer- füsse sichelförmig gekrümmt, mit wenigen aber starken Zinken bewaffnet. Seitenborste (B) dünn und lang, mit feinen Spitzen besetzt (Fig.9, 10, Mxf‘). Innen- ' ast des vierten Beinpaares zweigliedrig. | Sabelliphilus Sarsii Clap. (Taf. I, Fig. S—10.) Körper langgestreckt, des Weibchens kaum 0'5 Mm. breit, und circa 1'25 lang, des Männchens 0'9 lang. Cephalothorax an der Grenze von Kopf und erstem Thoracalsegment eingebuchtet. (340) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 15 Die Antennenglieder verhalten sich in ihrer Längsausdehnung wie 12, 14, 4, 11, 9, 6, 41/,. Thoracalsegment eingebuchtet. Genital- doppelsegment so lang als die drei nachfolgenden Abdominalseg- mente, von denen das letzte am längsten ist und den Furcal- gliedern gleich kommt. Die mediale Hauptborste der Furca so lang als das Abdomen, die laterale nur von halber Länge. Lebt an Spirographis Spalanzanii. Die von Kossmann an einer Sabella des rothen Meeres aufgefundene und als Sabelliphilus Leuckarti beschriebene Form gehört jedenfalls nicht zu Sabelliphilus und scheint eine Lichomolgusart zu sein. Anthessius Della Valle. (Taf. Ill, Fig. 8-13.) Körperform und Gliederung wie bei Lichomolgus (Fig.2). Letztes Thoracalsegment verlängert, der vor- dere Abschnitt vom beintragenden abgesetzt, mit einerAndeutungvonSeitenflügel. Vordere Antennen siebengliedrig, mit sehr langgestrecktem zweiten and vierten Gliede (Fig. 9, Die Greifantennen am Endglied mit zahlreichen Haken und Hakenborsten bewaffnet (Fig. 10. Mandibel langgestreckt, sichel- förmig, am medialen Rande gesägt, mit langer ge- krümmterBorsteamconcavenRande (Fig. 11). Maxillen gross und unregelmässig gestaltet (Fig. 11‘). Endglied des vorderen Kieferfusses kurz und kräftig, mit einer Reihe langer Zinken und terminalen Stacheln bewaffnet (Fig. 12). Endglied des fünften Fusspaares sehr gestreckt, am Seitenrande ausgebuchtet, mit einer lateralen und drei Endborsten besetzt. Der Innenast des vierten Fusspaares dreigliedrig (Fig. 13). Diese von della Valle aufgestellte und den Mundtheilen nach im Wesentlichen richtig beschriebene Gattung scheint vor- nehmlich grosse und langgestreckte Formen zu enthalten, welche auf Mollusken parasitisch leben. Die von mir aufgefundene Art lebt auf Pleurobranchus marmoratus und wird durch folgende Charaktere bestimmt. Anthessius Pleurobranchi n. sp. (Taf. III, Fig. 8—13.) Der Körper gestreckt, 3 Mm. lang. Cephalothorax kaum 1 Mm. breit. Das Abdomen sehr langgezogen, die Segmente des- selben länger als breit. Furcalglieder länger als das Endsegment, (341) 16 C. Claus: etwa 4 Mal so lang als breit. Die Glieder der vorderen Antennen verhalten sich der Länge nach wie 20, 48, 10, 30, 21. 10, 12. Innenast des vierten Fusspaares mit einer gefiederten Borste am Medialrand des ersten Gliedes, zwei gefiederten Borsten an dem des zweiten Gliedes. Das langgestreckte dritte Glied mit zwei lateralen und zwei terminalen Dornen. Die laterale Hauptborste der Furca ungefähr halb so lang als das Abdomen, die mediale beträchtlich länger. Leider konnte die beschriebene Art nur in einem einzigen weiblichen Exemplar untersucht werden und blieb das Männchen unbekannt. Della Valle’s Anthessius Pleurobrancheae ist mit derselben wahrscheinlich identisch, soweit aus dem Wohn- thiere, sowie der Form des fünften Fusspaares und des End- gliedes des oberen Kieferfusses geschlossen werden kann. Es sind dies die einzigen, von jenem Autor abgebildeten Körpertheile seiner überdies ganz fragmentär beschriebenen Art, die hinsicht- lich der allgemeinen Leibesgestalt und Grösse mit A. soleeurti übereinstimmen soll. An dieser vollständiger beschriebenen An- thessiusart wird jedoch der Kopf als vom ersten Brustring ge- trennt und überdies in zwei Abschnitte gegliedert dargestellt, eine Angabe, die sicherlich ebensowenig wie die gleiche Angabe desselben Autors von der Körpergliederung des Sabelliphilus zu- treffend ist. Nach den Anhaltspunkten, welche Brady’s unvollständige Beschreibung von Lichomolgus arenicolae (Mandibeln, Kieferfuss, fünftes Brustsegment nebst Beinpaaren) zur Bestimmung bietet, dürfte dieser Lichomolgus eine Anthessiusart sein. Paranthessius n. gen. (Taf. IV, Fig. 8—15.) Körperform und Gliederung wie bei Lichomolgus. Vorletztes Thoracalsegment kurz, kürzer als das nachfolgende, dessen Seiten hinter der Insertion des Beingliedes abgerundet sind (Fig. 8). BRostrum gestreckt, schmal und nach hinten verjüngt. Vordere Antennen 7gliedrigmitverlängertem zweiten Gliede und sehrkurzem nur undeutlichabgegrenzten dritten Gliede (Fig. 9). Greifantennen mit drei Klammerhaken und ebensoviel Hakenborsten am Endgliede (Fig. 10). DiebeidenLappen derOberlippe bedecken mitstarker WölbungMandibelundMaxillen. Mandibelngestreckt, ammedialenundlateralen Rande der Sichel fein gesägt, (312) Ueber reue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 17 in einen langen Faden ausgezogen (Fig. 11). Endglied des vorderen Kieferfusses mässig gestreckt mit ge- sägtem Rande, Seitenborste gleichgestaltet und von derselben Grösse. Nebenborste (NB) fast ebenso lang aber einfach (Fig. 13). Innennast des vierten Fuss- paares wie bei Anthessius dreigliederig (Fig. 15). Fünfter Fuss schmal! langgestreckt mit 2 Endborsten. Die Gattung, über die ich lediglich nach weiblichen Exem- plaren einer an Anemonia lebenden Art berichten kann, schliesst sich eng an Anthessius an, von dem sie jedoch vornehmlich in der Gestaltung der Mundwerkzeuge nicht unwesentlich abweicht, während sie mit demselben den dreigliederigen Innenast des 4. Beinpaares gemeinsam hat (Fig. 15). In der Dreigliederigkeit beider Aeste des 4. Beinpaares stimmt dieselbe auch mit dem von Kossmann in Cynthia mirocosmus gefundenen, leider nur unzureichend beschriebenen Liehomolgidium sardum überein, einer Form, welche jedoch nach den wenigen Angaben über die Klammerantennen und Man- dibeln einer anderen Gattung zugehört. Wahrscheinlich gehört auch die von Bradyfür Lichomolgusfureillatus Thor. gehaltene und als solche beschriebene Art (vergl. Brady, l.c. Taf. 88, Fig. 10—14) zu dieser Gattung und ist vielleicht sogar mit P. Anemoniae identisch. Brady weist auch auf einige Ab- weichungen und Thorell’s Beschreibung hin, unterlässt es aber, die wichtigsten Merkmale, welche die Gestalt des vorderen Kiefer- fusses betreffen (Fig. 12), hervorzuheben. Paranthessius Anemoniae. n. sp. (Taf. IV, Fig. 8—15.) Körper 15—1'6 Mm. lang, kaum 0'6 Mm. breit. Cephalothorax mässig aufgetrieben, vorletztes Thoracalsegment kurz und schmal, nicht viel breiter als das nachfolgende des 5. Beinpaares. Rostrum schmal und gestreckt, vorn verbreitert. Die Glieder der Vorder- antennen stehen ungefähr in dem Längenverhältniss von 12, 20, 3, 11, 9, 9, 5. Abdomen langgestreckt, eirca 0'65 Mm. lang. Geni- taldoppelsegment länger als die beiden gleichlangen nachfolgenden Segmente. Endsegment länger als das vorausgehende, kürzer als die um !/, längerere Furca. Mediale Terminalborste der Furca fast so lang als das Abdomen, laterale um !/, kürzer. Innenast des 4. Fuss- paares mit einer Borste am Medialrand des ersten und zwei Borsten an dem des zweiten Gliedes. Das langgestreckte und verschmälerte dritte Glied mit einer lateralen und zwei terminalen Borsten. (343) 18 C. Claus: Pseudanthessius n. gen. (Taf. IV, Fig. 1—7.) Form und Gliederung des Körpers wie beiLicho- molgus. Rostrum langgestreckt, am Stirnrand breit, nach hinten conisch zugespitzt (Fig. 1). Vordere Antenneu Tgliederig mit relativ grossem, scharf gesondertem, dritten Gliede (Fig. 2). Greifantennen mit 3 Klammer- haken undzahlreichen Borsten am Endgliede (Fig. 3). Oberlippe verhältnissmässig schmal undin Folge der beidenlangerdivergirenden Randlappen, welchenur die medialen Endstücke der Mandibeln und Maxillen bedecken, wie gespalten (Fig. 4 und 5). Mandibel ge- drungen, stark gekrümmt; ohne fadenförmigen End- fortsatz (Md). Maxille relativ umfangreich mit drei starken Hakenborsten bewaffnet. Vorderer Kiefer- fuss (Fig. 6 Mxf)) mit gesägtem, sichelförmig verlän- gertem Endstück und langer, schwach gekrümmter Seitenborste (B). Unterer Kieferfuss von ansehnlicher Stärke mitgrossem Klammerhaken am zweiten Gliede und zangenförmigem Endgliede (Fig.6 Mxf“). Innenast des vierten Fusspaares eingliederig, langgestreckt und mit zwei terminalen Borsten besetzt (Fig. 7). Fünfter Fuss auf einen kegelförmigen, vom Segmente nicht scharf abgesetzten Höcker reducirt, an dessen Spitze eine kräftige lange und eine kurze Borste aufsitzt. Diese in erster Linie durch die Besonderheiten der Mund- theile und den ungegliederten Innenast des 4. Fusspaares aus- gezeichnete Gattung ist mir nur in einem einzigen weiblichen Exemplare bekannt geworden; es ist jedoch nicht unwahr- scheinlich, dass derselben auch schon einzelne als Lichomolgus- arten beschriebene Formen mit eingliederigem Innenaste des 4. Fusspaares zugehören. So scheint mir Brady’s L. Thorelli ein Pseudanthessius zu sein, in welchem Falle freilich der vordere Kieferfuss von jenem Autor unrichtig dargestellt sein würde (vergl. Brady l.c. Taf. 88, Fig. 4.) Pseudanthessius gracilis n. sp. (Taf. IV, Fig. 1—7). Körper 1'25 Mm. lang, mit stark verschmälertem Abdomen. Viertes Thoracalsegment halb so lang als das vorausgehende, mit sehr kleinen Seitenflügeln. Die 7 Glieder der vorderen Antennen verhalten sich ihrer Länge nach wie 7, 14, 5, 9, 10, 7, 5i/, (Fig. 2). (344) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 19 Die Greifantennen mit drei 2gliederigen Haken nebst einer längeren Hakenborste und 3 schwächeren Borsten (Fig. 3 u. 3°), das kurze schräg abgestutzte Glied ist mit einem zweigliederigen Haken und 2 Borsten bewaffnet. Innenast des 4. Fusspaares langgestreckt, mit geradem platten Medialrand und bewimpertem, an der Basis stark vorge- wöbtem Lateralrand. Fünfter Fuss kurz, mit 2 ungleich grossen Borsten am Ende. Das Genitaldoppelsegment länger als die drei nachfolgenden Abdominalsegmente, der grössere vordere Abschnitt desselben stark aufgetrieben, mehr als doppelt so breit wie der nachfolgende, um die Hälfte kürzere Abschnitt. Endsegment fast doppelt so lang als das vorausgehende, Furcalglieder sehr gestreckt und schmal, mehr als doppelt so lang als das Endsegment. Von den beiden Hauptborsten der Furca ist die laterale nur wenig kürzer als das Abdomen, die mediale beträchtlich länger. Die Uebersicht der seither bekannt gewordenen Gattungen und Arten ergibt, dass die Lichomolgiden eine eng begrenzte, ziemlich bestimmt zu definirende Corycaeiden-Gruppe reprä- sentiren, deren Werth als Familie oder Unterfamilie, je nach der systematischen Werthschätzung der Corycaeiden, verschieden beurtheilt werden kann. Wer die letzteren in ähnlicher Weise, wie ich es früher that, als Familie auffasst, wird jene nur als Unterfamilie betrachten können. Indessen scheint es mir doch bei dem jetzigen Stand unserer Erfahrungen mit Rücksicht auf den grossen Umfang und die mannigfaltige Gestaltung der zu den Corycaeiden bezogenen Formen, trotz der allgemeinen Ueberein- stimmung im Baue der Mundtheile, richtiger, dieselben in eine Anzahl von Familien aufzulösen, die wohl von verschiedenen Gnathostomen abzuleiten sind. Von der Lichomolgiden-Gruppe dürfte es überaus wahrscheinlich sein, dass sie mit den in Ascidien lebenden Notodelphyiden näher verwandt und gemein- sam entsprungen ist. Die Charaktere der Lichomolgiden sind etwa in folgen- der Weise zusammenzufassen. Körper Cyelops-ähnlich mit auf- getriebenem Kopf und Brustsegmenten und mehr oder minder gestrecktem , vollzählig gegliedertem Abdomen. Vordere An- tennen von mässiger Länge, meist 7gliedrig, in beiden Ge- schlechtern nur durch die Zahl der Riechschläuche verschieden, ohne Geniculation im männlichen Geschlechte. Die hinteren An- tennen 4gliederig, ohne Nebenast, mit kurzem dritten Gliede und terminalen Klammerhaken. Die Mundwerkzeuge sind ausgezeichnet Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft 3. 24 (345) 20 C. Claus: durch das Vorhandensein einer grossen, in zwei Lappen getheilten, die Kiefer bedeckenden Oberlippe, durch tasterartige Maxillen und sichelförmige, mit scharfem Rande schneidende Mandibeln, hinter welchen das meist sichelförmig gebogene, gezähnte oder gesägte Endstück der vorderen Kieferfüsse unmittelbar folgt. Die hinteren Maxillarfüsse 3gliederig, im männlichen Geschlechte mit mächtigem Greifhaken. Die Beinpaare der Brust sind 2ästige Ruderfüsse, deren Aeste bis auf den verschieden gestalteten Innenast des vierten Paares aus drei Gliedern bestehen. Das fünfte Beinpaar auf einen zweigliederigen Fussanhang reducirt, der wie bei Cycelops im weiblichen Geschlecht dem Eiersäckchen anliegt. Das drei- gliederige Stirnauge ist vornehmlich im männlichen Geschlechte von ansehnlicher Grösse. Der Darmcanal bildet in der Regel zwei vor der Mitte des Cephalothorax seitlich vortretende Divertikel. Das Receptaculum seminis beginnt mit zwei Schenkeln im vorderen Abschnitt des weiblichen Genitalsegments und erstreckt sich als mächtiger Sack dorsalwärts vom Darm durch die Brust- segmente. Die weiblichen Geschlechtsöffnungen liegen an der dorsalen Seite des Genitalsegmentes, die aus denselben ausgetretenen Eier werden in zwei umfangreichen ovalen Säcken zur Seite des Abdomens getragen. II. Ascomyzontiden. Zugleich mit Lichomolgiden gelangen von ihren an denselben Oertlichkeiten lebenden Wohnthieren (Ascidien, Nackt- schnecken und Echinodermen) auch Ascomyzontiden zu freiem Aufenthalt zwischen Algen und anderen marinen Pflanzen auf steinigem Grunde der Uferzone. Dieselben sind nach ihrer allgemeinen Körperform von jenen kaum zu unterscheiden, so dass erst die Untersuchung der Antennen und insbesondere der Mundwerk- zeuge über die Zugehörigkeit in diese Familie entscheidet, deren Berechtigung als von den Lichomolgiden getrennte Familie noch vor Kurzem Kossmann bestritten hatte. Auf Grund der wenigen aber sorgfältig dargestellten Formen Asterocheres Lilljeborgii Ax. Beck, Artotrogus orbicularis Ax. Bck., Ascomyzon Lilljeborgii Thor.,, Dyspontius striatus Thor., deren Kenntniss wir Ax. Boeck und Thorell?:) verdanken, charakterisirte ich 2) die schon von 1) A, Boeck, Forhandlinger i Videnskabs-Selskabet. Christiania. 1. c. 1859. — Thorell, l. ec. 1859, pag. 75. 2, 0:.Olams, L «11876, Pag, 9; (346) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 21 Thorellals Ascomyzontiden unterschiedene und zu den Siphono- stomen gestellte Familie den Lichomolgiden gegenüber durch die grosse Zahl (9 bis 20) Glieder der vorderen Antennen, sowie durch den Besitz eines Saugrüssels mit stiletförmigen Mandibeln und die übereinstimmende (sestaltung der hinteren Kieferfüsse in beiden Geschlechtern. In jüngster Zeit hat Brady in seiner oft eitirten Monographie im Anschluss an die von ihm aufgestellten Gattungen Cyelopicera und Acontiophorus eine Reduction der älteren Gattungen durchzuführen versucht, indem er Asterocheres und Ascomyzon mit Artotrogus identificirte und in diese letztere einbezog. Ob dieser Reformversuch ein glücklicher ist, zumal mit Rücksicht auf die neu aufgestellte Gattung Cyclopicera, deren Berechtigung der Autor schliesslich selbst wieder in Zweifel zieht, wird aus den nachfolgenden Erörterungen, zu welchen mir eine Reihe verschiedener, zwischen Algen frei aufgefundener Ascomyzon- tiden Anlass gaben, zu ersehen sein. Jedenfalls ist die Aufnahme der neuen, der Gattung Artotrogus entlehnten Familienbezeich- nung als Artotrogiden an Stelle der von Thorell in die Wissen- schaft eingeführten Ascomyzontiden als eine unberechtigte zurückzuweisen. Denn, selbst wenn auch Ax. Boeck seinen Arto- trogus einige Monate vor der Thorell’schen Publication be- schrieben, so: hatte er doch unterlassen, die aus Artotrogus und Asterocheres zu bildenden Familie nach jener Gattung zu benennen. I. Ascomyzon Thorell. Nach den Beschreibungen und Abbildungen, welche Ax. Boeck von Asterocheres, Thorell von Ascomyzon und Brady von Cyelopicera gegeben haben, liegt die Wahrscheinlichkeit nahe, dass diese drei Gattungen generisch zusammenfallen und ein und dieselbe Gattung repräsentiren. Gemeinsam ist denselben die allgemeine Körperform und Gliederung, die um eins reducirte Zahl der Abdominalsegmente, die Gestalt und Gliederung der Vorderantennen, der hinteren Antennen, der Maxillarfüsse, sowie sämmtlicher Fusspaare. Auch die Mandibeln und Maxillen scheinen, soweit sich nach den zum Theil unvollständig gebliebenen und mehr schematisch gehaltenen Darstellungen jener Autoren schliessen lässt, im Wesentlichen übereinzustimmen, so dass, falls bier nicht subtile Unter- schiede bestehen, eine Zusammenziehung derselben in eine Gattung nothwendig wird. Schon Brady hat solches auch bereits für Asterocheres und Ascomyzon angenommen, aber unrichtiger 24 * (347) 22 C. Claus: Weise zugleich die Gattung Artotrogus Ax. Boeck’s mit einbezogen, welche schon durch eine viel geringere Gliederung der Vorderantennen und die abweichende Zahl (5) der Abdominalseg- mente hinlänglich als besondere Gattung kenntlich ist. Durch diesen Fehler wurde aber die Charakterisirung von Brady’s Gattung, für welche die Bezeichnung Artotrogus beibehalten wurde, eine künstliche und noch dazu durch willkürliche und un- richtige Aenderungen (z. B. bezüglich der Zahl der Abdominal- segmente, des fünften Fusses und des Mangels eines Mandibel- palpus) gefälscht. Das ganze Capitel Brady’s über Artotrogus erscheint in Folge dessen verfehlt und unhaltbar. Ebenso unzu- treffend und unconsequent ist angesichts jener Zusammenziehung die Aufstellung einer neuen Gattung „Cyelopicera“!), deren Charaktere in allen Einzelheiten mit Ascomyzon und Astero- cheres zusammenfallen, so dass schliesslich unser Autor selbst sagen muss: „It may be doubted, however, whether further examination may not show the propriety of uniting both genera under Artotrogus (Ascomyzon Lilljeborg)*. Als Charaktere dieser Gattung, für welche wir die Bezeich- nung des besser und vollständiger beschriebenen Thorell’schen Ascomyzon Thorell aufnehmen, würden folgende hervorzu- heben sein. Cephalothorax schildförmig, breit; viertes Tho- racalsegment kurz undschmächtig; fünftesSegment ohne Seitenflügel, mitzweigliederigem Fusspaar. Ab- domen stark verschmälert, nur aus vier Segmenten bestehend, von denen diebeiden ersten im weiblichen GeschlechtzudemGenitalsegment vereinigtsind. Die 1) Es scheint auch, dass die drei zu Cyclopicera gezählten Arten Brady’s nicht sämmtlich generisch zusammengehören, da für ©. gracilicauda die normale Zahl der weiblichen Abdominalsegmente abgebildet wird (Taf. LXXXILII, Fig. 10), während unter den Charakteren der Gattung zu lesen ist: Abdomen of the male 4- of the female 3jointed. Im Text wird dieser Widerspruch übergangen. In gleichem Widerspruch stehen die als Gattungscharaktere von Artotrogus verwertheten Merkmale „Mandible elongated filiform without a palp“ zu den Ab- bildungen Taf. XCI, Fig. 3 und 6c, welche dem Mandibeltaster entsprechend Taf. XCIII, Fig.3b’, welche das gezähnte Endstück der stiletförmigen Mandibellade dar- stellt; ferner „Fifth pair (of feet) composed of one joint only“ zu Taf. XCIII, Fig.8, wo beide Glieder des Fusses abgebildet sind, sodann, „Abdomen composed of four segments, the first and second of which are in female coalescent“ zu Taf. XCII, Fig. 1, an welcher das Abdomen des weiblichen Artotrogus magniceps entsprechend dem Abdomen des A. orbicularis Ax. Bck., die volle Gliederzahl aufweist. (348) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 23 Vorderantennen zwanziggliederig. Der kurze basale Absehnitt(mit9event. 10 Gliedern) kurz gegliedert,fast sehaftartig verdickt, der distale Abschnitt verjüngt undmitAusnahmedesEndstückesauslängeren schmöä- leren Gliedern zusammengesetzt. Das zweite Anten- nenpaar viergliederig, mit rudimentärem Nebenast am langgestreckten zweiten Gliede und kurzem, in einen kräftigen Stachelhaken auslaufenden End- gliede Oberlippeund Unterlippe zueinem Saugrüssel ausgezogen. Mandibel stiletförmig, mit schmalem, grätenförmigverlängertem Taster.Maxille mitschma- lem, borstentragenden Taster und fasthandförmiger Lade, an deren breitem Endrande mehrere, nahezu gleiehstarke Borstenentspringen. Die vierSchwimm- fusspaare der Brust mit zwei normalen dreigliede- rigen Ruderästen, der fünfte Fuss mit kurzem, in eine Borste auslaufendem Basalglied und ansehn- liebem, am distalen Ende Borsten tragendem End- gliede. Als Arten würden zu unterscheiden sein: 1. Lilljeborgii Thorell (Thorell, l.c. pag. 78—80, ZI AN, Pig. 21). Syn.: Artotrogus Boeckii Brady (Brady, ]l.c. pag. 60 bis 61, Taf. XCI, Fig. 1—9). 2. A. nigripes Brady & Robertson (Brady, ].c. pag. 54, Taf. LXXXIX, Fig. 1—11). Syn.: Cyelopicera nigripes Brady & Robertson. Ebend. 3. A. echinicola Norm. (Last Report of Dredging among the Shetland Isles (Brit. Assoc. Rep., pag. 300, 1388). Syn.: Cyelopicera lata Brady (Brady, |]. ce. pag. 56, Taf. LXXXIX, Fig. 12 und Taf. XC, Fig. 11—14). Die von Brady nach einem einzigen Exemplare höchst un- vollständig beschriebene, als Cyclopicera gracilicauda unter- schiedene Form ist wahrscheinlich mit dem auf Comatula mediter- ranea aufgefundenen Ascomyzon Gomatulae von A. Rosoll?) identisch. Nach der Zahl (5) der Abdominalsegmente zu schliessen, !) Alex.Rosoll, Ueber zwei neue an Echinodermen parasitische Copepoden: Ascomyzon comatnlae und Astericola Clausii. Sitzungsberichte der Wiener Akademie. Mathem.-naturw, Classe. Mai 1888, Tom. XCVII, Abth. 1. (349) 24 C. Claus: ist dieser Crinoideenparasit jedoch in eine andere Gattung zu stellen, für welche wahrscheinlich noch näher festzustellende Be- sonderheiten der Mandibeln und Maxillen charakteristisch sind. Auch Axel Boeck’s durch achtzehngliedrige Vorderantennen ausgezeichnete Asterocheres Lilljeborgii, dessen Dar- stellung offenbar in mehrfacher Hinsicht unvollständig und fehler- haft ist (Maxillen werden nicht erwähnt, dagegen drei Taster- paare und drei Paare von Schwimmfüssen beschrieben), wird sich vielleicht nach erneuerter genauer Untersuchung doch als generisch verschieden herausstellen. 2. Dermatomyzon. n. gen. (Taf. VI, Fig. 5--10). Körpergestalt und Gliederung mit Ausnahme des Abdomens wie bei Ascomyzon. Abdomen fünf- gliederig, im weiblichen @eschlechte mit verschmol- zenem ersten und zweiten Gliede VordereAntennen neunzehngliederig, mitachtgliederigem, schaftartig verdicktemBasalabschnittundlanggestrecktemEnd.- gliededeseilfgliederigendistalen Abschnitts. Hintere Antennen, Maxillarfüsse und Beinpaare der Brust wie beiAscomyzon. Sipho relativkurz. Mandibel mit kräftiger, stiletartig zugespitzter, am Ende feinbe- zahnter Ladeundlangem, schmalem Taster, welcher grätenartig in eine Borste ausläuft. Maxillarlade schräg medialwärts gerichtet, inschwachem Bogen gekrümmt und mit 5—6 Borsten besetzt, Maxillar- taster schmal, fingerförmig schräg nach vorne ge- richtet, in drei Borsten auslaufend. Von dieser Ascomyzon nahestehender Gattung ist mir nur eine einzige Art bekannt geworden, bei deren Charakterisirung ich leider auf ein einziges, aber wohl erhaltenes, weibliches Exemplar angewiesen bin, welches frei zwischen Algen zugleich mit Pel- tidien gefunden, nach allen wesentlichen Theilen genau unter- sucht werden konnte. Die Besonderheiten, welche die generische Trennung von Ascomyzon erforderlich machen, beruhen in erster Linie auf der vollzähligen Gliederung des Abdomens und dem Verhalten der vorderen Antennen und Kiefer. Die vorderen An- tennen sind neunzehngliederig wie (nach Brady) bei Cyelo- picera nigripes, mit der sie jedoch, wenn Brady’s Dar- stellung von der Gliederung des Abdomens und von dem Bau der Maxillen richtig ist, nicht identisch sein kann. An der vorderen (350) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 25 Antenne kann man einen achtgliederigen Schaft, dessen drittes Glied an seinem längeren oberen Rande zweigetheilt ist, und einen elfgliederigen, geisselartig verschmälerten Distalabschnitt unterscheiden (Fig. 6). Das Endglied desselben ist gestreckt, fast drei Mal so lang als das vorausgehende Glied und von gleicher Länge mit dem drittletzten (17.) Gliede, an welchem sich der blasse Riechschlauch wiederfindet, welcher an der Antenne von Echinocheres dem 18. Gliede angehört. Das lange Endglied dürfte also dem letzten und vorletzten Gliede an der 21gliede- rigen Antenne dieser Gattung entsprechen. Für die zweite An- tenne ist der kräftige lange Greifhaken (Fig. 7 A“), sowie der schmale. lang gestreckte, mit zwei blassen Borsten besetzte Neben- ast charakteristisch (Fig. 8). Der Sipho bleibt auf dem bauchig aufgetriebenen, nach hinten stark verjüngten Basalabschnitt be- schränkt und entbehrt der röhrenförmigen Verlängerung. Um so kräftiger erscheinen die messerförmigen, nach dem Ende zu stilet- artig ausgezogenen, in vier Zähnchen auslaufenden Ladenstücke der Mandibeln (Fig.7Md,9), und die langen, im Bogen gekrümmten Maxillarladen, während die Taster beider Mundgliedmassen von Ascomyzon nicht verschieden zu sein scheinen. An den vorderen Kieferfüssen endet das grosse distale Haken- stück mit einer wohl abgesetzten, gegen einen kürzeren Fortsatz beweglichen Klaue (Fig. 10), durch welche es wahrscheinlich wird, dass auch bei den übrigen Ascomyzontiden der auf zwei Ab- schnitte redueirte vordere Kieferfuss wie der hintere seinem ursprünglichen Bau nach einer grösseren Zahl von Gliedern entspricht und der mächtige distale Haken wenigstens ein oder zwei Glieder mit eingeschmolzen enthält. Die vier Schwimmfusspaare tragen die normal gestalteten dreigliederigen Aeste. Das fünfte Fusspaar trägt auf einem kurzen, in den charakteristischen Borstenhöcker auslaufenden Gıundglied ein handförmiges Distalstück, welches, wie bei Cyelopicera nigripes, ausser den mehr lateral gestellten Terminalborsten zwei kräftige kürzere Dornen am medialen Rande aufweist. An den Furcalgliedern wird die laterale Randborste vermisst. Dermatomyzon elegans nov. spec. (Taf. VI, Fig. 5—10). Körper pigmentfrei, birnförmig, ziemlich gestreckt, 135 Mm. lang. Rostrum dreiseitig, mit schwach gewölbtem Vorderrand (Fig. 7, R). Antennen beträchtlich kürzer als der Cephalothorax. Viertes Brustsegment stark verschmälert, mit abgerundeten Seiten- (351) 26 C. Claus: flügeln (Fig. 5). Die Seitenflügel der vorausgehenden Segmente in scharfe Ecken auslaufend. Abdomen kaum 0'4 Mm. lang. Das Genitalsegment mehr als doppelt so lang wie das nachfolgende Segment, welches etwas länger ist als die beiden letzten unter- einander und mit den Furcalgliedern gleich langen Abdominal- segmente. Von den Furcalborsten stehen die beiden dorsalen weit aus- einander, nach den Seiten gerückt und bleiben zart und kurz. Viel umfangreicher sind die Terminalborsten, von denen die beiden Hauptborsten, nur wenig an Grösse verschieden, fast die Länge des Abdomens erreichen. Nur ein mit zwei Spermatophoren behaftetes Weibchen wurde zwischen Peltidien, frei an Algen, im Hafen von Triest gefunden. 3. Echinocheres n. gen. (Taf. V, Fig. 1—12). Körpergestalt und Gliederung wie bei Asco- myzon. Rostrum dreiseitig, nach hinten stark zu- gespitzt. Vordere Antennen 21gliederig, der basale Abschnitt schaftartig verdickt, enggegliedert, der längere distale Abschnitt verschmälert, aus ge- streckteren Gliedern zusammengesetzt, mit drei kurzen Endgliedern und einem langen, am Ende des viertletzten Gliedes inserirten Riechschlauch, im männlichen Geschlechte als geniculirender Greif arm umgestaltet (Fig.5). Hintere Antennen, Kiefer- füsse und DBeinpaare wie bei Ascomyzon. Sipho bauchig aufgetrieben, kurz, zwischen die Maxillar- füsse reichend. Mandibeln stiletförmig, scharf zuge- spitzt, mit borstenförmig gestrecktem Taster, Ma- xille mit schmaler, in eine sehr lange grätenartige Borste auslaufender Lade und nach vorne gerich- tetem, eingliederigem Taster. Zwei an der Haut von Strongylocentrotus lividus schmarotzende und vereinzelt auch zwischen Algen zugleich mit Peltidien frei gefundene zu den Ascomyzontiden gehörigen Arten machen die Aufstellung einer besonderen Gattung nothwendig, deren Besonderheiten vornehmlich in der Gliederzahl der vorderen Antennen und in der Form der Kiefer begründet sind. Für jene erscheint charakteristisch, dass auf einem 8gliederigen, enggeglie- derten Schaft ein längerer, geisselartiger Distalabschnitt folgt (Taf. V, Fig. 4, 4‘), welcher aus 13 Gliedern besteht. Von diesen (352) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 27 stellen die zwei ersten, ein grösseres und ein sehr kurzes, leicht zu übersehendes Glied, die Verbindung beider Abschnitte her. Die 3 Endglieder bleiben im Vergleich zu dem vorausgehenden, kurz, ohne beträchtlich verschmälert zu sein. Im männlichen Geschlecht ist die Antenne nur 17gliederig, indem der doppelt geniculirende distale Abschnitt Verschmelzungen von Gliedern erfahren hat. (Fig. 5 u. 5‘) Wie man sogleich erkennt, entspricht das 12. Glied dem verschmolzenen 12. und 13., das 15. dem verschmolzenen 16. und 17. Gliede der weiblichen Antennen und das äusserste in zwei Glieder abgesetzte Endstück den vier Endgliedern der weib- lichen Antennen. An der zweiten Antenne, welche sich überein- stimmend mit der entsprechenden Gliedmasse von Ascomyzon verhält, wird es an manchen Exemplaren schwer, das vom Einlen- kungsrahmen scharf abgesetzte, kurze Basalglied als von dem gestreckten, langen zweiten Gliede getrennt nachzuweisen (Fig. 9A’ .,). Dasselbe mag auch bei anderen Ascomyzontiden und besonders bei den Formen der Fall sein, für welche Brady den Besitz von nur 3 Antennengliedern als Charakter hervorhebt (Cyelopicera). Ich kann diesem vermeintlichen Unterschied keine solche Bedeutung zuschreiben. Der rudimentäre Nebenast redueirt sich auf ein schmales cylindrisches Glied, dessen Spitze eine längere und kürzere Borste trägt (Fig. 9°). Das Endglied ist mit einem langen, nur schwach gebogenen Haken bewaffnet, an dessen Innenseite noch eine ähnlich gestaltete Borste entspringt. Von den Mundtheilen sind als Gattungscharaktere in erster Linie die Gestalt des Siphos, sowie der Mandibeln und Maxillen zu verwerthen, während die Maxillarfüsse die überall gleiche Form bewahren, Der Sipho beginnt mit breit gewölbter Basis und bildet eine nur kurze, kaum bis zur Querbrücke der hinteren Kieferfüsse reichende Saugröhre, deren ventral verbreiterte Decke von der Oberlippe gebildet wird, welche seitlich über die triangu- läre, von Chitinstäbchen gestützte Unterlippe übergreift und an der Spitze mit zwei bewimperten Läppchen endet (Fig. 8, OL, UL). Dementsprechend sind auch die winkelig vom Manubrium der Mandibel abgesetzten Laden relativ kurze, spitz auslaufende Stilette. Sehr lang, fast grätenartig ausgezogen, gestaltet sich der mit einer kürzeren und längeren Borste endende Mandibeltaster (MdT),. An der Maxille bleibt der zur Seite des Siphos schräg nach vorn gewendete Taster kurz nnd endet mit 4 feinen, parallel gestellten Borsten. Die breitere, viel kräftigere Maxillarlade (Fig. 7 MxL) setzt sich am distalen Ende in eine dicke, sehr lange Fiederborste (353) 28 C. Claus: fort, neben welcher mehrere (3) kürzere und schwächere Borsten entspringen (Fig. 7, 9Mxb). In der Kürze der Lade und dem Ver- hältniss ihrer Borsten liegt eine charakteristische, für beide Arten wiederkehrende Besonderheit ausgesprochen, wie sie weder für Ascomyzon noch eine andere Gattung beschrieben wurde. Von den Kieferfüssen, welche fast unmittelbar hinter den Maxillen entspringen, ist für die vorderen ein sehr kräftiges, zweifach ge- bogenes, am Ende stark hakig gekrümmtes Klauenglied charak- teristisch (Fig. 9Mxf‘). Der hintere Maxillarfuss, durch eine mediane Querleiste mit dem der anderen Seite verbunden, besteht im Ge- gensatze zu dem vorderen aus 4 Gliedern, von denen das letzte in einen stachelartig ausgezogenen, schwach gebogenen Haken endet (Mxf‘‘). Die Fusspaare der Brust verhalten sich wie in den an- deren Gattungen, die vier vorderen Paare sind zweiästige, ganz ähnlich wie bei Oyclops gestaltete Schwimmfüsse, deren breiter zweigliederiger Stamm zwei dreigliederige Ruderäste trägt. Auch das mediane wirbelartige Verbindungsstück zwischen jedem Paare wiederholt sich in nahezu übereinstimmender Weise. Das 5. Fuss- paar bleibt rudimentär und auf zwei Glieder beschränkt, von denen das basale lateralwärts in einen spitzen, mit einer Borste besetzten Fortsatz ausläuft, das handförmige distale Glied drei Borsten trägt. An den Furcalgliedern vermisse ich die sonst so charakte- ristische kurze Lateralborste, während sich über den zwei mittleren Terminalborsten, welche sich, wie überall, durch die gliedähn- liche Abschnürung der Basis auszeichnen und zumal mit Rück- sicht auf ihre grössere Stärke und Länge als Hauptborste unter- schieden werden können, zwei kürzere Dorsalborsten inseriren. Die Untersuchung der jugendlichen vor der letzten Häutung stehenden Weibchen ergab, dass dieselben zwar im Baue der Mundtheile und Schwimmfüsse mit dem geschlechtsreifen Thiere übereinstimmten, aber ausser der abweichenden Gliederung des Abdomens auch im Verhalten der vorderen Antennen und des fünften Fusses Besonderheiten zeigen, welche leicht einer irrthüm- lichen Verwerthung als Art- oder Gattungscharaktere führen können. Das Abdomen besteht in diesem Alter aus vier getrennten Segmenten, von denen das vordere im Besitze eines borsten- tragenden Höckers das Rudiment einer Gliedmasse (6. Fuss) besitzt und zum vorderen Abschnitt des späteren genitalen Doppelseg- mentes, beim Männchen zum Genitalsegmente wird (Fig. 10). Mit (354) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 29 der nachfolgenden Häutung tritt beim weiblichen Thiere die Ver- schmelzung der beiden vorderen Segmente ein, an deren Rücken- seite rechts und links die beiden Geschlechtsöffnungen zum Durch- bruch kommen, während am letzten Abdominalsegmente die im Falle vollzähliger Körpergliederung erfolgende Trennung in zwei Segmente unterbleibt, und das Abdomen somit auf 3 Glieder (beim Männchen auf 4) beschränkt bleibt. Ob nicht solche Jugendstadien anderer Ascomyzontiden gelegentlich als die Geschlechtsthiere be- schrieben und die Gliederung ihres Abdomens, der Antennen und des letzten Fusspaares als Art-Charaktere verwerthet worden sind (vergl. Brady’s Artotrogus magniceps und Normani)? Die vorderen Antennen bestehen bei diesen Jugend- formen aus 19 Gliedern, indem die drei Endglieder des geschlechts- reifen Weibchens noch in einem einzigen längeren Gliede enthalten sind. 19gliederige Antennen sind von Brady für Cycelopicera nigripes beschrieben. Zweifellos wurde jedoch die letztere in beiden Geschlechtern bekannt gewordene Form nach dem Geschlechts- thiere beschrieben, die 19gliederigen Antennen sind die des aus- gebildeten Weibchens, an denen die beiden letzten Glieder (nach der Insertion des langen Riechschlauches zu urtheilen) vereinigt bleiben. Dann aber müssten, falls, wie es wahrscheinlich, die An- tennen von Cyclopicera genau dem Typus unserer Gattung ent- sprechen, 20 Glieder vorhanden sein, und es wäre möglich, dass sich die Differenz aus dem Uebersehen des sehr kurzen 10. Gliedes erklärte. Nun wurde die Antenne einer zweiten Cyclopicera-Art (lata) in der That ebenso wie die von Ascomyzon Lillje- borgii als 20Ogliederig beschrieben. Hier finden sich die 3 kurzen Endglieder getrennt und als Glieder gezählt, es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass in diesem Falle das kurze 10. Glied übersehen oder mit dem vorausgehenden als zusammengehörig betrachtet wurde. An dem Füsschen des fünften Paares erscheint das Basalglied mit seinem borstentragenden Höcker noch nicht vom handtörmigen Distalglied abgesetzt, so dass man ohne Rücksicht auf jenen borstentragenden Höcker die Extremität als eingliederig beurtheilen wird. Nun scheint dies Brady auch in jenen Fällen gethan zu haben, in welchen ein eingliederiges Füsschen des fünften Paares als Art- oder gar als Gattungs-Charakter (Artotrogus) ver- werthet wurde. Es bleibt aber zweifelhaft, ob die Abgliederung übersehen oder, falls nicht vorhanden , eine Jugendform vor der letzten Häutung zu Grunde lag oder aber wirklich der Typus (355) 30 C. Claus: jener sich persistent erhalten hat. Endlich tritt auch an den Furcalborsten, die schon in der charakteristischen Zahl und Stellung vorhanden sind, eine Abweichung hervor, insoferne den beiden mittleren Terminalborsten, die ich als laterale und mediale Hauptborste unterscheide, die gliedartige Abgrenzung eines basalen Suckels fehlt (Fig. 10) und somit erst mit der letzten Häutung gebildet wird. Echinocheres violaceus n. spec. (Taf. V, Fig. 1—10). Körper des Weibchens 1:15 Mm. bei einer Breite des Cephalo- thorax von 0'6 Mm., des Männchens 0:75 lang, durch ramificirte Pigmenthaufen schwarz gefleckt, mit violetter Chitinbekleidung der Antennen, der Gliedmassen und des Abdomens. Cephalothorax breit-oval. Abdomen ziemlich kurz und gedrungen. Das Genital- segment seitlich bewimpert und in scharfe Spitzen ausgezogen, von den beiden folgenden Abdominalsegmenten ist das hintere kürzer und so lang als das Furcalglied. Die vier Terminalborsten der Furca fein behaart und mit Ausnahme der medialen Haupt- borste, welche jedoch nicht die Länge des Abdomens erreicht, gleich lang. Die beiden dorsalen Borsten bleiben viel kürzer. Die Vorderantennen verhältnissmässig gestreckt, die drei Endglieder beträchtlich verschmälert. Dieser schöne violette, schwarz pigmentirte Ascomyzontide wurde zuerst vereinzelt zwischen Algen zugleich mit Peltidien gefunden, und längere Zeit vergeblich nach dem normaien Träger gefahndet, bis es schliesslich gelang, Strongylocentrotus lividus, dessen Körperfärbung unser Parasit überraschend wieder- holt, als Wohnthier nachzuweisen. Dr. Graeffe fand mehrmals Exemplare dieses See-Igels mit hunderten, vorwiegend weiblichen, aber auch zahlreichen männlichen Individuen unseres Echinocheres behaftet und konnte mir dieselben sammt ihrem Träger lebend zur Untersuchung nach Wien senden. Auch fanden sich jugend- liche Weibchen unter dem reichen Materiale vereinzelt vor, ebenso noch eine zweite viel kleinere Art, eine wahre Zwergform, welche mit der grösseren Art stets vergesellschaftet vorkommt. Echinocheres minutus n. spec. (Taf. V, Fig. 11—12, Taf. VI, Fig. 1—4). Körper breit oval, mit gedrungenem Abdomen, im weiblichen Geschlecht kaum 0°5 Mm., im männlichen 0O'4 Mm. lang. Integu- ment bräunlich tingirt. Ramifieirte Pigmenthaufen bedingen ein (356) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden, 3l schwarzgeflecktes Ansehen. Zweites und drittes Thoracalsegment nur wenig schmäler als der Cephalothorax. Genitalsegment des 'Weibehens breit und relativ kurz. Die nachfolgenden Segmente und Furcalglieder ziemlich gleich lang. Die vier Terminalborsten der Furca fein gegliedert, kurz, von fast gleicher Grösse. Vordere Antennen verhältnissmässig gedrungen, die drei Endglieder kaum merklich verschmälert. 4. Acontiophorus Brady (Taf. VII, Fig. 1—10). Körperform verhältnissmässig schmal und ge- streekt, die Leibesgliederung wie bei Ascomyzon. Abdomen um ein Segment reducirt. Die Seitenflügel des Cephalothorax mehr oder minder weit umge- schlagen. VordereAntennen im weiblichen Geschlecht elf- oder sechszehngliederig. Hintere Antennen mit drei verschieden grossen,pfriemenförmigen Stachel- dornen am Ende des Terminalgliedes und grossem eylindrischen, aber einfachem Nebenast nahe dem Distalende des langgestreckten zweiten Gliedes. Der Schnabel ist in eine sehr enge und fast körperlange Siphonalröhre ausgezogen. Mandibelnmitschmalem, stiletförmigem Ladenfortsatz und langer, starker Tasterborste. Maxillarlade kräftig, mit mehreren und darunter einer verlängerten Borste. Maxillar- taster kurz abgerundet und mit drei gekrümmten Borsten besetzt. Kieferfüsse und Beinpaare wie bei Ascomyzon. Diese durch Brady ihren wesentlichen Charakteren nach kenntlich dargestellte Gattung ist mir nurin zwei zwischen Peltidien gefundenen Formen bekannt geworden, von denen die eine der Beschreibung des Weibchens von A. seutatus so vollständig entspricht, dass die Zugehörigkeit zu demselben nicht in Zweifel gezogen werden kann. Die andere Form ist ein männliches Thier und wurde zuerst für das Männchen jener gehalten, bis mir die nähere Untersuchung eine grössere Uebereinstimmung mit der zweiten, ebenfalls nach dem weiblichen Geschlechte beschriebenen, als A. ar- matus unterschiedenen Art wahrscheinlich machte. Der wichtigste Charakter, welcher in Verbindung mit Be- sonderheiten der Antennen und Kiefer die Aufstellung dieser Gat- tung rechtfertigt, liegt in dem Vorhandensein einer fast körper- langen, capillarartig engen Siphonalröhre, in welche sich das spitze (357) 32 0. Olans: Ende von Oberlippe und Unterlippe auszieht (Fig. 4 u. 8). Beide bilden an jeder Seite einen stabförmigen, median verbundenen Ausläufer und stellen so eine Rinne her, die mit der zweiten röhrenförmig zusammenschliesst. Auch an dem conisch verbreiterten Basalabschnitt des Schnabels ist die gewölbte und übergreifende Oberlippe von der verschmälerten flachen Unterlippe durch eine Spalte abgegrenzt. Die als Stilette ausgezogenen Mandibelladen scheinen schwach, verkümmert, und reichen nicht in die Siphonal- röhre hinein. Ob dieseiben überhaupt noch als Stechorgane benützt werden, ist mir zweifelhaft geworden. Auch dürften die kräftigen, borstenförmig verlängerten Mandibeltaster (Fig. 4 MdT), welche die Länge des Cephalothorax erreichen, nicht zum Stechen dienen, mit grösserer Wahrscheinlichkeit würden die kürzeren, stiletförmigen Borsten der Maxillarlade (Fig. 5) in diesem Sinne in Betracht zu ziehen sein, obwohl sie ausserhalb des Schnabels liegen. Es ist nun auch keineswegs ausgeschlossen, dass die lange Siphonalröhre mit ihren vier stabförmigen Verdickungen der Wand zugleich als Stechorgan wirkt und sich in weiche Gewebe tief einzusenken vermag. Wahrscheinlich kommt noch der zwischen den hinteren Kieferfüssen hervortretenden häutigen Trichterrinne (Fig. 4 TrR), welche das Ende der conischen Unterlippe umgibt und überragt, bei dem Saugacte eine gewisse Bedeutung zu. Leider war das auf ein einziges männliches und weibliches Thier beschränkte Beobachtungsmaterial nicht ausreichend, um über alle Details in der Gestaltung der Mundtheile ausreichenden Aufschluss zu geben und sichere Rückschlüsse über die Functionen zu gestatten. Obwohl die Zahl der Antennenglieder in den beiden bekannt gewordenen Arten eine verschiedene ist, so scheint doch ein gleicher Typus der Gliederung Geltung zu haben und die Ver- schiedenheit vornehmlich auf der grösseren Zahl der kurzen Zwischen- glieder, welche auf das zweite, beziehungsweise dritte Antennen- glied folgen, zu beruhen (Fig. 2). Im männlichen Geschlechte hat die Antenne zwei geniculirende Glieder ausgebildet und ist durch diese, wie wohl bei sämmtlichen Ascomyzontiden, zu einem Greif- arme umgestaltet. Auch trägt dieselbe im Gegensatze zur Antenne des Weibchens, an welcher nur ein mächtiger Riechschlauch am viertletzten Ringe ansitzt, eine grössere Anzahl (wenigstens 6) solcher Schläuche von ansehnlicher Länge, den letzten derselben am vorletzten Gliede (Fig. 6 u. 7 Rs). (358) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 33 An der Antenne des zweiten Paares fällt, abgesehen von der Bewaffnungsweise des Endgliedes mit pfriemenförmigen Stachel- dornen, die Grösse des eylindrischen, in eine lange Borste aus- laufenden Nebenastes auf (Fig. 3 NA). Das fünfte Beinpaar trägt am zweiten Gliede ausser den drei Terminalborsten, von denen die äussere vom Ende abgerückt ist, auch am Medialrande zwei derartige Borsten (Fig. 4, 5 Bp, 10). Von den inneren Organen ist ausser dem bei allen Ascomy- zontiden vorhandenen grossen dreitheiligen Stirnauge der durch dunkelkörnige Zeilen hervortretende Magendarm mit seinen zwei zu mächtigen, rechtwinkelig eingebogenen Schläuchen ausgebildeten Seitendivertikeln bemerkenswerth (Fig. 1 L). Acontiophorus seutatus Brady and Robertson (Taf. VII, Fig. 1—5). Solenostoma scutatum Brady and Robertson. On Marine Copepoda taken in the West of Ireland. Ann. and Mag. Nat. Hist. 1873, ser. IV, vol. XII. Acontiophorus scutatus Brady. A Monograph of the free and semi-parasitic Copepoda of the British Island. 1880, Tom. III, pag. 69, Taf. 90, Fig. 1—10. Körper verhältnissmässig schmal und langgestreckt, 0°9 Mm. lang. Die vorderen Antennen kurz, dicht mit Borsten besetzt, elfgliederig, mit sehr kurzem dritten bis fünften und langem sechsten Gliede. Das viertletzte Glied mit umfangreichem Riech- schlauch. Siphonalröhre so lang als der ganze Körper. Abdomen nach hinten verschmälert. Das Genitalsegment fast um !/, länger als die beiden nachfolgenden ziemlich gleich langen Segmente, seitlich in eine kurze Spitze ausgezogen. Furcalglieder gestreckt, doppelt so lang als breit, fast von doppelter Länge des End- segmentes. Von den vier Terminalborsten der Furca ist die laterale vom Ende abgerückt, die mediale längere ebenso wie jene und die beiden Hauptborsten bewimpert. Von den letzteren aber ist die laterale so lang als das Abdomen, die mediale fast um !/, länger. Acontiophorus armatus Brady (Taf. VII, Fig. 6—10). Ascomyzon armatum Brady and Robertson, Brit. Assoe. Report, 1875, pag. 197. Acontiophorus armatus Brady. A Monograph of the free and semi-parasitic Copepoda of the British Island, London 1880, Vol. III, pag. 71, Taf. 87, Fig. 8—15. (359) 34 C. Claus: Körperlänge 1 (5) bis 15 (2) Mm. Abdomen von kräftigerem Bau, die vorderen Segmente desselben seitlich in Stachelfortsätze auslaufend. Endsegment kurz, in das vorausgehende halb eingezogen. Furcalglieder so breit als lang. Antennen in beiden Geschlechtern 16gliederig, mit dichtem Borstenansatz , 4.—7. Glied sehr kurz. Füsschen des fünften Paares mit länger gestrecktem Endgliede. Siphonalröhre kürzer als der Körper. Furcalborsten von ansehn- licher Stärke, die mittleren Hauptborsten länger als das Abdomen und wie die seitlichen Terminalborsten befiedert. 9. Artotrogus Axel Boeck. A. Boeck, 1. ec. Taf. I, Fig. 1—10. Artotrogus ex. p. Brady, l. c. pag. 59, 61—64, Taf. XCI, Fig. 12—15; Taf. AXCI, Fig. 14; Taf. XCIII, Fig. 1—10. Cephalothorax schildförmig verbreitert. Körper und Gliederung wie bei Dermatomyzon. Thoracal- segmente mit stark entwickelten Seitenflügeln. Ab- domen Ögliederig, im weiblichen Geschlecht mit verschmolzenem 1. und 2. Segment. Vordere Antennen 9gliederig, hintere Antennen4gliederig ohne Neben- ast(?. Sipho schmal und lang gezogen. Mandibeln mit stiletförmiger, am Ende gezähnelter Lade (Taster?). Maxillen mit schmaler Lade und Taster. Maxillarfüsse undSchwimmfüsse wie beiAscomyzon. Ausser Thorell’s Beschreibung von A. orbicularis liegen noch von Brady kurze Angaben über zwei als besondere Arten (A. magniceps und Normani) unterschiedene Formen vor, die augenscheinlich zu derselben Gattung gehören. Leider ist es jedoch nach diesen unvollständigen Darstellungen ohne nochmalige genauere Untersuchung nicht möglich, die Charaktere der Gattung ausreichend zusammenzustellen. Die vorderen Autennen gliedern sich nach einem anderen Typus als bei Ascomyzon und werden für A.orbieularis und Normani als 9gliederig beschrieben. Dagegen sollen dieselben bei A. magniceps nach Brady aus 10 Gliedern bestehen, indessen widerspricht dieser Angabe die beigefügte Ab- bildung (Taf. XCIIIL, Fig. 2), welche 12 Glieder zeigt. Die hinteren Antennen scheinen nach den Angaben beider Autoren des Neben- astes zu entbehren. Nach Thorell sollen im Gegensatze zu Asterocheres statt drei nur zwei Palpen vorhanden sein, so dass dem Anscheine nach der Mandibeltaster fehlen würde. Es wäre nun wohl in erster Linie wichtig gewesen, über diese als Gattungs- (360) a ER Pn uf Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden, 35 charakter bedeutungsvolle Abweichung Sicherheit zu gewinnen, gleichwohl suchen wir bei Brady, der doch so zahlreiche Detail- Angaben über manches Gleichgiltige macht, vergebens nach einer Entscheidung. Weder für A.magniceps noch A. Normani findet sich dieses Verhalten untersucht. Dagegen wird unter den Charak- teren von Artotrogus, zu welcher Gattung er auch As- comyzon Lilljeborgii und Asterocheres Lilljeborgii mit Mandibeltaster stellt, der Mangel des Mandibeltasters aufge- nommen. Das fünfte Fusspaar soll, und auch das gilt als Gattungs- merkmal, einfach, d. h. eingliederig sein, gleichwohl bildet Brady für A. magniceps auch noch ein basales Glied mit der für dieses charakteristischen Lateralborste ab (Taf. XCIII, Fig. 8) lässt da- gegen bei A. Normani die Gliedmasse ganz fehlen. Eingliedrig werden auch die rudimentären Füsschen der beiden fälschlich in die Gattung aufgenommenen Ascomyzon Lilljeborgii Ax. Bek. und Asterocheres Lilljeborgii Thorell dargestellt, ob- “ wohl ihre Basalglieder mit der charakteristischen Lateralborste bereits von den Autoren abgebildet worden sind. Das Abdomen wird für beide Formen als nur 4gliederig angegeben. 6. Dyspontius Thorell. Thorell, l,c. pag. 80, Taf. XIV, Fig. 22. — Dyspontius Brady, 1. e. pag. 66, Taf. XCII, Fig. 1—13. Körpergestalt wie bei Artotrogus. Gliederung vollzählig. Abdomen 5gliederig, im weiblichen Ge- schlechte mit verschmolzenem ersten und zweiten Segmente. Vordere Antennen 9gliederig, mit langge- strecktem ersten und zweiten Gliede und fünf kurzen nachfolgenden Gliedern. Hintere Antennen ohne deut- lich abgesetztes Basalglied. Mandibeln mit langem, griffelförmigem Taster. Maxillen und Maxillarfüsse im Wesentlichen wie bei Artotrogus,. ebenso die Brustfüsse mit Ausnahme des vierten Paares, an welchem der innere Astim Wegfallkommt. Fünfter Fuss fehlt (Brady) oder ist auf einen kurzen, mit zwei Borsten besetzten Höcker reducirt (Abbildung Thorell’s). Sipho von ansehnlicher Länge. Auch diese Gattung ist auf die keineswegs vollständige Untersuchung nur weniger frei gefundener Exemplare einer ein- zigen (1!/, Mm. grossen) Art, D. striatus Thorell, gegründet, daher muss die Charakterisirung zur Zeit lückenhaft und unbe- Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete, Tom. VIII, Heft 3. 25 (361) 36 C. Claus: friedigend sein. Zudem bleiben zwischen den Angaben Thorell’s, dem nur ein einziges weibliches Exemplar von der scandinavischen Küste zu Gebote stand und denen Brady’s, welcher mehrere männ- liche und weibliche Formen, die an den Küsten von den Shetland- und Scilly-Inseln, Durham und Yorkshire gefangen waren, unter- suchen konnte, mehrfache Widersprüche auszugleichen. Auf Grundlage der in dem vorausgehenden Absatz betrachteten Arten und Gattungen würde die Familie der Ascomyzontiden in folgender Weise zu charakterisiren sein: Cyclopsähnliche Formen mit mehr oder minder schildförmig verbreitertem Cephalothorax, vollständiger oder nur wenig redu- cirter Gliederung des Abdomens, mit stiletförmigen Mandibeln und Saugrüssel, sowie mit 4 normal gestalteten Ruderfusspaaren. Die vorderen, meist reich gegliederten Antennen sind im männlichen Geschlechte zu geniculirenden Greifarmen umgestaltet. Die hinteren Antennen tragen am zweiten langgestreckten Gliede einen rudi- mentären Nebenast und sind mit Haken und Klammerborsten bewaffnet. Ebenso enden die beiden Maxillarfusspaare mit mächtigen Greifhaken, welche sich auch am hinteren Paare in beiden Ge- schlechtern gleich verhalten. Der Sipho ist in eine kürzere oder längere enge Siphonalröhre ausgezogen, ein einfacher borsten- förmiger Mandibeltaster findet sich am Grundstück der stiletförmig ausgezogenen Lade eingelenkt. Die Maxille besteht aus einer mit Borsten besetzten, medialwärts nach hinten gewendeten Lade und einfachem schmalen, meist aufrecht emporgerichteten , borsten- tragenden Taster. Die Weibchen tragen zwei ovale Eiersäckchen. Das 3theilige Medianauge ist besonders im männlichen Geschlechte von ansehnlicher Grösse. Die seitlichen Divertikel am Vorderende des Magendarmes sind zu quergestellten, nach hinten winkelig um- gebogenen Schläuchen verlängert. III. Ueber Caligidium vagabundum, eine neue Gattung der halbparasitischen Gore gruppe (Taf. I, Fig. 1—7) Unter den zwischen Algen frei vorkommenden Parasiten fand sich eine kleine, kaum 1 Mm. lange Form, mit breitem, ziemlich schmalem Cephalothorax, welche durch den Besitz eines mächtigen Büscheis langer Riechschläuche am ersten Fühlerpaare besonders auffallend schien. Es war zu vermuthen, dass diese an die männ- lichen Hyperiden erinnernde Ausstattung zu dem Wechsel der (362) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden, 37 freien und parasitischen Lebensweise in Beziehung stehen und dem männlichen Thiere das Auffinden des parasitisch lebenden Weibehens und dessen Wohnthieres erleichtern dürfte. Die nähere Untersuchung ergab denn auch, dass sämmtliche (10) Exemplare, die im Laufe einiger Wochen aufgefunden wurden, männliche Thiere waren, deren Mundwerkzeuge und Thoracalgliedmassen derartige Besonderheiten zeigten, dass die bisher unbekannt ge- bliebene Form keiner der aufgestellten Copepodenfamilien sub- sumirt werden konnte. In der Form des Körpers steht unser Copepode den Caligiden recht nahe, und ich habe aus diesem Grunde für denselben die Be- zeichnung Caligidium gewählt. Auf einen mässig flachen, schild- förmigen Cephalothorax folgt noch ein ebenso breites, kurzes Tho- racalsegment, von welchem an eine auffallende Verschmälerung des Leibes beginnt, so dass die drei nachfolgenden Thoracalringe kaum breiter als das vollzählig gegliederte (fünfgliederige) Abdomen er- scheinen und von dessen Genitalsegment an Breite noch übertroffen werden (Fig. 1). Die Furcalglieder erscheinen ziemlich gestreckt und sind mit drei kurzen Lateralborsten und einer die Länge des Abdomens überragenden Terminalborste besetzt. Die beiden Antennenpaare erinnern an die der Lichomol- giden, insbesondere die viergliederigen, mit nur einem kräftigen Greifhaken endigenden Klammerantennnen (Fig. 3 A“). Die vor- deren, in unserem Falle zum Sitze eines feinen Spürsinnes ver- wendeten Antennen (Fig. 2) weichen freilich in der Gliederung von den Antennen der Lichomolgiden nicht unwesentlich ab, stimmen aber darin mit denselben überein, dass sie der Genicula- tionen entbehren und somit auch nicht zu Greiforganen verwendet sind. Dahingegen zeigen dieselben einen ganz anderen Typus der Gliederung, indem auf ein umfangreiches, sowohl durch seine Länge als bedeutendere Stärke hervortretendes Basalstück sieben verhältnissmässig kurze Ringe folgen, welchen sich ein längeres, undeutlich gegliedertes Endstück anschliesst. Die Antenne würde also aus neun Gliedern bestehen, indessen ist es wahrscheinlich, dass sowohl der basale Abschnitt als das Endstück auf mehrere verschmolzene Glieder zu beziehen sind. Der basale Abschnitt trägt die grössere Zahl der in schwachem Bogen gekrümmten Riechschläuche, welche an der ventralen Seite desselben in drei reihenförmig geordneten Gruppen aufsitzen und der Länge nach über den Cephalothorax nach hinten hinüberreichen. Auch an den vorausgehenden Gliedern entspringen die gleichen Anhänge, und 25* (868) 38 C. Claus: zwar am dritten,: vierten, sechsten und siebenten Glied in einfacher Zahl. Ein kürzerer, aber dieker Spürkolben gehört dem Endglied an, an dessen Mitte er auf einem kurzen Fortsatz ent- springt (Fig. 2). Die Mundwerkzeuge zeigen sehr eigenthümliche Gestaltungs- verhältnisse. Die vierseitige Oberlippe (Fig. 3 OL), welche un- mittelbar auf das ungewöhnlich langgestreckte, ventralwärts um- geschlagene, unbewegliche Rostrum (R) folgt, ist mit einer drei- seitigen Unterlippe zur Bildung eines niedrigen Mundaufsatzes vereinigt, in dessen Atrialraum der dolchförmige, schräg nach vorne gerichtete, zugespitzte Ladenfortsatz der Mandibel (Md) aufgenommen wird. Die Oeffnung dieses flachen Mundaufsatzes, welcher bereits als eine Art Sipho betrachtet werden kann, scheint eine recht enge zu sein und die etwas hakig gebogene Spitze beider Mandibeln nur wenig hervoıtreten zu lassen. Ein Taster- rudiment habe ich nicht einmal in Form eines Borstenanhanges auffinden können. | Ausserhalb des Mundaufsatzes liegen die recht einfach ge- stalteten Maxillen, welche durch ihre tasterähnliche Form an die der Lichomolgiden erinnern und aus einer ebenfalls schräg nach vorne gerichteten, mit drei Borsten besetzten Lade bestehen. Dagegen stimmen die beiden Maxillarfusspaare (Fig. 4, Mxf‘, Mxf“), welche unmittelbar hinter den Kiefern entspringen, mit denen der Ascomy- zontiden auffallend überein. Beide enden mit einen kräftigen Klammerhaken, welcher an dem hinteren Maxillenpaare dieselbe Zusammensetzung wie dort aufweist und ausser der terminalen End- klaue zwei gestreckte cylindrische Glieder in sich fasst (Mxf“). Ueberraschende Besonderheiten zeigen die Thoracalsegmente mit ihren Gliedmassen, von denen nur die zwei vorderen Paare alszweiästigeRuderfüsse gestaltet sind. Das erste dieser, dem Cephalothorax zugehörige Paar (Fig. 5 1Bp) bleibt relativ kurz, sowohl in seinem Stamm als seinen Ruderästen, von denen der äussere eine einfache flossenförmige Platte darstellt, der innere durch Abschnürung eines kurzen Basalgliedes zweigliederig er- scheint. Das zweite Beinpaar ist ein normal gestaltetes Ruder- fusspaar, mit langgestrecktem Basalglied des Schaftes und zwei dreigliederigen Ruderästen (Fig. 5 2Bp). Nun folgt noch am dritten, zu einem kurzen, schmalen Ringe reducirten Brustsegmente ein rudimentärer, mit Borsten besetzter Fusshöcker als drittes Fuss- paar (Fig. 1 3Bp), während an dem noch mehr verkürzten, ring- förmigen vierten Brustsegmente das zugehörige (vierte) Beinpaar (364) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden., 39 völlig geschwunden ist. Dagegen ist an dem verbreiterten letzten Brustsegmente das rudimentäre fünfte Fusspaar (Fig. 1, 7, 5Bp), an dessen frei vorragendem Endgliede ausser mehreren Terminal- borsten zwei schräg medial gerichtete Borsten des Innenrandes auffallen, vorhanden. Auch das sechste Beinpaar ist durch einen verhäitnissmässig ansehnlichen, mit zwei Borsten besetzten Höcker jederseits am Hinterrande des umfangreichen Genitalsegmentes vertreten (Fig. 7 6Bp). Das weibliche Thier, welches wahrscheinlich minder beweg- lich als Parasit am Körper seines Trägers verharrt, blieb mir bislang unbekannt. Nach den auffallenden Eigenthümlichkeiten der Gliedmassen und insbesondere der Mundwerkzeuge dürfte für unsere Gattung die Aufstellung einer besonderen Familie erforderlich werden, in- dessen genügt es vorläufig, darauf hinzuweisen und das Auffinden des weiblichen Thieres, sowie verwandter Formen abzuwarten. So mag, wie für die isolirt stehende, seinerzeit von mir eingehend dargestellte Hersilia, einem anderen Gelehrten die Freude der Entdeekung einer neuen Copepodenfamilie!) vorbehalten bleiben. 1) Vergl. Alfred Giard, „Le Laboratoire de Wimereaux en 1888. Extrait da Bulletin scientifique de la France et de la Belgique. Paris 1888. „De plus, l’etude soignee des formes commensales a produit la decouverte bien inattendue d’une famille nouvelle que M. Canu a decrite sous le nom d’Hersiliidae et qui comprend, outre le genre Hersilia de&ja etudie a Näples deux genres nouveaux commensaux de Calianassa subterranea et des Annelides Clymeniens.“ (365) Verzeichniss der Literatur. Axel Boeck: Slägten Artotrogus and Asterocheres, Forhandlinger i Videnskabs Selskabet. Christiania 1859. G. St. Brady: A Monograph of the free and semi-Parasitic Copepoda of the British Islands. Vol. I, 1878 und Vol. III. London 1880. R. Buchholz, Beiträge zur Kenutniss der innerhalb der Ascidien lebenden Crusta- ceen. Zeitschrift für wiss. Zool. 1869, Tom. XIX. C. Claus: Beiträge zur Kenntniss der Entomostraken. Marburg 1860. Derselbe: Ueber die blassen Kolben und Cylinder an den Antennen der Copepoden, Würzburger naturw, Zeitschr. 1860, Tom. I. Derselbe: Die freilebenden Copepoden mit besonderer Berücksichtigung der Fauna Deutschlands, der Nordsee und des Mittelmeeres. Leipzig 1863. Derselbe: Beiträge zur Kenntniss der Schmarotzerkrebse. Zeitschr. für wissensch, Zoologie. 1864, Tom. XIV. Derselbe: Neue Beiträge zur Kenntniss parasitischer Copepoden, nebst Bemerkungen über das System derselben. Ebendas. 1875, Tom. XXV. Derselbe: Ueber Sabelliphilus Sarsii und das Männchen desselben, Ebendas. 1876, Tom. XXVI. Ed. Clapar&de: Note sur les Crustac6s Copepodes parasites des Annelides et, description de Sabelliphilus Sarsii. Annales des scienc. natur. 1870, Tom. XIII. R. Kossmann: Zoologische Ergebnisse einer im Auftrage der königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin ausgeführten Reise in die Küstengebiete des rothen Meeres. Entomostraca. Leipzig 1877. Derselbe: Ueber Clausidium testudo, einen neuen Copepoden, nebst Bemerkungen über das System der halbparasitischen Copepoden. Verhandl. der phys.-med. Gesellschaft. Würzburg. Tom. VII. Alexander Rosoll, Ueber zwei neue, an Echinodermen parasitische Copepoden, Ascomyzon comatulae und Astericola Clausii. Sitzungsberichte der Wiener Akademie. Mathem.-naturw, Classe. Mai 1888, Tom. XCVII, Abth. 1. T. Thorell, Bidrag till Kaennedomen om Krustaceer som leeva i aster of Slaegtet Ascidia. K.V. Akad. Handl. 1859, Tom. III, Nr. 8. A. Della Valle: Sui Coriceidi parassiti e sull’ anatomia del gen. Lichomolgus. Mit 2 Tafeln. Mittheilungen aus der zoologischen Station. Neapel 1880. Tom. Heft 1. Tafelerklärung. Taf. I. Fig.]. Caligidium vagabundum. Männchen vom Rücken aus gesehen, Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. II, ausgez. Tubus. Vergrösserung 90:1. A’ Vordere Antenne, O das dreitheilige Auge, 3 Bp drittes Beinpaar, 5 Bp Beinpaar des fünften Brustsegmentes. Dr Hautdrüsen. (366) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden, 41 Fig.2. Die Sinnesantennen desselben mit den Büscheln von Riechschläuchen und dem terminalen Spürkolben, Camera-Zeichnung. Hartn, Syst. V, eingezog. Tubus. Vergrösserung 260: 1. Fig. 3. RRostrum, A‘ Greifantennen, OL Oberlippe, Md Mandibel, Mx Maxille. Camera-Zeichnung. Hartu. Syst. V, eingezog. Tubus. Vergrösserung 260: 1. Fig. 4. Greifantennen der einen Seite und die Maxillarfusspaare (Mxf‘, Mxf‘), Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausgez. Tubus. Vergrösserung 220 :1. Fig. 5. 1 Bp erstes, 2Bp zweites Schwimmfosspaar, Camera-Zeichnung. Hartn, Syst. IV, eingezog. Tabus, Vergrösserung 150 :1. Fig. 6. Optischer Querschnitt durch das dritte Brustsegment mit dem dritten Beinpaar (3 Bp). Camera-Zeichnung, Vergrösserung 220:1. Fig.7, Letztes Thoracalsegment mit dem fünften Beinpaar (5 Bp), das Genital- segment mit dem 6. Beinpaar (6 Bp) und das nachfolgende Segment. Camera- Zeichnung. Hartn. IV, ausgezog, Tubus. Vergrösserung 220:1. Fig. 8. Die Mundwerkzeuge von Sabelliphilus Sarsii (Q) in situ dar- gestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, ausgezog. Tubus. Vergrösserung 380 ::1. OL Oberlippe mit ihren beiden vorspringenden scharfkantigen Randlappen, c Quer- contour in der 'iefe, von della Valle irrthümlich für die Grenze der Oberlippe gehalten. Md Mandibel, Mx Maxille, Mxf‘, Mxf‘‘ die beiden Maxillarfusspaare, Fig. 9. Oberlippe (OL) mit den beiden Randlappen (RL) und dem zur Unter- lippe (Ul) führenden Gestell. Md Mandibel, Mxf’ vorderer Maxillarfuss, dieselbe Vergrösserung, Fig. 10. Mandibeln (Md), Maxillen (Mx) und die beiden Maxillarfüsse (Mxf‘, Mxf“) der einen Seite unter derselben Vergrösserung. Taf. II. Fig. 1. LichomolgusDoridicola. Weibchen vom Rücken aus dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn, Syst. II, ausgezog. Tubus. Vergrösserung 90 : 1. Re Recepta- culum seminis, Sp Spermatophore, Ov Ovarien, Fig. 2. Das Männchen desselben bei derselben Vergrösserung dargestellt, D Darmcanal, Fig. 2’. Abdomen des Männchers von der Bauchseite gesehen. Fig. 3. Weibchen einer frei gefischten Form unter ders:lben Vergrösserung. Fig. 4. Naupliuslarve desselben. Fig. 5. Rostrum und vordere Antenne des Weibchens, O Auge, RS Riech- schläuche. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausgezog. Tubus. Vergrösserung 220: 1. Fig. 6. Rostrum und vordere Antenne des Männchens in gleicher Weise dar- gestellt, RS Riechschläuche. Fig. 7. Mandibel (Md) und Maxille (Mx) eines weiblichen Thieres. Ver- grösserung 260 .:1. Fig. 8. Vorderer Maxillarfuss (Mxf’) desselben. B Borstenanhang, NB Neben- borste. Camera-Zeichnung. Hartn, Syst. V, eingezog. Tubus. Vergrösserung 260 :1. Fig. 9. Die Oberlippe und Kiefer im Zusammenhang mit dem Mundgestell. a, b die beiden vorderen Schenkel des Mundgestells, OL Oberlippe, Md Mandibel, MdR bezabnter Medialrand desselben. Mx Maxille, Mxf‘ vorderer Maxillarfuss. Camera- Zeichnung. Hartn, Syst. V, eingezog. Tubus. Vergrösserung 260:1. Fig. 10. Hinterer Maxillarfuss unter derselben Vergrösserung. Fig. 11. Hinterer Maxillarfuss des Männchens unter derselben Vergrösserung. Fig. 12. Die beiden Endglieder der männlichen Greifantenne mit den Haken (367) 42 C. Claus: und Hakenborsten, Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausgezog, Tubus. Ver- grösserung 220: 1. Taf. III. Fig. 1: Lichomolgus Anemoniae. Weibchen vom Rücken aus dargestellt. Camera-Zeichnung, circa 48fach vergrössert. D Darmcanal mit den seitlichen Divertikeln, Fig.2. Die beiden Endglieder der Greifantenne mit den beiden Terminal- haken und Borsten, Fig. 3. Oberlippe (OL), Mandibel (Md) und Maxille (Mx). Fig. 4. Die Mandibel. | Fig. 5. Der obere Maxillarfuss. Camera-Zeichnung (Fig. 4 u. 9). Hartn. Syst. V, eingezog. Tubus. Vergrösserung 260: 1. Fig. 6. Der untere Maxillarfuss des Männchens, schwächer vergrössert. Fig. 7. Fünftes Brustsegment und Genitalsegment desselben von der Bauch- seite dargestelli, etwa 80fach vergrössert. Gkl Genitalklappe, GO Geschlechtsöffnung. Fig. 8. Anthessius Pleurobranchi. Weibchen vom Rücken aus dargestellt. Camera-Zeichnung circa 48fach vergrössert. | Fig. 9. Die vordere Antenne desselben. Camera-Zeichnung. Hartn, Syst. IV, eingezog. Tubus. Vergrösserung 150:1. Fig. 10. Klammerhaken und Borste am Ende der Greifantenne, Fig. ]1l. Mandibel (Md), Maxille (Mx) und vorderer Maxillarfuss (Mfx‘). Camera- Zeichnung. Hartn,. Syst. V, eingezog. Tubus. Vergrösserung 260: 1. Fig. 11‘. Maxille isolirt, unter derselben Vergrösserung. Fig. 12. Vorderer Maxillarfuss. Fig. 13. Innenast des vierten Beinpaares. Camera-Zeichnung. 150fach ver- grössert. Taf. IV. | Fig. 1. Pseudanthessius gracilis. Weibchen. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. II, ausgezog. Tubus. Vergrösserung 90:1. Fig. 2. Vordere Antenne desselben, Camera-Zeichnung. Vergrösserung 220: 1. Fig. 3. Hintere Antenne desselben unter derselben Vergrösserung. Fig. 3°. Die beiden letzten Glieder dieser mit den Greifhaken und Borsten, Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eingezog. Tubus, Vergrösserung 260 ::1. Fig. 4. Oberlippe (Ol), Mandibeln (Md) und Maxillen (Mx), b die zweite Seitenleiste des Mundskelets. Fig. 5. Mandibeln (Md) und beide Maxillarfusspaare (Mxf’, Mxf“), Fig. 6. Die beiden Maxillarfus:paare (Mxf’, Mxf”), B seit- liche Borste am vorderen Paare. Fig. 7. Viertes Beinpaar mit dem eingliederigen Innenast. Camera-Zeichnung. Vergrösserung 220 .:1. Fig.8. Paranthessius Anemoniae, Weibchen vom Rücken aus dar- gestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. II, ausgezog. Tubus. Vergrösserung 90:1. Fig. 9. Vordere Antenne desselben, nebst Rostrum (R). Die ) ] Camera-Zeich- nung. Hartn. Syst. V, eingezog. Tubus. Ver- grösserung 260: 1. Nm Camera-Zeich- einzelnen Glieder durch eingeklammerte Zahlen bezeichnet. Hart Fig.9'. Die Endglieder mit 3 Riechschläuchen (RS) stärker 5 DUB: See vergrössert, ( Syst. IV,ausgezog. Fig. 10. Greifantennen, Af” Insertionsfeld derselben. | Tubus. u N Fig. 10°. Die Endglieder derselben, ah (368) Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden. 43 Fig. 11. Oberlippe, Kiefer und Kieferfüsse. Buchstaben- ) bezeichnung wie in früheren Figuren. ML Medianleiste nebst , Zapfen am Brustabschnitte des Cephalothorax. Sue An Fig. 12. Das Mundgestell mit den 4 Leistenpaaren a,b, c,d | ak ne von ver dorsalen Seite aus gesehen. (Syst. V, eingezog. Fig. 13. Das Endglied der vorderen Kieferfüsse, NB Neben- ‚rabun, Ver- borste grösserung 260: 1. Fig. 14. Hinterer Maxillarfuss. j) Fig. 15. Der innere Ast des 4. Beinpaares. Camera-Zeichnung. Vergrösse- rung 2RO :1. Taf. V. Fig. 1. Echinocheres violaceus. Weibchen vom Rücken aus dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. II, ausgezog. Tubus. Vergrösserung 90:1. Fig. 2. Männchen desselben mit Ange und Pigmentirung. ) unter derselben Fig. 3. Weibchen etwas schräg seitlich dargestellt. Vergrösserung. Fig. 4. Antenne des Weibchens. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eingezog. Tubus. Vergrösserung 260 :1. Fig. 4. Dieselbe schwächer vergrössert. Fig.5. Die Antenne des Männchens. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, aus- gezog. Tubus. Vergrösserung 380: 1. Fig. 5°. Dieselbe 220fach vergrössert. Fig. 6. Mandibel des weiblichen Thieres. Camera-Zeichnung. 380fach ver- grössert. MdT Taster, MdL Stilet der Lade. Fig. 7. Maxille in derselben Weise dargestellt, MxT Maxillartaster, MxL Maxillar- lade, Mxb Hauptborste am Ende derselben. Fig.8. Sipho von der Unterseite aus gesehen, unter derselben Vergrösserung. UL Unterlippe mit ihrem Chitingestell, OL Oberlippe. Fig. 9. Mundfeld des Echinocheres-Weibchens. Camera- Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausgezog. Tubus. Vergrösserung 220 :1. R Rostralplatte A” zweite Antenne, (l) erstes Glied derselben, NA Nebenast derselben, MdT Mandibulartaster, Mx Maxille, MxT Taster derselben, Mxb Hauptborste der Maxillarlade, Mxf’, Mxf" die beiden Maxillarfusspaare. Fig. 9. Nebenast der zweiten Antenne stärker vergrössert. Fig. 10. Hinterer Brusttheil und Abdomen eines jugendlichen Weibchens. Camera-Zeichnung. Vergrösserung 150:1. Fig. 11. Weibchen von Echinocheres minutus vom Camera-Zeich- Rücken aus dargestellt. | nung. Ver- Fig. 12. Männchen desselben von der Ventralseite gesehen grösserung 90:1. Taf. VI. Fig. 1. Echinocheres minutus. Männchen, vom Rücken aus dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausgezog. Tubus. Vergrösserung 220: 1. Fig.2. Die vorderen Antennen des Weibchens. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, ausgezog. Tubus. Vergrösserung 380: 1. Fig. 3. Die männliche Greifantenne in gleicher Weise unter derselben Ver- grösserung dargestellt. Fig. 4. Die Mundtheile des Weibchens unter gleicher Vergrösserung. A“ die untere Hälfte der zweiten Antenne, Md Mandibel, MdT Mandibulartaster, Mx Maxille, MxT Maxillartaster, MxL Maxillarlade, Mxf’, Mxf“ die beiden Maxillarfusspaare. (369) 44 C. Claus: Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden, Fig.5. Dermatomyzon elegans. Weibchen vom Rücken aus dargestellt. Camera-Zeichnung, Hartn, Syst. IT, ausgezog. Tubus. Vergrösserung 90: 1. Sp Sperma- tophore., Fig. 6. Vordere Antenne desselben, Camera-Zeichnung. Hartn, ni IV, ein- gezogener Tubus, Vergrösserung 150:1. Fig.7. Das Mundfeld bis zum Stirnrande von derselben Form. Camera- Zeichnung. Hartn. Syst. VI, ausgezog. Tubus, Vergrösserung 220 : 1. R Rostralplatte. A’ die 3 proximalen Glieder der vorderen Antenne, A“ hintere Antenne, NA Neben- ast derselben, Md Mandibel, MdT Mandibnlartaster, Mx Maxille, MxT Maxillartaster, Mxf, Mxf“ die beiden Maxillarfusspaare, Rd Rand der eingeschlagenen Seitenflügel. Fig. 8. Nebenast der zweiten Antenne circa 400fach vergrössert. Fig. 9. Distales Ende der Mandibel mit den vier Zähnchen, Fig. 10. Die Endklaue am Hakenstück des vorderen Maxillarfusses. Taf. VII. Fig. 1. Acontiophorus scutatus, Weibliches Thier vom Rücken aus gesehen. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. 1I, mit ausgezog. Tubus. Vergrösserung 90:1. O Auge, D Darmcanal, L Darmdivertikel oder Leberschläuche, Fig. 2. Die vorderen Antennen desselben von der Ventralseite dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn,. Syst. V, eingezog. Tabus. Vergrösserung 260:1. RS Riech- schlauch. Fig. 3. Die hintere Antenne desselben in gleicher Weise vergrössert, NA Nebenast. Fig. 4. Die Mundwerkzeuge nebst den ventralen Zwischengliedern (Wirbeln) der vier Schwimmfusspaare, sowie dem fünften Thoracalsegmente und Abdomen. Camera- Zeichnung unter derselben Vergrösserung. S der kegelförmige Basalabschnitt des Siphos, SR Siphonalröhre, MdT Mandibulartaster, Mxb Maxillenborste, Mx Maxille, Mxf‘, Mxf“ die beiden Maxillarfusspaare, TrR häutige Trichterrinne, ] Bp Stamm- glieder des ersten Beinpaares nebst wirbelähnlichem Zwischenstück, 5 Bp fünftes Beinpaar., | Fig. 5. Maxille isolirt unter derselben Vergrösserung, T Taster, L Lade. Fig.6. Acontiophorus armatus. Männchen vom Rücken aus gesehen, Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. II, mit ausgezog. Tubus. Vergrösserung 90 : 1. Buch- stabenbezeichnung wie in Fig. 1 und 2. Fig. 7. Die Antenne des Männchens 260fach vergrössert. Camera-Zeichnung, Die Riechschläuche der unteren und mittleren Glieder sind nicht dargestellt. Fig. 8. Cephalothorax nebst 2. und 3. Brustsegmente desselben von der Ventralseite gesehen, SF die umgeschlagenen Seitenflügel des ersteren, SR Siphonal- röhre. Vergrösserung 90:1. Fig. 9. Mundtheile desselben mit abgebrochener Siphonalröhre. 260fach ver- grössert. Camera-Zeichnung, OL Oberlippe des kegelförmigen Basalstückes, UL Unter- lippe desselben, Md Mandibel, MxT Maxillartaster, MxL Maxillarlade, Mxb Haupt- borste derselben, Mxf’ vorderer Maxillarfuss. Fig. 10. Linkes Bein des 5. Paares von der Ventralseite gesehen. MB die beiden Borsten am medialen Rande des 2. Gliedes. Camera-Zeichnung. Ver- grösserung 260: 1. (370) Neue Untersuchungen über den Zdges Bandwurmkörpers von Dr. Theodor Pintner, Assistenten am k.k. zoologischen Institute der Wiener Universität. f. Zur Kenntniss der Gattung Echinobothrium. (Mit 3 Tafelo.) Das Genus Echinobothrium wurde im Jahre 1848 von J.P. Van Beneden in einer einzigen Art aufgefunden und schon damals nnd in dem zwei Jahre später erschienenen grossen Öestoden- werke einer bis auf wenige Punkte ganz zutreffenden Beschreibung zu Theil, der selbst das nach einem weiteren Decennium ver- öffentlichte Werk desselben Verfassers über die Eingeweidewürmer nur mehr Richtigstellungen in der Deutung des Geschlechtsapparates hinzuzufügen vermochte. Im Jahre 1854 brachte dann G.R. Wagener Abbildungen von einem Echinobothrium, die nur von wenigen beschreibenden Worten begleitet wurden. Wagener glaubte dieselbe Art vor sich zu haben, die bereits Van Beneden beschrieben hatte. Kurz darauf (1857) folgte der Bericht über eine vermeintlich neue Art durch Lesp£s, die jedoch, in wenigen, geschlechtlich nicht ent- wickelten Fällen aufgefunden, zweifelhaft blieb. Endlich kamen 1858 Leuckart und Pagenstecher, welehe Vertreter dieser Gattung in Helgoland beobachteten und zuerst auf wahrscheinliche Artunterschiede zwischen den bisher beschriebenen Formen hinwiesen. Es wurden Unterschiede fest- gestellt, auch abgesehen von der Zahl der Längsreihen, welche die Haken an dem halsähnlichen Theile des Kopfes bilden; diese Zahl wurde hier zum ersten Male richtig mit 8 angegeben. (371) 2 Dr. Theodor Pintner: Auf diese und auf Wedl’s aus dem Jahre 1855 stammende Angaben über die Form der Eier gestützt, stellte Diesing 1863 zwei in geschlechtsreifem Zustande, als Ketten, bekannte Species fest: Echinobothrium typus Van Ben. und E. affıne Dies., denen sich als dritte zweifelhafte Species die Cestodenlarve aus Nassa reticulata: E. levicolle Lespes anschliesst. Heben wir das wichtigste aus der Diesing’schen Kenn- zeichnung der beiden Arten hervor, so ergibt sich für Echinobothrium Typus Van. Ben.: Proglottidenzahl 8—10; Eier einzeln, an einem Ende zugespitzt, am anderen, breiteren, abgestutzt, ohne jeden fadenförmigen Anhang. Und für E. affine Dies.: Glieder stets in der Zahl 3 vorhanden; stets mehrere Eier durch kurze stäbchenförmige Fortsätze mit- einander verbunden in einer Längsreihe liegend und in einer gemein- samen Hülse eingeschlossen; jedes Ei mit einem langen geissel- förmigen, nach hinten gerichteten Fortsatze versehen. In den Frühlingsmonaten der Jahre 1883 und 1889 fand ich nach langer Unterbrechung wiederum Gelegenheit, an der k.k. zoo- logischen Station in Triest Bandwürmer aus Haien und Rochen zu untersuchen. Schon während des ersten dieser beiden Aufent- halte an der See hatte ich das Glück, eine vollständig neue Art von Echinobothrium im Hundshai zu finden, und, als sich dann die anatomischen und histologischen Verhältnisse, sowohl in Bezug auf den Kopftheil, als in Bezug auf die Glieder recht untersuchenswerth erwiesen, fasste ich den Plan, die ganze Gattung monographisch zu bearbeiten. Der Ausführung dieser Idee stellten sich jedoch bis jetzt vielfache und unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg. So haben z. B. die zu besprechenden Bandwurmformen die Eigenthümlichkeit, alsbald nach dem Absterben des Wirthes zu maceriren, ein Umstand, der sich insbesondere an dem unglaublich raschen Zerfall des Kopfes höchst unangenehm bemerklich macht. Da nun lebende Haifische nur äusserst schwierig und selten zu erhalten waren, da es mir ferner noch nicht gelungen ist, die so interessanten finnenartigen Jugendzustände aufzufinden, so habe ich mich denn entschliessen müssen, nicht nur von jener zuerst beabsichtigten vollständigeren Bearbeitung vorläufig ganz abzusehen, sondern sogar meine Beobachtungen bruchstückweise, wie sie sind, ja in manchen Punkten, wo ich das natürlich immer besonders bezeichnen werde, mit einiger Unsicherheit zu veröffentlichen und eine allseitige Weiterführung mir für die Zukunft vorzubehalten. (372) a Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 3 Der vorliegende Theil meiner Untersuchungen ist in den wesentlichsten Punkten bereits vor Jahresfrist, während meiner Stellung am Grazer zoologischen Institute beendigt worden, und ich habe in erster Linie dessen Vorstande, Herrn Prof, Ludwig von Graff, für die fürsorgliehe Ausrüstung zur Arbeit und für liberalste Ueberlassung seiner bekannten schönen und werth- vollen Bibliothek zu meinen Studien meinen wärmsten Dank zu sagen, desgleichen für Gewährung eines längeren Urlaubes zum Besuche der Triester Station. Zur Ermöglichung dieses letzteren erwirkte mir Prof. v. Graff beim hohen Unterrichtsministerium ein kleineres Reisestipendium, gleichwie für den heurigen neuerlichen Besuch Herr Hofrath Prof. Claus, wofür ich gleichfalls allseits zu Dank verpflichtet bin. Ich werde hier eineKennzeichnungder verschiedenen Arten zu geben versuchen und sodann den Aufbau des Kopftheiles von Echinobothrium affine Diesing genauer beschreiben, während die bereits abgeschlossene Untersuchung der geschlechtsreifen Glieder dieser Art alsbald folgen soll. Nur von dieser Art fand ich nämlich reichliches Material, von den anderen Arten nur wenige, zum grössten Theile unbenützbare Exemplare, auch von der schon erwähnten neuen Art, mit deren anatomischer Beschreibung ich beginne. Echinobothrium Musteli nov. spec. (Tafel I., Fig. 1—8; Tafel II, Fig. 14—15; Tafel III, Fig. 30, Fig. 39—42.) Es sind 4—-5°5 Mm. messende kleine Ketten, welche in dem Inhalte der Spiralklappe des Hundshaies sich durch die lebhafte blutrothe Färbung einzelner Körpertheile leicht bemerklich machen, sobald die Aufmerksamkeit des Beobachters sie einmal heraus- gefunden, und wohl nur deshalb bisher übersehen wurden, weil sie beim ersten Anblicke von Jedermann für geronnenes Blut, für kleine unscheinbare Extravasate gehalten werden dürften. Diese blut- rothe Färbung, von den bekannten und erst in letzter Zeit (Monticelli) wieder gewürdigten rotben Pigmenttropfen in den Geweben (Taf. II, Fig. 15) herrührend, verschwindet meist alsbald, wenn die Thiere absterben, wodurch sie sodann nahezu unauffind- bar werden. Betrachtet man das Thier unter einer schwachen Vergrösse- rung (Taf. I, Fig. 1), so findet man einen grossen langgestreckten, wohl entwickelten Kopftheil von circa 0'85 Mm. Länge und darüber, (373) 4 Dr. Theodor Pintner: zu welchem sowohl der vorderste, die Haftlappen tragende Körper- abschnitt als auch der nachfolgende, bisher als „Hals“ bezeichnete Theil, welcher die 8 Längsreihen von Haken trägt, zu rechnen ist (Fig. 1, Kst). Ich werde auf diese Thatsache noch später zurück- kommen und den halsartigen Kopftheil, um Verwechslungen vor- zubeugen, als „Kopfstiel“ bezeichnen. Der Kopf setzt sich scharf durch eine tiefe Furche von dem Halstheile ab. Dieser selbst, breiter als der Kopf, erscheint nur ein ganz kurzes Stück unge- gliedert, bald erkennt man die jüngsten Glieder, die wie bei den meisten Bandwürmern erst viel breiter als lang, allmälig quadra- tisch und endlich viel länger als breit werden — ein wie gesagt so allgemeines und für Jeden, der Bandwürmer lebend kennt, zu- gleich so unbestimmtes und werthloses Kennzeichen, dass es höchst bedauerlich ist, dass dasselbe in die kürzesten Beschreibungen der systematischen Werke Aufnahme gefunden hat und leider nur zu oft den Mangel jeglicher schärferen Charakteristik zu verdecken helfen muss. Ich konnte an den wenigen vollständiger erhaltenen Exem- plaren, die ich gefunden, ungefähr 20 Glieder deutlich zäblen. Um diese sofort abzumachen, da ich bei dem geringfügigen Materiale mich auf eine nähere Untersuchung derselben nicht einlassen konnte und im Hinblicke auf die bevorstehende eingehende Beschrei- bung der Proglottis von Echinobothrium affıne hier füglich auf eine solche verzichten darf, so befinden sich die letzten an der Kette hängenden Glieder auf einer Altersstufe, die dem Höhepunkt der Thätigkeit der männlichen Geschlechtsdrüsen unmittelbar vorher- geht. Man findet drei Viertel der Längenausdehnung dieser Glieder von den rundlichen, ungefähr in der Zahl 22 vorhandenen Hoden (t) ausgefüllt, welche in zwei Längsreihen, oft eng aneinander gedrängt und sich dadurch polygonal abplattend, gelagert sind. Das untere Viertel des Gliedes zeigt in seiner Mitte einen rundlichen blasen- artigen Körper mit einem vielfach gewundenen Schlauche im Innern, und mit einer Oeffnung die Gliedwand durchbohrend, den Penis- sack (ps) mit dem in ihm eingerollten Penis und der männlichen Geschlechtsöffnung. Unmittelbar unter dieser liegt die Vaginal- öffnung, beide Oeffnungen flächenständig in der Mittellinie der Ventralfläche des Gliedes, somit bei sämmtlichen Gliedern auf der nämlichen Fläche der Kette. Kranzförmig umgeben erscheint der Penissack von den weiblichen Geschlechtsdrüsen, von denen die unteren, compacteren, dunkleren dem Keimstocke (ov), die seitlichen helleren den Dotterstöcken entsprechen. Diese letzteren bilden an (374) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers, 5 jeder Seite des Gliedes in seiner ganzen Länge verlaufende ge- streckte Drüsencomplexe. Die Länge des letzten, an der Kette hängenden Gliedes fand ich bis 0'9, die Breite bis 0'3 Mm., Zahlen, bei deren Verwerthung nie auf die ausserordentliche Contractilität vergessen werden darf, Je weiter man in der Entwicklung der Glieder zurückgeht, desto kürzer wird das Stück eines jeden Gliedes, das den Hoden zugewiesen ist, gegenüber demjenigen Stücke, in welchem sich der Keimstock und die Leitungswege ausbreiten. Beim sechst- oder siebentletzten Gliede ungefähr liegen der Penissack und die Ge- schlechtsöffnungen ziemlich genau in der Mitte der Gliedlänge. Freie Glieder fand ich leider ein einziges Mal in geringer Anzahl. Dieselben standen noch lange nicht auf der Höhe der Entwicklung, im Uterus befanden sich noch keine Eier. Da diese Glieder trotzdem schon etwas grösser waren, als die letzten an der Kette hängenden, ist mit Sicherheit anzunehmen, dass sie auch hier, wie bei den verwandten Arten und üb:rhaupt bei fast allen Cestoden der Haie und Rochen noch lange und bedeutend fort- wachsen. Figur 2 auf Tafel I stellt eires der von mir gefundenen freien Glieder von Echinobothrium Musteli dar, und zwar in seit- licher Lage, so dass die Mündungen der Geschlechtsorgane, welche auf der Fläche liegen, am Rande erscheinen. Solche Lagen kommen unter dem Deckglase leicht und häufig zu Stande, weil die los- gelösten Glieder aller Echinobothriumarten meist nur äusserst wenig abgeplattet, oft vollkommen stielrund sind. Man sieht in dem hinteren Theile des Gliedes den Keimstock (ov), der wie bei den Tetrabothrien aus zwei schmetterlingsflügelartigen paarigen Hältten besteht, die hier in Folge der seitlichen Lage übereinander ver- schoben erscheinen, und einem in der Abbildung unsichtbaren un- paaren Verbindungsstücke jener. Von der Mitte des Keimstockes nach oben verläuft die Vagina, welche im Grunde einer, von lippen- artigen Wülsten überragten, kleinen Geschlechtscloake mündet (vagö). Sie hat hier, von der Seite gesehen, einen durch 2 scharfe winkelige Knickungen hervorgerufenen verkehrt Z-förmigen Verlauf macht aber keine weiteren Windungen, sondern verläuft einfach. Ich werde nämlich unten bei der Uebersicht über den Geschlechts- apparat von Echinobothrium affine Dies. zeigen, dass dasselbe einen von allen mir bekannten Bandwurmarten höchst auffallend abweichenden Verlauf der Scheide besitzt, indem dieselbe bei einer ganz ungeheueren Länge in vielfachen, aber ganz gesetzmässig ver- laufenden Windungen und auf sich selbst zurückgewundenen Schlingen zusammengelegt ist. (375) 6 Dr. Theodor Pintner:; An einer Stelle der Vagina, unmittelbar oberhalb der unteren Knickung zeigt sich eine bauchige Aufblasung, ungefähr dort, wo bei Echinobothrium affine thatsächlich ein sehr diekwandiges Re- ceptaculum seminis liegt. Solche Aufblasungen kommen aber am Scheidenverlaufe bei Tetrabothrien oft an demselben Individuum zu gleicher Zeit an mehreren Stellen und in Folge der grossen Erweiterungsfähigkeit und der wellenförmig fortschreitenden Con- tractionen der Scheide an Präparaten immerfort den Ort wech- selnd vor, so dass man keineswegs alle schlechthin als Receptacula bezeichnen kann und ich das auch im vorliegenden Falle ohne weitere Untersuchung nicht mit Sicherheit thun darf. Die Dotterstöcke haben den bereits beschriebenen ee. und zwar sind in der Abbildung die bei do als oben liegend, die bei do’ als unten liegend aufzufassen, die ersteren also auf der rechten, die letzteren auf der linken Gliedseite liegend, wenn die Proglottis richtig orientirt gedacht wird. In der Mitte des Gliedes erstreckt sich der auf der Abbildung retortenförmige Uterus in der Richtung von vorne nach hinten (ut). Derselbe befindet sich hier auf früher Entwicklungsstufe, noch nicht in seitliche Taschen ausgezogen und noch nicht mit Eiern erfüllt und von denselben ausgedehnt. Derselbe hat bei unserer Art ebensowenig, wie bei den anderen Arten der Gattung, weder in dem hier abgebildeten Alter, noch später, jemals eine natür- liche Ausmündung nach aussen !). Etwas oberhalb des Penissackes ') Zschokke in seinen „Studien über den anatomischen und histologischen Bau der Cestoden“, Centralblatt f. Bacteriologie und Parasitenkunde, I. Bd. Nr. 7, sagt, dass bei den Tetrabothrien „gewöhnlich“ eine ventrale Uterinöffnung vor- handen sei. Für sämmtliche mir bekannte Arten der Gattung Calliobothrium, für Anthobothrium Musteli, für Phyllobothrium gracile, für Echeneibothrium und noch für manche andere von mir untersuchte Tetrabothrien, trifft das ganz entschieden nicht zu. Der Uterus, durch die Hunderttausende von Eiern immer mehr und mehr angeschwellt, sprengt in solchen späten Reifezuständen die Gliedwand, und die Pro- glottis platzt wie der Uterus selbst schon bei der leisesten Berührung, und zwar meist an einer ganz bestimmten Stelle in einer medianen Längslinie auf der Ventral- seite, was sich mechanisch leicht erklären lässt, weil eben der Uterus an der Ventral- seite der Gliedwand anliegt, während er auf der Dorsalseite von derselben durch umfangreiche Organe, ‘wie das Vas deferens getrennt ist. Nun sieht man nach dem Austreten der Eier eine grosse, einem gothischen Thore ähnliche Spalte, oft über das ganze Glied hin klaffen, welches noch lange Zeit leben bleiben kann, Diese Spalte hat ganz scharfe Ränder und die Linie, längs welcher sie entsteht, ist bei sorgfältigst behandelten Gliedern schon im Vorhinein erkennbar. Dieselbe mag ja die erste Andeutung oder der letzte Rest einer in der phylogenetischen Reihe früher bestandenen oder erst sich vorbereitenden Uterinöffnung sein; eine wirkliche, ohne äussere Einwirkung, wie Druck des Deckgläschens oder den ungemein stark (376) A R id a E Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 7 sieht:man den von dem mittleren unpaaren Stücke des Keimstockes her aufsteigenden Oviduct von der Rückenseite in den Uterus ein- münden. Ist so die weibliche Reife bei diesen Gliedern noch nicht eingetreten, so sind dagegen die männlichen Geschlechtsdrüsen bereits in voller Thätigkeit, wie das mit Spermatozoön prall ge- füllte Vas deferens (vd) zeigt, das hier gleichfalls in ziemlich ein- fachem Verlaufe von den Hoden direct zum Penissacke herabzu- steigen scheint und an der Oeffnung des letzteren unmittelbar über der Scheide im Grunde der Geschlechtskloake ausmündet. Auch der Verlauf des Vas deferens unterscheidet sich bei Echinobothrium Musteli von dem bei E. affıne, wo dasselbe mit langer Schlinge fast bis zum Grunde des Gliedes herabsteigt, um sich dann erst, nach Bildung einer kleinen Samenblase, zurück und zum Penis- sacke emporzuwenden. Die mächtigen Hoden erfüllen den ganzen oberen Theil des Gliedes. Was nun den Kopf von Echinobothrium Musteli betrifft (Tafel I, Fig. 1 und 3), so setzt sich derselbe, wie bei allen Arten der Gattung Echinobothrium, aus zwei, sich schon äusserlich auf- fallend von einander abhebenden Theilen zusammen: aus demjenigen nämlich, an dem die Haftlappen befestigt sind, — er misst von der Stirne bis zur Basis dieser ungefähr 0'37 Mm. — und aus dem Kopfstiele (Fig. I und 3, kst), dem Träger der acht Längsreihen von Haken mit circa 0'48 Mm. Der Kopfstiel wurde, wie schon oben erwähnt, bisher all- gemein als „Hals“ bezeichnet, ganz ähnlich, wie der ihm morpho- logisch gleichwerthige Theil bei den Tetrarhynchen. Ich habe schon seinerzeit, bei der Beschreibung, des Kopfes von Rhyncho- bothrium corollatum, die Thatsache, dass der Kopfstiel ein Theil reizenden Einfluss des Seewassers, sich von selbst bildende, natürliche Ausmündung des Uterus, wie bei den Bothriocephaliden, wo auch die Bildung der Uterinaus- mündung lange, bevor die Eier im Inneren eiue Spannung auf die Uterinwände ausüben, durchbricht, existirt aber bei den genannten Tetrabothrien gewiss nicht. — Es kommt eben jetzt, wo ich die letzte drängende Correctur absende, Zschokke’s umfangreiches Werk: „Recherches sur la structure anatomique et histologique des Cestodes“, Geneve 1888, durch freundliche Zusendung des Verfassers in meine Hände. Ich bin natürlich nicht im Stande, den ganzen Stoff für die vorliegende Arbeit zu bewältigen, komme aber an den wichtigsten Punkten auf das Werk zurück. In der soeben besprochenen Auffassung vermochten mich jedoch auch die einschlägigen Stellen von Zschokke’s Hauptwerk nicht anders zu überzeugen. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft 3. 26 (377) 8 Dr. Theodor Pintner: des Kopfes ist und nicht als „Hals“ betrachtet werden kann, wie von dem Urheber des Namens Tetrarhynchus longieollis und allen anderen älteren Autoren, als ganz selbstverständlich angenommen !), und ich glaube wirklich, dass heutzutage Jedermann, bei den Tetrarhynchen sowohl, wie bei den Echinobothrien nach der ersten flüchtigen Betrachtung sich hierüber klar sein muss. Die scharfe Einschnürung und die Beschaffenheit des nachfolgenden Theiles, an welchem zuerst jene feine Segmentirung beginnt, die der Glieder- bildung vorausgeht, zeigen das ebenso deutlich, wie irgend ein Längsschnitt durch jene Regionen den Unterschied in den Geweben erkennen lässt: das charakteristische Parenchym des Kopfes im Stiele und die dicht gedrängten, sich intensiv färbenden Zellkerne in dem darauffolgenden Abschnitte mit den embryonalen, noch nicht weiter differenzirten Zellen, aus welchen später das Paren- chym und die Geschlechtsorgane der Glieder gebildet werden (Taf. III, Fig. 37). Dieser Unterschied in den Geweben ist selbst bei Bandwürmern, die nach dem ersten Anschein äusserlich keine schärfere Abgrenzung von Kopf und Hals besitzen, wie bei den Tetrabothrien, so deutlich, dass, zumal mit Berücksichtigung der Kopfmusculatur, sich meist eine ziemlich scharfe Grenzlinie zwischen dem Kopfe und jenen Körpertheilen festsetzen lässt, deren Zusammen- fassung zu der morphologisch ziemlich werthlosen Bildung des Begriffes „Hals“ als einer bequemen Ausdrucksweise geführt hat. Auch darauf habe ich schon früher hingewiesen. ?) Der vordere der beiden Kopftheile von Echinobothrium Musteli besitzt am Stirnrande ein eiförmiges, sehr bewegliches Rostellum (Taf.I, Fig.1,r; Taf. I, Fig. 14), mit circa 0'17 Mm. Durchmesser, in dem dorsal und ventral, nicht rechts und links, die beiden Muskelpolster mit den Stirnhaken (Fig. 1 und 3, sth) liegen. Un- mittelbar unter der vordersten Ansatzstelle der Stirnhaken beginnt als hervorstechendstes Merkmal der neuen Art ein den vordersten rüsselartigen Kopftheil kragenartig umkleidender und sich von den Bothridien mit einem zarten, aber deutlichen Ringwulst abhebender Theil, der ungefähr 9—12 Querreihen kleiner Häkchen mit napf- förmiger Basis im Quincunx angeordnet trägt (Taf. I, Fig. 1u. 3, krh). Die Haut dieses Theiles, im Leben von der Fläche her be- trachtet, erscheint zwischen diesen Häkchen glatt, nicht mit den gewöhnlichen Zotten oder Härchen bekleidet und lässt sehr schön 1) Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers, II., in dieser Zeitschrift, Bd. III, pag. 44 ff. ?) Ebenda, pag. 4. (378) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers, 9 die äusserst zarten diagonal gekreuzten Fasern der subcuticularen Schicht hindurchschimmern. Ist dieser Rüsselkegel dagegen nicht ganz in der Längsrichtung ausgestreckt, so erscheint diese Haut fein quergerunzelt. Auf den Kragen folgt der die Haftlappen stützende Theil. Diese liegen, genau wie bei jenen Tetrarhynchen, welche deren nur zwei besitzen (Rhynchobothrium corollatum), oben und unten, dorsal und ventral, und nicht rechts und links und nehmen auch — bei allen Arten der Gattung — stets diese Lage an, wenn man das lebende Thier unter dem Deckgläse seiner Willkür überlässt. Beginnt das Thier abzusterben, oder wird es noch so rasch getödtet, so spreizen sich die Stirnhaken, wahrscheinlich in Folge starker Contraction ihrer Muskeln durch die Erhärtungs- Hüssigkeit, weit auseinander und damit auch von der Körperwand, der sie früher eng anlagen, ab, und der Kopf hat nun, da die Seitenflächen eine grössere Breite gewonnen haben, als Rücken- und Bauchfläche, die Neigung, jene nach oben und unten zu wenden, wodurch die seitliche Lage der Haftscheiben auf fast allen Prä- paraten zu Stande kommt. Aus der Berücksichtigung dieses Um- standes erkennt man leicht, ob die vorhandenen Zeichnungen nach lebenden Thieren oder nach Präparaten angefertigt wurden; die Abbildungen Van Beneden’s: Les vers cestoides, Taf. XXIII, Fig. 1 und Mem. s. les vers intestinaux, Taf. XIX, Fig. 1 und 2 sind die dem Aussehen des ganz frischen Thieres weitaus am nächsten stehenden. Man sieht auf solchen, sich noch lebhaft bewegenden Individuen rechts und links je eine Schleife der excretorischen Hauptstämme und in der Mitte den geschlängelten Retractor des Rostellums, sowie auch ganz besonders die grossen Stirnhaken genau in jener charakteristischen Lage (vergl. Taf. II, Fig. 14), wie das Van Beneden von seiner Art ganz vorzüg- lich abgebildet hat und wie dies eben Alles auch für die neue Species zutrifft. Die grossen, im Ganzen elliptischen Haftlappen (Taf. II, Fig. 14), auf deren Bau ich noch bei Echinobothrium affıne zu- rückkomme, haben eine Mittelrippe (Taf. I, Fig. 3, mr), welche bei den lebhaften wellenförmigen Bewegungen im Leben gar nicht auffällt, an Präparaten aber oft scharf ausgeprägt ist und eigent- lich nichts Anderes darstellt, als den Kopfrand, der zwischen den beiden Flügeln des äusserlich als eine so überzeugende Einheit sich darstellenden Haftlappens bald hervortritt, bald als tiefe Furche sich zurückzieht. Dort, wo die feine Ringfalte den 26 * (379) 10 Dr. Theodor Pintner: Bothridientheil des Kopfes von dem Häkchenkragen trennt, bildet diese Rippe bei Echinobothrium Musteli eine besonders auffallende und hervorragende Aufwulstung (Taf. I, Fig. 3, a). Beide Flächen der Bothridien tragen die charakteristischen Cuticularhärchen der Cestoden, aber in sehr verschiedener Ausbildung. Wenn man die Ober- oder Aussenseite des Haftlappens im Leben betrachtet, so erscheint sie fein punktirt durch Tupfen, die in ganz regelmässigen sich schief kreuzenden dichtest gedrängten Reihen verlaufen. Diese Tupfen sind nur der optische Ausdruck sehr feiner und zarter Härchen. Die Unterseite dagegen ist mit jenen kleinen dreieckigen Schüppchen, jenen „peli setolosi“ Monticelli’s bedeckt, die so vielen gerade der kleineren Bandwurmformen aus Rochen und Haien eigenthümlich zu sein scheinen. Sie sind gleichfalls sehr regelmässig dachziegelförmig angeordnet (Taf. III, Fig. 42, wo sie, an einem Flächenschnitte dargestellt, in den oberen Partien abgeschnitten erscheinen und so ıhre lanzettlichen Ansatzstellen erkennen lassen) und ziemlich auffallend grösser und derber als bei allen anderen Echinobothriumarten. Den Unterschied zwischen den beiderlei Haut- anhängen der Oberseite und der Unterseite der Haftlappen und ihre allmäligen Uebergänge in einander sieht man sehr schön an Längsschnitten der Bothridien, wie ein solcher Tafel III, Fig. 40 dargestellt ist. Was nun die Hakenbewaffnung des Kopfes anbelangt, so unterscheiden wir bei Echinobothrium Musteli vier verschiedene Hakenarten: 1. Die beiden Gruppen der grossen Stirnhaken, die vorne und rückwärts, ventral und dorsal auf den ihnen zuge- hörigen Muskelbündeln des Rostellums, wie auf Polstern aufruhen (Taf. I, Fig. 1 und 3, sth, Fig. 4 und 5); 2. die vier Gruppen kleiner Stirnhaken, die je zu beiden Seiten der ersteren die vier Ecken des Kopfes hervorheben (Taf. I, Fig. 6, nh); 3. die bereits erwähnten ca. 12 Reihen der napfförmigen Kragenhäkchen (Taf. I, Fig. 1, 3 und 6 krh); endlich 4. die 8 Reihen der Haken des Kopfstieles (Taf. I, Fig. 1, 3, 7 und 8). Die grossen Stirnhaken liegen, wie schon erwähnt, im Ruhezustande den Flächen des Körpers dicht an und zu einander ziemlich parallel, ein Verhältniss, das durch Zusammenziehen der ihnen zugehörigen Muskeln des Rostellums in der Weise auf- gehoben wird, dass sie sich dann einmal mit ihren nach hinten gerichteten Spitzen vom Körper abspreizen und zweitens zugleich sehr stark radiär divergiren, wie das auf Taf. I, Fig. 4 abge- bildet ist. (380) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 11 Die genaue Anzahl derselben festzusetzen ist nicht so leicht, als man annehmen sollte; ich fand nämlich bei Echinobothrium affine, also einer Art, von welcher ich zahllose Köpfe durch- musterte, dass es eine grosse Menge von Individuen gibt, bei denen die Zahl der Haken das Maximum erreicht, das man überhaupt feststellen kann, und überall genau gleich bleibt; dann aber zahlreiche solche mit geringerer Hakenzahl, bei denen diese ge- ringere, in den verschiedenen Gruppen wiederum wechselnde Zahl aber bei allen Individuen derselben Gruppe und auf beiden Seiten eines jeden Individuums sich ganz constant hält, so dass der Verdacht, es seien von den besonders bei der Präparation sich leicht ablösenden Haken, welche verloren gegangen, nicht ganz unerschüttert bleibt und man beinahe an ein wirkliches Schwanken der Hakenzahl oder gar an ein Zunehmen dieser Zahl mit dem Alter, so unwahrscheinlich auch besonders letzteres zu sein scheint, glauben möchte. Die vollständigste Corona nun, welche ich bei Echinobothrium Musteli fand, die in Taf. I, Fig. 4 abgebildete, zählt 31 Haken. Es gelingt nicht allzu rasch, sich über ihre Form und Anordnung klar zu werden. Man findet aber bei wiederholter und genauer Untersuchung, dass sich unter den von Haken zu Haken etwas abweichenden Gestalten derselben zwei Hauptformen unter- scheiden lassen, die in ihrer Stellung regelmässig miteinander ab- wechseln. Die einen sind höher am Stirnende befestigt, in ihrem Verlaufe stärker gekrümmt und stehen so mit ihren nach hinten gerichteten Spitzen zwischen den übrigen stark empor, wie die alternirenden Fingerspitzen zweier durcheinander gefalteter Hände. Ihre Spitzen endigen in Folge der hohen Insertionsstelle viel weiter vorne, als die der anderen, so dass man sie beim ersten Anblick für viel kürzer zu halten geneigt ist, als die letzteren, was bei der fast vollständig gleichen Länge des ungekrümmten Theiles nicht nur nicht der Fall ist, sondern mit Hinzurechnung des um- gebogenen oberen Hakenendes gerade umgekehrt. Die Stirnenden dieser Haken sind nämlich mit einem runden Knie um neunzig Grade hakenförmig umgebogen (Taf. I, Fig. 5, a, b) und ihr Ende meist auf sich selbst zurückgekrümmt (bei a), manchmal aber wie rinnenförmig ausgehöhlt (bei b). Sie liegen einander dicht an und wie mit lauter Gelenkflächen zu einer ununterbrochenen Phalanx vereinigt (Fig. 4). Betrachtet man isolirte Haken, so sieht man, dass ein jeder auf der Unterseite zu einem kleinen Tuberculum, einem Muskelansatz oder Wurzelfortsatz vorspringt und an dieser (381) 12 Dr. Theodor Pintner: Stelle oft ziemlich dick ist. Die Spitzen sind wie bei den mit ihnen alternirenden Haken meist deutlich hakig eingebogen. Die kürzeren, aber mit ihren Enden viel weiter nach hinten hinausragenden, weil weiter hinten befestigten Haken sind mehr gerade gestreckt, als die anderen, gleichmässiger in ihrer Dicke und entbehren vor Allem des umgekrümmten Vorderendes (Fig. 5, e, d). Sie zeigen an demselben oft Gelenkflächen angedeutet (Fig.5, d bei gfl) und gleichfalls einen Wurzelfortsatz (w). Sie lagern den erst beschriebenen auf und sind durch ihre eigenen Wurzelfortsätze und zwischen den emporgekrümmten Spitzen der höher inserirten Haken fest eingeklemmt. Beiderlei Haken muss ich nach wiederholter Untersuchung als hohl bezeichnen, was mir umso sicherer erscheint, als ich sie oft auf Präparaten wie mit Luft gefüllt fand. Indessen scheint es Alters- stufen der Haken zu geben, in denen der spätere Hohlraum viel- leicht noch mit einer von der Rindenschicht sich im Lichtbrechungs- vermögen sehr wenig unterscheidenden Masse gefüllt ist, so dass man dann, was besonders auf Querschnitten auffällig ist, keines- wegs den Eindruck eines wirklichen Hohlraumes bekommt. Dieser, im vorderen Hakentheile von immerhin ziemlich dicken, parallel begrenzten äusseren Wänden gebildet, schliesst im hinteren Drittel gegen die solide Hakenspitze ab, indem er sich oft in zahl- reiche Zipfel zerfasert. Die Stirnhaken nehmen sämmtlich von der Mittellinie des Rückens und Bauches gegen die Körperränder zu an Grösse be- deutend ab, so dass die randständigen kaum ein Viertel der Länge der mittleren erreichen (vergl. Taf. I, Fig. 5 mit Fig. 6, sth, bei derselben Vergrösserung gezeichnet). Die Grössenabnahme ist eine gleichmässige, so dass man durch die Hakenspitzen Kreisbögen geiegt denken kann. Die Breite der gesammten Hakengruppe dort, wo sie gelenkig verbunden erscheint, beträgt eirca 0'062 Mm., die Länge des un- gekrümmten Hakentheiles 0'038 und darüber, die Breite an den Wurzelfortsätzen 0:004—0'007. Die kleinen Stirnhaken stehen genau in den Ecken des Kopfes (wie besonders deutlich aus dem Querschnitte von Echino- bothrium affıne, Taf. III, Fig. 23 ersichtlich ist), an denen sie vier dicht aneinander und an die grossen Haken gedrängte Gruppen bilden, ohne dass sie aber aneinander articuliren würden, wie diese. Ihre Zahl ist eine ungemein wechselnde, besonders an Prä- paraten, offenbar, weil sie ganz besonders leicht loslöslich sind. (382) en. _ Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 13 Bei Echinobothrium Musteli zählte ich aber an einem lebenden Exemplare in jeder der vier Gruppen deren 12. Zugleich waren sie in diesem Falle, genau wie die grossen Stirnhaken, abwechselnd höher und tiefer befestigt und daher mit ihren Spitzen wechsel- weise vor- und zurückstehend. In ihrer Gestalt ähneln sie ungefähr den grossen (Tafel I, Fig. 6, nh), nur dass sie sehr unregelmässig und ungleichmässig entwickelt sind. Während die beiden eben beschriebenen Hakengruppen, sowie die Bewaffnung des Kopfstieles allen Echinobothriumarten gemein- sam sind, so sind die nun zu besprechenden Organe, die kleinen Kragenhäkchen, welche der rüsselförmigen Zone unterhalb des Stirnendes aufsitzen, der neuen Art eigenthümlich. Sie messen von der Basis bis zur Spitze 0:01—0'012 Mm., besitzen eine feine, glas- helle, schüssel- oder napfförmige Basis, aus welcher sich ein nach hinten gerichteter konischer, sanft hornförmig gekrümmter, in eine feine Spitze auslaufender Haken erhebt (Taf. I, Fig. 1, 3, 6, krh). Diese Häkchen dürften kaum anders, als wie eine örtliche Um- wandlung der „peli setolosi“ aufzufassen sein, eine Annahme, in der man dadurch nur bestärkt werden kann, dass diese und die ihnen entsprechenden cuticularen Härchen auf der Hautstelle, auf der diese Häkchen aufsitzen, gänzlich fehlen. Sie stehen ferner, wie jene beiden Hautgebilde (vergl. oben), im Quincunx geordnet, und zwar locker in Querreihen, die von einander ungefähr eben- soweit abstehen, wie die einzelnen Häkchen von einander. Die vordersten Reihen zeigen die grössten, die hintersten die kleinsten, und diese letzteren nähern sich schon einigermassen jenen drei- eckigen Hautzipfeln. Es macht den Eindruck, als wären sie hohl und die dütenförmige Höhlung gegen die napfförmige Basis hin geöffnet. Sie ruben aber mit dieser letzteren keineswegs auf der Haut auf, sondern sind im Gegentheil tief in die hier sehr dicke Cutieula, aus welcher nur ihre Spitzen hervorragen, eingesenkt, wie man ganz deutlich auf Querschnitten sieht (Taf. III, Fig. 41, welche Abbildung zugleich die Querschnitte der Längsfibrillen und die unter denselben liegende epithelartige Zellschicht zeigt). Die vierte Hakenart endlich, die grossen T-förmigenHaken des Kopfstieles stehen bei Echinobothrium Musteli, wie bei allen bisher bekannten Arten, in acht geraden, von vorne nach hinten verlaufenden Längsreihen, und zwar gerade so dicht hinter- einander, dass die nach rückwärts gerichtete Spitze eines jeden Hakens über die queren Fortsätze der nachfolgenden zwei, bei den besonders langen Spitzen der vordersten Haken sogar über die (383) 14 Dr. Theodor Pintner: der drei, ja vier nachfolgenden Haken übergreift (Taf. I, Fig. 3, bei kst). Gegen einander stehen die Haken benachbarter Längs- reihen wiederum derart, dass immer die Querfortsätze des einen Hakens genau in die Lücken zwischen die Querfortsätze je zweier Haken der nebenan liegenden Reihen eingreifen. Dabei kommt es natürlich auf die Stärke der Contraction des betreffenden Kopf- theiles an, wieweit sich die einzelnen Haken einander nähern oder von einander entfernen. Jeder Haken besitzt vier Fortsätze: Einen langen spiessförmig von vorne nach rückwärts gerichteten, sich allmälig zuspitzenden Theil, der gegen die Körperfläche zu ganz schwach concav ist (Taf. I, Fig. 7); dann die beiden von dessen Vorderende abgehenden Flügel, welche meist fast in einer Geraden, oft unter sehr stumpfem Winkel gegeneinander geneigt liegen und dem Spiesse so wie der Querbalken dem Stamme eines T aufsitzen; sie sind an ihren freien Enden etwas nach hinten und zugleich meist stark gegen die Körperfläche zu umgekrümmt (Taf. I, Fig. 7 bei b) und scheinen nach vorne mit flacher Wölbung oder einer etwas schärferen Kante versehen, nach hinten kehlförmig ausgehöhlt zu sein (Fig. 7 bei a und c und Fig. 8). Dort nun, wo die genannten drei Aeste zusammen- stossen, sitzt ein mächtiger, oft geradezu monströs entwickelter Wurzelfortsatz auf der Ebene derselben senkrecht auf, der in der Richtung von vorne nach hinten plattenartig entwickelt, handgriff- artig (Fig. 7, w), zungenförmig oder stiefelförmig (w‘) tief in das Parenchym des Kopfes hineinragt, so dass dieses auf Querschnitten durch diese Hakenlamellen in acht symmetrische Sectoren zertheilt erscheint (Taf. III, Fig. 50). ER Auch diese Haken, die durchwegs solid zu sein scheinen, da keinerlei Spur eines inneren Hohlraumes an ihnen wahrzunehmen ist, liegen nicht etwa oberflächlich, auf der Haut, sondern fast ganz in taschenförmige Quer- und lange Läpgsfächer derselben tief eingebettet und ragen nur mit ihren spitzen hinteren Enden über dieselbe hervor. Man sieht diese Furchen am besten gleich- falls an Querschnitten, denen man auch entnehmen kann, dass die spiessartigen Theile einer Längsreihe alle übereinander in der- selben Furche liegen, so dass man zwei, drei Querschnitte der- selben in einem solchen Thale nebeneinander liegen sieht, zu innerst immer den dicksten vom oberen Hakentheile des hintersten, nach aussen zu kleinere, von den spitzen Enndtheilen höher nach vorne stehender Haken (Taf. Ill, Fig. 30). Es liegen, nach den Individuen verschieden , 20—22 Haken 384) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 15 in einer Längsreihe, die von vorne nach rückwärts stetig an Grösse abnehmen. Die Länge der grössten, vordersten beträgt eirca 0'058 —0'064 Mm., die der hintersten 0: 024, also nahezu ein Drittel der Länge der vordersten; die Spannweite der Flügel bei den obersten 0:034— 0'044 Mm. um bei den mittleren auf 0'030, bei den untersten auf 0'026, also weit unter die Hälfte herabzusinken. Was nun in Betreff unserer neuen Art noch zu sagen wäre, ist Folgendes: Das bekannte Pigment, dunkelroth mit einem Stich in’s Gelbe, das durchscheinend ist und von kleinen bis ziemlich grossen Tropfen in sehr dichten Zonen beisammen sitzt (Taf.II, Fig. 15, pg), bildet hauptsächlich einen breiten Ring im Halse dort, wo er an den Kopfstiel anstösst. Dieser Ring erstreckt sich oft noch weit über die ersten erkennbaren Glieder hinaus und entsendet breite seitliche Streifen in der Zone der Dotterstöcke und der excre- torischen Hauptstämme nach rückwärts. Wenige, einzeln stehende Pigmenttropfen finden sich sogar noch in den von der Kette los- gelösten Gliedern, die schon hieran unter den vielen anderer Arten leicht als zu E. Musteli gehörig zu erkennen sind, ein Vorkommen, welches ich sonst niemals beobachten konnte. Das gelbe Pigment des Kopfstieles von E. affine scheint hier gänzlich zu fehlen. Ich fand im ganzen Thiere keine Kalkkörperchen. Auch jene mächtigen Muskelzüge und Muskelstrata, welche ja sonst bei Cestoden so allgemein verbreitet sind, fehlen in Kopf und Gliedern bis auf die zu Rostellum und Stirnhaken in Beziehung stehenden — die bei Besprechung von E. affine ausführliche Be- schreibung erfabren werden — und bis auf die subeuticularen Fibrillenstrata fast gänzlich. Sehr interessant gestaltet sich dasexceretorische System. Die Hauptstämme desselben folgen im Kopfe genau jenem Typus, den ich seinerzeit als Grundschema für die Bandwürmer festzu- setzen in der Lage war. Rechts und links liegt je eine mächtige Schlinge (Taf. II, Fig. 14), deren vorderstes Ende ungefähr mit dem Hinterrande des Rostellums in gleicher Höhe verläuft. Dort, wo sich der die Bothridien tragende Kopfabschnitt vom Kopfstiele ab- setzt, nähern sich sowohl ventral als dorsal die entsprechenden Aeste der rechten und der linken Schlinge einander stark und verlaufen so genähert durch den ganzen Stiel, um beim Uebertritte in den Hals wieder in weitem Bogen auseinander- und an den Körperrand heranzutreten (Taf. II, Fig. 15). In den Gliedern ent- ziehen sie sich meist der Beobachtung. Die vier Hauptstämme sind (385) 16 Dr. Theodor Pintner:; auch hier, wie bei so vielen anderen Bandwürmern, bis über den Austritt aus dem Kopfstiele hinaus vollkommen gleich dick; wenn oft stellenweise und besonders auf Querschnitten das Gegentheil der Fall zu sein scheint, so ist dies theils auf augenblickliche Con- tractionserscheinungen, theils auf die verschiedene Richtung, in der der Schnitt die Canäle getroffen, zurückzuführen. Was aber am merkwürdigsten erscheint, ist ein System feiner und dünner Canälchen, die — natürlich nicht mit Trichtercapillaren zu verwechseln — sich dichotomisch theilend und mit denen der anderen Seite verbindend auf einer kurzen Strecke an der Grenze zwischen Kopf und Stiel ein Commissurennetz bilden, sich aber dann als ungetheilte kurze Röhrchen bis nahezu an die Spitze der Schlingen fortsetzen (Fig. 14). Ich gewann bald den Eindruck, als ob diese sich nicht weiter spaltenden Canälchen arkadenförmig eines in das andere hinüberliefen, bald schienen sie mir wieder einzeln mit ganz kleinen blinden Ampullen zu enden (beide Er- scheinungen sind auf verschiedenen Stellen der Fig. 14 dargestellt). Wer die ausserordentlichen Schwierigkeiten kennt, mit denen man bei der Untersuchung dieses Organsystems zu kämpfen hat, ehe man zu sicheren Resultaten kommt, wird sich nicht wundern, dass es an zwei bis drei zu diesen Beobachtungen verfügbaren Individuen nicht gelingen konnte, zu völliger Klarheit zu gelangen. Wenn man Canäle des excretorischen Systems bei Bandwürmern verfolgt glaubt man sehr oft, unzweideutig blind endigende Zipfel eines Stammes vor sich zu haben, von denen absolut keine weitere Fortsetzung sichtbar ist und die auch scharf abgeschnitten aus- sahen; da plötzlich, wenn das Thier sich anders zusammenzieht, taucht die Fortsetzung des Canälchens ganz klar und deutlich auf, da der Muskelstrang, der sie früher zusammengepresst und den Eintritt der stark lichtbrechenden Flüssigkeit verhindert hatte, nun gewichen ist. So könnten vielleicht auch jene Stellen der Fig. 14 zu deuten sein, wo die arkadenförmige Verbindung der feinen Canälchen unter einander nicht sichtbar ist. Allerdings muss ich gestehen, dass ich in dieser Beziehung Stellen sah, die nur schwer in solchem Sinne zu deuten waren. Und es kann ja auch andererseits ganz gut möglich sein, dass alle Canälchen blind endigen, und dass an Stellen, wo sie scheinbar arkadenförmig in einander über- gehen, dieser Anschein dadurch hervorgerufen wird, dass die blinden Enden schief übereinander gelegt sind. (386) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 17 Es ist zweifellos, dass in der im Vorstehenden beschriebenen Art eine noch unbekannte Species vorliegt. Doch wäre es nicht ganz unmöglich, dass sie die Geschlechtsform jener Larve darstellt, die Lesp&s in seiner Notiz: „Sur une nouvelle espece du genre Echinobothrium“, Ann. d. sc. nat. 4° Ser., t. VII, pag. 118 ff. be- schreibt und auf Taf.I, Fig. 8—10 abbildet. Unter den Abbildungen ist in Fig. 9 der rückwärtige Saugnapf wahrscheinlich ein Irrthum und auf eine Endblase des Excretionssystems, vielleicht mit jenen langen borstenartigen Härchen, wie bei manchen Tetrarhynchen- larven, zurückzuführen. Der Grund, warum ich aber eine Zu- gehörigkeit der Larve zu meiner Form für nicht ganz unwahr- scheinlich halten möchte, ist die Zahl der Stirnhaken, welche ja inLesp£s’ Fig. 8 die Zahl der Stirnhaken der anderen Arten bei Weitem übertrifft, und von der er auch im Texte ausdrücklich sagt (pag. 119): „Il y en a plus de vingt & chaque levre.“ — Dazu käme, dass mir Herr Inspector Dr. E. @raeffe versicherte, neben anderen Molluskenresten im Magen von Mustelus häufig Gehäuse von Nassa reticulata gefunden zu haben, also von jener Schnecke, in der Lespe£s die fragliche Larve entdeckt hatte. Gleichwohl konnten mir diese Umstände nicht genügen, um den Namen der Lespe&s’schen Art beizubehalten, zumal ich den- selben aus den oben angeführter Gründen des Wortes „colle® wegen hätte durchaus verwerfen müssen. Ich schreite nunmehr zur Charakterisirung der übrigen Arten. Material in ausreichender Menge zur Feststellung der Art- charaktere wurde mir, wie schon betont, nur von Echinobothrium affine Dies. zu Theil. Dieses Thier (Taf.I, Fig. 9) tritt in fast jedem Exemplare der in Triest vor- kommenden Raja-Arten im Spiraldarme, und zwar meist in sehr ansehnlicher Menge auf, letzteres, sowohl was die Köpfe mit den daran hängenden kleinen Ketten, als besonders, was die freien Glieder betrifft. Dass die ersteren ausserordentlich rasch nach dem Absterben des Wirthes maceriren, worin ihnen nicht ebenso rasch die anderen Glieder der Kette und erst viel später die freien Proglottiden folgen, wurde bereits erwähnt. Es finden sich hinter dem Kopfstiele gewöhnlich vier gliedartige Abschnitte. Das letzte Glied ist meist länger als die ganze übrige Kette zusammenge- nommen und erreicht eine Länge bis zu 1'/, Mm., bei einer Breite (337) 18 Dr. Theodor Pintner: bis über !/, Mm.; das vorletzte oder dritte Glied erreicht eine Jiänge bis 0'50, bei einer Breite bis 0'25 Mm., das zweite Glied eine Länge bis 0'17, bei einer fast ebenso grossen Breite, das erste gliedartige Stück endlich eine Länge bis 0:08 und eine Breite bis 0:07 Mm. Was dieses letztere Stück anbelangt, so zeigt das- selbe häufig ungefähr in seiner Mitte eine furchenartige Einkerbung, als ob eigentlich zwei Glieder da wären, und brüchigere Präparate pflegen häufig an dieser Stelle abzubrechen. Auf die morphologische Bedeutung dieser beiden Abschnitte werde ich bei der seinerzeitigen Beschreibung der Geschlechtsorgane zurückkommen; nur muss hier darauf hingewiesen werden, dass bei Echinobothrium affıne nach dem Gesagten also ein Hals, wie der der übrigen Band- würmer, d.h. also ein Anfangsstück der Kette, an welchen aus einem kaum merklich gegliederten vorderen Abschnitte sich nach hinten zu immer deutlicher und deutlicher schmale Glieder zu trennen beginnen, fehlt. Der Kopf sammt Kopfstiel erreicht eine Länge von 0:40—0'54, die Haftscheiben eine solche von 0'22Mm., die ganze Kette wird somit bis über dritthalb Miliimeter lang. Die freien Glieder werden noch bedeutend länger, als die letzten an der Kette hängenden und sind meist prall mit Eiern gefüllt. Alle Glieder sind meist sehr wenig abgeplattet und nähern sich mehr oder weniger vollkommen der stielrunden Körperform. Die Zeichnung auf Taf. I, Fig.9, stellt das Thier nach einem Präparate in seitlicher Lage dar, am Kopfende die Stirnhaken, neben denselben die kleinen Stirnhäkchen, darunter der Kopfstiel mit seinen anker- oder T-förmigen Haken, dieser Theil gewöhnlich von vorne gegen rückwärts leicht an Breite zunehmend, von 0:05 bis 008 Mm. anwachsend. In dem zweiten gliedartigen Abschnitte sind sehon deutlich die Hoden (t) ausgeprägt, welche von der Fläche des Gliedes gesehen in zwei Längsreihen nebeneinander, dagegen von der Seite gesehen untereinander liegen, und so daher in einer einzigen, und zwar dicht gedrängten Reihe als gestreckte walzenförmige Körper mit einander parallelen Wandungen er- scheinen. Im nächsten Gliede ist schon der Penissack (ps) deutlich sichtbar, der, so ziemlich die Mitte des Gliedes einnehmend, den oberen Theil mit den Hoden von dem unteren mit den weiblichen Geschlechtsdrüsen (ov) trennt. Der Entwicklungsgrad des letzten an der Kette hängenden Gliedes ist meist derart, dass die männ- lichen Organe in vollster Thätigkeit begriffen sind und nicht nur das Vas deferens, sondern ebenso sehr die Vagina vollständig mit Sperma angefüllt erscheint, während der bereits weit ausgedehnte Uterus entweder noch leer oder eben mit Eiern vollgefüllt erscheint. (SR8\ Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 19 Ich werde die Geschlechtsorgane hier nur insoweit besprechen, als sie zur Charakterisirung der Art herangezogen werden müssen. Der Keimstock (ov) schmetterlingsflügelartig, wie bei den Tetrabothrien entwickelt, ist über das hintere Drittel des Gliedes hinaus, fast bis in die Hälfte desselben, ausgedehnt. Die Dotter- stöcke liegen rechts und links jederseits als je zwei lange Reihen meist dicht aneinander liegender rosettenförmiger Drüsen- zellgruppen. Zwischen diesen beiden Reihen liegen jederseits die Hauptstämme des Excretionsorganes und der sehr dünne fadenförmige Seitennerv, Die Hoden, in diesen Grliedern gewöhnlich ungefähr in der Zahl 10 vorhanden, entsenden kurze Vasa efferentia blattrippenartig zu einem immer dicker wer- denden und im gefüllten Zustande sich in den mannigfaltigsten wulstigen Windungen bis ungefähr zur Mitte des Keimstockes herabwindenden Vas deferens, das hier mit einer kleinen samen- blasenähnlichen Erweiterung umbiegend nun einen viel dünneren und feineren Abschnitt ziemlich gerade zum Penissacke hinauf entsendet. Penis und Vaginalmündung liegen in der Mitte des Gliedes auf seiner Fläche (ps, p, vagö), die Vagina aber steigt, wie schon oben erwähnt, von der Ausmündungsstelle in vielfachen, aber ganz gesetzmässigen Windungen und auf sich selbst zurückgebogenen Schlingen als ein erst sehr breiter, dann viel dünnerer Canal zum Keimstocke herab. Hinter ihm, etwas dorsal, liegt die Schalendrüse, eine im Ganzen rundliche Masse sehr langgestreckter einzelliger Drüsen, die mit ihren oft in Spitzen ausgezogenen Zellen bis in das meist gleichfalls stark zugespitzte hinterste Gliedende hineinragen. Der Uterus ist ein langer Schlauch in ganzer Gliedlänge entwickelt, der, wenn er noch nicht mit Eiern gefüllt ist, ohne bedeutendere seitliche taschenförmige Ausbuchtungen an der Stelle des Penissackes dorsoventral stark eingeengt in der Seitenansicht mützenartig über dem Penissacke vorspringend erscheint (ut). Er bleibt zeitlebens geschlossen, so dass die Eier nur durch Zerplatzen des Gliedes in’s Freie gelangen können. Die grossen Stirnhaken sind in der Zahl von 11 vor- handen (Taf. II, Fig. 13 und 16; Fig. 13 genau in dem natürlichen Grössenverhältnisse zu den Haken der anderen Arten). Es ist aber ein sehr gewöhnliches Vorkommen, dass man, besonders auf Präparaten, eine geringere Anzahl vorfindet, ohne dass selbst bei genauer Untersuchung sich eine Lücke nachweisen liesse, wo der eine oder der andere ausgefallen wäre. Was ihre Lage betrifft, (389) 20 Dr. Theodor Pintner: entsprechen sie durchaus dem, was oben von E. Musteli gesagt wurde, grösstentheils auch in ihrer Form, nur sind sie viel schlanker, 6 Haken stehen höher (Fig. 16) und besitzen den gegen den Thierkörper zu umgekrümmten Theil (Fig. 13, a), der, wenn man die Haken von der Fläche betrachtet, wie eine Verdickung des vordersten Theiles hindurchschimmert. Die 5 tiefer stehenden entbehren, genau wie bei E. Musteli, der hakenartigen Umbiegung des Vorderendes, zeigen aber an demselben zwei leichte Einker- bungen. Die natürliche Lage der Haken im Leben ist wieder die auf Taf. II, Fig. 16 dargestellte. Als grösste Länge derselben fand ich 0'054, bei einer stellenweisen Dicke bis höchstens 0'004 Mm. Von den kleinen Stirnhaken sind meistens drei vor- handen, deren Stellung aus Fig. 9 und 16 zu entnehmen ist, sowie aus dem Querschnitte Fig. 23 auf Taf. III, wo sie die vier Ecken des vordersten Kopftheiles kennzeichnen. Sonst liegen sie den grossen eng angeschmiegt und zeigen eine Länge bis über 0'014 Mm. Die Haken des Kopfstieles (Fig. 10 ihre Stellung, Fig. 11 und 12 ihre Form und Grösse zeigend) entsprechen wiederum durch- aus jenen von E. Musteli, bis auf ihre Grösse; Fig. 11 stellt die vordersten, Fig. 12 die hintersten derselben, wieder in gleicher Vergrösserung, wie bei den übrigen Arten dar. Jene werden bis 0:04, diese bis 0'02 Mm. lang, die Spannweite der Flügel sinkt von 0'024 auf 0'016. Was die Zahl derselben in einer Längsreihe be- trifft, so waren unter einer sehr grossen Menge von Zählungen die am häufigsten wiederkehrenden Ergebnisse 20 oder 21 Haken in einer Längsreihe, doch fanden sich, und zwar jedesmal an mehreren Individuen, sämmtliche Zahlen von 17 bis 25. Diese Zahlen stimmen auch vollkommen zu den Angaben Wagener’s, der (Entwicklung d. Cestoden, Nova Acta 1854, Tafelerklärung pag. 70) von den „18-20 Hakenreihen des Halses“ spricht. Von den grossen Stirn- haken zeichnet er (Ebenda Taf. VII, Fig. 87) zwar nur 8, doch ist die Zeichnung entworfen, sichtlich, ohne auf diesen Punkt Gewicht zu legen. Dagegen zeichnet er (Fig. 91) deutlich die drei kleinen Nebenhäkchen. Was das Excretionssystem anbelangt, so entspricht das- selbe wiederum genau dem bekannten Typus (Taf. Il, Fig. 16). Wie bei E. Musteli bilden die Hauptcanäle je eine grosse Schlinge auf der rechten und auf der linken Kopfseite und sind im vordersten Kopftheile dem Köperrande sehr nahe gelegen ; treten da- gegen an jener Stelle, wo sich der die Bothridien tragende Abschnitt vom Kopfstiele trennt, ausserordentlich enge zusammen und bilden (390) en Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers, 21 hier zwei feine und kurze einander sehr nahe gelegene und so eine kleine Insel einschliessende Anastomosen, um sodann im Kopfstiele in dieser genäherten Lage zu verharren, dagegen im Halse wiederum an den Körperrändern zu verlaufen. Am vordersten Schlingenende ist jederseits ein ziemlich langer, in das Kopfinnere hineinragender Zipfel vorhanden; derselbe scheint eine weitere Verbreitung und allgemeinere Bedeutung zu besitzen. Ich erinnere mich, solche, aber viel kleinere Zipfel an der Schlingenspitze schon bei meinen früheren Untersuchungen des Excretionsorganes an verschiedenen Calliobothrien bemerkt zu haben, ohne dass ich ihnen damals irgend weitere Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Nun fand ich sie aber bei den kleinen Calliobothrien aus Raja, Mustelus, Torpedo, die unterdess durch Zschokke und Monticelli eine Bearbeitung erfahren haben, in ganz derselben nicht zu übersehenden Ausbildung, wie hier bei E. affıne, nur dass sie in der Vierzahl vorhanden waren, an jeder Schlinge zwei. Bei E. affıne schienen mir nach zahlreichen und oft wiederholten Beobachtungen, wie gesagt, deren nur zwei vorzuliegen, was in der Zeichnung Taf. II, Fig. 16 wieder- gegeben erscheint. Diese Zipfel mögen wohl mit Ursache gewesen sein, dass Wagener zu der jedoch nicht mit völliger Sicherheit ausgesprochenen Annahme eines Gefässringes um das Rostellum herum geführt wurde: „Im Kopf sieht man etwas wie einen Gefäss- ring, von dem vier Gefässe abgehen“ (l. c. pag. 70). Der Theil des vermeintlichen Gefässringes jedoch, der auf Taf. VII, Fig. 91 in Wagener’s Werk unterhalb des Rostellum angedeutet ist, ist freilich richtig, weil der Kopf hier von der Seite betrachtet, dem Beschauer die Querschlinge zwischen den beiden Gefässstämmen derselben Körperseite zuwendet. Das Weitere über den Kopf von E. affıne folgt unten, Eehinobothrium Typus Van Ben. fand ich, wie schon erwähnt, nur in sehr wenigen Individuen, die ich erst unter dem conservirten Materiale auffand. Auf diesen Dauerpräparaten fand ich an den Ketten bis über 14 deutlich erkennbare Glieder, die Ketten bis über 2, die freien Glieder bis 0'6 Mm. lang und 0'36 Mm. breit; doch erinnere ich mich sehr wohl, viel längere Ketten und viel grössere freie Glieder gesehen zu haben, so dass die betreffenden Angaben von Van Beneden (Vers Cestoides, S. 158 fi.): Länge der Strobila bis 6, Länge der freien Glieder bis 1 Mm., gewiss richtig sind. Ganz charakteristisch für die Art sind zwei Eigenthümlich- keiten in der Lagerung des Geschlechtsapparates: Erstens liegt (391) 22 Dr. Theodor Pintner: der Penissack nicht in der Mitte, sondern im unteren Drittel der Gliedlänge und die Folge davon ist ein eigenthümlicher Verlauf der ungeschlängelten Vagina, die, wie gewöhnlich vom Keimstocke bis über den Penissack emporsteigt, um dann in grossem Bogendiesen zu umlaufen und mit einem ab- steigenden Schenkel, der ebenso lang, aber wegen der grösseren Breite noch viel auffallender ist, wie der aufsteigende, wieder in gewöhnlicher Weise unterhalb des Penissackes auszumünden (Fig. 17 vag.). Der zweite Punkt ist der Verlauf des ziekzack- förmig oft hin- und hergewundenen Vas deferens (Fig. 17, vd), das in den letzten noch an der Kette hängenden Gliedern mit Sperma gefüllt und von demselben rosenkranzförmig aufgetrieben im obersten Drittel des Gliedes sichtbar wird, mit seinen zahlreichen Schlingen die Mitte des zweiten Drittels ausfüllt und endlich zum Penissacke herabsteigt. Das Sperma fand ich auf allen meinen Präparaten auf das Lebhafteste gefärbt, und das in Folge dessen sehr auf- fallend hervortretende Vas deferens führte mich stets sofort zu sicherer und rascher Wiedererkennung der vorliegenden Art. Ich muss nämlich bemerken, dass, so zahlreiche Arten von Bandwürmern ich auch untersucht habe, ich diese Eigenthümlichkeit einer leb- haften dunklen Färbung des Spermas durch Farbflüssigkeiten, z. B. Alauncarmin, nur sehr selten bemerkt habe, dass im Gegentheile das Sperma immer einen mehr grauen, neutralen Ton beizubehalten geneigt ist. Ich fand auf den mir vorliegenden Exemplaren den Kopf in Folge der grösseren Länge des Kopfstieles länger als bei E. affine, nämlich bis 0:65 Mm., den Kopfstiel in einzelnen Fällen auch breiter, bis 0:09 Mm. anwachsend. Stirnhaken (Taf. II, Fig. 18) fand ich 7, ohne wegen der geringen Anzahl der untersuchten Species mit Sicherheit angeben zu können, dass diese Zahl bei der Art con- stant und für sie charakteristisch ist. Ihre Form hat gegenüber der der vorhergehenden durchaus nichts Auffallendes, nur sind sie entschieden schlanker, dünner und kürzer als bei E. affine, näm- lich 0:044—0:046 Mm. lang, wobei, wie sonst immer, die längsten herausgegriffen sind. Von den kleinen Stirnhaken finde ich hier meistens 4 Stück in jeder der vier Gruppen (Fig. 18). Die Haken des Kopfstieles (Taf. II, Fig. 19) erschienen etwas grösser als die der vorhergehenden Art, denen sie im Uebrigen vollkommen gleichen, die obersten nämlich bis 0'05 Mm., in der Flügelspannweite selbst 0'032 Mm. erreichend. Ich fand hier ziemlich oft eine Erscheinung, die ich auch an den Halshaken anderer Arten beobachtete, aber (92) EZ a U De P® Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 23 nicht so häufig, dass nämlich ein breites nach vorne gelegenes Stück der T-balkenförmigen Querflügel der Kopfstielhaken sich bei Carminfärbung lebhaft tingirte, so dass es den Anschein hatte, als ob eine Hautkappe auf denselben aufsässe. Ob dies wirklich der Fall ist und vielleicht ein Rest eines die Flügel bildenden Zellleibes vorliegt, oder ob ein Theil der Hakensubstanz selbst sich färbte, konnte ich, da es sich um schon verhärtete Dauerpräparate handelte, nicht mehr entscheiden. Das sonst für die Art ganz charakteristische Exceretions- system habe ich leider hier nicht beobachten können. Während Leuckart (Untersuchungen über niedere Seethiere von Leuckart und Pagenstecher, Müller’s Archiv, 1858, pag. 602 ff.) in Uebereinstimmung mit einer Stelle beiVanBeneden (Vers cestoides, pag. 159) als Zahl der Stirnhaken „etwa 9* angibt, stimmt er mit meinen Untersuchungen in der Angabe der Zahl der Nebenhäkchen mit 4 überein. Die Ansicht, dass diese letzteren eine den grossen Stirnhaken „entgegengesetzte Richtung haben“, die auch in den Abbildungen Taf. XXII, Fig. 3, 4, 5 zum Ausdrucke kommt, ist nur durch gewaltsame Verschiebung der Häkchen unter dem Deckglase zu erklären. Die kleinen Häkchen liegen überall, wie aus meinen Abbildungen hervorgeht, zur Seite der grossen Stirnhaken diesen eng und parallel an, die Hakenspitze genau wie diese nach hinten richtend. Später zeichnet Van Beneden (Vers intestinaux, Taf. XIX, Fig. 2 und 13) von den grossen Stirnhaken 11 und sogar 15 und spricht von „neuf A seize“ (pag. 135); das dürfte zum Theile wohl auf Ungenauigkeiten und Verwechslungen zurückzuführen sein. Er erkannte von diesen Haken bereits richtig, dass sie in zwei Lagen übereinander liegen, indem er (Vers cestoides, pag. 159) sagt, dass man 6 oberflächlich, 5 tiefer liegen sieht, was allerdings nicht genau ist. Dagegen erkannte Leuckart, dass sie regel- mässig in ihrer Länge abwechseln. Man liess aber unbeachtet, dass unter den Stirnhaken zwei in ihrer Form wesentlich ver- schiedene Typen vorliegen. Die Zahl der Haken des Kopfstieles gibt Van Beneden für eine Längsreihe mit 12—13, Leuckart mit 16—18 an; während sie Van Beneden (Vers intestinaux, pag. 136) alle in ihrer Länge gleich sein lässt, spricht Leuckart bereits davon, dass die vordersten, die er als die „ältesten“ be- zeichnet, auch länger sind. Die Zahl der deutlich abgesetzten Glieder gibt Leuckart nurauf8, Van Beneden (Vers intesti- naux, pag. 136) auf 9—10 an; Leuckart sagt, dass die letzten Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. VIII, Heft3. 97 (393) 24 Dr. Theodor Pintner: noch kein Sperma besessen; dann lagen eben Ketten vor, an denen die letzten Glieder, die gewöhnlich noch anzuhangen pflegen, ab- gerissen waren, was ja so leicht geschieht. Ich glaubte bis kurz vor Abschluss dieses Theiles meiner Arbeit, soweit derselbe in Triest selbst vorgenommen worden war, dass die Zahl der hier vorkommenden Arten mit den drei be- ‚schriebenen erschöpft sei, als ich plötzlich, bei nochmaliger Unter- suchung des Excretionssystems, im Kopfe einer Art eine Form dieses Apparates auffand, die von den mir bisher bekannt ge- wordenen nicht unwesentlich abwich. Sie ist Taf. II, Fig. 21 dar- gestellt. Während der Verlauf der Hauptstämme, der rechten und der linken Gefässschlinge, natürlich durchaus dem allgemeinen und durch den Besitz einer Quercommissur an der Uebertrittsstelle aus dem Bothridien tragenden Kopftheile in den Kopfstiel dem Typus der Echinobothrien entspricht, zeigten dieselben aber sehr zahlreiche und in ihrer Stellung scheinbar regelmässig, bald nach aussen, bald nach innen abwechselnde kleine zipfelige Aussackungen, wie sie schon Van Beneden ähnlich in seiner guten Abbildung von E. Typus (Vers intestinaux, Taf. XIX, Fig. 2) zeichnet, nur noch viel zahlreicher als dort und eben regelmässig. Was aber noch auffallender war, es gingen diese Zipfel ganz vorne an der Um- biegungsstelle der Schlingen in eine Reihe kleiner, ampullenförmiger, mit kurzem Halse der Gefässschlinge aufsitzender Anschwellungen über, die etwas an die von Hock bei seinem Tetrarhynchenscolex gegebenen Bilder (Niederl. Arch. f. Zool. Bd. V, Taf. I, Fig. 10a, bei o) erinnern könnten, auch leicht für Ausmündungen gehalten werden dürften, wie ja dies Hock von jenen behauptete. Gleich- wohl schienen sie mir nach wiederholter Untersuchung keine solchen zu sein. In die äussersten Spitzen aller dieser Zipfel glaubte ich . bisweilen zahlreiche Trichtercapillaren einmünden zu sehen, so dass sie dann vielleicht nichts anderes wären, als ungewöhnlich er- weiterte Gesammtmündungen mehrerer Trichter, doch kam ich bei dem geringen Material, das mir zur Verfügung stand, hierin keines- wegs über Vermuthungen hinaus. So merkte ich denn, dass es sich da wieder um eine neue Art handle. Der ganze Körper derselben scheint viel kleiner und gedrungener, wenigstens zeigte er auf dem Präparate, von dem die Abbildung Taf. II, Fig. 20 stammt, gegenüber den anderen Arten ganz aufallend kleinere Dimensionen, besonders was die Kürze des Halses anbelangt und die Grösse der letzten Proglottis, die bereits den Höhepunkt ihrer Reife erlangt hat, da der Uterus schon den (394) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 25 Innenraum des ganzen Gliedes einnehmend mit Eiern prall gefüllt ist. Ich zählte wiederholt sechs deutliche gliederähnliche Ab- schnitte. Das vorderste Stück aber war wiederum, genau wie E. affıne nicht eine „Hals“-Bildung, sondern ein einheitlicher glieder- ähnlicher, weiter ungegliederter Abschnitt. Die Glieder schienen etwas mehr abgeplattet, als die der anderen Arten. Unter den Ge- schlechtsorganen waren die 6—7 Hoden auffallend gross ausgebildet. Die Eierstöcke hatten eine etwas regelmässiger schmetterlings- flügelartige Gestalt, als bei den anderen Arten, und die Glieder zeichneten sich durch eine sonst durchaus nicht vorhandene Trans- parenz aus, so dass ich allein bei dieser Art schon im Leben den eigenthümlichen Ausführungsapparat des Ovariums in Thätigkeit beobachten konnte. Ich hatte nämlich schon lange vor der Veröffentlichung meiner seinerzeitigen Cestodenarbeit am Ovarium sämmtlicher von mir untersuchten Calliobothrien und Phyllobothrien einen eigenthümlichen Schluckapparat, eine Hohlkugel, aus queren und radialen Fibrillen zusammengesetzt aufgefunden, die, sich unmittelbar an das mittlere, unpaare, schmale Stück des Keim- stockes ansetzend, in einen kurzen sehr dieckwandigen, hornartig gekrümmten, mit der Fortbewegungsrichtung der Eikeime ent- sprechend gestellten Härchen ausgekleideten Eiergang übergeht, und in regelmässigen rhythmischen Contractionen, einer völligen Schlingbewegung, die Eikeime, die über ihm in der dünnen glashellen Grenzhaut des Keimstockes noch eingeschlossen, aber schon vollkommen lose liegen, aus dieser heraussaugt und weiter stösst. Diesen Apparat nun konnte ich unter allen Echinobothriumarten einzig bei dieser in Folge der merkwürdigen Transparenz des Gliedes in Thätigkeit beobachten. !) Auch die Ver- ‘) Obzwar ich schon nach Zschokke’s vorläufigen Mittheilungen über den Geschlechtsapparat der Tetrabothrien vermuthet hatte, dass Zschokke diese Theile nicht beachtet habe, kann ich dies erst jetzt, nach seiner ausführlichen Arbeit, mit Sicherhei tsagen. An zahlreichen Stellen (a. a. O. pag. 193, 210, 227, 261, 378 u. a.) bespricht er bei seinem „germiducte commun“ nur polygonale Zellen indessen Um- gebung, denen er eine drüsige Beschaffenheit zuschreibt und von denen er glaubt, dass sie vielleicht das Material der bei vielen Formen vorkommenden gemeinsamen Hüllen mehrerer Eier liefern, Es wäre aber schon a priori unwahrscheinlich, dass dieser Eikapselstoff an einer Stelle sollte abgeschieden werden, wo die Eier noch nicht befruchtet, noch nicht mit ihrem Dotter, noch nicht mit ihrer eigenen Eierschale versehen sind, Jene Zellen, von denen Zschokke sagt, dass sie meist ein kugeliges Conglomerat bilden, sind dort, wo sie noch als solche erhalten sind, vielmehr nichts anderes, als die Bildungszellen des oben besprochenen muskulösen Schluckapparates. Dass Zschokke diesen, wenigstens soweit ich bis jetzt seine umfangreiche Arbeit zu studiren vermochte, übersehen hat, was übrigens Letzterer bei ihrem nicht auf 21* (395) 36 Dr. Theodor Pintner: bindungen der übrigen weiblichen Leitungswege, welche vollkommen denen der Tetrabothrien entsprechen, waren deutlich sichtbar. War in dieser Durchsichtigkeit ein zweites mehr äusserliches Moment gegeben, das mich nun die Art leicht erkennen liess, so traten bei genauer Besichtigung noch schärfer charakterisirende Eigenthümlichkeiten hervor, besonders im Kopfe. Diesen erkannte ich bald sofort an der ausserordentlich feinen Granulation der oberen oder äusseren Fläche der Bothridien, die weit feiner war, als bei den anderen Arten. Daran schlossen sich nun die Eigenthümlichkeiten des Hakenapparates. Ich fand bei allen beobachteten Exemplaren die grossen Stirnhaken in der Zahl neun ausgebildet; dieselben sind noch kleiner, als die der vorher- gehenden Art, sonst aber in der Form übereinstimmend, nur dass die höher gestellten und stärker gekrümmten mir hier ziemlich auffallend kürzer zu sein schienen, als die geraden und mehr ober- flächlich liegenden, welche mit ihren hinteren Spitzen weit über histologische Detailuntersuchungen gerichteten Ziele nichts von ihrem Werthe rauben wird, lässt sich, da der ganze Apparat sich in geradezu aufdringlicher Weise geltend macht, dadurch erklären, dass Zschokke mehr die noch an der Kette hängenden jüngeren, als die alten, freien, in vollster Geschäftsthätigkeit stehenden grossen Tetra- bothrienglieder zur Untersuchung gewählt und diese letzteren nicht in lebendem Zustande beobachtet zu haben scheint. Denn während des Lebens kann man an den freien Gliedern die Schluckbewegungen in dem Muskelkopfe des Eierganges und die ganze Eibildung, die schon Van Beneden in einzelnen Stadien vortrefflich be- schrieben hat (Vers cestoides, pag. 62 ff.), oft in wundervoller Klarheit beobachten, und es zeigen sich da wichtige Einzelnheiten, die man an Präparaten nur schwer oder gar nicht feststellen kann, wie den Gegensatz in dem Fortstossen der Eichen durch den besprochenen Schluckapparat zu der Bewegung des Dotters, der in den paarigen langen Ausführungsgängen des Dotterstockes durch ein ausserordentlich feines Flimmerepithel fortgeschoben wird. Zweifellos ist es übrigens dieser Schluckapparat, den Van Beneden, Vers intestinaux, Taf. XXVII, 1 bei h in der schematischen Darstellung des Geschlechtsapparates der Bandwürmer abbildet und als Samenblase deutet; die Abbildung ist aber insoferne unrichtig, als eben aus diesem kugeligen Gebilde und nicht unter und neben ihm der Eiergang entspringt. Auch in der morphologischen Deutung des Keimstockes möchte ich nicht mit Zschukke den medianen unpaaren Theil als einen jederseits gelegenen paarigen Ausführungsgang in Anspruch nehmen und demgemäss dann von einem „gemeinsamen“ Eiergange sprechen, sondern lieber auch noch den medianen Theil als zur Geschlechts- drüse selbst gehörig betrachten, weil ich ihn in jüngeren Stadien für direct keim- bereitend halte, so dass dann nur der „gemeinsame“ Eiergang als alleiniger Aus- führungsapparat übrig bleibt. Ausser diesen zwei Punkten: dem eben besprochenen und dem oben betonten Mangel einer natürlichen Uterinausmündang, kann ich Zschokke’s Darstellung des Geschlechtsapparates der Tetrabothrien nach meinen eigenen zahlreichen und zum Theile schon vor vielen Jahren ausgeführten Beob- achtungen durchaus bestätigen. (396) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 27 diese hinausragen (Taf. II, Fig. 22). Der gedrungene Kopfstiel liess seine T-förmigen Haken an den Präparaten oft kaum recht erkennen, so dass sie jedenfalls kleiner und unscheinbarer sein werden, als bei den anderen Arten. Gewiss aber stehen deren höchstens vierzehn in einer Längsreihe, also um eine geraume Anzahl weniger, als sonst. Wenn mich aber das Alles noch nicht überzeugt hätte, dass eine neue Art und nicht etwa eine schwan- kende Uebergangsform, vielleicht zwischen E. affine und Typus, vorliege, so hätte dieser Zweifel endgiltig beseitigt werden müssen durch die Beschaffenheit der Eierballen. Liegen die Eier nämlich bei jenem in den von Wagener’s und Wedl’s Arbeiten her bekannten Eierschläuchen und bei diesem frei und einzeln im Uterus, so erscheinen hier 4—6 derselben durch eine Kittmasse kugelig zusammengeballt, wie das Fig. 20b auf Tafel II zeigt. Ich nenne diese Art wegen ihrer gedrungenen Körperform E. brachysoma rov. spec. Ein analytischer Schlüssel für die Bestimmung der nunmehr vorliegenden Arten würde sich also ungefähr folgendermassen gestalten: Vorderkopf mit rüsselarti- gem Kragen, der kleine Häk- chen mit napfförmiger Basis trägt; jederseitige Zahl der grossen Stirnhaken eirca 30, der kleinen Neben- häkchen circa 12; die vorder- sten Kopfstielhaken bis über 0:06 Mm. lang, Flügelspannweite derselben bis über 0:04 Mm. Wirt: 4 E.Musteli nov. spec. Hals- theil vorhanden, Excretionssystem mit eigenthümlichen, den Haupt- stämmen im Kopfe ansitzenden kurzen und unverästelten Seiten- Vorderkopf ohne Kragen- 2weigen. häkchen, Zahl der grossen Stirn- haken weit unter 20, der kleinen kaum über 4, Kopfstielhaken kleiner, Wirte: Die Rochenarten. a) Halstheil ausgebildet, Penissack im hintersten Drittel (397) 28 der Glieder, die bis in die Glied- mitte emporsteigende Vagina mit einem absteigenden Aste, der, den Penissack in weitem Bogen umlaufend, unter- halb desselben ausmündet; Vas deferens mit ziekzackförmigen Schlingen das Mittelstück des Gliedes ausfüllend; die unge- schwänzten Eier einzeln, einerseits breit abgestutzt, an- dererseits zugespitzt. b) Kein Halstheil vorhanden, sondern hinter dem Kopfstielsofort ein gliedartiger, unsegmentirter Abschnitt; Penissack in der Mitte des Gliedes, Vagina ohne ab- steigenden Ast, Eier stets mehrere miteinander verbunden: a) Eiergeschwänzt, in einer Längsreihe in langen Hülsen liegend, die vollständige Kette bis gegen 3 Mm. lang; bis über 20 Kopfstielhaken in einer Längs- reihe a ß) Eier ungeschwänzt, zu rundlichen Eierballen zusammengeklebt, Körperbau ge- diangen, Kette viel kürzer, nur bis 14 Kopfstielhaken einer Längsreihe . in (398) Dr. Theodor Pintner:; 70) Excretionsssystem mit zahlrei- chen zipfelförmigen Aussackungen Hauptstämme der E. affne Dies. (= Di- bothrium Typus Wagener.) Excretionssystem zipfelder Hauptstämme; 11 grosse Stirnhaken jederseits. E. Typus Van Ben. grosse Stirnhaken. ohne Seiten- E. brachysoma nov. spec.; im Kopfe; 9 (?) Stirnhaken, äussere Ober- fläche der Bothridien ausser- ordentlich viel feiner punktirt als bei den vorigen Arten. Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 29 Ich gelange nunmehr in meiner Beschreibung zum Kopftheil von Echinobothrium affine Dies. Ich muss gleich im Vorhinein bemerken, dass es sich hier nur um die gröbere histologische Zusammensetzung handeln wird, soweit dieselbe eben anatomische Bedeutung hat. Ich hatte von vornherein nicht die Absicht, auf Details einzugehen, und es ist auch das Object kaum so beschaffen, dass es einladen würde, von ihm aus in eine neuerliche Erörterung der auf dem Gebiete der Bandwürmer schwebenden histologischen Fragen einzutreten. In jenen selteneren Fällen, wo sich hierzu günstige Gelegenheit bietet, werde ich dieselbe natürlich nicht vorübergehen lassen. Ueber die durch die seitliche Lage der Schlingen des Excretions- systems und der Hauptnerven vorgezeichnete Orientirung, sowie über die Theilung in Vorderkopf und Kopfstiel habe ich schon bei E. Musteli ausführlich gesprochen, und ich brauche dem dort Gesagten nichts mehr hinzuzufügen. Um sich den ersten Ueberblick über den Bau des Vorder- Kopfes zu verschaffen, der sich als Träger der Haftlappen, der Stirnhaken, des Nervencentrums und der Schlingen der Harncanäle charakterisirt, wählt man sehr zweckmässig Präparate von Indi- viduen, die nicht mehr ganz frisch waren, schon im Darm des Wirtes ganz leicht macerirten und die Haken verloren haben. Ein solches Präparat ist in Fig. 35 auf Tafel III dargestellt, und zwar in seitlicher Lage, mit einer Seite des Körpers nach oben ge- wendet. Man sieht das Stirnende des Kopfes im Ruhezustande im Allgemeinen ziemlich abgeflacht, die Bothridien mit der deut- lichen unter diesen Contractionsverhältnissen stark vorragenden Mittelrippe (mr), mitihrem Vordertheile dem Kopfparenchym eng an- geschmiegt, mit den hintersten Zipfeln frei, vor diesen aber durch eine dünne, meist weite und faltige Haut am Kopf unter Ermöglichung leichtester Beweglichkeit befestigt (vergl. Fig. 33). In der Mitte des Kopfes sieht man das Rostellum hindurchschimmern, das auf dieser Ansicht seine breiteste Fläche zeigt und einen eichel- oder (Fig. 10) herzförmigen Umriss besitzt, noch vor dem Rostellum aber sehr bedeutende Muskelzüge (qm) von dorsoventraler Richtung, die wir auf Quer- und Längsschnitten leicht wiederfinden (Fig. 23 und Fig. 36 qm). Diese möchten, etwa neben einer Correlation der Be- wegung der beiden Haftscheiben vor Allem eine dorsoventrale Abplattung des Kopfes bezwecken. Dorsal und ventral vom Rostellum erscheinen in Fig. 35 zwei von vorne nach hinten fächerförmig aus- (399) 30 Dr. Theodor Pintner: strahlende Muskelgruppen, welche noch vor und über dem Rostellum beginnend in ihrem ganzen Verlauf bis zur hintersten Spitze sich demselben enge anschmiegen. Wir werden dieselben auf allen Quer- schnitten und Längsschnitten wiedererkennen und dort auch darüber klar werden, dass dieselben nicht an dem Rostellum, sondern in ihrem ganzen Verlaufe in demselben liegen, dass sie also ein wesentlicher und mächtiger Theil seiner Gewebselemente sind und dass sie ferner zu den Stirnhaken in Beziehung stehen. Sie sind es nämlich, auf welchen diese wie auf Polstern aufruhen (schon G. Wagener spricht pag. 70 von den „Haken des Kopf- polsters“, meint aber damit wohl das ganze Rostellum, da er diese letztere Bezeichnungsweise nicht in Verwendung bringt). Diese Muskeln aber sind es zugleich, welche, wie man besonders deutlich auf dem Längsschnitt Fig. 33 (hm) sieht, durch ihre Contraction die Abduction der Hakenspitzen von der Körperwand verursachen, indem sie die vordersten hakig umgekrümmten Theile (sth), welche sich ihnen innig anlegen, herabziehen un: den Haken dadurch um einen tiefer gelegenen Punkt, seine dickste mit dem oben be- schriebenen Tuberculum versehene Stelle als Drehungspunkt, herum- drehen. Sie wären demnach physiologisch den „Muscoli longitudinaii degli uncini*“ Monticelli’s gleichwerthig. Auf diesem Längs- schnitte erkennt man gleichfalls, dass der auf Fig. 35 hindurch- schimmernde eichelförmige Körper nicht allein das Rostellum vorstellt, sondern dass die Stirnhakenmu:kulatur dazu gehört. Endlich sieht man auf einem solchen Totopräparate, wie es Fig. 35 darstellt, noch die beiden mächtigen Retractoren des Rostellums, die in der Medianebene gelegen, hier auf dem optischen Längsschnitte erscheinen; und zuletzt sind schon bei dieser schwächeren Vergrösserung die subeutieularen Längsfibrillen (hf) deutlich zu erkennen. Diese aber sind es, welche, horizontal um- gebogen, auch unter jener faltigen dünnen Verbindungshaut, welche den unteren Bothridientheil mit dem Vorderkopfe verbindet, ver- laufen und hier, etwas verstärkt, die Contractionen dieser Haut reguliren; so erscheinen sie auf dem Längsschnitte Fig. 33, m”. — Auch erblickt man schon auf Totopräparaten unmittelbar unterhalb des Rostellums, in der Mitte des Kopfes, häufig einen kleinen mit der Spitze nach hinten und mit breiter Basis nach vorne gerichteten Zapfen, der nichts anderes ist, als die centrale Ganglienmasse des Nervensystems. Ich gehe nunmehr zur Betrachtung der Schnitte über. Die ersten, durch die vorderste Kopfpartie gelegten Quer- (400) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 3l schnitte (Taf. III, Fig. 23) erscheinen vollkommen quadratisch, die vier Seiten ziemlich geradlinig, an den beiden Körperseiten rechts und links jedoch jederseits leicht zu einem etwas stumpfen Winkel, mit dem Scheitel in der Sagittalebene emporgezogen, so dass man dann eigentlich ein symmetrisches Sechseck vor sich hat. Man sieht dorsal und ventral die Querschnitte der eilf Haken, unter denen man sogar deutlich die beiden Arten erkennen kann, ja ihre verschiedene Stellung bemerkt, indem die einen, schief ge- troffen, ihre mehr von der Körperwand weggespreizte Lage an- deuten, die anderen, die aber von der Körperoberfläche etwas weiter fortliegen und zu ihr parallel gerichtet sind, viel mehr senkrecht durchschnitten sind. Die vier Ecken des Vorderkopfes sind durch die vier Gruppen von je drei Nebenhäkchen hervor- gehoben. Darauf sehen wir die Cuticula folgen, welche sich hier in unregelmässigen Zotten erhebt, dorsal und ventral sehr dick, rechts und links sehr dünn erscheint. Hier an den Körperseiten sehen wir zugleich die Querschnitte der subeuticularen Längs- fibrillen, nur durch sehr wenig kernloses Parenchym, d.h. also durch die weit ausgedehnten Plasmafortsätze sehr weit von ein- ander entfernter subeuticularer Zellen, getrennt von jener dickeren Lage dorsoventraler Fibrillen, die wir schon auf dem macerirten Totopräparate Fig. 35 bei qm vorgefunden haben. Unterhalb dieser Querfibrillen finden wir schiefe Schnitte von höchst eigenthümlichen, stark lichtbrechenden, scharf contourirten, eng aneinander liegenden und streng parallelen, durchaus gleich dicken Längsfibrillen, welche ungefähr in der Zahl 15—18 sich am Querschnitte genau so weit ausbreiten, als die mächtige Hakenmuskulatur des Rostellums Raum gewährt. Diese Fibrillen erscheinen nur mehr auf wenigen der folgenden Querschnitte, wie auf Fig. 24 und sind auf Fig. 43 von der Fläche dargestellt, wie man sie erblickt, wenn man das Ro- stellum von der Seite betrachtet. Sie verlaufen bei dieser Ansicht von vorne nach hinten und zugleich bogenförmig von innen und oben nach den Seiten und aussen, und bilden so ein dünnes haut- förmiges Stratum, das dem Rostellum eng anzuliegen scheint, von dessen sonstiger Lage und Bedeutung man sich aber nicht leicht eine Vorstellung machen kann. Zwischen ihnen sieht man tiefer liegend eine äusserst feine, gleichfalls parallele und auf den scharf heraustretenden Längsfibrillen senkrechte Strichelung, wie von sehr feinen Querfibrillen (Fig. 45). Auf den Querschnitten (Fig. 23 und 24) erscheinen demgemäss die Längsfibrillen als kurze, am Rande des Rostellums stehende parallele Stäbchen, deren (401) 32 Dr. Theodor Pintner: Schnittstellen bei scharfer Einstellung deutlich als stark leuchtende Punkte erscheinen. Während auf Fig. 23 die Umgrenzungshaut des Rostellums noch gar nicht sichtbar erscheint, verläuft sie auf Fig. 24 ausserhalb dieser Stäbchen, so dass diese in das Rostellum zu liegen und wie ein Kamm auf. die Grenzhaut zu stehen kommen. Ich kann mir nach alle dem nur denken, dass die äussere Körperhaut mit ihren local veränderten, subeutieularen Fibrillen faltenartig eingeschlagen und so flach und sehr dicht an die obere Wölbung des Rostellums angelegt ist. Kehren wir nun zu dem Querschnitte Fig. 23 zurück, so erscheint zunächst die Hakenmusculatur des Rostellums, von einer dieken euticulaähnlichen Schicht nach aussen begrenzt, wahr- scheinlich der schräg getroffenen Rostellarmembran, die aber von der eigentlichen Cutieula deutlich durch einen hellen Zwischenraum getrennt ist und sich bei weitem nicht so gleichmässig und homogen darstellt, wie jene, sondern viel mehr gestreift erscheint. Die Haken- muskulatur bildet dorsal und ventral zwei mächtige, jederseits über ein Drittel des von den beschriebenen Gebilden quadratisch um- rahmten Raumes einnehmende, bogenförmig gegen das Innere vor- springende Masse von punktförmigen Fibrillenguerschnitten, die in 6 Gruppen geschieden sind, besonders deutlich aber in der Mitte durch drei wellenförmig verlaufende, dorsoventral ziehende Querfibrillen, die stellenweise ziemlich dick anschwellen und von denen es mir scheinen wollte, als ob sie sich mit sehnenartigen Verbreiterungen an die dicke cuticulaähnliche Randschicht anlegen würden. Kerne sah ich in diesen unzweifelhaft muskulösen Fibrillen keine. Das übrigbleibende biconcave Mittelstück ist von nicht allzu dichten Kernen mit Protoplasmahöfen und netzähnlichen Zügen zwischen denselben erfüllt, die der subeutieularen Schicht der Stirn- kappe angehören, obzwar sie gar weit davon entfernt sind, epi- thelartig auszusehen. Diese Stirnkappe besitzt übrigens, wie ihr die eben erwähnten dorsoventralen Fibrillen angehören, auch zahl- reiche feine, von rechts nach links das vordere Kopfende fass- reifenartig umspannende Fibrillen, die gewöhnlich zu zweien oder dreien einander genähert, schon auf Toto-Präparaten, wie z. B. auf Fig. 10, sichtbar sind. Noch höher gelegene Schnitte zeigen übrigens die Hakenmuskulatur nicht quer-, sondern längsgeschnitten, als jederseits gegen die Haken radiär convergirende Fibrillen, wie das sofort begreiflich wird, wenn man den Faserverlauf auf Fig. 33 und 35 vergleicht. In dieser Region lässt sich an den Querschnitten also noch (402) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 33 durchaus keine schärfere Umgrenzung des Rostellums erkennen und es entspricht dies vollkommen dem, was man erwarten muss, wenn man berücksichtigt, wie auf Fig. 35 die Hakenmuskulatur hier jederseits kuppenförmig über das übrige Rostellum nach vorne emporgewölbt ist. Gehen wir nun zu dem folgenden Querschnitte, Fig.24, über, der in der obersten Rostellumpartie und dem vorhergehenden sehr nahe liegt. Wir sind hier bereits in der Region der Haftlappen, deren jeder aber noch rechts und links in zwei Zipfeln vorspringt, die durch den dorsal und ventral sich stark vorwölbenden Kopf von einander weit getrennt bleiben. Noch immer ist dorsal und ventral die Cuticula viel dicker als auf den übrigen Stellen. Wie auf allen folgenden Schnitten fällt uns auf, dass die Haftlappen jeglicher besonderen Muskulatur, etwa mit Ausnahme der deutlich als eine unter der Outicula liegende Punktreihe erscheinenden sub- cuticularen Längsfibrillen und der als eine analoge Punktreihe auf Längsschnitten erscheinenden Querfibrillen (Fig. 34) entbehren. Sie bestehen aus einem ganz ungemein engmaschigen Protoplasma- netzwerk, das besonders auf recht dunkel tingirten, sehr feinen Schritten erkennbar wird und Zellen angehört, deren helle Kerne in demselben allenthalben zu finden sind und sich meist nicht undeutlich von den viel dunkleren und kleineren, oft länglichen, spindeligen Kernen der subeuticularen Zellschicht unterscheiden, die hier durch auffallende, zonenförmige Anordnung der Kerne deutlich auf epithelialen Charakter hinweist, besonders auf Längs- schnitten (Fig. 34), obwohl dieser im ganzen Kopfe nirgends so unwidersprechlich ausgebildet ist, wie in den Gliedern. Aber auch noch auf den nachfolgenden Schnitten sehen wir jeden der beiden Haftlappen in einen rechten und in einen linken Zipfel zerfallen, die durch Muskelzüge scheinbar ziemlich scharf von dem Parenchym des Kopfes geschieden erscheinen (Fig. 26), gleichwohl aber durch keinerlei besondere Eigenthümlichkeit von ihm zu trennen sind. Erst in dem unteren Bothridientheile, wo die Haftlappen nicht mehr dem Kopfe anliegen (Fig. 32 a), die zu- gleich zeigen soll, wie stark die dorsale oder ventrale Mittellinie in den Haftlappen als Rippe vorspringen kann, vereinigen sich die beiden seitlichen Flügel, während sie im alleruntersten Theile in der Medianebene wiederum so stark nach vorne eingezogen werden können, dass sie jederseits nun in zwei getrennte Endzipfel zerfallen, wie der Querschnitt Fig.32 b zeigt. Wir sehen an diesen beiden wenig vergrösserten Abbildungen Fig. 32 auch angedeutet, (103) 34 Dr. Theodor Pintner: wie die subcuticularen Zellen der Haftlappen oder vielmehr ihre dunklen Kerne zonenförmig dicht aneinander liegen und zwischen diesen Zonen der helle Zwischenraum für das Parenchym übrig bleibt (vergl. auch Fig. 40). Fassen wir das, was wir an den Bothridien geseben, aber zusammen, so ergibt sich, dass es Haft- lappen sind, die jedenfalls den möglichst einfachen Bau besitzen. Wir sehen, dass dieselben keinerlei ihnen eigenthümliche Muskel- züge irgend einer Art besitzen, dass ihr Gewebe vollkommen mit dem Körpergewebe übereinstimmt, nur dass es bedeutend klein- maschiger (Fig. 40) wird, ja dass es sich kaum schärfer von dem Kopfparenchym abgrenzen lässt, dass die am lebenden Thiere oder am Totopräparate als so einheitliche Gebilde erscheinenden Haft- lappen nicht einmal solche repräsentiren und nicht anders aufge- fasst werden können, denn als weite, seitlich ausgezogene Zipfel des Kopfgewebes selbst, kurz, dass wir auf dem ersten Punkte der Entwicklung stehende, primitive, oder in sehr reducirtem Zu- stand befindliche, rudimentäre Haftlappen vor uns haben. Diesen Verhältnissen, dem Mangel einer höher entwickelten eigenen, sowohl inneren, als äusseren, d. h. aus dem Kopfparenchym an das Bothri- dium als Ganzes herantretenden Muskulatur entspricht auch ihre Bewegungsweise, welche zwar sehr lebhaft ist, aber nicht jenem raschen, ruckweisen Vorstossen abwechselnd des einen oder des anderen Haftlappens der Tetrabothrien gleicht, sondern lediglich durch ein Wellenspiel der Haftlappenränder das Hauptbewegungs- organ, das Rostellum, unterstützt. An den Kopfseiten sehen wir die Zipfel der Haftlappen ge- trennt durch kurze bogenförmige Stücke des eigentlichen Kopf- parenchyms mit den Querschnitten der subeuticularen Längs- fibrillen, die hier viel dicker sind als in den Haftlappen, aber an Dieke noch bedeutend übertroffen werden von den Fibrillen, die an der Rücken- und Bauchseite unter der Cuticula verlaufen. Hier scheinen sie jedoch eine Strecke genau rechts und links von der Medianebene aufzuhören, also dort, wo der Retractor des Rostellums, dessen Querschnitt hier als noch wenig umfangreiche, mondsichel- artige Masse erscheint, dem Rostellumquerschnitte dicht anliegt. Während sie jedoch an der Rücken- und Bauchseite nicht nur nicht an Stärke zunehmen, sondern eher das Gegentheil stattfindet, werden die subeuticularen Längsfibrillen rechts nnd links am Kopfrande zwischen den beiden Haftlappen immer dicker und dicker und folglich deren Querschnitte immer ansehnlicher, so dass wir diese an den Figuren 26, 27, 28 von Stnfe zu Stufe wachsen und bis (404) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 35 zu dem beträchtlichen Umfange auf Fig. 29 sich emporheben sehen. Auf dieser letzten Abbildung aber sehen wir ausser den dickeren Querschnitten noch punktförmige unmittelbar unter der Cuticula (auf der linken Seite der Zeichnung), so dass in uns der Verdacht rege wird, als sei eine zweite neue Muskelschicht unterhalb der cutieularen Längsfibrillen aufgetaucht. Wir fahren in der Betrachtung der Kopfgewebe unter Aus- schluss des Rostellums fort, um dieses sodann im Zusammenhange zu betrachten. Auf Fig. 24 und 25 schiebt sich zwischen den Zipfeln der Haftlappen und den schmalen Zonen von Kopfparenchym rechts und links eine sehr helle aus überaus weitmaschigem Gewebe mit sehr spärlichen Kernen erfüllte Schicht ein und so kommt die Scheidung eines „Innenparenchyms“ von einem „Aussen- parenchym“ zu Stande, ähnlich wie ich sie seinerzeit im Kopfe von Rhynchobothrium corollatum zu beschreiben Gelegenheit hatte. Sie dürfte auch hier eine ganz ähnliche physiologische Bedeutung haben wie dort; es ist nämlich sehr naheliegend anzunehmen, dass das Rostellum eingebettet sein muss in eine sehr dehnbare, elastische Schicht, um leichter seine mannigfaltigen raschen und oft plötzlichen Bewegungen („s’eleve brusquement ä droite et & gauche* Van Beneden. Les versintestinaux pag. 135) ausführen zu können. Nur ist dieser Gegensatz zwischen Aussen- und Innenparenchym hier nicht auf einer so langen Strecke so scharf durchgeführt wie bei Rhynchobothrium corollatum und erscheint schon auf den nach- folgenden Schnitten immer mehr und mehr verwischt. Auf Fig.25 sehen wir als auffälligste Veränderung gegen den vorigen Abschnitt das Auftreten des Exceretionssystems, und zwar jenes Theiles, der gerade der dorsoventralen Commissur jeder Seite entspricht. Die Schlingen liegen in dem dichteren Aussen- parenchym, und zwar knapp an der Grenze desselben gegen das Innenparenchym. Der Querschnitt des Rostellumretractors ist nicht nur an und für sich grösser geworden, sondern auch in Betreff der Querschnitte seiner einzelnen Muskelfasern. Ausserdem sehen wir rechts und links zwischen dem Exeretionscanale und dem Kopfrande zwei nebeneinanderliegende convex gegen das Kopfinnere einspringende contractile Fibrillen dorsoventralen Verlaufes, denen man auf diesen Querschnitten weiter keine besondere Bedeutung zuschreiben würde. Aber man sieht sie in allmälig sich steigernder Anzahl immer und immer auf den folgenden Abschnitten wieder- kehren, bis man endlich, natürlich neben ihrer Bedeutung für eine (405) 36 Dr. Theodor Pintner: dorsoventrale Abplattung des Kopfes, beim Auftauchen des Nerven- systems eine Beziehung zu diesem erkennt. Sie liegen den Nerven- stämmen nämlich knapp an und begrenzen dieselben gegen aussen wie eine schützende Schicht. Bemerken wir schon auf Fig. 27 Kerne in verdächtiger Nähe dieser Fibrillen, so erscheinen auf Fig. 28, wo die Fibrillen schon zahlreicher zu werden beginnen, Kerne direct in ihren Verlauf eingeschaltet. Auf Fig. 29 ziehen sie als mächtige dorsoventrale Muskelbündel von den seitlichen An- satzstellen der rückenständigen Haftlappenzipfel zu denen der bauchständigen hin. Diese Fibrillen sind es, die wir auf dem dorso- ventralen in der Medianebene liegenden Längsschnitte Fig. 33 beim’ quergeschnitten finden, wo dieselben in ihrer gegenseitigen Stellung eine bogenförmig gegen das Kopfinnere vorgewölbte Linie beschreiben, die bis in den Kopfstiel hinunterzieht (m‘) und so einen trichter- oder krippenförmigen Raum umschreibt, in welchem das Nerven- centrum liegt, ganz ähnlich also, wie ich das seinerzeit auch bei Rhynchobothrium corollatum gefunden habe. Der Querschnitt Fig.26 liegt in der Region, die auf das erste Auftreten des Nervensystems unmittelbar folgt. Dieses erscheint zuerst in zwei sehr feinen, an jeder Seite des Rostellums gelegenen Stämmchen, die von vorne nach hinten verlaufend sehr nahe neben- einander liegen und an Stärke zunehmend an dem abgebildeten Querschnitte eigentlich nur mehr durch einen Zellbelag — wahr- scheinlich Ganglienzellen — von einander geschieden sind. Die Kerne dieser Belagzeilen färben sich etwas intensiver als die übrigen, sind auch ein wenig grösser, aber wie die Kerne des Parenchyms in ihrer Grösse schwankend und kaum von jenen scharf zu trennen, Die seitlichen Räume zwischen Rostellum und Körperrand, in welchen jederseits die beiden Nervenstämmchen liegen, sind bedeutend breiter geworden, da das Rostellum selbst immer kleiner und kleiner wird. Zu den Seiten des Nervensystems sehen wir den Querschnitt je eines dorsalen und eines ventralen Stammes des Excretionssystems, ausserdem wenige Muskeln, welche in den Winkeln entspringen, in denen sich die innere Bothridien- fläche an die Kopfseite anlegt, und in einer Cauda equina gegen die Mittellinie des Kopfes und Bauches (vergl. auch Fig. 28, unten) zu ausstrahlend und in die subeutieulare Zellschicht eindringend, sich bis an die Cuticula anzulegen scheinen, wodurch eben jene erwähnte scheinbare Abgrenzung der vier Bothridienzipfel vom Kopfparenchym schärfer hervorgehoben wird. Auch zwischen den Retractor und das Rostellum drängen sich quere geschlängelt (406) Nene Untersachungen über den Bau des Bandwurmkörpers, 3% verlaufende Muskelfibrillen mit Kernen hinein, so dass ein immer grösserer Zwischenraum zwischen jenen beiden Organen entsteht. Der folgende Querschnitt, Fig. 27, zeigt uns, wie die Quer- schnitte der Stämmchen noch näher aneinander treten und ein x-förmiges Territorium bilden, aber immer noch von einander durch Ganglienzellen getrennt erscheinen; diese schieben sich be- sonders als zwei kleine dreieckige Massen, die die Spitzen ein- ander zukehren, von rechts und links, d. h. also vom Körperrande und von der Rostellumseite her, in die Nervensubstanz hinein. Diese Verhältnisse führen durch Fig. 28, einen Querschnitt aus der hintersten Rosteilumregion, allmälig weiter fortscheitend, zu denen in Fig. 29 hinüber. Diese Querschnitte, vom Hinterende des Rostellums und knapp unter demselben zeigen die Nervensubstanz jederseits zu einem mächtigen Complexe vereinigt, der dorsal und ventral einen sehr starken Ganglienzellbelag besitzt, während noch immer vom Körperrande her eine kleine dreieckige Gruppe von Ganglienzellen in denselben eindringt und die ehemalige Trennung in zwei Stämmchen, die nunmehr verschmolzen erscheinen, andeutet. Auf Fig. 23 wie auf mehreren nun folgenden Schnitten erscheint diese Nervenmasse durch je eine einzige dieselbe dorsoventral quer durchsetzende Muskelfibrille in eine grössere äussere und eine kleinere innere Portion zerschnitten, während in der Mitte der Fig. 29 der Querschnitt durch das grosse Gehirnganglion vorliegt. Es besteht aus einer x-förmigen Masse dicht gedrängter grosser Kerne mit sehr spärlichen Protoplasmahöfen und aus ansehnlichen multipolaren Ganglienzellen. Fig. 44a zeigt uns solche bei sehr starker Vergrösserung; bei den drei eng aneinanderliegenden war keine Spur eines Zellleibes nachweisbar, während andere, wie die zwei nebenan gezeichneten deutliche multipolare Ganglienzellen darstellten. Der Grössenverhältnisse wegen erscheinen in dieser Figur nebenan bei c eine Zelle mit Kern des Parenchyms. Von den blasseren, grösseren und nur zart contourirten Zellkernen der Ganglienzellen hebt sich dieser durch eine scharfe Umgrenzungslinie und durch schärfer hervortretende Kernkörperchen ab, was auch für die zum Theil langgestreckten Kerne der contractilen Fibrillen bei b gilt. Bei d sind, wieder im richtigen natürlichen Grössen- verhältnisse, die Kerne der subeuticularen Zellen der Haftlappen aufgezeichnet, welche viel kleiner und viel dunkler tingirt erscheinen. Unterdessen haben auch die bereits erwähnten, sich zwischen die Retractoren und das Rostellum einschiebenden, häufig gekernten Querfibrillen immer mehr und mehr an Mächtigkeit und Zahl zu- (407) 38 Dr. Theodor Pintner: genommen und stellen endlich auf Fig. 29 und fernerhin mit den correspondirenden dorsoventralen Muskelzügen ein vollständig ge- schlossenes Muskelrechteck dar, in welchem das gesammte Crrebral- ganglion, nach allen Seiten umhüllt, innen liegt. In den Ecken dieses Rechteckes sehen wir hier, auf Fig.29, je eine mächtige, sich sehr dunkel tingirende Zelle mit leuchtendem Kern liegen, die offenbar gleichwerthig ist mit jenen Zellen, die ich seiner- zeit bei Rhynchobothrium corollatum als „Myoblasten“ in Anspruch genommen habe. Betrachten wir nun noch, um die Beschreibung des Nerven- systems zu Ende zu führen, sein Verhalten auf Längsschnitten und im Kopfstiele. Auf dem in der Medianebene liegenden dorsoventralen Längs- schnitte, Fig. 33, der uns zu oberst unter der Stirnhaut dicht unter dieser von rechts nach links ziehende Querfibrillen (stm) durchschnitten zeigt, jene bogenförmigen Fibrillen, die wir auf dem Totopräparate Fig. 10 gesehen haben, erblicken wir unter dem Rostellum das Ganglion durchschnitten in halbmondförmiger Masse dem Rostellum angelagert in einem von bereits beschriebenen Muskeln (m‘, m‘) gebildeten krippenartigen Raume liegend. Da- gegen erscheint auf dem Schnitte Fig. 34, der zu dem eben be- schriebenen parallel, aber stark ausserhalb der Medianlinie liegt, die Nervensubstanz zu den Seiten des Rostellums, fast in platten- förmiger Ausdehnung durchschnitten. Sie ist zunächst in einem oberen und unteren Theil getrennt und der obere selbst wieder in zwei Abtheilungen gespalten, und zwar durch einen zwischenliegenden Zellbelag, während die beiden oberen Theile, die sich dann weiter nach vorne in die erwähnten zwei Stirnstämmchen verlängern, vom hinteren Theile durch eine quere Muskelfibrille geschieden erscheinen, die jedenfalls derjenigen auf dem Querschnitte Fig. 28 entspricht. In dieser unteren Partie ist bereits eine gewisse strassen- förmige Anordnung der Nervensubstanz leicht angedeutet, die auf den Ursprung der austretenden Hauptlängsnerven hinweist. Aber auch im Inneren des Haftlappens sehen wir eine Masse, die der Nervensubstanz vollständig gleicht, so dass es den Anschein ge- winnt, als ob wir einen Haftlappennerven vor uns haben würden. Wie wir unten sehen werden, scheint auch in das Rostellum ein Nerv einzutreten. Die beste Uebersicht bietet aber ein in der Sagittalebene liegender Schnitt, wie er in Fig. 36 dargestellt ist. Hier erscheint sehr schön die ganglionäre Querbrücke, welche rechts und links, nach oben die Stirnstämmehen, nach unten die beiden Seitennerven (hn) aussendet. (408) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 39 Im Kopfstiele endlich verläuft jederseits ein Hauptstamm, der, wie gewöhnlich, etwas ausserhalb der beiden Excretionscanäle liegt. Derselbe hat auf der Flächenansicht und im Längsschnitt nicht mehr jenes „Punktsubstanz“artige Aussehen der nichtzelligen Masse des Kopfganglions und der Stirnstämmchen, sondern erscheint fein längsgefasert, wie auf Fig. 39, mit seitlich abgehenden, aber nur selten auf kürzesten Strecken etwas deutlicher zu verfolgenden kleinen Ausläufern, die auf seine Verlaufsrichtung senkrecht stehen. Auch der Querschnitt unterscheidet sich in seinem Aussehen durch- aus von der Nervenmasse im Gehirn, die stellenweise mit den stärksten Vergrösserungen nichts weiter als feinste homogene Punktsubstanz, stellenweise das denkbar feinste Maschennetzwerk zeigt. Der Querschnitt der Hauptstämme im Kopfstiel ist in Fig.30 von E. Musteli dargestellt, weil er hier viel deutlicher und klarer erscheint, als bei E. affıine Es zeigt sich zunächst, dass die Stämme durch die Wurzelfortsätze der Kopfstielhaken etwas aus ihrer Lage in der Sagittalebene herausgedrängt worden sind; da aber die Lage dieser Fortsätze sich mit jeder Quer- reihe der Haken ändert, so ist der Verlauf der Nervenstämme, den Wurzelfortsätzen immer ausweichend, geschlängelt. Der Quer- schnitt macht den Eindruck zahlreicher, dicht nebeneinander liegen- der, ziemlich derber Röhrchen; er zeigt ein ziemlich grobes Netzwerk, dessen Maschenhohlräume rund sind. Es stimmt das Alles ganz genau mit dem überein, was ich früher bei Rhynchobothrium corollatum beobachtet habe. Zu genaueren Untersuchungen lud das Object, wie gesagt, nicht ein. Fassen wir das über Nervensystem Festgestellte zusammen, so erscheint uns dasselbe als ein mächtiges, unmittelbar unter dem Rostellum gelegenes Ganglion mit centraler Zellenmasse und peripher gelagerter Nervensubstanz, die nach oben in vier kurze Stirnstämmehen, nach unten in zwei mächtige Hauptnerven aus- strahlt, welche sich in ihrem histologischen Bau von jenen bedeutend unterscheiden. Haftlappen und Rostellum scheinen durch besondere Nerven versorgt zu werden. Ich will durchaus nicht behaupten, dass durch Untersuchungen, die nur auf diesen Punkt ihr Augen- merk richten, bei den Echinobothrien nicht noch hie und da ein vom @Gehirnganglion abzweigender Nerv würde ausfindig zu machen sein; aber sicher, hier nichts Wesentlicheres übersehen zu haben, war ich auf erschöpfende Vollständigkeit in diesem Punkte umso weniger erpicht, als ich glaube, dass so complicirte und gewagte Reconstructionen, wie sie die Niemec’schen Schemen darstellen, vorläufig nur schwer morphologisch verwerthbar sein Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. VIII, Heft 3. 28 (409) 40 Dr. Theodor Pintner: dürften, und freute mich umsomehr, bei unserer Form eine Ein- fachheit des Nervensystems vorzufinden, die von den bekannten Formen am meisten an die vonMonticelli für Scolex polymorphus festgestellte erinnert und sich durchaus an die von Lang und mir für Tetrarhynchen beschriebenen anschliesst. Was nun das Rostellum anbelangt, so erscheint dasselbe auf den ersten Querschnitten in Form einer Ellipse, deren bedeutend längere grosse Achse in die Medianebene fällt, hat aber in an- deren Contractionszustäinden am Querschnitte auch eine ganz ausgesprochen bisquitförmige Gestalt mit gleicher Orientirung des längeren Durchmessers. Wir haben bereits hervorgehoben, dass man in der allervordersten Region, wie auf Fig.23, noch nicht sicher feststellen kann, was dem Rostellum zugehört, was nicht. Sofort aber folgen Schnitte, auf denen durch eine scharf doppelt- contourirte Membran die Umgrenzungslinie des Rostellums klar bezeichnet wird. Dieser Membran sieht man nicht allzu oft, wie auf Fig.27, von aussen platte Kerne angelagert. Der Rostellum- querschnitt zerfällt in der obersten Region deutlich in fünf Ab- theilungen, die in der Richtung seiner Längsachse nebeneinander- liegend jede seine ganze Breite einnehmen. .Dorsal und ventral wird jederseits das kleinste Fünftel des Längsdurchmessers von convex gegen das Innere vorgewölbten quergeschnittenen Längs- muskelfibrillen eingenommen, denselben, die wir schon in Fig. 23 fanden und die natürlich der Hakenmuskulatur hm auf Fig. 35 entsprechen. Sie sind, was die Dicke der einzelnen Fibrillen anbe- langt, bedeutend gegen die vorhergehende Figur gewachsen und wachsen noch auf den folgenden Schnitten immerfort weiter, während das Territorium, das sie einnehmen, seine nach Irnen vorgewölbte Gestalt beibehaltend, immer kleiner und kleiner wird (Fig. 25—27), bis sie endlich auf Fig. 28 vollständig verschwunden sind. Hier, auf den vorderen Schnitten, Fig. 24, sehen wir an ihrem äusseren Umfange nicht wenige dunkle Kerne die Muskelfibrillen- querschnitte umlagern und zwischen sie eindringen, wie eine binde- gewebige Hülle der Muskulatur andeutend. Diese Kerne werden aber später immer seltener und seltener. Die mittlere Partie des Rostellums nimmt reichlichst drei Fünftel des längeren Querdurch- messers ein und besteht aus parallel zu einander von rechts nach links ziehenden Fibrillen. Sie lässt wieder drei Abtheilungen unter- scheiden, von denen die dorsale und ventrale einander wiederum gleich sind, Diese beiden letzteren haben nämlich zartere Fibrillen, die strenger parallel laufen, als die des Mittelstückes, und nur äusserst spärlich blasse oblonge Kerne, deren Längsachse der (410) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 4l Fibrillenrichtung entspricht, enthalten. Die Fibrillen des Mittel- stückes dagegen sind etwas gröber und umschliessen zahlreiche Kerne, die reihenweise in der Fibrillenriehtung hintereinander liegen und sich besonders gegen die beiden Körperseiten anhäufen und hier reichlich von einer Masse umgeben sind, die stark an die „Punktsubstanz“ des Nervensystems erinnert. Auf den folgen- den Schnitten wird die Mittelzone des Rostellums bedeutend schmäler. Jene bogenförmigen Fibrillen, die mit ihren stäbchen- förmigen Querschnitten die Randzone des mittleren Stückes ge- bildet und dieselbe’ dadurch so scharf hervorgehoben haben, sind verschwunden. Von nun an wird der Querschnitt des Rostellums begreiflicher Weise immer kleiner und kleiner; es verwischt sich der Unterschied zwischen der Mittelzone und den beiden Seiten- zonen vollständig. Endlich verschwinden die Querschnitte der Hakenmusculatur des Rostellums, wie schon erwähnt, gänzlich und es bleiben auf dem nunmehr sehr klein gewordenen elliptischen Raume (Fig.28) nur mehr die Querfibrillen übrig. Dafür sehen wir aber hier eine in ihrem Querschnitte wiederum elliptische; aber mit ihrer Längsachse auf die Längsachse des Rostellumquer- schnittes senkrecht gestellte punktförmige Masse, welche durchaus nicht von der Punktsubstanz des Nervensystems zu unterscheiden ist. Dieselbe kehrt entsprechend auf den Längsschnitten wieder (Fig. 33,n) und dürfte kaum anders als ein ziemlich mächtiger in das Rostellum eintretender Nervenknoten zu deuten sein, obzwar es mir nicht gelang, die Eintrittsstelle oder seine Abzweigung aus dem Gehirnganglion nachzuweisen, Dann wären jene, den Quer- fibrillen eingeschalteten Kerne und die sie umgebenden Plasmahöfe vielleicht als von diesem Nervenknopfe ausstrahlenden zahlreichen Rostellarnerven zugehörig zu betrachten. Entsprechend dem auf den Querschnitten Vorgefundenen be- merken wir auf dem Sagittalschnitte, Fig. 36, der im vordersten Theile etwas vor der Sagittalebene liegt, in Folge dieses Um- standes hier noch Stirnhaken (h), und zwar in ihrem hakig um- gekrümmten Theile durchschnitten, das Rostellum aber mit ei- förmigem Umrisse. Es zeigt die von rechts nach links verlaufenden Fibrillen in ganzer Breite, oben aber in radialer Stellung die Fibrillen seiner Hakenmuskulatur (hm), die hier zugleich noch deutlich von der Rostellarmembran umfasst erscheinen. Die Kerne in der Querfibrillenpartie ziehen wieder reihenweise von rechts nach links und besitzen eine längliche Gestalt, ganz wie auf den Guerschnitten. Dagegen erscheint auf dem in der Medianebene liegenden Schnitte (Fig. 33) die Hakenmuskulatur in der bereits 28*F (41V) 42 Dr. Theodor Pintner: oben beschriebenen Weise, als zwei von vorne nach rückwärts sich zuschärfende Keulen mit nach hinten und aussen ausstrahlenden Längsfibrillen, die ziemlich parallel angeordnet nur im vordersten Theile haarwirbelartig gedreht liegen, und zwischen diesen beiden Muskelmassen eingeschlossen der Querschnitt des von rechts nach links ziehenden mittleren Fibrillenecomplexes des Rostellums (r), dessen blasse Kerne hier nicht oblong, sondern kreisrund erscheinen, wie dies ihrer in der Richtung des Fibrillenverlaufes von rechts nach links spindelig ausgezogenen Gestalt entspricht. Die ganze Masse sammt den Hakenmuskeln aber nimmt, in ihrem Hinterende den schon erwähnten Nervenknoten (n) einschliessend, in dm mittleren, den Querfibrillen entsprechenden Theile eine birnförmige, im Ganzen eine mehr kreisrunde Umgrenzungslinie an, die durch die Rostellarmembran, welche natürlich auch die Hakenmuskulatur umschliesst, scharf hervorgehoben wird. Das ganze Areal des Rostellums erscheint hier, der über die seitliche bedeutend über- wiegenden dorsoventralen Ausdehnung desselben entsprechend, weit- aus umfangreicher, als auf dem Sagittalschnitt. Jenseits der Grenz- membran ziehen zu beiden Seiten die Rostellarretractoren (rr) wellenförmig zu ihren Ansatzstellen herab. Sowie aber die ein- zelnen Fibrillen des Retractors in der Richtung von vorne nach hinten wellenförmig verlaufen, so ist auch der hintere Theil des ganzen Stratums des Retractors in der Richtung von rechts nach links wellenförmig angeordnet und daher kommt es, dass wir auf Fig. 29 die Querschnitte desselben in einem eigenthümlichen zick- zackförmigen Verlaufe wiederfinden; es scheint dabei gleichzeitig stets abwechselnd ein Bündel mehr nach Aussen, eines mehr gegen das Innere des Kopfparenchyms seinen Ansatzpunkt zu finden. Das Rostellum der Echinobothrien (Van Beneden spricht immer, z.B. „Vers intestinaux“ pag. 135, von einem „double rostellum“, bezeichnet also jeden der beiden Hakenmuskelpolster für sich als Rostellum, sowie er unverständlicher Weise die Stirnhaken „dans l’interieur“ gelegen sein lässt) ist somit ein einheitlicher, seitlich zusammengedrückter Körper, der durchaus aus contractilen Fibrillen besteht und von einer derben resistenten Haut umschlossen wird. Es wird als Ganzes durch die Zusammenziehung der Kopf- gewebe wie durch zwei breite, mächtige, sich dorsal und ventral an ihm inserirende Muskel sehr vielseitig und lebhaft hin- und herbewegt und dürfte so, da es zugleich reichlich innervirt zu sein scheint, nicht minder Tast- und Orientirungs-, als Locomotions- organ sein. In letzterer Hinsicht heftet es nach vorausgegangener Vorwärtsbewegung durch Abductionsstellung der Haken den Kopf am (412) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 43 betreffenden Orte fest, so dass der Körper nachgezogen werden kann. Dabei kann die Bewegung nach vorne und aus dem Kopfparenchym heraus, da jegliche Protractoren fehlen, nur durch Contraction aller jener Muskelgruppen bewerkstelligt werden, die wir auf den Querschnitten Fig. 26—29 als dorsoventral und von rechts nach links, sowie schief und bogenförmig verlaufende Querfibrillen kennen gelernt haben ; dorsale und ventrale Wendungen des Rostellum wären dann durch jedesmaliges Zusammenziehen nur eines der beiden Retractoren, Wendungen nach rechts oder links durch Con- traetion der gleichseitigen Fibrillen beider Retractoren, Rückziehung des Rostellums durch Erschlaffung der Kopfmuskulatur und gleichzeitige vollständige Contraction der Retractoren zu erklären. Es entsteht nun für uns die Frage: in was für einer Be- ziehung steht das Rostellum der Gattung Echinobothrium zu dem der Tänien? Es ist bekannt, dass nach den Darstellungen Nitsche’s und Leuckart’s (Parasiten, pag. 496 ff. und pag. 506 ff.) mehrere Typen im Bau des Rostellums unterschieden werden. Allein alle diese Typen beziehen sich im Wesentlichen auf Abänderungen im Verlaufe der Muskelfasern dieses Körpers, die sehr augen- scheinlich auf Anpassungsverhältnisse zurückzuführen sind. Allen diesen Formen liegen ganz homologe Bildungen zu Grunde, alle sind als morphologisch gleichwerthig zu betrachten. Ganz dasselbe gilt aber auch zweifelsohne für das Rostellum der Echinobothrien. Denn es hat mit dem Rostellum der Tänien gemeinsam: 1. Die Lage, in der Mitte der Stirnfläche, über dem Nervensystem, über den Kopfschlingen, resp. dem Ringe des Excretionssystems; 2. die Zusammensetzung aus mannig- fachen, den verschiedenen Formverhältnissen von Kopf und Haken angepassten Muskelsystemen; 3. die Verbindung mit einem Haken- apparat. Während aber das Rostellum der Tänien als vier- strahlig radiär aufgefasst werden kann (mit Rücksicht auf den übrigen Kopfbau), ist das der Echinobothrien nur zweistrahlig, ebenso sein Hakenapparat. Dieser selbst aber muss wiederum als dem der Tänien vollkommen homolog bezeichnet werden. Die Haken an und für sich haben genau denselben Bau, wie die Tänienhaken, nur dass sie viel schlanker, ihre Wurzelfortsätze viel unscheinbarer sind; dann liegen sie in zwei Lagen alternirend, genau wie die Rostellumhaken der Tänien; endlich ist der Hakenapparat nur in toto beweglich, wie der der Tänien, wenn ich auch nicht glaube, dass, wie Leuckart das für die Tänien festgestellt hat, die Haken hier, wie dies dort der Fall ist, nur durch Veränderung (413) 44 Dr. Theodor Pintner: in der Oberflächenkrümmung des Rostellums bewegt werden sollten, sondern hier, bei Echinobothrium, spielen gewiss die Längsmuskeln, die ich als „Hakenmuskeln“ beschrieben habe, bei der Bewegung der Haken die Hauptrolle. Wenn Nitsche („Untersuchungen über den Bau der Tänien“, 2. f.w.Z. XXIII, 1573, pag. 186) sagt: „In der Mitte der Unter- fläche des Kissens bleibt ein kleiner von Fasern freier Raum, der mit einer feinkörnigen Substanz erfüllt ist“, so dürfte das, auch nach seinen Abbildungen zu schliessen, auf eine ganz ähn- liche Innervation des Rostellums zu beziehen sein, wie wir sie bei Echinobothrium fanden. Was aber die Abbildung Nitsche’s von Taenia undulata anbelangt, so glaube ich nicht zu weit zu gehen, dass der sogenannte äussere Sack, welcher das Rostellum um- schliesst, nichts anderes ist, als das unter demselben gelegene Gehirnganglion in Verbindung mit eigenthümlich gestellten Muskeln, die sehr an das erinnern, was ich von den in der Umgebung des Gehirnganglions befindlichen Muskeln und Membranen hier von Echinobothrium und seinerzeit von Rhynchobothrium corollatum beschrieben habe. Das wären dann weitere Punkte der Ueberein- stimmung in der Lage des Rostellums bei beiden Familien. Hervorgehoben mag noch werden, dass bei Echinobothrium, dessen Rostellum, wie das der Tänien, wohl gewiss Beziehungen zu dem unpaaren centralen Stirnnapf des Scolex polymorphus und anderer Formen bietet, keinerlei Spuren zu entdecken sind, die gestatten würden, in jenem Organe einen Rest eines ehemaligen Schlundkopfes zu Serbia Es erübrigt uns noch eine kurze Betrachtung den Kopfstieles. Derselbe ist vollkommen stielrund, von vorne nach hinten leicht an Dicke zunehmend. In Folge dessen erscheinen die Querschnitte kreisrund, oder genauer in Form von regelmässigen Achtecken, in deren Ecken die Haken liegen. Der Querschnitt Fig. 30 ist E. Musteli entnommen, bei welcher Art wegen der bedeutenderen Grösse alle Verhältnisse viel deutlicher erscheinen. Wir finden zu äusserst eine besonders dicke homogene Cuticula, die übrigens gerade bei E.Musteli noch viel auffallender ausgebildet erscheint, wie bei den übrigen Arten. Unter ihr eine gleichfalls der Cutis zuzuzählende Schicht, die aber nicht mehr so homogen, sondern, wenn auch nur sehr undeutlich, radial zerfasert erscheint. Die Thäler und Furchen, welche den spiessförmigen Theil der Hals- haken aufnehmen, liegen in der äussersten dicken Hautschichte, dagegen liegen die T-förmigen Querbalken der Kopfstielhaken viel tiefer, noch unter der zweiten der eben erwähnten Schichten, (414) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers, 45 eigentlich schon im Kopfparenchym. Diese tiefe Lage derselben macht es auch begreiflich, dass sie oft auf Totopräparaten sehr schwer sichtbar sind. Diese beiden Cuticularschichten sind noch gegen die Kopfgewebe zu abgegrenzt durch eine deutliche dunkle Linie, welche der Ausdruck ist für die äusseren cuticularen Querfibrillen ; auf diese folgen die in zierlichen Bogen angeordneten Querschnitte der cuticularen Längsfibrillen, die keineswegs zart, in Fig. 38 als streng parallele, sich nicht verzweigende, sämmtlich gleich dieke Längsfasern erscheinen und schon auf Uebersichts- präparaten nicht zu übersehen sind. Darauf folgen die subeutieu- laren Zellen, auf Querschnitten selten mit epithelial ansprechendem Charakter. Der Innenraum ist durch die lamellösen Querschnitte der Hakenwurzelfortsätze in acht Sectoren getheilt und wird er- füllt von dem plasmatischen Maschenwerk des Parenchyms und den Kernen der dasselbe bildenden Zellen. In demselben liegen die vier gleich grossen Querschnitte des Wassergefässsystems und die beiden Querschnitte des Nervensystems. Genau entsprechend sieht der Längsschnitt Fig. 39 aus, nur sah ich hier auch die äussere dunkler tingirte Cuticula undeutlich radial gestreift, zum Theil wohl ein Ausdruck von Faltungen, noch mehr aber von den dieser Schicht entsprechenden eutieularen Härchen, die aber hier eben nur höchst undeutlich und ver- schwommen ausgebildet erscheinen. Es ist überhaupt hervorzuheben, dass dieser Theil der Cuticula am Kopfstiele mehr als sonst dazu neigt, ausserordentlich leicht zu quellen und dann eben liefert er auch Bilder, wie z.B. das bei Van Beneden „Vers instestinaux“, Taf. XIX, Fig.2 mit der geschlängelten Begrenzungslinie, die grossentheils als Kunstproducte zu bezeichnen sind. Nun folgt die hellere, radial zerfaserte Schicht, dann feine Punkte als Ausdruck der @Quer- und dann die Längsfibrillen, hinter diesen die subeuti- cularen Zellen mit ihren Kernen, die hier deutlicher epithelialen Charakter zeigen (in der Abbildung erscheint diese Schichte flach getroffen und daher mehrschichtig), endlich das Nervensystem, daneben der Excretionscanal. Der auffallend kleinere Querschnitt durch den Kopfstiel von E. affıne (Fig.31) zeigt jenen complieirteren Bau der Cutieular- schichten nicht, wohl aber finden wir das charakteristische, wieder- holt beschriebene gelbe Pigment, und zwar in linsenförmigen Massen in der Cutieula selbst und sogar im Parenchym recht zahlreich in bogenförmigen Zonen längs der Hakenwurzellamellen und der Haut hinziehend. Dann die Längsfibrillen sehr deutlich, aber die Quer- fibrillen ebensowenig nachweisbar, wie auf dem entsprechenden (415) 46 Dr. Theodor Pintner: Längsschnitte Fig. 37. Auf diesem aber sehen wir sehr deutlich, wie die Hakenstücke in einem ziemlich breiten hellen Raume zwischen der äusseren Cuticula und der dunkel und scharf hervor- tretenden Linie liegen, welche der Ausdruck der Längsfibrillen ist. Von der Härchenschicht ist auf dem Längsschnitte nur inso- ferne eine Spur, als die äusserste Grenze der dieken Cutieula noch um einen Ton dunkler ist und direct in die deutliche und schön ausgebildete Härchenschicht des Halses übergeht. Dagegen haben hier die subeuticularen Zellen einen ganz ausgesprochen epithelialen Charakter, der umso überzeugender wird, wenn man ihre Fort- setzung in das ganz unbezweifelbare Epithel des Halstheiles betrachtet. !) Was das gelbe Pigment des Kopfstieles anbelangt, so kann dasselbe nicht morphologisch und nicht chemisch, daher auch nicht physiologisch mit dem bekannten rothen auf dieselbe Stufe gestellt werden. Es sieht anders aus, indem es aus weit kleineren griesähn- lichen Körperchen gebildet wird, die durchaus nicht das Aussehen einer Flüssigkeit besitzen, sondern mehr an feste Körper gemahnen, und es wird von Alkohol, Nelkenöl, Säuren und den sonstigen in der mikroskopischen Technik verwendeten Reagentien gar nicht verändert, sondern findet sich vollkommen wohl erhalten in Form und Farbe auf den Querschnitten vor. Ich kann daher, soweit E. affine in Betracht kommt — E. Typus habe ich in dieser Richtung nicht untersuchen können — Monticelli nicht bei- stimmen, wenn sich auf dieses Pigment sein Satz beziehen sollte: „Anche della stessa natura (wie das rothe Pigment, wo er übrigens auch eine mir nicht ganz verständliche Unterscheidung zwischen „Pigment“ und „gefärbter Flüssigkeit“ macht; für Pigmentzellen !) Es gibt zahlreiche Stellen, wie die halbreifen Glieder der Calliobothrien, ihre Ketten u. s. f., wo die subcuticularen Zellen unter der Form des schönsten polygonalen Epithels auftreten. Im Gegensatze hiezu wieder andere, wie besonders in den Köpfen der Phyllobothrien, wo diese Subcuticularzellen kaum nachzuweisen sind. Zwischen diesen beiden Extremen aber gibt es sehr zahlreiche Uebergangs- stufen. Von der rein histologischen Frage nun, ob diese Gewebe als Epithelien auf- zufassen sind, ob nicht, ist aber die entwicklungsgeschichtliche, ob ihr Ursprung ectodermal ist, zu trennen, denn Epithelien können ja ebensogut vom Mesoderm stammen. Die Schauinsland’schen Ansichten vom Abstossen des Ectoderms geben also keine Unterstützung für die Gegner der epithelialen Natur der subeuticularen Zellen. Zudem lassen sich diese Ausichten aber aus keiner einzigen Stelle der vor- trefflichen Untersuchungen dieses Autors mit logischer Nothwendigkeit ableiten, ja, gegenüber der Anschauung, dass es sich um vorübergehende Hüllen der Embryonen, wie bei zahlreichen anderen Thieren, handle, auch nur wahrscheinlich machen, und werden um so unannehmbarer, wenn man bedenkt, zu welchen Consequenzeu dieselben mit Rücksicht auf die Entstehung des Nervensystems führen. (416) a » Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 47 hat ja wohl Niemand das rothe Pigment angesehen) mi pare la macchia giallastra, che si trova nel collo dei giovani E. typus, e che sparisce negli adulti (Ricerche sullo Scolex polymorphus. Mitth. a.d. zool. Stat. z. Neapel. 1888, VIII, pag. 131 ff.). Der Kopfstiel der Gattung Echinobothrium ist somit, sowie der Vorderkopf streng zweistrahlig radiär gebaut, und das ist es, was ihn scharf vom Halse trennt, der durch die auch in den jüngsten Gliedern bereits angedeuteten Anlagen der Geschlechts- organe als bilateral symmetrisch gebaut erscheint. Durch jenen Bau und seine Gewebe, die sich weit von denen des „Halses“, d. h. der jüngsten Glieder und deren Keimlager unterscheiden und genau denen gleichen, die ich für die ähnliche stielförmige Ver- längerung des Kopfes von Rhynchobothrium corollatum beschrieben habe, erweist sich der Kopfstiel als integrirender Bestandtheil des Kopfes. Die Kopfstielhaken gleichen in ihrer Form durchaus den drei- zinkigen mit Wurzelfortsätzen versehenen Haken der Haftlappen der Calliobothrien und dürften physiologisch, da sie entschieden keine selbständigen Bewegungen auszuführen im Stande sind, so wie die gesammten „peli setolosi“ als Organe aufzufassen sein, die die Bestimmung haben, das Rückwärtsgleiten des Körpers zu verhindern. Die Echinobothrien leben nämlich nicht tief in die Darm- wand eingebohrt, wie andere Bandwürmer, sondern mehr in den lockeren, oberflächlichen, zum Theil abgestossenen Darmepithelien und im Darmschleim und führen hier immerfort die lebhaftesten Bewegungen aus. Man könnte beinahe glauben, dass es damit zu- sammenhängt, dass sich der gesammte Bau des Echinobothrium- kopfes nicht so sehr dem vierstrahlig radiären Typus nähert, wie der Tänienkopf. Unter allen in Folge festsitzender Lebensweise radıär gewordenen Cestodenköpfen nähern sich die mit 4 Saugnäpfen versehenen Tänien und die mit 4 Haftlappen bewaffneten Tetra- bothrien dem vierstrahlig radiären Typus am meisten, während jene Tetrarhynchen, welche nur zwei Haftlappen besitzen, sowie die Echinobothrien und Bothriocephaliden rein zweistrahlig radiär gebaut sind, und so sind diese drei Familien in der Systematik bereits wiederholt vereinigt worden. Echinobothrium aber erscheint nach all dem Gesagten als ein rechter Sammeltypus. Durch die Zweizahl seiner Haftlappen und den Kopfstiel in entschiedene Beziehung zu den Tetrarhynchen tretend, erscheint es durch sein Rostellum den Tänien, durch seine Geschlechtsorgane (Lage und Form der Dotterstöcke, des Keim- (417) 48 Dr. Theodor Pintner: stockes, geschlossener Uterus, ganze Entwicklung des Proglottis) und zum Theil durch seine Kopfstielhaken den Tetrabothrien ver- wandt, ohne aber in jeder Richtung weitgehende Besonderheiten vermissen zu lassen, die allein genügen würden, eine schon von Van Beneden eingeführte Aufstellung einer selbständigen Familie zu rechtfertigen. s Tafelerklärung. Sämmtliche Abbildungen sind mit einer Oberhäuser’schen Camera lucida gezeichnet, und zwar auf einem neben das gewöhnliche Schulstativ von Hartnack gestellten 20 Cm. hohen Tische, wie das der deutlichen Sehweite meines Auges entspricht. Daraus ergeben sich die betreffenden Vergrösserungen. Taf. I. Fig. 1—8. Echinobothrium Musteli. Fig. 1. Das ganze Thier bei ung. 43maliger lin. Vergr. (Syst. Reichert III, eing. Tubus). r Rostellum; sth Stirnhaken; krh Kragenhäkchen ; hl Haftlappen (= Both- ridien); kst Kopfstiel; h Hals; t Hoden; ps Penissack ; ov Keimstock. Nach einem Carminpräparate. Fig. 2. Eine freie Proglottis desselben Thieres, beiderselben Vergr., von der Seite gesehen, so dass die Bauchseite rechts; die Rückenseite links liegt. ov Ovarium; vagö Vaginalöffnung; ps Penissack, do rechter, do’ linker Dotterstock, der erstere in Folge der seitlichen Lage oben, der letztere unten liegend zu denken; ut Uterus, links oberhalb des Keimstockes der in denselben von der Rückenseite her einmündende Oviduct; t Hoden; vd Vas deferens. Nach einem Carminpräparate, Fig. 3. Der Kopf, bei eirca 104mal Vergr, (Syst. Hartn. IV, aufgez. Tubus). mr Mittelrippe des Haftlappens; a die Stelle, wo diese gegen den Kıagen anschwillt. Die übrigen Bezeichnungen wie oben. Nach einem Carminpräparate. Fig. 4. Die grossen Stirnhaken, Vergr. circa 380mal (Syst. Hartn. Nr. VIII, aufgez. Tubus). Nach einem Glycerinpräparate. Fig. 5. Einzelne; Stirnhaken bei derselben Vergr. a, c, d aus der mittleren, b aus der seitlichen Partie der Hakencorolla; w Wurzelfortsatz; gfl Gelenkfläche. Fig.6. Dieselbe Vergrösserung; sth die äussersten der grossen Stirnhaken ; nh die kleinen Nebenhäkchen; krh die Kragenhäkchen. Fig. 7. Die Haken des Kopfstieles vom vordersten Theile bei derselben Vergrösseruug. w, w’ Wurzelfortsätze, b die umgebogenen Zipfel der Hakenflügel, Fig. 8. Dieselben Haken aus der hintersten. Partie des Kopfstieles; bei der- selben Vergr. Fig. 9—12. Echinobothrium affine Dies. Fig. 9. Das ganze Thier, bei 43maliger Vergr.; also genau im natürlichen Verhältniss zu Fig. 1. Von der Seite gesehen; p Penis; vag Vagina; die übrigen Bezeichnungen wie oben. Nach einem Carminpräparate. Fig. 10. Der Kopf, von der Seite, bei circa 180maliger Vergr. (Syst. Hart- nack V, aufgez. Tub.), also bedeutend stärker vergrössert, als der neben- anstehende Kopf von Ech, Musteli! nh die kleinen Nebenhäkchen, sonst wie oben, Nach einem Carminpräparate. Fig. 11 und 12. Haken des Kopfstieles in genau derselben Vergrösserung wie Figur 7 und 8. w Wurzelfortsätze. (418) Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. 49 Taf. II. Fig. 13. Die Stirnhaken von Ech. affine in derselben Vergrösserung wie Fig. 4 (380mal); links von der dem Körper zugewandten Unterseite, rechts von der der Körperfläche abgewandten Oberseite. nh die kleinen Nebenhäkchen. Fig. 14. Excretionssystem von Echinobothrium Musteli. Die Umrisse des Kopfes schematisirt in natürlicher, dem lebenden Thier entsprechender Lage. Fig. 15. Die Excretionsgefässe desselben Thieres an der Grenze zwischen Kopfstiel kst und Hals h; gleichfalls halbschematisch ; pg die rothen Pigmenttropfen. Fig. 16. Der Excretionsapparat von Echinobothrium affine; in der Mitte der Retractor des Rostellums; gleichfalls in dorsoventraler Lage nach dem lebenden Thiere halbschematisch. Fig. 17—19. Echinobothrium typus Van Ben. Fig. 17. Echinobothrium typus Van Ben. 43malige Vergr., also in dem natürlichen Grössenverhältnisse zu den beiden anderen Arten. Bez. wie oben. Nach einem Carminpräparate. Fig. 18. Die Stirnhaken, 380mal, so gross gez. wie die der anderen Arten; links von oben, rechts von unten; b ein isolirter Haken, Fig. 19. Die Kopfstielhaken, o vom vorderen, u vom rückwärtigen Kopftheile, 380mal; pg die sich in der Farbflüssigkeit tingirende Kappe derselben. Fig.20—22. Ech. brachysoma nov. spec. Fig. 20. Das ganze Thier bei a, 43mal wie oben; b Eierballen, Fig. 21. Die Excretionscanäle im Kopfe, halbschematisch. Fig. 22. Die Stirnhaken 380mal. Rechts von oben, links von unten. ’ Taf. III. Fig. 23—31, 33, 34, 37—43 bei circa 380maliger Vergrösserung (Hartnack Syst. VIII, aufgez. Tub.). Fig. 23—29, 31—36, 38, 43—44 von E. affine; Fig. 30, 37, 39—42 von E. Musteli. Die Zeichnungen sind nach Schnitten durch Sabl.-Osmium-Präparate, die mit Picroc. in toto oder nach dem Schneiden mit Haemat. nach Ehrlich gefärbt worden sind. Fig. 23. Querschnitt durch die vorderste Kopfregion. Fig. 24. Querschnitt durch die vorderste Rostellumpartie, sehr nahe dem vorhergehenden, Fig. 25. Querschnitt durch die folgende Partie des Rostellums in der Höhe der dorsoventralen Commissuren der Exeretionsstämme. Fig. 26 und 27 erscheinen in ihrer Lage gegen die vorhergehenden und nach- folgenden Schnitte um 90° gedreht. Fig. 26 aus der obersten, Fig. 27 aus einer mehr nach rückwärts gelegenen Partie der Nervenstämme. Die Gewebe des Rostellums nicht eingezeichnet, Fig. 28. Querschnitt aus der untersten Partie des Rostellums. Fig. 29. Querschnitt knapp unterhalb des hinteren Endes des Rostellums, Fig. 30 und 31. Querschnitte durch den Kopfstiel, beide bei derselben Vergr. ; der erstere von E. Musteli, der letztere von E, affine, gp gelbes Pigment. Fig. 32. Querschnitte durch den hintersten Theil der Haftlappen, a mehr gegen vorne, b die getrennten Endzipfel; die dunklen Punkte sind die Zonen der Kerne der subcuticularen Zellen. Bei circa l100maliger Vergr. Fig. 33. Medianer dorsoventraler Längsschnitt durch den Bothridientragenden vorderen Kopfabschnitt, sth Stirnhaken; stm quere Stirnfibrillen; hm Hakenmuskeln des Rostellums ; r Querfibrillen des Rostellums im Querschnitt; n der Nervenknopf (419) = Par7% - ir Pi e us 50 Dr. Theodor Pintner: Neue Unters. über d. Bau d. Bandwurmkörpers, am Hinterende des Rostellums,; rr die Retractoren des Rostellums; m’, m‘ quer- geschnittene Querfibrillen; m“‘ Fibrillen in der Verbindungshaut der Bothridien. Die auffallende Erweiterung des links gelegenen excretorischen Gefässes entspricht offen-' bar der Queranastomose, Fig. 34. Stark ausseıhalb der Medianlinie geführter dorsoventraler Längs- schnitt durch denselben Körpertheil; n in die Haftlappen eintretender Nerv, Fig. 35. Nach einem mit Carmin tingirten Toto-Präparate, das auf natür- lichem Wege schon etwas macerirt war, bei circa 1l80maliger Vergr. qm dorso- ventrale Quermuskel der Stirnregion; hm Hakenmuskulatur des Rostellums; mr Mittel- rippe der Bothridien ; rr Retractoren des Rostellums ; hf subcuticulare Längsfibrillen (Hartn. Obj. V, aufgez. Tub.). Fig. 36. Sagittaler Flächenschnitt (von rechts nach links) durch den Kopf, hauptsächlich das Nervencentrum ist in der Sagittalebene durchschnitten, der obere - Theil des Schnittes liegt etwas vor derselben. h Hakengaerschnitte,;, qm. Quer- fibrillen der Stirnregion, wie in Fig. 35 und auf Querschnitt Fig. 23; hm Haken- muskulatur des Rostellums; hn die beiden Hauptstämme des Nervensystems. Von den beiden Stämmen des excretorischen Systems gehört der eine der rechten, der andere der linken Körperseite an; die angedeuteten Haftlappentheile gehören zu einem und demselben Bothridium (Vergr. dieselbe wie in der vorhergehenden Figur). Fig. 37. Längsschnitt durch das hintere Ende des Kopfstieles und den vordersten Halstheil; h Hakenschnitte. Fig. 38. Flächenansicht der Haut des Kopfstieles mit den Längsfibrillen. Fig. 39. Längsschnitt durch den Kopfstiel von E. Musteli; h Haken. Fig. 40. Längsschnitt durch den Zipfel eines Haftlappens von E, Musteli. Fig. 41. Querschnitt durch die Cuticularschichten von E. Musteli in der Region der kleinen Kragenhäkchen, Fig. 42. Die „peli setolosi* von der unteren Bothridienfläche von E. Musteli. Fig. 43. Die eigenthümlichen Fibrillen vom Stirntheile des Rostellums, wie auf den Querschnitten Fig. 23 und 24. Fig. 44. Zellkerne und Zellen bei sehr starker Vergrösserung (Reichert, Im. XV, in der Ebene des Mikroskop-Fusses mit der Camera gezeichnet); a Kerne und Zellen aus dem Nervencentrum:; b Muskelfibrillen mit Kernen; c Parenchym- zelle; d Zellkerne der subcuticularen Schicht, die kleinsten aus den Haftlappen. Druck von Gottlieb Gistel & Comp. in Wien, I., Augustinerstrasse 12, (420) . la she PR a Zr b narasitische Conenoden. Taf T. Sl End fan ER BES N x S N Ss S = N = Bo Ä a / Ro — S IE 2° 0 m Ach rn id N N 4 d 7 5 Je er \ | a "Claus del. Di f ea be % ? i N 2 | he Conenoden Taf e FA | E Fe Zith AnstrWerner k Winter Frankfurt ”M. \\ N\ Be IIETCRGERL I HG I. ee - IApn „ 2 OO R b Gi ten aus dem el rd 3 B we. | | ER: t | \ | | | | | | | | | | / | | La > Auf ' En vs Fe 72 Du 29 Sog nn? Fran RL HT We ARTE . , eg [2 ‚onod th. AnsevrlWarmeral ' . ME nn u In f * TREE AT u jr > a: renoden. Ta Lith Anstv Werner k Winter Frankturt#.B. \ a Pr ar N ne u 7 - N Arbeiten aus dem zoolog. Institut in Wien. BANN I: ET “ I 15% ., y- 2 i kr = rn PO Mage, un sie: Dr (brarasitische Conenoden. Taf V. a. = ’ E - » » Mxb: £ If J45e78 BER 4 / 9270 ferien ausdem OR Ve zul Wien. Bu TH, ER Heft il fat. AR 7 NUT ee Ja, Be ö [) v BER T: 2-3 2 W Mr - —__ oden. Tat: VI io EN! Lülh AnstwWerner & Werten Fankfar®, | | | I! 7 Ben aus del £ 277 vr [4 174 Lith.AnstrWermer&Winter. Frank ” E h au et, Gez.v.Verf Arbeiten aus dem Zoolog. Institut zu Wien, Bd.VH, Heft IT, Taf XXVT. ym—mnlamnpe ! Wien, Verlag v.A.Hölder, K.k z . Th. Pintner, Über Echinobothrium.Ta£T. . > s Gen.v.Verf u -: We i Wien, Verlag v. A.Hölder, u Universitäts-Buchhändler E Th.Pintner, Ueber Echinobothrium. Taf H. = = 7 Lith.Anst. Julius Klinkhardt, Leipzig f R y - N } . 2 Re 1 Ü ” “ ” » .r ’ i R° i ri - u * . PP \ be, en . - v F A * ut zu Wien ‚Ba.VIL Heft II, TakA&X. dt Arbeiten aus dem Zoolog. UNS E EN Wien, Verlag v.A.t ” ez v. Verf r, Veber Echinobothrium Taf W. Ih. N Herde sn artmasne here lnerchinsendeammsn: NN ee u KIN SS Lith Anst. Julius Kinkhardt, Leipzig. t3- Buchhändler. -. Ro i } ARBEITEN AUS DEM ZÖOLOGISCHEN INSTITUTE DER UNIVERSITÄT WIEN ZOOLÖGISCHEN STATION IN TRIEST. HERAUSGEGEBEN VON a a 2 0. Ö. PROFESSOR DER UNIVERSITÄT UND VORSTAND DES ZOOLOGISCH-VERGI.-ANATONISCHEN INSTITUTS IN WIEN, DIRECTOR DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIES!, TOM: IX, LE Heft. Mit 6 Tafeln. WIEN, 18%. ALFRED HÖLDER, K. U. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, ROTHENTHURMSTRASSE 15, ‘'o. et u re 0 In j u. ua IL ‚8 e! Be 4} IE) TARZIRT Die Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden nebst Bemerkungen über die Organisation derselben. Von C. Claus. Eine reichhaltige Collection mariner Ostracoden, welche Herr Prof. Dr. C. Chun theils im Golfe von Neapel (1886), theils in der Nähe der canarischen Inseln (1837/88), sowohl an der Ober- fläche als aus bedeutenden Tiefen gesammelt und mir vor Jahres- frist mit dankenswerther Liberalität zur Bearbeitung über- lassen hatte, gab mir erwünschten Anlass, frühere, an spärlichem Materiale angestellte Untersuchungen über die Familie der Halo- cypriden (Wien, 1874) wieder aufzunehmen und die nach mancher Richtung hin bislang nur unzureichend aufgeklärte Organisation gründlicher zu erforschen. Das umfassende, zum Theil vor- trefflich erhaltene Material beschränkte sich auf Halocypriden, welche gewiss auch in dem reichen Östracoden-Material der Challenger-Expedition enthalten waren, aber von dem DBear- beiter desselben nicht weiter verfolgt worden zu sein scheinen. Die Untersuchung dieser überaus schwierig zu sichtenden und nach Arten und Gattungen zu sondernden Formen erwies sich aber auch sehr zeitraubend und nur nach voraus erfolgter sorgfäl- tiger Feststellung der specielleren Gestaltung und der gesammten inneren Organisation mit Sicherheit durchführbar. Es fanden sich eine ganze Reihe zum Theil höchst interessanter neuer Formen, welche die Aufstellung einer Anzahl von Gattungen, sowie die Unterscheidung zweier Unterfamilien erforderlich Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. IX, Heft 1. I (1) 2 C. Claus: machten. Den grösseren Theil des Materiales hatte Chun!) auf seiner Fahrt vom Meerbusen von Biscaya nach den Canarischen Inseln vom 8. bis 13. September 1887 tbeils oberflächlich, theils aus bedeutenden Tiefen, sowie im Verlaufe des Winters vor Orotava an der Oberfläche des Meeres gefischt. Zur Ergänzung desselben waren mir einige Glastuben mit Halocypriden über- mittelt, welehe Chun während seines Aufenthaltes an der zoo- logischen Station zu Neapel in den Monaten August bis September 1886 aus verschiedenen Thiefen bei Capri, Salerno und Ischia gesammelt hatte. Da beim Fischen in der Tiefe das Schliessnetz nur selten, hingegen meist das offene Netz angewendet worden war, so liess sich nur eine approximative Bestimmung der die Oberfläche des Meeres vorziehenden Arten und der in bedeutenderen Tiefen ver- breiteten Formen und diese nicht einmal mit Sicherheit durch- führen. Ich werde zunächst eine systematische Uebersicht über die Gattungen und Arten der Halocypriden vorausschicken und in kurzem Berichte die wichtigsten anatomischen und histologischen Befunde folgen lassen. A. Systematische Uebersicht. Die Charaktere der Familie lassen sich in folgender Weise gedrängt zusammenfassen. Schale membranartig dünn und pellueid, meist glatt und ohne äussere Sculptur, seltener den Rändern parallel gestreift, sowie mit Längsleisten oder rhombischer Felderung der Oberfläche. Das Vorderende jeder Schalenklappe springt schnabelförmig vor ‘) Nach einer in Chun’s Bericht über seine nach den Canarischen Inseln ausgeführte Reise (Sitzungsberichte der K. preuss. Akademie der Wissenschaften, Berlin 1889, XXX) enthaltenen Mittheilung waren die Netze während der Ueber- fahrt an folgenden sieben Stellen herabgelassen worden: I. 8. September 1887. 500 M. lat. 41°, 02 N long. 11.30 W. Gr. (Schliessnetz). IL: & 1 „1000 „ ibid. vor Cap Finestere. 11:;, 9, y » 18005 1at..87%,45..N long, 13%,38 W!Gr, IV. 10. % s...1000 , lat. 34°, 18 N long. 15°, 34-W. Gr. A EEE A „1000 „ ibid. Schliessnetz. Y1.10, a a 500 „ lat. 32°, 30 N long. 16°, 42 W.Gr. (vor Funchal), v2. 13. x „ ..1600 „ Schliessnetz und offenes Netz (zwischen Teneriffa und Gran Canaria). Ich werde bei den Beschreibungen mich meist darauf beschränken, für den Fundort der einzelnen Arten einfach die Ziffer anzuführen, (2) Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden. 3 (Rostralplatte) und zeigt unterhalb dieses Vorsprunges einen tiefen Ausschnitt (Rostralincisur) zum Durchtritt desSchwimm- fussastes der hinteren Antennen. Am Winkel zwischen Rücken- und Hinterrand findet sich meist ein aus Zahn und Grube gebildeter Verschlussapparat. Ganz allgemein münden längs des freien Schalenrandes Reihen einzelliger Drüsenschläuche aus, zu denen noch am Hinterrande des Dorsalrandes jeder Schalenklappe, sowie an der Umbiegung des Hinterrandes in den Ventralrand der rechten Schalenklappe eine umfangreiche gehäufte Drüse (Dorsaldrüse, Ventraldrüse) hinzu- kommt. Oberhalb und zwischen den vorderen Antennen erhebt sich ein mächtiger, zwei Sinnesnerven bergender Stirntentakel, dessen Vorderabschnitt in beiden Geschlechtern (Halocyprinae), oder lediglich im männlichen Geschlechte (Conchoecinae) kolbig er- weitert und winkelig herabgebogen erscheint. Die Vorderantennen bestehen aus einem langgestreckten, zweigliederigen Schaft und einer kurzen, nach abwärts gekrümmten undeutlich gegliederten Geissel. Dieselben zeichnen sich im männlichen Geschlechte durch grösseren Umfang aus und sind dann auch in der Gestaltung ihrer fünf Cuticularanhänge von den weiblichen Antennen verschieden (Conchoecinae). Beim Weibehen erscheint nur der tarminale Anhang zu einer sehr langen, im Bogen gekrümmten Borste ausgezogen, auf welche vier kürzere mit fibrillärer Nervensubstanz erfüllte Borstenschläuche folgen. Beim Männchen ist die Terminalborste mit zwei Reihen von Widerhäkchen bewaffnet und von zwei nahezu gleich langen Neben- borsten begleitet, so dass nur zwei ungleich lange Borstenschläuche verbleiben. Die Antennen des zweiten Paares sind wie bei den Cypri- diniden Schwimmfussantennen mit grossem, seitlich comprimirtem, keulenförmigem Stammglied und zwei ganz ungleich gestalteten Aesten, einem cylindrisch gestreckten, 8&—9gliedrigen, mit gefiederten und am Ende oft lancetförmig verbreiterten Schwimmborsten be- setzten Ruderast und einem kurzen lamellösen Nebenast, welcher fünf in beiden Geschlechtern verschieden gestaltete Sinnesborsten trägt, zu denen beim Männchen noch ein an der rechtsseitigen Antenne stärker entwickelter Greifhaken hinzukommt. Die Mandibeln sind auf der Innenseite ihrer kräftigen Lade unterhalb des bezahnten Randes derselben mit zwei quergestellten Zahnleisten und mit einem minder gleichförmig gestalteten Kau- 1* (3) 4 C. Claus: wulst nebst Hakenzähnen an dessen Basis bewaffnet und tragen einen vielgliederigen Taster, welcher beinähnlich gestaltet, mit verschiedenen, ungleich starken Hakenborsten besetzt ist. Das proximale Glied dieses als „Mandibelfuss“ zu bezeichnenden Tasters ist das bei weitem umfangreichste und durch einen breiten, fast schaufelförmigen, bezahnten Ladenfortsatz ausgezeichnet, welcher der Mandibellade von aussen anliegt. Die drei nachfolgenden Glieder erscheinen in der Ruhelage gegen die Vorderseite des proximalen Ladengliedes eingeschlagen und nach dem Distalende zu verjüngt. Das Maxillenpaar besitzt zwei mit Stacheln und bedornten Borsten besetzte Kauladen und einen zweigliederigen lamellösen Taster (Endopodit), dessen schmales Endglied winkelig eingeschlagen und mit drei Klauenbosten, sowie zwei schwachen Nebenborsten be- waffnet ist. Das zweite Maxillenpaar, welches besser als Maxillar- fuss zu bezeichnen ist, schliesst wie auch das nachfolgende vordere Beinpaar unmittelbar an die Gestaltung des entsprechenden Glied- massenpaares derCypridenan, insbesondere derjenigen Gattungen, an deren Kieferfuss wie bei Pontocypris, Argilloecia u.a. hinter dem nach vorne gerichteten Kieferfortsatz ein dreigliederiger Endopodit folgt. An dem langgestreckten, vertical gestellten Stammgliede beider nach gleichem Typus gestalteten Gliedmassen inserirt sich als Exopodit eine ansehnliche Fächerplatte, welche die Wasserströmung an der freien Fläche des unteren Schalenblattes unterhält und somit eine respiratorische Function besitzt. Jede der beiden Fächer- platten trägt an ihrem freien, durch zwei Einkerbungen in drei Abschnitte getheilten Rande eine ganz bestimmte Zahl zart ge- fiederter Borsten, und zwar trägt der minder umfangreiche Fächer- anhang des Kieferfusses an jedem Abschnitte vier (bei den Conchoecinen am Mittelabschnitte fünf) Borsten, während der nachfolgende grössere Fächerlappen überall am oberen Lappen (von einer kurzen Vorborste abgesehen) mit sechs, am mittleren und am unteren mit fünf langen Fiederborsten besetzt ist. Der Endopodit des vorderen Beinpaares ist meist länger gestreckt und umfangreicher als der des Kieferfusses und viergliederig, mit kurzem, ungleich grosse Hakenborsten tragendem Endgliede. Bei den Halocey- priden bestehen in der Gestaltung desselben keine Sexual- unterschiede, wohl aber bei sämmtlichen Conchoecinen, indem der Endopodit des männlichen Thieres bei weit kräftigerer Ent- wicklung seiner Musculatur einen viel bedeutenderen Umfang er- (4) Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden. h) langt und durch die drei hier gleich grossen, geisselförmig ver- längerten Fiederborsten des Endgliedes eine raschere und behendere Locomotion ermöglicht. Das zweite Beinpaar erscheint dorsal- wärts aufgerückt und auf ein einfaches fingerförmiges Glied redueirt, an dessen Spitze sich eine sehr lange und eine kurze Borste inseriren. Die Furcalplatte verhält sich ähnlich wie bei den Cypridinen und ist stets mit einem vorderen Paare langer, quergeriefter Stachelborsten und sieben Paaren verschieden starker, nach dem hinteren Ende der Platte schmächtiger werdenden Haken bewaffnet. Von anatomischen Besonderheiten sind folgende Charaktere der Familie hervorzuheben. Sowohl das paarige Seitenauge als das dreitheilige Median- auge fehlen. Ein kurzes, sackförmiges, von einem hinteren dor- salen Spaltenpaar, sowie einem vorderen arteriellen Ostinm durch- brochenes Herz liegt oberhalb des Magendarmes unter der Schalen- decke. Am Anfange des Magendarms finden sich zwei kurze, sackförmige Hepatopancreas-Schläuche, welche nicht zwischen die Schalenduplicatur eintreten. In Folge der Rückbildung des End- darmes fehlt eine Afteröffnung. Hoden und Ovarien liegen paarig symmetrisch in der hinteren Körpergegend dorsalwärts an den Seiten des Magendarmes. Die Männchen besitzen ein linkssei- tiges Begattungsorgan, welches aus zwei miteinander eigenthümlich umgestalteten, miteinander in Verbindung getretenen Gliedmassen derselben Seite entstanden ist. Die Begattungsöffnung und das Receptaculum seminis liegen an der rechten Seite des weiblichen Körpers, die Eiertasche linksseitig. Die ausgetretenen Eier werden nicht unter den Schalen getragen, sondern wahrscheinlich einzeln abgelegt. Die ausschlüpfenden Jungen scheinen bereits sämmtliche Gliedmassen zu besitzen und von den Geschlechtsthieren nur durch die geringere Grösse des Körpers und der Extremitäten, sowie durch die mangelnde Reife der Geschlechtsorgane, sowie in untergeordneten Merkmalen abzuweichen. Als solche würden insbesondere die geringere Zahl der Furcalhaken hervorzuheben sein, an der man sogleich die Jugendform zu erkennen vermag. Die jugendlichen Männchen differiren insofern bedeutender, als die der ausgebildeten Form eigenthümlichen Sexualcharaktere noch nicht zur Entwick- lung gelangt sind, und Stirngriffel, Gliedmassen und Borsten- anhänge noch den weiblichen Typus zum Ausdruck bringen. In- dessen werden die jugendlichen Männchen sogleich an dem Vor- 6) 6 o’olate: handensein zweier linksseitiger Gliedmassenrudimente erkannt, welche frei hintereinander liegen und sich noch nicht zur Bil- dung des Begattungsorganes verbunden haben. Eine genauere Prüfung der vorgeschritteneren JugendformenderConchoecinen- männchen lässt jedoch auch für die Antennen und Vorderglied- massen Verschiedenheiten nachweisen, welche den Anfang der sexuellen Divergenz bezeichnen und die Sexualcharaktere vor- bereiten. An der Geissel der noch weiblich gestalteten Vorder- antennen treten unter den vier Borstenschläuchen die zwei der Terminalborste benachbarten durch ansehnlichere Länge hervor, wie auch an dem jetzt schon stärker entwickelten vorderen Bein- paare die drei Endborsten des Endopoditen sich zu egalisiren be- ginnen und an Länge und Umfang von einander weniger als beim weiblichen Geschlechte verschieden sind. 1. Unterfamilie Conchoecinae. Schale gestieckt, meist viel länger als hoch, mehr oder minder comprimirt, mit stark prominirendem Rostralfortsatz und tief ausgebuchteter Rostralincisur. Stirntentakel in beiden Ge- schlechtern verschieden, beim Männchen weit grösser, durch ein Retinaculum (Borstenring) am zweiten Schaftgliede der Vorder- antenne fixirt, mit kolbig aufgetriebenem, beinahe rechtwinkelig abgesetztem Vorderabschnitt. Schaft der vorderen Antennen gerade gestreckt, im männlichen Geschlechte von beträchtlicherem Um- fang. Geissel derselben wenig gekrümmt, beim Weibchen mit langer unbewaffneter Terminalborste und vier gleichen kürzeren Borstenschläuchen, beim Männchen mit langer, Reihen von Wider- häkchen oder Stacheln tragender Terminalborste, zwei nahezu gleichlangen Nebenborsten und zwei Borstenschläuchen, von denen der proximale Nebenast der Schwimmfussantennen mit einem Mam- millarhöcker am Vorderrand versehen ist. Schwimmborsten des Ruderastes nur wenig länger als der Antennenschaft, mit lancet- förmig verbreitetem Ende. Proximalglied des Mandibeltasters (Man- dibularfusses) meist lang gestreckt, meist so lang als der nachfol- gende dreigliederige Tasterabschnitt. Kieferfuss (Maxille des zweiten Paares) beträchtlich kürzer als das vordere Beinpaar, welches im männlichen Geschlechte ausserordentlich vergrössert ist und mit drei gleich langen, peitschenförmigen Schwimmborsten endet. (6) EL re Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden. 7 I. Conchoecia Dana. Schale langgestreckt, ohne oder mit wenig ausgeprägter und dann meist auf eine Längsstreifung der Rostralplatte und des freien Schalenrandes beschränkter Sculptur, ohne oder mit wenig ent- wickeltem Verschlussapparat (Zahn und Grube). Eine Gruppe kolbiger Drüsenschläuche (Dorsaldrüse) mündet am Hinterende des Rückenrandes jeder Schalenklappe, eine ebensolche an der Um- biegung des Hinterrandes in den Ventralrand der rechten Schalen- klappe. Mandibellade mit zwei dem bezahnten Kaurande parallel gestellten Zahnleisten und einem schmalen, in vier mit Papillenreihen besetzte Blätter getheilten Kauwulst, an dessen Basis zwei kleine Zähne und, dem Hinterrand genähert, vier langgestreckte Stachel- zähne nebst randständigem Borstensaum sich erheben. Proximal- glied des Mandibeltasters mehr minder gestreckt. I. C. spinirostris Cls. C. spinirostris, C. Claus, Halocypriden l.c. (Taf. ]I, Be 6,8 Tat. Il, Fig. 11, 14, 15). C. pellucida, @. OÖ. Sars, Ostracoda mediterranea, 1. c. (Taf. XI, Fig. 1—4, Taf. XII, XIII, Fig. 1—4). Schale bei seitlicher Betrachtung ziemlich oblong, pellucid, etwa halb so lang, als hoch ; beim Weibchen vorne niedriger als in der Nähe des schwach gerundeten Hinterrandes; im männ- lichen Geschlecht etwas gedrungener, verhältnissmässig höher und mit mehr geradlinigem Hinterrand, 1'1 bis 1'25 Mm. lang. Ver- schlussapparat am Hinterende des Dorsalrandes wenig vortretend, aus einer schwachen niedrigen Zahnleiste der linken und ent- sprechenden Grube der rechten Schalenklappe gebildet. Stirn- tentakel des Weibchens geradlinig, schmächtig, in eine feine Spitze auslaufend, ohne markirtes Vorderstück, des Männchens mit kolbig angeschwollenem, winkelig herabgebogenem Vorderstück. Terminal- borste der vorderen männlichen Antenne mit 8—10 Häkchen- paaren, auf welche noch einzelne unregelmässig gestellte Stachel spitzen in weiterem Abstande folgen. Von den beiden Sinnes- schläuchen ist der proximale etwa dreimal so umfangreich als der distale. Greifhaken am Nebenast der rechten männlichen Schwimmfussantenne winkelig gebogen, die Hauptborste am Neben- ast der weiblichen Antenne nur wenig länger als die vier Borsten- schläuche. Proximales Glied des Mandibeltasters sehr langgestreckt, länger als der nachfolgende dreigliederige Tasterabschnitt. Kiefer- (7) 8 C. Claus: fuss verhältnissmässig gross und kräftig, nur wenig kürzer als der Endopodit des vorderen Beinpaares. Hakenborste der Furcal- platte sehr lang. Die Furcalhaken nur an der Spitze gekrümmt und in beträchtlichem Abstande inserirt. Die vier letzten Paare bleiben sehr klein. Eine im Mittelmeer und Ocean weit verbreitete, an der Ober- fläche lebende Form, welche auch in der Adria vorkommt und bei Triest (wenn auch nur vereinzelt) gefunden wurde. 2. C. magna Cls. C. magna, C. Claus, Halocypriden l.c. (Taf. I, Fig. 6c, Tear. IE 918.10, 28). Schale relativ gedrungen, etwa 3/, so hoch als lang, ziemlich breit, ohne ausgesprochene Sculptur; am Ende des Rückenrandes mit Zahnvorsprung und Grube, im weiblichen Geschlecht hinten höher als vorne; im männlichen länglich vierseitig mit fast recht- winkeliger Umbiegung vom Rückenrand und Hinterrand; 1°6 bis 18 Mm. lang. Vorderstück des weiblichen Stirntentakels wenig abwärts gebeugt, schwach aufgetrieben und fein bestachelt, beim Männchen rechtwinkelig abgesetzt, kolbig angeschwollen, am Ende abgerundet. Terminaiborste der männlichen Vorderantenne am mittleren Dritttheil mit etwa 20 Stachelpaaren besetzt, von denen die distalen dichter stehen und regelmässiger geordnet sind als die proximalen. Der proximale Sinnesschlauch ist etwa 21/,mal länger, als der distale. Greifhaken am Nebenast der rechten männ- lichen Schwimmfussantenne am Grunde winkelig, im weiteren Ver- laufe in kurzem Bogen gekrümmt, die drei zum Hakenstück ge- hörigen Borstenschläuche fast halb so lang als die Hauptborste, welche im weiblichen Geschlechte den längsten der vier Borsten- schläuche kaum um den vierten Theil überragt. Mandibeltaster überaus kräftig, das proximale Glied desselben vornehmlich im weiblichen Geschlechte gedrungen, etwa so lang als der gegen jenes eingeschlagene dreigliederige Tasterabschnitt, dessen unteres Glied die beiden distalen an Umfang übertrifft. Die terminalen Haken- borsten sehr kräftig, schwach S-förmig gekrümmt. Endopodit des Maxillarfusses mässig gestreckt, kaum ?/, so lang als der Endo- podit des vorderen Beinpaares. Die sehr lange Furcalborste reicht bis zur Spitze des vorderen Hakenpaares; schwach gebogen und überaus kräftig gestaltet sind die sieben in weitem Abstande ent- springenden Hakenpaare der Furcalplatte. (3) SATTE ER Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden. 9 Von dieser im Mittelmeer und Ocean verbreiteten und, wie es scheint, mehr oberflächlich lebenden Art konnten zahlreiche geschlechtsreiffe Männchen und Weibchen, sowie Jugendformen beiderlei Geschlechtes untersucht werden. Die meiner früheren kurzen Beschreibung zu Grunde gelegte Form ist einem durch ungewöhnliche Grösse ausgezeichneten Weibchen entlehnt, von dem ich ein wohlerhaltenes Präparat von Schale und Thier ver- gleichen konnte. @. OÖ. Sars hat das Männchen von C. magna als besondere Art beschrieben und als CO. tetragona bezeichnet. 3. C. subarcuata n. sp. Schale fast doppelt so lang als hoch, der von C. magna ähn- lich, jedoch gestreckter und mit tiefer ausgebuchtetem Ventral- rande, mit wenig hervortretendem Verschlussapparat (Zahn und Grube) am Hinterende beider Schalen. Buchtlinie der Rostralplatte mit hohem, convex vorspringen- dem, fein gezacktem Hautsaum, hyalines Cuticularblatt am Vor- derrand der Schale schmal und lang gezogen. Stirntentakel beim Weibchen winkelig geknickt, mit langem, etwas erweitertem Vorderschenkel, welcher in eine starke hakige, schwach gebogene Spitze ausläuft und am Ventralrande mit Spitzen besetzt ist. Vorderabschnitt des männlichen Stirntentakels fast rechtwinklig abgesetzt, kolbig erweitert. Die Terminalborste der männlichen Vorderantenne mit eirca 20 Paaren spitzer Stacheln bewaffnet. Mandibeltaster ziemlich gedrungen; beim Männchen ist das untere Tasterglied etwa 2mal, bei Männchen nur 1!/,mal so lang als breit. Schwimmfussantenne mit diekem, kräftigem Stammgliede. Am Nebenast derselben differiren die vier Borstenschläuche des Weib- chens nur wenig an Länge, die längste etwa zwei Drittel so lang als die Hauptborste, im männlichen Geschlechte erreichen die drei Borstenschläuche kaum die halbe Länge der Hauptborste, der rechts- seitige Haken sehr gross schief winkelig gebogen. Kieferfuss und vorderes Beinpaar überaus kräftig entwickelt, Endopodit des ersteren mehr als halbmal so lang als das letztere, Begattungsglied sehr gestreckt mit geradlinigem Vorder- und convex gekrümmtem Hinterrand. Die Hakenpaare der Furcalplatte nur an der Spitze schwach gekrümmt, rasch an Grösse abnehmend. Schale 1'8 bis 2:1 Mm. lang, 1 bis 1'2 Mm. hoch. Diese schöne, der ©. magna nahestehende Art wurde in mehreren Exemplaren am 9. September 1887 aus 1500 Meter Tiefe, (9) 10 CF or dann am 10. September 1887 bei Funchal aus 500 Meter Tiefe, sowie am 1. December 1887 an der Oberfläche des Atlantischen Oceans gefischt. 4. C. bispinosa n. sp. Schale langgestreckt, etwa doppelt so lang als hoch, jede Klappe mit einem kurzen kräftigen Stachelfortsatz an der Grenze von Rückenrand und Hinterrand, in welchen sich schlauchförmige Drüsen hineinerstrecken. Randdrüsen sehr zahlreich und dicht gestellt. Am Hinterende der Dorsalseite münden vier Drüsen- gruppen in Poren aus. An Umfang tritt die an der Aussenseite der linken Schalenklappe ausmündende Gruppe hervor, Rostral- platte relativ kurz und hoch, Vorderabschnitt des Stirngriffels auch im weiblichen Geschlechte schwach kolbig aufgetrieben und winkelig abgesetzt. Terminalborste der vorderen männlichen Antenne mit circa 30 Paaren dicht gestellten Widerhäkchen be- setzt, an Länge die beiden folgenden Borsten kaum überragend. Proximaler Sinnesschlauch wohl dreimal so lang als der distale. Am Nebenast der weiblichen Schwimmfussantennen ist die End- borste lang und kräftig, mehr als ein Drittel länger der längste der vier Borstenschläuche. Im männlichen Geschlechte sind die drei Borstenschläuche sehr schmächtig, der Greifhaken in schiefem Bogen gekrümmt, auch der linksseitige ungewöhnlich stark ent- wickelt. Die eine der beiden kleinen Nebenborsten ist ausser- ordentlich lang. Mandibeltaster auffallend gedrungen, insbe- sondere das proximale Glied des Tasters, welches nicht bis zur Kuppel der helmförmigen Oberlippe reicht. Für die Kaulade der Mandibel ist die Stärke der vier Hakenzähne an der Basis des Kauwulstes, sowie die Bezahnung der beiden Leisten charakte- ristisch. Kieferfuss und vorderes Beinpaar kräftig gestaltet, Endo- podit des letzteren fast doppelt so lang, als der des Kiefer- fusses und mit sehr langen, schwach gebogenen Terminaiborsten be- waffnet. Der Endopodit des männlichen Beinpaares mit lang- gestrecktem, verhältnissmässig stark verdicktem Basalglied, welches nur wenig kürzer bleibt, als die nachfolgenden Glieder. Die 7 Haken- paare des Abdomens nehmen continuirlich an Stärke ab und er- scheinen am distalen Drittel stark verjüngt, nur wenig gebogen. Die Hakenborste sehr lang und kräftig. Schalen 1'6—1'7 Mm. lang, eirca 0'8 Mm. hoch. Diese schöne und leicht kenntliche Art konnte in zahlreichen, sowohl jugendlichen, als geschlechtsreifen Exemplaren verglichen (10) Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden,. ” werden. Sie fand sich in dem Fischzuge III (1500 M.), sowie unter den bei Funchal oberflächlich gefischten Ostracoden. 5. C. hyalophyllum n. sp. Schale ziemlich gedrungen, etwa °/, so hoch als lang, nahezu quadrangulär, ausserordentlich dünn und pellucid, seitlich stark comprimirt, mit hoher, gekrümmter Rostralplatte, 1’5—1'6 Mm. lang, 0:9 Mm. hoch. Stirngiiffel des Weibchens dünn und gestreckt, Vorderabschnitt sehr lang, winkelig herabgebogen und an der Unterseite mit zwei Reihen von Dornen besetzt, im männlichen Geschlecht kürzer, kolbig erweitert, ebenfalls bedornt. Die Haupt- borste der vorderen Antenne ist beim Männchen mit circa 25 Paaren sehr kleiner, dicht gestellter Stachelhäkchen bewaffnet und nicht länger als die zwei Nebenborsten, der proximale Sinnesschlauch dick und sehr lang, fast bis zur Basis der Antenne reichend. Am Nebenast der weiblichen Schwimmfussantenne reicht die Haupt- borste nur wenig über den längsten der vier Borstenschläuche hinaus. Der Greifhaken am Nebenast der männlichen Schwimm- fussantenne an der Basis rechtwinkelig, im Verlaufe bogen- förmig gekrümmt. Mandibeltaster kräftig und gedrungen, der Endhaken relativ stark, das proximale Glied desselben etwa so lang wie die drei nachfolgenden zusammengenommen. An der Kaulade der Mandibel machen sich die zwei Nebenzähne zwischen der Zahnplatte und den vier Hakenzähnen durch ihre ansehnliche Stärke bemerkbar. Kieferfuss und vorderes Beinpaar mit mässig Jangen Endopoditen; im männlichen Geschlechte ist das Basal- glied des letzteren sehr dick und merklich kürzer als die nach- folgenden Glieder. Furcalplatte von ansehnlichem Umfang, die Hakenborste fast um !/, länger als die erste der sieben kräftigen, am Ende schwach gebogenen Haken, welche eontinuirlich an Grösse abnehmen. Von dieser, an ihrer flachen und durchsichtigen, fast quadran- gulären Schale kenntlichen Art wurden nur vier Exemplare (Zug IV, vom 10. September aus 1000 M. Tiefe), ein Männchen und drei Weibchen, gefunden. Dieselbe steht in der Schalenform der C. spinifera am nächsten, von der sie sich aber, abgesehen von der verschiedenen Bezahnung der Mandibellade, durch die grössere Gedrungenheit der Schale und den Mangel der Spina am Hinter- ende des Rückens der rechten Schalenklappe unterscheidet. Immer- hin kann sie ohne nähere Untersuchung des Thierleibes leicht für die Jugendform jener Art gehalten werden. (11) 12 C. Claus: Sowohl beilschia (900 M. Tiefe), als Orotava (an der Ober- fläche des Meeres) in mehreren Exemplaren gefischt. 6. C. porrecta n. sp. Schale langgestreckt, 21/,mal so lang als hoch, mit einge- krümmtem Dorsalrand und etwas emporgehobenem, schwach ge- wölbtem Hinterrand, mit kurzer Rostralplatte ohne Stachelfortsatz am Ende des Dorsalrandes, mit wenig vortretendem Verschluss- apparat. 1'6 Mm. lang, 0'65 Mm. hoch. Stirntentakel des Weibcehens schmal und gerade gestreckt, mit kaum abgesetztem, etwas erweitertem, bald abgerundetem, bald in eine kleine Spitze auslaufendem Vorderabschnitt. Beim Männchen ist dieser winkelig abgesetzt und kolbig erweitert, viel dicker als der verhältniss- mässig schmale Träger. Hauptborste der männlichen Vorderantenne nicht länger als die beiden Nachbarborsten, mit zahlreichen, wohl 40—50 Paaren von Häkchen besetzt, von denen die 14—16 distalen Paare viel dicker und dichter gestellt sind, die nach unten folgen- den in weiteren Zwischenräumen folgen und zu Stachelborsten werden. Hakenglied am Nebenast der rechtsseitigen Schwimm- fussantenne schiefwinkelig gebogen. Die vier Borstenschläuche am Nebenast der weiblichen Schwimmfussantenne sind fast so lang als die von denselben nur wenig differente Hauptborste. Insertion der Mandibel- muskeln und des Schalenschliessers im männlichen Geschlechte auffallend weit nach hinten gerückt. Mandibeltaster ziemlich ge- drungen, beim Männchen gestreckter. Die drei Endglieder reichen, wenn eingeschlagen, kaum bis zum Kaufortsatz des vorausgehen- den Gliedes. Maxillarfuss beim Weibchen beträchtlich stärker als der Endopodit des ersten Beinpaares. Im männlichen Geschlechte ist das erste Glied des letzteren sehr umfangreich, so lang als die beider nachfolgenden schmächtigeren Glieder. Von den 7 Hakenpaaren der Furcalplatte sind die drei vorderen Paare lang und kräftig und nehmen successive an Umfang ab, die nach- folgenden klein und schwach. Fand sich in zahlreichen männlichen und weiblichen Exem- plaren in dem aus bedeutenden Tiefen des Atlantischen Oceans gefischten Materiale (II, III, IV, VID. 7. C. striata n. sp. Schale langgestreckt, fast doppelt so lang als hoch, stark comprimirt, mit ausgeprägter, den Schalenrändern paralleler concen- (12) Te ee Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden. 13 trischer Längsstreifung der Aussenlamelle, in deren Chitinsubstanz schmale lange Streifen einer dichten, lichtbrechenden Substanz abgelagert sind, mit stark vortretendem Verschlussapparat am Hinterende, 13 Mm. lang, 0'95 Mm. hoch. Stirngriffel des Männ- chens mit kolbig aufgetriebenem, winkelig herabgebogenem Vorder- stück. Die Terminalborste der Vorderantennen mit circa 24 Paaren ansehnlicher Stacheln bewaffnet, nicht viel länger als der lang- gestreckte Antennenschaft. Greifhaken am Nebenaste der Schwimm- fussantenne an der Basis unter spitzem, im Verlaufe unter stumpfem Winkel gekrümmt. Proximalglied des Mandibeltasters langgestreckt, über die Oberlippe hinausragend, so lang als der dreigliederige Tasterabschnitt, dessen kurzes Endglied mit ungewöhnlich kräftigen Hakenborsten bewaffnet ist. Begattungsglied mit schwach con- vexem Vorder- und Hinterrand, am distalen Ende verjüngt. Haken- borste und Haken der Furcalplatte lang und kräftig in weitem Abstande inserirt. Nur in einem männlichen Exemplar in dem sub IV gefischten Materiale gefunden. II. Paraconchoecia n. gen. Schale von Conchoecia nicht wesentlich verschieden, mit einem Stachelfortsatz am Hinterende des Dorsalrandes der rechten Klappe. Kauwulst der Mandibellade in Form einer quergestellten dreiseitigen Leiste über die ganze Breite ausgezogen, die vier Hakenzähne der Lade ganz zur Seite gedrängt, in dem dichten Borstensaum wenig vortretend. I. P. oblonga n. sp. Schale langgestreckt, mit drei Häkchen an der oberen gewellten Grenzcontour des Vorderrandes und einem Stachelfortsatz am Hinter- ende des Dorsalrandes der rechten Klappe 2 (3) bis 2!1/,(Q)mal so lang als hoch, 1'4—1'5 Mm. lang, 0'6—0'7 Mm. hoch. Stirn- griffel mit kolbig erweitertem, auch beim Weibchen winkelig ab- gesetztem und zugespitztem, beim männlichen Thiere stärker herab- gebogenem und kolbig abgerundetem Endabschnitt, welcher mit feinen Stachelchen besetzt ist. Die Terminalborste der männlichen An- tenne bedeutend verlängert, mit einer grossen Zahl paarweise gestellter langer Stachelborsten besetzt. Distaler Sinnesschlauch rudimentär. Greifhaken am Nebenast der rechten männlichen Schwimmfussantenne in kurzem Bogen gekrümmt, ohne winkelige Knickung, Warzenfortsatz am oberen Rand der Basalplatte von (13) 14 C. Claus: ansehnlichem Umfang. Beim Weibchen überragt die Hauptborste am Nebenaste der Schwimmfussantenne die vier anderen, gleich langen Sinnesborsten um ein Bedeutendes. Basalglied des Mandibel- tasters überaus langgestreckt, länger als der umgeschlagene drei- gliederige Abschnitt, die Hakenborsten durch stärkeren Stachel- besatz ausgezeichnet. Oberlippe von beträchtlicher Länge. Von den Haken der Furcalplatte differiren die vier vorderen nur wenig an Umfang, der dritte und besonders der vierte sind stark ge- krümmt und am Rande mit Spitzenreihen besetzt. Die letzten Hakenpaare sehr klein, Hakenborste nicht viel länger als der vor- dere Haken. Kieferfortsatz kräftig entwickelt, Endopodit desselben etwa halb so lang als der ebenfalls kräftig gestaltete Endopodit des vorderen Beinpaares. Penis langgestreckt oblong. Eine im Ocean sowohl an der Oberfläche als in der Tiefe (Z. III, IV) verbreitete Art, die an der langgestreckten Schalen- form, an dem kräftigen, nicht selten (und regelmässig im jugend- licben Alter) einen Nebenstachel tragenden Stachelfortsatz am hinteren Dorsalende der rechten Schalenklappe und der kräftigen Gestaltung der Spitzenreihen an dem Stirngriffel und den Stachel- borsten des Mandibeltasters erkannt wird. Auch die übereinander vorragenden Lamellen am Vorderrande der Schalen sind ebenso wie das Vorhandensein von drei bis vier grösseren Drüsenzellen an der Umbiegung desselben zum Ventralrand charakteristisch. 2. P. spinifera n. sp. Schale langgestreckt, etwa doppelt so lang als hoch, überaus dünn und zart, 1'83—2 Mm. lang, 0'85—0'9 Mm. hoch. Der Stachel- fortsatz der rechten Schale trägt einen schwächeren Nebenstachel. Buchtlinie des Rostralfortsatzes mit hohem Hautsaum besetzt. Die äussere Randeontour des Vorderrandes weilig verdickt mit kurzen Stachelausläufern. Stirngriffel lang und dünn, mit kurzem, stark erweitertem Vorderabschnitt, dessen Ventralrand mit Härchen besetzt in eine hakige Spitze ausläuft, auch im männlichen Ge- schlechte ähnlich wie bei P.oblonga gestaltet. Terminalborste der männlichen Vorderantenne mit einer sehr grossen Zahl von Stachelpaaren bewaffnet. Die vier Borstenschläuche am Nebenast der weiblichen Schwimmfussantenne von ziemlich gleicher Länge, fast ?/, so lang als die Hauptborste. Mandibeltaster langgestreckt, die beiden Endglieder länger als das vorausgehende Glied. Ober- lippe lang, fast bis zum Ende des proximalen Gliedes des Mandibel- (14) nt A P & Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden. 1er. tasters reichend. Endopodit des Kieferfusses schmächtig, aber lang- gestreckt, etwa halb so lang als der Endopodit des ersten Bein- paares, welcher ebenfalls überaus dünn und gestreckt erscheint. Die beiden Höcker am Rücken des Leibes warzig vortretend. Die Hakenpaare der Furcalplatte kräftig, am Ende kurz gebogen. Eine der P. oblonga nahestehende, doch durch die be- trächtlichere Grösse der Schale, die Nebenspina des Stachelfort- satzes, die differente Form der Furcalstacheln und die stärkere Bedornung der Gliedmassen wohl unterschiedene Art, welche nicht nur dem Atlantischen Ocean (IV) angehört, sondern auch im Mittel- meere vorkommt (bei Capri gefischt) und die Tiefen zu bevorzugen scheint. 3. P. inermis n. sp. Schale langgestreckt, etwa doppelt so lang als hoch, der von P. spinifera ähnlich, jedoch ohne Spina am Hinterende, mit grösserem, an der Aussenfläche durch schwache Längsleisten ge- streiftem Rostralfortsatz, ohne Stachel am wellig verdickten Vorder- rand, 2:1 Mm. lang, 1 Mm. hoch. Vorderabschnitt des Stirngriffels verlängert, schwach S-förmig gekrümmt und mit Härchen besetzt, in eine hakig gebogene Spitze auslaufend. Gestaltung der Glied- massen und Form der Furcalstacheln wie bei der genannten Art. Leider wurde nur ein weibliches Exemplar (IV) gefunden. 4. P. gracilis n. sp. Schale überaus zart, langgestreckt und flach, etwa doppelt solang als hoch, mithoher, umfangreicher Rostralplatte und einem dreizackigen Spinalfortsatz am Ende des Dorsalrandes der rechten Schale. 1'2—1'3 Mm. lang. Hinterrand geradlinig, fast recht- winkelig abfallend, durch kurze papillenförmige Zäckchen ausge- zeichnet, mit einer Lage hoher, dichtstehender Drüsenschläuche besetzt. Stirntentakel des Weibchens vorn wenig erweitert, schwach eingeknickt, im männlichen Geschlechte mit kurzem, kolbenförmigem, nur wenig herabgebogenem Vorderstück. Vorderantenne mit sehr langgestrecktem Schaft, dessen proximales Glied beim Männchen fast doppelt so lang ist als der distale. Terminalborste jeder- seits mit einem zarten, kammförmigen Hautsaum anstatt der Hakenreihe, kürzer als der ungewöhnlich lange proximale Borsten- schlauch. Im weiblichen Geschlechte erreichen die vier Borsten- schläuche an der Geissel der Vorderantenne die halbe Länge der mit Härchen besetzten Proximalborste. Nebenast der Schwimm- (15) 16 C. Claus: fussantenne niedrig, aber langgestreckt mit ungewöhnlich stark vorgewölbtem Hinterrand und grossem, hakig auslaufendem Mam- millarfortsatz. Das proximale Glied des Mandibeltasters ziemlich gedrungen, so lang als der nachfolgende eingeschlagene Taster- abschnitt. Greifhaken am Nebenast des Männchens in schiefem Bogen gexrümmt, am Distalende in eine Spitze ausgezogen. Hauptborste wohl viermal so lang, als die drei Borstenschläuche und fast dop- pelt so lang als der benachbarte Borstenschlauch. Im weiblichen Geschlechte erreichen die vier ziemlich gleich langen Borsten- schläuche nahezu die Länge der Hauptborste. Oberlippe so hoch als das Proximalglied des im männlichen Geschlechte viel ge- streckteren Mandibeltasters. Kieferfuss ziemlich schmächtig und viel kürzer als der Endopodit des vorderen Beinpaares, welcher beim Männchen einen bedeutenden Umfang erreicht. Die 7 Haken- paare der Furcalplatte in weitem Abstande inserirt und schwach gebogen. Hinterrand des Penis vor dem stark verjüngten Distalende eingebuchtet. Von dieser schönen pelluciden Art fanden sich beide Ge- schlechter, jedoch nur in je einem Exemplare (III). III. Conchoecetta n. gen. Schale sehr gestreckt, glatt, ohne Sculptur, im weiblichen Geschlecht dreimal so lang als hoch, mit langem Rückenrande und schräg nach vorne abfallendem Hinterrande, dessen Dorsal- ende mit jenem einen spitzen Winkel bildet, ohne Verschluss- apparat. Zahnwulst an der Kaulade der Mandibel getheilt und am freien Rande beider Theilstücke gezahnt. Die vier Haken- zähne an der Basis derselben sehr umfangreich. I. Conchoecetta acuminata n. sp. Rostralplatten beim Weibchen mit zugespitztem, beim Männ- chen mit abgerundetem Distalende; Rückenrand der Schale im jugendlichen Alter mit einem dornartigen Ausläufer, der sich beim ausgebildeten Thiere an der linken Schalenklappe erhält. Schalen- länge (3) 2:4—2'3 Mm., (@) 3’2—3°4 Mm. Grösste Höhe 1'2 Mm. Stirngriffel des Weibcehens geradlinig gestreckt, vorne zugespitzt, ohne Erweiterung des Männchens mit bauchig aufgetriebenem und rechtwinkelig herabgebogenem Vorderabschnitt. Vorderantenne des Weibchens wenig über die halbe Länge des Stirngriffels reichend, mit kräftiger, bärchenbesetzter Terminalborste, welche (16) 1 Be Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden. 17 die ziemlich gleich grossen Borstenschläuche fast um das Drei- fache ihrer Länge überragt. Terminalborste der weiblichen An- tenne mit circa 24 Paaren am Grunde rechtwinkelig gebogener Haken bewaffnet. Die beiden Borstenschläuche ziemlich gleich lang. Nebenast der Schwimmfussantenne mit verjüngter, spitz ausgezogener Basis und vorgewölbtem Hinterrand, mit abgerun- detem Warzenhöcker und stark prominirendem Tastborstenfortsatz ; im weiblichen Geschlechte bleibt einer der drei Borstenschläuche sehr kurz, beim Männchen sind die drei Borstenschläuche gleich lang, erreichen aber kaum den fünften Theil der Länge der Haupt- borste; Greifhaken mit kräftigem Grundstück, an welchem zwei kleine Höcker vorstehen, winkelig gebogen, am Ende kantig gerieft. Der Mandibeltaster, sowie die Maxillarfüsse und Beine ausser- ordentlich langgestreckt. Das basale Glied des Mandibeltasters fast so lang als der dreigliederige Abschnitt des Tasters. Furcal- platte überaus umfangreich, mit langen, kräftigen, wenig gebogenen Hakenpaaren. Penis schlank und gestreckt, Basalkolben des Griffel- stückes lang ausgezogen. Diese zu den schönsten und grössten Formen gehörige Art scheint bedeutenderen Tiefen anzugehören, aber auch zur Ober- fläche emporzusteigen. Dieselbe wurde sowohl in zahlreichen, be- sonders jüngeren Exemplaren im freien Meere (II, 1000 M. Tiefe, IV, 1000 M. Tiefe, VI, 500 M. Tiefe), als oberflächlich in der Nähe der Küsten vor Puerta Orotava, gefischt. Die jugendlichen Männchen zeichnen sich, abgesehen von den allgemein giltigen, charakteristischen Besonderheiten ihres Alters, durch den Besitz eines Stachelfortsatzes am Ventralrand der Rostralplatte aus. IV. Conchoecilla n. g. Schale überaus gestreckt, weit klaffend, ohne Zahnverschluss, mit langen, vorne zugespitzten Rostralfortsätzen und lang ausge- zogenem bestachelten Fortsatz am Hinterende. Sculptur der Schalen- decke durch schräg verlaufende, nahe der Bauchseite rautenförmig gekreuzte Längsleisten bezeichnet, welche sich am Hinterende in randständige Stacheln fortsetzen. Mächtige Drüsenschläuche münden am Hinterende des Rücken- randes jeder Schalenklappe, eine umfangreiche Drüsengruppe nahe dem Vorderrande der rechten Schale. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom.IX, Heft 1. 2 (17) 18 C. Claus: Rücken des Abdomens nach hinten kegelförmig ausgezogen. Furcalplatte weit nach vorn vorgestreckt. Zahnwulst der Man- dibellade ähnlich gestaltet wie bei Paraconchoecia, zu einer dreiseitigen Leiste ausgezogen, die fast so lang ist, als die pro- ximale Zahnleiste, von vier sehr langen Hakenzähnen unstellt. I. C. daphnoides n. sp. Schale flach gewölbt, sehr lang gezogen und von geringer Höhe. Dorsalfortsatz am Hinterrande derrechten Schale wohl dreimal so lang als der linksseitige, beide kräftig bestachelt. Rostralfortsatz der linken Schale bedeutend länger als der rechtsseitige. Die Kuppel der Oberlippe stark verjüngt. Nebenast der zweiten Antenne mit mächtig vorgewölbtem Tastborstenhöcker, kleinem Zwischenhaken und kurzem breitem Borstenträger. Proximales Glied des Mandibel- tasters so lang als der umgeschlagene dreigliederige Theil. Drüsen- schlauch des Endgliedes ausserordentlich umfangreich. Schale 21/,—3 Mm. lang. Von dieser schönen, bizarr gestalteten und durch die leicht anliegenden Schalen an gewisse Daphniden erinnernden Conchoecide wurden leider nur jugendliche Männchen von circa 2 Mm. Länge beobachtet, nach deren Grösse zu urtheilen das ausgebildete Weibchen wenigstens 3 Mm. lang sein muss, also zu den grössten Formen gehört. Atlantischer Ocean (11I u. IV). V. Conchoecissa nov. gen. Schale mit schnabelförmig ausgezogenen gleichgestalteten Rostralfortsätzen, am Hinterende des Dorsalrandes jederseits in einen kräftigen Stachel auslaufend, mit zwei spitzen kegelförmigen Fort- sätzen an der Grenze von Rückenrand und Bauchrand; Sculptur der Aussendecke durch schwach vortretende sich kreuzende Leisten rautenförmig, mit verschieden starken, stachelförmigen Erhebungen am freien Ventralrande. Kaulade der Mandibel mit sehr hohem umfangreichen Zahn- wulst und vier grossen Stachelzähnen zur Seite desselben. Unter den Drüsenzellen der Schale tritt jederseits eine paarige (ruppe langgestreckter Drüsenzellen hervor, sodann eine links- seitige, am Hinterende des Rückenrandes, welche in den linken kräftigen Stachelfortsatz eintritt und eine rechtsseitige an der (srenze von Rücken und Bauchrand, welche sich in den hinteren Stachelfortatz hineinerstreckt. (18) Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden. 19 I. ©. armata n. sp. Schale mässig gewölbt, mit senkrecht abfallendem geradlinigen Hinterrand, hinten höher als vorn. Dorsalspina der rechten Seit» viel kürzer und schmäler als die linksseitige. Stacheln am Ven- tralrand und an den hinteren Fortsätzen desselben von ansehnlicher Stärke. Stirntentakel des Weibchens fast doppelt so lang als die Vorderantennen desselben, mit langem und schiefwinklig nach abwärts gebogenem bedornten Vorderabschnitt. Beim Männchen ragt derselbe vor dem Ende der Antennengeissel knieförmig nach unten gebogen hervor und ist stärker kolbig aufgetrieben. Die Hauptborste der männlichen Vorderantenne ist mit nur 8 bis 9 Paaren ungewöhnlich kräftiger Häkchen besetzt. Nebenast der Schwimmfussantenne mit stark vortretendem Tastborstenträger, etwa so hoch als lang, mit sehr langen Borstenschläuchen. Der Greifhaken der rechten männlichen Antenne an der Basis recht- winklig, im Verlaufe bogenförmig gekrümmt. Auch der einfacher gebogene linksseitige Haken ist von ansehnlicher Grösse. Bezahnung der Mandibellade überaus kräftig. Grundglied des Tasters mässig gestreckt, über die Kuppel der Oberlippe hinausragend, kürzer als der distale dreigliederige Tasterabschnitt. Maxille fast beinförmig gestreckt. Maxillarfuss von bedeutendem Umfang, beim Weibchen nur wenig kürzer als der Endopodit des nachfolgenden Beinpaares. Die beiden Mamillarhöcker am Rücken des Weibchens von ansehn- lichem Umfang. Die lange Hakenborste der Furcalplatte ist mit Spitzen dicht besetzt und reicht fast bis zum Ende des ersten der sieben Hakenpaare, welche von vorn nach hinten continuirlich an Stärke abnehmen. Der Haken beginnt mit dieker glatter Basis und buchtet sich dann wenig an dem mit Spitzenreihen besetzten Hinterrand aus. Schalenlänge etwa 21/,—2°/, Mm. bei einer Höhe von 1 Mm. Die schöne Form wurde in mehreren männlichen und weib- lichen Exemplaren (IV und VI) gefunden und ist der von Brady als Halocypris imbricata freilich ganz unzureichend und fehlerhaft beschriebenen Form nahe verwandt. Ich würde beide sogar für identisch halten, wenn nicht unter den spärlichen An- gaben des genannten Autors besonders hervorgehoben wäre, dass die linksseitige Spina am Rücken der Schale viel schmächtiger als die rechtsseitige sei (the half belonging to the left valve much smaller than that of the right), während es sich bei unserer Art gerade umgekehrt verhält. Dazu kommt die ganz abweichende Darstellung für die Bewaffnung der männlichen Antennenborste. ar (19) 20 0. Clans: VI. Pseudoconchoecia n. gen. Schale kaum gestreckt, mit glatten, gezackten oder echinu- lirten Längsleisten, welche eine längsgestreifte Sculptur veran- lassen, mit hinterem gerundetem Fortsatz und Verschlusseinrichtung an demselben (Zahn an der linken, Grube an der rechten Schale). Mandibellade mit vier Hakenzähnen an der Basis des Zahn- wulstes. Die distale Zahnleiste beginnt mit zwei, die proximale mit nur einem starken Hakenzahn. Proximales Tasterglied überaus gedrungen, nicht länger als das schmale nachfolgende Glied des eingeschlagenen Tasterabschnittes. Von den dorsalen Drüsengruppen ist die der linken Seite von ansehnlicher Grösse und mündetan der Aussenseite der Schalendecke vor dem bezahnten Vorsprung. Dazu kommen noch zwei an der Innenseite mündende Drüsengruppen. Ferner findet sich oberhalb der mittelst grossen Porus mündenden Drüsengruppe am hinteren unteren Winkel der rechten Schale noch eine Porengruppe von 7 bis 8 Poren, durch welche schlauch- förmige Drüsenzellen ausmünden, und diese ist auch an der gleichen Stelle der linken Schale vorhanden. Am Vorderende jeder Schale findet sich eine tiefe, von Längs- rippen durchsetzte, schlitzförmige Einsenkung, welcher grosse Drüsenzellen anlagern. I. Ps. serrulata Cs. Conchoecia serrulata Claus, die Familie der Halo- cypriden. 1874, pag. 6. (Taf. I, Fig. 2-7, 9—11; Taf. II, Fig. 12, an ab Pa Halocypris atlantica Lubb.,, Brady. Report on the Östracoda. Voyage of H.M.S. Challenger. 1880, Tom. I. (Taf. XD; .Fig.r1- 35; TaXLI, Fg11,A2) Schale mässig gestreckt und gewölbt, etwa ?/;—!/, so breit als lang, mit kurzen, wenig prominirenden Rostralfortsätzen und abgerundeter, durch Falz und Nuth ineinandergreifender, wenig vor- springender Verschlussplatte am Winkel von Rücken- und Hinter- rand; im männlichen Geschlecht etwas gedrungener und von ge- ringerem Umfang. Schlitz am Vorderrand sehr lang von drei Leisten durchsetzt. Längsrippen sehr ausgeprägt und nahe dem Ventral- rande sägeförmig gekerbt. Schalenlänge 1'4—1'6 Mm., Höhe 1 bis 1'1 Mm. Stirntentakel des Weibchens schlank, geradgestreckt mit etwas erweitertem Vorderabschnitt, der im männlichen Geschlecht mit dicker, nach rechts und links erweiterter Auftreibung winklig beginnt und herabgebogen ist. (20) Te. Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden. 2l Terminalborste der männlichen Vorderantennen so lang als die zwei peitschenförmigen Nachbarborsten, nur mit einer Reihe (etwa 20) kurzer dieker Häkchen besetzt, von denen die fünf dis- talen an Stärke prävaliren. Von den zwei Borstenschläuchen ist der distale etwa 2/, so lang als der proximale. Das Basalglied des Antennenstiels ungewöhnlich kurz, etwa :/, so lang als das zweite Stielglied. Nebenast der Schwimmfussantennen fast vierseitig, schwach gerundet, mit kleinem Warzenhöcker und vorspringendem Randstück, welchem die beiden Tastborsten aufsitzen. Endglied des Nebenastes der männlichen Schwimmfussantenne mit zwei Vorsprüngen am Innenrande, rechtsseitig mit sehr starkem, zweimal rechtwinklig gebogenem Hakengliede, die drei Borstenschläuche überaus kurz und schmächtig. Hauptborste und Nebenborste sehr lang, Maxille unverhältnissmässig gross, Kieferfuss und vorderes Beinpaar mit stark verdicktem Grundglied des Exo- poditen. Endopodit des vorderen Beinpaares im männlichen Ge- schlechte mit kräftigem Grundglied, weiches fast die Länge der beiden nachfolgenden Glieder erreicht. Hakenborste der Furcal- platte sehr lang, bis zur Spitze des vorderen Paares reichend. Die sieben Hakenpaare schlank und an der Spitze merklich ge bogen, nach hinten continuirlich an Grösse reducirt. Eine im atlantischen und pacifischen Ocean weit verbreitete Art, welche ich nach Exemplaren aus beiden Fundorten bereits in früherer Abhandlung näher beschrieben habe. Unter den von Prof. Chun gesammelten Halocypriden fand sich die Art nicht vertreten, wie sie auch im Mittelmeer nicht vorzukommen scheint; dagegen scheint sie das Hauptcontingent zu den Halocypriden der Chal- lenger-Expedition gestellt zu haben, nach Brad y’s Bemerkungen zu schliessen, welcher die Form auf Lubbock’s atlantica zurück- führen zu können glaubte und wenigstens, soweit es sich um die Schale handelt, kenntlich dargestellt hat. Die Beschrei- bung des Thieres selbst aber ist von jenem Autor so flüchtig und lückenhaft ausgeführt, dass sie keine Berücksichtigung gestattet, zumal die paar als Charaktere verwendeten An- gaben einer ganz unzureichenden Vorstellung vom Bau des Halocypriden -Organismus!) entsprungen, als unrichtig zurück- ‘) Das Zahlenverhältniss der Borsten und Cuticularanhänge an den Vorder- antennen und am Nebenaste der Schwimmfussantennen, welches für alle Gattungen und Arten der Halocypriden ein constantes ist, blieb Brady unbekannt und nur so ist die Möglichkeit seiner unrichtigen Angaben, welche noch dazu als Merkmale der Art verwendet wurden, zu erklären. (21) 22 ‚0, Olaus- zuweisen sind. Wenn Brady die von ihm untersuchte Form mit Lubbock’s Halocypris atlantica identifieirt, so kann er sich lediglich auf die Uebereinstimmung des Fundortes berufen, da Lubbock’s Beschreibung selbst bezüglich der Schale seiner Halocypris so allgemein gehalten ist, dass sie gar keine Bezug- nahme gestattet. Die von mir seiner Zeit in Messina beobachtete und nach den Unterschieden beider Geschlechter beschriebene Form bezieht sich auf eine Mikroconchoecia Art. YII. Mikroconchoecia n. gen. Schale gedrungen mit Längsleisten und Querleistehen, welche eine langgestreifte, beziehungsweise netzförmig gefelderte, am Rande echinulirte Structur veranlassen, ohne hinteren Fortsatz, aber mit relativ grossem, wohl entwickeltem Verschlussapparat (Zahn an der linken, Grube an der rechten Schale), mit vorspringendem Vorderrande, aber ohne schlitzförmige Grube. | Proximaler Borstenschlauch an der vorderen männlichen An- tenne gabelig getheilt, in gleicher Weise die Borstenschläuche der weiblichen Antenne mit Ausnahme des distalen, einfach-, beziehungs- weise doppelt-gegabelt. Zahnleisten der Mandibellade ähnlich wie bei Pseudoconchoecia. Zahnwulst in ganzer Höhe dicht ge- streift, Hakenzähne kurz, durch eine kräftige Chitinplatte ver- stärkt, an deren Basis der aus Cilien und kurzen Borsten gebildete Bartsaum folgt. M. Clausii, @. O. Sars. Halocypris sp. Claus. Ueber die Geschlechtsdifferenzen von Halocypris. Zeitschr. f. wissenschaftl. Zool. 1865, Tom. XV. (Taf. XXX.) Haloeypris Clausii. @G.O.Sars, Nye Bidrag til kund- skaben om Middelhavets Invertebrat fauna. IV, Ostracoda medi- terranea. Christiania 1837, pag. 87. (Taf. XI, Fig. 7—10; Taf. XIV, Fig. 6—18.) Schale gedrungen, rundlich eiförmig, doch merklich länger als hoch, ohne Fortsatz an der fast rechtwinkeligen Umbiegung des Rücken- und Hinterrandes, aber mit ausgeprägter Verschluss- einrichtung (Zahn der linken und Grube der rechten Klappe) mit relativ grossem, prominirendem Rostralfortsatze. Sculptur aus Leisten gebildet, welche vorwiegend longitudinal verlaufen, am Ende des mittleren Schalenfeldes concentrisch in einander fliessen und nahe dem Rande durch zahlreiche, am Vorderrande in Stachel- (22) Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden. 23 chen auslaufende Querleisten verbunden sind. Schalenlänge (3) 0'7 Mm., (9) 0'5 Mm., Höhe kaum 0'5 Mm. Stirngriffel des Männchens mit stark aufgetriebenem und in stumpfem Winkel nur wenig herabgebogenem Vorderabschnitt des Weibchens geradgestreckt, vorne wenig verdickt. Basales Schaftglied der vorderen Antenne kaum um !'/, kürzer als das nachfolgende. Die Terminalborste derselben beim Männchen mit sieben bis vierzehn kleinen, in weiten Intervallen stehenden knopf- förmigen Häkchen besetzt. Proximaler Borstenschlauch gabelig getheilt, mindestens doppelt so lang als der distale. Greifhaken am Nebenast der rechten Schwimmfussantenne stark gebogen, in der proximalen Hälfte verdickt. Die drei Borstenschläuche etwa ?/,;, so lang als die beiden, an Grösse nur wenig differirenden Hauptborsten. Basales Glied des Mandibeltasters mindestens so lang als das nachfolgende untere Glied des eingeschlagenen dreigliederigen Tasterabschrittes. Am Endopodit des vorderen männlichen Beinpaares ist das mittlere Glied auffallend kurz. Die Hakenborste der Furcalplatte lang und kräftig, fast so stark als der vordere Haken. Die sieben schwach gekrümmten Hakenpaare folgen in weitem Abstand und nehmen continuirlich an Umfang ab. Penis mit geradlinigem Vorder- und Hinterrand, mit hohem, abgestutztem Distalende. Die Art scheint im Mittelmeer und Ocean verbreitet zu sein, und gehört, obwohl sie nur eine geringe Grösse besitzt, zu den zuerst näher untersuchten Formen. Dieselbe liegt meinen älteren Beobachtungen zu Grunde, in denen ich zuerst die Sexualcharaktere der Gattung darlegte und wurde jüngst von G. O. Sars von Neuem beschrieben. Ich fand unter den von Öhun bei Capri gesammelten Halocypridinen nur wenige männliche Exemplare, die sich durch eine etwas geringere Grösse und schärfer ausgeprägte rechtwin- kelige Umbiegung des Rückenrandes in den Hinterrand vor dem Weibchen auszeichnen, dann aber eine grössere Zahl männlicher und weiblicher Formen in dem bei Las Palmas am 1. December 1887 aus 450 M. Tiefe und Funchal (VI) aus 500 M. Tiefe gefischten Materiale. Es ergaben sich jedoch bei näheren Untersuchungen einige Abweichungen sowohl in der Ausprägung der Schalen- sculptur als in der Zahl der Häkchen an der männlichen Antennen- borste und der Gestalt des Begattungsorganes, so dass ich anfangs zwei besondere Arten als laevis und reticulata unter- scheiden zu können glaubte, bis ich durch den Vergleich einer grossen Zahl von Individuen zu der Ueberzeugung gelangte, dass (23) 24 C. Claus: es sich nur um Variationen derselben Art handle, bei denen die Ausprägung der Schalensculptur im Mittelfelde etwas schwächer ist (laevis), oder viel stärker und dann meist verbunden mit Granulirung der inerustirten Grundsubstanz, sowie stärkerer Echinulirung der Randzone hervortritt (reticulata). 2. Unterfamilie Halocyprinae. Schale gedrungen, bauchig aufgetrieben, mit kurzem Rostral- fortsatz und wenig markirter Rostralineisur. Stirntentakel sehr dick und verhältnissmässig kurz, in beiden Geschlechtern mit kolbig aufgetriebenem, unter stumpfem Winkel abwärts gebeugtem Vorderabschnitt. Schaft der vorderen Antennen winkelig geknickt, Geissel stark gekrümmt, in beiden Geschlechtern in gleicher Weise mit einer verlängerten Terminalborste und vier kürzeren unter einander gleich langen Borstenschläuchen besetzt. Nebenast der Schwimmfussantenne ohne Mamillarhöcker an dem geradlinigen Vorderrand. Schwimmborsten des Ruderastes lang gefiedert, fast doppelt so lang als der Antennenschaft. Proximales Glied des Mandibeltasters überaus gedrungen, nicht länger als das zweite Tasterglied, mit schaufelförmiger Kaulade, welche den ganzen Vorderrand des Gliedes einnimmt. Kieferfuss und vorderes Bein- paar verhältnissmässig, kurz von nahezu gleichem Umfang. Das vordere Beinpaar des Männchens nicht umgestaltet, ohne die drei langen Schwimmborsten am Endgliede. I. Halocypris Dana. Rostralfortsatz der Schale kurz, kaum bemerkbar, mit Ver- schlussapparat (Zahn und Grube). Rostralineisur fast ganz ge- schwunden. Verschlussapparat am Hinterende rudimentär. Freier Schalenrand stark gerundet, von hohen, dicht stehenden Drüsen- schläuchen begleitet. Mandibellade anstatt des Zahnwulstes und der Hakenzähne mit einem conischen Zahn bewaffnet. I. H. concha Cls. C. concha. Claus, Halocypriden l. c. (Taf. II, Fig. 20—25 ; Taf. III, Fig. 26—35.) Schale eirca 1'8 Mm. lang, 1'4 Mm. hoch. Stiel des Schwimm- fusses der hinteren Antenne fast 2!1/,mal so lang als die Schwimm- borsten tragende Geissel. Greifhaken am Nebenaste der männlichen Schwimmfussantenne in weitem Bogen gekrümmt. Die Furcal- platte mit langgestreckter Hakenborste und 6 Paaren von schwach gebogenen Stachelhaken. (24) Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden. 25 Im Atlantischen Ocean oberflächlich und in der Tiefe lebende, sowie in der Südsee vorkommende Art. 2. H. pelagica n. sp. Schale eirca 11 Mm. lang, 0°9 Mm. hoch. Stiel des Schwimm- fussastes der hinteren Antenne etwa zweimal so lang als die Schwimmborsten tragende Geissel. Greifhbaken am Nebenast der männlichen Schwimmfussantenne nur in der Basis in kurzem Bogen gekrümmt, am Ende mit etwa 6 als Querstreifen erschei- nenden Leistehen. Die Furcalplatte mit langgestreckter Haken- borste und 5 Paaren fast geradgestreckter Stachelhaken. Eine an der Oberfläche, aber auch in der Tiefe (II, III, IV, VI) verbreitete Form. 3. H. distinceta n. sp. Schale durch zarte Längsleistehen concentrisch gestreift und hier und da unregelmässig gefeldert, mit zahlreichen runden, im Centrum von je einem Porus durchbrochenen Gruben, 1'4 Mm. lang, 0:9 Mm. hoch und 0:75 Mm. breit. Vorderstück des Stirngriffels langgestreckt, wenig aufgetrieben. Atlantischer Ocean. II. Halocypria Cls. Schale fast kuglig, mit kleinem, aber wohl ausgeprägtem Rostralfortsatz und tief ausgebuchteter Rostralineisur, mit stark entwickeltem Verschlussapparat (Zahn und Grube) am Hinterende. Kaulade der Mandibel mit schmalem, hohem Zahnwulst und vier Hakenzähnen am Grunde derselben. Vorderes Beinpaar überaus kurz und dick, fast conisch zugespitzt. Hauptborste am Nebenast der Schwimmfussantenne sehr lang, eylindrisch, nicht lanzetförmig verbreitert. H. globosa Cls. H. globosa. Claus, Halocypriden 1. c. (Taf. III, Fig. 36 bis 39). Schale gedrungen, am Rückentheile undeutlich gestreift, circa 2'2 Mm. lang, 1'8 Mm. hoch, 1'6 Mm. breit. Stirngriffel lang- gestreckt, mit langem, winklig herabgebogenem Vorderstück. Stiel des Schwimmfussastes der hinteren Antennen etwa 1!/,mal so lang als die Geissel. Fand sich in wenigen Exemplaren in dem theils oberflächlich, theils in verschiedenen Tiefen des Oceans gefischten Materiale. (25) 26 C. Claus: B. Ueber den Organismus der Halocypriden. Die Halocypriden bilden eine Familie der Ostracoden, deren Gestalt und Organisation sich am engsten den Cypridinen anschliesst und von diesen hoch organisirten, pelagisch lebenden Formen durch Anpassung an den Aufenthalt in grösseren Tiefen des Meeres abzuleiten sein dürfte. Mit den Cypridinen haben sie den Rostralfortsatz am Vorderende jeder Schalenklappe, sowie die Incisur unterhalb derselben zum Durchtritt des mit langen Schwimm- borsten besetzten Ruderastes der Schwimmfussantennen gemeinsam. Sodann theilen sie mit denselben den Besitz eines frontalen, als Sinnesapparat fungirenden Stabes, die allgemeine Form und Glie- derung der als Schwimmfussantennen gestalteten hinteren Antenne, die Endigungsweise des Abdomens mittelst einer von zwei ansehn- lichen Hakenreihen besetzten Furcalplatte, sowie den Besitz eines von einem Ostienpaare durchbrochenen Herzens in der Region der Maxillen und Maxillarfüsse. Dagegen verhalten sich die Vorderantennen, Mundesgliedmassen und Beine wesentlich verschieden, indem sie theils der Familie ganz eigenthümliche Besonderheiten bieten (Vorderantennen, Kaulade des Mandibeltasters, Maxille, männliche Sexualgliedmassen), theils sich an Gestaltungsverhältnisse an- schliessen, welche bei den vornehmlich im Süsswasser und hier meist an seichten Oertlichkeiten lebenden Cypriden in ähnlicher Weise wiederkehren (Kieferfuss und Beine). I. Nervensystem und Sinnesorgane. Eine Reihe auffallender, in erster Linie das Nervensystem und die Sinnesorgane betreffender Besonderheiten steht offenbar mit dem auf das Leben in der Tiefe zurückzuführenden Schwunde der Sehorgane im Causalnexus. Sowohl das seitliche, bei den Cypridinen mächtig) entwickelte Augenpaar, als auch dreitheilige Medianauge der Stirn ist rückgebildet, und zwar so vollständig, dass sich von beiden keine Spur erhalten hat. Damit im Zusammen- hang ist auch das seitliche Augenganglion des Gehirns verschwunden und eine Reduction des Vorderhirns eingetreten, welche beim Vergleiche von Schnittserien des Cypridinen- und Halocypriden- gehirns sofort in prägnanter Weise bemerkbar wird. Dagegen erscheint ein correlater Ersatz für das ausgefallene Sehvermögen in !) Bei den Cypridinen ist dasselbe auch in einer Gattung, Monopia Üls. vollständig geschwunden, dafür aber das dreitheilige Medianauge von ausserordent- licher Grösse und Ausbildung. (26) Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden. 27 der mächtigen Entwicklung des Tast- und Spürsinnes gegeben, welches sich in der ausserordentlichen Vergrösserung des frontalen zu dem umfangreichen Stirntentakel gestalteten Stabes und in der hohen Ausbildung der die Spür- und Tastanhänge beider Antennen- paare versorgenden Nerven ausspricht. Da die zu diesen Sinnes- organen gehörigen Centren theils im Vorderhirn, theils in der von diesem nicht scharf abgesetzten mittleren Hirnanschwellung (Lobus olfactorius) gelegen sind, so finden wir Vorder- und Mittel- hirn von ansehnlicher Entwicklung und ihre centralen Marklager von einem dicken Belage von Ganglienzellen bekleidet. Die dritte hintere Anschwellung des Gehirns gehört zum grossen Theil der Schlundeommissur an, an deren oberen Grenze der Nerv der Schwimmfussantennen entspringt. Das unterhalb des Schlundes gelegene Bauchmark zeigt eine überaus concentrirte Gestaltung, indem die Mandibel-, Maxillen- und Maxillarfussganglien zu einer umfangreichen breiten Ganglien- masse verschmolzen sind. Auf diese folgt ein weit kleineres median zusammengedrängtes Ganglienpaar, aus welchem die Nerven des vorderen Beinpaares entspringen und am Hinterrand zwei Längs- nerven austreten, welche, seitlich divergirend, nochmals zu zwei kleinen, durch Quercommissuren verbundenen Ganglien für das rudimentäre Beinpaar und für den Geschlechtsapparat anschwellen. Als die drei Hauptsinnesorgane fungiren der Stirntentakel, die Vorderantennen und der mit Sinnesborsten besetzte Nebenast der Schwimmfussantennen. Der im männlichen Geschlecht in der Regel umfangreichere und stärker angeschwollene Stirntentakel wird von zwei Nerven durchsetzt, welche aus einem medianen paarigen Marklager des Vorderhirns entspringen, an der Ventral- seite desselben, nahe dessen Vorderrand austreten und bei ihrem Eintritt in den Stirntentakel zu einer sehr grossen Ganglienzelle anschwellen. Die fibrilläre Structur beider Nerven erscheint in dem meist winklig herabgebogenen Terminalstück des Stirntentakels besonders ausgesprochen, indem die Fibrillen mehr auseinander weichen und unter langgezogener knopfförmiger Anschwellung der Nerven als dichtere, stärker lichtbrechende, fast stäbchenähnliche Fasern, von einer fettglänzenden Substanz kappenartig umlagert, enden, Die vorderen Antennen dürften vornehmlich als Sitz des Geruchs- und Spürsinnes zu betrachten sein. Der mächtige Nerv bildet an der Ventralseite des Vorderhirns eine ansehnliche Ganglienanschwellung, die sich bis zum Ursprung der Antenne (27) 28 C. Claus: erstreckt. Auf dieselbe folgt dann im unteren Gliede des Schaftes eine zweite langgestreckte Anschwellung, deren Ganglienzellen durch die Einlagerung je einer glänzenden grünlichgelben Pigment- kugel in hohem Grade auffallen. Die in die Geissel eintretenden Fasern der Antennennerven durchsetzen nochmals kleine Ganglien- zellen, aus denen die Nervenfibrillen in die fünf mächtigen, bei den Conchoecinen nach beiden Geschlechtern verschieden ge- stalteten Cuticularanhänge einstrahlen. Von denselben sind im weiblichen Geschlechte stets vier als lange terminal gerundete Schläuche entwickelt, und nur der terminale Anhang erscheint als eine ausserordentlich lange, quergeriefte Borste mit dieker, oft Härchen tragender Cuticularbekleidung, die jedoch an dem säbel- förmig gekrümmten Endabschnitt überaus zart wird. Beim Männ- chen sind lediglich die zwei proximalen Outicularanhänge zarte bäutige Riechschläuche, die, wie die gleichwerthigen Anhänge des Weibchens, mit kurzem, verengertem und starkconturirtem Stiele beginnen, dann meist stark anschwellen und nach dem stets ge- schlossenen, abgerundeten Ende zu sich wieder verjüngen. Den Inhalt derselben bildet wiederum die matt glänzende, fibrilläre Substanz des eintretenden Nerven, die sich durch die ganze Länge des Schlauches verfolgen lässt. Auch die hintere Antenne hat neben ihrer Function als Schwimmfuss die eines Sinnesorganes, indem die fünf Borsten- anhänge ihres Nebenastes mit Nervenzellen in Verbindung stehen und ihrer ganzen Länge nach von Nervenfibrillen durchsetzt sind. Der in das umfangreiche comprimirte Stammglied eintretende Nerv bildet zwischen den longitudinalen Muskelzügen desselben, welche zum Schwimmfussast verlaufen, ein ansehnliches Ganglion, welches einen zum Nebenast verlaufenden Nerven entsendet, der nahe dem zugespitzten Distalende des Schaftes ein kleines, von wenigen Zellen gebildetes Ganglion durchsetzt, dann in den Nebenast ein- tritt, mit seinem Fibrillenzuge in die Sinnesborsten desselben ent- sendet. Diese fünf wohl als Tastborsten zu deutenden Anhänge ordnen sich in beiden Geschlechtern zu zwei Gruppen an, von denen die eine drei schwächere und kürzere, beim Männchen mit dem Greifhaken verbundene, die andere zwei längere Borsten ent- hält, von denen wieder eine als Hauptborste durch ihre Grösse und Stärke hervorragt und in ein lanzettförmig ver- breitertes und zugleich hebelförmig gekrümmtes (Halocypris) Endstück auslaufen kann. Grösse und Form dieser Borsten sind (28) Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden, 29 meist nach beiden Geschlechtern verschieden und zuweilen als Merkmale zur Artunterscheidung verwerthbar. 2. Darmcanal und Drüsen. Die Speiseröhre beginnt mit weiter Mundöffnung im Grunde eines von der Oberlippe und Unterlippe gebildeten Atriums, in welchem die gegeneinander wirkenden Laden beider Mandibeln ihre Lage haben. In diesem Vorraum gelangen die Secrete der Ober- lippendrüsen, welche oft von ausserordentlichem Umfang bis in die Kieferregion herab und aufwärts nach dem Rücken bis in die Gegend des Herzens (Männchen von Halocypris) sich erstrecken. Die Mundöffnung führt in den bogenförmig emporsteigenden, von breiten Ringmuskeln umgürteten Oesophagus, auf welchen ein sackartig erweiterter Mitteldarm folgt. Beim Uebergang in den- selben bildet die verdickte Wand des Oesophagus eine cuticulare Vorstülpung, welche als blindgeschlossener cutieularer Sack die eingeschlossene Nahrung aufnimmt und das weite Lumen des Magen- darmes ausfüllt. Die Verdauung der in dem zarthäutigen Schlundsack !) ent- haltenen, schichtweise zusammengeballten Nahrungsmassen ge- schieht unter Einwirkung des Secretes zweier mächtiger Hepato- pancreasschläuche, welche sich als Ausstülpungen an der Vorderwand des Magendarmes erheben. Dieselben entsprechen offenbar den in die Schalenhöhle eintretenden Leberschläuchen von Cypris, die bei den Cypridinen vollständig fehlen und sind von einem mächtigen Zellen- belage ausgekleidet, dessen Elemente eine wechselnde Beschaffen- heit zeigen. Viele derselben sind ungewöhnlich gross und bergen in dem mit Färbemitteln sich intensiv tingirenden Protoplasma einen granulirten Kern. In anderen Zellen ist der Protoplasmaleib bis auf eine schmale Zone verbraucht, dagegen der Kern, welchem die schmale, intensiv tingirte Plasmazone aufliegt, zu einer um- fangreichen Blase degenerirt. In diesem Zustand werden die Elemente von der Wand losgelöst, gelangen in die Lumen des Drüsensackes und von da aus in den Magendarm, wo sie dem mit Nahrungsballen gefüllten zarten Outicularsack umlagern und das Ferment zu deren Verdauung zu liefern scheinen. Der Zellenbelag an der Wand des Magendarmes hat einen von den Fermentzellen der Leber- oder Hepatopancreassäcke ‘) Die euticulare Hülle dieses von dem mächtigen Matrixzellenlager des ver- dickten Schlundendes erzeugten und getragenen Sackes habe ich in meiner früheren Arbeit irıthümlich als Intima des Magenepithels gedeutet. (29) 30 U. BIRRR> ganz verschiedenen Charakter und besteht aus einem verschieden hohen Cylinderepithel, dessen Zellen an ihrer freien Fläche einen stets deutlichen, zuweilen sehr ausgeprägten, hellen Grenzsaum tragen, während der verhältnissmässig kleine Kern am entgegen- gesetzten basalen Theile der Zelle liegt, welche der kernhaltigen Stützmembran anhaftet. Eine Muskelbekleidung der letzteren habe ich, ebenso wie an den Jiebersäcken, auffallenderweise vermisst, dagegen überall eine reiche Umlagerung von fetthaltigen Bindesub- stanzzellen gefunden, wie sie auch in noch reicherem Masse die his- tologisch wesentlich differirende Darmwand der Cypridinen umlagert. Im Zusammenhang mit dem in so auffallender Weise ab- weichenden Verhalten des Schlundsackes und der Darmwand be- greift man das Nichtvorbandensein eines functionirenden Enddarmes. Allerdings findet man an Sagittalschnitten am Ende des Darm- sackes einen ventralwärts ausgespannten, bindegewebigen Strang, in welchem sich ein zipfelförmiger Ausläufer des ersteren fort- setzt; indessen sucht man vergebens in dem vor den Geschlechts- organen an der Bauchdecke befestigten Ende nach einer von Ringmuskeln bekleideten und den charakteristischen Dilatatoren versehenen Wandung eines Afterdarmes, dessen Lage man überdies im Endabschnitt des Abdomens über der Furcalplatte zu er- warten hätte. Die für die Crustaceen so charakteristische Antennen- und Kieferdrüse habe ich nicht nachweisen können; dagegen finden sich ausserordentlich zahlreiche einzellige Hautdrüsen an verschie- denen Körperstellen, und zwar in regelmässigen Gruppen in dem Man- dibeltaster, sodann in der Furcalplatte und vornehmlich in der Schale. Unter den Drüsenzellen des Mandibeltasters tritt ein an der Medial- fläche des Endgliedes ausmündender Drüsenschlauch durch seinen Umfang und seinen aus glänzenden Körnchen bestehenden Inhalt hervor. Besonders zahlreich sind aber die Drüsen der Schale, deren freie Ränder von einer dichten Lage einzelliger, in kleinere und grössere Poren an der Innenlameile ausmündenden Drüsenzellen in ganzer Ausdehnung begleitet wird. Dazu kommen noch Haufen grösserer Drüsenzellen, welehe entweder in einem gemeinsamen grösseren Porus oder in einer Gruppe dicht zusammen- gedrängter Poren ausmünden. Die Lage dieser gehäuften Drüsen- zellen am Hinterende des Rückenrandes beider Schalenklappen und an der Umbiegungsstelle vom Hinterrand zum Bauchrand der rechten Schalenklappe ist sowohl für die Conchoeecia- als Halocypris-Arten ganz charakteristisch. (30) Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden. 3l Welche Bedeutung diesen nach Form, Umfang und Beschaffen- heit des Inhaltes überaus wechselnden Drüsengruppen zukommt, ist vorläufig kaum zu bestimmen. Doch scheint mir die Annahme berechtigt, dass einzelne derselben, wie insbesondere die mächtigen Drüsenhaufen am Rücken- und Ventralrand, stellvertretend für die geschwundene Antennen- und Kieferdrüse zur Absonderung der stickstoffhaltigen Excerete in Verwendung kommen. Zahlreiche in der Schale vorhandene, besonders am Rande und an der Fläche zerstreute Drüsenzellen erinnerten mich durch Form und Be- schaffenheit des Inhaltes an die lichtausstrahlenden Drüsenzellen im Körper von Phyllirho&, welche mit Nerven in Verbindung stehen und früher von Panceri irrthümlich als Ganglienzellen be- schrieben worden waren. Möglich, dass diese Leuchtzellen auch in der Schale der die Tiefsee bewohnenden Halocypriden verbreitet sind, was durch die Beobachtung lebender Formen leicht zu ent- scheiden sein würde. 3. Kreislauf und Athmungsorgane. Wie bei den Cypridinen ist ein sackförmiges Herz vor- handen, welches ziemlich weit vorne am Rücken, dicht unterhalb der Schale seine Lage hat und von paarigen Muskeln umlagert wird, welche vom Schalenintegument nach vorne zu den Antennen, abwärts zu den Mandibeln und nach hinten zum Rücken des Leibes verlaufen. Ausser den beiden, bereits früher von mir beschriebenen dorsalen Spaltöffnungen, durch welche das Blut aus dem Schalen- raum der Leibeshöhle in das Herz zurückströmt, scheint auch noch ein Ostium an jeder Seite der Herzwand zur Aufnahme der aus dem Körper zurückfliessenden Blutmengen vorhanden zu sein. Für die Respiration kommt vornehmlich die zarte Innen- lamelle beider Schalenklappen in Betracht, an welcher die lebhaft schwingenden, als Athemplatten fungirenden Fächeranhänge (Exo- poditen) eine, wie es scheint, regelmässig und lebhafte Strömung des Wassers unterhalten. 4. Geschlechtsorgane. Wie ich bereits in meiner früheren Arbeit dargelegt habe, besteht für beide Geschlechter ein mehr (Conchoecinen) oder minder (Halocyprinen) ausgeprägter Dimorphismus. Stets sind die Männ- chen durch geringere Grösse und kürzere, gedrungenere Schalen- form, sowie durch den Besitz eines Greifhakens am Nebenast der (31) 32 C. Claus: Schwimmfussantenne, in der Regel auch durch die bedeutendere Grösse des Stirntentakels und der vorderen Antennen und deren abweichend gestaltete Cutieularanhänge, bei den Conchoecinen auch durch die mächtige Entwicklung des vorderen, mit drei Geisselborsten endenden Beinpaares kenntlich. Und zu diesen Sexualcharakteren kommt noch das Vorhandensein eines umfang- reichen, an der linken Seite gelegenen Begattungsorganes hinzu. Die Ovarien und Hoden liegen als paarige Drüsen sym- metrisch (nicht, wie G@. OÖ. Sars irrthümlich angibt, unsym- metrisch) an der dorsalen und hinteren Seite des Magendarmes im Abdomen. Die Hoden sind kugelige Säcke, auf welche ventral- wärts nach vorne je ein kurzer, zu einer geräumigen und mit Samenfäden erfüllten Blase (Samenblase) aufgetriebener Leitungs- weg folgt. Beide vereinigen sich zu einem linksseitigen in das Be- gattungsorgan eintretenden Ductus ejaculatorius. Jenes entspringt iu einiger Entfernung vor der Furcalplatte und besteht aus einem ziemlich comprimirten Körper und einem schmalen mit zwiebel- förmiger Basis beginnenden Stabe, welcher in einer Rinne des ersteren seine Lage hat. Beide Theile sind im jugendlichen Alter getrennt und stehen hintereinander als lange, noch indifferente (Gliedmassenanlagen am Körper hervor. Erst mit dem Eintritt in das Stadium der Geschlechtsreife wird die stabförmige hintere Glied- masse in eine röhrenartig erweiterte Längsspalte des Begattungs- gliedes aufgenommen, welches demnach morphologisch zwei mit einander in Verbindung getretenen Gliedmassen entspricht. Diese gehören aber nicht, wie ich mir früher vorstellte, den beider- seitigen Extremitäten ein und desselben Paares an, sondern sind zwei aufeinander folgende Gliedmassen derselben Seite. Auch die traubigen Ovarien verhalten sich auf beiden Seiten durchaus symmetrisch und führen in zwei, zu einem medianen Oviducte zusammentretende Gänge, welche ebenso wie jener von einem körnchenreichen, drüsigen Zellenbelage ausgekleidet sind. Dieser biegt nach der linken Seite um und führt in eine geräumige unpaare Eiertasche über, deren dicke Wand mit ausserordentlich hohen, schmalen Cylinderzellen besetzt ist. In dieselbe mündet auch der complieirte Befruchtungscanal ein, welcher an der rechten Seite mittelst einer das Sperma bei der Begattung aufnehmenden Samentasche (Receptaculum seminis) beginnt und sich dann zu einem langen transversalen Canal verengert. Die Windungen dieses vor seinem Uebergang in die sackförmige Eiertasche nochmals er- weiterten Befruchtungscanales sind, wie sich aus Querschnitten (32) Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden, 33 und horizontalen Längsschnitten ergibt, noch reicher als ich die- selben bereits für Halocypris (l. ce. Taf. II, Fig. 25) dargestellt habe; im Wesentlichen konnte ich die frühere Beschreibung als zutreffend bestätigen. In keinem Falle habe ich im männlichen Thiere etwas von Spermatophorenbildung bemerkt, auch nicht an der durch eine kleine Chitindifferenzirung bezeichneten Mündung des Befruchtungs- canales die Anheftung einer Spermatophore bemerkt. Es dürfte daher keinem Zweifel unterliegen, dass die Ballen von Samenfäden, welche sich im Receptaculum finden und von da aus durch den engen Canal in die zweite Erweiterung vor der Eiertasche gelangen, durch die Oeffnung am Ende des Begattungsapparates direct in jenes übertragen worden sind. Nicht die Eiertasche, in welcher sich wahrscheinlich Samenfaden und Ei vor der Eiablage begegnen und demnach die Befruchtung stattfindet, nimmt — wie ich früher irr- thümlich annahm — bei dem Begattungsacte die Samenmasse auf, sondern die rechtsseitig gelegene Oeffnung des Receptaculum seminis, während die linksseitige Mündung der Eiertasche lediglich die be- fruchteten Eier ausführt. Im Gegensatz zu Cypris liegen also Begattungs- und Geburtsöffnung in etwas entfernterem Abstand; jene rechtsseitig, diese linksseitig an der Bauchseite des Abdomens, und damit erscheint auch die mir früher unklar gebliebene, einer späteren Beantwortung vorbehaltene Frage der beiden Gänge zum birnförmigen Receptaculum erledigt. Die Thatsache, dass der Begattungsapparat der Halocypriden aus zwei hintereinander gelegenen Extremitätenanlagen der linken Seite hervorgegangen ist, weist darauf hin, dass die Phyllopoden- ähnlichen Stammformen der Ostracoden eine grössere Zahl von Gliedmassen besessen haben, und dass die Siebenzahl bei Ostra- coden eine reducirte ist. Dieselbe gibt auch zu der Frage Anlass, ob nicht auch in den anderen Ostracodenfamilien die gleichen Gliedmassenanlagen in Resten erhalten und zu dem gleichen Zwecke verwendet worden sind. Bei den Öypridinen habe ich schon seit langer Zeit!) die Ansicht vertreten, dass das symmetrische, aus paarigen Stücken ‘) Claus, Neue Beobachtungen über Cypridinen, Zeitschr, f, wiss. Zool. 1373, pag. 220, Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom.IX, Heft 1. 3 (33) Gr. \ 34 C.Claus: Gattungen u. Arten d. mediterranen u. atlantischen Halocypriden, gebildete männliche Begattungsorgan, welches jederseits im Wesent- lichen die Form einer Zange wiederholt, einem echten Gliedmassen- paare entspricht. Auch für die Cypriden und Öytheriden, die einen rechten und linken durchaus symmetrisch gestalteten Begattungsapparat besitzen, dürfte das Gleiche gelten. Doch bin ich noch nicht darüber im Klaren, ob an der Bildung desselben nur ein Paar oder nicht auch zwei Paare von Extremitätenanlagen betheiligt sind. Im weiblichen Geschlechte finden sich bald ein (Candona) bald zwei (Cypria) an Gliedmassenstummel erinnernde Fortsätze an dem von den Genitalöffnungen durchbrochenen, mehr oder minder vorspringenden Genitalwulst, der noch immer irrthümlich als Vagina bezeichnet wird. (34) a Die Pericardialdrüse der Gastropoden. Von Professor Dr. Carl Grobben in Wien, (Mit einer Tafel.) Einer grösseren Anzahl von Gastropoden kommt eine Peri- cardialdrüse zu, ein Organ, welches bezüglich seiner Epithel- bekleidung vom Epithel des Coeloms (der seeundären Leibeshöhle) abstammt und sich in inniger Beziehung mit dem Blutgefässsysteme entwickelt. Die in Folgendem zu gebenden Mittheilungen sind die aus- führliche Darstellung der bereits früher!) in Kürze veröffent- lichten Resultate der Untersuchung über das Vorkommen und den Bau dieser Drüsenbildung bei den Gastropoden. Ich habe aus dieser an Arten und in der Formengestaltung des Körpers so reichen Molluskengruppe nur relativ wenige Formen untersucht. Noch weniger sind hier angeführt, da blos diejenigen erwähnt erscheinen, bei denen eine Pericardialdrüse gefunden wurde. Immerhin wird schon aus diesen wenigen Vorkommnissen hervorgehen, dass die Pericardialdrüse auch bei den Gastropoden verbreitet ist, sowie, dass dieselbe, was den Ort ihrer Entstehung an der Pericardialbekleidung betrifft, mannigfach wechselt. Von den Bildungen, die von mir als Pericardialdrüse be- zeichnet werden, sind manche bereits von früheren Untersuchern ') C. Grobben, Die Pericardialdrüse der Lamellibranchiaten und Gastro- poden. Zool. Anzeiger. 1886, Nr. 225. — Die Pericardialdrüse der Opisthobranchier und Anneliden, sowie Bemerkungen über die perienterische Flüssigkeit der letzteren. Ebendas. 1887, Nr. 260. — Die Pericardialdrüse der chaetopoden Anneliden, nebst Bemerkungen über die perienterische Flüssigkeit derselben. Sitzungsber. d. k. Akad, d. Wissensch, in Wien. Mathem.-naturw. Classe. Bd. XCVII, 1888. 3* (35) 2 Prof. Dr. Carl Grobben: der betreffenden Gastropodenformen gesehen worden, und konnten sich auch ihrer grösseren Augenfälligkeit wegen nicht so leicht wie bei den Lamellibranchiaten, wo die Verhältnisse für die Untersuchung etwas schwieriger liegen, der Beobachtung entziehen. Die Angaben dieser Forscher werden bei jeder Form Berücksich- tigung finden. Die Untersuchung wurde an frischem und conservirtem Material ausgeführt. Die Conservirung geschah durch Härtung der lebenden Thiere in schwacher Chromsäure und nachträgliches Einlegen in Alkohol. Die Abbildungen, welche Form und Lage- rung dieser Organe betreffen, sind alle nach in dieser Weise ge- härteten Thieren gemacht. Behufs histologischer Untersuchung wurde auch die Conservirung in Sublimatlösung zuweilen ange- wendet, daneben, wenn möglich, stets das frische Gewebe an- gesehen. I. Anatomische Beschreibung. Prosobranchier. Haliotis. Unter den Formen dieser Gastropodenabtheilung findet sich bei Haliotis die Pericardialdrüse am besten ausgebildet. Unter- sucht wurde Haliotis tuberculata. Eröffnet man den Pericardialraum, so erblickt man die hier in der Zweizahl vorhandenen Vorhöfe des Herzens, von denen der rechtsseitige mehr langgezogene dorsalwärts, der linksseitige ge- drungenere ventralwärts von der den Enddarm umgebenden Herz- kammer gelegen ist. An beiden Vorhöfen fällt die Eigenthümlich- keit auf, dass ihr dem Darme zugekehrter dorsaler Rand gefranst ist, indem daselbst die Wand derselben reiche dendritisch verästelte Ausstülpungen besitzt (Fig. 1). Diese Fransen finden sich ferner an dem unteren, sowie dem lateralen Rande der Atrien und sind am rechts gelegenen Atrium überhaupt stärker ausge- bildet. Zwischen den Basen der umfangreicheren Ausstülpungen treten wieder kleine einfache oder nur wenig weiter ausge- buchtete Divertikel, wie sie sich an den grösseren Ausstülpungen vorfinden, hervor. Auf diese Weise entsteht eine ungemein reiche Lappung und Divertikelbildung der Vorhofwand, wie dies aus Fig. 14 hervorgeht, in welcher das hintere Ende des rechtsseitigen Vorhofes unter stärkerer Loupenvergrösserung abgebildet wurde. (36) Die Pericardialdrüse der Gastropoden. 3 Die Fransen und Ausbuchtungen der Vorhöfe fasse ich als Pericardialdrüse auf, da ich in denselben als das Wesentliche die mit den Wandausstülpungen des Vorhofes parallel gehende Ver- grösserung des, wie bereits von den Lamellibranchiaten bekannt, exeretorisch thätigen Pericardialüberzuges der Atrien erblicke. Die Fransen am Vorhofe sind auch früheren Untersuchern von Haliotis nicht entgangen. So beschreibt und bildet bereits Cuviert) dieselben, doch nur am rechtsgelegenen Atrium, ab. Ebenso hat Milne Edwards?) die Vorhoffransen bei Haliotis gesehen. Endlich sind dieselben in neuerer Zeit wieder von Weg- mann?) beschrieben und auch bildlich dargestellt worden. Wenn ich trotzdem eine neue Abbildung gebe, so geschieht dies, weil weder aus Cuvier’s, noch aus Milne Edwards’ und Weg- mann’s Figur der Reichthum dieser Fransenbildung hervorgeht. Unter dem Mikroskope betrachtet, zeigen die Vorhoffransen nichts Bemerkenswerthes. Sie sind von der zarten von einem Netz- werk von Muskeln durchzogenen Vorhofwand gebildet und gegen den Pericardialraum zu mit einem Plattenepithel überdeckt, dessen die Kerne enthaltenden Zelltheile, je nachdem sich die Atrien im dilatirten oder contrahirten Zustande befinden, mehr oder weniger buckelförmig vorragen (Fig. 12). Auf die mangelhafte Darstellung der Histologie dieser An- hänge von Seiten Wegmann’s brauche ich nicht einzugehen und führe nur an, dass Wegmann des Pericardialüberzuges keine Erwähnung thut. Fissurella. Parmophorus. Unter den Zeugobranchiern treten die Fransenbildungen an den Atrien auch bei Fissurella und Parmophorus auf. Fissurella habe ich selbst untersuchen können, die Vorhöfe von Parmophorus dagegen sind mir blos aus der Beschreibung von Quoy und Gaimard bekannt. Bei Fissurella costaria sind die Lappen der beiden hier symmetrisch ausgebildeten Vorhöfe in geringerem Masse ent- wickelt als bei der früher besprochenen Form; sie erhalten erst ‘) 6. Cuvier, M&moires pour seryir ä l’histoire et ä l’anatomie des Mollus- ques. Paris 1817. M&moire sur l’Haliotide etc., pag, 9 und Taf. I, Fig. 12 und 13. ?) H. Milne Edwards, Observations sur la circulation chez les Mollus- ques, Anno, des scienc. natur. III. serie, t. VIII, 1847. Vergl. Fig. 1 auf Taf. I. ’) H. Wegmann, Contributions ä l’histoire naturelle des Haliotides. Ar- chives de Zoolog. experim, II. serie, t.2, 1884, pag. 351 u. Taf. XVII, Fig. 4 u. 5. (37) 4 Prof. Dr. Carl Grobben: Bedeutung durch die viel umfangreichere gleiche Bildung bei Haliotis. Auf der beigegebenen Fig. 2 treten dieselben noch weniger hervor und wird besonders ihre mehrfach gelappte Gestalt nicht erkennbar. Der Grund dafür ist in dem Umstande zu suchen, dass sich die Atrien in der Diastole befinden, Die Lappen der Vorhofwand sind am ganzen Hinterrande vorhanden, erstrecken sich aber auch an der Medialseite ein Stück auf den Vorderrand hinüber. In histölogischer Hinsicht fand ich eine Uebereinstimmung mit Haliotis, indem die Fransen den Bau der Vorhofwand zeigen und einen aus Plattenepithel gebil- deten Pericardialüberzug besitzen, dessen Kerne buckelförmig vor- ragen. Ist die Wand des Atriums hingegen stark contrahirt, so springen die einzelnen Zellen mit ihrem ganzen Körper hügel- artig vor. Die Epithelzellen zeigen im frischen Zustande einen blassen Inhalt und in demselben wenige röthlichgelbe Körnchen von geringer Grösse. Solche Fransen treten auch bei Parmophorusauf. Quoy und Gaimard!) beschreiben den Vorhof von Parmophorus convexus „en forme d’entonnoir, frangee sur ses bords“. Nach der von den genannten Forschern gegebenen Abbildung zu schliessen, sind die Vorhoflappen bei dieser Form viel stärker als bei Fis- surella ausgebildet. | Turbo. Trochus. Bildungen, wie dieselben am Vorhofe von Haliotis und Fissurella beschrieben worden sind, finden sich ferner am Atrium der sich an Haliotis anschliessenden Azygobranchier, nämlich Turbo und Trochus. Es muss hier vorausgeschickt werden, dass bei Turbo und Trochus gleichfalls noch zwei Vorhöfe vorhanden sind, ob- gleich die rechtsseitige Kieme bereits fehlt. Der linke, in Folge der Querstellung der Herzkammer vor der letzteren gelegene Vorhof ist umfangreich, der rechtsseitige, an der Hinterseite des Ventrikels in diesen einmündende dagegen erscheint bedeutend reducirt (Fig. 3). Die von Quoy und Gaimard?) für Turbomarmoratus gemachte Angabe, dass zwei Vorhöfe vorhanden sind, ist somit !) Quoy et Gaimard, Voyage de l’Astrolabe. Zoologie, t,III. Paris 1834, pag. 316 und pl. 69, Fig. 13. ?) Quoy und Gaimard, a.a. O,, pag. 214. (88) Die Pericardialdrüse der Gastropoden. h) - vollkommen richtig. Dagegen deutete in ganz abweichender und unzutreffender Weise Souleyet!) die einzelnen Theile des Herzens. Den linken Vorhof fasste Souleyet als eine Erweiterung der Kiemenvene auf und bezeichnete dieselbe als „bulbe de l’oreillette“, die Herzkammer deutete er als Vorkammer, das rechte Atrium als Herzkammer und das aus letzterem hervorgehende Gefäss als Aorta. B. Haller?) endlich hat in neuerer Zeit in Ueberein- stimmung mit der Angabe von Quoy und Gaimard den Tro- chiden wieder einen doppelten Vorhof zugeschrieben. Das Vorhandensein doppelter Vorhöfe kann ich nach eigens auf diesen Punkt gerichteter eigener Untersuchung mittelst In- jection vollständig bestätigen. Die Aorta entspringt am hinteren, hier in Folge der Drehung nach links gewendeten Ende der Herz- kammer und theilt sich alsbald in einen im Eingeweidesack auf- steigenden, und einen in den Fuss absteigenden Hauptstamm. Der linke Vorhof nimmt die Vene der einzigen hier vorhandenen links- seitigen Kieme, der rechte rudimentäre einen umfangreichen Gefässstamm auf, welcher in der rechts vom Afterdarm gelegenen Mantelregion verläuft. Bei diesem Anlasse möchte ich noch einige Bemerkungen über die von Haller bei Turborugosus kurz erwähnte rudi- mentäre rechte Kieme°) einfügen. Als solche nimmt Haller „ein äusserlich etwa der Lunge der Pulmonaten vergleichbares Falten- netz“ in Anspruch, welches rechts dem Enddarme fest anliegt. Diese Bildung ist nach der Eröffnung der Mantelhöhle sogleich zu finden und man überzeugt sich auch von der Richtigkeit der Be- schreibung, welche Haller von derselben gibt. Der Deutung als rudimentäre Kieme kann ich jedoch nach meinen Erfahrungen nicht beipflichten, und zwar aus folgendem Grunde: Der Haupt- gefässstamm, der in das rechts gelegene rudimentäre Atrium führt, verläuft nämlich noch lateralwärts von dem eben erwähnten Or- gane in vollkommen der linken Kiemenvene entsprechender Lage- rung. Ueber diesem umfangreichen, bei vollständiger Füllung in der dem Atrium zugekehrten Hältte blasig vortretenden Grefässe ‘) Souleyet, Voyage autour du monde execut& pendant les anndes 1836 et 1837 sur la corvette La Bonite. t. II, Paris 1852, pag. 589--90 und pl. 38, Fig. 15. ?) B. Haller, Untersuchungen über marine Rhipidoglossen. Erste Stndie. Morphol, Jahrb. Bd. IX, 1884, pag. 63. ?) Am eben a. O0, pag. 28, Taf. IV, Fig. 10, sowie: Beiträge zur Kenntniss der Niere der Prosobranchier. Morph. Jahrb. Bd. XI, 1885, Taf. I, Fig. 10. (39) 6 Prof. Dr. Carl Grobben: habe ich keinerlei Faltung des Mantels, welche als rudimentäre Kieme aufgefasst werden könnte, finden können. Ja, es scheint mir nicht einmal möglich, von einer Pseudobranchie zu sprechen. Was aber die von Haller für die rudimentäre rechte Kieme in Anspruch genommene Bildung betrifft, halte ich dieselbe für eine der linken Hypobranchialdrüse entsprechende, nur in gerin- gerem Umfang entwickelte gleiche Drüsenbildung. Nach dieser Abschweifung kehren wir zu der Beschreibung der Vorhöfe zurück. Wie bereits erwähnt, ist der linke Vorhof gross und liegt vor der Herzkammer. Sein der letzteren zugekehrter Rand ist mit. dendritischen Lappen besetzt, die viel umfangreicher als bei Fissurella entwickelt sind (Fig. 3). Die Fransen finden sich zu beiden Seiten der Einmündungsstelle des Atriums in den Ventrikel und erstrecken sich rechts auch ein Stück auf den Vorderrand hinüber. Im rechtsseitigen Atrium sehen wir die Fransenbildung noch viel auffälliger ausgebildet, da das Atrium selbst schmal und gefässartig gestreckt ist. Weniger deutlich erschienen die Fransen bei Trochus zizyphinus. Bezüglich älterer Angaben sei noch angeführt, dass schon Souleyet Vorhoffransen von Turbo rugosus beschrieb und abbildete. Der Pericardialüberzug der Fransen wird wieder von einem Plattenepithel gebildet; am contrahirten Vorhofe springen die Zellen des Epithels buckelförmig vor. Im Zellinbalte liegen ausser dem Kern zahlreiche grünlichgelbe Körnchen. Die Vorhöfe sind im frischen Zustande von röthlicher Farbe; dieselbe rührt von rothgelben Pigmentanbäufungen her, welche sich im Inneren des Vorhofes finden. Opisthobranchier. Auch in der Gruppe der Opisthobranchier kommt bei einer Anzahl von Formen eine Pericardialdrüse zur Entwicklung. Aplysia. Ich beginne mit Aplysia, bei welcher dieselbe bereits vor langer Zeit durch Cuvier’s Untersuchungen bekannt geworden ist. Cuvier!®) beschreibt bei dieser Schnecke an dem im Peri- 10%) Cuvier, l, c. Me&moire sur le genre Aplysia etc, pag. 15—16, sowie pl. II, Fig. 4. (40) Die Pericardialdrüse der Gastropoden. 7 cardialraume gelegenen Theile des nach rechts verlaufenden Aortenstammes eine eigenthümliche Structur: Es sollen sich hier zwei Vorsprünge befinden, welche ganz aus kleinen Gefässen be- stehen, die ausdem Aortenstamm hervorgehen und in denselben zurück- kehren. Aus der vonCuvier beigegebenen Figur zu schliessen, ist die Beschreibung dieser Bildung der Figur entsprechend nach dem Befunde bei Aplysia fasciata (= A. limacina') gemacht. G. R. Treviranus:) bezweifelte die Angabe Cuvier's. Er macht zunächst den Einwand, dass, falls die Beobachtung Cuvier’s richtig wäre, in diesen kleinen Gefässen eine eigen- thümliche Bewegung des Blutes stattfinden müsste, dieselbe scheint ihm indessen sehr der Bestätigung zu bedürfen. Treviranus fand bei seiner Aplysia (A. depilans) blos einen länglich- runden Anhang, in dessen Höhlung „sich die Herzkammer neben dem Eingang zur Aorta durch eine weite Mündung öffnete. Die Umgebung der Höhlung bestand aus einer äusseren und inneren Haut, zwischen welchen ein dichtes Netz von Gefässen lag. Zu diesem führten grosse Löcher, wovon die innere Haut allenthalben durchbohrt war. Dass in die Höhlung sich das Herzblut ergiesst, ist augenscheinlich; dass dieses aber zur Herz- kammer zurückkehrt, lässt sich nicht für gewiss angeben. Das Organ hängt mit dem Herzbeutel zusammen, und es ist sehr wohl möglich, dass in diesem Venen enthalten sind, die das er- gossene Blut aufnehmen und zu einem anderen Theil als dem Herzen oder der Aorta führen“. Nach dieser Darstellung hat Treviranus die von Cuvier beschriebenen Anhänge bei seiner Art nicht gefunden, und es liegt dies, wie aus dem Folgenden hervorgehen wird, wohl einerseits auf unzureichender Beobachtung, findet andererseits aber auch möglicherweise in dem Umstande seine Erklärung, dass bei den von Treviranus untersuchten Exemplaren von Aplysia depilans diese Bildungen nicht besonders deutlich hervortraten. Endlich erwähnt Milne Edwards?) die von Cuvier be- schriebenen Bildungen, ohne etwas Neues über die Form und den Bau derselben hinzuzufügen. !) Vergl. F.Blochmann, Die im Golfe von Neapel vorkommenden Aplysien, Mittheilg. aus d. zool. Stat. zu Neapel. V. Bd., 1884, pag. 30. ?) G.R. Treviranus, Beobachtungen aus der Zootomie und Physiologie. Nach dessen Tode herausgegeben von L. Chr. Treviranus. I. Heft, Bremen 1839, pag. 43—44. °) Milne Edwards, a.a. 0. pag. 60. (41) 8 Prof. Dr. Carl Grobben: Zur Darstellung meiner eigenen Beobachtungen übergehend, will ich mit Aplysia limacina beginnen. Nach Eröffnung des Pericardialraumes und Entfernung des Herzens liegt die an der unteren Pericardialwand in fast der ganzen Länge derselben verlaufende vordere Aorta bloss. An derselben findet man, und besonders im Zustande der Diastole auffallend, umfangreiche Lappungen (Fig. 4). Von der Herzkammer angefangen bis nahe zu der Stelle, wo die Aorta die Wand des Peri- cardialraumes verlässt, erstreckt sich zunächst an der Vorderseite der Aorta ein grosser gelappter hohler Wulst, der sich fast continuir- lich, nur durch eine seichte Furche getrennt, in die an der Hinter- _ seite entwickelten Lappen fortsetzt. Es sind hinten drei solcher Lappen zu unterscheiden, die wieder mit kleineren Ausbuchtungen besetzt sind. Der Ursprung aller dieser Wandvergrösserungen der Aorta tritt an der Oberseite derselben ziemlich deutlich hervor und er- scheint als eine unregelmässige, mit der Verlaufsrichtung der Lappen parallel gehende Einziehang. Bei voller Diastole ver- schwinden die Nebenbuchten der grossen Lappen fast vollständig und die Aorta erscheint mit einem einzigen, nur durch wenige Einschnitte unterbrochenen bogenförmigen Wulst besetzt. In der Systole dagegen sind die Aorta, sowie ihre Lappen abgeflacht und ihre Wand in zahlreiche Falten gelegt. Dann wird man an die Abbildung erinnert, welche Cuvier von diesen Bildungen gegeben hat. Die Lappen der Aorta sind nichts Anderes als Vergrösse- rungen der Aortenwand und zeigen demnach den gleichen Bau. Schneidet man eine diastolische Aorta auf, so kann man sehr schön die baulichen Verhältnisse erkennen, wie sie Treviranus für Aplysia depilans beschreibt. Zwischen breiten, aus haupt- sächlich ceirculär verlaufenden Fasern zusammengesetzten Muskel- balken findet man grosse Löcher, welche in die Lumina der Lappen einführen. Diese Lumina sind von einem Netzwerk von Muskelfasern durchzogen, durch welches die ersteren zu einem Lückenwerk zertheilt werden, das sich gegen die Peripherie der Lappen zu verengt. Die grossen Muskelbalken sind die „innere Haut“, das Lückensystem das „dichte Netz von Gefässen“ in der von Treviranus, die aus dem Aortenstamm hervorgehenden und in denselben zurückkehrenden Gefässe in der von Cuvier gegebenen Beschreibung. In histologischer Beziehung ist zu bemerken, dass die mus- kulöse Wand der Lappen aussen von dem Pericardialepithel be- (42) Die Pericardialdrüse der Gastropoden. g kleidet ist. Dasselbe war auf den Präparaten, die mir bei der Untersuchung zur Verfügung standen, an halbausgedehnten Lappen ein cubisches Epithel bis Pflasterepithel, dessen Zellen keine Wimpern zeigten. Vergleichen wir nun dieselben Bildungen bei Aplysia punctata, so finden wir die bereits bei der vorhergehenden Art beobachteten Verhältnisse, jedoch in minder umfänglicher Ent- wicklung und etwas verschiedener Formenbildung vor. Immerhin ist die Verschiedenheit der einzelnen Wandvergrösserungen der Aorta bei Aplysia punctata, Aplysia limacina gegen- über so gross, dass dieselbe trotz der typischen, bei beiden Arten sich findenden Uebereinstimmung in den Vordergrund tritt. Betrachtet man die vordere Aorta dieser Aplysia-Art, so fällt an derselben zuerst eine Anzahl versehieden geformter breiterer und schmälerer Läppchen auf, welche an der hinteren, und zwar dem Boden des Pericardialraumes zugekehrten Seite, von der Einmündung der Herzkammer in die Aorta an bis nahe zur Aus- trittsstelle dieses Aortenstammes aus dem Pericardialraum ent- springen. Dieselben sind in Folge ihrer Lagerung bei Betrachtung von der Dorsalseite blos in ihren Enden zu sehen (Fig. 5). Es ist, um sie vollständig zu überblicken, nöthig, die hinteren Wand- theile der Aorta nach vorne zu ziehen. Zuweilen werden die Läppchen sogar vollständig von der hinteren Aortenwand bedeckt und dann hat es den Anschein, als fehlten sie; in diesem Falle wird man erst nach Hinaufschlagen der Aorta der Läppchen gewahr. Die Schwierigkeit, dieselben in solchen Fällen zu finden, wird dadurch hervorgerufen, dass sich die Läppchen gegen die untere Wand der Aorta mit der Fläche anlegen. Weiter tritt auf der Oberseite der Aorta vor der Austritts- stelle derselben eine Anzahl von Längsfalten auf, die lateralwärts zum Theile mit Wülsten abschliessen, medialwärts sich allmälig verlaufen. Solche Längsfaltungen zeigt die Aortenwand noch am vorderen Rande bis zur Kniekungsstelle, wo eine Anzahl grösserer Ausbuchtungen als Fortsetzung der lateralen Längsfalten erscheint. Gegen den Ansatz der Herzkammer hin sieht man abermals Längs- faltungen und kleine Vorbuchtungen als Fortsetzung der früher erwähnten Faltenbildungen auftreten (Fig. 5). Es bietet demnach die Aorta von Aplysia punctata ein ganz anderes Bild als jene von Aplysia limacina. Und doch sind die typisch gleichen Verhältnisse bei beiden Arten nach genauerem Eingehen nachweisbar. (43) 10 Prof. Dr. Carl Grobben: Zuerst muss hervorgehoben werden, dass alle Läppchen der Hinterseite einer einzigen von der Herzkammer bis zum Austritte der Aorta verlaufenden Falte angehören und somit nur die stärker vorgebuchteten Theile derselben sind. Besieht man nun weiter den Beginn der lateralen Falten der Oberseite, so findet man, dass sich diese an die Läppchen anschliessen. Da aber diese Falten wieder in jenen des Vorderrandes ihre Fortsetzung haben und diese weiter in denen der Oberseite bis zur Einmündung der Herzkammer, so ergibt sich daraus, dass auch bei Aplysia punctata ein einziger, nur durch geringe Unterbrechungen ge- störter, bogenförmiger Wulst sich in gleichem Verlaufe wie bei Aplysia limacina an der Aorta vorfindet, und blos in der Art der Ausbildung und dem Umfange der einzelnen Abschnitte die auffälligen Unterschiede zu suchen sind, welche dem Beob- achter vorwiegend entgegentreten. Zum Schlusse füge ich noch hinzu, dass die Aorta bei Aplysiapunctata im Zustande der Diastole zuweilen ausser den Lappungen der Hinterseite gar keine Faltungen erkennen lässt, sondern sackartig aufgetrieben erscheint. Wie schon bei der Beschreibung der Lappen von Aplysia limacina bemerkt wurde, sind die Lappen Ausbuchtungen der Aortenwand, deren Lumina mit jenen communiciren. Im Baue stimmen dieselben demnach mit der Aortenwand überein und bestehen aus sich kreuzenden Muskelfasern. Oberflächlich werden sie von dem Pericardialepithel bedeckt, das aus Oylinder- zellen besteht. Diese Zellen tragen keine Wimpern und führen in ihrem feinkörnigen Inhalte ausser dem Kern wenige stärker licht- brechende graue oder gelbgrüne Körnchen (Fig. 13). Was endlich Aplysia depilans betrifft, so finden sich die Lappen der vorderen Aorta in der typisch gleichen Ausbildung wie bei den früher besprochenen zwei Aplysiaarten des Mittel- meeres. Der Vorderrand erscheint hier von dem Uebergange der Herzkammer in die Aorta angefangen zu einem grossen, an dem mir zur Verfügung stehenden Exemplare mit stark ausgedehnter Aorta besonders lateralwärts weit vorspringenden Wulste, welcher kleine Einschnitte besitzt, ausgebuchtet, der Hinterrand trägt zwei viel schmälere derartige Wülste, einen lateralen längeren und einen kürzeren medialen. Die Oberseite der Aorta ist lateralwärts, sowie an der Basis besonders des lateralen Hinterlappens in Wülste und Falten erhoben. Es findet sich somit wieder der an der Vorderseite vor der Herzkammer beginnende und an der (44) 2; P a en; , Die Pericardialdrüse der Gastropoden. rt Hinterseite der Aorta bis zur Herzkammer hin zu verfolgende Wulst, der an seiner lateralen Umbiegungsstelle durch kleinere Vorbuchtungen und reiche Faltungen unterbrochen erscheint. Ich lasse es dahingestellt, welcher Theil dem einzigen von Treviranus gesehenen länglich runden Anhang entspricht. Nach der Darstellung von Vayssiere!) kommt auch bei Notarchus punctatus an gleicher Stelle wie bei Aplysia eine Lappenbildung an der Aorta vor. Pleurobranchus. Pleurobranchaea. Eine Pericardialdrüsenbildung findet sich ferner bei Pleuro- branchus und Pleurobranchaea. Von ersterer Gattung lagen Pl. marmoratus und P]. aurantiacus, von letzterer Pl. Meckelii zur Untersuchung vor. In beiden Genera tritt die Pericardialdrüse in Form von Faltungen auf, welche sich an der Ventralwand des Pericards entwickeln. Um dieselben zu Gesichte zu bekommen, muss man daher den Herzbeutel eröffnen und die Herzkammer sowohl als den Vorhof entfernen. Es liegt sodann die ventrale Wand des Peri- cardiums und die an derselben verlaufende vordere und hintere Aorta bloss. Bei Pleurobranchus marmoratus entspringen längs der hinteren Aorta, soweit dieselbe an der Pericardialwand ver- läuft, sowie auch an einem Theile der vorderen Aorta Falten, welche im Allgemeinen parallel neben einander senkrecht auf die Verlaufsrichtung der Aorten über einen grossen Theil der ven- tralen Herzbeutelwand, allmälig sich verlierend, hinziehen (Fig. 9 P). Am weitesten schienen mir die längs der vorderen Aorta entsprin- genden Falten zu reichen. Die Falten sind an ihrer Basis mit Nebenfältchen besetzt, in ihrem ganzen Verlaufe aber in oft sehr stark gegen den Pericardialraum vorspringende Ausbuchtungen vorgetrieben. Bei Pleurobranchus aurantiacus fand ich die Falten kurz, mit Nebenfältchen besetzt und durch Querfalten mit einander in Verbindung. Die Falten der Pericardialwand werden von dem aus Platten- zellen bestehenden Pericardialepithel bekleidet, ihr Lumen wird von Bluträumen eingenommen, welche, wie die Untersuchung zeigte, 1) A. Vayssiere, Recherches zoologiques et anatomiques sur les Mollus- ques Opisthobranches du Golfe de Marseille. Ann, du musse d’hist. natur. de Mar- seille, t. II, 1885, pag. 88. (45) 12 Prof. Dr. Carl Grobben: von der Aorta entspringen. Davon kann man sich einmal durch die Untersuchung der Innenseite der Aorta, sowie ferner durch Injection überzeugen. Schneidet man die beiden Aorten der Länge nach auf, und besieht die dem Ursprunge der Herzbeutelfalten zugekehrte Wand, so findet man nach sorgfältiger Entfernung des an conservirten Thieren oft sehr fest anhaftenden Blutgerinnsels Gruben, welche in ziemlicher Anzahl vorhanden sind, und in der Tiefe der Gruben weitere kleinere Oeffnungen. Es erinnern diese Bilder lebhaft an das bei Aplysia Gesehene. Dass diese Gruben in die Bluträume der Falten führen, lässt sich ausser ihrem ausschliesslichen Vorkommen an der Ursprungs- stelle der letzteren durch Injection sicherstellen. Es wurde von der Herzkammer aus Berlinerblau in die beiden Aorten injicirt, und jedesmal drang die Injectionsmasse in einen Theil der Falten ein. Wenn die Injection nicht vollständig gelang, so lag der Grund darin, dass dieselbe an conservirten Thbieren, und noch dazu an den schon ausgeschnittenen Aorten gemacht wurde, und zweitens wohl auch darin, dass Blutgerinnsel einzelne Gefässursprünge der Falten, sowie die Falten selbst zum Theil erfüllte. Bei Pleurobranchaea Meckelii ist die Stelle, an welcher Faltenbildung der Pericardialwand auftritt, eine be- schränkte, dagegen erscheinen die Falten von umso umfangreicherer Ausbildung. Es ist hier ein einziges Büschel von Falten vorhanden, welches an der Wurzel der vorderen Aorta unterhalb der Herz- kammer entspringt (Fig. 8P). Die letztere muss daher vollständig zurückgeschlagen oder entfernt werden, um das Faltenbüschel zu übersehen. Die Falten springen bei Pleurobranchaea weit in den Pericardialraum vor, unter diesen besonders die seitlichen, welche die umfangreichsten sind und sich bis an den hinteren Rand des Wimpertrichters der Niere (W) fortsetzen. Sie sind ebenso wie die übrigen kürzeren Längsfalten mit Nebenfältchen besetzt. Die Pericardialfalten zeigen im frischen Zustande eine weiss- lich-gelbliche Färbung. Das sie bedeckende Pericardialepithel ist, wenn die Falten ausgedehnt sind, ein Plattenepithel. Sonst springen die Zellen mehr oder minder buckelförmig mit dem den Kern enthaltenden Haupttheile ihres Leibes vor (Fig. 10). In dem farb- losen und feinkörnigen Zellinhalte findet sich ausser dem Kern eine geringe Zahl grösserer Inhaltskörper, an denen man eine äusserst schwache gelblich-röthliche Färbung wahrnehmen kann (46) ia ae ee Die Pericardialdrüse der Gastropoden. 13 und die offenbar Ursache der gelblichen Färbung des ganzen Organes sind. Eröffnet man durch einen Längsschnitt die Aorta, so findet man an der Wand derselben entsprechend der kleinen Ursprungs- stelle der Falten eine ovale Stelle, die mehrere Oeffnungen zeigt, welche in die Bluträume der Falten einführen. Diese Stelle be- findet sich neben dem Uebergange der Herzkammer in die Aorten an dem Anfange des vorderen Aortenstammes. Doriopsis. Während die Faltungen der Pericardialwand bei den Pleuro- branchiden bisher unbekannt geblieben waren, wurden die der nun zu besprechenden Gattung Doriopsis bereits mehrmals beobachtet. Schon Hancock!) hat dieselben bei allen von ihm untersuchten Doriopsisarten gefunden, und von Doriopsis gem- macea sowie D. nigra beschrieben und abgebildet; er gibt die Lage, Färbung derselben von D. gemmacea an und bemerkt auch, dass sie ein einigermassen drüsiges Aussehen hätten. Von den Pericardialfalten der D. nigra bemerkt Hancock, dass sie nicht wie bei D. gemmacea allmälig sich verlaufen, sondern ab- geschnitten enden. Später wurden diese Falten wieder von R. Bergh?) bei einer Anzahl von Doriopsisarten beobachtet. Stark entwickelt sah Bergh dieselben bei D. nigra, D. Krebsii, D. atropos, D. limbata, D. Denisoni, D. pudibunda; weniger als gewöhnlich entwickelt bei D. grisea; wenig ent- wickelt schienen dieselben bei Doriopsilla areolata und Doriopsis tuberceulosa. Bergh nennt diese Falten „Peri- cardialkieme“, !) A. Hancock, On the Anatomy of Doridopsis, Transact. Linn. Soc., vol. XXV, 1865, pag. 198 und pag. 200, sowie pl. XVI, Fig. 4b und pl. XVII, Fig. 4. (D. gemmacea, D. nigra, D. tuberculosa, D,. elavulata und D. miniata.) ”) R. Bergh, Die Doriopsen des atlantischen Meeres. Jahrbücher d. Deutsch. Malakopol. Gesellsch. VI. Jahrg., 1879 (D. Krebsii und D. atropos.) — Die Doriopsen des Mittelmeeres. Ebendaselbst. VII. Jahrg., 1880 (D. limbata und Doriopsilla areolata.) — Beiträge zur Kenntniss der japanischen Nudi- branchien. I. Verhandlungen d. k. k. zool.-botan. Gesellsch. in Wien. Jahrg. 1880. (D. nigra.) — Malakologische Untersuchungen. Reisen im Archipel der Philippinen von ©. Semper. II. Th., 2. Bd., Wiesbaden 1887, sowie Heft XVI. Nudi- branchien vom Meere der Insel Mauritius. Wiesbaden 1889. (D. Denisoni nach Bergh =D, gemmacea, D. grisea, D. pudibunda und D. tuberculosa.) Diese Aufzählung erhebt nicht Anspruch auf Vollständigkeit. (47) 14 Prof. Dr. Carl Grobben: Im Gegensatze zu den Pleurobranchiden treten die Falten des Pericardiums bei Doriopsis an der Dorsalwand des Herzbeutels auf.!) Man kann sich dieselben in ihrer ganzen Aus- dehnung am besten vor Augen führen, wenn man den Herzbeutel aus dem Thier herausschneidet, die Ventralwand desselben ab- präparirt, die Herzkammer quer durchschneidet und den vorderen Theil derselben mit dem Aortenursprung nach vorn zurücklegt. Nach einem in dieser Weise hergestellten Präparate ist die bei- gegebene Abbildung (Fig. 7) angefertigt. Die Falten gehen, wie die Figur zeigt, alle von der Stelle des Pericards aus, an welcher die Aorta dasselbe verlässt, und verlaufen fächerförmig angeordnet über die Hälfte, die seitlichen sogar über zwei Dritttheile der Herzbeutelwand, allmälig sich verlierend. Die Falten sind hoch, springen weit in den Pericardial- raum vor und werden wieder von secundären Falten besetzt. Beim lebenden Thiere von Doriopsis limbata sind das Pericard und die Falten orangeroth gefärbt; bei conservirten Formen ist die Färbung eine bräunliche. Doch auch der übrige Theil der dorsalen Pericardwand hat ein drüsiges Aussehen und erscheint durchaus nicht glatt, sondern besonders in der Nähe der Falten vielfach höckerig vorgetrieben, was in der Zeichnung wegen der zu grossen Uomplieirung der- selben nicht wiedergegeben ist. Die Falten sind von dem pflasterförmigen Pericardialepithel bedeckt; zuweilen werden die Zellen höher, stellenweise sind sie Plattenzellen, in welchen die Kerne hügelförmig vorragen. In dem blassen Zellinhalte finden sich in spärlicher Menge orangerothe Körnchen eingelagert. An frischen, aus dem lebenden Thiere heraus- geschnittenen Falten des Pericardiums sah ich stets an der Ober- fläche der Zellen einen ziemlich breiten Grenzsaum, welcher seinem ganzen Aussehen nach an eine sogenannte Stäbchencuticula er- innert (Fig. 11). Dieser Saum ist an absterbenden Zellen nicht mehr oder wenigstens nicht mit Sicherheit zu beobachten. Was die Bluträume der Pericardialfalten betrifft, so ent- springen dieselben, wie schon aus dem Ursprung der Falten zu schliessen ist, an dem Beginn der Aorta. Injectionen, bei welchen sich das Gefässsystem gut füllte, führten niemals zu einer Füllung der Faltengefässe. Es ist dies wohl aus verschiedenen !) Ich selbst wurde auf diese Bildungen zuerst durch Herrn Prof. J. W. Spengel brieflich aufmerksam gemacht. (48) ee Die Pericardialdrüse der Gastropoden. 15 Gründen begreiflich, einmal, weil diese Gefässe klein, zweitens weil sie rückläufig sind, endlich weil die Einspritzungen an con- servirten Thieren vorgenommen wurden. Präparirt man jedoch den Beginn der Aorta heraus, so findet man unschwer bei stärkerer Vergrösserung an der dorsalen Seite gegen die Basis der Peri- cardialfalten hin Oeffnungen, welche nichts anderes als die An- fänge der gesuchten Bluträume sein können, Es ist dasselbe Bild, wie es die Innenseite der Aorta von Pleurobranchus bietet. Phyllidia. In gleicher Lagerung und ähnlicher oder gleicher Ausbildung treten Faltungen der dorsalen Pericardialwand bei der Gattung Phyllidia auf. Nach den Beobachtungen von R. Bergh!), der bei mehreren Arten des genannten Genus (Ph. varicosa, Ph. elegans, Ph. pustulosa, Ph. nobilis) das Vorhandensein dieser Bildungen angibt, entspringen dieselben wie bei Doriopsis an der Stelle des Pericardiums, wo die Herzkammer in den Aorten- anfang übergeht. Bergh bezeichnet diese Falten wie bei Do- riopsis als „Pericardial-Gjaelle“ (Pericardialkiemen). Ich hatte nieht Gelegenheit, Phyllidia selbst untersuchen zu können. Doris. Bei Doris tuberculata finden sich Falten des Pericards, die zum Schlusse hier aufgeführt seien. Eröffnet man den Herz- beutel von der Dorsalseite, so gewahrt man als zuerst in die Augen fallend in den seitlichen Randfurchen ovale Nischen, die auch wieder in Nebennischen ausgebuchtet sind (Fig. 6N). Diese Nischen sind von ungleicher Grösse; am weitesten sind dieselben in der Mitte der Seitenfurche, gegen vorn nehmen sie sehr rasch, ebenso auch nach hinten an Ausdehnung ab. Die Nischen werden durch vorspringende Falten des Pericards geschieden. Am Rande dieser Falten verlaufen kräftige Muskelfasern, über welche hinaus das Pericardialepithel nach einwärts nur wenig in Runzeln vorspringt. Solche Falten, wenngleich nicht von gleicher Ausdehnung, finden sich auch an der hinteren Pericardwand, da, wo diese sich an die Wand des Atriums ansetzt. ı) R. Bergli, Bidrag til en Monographie of Phyllidierne. Naturhist. Tid- skrift, Bd. V, 1869, pag. 407, 408, 450, 475, 490. Vergl. ferner Taf. XVI, Fig. 9 und 10, Taf. XIX, Fig. 11, und Taf. XXIII, Fig. 8, sowie die lateinische Text- erklärung. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete, Tom. IX, Heft 1, 4 (49) 16 Prof. Dr. Carl Grobben: Es handelt sich hier gleichfalls um Oberflächenvergrösserung des Pericardialepithels, welche den Pericardialdrüsenbildungen an- gereiht werden können. Obgleich die Nischen und die diese trennenden Falten die auf- fälligsten Erscheinungen am Pericardium sind, so zeigt eine weitere Untersuchung, dass auch die an die Nischen dorsalwärts sich an- schliessenden Theile des Pericards in Runzeln und Höckern gegen den Herzbeutelraum hinein vorspringen; diese Runzelung und Fältelung findet sich ebenso am vorderen Rande der dorsalen Herzbeutelwand und ist gerade über dem Austritte der Aorta aus dem Pericardialraum am reichlichsten entwickelt, also an der- selben Stelle, wobei DoriopsisundPhyllidia die grossen Falten vorhanden sind. Bei Doris tuberculata lässt sich in Folge der geringen Höhe der Falten leicht erkennen, dass dieselben der Ver- breitung der Blutgefässe folgen, sowie es auch unschwer gelingt, die Oeffnungen zu finden, durch welche die vorderen dorsalen Faltungen mit dem Lumen der Aortenwurzel in Verbindung stehen. Woher die Gefässe für die übrigen Faltungen stammen, habe ich nicht sicher- gestellt. Das Pericardialepithel ist an allen den erwähnten Faltenbil- dungen aus Plattenzellen gebildet, deren Inhalt an conservirten Thieren körnig war. Eine derartige Runzelung und Fältelung der Pericardialwand findet sich von R. Bergh!) für Hexabranchus Petersi be- schrieben. Hier ist das Pericardium an den vorderen und den seitlichen Rändern gerunzelt und mit starken Fältchen an der Innenseite versehen. Ob die am Vorhofe bei Tritonia vorkommenden, von Alder und Hancock?), sowie Bergh°) beschriebenen und abgebildeten Lappungen als Pericardialdrüsenbildung aufzufassen sind, lässt sich nach den bestehenden Angaben nicht entscheiden. Ich selbst hatte keine Gelegenheit, diesen Opisthobranchier zu untersuchen und möchte durch diese kurzen Bemerkungen blos die Aufmerk- samkeit auf jene Bildungen lenken. i) R. Bergh, Malacologische Untersuchungen etc., pag. 563. 2) J. Alder and A. Hancock, A Monograph of the British Nudibran- chiate Mollusca. London 1845. 2) Bergh, 1. c. pag. 722. (50) Die Pericardialdrüse der Gastropoden. 7 Il. Function der Pericardialdrüse. Die Untersuchungen über die Pericardialdrüse der Cephalo- poden und Lamellibranchiaten haben rücksichtlich der Function dieses Organes zu der Auffassung geführt, dass dieselbe eine ex- eretorische ist. Die Gründe hierfür waren die engen Beziehungen dieses Organes zu dem Blutgefässsystem, sowie der histologische Bau, welcher entweder Streifung in den Zellen oder Concrement- bildung aufwies. Bei den Gastropoden ist die Beziehung zu dem Blutgefäss- system in gleicher Weise nachweisbar. Die Epithelzellen jedoch, welche diese Faltenbildungen des Pericardiums überkleiden, er- scheinen in anderer Gestalt. Fast immer sind es Plattenzellen, selten werden die Zellen höher und erlangen sogar die Höhe von Cylinder- zellen. Niemals aber ist eine Streifung oder Concrementbildung nachweisbar. Die kleinen röthlichen oder gelblichen Körnchen, welche zuweilen im Zellinhalte anzutreffen sind, können hierbei nicht in Betracht kommen. Wenn auch in der Structur der Pericardialzellen deren ex- cretorische Thätigkeit nicht zum Ausdruck kommt, so zweifle ich doch nicht daran, dass diese Zellen excretorische Bedeutung be- sitzen. Die flache, platte Gestalt derselben ist einer Abscheidung von Flüssigkeit jedenfalls günstig und ich verweise in dieser Hinsicht blos auf das Plattenepithel, das in den Malpighi’schen Körperchen der Vertebratenniere den Glomerulus überkleidet. Ich möchte auch aus einem anderen Grunde annehmen, dass die Wasserabscheidung seitens des Pericardialepithels eine ziemlich lebhafte ist. Die Pericardialdrüse findet sich unter den Gastropoden nach meinen Erfahrungen vorzüglich bei den Opisthobranchiern ausgebildet. Diese Formen besitzen nun zumeist einen sehr grossen Wimpertrichter (vergl. den Wimpertrichter von Doriopsis, Fig. TW) der Niere, dessen colossale Wimpern einen kräftigen Strom zu erzeugen im Stande sein werden und deshalb auch stark ansaugend auf die Pericardialflüssigkeit wirken müssen. Der Wimpertrichter bleibt immer noch relativ sehr gross, wenn auch in Betracht gezogen wird, dass er die beiden Trichter der La- mellibranchiaten zu EN hat. Aus der bedeutenden Grösse des Trichters schliesse ich aber auf die Nothwendigkeit eines Organes dieses Umfanges, welcher erst durch functionelle Anpassung erlangt wurde, und damit weiter auf eine sehr lebhafte excretorische Thätigkeit des Peri- 4+ (ws 18 Prof. Dr, Carl Grobben: cardialepithels, die durch die Saugwirkung des Trichters wieder eine gesteigerte sein mag. Zellen des Pericardialepithels, beziehungsweise der Pericardial- drüse, werden bei den Gastropoden nicht, wie es bei den conerement- hältigen Epithelien der Pericardialdrüsen der Lamellibranchier der Fall ist, in grösserer Menge abgestossen. Doch dürfte ein langsamer Wechsel der Zellen wie bei allen Epithelien auch hier stattfinden. Fütterung oder Einspritzung mit Farbstoffen behufs Fest- stellung der excretorischen Bedeutung der Pericardialdrüse habe ich keine vorgenommen. Solche Versuche hat jedochKowalewsky'!) sowohl bei Lamellibranchiaten, als auch mit Gastropoden und Cephalopoden angestellt. Nach Einspritzung eines Gemisches von einprocentigen Lösungen von carminsaurem Ammon und Indigo- carmin erschien das Indigocarmin in den Zellen des Bojanus’schen Örganes, das Carmin bei den Lamellibranchiaten in den Zellen der Pericardialdrüse; bei den Gastropoden (die Versuche wurden mit Doriopsis, Fissurella und Haliotis gemacht) dagegen war die Ausscheidung des Uarmins nicht zu beobachten. Bei Haliotis färbten sich die Anhänge der Vorhöfe zwar schwach roth, doch war dies nicht sehr deutlich. Aus diesem negativen Resultate lässt sich jedoch meiner Ansicht nach noch nicht der Schluss ziehen, dass die Pericardial- falten der Gastropoden nich exeretorisch wirken. Es handelt sich hier wahrscheinlich hauptsächlich um Wasserabscheidung. Zur Stütze hierfür sei auf die Versuche Kowalewsky’s bei Sepia und Sepiola verwiesen; die Pericardialdrüse (Kiemenherzanhang) blieb hier ungefärbt, obgleich aus der Structur der Zellen deren excretorische Function kaum angezweifelt werden kann. Was die Ansichten früherer Untersucher bezüglich der Function der von mir als Perieardialdrüse bezeichneten Bildungen bei Gastropoden betrifft, so hat Cuvier?), der erste Beschreiber der Aortenlappen von Aplysia, die Frage aufgeworfen: „Serait- ce la un organe seeretoire qui produirait la ligueur qui remplit le pericarde?“ Cuvier dachte somit sogleich an die exeretorische Bedeutung dieser Bildung, ohne sich mit Sicherheit entscheiden zu wollen, ob dies thatsächlich die Bedeutung der Aortenanhänge 1) A, Kowalewsky, Ein Beitrag zur Kenntniss der Excretionsorgane. Biolog. Centralbl. Bd. IX, 1889, Nr. 3, pag. 68—69. 2) Ouvier, l. ce. pag. 15—16. (52) Die Pericardialdrüse der Gastropoden. 19 sei. Milne Edwards!) hingegen sprach die Ansicht aus, dass man diese Bildungen, welche er im Anschlusse an Cuvier als „er&tes vasculaires“ bezeichnete, als Blutdrüsen betrachten müsse. Bei späterer Gelegenheit?) bemerkt Milne Edwards jedoch, dass der Nutzen der „er&tes“ unbekannt sei. Nach Hancock'’s®) Auffassung können die Falten des Peri- cardiums von Doriopsis nur excretorische Bedeutung besitzen, wie er überhaupt den Herzbeutelraum als „pericardial chamber“ geradezu der Niere zurechnete. Die Bezeichnung der Pericardialfalten der Phyllidiaden seitens R. Bergh‘) als „Perieardialkieme“ lässt schliessen, dass Bergh dieselben als einen respiratorischen Apparat aufgefasst hat. Von den Fransen der Haliotis glaubt Wegmann?) auf Grund seiner Beobachtungen, dass ihre Function wahrscheinlich darin bestünde, die Zahl der Blutkörperchen zu vermehren. Ill. Betrachtungen über die Morphologie der Pericardialdrüse der Mollusken. Die vorstehenden und bereits früher veröffentlichten Unter- suchungen haben gezeigt, dass eine Pericardialdrüse bei Lamelli- branchiaten, Gastropoden und Cephalopoden vorhanden ist, dass dieselbe jedoch nicht überall an derselben Stelle der Leibeshöhle und auch nicht in gleicher Weise zur Entwicklung kommt. Bei den Lamellibranchiaten ist es einmal der Pericardialüberzug des Vorhofes, in anderen Fällen der vordere Winkel des Pericardiums, von dem aus Drüsenbildungen ihren Ausgang nehmen. Es besteht, wie bereits bei früherer Gelegenheit‘) von mir erörtert worden ist, somit zwar eine Homologie dieser Organe, aber eine incomplete. Unter den Gastropoden sehen wir wieder bei den Prosobranchiern ‘) Milne Edwards, Observations sur la circulation chez lesMollusgnes etc., pag. 60. ?) Milne Edwards, Lecons sur la Physiologie et l’Anatomie comparee. T. III, Paris 1858, pag. 139, Anmerkung 1. ®) A. Hancock, a. a. O. pag. 200, sowie: On the Structure and Homo- logies of the renal Organ in the Nudibranchiate Mollusca. Transactions of the Linn, Soc. Vol. XXIV, London 1864, pag. 519—520. 4) R. Bergh,|.c. 5) Wegmann, |. c. pag. 351. °) €. @Grobben, Die Pericardialdrüse der Lamellibranchiaten. Ein Beitrag zur Kenntniss der Anatomie dieser Molluskenclasse, Arbeiten aus dem zoolog. In- stitute zu Wien, Bd. VII, 1888, pag. 82. (53) 20 Prof. Dr. Carl Grobben: den Vorhof als Träger der Pericardialdrüse. Bei den Opistho- branchiern dagegen wechselt der Ort, an welchem solche Bildungen ihren Ursprung nehmen können, sehr mannigfach. Dass die Pericardialdrüsenbildungen der Prosobranchier denen der Lamelli- branchiaten, insoweit sie dem Vorhofe auch hier angehören, complet homolog sind, kann wohl angenommen werden. Dass jene der Opisthobranchier weder mit denen der Prosobranchier, noch mit jenen der Lamellibranchiaten, noch endlich denen anderer Opistho- branchierfamilien complet homolog sind, erscheint leicht einsicht- lich. Was endlich die Cephalopoden betrifft, so tritt hier dasselbe Organ wieder an ganz verschiedener Stelle auf, nämlich über den Kiemenarterien, beziehungsweise Kiemenherzen, woraus sich auch dessen incomplete Homologie mit dem gleichen Organe aller übrigen Mollusken ergibt. Für die Gastropoden kann wie für die Lamellibranchiaten die am Vorhofe zur Entwicklung gelangte Pericardialdrüse der Prosobranchier als die phylogenetisch älteste betrachtet werden; denn es sind die tiefststehenden Formen unter denselben, welche die Drüse am Atrium besitzen. Wenn wir statt der am Vorhofe ent- wickelten Pericardialdrüse bei den Opisthobranchiern andere und sehr verschiedene Stellen der Pericardialauskleidung in analoger Weise entwickelt finden, so werden wir im Hinblick auf die doch anzunehmende gemeinsame Abstammung der Prosobranchier und Opisthobranchier zu der Annahme geführt, dass diese Drüsen- bildungen der Opisthobranchier viel später und wahrscheinlich erst nachdem die Opisthobranchier in verschiedene Gruppen auseinander- gegangen waren, in den einzelnen Abtheilungen selbstständig ent- standen sind. Diese secundärePericardialdrüse kann nun entweder die zur Zeit der Bildung der letzteren vielleicht vorhandene primäre am Vorhofe verdrängt haben, oder dieselbe ist, was grössere Wahrscheinlichkeit besitzt, an Stelle der vollständig ver- loren gegangenen primären Pericardialdrüse getreten. Alle eben hervorgehobenen Punkte leiten zu der Auffassung, dass die Pericardialdrüse ein wichtiges Organ der Mollusken vor- stellt. Die Entwicklung drüsiger Differenzirungen des Pericardial- epithels an verschiedenen Stellen des Pericardialraumes und phylo- genetisch wahrscheinlich zu verschiedenen Zeiten bekräftigt dies genügend. Dass vielen Mollusken eine Pericardialdrüse fehlt, die- selbe vor Allem bei den Gastropoden keine so grosse Verbreitung zu besitzen scheint, wird an der Thatsache der Bedeutung dieses Örganes nicht rütteln können. (54) Die Pericardialdrüse der Gastropoden, 21 Zum Schlusse möchte ich noch die Frage aufwerfen, ob sich nicht zwischen der Ausbildung der Pericardialdrüse und den bau- lichen Verhältnissen des Molluskenkörpers, sowie der Lebensweise dieser Thiere eine Beziehung finden lässt und möchte diesbezüglich eine Vermuthung äussern. Vielleicht hängt die Ausbildung der Pericardialdrüse, in welcher es sich um eine Vergrösserung des excretorisch fungirenden Pericardialepithels handelt, mit der geringen Entwicklung des Coeloms (der secundären Leibeshöhle), beziehungsweise der kleinen Oberfläche des das Coelom begren- zenden Epithels zusammen. Bei den Lamellibranchiaten vor Allem kommt hierbei in Betracht, dass ihre Nahrungsaufnahme mit einer reichlichen Aufnahme von Wasser verbunden ist; damit würde die grosse Verbreitung und der ansehnliche Umfang dieser Drüsen- bildung bei den Muscheltbieren in Uebereinstimmung stehen. Die Verhältnisse der Cephalopoden dagegen sind nicht in gleicher Weise mit der ausgesprochenen Vermuthung vollends in Einklang zu bringen; denn hier ist, wenigstens bei den Dekapodiden und auch bei Nautilus, die Leibeshöhle geräumig und trotzdem eine ziemlich ansehnliche Pericardialdrüse vorhanden. Doch muss hier darauf hingewiesen werden, dass in den zuletzt genannten Fällen ein grosser Theil der Leibeshöhle zum Genitalapparat in Beziehung steht und die Epithelbekleidung dieses Theiles vielleicht bereits im Dienste des Geschlechtsapparates eine andere Function besitzt. Immerhin werden noch andere Momente bei der Beurtheilung über den Grund der wechselnden Ausbildung dieses Organes bei den verschiedenen Mollusken in Frage kommen. Tafelerklärung. Allgemeine Buchstabenbezeichnung. A Vorhof des Herzens. Ms Muskelfasern. Ao vordere Aorta. P Pericardialdrüse. Ao‘ hintere Aorta. X Herzkammer. Ep Pericardialepithel. W Wimpertrichter der Niere. Fig. 1. Der dorsal eröffnete Pericardialraum von Haliotis tuberculata In demselben die den Enddarm umgebende Herzkammer, sowie die beiden Atrien mit den reich dendritisch verästelten Ausstülpungen (Pericardialdrüsenbildung) Vergr. 3. Fig. 2. Der von der Rückenseite eröffnete Pericardialraum von Fissurella costaria, In demselben fallen zunächst die beiden Vorhöfe mit ihrem gefransten Rande in die Augen. Die Kammer des Herzens ist zum grössten Theile von den in der Diastole befindlichen Atrien verdeckt. Vergr. 3. (55) 22 Prof. Dr. Carl@robben: Die Pericardialdrüse der Gastropoden. Fig. 3. Der von gleicher Seite eröffnete Pericardialraum von Turbo rugosus. Die beiden Atrien erscheinen am Rande gefranst. Vergr. 5. Fig. 4. Der eröffnete Herzbeutel von Aplysia limacina, Die Vorkammer des Herzens ist vollständig, die Kammer bis auf den an die Aorta sich an- schliessenden Theil weggenommen. Man sieht die in den Herzbeutelraum vorsprin- gende vordere Aorta mit ihren umfangreichen Lappen (Pericardialdrüse). Vergr. etwa 3. Fig. 5. Dieselben Organe nach einem in gleicher Weise hergestellten Prä- parate von Aplysia punctata. Die unteren Lappen (P) an der vorderen Aorta sind blos zum Theile sichtbar. Vergr. 5. Fig. 6. Der Pericardialraum von Doris tuberculata, dorsal geöffnet; die dorsale Wand bis auf den vorderen und hinteren Theil, welche zurückgeschlagen sind, entfernt. In demselben Vorkammer und Kammer des Herzens, An den Seiten des Pericardialraumes Nischen (N), welche durch vorspringende Falten der Wand getrennt werden. Die anstossenden Partien der Pericardialwand, ebenso der zurück- geschlagene vordere Lappen mit Runzeln und Fältchen bedeckt. Vergr. 1'/,. Fig.7. Der Herzbeutel von Doriopsis limbata, von der Ventralseite durch Abtragung der ventralen Pericardwand geöffnet. Die Herzkammer in der vorderen Hälfte durchschnitten und der vordere Theil noch oben umgeschlagen. In Folge dessen übersieht man vollständig die reiche Faltenbildung (Pericardial- drüse) der dorsalen Pericardialwand. Vergr. 5. Fig. 8. Der durch Abhebung der Dorsalwand eröffnete Herzbeutelraum von Pleurobranchaea Meckelii. Die Herzkammer ist vollständig, der Vorhof zum Theil entfernt. An der Ursprungsstelle beider Aorten erhebt sich von der Ventral- wand des Pericardiums ein Büschel von Falten (Pericardialdrüse), welche sich in der Richtung gegen den Wimpertrichter der Niere hin verlieren. Vergr. 4/,. Fig. 9. Der Boden der Pericardialhöhlle von Pleurobranchus marmo- ratus nach Entfernung der Herzkammer und des grösseren Theiles des Vorhofes. Längs der Innenseite der an der Herzbeutelwand verlaufenden beiden Aorten er- heben sich zahlreiche Falten in paralleler Richtung gegen den Vorhof zu, allmäliz sich verlierend. Vergr. 3. Fig. 10. Ein Stück des Pericardialdrüsenepithels von Pleurobranchaea Meckelii. Lebendes Object. Vergr. Hartnack, Obj. VIII, Oc. 3, ausg. Tubus. Fig. 11. Ein Stück Pericardialdrüsenepithel von Doriopsis limbata. Das lebende Object nach Behandlung mit verdünnter Essigsäure. Fig. 12. Ein Stück einer Vorhoffranse (Pericardialdrüse) von Haliotis tuberculata. Lebendes Object. Vergr. 650. Fig. 13. Ein Stück Epithel der Aortenlappen von Aplysia punctata. Lebendes Object. Vergr. 650. Fig. 14. Das hintere Zipfel des rechtsseitigen Vorhofes von Haliotistuber- culata, um den Reichthum der Divertikelbildung an der Vorhofwand zu zeigen. Vergr. 9. (56) Be Neue beiträge Kenntniss des Bandwurmkörpers. Von Dr. Theodor Pintner, Assistenten am k. k. zoologischen Institute der Wiener Universität. Il, Zur Frage des Begattungsaktes bei den Bandwürmern. Die Frage nach der Art, wie die männlichen Fortpflanzungs- zellen bei den parasitischen Plathelminthen in die weiblichen Leitungswege gelangen, konnte bis auf den heutigen Tag trotz mehrfacher vorliegender Beobachtungen von grosser Glaubwürdig- keit nicht allgemein- und endgiltiger Beantwortung zugeführt werden, ja es wurden bis in die jüngste Zeit ausserordentlich leb- haft sich geradezu widersprechende Anschauungen verfochten. Die grössere Zahl von Angaben liegt über Trematoden vor. Schon 1735 beobachtete Schäffer!) und ebenso 1782 Göze?) Individuen von Distoma hepaticum in ausgesprochenster Wechsel- kreuzung, den Penis des einen in der Vagina des anderen und um- 1) „Ueber die Egelschnecken“, Regensburg 1735, S. 17. Cit.nach Van Beneden, Vers intestinaux, Paris 1861, S. 197. ?) „Versuch einer Naturgeschichte der Eingeweidewürmer thierischer Körper“, Blankenburg 1782, S. 170. „Das merkwürdigste an ihnen {an diesen Plattwürmern) ist dieses, dass jedes Individuum beyde Geschlechter an sich hat, und dass jedes dem andern, wie die Schnecken, sein Geschlecht leihen muss. Dicht an einander klebend hab’ ich sie in den Lebergängen gefunden, dass das männliche, wie ein Posthörnchen gekrümmte Glied des einen, in dem weiblichen des andera, und um- gekehrt, steckte,“ (57) 2 Dr. Theodor Pintner: gekehrt. Den gleichen Vorgang berichtet Nitzsch!) 1819 von Holostomum serpens. 1835 beobachtete Burmeister?) 2 Indi- viduen von Distoma globiporum, die genau in der Gegend der Geschlechtsöffnungen aneinander ohne Hilfe der Saugnäpfe fest- hafteten, wagte jedoch nicht diese Erscheinung als Begattung zu deuten. Nunmehr, 1836, trat plötzlich v. Siebold?°) mit der Be- hauptung hervor, „dass das Distomum plobiporum, nodulosum, he- paticum und tereticolle sich selbst durch einen in ihrem Innern unwillkürlich vor sich gehenden Process befruchten“. Diese Beob- achtung vermochte Miescher‘) 1838 nach sorgfältigsten Unter- suchungen für Monostoma bijugum nicht zu bestätigen, doch stellte er die ausserordentlich interessante Thatsache fest, dass die zwei stets miteinander in gemeinsamer Kapsel vereinigten Individuen dieses Thieres sich in einem Zustande andauernder regelrechter Wechselkreuzung befinden. Van Beneden konnte (1861) diesen angeführten Beob- achtungen allerdings keine eigenen bestätigenden hinzufügen. Er wies zur Erklärung der relativen Seltenheit, mit welcher solche Fälle zur Beobachtung kommen, sehr richtig auf die unnatürlichen Bedingungen hin, unter denen die Thiere sich eben befinden, wenn wir sie untersuchen.°) Er fand aber keinen Grund, den vorstehenden Angaben zu misstrauen, da sie seinen genauen anatomischen Unter- suchungen und deren Ergebnissen vollkommen entsprachen und nahm, nach Analogie mit den Bandwürmern, eine Begattung, sei es unter Wechselkreuzung, sei es Selbstbegattung an. In der ersten Auflage seines Parasitenwerkes (1863) sprach sich Leuckart für die Begattung zwischen zwei Individuen, !) Ersch und Gruber’s Encyclopädie. Th. III, S. 399. „Sie befruchten sich gegenseitig, indem sie sich mit der hinteren Oeffnung durch eine Art Ruthe ver- einigen, ... . indem jedes Individuum eines copulirten Paares in beständiger Ab- wechsl)ung bald männlich, bald weiblich agirt, ohne dass ihre Verbindung während dieses Wechsels im mindesten gelöst wird, wie ich dieses merkwürdige Schauspiel an zwei copulirten Paaren des Holostomum serpens fast eine Stunde lang beob- achtet habe.“ °) „Distomum globiporum Rud.“ Ausführlich beschrieben von H. Burmeister. Arch. f. Naturg. 1835, I. Jahrg., II. Bd., S. 188 f. ®) Helminthologische Beiträge, III. Beitrag. Arch. f. Naturg. 1836, II. Jhrg., 8.223. *#) „Beschreibung und Untersuchung des Monostoma bijugum“, Basel 1838, 4°. Cit. nach Van Beneden, =. 0. 5) Vers intestinaux, S. 197, welchem Orte ich auch den grössten Theil der obenstehenden Zusammenstellung entnommen habe. (68) Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. 3 sowie für die Selbstbefruchtung nach v. Siebold aus, während er eine Selbstbegattung für sehr unwahrscheinlich hielt, so dass alle jene Formen, bei denen der angenommene innere Zusammenhang zwischen männlichen und weiblichen Leitungswegen fehle, wie Distoma hepaticum, entschieden auf Kreuzung angewiesen seien.!) Unterdessen hatte Stieda in seinem durchaus klaren und überzeugenden Aufsatze „Ueber den angeblichen inneren Zusammen- hang der männlichen und weiblichen Organe bei den Trematoden“, 1871), dem sich die in gleichem Sinne gehaltene Arbeit seines Schülers Blumberg anschloss:),, den Laurer’schen Kanal als Scheide in Anspruch genommen und auch Beobachtungen mitgetheilt, die eine Begattung auf diesem Wege wahrscheinlich machten. Diese Auffassung brach sich denn auch fast allgemein Bahn und wohl ebensosehr „auf Grund der Thatsache, dass derselbe (nämlich der Laurer’sche Kanal) das Receptaculum seminis trägt, in der Tiefe an der Stelle mit den weiblichen Organen in Verbindung tritt, wo wahrscheinlich die Befruchtung stattfindet, und dass sich häufig Samenfäden in seinem Lumen vorfinden“, wie Looss‘) meint, als auf Grund der unleugbaren Homologie mit der Vagina der Bandwürmer, deren Bedeutung als weibliches Begattungsorgan zu leugnen glücklicher Weise noch Niemandem eingefallen ist. Inzwischen waren diese sich auf die Distomeen beziehenden Angaben in ihrer Geltung auch für die Polystomeen bestätigt worden, indem E. Zeller in einer Reihe sehr schöner Aufsätze, zunächst 1876 für Polystomum integerrimum?), die bei diesem Thiere stattfindende wechselweise Begattung ausführlich beschrieb und Taf. XVIII, Fig. 15, seines zweiten Aufsatzes über Polystomum integerrimum abbildete, daneben aber die Möglichkeit der Selbst- begattung offen hielt. Ausserdem trat Zeller in dieser Arbeit entschieden für die Selbstbefruchtung durch den „inneren Samen- leiter“ ein, für eine Lehre also, die durch die Arbeiten Stieda’s und Blumberg’s einen gewaltigen Stoss erhalten hatte. Er wies nach, dass bei Polystomum integerrimum durchwegs eine directe innere Verbindung zwischen den männlichen und weiblichen Ge- schlechtsorganen vorhanden sei, und dass erstens für in der !) Die menschlichen Parasiten. 1863, I, S. 478 und 555. ?) Arch. f. Anatomie, Physiologie etc. Jahrg. 1871. ®) Blumberg, Ueber den Bau des Amphistoma conicum, #) A. Looss, Beiträge zur Kenntniss der Trematoden. Zeitschrift f. wiss. Zool. 1885, XLI, S. 420. °) Zeitschrift f. wiss. Zool. 1876, XXVI. (59) 4 Dr. Theodor Pintner: Harnblase gesellig lebende Polystomeen die Wechselkreuzung, zweitens für daselbst einzeln lebende Thiere höchst wahrschein- lich die Selbstbegattung als Regel gelte, für die sogenannten Kiemenhöhlenpolystomeen endlich drittens die Selbstbe- fruchtung geradezu die einzige überhaupt vorhandene Möglich- keit einer Eibefruchtung darstelle. Zugleich war aber von ausser- ordentlicher Wichtigkeit als vierter Punkt der sichere Nachweis, dass der Laurer’sche Kanal und nicht etwa die Uterinausmündung das weibliche Begattungsorgan sei, was seit Stieda immer mehr und mehr an Wahrscheinlichkeit gewonnen hatte. Unterdessen hatte Leuckart in Ephemeridenlarven ein-. gekapselte Distomeen gefunden, die in der Cyste geschlechtsreif waren!) und 1868 beschrieb Villot2) ähnliche Fälle. Dasselbe berichtete 1572 Linstow von einer neuen Art: Distomum agamos in Gammarus pulex.°) Alle diese Fälle heischten unausweichlich Selbstbegattung. Dachte nun Willemoes-Suhm 1371 allerdings an eine Be- gattung, indem er in der Umgebung der Geschlechtsöffnung von Distomum megastomum einen Muskelapparat von der Form und Wirkungsweise eines Saugnapfes beschrieb +) — was ich aus eigener Anschauung bestätigen kann — ohne sich jedoch über die Art des Zustandekommens derselben genauer auszusprechen, so deutete dagegen Bütschli 1872 bei Distomum endolobum den Laurer’schen Kanal als Scheide), und Taschenberg stellte 1878 und 1879 das Vorhandensein eines bald paarigen, bald unpaaren Kanals bei mehreren ektoparasitischen Trematoden fest, den er in beiden Fällen schlechtweg als Vagina bezeichnete, während er einen inneren Samengang leugnete. ©) Aehnlich Lorenz 1878.”) Endlich nahm Viliot 1379 eine wechselseitige Begattung mit Hilfe der !) Bericht über die Jahre 1866—67. Troschel’s Arch., Jhrg. XXXILH, S. 279. ?) Observat. de Distomes adultes chez les Insectes. Bull. Soc. statistique de l’Isere 1868, T. II, S.9. Cit. nach Leuckart, Paras. II, Aufl., 1. Lief., S. 98. 3) Ueber Selbstbefruchtung bei Trematoden. Arch f. Naturg. 1872, XXXVIU. Jahrgang, S.1 ff. *, Zeitschrift f. wiss. Zool. 1871, XXI. Bd., S. 180. 5) Beobachtungen über mehre Parasiten. Arch. f. Naturg. 1872, XXXVIIL Jahrgang. 6) Zool. Anz, I, S. 176; Abhandl. d. Naturf.-Ges. in Halle. XIV. Bd,, 3, S. 42; Festschrift ders. Ges. S. 22 und %8. ”) Diese Zeitschrift. II. B. (60) nn PEN Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. 5 wie ein Saugnapf wirkenden Genitalpapille bei Distomum insigne an.!) Schien nun die Frage soweit geordnet und sich einer allge- mein giltigen, für alle Fälle gleichförmigen Beantwortung zu nähern, so kam plötzlich 1880 Sommer°), um, seine früher schon für die Bandwürmer vorgetragenen Lehren auch auf die Saug- würmer anwendend, die Sache neuerlich zu verwirren. Er behauptete, der Penis sei gar kein Begattungsorgan und die Einführung des Spermas geschehe ausschliesslich auf dem Wege der Selbstbefruch- tung, indem dasselbe in Folge des äusserlichen Verschlusses der Geschlechtskloake aus dem durchaus nicht vorgestülpten Vas deferens direkt in den Endabschnitt des Uterus einfliesse. Daran schlossen sich höchst unglückliche morphologische Speculationen, die die Vagina der Bandwürmer sogar dem männlichen Leitungsapparat zuweisen möchten, während sie die offen daliegende morphologische Homologie und physiologische Analogie zwischen Bandwurmvagina und Laurer’'schem Kanale vollständig verkannten und an der viel lohnenderen Betrachtung der Frage, wieso bei Bandwürmern die Kopulationsöffnung, bei Saugwürmern die Geburtsöffnung mit der männlichen Geschlechtsöffnung vergesellschaftet sei, achtlos vorübergingen, umsomehr, als sie in dem Laurer’schen Kanale ein ganz nebensächliches Organ zur Dotterableitung erblickten. Unglücklich wie diese biologischen und morphologischen Fragen waren auch hier, wie in den anderen Plathelminthen- Arbeiten Sommer’s, histologische Fragen beantwortet, — ich erinnere nur an die seitdem fast unausrottbaren „Porenkanälchen“ der Hautschicht der Bandwürmer — aber sie schlossen sich an eine geradezu musterhafte und bis heute durchaus unübertroffene ana- tomische Beschreibung der Geschlechtsorgane an und wussten, auf diese gestützt, die klarsten und bestimmtesten Angaben selbst der angesehensten Gelehrten in der Literatur in den Hintergrund zu drängen. Bald aber folgten Angaben, die sich wieder entschieden für die Stieda’sche Anschauung aussprachen,. So 1881 Kerbert für Distomum Westermanni (= Distomum pulmonale Baelz) aus dem Königstiger), einer jener merkwürdigen Formen, die stets zu 1) Ann. d. scienc, nat. Zool, 1879, VIII, Bd., S. 13. ?) Die Anatomie des Leberegels von Ferdinand Sommer, Zeitschrift f. wiss, Zool. 1880, XXXIV. Bd., S. 592 ff., S. 623 ft. ?) Arch. f. m. Anat. 1881, XIX. Bd., S. 569 ff. (61) 6 Dr. Theodor Pintner: zwei in einer Cyste vorkommen, was, wie Kerbert richtig sagt, schon allein für die hohe Wahrscheinlichkeit einer wechselseitigen Begattung spricht. Hatte jaschon Miescher eine solche für einen ähnlichen Fall vorlängst festgestellt. In derselben Weise trat P.M. Fischer 1383 für gegenseitige Begattung unter Funktion des Laurer’schen Kanals als Scheide bei Opisthotrema cochleare aus der Paukenhöhle des Dugong ein. Allerdings wich von diesen Anschauungen eine direkte Beobachtung der Immissio penis et seminis durch Zaddach 1884 ab, der bei Distomum eirrigerum aus dem Flusskrebse eine Selbstbegattung, aber unter Einführung des Penis in den Oviduct, nicht in den Laurer’schen Kanal, be- schrieb.!) Hier schliessen sich dann die Ansichten von Looss 1835 an?), der die Selbstbegattung für möglich hält, dann sich aber für gegenseitige Begattung zweier Individuen auf dem Wege der Einführung des Penis in den Eileiter des anderen In- dividuums als Regel ausspricht, wovon er sogar zwei Beobachtungen machte. Nunmehr trat Leuckart 1886 in der zweiten Auflage seines Parasitenwerkes mit durch die seitherigen Arbeiten bedingten Mo- difieationen seiner Anschauungen auf. Einerseits gestand er die durch eigene und fremde Beobachtungen zur unabweisbaren Forderung gewordene Selbstbegattung zu.°) Andererseits sprach er sich unter Berufung auf Zaddach und Looss für Wechsel- kreuzung auf dem Wege des Eileiters oder Uterus aus, so dass er sich gezwungen sieht, dem Laurer’schen Kanale die Bedeutung eines weiblichen Kopulationsorganes abzusprechen, ohne doch seine Homologie mit der Vagina der Bandwürmer leugnen und eine, nach eigenem Zugeständnisse, sehr wahrscheinliche physio- logische Deutung für denselben ausfindig machen zu können.) !) Zool. Anz. 1881, IV. Jahrg., S. 427. ?) Zeitschr. f. wiss. Zool. 1885, XLI. Bd., S. 420 ff. 3) Parasiten. II. Aufl., 3. Lief., S. 45, 4. Lief., S. 224. *) Parasiten. II. Aufl, 3. Lief., 8.56 f£., 4. Lief., S. 225. Jedenfalls dürfte es sich empfehlen, den Namen „Laurer’scher Kanal“, wenn er überhaupt noch weiter gebraucht werden soll, allein auf die „morphologische“ Vagina der Trematoden an- zuwenden nnd nicht von einem Laurer’schen Kanale und einer Vagina bei einem und demselben Thiere gleichzeitig zu sprechen, wie Leuckart bei den Polystomeen (a. a. 0.8. 59), da hierdurch die Verwirrung noch grösser würde. Der „innere Ver- bindungsgang“ oder „innere Samengang“, der ja jetzt hauptsächlich nur für Poly- stomum integerrimum als glaubwürdige Annahme fortbesteht, wäre dann immer als solcher zu bezeichnen. — Uebrigens hält Leuckart selbst bei Distomum spathu- latum, Parasiten, 4. Lief,, S. 348, den Laurer’schen Kanal für eine Scheide und (62) Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. 7 Seither erschienen noch zwei wichtige, auf unseren Gegenstand sich beziehende Angaben: Einmal veröffentlichte Brock eine Mit- theilung über Eurycoelum Sluiteri nov. gen., nov. spec., eine Tre- matodenform mit anfänglich geschlossenem Uterus, inwelchem sich Spermamassen und entwickelte, also befruchtete Eier vorfanden.!) Diese Thatsache spricht, wie Monticelli sehr richtig bemerkt ?), sehr entschieden für eine Be- gattung unter Inanspruchnahme des Laurer'schen Kanales als Scheide, und nicht minder die kleine, aber vortreffliche Arbeit Zeller’s über Diplozoon paradoxum.°) Wie nämlich Miescher genau 50 Jahre vor Erscheinen dieser eben genannten Arbeit fest- gesetzt hatte, dass die zwei in einer Kapsel vereinigten Individuen von Monostoma bijugum zum Zwecke ununterbrochener Wechsel- kreuzung einander gesellt seien, so ging aus den Untersuchungen Zeller’s nunmehr hervor, dass die für Lebenszeit eintretende Ver- gesellschaftung der beiden Diporpen noch einen weiteren Schritt auf diesem Wege bedeute, indem hier die Mündung des Vas deferens eines jeden der beiden Individuen mit der Vaginalmündung des anderen völlig verwächst.*) Und ich muss Zeller vollkommen bei- stimmen, wenn er sagt: „Dieses letztere so eigenthümliche Verhalten muss aber noch eine besondere Bedentung gewinnen, insoferne es uns gestattet, einen Schritt weiter zu gehen und gerade in der Ausnahme den Hinweis auf die Regel zu erkennen, wie wir uns auch sonst bei den Trematoden die Begattung zu denken haben mögen, so zwar, dass bei diesen in dem einzelnen Akt eine vor- übergehende Verbindung je zwischen dem Samenleiter des einen und dem Laurer’schen Kanale des anderen Thieres zu Stande komme, wie wir sie als eine dauernde bei Diplozoon angetroffen haben. Es muss nicht nur die bisher noch so vielfach angefochtene Annahme, nach welcher dem Laurer’schen Kanale die Bedeutung kurz zuvor (Parasiten. 1881, II. Aufl., 2. Lief., S. 390) schreibt er: „Wenn man früher der Meinung war, dass der sog. Uterus der letzteren (der Trematoden) in gleicher Weise die Begattung, wie die Eierlage vermittle, so war das ein Irr- thum, wie die seither vielfach bestätigten Beobachtungen von Blumberg und Stieda ausser Zweifel gestellt haben.“ %) Nachr. v. d. königl. Gesellsch. d. Wissensch. zu Göttingen. 24. Nov. 1886, Nr. 18, S. 543. ?) Saggio di una morphologia dei Trematodi. Neapel 1888, S. 65. %) Ueber den Geschlechtsapparat von Diplozoon paradoxum von Dr. E. Zeller in Winnenthal, Zeitschr. f, wiss. Zool. 1888, XLVI. *) 8. 234. (63) 8 Dr. Theodor Pintner: und Funktion einer Vagina zukomme, der Zirrus aber bei der Be- gattung...,. auf dessen Mündung aufgesetzt wird, eine Unter- stützung von, wie ich glaube, entscheidender Wichtigkeit finden, sondern es wird des Weiteren angenommen werden dürfen, dass die Begattung auch eine gleichzeitige gegenseitige Bahr „0 So scheint sich der gegenwärtige Stand unseres Wissens in diesem Punkte wieder demjenigen nach der Publikation der Stieda- Blumberg’schen Arbeiten zu nähern und daher spricht auch Monticelli in seinem mit so dankenswerthem Fleisse und kriti- scher Klarheit zusammengestellten Werke: „Saggio di una Mor- phologia dei Trematodi“ (Neapel 1888) kurzweg von einer „Vagina“ der Trematoden und sagt für die Monogenetischen: „Essa puö essere unica, come in molti casi si osserva (Tristomum, Acantho- cothyle, Diplozoon, Epibdella, Temnocephala ed altri), ma puö anche essere duplice come nel Callicotyle, nello Pseudocotyle e nel Polystomum“.. .2), und für die Digenetischen: „que il canale dı Laurer dei digentiei per la sua posizione e il suo decorso, per i suoi rapporti con l’ovidotto interno e con gli organi femmi- nili in generale e per la presenza di uno slargamento vescicolare, paragonabile al ricettacolo seminale interno dei monogentici, rap- presenti morfologicamente parlando la vagina dei digenetici, come gia Blumberg avveva pensato... In favore di questa inter- pretazione va ancora considerato che nei degentici non vi & altra parte dell’apparecchio genitale che possa riguadarsi come una vagina“°); und endlich: „Ad ogni modo si & tuttora in presenza di fatti che vogliono essere ancora meglio investigati, ma non parmi che questi abbiano, nello stato attuale delle nostre conoczenze, valore tale da impedire di stabilire una omologia del canale di Laurer dei digenetiei con la vagina dei monogenetici.“ ®) Ich für meinen Theil schliesse mich diesen Anschauungen Montecelli’s durchaus an, umsomehr, als mir sämmtliche wider die Deutung des Laurer’'schen Kanales als funktionirende Scheide vorgebrachten Einwendungen vollständig unstichhältig erscheinen. 11,8,238. Ya ah. 9)-2. 80,8. 58; *) a.a. O0. S.59. — Zusammenfassend hat sich seither auch noch M. Braun über den Gegenstand ausgesprochen, aus Anlass von Beobachtungen über Selbst- begattung bei Limnaeuss auricularius. „Humboldt“, Stuttgart 1839, VIII. Jahrg., S. 19. (64) Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. 9 Alle Einwendungen, die sich von Lageverhältnissen herschreiben, zerfallen sofort, wenn man an die so oft ganz paradox erscheinende Kontraktilität des Plattwurmkörpers denkt und die Länge des Penis in Betracht zieht. Auch dort, wo dieser kurz zu sein oder gänzlich zu fehlen scheint, muss man vorsichtig sehr zahl- reiche Individuen prüfen, ehe man diese Annahme als fest- stehende Thatsache betrachten darf. So hielt ich beispielsweise den Penis von Echinobothrium affıne lange Zeit für auffallend kurz und nicht weit vorstülpbar, da ich durchaus solche Bilder an meinen sehr zahlreichen Präparaten vorfand, bis ich zufälliger Weise auf eines traf, an welchem derselbe die Länge der ganzen Kette um ein Vielfaches überbot und mehrmals um das Glied herumge- schlungen war. Auch von der relativen Weite der Vagina und des Penisrohres sich herschreibende Einwendungen sind nicht zulässig, wenn man an die gleichfalls sehr grosse Kontraktilität beider Organe denkt; wie unbegründet derartige Einwände sind, zeigt ja schon zum Theile Looss’ Zeichnung des Kopulationsaktes auf Taf. XXIII, Fig. 15 seiner Arbeit, wo die distalen Enden der in die Eihälter eingeführten Penisstücke bedeutend dicker sind, als die Mündungen der letzteren. Nicht minder irrelevant ist die Richtung und Stellung der Kutikularanhänge des Penis, deren Rigidität gewöhnlich viel zu klein ist, um hier in Betracht zu kommen, sowie die Stellung der Härchen als unbestimmt bezeichnet werden muss, da sie sich mit Aenderungen der Spannung, die im Lumen des Penis herrschen und nebst den Muskelfibrillen der Haut die Ausdehnung dieser bestimmen, gleichfalls ändert. Der häufig beobachtete gänzliche Mangel von Spermatozoen im Laurer- schen Kanale erklärt sich sehr einfach dadurch, dass die peristal- tischen Bewegungen der Vagina, die leicht zu beobachten sind, dieselben sofort gegen das Ootyp hin fortführen. Am allerschwächsten ist aber der Einwand, dass man Dottermassen oder Eier im Laurer- schen Kanale vorfinde, und es ist mit aller Entschiedenheit zu be- tonen, dass, wie Monticelli ganz richtig bemerkt, ein solches Vorkommen stets auf die Quetschurgen des Präparates, höchstens auf pathologische Ursachen, zurückzuführen ist.!) ') In Lang’s „Lehrbuch der vergleichenden Anatomie“ heisst es S. 158: „Vom Ootyp (der Bandwürmer) .... entspringt ... ein mit Eiern erfüllter Uterus, der häufig durch eine besondere Oefinung nach aussen mündet und so an den Laurer’schen Kanal der Trematoden erinnert.“ Glaubt Lang wirklich an eine Homologie zwischen Cestodenuterus und Laurer’schem Kanal, so mag er das klar und verbindlich aussprechen und nicht das unbestimmte Wort „erinnert“ ge- Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom.IX, Heft 1. 5 (65) 10 Dr. Theodor Pintner: Wenden wir uns nunmehr zu den Bandwürmern. Hier sind die Angaben der älteren Autoren bald aufgezählt. Sie beginnen nach Leuckart mit einer aus den Dreissiger-Jahren stammenden Angabe von T. S. Schultze über Seibstbegattung bei Tänien !), dann folgt die schöne Schilderung bei Van Beneden, der Les Vers Cestoides, pag. 64, die Selbstbegattung freier Proglottiden von Phyllobothrium lactuca beschreibt (1850). Pagenstecher will 1858 bei Tetrabothrium auricula die Kopulation beobachtet haben, und zwar in der Art, dass sich der Penis eines Gliedes in die Vagina eines anderen derselben Kette eingeführt vorfand, das durch wenige Zwischenglieder von dem ersteren getrennt war.?) Leuckart hatte schon 1856°) die Selbstbegattung für Taenia elliptica festgesetzt und beschrieb dieselbe nun auch von Taenia echinococcus; diese letztere bildete er auch ab )’und fügte hinzu, dass man diese Beobachtung nicht gerade selten machen könne. Dagegen trat Sommer, ohne die Angaben Van Beneden’s und Pagenstecher's zu kennen, mit seinen bekannten, bereits oben besprochenen Ansichten auf°), gegen die sich Leuckart mit Recht entschiedenst verwahrte ©) und seine richtigen Beobach- tungen und Anschauungen durchaus aufrecht erhielt”) und zugleich®) bei Bothriocephalus latus aus „dem Genitalfelde aufsitzenden Ge- fühlspapillen mit aller Bestimmtheit auf einen geschlechtlichen Verkehr zwischen den einzelnen Gliedern“ schloss, umsomehr, als man nicht annehmen könne, dass ein so mächtig entwickeltes Organ, wie der Penis der Cestoden, „seinen Trägern blos als Zierat diene“. Seither sprach sich Oerley°) über diesen Gegenstand aus, indem er für „Acanthobothrium coronatum Rud.“ sagt: „Ihre brauchen, dann aber auch eine so durchaus paradoxe Anschauung begründen. Glaubt er aber nicht an eine morphologische Gleichwerthigkeit, wie dieser Satz Jedermann nahe legt, so dürfte es sich umsomehr empfehlen, denselben vollständig fallen zu lassen, als derselbe bei den ohnedies verwickelten Verhältnissen in den Köpfen der Studierenden nur Verwirrung hervorrufen muss. !) Leuckart, Die Blasenbandwürmer. Giessen 1866, S. 79. 2) Zeitschr. f. wiss. Zool. 1858, IX. Bd., S. 528. 9) A.a.0.8.79. *) Parasiten, I. Aufl., I. Bd., S. 338 und Fig. 98. d) Zeitschr. f. w. Zool. 1874, XXIV. Bd., S. 507 ft. e) Parasiten. 1881, II. Aufl., 2. Lief., S. 393, Anmerkung. ') Ebendaselbst, S. 399, Fig. 164, S. 558 und 746. 8) Ebendaselbst, 8. 880. °%, Termöszetrajzi Füzetek, 1885, Vol. 9, 8. 220. (66) u u Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. 11 Glieder gehen nie einzeln, sondern in kleinen Ketten ab, welche längere Zeit im Darm verbleiben (was natürlich, wenn es Oerley auf unser heutiges Calliobothrium corollatum be- zieht, ganz falsch ist), dort sich gegenseitig . befruchten und oft auf das Zweifache anwachsen.“ Und von Calliobothrium verticillatum sagt er: „Es scheint, dass auch hier die abgegangenen Glieder in Coitus treten, da die Eier gewöhnlich erst längere Zeit nach der Trennung abgelegt werden.“ Da auch hier wiederum die Voraussetzung, „das Ablegen der Eier“, ein vollständiger Unsinn ist, so fällt auch die Berechtigung zur Schlussfolgerung. Zschokke spricht sich an zahlreichen Stellen seiner Arbeit für die Möglichkeit einer Selbstbegattung der Proglottis aus, hat aber eine solche direkt nicht beobachtet.!) Ich selbst hatte durch die langen Jahre meiner Beschäftigung mit Bandwürmern diesem Gegenstande meine Aufmerksamkeit ge- widmet und, ganz wie Van Beneden, nie Gelegenheit gehabt, zwei Glieder in Begattung oder überhaupt einen hierher gehörigen Fall zu finden, so dass mir ein innerhalb der Geschlechtskloake durch Verschliessung der äusseren Oeffnung derselben stattfindender Uebertritt des Spermas bereits als einzige Möglichkeit zu er- scheinen begann, obzwar ich mir, ähnlich wie Looss, sagen musste, dass die Kontraktionen der Hautmuskeln, welche die Bewe- gung der Proglottis bewerkstelligen, nothwendigerweise bisweilen einen Verschluss der Kloake herbeizuführen geeignet sein müssten, auch dann, wenn ein solcher vielleicht im Interesse des Begattungs- geschäftes von dem Thiere gar nicht beabsichtigt sei, und es kam mir der Gedanke, dass, da ja doch der lange Penis nicht allein „als Zierat“ vorhanden sein könne, derselbe vielleicht geradezu eine Schutzeinrichtung gegen unzeitgemässe Selbstbegattung sei und dann ausgestreckt werde, wenn in Folge der Körperbewegung und der Druckverhältnisse im Vas deferens bei zu gewärtigendem Kloakenverschlusse ein vielleicht nachtheiliger Uebertritt von Sperma in die Vagina stattfinden müsste. Was mich einer solchen !) Zschokke, Recherches sur la structure anatomique et histologique des Cestodes, Geneve 1888, S. 32 für Taenia Mamillana Mehlis, S. 85 für T. relicta Zschokke, S. 167 in der Zusammenfassung: „Une autofecondation des proglottides est fort probable. L’immission du cirrhe me parait &galement prouv&e chez plusieurs especes, S. 191 für Calliobothrium coronatum Dies,, S. 221 für C. verticillatum Van Ben., S.245 für Onchobothrium uncinatum Rud., S. 312 für Tetrabothrium longicolle, S. 360 für Echeneibothrium Myliobatis Aquila Wedl und S. 376 in der Zusammenfassung, 5* (67) 1% Dr. Theodor Pintner; Annahme noch geneigter machen wollte, war neben meinen erfolg- losen Bemühungen, den Begattungsakt zu beobachten, der Umstand, dass ich dem Cirrus, dessen eigenthümliche lebhafte wurmförmige Bewegungen ich ja oft am lebenden 'TThiere beobachtet hatte, mit Rücksicht auf seinen Durchmesser und den der Vagina nicht ge- nügende Rigidität, nicht genügende Steifheit zutraute, um in die letztere aktiv eindringen zu können. Umso grösser war meine Ueberraschung, als ich zu Ostern 1889 in Triest beim Aufschneiden der Spiralklappe eines Mustelus laevis zwei freie Proglottiden eines Anthobothrium Musteli Van Ben. erblickte, die ich sogleich für ein in Copula befindliches Pärchen halten musste. Ich beeilte mich, dieselben vorsichtig in Sublimat zu übertragen, und hatte die Freude, das Pärchen that. sächlich in seiner Verbindung fixirt und nach Karminfärbung das überzeugendste Präparat vor mir zu sehen. Dasselbe erscheint in Fig. 1 auf Tafel I abgebildet. Die beiden Glieder, die in Copula getreten sind, erscheinen sehr gleichalterig, sie besitzen eine Länge von 4!/, bis fast 5 Mm., während sie, nebeneinander liegend, etwas über 3 Mm. gemeinsamer Breite zeigen, stehen also noch sehr weit unter der gewöhnlichen Wachsthumsgrenze. Sie sind an ihren beiden Enden wohl gerundet und vernarbt, keine Spur einer Trennungswunde zeigend; das Vorderende, das im Leben jene lebhaften, charakteristischen, fast wie Tastbewegungen erscheinenden Gestaltveränderungen ausführt, ist etwas zugespitzt und besonders bei dem einen Individuum eben zum Weiterkriechen weit ausgestreckt, das hintere fast eingekerbt. Der Uterus ist prall mit Eiern gefüllt, aber noch nicht in jenem Uebermaasse, wie bei sehr alten und grossen Gliedern, die man kaum bei der zartesten Berührung mehr vor dem Zerplatzen schützen kann. Die beiden Seitenränder erscheinen in ziemlicher Breite von den Dotterstöcken (do, do‘), der helle Zwischenraum zwischen diesen und dem Fruchthalter von den Hoden (£, t‘) angefüllt, die besonders im vorderen Theile oberhalb der Vaginalschleife ge- häuft erscheinen. Zugleich treten dieselben auf der Rückenseite (a) noch zahlreich über dem Uterus liegend auf, was in der Ventral- ansicht (5) nicht der Fall ist. Im hinteren Theile des Gliedes liegt der schmetterlingsflügelförmige Keimstock (ov, ov‘), zwischen seine rechte und linke Hälfte die Schalendrüse /sd) und die weiblichen Leitungswege eingeklemmt, von denen auf der Rückenseite der Oviduct (ovd) und die Vagina (vag) über dem Uterus (ut) sichtbar sind, während sie in der Ventralansicht des Gliedes (8) von dem (68) Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. 13 letzteren /ut‘) bedeckt erscheinen, wogegen hier die paarigen Dotter- gänge und deren in der Medianebene liegende unpaare Vereinigung in Form eines Y zu oberst liegen. Nirgends zeigt der Uterus eine Spur einer Ausmündung. Schon in diesem Alterstadium entstehen allerdings gerne auf der Ventralseite bei unvorsichtiger Behandlung des Gliedes jene Spalten und Risse in Uterin- und Körperwand, die die Eier austreten lassen, sich aber, unbestimmt in Beziehung auf die Höhe des Gliedes, und oft als zwei, drei hintereinander- liegende runde Oeffnungen auftretend, ehe sie sich zu einer grossen Spalte in der Mittellinie vereinigen, durchaus nicht als natürliche Uterinausmündung, sondern als Verletzungen kennzeichnen. !) Den vorderen Theil der Glieder füllt das Vas deferens aus, dessen Schlingen dorsal von der Vagina gelagert erscheinen (vd, vd’) und zugleich hier grösstentheils von dieser in einem für Antho- bothrium Musteli ganz charakteristischen Bogen, einer hoch nach dem Vorderende des Gliedes aufsteigenden winkeligen Schleife /vag' auf 5b), umfasst werden, so dass sich hier der gerade aus- laufende distale Endtheil des Vas deferens mit dem entsprechenden Endabschnitte der Vagina nicht mehr überkreuzt, wie bei den Calliobothrien und anderen. In der Copula waren nun die beiden Glieder so gelagert, dass sie, die Vorderenden nach derselben Richtung gewendet, sich die Seitenränder mit den Genitalpapillen zuwandten, und zwar in der Weise, dass die Bauchfläche des einen (d) nach derselben Richtung sah, wie die Rückenfläche des anderen (a). Es kann leicht möglich sein, dass sie schwach gekreuzt lagen, da sie noch nach der Fixirung — die ja bei Anwendung von Sublimat auch die äussere Körperform dieser Thiere sehr richtig erhält — diese Stellung einzunehmen strebten, indem sich das Glied 5 mit seinem aus- gestreckten Vorderende leicht über das Glied a hinüberlegte. Diese Lage entspricht genau dem, was Zeller für Diplozoon paradoxum angibt und für die übrigen Trematoden erwartet, wenn die Wechsel- kreuzung auf dem Wege des Laurer’schen Kanales vor sich gehen sollte. Was nun das Wichtigste ist: Das Präparat zeigt regelrechte Wechselkreuzung, der Penis eines jeden Individuums steckt in der Vagina des anderen, wie man aus Taf. I, Fig. 1 und noch deutlicher aus Fig. 2 ersieht. ps ist der Cirrusbeutel des Gliedes a, das um die Mündungen der Leitungswege einen auffälligen Wulst (w) zeigt 1) Vergl. Th. Pintner, Neue Untersuchungen etc. 1; diese Zeitschrift, VIII. Bd., 3. Heft, S. 6, Anm. (69) 14 Dr. Theodor Pintner: und dessen Penis p in die Vagina vag’ des Gliedes 5 eingeführt ist, und umgekehrt. Die beiden Penis stecken hier nur bis zu jenem Punkte in der Vagina, wo diese enger zu werden beginnt, was, wie wir unten sehen werden, durchaus nicht immer der Fall ist, und woraus ich schliesse, dass die Begattung in jenem Stadium, welches durch das Präparat fixirt erscheint, sich bereits ihrem Ende näherte. Man sieht ferner, wie der Penis im Stande ist, sich retortenförmig aufzublähen und wie er seinen Durchmesser sehr verändern kann. So erscheint durch einen glücklichen Zufall festgesetzt, dass typische Wechselkreuzung nach Art derjenigen der Schnecken bei den Bandwürmern vorkommt, und es dürfte gewiss keine allzu schnelle Verallgemeinerung darin liegen, wenn man dieselbe für alle jene Fälle, wo zahlreiche geschlechtsreife Glieder, sei es in losgelöster, sei es in Kettenform, sich in demselben Wirthe auf- halten, als Regel bezeichnen würde. Bald sollte mich jedoch ein zweiter glücklicher Fund belehren, dass solche Wechselkreuzung auch in Fällen, wo sie durch die grosse Zahl und das gleiche Alter der vorhandenen Glieder ausser- ordentlich leicht stattfinden kann, doch keineswegs ausschliesslich vorkommt, sondern auch die Selbstbegattung. Ich hatte durch ein gleichfalls zu Anthobothrium Musteli Van Ben. gehöriges, mit den eben beschriebenen ziemlich gleich- alteriges freies Glied, an dem ich vor dem Einbetten in Paraffin durchaus nichts Ungewöhnliches bemerkt hatte, eine Serie von Flächenschnitten angefertigt, als ich bei der Durchmusterung den Penis dieses Gliedes tief in die Vagina des- selben eingeführt fand. Der wichtigste Abschnitt, die Ausmündung der beiden Leitungswege, findet sich in theilweier Rekonstruktion aus mehreren aufeinanderfolgenden, mit der Camera übereinander gezeichneten Schnitten auf Taf. I, Fig. 3 abgebildet. Die Geschlechtskloake ist gegen aussen fest verschlossen, durch Aufeinarderpressung ihrer Ränder, aber nicht hauptsächlich des oberen auf den unteren, sondern durch einen riegelartig zwischen diese beiden letzteren hereingeschobenen seitlichen Lappen (v.). Der Penis erscheint durch einfaches Umbiegen aus der Penistasche nach oben in die Vagina eingeführt und zeigt in der vorliegenden Figur deutlich, wie seine sonst in der Penistasche wirr durcheinander aufgewickelten Windungen nur sein möglichst weites Vorstülpen ermöglichen sollen, da sie im vorgestülpten Zustande des Cirrus in der Tasche vollständig verschwunden sind und das Vas deferens dieselbe dann, wie hier, in gerader Linie durchläuft. (70) Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. 15 Das Merkwürdigste in dem vorliegenden Falle aber war die fast unglaubliche Tiefe, bis zu welcher der Penis in die Vagina eingeführt erschien; er drang nämlich aus ihrem erweiterten End- abschnitte noch in ihren engen Theil weit, über ihre aufsteigende Schleife und die Knickung hinüber noch in das gerade nach hinten verlaufende Stück, bis über die durch die seitliche Ausmündung des Geschlechtsapparates bezeichnete Gliedhöhe vor, wie das die folgende Abbildung zeigt. f i ı I ; i BP Ps vd p Penis, ps Penissack, vd Vas deferens, vag Vagina, A Körperhaut, v das die Kloake abschliessende Stück derselben. Dieses Präparat gibt uns aber zugleich wichtigen Aufschluss über den mechanischen Vorgang bei der Kopulation; es zeigt, dass meine aprioristische Ansicht, dem Penis mangle die nöthige Steif- heit, um aktiv in die Scheide eindringen zu können, wenigstens zum Theil Berechtigung hatte. Dringt er nämlich auch aktiv durch das Orificium vaginae in deren retortenförmig erweiterten End- (71) 16 Dr. Theodor Pintner: abschnitt ein, so vermag er doch gewiss nicht viel weiter, am wenigsten über die Knickungsstelle der Vagina hinaus, vorzu- dringen. Hier gibt nun wieder die Beobachtung des lebenden Thieres leicht und sicher Aufschluss. Man sieht Vagina, Uterus, Oviduct in ununterbrochener lebhafter Bewegung, die bei allen genannten Organen den Charakter peristaltischer Kontraktionen zeigt. Bei der Scheide werden diese wellenförmig von der Mündung zu den Geschlechtsdrüsen fortschreitenden Zusammenziehungen einestheils durch dicht nebeneinanderstehende, sich perpendikulär an der Scheidenwand ansetzende Muskelfibrillen verursacht, ausserdem aber von der starken, der Wand der Scheide angehörigen Längs- muskulatur geregelt. Die Kontraktionswellen dieser Gesammt- muskulatur der Scheide nun ziehen offenbar, so wie sie die Samen- massen in der Richtung des Öotyps herabpressen, auch bei der Kopulation den Penis selbst immer weiter und weiter in’s Innere der Vagina hinein, so lange jener keine Gegenaktion mit seiner eigenen Muskulatur ausführt. Die in diesem Sinne thätige Muskulatur der Vagina ist sehr leicht nachzuweisen. Fig. 21 auf Taf. II stellt einen Längsschnitt der Scheide von Anthobothrium Musteli vor. Wir sehen die derbe Intima mit ihren steifen Härchen, dann eine ziemlich breite Schicht der eben besprochenen Längsmuskulatur (lm) und darauf dicht ge- drängt und mehr oder weniger perpendikulär zur Längsrichtung der Vagina gestellte Spindelzellen, theilweise mit epithelialem Charakter, meist aber zugleich so in die Länge gezogen, dass die- selben offenbar identisch erscheinen mit den am lebenden Thiere deutlich in ihrer Thätigkeit zu beobachtenden, senkrecht auf die Vagina gerichteten Muskelzellen. Diese Zellen dürften, ganz analog den entsprechenden Geweben bei Hydra als Epithelmuskelgewebe aufzufassen sein. Dem Längsschnitte entspricht vollkommen der Querschnitt der Vagina (Taf. II, Fig. 20), auf welchem die Längs- muskulatur als zierlicher Kranz dunkler Punkte, die um die Intima im Kreise herumstehen, erscheint (!m).!) Diese Schichten der Vagina entsprechen den Kutikularschichten des Bandwurmkörpers über- haupt. Die vorstehenden Beobachtungen stellen zum erstenmale die Be- gattung der Bandwürmer als typische Wechselkreu- zung fest und bestätigen zugleich die viel angefochtenen Beobach- tungen VanBeneden’sund Leuckart’s über Selbstbegattung. Die ') Man vergl, die übereinstimmenden Angaben bei Zschokke., Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. 17 Thatsache des Stattfindens der Wechselkreuzung darfals starke Stütze für dieZeller’schen Ansichten über den gleichen Vorgang bei Tre- matoden mit Zuhilfenahme des Laurer’schen Kanales betrachtet werden, während hier allerdings auch noch daneben Begattung unter Vermittlung des Uterus zu Stande kommt. Umsomehr, als nach Dalyell, O.Schmidt, A.Schneider, Haller, Lv. Graff u. A. auch die Begattung der Turbellarien eine Wechsel- kreuzung ist, dürfte somit diese als Regel für alle Plattwürmer aufgestellt werden. Dagegen wird durch die Selbstbegattung eine in Folge von biologischen Umständen vorliegende Nothwendigkeit erfüllt, die indessen nicht nur auf solche Fälle beschränkt bleibt und nichts Ungewöhnliches bildet, da sie ja auch bei anderen Hermaphroditen beobachtet wurde, wie bei den Schnecken vorlängst von C. E. v. Bär und neuestens von M. Braun. Hl, Einiges über die weiblichen Geschlechtsorgane der Tetrabothrien. Die Verhältnisse, über die ich in den folgenden Zeilen kurz berichten möchte, sind mir seit Jahren bekannt. Ich war seinerzeit nicht zur Veröffentlichung derselben gekommen und hatte bei An- kündigung mehrerer grösserer Arbeiten über Cestoden in den jüngst verflossenen Jahren die Absicht, meine Funde zu publiciren, schon gänzlich aufgegeben. Nachdem ich aber bemerkt hatte, dass in allen hierher gehörigen Arbeiten aus der letzten Zeit die betreffenden Verhältnisse theils vollkommen unbeachtet blieben, theils in ihrer Bedeutung nicht erkannt worden waren, entschloss ich mich nun- mehr, dieselben, so wie sie mir vorliegen, als eine Art vorläufige Mittheilung zu bringen, indem ich mir vorbehalte, sie einmal später bei zahlreicheren Arten vergleichend und entwicklungsgeschicht- lich zu verfolgen. Die fraglichen Verhältnisse zu erkennen taugen am besten reife und überreife losgelöste Glieder von Calliobothrium corollatum Dies. und Anthobothrium Musteli Van Ben., jener zwei Band- würmer, die zum Studium des Geschlechtsapparates der Cestoden am lebenden Thiere, wie an Präparaten als klassische Objekte zu empfehlen sind. Von der letzteren Art habe ich auf Taf. II, Fig. 8 den Eier- stock aus einem sehr alten ausgewachsenen Gliede dargestellt. Man bemerkt im Vergleiche zu dem jüngeren Stadium Taf. I, (73) 18 Dr. Theodor Pintner: Fig. 1 eine gewisse, fast typische Veränderung des Keimstockes, die darin besteht, dass derselbe sich mehr in der Länge gestreckt hat und beinahe flacher geworden ist; er ist, obzwar er an Aus- dehnung noch zugenommen hat, nicht mehr so strotzend mit Ei- keimen gefüllt (an noch späteren, älteren Stadien, besonders bei Calliobothrium corollatum, habe ich wiederholt beobachtet, dass die Membran des Keimstockes, vom Keimepithel bereits vollkommen entblösst, stellenweise nur mehr vakuolenartige leere Hohlräume um- schloss). Sein rechter und linker Flügel sind durch eine unpaare mediane Querbrücke verbunden, die sich in Struktur und Anfüllung mit Eikeimen von den übrigen Stücken des Keimstockes durchaus nicht unterscheidet und so eben als unpaares Mittelstück desselben und nicht als paariger Ausführungsgang beider Hälften des Keim- stockes aufzufassen ist.!) In solcher Gestalt erscheint dieselbe auch am Querschnitte, Taf. II, Fig. 9, an welchem man übrigens erkennt, dass das Ovarıum von Anthobothrium Musteli, wie es in einen rechten und linken Flügel getheilt ist, auch jederseits in eine dorsale und eine ventrale Hälfte zerfällt, welehe miteinander gleich- falls durch das unpaare Mittelstück verbunden sind. Auf einem solchen Querschnitte fällt auch in die Augen, dass das Wachsthum der Ovula von den distalen Zipfeln gegen die Mittellinie zu vor sich geht, was zu erwarten war, zugleich aber von der ventralen und dorsalen Aussenfläche gegen eine von rechts nach links ge- zogene Transversalebene zu, so dass sich an diesen Aussenseiten bis ziemlich weit gegen die Mittellinie zu schmale Streifen des Keimepithels (ke) erhalten. Die Dorsalseite wird durch die Lage des Vaginalquerschnittes (vag), die Ventralseite durch den Aus- führungsgang des Keimstockes (sö) gekennzeichnet. Bei Calliobothrium corollatum hat diese Theilung des rechten und linken Keimstockflügels in je einen dorsalen und ventralen Lappen nicht statt, sondern jeder der beiden Flügel stellt ein ein- heitliches Ganze dar. Kehren wir nunmehr zur Abbildung Fig. 5 auf Taf. II zurück, so finden wir gerade in der Mitte der unpaaren Verbindungsbrücke der beiden Keimstockflügel nach dem Hinterende zu gerichtet sich jenen eigenthümlichen Schluckapparat (sö) ansetzen, mit dem der kurze Eiergang beginnt und dessen ich gleichfalls schon in meiner ») Th. Pintner, Neue Untersuchungen etc. I. Zur Kenntniss der Gattung Echinobothrium. Diese Zeitschr., VIII. Bd., S. 26, Anm., Schluss. (74) Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. 19 letzten Arbeit kurz Erwähnung gemacht habe.!) Der Eiergang tritt dann — wie das schon aus Zschokke’s grosser Arbeit be- kannt ist — sich leicht nach vorne umkrümmend, mit der Vagina in Verbindung, um hierauf wieder in einem Stücke, das in Bezug auf seine Richtung eigentlich als Fortsetzung der Vagina erscheint, nach rückwärts zu verlaufen. Während jetzt aber bei jüngeren Indivi- duen erst nach Bildung einer ganz typischen, langen hinteren Schlinge die Umwendung nach vorne und der Durchtritt durch den Schalen- drüsenkomplex stattfindet, scheint bei sehr alten Gliedern, wie in dem vorliegenden Falle Fig. 8, diese hinterste Schlinge des weib- lichen Ausführungsapparates nach und nach eingezogen zu werden, so dass die Schalendrüse (sd) an das hinterste Ende zu liegen kommt. Genau in der Mitte des Schalendrisenkomplexes tritt dann die histologische Umwandlung des bisherigen Leitungsapparates in den Oviduct (ovd) ein, genau da also, wo, gleichfalls inmitten des Schalendrüsenkomplexes die Vereinigung mit dem aus den gabelartig zusammentretenden paarigen Dottergängen (pdo) entstandenen un- paaren Dottergange stattfindet. Was die Topographie dieses Apparates anbelangt, so ist die- selbe am schönsten zu erkennen auf einer Serie dorsoventraler, parallel zur Medianebene gerichteter Sagittalschnitte. Wir sehen hier (Taf. I, Fig. 4) die Schluckvorrichtung (sö) in Form einer musku- lösen Hohlkugel genau ventral dem Keimstocke (ov) ansitzen, und zwar so, dass der sie durchsetzende Ausführungsgang nicht etwa von vorne nach hinten, sondern genau von der Rücken- nach der Bauchfläche zu gerichtet erscheint. Erst dann macht der Eiergang (eig) eine mit ihrer sanft konvexen Krümmung konstant gegen di- Ventralseite gerichtete Umbiegung nach hinten, um sich bald aber mals gegen die Rückenfläche und nach vorne wendend, mit dem aus der Vagina herabkommenden Samengange zu vereinigen. Jene (vag) ist an ihrem hinteren Ende zu einer oberen und unteren Samenblase (os, us) bauchig erweitert. Die obere /os) besitzt in ihrer histologischen Zusammensetzung durchaus die Charaktere der Vagina und ist somit nur als eine, vielleicht nicht einmal ganz konstante Aufblähung der letzteren zu betrachten, die untere /ws) dagegen verändert jene Charaktere insoferne, als anstatt einer längsverlaufenden Muskulatur eine sehr deutliche querfibrilläre Schicht zwischen dem äusseren Epithel und der Intima vorhanden ist (Taf. II, Fig. 10, dl, Fig 11, dl), ausserdem aber bereits das 1) A. 2.0.8. 25. (75) 20 Dr. Theodor Pintner: charakteristische Innenepithel, das wir im Eigange bis zu seiner Umwandlung in den Eileiter vorfinden. Die Verbindung zwischen dieser unteren Samenblase und dem Eigange wird dann durch den sehr engen Samengang (Taf. I, Fig. 4, sg) hergestellt, der, sowie die Samenblase, ziemlich median und vom Eiergange dorsal liegt. Nach der Vereinigung des Eier- und Samenganges (Fig. 4, 5) bildet der Ausführungsgang die schon erwähnte nach hinten gerichtete Schlinge /sch), von der ein Schenkel ventral, der andere dorsal verläuft, nimmt dann den unpaaren Dottergang auf, um nunmehr als Ovidukt an der Dorsalseite der Vagina nach vorne zu ver- laufen. | Ich habe bereits an oben angezogenem Orte auseinandergesetzt, dass die muskulöse Hohlkugel, die den Anfangstheil des Eierganges bildet, im Leben in rhythmisch aufeinanderfolgenden Kontraktionen begriffen ist, durch welche ganz wie bei einer Schlingbewegung die über der Ausfuhrsöffnung des Keimstockes in dessen unpaarem Mittelstück lose liegenden Ovula aus diesem herausgesaugt und rasch durch den Apparat hindurchgetrieben werden. Die wesent- lichsten Punkte in der histologischen Zusammensetzung dieses Schluckapparates sind nun folgende: 1. Die äussere Haut des Eier- stockes setzt sich durch den Schluckapparat hindurch ununter- brochen in die äussere Haut des Eierganges fort. Man sieht dies am klarsten an Fig. 16 auf Taf. II, wo der Schluckapparat des Eierstockes von Calliobothrium corollatum dargestellt erscheint. A ist die Grenzmembran des Ovariums, diese geht in das Innere des Schluckapparates hinein, durch die Hohlkugel hindurch und bildet dann bei h’ die äussere Begrenzung des Eierganges. Daraus folgt, dass 2. jene kontraktilen Fibrillen, welche eigentlich das kugel- förmige Gebilde des Schluckapparates ausmachen und seine Kon- traktionsfähigkeit bedingen, wie eine von einem Hohleylinder durchbohrte Kugel dem Ausführungsgang ganz äusserlich auf- gelagert sind, wie man dies schon deutlich auf Taf. I, Fig. 4, sö und noch deutlicher auf Taf. II, Fig. 16 bei », r‘ sieht, nicht minder auf Fig. 13, wo der Schluckapparat am Querschnitte des Gliedes in seiner ganzen Länge durchgeschnitten erscheint und % die Haut des Keimstockes, %‘ ihre das Innere des Muskelkopfes auskleidende Fortsetzung bedeutet. Endlich ist 3. höchst interessant die Art, wie das für den Eiergang charakteristische hohe Innenepithel sich in den Schluckapparat hineinzieht und hier endet. Diese Zellschicht mit so typischem, epithelialem Charakter, wie man diesen sonst wohl nirgends bei den Cestoden wiederfindet (Taf. II, Fig. 10, 11, (76) Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers, 21 12, 13, 17, ve), so dass man bisweilen sogar Zellgrenzen nach- weisen zu können glaubt (Taf. II, Fig. 18, ve) !), wölbt sich nämlich mit lippenartigen Wülsten bis in das Innere des Schluckapparates vor und fällt ungefähr in der halben Höhe desselben mit einer trompetenförmigen Endkuppe ab (Fig. 4, 6, 11, 16). Es wurde be- reits erwähnt, dass dieses Epithel, indem es sich jedoch immer mehr abplattet, einerseits bis in die untere Samenblase vordringt, andererseits bis zur Vereinigung des Eierganges mit dem Dotter- gange. Was dasselbe noch auffälliger macht, ist aber 4. die Be- kleidung seiner gesammten Oberfläche mit Härchen, die ich jedoch, obzwar sie ganz das Aussehen von Wimperhaaren haben, im Gegensatze zu den Auskleidungen der Dottergänge, nie in Flimmer- bewegung gesehen zu haben mich erinnere. Ich konnte auch nie eine Membram finden, die diese Härchen tragen würde, und hierdurch unterscheiden sie sich denn auch von den ungleich viel derberen Härchen des Vaginallumens (Fig. 4, 19, 20), welche auf der dicken Vaginalmembran und nicht auf Zellen aufsitzen und dadurch den Charakter der äusseren kutikularen Härchen deutlich wiederspiegeln, mit denen sie ja höchstwahrscheinlich gleichwerthig sind. Daraus würde dann auch hervorgehen, dass der durch ektodermale Ein- stülpung gebildete Theil der weiblichen Leitungswege nur bis zur Samenblase reicht. Endlich kommen noch als 5. Punkt in Betracht die den Schluck- apparat von Aussen umgebenden Zellen, welche jedoch bis zu einem gewissen Grade identisch sind mit den Gewebsschichten, die den Eigang und seine Fortsetzungen äusserlich umgeben. Hier (Taf. I, Fig. 4, Taf. II, Fig. 10, 11, 15, 17, ae) haben diese Zellen den Charakter von Epithelien und ich bezeichne sie daher als Aussenepithel des Eierganges. Diesen Charakter behalten sie auch am Schluckapparat im Ganzen bei, nur nehmen sie — wie schon Zschokke betont hat — hier ein gewisses drüsiges Aus- sehen an. Auch ich glaube, dass diese Zellen (Taf. I, Fig. 4, Taf. I, Fig. 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 21, a) zum Theile wenigstens als Drüsenzellen aufzufassen sind; besonders Bilder, wie in Fig. 15a und 13a, letzteres nach einem mit Alaunkarmin gefärbten Präpa- rate, auf welchem der Zellinhalt gelblich, die Kerne blau er- schienen, sprechen dafür. Ich muss aber gestehen, dass es mir bisher nicht gelungen ist, die Ausführungsgänge dieser einzelligen Drüsen nachzuweisen. ‘) Vergl. auch die Abbildung bei Zschokke, Taf. V, Fig. 79 bei gd (= „Ger- miducte commun“),. (77) 22 Dr. Theodor Pintner: Soweit ist die histologische Struktur des Schluckapparates leicht festzustellen. Anders ist es mit dem Bau der kontraktilen Schale selbst, und in diesem Punkte vermag ich wegen mir im Augenblicke mangelnden Materiales noch nichts Abschliessendes mitzutheilen. Sieht man den Apparat auf Totopräparaten von der Öber- fläche her an, so glaubt man keinen Augenblick darüber im Zweifel sein zu können, dass er seiner Hauptmasse nach aus nicht einmal allzu feinen cirkulären Fibrillen besteht (Taf. I, Fig. 5, 6). Dieser Charakter hält auch noch vor, wenn die Oberfläche des Apparates auf Schnitten sehr flach getroffen wird (Fig. 15, 21, cf); hier er- scheinen aber oft Querschnitte von offenbar meridional verlaufenden Fibrillen an der hinteren Grenze des Kugeltheiles (Fig. 15, mf), die durch die Bilder nachfolgender, also tiefer durch den Apparat hindurchgehender Schnitte, bestätigt zu werden scheinen (Fig. 13, mf). Eine gehäufte Schicht von Cirkulärfibrillen verläuft wie ein Reifen um den am meisten verengten vordersten Theil, genau dort, wo das Lumen des Keimstockes mit dem Lumen der Kugel in Ver- bindung tritt (Fig. 11, 13, cf). Diese Cirkulärfibrillen glaubt man in alleräusserster Zartheit auch beim Anblick derseiben Theile auf Querschnitten von der Seite des Keimstockes her zu erblieken (Fig. 40), und zwar umgeben von radiär und bogenförmig nach aussen verlaufenden ebenso zarten Fibrillen. Die ausserordentliche Zartheit derselben ruft aber stets den Verdacht wach, ob man es nicht mit Fältchen eines feinen elastischen Häutchens zu thun habe, während die anliegenden drüsenähnlichen Epithelien daran mahnen, dass sich hier vielleicht auch sehr feine Ausführungsgänge einzelliger Drüsen verflochten vorfinden könnten. Wird durch einen Längsschnitt der Apparat mitten entzwei geschnitten, so erscheint er nun überraschender Weise seiner Haupt- masse nach radiär gestreift. Diese Streifung ist bei Anthobothrium Musteli eine äusserst feine (Fig. 4, 10, 11, 13), bei Calliobothrium corollatum dagegen im oberen und unteren Theile sehr verschieden : Der untere Theil ist wie aus plattenförmigen Fibrillenzügen, die mit Hohlräumen regelmässig abwechseln, zusammengesetzt (Fig. 16, r, Fig. 17), während der obere Theil aus viel feineren und mehr ver- filzten Fibrillen undeutlicheren Verlaufes zu bestehen scheint. Zu- gleich ist hier verhältnissmässig das Lumen viel kleiner, die Wand viel dicker als bei Anthobothrium Musteli. Nach all dem Gesagten würde man nun an (uerschnitten des Apparates, die in Folge seiner Lage auf Flächenschnitten der (78) Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. 23 Proglottis erscheinen, eine gleichfalls radiärfibrilläre Struktur er- warten, davon ist aber gar nichts zu erblicken. In den proximalsten Horizonten, nahe dem Keimstocke, erscheinen Bilder, wie das be- reits besprochene, Fig. 14; diesem folgen solche, die einen Kranz ganz feiner Fibrillen in nicht deutlich ausgesprochener Richtung, wirr durcheinander liegend, zeigen. Kommt man endlich in jene Horizonte, wo bereits die trompetenförmige Vorstülpung des Innen- epithels durchschnitten erscheint, dann ergeben sich Ansichten, wie Taf. II, Fig. 12. Auf das Aussenepithel mit seinen hier bald an Drüsenzellen, bald an losgelöste Myoblasten erinnernden Formen (a) folgt eine breite Zone sehr fein punktirter Substanz, die ich auf meinen bisherigen Präparaten durchaus nicht weiter auf- zulösen vermochte (b). Dieser schliesst sich ein Kranz sehr stark liehtbrechender dunkler Punkte (c) an, der entschieden Querschnitte von kontraktilen Fibrillen darstellt. Auf diesen folgt dann der Querschnitt der Keimstock und Eiergang gemeinsamen Hüllmembran und endlich das Innenepithel mit seinen hier länglich erscheinenden Kernen und den krönenden Härchen. Bei diesen zuletzt besprochenen Bildern befremdet vor Allem das Ausbleiben der breiten Zone radiär gestellter Fibrillen, sowie das unerwartete Auftreten einer breiten Zone von Fibrillenquer- schnitten /c), da man diese ja nicht auf die Meridionalfibrillen (Fig. 13, m/f) beziehen kann. So möchte man noch am ehesten geneigt sein, so wenig das auch befriedigt, die Querschnittszone 5 und c auf die radiärfibrilläre Zone der Längsschnitte zu beziehen, indem man sich die Fibrillen dieser so gestellt denkt, dass sie auf Quer- schnitten immer stark schräg durchschnitten erscheinen. Das sind eben jene histologischen Details, die ich im Augenblicke nicht weiter aufzuklären vermag und über die ich mir weitere Untersuchungen vorbehalte. Wir haben uns bisher hauptsächlich mit dem Schluckapparat am Keimstocke von Anthobothrium Musteli beschäftigt und nebenher auch dem von Calliobothrium corollatum unsere Aufmerksamkeit geschenkt. Fig. 5 auf Taf. I zeigt uns nun den Zusammenhang der ausführenden Kanäle des weiblichen Geschlechtsapparates bei diesem Bandwurm in der für sehr reife losgelöste Glieder typischen Ge- stalt. Der Schluckapparat /sö) hält hier, genau in der Mitte des Keimstockes /ov) befestigt, die Richtung von vorne nach hinten ein, der Eiergang macht dann, von der Rückenseite her beobachtet, meist eine Krümmung nach links, um unter Bildung einer kleinen Kurve, die oft, wie auf Fig. 5) sogar eine ganze Spiral- (79) 24 Dr. Theodor Pintner: drehung ausführt, nach rechts zu mit der Vagina zusammen- zutreffen, die von einer samenblasenartigen Erweiterung aus den hier viel längeren Samengang aussendet. Von der Vereinigungs- stelle (d) an ist der Eiergang, der hier stets die oft weit nach hinten ausgezogene typische Schlinge /sch) bildet, sehr auffällig quergeringelt, durch ziemlich weit auseinanderliegende, in regel- mässigen Abständen stehende Muskelringe (Taf. II, Fig. 17, ef). Nun tritt der Kanal in den Schalendrüsenkomplex (sd) ein, ver- einigt sich wieder genau im Uentrum desselben mit dem Dotter- gange (dog), der aus den paarigen Dottergängen entsteht, an seinem Grunde sackartig anschwillt, aber nur ein dünneres Aus- fuhrsröhrchen zum Eigang hinübersendet, worauf dieser in den Ovidukt umbiegt (ovd). Nebenbei möchte hier auf eine höchst auffällige Erscheinung bei den Eikeimen und Eiern von Calliobothrium corollatum auf- merksam machen. Dieselben besitzen nämlich, allein von allen mir bekannten Bandwurmeiern einen eigenthümlichen, ziemlich grossen, knackwurstartigen Nebenkern (Taf. I, Fig. 7,n%, Taf. II, Fig. 18, o), der, dem Nucleus mit seiner konkaven Seite meist dicht angelagert, in Farbstoffen genau die Färbung des Kernkörperchens annimmt, schon im Keimstocke, aber erst bei einer gewissen Grösse der Ovula auftritt und sich im Uterusei, so weit ich beobachten konnte, bis zum Auftreten der ersten zwei Furchungskugeln erhält. Wesentlich in derselben Form, Lage und Ausbildung, wie ich den Schluckapparat von Anthobothrium Musteli und Callio- bothrium corollatum beschrieben habe, beobachtete ich ıhn wiederholt bei Calliobothrium vertieillatum und filicolle, bei Phyllobothrium gracile und beiEchinobothrium. BeiEcheneibothrium da- gegen ist er insoferne in seiner Lage auffällig verschieden, als er sich nicht an der hinteren Fläche des Keimstockes ansetzt, sondern an der vorderen (Taf. II, Fig. 19) und auch der Eiergang bis zu seiner Vereinigung mit der Vagina schief nach vorne verläuft, dann erst nach hinten umbiegend. Die hier nach einem Totopräparate gegebene Abbildung zeigt auch noch eine breite ausgesprochenst radiär ge- streifte Zone und eine dem Munde des Eierganges anliegende cir- kuläre Faserschicht im Muskelkopfe des Schluckapparates. Ehe ich nun zu meinen Schlussbemerkungen kommen kann, will ich ganz kurz auf die Literatur verweisen. Zschokke’s An- sichten habe ich bereits bei früherer Gelegenheit erwähnt.!) Dann ') Th. Pintner, Neue Untersuchungen etc,, I. Zur Kenntniss der Gattung Echinobothrium, Diese Zeitschr., T. VIII, 3. Heft, S. 25, Anmerk. 1. (80) m ee Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. 25 liegen Angaben über ähnliche Apparate bei ektoparasitischen Trematoden von Carl Vogt vor.!) Die hier beschriebenen Appa- rate, von denen ich auch den Namen entlehnte, haben offenbar gleiche oder sehr ähnliche physiologische Bedeutung, sehr wahr- scheinlich sind sie sogar, wenigstens theilweise, d. h. dort, wo sie in der Verlängerung des Ausführungsganges des Keimstockes liegen, ehe derselbe die Dottergänge aufgenommen hat, dem von mir beschriebenen Apparate vollkommen homolog. Bei Bandwürmern aber ist dieser Apparat schon früher einmal beobachtet und annähernd richtig beurtheilt worden, und zwar von R. Moniez, welche Angaben aber ganz unbeachtet blieben. Er beschrieb an mehreren Stellen seiner „Memoires sur les Cestoides“ 2) einen Apparat für zahlreiche von ihm beobachtete Bandwürmer, den er als „pavillon“ bezeichnete und der offenbar mit unserem Schluckapparat identisch ist; wenn Moniez dessen Bedeutung nicht völlig erkannte, so war die Ursache hierfür nur darin zu suchen, dass er Bandwurmformen untersuchte, bei welchen derselbe ausserordentlich gering entwickelt und am lebenden Thiere kaum zu beobachten ist. Er sagt z. B. S.78 von Leuckartia: „Le pavillon est tr&s net et tr&s differencie chez le Leuckartia. C’est m&me chez ce type que j’ai rencontre, pour la premiere fois, cet organe qui parait exister chez tous les Cestodes...... Le structure du pavillon du Leuckartia nous a paru sensiblement la m&me que celle du pavillon des autres Cestodes; les muscles circulaires disposes autour de cet organe, sont partout un de ses caracteres les plus margques. Les elements du pavillon du Leuckartia se colorent assez fortement par les r&actifs. Sur presque toutes mes preparations on voit un ovule arrete au coude.“ Ferner auf Seite 159 ff. von Bothriocephalus latus: „L’organe collecteur des oeufs est tr&s volumineux, ses parois sont fort &paisses; on distingue tres facilement son ouverture en entonnoir, les fibres musculaires dont il est ceint et les grosses cellules musculaires qui en rayonnent. Le tube qui le prolonge conserve des parois &paisses sur une assez grande longueur mais il ne presente plus le fibres circulaires caracteristiques de l’organe.“ Und weiter S. 160: „Dans cet etat, le pavillon se pr&sente contraete, avee une ouverture etroite, eirconscrite par une couche €paisse de fibres circulaires, entrem&lees ‘) ©. Vogt, Ueber die Fortpflanzungsorgane einiger ektoparasitischer mariner Trematoden, Zeitschr. f. wiss. Zool. XXX. Bd., Supplement, S. 307, 314, 318, 326, 331, 337. ?) Premiöre partie, Paris 1881. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc, Tom. IX, Heft 1. 6 (81) 26 Dr. Th. Pintner: Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. des fibres longitudinales. De grosses cellules musculaires fusiformes, rayonnent tout autour; elles se rattachent, d’une part, aux fibres circulaires du pavillon et d’autre part, aux tissus voisins.“ Weiter S. 203 ff. von verschiedenen Tänien (T. crassicollis, ser- rata, saginata, Krabbei): „Cet organe offre ä son interieur des cils diriger vers son point de jonction avee le vagin, le but de ces cils doit &tre d’empächer de refoulement des oeufs vers l’ovaire.* Von Taenia Krabbei beschreibt er sogar noch einen zweiten gleichzeitig auftretenden „pavillon“ für den dritten Flügel des Keimstockes. Er beschreibt den Apparat ferner noch für Ligula, S. 110, für Abothrium Gadi, S. 168, und für Schisto- cephalus dimorphus, S. 181, und sagt allgemein in den „Con- clusions*, S. 215: „L’appareil femelle est....forme essentielle- ment par un organe collecteur des oeufs, le pavillon, qui se con- tinue par l’oviducte.* Wenn ich nun noch hinzufüge, dass ich am Ovarium einiger Tetrarhynchen den Apparat in ganz ähnlicher Weise aus- gebildet gefunden habe, wie ihn Moniez zeichnet, als eine im Ganzen wenig auffällige Muskelumlagerung der Ausfuhrsöffnung in der Umhüllungsmembran des Keimstockes, so darf man allgemein sagen: „Es existirt bei zahlreichen, wahrscheinlich bei allen Bandwürmern am Anfange des Eierganges, dort, wo dieser aus der Haut des Ovariums seinen Ursprung nimmt, ein muskulöser Apparat, welcher dieBestimmunghat, durchschluckartige Bewegungen die Eikeime aus dem Keimstocke herauszupumpen und weiter zu stossen. Dieser Apparat ist bei den Tetra- bothrienundEchinobothrien hoch ausgebildet, dagegen bei Tetrarhynchen, Tänien (darunter auch bei Taenia sagi- nata), bei Bothriocephaliden (auch bei B. latus) und Ligu- liden wenig entwickelt und scheint von ähnlichen Einrichtungen, die bei grossen Gruppen der Saug- würmer in hoher Ausbildung auftreten, ableitbar zu sein. (82) Tafelerklärung. Taf..L. Fig. 1. Zwei freie Glieder von Anthobothrium Musteli Van Ben. in Wechsel- kreuzung, «a mit dem Rücken, 5 mit dem Bauche dem Beschauer zugekehrt. ov, ov' die Keimstöcke; sd Schalendrüse; do, do’ die Dotterstücke; dog der unpaare Dotter- gang; ovd Oviduct; ut, ut‘ die beiden Fruchthalter ; vag, vag’ die Vaginen; t, t die Hoden, »d, vd’ die Vasa deferentia. Mit der Camera nach einem Sublimat-Pikro- karmin-Nelkenöl-Präparate gezeichnet. Fig. 2. Die Begattungsorgane der beiden obigen Glieder a und 5 stärker vergrössert. kr der Körperrand; » der Penis, ps der Penissack des Individuums «a; p', ps' Penis und Penissack des Individuums 5; » Aufwulstung des Kloakenrandes bei dem Individuum a. Sonstige Bezeichnung wie oben. Fig. 3. Die Geschlechtskloake von Anthobothrium Musteli im Augenblick der Selbstbegattung, nach Schnitten; » Hautlappen, der, von der Seite riegelartig eiy- geschoben, die Kloakenöffnung verschliesst. Ungefähr S80malige Vergrösserung. Fig. 4. Topographie des © Leitungsapparates eines reifen Gliedes von Antho- bothrium Musteli, in Reconstruction nach einer Serie dorsoventraler Schnitte; die Zeichnung ist nicht schematisirt und die Reconstruction bezieht sich nur darauf, dass sämmtliche Leitungswege zur Anschauung gebracht sind, die natürlich nie auf einem einzigen, sondern auf mehreren hintereinander folgenden Schnitten auf- treten. sö Schlucköffnung des Eierganges eiy; 5b Vereinigungsstelle des letzteren mit dem Samengange sy; sch hintere Schlinge des Eierganges (fortgelassen); «s, os untere, obere Samenblase; ungefähr 160malige Vergrösserung. Fig.5. Topographie der Q Leitungswege einer völlig ausgewachsenen freien Proglottis von Calliobothrium corollatum Dies. von der Rückseite; sb! Samenblase, die übrigen Bezeichnungen wie oben. Nach einem Totopräparate. Fig.6. Schluckapparat von Calliobothrium corollatum (Hartn. Syst. VIII, Oec. III, aufg. Tabus). Fig.7. Ei desselben Thieres ohne Schale. o» Eizelle; nk Nebenkern, dk drei Dotterkerne; über 400mal (Hartn. Syst. VIII, aufg. Tubus, Cam. luc.). Taf. II. Fig.8. Keimstock und Q Leitungswege von einer sehr alten Proglottis von Anthobothrium Musteli. pdo paariger Dottergang (Harta. Syst. IV, eing. Tub., Oc. 3). Fig. 9. Querschnitt durch den Eierstock desselben Thieres: ke Keimepithel ; ungefähr 90mal, Fig. 10—18 ungef. 350mal (Hartn. Syst. VIII, Cam. luc. Oberh., aufgez. Tubus, Zeichentisch von 20 Cm. Höhe). Fig. 10. Dorsoventraler Längsschnitt durch die Region des Schluckapparates bei Anthobothrium Musteli: we äusseres, öe inneres Epithel des Eierganges und seines Schluckapparates; bl Samenblase. 6* (83) 28 Dr.Th.Pintner: Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers,. Fig. 11. Ein auf den vorhergehenden folgender Schnitt; % Grenzmembran des Eierstockes und Eierganges; cf Circulärfibrillen des Schluckapparates. Fig. 12. Querschuitt durch den Schluckapparat von Anthobothrium Musteli am Flächenschnitte einer Proglottis. Fig. 13. Längsschnitt desselben auf einem Proglottisquerschnitte. »f Meridional- übrillen; cf Circulärfibrillen; o Eier; % Umhüllungshaut des Keimstockes, die sich als h’ in den Schluckapparat hinein fortsetzt. Fig. 14. Querschnitt des Schluckapparates ganz nahe dem Keimstock gelegen mit der eigentlichen Eingangsöffoung. Fig. 15. Flächenansicht desselben auf einem Schnitte, Fig. 16. Schluckapparat von Calliobothrium corollatum; r, »’ Radiärfibrillen ; der Schnitt geht durch die Längsrichtung des Apparates mitten hindurch. Fig. 17. Der Schnitt ist mehr seitlich gefübrt als der vorige. Fig. 18. Ansicht des Apparates bei Call. cor. auf einem Flächenschnitt nn die Proglottis; o Eier mit Nebenkern. Fig. 19. Schluckapparat von Echeneibothrium variabile Van Ben., unge- fähr 80mal. Fig. 20. Querschnitt durch die Vagina von Anthobothrium Musteli, unge- fähr 80mal. Fig. 21. Längsschnitt durch die Vagina; v«ag Lumen derselben. 80mal. 2 Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza, Aurelia und Chrysaora, sowie über die systematische Stellung der Seyphomedusen. ; Von C. Claus. Mit 3 Tafeln. Die Entwicklung der Scyphomedusen hat in jüngster Zeit zu einer Controverse Anlass gegeben, die bislang noch keine Ausgleichung gefunden hat. Den auf sorgfältige und eingehende Be- obachtungen an Aurelia- und Chrysaoralarven gestützten älteren Darstellungen und insbesondere meinen Arbeiten über diesen Gegenstand wurden von Goette!) Untersuchungen der Cotylorhiza- und Aureliabrut gegenüber gestellt, „nach denen der gesammte Bau des Scyphostoma sich in völlig neuer Gestalt zeigen und dadurch der Vergleichung eine andere Grundlage und Richtung verliehen werden“ sollte. Obwohl ich in @oette’s Abhandlung den Beweis für die Richtig- keit seiner Darstellung vermisste und den beigefügten Abbildungen umsoweniger Vertrauen entgegen bringen konnte, als die wieder- holte Durchsicht meiner zahlreichen auf Chrysaora bezüglichen wohl erhaltenen Präparate keinen Anlass gab, der neuen Lehre beizustimmen, so unterliess ich doch seither, auf die abweichenden Behauptungen G oette’s zu antworten, weil es mir wünschenswerth schien, zuvor auch die mir bislang in ihren frühen Entwicklungszu- 1) A. Goette, Abhandlungen zur Entwicklungsgeschichte der Thiere. Heft 4. Entwicklungsgeschichte der Aurelia aurita und Cotylorhiza tuberculata.. Hamburg und Leipzig, 1887. (85) 2 C. Claus: ständen unbekannt gebliebene Cotylorhizatuberculata näher untersucht zu haben. Schon im vorjährigen Herbst hoffte ich hier- zu Gelegenheit zu finden, leider aber waren weder in Triest grosse geschlechtsreife Cotylorhizen aufzutreiben, noch gelang es mir, das gewünschte Material von Eiern und Larven aus der zoologischen Station in Neapel zu finden. So kam es, dass ich meine Beobachtungen auf einen späteren Zeitpunkt verschieben musste. Dagegen war ich während meines diesjährigen Aufenthaltes an der Triester Station gegen Ende September mehr vom Glücke begünstigt. Es kamen in den ungewöhnlich warmen September- Tagen wiederholt zahlreiche geschlechtsreife Cotylorhizen, die ich seit 15 Jahren vergebens gesucht hatte, zum Vorschein, und nun war es mir möglich, die Scyphostomen in Menge zu ziehen und ihre Entwicklung zu verfolgen. I. Die Bildung der Sehwärmlarve. Untersucht man die Genitalkrause einer weiblichen Cotylorhiza und das von zahlreichen amöboiden Zellen durchsetzte gallertige Stroma derselben, so findet man Eizellen in allen Grössenstadien, deren Keimbläschen nach der Oberfläche des Sinus-Epithels zuge- wendet sind, welches leicht und bestimmt von dem der Gastralhöhle zugewendeten Epithel des Geschlechtsbandes durch den Mangel der Zooxanthellen zu unterscheiden ist. Bei dem Austritt der Eier in die gastrale Cavität, die an der Oberfläche der Geschlechts- krause zur Zeit der Geschlechtsreife von Zoospermien wimmelt, scheint die Befruchtung zu erfolgen und dann die Eihülle ausgeschieden zu werden, unter der sich die ausgetretenen Richtungskörper regel- mässig lange Zeit in ihrer Lage am animalen Pole erhalten. Denselben entspricht bei der nun eintretenden äqualen Furchung wie bei Aurelia die Lage der beiden ersten Furchungsebenen der in die Armcanäle gelangenden, von Zooxanthellen-Schleim um- gebenen Eier. Die Furchung nimmt unterhalb der allmälig sich weiter abhebenden Eihülle einen raschen Fortgang und führt zur Bildung einer Blastula mit weiter Furchungshöhle, die sich mit einwucherndem Zellenmateriäle füllt. Nach Kowalevsky!) würde die Einwucherung der das Entoderm bildenden Zellenmasse von dem vegetativen Pole aus in Form einer Invagination der Wand erfolgen, während nach Goette sowohl bei Cotylorhiza wie bei Aurelia von vielen Stellen der Blastula aus Zellen ') Vergl. A. Kowalevsky’s russische Abhandlung über Coelenteratenent- wicklung. Moskau 1873. (86) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza, 3 eintreten, welche die Keimhöhle vollständig ausfüllen und erst secundär am Pole des späteren Gastralmundes mit der ektodermalen Schicht verlöthen sollen. Ich halte die Darstellung, wie sie @oette für Aurelia gibt und für die übrigen Scyphomedusen als wahrscheinlich an- nimmt — an den Embryonen von Cotylorhiza hat er die Gastrulation überhaupt nicht verfolgen können und nur sogenannte Sterrogastrulae mit oder ohne Verlöthung beider Schichten an der Stelle des Prostoms beobachtet —, für durchaus unrichtig. Wenn sich auch gelegentlich einzelne isolirte Zellen von der Blastula- wand ablösen und in die Keimhöhle eintreten, wie ich das ja auch ausnahmsweise bei Aurelia gesehen habe, so wandert doch die Hauptmasse der Zellen vom vegetativen Pole ein. Ich habe den vereinzelt eingetretenen zwei bis drei Zellen, weil sie nicht regel- mässig in jeder Blastula sich ablösen, der am vegetativen Pole einwuchernden Zellenmasse gegenüber keine weitere Bedeutung beigemessen, so dass ich dieselben zwar auf einer Abbildung!) dar- stellte, im Texte aber nicht besonders erwähnte, und bin auch jetzt noch der Ansicht, dass diese auffallend kleinen Zellen wieder rückgebildet werden und überhaupt nicht zur Bildung des Ento- derms beitragen. Ueberdies ist uns Goette den Beweis für die Richtigkeit seiner Deutung schuldig geblieben, im Gegentheil sind die in den Fig. 2—8 seiner Arbeit zum Ausdruck gebrachten Be- obachtungen nur geeignet, für die Richtigkeit meiner Darstellung der Aureliagastrulation, die ich (l. c. pag. 2u. 3), zumal im Hin- blick auf meine zahlreichen, mit den wenigen veröffentlichten Ab- bildungen übereinstimmenden Skizzen in allen Einzelnheiten ?) voll- kommen aufrecht erhalte, als Belege zu dienen. 1) C. Claus, Untersuchungen über die Organisation und Entwicklung der Medusen. Prag u. Leipzig, 1883 (Taf. I, Fig. 16). ?) Bezüglich der Blastulahöhle wirft mir Goette vor, dass ich dieselbe für Aureilia durchwegs um das Mehrfache zu klein gezeichnet habe, so klein, dass die Gastrulation, wie er dieselbe sehe, unmöglich gemacht sei. Da meine Zeichnungen aber unter der Camera ausgeführt wurden, so beweist seine Ausstellung nur, dass er die Gastrulation anders gesehen und gedeutet hat. Ich war selbst von der auffallend geringen Grösse der Keimhöhle in den Stadien der Entodermbildung so sehr überrascht, dass ich derselben besondere Aufmerksamkeit schenkte und darauf im Texte ausdrücklich mit den Worten verwies, „so kommt es, dass nach Abschluss der Furchung die aus sehr hohen prismatischen Zellen zusammengesetzte Keimblase eine auffallend kleine Centralhöhle besitzt, deren Durchmesser von der Dicke des Zellenmantels am mehr als das Doppelte übertroffen wird“, Während der Einwucherung der Zellenmasse des Entoderms vergrössert sich die- selbe dann bedeutend und kommt an Durchmesser den Zellen der höheren Region (87) 4 C. Claus: Die vier ersten Figuren @oette’s beweisen eben nichts weiter, als was ich selbst beobachtet habe, dass nämlich einzelne wenige Zellen vom Blastoderm sich isolirt ablösen, noch dazu, wie Goette ausdrücklich hervorhebt, „ganz unzweifelhaft der Region der kurzen und dicken Elemente“ entstammend, das heisst der Region des vege- tativen Poles, von welcher die Invagination, beziehungsweise zapfen- förmige Einwucherung der entodermalen Zellenmasse ausgeht. Goette’s Figur 6 gibt ein zutreffendes Bild für diese letztere Form der Einwanderung ; man sieht die Zellenmasse von diesem Pole aus eingedrungen, und die wenigen, etwa zuvor isolirt ausge- tretenen Elemente sind mit diesen entweder vereint oder rückge- bildet. Von einer nachträglichen „Verlöthung“ kann absolut nicht die Rede sein oder versteht Goette unter einer solchen die keilförmige Einschiebung der Elemente beider Schichten inein- ander, die nachträglich erfolgen musste, in Wahrheit aber den primären Zusammenhang über allen Zweifel erhebt? Wo sind ferner die Verbindungsglieder zwischen Fig. 5 und 6, die unser Autor zum Beweise der Richtigkeit seiner Deutung hätte darstellen müssen ? Ob die Centralspalte zuerst in der Entodermmasse auftritt oder gleichzeitig, beziehungsweise noch früher in der Peripherie eine kleine, zu jener hinführende Oeffnung beobachtet wird, er- scheint mir nicht von so wesentlicher Bedeutung, wie ich schon früher (Nr.5, pag. 2) bei dem Vergleiche der polaren Einwucherung des Entoderms von Aequorea und der zapfenförmigen Einwuche- rung desselben bei Chrysaora und des einer Invagination noch näher stehenden Bildungsvorganges bei Aurelia darzulegen suchte. Das Endglied der polaren Einstülpung einer typischen Invagi- gleich, wie auch meine Fig. 16 zur Darstellung bringt. Ebenso unzutreffend ist die Bemerkung Goette’s: „Ich finde ferner die Zellen der einschichtigen blasigen Keim- haut niemals so gleich gebildet, wiees Clausetc. angibt; vielmehr sind sie meist nur in einer Hemisphäre lang und schmal, in der anderen kürzer und dicker.“ Auch ich habe diesen Unterschied ausdrücklich mit den Worten hervorgehoben: „Auch glaube ich an mehreren Keimblasen beobachtet zu haben, dass dieser Theil der Wandung durch etwas niedrigere Zellen bezeichnet ist, welche in das Innere der Zellen ein- wachsen und sich zum Entoderm entwickeln“, wie denn auch meine Fig. 16 diese Zellen um mehr als !/, niedriger als die der entgegengesetzten Seite im Gegensatz zu Fig. 16, welche die Keimblase vom animalen Pole aus gesehen darstellt. Wozu aber derartige anbegründete und unwahre Ausstellungen, welche auf den Leser den Eindruck vonBerichtigungen machen, diesie gar nicht sind. Ich halte den durchaus unberechtigten Ausstellungen und vermeint- lichen Verbesserungen Goette’s gegenüber meine frühere Darstellung über die Embryonalentwicklung von Aurelia in allen Einzelnheiten aufrecht. (88) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 5 nationsgastrula treffen wir unter den Scyphomedusen bei Nau- sitho& und Pelagia. Die Rhizostomiden und unter ihnen Cotylorhiza schliesst sich in der Art der polaren Einwuche- rung zwar an Aurelia, kommt jedoch einer typischen Invaginirung viel näher. Ich konnte die von Kowalevsky abgebildete Ein- stülpung vom Anfange an wiederholt beobachten. Ohne eine nochmalige Darstellung dieses in zahlreichen Beispielen bekannten Vorganges zu wiederholen, kann ich mich darauf beschränken, auf die Fig. 1—3 zu verweisen. Eine Besonderheit in der Entwicklung der Cotylorhiza liegt darin, dass nicht nur die Dotterfurchung, sondern auch der Gastrulationsvorgang im Innern der auf- quellenden und später sich weiter abhebenden Ei- membran zum Ablauf kommt. Es kann sich daher der von G@oette beschriebene Verlauf der Dottertheilung nicht auf Cotylorhiza, sondern lediglich auf die von mir bereits früher viel genauer und eingehender darge- stellte Furchung des Aureliaeies beziehen, da von einer schon während der ersten Embryonalstadien hinfällig werdenden Dotter- haut!) und von dem frühzeitigen Schwunde der Richtungskörper- chen (Polbläschen) die Rede ist, welche sich bei Cotylorhiza unter der persistirenden Dotterhaut während der Furchung in ihrer Lage erhalten. Wenn mit der Gastrulation die ektodermale Bewimperung auftritt, so beginnt der am Pole des Blastoporus eingebuchtete Embryo lebhafte Rotationen innerhalb der Dotter- hülle auszuführen, die sich nicht selten als Drehungen um die Längsachse darstellen. Erst nach dem Verlassen der Eihüllen gelangt der Gastrula- mund an der freischwärmenden Larve zum Verschlusse, und diese nimmt dann die bekannte birnförmige Gestalt an, deren zugespitztes, dem verschlossenen Munde entsprechendes Ende wie bei den Planula- larven sämmtlicher Scyphomedusen bei der Bewegung nach hinten gerichtet ist. 1) Ich muss mich hier gegen die Bemerkung Götte's verwahren: „Mit Un- recht lässt Claus den Eikern von Aurelia aurita einfach in den Embryonal- kern übergehen.“ Zum Belege wird auf paz.d5 meiner Studien über Polypen und Quallen der Adria (1877) verwiesen. Die citirte Schrift hat aber gar nicht die Embryonalentwicklung von Aurelia, sondern die von Ohrysaora zum Gegenstand, und es findet sich in derselbon gar keine, die Beziehung von Keimbläschen zum Eikern betreffende Angabe. In der spätern Abhandlung (1883) aber habe ich das Austreten der Richtungskörper beschrieben. (89) 6 C. Claus: 2. Das junge Scyphostoma. Noch während des Umherschwärmens der überaus sonen Larve oder auch nach ihrer Fixirung am drüsigen Körperende tritt oft erst im Verlaufe einiger Tage eine Veränderung der Ge- webe ein, mit der zugleich eine nicht unbeträchtliche Grössen- zunahme verbunden ist. Die Entodermzellen beginnen durch Ver- füssigung ihres Plasmas anzuschwellen und die Seeretausscheidung in den primären Leibesraum in reicherem Masse zu besorgen. Da- bei wird der verbleibende körnige Plasmainhalt sammt Nucleus nach der sich erweiternden Gastraleavität hingedrängt. | Nunmehr gestaltet sich der Larvenkörper in umgekehrter Richtung als früher birnförmig, indem derselbe nach dem befestigten Pole spitzer, nach dem freien bedeutend breiter wird. War die Larve nicht zur Fixation gelangt, so schwimmt sie noch immer um die Längsachse rotirend in der früheren Richtung unter lebhaften Contractionen des Leibes frei umher, ein Vorgang, der auch nach Wiederaufgeben der Befestigung wiederkehrt und selbst an Scyphostomen mit 8 bis 16 Tentakeln zu beobachten ist, Alsdann erfolgt die Wiederöffnung der gastralen Cavität, der Durchbruch des bleibenden Mundes, und zwar in ganz deren Weise, wie ich dieselbe früher für Anal und Chrysaora be- schrieben habe, wenn auch in der Regel unter bedeutenderer Abflachung des Larvenleibes in der Richtung einer der beiden Kreuzachsen, welche hierdurch eine sehr ungleiche Länge erhalten. Durch die längere Achse wird die Hauptebene des Larven- leibes, durch die kürzere, welche die einander genäherten breiten Seiten der Wand verbindet, die kurze Querebene gelegt werden, welche bei Untersuchung der Larve auf dem Objectträger median zu liegen kommt. Auch an der Larve von Cotylorhiza stülpt sich das Ectoderm des freien oder vorderen Körperendes, nachdem sich dasselbe zuvor abgeflacht hat, zu einer kurzen, trichterförmigen Tasche ein. Schon Kowalevsky hatte diese Einstülpung bereits an der Larve von Cotylorhiza abgebildet und sie in der Weise beschrieben, dass an den breiten Seiten des stark abge- flachten Larvenleibes der nach innen umgeschlagene Theil des Ektoderms dem äusseren unmittelbar anliege, während an den beiden schmalen Seiten zwischen beiden Ektodermschichten Aus- buchtungen des Entoderms zurückbleiben (Nr. 9, l. c., Fig. 7 u. 8). Ich hatte soweit keine Einwendung erhoben, wohl aber den nun folgenden Abschnitt seiner Darstellung zurückgewiesen und es als irrthümlich bezeichnet, dass 1. der eingestülpte Theil bis zum Fuss- (90) Ueber die Entwicklurg des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 7 ende fortwachse und somit zur Auskleidung der neuentstandenen Gastralhöhle werde (vergl. Nr. 9, 1.c. Fig. 9); 2. die beiden abge- schnürten Zellenmassen des Entoderms die Längsmuskeln der Magen- wülste liefern (vergl. Nr. 9, l.c. Fig. 10); 3. eine nochmalige Ein- _ stülpung der nun wieder pyramidal gewordenen Larve entstehe, indem sich der Ränd des Mundes faltenförmig nach innen biege, dann wieder sich gerade spanne und zur Mundscheibe werde. Ich habe ‘ dem wörtlich in meiner Abhandlung hinzugefügt, „eine so auffallende Entwicklungsweise, nach welcher das primäre Entoderm der Gastrula zur Erzeugung der Musculatur, die später eingestülpte Hälfte des Ektoderms aber zur wahren Entodermbekleidung wurde, müsste die Gleichwerthigkeit der beiden Keimblätter selbst innerhalb der Coelenteratengruppe geradezu aufheben, erscheint aber auch deshalb ganz unwahrscheinlich, weil man schlechterdings nicht zu begreifen im Stande ist, wie aus den beiden gegenüberliegenden Zellsträngen, die später als vier (in den vier intermediären Radien liegenden) Stränge auftretenden Muskeln der Scyphostoma hervorgehen sollen“. _ Rücksichtlich des ersten Punktes hatte ich die in russischer Sprache abgefasste Schrift insofern nicht richtig verstanden, als ich Kowalevsky die Meinung beilegte, als ob das eingestülpte Ektoderm bis zur Fussfläche fortwachse und so zur Bekleidung der - Gastraleavität werde. Der Vergleich der Fig. 8 und 9 (Nr. 10) führte mich zu dieser Deutung. In Wahrheit aber hat der Verfasser nur die Verbindung der eingestülpten Ektodermeinstülpung nach Schwund der Scheidewand mit dem anstossenden Entodermschlauche gemeint, so dass dieser Punkt des Einwurfes hinfällig geworden ist. Der Kernpunkt meines Widerspruches lag aber, abgesehen von der Ablösung der Entodermstränge und ihrer Verwendung zur Anlage der Längsmuskeln, darin, dass ich die Einstülpung nur als vorübergehende betrachtete und das Auftreten einer nochmaligen dritten Einstülpung zur Bildung des Mundaufsatzes bestritt. Ich vermochtedievon Kowalevsky als verschiedene aufeinanderfolgende Entwicklungszustände aufge- fassten Figuren 7, 8 und 11 nur als Bilder eines und desselben Larvenzustandes zu deuten und die vermeintlich dritte Einfaltung nicht als einen von der früheren, zur Mundbildung erfolgten Einstülpung verschiedenen Vorgang zu trennen und daher die Ent- stehung des scheibenförmigen Mundaufsatzes nur auf die Wieder- erhebung dieser ersten Einstülpung zurückzuführen. - Meine Darstellung und Auffassung des Vorganges von der Mundbildung wich also darin von der des russischen Forschers (91) 8 C. Claus: ab, dass dieselbe mit einer nur einmaligen, nicht mit einer wieder- holten Einstülpung verbunden sei und dass sich diese nach Durch- bruch der Mundöffnung alsbald wieder erhebe und zur Bildung des überaus beweglichen Mundaufsatzes, der Proboseis, ausspanne, deren innere Bekleidung bis zu dem ektodermalen Randwulste, an wel- chem später die Digitellen entstehen, entodermales Epithel sei. Goette spricht sich über die Mundbildung dahin aus, dass der sie bewirkende Vorgang von allen Autoren, Kowalevsky ausgenommen, völlig verkannt worden sei, gibt jedoch für den- selben eine von jenem Autor insofern abweichende Darstellung, als er bei der Einstülpung, die ich selbst ja auch ganz überein- stimmend beschrieben habe, jedoch mit vollem Rechte nur als vorüber- gehende betrachtete, in der Hauptebene jederseits einen nach unten offenen Raum frei bleiben lässt, in welchem sich je ein schmaler Zipfel des Entodermschlauches einschiebe, während Kowalevsky den Vorgang so auffasste, als ob an den beiden Kanten der platten Larve zwischen der Einstülpung und dem Ectoderm je ein finger- förmiger Fortsatz des Entodermschlauches zurückbleibe. Die Ver- wendung dieser Fortsätze zur Bildung der Längsmuskeln wird dann in derselben Weise, wie es bereits von mir geschehen war, als irrthümlich zurückgewiesen, der dritte Punkt aber, die noch- malige orale Einstülpung und später wieder hervortretende Empor- hebung derselben zur Bildung des Mundaufsatzes völlig übergangen. Im Gegensatze zu Kowalevsky wird vielmehr die Entstehung des Mundaufsatzes (Rüssels oder Proboscis) durch Hervorwachsen einer ektodermalen Falte am Mundrande beschrieben, so dass die Aussenschicht desselben die Fortsetzung der Mundscheibe, die dickere Innenschicht aber nur der obere Abschnitt des ektoder- malen Schlundrohres sei. Man sieht, der Gegensatz meiner und @oette’s Darstellung beruht im Wesentlichen darauf, dass, während ich die im Grunde ‘ der Einstülpung entstandene Oeffnung als Mund betrachtete, welcher durch Wiederaufrichtung jener wieder an die Spitze des Mund- aufsatzes kommt und demnach die innere Bekleidung desselben als entodermal ansehe, jene von Goette als eine vom Munde zu unterscheidende Schlundspalte aufgefasst wird, welche in der Tiefe verbleibt. Die innere Bekleidung des Mundaufsatzes ist dem- nach für ihn ektodermaler Natur und bildet die Bekleidung eines Schlundrohres, während die Oeffnung an der Spitze des durch seeundäre Faltung des Ektoderms erhobenen Aufsatzes den neu- gebildeten Mund vorstellt. (92) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 9 Auch bei Cotylorhiza öffnet sich wie bei Aurelia und Chrysaora der in der Regel kurze, seltener stärker eingezogene und dann etwas längere Trichter in der Tiefe, und es bildet sich eine anfangs kleine, dann rasch sich vergrössernde Mündung, an welcher auch der anliegende Entodermsack zum Durchbruche kommt, so dass beide Schichten in der Peripherie jener Mündung zu festem Anschluss miteinander verlöthen (Fig. 7, 3, 9). Die beiden in der Hauptebene gebildeten Entodermdivertikel sind kurze und nur ausnahmsweise (Fig. 6) etwas längere Ausbuchtungen, welche in Folge des Vortretens der Einstülpung zur Bildung eines niedrigen, aber weiten Mundaufsatzes eine schräge, nach aussen gerichtete Lage erhalten und die Stellen bezeichnen, an welchen die beiden primären Tentakeln hervorwachsen (Fig. 10, 11, 12). Zwischen beiden Divertikeln verläuft an den Breitseiten des Larvenleibes eine flache Faite des Entoderms, aus deren erweiterter Mitte sich später ein neues mit dem ersteren alternirendes Divertikelpaar erhebt. Ob an der als Proboscis sich hervorhebenden Einstülpung eine ektodermale Wucherung, wie es @oette darstellt, die den Mund umgebende Faltung erzeugt, oder ob diese lediglich durch das Hervortreten der Einstülpung bewirkt wird, dürfte ebenso schwer zu entscheiden sein, wie die Grenze zwischen ektodermalem und entodermalem Antheil der innern Auskleidung des Rüssels scharf zu bestimmen ist. Jedenfalls tritt die Proboseis früher auf, als @ oette behauptet, früher als die zu den Tentakelanlagen des zweiten Paares in Be- ziehung stehenden Divertixel der Sagittalebene gebildet werden, welche jener Autor in das jüngste Larvenalter noch vor Durchbruch des Mundes verlegt (vergl. Nr. 7,1. c. Fig. 13), und ich finde ebensowenig wie bei Chrysaora auch bei Cotylorhiza ein Schlundrohr im Sinne @oette’s, vielmehr geht die innere Zellen- bekleidung des Mundaufsatzes, ohne einen auf ein Schlund- rohr zu beziehenden Vorsprung, in die Bekleidung der Magencavität über, daher existirt weder eine Schlund- pforte, noch Taschenostien in der Weise, wie sie von Goette beschrieben worden sind. Ich muss einen Nachdruck auf die Thatsache legen, dass alsbaldnach dem Durchbruch der Einstülpung diese wenigstens theilweise zur Bildung der Proboscis wieder her- vortritt und dass hierdurch die beiden kurzen!) Divertikel des !) Im Gegensatz zu Goette’s Abbildungen (Nr.”7, Fig. 12 u. 13). Diese Figuren, welche die eben befestigten Larven von Cotylorhiza mit nach aussen gestülpter Schlund- (93) 10 C. Claus: Entodermschlauches in eckig vorspringende Erhebungen zu den Seiten derselben zu liegen kommen und eine schräg horizontale Stellung erhalten (Fig. 12). Es ist demnach die Bildung der Proboseis der erste an dem noch flach gedrückten Larvenleibe zu beobachtende Vorgang, auf welchen das Vorwachsen eines zweiten Divertikelpaares in der kurzen Querachse später folgt (Fig. 14, 15). Als ein be- deutungsvoller, in den frühern Arbeiten nicht genügend beachteter wichtiger Charakter, welcher das Seyphostoma als eine höher ent- wickelte Polypenform erscheinen lässt, muss zweifelsohne das Auftreten der vier Divertikel angesehen werden. Wir können die- selbe als flache Magentaschen betrachten und auch so bezeichnen. An dem obern Ende derselben entwickeln sich alsbald die vier perradialen Tentakeln, von denen sich das der Hauptebene zu- gehörige Paar (t) früher erhebt, und zwar bei ungleicher Grösse dieser beiden Tentakeln vorgeschrittener ist, indem in der Regel ebenso wie bei Chrysaora ein Tentakel in der Entwicklung dem anderen etwas vorauseilt, während das zweite Paar (t‘) erst mit der Ver- längerung der Querachse an dem sich mehr und mehr vierseitig pyramidenförmig gestaltenden Scyphostomaleib hervorwächst. Untersucht man frei schwimmende Larven, deren entodermale Zellenschicht sich bereits aufzuhellen beginnt, noch vor dem Durchbruch der Mundöffnung, so findet man jene mit scharfer äusserer Grenze, wie mittelst einer cuticularen Membran gegen die helle flüssige Substanz der primären Leibeshöhle abgehoben. Die Aufhellung beginnt an dem bei der Bewegung nach vorn gerichteten Körperende, während die dem entgegengesetzten Pole zugekehrten Zellen in ihrem Zelleninhalte die dichte Häufung von Körnchen bewahren. Auch wenn sich bereits die verdickte Ektodermschicht eingestülpt hat, ist diese Beschaffenheit des anliegenden Entoderms unverändert. Wenn nun die Oeffnung am Grunde des kurzen Ektodermtrichters durchbricht und zugleich mit diesem Vorgange auch die anliegenden Zellen der Entodermschicht auseinanderweichen, erscheint die Wandung des Ektoderms in der Peripherie der Oeffnung mit den angrenzenden Zellen des geöffneten Entodermsackes in tasche und zwei, beziehungsweise vier Magentaschen darstellen sollen, müssen ganz abnormen Zuständen entlehnt sein, wie sie von mir unter vielen Hunderten, theils lebend, theils nach Behandlung mit Osmium, Sublimat und anderen Reagentien untersuchten Larven nicht ein einziges Mal gesehen wurden. Ueberdies wurden an denselben nicht einmal die äusseren und inneren Grenzlinien der ausserordent- lich hohen Entodermschicht kenntlich gemacht, so dass sie nur eine höchst unklare Vorstellung zurücklassen. (94) Be yciiı zt Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 11 continuirlicher Verbindung, und es ist um so schwieriger, die Grenze scharf zu bestimmen, als die oberen dem Entoderm zuge- hörigen Zellen wie jene des Ektoderms noch sehr reich an Körnchen sind und nur allmälig nach der Tiefe zu lichter werden (Fig. 7, 8). Indessen scheint sowohl die bedeutendere Grösse dieser Zellen, als der allmälige Uebergang zu den nach unten folgenden Entoderm- zellen, zumal bei Vergleich der gesammten Schnittserie, eine Entscheidung zu gestatten. Während die Zellen des Ektoderms verhältnissmässig klein bleiben und zahlreiche grössere und kleinere, mittelst Färbemittel sich intensiv tingirende Körnchen enthalten (Fig. 13a), sind die Entodermzellen weit voluminöser und durch Füllung mit wässeriger Flüssigkeit blasig aufgetrieben (Fig. 13b). Das spärliche, ebenfalls körnchenhaltige Protoplasma ist ganz nach der inneren, der Gastralcavität zugewendeten Seite gedrängt und enthält einen kleinen, im Verhältniss zum Kerne der Ektodermal- zellen immerhin noch gross zu nennenden Kern mit centralem, sich intensiv färbendem Nucleolus. Nach dem vorderen Theile der Larve zu werden jedoch auch im Entoderm die Körnchen zahl- reicher, so dass die Grenze nach der ebenfalls körnchenreichen, von Goette als Schlundrohr!) bezeichneten inneren Bekleidung des Proboscis kaum sicher festzustellen ist. Dass die innere Proboseisbekleidung eine ektodermale ist, habe ich im Laufe meiner Untersuchungen längere Zeit bezweifelt, zumal da es fast unmöglich ist, an den Cotylorhiza-Larven diesen Nachweis zu führen und andererseits der ektodermalen Natur mancherlei Be- ‚denken entgegenstehen. Da sich nämlich die Mundecken der Probosecis unter flächenhafter Ausbreitung zu den Mundarmen der Schirm- qualle entwickeln, so würde sich die gesammte orale Bekleidung der letzteren als ektodermal ergeben müssen. In Wahrheit aber verhält *) Wenn nunauch G oette’s Angaben über das Vorhandensein einer ektodermalen Auskleidung der Proboseis richtig sind, so würde mit diesem Nachweise das Scypho- stoma doch nicht in völlig neuer Gestalt erscheinen, und noch weniger der Ver- gleichung eine andere Richtung gegeben sein. Gerade der Umstand, dass auf Grund des Vorhandenseins von Gastralwülsten, dann der spätern Filamente und des entodermalen Ursprungs des Keimlagers der Scyphomedusen die Homologie des Scyphostoma mit der Jugendform der Anthozoen unabweisbar erschien und somit die von fast sämmt- lichen Autoren bereits angenommene nähere verwandtschaftliche Beziehung der Scyphomedusen und Anthozoen durch Goette’s Entdeckung eines ektodermalen Schlundrohres eine weitere Stütze erhielt, demnach die seitherige für zutreffend gehaltene Richtung des Vergleiches wesentlich gefördert zu sein schien, erklärt die _beifällige Aufnahme, welche die neuen Angaben jenes Forschers bei vielen Zoologen auch obne nähere Prüfung gefanden hat. (95) 12 C. Claus: sich diese mit dem Entoderm der Gastralcavität übereinstimmend. Man denke insbesondere an die Verlöthung, welche gegenüberliegende Flächen der Mundarme bei den Rhizostomeen ganz nach Art der Gefässlamelle in der Gastralcavität zur Herstellung eines inneren Canalsystemes der Arme erfahren, an die ähnliche Beschaffenheit des Epithels und dessen Drüsen, an die Einnistung der Zooxan- thellen in das Entodermgewebe der Cotylorhiza und die massen- hafte Ausbreitung derselben an der inneren Bekleidung der Trichter- krausen und Armcanäle, an die Hodenfollikel der hermaphroditischen Chrysaora, welche nicht nur an den Genitalkrausen, sondern überall im Entoderm der Gastralcavität, sowie in dem oralen Zellenbelag der Mundarme auftreten. | Die Deutung als Ektoderm erscheint auch bedenklich, wenn wir die Entstehungsweise der Ephyren und deren Loslösung an der polydisken Strobila in Betracht ziehen. @oette hat die stiel- förmige Verbindung zweier Strobilascheiben als Anlage der Proboscis der folgenden unteren Scheibe bestritten und die Verbindungen des „Septaltrichters“ in die vier Kanten des Stieles verlegt. Dem entsprechend erklärte er den Mundstiel für eine Neubildung und nahm für die Entstehung der Proboseis eine Regeneration an. Indessen versäumte es unser Autor, den Leser über die Art und Weise, wie er sich den Vorgang einer solchen Regeneration vorstellte, aufzuklären und Beobachtungen mitzutheilen, so dass ich von vorn- herein der Vermuthung einer ektodermalen Regeneration auf Grund meiner früheren Beobachtungen wenig Vertrauen entgegenbrachte. Da Goette polydiske Strobilen lebend und während der Ab- lösung von Ephyren nicht hatte untersuchen können, so war er darauf verwiesen, aus den vorausgehenden Zuständen eine be- friedigende Vorstellung über jenen Vorgang zu erschliessen. Es fehlten ihm auch bei der Untersuchung des conservirten Materiales mehrere Entwicklungsstufen, „wie gerade diejenige während der Regeneration des Proboscis“. Hätte er die Strobilation an solchen Formen verfolgen können, so würde er ohne Zweifel gesehen haben, dass an polydisken Strobilen eine Reihe von Ephyren mit Mund- stiel auf einander folgen und kurz aufeinander frei werden können, dass also die Regeneration, wenn sie überhaupt eintritt, schon vor der Trennung der Scheibe erfolgen muss. Nun hatte ich in meiner früheren Arbeit nur durch die Achse der Strobila geführte Längsschnitte untersucht, welche die in Frage kommenden Neubildungen nicht erkennen lassen. Die Zer- legung von Chrysaora-Strobilen in Serien feiner Längs- (96) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 13 schnitte hat mich aber nunmehr davon überzeugt, dass die muth- masslichen Neubildungen in der That als scheiben- förmige Ektodermfalten zwischen je zwei Ephyra- scheiben vorhanden sind. Gerade diese Beobachtung schien mir aber zur Controle der an dem jungen Scyphostoma viel schwieriger zu constatirenden Verhältnisse von entscheidendem Werth. Dass Goette die innere Bekleidung des Proboscis als ektodermal er- kannte, dürfte er vornehmlich dem Umstande zu verdanken haben, dass die von ihm untersuchten Seyphostomen von Aurelia sich in einem Zustande ungewöhnlich starker Contraetion befanden, und daher ihre Proboscis tief eingezogen war (vergl. Nr. 7, Taf. II). Ich habe bei Cotylorhiza nur gelegentlich ähnliche, aber nie in dem Grade contrahirte Formen beobachtet, die bei weitem grössere Mehrzahl dagegen in dem Formzustande gesehen, den unser Autor als einen abnormen dargestellt und abgebildet hat. Nach demselben soll sich nämlich zuweilen schon an dem jungen Scyphostoma (Nr. 7, pag. 13, Fig. 29) in derselben Richtung, welche der entodermale Achsenstrang der Tentakeln einschlägt, auch der Grund der Magentasche verschieben und vom Schlundrohre etwas abrücken, wodurch der doppelwandige Taschenvorhang in eine nach oben offene, unten an der Schlundpforte breitrandige Falte verwandelt werde. In Folge dessen könnten die ursprünglichen Lagebeziehungen der Taschen und des Schlundrohres schon in der frühen Periode ganz verdunkelt werden, indem sowohl die Höhe der Magentasche, wie diejenige des Schlundrohres abnehme und diese durch die Contractionen der Larven vollends bis zum Niveau des Schlundrohres herabgedrückt, blos als die oberen Enden der Magenrinne erscheinen. Dadurch könne die eigentliche Grundform des Gesammtkörpers ganz unkenntlich werden und es seien so die früheren missverstandenen Deutungen veranlasst worden. Diese auf abnorme Contractionszustände zurückgeführten Bilder sind bei Cotylorhiza thatsächlich aber normai und entstehen regel- mässig, sobald die orale, als Schlundrohr bezeichnete Einstülpung zur Bildung der Proboseis wieder vortritt. Es werden dann eben, wie ich früher schon darstellte, die beiden primären, die ersten Tentakelansätze erzeugenden Divertikel aus der ursprünglich ver- ticalen in eine schräg horizontale Lage gedrängt und bedingen das Entstehen der beiden seitlichen Vorsprünge in der Hauptebene des noch abgeflachten Leibes (Fig. 12), zu denen dann später zwei ähnliche, dem zweiten Divertikelpaar entsprechende Vorsprünge in der Querebene hinzukommen. Indessen hat auch Goette seine durch Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. IX, Heft 1. 7 (97) 14 s C. Claus: den Contractionszustand begründete Auslegung über den achtarmigen Zustand hinaus nicht aufrecht erhalten, indem er von da an das Scyphostomaden,„typischenBaueinesAnthozoen“ver- lieren lässt. „Das junge Scyphostoma,“ sagt unser Autor in einem späteren Capitel (Nr. 7, pag. 26), „behält meist (!) noch bis zum acht- armigen Zustande den typischen Bau eines Anthozoen.“ Auf den nun folgenden Entwicklungsstadien soll sich dann der anthozoenähnliche Bau ganz allmälig verändern, die Taschenvorhänge sollen sich merk- lich verkürzen und in radialer Richtung zu breiten bauschigen Falten ausziehen, der Schlund soll in die stärker vorragende Proboseis hinaufrücken und eine Umbildung des Peristoms durch Einsenkung. und schüsselförmige Vertiefung erfolgen, welche unter Einbüssung des anthozoenähnlichen Baues zu den Charakteren einer Meduse, und zwar der Scyphomeduse, führe. In Wahrheit hat jedoch das Scyphostoma von Cotylorhiza auch in den früheren Stadien den wesentlich gleichen Bau. 3. Die Bildung der vier Längsmuskelstränge (mit den sog. Septal- trichtern) und der Taeniolen. Schon nachdem das zweite Divertikelpaar in der kurzen Querebene entstanden ist und den Ektodermbelag in Form flacher Warzen, den Anlagen der entsprechenden Tentakeln empor- gehoben hat, oft bevor noch der Larvenleib seine von zwei Seiten comprimirte Gestalt aufgegeben und mit einer pyramidenförmigen vertauscht hat, sieht man zwischen den primären Tentakelwarzen und den neuen Erhebungen, also in den Radien zweiter Ordnung (Interradien E. Haeckel’s) von der Ringfurche der Proboseis aus Zelleneinwucherungen, welche bei der Betrachtung von der Aussenfläche des Larvenkörpers als conische, schräg nach unten zugespitzte Trübungen durchschimmern, in die Tiefe eintreten. Untersucht man diese Bildungen an etwas weiter vorgeschrittenen Larven, welche bereits vier kurze Tentakeln besitzen (Fig. 14, 15), auf Längs- und Querschnitten, so überzeugt man sich, dass es sich um vier kurze kegelförmige Zapfen handelt, welche in die vier, die Tentakeltaschen trennenden Gallertausscheidungen eintreten (Fig. 32—34). Die letzteren sind in den nach dem Centrum der Magencavität gerichteten Faltungen des Entoderms besonders reichlich erzeugt und bilden zugleich mit den Entodermfalten wulstförmige Vor- sprünge, die ersten Anlagen der Taeniolen, welche als Ver- diekungen an der Mundscheibe zwischen den Tentakeltaschen (98) > Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 15 beginnen, aber noch eine so geringe Längenausdehnung haben, dass sie schon auf dem zweiten Querschnitte unterhalb der Ten- takeltasche verschwunden sind. Dahingegen erstrecken sich die Ausläufer der Ektodermzapfen als schmale, aus verhältnissmässig wenigen, linear angeordneten Zellen zusammengesetzte und am unteren Ende kolbig angeschwollene Streifen bis in den stielförmigen Basal- abschnitt des Scyphostomenleibes herab (Fig. 35). Jeder derselben verläuft dicht an dem äusseren Grenzsaum des Entodermschlauches und wird zu dem Längsmuskel in der Peripherie der späteren Taeniole, falls eine solche überhaupt durch Verlängerung des Gallertwulstes, welche bei Cotylorhiza unterbleibt, gebildet wird. Da die orale, die Taeniolen-Anlage bildende Falte zugleich mit dem Hervorwachsen des zweiten Divertikelpaares entsteht, so kann der keilförmig einwuchernde Ektodermzapfen nicht das Causalmoment für das Auftreten der Taeniole sein, die vielmehr mit dem zum Längsmuskel werdenden ektodermalen Zellenstrang erst secundär in Beziehung tritt, und es kann das Vorhanden- sein desselben auch nicht als die Ursache der allmälig erfol- genden Ausdehnung der Taenioleanlagen über die Länge der Gastralcavität herab angesehen werden. Vielmehr ist diese Ursache, wie ich schon in meiner früheren Arbeit darlegte, in einer dem Bedürfnisse der Flächenvergrösserung entsprechenden ento- dermalen Faltung zu suchen, die auch für das Auftreten ähn- licher gastraler Längswülste bei grossen Hydroidpolypen (Tu- bularia)undSiphonophoren') (Taster und Polypen der Apole- mia) in Frage kommt. Allerdings wird die gleiche Ursache auch für die Entstehung der gastralen Septen bei den Anthozoeen Geltung haben, doch besteht hier ein ganz anderes Verhältniss der Musculatur, da dieselbe vom Entoderm aus erzeugt, in die Septen einwuchert, während sie bei den Scyphostomen vom Ekto- derm aus entsteht und an der äusseren Grenze der Wülste in der Peripherie des Entodermschlauches ihre Lage bewahrt. Sehr bemerkenswerth und für den Begriff des Seyphostoma wichtig erscheint die Reduction der Taeniole auch in den älteren vorgeschritteneren Scyphostomen von Cotylorhiza, bei denen der Gallertwulst auf seine Anlage an der Mundscheibe beschränkt bleibt und nicht wie bei Chrysaora und anderen Scyphomedusen in Form eines bandförmigen Längswulstes herabwuchert (Fig. 40—43). !) C, Claus, Neue Beobachtungen über die Structur und Entwicklung der Siphonophoren, Zeitschr, für wiss. Zool. 1363, Tom XII. 7* (99) 16 C. Claus: Demnach ist die Taeniole keineswegs, wie man bisher glaubte, ein constantes Merkmal aller Seyphostomen. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass, wenn sich an den Scyphostomen der Cotylorhiza und verwandter Rhizosto- miden — ich habe dieselben bislang nicht über das 16armige Stadium hinaus verfolgen können — die Taeniolen-Anlagen der Mundscheibe vor dem Uebergang zur Strobila nicht in die Gastral- cavität herab verlängern sollte, ausschliesslich monodiske Strobilen erzeugt werden, an deren Ephyrenstück dann aus dem Wulste der Mundscheibe direct der primäre Gastralfaden hervorwachsen dürfte. Ich hoffe hierüber in dem später folgenden Theile der Arbeit be- richten zu können, wenn es mir gelingen sollte, das Seyphostoma der Cotylorhiza zur Strobilation zu bringen. Indem ich in meinen früheren Arbeiten von der Voraus- setzung ausging, dass die gastralen Filamente der Acalephen, welche sich aus den Taeniolenresten entwickeln, den Gastralfilamenten der Anthozoen gleichwerthig seien, demnach auch die Gallertsäulen der Scyphostomen den Septen der Actinien entsprechen müssten, schloss ich auf dieübereinstimmende Entstehung der Muskelstränge, welche an der Peripherie der Taeniolen herabziehen und leitete dieselben als Erzeug- nisse des Entoderms ab. Dieser Irrthum ist nunmehr durch Goette beseitigt worden, dessen Beobachtungen auch die Taeniolen und Gastralfäden der Scyphomedusen in ein anderes Licht stellen, indem sie zeigten, dass die zu denselben gehörigen Muskeln in ganz anderer Weise, und zwar von Ektoderm der Mundscheibe aus sich ent- wickeln. Da gastrale Längswülste, die sich in den Radien gesetz- mässig wiederholen, bei grossen Hydroidpolypen und polypoiden Formen von Siphonophoren vorkommen und sogar wurmförmig sich bewegende, kurze Filamente, inden Polypitender Physalia') als Zöttehen auftreten, so wäre zu untersuchen, ob diese freilich der Muskeln entbehrenden Bildungen nicht doch vielleicht auf die Taeniolen der Seyphomedusen bezogen werden könnten. Goette hat die zapfenförmigen Einwucherungen, die sich an den Cotylorhiza-Seyphostomen auf einen sehr geringen Umfang be- schränken, Septaltrichter genannt, eine wie mir scheint wenig passende Bezeichnung, denn es handelt sich keineswegs überall um trichterförmige Einsenkungen, die allerdings später, wenn die in den ') Th. Huxley, The Oceanic Hydrozoa. London 1859, pag. 104 und 105. GC, Claus, Ueber Halistemma tergestinum. Arbeiten aus dem Zool. Institut. Wien 1878, Tom; I, pag, 35, Tat y, 2er: (100) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 17 Radialebenen der Taeniolen verlaufenden Längsmuskel (Fig. 32—35) sich contrahiren, durch den auf die Mundscheibe ausgeübten Zug erzeugt werden können. Allerdings gestalten sich ähnliche Ein- senkungen bei den niederen, bleibend festsitzenden Scyphomedusen wie bei den Lucernariden zu tiefen Taschen, in deren Grunde sich das Keimzellenlager aus dem Entoderm entwickelt, während bei den meisten freischwimmenden Scyphomedusen an den entsprechenden Feldern der Subumbrella die Schirmhöhlen oder Subgenitalhöhlen entstehen. Dass diese letzteren mit den Taschen der Lucernarien der Lage nach gleichwerthig sind und in der homologen Region der mit der Rückbildung der Muskeln wieder flach gewordenen Felder der Ephyra, also da, wo die Einwucherungen der sogenannten Septaltrichter entstehen, angelegt werden, war längst von den Autoren nachgewiesen und ohne Widerspruch anerkannt. Es fällt das freilich mit Goette’s unerwiesener Behauptung nicht zusammen, nach welcher die Subgenitalhöhlen, eine Besonderheit der höheren Seyphomedusen, von den Septaltrichtern des Scyphostoma ihre Abstammung herleiten sollen (@oette, l.c., pag. 42). Auch sind die trichterförmigen Taschen der Lucernarien von diesen wohl zu trennen, da die sog. Septaltrichter-Höhlungen von Ektodermzapfen entstehen und sich in die Längsmuskelstränge fortsetzen, jene aber centralwärts von den Muskeln ihre Lage haben. Ich werde später auf die Schirmhöhlen der Geschlechtsorgane zurückkommen, wenn ich, auf nochmalige Untersuchungen gestützt, die Strobilation bespreche und will noch Einiges über die Bildung der neuen Tentakeln mittheilen, dessen auf noch zahlreichere Beobachtungen gestützte Ergänzung ich mir ebenfalls für den zweiten Theil der Arbeit vorbehalte. 4. Die Bildung der vier Zwischententakeln und der acht intermediären Tentakeln. Die Bildung der vier, den Radien zweiter Ordnung zugehörigen Tentakeln geschieht ganz ähnlich wie die der vier früher in den Radien erster Ordnung entstandenen Tentakeln mittelst Entoderm- fortsätzen der Magen- oder Tentakeltaschen, und zwar sind es keineswegs stets, wie @oette darstellt, sondern nur meist die seitlichen Partien der in der Querebene gelegenen Taschen, welche schräg nach aussen in Fortsätze auswachsen, durch welche das aufliegende Ektoderm emporgehoben und mit jenen papillenförmige Vorsprünge am Tentakelrande erzeugt (Fig. 40—43). (101) 18 C. Claus: Nach wiederholter Beobachtung scheint mir dieser Bildungs- modus in der Regel zutreffend, und es wird dann erst später mit dem weiteren Wachsthum die Coincidenz der Tentakelradien mit denen der Septalwülste hergestellt. Indessen gibt es auch recht häufige Ausnahmen, insofern sich die aneinander stossenden Zipfel zweier benachbarter Taschen gleich anfangs an der Bildung des Tentakels betheiligen (Fig. 40 T“, Fig. 46 t“). Diese meine frühere (von Schneider getheilte) An- schauung von dem Doppelursprung der intermediären Tentakeln aus den beiden Blättern jeder Magenfalte beruht auf der Beobachtung solcher keineswegs selten anzutreffender Bilder, die freilich zum Theil wieder auf eine erst nachträglich erfolgende Verschmelzung zweier benachbarter Taschenzipfel zurückzuführen sein dürften. Verfolgt man die lang ausgezogenen, schon jetzt weit herab- reichenden, zu Längsmuskeln sich gestaltenden Ausläufer der Ekto- dermzapfen, so findet man dieselben in den Radialebenen der Ten- takeln und glaubt sie am optischen Längsschnitte mit dem Ur- sprunge derselben verbunden. In der That senken sich denn auch die Zellenzapfen stets im Zwischenraum je zweier Magenzipfel in die Tiefe ein, und es kommt meist sehr bald zu einer Coincidenz, wenn dieselbe nicht gleich anfangs schon vorhanden gewesen sein sollte. Ob nicht aber auch insofern Unregelmässigkeiten auftreten, als nicht gelegentlich auch eine der beiden Primärtaschen eine bedeutendere seitliche Ausdehnung gewinnt und an ihrer Ausbuchtung einen der inter- mediären Tentakel erzeugen kann, möchte ich nach meinen bisherigen Beobachtungen nicht ausgeschlossen halten, vielmehr glaube ich auch für solche Fälle in Schnittserien zutreffende Belege zu be- sitzen (Fig. 40). Ich habe in meinen früheren Abhandlungen ausge- sprochen, dass die Castralwülste erst mit dem Hervorwachsen der vier intermediären Tentakeln auftreten, dagegen an den vierarmigen Formen noch vermisst werden. Es ist das insofern richtig, als bei Chrysaora erst dann die Gastralwülste die Ausdehnung erlangt haben, welche zu der Bezeichnung Taeniolen berechtigt. Die Anlage derselben, sowie der vier gastralen Taschen hatte ich schon in dem vierarmigen Stadium erkannt (Nr. 4, pag. 12, Nr. 5, pag. 6) und auch in der Abbildung dargestellt (Nr. 4, Taf. I, Fig. 13), was @oette ganz übersehen zu haben scheint. Da ich aber für das Scyphostoma das Vorhandensein der Taeniolen als wesentlichen Charakter ansah, liess ich das Scyphostoma erst mit dem achtarmigen Stadium be- ginnen und wies das Vorkommen tetranemaler Seyphostomen zurück, (102) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 19 Daher ist nicht nur die (Nr. 7, pag. 22) auf die Entstehung des meso- dermalen Tentakelstranges bezügliche Ausstellung!), sondern auch die fernere Aeusserung desselben Autors: „die Magenfalten entstehen also nicht so spät wie bisher angenommen wurde, nach Claus z. B. erst während des Hervorwachsens des dritten und vierten Tentakelpaares, sondern bevor überhaupt ein einziger Tentakel vor- handen ist“, unzutreffend. Unter Magenfalten werden hier die zwischen den vier Divertikeln oder Magentaschen ausgeschiedenen Gallertsepten verstanden, welche die untere Hälfte des Larven- körpers von der Schlundpforte an zum Munde durchziehen, also von den Taeniolen wohl zu unterscheidende Bildungen, die jedoch, da eine Schlundpforte und ein Schlundrohr nicht existiren, der Gallertzone der Mundscheibe angehören und sich in ihren tieferen und axialen Fortsätzen zu den Anlagen der Gallertwülste ver- dicken. Es ist daher nicht gerechtfertigt, wenn Goette die Wurzeln seiner Septen in vier Kanten eines vermeintlichen Schlundrohres verlegt und die aus ihren Resten an der Schlundpforte hervor- wachsenden Magenfilamente als die Grenze der ektodermalen und entodermalen Verkleidung des gesammten Darmraumes bezeichnet zum Beweise, dass die Schlundeinstülpung sich niemals zurückbilde. Die Unregelmässigkeit in der Entwicklungsfolge der am Becherrande vorwachsenden Tentakeln habe ich (Nr. 4, pag. 12), und zwar auch schon für das Auftreten der vier Zwischententakeln (Ibidem, pag. 10) ausdrücklich hervorgehoben. „Das Hervorsprossen von vier neuen Armen zwischen den vier vorhandenen, nach welchen wir die Lage der Radien erster Ordnung bestimmen, erfolgt keines- wegs gleichzeitig und überall in übereinstimmender Form. Häufig schreitet eine Seite oder auch zwei benachbarte, beziehungsweise zwei gegenüberliegende Seiten des Polypenleibes den übrigen vor- aus und hier treten die Anlagen der mit den ersteren alterniren- den Arme oder Tentakeln zweiter Ordnung auf.“ Dass diese Tentakeln zweiter Ordnung theilweise aus der Seitenbucht von je nur einer Magentasche vorwachsen und erst später eine den Radien zweiter Ordnung, in welchen die Muskelzapfen einwuchern ‘) Wenn Goette mir vorwirft, ich habe mit dem Ausdrucke, „das Entoderm umwachse den randständigen Theil des Gastralwulstes“ übersehen, dass nach meiner eigenen Behauptung nicht der Tentakel über der Magenfalte, sondern diese unter dem bereits hervorwachsenden Tentakel entstehe, so hat er wohl vergessen, dass nach meiner früheren Anschauung die Bildung der Magenfalten und Gastralwülste von der peripherischen Wand aus centralwärts und nicht von der Mundscheibe aus erfolgen sollte, (103) 20 C. Claus: und die Anlagen der Gastralwülste entstehen, eine congruente Lage erhalten, habe ich früher nicht beachtet. Doch folgt aus diesem Umstande keineswegs, wie G@oette vermeint, die Unrichtigkeit meiner von E. Haeckel (Nr. 8, pag. 13) bestätigten Angabe, dass die Gastralwülste oder Magenfalten in den Radialebenen zweiter Ordnung (interradial) liegen, sondern dass die entsprechenden Tentakeln nicht sogleich bei ihrer Anlage diesen Radien ange- hören, vielmehr erst nachträglich durch Veränderung der Lagen- beziehung die Coincidenz eintritt. Diese aber, wie es Goette thut, darauf zurückzuführen, dass im Laufe der Entwicklung die Septen sich in die „Radien jener Tentakeln verschieben“, ist wiederum unrichtig, da diese Veränderung, wenn sie über- haupt eintritt, auf Kosten der Tentakelbasis durch das Wachs- thum der Magentaschen vermittelt wird. Es bleibt jedoch, wie ich mich inzwischen besonders bestimmt an älteren Scyphostomen zu überzeugen Gelegenheit hatte, die ursprüngliche Incongruenz der Anlage zuweilen persistent, so dass die Radien der Tentakeln nicht in die der Gastralwülste fallen, welche stets den Radien zweiter Ordnung entsprechen. Uebrigens steht die Angabe G oette'’s, nach welcher sich die Septen in die Radien der Tentakeln ver- schieben sollten, nicht nur mit dessen Schema der Tentakelbildung (Nr. 7, pag. 21), sondern ebenso sehr mit der Polemik desselben gegen die Ansicht der Autoren in Widerspruch, nach welcher die Tentakeln die Radiärgliederung des Scyphostoma bestimmten. Für die weitere Folge der neu sprossenden Tentakeln lässt sich noch weniger ein bestimmtes, regelmässig wiederkehrendes Verhältniss feststellen. Allerdings sind es auch bei Cotylorhiza meist die beiden primären Magentaschen, welche von zwei seit- lichen Ausbuchtungen das Entoderm zu neuen Tentakelanlagen liefern, so dass um jeden der beiden Tentakeln der Hauptebene (?) zwei neue Tentakelansätze hervorwachsen, indessen kommt es nicht selten vor, dass der eine oder andere derselben erst später ge- bildet wird, dagegen vorher zur Seite des einen oder beiden Ten- takeln der Querebene (?‘) ein, seltener beide Tentakeln auftreten. Sechzehnarmige Scyphostomen scheinen auch bei Cotylorhiza überaus häufig zu sein, und wenn nicht das letzte Stadium, so doch eine wesentliche Durchgangsstufe der Entwicklung von län- gerer Dauer zu repräsentiren. Ich habe die Seyphostomen in meinen Aquarien bislang nicht über dieses Stadium, welches auch bereits Gegenbaur (Nr. 6) beobachtet und abgebildet hat, zur Bildung einer grösseren Tentakelzahl fortschreiten sehen und auch noch (104) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 2l nicht zur Strobilation bringen können, die gewiss, wie bei Chry- saoraund Aurelia, zu einer ganz bestimmten Jahreszeit erfolgt. Bis dahin muss ich die Frage, ob wie bei anderen Scyphostomen die Zahl der Tentakeln sich noch weiter vergrössert oder wie bei Chrysaora bis zur Strobilation verharrt, unbeantwortet lassen. Bei der letzteren Schirmqualle, deren Scyphostomenentwicklung und Strobilation ich eingehend dargestellt habe (Nr. 4, und Nr. 5), konnte ich bereits früher feststellen, dass man Scyphostomen mit 916 Tentakeln in allen Zwischenstufen, und zwar bei sehr verschiedener Lage und Reihenfolge des Auftretens der Tentakeln dritter Ordnung antrifft und behaupten, dass, wenn sich das Scypho- stoma einmal normal zur achtarmigen Form ausgebildet hat, auch fast stets die regulär 16armige Form schliesslich als letzte Ent- wicklungsstufe auf dieselbe folgt und ein etwaiger Ausnahmsfall doch nur aufeiner geringen Schwankung der Tentakelzahl (Vermehrung oder Verminderung um einen Tentakel) beruht (Nr. 4, pag. 12). Ich habe seitdem fast alljährlich Chrysaora-Seyphostomen !) und deren Strobilation zu beobachten Gelegenheit gehabt und wiederholt an einer grossen Zahl von Exemplaren die Richtigkeit meiner früheren Darstellung bestätigen können. Trotz des Wider- spruches von Seiten Goette’s, der es mir als Irrthum vorhält, dass ich die 16-Zahl der Tentakeln für die normale gehalten habe, sehe ich keinen Grund, diese Meinung fallen zu lassen. Ich habe die- selbe zunächst auf die Strobilationsvorgänge der Chrysaoragestützt und werde darin bestärkt, wenn ich bei stets wiederholter Unter- suchung diese Zahl an allen älteren Scyphostomen und solchen, die zu strobiliren beginnen, wiederfinde. Seyphostomen mit 24 und mehr Tentakeln habe ich niemals getroffen. Selbstverständlich soll damit nicht bestritten werden, dass sich die Zahl der Tentakeln nicht weiter vermehren könne, und dass nicht auch Seyphostomen mit 16—32 Tentakeln, wie sie bereits von Reid, Agassiz und E. Haeckel beobachtet wurden, überhaupt vorkommen, ja viel- leicht für bestimmte Scyphomedusen häufiger und regelmässig auftreten. Für die normale Zahl halte ich die 16-Zahl nach wie vor, zumal die 16 Tentakeln ihrer Lage nach zu den Lappen der !) Dieselben vegetiren nunmehr schon 14 Jahre in einem grossen zuge- deckten Aquarium, und strobiliren alljährlich Ende October bis Anfangs November, zuweilen auch im Frühjahr und stossen dann eine Menge Ephyren ab, während sich die basalen Reste rasch wieder regeneriren, 16 Tentakeln bilden und sich auch noch durch Knospen und Stolonen vermehren. (105) 22 C. Claus: Ephyrascheibe eine ganz bestimmte und regelmässige Beziehung bieten (vergl. Nr.4, Taf. II, Fig. 25—28, Taf. III, Fig. 30). Und somit hat für das Verständniss und Uebersicht der peripherischen Gliederung der Scvphostomapolypen die Zahl und Lage der Ten- takeln sehr wohl eıne grosse Bedeutung, gleichviel ob die Stufen- reihe der Vermehrung den auf genetischer Symmetrie beruhenden Ordnungszahlen 4, 12, 20, 24 ete. oder den erst secundär in ana- tomischer Symmetrie geordneten Zahlen 4, 8, 16, 24 ete. ent- spricht. Für die Antimerenzahl hat selbstverständlich die peri- pherische Gliederung überhaupt keinen bestimmenden Werth, denn diese liegt zunächst vorgezeichnet in der Vierzahl der Divertikel und diesen entsprechenden Primärtentakeln, scwie der interradialen Taeniolen und ist nicht erst von Goette als die Grundzahl für den radiären Scyphostomen- und tetrameralen Sceyphomedu- senbau erkannt und nachgewiesen worden. 5. Die Umgestaltung des Scyphostoma zur Strobila und deren Scheibenstücke zu Ephyren. Die Veränderungen, welche die Scyphostomen bei der Strobila- tion erfahren, habe ich für Chrysaora (Nr. 5, pag. 9—20, Taf. II, III, IV) eingehend dargestellt und finde ich nach sorgfältiger Durch- sicht meiner zahlreichen Präparate und wiederholter Nachprüfung der bezüglichen Vorgänge an frischem Materiale meine frühere Darstellung, an welcher Goette so vielfache Ausstellungen machte und Unrichtigkeiten nachweisen zu können glaubte, in allen wesent- lichen Punkten bestätigt. Was zunächst die Zahl der Tentakeln am Körper des aus- gebildeten Scyphostoma und das Verhältniss derselben zu den peri- pherischen Theilen der aus dem oralen Scheibensegmente hervor- gehenden Ephyra anbetrifft, so habe ich an vielen Dutzenden von Exemplaren ganz regelmässig die 16 Tentakeln, wie ich sie für die normale Strobila als charakteristisch hervorgehoben, in regu- lärer Anordnung, dagegen bislang in keinem Falle eine höhere Zahl angetroffen. Die gleiche Zahl habe ich auch an regenerirten Scyphostomen gefunden. Selbstverständlich soll damit nicht bestritten werden, dass auch eine grössere Zahl von Tentakeln vorkommen kann und be- sonders bei Aurelia und Cyanea nach den Beschreibungen und Abbildungen von L. Agassiz und E. Haeckel, deren Richtig- (106) Ueber die Eutwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 23 keit sich nie bezweifelt habe und auch jetzt nicht bezweifle, in der That häufiger vorkommen mag. Wie aber Goette es als Irrthum zu bezeichnen vermag, dass ich die normale Tentakelzahl auf 16 bestimmt habe, entzieht sich schlechterdings meinem Verständnis, da weder das von ihm als bisher unbekannt gehaltene, in Fig. 47 abgebildete Stadium eines Aurelia-Scyphostoma mit 24 und mehr Tentakeln, noch die Behauptung, dass die Tentakelvermehrung keine bestimmte Grenze habe, sondern auf verschiedenen Stufen durch die Bildung der Ephyralappen unterbrochen wurde, als Beweis des Irrthums gelten kann. Gerade die Thatsache, dass nach meinen Beobachtungen an Chrysaora die 16 Tentakeln ihrer Lage nach zu den Ephyralappen eine ganz bestimmte regelmässige Beziehung bieten, indem 8 den Radien erster und zweiter Ordnung angehören und in der mittleren Ausbuchtung der Stammlappen sich erheben, die 8 alternirenden Tentakeln aber zwischen den benachbarten Stamm- lappen in den intermediären Radien ihre Lage haben, ist der beste Beweis dafür, das l6armige Seyphostoma als die Normalform zu betrachten, und es ist eine durchaus willkürliche, meinen sorg- fältigen Beobachtungen über den Tentakelschwund gegenüber un- gerechtfertigte und irrthümliche Annahme, dass „wahrscheinlich jene zu niedrigen Zahlen (16) Scyphostomen entnommen worden seien, deren Tentakeln noch nicht oder nicht mehr vollständig waren!“ Ohne über den Werth der von Goette in Fig. 47 abge- bildeten Form für die normale Scyphostomaentwicklung der Aurelia ein sicheres Urtheil abgeben zu wollen, scheint mir doch gegen die Deutung derselben als Normalform die höchst ungleiche Grösse und Gestalt der 4 in die Radien erster Ordnung fallenden Stammlappen, welche je 3 oder gar 4 Tentakeln tragen und der 4 alternirenden Stammlappen mit je nur einem der sogenannten interseptalen Tentakeln in die Wagschale zu fallen. Man erwartet dann wenigstens anstatt einer Form mit 24 Tentakeln, eine solche mit 32 Tentakeln, welche, nach Abbildungen anderer Autoren zu schliessen, in der That auch bei Aurelia vorkommen dürften. Indessen scheint auch für diese Gattung, nach den Abbildungen L. Agassiz’ (Nr.1, Taf. XI, Fig. 8, 16, 18, 22) zu schliessen, das 16armige Scyphostoma die häufigere und normale Form zu sein. Auch kommt es bei diesem Lagenverhältniss der 16 (oder im Falle vermehrter Zahl 24 und 32) Tentakeln gar nicht in Be- tracht, ob der Gegensatz zwischen genetischer und anatomischer (107) 24 C. Claus: Symmetrie im Sinne @oette’s begründet ist oder nicht, da fast stets schon im Stadium der 8armigen Form die Coineidenz der 4 Zwischententakeln mit den Taeniolenanlagen und Muskeln herge- stellt ist, der supponirte Gegensatz also für die weitere, höchst unregelmässige Sprossungsfolge factisch nur im Schema (Nr. 7, pag. 21, Holzschnitte 9—13) besteht. Die Vorgänge, durch welche sich das distale Scheibenstück mit dem Tentakelkranz und sodann bei der polydisken Strobila die nachfolgenden Abschnitte zu Ephyren gestalten, sind mit Form- veränderungen und Neubildungen verbunden, welche theils an der äusseren Oberfläche zur Erscheinung treten, theils in innigem An- schlusse an diese die Räume der Gastralcavität betreffen. Ich habe in meiner früheren Arbeit beiderlei Veränderungen gesondert (die erstere Nr.5 pag. 10—13, die letztere pag. 13—16) besprochen und dadurch vielleicht zu Missverständnissen Anlass ge- geben, durch welche @oette zu einer unrichtigen Beurtheilung einiger meiner Angaben und Deutungen geführt wurde. Wenn dieser Autor sagt: „Auch Claus hat trotz einer scheinbar ein- gehenden Untersuchung eine richtige Darstellung von der Ent- wicklung der Lappentaschen u. s. w. nicht liefern können, weil er von viel zu vorgerückten Entwicklungsstufen ausging, nämlich von Strobilaformen, deren Tentakelkranz bereits atrophisch und decimirt war, da nur noch 16 durch breite Zwischenräume ge- trennte Tentakel vorhanden waren“ (Nr. 5, Fig. 27—30), so beruht diese Meinung auf einer ganz unbegründeten und schon durch meine Darstellung selbst widerlegte Unterstellung. G@oette ver- gisst auf die vorausgehenden Fig. 25 und 26 hinzuweisen, aus denen er ebenso wie aus dem Zusammenhang der auf Beobach- tungen einer sehr grossen Zahl von Strobilen gestützten Darstellung hätte entnehmen müssen, dass an sämmtlichen von mir beobachteten Formen nicht mehr als 16 Tentakeln überhaupt gebildet worden waren. Wäre aber wirklich auch der seiner Fig. 47 zu Grunde liegende Tentakel in einem Ausnahmsfall, der meiner Beobachtung gewiss nicht entgangen wäre, vorhanden gewesen, so würde doch durch das Vorhandensein von drei Tentakeln an 4, beziehungsweise bei 32 Tentakeln an 3 Stammlappen in der Lagenbeziehung der 16 Tentakeln sich nicht das Geringste geändert haben. Aber, fährt unser Autor fort, daher gelangt er zu der irrigen Ansicht, dass zuerst die Flügellappen zwischen den 16 Tentakeln „als ebensoviele wulstförmige Auftreibungen hervorwachsen, welche sich paarweise an der Basis der 8 radialen Tentakeln in der Weise (108) 5 Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 2 anordnen, dass diese im Vergleiche zu den intermediären Tenta- keln (dritter Ordnung) im weiteren Abstande von der Achse ab- rücken“, Wo aber habe ich denn behauptet, dass diese wulst- förmigen Auftreibungen die Flügellappen sind ? Sowohl aus dem Zusammenhang der Darstellung als aus den später folgenden Angaben über die Entwicklung der Flügellappen als Auswüchsen der wulstförmigen Auftreibungen geht doch klar hervor, dass mit diesen lediglich die seitlichen Vorsprünge der Stammlappen gemeint sein konnten, in deren Zwischenbucht der durch den vorwachsenden') Stammlappen in weiteren Abstand von der Achse abgerückte Radiärtentakel entspringt und aus denen später erst die Flügellappen (laappenpaare) mit den Entodermdivertikeln der Radiärtaschen, den Taschen-Anlagen der Flügellappen, hervortreten. Insbesondere muss ich mit Beziehung auf die Darstellung, welche ich von der Entwicklung der peri- pherischen Randtaschen und ihrer Fortsätze gegeben habe, es geradezu, wenn nicht als absichtliche Entstellung, so doch als Ungereimtheit bezeichnen, mir die Meinung unterzuschieben, dass die Taschen der Flügellappen früher als die der Stammlappen ent- stünden. | Und wenn Goette sich weiter äussert: „Auch hier trifft das Umgekehrte zu. Die Stammlappen entstehen vor den Flügellappen und beide nicht zwischen den Tentakeln, sondern durch ein Her- vorwachsen von Tentakel tragenden Abschnitten des Scheibenrandes, und zwar seiner beiden Schichten“, so sagt er damit nichts Neues, sondern nur in anderer Form das Gleiche, was ich selbst behauptet hatte, ebenso wie er in dem besonders markirten Satze, dass die 8 Stammlappen nach Lage und Zahl genau den ersten Ten- takeln entsprechen und „gewissermassen die ausgewachsenen Basen derselben darstellen“, keine neue Thatsache bringt, sondern nur das wiederholt, was bereits längst über jeden Zweifel klar ausge- sprochen und erwiesen war. Dass die beiden Flügellappen Auswüchse des Stammlappens sind und bei ihrer Anlage eine Ausstülpung der radialen Taschen erhalten, wurde bereits von mir (Nr. 5, pag. 15) hervorgehoben und ist daher nichts Neues, ebenso die Thatsache, dass sich der distale Abschnitt jedes Flügellappens ausschliesslich aus dem Ektoderm entwickelt. Da @oette im Wesentlichen dasselbe be- hauptet, so bleibt seine ganze Polemik gegen meine Darstellung nur ‘) Ein Vorwachsen, in Folge dessen eben, wie ich mich ausdrückte, die radialen Tentakeln in weiteren Abstand als die intermediären von der Achse abrücken, (109) 26 C. Claus: ein leerer Streit mit Worten, der umsomehr eines inneren Anhaltes entbehrt, als derselbe Autor mir oben erst eine ganz andere Entstehungsweise der Flügellappen — der Zeit nach vor den Stammlappen — als meine Ansicht untergeschoben und mit der Bekämpfung derselben eine offene Thür eingerannt hatte. Der Unterschied unserer Darstellungen beruht darauf, dass Goette „die beiden Flügellappen als unmittelbare Fortsetzungen des con- vexen Seitenrandes der zugehörigen Stammlappen“ entstehen liess, während ich den distalen T'heil derselben als eine am Innenrand der Lappenbasis (der Flügellappenanlage)hervorwachsende Ektoderm- wucherung betrachtete. Wesentlich ist, dass der distale, vor der Ephyralösung theilweise umgeschlagene Abschnitt des Flügellappens keine Entodermfortsätze enthält. Auch meine mit L. Agassiz und den späteren Autoren übereinstimmende Angabe, nach welcherjeder Randkörper oder Sinneskolben aus dem Basalabschnitt eines radialen Tentakels abzuleiten sei und somit morphologisch einem Tentakel entsprechen würde, weist Goetteals „ganz falsch“ zurück. Dagegen wird jeder Sinneskolben als eine selbstständige Neubildung betrachtet, welche durch einen mittleren Auswachs — zwischen den Flügellappenfortsätzen — aus der subumbrellaren Wand des Stamm- lappens und einwärts vom mittleren Tentakel entstanden sei. Der Auswuchs sei Anfangs in seiner ganzen Länge der Lappenwand eingefügt, sehr bald aber schnüre sich seine Spitze ab, der sich allmälig verdünnende Stiel bleibe hohl, im Köpfchen aber wachse das Entoderm zu einem soliden Zellenhaufen zusammen, während sich das Ektoderm zu einem Plattenepithel verdünne. Erst im Ephyrastadium sollten in den Entodermzellen die bekannten Krystalle auftreten. Ich selbst hatte bei Untersuchung der Chrysaoraentwicklung dieser Frage meine besondere Aufmerksamkeit zugewendet und auf dieselbe eine grosse Zahl in der Rückbildung der Tentakeln be- griffene Strobilaformen untersucht. An den meisten gelang es nicht, das Verhältniss der Randkörperanlagen zu den radialen Tentakeln zu bestimmen, da diese theils schon abgefallen waren, theils bei der Präparation sich ablösen, während die später abfallenden inter- mediären Tentakeln fast regelmässig noch in voller Zahl zurück- blieben. Aber schon der Umstand, dass sich nirgends eine Narbe als Rest der Ansatzstelle der abgelösten Tentakelreste auffinden liess, wies darauf hin, dass ihre Insertion mit der Lage der Rand- körper zusammenfalle. Und es gelang denn in der That auch an (110) | | | Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 27 einzelnen Formen — von denen wohlerhaltene Präparate als Beleg für die Richtigkeit meiner Deutung aufbewahrt und Jedermann zur Einsicht vorgelegt werden können — der sichere Nachweis, dass die radialen Tentakelreste dem Sinneskolben aufsitzen und sich von demselben, als ihrem umgestalteten und ais Sinnesorgan- zurück- bleibendem Basalstücke !), ablösen. Der noch nicht vollkommen aus- gebildete Randkörper enthält nicht nur in seinem kurzen Stiele, sondern auch in dem kugeligen Köpfchen eine Centralhöhle des von der Magentasche aus eintretenden Entodermfortsatzes und in den Entodermzellen des Köpfchens sind bereits die Krystalle abgelagert. Der Ötolithenhaufen weicht aber insofern von dem des fertigen Sinneskolbens ab, als die je einen Krystall enthaltenden Entodermzellen noch epithelartig um einen centralen Hohlraum, als Ausläufer des Gefässfortsatzes, angeordnet und nicht zu einer soliden Masse angehäuft sind. Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass nicht etwa durch die Höhlung in der Entodermschicht des Sinneskolbens die Homo- logie mit dem Tentakel, wie @oette meint, widerlegt wird, eben- sowenig wie die Homologie des soliden Stieles des Cotylorhiza- Scyphostomen und des von einem CUentralcanal durchsetzten Stieles der Scyphostomen von Aurelia und Chrysaora in Frage steht. Man ist über diese ganz unbegründete Meinung Goette’s umsomehr überrascht, als er selbst ja wenige Zeilen vorher ausgesprochen hatte, dass die mit einem Taschenraum versehenen Stammlappen an der zur Ephyrascheibe sich umgestaltenden Scyphostoma gewisser- massen „die Basen der 3 ersten Tentakeln darstellten“ (Nr. 7, pag. 53). Auch der Umstand, dass bei Vorhandensein einer grösseren Zahl (3) von Lappententakeln die beiden mittleren während ihrer Atrophie, die mit dem Vorwachsen der Flügellappen zusammen- fallen dürfte, in der Mitte des Randes zusammenrücken und den mittleren den Sinneskolben erzeugenden Tentakel überragen (vergl. Nr. 7, Fig. 53), würde der von mir gegebenen Zurückführung nicht widersprechen, zumal durch die wachsenden Basen der Stammlappen auch die atrophire.den Intermediartentakeln nach der Subumbrelle hingedrängt werden. Auch über die Vorgänge, durch welche die gastrale Cavität der Scyphostoma in den Scheiben der Strobila eine complicirtere !) In einem Präparate ist ein rückgebildeter, blasig aufgetriebener Tentakel so abgelöst, dass das Köpfchen des Sinneskolbens mit den Krystallen in seiner Basis eingeschlossen blieb und nur der Stiel an der Scheibe zurückblieb. (111) 28 C. Claus: peripherische Gliederung gewinnt, ein Ringsinus an dem centralen Magenraum entsteht und von diesem aus die radialen und inter- mediären Gefässtaschen der Ephyra gebildet werden, bleiben im Wesentlichen die Angaben meiner früheren Darstellung aufrecht erhalten. Nur insofern wird eine Aenderung im Ausdruck und in der Deutung für einige der beschriebenen Verhältnisse erforderlich, als meine Ansicht von der entodermalen Natur der Längsmuskeln und der Taeniolen als von der Aussenwand eingewucherten (anstatt von der Mundscheibe aus erzeugten) Septen, ebenso wie die Ansicht von der erst secundären (von den Magenrinnen aus erfolgten) Ent- stehung der 4 primären (aus den 4 Divertikeln hervorgegangenen) Magentaschen sich als irrthümlich erwiesen hat. Einer Berichtigung bedarf demgemäss vor Allem die Zeitangabe für die erste An- lage des Ringsinus, welche ich schon in peripherische Communi- cationen der Gastraltaschen an der Basis der Tentakeln zweiter Ordnung vorbereitet glaubte (Nr. 5, pag. 14). Thatsächlich existiren aber solche Oeffnungen nicht, wenn auch der solide Entoderm- strang der betreffenden Tentakeln als eine Entodermwucherung zweier angrenzender Magentaschen erzeugt sein kann, und erst mit dem Auftreten der queren die Anlagen von Ephyrascheiben ab- grenzenden Einschnürungen werden die aneinander liegenden Wan- dungen benachbarter primärer Magentaschen in Oeffnungen durch- brochen, durch welche an der Grenze der Längsmuskeln der weite gastrale Ringsinus entsteht, mit dessen Auftreten erst der marginale Abschnitt des Seyphostoma eine weitere und höhere Gliederung in die 16 peripherischen Gefässtaschen erfahren kann. Daher kann bei dem Zusammenfliessen der Magentaschen zur Bildung des Ringsinus, wie ich mich ausdrückte, weder von einer Sonderung des Taeniolenstückes von der Wandfläche, noch, wie @oette den Vorgang darstellt, von einer fortschreitenden Ab- lösung der Septen von der Exumbrella (Nr. 7, pag. 31), was mit anderen Worten ganz dasselbe bedeuten würde, die Rede sein. Der Vorgang selbst ist vielmehr in der Weise zu erklären, dass die bei Cotylorhiza schon im 8armigen Stadium aneinander stossenden Entodermwände benachbarter Magensäcke verschmelzen und per- foriren, und dass sich die Communicationsöffnungen alsbald zur Bildung eines gemeinsamen Magentaschenraumes, des Ringsinus, erweitern. Wenn @oette meine Darstellung, nach welcher die Wan- dungen der Magentaschen die Magenfalten umwachsen und diese. von der Wand abtreten, als unzutreffend zurückweist, so ist seine (112) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 29 eigene Angabe einer Lostrennung der Falten von der Exumbrellar- wand mindestens ebensowenig zutreffend, da der Schwund der Zwischengallerte, falls eine solche überhaupt noch vorhanden, erst der secundäre Vorgang sein würde, während die primäre Ursache in den Veränderungen der einander berührenden entodermalen Zellen- lagen zu suchen ist. Es handelt sich also auch hier wieder um eine Correetur, bei welcher die vermeintliche Richtigstellung lediglich auf einer Veränderung der Ausdrucksweise beruht. Mit vollem Rechte habe ich aber dieser Phase in der peripherischen Umgestaltung der radialen Magentaschen einen besonderen Werth beigelegt und in derselben „einen wesentlichen, dasPolypensegment zur Meduse umgestaltenden Schritt“ erkannt, weil sich nun- mehr der Randabschnitt der festsetzenden tetrameralen Form zu der reicheren Gliederung der octomeralen entwickeln kann. Aber auch in diesem Satze versteht der Scharfsinn @oette’s sogleich eine Ungereimtheit zu finden, indem er das Schwergewicht auf den Ausdruck „Polypensegment“- legt und den Einwurf erhebt, dass das Zusammenfliessen der 4 Magentaschen zu einem einheitlichen Magentaschenraum nicht den Uebergang des Polypen und der Meduse bedingen könne, dass wenn die Larve nach der Rück- bildung der Septen eine Meduse darstelle, sie es auch schon vor- her war. Indem mich aber Goette über das Verhältniss von Meduse und Polyp belehren will, scheint er nicht zu wissen, dass ich es selbst war, der seiner Zeit, und zwar unabhängig von O. und R. Hertwig, noch früher als diese Forscher sowohl die Hydroid- meduse als die Acalephe auf den Polypen zurückführte und das Wesen ihrer Unterschiede ableitete und ebenso zu vergessen, dass seit L. Agassiz, ich ebenso wie jener und alle späteren Forscher auf diesem Gebiete auch die tetrameralen Calycozoen oder Becherquallen zu den Acalephen oder Scyphomedusen stellte und dieSeyphostomen mit denselben gleichwerthig betrachtete (Nr. 4, pag. 56), also in ganz dem gleichen Sinne wie er selbst, als tetra- merale Scyphomedusen ansah. Diese Auffassung schliesst aber nieht den Gebrauch der Be- zeichnung Polyp aus, und es bleibt deshalb doch richtig, das fest- setzende Scyphostoma für eine polypenförmige (weil gestielte und festsitzende) Medusenlarve oder Amme natürlich deroctomeralen Schirmqualle oder Discomeduse zu erklären. Nur in diesem Sinne konnte selbstverständlich der Ausdruck „Polypensegment“ aufgefasst, und lediglich der Uebergang der tetrameralen zur octome- ralen Scyphomedusenform, nicht aber der von Polyp und Meduse Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete, Tom. IX, Heft 1. 8 (113) 30 C. Claus: schlechthin gemeint sein, wie @oette meine Worte auslegen möchte. Dahingegen verlegt dieser Autor den Uebergang ganz unberechtigt in das 8armige Stadium, wenn er in dem jungen Scyphostoma mit Rücksicht auf den vermeintlichen Anthozoenbau als den Antho- zoenpolypen (junge Larve — polypoides Scyphostoma), das ältere, meist (!) vom 8armigen Stadium an, als die Sceyphomedusen- form (ältere Larve — medusoides Seyphostoma) betrachtet und das Wesentliche der Umgestaltung darin entdeckt zu haben glaubt, dass das „Schlundrohr in die stärker vorragende Proboseis hinauf- rückt“ und „durch eine Einsenkung des perioralen Ektoderms oder Peristoms die schüsselförmige oder glockenförmige Vertiefung der Subumbrellarseite* erzeugt wurde, und versichert daher in vollem Ernste seinen Lesern, es sei „also die Medusenform des aus- gebildeten Seyphostoma bisher vollständig über- sehen worden“. Uebrigens bestätigt @oette selbst nur die Richtigkeit meiner Behauptung, nach welcher mit der Communication der 4 radialen Magentaschen ein wesentlicher Schritt der Umgestaltung der Disco- meduse erfolge, indem er sich äussert: „Wenn ich darauf hinwies, „dass die Medusenbildung“ des Seyphostoma keineswegs durch die Entstehung des Magentaschenraumes bedingt ist, so ist damit nicht ausgeschlossen, dass die Vernichtung der 4 interradialen Septen von einer grossen Bedeutung für die Hersteilung der defi- nitiven besonderen Organisation der Discomedusen ist.“ Es sind das eben andere Worte für meine Behauptung, mit welcher selbstverständlich nur die Vorbereitung zur ÖOrgani- sation, d. h. der octomeralen Gliederung, der Discomeduse durch die secundären Verlöthungen und die Entwicklung der Lappen- taschen gemeint sein konnte, oder was @oette an einer späteren Stelle (Nr. 7, pag. 40) wiederum in der Meinung, etwas Neues zu sagen, in den Worten ausdrückt: „Durch die Entwicklung der Epbyrascheibe werden also dem medusoiden Segmente nur solche Merkmale hinzugefügt, wie sie gewisse höher entwickelte Medusen vor den Lucernarien auszeichnen.“ Auch die Veränderungen, welche der Ringsinus oder gemein- schaftliche Magentaschenraum durch das Auftreten von 16 secun- dären Verlöthungsstreifen der Entodermblätter erfährt, das hier- durch bedingte Auftreten von 8 radialen und 8 intermediären Ge- fässtaschen, von denen die ersteren sich als ebensoviel Lappentaschen in die paarig gebuchteten Randwülste fortsetzen und dann para- radiale Divertikel in die Anlagen der an jenen vorwachsenden Lappen- (114) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 31 _paare (Flügellappen, Ephyralappen) vorstülpen, habe ich im Wesent- lichen übereinstimmend mit G@cette’s Darstellung, die, von einem Differenzpunkte abgesehen, nur eine Wiederholung in veränderter Ausdrucksweise ist, in allen Hauptpunkten richtig beschrieben (Nr. 5, pag. 15). Die Abweichung meiner und Goette’s Beschrei- bung beruht im Grunde lediglich darin, dass nach diesem Autor die in der Peripherie des gemeinsamen Ringsinus vorwachsenden Lappentaschen und Intermediärtaschen noch vor dem Auftreten der 16 Verlöthungsstreifen mit dem Auswachsen der Stammlappen und Flügellappen ihre volle Ausbildung erreichen, und erst „nachdem die Stamm- und Flügellappen hervorgetreten sind“ und die Zipfel der Lappentaschen als Flügeltaschen in die Basis der Flügellappen hineingewachsen sind, der ursprüngliche Magentaschenraum die proximalwärts von den Einschnitten zwischen Lappen und Inter- mediartaschen aus vorschreitenden Verlöthungsstreifen gewinnt (Sonderung in 16 Marginaltaschen), während ich die beiderlei Vor- gänge der Zeit nach nicht so streng auseinander hielt und die 16 aus dem gemeinsamen Ringsinus gesonderten in die Lappentaschen und Intermediärtaschen sich fortsetzenden Gefässräume nicht als besondere Bildung der „Marginaltaschen“ unterschied, vielmehr mit jenen zusammen als Radial- und Intermediärtaschen bezeichnete. Ich muss offen gestehen, dass ich auf dieses Verhältniss keinen so grossen Werth gelegt habe, um dasselbe eingehender zu untersuchen und darzustellen und auch jetzt nicht für so wichtig halte, dass ich darin für die beiderlei Differenzen einen bemerkens- werthen Gegensatz erkennen kann, und zwar umsoweniger, als ich selbst die Entstehung der Taschenausstülpungen, wie Fig. 33, Taf. III (Nr. 5) beweist, an der Peripherie desnoch ungetheilten Ringsinus darstellte. Wenn auch die Lappentaschen als Aus- stülpungen in der Peripherie des Magentaschenraumes zu einer Zeit hervorwachsen, zu welcher dieser noch nicht durch Verlöthungs- streifen im Gefässräume gegliedert ist, so sind sie deshalb doch die unmittelbaren Fortsetzungen der „perradialen“ und interradialen Magengefässe, so dass deren besondere Bezeichnung als Marginal- taschen ganz überflüssig erscheint, da Missverständnisse, die gar nicht bestehen, auch nicht beseitigt zu werden brauchen. Es verhält sich also auch mit dieser vermeintlichen Correctur nicht anders wie mit der vermeintlichen Berichtigung der bis- berigen Annahme, dass das ältere Seyphostoma nicht eine gestielte Meduse, wie wir sie in den Lucernarien längst kennen, sondern der Uebergang von der Polypen- zur Medusenform sei. 8* (115) 32 C. Claus: Schon meine ältere Arbeit lässt darüber, ebenso wenig wie E. Haeckel’'s Werk einen Zweifel zurück, dass nicht nur die Lucer- narien, sondern auch die denselben gleichwerthig betrachteten Scypho- stomen gestielte 4gliederige Scyphomedusen sind, und dass Goette weder mit dem Satze, „dass die Ephyrascheibe nur die metamorphosirte Medusenscheibe des Seyphostoma sei“, noch mit dem weiteren, ebenfalls in fetter Schrift gedruckten Satze, „dassdurch dieEntwicklung der Ephyrascheibe also dem medusoiden Seyphostoma nur solche Merk- male zugefügt würden, wie sie gewisse höher ent- wickelte Scyphomedusen vor den Lucernarien aus- zeichnen“, etwas Neues, irgendwie Angezweifeltes oder früheren Darstellungen Entgangenes ausgesprochen hat. Ganz neu sind dagegen die Erörterungen über den Septal- trichter und dessen Zurückführung auf die Anlage der späteren Subgenitalhöhle, doch sind dieselben keineswegs als richtig und zutreffend bewiesen worden. Wäre die Zurückführung begründet, so würden die sogenannten Septaltrichter auch den sogenannten Nebenmund-Vertiefungen oder Genitaltaschen der Lucernarien gleichwerthig sein, welche ihrer Lage nach längst als die Aequivalente der Subgenitalhöhlen der Schirmquallen erkannt worden sind (Nr. 2, pag. 57; Nr. 5, pag. 34). Indessen ist für die Zurückführung der Trichter auf die Nebenmundvertiefungen der Calycozoen der Beweis keineswegs erbracht, vielmehr aus der scheinbar identischen Lage, einfach als selbstverständlich erschlossen worden. Vergleicht man aber die Lagenbeziehung in beiden Fällen etwas genauer, so findet man, dass die sogenannten Septaltrichter einen Hohlraum in den vom Ektoderm aus eingewucherten Muskel- strängen darstellen, deren Längsfasern auch im weiteren Verlaufe des Muskels wenigstens bei Chrysaora und Aurelia in der Peripherie des Stranges circulär geordnet sind, die trichterförmigen Genitaltaschen der Lucernarien dagegen nicht zwischen den Faser- zügen des Septalmuskels, sondern centralwärts von denselben ihre Lage haben, so dass der mächtig vergrösserte und breit ausge- zogene Muskel ausserhalb des Trichters liegt und denselben peri- pherisch begrenzt (Nr. 5, Taf. IX, X). Somit sind die sogenannten Septaltrichter schon nach ihrer Beziehung und Lage zum Muskel ganz andere Bildungen als die den Subgenitalhöhlen der Schirmquallen entsprechenden Genital- taschen der Lucernarien. Daher wird man denn auch bei dem von Goette versuchten Nachweis eines Trichterrestes an der Ephyra (116) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 33 als Anlage der späteren Subgenitalhöhle nach dem Beweis für die Richtigkeit dieser aus der vermeintlichen Identität der Lage ab- geleiteten Homologie vergebens suchen. Falls wirklich die als Triehtermündung beschriebene Unebenheit an der Subumbrella der freigewordenen Ephyra mit dem dünnen, in die frühere Columella- basis oder das Filamentpolster hinein zu verfolgenden Faden !) dem letzten Trichterreste — richtiger wohl dem rückgebildeten Muskelansatz — entsprechen sollte, so ist es doch eine starke Zu- muthung an den mit der späteren, an der Subumbrella erfolgen- den Entwicklung der Subgenitalhöhlen und ihrem Lagenverhältniss zu den Gastralfilamenten bekannten Leser, wenn unser Autor, ohne die weitere Entwicklung der Ephyren verfolgt zu haben, ver- sichert „doch kann es nicht zweifelhaft sein, dass der beschrie- bene letzte Rest jedes Trichters die Anlage einer Subgenital- höhle ist“. Der in Frage stehende Septaltrichter ist lediglich eine in dem endständigen Abschnitt des Muskels zugleich mit dessen vom Ektoderm aus erfolgter Entwicklung auftretende Invaginations- höhlung, deren Umfang bei den Scyphostomen verschiedener Gat- tungen ganz ausserordentlich differirt. Bei Cotylorhiza, deren 4 Muskeln sehr dünne Fäden bleiben und selbst an den 16armigen Formen nur eine Kernreihe zeigen, kann von einer trichterförmigen Aushöhlung überhaupt nicht oder doch nur insoweit die Rede sein, als das Peristomektoderm in der Peripherie des Muskelursprunges durch die Muskelwirkung etwas herabgezogen wird (Fig. 32—34, 37). Unbedeutend ist die Höhlung bei Chrysaora, beträchtlicher, wenn auch nicht von solchem Umfang, wie Goette darstellt, beiAurelia, wo dieselbe in den Muskelstrang herabzieht und noch auf einer Reihe von Querschnitten nachweisbar bleibt. Dass dieselbe aber bis zur Fussplatte fortwachse (Nr. 7, pag. 16), halte ich für ebenso unrichtig als die beschriebene Ausdehnung ihrer peristomalen Mün- dungen, in welche die angrenzenden Ektodermpartien der Peristom- rinne im Umkreis der Proboseis einbezogen worden sind (Nr. 7, pag. 28, Fig. 38, 39, 44, 45). !) Verschieden von der zu verneinenden Frage, ob die sogenannten Septal- trichter den Subgenitalnöhlen homolog seien, ist die Frage, ob sich schon an der zur Lösung reifen Ephyra die Oertlichkeit bestimmen lasse, an welcher später das Keimepithel einwuchert. Diese Frage ist unbedingt zu bejahen, da die Lage der ersten gastralen Filamente und die Stelle des rückgebildeten Muskels, welcher ausserhalb der Entodermbekleidung des Taeniolenwulstes verläuft, die erforderlichen Anhalts punkte bietet, Es ist demgemäss die Entodermbekleidung des Taeniolenrestes an der Abaxial-eite des Filamentes, welche später das Keimepithel erzeugt. (117) 34 C. Claus: Die monodiske Strobila neu zu benennen und als Seyph- ephyra von der polydisken Form zu unterscheiden, halte ich für wenig glücklich und zudem für ganz überflüssig. Es geschah offenbar, um in der Bezeichnung eine Brücke zu finden zur Begründung der neuen Deutung des Strobilationsvorganges als einfache Metamor- phose im Gegensatze zu der allseitig anerkannten Auffassung der Autoren, welche dieselben dem Generationswechsel subsumiren. In- dessen dürfte @oette aller Wahrscheinlichkeit nach mit seiner Auf- fassung sehr isolirt bleiben, da Jedermann, welcher sich den Begriff des Grenerationswechsels klar gemacht hat, ohne denselben auf den Kopf zu stellen, ihm unmöglich beistimmen kann. 6. Zur Beurtheilung des Strobilationsvorganges. Niemand mehr hat (Nr. 5, pag. 16—20), obwohl man aus Goette’s Darstellung (Nr. 7, pag. 43) das Gegentheil glauben sollte, in jüngster Zeit noch behauptet, dass die Anlage der Scypho- stomascheibe als eine vollkommene Neubildung aus dem Stiele hervorknospe, nachdem ich diese irrige Meinung Haeckel’s (Nr. 5, pag. 16—20) eingehend widerlegt und nachgewiesen hatte, dass die zur Ephyra sich gestaltendeScyphostomascheibe derobere Abschnitt des Scyphostoma selbst ist und dass die Ephyra durch Metamorphose aus diesem Ab- schnitte hervorgeht. Aus der von mir gegebenen und von Goette!) reproducirten Ausführung folgt aber noch nicht, dass die Erzeugung der Ephyren aus der monodisken Strobila eine ein- fache Metamorphose derselben, „ein Uebergang der Scyphephyra in die Ephyra“ sei. Es handelt sich ja in dem Scheibensegment nur um einen Theil des Scyphostomaleibes, gleichviel ob wir die gestielte tetramerale Scyphomeduse als polypenförmige Jugendform der octomeralen Schirmqualle oder als gestielte Meduse bezeichnen; denn es bleibt nach Trennung der Ephyra der untere, die Be- festigung vermittelnde Abschnitt zurück, der sich alsbald wieder zum Scyphostomenkörper mit seinen Tentakeln regenerirt und dann den Vorgang der Ephyrabildung wiederholt. Dass dieser Abschnitt gelegentlich schon nach der Ablösung der Ephyra zu Grunde geht, soll nicht entfernt bestritten werden, erscheint aber für die Be- urtheilung des Vorganges ganz irrelevant, da es sich eben in einem solchen Falle nur um den, unter ungünstigen Bedingungen noth- wendig erfolgenden Untergang eines Organismus handelt. Die Meinung, nach welcher der Strobilationsprocess auch bei normaler Regeneration des zurückbleibenden Abschnittes zu einem (118) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 35 neuen Sceyphostoma auf einer „Theilung einer in Entwicklung be- griffenen gestielten Meduse mit entsprechender Regeneration an der Theilungsstelle beruht“, wird Niemand bestreiten. Dieselbe fällt jedoch keineswegs mit der Behauptung zusammen, dass sich dieBedeutung der Strobilation in der Metamorphose der Scyphephyra zur Ephyra erschöpfe, sondern ist wieder nur ein anderer Ausdruck für einen das Wesen des Gene- rationswechsels charakterisirenden Vorgang. Sowohl Metamorphosen als auf Regeneration und Neubildung bezügliche Wachsthumsvor- gänge spielen sehr häufig beim Generationswechsel eine bedeutende, in den Vordergrund tretende Rolle. Ebensowenig glücklich ist dann auch der Schluss unseres Autors von der monodisken „Scyph- ephyra“ auf die polydiske Strobila, denn wenn es auch Niemanden zweifelhaft war, dass die letztere Form aus jener ersteren durch Verzögerung in der Ablösung der Ephyra und Beschleunigung der Regeneration oder wie ich mich ausdrückte, „durch Abkürzung und Zusammenziehung der sich wiederholenden Entwicklungsvorgänge“ !) hervorgegangen ist und ebensowenig bestritten wurde, dass jede „Ablösung einer Ephyrascheibe als ein Theilungsvorgang mit nach- folgender oder gleichzeitiger Regeneration“ des Organismus bezeichnet werden kann, so ist damit eben nichts Anderes ausgesprochen, als dass es sich um eine Form des Generationswechsels handelt. Aber freilich Goette weiss noch andere Gründe für seine, das Wesen des Vorganges erst klarstellende Theorie, durch welche er die allgemein herrschende, traditionelle Ansicht vom Genera- tionswechsel der Acalephen widerlegt zu haben glaubt, geltend zu machen. Zum Begriffe des Generationswechsels gehört nach seiner Meinung „eine gewisse Verschiedenheit des Baues (der aufeinander folgenden Generationen) auf Grund ihrer ver- schiedenen Erzeugung“. Dabei beruft sich Goette auf die von mir selbst gegebene Definition des Generationswechsels, nach welcher die Geschlechts- thiere Nachkommen erzeugen, „welche zeitlebens von ihren Eltern verschieden bleiben“, jedoch fortpflanzungsfähig werden und auf ungeschlechtlichem Wege eine Brut hervorbringen, die sich wiederum zu Geschlechtsthieren gestaltet. Demnach müssten vom Generationswechsel alle Fälle auszuschliessen sein, wo eine blos vorübergehende Formverschiedenheit stattfindet. Ueber- dies müsse der Generationswechsel Wirkung undFolgeder ver- N Vergleiche meinen Versuch, die Entstehung der Strobila zu erklären. Nr. 5, pag. 18. (119) 36 C, Claus: schiedenen Fortpflanzung, müssten die verschiedenen Formen auf die jeweilige Generation beschränkt sein und mit ihr zusammen- fallen. Nun schliesse aber die ungeschlechtliche Fortpflanzung mittelst einfacher Theilung einen dadurch bedingten Formen- wechsel nothwendig aus, weil es im Begriff der Theilung liege, dass sich die Organisation dabei nicht ändere, folglich könne die einfache Theilung einen Generationswechsel nicht begründen, weil sie gerade das, was für den letzteren verlangt wird, ausschliesse. Dieses so findig ausgeklügelte Ergebniss, welches zu einer Veränderung des Begriffes vom Generationswechsel führt, insofern die ungeschlechtliche Fortpflanzung der Amme auf die Knospung — mit nachfolgender Theilung — beschränkt sein würde, leidet aber an einer inneren, dem Autor unbemerkt gebliebenen Unwahrheit. Es ist ein starkes Missverständniss, geschlechtliche und ungeschlechtliche Fortpflanzung, zu welcher auch die Ver- mehrung durch einfache Theilung gehört, als Ursache der Form- verschiedenheit beider Generationen und diese als Wirkung und Folge der verschiedenen Fortpflanzung aufzufassen. Thatsächlich ist der Wechsel beider Fortpflanzungsformen ledig- lich nur eine parallele, den Verschiedenheiten in Form und Bau der Ammen und Geschlechtsthiere nothwendig correspondirende Be- gleiterscheinung, aber keineswegs die Ursache der Verschiedenheiten in Form und Bau beider Generationen, welche, wenn auch in Verbindung mit der verschiedenen Zeugungsform, so doch als Wir- kung und Folge des im phyletischen Entwicklungsgang zum Aus- druck gelangten Bildungsgesetzes, sowie in zweiter Linie der Selection und der mannigfachen Anpassungen entstanden sind. Daher ist die Vermehrung durch einfache Theilung, welcher, wie im vorliegenden Falle, im Gegensatze zu Goette’s hier nicht näher zu widerlegenden Erörterungen, ebenso wie der Knospung ein mehr einseitiges, vornehmlich auf den zu trennenden Theil (Scyphostomascheibe) beschränktes Wachsthum vorausgehen kann, als dem Begriffe des Generationswechsels nicht widersprechend, keineswegs von diesem auszuschliessen, und bleibt die Strobilation deshalb, weil die sich loslösenden Ephyrascheiben, nicht wie E. Haeckel wollte, als terminale Knospen an der Mundscheibe des Scyphostoma, sondern wie ich zeigte, als metamorphosirte Theil- stücke des Sceyphostomenleibes entstanden sind, nach wie vor eine Form des Generationswechsels. Ebenso ändert es nichts an dem Thatbestand und an der Deutung der Strobilation als einer Form des Generationswechsels, (120) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc, 37 ob das Scyphostoma als festsitzende und tetramerale Scypho- meduse oder eben wegen der Fixirung und dadurch bedingten Aelınlichkeit mit einem Polypen als polypenförmige Larven (Amme) der Meduse — selbstverständlich der octomeralen Schirmqualle — bezeichnet wird, wie es auch für die Beurtheilung der in Frage stehenden Controverse absolut gleichgiltig erscheint, ob sich die Metamorphose der Scyphostomascheibe in die octomerale Ephyra „vor dem Beginn der Ablösung der Scheibe oder eben der Stro- bilation“!) vollzieht oder nur vorher eingeleitet und erst nach der Trennung durchgeführt wird (Nr. 7, pag. 49). Wie nun aber aus dem gar nicht bezweifelten 'Thatbestand geschlossen werden kann, dass der Strobilation der Sceyphomedusen ein Hauptmerk- mal des@enerationswechsels — der daran geknüpfte Formenwechsel fehle, das zu verstehen, bleibt mir absolut unerfindlich, umsomehr als ja @oette wenige Zeilen vorher erst von einem sich gleichzeitig „mit der Strobilation vollziehenden Formenwechsel“ gesprochen hatte. Hält etwa Goette die Um- gestaltung der tetrameralen Scyphostomascheibe in die octomerale Ephyra nicht für einen Formenwechsel? So läuft denn die ganze, so ausführliche und an Wider- sprüchen reiche Erörterung, nach welcher die durch Strobilation ver- mittelte Seyphomedusenentwicklung als Generationswechsel wider- legt, dagegen als eine ununterbrochen fortschreitende Metamorphose in Verbindung mit einer sie begleitenden ungeschlechtlichen Ver- mehrung (Knospenbildung der jungen, Theilung der älteren Larven) erwiesen sein sollte, auf eine wenig glückliche und unannehmbare Veränderung des Begriffes vom Generationswechsel hinaus. Es erübrigt noch, eines Einwandes zu gedenken, der gegen meine Auffassung von der Entwicklung der Schirmqualle durch Strobilation als eine Form des Generationswechsel erhoben werden könnte. Man könnte auf die Cestodenstrobila hinweisen, deren Ent- 1) Uebrigens vollzieht sich bei den polydisken Strobilaformen diese Umge. staltung, im Gegensatz zu Goette’s irriger Meinung, in ganz gleicher Weise wie bei der monodisken Form vor Beginn der Ablösung, und es haften oft ein halbes Dutzend und mehr fertig gebildeter Ephyren der Strobila an. Aber auch da, wo die Scheiben vereinzelt zur Loslösung gelangen, trennen sich die späteren Scheiben ebenfalls als vollkommen gestaltete Ephyren. Die Identificirung der Strobilation mit dem Beginne der Ablösung der Scheiben enthält wieder eine Goette ganz specifische Begriffsbestimmung der Strobila. Ich denke Strobilation ist die Ein- schnürung des vorderen Körperabschnittes des Scyphostoma in quere Segmente oder Scheiben und Umgestaltung derselben zu Epbyren vor der Ablösung, mit deren Eintritt dieselbe eben ihren Abschluss erreicht und aufgehört hat Strobila zu sein. (121) 38 C. Claus: wicklung ich selbst ja nicht als Generationswechsel, sondern nur als mit Individualisirung der abgetrennten Glieder oder Proglottiden verbundene Metamorphose gelten lasse. Diesen Einwand glaube ich jedoch schon in einer anderen Schrift!) beseitigt zu haben, indem ich darlegte, dass die gleiche Deutung der überaus ähnlichen Vor- gänge der Acalephen und Bandwurmstrobila nur solange in Gel- tung sein konnte, als man in der vom Bandwurmkörper losgelösten Proglottis das dem Saugwurm entsprechende geschlechtsreife In- dividuum zu erkennen glaubte und somit die Proglottiden als die Generation der Geschlechtsthiere bestimmte. | Wären die Proglottiden im Vergleiche zum Scolex oder zu ein- fachen ungegliederten Cestoden (Amphilina ete.) höher organi- sirte, wie Trematoden gebaute Formzustände, so wäre allerdings die Parallele eine vollkommen zutreffende, und wir würden die Fortpflanzungsweise bei Schirmquallen und Bandwürmern in gleicher Weise zu deuten und auch phylogenetisch zu beurtheilen haben. Indessen ist trotz der Aehnlichkeit, welche zwischen dem Generationswechsel der Scyphomedusen und der Fortpflanzungs- weise der Üestoden besteht und sich so gross erweist, dass man in beiden Fällen für die gegliederte Kettenform den gleichen Namen „Strobila“ gebraucht, die Entstehung derselben in beiden Fällen eine ganz verschiedene. Der Generationswechsel der Schirm- quallen, welche aus dem polypenförmigen und sich metamerisch gliedernden Scyphostoma als Theilstücke entstanden sind, führt in diesen zu der Generation der höher organisirten Geschlechts- thiere, und die sich loslösende Ephyra repräsentirt der jugendlichen polypenförmigen Amme gegenüber die morphologisch höher ent- wickelte, complieirter organisirte Form. Der Ausnahmsfall (Pelagia) direeter, mit Ueberspringung der Strobila erfolgter Entwicklung entspricht einem secundären Verhältniss und ist aus dem Generationswechsel durch Zusammen- ziehung und Vereinfachung der Entwicklung abzuleiten. Im Gegensatze zu der als Ephyra abgelösten Larve der Schirmqualle, erscheint die von der Cestodenstrobila getrennte Proglottis im Vergleiche zu dem Scolex als ein diesem untergeord- netes mehr oder minder individualisirtes Theilstück, welches weder (wie die Meduse dem Polypen oder die Schirmqualle der gestielten Seyphomeduse) morphologisch dem Scolex gleichwerthig ist, noch auch der phyletischen Ausgangsform, dem Saugwurm gegenüber, ” C. Claus, Zur morphologischen u. physiologischen Beurtheilung des Band- wurmkörpers. Arbeiten des zool. Institutes etc. Wien 1889, Tom. VIII, Heft 3. (122) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 39 eine höhere Organisationsstufe, vielmehr umgekehrt wie der Scolex einen tiefer stehenden, insbesondere durch den Verlust des Darmes vereinfachten Formzustand repräsentirt, für dessen Individuali- sirung gerade die Vereinfachung der Organisation Bedingung ist. Die Proglottis erscheint gewissermassen als der individualisirte Ge- schlechtsapparat oder auch nur als der nach der Ausgestaltung und theilweisen Rückbildung desselben individualisirte, mit Em- bryonen erfüllte Fruchtbehälter, der sich nach seiner Isolirung auf kurze Zeit beweglich und lebendig erhält. Die der Entwicklung der Schirmqualle mittelst Strobilation so ähnliche Entwicklungsweise der Cestoden ist als eine Metamorphose zu beurtheilen, welche durch Individualisirung von Theilstücken des vereinfachten Orga- nismus dem Generationswechsel zwar analog erscheint, dem Gene- rationswechsel aber nicht subsumirt werden kann, weil die frei gewordenen Proglottiden nicht als die Individuen einer höher organisirten Geschlechtsgeneration betrachtet werden können. 7. Schlussbemerkungen. Die Ergebnisse meiner Beobachtungen über die Entwicklungs- vorgänge des jungen Scyphostoma bestätigen einige wichtige Angaben Goette’s, durch welche die seitherige Beurtheilung des Scyphostomenbaues eine Modification erfahren muss, stehen aber mit zahlreichen Behauptungen desselben Autors in Widerspruch. Man wird die Resultate übersichtlich in folgenden Sätzen zusammen- fassen können. 1. Die Embryonalentwicklung von Cotylorhiza erfolgt innerhalb der Eihülle bis zur Ausbildung der ausschwärmenden Gastrula. 2. Es findet keine unregelmässige Einwanderung von Ektoderm- zellen in die Blastulahöhle statt, vielmehr entsteht die Gastrula, wie bereits A. Kowalevsky beschrieb, durch Invagination. Von dieser bis zu der Einwucherung einer soliden, erst später eine centrale Höhle gewinnenden Zellenmasse (Chrysaora) bestehen Uebergänge (Aurelia). 3. Das junge Scyphostoma bildet sehr frühe und noch vor Ausgestaltung der vier perradialen Tentakeln die Proboseis, und zwar durch Hervorhebung der vorausgegangenen ektodermalen Einstülpung in der Weise, dass die innere Auskleidung der Proboseis ektodermal bleibt. Von einem Schlundrohr, einer Schlund- pforte und Taschenvorhängen im Sinne Goette’s kann. jedoch bei Cotylorhiza noch Chrysaora keine Rede sein. (123) 40 C. Claus: 4. Im Gegensatze zu den Hydroidpolypen ist der junge Scyphopolyp nicht nur durch die ektodermale Natur der Proboseis-Auskleidung, sondern durch das Auftreten von vier Divertikeln oder Aussackungen an dem die Tentakeln erzeugenden oralen Abschnitt der Magencavität und ebensoviel mit denselben alternirenden Taeniolenanlagen charakterisirt. 5. Bei Cotylorhiza bleiben die Taeniolen auf ihre Anlagen unterhalb der Mundscheibe beschränkt, ohne sich als Längswülste über die ganze Länge des Magenraumes zu erstrecken. 6. Die vier Septalmuskeln entstehen im Gegensatze zu denen der Anthozoen durch Einwanderungen von ektodermalen Zellen- zapfen am Peristom und treten erst secundär zu den Taeniolen in Beziehung. 7. Die sog. Septaltrichter sind Höhlungen im oberen Abschnitt der Ektodermzapfen, die sich in die Septalmuskeln fortsetzen können, bei Cotylorhiza aber gar nicht zur Entwicklung kommen. Dieselben verschwinden bei der Umbildung der Scyphostomen- scheibe in die Ephyra und können nicht auf die Anlagen der Subgenitalhöhlen bezogen werden. 8. Die Entwicklung der Tentakeln von der 4armigen bis zur 16armigen Form erfolgt in unregelmässiger Folge im Wesentlichen so wie ich früher beschrieben habe. 9. Das 16armige Scyphostoma erscheint als die normale Form, wenn auch bei Aurelia und anderen Gattungen die Tentakelzahl vor Eintritt der Strobilation eine grössere (24, 32) werden kann. 10. Der Uebergang der Polypen in die Medusenform ist nicht in das Sarmige Stadium zu verlegen; vielmehr beginnt die Um- gestaltung des polypenförmigen tetrameralen Scyphostoma in die octomerale Scyphomeduse mit der Bildung des Ringsinus, der Lappentaschen und Intermediärtaschen in der Peripherie desselben und wird mit dem Auftreten der 16 Verlöthungsfelder abgeschlossen. 11. Die Sinneskolben entstehen in der Basis der acht radialen Tentakeln. | 12. Die Fortpflanzung durch Strobilation ist eine Form des Generationswechsels. (124) 4 ua El ann un nl un n en E Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 41 Verzeichniss der benutzten Literatur. L. Agassiz: Contributions to the Natural-History of the United States of America, III, 1860, IV, 1862. . €. Claus: Neue Beobachtungen über die Structur und Entwickelung der Siphono- phoren. Zeitschr. für wiss. Zool. 1873, Bd. XII. . Derselbe: Ueber Halistemmat ergestinum etc. Arbeiten aus dem zool. Institute der Universität Wien und der zool. Station in Triest. 1878, Bd.1I. . Derselbe: Studien über Polypen und Quallen der Adria. Denkschriften der math.- naturw, Classe der k. Akademie d. Wissenschaften. Wien 1877, Bd. XXXVIII. . Derselbe: Untersuchungen über die Organisation und Entwickelung der Medusen. Prag 1883. . C. Gegenbaur: ZurLehre vom Generationswechsel und der Fortpflanzung bei Medusen und Polypen. 1854. „A. Goette: Abhandlungen zur Entwickelungsgeschichte der Thiere. Heft 4. — Entwickelungsgeschichte der Aurelia aurita und Cotylorhiza tuberculata. 1887. ‚ E. Haeckel: Das System der Medusen. I und II, 1879—18831. . Derselbe: Metagenesis und Hypogenesis von Aurelia. Jena 1881. . A.Kowalevsky: Beobachtungen über d. Entwickelung d. Coelenteraten. (Russisch geschriebene Abhandlung aus den Sitzungsberichten der Kk. Gesellschaft der Freunde der Naturw. Moskau 1874, Bd. X, ‚A. Krohn, Ueber die frühesten Entwickelungsstufen der Pelagia noctiluca. Müller’s Archiv. 1855. . E. Metschnikoff, Embryologische Studien an Medusen, Wien 1886. ‚ Joh. Müller: Geschichtliche und kritische Bemerkungen über Zoophyten und Strahlthiere. Arch. für Anatomie u. Physiologie. 1858. . Reid: Observations on the Development of the Medusae. Annals and Magazine of Nat. Hist. 1848, 2. Ser., I. ‚,M. Sars: Ueber die Entwickelung der Medusa aurita und der Cyanea capillata. Arch, für Naturg. 1841, Bd. VII. ‚„‚ A.Schneider: Zur Entwickelungsgeschichte der Aurelia aurita. Arch. für mikr. Anatomie. 1870, Bd. VI. . v. Siebold: Beiträge zur Naturgeschichte d. wirbellosen Thiere. Neueste Schriften der naturf. Gesellschaft zu Danzig. 1839, Bd. III. . Str. Wright, Observations on Brit. Zoophytes. Edinb. new Phil. Journ. 1866, Bd. 7. Erklärung der Abbildungen. Sämmtliche Figuren beziehen sich auf Entwickelungszustände von Cotylo- rhiza tubercualata und sind von vereinzelten Ausnahmen abgesehen unter der Camera gezeichnet, theils 150fach, theils 260fach vergrössert, Die Buchstaben bedeuten überall dasselbe, und zwar: O0 Mund. T Taeniole, Pb Proboseis,. M Längsmuskel. Ek Ektoderm. Ms Mundscheibe. En Entoderm. Zz Ektodermaler Zellenzapfen, welcher t Tentakel der Hauptebene, den Septalmuskel erzeugt, t’ Tentakel der Querebene, St Stiel. t’’” Tentakeln zweiter Ordnung, Pt Peristom. t”’ Intermediäre Tentakeln Gw Gallertwulst oder Taeniolenanlage., Div Divertikel des Magens = Magentasche. (125) 42 C. Claus: Taf. T, Mit Ausnahme von Fig. 7 u. 8 Hartnack Syst. IV eingezog. Tabus. Ver- grösserung 150:] unter der Camera gezeichnet. Fig. 1. Blastula mit beginnender Invagination, von der Eihülle umschlossen. Fig. 2. Die Invagination vorgeschritten. Fig. 3. Die Invagination ist beendet und die bewimperte Gastrula noch inner- halb der Eihüllen gebildet. Fig. 4. Eine stark contrahirte Larve im Zustand der Einstülpung des Vorder- endes behufs Mundbildung. Fig. 5. Eine solche von etwas geringerem Umfang, nicht contrahirt, Fig. 6. Befestigte Larve, stark contrahirt, mit ungewöhnlich tief eingestülptem Vorderende und entsprechend hohen Divertikeln. Fig. 7. Längsschnitt durch eine Larve mit minder tiefer Einstülpung nach Durchbruch des Mundes, Fig. 8. Ein ebensolcher durch den geöffneten Mund. Fig. 7 und 8. Hartn. Syst. V, eing. Tubus. Vergrösserung 260 : 1. Fig. 9. Eine Larve mit geöffnetem Mund, vor dem Eintritt der Ausstülpung, daher mit scheinbarem Schlundrohr. Fig. 10. Eine ähnliche Larve mit viel weiter geöffnetem Mund, mit scheinbarer Schlundpforte. Fig. 11. Eine ebensolche mit noch stärker erweitertem Mund und beginnender Vorhebung. Fig. 12. Vorderende einer flachgedrückten Larve mit in der Vorhebung be- griffener Proboscis. Fig. 13. a) Ektoderm- und 5) Entodermzellen, stärker vergrössert. Fig. 14. Vorderende einer älteren Larve mit vorstehender Proboseis, vier Magentaschen und ebenso viel Tentakelanlagen, die vier zapfenförmigen Ein- wucherungen (Z) schimmern durch. Fig. 15. Ein ebensolches von einer etwas grösseren vierseitig gewordenen Larve nach den äusseren Contouren der vier Tentakeln im Umkreis der weit ge- öffneten vorstehenden Proboseis. Taf. II. Fig. 16—21. Längsschnitte rechtwinkelig zur längeren Hauptebene, paralle] der kürzeren Querebene eines jungen Scyphostoma mit einer Tentakelanlage, den 2 primären Magentaschen und beginnender Entwickelung der Taschen des zweiten Paares. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tubus. Vergrösserung 260:1. Fig. 16. Schnitt durch die Basis der Tentakelanlage (Tt). Fig. 17. Nächstfolgender Schnitt durch die Magentasche (Mt). Fig. 18. Nächstfolgender Schnitt durch die Grenze derselben und der bereits vorgehobenen Proboseis. Fig. 19. Nächstfolgender Schnitt durch die Seite der Proboscis. Man sieht die Anlagen des zweiten Paares der Magentaschen. Fig. 20 und 21. Schnitte durch die mittlere Gegend der Breitseite des Mundes und der Proboscis. Fig. 22—26. Fünf aufeinanderfolgende Querschnitte durch ein bereits vier- seitig gestaltetes junges Scyphostoma mit einem Tentakel der Hauptebene (t) und bereits vier durch Faltungen des Entoderms erzeugten Magentaschen, vor Einwuche- rung der vier ektodermalen Zellengruppen, welche die vier Längsmuskeln erzeugen (126) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza. 43 Man sieht in der flüssigen Gallerte zarte, vom Entoderm abgehobene Cuticularsäume zum Beweise, dass es diese Zellenschicht ist, welche die zur Gallerte werdende Zwischenflüssigkeit ausscheidet. Vergrösserung wie vorher. 260 ::1. Fig. 27—31. Fünf aufeinanderfolgende, etwas schief geführte Querschnitte durch ein vierarmiges Scyphostoma mit bereits eingewucherten Maskelsträngen in den Radien zweiter Ordnung und den die Taeniolenanlagen bildenden Gallertverdickungen an der Mundscheibe. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, eingez. Tubus. Vergrösserung 150: 1. Fig. 27. Schnitt unterhalb der vier Tentakeln. An der rechten Seite ist noch der Tentakel getroffen, in der Mitte und an der linken Seite die Magentaschen, da wo sie in die Tentakelbasis übergehen. Fig. 28. Die drei Magentaschen sind ziemlich in der Mitte durchschnitten und man sieht die seitlichen, an einander grenzenden Ausbuchtungen derselben, an denen Anlagen zu neuen Tentakeln gebildet werden. Ebenso treten die Gallertver- diekungen in den Radien zweiter Ordnung, die Taeniolenanlagen (Gw) hervor. In der Mitte ist die Mündung des Magens unter der Proboseis getroffen. Fig. 29. Auch an der rechten Seite sieht man jetzt die Seitenzipfel der vierten Magentasche, die beiden entsprechenden Gallertwülste und die Grenzcontour der Proboscis an der Mundscheibe. In der Mitte sind beide Magentaschen centralwärts geöffnet, linksseitig tritt die Entodermbekleidung der Gallertverdickungen hervor und zwischen dieser der Eingang in die linksseitige Magentasche, Fig. 30. Rechtsseitig sieht man jetzt die Entodermbekleidung der beiden ent- sprechenden Gallertwülste und zwischen ihnen die geschlossene dreizipflige Magen- tasche. Die drei anderen Magentaschen sind weit in die Centralcavität geöffnet, von den beiden linksseitigen Taeniolenanlagen sind nur die Enden der Vorwölbung getroffen. Fig. 31. Von den Magentaschen sind noch die Grenzen sichtbar nnd sehr be- stimmt durch die Lage der vier Muskeln bezeichnet. Fig. 32. Längsschnitt durch den vorderen Körpertheil eines achtarmigen Scyphostoma. An der Mundscheibe sind die eingewucherten Zellenzapfen und deren Verlängerungen, welche die Längsmuskeln bilden, getroffen, Vergrösserung 260: 1. Fig. 33 und 34. Zwei aufeinanderfolgende, etwas schräge Längsschnitte durch den vorderen Körpertheil eines sechzehnarmigen Scyphostoma unter derselben Ver- grösserung. Camera-Zeichnung, Hartn. Syst. V, eing. Tub. Vergrösserung 260: 1. Taf. III. Fig. 35. Längsschnitt durch die Mitte des sechzehnarmigen Ssyphostoma. Ver- grösserung 260: 1. Der sehr lange wurmförmig bewegliche Stiel enthält grossblasiges Entodermgewebe und entbehrt der Centralhöhle. An den becherförmigen Polypen springt am Eingang in die linksseitige, den langen Tentakel tragenden Magentasche die entodermale Bekleidung der Taeniolenanlage (Gw) wulstförmig vor. Fig. 36—39. Längsschnitte durch das Vorderende eines dreizehnarmigen Scyphostoma. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tub. Vergrösserung 260:1. Fig. 36. Seitlicher Schnitt durch eine Magentasche mit drei Tentakeln. Fig. 37. Nachfolgender Schnitt durch dieselben und zwei benachbarten Ten- takeln, sowie durch eiven Zellenzapfen der Mundscheibe nebst Muskelstrang. Fig. 38. Nachfolgender Schnitt durch die fünf Tentakeln und Mundscheibe in der Peripherie der Proboscis, Der Zellenzapfen nebst Muskelstrang der anderen Seite ist getroffen. Fig. 39. Schnitt durch die seitliche Partie der Proboseis. (127) 44 C. Claus: Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc, Fig. 40—45. Querschnitte durch ein dreizehnarmiges Seyphostoma. (Camera- Zeichnungen uuter derselben Vergrösserung. Fig. 40. Querschnitt dicht unterhalb der Basis der dreizehn Tentakeln, die nach der muthmasslichen, aus dem Ursprung der interradialen Tentakeln (t‘‘) abgeleiteten Ordnung ihrer Folge bezeichnet sind. Durch t—t geht die Haupt- ebene, durch t’—t’ die Querebene. Im Centrum ist die ziemlich stark contrahirte Proboscis getroffen. In der Peripherie heben sich die Magentaschen ab, von denen zwei benachbarte je drei Tentakeln tragen und die beiden anderen sich an der Bildung des einen interradialen Tentakels (T’) betheiligt haben. Die eine dieser Magentaschen gehört der ursprünglichen Breitseite an und hat schon einen inter- mediären Tentakel (t‘) gebildet. Das Ektoderm der Mundscheibe ist nur an dieser Seite getroffen. Fig. 4]. Der zweitnächste Schnitt. Ausser den Magentaschen sind der ekto- dermale Belag der Mundscheibe und die vier Gallertverdickungen derselben, die Taeniolenanlagen getroffen, ebenso die interradialen Zellenzapfen mit dem aus einer Zellenreihe gebildeten Muskelstrang,. Fig. 42. Nächstfolgender Schnitt. Ausser den vier, peripherisch durch Inci- suren von einander abgegrenzten Magentaschen, zwischen denen die Muskeldurch- schnitte liegen, ist die Mundscheibe in ihrer inneren Schicht getroffen, von welcher sich die vier Taeniolenanlagen abheben. Rechtsseitig geht in der Tiefe die Aus- kleidung der Proboscis in die der Magentasche über, die mit der benachbarten fast zusammenfliesst. Fig. 43. Nächstfolgender Schnitt. Man sieht an der rechten Seite den Innen- raum der Magentaschen nicht mehr gesondert, die linksseitige Tasche aber noch durch die Entodermvorsprünge der Gallertverdickungen getrennt, die an der rechten Seite auch noch erhalten sind. Fig. 44. Drittnächster Schnitt. Die peripherische Viergliederung der Gastral- cavität wird kaum noch darch flache Einbuchtungen der Gastralcavität (M) an- gedeutet. Fig. 45. Ein späterer Schnitt. Die Vergliederung ist nur noch durch die Lage der Muskeldurchschnitte bezeichnet. Fig.46. Schnitt durch die Mundscheibe eines sechzehnarmigen Scyphostoma. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eingezog. Tub. Vergrösserung 260: l. Die vier Magen- taschen mit je vier Tentakelfortsätzen sind scharf begrenzt, doch liegen die benach- barten Entodermzipfel eng aneinander und betheiligen sich an der Bildung der inter- radialen Tentakeln in der Weise, dass jede Tasche aus ihrem linksseitigen Zipfel den Hauptfortsatz entsendet. Es scheint demnach der Fall vorzuliegen, dass sich die Entstehung der Tentakel gleichmässig auf die Taschen der Hauptebene und der Querebene vertheilt. Fig. 47. Querschnitt durch den Stiel desselben Scyphostoma unter gleicher Vergrösserung. Druck von Gottlieb Gistel & Comp. in Wien, I., Augustinerstr. 12. (128) I a G.Grobben ‚del Wien, Verlag v.Alfred HÖ cardialdrüse der Gastropoden. Taf I te Peri . D Lith.Anet. Julius Klinkhardt Leipzig. 1.00% Ey I % 'd v r m a, ae > Bun ehe EI Sin CE Se ae ei uo, neh r A Im ® r: [ a META Arbeiten. aus dem zool Institut in = ”% PAntner del Ih.Pintner Über B. irmer Taf] FÜNN FA EEE N Be er TI 7 3, Ar £ En ”>v; 7 ee 7 * Luh Ansev 6 Progiag 4. Beni Wer. e n 4 * e, > } ’ PIE E +4 EZ Pr u Aa a Arin er del r 14 see nn ö RER ek Bandwürmer Taf IE li : ’ Juhdnstv. b.Freytag $ Bernd, Wien, be. nu n Zw: vr TE EEE N TE Tee Te TEE ET RENTE TERN LETTER WEHT, ol: TE C.daus ı CE. . yrag & Bernult ‚A u Lich. Anst. w.6 Fre Pr ae annie U larche nnd Per l r ’ r ” zw. ir i I T = 5 ; ER ZEHART EUER En WOy oenrooand » VIEEEUEP ng AL 39 .... Lüh.Anstev: G Freytag ee Ey TE y jr i ’ u x 2. J EI TER f Aler ur TEL u Ei >32 Er N Anz. Zoo oc AN SM _—; “ f . "e. » v ei > ed ı - In) jr » . 5 EA ei 7, 0a N AR | _ Cotylorhiza- Entwicklung. Taf: II. . r £ ee DIESER AR, ” II KT 4 N te Jith.Änst.r Werner & Winter Frankfurt“ M. ARBEITEN AUS DEM ZÖOLOGISCHEN INSTITUTE UNIVERSITAT WIEN ZVOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. HERATSGEGEBEN VON D» 0 VERT SB: 0. Ö. PROFESSOR DER UNIVERSITÄT UND VORSTAND DES ZOOLOGISCH-VERGL.-ANATOMISCHEN INSTITUTS IN WIEN, DIRECTOR DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIEST, TOM. IX, II. Heft. Mit 7 Tafeln. WIEN, 1891. ALFRED HÖLDER, K. U. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, ROTHENTHURMSTRASSE 15 Se END EG DEE ee Tl rn a nn ET Alle Bechte vorbehalten. I a a ER REES NEE Die Coxaldrüsen der Arachnoideen. Von Cand. phil. Rudolf Sturany. (Mit 2 Tafeln.) Vorwort. Als ich mich im vorigen Winter auf Anrathen meines hoch- verehrten Lehrers, des Herrn Hofrath Prof. Dr. C. Claus, dem Studium der Anatomie der Spinnen zuwendete, waren es zunächst das Nervensystem und die Sinnesorgane dieser Thiere, die meine Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen. Nebenher aber interessirten mich insbesondere die sogenannten Coxaldrüsen, über welche in den letzten Jahren ziemlich viel geschrieben wurde, nachdem man sie bei verschiedenen Arachnoideen aufgefunden hatte. Und bald vertiefte ich mich in die Frage, ob diese Drüsen eine Bedeutung für die Phylogenie haben, so sehr, dass ich meine Untersuchungen, welche also ursprünglich blos den echten Spinnen (Araneiden) galten, auch über die Scorpioniden, Pseudoscorpioniden, Solifugen, Pedipalpen, Phalangiiden und Acarinen ausdehnte. Indem ich nun das über die Öoxaldrüsen Bekannte zusammen- fasste und die Ergebnisse meiner makro- und mikroskopischen Studien hinzufügte, entstand diese Schrift. Ueber meine das Nervensystem und die Sinnesorgane betreffenden Befunde behalte ich mir vor, später zu berichten. Herrn Hofrath Claus, in dessen Laboratorium die Unter- suchungen angestellt wurden, sowie Herrn Prof. Dr. C.Grobben und Herrn Dr. Th. Pintner spreche ich für die vielen Auskünfte und wohlmeinenden Rathschläge, welche sie mir bezüglich dieser Arbeit freundlichst gaben, meinen wärmsten Dank aus. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. IX, Heft 2. 9 (129) 2 Cand. phil. Rudolf Sturany: Nicht minder herzlich danke ich allen den Herren, die mich mit Material versorgten, besonders aber Herrn Hofrath Director Dr. Franz Steindachner und Herrn COustos Karl Koelbel für die Ueberlassung einiger werthvoller Vogel-, Walzen- und Seorpion- spinnen aus der Sammlung des k. k. naturhistorischen Hofmuseums in Wien, sowie Herrn Dr. Gräffe in Triest. Einleitung. Als Coxaldrüsen wurden einfache oder gewundene, ja sogar zu Packeten zusammengeknäuelte Schläuche beschrieben, welche sich im Cephalothorax von Limulus und gewissen Arachnoideen vorfinden. Es scheint jederseits (rechts und links) blos ein solcher Drüsenschlauch zu liegen, der nach den Ansichten der Autoren zweifellos eine Excretion zu besorgen hat, da sich bei jungen Thieren und nicht selten auch bei erwachsenen eine Mündung nach aussen fest- stellen lässt. Nach innen soll sich die Drüse im Coelom öffnen (?); dieselbe besteht in histologischer Beziehung aus einer gestreiften Aussenwand und einer granulirten, Kerne enthaltenden Innen- schichte, an welch letzterer die Zellgrenzen sich mehr oder weniger deutlich erkennen lassen. Ray Lankester [3] und seine Anhänger sehen in dieser so beschriebenen Drüse ein Nephridium, welches sich von mehreren seinesgleichen einzig und allein erhalten haben dürfte, aber auch nur bei jungen Thieren noch eine Ausscheidung besorgt. Später, nach der Bildung der Malpighi’schen Gefässe im Abdomen, gibt dasselbe gleichfalls seine Thätigkeit auf, was sich in der Reduction des Ausführungsganges und dem Verschwinden der äusseren Mündung ausspricht. Die Mündung der Coxaldrüse, sie mag deutlich zu sehen oder blos markirt sein, fällt stets in das Grundglied eines Beines und soll nach den Ansichten vieler Autoren massgebend sein für die morphologische Parallelstellung der betreffenden Extremität. Da sich bei Limulus der Drüsenschlauch jederseits im Grunde des fünften Beines, beim Scorpion an der Hüfte des dritten Gang- beines nach aussen öffnet, so wies man auf die Homologie dieser Extremitäten hin. Diese war übrigens längst schon auf Grund embryologischer Studien (die Entwicklung der Extremitäten und die Innervation derselben betreffend) erwiesen und bedurfte keiner weiteren Stütze. Ray Lankester geht in seinen Homologieschlüssen noch weiter und sagt im Anhang an die Arbeit Gulland’s [4], pag.516: (130) Die Coxaldrüsen der Arachnoideen. 3 „It isa remarkable fact that the „shell-gland“ of Entomostraca opens at the base of the fifth pair of appendages (the second pair of maxillae) in those animals and thus corresponds with the coxal gland of Limulus and of the Arachnida in position.“ Er homo- logisirt also die zweite Maxille der Crustaceen mit dem dritten Gangbein der Arachnoideen, weil sie beide die fünfte der noch er- haltenen Extremitäten vorstellen und an ihrer Basis die Aus- mündung einer Drüse bergen. Zu demselben Vergleiche gelangte Kingsley [6] durch seine embryologischen Studien, indem er die Gliedmassen der Aceraten (das sind Limulus und die Arachnoideen), welche sämmtlich postoral angelegt sind, während bei den Hexapoden ein Extremitätenpaar (die Antennen) präoral entspringt, der Reihe nach denen der Crusta- ceen gleichsetzt. Ich ceitire hier das Schema, zu dessen Gunsten Kingsley noch verschiedene andere Befunde sprechen lässt, Hexapoda Acerata Crustacea r Antennae — — 2. Mandibles Chelicerae Antennulae 3. Maxillae Pedipalpi Antennae 4. Labium Ep legs, Mandibles 5. Il. p. legs 2. p. legs 1. maxillae 6. 2. p. legs 3. p. legs 2. maxillae ® 3. p. legs 4. p. legs 1. maxillipeds. Bezüglich der Hexapoden und Aceraten erscheint der Vergleich allerdings zulässig. Aber die Homologisirung der Gliedmassen der Aceraten mit denen der Crustaceen muss bei näherer Ueberlegung denn doch grosse Bedenken erregen; wenn auch die Entwicklungs- geschichte und die Gegenwart eines „Nephridiums“ in der Region der fünften Extremität für jene zu sprechen scheinen, so ist die- selbe doch bereits von ©. Claus [2] zurückgewiesen worden, und zwar mit Rücksicht auf die Innervation der ersten Antenne (Antennula) der Crustaceen vom Gehirn aus. Die Coxaldrüse und ihre Oeffnung an der fünften Extremität kann aber umsoweniger in Betracht kommen, als nicht nur ihre Natur als Aequivalent der Schalendrüse in Frage steht, sondern auch — wie ich später für die Dipneumones zeigen werde — jene Drüse häufig durch eine an der dritten Extremität ausgebildete und ausmündende Coxaldrüse vertreten wird oder sogar neben und mit dieser zugleich auftritt (Dysdera). 9* (131 4 Cand. phil. Rudolf Sturany: Nach dieser kurzen Einleitung will ich mich sogleich den verschiedenen Ordnungen der Arachnoideen zuwenden, um zu be- schreiben, was wir von den Coxaldrüsen in jeder einzelnen an- treffen, und schliesslich in einem Ueberblicke ihren phylogenetischen Werth zu ermessen. Es dürfte dem jetzigen Stande der Wisseuschaft entsprechen, wenn ich auch Limulus in den Kreis meiner Betrachtung ziehe, dieses Thier also als mit den Arachnoideen in dieselbe Stammreihe gehörig ansehe. Die Linguatuliden, Pyenogoniden und Tardigraden zog ich im Hinblicke auf ihre zweifelhafte systematische Stellung nicht in den Bereich meiner Studien. Es sind also, wie ich mir wohl bewusst bin, Lücken gelassen, und in den folgenden Capiteln nur berücksichtigt: die Xiphosuren , Scorpioniden, : Pseudoscorpioniden, Solpugiden, Pedipalpen, Araneiden, Phalangiiden und Acarinen. Nun noch einige Worte über die Untersuchungsmethoden. Wo eine Präparation unter der Lupe noch möglich und von Vortheil war, habe ich eine solche zunächst jeder anderen vor- gezogen. Die Kleinheit der zu untersuchenden Thiere erheischte jedoch meistens die Anwendung des Mikrotoms. Als eine gute Conservirungsart kann ich das Tödten der Thiere in heissem absoluten Alkohol, dem ein wenig Essigsäure zugesetzt wurde, empfehlen. Ich habe dieselbe häufig angewandt und dadurch die üblichen Schrumpfungen vermieden. Das Einbetten der Objecte nahm ich in Paraffin vor, das Färben der Schnitte zumeist in alkoholischem Boraxcarmin. I. Xiphosura. Ueber die Gestalt und den feineren Bau der Coxaldrüse von Limulus, welche vom Entdecker Packard „the briek-red gland* genannt wurde, konnte ich mich leider nicht durch eigene Unter- suchungen an diesem Thiere orientiren, sondern blos durch die Lectüre der publieirten Arbeiten. Die Form und Ausdehnung des Organes ist von Packard [13] und Ray Lankester für ältere Thiere, von Gulland für den jungen Limulus beschrieben und abgebildet worden. Nach Packard’s Zeichnung (siehe die Copie in Ray Lankester’s unten eitirter Arbeit) sendet die Drüsenmasse vier Lappen aus, welche sich dem zweiten, dritten, vierten und fünften Beine nähern, und Ray Lankester erwähnt, dass in jedem dieser (132) Die Coxaldrüsen der Arachnoideen, D Lappen ein Blutgefäss eingeschlossen ist, welches zunächst von lacunärem Bindegewebe umgeben wird. Gulland, welcher aus Schnitten die Drüse von jungen Exemplaren reconstruirt hat, beschreibt sie als eine gewundene Röhre mit Auswüchsen; von den Lappen und den Blutgefässen, welche Ray Lankester erwähnt, ist in der Jugend noch keine Spur zu finden. Während Ray Lankester an dem von ihm untersuchten älteren Limulus eine Ausmündung der Coxaldrüse vermisst hatte, beschreiben Gulland und Kingsley eine solche bei jüngeren Thieren an der Coxa des fünften Beines. Hinsichtlich der Ausmündungsstelle stimmen jedoch die Angaben der beiden letzt- genannten Autoren -nicht völlig überein. Gulland bezeichnet einen schwachen Eindruck an der dorsalen und vorderen Wand der Coxa des fünften Beines als jene Ausmündungsstelle. (Diese liegt, wie Gulland sich ausdrückt, „at the bottom of a slit-like depression at the base of the coxa of the fifth limb on the side next the fourth appendage and on the dorsal surface“.) Kingsley aber lässt die Drüse hinter der Coxa des fünften Beines nach Aussen münden („in the posterior coxo-sternal articulation of the fifth pair of legs“). Ueber die Entwicklung unserer Drüse hat Kingsley sorgfältige Untersuchungen angestellt. Die erste Spur findet sich im Mesoderm in Form von zwei Zellhaufen. Diese vergrössern sich zu einer Röhre und vereinigen sich am hinteren Ende mit dem Ecetoderm. Nach innen soll sich die Drüse in das Coelom öffnen, Bei weiter entwickelten Thieren ist das innere Ende blind geschlossen, wie bei der Antennendrüse von verschiedenen Crustaceen (Kingsley). Der feinere Bau der Üoxaldrüse weist im Allgemeinen die typischen Zellformen auf. Ray Lankester, der die Coxal- drüsen von Mygale, Limulus und Scorpio verglichen hatte, hebt als Charakteristikon für Limulus hervor, dass das Binde- gewebe in den Intercoecalräumen sehr stark entwickelt ist und eine Art von Gebälke bildet. Die Zellen, welche sich in den Blindsäcken finden, sind nicht gross und ihre Kerne besitzen die- selbe Ausdehnung wie die in jenem Bindegewebe liegenden. In Folge dessen sind die Coeca (der Schnitte) leicht mit den Lacunen des Bindegewebes zu verwechseln. (133) 6 Cand. phil. Rudolf Sturany: Il. Scorpionidea. Beim Scorpion findet sich in der Ursprungsgegend des dritten und vierten Gangbeines jederseits ein Packetchen von mehr oder minder ovaler Form und weisslich-gelber Farbe, die von Ray Lankester entdeckte und des Näheren beschriebene Coxal- drüse. Diese wird von den Darmblindsäcken, vertical und horizontal verlaufender Musculatur des Cephalothorax und dem zarten Ento- skelet begrenzt. Zur vollständigen Befestigung dienen feine Faser- züge von Bindegewebe, welche zwischen der dorso-lateralen Wand des Cephalothorax und dem Drüsencomplexe ausgespannt sind (Fig. 2, Bf.). Die feinen Zipfel, welche das Drüsenpacket zeigt, wenn wir es unter der Lupe vom den umgebenden Weichtheilen (Darm, Mvsculatur etc.) freigelegt haben, bedeuten die Insertions- stellen solcher Bindegewebsfasern (Fig. 1 und 2). In der Literatur fand ich ausser den bekannten Arbeiten Ray Lankester’s noch von Loman [IQ] und Malcolm Laurie [9] Bemerkungen bezüglich der Coxaldrüse des Scorpions. Ray Lankester hat ältere Exemplare von Scorpio italicus, Buthus cyaneus (aus Ceylon) und Androctonus funestus secirt und an diesen vergeblich nach einer Mündung der Coxaldrüse nach aussen gesucht. Im feineren Bau der Drüsenmasse unterscheidet Ray Lankester: 1. „The medullary substance* (etwa mit Marksubstanz zu übersetzen), eine Art lacunäres Binde- gewebe, welches von einem Blutgefässe durchzogen ist; 2. „The caeca of the gland“, welche peripherisch liegen, und 3. „The inter-caecal spaces lined by extensions of the medullary tissue“ (die Inter- coecalräume mit Bindegewebe). Loman erwähnt in seiner Arbeit, dass sich der Ausführungs- gang der Coxaldrüse des Scorpions zwischen den Muskeln der Coxa des dritten Gangbeines bis unter die Haut verfolgen lässt, dass jedoch eine Ausmündung fehlt. Nach den Auseinandersetzungen von Malcolm Laurie ist die Coxaldrüse ursprünglich eine einfache Röhre, die sich in’s Coelom öffnet; deshalb meint der Autor, dass die Drüse zweifellos ein Nephridium sei. Die Ausmündung nach aussen sei an der Basis des dritten Beines zu suchen. In späteren Entwicklungsstadien erst werde der Schlauch geknäuelt. Nach dieser kurzen Skizzirung dessen, was über die Coxal- drüsen des Scorpions bekannt ist, gehe ich daran, zu beschreiben, was ich auf Schnitten durch verschieden grosse Exemplare von (134) Die Coxaldrüsen der Arachnoideen, 2 Euscorpius carpathicus L. (= europaeus Latr.) aus Triest gesehen habe und was namentlich meine Wahrnehmungen über die „medullary substance“* (Lankester) sind. Querschnitte durch die mittlere Partie der Drüse eines jungen Thieres, dessen Cephalothorax 1'3 Mm. breit war, gaben mir ein Bild, das sich etwa folgendermassen beschreiben lässt: An der Peripherie liegen die Coeca, das sind die Durch- schnitte der vielfach gewundenen und verzweigten (?) Drüse (Fig. 3, C) in grösserer Anzahl und einander dicht anliegend, so dass nur sehr enge Intercoecalräume für das Bindegewebe frei bleiben. Thatsächlich verräth sich letzteres nur in einzelnen lang- gestreckten Kernen, welche zwischen den Windungen der Drüse eingebettet liegen (Bk). An der Auskleidung eines jeden Lumens unterscheidet man ungezwungen eine äussere gestreifte Partie und eine innere homogene mit grossen Kernen. Die Zellgrenzen sind verschwommen. Von den Querschnitten des verzweigten Schlauches einge- schlossen liegt die Marksubstanz (Ms). Die Zellen, welche dieselbe zusammensetzen, sind relativ gross und besitzen Kerne von nahezu derselben Ausdehnung wie die in dem Schlauch liegenden, jedoch keine corticale Streifung. Sie lassen zwischen sich Lacunen frei, welche sich aber anscheinend zu einem Gange ordnen, der in eines der peripherisch liegenden Lumina übertritt. Der abgebildete Quer- schnitt (Fig. 3) demonstrirt diesen Uebergang (G&) der Lacunen der Marksubstanz in den eigentlichen Coxaldrüsenschlauch. Die Linien innerhalb der von der Fläche getroffenen Zellmasse sollen markiren, wie weit ich den im Inneren deutlich erkennbaren Weg verfolgen konnte. Das auf Schnitten getroffene Lumen dieser Lacunenbahn dürfte dem von Ray Lankester als Blutgefäss gedeuteten ent- sprechen. Der an die Peripherie ausführende Gang (&) zeigt keine corticale Schichte mit Streifung, sondern besitzt ähnlich gestaltete Zellen wie das Bindegewebe im Innern. Ich vermag mich daher nicht des Eindruckes zu erwehren, als trete eine Streifung der Aussenwand des Schlauches erst da auf, wo die Zellen bereits eine Ausscheidung besorgen, d.i. an jener Uebergangsstelle. Auch möchte ich mir erlauben, an dieser Stelle auf die Schalendrüse der Crustaceen hinzuweisen, deren Endsäckchen und Harncanälchen sich hier beim Scorpion in dem eben beschriebenen inneren Gange und dem Coxaldrüsenschlauch zu ‚wiederholen scheinen. (135) 8 Cand, pbil, Rudolf Sturany: Für erwachsene Scorpione kann ich im Grossen und Ganzen dievon Ray Lankester als charakteristisch bezeichneten Verhältnisse bestätigen. Es hebt sich die Marksubstanz, d.i. das lacunäre Bindegewebe, viel deutlicher von dem Drüsenschlauche ab, als wir dies bei jungen Exemplaren gesehen haben. Die Zellen und ihre Kerne sind im Vergleich zu denen der eigentlichen Drüse klein und lassen nur enge Lacunen zwischen sich frei. In der vorderen Partie der Marksubstanz, d. i. in der gegen den Mund zu gelegenen, lässt sich eine Anhäufung von Bindegewebszellen, sowie eine grosse Menge von Blutzellen erkennen. Leider kann ich nicht nachweisen, was ich diesbezüglich vermuthe, dass nämlich diese Anhäufung ein sogenanntes’ Endsäckchen vorstellt und dass davon die feinen inneren Verzweigungen der Coxaldrüse ausgehen und zu jenem Abschnitt führen, an welchem dann bis zur Aus- mündung an der Coxa des dritten Beines die typischen Zellformen zu erkennen sind. Es liesse sich vielleicht denken, dass jene Blut- zellen eine Ausscheidung von Stoffen vermitteln, welche den Weg von dem Darme oder dessen Aussackungen zu der Coxaldrüse zu passiren haben. An der Auskleidung des Schlauches ist wieder deutlich eine Aussenwand mit senkrechter Streifung und ein protoplasmatischer innerer Theil, welcher die riesigen Kerne enthält, zu unterscheiden. Häufig ist dieser letztere von der Rindenschichte abgetrennt, wahrscheinlich in Folge des Schneidens mit dem Mikrotome. Die Coeca selbst liegen bei erwachsenen Scorpionen nicht mehr so dicht gedrängt, sondern iassen für das Bindegewebe ziemlich viel Raum frei. Von diesem Bindegewebe kann man Kerne und Fasern erkennen. Der Ausführungsgang der Drüse — ich bezeichne damit den Theil des Schlauches, welcher vom Drüsenpacket abwärts ziehend nach der Coxa des dritten Beines die Musculatur des letzteren durchbricht (Fig. 2, Ag), — steigt fast senkrecht ab und ist von grosszelligem Bindegewebe umgeben. Die Ausmündung konnte ich bei dem jungen Exemplar gut sehen (Fig. 2, Cxd. Mg.). Sie findet sich in der Nische, welche die Coxa des dritten Beines mit der Brustplatte bildet. Es senkt sich nämlich hier die Haut (Matrix) zu einem kleinen Säckchen ein, an dessen auskleidenden Zellen die langgestreckten Kerne auffallen, und diese Hauteinstülpung steht mit dem Drüsenschlauch in Verbindung (vergl. Fig. 6—9). (136) Ve a Die Coxaldrüsen der Arachnoideen. 9 Auch bei älteren Scorpionen scheint die Ausmündung erhalten zu sein. Die Wandungen des Ausführungsganges sind hier aller- dings so enge einander anliegend, dass es den Anschein gewinnt, als existire kein Lumen mehr, welches nach aussen führt. Ill. Pseudoscorpionidea. Wie mir scheint, sind von den Pseudoscorpioniden die Coxal- drüsen noch nicht beschrieben worden. Darum freut es mich, hier eine Lücke in unseren Kenntnissen ausfüllen zu können, Ich fand die Drüsen in allen Gattungen, die ich untersuchte, dassindObisium, Chelifer, ChtoniusundChernes, relativ mächtig entwickelt. Bei der Kleinheit dieser Thiere ist es freilich nicht leicht, den Verlauf und die Mündung des Drüsenschlauches vollkommen zu übersehen und festzustellen. Sagittal-, Frontal- und Transversalschnitte belehrten mich, dass die Drüse im Allgemeinen aus einem meist nur einmalig gekrümmten Schlauch besteht, der, wie es scheint, beiderseits geschlossen ist (Fig. 10). Ich habe nämlich bei allen den genannten Gattungen eine Ausmündung vermisst. Eine Annäherung des Drüsenschlauches an Lücken der Haut konnte ich wohl bisweilen constatiren, aber nicht immer an der gleichen Stelle, z.B. bei einer Öbisiumart aus Triest ventral zwischen dem dritten und vierten Bein, bei Obisium silva- ticum hingegen hinter dem vierten Bein. Ich muss daher vor- läufig annehmen, dass diese Ausmündungen blos durch zufällig entstandene Risse in dem spröden Chitin vorgetäuscht sind und dass bei den ausgewachsenen Pseudoscorpioniden die Drüse mit der Aussenwelt nicht mehr communicirt. Bezüglich der Lageund Ausdehnung des Drüsenschlauches kam ich zu folgendem Ergebnisse: Er ist bei Chelifer cancroides ziemlich gerade aus- gestreckt in den Regionen der letzten drei Beinpaare und wird wie überall, so auch hier von den Darmdivertikeln und den ventral liegenden Weichtheilen (Nervensystem, Musculatur etc.) festge- halten. Aehnlich verhalten sich die Coxaldrüsen von Chernes cimicoides und Chtonius orthodactylus. Die Drüse von Obisium muscorum reicht besonders weit in die Coxa des zweiten Beines vor, die von Obisium silvaticum aber mehr in die vierte Coxa und überdies mit einer sackförmigen Ausbuchtung in das Abdomen hinein. Der histologische Bau der Drüse bietet das gewohnte Bild (Fig. 11). Die Zellen zeigen keine Abgrenzung, sondern confluiren (137) 10 Cand. phil. Rudolf Sturany: zu einer resistenten Wand, welche auf Querschnitten die bekannte Streifung aufweist. Gegen das Lumen zu liegen die Kerne, welche mässig gross sind und mehrere Kernkörperchen enthalten. An der äusseren Peripherie des Drüsenschlauches finden sich spärlich verstreut kleine Bindegewebskerne. Es erscheinen bezüglich der Coxaldrüsen der Pseudoscorpio- niden noch weitere Untersuchungen erwünscht, namentlich in Hinsicht auf die Entwicklung derselben und auf die Frage, ob in der Jugend vielleicht eine Ausmündung deutlich zu erkennen ist. Ich vermuthe blos, dass eine solche ursprünglich hinter dem dritten Bein angelegt ist. Hoffentlich komme ich in die Lage, mir grössere Vertreter der Pseudoscorpioniden, als die europäischen Arten sind, zu sammeln und dann der Untersuchung unserer Drüse von Neuem einige Zeit zu widmen. IV. Solifugae. Ueber die Solpugiden fand ıch in der mir zugängigen Literatur lediglich bei Mac Leod [11] die Erwähnung, dass auch hier im Thorax jederseits Coxaldrüsen liegen. Auch ist mir aus einer mündlichen Mittheilung des Herrn Prof. Claus bekannt geworden, dass A. Kowalevsky das Vorhandensein dieser Drüsen bei Solpuga bestätigt hat. An einem in Alkohol conservirten ausgewachsenen Exemplare von Galeodes araneoides Pall. konnte ich die in Rede stehenden Drüsen vollkommen freilegen. Sie bestehen, wie es scheint, jederseits blos aus einem viel gewundenen Schlauch, der sich zum ersten Bein herabsenkt (um hier wahrscheinlich auszumünden) und nach rückwärts bis in die Höhe des vierten Beines reicht (Fig. 5). Eine Bindegewebshülle, welche die sämmtlichen Windungen sack- förmig einschliesst, fehlt hier; es liegen die letzteren vielmehr ziemlich frei neben und über einander, so dass es vielleicht durch eine wiederholte, sehr vorsichtige Präparation gelingen würde, den Drüsenschlauch zu entwirren und seine Einheit (?) zu constatiren. Leider liegen bis zur Zeit noch keine Untersuchungen an jungen Solpugiden vor. V. Pedipalpi. Es lag wohl die Vermuthung nahe, dass auch in dieser Arachnidenordnung Coxaldrüsen auftreten, aber es fehlte bisher an einer Bestätigung. Eine solche kann ich nun geben, nachdem (138\ Die Coxaldrüsen der Arachnoideen. 11 ich wieder durch die Güte der Herren Custos Koelbel und Hofrath Steindachner Material aus der Sammlung des Hofmuseums erhalten hatte. Ich hatte Gelegenheit, ein erwachsenes und ein junges Exemplar von Telyphonus giganteus Luc. zu unter- suchen und fand nun die Coxaldrüsen bei beiden in gleich mächtiger Entwicklung vor. Sie liegen, wie die später für Mygale zu beschreibenden Drüsen im Cephalothorax jederseits zwischen dem zweiten und vierten Gangbein ausgebreitet und sind von einer zarten Bindegewebshülle umgeben, durch welche die Windungen des Schlauches durchschimmern (Fig. 4). Gegen die Grundglieder der Beine strahlen feine Zipfel aus; Mündungen liessen sich jedoch bei der groben Secirung nicht wahrnehmen. VI. Araneida. Ueber die Coxaldrüsen der echten Spinnen enthält die Lite- ratur Angaben von Ray Lankester, Pelseneer [15], Bert- kau[1]u. A. Von der Gegenwart der Coxaldrüsen bei den Mygaliden konnte ich mich blos durch grobe Anatomirung eines älteren Exemplares von Chaetopelma aegyptiacum Auss. über- zeugen, welches schon längere Zeit in Alkohol aufbewahrt gelegen war. Die Coxaldrüsen sind hier zwei langgestreckte Massen (Fig. 12), welche zwiscken den Seitenflügeln des Entoskelets liegen und nach jedem Bein einen kurzen Ausläufer absenden. Eine Ausmündung scheint zu fehlen. Rücksichtlich des feineren Baues der Drüse dieser Dipneumonen muss ich auf die Arbeiten Ray Lankester’s und Pelseneer's verweisen. Die sorgfältigen Untersuchungen Bertkau’s haben uns mit den Coxaldrüsen der Atypiden, der den Theraphosiden nächststehenden Familie, bekannt gemacht. Indem mir Herr Hofrath Claus eine Anzahl junger Atypus, welche aus dem Untersuchungsmateriale Bertkau’s stammte, für die Herstellung von Schnittserien freundlichst überliess, hatte ich Gelegenheit, die Ergebnisse Bertkau’s voll zu bestätigen, welche sich in Kürze etwa folgendermassen wiedergeben lassen: Die Coxaldrüse — ich gebrauche die Einzahl, weil ich blos eine Seite des Thorax betrachten will — liegt bei dem jungen Atypus in den Ursprungsregionen der vier Beine ausgebreitet, ist vielfach gewunden und mündet an der Coxa des dritten Beines nach aussen. Das Epithel besteht aus gestreifter Aussensubstanz (139) 12 Cand, phil. Rudolf Sturany: und einer körnigen Innenschichte, welche grosse Kerne trägt. Die Colloidsubstanz, welche Ray Lankester zwischen den Blind- säcken der Drüse vonMygaie fand, fehlt bi Atypus. Hingegen ist die ganze Drüsenmasse von Bindegewebsfasern umgeben und mittelst derselben stellenweise an der Haut befestigt. Nachdem ich also an den Atypusexemplaren die Lage, Gestalt und Histologie unserer Drüse hinreichend studirt hatte, war es mir ein Leichtes, auch bei den übrigen Spinnen diesem Organ nachzuspüren. Ich untersuchte die Vertreter der wichtigsten Genera und machte die bemerkenswerthe Wahrnehmung, dass die Coxaldrüsen, welche nirgends fehlen, aber im Alter nur mehr rudimentär auftreten, hauptsächlich in der Körperregion entwickelt sind, weiche dem ersten Beinpaare zum Ansatz dient. Selbst bei jungen Thieren, die doch bekanntlich noch ziemlich mächtig entwickelte Coxaldrüsen besitzen, reicht der Drüsenschlauch kaum bis zur Coxa des dritten Beines (Dysdera macht von diesem Satze eine Ausnahme; s. unten). Dafür aber lassen solche junge Thiere unschwer an der hinteren Wand der ersten Coxa die Ausmündung der Drüse erkennen; im Alter ist sie blos an- gedeutet, indem sich der Ausführungsgang noch bis zur Matrix verfolgen lässt, oder sie verschwindet ganz und gar. Eine Ausmündung an der Coxa des dritten Beines, welche doch nach den Befunden an Atypus zu erwarten wäre, glaubte ich nur an einer einzigen Spinne — es war dies ein 5 Mm. langes Weibeben von Dysdera rubicunda — constatiren zu können; ausser dieser Andeutung einer Mündung war jedoch an demselben Thier unzweifelhaft noch jene Ausmündung am ersten Bein zu sehen. Dysdera wäre mithin eine Spinne, welche noch zwei „Nephridien“ — wenigstens in Spuren — besitzt. Der Verlauf des Drüsenschlauches bei dem oben erwähnten Exemplar ist folgender: Der Schlauch beginnt in der Region des zweiten Beines, zieht von da nach rückwärts bis gegen das vierte Bein und biegt hier um nach vorne, um weiters in gerader Linie nach der Ausmündungsstelle an der Coxa des ersten Beines zu verlaufen. Der histologische Bau der Drüse von Dysdera ist dem bekannten, schon vielfach besprochenen Typus noch vollkommen entsprechend. Bei den übrigen Spinnen (den Dipneumonen) treffen wir nur mehr rückgebildete Coxaldrüsen an. Im Allgemeinen möchte ich noch hervorheben, dass die Aga- leniden sich rücksichtlich der räumlichen Ausdehnung und Ent- (140) Die Coxaldrüsen der Arachnoideen, 13 wicklung der Drüse unmittelbar an die Dysderiden und Segestriden anschliessen. Selbst bei einem schon ziemlich erwachsenen Exemplar von Tegenaria (Philoeca) domestica fand ich den Ausführungsgang, der nach der Coxa des ersten Beines zieht, noch deutlich erhalten. Die Drüse selbst ist hier ein einfacher, nicht gewundener Schlauch, der ein weites Lumen besitzt und nach rückwärts bis in die Höhe des dritten Beines reicht. Vorne ist derselbe unmittelbar unter dem Darmblindsack, der nach dem ersten Bein läuft, gelegen, hinten jedoch wird er von den Foortsätzen des Entoskelets gehalten. Die Zellen der Coxaldrüse von Tegenaria sind schon viel kleiner und verlieren ihre Grenzen, sowie die corticale Streifung. Bei Pholeus, Argyroneta, Anyphaena, Salticus, Tarentula, Linyphia etc. treffen wir nur mehr geringe Spuren der Drüse, und zwar immer in Form eines abgeschlossenen Säckchens jeder- seits in der Gegend des ersten Beines. Am meisten reducirt aber erscheint die Coxaldrüse bei den Epeiriden, und es war daher leicht möglich, dass sie Schim- kewitsch [17] in seinen Untersuchungen von Epeira ganz übersehen konnte. Ich möchte nun noch ein Beispiel herausheben, das an der Hand einer Zeichnung (Fig. 13) den oben ausgesprochenen Satz, dass sich an jungen Thieren (vornehmlich Dipneumonen) eine Aus- mündung am ersten Bein vorfinde, bekräftigen möge. Meine Wahl trifft eine Tarentula (spec.?), welche wenige Tage nach dem Verlassen der Eihüllen getödet wurde. Der Coxaldrüsenschlauch ist hier einfach, gerade gestreckt; er zieht ungefähr von der Höhe des dritten Beines bis zur Coxa des ersten Beines, wo er an der hinteren und inneren Wand mündet (Fig. 13, M.). Bemerkenswerth ist auch, dass das innere Ende der Drüse ein blindes zu sein scheint. Von einer Oeffnung in das Coelom konnte ich mit dem besten Willen nichts wahrnehmen. Hingegen schiebt sich zwischen den Blinddarm, welchem die Coxaldrüse sehr enge anliegt, und das innere (blinde) Ende der Drüse selbst ein kleines Bläschen (Fig. 16, Es.). Ob dieses vielleicht dem Endsäckchen der Antennen- drüse der Crustaceen zu vergleichen ist oder von Bindegewebe gebildet wird und ein Blutgefäss — vergl. das vonRay Lankester für Scorpio beschriebene — vorstellt, vermag ich nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Die Kerne dieses Bläschens sind denen der Coxaldrüsenzellen nicht vollkommen gleich gestaltet (Fig. 16). Die letzteren grenzen sich hier sehr deutlich ab und enthalten grosse Kerne (Fig. 14—16). (141) 14 Cand. phil, Rudolf Sturany: Von einer Radiärstreifung des äusseren Theiles (der Rindenschichte) ist noch nichts zu sehen; das Protoplasma ist allerseits feinkörnig. Die Mündung nach aussen — diese konnte ich in Sagittal- abschnitten durch diese Laufspinne gut feststellen — liegt, wie gesagt, an der Coxa des ersten Beines. Die Zellen des Ausführungs- ganges sind klein, schwach begrenzt und enthalten relativ grosse Kerne (Fig. 13). Der Coxa des dritten Beines nähert sich der Drüsenschlauch dieser jungen Tarentulaart nicht; doch fand ich an der Stelle, wo — entsprechend dem Verhalten von Atypus — eine Aus- mündung zu suchen wäre, einige Zellen, die denen der Drüse sehr. ähnlich gebaut sind. Es dürften dies gewöhnliche Bindegewebs- zellen sein, welche hier überhaupt mit den Zellen der Coxaldrüse eine grosse Aehnlichkeit haben; es muss jedoch im Auge behalten werden, dass wir es möglicherweise auch hier wieder mit den Resten eines zweiten „Nephridiums“ zu thun haben. VII. Phalangiida. Die sonderbarsten Verhältnisse bezüglich der Coxaldrüsen treffen wir hier in der Ordnung der Afterspinnen. Loman [10] beschreibt in seiner Arbeit die Coxaldrüse von Phalangium jederseits als ein in vielen Windungen zusammen- gelegtes Rohr, welches in eine ventral gelegte Tasche übergeht. Diese Tasche erstreckt sich nach rückwärts bis in’s Abdomen hinein und mündet vorne an der Bauchseite des Thieres zwischen den Coxen des dritten und vierten Beines nach aussen. Ich zweifle nicht länger, dass dieses Organ vollständig mit den von Rössler [16] noch als Malpighi’sche Gefässe angesprochenen Röhren zu vergleichen, respective zu identificiren ist. Rössler hat zwar schon beobachtet, dass die vielfach verknäuelten Röhren „nicht in den Darm münden“, wie man früher annahm, „sondern in zwei auf der Bauchseite des Thieres gelegene häutige Säcke*, ist aber der Meinung, dass diese Säcke sich nach den Mundwerk- zeugen hin erstrecken und dort nach aussen führen dürften. Die Loman’sche Schilderung nun scheint das Richtige zu treffen. Ich kann derselben im Allgemeinen beistimmen, muss aber gestehen, dass ich an keinem der von mir untersuchten Exemplare (von Phalangium, Leiobunum, Platylophus u. A.) den Uebergang des Coxaldrüsenrohres in die ventral liegende Tasche deutlich gesehen habe. Bald schien derselbe in der Höhe des vierten Beinpaares stattzufinden, bald weiter vorne in der Nähe (142) Die Coxaldrüsen der Arachnoideen. 15 der Ausmündung des Sackes nach aussen, So traf ich auf Sagittal- schnitten durch Platylophus (spec.?) im Bereiche des dritten Beines ein Lumen, das einerseits mit dem Sacke, andererseits mit dem Coxalrohre zu communieiren schien. Es liesse sich etwa das in Fig. 22 gezeichnete Schema für diese Vereinigung von Sack und Coxaldrüsenschlauch bilden. Im Uebrigen weist Platylophus ähnliche Verhältnisse wie Phalangium auf. Wir finden auf Schnitten die Lumina des reich verzweigten Coxaldrüsenschlauches allenthalben zwischen den Darmdivertikeln, den Tracheen und der Musculatur (Fig. 17, Cxd.). Eine Besonderheit von Platylophus besteht in dem Verlaufe des Rohres. Während dasselbe bei Phalangium blos bis zur Geschlechtsdrüse reicht, umfasst es hier, dem Vas deferens, bezüglich dem Oviducte folgend, den Haupttracheenstamm in einem Bogen und zieht weit nach hinten und schief aufwärts. Das Epithel des Drüsenschlauches zeigt zwei Formen. In dem Theile, welcher im Thorax dorsal angehäuft ist, sehen wir die gewöhnliche Auskleidung (eine gestreifte, corticale Schichte und eine innere Zellenschichte) (Fig. 19); aber von der Stelle an, wo die Drüse den Tracheenstamm umgreift, um nach rückwärts zu ziehen, treffen wir am Lumen keinen corticalen Theil mehr, sondern blos deutlich begrenzte, halbkugelförmige Zellen mit grossen Kernen (Fig. 18). Dass dieser hinterste Ausläufer des Coxaldrüsenrohres auch wirklich als diesem angehörig anzusehen ist, beweisen die Bindegewebskerne, welche auch hier, wie bei dem vorderen Theil des Schlauches und bei dem Sacke, als äusserer Belag auftreten (Fig. 18, 19, 20). Der Sack von Platylephus (Fig. 17, CxdS.) erstreckt sich von der sehr deutlich erkennbaren Mündung an der hinteren Wand des dritten Beines (Fig. 17, M.) durch die Länge des Thorax in’s Abdomen hinein bis zur Geschlechtsdrüse. In histologischer Beziehung weist derselbe eine dünne, homogene, aber leicht zer- reissbare Wandung auf, welcher die Kerne aufsitzen (Fig. 20). Eine Streifung ist in der Wand selbst bei der stärksten Ver- grösserung nicht zu sehen. Das ganze Sacklumen enthält hier und da ein schwaches Gerinnsel; wahrscheinlich stellt uns dieses die aus dem Schlauche hierher in’s Reservoir beförderten Stoffe vor, welche dann durch die oben angegebene Mündung nach aussen gelangen. Aussen ist der Sack von Bindegewebskernen besetzt. Bei jungen Phalangiiden (z. B. einem 1Mm. langen Pha- langium opilio) ist die Drüse, wie sich erwarten lässt, noch (143) 16 Cand. phil. Rudolf Sturany: schwach entwickelt. Ich fand in Schnitten die Lumina des gewun- denen Schlauches und das Lumen des kurzen Sackes. Die Aus- führungsgänge sind in der Jugend viel undeutlicher als im Alter, offenbar weil die Mündung noch nicht durchgebrochen ist. Es ist dies ein bemerkenswerther Unterschied von den Spinnen, deren Coxaldrüsen doch meist nur in früheren Stadien deutlich nach aussen führen. Auch bei Trogulus, von dem ich allerdings blos mangel- hafte Schnitte herstellen konnte, da bei diesen Thieren das Chitin ungemein stark entwickelt ist, fand ich Spuren unserer Drüse (ein gewundenes Rohr, einen Sack und die Andeutung einer Aus- mündung). Gibocellum konnte ich nicht untersuchen. Doch vermuthe ich, dass die von Stecker [18] beschriebenen „Speicheldrüsen“ dieser Arachnide mit den Coxaldrüsen zu identificiren sein werden. Stecker schreibt über die eiförmige Speicheldrüse von Gib.o- cellum: „Die Drüse ist mit zwei Faserzügen auf der Aussenseite der oberen Magenausbuchtung befestigt; an dem oberen Ende der Drüse befindet sich ein sehr langer Ausführungsgang. Die Mündung des Ausführungsganges habe ich leider nicht beobachtet; möglicher Weise mündet derselbe in den langen Oesophagus ein; das Secret würde dann zur Betäubung der Beute dienen. Was den histio- logischen Bau anbelangt, so unterscheiden wir eine structurlose Propria; auf der Innenfläche befindet sich dann eine Schichte von länglich-eiförmigen oder elliptischen Secretionszellen, die mit einem deutlichen Kerne versehen sind.“ VIll. Acarina. In der Anatomie der Milben stossen wir auf verschiedene Drüsen, welche theils auf Nephridien zurückführbar sein dürften (nach Michael[12] bei Oribatiden), theils blosse Hautdrüsen darzu- stellen scheinen. Ob die von Henking [5] erwähnte Drüse in dem Endgliede eines jeden Laufbeines von Trombidium als eine Coxal- drüse zu gelten hat, müssen noch weitere Untersuchungen zeigen. Jedenfalls wird es gut sein, vorläufig in dem Drange nach Auf- stellung von Homologien nicht zu weit zu gehen und es wird auch schwerlich eine Rechtfertigung der bereits mehrfach ange- stellten oder angedeuteten Versuche gelingen, nämlich die sämmt- lichen Drüsen der Arachniden (die in den Cheliceren gelegenen Giftdrüsen, die Spinn- und Geschlechtsdrüsen u. a.) auf die Seg- mentalorgane der Anneliden zurückzuführen. Hingegen wäre es (144) Die Coxaldıüsen der Arachnoideen. E7 eine specielle Aufgabe, die wichtigsten Familien und Gattungen der Milben auf die Drüsen zu untersuchen, namentlich auch fest- zustellen, ob nicht hier und da den als Malpighi’sche Gefässe bezeichneten Schläuchen irrthümlicher Weise eine Mündung in den Enddarm zugeschrieben wurde und ob diese nicht vielmehr als den Coxaldrüsen homologe Gebilde zu gelten haben. Einige Trombidium- arten, die ich schnitt, weisen einen engen, nur wenig gekrümmten Schlauch auf, der ventral von den Darmblindsäcken gelegen ist und mit dem Enddarm nirgends communicirt; andererseits aber vermisste ich an demselben auch eine Mündung nach aussen, die also, da wir den Schlauch mit einer Coxaldrüse vergleichen wollen, an einem Bein zu suchen wäre. Die Histologie der Drüse erinnert wieder lebhaft an die Coxaldrüsen der übrigen Arachnoideen. Der Querschnitt Fig. 21 möge die Lage dieses Schlauches vor Augen führen. Ueberblick und Schlusswort. Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Coxaldrüsen in jeder Ordnung der Arachnoideen auftreten, aber überall in anderer Form und Ausdehnung: beil,imulus jederseits als eine vierlappige Masse, aus- gebreitet zwischen den Extremitäten 2 bis5; beim Scorpion als rundliches Packet am Grunde des dritten und vierten (sangbeines; bei den Pseudoscorpioniden als Schläuche in den Regionen der letzten drei Beine; bei denSolifugen als lange, viel gewundene, aber jederseits blos in der Einzahl (?) vorhandene Schläuche; bei den Pedipalpen wieder als ausehnliche, einheitliche Packete in den Regionen der letzten drei Beinpaare; bei den echtenSpinnen bald als vielfach gewundene, weit ausgebreitete Röhren (Tetra- pneumones), bald als einfache oder gar rudimentäre Säcke (Di- pneumones); beiden Phalangiiden als viel gewundene Schläuche, die in geräumige, ventral liegende Säcke münden, und schliesslich bei den Milben in Spuren von Schläuchen. Der charakteristische Zellenbau der Drüse (eine gestreifte Aussenschichte und eine granulirte, kerntragende Innenschichte) trat uns mit wenigen Ausnahmen bei allen den betrachteten Thieren entgegen und verhalf zumeist zum raschen Auffinden der Drüsen- masse in den Schnitten. In der folgenden Tabelle ist zusammengestellt, wo mit Sicherheit eine Ausmündung der Coxaldrüse constatirt wurde. ed. raus moäannder 5. Extremität rue eos „uam AuGangbein = 5. 2 Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. IX, Heft 2. 10 «s) 18 Cand. phil. Rudolf Sturany: bei Pseudoscorpioniden . . . . ? ? „ Araneiden: a) Tetrapneumones am 3. Gangbein = 5. Extremität d) Dipneumones . „1. Rn zes si ;.Dhalangiiden! 23, 0.4 Zeiss ä =». # A&berineni iin tum sesıl ea ba ? ? Die verschiedenen Autoren haben versucht, uns über die Function der Coxaldrüsen aufzuklären, indem sie dieselben als Nephridien bezeichneten. Es entsteht nun die Frage, ob wir in den Coxaldrüsen ein einziges oder deren mehrere zu suchen haben. Diese Frage wird entschieden durch die Thatsache, dass die Coxaldrüsen der Dipneumonen am ersten Gangbein (an der dritten Extremität), die der übrigen Arachnoideen aber an der fünften Extremität ausmünden. Es erscheint mithin die Annahme von mindestens zwei Nephridien nöthig, die bei den Arachnoideen noch erhalten sind. Die Coxaldrüsen von Limulus, den Scorpioniden, Pseudo- scorpioniden; Tetrapneumonen und Phalangiiden sind einander gleichwerthig und leiten sich von einem Nephridium ab, das an der fünften Extremität nach aussen führt; die Drüsen der Di- pneumonen jedoch sind auf ein anderes, in der Region der dritten Extremität entwickeltes und ausmündendes Nephridium zurückzu- führen. Hier ist das Nephridium der fünften Extremität nicht mehr zur Ausbildung gelangt, dort fehlt das der dritten. Und nun muss ich nochmals einen Blick auf die Classe der Crustaceen werfen. Wenn die Coxaldrüsen der Arachnoideen in gleicher Weise wie die Antennendrüse und Schalendrüse der Crustaceen als Nephridien fungiren und aus Segmentalorganen der Anneliden abzuleiten sind, so wird die Frage zu beantworten sein, ob sie auch denselben Segmenten angehören und somit als complet homolog gelten können? Schon der Umstand, dass die beiden Nephridienpaare der Crustaceen drei Segmente, die der Arachnoideen nur zwei Segmente von einander entfernt münden, scheint die verneinende Beantwortung zu involviren. Ueberdies dürfte die an dem zweiten Antennenpaare ausmündende Drüse bei dem Mangel eines entsprechenden Gliedmassenpaares überhaupt auszuschliessen sein und so nur die Möglichkeit zurückbleiben, dass die am ersten Beinpaare mündende Coxaldrüse der Dipneumones der Schalendrüse der Urustaceen homolog ist. Sollte dies der Fall sein, so würden wir zu dem Schlusse berechtigt sein, dass das erste Bein der Spinnen der zweiten Maxille der Crustaceen (146) Die Coxaldrüsen der Arachnoideen. 19 (und daher die Chelicere jener Thiere der Mandibel der Krebse) entspricht, welcher Vergleich schon aus anderen Gründen (conf. Claus [2]) viel Wahrscheinlichkeit für sich hat. Dann würde das zweite Coxaldrüsenpaar, welches am dritten Beinpaare der Scorpione, Phalangiiden, Tetrapneumones etc. ausmündet und in allen Ab- theilungen der Spinnen wiederzukehren scheint, dem Segmental- organe eines weiter hinten liegenden Segmentes entsprechen, welches in der Classe der Crustaceen keine Vertretung hat. Solche Schlussfolgerungen scheinen jedoch vorläufig verfrüht, wenn sie auch nicht in dem Masse gewagt sind, wie die schon in der Einleitung angeführten Behauptungen der englischen Forscher, und wir thun daher besser, von einer Homologisirung der Schalen- und Coxaldrüsen abzusehen, solange unsere Kenntnisse nicht noch ausgedehnter sind. Erst während der Drucklegung dieser Abhandlung hatte ich Gelegenheit, in das umfangreiche Werk Eisig’s [3] Einsicht zu nebmen, welches interessante Vergleiche der Spinn-, Schenkel- nnd Coxaldrüsen, wie sie in den verschiedenen Ordnungen der Arthro- poden und bei den Anneliden auftreten, enthält. Eisig leitet die Coxaldrüsen der Arachnoideen von den Spinndrüsen der Anneliden ab und vergleicht sie zunächst mit den Spinn- und Coxaldrüsen der Myriapoden; aus den Nephridien der Anneliden aber haben sich nach seiner Ansicht die Speicheldrüsen und Geschlechtsgänge entwickelt. Wien, im December 1890. 10* (14:) 20 17, 18. Cand. phil. Rudolf Sturany: Literatur. . Bertkau, Ph.: Ueber den Verdauungsapparat der Spinnen. (Arch. f. mikr. Anatomie. 1835, XXIV. Bd.) . Claus, C.: Prof. E. Ray Lankester’s Artikel „Limulus an Arachnid“ und die auf denselben gegründeten Prätensionen und Beschuldigungen. (Arb. aus d. zool. Inst. d. Univ. Wien. 1888, Tome VII.) . Eisig, H.: Monographie der Capitelliden des Golfes von Neapel. (Fauna und Flora des Golfes von Neapel, XVI. Herausgeg. von der zoolog. Stat. zu Neapel. Berlin 1887.) . Gulland, G.: Evidence in favour of the view that the coxal gland of Limulus and of other Arachnida is a modified Nephridium. (Quart. Journ. of micr. Science. London 1885, Vol. XXV.) . Henking: Beiträge zur Anatomie, Entwicklungsgeschichte und Biologie von Trombidium fuligioosum. (Zeitschr. f. wissensch. Zool. 1882, XXXVII. Bd.) . Kingsley, J.: Notes of the Embryology of Limulus. (Quart. Journ. of micr. Science. 1885, Vol. XXV.) . Kowalevsky, A.: Ein Beitrag zur Kenntniss der Excretionsorgane (Nachtrag). (Biol. Centralbl. IX. Bd., Nr. 4.) . Lankester, E.: On the skeleto-trophie tissue and coxal glands of Limulus, Scorpio and Mygale. (Quart. Journ. of mier. Science. 1884, XCIII NS, Vol. XXIV.) . Lauric, Malcolm: The Embryology of a Scorpion (Euscorpius italicus). (Quart. Journ. of mier. Science. OXXII NS, Vol. XXXI, part 2.) . Loman, J.C.C.: Altes und Neues über das Nephridium (die Coxaldrüsen) der Arachniden, (Bijdr. tot de dierkunde. Amsterdam 1887, 14. Aufl.) . Mac Leod: Sur la presence d’une glande coxale chez les Gal&odes. (Bull. de l’Acad. Royale des sc. de Belgique. 1884. 3. serie, Tome VIII, pag. 392—393.) . Michael, A.: Observations on the anatomy of the Oribatidae. (Journ. of the Royal Micr. Society. 1884.) . Packard, A.: On an undescribed organ in Limulus supposed to be renal in its nature. (The Amer. Naturalist. 1875, Vol. IX, pag. 511—514.) . Packard, A.: The coxal glands of Arachnida and Crustacea. (The Amer. Natura- list. 1883, Vol. XVII, 2, pag. 795—797.) . Pelseneer: On the coxal glands of Mygale. (Proc. of the zool. Soc. of London. 1885, pag. 3.) ‚ Rössler: Beiträge zur Anatomie der Phalangiden. (Zeitschr. f. wissensch. Zool. Leipzig 1882, XXXVI. Bd.) Schimkewitsch, W.: Etude sur l’anatomie de l’Epeire. (Ann. des sc. nat. 1884. Tome XVII.) Stecker, A.: Anatomisches und Histiologisches über Gibocellum, eine neue Arachnide, (Arch. f. Naturgesch. 1876. I. Bd. 42. Jahrg.) | (148) Die Coxaldrüsen der Arachnoideen. 21 Figuren-Erklärung. Die sämmtlichen Schnitte sind mittelst des Zeiss’schen Zeichenapparates gezeichnet, Cxd. Coxaldrüse. |Ch. Chelicere (Kieferfühler). D,D. Darm und seine Divertikel. Pp. Pedipalpus (Kiefertaster). E. Entoskelet. 1,2, 3,4. Erstes bis viertes Gangbein. Taf. I. Fig. 1. Cephalothorax von Euscorpius carpathicus L., von oben geöffnet. Es ist blos die Coxaldrüse eingezeichnet, um ihre Lage zu demonstriren. Schw. Vergr. Fig. 2. Querschnitt durch Euscorpius carpathicusL.in der Region des dritten Gangbeines. (Reich. Obj. 4, Oc.2.) Cxd.Mdg. Mündung der Coxaldrüse. Ag. Ausführungsgang derselben. Bf. Bindegewebsfasern. Fig. 3. Querschnitt durch die Coxaldrüse eines jungen Euscorpius carpathicus L., dessen Cephalothorax 1'3 Mm. breit war. (Reich. Obj. 4., Oc. 4; ausgez. Tubus.) Rechts von der Drüse ist die Aussenwand des Cephalothorax, links der Darmtractus gelegen zu denken. C,C. Durchschnitte des Drüsenschlauches. Bk. Bindegewebskerne in den Intercoecalräumen. Ms. Marksubstanz. @. Uebergangscanal von der Marksnbstauz in den peripherisch liegenden Drüsenschlauch. Fig. 4. Cephalothorax von Telyphonus giganteus Luc, von oben geöffnet, mit den Coxaldrüsen. Fig. 5. Cephalothorax von Galeodes araneoides Pallas, von oben geöffnet, mit den Coxaldrüsenschläuchen. Schw. Vergr. Fig. 6—9 sollen die Ausmündung der Coxaldrüse von Euscorpius carpathicus juv. demonstriren. Sie sind einer Querschnittsserie entnommen. (Reich. Obj. 4, Oc. 4.) Nach rechts hin läuft das dritte Gangbein aus. H, Hautein- stülpung. Ag. Ausführungsgang der Coxaldrüse. ]b. lacunäres Bindegewebe. N, Nerven- system (Ganglienzellen). Fig. 10. Seitlicher Sagittalabschnitt (combinirt) durch Obisium (spec. ? aus Triest). (Reich. Obj. 4, Oc. 2.) Es ist blos die Coxaldrüse eingezeichnet. Taf. II. Fig. 11. Querschnitt durch den Coxaldrüsenschlauch von Chernes cimicoides Fabr. Fig. 12. Die Coxaldrüsen von Chaetopelma aegyptiacum Auss, von oben gesehen. Sie sind zum Theil von den Seitenflügeln des Entoskelets bedeckt (nat. Gr.). Fig. 13. Sagittalschnitt durch eine junge Laufspinne (Tarentula spec. ?). (Reich. Obj. 4, Oc. 4.) M. Mündung der Coxaldrüse. N. Nervensystem (Ganglien- zellen). O. Auge. Die Ziffern deuten auf den Ursprung der betreffenden Gangbeine. Fig. 14, 15, 16 sind drei auf einander folgenden Querschnitten durch eine junge Tarentulaart entnommen. (Reich. Obj. 5, Oc. 4.) Rechts käme die Aussenwand zu liegen. Cxd. (i.E.) Das blinde Ende der Coxaldrüse, im Querschnitte getroffen, Es. Bindegewebssäckchen (? Endsäckchen). (149) 22 Cand. phil. Rudolf Sturany: Die Coxaldrüsen der Arachnoideen. Fig. 17. Seitlicher Sagittalschnitt durch Platylophus (speec.?). (Reich. Obj. 1, Oc.2; ausgez. Tabus.) Cxd.S. Coxaldrüsensack. M. Mündung des Sackes. Tr. Tracheen. Fig. 18, 19, 20. Histologie der Coxaldrüse von Platylophus. Fig. 18. Schnitt durch den im Abdemen gelegenen Drüsenschlauch. Fig. 19. Querschnitt durch den weiter vorne und dorsal liegenden Schlauch. Fig. 20. Schnitt durch den Drüsensack. Fig. 21. Querschnitt durch eine Trombidiumart in der Ursprungs- gegend des vierten Beines. (Reich. Obj.4, Oc.2.) N. Nervensystem. Mk. Muskelbündel. Fig. 22. Idealer Uebergang des Coxaldrüsenschlauches in den Coxaldrüsensack, sowie Ausmündung des letzteren nach aussen, bei Platylophus. Ue. Verbindungs- bläschen von Drüsensack (Oxd.S.) und Drüsenschlauch (Oxd. Sch.). M. Ausmündung des Sackes. (150) Ueber Goniopelte gracilis, eine neue Peltidie. Von C. Claus. (Mit zwei Tafeln.) Unter den von G. St. Brady!) bearbeiteten Copepoden der Challenger-Expedition findet sich eine bemerkenswerthe, von dem genannten Autor den Harpacticiden subsumirte Form als Gonio- psyllus rostratus beschrieben. Ein sehr ähnlicher, wahrschein- lich nicht nur generisch, sondern auch der Art nach mit jener Form zusammenfallender Copepode wurde später von Lazar Car?) als Sapphir rostratus beschrieben und der Familie der Sapphi- rinen eingeordnet. Leider sind die Darstellungen beider Autoren unzureichend, und insbesondere die des englischen Autors in dem Masse flüchtig und unzuverlässig, dass aus derselben nur ein sehr ungenügendes Bild von Goniopsyllus zu gewinnen ist und die sichere Bestimmung ohne nochmalige genaue Untersuchung unmög- lich sein dürfte. Es war mir daher erwünscht, in dem reichhaltigen Copepoden- material, welches auf der vorjährigen österreichischen Versuchs- fahrt in das östliche Gebiet des Mittelmeeres gefischt wurde, einen sehr ähnlichen, dem gleichen T'ypus entsprechenden Copepoden, wenn auch bislang nur in je einem männlichen und weiblichen Exemplare !) 6. St. Brady, Report of the Copepoda obtained by H. M.S. Challenger, during tbe years 1873—1876. London 1883, pag. 187, Taf. XLII, Fig. 9—16. ?) Dr. Lazar Car, Ein neues Copepodengenus (Sapphir) aus Triest. Arch. für Naturg. 1890, pag. 268—271, Taf. XIV, Fig. 1—2. (151) 2 C. Claus: aufzufinden. Der treffliche Erhaltungszustand dieser mit dem er- wähnten Copepoden jedenfalls nächstverwandten Form!) gestattete eine genaue Untersuchung des Körperbaues und aller Leibesanhänge, so dass mir eine annähernd vollständige Darstellung zu geben möglich wurde, welchezu jenen unzureichenden Beschreibungen eineerwünschte Ergänzung bringen dürfte. Der nur mässig abgeflachte Leib des kleinen, dem äusseren Anscheine nach zwischen Harpacticiden und Peltidien stehenden Copepoden hat bei einer Schildbreite von 0'4 Mm. eine Länge von etwa 1'2—1'25 Mm. (unter Ausschluss der Furcalborsten). Das etwas grössere Exemplar erwies sich als männliches Thier, doch ist keineswegs ausgeschlossen, dass auch grössere Weibchen vorkommen, so dass die geringe Differenz im Körperumfang zumal in Rücksicht des auf zwei Exemplare beschränkten Untersuchungsmateriales als Charakter nicht verwerthbar erscheint. Kopf und erstes Thoracalsegment sind als Cephalothorax vereinigt. Am Stirnrande desselben prominirt das Rostrum als breiter, triangulärer, vorn verjüngter Fortsatz (Fig. 6, 8). Nach hinten laufen der Cephalothorax und ebenso die drei nach- folgenden, successive, wenn auch nur wenig, verschmälerten Thoracal- segmente in ansehnlich vorstehende, divergirende Seitenfortsätze aus. Das letzte Thoracalsegment mit dem fünften Beinpaar entbehrt derselben, ebenso die Segmente des nur wenig verschmälerten Abdomens, welches vollzählijg gegliedert ist und an welchem beim Weibchen das erste und zweite Segment verschmolzen sind. Die Furcalglieder erreichen etwa die Länge des letzten Abdominal- segments und sind je mit zwei längeren terminalen Borsten, einer medialen sehr schwachen und drei kurzen, aber kräftigen lateralen Borsten besetzt (Fig. 2 und 7), von denen zwei nahe der Basis des Aussenrandes inseriren. An den vorderen Antennen (Fig. 3) unterscheide ich sieben wohl- begrenzte und scharf abgesetzte Glieder, die im weiblichen !) Dem ganzen Habitus nach gleicht dieselbe der Dana’schen Clytemnestra seutellata, einer Form, die leider nach der völlig unzureichenden Beschreibung absolut nicht zu verwerthen ist. Wahrscheinlich gehört dieselbe zu den Scutellidinen, doch fehlt jede Angabe über das vordere der 4 Ruderfusspaare, sowie über die Mandibeln und Maxillen. Die vorderen Antennen sollen aus 8, beziehungsweise 9 Gliedern besteben und im männlichen Geschlechte der Geniculation entbehren. Die hinteren Antennen siud 3gliederig und ohne Nebenast dargestellt. Der untere Maxillarfuss {cheliform leg) ist dem von Goniopelte sehr ähnlich. (152) Ueber Goniopelte gracilis, eine neue Peltidie., ö Geschlechte mit Ausnahme des ansehnlich verlängerten Endgliedes an Umfang nicht merklich differiren, und sich nach dem distalen Ende verschmälern. Bedeutender wird die Verjüngung mit dem fünften Gliede. Borstenförmig verlängerte, spitz endigende Sinnes- schläuche finden sich in der Mitte des dritten Gliedes, sowie am Ende des vierten in einfacher Zahl, am Ende des siebenten Gliedes in doppelter Zahl (Fig. 3). Die männliche Antenne ist ebenfalls siebengliedrig, jedoch unter anderem Grössenverhältniss der Glieder (Fig. 9) und trägt ebenfalls am dritten und vierten Gliede, jedoch je zwei (einen kürzeren und einen längeren) und ebenso am Ende des letzten Gliedes zwei Spürschläuche Im Vergleiche zur weiblichen Antenne erscheint vornehmlich der dreigliedrige distale Abschnitt der Antenne umgestaltet und in der bekannten Weise durch Geniculation als Greifarm eingerichtet. Während das fünfte Glied auffallend kurz bleibt und an der Innenseite mit einem schräg vorspringenden kräftigen Dorn bewaffnet ist, besitzt das sechste, mit jenem fester verbundene Glied bei beträchtlicher Ver- längerung an seiner Innenseite den elastischen Cuticularapparat, gegen welchen das ebenfalls verlängerte Endglied armartig ein- geschlagen wird (Fig. 8 A‘ und 9). Neben einer schwach ge- schwungenen starken Längsleiste finden wir an der Innenseite des vorletzten Gliedes eine zweite schwach vorspringende Längsleiste, deren freier Rand überaus fein gezähnelt ist. Die Antennen des zweiten Paares sind schmächtig, aber lang- gestreckt wie bei vielen Peltidien und Harpactiden und tragen am Ende des zweiten Gliedes einen ganz rudimentären, mit zwei langen Fiederborsten besetzten Nebenast. Sie bestehen nicht aus drei, sondern, wie es auch bei den von Brady und Car beschriebenen Formen der Fall sein dürfte, aus vier Gliedern (Fig. 9), von denen allerdings das basale leicht übersehen wird. Am Ende des Terminalgliedes inseriren fünf Borsten, zwei sehr lange, gekrümmte und drei kurze schwache Borsten. Mandibeln (Md.) und Maxillen (Mx.) sind auf die Laden reducirt und zu Stileten ausgezogen. Beide beginnen mit kräftigem Manubrium und entbehren der Taster. Sie liegen unterhalb einer grossen Oberlippe frei vor dem Munde (Fig. 8 und 11). Die beiden Maxillarfüsse inseriren unmittelbar unter den Maxillen und bleiben in ihrer Lage als innerer und äÄusserer Ast eines Gliedmassenpaares erhalten (Fig. 4). Der aus dem Aussenaste hervorgegangene, vordere oder obere Maxillarfuss bleibt klein und zeigt eine ähnliche (153) 4 C. Claus: Reduction !) seiner Fortsätze wie bei manchen Peltidien, z. B. Eupelte etc. (Fig. 4 Mxf.‘). Umso mächtiger entwickelt sich der dem Innenaste entsprechende hintere oder untere Kieferfuss (Mxf.‘), welcher die bekannte, in jener Familie ganz ähnlich auftretende Modification des Greiffusses wiederholt und aus einem langgestreckten, an der Basis verbreiteten Stiel und einer nicht minder gestreckten !) Bezüglich der so mannigfachen Formen, in welchen dieser Kieferfuss bei den Copepoden auftritt, verweise ich auf die von mir vor nahezu 3 Decennien schon versuchte und allen Copepoden-Beschreibera unbekannt oder doch unberücksichtigt gebliebene Zurückführung in dem Werke „Die freilebenden Copepoden“. Leipzig 1863, pag. 27 und 28. Wie sehr der Inhalt dieses zwar oft citirten, aber überaus selten näher studirten Buches von den späteren Autoren vernachlässigt worden ist, dafür mag vorläufig die nachfolgende Probe aus Giesbrecht’s freilebenden Copepoden der Kieler Foehrde, Kiel 1881, einen Beleg liefern, Man liest daselbst, pag. 94, unter den Bemerkungen allgemeinen Inhalts über die secundären Geschlechtsunterschiede: „Abweichungen der Geschlechter in der äusseren Körperform hatte Claus ausser am Abdomen fast nur an den vorderen Antennen und dem fünften Fusspaare be- merkt und, so viel ich sehe, nur noch bei Canthocamptus an den Schwimmfüssen,“ Und nun wird hervorgehoben, wie bei einer Gruppe der Calaniden das Männchen bei seiner letzten Häutung eine Umbildung seiner Mundtheile erfährt, „die vor dieser indess mit denen des Weibchens übereinstimmen“, und dann weiter bemerkt: „Besonders häufig fanden sich secundäre Abweichungen an den ersten beiden Schwimmfusspaaren, seltener am dritten Paare der Harpacticiden. Am ersten Paare ist es besonders die Borste, welche das zweite Basale am Ende des Innenrandes trägt, die beim Männchen zu einem Anhange von eigenthümlicher und schwer erklärlicher Form umgebildet wird. Der Innenast des zweiten Paares nimmt beim Männchen manchmal die Form eines Hakens an und man könnie meinen, dass er zun Greifen gebraucht werde.“ Sieht man nun aber mein Copepodenwerk etwas sorgfältiger durch, so findet man eine ganze Reihe, jedenfalls alle wesentlichen Sexualdifferenzen und auch diejenigen, welche Brady später als solche hervorhebt, bereits beschrieben. In Betreff der oberen oder äusseren Kieferfüsse findet man in meinem Werke, pag. 30, die Angabe: „Ich muss hervorheben, dass in einzelnen Gattungen auch an diesen Gliedmassen ein Dimorphismus des männlichen und weiblichen Geschlechtes bemerk- bar wird. Bei Undina und Euchaeta verkümmern die oberen Maxillarfüsse zu mehrhöckerigen Stummeln, an denen sich die Theile der weiblichen Gliedmassen noch nachweisen lassen.“ Ferner pag. 32: „Auch die nachfolgenden Füsse bieten übrigens in einzelnen Fällen Besonderheiten nach dem Geschlechte, wie im Speciellen für Canthocamptus, Westwoodia, Pleuromma etc. gezeigt worden ist.“ In der speciellen Beschreibung liest man alsdann pag. 184: „Beim Männchen von Euchaete vermisse ich den Kautheil der Maxillen vollständig und finde das Endglied und die Borsten des Hauptastes verkümmert. Die oberen Maxillarfüsse reduciren sich im männlichen Geschlechte auf einen schwa- chen, ganz rudimentären Anhang, im weiblichen dagegen erlangen sie eine sehr bedeutende Grösse etc.“ „Im männlichen Geschlechte erscheint der untere Maxillarfuss schwächer und entbehrt die Borsten am mittleren und unteren Abschnitte.“ Ebenso wurde von mir hervorgehoben, dass diese Besonderheiten des (154) Ueber Goniopelte gracilis, eine neue Peltidie. 5 Greifhand besteht. Diese ist beim Männchen stark aufgetrieben (Fig. 8 Mxf.‘“) und ebenso wie der sich anschliessende Greifhaken ungleich mächtiger als im weiblichen Geschlechte, wo dieselbe eine eylindrisch gestreckte Form besitzt und mit einem nur kurzen, ganz schwachen Haken bewaffnet ist (Fig. 4 Mxf.‘‘). ‚In nicht geringerem Grade als die Antennen und Mundwerk- zeuge weisen auch die Beinpaare auf die Zugehörigkeit zu den Peltidien hin, ebenso die Furca und die Anordnung ihrer Borsten, die in fast gleicher Weise bei einzelnen Gattungen dieser Copepodenfamilie wiederkehrt. Bemerkenswerth ist die auch für andere Copepoden bekannt gewordene Grössendifferenz der beiden Männchens erst im Stadium der geschlechtsreifen Form auftreten und im jugend- lichen Alter fehlen. Pag. 155: „An diesen mit einem viergliedrigen Ab- domen versehenen Stadien fehlen noch die männlichen Geschlechts- eigenthümlichkeiten, die wir für die vorderen Antennen, dieMaxillen, beide Maxillarfüsse und die Furca besprochen haben, wir fanden vielmehr eine vollständige Uebereinstimmung mit dem Weibchen etc.“ Und ähnliche Bemerkungen kehren pag. 187 für Undina, pag. 188 für Phaenna wieder, also für jene Gruppe von Calaniden, für welche Giesbrecht die Umgestaltung der Mundtheile des Männchens mit der letzten Häutung als bislang unbekannt darstellt. Aber nicht nur für die Kiefer und Kieferfüsse, auch für die verschiedenen Ruderfusspaare wurden von mir bereits die Sexuaaldifferenzen in kurzen Worten hervorgehoben, so pag. 197 für Pleuromma. „Das Basalglied vom Innenaste des zweiten Schwimmfusspaares läuft im männlichen Geschlechte in einen einwärts gekrümmten Haken aus.“ Für Euterpe wird pag. 109 bemerkt: „Der Nebenast (der zweiten Antenne) verhält sich aber in beiden Geschlechtern verschieden. Beim Weibchen ist er klein und schmächtig, mit vier zarten Borsten besetzt, ohne nachweisbare Gliederung, beim Männchen dagegen viel umfangreicher, freilichauch ungegliedert, aber mit grösseren gekrümmten Borsten und einem hakenförmigen Fortsatz versehen, der ohne Zweifel bei der Begattung die Function der vorderen Antenne unterstützt.“ „Wie bei Cantho- camptus etc. besteht das erste Fusspaar aus zweigliedrigen Aesten, von denen der innere beim Männchen kuieförmig eingekrickt und umgebogen ist.“ Für Canthocamptus, pag. 120: „Dagegen weicht der innere Ast des dritten Fusspaares im männlichen Geschlechte durch eine Eigenthümlichkeit ab, welche in der Umbildung seiner beiden letzten Glieder zu einer Scheere besteht und pag. 117 für Westwoodia: „Unter den nachfolgenden Thoracalfüssen verdient noch das nächste (zweite) Fusspaar eine nähere B:rücksichtigung, indem sein innerer Ast aus zwei Gliedern gebildet wird und im männlichen Geschlechte in einen geraden Zapfer oder in einen grekıümmten Fanghaken ausläuft.“ Man sieht hieraus, dass in meinem Werke nicht nur an den vorderen Antennen und dem fünften Fuss- paar, sondern auch an den hinteren Antennen, Kiefern, Kieferfüssen, sowie Schwimm- füssen der verschiedenen Paare die sexuellen Unterschiede wenn auch nicht er- schöpfend für alle Gattungen, so doch soweit sie wesentliche Umgestaltungen betreffen, eingehende Berücksichtigung fanden, und dass, wenn Giesbrecht nur diese Unterschiede bei Canthocamptus an den Schwimmfüssen bemerkt sah, er in den Inhalt des Buches nicht gerade weit hineingesehen hat. (155) 6 ©. Claus: Hauptborsten am Ende der Furca im männlichen und weiblichen (seschlechte, an deren Aussenseite ein ansehnlicher Fortsatz mit ausmündender Drüsenzelle sich findet. Beim Männchen (Fig. 7, 13) erreichen die Borsten fast die Länge des Abdomens, beim Weibchen kaum die des Furcalgliedes (Fig. 2). Nicht nur die Verbindung der zu einem Paare gehörigen, seitlich weit von einander abgerückten Ruderfüsse durch eine lange stabförmige Chitinspange, sondern auch die besondere Gestaltung des Ruderfusses selbst, die schräg nach Aussen gerichtete winklige Stellung des zweiten langgestreckten Schaftgliedes und die schmale gestreckte Form der beiden mit langen Schwimmborsten besetzten Ruderäste erweisen sich als ausgesprochene Besonderheiten der Peltidienbeine (Fig. 14). Das vordere am Cephalothorax inserirte Beinpaar zeigt sich von dem nachfolgenden Beinpaare, von deren dreigliedrigen Ruderästen der innere den äusseren an Länge be- trächtlich überragt, insofern verschieden, als das zweite Schaftglied die gerade Lage ziemlich unverändert bewahrt und verhältniss- mässig kurz bleibt, und dass der Aussenast nur aus einem einzigen Gliede besteht (Fig. 14). Die drei nachfolgenden Ruderfusspaare stimmen im Baue unter einander nahezu vollständig überein (Fig. 15), doch ist das Endglied des Innenastes am dritten Beinpaar beträcht- lich länger und trägt ebenso wie das breitere kürzere Endglied des Aussenastes nicht zwei, sondern drei Seitenborsten. Auch das fünfte Beinpaar zeigt den Charakter des rudimentären Peltidienfusses und bleibt in beiden Geschlechtern einästig und auf zwei Glieder, ein kurzes Basalglied und ein sehr gestrecktes Glied beschränkt, welches mit zwei kräftigen, bei dem Weibchen bedeutend verlängerten Terminalborsten und vier kürzeren seitlichen Borsten besetzt ist (Fig. 5 und 16). Bemerkenswerth ist das Vorhandensein eines ganz ansehn- lichen (Fig. 16, 6 F) rudimentären Fusses am Genitalsegmente des _ Männchens, wie er ganz ähnlich auch bei den Peltidien von mir beschrieben wurde, einer Gliedmasse, welche dem sechsten Ranken- fusspaare der Cirripedien entspricht. Wenn wir nun die verwandtschaftlichen Beziehungen unserer Form und die auf jene gestützte systematische Stellung zu be- stimmen versuchen, so kann es nach denselben gar keine Frage sein, dass wir es mit einer Peltidine zu thun haben. Allerdings finden wir in der nur geringen Breite und wenig ausgesprochenen Abflachung des Körpers ebenso wie in der Reduction der Mandibeln und Maxillen, sowie in der Gestaltung des Aussenastes des vorderen (156) Ueber Goniopelte gracilis, eine neue Peltidie. A Fusspaares Besonderheiten, welche bislang von keiner der be- kannten Peltidiengattungen bekannt geworden ist und die Auf- stellung einer dritten Unterfamilie neben den Peltidinen und Seu- tellidinen erforderlich machen, gleichwohl aber stimmen sie in dem gesammten Habitus der Formgestaltung und in allen wesentlichen Familiencharakteren in dem Masse mit den Peltidien überein, dass wir sie zu denselben, und zwar als eine zu den Harpactiden hin- führende Verbindungsgruppe betrachten müssen. Die Vergleichung der Merkmale, welche ich, auf eingehende Untersuchungen gestützt, zur Charakterisirung der Peltidien!) verwerthet habe, dürfte hierüber keinen Zweifel zurücklassen. Der, wenn auch in unserem Falle nur mässig abgeflachte Körper besitzt ein kräftiges Integument, zu dessen Verstärkung am Cephalothorax Chitinstäbe auftreten. Die starke Prominenz eines breiten Rostrums, die vorspringenden flügelförmigen Seitenfortsätze der Thoracalsegmente sind ebenso wie der bereits hervorgehobene Bau der Schwimmfüsse Peltidiencharaktere Dazu kommt die Ge- staltung der Antennen und Kieferfüsse. Die vorderen Antennen, deren Gliederzahl den Harpacticiden gegenüber durch die Verkürzung des distalen Abschnittes eine etwas redueirte ist und zwischen 6 und 8 schwankt, tragen sogar auf denselben Gliedern, nämlich dem vierten und letzten, sowie im männlichen Geschlechte auch am dritten Gliede ihre Spürschläuche und zeigen im letzten Falle auch die gleiche Geniculation. Und ebenso genau ist der Anschluss des zweiten Antennenpaares an die viergliedrigen hinteren Antennen der Peltidien, deren rudimen- tärer Nebenast in unserer Gattung durch den mit zwei ansehn- lichen Fiederborsten besetzten Höcker des zweiten Gliedes ver- treten wird. Von den Mundesgliedmassen könnte man die Umbildung der Mandibeln und Maxillen zu stechenden Stileten als Einwana erheben, indessen erscheint diese Abweichung lediglich als das Extrem der so ausserordentlich mannigfaltigen Modificationen, welche die Mundes- gliedmassen in den einzelnen Gattungen der Peltidien erfahren. Auch da, „wo die Mandibeln mit ihren langgestreckten, scharfgezähnten Laden die Gestaltung von Kauwerkzeugen besitzen, scheinen sie doch mehr zum Einschneiden in Pflanzenparenchyme verwendet zu werden, deren Säfte vielleicht zugleich mit verkleinerten Gewebs- theilen in den engen Vorraum des Mundes aufgenommen werden“. ') Vergl. Claus, Copepodenstudien, ]. Heft. Peltidien. Mit 9 Tafeln. Wien 1889, pag. 2—6. (157) 8 C. Claus: Aber auch das Verhalten der inneren Organe schliesst sich, soweit dasselbe bestimmbar, den Besonderheiten der Peltidiengruppe an. Abgesehen von dem dreitheiligen, übrigens schwer zu sehenden Medianauge, finden sich die zahlreichen Porengänge vor, Drüsen- gruppen des Integumentes am Rostrum, an den Seiten des Kopf- bruststückes und der Flügelfortsätze der Thoracalsegmente, sowie am Abdomen. Im weiblichen Geschlechte treten die Mündungen der Oviducte nahe der Medianlinie zusammen (Fig.5, 5°), so dass das unpaare Eiersäckchen median getragen wird. Dagegen ist der männliche Geschlechtsapparat nur in einer Körperhälfte entwickelt, Hoden-, Samenleiter- und Spermatophorensack sind unpaar und gehören nur der einen Körperseite, in unserem Falle der linken an: (Wie. 6,7, 8,16): Was die Beurtheilnng der beiden als Goniopsyllus und Sapphir beschriebenen Formen und das Verhältniss derselben zu Goniopelte anbelangt, so halte ich zunächst die bereits von Dahl!) ausgesprochene Meinung von der Identität derselben für vollkommen gerechtfertigt. Die Gründe, welche L. Car?) für die Aufrechterhaltung seiner überdies höchst unglücklich bezeichneten Gattung angeführt hat, sind keineswegs stichhaltig zu nennen. Vor Allem ist die ausserordentliche Oberflächlichkeit der Darstellung, welche Brady von Goniopsyllus gegeben hat, in Anschlag zu bringen. Die zwei aus der Brady’schen Diagnose hervorge- hobenen Purkte, welche zum Beweise dienen sollen, stellen sich als gänzlich irrelevant heraus. Zunächst die Angabe über die drei Glieder des hinteren fünften Beinpaares. Sieht man sich die be- treffende Abbildung Fig. 16 an, so findet man in derselben sogleich den Schlüssel zu der unrichtigen Angabe. Auf der einen Seite ist der Fuss correct zweigliedrig dargestellt, auf der andern ein Vor- sprung des Segments mit aufgenommen und durch eine Quercontur einem Gliede ähnlich auf den Fuss bezogen. Und ebensowenig Werth ist auf die Zuverlässigkeit der zweiten Angabe zu legen, nach welcher die vier Fusspaare nahezu übereinstimmend zweiästig mit dreigliedrigen Aesten gestaltet seien. Auch hier zeigt uns sofort die Abbildung (Fig. 9), dass der Autor die Fusspaare nur ganz flüchtig angesehen und fast schematisch eingezeichnet hat, denn an dem ersten Paar sind sehr langgestreckte, am zweiten ') Dahl, Berichtigung. Zool. Anzeiger. 1890, Nr. 349. ®) Dr. L. Car, Die Aufrechterhaltung des Genus „Sapphir“. Zool. Anzeiger 1891, Nr. 357. (158) Ueber Goniopelte gracilis, eine neae Peltidie. 9) Paar ganz kurze Aeste ohne oder mit nur undeutlicher Zwei- gliederung dargestellt. Wie Hüchtig und ungenau der Autor das einzige als Männchen bezeichnete Exemplar von Goniopsyllus untersucht hat, geht schon aus dem Umstand hervor, dass er weder Oberlippe, noch Mandibeln fand, das letzte Brustsegment und die beiden ersten Abdo- minalsegmente gar nicht von einander abgegrenzt darstellte, in der Gattungsdiagnose die Vorderantennen als „six-jointed“ charak- terisirte, in der wenige Zeilen langen Speciesbeschreibung diesen Cha- rakter „six-jointed (?)“ wieder in Frage stellte. Ueberdies bin ich im Zweifel — trotz des in der Abbildung des unteren Maxillarfusses (Fig. 14) stärker hervortretenden Greifhakens — zumal bei der Gestaltung der vorderen Abdominalregion, ob Brady nicht ein weib- liches Thier für ein männliches ausgegeben hat. Die Uebereinstim- mung der Abbildung der sechsgliedrigen Antenne von Goniopsyllus mit der Abbildung, welche L. Car von der sechsgliedrigen Antenne des Sapphir-Weibchens gegeben hat (l. c. Fig. 4), ist eine so über- raschend grosse, dass ich gerade hier den Zufall einer incorrecten Darstellung zur Begründung derselben für fast ausgeschlossen halte. Gerade diese Uebereinstimmung erachte ich im Vereine mit dem gleichen Habitus der gesammten Körperform und seiner Glied- massen für das beste Zeugniss der Identität beider Formen, aber auch der Verschiedenheit von der als Goniopelte beschriebenen Form, deren Antennen in beiden Geschlechtern siebengliedrig sind, anstatt des zweigliedrigen Endabschnittes einen dreigliedrigen besitzen, im Uebrigen aber in der Gestaltung der proximalen vier Glieder, sowie durch den Besitz von Riechschläuchen am vierten und letzten Gliede im weiblichen Geschlechte und am dritten, vierten und letzten Gliede im männlichen übereinstimmen. Die von L. Car beschriebene Form ist zwar unvollständig und in manchen Punkten fehlerhaft, aber doch ungleich besser als der Copepode des englischen Autors dargestellt, jedoch ganz usrichtig als zu den Sapphirinen gehörig beurtheilt worden, wie denn diese Familie einerseits durch Aufnahme der Lichomolgiden und andererseits durch Ausschluss der Corycaeiden ganz unzutreffend begrenzt wurde. Die mit Goniopsyllus identische Triester Form hat, und das Gleiche gilt für die nahe verwandte Goniopelte, nicht mehr und nicht weniger als jede andere Peltidien- oder Harpactidengattung überhaupt mit den Sapphirinen gemeinsam und wer einmal eine Sapphirina oder Copilia untersucht hat, wird in diesem Punkte kaum anderer Meinung (159) 10 C. Claus: sein können. Beide Antennenpaare, die Mundwerkzeuge und Bein- paare reichen für sich allein schon, ganz abgesehen von dem ver- schiedenen Habitus der Leibesform und dem abweichenden Baue der inneren Körpertheile und insbesondere der männlichen Ge- schlechtsorgane aus, jede engere Verwandtschaft mit dieser Gruppe auszuschliessen. Da nach der Angabe des Autors die seiner Beschreibung beigefügten Abbildungen mit Hilfe eines Prismas gezeichnet und auch die Stärke der Vergrösserung angegeben worden ist, so wird ein genauer Vergleich mit unserer Form ermöglicht und unter Voraus- setzung der Richtigkeit der Darstellung entschieden werden können, ob beide Formen identisch oder der Art, beziehungsweise Gattung nach zu trennen sind. Nun zeigt der erste Blick auf die Ab- bildungen, dass die Abweichungen nicht nur in der Körpergrösse, sondern in der Gestalt der Extremitäten, insbesondere der Ruder- äste so bedeutend sind, dass von einer Art-Identität nicht die Rede sein kann. Man wird selbst mit Rücksicht auf die differente Gliederzahl der Vorderantennen die generische Trennung rechtfertigen können, obwohl Verschmelzungen distaler Antennenglieder auch bei sehr nahe verwandten, in die gleiche Gattung gestellten Arten (Alteutha, Oniscidium) nicht selten auftreten und dann solche Ab- weichungen veranlassen. Dass auch die männliche Antenne der Triester Form den gleichen Typus einhält und, wie die von Goniopelte, am distalen Abschnitt eine Geniculation gestattet, dürfte nach der Abbildung vonL. Car (Fig. 3) und der gezahnten Leiste an der Innenseite des vorletzten Gliedes keinem Zweifel unterliegen, obwohl dieselbe wie auch der wahrscheinlich vor- handene rudimentäre Nebenast der zweiten Antenne und die 6. Gliedmasse am Genitalsegment des Männchens von dem Autor nicht erkannt wurde. Die in Frage stehende dritte Unterfamilie der Peltidien würde durch die einfachen der Greifeinrichtung entbehrende Gestaltung des vorderen Beinpaares, die stiletförmig ausgezogenen, der Taster entbehrenden Kiefer, die geringe Zahl der Antennenglieder und die mehr eylindrische, Harpactiden ähnliche Leibesform zu charakte- risiren sein. Die Gattung Goniopelte würde bezeichnet sein: durch die Tgliederigen Vorderantennen und den ungegliederten einfachen Aussenast des ersten Beinpaares, eventuell die bedeutende Reduction des Nebenastes der hinteren Antennen. (160) Erklärung der Abbildungen. Taf. TI. Fig. 1. Weibchen von Goniopelte gracilis, von der Dorsalseite dar- gestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. I], eing. Tubus. Vergrösserung: circa 60fach, Fig. 2. Letztes Abdominalsegment nebst Furca desselben von der ventralen Seite aus gesehen. P Porencanäle zur Ausmündung von Hautdrüsen, Hartn. Syst. V, eing. Tubus. Vergrösserung: 260: 1. Fig. 3. Vordere Antenne des Weibchens von der ventralen Seite dargestellt. (1), (2) — (7) bezeichnen die Glieder. Sp S Spürschlauch. Camera-Zeichnung wie Fig. 2. Fig. 4. Die beiden Kieferfüsse des Weibchens. Mx7‘ äusserer oder vorderer, NUxf' innerer oder hinterer Maxillarfuss. Fig. 5. Letztes Thoracalsegment nebst fünftem Fusspaar und der beiden verschmolzenen vorderen Abdominalsegmente, Camera-Zeichnung wie Fig. 2. Fig. 5°. Die Genitalöffnaungen nebst Befruchtungsporus (?) am ersten Abdominal- segment. Stärker vergrössert. Fig. 6. Männchen von Goniopelte gracilis, von der Dorsalseite gesehen. T Hoden, Spt Spermatophorentasche. Camera-Zeichnung wie Fig. l. Fig. 7. Letztes Thoracalsegment und Abdomen des Männchens von der Bauch- seite dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, eing. Tubus, Vergrösserung: 150 :1. Fig. 8. Cephalothorax nebst nachfolgendem Thoracalsegment des Männchens, von der Ventralseite gesehen. Man sieht die Drüsenzellen (Drz) am Rostrum und am Seitenrande der Oberlippe und Mundtheile, sowie den nur linksseitig vorhandenen Hoden (7); A’ vordere, A’ hintere Antennen; Ch sp Chitinspange; Mxj‘ hinterer Maxillarfuss; 1 F erster Ruderfuss. Cameıa - Zeichnung wie Fig. 7. 150fach ver- grössert, Taf. II. Fig. 9. Männliche Antenne mit geniculirendem Endgliede und 6 Spürschläuchen, Camera-Zeichnung, Hartn. Syst. V, eing. Tubus, 260fach vergrössert. Cjaus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. IX, Heft ?, 11 _ 10 46 Dr. Carl Camillo Schneider: Untersuchungen über die Zelle. Fig. 19. Zelle aus Wachsthumszone der Hodenröhre von Ascaris meg. 5 Vertheilung des Chromatins, Auftreten der stark lichtbrechenden, nicht tingirten Körner, Gerüst sehr genau gezeichnet. Fig. 20. Samenmutterzelle von Ascaris meg., Zerfall der Chromatinanhäufung zu dem 4theiligen Element, Kernmembran nicht vorhanden. Fig. 21. Theilung einer Samenmutterzelle von Ascaris meg., Attractionssphäre, chromatische, stark lichtbrechende Körner. Gerüst nur theilweis genau (in Sphäre und um Element). (Der Binnenraum der Sphäre ist vom Lithographen nicht abgerundet genug, die Fäden der Sphäre sind zu hell gehalten.) Fig. 22. Spermatid von Ascaris meg., Gerüst angedeutet, concentrische Lagerung der stark lichtbrechenden Körner. Fig. 23. Spermatozoon vun Ascaris meg., stark lichtbrechende Körner zu kegelförmigem Körper verschmolzen. | (294) Druck von Gottlieb Gistel & Comp. in Wien, I., Augustinerstrasse 12. Br. , (xdMdg E ee N ı der Arachnoideen. Taf: T. z. Cxd == sum. ” : DSDS H er in Wim. N ; j Jıth.Änst.v Werner & Winter, Frankfart”®M. WET RB se ’ Er u Dr “ E' R.öturany del Alk, > u a) i u: ö der Arachnoideen. Taf: n. B Bar, > FR a > HP & er RER B ——— “ - . ” - E - ‘ - 4 F a ’ el > DT ey Arbeiten aus dem zoolo I. « J e.llaus del: IT ntonelte gracilis 4 7 a Ueber Werner @Winter Frankfurt®M. th. Änst.w Äi 2 EN Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wi 5/4 PT k IT Er ETERBETHER, = Se Pa, nn; AN NE Cllaus del ’ Taf u. (a nione te grac « ve; > . Jith,. Anst.v Werner &lWizter, Frankfurt®M. 528 2 N uns 1 ’ : en ii - 2 wa D j He “ Ne # Y w Ber Er a av e a Ku ; 4 » B u Di Se BD a TS Sn: ed ee I a 3 rar 2 ARE ET ehe N nA f P f Bi {2 \ A r 7 r 2 E.Grobhen del Arbeiten aus dem zool. Institut zu. Wi E22 me * J “ y 7 N . 2 j eu « ne] ar Bi Be 2 Urt a, wer ) er N r ® Pe, # ber den Bulbus arteriosus ete. Taf. Jh. Anst.vWerner & Winter, Frankfart#M. Zellmembran Grenzmembranen Kernmembran Wimpern ==:-2 # 2 A j f ..Vuclcolus \l \\ A K* ) Raw Kin 7 \ KU en > NIS RR Zr AN r ai Korner \ Ver wAlfreal Hal u Ze Mt ei re Rasy) u et z K.C Schneider, Untersuchungen uber die Zelle. Taf- I. Re] | | | 1 A EEE @1045-Bochhandler inWien 1° - Er in at N 17 2 a4 a bes aa 71% r y . ee b u \ Y vo ni SER 2 5 j 6 F ne \ h j we ge m Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien. Bd. IX, Heft I, Taf: XI. ren a ee ee ee 7 Ne ae — 12. BUNY, 1 Nee ] / ®& Frkekernmembran % BG . N ) L / en Vacnolen 7 ; u = eb 2 DIR Ü VerlwAlfved Hölden ‚onssfäre 1 m 1 Nt Ben ER stark lehtbrechende Korner 32 N K.C Schneider, Untersuchungen über die Zelle! Taf: W. -Buchhkandlr ın Wien. ARBEITEN AUS DEM ZOOLOGISCHEN INSTITUTE UNIVERSITÄT WIEN ZVOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. HERAUSGEGEBEN VON DENZEChAUS, 0. Ö. PROFESSOR DER UNIVERSITÄT UND VORSTAND DES ZOOLOGISCH-VER@L.-ANATUMISCHEN INSTITUTS IN WIEN, DIRECTOR DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIES!, TOM. IX. Mit 21 Tafeln. WIEN, 1891. ALFRED HÖLDER, K.U.K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, Rothenthurmstrasse 15. Pr; le Rechte vorbehalten. me u 7. IA III TINTEN DITNTIN ö% „ IX. Band. Inhalt. Claus, C.,, Die Gattungen und Arten der mediterranen und at- lantischen Halocypriden nebst Bemerkungen über die Organisation derselben De ; - ; Grobben, Prof. Dr. Carl in Wien. Die Be dseldrüso Sr Bastre, poden. Mit 1 Tafel i Pintner, Dr. Theodor, Assistent am k. k. De eiseheh Inatitite der "Wiener Universität. Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurm- körpers. Mit 2 Tafeln. . Claus, G., Ueber die Entwicklung Be onen von ie rhiza, Aurelia und Chrysaora, sowie über die syste- atiuche Stellung der Scyphomedusen. I Mit 3 Tafeln . . Sturany, Cand. phil. Rudolf, Die Coxaldrüsen der Arachnoideen. Mit 2 Tafeln En ee ; SE Claus, C., Ueber bepelte, rare, eine neue Beltidie, Mit 2 Tafeln . ; Grobben, Prof. Dr. Carl in Wien. Ye en alles rteridsne sa die Aortenklappen der Lamellibranchiaten. Mit 1] Tafel Schneider, Dr. Carl Camillo, Assistent am zoologischen Institute der Univer- sität Wien. Untersuchungen über die Zelle Claus, C., Das Medianauge der Crustaceen. Mit 4 Tafeln s Claus, C., Ueber die Gattung Miracia Dana mit besonderer Be- rücksichtigung ihres Augenbaues. Mit 3 Tafeln Pintner, Dr. Theodor, Assistent am k. k. zoologisch-vergleichend- Alstonalschen Institute der Universität Wien, Ueber Cercaria Clausii Monti- celli. Mit 1 Tafel . Seite 39 57 85 129 151 163 179 225 267 285 BR ERE . 5 sb. } 3 i 349723 I j 5 4 £; \ rer LTn ” & H £L ‚ira W u j 2.7, e) u 2 f f f j . k . f i j y 5 ee; Fr: "45 Ana 3 ah GA TATEH I £ | : en irn ee | sure 5 ER Ki; .r $ sa ee L Rue , h n Au af. x ) Kur cu : y STE 2 L.na469 ae Ir ig 5, ET Yo zuhel tg L a4 ga 2% ur ds3 2 Shaun u ats! a; Macht ee er oe 4 « rs = 1 2 GE R) BSR uni 2,4 8: een ir ea at 29 f El Fe vi “aharlaeR ten at Tehiaee are a ra eurer ns Jmalbienk ‚alias } 4 2 it Be Berl BEYURNDER 22 . rt u Sana i DE I. ereaeglr PATE: ei Ir j IT EN HAAN IPETT { ER RR: Inosutea hi .n 3 L.: HERE ET NAR, RR area # REN; ARBEITEN AUS DEM ZVOLOGISCHEN INSTITUTE DER UNIVERSITÄT WIEN ZVOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. HERAUSGEGEBEN VON DEV LAUS:; 0. ©. PROFESSOR DER UNIVERSITÄT UND VORSTAND DES ZOOLOGISCH-VERGL.-ANATOMISCHEN INSTITUTS IN WIEN, DIREUTOR DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIES!, TOM. IX, II. Heft. Mit 8 Tafeln. WIEN, 1891. ALFRED HÖLDER, K.U.K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, Rothenthurmstrasse 15. IR UINRL SCHIEN nn; PH var Alle Rechte vorbehalten. 1 a a , - “ # “ rı « Dh u A ? . \ warn sy ‘ Das Medianauge der Crustaceen. Von C. Claus. (Mit vier Tafeln.) Als ich mich im vergangenen Jahre mit dem Organismus der Süsswasser-Ostracoden zu beschäftigen begann, wurde ich bei Untersuchung des Stirnauges von Cypris durch einen Befund überrascht, weicher unsere Anschauung über das dreitheilige Medianauge der Entomostraken wesentlich zu ergänzen und auf- zuklären versprach. Die Beobachtung, dass der Nerv von der Aussenseite zu den Sehzellen herantritt und das die Enden der- selben dem Pigmentkörper zugewendet sind, dass also das Cypris- Auge ein inverses Becherauge ist, berechtigte zu der Ver- muthung, dass dieses Verhalten ein allgemein giltiges sei und sich am Medianauge aller Entomostraken wiederholen möchte. Ich habe daher eine Reihe der wichtigeren und leicht zu beschaffenden Gat- tungen aus verschiedenen Ordnungen von Neuem auf die feinere Structur des Medianauges geprüft, dessen Kenntniss trotz der häufigen und von so zahlreichen erfahrenen Forschern wiederholten Untersuchung zur Zeit noch recht unvollständig zu nennen ist. _ Wenn wir auf die geschichtliche Entwicklung unserer Er- fahrungen über dieses verhältnissmässig primitive Sinnesorgan der niederen Crustaceen zurückblicken, so finden wir, dass dasselbe von den älteren Autoren meist als x-förmiger, dem Gehirne an- sitzender Pigmentfleck ohne oder mit lichtbrechender Einlagerung beurtheilt wurde. Auch Fr. Leydig schloss sich noch im Wesent- lichen dieser Auffassung an, ja ging noch über dieselbe hinaus, indem er in seinen bekannten Abhandlungen über Argulus Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. IX, Heft 3. 15 (225) 2 C. Claus: foliaceus, über Artemia und Branchipus!) in dem „so- genannten einfachen Auge lediglich einen Pigmentfleck zum Schmucke des kleeblattförmigen Gehirnlappens“ (Argulus) zu er- kennen glaubte. Man könne ihn nicht einmal ein verkümmertes Auge nennen, da derselbe in Artemienlarven, deren seitliche Augen noch mangeln, ebenfalls nur ein Haufen von Pigmentmolekülen ohne lichtbrechende Medien sei. Auch in seinen späteren Arbeiten ?) beurtheilte Leydig das mediane Auge als „schwarzen Gehirn- fleck“, der einem unpaaren Fortsatze des Gehirns, einer dreilappigen, kleeblattartigen Gehirnportion aufliege, war jedoch mit Rücksicht auf das Vorhandensein eines lichtbrechenden Körpers im Augen- fleck der Rotiferen und von Krystallkörper-ähnlichen Bildungen im Augenfleck mehrerer Daphnien (Daphnia pulex, longispina, Lynceuslamellatus) geneigt, denselben wie das analoge Organ der Cylopiden und Cypriden mit dem Nebenauge der In- secten in eine Linie zu stellen. Für das Auge von Diaptomus castor hob derselbe Autor hervor, dass „der paarige braunröth- liche Pigmentbecher eine dreilappige nervöse, aus Ganglienmasse bestehende Grundlage habe“. Die eingehende Beschäftigung mit den Copepoden-Gattungen Cyclops und Diaptomus, sowie später mit dem reichen Formen- gebiete mariner Copepoden, welche mich mehrere Jahre hindurch fesselte, führte mich zu einer näheren Untersuchung des Median- auges dieser Crustaceenordnung, über welches ich in einer Reihe von Arbeiten detaillirtere Angaben mittheilen konnte. Zunächst) wurde für das Auge von Diaptomus (Cycelop- sine) das Vorhandensein zweier Augenmuskeln, die sich am hintern Theile des Pigmentkörpers befestigen und das Auge ähnlich dem Daphnienauge bewegen, beschrieben und wahrscheinlich gemacht, dass in den bald als Krystalllinse, bald als Glaskörper (Zenker) gedeuteten lichtbrechenden Einlagerungen „die mit Nerven- fasern in Verbindung stehenden percipirenden Ele- !) Fr. Leydig, Ueber Argulus foliaceus. Zeitschr. f. wissensch. Zool., Tom, II, 1850, pag. 330. Derselbe, Ueber Artemia salina und Branchipus stagnalis. Ebendaselbst, Tom. III, 1851, pag. 296. 2) Fr. Leydig, Bemerkungen über den Bau derCyclopiden. Archiv f. Naturgesch. 1859, pag. 198; ferner Naturgeschichte der Daphniden, Tübingen 1860. | ») C. Claus, Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Copepoden. Arch, f. Naturgesch., Jahrg. XXIV, 1858. Derselbe, Die frei lebenden Copepoden. 1863, pag. 44—52. (226) Das Medianauge der Crustaceen. 3 mente vertreten seien“. In dem bald nachfolgenden grösseren Werke über die freilebenden Copepoden konnte ich zahlreiche, als Gattungscharaktere verwerthbare Modificationen in Form und Bau des Auges mariner Copepoden beschreiben und neben dem häufigen Auftreten von besonderen Muskeln das Vorhandensein einesdritten unpaaren, nach der Bauchseite gewendeten Augenab- schnitts nachweisen (Ichthyophorba, Tisbe, Calanops). Der Reichthum von theilweise recht auffallenden Complicationen besonders in Beziehung auf Lage und Zahl der hellen, als licht- brechende Körper und Krystallkugeln bezeichneten Einlagerungen liess mir im Anschluss an den zum Vergleiche herangezogenen Bau des zusammengesetzten Seitenauges die Deutung zulässig er- scheinen, dass diese hellen Kugeln „nicht nur die licht- brechenden, sondern zugleich die pereipirenden Ele- mente“ enthalten (pag. 52), zumal es mir bei Cetochilus und Candace gelungen war, ein Zerfallen jeder der beiden seitlichen lichtbrechenden Kugeln in zahlreiche kleinere Kugeln mit gemein- samer Umhüllung zu beobachten, von denen jeder möglicherweise eine Nervenfaser zugehöre. Hätte ich damals nicht nur am le- bendem Thiere untersucht, sondern zugleich mit geeigneten Rea- gentien unter stärkeren Vergrösserungen gearbeitet, so würde ich erkannt haben, dass diese Kugeln die Endzeilen der zum Auge tretenden Nerven sind und meine aus theoretischen Gründen ab- geleitete Deutung als vollkommen begründet haben bestätigen können. Leider war mir aber damals auch noch die Bedeutung der Dreitheiligkeit des Medianauges, obwohl für einzelne Fälle dargethan, als constanter und allgemein giltiger Charakter unbe- kannt, doch kam ich auf dieselbe in späteren Publicationen mehr- fach zurück und wies zunächst für zahlreiche Schmarotzerkrebse, ins- besondere Caligus!) und Verwandte, für die Lernaeengattungen’’) Lernaea, Lernaeocera, Penellaund Peniculus, sodann für Branchipus:)und Argulus:), dessen Auge bereits von Leydig 1) C, Claus, Beiträge zur Kenntniss der Schmarotzerkrebse. Zeitschr. f. wissensch. Zool., Bd. XIV, 1864. 2) Derselbe, Beobachtungen über Lernaeocera, Peniculus und Lernaea. Ein Beitrag zur Naturgeschichte der Lernäen. Marburg und Leipzig 1868. 3) Derselbe, Zur Kenntniss des Baues und der Entwicklung von Branchipus stagnalis und Apus cancriformis. Göttingen 1873, pag. 22, Fig. 5“, 11, 13°. Die licht- brechende Füllung des ventralen Abschnitts wurde als Ganglion gedeutet. *) Derselbe, Ueber die Entwicklung, Organisation und systematische Stellung der Arguliden. Zeitschr, f. wissensch. Zool,, Bd. XXV, 1875. 15* (29 4 C, Claus: als dreilappiger Hirnabschnitt gedeutet war, ausser den beiden dorsalen Seitenhälften einen gleichwerthigen dritten ventralen Abschnitt nach. Die gleiche Dreitheiligkeit beschrieb ich dann für die Copepoden- Gattungen Lichomolgus!), Lamproglena, Cycelops, Diap- tomcus, sowie für Cypris, deren Augen bisher für zweitheilig gehalten worden waren. Ein weiterer Fortschritt aber war sodann der Nachweis von drei aus dem Gehirn austretenden Augennerven, welche, der Drei-Gliederung des Organes entsprechend, sowohl für das Auge von Branchipus als Argulus beobachtet und abgebildet wurden, sowie weiterhin der Befund der zelligen Structur in der lichtbrechenden Füllung der Pigmentkörper, welche am mittleren Becher des Branchipus-Auges (l. c. pag. 22, Taf. I, Fig. 5, 4, Taf. IV, Fig. 11, 13) analog der gangliösen Unterlage des Nebenauges von Daphnia (Leydig) als Ganglion bezeichnet wurde, am Argulus-Auge dagegen, dessen drei Abschnitte als gleich- gebaut und gleichwerthig dargestellt werden konnten (l. c. pag. 40, Taf. XVII, Fig. 29), als „dichte Häufung breiter, Nervenstäben vergleichbarer Fächer von sehr regelmässiger Anordnung nebst dazwischen gelagerten grossen Kernen“ beschrieben wurde. Sogar der Eintritt der drei Nerven von der Aussenseite in die Augen- abschnitte war richtigerkannt, jedoch nicht weiter verwerthet worden, da mich die Anschauung Leydig’s von den drei Augenlappen als „eines kleeblattartigen Hirnanhangs“ zurückhielt und über- haupt ein Hinderniss war, der richtigen Deutung eine präcise Fassung zu geben, das heisst, das im Pigmentkörper eingelagerte Zellenlager bestimmt als Sehzellen oder Retinazellen zu bezeichnen. Diesen Schritt that erst Grenacher in seiner bekannten Monographie der Arthropoden-Augen, in welcher derselbe im An- schluss an das Stemma der Insecten den Bau des Auges von Ca- lanella mediterranea nach wohlerhaltenen, durch Isolation der mit Kleinenberg’scher Pikrinsäuremischung und Osmium- dämpfen behandelten Augen, gewonnenen Präparaten genau be- schrieb. Nicht nur nach Lage und Zahl, sondern auch mit Rück- sicht auf die eintretenden Nerven wurden diese Zellen zutreffend dargestellt und mit vollem Rechte functionell wie morpho- 1) 0. Claus, Neue Beiträge zur Kenntniss parasitischer Copepoden nebst Bemerkungen über das System derselben. Zeitschr. f. wissensch. Zool., Bd. XXV, 1875, Taf. XXIV, Fig. 29, 41. Derselbe, Zur Kenntniss der Organisation und des feineren Baues der Daphniden etc. Ebendaselbst, Bd. XXVI, pag. 373. (228) Das Medianauge der Crustaceen, d logisch als Netzhautzellen in Anspruch genommen, wenn- gleich es nicht geglückt war, die für diese so charakteristische cuticulare Stäbchenausscheidung aufzufinden. Darin freilich irrte Grenacher:), welcher die Literatur des Medianauges nicht im Detail studirt hatte und sich vornehmlich auf meine ältere Cope- podenarbeit vom Jahre 1863 berief, die nachfolgenden citirten Publicationen aber unberücksichtigt liess, wenn er der Meinung war, dass bisher der lichtbrechende Körper dieser Augen stets mit den Krystallkegeln des Facettenauges zusammengestellt und die im Pigmentbecher enthaltenen Kugeln als Homologa jener betrachtet worden seien. Auch war ihm der Eintritt des Nerven von der Aussenseite und die Natur des Medianauges als inverses Becher- auge, sowie die Existenz von cuticularen Stäbchen in dem zum Pigmente gewandten Ende der Retinazellen, endlich das Vor- handensein eines Tapetums an der ausgehöhlten Seite des Pigment- bechers unbekannt geblieben, Verhältnisse, welche uns erst ein vollkommeneres Verständniss des typischen Medianauges gestatten, zu deren Nachweis das von Grenacher ausschliesslich unter- suchte Calanellaauge wenig geeignet erscheint. Jedenfalls besteht unter den verschiedenen Formen des Medianauges, welche in den zahl- reichen Crustaceentypen auftreten und insbesondere bei den C ope- poden bis zu den merkwürdigen Extremen des Sapphirinen- und Pontellidenauges ausserordentlich mannigfache Variationen bieten, ein gesetzmässiger Zusammenhang, und es schien mir eine dankbare Aufgabe, durch eine Vergleichung des Medianauges der vornehmlichsten und leicht zugänglichsten Repräsentanten der Entomostrakenordnung eine Einsicht in denselben anzubahnen. I. Ostracoden (Taf. I, Fig. 1—16). Die bereits früher von mir erkannte Dreitheiligkeit des Ostracodenauges, d. h. seine Zusammensetzung aus einem ventralen vorderen und zwei mehr dorsalen seitlichen, untereinander und mit jenem gleichwerthigen Abschnitten, ergibt sich dem unbefangenen Beobachter sogleich bei der ersten Untersuchung jeder Cyprisart (Fig. 1 VA, SA), und nur der Umstand, dass man das Auge der Entomostraken als schwarzen Stirnfleck oder als ‘) H. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden, ins- besondere der Spinnen, Insecten und Crustaceen, Göttingen 1879, Taf. V, Fig. 36, Taf. VI, Fig. 37 und 38, pag. 63—66. (229) 6 C. Claus: x-förmigen Pigmentfleck mit zwei lichtbrechenden Einlagerungen zu definiren gewohnt war, dürfte es verschuldet haben, dass sich diese einfache und leicht zu constatirende Thatsache solange der Einsicht der Beobachter entzog. In dieser Hinsicht erscheint es besonders merkwürdig, dass W. Zenker!), der seinerzeit das Cyprisauge näher untersucht und in Anbetracht der damaligen Hilfsmittel detaillirt beschrieben hat, dasselbe lediglich als aus zwei seitlichen, von einer becherförmigen Hülle eingeschlossenen Einzel- augen zusammengesetzt fand, obwohl ihm sehr wohl bekannt war, dass bei Notodromas (Cyprois) monacha die seitlichen Augen auseinander rücken und als zwei von einander getrennte Augen „nur durch schwarze Stiele mit dem medianen Augengehirn verbunden“ sind. Dieses „mediane Augengehirn“ ist eben nichts Anderes als das ventrale, den getrennten Seitenaugen gleichgebaute und gleichwerthige dritte Auge und war von Zenker höchstwahrscheinlich unter dem Einfluss von Leydig’s Beurtheilung des Argulusauges als „oberer kleeblattartiger Hirn- lappen“ oder „dreilappiger Gehirnfleck“, auf welche vielleicht wieder die alte Deutung Jurine’s, welcher das Argulusauge als das Gehirn betrachtet hatte, nicht ohne Rückwirkung geblieben war, als Augen- gehirn bezeichnet worden. Obwohl dasselbe bei näherer Unter- suchung schon Zenker zur Deutung des Medianauges von Cypris, Cyclops, Argulus etc. als dreitheiliges Auge hätte leiten müssen, war es gerade umgekehrt für Zenker bestimmend gewesen, lediglich die beiden seitlichen Augenabschnitte als solche gelten zu lassen. „Was übrigens,“ sagt derselbe Autor, „die drei- lappige Gestalt anbetrifft, die mehr ein verkümmertes Auge von drei als von zwei Linsen erwarten liesse, so bekenne ich, dass ich auch in Betreff der Ostracoden und Cyclopiden lange zweifel- haft gewesen bin, ob zwei oder drei Augen vorhanden waren. Endlich kam ich zu dem Resultate, besonders durch Cyprois monacha, dass das, was ich für ein drittes unpaares Auge ge- halten hatte, wahrscheinlich nur die Anschwellung des Sehnerven sei und dass also nur zwei Augen vorhanden sind. So ist auch wohl der mittlere, nach vorne gerichtete Lappen des drei- lappigen Gehirnfleckes aufzufassen, ebenso wahrscheinlich das dritte Auge, welches Dana bei einigen Copepoden hat erkennen wollen.“ !) W, Zenker, Anatomisch-systematische Studien über die Krebsthiere, Archiv für Naturgesch. Jahrg. XX, 1854, pag. 26, 27 etc. (280) Das Medianauge der Crustaceen, 7 Zenker hat am Cyprisauge bereits vieles Detail beobachtet, ohne dasselbe jedoch richtig beurtheilt zu haben. Aus dem rothen oder rothbraunen Pigmentbecher soll sich ein schmaler schwarzer Ring hervorheben, „etwa der Chorioidea zu vergleichen“, und von diesem eine dritte metallisch glänzende Schicht als „Iris“ vorstehen, die eine Pupille begrenze, aus welcher der lichtbrechende Körper hervorquillt. Durch denselben sehe man auf die weissliche oder bläuliche Retina, auch sei in diesem lichtbrechenden Körper bei Cyprois (Notodromas) monacha eine noch stärker licht- brechende Kugel (Linse) enthalten. Ich habe die Augen von Cypris strigata 0. Fr. Müll., virens Jur., pubera OÖ. Fr. Müll. und Notodromas mo- nacha ©, Fr. Müll. auf Schnittserien näher untersucht, nachdem ich mich theils an lebenden Thieren, theils an Isolationspräparaten über Lage und allgemeine Gestaltung derselben orientirt hatte. Obwohl die erstere bereits hinreichend bekannt und aus zahl- reichen Abbildungen der früheren Autoren ersichtlich ist, gebe ich doch zur Orientirung über die Lage und Form eine nach einem Weingeistexemplare von Öandonella brachyura!) (Candona brachyura) Hell. entworfene Abbildung, welche den vorderen, sowie den linksseitigen Abschnitt des dreitheiligen Auges zur Darstellung bringt (Taf. I, Fig. 1). Jeder der drei median zusammenstossenden Pigmentbecher besteht aus dicht zusammengelagerten, rothbraunen bis gelblichen Pigmentkörnchen, deren Grösse innerhalb gewisser Grenzen variirt. Nach innen zu, wo die kleineren gelblichen Pigmentkörnchen lagern, folgt eine metallisch glänzende Schicht von ansehnlicher Dicke, die den Pigmentbecher von innen auskleidet. Dieselbe erscheint aus kleinen glänzenden Flittern zusammengesetzt, welche in ihrer Aneinanderfügung den Anschein einer welligen Längs- faserschicht erzeugen (Fig. 7‘) und die Bedeutung eines das Licht reflectirenden Tapetums besitzen, ähnlich dem Tapetum, welches Sigm. Exner?) im Facettenauge zahlreicher Malacostraken, ins- 1) Für diese von Heller in Tirol aufgefundene Form, welche ich nach einigen von dem Autor mir gütigst übersandten Weingeistexemplaren untersuchen konnte, muss nach Analogie der Gattung Cypridopsis mit Rücksicht auf die ganz rudimentären Furcalglieder eine neue Gattung aufgestellt werden, für die ich, da inzwischen die Bezeichnung Candonopsis schon vergeben worden ist, Cando- zella vorschlage. 2) Sigm. Exner, die Physiologie der facettirten Augen von Krebsen und Insecten, Leipzig und Wien 1891. (231) 8 C. Claus: besondere Decapoden beschrieben hat. Wahrscheinlich entspricht dieses Tapetum der von Zenker unterschiedenen dritten Pigment- schicht, welche nach ihm metallisch glänzend ist und als Iris die Pupille begrenzen sollte. Bei Notodromas erscheint dieselbe besonders mächtig und von einer mosaikförmigen Anordnung der Elemente, welche an die Structur des schillernden Stratums in der Körperbedeckung der Sapphirinenerinnert und in der That auch bei auffallendem Lichte einen ganz ähnlichen in’s Violette spielenden Farbenschiller veranlasst. In dem breitgezogenen, relativ grossen Auge von Cyclocy- pris (Fig. 2) habe ich die Innenschicht in einfacherer Form lediglich aus gleichgrossen, mosaikförmig angeordneten, gelben Pigment- körnchen zusammengesetzt gefunden. Die helle, lichtbrechende Füllungsmasse jedes Augenbechers wird von einer Lage hoher Sehzellen und der diesen aufliegenden Linse gebildet. Gewöhnlich findet man auf dem Schnitte die Sehzellen nur in einem Theilabschnitt, nur selten in ganzer Länge getroffen und überzeugt sich alsbald, dass der Nerv von der äusseren, dem Pigmente abgewendeten Seite unter der Linse in das Auge ein- tritt und dass demgemäss seine Fasern in die Distalenden der scharf abgegrenzten eylindrischen Zellen der Retina übergehen. In dieser Aussenzone liegen auch die Kerne, die sich als rundlich ovale, einen grossen Nucleolus enthaltende Bläschen erweisen. Der entgegengesetzte, dem Tapetum zugekehrte Abschnitt der Sinneszelle enthält die für die Lichtperception so wichtige Stäbchen- ausscheidung, welche morphologisch und physiologisch als Charakter der Sehzelle gelten muss. Wo wir dies Stäbchen in Augen-ähnlichen Organen vermissen, handelt es sich vielleicht nur um für die Wärmestrahlen des Lichtes empfängliche Sinneszellen, während das Vorhandensein eines cuticularen Stäbchens mit Rücksicht auf die wohlbegründete Annahme, dass dasselbe die Uebertragung der Lichtbewegung in Nervenbewegung vermittelt, auf Lichtperception hinweist. Jede Zelle enthält ein langgestreckt kegelförmiges, mit der Basis dem Pigmente zugekehrtes Stäbchen, das jedoch nicht genau ventral eingelagert, sondern peripherisch der zarten Membran von der Innenseite angelagert zu sein scheint (Fig. 3, 4, 7). An mittelst Chrom-Essigsäure entkalkten und dann mit Hämatoxylin tingirten Präparaten färbt sich die Substanz der etwas aufge- quollenen Stäbchen sehr intensiv, und da dieselben an Horizontal- (232) Das Medianauge der Crustaceen, 9 schnitten meist im schrägen Querschnitt getroffen werden, so war ich anfangs zu der irrigen Deutung derselben als Kerne (einer zweiten Reihe) veranlasst, die jedoch bei näherer Verfolgung der Gebilde, insbesondere an Carminpräparaten, ihre Aufklärung und Berichti- gung fand. Auch die Zahl der stäbchenhaltigen Sehzellen in der Retina lässt sich durch Zählen der Kerne im Längs- und Quer- schnitte annäherungsweise feststellen und zwischen 24 und 30 in jedem Auge bestimmen, so dass die Gesammtzahl der percipirenden Elemente in dem dreitheiligen Stirnauge auf 70 bis 90 zu schätzen sein dürfte. Der äussere, aus dem Pigmentbecher vorragende Theil des lichtbrechenden Körpers ist eine scharf begrenzte, vorne kugelig vorgewölbte, nach der Retina zu etwas abgeflachte Linse von ziemlich Hüssiger Substanz und verhältnissmässig schwacher Lichtbrechung. (Fig. 3, 8 u. 9. L.) Die Art der Einlagerung gestattet sehr wohl den Vergleich der Oeffnung eines Pigmentkörpers mit einer Pupille, und schon W. Zenker bemerkt ganz richtig, dass die Weite derselben nicht überall dieselbe und besonders eng bei Cyprois monacha sei. Während bei Cypris und Verwandten die drei Pigment- becher eng zusammengedrängt aneinander stossen und so den Eindruck eines einheitlichen Medianauges veranlassen, erscheinen dieselben bei Notodromas (Fig. 8u. 9) weit auseinander ge- rückt, so dass bereits W. Zenker zwei getrennte Seitenaugen von einem medianen, mit jenen durch schwarze Stiele verbundenen Augengehirn unterscheiden konnte. In Wahrheit treten jedoch die drei gleichwerthigen Augenbecher auch hier median zusammen, indem die einander zugewendeten Partien der Pigmentbecher durch lange Stiele miteinander verbunden sind, nur die distalen Abschnitte liegen als erweiterte, die Retinazellen und Linse umschliessende Becher in weitem Abstande von einander entfernt. Vergleichen wir das Medianauge der Cypridiniden, wel- ches in einer Stirnerhebung über dem Frontalgriffel zwischen den grossen zusammengesetzten Seitenaugen liegt’), so finden wir das- selbe von nahezu derselben Form und Structur, nur vermissen wir trotz des viel bedeutenderen Umfanges und der beträchtlich vermehrten Zahl von Retinazellen eine Linse. Die drei Pigment- 1) C, Claus, Neue Beobachtungen über Cypridinen. Zeitschr. f. wissensch. Zool, 1873, Bd. XXIII, Tafel X, Derselbe, Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grundlage des Crustaceensystems. Wien 1876, Taf. XVII, Fig, 3, 4. (233) 10 C. Claus: becher liegen mit ihren convexen Seiten dicht zusammengedrängt (Fig. 10—16) unmittelbar einander an. Ueber die flach vorge- wölbten, lichtbrechenden Körper, welche lediglich dem Stratum der hohen Retinazellen entsprechen, breitet sich eine zarte, binde- gewebige Membran aus, welcher die oval bis stäbchenförmig ge- streckten Kerne angelagert sind (Fig. 10—13n‘). An diese, die drei Augenabschnitte zu einem einheitlich abgeschlossenen Complexe umschliessende Hüllhaut setzt sich an den hinteren Enden der beiden Seitenstücke je ein bindegewebiges Befestigungsband an (Fig. 10, Lg), dagegen vermochte ich keine herantretenden Muskeln nachzuweisen. Obwohl ich bereits die dreitheilige Form des Auges von Asterope in ventraler und seitlicher Lage abbildete, liess ich dieselbe früher im Text unberück- sichtigt, erkannte aber in dem lichtbrechenden Körper der beiden Seitenhälften „zwei Reihen lichtbrechender Zapfen“, sowie eine „streifige, mit grossen Kernen untermischte Unterlage nervöser Natur“, wie ich in gleicher Weise auch in dem colossalen Stirn- auge von Eumonopia!) flaveola „Kerne und Ganglienzellen streifiger Nervensubstanz und eine Fülle von Zapfen, welche bilateral gruppirt sind“, beobachtete und abgebildet 2) habe. Diese Gebilde entsprechen den in jedem Pigmentbecher eingelagerten Sehzellen, in deren streifigem Inhalt bei der frühern Art der Untersuchung keine scharfe Begrenzung der Zelleontcuren nach- weisbar war, sowie den peripherisch gelegenen Kernen und den ventral dem Pigmente zugewandten cutieularen Stäbchen, welche ich als Zapfen bezeichnet hatte. An guten, nach der be- kannten Methode hergestellten und tingirten Quer- und Längs- schnitten treten die Zelleontouren an einzelnen Stellen deutlich hervor, und man sieht in dem peripherischen, verbreiterten Theil der cylindrisch gestreckten Zelle den Kern, in dem entgegen- gesetzten, verjüngten Abschnitt das glänzende, stark lichtbrechende Stäbchen eingelagert. In den ersteren tritt die Nervenfaser ein, während das frei abschliessende, stäbchenhaltende Endstück sich dem Pigmentbecher zukehrt. So sieht man an horizontalen Längs- schnitten (Fig. 10, 11) die Kerne innerhalb der zuweilen weit abge- hobenen Bindegewebshülle in dichter Reihe folgen und dem ent- ') Da Lubbock bereits früher eine Pontelliden-Gattung „Monops“ genannt hatte, werde ich anstatt „Monopia“ die Bezeichnung „Eumonopia“ verwenden. 2) C, Claus, Neue Beobachtungen über Cypridinen. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Bd. XXIII, Taf. XI, Fig. 23. (234) Das Medianauge der Crustaceen. 11 sprechend die glänzenden, stiftförmigen Stäbchen an der Pigment- seite der Länge nach neben einander gelagert. Da im Querschnitt 5—6, im Längsschnitt etwa 20 Zellkerne in einer Reihe liegen, so dürfte sich die Zahl der Elemente in jedem Seitenauge — und Gleiches gilt für den ventralen Becher — auf circa 100 belaufen. Die drei neben einander an der Ventralseite des Vorderhirnes ent- springenden Sehnerven treten wie bei Uypris in die Aussenzone der Retina ein, und zwar, wie man durch Vergleichung geeigneter Quer- und Transversalschnitte bestimmt, von der dem Gehirn zugewendeten hinteren Seite aus. Eine ausserordentlich mächtige Ausbildung zeigt das im Grunde des Pigmentbechers als dickes, fast schalenförmig geson- dertes Stratum gestaltete Tapetum;; dasselbe zeigt im Querschnitt eine faserige Structur, im Flächenschnitt aber überzeugt man sich, dass es ganz ansehnliche, messinggelb glänzende Schüppchen sind, deren Fläche der Höhlung des Bechers, somit der Stäbchenzone der Retinazellen zugewandt sind, welche sich schichtweise in Reihen anordnen und im Querschnitt den Anschein von Fasern ver- anlassen. Die ziemlich regelmässige, fast mosaikartige Anordnung der flachen Schüppchen in Längs- und Querreihen dürfte die Ursache des Sapphirinen-ähnlichen, wenn auch minder ausgeprägten Farben- schillers sein, den das Tapetum an günstigen Flächenschnitten bei auffallendem Lichte hervorruft. Die aufliegende schwarze Pigment- schichte besteht aus kleineren und grösseren, dicht zusammen- gedrängten rothbraunen Pigmentkügelchen. Gewiss ist die Reflexion der Lichtstrahlen im Auge des lebenden Thieres eine sehr voll- ständige und zum Leuchten im Dunkeln !) in hohem Grade befähigt, ') Ad. Garbini, welcher sich vor einigen Jahren im zoolog. Institute in Wien auf meine Veranlassung mit dem Organismus der Cypridina beschäftigte und denselben auf Schnittserien untersuchte, hat, wie ich dann später erfuhr, eine Schrift: „Contribuzione all’anatomia ed alla istiologia delle Cypridinae* publieirt und in derselben auch Einiges über das Medianauge und über den Stirntentakel mitgetheilt. Wenn derselbe meine früheren, über diese Sinnesorgane veröffentlichten Mit- theilungen verstanden und demgemäss berücksichtigt hätte, so würde er gewiss zu einer besseren Deutung mancher richtig beobachteter Einzelheiten gelangtsein. Garbini beschrieb an den Sehzellen einen vorderen kernhaltigen Abschnitt und einen ver- schmälerten, langen hinteren Abschnitt, der sich bei Behandlung mit Borax-Carmin lebhaft tingire. Dass dieser das cuticulare Stäbchen repräsentirt und dem von mir bereits als Zapfen unterschiedenen Gebilde entspricht, blieb ihm ebenso wie die Lagenbeziehung des Nerven zu den Retinazellen unbekannt. Ganz richtig unter- schied er aber am Pigmentbecher die schwarze Pigmentlage von dem dickeren, (235) 12 C. Claus: wie denn auch die neuerdings beobachtete Lichtausstrahlung von besonderen Leuchtorganen auf das nächtliche Leben der Cypridines hinweist. Eine ausserordentliche Grösse erreicht das Medianauge bei der leider nur im weiblichen Geschlecht bekannt gewordenen, der Seitenaugen vollkommen entbehrenden Gattung Eumonopia. Auch die Zahl der Elemente ist eine vermehrte, wenn auch nicht im Verhältniss zum Umfang des Pigmentkörpers, da die Grösse der- selben und insbesondere der langgestreckten Stäbe in beträcht- lichem Masse zugenommen hat (C. Claus, l.c. Taf. XI, Fig. 23). Das Volum dieses Auges übertrifft das der Cypridina medi- terranea um mehr als das 20fache, während der dreitheilige Bau, sowie die Structur im Wesentlichen übereinstimmt. 2. Branchiopoden (Taf. I, Fig. 17—19; Taf. II; Taf. III, Fig. 1—3). Am genauesten dürfte aus dieser Entomostraken-Gruppe das Medianauge von Branchipus bekannt geworden sein, von welchem ich schon in meiner älteren Abhandlung eine zutreffende, wenngleich nicht erschöpfende Beschreibung gab, die dann in der später folgenden monographischen Darstellung des Organismus wesentlich vervollständigt wurde. Auch jetzt vermag ich an dem Auge der lebenden, nach Auflösung der Dotterkörnchen ziem- lich aufgehellten Larve kaum mehr zu sehen, als was ich vor 18 Jahren !) beschrieben und abgebildet habe. Es scheint der ventrale unpaare Abschnitt mit den seitlichen Hälften des Auges nicht vollkommen gleich gross zu sein; schon der hinzutretende mediane Nerv ist bedeutend stärker als die Nerven der Seitenaugen, und das dem Pigment ansitzende Zellenlager, in welches die Nerven- fasern eintreten, ist im Vergleiche zu den lichtbrechenden Einlage- rungen der Seitenabschnitte so mächtig, dass ich dasselbe als Ganglion zu deuten veranlasst wurde. Man sieht besonders schön an jüngeren Larven, wie jede der birnförmigen ganglienähnlichen Zellen dem Pigmente zugekehrt ist und mit ihrer verschmälerten, stielförmig transparenten Stratum, ohne dieses jedoch als Tapetum zu erkennen, obgleich er hervorhob, dass die Oberfläche des prismatischen Auges „una luce quasi fos- forescente“ reflectire. 1) 0, Claus, Zur Kenntniss des Baues und der Entwicklung von Brauchipus stagnalis und Apus cancriformis. Göttingen 1873, pag. 22 (Taf. I, Fig. 5; Taf. III, Fig.8; Taf, IV, Fig. 11, 13%). (236) Das Medianauge der Crustaceen, 13 ausgezogenen Spitze dem Nerven zugewendet, in eine Faser des Nervenfaserbündels übergeht (Fig. 19). An dem seitlichen Augenab- schnitt ist die Structur der lichtbrechenden Füllung am lebenden Thiere nicht bemerkbar, man findet dieselbe nach hinten in einen ansehnlichen Zapfen ausgezogen, welcher mittelst eines zarten Bandes (Fig. 17, Lg) dorsal befestigt ist und median- und lateral- wärts etwas beweglich ist. Das Nervenstämmchen tritt von hinten her zum Seitenauge, welches im vorgeschrittenen Larvenalter ge- streckter erscheint und in seiner flachen, schalenförmigen Höhlung die mässig hohe Schicht von Nervenzellen aufnimmt. In der späteren Arbeit, aus der ich zwei bezügliche Figuren reproducire (Fig. 18, 19), habe ich dieselbe näher beschrieben und abgebildet, sowie den vom hinteren Ende des seitlichen Augenabschnittes aus- gehenden Faserzug als Muskel gedeutet. Für die beiden seitlichen Nerven wurde bemerkt, dass dieselben an der Pigmentseite ein- treten, während ich für den vorderen ventralen Augenabschnitt die Einstrahlung der Nervenfasern von der Aussenseite ähnlich wieamArgulus-Auge betonte. Ebenso wurde die Umhüllung des Gesammtauges mittelst einer bindegewebigen, kernhaltigen Mem- bran hervorgehoben und das Vorhandensein derselben mit der Trennung der drei Augenabschnitte von der Hypodermis in Ver- bindung gebracht, somit auf die Entfernung derselben aus ihrer ursprünglichen ectodermalen Lage hingewiesen. Ich kann den früheren Angaben hinzufügen, dass auch die Nervenfasern der seitlichen Augenhälften von der Peripherie aus in die Sehzellen eintreten, deren Kerne ebenfalls peripherisch liegen und dass sich die freien Enden jener dem Pigmente zu- kehren, an dessen Innenseite ich kein besonderes Stratum als Tapetum entwickelt fand. Dagegen fehlen die glänzenden Cuticular- stäbehen, die ich früher vermisste, keineswegs, wenn sie auch überaus klein sind und sich daher der Beobachtung leicht ent- ziehen. Ich muss daher meine früher ausgesprochene Meinung, dass sich die Function des medianen Auges bei Branchipus möglicherweise auf eine Empfänglichkeit für die Wärmestrahlen des Lichtes beschränke, dahin modifieiren, dass dasselbe in gleicher Weise wie bei anderen Medianaugen von gleichem Baue mit Stäbcheneinlagerung in den Enden der Nervenzellen ein für die Liehtempfindung empfängliches Richtungsauge sein dürfte. An sehr jungen Larven, deren Gewebe noch dicht mit Fett- kügelchen erfüllt und getrübt sind, liegen Medianauge und Frontal- organe in nur geringem Abstande vom Gehirn, zu dem sie als (237) 14 C. Claus: ectodermal gelagerte Abschnitte gehören. Mit dem weiteren Wachsthume rückt das Gehirn tiefer herab und die Augennerven ziehen sich strangförmig aus, der mediane Augennerv erscheint als ein ziemlich starkes Faserbündel, dessen Fibrillen in die birn- förmigen Sinneszellen einstrahlen. Dieselben nehmen sich wie uni- polare Ganglienzellen aus, so dass ich die zu dem ventralen Augen- becher gehörigen Zellenmassen als Ganglion beschreiben konnte (Apus und Branchipus, 1. c. pag. III, Fig. 8). Noch vollständiger machen die beiden Frontalorgane den Eindruck von Gehirnfortsätzen, deren birnförmige Nervenzellen sich stielartig in die zu den Vor- derlappen des Gehirns herabstrahlenden Fasern ausziehen (Fig. 17). Beide Sinnesorgane bewahren bei Branchipus die ectodermale Lage und während das ursprünglich mit denselben wohl unmittel- bar zusammengehörige, ectodermal entstandene Gehirn in die Tiefe herabrückt, heben sich die Faserbrücken, welche die Verbindung aufrecht erhalten, als Nervenstämmchen ab (Fig. 18). So erscheint das Medianauge von Branchipus, welches überhaupt nach Lage und Bau einen recht ursprünglichen Zustand wiederholen dürfte, in den jüngsten Larvenstadien überaus geeignet, unsere Vorstellung von den genetischen Beziehungen von Sinneszellen und Ganglien- zellen, von Sinnesorganen und Gangliencentren im Nervensystem, wie wir sie auf dem Gebiete der Coelenteraten gewonnen haben, auch auf dem der Gliederthiere zu erhärten. Das Medianauge dürfte ebenso wie die beiden frontalen Sinnesorgane ihrer ersten Anlage nach auf Zellengruppen der Scheitelplatte, von der aus wir nach dem gegenwärtigen Stande der wissenschaftlichen Erfahrungen die oberen Schlundganglien der Gliederthiere abzu- leiten haben, zu beziehen sein. Das Medianauge von Apus(A. cancriformis) ist besonders schön an vorgeschrittenen Jugendformen von circa 5 Mm. Körper- länge zu untersuchen und schliesst sich im feineren Bau dem Bran- chipusauge im Wesentlichen an (Taf. III, Fig. 2). Die drei Pigmentschalen des vom Frontalrande weiter abgerückten und mehr ventral gelegenen Auges sind lang gestreckt und ziemlich Hlach. Auf eine ziemlich mächtige Lage schwarzbrauner und röthlichgelber Pigmentkörner folgt, der hohen Retina zugewendet, eine helle streifige Schichte, welche als Tapetum fungiren dürfte. Die Zellen der Retina, von denen wohl nahezu hundert in jedem Augenbecher liegen, sind schlank und fast stäbchenförmig gestreckt, mit einem grossen, Nucleolus führenden Kern in der bauchig aufgetriebenen Basis (Taf. III, Fig. 3). Das dem Pig- (238) Das Medianauge der Crustaceen. 15 mente zugewandte freie Ende enthäit die Cuticularausscheidung als kurzes, aber diekes, nicht überall gleich deutlich hervortreten- des Stäbchen. Bei den beschalten Branchiopodengattungen, von denen ich Estheria (ticiniensis) und Limnetis (brachyura) habe untersuchen können, erreicht das Medianauge eine ausserordent- liche Grösse und übertrifft an Umfang die über demselben median zusammengerückten und wie bei den Cladoceren zu einem Doppelauge verbundenen Dorsalaugen, deren Ganglion, ebenso wie das Augenganglion der ÖÜladoceren!) (Daphnia, Sida, Lep- todoraete.) die von mir für Branchipus beschriebene Gliede- rung wiederholt. Wie bereits aus der seitherigen Beschreibung der Estherien bekannt ist, erscheint das Medianauge bei seitlicher Betrachtung des Thieres als grosser, dreiseitiger Pigmentfleck in dem schnabel- förmig vorspringenden, nach beiden Geschlechtern etwas verschieden gestalteten Stirnfortsatze, in welchem auch die mächtig ent- wickelten, aus zahlreichen Sinneszellen zusammengesetzten Frontal- organe ihre Lage haben. Dasselbe Bild vom Pigmentkörper des Auges bietet auch der Medianschnitt (Taf. II, Fig. 1; Taf. III, Fig. 1), doch nimmt man an demselben weiter wahr, dass die nach hinten gerichtete Spitze, in welche der ziemlich geradlinige dorsale Schenkel und der etwas convex vorgewölbte hintere, dem Gehirn (Cr) zugewendete Schenkel zusammenlaufen, durch eine fadenförmige, mit Pigmentkörnchen erfüllte Verlängerung bis zur Einstülpungsöffnung der dorsalen Augenkapsel sich fortsetzt und hier durch mehrere Ausläufer am Integumente fixirt ist. Diese letzteren sind sehnige Fäden, doch sind vielleicht unter denselben auch Muskelelemente vorhanden, durch welche das Augein der Medianebene um eine Querachse etwas gedreht werden könnte. Auch hier sind, wie die nähere Untersuchung auf Querschnitten ergibt, drei Augenbecher vorhanden, deren flache Pigmentschalen sich in der Mittellinie zusammenlegen und das Bild des dreiseitigen Pigmentfleckes ver- anlassen, zwei seitliche, zu deren Begrenzung der dorsale und hintere Schenkel gehören und eine ventrale, schräg nach vorne gerichtete Pigmentschale, durch deren Mitte der vordere Schenkel !) Der gewöhnlich als Opticus beschriebene Nerv entspricht lediglich dem Stratum der Nervenbündel. Hier sitzt das Ganglion opticum dem Gehirne unmittel- bar an, während bei Estheria und Limnetis, wie bei Branchipus ein mehr oder minder Jang gezogener Sehnerv (No) zwischen beiden auftritt. (239) 16 C. Claus: hindurchgeht. Jede Schale setzt sich aus einer äusseren pech- schwarzen Pigmentlage und einer das Innere der concaven Fläche auskleidenden viel diekeren röthlichbraunen Lage, welcher die Retinazellen anliegen, zusammen. Die erstere wird aus verhältniss- mässig grossen Kugeln (Fig. 3 e) gebildet, welche wie Perlen in doppelter Schicht aneinander gedrängt liegen, während die zweite Lage aus sehr kleinen röthlichen Pigmentpartikelchen (Fig. 8“ i) besteht, durch deren dichte Häufung die innere Lage eine verhält- nissmässig dunkle, bräunliche Färbung erhält. Die seitlichen Schalen erscheinen jede aus einer vorderen und hinteren Hälfte zusammengesetzt, so dass man an den rechts und links folgenden Sagittalschnitten den Eindruck erhält, als wenn ausser der medialen, ventralwärts gewendeten, eine vordere und hintere Pigmentschale vorhanden sei. Querschnitte (Taf. Il, Fig. 6 und 7) und Frontalschnitte (Taf. II, Fig. 4 und 5) lassen über die Richtigkeit der gegebenen Zurückführung keinen Zweifel und zeigen weiter, dass die seitlichen Augenhälften, deren Sehzellenstratum in Form eines Kugelsegmentes aus der Pigmentschale hervortritt, starke seitliche Vorwölbungen der Stirnplatte veranlassen, sowie ferner, dass das Medianaugein einem Blutsinus suspendirt ist. Da im Querschnitt, von den verjüngten Enden der Schalen abgesehen, etwa 6 bis 7, im Längsschnitt 10 bis 12 Nervenzellen liegen, so dürfte sich die Zahl derselben in jedem Augenabschnitte auf etwa 70 belaufen. Sehr schön ist der Eintritt der Nervenfibrillen und die längsstreifige Structur des Protoplasmas derselben zu beobachten. Am Vorderende der beiden mächtigen, birnförmigen Hirnhälften findet sich ein lobus- ähnlicher, an seiner unteren Fläche mit Ganglienzellen belegter Anhang (L. o.), aus welchem die drei Nerven für das mediane Auge und dem mittleren derselben angelagert, die Frontalnerven (N fr), entspringen. Die seitlichen Nerven (N’N‘) wenden sich schräg aufwärts zur Oberfläche der seitlichen Augenabschnitte, an welcher sie sich unterhalb der zarten bindegewebigen Hülle in die zu den einzelnen Sehzellen eintretenden Fibrillenzüge auflösen (Fig. 8b). Das Gleiche gilt für den medianen Nerven, von dem man an Schnitten kleine Fibrillenbündel in die kegelförmig zugespitzten Enden der Nervenzellen einstrahlen sieht. Im Innern der Zellen selbst ist die feinstreifige Structur durch die ganze Länge bis zum freien abgestutzten Endstück zu verfolgen. Dieses haftet der Pigment- schicht an, deren Begrenzungsfläche durch zwischen die Zellen sich vorschiebende, kurze Fortsätze und hier und da längere Aus- (240) Das Medianauge der Crustaceen, 17 läufer uneben erscheint, so fest an, dass dasselbe leicht von der Nervenzelle abreisst. Es ist deshalb auch schwer, sich von dem Lagenverhältniss der kurzen stiftförmigen Cuticularstäbchen genaue Rechenschaft zu geben und zu bestimmen, ob immer nur ein ein- ziges, oder, wie es den Anschein hat, zwei oder gar drei derselben zu einer Zelle gehören. Bei Limnetis, deren Kopf wie bei Daphnia frei aus den Schalenklappen vorsteht und sich in einen langen rüsselförmigen Kopf-Fortsatz auszieht, liegt das Medianauge fast unmittelbar unter dem zusammengesetzten Dorsalauge und besitzt eine verhältniss- mässig noch bedeutendere Grösse (Taf. II, Fig. 9). Im Zusammenhang mit dem etwas abweichend gestalteten Seitenabschnitte desselben zeigt der mediale Sagittalschnitt durch den Pigmentkörper eine veränderte Form der Umrisse, indem der vordere Schenkel des dreiseitigen Pigmentfleckes stark convex vorspringt, der hintere und der ventrale Schenkel aber concav ausgebuchtet sind und in einen schmalen Streifen zusammenlaufen. Die vordere Hälfte jedes Seitenabschnittes bildet einen unverhältnissmässig grossen Becher, welchen der bei weitem grössere Theil der Retinazellen ausfüllt (Fig. 10—13). Immerhin bleibt die Zahl derselben Estheria gegenüber beträchtlich zurück und dürfte, nach einer Serie von Querschnitten zu urtheilen, kaum mehr als etwa 16—20 betragen. In dem nach vorn gerichteten ventralen Becher habe ich überhaupt nur zwei Paare von Zellen nachgewiesen, von denen das vordere einen ausserordentlichen Um- fang erreicht. Ueberhaupt sind die Retinazellen von ungleicher Grösse und auch die hinteren Sehzellen des Seitenauges, von denen nur zwei Paare dem flachen hinteren Theil der Pigmentschale angehören, treten wie die des ventralen Auges durch ihren Umfang hervor. Die obere (Tz‘) und untere (Tz‘) Sehzelle des letzten Paares ragen frei aus dem Pigmente hervor (Fig. 9), so dass die der rechten und linken Augenhälfte median einander fast berühren (Fig. 15—19, T z’, T z‘‘). Auch hier ist die fibrilläre Structur des Protoplasmas und der Eintritt ber Nervenfibrillen in dasselbe ebenso schön wie bei Estheria zu verfolgen. Am Vorderende des Ge- hirns findet sich der gleiche als Lobus optieus zu unterscheidende Vorsprung, welcher die Nerven zum Medianauge, sowie die beiden sehr umfangreichen Nerven (N fr) zum frontalen Sinnesorgan entsendet. Die beiden seitlichen Nerven (N’N‘) sieht man an Sagittalschnitten zur Oberfläche der Seitenbecher emporsteigen und in die Retinazellen einstrahlen, und vermag dieselben an Querschnitten von Schnitt zu Schnitt an der hinteren Grenze des Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc, Tom. IX, Heft 3. 16 @41) 18 C. Claus: Auges mit dorsal aufsteigenden Fibrillenbündeln zu verfolgen (Fig. 12—19, N'’N’). | Das Pigment schliesst sich in seinem Verhalten an das be- schriebene des Estheriaauges an; doch sind die schwarzen Pig- mentkugeln von geringerer Grösse und die Pigmentpartikelchen der inneren viel dickeren Lage (Fig. 9 und 10, @ p) von schwefelgelber Färbung. Diese Lage scheint ihrer Bedeutung nach einem Tapetum zu entsprechen. Cutieulare Stäbchen von Stiftform habe ich nicht nachweisen können, dagegen unmittelbar an der Grenze des gelben Tapetums und der Retinazellen in den letzteren mattglänzende Körperchen von geringer Grösse beobachtet, welche vielleicht die gleiche Bedeutung haben und den glänzenden Kügelchen im Auge der Daphniden entsprechen möchten. 3. Cladoceren (Taf. III, Fig. 4—6). Vondem Medianaugeder Daphnidenistbereits bekannt, dass dasselbe nach Gestalt und Grösse in den einzelnen Gattungen be- deutende Abweichungen zeigt und unter mannigfachen Reductionen schliesslich vollkommen verschwinden kann. Am genauesten dürfte das Auge bislang für Daphnia pulex (magna) und similis dargestellt worden sein. Leydig unterschied an demselben be- reits eine kleeblattartige Hirnportion, welche deutlich aus meh- reren geschwänzten Zellen (oder bipolaren Ganglienkugeln) bestehe und beschrieb in dem Pigmentfleck eingepflanzte, stark lichtbrechende Körperchen, „welche sehr an die Krystallkugel des wirklichen Auges erinnern“. Ich habe später an dem in der Profillage drei- blätterig erscheinenden Organe drei Nerven und denselben ent- sprechend eine ventrale und zwei seitliche Abschnitte unterschieden und dieselben den drei Abschnitten des Cyclops- und Cypris- auges gleichgesetzt. Ebenso habe ich Leydig’s Darstellung be- züglich des vom Nebenauge an die Haut abgehenden Nerven, der zum Beweise der nervösen Unterlage als Hirnportion dienen sollte, dahin richtig gestellt, dass derselbe den Frontalnerven entspricht und dem Auge nur anliegt (l. c. pag. 374). Gleichwohl war mir die Deutung der Theile nicht vollständig geglückt und ich glaube nach nochmaliger Untersuchung und unter Hilfenahme von Quer- und Längsschnitten eine zutreffendere Beurtheilung der Augentheile von Daphnia pulex = magna geben zu können. Der in der Seitenlage des Thieres nach hinten und unten gekehrte (242) Das Medianauge der COrustaceen. 19 Lappen, welcher mit knieförmig gebeugtem Stiel vom Gehirn ent- springt, ist nicht der mediane Augenabschnitt, wie ich früher ver- meinte, sondern der dem Beobachter zugewendete seitliche Abschnitt, der Stiel desselben einer der beiden seitlichen Augennerven, der an der medialen Ecke jedes Vorderhirnlappens entspringt. Der in Leydig’s Abbildung (Leydig, l. c. Taf. I, Fig. 6) als Stiel bezeichnete Theil, durch den das Ganglion mit dem Gehirn ver- bunden sei, welcher von mir (Claus, l.c. Taf. XXVI, Fig. 8, 9) als der paarige Nerv gedeutet wurde (Taf. III, Fig. 4 St), ent- sprichtt dem Mediannerven und den beiden zum Frontalorgan tretenden Nerven, in welch letzteren je ein Kern eingelagert ist (vergl. die Nerven des Frontalorgans der Halocypriden). Der von mir früher als vorderer, vierter oder accessorischer Lappen bezeichnete Theil, von dessen Spitze Leydig den Nerven zur Haut (Frontalnerven) treten lässt, ist die nach vorne (V A) gerichtete Retina des unpaaren ventralen Bechers, zu welchem der den Frontalnerven angelagerte unpaare Stiel gehört. Die von Leydig als Ganglienzellen bezeichneten Zellen sind die Retina- zellen, in welche die vom Gehirn abgehenden Nerven (N’ N’), als winklig oder knieförmig gebogene Stiele, von der äusseren dem Pigmente abgewendeten Seite eintreten. Der Eintritt des medianen Nervenstieles in den medianen Augenabschnitt entzieht sich der Beobachtung, doch kann kein Zweifel darüber obwalten, dass die Nervenfasern von der Aussenseite in die Zellen der Retina übergehen. In jedem Augenbecher sind nicht zwei, wie ich früher glaubte und wie auch Leydig darstellt, sondern vier Sehzellen enthalten, wovon man sich an sagittalen (Fig. 4) und Querschnitten (Fig. 5 und 6) überzeugt. Im lebenden Zustand gewahrt man oft einzelne stark glänzende Kügelchen im Innern der Sehzellen an der Pigmentseite. Es sind dieselben Gebilde, welcher Leydig als krystallkegelartige Gebilde Erwähnung that und von denen ich bemerkte, dass sie aus dem Pigmentfleck in die Substanz der Nerven- zellen hineinragten. Ob es sich um Fettkügelehen oder um cuti- culare Ausscheidungen handelt, wage ich nicht zu bestimmen. Der Umstand, dass ich dieselben an gefärbten Schnittpräparaten nicht erhalten fand, dürfte für die erstere Deutung sprechen, während andererseits das Vorkommen ähnlicher an Schnitten erhaltener Körperchen in den Retinazellen des Limnetisauges die zweite Auffassung unterstützt. 16* (243) 20 C. Claus: 4. Arguliden (Taf. III, Fig. 7—10). Das grosse Medianauge von Argulus foliaceus, welches von Leydig und später von mir beschrieben wurde, schliesst sich in seiner, wenn auch mehr abgeflachten Gestalt, sowie in der feineren Structur dem Branchiopodenauge an. Ich kann der Kürze halber auf die in meiner Argulusschrift gegebene Darstel- lung, aus der ich die Fig. 7, Taf. III, reproducirt habe, hinweisen, zumal dieselbe auch von Leydig in seiner neueren Arbeit be- bestätigt wurde; jedoch habe ich nunmehr die Deutung dahin zu modificiren, dass die breiten, Nervenstäben verglichenen Fasern mit zwischen eingelagerten Kernen oder, nach Leydig’s Be- schreibung, dreifächerig gestellten Streifen mit hellen Kernen die Retinazellen sind, an deren Aussenseite die Nervenfibrillen eintreten, während die nach dem Pigmente zugekehrten Enden, wie ich hinzufügen kann, kurze, glänzende Stäbchen enthalten. Merkwürdigerweise hat Leydig, obwohl er das Vorhandensein der beiden seitlichen Nerven constatirt, den dritten, in den vorderen Augenabschnitt eintretenden Nerven als solchen nicht anerkannt, indem er an jenem nur die Verbindung mit dem Neurilemm der oberen Hirnanschwellung nachzuweisen vermochte und diese Verbindung als Anheftungsband deutete. Ich darf über die Haltlosigkeit dieser in einem negativen Befunde begründeten Ausstellung an meiner früheren Darstellung hinwegschreiten, da ich die letztere an Schnittpräparaten (Taf. III, Fig. 8—10) verifieiren konnte; überdies im Hinblick auf die vergleichenden Befunde, insbesondere des Branchiopodenauges, kein weiterer Zweifel besteht. In gleicher Weise haben sich meine Angaben über die Bildung des Pigmentkörpers als richtig erwiesen, nicht nur über die Zu- sammensetzung jedes Pigmentbechers aus zwei Seitenhälften, sondern bezüglich des Vorhandenseins eines inneren, als Tapetum fungirenden Pigmentstratums, welches bei auffallendem Licht einen goldglänzenden Reflex erzeuge. Obwohl Leydig schon in seiner ersten Mittheilung ausser dem rubinrothen, dunklen Pigment ein gelblichweiss glänzendes, den silbernen Pigmentflecken in der Fisch- haut vergleichbares Pigment unterscheidet und dasselbe vollkommen richtig aus bläulich schillernden Körperchen bestehen lässt, hat er der Bedeutung desselben als Tapetum auch in seiner zweiten Arbeit mit keinem Worte Erwähnung gethan, wohl weil er noch (244) Das Medianauge der Crustaceen. 2l immer in der Beurtheilung der drei Lappen !) als „gangliös“ be- fangen war. Wenn derselbe Autor nun doch in seiner jüngsten Arbeit?) über Argulas (pag. 19) den dreilappigen Hirnanhang als „Stirnauge“ bezeichnet und sich zu der Vorstellung bekennt, in dem- selben „ebensoviel Verwandtschaftliches zu einer Gruppe von pig- mentirten Becherorganen wie zu einem Auge“ zu erkennen, so war ihm bei dem Versuche, die letztere Deutung zu prüfen, wiederum der Umstand hinderlich, dass er, anstatt dass Stemma zur Vergleichung zu wählen, das zusammengesetzte Auge heranzog und den durch förmliche Spaltlinien zertheilten Inhalt der hellen, gangliösen Masse, die Nervenzellen, nicht mit den Stäbchen führenden Sehzellen des Punktauges in gleiche Linie stellte, sondern sich durch dieselben an die strahligen Bildungen im zusammengesetzten Auge erinnern liess. Natürlich musste er den weiten Abstand von der Structar der letzteren sogleich ein- räumen und bemerken, „dass nichts von eigentlichen Nervenstäben und Krystallkegeln zu erblicken* und ihm „die eigentliche Zu- sammensetzung des in Rede stehenden Organs nicht ganz klar geworden“ sei. Besonders lehrreich sind auch etwas schräg geführte Schnitte durch das Vorderhirn und den medianen Augenbecher, auf welchen man das enge mosaikartige Netz der Endabschnitte der Sehzellen zum Theil mit den Einlagerungen ihrer Stäbehen, sowie die drei Nervenursprünge am Gehirn im Querschnitt getroffen findet (Fig.10N,N’N‘). 5. Copepoden (Taf. III, Fig. 14—16, Taf. IV). Nachdem ich bereits für zahlreiche freilebende Copepoden die schon von Dana beobachtete Dreitheiligkeit des Copepoden- auges der herkömmlichen Anschauung von dem x-förmigen Pigment- fleck des Cyclopsauges gegenüber dargethan und auch die ab- sonderlichen Augenformen der Corycaeiden auf die drei von ein- ander getrennten und theilweise höher differenzirten Augenabschnitte (Frei lebende Copepoden, ]. c. pag. 46), „die paarigen und das mediane ‘) Die schwache Einkerbung, welche Leydig an den hinteren Lappen des Larvenstadiums als Besonderheit beschreibt, entspricht lediglich der Grenze des sich stärker abhebenden Eintrittsnerven, der „dicklichen Spange“, welche den vom Gehirn entspringenden Nerven darstellt. ?) Fr. Leydig, Ueber Argulus foliaceus. Archiv f. mikrosk. Anatomie, 1889. (245) 22 0. Claus: AugederSapphirinen aufauseinandergerückte Theile des Cyelops- Auges“ (]l. c. pag. 49), zurückgeführt hatte, wurde ein wesentlicher Fortschritt für das Verständniss dieser Augenbildungen durch die Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden von Gre- nacher begründet, welcher auch den Augen von Calanella, Sapphirina undCopilia seine Aufmerksamkeit zugewendet hatte und über das Verhalten des Nervenendapparates, insbesondere über Lage und Zahl der Retinazellen näheren Aufschluss gab. Für Calanella vermag ich die Angaben Grenacher’s über Zahl und Lage der Retinazellen nach Untersuchungen an Schnitt- serien von wohlerhaltenen Weinsteinpräparaten als vollkommen zutreffend zu bestätigen. Auch an den bisher nicht näher auf den feineren Bau untersuchten Copepodenaugen, die eine ausserordent- liche Fülle von seinerzeit bereits beschriebenen Formverschieden- heiten bieten, scheint die Zahl der Retinaelemente eine geringe zu sein. Doch ist dieselbe meist schwieriger als in dem schönen Calanellaauge festzustellen. In den Augen von Diaptomus castor (Fig.1, a,b, c), welche ich nach dieser Richtung unter- suchte, beobachtet man auf Schnitten in der Peripherie „des licht- brechenden Körpers“ eines jeden Bechers rundliche Kerne, über welchen noch einzelne spindelförmige kleinere Kerne der binde- gewebigen Hülle liegen. Jene gehören zu den Sehzellen, die in den von einer dünnen, aber festen Pigmentkapsel gebildeten Becher hineinragen. Obwohl ich eine Reihe theils frontaler, theils trans- versaler Schnittserien vergleichen konnte, gelang es mir nicht, die Zahl dieser durch ihr zart fibrilläres Plasma ausgezeichneten Seh- zellen mit Sicherheit zu bestimmen. Ich glaubte anfangs nur sechs Kerne nachweisen zu können, bin aber später zu der Meinung ge- langt, dass die Zahl der Zellen doch eine noch grössere sein dürfte. Zu den Sehzellen gehören langgestreckte glänzende Stäbchen, welche an manchen Schnitten zu je drei nach einem Punkte zu convergiren schienen (Fig. 1, b) und auf wieder anderen Schnitten in mir die Vorstellung erweckten, als ob ihre dreizackigen Enden den Zellen kappenförmig aufsitzen möchten (Fig. 1, c). Im Detail bedürfen meine Befunde über den feineren Bau des Diaptomus- auges noch weitere Ergänzungen, wenn durch dieselben auch im Allgemeinen die Uebereinstimmung mit dem Calanellaauge, sowie ferner das Vorhandensein von eutieularen Stäbchen constatirt werden konnte. Es würde eine zwar schwierige, aber gewiss recht lohnende Aufgabe sein, die so mannigfaltigen Augenformen der Copepoden aufihre Besonderheiten in Zahl und Anordnung ihrer Elemente und (246) Das Medianauge der Crustaceen, 23 das Verhältniss der Sehzellen zum Pigmentkörper einer eingehen- den Untersuchung zu unterwerfen. Ein besonderes Interesse beanspruchen die Augen der Gory- caeiden, deren Medianauge sich in zwei Seitenaugen und ein medianes Bläschen gesondert hat. Die Pigmentbecher der Seiten- augen sind schlauchförmig ausgezogen mit nach hinten gerichteten oder winklig nach der Medianebene (Öopilia) gebogenem Blind- ende. In seiner vorderen Erweiterung nimmt der rothtingirte Pigmentschlauch eine Secretlinse auf, vor welcher das Integument entweder in weitem Abstand am Stirnrand (Corycaeus, Copilia), oder minder weit entfernt an der Bauchseite (Sapphirina OÖ) eine Cornealinse erzeugt hat. Nahe der vorderen Erweiterung tritt der Sehnerv von der Medialseite des Pigmentschlauches in die aus nur drei Sehzellen bestehende Retina ein, deren grosse Kerne in gleicher Weise wie die durch die Länge des Pigmentschlauches sich erstreckenden drei glänzenden Cuticularstäbe von Grenacher genau beschrieben und abgebildet wurden. Querschnitte (Sapphi- rina) geben ein leichtes und sicheres Hilfsmittel an die Hand, um die Dreizahl der zu den drei Sehzellen gehörigen Cuticularstäbe zu bestätigen. Wenn wir somit sowohl nach dem Baue als nach der Lage an der Ventralseite des Körpers nicht im Zweifel sein können, die drei Augen von Sapphirina, Corycaeus und Copilia dem Median- auge gleichzusetzen, so fragt es sich, ob die gleiche Deutung auch für das complicirte Auge der Pontelliden zutrifft. Während R. Leuckart!) die grossen, mit Linsen versehenen Seitenaugen als selbständige paarige Sehorgane, dagegen die ventrale Augen- kugel von Anomalocera als Aequivalent des Cyelopsauges an- sah, eine Auffassung, der auch ich ?2) mich anfangs anschloss, fand ich mich später (Freilebende Copepoden, pag. 46), nachdem ich mit den Complicationen im Baue des Medianauges von Temora, Dias und anderen Calaniden bekannt geworden war, zu der Erwägung gedrängt, ob nicht auch die seitlichen Augen der Pontelliden ur- sprünglich als Theile des Medianauges zu betrachten sein möchten. Für das Corycaeidenauge erscheint nun diese Auffassung in der That sichergestellt, für das Pontellidenauge wird sie jedoch auf Grund meiner neueren Beobachtungen zurückzuweisen sein. Die seitlichen Augen dieser Copepodengruppe gehören der Dorsal- !) R, Leuc kart, Carcinolog. Arch. f. Naturgesch. 1859, pag. 260. ?) C. Claus, Ueber das Auge der Sapphirinen und Pontellen. Müller’s Arch, 1859. (247) 24 C. Claus: seite an, an welcher sie sogar wie die zusammengesetzten Augen der Cladoceren und der seitlich comprimirten, beschalten Branchiopoden, wie Limnadia und Estheria, zu einem grossen, beweglichen mittleren Auge verschmolzen sein können (Pontella Üls.). Der Beweis für die Richtigkeit dieser Deutung liegt zunächst in der Dreitheiligkeit des in einen kugeligen Vorsprung des Integuments hineingerückten Ventralauges, welches ähnlich wie an der Rückenseite das paarige Stielauge von Branchipus und der Podophthalmen gewissermassen zu einem unpaaren ventralen Stielauge geworden ist. Die im Weingeist conservirten Pontelliden, welche ich zur Zeit untersuchen konnte, waren leider nicht so gut erhalten, dass eine erschöpfende Darstellung des feineren Baues möglich gewesen wäre, immerhin aber reichten sie noch zu dem Nachweise aus, dass das ventrale Stielauge aus einem mittleren und zwei seitlichen Abschnitten zusammengesetztist (Fig. 4und5) und somit dem Median- auge mit seinen drei Pigmentbechern und Retinae entspricht. Bei Pontellina mediterranea, welche auch in der Adria heimisch ist, findet sich die zum Stielauge gehörige Cornealinse vor dem- ‚selben, durch die angeschwollene glashelle Cuticularsubstanz an beiden Lamellen der Schnabelbasis erzeugt (Fig. 2, 3). Im Stielauge selbst liegen die halbkugeligen Pigmentbecher so ziemlich in einer Ebene, da der mittlere Becher ventralwärts kaum merklich vor- springt, und sind mit der concaven, die Retinazellen enthaltenden Wand nach vorn der Rostrallinse zugekehrt. So findet man denn auch auf Transversalschnitten sowohl, wie auf Querschnitten die zu den Retinazellen gehörigen grossen Kerne, an dieser Seite (Fig. 4, K) dagegen die cuticularen Stäbe der Pigmentwand an- gelagert. Es besteht also ein ähnliches Verhältniss wie bei den langen seitlichen Pigmentschläuchen der Corycaeiden, die frei- lich noch eine separate Secretlinse enthalten. Der mittlere der drei Augenabschnitte erscheint im Stielauge von Pontellina und überhaupt der Pontelliden kaum abweichend gebaut. Bemerkens- werth sind die Sexualdifferenzen des Auges. Im männlichen Geschlecht findet sich auch in der Vorderwand der Augenkugel eine selbst- ständige Cuticularlinse, durch welche die Wirkung der aus zwei Hälften zusammengesetzten Rostrallinse verstärkt wird. Im weiblichen Geschlechte habe ich die Linse der Augenkugel vermisst. Ich will hinzufügen, dass auch das dorsale Augenpaar von Pontellina!) !) Die Gattung in der von mir gegebenen Charakterisirang begrenzt. (248) Das Medianauge der Crustaceen. 25 nach beiden Geschlechtern insofern verschieden ist, als die Linse des Männchens und zugleich das hinter derselben gelegene Auge einen viel bedeutenderen Umfang besitzt und der vordere Kopf- theil stärker aufgetrieben erscheint. Ebenso schön, und zwar schon an aufgehellten Weingeist- exemplaren, deren Pigment bei der längeren Conservirung in Al- kohol aufgelöst ist, werden die drei Abschnitte des Medianauges an der AugenkugelvonAnomalocera(Irenaeus) Pattersonii, einer sowohl in der Nordsee als im Mittelmeere und der Adria weit verbreiteten Pontellide, nachgewiesen (Fig. 11, 12, 13, 14). Auch hier kehrt die gleiche Sexualdifferenz, und zwar in bedeutend ver- stärktem Maasse, wieder, insoferne die viel umfangreichere, wie ge- stielte Augenkugel des Männchens eine unverhältnissmässig grosse, schon von R. Leuckart erkannte Linse besitzt, welche dem viel kleineren und als rundliche Auftreibung vorragenden Auge des Weibchens (Fig. 10) völlig abgeht. Dafür scheint das Weibchen eine wenn auch schwache glänzende Cuticularverdickung an der Basis des Rostrums zu besitzen, die vielleicht als Linse wirkt. In dem Bau des dorsalen Auges verhalten sich dagegen beide Ge- schlechter von Anomalocera im Gegensatze zu Pontellina übereinstimmend. Von der feineren Structur, die an gut conservirten Objecten auf Schnitten gewiss genau zu bestimmen sein wird, war an den mir zur Zeit zu Gebote stehenden Objecten wenigstens das Wesentlichste mit Sicherheit zu erkennen möglich. In der linsenlosen Augenkugel des Weibchens, welche schon bei der Betrachtung des Thieres von der Bauchseite sich im Quer- schnitt als abgerundet dreiseitig darstellt, enthält jeder Augen- becher zwei grosse Zellen, deren Kerne auf Querschnitten in bestimmter Lage der Bauchseite zugewendet nachzuweisen sind (Fig. 13). Auch die drei Nerven (N N‘) werden an der hinteren, dem Gehirne zugewendeten Seite erkannt. Die Pigmentbecher sind nach der Rückenseite hin geschlossen und ventralwärts weit ge- öffnet (Fig. 14). Auch an der viel umfangreicheren und lang- gestielten Augenkugel des Männchens (Fig. 12) tritt in der Tiefe unterhalb der mächtigen Linse der dreitheilige dunkle Pigment- körper hervor; soweit ich hier ohne Querschnitte bestimmen konnte, haben die Kerne der zu jedem Pigmentkörper gehörigen Zellen eine nach vorn, der Linse zu gewendete Lage. Cuticulare Stäbe, die ich im Medianauge von Pontellina beobachtete, gelang es nicht in dem Auge von Anomalocera nachzuweisen, indessen (249) 26 C. Claus: zweifle ich nicht daran, dass dieselben auch hier vorhanden sind und nur in Folge der ungenügenden Conservirung an den so lange Zeit im Weingeist aufbewahrten Exemplaren nicht mehr erkenn- bar waren. | Das Dorsalauge der Pontelliden muss demnach eine von dem Medianauge ganz verschiedene Bildung sein und wird nicht, wie es mir schien, mit den beiden seitlichen Augen der Corycaeiden, sondern mit dem zusammengesetzten Facettenauge der Arthropoden homolog zu stellen sein. Wir haben also die in- teressante Thatsache zu constatiren, dass auch unter den Cope- poden das bei den Phyliopoden und auch Cirripedien schon so hoch entwickelte zusammengesetzte Augenpaar vertreten ist. Es fragt sich aber, ob dasselbe bei den Pontelliden bereits den typischen, auf Retinulae und Rhabdome sowie denselben ent- sprechende Krystallkegel, eventuell Corneafacetten zurückführbaren Bau wiederholt oder eine einfachere und mit den Augenbechern des Medianauges verwandte Gestaltung zeigt, welche ja auch schon in seinen seitlichen Abschnitten bei den Corycaeiden einen Krystall- kegel (Secretlinse) und eine Cornealinse besitzen kann. Die That- sache, dass bei Pontellina und Pontella je eine einzige, bei Anomalocera je zwei Cornealinsen vorhanden sind, würde im ersteren Falle erwarten lassen, dass unterhalb derselben nur eine einzige, bei Anomalocera aber je zwei Retinulae anzutreffen wären. Nun zeigt aber die nähere Untersuchung, soweit ich dieselbe an den nicht gerade gut conservirten Exemplaren von Pontellina und Anomalocera ausführen konnte, dass dem nicht so ist, dass vielmehr im ersteren Falle je vier, und zwar ungleich grosse Retina- körper, im zweiten Falle je drei vorhanden sind, dass also die Zahl der letzteren nicht der Zahl der Cornealinsen entspricht, und dass ferner diese Retinakörper nicht fertige Retinulae mit Rhabdomen sind, sondern von Pigmentbechern umschlossene Gruppen von je zwei Retinazellen darstellen, welche sich denen des Median- auges sehr ähnlich verhalten. Bei Anomalocera tritt die Dreitheiligkeit des inneren Auges schon am Pigmentkörper hervor, wenn man das lebende Thier vom Rücken aus unter schwacher Vergrösserung betrachtet (Fig. 15). Die Untersuchung von Exemplaren, deren Pigment in Weingeist völlig extrahirt worden war, zeigte, dass jeder der drei Becher zwei Nervenzellen enthält, von denen die medianwärts vorspringende Gruppe den beiden den Üornealinsen genäherten Zellengruppen gegenüber etwas höher am Rücken liegt. Die zu denselben gehörigen (250) Das Medianauge der Crustaceen. 27 Nervenbündel treten, vom vorderen Dorsalende des Gehirnlappens aufsteigend, medialwärts zu den Pigmentbechern in die Nervenzellen ein, in deren Innerem Cuticularstäbehen nicht mehr nachweisbar waren. Die beiden früher von mir nach Untersuchung lebender Thiere als Krystallkegel bezeichneten Gebilde scheinen zwei ziem- lich flüssigen und schwach brechenden vor dem Pigmentkörper gelegenen Secretlinsen zu entsprechen, welche durch zarte Binde- gewebsfasern zusammengehalten und mittelst eines quergestreiften Muskels (M) zwischen beiden Cornealinsen am Integumente be- festigt werden (Taf. IV, Fig. 16). Bei Pontellina mediterranea fanden sich unterhalb der grossen Linse jedes Dorsalauges vier Pigmentbecher, zwei ungleich grosse mediale (x, «‘) und zwei gleich grosse laterale (%, &°), die sämmtlich ihre geöffnete Seite der Linse zuwenden. Von den beiden medialen, höher dorsalwärts gelegenen Bechern ist der vor- dere der grössere (Fig. 9, 10, Abx). Jeder Augenbecher enthält einen Retinakörper von zwei gleich grossen Zellen, deren zwei Kerne auf Schnitten deutlich hervortreten (Fig. 6, 7,9,k). Die cuticularen Stäbe waren in Folge der angewandten Färbemittel (Boraxcarmin, Hämatoxylin) intensiv tingirt und nicht gerade gestreckt, sondern gekrümmt und an ihrem verdickten Ende paar- weise verbunden. An einer zweiten nicht bestimmbaren Pontellinaart konnte ich einen im Wesentlichen übereinstimmenden Augenbau constatiren, doch lagen die grossen Linsen der Ssitenaugen der Medianebene weit näher gerückt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich bei näherer Verfolgung noch vielfache‘ Modificationen im Bau des Auges herausstellen werden, welche in Verbindung mit Besonder- heiten des Gliedmassen-Baues zur Aufstellung einer grösseren Zahl von Gattungen Veranlassung geben dürften. Es ist hier nicht der Ort, auf das vom Medianauge verschie- dene dorsale Augenpaar der Pontelliden näher einzugehen. Ich hoffe später bei Gelegenheit einer systematischen Behandlung der noch sehr unzureichend gekannten Pontelliden auf das Auge derselben zurückzukommen und den Bau desselben an einem reichhaltigern, besser conservirten Materiale vollständiger dar- stellen zu können. Höchst bemerkenswerth ist das bisher wenig beachtete Auge der merkwürdigen, ihrer Stellung nach bislang keineswegs aus- reichend aufgeklärten Gattung Monstrilla. Dasselbe besteht aus . drei ausserordentlich grossen, in der Medianlinie zur Berührung (251) 28 C. Claus: verbundenen kugeligen Augenbechern, zwei dorsalen und einem ventralen. Die Oeffnungen jener sind nach rechts und links ge- wendet, während die des ventralen Bechers nach vorn gerichtet und durch Muskelbewegung nach hinten und bauchwärts verschiebbar ist (Taf. III, Fig. 14—16). Da das Medianauge den vordersten Theil des Kopfvorsprungs ganz erfüllt, fungirt dasselbe sowohl als Dorsal- auge wie als Ventralauge, jenes den von rechts und links an der Dorsalseite einfallenden Lichtstrahlen zugängig, dieses ventral- wärts der Richtungsbestimmung nach vorne angepasst. Alle drei Augen sitzen unmittelbar dem Gehirne auf, so dass man die drei kurzen zu denselben tretenden Nerven nicht wahrnimmt. Beide, Geschlechter sind, soweit ich nach in Helgoland und Triest beob- achteten Monstrillen schliessen darf, im Bau der Augen nicht verschieden. Auch die Männchen, welche nach Ed. Claparede's irr- thümlicher Angabe des Auges entbehren sollen, besitzen das gleiche grosse dreitheilige Medianauge. Es wird späteren Untersuchungen vorbehalten sein, die Structur dieses grossen Stirnauges sowohl an lebenden als an zweckmässig conservirten Objecten festzustellen und nachzuweisen, inwieweit dieselbe von der des Diaptomus- auges verschieden ist. Cirripedien (Taf. III, Fig. 11—13). Das Medianauge der Nauplius- und Metanaupliuslarven der Cirripedien wurde bisher entweder als einfach oder als zweitheilig beschrieben und abgebildet. Doch scheint demselben bislang nicht diejenige Aufmerksamkeit zugewendet worden zu sein, die erfor- derlich ist, um den nicht so unmittelbar und deutlich hervor- tretenden dritten ventralen Pigmentabschnitt nachzuweisen. Die Untersuchung einer Larve, welche der von Willemoes-Suhm beschriebenen und in der bekannten Arbeit über Cirripedien- larven (Taf. XI) abgebildeten Larve von Lepas fascicularis nahe verwandt ist, liess mich den ventralen, unter den beiden zu einem fast cubischen Pigmentkörper zusammengedrängten Seiten- augen versteckten medianen Augenbecher mit seiner lichtbrechenden Einlagerung nachweisen (Fig. 11, MA). Es besteht also wie von vornherein zu erwarten war, eine Uebereinstimmung in dem Bau des Auges der Cirripedienlarven mit dem des Naupliusauges der Copepoden und der übrigen Entomostraken. Auch das Medianauge des Cirripediennauplius ist dreitheilig, wenn auch der ventrale unpaare Abschnitt minder deutlich hervortritt. (252) Das Medianauge der Crustaceen. 29 Mit der weiteren Entwicklung der Larve bildet sich bekannt- lich auch die Anlage des zusammengesetzten Augenpaares, und an den älteren als Metanauplius zu bezeichnenden Formen !), welche bereits die sechs Gliedmassenpaare des späteren Cirripeds unter dem Integument erkennen lassen, treten die Pigment erfüllten Seitenaugen mit ihren nach aussen gewendeten Krystall- kegeln vor dem kleineren Medianauge an Umfang bereits bedeutend hervor. In dem folgenden, sogenannten Cyprisstadium ist das grosse kegelförmige, mit einer geringen Zahl (10—12) von ver- schieden grossen Krystallkegeln (und demgemäss wohl auch vom Pigment umhüllten Retinulae) ausgestattete Seitenauge ?) in voller Function und in beständiger vibrirender Bewegung. Aber auch das Medianauge hat sich erhalten und zu ansehnlicher Grösse und im Vergleiche zu der Naupliuslarve in etwas veränderten Form ent- wickelt. Wie ich schon in der früheren Abhandlung ausführte (]. c. Fig. 6), „liegt dasselbe unmittelbar vor dem Doppelganglion des Gehirns in einem unpaaren Gehirnanhang, der sich nach vorn in einen Nerven verlängert. In der Seitenlage des Thieres hat dieser Augenfleck eine fast ellipsoidische Gestalt, von der Rücken- und Bauchfläche aus betrachtet erscheint er sehr schmal und seitlich comprimirt“. Die nähere mittelst stärkerer Vergrösserung ausge- führte Untersuchung des Medianauges an ziemlich gut erhaltenen Exemplaren derselben bislang nicht näher bestimmten Larvenform zeigte mir, dass der unpaare Gehirnanhang dasselbe bedeutet wie Leydig’s kleeblattförmiger Hirnanhang von Argulus und den Augennerven nebst der Retinaschicht in der Peripherie des Pigment- körpers entspricht. Von dem Vorhandensein eines dritten ventralen Augenabschnitts konnte ich mich nicht überzeugen. Die beiden seitlichen Hälften des Pigmentkörpers sind flache Pigmentscheiben, deren Pigment im Centrum ausserordentlich spärlich geworden ist. Denselben liegen nach der freien Seitenfläche die in Reihen an- geordneten nicht sehr hohen Zellen der Retina auf. Die grossen Kernblasen dieser Zellen liegen mehr peripherisch der zarten bindegewebigen Umhüliung genähert und enthalten je einen grossen ventralen Nucleus (Fig. 12a). In der Seitenlage des Auges er- !) GC, Claus, Untersuchungen zur Erforschung etc. des Crustaceensystems. Wien 1876, Taf. XVI, Fig. ]. 2) C. Claus, Die Cypris-ähnliche Larve (Puppe) der Cirripedien und ibre Verwandlung in das festsitzende Thier ete. Marburg 1869, pag. 8, Taf.I, Fig.5. (253) 30 C. Claus: scheint die Pigmentscheibe von ovaler, vorn etwas verjüngter Form (Fig. 12b). Die Retinaschicht eines jeden Bechers enthält in der Tiefe dem Pigmente zugewendet zwei Gruppen von je drei dicht aneinander liegenden, stark lichtbrechenden Stäben, welche an die drei glänzenden Cutieularstäbe im Auge der Corycaeiden erinnern und auch in derselben Weise als Cutieularausscheidungen von Sehzellen zu deuten sind (Fig. 12 e). Während bekanntlich die grossen zusammengesetzten Seiten- augen beim Uebergang in das festsitzende Cirriped zugleich mit der Abstreifung der zweiklappigen Larvenschale abgeworfen werden, persistirt das Medianauge in dem noch zu bedeutender Grösse heran- wachsenden Geschlechtsthiere. Diese zuerst von Leidy!) für Balanus und bald nachher von Darwin?) für Lepas con- statirte Thatsache gibt zu der Frage Anlass, ob das Auge im adulten Thiere seiner Form und Structur nach unverändert geblieben ist und noch als lichtempfindendes Organ fungirt oder mehr oder minder rückgebildet nur noch als functionsloses Rudi- ment erhalten ist. Die bisherigen Beobachtungen scheinen für die erstere Fassung zu sprechen. Schon Darwin beschreibt für das aus zwei seitlichen Pigmentbechern zusammengesetzte Auge von Lepas fascicularis zwei Nerven, welche von den beiden Gehirnlappen entspringen, in ihrem Verlaufe je ein kleines, ovales Ganglion bilden und unter rechtem Winkel in die beiden Augenhälften eintreten, an deren gegen die Ganglien gewendeten Enden zwei Linsen unterschieden werden. In neuerer Zeit haben P.P.C. Hoek und M. Nussbaum die Augen erwachsener Lepaden untersucht und detaillirtere Beobachtungen über das Verhalten der Nerven und Ganglien veröffentlicht. Hoek°) hat sowohl für Lepas fascicularis, als insbesondere für Lepas anatifera die Lage des Auges und seiner Nerven genau keschrieben und von dem feineren Bau eine sorgfältig ausgeführte Abbildung (Fig. 9) mitgetheilt. Nach diesem Autor sollen zu dem einfachen, länglich ovalen Pigmentkörper des Auges zwei stärkere seitliche und zwei schwächere mediale Nerven treten und zuvor in ihrem Verlaufe !) Proceedings of the Academy of Natural Sciences. Philadelphia. Jan. 1848, Nr. 1, VolLgEW ?) Darwin, Monograph of the Cirriped. Lepadidae. 1851, pag. 48. ®)P,P.C.Hoek, Report ofthe Cirrepedia etc. The voyage of H.M.S. Challenger. 1884, pag! 38, Taf. VI, Fig.7,8,9. (254) | Das Medianauge der Crustaceen. al gangliöse Anschwellungen bilden. Die schwächeren medialen sollen in ihrer Anschwellung je eine Ganglienzelle enthalten und median zum Augenfleck treten, die stärkeren seitlichen Nerven sollen je zwei längliche Ganglienzellen und auch noch an ihrer seitlichen Verbindung mit dem Augenfleck eine zweite Anschwellung erzeugen und in derselben eine Ganglienzelle ein- schliessen. Das Vorhandensein zweier Linsen konnte Hoek nicht bestätigen. M. Nussbaum!) weicht in seiner Darstellung des Auges von Lepas Hillii darin ab, dass er die medialen Nerven als Drüsennerven bezeichnet und nur die beiden stärkeren, lateralen Nerven auf das aus einer rechten und linken Hälfte zusammen- gesetzte Auge bezieht. Die Anschwellung, unter welcher sich der Nerv mit dem Pigmentabschnitte verbindet, soll aus zwei Ganglienzellen der Retina bestehen und in jeder dieser Ganglien- zellen drei stärker gebräunte Körper eingeschlossen liegen, welche Theilen einer Linse entsprächen. Bevor ich das Auge der ausgewachsenen Lepaden selbst untersucht hatte, war ich geneigt, die von Hoek gegebene Beschreibung und Abbildung (l. c. Fig. 9) in dem Sinne zu deuten, dass ich die beiden grösseren, lateralen Nerven auf die seitlichen Augenabschnitte und deren Anschwellungen an jeder Seite des Pigments auf die zugehörigen Retinazellen zu beziehen, dagegen die dicht nebeneinander laufenden, schwachen Medialnerven als einem Ventralabschnitt des Auges zugehörig zu deuten. Nachdem ich dann zahlreiche wohlerhaltene Exemplare von Lepas anatifera, Hillii und faseicularis untersucht und deren Gehirnganglien nebst Medianaugen im Wesentlichen den Angaben der beiden Autoren entsprechend befunden hatte, überzeugte ich mich, dass meine Vermuthung nicht zutreffend ist, da ein ventraler Augenabschnitt fehlt und die beiden Medialnerven zu dem Auge in keiner Beziehung stehen, sondern unter Ramificationen über dasselbe hinaus verlaufen. Aber auch die lateralen, stärkeren Nervenstämme geben von den nicht zwei, sondern mehrere (zwei grössere und mehrere kleinere) Ganglienzellen umschliessenden Anschwellungen aus einen Seitenzweig ab, welcher sich über das Auge hinaus erstreckt. Der stärkere Stamm tritt dann bogen- förmig umbiegend in die Retina des Pigmentkörpers ein. An der !) M, Nussbaum, Anatomische Studien an californischen Cirripedien. Bonn 1890, pag. 42—44, Taf, XI, Fig. 12. (255) 32 C. Claus: letzteren nimmt man an jüngeren Exemplaren — und ich konnte das Verhalten an gut conservirten IndividuenvonLepas anatifera constatiren — ausser zahlreichen, kleinen, dem Anscheine in Rückbildung begriffenen Zellen, welche den Retinazellen des Puppenauges entsprechen, eine grössere, einen oder mehrere Nucleolen enthaltende Kernblase wahr, die sich auch an adulten Exemplaren erhält. Ueberaus störend tritt die massige Entwicklung von Binde- gewebszügen, welche die Gehirnlappen, Ganglien und Nerven umgeben und sich als fibrilläre Züge und Membranen ausbreiten, einer sicheren Beurtheilung der noch fungirenden Nerven ent- gegen. Die kleinen in dem Gewebe dicht gehäuften, ovalen bis stabförmig gestreckten Kerne, die nach Hämatoxylinfärbung scharf hervortreten, beziehen sich durchwegs auf Bindesubstanz, die grösseren rundlichen Kernblasen auf Kerne von Ganglienzellen. Ueber denselben markiren sich mehrere durch enorme Grösse und den Besitz zahlreicher Nucleolen und gehören den von Hoek und Nussbaum beobachteten und abgebildeten Ganglien- zellen an. Soweit diese Ganglienzellen in dem Nervenapparat des Medianauges liegen, scheinen sie in Degeneration begriffen, wie ich überhaupt Zweifel hege, ob die unregelmässig gestaltete, in Fortsätze und Fäden ausgezogene Pigmentmasse noch einem fungirenden Organe der Lichtempfindung entspricht, welches über- dies durch seine versteckte, von der inneren Pigmenthaut der Schale und von Muskeln überdeckte Lage für einfallende Lichtstrahlen nahezu unzugänglich sein dürfte. Von lichtbrechenden Einlage- rungen, welche Nussbaum in der als Retina zu deutenden An- schwellung erwähnt, habe ich nichts gefunden. Wären solche Gebilde vorhanden, so würden sie kaum anders denn als Cuticular- stäben entsprechende Reste angesprochen, nicht aber als Linsen gedeutet werden können, da eine Einlagerung solcher Bildungen „in einem Hohlraume der Ganglienzelle“, wie M. Nussbaum vermeint, „und zwar in Uebereinstimmung mit den Verhält- nissen bei den Augen anderer Arthropoden, speciell der Crusta- ceen“, ein höchst merkwürdiges, allen bekannten Verhältnissen des Arthropoden- und Crustaceenauges widersprechendes Novum sein würde. Der Pigmenttheil des Auges zeigt bei den untersuchten Lepasarten eine verschiedene Form, erscheint aber überall in fadenförmige Ausläufer ausgezogen und bei Lepas fascicularis peripherisch in eine Menge von linearen und theilweise anastomo- (256) Das Medianauge der Crustaceen. 33 sirenden Pigmentfäden aufgelöst. Auch verhalten sich in der Formgestaltung des Auges und seiner Nerven jüngere und älter- Individuen abweichend, insoferne sehr kleine Lepaden die histo- logische Beschaffenheit des Auges noch unverändert wie im Puppen: stadium erhalten haben. Daher möchte es wahrscheinlich sein, dass mit dem Uebergang der Puppe in die Cirripedienform das Auge noch für Lichtperception empfänglich ist, mit zunehmendem Wachsthum des Thieres aber im Zusammenhang mit dem allmälig eintretenden Abschluss gegen einfallendes Licht mehr und mehr degenerirt. Das Medianauge wird bekanntlich auch auf dem reichen Formengebiete der Malacostraken angetroffen. Nach meinen bereits im Jahre!) 1861 veröffentlichten Beobachtungen hat sich dasselbe im Larvenstadium vieler Thoracostraken, insbesondere bei den Zoea- larven der Decapoden, erhalten, eine für die genetischen Be- ziehungen von Malacostraken und Eintomostraken bedeutungsvolle Thatsache, deren Werth durch die bald nachher gemachte wichtige Entdeckung Fritz Müller’s von dem Vorkommen von Nauplius- larven bei Geisselgarneelen (Peneus), sowie bei Schizopoden — (Euphausia) Metschnikoff — wesentlich erhöht wurde. Es hat sich dann herausgestellt, dass das Medianauge auch bei den Larven der Stomatopoden wiederkehrt, in einzelnen Fällen sogar im jugendlichen Alter der ausgebildeten Form trotz des Vorhandenseins hochentwickelter Stielaugen erhalten ist. Wenn aus diesen Thatsachen die Bedeutung des primären Medianauges für das Leben des Thieres in offenen, dem Lichte zugängigen Ge- wässern genügend erhellt, so wird dieselbe noch verstärkt durch das Verschwinden des Stirnauges bei Dunkelthieren, die in be- deutenden Tiefen des Meeres (Halocypriden und einzelne Copepoden) oder in unterirdischen, vom Lichte abgeschlossenen Gewässern (Typhlocypris) leben. Bei allen mir bekannt gewordenen Malacostrakenlarven bleibt freilich das Medianauge ausserordentlich klein. Auch hat man bislang ausser den beiden seitlichen Hälften noch in keinem Falle den wohl auch vorhandenen unpaaren ventralen Abschnitt beschrieben. Wahrscheinlich dürfte die Function des Medianauges nicht zu hoch veranschlagt werden. Gewiss ist dasselbe ursprünglich und in seiner einfachsten Form lediglich im Stande, diffuses Licht zu ‘) C. Claus, Zur Kenntniss der Malacostrakenlarven. Würzburger naturw. Zeitschr, Bd. II, 1861. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete, Tom. IX, Heft 3. 17 (859 34 GC, Oleus: percipiren, welches den Organismus mit Bezug auf die Richtung der Lichtquelle orientirt und dieser gemäss reflectorisch zu bestimmt gerichteten Bewegungen veranlasst. Für diese Auffassung sprechen auch die Versuche, welche Loeb'!) und @Groom über den Heliotropis- mus der Nauplien von Balanus perforatus veröffentlicht haben. Durch diese Versuche wurde der Beweis geführt, dass die Nauplien, ähnlich wie die Stahlnadel vom Magneten, von dem Lichtstrahl angezogen oder abgestossen werden, in der Weise, dass sie ihre Medianebene in die Richtung der Lichtstrahlen stellen und in dieser ihnen durch das Licht aufgezwungenen Richtung sich bewegen müssen, und zwar entweder geradlinig der Licht- quelle mit dem Vorderende des Körpers zugewendet (positiver Heliotropismus) oder umgekehrt, wie vom Lichte abgestossen von derselben abgewendet (negativer Heliotropismus). Es ist aber weiterhin von hohem Interesse, dass beide einander entgegenge- setzte Bewegungen in regelmässigem Wechsel mit einander alter- niren, indem die positiv heliotropen Nauplien, wenn das Licht einige Zeit auf sie eingewirkt bat, negativ heliotrop werden und dem Dunkeln zustreben, in welchem sie wieder nach einiger Zeit positiv heliotrop werden. Es steht wohl zu erwarten und wird von späteren Untersuchungen festzustellen sein, dass auch die Nauplien vieler Copepoden ein ähnliches Verhältniss zeigen, wenn auch voraussichtlich unter mannigfachen Modificationen, besonders wohl mit Bezug auf die Zeit und Intensität der Lichteinwirkung. Viel- leicht schreitet für viele und auch für die Medianaugen ausgebildeter Entomostraken der Wechsel von Tag- und Nachtzeit jenem Wechsel ziemlich parallel, so dass die Abwesenheit des Sonnenlichtes aus- reicht, den zur Ruhe gelangten positiven Heliotropismus wieder herzustellen. Auch dürften die Lichtintensitäten verschiedener Tiefen als Regulatoren in Betracht kommen. Es fragt sich aber ob nicht aus dieser einfachsten Form des Medianauges bei fort- schreitender Grössenzunahme und Complication seines Baues ein zu dem Gebrauche als Bildauge befähigter Apparat sich ent- wickelt, ob das ursprünglich ausschliessliche Richtungsauge nicht auch zur schwachen Bildperception tauglich werden kann. Bei den höchst differenzirten Formen von Medianaugen, welche vor der '!) J. Loeb, Die Orientirung der Thiere gegen das Licht (thierischer Helio- tropismus). Sitzungsberichte der Würzburger physik.-med. Gesellsch. 1888; ferner Th. T. Groom und J. Loeb, Der Heliotropismus der Nauplien von Balanus per- foratus und die periodischen Tiefwanderungen pelagischer Thiere,. Biolog. Centralbl. Bd.X, N, 5 und 6. Mai 1890. (258) Das Medianauge der Crustaceen. 35 Retina, wie die von Cypris, der Pontelliden und Gorycea- eiden, einen besonderen lichtbrechenden Apparat besitzen, welcher sogar aus mehrfachen hintereinander folgenden Linsen von bedeu- tender Grösse (Copilia) zusammengesetzt sein kann, erscheint die Fähigkeit einer beschränkten Bildperception von vornherein überaus wahrscheinlich. Auch hat bereits Sigm. Exner!) für das Cory- caeidenauge die Möglichkeit des Sehens theoretisch zu begründen versucht durch die Vorstellung, dass die seitlichen, in transversaler Richtung verschiebbaren Augenbecher mit ihrer freilich auf drei Sehzellen beschränkten Retina das hinter dem lichtbrechenden Apparat entworfene umgekehrte Bild seinen Theilen nach durch rasche Bewegungen gewissermassen abtasten. Indessen dürften selbst die durch Muskeln beweglichen Medianaugen solcher Cope- poden, welche wie viele Öalaniden, trotz des Mangels zusammen- gesetzter Dorsalaugen oft recht schwer im Pocale einzufangen sind und bei der nahenden Glasröhre sehr geschickt auszuweichen wissen, zu einer der Bildperception analogen Wahrnehmung befähigt sein, indem sie den nahenden fremden Gegenstand als eine Störung der diffusen Lichtperception empfinden. Für diese aber hat wohl die linsenförmig gewölbte lichtbrechende Retina, welche am lebenden Thiere den Eindruck einer dioptrischen Einlagerung macht und deshalb auch als Glaskörper oder Krystallkörper bezeichnet wurde, die Bedeutung eines die auffallenden Lichtstrahlen durch Brechung auf den Grund des Augenbechers concentrirenden Apparates, durch welchen die Einwirkung des Lichtes auf die Stäbehen in den Enden der Sinneszellen verstärkt wird. Was die Genese des Medianauges anbelangt, so unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass sich dasselbe ebenso wie das Stemma der Insecten aus dem Ectoderm entwickelt. Auch lässt sich diese Entstehungsweise ontogenetisch noch an jungen Branchipus- larven2) nachweisen, bei denen das Auge erst allmälig vom Ecto- derm zurückweicht, so dass über demselben nur einzelne ober- fächliche Hypodermiszellen zurückbleiben. Das Gleiche gilt auch für das paarige Dorsalauge, dessen Entwicklungsweise ich bei Branchipus näher beschrieben habe. !) Sigm. Exner, Die Physiologie der facettirten Augen von Krebsen und Insecten, Leipzig und Wien 1891, pag. 135—140. ?) C. Claus, Untersuchungen über die Organisation und Entwicklung von Branchipus und Artemia etc. Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Wien 1886, Bd, VII, pag. 60. 17* (239) 36 C. Claas: Die drei Augenbecher, welche das Medianauge der Crustaceen zusammensetzen und phylogenetisch vielleicht mit den Punktaugen an der Scheitelplatte von Annelidenlarven in Beziehung zu bringen sind, haben im Gegensatz zu dem Stemma der Insecten die ecto- dermale Lage frühzeitig aufgegeben und sind mit der Entwick- lung des Gehirns parallel, von der Hypodermis getrennt, mehr oder minder weit herabgerückt. Wenn wir uns vorstellen, dass die drei Augenbecher ursprünglich ein Lagenverhältniss ihrer Elemente zu einander und zu der Hypodermis gebabt haben, ähnlich dem, welches wir an den drei Stirnaugen der Iusecten beobachten, deren Homologie mit dem Medianauge keineswegs ausgesprochen sein soll, so werden wir uns vorzustellen haben, dass mit dem Herabrücken derselben in die Tiefe eine convergent nach einem Punkte gerichtete Drehung verbunden war, um eine Erklärung für das Zusammenstossen ihrer convexen Flächen und den Eintritt der Nerven von der Aussenseite in die Retina zu gewinnen. Die das Pigment erzeugenden Zellen, welche am Stemma peripherisch, einer Iris vergleichbar, rings um die Oeffnung des Augenbechers der Oberfläche zugewendet liegen, würden bei der Drehung, be- ziehungsweise halben Umkehrung des Sinnesorganes am weitesten herabgerückt und zur Bildung der beiden Hälften jeder Pigment- schale zusammengetreten sein. Umgekehrt würden die ursprüng- lich abwärts gerichteten Eintrittsstellen der Nerven in die Retina eine mehr seitliche oberflächliche Lage erhalten haben, und so die mehr oder minder ausgeprägt inverse Form des Becherauges her- vorgetreten sein. Da, wo wir vor der Retina noch Secretlinsen und vor diesen noch linsenförmige Verstärkungen des Integuments als Cornealinsen finden, fungirten Zellengruppen der Hypodermis vor dem herabgerückten Auge zur Erzeugung dieser lichtbrechen- den Apparate. Zur Bildung der Secretlinsen gaben von der Hypo- dermis losgelöste, dem Augenbecher angelagerte Gruppen von Zellen Veranlassung, ganz ähnlich wie im zusammengesetzten Auge oder Fächerauge vor der Retinula eines jeden Ommatidiums ein flüssigerer oder festerer Krystallkegel als Secretlinse von den Krystallkegelzellen ausgeschieden wird, über welcher die hypo- dermalen Zellen die Corneafacette erzeugen. Endlich hat der mehr oder minder herabgerückte Augenbecher und im Falle der Vereinigung der dreitheilige Augencomplex eine mesodermaie Um- hüllung erhalten, welche sich direct in das Neurilemm des zur Retina tretenden Nerven fortsetzt. Wien, im Juli 1891. (260) Das Medianauge der Crustaceen. 3 Erklärung der Abbildungen. Taf. I. Fig. 1. Candonella (Candona) brachyra (Hell), in seitlicher Ansicht. VA Ventraler, SA linker seitlicher Becher des Medianauges. Von den Gliedmassen ist nur die vordere Antenne und der Kriechfuss zur Orientirung der Lage abge- bildet. Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub. Vergrösserung 150:1. Fig.2. Cyclocypris ovum, von der Dorsalseite mit auseinanderweichenden Klappen. O Das breite Augenpigment des rechten und linken Bechers. Fig. 3. Schnitt durch die beiden seitlichen Augenbecher einer grösseren Cypris- art (wahrscheinlich C. pubera). L Secretlinse, N die zur Retina tretenden Augen- nerven, n Kern der Sebzellen, Cs cuticulare Stäbchen derselben. Camerazeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tab. Vergrösserung 260: 1. Fig.4. Ein seitlicher Augenbecher derselben Form unter derselben Vergrösserung. Fig. 5. Grenzschnitt darch die seitlichen und den ventralen Becher, dessen Pigment- schichte getroffen ist. Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, ausg. Tub. Vergrösserung 220: 1. Fig. 6. Nächster Schnitt mit den Kernen der Sehzellen des ventralen Augen- bechers und dem zugehörigen Nerven (N) unter derselben Vergrösserung. Fig. 7. Drei Sehzellen mit Kernen uud Stäbchen, aus dem Auge von Cypris strigosa. Fig. 7‘. Pigmentschicht mit Tapetum (Tap) desselben. Fig. 8. Augenbecher von Notodromas monacha im Längsschnitt. Die Buchstabenbezeichnung wie Fig. 3. Fig. 9. Schräger Schnitt durch denselben. Fig. 9°. Flächenschnitt durch den Pigmentbecher und die tiefe Lage des lichtbrechenden Körpers. Fig. 10. Längsschvitt durch die beiden seitlichen Abschnitte des Medianauges von Cypridina mediterranea(Q), Tap Tapetum, Lg Ligament, n‘ Kerne der bindegewebigen Hülle, Cs cuticulare Stäbchen. Camerazeichnung. Hart. Syst. V, eing. Tub. Vergrösserung 260:1. Fig. 11. Nachfolgender Längsschnitt durch dasselbe Auge. Fig. 12—13. Drei aufeinander folgende Querschnitte durch das Medianauge von Cypridina mediterranea unter derselben Vergrösserung. P Pigment, Hm Hüllenmembran, VA ventraler Augenbecher, SA seitlicher Augenbecher, Cs cuti- eulare Stäbchen, Tap Tapetum, Fig. 14. Zwei Sehzellen mit Kern (n) und Stäbchen (Cs), stärker vergrössert. Fig. 15—16. Zwei etwas schräggeführte Längsschnitte durch die seitlichen Augenbecher von Cypridina mediterranea. Fig. 17. Frontalregion eines noch jugendlichen Branchipus bei dorsaler Einstellung des Medianauges, dessen Seitenbälften mitden langgestreckten dem Pigmente aufgelagerten Sehzellen im optischen Durchschnitt hervortreten. FrO Frontalorgan. Fig. 18. Dieselbe eines zweiten Branchipus, etwas tiefer eingestellt mit der Sehzellenfüllung des ventralen Bechers, etwas stärker vergrössert. Lg Ligament, N Nerv des ventralen Augenabschnittes, N’ N’ die Nerven der seitlichen Augenhälften. Fig. 17—18 sind Reproductionen von Abbildungen aus meiner Schrift über den Organismus von Branchipus etc. Fig. 19. Frontalregion einer ganz jungen Branchipuslarve, sehr stark vergrössert. Taf. II. Fig. 1. Der Medianschnitt durch den Kopf mit dem Dorsalauge und Median- ange einer weiblichen Estheria ticiniensis, von der linken Seite betrachtet. Camerazeichnung. Hartn. Syst. IV, eing. Tub. Vergrösserung 150:1. DA Dorsalauge, (261) 38 C. Claus: Nb Nervenbündelschicht, Go Ganglion opticum, No Nervus opticus, Cr Gehirn, Lo Lobulus opticus, aus dem die drei Nerven des Mediauauges entspringen, VA ven- traler Augenabschnitt derselben, M Muskeln des Dorsalauges, Oe Oeffnung für die Vor- höhle desselben, N mittlerer Nerv des Medianauges, D Divertikel der Darmanbänge. Die Pfeile « und ß bezeichnen die Richtung der Quer- und schrägen Frontalschnitte. Fig. 2. Schräger Frontalschnitt durch die hintere Region des Medianauges., Vor dem Lobulus opticus sind die drei Augennerven getroffen. N’ N’ Die beidea Nerven der seitlichen Augenabschnitte, Nfb Nervenfibrillen an der Oberfläche der Retina. Camerazeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tub. Vergrösserung 260: 1. Fig. 3. Ein benachbarter Schnitt durch den ventralen Augenabschnitt, stärker vergrössert. An der inneren Pigmentschicht haften die Stäbchen der etwas hervor- gehobenen Retinazellen. N Mittlerer Nerv, N’ die seitlichen Nerven am Lobulus opticus. Fig. 4. Schräger Frontalabschnitt durch die vordere Gegend des Medianauges. Dorsal erscheint der Stirnfortsatz in zwei seitlichen Lamellen, ventralwärts in eine schmale Platte ausgezogen, in der Umgebuug des Auges kugelig gewölbt. D Diver- tikel der Darmanhänge (Leber), Hp Hypodermis. Fig.5. Ein noch weiter vorne geführter Frontalschnitt. Bk Blutkörperchen, NN’ mittlerer uud seitlicher Nerv des Auges. Fig. 4 und 5 sind Camerazeichnungen. Hartn. Syst. IV, eing. Tub. Vergr. 160:1. Fig. 6. Querschnitt senkrecht zur Längsachse der Schalen, Camerazeichnung wie Fig. 5, Buchstabenbezeichnung wie früher. Fig. 7. Der ventrale Theil eines solchen Schnittes mit dem Medianauge stärker vergrössert. Camerazeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tub. Vergrösserung 260:1. Fig. 8. Theile des Medianauges stärker vergrössert. 8a Fünf dem Pigmente anliegende Sehzellen mit den cuticularen Stäbchen Cs. 8b Zwei solcher Sehzellen mit eintretenden Nervenfibrillen. 8c Eine von dem Pigmente abgerissene Sehzelle. 8d Pigment. e Schwarze Pigmentkügelchen des äusseren Stratums, i röthlichbraune Partikelchen des inneren den Retinazellen zugekehrten Stratums, sehr stark vergrössert. Fig. 9. Medialer Sagittalschnitt durch die vordere Kopfregion von Limnetis brachyura ©. Es sind lediglich Gehirn, Sehganglion und beide Augen dargestellt. Gp Gelbes Pigmentstratum, Tz’ Tz‘‘ die beiden grossen Sehzellen in dem hinteren Theile des seitlichen Augenabschnittes, Nfr Nerv des frontalen Sinnesorgans. Ve Ventrale Zelle. Camerazeichnung. Hartn. Syst. IV, eing. Tub. Fig. 10. Sagittalabschnitt durch das Medianauge mit den Sehzellen der vorderen Hälfte des seitlichen Augenbechers. Gp Gelbe Pigmentschicht, stärkere Vergrösserung. Fig. 11—19. Querschnitte durch die Augenregion von Limnetis in der Richtung des Pfeiles von Fig. 9 geführt. Camerazeichnung. Hartn. Syst. IV, eing. Tub. Fig. 11. Der vorderste dieser Schnitte, welcher das Dorsalauge und die vordere Partie des Medianauges getroffen hat. Fig. 12. Nachfolgender Schnitt. Go Ganglion opticum. Fig. 13. Aehnlicher Schnitt durch das Medianauge, stärker vergrössert. Fig. 14. Späterer Schnitt durch die Mitte des Medianauges. Vz Zwei Zellen des ventralen Abschnittes sind getroffen. Buchstabenrechnung wie früher. Fig. 15—18. Aufeinanderfolgende Schnitte durch die hintere Region des Medianauges. Fig. 19. Letzter Schnitt, welcher bereits das Pigmentstratum nicht mehr tangirt. Taf. III. Fig. 1. Stirntheil des Kopfes mit dem schnabelförmigen Fortsatz und Median- auge einer jungen männlichen Estheria von der rechten Seite gesehen. Camera- zeichnung. Hartn. Syst. IV, eing. Tab. Vergrösserung 150: 1. (262) Das Medianauge der Crustaceen. 39 Fig. 2. Horizontaler Längsschnitt durch das Medianauge einer jungen 5—6 Mm. langen Apus (cancriformis). Camerazeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tub. Fig. 3. Isolirte Sehzelle, stärker vergrössert. Fig. 4. Sagittalabschnitt durch das Medianauge und frontales Sinnesorgan (Fr SO) von Daphnia pulex. Cr Vorderes Endstück des Gehirns, VA vorderer Augenbecher mit anliegendem Frontalnerven, St stielförmiger medianer Zapfen zwischen Gehirn und Auge, welcher dem unpaaren Nerven N und den zwei Zellen enthaltenden Nerven des Frontalorganes entspricht, SA der rechte seitliche Augen- becher, N’ Nerv desselben, beim Eintritt in die Sehzellen knieförmig umbiegend. Camerazeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tab. Vergrösserung 260 :1. Fig. 5. Frontaler Schnitt durch dasselbe Auge, etwas schräg geführt. Fig. 6. Gehirn und Medianauge des etwas schräg lebenden Thieres im optischen Frontalschnitt betrachtet. Man sieht die glänzenden Kügelchen in den Sehzellen. GO Augenganglion. Fig. 7. Medianauge von Argulus foliaceus. Abbildung aus meiner Abhand- lung über Argulus etc. (1875). Buchstabenbezeichnung wie vorher. Fig. 8—10. Schnitte durch das Medianauge von Argulus foliaceus. Camera- zeichnung. Hartn, Syst. V, eing. Tub. Vergrösserung 260: 1. Fig. 8. Querschnitt durch den Grund des vorderen Augenbechers desselben in der Zone der Stäbchen, die sich als glänzende Ringe im Innern der Querschnitte der Retinazellen markiren, Fig. 9. Transversaler Längsschnitt durch den vorderen Augenbecher desselben mit der vom Pigmente zurückgezogenen Retina nebst eintretendem Nerven N. Fig. 10. Transversaler Längsschnitt durch die seitlichen Augenbecher nebst ihren vom Gehirne (Cr) aus eintretenden Nerven (N’N’), Tap Tapetum. Fig. 11. Gehirn und Medianauge eines Cirripedien-Nauplius(Lepas), nach dem Lebenvon derVentralseite dargestellt. MA Medianauge, Fr O Sinnesborste des Frontal- organes, D1l dorsaler Hirnlappen, Vl ventraler Hirnlappen, Oes Oesophagus, M Muskeln. Fig. 12. Medianauge einer grossen Cirripediengruppe (Cyprisstadium), die ich in meiner Schrift „Die cyprisähnliche Larve (Pappe) der Cirripedien“, Marburg 1869, abgebildet habe. «) Dasselbe von der dorsalen Seite aus dargestellt. VN, VN Zwei dem Auge anliegende nach vorn verlaufende Nerven. 5b) Der seitliche Augenbecher dem Beschauer zugewendet. Man sieht die zwei Gruppen von Cutieularstäben in der Retina desselben. c) Eine solche aus drei glänzenden Stäbchen gebildete Gruppe isolirt. Fig. 13. abc Drei Querschnitte durch das Medianauge einer Puppe von Lepas fascicularis. Cr Gehirn, SA Seitenauge. Fig. 14. Vordere Kopfpartie eines Monstrillaweibchens mit dem Median- auge, von der linken Seite gesehen. Fig. 15. Dieselbe mit weiter nach vorn gerichtetem ventralem Becher des Mediananges. Fig. 16. Das Medianauge vom Monstrilla. «) Von der Ventralseite darge- stellt, 5) dasselbe vom Rücken gesehen. Die Figuren 14—16 sind älteren Zeich- nuangen entlehnt, Taf. IV. Fig. 1. Frontaischnitte durch das Auge von Diaptomus castor. Camera- zeichnungen. Hartn. Syst. VII, eing. Tub. «) Frontalabschnitt durch die beiden seitlichen Augenbecher. In der Peripherie vom Gehirn (Cr) abgewendet die Kerne der Sehzellen und die kleinen Spindelkerne der bindegewebigen Hülle. 5) Nach- folgender Schnitt durch die Mitte der Seitenaugen, am Grunde liegen zwei vom (263) 40 C. Claus: Das Medianauge der Crustaceen. Gehirn abgerissene Zellen. c) Nachfolgender am meisten ventral liegender Schnitt durch den vorderen Augenbecher und die beiden anliegenden Seitenbecher. Fig. 2. Kopf von Pontellina mediterranea (0 von der Ventralseite dargestellt. Zwischen den vorderen Antennen (A‘) liegt die Doppellinse des ge- gabelten Rostrums, zwischen den Antennen des zweiten Paares (A‘) das in eine Kugel gerückte, mit einer Linse versehene Medianauge. Fig. 3. Derselbe Kopf von der rechten Seite gesehen. DA Dorsalauge, MA Medianauge. Fig. 4. Transversaler Längsschnitt durch die ventrale Region des Medianauges einer weiblichen Pontellina mediterranea. R Stirnschnabel, A‘ vordere An- tenne. An dem Medianauge sieht man die drei Augenbecher, die mittleren mit zwei Cnticularstäben, die seitlichen mit ihren nach vorn gewendeten Kernen der beiden Retinazellen, nach hinten die herantretenden Nerven. Camerazeichnung. Hartn. Syst. V, ausg. Tub. Fig. 5. Mehr dorsal geführter Schnitt durch das Medianauge und Gehirn derselben Form. NA‘ Antennennerv, NA‘ Nerv der zweiten Antenne, N Nerven des Medianauges. An demselben sind die beiden Cuticularstäbe der Retiuazellen der seit- lichen Augenbecher der Länge nach getroffen. Cr Gehirn, Cs Stäbchen, Oe Oesophagus. Fig. 6—8. Transversale Längsschnitte durch das Dorsalauge und Gehirn einer weiblichen Pontellina mediterranea. Camerazeichnungen. Hartn. Syst. IV, eing. Tubus. Fig. 6. Dorsaler, unterhalb der Cornealinsen geführter Schnitt. An der linken Seite sind sämmtliche vier zum linken Auge gehörige Retinakörper ««a’, Bß’ getroffen. Ab « der vordere mediale Augenbecher, k k die zu seinen Retinazellen gehörigen Kerne, Cs die zugehörigen Cuticularstäbe, «’ der hiutere mediale Augenbecher nebst Retina - körper, ßß’ die beiden lateralen Augenbecher und Retinakörper, M Muskeln, Cr Gehirn. Fig. 7. Nachfolgender Schnitt. Linksseitig sind nur noch die mehr ventral gelegenen lateralen Augenbecher getroffen. Fig. 8. Ventralwärts folgender Schnitt. Fig. 9 und 10. Zwei dorsoventral geführte Querschnitte durch das Dorsal- auge und Medialauge derselben Art. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tub. CL Cornealinse. Die übrigen Buchstaben wie in Fig. 6. Fig. 11. Vordere Kopfregion des Weibchens von Anomalocera Pater- sonii, von der Ventralseite betrachtet. R Rostrum, MA Medianauge mit den drei Augenbechern, A’ Basalglied der vorderen Antenne, die beiden Cornealinsen CL des Dorsalanges schimmern durch. Camerazeichnung. Hartn. Syst. IV, eing. Tubus. Fig. 12. Vordere Kopfregion des Männchens dieser Form in gleicher Lage, gleich stark vergrössert. L Linse des Medianauges. Fig. 13 und 14. Die drei Augenbecher des Medianauges der weiblichen Anomalocera von der Ventralseite betrachtet. Fig. 13 bei tiefer Einstellung der dorsalen Becherwand, bei hoher Einstellung der drei Paare von Retinazellen. NN’N’ Die drei Nerven derselben. | Fig. 15. Vordere Kopfpartie mit dem Dorsalauge einer Anomalocera Patersonii von Triest, vor vielen Jahren nach dem lebenden Thiere gezeichnet. Fig. 16. Die drei zu jedem Dorsalauge gehörigen Retinakörper nebst den sie umlagernden Pigmentbechern. Constructionsbild nach einer Serie von Transversal- schnitten zusammengestellt. Pb‘ P’ P‘‘ Die drei Pigmentbecher, M Muskeln, N die zu dem Auge verlaufenden Nerven. Camerazeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tubus. (264) Das Medianauge der Crustaceen. 41 Nachtrag. Aus Hartog’s!) Schrift über Cyelops ersehe ich, dass in derselben bereits eine ähnliche Structur für das Auge von Cyclops beschrieben worden ist, wie ich sie für die Diaptomus gefunden habe. Hartog hebt bereits hervor „that the optic elements are reversed as in the eye of Dendrocoelum lacteum“ und beschreibt diese Elemente für jedes der drei Ocelli als „a number of bluntly fusiform bacilli, placed radially and containing a nucleus distal to their centre“. Auch der drei kurzen Sehnerven und ihres Eintritts an der hinteren Aussenseite jedes Ocellus geschieht Erwähnung, ebenso des Vorhandenseins eines Tapetums in jedem der drei Pigmentkörper: „Each of these blocks contains at least one nucleus, probably two, an anterior and a posterior. The tapetum consists of fine reddish granules, lying on the face of the block, and giving a brilliant metallic lustre by reflected light or dark ground illumination.“ Im medianen Ocellus sollen gegen 8 peripherische und 1 centraler, in den seitlichen 8—10 peripherische und 3 centrale Bacilli ent- halten sein. Als Innenglied des Bacillus wird ein oblonger Körper (Rhabdom) erwähnt. „In the inner limb of each bacillus is an oblong body (probably a rhabdom), staining deeply with osmic acid haematoxylin.“ Man sieht, die Deutung und Bezeichnungsweise der Elemente im Cyelopsauge entspricht etwa dem Niveau der Auffassung, welche ich in meinem Copepodenwerke (pag. 52) für die seitlichen Augen der Corycaeiden vertrat, wenn ich mich aussprach: „Bei Sapphirina besteht der in den Pigmentkörper eintretende Nerv aus nur wenigen, ziemlich breiten Fasern, die ich an äusserst glücklich erhaltenen, in Chromsäure und Glycerin aufbewahrten Präparaten im Innern des Pigmentkörpers in glänzende Stäbe umbiegen sehe. Der von Leuckart erwähnte Krystallstiel entspricht in seiner hinteren Partie diesen glänzenden Nervenstäben, die vordere Partie ist eine helle Substanz, in welcher ich bei Copilia Kerne eingebettet fand.* Erst Grenacher erhob das Verständniss dieser Gebilde auf ein höheres Niveau, indem er dieselben als Sehzellen und deren 1) M. M. Hartog, On the morphology of Cyclops and the Relations of the Copepoda, Transactions Linnean Society of London. July 1888, pag. 33. (265) 42 C. Claus: Das Medianauge der Crustaceen, Cuticularstäbe bekannte, sowie ihr Zahl- und Lagenverhältniss für das Corycaeiden-AÄuge genau bestimmte, so dass für dieses die inverse Lage der Elemente, wenn auch nicht ausdrücklich als solche hervorgehoben, so doch bereits beschrieben war. Was Hartog als „Bacillus“ und „Rhabdom“ bezeichnet, entspricht offenbar den Sehzellen und den in denselben enthaltenen Stäbchen, indessen ist aus den beigegebenen, Schnittpräparaten ent- lehnten Abbildungen keine Vorstellung von der Form dieser Ele- mente zu gewinnen (vergl. ]. c. Taf. II, Fig. 7 und 8, Taf. IV, Fig. 4—8 und 15). Der Verfasser hat jedoch nicht erkannt, dass dieselben Gebilde bereits Grenacher im Auge von Calanella als Sehzellen dargestellt hat und es ist eine durchaus irrthümliche Deutung, wenn Hartog diese Zellen in die Tiefe des Pigments verlegt und auf das bezieht, was er „blocks“ nennt. „He(@renacher) describes central cells, which ave evidently part of what I term the blocks.“ Auch ist dem Verfasser entgangen, dass ich bereits am Medianauge von Candace und Getochilus die gleichen Ge- bilde beobachtete, indem ichein Zerfallen der glashellen Krystallkugel in zahlreiche kleinere Kugeln wahrnahm, von denen jede möglicher- weise einer Nervenfaser angehöre, und dass ich „die sogenannten Krystallkugeln nicht nur als lichtbrechende, sondern zugleich Ei perceipirende Elemente“ deutete. (266) Ueber die Gattung Miracia Dana mit besonderer Berücksichtigung ihres Augen-Baues. Von C. Claus. (Mit drei Tafeln.) Erst nach Drucklegung der vorausgehenden Abhandlung über das Medianauge der Crustaceen fand ich Gelegenheit, die merkwürdige Gattung Miracia kennen zu lernen, von deren Körperform und Farbenpracht schon Dana in seinem grossen Crustaceenwerk!) eine Beschreibung gab. Seitdem hat meines Wissens lediglich Brady) über Miracia berichtet. Soviel wir aus den weit vollständigeren Angaben des letzteren Autors über den Körper und die Gliedmassen entnehmen können, sind die Miracinen, nicht wie Dana wollte, als Unterfamilie zu den Corycaeiden zu stellen, sondern erweisen sich als der Gattung Setella verwandte Harpacticiden mit grossen paarigen Frontallinsen, welche an die grossen Linsen der Corycaeiden erinnern. Offenbar war diese Uebereinstimmung, die auf einen verwandten Augenbau zurückschliessen liess, für Dana Anlass gewesen, die Gattung trotz des von ihm betonten Anschlusses der gesammten Körperform an Setella, zu den Corycaeiden zu stellen und aus derselben eine Unterfamilie jener zu bilden. Ueber das Verhalten des hinter den Linsen gelegenen Auges feblt bislang jedwede Kenntniss, und da auch die von Brady 1) Dana, Crustacea. Part. II, pag. 1260—1262, Taf. 88, Fig. 11 und 12. United States Exploring Expedition. 1852, Vol. XII. ?) Brady, Report on the Copepoda. Voyage of H.M.S. Challenger. Zoo- logy. 1883, Vol. VIII, pag. 102—104, Taf. XLIII, (267) 3 C. Claus: gegebene Darstellung des Gliedmassenbaues einer Ergänzung und mehrfacher Berichtigung bedarf, war es mir erwünscht, eine Anzahl freilich schon seit langen Jahren in Weingeist aufbewahrter Mira- cien!), welche mit der von Brady beschriebenen und auf Dana’s M. efferata bezogenen Art identisch sein dürften, näher unter- suchen zu können. Körperform und Gliederung sind bereits von Brady kenntlich beschrieben und richtig dargestellt worden. Kopf und erstes Brustsegment sind zu einem verhältnissmässig kurzen Körperabschnitt verschmolzen, und da sonst bei vollzähliger und normaler Gliederung das erste und zweite Abdominal- segment des Weibchens miteinander verbunden sind, so erscheint das Männchen (Fig. 1) zehn-, das Weibchen (Fig. 2) neungliederig. Das Integument ist, wie bei vielen Harpactieiden und Peltidien eine sehr starke, derbe Chitinhaut, die von zahlreichen bestimmt geordneten, theils vereinzelt, theils gruppenweise gestellten Poren- canälen durchsetzt wird (Fig. 21 u. 26). Diese Canäle beginnen mit erweitertem Trichter und bilden die Ausführungsöffnungen einzelliger Hautdrüsen, die man besonders schön nach Hämatoxylinfärbung mit ihrem intensiv tingirten Kern zu verfolgen vermag. Gruppen solcher Porengänge und Hautdrüsen finden sich sowohl über die Fläche des Rückens vertheilt, als besonders in der Nähe der seit- lichen Integumentduplicatur, welche‘ das ventrale Hautfeld mit seinen Gliedmasseninsertionen am Cephalothorax und den freien Thoracalsegmenten umrahmt, sodann in gleicher Richtung auch an den Seiten der nachfolgenden Abdominalsegmente und der Furcal- glieder. Ferner fallen diese Poren an der Spitze der schildförmig vorspringenden Rostralplatte (Fig. 6) und zu den Seiten der beiden zarten Sinnesborsten derselben, sowie in der Oberlippe und an den Beinen in die Augen. Ausser den zur Ausmündung der Hautdrüsen dienenden Poren finden sich, von den Porengängen der Borsten abgesehen, noch vereinzelte feine Canälchen auf der Körperdecke und an dem Hinterrande der Segmente, Canälchen, über welchen sich überaus zarte, wohl als Tastfäden zu deutende Cuticulargebilde erheben. An manchen Stellen, z. B. an der Oberlippe und an der Bauchseite !) Ich fand dieselben in zwei Gläschen mit Copepoden, welche von Herrn Freeden gesammelt und mir schon vor Jahren von Prof. Moebius zur Unter- suchung, beziehungsweise Bearbeitung übergeben worden waren. Ueber die Herkunft des Materiales aus dem atlantischen Ocean oder der Südsee konnte ich keine Aus- kunft erhalten. (268) Ueber die Gattung Miracia Dana etc. 3 der Abdominalsegmente, am Rücken des Kopfbruststückes, gewinnt die Oberfläche der Chitinhaut, deren Schichtung man besonders schön auf Schnitten gefärbter Objecte nachweist, durch dicht gehäufte, körnchenähnliche Erhebungen eine fein punktirte fast chagrinartige Beschaffenheit. Endlich ist noch der Härchenreihen an den Rändern der Beinglieder, ebenso der stärkeren Spitzen am (ventralen und seitlichen) Hinterrande der Abdominalsegmente zu gedenken, welche Cuticularausläufer der oberflächlichen Schicht der Chitinhaut darstellen. Die vorderen Antennen (Fig. 3) zeigen bis in’s Detail den Typus der Harpactieiden, sind achtgliederig und tragen auf dem distalen Fortsatze des vierten Gliedes den bekannten langen Spürschlauch, den ich schon in meinem Copepodenwerke!) als Charakter der Harpactieiden-Antennen hervorgehoben habe. Im männlichen Geschlechte (Fig. 4) sind die vorderen Antennen beider- seits Greifarme und erscheinen um ein Glied vermehrt, indem auf das vierte besonders umfangreiche Glied mit dem Riechschlauche noch fünf Glieder folgen. Die Geniculation liegt zwischen dem sechsten und siebenten Glied. Das fünfte und achte Glied sind kurz, das Endglied wie das der weiblichen Antennen schmächtig und stark verlängert, am Ende mit drei bis vier kurzen (beim Weib- chen längeren) Borsten besetzt, von denen eine in die Kategorie der blassen Schläuche zu gehören scheint. Die Antenne des zweiten Paares (Fig. 5) erscheint in Folge der Verschmelzung des zweiten und dritten Gliedes drei- gliederig und trägt (wie bei @oniopelte) einen kurzen, mit zwei langen Borsten besetzten Nebenast, dessen Insertion an der typisch viergliederigen Antenne stets am Distalende des zweiten Gliedes liegt und hier in die Mitte des langgestreckten Mittel- gliedes fällt. Das von Brady übersehene Basalglied markirt sich auch als von dem vorspringenden Ansatzstück des Chitinskeletes scharf abgesetzt und ist ebenso deutlich distalwärts vom Mittelgliede abgegrenzt. Für die Mundwerkzeuge, welche ebenfalls den Charakter der Harpaetieiden tragen und denen von Setella am nächsten stehen, ist die Reduction der Tasteranhänge charakteristisch. Unter der schwach vorgewölbten, hohen, von Drüsenporen durch- setzten Oberlippe liegen die Laden der Mandibeln (Fig. 8), deren '!) C. Claus, Die frei lebenden Copepoden. 1863, pag. 106. (269) 4 C. Claus: verstärktes Insertionsstück eine starke Borste als Taster- rest trägt. Der Ladenfortsatz selbst ist eine in drei Zähne aus- laufende Platte, deren fein behaarte Fläche eine rechtwinkelig zur Längsachse gestellte horizontale Lage einnimmt, so dass im optischen Querschnitt, sowie an Schnittpräparaten (Fig. 7) das Bild eines Stiletes vorgetäuscht wird. Die Maxille (Fig. 9) trägt an ihrem breiten Basaltheil einen ziemlich gestreckten, aber einfachen, nicht weiter gegliederten Taster und setzt sich in ein plattenförmiges Kaustück fort, dessen Distalrand in charakteristischer Weise ge- zähnt ist (Fig. 9). Von den Maxillarfüssen bleibt der obere (äussere) verhältnissmässig klein und gedrungen und ist dem Maxillarfusse von Dactylopus ähnlich gestaltet. Zwischen dem starken Grundgliede und dem terminalen Hakengliede liegt ein Mittelglied mit oberem hakigen und unterem scheerenförmigen Anhange (Fig. 10 und 10°. Weit gestreckter erweisen sich die unteren (inneren) Maxillarfüsse, welche in beiden Geschlechtern übereinstimmend gestaltet sind und einen langen, an der Basis mit einem kurzen Gliede versehenen Stiel, sowie eine ebenso lange, wenig aufgetriebene Greifhand tragen, deren kräftige Klaue gegen eine bogenförmig vorspringende, mit Borsten besetzte Firste ein- geschlagen wird (Fig. 11 und 11‘). Die vier Ruderfusspaare entbehren besonders hervortretender Eigenthümlichkeiten und stehen durch ihre schmale, langgestreckte Form denen von Setella am nächsten. Abweichend und als Gattungscharakter bezeichnend ist die Reduction der Gliederzahl für den Innenast des ersten Fusspaares (Fig. 12) auf zwei Glieder. Der Aussenast desselben, sowie die Aeste der nachfolgenden Ruder- füsse sind dreigliederig. Indessen zeigt der Borstenbesatz für jedes der Gliedmassenpaare Besonderheiten, die für das erste und zweite Paar aus den Abbildungen (Fig. 12 und 13) zu entnehmen sind. Am dritten Beinpaare ist der Aussenast am zweiten Gliede mit einer, am dritten, nicht wie am zweiten Paare mit zwei, sondern mit drei Schwimmborsten besetzt, während sich am Innenaste des zweiten (Fig. 13) und dritten Gliedes je zwei Schwimmborsten inseriren. Dagegen trägt der Innenast des vierten Beinpaares, dessen Aussen- ast mit dem vorausgehenden übereinstimmt, am Innenrande des zweiten Gliedes nur eine, an dem des dritten zwei oder drei Schwimm- borsten (Fig. 15). Auch zeigen die zwischen den beiden Beinen eines Paares ausgespannten Querleisten jederseits einen kurzen zackigen Ausläufer, der an den beiden ersten Paaren fehlt (Fig. 16). Diese spangenartigen Verbindungsstücke, welche den hohen, aber schmalen (270) Ueber die Gattung Miracia Dana etc. 5 Zwischenplatten!) (die sogenannten „Bauchwirbelkörper“ Zenker's) der Calaniden und Cyelopiden entsprechen, liegen von ein- ander in weiterem Abstande und durch die zapfenförmig vor- springenden Integumentstücke der Segmente getrennt (Fig. 17). In seitlicher Lage erscheinen diese Vorsprünge in der Mitte mehr oder minder tief eingeschnitten und in einen vorderen und hinteren Vorsprung getheilt. In gleicher Weise finden sich dieselben, wenn auch schwächer ausgeprägt, am Cephalothorax zwischen dem Kiefer- fusspaare und ersten Fusspaare. Beim Männchen, an dessen Mundtheilen ich keinerlei Sexual- Eigenthümlichkeiten bemerkt habe, treten solche an dem Innenaste des zweiten Fusspaares auf, welcher nicht dreigliederig ist, sondern durch Verschmelzung des mittleren und distalen Gliedes zweigliederig wird und die in Fig. 14 dargestellte, an den Innenast des dritten Fusspaares von Canthocamptus erinnernde Umgestaltung zeigt. Es schien mir auch, als ob die zwei (am dritten) oder drei (am vierten Fusspaar) Dornen am Endgliede der Aussenäste im männ- lichen Geschlechte kräftiger wären (Fig. 15). Das auf zwei lamellöse Glieder reducirte fünfte Fusspaar schliesst sich am nächsten der entsprechenden Gliedmasse von Dactylopus an und zeigt nach beiden Geschlechtern die ana- logen, an den Abbildungen (Fig. 17, Fig. 20, 5. Bp.) ersichtlichen Differenzen. Es ist einleuchtend, dass die breite lamellöse Form sowohl des medialen Fortsatzes als lateralen beweglichen Astes eine Beziehung als Schutzeinrichtung der Eiersäckchen hat, über welche sich beide als schirmendes ventrales Dach ausbreiten. Daher bleibt denn auch beim Männchen der Flächenumfang beider Stücke ein merklich geringerer. ‘) Schon in meinem Copepodenwerke habe ich (l. c. pag. 3l) Form und Bedeutung dieser „Zwischenplatten“, welche von Zenker irrthümlicher Weise für integrirende Theile der Bauchschienen gehalten worden waren, für die Calaniden und Cyclopiden erörtert, was M. M. Hartog entgangen zu sein scheint, wenn er in seiner sonst schätzenswerthen Arbeit über Oyclops „The Morphology of Cycelops“ (Transaction of the Linnean Society of London, Juli 1888, pag. 6) hervorhebt, dass alle früheren Beobachter diese Theile verkannt hatten. Ich äusserte mich: „Zwischen den Basalgliedern zweier zu einem Paare gehöriger Ruderfüsse tritt noch eine eigen- thümliche Skeletbildung hinzu, welche beide Extremitäten mit einander verbindet und wohl keine andere Bedeutung hat, als die Bewegung der beiden Ruder gleich- zeitig und in gleicher Richtung erfolgen zu lassen.“ Es stimmt diese Deutung mit der von Hartog gebrauchten Bezeichnung „coupler“ durchaus überein. Bei den Harpactieiden und Peltidien sind dieselben zu niedrigen, aber breit gezogenen Leisten vereinfacht, die hinter dem Sternalskelet an Umfang sehr zurücktreten. (271) 6 C. Claus: Auch das Rudiment eines sechsten Fusspaares wird nicht vermisst und ist wie gewöhnlich im männlichen Geschlechte ansehnlicher entwickelt (Fig. 20) als im weiblichen, wo sich das- selbe jederseits auf eine kleine, zwei ungleich lange Geisselborsten tragende Hervorragung über die Genitalöffnung reducirt (Fig. 19). Was die inneren Organe anbetrifft, für deren Studium unsere Form ein höchst geeignetes Untersuchungsobject abgibt, so fällt zu- nächst der weite Darmcanal mit seinen in’s Innere vorspringenden Zellen in das Auge. Zu denselben führt eine kurze, in der Seiten- lage des Thieres leicht zu beobachtende Speiseröhre (Fig. 21), welche, in sehr schwachem Bogen gekrümmt, dorsalwärts aufsteigt und mit vorspringendem Zapfen in den Magendarm einmündet. Der Magendarm verhält sich jedoch nicht in seiner ganzen Länge gleichmässig. In seinem vorderen, dem Cephalothorax und dem ersten freien Segmente zugehörigen Abschnitt ist er am weitesten und enthält hier in den Zellen seines Epithels dicht gehäufte glänzende concrementartige Körner, die von sehr kleinen dunklen Körnchen umlagert sein können. Vor dem Segmente des fünften Fusspaares verengert er sich dann beträchtlich. Der Enddarm beginnt erst im vorletzten Abdominalsegment, ist durch die bekannten Dilatatoren befestigt und mündet im weiten Anal-Ausschnitt am Rücken des Endsegmentes unter der Afterplatte aus. | Das Nervensystem (Fig. 21—24) zeichnet sich durch die bedeutende Concentration des Bauchmarkes aus, dessen Ganglien wie bei den Corycaeiden zu einem gestreckten, bis in das Seg- ment des zweiten Beinpaares (erstes freies Brustsegment) hinein- reichenden Strange verschmolzen sind (Fig. 21, 23). Derselbe er- scheint von einem Belag dicht gedrängter Ganglienzellen bekleidet, entsendet die Nerven zu den Mundtheilen und Beinpaaren und setzt sich in zwei mediale Nervenstämme fort, aus denen seitlich noch Nervenpaare zu den hinteren Beinpaaren austreten. Die von den Ganglien continuirlich bekleideten centralen Theile des Bauchmarkes enthalten der Hauptmasse nach die Längsfaserstränge, welche von der Schlundeommissur herabziehen, aber auch quer verlaufende Fasern, welche die Commissuren für die Gangliencentren der Segmente an- deuten. Bemerkenswerth ist die schon von Hartog fürCyelops beschriebene Endoskeletbildung, welche sich alseine, wenn auch zarte, transversale Chitinmembran unterhalb des Bauchmarkes, zwischen den Muskeln des Kiefers und der Kieferfüsse ausspannt (Fig. 25) und an das sogenannte Endosternit der Ostracoden und zahlreicher Phyllopoden erinnert. Das äusserlich nicht weiter gegliederte, (272) Ueber die Gattung Miracia Dana etc. 7 fast kugelige Gehirn entsendet an seiner vorderen Seite die Antennen- nerven, die vor ihrem Eintritte in die vordere Antenne ein ansehn- liches Ganglion durchsetzen (Fig. 24). Es ist das ein wahrschein- lich auch bei anderen Copepoden wiederkehrendes, bisher nicht gekanntes Verbältniss, welches ich auch für Halocypris und Cypridina beschrieben habe. Auf Schnitten erkennt man in dem centralen, von dieker Ganglienrinde bedeckten Mark ein vorderes paariges Marklager, welches die Augennerven abgibt und dem Vorderhirn angehört, sowie ein grösseres hinteres Marklager, an welchem die Antennennerven (A’N) austreten. Dieser Abschnitt entspricht demnach grösstentheils dem Mittelhirn. An der vorderen Grenze der ebenfalls von Ganglienzellen bekleideten Schlund- commissur tritt der Nerv für die hintere Antenne aus (Fig.31 A“ N). Ein besonderes Interesse nimmt das grosse, dem Gehirne auflagernde Auge in Anspruch, zu welchem die frontalen Cornealinsen gehören (Fig. 21). Diese stark lichtbrechenden Cutieulargebilde liegen wie in Taschen der Chitinhaut eingebettet und springen mit stark convexen Flächen nach vorn und hinten vor. Die grosse, unmittelbar hinter denselben befindliche Augen- kugel repräsentirt trotz ihrer dorsalen Lage über dem Gehirn das Medianauge. In den so lange Zeit in Alkohol aufbewahrten, vortrefflich erhaltenen Exemplaren fand sich in der peripherischen, den Pigmentwandungen entsprechenden Schale kein Pigment; dass ein solches jedoch im lebenden Thiere fehle, will ich hiermit nicht gesagt haben, obwohl ich glaube, dass im Falle einer aus- gesprochenen Pigmentablagerung die grosse, das Gehirn um das Mehrfache an Volum übertreffende Augenkugel Dana nicht völlig hätte entgangen sein können, und in der von demselben nach dem lebenden Thiere ausgeführten Abbildung dargestellt worden wäre. Auch in Brady'’s!) freilich nach Weingeistexemplaren entworfener Beschreibung ist nur von den Augenlinsen die Rede und von den hinter denselben gelegenen Augentheilen nichts zu finden. Schon bei Betrachtung des Thieres in seitlicher Lage unter- scheidet man — am besten nach vorausgegangener Tinction mit Pikro- carmin — im Innern des Auges drei glänzende prismatische Körper, und bei tiefer Einstellung noch eine zweite Gruppe derselben Gebilde, welche der abgewendeten Hälfte zugehören. Man über- zeugt sich von dem Vorhandensein einer äusseren, von den centralen ') Brady, l.c. pag. 102: „Eyes composed of two large confluent and ex- tremely prominent lenses, situated on the very front of the head.“ Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. IX, Heft 3, 18 (273) 8 C. Claus: Theilen der Augenkugel abgehobenen Wand, welche durch eine enge Spalte in einen oberen, die Dorsalseite und einen unteren, die hintere Seite der Augendecke bildenden Abschnitt zerfällt. Die ventrale Begrenzung wird von einem langgestreckten Streifen etwas abweichender Beschaffenheit gebildet, in welchem ein sehr schmales, glänzendes Stäbchen und bei tiefer Einstellung ein zweites solches (rebilde hervortritt, während die Vorderwand von einer hellen, membranös begrenzten Linse hergestellt wird, auf welche bei tiefer Einstellung eine zweite folgt (Fig. 21). Betrachtet man das Thier in der Flächenlage vom Rücken aus, so überzeugt man sich von dem durchaus symmetrischen Verhalten der beiden Seiten- hälften des Auges und von dem Vorhandensein auch einer grossen seitlichen Deckplatte von ähnlicher Beschaffenheit wie die der dorsalen und hinteren Decke jeder Augenhälfte (Fig. 22). Schon nach diesem Befunde ist es wahrscheinlich, dass die grosse Augenkugel von Miracia trotz ihrer dorsalen Lage ein Medianauge ist, dass die beiden Seitenhälften derselben mit den drei glänzenden Stäbchen im Innern jeder den beiden Seitenbechern entsprechen und der zwischen jenen eingeschaltete ventrale Ab- schnitt, wie auch vielleicht die mehr seitlich folgende Partie, in welcher die beiden kleinen glänzenden Gebilde eingelagert sind, auf den ventralen Augenbecher zu beziehen ist. Am nächsten drängt sich der Vergleich mit dem Corycaeidenauge auf, zumal im Hin- blick auf die homologen grossen Cornealinsen, welche in unserem Falle nicht seitlich auseinander gerückt, sondern median verbunden sind. Demgemäss würden auch die seitlichen Becher sammt dem stark veränderten ventralen Becher, welcher dort durch das iso- lirte Medianbläschen vertreten ist, zu einer einheitlichen, mit den beiden Secretlinsen nach vorn gewendeten Augenkugel ver- einigt sein. | Einen vollständigeren Einblick in den Bau der Augenkugel gewinnt man sowohl mit Hilfe von Schnittserien geeignet erhärteter und gefärbter Objecte, als durch Untersuchung der aus dem Thierkörper herauspräparirten Augenkugel, die sich unter dem Deckgläschen leicht nach allen Richtungen drehen und selbst unter starker Vergrösserung (Hartn. Syst. IX) verfolgen lässt. Durch beide Untersuchungsmethoden wird die Richtigkeit der schon aus dem Befunde des intacten Auges abgeleiteten Beurtheilung bestätigt. Man überzeugt sich an der isolirten Augenkugel (Fig. 28, 29, 350), deren dicke Schalenwand bei vorsichtigem Umdrehen durch den Druck des Deckgläschens in den Nähten der Platten (DP, HP, SP) (274) Ueber die Gattung Miracia Dana etc. 9 gesprengt und in diese zerlegt wird, dass das körnig-streifige Plasma im Innern des Auges jederseits in drei hinteren knopfförmigen Anschwellungen die drei beschriebenen lichtbrechenden Stäbe (Cs) einschliesst, und dass zwischen die beiden Seitenhälften durch die ganze Länge und Höhe ein schmales Medianstück von der Ventral- seite aus wie eingekeilt liegt. Die Stäbe sind mässig hohe pris- matische Platten, deren nach der Bauch- und Rückenseite zuge- wendete Flächen von einem körnigen Plasma überlagert werden, so dass sie lediglich bei seitlicher und hinterer Ansicht der An- schwellungen hervortreten (Fig. 29, 30), vom Rücken aus betrachtet aber nicht erkennbar sind (Fig. 28). Das körnigstreifige Plasma, welches das Innere der Augenhälften füllt, repräsentirt in Ver- bindung mit den-drei, die Stäbe einschliessenden Anschwellungen die Retinazellen, in welche von unten die kurzen, vom Gehirn kommenden Nerven eintreten. Auffallend ist die relativ geringe Grösse der Kerne, die an gut gefärbten Präparaten (insbesondere nach Anwendung von Hämatoxylinfärbung) deutlich hervortreten (Fig. 37, 42, 46n). Die Grenzen der drei Retinazellen, deren kugelige Endanschwellungen von einander getrennt sind, werden ebenfalls an Querschnitten durch die ganze Länge des Plasmas erkannt und der Eintritt einer Nervenfaser in der Nähe des Vorderendes jeder Zelle nachgewiesen (Fig. 33, 45). An einer Anzahl von Exemplaren, die in einem zweiten Gläschen conservirt waren, hatte sich auch ein Theil des Augenpigmentes erhalten, freilich nicht in der nach meiner Deutung die Pigment- schale repräsentirenden Aussenwand, sondern als Tapetumschicht in unmittelbarer Umgebung der die Cuticularstäbe einschliessenden An- schwellungen. Diese waren von einem lichtreflectirenden Tapetum hülsenartig umlagert. An in toto tingirten und aufgehellten Thieren erscheint dasselbe im Hintergrunde des Auges wie ein gelblich-bräun- liches Pigmentlager, welches die glänzenden Stäbe verdeckt. Unter- sucht man dasselbe an zerzupften Augen und an Schnitten unter starker Vergrössernng, so erkennt man, dass es sich um rechtwinklig sich kreuzende Reihen metallisch glänzender Körperchen handelt, welche sich bei genauer Betrachtung als gleich grosse, einander berührende prismatische Stäbchen erweisen und zu einem regel- mässigen Mosaik angeordnet sind (Fig. 48, 50). Im Querschnitt (Fig. 45—47) hat es den Anschein, als wenn zwischen denselben noch eine geschichtete Substanz vorhanden wäre. Auch über die innere mediale Fläche der Nervenzellen setzt sich das Tapetum 18* (275) 10 C. Claus: als dünne Lage fort, welche sich auch in der Seitenlage des Thieres als ein überaus zierliches Mosaik erkennen lässt. Offenbar handelt es sich um eine Licht refleetirende Gewebs- bildung, deren Structur zu den zierlichsten und reizendsten Bildern gehört, welche die Mikroskopie bietet. Das Mosaik der kleinen, wie es bei stärkster Vergrösserung den Anschein hat, sechsseitigen Prismen erinnert an die Structur der subeuticularen Platten, welche bei den Sapphirinenmännchen den prachtvollen Metallglanz und Farbenschimmer veranlasst. Auch hier sind es, wie jüngst H.Ambronn gezeigt hat, dicht aneinander geordnete, sich kreuzende Reihen hexagonaler Stäbchen, welche ein ähnliches Phänomen erzeugen und zu Folge dieser regelmässigen Gruppirung den Anschein dreier Streifensysteme hervorrufen, ähnlich wie sie die bekannten Probeobjecte von Pleurosigma zeigen. Betrachtet man das in einfacher Schicht angeordnete Stäbcehenmosaik von der Fläche, so erscheint dasselbe bei durchfallendem Lichte gelb metallisch glänzend, bei auffallendem bläulich schimmernd, also in complementären Farben, genau wie die polygonale Plattenschicht der männlichen Sapphirinen. Der optische Querschnitt veranlasst bei durchfallendem Licht die Perception von Dunkelblau bis Schwarz, welche bei Abblendung des Bildes durch einen schmutzig- gelblichen Schimmer abgelöst wird. Es ist hier nicht der Ort, auf einen Erklärungsversuch näher einzugehen, ich hoffe jedoch in einer später folgenden Arbeit über Sapphirinen darauf zurück zu kommen. Wenn wir über die Deutung der seitlichen Theile der Augen- kugel als Aequivalente der beiden lateralen, nach vorn gewendeten Augenbecher des Medianrauges, sowie über die drei Paare von Nervenzellen mit ihren Cutieularstäben und Tapetum als die zu denselben gehörigen Elemente nicht im Zweifel sind, so erscheint die Beurtheilung der medianen Partien des Auges weit schwieriger. Vielleicht sind die paarigen Mittelplatten, welche man an @Quer- schnitten fast durch die ganze Höhe der Augenkugel (Fig. 46—48) verfolgt, und welche die Seitenbecher des Auges von Innen be- grenzen, auf die Wandstücke des medianen Bechers zurückzuführen, während das vordere Öuticeularstäbchen einer kleineren, den drei grossen Sehzellen anlagernden Retinazelle zugehört, die vielleicht auf ein Nervenelement jenes zu beziehen ist. | Bei Sapphirina entspricht der Bau des bekannten Augen- bläschens einem Augenbecher, dessen medianem zweitheiligen Pigmentstreifen rechts und links zwei Sehzellen anliegen. (276) Ueber die Gattung Miracia Dana etc. EL Bewegungen scheint das Auge nicht auszuführen, da Augen- muskeln am Bulbus nicht beobachtet wurden. Die zu den Seiten des letzteren gelegenen Muskeln verlaufen zu den Antennen und Kiefern. Dagegen ist die Augenkugel durch bindegewebige Zellen und Fäden am Integumente befestigt, zwischen welchen hinter der Cornealinse und vor der durch die flüssige Secretlinse hergestellten Vorderwand ganz ähnlich wie bei den Corycaeiden ein heller wohl bluterfüllter Raum bleibt, der wie bei Sapphirina einen „Glaskörper* vortäuschen könnte. Nach Dana’s Beschreibung besitzt unsere Thierform im lebenden Zustande einen tiefblauen und an manchen Stellen gelb- lichrothen Farbenschimmer. Nach der ausschliesslichen Unter- suchung von Weingeistexemplaren ist es schwer zu entscheiden, durch welche Gewebe derselbe vermittelt wird und ob eventuell auch dem Integumente und den sehr kleinen, dicht gruppirten Er- hebungen, von denen die Oberfläche übersäet ist, ein Antheil zukommt. Wahrscheinlich sind es aber wie bei den Pontelliden unter der Hypodermis sich ausbreitende Gewebe, in Verbindung mit tiefer gelegenen massigen Zellenlagern, deren Pigmentinhalt die inten- siven Farben veranlasst. Dass einem Theil der zahlreichen Drüsen- zellen, welche als rundlich-ovale Säckchen unterhalb der Poren des Integumentes an der Oberfläche des Körpers verbreitet sind, eine Beziehung zu jenen Schmuckfarben zukommt, vermag ich kaum anzunehmen. Nach Grösse und Beschaffenheit des Inhaltes ver- halten sich diese Zellen, von denen jede meist mit halsartig aus- gezogenem Endtheil in einen Porus mündet, sehr verschieden. Viele bergen in einem feinkörnigen Plasma fettglänzende Kügelchen und färben sich ziemlich intensiv, in anderen bildet der Inhalt eine Ansammlung von Flüssigkeit, welche das wandständige Plasma umgibt. Anderer Natur dürften die grossen Drüsen sein, welche zu den Seiten des Gehirnes unterhalb der Insertion der zweiten Antennen liegen, deren körnchenreicher Inhalt sich durch die viel intensivere Tinction von dem der Hautdrüsen abhebt und vielleicht auf einen Ersatz der fehlenden Antennendrüse hinweist. Das Bindegewebe ist überall im Körper reich entwickelt. Es sind grosse blasige Zellen, deren kleine Kerne sich minder intensiv als die der übrigen Gewebe tingiren. Solche Zellenlager finden sich unter der Hypodermis zu den Seiten des Bauchmarks und umgeben den Darmcanal als perienterisches Gewebe, in welchem sich ähnlich wie bei anderen Copepoden (Lernaeascus) Fettkugeln ablagern. (277) 12 C. Claus: Der @eschlechtsapparat ist beim Weibchen in seinem ganzen Verlaufe paarig. Zwei birnförmige Ovarien liegen hinter der grossen Augenkugel nebeneinander und führen jederseits in einen an der Rückenseite des Darmes die Thoracalsegmente durchsetzenden Oviduct, der mit vier bis sechs grossen, hintereinander liegenden Eiern erfüllt ist. Auch die queren Geschlechtsspalten an der oberen Grenze des ersten Abdominalsegmentes sind doppelt, und es kommt zur Bildung zweier vier bis sechs grosse, dunkelkörnige Eier ent- haltender Eiersäckchen, zu deren Befestigung die langen Borsten des rudimentären Fusshöckers an der Geschlechtsöffnung dienen. Dem oberen Abschnitte des Genitalsegmentes gehört auch das dreilappige Receptaculum an (Fig. 19 Rs), dessen Porus zur Be- festigung der Spermatophore an der hinteren Grenze des medianen Abschnittes mündet, während enge, nach vorn aufsteigende Gänge der seitlichen Säckchen das Sperma zu den Geschlechtsspalten führen. Dagegen erscheinen die männlichen Geschlechtsorgane wie bei so zahlreichen Harpacticiden stets unsymmetrisch nur an einer Seite, bald an der linken, bald an der rechten entwickelt und demnach nur eine Geschlechtsöffnung (Fig. 25) an der ent- sprechenden Seite nachweisbar, während das rudimentäre Füsschen an jeder Seite erhalten ist. Es dürfte daher wohl kaum bezweifelt werden, dass die einseitige Ausbildung des Geschlechtsapparates auf secundäre Rückbildung der zweiten Anlage zurückzuführen ist, worauf auch die nach den Individuen wechselnde, bald rechts- seitige, bald linksseitige Lage des Hodens und Samenleiters nebst Spermatophorentasche hinweist. Dana liess wohl mit Rücksicht auf die beiden grossen Cornea- linsen (von Dana als Conspicilla bezeichnet) und den blauen und gelbrothen Farbenschimmer des Leibes die Gattung Miracia den Sapphirinen folgen, hob jedoch bereits die Aehnlichkeit in der allgemeinen Körperform, der Gestalt des Abdomens und der Thoracal- füsse mit Setella hervor. Dass Miracia nicht zu den Uorycaeiden zu stellen ist, sondern eine mit den — an die Corycaeiden und Pontellen erinnernden — Eigenschaften des hoch organisirten Auges und der Schmuckfarben ausgestattete Formengruppe der Har- pacticiden repräsentirt, bedarf nach dem im Detail dargestellten Körper- und Gliedmassenbau keiner weiteren Erörterung. Obwohl Dana weder die Mundtheile, noch die Gliedmassen näher unter- sucht und beschrieben hat, daher seine Charakterisirung !) der !) Dana charakterisirte die Gattung Miracia folgendermassen : Corpus sub- eylindricum. Frons duas appendices parvulas falciformes subtus gerens. Antennae (278) Ueber die Gattung Miracia Dana etc. 13 Gattung ganz unzureichend bleiben musste, sogar in einzelnen Punkten unrichtig war, so bietet doch das Vorhandensein der grossen Conspicilla, im Zusammenhange mit der gesammten Körper- und Gliedmassenform, einen, wie mir scheint, guten Anhaltspunkt, um die Identität der von Brady und mir untersuchten Form mit Dana’s Miracia (efferata) zu rechtfertigen und daher die Be- nennung beizubehalten, die ohne dieses Kennzeichen aufzugeben sein würde. Die von Dana als Charaktere in den Vordergrund gestellten sichelförmigen Anhänge unterhalb der Stirn, welche Brady nicht aufzufinden vermochte und auf frontale Fortsätze des Rostrums zu beziehen geneigt ist, sind wahrscheinlich auf pflanzliche Parasiten von der Form der sogenannten Amöbidien, welche ich an fast allen Exemplaren an der Haut von Miracia und auch an der Rostralerhebung befestigt fand, zurückzuführen. Der mir inzwischen durch die Güte A. Poppe’s möglich gewordene Vergleich mit Setella (gracilis) hat meine!) stets gehegte und auf Grund der Abbildungen Brady’s bestärkte Meinung über die nahe Verwandtschaft von Miracia und Setella bestätigt. Wenngleich die Körperform der letzteren eine bedeutend gestrecktere ist, sind doch mit Ausnahme des reducirten, der Cornea- linsen entbehrenden Medianauges die der Körpergliederung und den Gliedmassen entlehnten Charaktere im Wesentlichen dieselben. Die langgestreckten Vorderantennen sind auch bei Setella achtgliedrig und tragen auf dem Distalfortsatze des vierten Gliedes den langen Spürschlauch. Die geniculirenden Antennen des Männchens sind wie bei Miracia um ein Glied vermehrt, die Geniculation liegt auch hier zwischen dem sechsten und siebenten Gliede, das fünfte und achte Glied ist relativ kurz, das Endglied verlängert. An der zweiten Antenne fehlt freilich der rudimentäre Nebenast vollständig und das zweite und dritte Glied sind nicht anticae flexiles appendiculatae. Pedes antici mediocres monodactyli, digito tenui. Pedes duo proximi biremes, lateraliter paulo porrecti. Appendices quatuor abdo- minis basales elongatae setigerae. Setae caudales elongatae. ") In dem Prodromus der freilebenden Copepoden, welchen ich vor Publication der Monographie im Jahre 1862 veröffentlichte, hatte ich Miracia unrichtigerweise als mit Setella identisch betrachtet. Das einzige damals von mir beobachtete Exemplar (wohl auch zu S. gracilis gehörig) war ein noch unreifes, vor der letzten Häutung stehendes Weibchen und war überdies nur unvollständig von mir untersucht worden, Vergl. Claus, Untersuchungen über die Organisation und Verwandtschaft der Copepoden. Würzburger naturwissenschaftliche Zeitschrift, 1862. (279) 14 C. Claus: Ueber die Gattung Miracia Dana etc. verschmolzen, so dass die schmächtige, weit herab zur Seite der Oberlippe entspringende Antenne viergliedrig erscheint. Noch grösser und nahezu vollständig ist die Uebereinstimmung der Mundesgliedmassen, deren Mandibeln an Stelle der Taster einen Borstenanhang tragen. An der Maxille fehlt der Taster, doch ist möglicherweise eine sehr zarte Borste als Ueberrest desselben zu betrachten. Die beiden Maxillarfüsse verhalten sich aber genau nach dem gleichen Typus wie die von Miracia gebauten. Dazu kommt die übereinstimmende Gliederung der Beinpaare, deren vorderes Paar einen zweigliedrigen (nicht dreigliedrigen, wie Brady abbildet) Innenast besitzt. Sogar das Rudiment des sechsten Füsschens am Genitalsegmente ist übereinstimmend im weiblichen Geschlechte durch zwei ungleich lange geisselförmige Borsten ver- treten. Dagegen sind die je zu einem Paare gehörigen Ruderfüsse bei der schmalen Körperform einander näher gerückt und durch hohe Zwischenspangen ähnlich wie bei Cycelops verbunden. Auch die inneren Organe von Setella haben vieles mit denen von Miracia gemeinsam. In erster Linie ist die gedrungene Ganglienkette des Nervensystems hervorzuheben, welche schon im zweiten Thoracalsegment endet. Grössere Drüsenzellen der Haut firden sich unterhalb der Insertion der vorderen Antenne, in der Oberlippe im Segmente des fünften Beinpaares und im letzten Abdominalsegmente, kleinere an vielen Stellen der Körperoberfläche und in den Extremitäten. Die Ovarien sind wie bei Setella paarig, der Oviduct aber erstreckt sich durch die ganze Körper- länge bis in das letzte Abdominalsegment. Der Hoden ist ebenso wie der Samenleiter und die Spermatophorentasche nur an einer Seite entwickelt. (280) Erklärung der Abbildungen. Tafel I. Fig. 1. Weibchen von Miracia (efferata Dana), von der rechten Seite aus gesehen. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. II, eingez. Tub., 65mal vergrössert. O Auge, CL Cornealinse, Ov Ovarium nebst rechtsseitigem Oviduct, welcher vier reife Eier enthält. Hinter dem Auge liegt der Darm, unter demselben das Gehirn, auf welches unterhalb der Speiseröhre das Bauchmark folgt. Fig.2. Männchen derselben Art, in gleicher Lage und unter gleicher Ver- grösserung dargestellt. T Hoden, Sp Spermatophore. Fig. 3. Vordere Antenne des Weibchens, von der lateralen Seite gesehen. Camera-Zeichnung. Hartn, Syst. IV, eingez. Tub., 150mal vergrössert. S Spürborste (Sinnesschlauch) auf dem vierten Gliede, Fig. 4. Dieselbe des Männchens, unter derselben Vergrösserung. Fig. 5. Die hintere Antenne mit dem rudimentären, nur zwei Borsten tragen- den Nebenast, unter derselben Vergrösserung. Glied 2 und 3 verschmolzen. Fig. 6. Rostrum von der ventralen Seite dargestellt, mit dem Drüsenporus (P) und den beiden zarten Sinnesfäden. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eingez. Tub., 2mal vergrössert. Fig.7. Transversalschnitt durch die Oberlippe nebst Insertionen der Mund- theile und Antennen. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, eingez. Tub., 150mal ver- grössert. Fig. 8. Mandibel, von der Fläche aus dargestellt. Camera-Zeichnung, wie Fig. 6. Fig. 9. Maxille nebst Taster, unter derselben Vergrösserung. Fig. 9%. Der Kaurand derselben, stärker vergrössert. Fig. 10. Die beiden vorderen Maxillarfüsse nebst Zwischenstück des Integu- mentes, Camera-Zeichnung und Vergrösserung wie Fig. 6, 8 und 9. Fig. 10°. Vorderer Maxillarfuss, Fig. 11. Unterer Maxillarfuss. Camera-Zeichnung, 159mal vergrössert. Fig. 11‘. Fig. 12. Ruderfuss des vorderen Paares eines Weibchens. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, eingez. Tub., 150mal vergrössert. Fig. 13. Ein solcher des zweiten Paares. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, eingez. Tub., 150mal vergrössert. Fig. 14. Ein solcher des zweiten Paares eines Mänuchens mit umgestaltetem Innenaste. Camera-Zeichnung derselben Vergrösserung. Fig. 15. Fuss des vierten Paares eines Männchens. Camera-Zeichnung derselben Vergrösserung. Fig. 16. Die Schaftstücke des dritten Fusspaares mit der medianen Verbin- dungsleiste, unter welcher der Bauchwirbel des Segmentes vorsteht; nach einem QOnerschnitte dargestellt. (281) 16 C. Claus: Tafel II. Fig. 17. Fuss des fünften Paares eines weiblichen Thieres. Camera-Zeichnung, wie Fig. 12 und 15, 180mal vergrössert. Fig. 18. Die Bauchwirbel der Brustsegmente mit den zwischenliegenden Durch- schnitten der Verbindangsleisten der vier Fusspaare (1, 2, 3, 4). (5) Chitinplatte, welche das fünfte Fusspaar stützt. (6) Chitinplatte vor dem Genitalsegment. R Re- ceptaculum. Bm Bauchmark. D Vorlere Darmwand. Nach einem Präparate einer sagittalen Schnittserie. Fig. 19. Das Gevitaldoppelsegment des Weibcehens von der Bauchseite. 6 Fp Rudiment des sechsten Fusspaares, mit zwei Borsten besetzt. Rs Receptaculum seminis. P Porus zum Befestigen der Spermatophore, Camera-Zeichnung. 150mal vergrössert. Fig. 20. Fünftes Thoracalsegment und Genitalsegment des Männchens, von der Bauchseite unter derselben Vergrösserung dargestellt. 5Fp Fünftes Fusspaar, nur an einer Seite ausgezeichnet. 6 Fp Rudimentäres sechstes Füsschen an der Genitalklappe. Das der vorderen Seite ist von der vorausgehenden Fussplatte bedeckt. Fig. 21. Kopfbruststück nebst erstem freien Thoracalsegment eines Männchens, von der rechten Körperseite betrachtet. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, eingez, Tub., 150mal vergrössert. CL Cornealinse. O Augenkugel. R Rostrum. P Poren- canäle der Haut. T Hoden. 2 Fp Zweites Ruderfusspaar. Mxf‘“ Hinterer (innerer) Maxillarfuss.. Man sieht auch über dem Auge die Muskeln, welche zur Basis der Greifantennen verlaufen. Ventralwärts von der Augenkugel das Gehirn mit dem Nerven und Ganglion der ersten Antenne, sodann die Speiseröhre und längs des Magendarmes das Bauchmark. Fig. 22. Dieselbe Körperregion von der Rückenseite dargestellt, mit einer An- zahl von Porengruppen des Integumentes. Vergrösserung 150 ::1. Fig. 23. Abdomen des Männchens, von der Rückenseite dargestellt, mit der Spermatophore (Sp), den Drüsenporen und Tastfädchen nächst dem Hinterrande der Segmente und der Afteröffaung. Camera-Zeichnung. 150mal vergrössert. Fig. 24. Ziemlich dorsal geführter Transversalschnitt durch das Gehirn (Cr), das Antennenganglion (Gl), den Hoden und Magendarm (MD), dessen Zellen theil- weise mit Haufen glänzender Körner gefüllt sind. R Rostrum mit den beiden Tastfäden. Camera-Zeichnung wie Fig. 23. 150mal vergrössert. Fig. 25. Transversalschnitt durch die Länge der Schlundcommissuren und des gesammten Bauchmarkes mit den austretenden Nervenpaaren. DrZ Die grossen Drüsenzellen zur Seite des Gehirnes hinter dem Antennenvorsprung. Ol Oberlippe. Camera-Zeichnung wie Fig. 21. Fig. 26. Zwei Drüsenzellen der Haut mit dem Porencanal in der geschichteten Chitindecke für die grössere derselben ; circa 300mal vergrössert. Fig. 27. Bindegewebszellen zwischen Integument und Darm. Tafel III. Fig. 23—30. Aus dem Körper präparirte, isolirte Augenkugeln, etwa 260 bis 280mal vergrössert. Fig. 28. Eine solche von der rechten Seite gesehen. SL Secretlinse. DP Dor- sale Platte der Augenwand. HP Hintere Platte derselben. Cs Die drei grossen euticularen Stäbe im Innern jeder Augenhälfte. VA Ventraler Theil des Auges mit dem kleinen Stäbchenpaare. (282) Ueber die Gattung Miracia Dana etc. 17 Fig. 29. Die Augenkugel, von der hinteren Seite gesehen. Die dorsale und hintere Platte, zugleich ein Theil der Seitenplatte (SP) bilden die Augenwand und decken jederseits die drei cuticularen Prismen in den Endstücken der Retinazellen. Fig. 30. Die Augenkugel von der Rückenseite aus betrachtet. Man sieht im Innern jeder Augenhälfte die grossen, übereinanderliegenden Retinazellen mit ihren vom Tapetum umlagerten knopfförmigen Endstücken, in denen die cuticularen Stäbe liegen. Man sieht ferner den medianen Zwischenabschnitt im hinteren Augentheil mit zwei mattglänzenden Körpern, sowie vorn hinter den Secretlinsen (SL) die beiden kleinen Stäbchen und Retinazellen. Fig. 31—33. Drei Sagittalschnitte durch Gehirn und Augenkugel, die beiden ersteren nach Camera-Zeichnungen. Hartn. Syst.V, eingez. Tub., 260mal vergrössert. Fig. 31. Sagittalschnitt, von der rechten Seite betrachtet. DCS Dorsaler Cutieularstab, der von der Hinterwand weiter entfernt liegt als die beiden ventralen. VMI Vorderes Marklager des Vorderhirnes, aus welchem die Augennerven (N) ent- springen. A‘N Nerv der ersten Antenne. AN Nerv der zweiten Antenne. Fig. 32. Sagittalschnitt, von der linken Seite betrachtet. Man sieht den säulenförmigen Stab, der jederseits vom Hirne aus die Mitte des Auges in fast ganzer Höhe durchsetzt und dorsal mit schwach glänzender Anschwellung endet (vgl. Fig. 30). Fig, 33. Sagittalschnitt, etwa 380mal vergrössert. Man sieht die Grenzen der drei grossen und der kleinen vorderen Retinazellen, die Kerne derselben, die Stäbe eigenthümlich zerklüftet und von der Tapetumkapsel umlagert, ferner die ans dem vorderen Marklager von eintretenden Nerven, von denen der hintere in die säulen- förmigen Gebilde einzutreten scheint. Fig. 34—39. Sechs aufeinanderfolgende Querschnitte durch Augenkugel und Gehirn. Camera-Zeichnung, 260mal vergrössert. Fig. 34. Schnitt durch die Vorderwand der Augenkugel und die beiden Secretlinsen. Fig. 35. Etwas später folgender Schnitt durch die vordere Gegend der Retina- zellen und vorderen Cuticularstäbchen, Man sieht die von unten eintretenden Nerven und die medianen Zwischenplatten. Vom Gebirn ist die Gangliendecke der Vorderwand getroffen und die Austrittsstelle der Antennennerven (A’N). Fig. 36. Nachfolgender Schnitt. Die Augennerven treten aus dem vorderen Marklager des Gehirnes von unten und innen zu den Sehzellen. Das Gehirn ist so getroffen, dass das vordere Marklager durch mehrere ventrale Zellen von dem Hauptmarklager des Gehirnes wohl abgegrenzt erscheint. In den seitlichen Platten der Augenwand markiren sich symmetrisch intensiver gefärbte schmale, spindelförmige Gebilde, wahrscheinlich durchschnittene Kerne. Fig. 37. Nach hinten folgender Schnitt. Der weiter hinten eintretende Nerv ist getroffen, An der Augenwand sieht man die Grenzen der hinteren seitlichen und dorsalen Platten. In dem medianen Abschnitte heben sich zwei zarte Streifen hervor, die wohl auf die hinteren aufsteigenden Nerven zurückzuführen sein dürften. Am Gehirn ist auch das Hinterhirn nebst Schlundcommissuren in ganzer Länge getroffen. Fig. 38. Schnitt durch die vordere Partie der Anschwellungen der drei Nervenzellen, sowie der dorsalen matt glänzenden Körper. Die Hinterwand des Gehirnes und die untere Schlundpartie des Bauchmarkes ist getroffen. Oes Oesophagus. Fig. 39. Nachfolgender Schnitt durch die drei Paare von Stäben. DÜs Dor- saler Cuticularstab. Cs Die beiden unter jenem liegenden Stäbe. Fig. 40. Schnitt durch die hintere Wand der Augenkugel. (283) 18 C. Claus: Ueber die Gattung Miracia Dana etc. Fig. 41. Derselbe Schnitt mit den umgebenden Theilen des Kopfes. Camera- Zeichnung. 150mal vergrössert. OÖ Auge (hintere Wand). MD Magendarm nebst Einmündung der Speiseröhre. Bm Vorderste Partie des Bauchmarkes. S Transver- sales Septum. Mxf’ Aeusserer Kieferfuss, Fig. 42—44. Drei aufeinanderfolgende Transversalschnitte durch die Länge der Augenkugel. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eingez. Tub., 260mal vergrössert. Fig. 42. Schnitt oberhalb des Gehirnes durch die ventrale Partie des Auges. N‘ Die jederseits zu den Sehzellen eintretenden Nerven. N“ Das hintere aufsteigende Nervenpaar im Querschnitt. SL Secretlinse. n‘ Vier spindelförmige Kerne (3) der ventralen Deckplatten. DrZ Drüsenzellengruppe zu den Seiten des Gehirnes. Fig. 43. Nachfolgender Schnitt. mCs Mediales Cuticularstäbchen. n Kerne der Sehzellen. n‘‘ Mediale Kerne, wohl zu den Secretlinsen gehörig. Fig. 44. Höherer Schnitt. n‘ Spindelförmige Kerne in den seitlichen Deck- platten (Platten der Augenwand). Fig. 45—49. Querschnitte durch die Augenkugel eines Exemplares mit wohl erhaltenem Tapetum. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, ausgez. Tub. Vergr. 380 ::1. Fig. 45. Schnitt durch die vordere Gegend des Auges hinter der Secretlinse. Man sieht die Grenze des Tapetums an der medialen Seite der im Anschnitt ge- troffenen Sebzellen. Tap Tapetum. Fig. 46. Nachfolgender Schnitt durch die Sehzellen und deren Kerne. Fig. 47. Der folgende Schnitt durch Augenkugel und Gehirn. An dem dorsalen Sehzellenpaare ist bereits die knopfförmige Endanschwellung getroffen. Man sieht den Austritt der Sehnerven (sowie der beiden hinteren Nerven) aus dem vorderen Marklager (VMI) des Gehirns. DP, SP, VP, dorsale, seitliche und vordere Deckplatte der Augenkugel. Cs Cuticularstab. Tap. Mediale und laterale Wand des Tapetums, letztere nur an der linken Seite. Fig. 48. Nachfolgender Schnitt. Es ist die mediale und laterale Wand des Tapetums um die Endanschwellungen der beiden hinteren Sehzellen getroffen, in denen die zerklüftete Substanz der Cuticularstäbe sich abhebt. Von der dorsalen Sehzelle- tritt die hintere Wand der Tapetumkapsel in Flächenansicht hervor. Fig. 49. Nachfolgender Schnitt durch die hintere Wand der Tapetumkapsel der beiden hinteren Sehzellen. Fig. 50. Die Körper des Tapetums in ihrer regelmässigen mosaikartigen Anordnung stärker vergrössert, etwas schematisch dargestellt. (284) Ueber Cercaria Clausii Montiıcellr. Von Dr. Theodor Pintner, Assistenten am k. k. zoologisch-vergleichend-anatomischen Institute der Universität Wien. (Mit 1 Tafel.) Es war im Spätherbste des Jahres 1889, als für Herrn Hof- rath Claus zwei Gläser mit Meerwasser in Wien eintrafen, und zwar aus Rovigno von dem gegenwärtig, wenn ich nicht irre, an der dortigen Station des Berliner Aquariums als Marineur beschäf- tigten Herrn Kossel mit der Bitte abgesendet, die zwei Stück in denselben enthaltenen Schnecken, „die so zahlreiche Embryonen ablegen“, bestimmen zu wollen. Hofrath Claus übergab mir die Gläser, und ich erkannte mit meinem kurzsichtigen Auge, das ohne jede Bewaffnung in pelagischem Auftriebe auch nur halbwegs wahrnehmbare Thierchen rasch zu bestimmen geübt ist, auf den ersten Blick, dass es sich hier nicht um Molluskenembryonen handle. Zahlreiche kleine, lebhafte, zappelige Kügelchen von zer- zaustem Aussehen trieben sich im Wasser in unregelmässigen Bahnen umher, die, fast an die Bewegungsart junger Chironomus- oder anderer Fliegenlarven erinnernd, den Eindruck hinterliessen, dass die Thiere keine nach einem bestimmten Ziele gerichteten zweckmässigen Bewegungen auszuführen im Stande sind, sondern eben nur, um schweben zu bleiben, sich aufwärts oder abwärts, dahin oder dorthin schnellten. Was ich aber vor mir hatte, konnte ich auch nicht annähernd errathen, so sehr ich auch mit der wundervollen Gestaltenwelt des pelagischen Auftriebes vertraut bin. Jene aufregende Erwartung, die das Vorfinden einer dem Beobachter noch unbekannten Thierform in einem Glase reich- haltigen Planktons wenigstens nach meinem Geschmacke zu einer der anziehendsten zoologischen Beschäftigungen macht, so dass es mich stets schwere Ueberwindung kostet, von der Durchstöberung eines Gefässes mit frischem Auftriebe zu Gunsten einer anderen Arbeit abzusehen, steigerte sich auf’s Höchste, als ich auch beim (285) 2 Dr. Theodor Pintner: Hineinblicken in’s Mikroskop zunächst von dem waunderlichsten Bilde überrascht wurde. Von einem Mittelpunkte strahlten radien- förmig lebhaft bewegliche Schläuche aus, sich in der Längsrichtung bald stark zusammenziehend, bald lang, fast fadenförmig aus- dehnend, bald zappelnd und zitternd, bald heftig auf- und ab- peitschend und wie an der übrigen Masse zerrend. Jetzt breitete sich das Ding nach Art einer Carchesiumeolonie weit aus, jetzt wieder knäuelte es sich zu einem kleinen dieken Klümpchen zu- sammen, für das Auge umsomehr unauflösbar, als die Schläuche von langen, feinen, aber steifen, senkrecht abstehenden, borsten- artigen Haaren dicht umgeben waren, die thauartig allenthalben kleine, ausserordentlich stark lichtbrechende Secrettröpfehen trugen. Erst als die Thiere unter dem Drucke des Deckgläschens ruhiger wurden, um dann allmälig abzusterben, wurde das distale Ende der einzelnen Schläuche erkennbar, und da war es natürlich sofort klar, dass ein Häufchen von Cercarien vorliege, die in wunder- lichster Weise mit ihren Schwänzen ineinander ver- wickelt waren. Ich erinnerte mich nun alsbald, dass diese Erscheinung bereits in der Literatur erwähnt worden sei, und zwar von Claus, der in der 4. Auflage seiner „Grundzüge der Zoologie“ (Marburg 1880), I, pag. 398, sagt: „Endlich ist das Vorkommen von marinen Cercarien der Gattung Distomum (nach eigenen, noch nicht veröffentlichten Beobachtungen aus dem Aquarium in Neapel) hervorzuheben, welche, einem Rattenkönig vergleichbar, an dem knopfförmig verdiekten Ende ihrer mächtig entwickelten, spirillenähnlich beweglichen Schwänze untereinander zusammen- hängen und wie kugelige Klümpchen lebhaft schwingender Fäden frei im Meerwasser schwimmen. Dieselben werden von schlauchförmigen Redien in marinen Gastropoden erzeugt, um wahrscheinlich nach ihrer Trennung in die Gallertsubstanz von Medusen, Siphonophoren, Rippenquallen etc, einzuwandern und zu den kleinen, hier so ver- breiteten geschlechtslosen Distomeen zu werden.“ | So viel ich weiss, ist seit dieser Zeit die „Rattenkönig- cercarie“, unter diesem Namen war sie nämlich in die Sammlung des hiesigen Institutes eingereiht worden, nicht wieder zur Beob- achtung gelangt. Auch in der Literatur war es, neben einer kurzen Bemerkung Leuckart’s (Parasiten, 2. Aufl., I, 4, pag. 87), nur mehr Monticelli, der in seinem „Saggio di una morfologia dei Trematodi“ (Napoli 1888), pag. 79, auf dieses Thier zu sprechen kam, die äusseren Charaktere desselben nach alten Präparaten dürftig ergänzte, Maasse angab und dasselbe Cercaria Clausii benannte. (286) Ueber Cercaria Clausii Monticeili. 3 Ich selbst hatte nur wenige flüchtige Skizzen des lebenden Thieres, dagegen mehrere brauchbare Präparate angefertigt und eine grössere Menge von Thieren conservirt, musste dann aber, mit anderen Dingen beschäftigt, die Sache liegen lassen in der Erwartung, dass sich mir nochmals Gelegenheit bieten werde, des Thieres habhaft zu werden, umsomehr, als der Zwischenwirth festgestellt war. Dies gelang jedoch nicht, und so gebe ich nun, ergänzt durch genauere Zeichnungen nach meinen Präparaten, ohne Absicht einer eingehenderen Untersuchung, was ich eben beob- achten konnte, um das, wie es scheint, ausserordentlich seltene Thier, durch die Abbildungen sicherer zu kennzeichnen und über- haupt vor Vergessenheit zu bewahren. Der Zwischenwirth, dem das Thier entstammte, war Trivia europaea Ad. (coceinella Lam.). Von dieser Prosobranchierart befanden sich, wie gesagt, zwei Stück in den nach Wien gesendeten Gläsern. Es wurden Anfangs täglich eine Zahl von vielleicht 30 solcher Colonien ausgestossen, die sich ungefähr anderthalb bis zwei Tage lang lebhaft bewegten, um endlich zu Boden zu sinken, wo bald erst einzelne, dann fast sämmtliche oder thatsächlich alle Distomen von den Cercarienschwänzen abfielen, die indessen noch einen oder den anderen Tag, verbunden, wie sie waren, müde weiterzappeiten, um endlich zu Grunde zu gehen. Allmälig ge- schah das Ausstossen in längeren und immer längeren Zwischen- räumen, erst zwei bis drei Tage, dann noch mehrere überspringend, und das dauerte so ungefähr vier Wochen. Nach dieser Zeit ging die eine Schnecke zu Grunde und es zeigten sich keine Cercarien mehr, so dass dieselben wahrscheinlich alle aus der einen Schnecke gewesen sind. Für die Lebensgeschichte dürften folgende Punkte von Wich- tigkeit sein: 1. Die Cercarien einer Colonie trennen sich nie freiwillig. Ich sah allerdings, dass sich der zwar lockere, aber durch die Länge der ineinander geschlungenen Theile dennoch fest zusammenhaltende Knoten löste und einzelne Thier- chen unverletzt frei wurden; das geschah aber nur unter dem Drucke des Deckglases. Bei den frei im Glase schwimmenden Colonien geschah dergleichen nie, sondern ganz ähnlich wie es Ziegler von Bucephalus sagt, dass dieselben nach 15 Stunden ermüdet zu Boden sinken und zu Grunde gehen, wenn innerhalb dieser Zeit der Zwischenwirth nicht gefunden ist, so tritt auch hier, ohne vorhergehende Trennung der Einzelthiere, im gleichen Falle der Tod ein. (287) 4 Dr. Theolor Pintner: 2. Wie bereits erwähnt, kann von einer beabsichtigten, zweckentsprechenden Richtung bei der Bewegung dieser Thiere keine Rede sein. Somit kann auch an eine active Einwanderung nicht gedacht werden, sondern das Thier wird offenbar, da das flatternde, lebhaft bewegliche Klümpchen der Gesammteolonie recht auffällig ist, von irgend einem anderen Thiere aufgeschnappt und gefressen. Man möchte sich fast versucht fühlen, in diesem Zu- sammenleben eine Vorkehrung für die sichere Vereinigung vieler Individuen in dem Zwischenwirthe, wenn ein soicher vorhanden ist, und hiermit für die Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins wenig- stens mehrerer Individuen in dem definitiven Wirthe zum Zwecke der Wechselkreuzung zu erblicken. Um das auf die Biologie sich Beziehende hier abzumachen, erwähne ich noch, dass Monticelli sich nicht der naheliegenden Vermuthung von Claus anschliesst, dass zum Lebenscyklus der Cerearia Clausii die Distomen der Rippenquallen, Medusen, Siphonophoren etc. gehören, sondern diese geschlechtslosen Larven vielmehr der Cercaria setifera zuweist (l. e.). Ich gehe nunmehr zur Beschreibung des Thieres über. Die Zahl der zu einer Colonie vereinigten Cercarien schwankt etwa zwischen 10 und 20. Die Thiere stimmen in ihrer Grösse überhaupt, besonders aber diejenigen derselben Üolonie ziemlich vollkommen überein. Die Dimensionen wechseln natürlich ausser- ordentlich nach den Uontractionszuständen. Gleichwohl finde ich meist als Länge des Thieres ohne Schwanz 0'2 bis (bei schon ziemlich längsgestreckten) 0'27 Mm., Zahlen, die also ziemlich mit den Monticelli’schen Angaben stimmen. Davon entfallen auf den Durchmesser des vorderen Saugnapfes circa 0'036—0'045, auf die Länge des Stückes zwischen diesem und dem Bauchsaugnapfe 0'113, auf den Längsdurchmesser des letzteren 0'032 und auf den Hinterkörper vom Bauchsaugnapfe bis zum Schwanzansatze 0'072 Mm. Die durchschnittliche Breite fand ich mit eirca 0'045 Mm. Die Länge des Schwanzes bis zu dem fadenförmigen Endstücke beträgt 0'6 bis 0:7 Mm. bei einer Breite von circa 0'071, die des Knopfes am Schwanzende bis zu 0'023 bei einer Breite von 0'013. Die Augen erreichen einen Durchmesser von 0'011 Mm. Sehr charakteristisch und auffallend ist die Färbung des lebenden Tbieres. Sämmtliche Distomenkörper sind nämlich hell- gelb pigmentirt, dasselbe gilt für alle Schwänze, in denen der Farbstoff hauptsächlich im vorderen Theile verlagert erscheint. Ausserdem aber ist ein schwarzes Pigment nur im Distomenkörper, (288) Ueber Cercaria Clausii Monticelli. 5 nicht auch in den Schwänzen vorhanden, und zwar hauptsächlich im hinteren Körpertheile, hinter dem Bauchsaugnapfe, in Gestalt runder schwarzer Ballen, die gegen die Mitte des Körpers zu am dichtesten lagern. Dieses Pigment kommt aber nicht allen Thieren einer Colonie zu, sondern nur ungefähr der balben Anzahl, so dass während des Lebens die ganze Üolonie in sehr auffälliger Weise aus gelben und schwarzen Individuen zusammengesetzt er- scheint. Auch auf Präparaten ist dieser Unterschied noch deutlich erkennbar. Zwar ist das gelbe Pigment nach Alkoholbehandlung verschwunden, nicht aber das schwarze im Hinterkörper, und man nimmt nunmehr abwechselnd helle und dunkle Individuen wahr (Fig. 1). Auf Präparaten erscheint das Pigment nicht mehr in Form von Ballen, sondern netzförmig zerzogen und verästelt. Die viel feiner vertheilten Pigmentmassen des Vorderkörpers er- scheinen an den kleinsten Tröpfchen durchscheinend rothbraun und sind streifenförmig angeordnet, als ob sie dünne Drüsenaus- führungsgänge begleiten würden (Fig. 9). Der Distomenkörper trägt an seinem vorderen Ende einen kugelförmigen Saugnapf (Fig. 3), der mit ihm nur durch einen schmalen Stiel (meist noch viel auffäliiger verschmälert als in der Figur) verbunden ist. Sein trichterig von der Bauch- zur Rücken- seite verlaufendes Lumen theilt seine Muskelmasse auf dem opti- schen Längsschnitt in eine mächtige vordere und eine viel schmälere hintere Lippe, genau wie Schwarze dies für Süss- wassercercarien beschreibt (Schwarze, Die postembryonale Ent- wicklung der Trematoden. Zeitschr. f. wissenschaftl. Zool., Bd. XLIII, pag. 55). Dieses Lumen ist es auch wahrscheinlich, was Monti- celli (l.c.) als „Esofago assai lungo“ beschreibt. Ich zweifle auch gar nicht daran, dass diese Deutung die richtige ist, möchte aber doch erwähnen, dass es mir an keinem meiner Präparate gelang, auch nur eine Spur des Verdauungstractes zu entdecken, und dass ich das Saugnapflumen, das sich bis hart an die Rücken- haut des Körpers hinzieht, nie weiter verfolgbar fand, eher den Ein- druck hatte, als wäre es hier völlig geschlossen (Fig. 3). Der auf den vorderen Saugnapf folgende Vorderkörper,, bis zum Bauchsaugnapf gerechnet, ist, wie aus den obigen Messungen hervorgeht, stets länger, in normalen Contractionszuständen auch ziemlich viel breiter als der auf den Bauchsaugnapf folgende Theil (Fig. 4, 5). Er zeigte sich im Leben auf der Oberfläche der Bauchseite fein gekörnelt (Fig. 4) , auf Präparaten sehe ich ihn sehr zart quergeringelt, eine Erscheinung, die sich natürlich Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete, Tom. IX, Heft 3. 19 (es9) 6 Dr. Theodor Pintner: nur auf die Hautschicht bezieht (Fig. 3). Er ist der Träger der bald kugelrunden, bald mehr dreieckig umrissenen beiden Augen, die dunkelbraun bis schwarz erscheinen. Ferner liegen in dem- selben vier mächtige sackförmige Drüsenschläuche, die ich am lebenden Thiere mit vier langen feinen Ausführungsgängen am vordersten Körperrande ausmünden sah (Fig. 5). Die Bedeutung von vier regelmässig gelagerten hellen Punkten in der Region des Mundsaugnapfes, die ich gleichfalls am lebenden Thiere erblickte (Fig. 5), habe ich nicht weiter untersuchen können. An Präparaten, die mit Pikrocarmin gefärbt sind, treten die vier Drüsenschläuche durch eine sehr intensive, hellrothe Färbung sofort höchst augen- fällig hervor (Fig. 1, 3). Monticelli erwähnt dieselben („Di alcuni organi di tatto nei Tristomidi“ in Boll. d. soc. d. nat. Napoli. Ser. I, Vol. V, pag. 110); sie sind offenbar homolog mit ähnlichen bei vielen anderen Cercarien, wie solche z, B. von Schwarze (l. ec. pag. 60—61, 76) und v. Linstow („Ueber den Bau und die Entwicklung des Distomum eylindraceum Zed.“ im Arch. f. mikr. Anat., Bd. XXX VI, pag. 188) beschrieben worden sind und als Cystendrüsen bezeichnet werden. Der Bauchsaugnapf, im Durchschnitte von ungefähr der- selben Grösse wie der vordere Saugnapf, liegt, wie erwähnt, ziemlich weit über die Mitte des Thieres nach hinten verschoben und tritt bei verschiedenen Contractionszuständen bald knopfförmig weit hervor (Fig. 4), bald in die Körpermasse zurück, so dass nur seine Lippen über das kreisförmige Ostium der Haut (Fig. 3) hervorragen oder gar das letztere blos wie eine Krateröffnung über ihm zu liegen kommt (Fig. 5). Dicht hinter ihm beginnt die grosse Endblase des Excre- tionssystems, die offenbar sehr contractil ist, da sie an Prä- paraten bald mit riesigem Lumen fast den ganzen Hinterkörper füllt (Fig. 5), bald als schmaler Canal in der Medianlinie vom Saugnapf bis zum Körperende verläuft und besonders zwischen den dunkeln Pigmentmassen auffällt (Fig. 1). Theile der Haupt- stämme des Exceretionssystemes gewahrte ich als je einen ge- schlängelten Canal an jeder Körperseite nur am lebenden Thiere (Fig.’d), Der langeCercearienschwanz besteht aus drei Theilen: Dem mächtigen schlauchförmigen Schwanztheile, einer peitschenförmigen Verlängerung und dem Endknopfe (Fig. 1, 2, 3). Der erstere ist im Leben von einem dichten Pelz langer steifer Haare umhüllt, die an ihrer Oberfläche zahlreiche, ausserordentlich stark lichtbrechende (200) Ueber Cercaria Clausii Monticelli. 7 Secrettröpfehen tragen (Fig. 2). Bei Behandlung mit Reagentien schrumpfen diese Härchen zu unansehnlichen Zotten (Fig. 1,8), die, bei starker Vergrösserung betrachtet, am Ende mit einer ganz flachgedrückten Keule versehen erscheinen (Fig. 10), was besonders deutlich an @lycerinpräparaten hervortritt. Der Schwanzschlauch setzt sich mit einem abgerundeten Vorderende an den rückwärts postamentartig plattgedrückten Körper des Distomums an und behält im Wesentlichen die gleichen Breitedimensionen bei, bis er sich am H'nterende allmälig verschmälert, um in das peitschen- förmige Stück überzugehen. Er ist von einer dünnen, aber, wie es scheint, ziemlich resistenten, homogenen Cuticula, die sich, sowie die Härchen, die auf ihr aufsitzen, auf stark tingirten Präparaten leicht färbt und, wie bei den Üestoden, plasmatischen und nicht etwa chitinigen Charakter hat, allseitig umschlossen und von einem grossblasigen Parenchym völlig erfüllt. An der Ober- fläche unter der Haut liegt die bekannte Längsmuskelschicht (Fig. 7, 8), welche mit ihren sich bald theilenden, bald ineinander übergehenden, bald wieder längere Strecken parallel verlaufenden Fibrillen dem entspricht, was Ziegler („Bucephalus und Gastero- stomum‘“, Zeitschr. f. wissenschaftl. Zool., Bd. XXXIX, pag. 561) in anderen Fällen von ihr sagt. Die cireuläre oder Querfaserschicht vermochte ich zwar nicht aufzufinden, doch ist sie ja so allgemein verbreitet, dass ich an ihrer Existenz auch im vorliegenden Falle nicht im Mindesten zweifle; jedenfalls sind die Fibrillen unge- wöhnlich zart. Das grossblasige Parenchym besitzt zwischen seinen protoplasmatischen Brücken und Wänden eine Zwischensubstanz, deren Umgrenzungen im Leben stets rundlich gestaltet sind (Fig. 2, 7), an Präparaten dagegen polygonal erscheinen (Fig. 3, 8). Im Ganzen gleichfalls den von Ziegler für Bucephalus geschil- derten Verhältnissen entsprechend, scheint die Protoplasmamasse doch ärmer als dort und die Kerne spärlicher. Diese letzteren treten besonders bei Färbungen mit Saffranin sehr schön hervor und sind wenig zahlreicher unmittelbar am Vorderende, dagegen sehr gehäuft in dem hintersten Zipfel des Schwanzes (Fig. 3). In manchen Lagen des Schwanzes erinnert das Parenchym, auf dem optischen Schnitte gesehen, auffallend an Pflanzenparenchym und ist wie aus nur zwei Reihen nebeneinanderliegender Palissaden- zellen gebildet (Fig. 8). Auch bei Cercaria Olausii liegen im Parenchym des Schwanzes nirgends Zellen, von denen zu erwarten wäre, dass sie noch ein- mal als Keimzellen eine Rolle spielen könnten. Einer solchen 19* (91) 8 Dr. Theodor Pintner: Anschauung gegenüber stehe ich überhaupt auf Seiten Ziegler's, Schwarze’s und Leuckart’s. Ziegler (l. ec. pag. 564) sagt: „Direct gegen die Pagenstecher’sche Auffassung spricht der histologische Bau der Arme (nämlich des Buce- phalusschwanzes); schon in Armen, welche noch nicht die volle Grösse erreicht hatten, sah ich nur verästelte Bindegewebszellen ; dass derartige Zellen noch Eizellen werden könnten, ist nicht anzunehmen ; wenn die Arme Öercarien erzeugen sollten, so müssten sie Zellen von noch unentschiedenem Charakter enthalten, aus denen die „Keime“ entstehen könnten.“ Die vermeintliche Bestätigung der Pagenstecher’schen Anschauungen durch Ercolani ist meiner Meinung nach wenig Ausschlag gebend. Die betreffenden Arbeiten des letztgenannten Forschers sind von Ziegler (l. c. pag. 564) und Schwarze (l. e. pag. 43 bis 44, 63) so charakterisirt worden, dass ich mir umsomehr jedes weitere Wort über dieselben ersparen darf, als sie auch von maassgebendster Seite (Leuckart, „Parasiten“, Il. Aufl., I, 4, pag. 127) verurtheilt worden sind. Allerdings zeichnet andererseits T hiry (Beiträge zur Kennt- niss der Cercaria macrocerca Filippi) in dem Schwanze der von ihm untersuchten Art (Tafel 20, Fig. 5a, Tafel 21, Fig. 11 und 12a) Zellen, auf welche das oben Gesagte keine Anwendung finden möchte, und die zur Vorsicht auffordern, da die Abbildungen ganz vortrefflich zu sein scheinen. Die von Claus („Zur morphologischen und phylogenetischen Beurtheilung des Bandwurmkörpers“, diese Zeitschr., Tom. VIII, pag. 313—326) vertretene Homologisirang der Cercarie mit der Bandwurmfinne aber bedarf dieser problematischen Stütze gar nicht, denn überzeugend, wie sie ist, dürfte sie auch von jenen, die sich den phantastischen Anschauungen des italienischen Zoologen nicht anzuschliessen vermögen, und die von ihm mitgetheilten Thatsachen als Irrthümer einer wenig genauen Beobachtung verwerfen, angenommen werden. Diese Homologisirung wird ferner auch noch durch die letzten Publicationen von Hamann und Mräzek wesentlich gestützt und bietet ja ausserdem, was gewiss sehr merkwürdig ist, auch noch in umgekehrter Richtung eine Parallele: sowie wir nämlich nun- mehr cysticerke Bandwürmer mit Cercarienschwänzen kennen gelernt haben, so gibt es ja so zu sagen auch Cercarien mit finnenblasen- artig eingestülpten Distomeenstadien an ihrem vorderen Ende. Wenig- stens dürfte das, was Thiry (l.c.) von Cercaria macrocerca (292) Ueber ÜOercaria Clausii Monticelli. 9 bespricht und zeichnet (Tafel 20, Fig. 5, Tafel 21, Fig. 11u. 12), kaum anders als in diesem Sinne zu deuten sein. Wenn auch Thiry nur von einem Wucherungsprocesse der „Oberhaut“ spricht, so scheint es doch, als ob zu dem dort vorliegenden Endresultate nebst der „Cuticula“ auch noch tiefer liegende Gewebsschichten ihre Mitwirkung leihen würden. Aehnlich scheinen die Vorgänge bei Cerearia cystophora (Leuckart, Parasiten. 2. Aufl, I, 4, pag. 146) und bei der neuerdings von Braun alsCercaria mirabilis erkannten „freischwimmenden Sporocyste“ (Zoolog. Anz. 14. Jahrg, Nr. 375) zu liegen. Dabei ist nur Eines festzuhalten: Die Finnenblasenwand ent- hält ein wohlausgebildetes, in den Scolex direct übertretendes Exeretionssystem. Dieses mündet mit einer Endblase aus, die am hinteren Ende der Finnenblase liegt, d. h. jenem Pole mehr oder weniger genau gegenüber, an dem sich der Canal findet, der in die den Scolex beherbergende Höhlung, das Receptaculum, führt, wie ich das demnächst an Entwicklungsstadien von Tetrarhynchen genauer zeigen zu können hoffe. Bei der Cercarie liegt der Ex- eretionsporus vor dem Schwanze und dieser zeigt meist keine Spur von excretorischen Gefässen, ebensowenig als die Schwanz- anhänge der Cysticercoiden, soweit man das aus Hamann’s Arbeiten („In Gammarus pulex lebende Cysticercoiden mit Schwanzanhängen“ und „Neue Oysticercoiden mit Schwanzanhängen“, Jena’sche Zeitschr. 24. u. 25. Bd.) schliessen kann. Die Wand der Finnenblase ist daher stets, wie der eigent- liche Distomenkörper, ein vor der Harnblase gelegener Körpertheil, und somit wohl nicht mit der Hauptmasse des Cercarienchwanzes, sondern eher mit einem Abschnitte des eigentlichen Distomum- körpers homologisirbar, da der Schwanzanhang der Oercarie sowohl, wie der der geschwänzten Cysticercoiden grösstentheils post- vesiculär ist. Allerdings tritt selbst hier noch eine die Sicherheit der Deutung erschwerende Complication der Verhältnisse ein. Hat nämlich das den jungen Tetrarhynchus einschliessende Cysticercus- stadium auch seine eigene primäre contractile Endblase des Ex- eretionssystems, so besitzt aber auch der Tetrarhynchenscolex selbst, sobald er von der Finne sich losgelöst hat, wiederum an seinem hinteren Ende eine selbstständige contractile Blase, und vielleicht ist erst diese, trotz ihrer secundären Bildungsweise, mit derjenigen am Hinterende des jungen Distomums bei den Cercarien zu homologisiren. Ich behalte mir vor, auf diese Dinge bei Ver- Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. IX, Heft 3. 20 (293) 10 Dr. Theodor Pintner: Ueber Cercaria Olausii Monticelli. öffentlichung meiner derzeitigen Tetrarhynchenstudien zurück- zukommen. | Der sehr dehnbare peitschenförmige Anhang des Schwanzes erscheint dem Haupttheil seiner Masse nach aus der Haut ge- bildet und nur ein schmaler canalartiger Fortsatz des Schwanz- parenchyms führt bis zum Endknopfe, in welchem er sich wieder lumenartig ausbreitet (Fig. 7). Stets liegen hier noch Kerne (Fig. 3 und 6), deren einer regelmässig im Knopfe selbst erscheint. Dieses lanzettförmige Ende ist im Wesentlichen durch die Quer- runzeln der Haut gebildet (Fig. 6) und noch ebenso stark con- tractil, wie der ganze peitschenförmige Abschnitt. Wien, November 1891. Tafelerklärung. Fig. 1. Colonie von Cercaria Clausii Monticelli, bei circa 7bmaliger linearer Vergrösserung gezeichnet. (Grosses Reichert’sches Stativ, aufgez. Tubus, circa 38 Cm. Abstand des Oberhauser’schen Prismas von der Zeichenfläche, Objectiv 1A.) Man unterscheidet die gelb und die schwarz pigmentirten Indi- viduen. Nach einem Präparate in Canadabalsam. Fig. 2. Ein Individuum, das sich unter dem Drucke al Deckglases aus der Colonie gelöst hat, ungefähr in gleicher Vergrösserung. Nach dem leben den Objecte. Fig. 3. Ein Einzelthier bei circa 240maliger Vergrösserung (wie oben, Hartn. Objectiv 4). Nach einem Uanadabalsampräparate. Fig. 4. Der Körper des lebenden Distomums in verschiedenen Contractions- zuständen. Fig. 5. Das lebende Thier, stärker vergrössert. x Vier helle Flecken unbe- kannter Bedeutung. o Augen. cdr Die vier Cystendrüsen mit ihren vier Ausführungs- gängen. ex Die zwei Hauptstämme des excretorischen Apparates. hbl Die contractile Endblase desselben. Fig. 6. Der Endknopf des Cercarienschwanzes bei circa 420maliger Ver- grösserung (Abst. des Zeichenprismas von der Zeichenfläche, eirca 17 Cm. Hartn. Objectiv VIII). Präparat. Fig. 7. Ende des Schwanzes, nach dem lebenden Objecte gezeichnet. Fig. 8. Ein Stück des Schwanzes, stärker vergrössert. Im Längsmusculatur, Lebendes Thier. Fig. 9. Schwarzes Pigment im vordersten Körpertheile, circa 240mal vergrössert. Fig. 10. Härchen, stark vergrössert, Glycerinpräparat. (294) Druck von Gottlieb Gistel & Comp, in Wien, I., Augustinerstrasse 12. D aY an F u { NN LINK. 7 | N N C.Clatis del:. nn a I, () a ) in 7 N N Lith. Ans w. (r Frevtag & Berndt, Nie Ülkeus clel estncoen, Fur /B ch D PA . y iR - 7 2 TH > Irer: * Berndt Fri Wezi U ‚lest. 1: 6 Jill ELTA > 5a ve “ EN Fr 2 a aus dem zoolog. Im astitnt Aa de a ee 1 fern Ze a Ri e) } ara a ng, er Welkercdert... Taf ll. ri Br I N ü * — & Q ONSION, IZert . T ‚F Anst.ır & Freytag & Beryidt Lith ’ Ms ’ ai Ale he an nn a a J Ber,? en. 4 ’ % un ie ortod. I ! ” Er Be #7 Lith..Anst. v. 6. Freytag & Berndt, Wien Ba Sr nl ER Er a, «L Me ae u © Be” A ET ; >. DT RE ed 5 R mM 2 N TERN ke gr f hir, ur Pa N En FT Yez N ’ no 4 + in a Bu Zu kuls ei > eo > = Dry D r ui r = > e y r u‘ Tr. beiten aus dem zoolog. Ins 2 L.IN, Heli IR ne » u 4 2... Kr A NT { A # # WIN: VERE, 7% . ‘ del, ( ee Cluus 0/22: Eee We, d i ‘2 2 P n R | ng De A n a P| Pr ri ’ = : = 1 ® = EBEN En ’ in. .) ne; ‚Arbeiten aus dem zoolo | | | | | | Ein, Ce. Claus Wo, Kr Lüh_Anst.v:Glreytag & Berndt Nten.. - 4 m a a ai“ ns 0 & Be un s ATELIER, R er ee N Er I en Fa; AR 2 54 ee Mi x} | G Be ZA — m Te: ” Institut zu " Arbeiten aus dem zoolog. {} U Tr u a Sega een ee Ze (aus: Ü ber Miracia. Tl IH. Seocooeouo gueoceoocc nt Lüh Anst.v. 6 Freytug & Berndt, Wien .. a \\ L; A #, ann D + Rat c MN. e . # ’ “ 7 I. Fininer del. pe, Cercaria ER TR er: Über CH er | Lith.Anst.v. G.Ireytag & Berndt, Wien. - u pi et E 5 ” RT un Peae — = E en u EPS “ UN De I ee ee ARBEITEN ZDOLOGISCHEN INSTITUTE UNIVERSITÄT WIEN ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. HERAUSGEGEBEN VON De. 0, CLAUS, 0. ©. PROBESSOR DER UNIVERSITÄT UND VORSTAND DES ZOOLOGISCH-VER@GL.-ANATOMISCHEN INSTITUTS IN WIEN, DIRECTOR DER ZOOLO@ISCHEN STATION IN TRIES!. TOM.X, I. Heft. Mit 6 Tafeln. WIEN, 1892. ALFRED HÖLDER, K.U.K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER Rothenthurmstrasse 15. e ET, ea ac rY Fe Uli rn > 7 ee N Er Alle Rechte vorbehalten. R j R R ir = Pi > = m... nt - rd i 27 u er ’E re 5 20, 5 Zei _ - ’ en et EZ m Se ee TE A te EI I A e E Ueber die Entwicklung desScyphostoma von Cotylorhiza, Aurelia und Chrysaora, sowie über die systematische Stellung der Seyphomedusen. IE Von C. Claus. Mit 3 Tafeln. I. Ueber die Knospenbildung und Strobilation der Cotylorhiza- Scyphostomen. In dem ersten, vor Jahresfrist veröffentlichten Theile dieser Abhandlung hatte ich die Entwicklung der Cotylorhiza vom Ei an bis zum 16armigen Scyphostoma dargestellt, und aus dem in mancher Hinsicht von den mir bekannt gewordenen Seyphostomen anderer Acalephen abweichenden Baue derselben, insbesondere aus der auffallenden Kürze der Gastralwülste, welche auf die Peristom- scheibe beschränkt bleiben und nicht zu wahren bandförmigen Tae- niolen bis zum Fussende herabwachsen, als wahrscheinlich abgeleitet, dass lediglich einscheibige Strobilen erzeugt würden. Ich hoffte, über diese Vorgänge, wenn es gelingen sollte, das Scyphostoma zur Strobilation zu bringen, im zweiten Theile berichten zu können. Sowohl in den Aquarien des zoologischen Institutes zu Wien als in denen der Triester Station erhielten sich die 16armigen Scyphostomen, wenn auch der Zahl nach vermindert, den ganzen Winter und Frühling unverändert. Da die zur Befestigung dienende Haftscheibe am Fussende des Stieles eine geringe Ausbildung erlangt, und die Oberfläche des Körpers bewimpert bleibt, so war es nicht Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft. 1 a) p. C. Claus: auffallend, dass zu jeder Zeit ihrer Entwicklung einzelne Scypho- stomen an der Oberfläche suspendirt, andere frei im Wasser umher- schwimmend angetroffen wurden. Offenbar steht mit der geringen Ausbildung der Drüsenzellen der Fussfläche die persistirende Be- wimperung des Ektoderms in engem Zusammenhange und sichert die Erhaltung der von ihrem Befestigungspunkte losgelösten Formen. Erst im Monat Juli begannen dieselben sich durch Knospen fortzu- pflanzen, die jedoch nicht wie bei den Seyphostomen anderer Medusen- gattungen am Fussende oder als Stolonen entstehen, sondern an der Leibeswand des Bechers erzeugt wurden. Es waren birnförmige nach dem freien Ende verjüngte Auswüchse, in die sich beide Zelllagen und somit auch die Bewimperung der Oberfläche fortsetzten, und die sich nach entsprechender Grössenzunahme abschnürten und ebenso wie die aus Eiern entstandenen planulaähnlichen Larven frei umher- schwärmten. Da diese Vorgänge während meiner Abwesenheit von Wien zum Ablaufe kamen, habe ich die Larven nicht lebend in der Bewegung beobachtet und daher nicht aus der Richtung der Fort- bewegung die Lage beider Pole direct constatiren können. (Fig. 1, 2, 3.) Die Knospung scheint sich nicht auf vereinzelte, besonders gut ernährte Individuen zu beschränken, sondern eine allgemeine und wiederholte zu sein, so dass in Folge dieses ausgiebigen Ver- mehrungsvorganges die in den vorausgegangenen Monaten einge- tretenen Verluste reichlich eompensirt werden. Die Knospe erhob sich an sämmtlichen darauf untersuchten Individuen am Grund des Polypenköpfchens, dicht an der Grenze des compacten, einer Centralhöhle entbehrenden Stieles, dessen Entoderm sich als helles grosszelliges Parenchym von der körnchenreichen dunklen Ento- dermbekleidung des Gastralraumes scharf abhebt. Die Knospe be- ginnt als buckelförmige Auftreibung, welche sich allmälig schärfer von der Wand absetzt und mit fortschreitender Grössenzunahme mehr und mehr einschnürt. Dabei verjüngt sich das eine Ende zu einem zugespitzten Ausläufer, dessen Entoderm sich aufzuhellen beginnt. Schliesslich kommt es zur Lostrennung der nach der Breitseite ab- geflachten Knospe, welche mittelst ihrer Wimperbekleidung wie die Planula umherschwärmt und in diesem Zustande noch der Mund- öffnung entbehrt. Ueber die Bildung der letzteren liegen mir keine Beobachtungen vor, doch ist es wahrscheinlich, dass dieselbe schon während des Umherschwärmens eintreten kann, wenn die Larve an der Befestigung behindert ist. Die Strobilation fällt in den Monat August und bleibt, nach den mir von Triest übersandten Exemplaren zu schliessen, auf (2) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 3 die Erzeugung einer einzigen Ephyra beschränkt. Sämmtliche Stro- bilen waren monodisk und ich zweifle um so weniger, dass dieses Ver- halten ein allgemeines, für alle Cotylorhiza-Scyphostomen giltiges ist, als sich dasselbe aus der Kürze der auf den oralen Theil des Polypen beschränkten Taeniolen im Voraus ableiten liess. Ueber die Vorgänge der Strobilation selbst fehlen mir nähere Beobachtungen, da die Tentakeln an allen von mir untersuchten Exemplaren abgestossen und die Ephyra bereits mit ihren Radial- gefässen, Randlappen, Sinneskolben und Gastralfäden vollkommen ausgebildet war, wenn sie auch noch mit dem hintern Abschnitte des Polypenköpfchens fest verbunden, durch eine relativ weite Oeffnung mit dessen Gastralraume communicirte. (Fig, 4, 5, 6.) Der hintere, von der Ephyra tief abgeschnürte Theil der Basalpolypen zeigte bereits unregelmässige Ansätze zur Bildung von Tentakeln in der Peripherie der zur späteren Peristomscheibe gestaltenden Leibes- wand. Die Bildung des neuen Mundrohres am Basalpolypen dürfte sich erst nach Lostrennung der Ephyra allmälig vollziehen und das Verhalten, welches ich später für die Pruboscisanlage des Basal- polypen polydisker Strobilen beschreiben werde, wiederholen Es erwies sich die Strobila zur Beurtheilung der Entstehungs- weise der Gallerte und der in derselben eingetretenen Zellenelemente vorzüglich geeignet. Wenn auch bislang von fast sämmtlichen Be- obachtern die Gallertscheibe der Discomedusen als Ausscheidung des Entoderms betrachtet wird und die in derselben enthaltenen Zellen als Entodermzellen gelten, so dürfte es doch erwünscht sein, die dieser Anschauung zu Grunde liegenden Befunde durch neue und sichere Beobachtungen erhärtet zu sehen, umsomehr, als für die Aleyonarien durch Kowalevsky und Marion!) das gallertige Mesoblast auf eine Ektodermbildung zurückgeführt wurde, und andererseits neuere Arbeiten über Scyphomedusen dazu gedrängt haben, letztere genetisch als eine mit den Anthozoen zu- sammengehörige Coelenteratenclasse zu betrachten. Schon in dem jüngsten Sceyphostomastadium wird zwischen beiden Blättern in reichlichster Weise eine helle, flüssige Schicht ausgeschieden, welche mit dem flüssigen Inhalt der angrenzenden, blasig aufgetriebenen Entodermzellen übereinstimmt und als peri- pherisches Ausscheidungsproduct derselben betrachtet werden muss. !) A. Kowalevsky et A. F. Marion. Documents pour l’histoire embryo- genique des Alcyonaires. Ann. Mus. Hist. nat. Marseille. Vol. 1, 1883. 1* 0) 4 0. Claus: (Vergl. den ersten Theil der Arbeit pag. 10, 11, Fig. 13). An Schnitten bemerkt man in der halbflüssigen Gallerte, welche die primäre Leibeshöhle füllt, auch Faserzüge von festerem Gefüge, die kaum anders denn als abgerissene Partien der peripherischen Zell- häute, sowie mit in die Gallert aufgenommene Theile des plasma- tischen Inhaltes der Zellen gedeutet werden können. (Vergl. den ersten Theil dieser Schrift Fig. 22—26.) An ausgewachsenen Sey- phostomen mit 16 Tentakeln und besonders älteren, in der Strobila- tion begriffenen Formen erscheint die Gallerte fester und bei der Anwendung von Färbemitteln (Pikrocarmin) gelblich tingirt, zu- gleich von plasmatischen, intensiv gefärbten Körnchen und Faser- zügen reich durchsetzt (Fig. 9, 10). An dem oben eingeschnürten und zur Ephyra sich gestaltenden Abschnitte des Polypenköpfchens erreicht die Gallertlage eine bedeutende Dicke, während die noch im unteren Abschnitte desselben säulenförmigen Entodermzellen in entsprechendem Maasse verkürzt, auf die körnchenreichen centralen Partien beschränkt erscheinen. (Fig. 8.) Am prägnantesten tritt dies Verhältniss an der jungen, vor der Lostrennung stehenden Ephyra, welche schon eine verhältnissmässig dieke Umbrellargallerte und eine feste Stützplatte der Subumbrella besitzt, hervor. Nicht nur, dass die intensiv tingirten plasmatischen Theile in der gelblichen Gallerte viel reicher auftreten und diese als ein feines Netzwerk von Fasern und hier und da eingesprengten Körnchen, sowie von recht- winklig zu den Grenzflächen derselben gestellten Fäden durch- setzen, auch die Zahl der mit eingetretenen zelligen Elemente ist eine bedeutend vermehrte und die Beziehung derselben zu den Ento- dermzellen unverkennbar, aber auch durch den direeten Zusammen- hang und die feste Verbindung beider Gewebslagen als Schichten des Entoderms gegenüber dem Verhalten des unverändert gebliebenen Ektoderms, welches sich von der Peripherie der Gallert leicht ab- hebt und stets auf weite Strecken vollkommen loslöst, ausser allen Zweifel zu stellen. An manchen der eingetretenen Zellen sieht man das Plasma in zarte Fortsätze sich ausziehen, die mit dem Netze zarter plas- matischer Fasern anastomosiren. Die Kerne erscheinen der Mehrzahl nach beträchtlich vergrössert und in Vermehrung begriffen. Nach Bildern mitotischer Kerntheilung habe ich vergebens gesucht, doch ist in Rücksicht zu ziehen, dass es sich um sehr kleine Elemente handelt, und diese so verbreitete, mehr und mehr als normal erkannte Form der Zelltheilung in unserem Falle schwieriger nachweisbar sein dürfte. „Jedenfalls findet eine Vermehrung der Zellen statt, (4) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza ete. 5 welche, ähnlich wie die der Knorpelzellen, für das interstitielle Wachsthum der Gallerte von grosser Bedeutung ist und sich nach Lösung der Ephyra mit deren fortschreitender Grössenzunahme steigert. In der Gallertscheibe jugendlicher Medusen — und es liegen mir hier- über zahlreiche Beobachtungen, sowohl an Aurelia und Disco- medusa als an Rhizostoma vor — ist die Vermehrung der amöboiden Zellen eine ausserordentlich grosse. Bei jungen Rhizostomen findet man die Zellen nicht nur paarweise oder zu viert aneinander liegend und als Theilungsproducte noch in mehr oder minder festem Zusammenhange, sondern Haufen von acht bis sechszehn und mehr Elementen, über deren genetische Beziehung kein Zweifel obwalten kann, bald nesterweise eng zusammen gedrängt, bald weiter aus- einander gerückt. Bei Cotylorhiza verlieren die anfangs säulenförmigen Zellen des Entoderms mit der Dickenzunahme der Gallertschicht beträchtlich an Höhe, bis sie in der zur Lösung reifen Ephyra auf ihren an Plasma reicheren kernhaltigen Abschnitt reducirt erscheinen, während der vacuolisirte peripherische Abschnitt zur Erzeugung jener verbraucht ist. Man gewinnt daher im Anschluss an die Structur der Gallerte die Vorstellung, dass es sich bei der Bildung derselben nicht um ein- fache peripherische Ausscheidung seitens des Entoderms mit verein- zelt in diese emwandernden Zellen, sondern zugleich um eine Ein- schmelzung der peripherischen flüssigeren Abschnitte nebst der in die Peripherie gerückten Theilungsproducte der Zellen zu einer Art Syneytium mit bindegewebigem Charakter handelt. (Fig. S—10.) Die Gallertscheibe der Seyphomedusen zeigt daher rücksichtlich ihrer Entstehung ein ganz ähnliches Verhältniss zum Entoderm, wie das gelatinöse die Sclerodermiten erzeugende Stützgewebe von Sympodium und der Aleyonarien zum Ektoderm, und wenn Kowalevsky und Marion dieses als tiefe Schicht des Ektoderms betrachten und die Anschauung vertreten, dass das sog. Mesoderm der Coelenteraten (Mesenchym Hertwig) lediglich eine Differenzirung der primären Blastoderm-Blätter ist, so findet diese Auffassung in der Bildungsweise des zwischen beiden Epithelien gelagerten Gallert- gewebes der Scyphomedusen eine weitere Stütze, indem dasselbe seinem Ursprung nach auf die peripherische Schicht des Entoderms zurückzuführen ist, deren innere Schicht bei der Differenzirung des Gallertgewebes als oberflächliches Epithel zurückbleibt. Es ergibt sich somit, dass die zwischen den beiden Epitelien der Coelen- teraten befindliche, früher als Mesoderm bezeichnete Gewebslage des Coelenteratenleibes keine einheitliche überall gleichwerthige Bildung (5) 6 C. Clans: ist. Dieselbe würde sogar innerhalb derselben Classe, wenn es richtig wäre, dass die Seyphomedusen mit den Anthozoen in en- gerem Verband als Sceyphozoen zusammengehörten, verschiedenen Ursprung haben. Es leuchtet weiterhin ein, dass der Begriff „Mesenchym“, in dem Sinne wie er von OÖ. und R. Hertwig!) der epithelialen Entstehung der Gewebe gegenüber eingeführt wurde, bei den Coelenteraten nicht verwerthbar ist, weil hier die Bildung des Mesoderms keineswegs überall als einfache Secretschicht mit nach- träglich in dieselbe einwandernden Zellen, sondern auch durch Ein- schmelzung zusammenhängender peripherischer Partien des Epithels veranlasst sein kann, und trotz ihres bindegewebigen Charakters dem Ursprung nach von einer epithelialen Abspaltung nicht scharf abzu- grenzen ist. Alsdann vermag auch die für die Rippenquallen (Callianira) durch Metschnikoff beschriebene epitheliale Anlage des Mesoderms keineswegs als so wesentliche Abweichung in Frage zu kommen, dass man auf Grund derselben die Ctenophoren von den Coelen- teraten als selbständigen Thierstamm zu trennen berechtigt wäre. Aber auch auf dem (Gebiete der höheren über den Coelente- raten stehenden 'Thierkreise gestattet der mesenchymatöse Ursprung keine Verwerthung als wesentliches, auf einem fundamentalen Gegen- satz zur epithelialen Entstehung beruhenden Charakter, zumal man nicht einzusehen vermag, dass zwischen Zellen und Zellengruppen, welche in zusammenhängender epithelialer Anordnung in die primäre Leibeshöhle (Blastocoel, Huxley) gelangen und solchen, welche für sich vereinzelt und aus dem Verbande des Epithels losgelöst zwischen die Keimblätter oder deren Derivate übertreten, ein anderer als geweblicher, durch die Mechanik des Wachsthums bedingter Unterschied besteht. Zu dem hat ja auch bereits C. Rabl2) für das Mesoderm der Wirbelthiere dargethan, dass die als Mesenchym in Anspruch genommenen Bildungen desselben histogenetisch keinen einheitlichen Charakter zeigen und von epithelialer Entstehungsweise nicht so ver- schieden sind, indem z. B. die Anlagen der skeletogenen Gewebe (Sklerotom), welche bei den Amnioten als Mesenchymkeime er- scheinen, bei den Selachier Embryonen auf Divertikel der Urwirbel mit epithelialer Anordnung des Zellenmateriales zurückzuführen sind, auf Divertikel, welche bi Amphioxus’) (Hatschek) durch !) Vergl. OÖ. Hertwig und R. Hertwig, Die Coelomtheorie. Jena 1881. ?) C. Rabl, Ueber die Bildung des Mesoderms. Anatomischer Anzeiger. Bd. III. 1888. Nr. 23—%5, pag. 667—673. 3) B. Hatschek, Ueber den Schichtenbau von Amphioxus. Ebend., pag. 662—667. (6) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 7 hohle Säckchen vertreten sind, deren laterale Wand zum Fascienblatt der Muskelsegmente wird, während die axiale die skeletogene Schicht liefert. Auch Zellenlagen mit epithelialer Anordnung können durch Auswandernngen der Elemente und Ausscheidung von Zwischensubstanz den epithelialen Charakter verlieren und sich in Gewebsformen der Bindesubstanz umgestalten. 2. Ueber die Vorgänge der Scyphostomen-Entwicklung von Goty- lorhiza, Aurelia und Chrysaora. Offenbar ist die Frage von grossem, und für die phylogene- tische Beurtheilung der Acalephen von entscheidendem Werthe, ob das Mundrohr dieser Quallen und die demselben gleichwerthige Pro- boscis des Scyphostoma in gleichem Sinne wie der Mundaufsatz der Hydropolypen und Hydromedusen von entodermalem Epithel aus- gekleidet ist oder, wie beim Anthozoenpolypen einem ekto- dermalen Schlundrohr entspricht. Zwar war auf die Beziehung der Acalephen und deren polypenförmigen Jugendzuständen zu den Ko- rallenpolypen schon vor Jahren und zwar nicht nur durch das Vorhandensein der Gastralfilamente und der diese vorbereitenden Taeniolen, sondern auch durch den entodermalen Ursprung des Keimepithels hingewiesen worden. Indessen schien mit dieser Be- ziehung noch nicht eine so enge genetische Zusammengehörigkeit von Anthozoen und Scyphomedusen erwiesen, dass man beide Gruppen als Seyphozoen — im Gegensatz zu den Hydroiden und Hydromedusen als Hydrozoen — zu einer Unidarienclasse hätte vereinigen müssen, sondern zunächst nur der Gegensatz zweier Polypo-Medusengruppen ausgesprochen, welchen man den Werth von Unterclassen zuschreiben konnte. Ich habe dieses Verhältniss in meinem Lehrbuch !) folgendermassen zum Ausdruck gebracht. „Die zweite complicirter gebaute Medusenform, die Seyphomeduse oder Acalephe, ist auf eine vierstrahlige, dem Korallenpolypen ähnliche Polypenform, den Seyphopolypen, zurückzuführen, die sie im jugendlichen Alter wiederholt. Derselbe gleicht einem vier- strahligen Korallenpolypen mit anfangs 4, später 8, 12, 16 und 1) C. Claus, Lehrbuch der Zoologie, 5. Auflage. Leipzig und Marburg 1891, pag. 259 und 260. Es war dieser Theil des Lehrbuches (vergl. die Vorrede desselben) schon im Jahre 1889 gedruckt und ein volles Jahr vor meiner wieder aufgenommenen Untersuchung über Scyphostomen und deren Publication im ersten Theile der vorlie- genden Arbeit niedergeschrieben worden, daher die Differenz der Deutung und die Ab- weichung von der späteren Arbeit, aus der man gegen mich unbegreiflicher Weise den Vorwurf der Unklarheit ableiten konnte, (7) 8 C. Claus: mehr Fangarmen, von dessen Mundscheibe aus vier Längswülste (Gastralwülste) den Gastralraum durchsetzen, welche durch den- selben in vier peripherische Halbcanäle gegliedert wird. Nach G oette soll aber die Uebereinstimmung mit den Korallenpolypen eine viel grössere sein, indem die Probosceis ein ektodermales Schlundrohr sei, um welches der Gastralraum vier durch wahre Septen getrennte Ausstülpungen, Magentaschen, gebildet habe.“ Ich hielt diese letztere Auffassung durch die Darstellung jenes Autors keineswegs für erwiesen und demnach die Eintheilung der Cnidarien in die zwei Classen der Seyphozoen (mit den Anthozoen und Scy- phomedusen und der Hydrozoen (mit den Hydroiden, Hydromedusen und Siphonophoren) für verfrüht. Hätte ich jener Darstellung einen die Frage zum Abschlusse bringenden Werth beizulegen vermocht, so würde ich nicht gezögert haben, die Classe der Seyphozoen mit den Anthozoen und Seypho- medusen als Unterelassen anzuerkennen, die Sceyphomedusen als eine von den Hydromedusen dem Ursprunge nach ver- schiedene Formengruppe zu betrachten und damit auch den diphy- letischen Ursprung der Medusen für erwiesen zu erachten (vergleiche das eitirte Lehrbuch, pag. 273). Diese beunruhigende, die Entschei- dung jener wichtigen systematischen Frage behindernde Unsicherheit hatte in mir schon längst das Verlangen erweckt, durch wieder- holte Beobachtungen Klarheit über die in Frage stehenden Vor- gänge der Scyphostoma-Entwicklung zu gewinnen und war vor Jahresfrist für mich Anlass gewesen, meine älteren, mit den Er- gebnissen der Goette’schen Darstellung im Widerspruch stehenden Untersuchungen unter Anwendung der inzwischen verbesserten Untersuchungs-Methoden wieder aufzunehmen. Die Untersuchung der zu Seyphostomen sich entwickelnden Cotylorhizalarven, welche sowohl an lebenden Formen als mit Hilfe zahlreicher Schnittserien conservirter Thiere ausgeführt wurde, hatte mich nicht von der Richtigkeit der abweichenden Deutung zu über- zeugen vermocht, denn wenn auch das Vortreten der oralen Einstül- pung zur Bildung eines niedrigen, aber weiten Mundaufsatzes zu constatiren war, so konnte ich trotz alles Aufwandes von Mühe das Zutreffende jener Deutung nicht erkennen. Die Grenze zwischen Ektoderm- und Entodermzellen erscheint eben aus den im ersten Theile der Arbeit bereits näher erörterten Gründen nicht sicher feststellbar. Auch für den Fall, dass die ganz niedrige und weite Proboseis eine ektodermale Auskleidung besitzt, musste ich das Vor- handensein einer distineten, die Unterscheidung von Schlundrohr, (8) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etec. g Schlundpforte, Taschenostien und Taschenvorhang rechtfertigenden Abgrenzung der Proboseis von der Magencavität in Abrede stellen. (I. Theil, pag. 9). Die Serien von Längsschnitten, welche die jüngsten Sceyphostomenstadien betrafen. schienen mir so bestimmt für die entodermale Natur der Rüsselauskleidung zu sprechen, dass ich meine ältere Deutung für die richtige halten musste. Erst nach Abschluss der bereits niedergeschriebenen und dem Drucke übergebenen Arbeit zog ich zur Controle noch einige seit Jahren in Weingeist aufbewahrte polydiske Strobilen heran, um an denselben vielleicht Aufschluss über die Neubildung des Mundaufsatzes zu gewinnen. Durch dieselben geführte Längsschnitte machten mich mit Bildern bekannt, welche die Vorstellung erweckten, dass die Rüsselanlagen der noch miteinander verbundenen Ephyren central durchbrochene Scheiben darstellen, deren Bekleidung sowohl auf der distalen wie proximalen Seite vom Ektoderm gebildet sei. Solche Bilder schienen mir keine andere Deutung zu gestatten, als dass der peripherische Rand der Mundscheibe zu der äussern weiten Mundöffnung und das von den Verbindungssträngen der sogenannten Taeniolen durchsetzte Centrum zu der innern Oeffnung würde, nachdem bei Ablösung der voraus liegenden Ephyra das von der Obliterationsstelle des Scheitelpoles getrennte Ektoderm mit dem Entoderm der centralen Cavität zu continuirlicher Ver- bindung verlöthet worden sei. Wenn sich aber die Auskleidung des neugebildeten Mundaufsatzes der Ephyren oder wenigstens des Rüsselabschnittes desselben als eine ektodermale erwies, so musste auch das Gleiche für die vordere distale Ephyra, deren Mundaufsatz mit der Proboscis des Scyphostoma identisch ist, Geltung haben, also die Auskleidung auch hier vom Ektoderm erzeugt sein. Es war mir daher die Aufgabe gestellt, die an Scyphostomen gewonnenen Bilder mit jener der Strobila in Einklang zu bringen und insbe- sondere auch zu erklären, wie es möglich war, dass ein anderer Beobachter bei Verfolgung der Scyphostoma-Entwicklung die ekto- dermale Natur der inneren Auskleidung des Mundrohres hatte erkennen können, die ich bei wiederholter Untersuchung für ento- dermal halten musste. Ich vermochte mir diese grosse Divergenz in meinen und @Goette’s Beobachtungen nicht anders zu erklären, als durch die Annahme, für welche auch sämmtliche Abbildungen dieses Autors (Nr. 7) sprachen, dass derselbe in abnorm starkem Contractions- zustande befindliche Exemplare zur Untersuchung verwendet habe, an welchen es möglich gewesen sei, die ektodermale Natur der (9) 10 C.: Claus: Rüsselauskleidung zu erkennen. In diesem einfachen Verhältnisse liegt der Schlüssel gegeben, weshalb die Ausdrucksform in dem die Entwicklung des jungen Scyphostoma behandelnden Capitel (pag. 6—14) an manchen Stellen kurz und unbestimmt gehalten war und deshalb den Schein von Widersprüchen veranlassen konnte, welche freilich bei Anwendung jener bekannten Methode, aus dem Zusammenhang gerissene Sätze aneinander zu reihen und in dieser Zusammenstellung zu Missdeutungen zu verwerthen, ausgenützt werden konnten und in der That in ausgiebigster Weise ausgebeutet worden sind '). Indessen solche Kritiker wissen am Ende auch in ') Ich meine hier Goette’s umfangreiche, im Schlepptau der Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie colportirte Abhandlung, die mir der Verfasser unter dem Titel: „Claus und die Entwicklung der Scyphomedusen“ zu widmen die Ehre erwies, Schon die einleitenden Sätze lassen über Tendenz und Charakter derselben als Schmäh- schrift keinen Zweifel und verrathen von vornherein, dass eine weitere Lecture dieses Schriftstückes nur Arbeit auf Zeitverlust ist. In der That bringt der Inhalt desselben keine einzige neue Beobachtung und Thatsache, sondern ist lediglich ein langes Re- gister von in weitschweifiger Darstellung mit rabulistischer Sophistik begründeten An- klagen, Verdächtigungen und persönlichen Verunglimpfungen. Der Autor beginnt damit, mir den Vorwurf der Streitsüchtigkeit zu machen, die mir aber diesmal, wo ich eine Polemik gegen ihn und sein Buch über Scyphomedusen gewagt habe, übel bekommen solle. Der Vorwurf hindert ihn aber nicht, sofort das Geständniss folgen zu lassen, dass er die Polemik begonnen habe, und zwar eine Polemik, in der er „keinen Satz, den ich in zwei besonderen Abhandlungen und in meinen Lehrbüchern geschrieben habe, unbeanständet gelassen“. Dann folgt das Jange Sündenregister, in welchem mir eine grosse, kaum übersehbare Zahl von Irrthümern, Widersprüchen und Zweideutig- keiten in der Darstellung, unwahrer Angaben, absichtlicher Entstellungen des Sach- verhaltes vorgehalten und meine Logik und Glaubwürdigkeit zu Gunsten des wissen- schaftlichen Werthes und der Bedeutung seiner neuen Entdeckungen, des Scharfsinnes, der Logik und Wahrheitsliebe seiner Persönlichkeit, auf das tiefste herabgesetzt wird. Fast zu viel der guten Kost für eine Person und noch dazu in einmaliger Ration. Wie konnte ich aber auch die Thorheit begehen, die grosse Entdeckung anzuzweifeln, nach welcher erst Goette den Organismus der Scyphomedusen verstanden, „das Scyphostoma in völlig neuer Gestalt“ erkannt und „der Vergleichung eine neue Grundlage und Richtung“ verliehen habe! Da musste die Strafe auf dem Fusse folgen, Ich musste von ihm „tiefer gehängt“ und meinen „zahlreichen empfindlichen Nieder- lagen auf wissenschaftlichem Gebiete“ die letzte, vernichtende, hinzugefügt werden. — Die letzte! Denn der Schlusspassus lässt darüber keinen Zweifel, dass ich nicht durch weitere Auslassungen seiner „einfachsten Logik“ behelligt werden würde: „Mag er daraufhin schreiben und drucken lassen, was er will, ich werde mir jede weitere Antwort ersparen.“ Dieser klugen Vorsicht gegenüber, sich für die Zukunft unsichtbar zu machen und nach Verschiessen von Pulver und Giftpfeilen bei etwa verfehltem Ziele einen für alle Fälle gedeckten Rückzug sich gesichert zu haben, einer Vorsicht gegenüber, die nach Fallstaff der bessere Theil der Tapferkeit sein soll, könnte ich mich jetzt schon der Verpflichtung überhoben fühlen, auf einen solchen Autor überhaupt noch Bezug zu nehmen und es ruhig der Zeit überlassen, mit der weiteren Fortentwicklung (10) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 11 der einfachsten und klarsten Darstellung Anhaltspunkte genug zu finden, um aus derselben zu gestalten, was ihrem Zwecke entspricht, und nun gar, wenn sie von animoser, böswilliger Stimmung geleitet sind, verstehen sie Missdeutungen zu schaffen, welche ihnen als geeignete Handhabe zu persönlicher Herabsetzung Anderer dienen. Ich denke jedoch, die einfache und klare Fassung der 12 Sätze des Schlusscapitels, pag. 39 und 40, in welchen ich die Ergebnisse meiner Untersuchung präeisirt habe, schliesst für den gesunden Menschen- verstand jede Missdeutung aus und ich habe insbesondere nicht nöthig, über unwahre, mir böswillig unterschobene Motive zu zwei- deutiger Darstellung weitere Worte zu verlieren. Die im Vorjahre an polydisken Strobilen gewonnenen Bilder, welche für die ektodermale Natur der innern Proboscis-Auskleidung sprachen und mich veranlassten, die Deutung der an den Scypho- stomen beobachteten Vorgänge der Proboseisbildung in diesem Sinne zu modificiren, waren mit Rücksicht auf die unzureichende Erhaltung der Gewebe nicht geeignet, zur specielleren Darstellung verwerthet zu werden. Und dies war der Grund, weshalb ich die Beschreibung derselben auf den zweiten Theil der Schrift verschob, um an neuen, in den Aquarien gezogenen und womöglich auch besser conservirten Strobilen die Entwicklungsweise der Neubildungen beobachten und über dieselbe Aufschluss geben zu können. der Wissenschaft Genugthuung zu erhalten. Denn nicht der Lärm der Musik, den die Person verursacht, gilt in der Wissenschaft, sondern die Wahrheit und die Thatsache. Indessen erwartet der Autor, welcher, von der im ersten Theile der Schrift angekün- digten Publication des zweiten Theiles derselben unterrichtet, als Menschenkenner „mich zu den Leuten“ zu zählen weiss, „welche einem Gegner nicht leicht das letzte Wort lassen“, eine Antwort. Und eine solche soll ihm denn auch, wenn vornehmlich auch nur in Fussnoten, in die Darstellung meiner neuen Beobachtungen einverleibt, nicht vor- enthalten bleiben. Denn ich glaube, dem auf diesem Gebiete minder orientirten Leser gegenüber verpflichtet zu sein, die von jenem Autor gehandhabte Methode an einzelnen besonders markanten Beispielen zu illustriren, indem ich die künstlich verschlungenen Knäuel seiner raffinirten Rabulistik entwirre. Die gleiche, mit der Technik des Geschäfts- mannes geübte Methode kehrt überall wieder. Ich brauche sie nicht für die ganze Zahl der mir zugedachten Absurditäten und Unwahrheiten zu wiederholen. Jeder hat in den beiderseitigen Schriften das Material in der Hand, wenn er den Zeitaufwand nicht scheut, diese Methode für jeden einzelnen Fall bestätigt zu finden und die eonträre, zur Begründung der schärfsten Tonart verwendete Logik näher kennen zu lernen, und zwar in dem Gewirre einer Darstellung, die ihn bei dem Versuche, sich durch dieselbe hindurch zu arbeiten, unzweifelhaft gar bald zu dem Ausrufe veranlassen wird: „Mir wird von alledem so dumm, Als ging mir ein Mühlrad im Kopfe herum.“ (11) 12 C. Claus: Die Strobilation derUhrysaora- und Aurelia-Scyphostomen erfolgte auch in diesem Jahre sowohl in den Triester als Wiener Aquarien während der Monate October und November, und es konnten zahlreiche in den verschiedensten Phasen des Vorganges begriffene Exemplare nach verschiedener Behandlung zur Anfertigung von Schnittserien verwendet werden. Es zeigte sich später, dass die mit Methylalkohol langsam abgetödteten, wenig oder kaum contrahirten Formen geweblich nicht gut erhalten waren. Ebenso erwies sich die Behandlung mit Sublimat und mit Cori’scher Lösung zur späteren histologischen Untersuchung nicht geeignet. Als am besten verwendbar erwiesen sich die mittelst Osmium fixirten und in Alkohol aufbewahrten Exemplare, die nach der Zerlegung in Schnitt- serien auf den Objectträgern mit Hämatoxylin tingirt wurden. Bevor ich auf die Darstellung derselben näher eingehe, will ich einige Bemerkungen, welche den der Strobilation vorausgehenden Entwicklungsvorgang betreffen, mit Bezugnahme auf die inzwischen von G@oette veröffentlichte Entgegnung einschalten. Gastrulation. Das lange, die Gastrulation betreffende Öapitel dieser Schrift kann ich wohl übergehen, indem die in dem- selben enthaltene Kritik rücksichtlich der Thatsachen ihre Zurück- weisung schon in der soeben erschienenen Arbeit von Frank Smith: „Ihe gastrulation of Aurelia flavidula“(Nr. 25) erfahren hat; rücksichtlich der Schlussfolgerungen aber und der denselben entlehnten Beschuldigungen kann ich die Entscheidung dem Urtheile des auf dem Gebiete der vergleichenden Embryologie orientirten Lesers überlassen, welcher für die Schlussworte dieses Capitels (G. G., pag. 5—11) „si tacvisses“ schon die richtige Adresse finden wird. Mundbildung und Proboscis. In Betreff der Bildung des Mundes und der Proboseis verweise ich auf die im ersten Theile gegebene Beschreibung und die erläuternden Abbildungen und be- !) Dieser Auffassung hatte ich auch in einem im November 1890 gehaltenen Vortrag in der zoologisch-botanischen Gesellschaft entschiedenen Ausdruck gegeben und in dem ursprünglichen Texte der Schrift durchgeführt. Erst als ich zur Controle an nachträglich gefertigten Schnitten durch Strobilen, von denen mir leider nur schlecht erhaltene, seit Jahren conservirte Exemplare zur Verfügung standen, mit Bildern bekannt wurde, welche die Proboseisanlagen der Ephyra als scheibenförmige, rein ektodermale Wucherungen erscheinen liessen, wurde ich durch diese zu der An- nahme bestimmt, dass die Proboseisauskleidung auch beim Scyphostoma, wenigstens in dem vorstehenden Rüsselabschnitte, eine ektodermale sein müsse und nahm dem ent- sprechend nachträglich eine Aenderung und Abkürzung des bezüglichen Textes vor. (12) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 13 Bestätigung meiner früheren auf Chrysaora bezüglichen Auffassung war und für die entodermale Natur der Proboscisauskleidung sprach. Erst die Rücksichtnahme auf nachträglich an Strobila- schnitten gemachte Beobachtungen gab Anlass, in mir Zweifel zu erwecken und die Correcturen vorzunehmen, durch welche die Meinung zum Ausdruck gelangte, dass die Proboscis, wenn auch nicht im Grunde, so doch in dem oberen die Rüsselausbreitung bildenden Abschnitt ektodermal sei. Ich concedirte daher die ekto- dermale Auskleidung der Proboscis, nicht aber des sogenannten Schlundrohres, dessen Existenz ich nicht anerkannte, und bestritt demgemäss auch das Vorhandensein einer innern Schlundpforte, die Taschenvorhänge, sowie den ausgeprägten Anthozoencharakter des Seyphostoma. Der hierin dem Anscheine nach enthaltene, durch die Kürze der Darstellung begünstigte Widerspruch, gab zu den Auslassungen der @oette’schen Gegenschrift (G. G., pag. 15—31) und den dieselben begleitenden groben Anzüglichkeiten Veranlas- sung, auf deren Zurückweisung ich nicht weiter einzugehen brauche, nicht nur, weil die von mir gemeinte Proboscis nicht auf den ganzen sogenannten Schlund und das tiefere Schlundrohr bezogen worden war, sondern weil sich mein Zugeständniss nunmehr durch die genauere Untersuchung der Mundbildung an den Ephyrenscheiben der Strobila als ein verfrühtes und irrthümliches herausgestellt hat. Die vier Zwischententakeln. Rücksichtlich der vier den Radien zweiter Ordnung zugehörigen Tentakeln habe ich im ersten Theile dieser Schrift (1. Theil, pag. 18) nachgewiesen, dass dieselben recht häufig durch Betheiligung der zusammenstossenden Entoderm- zipfel zweier benachbarter Taschen erzeugt werden und bei ihrer Entstehung schon in die Radien der Gastralwülste fallen, demnach septale Tentakeln sind. An demselben Scyphostoma können sich die Tentakeln in dieser Hinsicht verschieden verhalten, und ein oder zwei ihrer Anlage nach septal, die ‘anderen interseptal erzeugt werden (1. Theil, Fig. 40). Es gibt aber auch Fälle, in denen sämmt- liche vier Zwischententakeln ihrer Entstehungsweise nach septale sind (1. Theil, Fig. 46), wenngleich in der Regel der Ursprung derselben an der äussersten Grenze eines Divertikels hervorwächst, und dieses nur von dem Entodermzipfel seine axialen Stützzellen Da der erste Bogen schon als Aushängebogen gedruckt vorlag, wurde der Inhalt des- selben von pag. 9—--12 cassirt und musste, durch entsprechende Correcturen verändert, von neuem gesetzt werden, So erklärt es sich, dass die beiden Blätter (pag. 9—12) dem Hefte separat eingefügt und nicht in Continuität mit dem die 6 voraus- gehenden Blätter enthaltenden °/, Druckbogen stehen. 14 6. Olans: empfängt, demnach als interseptal entstanden zu betrachten ist. Ich hatte früher, obwohl schon Fr. E. Schulze (Nr. 24), die ZAwischententakeln des Scyphostoma von Aurelia als interseptal ent- standen dargestellt hatte, die erstere Bildungsweise als die für die vier Zwischententakeln ausschliesslich bestehende angenommen und mit Bezugnahme auf dieselbe den Unterschied zwischen den Seypho- stomen und Actinienlarven betont, deren Tentakeln lediglich aus- gesprochen interseptal hervorwachsen. Goette stellte nun den letzteren Bildungsmodus auch für die Seyphostomen als ausschliess- lich bestehenden dar und bedurfte auch dieser Voraussetzung, um im Zusammenhange mit seiner Vorstellung von dem ektodermalen Schlund- rohre und von den Taschenvorhängen die Uebereinstimmung mit den Actinienlarven als vollständige erscheinen zu lassen und das Seypho- stoma als Anthozoenpolyp betrachten zu können. Es war aber ein Irrthum, wenn Goette erklärte (Nr. 7, pag. 22), „der von Claus hervorgehobene angebliche Unterschied zwischen den anscheinend in der Radialebenen der Magenfalten (beziehungsweise Septen) entstehen- den Tentakeln der Scyphostomen und den ausnahmslos interseptalen Tentakeln der Anthozoen sei beseitigt“ durch seine vermeintliche Entdeckung, dass die Septaltentakeln erst secundär in die Inter- radien rücken, und, ein noch grösserer Irrthum, wenn er auf meine Entgegnung erwiderte (G. G., pag. 37), ich habe seine Angaben nunmehr lediglich bestätigt. Ich habe vielmehr gezeigt, dass diese Entstehungsweise keineswegs für alle Fälle zutrifft, sondern auch eine septale Bildung von zwei benachbarten Magentaschen aus recht häufig eintritt, also auch eine Bildungsweise besteht, die nicht einfach dadurch beseitigt werden kann, dass man ihre Bedeutung möglichst herabzudrücken sucht. Ob die septale oder interseptale Entstehungsweise die primäre ist, lässt sich zur Zeit nicht ent- scheiden, aber auch für den Fall, dass wir die letztere als die primäre betrachten, ist dieselbe mit der von Actinienlarven keines- wegs zu identificiren. Wenn sich Goette nunmehr (G.G. pag. 36), dazu versteht, zu erklären, der wesentlichste Gewinn seiner neuen Auffassung wäre der gewesen, die von mir hervorgehobene Schwierigkeit, die Tentakeln der Seyphostomen mit denen der An- thozoen zu vergleichen, beseitigt zu haben, und sogleich die Bemerkung folgen lässt, die Verschiedenheiten würden nur als Aus- druck der fortschreitenden Divergenz der Scyphomedusen und An- thozoen, also als indirecter Beweis für deren Stammesgemeinschaft erscheinen, so beweist er damit nicht nur, wie überflüssig seine ganze gereizte Polemik in dieser Tentakel-Frage war, sondern nähert (14) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 15 sich dem von mir selbst vertretenen Standpunkt (Nr. 4, pag. 17) und der von mir versuchten phylogenetischen Ableitung (Nr. 5, pag. 43), welche für Scyphomedusen und Anthozoen einen Polypen mit vier septalen Wülsten und eben- soviel zwischen denselben liegenden Magenrinnen oder Magentaschen als Ausgangsform annahm. Auf die Stammesgemeinschaft beider Formenreihen ist nicht erst von Goette hingewiesen worden. Der Scyphopolyp war längst als Ausgangsform beider angenommen, freilich nicht als Antho- zoenpolyp mit den ihm von Goette irrthümlich zugeschriebenen Eigenschaften. Die Frage, um die es sich handelte, war vielmehr die, wie weit wir die Gemeinsamkeit ontogenetisch zu verfolgen, und in welches Stadium der Entwicklung wir den Beginn der Abzweigung zu verlegen haben. Diese Frage ist aber nicht so leicht und auf Grund des zur Zeit vorliegenden Materiales überhaupt nicht zu entscheiden, da die Schwierigkeit zwischen ursprünglich bestehender und durch convergente Entwicklung hervorgerufener Uebereinstimmung, sowie zwischen cenogenetisch bedingter und durch divergente Entwicklung entstandene Verschiedenheit nicht zu be- heben ist. Dass die complete Homologie der Tentakel über die vier Tentakel erster Ordnung hinausgeht, vermag ich nicht einzusehen und ist von Goette nicht nur nicht bewiesen, sondern eher verneint, wenn er die Zurückführung der Verschiedenheiten in der Tentakel- entwicklung „als Ausdruck fortschreitender Divergenz der Scypho- medusen und Anthozoen“ als bestehend anerkennt. Der Werth aber „als indirecter Beweis für die Stammesverwandschaft“ '’) beider Coelenteratengruppen kommt überhaupt nicht in Frage, da jene auch von den Vorgängern Goette’s nicht bezweifelt wurde. Die vier Divertikel oder Magentaschen. Wenn ich in meiner ersten Abhandlung [Nr. 4, pag. 12]°) die richtige Er- !) Ich selbst habe auf diese Stammesv: rwandschaft wiederholt hingewiesen und es dürfte Goette schwerlich gelingen, durch einseitige Betonung der von mir dar- gelegten Beziehungen des Scyphostoma zu den Hydroidpolypen und Unterdrückung der auf das Stammesverhältniss zu den Anthozoen bezüglichen Stellen (Nr. 5, pag. 47) den Nachweis zu führen, dass ich vor Erscheinen seines Buches das Scyphostoma für einen einfachen Hydroidpolypen mit Magenfalten erklärt und die Stammesgemeinschaft mit den Actinien nicht anerkannt habe. ?) Ich beschrieb (Nr. 4, pag. 12) die Entstehung der Taschen und der mit den- selben alternirenden Wülste in folgender Weise: Man findet am optischen Querschnitt, dass „die mächtige ‚gastrale Auskleidung wulstförmige Vorsprünge in die Magen- cavität bildet, durch welche diese in die vier den Tentakeln entsprechenden Taschen getheilt wird. Zwischen beiden Zellenlagen markirt sich in den Radien der Vorsprünge (15) 16 GG. Claus: klärung für die Art, wie die entodermalen Achsen der mit den Septen in gleiche Radialebenen fallenden Zwischententakel vor- wachsen, nicht hatte finden können, so lag dies in dem Umstande begründet, dass ich das Auftreten der vier Magenwülste und der von ihnen begrenzten Magentaschen in eine zu späte Zeit, nach dem erfolgten Vorwachsen der vier Tentakel erster Ordnung verlegte, dass ich ferner die Entodermfalten von der Becherwand aus vor- wachsen, und die Entstehung der Taeniolenmuskel von der Entoderm- bekleidung des Wulstes aus erfolgen liess. Zu der letzteren Vor- stellung war ich durch die Annahme der Homologie zwischen den vier mit Gallerte erfüllten Entodermfalten oder Gastralwülsten des Scyphostoma und den Septen der Actinienlarven verleitet worden. Meiner älteren Beschreibung gegenüber habe ich die Richtigkeit von Goette’s Darstellung ohne Rückhalt anerkannt und erblicke auch jetzt noch in dem Nachweise des frühzeitigen Auftretens der durch Faltungen des Entoderms bedingten Divertikel als Anlagen der Magentaschen (in dem herkömmlichen, aber nicht in Goette’s Sinne der Bezeichnung), sowie der als ektodermale Zapfen vom Peristom aus einwuchernden Anlagen der Taeniolenmuskeln das vor- nehmliche Ergebniss der Arbeit Goette’s, durch welche unser Verständniss des Sceyphostomenbaues gefördert wurde. Dagegen ist es eine arge Entstellung, welche Goette dem Sinne meiner Darstel- lung zu geben versucht, wenn er behauptet (G. G., pag. 45), ich hätte dem Scyphostoma lediglich vier Magen- oder Gastralrinnen zuer- kannt, demselben aber die Magen- oder Radialtaschen abgesprochen und die Entstehung dieser erst in den Anfang der Strobilisirung verlegt. Was sollen denn diese vier „als Taschen“ bezeichneten Räume zwischen den vier Gastralwülsten anders sein, als die vier Magentaschen, die er selbst erst (und mit ihnen zugleich den tetra- meralen Bau der Seyphostomen) entdeckt zu haben vermeint? Aber frei- lich wird dem Leser der Wortlaut meiner obigen Beschreibung wohl- weislich vorenthalten. Es wird dem Leser verschwiegen, dass ich (Nr. 4, pag. 12) bereits an vierarmigen Seyphostomen die vier wulst- förmige Vorsprünge erzeugenden Entodermfaltungen und die durch die helle Zwischenschicht, die nichts anderes als die zur Achse der Gastralwülste werdende Ansammlung von Gallertflüssigkeit sein kann.“ Magentaschen aber im Sinne Goette’s, als von Taschenvorhängen eines ektodermalen Schlundrohres begrenzt, welche den im Umkreis des Magenrohres der Anthozoen befindlichen Canälen ent- sprechen würden, habe ich eben bestritten. Wenn G oette diesen ihm eigenthümlichen Begriff in meine Darstellung überträgt, so müssen sich natürlich Widersprüche ergeben. Selbstverständlich wird man für die Provenienz solcher Confusionen nur die Person des Kritikers verantwortlich machen. (16) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza ete. 17 dieselben gebildeten, den vier Tentakeln entsprechenden Taschen beschrieb, die ich auch an weiter vorgeschrittenen Scyphostomen wiederholt als Magentaschen bezeichnete und (Nr. 4, Taf. II, Fig. 1) unter dieser Bezeichnung abgebildet habe. Allerdings habe ich die zwischen den herabziehenden Entodermwülsten gelegenen Räume auch als Gastralrinnen bezeichnet, und diese zweifache Be- nennung benützt @ oette in Verbindung mit dem denselben von ihm gegebenen, von mir jedoch gar nicht anerkannten begrifflichen Gegensatz, um meiner Darstellung bald den einen, bald den anderen Sinn zu geben, je nachdem er zu seinem Zwecke bald diesen, bald jenen gebrauchen konnte und zugleich damit den Schein meiner vollständigen Confusion vorzutäuschen, „welche es beinahe unmög- lich mache, meine eigentliche Ansicht zu erfahren“ (G. G., pag. 45). Zunächst wird meine Darstellung in dem Sinne ausgebeutet, als ob ich die Entstehung der vier Magentaschen in die Zeit der be- ginnenden Strobilisirung verlegt habe, wo dann durch die Com- munication jener der Ringsinus entstanden sei. Fast noch mit dem- selben Athemzuge !) macht Goette aber von der entgegengesetzten Auslegung Gebrauch und beruft sich auf meine Darstellung von der Bildung der vier Zwischententakel, nach welcher ich diese Communication schon im Stadium des jugendlichen Sceyphostoma entstanden beschrieben habe — wohlweislich ohne der für dieses Stadium von mir beschriebenen vier Magentaschen, an denen !) Die vonGoette wohlweislich nicht dem Wortlaute nach citirte, sondern nach seiner Methode (G.G., pag. 45) analysirte Stelle (Nr. 5, pag. 14) heisst: „Da jeder Tentakel (Zwischententakel) seinen entodermalen Achsenstrang ent- hält, so kann dieser bei der Continuität der Taeniole nur in der Weise von der gastralen Entodermbekleidung aus erzeugt sein, dass der randständige Theil des Gastralwulstes sammt Muskelstrang von der in der Tentakel eintretenden Entoderm- wucherung umwachsen und somit von der umbrellaren Mesodermgallert getrennt wurde, so dass für die rein peripherisch vergrösserten Gastraltaschen ebensoviel peripherische Communicationen, die Anlagen des peripherischen Ringsinus, entstehen mussten“. Goette’s zweckentsprechende Analyse gestaltet diese Darstellung zu dem confusen Satze um: „Diese vier Communicationen entständen aber dadurch, dass die Entoderm- massen der darüberliegenden Septaltentakel, um an ihren Platz zu gelangen, die Magenfalten umwuchsen“, während der Sinn kein anderer sein konnte, als die Ento- dermbekleidung der an die Septen grenzenden Enden der vier vergrösserten Magentaschen müsse die Septalgallert durchbrechen, um die entodermale Achse der septalen Tentakelanlagen bilden zu können, und dadurch entstände die Communication der Taschen als des peripherischen Ringsinus. Natürlich durfte der Magentaschen ebensowenig, wie der Deutung dieser Communicationen als Anlagen des Ringsinus, Erwähnung geschehen, da sonst der Zweck: nach zwei- facher Richtung (Ringsinus und Magentaschen) Missdeutung und Confusion zu schaffen, nicht erreicht worden wäre. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 1. LG) (17) 13 C, Claus: der Durchbruch erfolgte, und meiner Deutung dieser Communication als Anlage oder Anfang des Ringsinus Erwähnung zu thun — um aus der Zusammenstellung dieser beiden Angaben meine Wider- sprüche abzuleiten. Obwohl ich die Communicationen oder den Ring- sinus schon für das junge Seyphostoma behauptet habe, sei von mir, trotzdem „der unmittelbare Erfolg, die Communication der dem Scyphostoma angeblich noch fehlenden Taschen, in den Beginn der Strobilation verlegt — viele Monate später!“ Aber nicht nur in meine Darstellung von der Entstehung des Ringsinus, mit dessen Ausbildung im Strobilastadium erst die Umwandlung der tetrameralen in die octomerale Seyphomeduse be- ginnen konnte, auch in meine Angaben über die Magentaschen wurde durch solche Auslegungskunst ein vollkommen fremder Sinn eingetragen. Die Bildung der dem Sceyphostoma angeblich noch fehlenden vier Magentaschen soll ich in den Anfang der Strobilisirung verlegt haben. Um eine solche Meinung als möglich er- scheinen zu lassen, war es nicht nur erforderlich, meine Beschreibung der vier den primären Trentakeln entsprechenden Magentaschen des jungen Scyphostoma und noch andere auf diese Magentaschen bezüg- lichen Stellen zu unterdrücken, sondern mir den begrifflichen Gegen- satz zwischen Magentaschen und Rinnen zu imputiren, der Goette’s Auffassung entsprach, mir aber durchaus ferne lag. Während ich selbst unter Magentaschen nichts Anderes verstand und auch jetzt verstehe, als die von den Septen begrenzten peripherischen Räume der Gastralcavität, welche man auch bei den Anthozoen als Magen- taschen oder Mesenterialtaschen nach dem Vorgang der Autoren zu bezeichnen pflegt (Grundzüge der Zoologie. 4. H., pag. 224) und dieselben Magenrinnen dann nenne, wenn sie in Folge der geringeren Grösse der Septen flacher werden, versteht Goette den letzteren gegenüber unter Magentaschen seine von einem ektodermalen Schlund- rohr und Taschenvorhängen begrenzten Gastralcavitäten, deren Existenz im Sinne Goette’s ich mit allem Nachdrucke in Abrede stellte, und beruft sich nun auf eine den Vergleich zwischen Scyphostoma und Lucernaria betreffende, wenig glücklich styli- sirte Stelle (Nr. 5, pag. 14), um derselben in ihrer aus dem Zusammenhang gerissenen Fassung die Deutung zu geben, als habe ich dem Scyphostoma den Besitz der vier Magentaschen !) und dessen, was E. Haeckel Centralmagen nennt, überhaupt abgesprochen. Wenn ich sagte, dass das Seyphostoma im Vergleiche zu Lucer- ') Nach Goette's Auslegung (Nr. 7, pag. 32) hätte ich für das Scyphostoma zwar den Öentralmagen, aber nicht Magentaschen, sondern nur Magenrinnen angenommen. (18) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza ete 19 narıa vornehmlich den Stiel derselben repräsentire und ge- wissermassen noch ganz Stieleanal mit dem Grundmagen und vier Magenrinnen (also flachen Magentaschen) sei, am oralen Abschnitt aber weder Centralmagen, noch Radialtaschen sich in der Weise wie bei Lucernaria abheben, da die Peristomscheibe noch flach horizontal, dort aber zur subumbrellaren Cavität eines Bechers vertieft sei, konnte das nicht in dem von Goette missdeuteten Sinne ausgelegt werden, als ob ich die vier Magentaschen, die ich ja für das Scyphostoma beschrieben hatte, und auf die ich mich wiederholt beziehe, dem Scyphostoma ganz abgesprochen, sondern dahin, wie auch die sogleich folgende, von @Goette aber unterdrückt gebliebene Stelle !) ergibt, dass der peripherische Gastralraum eine geringere Ausdehnung und dementsprechend minder ausgeprägte Abhebung seiner Theile zeige, während er bei Lucernaria unter weiterer Ausgestaltung der Becherform zu bedeutender Ausdehnung und Differenzirung gelangt sei. Die Stelle besagt demnach nichts Anderes, als dass mit dem Vorwachsen des Randabschnittes an der - sich becherförmig einbiegenden,, zur Subumbrellarhöhle werdenden Peristomscheibe die vier gastralen Cavitäten des oralen Abschnitts sich zu mächtigen Taschen vergrössern und vom Centralmagen, wie dieser vom Grundmagen, abheben. | Jeder, welcher meine Medusen-Schriften aufmerksam und vor- urtheilsfrei liest und dieselben bei selbstständigen Studien über den gleichen Gegenstand benützt, wird anerkennen müssen, dass ich die vier Magentaschen unter dem Peristom des Scyphostoma im Zusammenhang mit dem Auftreten der Gastralwülste beschrieb und ihre Verlängerung nach der Fussfläche des Polypen mit dem Herab- wachsen der Taeniolen erkannte. Und ebenso wird derselbe die Ueberzeugung gewinnen, dass diese vier vom Peristom bekleideten, als Taschen bezeichneten Gastraleavitäten dieselben Räume sind, wie Goette’s Magentaschen. Für die Zeit und Art ihrer Ent- stehung hat erst Goette die richtige Correctur gegeben, indem er zeigte, dass dieselben schon vor dem Auftreten der Gallertwülste durch Faltungen des Entoderms, und zwar paarweise, angelegt werden und der Zeit nach vor den vier Tentakeln vorhanden sind, dass somit die tetramerale Gliederung des jungen Scyphostoma schon vor dem Auftreten der Tentakel und Gastralwülste zu constatiren ist. ') Die Stelle lautet: „Während sich der Randabschnitt (des Scyphostoma) bei verschieden ausgeprägter Reduction des Stiels mächtig entwickelt und der peri- pherische Gastralraum zu bedeutender Ausdehnung gelangt etc.“ 2* (19) 20 C. Claus: 3. Ueber die Vorgänge der Strobilation, insbesondere von Aurelia und Chrysaora. Nach der kurzen und zutreffenden Beschreibung, in der ich bereits vor einer Reihe von Jahren die Vorgänge der Strobilation zusammenfasste, „beruht der Strobilationsprocess im Wesentlichen auf Abschnürung und Theilung des vorderen Körperab- schnittes des Seyphostoma in eine Anzahl von Segmenten. Die erste ringförmige Einschnürung bildet sich in einiger Entfernung hinter . dem Tentakelkranze; derselben folgt eine zweite, dritte, vierte etc. bis schliesslich eine ganze Reihe von Segmenten vorhanden sind, welche in der Peripherie einen Kranz lappenförmiger Auswüchse bilden. Während der hintere ungetheilte Polypenabschnitt durch Neubildung eines Tentakelkranzes zur ursprünglichen Seyphostoma- form zurückführt, bildet sich der Vorderabschnitt in eine Säule von kleinen Scheibenquallen um, welche untereinander noch durch die Mundstiele in der Weise vorbunden sind, dass der Mundstiel des nachfolgenden Scheibensegmentes in die Rückenfläche des vor- ausgehenden übergeht. Schliesslich wird die Verbindung nur noch durch ein dünnes Fädchen unterhalten, mit dessen Trennung sich das Scheibensegment aus dem Verbande der Strobila als ganze Meduse von Ephyraform mit vier Gastralfilamenten an Stelle der Gastralwülste löst.!) Die Entwicklung und Lösung der Abschnitte schreitet continuirlich von dem oberen Ende nach der Basis der Strobila vor, so dass zuerst das Endsegment, dann das zweite und so fort zur Selbstständigkeit gelangen“. Der Unterschied der monodisken und polydisken Strobilaform ist, wie von den Autoren längst gezeigt wurde, kein wesentlicher und beruht lediglich darauf, dass im ersteren, allgemein als der ursprünglichere betrachteten Falle nur ein einziges Scheibenstück vom hinteren Abschnitte des Polypen sich abschnürt und zur Ephyra sich entwickelt, während sich im anderen Falle zwei und mehr Scheiben abschnüren und zu Ephyren ausbilden. Ebenso ist es bereits von verschiedenen Autoren, insbesondere von E. Haeckel (Nr. 9) und mir selbst (Nr. 5, pag. 19), klargelegt, dass die polydiske Strobila auf wiederholte, unter zusammen- gezogenen und abgekürzten Entwicklungsvorgängen vollzogene Scheibenbildung zurückzuführen und als secundäre Form aus der ersteren abzuleiten ist. Den unteren, sich zum Seyphostoma regenerirenden Abschnitt der Strobila einfach als Stiel zu bezeichnen, halte ich nicht für ') C. Claus, Grundzüge der Zoologie 4. Auflage, 1. Heft, 1879, pag. 283. (20) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 21 richtig. Stiel ist lediglich der verengte Basaltheil des Polypen, welcher mit grossblasigem Entodermparenchym gefüllt ist und einer centralen Cavität vollständig entbehren kann. Der von grosszelligem Gewebe erfüllte Stiel ist bei manchen Formen, wie z.B. Chrysaora, kurz und nicht scharf abgehoben, in anderen Fällen, wie bei Cotylorhiza, ungemein lang und kann durch die vier Muskeln, welche über das Taeniolenende der Gastralcavität hinaus zum Ende des Stieles verlaufen, stark contrahirt aber auch nach verschiedenen = Riehtungen gekrümmt werden. Bei der Regeneration des früher von mir als polypoider Basalstummel bezeichneten unteren Körperab- schnittes der Strobila fand ich stets ausser dem Stiel ein Stück des frühern Scyphostoma-Bechers betheiligt. Ueber die Vorgänge des Formenwechsels, welche die aufein- anderfolgenden Strobilaphasen in ihrer äusseren Erscheinung erfahren, sowie über die Formzustände, welche wır als die normalen zu be- trachten haben, kann ich mich auf frühere Ausführungen in den Untersuchungen über die Organisation und Entwicklung der Medusen (Nr. 5, pag. 9—14) beziehen, da ich in Goette’s Ausstellungen keinen Beweisgrund irgend einer Unrichtigkeit zu finden vermag. Zunächst halte ich an der Zahl 16 der Tentakel als der normalen fest. Wie bei den Cotylorhiza-Scyphostomen zeigten alle die zahlreichen von mir auf das Zahlenverhältniss verglichenen Sceypho- stomen von Chrysaora —- von einer Vermehrung oder Vermin- derung um einen Tentakel abgesehen — 16 Tentakel, so dass ich nur von Neuem bestätigt fand, was ich im ersten Theile dieser Abhandlung (pag. 20—24) über die Tentakelzahl behauptet habe. Niemals traten an den nachfolgenden durch Einschnürungen sich abhebenden Scheiben-Tentakel, sondern stets die bekannten acht Vorwölbungen als Anlagen des Stammabschnittes der von Goette als Flügellappen bezeichneten Randlappen auf, und erst wenn sich der ganze Satz der Scheiben zu Ephyren gestaltet hatte, machten sich an dem basalen Polypenreste acht oder mehr Tentakelauswüchse bemerkbar. Als die am Scheibenrande zuerst bemerkbaren Veränderungen beschrieb ich „acht, anfangs einfache, später in der Mitte eingebuchtete Vorwölbungen, die Anlagen des Lappenkranzes“ (Nr.5, pag. 9). Dass mit diesen Vorwölbungen, welche E. Haeckel Gabellappen oder Hauptlappen (Nr. 9, pag. 17), ich selbst an einer späteren Stelle Randwülste nannte, und „als Stamm- abschnitt zweier zu einem Paare gehöriger Lappen“ definirte, nur (21) 22 C. Claus: die Stammlappen!) gemeint sein konnten, wird ausser Goette Niemand zu bestreiten vermögen, zumal auch der Darstellung durch entsprechende Abbildungen unzweideutiger Ausdruck gegeben (Nr. 5, Fig. 26—28) war. Wäre derselben gegenüber die geringste Missdeutung möglich gewesen, so würde eine solche durch die später Nr. 5 (pag. 15) folgende Beschreibung der Taschenentwicklung beseitigt worden sein, da es hier heisst „die radialen Taschen wachsen nun während der fortschreitenden Ausbildung der Randwülste“ unter denen nach meiner wenige Zeilen später gegebenen Erläute- rung?) „der Stammabschnitt zweier zu einem Paare ge- höriger Lappen“, also der Stammlappen verstanden war — „peripherisch über die Grenze der Verwachsungsstreifen bedeutend hinaus und entsenden kurze seitliche am Randwulst hervorwach- sende Lappenpaare“. Und einem so klaren und einleuchtenden Sachverhalt gegenüber ein solcher Aufwand sophistischer Kunst- griffe und Unwahrheiten! Der Ausdruck „Randwulst“ wird „als nicht weiter erläutert“ erklärt, um mir die gegen- theilige Meinung unterschieben und mich dann von Neuem der Widersprüche und Confusion zeihen zu können. Dagegen werden zwei auf das Lagenverhältniss der Tentakel zu den vorwachsenden sogenannten Flügellappen bezügliche Sätze, welche mit der Frage der zeitlichen Entstehung von Stammlappen und Flügellappen gar nichts zu thun haben, vielmehr zur Widerlegung von A. Agassiz und E. Haeckel’s Meinung über die Gleichwerthigkeit der Ten- takel mit den sogenannten Flügellappen und ihrer wechselseitigen Vertretung dienen, aus dem Zusammenhange herausgerissen und mit der jenem Autor als „prima ratio“ eigenthümlichen Logik zu einer Fassung vereinigt, die den Schein erweckt, als habe ich die sechzehn Flügellappen unabhängig von den Stammlappen und früher als dieselbe entstehen lassen, und schliesslich noch mit dem Selbst- gefühl überlegener Logik die früheren (pag. Y) und späteren (pag. 15) !) Vergleiche auch die aufdie Nausitho&-Ephyren bezügliche Stelle (Nr. 5, pag. 26,) in welcher ich auf den Unterschied in den Randlappen der Ephyropsiden und Ephyren der Acathammnien hinwies und diesen darin erkannte, dass den sehr langen, sich am Ende gabelnden Stammlappen der letzteren gegenüber bei jenen die Ausschnitte der ocularen und tentacularen Randlappen in nahezu gleicher Höhe liegen, also Stammlappen fast noch fehlen. ?) Die Stelle lautet „Der Querschnitt durch die Basis eines dem Stammalb- schnitt zweier zu einem Paare gehöriger Lappen entsprechenden Randwulstes“ zeigt ete. Es ist daher eine Unwahrheit, wenn Goette den Ausdruck Randwuist „als nicht weiter erläutert“ bezeichnet. (22) nn 5 Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 3 Darstellungen citirt zum Beweise meiner Widersprüche und Con- fusionen. Und das ist die Methode des Autors, welcher das Ver- dienst in Anspruch nimmt, für das Verständniss der Scyphomedusen eine neue Grundlage und Richtung geschaffen zu haben! Bezüglich der Vorgänge, durch welche die gastrale Cavität des Sceyphostoma in den sich weiter entwickelnden Scheiben der Strobila eine complieirtere peripherische Gliederung gewinnt, ein Ringsinus um den ventralen Magenraum gebildet wird, in dessen Peripherie radiale und intermediäre Grefässtaschen entstehen, während im Innern desselben Verwachsungsstreifen auftreten, kann ich mich darauf beschränken, auf den ersten Theil dieser Schrift zurückzuver- weisen. Es mag die Bemerkung genügen, dass Go ette die bekannten Randlappen der Ephyra als „Flügellappen“ neu benannte und dem- gemäss sich auch einer neuen Nomenclatur für die Gefässtaschen bediente. Die Lappentaschen wurden zu „Flügeltaschen“, die Kranz- taschen oder Marginaltaschen Haeckel’s zu „Lappentaschen“, und die durch die Verwachsungsstreifen getrennten Gefässcanäle des Ringsinus als Marginaltaschen unterschieden. Das Un- passende der letzteren Bezeichnung bedarf keiner näheren Erörterung, da diese Taschenräume gar nicht am Rande liegen, überdies auch die als Ausstülpungen in der Peripherie des Ringsinus gebildeten Taschen diesen Namen führen. Mit Hilfe dieses Taschenspieles war es leicht möglich — in gleicher Weise wie bei den Magentaschen des Sey- phostoma — Verwechslungen, die gar nicht bestanden, zu schaffen und Schneider und dessen Nachfolgern, in deren Darstellungen die Beschreibung jenes Autors übergegangen seien (G. @., pag. 69), Verwechslung von Lappentaschen und Marginaltaschen vorzu- werfen. A. Schneider kannte die Verwachsungsstreifen über- haupt noch nicht, beschrieb aber bereits richtig die 8 radialen und 8 interradialen Magentaschen als Vorstülpungen in der Peripherie des gemeinsamen Magenraumes oder Ringsinus (Nr. 16, pag. 365, Fig. 6, 7) und gab von denselben Abbildungen, mit denen die später von mir gegebenen Darstellungen (Nr. 5, Fig. 33—35) im Wesent- lichen übereinstimmen. Ich selbst schloss mich bezüglich jener Taschen Schneider an, kannte aber bereits die Verwachsungsstreifen und die durch dieselben begrenzten Canäle des Ringsinus, welche ich keineswegs mit jenen Taschen verwechselte, sondern mit jenen zugleich als radiale und intermediale Taschen des Ringsinus bezeichnete, wie ich denn auch ausdrücklich hervorhob (Nr. 5, pag. 15), dass „während der Ausbreitung des Ringsinus für die Gestaltung des Gefässapparates neben der entodermalen Verwachsung die selbst- (23) 24 C, Claus: ständige peripherische Wucherung eine nicht zu unterschätzende Rolle spiele“. (Vergl. auch 1. Theil, pag. 31.) Dagegen bedürfen die Umgestaltungen , welche den Achsen- theil der Strobila betreffen, einer eingehenderen Betrachtung, zumal sich dieselben bislang der näheren Untersuchung fast gänzlich ent- zogen haben, und an Stelle derselben die völlig verfehlten, unrichtigen Constructionen Goette’s traten, die in erster Linie zu den Con- fusionen in der Beurtheilung der Acalephenentwicklung Anstoss gaben. Zu diesem Zwecke erscheint es erforderlich, auf die jüngsten Phasen der Strobilation nochmals zurückzukommen. 4. Die Mundbildung an den Ephyren der Strobila. Der die Strobilation einleitende Vorgang, dass ringförmige Einschnürungen senkrecht zur Längsachse des Polypenleibes entstehen, welche am Distalende beginnen und, nach der Basis vorschreitend, den Körper in eine Reihe von Segmenten theilen, erscheint bislang keineswegs ausreichend aufgeklärt, indessen dürfte der Meinung kaum widersprochen werden, dass die Wucherungen des Ektoderms die regelmässigen Einfaltungen bedingen, welchen entsprechende Wuche- rungen des Entoderms als Vorstülpungen nach dem Gastralraum parallel schreiten. Aber auch die Zellenbekleidung der Taeniolen bleibt nicht zurück, und so sehen wir, dass diese in den einzelnen Segmenten wulstförmige Verdiekungen bilden, intersegmental dagegen eingeschnürt und verschmälert werden. Man kann daher in jedem Seg- mente auch von einem Taeniolensegmente reden. Schon bevor die ring- förmigen Einschnürungen so tief vorgedrungen sind, dass sie etwa die Hälfte des Durchmessers des Seyphostomenleibes einnehmen, sind in der Peripherie der Gastraleavität Umgestaltungen erfolgt, welche die Metamorphose des Polypensegmentes zur Meduse angebahnt haben, es sind bereits die Taeniolenstücke von der Wand der Scheiben getrennt, und damit die vier Magentaschen untereinander zur Bildung des Ring- sinusin Communication getreten (Nr. 5, pag. 14). Auch sind bereits an dem vorderen auf die Tentakelscheibe folgenden Segmente die acht Randwülste, die Anlagen der Stammlappen, bemerkbar, welche schon bei ihren Vorwachsen ein Divertikel des Ringsinus als erste An- lage der Lappentasche aufnehmen. Am weitesten vorgeschritten er- scheint das distale Segment mit der Tentakelkrone; an demselben springen die Randwülste schon ansehnlich vor, so dass die zugehörigen Tentakel in weiterem Abstande von der Axe erscheinen, und acht etwas höher gelegene radiale und ebensoviel tiefer gelegene inter- mediäre Tentakel mit einander alterniren (Taf. II, Fig. 1). (24) FR De HE v = LA An a 222 & a 2 Fi Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 25 Die Taeniolensegmente erscheinen jetzt schärfer von einander abgesetzt, indem ihre verschmälerten Verbindungsstücke an den Grenzen der Scheiben stärker eingeschnürt sind und im distalen Theile der Strobila deutlicher als intersegmentale Abschnitte hervortreten. An der oberen, die Tentakel tragenden Scheibe mit dem Mundaufsatz des Scyphostoma setzt sich der zugehörige Taeniolenwulst, durch eine Einschnürung getrennt, in einen nicht minder umfangreichen, dem Mundaufsatz zugehörigen Wulst fort, den ich schon in meiner früheren Arbeit (Nr. 5, pag. 14) beschrieben habe. Im Gegensatze zur Darstellung E. Haeckel’s, nach welcher sich die Taeniole bis zum Mundrande des Rüssels erstrecken sollte, sprach ich mich in folgender Weise aus: „Betrachtet man die Mundscheibe eines ausgebildeten. beziehungsweise im ersten Anfang der Strobilisirung begriffenen Scyphostoma, so überzeugt man sich, dass der centrale subumbrellare Theil der Taeniole nicht bis zum Rande des Mund- rohres reicht, sondern sich auf die Basıs desselben beschränkt.“ Die Richtigkeit dieses Verhaltens ist an jedem durch den centralen Theil der Strobila geführten Längsschnitte zu bestätigen und damit im Grunde schon ausgesprochen, dass jedes Scheibensegment ausser dem tieferen das spätere Gastralfilament erzeugenden Taeniolenwulst noch einen zweiten, dem Rüsselrohre angehörigenTaeniolenabschnitt erhalten hat. An den nachfolgenden Scheiben, bei denen das Mundrohr noch nicht zur Entwicklung gelangt ist, kann derselbe noch nicht als be- sonderer Abschnitt erkennbar sein, wir werden aber sehen, dass er sich mit der Bildung des Mundrohres aus dem Taeniolensegmente der Scheibe abhebt. Dass es sich bei der Umgestaltung der auf das distale die Tentakeln tragenden Segmente folgenden Strobilagliedern im Wesentlichen um eine Wiederholung der jene betreffenden Vor- gänge handelt, konnte von vornherein nicht zweifelhaft sein und wurde auch von mir bereits früher (Nr. 5, pag. 16) hervorgehoben. Zugleich mit der Entstehung des Ringsinus „werden die den Segment-Räumen angehörigen Abschnitte der @astralwülste sammt ihren Muskelsträngen parietalwärts vom Entoderm umwachsen und von der Wandtläche abgetrennt“. Nur an den eingeschnürten, zu Mundröhren auswachsen- den Zwischenstücken, sowie an den nächst angrenzenden Partien der Mundscheibe sollten die Taeniolenabschnitte erhalten bleiben : an jenen sollten sie die vierseitige Gestaltung der Mundröhre bedingen, an diesen die Anlage der subumbrellaren Gastralfäden veranlassen. Diese Darstellung, nach welcher die stielförmige Verbindung der Strobilascheiben die Anlage der Proboscis der je folgenden unteren Scheibe sei, wurde von Goette als unrichtig bezeichnet. Nach (25) mw 26 C. Claus: demselben sollte ein ganz anderer, freilich nicht durch Beobachtung erwiesener, sondern eonstructiv erschlossener Bildungsmodus der Proboseis bestehen, eine Entstehungsweise auf dem Wege der Regeneration, wie sie construirt werden musste, um für das Seypho- stoma die ektodermale Natur der Proboseis-Auskleidung und damit im Zusammenhang den Besitz eines Schlundrohres, einer Schlundpforte, von Taschenvorhängen und Septaltrichtern aufrecht erhalten zu können, ohne welche ja die „völlig neue Gestalt“ des Scyphostoma, ebenso wie die hierdurch gewonnene „neue Grundlage und Richtung für die Vergleichung“ in nichts zerfallen wäre. An Stelle einer auf Beobachtung beruhenden Begründung legte sich Goette (Nr. 7, pag. 45) folgende Construction zurecht: „Die Einschnürung führt, soweit ich sehe, immer zu jener von mir beschriebenen zweiten Art von Trennung und Ablösung der oberen älteren Ephyrascheibe, wobei der Stiel erst vierkantig wird und darauf beide Körperschichten sich auflösen, so dass nur noch die vier in den Kanten gelegenen Septaltrichter die Verbindung aufrecht erhalten (Nr.7, Fig.56). Und da endlich diese zerreissen und ihre Enden sich in die beiden Ephyra- scheiben zurückziehen, so bleibt zuletzt von dem Verbindungsrohre nichts mehr übrig und muss die Proboseis der an der Strobila zu- rückbleibenden Ephyrascheibe durch Regeneration gebildet werden. Jene Ansicht von Claus und Haeckel wäre auch nicht wohl mit der Thatsache zu vereinigen, dass an jeder Ephyrascheibe, so- bald sie zur obersten geworden, die Septaltrichter gerade so wie am Scyphostoma oder der Scyphephyra mit offenen Mündungen ausser- halb der Proboseis entspringen. Obgleich ich aber nicht wie meine Vorgänger die Strobilation an lebenden Larven verfolgen konnte und bei der Untersuchung des conservirten Materiales mehrere Ent- wicklungsstufen, wie gerade diejenige während der Regeneration der Proboscis, vermisste, so glaube ich doch aus dem vorausgehenden Zustande eine befriedigende Vorstellung über jenen Vorgang er- schliessen zu können.“ Dieser Zurechtlegung folgt dann noch zur Erklärung, wie die Septaltrichter der als Zwischenscheiben entstandenen Ephyren eine von der neuen Proboscisanlage peripherische Lage erhalten haben können, während sie doch als Septaltrichter der Taeniolen die cen- trale Verbindung aufrecht erhielten, eine zweite, weit bedenklichere Uonstruction, die an sich schon vollkommen ausreichend gewesen wäre, die versuchte Deutung als unmöglich zurückzuweisen. Denn mit derselben stellt sich der Autor das Zeugniss aus, dass ihm die Lagenbeziehung der in Frage kommenden Theile, das Ver- (26) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza ete. =1 hältniss der Radien des Mundkreuzes (Radien erster Ordnung, Per- radien) zu denen der Taeniolen und des primären Gastralfilamentes, und damit die Elemente der Seyphomedusen-Architektonik bei dieser Zurechtlegung aus dem Gedächtnisse entschwunden waren. Goette meint: „Nach der Ablösung einer Ephyrascheibe ist die Mundöffnung der darauffolgenden und nunmehr terminal ge- wordenen Scheibe eine viereckige centrale Oeffnung der Subum- brella, in deren Ecken die Septaltrichter so tief eingedrückt sind, dass sie zu drei Vierteln vom Mundrande umschlossen werden (Nr. 7, Fig. 57). Die convex einspringenden Seiten des letzteren brauchen daher nur ein wenig weiter einzuwachsen, um die Septaltrichter vollends einzuschliessen und ausserhalb der neuen Mundöffnung entspringen zu lassen. Mit der Erhebung des Mundrandes wäre als- dann die Regeneration der Proboseis und ihrer Umgebung beendet.“ Diese Darstellung und die zur Erläuterung beigegebene Ab- bildung, die ich auf Taf. III, Fig. 7, copirt habe, rechtfertigt das Misstrauen, welches ich von vornherein den Goette’schen Abbil- dungen schon deshalb entgegenbrachte, weil in dieselben die vom Autor erschlossene Deutung durch Farben eingetragen worden ist, während doch die Richtigkeit der Deutung erst durch die Abbil- dungen zu beweisen war, auf das vollständigste. Die unglücklichen Septaltrichter! Zu drei Vierteln vom Mund- rand umschlossen, sollen diese aus den alten Taeniolen überkom- menen Trichter durch weiteres Einwachsen der vier einspringenden Seitenkanten an die Aussenseite der neuen Mundöffnung verlegt werden! Und noch dazu in den Radien des Mundkreuzes, welchen die Taeniolen gar nicht angehören, mit denen sie vielmehr nebst den sogenannten Septaltrichtern in den Interradien alterniren! In diese, nicht in die Radien erster Ordnung fallen die Taeniolen, deren Segment- stücke am Mundrohre die vier centralwärts vorspringenden Längs- wülste und die vierseitige Form der Höhlung veranlassen. In der Verlängerung derselben liegen, also ebenfalls interradial, an der Subumbrella die Taeniolenstücke mit der Anlage des gastralen Fila- mentes, und über diesen die interradialen flachen Einsenkungen des subumbrellaren Ektoderms, die an jedem Scheibenstück ausserhalb der Proboscis selbstständig auftretenden sogenannten Septal- trichter. Verfolgen wir nun die Strobila in ihrer weiteren Entwick- lung und sehen wir, wie sich die Vorgänge der Mundbildung dem erschlossenen Phantasiebilde gegenüber thatsächlich verhalten. An etwas weiter vorgeschrittenen Strobilen mit in Rück- bildung begriffenem Tentakelkranze beobachtet man, dass sich zu- (27) 28 C. Claus: nächst an der zweiten, dann an der dritten Scheibe der eentrale Theil der subumbrellaren Fläche gegen die flach convexe Ex- umbrellarwand der vorausliegenden Scheibe hügelförmig erhebt. An der breiten Basis der anfangs flachen Vorwölbung tritt alsbald eine ringförmige, allmälig tiefer greifende Furche auf, welche die zur Proboseis sich entwickelnde intersegmentale Erhebung um so schärfer als schmale Zwischenscheibe von der zugehörigen Ephyren- scheibe abgrenzt, je mehr sich die distale Oeffnung derselben an der Exumbrellarwand der vorausliegenden Ephyrenscheibe verengert (Taf. Il, Fig. 3, 4). Man kann die intersegmentale Zwischenscheibe jetzt auf eine ringförmige Faltung am eingeschnürten Abschnitte der Strobila zurückführen, an deren Wand sich beide Zellenlagen wiederholen und an den Verbindungsstellen in die der benachbarten Ephyrenscheiben übergehen (Taf. III, Fig. 1). Der enge gastrale Raum der Zwischenscheibe wird von den ent- sprechenden ganz kurzen Abschnitten der vier Taeniolen durchsetzt, welche später mit den hinteren Taeniolenstücken der vorausliegenden Ephyrenscheibe mehr und mehr eingeschnürt und rückgebildet werden. Aber schon lange vorher trennt sich dieser anfangs noch mit der Wand fest zusammenhängende Taeniolenabschnitt zu- gleich mit der Erhebung der Ringfalte in Folge der Umwachsung seitens des entodermalen Epithels von der Wand, so dass im Umkreise von vier centralen Strängen ein ringförmiger peri- pherischer Raum (Taf. II, Fig. 4, Prs‘) gewissermassen als Wieder- holung des grossen Ringsinus der Ephyra in der intersegmentalen Zwischenscheibe auftritt, dessen Decke sich schliesslich von den vier 'Taeniolenresten vollständig loslöst, während der nach der Decke zu erhobene Boden die vier interradialen Taeniolenwülste (e) in sich bewahrt. Diese werden zu den vier Golumnen des Mundrohres und bewirken die Erscheinung des Mundkreuzes, das schon v. Siebold in dem „viereckigen Aussehen der Mundöffnung“ erkannte und auf die vier Längswülste zurückführte. In dieser Gestaltung des Mundrohres bleibt somit danernd ein Ueberrest der primären gastralen Gliede- rung des tetrameralen Seyphostoma auch an der octomeralen Aca- lephe erhalten. Von jedem der zu dem Mundrohr: gehörigen Gastral- wülste setzt sich der weiter abwärts in dem Centralraum der Scheibe gelegene Theil des Taeniolensegmentes allmälig bestimmter ab, um später ganz an die Subumbrella zu rücken und zur Anlage des Gastralfilamentes zu werden (Taf. III, Fig. 1e). Der Muskelstrang lässt sich jetzt noch durch die ganze Länge der 'Taeniolen verfolgen und sowohl in den wulstförmig aufgetrie- (25) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza ete. 29 benenen Abschnitten als in den verschmälerten, noch kurzen Zwischenabschnitten nachweisen. Diese ziehen sich mit fortschreiten- der Entwicklung der Ephyrenscheiben in immer schmäler, aber länger werdende Stränge aus, deren Zellenbelag sammt Längs- muskel mehr und mehr rückgebildet wird. Aber noch lange weist man den Rest des Muskels sowohl in den zu dem Taeniolenwulst des Mundrohres (b) und in dem zur Peristomscheibe tretenden Taeniolenstück (ce), als in den sich fadenförmig ausziehenden Zwischen- strängen nach. Die Degeneration der mehr und mehr schrumpfenden Zellenbekleidung spricht sich in der geringen Tinctionsfähigkeit aus, indem bei Anwendung von Färbemitteln die an den dünnen Fäden kugelig hervorragenden Entodermreste sich durch ihre blasse Färbung gegen die intensiver gefärbten Zellen der Gastralwülste abheben. Mit der allmälig zunehmenden Verengerung der exumbralen Öeffnung, mit welcher die Ergänzung der Scheibe durch Abschei- dung von Gallertsubstanz Hand in Hand geht, werden die vier fadenförmigen Verbindungsstränge zwischen je zwei Ephyrenscheiben winkelig gebogen, indem die oberen (d), der vorausgelegenen Ephyra angehörigen Abschnitte derselben nach der bald völlig zum Verschlusse gelangenden Exumbralöffnung hin convergiren und die von dieser aus zu den Grastralwülsten der nachfolgenden Scheibe ziehenden unteren Abschnitte wieder nach der Peripherie auseinander weichen. Von jenen liegt die obere Hälfte im Centralmagen, während die untere (d’) schliesslich in die Gallertmasse aufgenommen wird; die unteren Abschnitte haben ihre Lage in dem Raume der Pro- boseis, welche schon vorher, während der Verengerung der exum- brellaren Oeffnung, eine andere Gestalt gewonnen hat und distal- wärts nicht mehr abgeschlossen, sondern weit geöffnet erscheint (Taf. II, Fig. 5, Taf. III, Fig. 2, 3). Man sieht jetzt das Vorderende des Proboseisschlauches nicht mehr an der Exumbrellarseite der vorausliegenden Ephyrascheibe befestigt, sondern von derselben ge- trennt und nach der zugehörigen Scheibe umgeschlagen. Der Vor- gang der Lostrennung des Proboseisschlauches lässt sich selbstver- ständlich an Schnittpräparaten nicht direct beobachten, wohl aber aus dem Zusammenhange der Entwicklung und durch den Vergleich der aufeinanderfolgenden Formzustände mit Sicherheit ableiten. Der freie Rand des kragenartig umgeschlagenen Mundrohres entspricht dem von der Exumbrella der vorausliegenden Ephyra gelösten Vorder- ende, und diese Trennung wurde während der Verengerung der Scheitelöffnung jener unter Verlöthung der entodermalen und ekto- dermalen Zellenschichten der Rüsselanlage bewirkt. Am Rande (29) 30 0. Claus: des weit geöffneten Mundes liegt die Grenze beider ZAellenschichten, und die innere Auskleidung der Pro- boscis, an welcher wir einen basalen vierkantigen Röhrenabschnitt mit den vier interradialen Taenio- lenwülsten und einen flach ausgebreiteten, bezie- hungsweise kragenartig umgebogenen Rüsseltheil unterscheiden, ist eine entodermale. Diesem Gegensatze der Entstehung entsprechen durchaus die bedeutenden geweblichen Unterschiede beider Epithelialschichten, die hohen Cylinderzellen der inneren in die Auskleidung der Mundröhre und der Gastral- cavität sich fortsetzenden Zellenlage, welche vollkommen den Cha- rakter des Entoderms wiederholen, und die lachen Zellen der äusseren ektodermalen Bekleidung. Auch stehen hierzu in vollem Einklang alle die Besonderheiten im Verhalten der oralen Bekleidung der später an den Mundecken hervorwachsenden Mundarme, welche ich bereits im ersten Theile der Abhandlung (pag. 11—12) als der ektodermalen Natur widersprechend hervorgehoben habe, und bei deren Würdigung ich mich früher so schwer entschliessen konnte, der entgegengesetzten Auffassung beizutreten, eine Ansicht, von der es sich nunmehr durch die genauere Prüfung der Proboseisbildung an polydisken Strobilen gezeigt hat, dass sie eine irrthümliche war. Wenn ich früher alle die aufgezählten schwerwiegenden Be- denken unterdrückte und sogar im Widerspruche zu der aus den weit schwieriger zu deutenden Beobachtungen der Scyphostomen- Entwicklung sich ergebenden Bestätigung meiner früheren (Nr. 4 und 5) Auffassung mich schliesslich der gegnerischen Deutung näherte, so war ich zu dieser — durch die Fügung der Umstände übereilten — Concession lediglich bestimmt durch die nach Abschluss der Arbeit an nachträglich angefertigten Strobilaschnitten ?) gewonnenen Bilder, welche in mir die Vorstellung erweckten, dass die scheibenförmigen Zwischenstücke je zweier Ephyren nicht anders als durch Ektoderm- wucherungen erklärt werden könnten, und demnach wenigstens der distal als Rüssel vorstehende Abschnitt der Scyphostomen- Proboseis eine ektodermale Auskleidung besitzen müsse. Ich liess mich leider durch diesen Umstand verleiten, erst nachträglich einer irrthümlichen Meinung zuzustimmen, welche ich durch den Verfolg der Entwicklung des Sceyphostomenmundes widerlegt zu haben glaubte, und gab dem entsprechend meiner bis dahin auf Grund ') Ich habe diese Schnitte, wie überhaupt alle meine Präparate aus früherer und späterer Zeit sämmtlich zur Hand und bin bereit, dieselben Jedem, der sich für dieselben interessirt, zur Einsicht zu geben. (50) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 3l sorgfältiger Untersuchung richtig durchgeführten Deutung eine veränderte Fassung, die der Natur der Sache nach in nicht hinreichend bestimmte Form gekleidet sein konnte und daher eine gewisse Unklarheit zurücklassen musste. Man wird mir vielleicht, und nicht ohne Grund, den Vorwurf machen, dass ich bei dem Rückschluss von der vermeintlich ektodermalen Structur der inter- segmentalen Scheibenanlagen auf die Natur des Scyphostomen- rüssels zu rasch und übereilt vorging, zumal im Hinblick auf die unzweifelhafte und von mir selbst betonte (pag. 12) Missdeutung, welche das Lagenverhältniss der sog. Septaltrichter Seitens G oette's erfahren hatte, und wird fragen, weshalb ich die ursprüngliche, meine früheren Untersuchungen nur bestätigende Deutung ver- änderte, anstatt die Publication der Arbeit auf spätere Zeit zu ver- schieben. Es wäre das letztere auch gewiss das Richtige gewesen. Indessen darf ich zu meiner Entschuldigung darauf hinweisen, dass das Manuscript meines Aufsatzes bereits dem Drucke übergeben und gesetzt war, und dass das an den Zwischenscheiben der Strobilen sich darbietende Bild mir so entschieden die ektodermale Natur beider Zellenlagen zu beweisen schien, dass ich mich mit dieser als einer nicht zu bestreitenden Thatsache abfinden zu müssen glaubte. Wie es sich nun herausgestellt hat, lag in jenen Bildern die letzte Phase der Proboseis-Entwieklung und noch dazu in äusserst mangelhaftem Zustande der Gewebserhaltung vor. Der geöffnete Rüsselabschnitt des Mundaufsatzes war als breite, von einer oberen und unteren, dem Anscheine nach gleichbeschaffenen Zellenlage be- kleideten Scheibe zwischen je zwei benachbarten Ephyren ziemlich eng eingeschlossen und im Centrum von den geschrumpften Ver- bindungssträngen durchsetzt, ohne eine Abgrenzung des basalen Abschnittes der Mundröhre erkennen zu lassen. Ich betrachtete daher beide Schichten der Scheibe als durch eine neugebildete ringförmige Ektodermfalte entstanden und auf diesem Wege die Regeneration der Proboseis noch vor Lostrennung der Ephyren durchgeführt. Die Auflösung des Widerspruches, welcher zwischen den aus meinen Beobachtungen der Seyphostomenentwicklung abgeleiteten Folgerungen und der für wunabweislich gehaltenen ektodermalen Deutung der Ephyrenproboseis zurückgeblieben war, hoffte ich durch spätere Untersuchungen geben zu können und beschränkte mich daher auf eine kurze, allerdings unbestimmt gehaltene Fassung weniger Sätze) (pag. 9), die aber für den, welcher sie verstehen will, keinen ‘) Der für sich allein einer Missdeutung fähige Satz: „Ob an der als Proboseis sich hervorhebenden Einstülpung eine ektodermale Wucherung, wie es G oette .dar- (31) 32 0, Oleaus Zweifel zurücklässt, dass ich lediglich fir die distale Partie der Proboseis die Auskleidung von Ektoderm eoncedirte und den tieferen, die Basis des Rohres bildenden Abschnitt, in welchem ja die vier Taeniolenwülste liegen, nicht mit einschloss. Der Rückschluss von der Beschaffenheit beider Epithelschichten an den während der Strobilation gebildeten Mundröhren der Ephy- renscheiben auf die entsprechenden Epithelschichten an der Proboseis der Seyphostomen scheint mir, obwohl er als unzulässig angezweifelt stellt, die den Mund umgebende Faltung erzeugt, oder ob diese lediglich durch das. Hervortreten der Einstülpung bewirkt wird, dürfte ebenso schwer, wie die Grenze zwischen ektodermalem und entodermalem Antheil der inneren Auskleidung des Rüssels scharf zu bestimmen sein“, lässt im Zusammenhange mit dem nachfolgenden Satze: „und ich finde ebensowenig wie bei Chrysaora auch bei Cotylorhiza ein Schlund- rohr im Sinne Goette’s, vielmehr geht die innere Zellenbekleidung des Mundaufsatzes ohne einen auf ein Schlundrohr zu beziehenden Vorsprung in die Bekleidung der Magencavität über, daher existirt weder eine Schlundpforte, noch Taschenostien in der Weise, wie sie von Goette beschrieben worden sind“, wird bei dem Leser keinen Zweifel über den Sinn dessen, was ich damit sagen wollte, zurücklassen. Jeder wird besonders dann, wenn er darüber unterrichtet ist, dass ich (Nr. 5, pag. 14) die vier Taeniolenwülste in dem Basalabschnitt des Mundrohres kannte, in diesem also keine ektodermale Auskleidung annehmen konnte, nicht im Zweifel sein, was ich mit jenen Sätzen sagen wollte. Ich glaubte auf Grund der an der Strobila beobachteten Probosecis- regeneration, dass auch an der Proboscisbildung des Scyphostoma ein ektodermaler Antheil vorhanden sein müsse, und dass derselbe auf eine Wucherung des Ektoderms an der wieder hervortretenden Einstülpung der Proboscisanlage zu beziehen sei und der den Mund umgebenden Faltung entspreche. Wie weit aber das Ektoderm in den basalen Ab- schnitt herabreiche, könne bei der Schwierigkeit, die Ektoderm- und Entoderm-Grenze zu bestimmen, nicht festgestellt werden. Die der Natur der Sache nach nothwendig gewordene Kürze und Unbestimmtheit im Ausdruck der Darstellung, welche ich durch nochmalige spätere Untersuchungen völlig klarzustellen mir für den zweiten Theil der Abhandlung vo: behielt, dieser schwache Punkt war es, welcher sofort, ohne dass die Ausführung und Publication des zweiten Theiles abgewartet wurde, von gegnerischer Seite aufgegriffen und mit den dargelegten Kunstgriffen rabulistischer Sophistik in unwür- diger Weise entstellt und ausgebeutet wurde. „Die Verschleierung des Thatbestandes durch die eigenthümliche Schreibweise und Dialektik“ sollte „niedriger gehängt“ werden, der Umstand, „dass ich mir so viele Blössen und dem Gegner so viele Vortheile ge- geben habe“, sollte gründlich ausgenutzt werden! Ja mehr noch, die vornehme Gesinnung des Autors konnte sich so weit vergessen und zu der Verdächtigung herabsinken, als habe ich mich solcher Mittel absichtlich bedient, um die Autorschaft für die ektoder- male Natur der Proboseisauskleidung für mich zu beanspruchen! Schade nur, dass die erosse Entdeckung Goette’s, die ich an keiner Stelle meiner Schrift als diesem Autor zugehörig anzuzweifeln mir auch nur den entferntesten Schein gegeben habe, sammt den von mir schon früher als Irrthum zurückgewiesenen Entdeckungen einer Schlund- pforte mit Taschenvorhängen, durch welchen Nachweis das Scyphostoma „in neuer Gestalt“ erkannt worden und erst die Grundlage zum Verständniss des Acalephenbaues gewonnen sei, in Nichts geschwunden ist. (32) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 33 wurde, auch jetzt ein absolut zwingender zu sein. Man kann sich nicht etwa auf abnorme Regenerationsvorgänge berufen, bei denen das regenerirte Organ nicht wie in der Regel unter Vorgängen, welche einer Wiederholung der früheren, beziehungsweise embryo- nalen Entwicklung gleichkommen, sondern unter abweichenden und phylogenetisch (sei es atavistisch oder in abgekürzter Entwicklung) veränderten Besonderheiten gebildet wird; denn einmal handelt es sich im vorliegenden Falle nicht um eine vollständige Regene- ration im Sinne Goette’s (Nr. 7, pag. 46), sondern um Wachs- thumsvorgänge in der Continuität des zur Strobila gewordenen Scyphostomenleibes, dann aber, und dies ist der entscheidende Punkt, mag man nun den Vorgang in die Kategorie der Regenerationen stellen oder nicht, muss es als widersinnig erscheinen, das orale, am Mundrohre des Scyphostoma erzeugte Epithel der distalen Ephyra in anderer Weise beurtheilen zu wollen, als das der Proboscis der Ephyren, welche aus den nachfolgenden Scheibenstücken entstanden sind und schon vor der Lostrennung ihre Proboscis in vollem Um- fange gebildet haben. Wäre das orale Epithel am Rüsselabschnitt der Zwischen- ephyren ein ektodermales, so würde das Gleiche auch für das der distalen Ephyren und des Scyphostoma Geltung haben und umge- kehrt. Da sich jenes als entodermal erwiesen hat, so ist auch die innere Auskleidung der Scyphostomenproboscis vom Entoderm er- zeugt, wie ich thatsächlich bereits aus meinen an den Scyphostomen der Chrysaora und Cotylorhiza gemachten Beobachtungen ableiten zu können glaubte. Der entodermale Epithelbelag an der Mundseite des Rüssels kann nicht etwa nachträglich zu Grunde gehen und durch einen ekto- dermalen ersetzt werden, und ebensowenig kann etwa der orale Epithelbelag des zur Mundröhre der distalen Ephyra gewordenen Scyphostomenrüssels aus einem ektodermalen zu einem entodermalen geworden sein. Einen derartigen auf den Hinweis abnormer Regenerationen gestützten Einwurf halte ich in unserem Falle, wo es sich um den Gegensatz der beiden primären Keimblätter handelt, und am Mundrohre der freien Ephyra keine weiteren Rück- bildungen statthaben, für keiner ernsten Zurückweisung bedürftig und für gänzlich ausgeschlossen. Auch an der Seyphostomenproboscis reicht das Entoderm bis zum Rand der weiten Mundöffnung, welche der in der Tiefe der Planulaeinstülpung vor der Hervorhebung der Proboseisanlage gebildeten, später nach Aussen getretenen Oeffnung entspricht. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 1. 3 63) 34 C. Claus: Dieses zuerst für Chrysaora dargelegte und auch von Chun an den ihm übersandten Präparaten anerkannte Verhalten hat ebenso für Cotylorhiza volle Geltung, und ich hatte an den Seypho- stomen derselben, bevor meine Deutung durch die intersegmen- talen Strobilascheiben irrthümlich beeinflusst wurde, den Mundrand in gleicher Weise als die Stelle betrachtet, an welcher beide Zellen- schichten zusammenstossen, und auch diesem Verhältniss an den darge- stellten Figuren (I. Theil, Fig. 7 und 8, Taf. I, sowie Fig. 18, 19, 20 und 21) durch entsprechende Buchstaben Ausdruck verliehen. Man sieht an allen diesen das Bild des Präparates genau wiederholenden Abbildungen am Distalende der hervorgetretenen Probosceis das hohe Entoderm mit dem beträchtlich niedrigen Ektoderm zur Bil- dung des Mundrandes vereint. In gleicher Weise hat sich auch der jüngste Autor über Scyphostomenentwicklung, J. Playfair Me Murrich!) ausgesprochen, indem er für die Sceyphostomen von C ya- nea arctica hervorhebt: „My preparations show that the ectoderm, and endoderm come into contact at the margin of the mouth opening, and thatthere ıs no stomatodaeal invagination of ectoderm such as (oette maintains exists in Cotylorhiza and Aurelia.“* „The young Sceyphostomas with four tentacles show no signs of them (mesenteries), in older specimens with the same number of tentacles traces of them are occasionally to be found; but asa rule they are not formed till the young larva has acquired eight tentacles.. It is unnecessary to state that in Uyanea arctica their formation stands in no connection with the formation of an ectodermal stomato- daeum, since this structure does not exist.“ Die zur Bildung der Ephyren-Proboscis führenden Vorgänge vollziehen sich im Verlaufe der Strobila-Entwicklung an den ein- zelnen Gliedern in allmäliger Aufeinanderfolge. Bevor die distale Scheibe als Ephyra abgestossen ist, sind die Proboscisanlagen der nach- folgenden Scheiben noch geschlossen und mit ihrer Entfernung vom Distalende nach der Basis zu in continuirlich jüngeren Stadien der Entwicklung begriffen. Eine solche Strobila mit bereits völlig ver- schwundenem Tentakelkranz habe ich früher bereits im medianen Längsschnitt von der Gastralseite aus abgebildet und an derselben ganz richtig das Verhältniss der Proboseisanlagen an den einzelnen (liedern dargestellt (Nr. 5, Taf. III, Fig. 32). Es schien mir zweck- ') J. Playfair Me Murrich,. The Development of Cyanea arctica. The American naturalist. March 1891, pag. 289. (34) y | 4 Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza ete. 80 entsprechend, eine neue Ausführung der Originalzeichnung (Fig. 3, Taf. II) nochmals zur Darstellung zu bringen. An Strobilen, deren vordere Ephyrenscheiben bereits abgelöst sind, können die Proboscis- schläuche noch sämmtlich geschlossen sein und ziemlich gleich vorgeschrittene schmale biconvexe Zwischenscheiben repräsentiren (Fig. 4). Man begegnet aber auch Formen, an denen die Proboscis der vorderen Ephyrenscheiben bereits geöffnet, die der nachfolgenden aber noch geschlossen sind, und endlich solchen, an denen sämmtliche Scheiben als vollkommene Ephyren mit noch weit geöffnetem Scheitel- loch der Umbrella ein ausgebildetes geöffnetes Mundrohr besitzen, im Centrum desselben aber noch durch die lang ausgezogenen Stränge der rückgebildeten Taeniolenstücke untereinander und mit dem Basal- polypen verbunden sind. Solche Formen sind Strobilen in der letzten Entwicklungsphase des Scheibensatzes, deren vordere und mittlere Glieder sich bereits als Ephyren getrennt haben und deren drei, vier oder mehr hintere Glieder in der Trennung von einander und vom Basalpolypen begriffen sind (Taf. II, Fig. 5). Etwas abweichend verhält sich die Proboscisanlage an dem Basalpolypen, welcher während der Trennung der Ephyren vom Scheibensatze der Strobila Tentakelansätze bildet und schon vor Ablösung der letzten Ephyra einen vollständig regenerirten Ten- takelkranz besitzen kann. Es bleibt hier nämlich die orale Oeffnung am Polypen sehr weit, und dementsprechend die Proboscisfalte ausser- ordentlich niedrig und breit, so dass, wenn an der distalen Seite derselben die Abschnürung von der Exumbrella der Ephyrenscheibe erfolgt, der Rüsselabschnitt des umfangreichen Mundrandes noch ausserordentlich kurz ist und erst durch Wucherung beider am Mund- rande zusammenstossenden Zellenlagen den normalen Umfang des weiten Seyphostomenrüssels erhält (Taf. III, Fig. 4). Auch der basale, die Rüsselröhre repräsentirende Abschnitt ist sehr kurz, aber bereits mit dem Antheil der Taeniolen versehen, welcher in jedem Radius zweiter Ordnung die einspringende, das Mundkreuz bedingende Aufwulstung erzeugt (Taf. III, Fig. 5). Die aus der Oeffnung der letzten Ephyrenscheibe hervortretenden Verbindungsstränge divergiren in der niedrigen Mundhöhle des Polypen nach den weit abstehenden Gastralwülsten desselben, deren Längsmuskeln sich weit herab bis nahe zum Fussende verfolgen lassen. Eine in die Taeniole übergehende Höhle, die zum sog. Septaltrichter werden könnte, existirt nicht, und die der Trichterhöhle der Lucernarien ent- sprechende Einsenkung tritt erst später ausserhalb des Mundauf- satzes durch Einziehung des Ektoderms der Peristomscheibe (Sub- ar (35) 36 C. Claus: umbrella) an der Aussenseite der Mundröhre oberhalb des Gastral- wulstes und dessen Längsmuskel auf. 5. Die sogenannten Septaltrichter an den Ephyrascheiben der Strobila. Ueber die vier Einsenkungen am Peristomfelde, welche G oette Septaltrichter nennt, habe ich mich bereits im ersten Theile dieser Schrift (pag. 14—17, sowie pag. 32, 33) näher ausgesprochen, und finde das dort Gesagte durch die neuen an Strobilen gemachten Beobachtungen in vollem Umfang bestätigt. Septaltrichter in dem Sinne jenes Autors als Höhlungen im Taeniolenmuskel, welche von der vorderen Ephyrascheibe in die zweite, aus dieser in die nachfolgende und so weiter herab in die Basalpolypen übergehen sollen, existiren nicht. Die Abbildungen (Nr. 7, Taf. VI, Fig. 48, 49, Taf. VII, Fig. 55, 56, 57),. welche, em solches Zyer: hältniss zur Darstellung bringen, sind falsch und beruhen ebenso wie die dieselben erläuternde Beschreibung, nach welcher diese sogenannten Septaltrichter nach Ablösung der Ephyrascheibe in den Ecken der viereckigen centralen Oeffnung der nachfolgenden Scheibe liegen und zu drei Vierteln vom Mundrande umschlossen würden (Taf. VII, Fig. 57), auf einem groben Irrthum der Beob- achtung und Deutung. In Wahrheit nehmen die Einsenkungen, welche Goette aus trichterförmigen Höhlungen des Taeniolenmuskels ableiten zu können glaubte und als Abschnitte der Taeniole in die aufeinanderfolgenden Ephyren und in den Basalpolypen übergehen liess, ebenso wie am primären Scyphostoma, so auch an jedem Scheibensegmente ausserhalb der Proboseis ihren Ursprung und treten in gleicher Weise auch am Basalpolypen nach Abstossung des Ephyra-Satzes an den mit den Ecken des vierseitigen Mund- aufsatzes alternirenden Seiten der Proboscisanlage als Einsenkungen des ektodermalen Peristombelages selbstständig auf. Auch am Basalpolypen kann ebensowenig von einem Hervortreten der Trichter aus der centralen Oeffnung, in welcher vor Lostrennung der Ephyra die verbindenden vier Taeniolenstränge ihre Lage hatten, als von einem erst secundär durch Zusammenwachsen der convex einsprin- genden Seiten des Mundrandes erfolgten Ausschlusse von der Pro- boseisanlage die Rede sein. Das Alles waren Phantasie-Construc- tionen, welche mit der irrthümlichen Annahme eines ektodermalen Schlundrohres im Zusammenhange standen und gegen die Elemente der Architektonik des Scyphomedusenbaues verstiessen. Die vier zapfenförmigen Ektodermwucherungen, welche in den Interradien des Peristomfeldes an dem in der Entwicklung begrif- (36) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 37 fenen Seyphostoma die Anlagen der Taeniolenmuskeln liefern, geben zur Entstehung von ebensoviel Einsenkungen des interradialen Peri- stomfeldes Anlass, in deren Grunde die als Zellenstränge herab- wuchernden Zapfen beginnen. Nun will ich nicht bestreiten, obwohl ich mich hiervon nicht überzeugen konnte, dass die Einsenkung sich noch in den Anfang des Muskelstranges fortsetzen, und demnach die obere Partie desselben in der von Goette (Nr. 7, Fig. 52—34) dar- gestellten Weise eine centrale Höhlung besitzen kann. In seinem weiteren Verlaufe aber ist der Muskel gewiss nicht hohl, sondern solid), worüber auch alle früheren Beobachter einig waren; die kurze Trichterhöhle des Muskels, der sogenannte Septaltrichter, wenn überhaupt vorhanden, kann nicht mit der weiten, grubenförmigen Einsenkung des Peristomfeldes identifieirt werden, deren Ektoderm- belag mit Muskelbildung nichts zu thun hat. Diese Einsenkung, welche sich trichterförmig nach der Taeniole hin verengert, ist durch den von dem Längsmuskel veranlassten Zug zu erklären und tritt auch in Folge ähnlicher mechanischer Wirkung an der Strobila im Peristomfelde sämmtlicher Ephyrascheiben auf, ohne dass sich im Grunde derselben Muskelzellen zur Verstärkung des in den Tae- niolenresten der Ephyren schon rückgebildeten Muskelabschnittes entwickelten. Die Einsenkung ist nicht auf vermeintliche aus der Proboseis herausgetretene Trichterhöhlenabschnitte der Scyphostomen- taeniole zurückzuführen und folglich eine von den Aushöhlungen des Taeniolenmuskels, den sogenannten Septaltrichtern, ganz ver- schiedene Bildung. Selbstverständlich haben diese daher mit der Anlage der Subgenitalhöhlen nichts zu thun, und es ist eine durchaus irrige durch nichts erwiesene Behauptung, dass dieselben in die späteren Subgenitalhöhlen der Acalephe übergingen. Eine solche Beziehung zu der Subgenitalhöhle ist nach den vorliegenden Beobachtungen nicht nur nicht ersichtlich, sondern als unannehmbar zurückzuweisen. Der Hinweis auf die Trichter- höhlen mit den Geschlechtsbändern der Lucernarien, welche ich selbst als den subumbrellaren Gastrogenitaltaschen der Aca- lephen gleichwerthig an die Seite stellte, können aus dem früher bereits angeführten Grunde nicht etwa zum Nachweise des Gegen- theiles herangezogen werden, denn jene sind tiefe Einsenkungen in der Gallerte des Septums, aber nicht vom Muskelepithel be- !) Die von Gegenbaur als Canäle der Magenfalten betrachteten Bildungen, sind die vier Gallertsäulen innerhalb der Entodermfalten (Nr. 6, Taf. II, Fig. 34), wie sich auch aus der Abbildung ergibt, und können nicht etwa, wie es Goette thut, auf vermeintliche Canäle (Nr. 7, pag. 16) des Taeniolenmuskels bezogen werden. 38 0-OJlanzı kleidete Höhlungen in dem Muskelstrange, welcher an der peri- pherischen Grenze und keineswegs in der Achse dieser Gallert- säulen herabläuft. Man vergleiche nur die von mir (Nr. 5, Taf. II, III, IV u. X) abgebildeten Querschnitte durch Scyphostomen (Fig. 23, 24, 33, 34) und Lucernarien (Fig. 70—73), aus denen man sofort erkennt, dass nur der mächtig entwickelte als Septalmuskel (SM) bezeichnete Muskel in Frage kommen könnte, wenn es sich um eine Zurückführung auf den Taeniolenmuskel der Seyphostomen handelt. Die auf die Tiefe der Septen beschränkten, der Leibescavität zugewen- deten Muskelfibrillen können gar nicht in Vergleich gezogen werden. So dankbar ich auch für die mir zu Theil gewordene Belehrung unter Hinweis auf meine eigenen früheren Schriften bin, so muss ich in diesem Falle bedauern, dass Goette den Beweis für die Homo- logie des axialen Taschenmuskels der Lucernarien mit dem Taeniolen- muskel des Scyphostoma, welcher an der Aussenseite der Gallert- columne verläuft, zu führen vergessen hat. Die Behauptung Go ette’s (G. G., pag. 33), dass „der axiale Taschenmuskei genau der Muscu- latur in den Septaltrichtern der Scyphostomen entspricht“, ist nicht nur durch nichts bewiesen, sondern eine völlig unhaltbare Annahme. Ganz verschieden von der Frage der Homologie zwischen dem vermeintlichen im Taeniolenmuskel gelegenen Septaltrichter des Scyphostoma und der Subgenitaltasche der Acalephe ist die Frage, ob nicht die ektodermalen, zuweilen trichterförmig eingezogenen Nebenmundvertiefungen, welche excentrisch von der Proboscis an jeder Ephyrascheibe selbstständig auftreten und an der Ephyra wieder verschwinden, diejenigen Stellen der Subumbrella bezeichnen, an denen später die ektodermal erzeugten Subgenitalhöhlen mit den Genitalkrausen gebildet werden. Und diese Frage kann mit Rücksicht auf die Lagenbeziehung bestimmt bejahend beantwortet werden. Man kann sogar, worauf ich bereits im ersten Theile der Schrift (pag. 33, Anm.) hinwies, noch weiter gehen und an der reifen Ephyra die Oertlichkeit bestimmen, an welcher später das Keimepithel einwuchert, da die Lage des ersten, bei Aurelia schon vor Abstossung der Ephyra vorhandenen Gastralfilamentes und die Stelle des rückgebildeten Muskelrestes excentrisch von dem Wulste, welcher sich in das Gastralfilament fortsetzt, die erforderlichen Anhaltspunkte bieten. Es ist die der Abaxialseite des Filamentes angrenzende Fntodermpartie, von welcher aus später die Ein- wucherung des Keimepithels in die Gallerte der Subumbrella erfolgt. Diese Nebenmundvertiefungen haben aber, wie ich oben darlegte, mit der als Septaltrichter beschriebenen Höhlung des Muskels gar (38) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 39 nichts zu thun, sondern betreffen lediglich die ektodermale Be- kleidung des Peristomfeldes und sind den bekannten Trichterhöhlen der Lucernarien und anderer tetrameraler Scyphomedusen gleichwerthig. 6. Betrachtungen über die Verwandtschaft der Scyphomedusen und die natürliche Classification der Cnidarier. In allen meinen auf Scyphomedusen oder Acalephen und Hydroidmedusen bezüglichen Schriften legte ich bei der Beurtheilung der Verwandtschaft beider Medusengruppen dem Vor- handensein der Gastralwülste und der siedlurchsetzenden Längsmuskeln im polypenförmigen Jugendzustand der ersteren den grössten Werth bei. Ebenso betrachtete ich in Uebereinstimmung mit E. Haeckel und Anderen diese Bildungen als den Ausgangspunkt der zahlreichen mit der weiteren Entwicklung auftretenden Unterschiede im Bau und der Organisation der Geschlechtsthiere. Andererseits erschienen die vier von der Peristomscheibe an bis nahe zum Fussende den Leibes- raum durchziehenden Längswülste oder Taeniolen, sowie die von denselben begrenzten Magentaschen mit den Septen und Magen- taschen oder Mesenterialtaschen der Anthozoen vergleichbar, und die verwandtschaftliche Beziehung zu den Anthozoenpolypen um so bestimmter anzunehmen, als aus den Taeniolenresten im Körper der Acalephenlarve gastrale Filamente hervorwachsen, welche mit den an den Septen der Anthozoen auftretenden Fäden im Wesentlichen übereinstimmen. Ich behauptete demgemäss unter Hinweis auf eine schon von Joh. Müller!) gemachte Bemerkung, in welcher diese Fäden der Acalephen mit den vorstreckbaren Magenfortsätzen der 1) J. Müller, Geschichtliche und kritische Bemerkungen über Zoophyten und Strahlthiere. Archiv für Anatomie und Physiologie. 1858, pag. 102. Die in diesem Aufsatze des berühmten Forschers gemachte Bemerkung hat einen ganz anderen als den ihr von Goette beigelegten Sinn. J. Müller spricht sich an dieser Stelle, nachdem er R. Leuckart’s Vereinigung der Acalephen und Anthozoen als Coelen- teraten gebilligt hat, in folgender Weise aus: „Alle Coelenteraten sind mit Nessel- organen versehen. Charakteristisch für die Coelenteraten aus verschiedenen Abtheilungen sind auch die in der Jugend vorkommenden vorstreckbaren Magenlappen. Zwei solche besitzt der junge Cereanthus (Dianthea nobilis Busch), zwei ähnliche Gebilde sind bei Gegenbaur an einer jungen Cydippe beobachtet. An jungen Actinien sah ich ähnliche Fleischlappen in der Körperhöhle sich auf- und abtreiben, und ich möchte hierher auch die vier Fortsätze im Magen der jungen Medusa aurita rechnen, welche Sars beschrieben und abgebildet hat. Ich besitze Zeichnungen von manchen der Dianthea nahe stehenden, aber davon verschiedenen Polypen, die mit zwei vorstreckbaren Magenfortsätzen versehen sind.“ Man sieht aus dieser Bemerkung — und ich vermag keine zweite Stelle aufzufinden, an der sich J. Müller über das Verhältniss von Medusen und Anthozoen ausgesprochen hat —, dass der Autor (39) 40 C, Claus: jungen Anthozoen verglichen worden waren und auf meine eigenen Beobachtungen, nach denen die Taeniolenreste in den Strobilascheiben die Anlagen der gastralen Filamente des Ephyren sind, dass die vier Magenwülste den Septen der Actinien entsprechen, machte aber weiter auf die Differenz in dem Lagenverhältniss zu den vier Tentakeln zweiter Ordnung mit den Worten aufmerksam: „Frei- lich ist das Lagenverhältniss der Septen zu den Tentakeln schon im Larvenzustand der Actinien ein anderes, da die Magenwülste und Faserstränge des Scyphostoma in die Radien der vier Tentakeln zweiter Ordnung fallen, die Septen der Actinienlarven zwischen den Tentakeln liegen“ (Nr. 4, pag. 17). Andererseits mussten aber auch die offenbar vorhandenen Beziehungen zu den Hydroidpolypen oder Hydropolypen zur Sprache kommen, über die ich nicht einfach, wie lediglich auf eine für verschiedene Coelenteratengruppen charakteristische gleichwerthige Bildung hinweist und als solche die vier Gastralfäden der Ephyra und die vorstreck- baren Magenfortsätze junger Anthozoen betrachtet. Von Hydroidpolypen im Gegen- satze von Anthozoen ist ebensowenig wie von Scyphostomen die Rede R.Leuckart hat in seinem classischen Jahresberichte (1858, pag. 106) über die Ansicht J.Müller’s mit den Worten referirt: „J. Müller stellt diese Fäden mit den vorstreckbaren Magenfortsätzen der jungen Polypen zusammen, mit Gebilden, die wohl die ersten Anlagen der sogenannten Mesenterialfilamente darstellen dürften.“ Da diese Bemerkung im Anschluss an ein kurzes Referat über die vier Magenwülste der jungen Cephea- polypen gemacht worden war, und ich selbst in meiner Schrift über Polypen und Quallen der Adria mich lediglich auf Leuckart’s Bericht stützte, so glaubte ich, dass mit den vier Fäden die Magenwülste des Scyphostoma gemeint seien, während es sich doch nur um die vier Filamente der Ephyra handeln konnte — und bemerkte, dass „J.Müllerdas wahre Verhältniss dieser Wülste unter allen Forschern am besten beurtheilt habe“ (Nr. 4, pag. 3). Zur Begründung konnte ich mich auf den später (pag. 17) von mir geführten Nachweis stützen, dass bei der Strobilation die Taeniolen- reste der Strobilascheiben zu den Anlagen der vier Gastralfilamente werden. Dem- gemäss betonte ich die nahe Beziehung des jungen viergliederigen Scyphostoma zu dem Korallenpolypen und die der Acalephen zu den Anthozoen — im Gegensatze zu den Hydroiden und Craspedoten — und erkannte in den Magenfilamenten der Aca- lephen einen sehr wesentlichen Charakter von hervorragender Bedeutung (Nr. 4, pag. 19; R. Leuckart’s Jahresberichte. 1883, pag. 491—499). J. Müller hat thatsächlich gar nicht die Meinung ausgesprochen, dass die Scyphostomen durch den Besitz von Magenfalten mit den Anthozoen näher als mit irgend einem anderen Nesselthiere ver- wandt seien, und nech weniger hat derselbe jene „bevorzugte Verwandtschaft zwischen Scyphostomen und Anthozoen verfochten, welche von Claus selbst zuletzt entschieden bestritten worden sei“. Ich selbst habe lediglich die Anthozoennatur des Scyphostoma im Sinne Goette’s bestritten, dagegen zuerst den Hydroiden gegenüber diesen gemeinsamen Besitz der Filamente für Acalephen und Anthozoen als wichtigen Charakter hervorgehoben. Man überzeugt sich, wie selbst in den Nebenfragen unter der geschickten Hand Goette’s der Thatbestand in ganz neuer Gestalt erscheint, und nun erst richtig verstanden wird. (40) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza ete. 41 es andere Autoren gethan haben, hinweg schreiten wollte, und ich unterliess es daher nicht, hervorzuheben, dass, wenngleich morpho- logisch die sogenannten Magenfilamente der Acalephen auf den gleichen Ausgangspunkt, wie die Filamente der Actinien zurück- zuführen sind, Magenwülste und Entodermwucherungen doch auch den Hydroiden keineswegs fremd sind (Nr. 4, pag. 18). Ich ver- mochte daher, trotz der Deutung der Magenwülste als den vier primären Septen der Actinien homologe Gebilde, die Cnidarierelasse der Polypomedusen nicht aufzugeben und sprach mich in der gleichen Weise, sowohl in der zweiten Abhandlung (Nr. 5, pag. 7), als in meinem Lehrbuche aus. In jener bemerkte ich: „In den Gastralwülsten der Hydroidpolypen sind die Gallertwülste und Muskeln bislang nicht nachgewiesen worden, daher können denn auch die Taeniolen der Scyphostomen keineswegs den zumal nach Lage und Zahl unregelmässigen Entodermwülsten der Siphono- phoren und Tubulariden als homolog gleichgestellt werden, aber immerhin bleibt der auf die Taeniolen und Gastralfilamente ge- stützte Charakter für die Acalephen in erster Linie bedeutungsvoll, ohne dass damit selbstverständlich für die diphyletische Entwick- lung der Medusen (Seyphomedusen—Hydroidmedusen) ein Beweis erbracht sein kann.“ In dem Lehrbuche (4. Auflage, pag. 236), in welchem ich ebenso wie später (5. Auflage) die Classen der Anthozoen und Polypomedusen aufrecht erhielt, heisst es in dem Abschnitte, welcher eine allgemeine Charakterisirung der Polypo- medusen gibt: „Die kleinen Polypen etc. besitzen durchgängig einen einfacheren Bau als die Anthozoen, hinter denen sie auch der Grösse nach bedeutend zurückbleiben ; sie entbehren des Magen- rohres, der Scheidewände und Taschen des Gastrovascularraumes. Nur die Polypen der als Sceyphostomen bekannten Ammen der Schirmquallen besitzen in vier Gastral- wülsten einen Ueberrestvon Gastralfalten, aus denen sich auch Filamente entwickeln.“ Somit hatte ich auch in dem Lehrbuche den von mir in beiden Abhandlungen vertretenen morphologischen Beziehungen des Seypho- stomen- und Anthozoenbaues entsprechenden Ausdruck ver- liehen und die Verwandtschaft angedeutet, . die ich um so weniger aus dem Auge verlieren konnte, als ich in der zweiten Abhand- lung (Nr. 5, pag. 42), bei Besprechung von O. und R. Hertwig's Eintheilung der Cnidarier in Entocarpen und Ektocarpen den Versuch gemacht hatte, das Verhältniss der Scyphostomen zu den Anthozoen einerseits und Hydroiden andererseits mir phylo- (41) 42 0. Claus genetisch zurecht zu legen, ohne den bisherigen Verband der Polypo- medusen zu zerreissen und wie jene Forscher zur Annahme einer diphy- letischen Entstehung der Medusen gezwungen zu sein. „Zu dieser An- nahme“, führte ich aus, „werden wir doch nur dann, wenn hierzu absolut zwingende Gründe vorliegen, unsere Zuflucht nehmen. Solche scheinen mir jedoch im gegenwärtigen Falle nicht zu bestehen, da wir die verschiedenen, den Gegensatz beider Medusengruppen vorbereitenden Abweichungen durch Veränderungen einer bereits vom Polypenstock aufgeammten frei schwimmenden Form von tetrameraler Gliederung recht wohl abzuleiten vermögen. Diese medusenähnlichen Geschlechts- thiere, neben denen anfangs wohl im Öyclus derselben Art polypen- förmige, nicht zur Lostrennung gelangende Geschlechtsthiere be- standen haben mochten, bildeten wie die letzteren ihre Geschlechts- stoffe in beiden histologisch noch weniger verschiedenen Zellenhäuten an beiden Flächen der Mundscheibe. Nun erfuhren die Polypen und deren Stöcke im Laufe der Zeit mannigfache Differenzirungen und gewannen zum Theil eine complieirtere Gestaltung ihrer gastralen Cavität, zu welcher das Auftreten zunächst von vier septalen Wülsten Anlass gab. Die von den Polypen mit einfach bleibendem Gastral- raum abstammenden Geschlechtsthiere bildeten die entodermalen Anlagen zurück, so dass die Sexualstoffe grösstentheils oder aus- schliesslich ektodermale Erzeugnisse wurden. In der zweiten Formen- reihe übertrug sich frühzeitig, noch bevor mehr als vier Septalwülste gebildet waren, die gastrale Complication auf die knospende Medusen- generation, und es entwickelten sich aus dem Medusenleib mit auf- genommenen Taeniolenresten die Gastralfilamente, während anderer- seits im Zusammenhange mit dieser das Auftreten gastraler Neben- räume fördernden Gestaltung auch in der Medusenform lediglich die entodermalen Geschlechtsanlagen (in die mesodermale Gallertlage einwachsend) erhalten blieben. Wo die Polypenform Träger der Geschlechtsanlage blieb, machte die Vermehrung der Septenzahl im Zusammenhange mit der Umstül- pung des Mundaufsatzes und seiner Umbildung zum Mundrohr weitere Fortschritte, und es wurde die Organisation des Polypen bei bedeutenderer Durch- sechnittsgrösse eine fortschreitend complierrtege Auch hier rückten die ausschliesslich zurückgebliebenen entoder- malen Geschlechtsanlagen in das Mesoderm der geschützten Gastral- räume.“ Mag man nun über diesen Versuch, zur Erklärung der ver- wandtschaftlichen Beziehungen der Scyphostomen zu den Anthozoen (42) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 45 und Hydroiden von dem Gesichtspunkte einer monophyletischen Ent- wicklung aus eine phylogenetisch begründete Vorstellung zu gewinnen, wie auch immer denken, das Eine ist unabweisbar, dass ich das Scyphostoma, auch bevor Goette’s Schrift erschienen war, seinem Baue nach als mit den Anthozoen nahe verwandt beurtheilte und mit diesen von einer beiden gemeinsamen Ausgangsform, dem mit vier septalen Magenwülsten und alternirenden Magentaschen ver- sehenen Polypen, ableitete. Angesichts eines solchen Sachverhaltes war es eine einseitige. zweckentsprechende Entstellung ), wenn Goette dadurch, dass er meine Ansicht (Nr. 5, pag. 42) über die Beziehungen des Sey- phostoma zu den Anthozoen unterdrückte und durch einseitig (und zwar im veränderten Sinne) ausgeführte Betonung des von mir angenommenen Verhältnisses zwischen Hydroiden und Scypho- stomen die Meinung erweckte, als wäre ich selbst erst nach dem 1) Es beruhen aber die beiden (G.G., pag. 54) fettgedruckten Sätze, in welche Goette meine Anschauungen vor Erscheinen seiner Abhandlung zusammenfasst, nicht nur auf einer „Säuberung“ meiner Anschauungen, sondern auf einer Eintragung seiner eigenen mir fremden Begriffe in dieselben. Durch jene wird Wesentliches hinaus-, durch diese Fremdes hinein analysirt, und so bleibt bei solcher Analyse ein Rückstand, welcher dann im Vergleich mit anderen nach gleicher Metlıode behandelten Analysen unauflösbare Widersprüche ergibt. Wenn Goette für den zweiten Satz, dessen Sinn ich überhaupt nicht zu verstehen vermag, meine Zurückweisung der Ansicht Haeckel’s von der Tessera „als octomerales, frei schwimmendes und geschlechtsreif gewordenes Sceyphostoma“ benutzt, so hat er wohlweislich vergessen, hervorzuheben, dass die Be- gründung dieser Zurückweisung der von E. Haeckel gegebenen Beschreibung der Tessera (Nr. 8, I, pag. 364) mit 4 Septalknoten als Cathammen zwischen umbraler und subumbraler Wand und von durch dieselben begrenzten mächtigen Radialtaschen entlehnt wurde, Bildungen, welche dem Scyphostoma als dem polypenförmigen Zustande der Scyphomedusen fehlen. Ein medusoides Stadium des Scyphostoma im Sinne Goette’s kenne ich überhaupt nicht. Wie mit Tessera verhält es sich auch mit den Lucernariaden, bei deren Zurückführung auf Seyphostoma ich mich in meiner zweiten Abhandlung ebenfalls auf E. Haeckel’s Beschreibung und Deutung (Nr. 8, I, pag. 380, II, pag. öl), welche später von Goette (pag. 59—63) bekämpft wurde, stützte. Da letzterer jedoch in seiner eigenen Schlussfolgerung, nach welcher (pag. 63) die Stauromedusen in der That geschlechtsreife Scyphostomen oder Scyphostomiden genannt werden können, was bei der bisherigen falschen Vorstellung vom Baue des Scyphostoma nicht gerechtfertigt gewesen wäre, die Homologisirung der Septen des Scyphostoma mit den entsprechenden Bildungen des Stauromedusen als „zweifelhaften Punkt“ bezeichnet, so verlohnt es sich nicht weiterer Worte. Ich füge nur noch die Bemerkung hinzu, dass mit dieser, das Verhältniss des Scyphostoma zur tetrameralen Scyphomeduse betreffenden Frage nicht die der Entwicklung des Scyphostoma zur octomeralen Ephyra als Grundform der Acathammnien zusammengeworfen werden kann, wie solches Goette that. Das polypoide Scyphostoma erzeugt in der Strobilations- periode keine tetramerale Meduse, sondern sogleich die octomerale Ephyrenform. (45) 44 0. WIEUR? Erscheinen seiner Publication auf jene aufmerksam geworden und hätte dann das Scyphostoma als Anthozoenpolypen dargestellt, in der „bevorzugten Verwandtschaft“. die vor ihm, abgesehen von der gelegentlichen Bemerkung Müller’s, von Niemand wirklich verfochten worden sei. Eine solche Verwandtschaft im Sinne @ oette’s bekämpfe ich ja auf das entschiedenste. indem ich die vermeintliche neue Entdeckung des wahren inneren Baues der Scyphostomen, deren Unkenntniss mir vorgehalten war, für einen Irrthum hielt. Auch nach dem Erscheinen der Goette’schen Abhandlung (Nr. 7) habe ich meine frühere Beurtheilung des Verhältnisses der Scyphostomen zu den Anthozoen und Hydropolypen aufrecht erhalten, obwohl ich auf Grund der Proboseisregeneration der Ephyren die ektodermale Auskleidung für den Rüsselabschnitt des Mundauf- satzes zugestehen zu müssen glaubte und mich von dem Vor- handensein der vier frühzeitig als Anfänge der Magentaschen auftretenden Divertikel zwischen den Taeniolenanlagen überzeugen konnte. Auf diese beiden unter den zahlreichen @oette’schen Be- funden und auf die ektodermale Einwucherung des Taeniolenmuskels beschränkte sich meine Zustimmung. Ich konnte in denselben lediglich eine weitere Stütze der nicht nur von’ mir, sondern auch von E. Haeckel, O. und R. Hertwig anerkannten Verwandtschaft von Sceyphopolypen und Anthozoen finden, musste daher die Prätension jenes Autors, dass mit seinen Untersuchunger das Scyphostoma in völlig neuer Gestalt erscheine und der Ver- gleichung eine andere Grundlage und Richtung gegeben sei, ab- lehnend beantworten. Indem ich das Vorhandensein einer Schlund- pforte, von Taschenvorkängen in Abrede stellte, also die vollstän- dige Uebereinstimmung des Scyphostoma mit dem Anthozoenbau leugnete, sprach ich (1. Theil, pag. 30) von dem vermeintlichen!) Anthozoenbau des Scyphostoma als Anthozoenpolypen im Sinne Goette's. !) Die Stelle lautet: „Dahingegen verlegt dieser Autor den Uebergang (der Meduse) ganz unberechtigt in das achtarmige Stadium, wenn er in dem jungen Scyphostoma mit Rücksicht auf den vermeintlichen (also den von ihm vermeinten) Anthozoenbau den Anthozoenpolypen etc. betrachtet.“ Und Goette weiss in „kritischer Säuberung“ das aus dem Zusammenhang gerissene Wort „vermeintliches“ in die Fassung zu bringen. „Endlich bekommt diese Sache einen humoristischen Anstrich dadurch, dass Claus, obgleich er mir den Anspruch nicht gönnt, den Anthozoen- charakter der jungen Scyphostomen zuerst bewiesen zu haben, gleichzeitig diesen „vermeintlichen“ Charakter nach wie vor selbst nicht anerkennt“ (s. pag. 30). So “ nennt und was er als verhält es sich mit dem, was Goette „kritische Säuberung‘ Confusion dann Anderen vorwirft. (44) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 45 Ueber die in meine Beurtheilung des Verhältnisses der Scypho- stomen zu den Anthozoen und Hydropolypen hinein getragene Frage des Medusenbegriffes im Vergleiche zu dem des Polypen glaube ich mich in meinen Abhandlungen für Jeden, der den Inhalt derselben verstehen will, hinreichend verständlich ausgesprochen zu haben, so dass es nicht gelingen dürfte, Verwirrung in meine Darstellung hinein- zutragen. Die Frage, ob das Scyphostoma ein Polyp oder eine Meduse sei, oder bis zu welchem Stadium seiner Entwicklung dasselbe als Polyp zu betrachten, und mit welchem es zur Meduse geworden sei, hängt ganz von dem Begriffe ab, den man mit dem Namen verbindet, und dieser ist eben von dem Medusenbegriff Goette's gänzlich verschieden. Ich halte meine frühere (Nr. 5, pag. 14) Anschauung aufrecht, nach welcher erst an der Strobila mit der Sonderung des Tae- niolenabschnittes (der Ephyrenscheibe) von der Wand und der hierdurch bewirkten Communication der vier Magentaschen zur Bildung des Ringsinus der erste wesentliche, das Polypensegment zur Meduse umgestaltende Schritt erfolgt ist, mit welchem sich zu- gleich der marginale Abschnitt des Segmentes dann weiter auszubilden vermag. Wer die Meinung vertritt, dass das Sceyphostoma schon vor der Strobilation dadurch, dass die Einsenkung des Peristoms in die verkürzten und abgeflachten Taschenvorhänge die Umwand- lung in die Meduse bedeute, und mit diesem Vorgange — der für mich lediglich in der Vorstellung seines Autors existirt — der Anthozoenpolyp in die gestielte Meduse verwandelt sei, mit dem ist eine weitere Auseinandersetzung für mich überflüssig ; auch dürfte der- selbe schwerlich Anhänger und Glaubensgenossen dieser rein erdachten, durch die Thatsachen keineswegs begründeten !) Begriffsbestimmung !) Was die Begriffsbestimmung der Meduse anbelangt, so hatte ich in meiner ersten Abhandlung (Nr. 4, pag. 18) die Meduse als breiten, scheibenförmig abgeflachten Polypen bezeichnet, welcher seine Befestigung aufgegeben und durch den Muskel- belag der vertieften, als Schwimmsack umgestalteten Peristomscheibe zur frei- schwimmenden Bewegung befähigt worden sei. In Wahrheit bestünde daher ein fundamentaler Gegensatz von Scheibenqualle und Polyp überhanpt nicht und man könne „mit gleichem Rechte das Scyphostoma für eine polypenförmige Meduse wie für einen medusenförmigen Polypen“ erklären. Als ich später die Entwicklungsweise von Scheibenquallen, insbesondere die Schwimmglockenbildung der Siphonophoren näher verfolgte (Nr. 3) und mit der Genese der wichtigen Verwachsungsstreifen des Ento- derms bekannt geworden war, betrachtete ich die Meduse als losgelösten Polypen, dessen Peristomscheibe durch Einkrümmung zur Subumbrella, beziehungsweise zum Schwimmsack geworden, und dessen mächtig verbreiterte Gastralhöhle in der Peripherie durch Verwachsungsfelder in Radialcanäle getheilt worden sei. Die alsdann von O. und R. Hertwig („Der Organismus der Medusen“ ete., Jena 1878, pag. 48) in ganz gleicher (45) 46 C Claus: finden. Unter Scyphomedusen im systematischen Wortsinne be- greift man sowohl Polypen als Medusen der Cnidariergruppe „Seyphomedusae“, wie auch in der Abtheilung der als „Hydro- medusae*“ unterschiedenen Unidariergruppe sowohl Polypen (Hydra) und Polypenstöckchen (Tubularia) als Medusen einbegriffen sind. Ich habe jene in Tetrameralia und Octomeralia eingetheilt und unter den ersteren dieSceyphomedusen verstanden, welche, nach dem Grundplan des Scyphostoma gebaut, eine Vier- gliederung des Magenraumes bewahren, mit vier gastralen Taschen Weise gegebene Zurückführung fand einen durchaus entsprechenden Ausdruck in E. Haeckel’s Definition, in welcher der wesentliche Unterschied zwischen dem Organismus der Meduse und des Polypen in der Bildung des der Anpassung an die schwimmende Lebensweise entsprungenen Schwimmorgans der ersteren und der Cathammen oder Verwachsungen der Gastralcavität zwischen oraler Mundscheibe und aboraler Becherwand gefunden wurde (Nr. 8, II, pag. 124). Auf diese Bestimmung des Verhältnisses von Meduse zum Polypen im begrifflichen Sinne stützt sich meine Anschauung, nach welcher ich in dem Auftreten des Ringsinus einen wesentlichen, das Polypensegment zur Meduse umgestaltenden Schritt erkannte (I. Theil, pag. 29) im Gegensatze zu Goette’s Vorstellung, nach welcher das Scyphostoma bis zur Zeit der Entwicklung der Septaltentakel den Charakter des Anthozoenpolypen bewahre und sich mit dem Aufgeben desselben durch die Einsenkung des Peristoms in die verkürzten und abgeflachten Taschenvorhänge in die gestielte Meduse verwandle (G. pag. 58, 54, 55). Neben dem Gebrauche im begrifflichen Sinne (der Polypenform gegenüber) hat die Bezeichnung Meduse aber noch eine zweite Verwendung als systematische Kategorie (den Anthozoen gegenüber) und in diesem Sinne sind auch die Polypen mit eingeschlossen, also für die Scyphomedusen die fest- sitzenden, des Schwimmsackes, der Subumbrella und der Verwachsungsfelder noch ent- behrenden Formzustände, demnach auch die jenen entsprechenden tetrameralen Scypho- stomen. Indem Goette nun wieder nach seiner Methode analysirt und gleichzeitig diese Unterschiede nicht auseinanderhält, sondern Scyphomeduse als systematische Kategorie mit Meduse im begrifflichen Sinne zusammenwirft, war es ihm möglich, meinen Worten eine solche Missdeutung zu geben. Nicht darin, dass er die unzweideutigen Worte „der Polyp Scyphostoma verwandelt sich erst in der Strobilationsperiode in eine Meduse“, in dieser Weise verstanden hätte (G. G., pag. 58), sah ich einen Versuch, mir eine Ungereimtheit zu unterstellen. Diese (Goette’s) Worte habe ich überhaupt gar nicht gebraucht, sondern (Nr. 5, pag. 14) gesagt: Erst mit der Sonderung des Taeniolenstückes von der Wand und dem hierdurch entstandenen Ringsinus „sei ein wesentlicher, das Polypensegment zur Meduse umgestaltender Schritt gethan, mit welchem sich zugleich der marginale Abschnitt des Scyphostoma weiter auszubilden vermag“. Die mir von Goette zugedachte Ungereimtheit habe ich darin gefunden, dass er (Nr. 7, pag. 36) mir in seiner, den Sinn meiner Worte entstellenden Analyse die dem Begriffe von Meduse gegenüber völlig ungereimte Meinung unterschiebt, als sei mit dem Zusammenfliessen der vier Magentaschen der Uebergang des Polypen zur Meduse bedingt, während es sich nach meiner Darstellung nur um den ersten Schritt handelt, welcher die Umwandlung der tetrameralen Scyphomeduse in die octomerale Meduse ermöglicht. Auch vor der Entstehung des Ringsinus sei das Scyphostoma im Sinne der systematischen Kategorie eine Hydromeduse, dies schliesst aber die Bezeichnung (46) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 47 und ebensoviel Septen(Calycozoen = Stauromedusen,Marsu- pialiden = Cubomedusen) versehen sind und als octomerale Scyphomedusen alle Acalephen mit achtfacher Wiederholung der wichtigsten peripherischen Organe, insbesondere der Hauptstämme des Gastrovascularsystems, nach der Grundform der Ephyra. Wie man auch die Abgrenzung von Polyp und Meduse begrifflich !) be- stimmen mag, der Gegensatz des viergliedrigen Sceyphostoma und der achtgliedrigen Ephyra, welche die vornehmlichsten Etappen in der ontogenetischen Entwicklung der höheren Seyphomedusen repräsentiren, rechtfertigt eine ihnen entsprechende, die phylogene- tische Entwicklung des Stammes zum Ausdruck bringende Ein- Polyp nicht aus, und nur in jenem Sinne sei das von Goette als Meduse bezeichnete Stadium des Scyphostoma eine tetramerale Scyphomeduse, als welche dasselbe, ebenso wie die Becherqualle, längst betrachtet sei. Aber nicht nur zu dem Vorwurfe der Confusion, auch zu dem unwürdigen Vorwurfe „der unglaubwürdigen Zweideutigkeit“, benützt Goette seine sinnentstellende Analyse und hat die Stirn, den Leser glauben zu machen, ich hätte zuerst behauptet, „der Polyp Scyphostoma verwandle sich erst in der Strobilationsperiode in eine Meduse“, und dann mit der besonderen Angabe, dass das Seyphostoma schon längst gleich der Becher- qualle für eine „viergliedrige Scyphomeduse* gelte, Goette’s eigenen Anspruch an die Entdeckung des ausgebildeten Scyphostoma als Meduse als eine längst bekannte That- sache hinstellen zu wollen. Jedermann muss den Zweck einer solchen Sinnverdrehung begreifen, mit derselben nicht nur meine Logik, sondern auch meine Wahrhaftigkeit in dem Auge des Lesers herabzusetzen. Ich bekämpfe ja gerade die Meinung G o ette’s, als wäre bereits das achtarmige Scyphostoma durch ein Hinaufrücken des Schlundrohres in die Proboscis und die Einsenkung des Peristoms in die Taschenvorhänge zur tetrameralen Meduse (im begrifflichen Sinne) geworden. Und diese seine „Analyse“ wagt Goette mit den Worten einzuleiten: „Was vermögen aber klarer Wortlaut und Logik gegen Claus’ Dialektik! — man höre und staune —“ und sich nachher auf seine „Kenntnisse der deutschen Sprache“ und „einfachste Logik“ zu berufen und im Anschluss an diese einfachste Logik weiter ausgedachte und durch Substitution seiner eigenen mir völlig fernliegenden Begriffe confus gemachte Vorstellungen und widerspruchsvolle Darstellungen als die meinigen auszugeben. Ich habe gewiss an keiner Stelle die Autor- schaft Goette’s von jener vermeintlichen Entdeckung, nach welcher „meist schon das Sarmige Scyphostoma dadurch, dass das ektodermale Schlundrohr in die Proboscis empor- steige und sich das Peristom in die verkürzten und abgeflachten Taschenvorhänge einsenke, zur Meduse“ geworden sei, auch nur im Entferntesten angezweifelt, fürchte aber, dass er später, von seinem Irrthum überzeugt, sich vergeblich nach einem Andern zur Uebernahme der Autorschaft dieser Entdeckung umsehen dürfte. ‘) War diese Fälschung meiner unzweideutigen Meinung eine absichtliche, um mit derselben die Herabsetzung der Person zu erzielen, oder war der Kritiker mit seiner einfachsten Logik nicht im Stande, den Sinn meiner Worte zu begreifen? Fehlt ihm aber die Fähigkeit, sich in die Begriffsentwicklung und Vorstellungsweise seines Gegners hineinzudenken, dann durfte er schwerlich mit seiner „fast geschäftsmässigen Kritik aller Autoren“ Glück gemacht haben. Vergl. auch C. Gegenbaur, Einige Bemerkungen zu Goette’s Entwicklungsgeschichte der Unke etc. Morphol. Jahrb. Bd.1. (47) 48 C. Claus: theilung inviergliedrige(Tetrameralia)undachtgliedrige Scyphomedusen (Octomeralia). Man hat gegen diese Eintheilung‘) manche Einwendungen erhoben, die jedoch das Prineip nicht berühren, wenn sie auch vielleicht gegen die Bezeichnungen beachtenswerthe Gründe formeller Natur zur Sprache bringen. Als solchen betrachte ich nicht etwa den Umstand, dass ich Parameren und Antimeren in einer von E. Haeckel verschiedenen, und zwar gerade entgegen- gesetzten Fassung verstanden und definirt habe; diese höchst unter- geordnete Controverse hat für die vorliegende Frage gar keine Bedeutung, und es ist für die Beantwortung derselben ganz gleich- giltig, ob ich die vier um das Centrum geordneten Theilstücke eines vierstrahligen Radiärthieres, wie E. Haeckel, Parameren, und die bilateral symmetrischen Hälften derselben Antimeren nenne, oder ob ich, wie es mir den Verhältnissen der architektonischen Anschauung besser zu entsprechen scheint, die Bezeichnungen im umgekehrten Sinne anwende. Dass E. Haeckel die Begriffe vier- gliedrig — tetrameral und achtgliedrig = octomeral, in anderem Sinne als ich verstanden habe, ist nicht erweisbar. Besser begründet erscheint der Einwand, dass sich auch bei tetrameralen Scyphomedusen einzelne peripherische Organe achtfach wiederholen, dass z. B. bei Depastrella acht intermediäre Vor- wölbungen am Rand und bei den Lucernariden ebensoviele Arme mit Taschencanälen vorkommen. Indessen wird hiermit der tetramerale Typus, welcher mit der Vierstrahligkeit zusammenfällt, ebenso- wenig aufgehoben, wie für Scyphostoma durch die grosse Zahl?) !) E. Vanhöffen, Zur Systematik der Scyphomedusen. Zool, Anzeiger. Nr. 368, 1891. Es ist doch wohl nicht im Ernste gemeint, wenn E.Vanhöffen meine Bemerkung, dass man über den Werth der peripherischen Gliederung verschiedener Ansicht sein könne, als für sich allein schon ausreichend betrachtet, um die Gliederung in Tetra- meralia und Octomeralia fallen zu lassen, „denn wie solle man sich in der Systematik zurechtfinden, wenn über Eintheilungsprincipien Zweifel bestehen“. Es möchte jedoch kaum eine grössere Gruppe im Systeme geben, über deren Eintheilung Alle gleicher Ansicht wären. Freilich dürfen diese Meinungsverschiedenheiten nicht das phylogene- tische Prineip der Eintheilung tangiren, wenn sie Anspruch auf Berechtigung haben sollen, und so weitgehende Divergenzen der Ansichten über den Werth der periphe- rischen Gliederung konnte ich nicht gemeint haben, da ja gerade die wesentlichsten Anhaltspunkte der peripherischen Gliederung durch die Ontogenie gegeben sind. ?) Wenn G oette sich wiederholt (G. G., pag.41) auf die Vierzahl der Magentaschen beruft, durch welche die Strahlgliederung des Scyphostoma im Gegensatz zu den vier Tentakeln erst bestimmt werde, und somit behauptet, dass von mir und den früheren Beob- achtern die Gliederung der Scyphostomen in dem einzig richtigen Sinne nicht erkannt worden sei, so ist dem zu erwidern, dass diese Gliederung in gleicher Weise nicht nur durch die vier Magenfalten, sondern auch durch die vier primären Tentakel (48) we \ Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza ete. 49 der (16 und mehr) Randtentakeln. Nur die vierprimären Ten- takeln des Scyphopolypen bestimmen zugleich mit den vier Taschen- räumen und Gastralwülsten die noch vollständig der Vierstrahligkeit entsprechende Gliederung. Wegen dieser auch in der weiteren Ent- wicklung im Wesentlichen erhaltenen Coineidenz der Strahlenzahl und der peripherischen, nur für einzelne in vermehrter Zahl auftretenden Theile gestörten tetrameralen Gliederung würde es formell richtiger sein, die von E. Haecke]l gebrauchte Bezeichnung Tesseroniae (Tetraperiae) anstatt Tetrameralia zu verwenden, Der gleiche Einwand trifft auch für die Oetomeralia zu, deren peripherische Gliederung für Tentakeln und Lappenpaare oft eine grössere wird, aber auch eine geringere sein kann, wenn man nach meinem Vorgange die Peromedusen, welche nur vier Randkörper besitzen, zu den oetomeralen Scheibenquallen stellt (Nr. 20). In- dessen bleibt die Achtgliederung der peripherischen Radialtaschen oder Radialgefässe der Ephyra nebst entsprechender, die Ocellar- lappen betreffender Gliederung stets als Charakter, und es ist daher dem Scyphostoma gegenüber der Ephyratypus als Grundform erhalten. Mit Rücksicht auf die grössere Zahl einzelner peripherischer Organe würde man diese Acalephen anstatt Octomeralia Polymeralia benennen, oder nach dem Vorgange E.Haeckel'sals Ephyroniae(Octoperiae) den Tesseroniae gegenüberstellen. In- dessen hat dieser Forscher die Abgrenzung beider Abtheilungen in einer von mir verschiedenen Weise bestimmt, indem er die Peromedusen als tetramerale Acalephen der letzteren zuweist. Ich habe jedoch in der oben eitirten Schrift aus dem Baue von Periphylla und Peri- colpa dargethan, dass sich dieselben nach Zahl und Anordnung der Hauptgefässtaschen und Randlappen achtgliederig verhalten und zu den Octomeralia zu stellen sind, unter denen sie den Ephyro- psiden sowohl in der gesammten Gliederung als auch durch den Besitz von Septalknoten, sowie pararadialer, in die Lappen hinein- strahlender Verwachsungsstreifen am nächsten stehen. Auf Grund welche an jener Taschenanlage hervorwachsen, bestimmt wird. Die Strahlgliederung ist deshalb „grundsätzlich“ keine andere geworden, weil die vier Tentakeln sich erst erheben, nachdem die Anlagen der Taschenräume gebildet sind, an denen sie hervorwachsen. Meine Angabe (1. Theil, pag. 22), nach welcher für die Antimerenzahl die peripherische Gliederung keinen Werth habe, und jene vielmehr durch die Vierzahl der Divertikel und der diesen entsprechenden Primärtentakeln bestimmt würde, zum Beweise meiner Zustimmung zu seiner Auffassung heranzuziehen und daraus zu folgern, ich habe ihm einfach ganz richtig nachgesprochen, dass die Tentakeln die Strahl- gliederung der Scyphostomen nicht bestimmen, ist wieder ein solcher, die Methode kennzeichnender Kunstgriff einfachster Logik. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft. 4 (49) 50 C.’0Tauz dieser gemeinsamen Züge stellte ich unter den Octomeralia (Ephy- roniae) die beiden Hauptgruppen Cathammnata und Acathamm- nia auf. Demgegenüber hat Vanhöffen unter Hinweis auf den eben besprochenen Einwand, dem ich nur einen formellen, aber keinen sachlichen Werth beizulegen vermag, den Vorschlag gemacht, den Besitz oder Mangel der Septalknoten als ersten Entscheidungsgrund der Seyphomedusen zu verwerthen und unter den Cathammnata die Charybdeiden, Lucernariaden, Depastriden und Tesseriden, also sämmtliche tetramerale Typen mit einzuschliessen. Ich kann dieser Aenderung nicht nur deshalb nicht beistimmen, weil gar nicht sämmtlichehierherbezogenen Gruppen Septalknoten besitzen, die keines- wegs mit den Septen der Lucernariaden identisch sind, sondern muss sie auch deshalb zurückweisen, weil mit derselben die phylogenetische Parallele in der Eintheilung der Scyphomedusen mit den in der Ontogenie gegebenen beiden Entwicklungsphasen des tetrameralen Scyphostoma und der octomeralen Ephyra aufgegeben sein würde, da sowohl die Peromedusen als Fphyropsiden auf die octomerale Ephyra zurückzuführen sind. Ueber das Verhältniss der Periphylliden (mit Einschluss von Pericolpa) zu den Ephyropsiden (mit Einschluss der Linergiden), hatte ich mich dahin ausgesprochen, dass man die Periphylla als eine Schirmqualle betrachten könne, welche in ihrem aboralen kegelförmigen Schirmabschnitt den Bau des Seypho- stoma in hochentwickelter Form erhalten hat und dieses in seiner Vereinigung mit dervom oralen Abschnittund dem peripherischen Schirmtheil repräsentirten Ephyra, einer freischwimmenden monodisken Strobila vergleichbar'), zur Erscheinung bringt. Goette schliesst sich nun meinem Vergleiche von Peri- phylla mit der monodisken Strobila in seiner Abhandlung an und verwerthet denselben systematisch. Indem er die Peromedusen monodisken Strobilen oder nach seiner TerminologieSeyphephyren homolog betrachtet, legt er dieser Zurückführung einen so hohen Werth bei, dass er die Peromedusen als gleichwerthige Zwischen- gruppe zwischen tetrameralen und octomeralen Medusen unter der Bezeichnung Sceyphephyriden aufnimmt. Indessen werden die nachfolgenden Betrachtungen zeigen, dass zwar der Vergleich ein vollkommen berechtigter ist, aber nicht eine derartige systematische Verwerthung rechtfertigt. Vor Allem blieb die nahe Beziehung +), C, Claus; Nr.20n 1886, PER: (50) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 5l und nächste Verwandtschaft zu Nausitho&@ und den Ephyro- psiden, welche wir zu den octomeralen Scyphomedusen stellen müssen, von ihm unberücksichtigt. Bei der Bedeutung, welche dieses unbeachtet gebliebene Verhältniss der Periphylliden und Ephyropsiden für die Beurtheilung ihrer nahen Verwandtschaft und für die Classifi- cation der Scyphomedusengruppen besitzt, darf ich meine frühere, inzwischen von Vanhöffen!) bestätigte Darstellung in Erinnerung bringen und an dieselbe weitere Betrachtungen anknüpfen. Ich wies zunächst auf die grosse Uebereinstimmung in der peripherischen Ge- staltung des Schirmes und des gastralen Canalsystems beider Gruppen hin, erkannte die acht Lappenpaare von Periphylla als den Flügel- lappen der Ephyra homolog, während im Bau der centralen Gastralcavität, der hochgewölbten Glocke ein engerer Anschluss an die Becherquallen bestehe. Von diesen und in erster Linie von den Tesseriden hatte ja auch E. Haeckel mit Recht die Peromedusen phylogenetisch abgeleitet, mit Unrecht aber directe Beziehungen zu den Discomedusen in Abrede gestellt (Nr. 8, I, pag. 396). Es kann jedoch nicht in Frage kommen, dass dieacht Lappenpaarevon Periphylla (und Peripalma) den Lappen der Ephyra homolog sind, und dass die 16 pararadialen, das heisst in die Mediane der Lappen fallenden Lappenspangen E. Haeckel’s den von mir beiNausitho& nachgewiesenen Verwachsungsstreifen entsprechen. Demgemäss finden wir auch in beiden Medusengruppen die gleiche Configuration an der Exumbralseite des Schirmes, die Kranzfurche an der Grenze von centralem Schirmkegel und peripheri- schem Schirmkranze und die 16 tiefen in der Mitte der Randlappen verlaufenden, also pararadialen, Längsfurchen. Aber auch an der subumbrellaren Fläche begegnen wir der gleichen Gestaltung. Wir treffen in beiden Gruppen die 16 pararadialen Längsstreifen an, welche die Verlöthungsstellen der Lappenspangen an der Subumbrella be- zeichnen und den Kranzmuskel in 16 viereckige Muskelfelder theilen. Auch die acht Deltamuskeln, welche als Differenzirungen des radialen Muskelapparates mit ihrer breiten Basis an den Proximalrand des Kranzmuskels angrenzen, wiederholen sich in ähnlicher Weise. Bemerkenswerthe Differenzen ergeben sich im Zusammenhange mit dem Gegensatze des dort hochgewölbten, kegelförmigen Schirmes und der hier flachen Scheibe. Auf denselben ist der Mangel der ‘) E. Vanhöffen, Zur Systematik der Scyphomedusen. Zool. Anzeiger. Nr. 368, 1891. 4* (51) 52 C. Claus: Trichterhöhlen bei den Ephyropsiden zurückzuführen. Indessen ist diesem Unterschiede kein so grosser Werth beizulegen, wenn auch nicht in Frage kommen kann, dass die tiefen, bei Peripalma bis in die Taeniolen des Schirmkegels hineinragenden Triehterhöhlen im Zusammenhange mit der Gestaltung der diesem Schirmabschnitte zugehörigen Gastralcavität, den langgezogenen Gastralostien etc. ein viel älteres ursprüngliches Verhältniss zum Ausdruck bringen. Auch bei den so nahe verwandten Aureliden und Discomedu- siden wiederholt sich ein ähnlicher Unterschied für die Subgenital- höhlen der Subumbrella. In gleicher Weise hat man im Anschluss an die flache Form der Nausithoöscheibe die relativ höhere Ausbildung des peripherischen Schirmabschnittes zu erklären. Die Flügellappen wachsen zu relativ beträchtlicheren Dimensionen aus und erhalten ihre besonderen, ausserhalb des Kranzmuskels ent- wickelten Radialmuskeln. Bei Periphylla und Verwandten treffen wir den Nausithoe&- typus in ausserordentlichem Grössenmaasse und zugleich mit dem tetrameralen Scyphostomenorganismus verbunden. Die Ephyropside trägt auf ihrer Aboralseite die zur höchsten Ausbildung gelangte Scyphostomaform gewissermassen noch mit sich, welche bei Nau- sitho& fast ganz geschwunden ist und durch den flachgewölbten, über der Kranzfurche sich erhebenden Abschnitt der Exumbrella nur noch angedeutet wird. Es erscheint daher die kleine Ephyropside im Vergleiche zu Periphylla wie deren losgelöster früh reif- gewordener Oralabschnitt, wie die Ephyra, die sich an einer monodisken Strobila von dem hohen, glockenförmigen Scyphostoma getrennt und von dessen Gastralcavität nur einen flachen, durch den Schwund der Taeniolen vereinfachten Abschnitt in dem von der Kranzfurche begrenzten Theil der Centralcavität er- halten hat. | Im peripherischen Gastrovascularsystem von Periphylla und Nausitho& spricht sich der gleiche Typus aus. Der in beiden Fällen zu einem umfangreichen Ringsinus gestaltete Kranzdarm erscheint dort sehr hoch und über einen Dritttheil der Schirmhöhe ausgedehnt, hier ausserordentlich flach ; er führt in beiden Fällen in 16 peripherische Taschen, welche nur als peripherische Ausstülpungen des Ringsinus entstanden sein können. Diese Taschen setzen sich in die 16 Lappen fort, welche ich als den Flügellappen der Ephyren homolog nach- gewiesen habe, entsprechen aber gleichwohl nicht ausschliesslich den in den Flügellappen eintretenden Taschenausläufern der acht Radialtaschen der Ephyra, sondern zugleich den von den acht 52) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza ete. 53 Intermediärtaschen in dieselben eintretenden Ausläufern im Verband mit jenen, während die 16 Gefässtaschen E. Haeckel’s, die Kranz- taschen, in den Ephyren der Acathammnien radial, interradial und adradial oder in den Radien erster, zweiter und dritter Ordnung hervorwachsen. Die Ausstülpungen der Öathammnaten alterniren als pararadiale oder subradiale Taschen mit jenen und sind in ihrer Mitte durch die in den Ringsinus hinein sich erstreckenden para- radialen Verwachsungsstreifen oder Lappenspangen in zwei distal- wärts in jedem Flügellappen communicirende Hälften getheilt, so dass eine Art Ringeanal in der Peripherie der Lappen zur Er- scheinung tritt. Die bedeutendste Abweichung in der Gestaltung der Schirm: peripherie von Periphylla und Nausitho& beruht auf der ver- minderten Zahl der Sinneskolben, welche sich nicht achtfach, sondern nur vierfach wiederholen und lediglich in den Radien zweiter Ordnung oder Interradien angetroffen werden, während in den Hauptradien Tentakeln vorhanden sind. Ich versuchte diesen Unter- schied durch die wohlbegründete Annahme zu erklären, dass nur in den Radien zweiter Ordnung Sinneskolben an Stelle der Scypho- stomententakeln treten, in den Hauptradien aber entweder die ursprünglichen Tentakeln persistiren oder durch neu vorwachsende ersetzt werden. E. Haeckel hat die Tentakeln der Periphylliden als Hohl- tentakeln beschrieben, und würde dieser Umstand für einen Wechsel der Tentakeln des Scyphostoma sprechen, welche bei vielen tetra- meralen Scyphomedusen eine solide Entodermachse haben. Inzwischen hat jedoch Vanhöffen nach Untersuchung trefflich conser- virter Exemplare von Periphylla hyacinthina Haeckel's Beschreibung corrigirt und für die Tentakeln an Querschnitten nach- gewiesen, dass die Tentakeln nicht hohle, cylindrische, gegen das Ende zu verjüngte Schläuche sind, sondern ihrer ganzen Länge nach von Entodermzellen erfüllt werden, welche im oberen Theile eine unregelmässige Anordnung zeigen, an der Spitze dagegen regel- mässig um ein Centrum gruppirt sind, welchem die dort zusammen- gedrängten Kerne der Zellen anliegen. Genau so verhält sich aber nach meiner Beschreibung (Nr. 5, Taf. VI, Fig. 43b) auch das ento- dermale Tentakelgewebe von Nausitho&, und die epithelartige Gruppirung der Zellen um ein Centrum, welchem freilich noch ein ausgesprochenes Lumen fehlt, weist darauf hin, dass zwischen soliden Tentakeln mit derart gestalteter Entodermachse und hohlen Tentakeln mit centralem Lumen der Entodermachse kein so scharfer (53) 54 C. Claus: systematisch verwerthbarer Gegensatz besteht. Die aus einer Reihe von Entodermzellen gebildete Tentakelachse, wie sie für das S cypho- stoma und für Tessera etc. charakteristisch ist und wohl bei den am tiefsten stehenden tetrameralen Scyphomedusen überall wieder- kehren dürfte, entspricht gewiss dem primären Verhalten und be- zeichnet den 'Tentakelbau vor eingetretenem Tentakelwechsel. Die für die Periphylliden undEphyropsiden bekannt gewordene Ten- takelstructur ist von der des Hohlschlauches nicht wesentlich ver- schieden und entspricht auch, wie aus Nausitho& hervorgeht, nicht den primären Scyphostomententakeln , welche bei der Strobilation von Stephanosceyphus abgeworfen werden, sondern den später erst an den tentakellos abgestossenen Ephyren hervorgewachsenen Tentakeln. Dieselben sind also trotz der soliden Achse secundäre Tentakeln wie die mit einer Höhlung versehenen Randfäden von Diseomedusa, Pelagia und wie die Sinneskolben, welche morphologisch gewiss mit Recht als den Tentakeln homologe Anhänge betrachtet werden. Die in den Hauptradien inserirten Tentakeln, welche bei den Periphylliden die Stelle der Sinneskolben vertreten, entspringen nun aber in weiterem Abstande vom Scheibenrande als diese, und verhalten sich ihrer Insertionshöhe nach genau wie die Tentakeln der intermediären Radien. Dem entsprechend stimmen auch die Randlappenpaare der Hauptradien ebenso wie die zugehörigen Pedalien !) mit den entsprechenden Schirmtheilen der Interradien nach Lage und Gestalt nicht völlig überein, eine weitere, mit der Vierzahl der Sinneskolben im Zusammenhang stehende Differenz von Nausitho& und den Ephyropsiden. Der Vergleich beider Medusentypen, von denen gewiss der erstere ein älterer und ursprünglicher ist, da er noch den Scypho- stomenbau sehr vollständig in Verbindung mit der noch nicht so gleichmässig gegliederten octomeralen Ephyrenform erhalten hat, lässt aber keineswegs die Auffassung als begründet erscheinen, nach welcher nun morphologisch beide Formengruppen so bedeutend differiren, dass man sie im Systeme in verschiedene Haupt- abtheilungen stellen dürfte. Das Vorhandensein der Kranzfurche ') Es kann hier nicht meine Aufgabe sein, die verschiedenen Widersprüche in der von E. Haeckel gegebenen Beschreibung in’s Klare stellen zu wollen, da dies ohne Untersuchung der Objecte, lediglich mit Bilfe der Abbildungen, kaum aus- führbar ist. Für Pericolpa habe ich bereits in der eitirten Schrift den Versuch gemacht, Correeturen zum Verständniss des Baues abzuleiten, (54) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 55 an der Grenze des Schirmkranzes und der aboralen, wenn auch flachen Umbrellarkuppel von Nausitho& beweist, dass dieser scharf abgesetzte Scheitelabschnitt des Schirmes dem hochgewölbten Schirmkegel von Periphylla entspricht, dessen tetramerale Glie- derung in Folge des Septen- und Taeniolenschwundes verloren gegangen und dessen Gastralhöhle mit dem sogenannten Uentral- magen des octomeralen Schirmabschnittes zusammengeflossen ist. Auch an den Ephyren der höheren, der Septalknoten entbehrenden Diseomedusen findet sich ein Rest dieser Kranzfurche, deren Ur- sprung ich bereits in einer früheren Abhandlung (Nr. 5, pag. 16) auf die Strobila zurückgeführt habe. Ich meine die Differenzirung, welche bei der Umgestaltung der Strobilascheibe zur Ephyra mit der parietalen Trennung des Taeniolensegmentes zur Bildung des Ringsinus im Zusammenhang steht, das ringförmige feste Mesoderm- blättehen, welches am Entoderm der Umbrellarseite, die Peripherie der Taeniolen umfassend, abgesondert wird (vergl. Nr. 5, Taf. II, Fig. 22 und Taf. III, Fig. 33). Dasselbe bildet ein scharfes Grenz- zeichen für die primäre Magencavität des Seyphostomensegmentes und des secundär gebildeten peripherischen Gastralraumes, welcher den breiten Ringsinus und die Gefässtaschen liefert. Vielleicht ist die Einbuchtung, welche an der Exumbrella verschiedener Scheibenquallen als Ringfurche beobachtet und von E. Haeckel als Kranzfurche bezeichnet wurde, eine Bildung, welche von dieser festen, an der Gastralseite der Umbrellarzellen erzeugten eireulären Mesodermver- diekung bedingt wird. Wahrscheinlich besitzt jede Discomeduse an der Exumbrella ein solches auf den Ursprung vom Scyphostomen- körper zurückweisendes Residuum, wie sich auch an dem vierseitigen Mundrohr ein Ueberrest des tetrameralen Scyphostoma erhalten hat. Nach den vorausgeschickten Frörterungen kann es keinem Zweifel unterliegen, dass Peromedusen und Ephyropsiden nach der Architektonik der Schirmlappen und Gastraltaschen als nächstverwandte Ephyroniertypen zu betrachten sind und den Disco- medusenfamilien ohne Septalknoten, mit blindsackförmig geschlos- senen Radial- und Intermediargefässen ihrer Ephyren als wohl- begrenzte Hauptgruppe gegenüber stehen, für welche man den Besitz von Septalknoten als wichtigsten Charakter, sowie die Bezeichnung Cathammnata verwerthen kann. Die Unterschiede, welche in der Gestaltung des peripherischen Gefässapparates zwischen beiden Gruppen bestehen, wurden ihrer Bedeutung nach bislang nieht entsprechend gewürdigt, da dieselben von E. Haeckel weder für die Periphylliden noch für die (55) 56 0. Claus: Ephyropsiden richtig dargestellt waren. In den Randlappen von Nausitho&@ und Verwandten finden sich keine blind endenden Lappentaschen (sogenannte Flügeltaschen), wie bei den Ephyriden der Acathammnaten, sondern in gleicher Weise wie in den Randlappen der Periphylliden hufeisenförmige Communicationen im Umkreis des Distalendes der pararadialen Verwachsungsstreifen. Diese Communicationen sind nicht, wie E. Haeckel darstellt, erst secundär durch Zusammenfliessen blindgeschlossener Lappencanäle (Flügeltaschen) entstanden, sondern sind die vom Verwachsungsstreifen frei gebliebenen Enden der vom Ringsinus aus entstandenen Kranz- taschen, welche mit den 16 Kranztaschen der Acathammnien-Ephyren alterniren. Auch die Nausithoiden besitzen am äussersten Rande des gelappten Schirmes den „Festoncanal“ der Periphylliden, und dieser ist schon in der jungen tentakellosen Ephyrenlarve vor- handen (Nr. 5, Taf. VII, Fig. 48). Dem entsprechend ist auch der Festoncanal der Periphylliden nicht, wie E. Haeckel annimmt, erst durch secundäre Anastomose von je zwei Lappencanälen (je zwei benachbarter Randlappen) entstanden, sondern es ist der blindge- schlossene Endabschnitt der primären Tasche, welcher den Flügellappen versorgt und erst mit dem Auftreten der Verwachsungsstreifen zugleich mit dem Ringsinus in die radialen, interradialen und ad- radialen Gastralcanäle getheilt wurde. Mit dieser wohl auf ursprüng- liche Verhältnisse zu beziehenden Bildungsweise des peripherischen Canalsystems der Acathammnien steht im Zusammenhange, dass nicht nur am Lappenkranze der Ephyropsiden, sondern auch an dem der Periphylliden die Stammabschnitte der acht Lappenpaare wenig hervortreten, und die Unterscheidung der Stammlappen erschwert wird (Nr. 5, pag. 26). An den Nausithoöälarven liegen die radialen Ausschnitte für die 8 Sinneskolben mit den intermediären, an welchen die 8 Tentakeln hervorwachsen, in ziemlich gleichem Niveau und nur wenig dem Rande näher als jene. Im ausgebildeten Zu- stand wird der Abstand der intermediären Tentakel erheblicher. Das Gleiche trifft auch für die Periphylliden zu und mag- neben dem abweichenden Verhalten der Taschencanäle der Grund gewesen sein, weshalb E. Haeckel die Randlappen derselben als denen der Ephyra gleichwerthig nicht erkannte. Neben den vier Septalknoten ist das Vorhandensein des primären Festoncanales am Schirmrande der Cathammnaten von hohem Interesse und systematischer Bedeutung. Wäre derselbe erst secundär durch Verbindung von blindgeschlossenen Lappentaschen (Flügeltaschen) hervorgegangen, so würde er mit dem Ringcanal (56) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 57 der octomeralen Scyphomedusenfamilien identisch sein, welche E. Haeckel wegen des Besitzes dieses secundär gebildeten Ring- canales Cycloperien nennt im Gegensatze zu den Typhlo- perien mit blindgeschlossenen einfachen oder verästelten Flügel- taschen, zu denen er die Ephyropsiden stellt. So wenig in Frage kommen kann, dass die Cycloperien phylogenetisch aus den Typhloperien abzuleiten sind, indem ihr Ringeanal erst secundär durch Anastomose aus ursprünglich blindgeschlossenen Lappentaschen (Flügeltaschen) hervorging, so erscheint doch in gleichem Grade wahrscheinlich, dass die den Cathammnaten gemeinsame Configuration der peripherischen Gastraltaschen (16 pararadiale Kranztaschen mit Festoncanal) das phylogenetisch älteste Verhältniss bezeichnet, welches der gastralen Gestaltung der Typhloperien (16 Radial- taschen mit Lappentaschen) vorausging. Sowohl der Besitz von Septal- knoten als auch der eines langen nicht in Mundarme auslaufenden Rüsselrohres, welcher E.Haeckel veranlasste, die (als Ephyriden bezeichneten) Ephyropsiden (mit Einschluss der Linergiden) als Cannostomen denSemostomenund Rhizostomen gegenüber zu stellen, lassen es im Zusammenhang mit der nahen Verwandtschaft zwischen Cannostomen und Peromedusen als wohlbegründet er- scheinen, die diesen gemeinsame Einrichtung der Gastralcanäle für die ursprüngliche der Schirmquallen zu halten. Man wird daher vom Bau der Nausitho&-Ephyren, nicht aber von den Ephyren der Typhloperien und ÜÖycloperien ausgehen müssen, um eine Vor- stellung von dem Gastralraume der Archephyren zu gewinnen. Und einer solchen entspricht Haeckel’s Gattung Palephyra. Ein noch älteres Verhältniss ist möglicher Weise in dem Canalsystem von Palephyra ausgesprochen, welche der 16 pararadialen Lappen- taschen noch ganz zu entbehren und lediglich 16 durch die Ver- wachsungsstreifen im Ringsinus erzeugten Radiärcanäle zu besitzen scheint. Vielleicht werden hierüber die bislang noch unbekannt ge- bliebenen Vorgänge der Ephyren-Entwicklung von Nausitho& während der Strobilation von Stephanoseyphus Aufschluss bringen. Es würde dann die Bildung der 16 Verwachsungsstreifen in dem peripherisch noch nicht weiter gegliederten Ringsinus und der mit jenen alternirenden 16 Radialeanäle (sogenannte Marginal- taschen Goette’s) dem phylogenetisch ältesten Verhältniss ent- sprechen. Der bei Palephyra ausgesprochenen Gestaltung würde die von Zonephyra und Nauphanta als die spätere folgen, indem hier die Verwachsungsstreifen centrifugal bis in das Distal- ende der Lappentaschen vorgewachsen sind und die ocularen von (57) 58 C. Claus: den tentacularen Taschen (sogenannten Flügeltaschen) vollkommen scheiden.) Auch über die Entstehungsweise der Septalknoten, die ich mit E. Haeckel auf secundäre Verlöthungen von Taeniolenresten zurück- führe, dürften die beim Strobilationsvorgang auftretenden Umgestal- tungen von Nausitho& Aufklärungbringen. SchonalsE.Metschni- koff in seinen embryologischen Studien (Wien 1866, pag. 87) darauf hingewiesen hatte, dass StephanoseyphusAllm.(Spongicola F. E. Schulze) nach seinen und Kowalewsky’s Beobach- tungen das Scyphostoma von Nanusitho& sei, was inzwischen durch Lo Bianco und PaulMayer bestätigt wurde, sprach ich die Meinung aus, dass es sich um eine monodiske Form der Strobila handeln dürfte, welche als Ausgangspunkt für das Verständniss des Strobilationsprocesses der Acathammnien in Frage kommt. Bei dieser in Poriferen lebenden Seyphostomenform, deren Körperwand nicht nur am Stielabschnitt, sondern im ganzen Umfang des Polypenleibes eine Peridermröhre absondert, tritt die Fortpflanzung durch Knospung in den Vordergrund und bedingt die Bildung verästelter Stöckchen, welche den Schwammkörper durchsetzen und nur mit den terminalen Enden der Skeletröhren an der Oberfläche hervorragen. Wie bei den Hydroiden hat auch hier das Wachsthum der Ammengeneration eine hervorragende Bedeutung, und die Aehn- lichkeit dieser Polypenceolonien mit Hydroidstöckehen ist eine so grosse, dass Fr. E. Schulze, welchem wir eine gute Beschrei- bung derselben verdanken, die bei den Hydroiden üblichen Unter- scheidungen von Coenosark und Hydranth verwendete, obwohl er die Beziehung zu Scyphostoma und den Acalephen richtig erkannt hatte (Nr. 24). Nach eigenen Untersuchungen kann ich die Angaben Schulze’s bestätigen und dahin ergänzen, dass die Gastralwülste viel mächtiger als bei den bekannten Seyphostomen der Acathammnien entwickelt sind und mannigfache Faltungen und Nebenwülste bilden, welche im Querschnitt den Eindruck von Gastralfilamenten hervorrufen. Eine zweite, bedeutungsvollere Besonderheit beruht auf der Lage und (restaltung der vier Längsmuskeln, welche keineswegs auf schmächtige Faserbündel an der parietalen Grenze der Taeniolen beschränkt sind, sondern sich ausserhalb der Septen an der Wand des Schlauches ') Zur Beurtheilung der übrigen für Nausitho& und die Linergiden von E. Haeckel beschriebenen Modifieationen verweise ich auf meine zweite Abhandlung (Nr. 5, pag. 24—32). (58) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza ete. 59 als breite, in den Perradien unterbrochene Bänder ausbreiten und weiter abwärts als mächtig angeschwollene Säulen mit peripherischer Fibrillenlage und centraler Zellenmasse herabziehen. Leider gelang es mir bisher nicht, die Spongicolen während ihrer Strobilation zu beobachten und an den distalen Individuen die Abschnürung!) der Nausitho&-Ephyren zu verfolgen. Nach dem Bau des Hydranthen und Coenosarks, insbesondere aber nach der Gestaltung der verästelten und zugleich gegliederten Skeletröhren zu urtheilen, dürfte vielleicht der Entwicklungs- vorgang dieser Polypencolonien und der von ihnen erzeugten Ephyren folgender sein: Die Planulenlarve setzt sich an der Oberfläche eines Schwammes fest und wird, wie wir durch E. Metschnikoff wissen, zu einem viergliederigen tetrameralen Seyphopolypen. Dieser durchläuft während des Fortwachsens der Spongie unter Ausscheidung der Peridermröhre seine weitere Entwicklung als langgestrecktes 16, 32 und mehr Tentakeln tragendesScyphostoma, um unter bestimmten Bedingungen, wahrscheinlich im Anfang des Sommers zu einer monodisken Strobila zu werden, d. h. seinen distalen Abschnitt, der frei aus der Oeffnung der Röhre hervorgestreckt werden kann, unter Rückbildung des Tentakelkranzes zu einer Ephyrenscheibe umzugestalten, welche als Nausitho@larve zur Lostrennung gelangt. Der grössere in der Röhre verbleibende Abschnitt des Seyphostoma- leibes wächst dann wahrscheinlich unter Regeneration der kurzen Proboseis und des Tentakelkranzes zugleich mit dem Wachsthum des Schwammkörpers zu einem langen distalen Abschnitt aus, dessen Peridermröhre sich von dem in der alten Röhre enthaltenen Polypen- leibe unter Bildung der vier basalen wirtelförmigen Vorsprünge absetzt und sich diesem gegenüber als neugebildetes, gewisser- massen durch Knospung in der Längsachse erzeugtes Scyphostoma verhält, auch durch seitliche Knospen einen (oder mehrere) mit ihm in Verbindung bleibenden lateralen Polypen erzeugen kann. Die gleichen Vorgänge wiederholen sich an den Individuen der zweiten Generation, deren Röhren an der Oberfläche des Schwammes vorstehen, in derselben Folge und so an allen späteren Genera- tionen, so dass immer nur die terminalen Glieder des verzweigten Röhrensystems von tentakeltragenden Scyphostomen erfüllt sind, an denen mit dem Eintritt der Strobilationszeit je eine Ephyra erzeugt wird, während die unteren vom Schwammkörper um- er e Ueber diese Vorgänge hoffe ich später, wenn es mir gelingen sollte, die Strobila zu züchten, berichten und bei dieser Gelegenheit eine eingehendere Darstellung von dem Baue dieser Scyphostomenformen vorlegen zu können. (59) 60 C. Claus: schlossenen Individuen, sofern sie nicht absterben, lediglich röhren- förmige Abschnitte im Coenosark der Colonie darstellen und sich etwa so verhalten, wie die Wurzel und Stengelglieder stelma- topoder Bryozoen zu den tentakeltragenden Zooecien des poly- morphen Thierstöckchens. Da wo nach F. E. Schulze’s Beschrei- bung das Lumen des einen oder anderen Röhrengliedes durch ein Querseptum völlig geschlossen ist, dürfte wohl das Coenosark des proximalen und vielleicht der nach der Basis folgenden Glieder abgestorben und das Septum von dem nun geschlossenen Fussende des distalen, lebend gebliebenen Polypenkörpers in ähnlicher Weise, wie die Fussscheibe der Chrysaora-Scyphostomen eine chitinige Platte absondert, ausgeschieden sein. Während somit die Verästelung der Stephanoscyphusstöckchens, auf seitlicher Knospung be- ruht, würde die axiale Gliederung derselben nach der Begriffs- bestimmung E.Haeckel’s einer terminalen Knospung (Artieulatio gemmascens) entsprechen, und das nach Abstossung der Ephyra durch Wachsthum in der Längsachse nach Regeneration der Proboseis und des Tentakelkranzes entstandene Sceyphostoma das durch terminale Knospung erzeugte Tochter-Individuum repräsentiren. Dagegen würde die Entstehung der Ephyra, welche aus der Umgestaltung des vorderen Abschnittes des Scyphostomenleibes hervorgegangen ist, auf Quertheilung (Articulatio divisa) zurückzuführen sein. Vergleichen wir nun mit diesen Wachsthumsvorgängen der ver- ästelten Stephanoscyphusstöckchen und der von denselben erzeugten Nausitho&-Ephyren den Strobilationsprocess der Scyphostomen von Aurelia, Chrysaora und Cyanea — undiich verweise auf den in einer früheren Abhandlung (Nr. 5, pag. 18) dargestellten Versuch?), eine Vorstellung über die Entstehung des Strobilationsprocesses zu gewinnen — so werden wir nicht im Zweifel bleiben, die zu gewissen Zeiten am Scyphostomenleib auftretenden Knospen und Stolonen auf die seitlichen Knospen zu beziehen, welche bei Stephanoseyphus mit dem Scyphostomenleib verbunden bleiben und die Verästelung der Stöckchen bedingen. Die scheinbar so grosse Differenz in den axialen Wachsthumserscheinungen zwischen den polydiske Stro- bilae bildenden Scyphostomen und denen der Stephanoseyphusstöcke dürften sich sehr wohl aus zusammengezogenen und in der zeit- lichen Aufeinanderfolge verschoben Entwicklungsvorgänge ableiten lassen. Das diseontinuirliche, mit Neubildung von Mundröhren und !) Vergl. auch ©. Grobben, Doliolum und sein Generationswechsel etc. Arbeiten aus dem zool. Institute ete. Wien 1882, pag. 88. (60) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza ete. 61 Tentakelträgern verbundene Wachsthum (Articulatio gemmascens) des Stephanoseyphuspolypen gestaltete sich zu einem mehr con- tinuirlichen Wachsthum des im Freien an Steinen befestigten Seyphostomenleibes unter Reduction, beziehungsweise Ausfall der Regnerationsvorgänge. Nur der verjüngte und stilförmig sich aus- ziehende Basalabschnitt des Polypen erzeugte eine röhrenförmige Peridermausscheidung, während am oberen vergrösserten Abschnitt zur Strobilationszeit noch vor Ausbildung und Trennung der distalen Ephyren hinter dieser ein zweites, dem Ephyrensegment der zweiten Generation entsprechendes Scheibenstück abgeschnürt und zur Meduse umgestaltet wurde. Aus der einscheibigen Strobila wurde zunächst die zweischeibige und so weiter in fortschreitender Abkürzung und Zusammenziehung der Entwicklungsvorgänge die polydiske Strobila. Die Tentakelbildungen an den hinter der distalen Ephyra folgenden Scheiben wurden continuirlich weiter bis schliesslich zum vollstän- digen Schwunde reducirt, und nur in der Proboseisbildung der Ephyrascheiben erhielt sich, wenn auch vereinfacht und der Zeit nach verschoben, die Regeneration am Distalabschnitt der ursprünglich durch Knospung in der Längsachse erzeugten Scyphostomapolypen. Diese auf die Gestaltung und voraussichtliche Ephyrenbildung von Stephanoscyphus gestützte Ableitung der polydisken Strobila steht mit meinem früher gegebenen Erklärungsversuch in gutem Einklang und dürfte zur Bestätigung der schon dort begründeten Vorstellung dienen, nach welcher der Strobilationsvorgang phylo- genetisch auf einen wiederholten Knospungs- und Regenerations- process der Amme zurückzuführen sei. In diesem Sinne (phylogene- tisch) würden sämmtliche Ephyren des Scheibensatzes als Knospen betrachtet werden können, von denen die terminale oder orale Ephyra die zuerst entstandene älteste, die proximale am Basalstummel die jüngste sein würde (Nr. 5, pag. 18). Es ist das kein Widerspruch zu dem von mir geführten Nachweise, dass die Erzeugung der Ephyren an der polydisken Strobila ontogenetisch nicht auf termi- nale Knospung , sondern auf Quertheilung zurückzuführen ist, wie ich bereits in meiner zweiten Abhandlung (Nr. 5) darlegte. Aber nicht nur die Strobilen und die von denselben erzeugten Ephyren der Acathammnien erscheinen im Vergleiche zu früheren Formzuständen secundär verändert, auch für die vorgeschritteneren Sceyphostomen trifft wahrscheinlich das Gleiche zu. Jedenfalls kann die Ansicht, dass das ausgebildete Scyphostoma als Abbild einer hypothetischen Stammform in Betracht komme, lediglich den Werth einer Voraussetzung, nicht aber den einer feststehenden Thatsache (61) 62 C. Claus: haben, von der man ausgehen müsse, um die Beziehungen der ver- schiedenen tetrameralen Scyphomedusentypen zu erklären. Wenn (Goette meint, dass in der erst von ihm aufgedeckten Entwicklungs- geschichte von Aurelia und Cotylorhiza eine Wiederholung der Stammesgeschichte der Stauromedusen mit voller Sicherheit erblickt werden könne (Nr. 7. pag. 62), so ist das eben nur eine Annahme, die noch dazu, zumal mit Rücksicht auf die Beziehungen der Periphylliden zu den Nausithoiden, wenig Wahrschein- scheinlichkeit für sich hat und seine irrthümlichen Deutungen der Tesseriden, Calycozoen, Depastrelliden und Chary- bdeiden veranlasste. Ich selbst habe früher, bevor ich die Bezie- hungen jener beiden Acalephengruppen kannte, dieser Voraussetzung einen zu grossen Werth beigelegt und bin nach den inzwischen gewonnenen Anschauungen weit eher geneigt, auch die Seyphostomen- entwicklung nicht als strengen und unveränderten Ausdruck der Stammesentwicklung, sondern als eine vereinfachte, secundär ver- änderte Form zu betrachten. So sind denn nach meiner Auffassung auch die an den Ephyren- scheiben vorübergehend auftretenden Nebenmundvertiefungen als die Ueberreste der rückgebildeten Trichterhöhlen , welche bei den Lucernariaden und Periphylliden einen so grossen Umfang erreichen, nicht aber als die Anlagen derselben und am wenigsten als selbst- ständige (Nr. 7, pag. 62), im Septalmuskel entstandene Organe zu betrachten, welche keine Abtheilungen der Schirmhöhle waren, sondern „nur durch ihre weiten Mündungen mit jener Höhle ein einheitliches Hohlraumsystem zu bilden schienen“. Die Schwierigkeit, das Verhältniss der tetrameralen Scypho- medusengruppen phylogenetisch richtig zu beurtheilen,, wird aber noch gesteigert durch die Unsicherheit in der Zurückführung der vier Septalknoten und Septalleisten auf die ursprünglichen Taeniolen und Septen. Ich habe diese Bildungen im Anschluss an E.Haeckel in gleicher Weise wie die 16 Verwaächsungsstreifen im Ringsinus der octomeralen Seyphomedusen als secundäre Verlöthungen der gegenüber liegenden Entodermblätter aufgefasst. Die von Goette (Nr. 7, pag. 61—63) gemachte Bemerkung, dass es sich nicht im Sinne E. Haeckel’s (Nr. 8, I, pag. 367) um eine Verlöthung um- braler und subumbraler Taeniolenabschnitte handeln könne, ist wahr- scheinlich richtig, nicht nur weil der Ringsinus in ganz anderer Weise als nach der Vorstellung E. Haeckel’s entsteht, sondern weil — soweit bekannt auf Querschnitten sowohl durch Septal- knoten als Septalleisten die Verlöthungsstelle (Medusoidplatte) (62) 4 Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza ete.. 63 nicht mitten im Septalknoten, beziehungsweise in der Septalleiste liegt. Dagegen fragt es sich, ob diese zweifellos secundäre Verlöthung während des Zusammenhanges der Taeniole, beziehungs- weise des Septums, mit der Exumbrellarwand (@oette) oder erst nach vollständiger Trennung jener von der letzteren zu Stande kam. Eine sichere Beantwortung dieser Frage dürfte zur Zeit nicht gegeben werden können; möglich, dass für die Septalleisten der Charybdaeen daserstere, für die Septalknoten der Tesseriden, Depastriden, Periphylliden und Nausithoiden das letztere Verhältniss zutrifft. Jedenfalls dürfen die Septalleisten der Cha- rybdaeen mit den Septen der Calycozoen, deren Gallerte nach meinen Beobachtungen continuirlich in die der Becherwand übergeht, nicht schlechthin identifieirt werden, da bei diesen eine secundär entstan- dene Verlöthung nient nachweisbar ist, und es für die Beurtheilung der Verwandtschaft und phylogenetischen Beziehungen nicht gleich sein kann, ob das eine oder das andere Verhältniss besteht. So- wohl aus diesem Grunde, als mit Rücksicht auf die Unkenntniss der ontogenetischen Entwicklung ist es zur Zeit nicht möglich, in das phylogenetische Verhältniss der tetrameralen Scyphomedusen eine befriedigende Einsicht zu gewinnen. Ich bin deshalb auch in meinen früheren Versuchen über die Verwandtschaft dieser Acalephen- gruppe auf die genauere Bestimmung derselben nicht eingegangen und habe es unterlassen, gegen E. Haeckel’s Ansichten, welche in dieser Beziehung sehr zuverlässig gehalten sind, Einwürfe zu erheben, zumal ich weder Tesseriden noch Depastriden aus eigener Untersuchung kenne. Ich werde mich daher auch jetzt nur auf wenige Bemerkungen beschränken. In Betreff der Tesser- anthiden, welche mit den Calyeozoen nicht wohl in einer gemeinsamen Ordnung der Stauromedusen vereinigt bleiben dürften, stimme ich E. Haeckel bei, wenn er dieselben für die ältesten bis jetzt bekannten Medusen hält, bin jedoch keineswegs der Meinung, dass deshalb die Gattung Tessera als die einfachste und ursprünglichste derselben die gemeinsame Stammform aller Seyphomedusen und auch der octomeralen Discomedusen gewesen sein müsse (Nr. 8, I, pag. 363). Dieselbe kann nebst den übrigen Gattungen der Tesseran- thiden in frühzeitiger Abzweigung von den ältesten festsitzenden Scyphomedusen entstanden sein, ohne deshalb als Ausgangsform aller späteren und höher gegliederten Medusentypen gelten zu müssen. Aber ebensowenig erscheint die gegentheilige Auffassung unan- fechtbar, nach welcher die Tesseranthiden von den festsitzenden (63) 64 0. Olans: Becherquallen mit complieirter gestaltetem Gastrocanalsystem und mächtig entwickelter Trichterhöhle unter Reduction beider abzu- leiten wären. Auch die Calycozoen entsprechen wahrscheinlich einem sehr alten, tetrameralen Scyphomedusentypus. E. Haeckel glaubt die- selben auf Tesserantha zurückführen zu können, deren frei- schwimmende Lebensweise sie aufgegeben und mit einer festsitzenden vertauscht hätten. Wäre diese Meinung begründet, so würden im Laufe des phylogenetischen Entwicklungsvorganges auf die primär befestigte Polypenform, aus welcher die freischwimmende Tessera oder Tesserantha hervorgegangen, eine zweite, nochmalige Anhef- tung gefolgt sein müssen, während es vielleicht mehr Wahrschein- lichkeit für sich hat, dass die Becherquallen ihre ursprüngliche Be- festigung nicht aufgegeben und demnach überhaupt ein freischwim- mendes Medusenstadium nicht durchlaufen haben (Goette). Wenn man aber auch diese Annahme, nach welcher die Lucernariden und Depastriden die Befestigung erst seeundär wiedergewonnen hätten, als nicht ausreichend begründet zurückweist, so folgt aus derselben noch nicht, dass der voluminöser entwickelte sogenannte Kranzdarm derselben und die Ausbildung der Trichterhöhlen im Gegensatze zu den Tesseranthiden ursprünglichere Verhältnisse bezeichnen und dass diese freischwimmenden Scyphomedusen aus den Becher- quallen unter Reduction des Gastrocanalsystems und der Trichter- höhlen entstanden, also jüngeren Ursprunges waren. In viel weiterem Abstande als die Tesseranthiden von den Becherquallen, mit denen sie durch die Depastriden ver- bunden sind, ist die Stellung der Charybdeiden (Cubomedusen) zu beurtheilen. E. Haeckel betrachtet dieselben, ebenso wie die Periphylliden (Peromedusen), als divergirende Seitenzweige von den Stauromedusen aus hervorgegangen, die Discomedusen aber „wahrscheinlich aus den Stauromedusen oder Cubomedusen, vielleicht aus den Peromedusen entstanden“ (Nr. 8, I, pag. 130). In Betreff der Charybdeiden schliesse ich mich auf Grund meiner früheren (Nr. 19), von E. Haeckel in allen wesentlichen Punkten bestätigten Untersuchung (Nr. 8, I, pag. 423—4353) seiner Meinung an, ohne gerade die Tessera als Zwischenglied in der phylogenetischen Reihe, und demgemäss in der ontogenetischen Ent- wicklung als ein Tesserulastadium für wahrscheinlich zu halten. Dagegen ist nach meinen früher gegebenen Nachweise (Nr. 3) die Verwandtschaft der Diseomedusen durch die Ephyropsiden mit den Periphylliden eine so nahe, dass ich gerade von den (64) Ueber die Entwicklung des Seyphostoma von Cotylorhiza etc. 65 als Seitenzweig der Stauromedusen entstandenen Peromedusen die Diseomedusen ableite, während nach E. Haeckel gar keine direete Beziehung zwischen beiden bestehen sollte (Nr. 8, I, pag. 376, II, pag. 54). Kommen wir jetzt auf die früher (pag. 7) aufgeworfene Frage zurück, welche sich auf das Verhältniss der Seyphomedusen einerseits zu den Hydroiden und andererseits zu den Anthozoen bezieht und Anlass zu der nochmaligen Untersuchung über die Entwieklungsvorgänge der Sceyphostomen und die Mundbildung an den Ephyrenscheiben der Strobila gab. Durch die Ergebnisse derselben erscheint nunmehr der Widerspruch, welchen die Missdeutung der (rewebe an den Anlagen der Ephyrenproboscis hervorgerufen hatte, zu Gunsten einer durchaus entodermalen Auskleidung der Proboscis beseitigt und somit die bislang herrschende Ansicht von der Bedeutung des Mundrohres der Scyphomedusen und seiner Uebereinstimmung mit der Proboscis der Hydromedusen im Gegensatze zu dem Schlund- rohr oder Magenrohr der Anthozoen bestätigt. Demnach ist die Uebereinstimmung des jungen tetrameralen Scyphopolypen mit einem Anthozoenpolypen keineswegs so vollständig, als sie @oette in seiner Theorie durchführen zu können glaubte, und erstreckt sich nicht auch auf den Besitz eines ectodermalen Schlundrohres und einer Schlundpforte, von Taschenvorhängen und Taschen- ostien. Schon sehr frühzeitig und noch vor dem Vorwachsen der Arme hebt sich die orale Einstülpung als kurze, weite Proboscis hervor, und die im Grunde jener zum Durchbruch gelangte Veffnung wird nicht zur Schlundpforte, sondern zur distalen Oeffnung der Proboscis, dem Munde. Mit diesem wesentlichen Gegensatze des Sceyphopolypen und Korallenpolypen steht die abweichende Ent- wicklung des septalen Muskels, welcher von Ectoderm der Peristom- scheibe aus einwuchert, sowie in der weiteren Ausgestaltung der tetrameralen Scyphomedusen die Entwicklung der vier Trichter- höhlen nebst den zu denselben gehörigen onaden im Zusammenhange. Es kann daher auch von einer gemeinsamen die Anthozoen mit den Sceyphomedusen vereinigenden Classe der Sceyphozoen, mit dem Aus- gangspunkte eines wahren Korallenpolypen (Seyphula) nicht die Rede sein, vielmehr werden wir die Cnidarien wie seither in die Classen der Anthozoen und der Polypomedusen und diese in die Unterelassen der Hydromedusen(Hydrozoen) und Scypho- medusen (Scyphozoen) einzutheilen haben. Phylogenetisch würde das Verhältniss dieser beiden Unterclassen leicht zu bestimmen sein, wenn wir das gelegentliche Vorkommen von gastralen Wülsten und Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 1. 9 (65) 66 Ö. Claus: selbst Filamenten bei Hydroiden nicht berücksichtigen oder die- selben als convergente Bildungen in Anschlag bringen wollten. In diesem Falle würden wir E. Haeckel’s Anschauung zustimmen, welcher von der Archhydra als gemeinsamer Stammform der Cnidarien ausgeht und von derselben die Hydropolypen (und Hydromedusen, letztere in polyphyletischer Entwicklung) und von diesen als Seitenzweig die Seyphopolypen als Stammform sowohl der Scyphomedusen als der Anthozoen oder Korallen ableitet (Nr. 8, II, pag. 128, 129). Diese Anschauung würde den von einander unabhängigen diphyletischen Ursprung der Hydromedusen und Scyphomedusen involviren, eine Annahme, welche, falls die Voraussetzung einer polyphyletischen Entstehung für die Hydromedusen erwiesen wäre, keine Schwierigkeit bieten würde,. an und für sich aber ebenso wie jene Voraussetzung des polyphyletischen Ursprunges der Hydro- medusen wenig Wahrscheinlichkeit für sich hat, und nur dann, wenn ihre Begründung eine absolut zwingende ist, als berechtigte Hypo- these eingeräumt werden sollte. Es ist nicht meine Absicht, auf diese Frage, ebensowenig wie auf die Schwierigkeit, welche einem Erklärungsversuche der Stammesentwicklung mittelst monophyleti- schen Ursprunges der Medusen entgegensteht, an diesem Orte näher einzugehen. Ich will mich auf die Bemerkung beschränken, dass bei einem solchen Versuche phylogenetisch die sehr frühzeitige Entstehung der vierstrahligen Meduse aus noch wenig differenzirten, auf dem Wege zur Scyphopolypen-Entwicklung begriffenen Polypenform an- genommen werden müsste, und dementsprechend auch die bei den grösseren Hydroidpolypen auftretenden Gastralwülste als den Taeniolen entsprechende Bildungen betrachtet werden könnten. Dann würde nur für die Eleutheroblasteen (Hydra), deren Geschlechtsproducte in der Wand des Polypen entstehen, eine directe Abstammung von Archhydra Geltung haben, alle übrigen Hydro- medusen (mit medusoider Geschlechtsgeneration) würden von dem zum Sceyphopolypen führenden Seitenzweige abzuleiten sein. Solche Fragen sind trotz ihrer grossen theoretischen Bedeutung, und so verlockend ihre weitere Verfolgung erscheinen mag, auf Grund der erfahrungsmässig festgestellten Thatsachen zur Zeit nicht befriedigend zu beantworten und noch dazu auf einem (febiete von Organismen, deren Beurtheilung schon an und für sich so manchen ehlerquellen ausgesetzt ist und bei weiterer Verfolgung auch in /Aukunft ausgesetzt sein wird. Wies doch E. Haeckel (Nr. 8) mit vollem Rechte darauf hin, dass alle bisherigen grösseren Arbeiten (66) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 67 über Medusen reich an Irrthümern und voll von Fehlern wären, und nahm er auch für seine eigenen umfassenden Arbeiten keineswegs die Unfehlbarkeit in Beobachtung und Deutung in Anspruch, deren Voraussetzung für den Gelehrten als Hinderniss der Selbsterkenntniss stets verhängnissvoll werden muss und zu thörichter, an Grössenwahn streifender Ueberhebung führen kann. Auch ich selbst war bei meinen vor nunmehr 17 Jahren be- gonnenen und nach längeren Unterbrechungen mehrmals wieder aufgenommenen Untersuchungen über den Organismus der Medusen mir stets der Schwierigkeit der Arbeit in vollstem Maasse bewusst und habe in den späteren Publicationen nicht nur E. Haeckel’s inzwischen erschienene Schriften mehrfach corrigirt, sondern aus diesen, auf ein weit umfassenderes Formenmaterial gestützten Werken Vieles gelernt und im Anschlusse an dieselben manche meiner eigenen früheren Angaben und Anschauungen berichtigt und erweitert. Wie auf jedem Gebiete der Wissenschaft, so ist auch auf dem der Medusenforschung der Fortschritt an die gegenseitig sich bedingende und ineinander greifende Arbeit zahlreicher Forscher ge- knüpft. Jeder derselben stützt sich naturgemäss auf die Arbeit seiner Vorgänger !) als Basis seiner eigenen Forschung und liefert in seiner Weise, der eine nach dieser, der andere nach jener Richtung, mit grösserem oder geringerem Erfolge die Wissenschaft fördernde Bei- träge, aber Allen gemeinsam ist die dem menschlichen Wesen an- haftende Lückenhaftigkeit der Beobachtung und Unzulänglichkeit der Erkenntniss, welche trotz des besten Strebens grössere und kleinere, erst mit dem weiteren Verfolge aufgedeckte Irrungen mit !) Freilich gibt es, wie in jedem Berufszweige menschlicher Thätigkeit, so auch in dem der Wissenschaft Leute, welche nach Massgabe ihrer individuellen Beanlagung ihre eigene Leistung in demselben Masse überschätzen, als sie die ihrer Vorgänger und Mitarbeiter gering achten. Wenn solche Leute diese oder jene Correctur oder auch neuen Befund bringen, verstehen sie denselben dadurch zu einer ausserordentlichen Grösse aufzubauschen, dass sie alles von den Vorgängern Ueberkommene als irrig und falsch hinstellen oder sie verfallen auch unbewusst, wenn sich ihr Selbstgefühl in ab- normer Weise zu einer Anwandlung von Grössenwahn steigert, in allem Ernste der Meinung, dass erst mit dem Erscheinen ihrer Person die Grundlage der Erkenntniss gewonnen , erst durch ihr eigenes Licht Ordnung und Klarheit in die bis dahin be- standene Verwirrung gebracht und wahre Einsicht und richtiges Verständniss ermöglicht worden sei. Wenn dieselben dann aber auf ernstlichen Widerspruch stossen und in ihren Prätensionen zurückgewiesen werden, dann gerathen sie aus Rand und Band, und beginnen ganz „absurd sich zu geberden“. Sie copiren, ohne es zu ahnen, die lächer- liche Figur des Baccalaureus, die uns Goethe im „Faust“, II. Theil, so meisterhaft geschildert hat. b*+ (67) 68 C. Claus: sich bringt. Je intensiver der Einzelne arbeitet, je ernster und auf- richtiger er bestrebt ist. in der Erkenntniss vorzuschreiten, um so mehr wird er sich des „homo sum, nil humani mihi alienum“ stets bewusst bleiben und nach diesem Maassstabe auch die Leistungen seiner Mitarbeiter zu beurtheilen und zu schätzen wissen. Verzeichniss der benützten Literatur. Die Nummern 1—18 finden sich im Verzeichniss des ersten Theiles der Schrift aufgeführt und werden auch im zweiten Theil in gleicher Weise als Citate verwendet. | 19. €. Claus: Untersuchungen über Charybdea marsupialis. Arbeiten des zool. Institutes, Wien 1878, Bd. I. 20. Derselbe: Ueber die Classification der Medusen mit Rücksicht auf die Stellung der sog. Peromedusen etc. Ebend. Bd. VII, Heft 1, 1886. 21. E. Vanhöffen: Periphylla und Nausithoe. Zool. Anzeiger. Nr. 355, 1891. 22. Derselbe: Zur Systematik der Scyphomedusen. Ebend. Nr. 368, 1891. 23. J. Playfair Me Murrich: The development of Cyanea arctica. American Naturalist. March 189]. 24. Fr. E. Schulze: Spongicola fistularis, ein in Spongien wohnendes Hydrozoon. Arch. für mikr. Anatomie. Bd. XII, 1877. 25. Frank Smith: The Gastrulation of Aurelia flavidula Per. Les. Bulletin of the Museum of Comp. Zoology at Harvard College. Vol. XXII, Nr. 2, 1891. Erklärung der Abbildungen, Die Buchstaben bedeuten dasselbe, wie die auf den Tafeln des ersten Theiles dieser Schrift. TAafıT: Fig. 1. Scyphostoma von Cotylorhiza mit entwickelter, zur Lostrennung reifer Knospe, schwach vergrössert. Zeichnung nach dem Leben von Dr. Graeffe, Fig. 2. Scyphostoma derselben mit beginnender Knospenbildung. Der Stiel stark contrahirt. Camera-Zeichnung. Hartnack, Syst. IV, eingez. Tubus. Vergrösserung 15034, Fig. 3. Losgelöste, frei umherschwimmende Knospe mit Mund und vorgetretener Proboseis. Zeichnung von Dr. Graeffe. Fig. 4. Monodiske Strobila von Cotylorhiza mit nur 6 Lappenpaaren und be- ginnender Regeneration des Basalpolypen Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. II, eingez. Tubus, um ?/, redueirt, eirca 40fach vergrössert. Fig. 5. Eine zweite solche Strobila mit 7 Lappenpaaren unter gleicher Ver- grösserung. (68) Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc. 69 Fig. 6. Längsschnitt durch die Mitte der Strobila 4. SG. Schirmgallert der Ephyra, StS. Stützlamelle der Subumbrella, MsG. Mesodermgallert des Basalpolypen, St. Stiel desselben. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. II, eingez. Tubus. Vergrösserung circa 6Ufach. Fig. 7. Längsschnitt neben der centralen Verbindung von Ephyra und Becher des Basalpolypen geführt. Gf. Gastralfaden, Sk. Sinneskolben, Rec. Radialgefäss, Fig. 8. Entoderm mit der ausgeschiedenen Mesodermgallert MsG. von der Becherwand des Basalpolypen. Fig. 9. Schnitt durch die Umbrella des Ephyrenabschnittes der Strobila. Die Entodermzellen an Höhe zu Gunsten der Mesodermgallert sehr reducirt. Camera- Zeichnung. Hartn. Syst. V, eingez. Tubus. Vergrösserung 260:1. Fig. 10. Die Gallert mit dem plasmatischen Gerüst und Zellen, die in Wucherung begriffen sind. Circa A00fach vergrössert. Taf. IT. Fig ]. Längsschnitt durch die Mitte einer im Beginn der Strobilisirung be- griffenen Strobila von Aurelia. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. II, eingez. Tubus. Circa 65fach vergrössert. T. Taeniole des Mundrohres. Fig. 2. Längsschnitt, welcher die centrale Communication der Scheiben tangirt, durch die Proboscis und die vorderen Scheiben. R. Radialer Tentakel nebst Anlage des Sinneskolben. R. Intermediärer Tentakel. Fig. 3. Längsschnitt durch die Mitte einer polydisken Strobila vonChrysaora nach einer älteren bereits in der Abhandlung (Nr. 5) abgebildeten Zeichnung, Mr. Mundrohr, Sk. Sinneskolben, L. Flügellappen, Tr. Trichterförmige Einsenkung des Peristomfeldes der Taeniole. M. Muskel derselben, Pb. Proboscisanlage der Ephyra- scheiben. Fig. 4. Längsschnitt durch die Mitte zweier Ephyrenscheiben und deren noch geschlossene Proboscisscheiben einer Aurelia-Strobila. Rs‘ Ringsinus der Proboseis- scheibe (Pb), Rs. Ringsinus der Ephyrascheibe, M. Taeniolenmuskel. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, eingez. Tubus. Vergrösserung 150 : 1. Fig. 5. Längsschnitt durch eine Strobila von Aurelia mit noch vier Ephyren- scheiben und dem Basalpolypen. Die Rüsselabschnitte der geöffneten Proboseis scheiben- förmig ausgebreitet, theilweise umgeschlagen. Die Verbindungsabschnitte (d, a) der Taeniolenstücke (b, c) lang ausgezogen, in der Rückbildung begriffen. KrM. Kranz- muskel, M. Taeniolenmuskel. Camera-Zeichnung wie Fig. 4. Taf. III. Fig. 1. Längsschnitt durch die Mitte einer Strobila (von Aurelia), deren Proboseishügel (Zwischenscheiben) noch geschlossen sind. a Verbindungsstück der Taeniole, b Mundrohrstück der Taeniole, ce Subumbrellarstück der Taeniole, M Taeniolen- muskel, Pb Proboscishügel der nachfolgenden Scheibe. Camera-Zeichnung Hartn, Syst. IV, ausgez. Tubus. Vergrösserung 220 : 1. Fig. 2. Geöffnete Proboscis der Ephyrascheibe einer tetradisken Strobila von Aurelia. Camera-Zeichnung, Hartn. Syst. V, eingez. Tubus, Vergrösserung 260 ::1, Buchstabenbezeichnung wie in Fig. 5, Taf. II. d’ Abschnitt des Verbindungsstückes d, welcher in der geöffneten Exumbrella, von der Gallertsubstanz umschlossen liegt. Fig. 3. Ein ebensolches Proboseisstück, um den Taeniolenmuskel (Tr) des Peristoms zu zeigen. Fig. 4. Längsschnitt durch den Basalpolypen nebst der vorausgehenden Ephyra- scheibe einer tetradisken Strobila von Aurelia, an der sich die vorderen Ephyren (69) 70 €. Claus: Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza etc, des Scheibensatzes bereits getrennt haben. An dem Basalpolypen sind die Tentakel regenerirt, Camera-Zeichnung, Hartn. Syst. IV, eingez. Tubus, Vergrösserung 150:1. Fig. 5. Längsschnitt durch die Mitte einer monodisken Strobila mit ausgebildeter Ephyra und in der Regeneration der Tentakel begriffenem Basalpolypen von Chrysaora. Die offene Gastralseite der halben Strobila dem Beobachter zugewendet. Camera-Zeichnung wie Fig. 4. Fig. 6. Mundrohre der Ephyrascheibe von, Aurelia von der oralen Seite gesehen, r‘ Perradien = Radien erster Ordnung, r’ Interradien = Radien zweiter Ordnung, F Gastralfilament. Fig. 7. Copie des Constructionsbildes nach G oette. tr der vermeintliche Septal- trichter innerhalb des weiten Mundes (in den Radien des Mundkreuzes (Perradien), r‘, r’’ Lage des Interradius, x die vermeintliche „Verbindung beider Centralmagen“. (70) Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less., eines opisthobranchen Gasteropoden. Von B. Haller. Mit 3 Tafeln. Obgleich eine Kieme innerhalb der Kiemenhöhle bei den Siphonarien bekannt war, so wurden diese trotzdem beständig den Pulmonaten zugerechnet. In der Sammlung der Corvette „Vittor Pisani“* befanden sich auch fünf Exemplare der Species S. gigas, welche das Untersuchungs- material vorliegender Abhandlung bilden. Das Resultat dieser Untersuchung ist, dass Siphonaria keine Pulmonate, sondern ein durch das Felsenleben, ähnlich wie solches. mit zahlreichen Prosobranchiern und unter diesen mit den Patellen geschah , modi- ficirter Opisthobranchier ist, an welchen sich zahlreiche primäre Verhältnisse erhalten haben. Die nächsten Verwandten der Gattung Siphonaria finden wir in den Umbrellen unter den Opisthobranchiern. Die Literatur über Siphonaria war mir nicht zugänglich, weshalb ich sie hier unberücksichtigt lassen muss. Beiträge zur Kenntniss von Siphonaria lieferten Dall, Studer und Hutton (Letzterer in Annals and Magazine of nat. history, Tom. IX, 1892). Körperform. Der äussern Körperform nach ähnelt Siphonaria auffallend einer hochschaligen Patella (Fig. 1). Das Gehäuse unterscheidet sich von aussen durch nichts von jenem einer hochgehäusigen Patelle, und auch der Fuss ist, wenigstens an Alkoholthieren, jenem der Patellen vollständig ähnlich. Möglich wäre es aber immerhin, dass im Leben der Fuss einer grösseren Ausdehnung fähig ist wie jener der Patellen, doch kann er wegen seiner Organisation wohl nie jene (71) 2 B. Haller: grosse Ausdehnung erreichen, wie etwa der Fuss von Umbrella medi- terranea. Die Structur des Fusses ist nämlich jener der Patellen ganz gleich, wie überhaupt aller felsenbewohnenden (echtes Felsen- leben führenden) Cephalophoren mit hufeisenförmigem Gehäusemuskel. Hebt man das Gehäuse von einem Alkoholthiere ab, was sogar bei der geringsten Berührung erfolgen kann, so lässt sich Folgendes erkennen: Die Oeffnung der Kiemenhöhle nach aussen ist eng und findet sich nicht in medianer Lagerung oberhalb des Nackens, sondern sie liegt, wie ja bekannt ist, rechterseits etwas vor der vorderen Hälfte der Körperlängsachse (Fig. 11, ö). Der Gehäusemuskel ist von oben betrachtet bis zu dieser Stelle allseitig geschlossen und nur hier, oberhalb der Kiemenhöhlenmündung, unterbrochen (sm). Seine zwei Enden sind abgerundet und etwas kräftiger entwickelt wie seine sonstigen Theile. Der Form des Gehäusemuskels entsprechend, findet sich ein gleichförmiger, etwas vertiefter Abdruck innerhalb d:s Gehäuses vor. Nur vorne oberhalb des Kopfes ist der Gehäuse- muskel, ohne vollständig unterbrochen zu sein, etwas weniger mächtig wie sonst, was auch am Abdrucke auf dem Gehäuse markirt ist. Der Gehäusemuskel strahlt im Fusse mit seinen Fasern pinselförmig aus, wobei die innersten Fasern der einen Körperhälfte in der Fuss- s’hle ein wenig selbst auf die anderseitige Körperhälfte übergreifen. Hierdurch entsteht medianwärts in der ganzen Länge der Fuss- s»hle eine Kreuzung der innersten Fasern der beiderseitigen Muskel- hälften (Fig. 2). Dieses ist eine Einrichtung, die sich bei allen felsenbewohnen- den Cephalophoren vorfindet und beim Gebrauche des Fusses bei seiner Retraction von grosser Wichtigkeit ist. Eine mediane Fuss- drüse ist mir unbekannt geblieben. Der Mantelrand setzt sich ohne Unterbrechung um den ganzen Gehäuserand fort (Fig. 1, mr) und ist von keiner besonderen Mächtigkeit. Er führt auch keine Fortsatz- bildungen, mögen sie wie immer gestaltet sein. Man kann leicht die Beobachtung machen, dass das kuppel- förmig zugespitzte Kiemenhöhlendach (Fig. 2), in welches sich von vorne aus dem Gehäusemuskel weissglänzende Muskelfasern fortsetzen, bei Thieren, die weniger contrahirt waren, nicht bis zur Spitze des Gehäuses reicht, vielmehr zwischen jener und letzterem ein Hohlraum übrig bleibt. Bei Exemplaren, die stark contrahirt waren und bei denen der Gehäuserand bis zur Fusssohle reichte, war dieses aber nicht der Fall. Siphonaria kann sich somit nach Art der Patellen dem Felsen derart andrücken, dass das Gehäuse das Thier vollständig verdeckt. Aus diesem Grunde scheint (72) Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less. etc. 3 mir auch die geringe Ausbildung des Kopfes (Fig. 1,3), oder wohl richtiger gesagt, dessen Rückbildung erfolgt zu sein. Dieser ist bei stark contrahirten Thieren, da er durchaus keine Lappen- bildungen und Taster besitzt und nur durch einen lippenförmigen Wulst um die Mundöffnung herum vorgestellt wird (Fig. 3), kaum zu beobachten. Taster fehlen somit vollständig, und wie ich gleich hier bemerken möchte, liegen die Augen tief unter dem Epithel. Nervensystem. Der Schlundring umgreift unmittelbar an jener Stelle den Vorderdarm, wo dessen dünner Abschnitt in den weiten übergeht (Fig. 16). Er lässt sich unschwer lospräpariren und von seinen Hüllen befreien. Um letzteres leichter erreichen zu können, legte ich den lospräparirten Schlundring in ein Gemisch von Glycerin und Essigsäure, welches ich unter Zusatz von etwas Salzsäure um das Achtfache verdünnte. In dieser Mischung lag der Schlundring 6—7 Stunden lang, wonach man die Hüllen mit Leichtigkeit ent- fernen konnte. Ich untersuchte drei Schlundringe, welche nur bezüglich der Cerebraleommissur individuelle Abweichungen aufwiesen. Die Cerebralganglien (Fig. 5, 6. Cg Ög‘) sind nicht allzu gross, nicht rund und von innen nach aussen zu etwas abgeplattet. Sie werden miteinander durch eine lange ÜCerebralcommissur (ce) verbunden. Diese war in zwei Fällen so lang, wie auf den Abbil- dungen dargestellt wurde, in einem Falle aber etwa um ein Drittel kürzer. Die nächsten Verwandten der Siphonarien, die Umbrellen, weisen bezüglich der Länge der Cerebralcommissur zwar unter- einander Schwankungen auf, doch nirgends erreicht sie eine solche Länge wie bei Siphonaria, wie denn überhaupt mit Ausnahme von Philine aperta L. wohl nirgends bei den Opisthobranchiern eine so lange Cerebraleommissur auftritt. Bei den Umbrellen dürfte nach Vayssiere!) die längste Cerebraleommissur bei Tylodina eitrina Joannis zu finden sein, während bei der Gattung Umbrella, sowohl nach diesem Autor wie auch nach G. Moquin-Tandon?), die Cerebralganglien fest aneinander lagern. 1) M. A. Vayssiere, „Recherches zool. et anat. sur les mollusques opisto- branches du golfe de Marseille“. Annales du musee d’hist. nat. de Marseille. Zoologie, Tom. II. ?)G. Moquin-Tandon, „Recherches anatomiques sur l’Umbrelle de la Mediterrante“. Paris 1870. (73) 4 B. Haller: Aus dem vorderen Rande der Cerebralganglien treten unweit von einander zwei starke Nervenbündel ab (Fig.5, I, ID), welche alsbald in zahlreiche Aeste zerfallen. Diese verhalten sich ganz so, wie dieses für andere Opisthobranchier schon längst ausführlich bekannt ist, weshalb ich hier von einer ausführlichen Beschreibung abstehen möchte. Erwähnen möchte ich blos, dass zwischen dem ersten Aste des ersten Nervenbündels und demselben des zweiten eine, wie es scheint ganz constante Anastomose sich vorfindet (Fig. 5). Der Hörnerv tritt jederseits unter den Kopfnerven und oberhalb der Cerebropedaleommissur aus den Cerebralganglien und begibt sich zu einer ansehnlichen Otoeyste (Fig. 6, oc), welche der vorderen Seite des Pedalganglions anlagert. Die Cerebralganglien werden mit den Pedalganglien durch eine zwar etwas längere Commissur verbunden, wie die Pleuro- cerebralcommissur es ist, doch ist auch jene sehr kurz. Die Pleuro- cerebralcommissur ist auffallend kurz (Fig. 5, 6). Das rechte Pleural- ganglıon (rpg), das eine oblonge Form besitzt, ist mit dem gleich- seitigen Pedalganglion, ganz ähnlich wie jenes auf der linken Seite mit dem gleichseitigen Pedalganglion, durch eine äusserst kurze Pleuropedalcommissur verbunden. Aus diesem Ganglion treten zwei sehr starke Nerven (Fig. 5, 6, s‘) ab. Diesen entsprechend, verlässt das linke Pleuralganglion blos ein einziger feinerer Nerv (Fig.5, s), dem sich aber zwei gleich starke (p) aus dem linken Pedalganglion fest anlagern. Der Nerv aus dem linken Pleural- ganglion ist ein Mantelnerv. Von den zwei starken Nerven aus dem rechten Pleuralganglion gibt der vordere auch Aeste an den Mantel ab, während der übrige Theil zu den vorderen Theilen des Geschlechtsapparates sich begibt. Der hintere dieser zwei Nerven gibt Aeste an die Kiemen und einzelne Fasern auch an den Vor- hof des Herzens ab. Nach hinten verbindet sich das rechte Pleuralganglion durch eine äusserst kurze Commissur mit dem ihm anlagernden hinteren Eingeweideganglion (Fig. 5, 6, hg), dem Abdominalganglion der Autoren. Das linke Pleuralganglion ist langgestreckt (Fig. 5, 6, /pg) und verbindet sich durch eine längere Commissur, als die rechtsseitige ist, mit dem hinteren Eingeweideganglion. Somit liegt das dem Schlund- ringe sehr stark genäherte hintere Eingeweideganglion oder Abdominal- ganglion nach rechts. Aus demselben treten drei fest zu einem Bündel gelagerte Nerven (k) ab, welche die Geschlechtsdrüse, Niere und theil- weise die Leber versorgen. Doch dürften von ihr auch Nerven an den (74) m Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less. etc. 5 Mittel- und Enddarm abtreten. Sonst wird der Darm auf folgende Weise innervirt. Es tritt ein stärkerer Nerv zwischen rechtem Pleuralganglion und hinterem Eingeweideganglion unmittelbar von der sie verbindenden Commissur ab (Fig. 5, 6, h, dn), weshalb ich anzunehmen geneigt bin, dass es sich hier um ein Nervenbündel handelt, welches sowohl Fasern aus dem rechten Pleuralganglion wie aus dem hinteren Eingeweideganglion in sich vereinigt. Nach- dem sich dieser Nerv nach links gewendet, zerfällt er unter dem weiten Vorderdarme in einen nach vorne und in einen nach hinten verlaufenden Ast. Der erste innervirt den Vorderdarm, während der hintere den Magen und theilweise auch die Leber versorgt. Betrachtet man aber den wohlpräparirten Schlundring von vorne, so sieht man einen feineren Nerven auch aus dem rechten Pleuralganglion entspringen, welcher anfangs einem später zu be- sprechenden Nerven anlagert, dann sich aber von demselben abtrennt und zur Verbindung zwischen linkem Pleuralganglion und hinterem Eingeweideganglion sich begibt (Fig. 6, e). Hier aber angelangt, schliesst er sich jenem beschriebenen Darmnerven an, welchen ich den mittleren Darmnerven (Fig. 5, 6, dn, A) nennen möchte, und welcher nach dem Mitgetheilten einen dreifachen Ursprung besitzt. Dies erfolgt aus den beiden Pleuralganglien, was ja durch die bilaterale Innervirung des Darmes seine Erklärung findet, und aus dem hinteren Eingeweideganglion. Betrachten wir den Schlundring abermals von vorne, so er- kennen wir einen äusserst starken Nerven (Fig. 6, v, dn), der sich aus zwei Wurzeln, wovon eine aus dem rechten, die andere aus dem linken Pleuralganglion stammt, vereinigt. Dieser Nerv versorgt den vorderen dünneren Vorderdarmtheill. Anfangs ruft dieser mächtige, 356mm breite Nerv durch seine Blassheit, wodurch er sich sehr von den übrigen Nerven des Schlundringes unter- scheidet, den Gedanken an eine Riesenfaser wach. Bei stärkerer Vergrösserung erkennt man jedoch, dass er aus Fasern zusammen- gesetzt ist, welche sich durch ihre besondere Feinheit denen der anderen Nerven gegenüber unterscheiden (Fig. 10). Die Commissuren zu den vorderen Eingeweideganglien (Fig.5, 6, cs, cs’) verlassen die Cerebralganglien, die sie aber offenbar wie bei den Prosobranchiern blos durchsetzen und ihren Ursprung aus den Pleuralganglien nehmen, am Abgange der Üerebropedal- commissuren. Sie sind mässig lang, und die vorderen Ein- geweideganglien von unregelmässig ovaler Form (Fig. 5, e, eig). Ein feiner Nerv (II) tritt aus der Commissur zwischen den (75) 6 B. Haller: Ganglien ab und begibt sich zum Darme, möglicherweise aber auch zur Radularscheide. Wie überall bei den Opisthobranchiern, finden sich innerhalb des Schlundringes von Siphonaria stellenweise enorm grosse Ganglien- zellen vor. Das Auftreten solcher riesiger Nervenzellen steht im Zusammen- hange mit der fortschreitenden Concentrirung des Centralnerven- systemes, welche ja bei Opisthobranchiern eine mehr oder weniger starke ist, und thatsächlich finden sich solche grosse Elemente am riesenhaftesten bei Formen vor, bei denen der Schlundring die grösstmögliche Concentration erreicht hat, wie bei Doris, noch mehr bei Doriopsis, insbesondere aber bei Tethys, wo sie bereits mit freiem Auge sichtbar sind. Obgleich die warzig-rauhe Oberfläche des Pedal- und des hinteren Eingeweideganglions auf grosse Ganglienzellen schliessen lässt, so findet man die grössten doch in den Cerebral- und Pleural- ganglien. Im Cerebralganglion (Fig.5) sind es drei ganz constante Zellen, die an Glycerinpräparaten mit der Lupe deutlich erkennbar sind. Zwei liegen hintereinander am linken Rande, während einer von innen aus der Wurzel der Cerebraleommissur genähert ist. An der oberen Fläche des Pleuralganglions liegen zwei andere grosse Ganglien- zellen fest aneinander. Soweit es sich an Totalpräparaten überhaupt verfolgen lässt, habe ich die diekeren Fortsätze dieser Zellen verfolgt. Zu diesem Zwecke hob ich die untere Hälfte des linken Cerebral- und Pleuralganglions mit einem feinen Scalpell ab, wodurch das Glycerinpräparat noch durchsichtiger wurde (Fig. 8). Von den zwei grossen Zellen des Pleuralganglions (lpg) setzt sich die hintere mit einem dicken Fortsatz in die Pleurocerebraleommissur fort, während die vordere einen von dem erstbeschriebenen Fortsatze gekreuzten, mächtigen Fortsatz in den abgehenden Mantelnerven (s) entsendet. Am Cerebralganglion war die vordere, am äusseren Rande gelegene Ganglienzelle mit zwei mächtigen Fortsätzen versehen, von denen der innere sich in die Cerebralcommissur, der oppositipole und äussere in den ersten (I) der Cerebralnerven sich begab. Die hintere dieser grossen Zellen war auf diesem Präparate sehr tief gelegen, so dass ich keine sicheren Beobachtungen machen konnte, doch glaube ich annehmen zu dürfen, dass sie einen starken Fort- satz in den hinteren (II) Cerebralnerven entsendet. Statt einer, waren an diesem Präparate zwei grosse Ganglienzellen am inneren Rande des Cerebralganglions vorhanden. Die Fortsätze der äusseren Zelle (Fig. 3) konnte ich nicht sehen, während die innere Zelle zwei (76) Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less. etc. 7 oppositipole, grosse Fortsätze aufwies. Der vordere dieser Fortsätze begab sich in die Cerebraleommissur, während der hintere der Pleurocerebralcommissur zu verlief, doch vorher schon undeutlich wurde. Es erübrigt uns noch die Pedalganglien zu besprechen. Diese (Fig.5, P) sind von etwas nach innen zu concaver, nach aussen zu convexer Form und hängen sowohl mit den Üerebral-, als auch den Pleuralganglien durch äusserst kurze, jedoch deutliche Commissuren zusammen. Von dem äusseren Rande treten die Nerven ab. Die beiden Pedalganglien werden untereinander durch zwei Commissuren verbunden. Die vordere, dickere ist eigentlich als die Kreuzung der Wurzeln der beiden innersten Pedalnerven (Fig. 5, a, a‘) aufzufassen. Die yon rechts entspringt aus dem linken und jene von links aus dem rechten Pedalganglion, und ihre Kreuzungsstelle ist schon mit Lupenvergrösserung deutlich zu erkennen. Ob diese vordere Com- missur jedoch auch andere Fasern, echte Commissuralfasern führt, lässt sich auf Totalpräparaten nicht entscheiden ; sollten jedoch solche vorhanden sein, so dürften sie jedenfalls nur gering an Zahl sein. Solche echte Commissuralfasern, Verbindung gangliöser Centren der beiden Ganglien untereinander (solche Centren können Ganglienzellen und Ganglienzellen, centrales Nervennetz und centrales Nervennetz, welche Fälle aber nicht bekannt sind, und Ganglienzellen und cen- trales Nervennetz sein), scheint mir die hintere dünnere Commissur (e‘) zum grössten Theile zu führen. Freilich lässt sich die Frage, ob auch Nervenwurzelfasern hier vorkommen, ohne Schnittpräparate nicht entscheiden. So viel scheint mir aber doch wahrscheinlich zu sein, dass diese beiderlei Fasern hier auf zwei verschiedene Com- missuren vertheilt sind. Solche doppelte Pedaleommissuren scheinen nicht nur den meisten anderen Opisthobranchiern, sondern auch den Umbrellen eigen zu sein, wenigstens beschreibt Vayssietre zwei (Comm. ped. ant. et post.) bei Tylodina und Umbrella und ebenso G. Moquin-Tandon für Umbrella. Bei diesen tritt jedoch ein feiner Nerv aus der Mitte der hinteren Commissur, wie dieses ja auch bei anderen Formen der Fall ist, ab, was wohl dafür zu sprechen scheint, dass ausser echten Commissuralfasern hier auch Nervenwurzelfasern sich in der hinteren Commissur vorfinden. Verdauungsapparat. Um den Mund herum befindet sich eine wulstige Lippe (Fig. 5), welche eigentlich in Ermangelung von Tastern allein den Kopf äusserlich repräsentirt. Die Oberlippe ist dünn, während dagegen (77) Ss B. Haller: die Unterlippe durch zwei ansehnliche Wülste /v) gebildet wird. Die sehr ansehnliche Buccalmasse (siehe von nun an Fig. 16) lagert fast ganz senkrecht zur Fussfläche. Der Munddarm ist kurz und zwei mittelgrosse, lange Bucealdrüsen münden in denselben. Zwei harte Kiefer bezeugen, dass Siphonaria eine räuberische Lebens- weise führt. Der Radulasack ist kurz und diekwandig (rs). Der Munddarm geht in einen ganz kurzen, diekwandigen, von oben nach unten an der hinteren Seite der Buccalmasse hinziehenden Vorderdarmabschnitt (v) über, welcher dann ganz plötzlich in einen weiten Abschnitt übergeht (rt). Dieser hat die Form eines vorne weiteren, nach hinten, dem Magen zu, allmälig sich verjüngenden Sackes. An seinem vorderen Theile besitzt dieser weite Abschnitt des Vorderdarmes eine ganz ansehnliche Aussackung. Obgleich ich diesen Darmabschnitt histologisch zu untersuchen keine Gelegenheit hatte, da das Material hierzu nicht gehörig conservirt war, so kann ich nach Betrachtung mit der Lupe doch behaupten, dass es inner- halb seiner Wände zu keiner aggregirten Drüsenbildung kommt. Viel- mehr ist die Wand, die Aussackung nicht ausgenommen, ganz gleichförmig dünn. Von aussen erkennt man ein schönes Gefässnetz um diesen Darmtheil herum. Bei zwei Exemplaren fand ich inner- halb dieses weiten Vorderdarmtheiles eine mir unbekannte Ophiure, welche noch ganz intact war. Wenn dieser Befund nur zu gut be- weist, dass unser Mollusk ein arger Räuber sein muss, so ist es doch sonderbar, wie ein im Verhältniss zur Körpergrösse von Siphonaria so grosses Thier wie jene Ophiure ist. durch die enge Oeffnung des Vorderdarmes in den engen Magen gelangen konnte. Diese Oeffnung muss eben sehr erweiterungsfähig sein. Ich glaube, dass der weite Vorderdarmtheil eine Verdauung, ähnlich wie. bei den Prosobranchiern, verrichtet, was dann auch die zahlreichen Drüsen am Vorderdarme vieler Opisthobranchier, unter denen sich insbesondere Doriopsis auszeichnet, erklären würde. Der Mitteldarm beginnt mit einem äusserst kleinen, runden, Magen. Die Wände des Magens sind sehr dünn, und inner- halb derselben finden sich durchaus keine Hartgebilde, welcher Art sie immer sein sollen, vor. Der weite Vorderdarm geht, allmälig schmäler werdend, vorn durch eine Einschnürung vom Magen ab- gegrenzt, in diesen über (Fig. 16, 17). Auch an dieser Grenze konnte ich an der Magenschleimhaut keine wallartigen Falten erkennen. Bei seiner Kleinheit scheint dem Magen fast gar keine andere Function zuzukommen, als die Mündungen der paarigen Leber aufzunehmen. Die Leber selbst. von graubrauner, bei anderen Exemplaren von (78) Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less. ete. g brauner Farbe (der Ausdruck verschiedenen Secretionsstadiums) ist, wie oben erwähnt, paarig. Beide Lebern sind von lockerem Gefüge, so dass man schon äÄusserlich ihren acinösen Bau ganz gut erkennen kann. Sie zerfallen in mehrere grössere Lappen. Die linke Leber (Fig. 16, 17) ist entschieden mächtiger als die rechte und deckt in situ nicht nur den Magen, sondern auch die rechte Leber zu. Die Windungen des langen Mitteldarmes liegen ihr entweder auf, oder werden sie von ihr theilweise verdeckt. Sie besteht aus einem inneren grösseren und äusseren kleineren Lappen, wobei letzterer wieder in mehrere kleinere Lappen zerfällt. Die Mündung der linken Leber ist entsprechend weiter wie jene der rechten (Fig. 17), doch ist kein längerer äusserlich wahrnehmbarer Drüsengang an den Lebern vor- handen, sondern beide lagern dem Magen fest an. Die rechte Leber zerfällt gleichfalls in zwei ungleich grosse Lappen, wobei der äussere grössere den inneren kleineren in situ verdeckt und dementsprechend einen Eindruck besitzt, in welchen der kleinere Lappen genau hineinpasst (Fig. 16, 17). Der Magen geht plötzlich in ein dünnes, bezüglich seiner Länge recht ansehnliches Mitteldarmstück über (Fig. 16. md). Be- kanntlich unterliegt dieser Mitteldarmtheil bezüglich seiner Länge bei den Opisthobranchiern grossen Schwankungen. Bei Doridium ist er ein ganz kurzes und in Folge dessen ganz gerades Rohr, bei Aplysia ein langer, vielfach in Schlingen gelegter Darm. Zwischen diesen Extremen gibt es alle möglichen Uebergänge. Am kürzesten ist er bei den Dermatobranchiern und am längsten bei den Tecti- branchiaten, und unter diesen wird öfters in Fällen, wo er kürzer ist, dieses durch besondere Weite compensirt. Ein solches Verhält- niss sehen wir bei Pleurobranchus. Bei den Umbrellen, zu welchen ich auch Siphonaria rechne, ist er von ansehnlicher Länge. In Folge seiner Länge legt sich dieser Darmtheil bei Siphonaria in ganz constante Schlingen, die zum Theil von der linken Leber verdeckt werden und zum Studiren von diesem frei präparirt werden müssen (Fig. 16). Zuerst ist er für eine ganz kurze Strecke gerade, biegt dann ziemlich plötzlich nach links, auf der linken Körperseite angelangt, plötzlich abermals nach rechts und geht so, auf der rechten Körperseite sich allmälig krümmend, in einen ab- steigenden Theil über. Jietzterer biegt, am Enddarm angelangt, nach links und geht dann allmälig in ein aufsteigendes Stück über, das auf der linken Leber gelegen, plötzlich in einen absteigenden Theil übergeht. Hinten biegt dann der Darm wieder nach oben, dann aber plötzlich nach hinten um und setzt sich so plötzlich in den weiten Enddarm fort. (79) 10 B. Haller: Dieser weite Enddarm hat eine von links nach rechts ge- krümmte, somit nach vorne concave Form, in welcher er am hinteren Körperende der Körperwand fest anliegt. Nach links von der Ein- mündung des Mitteldarmes ist er etwas sackförmig aufgetrieben und wohl hier am weitesten. Von dieser Weite verliert er nur wenig bis zum rechtsseitigen Theile, wo er dann, allmälig dünner werdend, in das enge Endstück, welches sich nach rechts wendet (Fig. 16 ed), fortsetzt. Man könnte seine Form am ehesten mit einem Trinkhorn vergleichen. Der ganze Darm ist bis auf den Enddarm von der gewöhn- lichen blassen Farbe. Umso auffallender ist die Färbung jenes Abschrittes.. Man kann an ihm nach der Färbung zwei Theile unterscheiden. Der erste Theil fasst den grössten Theil des End- darmes in sich und erstreckt sich vom Beginne desselben bis zu der Stelle, wo dieser sich zu verjüngen beginnt. Der letzte Abschnitt ist ebenso blass gefärbt wie der übrige Darmcanal, während der erstere eine sammtartige, tiefschwarze Färbung erkennen lässt. Nur an Stellen, wo er ein weniger tiefes Schwarz aufweist, schimmern röthliche Stellen durch (Fig. 16). Oeffnet man den Enddarm seiner Länge nach, so erkennt man, dass er nach innen gleichmässig schön ziegelroth gefärbt ist. Dort, wo die äussere schwarze Färbung nicht allzutief ist, schimmert dann dieses Roth durch, und daher rühren jene beschriebenen röthlichen Zeichnungen an der äusseren Darmfläche. Ich habe nun Stücke vom Enddarme in Glycerin aus- gebreitet und davon das Darmepithel theilweise abgepinselt. So konnte ich erkennen (Fig. 18), dass unmittelbar unter der Muscularis ein Zellennetz sich ausbreitet, dessen Elemente, sowie ihre miteinander anastomosirenden Ausläufer in sich ein tiefschwarzes Pigment führen. Das Darmepithel selbst führt ein schönes ziegelrothes Pig- ment, welches eben an Stellen, wo jenes Netz weniger diekschichtig ist, durchschimmert. Dieser Färbung des Enddarmes wird ganz gewiss eine physiologisch tiefere Bedeutung zukommen. Der dünne Abschnitt des Enddarmes zieht unter dem Kiemen- höhlenboden, hier theilweise durch eine eigenartige, offenbar mit der Strömung des Athemwassers im Zusammenhang stehende Falte des- selben zugedeckt (Fig. 12, f), bis zum hinteren Rand der Kiemen- höhlenöffnung, um hier mit der Afteröffnung aufzuhören (Fig. 11, aö). Die Nieren. Hebt man das Gehäuse von einer Siphonaria ab und hellt das Kiemenhöhlendach mit einem Gemisch von Glycerin und etwas Essig- (80) Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less. etc. 11 säure auf, so erkennt man vor der hufeisenförmigen Kiemenreihe und hinter und theilweise rechts vom Pericardium (Fig. 11—14) zwei gelblichweiss gefärbte, schöne acinöse Drüsen (!nl, rn). Die- selben werden von einander durch die hintere Kiemenarterie ge- trennt und die rechtsseitige Drüse liegt genau in dem Triangel drinnen, und hat somit auch eine dreieckige Form, welche durch die zwei Kiemenvenen und ihre Anastomose an der Kieme gebildet wird. Die linksseitige Drüse wird rechts von der hinteren Kiemen- vene und links vom linksseitigen Kiemenreihenschenkel begrenzt und stösst mit ihrem vorderen Ende fest an das Pericard an (Fig. 11,14). Die rechtsseitige Drüse ist die rechte Niere, die linksseitige der obere Lappen der linken Niere. Somit liegt die rechte Niere ganz und die linke zum Theil in der Wand des Kiemenhöhlendaches ein- gebettet. Die rechte Niere ist eine schöne acinöse Drüse mit einem kurzen Ausführungsgange. Dieser spaltet sich nach hinten zu und geht in die zwei Lappen der rechten Niere über (Fig. 11, 14, rn). Der eine dieser Lappen endigt nach hinten an jener Stelle, wo die hintere Kiemenvene in die der Kieme anliegende Anastomose übergeht. Dieses ist der längere Lappen. Der vordere, nach links dem Peri- card zuziehende Lappen stösst beinahe an das Pericard, und zwar zwischen dem Austritte der beiden Kiemenvenen (Fig. 13 rechts). Eine Mündung in das Pericard, einen Nierentrichter, habe ich an der rechten Niere nicht auffinden können. Doch wäre es immerhin möglich, dass eine solche unter dem Austritte der beiden Kiemen- venen sich in reducirtem Zustande befindet. Wenigstens sehe ich dort zwei kleine Oeffnungen. Bezüglich der Ausmündung der rechten Niere informirt man sich am genauesten, wenn man das Kiemenhöhlen- dach durch einen Schnitt hinter der Kiemenreihe und einen anderen an dem vorderen Rande des Kiemenhöhlendaches vom Thiere ganz loslöst und umlegt. Werden solche Präparate nun in einem Gemisch von Glycerin und etwas Essigsäure aufgehellt, so kann man an ihnen Alles so gut beobachten, wie ich dies naturgetreu abgebildet habe (Fig. 14). Man wird da erkennen, dass an jener Stelle, wo in der Nähe des rechtsseitigen Endes der Kiemenreihe die grössten Kiemen liegen, unter der Kiemenreihe sich ein kleiner, jedoch sehr deutlicher Höcker vorfindet (Fig. 14, «), bis zu welchem der Aus- führungsgang der rechten Niere verfolgbar ist. Dieser Höcker verbindet sich dann durch eine Falte (Fig. 14,%), welche zwischen den Einzelkiemen gelegen ist, mit der Kiemenarterie. Querschnitte liessen deutlich erkennen, dass eine der grössten venösen Lacunen zwischen denen, welche zwischen den Acinis der rechten Niere so Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 1. 6 (81) 12 B. Haller: zahlreich lagern, durch diesen queren Gang mit der Kiemenarterie direct in Verbindung steht (Fig. 34, v) und somit das venöse Blut aus dieser Niere direct in die Kiemenarterie entleert wird. Ein Querschnitt weiter nach rechts zeigt, dass der Nierengang (Fig. 34, ng) durch jene beschriebene Papille (Fig. 33, w), welche aus Nieren- sewebe gebildet wird, nach aussen mündet. Anders verhält sich die linke Niere. Diese besteht aus einem compacten, unteren, nach hinten der ganzen unteren und hinteren Pericardwand, sowie dem Kiemenhöhlenboden aufliegenden Lappen (Fig. 12, 15, /nl) und dem schon beschriebenen oberen Nierenlappen (Fig. 11, 14, Inl). Diese beiden Lappen hängen an der hinteren Pericardwand mit einander zusammen; hier vereinigen sich ihre Sammelgänge. Der Ausführungsgang mündet in Form eines kurzen, kräftigen Fortsatzes an der linken Seite des Pericardiums, über- deckt von einem Muskelbündel (welches auf Fig. 13, m, durch- schnitten wurde), in die Kiemenhöhle. Führt man durch dieses Mündungsstück, welches am Kiemenhöhlenboden fest angewachsen ist, Sonden ein, so wird man bei vorsichtiger Behandlung die eine (a) in das Lumen der linken Niere, die andere in die Mündung der Niere in das Pericard (8) leicht einzuführen im Stande sein. Somit ist der Gang des Nierentrichters der linken Niere sehr kurz und zweigt sich vom Endgange der Niere ab. Die Trichtermündung befindet sich in der linken Ecke des Pericardes, unweit von der Herzkammer entfernt. Die rechte Niere, wie auch der obere Lappen der linken Niere sind von demselben Baue, wovon sich der untere Lappen der rechten Niere nur dadurch unterscheidet, dass er, da er dem museu- lösen Kiemenhöhlenboden fest anliegt, von zahlreichen Muskelzügen durchsetzt wird. Hierdurch wird es verhindert, dass man den linken Lappen vom Kiemenhöhlenboden lospräparirt. Querschnitte zeigen aber, dass er von acinösem Baue ist, wobei die einzelnen Läppchen von zahlreichen Muskelzügen und von venösen, wandlosen, wie arteriellen, mit einem Endothel versehenen Gefässen umgeben, respective von einander getrennt werden (Fig. 35). Gegen die Körper- höhle zu wird diese von jenem Lappen der Niere zuerst durch eine längs- (!m), dann durch eine quergestellte Muskelschichte ge- trennt (gm). Der Bau des oberen Lappens der linken Niere, sowie die rechte Niere sind bis auf die mächtigen Muskelbündel, wie er- wähnt, genau so gebaut wie der untere Lappen der linken Niere, Die Gefässe sind eben so zahlreich wie dort. Ueberall ist das Drüsen- epithel ein äusserst helles, niedrig cubisches (Fig. 32), mit hellen (82) Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less. etc. 13 Seeretbläschen versehenes. Diese enthalten rosettenförmig angeordnete Secretkörnchen von tiefschwarzer Farbe. Aus diesen Untersuchungen resultirt somit, dass S. gigas paarige Nieren besitzt, wenngleich es sich auch nicht leugnen lässt, dass die rechte Niere in Rückbildung begriffen ist. Geschlechtsapparat. Die unpaare Zwitterdrüse liegt als ein graubraunes, compactes Gebilde ganz ventralwärts in der Körperhöhle, nach unten und etwas rechts der rechten Leber fest an. Demzufolge ist sie nach oben zu etwas schalenförmig: ausgehöhlt und nach unten zu etwas ausgebuchtet (Fig. 19, Zd). Die histologische Untersuchung zeigt, dass die männ- lichen Geschlechtsproducte insoferne von den Eiern getrennt sind, als in demselben Follikel entweder ausschliesslich Eier oder blos Sperma produeirt wird (Fig. 22) und somit der sowohl bei anderen Opisthobranchiern (z. B. Phyllirhoe) wie bei Pulmonaten beob- achtete Fall, dass in einem und demselben Follikel sowohl Eier, wie auch Sperma producirt wird, hier nicht vorkommt. Der gemein- same Ausführungsgang (a) ist nicht allzu lang, überall gleich weit und überall gleich eng; er legt sich nur zu Beginn in einzelne unansehnliche Windungen. Er liegt der Eiweissdrüse fest an und theilt sich bald darauf in den weiblichen, rechtsseitigen und männ- lichen, linksseitigen Geschlechtsgang. Der gemeinsame Ausführungs- gang ist dort, wo er gerade ist und der Eiweissdrüse aufliegt, braungelb punktirt. Untersucht man denselben auf in Glycerin auf- gehellten Präparaten im optischen Längsschnitte bei mässiger Ver- grösserung, so erkennt man seiner ganzen Länge nach, nach rechts sowohl wie nach links, kleine platttubulöse Drüschen innerhalb seiner Wandung (Fig. 21). Da dieselben von einer bindegewebigen Schichte überdeckt werden, so ragen sie über die Wand des Ganzen nicht hervor. Sie sind kleine, bohnenförmig abgeplattete Drüschen mit weitem Lumen und engem, ganz kurzem Ausführungsgange. Da dieser Ausführungsgang ganz kurz ist, so lagern die Drüschen beerenförmig fest aneinander und dem Gange an. Auf Schnitten erkannte ich, dass das Drüsenepithel ein zartes eylindrisches ist. Die Elemente haben einen runden basalständigen Kern, und der Zellleib birgt viele runde, gelbbraune Kügelchen in sich. Flimmern fehlen auch den Epithelien des gemeinsamen Ausführungsganges. Drüsige Wände kommen in höherem Grade diesem Abschnitte des gemeinsamen Ausführungsganges nach G. Moquin-Tandon auch der Umbrella 6* (83) 14 B. Haller: zu, und wenn wir uns bei den übrigen Opisthobranchiern umsehen oder die bezüglichen Publicationen berücksichtigen, so finden wir, dass sich dieses überall so verhält. Bei den Aeolidiern, Doridiern etc. bilden das Mittelstück des gemeinsamen Ausführungsganges drüsige Wände und ebenso bei Aplysia, während sich derselbe bei Thetys in zahlreiche Schlingen legt. Alsbald nun spaltet sich der gemeinsame Geschlechtsgang in den männlichen und den weiblichen Ausführungsgang. Der männ- liche ist anfangs eng, wird dann allmälig etwas weiter, welche Weite er bis zu seiner Mündung beibehält. Er ist fast ganz gerade. Es kommt hier nicht zu jener drüsigen Aggregation, welche bei zahlreichen Opisthobranchiern bekannt ist und von R. Bergh als Prostata angesprochen wird. Auch dort tritt er in verschiedener Form auf, so ist er retortenförmig an dem Ausführungsgange an- gebracht bei Pleurobranchus, Thetys u. s. w., oder es tritt blos eine drüsige Verdichtung von grösserer Länge am Ausführungsgange auf (Doriopsis). Ob also auch bei Siphonaria innerhalb der Wand des Ausführungsganges, etwa wie bei Doriopsis, nur in geringerem, äusserlich nicht wahrnehmbarem Grade Drüsen auftreten, vermag ich ohne Untersuchung von Querschnitten nicht zu entscheiden. Die Mündung des männlichen Geschlechtsganges findet unter- halb und nach innen zu vom weiblichen Geschlechtsgange, in un- mittelbarer Nähe desselben, statt. Beide liegen am rechten Lippen- winkel, zwischen Fuss und diesem. Die Stelle jedoch, wo diese Mündungen liegen (Fig. 3, wm, mm), gehört nicht mehr dem Fusse an. Der weibliche Gang mündet an einer kleinen Papille (Fig. 19, wm), der männliche mit einer etwas weiteren Oeffnung und der nach innen eingestülpte Penis (Fig. 19, p) liegt an der linken Seite an der Mündung, dem männlichen Geschlechtsgange fest an. Da der Penis manche eigenartige Structurverhältnisse aufweist, so möge eine Beschreibung hier Platz finden. Den Penis beobachtete ich immer in eingestülptem Zustande, weshalb ich seine Form während der Function nur aus den unter- suchten Querschnitten mir combiniren kann. Während der Einstülpung legt er sich vermöge seiner Länge in Schlingen (Fig. 7, 19, p). Anfangs, von der männlichen Ge- schlechtsmündung an, ist er dünn, doch ist hier sein Gewebe äusserst dehnbar. Darauf wird er plötzlich sehr dick (Fig. 7), um sich dann bis zu seinem Ende allmälig zu verjüngen. Da das Material hierzu günstig war, versuchte ich auf Querschnitten mich über den Penis zu informiren. Ich will hier gleich einen Quer- (84) 1 } Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less. etc. 15 schnitt aus der dicksten Stelle des eingestülpten Penis vorführen. Die von der männlichen Geschlechtsöffnung abwärts gelegene Wand war sehr dünn (Fig. 27, w) und bestand ausser der niedrigen Epithelschichte aus einer Muskelschichte, in welcher Längsfasern mit Querfasern untermischt sich vorfanden. Diese Wand veränderte ihr Aussehen linkerseits nur dadurch, dass hier anscheinend die Muskelschichte dicker wurde und das Epithel auf seinem Grund- gewebe in Längsfalten sich legte (n). Thatsächlich war jedoch hier ein äusserst cavernöses, mit Muskelgewebe untermischtes, sub- epitheliales Gewebe vorhanden, und nur in dem schlaffen einge- stülpten Zustande gestattete es die Längsfaltung an seiner Aussen- fläche (Innenfläche während der Einstülpung). Von hier an nun war die Wand bis zur Stelle, wo abermals die dünne Wand des Penis begann, äusserst dick. Diese dicke Wand liess zwei Theile an sich unterscheiden. Der erste Theil (Fig. 27, cc) wurde zu seinem Ende plötzlich dünn, um in einen noch diekeren überzugehen (de). Letzterer bildet eine Rinne (r), während ersterer dem ein- gestülpten Lumen zu eine convexe Oberfläche aufweist. Die Rinne halte ich in Folge ihrer Textur auch im ausgestülpten Zustande des Penis für ein constantes Gebilde, während die andere dicke Wand sich dehnen kann. Beide dieser Theile sind drüsiger Natur. Die Rinne möchte ich die Penisrinne, die andere drüsige Wand die Drüsenwand des Penis nennen, womit ich die drüsige Natur der Penisrinne nicht abspreche, vielmehr behaupte. Die Penisrinne weist zwei Zonen an sich auf. Die äussere Zone ist bei schwacher Vergrösserung als eine helle breite Schichte auffällig, während die innere Zone äusserst grobkörnig ist. Die grobe Körnelung färbt sich sehr intensiv mit Carmin. Die ganze Schichte wird durch radiäre Streifen in Parcellen getheilt (Fig. 27, de), innerhalb welcher man, im eingestülpten Stadium des Penis nach aussen zu, grosse, rundovale Körperchen wahrnimmt, welche umsomehr auf- fallen müssen, da sie eine schöne Rosafärbung annehmen, wäh- rend doch das umliegende Gewebe beinahe ungefärbt bleibt. Be- trachtet man nun dieses Gewebe bei etwas stärkerer Vergrösserung, so wird man bei der enormen Dicke der Schichte von 45 Mm. darüber im höchsten Grade überrascht sein müssen, dass man es hier mit einem einschichtigen Drüsenepithel zu thun hat. Gewiss gehören diese Zellen (Fig. 27) zu den mächtigsten im Thierreiche. Ihr Zellkern ist zumeist oval, doch seltener auch biseuitförmig (rechts) und sieht ganz so aus, wie der Kern einer (zanglienzelle. Man erkennt in ihm nämlich ein schönes chroma- (85) 16 B. Haller: tophiles Mytomnetz und einen sehr deutlichen grossen Nucleolus. Der übrige Kern färbt sich mit Carmin überhaupt gar nicht. Der Zellkörper ist bis an sein distales Ende „gleichförmig granulirt*, und erst an seinem, dem Lumen zugekehrten Ende reiht sich das Protoplasma nach Art vieler Drüsenzellen in Längsreihen an. Zwischen und in diesen Längsreihen findet man grössere helle Bläschen, welche auch in der Rinne anzutreffen sind. Eine andere Einlagerung hierselbst bilden die schon erwähnten, mit Carmin sich intensiv tingirenden groben Körner, welche sich innerhalb der Rinne zu einem zähen Secret sammeln. | Diese Zellschichte wird von der Muscularis durch eine zell- kernreiche Propria abgegrenzt, die sich eine Strecke weit selbst zwischen die Zellen vorschiebt. Die „drüsige Wand“ des Penis (Fig. 27, cc) verräth bei schwacher Vergrösserung eine netzförmige Structur, die sich jedoch bei stärkeren Vergrösserungen (Fig. 31) als eine dieke Schichte von tubulösen Drüsen documentirt. Zwischen den Tubulis findet sich Muskelgewebe vor, welches sich an der Muscularis der Penis- wand in zahlreiche Blutlacunen spaltet. Das Epithel dieser tubulösen Drüsen ist ein cubisches, mit recht ansehnlichen basalständigen, runden Zellkernen. An diesem Drüsenepithel konnte ich zweierlei Secretionsstadien unterscheiden. Das Einemal war das Protoplasma gleichmässig vertheilt und im Zellleibe fand sich ein helles, in zahlreiche grosse Körner getheiltes, nicht färbbares Stoffwechsel- product vor (Fig. 30). Im anderen Falle war das Protoplasma am distalen Zellende in Reihen gruppirt, und innerhalb der Zelle fand ich ein braungelbes, gekörntes Pigment vor (Fig. 29). Am Zell- kerne konnte ich weder chemische, noch gestaltliche Veränderungen constatiren, und auch seine Grösse blieb vollständig unver- ändert. Die Penisrinne erstreckt sich nicht bis zum Penisende, sondern hört früher schon plötzlich auf. Nach aussen, der männlichen Ge- schlechtsmündung zu, verstreicht die Rinne, allmälig niedriger werdend, ganz. Die „drüsige Peniswand“ setzt sich nun zwar bis zur Penisspitze fort, doch hört sie der männlichen Geschlechts- mündung zu mit dem Verstreichen der Penisrinne auch auf. Es findet sich zwischen der Penisrinne und der männlichen Geschlechts- mündung eine Stelle vor, wo nur ein gewöhnliches niedriges Cylinderepithel, aber ein äusserst dehnbares subepitheliales Gewebe den Penis bildet. Nach diesen Beobachtungen habe ich mir nun den Penis so, wie ich mir ihn in ausgestülptem Zustande vorstelle, (86) Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less. etc. 14% abgebildet (Fig. 9). Wenn wir nun nach alldem nach der Function der einzelnen Theile des Penis fragen, so dürfte man die einzelnen Wandtheile desselben etwa wie folgt in Anspruch nehmen. An der männlichen Geschlechtsöffnung (Fig. 9, mgö) erfolgt bei einge- tretener Function die Entleerung des Samens, welcher unbedingt in die Samenrinne gelangen muss und bier durch die drüsige Beschaffen- heit desselben sich anklebt. So wird der Penis in die weibliche Geschlechtsöffnung eingeführt, wobei die „drüsige Wand“ des Penis weiter nichts zu besorgen hätte als die Schlüpfrighaltung der Penisoberfläche. Zukünftige Untersuchungen mögen über diese Erklärungsweise entscheiden. Der weibliche Geschlechtsgang ist nach der Spaltung des gemeinsamen Ausführungsganges anfangs eng, wird aber dann plötzlich um das Dreifache weiter (Fig. 19). Er legt sich auf der unteren Fläche der Eiweissdrüse (ed) nachher in zwei Schlingen. An der Stelle, wo die zweite Schlinge von der Eiweissdrüse sich abhebt, wird der weibliche Ausführungsgang noch viel diekwandiger wie zuvor und legt sich vor der Eiweissdrüse in Folge seiner Länge in mehrfache Schlingen (ec). Dieser dicke Abschnitt des weiblichen Geschlechtsganges erhält sich dann bis zur Mündung (wm) so. Bald nach der vielfachen Schlingenbildung dieses diekwandigen, hart sich anfühlenden Abschnittes setzt sich demselben eine äusserst dünnwandige Blase auf (rs) oder besser gesagt, mündet in das Innere desselben. @. Moquin-Tandon!) beschreibt bei Um- brella eine kugelrunde, langgestielte Blase unter dem Namen Be- gattungstasche (poche copulatrice). Als Samentasche, wohl Recepta- culum seminis (poche seminale), bezeichnet er eine andere Blase hinter der ersteren. Dieser zweite Anhang kommt bekanntlich bei zahlreichen Opisthobranchiern (z. B. bei den Doridiiden) auch vor. Nur einer dieser Anhänge kommt z. B. bei den Aplysien vor. Somit kann einer dieser beiden Anhänge fehlen. Wir müssen gestehen, dass, obgleich der Geschlechtsapparat der Opisthobranchier seit langer Zeit in seiner äusseren Erscheinung ein sehr gut be- kannter ist, jener Uebelstand, welcher durch die ungenaue Kenntniss seiner histologischen Verhältnisse besteht, den Vergleich der ein- zelnen Theile bei verschiedenen Formen erschwert. So steht es auch in dem speciellen Falle, wenn ich die Anhänge des weib- lichen Geschlechtsganges der Siphonaria mit jenen der Umbrella vergleichen will. Immerhin glaube ich annehmen zu dürfen, dass Nie (87) 15 B. Haller: bei Siphonaria jener hintere blasige Anhang, den G.Moquin-Tandon als Samentasche bezeichnet, fehlt. Ich habe mehrere Gründe, dieses anzunehmen. Erstens entspricht die Lage dieser Blase bei Siphonaria ganz der Lage der Begattungstasche bei Umbrella, dann aber sind auch die anderen Befunde derartig, dass sie mit den Angaben G. Moquin-Tandon’s über die Begattungstasche von Umbrella übereinstimmen. Weder dieser Autor, noch ich haben histologisch diese Blase untersucht; ich unterliess es, da das Gebilde zum Schneiden nicht gut genug gehärtet war. Die Wand dieser Blase war sehr dünn und leicht zerreissbar; das Lumen wurde durch eine dunkel graubraune Masse erfüllt und nur zerstörte Spermareste waren zu erkennen. Dieser Befund stimmt mit jenem von G. Moquin- Tandon vollständig überein. Vielleicht ist die zweite Blase, die „Samentasche“, drüsiger Natur und dient dazu, den Samen zu- sammen zu halten. Sollte dem so sein, so liesse sich das öftere Fehlen derselben durch den Umstand erklären, dass andere drüsige histologische Differenzirungen innerhalb des weiblichen Geschlechtsganges diesen Mangel ersetzen. @. Moquin-Tandon beschreibt bei Umbrella noch eine grosse, wie es scheint, compacte acinöse Drüse, unterhalb der Eiweissdrüse in den weiblichen Geschlechtsgang mündend, unter dem Namen „glande du talon“. Auch diese fehlt bei Siphonaria. Ich glaube, dieser Mangel wird durch die drüsige Wand des dicken vorderen weiblichen Geschlechts- ganges ersetzt, und somit würde bei Umbrella eine Arbeitstheilung dieses Abschnittes und Hand in Hand damit eine höhere Organisations- stufe erreicht worden sein. Bevor ich jedoch auf die Structurverhältnisse des dick- wandigen Theiles des weiblichen Geschlechtsganges mich einlassen werde, möchte ich zuvor die Eiweissdrüse besprechen. Die Eiweiss- drüse war viel zu brüchig, um Schnitte aus ihr verfertigen zu können. Immerhin glaube ich aber, dürfte hier eine solche vielfache Differenzirung, wie etwa bei Aplysien und Doridiiden, nicht vorkommen ; wenigstens merkt man äusserlich so etwas nicht, während man doch dort schon mit unbewaffnetem Auge die Differen- zirung in drei verschiedene Abschnitte gut erkennen kann. Die Eiweissdrüse mündet am Ende der zweiten Schlinge, dort wo der diekwandige Abschnitt des weiblichen Ausführungsganges be- ginnt, in diesen. Die einzige Differenzirung, die ich an der Eiweiss- drüse constatiren konnte, war der Fortsatz an ihrem vorderen Ende (x), ein Gebilde, welches ich sonst bei keiner Form in der Literatur erwähnt finde. Er war zusammengefaltet und mit dicken (38) Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less. etc. 19 Wandungen versehen, besass ein geringes Lumen und hing innig mit der Eiweissdrüse zusammen. Ich will nun die histologischen Verhältnisse innerhalb des dickwandigen Endstückes am weiblichen Ausführungsgange be- sprechen. Dieses war so gut gehärtet, dass man gute Querschnitte anfertigen konnte. Das Lumen des Ganges selbst wird durch ein hocheylindrisches Epithel überdeckt (Fig. 36 ep), welches weder durch ammoniakalische Carmin-, noch durch Pierocarminfärbung seine Zellkerne erkennen liess. Ein dünner cuticularer Ueberzug ist vorhanden, doch konnte ich kein Flimmern erkennen. Bei weitem der grösste Theil der Wandung wird aber durch lange und weite, fest aneinander gelagerte tubulöse Drüsen gebildet, welche an der äusseren Wandfläche sich vielfach zusammenschlängeln. Ihre cubischen Zellen waren äusserst zart und heil. Ein runder kleiner Zellkern war gut gefärbt. Unter diesen Zellen findet man eingestreut, sogar zu mehreren aneinander liegend, andere vor (Fig. 36, a), deren Körper im Gegentheil zu den anderen Zellen eine gute Fär- bung annahmen. Diese Zellen sind offenbar nicht verschieden von den anderen und stellen blos ein anderes Stadium der Secretions- thätigkeit vor. Herz, Kieme und Kiemenhöhle. Das Herz lagert auf der linken Seite im vorderen Dritttheile in der Kiemenhöhle. Die Pericardwand ist mit dem Boden und gleichzeitig mit dem Dache der Kiemenhöhle innig verwachsen ; nach hinten lagert ein Theil der linken Niere ihr fest an (Fig. 12, 13, 14, pr). Das Herz ist seiner Längsachse nach von links nach rechts gekehrt (Fig. 11). Die Herzkammer ist dreieckig. Nach vorne zu communicirt sie mit einem äusserst weiten dünnwandigen Vorhofe, der ebenfalls eine dreieckige Gestalt besitzt (Fig. 23.) Somit besitzt das Herz noch zum Theil eine Lagerung, wie dieses bei den Prosobranchiern der Fall ist. An dem hinteren Theile der unteren Fläche der Kammer tritt ein dünnes Röhrchen mit einem recht weiten, doch schlaffen Bulbus arteriosus (ba) in Connex, der aus sich zwei Gefässe abgehen lässt. Der Vorhof gibt zwei Kiemenvenen ab, welche aus der vorderen Spitze des Vor- hofes abtreten. Die eine dieser Venen, die vordere, tritt aus der unteren linksseitigen (vkv), die andere, die hintere Kiemenvene (hkv) aus der oberen, rechtsseitigen Fläche der Vorhofspitze ab. (89) 20 B. Haller: Ein ähnlicher Fall, wo zwei Kiemenvenen aus dem Vorhofe abgehen, ist blos noch bei Umbrella mediterranea durch G. Moquin-Tandon beobachtet worden. Hier sind aber bereits die Verhältnisse inso- ferne modifieirt, als derjenige Theil der Kiemenreihe, aus welchem die hintere Kiemenvene das Blut dem Herzen bei Siphonaria zusandte, hier sich rückgebildet hat und somit auch diese Vene nunmehr nur noch vom Manteldache, wo möglicherweise noch etwas KRespiration stattfindet, etwas Blut dem Herzen zusenden würde. In Folge dessen ist hier auch an der hinteren Arterie, wie ich aus der Beschreibung @. Moquin-Tandon’s entnehme, eine hochgradige Rückbildung eingetreten. | Hebt man das Gehäuse von dem Alkoholthiere einer Siphonaria einfach ab und legt das Thier für einige Zeit in ein Gemisch von Glycerin und etwas Essigsäure, so wird man bereits das Ver- halten der Kiemenvenen, ohne auch nur einen Schnitt mit dem Scalpelle gemacht zu haben, sehr gut beobachten können. Ebenso gut kommt es aber zur Beobachtung, wenn man vor dem Einlegen des Präparates in jenes Gemisch zuvor das Kiemenhöhlendach aus- schneidet und erst nun einlegt. Dann kann man diese Verhältnisse auch von der Kiemenhöhle aus auf das Allerbeste sehen (Fig. 14. Nach alledem wäre eine Injection gar nicht nöthig, da jedoch dieses vom Vorhofe aus so vorzüglich gelingt, so möchte ich jedem Nachuntersucher schon der Schönheit des Präparates halber dazu rathen. Nach so einem Totalpräparate entwarf ich die Ab- bildung auf Fig. 11. Die vordere Kiemenvene (Fig. 11, 14, vkv) zieht in einem schönen Bogen von links nach rechts und erreicht hier das Kiemenreihende. Die hintere Kiemenvene (hkv) zieht zwischen der rechten Niere und dem oberen Lappen der linken Niere nach hinten, erreicht hier die Kiemenreihe und spaltet sich in zwei Aeste. Beide Aeste begeben sich, am Grunde der Kiemenreihe gelegen, der eine nach links bis zum linksseitigen Ende der Kiemen- reihe, der andere nach rechts bis etwas hinter das rechtsseitige Ende der Kiemenreihe. Sofort als letzterer hier angelangt ist, ver- schmilzt er mit der vorderen Kiemenvene zu einem gemeinsamen Rohre, welches bis zum rechtsseitigen Kiemenreihende hinzieht und von den hier liegenden grössten Kiemen die oxydirte Hämolyphe aufnimmt. Anschliessend an die Kiemenvenen will ich hier die Kiemenreihe oder den Kiemenhalbkranz besprechen. Sie ist ein hufeisenförmiges Gebilde und erstreckt sich in dem hinteren Theile der Kiemenhöhle (Fig. 11, 14, kr), dem Kiemenhöhlendache fest angewachsen, von der (Gegend des Atters an bis zum Pericarde. Auf dem ausgeschnittenen (90) Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less. etc. al Kiemenhöhlendache lässt sie sich am genauesten studiren. Die Kiemen- reihe besteht naturgemäss aus einzelnen Kiemen, ähnlich wie wir dieses in den zwei Kiemenreihen der Placophoren antreffen. Wir wollen auf die einzelnen Kiemen noch zu sprechen kommen, und hier möge blos die Kiemenreihe als solche erörtert werden. Die einzelnen Kiemen sind einander an Grösse durchaus nicht gleich. An dem rechten Ende der Kiemenreihe, und zwar von hier be- sinnend bis zur Communication des Venensystems der rechten Niere mit der Arterie der Kiemenreihe (Fig. 14, %), befinden sich die grössten Kiemen (%k) in der ganzen Kiemenreihe vor, und in diesem kurzen Abschnitte sind wieder die grössten in seiner Mitte anzutreffen. Von jener Communication der beiden Kiemen- venen an bis zum linken Ende der Kiemenreihe am Pericardium sind die Einzelkiemen von wechselnder Grösse, und es finden sich zwischen grossen oft sehr unansehnliche vor, die beinahe nur aus einer Querfalte bestehen. Nach innen wird die Kiemen- reihe von dem beschriebenen Halbkranze der Kiemenvenen, nach aussen von der gemeinsamen Kiemenarterie (Fig. I1, 14, ka) begrenzt. Eine Einzelkieme der Siphonaria können wir als einen von seinen zwei Längsseiten zusammengedrückten Sack auffassen, dessen beide Seiten von oben nach unten, der Sacköffnung zu, in parallele Querfalten gelegt sind (Fig. 26). Diese parallelen Querfalten legen sich dann, zum Zwecke grösserer Flächenentwicklung, aber- mals in secundäre Falten (Fig. 25). An den beiden Kanten der Kiemen finden sich die Einzel- kiemenarterie (Fig. 25, 26, a) und die Einzelkiemenvene vor. Die Wände der Kiemenblätter selbst haben nur geringe Dicke und be- stehen blos aus einer ganz unansehnlichen Muskelschichte, einer Membrana basilaris und aus einem dieser anliegenden, niedrig eylindrischen Flimmerepithel. Die Muscularis wird an den beiden Gefässtheilen dick und erreicht hier allmälig eine sogar recht ansehnliche Dicke (Fig. 25). Ein Querschnitt durch die Vene (Fig. 24, hier wurden die Flimmern des Epithels wegen Raum- mangel nicht gezeichnet) zeigt, dass die aus Quer- und Längs- fasern gebildete Muscularis auf der dem Epithele zugekehrten Seite sehr compact ist (f). Ueber dieser liegt knapp unter dem Epithel eine Ringmuskelschichte von geringer Dicke (rf). Nach innen zu wird die erste Muskelschichte von vielen radiär zur Längs- achse gestellten Blutlacunen durchbrochen (rn), und hierauf folgt abermals eine dünne compaete Schichte von Muskelfasern dem (91) 22 B. Haller: (Grefässlumen zu, welche jedoch nach innen von keinem Endothel überkleidet wird. Es erübrigt uns noch, einen Blick auf die Verhältnisse des Bodens der Kiemenhöhle, soweit sie nicht besprochen wurden, und auf diese selbst zu werfen. Die Kiemenhöhle ist ein weiter, nach allen Seiten geschlossener Raum (Fig. 12), der einzig durch eine verhältnissmässig geringe Öeffnung mit der Aussenwelt in Verbindung steht (Fig. 11, 12, ö). Sie ist angemessen der Körpergestalt von oblonger Form. An ihrem Boden befindet sich, von der Mündung der linken Niere angefangen bis zum rechten Kiemenreihenende reichend, und hier auf dem Endarme gelagert endigend, eine, die Kieme von unten begleitende, hohe Falte vor (Fig. 12, f). Querschnitte zeigen, dass sie aus einem mit grossen Cavernen versehenen Gewebe (Fig. 15) besteht, welches von einem Flimmerepithel überdeckt wird. Die physiologische Aufgabe dieser Falte dürfte wohl darin bestehen, eine Strömung des Wassers zum Zwecke der besseren Verwendung durch die Kiemen in der Kiemenhöhle zu regeln; dieses auf die Weise, dass das Wasser hinter ihr eingeleitet wird und vor ihr wieder nach aussen abfliesst. Ich will noch eine Falte erwähnen, welche an der vorderen Begrenzung des Kiemenhöhlenausganges, vis-a-vis vom Ende der beschriebenen Falte, lagert (Fig. 12, =). Ihr lagert ein mit Ganglienzellen versehener Nerv. trunc. unter, doch konnte ich ihr Epithel wegen Abschürfung nicht studiren. Aus diesem Grunde kann ich eben nicht angeben, ob hier das Geruchsorgan vorliegt. Sowohl die Lage wie die Innervirung sprechen jedoch hierfür. Allgemeine Betrachtungen. Mit dem Mitgetheilten habe ich bewiesen, dass Siphonaria ein Opisthobranchier ist. Es würde sich hier nun weiter darum handeln, die Verwandtschaft dieses Genus unter den Opisthobranchiern fest- zustellen. Ich habe schon vielfach erwähnt, dass ich die nächsten Verwandten dieses Genus (und wohl auch der anderen nahestehenden (zenera) in den Umbrellen erblicke. Es erübrigt uns somit diesen Vergleich nach den Angaben der Autoren über Umbrellen hier durchzuführen. | Was zuvörderst das Gehäuse betrifft, so möge mir hier ge- stattet sein, auf das Gehäuse der Gasteropoden überhaupt einen (92) Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less. etc. 23 Ueberblick zu werfen. Durch die Untersuchungen Patten’s') und Boutan’s?) wurde auf embryologischem Wege, durch meine :) auf morphologischem Wege nachgewiesen, dass ein napfförmiges (Gre- häuse bei Prosobranchiern kein primäres ist. Patten hat beı Patella, Boutan bei Fissurella den strieten Nachweis geführt, dass auch die Larven dieser Formen ein aufgerolltes Gehäuse be- sitzen. Ich habe dann bei Concheolepas gezeigt, dass das Gehäuse dieses jungen Rhachiglossen erst durch das Felsenleben in jene patelloide Gehäuseform sich umgebildet hat und dass eben dieses Felsenleben es ist, welches eine solche Moditication mit gleichzeitiger Rückbildung des Operculums zu bewirken im Stande ist. Unlängst habe ich diese Metamorphose des Gehäuses eben in Folge der Lebensart auch bei den Calyptraeen nachgewiesen. Thatsächlich hat auch vor Kurzem Lang in einer vorzüglichen Zusammenstellung ?) übersichtlich zur Anschauung gebracht, dass das napfförmige Ge- häuse aus einem aufgerollten sich herausbildete. Wir finden hierüber bei allen Abtheilungen der Prosobranchier schlagende Beweise vor (bei Docoglossen, Rhipidoglossen, Taenioglossen und Rhachiglossen). Wir kennen heute jene alten Formen der Prosobranchier, welche diese mit ihren Urahnen, den Placophoren, direct verbinden, nicht, und es frägt sich auch, ob sie je gekannt werden, ob sie nicht schon längst in das Laboratorium des Paläontologen gehören. Wenn nun auch zahlreiche larvale Zustände der Patellen an jene der Placophoren anschliessen, so können wir doch nicht behaupten, dass eine directe Anreihung der Patellen an die Placophoren heute schon möglich ist. Gewiss nicht, denn die Placophoren sind auch meiner Ansicht nach durch das Felsenleben modifieirte gute Prosobranchier, welche bereits durch die ungleichen Wachsthumsverhältnisse der beiderseitigen Körperhälften, wie uns dieses Bütschli für die Asymmetrie der Prosobranchier erklärte®), beeinflusst wurden, und worauf schon !) W. Patten, „The Embryology of Patella.“ Arb. a. d. zool. Inst. zu Wien. Tom. VI. ?) L. Boutan, „Recherches s. l’anatomie et le developpement d.]. Fissurelle.“ Arch, de Zool. Exp. et Gen. 2e Ser., Vol. III (Sup.). ®) B. Haller, „Die Morphol. d. Prosobranch., gesammelt auf einer Erdumsegelung d. d. k. ital. Corvette Vittore Pisani.“ I, III. Morphol. Jahrbuch. Tom. XIV, XVII. *) A. Lang, „Versuch einer Erklärung der Asymmetrie der Gasteropoden.“ Vierteljahrsschrift der naturforsch. Gesellschaft in Zürich. 1891, 36. Jahrgang. °) O0. Bütschli, „Bemerk. ü. d. wahrscheinliche Herleitung d. Asymmetrie der Gasteropoden ete.* Morphol. Jahrbuch. Tom. XI. (95) 24 B. Haller: das Verhalten der Intestinaleommissuren hinweist. Sie haben ihre Kiemen eingebüsst und durch die Kranzkiemen ersetzt. So viel steht aber fest, dass sowohl die Prosobranchier wie die Opisthobranchier, worauf ja die Larven letzter Classe hinweisen, eine symmetrische Aufrollung erfahren haben. Von diesem Stadium an beginnt die asymmetrische Entwicklung der Prosobranchier. Prosobranchier wie Opisthobranchier waren anfangs symmetrisch gebaut und stammen gewiss von einer so gebauten hermaphro- diten Urform ab, ähnlich wie sie etwa die Neomenien vorstellen.!) Die Prosobranchier sind durch heute noch lebende vermittelnde Formen allmälig asymmetrisch geworden, während die ältesten Formen der Opisthobranchier diese Symmetrie in zahlreichen anatomischen Punkten gewahrt haben und blos die Geschlechtsverhältnisse sind es, für welche zur Zeit noch keine Anhaltspunkte bekannt sind. Ferner steht es aber auch fest, dass bezüglich des symmetrischen Baues Siphonaria für die Opisthobranchier massgebend ist (u. A. die doppelten Nieren). Ich will aber wieder an die Thatsache anknüpfen, dass das Gehäuse auch bei den Urformen der Opisthobranchier eine sym- metrische Aufrollung erfahren hat.) Diese Aufrollung lässt sich ja bis auf die Umbrellen fast überall, wo sich das Gehäuse der Opisthobranchier erhalten hat, gut nachweisen. Die Larvenstadien bezeugen dies dann vollends. Bei den Umbrellen finden wir nun bezüglich des Gehäuses Verhältnisse vor, die im höchsten Grade an Siphonaria erinnern. Unter diesen ist es aber unbestreitbar, dass die Gattung Tylodina Rafinesque, und meines Wissens nach T. ceitrina Joannis, am meisten bezüglich des Gehäuses an Siphonaria erinnert. Eine Andeutung der Aufrollung findet sich bei all diesen Formen an der Spitze des Gehäuses vor, was bei Siphonaria vollständig fehlt. Dieselbe ist ein nach hinten gebogener, höckerförmiger Fortsatz an der Gehäusespitze. Dieser Höcker weist nun auf die einstige Aufrollung des Gehäuses hin. Das Gehäuse aber, wie es Siphonaria besitzt, kann nur als ein durch das Felsenleben errungener Zustand betrachtet werden. Auch die Fussbildung kann lediglich auf diese Weise erklärt werden. Der Siphonaria unter den Umbrellen t) Die Placophoren mit den Neomenien als Amphineuren zu vereinigen, halte ich schon wegen der Verschiedenheit der Geschlechtsvereinigung, resp. Trennung für durchaus unzulässig. 2) Ich möchte hier die Pulmonaten nicht berühren, denn diese halte ich für Formen, welche mit Prosobranchiern eher in Connex zu bringen sind wie mit Opistho- branchiern. (94) Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less. etc. 25 steht wohl Tylodina am nächsten. Das Centralnervensystem schliesst am meisten jenem von Siphonaria an, jedoch ist die Concentration eine viel grössere. Bei allen hierauf bekannten Umbrellen sind die hinteren Eingeweideganglien dem Schlundringe auf das Höchste genähert; es sind keine langen Intestinalcommissuren wie etwa bei Aplysien etc. vorhanden, sondern diese Ganglien sind bei den Umbrellen zu eınem unpaaren Ganzen verschmolzen und mit den Pleuralganglien derartig verbunden, dass die Intestinaleommissuren äusserlich gar nicht mehr sichtbar sind So bei Tylodina citrina nach Vayssiere.!) Bei Umbrella mediterranea ist sowohl nach diesem Autor, wie nach den Angaben G. Moquin-Tandon’s das hintere Eingeweide- ganglion derartig einbezogen worden, dass es äusserlich gar nicht mehr kenntlich ist. Bezüglich des Schlundringes können wir somit constatiren, dass bei Siphonaria noch keine so grosse Concentration eintrat wie bei Tylodina und noch mehr bei Umbrella, dass somit Siphonaria diesbezüglich ein älteres Verhalten aufweist. Was den Darmcanal betrifft, so ist bezüglich desselben nur eine viel grössere Verlängerung des Mitteldarmes bei Siphonaria zu constatiren. Die übrigen Verschiedenheiten weisen bei der Siphonaria aber noch ein einfacheres Verhalten auf. Ein sehr wichtiges Moment in der Anatomie von Siphonaria bezüglich seines phyletischen Alters ist daspaarige Auftreten der Niere. Ueberall bei den Opisthobranchiern und somit auch bei den Umbrellen findet sich blos eine Niere vor, und somit steht Siphonaria in dieser Beziehung unter den Opistho- branchiern zur Zeit einzig da. Unbestreitbar weist allein schon dieses Verhalten ihr ein sehr hohes Alter an. Wenn wir von Rhodope absehen wollen, wo die Lagerung des Afters noch nicht sichergestellt ist°), ist diese bis auf die Pleurobranchen überall eine mittelständige. Bei diesen letzten Formen wird mehr oder weniger zwar von dieser Lagerung abgewichen, jedoch selbst die Umbrellen mitgerechnet, nie in dem Grade, wie bei Siphonaria. Es frägt sich nun, wie ein solches Verhalten aufzufassen ist, ob die starke Krümmung des Enddarmes nach rechts und die hierdurch bedingte Lageveränderung des Afters aus der Körpermediane bei Siphonaria gegenüber den übrigen Pleurobranchen einen selbstständig erworbenen Zustand vorstellt? Die Frage deckt sich vollständig mit jener über die Anordnung der Kiemenreihe und das Verhalten TDG ?) L. v. Graff, „Ueber Rhodope Veranii.“ Morphol. Jahrbuch. Tom. VIII, pag. 77. (95) 26 B..Ha.ller: der Kiemenhöhle. Bei Siphonaria finden wir nur eine geringe, ganz rechterseits gelegene Kiemenhöhlenmündung vor, während doch bei den Umbrellen bereits eine recht ansehnliche rechtsseitig gelegene, spaltförmige Kiemenhöhlenmündung sich vorfindet. Dieses Verhalten bei Siphonaria ist offenbar ein durch die Gattung erworbenes und lässt sich möglicherweise durch die ausschliesslich felsenbewohnende Lebensweise des Thieres am besten erklären. Bedenken wir, dass Siphonaria bei ihrer geringen Behendigkeit sich vor der Verfolgung lediglich nur dadurch zu schützen weiss, dass sie sich nach Art der Patellen fest an den Felsen drückt und sich ganz mit dem Gehäuse verdeckt, so lässt sich verstehen, warum eine grosse Kiemenhöhle erforderlich wurde und warum eine geringe Kiemen- höhlenöffnung auftreten musste. Das Thier bedarf einer grossen Kiemenhöhle, damit es für die Zeit während des Festsetzens am Felsen viel Wasser aufnehmen kann, wobei dann ein guter Ver- schluss der Kiemenhöhle von Bedeutung ist. Bei den Patellen hat dieses Moment eine scheinbar andere, physiologisch aber dieselbe Wirkung gehabt. Dort hat sich aus anderen Gründen keine grosse Kieme ausbilden können, und somit mussten die Kiemen bei jener Anziehung an den Felsen unzulänglich gewesen sein, wovon die Folge war, dass sie sich rückbildeten, und an ihrer statt die geeig- neten Randkiemen auftraten. Bei Siphonaria finden wir eine hufeisenförmige, nach vorne zu gebogene, aber, wenn auch modifieirt, bilateral in der hinteren Kiemen- höhle gelegene Kiemenreihe vor. Dieses, sowie die Herzstellung bei Siphonaria halte ich für ein primäreres Verhalten wie jenes der Um- brellen und überhaupt der anderen Pleurobranchen und erkläre dieses aus jenem auf folgende Weise. Die Kiemenreihe hat sich von der Stelle an, wo der rechte Ast der hinteren Kiemenvene mit der vorderen Kiemenvene verschmilzt, völlig rückgebildet, worauf das Vorkommen einer rudimentären hinteren Kiemenvene nach G.Moquin-Tandon bei Umbrella mediterranea hinweist. Es weist aber auch der Umstand darauf hin, dass in diesem Theil der Kiemenreihe bei Siphonaria die kleinsten, oft beinahe rudimentär erscheinenden Einzelkiemen vor- kommen. Jener Theil der Kieme aber, welcher bei Siphonaria mit der vorderen Kiemenvene zusammenhängt, vergrössert sich sowohl nach vorne als nach hinten zu und wird allmälig bis zu einem bestimmten Grade von dem Kiemenhöhlendache frei. Die nach hinten erfolgte Vergrösserung der Kiemenreihe aber, — denn bei den Umbrellen und selbst bei den übrigen Pleurobranchen müssen wir von einer Kiemenreihe sprechen, da jede dieser Kiemen einer Prosobranchier- (96) Die Anatomie von Siphonaria gigas Less. etc. yi kieme entspricht — hat die Rückwärtswendung des Vorhofes zur Folge. In dieser Weise finden wir das Verhalten bei Umbrella mediterranea, wie es @. Moquin-Tandon auf seiner Fig. 3, Taf. IV, abbildet. Wenn wir nun die Resultate zusammenfassen, so kommen wir bezüglich von Siphonaria zu folgendem Resultate: Siphonariaist eine sehr alte Form der Pleurobranchen und steht unter diesen in nächster Verwandtschaft mitden Um- brellen. Sie zeigt letzterengegenüber noch zahlreiche primäre Einrichtungen (Nervensystem, doppelte Nie- ren, die Einfachheit des Geschlechtsapparates, die Kiemenreihe und damit verbunden die doppelten Kiemenvenen!), dabei zeigt sie aber, dass sie durch das Felsenleben modifieirt wurde und somit von der geraden phyletischen Richtung abgezweigt ist. Sie gehört den ältesten bekannten Opisthobranchiern an. Aus dem oben angeführten Grunde möchte ich aber die Siphonaria und jene Formen, die in Zukunft eine ähnliche Organisation auf- weisen werden, zu einer selbstständigen Familie der Tectibranchiaten, den semieyelobranchen Tectibranchen, gruppiren. Hierbei ist bezüglich der Radula, wovon ich eine Reihe (Fig. 4) abbildete, anzuführen, dass sie jener der Umbrellen entspricht. Jede Reihe besitzt bei dieser Siphonaria nur ein unpaares Mittelstück, und die anderen Glieder sind einander gleich. Zum Schlusse möchte ich noch die Frage erörtern, wie die Opisthobranchie oder die Lage der Kiemen hinter dem Herzen auf- zufassen sei, ob primär oder secundär. Ich glaube nämlich, gerade die Verhältnisse, wie sie bei Siphonaria vorliegen, dürften einiges Licht auf diese Frage werfen. Wir finden bei Siphonaria, dass der Vorhof vor der Herzkammer lagert, und dass das Herz eine noch ausgesprochene, wenngleich etwas modificirte Lagerung aufweist, die lebhaft an die Verhältnisse der Prosobranchier erinnert. Diese Modifieation bestünde in der geringen Declination von der Längs- achse des Körpers von links nach rechts. Von den Umbrellen ist dieses Verhalten jener Opisthobranchier, bei denen der Vorhof bereits hinter der Herzkammer lagert und somit eine ausgesprochene Opisthobranchie vorliegt, ableitbar. Es sprechen bei Siphonaria die Topographie der Kiemenreihe und ihrer Gefässe entschieden dafür, dass ') Wie ich dieses noch nachzuweisen beabsichtige, gibt es Chitonen, die jeder- seits zwei Kiemenvenen besitzen. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 1. Z (97) 23 B. Halller: die ursprünglich rechte Kiemenreihe, von links nach rechts wandernd, sich nach hinten verlagert hat. Es lässt sich die Sache eben so auffassen, dass bei der Urform der Opisthobranchier, jener Form, welche von jener der Prosobranchier sich abzweigte, aus irgend einem Grunde, ähn- lich wie bei den Chitonen, die Kiemen sich vermehrten, es bildete sich jederseits eine Kiemenreihe aus. Bei Siphonaria, einer der ältesten Formen der Opisthobranchier aber hat sich die linksseitige Kiemenreihe sammt dem linken Vorhofe rückgebildet und die nun vorhandene ist die ursprünglich rechtsseitige Kiemenreihe. Die Vergrösserung der Kiemenreihe der Siphonaria von ihrem hinteren Ende aus nach links müsste, wie schon mitgetheilt wurde, als durch die Gattung oder ihre nächsten Vorfahren selbstständig erworben betrachtet werden. Von diesem Verhalten aus nun liesse sich jenes bei den übrigen Opisthobranchiern so ableiten, dass sich im Laufe der Phylogenie nur das rechte vordere Ende der Kiemenreihe, welche ja thatsächlich auch bei Siphonaria die mächtigsten Einzelkiemen trägt, sich erhielt, das hintere grössere Stück jedoch sammt der hinteren Kiemenvene sich rückbildete. Hierauf weisen die Verhält- nisse bei Umbrella mediterranea hin, wo ja die hintere Kiemenvene sich noch in ihrer rückgebildeten Form nachweisen lässt. Die nun noch übrige Kiemenreihe würde nur allmälig nach rückwärts wandern und selbstverständlich auch die vollständige Lagever- änderung des Herzens hervorrufen. Der Vorhof kommt hinter die Herzkammer zu liegen und die ausgesprochene Opisthobranchie würde erreicht sein. Retesdorf bei Schässburg in Siebenbürgen, Ende Mai 1892. Nachtrag. | Als ich bereits die zweite Gorrectur abzusenden beabsichtigte, erhielt ich durch die Güte des Herrn Verfassers Aug. Köhler’s Vorläufige Mittheilung über die Anatomie von Siphonaria (aus dem XXIX. Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde), welche ich also im Texte nicht mehr berücksichtigen konnte. Ich will hier nur die wichtigsten Ergebnisse Herrn Köhler’s anführen. Nach ihm ist Siphonaria ein Opisthobranchier. Die Resultate über das Centralnervensystem stimmen mit meinen im Allgemeinen überein. Jene erhabene Leiste in der Kiemenhöhle, unter welcher ich ein Ganglion liegen sah, hat Herr Köhler auf Schnitten untersucht und ein hohes Cylinderepithel darüber gefunden. Nach dem Photogramm, das er mir zusandte, ist mir die Bedeutung dieses Bildes klar, und ich schliesse mich darum Herrn (98) Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less. etc. 29 Köhler’'s Meinung an, wonach dieses Gebilde das Geruchsorgan ist. Augen, und zwar wohl entwickelte, hat auch er wie seine Vor- gänger auf Schnitten gefunden. Diese liegen auch nach dem Photogramme ziemlich tief unter dem Epithel. Er beobachtete nur eine Leber und einen Ausführungsgang in den Magen, wie er mir jedoch brieflich mittheilte, hat er nachträglich noch eine zweite Mündung der Leber in den Magen beobachtet. Die Leber ist nach Köhler unpaarig, was meinen Resultaten ebenfalls widerspricht. Seine Resultate über den Geschlechtsapparat sind ziemlich abweichend von denen, die ich mitgetheilt habe. Da Herr Köhler noch einiges Material bis zur Veröffentlichung seiner ausführlichen Arbeit zu untersuchen beabsichtigt, möchte ich auf seine diesbezüglichen Re- sultate hier nicht weiter eingehen. Herr Köhler hat Siphonaria laeviuscula Rv. und redimiculum untersucht. Tafelerklärung. Taf. ]. Fig.1. Das ganze Thier von der rechten Seite. gh Gehäuse, m» Mantelrand, f Fuss, m Kopf. Natürl. Grösse, Fig.2. Querschnitt durch das ganze Thier hinter der Kiemenhöhlenöffnung. Ich Kiemenhöhle, sm Gehäusemuskel, m» Mantelrand, f Fuss, L Leber, ed Eiweiss- drüse, ed Enddarm, »d Vorderdarmerweiterung. Niere schraffirt. Fig.3. Kopftheil. f Fuss, mr Mantelrand, mö Mundöffnung, w Mundwulst, cm weibliche, mm männliche Geschlechtsöffnung. Fig.4. Eine Radulareihe. (Etwas kurz.) Fig.5. Centrales Nervensystem. Cg, Cy’ Cerebralganglien, /, ZI Kopfnerven, «es, cs’ Commissuren zu den vorderen Eingeweideganglien veig, = unpaarer Vorderdarmnerv, +pg vechtes, !pg linkes Pleuralganglion, %g hinteres Eingeweideganglion, A dn, hinterer Vorderdarmnerv, PPedalganglien, c, ce‘ deren Commissuren, a, a’ Nerven von der vorderen Commissur kommend. Fig.6. Schlundring von vorne. oc, oc‘ Ococysten, vo dn vorderer Vorderdarm- nerv, « Nerv zum hinteren Eingeweideganglion. Sonst wie zuvor. Fig.7. Eingestülpter Penis p, ve Vas efferens, mgö männl. Geschlechtsöffnung. Muskeln. Fig. 8. Cg Linkes Cerebral- und /pg Pleuralganglion; Glycerinpräpa rat. (Vergr. Beichert, Oc. 4, Obj. 2.) Fig.9. Schema des ausgestülpten Penis. myö männl. Genitalöffnung, p Penis, r Penisrinne, w Peniswulst. Fig. 10. Ein Stück aus dem vorderen Vorderdarmnerven. (Vergr. Reichert, Dec. 4, Obj. 2.) Taf. 11. Fig. 11. Das Thier nach Wegnahme des Gehäuses von oben, Kiemengefäss injieirt, kl Kopflappen, mr Mantelrand, sm Gehäusemuskel, kr Kiemenkranz, /nl oberer Lappen der linken Niere, rn rechte Niere, ö Kiemenhöhlenöffnung, «aö Afteröffnung, f Fuss, vkv vordere Kiemenvene, hkv hintere Kiemenvene, ko Kiemenarterie, (99) en ai BY Fr 30 B. Haller: Die Anatomie von Siphonaria gigas, Less. etc. N Fig. 12. Das Thier von oben nach Wegnahme des Kiemenhöhlendaches,. | pr Peri- cardium, /nö linke Nierenöffnung, /nl! unterer Lappen der linken Niere, / Falte, aö Afteröffnung, % rechtes Ende des Kiemenkranzes, sm Gehäusemuskel. Fig. 13. Pericardgegend nach Herausnahme des Herzens. pr Pericard, @ Sonde, in den linken Nierengang führend, 5 Sonde, durch die linke Nierenöffnung durch den Nierentrichter in das Pericard führend, »» Ende der rechten Niere, sm Gehäusemuskel. Fig. 14. Kiemenhöhlendach herausgeschnitten und von unten (innen) gesehen, P Pericarddach, Är Kiemenkranz, k rechtes Ende desselben, »kv vordere, Ahkv hintere Kiemenvene, < Mündung der rechten Niere, /,@ Kiemenarterie. Fig. 15. Querschnitt durch die Falte in der Kiemenhöhle, Fig. 16. Verdauungsapparat. mö Mundöffnung, «ö Afteröffnung. Fig. 17. Die beiden Leber und der Magen. Letzterer von oben geöffnet. Fig. 18. Ein Stück aus dem Enddarme, Das rothe Epithel theilweise abgepinselt,, so dass das subepitheliale Gewebe sichtbar wird. (Vergr. Reichert, Oc. 2, Obj. 6.) Fig. 19. Geschlechtsapparat. Zd Zwitterdrüse, @ gemeinsamer Ausführungs- gang, ed Eiweissdrüse, » deren Fortsatz, ce Eileiter, »s Receptaculum seminis, som weib- liche Geschlechtsmündung, d Vas efferens, p Penis, mm männliche Geschlechtsöffnung. Fig. 20. Schnitt aus dem gemeinsamen Geschlechtsgange. Fig. 21. Optischer Längsschnitt aus dem gemeinsamen Geschlechtsgange nach, Aufhellung in Glycerin. | Fig. 22. Schnitt aus der Zwitterdrüse. (Vergr. Reichert, Obj. 4, Oe. 6.) Fig. 23. Herz. Die Pericardgrenze ist punktirt angegeben. v%» vordere, hkv hintere. Kiemenvene, d« Bulbus arteriosus. Taf. III. Fig. 24. Querschnitt aus der Arterie einer Einzelkieme. ep Epithel, rf Quer-- faserschichte, f gemischte Schichte, n lacunäre Schichte, m innerste Schichte. Fig. 25. Querschnitt durch eine Einzelkieme. @ Arterie, v Vene. Fig. 26. Eine Einzelkieme von der Seite. « Arterie, vo Vene. Fig. 27. Querschnitt durch den Penis. de Rinnenwulst, cc Nebenwulst, » in- differentes Stück, »ngg indifferentes Stück. Fig.28. Ein Stück aus dem Rinnenwulst des Penis. (Vergr. Reichert, Oe. 4, Obj. 6.) Fig. 29. Ein Stück aus einem Querschnitte des Nebenwulstes. (Vergr. Reichert, De. 2, 0b): 8) Fig. 30. Dasselbe von einem anderen Individuum. (Vergrösserung dieselbe.) Fig 31. Schnitt aus dem Nebenwulst. (Vergr. Reichert, Oc.2, Obj. 6.) Fig. 32. Schnitt aus der Niere. (Vergr. Reichert, Obj. 2, Oc. 8.) Fig. 33. Querschnitt durch die Mündung der rechten Niere. Niere gelb. » Mündung, rg Ausführungsgang, Km Einzelkieme, vo Kiemenkranzvene, « Kiemenkranzarterie, nv vordere Kiemenkranzvene. (Gez. m. der Cam.) Fig. 34. Dasselbe etwas weiter nach links. » Verbindung der Kiemenvenen- lacunen mit der Kiemenarterie. (Gez. m. der Cam.) Fig. 35. Querschnitt durch den unteren Lappen der linken Niere. «r Arterien, Im Längsmuskelschichte, gm Quermuskelschichte. (Vergr. Reichert, Oc.2, Obj. 6.) Fig. 36. Querschnitt durch den Eileiter (Endstück). ep innere Auskleidung. (Vergr. Reichert, Oc. 2, Obj. 8.) (100) Druck von Gottlieb Gistel & Comp, in Wien, I., Augustinerstrasse 12, “ ‘ n Se E ri ten aus el Arb 2 N Ollaus del Ten vu gt EN ‚Lith. Inst. u Werner &Winter Frankfiart =M. Li “ or D Arbeiten aus dem. Zoolog. Institut zu Wien, Bd.N.Heft ITak Il. x 7 yet » “ PP el, L Teber die Entwicklang des Scyphostoma er HT ar 2, Lith-Anst Julius Klinkhardt,Leipzig. J u Var \ ı® ® 7 Arbeiten aus dem Zoolog. Institut zu Wien, Bd.X Heft I.Taf-MI. = A rt a « ME I Te = RT ST SEE DOEDEET LT = / r Je’; RK y \ tom 5 = £ u M ? BAAR \ OS #2 —, C.Claus del. Wien Verlag v. ee klung des Scyphostoma etc. 1. Taf: IT. | cas Veber d eipzig. LithAnst. Julius KlinkhardtL, Iversitäts Buchhändler. ‘.. . Yo, Arbeiten aus dem zoolog. Jnstilut zu Wien. BER, Hefi / y sa an; ! | | | We > Ibn: ST ARNR N 9 ee ) I B, Haller del. sf Taf: a x ER | BIN F eu ee EIER . ! MR u m, A ee Jith: Anst.vWerner & Winter Frankfurt IM. Siphona natomie von A =) 6 I% 1 = [4 BR, wa Me d - y % K r\ En - yı 5) — N . f a Fi i R UN KK! 27) et a rLnAlfre 177 Heft L, Taf V. ‚ 2 Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu. Wien. Bd. - TAS-H. narıa gigas. pho - B.Haller, Anatomie von Sı ve Pe Te a mit er 1. } NS 5 Pi { I R in Pr 2 j re. e n “ . n ” cd i» u. > ); ” [3 . y - u Be . * E « D ‘ ’ ’ . x [4 t - ( “ Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien. Ba.X, Heft I, Taf. VI. =\eje]olel=-jr/= er m SGGeR 5 Tri ARE B. Hallar del, a BR; \wloTelelsTsieiss 1 In B.llaller, Anatomie von Siphonaria gigas. Taf: I. — Jith. Anst.uWerner & Winter, Frankfurt ?M. 28 DR h en WR; . as 5 fi “a ’ D j ( =»: Be € a A - 4 em Pr je 2 hen A a N > Fur nr ui EN 5 a A r N . P ze a NEE ur . 3 | Ba ML a a ar Le a. Fr r In \ 4 Sy “ " ’ + . . f ä x u \ - E . ” _ » [ - 5 . r P 0 \ ARBEITEN AUS DEM ZOOLOGISCHEN INSTITUTE DER UNIVERSITÄT WIEN ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. HERAUSGEGEBEN VoN DES EADS, 0. Ö. PROFEBSOR DER UNIVERSITÄT UND VORSTAND DES ZOOLOGISCH-VERGL.-ANATOMISCHEN INSTITUTS IN WIEN, DIRECTOR DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIES!. TOM.&. ED Hett. Mit 16 Tafeln und 3 Holzschnitten. WIEN, 1892. ALFRED HÖLDER, %: 0. KAHOFSTUND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, Rothenthurmstrasse 15 > Alle Rechte vorbehalten. P- 4 i 2 ara) 2 u Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspi- daria (Neaera) cuspidata Olivi, nebst Betrachtungen über das System der Lamellibranchiaten. Von Professor Dr. Carl Grobben in Wien. (Mit 4 Tafeln.) Es hat zuerst Dall!) die Aufmerksamkeit auf eine Eigen- thümlichkeit der Gattung Neaera gelenkt, welche nach seinen Untersuchungen der Kiemen und Mundsegel entbehren sollte. Durch die eben angeführte Angabe Dall’s angeregt, untersuchte Pel- seneer?) Cuspidaria auf diese beiden Punkte. Pelseneer kam dabei zu dem Resultate, dass die Mundsegel vorhanden sind, nur sehr klein bleiben ; und bezüglich der Kiemen gelangte dieser Forscher aus dem Vergleiche mit den verwandten Formen Lyonsiella, Poromya und Silenia zu der Ansicht, dass die von Dall in- zwischen ?) gleichfalls beobachtete musculöse Scheidewand, welche die Mantelhöhle der Länge nach in eine dorsale und ventrale Kammer theilt, und die nach seiner Beobachtung von Oeffnungen, welche Dall nicht kannte, durchsetzt wird, die in eigenthümlicher Weise umgebildete Kieme sei. Nach dieser Besonderheit in dem 1) W.H.Dall, Neaera. Nature. Vol. 34, 1886, pag. 122. (Mir blos aus dem Jahresberichte bekannt.) ?) Pelseneer, Les Pel&ceypodes (ou Lamellibranches) sans branchies. Compt. rend. 1888; sowie: Report of the Anatomy of the Deep-Sea Mollusca collected by H. M, S. Challenger in the years 1873—76. Zoology. Vol. XXVII, 1888. °) W.H.Dall, Reports on the Results of Dredging by the U. S. Coast Survey Steamer „Blake“. Report on the Mollusca, part. I. in Bulletin of the Museum of com- parative Zoology at Harvard College in Cambridge. Vol. XII, 1835—86. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. X, Heft 2. 8 (101) 2 Prof. Dr. Carl Grobben: Bau der Kieme fasste Pelseneer die Gattungen Cuspidaria, Poromya und Silenia in eine besondere Gruppe der Septi- branchier zusammen. Die Beobachtungen bezüglich der genannten Eigenthümlich- keiten führten zu einer Untersuchung auch der übrigen Organe sowohl von Seiten Dall’s!) als insbesondere durch Pelseneer. Von dem letztgenannten Forscher besitzen wir in einer für die Morphologie, sowie die Systematik der Lamellibranchiaten wichtigen Publication?) eine über alle Organsysteme sich erstreckende Be- schreibung des anatomischen Baues von Cuspidaria rostrata Spengler, welche als die ausführlichste und beste unter den be- stehenden bezeichnet werden muss. Zur Zeit, als Pelseneer's eben angeführte Schrift erschien, hatte ich die in Triest vorkommende Cuspidaria cuspidata Olivi bereits zu untersuchen begonnen. Es stellte sich dabei mancher Befund als nicht mit den Angaben von Pelseneer in Ueberein- stimmung befindlich heraus, wobei indessen zugleich der Umstand in Rücksicht kommt, dass Pelseneer eine andere Art, nämlich 1) Dall, Report on the Mollusca. Part. I, pag. 303, sowie part. II. Ibid., vol. XVIII, 1589, pag. 441 u. ft. ?) Pelseneer, Contribution a l’etude des Lamellibranches. Archives de Bio- logie. T. XI, 1891. In dieser und einer vorausgegangenen Schrift werden von Pelseneer auch die vier Kiemenblätter der Lamellibranchiaten richtig als blattförmige Hälften blos zweier Kiemen erkannt. Es kann jedoch bei dieser Gelegenheit nicht unerwähnt bleiben, dass die Kiemen der Lamellibranchiaten bereits von R. Leuckart in dessen bekannter Schrift „Ueber die Morphologie und die Verwandtschaftsverhältnisse der wirbellosen Thiere, Braun- schweig 1848* hinsichtlich ihrer Morphologie vollständig zutreffend unter Hinweis auf die federförmige Kieme von Solemya aufgefasst wurden. Die bezügliche Stelle, pag. 133, bei Leuckart lautet: „Dass ebenfalls aus einer blossen Variation jener Grundform der Kiemen die scheinbar so sehr abweichende Gestalt dieser Organe bei den Conchiferen herrühre, beweist besonders deutlich das Gen. Solemya, in welchem die primäre Federform mit Schaft und zweizeiliger Fahne noch völlig vorhanden ist. Sehr einfach lässt hieraus die gewöhnliche Anordnung der Kiemen bei den Conchi- feren sich ableiten. Die einzelnen cylindrischen Blättchen oder Strahlen der Fahne nämlich wachsen sehr bedeutend und erscheinen dann jederseits entweder als zwei nebeneinander stehende Längsreihen dünner und freier Fäden (z. B. Pectunculus, Arca) oder noch häufiger, wenn nämlich die Fäden einer jeden Reihe untereinander sich verbinden, als zwei ganz ansehnlich entwickelte häutige Blätter, die, entsprechend den beiden Seitenreihen der Fahne, jederseits in der Mantelfalte gelegen sind und den Körper zwischen sich nehmen.“ Und pag. 134: „Die beiden seitlichen Kiemenlamellen, die auf erwähnte Weise aus einer Umwandlung der Fahne am Schaft einer feder- förmigen Kieme hervorgehen, können auch ihrerseits wiederum mannigfache Form- veränderungen eingehen.“ (102) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Oliviete. 3 Cuspidaria rostrata, untersuchte, welche ich gerne zum Ver- gleiche herangezogen hätte, die ich mir jedoch nicht zu verschaffen vermochte. Von dieser seltenen Form lagen auch Pelseneer nur wenige Exemplare vor. Da meine weitergeführte Untersuchung auch einige neue Beob- achtungen bot und der Seltenheit des Materiales wegen jede Angabe über Cuspidaria erwünscht sein wird, habe ich mich zur Ver- öffentlichung meiner Beobachtungen entschlossen. ‘ Die von mir untersuchte Cuspidaria cuspidata Olvi stammt aus der Triester Bucht. Obgleich dieselbe nicht häufig ist, scheint sie doch an der genannten Localität nicht gerade allzu selten zu sein. Durch die Bemühungen des Inspectors der k. k. zoologischen Station in Triest, Herrn Dr. Ed. Graeffe, gelangte ich in den Besitz von etwa einem Dutzend lebender Exemplare, und ich ergreife mit Vergnügen diese Gelegenheit, Herrn Dr. Graeffe an dieser Stelle meinen Dank abzustatten. Das lebende Thier ist lebhaft gefärbt. Der Mantel, die Siphonen und das Branchialseptum sind von heller röthlicher Farbe, der Fuss gelblich. Die schwarzbraune Farbe, der Leber, sowie die braune Färbung der Niere heben sich kräftig ab. Die Thiere wurden in conservirtem Zustande untersucht. Das Herauspräpariren derselben aus den Schalenklappen gelingt ohne Verletzungen nicht leicht. Die Zartheit des Mantels, die Brüchig- keit und starke Wölbung der Schale sind Ursache davon. Es mussten daher, um die Thiere möglichst intact zu erhalten, die Schalen auch durch Entkalkung entfernt werden. Die Thiere wurden sowohl mit Nadeln und Scheere präparirt als auch in Schnitte zerlegt. Allgemeine Körperform, Mantel, Fuss. Der Körper von Cuspidaria cuspidata erscheint stark kugelig aufgetrieben; gegen die Dorsalseite zu bildet er zwei den Umbonen entsprechende, buckelförmige Erhöhungen, gegen hinten verschmälert er sich sehr schnell in den Siphonalfortsatz (Taf. I, Fig. 1 und 2). Die beiden sehr zarten Mantellappen sind blos in ihrem hinteren Abschnitte verwachsen und verlängern sich in zwei ansehnlich lange Siphonen, welche mit Ausnahme ihres Endtheiles mit einander vereinigt sind. Ueber die Siphonen hinaus erstreckt sich noch eine von einer Duplicatur des Mantels gebildete Scheide, in welcher die Endtheile der Siphonen im Zustande der Contraction 8* (103) 4 Prof. Dr. Carl Grobben: eingeschlossen liegen, über welche dieselben jedoch im gestreckten Zustande hervorragen. Der Hinterrand dieser Scheide ist gezackt. Der grössere ventrale Einströmungssipho besitzt lateral und ventral je zwei, zusammen vier Tentakel, welche an einem gemein- samen Hautsaum entspringen (vergl. Fig. 1 und 2, 7). Der engere, auch kürzere dorsale Ausströmungssipho ist mit drei Tentakeln an seiner Dorsalseite ausgestattet. Die Tentakel sind schlank und an ihrem Ende knopfförmig angeschwollen. In der Ausstattung der Siphonen mit Tentakeln stimmt somit Cuspidaria cuspidata mit der von Pelseneer untersuchten Cuspidaria rostrata überein. Die Grenze des Einströmungssiphos gegen die Mantelhöhle hin wird durch einen ringförmigen musculösen Hautsaum (Fig. 1 und 7 @) bezeichnet, der eine weit öffenbare, aber auch vollkommen verschliess- bare Klappe bildet und somit eine, je nach dem Contractionszustande wechselnd grosse Communicationsöffnung umrahmt. Bezüglich der Histologie des Mantels sei hier nur Einiges angeführt. Die äussere Oberfläche der Mantellappen wird von einem sehr niederen Pflasterepithel bedeckt, das sich blos am Schlossrande zu einem Cylinderepithel erhöht und desgleichen nahe am Mantelrande in ein Cylinderepithel übergeht. Als Eigenthümlichkeit der das Pflasterepithel zusammensetzenden Zellen sei hier die lappige Form dieser Zellen in der Flächenansicht hervorgehoben (Taf. IV, Fig. 28). Die Zellen greifen mit unregelmässigen, oft ansehnlich langen Fortsätzen zwischen einander. Der grosse, mit einem Kernkörperchen versehene Kern, sowie das feinkörnige Aussehen des Zellplasmas gehen aus der Abbildung hervor. Diese lappige Form der Epithel- zellen kenne ich auch, und zwar in reicherer Ausbildung, vom äusseren Mantelepithel der Serobicularia piperata, von welchem ich eine kleine Zellgruppe in Fig. 29 abgebildet habe. Am inneren Mantelepithel, welches mit Ausnahme des Mantel- randes und eines angrenzenden Streifens gleichfalls aus Pflaster- zellen besteht, habe ich eine eben solche Verzahnung der Epithel- zellen in grösserer oder geringerer Entwicklung beobachtet. Eine sehr reiche Fortsatzbildung ist an den als Beispiel abgebildeten Zellen (Fig. 27) zu beobachten. Wie aus dem Vergleiche mit den bei derselben Vergrösserung gezeichneten Zellen des äusseren Mantel- epithels hervorgeht, sind jene des inneren Mantelepithels viel kleiner, zeigen ein dunkelkörnigeres Plasma und einen kleineren Kern. Es fällt (104) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Oliviete. 5 ferner an denselben auf, dass die Grenzen in Spitzen auslaufen, welche ich auf intercellulare Plasmabrücken beziehen möchte. Doch möge hier nicht unerwähnt bleiben, dass dieses von mir untersuchte Epithel gleichwie das äussere Mantelepithel von conservirten Thieren stammte. An dem ventralen Rande des inneren Mantelwulstes, ferner an dem Drüsenstreifen und der sich lateral anschliessenden Epithelpartie fand ich die Epithelzellen erhöht. Die Epithelzellen des Drüsen- streifens (Fig. 14, 15 Dr), sowie die erwähnten lateralwärts sich anschliessenden tragen Wimpern, während im Uebrigen die Innen- fläche des Mantels keine Bewimperung zeigt. Die lateral vom Drüsenstreifen gelegenen Wimperstreifen sind bis zur Klappe des Einströmungssiphos hin zu verfolgen, gegen welche zu sie sich all- mälig verlieren. Die Drüsenstreifen hören schon eine kurze Strecke hinter der Verwachsungsstelle der beiden Mantellappen auf. Im Drüsenstreifen sind zweierlei einzellige Drüsen zu unter- scheiden, welche beide vermischt vorkommen und unter das Epithel in das darunterliegende @ewebe hineinragen. Erstens gibt es Drüsen- zellen, deren homogener Inhalt sich in Boraxcarmin, welches zur Färbung der Schnitte verwendet wurde, gleichmässig rosa tingirte und deren Plasmastränge feinkörnig waren; und dann eine zweite Art, deren Inhalt bei der gleichen Behandlung grobe, stark gelb- glänzende Körner und Stränge aufwies, meist auch wasserhelle, vacuolenartige Räume zeigte. Diese beiden Arten einzelliger Drüsen heben sich durch ihr verschiedenes Aussehen und Verhalten zu dem genannten Farbstoffe scharf von einander ab.) Der Fuss von Cuspidaria cuspidata ist zungenförmig und besitzt an seinem ventralen Rande eine Furche (Fig. 3), welche nur an dem vorderen Theile des Fusses vermisst wird. In dieser Furche mündet durch einen engen Ausführungsgang eine kleine kugelige Byssusdrüse (Taf. Il, Fig. 7 B) aus, welche ziemlich tief im Fusse gelegen ist. Byssusfäden habe ich nicht beobachtet, da- gegen in der Drüse ein Klümpchen gelblichen Secretes, das auch eine Schichtung aufwies. Die Ausmündungsstelle des Byssuscanales befindet sich in dem einspringenden Winkel der ventralen Fuss- kante (vergl. Fig. 7. Mit Ausnahme seines Basaltheiles ist der Fuss an seiner Oberfläche bewimpert. *) Hier sei darauf verwiesen, dass auch Rawitz zweierlei Drüsen am Mantel- rande von Acephalen beobachtete. Siehe B. Rawitz, Der Mantelrand der Acephalen. IT. Theil. Jenaische Zeitschr. f. Naturwissenschaften. 24. Bd., 1890, pag. 563—564. (105) 6 Prof. Dr. Carl Grobben: Die Byssusdrüse wurde bisher nicht beobachtet. Zwar be- zeichnet Pelseneer!) den Fuss als „byssifere*. Indessen aus dem Verweise auf seine Fig. 87, sowie der in dem Report über die Anatomie der Challenger-Mollusken gemachten Angabe, dass der Fuss eine Byssusgrube besitze, geht hervor, dass Pelseneer nur eine tiefe arube am Fusse als Byssusgrube betrachtet, hingegen die eigentliche Byssusdrüse im Inneren des Fusses nicht gesehen hat. Desgleichen spricht Dall?°) gleichfalls blos von einer „small byssal groove“ am Fusse von Cuspidaria patagonica. Mit der Schale hängt das Thier durch eine grosse Zahl von Muskeln zusammen. Zunächst sind die beiden Adductoren (Fig. 1, 2 und 7 VS, HS) zu nennen. Der vordere Adductor (VS) ist etwas kräftiger als der hintere (78) und übertrifft den letzteren auch noch um Beträchtliches in der Querausdehnung. Er entwickelt sich vornehmlich in dorsoventraler Richtung, während die grösste Längen- ausdehnung des hinteren Schalenschliessers parallel zur Vorn-Hinten- axe des Körpers geht. Hinter dem vorderen Adductor liegt der paarige vordere Retractor (Fig. 2 und 8 VR), vor dem hinteren Adductor der hintere Retractor (Fig. 2 und 7 HR) des Fusses. Letzterer ist schwächer als der vordere und bleibt nur eine kurze Strecke von seiner In- sertion an der Schale ab paarig; dann vereinigen sich die beider- seitigen hinteren Retractoren, welche bereits mit ihren Schalen- insertionen viel näher der Medianebene als die vorderen liegen, zu einem einzigen, schräg nach vorn in den Fuss absteigenden, im Quer- schnitte (Fig. 16) kreisförmig begrenzten Muskel. Derselbe bildet die hintere schmale Kante des sonst kugeligen, gegen diesen Muskel hin aber sich sehr stark verschmälernden Eingeweidesackes. Von dem hinteren Retractor zweigt sich etwa auf halbem Wege in seinem Verlaufe zum Fusse dorsal ein kräftiges Bündel ab, welches zur Byssusdrüse geht und diese von allen Seiten mit seinen sich dort zerstreuenden Fasern umgibt, wie am Längsschnitte zu erkennen ist (Fig. 7 Bm). Dieser sich abzweigende Muskel wird als Byssus- muskel zu bezeichnen sein. Die Retractoren gehen im Fusse in die Längsmusculatur des- selben über, welche allenthalben von querverlaufenden Muskelbündeln durchsetzt wird und zu welcher auch von vorn nach hinten ver- laufende Faserbündel hinzukommen. '!) Pelseneer, Contribution & l’&tude des Lamellibranches, pag. 223, sowie Fig. 87, IX. ?2) Dall, Report on the Mollusca. Part. II, pag. 444. (106) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Oliviete. 7 Die zahlreichen den Mantelrand an die Schale befestigenden Muskelfasern verstärken sich an der Basis der Siphonen zu einem kräftigen Retractor (Fig. 1,2 und 4 Rt), dessen Insertion an der Schale weit über den hinteren Adduetor nach vorn reicht. Ferner ist ein schwaches Muskelbündel zu erwähnen, das in dem Winkel zwischen vorderem Retractor, vorderem Adductor und den erst später zu beschreibenden vorderen Septalmuskeln entspringt und zwischen letzteren und dem Retractor gegen den Eingeweidesack nach auf- wärts zieht (Fig. 2 m). Branchialseptum. Ausser den genannten Muskeln sind bei Cuspidaria noch weitere Muskeln vorhanden, welche sich an der Schale inseriren. Dieselben werden mit Ausnahme der nächst verwandten Gattungen sonst bei den Lamellibranchiaten nicht beobachtet. Nach aussen jederseits vom vorderen und hinteren Retractor entspringt an der Schale ein kräftiger Muskel. Alle diese nach der ersten Betrachtung somit in der Vierzahl vorhandenen Muskeln gehen in eine kräftige museulöse Scheidewand ein, welche unterhalb des Eingeweidesackes quer durch den Mantelraum ausgespannt liegt (vergl. Fig. 1, 3 und 8 X). Diese dieke musculöse Scheidewand, das Branchialseptum, ist medialwärts mit den Seiten des Körpers, lateralwärts mit dem Mantel und hinten mit der Scheidewand der Siphonen durch eine zarte dünne Haut in Verbindung und ver- wachsen (Fig. 7, 14, 15, 16). In Folge der allseitigen Verwachsung der musculösen Scheidewand wird die Mantelhöhle in zwei vollends getrennte Kammern geschieden, in eine ventrale, in welche der Mund, sowie der Fuss hineinragen und die mit dem Einströmungs- sipho in Verbindung steht, und in eine dorsale, in welche der Ein- geweidesack hineinragt und die sich in den Analsipho fortsetzt (Fig. 7, 5, Mh, M%). Die in die eben beschriebene Scheidewand eintretenden Muskeln wurden von Dall als Septalmuskeln, von Pelseneer als Retrac- toren des Branchialseptums bezeichnet. Der Kürze des Ausdruckes wegen will ich die Bezeichnung Dall’s verwenden. Betrachten wir zunächst die vorderen Septalmuskeln näher (Fig. 1,2, 88, 5‘), so finden wir deren Insertion nach aussen dicht an jener der vorderen Retractoren des Fusses. Zwischen den Ursprüngen dieser Muskeln liegt jener schon früher erwähnte schwache, dorsalwärts am Eingeweidesack nach aufwärts ziehende Muskel eingelagert. (107) 8 Prof. Dr. Carl Grobben: Eine genauere Untersuchung zeigt, dass am vorderen Septal- muskel zwei bis zur Insertion getrennt verlaufende Bündel zu unterscheiden sind, ein äusseres (S), viel umfangreicheres und ein schwächeres inneres ($°). Die Insertionen beider vorderer Septal- muskelbündel liegen dicht aneinander. Das Vorkommen zweier getrennt verlaufender Bündel am vorderen Septalmuskel ist weder von Dall noch von Pelseneer für die von diesen Forschern untersuchten Cuspidariaarten an- gegeben worden. Doch dürfte dasselbe kaum eine Besonderheit der mir vorliegenden Cuspidaria cuspidata bilden. Die Insertionen der hinteren Septalmuskeln (8°) liegen wie jene der hinteren Retractoren des Fusses viel näher der Mittelebene, als dies bei der vorderen der Fall ist. Der hintere Septalmuskel bildet ein einheitliches Bündel. Den Verlauf der Muskelfasern im Septum hat Dall!) in grossen Zügen beschrieben. Dall gibt an, dass die Hauptmasse der Fasern im Septum longitudinal verläuft, eine andere Reihe das Septum insbesondere hinten bogenförmig kreuze und überdies An- zeichen noch schwächerer, mehr oder weniger radiär verlaufender Fasern vorhanden seien, welche das ganze Gewebe von Muskeln untereinander und mit der Schale verbinden. Diese im grossen Ganzen zutreffende Darstellung wird aber weiter zu vervollständigen sein. Was zunächst den vorderen Septalmuskel, und zwar dessen äusseres umfangreicheres Bündel, anbelangt, so verläuft die Haupt- masse seiner Fasern am äusseren Rande des Muskelseptums und trifft mit den lateralen Faserbündeln des hinteren Septalmuskels zusammen (Fig. 3, 8 8). Auf diese Weise wird durch die äusseren Bündel des vorderen lateralen und des hinteren Septalmuskels ein kräftiger Muskelbogen hergestellt, der zwischen der vorderen und hinteren Insertion ausgespannt ist. Ausser diesen longitudinal ver- laufenden Fasern gehen aber vom äusseren Bündel des vorderen Septalmuskels kleine Faserbündel in bogenförmigem Verlaufe an den Medialrand des Septums hinüber. Sie verlaufen in geschwungenen Linien schräg von vorne nach hinten über den Mitteltheil des Septums. Im Anfange des hinteren Dritttheiles des Septums treffen sie mit den in entgegengesetzter Richtung geschwungen ver- laufenden Muskelbündeln des hinteren Septalmuskels zusammen. Die Faserbündel des viel schwächeren inneren Bündels ($’‘) des ') Dall, Report on the Mollusca. II, pag. 443. (108) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi et. 9 vorderen Septalmuskels steigen fast senkrecht in das Septum hinab, kreuzen somit, von der Seite gesehen, die schräg nach hinten verlaufenden Fasern des äusseren Bündels des vorderen Septal- muskels, und zwar an der Innenseite (vergl. Fig. 8). Dieselben gehen in geschwungenem Verlaufe an den Innenrand des Septums und halten längs desselben eine vollkommen longitudinale Richtung ein. Hinter dem Fusse durchkreuzen sich die Faserbündel der beider- seitigen Muskeln. Dem inneren Bündel des vorderen Septalmuskels gesellen sich während seines Verlaufes die quer über die Mitte des Septums ziehenden Faserbündel des grossen lateralen Bündels des vorderen Septalmuskels, sowie jene des hinteren Septalmuskels zu. Der Verlauf des inneren Bündels des vorderen Septalmuskels ist am besten bei einer Dorsalansicht des Septums zu verfolgen, welche ich aus diesem Grunde auch beigegeben habe (Fig. 8). Das Muskelseptum ist mit der Schale aber auch lateral durch zahlreiche schwache Muskeln (Fig. 1, 2, 8 82) in Verbindung, welche als laterale Septalmuskeln bezeichnet werden. Diese Muskeln ent- springen beiderseits in einiger Entfernung vom Umbonaltheile, und ihre Insertionen bilden eine lange schwach S-förmig gekrümmte Linie, welche parallel zu den Buckeln verläuft. Diese Muskelserie beginnt eine kurze Strecke hinter dem vorderen äusseren Septal- muskel, auch etwa in der Höhe desselben, steigt zunächst dorsal- wärts an, fällt im hinteren Dritttheile wieder ab und endet in einer Entfernung vor dem hinteren Septalmuskel, welche etwa das Doppelte der Distanz zwischen dem vorderen Ende dieser Serie und dem vorderen Septalmuskel beträgt. Von diesen zahlreichen lateralen Septalmuskeln sind der vorderste und der hinterste von grösserer Stärke; sie erreichen mehr als den doppelten Umfang der übrigen. Die lateralen Septalmuskeln gehen längs der Innenlamelle des Mantels, sich in feinere Bündel zertheilend, in das Branchialseptum ein und verlaufen in demselben an der Dorsalseite in querer Richtung (Fig. 14,15 8). Von diesen querverlaufenden Bündeln reichen zwei bis zum Fuss (vergl. Fig. 8). Das erste der beiden liegt vor der ersten Spalte des Septums und stammt von dem vordersten stärkeren lateralen Septalmuskel; das zweite an den Fuss reichende Bündel verläuft vor der zweiten Kiemenspalte und setzt sich aus Fasern der in dieser Region befindlichen lateralen Septalmuskeln zusammen. Die beiden bis an den Fuss verlaufenden Muskelbündel verursachen dorsalwärts gerichtete Erhebungen der Septalwand. (109) 10 Prof. Dr. Carl Grobben: Die lateralen Septalmuskeln sind Pelseneer nicht entgangen ; er nennt sie laterale Retractoren des Branchialseptums. Doch zeigen die von Pelseneer!) gegebenen Abbildungen dieser Muskeln der von ihm untersuchten Cuspidarien eine andere Entwicklung als bei Cuspidaria cuspidata. So finden sich bei Cuspidaria rostrata blos zwei breite Lateralmuskeln angegeben, ein vor- derer und ein hinterer, bei Cuspidaria fragilissima drei, ein breiter vorderer und mittlerer, sowie ein schmaler hinterer. In histologischer Beziehung erweisen sich die Muskeln des Branchialseptums mit Ausnahme der zarten lateralen als q uer- gestreift. Schon das Querschnittsbild der Septalmuseulatur ist ein von jenem der übrigen Muskeln von Cuspidaria euspidata vollkommen verschiedenes.. Während die Fasern der letzteren im Allgemeinen einen runden Querschnitt besitzen, insofern als nicht die Form in Folge von Aneinanderlagerung verändert ist, erscheinen die Fasern der Septalmuskeln im Querschnitt linear (Fig. 30). Es handelt sich somit im letzteren Falle um platte Fasern, wie auch Längsschnitte, sowie Zerzupfpräparate zeigen. Die Fasern der Septal- musculatur sind sehr lang; ihre Substanz ist deutlich quergestreift, wie dies aus Fig. 31 ersichtlich ist. Die Kerne der Muskelfasern, welche einzellig sind, besitzen eine schmale Spindelform. Die Quer- streifung der Septalmuskeln wurde bisher nicht beobachtet; sie erscheint jedenfalls bemerkenswerth. | Das Branchialseptum wird von fünf Spaltenpaaren durch- brochen, deren Anordnung und Richtung aus Fig. 1,3 und 8 zu ersehen ist. Die erste Spalte liegt im vordersten Theile des Septums sogleich hinter dem Munde, die beiden folgenden Paare seitlich vom Fusse, die beiden letzten Paare hinter dem Fusse. Auch ist aus den angeführten Abbildungen ersichtlich, dass die Richtung der Spalten dem Verlaufe der Musculatur folgt. Die Spalten sind ventral von schwachen Lippen umgeben ; ihre dorsalen Mündungen liegen in tiefen Gruben, welche durch das Fehlen der dieken Septalmusculatur an diesen Stellen entstehen. Die Lippenränder der Spalten bilden in diese dorsalen Gruben vorspringende Klappen (Fig. 25). Die Zahl der Spalten ist bei den bisher daraufhin untersuchten Cuspidarien nicht gleich. Während nach Dall?) bei Cuspi- !) Pelseneer, Report on the Anatomy of the Deep-sea Mollusca. Pl. IV, HiasE 3 und 4; sowie: Contribution ä l’&tude des Lamellibranches. Pl. XXI, Fig. 96. 2) Dall, a. a. O. pag. 444. Doch sei hier beigefügt, dass Dall früher die Septal- spalten für Kunstproducte erklärte. Vergl. Dall, Lamellibranches sans branchies. Bull. de la Soc. Zool. de France. T. XII, 1888, pag. 209. (110) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Oliviete. ]] daria arctica var. glacialis gleichfalls fünf Spaltenpaare vorkommen, wurden bei den übrigen Guspidarien blos vier Spalten jederseits beobachtet, so von Dall bei Cuspidaria patagonica, sowie bei Myonera (Neaera) paucistriata, von Pelseneer!) bei Cuspidaria rostrata, C. curta, C. fragilissima und C.platensis. Inwiefern vielleicht die Verschiedenheit in der Zahl der Spaltenpaare systematisch für eine Gruppirung in Untergattungen verwerthbar wird, muss erst eine umfassende Untersuchung aller Cuspidarien lehren. Das Branchialseptum wird überall von einem niederen Pflaster- epithel bekleidet, an dessen Oberfläche sich ein ceuticulares Häutchen differenzirt (vergl. Fig. 25). Wimperung fehlt. Der Zellinhalt enthält zahlreiche Körnchen eingelagert, welche Ursache der noch an Prä- paraten erkennbaren bräunlichen Färbung der Zellen sind. Ver- schieden verhält sich das Epithel in den Spalten. Den besten Einblick über die specielle Gestaltung der Spalten erhält man an Schnitten, welche senkrecht auf die Längsrichtung der Spalten geführt sind. Dann sieht man, wie bereits Pelseneer abbildete, zwei gegen die dorsale Mantelkammer vorspringende Duplicaturen, die Klappen. An diesen ist der Epithelüberzug gegenüber jenem an den übrigen Theilen des Septums etwas anders ausgebildet. Das niedere wimperlose Epithel der Ventralseite des Branchialseptums geht plötzlich in ein aus hohen Cylinderzellen bestehendes Wimper- epithel über, welches die ventrale Hälfte der Klappe bekleidet (Fig. 25). Auf dieses folgt in der dorsalen Klappenhälfte zunächst ein Cylinderepithel, welches keine Wimpern trägt, und endlich in dem obersten Theile abermals Wimperepithel, das bis an die dorsale Kante der Klappe reicht und sich dort in das gewöhnliche flache Epithel der Dorsalseite des Septums fortsetzt. Die Wimpern dieser dorsalen Wimperzellengruppe sind doppelt so lang als jene der ventralen. Die einander zugekehrten Flächen der Klappen sind demnach nieht continuirlich bewimpert, sondern in einem Streifen wimperfrei. An in Schnitte zerlegten Thieren habe ich die Beohach- tung gemacht, dass bei Schluss der Septalöffnung die Klappen sich mit dem wimperfreien Theile ihrer Flächen fest aneinanderlegen, so dass mit diesem Umstande der Mangel der Bewimperung an der genannten Stelle in Zusammenhang gebracht werden kann. Die Muskeln des Septums (Ms) erstrecken sich fast bis in die dorsale Kante der Klappen hinein. ') Pelseneer, Deep-sea Mollusca, pag. 24, und Contribution a l’&tude des Lamellibranches, pag. 224. (111) 12 Prof. Dr. Carl Grobben: Was die morphologische Bedeutung dieses Septums anbelangt, so stimme ich der von Pelseneer!) auf Grund vergleichender Studien ausgesprochenen Ansicht bei, dass dasselbe den in eigen- thümlicher Weise umgewandelten Kiemen der übrigen Lamelli- branchiaten entspreche, und zwar aus der inneren Lamelle der beiderseitigen Kiemen hervorgegangen sei, während die äussere Lamelle sich rückgebildet hat. Die laterale Verbindung zwischen dem Branchialseptum und dem Mantel entspricht daher dem Ur- sprunge der Kiemenaxe. Die Meinung Dall’s?), dass den Cuspi- darien eine den Lamellibranchiatenkiemen gleichwerthige Kieme fehle und das musculöse Septum mit dem Siphonalseptum, welches sich bei Cuspidaria nach vorne verlängert und in besonderer Weise ausgebildet habe, homolog sei, wird durch nichts zu stützen sein; die Aequivalenz der Musculatur des Septums mit den Siphonal- retractoren der übrigen Lamellibranchiaten wird durch die Existenz besonderer Siphonalretractoren bei Cuspidaria vollends wider- legt.°) Endlich ist die Innervirung des Septums durch einen dem Kiemennerven entsprechenden Nervenstamm als Beweis für die Homologie des Branchialseptums mit den Kiemen der Lamelli- branchiaten anzuführen. Es ist noch die Frage zu beantworten, ob das Branchial- septum als Respirationsorgan fungirt. Die Antwort darauf kann nur verneinend lauten. Das von kräftigen Muskeln durchzogene Branchialseptum dient nicht zur Athmung, doch hat es für den Wechsel des Athemwassers immerhin grosse Bedeutung. Schon Pelseneer ist zu dieser Annahme gelangt und hat seine Vor- stellung bezüglich der Function des Septums auch genauer aus- geführt. Pelseneer ist der Ansicht, dass das Branchialseptum abwechselnd contrahirt und relaxirt und dadurch ein reger Wasser- wechsel in der dorsalen Mantelkammer bewirkt wird. Bei der Contraction wird unter gleichzeitigem Verschluss der Septalöffnungen das Wasser durch den Analsipho ausgestossen, dadurch aber , wie ich hinzusetzen muss, zugleich in die ventrale Mantelkammer Wasser !) Pelseneer, a. a. O., sowie Oontribution & l’etude des Lamellibranches, pag. 243. ®) Dall, Report on the Mollusca. Part. IT, pag. 445 und 449. 3) Dieses Septum betreffende und andere strittige Punkte zwischen Dall und Pelseneer wurden auch in zwei besonderen Publicationen erörtert, welche hier der Vollständigkeit wegen aufgeführt seien: Dall, Lamellibranches sans branchies. Bull. de la Societe zoolog. de France. T. 13, Paris 1888, pag. 207—209, und Pelseneer, Les Lamellihbranches sans branchies. Ibid., T. 14, 1889, pag. 111—113. Auf den Inhalt derselben hier näher einzugehen, scheint mir nicht nothwendig. (112) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi ete. 13 durch den Sipho eingezogen. Bei der Relaxation wird der Analsipho geschlossen, die Septalspalten öffnen sich und es dringt frisches Wasser aus der ventralen Mantelkammer in die dorsale ein, wobei wahrscheinlich auch ein Verschluss des Einströmungssiphos durch die Klappe erfolgt. Diese Vorstellung von der Function des Branchialseptums halte ich für richtig. Dass das Branchialseptum zu kräftigen Be- wegungen befähigt ist, geht aus der reichen Musculatur desselben hervor; aus der Querstreifung dieser Muskeln lässt sich aber weiter auch auf eine sehr rasche Contraction derselben schliessen. Doch möchte ich glauben, dass nur von Zeit zu Zeit ein solch ausgiebiger, durch ÜContraction des Septums bewirkter Wasserwechsel stattfindet, dass im Uebrigen, wenn sich das 'Thier in Ruhe befindet, die wenngleich geringe Verbreitung von Wimpern an den Spalten, sowie im Mantel und am Fuss für einen langsamen Wasserwechsel sich als ausreichend erweist. Andererseits wird aber die geringe Ausdehnung von Wimperepithelien an den die Mantel- höhle begrenzenden Flächen wieder auf einen zeitweilig noth- wendigen ausgiebigeren Wasserwechsels durch Contraction des Septums hinweisen. Auf die Bedeutung des Mantels als Athmungsorgan wird bei der Besprechung der Circulation einzugehen sein. Darmcanal. Der Darmcanal wurde bereits von Pelseneer richtig be- schrieben. Ich werde daher nur Weniges weiter auszuführen haben. Die Mundöffnung ist weit und wird von einer Lippe um- säumt, welche am Vorderrande des Mundes weit vorspringt. Die Mundlappen sind schwach entwickelt. Die vorderen erscheinen als kurze Läppchen an den vorderen Mundecken, die hinteren sind länger und bilden nach aussen gebogene Zipfel des hinteren Lippen- randes (Fig. 1 und 5 Lo). Die Mundöffnung führt in einen weiten, bogenförmig nach der Dorsalseite aufsteigenden musculösen Oesophagus, dessen Innen- wand in Längsfalten erhoben ist (Fig. 6 Oe). Auf den Oesophagus folgt ein sackförmiger grosser Magen (Mg). Die Falten, welche auch hier an der Innenwand auftreten, zeigen vornehmlich einen Längsverlauf. Das Epithel des Magens scheidet eine dieke cuticulare Schichte ab (vergl. Figur 7 und 14). Eine kurze Strecke hinter der Einmündung des Oesophagus befindet sich ventral der Anfang des Dünndarmes; und zwar liegt derselbe, wie Querschnitte zeigen, (113) 14 Prof. Dr. Carl Grobben: nach der rechten Seite hin gekehrt (Fig. 14). Mit dem Darm gemeinsam entspringt der Krystallstielsack (Fig. 6 und 14 BZ), in welchem auch die als Krystallstiel bekannte Abscheidung zu finden ist. Dieser Blindsack ist kurz und liegt nach rechts und hinten vom Dünndarmanfang, von dem er durch eine frei in das Lumen vorspringende Falte (F7) geschieden ist, welche an der Mündung in den Magen beginnt und einen parallelen Verlauf mit der Darm- wand nimmt. Diese Falte verliert sich allmälig gegen ihr Hinter- ende, das sich an der Trennungsstelle des Darmes vom Coecum findet. Der Verlauf des Darmcanales (D) ist sehr einfach. Ohne Windungen zu machen, verläuft der Darm bogenförmig hinter dem Magen aufsteigend bis an die Ventralwand des hinteren Perieardial- winkels, durchsetzt diesen Winkel des Pericardiums (Fig. 7 und 21) und geht sodann parallel mit der Dorsalseite des Körpers nach hinten über den hinteren Adductor zu der in den Ausströmungs- sipho sich öffnenden Afterpapille (Af). Die vordere Hälfte des Darmes ist breiter als die hintere (Fig. 6 und 7). Während der Oesophagus bis auf den oralen Abschnitt seiner Dorsalwand, an welchem ich eine Bewimperung vermisste, von Wimperepithel bekleidet ist, wird der Magen von einem hohen, übrigens bezüglich der Höhe den Falten entsprechend wechselnden Cylinderepithel bedeckt; das Plasma dieser Zellen ist mit gelb- braunen Körnchen im oberen Theile erfüllt. An der Oberfläche scheidet das Magenepithel eine dicke helle, geschichtete Cuticula ab, welcher bereits früher Erwähnung geschah. Das Epithel des Magens mit der dieken Cutieularbildung ist bis in den Anfang des gemeinsamen Ursprunges von Coecum und Darm zu verfolgen. Im Coecum, sowie im Darm zeigt das Epithel einen vom Magen- epithel differenten Charakter. Der Darm wird von einem niedrigen Epithel bekleidet, welches an der Oberfläche mit langen feinen Wimperhaaren besetzt ist. Dieses Epithel ist durch den ganzen Darm hindurch bis zur Afteröffnung hin zu verfolgen. Im Coecum dagegen sind die Epithelzellen, wie schon Pelseneer angab, höher; sie tragen kurze dicke, stumpfe Wimpern, welche durch ihre steife Form und gleichmässige Dieke an die Stäbchen einer so- genannten Stäbchenceuticeula erinnern. Als Anhangsdrüse des Darmtractus findet sich die Leber, deren sich verästelnde Schläuche den Magen von der Ventralseite umlagern (Fig. 7 und 14 Z). Einmündungen derselben in den Magen fand ich zwei. Eine grosse Mündung liegt linkerseits von dem Ursprunge des Coecums und Darmes (Fig. 7 und 14); sie (114) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi ete. 15 nimmt das Secret der links, sowie hinter dem Magen gelegenen Leberschläuche, somit des grösseren Theiles der Leber auf. Eine zweite Einmündung befindet sich rechterseits etwas vor dem Coecal- ursprung. Diese letztere ist kleiner als die linke; durch sie wird das Secret der rechts gelegenen Leberschläuche in den Magen ergossen. Die Leber erscheint somit als ein paariges, jedoch asymmetrisch entwickeltes Organ, und zwar ist die linke Leber umfangreicher als die rechte. Pelseneer gibt für Cuspidaria rostrata an, dass eine sehr kleine Zahl von Ausführungsgängen vorhanden sei, ohne aber diese Zahl genauer zu bezeichnen. Niere. Bezüglich des Baues der Niere bin ich zu anderen Resultaten gelangt als Pelseneer. Wenn auch die von Pelseneer und die von mir untersuchte Cuspidaria verschiedenen Arten angehören. erscheint es mir doch ausgeschlossen, dass so grosse Differenzen im Baue der Niere vorkommen sollten. Bevor ich zur Beschreibung des Baues der Niere von Cu spi- daria cuspidata eingehe, sei zunächst der auffälligen Lage dieses Organes gedacht. Während sich die Niere der Lamelli- branchiaten in der Regel von dem hinteren Adductor nach vorn unter den Pericardialraum erstreckt, so dass der grösste Theil dieses Organs vom Pericardium dorsal bedeckt wird, liegt dieselbe bei unserer Form hinter dem Pericardialraum, zwischen diesem und dem hinteren Retractor (Fig. 7 R). Diese Lage ist aus einer Streckung des hinteren Körperabschnittes zu erklären. In Folge dessen kann man die Niere bei Betrachtung des Thieres von der Rückenseite in ganzer Ausdehnung überblicken (vergl. Fig. 2). Sie lässt sich, da sie ventral gleichfalls blos von der Körperhaut bedeckt wird, deshalb auch in toto herausschneiden. Nach einem solchen Prä- parate ist die auf Taf. III gegebene Abbildung (Fig. 20) angefertigt. Die Niere jeder Seite hat die Form eines gelappten dorso- ventral abgeflachten Sackes, welcher vorn am breitesten ist, nach hinten zu spitz zuläuft. Medial sowohl, als insbesondere lateral gehen von diesem Sacke blindsackartige Ausstülpungen aus. Von den lateralen Blindsäcken ist der vorderste der beiweitem grösste und längste; er erstreckt sich nach vorn, aussen von den Vorhöfen, soweit als diese selbst nach vorn reichen (vergl. auch Fig. 15 R). Die Nierensäcke beider Seiten communieiren mit einander vermittelst eines im vorderen inneren Winkel entspringenden Verbindungsganges, (115) 16 Prof. Dr. Carl Grobben: der, wie Längs-, sowie Querschnitte zeigen (Fig. 16, 19, 21 AR%), dicht an der hinteren Pericardialwand und ventral von dem zwischen den beiden Nieren verlaufenden Enddarme gelegen ist. Ventral von der Stelle, wo der Verbindungsgang beider Nieren- säcke in diese einmündet, liegt die Communication der Niere mit dem Pericardium, der Wimpertrichter !), welcher im hintersten Winkel des Pericardialraumes entspringt. Derselbe führt nieht in den grossen Nierensack, sondern in einen schmalen Canal (r), der ventral von dem grossen Nierensacke nach hinten verläuft und nahe dem hinteren Ende des Nierensackes in diesen einmündet. Am Längs- schnitte (Fig. 12, 19 W) sowohl, als an Querschnitten kann man sich von dieser Thatsache überzeugen. Die Niere von Cuspidaria cuspidata besteht sonach aus zwei Abschnitten: einem ventralen (r), welcher canalartig entwickelt ist und vom Wimpertrichter nach hinten verläuft, und einem dor- salen sackförmigen (Zt), der sich vorn nach aussen öffnet. Die Aus- mündung liegt nahe dem vorderen Nierenende, eine kurze Strecke hinter dem Wimpertrichter. Wie der Querschnitt zeigt, verläuft der Ausführungsgang lateral vom ventralen Nierenabschnitt (Fig. 19 O). Ein Vergleich der Niere von Cuspidaria cuspidata mit jener der Najaden (Unio, Anodonta), die wohl am besten be- kannt sein dürfte, zeigt die volle typische Uebereinstimmung beider. Auch an der Najadenniere unterscheiden wir zwei Schenkel, einen ventralen, welcher durch den Wimpertrichter mit dem Pericardial- raum communieirt, nach hinten verläuft und vor dem hinteren Adductor in den dorsalen Schenkel umbiegt; letzterer geht nach vorn und öffnet sich lateral vom Wimpertrichtercanal durch einen kurzen Ureter in die Mantelhöhle. Die dorsalen Schenkel der rechten und linken Niere communiciren vorn miteinander in gleicher Weise, wie dies bei Cuspidaria cuspidata beschrieben wurde. Bei Cuspidaria cuspidata sind die beiden Nierenschenkel im Vergleiche mit den bei den Najaden vorkommenden Verhältnissen sehr ungleich entwickelt, der ventrale schmal canalartig, der dorsale dagegen breit und sackartig. !) An Stelle der guten Bezeichnung „Wimpertrichter“ für die trichterförmige bewimperte Einmündung der Molluskenniere in den Pericardialraum wird zuweilen auch der Ausdruck „Nierenspritze“ gebraucht. Ich möchte glauben, dass man von diesem Ausdrucke vollends ablassen sollte, da er mir kein glücklicher zu sein scheint. Er drückt weder die Form, noch die Function dieses Organes aus und kann höchstens, wenn man sich an den Wortlaut hält, zu einer falschen Vorstellung von der Art der Function dieses Organes führen. (116) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi etc, 17 Die beiden Nierenschenkel von Cuspidaria cuspidata erweisen sich auch in geweblicher Beziehung als verschieden. Was zunächst die Zellen des Wimpertrichters anbelangt, so stimmen dieselben mit jenen des Pericardialepithels überein, mit dem geringfügigen Unterschiede, dass sie viel höher sind, indem sie sich bis zu Cylinderzellen erhöhen können. Sie tragen alle Wimpern. Der Zellinhalt zeigt keinerlei Einlagerungen, so wenigstens an den conservirten und quergeschnittenen Thieren, nach denen die Histologie nur studirt werden konnte (Fig. 26 r, links unten). Die Zellen des ventralen Nierenschenkels, welcher in die Wand des dorsalen Nierensackes vollständig eingesenkt liegt, sind viel grösser als die Trichterzellen und bilden ein Epithel mit wenig gebuchteter Oberfläche (Fig. 26 r). Der Zellinhalt weist zahlreiche röthliehbraune Körnchen auf, welche Ursache der gleichen Färbung dieses Nierenabschnittes sind. Ob die Zellen Wimpern tragen, ist aus den Präparaten zu entscheiden nicht möglich. Man sieht, wie ich dies auch in der Abbildung möglichst naturgetreu wiederzugeben bestrebt war, unregelmässige fädige Gebilde das Lumen des Canales durchsetzen, in denen es sich vielleicht um stark veränderte feine Wimpern handelt, wenn zugleich in Betracht gezogen wird, dass die nach anderen Präparaten zweifelsohne mit Wimpern besetzten Triehterzellen in dem abgebildeten Schnitte gleichfalls keine Wimpern zeigen, so dass unter diesen Umständen auf eine Zerstörung oder Veränderung der Bewimperung geschlossen werden darf. Aus allen mir vorliegenden Schnitten ist mir wahrscheinlich geworden, dass Wimperung mindestens in dem vordersten Theile des ventralen Nierenschenkels vorkommt. Auch glaube ich an den Epithelzellen gegen das Lumen hin eine zarte cuticulare Randschichte beobachtet zu haben. Die Epithelbekleidung des dorsalen Nierenabschnittes hat einen ganz verschiedenen Charakter. Es sind hier grosse, weit gegen das Lumen vorspringende Epithelzellen vorhanden, die nicht zu einem geschlossenen Epithel zusammenstossen, sondern bis zu ihrer Basis getrennt bleiben, so dass der ganze Zellkörper frei in das Nierenlumen vorragt. Wo diese Zellen, wie auch an einer Stelle des von mir abgebildeten Schnittes (Fig. 26 R), mit ihrer ganzen Seitenwand aneinander zu grenzen scheinen, handelt es sich doch blos um Aneinanderpressung. Die Epithelzellen sind an dem Wand- stücke, welches über dem ventralen Schenkel liegt, niedriger. Im Zellinhalte finden sich an der gegen das Lumen gerichteten Seite grosse kugelige Einlagerungen, während die Basis der Zellen frei Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 2, 9 dm) 18 Prof. Dr. Carl Grobben: von solchen bleibt; überdies liegen kleine, stärker lichtbrechende Körnchen überall im Zellleibe zerstreut. Ein Vergleich meines Befundes mit den von Pelseneer!) über die Niere von Cuspidaria rostrata gemachten Angaben ergibt, dass Pelseneer den ventralen canalartigen Nierenschenkel über- sehen haben müsse, da mir die Annahme nicht möglich scheint, dass der ventrale Nierenschenkel bei Cuspidaria rostrata fehle, wenn die nahe Verwandtschaft der beiden Cuspidariaarten, sowie die im Typus übereinstimmenden Bauverhältnisse der Niere von Cuspidaria cuspidata mit jener anderer Lamellibranchiaten in Rücksicht gezogen wird. Aus diesem Uebersehen ist es zu er- klären, dass Pelseneer den Wimpertrichter sich in den grossen Nierensack öffnen lässt. Bezüglich der Form des dorsalen Nierenschenkels zeigt sich zwischen Cuspidaria rostrata und ÖCuspidaria cuspidata im Allgemeinen grosse Uebereinstimmung und sind die Unterschiede geringfügiger Natur. So ist der vorderste oralwärts reichende Nierenblindsack nach Pelseneer’s Abbildungen bei Cuspidaria rostrata viel umfangreicher und reicht auch weiter nach vorn, als dies bei Cuspidaria cuspidata der Fall ist; ferner besitzt die Communication beider Nierensäcke bei Cuspidaria rostrata eine grössere Länge und erscheint nach vorn stark ausgezogen. Dagegen scheint die Entwicklung der übrigen Blindsäcke der Niere eine geringere als bei der von mir untersuchten Form zu sein. Herz, Pericardium, Kreislauf, Athmung. Die Kreislaufsorgane zeigen eine grosse Vereinfachung, wahr- scheinlich im Zusammenhange mit der Vereinfachung der Athmungs- organe. h Schon Pelseneer beschrieb bei Cuspidaria rostrata blos ein Herz mit zwei Vorhöfen ausser den grossen Blutlacunen um die Niere und im Mantel. Doch finden wir nichts bezüglich der arteriellen Bahnen bemerkt. Meine Untersuchungen führten mich zu dem Resultate, dass Gefässe vollständig fehlen, dass das Herz mit den beiden Atrien die einzigen hier vorhandenen Theile des sonst bei den Lamellibranchiaten hochentwickelten Gefässsystemes sind. Die Herz- kammer ergiesst das Blut in einen grossen Sinus und die Vor- kammern nehmen aus Lacunen das Blut wieder auf. ?2) Pelseneer, Contribution & l’6tude des Lamellibranches, pag. 225—R26, sowie Fig. 94 auf Taf. XXI. (118) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi ete. 19 Die Herzkammer liegt dorsal, etwa in halber Körperlänge, vor der Niere (Fig. 7 V). Sie ist dorsoventral abgeflacht. In der Ansicht von oben (Fig. 20) erweist sich ihr Mitteltheil schmal und von vorn nach hinten verlängert, die sich etwas absetzenden Seiten- theile dagegen sind lateralwärts ausgezogen und verschmälern sich gegen die Vorkammern hin. Das Ostium atrioventrieulare ist durch zwei Semilunarklappen verschliessbar. Die Vorkammern (A) sind weit und nehmen die Seitentheile des geräumigen breiten Pericardial- raumes ein, in dessen Mitte die Herzkammer gelegen ist. Die Vor- kammern setzen sich nun nicht blos längs der Seitenwände dieses Raumes an, sondern erstrecken sich auch auf die Vorderwand, sowie die Hinterwand, an dieser medianwärts bis zum Wimpertrichter der Niere reichend. In den Pericardialraum ragt weiter auch noch der Darm, jedoch blos mit dem knieförmig gebogenen Uebergangsstücke des Mittel- darmes in den Enddarm hinein. Der Enddarm durchsetzt bei Cuspi- daria cuspidata nicht die Herzkammer, wie dies nach Pel- seneer bei ÖOuspidaria rostrata der Fall ist; doch liegt der hintere Theil des medianen Herzkammerabschnittes dorsal dem Darme auf (Fig. 20, 21 D). | Der Pericardialraum wird von einem Plattenepithel aus- gekleidet, welches an den Präparaten stellenweise oft schwer nach- weisbar ist. Ueber den Vorhöfen sehen wir den Pericardialüberzug sich drüsig entwickeln und auf diese Art eine einfache Form der Pericardialdrüse des Vorhofes!) entstehen. Die Zellen des Pericardial- überzuges an den Vorhöfen sind hoch und springen buckelförmig gegen den Pericardialraum vor. Sie bilden kein geschlossenes Epithel, indem sie blos mit ihren Basaltheilen aneinanderstossen (Fig. 24 Ep). Der Zellinhalt weist gelblich glänzende Einlagerungen variirender, meist jedoch geringerer Grösse auf, zuweilen sind aber auch grössere kugelige Inhaltskörper vorhanden, sowie vacuolenartige Räume. Ausserdem enthält jede Zelle ihren Kern, der in der Regel nahe der Zellbasis gelegen ist. Zufolge der gelblichen, concrement- artigen Einlagerungen besitzen die Vorhöfe eine gelblich-braune Färbung. Es sei hier auch gleich der zahlreichen Zellen Erwähnung gethan, die sich den Muskeln (Fig. 24 Ms) der Vorhöfe angelagert finden und in ihrem Aussehen mit jenen des Pericardialüber- !) Vergl. C. Grobben, Die Pericardialdrüse der Lamellibranchiaten. Ein Beitrag zur Kenntniss der Anatomie dieser Molluskenclasse. Arbeiten d. zool. Inst. zu Wien. Bd. VII, 1888. 9* (119) 20 i Prof. Dr. Carl Grobben; zuges der Vorhöfe übereinstimmen. Diese Zellen liegen einzeln oder aber in Haufen den Muskeln an, welche in Folge dessen ein knotiges Aussehen besitzen, wie dies aus der Fig. 20 ersichtlich ist. Die grosse Uebereinstimmung dieser im Inneren der Vorhöfe gelegenen Zellen mit jenen des Pericardialüberzuges der Vorhöfe, sowie der weitere Umstand, dass diese Zellen an Schnitten zuweilen da, wo sie in einem Haufen liegen, um ein centrales Lumen an- . geordnet zu sein scheinen, legte die Frage nahe, ob dieselben nicht, wie es für die Zellgruppen im Inneren der Vorkammer bei Arca, Peetunculus nachgewiesen werden konnte, durch Ein- senkung vom Pericardialüberzug der Atrien herzuleiten sind. Ich war, obgleich ich die Präparate auf diesen Punkt hin durchmusterte, nicht im Stande, genügend sichere Bilder für eine solche Herleitung zu finden. Zunächst ist bezüglich der Herzkammer nachzutragen, dass blos die lateralen Theile derselben allseitig frei im Pericardial- raum liegen, der Mitteltheil derselben dagegen mit der Ventral- wand des Herzbeutels vereinigt ist (vergl. Fig. 7 V). Die Herz- kammer ist an ihrer vorderen Oeffnung mit einer Klappe (Kl) versehen, welche der sonst bei den Lamellibranchiaten am Anfange der vorderen Aorta auftretenden Semilunarklappe!) entspricht und einen Rückfluss des Blutes zum Herzen hindern soll. Bei Cuspidaria cuspidata entspringen von der Herz- kammer keine Gefässe. Während die Kammer nach hinten zu blind geschlossen ist, ergiesst sie nach vorn das Blut durch die bereits erwähnte, mit der Klappe ausgestattete Oeffnung in den grossen Sinus (Fig. 7 und 14 x), in welchem die Eingeweide liegen. Dieser Sinus wird dorsalwärts durch eine Membran (x‘) begrenzt, welche von dem Hinterende des Oesophagus zur Vorderwand des Pericardiums ausgespannt ist, und seitlich sich an der Leibeswand, und zwar an der Ursprungsstelle der Innenlamelle des Mantels, inserirt. Der durch diese Membran hergestellte dorsale Abschluss des grossen Eingeweidesinus und der mit letzterem communicirenden Lacunen des Fusses bewirkt es, dass das der Herzkammer ent- strömende Blut sich über die Eingeweide in den Fuss hinein er- giesst. Die Blutversorgung des vorderen Manteltheiles, die sonst bei Vorhandensein eines Arteriensystems gleichfalls durch die ‘) Vergl, ©. Grobben, Ueber den Bulbus arteriosus und die Aortenklappen der Lamellibranchiaten. Arbeiten d. zool. Inst. zu Wien, Bd. IX, 1891, woselbst auch die übrige Literatur eitirt ist. (120) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi ete. 21 vordere Aorta erfolgt, wurde von mir bei Cuspidaria cuspidata nicht klargestellt. Sie erfolgt entweder durch Lücken, welche sich in der dorsalen Begrenzungsmembran des Eingeweidesinus finden, oder aber von den hinteren Theilen des Mantels aus. Ich möchte ersteres wohl für wahrscheinlicher halten; doch war es mir Oeff- nungen in jener Begrenzungsmembran aufzufinden nicht möglich. Indessen muss zugegeben werden, dass bei Untersuchung an Schnitten solche möglicherweise vorhandene kleine Lücken leicht zu über- sehen sind und die Präparation eines kleinen Objectes mit der Nadel und Scheere manche Schwierigkeit und Unsicherheit mit sich bringt. Aus dem grossen arteriellen Eingeweidesinus, sowie den Lacunen des Fusses gelangt das Blut in einen weiteren grossen Sinus (Fig. 7 und 19 y), welcher am hinteren Ende des Eingeweide- sackes beginnt und sich in der ganzen Ausdehnung der Niere längs der Ventralseite erstreckt. Es entspricht dieser von Pelseneer als „Sinus prineipal du corps“ bezeichnete Sinus dem am genauesten bei den Najaden (Anodonta, Unio) bekannten grossen Venen- sinus, der sich vom Ende des Eingeweidesackes zwischen den beiden Nieren bis zum hinteren Adductor ausdehnt. Bei Cuspidaria ist dieser Sinus nicht scharf begrenzt, was zunächst schon damit zu- sammenhängt, dass er zufolge der Lage der Niere hinter dem Pericardialraume nicht wie bei den Najaden dorsalwärts durch die Ventralwand des Pericardiums begrenzt wird. Doch hat dieser Venensinus bei Cuspidaria die gleiche Lage wie bei den Najaden zwischen beiden Nieren ventral vom Enddarm, der hier, und zwar gleichfalls in Folge der Lage des Pericardialraumes vor der Niere, direet an den Sinus grenzt, beziehungsweise in demselben liegt. Wenn der Venensinus von Cuspidaria sowohl seitlich als auch dorsal mit den benachbarten Lacunen in vielfacher und weiter Communication steht, so besteht in dieser Beziehung den Najaden gegenüber eine thatsächliche Differenz nur insofern, als, wie bereits erwähnt, dieser Sinus dorsalwärts nicht durch das Pericardium begrenzt wird, im Uebrigen jedoch nicht, da ja auch bei den Najaden der Venensinus seitlich mit den Gefässnetzen des Bojanus’schen Örganes und des Enddarmes zusammenhängt. An dem vorderen Eingange des Venensinus wurde bei der Teichmuschel von Keber!) eine Klappe entdeckt, die später von !) @. A. F. Keber, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Weichthiere. Königsberg 1851, pag. 49—50. (121) 28 Prof. Dr. Carl Grobben: Langer!) Fleischmann?) und Rankin®) wieder untersucht wurde und nach ihrem Entdecker als Keber’sche Klappe bezeichnet wird. Die Contraction derselben bewirkt einen Verschluss des Venen- sinus gegen die venösen Bahnen des Fusses. Diese Klappe besteht aus zwei kräftigen musculösen Lippen, von denen eine dorsal, die andere ventral an dem vorderen Ein- gange des Venensinus gelegen ist (Fig. 22 y‘). Die Lippen liegen bei geöffneter Venensinusmündung übereinander, beim Verschlusse sieht man die ventrale Lippe etwas von hinten an die dorsale an- gelegt. Zu dieser Klappe gehört noch ein Muskelbündel, das hinter beiden Lippen von der Dorsal- zur Ventralwand des Sinus in der Mitte ausgespannt liegt und den Eingang in den Sinus in zwei Oeffnungen theilt. Die Klappe, beziehungsweise der Eingang des Venensinus liegt zwischen den ventralen Schenkeln des Bojanus’schen Örganes und grenzt dorsalwärts an die vordere Anastomose der beiden dorsalen Schenkel des Bojanus’schen Organes (vergl. Fig. 22) an. Ich habe die Lage und Form der Keber’schen Klappe bei Anodonta hier nochmals ausführlicher besprochen, sowie auch einen Durchschnitt durch die Klappe abgebildet, welcher bisher nicht gegeben wurde, um mit derselben die Befunde bei Cuspi- daria cuspidata in Vergleich zu bringen. Bei Cuspidaria cuspidata ist ein gleich gebauter Apparat an derselben Stelle wie bei den Najaden nachweisbar, und ich stehe nicht an, denselben als Keber’sche Klappe zu bezeichnen. Schnitte zeigen ventral von der Anastomose der beiden dorsalen Nierenschenkel eine Mündung der Lacunen des Fusses und des Eingeweidesackes in den grossen Venensinus (Fig. 7 und 21). An der dorsalen Begrenzung dieser Mündung liegt ein Quermuskel ; ein zweiter solcher Muskel folgt etwas weiter nach hinten an der Ventralseite der Mündungsstelle; er bezeichnet den unteren, be- ziehungsweise hinteren Rand der Mündung. Beide Quermuskeln sind durch einen median gelegenen, zwischen ihnen schräg verlaufenden Muskel verbunden (y‘). Wir sehen somitin der Anordnung dieser Muskeln, sowie in der Lage dieses Apparates die Einrichtungen der Keber- schen Klappe, wie sie von den Najaden eben beschrieben wurden, 1) C. Langer, Das Gefässsystem der Teichmuschel. II. Abth. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch., math.-naturw. Classe. Bd. XII, 1856, pag. 38. °) A. Fleischmann, Die Bewegung des Fusses der Lamellibranchiaten. Zeitschr. f. wiss. Zoolog. Bd. XLII, 1885, pag. 420. ») W. Rankin, Ueber das Bojanus’sche Organ der Teichmuschel (Anodonta Cygnea Lam.). Jenaische Zeitschr. f. Naturwiss. Bd. XXIV, 1890, pag. 241—242. (122) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi ete. 23 wiederholt. Indessen findet sich eine Differenz zwischen Cuspi- daria und Anodonta bezüglich eines Punktes, welchen ich nicht unerwähnt lassen möchte, ohne dass mir dieselbe für den Vergleich von Bedeutung schiene. Diese Differenz besteht in der Lage der Cerebrovisceraleommissuren zur Venenklappe. Bei Cuspidaria verlaufen diese Commissuren innerhalb der von mir als Keber’sche Klappe beschriebenen Einriehtung, bei Anodonta dagegen sind sie ausserhalb der Klappe gelegen. Wie bereits früher angeführt wurde, sperrt eine Contraction der Keber’schen Klappe die Lacunen des Fusses und Eingeweide- sackes gegen den grossen Venensinus ab. Einen solchen Contractions- zustand dieser Klappe konnte ich auch bei Cuspidaria beobachten, Und zwar habe ich diesbezüglich zwei in Längsschnitte zerlegte, fast gleich grosse Exemplare von Cuspidaria vergleichen können. Von den beiden zeigte das eine Exemplar — es ist das von mir in Fig. 21 abgebildete — die Klappe weit geöffnet, den Fuss dagegen im Zustande der Contraction. Bei dem anderen wenig grösseren Exemplare war der Fuss stark geschwellt; die Klappe befand sich in Contraction und die vordere von ihr begrenzte Eingangsöffnung des grossen Venensinus war ein und ein halbmal enger als bei dem ersten Exemplare, doch nicht vollkommen geschlossen. Letzteres Verhalten erkläre ich mir aus dem Umstande, dass das Thier beim Zusatz der Conservirungsflüssigkeit, wie auch aus der Form des Fusses zu ersehen war, Anstrengungen machte, den Fuss zu con- trahiren, wobei die Klappe bereits ein wenig geöffnet wurde. Indessen schliesst bei Cuspidaria cuspidata diese Klappe den grossen Venensinus gegen die Lacunen des Eingeweidesackes und des Fusses nicht vollständig ab, da noch eine Verbindung des ersteren mit letzterem ventral durch den allerdings schmalen Sinus oberhalb des Retractor posterior besteht (vergl. Fig. 7). Wenn sonach der Schluss der Keber’schen Klappe bei Cuspidaria keine so ausgiebige Wirkung wie bei Anodonta und Unio besitzt, so wird derselbe doch immerhin von erheblicher Bedeutung für die Stauung des Blutes im Fusssinus sein, da mit demselben die weiteste Abflussbahn des Blutes nach dem grossen Venensinus zu verschlossen wird. Dazu kommt noch, dass bei der Streckung des Fusses gleich- zeitig auch eine Verlängerung und Verschmälerung der ohnedies sehr schmalen Körperpartie, welcher der hintere Retractor angehört, eintritt; damit wird aber zugleich eine Verengerung des dort gelegenen Sinus einhergehen, zufolge welcher der Blutabfluss durch letzteren zum grossen Venensinus ein äusserst geringer werden dürfte. (123) 24 Prof. Dr, Carl Grobben: Nach den bei anderen Lamellibranchiaten bekannten Kreis- laufsverhältnissen zu schliessen, fliesst nun das Blut aus dem grossen Venensinus an der Niere vorbei lateralwärts ab, und zwar bei Cuspidaria in die grossen Lacunen der Mantellappen (Fig. 14, 15, 16 Zs) dorsal vom Branchialseptum. Von der das Blut aus dem Venensinus zunächst aufnehmenden Mantelpartie ergiesst sich der Blutstrom jedenfalls sowohl in den Vordertheil als auch den Hinter- theil der Mantellappen und in das musculöse Septum. Im Mantel wird das venöse Blut wieder arteriell gemacht. Es dient, wie bereits Pelseneer erkannte, die innere Lamelle des Mantels, soweit die- selbe die Blutlacunen begrenzt, zur Respiration. Das museulöse Branchialseptum hat insofern keine respiratorische Bedeutung, als es keine grösseren Blutmengen aufnimmt. Seine Bedeutung für den Wasserwechsel wurde bereits früher erörtert. Das im Mantel arteriell gewordene Blut wird durch die Vor- höfe, deren Lumina in die Mantellacunen direet übergehen (vergl. Fig. 15), aus diesen Lacunen wieder der Herzkammer zugeführt. Der directe Uebergang der Vorhöfe in die Mantellacunen hängt innig mit der eigenthümlichen Entwicklung der Kiemen als Bran- chialseptum zusammen. Betrachten wir die Verhältnisse bei den übrigen Lamellibranchiaten. Nach Langer besteht bei den Najaden — und Gleiches dürfte auch für die übrigen Lamelli- branchiaten zutreffen — zwar gleichfalls eine direete Einmündung der Venennetze des mittleren Manteltheiles in die Vorhöfe; daneben ist aber überall die grössere Communication der Atrien mit den Gefässen der Kiemenaxe vorhanden. Bei Cuspidaria ist die Kiemenaxe (Kiemenbasis) an dem Mantel lateralwärts verschoben, so dass die Lacunen derselben in jene des Mantels einmünden. Damit ist aber auch die ursprüngliche Verbindung zwischen der Kiemenaxe und dem Vorhofe auf den Mantel übergegangen. Die Mantellacunen erscheinen nun in eirem Stücke zwischen Kiemenaxe und Vorhof eingeschoben und die Vorhöfe stehen daher nur mit den Mantellacunen in Communication. So gestaltet sich der Kreislauf bei Cuspidaria trotz der Vereinfachung des Gefässsystems im Wesentlichen in gleicher Weise wie bei den mit Gefässen ausgestatteten Lamellibranchiaten. Nervensystem und Sinnesorgane. Das Nervensystem von Cuspidaria rostrata ist von Pel- seneer beschrieben worden. Diesen Angaben gegenüber haben meine Untersuchungen an Cuspidaria cuspidata nur wenige (124) Beiträge zur Kenntmiss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi ete. 25 Verschiedenheiten und einige weitere Ausführungen ergeben. Da eine genaue Abbildung über das Nervensystem von Cuspidaria nicht besteht, habe ich eine solche nach einem mit Nadel und Scheere hergestellten Präparate, welches durch die Untersuchung der Schnittserien eontrolirt und ergänzt wurde, beigegeben (Taf. II, Fig. 9). Die Cerebralganglien (©) liegen hinter dem vorderen Adductor in weitem Abstande von einander und sind durch eine lange Quer- commissur verbunden. Von denselben gehen vorne die Nerven in den vorderen Adductor und den Mantel, nach hinten einige kleinere Nerven zur Musculatur des Oesophagus, sowie die Öerebropedal- und die Öerebrovisceraleommissur ab. Die Cerebropedalcommissur (Up) entspringt an der hinteren Innenecke des Cerebralganglions und tritt zwischen dem vorderen Retractor des Fusses und dem inneren Bündel des vorderen Septalmuskels in den Fuss ein zu den Pedal- ganglien (Fy). Diese liegen dicht aneinander, und ihre Grenze wird durch eine mediane Ringfurche bezeichnet. Von denselben gehen Nerven nach vorne und hinten in die Fussmusculatur ab. Die Cerebrovisceraleommissur (Cv) entspringt an der äusseren hinteren Ecke des Cerebralganglions und tritt zwischen den beiden Bündeln des vorderen Septalmuskels hindurch in den Eingeweide- sack. Im Eingeweidesacke verlaufen diese beiden Commissuren neben dem Magen (Fig. 14 und 15), wenn auch stellenweise durch einen Leberschlauch von demselben getrennt, in ziemlichem Abstande von einander. Am hinteren Ende des Eingeweidesackes nähern sich die Commissuren der Mittellinie (Fig. 16 und 17) und verlaufen, allmälig nach hinten zu enger aneinander tretend, ventral von der Niere in dem grossen Venensinus zum Visceralganglion (Vg). Dieses Ganglion liegt (vergl. Fig. 7) unterhalb des Hinterendes des Ad- ductor posterior vor dem After. Es ist ein einheitliches Ganglion von längsovaler Gestalt. Von der vorderen Ecke desselben ent- springt der Septal- oder Kiemennerv; dieser tritt an der Median- seite des hinteren Septalmuskels in das Septum ein und verläuft in demselben dorsal, so dass er bei einer Dorsalansicht des Branchial- septums weit nach vorne zu sichtbar ist (vergl. Fig. 8, 9 Ns). Er gibt im Verlaufe einige grössere Seitenäste ab. In Fig. S und 9 ist dieser Nerv nur soweit eingezeichnet, als ich ihn in der Dorsal- ansicht des Septums verfolgen konnte. Doch reicht er noch weiter im Septum nach vorne. Etwa in der Gegend des Vorderrandes des hinteren Adductors gibt der Septalnerv medialwärts einen langen nach vorne ver- (125) 26 Prof. Dr. Carl Grobben: laufenden Ast (Fig. 9 N) ab, welcher anfänglich neben der Cerebro- visceralcommissur liegt, dann aber mehr seitlich, sowie dorsal ver- läuft (Fig. 16, 17). Dieser Ast ist weiter vorne an Schnitten ventral von der Niere, und zwar lateral vom unteren Nierenschenkel und dem Ausführungsgange der Niere bis in die Vorhöfe hinein zu ver- folgen (vergl. Fig. 19). Bezüglich des Ursprunges dieses Nervenstammes besteht eine Differenz zwischen meinem Funde und dem Pelseneer’s bei Cuspi- daria rostrata. Bei meiner Form sah ich diesen Nerven sich vom Septalnerven abzweigen, bei Cuspidaria rostrata führt Pelseneer!) in seiner Zeichnung den Abgang desselben bis zum Visceralganglion zurück. Von der hinteren Ecke des Visceralganglions geht jederseits ein breiter Nervenstamm ab, welcher lateralwärts verläuft. Derselbe ist mit Ganglienzellen belegt; er geht alsbald in ein Ganglion (Z) über, von dem nach vorne und hinten ein grosser Nervenstamm für den Mantel und die Siphonen abgeht. Das Ganglion entspricht dem Siphonalganglion anderer Lamellibranchiaten. Von Sinnesorganen sind die Gehörorgane anzuführen, welche dem Hinterende des Pedalganglions dorsal dicht ansitzen (vergl. Fig. 9 Ot). Es sind kugelige, von Epithel ausgekleidete Bläschen, in deren Endolymphe ein einziger grosser kugeliger Otolith gelegen ist (Fig. 13), wie zuerst von v. Ihering?) beobachtet wurde. Der Ötolith nimmt fast den ganzen Innenraum der Gehörblase ein, und zwischen dem Epithel und ihm bleibt nur ein sehr enger Zwischen- raum übrig. An Präparaten fand ich den Otolithen zumeist viel kleiner, als dies von mir eben beschrieben und abgebildet wurde. Doch muss ich jene Fälle, wo die Otolithen sehr klein waren, auf Zerstörung derselben durch Reagentien zurückführen. An einem herauspräparirten Pedalganglion waren die Nerven der Gehörbläschen an der Dorsalseite des Ganglions weit nach vorne bis in die Nähe der Cerebropedaleommissur zu verfolgen; doch ver- mochte ich den Eintritt derselben in die Commissur nicht zu sehen, indem die Nerven vorne abgerissen waren. Bei Cuspidaria rostrata liegt nach Pelseneer das Oto- lithenbläschen dem Pedalganglion nicht dicht an, sondern ist eine Strecke hinter demselben gelegen. %) Vergl. Pelseneer, Contribution ä l’e&tude des Lamellibranches. Pl. XXI, Fig. 96. 2) H. v. Ihering, Die Gehörwerkzeuge der Mollusken in ihrer Bedeutung für das natürliche System derselben. Erlangen 1876, pag. 22. (126) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi etc. 27 Als Tastorgane sind die bereits früher beschriebenen Tentakel an den Siphonen anzusehen. Geschlechtsorgane. Cuspidaria cuspidata ist getrennten Geschlechts. Dagegen wird C.rostrata von Pelseneer!) als hermaphroditisch angegeben. | Die beiden Geschlechter sind schon nach der besonderen Form der Genitaldrüse zu unterscheiden (vergl. Fig. 4 und 5), wenn auch die Lagerung und der allgemeine Bau der männlichen und weiblichen Genitaldrüse übereinstimmen. Betrachten wir zuerst die weibliche Keimdrüse. Dieselbe ist paarig und besteht aus sackförmigen Schläuchen, welche geringe Ausbuchtungen zeigen (Fig. 4 Ov). Die Ovarialschläuche liegen ım Eingeweidesack zu äusserst und umgeben lateral, sowie dorsal die übrigen Eingeweide (Fig. 15). Die einem Ovarium angehörigen Schläuche sind von verschiedener Länge; an dem von mir ab- gebildeten Exemplare waren der oberste und der unterste die längsten. Niemals sah ich die Ovarien in den vordersten Abschnitt des Eingeweidesackes reichen, so dass in Folge dessen Magen und Leber hier unbedeckt bleiben. Alle Ovarialschläuche einer Seite vereinigen sich am Hinterende des Eingeweidesackes zu einem einzigen dorsalwärts schräg aufsteigenden Gang, welcher sich in die obere Mantelkammer öffnet. Die beiden Genitalöffnungen liegen eine ansehnliche Strecke vor den Nierenöffnungen. Ich fand weiter, dass die beiderseitigen Ovarien vor der Ausmündung durch einen Quercanal miteinander verbunden sind. Wie Längsschnitte (vergl. Fig. 21 9) zeigen, liegt dieser Quergang ventral vom Darm an der Stelle, wo letzterer in den Pericardialraum eintritt. Ich fand das Lumen dieses Verbindungsganges sehr eng; in einem Falle lagen die Wände desselben dicht aufeinander, wahrscheinlich jedoch blos in Folge einer dorsoventralen Zusammendrückung. Die Eier entstehen aus den die Wand der Ovarialschläuche bekleidenden Keimzellen und ragen an einem kurzen Stiele in das Lumen hinein. In dem Quergange zwischen beiden Ovarien waren heranreifende Eier nicht zu beobachten. Abgelegte Eier fand ich bei dem in Fig. 4 abgebildeten Weib- chen. Dieselben lagen in der dorsalen Mantelkammer und bleiben ') P. Pelseneer, Sur l’existencee d’un groupe entier de Lamellibranches hermaphrodites. Zoolog. Anzeiger, Nr. 353, 1891; sowie: Contribution ä l’e&tude des Lamellibranches, pag. 226. (127) 238 Prof. Dr. Carl Grobben: hier vielleicht bis zur Zeit des Ausschlüpfens der sich aus ihnen entwickelnden Larven. Ich fand um die Eier eine geringe Menge einer körnigen Masse, welche möglicherweise ein die Eier ver- bindendes Secret vorstellt. Doch findet vielleicht auch schon früher ein Ausstossen der Eier durch den Ausströmungssipho statt, wenn die wahrscheinlich ziemlich heftigen Bewegungen des Branchial- septums in Rücksicht gezogen werden. Was die männliche Genitaldrüse anbelangt, so stimmt die- selbe in Lage und im allgemeinen Bau, wie bereits erwähnt wurde, mit der weiblichen überein. Das Aussehen dieses Organes ist in Abhängigkeit von der Entwicklung ein variables. Um die grosse Verschiedenheit des Hodens zu verschiedenen Zeiten der Entwick- lung zu zeigen, habe ich zwei Hoden abgebildet, von denen der eine (Fig. 5 @) mächtig entwickelt war, der andere (Fig. 11) dagegen sich in einem Involutionszustande, wahrscheinlich am Schlusse einer Brunstperiode, befand; Spermatozoen waren zwar vorhanden, doch in geringer Menge. In voll entwickeltem Zustand (Fig. 5) bestehen die Hoden aus weiten, vielfach ausgebuchteten und mit Seitenästen versehenen, grauröthlich färbigen Schläuchen, von denen die längsten, wie beim Ovarıum, die dorsalen und ventralen waren. Die Hodenschläuche jeder Seite vereinigen sich am Hinterende des Eingeweidesackes in einem schräg dorsalwärts verlaufenden Gang, welcher an gleicher Stelle wie die Ovarien in die dorsale Mantelkammer ausmündet. Wie Querschnitte (Fig. 18) zeigten, waren die Hodenschläuche stark mit Sperma gefüllt und standen in voller Entwicklung. In dem zweiten von mir abgebildeten Falle (Fig.11) war der Hoden wenig entwickelt, die ihn zusammensetzenden Schläuche eng und in Folge dessen weit von einander entfernt, während sich dieselben bei dem früher beschriebenen Exemplare bis zur Berührung näherten. Spermatozoen fanden sich, wie aus Querschnitten hervorging, nur in geringer Menge vor. An Querschnitten durch den hinteren Theil des Eingeweide- sackes beobachtete ich noch die Durchschnitte von Schläuchen drüsiger Natur, welche ihre Lage hinter dem Magen zwischen den Hoden- schläuchen und dem gegen das Pericardium dorsalwärts aufsteigenden Darmabschnitt haben (Fig. 13 a). Ich reconstruirte aus einer Quer- schnittserie durch diese Schläuche eine vielfach verästelte tubulöse paarige Drüse, welche jederseits vor der Genitalöffnung in den End- gang des Hodens einmündet (vergl. Fig. 10 a). Wie beim Weibchen fand ich auch beim Männchen an gleicher Stelle einen Quergang, (128) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi et. 29 welcher bezüglich seiner geweblichen Beschaffenheit mit den erwähnten Drüsenschläuchen übereinstimmte (Fig. 10 9). Die Drüsenschläuche werden von einem hohen Schleimzellen- epithel bekleidet (Fig. 23), und zwar enthält jede Zelle eine grosse Schleimkugel. Das Protoplasma dieser Epithelzellen erscheint auf eine Wandschichte beschränkt, der Kern liegt in der Basis. An jenem Cuspidaria-Männchen, dessen hochentwickelter Hoden früher beschrieben wurde, waren die Drüsenschläuche breit und ihre Lumina mit einem schwach glänzenden Secret, welches den Epithel- zellen entstammt, erfüllt (Fig. 18). Bei dem zweiten Männchen, dessen Genitaldrüse sich in Involution befand, waren die Drüsen- schläuche schmal und im Lumen derselben Secret nur in spärlicher Menge enthalten. Das Zusammentreffen der hohen Ausbildung der Drüse mit der vollen Entwicklung des Hodens, sowie andererseits die Coineidenz der geringen Entwicklung der Drüse mit der Invo- lution der Keimdrüse hebe ich hervor, da später auf dieselbe zurück- zukommen sein wird. Hinsichtlich der genannten Drüsenschläuche sei hier noch an- geführt, dass ich an ıhrer Einmündung in den Hoden gelbbraune, concrementartige Körper von sehr verschiedener Grösse und variabler Form bei dem Männchen mit in Involution befindlichen Hoden fand (Fig. 23). Die Concremente entstehen wahrscheinlich in den Epithel- zellen der Einmündungsstelle. Bei dem zweiten in voller Geschlechts- reife befindlichen Männchen vermisste ich dieselben. In diesen Drüsenschläuchen handelt es sich um eine Anhangs- drüse des männlichen Genitalapparates, welche deshalb bemerkens- werth ist, da eine solche jedenfalls zu den seltenen Bildungen bei Lamellibranchiaten gehört. Vergleichen wir die von Pelseneer bei Cuspidaria rostrata gewonnenen Resultate bezüglich dieses Organes, so zeigt sich zwischen der von mir gegebenen Abbildung (Fig. 18) mit jenen Pelseneer’s (Contribution ete., Fig. 88, 93, 95) volle Ueberein- stimmung. Auch bei Cuspidaria rostrata finden sich an Quer- schnitten quer getroffene Schläuche einer reich verzweigten Drüse zu Seiten des ventrodorsal aufsteigenden Darmtheiles, desgleichen münden dieselben in den Hodenschlauch ein. Der Schluss, dass diese Schläuche nicht, wie Pelseneer sie deutete, die Ovarien, sondern die gleiche Anhangsdrüse des Hodens wie bei Cuspidaria cuspidata sind, ist somit vollends gerechtfertigt. Daraus folgt aber, dass auch Cuspidaria rostrata nicht hermaphrodi- (129) 30 Prof. Dr. Carl Grobben: tisch, sondern wie Cuspidaria cuspidata getrenntgeschlecht- lich ist. !) Da Pelseneer in den von ihm für die Ovarien angesehenen Schläuchen keine wohl entwickelten Eier fand, zog er den Schluss, dass die Ovarien nicht reif seien und somit ein protandrischer Hermaphroditismus für Cuspidariarostrata anzunehmen sei. Aus meiner öben gegebenen Beschreibung dieser Schläuche ging bereits hervor, dass dieselben vom Ovarium ganz verschieden gebaut sind. Dabei möchte ich ferner auf die früher hervorgehobene That- sache nochmals das Augenmerk richten, dass bei dem Männchen von Cuspidaria cuspidata mit vollentwickeltem Hoden die Anhangsdrüse gleichfalls in erhöhter Thätigkeit erschien im Gegen- satze zu dem zweiten Falle, wo Involution des Hodens und ver- minderte Thätigkeit der Anhangsdrüse zusammentrafen. Diese That- sache weist darauf hin, dass eine Erhöhung und Verminderung der Function im Hoden und in der Drüse parallel gehen, und dieselbe kann als weitere Stütze der functionellen Zusammengehörigkeit dieser beiden Apparate verwerthet werden. Zum Schlusse will ich noch bemerken, dass beim weiblichen Thiere kein weiteres Organ vorhanden ist, welches für einen Hoden in Anspruch genommen werden könnte. Die beiden von Pelseneer in Schnitte zerlegten Exemplare von Cuspidaria rostrata waren, wie aus der Darstellung Pelseneer’s hervorgeht, Männchen, und es ist nicht zu zweifeln, dass, falls Pelseneer ein Weibchen in @uerschnitten vorgelegen wäre, er das Richtige erkannt hätte, ob- gleich andererseits schon das histologische Aussehen der Schläuche dieser Anhangsdrüse ein von einem Ovarium weit differentes ist. Die Stellung der Septibranchier im System der Lamellibranchiaten. Der Zusammenfassung der Gattungen Poromya, Silenia (= Cetoconcha) und Cuspidaria in eine Gruppe und der Be- zeichnung dieser Gruppe nach dem hervorstechendsten Merkmale, nämlich der eigenthümlichen Umgestaltung der Kiemen zu einem von Spalten durchbrochenen musculösen Septum, als Septibranchier kann man beipflichten. !) Bei dieser Gelegenheit sei darauf hingewiesen, dass Pelseneer früher Cuspidaria in richtiger Weise als getrenntgeschlechtlich erkannte (vergl. Pelseneer, Deux nouveaux P£l&eypodes hermaphrodites. Comptes rendus. T. CX, 1890, pag. 1082), nach seiner eigenen Angabe (Contribution ete., pag. 226, Anmerkung) damals aber die vermeintlichen Ovarialschläuche übersah. (130) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi etc. 31 _ Anders steht es mit der Frage, ob der Gruppe der Septi- branchier der Werth einer Untercelasse der Lamellibranchiaten zu- komme. Es wird die Beantwortung dieser Frage davon abhängen, wie hoch man die Eigenthümlichkeit der Kiemenbildung im Ver- gleiche mit den anderen Üharakteren anschlägt. Legt man der Kiemenbildung so grossen Werth bei wie Pelseneer, so gelangt man zu der von diesem Forscher vertretenen Auffassung von der Bewerthung der Septibranchier als Unterelasse. Ich selbst vermag dieser Auffassung nicht beizutreten. Die Septibranchier schliessen sich in anderen Merkmalen nahe an die Anatiniden an, so dass es mir nicht möglich scheint, dieselben auf das Merkmal der Kiemenbildung allein als Unterclasse zu trennen. Der Gruppe der Septibranchier kann höchstens der Werth einer Unterordnung zuerkannt werden. Dall!) hat sich überhaupt gegen die Aufstellung einer Gruppe der Septibranchier ausgesprochen, da seiner Ansicht nach von keinem Gesichtspunkte aus eine derartige Zusammenfassung der in diese Gruppe gezählten Formen berechtigt erscheint, und ordnet diese Formen in zwei Familien, die der Cuspidariidae und Poro- myidae, ein. Das System der Lamellibranchiaten. Die Untersuchung über den Bau der Cuspidaria cuspi- data führte zu der Erörterung der Frage über die Stellung der von Pelseneer gebildeten Gruppe der Septibranchier im Systeme. An dieselbe knüpft sich unwillkürlich die weitere, inwiefern die Verschiedenheit der Kieme für die Unterscheidung der grossen Abtheilungen der Lamellibranchiaten verwerthbar ist. Pelseneer?) hat auf Grund der Verschiedenheit in der Kiemenbildung für die Lamellibranchiaten eine Anzahl von Unterelassen aufgestellt und damit einen bemerkenswerthen Versuch, ein natürliches System der Lamellibranchiaten zu schaffen, gemacht. Die von Pelseneer unter- schiedenen fünf Subelassen sind folgende: 1. Protobranchi£s (Nuculidae, Solenomyidae); 2. Filibranchi&s (Anomiidae, Ar- ‘) Dall, Report on the Mollusca. Part. II, ]. c. pag. 451—452. ”) P. Pelseneer, Sur la classification phylogenetique des P£&l&cypodes (Com- munication preliminaire). Bullet. scientif. de la France et de la Belgique T. XX, 1889. Ferner: Report on the Anatomy of the Deep-sea Mollusca collected by H.M.S. Challenger in the years 1573—76. The Voyage of H. M. S. Challenger. Zoology, vol. XXVII, 1883; sowie: Contribution ä l’&tude des Lamellibranches. Archiv. de Biologie. T. %I, 1891. (131) 32 Prof. Dr. Carl Grobben: cidae, Trigoniidae, Mytilidae); 3. Pseudolamellibranchies (Pectinidae, Aviculidae, Ostreidae); 4. Eulamellibranchies (Submytilacea, Tellinacea, Veneracea, Cardiacea, Myacea, Pholadacea, Anatinacea); 5. Septibranchies (Poromyidae, Cuspidariidae). Schon vor Pelseneer wurde jedoch von Neumayr zu einer natürlichen Classification der Lamellibranchiaten die Verschieden- heit des Schlosses verwerthet. In einer wichtigen Schrift „Zur Morphologie des Bivalvenschlosses“ legte Neumayr!) in gedrängter Form die Resultate ausgedehnter Studien nieder und erscheint damit unbestritten als der Begründer eines natürlichen Systems dieser Molluskenclasse. Neumayr stellt nachstehende Ordnungen auf: 1. Palaeoconchae (Uryptodonten). 2. Desmodonten (Pholadomyiden, Corbuliden, Myiden, Anatiniden, Mactriden, Paphiden, Glyeimeriden, ? Soleniden). Unterordnung Tubicolen. 3. Taxodonten (Arciden, Nuculiden). 4. Heterodonten (Na- jaden, Cardiniden, Astartiden, Crassatelliden, Megalodontiden, Cha- miden [Rudisten] [Tridaeniden], Eryciniden, Luciniden, Cardiiden, Cyreniden, Cypriniden, Veneriden, Gnathodontiden, Telliniden, Donaciden). Unterordnung Trigoniden. 5. Anisomyarier (Dyso- donten). A. Heteromyarier (Aviculiden, Mytiliden, Prasiniden, Pinniden) B. Monomyarier (Pectiniden, Spondyliden, Anomiden, Ostreiden). Die verwandtschaftlichen Beziehungen stellte Neumayr in Form folgenden Schemas dar: Monomyarier Heterodonten Heteromyarier Desmodonten Trigoniden Taxodonten Palaeoconchae Mit diesem Stammbaumschema, sowie der Erörterung im Texte steht das von Neumayr aufgestellte System in einem Punkte in Widerspruch; es werden nämlich die Trigoniden im System als Unterordnung der Heterodonten aufgeführt, im Stammbaumschema dagegen als gesonderter Seitenzweig der Palaeoconchen dargestellt, in Uebereinstimmung mit dem Texte, wo ein wahrscheinlich selbständiger Ursprung der Trigoniden aus Palaeoconchen ange- nommen wird. 1) M. Neumayr, Zur Morphologie des Bivalvenschlosses. Sitzungsber. der k. Akad. d. Wissensch. in Wien. Mathem.-naturw. Classe. Bd. LXXXVII, 1883. (132) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi etc. 33 In einer später folgenden Publication führte Neumayr!) den Nachweis, dass sich das Schloss der Unionen auf jenes der Trigonien zurückführen lasse und demnach sehr wahrscheinlich „die Unioniden durch den Aufenthalt in süssem Wasser abgeänderte Trigoniden darstellen“. Eine viel ausführlichere Studie?) bezüglich der Classification der Bivalven wurde nach dem leider zu früh erfolgten Tode Neu- mayr’s aus dem handschriftlichen Nachlasse desselben durch E. Suess publieirt. In derselben finden sich nicht blos die weiteren Ausführungen, sondern auch einige Abänderungen der in der ersten Publication nur in grossen Zügen vorgetragenen Ansichten. Leider ist das Capitel über die verwandtschaftlichen Beziehungen der Anisomyarier unvollendet geblieben. Da vorliegende Erörterung von der Frage über die Verwerth- barkeit der Kiemenbildung für die Classification der Lamelli- branchiaten ausging, knüpfen die folgenden Betrachtungen an das von Pelseneer aufgestellte System an. Die erste und phylogenetisch älteste Lamellibranchiaten- gruppe sind nach Pelseneer die Protobranchies. Die Kiemen sind hier weit nach hinten gelegen, besitzen freie Seitenblättchen, welche nicht umgebogen sind, analog der doppelkammförmigen Kieme der Amphineuren, Cephalopoden, Rhipidoglossen und Euthy- neuren. In diese Unterclasse gehören die Nuculiden und Solenomyiden, die letzteren von ersteren abstammend. Es kann kein Zweifel darüber herrschen, dass die Zusammen- fassung der Nuculiden und Solenomyiden in eine Gruppe richtig und auch die Auffassung von der Ursprünglichkeit dieser Formen eine wohlbegründete ist. Die Kiemenform ist hier eine phylogene- tisch sehr alte und stimmt mit den uns bekannten ursprünglichen Kiemenformen anderer Mollusken überein. Es ergibt sich nunmehr die Frage, ob nicht die Palaeoconchen Neumayr’'s zu dieser Lamellibranchiatengruppe in nähere Beziehung zu bringen sind. Als besondere Ordnung der Palaeoconchen hat Neumayr die dünnschaligen Muscheln sehr alter Ablagerungen zusammen- gefasst, bei denen das „Schloss zahnlos, oder nur mit ineinander- !) Neumayr, Ueber die Herkunft der Unioniden. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien. Mathem.-naturw. Classe. Bd. XCVIII, 1889. ?) Beiträge zu einer morphologischen Eintheilung der Bivalven. Aus den hinter- lassenen Schriften des Prof. M. Neumayr, mit einem Vorworte von E. Suess. Denkschriften d. mathem.-naturw. Classe d. k. Akademie d. Wissensch. in Wien. Bd. LVIII, 1891. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 2. 10 cs3) 34 Prof. Dr. Carl Grobben: greifenden Auszahnungen der Schlossränder, aber nicht mit nor- malen Schlosszähnen versehen“, das Ligament äusserlich ist. Bezüglich der Entwicklung der Athmungsorgane dieser Formen wird die Annahme statthaft sein, dass dieselbe mit jener der Proto- branchier übereingestimmt habe. Eine einfachere Form der Kiemen kennen wir bei den Mollusken nicht, und wir werden darum vor- aussetzen dürfen, dass diese einfachste Kiemenform jenen alten Lamellibranchiaten zukam. Daraus würde sich die Folgerung ergeben, die Palaeoconchen den Protobranchiern einzureihen, unter denen sie eine eigene Gruppe bilden würden. Es steht eine der- artige Einordnung der Palaeoconchen insofern nicht im Gegensatze zu Neumayr's Auffassungen, als a Neumayr die Solenomyiden als direete Nachkommen, als „ein letztes, wenigstens im Baue der Schalen wenig modifiecirtes Ueberbleibsel der Palaeoconchen“, und zwar der Gruppe der Protomyiden, betrachtet.!) Das Vorkommen der alten Kiemenform bei Solenomya kann eine solche Auf- fassung nur stützen. Die Subelasse der Protobranchier P elseneer’s enthält ausser- dem aber die Nuculiden, welche von Neumayr mit den Arciden auf Grund des übereinstimmenden Schlosses in eine Ordnung, die der Taxodonten, zusammengefasst werden. Die Ansicht ist wohl zweifellos zutreffend, dass Nuculiden und Arciden nahe verwandt sind und diese Verwandtschaft in der Bildung des Schlosses zum Ausdruck kommt, welches sich bei den Taxodonten aus zahlreichen Zähnen zusammensetzt, die nicht in cardinale und laterale differeneirt sind. Doch zeigen Nuculiden und Arciden in der Kiemenbildung einen grossen Unterschied. Die Nuculiden besitzen die ursprünglich doppelkammförmige Kieme ; die Areciden dagegen sind Filibranchier, d. h. besitzen Kiemen, deren Seitenblättchen fadenförmig entwickelt und dorsalwärts umgebogen sind, so dass bei diesen Formen bereits die scheinbare Vierkiemig- keit der Lamellibranchiaten entwickelt erscheint.) In der Bildung !) Neumayr, Beiträge zu einer morphologischen Eintheilung der Bivalven, pag. 18, 24 und 35 des Separatabdruckes. ?) Ausnahmen, wie eine solche von Dall (Report on the Mollusca. Part. II, pag. 435) bei Arca ectocomata beschrieben wird, können nicht schwer in die Wagschale fallen. Arca ectocomata besitzt wohl eine Fadenkieme, ohne dass jedoch die Kiemenfilamente dorsalwärts umgebogen erscheinen; auch sollen hier die Chitinstäbe in den Filamenten fehlen. Es ist möglich, dass Arca ectocomata in der Bildung ihrer Kieme eine ehemalige Uebergangsform zwischen den bei den Protobranchiern und Arciden vorkommenden Verhältnissen wiederholt. Es ist mir aber im höchsten Grade wahrscheinlich, dass die Eigenthümlichkeiten der Kieme von (134) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi etc. 35 der Kiemen zeigen die Arciden den Nuculiden gegenüber somit einen grossen Fortschritt zu den bei den übrigen Lamellibranchiaten anzutreffenden Verhältnissen. Die Beziehungen der Nuculiden sind somit hinsichtlich der Kiemenbildung sehr nahe zu Solenomya, beziehungsweise den Palaeoconchen, in der Schlossbildung dagegen zu den Arciden. Es wird nun von der Beurtheilung der grösseren Wichtigkeit des einen oder des anderen Charakters abhängen, ob die Nuculiden mit den Palaeoconchen oder mit den Arciden in eine Gruppe zu vereinen sind. Ich selbst halte in diesem Falle den Charakter der Kiemen- entwicklung für wichtiger, aus dem Grunde, weil die Kiemenform der Nuculiden und von Solenomya jener aller übrigen Lamelli- branchier gegenübersteht. Ich erachte es demnach für richtiger, die Nuculiden mit Solenomya und den Palaeoconchen zu vereinigen. Es kommt dabei hinzu, dass die Grenze der Nuculiden gegen die Palaeoconchen keine scharfe ist, da sich schon unter den Palaeo- conehen Formen mit Anfängen eines taxodonten Schlosses finden (Praecardiiden). Die Gruppe der Protobranchier wäre demnach aufrecht zu er- halten; sie zerfiele in zwei Untergruppen: 1. die Palaeoconchen, an welche Solenomya anzuschliessen ist, und 2. die Nuculiden. Die weitgehende Aehnlichkeit aber, welche sonst im Bau des Thieres zwischen der von Neumayr zu den Palaeoconchen gerechneten Solenomya und den Nuculiden besteht, lässt die Frage aufwerfen, ob die Trennung der Nuculiden als gesonderte Unter- gruppe allen Palaeoconchen gegenüber zulässig ist. Es scheint mir den Thatsachen mehr zu entsprechen, entweder die Nuculiden unter die Palaeoconchen direct als gesonderte Familie gleich den übrigen Palaeoconchenfamilien einzureihen, oder, und dies dürfte das Zu- treffendere sein, die Gruppe der Palaeoconchen aufzulassen und die in dieselbe gestellten Lamellibranchierabtheilungen gleich den Nuculiden als Familien der Protobranchier nebeneinander zu stellen. Mit der Einordnung der Nuculiden unter die Protobranchier verliert die Gruppe der Taxodonten den Umfang, welchen ihr Neu- mayr gab, und umfasst nun blos die Arciden. Betrachten wir nun die Subelasse der Filibranchies, wie sie von Pelseneer aufgestellt und nach der bei den in dieselbe Arca ectocomata secundäre sind. Dafür wäre anzuführen, dass die Kiemen- blättchen von Nucula bereits chitinige Stäbchen enthalten, sowie ferner das Vorkommen einer Fadenkieme ohne die dorsale Umbiegung der Filamente bei einer Pectinide, Amusium Dalli, wo dieses Verhalten jedenfalls als secundäres zu beurtheilen ist. 10* cı35) 36 Prof, Dr, Carl Grobben: eingeordneten Formen auftretenden Fadenkieme benannt worden ist. Zu den Filibranchiern werden von Pelseneer gegenwärtig!) die Arciden, Anomiiden, Trigoniiden und Mytiliden gestellt, während früher ?2) von demselben Forscher blos die Arciden und Trigoniiden hier eingeordnet wurden. Die Subelasse der Filibranchies erscheint keineswegs als eine natürliche. Zunächst sind die Anomiiden auszuscheiden, welche mit den Östreiden, nach Jackson’s®) Ansicht näher noch mit den Pectiniden verwandt und von diesen abzuleiten sind. Was die Mytiliden anbelangt, so besitzen dieselben verwandtschaftliche Be- ziehungen zu den Aviculiden*) und sind nach Neumayr vom Pterineatypus abgezweigt°); „wie Frech sehr richtig hervor- hebt, stehen diese mit den Aviculiden während der palaeozoischen Zeit in so innigem Zusammenhange, dass man sie überhaupt kaum trennen kann.“ °) Obgleich nun die Aviculiden von Areiden (Macro- don) in ihrer Abstammung abzuleiten sind, besteht doch zwischen Mytiliden und Arciden, desgleichen zwischen Aviculiden und Areiden bereits ein so weiter Abstand, dass die Einordnung der Mytiliden mit den Arciden in dieselbe Gruppe nicht möglich ist, wie doch auch von Pelseneer die Aviculiden in eine andere Subelasse ge- bracht werden. Aber auch die Trigonien können mit den Arciden und Myti- liden nicht in einer Subelasse vereint bleiben, wie sich aus der Ableitung des eigenthümlichen Schlosses der Trigonien ergibt. Wenn trotzdem in der Kiemenform eine Uebereinstimmung besteht, so er- gibt sich unter Bezugnahme auf die von Neumayr gegebene Ab- leitung der Trigonien die Folgerung, dass hier auf die Gestalt der Kieme kein so grosser Werth gelegt werden kann. In seiner ersten Publication hat Neumayr die Trigonien als Unterordnung der Heterodonten aufgefasst, im Stammbaumschema, !) Pelseneer, Contribution & l’etude des Lamellibranches, pag. 279. ?) Pelseneer, Sur la classification phylogenetique des Pelecypodes, pag. 52. ®) Rob. Tracy Jackson, Phylogeny of the Pelecypoda, the Aviculidae and their allies. Memoirs of the Boston Soc. of natur. hist. Vol.IV, 1890, pag. 362. !) Jackson (a. eben a. O., pag. 364) hat die Mytiliden in seinem Stammbaume der Aviculiden und Verwandten nicht aufgenommen, da seiner Ansicht nach auf Grund der Verschiedenheit der Prodissoconcha (Embryonalschale) und des sogenannten Nepionic-Stadiums (charakterisirt durch die erste Bildung des folgenden Schalentheiles) die Mytiliden als eigene Gruppe den Aviculiden und Verwandten gegenüber zu trennen sind. ’) Neumayr, Zur Morphologie des Bivalvenschlosses, pag. 397. 6) Siehe Neumayr, Beiträge zu einer morpholog. Eintheilung der Bivalven, pag. 101. (136) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi etc. 37 sowie dem erörternden Texte einen selbstständigen Ursprung der Trigoniden aus Palaeoconchen als wahrscheinlich zutreffend ange- nommen. In der zweiten Publication dagegen gelangt Neumayr zu dem Ergebniss, dass die Trigonien auf Heterodonten, und zwar in Uebereinstimmung mit Waagen auf Curtonotus zurück- zuführen sind. Man kann „die Curtonotus-Gruppe mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit als den Ausgangspunkt betrachten, von dem Astartiden und Trigoniden ihren Ursprung genommen haben ; dabei hat die erstere Familie den Heterodontencharakter beibehalten, die letztere dagegen den Schizodontencharakter angenommen“. !) Als „sehizodont“ wird nämlich nach Steinmann’s?) Vorschlag der Schlosstypus der Trigonien bezeichnet, und Neumayr nimmt nicht blos diese Bezeichnung, sondern auch die Aufstellung einer besonderen Ordnung Schizodonta für die Trigonien an. In diese Ordnung sind aber, wie Neumayr dargethan hat, noch die Na- jaden aufzunehmen, deren eigenthümliches Schloss auf jenes der Trigoniden zurückführbar ist. Wie sich aus dem Vorhergehenden ergibt, kann Pelseneer's Subelasse der Filibranchier nicht aufrecht erhalten werden. Nach Ausscheidung der Anomiiden, Mytiliden und Trigoniiden verbleiben nur die Arciden in derselben. Da jedoch der im Besitze von Faden- kiemen gelegene Charakter nicht den Arciden allein zukommt, er- weist sich demgemäss die Belassung der Bezeichnung „Filibranchies“ nicht als zweckmässig. Neumayr stellt die Arciden mit den Nuculiden in seine Ord- nung der Taxodonta. Nach der primitiven Form der Kieme wurden aber von mir die Nuculiden in der von Pelseneer auf- gestellten Subelasse der Protobranchier belassen. Es wird bezüg- lich der Benennung der nunmehr blos die Arciden enthaltenden Gruppe die Wahl zu treffen sein, entweder den von Neumayr für die weitere Gruppe gegebenen Namen der Taxodonten beizu- behalten oder aber einen neuen Namen zu wählen, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass der Umfang der Gruppe ein anderer geworden ist. Mir scheint das letztere richtiger, und ich möchte mit Bezug auf die von Neumayr gewählte Bezeichnung die Ord- nung, welche die Arciden umfasst, als Eutaxodonta benennen. Als dritte Subelasse unter der Bezeichnung „Pseudolamelli- branchies“ fasst Pelseneer die Aviculiden, Peetiniden und !) Neumayr, a. eben a. O., pag. 88. ?) G.Steinmann u. L. Döderlein, Elemente der Palaeontologie. Leipzig 1890, pag. 234 u. 250. (137) 38 Prof. Dr. Carl Grobben: Östreiden zusammen. Früher wurden ven Pelseneer auch die Mytiliden, und wohl mit Recht, in diese Subelasse aufgenommen. Mit Aufnahme der Mytiliden entspricht die Gruppe der Pseudo- lamellibranchies der von Neumayr gebildeten Ordnung der Aniso- myaria, welche als eine natürliche bezeichnet werden muss. Im Hinblick darauf, dass Pelseneer’s Subelasse der Pseudolamelli- branchies nach der neueren Auffassung dieses Forschers nicht mehr den Anisomyaria Neumayr’s entspricht, gebührt Neumayr'’s Bezeichnung Anisomyaria bei der Benennung dieser Gruppe der Vorzug, ganz abgesehen davon, dass Neumayr’s Bezeichnung, als der älteren, die Priorität zukommt. Nur anhangsweise sei hier bemerkt, dass die Eintheilung der Anisomyaria in Heteromyaria und Monomyaria den verwandtschaft- lichen Beziehungen nicht in richtiger Weise Ausdruck gibt und meiner Ansicht nach besser aufzulassen wäre. Auch Jackson‘) hat sich in diesem Sinne ausgesprochen. Ich gelange nun zu Pelseneer's vierter Subelasse, den Eu- lamellibranchies. Diese wird gleichfalls nicht aufrecht erhalten werden können. Die hier vereinigten Formen zeigen rücksichtlich des Schlosses zweifellose Verschiedenheiten, und Neumayr hat das Verdienst, zuerst auf diese Verschiedenheiten aufmerksam gemacht zu haben. Nach der Bildung des Schlosses werden von Neumayr die Lamellibranchiatenformen, welche in der alten Siphoniatengruppe enthalten und bei Pelseneer als Eulamellibranchier vereinigt sind, in zwei Ordnungen: Heterodonta und Desmodonta, geschieden. Bei den Heterodonten sind die Schlosszähne nur in geringer Zahl vorhanden, deutlich in cardinale und laterale geschieden , wechsel- ständig, die Zahngruben der gegenüberliegenden Klappe ausfüllend. Bei den Desmodonten hingegen fehlen Schlosszähne oder sind un- regelmässig, sich in innigem Zusammenhang mit den Ligament- trägern entwickelnd. Die Heterodonten sind von den Taxodonten (Macrodon) abzuleiten, für die Desmodonten dagegen wird von Neumayr ein besonderer Ursprung aus Palaeoconchen als wahr- scheinlich angenommen. Die Trennung der als Desmodonten zusammengefassten Formen von den übrigen, welche als Heterodonten unterschieden werden, erscheint begründet. 7: Gunsten der Annahme eines gesonderten Ursprunges der Desmoldonten aus Palaeoconchen möchte ich die Existenz einer Form 1) Jackson, a.a. 0. pag. 364. (138) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi etc. 39 wie Solenomya auch noch aus einem anderen Gesichtspunkte verwerthen. Nach Neumayr’s Untersuchungen zeigen die Desmodonten die nächsten Beziehungen zu den Protomyiden unter den Palaeo- conchen, andererseits gehört Solenomya wahrscheinlich gleich- falls in die Protomyidengruppe, oder sie wird vielleicht in eine besondere Familie der Solenomyiden zu stellen und von den Proto- myiden zu trennen sein. Jedenfalls geht aus den Anschauungen, zu denen Neumayr gelangt ist, hervor, dass die Protomyiden stammverwandte Formen der Desmodonten und der Solenomyiden sind. Mich selbst bestärkt in der Richtigkeit dieser Auffassung und damit eines getrennten Ursprunges der Desmodonten aus Palaeo- conchen ein Gesichtspunkt, den ich gelegentlich der Untersuchung der Stammesverwandtschaft der Crustaceen verwerthete. Es wurde dort!) gezeigt, dass sich die heute lebenden Krebse auf den Estheriatypus, Apustypus und Branchipustypus zurück- führen und demnach von drei diesen Typen entsprechenden Stamm- formen, die selbst aber wieder von einer gemeinsamen Urform ab- stammen, ableiten lassen. Die Existenz von drei im Habitus so differirenden Euphyllopodentypen und die Zurückführbarkeit aller übrigen heute lebenden Crustaceen auf diese drei Euphyllopoden- typen wurden als sich gegenseitig stützende und einer solchen Ab- leitung günstige Thatsachen bezeichnet. Dabei wurde von der durch A. Lang?) und Hatschek°) ausgesprochenen Ansicht ausgegangen, dass man nur dann, wenn ein Entwicklungsstadium höherer Thiere eine grosse Uebereinstimmung mit dem ausgebildeten Zustande niederer Thiere zeigt, mit grosser Wahrscheinlichkeit schliessen könne, dass dieselbe einer ähnlichen Stammform entspricht. Es er- gibt sich aber aus der Existenz von Entwicklungsstadien, welche wir als phyletische erkennen, weiter der Schluss, dass ähnliche Zustände als geschlechtsreife Thiere nicht nur lange Zeit hindurch, sondern offenbar in grosser Verbreitung gelebt haben müssen. Die Ansicht von einer ehemals grossen Verbreitung einer solchen Form wird wieder gestützt durch das Heraufreichen von mit phyletischen !) ©. Grobben, Zur Kenntniss des Stammbaumes und des Systems der Crusta- ceen. Sitzungsber. d. kaiserl. Akad. d. Wissensch. in Wien. Mathem.-naturw. Classe. Bd. CI. 1892, pag. 31 u. ff. ?) A. Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. I. Abtheilung. Jena 1888 pag. 116. Siehe auch: Mittel und Wege phylogenetischer Erkenntniss. Jena 1887. (Von mir damals übersehen.) °) B. Hatschek, Lehrbuch der Zölle, l. Lfg., 1888, pag. 25—26. (139) 40 Prof. Dr. Carl Grobben: Entwicklungszuständen baulich übereinstimmenden Thiertypen bis in die Gegenwart. Aus der Anwendung dieser Sätze wurde nun ein weiterer Anhaltspunkt für die Ableitung der Krebse von den drei Euphyllopodentypen gewonnen. „Wenn wir,“ so wurde dort geschlossen, „in der heutigen Lebewelt drei im Habitus auffällig verschiedene Euphyllopodentypen haben und alle übrigen heute lebenden Krebse gewisse Uebereinstimmungen mit diesen drei Typen zeigen, so hat dadurch meiner Ansicht nach nicht nur die Auf- fassung an Wahrscheinlichkeit gewonnen, dass diese drei Euphyllo- podentypen Reste ehedem sehr verbreiteter Crustaceen repräsentiren, sondern auch die, dass die übrigen heute lebenden Krebse auf solche drei Typen zu beziehen sind.“ In Anwendung dieses Satzes auf die Desmodonten können wir ebenso sagen: Wenn wir heute Lamellibranchier kennen, welche bezüglich ihrer Eigenthümlichkeiten auf die Abstammung von Proto- myiden hinweisen, andererseits eine zweifellos alte Form wie Sole- nomya, die wahrscheinlich als directer Nachkomme oder naher Verwandter der Protomyiden angesehen werden kann, so hat nicht nur die Ansicht an Wahrscheinlichkeit gewonnen, dass Soelenomya einen ehedem sehr verbreiteten Typus repräsentire, sondern auch die, dass die abseits stehenden und zu den Protomyen Verbindungen zeigenden Desmodonten auf jene Form zu beziehen sind. Damit hat auch die Auffassung, dass die Desmodonten gesondert aus Palaeoconchen hervorgegangen sind, eine weitere Stütze erhalten. Wie die Euphyllopodenordnung unter den Krebsen, zeigt die Protobranchiergruppe der Muschelthiere im Habitus sehr verschiedene, dem Baue nach aber übereinstimmende Repräsentanten in der heutigen Lebewelt. Bezüglich des gesonderten Ursprunges der Desmodonten aus Palaeoconchen, und zwar aus Protomyen, möchte ich jedoch auf die im Typischen weitgehende Uebereinstimmung der Kiemen bei Hetero- donten und Desmodonten hinweisen. So wenig ich nun die Bildung der grossen Gruppen nach der Beschaffenheit der Kiemen (mit Ausnahme der einen Gruppe) für zutreffend ansehe, so bin ich doch der Ansicht, dass bei allen stammesgeschichtlichen Fragen auch die Entwicklung dieses Organes wird herangezogen werden müssen. Da, wie früher erörtert wurde, für die Palaeoconchen die doppelkammförmige Kieme, wie sie bei Solenomya und den Nuculiden vorkommt, vorauszusetzen ist, so muss aus dem Umstande, dass blattförmige Kiemen mit den charakteristischen dorsalwärts umgebogenen Theilen sowohl bei den aus den Taxodonten abzu- (140) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi etc. Al leitenden Heterodonten, als auch bei den von Palaeoconchen besonders entsprungenen Desmodonten sich finden, auf einen diphyletischen Ursprung der Blattkieme geschlossen werden. Nicht als ob ich eine derartige zweimalige Entwicklung für unmöglich hielte, wollte ich doch auf diesen Punkt aufmerksam gemacht haben. Wegen ihres wahrscheinlich gesonderten Ursprunges aus Palaeo- conchen werden die Desmodonten allen übrigen durch die Eutaxo- donten aus Palaeoconchen abzuleitenden Lamellibranchiaten, welche untereinander viel näher verwandt sind und einem gemeinsamen Stamme angehören, gegenüberzustellen sein, während eine dritte gleichwerthige Gruppe aus den Protobranchiern zu bilden sein wird. Dem stammesgeschichtlichen Verhältnisse entsprechend, wären dem- nach drei Subelassen der Lamellibranchiaten zu unterscheiden: 1. Protobranchia, 2. Desmodonta und 3. Ambonodonta. Die letztgenannte Subelasse umfasst alle Lamellibranchiatenformen mit Ausnahme der in der Protobranchier- und Desmodontengruppe aufgenommenen. Als Ambonodonta, d. i. Randzähnler, werden sie deshalb am besten zu bezeichnen sein, da, wie Neumayr zeigte, das Taxodontenschloss, welches in dieser Reihe als das phylo- genetisch älteste erscheint, auf die Randkerbung der Schalen zurück- zuführen ist. Was die letzte, fünfte Subelasse Pelseneer’s, die Septi- branchies, betrifft, habe ich mich über dieselbe bereits früher aus- gesprochen. Die Eigenthümlichkeit in der Kiemenbildung vermag ich nicht so hoch anzuschlagen. Der Werth einer Subelasse kann dieser Gruppe demnach nicht zuerkannt werden, sondern höchstens der einer Unterordnung. Die nahen Beziehungen der zu den Septi- branchiern gerechneten Cuspidariiden und Poromyiden zu den Ana- tiniden ergibt eine Einordnung der Septibranchier unter die Des- modonten. Aus dieser Betrachtung ergibt sich, dass die von Neumayr in der Classe der Lamellibranchiaten gebildeten Untergruppen als natürliche anzusehen sind. Nur wenige Aenderungen, die sich grösstentheils schon aus den von Neumayr selbst aufgeklärten Verwandtschaftsbeziehungen, sowie aus den Untersuchungen P el- seneer’s ergeben, scheinen mir vorgenommen werden zu sollen. Die Aufstellung von Gruppen ausschliesslich nach einem Organ erweist sich auch hier wieder als unmöglich. Es gilt dies sowohl von der ausschliesslichen Verwendung der Schlosscharaktere, in höherem Maasse noch für die Lamellibranchiaten von der Verwendung der Kiemenbildung. (141) 42 Prof. Dr. Carl Grobben: Nachstehendes System der Lamellibranchiaten würde ich als dem gegenwärtigen Stande der Kenntnisse am meisten entsprechend ansehen : Classe: Lamellibranchiata. 1. Subelasse: Protobranchiata. Mit doppelkammförmiger Kieme, Schalenschloss zahnlos oder mit ineinandergreifenden Auszahnungen der Schlossränder, oder taxodont. (Familien: Vlastidae, Cardiolidae, Antipleuridae, Lunulicardiidae, Praecardiidae, Silurinidae, Protomyidae (Solenomya), Solenopsidae, Grammysiidae, Posidono- myidae, Daonellidae '), Nuculidae). 2. Subelasse: Desmodonta. Kiemen doppelblattförmig. Schloss- zähne fehlen oder unregelmässig, in innigem Zusammen- hang mit den Ligamentträgern sich entwickelnd. (Pholadomyidae, Myidae, Anatinidae, Panopaeidae, Septibranchia, Mactridae, Pholadidae, Gastrochaenidae.) 5. Subelasse: Ambonodonta. Kiemen doppelblattförmig. Schloss- zähne auf Randkerbungen der Schale zurückführbar, wechselständig; können in Folge von Rückbildung fehlen. 1. Ordnung. Eutaxodonta. Mit taxodontem Schloss. (Arcidae.) 2. Ordnung. Heterodonta. Mit heterodontem Schloss. (Astartidae, Crassatellidae,Chamidae, Lucinidae, Cardiidae, Tridacnidae, Cyre- nidae, Cyprinidae, Veneridae, Solenidae, Tellinidae, Donacidae.) 3. Ordnung. Schizodonta. Mit schizodontem Schloss. (Trigonidae, Najades.) 4. Ordnung. Anisomyaria. Schlosszähne fehlen, wenn vorhanden, isodont oder unregelmässig. Zwei sehr ungleiche oder blos ein einziger Schliessmuskel. (Aviculidae, Mytilidae, Pinnidae, Pectinidae, Spondylidae, Ostreidae, Ano- miidae.) Ihrer nach Neumayr wahrscheinlich gesonderten Abstam- mung von Palaeoconchen gemäss wären die fossilen Conocardien als 4. Subelasse anzureihen. !) Die hier angeführten Familien der Palaeoconchen sind die von Neumayr (Beiträge zu einer morphologischen Eintheilung der Bivalven, pag. 24) aufgestellten. (142) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Oliviete. 43 Weitere Forschungen werden manche Aenderungen mit sich bringen; vor Allem werden die verwandtschaftlichen Beziehungen der Desmodonten näher zu begründen sein. Doch muss dankbar anerkannt werden, dass die Systematik der Lamellibranchiaten durch die Arbeiten vor Allem von Neumayr, sowie von Pel- seneer einen grossen Fortschritt zu verzeichnen hat. Aus den vorhergegangenen Erörterungen geht hervor, dass ich Sharp’s!) Ansichten über die Stammesreihen der Lamelli- branchiaten und bezüglich der in denselben eingereihten Formen nicht beipflichten kann. Nach Sharp haben Nucula und Trigonia die ursprüngliche Beschaffenheit am meisten bewahrt. Von den Arciden wären zwei Reihen abzuleiten ; die eine führt zu Ostrea, zu dieser werden auch die Unionen gezählt, die andere über Lucina, Cardium, Venus, Mya, Solen, Mactra, Teredo, @astrochaena und Clavagella zu Aspergillum. Ebensowenig erscheint darnach Dall’s?) Eintheilung der Bi- valven in die drei Ordnungen: Anomalodesmacea, Prionodes- macea und Teleodesmacea als den verwandtschaftlichen Be- ziehungen der in diesen Ordnungen vereinten Formen entsprechend. So umfasst die Ordnung der Anomalodesmacea folgende Unter- ordnungen: Solenomyacea, Anatinacea, Myacea, Ensiphonacea, Ades- macea; die Ordnung der Prionodesmacea die: Nuculacea, Arcacea, Naiadacea, Trigoniacea, Mytilacea, Peetinacea, Anomiacea, Ostreacea ; die Ordnung der Teleodesmacea die: Tellinacea, Solenacea, Mac- tracea, Carditacea, Cardiacea, Chamacea, Tridacnacea, Leptonacea ?, Lueinacea, Isocardiacea?, Veneracea. Zum Schlusse sei noch angeführt, dass sich auch Dall?) gegen die Verwerthung der verschiedenen Kiemenform zur Bildung der grossen Gruppen in der Lamellibranchiatenclasse ausgesprochen hat. Die Verschiedenheiten in meinen und Dall’s Ansichten bezüglich der Verwerthbarkeit der Kiemen zur Classification gehen aus der Differenz zwischen dem von mir aufgestellten und nach meiner Auffassung dem gegenwärtigen Stande der Kenntnisse am meisten entsprechenden Systeme der Lamellibranchiaten und dem oben an- geführten Systeme Dall’s hervor. ') B. Sharp, Remarks on the Phylogeny of the Lamellibranchiata. Ann. Mag. nat. hist. 6. ser., vol. II, 1888, pag. 125—128. ?) Dall, On the Hinge of Pelecypods and its Development, with an attempt toward a better subdivision of the group. American Journ. of Science. Vol. 38, 1889, pag. 460. °) Dall, Report on the Mollusca. Part II, pag. 436. (143) 41 Prof. Dr. Carl Grobben: Tafelerklärung. A Vorkammer des Herzens. a Anhangsdrüse des männlichen Geschlechts- organs. Af After. B Byssusdrüse. Bl: Blutkörperchen. Bl! Coecum (Krystallstielsack). Bm Byssusmuskel. C Cerebralganglion. Ce Cerebralcommissur. C'p Cerebropedalcommissur. Cv Cerebrovisceralcommissur. D Darm. Dr Drüsenstreifen des Mantels. Ep Epithel ‘der Pericardialdrüse des Vor- hofes. F Fuss. Fl Trennungsfalte zwischen Krystallstiel- sack und Darmanfang. @ Männliche Genitaldrüse (Hoden). 9 Verbindungsgang der beiderseitigen Ge- nitalorgane. Goe Geschlechtsöffnung. HS Hinterer Schalenschliesser. HR Hinterer Retractor des Fusses. J Einströmungssipho. J Ausströmungssipho. K Branchialseptum. Kl Klappe am Ostium arteriosum der Herz- kammer. L Leber. Lo Mundsegel. Ls Mantellacune. M Mundöffnung. Mh’ Dorsale Mantelkammer. Ms Muskelfasern. N Nerv des Vorhofes und der Niere. Ns Septalnerv. O Nierenöffnung., Oe Oesophagus. Ot Gehörbläschen. Ov Ovarium. Pc Pericardialraum. Pg Pedalganglion. @ Ringförmige Klappe des Einströmungs- siphos. R Niere (Bojanus’sches Organ). KR Verbindungsgang der beiderseitigen dor- salen Nierenschenkel. r Ventraler Schenkel derselben. kt Retractor der Siphonen. S Aeusseres Bündel des vorderen Septal- muskels. S" Inneres Bündel des vorderen Septal- muskels. $’’ Hinterer Septalmuskel. Sch Schale. S! Laterale Septalmuskel. Sp Spalten des Branchialseptums. T Tentakel der Siphonen. V Herzkammer. Vg Visceralganglion. VS Vorderer Schalenschliesser. VR Vorderer Retractor des Fusses. W Wimpertrichter der Niere. x Arterieller Blutsinus. x Dorsale Begrenzungsmembran des ar- teriellen Blutsinus. on Kleines Muskelbündelam Eingeweidesack. |y Grosser Venensinus. Mg Magen. Mh Ventrale Mantelkammer. y Keber’sche Klappe. Z Siphonalganglion. Taf. I. Fig. 1. Cuspidaria cuspidata Olivi, von der linken Seite gesehen. Die linke Schale ist abgenommen, ferner wurden Theile des linken Mantellappens abgetragen, um das Branchialseptum, sowie die Siphonen zur Anschauung zu bringen. Vergr. 6/,. Fig. 2. Das Thier von Cuspidaria cuspidata, aus den Schalen genommen, in der Dorsalansicht. Die Siphonen sind aus der Scheide vorgestreckt. Vergr. 6. Fig. 3. Das Thier von Cuspidaria cuspidata von der Ventralseite gesehen. Der Mantel ist abgetragen, um das Branchialseptum in ganzer Ausdehnung zur Ansicht zu bringen. Vergr. 6?/,. (144) Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Oliviete. 45 Fig. 4. Weibliches Thier in Seitenansicht. Die dorsale Mantelkammer durch Abtragen des Mantels geöffnet. In derselben sind abgelegte Eier bei Mh’ zu beob- achten. Vergr. 10. Fig. 5. Männliches Thier, in gleicher Ansicht, mit voll entwickeltem Hoden. Vergr. 10. Fig.6. Der Darmcanal. Der Oesophagus, Magen, sowie das Coecum und der Anfang des Dünndarmes sind durch Abtragung der linken Wandtheile eröffnet. Vergr. 18. Taf. II. Fig. 7. Medianschnitt durch ein weibliches Thier. Vergr. 18. Fig. 8. Das Branchialseptum, sowie die angrenzenden Theile des Körpers in der Dorsalansicht, nach Abtragung des ganzen Eingeweidesackes. Vergr. 6'/,. Fig. 9. Das Nervensystem von demselben Individuum wie Fig.8, von der Dorsalseite gesehen. Vergr. 6'/,. Fig. 10. Die Anhangsdrüsen des männlichen Genitalorganes nebst dem Ver- bindungsgange der beiden Keimdrüsen, schematisch dargestellt, nach Reconstruction aus einer Schnittserie. Fig. 11. Der Eingeweidesack eines männlichen Thieres von der Seite gesehen. Die Keimdrüse im Involutionszustand. Vergr. 10. Fig. 12. Sagittalschnitt durch den Pericardialraum und die Niere, deren Wimpertrichter gerade getroffen ist. Vergr. 48!/,. Fig. 13. Otolithenblase im Sagittalschnitt. Vergr. 620. Taf. III. Fig. 14. Querschnitt durch den vorderen Körperabschnitt, gerade an der Stelle, wo das Coecum und der Dünndarm vom Magen abgehen und die linke Lebermündung gelegen ist. Vergr. 18. Fig. 15. Querschnitt in der Gegend des Herzens und des hinteren Magenendes, welches am Schnitte noch getroffen ist. Vergr. 18. Fig. 16. Querschnitt in der Gegend des Verbindungsganges der beiderseitigen Nieren, Vergr. 18. Fig. 17. Querschnitt in der Gegend des hinteren Schalenschliessers. Vergr. 18. Fig. 18. Querschnitt durch das Hinterende des Eingeweidesackes eines männ- lichen Thieres, um die Lagerung und das Aussehen der Anhangsdrüse des Genital- apparates zu zeigen. Vergr. 48!/,. Fig. 19. Querschnitt durch die Niere in der Gegend des Verbindungsganges der beiderseitigen Nieren; stärkere Vergrösserung der Niere und der benachbarten Organe des in Fig. 16 abgebildeten Schnittes. Vergr. 48!],. Fig. 20. Herz und Nieren in der Dorsalansicht. Der Pericardialraum ist dorsal- wärts eröffnet. Seine seitliche Ausdehnung wird durch die Begrenzungslinie des dunkleren Theiles der Atrien bezeichnet. Die Atrien erscheinen, soweit sie in den Herzbeutel hineinragen, in Folge der drüsigen Differenzirung des sie bekleidenden Pericardialepithels dunkler. Vergr. 10. Fig. 21. Medianer Sagittalschnitt durch die Umbiegungsstelle des Darmes bei seinem Durchtritt durch den Pericardialraum, nebst den benachbarten Organen Vergr. 48!/,. Fig. 22. Der Eingang des grossen Venensinus mit der Keber’schen Klappe, sowie den angrenzenden Organen von Anodonta, im Sagittalschnitt; zum Vergleiche mit Fig. 21 abgebildet. Vergr. 4. (145) = fl 46 Prof. Dr. Carl Grobben: Beiträge etc. Taf. IV. Fig. 23. Einmündungsstelle der Anhangsdrüse der männlichen Keimdrüse in deren Ausführungsgang /G). Querschnitt. Vergr. 370. Fig. 24. Querschnitt durch den Vorhof, um das drüsige Pericardialepithel - (Pericardiaidrüse des Vorhofes), sowie die im Inneren des Vorhofes gelegenen Zell- haufen zu zeigen. Vergr. 530. Fig. 25. Sagittalschnitt durch eine Spalte des Branchialseptums. Vergr. 300. Fig. 26. Querschnitt durch den ventralen Nierencanal, sowie die angrenzende Wand des dorsalen Nierensackes, und zwar in der Gegend des Hinterendes vom Wimpertrichter, so dass noch einige Zellen desselben getroffen sind, in der Figur links. Vergr. 530. Fig. 27. Einige Epithelzellen des inneren Mantelepithels aus der Gegend nächst dem Drüsenwulste. Flächenansicht. Vergr. 370. Fig. 28. Epithelzellen des äusseren Mantelepithels. Flächenansicht. Vergr. 370. Fig. 29. Epithelzellen aus dem Mantelepithel oberhalb der Pericardialdrüse von Scerobicularia piperata. Flächenansicht. Lebend. Obj. Vergr. 620. Fig. 30. Muskeln des Branchialseptums im Querschnitt. Vergr. 880. Fig. 31. Ein Stück einer quergestreiften Muskelfaser aus dem Branchialseptum. Vergr. 880. (146) Beyuräge zur Kenniniss der Süsswasser-Ostracoden. Von C. Claus. D I. Ueber den Körper- und Gliedmassenbau der Cypriden nebst Bemerkungen über einzelne innere Organe derselben. (Mit 12 Tafeln und 3 Holzschnitten.) Der Körper- und Gliedmassenbau der Süsswasser-Ostracoden ist seit Beginn des Jahrhunderts Gegenstand vielfacher und ein- gehender Beobachtung gewesen. Ausser den europäischen Formen, deren Beschreibung den Inhalt zahlreicher Schriften bildet, in früheren Decennien aber oft so unvollständig und lückenhaft aus- geführt worden war, dass es unmöglich erscheint, die zu Grunde ge- - legenen Arten wieder zu erkennen, wurden auch Cypriden aus anderen Welttheilen, freilich zum grossen Theile nur nach flüchtigen und unzureichenden Darstellungen, bekannt. Eine Ausnahme bilden die genauen und trefflichen Beschreibungen, welche G. OÖ. Sars!) von einigen australischen, aus eingetrocknetem Schlamm gezüchteten Arten gegeben hat. Indessen ist auch von Sars der gesammte Bau des Körpers und die Gestaltung der Gliedmassen nicht in dem Masse berücksichtigt worden, wie es einerseits der Fortschritt in der Er- kenntniss der inneren Organisation möglich macht, andererseits die Begründung zuverlässiger Gattungs- und Artcharaktere erfordert. Ich selbst hatte schon vor mehreren Jahren begonnen, mich mit dem Organismus der Süsswasser-Ostracoden eingehend zu be- ') G. 0. Sars, On some Freshwater Ostracoda and Copepoda raised from dried Australian mud, Christiania 1889. (147) 2 C. Claus: schäftigen !), und wurde hierbei auch auf das Studium des äusseren Körper- und Gliedmassenbaues als unumgänglich verwiesen. Da ich ferner das Bestreben hatte, nicht einseitig unsere Kenntniss einzelner Organe zu fördern, sondern den gesammten Organismus der Süss- asser-Ostracoden im Vergleiche zu den Halocypriden und Cypridinen in allen Einzelheiten kennen zu lernen und durch die Vergleichung einer möglichst grossen Zahl von einheimischen und exotischen Formen die schwierige und durch die complieirte Nomenclatur überdies verworrene Systematik sicherer zu begründen, so kam es mirerwünscht, in einer kleinen Sammlung argentinischer Crustaceen, welche ich der Güte des Herrn Prof. Dr. Joh. Frenzel verdanke, eine Anzahl höchst auffallender, anscheinend der Gattung Cypriszugehöriger OÖstracoden zu finden. Dieselben waren vor Jahres- frist aus der Laguna Peitiadu bei Cordoba gesammelt und in Wein- geist so vortrefflich conservirt, dass sie sowohl auf dem Wege anatomischer Zergliederung als mittelst der Schnittmethoden eine erfolgreiche Untersuchung der Organisation in Aussicht stellten. Ein günstiger Zufall wollte, dass ich in dem reichen Materiale von Süsswasser-Ostracoden, welches ich vom Kopenhagener Museum zur Untersuchung und Bestimmung erhielte, dieselben Arten von weit entfernten Fundorten Südamerikas, von Venezuela und Caracas (Laguna di Espina), in constanten Variationen der Färbung in einer noch grösseren Zahl von Individuen wiederfand. Ich habe den Körper- und Gliedmassenbau dieser Formen eingehend untersucht und lege denselben in Verbindung mit dem der grösseren einheimischen Cyprisarten, insbesondere Cypris pubera und virens, der nachfolgenden Darstellung zu Grunde. Von den übrigen in Mitteleuropa überall verbreiteten Oypriden, die nur zum Theil der Gattung Cypris angehören und zum grössten Theile auf Untergattungen derselben oder auf besondere wohl unterschiedene Gattungen zu beziehen sind, habe ich nur vereinzelte Angaben vor- nehmlich solcher Körpertheile, deren Modificationen gute generische Merkmale liefern, aufgenommen. Die Einbeziehung des gesammten Formengebietes würde der vorliegenden Arbeit eine zu grosse Aus- dehnung gegeben und die Uebersicht der Behandlung gestört haben. Ich behalte mir die detaillirtere Darstellung für eine später nach- folgende mehr systematische Arbeit über die Gattungen und Arten der europäischen Süsswasser-Ostracoden vor. In gleicher Weise soll ') ©. Claus, Ueber die Organisation der Cypriden. Anzeiger der k. Akad. der Wissensch. Mathem.-naturw. Classe. 20. März 1890, Nr. VIII. — Derselbe, Ueber den ferneren Bau des Medianauges der Orustaceen. Ebendaselbst. 14. Mai 1891, Nr. XII. (148) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 3 die eingehendere Behandlung der Anatomie einem späteren Abschnitt vorbehalten sein. Nur im Allgemeinen und nur insoweit werde ich _ auf die inneren Organe Rücksicht nehmen, als dieselben ihrer Lage und Function nach zu dem gesammten Baue und den Besonderheiten der äusseren Körpertheile in Beziehung stehen und somit auch für das Verständniss dieser unumgänglich sind. Der Körperbau und das Lagenverhältniss der Organe im Allgemeinen. Bekanntlich ist bei allen Ostracoden die Integumentduplicatur am Rücken des Thierleibes zu einer zweiklappigen Schale entwickelt, welche ähnlich den beiden Schalenklappen der Muschelthiere den Thierleib vollständig umschliesst. Diese für das Verständniss mancher Besonderheiten des Körperbaues bedeutungsvolle Schutzeinrichtung findet sich, wenn auch in minder ausgeprägter Form, in der Esthe- ridengruppe unter den Phyllopoden wieder, indem hier in gleicher Weise die in der Kieferregion erhobene Hautduplicatur nicht nur den mittleren und hinteren Abschnitt des Leibes umlagert, sondern auch die Kopfregion mit ihren Gliedmassen von beiden Seiten um- wächst. Bei den Estheriden vermögen wir diesen Wachsthums- vorgang noch in der ontogenetischen Entwicklung direct zu verfolgen und zu beobachten, wie sich die frühzeitig auftretende Hautfalte zuerst beiderseits nach hinten ausbreitet, dann auch nach vorn vorwächst und die eine Zeit lang — wie bei den Daphniden zeitlebens — frei vorstehende Kopfregion allmälig überwächst. Bei den Ostracoden ist dieser Process in der Ontogenie nicht mehr nachweisbar, sondern abgekürzt und vereinfacht in die embryonale Entwicklung zurück- verlegt. Die Naupliuslarve trägt bereits beim Verlassen der Eihüllen beide Schalenklappen, vielleicht ein Hinweis auf den älteren Ur- sprung der Ostracodenschalen, welche überdies weit vollständigere Verschlusseinrichtungen besitzen als die dünnhäutigen Schalen- platten von Estheria, Limnadia und Limnetis. Der durch die festen und vollkommen schlussfähigen Schalen hergestellte Schutz dürfte im Verein mit der sehr reducirten Metamerenzahl den Verlust der äusseren Gliederung des Ostracodenleibes veranlasst haben, welche am Körper der Estheriden und verwandter Phyllo- poden erhalten blieb. Als Ersatz für die spurlos geschwundene äussere Segmentirung haben wir eine für die Ostracoden charakteristische Besonderheit, das Auftreten eines überaus reichen Netzes von Chitinleisten im Integument zur Stütze der durch kräftige Muskeln zu ausgiebigeren Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. X, Heft 2. 11 (149) 4 C, Claus: Bewegungen befähigten Gliedmassen hervorzuheben. Dieses zwar schon mehrfach bemerkte, aber in seinem Zusammenhang und seiner Gliederung noch nicht eingehender dargestellte Leistenwerk findet sich bei den Cytheriden und Cypriden besonders reich entwickelt, und in den zahlreichen, auf eine Reihe von Gattungen und Untergattungen zu vertheilenden Arten der letzteren nach einem einheitlichen Typus überall in fast gleicher Weise durchgeführt. Es sind Leisten im Integument der seitlichen Körperwand, welche die Stammesglieder der Extremitäten stützen und sich mit deren Chitinleisten verbinden, beziehungsweise an denselben gelenkig abgliedern, auch die als Lippen beschriebenen Erhebungen über (Oberlippe) und unter dem Munde (Unterlippe, besser Hypostom) umziehen und mit der Körperwand in fester (Oberlippe) oder be- weglicher (Hypostom) Verbindung erhalten. W. Zenker!) hat diese Stäbe und Leistennetze zuerst in ihrer Bedeutung als Skelet- bildungen erkannt und wenn auch unvollständig, so doch soweit es die damaligen Untersuchungsmittel gestatteten, zutreffend dar- gestellt und abgebildet. Ich werde dieselben bei Beschreibung der Extremitäten eingehender berücksichtigen. Zur ÖOrientirung über die Lagenbeziehungen der jederseits zwischen die Schalenduplicatur eintretenden Organe will ich vor- ausschicken, dass die Leibeshöhle mit dem Schalenraume im dorsalen Dritttheil der Schalenhöhe oberhalb der transversalen Sehne des mächtigen Schalenmuskels communicirt, und dass sich diese Com- munication etwa über das mittlere Dritttheil der Schalenlänge er- streckt. Dorsal, nahe der Medianlinie, inseriren sich an der Schalen- decke ganz ähnlich wie bei den Halocypriden die schräg nach vorn und senkrecht abwärtszu den Antennen und Kiefern verlaufenden Muskeln (Taf. I, Fig. 1 und 2), sowie die schrägen in das Abdomen eintretenden und dieses nach vorn ziehenden und emporhebenden Längsmuskeln (Fig. 1 DM). Unterhalb und zur Seite des am Stirn- rand liegenden Medianauges tritt die Schalendrüse hinter dem mäch- tigen Antennenmuskel in den Schalenraum ein (Fig. 2), in welchem sie nach vorne umbiegend weit herab verläuft. Vor dem KEmpor- zieher der Mandibeln findet sich die Einmündung des Leberschlauches (Fig. 2 Zoe), der bei Cypris zwischen die Schalenduplicatur ein- getreten ist, bei anderen Gattungen aber nicht in den Schalenraum einwächst. In der Maxillarregion treten zu den Seiten des Magens !) W, Zenker, Anatomisch-systematische Studien über die Krebsthiere. Mono- graphie der Ostracoden. Archiv für Naturgesch. XX, 1854, pag. 21, Taf. I, Fig. 31. (150) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. h) oberhalb des Leberschlauches in allen Gattungen die Övarien, beziehungsweise die Hodenschläuche in den Schalenraum ein. Der vordere frontale Abschnitt des längs der Rückenseite rechts und links zwischen den Schalenklappen suspendirten Thier- leibes bleibt ausserordentlich kurz und stark comprimirt. Bei seit- licher Ansicht wird derselbe von einer ziemlich geradlinigen, nur wenig gebuchteten Linie begrenzt, welche vor dem Medianauge schwach gewölbt hervortritt, dann zwischen beiden Antennenpaaren, von deren Basalgliedern verdeckt, steil nach der Oberlippe herab- zieht, von deren Basis sich dieselbe durch eine die rechte und linke Seite des Integuments bogenförmig umgürtende Chitinleiste, einer Querbrücke des rechts- und linksseitigen Mundgestelles, abhebt (Fig. 5 @.).. Recht langgestreckt erscheint dagegen die freie Rückenseite des Abdomens, welche sich etwas schräg nach hinten abfallend und durch die schrägen Längsmuskelbündel an der Schale beweglich, bis zu den Extremitäten ähnlichen, in der Ruhelage nach vorn gerichteten Furcalgliedern erstreckt. Dicht über denselben liegt wie in einer niedrigen nieschenförmigen Einbuchtung der After, in welchen der auffallend kurze, oft schwer als solcher erkennbare Enddarm ausmündet, während vor den Furcalgliedern am Terminal- felde der Bauchfläche beim Männchen das umfangreiche paarige Begattungsorgan wie ein Extremitätenpaar hervortritt, und im weiblichen Geschlechte entsprechende Genitalwülste mit den von Chitinleisten wumrahmten Genitalspalten und Begattungsporen liegen. Zwischen der helmförmig vorragenden Oberlippe und den Genitalwülsten, beziehungsweise den männlichen Begattungsgliedern wird die Bauchfläche des Körpers grossentheils von der kielförmig vorspringenden, wohl am besten als Hypostom zu bezeichnenden soge- nannten Sternalplatte gebildet, hinter welcher zwischen den beiden Beinpaaren noch ein kurzes, etwas zurücktretendes Integumentfeld folgt. Die Maxillen und Kieferfüsse, wie wir das von den Autoren meist als zweites Maxillenpaar unterschiedene Gliedmassenpaar am besten benennen, inseriren ziemlich hoch zu den Seiten des Hypo- stoms und liegen mit ihren Laden den Seitenflächen des letzteren auf, während die exopodialen Fächerplatten dieser Gliedmassen ihren mit Borsten besetzten Rand nach hinten kehrend, aufwärts emporgerichtet sind. Die vor den Maxillen entspringenden Mandibeln reichen mit dem Ende ihres kahnförmigen Manubriums hoch nach dem Rücken empor und halten eine schräg verticale Lage ein, indem sie mit dem charakteristisch bezahnten Ladenfortsatz in den 11* ası) 6 C. Claus: Atrialraum zwischen Oberlippe und dem verbreiterten, als Unterlippe bezeichneten Vorderabschnitt des Hypostoms zu liegen kommen (Fig. 1). Von Bedeutung erscheint das Vorhandensein einer derben chitinigen Endoskeletplatte, welche sich vor der Sehne des Schalen- schliessers zwischen Schlund und Bauchganglienmasse ausbreitet. Von dieser Platte entspringen zahlreiche paarig angeordnete Muskel- bündel, welche zum kleinern Theil zur Schlundwand, grossentheils zu den Gliedmassen, insbesondere den Kieferpaaren verlaufen (Taf. III, Fig. 1—3, 7, Ends.). Von grossem Interesse ist das Vorhandensein mächtiger, vom Gehirn entspringender Schalennerven, von denen der stärkere vordere zugleich mit der Schalendrüse zwischen die Schalenduplicatur ein- tritt und sich in mehrere Aeste, nach der Peripherie wieder in vielfach verästelte Zweige theilt, der schwächere zugleich mit dem Leberschlauch in der Region der hinteren Antenne in den Schalen- raum gelangt und mit seinen Zweigen die hintere Partie der Schalenränder versorgt (Taf. XI, Fig. 7). Diese nach der Peripherie der Schale hin reich verzweigten Nervenbäumchen, welche nach geeigneter Präparation — besonders schön bei Cypris pubera — sowohl in der Flächenansicht der Schale wie auf Schnitten als höchst überraschende Bilder zur An- sicht gelangen, repräsentiren im Verein mit den als Borsten und Haaren hervortretenden Cuticularanhängen des Schalenrandes einen erstaunlich entwickelten Sinnesapparat der Schale. Die peripherischen Nervenzweige stehen mit langgezogenen keulenförmigen Haufen kleiner Zellen im Zusammenhang, die wohl grossentheils Matrix- zellen der Borstenanhänge entsprechen (Taf. XI, Fig. 14). Inwieweit in denselben besondere, den Nerven zugehörige Ganglienzellen oder Sinneszellen enthalten sind, dürfte schwierig zu entscheiden sein und kann an diesem Orte nicht näher erörtert werden, Die Schalen. Die beiden Schalenklappen, welche den Thierleib wie Muschel- schalen den Körper des Weichthieres umschliessen und wegen dieser Aehnlichkeit zu der Bezeichnung „Muschelkrebse“ Anlass gaben, sind wie jene in der Mittellinie der Dorsalseite durch eine elastische, als Ligament bezeichnete Haut continuirlich verbunden. Diese ge- hört als mediane Differenzirung lediglich den äusseren Schalendecken an und ist nur an ihrem vorderen und hinteren Ende durch die Anheftung der inneren Schalenlamelle verstärkt, welche an diesen Stellen die seitlichen, von W. Zenkerals „Leisten“ bezeichneten Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. y Verbreiterungen veranlasst. Im Gegensatze zu den Halocypriden, bei denen sich das Ligament über den grössten Theil der Rücken- seite erstreckt, bleibt dasselbe etwa auf das mittlere Drittel beschränkt, so dass beide Schalenklappen beim Oeffnen auch an der Rückenseite vorne und hinten mit freiem Rande auseinanderweichen. Die für das geschlechtsreife Thier charakteristische Gestalt der Schalen zeigt im Jugendzustand von jener abweichende, in den auf- einanderfolgenden Alters- und Grössenstadien wechselnde, bereits bekannte Verhältnisse. Stets sind die Schalen jugendlicher Thiere vorne viel höher als in der hinteren Region, eine Eigenthümlichkeit, welche W. Zenker für einen sicheren Charakter der Jugendformen hieit, und welche ihn zu der Meinung bestimmte, dass alle Arten, deren Diagnose die Schale vorne höher als hinten bezeichnet, nach ge- schlechtsunreifen Arten aufgestellt seien, ein Irrthum, in welchem mit begründet liegt, dass jener Autor in der Artbestimmung so wenig glücklich war, sehr verschiedene Arten für identisch hielt und als synonym zusammenwarf. Auch nach dem Geschlechte zeigen die Schalen mehr oder minder ausgeprägte Formunterschiede, welche neben den Geschlechts- organen die am meisten in die Augen springenden Sexualmerkmale bilden und bei manchen Gattungen (Notodromas, Candona) in dem Masse hervortreten, dass man nach denselben sofort die männliche oder weibliche Natur des Thieres bestimmen kann. Für Notodromas monacha hat schon Liljeborg (l.c., Taf. VIII, Fig. 1 und 3) die Schalen des männlichen und weib- lichen Thieres wohl unterschieden und kenntlich abgebildet, während dieselben für die Arten der Gattung Candona von Brady und Norman, welche in ihren beschreibenden Arbeiten der äusseren Schalenform besondere Aufmerksamkeit schenkten , und dann zu- treffender von Vävra dargestellt worden sind. Vielleicht ist die dorsale Lage des mächtig entwickelten Ejacu- lationsapparates für die meist bedeutende Höhe der männlichen Schale in der hinteren Körperhälfte von Einfluss. Im Gegensatze zu Notodromas erscheint der ventrale Rand an der männlichen Schale von Candona tiefer als an der weiblichen ausgebuchtet. Bei Heteroceypris(incongruens) ist die Schale des Männ- chens bei geringerer Grösse schlanker und gestreckter. Geringer sind die Sexualdifferenzen der Schalen von Cyeloeypris und Cypria. Indessen verhalten sich auch die rechte und linke Schalenklappe keineswegs vollkommen gleich, sondern sind von einander bald nur in (153) 8 C. Claus: geringem Grade, bald in sehr augenfälliger, zur Unsymmetrie ge- steigerter Weise verschieden. In der Regel besitzt die linke einen grösseren Umfang und umgreift mit ihrem freien Rande sowohl vorne und hinten als ventralwärts den Rand der kleineren rechten Klappe. Sehr ausgesprochen tritt dieses Verhältniss bei der eben wegen der Ungleichheit beider Schalenklappen „incongruens“ benannten Form hervor, welche bereits von Ramdohr beschrieben worden ist. Nur bei einigen Cypriden wie Stenocypris Malcom- sonii (Brady) und Herpetoceypris strigata macht sich kein merklicher Grössenunterschied in beiden Schalen geltend, und bei Herpetocypris stanleyana (King) übertrifft nach @.O. Sars die rechte Schale die linke an Umfang und umgreift diese vorne und hinten mit ihrem Rande. Auch bei Pachyeypris ist die rechte Schale die grössere. Mit der Grössenverschiedenheit beider Schalen ist ganz allgemein eine differente Seulptur am Schalenrand verbunden. Zahnförmige Fortsätze, dornförmige Vorsprünge, papillenförmige Er- hebungen finden sich oft nur am Rande einer der beiden Schalen (Acanthocypris, Notodromas, Heterocypris) oder an beiden unsymmetrisch und in verschiedener Form, Zahl und Lage (Öypris pubera) vor, so dass man nach der Beschaffenheit der Randsculptur die Seite, welcher die Schale angehört, zu bestimmen im Stande ist. Schlosseinrichtungen am Hinterende hinter dem Ligamente des Rückenrandes, wie sie an den Schalen der Halocypriden'!) auftreten, habe ich bei allen näher untersuchten Cypriden vermisst, ebenso fehlen Rostralfortsätze mit besonders specialisirten, falzartig in einander greifenden Randvorsprüngen. Dagegen findet sich in ganzer Länge des freien Schalenrandes die auch bei den Halo. cypriden schwach entwickelte Differenzirung vorstehender, be- ziehungsweise einspringender Lippen viel stärker ausgeprägt und in einer Weise ausgebildet, dass mittelst derselben beim Zusammenlegen der Schalen durch Uebergreifen des Randes der einen Schale über den der anderen ein recht vollkommener Verschluss derselben her- gestellt wird. Daher kann auch der Rand beider Schalen nicht völlig symmetrisch gestaltet sein, und nicht selten ist die Asymmetrie in Bezug auf den Verlauf und die besondere Structur der Lippen eine sehr auffallende (Taf. VIIL, Fig. 9, 10, Taf. IX, Fig. 3, 4, Taf. XII, Fig. 3,7). Fast allgemein bildet die ventrale Randzone jeder Schale in der Region des Hypostoms eine schwach concave Einbiegung, welcher 1) C., Claus, Die Halocypriden des Atlantischen Oceans und Mittelmeeres. Wien 1891, pag. 9—10, Taf. XXI, XXII, Fig. 1, 2, 3, Taf. XXIII, Fig. 3, 5, 9. (154) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. bei manchen Formen, z. B. bei Cypris pubera, eine ventrale Vorwölbung vorausgeht. Dem entsprechend erscheint die ventrale Seite der Schale mehr oder minder tief eingebuchtet, oder wie im. letzteren Falle schwach S-förmig geschweift und gewinnt dadurch eine unregelmässige, mitunter nicht leicht im Detail zu bestimmende Flächenform , deren genaues Studium überdies durch das complicirte Verhalten der Randzone erschwert wird. Aber gerade die Gestaltung der Zone des freien Schalenrandes zeigt ausserordent- lich wechselnde, für die Arten charakteristische Structuren, welche zur Unterscheidung und Bestimmung jener vortrefflich verwerth- bar sind. Bisher wurden dieselben kaum beachtet und bei der oft sehr detaillirten (Brady) Beschreibung der Schale gänzlich vernachlässigt W. Zenker bemerkte zwar, dass die sich aneinander legenden oder übereinander stehenden und in der Mundgegend gegeneinander umgekippten Ränder der Schale von festerem, härterem Gefüge sind. und dass an denselben verdickte Stellen und Lücken miteinander ab- wechseln, hat jedoch die Structur derselben, von welcherer (für Öypris ornata) auf Taf. I, Fig. 12 eine Abbildung gibt, nicht verstanden und deshalb überhaupt nicht zu deuten versucht. Von allen Autoren war es ausschliesslich G@. OÖ. Sars, welcher bei Beschreibung australischer Süsswasser-Ostracoden auf den Schalen- rand, wenn auch ohne näher auf die Structur desselben einzu- gehen, Rücksicht nahm. An der Schale von Herpetocypris stanleyana (King) (l. c., pag. 37, Taf. V., Fig. 5) unterschied er zwei Lippen, von denen die innere beim Schalenschluss den Rand der linken Schale umschliesst, während die äussere mehr oder weniger frei vorsteht. Beide werden als stark chitinisirt dargestellt, ohne pelluciden Randsaum, aber mit zahlreichen queren Gruben versehen, welche sich am Rande in zwei oder mehrere Arme theilen, und von denen an jedem ein Randhaar entspringt. Der Abstand beider Lippen wird besonders für die vordere Schalenpartie als beträchtlich bezeichnet, so dass es den Eindruck mache, als ob die Schale aus zwei über- einander gelagerten Klappen bestehe. An jungen, noch nicht geschlechtsreifen Exemplaren sind jedoch die inneren Lippen noch nicht ausgebildet und beide gleich gross. Indessen weder für die zweite australische Herpetocyprisart, noch für irgend eine andere der Cypriden wird bei der eingehenden Beschreibung der zugehörigen Schalen dieser beiden Lippen Erwähnung gethan. Die Lippen haben jedoch eine weite Verbreitung; bei vielen Formen, an welchen dieselben minder leicht unterschieden werden, ist die äussere Lippe (155) 10 C, Claus: auf eine wenig vorspringende Kante reducirt, oder ganz an die Aussenfläche der Schale gerückt, so dass sie von dem Beobachter in ihrer Bedeutung nicht erkannt wird. Indessen kann dieselbe, wie z. B. bei Cypris ovata, auch ganz geschwunden sein, und dann wird der Schalenrand in seinem ganzen Verlaufe von der inneren Lippe gebildet. Die Richtigkeit dieser Deutung ergibt sich nicht nur aus dem Vergleiche der Lippenbildungen an sich, sondern auch aus dem Vor- handensein einer die innere Lippe proximalwärts begleitenden Differen- zirung des inneren Schalenblattes, die bereits @. O. Sars als innere Duplicatur der Schale unterschieden hat, eine Bezeichnung, mit welcher nicht, wie man hätte erwarten sollen, das ganze innere Schalenblatt, sondern lediglich die peripherische, an die Lippe an- grenzende Partie derselben gemeint war. Dieses Schalenfeld zeigt gewöhnlich bei derberer Beschaffenheit der Chitinhaut eine sehr ausgesprochene parallele Streifung oder langgezogene rhombische Felderung und ist von zwei meist scharf vortretenden Conturen begrenzt, die ich als proximale und distale Schalenlinie unter- scheiden möchte. Dieselben zeigen einen ganz bestimmten, für jede Art charakteristischen Verlauf und dem entsprechend auch das von demselben begrenzte Fel& eine bestimmte Gestalt. Der dem vorderen und hinteren Schalenrand zugehörige Theil dieses Zwischenfeldes ist gewöhnlich an beiden Schalen, dem schmal bleibenden ventralen gegen- über, jedoch in ungleicher Weise, verbreitert und bei manchen Arten, wie z.B. bei Acanthocypris und Cypris ovata, von ausser- ordentlicher Ausdehnung (Taf. XI, Fig.1,7). Die proximale Schalen- linie (p. 52.) bietet dann das Bild einer unregelmässigen, aber bestimmt gestalteten Curve und kann auch noch von einer zweiten und dritten begleitet sein. Nach dem Rücken zu verliert sich dieselbe nahe dem vorderen und hinteren Ende des Schalenligamentes. Die distale Schalenlinie verläuft nahe der Randborte der inneren Lippe, von dieser durch ein schmales, nicht in die Incerustirung der Borte auf- genommenes structurloses Randfeld getrennt, ist aber nicht immer scharf ausgeprägt, zuweilen aber noch proximalwärts von einer parallelen zweiten. und dritten Linie begleitet. Als Beispiel für die erstere Gestaltungsweise der Schalen, bei welcher beide Lippen in ganzer Länge des freien Schalenrandes hervortreten und die Innenlippe lediglich an der Ventralseite an den Rand tritt, während sie vorne und hinten von der frei vorstehenden incrustirten und von Porencanälen für die äusseren Randborsten durchsetzten Aussenlippe weit überragt wird, mag Pachyceypris (156) Beiträge zur Kenutniss der Süsswasser-Ostracoden. hervorgehoben werden (Taf. VIII, Fig. 7, 9, 10, Taf. IX, Fig. 1, 3, 4). Ganz ähnlich verhält sich die Schale von Cypris pubera, doch ragt hier die linke Schale über die kürzere rechte hinaus, und beide Schalen sind am vorderen und hinteren Rande mit einer An- zahl ungleich grosser Zahnhöcker bewaffnet, welche sich an der Schalendecke dicht am Rande der Aussenlippe erheben und von Poren zum Durchtritt für je eine Haarborste durchbrochen sind. In beiden Fällen verlaufen die Schalenlinien, den vorderen und hinteren Rand der linken Schale ausgenommen, in nur geringem Ab- stande vom Rande der inneren Lippe, und das Zwischenfeld derselben bleibt auf eine geringe Breite beschränkt. Im Besonderen bietet der Verlauf und die Gestaltung beider Lippen und der durch dieselben gebildeten Randzone der Schale für die einzelnen Arten charakteri- stische Modificationen, auf die bei der Beschreibung der Arten als zuverlässige Anhaltspunkte zur Bestimmung in Zukunft Rücksicht genommen werden muss. Ich beschränke mich an diesem Orte darauf, als Beispiel Acanthocypris bicuspis hervorzuheben, deren Schalenrand seinem besonderen Verhalten nach in der Beschreibung dieser Art eingehender erörtert werden soll (Taf. VII, XD). Die complieirte Structur des Schalenrandes steht aber nicht nur in Bezug zu dem Verschlusse beider Klappen und dem hier- durch dem Thiere gewährten Schutze, sondern erscheint, wie bereits oben hervorgehoben wurde, durch die reiche Ausstattung von Cuti- . cularanhängen und mit diesen in Verbindung stehender Verzwei- gungen zahlreicher Schalennerven als Sitz eines feinen Tast- und Gefühlsinnes. Schon in meiner Schrift über die Entwicklung von Cypris habe ich langgezogene, „zu unregelmässigen kantigen An- schwellungen verdickte Stränge“ beschrieben und jene „als Gruppen kleiner Zellen“ erkannt, „von denen eine Menge feiner peripherischer Fäden entspringen, um zu den Borsten und Cuticularanhängen der Schale zu treten“.!) Ich kann noch jetzt auf die damals gegebene, auch die Schalendrüse zur Darstellung bringende Abbildung, die bislang ganz unbeachtet geblieben ist, als zutreffend Bezug nehmen. Die Stränge sind die Hauptäste der Schalennerven, die Zellen- gruppen, wofür sie schon damals in Anspruch genommen wurden, die Matrixzellen der Cuticularanhänge. Indessen wagte ich in der früheren Arbeit, bei der Schwierigkeit des Nachweises der Nervencentra, die Stränge noch nicht mit Sicher- ') C,Claus, Beiträge zur Kenntniss der Ostracoden. I. Entwicklungsgeschichte von Cypris. Marburg 1863, pag. 162, Taf. I, Fig. 9«. (157) 12 GO uRt heit als Nerven zu deuten, während ich nunmehr nach sorgfältigerer Untersuchung und Kenntnissnahme nicht nur der Nervencentren, sondern der von diesen ausgehenden, in die Schale eintretenden Nervenstämme über die Natur derselben und ihrer Zweige als Nerven nicht mehr zweifelhaft sein kann. So leicht es nun ist, die grösseren und kleineren den Nerven- ästchen anhaftenden, bald rundlichen, bald mehr oval gestreckten und distalwärts verbreiterten Zellenhaufen in der Schalenhaut auf- zufinden und sich von ihrer Lage (Taf. XI, Fig.7) zu überzeugen, so schwer wird die Deutung derselben mit Bezug auf das Ver- halten derselben zu der fibrillären Substanz des Nerven. Man findet diese Zellenhaufen leicht — am besten nach Behandlung mit etwas Essigsäure — an jeder halbwegs durchscheinenden Cyprisschale schon ohne weitere Präparation bei Betrachtung der inneren Schalenlamelle, deren Hypodermis dieselben sammt den zugehörigen Nervenzweigen unmittelbar anliegen. Auch gelingt es nicht schwer, sie durch Ab- hebung der äusseren Schalendecke zu isoliren und auf grössere Strecken zu verfolgen (Taf. XI, Fig. 14, 14‘), ebenso treten dieselben an Präparaten gefärbter Quer- und Längsschnitte hervor. Man ist anfangs geneigt, die wie Träubchen den Nerven an- sitzenden Zellenhaufen für nervöse Elemente zu halten und als Ganglien zu deuten. Indessen spricht gegen diese Deutung nicht nur die ausserordentlich grosse Zahl derselben, sondern auch die geringe Grösse der Zellen selbst, deren Plasma auf eine äusserst spärliche Schicht im Umkreis des bläschenförmigen, dicht granulirten Kernes beschränkt ist. Ueberdies zeigen die Kerne grössere Aehnlichkeit mit denen der Hypodermiszellen, welche an dem inneren Schalen- blatte sehr regelmässig angeordnet sind und oft auf weite Strecken durch polygonale Umrisse von einander scharf abgegrenzt erscheinen. Längs der Randborte besitzen die Hypodermiszellen eine viel geringere Grösse, und ihre kleineren Kerne liegen dicht gedrängt in dem feinkörnigen Plasma, an welchem keine scharfen Zellgrenzen mehr zu unterscheiden sind (Cypris virens). Ueber die sich aufdrängende Frage, ob nicht unter den kleinen rundlichen Elementen der traubigen Zellhaufen auch vereinzelte Nervenzellen als Sinneszellen enthalten sind, und wie sich dieselben zu den Matrixzellen der Borstenanhänge verhalten, kann ich zur Zeit keine bestimmte Auskunft geben. Ebensowenig vermag ich zu entscheiden, ob nicht manche der von den Zellenhaufen ausgehenden haarförmigeu Terminalfasern direct zur Hypodermis des Aussenblattes treten und sich somit wie (158) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Östracoden. 13 feine Stützbälkchen zwischen den Matrixzellen beider Schalenblätter verhalten. Die Stützbalken, deren Anordnung und Verlauf besonders schön auf Schnittpräparaten zu verfolgen ist, zeigen nach Stärke und Form ausserordentliche Abweichungen. Manche sind sehr dünn und zart, die meisten ziemlich derb, viele strahlen nach dem einen Ende pinselförmig in Fasern aus. Einzelne Zellen entsenden mehrere solcher Fasern und erscheinen wie verästelt, Modificationen, durch welche der innere mit Blut gefüllte Schalenraum zu einem sehr complieirten und engmaschigen Lacunensystem wird, in welchem die Schalendrüse, der Leberschlauch und die Geschlechtsdrüsen ein- gebettet liegen. Ebenso charakteristisch für die Cyprisschale wie die beschrie- benen traubigen Zellenhaufen und die mit denselben in Verbindung stehenden Nervenästchen ist das Vorhandensein einer umfangreichen Schalendrüse in der vorderen Schalenregion. Obwohl ich diese Drüse bereits vor einer langen Reihe von Jahren beobachtet und abgebildet habe (Ü.Claus, 1. c., Fig. 9. 15, 17, 21,8. D.), ist derselben von keinem der späteren Autoren, welche sich mit Ostracodenanatomie und-Systematik beschäftigt haben — Vävra ausgenommen — Erwäh- nung gethan, so dass es begreiflich wird. wenn in einem jüngst erschie- nenen Lehrbuche der vergleichenden Entwicklungsgeschichte meine Angabe über die Schalendrüse von Cypris in Zweifel gezogen wird. Und doch gelingt es an jedem einigermassen gut erhaltenen Weingeistexemplar jeder beliebigen Cyprisart bei vorsichtiger Los- trennung des Thierleibes von beiden Schalenklappen — unter Voraus- setzung, dass die peripherische mittlere Zone der inneren Lamelle sammt dem Zwischenfelde mit der Schalendecke im Zusammenhange geblieben sind — schon ohne Tinetionsmittel unter schwacher Vergrösse- rung wenigstens die vorderen Partien des Drüsenganges mit seinen lappigen Aussackungen, an günstigen Präparaten s gar den Drüsen- gang sammt Drüsensäckchen ähnlich dem Bilde meiner früheren Darstellung zur Ansicht zu bringen (Taf. XI, Fig. 1, 7). Der im Schalenraum liegende Theil der Drüse beginnt oberhalb des Hepato- pancreasschlauches, unterhalb und zur Seite des Medianauges (Taf. I, ‚Fig. 2) und stellt sich als schwach geschlängelter, nicht weiter in Windungen zusammengelegter Drüsengang mit weitem, scharf be- grenztem Lumen und hohem feingestreiften Plasmabelag dar, in welchem nur wenige, aber ausserordentlich grosse Kerne eingebettet liegen. In gleicher Weise verhalten sich die im Verlaufe und vor- nehmlich am Vorderende des Drüsenganges auftretenden lappigen Ausläufer, in welche sich das Lumen des Ganges unter blind- (159) 14 0. Claus: geschlossenen, mehrfach ausgebuchteten Erweiterungen fortsetzt. Jede dieser seitlichen Aussackungen enthält in der dieken, zum Lumen senkrechtstreifigen Plasmawand nur einen sehr grossen Kern und entspricht demnach wohl einer einzigen durchbrochenen Zelle (Taf. I, Fig. 6, 7). Am hinteren Ende des Drüsenganges mündet das rundliche Endsäckchen (£s) ein, dessen Epithel weit kleinzelliger ist und sich ebenso wie jenes des Drüsenganges mittelst Tinetionsmittel intensiv färbt. Im Lumen desselben finden sich Exeretionsproducte in Form gelber Kugeln abgelagert, die auch in den Drüsengang ein- treten. In der Nähe des Endsäckehens beginnt auch der in die Antennen absteigende, auf Schnittpräparaten deutlich nachweisbare Gang, dessen bislang nicht beobachtete Ausmündung am Schafte der Antenne liegen dürfte. Morphologiseh entspricht somit die Schalen- drüse von Cypris der Antemmendrüise, welche in die Schalen- duplicatur übergetreten ist, während es bei den Phyllopoden und anderen Crustaceengruppen die Kieferdrüse ist, welche unter Bildung mannigfacher Windungen des Drüsenganges in die Schale rückte, Bei Cypris ist die Kieferdrüse auch vorhanden, jedoch weit mehr reducirt und mit ihrem Endgange im Maxillarfussschafte gelegen. Im Besonderen zeigt die Schalendrüse in den einzelnen Gat- tungen und Arten mancherlei Modificationen, auf die ich in einer später folgenden Abhandlung näher eingehen werde. Hier mag nur die mächtige Entwicklung derselben bei Herpetocypris (stri- gata) Erwähnung finden; der Drüsengang besteht hier nämlich aus zwei übereinanderliegenden Aesten, von denen der obere dorsale einfach schlauchförmig ist, während der untere die lappigen, durch zackige Ausläufer in dem Schalenraum befestigten Aussackungen besitzt. ’ Ein wichtiges, nach den Arten ungleich gestaltetes und daher zur Charakterisirung der Art verwerthbares Merkzeichen der Schale ist das Bild der Muskeleindrücke an der Innenseite der Schalen- decke, vor Allem der Eindrücke des mächtigen Schliessmuskels. Die letzteren lassen sich schon bei schwacher Vergrösserung als wohl umschriebene Flecken von bestimmter Form und Anordnung unterscheiden und wurden daher auch seit langer Zeit nicht nur als solche erkannt, sondern auch ähnlich wie die Muskelimpressionen an den Schalen der Bivalven dargestellt und als Kennzeichen der Schale abgebildet. In dieser Weise haben insbesondere Brady und Norman, welche die Diagnose der Arten vornehmlich auf die Form und Be- schaffenheit der Schalen stützten, auch die Muskeleindrücke des (160) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 15 Schalenschliessers in ihren Abbildungen (als lucid spots) berücksichtigt, indessen mit diesen Schalenflecken umsoweniger die Erkennung und Bestimmung der Art gefördert, als nicht einmal ihre Angaben über Zahl, Form und Grösse der Flecken genau und richtig sind, ferner das Lagenverhältniss nicht entsprechend in Rücksicht gezogen wurde, es den Verfassern auch ferne lag, Anhaltspunkte zum Verständniss der für die einzelnen Arten charakteristischen Modificationen aufzufinden und die Ableitung derselben aus einer gemeinsamen Grundform zu ver- suchen. Es liegt aber auf der Hand, dass sich die Verschiedenheiten in Zahl, Form und Grösse dieser Muskeleindrücke aus dem ver- schiedenen Verhalten gleichwerthiger Bündel des Schalenschliessers ergeben, welche sich bald schwächer, bald mächtiger entwickeln, bald mehr zusammengedrängt werden, bald weiter auseinander rückten, so dass getrennte Eindrücke zusammenfliessen oder ursprünglich einfache in mehrere auseinanderweichen. Natur- gemäss werden die zu verschiedenen Gattungen zu stellenden Arten auch im Verhalten des Schalenschliessers und dessen Muskel- impressionen bedeutender differiren als die näher verwandten, zu derselben Gattung gehörigen Arten, und so werden wir auch in den Muskeleindrücken der Schale Merkmale von generischem Werthe abzuleiten vermögen (Taf. XII, Fig. 1—3). Für Cypris und deren Untergattungen glaube ich nach dem Verhalten zahlreicher hierauf untersuchten Arten nicht fehl zu gehen, wenn ich die Sechszahl der Impressionen als Norm betrachte. Der Umkreis dieser Eindrücke bildet ein etwas schräg gestelltes Trapezoid, dessen dorsale, zur Längsachse des Körpers etwas schräg gestellte Seite meist von dem grössten, zuweilen quer- getheilten Eindruck (a, Taf. XII, Fig. 1—5) gebildet wird. Unter- halb desselben folgen drei verschieden grosse, im Dreieck ge- stellte Impressionen, zwei nach vorne (%, y), eine () nach hinten gelegen, und unter diesen zwei kleine (6,e). Noch zwei grosse, meist langgestreckte, schräg vor und unter &,y gelegene Schalen- flecken (a,b) sind von den meisten Autoren zu den Eindrücken des Schalenschliessers bezogen worden, indessen mit Unrecht. Wie ich mich bei Cypris pubera, virens, Heterocypris in- congruensund Herpetocypris strigata (Fig.”7) überzeugen konnte, inseriren an denselben kurze, etwas schräg zum Innenblatte verlaufende Faserbündel, welche zwei in jenem liegende Chitinleisten fixiren, Diese (Ch!) verlaufen von den gegenüberliegenden Enden beider Eindrücke aus convergirend nach aufwärts, um sich an dem dorsalen spitzen Ende des Manubriums der Mandibel, da, wo das (161) 16 > 018318: Innenblatt der Schale in das seitliche Integument des Thierleibes übergeht, anzusetzen und, wie es scheint, für gewisse Bewegungen der Mandibel als Hebel zu fungiren. Man findet diese beiden Leisten, die ich längst kannte, bevor ich ihre Beziehungen zu den beiden Schaleneindrücken (a, 5) nachzuweisen vermochte, an jedem sorg- fältig präparirten Objecte dem oberen spitzen Ende der Mandibel angeheftet (Taf. I, Fig. 2). Quer- und Längsschnitte lassen über die Richtigkeit der auch schon an Zupfpräparaten nachweisbaren Beziehung dieser Leisten zu den kurzen straffen Faserzügen, welche an den beiden Schalenflecken entspringen, keinen Zweifel. Es ist hier nicht der Ort, auf die zahlreichen Modifieationen der Muskeleindrücke einzugehen, welche für die Arten charakte- ristisch und als Merkmale von diagnostischem Werthe zu benützen sind. Nur auffallende, bei einzelnen Gattungen auftretende Ab- weichungen mögen kurz angedeutet werden. Vavra, welchem wir nach Zenker über die Lage und Form der Eindrücke die zu- treffendsten und dem Sachverhältniss am nächsten kommenden An- gaben verdanken, beschreibt für Notodromas drei ovale, über- einanderstehende Schalenflecken, hinter welchen sich noch ein vierter findet (Vavra, l.c. pag. 34, Fig. 7). Es sind das die Impressionen (2,ß,y,s). Indessen fehlen auch die kleinen Eindrücke (9, ) keineswegs, und auch die Flecken a und 5 sind vorhanden (Taf. XII, Fig. 6). Ebenso bedarf die Beschreibung, welche derselbe Autor von den Muskeleindrücken von Cyelocypris (l.ce., pag. 67, Fig. 21) und Cypria (pag. 64, Fig. 19) gegeben hat, einer Correcetur. Auch hier sind es nicht vier, sondern sechs Impressionen, von denen die kleinen (8, e) übersehen wurden (Fig. 5). Ganz ähnlich wie Cyelo- pris (ovum) verhält sich Cypria (punctata), indem hier unter den grossen, in der Mitte der Schale dicht zusammengedrückten Eindrücken (x, ß, y, <), die zwei kleinen (9, ©) folgen (Fig. 5‘). Um sich von diesem nicht an jedem Exemplare gleich gut zu constatirenden Thatbestand zu überzeugen, genügt es nicht, die Schalendecke von aussen sowohl nach Entfernung als bei Erhaltung der Muskeln zu untersuchen ; zur Controle erscheint es nothwendig, die Muskel- bündel auch von der Innenseite aus zu betrachten und deren In- sertion direct nachzuweisen. Es sind das aber keineswegs die einzigen durch Muskelansätze veranlassten Flecken der Schalendecke, vielmehr finden sich an der- selben stets noch eine grössere Zahl scheinbar unregelmässig gestellter Impressionen vornehmlich nahe dem Rückenrande für die Ansätze der langen absteigenden Muskeln der Antennen, Kiefer (162) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden, 17 und des Abdomens (Taf. XII, Fig. 1, 2, 5). Auch liegen bei allen Cypris-Arten vor und über den vom Schalenschliesser erzeugten Eindrücken noch zwei kleinen, zu Muskelansätzen gehörige Flecken, die der Beobachtung bisher gänzlich entgangen sind. Bei Acanth.o- eypris rücken die dorsalen Impressionen an der rechten Schale (Taf. XI, Fig. 1) in den kammförmigen Höcker, und ähnlich wird es sich wohl auch bei Cyprinotus verhalten, deren rechte Schale eine dorsale Auftreibung bildet. Bekanntlich sind beide Schalenblätter als Chitinhäute das Product einer unterliegenden Hypodermis, deren Zellen sich an gut conservirten Objecten in ihren polygonalen Umrissen verfolgen lassen. Aber auch da, wo diese nicht mehr nachweisbar sind, liegen in dem feinkörnigen Plasma der Hypodermis die zahlreichen kleinen Zellen- kerne in verhältnissmässig weiten, aber regelmässigen Zwischen- räumen unter der Schalenfläche angeordnet und weisen auf die regelmässige Gestaltung des Epithels hin. Auch überzeugt man sich leieht — und Querschnitte dienen zur sicheren Controle — dass es die ziemlich hohe subeutieulare Zellenschicht ist, in deren Plasma sich das oft grüne oder braune, nicht selten blaue Pigment ab- gelagert hat, welchem die Schale vornehmlich ihre Färbung ver- dankt. Beide Hypodermislagen werden durch eine grosse Zahl von Stützfasern und Balken verbunden, so dass die mit Blut erfüllte Cavität zu einem mehr oder minder engmaschigen Lacunensystem wird (Taf. XII, Fig. 9). Auch die Schalendrüse, und zwar sowohl der Drüsengang als das Endsäckchen, sind durch Stützfasern an den Blättern der Schalendecke fixirt. Dagegen liegen die contractilen Hepatopancreas- schläuche, sowie die Sexualdrüsen frei in einem der Oberfläche ihrer Wand entsprechenden Blutraume der Schalencavität eingebettet. Bei grösseren Arten mit derber und stark incrustirter Schalendecke (Cypris pubera, Pachyeypris) entwickeln sich die Stütz- balken besonders kräftig, so dass ihre nach der Oberfläche hin ausstrahlenden Faserzweige unter der Schalendecke Bilder veranlassen, welche den bekannten „Substanzinseln* der Branchiopoden ähn- lich sind. Sowohl die Schalendecke als die innere Schalenlamelle zeigen bei manchen Arten eine polygonale oder unregelmässig rauten- förmige Felderung. Die letztere tritt besonders häufig an dem peri- pherischen als Zwischenfeld bezeichneten Theil des Innenblattes auf und ist für diese von beiden Schalenlinien begrenzte Zone des- selben geradezu charakteristisch. Dagegen wird besonders im jugend- (165) 13 C. Claus: lichen Alter an der äusseren Schalendecke eine regelmässige zellen- ähnliche Zeichnung beobachtet, die mit der Incrustirung der Chitin- substanz undeutlich wird oder ganz verloren geht, sich aber auch an grösseren oder kleineren Partien der Schale des ausgebildeten Thieres (Acanthocypris) erhalten kann. Dieselbe war bereits Zenker bekannt, jedoch irrthümlich als aus Zellen bestehend gedeutet, während es sich wie in zahlreichen anderen Fällen von Cutieularabsonderungen bei Arthropoden um zellenähnliche Sculpturen handelt, welche den Grenzen der unterliegenden, als Matrix fungirenden Zellen der Hypodermis entsprechen. Beim Beginne der Inerustirung treten sehr häufig in der Peripherie der Zellenceontouren kürzere und längere stäbehenförmige Ablagerungen auf, welche jene senkrecht oder schräg kreuzen und dadurch eine sternförmige, retieulirte Zeichnung der Schale veranlassen, die schon von Zenker (l.c. Taf. II, Fig. 4.5) abgebildet und auf kleine, hornige Wülste an den Zellenscheide- wänden zurückgeführt worden war. Schon vor Zenker hatte Zaddach diese Schalenstructur als Artmerkmal verwerthet und mit Bezug auf dieselbe eine seiner Cyprisarten als C. reticulata bezeichnet, dieselbe Art, welche später J. Fischer nach dem gleichen Merkmal C.tesselata nannte. Die Stäbchen!) liegen jedoch nicht an allen Stellen der Schale um den Mittelpunkt der subeuticularen Zelle gleichmässig strahlig angeordnet, sondern über weite Strecken hin nach der Längsrichtung verschoben und zu grösseren longitudinalen Balken verschmolzen, so dass eine ähnliche Structur, wie sie für Conchoecia striata charakteristisch ist, entstehen kann. Im Zustande der fertigen Inerustirung bleibt auch von jener Structur nichts zurück, und die Chitinhaut erscheint von gleichmässiger glasiger Beschaffenheit mit glatter Oberfläche, auf der sich ziemlich dicht die verhältnissmässig langen Haarborsten erheben. Bei anderen Arten, in deren jugendlicher Schale sich die sternförmig retieuläre Zeichnung wiederholt, wird das Gefüge im incrustirten Zustand derselben feinkörnig granulirt, oder die Körnchen verschmelzen zu grösseren Schollen, welche in hellere, unregelmässig zackigen Linien auseinanderweichen (Hetero- cypris inecongruens) und ein zärt moirirtes Ansehen veran- !) Ganz irrthümlich ist die Meinung, welche Brady und Norman über die beschriebenen Differenzirungen bei C. reticulata haben, wenn sie diese Structur auf symmetrisch angeordnete Hohlräume „Lacunae* in der Schalensubstanz zurück- führen, welche nach der Füllung mit Kalkniederschlägen obliterirten (1. c. pag. 77), wie überhaupt die auf Schalensculptur und -Structur bezüglichen Deutungen und Abbil- dungen dieser Autoren sehr primitiven Vorstellungen entsprungen sind. (164) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 19 lassen. An den stärker incrustirten dieken Schalendecken,, z. B. von Herpetocypris reptans und Pachycypris Leuckarti, ist die fein granulirte, wie von Kalkkrümeln erfüllte Substanz derselben von einer Unzahl enger Porencanäle verschiedenen Calibers durch- setzt, zu denen dann noch die weiteren Porengänge der Borsten hinzukommen. In manchen Fällen ist die Oberfläche der incrustirten Schalendecke nicht glatt, sondern durch tiefe, oft reihenweise ange- ordnete Gruben uneben, oder besonders an der Randzone mit Papillen und Höckern versehen, welche, wie z. B. bei Uypris pubera, von langen, am Grunde kapselartig erweiterten Porencanälen zum Durch- tritte je einer Borste durchsetzt sind. Die feinere Gestaltung dieser Porencanäle wechselt mannigfach in zahlreichen, für die Arten charak- teristischen Besonderheiten, welche ebenso wie die speciellen Structur- verhältnisse der Schale in dem systematischen Theile der Arbeit bei Besprechung und Charakterisirung der Arten zum Gegenstand näherer Darstellung gemacht werden. Eine weitere Complication erfährt der Schalenbau durch das Vorhandensein einer tiefen subdermalen Lage grosser Zellen, welche bisher meist mit den Hypodermiszellen zusammengeworfen wurden. W. Zenker beschreibt dieselbe als die innere, von Pig- mentkörnchen erfüllte Schalenhaut, welche der äusseren, aus Zellen bestehenden Schalenhaut Chitin und Kalk zuführe und, auf den Körper übergehend, die Eingeweide überdecke. !) Alle nachfolgenden Autoren, welche überhaupt den Schalenbau berücksichtigten, haben sich über dieses mächtige Zellenlager inner- halb der beiden Schalenblätter keine Rechenschaft gegeben. Auch Väavra scheint dasselbe mit der Matrix zu verwechseln, wenn er die Zellen der Hypodermis oder Matrix als unverhältnissmässig hoch charakterisirt und nachher die Bemerkung macht: „Zwischen den beiden Schichten Matrix und Cuticula liegen die Pigmentzellen“ (l. e. pag. 10). Diese subdermalen Zellen, die nicht nur unter der Hypodermis der Schale, vornehmlich des inneren Blattes, ein mäch- tiges, flächenhaft ausgebreitetes Lager bilden , sondern sich auch unter der Haut des Thierleibes an vielen Stellen, besonders an der Seiten- wand des Abdomens, ausbreiten und in der Oberlippe, in dem Hype- stom, sowie in den Gliedmassen und in der Furca, bald mehr vereinzelt, bald massenhaft angehäuft wiederfinden, sind von den Hypodermis- zellen so gänzlich verschieden, dass eine Verwechslung mit denselben kaum möglich ist. Während die Zellen dieses regelmässig poly- ') W. Zenker, l.c. pag. 10. Unter dieser Pigmenthaut liegen die Eingeweide etc. Clans, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 2. 12 (165) 20 C. Claus: gonalen Epithels überaus kleine Kerne enthalten, welche in einem feinkörnigen Plasma liegen (Taf. XI, Fig. 9 Hp), sind die dicht granu- lirten Kerne der eubischen, eylindrischen oder unregelmässig gestalteten Subdermalzellen ausserordentlich gross und von einem sehr dichten, intensiv sich färbenden Plasma umlagert. Auch ist bei Anwendung von Doppelfärbung die Tinetion beider Zellenlagen eine verschiedene. An einer mittelst Alauncarmin und Hämatoxylin gefärbten Schnitt- serie von Pachyeypris Leuckarti sind die körnchenreichen Hypodermiszellen blau, die Subdermalzellen intensiv roth gefärbt. Dazu kommt die überaus wechselnde Grösse der Zellen, welche der der Kerne parallel geht und auf eine lebhafte Wucherung der- selben hinweist. In der That überzeugt man sich bei sorgfältiger Durchmusterung zahlreicher Schnitte, dass in einzelnen der grossen Zellen Theilungsvorgänge des Kernes (Taf. XII, Fig. 10) stattfinden und dass es sich um amitotische Kerntheilungen handelt, denen die Zelltheilung folgt. Obwohl es mir nicht gelang, in der Abschnürung begriffene Zellen zu beobachten, dürfte schon die Grössendifferenz und das Lagenverhältniss vieler Zellen, welche keilförmig ineinander- geschoben erscheinen, den directen Nachweis ersetzen. Innerhalb der Schalenduplieatur liegen die Subdermalzellen der Hypodermis des inneren Blattes (Taf. XII, Fig. 9 SZ) an, erheben sich aber hier und da mit den Stützbalken angefügten Fortsätzen bis zur Schalen- decke, oder erscheinen der Quere nach in zwei Zellen getheilt, von denen die obere der Hypodermis der Schalendecke anliegt. Auf diese Weise wird an einzelnen Stellen noch eine zweite obere Lage von Subdermalzellen gebildet, so dass die Lacunen von denselben rings umlagert sind. Ueber die Bedeutung der auch im Körper und in den Gliedmassen verbreiteten Lager von Subdermalzellen habe ich mir bislang keine bestimmte Vorstellung bilden können und möchte nur im Allgemeinen eine wichtige und wesentliche Beziehung zum Stoffwechsel für wahrscheinlich halten. Möglicherweise stehen sie zu den Athmungsvorgängen in Beziehung und sind als Ersatz der fehlenden Blutzellen zu betrachten. Der an sich naheliegende Ge- danke, dass es sich um eine Art Fettkörper handle, in denen Nahrungsstoffe aufgespeichert werden, um nach Bedarf wiederum in das Blut zurückzutreten, ist vielleicht auch nicht ganz von der Hand zu weisen, obwohl grossblasige, mit Fettkörperchen sich füllende Bindegewebszellen auch im Körper der Cypriden keines- wegs fehlen. Der zwischen die Schalenduplicatur eingewachsene Ovarial- schlauch, welcher in schräger, von oben und vorn nach unten und (166) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. el hinten gerichteter Lage, bei vielen Arten einen röthlichen oder orangegelben Streifen an der Schalendecke veranlasst, kann mit Rücksicht auf das Verhalten seines blinden, die Keimzellen ein- schliessenden Endabschnittes als Artmerkmal in Verwendung kommen. Nicht selten ist der bald breite und kurze, bald stark verengte und langgestreckte Endabschnitt wieder in einfacher Schlinge dorsal- wärts umgebogen, oder auch wie bei Acanthocypris mehrfach gekrümmt. Der vorausgehende, schräg nach vorn emporsteigende Abschnitt enthält schon grössere, in mehreren und vorn in ein- facher Reihe nebeneinander liegende Eier mit reichlicherem, meist gelblich-röthlichem Dotter (Taf. XII, Fig. 11). Zwischen den normal wachsenden Eizellen, welche sogleich an dem hellen Keimbläschen kennt- lich sind, dessen Centrum von einem grossen, aus Chromatinkörnern zusammengesetzten rundlich-eckigen Nucleolus eingenommen wird, finden sich hier und da kleinere Zellen mit granulirtem, an Nucle- olensubstanz reichem Kerne und spärlicher Plasmahülle (Fig. 11 [45 Z]. 11‘, 12), welche dadurch die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, dass in manchen derselben der vergrösserte Kern in Zuständen der Theilung begriffen und in einzelnen in mehrere dieht zusammen- gedrängte Kerne zerfallen ist. Während dieser Umgestaltung des Kernes hat sich der Protoplasmaleib der Zelle zu einer dünnen Schicht redueirt. Die Deutung ergibt sich ohne Schwierigkeit aus dem Vergleiche mit dem Inhalt des verjüngten aufwärts gebogenen Abschnittes, welcher in seinem blinden Ende die kleinen, noch gleichmässig gestalteten Keimzellen, weiter abwärts mit der Grössen- zunahme derselben aber den Gegensatz der beiden Zellenformen vor- bereitet, von denen die einen sich zu normalen Eizellen entwickeln, die anderen unter Veränderungen des Kernes abortiren, zu den zwischen den wachsenden Eizellen eingeschalteten Dotterbildungszellen werden, deren Plasma zu Gunsten dieser aufgebraucht und als Dottermaterial verwendet wird. Man wird an die Eibildung bei den Cladoceren erinnert, in deren Ovarialschlauch bekanntlich ganz regelmässige Gruppen von je drei Dotterbildungszellen und einer Eizelle wie in Kammern aufeinander folgen und das Material von vier ursprünglich gleichartigen Keimzellen zur Bildung eines Sommereies verbraucht wird. Bei den Ostracoden scheint sich ein ähnlicher, wenn auch minder regelmässiger Vorgang zu wiederholen. Von besonderem Interesse aber ist es, dass dem Untergang der Zelle als Ei- zelle und der Auflösung ihres Protoplasmas ein ungewöhnliches Wachsthum des Kernes, beziehungsweise eine amitotische Theilung in mehrere Kerne parallel geht. Aehnlich dürfte die jüngst 12* (167) 22 C. Claus: beschriebene Veränderung der Leberzellen bei Halocypriden') zu beurtheilen sein, obwohl es sich in diesem Falle mehr um eine abnorme degenerative Grössenzunahme des Kernes handelt, welcher der Verbrauch und Untergang des Zellenleibes parallel geht. Amitotische Kerntheilungen, denen ein abnorm gesteigertes Wachsthum vorausgeht, sind mir in jüngster Zeit auch für die Leber- zellen verschiedener Crustaceen, z. B. bei Argulus foliaceus, bekannt geworden und habe ich auf Grund meiner Erfahrungen die Ueberzeugung gewonnen, dass die von H. E. Ziegler und O.von Rath vertretene Meinung von der degenerativen Bedeutung der amitotischen oder direeten Kerntheilung die richtige ist. Die Antennen. Die Antennen des ersten Paares (Taf. I, Fig. 1 und 24‘, Taf. VII, Fig. 1) inseriren sich etwas hinter und unter dem Medianauge und bestehen, wie die meisten Autoren bereits richtig angeben, sowohl bei Uypris als bei den anderen Gattungen der Süsswasser-Ostracoden aus 7 Gliedern. Von diesen besitzt das basale den bei weitem grössten Umfang und ist mit dem kurzen und be- trächtlich verschmälerten zweiten Gliede als Stamm oder Schaft der Gliedmasse zu betrachten (Taf. I, Fig. 3, Taf. IX, Fig. 5). Die nach- folgenden fünf Glieder verjüngen sich nach dem Distalende hin all- mälig und tragen mit Ausnahme des proximalen, meist beträchtlich verlängerten Gliedes lange Schwimmborsten, welche während. der Bewegung schräg nach vorne emporgerichtet werden. Diese ziemlich geradlinig, doch meist in schwachem Bogen dorsalwärts gekrümmten Glieder repräsentiren die Geissel, welche sich bei den Halo- eypriden und Cypridinen viel schärfer vom Schafte abhebt. Die engere Zusammengehörigkeit der beiden basalen Antennen- glieder ergibt sich auch aus ihrer festeren, durch Chitinspangen des Integuments vermittelten Verbindung. Auch über das Integument der Kopflläche verläuft von der Basis des Antennenschaftes eine Chitinleiste (Z), welche mit einer von dem Schafte der zweite Antenne aufsteigenden Leiste (Z‘) in nahezu rechtem Winkel zusammentrifft (Taf. I, Fig. 2). Cutieularanhänge trägt der Schaft nur in geringer Zahl, indem ausser zwei gablig divergirenden längeren Borsten, welche eonstant an der unteren (ventralen) Seite des basalen Schaft- gliedes vorhanden sind, sich nur je eine oder zwei kurze Borsten an der dorsalen Seite jedes Grliedes finden. ')C. Claus, Die Halocypriden des atlantischen Oceans und Mittelmeeres. Wien 1891, pag. 44, Taf. XXVI, Fig. 3—5. (168) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Östracoden. 23 Sehr beweglich ist das proximale der fünf die Geissel bildenden Glieder am Schaftende eingelenkt, so dass die Geissel dorsalwärts erhoben werden kann, in welchem Falle sie schwach concav gekrümmt zwischen den Schalen hervortritt, um bei der Beugung winkelig nach abwärts bewegt, in den Schalenraum mehr oder weniger aufgenommen zu werden (Taf. I, Fig. 2). Diese Bewegungen werden von mehreren Muskelgruppen, die man als Strecker und Beuger unterscheiden kann, ausgeführt. Das Grössenverhältniss der fünf Geisselglieder, von denen das proximale am Distalrande nur 2 kurze Borsten trägt, während den übrigen Gliedern 7 ungleich lange und 10 die Antennen meist an Länge übertreffende und wohl überall befiederte Schwimmborsten ansitzen, bietet constante, als Artcharaktere verwerthbare Ver- hältnisse. Die 10 langen befiederten Schwimmborsten inseriren ebenso wie die in verschiedenen Abstufungen kürzeren Borsten an der Medianseite des Distalrandes, und zwar je zwei (x', «‘) am zweiten und (%‘, 6‘) am dritten, vier (y—y‘“‘) am vierten und zwei (9°, 9°) am Terminalgliede; dazu kommen noch sechs kürzere Borsten, welche auf dieselben Glieder vertheilt (x und x‘, &° und g“4, 2 und 8°) dem ventralen Rande inseriren, und eine termi- nale Sinnesborste (Fig. 4, 4' 8b). Die 10 sehr langen Fiederborsten, sowie die längeren der Nebenborsten erscheinen in der Ruhe zu einem dichten Fascikel pinselartig zusammengelegt, während der Bewegung aber dorsalwärts strahlig auseinandergespreizt. Nach S. Fischer sollte jede einzelne Borste durch Faserausstrahlungen von drei oder vier starken Muskelbündeln, welche in die Antenne eintreten, bewegt werden. W.Zenker hat diese Angabe nicht bestätigt, derselben aber auch nicht widersprochen, indem er sich äussert: „Wenn das Thier schwimmt, so stehen die gefiederten Haare nach oben und werden abwechselnd über den Rücken nach hinten geschlagen und wieder vorgezogen. Beim Zurückschlagen bietet die Antenne selbst den nöthigen Widerstand, beim Vorziehen dagegen geben die Haare nach und schwächen die vorbewegende Wirkung des Zurückschlagens sehr wenig. In dieser Art wirken die beiden oberen Antennen als Schwimmorgane.* Sicher sind die Schwimmborsten in ihren cuti- eularen Becherporen überaus beweglich, indessen nicht direet durch Muskelfasern, welche sich an denselben befestigen. sondern mechanisch theils durch den rückwirkenden Wasserdruck bei der Erhebung der Antennen, theils durch die Bewegung, welche die Geisselglieder durch ihre Längsmuskeln erfahren. Die in den Stamm eintretenden Muskelbündel verzweigen sich nicht weiter in den Geisselgliedern, (169) 24 GOTEUS: die langen vom Rücken schräg absteigenden Bündel dienen zur Hebung oder Beugung des Schaftes, die im Antennenschafte selbst entspringenden Bündel enden am proximalen Geisselgliede und be- wegen dieses. Die schmalen longitudinalen Züge, welche die Geissel durchsetzen, vermitteln die separaten Bewegungen der einzelnen Glieder (Taf. I, Fig. 3). Es war mir immer höchst auffallend und unverständlich, dass specifische Sinnesborsten, welche an der Geissel der vorderen An- tennen in allen anderen Crustaceengruppen meist zahlreich vorhanden sind und auch bei den Halocypriden und Cypridinen nicht fehlen, bei Cypris und Verwandten vermisst werden. Nachdem ich aber in jüngster Zeit die so mächtig entwickelten Nervenverzwei- gungen und den mit denselben verbundenen Sinnesapparat am Rande der Schalenklappen kennen gelernt, ist mir jener Mangel einigermassen verständlich geworden. Der auch schon bei den Halocypriden vor- handene Tast- und Spürsinn der Schalenduplicatur hat bei den Süss- wasser-Ostracoden, an deren vorderen Antennen die Function der Schwimmbewegung auf Kosten der Tast- und Spüranhänge zur höchsten Ausbildung gelangt ist, jenen Ausfall möglich gemacht und ist gewissermassen für denselben als Ersatz compen- sirend eingetreten. Nerven für das vordere Antennenpaar sind auch bei Cypris vorhanden, doch bleiben sie überaus schmächtig und dürften fast ausschliesslich motorische Fasern zur Innervirung der Muskeln enthalten. Die in die Schale übertretenden Nerven- stämme, welche vom Gehirn entspringen, sind wahrscheinlich als die entsprechenden vom Antennennerven losgelösten sensiblen Faser- züge zu betrachten. Nur ein Cuticularanhang (Taf. I, Fig. 4, 82), eine mässig lange und unbefiederte, wie abgebrochen endigende Borste am Terminalglied der Geissel dürfte die Bedeutung einer Sinnesborste‘ besitzen und ist auch unter den jüngeren Autoren, welche sich eingehender mit dem Detail der Gliedmassenborsten be- schäftigt haben, von Vavra als Sensitivborste bezeichnet werden. Während die Zahl und Anordnung der Antennenborsten bei allen Gattungen und Arten der Süsswasser-Ostracoden und der Halo- ceypriden (ähnlich wie die der cuticularen Anhänge an den Antennen) auffallend übereinstimmt, ist die Länge und Stärke der Befiederung nach Massgabe des Schwimmvermögens äusserst ver- schieden und bietet verwendbare Anhaltspunkte zu generischen und specifischen Merkmalen. Die Antennen des zweiten Paares (Taf. I, Fig. 1 und 2 4°) sind ihrer Form und Function nach mehr als Kriech- und (170) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Östracoden. 25 Klammergliedmassen zu betrachten und von S. Fischer ganz treffend als Antennenfüsse bezeichnet worden. Indessen fehlen denselben auch solche Anhänge nicht, welche je nach dem Masse ihrer Ausbildung die Schwimmbewegung unterstützen und sich daher bei den besser schwimmenden Arten am umfangreichsten gestalten. Man unter- scheidet überall fünf Glieder (Taf. IV, Fig. 1, Taf. VIII, Fig. 3, 4, 4‘, Taf. IX, Fig. 6 und 6°), von denen jedoch das vorletzte Glied durch eine Quercontur in zwei untereinander nicht bewegliche Abschnitte abgegrenzt sein kann. Da sich die homologen Glieder an den nach- folgenden Rumpfgliedmassen,, insbesondere an den Kriechfüssen, in modificirter Gestalt wiederholen, so erscheint es zweckmässig, die- selben bestimmter zu determiniren und nach dem Vorgange NS. Fischer’s eine Coxa, Femur, Tibia und Tarsus zu unterscheiden. Indessen werden wir, um den Vergleich besser durchzuführen, noch einen Trochanter und Protarsus einzuschalten haben. Der basale Abschnitt, welcher als Coxa (Cx) und in seinem distalen, von Chitinspangen umrahmten, knieförmig vorspringenden Theil als Trochanter (7r) unterschieden werden mag, inserirt sich an der seitlichen Kopflläche oberhalb der helmförmigen Ober- lippe. Coxa und Trochanter sind von einander nicht beweglich ab- gesetzt, dürften aber wohl als ursprünglich getrennte Glieder auf den Stamm der Gliedmasse (Protopodit, Huxley) zurückzuführen sein. Von dem Kopfintegument ist das Grundglied dem grössten Theile seines Verlaufes nach nicht deutlich abgehoben, und weder Vorder- noch Hinterrand erscheinen in der Regel durch scharf- randige Grenzconturen abgesetzt. Es gibt jedoch auch Fälle für die schärfere Begrenzung z. B. da, wo sich an der vorderen Circumferenz des basalen Abschnittes, wie bei Pachyceypris, ein tuberkelartiger Fortsatz erhebt (Taf. IX, Fig. 6 Zw). Aber auch da liegt die mediale Seite des Abschnittes nicht frei dem Kopf- integumente auf, sondern erscheint in dasselbe aufgenommen und ähnlich wie dies auch an den Coxalgliedern von Extremitäten in anderen Crustaceengruppen wiederkehrt (Phronima), gewisser- massen in den Körper eingeschmolzen. Ueber die freie, durch die einlagernden Muskeln bauchig vorgewölbte Lateralfläche desselben verläuft überall von dem Leistensysteme des stets frei vorstehenden Trochanters aus eine lange, meist noch einen schwächeren seitlichen Ast tragende Chitinleiste (Taf. IV, Fig. Z), derer dorsales Ende sich an das Ende der die vordere Antenne stützenden Leiste (Z‘) anlegt. Von den vier nachfolgenden Antennengliedern, welche dem Endopoditen entsprechen dürften, setzt sich das proximale Glied (171) 26 C. Claus: als Femur (Fe) unter einem dorsalwärts geöffneten, je nach dem Grade der Beugung grösseren oder kleineren Winkel knieförmig ab. An seiner Basis von einem Leistenwerk umrahmt, welches mit dem des Trochanters an mehreren Punkten beweglich artieulirt und distalwärts einige Ausläufer über die Integumentflächen entsendet, trägt der Femur nahe seinem Endrande an der medialen Seite eine charakteristische Gruppe (2g‘) von drei wie Zinken neben einander stehenden Borsten, von denen die obere dorsale sehr lang ist, die beiden anderen in ungleichem Grade sehr verkürzt sind. Denselben gegenüber am distalen Ende des Unterrandes inserirt sich stets. eine sehr lange Borste (Taf. IV, Fig. 1). Der zweite ebenfalls langgestreckte Abschnitt des Endopoditen, die Tibia (75), verjüngt sich nach dem Ende zu beträchtlich und ist gegen den ungefähr gleichlangen Femur knieförmig, aber in umgekehrter Richtung wie dieser gegen den Trochanter, also ventral- wärts gebeugt. Am ventralen Rande desselben, der Basis mehr oder minder genähert, erhebt sich die charakteristische Sinnesborste (82), die ich schon vor drei Jahrzehnten als Spürborste beschrieb. Ich unterschied an derselben einen engeren Stiel, einen etwas erweiterten Endkolben und den die Spürfunction vermittelnden, zum Stiele herantretenden Nerven.!) Seitdem ist dieser Anhang von vielen Beobachtern wieder gefunden und in derselben Weise gedeutet worden, freilich in der Regel ohne Bezugnahme auf meine frühere Be- schreibung und Deutung. Ich glaubte schon damals die Function dieser und ähnlicher Cutieularanhänge bei Crustaceen in der Prüfung chemisch-physikalischer Veränderungen des Wassers, also gewisser- massen in der eines Uebergangssinnes zwischen Geruch und Ge- schmack bestimmen zu können und bin auch jetzt noch der gleichen Meinung von der Bedeutung solcher als „Spürborsten oder Spür- fäden“ zu bezeichnenden Gebilde Nahe dem Distalrande trägt die Tibia in einer Querreihe geordnet an ihrer Medialseite sechs oft dicht befiederte Borsten (Bg“), welche mit Ausnahme der stets kurz bleibenden, dem Dorsalrande am nächsten stehenden Borste bei den zur Schwimmbewegung besonders befähigten Arten eine ausser- ordentliche Länge erreichen und über die Hakenklauen des End- gliedes hinausreichen können. Dieses überaus charakteristische Bündel von Schwimmborsten scheint bei den mehr kriechenden als schwimmenden Formen ver- '!) C. Claus, Ueber die blassen Kolben und Cylinder an den Antennen der Copepoden und Östracoden. Wiener naturw. Zeitschr. 1860, Bd. I, pag. 238, Taf. VII, Fig. 9a. (172) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 27 kürzt (Herpetocypris), beziehungsweise rückgebildet (Can- dona, Typhlocypris) und zeigt in seiner Länge und Aus- bildung des Fiederbesatzes auch innerhalb der Gattung Cypris mancherlei Verschiedenheiten. Weit über die Spitze der Hakenklauen hinaus reichen diese fünf Schwimmborsten bei Notodromas, Cypria und Cyelocypris. Ganz allgemein findet sich an der Ventralseite des schräg ab- gestutzten Distalrandes eine Borste von ansehnlicher Länge. Der nun folgende Abschnitt, der Protarsus (Zts), erscheint stets schmäler und meist auch beträchtlich kürzer als die voraus- gehende Tibia, gegen weiche derselbe in gleicher Weise winkelig bewegt werden kann. In seiner Mitte schwach eingeschnürt, nur selten durch eine quere Contur in zwei unter einander nicht be- wegliche Stücke abgetheilt, trägt der Protarsus am oberen und unteren Rande nach vorne gerichtete Borsten, während der schräg abgestutzte Distalrand mit einer Anzahl längerer Borsten und drei nicht immer gleich langen, aber überall doppeltgekerbten Haken- klauen bewaffnet ist (Taf. IX, Fig. 6, m, m‘, l). Von diesen gehören zwei (m, m‘) der medialen und eine (Z) der lateralen Fläche an. Die letztere inserirt dorsalwärts von dem stets kurzen und schmalen Endgliede, dem Tarsus, welcher einige Borsten und zwei ebenfalls feingezahnte Hakenklauen trägt (x, £), von denen die eine als Nebenklaue (%) in der Regel beträchtlich schwächer bleibt. Das Grössenverhältniss der Hakenklauen des Protarsus und der Haupt- und Nebenklauen des Tarsus zeigt nach den einzelnen Arten Verschiedenheiten, die als Erkennungsmerkmale zur Charak- terisirung zu verwenden sind. Während z. B. bei Cypris virens, und ähnlich bei C. pubera (m‘), die dorsale der beiden medialen Hakenklauen des Protarsus am stärksten ist, und die laterale an Länge nur wenig zurückbleibt, dagegen die Nebenklaue des Tarsus nicht viel über die halbe Länge der Hauptklaue hinausreicht (Taf. IV, Fig. 1), erscheint die laterale bei Cypris ovata Zadd. (dromedarius Fisch.) überaus schmächtig, und die untere me- diale Hakenklaue am kräftigsten, die Nebenklaue des Tarsus bleibt dagegen borstenförmig. Bei Pachycypris Leuckarti (Taf. IX, Fig. 6) ist die laterale Hakenklaue (/!) kurz und schmächtig, die Nebenklaue des Tarsus (£) fast so lang als die Hauptklaue (x). Bei Acanthocypris bicuspis sind die sehr gestreckten Hakenklauen fast gleich lang und nur die Nebenklaue des Tarsus ist etwas kürzer und schmächtiger (Taf. VIII, Fig. 4-6). 283 C. Claus: Bei den Herpetocyprisarten sind die Hakenklauen über- haupt relativ kurz, besonders die laterale des Protarsus, sowie die Nebenklaue des Tarsus, welche bei H. reptans nur die halbe Länge der Hauptklaue (Taf. IV, Fig. 13, 14) erreicht, bei H. strigata merklich stärker wird. Vävra, welchem übrigens die Nebenklaue am Tarsus dieser Untergattung entgangen ist, hat bei H.strigata auch noch eine zarte Sensitivborste unterschieden. Ich finde diese Borste auch bei H. reptans wieder (Taf. IV, Fig. 14 82°), und zwar in ähnlicher Form und Gliederung wie die Spürborste der Tibia. Spürborsten finden sich aber auch, worauf bereits Vävra auf- merksam gemacht hat, am Protarsus der männlichen Antenne bei Notodromas, Candona, Uypria, während dieselben an den männlichen Antennen der Gattung Oyclocypris, Heterocypris (H.incongruens) und ÖOyprois fehlen. Es sind zwei (bei Noto- dromasnureine) langgestreckte, am Ende eigenthümlich differenzirte, wie mit einem zarten Anhang besetzte Borsten, welche stets an der Lateralseite, und zwar in der Mitte des Protarsus aufsitzen, welcher an dieser Stelle durch eine Quercontur scheinbar wie in zwei!) Glieder abgetheilt ist. Ich will mich an diesem Orte nur auf wenige Bemerkungen über diese ausschliesslich im männlichen Geschlechte vorkommenden Sinnesborsten beschränken und hervorheben, dass die terminalen Differenzirungen in derselben Weise wie die der tibialen Spürborste zu beurtheilen sind, wenn sie auch kürzer bleiben und der Form nach z. B. bei Cypria punctata (Taf. VI, Fig. 1, 1‘, &, Fig. 1, 85‘, 82‘) und Candona compressa (Taf. VI, Fig. 2 und 3, sowie 3‘, Sb, 8b‘, 86‘) Verschiedenheiten bieten. Oberlippe und Hypostom. Die Oberlippe der Cypriden ragt als helmförmiger Auf- satz weit über der Mundöffnung hervor und wird durch eine Art Unterlippe zur Herstellung eines umfangreichen Atriums ergänzt. Die untere ziemlich flache Wand der Oberlippe bildet die Decke, die Unterlippe den Boden des Atriums, in welches von der Seite der bezahnte Kaurand jeder Mandibel eingreift. Man kann sich von diesem Lagenverhältniss am besten durch Betrachtung des aus der Schale präparirten Thierleibes, sowie an verticalen und horizontalen Schnitten überzeugen (Taf. I, Fig. 2, Taf. II, Fig. 1,7, Taf. III, Fig. 1-3). !) Es handelt sich hier nicht um wirkliche, durch Muskeln bewegliche Glieder, sondern nur um Scheinglieder, ähnlich wie auch bei einigen Cyprisarten an der Tibia des Vorderbeines, welche durch eine Quercontur in zwei Scheinglieder getheilt ist. (174) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 29 Während sich die Oberlippe in den Stirnabschnitt des Kopfes fortsetzt, von welchem sie durch eine quer verlaufende Chitin- spange (Q/) abgegrenzt werden kann, erstreckt sich die Unterlippe als gewölbte, kielartig vorspringende Chitinplatte über die Region der Maxillen und Maxillarfüsse hinaus und wurde in diesem hinteren, gewissermassen über die Brust des Thieres ausgedehnten Abschnitt von W. Zenker als Brustbein bezeichnet. Nur das vorderste, den Lippenrand bildende Stück liess Zenker als Unterlippe gelten; dasselbe ist jedoch von dem hinteren Abschnitt nicht abzugrenzen und wird im Verbande mit diesem am passendsten als Hypostom bezeichnet. Beide miteinander eng verbundenen Erhebungen erfahren aber durch Chitinverdiekungen ihres Integumentes bemerkenswerthe und schwierig zu deutende ceuticulare Differenzirungen, deren erste freilich mancher Correcturen bedürftige Beschreibung wir W. Zenker verdanken. Wie derselbe richtig hervorgehoben hat, wird die Ober- lippe jederseits durch zwei nach oben aufsteigende Doppelleisten (ec) gestützt, von denen ein nach vorne abgeschickter Zweig sich mit dem der anderen Seite in der Mittellinie verbindet. Diese bogen- förmige Verbindungsspange (Ql) ist es, welche wir als die Grenze von Stirn und Oberlippe betrachtet haben. Während die beiden aufsteigenden Stützleisten nach oben zusammenlaufen, sind dieselben an der Abgangsstelle der Bogenspange (Q/) durch eine kurze Quer- brücke verbunden, so dass sie ein langgezogenes Dreieck bilden, dessen Grösse und Form nach den Arten wechselt. Auch geht eine schon von Zenker beobachtete schleifenförmige Chininleiste (5) ab- wärts nach hinten. Am Ursprung der Bogenspange wurzelt noch eine lange schwach gekrümmte Leiste (Taf. I, Fig. 2 Fr/), welche über die Seiten der Stirn nach oben bis zum Basalgliede der vorderen Antennen verläuft und deshalb als Frontalleiste unterschieden werden kann. Dieselbe gibt nach vorne eine oder zwei und dann untereinander und auch mit der Bogenspange anastomosirende Leisten ab, welche über den Seiten des Gehirnes liegen und deshalb W. Zenker Anlass zur Bezeichnung als „Hirngestell“ gaben (Taf. I, Fig. 5a; Taf. I, Fig. 1a). In Form und Stärke erweist sich dieses Spangenwerk sehr variabel, jedoch für jede Art charakteristisch, so dass dasselbe zur Artunterscheidung benutzt werden kann. Das vordere Ende der Querbrücke beider durch jene zu einem langgezogenen Dreieck verbundenen Leisten (cc) setzt sich nach Abgabe der Bogen- leiste in eine Leiste nach dem Seitenrande der Oberlippe fort, welche diese umzieht und sich am vorderen Rande bogenförmig mit (175) 30 C. Claus: der der anderen Seite verbindet (ZRl). Neben der oberen Rand- leiste der Oberlippe findet sich noch ein Chitinspangenpaar (Epl) in der Deckenwand des bislang als Mundhöhle gedeuteten Atriums. Diese Spangen beginnen einander genähert am Vorderrande und verlaufen etwas divergirend bis zum Ende der Decke, um bogen- förmig gekrümmt, zuweilen knopfförmig verdickt, dem Seiten- rande der Öberlippe anzulehnen. Es sind die Stützen der mit Här- chenreihen (Taf. II, Fig. 2 Epl) zierlich bekleideten Atrialdecke und mögen daher als Gaumen- oder besser Epipharyngealleisten be- zeichnet werden. Dazu kommt noch jederseits eine hintere Lippen- randleiste (Rl‘), welche aus dem hinteren Ende der kürzeren oder längeren Querbrücke des dreiseitigen Leistenwerkes entspringt und in weitem Abstande von der vorderen Randleiste nach vorne in einer kurzen, dreiseitigen Spange winkelig umbiegt. Die letztere, einem Strebepfeiler ähnliche „Pfeilerspange* (Pf) verläuft vom Ende der lateralwärts ausgespannten hinteren Randleiste schräg medialwärts nach vorne und endet median mit der entsprechenden Spange der anderen Seite nahe der Atrialdecke unter der im Grunde der Oberlippe gelegenen Mundöffnung (Taf. II, Fig. 20). W.Zenker hat diese Spange auf das rechenförmige Organ bezogen und als Ansatzstück desselben, welches den bewegenden Muskeln zur An- heftung diene, beschrieben und abgebildet (l.c. Taf. I, Fig. 14a). Auf die hintere Randleiste (R/‘), die fast um die Länge der Atrialdecke kürzer ist als die vordere Randleiste (Rl), geht vom proximalen Abschnitte dieser letzteren die Chitinhaut über, so dass die Oberlippe jederseits einen dem Seitenschirm eines Helmes vergleich- baren Fortsatz erhält. Zwischen den beiden Fortsätzen der Oberlippe verläuft der Anfangsabschnitt der Speiseröhre (Taf. II, Fig. 4 Oes). Das unterhalb der Oberlippe nach hinten folgende Hypostom (Hp) stehtin seinem vorderen als Unterlippe bezeichneten Abschnitt mit jener durch das Integument der Seitenwand und durch die rechenförmigen Organe, welche sich an die Pfeilerspangen anlegen, in Verbindung. Man kann das Hypostom einem vorne verbreiterten und schräg abge- stutzten, nach hinten verschmälerten Kahne mit stark vorspringendem Kiele vergleichen (Taf. II, Fig. 1, 3, 4,5 Zp) und an demselben einen die Lippe bildenden Vorderrand, einen sehr langen winkelig geknickten Dorsalrand und einen kurzen, tief gablig ausgebuchteten Hinterrand unterscheiden. Der Vorderrand ist in gleicher Weise wie der dorsale von einer Chitinleiste eingefasst und trägt jederseits einen lang bewimperten Hautsaum, welcher dem Lippentheil des Hypostoms entspricht und den Paragnathen (Taf. II, Fig. 3, 4, 5, 6 Pg) verglichen (176) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. al werden kann. Dorsalrand und Hinterrand sind fest in das In- tegument eingelagert. Der Vorderrand scheint bei seitlicher Be- trachtung des Hypostoms in direceter Fortsetzung der ventralen Kiel- eontur zu liegen (Fig. 1), ist indessen winkelig vom vorderen Theile des Rückenrandes abgesetzt, welcher mit dem Seitenschirm der Oberlippe, und zwar an dem Ursprung der Pfeilerleisten durch zwei zarte Chitinleisten (Fig. 6, WI!) in der Art verbunden ist, dass der Vorraum des Mundes unterhalb des Randes der Oberlippe jederseits von dem vorderen Rande des Hypostoms und den beiden median zusammentretenden Paragnathen umgrenzt wird. Der hintere Theil des Rückenrandes, welcher dem verschmälerten Abschnitt des Hypostoms angehört, erscheint mehr oder minder tief ausgebuchtet und vom Ende des vorderen Theiles des Rückenrandes durch ein zartes, in einen Hakenfortsatz der Randspange übergehendes Leisten- netz abgegrenzt, von welchem meist eine Chitinleiste schräg medial nach dem Vorderrande verläuft. Der von diesem und den Paragnathen gebildete Lippentbeil des Hypostoms erscheint mulden - förmig vertieft und stellt mit seiner als Hypopharynx zu be- zeichnenden Auskleidung den Boden der Atrialhöhle her. Der Hypopharynx besteht aus den beiden rechenförmigen Organen und einem schmalen zwischen denselben gelegenen medianen Gerüst von Chitinleisten nebst complieirtem Härchenbesatz. Die ersteren waren zuerst von W. Zenker als rechenförmige Kauorgane gedeutet und im Wesentlichen bereits richtig beschrieben. Unrichtig war jedoch die Miteinbeziehung der Pfeilerleisten „als Basis des Rechens“ (]. ce. Taf. I, Fig. 14«) und die Deutung desselben als Kauorgan. Wir haben an dem rechenförmigen Organe lediglich einen Stil (St) und einen zu diesem rechtwinkelig gestellten, mit Zähnen besetzten Rechen (%) zu unterscheiden. Der erstere ist an der Verbindungsstelle von Oberlippe und Unterlippe, an das Chitinskelet befestigt, und zwar liegt diese Befestigung an den Pfeilerleisten. Somit muss der Rechen von der Mundöffnung entfernt, nach dem freien medialen Theile des Vorderrandes der Unterlippe gewendet sein. Auch bleibt der Apparat bei sorgfältiger Präparation nicht, wie Zenker angibt, in der Oberlippe, sondern in dem Boden der Vor- höhle an der Vorderwand der Unterlippe haften und ist als ein Chitin- gebilde der letzteren zu betrachten (Taf. II, Fig. 6; Taf. III, Fig.2 RO). Die späteren Autoren haben sich meist Zenker’s Beschrei- bung und Deutung angeschlossen. S. Fischer!) glaubte jedoch den ') 8. Fischer, Beitrag zur Kenntniss der Ostracoden. München 1855 (pag. 4, Taf. I, Fig. 54,55). Fischer hat in Fig. 54 einen Theil des Chitinleistennetzes am (177) 32 C., Claus: Rechen auf einen Theil der Maxille beziehen zu müssen und sah in demselben ein zum Kauen dienendes Organ, das als dreieckiges Stück mit dem Kiefer in Verbindung stehe und andererseits „mit einer Chitinader der Oberlippe“ zusammenhänge. Dieser leicht erkenn- bare Irrthum wurde von einem jüngeren Autor +) noch überboten, welcher die rechenförmigen Kauorgane als „umgebildete Oberkiefer “ deuten und als „inneres erstes Kieferpaar“ bezeichnen konnte, ein Irrthum, vor welchem schon die Bekanntschaft mit den Elementen der Crustaceen- und Ostracoden-Morphologie hätte schützen müssen. Das mit Haaren besetzte Läppchen, welches nach Zenker (vergl. dessen Fig. 14e) in den freibleibenden Raum zwischen die Rechen verlegt und als „bewegliches zungenförmiges* Organ darstellt, das „die Speisen immer wieder zwischen die Zahnreihen treibe“, ent- spricht dem behaarten, als Paragnathen bezeichneten Hautsaum, welcher nicht innerhalb der von Zenker als Schlund gedeuteten Cavität des Atriums liegt, sondern dieselbe am Unterlippenrande ausserhalb der rechenförmigen Organe umgibt. Demnach beruht auch die Angabe über die Function desselben lediglich auf einer irrthüm- lichen Vorstellung des Autors, in gleicher Weise wie die wohl von allen späteren Autoren und jüngst noch von Vävra acceptirte Meinung, als ob die Zähne beider Rechen ineinander greifen und wie die gegen einander wirkenden Zähne beider Mandibeln die Nahrung zerkleinern könnten. Eine solche Bewegung würde nur dann möglich sein, wenn die beiden Rechenstiele ähnlich wie die Laden beider Mandibeln durch einen transversalen Muskel verbunden wären. Die rechen- förmigen Organe entbehren jedoch solcher Muskeln. Bewegungen könnten älso nur indirect durch Bewegungen der Unterlippe, in deren Wand die Rechen eingebettet liegen, bewirkt werden. Diese Bewegungen sind jedoch, nach Massgabe der an Chitinleisten heran- tretenden Muskelbündel nicht der Art, dass ein Aufeinanderwirken der Zahnrechen beider Reihen stattfinden könnte. Ebensowenig wie die Zähne der Rechen haben die Zähnchen, welche am vorderen Theile eines jeden Seitenrandes der Oberlippe bis zu einem medianen von Härchen bekleideten Ausschnitt jener sich erheben, eine direete Be- Winkel des Atriums, jedoch nicht in intactem Zustande abgebildet. Das, was er als behaartes Läppchen (d) abbildet, ist die das rechenförmige Organ seitlich deckende Hauterhebung des Unterlippenrandes (Paragnath), der Kautheil e ist der Rand der Unterlippe nebst Rechen in schräg seitlicher Lage. | ') H. Rehberg, Beiträge zur Naturgeschichte niederer Crustaceen (Oyclopiden und Cypriden). Iuaugural-Dissertation, Bremen 1889. (178) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 33 ziehung zum Zerkleinern der Nahrung. Vielmehr dienen dieselben, wie ganz besonders die Rechen und die von den Stielen derselben getragenen stärkeren Haarreihen, als eine Art Reussenapparat, welcher den Eintritt grösserer Nahrungskörper in die Vorhöhle des Mundes verhindert. Beide Lippen gestatten gewisse Bewegungen, durch welche einerseits die Cavität des Atriums erweitert, andererseits die Lage der Unterlippe zur Oberlippe in beschränktem Maasse verändert wird. Durch eine Gruppe dünner Muskelbündel, welche vom Integument der Oberlippe nach der Decke des Atriums verlaufen, wird die letztere sammt der epipharyngealen Bekleidung emporgezogen und die atriale Cavität nach vorne erweitert (Taf. II, Fig. 7, 8, 9). Diese als Leva- toren zu bezeichnenden Muskeln (M/‘, Mi“, Ml'") liegen vor einem Paare birnförmiger Lippendrüsen (ZDr), die unmittelbar am Munde in den Anfang der Speiseröhre einmünden und wohl als Speichel- drüsen zu betrachten sein dürften, wie ja ähnliche Drüsen auch in der Oberlippe bei anderen Entomostraken fast allgemein angetroffen werden. Die hinter dem grossen Drüsenpaare herabziehenden stärkeren Muskeln sind Levatoren des Oesophagus (Taf. II, Fig. 1 L Oe), der schräg dorsalwärts nach hinten aufsteigende mächtige Muskel (PAM) ist der Vorzieher des Reibmagens. Die Bewegungen der Unterlippe und der im Boden derselben eingebetteten rechenförmigen Organe werden durch Muskeln besorgt, welche von der Endoskelet- platte zu dem vorderen medialen Theile der Unterlippe und den beiderseitigen Dorsalrändern derselben verlaufen (Taf. II, Fig. 1, Fig. 3, M, M', M“, Taf. III, Fig. 1-3). Zunächst ist es ein vorderes mediales Paar (M‘) schmächtiger langer Muskelbündel, welches von der Endoskeletplatte (Taf. III, Fig. 3, Ends) zwischen der Bauchkette hindurch nach vorne verläuft und unterhalb der rechenförmigen Organe am Vorderrande der Unterlippe inserirt. Dieselben Muskeln finden sich auch bei den Halocyprinen und treten auch hier von der Endoskeletplatte aus zwischen den Mandibel- und Maxillenganglien der Bauchkette hindurch zur Unter- lippe. Die beiden anderen Muskelpaare verlaufen zur Seite der Bauchkette und befestigen sich an den dorsalen Randleisten des Hypostoms (Taf. II, Fig. 3, M’ und M). Dieselben dürften die Unter- lippe von der Oberlippe abduciren und in Folge dessen die Atrial- öffnung erweitern ‚und hiermit zugleich die Stellung der Rechen zu einander etwas verändern. Wahrscheinlich hat aber auch noch ein mächtiger Quermuskel der Oberlippe (Taf. II, Fig. 2, Fig. 9, QM), der vor dem Munde die (179) 34 C. Claus: Seitenflächen dieser verbindet und im Falle seiner Contraetion nähert, eine Beziehung zur Bewegung der rechenförmigen Organe, indem er die Enden der Pfeilerleisten herabdrückt und in Folge dessen die Stellung der an denselben befestigten Enden der Rechenstiele ver- ändert. Die Mundesgliedmassen, Die Mandibeln von Cypris bestehen Ähnlich wie die der marinen Verwandten aus einem sehr umfangreichen, in einen Laden- fortsatz ausgezogenen Basalstück und einem beinartig gegliederten Taster (Taf. I, Fig. 1,2 Ma). Das erstere inserirt mit verjüngtem, scharf zugespitztem Ende, von zwei Chitinleisten des Integuments (Fig. 2 Chl) gestützt, hinter und unterhalb des in die Schale ein- tretenden Darmdivertikels (Hepatopancreas- oder Leberschlauch). In der Ruhelage erscheint der Hinterrand nach dem Distal- ende zu bauchig vorgewölbt, der Vorderrand mehr geradlinig be- grenzt und die flach gewölbte Lateralwand oberhalb des winkelig abgesetzten, kräftig bezahnten Ladenfortsatzes von Chitinleisten verstärkt, von denen die Insertion des nach vorn gerichteten Tasters umrahmt wird (Taf. IV, Fig. 2 und 8). Die mediale Wand (Taf. IV, Fig. 3) ist bis zum Ursprung des Ladenfortsatzes fast in ganzer Ausdehnung kahnförmig geöffnet und nimmt die kräftige und complieirte Musculatur auf, welche nicht nur abducirende und adducirende, sondern auch drehende Bewegungen der Mandibel ermöglicht. Der Ladenfortsatz setzt sich am Distalende des mit Muskeln erfüllten kahnförmigen Basalstückes, welches man als Griff oder Manubrium der Kaulade bezeichnen könnte, unter eigenthümlicher Torsion seiner Flächen winklig ab, so dass die Breitseiten desselben eine zur Längsachse quergestellte Lage erhalten (Taf. IV, Fig. 3, 4). Die medialwärts gewendete Schmalseite bildet gewissermassen die Kante des Kaurandes und ist mit einer Reihe charakteristisch ge- stalteter Zähne bewaffnet, welche in die seitliche Oeffnung des Atriums hineinragen und in diesem, bislang unrichtigerweise als Mundhöhle bezeichneten Vorraum zwischen Oberlippe und Unterlippe gegeneinander wirken (Taf. II, Fig. 7, 8, Taf. IIL, Fig. 1—3 Md). Bei allen näher untersuchten Cyprisarten finde ich den Kaurand der Lade mit sieben quergestellten Zähnen bewaffnet, von denen der distale am stärksten ist, während die übrigen nach dem proximalen Ende des Randes zu an Grösse abnehmen (Taf. IV, Fig. 4, 5, 6, 7). Dieselben sind mit Ausnahme des grossen zweizackigen Distalzahnes (180) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 35 dreizackig oder dreihöckerig, der Mittelhöcker bildet die geringste, der nach der Vorderseite gerichtete die bedeutendste Erhebung. Zwischen diesen Zähnen finden sich spitze Haken und Dornen, von denen die zwischen dem ersten (1) und zweiten Zahn (2) befindlichen durch Grösse und eigenthümliche Form ausgezeichnet sind. Der grösste Zahndorn ist der nach der Vorderfläche des Ladenstückes ge- wendete. Derselbe endet schaufelförmig verbreitert mit feingekerbtem Rande (5°), der zweite schwächere erscheint hakig gebogen (B“). In gleicher Weise gekrümmt und mit feinen Spitzen besetzt erweist sich die stärkere Zahnborste der nachfolgenden Gruppe. Etwas ab- weichend und durch den Besitz eines langen Zahnvorsprungs aus- gezeichnet verhält sich die proximale Zahngruppe, unter welcher zwei lange mit feinen Fasern besetzte und gebogene Bartborsten (Fig. 56) den Kaurand abschliessen (Taf. VII, Fig. 5, 6). Der beinförmige Taster besteht überall aus vier Gliedern, von denen das proximale einen langgestreckt handförmigen (Taf. IV, Fig. 2, 8, Taf. VII, Fig. 5, Taf. IX, Fig. 7) am Hinterrand mit einer langen Fiederborste, am Ende mit5 langen Fiederborsten und einer kurzen Borste besetzten Nebenanhang trägt (Taf. IV, Fig. 9). Dieser von den Autoren als Kiemenblättehen oder Athemplatte bezeichnete Anhang kann nur einem reducirten Exopoditen entsprechen. Es würde daher das proximale Tasterglied noch auf den Stamm der Gliedmasse zu beziehen sein, eine Zurückführung; welche auch durch das Verhalten des entsprechenden Tastergliedes der Halocypriden- Mandibel mit Ladenfortsatz und Tasterrudiment bestätigt wird. Der schmale fächerförmige Exopodialanhang des Mandibel- tasters scheint bei allen Gattungen und Arten der Cypriden in ziemlich übereinstimmender Form, wenn auch bald mehr bald minder langgestreckt und in letzterem Falle mehr verbreitert wiederzukehren, ja Zahl und Stellung der Borsten — fünf lange Fiederborsten und eine kurze Borste am terminalen Rande, eine lange Fiederborste auf der Aussenfläche nahe der Insertion — scheint eine für alle Cypriden constante zu sein. Auch bei Notodromas ist der gleiche Anhang vorhanden. Brady und Norman, welche für die Man- dibel dieser Gattung ein ganz anderes Verhältniss des Taster- anhanges beschreiben, haben denselben ganz übersehen, dagegen die mächtig entwickelten, nach vorn gerichteten Fiederborsten am Rande des zweiten Gliedes für den „Kiemenanhang“ ausgegeben. Am Ende des umfangreichen basalen Gliedes inserirt etwas medial eine Gruppe charakteristisch gestalteter, nach den Gattungen aber etwas differirender Borsten, von denen zwei hakig gebogen Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. X, Heft 2. 13 (181) 36 C. Claus: mit einer Doppelreihe!) von Härchen besetzt sind, während die dritte und vierte Borste von ungleicher Grösse kürzer und schwächer bleiben. Auch am distalen Rande des nachfolgenden kurzen Taster- gliedes (2) findet sich eine Ähnlich gestellte Reihe von meist sechs Borsten, zu welcher am Ende des Rückenrandes eine zweite Gruppe von drei längeren Borsten hinzukommt. Das weit umfangreichere langgestreckte dritte Tasterglied (3) trägt am Endrande sowohl dorsalwärts als ventralwärts mehrere lange Borsten, aber auch zwischen denselben an der Medialfläche eine Querreihe von Borsten, von denen die dorsale an Umfang bedeutend hervorragt und oft eine für die Art oder Gattung charakteristische Form besitzt (Taf. VIIL, Fig. 5). Das kürzere verjüngte Terminalglied ist mit fünf ungleich starken und schräg gekrümmten Endborsten besetzt. Die Maxillen (Taf. IV, Fig. 10; Taf. VII, Fig. 9, Tai Fig. 3, 4, 4°) erscheinen durch die gedrungene Form und das Auf- treten von Ladenfortsätzen so eigenthümlich gestaltet, dass sie nicht so unmittelbar auf die vorausgehenden und nachfolgenden (Gliedmassen zurückzuführen sind. W. Zenker betrachtete das „Kiemenblatt* tragende Grundstück als Basalglied und die drei ladenartigen Vorsprünge als zweites, drittes und viertes Glied, die letzte zweigliederige tasterartige Erhebung als das fünfte und sechste Glied der Extremität. Aus der Insertion des sogenannten Kiemen- blattes, welches dem Exopoditen entspricht, auf der Aussenseite des Grundgliedes geht jedoch hervor, dass dasselbe dem gesammten Stamme (Protopoditen) gleichwerthig ist und somit auch das zweite Glied in sich enthält, zu welchem der untere Fortsatz als Lade zu beziehen sein würde. Da die beiden nächstfolgenden Fortsätze mit Chitinleisten in das Stammglied einspringen und durch besondere Muskeln bewegt werden, so erscheint es wohl gerechtfertigt, die- selben als besondere Glieder zu betrachten und auf das erste und zweite Glied des Endopoditen zu beziehen, von welchem der Taster das dritte und vierte Glied sein würde. Die Lage der Ladenfortsätze und des zweigliedrigen Tasters ist die umgekehrte von der Lage, ) Diese Härchen stehen in zwei Parallelreihen, und scheinen bei seitlicher Betrachtung der Borste nach einer Seite gerichtet, weshalb sie leicht die irrthüm- liche Vorstellung einer einseitigen Befiederung vortäuschen. Vergl. G. S. Brady, A Monograph of the recent British Ostracoda. Transactions of the Linn. Soc. Vol. XXVI, 1866, pag.380. — G. 8. Brady and Norman, Monograph of the marine and freshwater Ostracoda of the North Atlant. and North Western Europa. I, Dublin 1889, pag. 95. (182) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. af wie sie W. Zenker dargestellt hat, da der Taster bei normaler Haltung der Maxille an der Lateralseite des dritten Ladenfortsatzes entspringt. Der obere, durch seine besondere Bewaffnung zur Charakteri- sirung der Art verwerthbare Ladenfortsatz sowie die beiden folgenden Laden liegen den kielförmig vortretenden Seitenflächen des Hypostoms auf, so dass sie sich in der Seitenansicht des Thieres theilweise decken, dagegen bei der Betrachtung des Thieres von der Bauch- seite in ihrer Flächenlage sichtbar werden (Taf. X, Fig. 3). Das Schaftstück der Gliedmasse ist nach hinten bauchig auf- getrieben und an der Insertion der exopodialen Fächerplatte von Chitinleisten umrahmt, deren hakig gebogenes Ende (Taf. IV, Fig. 10 £5) sich an den dorsalen Ausläufer des Leistennetzes des Maxillarfussschaftes anlehnt (Taf. III, Fig. 5, Taf.. IV, Fig. 11). Der früher als Athemplatte bezeichnete Exopodit stellt eine langgezogene trigonale Lamelle dar, deren kurze Seite die Basis der Insertion bildet. Von den beiden langen Seiten ist die kürzere glattrandig und bei manchen Arten etwas aufgetrieben, die längere mit einer Reihe mächtiger Borsten besetzt, deren Zahl und Form sich nach den Gattungen und Arten verschieden verhält. Man unter- scheidet ein vorderes nach vorn gerichtetes Büschel von fünf schmalen langen Haarborsten, von den die ganze Länge des Randes um- säumenden, wie die Zacken eines Kammes nebeneinander stehenden Fiederborsten, die am spitzen oberen Ende der Lamelle mit zwei kurzen Borsten abschliessen. Bei Cypris virens finden sich ausser den zwei kurzen Borsten 18 Fiederborsten, von denen die vorderen in geringem Abstand von einander und wie alle nachfolgenden mit verbreiterter Basis inseriren, die an den oberen Borsten continuirlich länger wird (Taf. IV, Fig. 10). Bei Cypris pubera sind es ausser den zwei kurzen Ter- minalborsten stets 19 Fiederborsten, welche den freien Rand be- setzen und sich überall mittelst eines gleichmässig verbreiterten Sockels erheben. Ueberaus zierlich nimmt sich ein System von Chitinleisten aus, welches die Sockel von einer die Kante begrenzenden Leiste umzieht und über jede Borste eine zarte Längsleiste entsendet (Taf. III, Fig. 4). In die Lamelle treten von dem Schaftstücke aus mehrere Muskeln (M‘) ein, von denen zwei eine bedeutende Länge er- reichen und die Bewegung in verticaler Ebene nach vorn und hinten vermitteln, während eine zweite, zu jener rechtwinkelig verlaufende 13* cıs3) 38 0. Claus: Gruppe von Muskeln (M‘) die seitliche Lageveränderung zu reguliren scheint. Das freie Distalende jeder der drei Kieferladen ist mit ver- schieden starken, mässig gekrümmten Borsten besetzt, von denen zwei am Eindrande der dritten, auf dem Taster folgenden Maxillar- lade durch ihre Grösse hervortreten und besondere, nach den Arten verschiedene und deshalb zur Artunterscheidung verwerthbare Merkmale bieten. Bei C. pubera (Taf. IV, Fig. 12) sind z. B. diese beiden Zahnborsten mit seitlichen Stacheln bewaffnet, ebenso bei Cypris fuscata, Heterocypris incongruens und bei Acanthocypris bicuspis (Taf. VII, Fig. 9%, in anderen Fällen wie bei C. virens (Taf. IV, Fig. 10%) und ovata sind dieselben glatt. Bei Pachyeypris sind drei stärkere Zahnborsten vorhanden, von denen nur die mittlere zweiseitig bedornt ist (Taf. X, Fig. 4°). Bei anderen Formen wird die Zahl derselben dadurch grösser, dass die benachbarten Borsten die gleiche bedeutende Stärke gewinnen (Cyprois flava). Der Kieferfuss (Taf. II, Fig. 3, Mof, Fıe/5 GaEszE Fig. 11, Taf. VII, Fig. 10, Taf. X, Fig. 3 Mxf, Fig/5r Bene früheren Arbeiten habe ich hervorgehoben, dass wir die gewöhnlich als zweites Maxillenpaar gedeutete Gliedmasse nicht nur bei den Halocypriden, sondern auch bei Cypris und Verwandten mit Rücksicht auf Form und Verwendung als Kieferfuss zu bezeichnen haben. Der Kieferfuss verhält sich im Larvenalter') von Cypris und bei einzelnen Gattungen (Bairdia, Darwinula), sowie bei den Halocypriden zeitlebens als Beinpaar, indem der dreigliederige Endopodit desselben eine dem nachfolgenden Beinpaare ähnliche Gestalt und Borstenbewaffnung besitzt. Wenn nun auch dieser ursprüng- lich vorwiegende Gliedmassenabschnitt später durch Verschmelzung zunächst seiner proximalen Glieder und dann meist auch des kurzen Endgliedes dem mit einem Kaufortsatz bewaffneten Stamme nur als einfacher Taster aufsitzt, an dessen Ende drei Borsten ent- springen, so wird doch durch dieses Verhalten die genetisch be- gründete Auffassung bestätigt, nach der wir die Gliedmasse nicht als zweite Maxille, sondern als Kieferfuss zu betrachten haben. Der dem Stamme der Gliedmasse entsprechende basale Ab- schnitt ist zwar nicht weiter gegliedert, aber doch wohl auf !) Vergl. C. Claus, Beiträge zur Kenntniss der Ostracoden. I. Entwicklungs- geschichte von Cypris. Marburg. 1868. — Derselbe, Monographie der Halocypriden. Wien 1891. (154) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 39 zwei verschmolzene Glieder zurückzuführen, von denen das distale den schräg nach vorn vorspringenden und mit Zahnborsten bewaff- neten Kieferfortsatz bildet und dorsalwärts als Exopoditen die kurze dreiseitige, am verbreiterten Endrande mit nur sechs gefie- derten Borsten besetzte Fächerplatte trägt, die sich aber auch auf drei Borsten (Candona, Typhlocypris) reduciren, beziehungs- weise ganz verschwinden (Notodromas) kann. Oberhalb der kleinen nach hinten gerichteten Fächerplatte bildet der Hinterrand des Schaftes eine rundliche Verwölbung, welche medial und lateral von einem charakteristischen Cbitin- leistennetze gestützt wird. Es dürfte dieser Theil auf den basalen Abschnitt des Schaftes zu beziehen sein, da an demselben die drei- lappige Kieferdrüse mündet. Am stärksten erscheint das Chitingerüst an der Medialseite entwickelt, indem es hier einen nach vorn gerichteten gabeligen Fortsatz bildet, welcher am Ende der gürtelförmigen Chitin- spange des Hypostoms (Unterlippe) suspendirt ist (Taf. III, Fig.5, Hp). An dieser Stelle setzt sich noch eine zweite Chitinleiste an, welche die erste schräg kreuzend in schwachem Bogen nach dem Hinter- rande des Schaftes verläuft und über diesen hinaus im Integument des Körpers haftet. Unter stärkerer Vergrösserung erweist sich die- selbe aus zwei dicht nebeneinander liegenden und zu einem schmalen Rahmen vereinigten Leisten gebildet, welche nach vorn wieder ein dreiseitiges Netz zur Verbindung mit dem Endbügel des Maxillen- schaftes entsenden (Taf. IV, Fig. 11 #5). Der Vorderrand des Maxillarfussschaftes ist beträchtlich kürzer als der hintere und mit zwei Borsten besetzt. Nach vorn fällt derselbe schräg ab und setzt sich direct in den medialen Rand des breiten, schwach schaufel- förmig gebogenen Ladenfortsatzes fort. Dieser ist an seinem breiten Vorderrande mit gekrümmten Borsten besetzt und liegt ziemlich horizontal etwas hinter und medial von den Ladenfortsätzen der Maxille der Seite des Hypostoms an (Taf. X, Fig. 3). Es ist mir bei solchen Lagenbeziehungen und unter Berück- sichtigung des schwachen Borstenbesatzes nicht wahrscheinlich, dass Kiefer und Kieferfuss einen Antheil am Kaugeschäft haben, welches lediglich von den kräftig bezahnten Mandibelladen im Atrium des Mundaufsatzes besorgt werden dürfte. Die Function derselben scheint vielmehr vornehmlich darin zu bestehen, die Nahrungstheile hinter dem breiten Vorderrande des Hypostoms zu sammeln und in das Atrium zwischen die Laden der Mandibeln zu bringen. Bei dieser Arbeit ist wohl der zweigliederige, lateral ge- legene Maxillartaster in gleicher Weise betheiligt. (185) | 40 0 Ola; Im männlichen Geschlechte fungirt der nach hinten gerichtete Beinanhang ähnlich wie der Endopodit des vorderen Beinpaares der Cladoceren als Greiforgan und ist entweder zu einem grossen einfachen, hakenförmig gebogenen Gliede (Candona) oder zu einem zweigliederigen, mit einem Greifhaken endigenden Anhang umgestaltet. Ueberall verhält sich derselbe an beiden Seiten unsymmetrisch, indem die Gestalt der Hakenklaue, sowie der Träger derselben an der rechten und linken Seite verschieden sind. Diese meist sehr ausgeprägte Asymmetrie tritt erst nach der letzten Häutung mit der Geschlechts- reife auf, im letzten Stadium der Jugendform (Taf. VI, Fig. 5, 5‘) sind noch beide Beinanhänge von nahezu gleicher Gestalt und nicht weiter gegliedert; an der unter der Cuticula durchschimmernden Anlage des spätern Greiftasters macht sich jedoch der Unterschied schon in vollem Maasse geltend. In diesem Alter besteht auch keine merkliche Differenz zwischen dem männlichen und weiblichen Bein- anhange, welch’ letzterer auch am geschlechtsreifen Thiere fast bei allen Gattungen jeder Gliederung entbehrt, dagegen — und dieser Umstand verdient eine besondere Beachtung — in früheren Ent- wicklungsphasen, im fünften und sechsten Stadium '), in drei Ab- schnitte gegliedert ist. Bei den meisten Arten besteht der Beinanhang sowohl des rechten, als des linken Maxillarfusses aus zwei Gliedern, einem langgestreckten proximalen Gliede und einem hakig gebogenen Distalgliede von verschiedenem Umfang. Das erstere dürfte dem ver- einigten Femur und Tibialstücke entsprechen, das letztere als der Tarsus mit der terminalen Borste zu betrachten sein. Ueberall finde ich das äusserste Ende des Hakengliedes in eine blasse, oft mit papillentörmiger Verbreiterung beginnende Spitze ausgezogen, welche wohl Sitz eines feinen Tastgefühls sein dürfte und auch ein zartes centrales Fädchen als muthmasslichen Nerv erkennen lässt (Taf. VI, Fig. 7‘, Fig. 10). In gleicher Weise erheben sich auch an dem Innenrande des proximalen Abschnittes, der Insertion des Haken- gliedes genähert, zwei in blasse Tastspitzen auslaufende Höcker oder Papillen, welche schon im letzten Entwicklungsstadium als Dornen oder Borsten angelegt sind (Fig. 5, 5%), auch eine ähnliche Form im ausgebildeten Zustand bewahren können (Fig. 10, 10°). Den grössten Umfang erreichen die als Greiftaster fungirenden Beinanhänge bei Notodromas (Taf. 4, 4%). Dieselben wurden !) Vergl. C, Claus, Beiträge zur Kenntniss der Östracoden. I. Entwicklungs- geschichte von Cypris. Marburg 1868 (Taf. II, Fig. 14, 15, 16 e). (186) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 4l bereits von Liljeborg, W. Zenker und in jüngster Zeit von Vavra genau beschrieben und abgebildet. Auch hier sind die zarten Sinneshaare vorhanden, und zwar an dem ungleich längeren rechts- seitigen Greiftaster als kolbiger Anhang mit lang ausgezogenem Tasthaar (Fig. 4° 8), an dem linksseitigen sind es zwei kurze, auf Papillen stehende Spitzen. Auchbei Cyprois flava erreicht der Greiftaster am Maxillar- fuss des Männchens eine ansehnliche Grösse und erscheint an der linken Seite durch das Vorhandensein eines Fortsatzes des proximalen Gliedes fast zangenförmig. Die Sinneshaare an der Spitze des Haken- gliedes und am Ende des proximalen Gliedes sind wohl entwickelt (Fig. 6, 6%). In der Cyprisgruppe differiren die beiderseitigen Greiftaster bedeutender. Bei Heterocypris incongruens und ähnlich bei Cyprinotus dentato-marginatus (Baird) ist das Hakenglied des rechten Tasters helmförmig aufgetrieben und mit der Spitze, welche auf stark chitinisirtem Höcker mit zarten Tast- faden endet, wieder umgebogen. Am proximalen Gliede erheben sich zwei in zarte conische Spitzen auslaufende Fortsätze (Fig. 7‘). Da- gegen erscheint linksseitig das Hakenglied schmal und stark gekrümmt, das Proximalglied länger und gestreckter als das der rechten Seite. Auch zeigen die drei Tastspitzen eine andere Form (Fig. 7). Für die beiderseitigen männlichen Greiftaster von Cypria compressa (punctata) (Fig. 8, 8°) und Cyeloeypris ovum (Fig. 9, 9°) verdanken wir bereits W. Zenker zutreffende Be- schreibungen und Abbildungen (1. ec. Taf. III A, Fig. 4, 4° B, Fig. 3); in gleicher Weise hat dieser Autor auch für Öandona candida (l. c. Taf. II D, Fig. 2 u. 3) die beiderseitigen Maxillarfüsse mit ihren Greiftastern richtig dargestellt. Es bleibt nur hinzuzufügen, dass auch bei den Candonaarten wie bei denen jener Gattungen die drei zarten Tasterspitzen in ähnlicher Form vorhanden sind (Taf. VI, Fig. 10, 10%), dass aber eine Abgliederung des Hakenstückes von dem Träger desselben im Gegensatze zu allen andern bekannten Greif- tastern unterblieben ist, und somit das dem letzten Entwicklungs- stadium anschliessende Formverhältniss erhalten ist. Auch hier endet der linksseitige Taster mit einem schmäleren und stärker gebogenen Haken, während der rechtsseitige ähnlich wie bei Heterocypris incongruens stark aufgetrieben erscheint. Die Beinpaare. Das vordere der beiden Beinpaare inserirt dicht hinter dem Kieferfusse und ist wie der Endopodit desselben nach hinten ge- (187) 42 C. Claus: richtet. Auch wiederholt das Bein in bedeutenderer Grösse und aus- geprägterer Gestaltung die für das jugendliche Alter des Kiefer- fusses charakteristische Form und Endigungsweise. Nach der bereits von Zenker, Fischer, Liljeborg und den meisten der späteren Autoren gegebenen Darstellung besteht das vordere Beinpaar aus fünf Gliedern, von denen das basale ziemlich vertical ventralwärts, die übrigen gegen einander in verschiedenem Grade winkelig gebeugt nach hinten gerichtet sind. Das basale, von einem zierlichen Leistenwerk bekleidete Glied (a) wurde von sämmtlichen Autoren zu kurz dargestellt, indem dieselben den oberen dorsalen Abschnitt desselben entweder gar nicht oder doch nur unvollständig (G. O. Sars) und ohne das auf der Aussenseite sich hinziehende langgezogene System von Chitinspangen (Taf. V, Fig.1, Taf. VII, Fig. 11 [1 2], Taf. X, Fig. 6) in die Gliedmasse ein- bezogen. Meiner Meinung nach kann es nicht in Frage kommen, dass dieser umfangreiche Theil nicht einfach der Körperwand entspricht, sondern auf das Grundglied des Extremitätenstammes bezogen werden muss, dessen Medialfläche, wie am Manubrium der Mandibel grossentheils zum Eintritt der Musculatur rückgebildet ist. Auf diesen in die Körperwand fest eingeschmolzenen Abschnitt (a) folgt der frei vorstehende, wie von einem Korbe von Leisten um- rahmte Abschnitt (8), den ich auf das zweite Schaftglied (Trochanter) beziehe, welches an dem vorausliegenden Maxillarfusse den Laden- fortsatz entsendet. Derselbe trägt an seiner nach vorne gewölbten Vorderseite eine kurze Borste, unterhalb einer viel längeren Borste, welche sich vorne am Ende des oberen Schaftstückes inserirt. Das proximale Stück (Fe) des nun folgenden Endopoditen setzt sich dem knieförmigen Schaftglied unter fast rechtem Winkel an und ist ganz ähnlich wie der als Femur unterschiedene Abschnitt der Kriechfussantenne durch einen aus mehreren Chitinleisten zu- sammengesetzten, fast ringförmigen Stützapparat an dem Leisten- netze des Schaftes eingelenkt. Die beiden nächsten als ein Glied zu betrachtenden Stücke stehen untereinander in näherem Verbande und können bei einzelnen Arten (Ö. pubera) auch zu einem einheit- lichen Abschnitt (75), den man als Tibia bezeichnen kann, ver- schmolzen sein. Vom Femur setzt sich derselbe in einem ventralwärts ge- öffneten Winkel ab, dessen Grösse nach dem Contraetionszustande der die Tibia beugenden und streckenden Muskeln wechselt (Taf. V, Fig. 1, 11, Taf. X, Fig. 6). Die beiden Tibialstücke liegen stets (188) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 43 in gerader Richtung ohne winkelige Beugung zu einander und dürften deshalb, zumal Muskeln zur Bewegung des distalen Gliedes fehlen, auf eine secundäre Sonderung zurückzuführen sein, so dass ein ähnliches Verhältniss eintritt, wie es für den langgestreckten, das Endglied tragenden Distalabschnitt der Kriechfussantenne hervor- gehoben wurde, an dem freilich die Trennung nicht Norm, sondern Ausnahme ist. Man würde mit Rücksicht auf dieses analoge Verhältniss viel- leicht versucht sein, die betreffenden Abschnitte beider Gliedmassen- paare als homolog anzusehen, zumal sie in beiden Fällen das mit Klauen, beziehungsweise mit Hakenborsten bewaffnete Endglied tragen. Indessen würde alsdann das an der Kriechfussantenne von S. Fischer als Tibia bezeichnete Zwischenstück dem Femur ent- sprechen und der vorausgehende Abschnitt, welcher seiner Lage und Insertion nach dem Femur des Beines gleichwerthig ist, eine andere und nicht ersichtliche Deutung zu erfahren haben. In Wahr- heit besteht der Endopodit der Antenne aus einem Glied mehr als das Bein, und da normal die Reduction der Gliederzahl durch Rückbildung vom Distalende nach der Basis zu erfolgt. nicht aber durch den Schwund eines Zwischenstückes, so würde die so versuchte Zurückführung einen Widerspruch enthalten. Auf die nur ausnahms- weise eingliederige Tibia, deren Integument wie das des voraus- gehenden Femur meist mit Häärchenbüscheln besetzt ist, folgt das durch einen kräftigen Abductor und durch Flexoren bewegbare Tarsal- glied (7’'s), welches ausser zwei schwachen Borsten einen sehr langen, wohl überall gezähnelten Haken trägt (Fig. 1). Sexualdifferenzen habe ich an dieser Gliedmasse, die sich auch nach den Gattungen und Arten sehr übereinstimmend verhält, nicht auffinden können. Das zweite Beinpaar (Taf. I, Fig. ı, Taf. V, Fig. 2—10, Er Tr VIE Fig. 11 [2 2], 11", Taf. VID, Fig. 13, 14, Taf. X, Fig. 7) ist beiden Cypriden stets dem Rücken zn gewendet und nach Haltung und Gebrauch der Aufgabe angepasst, die innere athmende Schalenfläche rein zu halten; dasselbe wird von den Autoren bald fünfgliederig, bald nur viergliederig dargestellt. Unter der Voraussetzung. dass die von mir gegebene Deutung für den Stamm des vorausgehenden Beines und des Kieferfusses richtig ist, unterliegt die Zurückführung der einzelnen Abschnitte des so abweichend gestalteten Putzfusses !) keiner Schwierigkeit, und !) Schon W,. Zenker hielt lange vor Fr. Müller diese Gliedmasse für einen Putzfuss, welcher „die grosse Kiemenplatte mit ihren gefiederten Haaren zu reinigen“ habe. (189) 44 0. Claus: auch die scheinbar abnorm dorsal emporgerückte Insertion stellt sich in Vergleich zu den vorausgehenden Gliedmassen. als keineswegs so wesentlich abweichend heraus. Der Unterschied beruht vornehm- lich darauf, dass der Stamm der vorausgehenden Gliedmasse fast in der gesammten Länge seines oberen Abschnittes mit der Seiten- wand des Körpers verschmolzen ist, während der Stamm der hinteren Gliedmasse den vielseitigeren Bewegungen derselben ent- sprechend, in ganzer Länge frei liegt. Der Stamm entspringt unmittelbar hinter dem Ende des dreiseitigen Chitingerüstes der vorausgehenden Extremität (Taf. I, Fig. 1, Taf. V, Fig.2) und ist das längste, stets nach hinten und mehr oder minder ventralwärts gewendete Stück der Gliedmasse. Die etwas verbreiterte Basis desselben wird von dem längeren Haupttheil durch eine quere Chitinleiste abgegrenzt, welche irr- thümlich von einigen Autoren (wie von W. Zenker) als Quer- contur zweier Glieder beurtheilt wurde, in welchem Falle die Gliedmasse fünfgliederig sein würde. Allerdings dient diese ge- schwungene, in schräger Richtung über die Lateralwand des Stammes verlaufende Leiste (Taf. V, Fig. 22) zur Insertion von Muskeln, von denen die proximalen vom Körper aus in die Extremität ein- treten, die distalen zur Bewegung des Endopoditen in diesen herab- laufen, indessen ist eine Beziehung als Grenzlinie zweier Glieder nicht nachweisbar, und die Bedeutung der Leiste keine andere als die einer anderen Leiste, welche schräg an der Medialseite des distalen Schaftabschnittes (Z/‘) zum nächsten Gliede herabläuft und dem Streckmuskel des Endopoditen (M‘) zur Insertion und Stütze dient. Von den drei langen Borsten, welche dem Schafte aufsitzen, scheinen zwei (2‘, 5) ihrem Ursprung nach den beiden Borsten am Schafte des ersten Beinpaares zu entsprechen, die dritte inserirt einwärts am distalen Rande (2). Während der Stamm ventralwärts und mehr oder minder nach hinten gewendet ist, erscheint der an jenem eingelenkte Endo- podit stark dorsalwärts emporgerichtet, so dass sich der Winkel zwischen beiden Abschnitten nach dem Rücken zu öffnet (Taf. I, Fig. 1). Die beiden schmalen Muskeln, welche das langgestreckte proximale, dem Femur (Ze) des ersten Beines entsprechende Glied durchsetzen, entspringen von dem Leistenwerk am distalen Endrande des Stammes und fungiren als Strecker und Beuger des nach- folgenden, meist etwas kürzeren und schmächtigeren Beingliedes (7%). Dasselbe entspricht der Tibia, ist aber minder häufig als die der vorausliegenden Extremität in zwei Unterglieder getrennt, wie z. B. (190) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 45 bei einzelnen Candona compressa und acuminata (Taf. V, Fig. 13, 14), bei Cyprois flava (Fig. 10). Während der Femur überall nur eine Borste, und zwar an der äusseren Seite des Endrandes trägt, ist die Zahl und Stellung der Borsten, welche der Tibia zugehören, verschieden. Stets aber erhebt sich eine ansehnliche Borste ziemlich in der Mitte auf der lateralen Fläche des Gliedes. Die Tibia wird in einzelnen Gattungen (Cyelo- eypris, Candona, Cypria) von zwei langen Muskeln durchsetzt, welche dann ähnlich wie die des Femur als Strecker und Beuger des nachfolgenden Gliedes fungiren. Da wo dieses sehr verkürzt und als Greifzange umgestaltet ist, findet sich nur ein sehr kräftiger Längsmuskel der Tibia, welcher von der Rückenseite desselben ent- springt und in eine langgezogene Sehne zur Beugung des End- gliedes ausläuft. Das nun folgende Endglied, welches als Tarsus oder Carpus bezeichnet werden kann und dem in gleicher Weise bezeichneten hakentragenden Endgliede der vorausgehenden Gliedmasse entspricht, zeigt nach Grösse und besonderer Bewaffnung bei verschiedenen Gattungen bemerkenswerthe Unterschiede. Im Vergleich zu dem hinteren Beinpaar der Cytheriden, welches dem vorausgehenden völlig conform gestaltet ist, erscheint dasselbe bei Pontocypris (Taf. V, Fig. 17), einer marinen auch in der Adria vertretenen Cypridengattung, nur wenig modifieirt. Das schon merklich verkürzte Tarsalglied wird hier noch ventralwärts gebeugt und ist am distalen Rande mit drei verschieden starken Borsten bewaffnet (Fig. 18), über denen es in ein stärker chitinisirtes termi- nales Häkchen ausläuft. Einen grösseren Umfang besitzt das Tarsalglied bei Cyelo- eypris ovum, ist aber bereits dorsalwärts gebeugt und mit einer peitschenförmig verlängerten Endborste, sowie zwei schwächeren, etwas hakig gebogenen Borsten bewaffnet (Taf. V, Fig. 15). In der ersteren glaube ich den modifieirten Endhaken des vorderen Beines wiederzuerkennen, der am Putzfusse vornehmlich zum Reinigen der Schale dient. In der Gandonagruppe (Taf. V, Fig. 13, 14) und noch mehr bei Notodromas (Fig. 12) finden wir das Tarsalglied verkürzt, die beiden hakig gebogenen Borsten (a und 5) aber von ansehn- licher Länge. Bedeutend verkürzt sind dieselben bei Cypria (Taf. V, Fig. 16), während die sehr lange Terminalborste (ce) nach rück- (191) 46 C. Claus: wärts umgebogen liegt. Mit Hilfe der besprochenen Variationen wird es leicht möglich, die höchst bemerkenswerthe Specialisirung zu verstehen, welche der Tarsus des Putzfusses bei Cypris und deren Untergattungen Pachyeypris, Acanthocypris, Cypridopsis und Herpetocypris, sowie auch bei Cyprois erfahren hat, mit welcher die Vereinfachung der Museulatur der Tibia in Zusammen- hang steht (Fig. 3—10). Hier ist nämlich eine kleine pincettenartige Greifzange zur Ausbildung gelangt, deren oberer Arm (Za‘) dem ver- kürzten, nach Art eines Vogelschnabels gebogenen Tarsus entspricht, während der untere (Za‘) von einem Fortsatz am distalen Ende der Tibia hergestellt wird. Von den beiden Hakenborsten des Tarsus ist die eine (a) be- trächtlich verkümmert, die andere von ansehnlicher Stärke (b), die lange peitschenförmige Terminalborste (76) am Rücken des Zangen- arms aber erscheint im Vergleiche mit Cypria nach Stärke und Haltung kaum verändert. Es handelt sich somit um eine Art Scheere oder Zange, wie sie so häufig am Distalende von Crustaceenbeinen auftritt und auch für die geringelte, dem Putzfusse homologe Glied- masse der Cypridinen bereits von mir!) beschrieben worden ist. Für Cypris wurde auf diese Bildung zuerst in einer kleinen Schrift von H. Rehberg?) hingewiesen. Da dieser Autor jedoch die Literatur über verwandte Ostracoden gänzlich unberücksichtigt liess, so war demselben entgangen, dass die kleine Terminalzange am Putzfusse der marinen Östracoden schon seit einem Decennium bekannt geworden war. Im Gegensatz zu dem oberen vom Tarsus hergestellten Zangen- arm, dem „inneren Chitinhaken“ jenes Autors, erhebt sich der untere Arm (Za‘) am vorderen ventralen Rande der Tibia und besteht aus einem median ausgebuchteten, von einer bogenförmig vorspringenden Chitinleiste getragenen Zapfen, in welchem sich beim Schliessen die Spitze des oberen Zangenarmes (Za‘) einlegt. Die Seitenflächen des Endstückes der Tıbia reichen distalwärts beträchtlich weiter nach vorne als der ventrale Rand und werden ventralwärts von einer Längsleiste (Taf. V, Fig. 4, 52), welche einen dichten Haarsaum trägt, begrenzt. Da auch der dorsale Grenzrand der Tibia distalwärts viel weiter reicht als der ventrale, den Index !) C. Claus, Neue Beobachtungen über Cypridinen. Zeitschr. f. wissenschaftl. Zoologie. 1873, Bd. .XXIII, pag. 219, Taf. X, Fig. 13, Taf. XI, Fig. 30. ®) H. Rehberg, Beiträge zur Naturgeschichte niederer Orustaceen. Inaugural- Dissertation. Bremen 1884. (192) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Östracoden. 47 tragende Rand der Tibia, so erscheint das kurze Tarsalglied beim Schliessen der Zange wie von einem Taschenraum umschlossen. Im Besonderen bietet die Gestaltung des Zangenapparates bei den einzelnen Arten mancherlei Eigenthümlichkeiten, die als Species- merkmale verwerthet werden können. Bei H. strigata ist z. B. der bogenförmige Chitinsockel des unbeweglichen unteren Zangenarmes länger, und dieser gestreckter als bei C.pubera(Taf.V, Fig.4,5), auch scheint bei demselben die mediane Ausbuchtungnicht entwickelt; sodann endet der obere Zangen- arım, in welchen das hier längere Tarsalglied ausläuft, dreizackig (Fig.7, 8,9). In anderen Fällen, wie z. B. bei C. reticulata Zadd. (Fig. 6), ist die überragende Seitenleiste, sowie der Sockel wenig bemerkbar und die Hakenborste an der stark prominirenden Zange auffallend kräftig. Dass es sich aber lediglich um einen Mechanismus handelt, welcher als kleine Zange zur Beseitigung fremder Gegenstände wirkt, und nicht etwa um einen specifischen Sinnesapparat oder gar um einen Gehörapparat, wie Rehberg das Organ der „grauen Platte“ deuten zu können glaubte (l. ec. pag. 8 und 13), bedarf umsoweniger einer besonderen Zurückweisung, als die von dem genannten Autor als Nerven in Anspruch genommenen (rebilde keineswegs als solche erwiesen worden sind. Damit soll natürlich nicht behauptet sein, dass der untere Zangenarm oder die Borstenanhänge nicht mit zarten Nerven in Verbindung stünden, und mit dem Greifapparat nicht zugleich ein feines Tastgefühl verbunden sei. Für diese Function spricht das Vorhandensein eines zarten Fädchens zwischen den Fortsätzen des unteren Zangenarmes (Fig. 3, 4), indessen habe ich bislang Nerven nicht nachzuweisen vermocht. Jedenfalls erscheint die Function dieser Gliedmasse als Putz- fuss der inneren Schalenhaut gesichert und die Meinung Rehberg's eine irrthümliche, dass die Bedeutung derselben bislang ganz ver- kannt sei, denn wenn auch die terminale Greifzange am Putzfuss von Cypris von den Autoren übersehen war, so war dieselbe doch für den Putzfuss der Cypridina längst nachgewiesen und konnte somit nicht als neues Organ der Ostracoden bezeichnet, am wenigsten aber als Gehörorgan in Anspruch genommen werden. Die hervorgehobene Bedeutung dieser Gliedmasse wird auch durch den Vergleich ihrer Gestaltung in den verschiedenen Familien vollkommen bestätigt. (193) 48 ©. Clats: Da wo bei rein pelagischer Lebensweise die Reinigung der Schale nahezu hinwegfällt, wird die Extremität zu einem Stummel mit langer Endborste rückgebildet (Halocypriden), während in der Familie der Cytheriden, bei denen in Folge ihrer stark redueirten Körpergrösse das Bedürfniss einer besonderen respiratorischen Fläche hinweggefallen zu sein scheint, die Extremität der vorausgehenden voll- kommen gleich gebaut ist und als Kriechfuss in Verwendung bleibt. Die Furcalglieder. Das hintere Körperende wird bekanntlich von zwei lang- gestreckten, zwar nicht weiter gegliederten, aber doch Extremitäten- ähnlichen Anhängen gebildet, welche von den Autoren in ver- schiedener Weise gedeutet und bezeichnet wurden. 8. Fischer betrachtete dieselben als zu dem Schwanz gehörig, an welchem er einen starken unpaaren Basaltheil und zwei nebeneinanderliegende hornartige, röhrenförmige Theile unterschied. W. Zenker nannte die- selben schlechthin (len paarigen, sehr beweglich in das Chitinskelet eingelenkten Schwanz. Bei Liljeborg finden wir sie als Rami ab- dominales, bei @. O. Sars als Rami postabdominales oder caudales bezeichnet. Ich habe zuerst!) nachgewiesen, dass dieselben den für die Entomostraken typischen Anhängen des Abdomens, den soge- nannten Furcalgliedern der Copepoden entsprechen, und sie daher in gleicher Weise benannt. Jedem Furcalglied dient eine langgestreckte, in der Seitenwand des Abdomens liegende, proximalwärts meist in zwei Schenkel gablig getheilte und oft noch weiter ramifieirte (Notodromas) Chitin- leiste von verschiedener Stärke zur Stütze (Taf. VII, Fig. 1, Taf. X, Fig.9). Längs der dorsalen Seite dieser Leiste verläuft der kräftige am oberen Gabelast inserirte Strecker, ventralwärts der minder mächtige Beuger des Furcalgliedes, Muskeln, durch welche die für die Locomotion des Thieres wichtigen Bewegungen ausgeführt werden. Schon die älteren Autoren kannten die Bedeutung dieser Extremitäten- ähnlichen Anhänge, und S. Fischer bemerkte richtig, dass der Schwanz soweit nach vorne geschlagen werden könne, dass er dem Unterleibe anliege und zwischen dem ersten Fusspaare bis an die Maxillarpalpen reiche, dann aber auch wieder nach unten und hinten bewegt werde und zum Lenken des Thieres beim Schwimmen diene. In gleicher Weise kann derselbe aber auch, wie W. Zenker her- vorhob, zum Kriechen an festen Gegenständen gebraucht werden. '!) C. Claus, Zur näheren Kenntniss der Jugendformen von Cypris ovum. Zeitschr. für wissenschaftl. Zool. 1865, Bd. XV. (194) X Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Östracoden. 49 In der relativen Grösse und besonderen Form zeigen die Furcalglieder mancherlei oft als Art- oder Gattungscharaktere ver- werthbare Besonderheiten. Fast überall sind sie mit vier schon von W. Zenker richtig unterschiedenen Borstenanhängen bewaffnet, zwei terminalen, welche an Umfang und Stärke hervorragen und als Hakenborsten bezeichnet werden sollen und zwei schwächeren, oft sehr kurzen Seitenborsten, von denen die eine dem Hinter-, die andere dem Vorderrande angehört. Oft rücken Vorder- und Hinterrandborste sehr nahe an die terminalen Hakenborsten, und war wohl dieses Lagenverhältniss für Zenker Anlass, jene einfach die beiden mittleren Borsten zu nennen. Dieselben sind jedoch nach Gebrauch, Form und Structur den Hakenklauen der Antennen gleichzusetzen und wie diese sehr häufig an der scharfen Hinter- kante mit einer oder zwei Reihen feiner Spitzen oder Zähne wie gesägt. Auffallende und zur Artcharakterisirung verwendbare Modi- fieationen ergeben sich nicht nur durch die wechselnde, dem Distal- ende nähere oder entferntere Lage der Seitenborsten, sondern auch durch die verschiedene Grösse und Form derselben. Im Extrem können beide zu Stacheln umgestaltet sein (Cyprois), beziehungsweise, besonders die des Vorderrandes, ganz rudimentär werden oder ausfallen (Notodromas), ein Verhältniss, welches Brady und Norman!) zu der irrthümlichen Auffassung veranlasste, als ob die Furcalglieder von Cyprois im Vergleiche Cypris einen abnormen Borstenbesatz besässen. Vielleicht die grösste Länge erreichen die Furcalglieder bei Acanthocypris, während sie bei Cypridopsis und Cando- nella zu kleinen rudimentären Anhängen werden. Von wechselnder Form erscheint auch der distale Abschnitt der seitlichen Stütz- leisten, welcher sich an dem von S. Fischer als „unpaaren Basal- theil des Schwanzes“ unterschiedenen Ende des Abdomens zu einem bald einfacheren bald complicirteren Leistenwerk gestaltet, von dem auch Fortsätze zu den Genitalwülsten, beziehungweise Be- ') 1. c., pag. 97: „It is remarkable that in both cases (Cyprois flava and C. den- tato-marginata) the caudal rami are abnormal in having four rather long marginal setae attached near the extremity, thus differing from Cypris, which has two long terminal and on shorter lateral setae.“ Der Satz enthält noch zwei weitere Unrichtigkeiten. Einmal gehört C. dentato-marginata gar nicht zur Gattung Cyprois und hat die überall bei Cypris auftretende Form der Seitenborsten, und sodann besitzt auch Cypris nicht drei, sondern vier Borstenanhänge, von denen die beiden mittleren die terminalen Hakenborsten sind. (195) 50 0. O1lan#:; gattungsgliede abgehen können. Da wo dieses Leistenwerk einen auch medianwärts enger verbundenen und festeren Rahmen bildet, wie z. B. bei Acanthocypris, Notodromas u.a. G., schliessen meist auch die sich an dasselbe ansetzenden und durch ventrale und dorsale Längsmuskelbündel beweglichen Furcalglieder median fest aneinander an, so dass der Anschein einer Verwachsung entsteht, wie denn W. Zenker für das Weibchen von Notodromas monacha als charakteristisch hervorhob, dass die beiden Schwanz- stachel desselben — nicht aber die des Männchens — mit doppelter Zahl der Borsten zu einem einzigen verschmolzen sein. Diese bei seitlicher Betrachtung der Furcalglieder anscheinend begründete Angabe wird jedoch durch das Bild der Querschnitte widerlegt, und es besteht kein derartiger Gegensatz zu den Furcalgliedern des Männchens, die freilich der Form nach durch stärkere Krüm- mung sich auszeichnen (Taf. VI, Fig. 11, 12). Derartige Sexualunterschiede treten auch an den Furcalgliedern anderer Cypridengattungen, wie Candona, Cyprois ete., auf, worauf bereits W. Müller!) die Aufmerksamkeit gelenkt hat, und sollen in einer später folgenden systematischen Arbeit ebenso wie die eigenthümlichen Leistensysteme des Abdomens an der Basis der Furcalglieder näher erörtert werden. 2. Ueber neue Cypriden Südamerikas nebst Bemerkungen über Gattungen und Untergattungen der Cypriden. Acanthocypris CUls. (Taf. VII, Taf. VIII, Fig. 1—6, Taf. XI.) Schale gestreckt, dünn und mässig comprimirt. Rechte und linke Schalenklappe fast gleich lang, die rechte mit medialem kamm- förmigen Rückenwulst (Taf. VII, Fig. 3), die linke an der Aussen- fläche (Taf. VIII, Fig. 1, 2), dem Rande parallel, mit einer regel- mässigen Reihe von Tuberkeln besetzt, den ventralen Rand der rechten übergreifend. Antennen und Gliedmassen wie bei Üypris, Schwimmborsten- faseikel der zweiten Antenne bis zur Spitze der Endklauen reichend (Taf. VIII, Fig. 3—5). Von den vier Randborsten am vorletzten ') W, Müller, Beitrag zur Kenntniss der Fortpflanzung und Geschlechts- verhältnisse der Ostracoden , mit 2 Taf. Zeitschr. der gesammten Naturw. III. Folge, Bd. V, pag. 15 (Tel. I, 018,20, 2): (196) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 51 Gliede des Mandibeltasters ist die dorsale stark hakig gebogen und mit Härchen besetzt (Taf. VIII, Fig. 6). Furealglieder ausserordentlich umfangreich (Taf. VII, Fig. 12). Man könnte nach dieser Diagnose die Berechtigung bestreiten, Acanthocypris von Üypris generisch zu trennen, da die her- vorgehobenen Charaktere sich vornehmlich nur auf die Schale und auf die Grösse der Furcalglieder beziehen, in der Gestaltung der Gliedmassen aber kein wesentlicher Unterschied besteht. Indessen sind bereits in analoger Weise Gattungen begründet worden wie z.B. Cypridopsis!), die neben der kugeligen Schalenform vornehmlich wegen der Verkümmerung der Furca von Cypris getrennt wurde. Jedenfalls ist der Abstand von Cypris ein grösserer als der zwischen Herpetocypris und Cypris, da die zu der ersteren Formen- gruppe gehörigen Arten (reptans Baird, strigata O. Fr. M., stanleyana King, viridula Brady) sich auf die Körper des charakteristischen Schwimmborstenfascikels der zweiten Antenne beschränkt. Aehnlich verhält es sich mit der Gruppe von Cy prisarten, für welche Brady nach einer Species von Ceylon die Gattung Cyprido- notus?°) aufgestellt hat. Der Hauptcharakter war in einer un- gewöhnlichen, als Protuberanz vorragenden Erhebung am Rücken der rechten Schalenklappe befunden, ohne dass auf andere Besonderheiten im Körper- und Gliedmassenbau Bezug genommen war. G. O. Sars fand dann später andere Eigenthümlichkeiten in der Schalenstructur, welche die ceylonsche Art mit australischen Cyprisarten, denen jener Schalenhöcker abgeht, gemeinsam hat, und charakterisirteCypri- donotus durch die hohe comprimirte Form der Schale und Crenu- lirung am Rande der rechten Schalenklappe, sowie durch das Vor- handensein von Männchen, also durch das Bestehen einer geschlecht- ») Vergl. G. S. Brady, Monograph of the recent British Ostracoda. Transact. Linn. Soc. Vol. XXVI, 1868, pag. 375. G. O. Sars hat später als weiteren Charakter den Mangel der Fächerplatte am zweiten Maxillenpaare (Maxillarfuss) hervorgehoben. In- dessen handelt es sich nur bei einzelnen Arten dieser Formengruppe um eine Verkümmerung der Fächerplatte, wie Vä vra bereits berichtigt hat, insbesondere ist denjenigen Arten wie villosa (Sars) und aculeata (Lilj.), welche G. O. Sars wegen der comprimirten Schale von Cypridopsis getrennt und zu der unzureichend charakterisirten Gattung Potamocypris Brady gestellt hat, das Fächerrudiment durch zwei Fiederborsten vertreten, *) Brady, Notes on Entomostraca collected by Mr. A. Haly in Ceylon. Linn. Soc. Journal. Vol. XIX, 1885. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 2. 14 (197) 8 C. Claus: lichen Fortptlanzung, der gegenüber alle Arten der Gattung Cypris ausschliesslich parthenogenetisch sich fortpflanzen. (G. O. Sars, 1. c. 1889, pag. 6,’ Tarr 11 19%) In der Gestaltung der Gliedmassen wurde bis in alle Einzel- heiten eine vollkommene Uebereinstimmung mit Cypris festgestellt. Ausser C. cingalensis (Brady) und der australischen C. dentato marginata (Baird) waren von G. O. Sars!) auch die beiden nordischen Cypris salina Brady und Cypris fretensis Brady, die freilich sämmtlich der Protuberanz am Rücken der rechten Schale entbehren, als zur Gruppe Cyprinotus gehörig erkannt. Dagegen blieb es Sars unbekannt, dass noch eine andere und zwar bei uns einheimische und überdies sehr verbreitete Cypris- art auf diese Formengruppe zu beziehen ist, die schon von Ramdohr untersuchte Cypris ineongruens, von welcher in jüngster Zeit durch Vavra?), auch die männlichen Thiere aufgefunden und beschrieben worden sind. Die Schale dieser Cyprisform ent- behrt freilich nicht nur der Erhebung am Rücken der rechten Klappe, sondern erscheint auch langgestreckt und keineswegs von merklicher Höhe, besitzt aber in gleicher Weise die durch eine Tuberkelreihe gebildete Crenulation längs des Randes der rechten Schale, über welche der Rand der grösseren linken Schalen- klappe hinausreicht. Ich werde fortan diese Artengruppe, für welche das Vorhandensein einer dorsalen Protuberanz der Schale irrelevant, dagegen ausser jenen Merkmalen das Auftreten von Männchen charakteristisch ist, als Heterocypris unterscheiden. Noch fraglicher steht es mit der Begründung der Cypriden- gattung Stenocypris, welche Sars für ©. fasciata Zaddach :) (OÖ. Fr. Müller) und die indische C. eylindrica Baird = Mal- comsonii Brady aufgestellt hat, weil sie von den mehr typischen Arten der alten Gattung Cypris in einigen Punkten abweichen. Als solche werden die schmale und verlängerte Schalenform, die 1) Vergl. auch G. ©. Sars, Oversigt of Norges Crustaceer mel forelebige Be- maerkninger over de nye eller mindre bekjendte Arter. Christiania 1890, pag. 56. ®) Wenzel Väavra, Monographie der Ostracoden Böhmens. Prag 1891, pag. 9, Fig. 32. 3) Zaddach hatte diese Form auf OÖ. Fr, Müller’s fasciata bezogen, wahr- scheinlich mit Rücksicht auf die gestreckte und an beiden Enden niedrige Form der Schale, die für nnsere Art allerdings so charakteristisch ist, dass dieselbe für die Be- stimmung auch ohne Kenntniss des Thieres und dessen Gliedmassengestaltung aus- reicht. Auch Zaddach hatte die Gliedmassen nicht weiter berücksichtigt, die Schale aber sehr eingehend und zutreffend beschrieben. Brady und Norman haben diese Art unrichtiger Weise zu Herpetocypris gestellt. (198) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-OÖstracoden. 53 'verhältnissmässig schwächere Ausbildung der Schwimmborsten an den Antennen, die gestrecktere Foım des Tasters und der Laden der Maxille sowie die Bewaffnung der Furcalglieder aufgeführt. Die genaue Untersuchung des Zaddach’schen kenntlich beschriebenen Originalexemplares !) hat mir jedoch gezeigt, dass diese geringfügigen Unterschiede — und die Vergleichung der Sars’schen Abbildungen von C. Malecomsonii haben diese Auffassung bekräftigt — doch nur als Artcharaktere in Frage kommen können, umsomehr, als die Schale der letzteren Art weit mehr an die zu Herpetocypris ge- stellten Arten als an die von C. fasciata anschliesst. Solchen entweder überhaupt nicht generiseh zu trennenden, oder aber nur als Untergattungen zu betrachtenden Gruppen von Cyprisarten stehen die wohl charakterisirten, durch eine Reihe von Merkmalen sicher umschriebenen Gattungen, die überdies sämmt- lieh durch geschlechtliche Fortpflanzung ausgezeichnet sind, wieN oto- dromasLilj, Candona) Baird, Cyelocypris Brady-Norman, Cyprois Zenker, Cypria Zenker, Pontocypris G. O. Sars gegenüber. Angesichts jener ungleichwerthigen und doch von Autoren wie Sars als Gattungen gesonderten Artgruppen darf Acan- thocypris, von der bislang nur eine einzige Art bekannt wurde, nach den Besonderheiten der Schale und des Abdomens mit demselben Rechte den Werth eines Subgenus beanspruchen, wie die Formengruppen aus der ersteren Kategorie, wie Herpetocypris Cypridopsis, welche man wenigstens als Untergattungen wird gelten lassen müssen. Acanthocypris bicuspis Cls. (Taf. VOL, Fig. 1—12, Taf. VIII, Fig. 1—6, Taf. XI.) Schale langgestreckt oval (Taf. VII, Fig. 1—3, Taf. XI, Fig. 1u. 7, ziemlich schmal mit stark comprimirtem Randabschnitt, in der Rückeı:- oder Bauchansicht mit stark verjüngtem Vorder- und Hinterende. Beide Schalen ziemlich gleich lang, die rechte etwas kürzere, mit langgezogenem, nach hinten spitz auslaufendem Rückenkamm, die linke mit spitzem Dorn am Hinterrande, an der Aussenfläche dem Rande parallel mit einer regelmässigen Reihe von Tuberkeln besetzt, !) Durch die Güte des Herrn Prof. Dr. C. Chun war es mir seinerzeit möglich gemacht, die im Königsberger Museum noch vorhandenen Originalexemplare Zaddach’s zu vergleichen und zum Theil näher zu untersuchen. *) Innerhalb dieser Gattung stehen analog den Untergattungen von Cypris die Untergattungen Candonopsis Vävra, Candonella Cls., Typhlocypris Vävra. 14* (199) 54 C, Claus: unter welcher sich eine glänzende Chitinleiste hinzieht, am Vorder- rande über die rechte Schale etwas übergreifend. Der Schalenrand wird in ganzer Länge von der Innenlippe gebildet, deren incrustirte, mit schmalem Cuticularsaum bekleidete Randborte von Porencanälen für die innere Reihe der Randborsten durchsetzt ist. An der abgeflachten und nur am Vorderrande schwach vorspringenden Aussenlippe (Taf. XI, Fig. 12) stehen die etwas längeren und stärkeren äusseren Randborsten, doch nicht so regelmässig und auch nicht in einer einzigen Reihe geordnet (Fig. 9, 10). An der Uebergangsregion des Vorderrandes in den Ventralrand (Fig. 10) nähert sich die Tuberkelreihe der Randborte, welche hier am brei- testen wird, so dass ihre Porencanäle die grösste Länge erreichen. An der nachfolgenden Einbuchtung (Fig. 1c, 10) entfernt sich die- selbe wieder in sanftem langem Bogen, um auch längs des schräg auf- steigenden Hinterrandes in ziemlich breitem Abstande vom Rande ent- fernt zu verlaufen. Schalenoberfläche viel weniger dicht als am Rande mit mässig langen Haaren besetzt, fünf- und sechsseitig gefeldert. Die proximale Schalenlinie vom vorderen und hinteren Schalenrande sehr weit entfernt, vorne fast senkrecht, hinten schräg ansteigend und in der Gegend des Ovarialschlauches eingebuchtet. Zwischen- feld derb, in langgezogenen Rauten, beziehungsweise parallel streifig sculpturirt (Fig. 13). An der rechten Schalenklappe bildet die innere Lippe aus- schliesslich den ventralen Rand, während am vorderen und hinteren Rande die äussere Lippe mit ihrem Borstenbesatz über dieselbe vorsteht (Fig. 1, 2,3, 5). Die admarginale Tuberkelreihe fehlt, da- gegen ist die glänzende Chitinleiste vorhanden und tritt besonders deutlich längs des ventralen Randes hervor. Die proximale Schalen- linie zeigt einen ähnlichen Verlauf wie die der linken Schale, und ebenso wiederholt das von derselben begrenzte Schalenfeld die für jene beschriebene Structur. Die Impressionen des Schliessmuskels (Abbildung 1) sind scharf umschrieben, der obere (2) und ebenso der vordere (6) durch Diver- genz der Bündel getheilt, die hinteren unteren Eindrücke (d,) den darüberstehenden beiden Eindrücken y, | stark genähert. Substanz der Schalendecke glasig hell, so dass Schalendrüse, Leber und Ovarien durchscheinen. Hypodermis am Rande der Schale und in der Umgebung der Leberschläuche mit blauem Pigment. Aufsteigender Schenkel der Ovarialröhre ungewöhnlich lang, geschlängelt. (200) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Östracoden. 55 Die sieben Glieder der Antennen stehen in dem Grössenverhältniss wie 60:18:30:10:9:8:8. Die fünf Hakenklauen am Protarsus und Tarsus der zweiten Antenne sehr lang und gestreckt, fast gleich lang, so lang als der Protarsus (Taf. VIII, Fig. 3, 4, 4). | Rechenförmiges Organ mit sieben Zähnchen (Taf. VII, Fig. 3). Die zwei Zahndornen am dritten Ladenglied der Maxille sehr stark zweireihig bedornt (Fig. 9"). Furcalglieder halb so lang als der ganze Leib, am Hinterrande in sieben Absätzen sägeförmig gezähnelt. Die beiden Hakenborsten einreihig gekerbt. Vordere Seitenborste sehr kurz, hintere sehr lang (Fig. 12). Abbildung 1. Muskelimpression der rechten Schale von Acanthocypris bicuspis Cls. (war. mucronata), von der Innenseite der Schalendecke gesehen, 90fach vergrössert. Fand sich zugleich mit Pachyeypris Leuckarti so- wohl in dem von Prof. Frenzel bei Cördoba als in dem von Prof. Meinert in Venezuela gesammelten Materiale, und zwar lediglich in weiblichen Exemplaren. Dieselbe gehört daher, zumal bei der grossen Uebereinstimmung aller Körpertheile mit denen der Cypris-Arten, zu den parthenogenetisch sich fortpflanzenden Formen. An sämmtlichen Argentinischen Exemplaren endete der Rücken- kamm mit scharfer, lang ausgezogener Spitze, während der Dorn am Hinterrande kurz und oft abgestumpft war ; die Formen von Venezuela besassen dagegen einen höheren und hinten abgestumpften Rücken- kamm, dagegen einen weit stärker hervortretenden spitzen Dorn und waren viel schwächer pigmentirt. Es handelt sich also wohl um Varie- täten, von denen man die letztere als mucronata bezeichnen könnte. Pachycypris Cls. (Taf. II, Fig. 5—9, Taf. VIII, Fig. 7—15, Taf. IX, Taf. X.) Schale dick, inerustirt, vom Habitus der Cypridinen, anAsterope erinnernd, mässig gestreckt, vor der Mitte am höchsten, am Ende des Vorderrandes mehr ausgebuchtet. Die vordere Hälfte nach vorn (201) 56 C. Claus: stark verschmälert, die hintere Hälfte breit und aufgetrieben. Die linke Schale kürzer als die grössere rechte, vorn von der äusseren Randlippe weit überragt (Taf. VIII, Fig. ”—10, Taf. IX, Fig. 1—4). Gliedmassenbau im Wesentlichen wie bei Cypris. Schaft der linken zweiten Antenne am Vorderrande mit zapfenförmigem Fort- satz (Taf. IX, Fig. 6 Zw), Schwimmborstenfascikel des Tibialstückes von mässiger Länge. Von den vier Randborsten am vorletzten Gliede des Mandibel- tasters ist die obere (dorsale) sehr kräftig, sowie kurz und dicht gefiedert (Taf. IX, Fig. 7, 7%). Die Distallade (dritter Ladenfortsatz) der Maxille ist mit drei Zahndornen bewaffnet, von denen nur der mittlere an den Seiten sägeartig gekerbt ist (Taf. X, Fig. 4, 4°). Ober- und Unterlippe ungewöhnlich breit. Stiel des rechen- förmigen Organes kurz (Taf. II, Fig. 7—9, Taf. VIII, Fig. 11,12, 7a2.%..810.1,2,:3) Furcalglieder mässig lang, aber relativ schmächtig, mit kräftig gesägten ungleich grossen Eindklauen (Taf. VIII, Fig. 15, 194%, Te.) | Die flächenhaft angeordneten Lager der Subdermalzellen in Schale, Hypostom, Maxillen. Kieferfüssen und Beinen mächtig ent- wickelt. Fundort: Südamerika. Die Abgrenzung dieser Formengruppe erscheint, obwohl der Anschluss an die typischen Arten von Cypris ein recht enger ist, durch die Combinationen einer Reihe von Charakteren der Schale, der Antennen und Kiefer wohl begründet. An der dicken, stark inkrustirten und dicht behaarten Schalenwand erheben sich zwei breite Randborten, von denen die äussere am Vorderrande als hohe Lamelle über die innere vorragt, welche an der Ventralseite den Rand begrenzt, am Hinterrande aber wieder wenigstens an der rechten Klappe von der äusseren überragt wird. Indem die eristaförmig vorspringende Aussenlippe des Vorder- randes ziemlich unvermittelt endet, wird eine Ausbuchtung (P. Leuckarti), beziehungsweise tiefe Incisur (P. incisa) am Vorderende des Ventralrandes veranlasst, welche an der rechten Schalenklappe wegen der viel bedeutenderen Höhe der vorspringenden Lamelle entsprechend mehr hervortritt. Die Schalenoberfläche ist ziemlich dieht mit feinen Haaren bekleidet, deren Poren an der inneren Randborte in eng (202) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. fi geschlossener Reihe nebeneinander liegen, an der äusseren Randlippe zwei alternirend übereinander liegende Reihen bilden. und ebenso wie an jener mittelst langer die Randlamelle durchsetzender Canälchen mit dem Matrixgewebe in Verbindung stehen. Selbst die durch bräunliches Pigment an der Schalenoberfläche bedingte Zeichnung wiederholt in beiden Arten einen bestimmten Typus (Taf. VIII. Fig. 1-9, Taf. IX, Fig. 1, 2, 3), der wieder nach den Individuen, je nachdem das Pigment über die hellen Felder mehr oder minder weit übergreift, enger begrenzte Modificationen gestattet. An (den Gliedmassen, welche im Wesentlichen mit denen von Cypris übereinstimmen, findet man doch bei genauer Untersuchung Abweichungen. deren Werth man höher als Speciesmerkmale zu be- urtheilen hat, da sie in beiden Arten in gleicher Weise wiederkehren. Wie bei sämmtlichen in die erstere Kategorie gestellten und als Untergattungen betrachteten Formengruppen endet das zweite Bein, der Putziuss, mit der charakteristischen pincettenartigen Zange, deren dorsaler Arm eine stärkere und eine schwächere hakig gebogene Klaue, sowie eine sehr lange nach hinten gerichtete Borste trägt, während die in weiterem Abstand entfernten Gattungen der zweiten Kategorie von Cypria an bis Pontocypris in der Endigung des Putzfusses unter den oben beschriebenen Modificationen abweichen. Sämmtliche von mir untersuchten Exemplare der von Vene- zuela bis zur argentinischen Republik verbreiteten grösseren P. Leuckarti und der kleineren P. incisa erwiesen sich als un- befruchtete Weibchen, und so dürfte auch Pachyeypris zu den parthenogenetisch sich fortpflanzenden Cypriden gehören. Pachycypris Leuckarti n. sp. (Tafel II, Fig. 5—9, Taf. IX, X.) Schale am Vorderende des Bauchrandes schwach eingebuchtet kurz und dicht behaart, am Hinterrande mit starken langen Borsten besetzt, an der Aussenfläche mit vier fast longitudinalen schwarz- braunen Pigmentstreifen, von denen wenigstens die beiden mittleren durch Ausläufer untereinander verbunden sind und vorn in einen schräg herablaufenden Pigmentstreifen übergehen, circa 3!/, Mm. lang, 1'8 Mm. hoch, in der hinteren Körperhälfte 1'6 Mm. breit. Längs der Schalenränder ein dorsal und ventral unter- brochenes Pigmentband. Umgebogenes Blindende des Ovarial- schlauches kurz und dick. (203) 58 C, Olaus: Am vorderen Rande beider Schalen ragt die Aussenlippe sichelförmig, und zwar an der rechten beträchtlicher als an der linken vor. Auch am ventralen Theile des Hinterrandes bildet die Aussenlippe der rechten Schale einen schräg abgestutzten, flachen Vorsprung, der an der linken fehlt. Die innere Lippe ist über die ganze Länge des freien Schalenrandes als schmale, von dichten Porenstreifen quer durchsetzte Borte entwickelt, welche nur am Vorderrande der rechten Schale einen hohen, fein querstreifigen, im weiteren Verlaufe niedrigen Cuticularsaum trägt. Aussen- lippe mit einer Reihe dicht stehender verschieden langer Haar- borsten besetzt, welche am Hinterrande spärlicher werden, so dass hier nur etwa 8 bis 10 sehr lange und gekrümmte Borsten vor- stehen. Die beiden Schalenlinien folgen in ganz geringem Abstande dem Verlaufe der Innenlippe. Die distale der linken Schale, durch eine Reihe kleiner höckeriger Vorsprünge geziert, verläuft am Vordeı- rande und am Uebergang des Ventralrandes in den Hinterrand in etwas weiterem Abstande von der Randlippe. Aussendecke dick und fest, von glasiger Beschaffenheit, ziemlich dicht mit Haarborsten besetzt, welche in der Nähe der Ränder noch dichter stehen und von einer Unzahl feiner Porencanäle durchsetzt sind. Die Impressionen des Schliessmuskels (Abbildung 2) relativ gross, die obere (x) getheilt, die drei mittleren (ß, y,s) mehrfach zerklüftet, von unregelmässiger Form, die beiden unteren hinteren sehr klein. Abbildung 2. Muskelimpression der rechten Schale von Pachycypris Leuckarti, von der Innenseite der Schalendecke gesehen, 90fach vergrössert. Die Geisselglieder der vorderen Antenne verjüngen sich nach dem Distalende bedeutend und stehen der Länge nach in dem Ver- hältniss von etwa 22:9:8:6:5, der Breite nach das proximale zum distalen wie 9:2. (204) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 59 Die zehn langen Schwimmborsten der Antenne sind stark gefiedert und von der Länge der Antenne. Schaft und Geissel un- gefähr gleich lang. Der Tuberkel am Schafte der linken hinteren Antenne fast kuglig. Sinnesborste am Tibialstück gradlinig, Stiel und zartwan- diges Distalstück gleich breit. Die laterale Hakenklaue (!) am Protarsus der zweiten Antenne nur etwa von halber Länge der beiden medialen (m m‘), diese länger als der Protarsus, die Nebenklaue am Tarsus fast so lang als die Hauptklaue (Fig. 6 und 6'). Furcalglieder lang und kräftig, am Hinterrand mit disconti- nuirlicher, d. h. in ganz kurzen Absätzen mehrfach unterbrochener Reihe von Zahnspitzen besetzt. Die Furcalhaken verhalten sich ihrer Länge nach wie 10:5 und sind mit paariger, in einem Absatze unterbrochener Spitzenreihe besetzt. Die Seitenborsten von ansehn- licher Länge (Taf. X, Fig. 9). Die schöne und unter allen mir bekannt gewordenen Cypriden grösste Art scheint in Südamerika weit verbreitet zu sein. Prof. Joh. Frenzel fand dieselbe in Argentinien (Laguna Peitiadu), Prof. Meinert in Venezuela (Laguna di Espino, Caracas und Las Trincheras).. Die an letzterer Oertlichkeit gesammelten Exemplare zeigten lediglich die beiden schrägen Mittel- streifen des Schalenpigmentes und repräsentiren daher eine in der Schalenfärbung als pallida zu bezeichnende Varietät. Der Unterschied beider Varietäten erinnert an die beiden von A, Weismann!) durch zahlreiche Generationen gezüchteten beiden Abarten von Cypris reptans, von denen die hellere nur einige kleine dunkelgrüne Flecken ausbildet, während die dunkle Abart eine viel grössere Zahl von dunkelgrünen Flecken besitzt. Pachycypris incisa n. sp. (Taf. VIII, Fig. 7—15.) Schale am Vorderende des Bauchrandes mit tiefer Inceisur, an welcher sich der Vorderrand schnabelförmig abhebt, durch wenige Längs- und schräge Querbinden dunkeln Pigmentes gefeldert, eirca 2:/, bis 2!/, Mm. lang, 1°3 bis 14 Mm. hoch, 1'1 bis 1'2 Mm. breit. Längs des Schalenrandes ein dorsal und ventral unterbrochenes Pigmentband. Substanz der Schalendecke mit Ausnahme der Rand- ‘) A. Weismann, Amphimisis oder die Vermischung der Individuen. Jena 1891, pag. 85, Fig. X, A,B. (205) 60 C, Claus: partie von feinen punktförmigen Körnchen imprägnirt, wie von einem dunkeln, pulverförmigen Niederschlag erfüllt. Eindrücke des Schalenmuskels (Abbildung 3) bei dieser Beschaffenheit der Schalen- substanz in ihren Grenzen schwer erkennbar. Oberer Eindruck (x) getheilt, die 3 mittleren (2, Yy,<) von unregelmässiger Form, die beiden hinteren, unteren (d, =) sehr klein. Abbildung 3. Muskelimpression der linken Schale von Pachyceypris ineisa, von der Aussenseite der Schalendecke gesehen, 90fach vergrössert. Die Geisselglieder der vorderen Antenne stehen in dem Ver- hältniss von 19:7:7:6:5. Die laterale Hakenklaue am Pretarsus der zweiten Antenne nur wenig kürzer als die beiden medialen, welche die Länge des Protarsus erreichen. Die Nebenklaue des Tarsus ist schwächer als die Hauptklaue desselben. Der Hinterrand der am Distalende etwas gebogenen Furcal- glieder ist mit Ausnahme des basalen Abschnittes mit einer conti- nuirlichen Reihe feiner Zahnspitzen besetzt. Die beiden Furcal- haken verhalten sich ihrer Länge nach wie 7:4 und sind mit zwei Spitzenreihen bewaffnet. Die Seitenborsten sind etwa halb so lang, die des Vorderrandes etwas kürzer (Fig. 15). Von dieser mit P. Leuckarti nahe verwandten, jedoch an (rrösse beträchtlich zurückstehenden Art fand- ich unter den bei Cördova (Laguna Peitiadu) gesammelten Cypriden nur wenige Exemplare, unter den Cypriden Venezuelas wurde dieselbe vermisst. (206) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 61 Tafelerklärung, Taf. I. Fig. 1. Cypris virens nach Entfernung der linken Schalenklappe. Man sieht den in der rechten Schale liegenden, am Rücken befestigten Thierleib mit allen Glied- massen der linken Seite und den wichtigsten von der Schalendecke zu den Antennen, Mandibeln, Maxillen und dem Abdomen verlaufenden Muskeln, mit dem Schalenmuskel, Darm, Leber- und Ovarialschläuchen, welche nach ihren natürlichen Lagen im Schalen- raume eingezeichnet sind. A’ vordere Antenne, A’ zweite Antenne, beide mit den zusammentretenden Chitinleisten ihrer Grundglieder, ©c Medianauge, MD Magendarm, D Darm, Af Afteröffnung, Md Mandibel, L Leberschlauch, Ov Ovarialschlauch in dem Schalenraum. (Camerazeichnung, Hartn. Syst. II, eing. Tub., 65:1). Fig. 2. Der Kopf derselben Form. Die 2 Antennen etwas herabgezogen, um den Stirnrand (R) zur Anschauung zu bringen. L’ Stützleiste der ersten Antenne, Z” Stütz- leiste der zweiten Antenne, Frl Frontalleiste, OL Oberlippe, Loe Ursprung des Leber- schlauches zwischen den Muskeln, welche zur zweiten Antenne herabsteigen, und den Mandibelmuskeln (M@M), Ch! Chitinleiste in der Schalenhaut. (Camerazeichnung. Hartn. Syst. II, ausg. Tub., 90:1). Fig. 3. Linke Vorderantenne derselben Cyprisart, von der Lateralseite dargestellt. (1) (2) die beiden Glieder des Stammes oder Schaftes, L’ Stützleiste des Basalgliedes im Kopfintegument, a’—a””, #—P”” die Borsten am Distalrande der Medialfläche des zweiten und dritten Geisselgliedes. (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., Zar: P). Fig.4. Die beiden Endglieder der Geissel (#) (5) nebst Borstenanhängen, isolirt, yv—y die fünf medialen Borsten des vierten Gliedes, ö6’, 6” die langen Terminal- borsten, ö”’ die kurze Terminalborste, die angrenzende Sinnesborste ist verdeckt. , fe} Fig. 4’. Die beiden Endglieder der Vorderantennen von Cypris pubera, von der lateralen Fläche gesehen. Von den langen Borsten ist nur die Basis dargestellt. Sb Sinnesborste, ö”” kurze Terminalborste. (Camerazeichnung, Hartn. Syst. V., ausg. Eub., 380 : 1). Fig. 5. Oberlippe nebst Chitingestell derselben von Cypris incongruens von der linken Seite dargestellt. cc’ die Doppelleisten im Integument zur Seite der Speiseröhre (Oe), a Leistengerüst zur Seite des Gehirns, ©! Querleiste an der Grenze von Stirnrand und Oberlippe (Ol), Frl Frontalleiste, Rl vordere Randleiste der Ober- lippe, El’ hintere oder untere Randleiste derselben, Ep/ Epipharyngealleiste, © Mund, Vm Vormagen, Reibmagen, PhM Vorzieher des Schlundes, PhM’ Rückzieher desselben, LDs Öberlippendrüse, LEp Levatoren des Epipharynx (Decke des Atriums). (Camera- zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausg. Tub., 220::1). Fig. 6. Linksseitige Schalendrüse von Cypris virens, von der Fläche gesehen. Es Endsäckchen. (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., 150: 1). Fig. 7. Dieselbe von Cypris (Herpetocypris) strigata im Querschnitt. (207) 62 O’ORUE Taf. II. Fig. 1. Kopf von Cypris pubera nach Wegnahme der Gliedmassenpaare, von der linken Seite dargestellt. Das Hypostom ist aus seiner natürlichen Lage etwas abwärts herabgezogen. FrR Stirnrand, Ol Oberlippe, U! Unterlippenabschnitt des Hypostoms (Hp), RO rechenförmiges Organ der linken Seite, a, e, c’ wie in Fig. 5 (Taf. I), 5 Seitenschleife der Doppelleisten zur Stütze der Endoskeletplatte, Pfl. Pfeiler- leiste, DR, DR’ Dorsalrand des Hypostoms mit den an der Endoskeletplatte ent- springenden Muskeln, Sz Subdermalzellen. Die übrigen Buchstaben wie in Fig. 5. (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., 150: 1). Fig. 2. Vorderer Abschnitt der Oberlippe, von der unteren Fläche, welche die Atrialleiste bildet, dargestellt (Camerazeichnung wie Fig. 1). Epl Epipharyngealleisten, Kl obere Randleiste mit dem Zähnchenbesatz und medianer feinbehaarter Ausbuchtung, QM Querverlaufender Muskel, O Lage des Mundes. Fig. 3. Hypostom nebst Lippensaum, Paragnathen (Pgy) derselben Art unter gleicher Vergrösserung, von der inneren Fläche betrachtet, An einer Seite ist das rechenförmige Organ ausgefallen. M’ M’ die seitlichen Muskelpaare, welche sich am Dorsalrand befestigen, Fig. 4. Stirn, Oberlippe und Hypostom von Cypris virens, von der linken Seite gesehen. Ausser dem Leistensystem sind Gehirn (Cer), Schlundring, Mandibel- ganglion (MdG), Endoskeletplatte der Lage nach dargestellt, Oes Oesophagus. Die übrigen Buchstaben wie Fig. ]. (Camerazeichnung. Hartn, Syst. IV, eing. Tub., 150:1). Fig. 5. Stirn, Oberlippe und Hypostom von (Pachycypris Leuckarti, von der Bauchseite dargestellt, unter dem Drucke des Deckgläschens etwas abgeflacht. In dem von den Stirnleisten (Fr/, Frl) umgrenzten Rahmen sieht man den schräg vom Oesophagus aufsteigenden Vormagen (Vm), in der Tiefe der helmförmigen Oberlippe die hinteren Randleisten (7, R!’) und die von denselben ausgehenden Pfeilerleisten (Pfl), an die sich die rechenförmigen Organe der Unterlippe anlegen (Camerazeichnung, Hartn. Syst. II, eing. Tub., 65:1). Fig. 6. Hypopharynx mit den rechenförmigen Organen am Boden der Lippe von Pachycypris) Leuckarti in der Flächenansicht. HP Härchenpolster am Innenwinkel jedes Rechens, Py Paragnathen, WI die in der Tiefe des Atriums von den Pfeilerleisten (Pi) zu dem oberen Winkel des Hypostoms ziehenden Chitin- leisten. Der Boden des Atriums wird von zwei Längsleistchen gestützt, über welche Reihen kurzer Wimperhärchen in die Tiefe zum Munde hin verlaufen. In querer Richtung stehen die Reihen starker Haarborsten oberhalb der Rechenstiel (8%), R Rechen, Rl’ Ende der hinteren Randleiste, (Camerazeichnung, Hartn. Syst. V, eing. Tub., 260 :1). Fig. 7. Transversaler Längsschnitt durch Oberlippe, Mandibellade und Hypostom. MI!’ die vorderen Emporzieher der Atrialdecke, St Stiel des rechenförmigen Organes in der Nähe des Rechens, Md Mandibel, Sz Subdermalzellen. Fig. 8. Später folgender Schnitt in weiterer Entfernung vom Rachen dem Munde genähert. M!’” seitliche Emporzieher der Atrialdecke, M!’ hintere Emporzieher derselben. Fig. 9. Nachfolgender Schnitt durch die Oberlippe in der Mundgegend, die beiden Lippendrüsen (LDr), der Transversalmuskel der Oberlippe und der Quermuskel am Munde ist getroffen. Taf. III. Fig. 1. Sagittalschnitt durch den Kopf und ventralen Theil des Rumpfes einer mittelgrossen Cypris (C. incongruens?), aus dem Aquarium des Berliner zoologischen (208) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 63 Institutes. Das Nervensystem ist der ganzen Länge getroffen, ebenso das Atrium und der Schlund nebst Reibmagen, welcher in den abgeschnittenen Magendarm (MgD) hineinragt. Cer Gehirn, Bgk Bauchganglienkette, @ Theile des Geschlechtsapparates, Ends Endoskeletplatte mit den Muskelinsertionen, LDr Oberlippendrüsen, Dz Binde- substanzzellen, PhM Vorzieher des Reibmagens, 7» Hypostom mit den grossen Subdermalzellen (Sz) (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., 150: 1). Fig. 2. Medialwärts folgender, fast medianer Sagittalschnitt. MdG Mandibel- sanglion, Mx@G Maxillenganglion. Zwischen beiden tritt das Muskelpaar hindurch, welche von der Endoskeletplatte (Ends) entspringt und an dem vorderen Ende der Unterlippe zwischen den beiden Rechen sich inserirt. Man sieht die medialen Muskel- bündel, welche von der Endoskeletplatte zur hinteren Schlundwand ziehen, ebenso die dorsalen Muskeln, welche oberhalb der grossen Lippendrüsen von der Kuppel der Oberlippe herab zur vorderen Schlundwand verlaufen (Camerazeichnung wie Fig. 1). Fig. 3. Benachbarter Sagittalschnitt, welcher die seitliche Partie der Atrialhöhle und die in derselben liegende Mandibellade (Md) trifft. Rm die Reibe des Vormagens, Mxf Maxillarfuss, B’ vorderes Bein (Camerazeichnung wie Fig. 1] und 2). Fig. 4. Fiederborsten vom Rande des Maxillenfächers mit den Chitinleisten am Fächerrande von Cypris pubera (Camerazeichnung, Hartn. Syst. V, eing. Tub., 280: 1). Fig. 5. Maxillarfuss vonCypris pubera, von der medialen Seite aus dargestellt mit dem Leistenwerke des langgezogenen Grundgliedes, in welchem die Kieferdrüse liegt. Exp Exopodit = Fächerplatte, Endp Endopodit = Taster, L Lade. Kf Ent- gang der Kieferdrüse, Hp Schenkel des Hypostoms. (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., 150: 1). Fig. 6. Ladenstück des Maxillarfusses, von der lateralen Seite gesehen, mit dem die Basis bekleidenden Leistenwerk. CB die beiden seitlichen Borsten am Kaurande. Vergrösserung wie Fig. 5. Fig. 7. Transversaler Längsschnitt durch den Magendarm (MD), Vormagen (Vm), Endoskeletplatte (Ends) und hintere Hälfte des Hypostoms einer Cypris, L Mündung der Leber, Mx Maxille, BG Bauchganglion. (Camerazeichnung, Hart. Syst. IV, eing. Tub.,,150:1). Taf. IV. Fig. l. Zweite Antenne der rechten Seite von Cypris virens, von der late- ralen (nach aussen gewendeten) Fläche dargestellt. L” die Stützleiste am Basalgliede, By die aus drei ungleich langen Borsten gebildete Borstengruppe nahe dem Distalrande an der lateralen Seite des Femur. By’ die aus 5 langen Fiederborsten und einer kürzeren (dorsalen) Borste gebildete Borstengruppe nahe dem Distalrande an der Medialfläche der Tibia. 5b Sinnesborste am unteren Rande derselben. 7's Tarsalglied mit den beiden der Grösse nach bei den verschiedenen Arten variablen Hakenklauen unter den drei Hakenklauen am Distalrande des Protarsus (Fts). (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., 150 : ]). Fig. 2. Linksseitige Mandibel nebst Taster von Cypris pubera in natürlicher Lage. Chl die beiden Stützleisten im Integument (Camerazeichnung, Hartn, Syst. II, ausg. Tub., 90:1). Fig. 3. Dieselbe von der Insertionsseite (Medialfläche) aus gesehen. Fig. 4. Der Kaurand der Mandibel mit seinen 7 Zahnleisten und den Borsten- stacheln zwischen denselben, von der Kante gesehen, stärker vergrössert. (209) 64 0. Olan8: Fig. 5. Derselbe in halb schräger Lage, die Borstenstacheln grösstentheils von den dreizackigen Zahnleisten verdeckt. Bb die beiden Bartborsten. (Camerazeichnung, Hartn. Syst. V, ausg. Tub., 360: 1). Fig. 6. Derselbe von der Medialseite. B’ B’’ die beiden Borstenanhänge zwischen den zwei distalen Zahnleisten (2) und (2). Dieselbe Vergrösserung. Fig. 7. Derselbe von der Lateralseite. Der Kaurand der alternirenden Mandibel. b’ b” die beiden Borstenanhänge zwischen den zwei distalen Zahnleisten (7) und /2). Dieselbe Vergrösserung. Fig. 8. Der Taster der Mandibel mit dem Exopodialanhang, von der äusseren Seite dargestellt, mit den Muskeln und Borstengruppen seiner vier Glieder (1)—(4) und dem exopodialen Fächeranhang (Exp). Camerazeichnung. Fig. 9. Der Fächeranhang isolirt von der Fläche gesehen. Fig. 10. Die Maxille von Cypris virens in seitlicher Darstellung. Eb End- bügel. (Camerazeichnung, Hartn. Syst. II, ausg. Tub., 90: D) Fig. 10’. Die Borsten am Kaurande des dritten (oberen) Ladenfortsatzes derselben. Fig. 11. Der linksseitige Maxillarfuss derselben Cyprisart, von der medialen, dem Hypostom aufliegenden Fläche dargestellt. L Lade, Endp Endopodit oder Fuss- anhang = Taster, Exp Exopodialplatte mit den 6 befiederten Randborsten, darüber das Leistenwerk des Basalstückes. (Camerazeichnung wie Fig. 10). Fig. 12. Die Borsten am Kaurande des dritten Ladenfortsatzes der Maxille von Cypris pubera mit den beiden bedornten Fangzähnen (Camerazeichnung, Hartn. Syst. V, ausg. Tub., 360: 1). Fig. 15. Tibia, Protarsus und Tarsus der zweiten Antenne von Herpeto- cypris reptans, von der lateralen Seite gesehen. (Bg”) das Schwimmborsten- fascikel der Tibia, SD Sinnesborste derselben, Z laterale Hakenklaue des Protarsus. Fig. 14. Der Tarsus dieser Antenne, stärker vergrössert. « Hauptklaue, $ Neben- klaue, Sb’ Sinnesborste. Taf. V. Fig. 1. Vorderes Bein der rechten Seite von Cypris pubera (Camera- zeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., 150: 1). Fig. 2. Rechtsseitiger Putzfuss eines kleineren Exemplares derselben Art, von der Aussenseite dargestellt. Fig. 3. Tibia und Tarsus derselben mit der Greifzange, von der Seite gesehen. M Abductor des Hakengliedes (Camerazeichnung, Hartn. Syst. V, eing. Tub., 260: 1). Fig. 4. Greifzange mit den Borstenanhängen, halb schräg dargestellt. 7T’d Terminal- borste, « kleine Hakenborste, 5 grosse Hakenborste, Za oberer Zangenarm (des Tarsus), Z@” unterer Zangenarm (der Tibia), 7 seitliche Leiste mit dem Wimperbesatz. Fig. 5. Dieselbe Greifzange, von der unteren oder ventralen Seite aus in Flächen- ansicht dargestellt. Fig. 6. Greifzange mit den Borstenanhängen von Cypris reticulata. 7d Terminalborste, M Adductor des Hakengliedes, « kleine, 5 grosse Hakenborste. (Camerazeichnung, Hartn. Syst. V, eing. Tub., 260: 1). Fig. 7. Dieselbe von Herpetocypris strigata, von der unteren oder ventralen Seite dargestellt (Camerazeichnung, Hartn. Syst. V, eing. Tub., 260: 1). Fig. 8. Dieselbe von der Seite gesehen (Camerazeichnung wie Fig. 7). Fig. 9. Dieselbe in halbschräger Darstellung (Camerazeichnung wie Fig. 7). Fig. 10. Putzfuss mit den Borstenanhängen des Tarsalgliedes von Cyprois flava (Camerazeichnung, Hartn, Syst. IV, eing. Tub., 150: 1). (210) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 65 Fig. 11. Vorderes Bein von Notodromas monacha (Camerazeichnung Hartn. Syst. IV, ausg. Tub., 220: 1). Fig. 12. Putzfuss derselben Form mit den Borstenanhängen des sehr kurzen Tarsalgliedes, unter derselben Vergrösserung. Fig. 13. Putzfuss von Candona compressa. Tibia ungetheilt (Camera- zeichnung, Hartn. Syst. V, eing. Tub., 260: ]). Fig. 14. Derselbe von Candona acuminata (fabaeformis). Tibia getheilt (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., 260: 1). Fig. 15. Putzfuss von Cyelocypris ovum (Camerazeichnung, Hartn. Syst. V, eing. Tub., 260: 1). Fig. 16. Putzfuss von Cypria compressa (punctata) (Camerazeichnung, Hartn Syst. V, eing. Tub., 260: 1). Fig. 17. Putzfuss von Pontocypris intermedia. G. OÖ. Sars aus Triest. Fig. 18. Tibia und Tarsus desselben mit den Borstenanhängen. Taf. VI. Fig. 1. Die zweite Antenne des Männchens von Cypria punctata mit den Sinnesborsten (Sb’ Sb”) am Protarsus und der grossen tibialen Spurborste (Sb) (Camerazeichnung, Hartn. Syst. V, eing. Tub., 150:1). Fig. 1°. Die Spürborste der Tibia isolirt und stärker vergrössert. Fig. 1”. Die Sinnesborsten des Protarsus stärker vergrössert. Fig. 2. Die zweite Antenne des Weibchens derselben von der lateralen Seite dargestellt. Sb Sinnesborste der Tibia, / laterale Hakenklaue des Protarsus, «a, die beiden Hakenklauen des Tarsus. | Fig. 2’. Protarsus, von der medialen Seite dargestellt, das Tarsalglied ver- deckend, 2’ dorsale accessorische Hakenklaue, m’m die beiden medialen Hakenklauen des Protarsus. Fig. 2”. Die Sinnesborste der Tibia stärker vergrössert. Fig. 3. Die zweite Antenne des Männchens von Candona compressa (Koch) (Camerazeichnung wie Fig. 1). Fig. 3°. Die Sinnesborsten des Protarsus stärker vergrössert. Fig. 4. Ladenglied und hakentragender Taster des linksseitigen Maxillarfusses von Notodromas monacha (O. Fr. Müll.) (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., 150: 1). Fig. 4’. Dieselben Theile des rechtsseitigen Maxillarfusses in derselben Wei-e vergrössert. Fig. 5. Linksseitiger Maxillarfuss nebst Bein /B’) des jungen Männchens vor der letzten Häutung mit dem späteren Klauentaster unter dem Integument. Fig. 5°. Rechtsseitiger Maxillarfuss desselben. Vergrösserung wie Fig. 4. Fig. 6. Linksseitiger männlicher Maxillarfuss mit Taster von Cyprois flava. Vergrösserung wie Fig. 4. Fig. 6°. Rechtsseitiger männlicher Maxillarfuss mit Taster von Cyprois flava. Vergrösserung wie Fig. 4. Fig. 7. Linksseitiger Maxillarfuss von Heterocypris incongruens. Fig. 7°. Greiftaster des rechtsseitigen Maxillarfusses derselben Form (Camera- zeichnung, Hartn. Syst. V, eing. Tub., 260: 1). Fig. 8. Linksseitiger Maxillarfuss von Cypria eompressa (Baird) unter derselben Vergrösserung. (211) © [op} C. Claus: Fig. 8°. Greiftaster des rechtsseitigen Maxillarfusses derselben Form. Fig. 9. Linksseitiger Maxillarfuss von Cycelocypris ovum (Jurine). Ver- grösserung wie Fig. 7 und 8. Fig. 9°. Rechtsseitiger Maxillarfuss ohne den Fächeranhang. Fig. 9”. Das Ende desselben, stärker vergrössert, mit den zarten Tastanhängen. Fig. 10. Greiftaster des linksseitigen Maxillarfusses von Candona com- pressa (S. Fisch). Fig. 10°. Greiftaster des rechtsseitigen Maxillarfusses derselben Form. Ver- grösserung wie Fig. 9. Fig. 11. Querschnitt durch den Endabschnitt des Abdomens mit dem Leisten- rahmen für die Stütze und Einlenkung des Furcalgliedes von Notodromas monacha. Fig. 12. Derselbe durch den proximalen Theil der beiden Furcalgliedes des Notodromas-Weibchens. $> Subdermalzelle. Taf. VII. Fig. 1. Acanthocypris bicuspis von Cördoba, von der linken Seite dar- gestellt bei Einstellung des von der Schale umschlossenen Thierleibes, Ov Ovarialschlauch der linken Seite im Schalenraum, Z der kurze Leberschlauch, F das grosse Furcalglied. (Camerazeichnung, Hartn. Syst. II, eing. Tub., 65:1). Fig. 2. Dieselbe unter starker Lupenvergrösserung bei Einstellung der Schale, in seitlicher Ansicht. Fig. 3. Die Schale derselben Form von der Ventralseite dargestellt. Fig. 4. Oberlippe von der rechten Seite gesehen mit dem Leistensytem (Camera- zeichnung, Hartn. Syst. II, ausg. Tub., 90:1). Fig. 5. Rechtsseitige Mandibel nebst Taster (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, ausg. Tub., 220: 1). Fig. 6. Der Kaurand derselben (Camerazeichnung, Hartn. Syst. V, ausg. Tub,, 380 : 1). Fig. 7. Hypostom, von der rechten Seite dargestellt. Vergrösserung wie Fig. 4. Fig. 8. Rechenförmiges Organ (Camerazeichnung, Hartn. Syst. V, eing. Tub. 260: 1). Fig. 9. Maxille der rechten Seite (Camerazeichnung, Hartn. Syst. II, ausg. Tub., 90:1). Fig. 9°. Die Zahndornen und Borsten am dritten Ladenfortsatz derselben, stärker vergrössert. Fig. 9”. Eine Randborste der Fächerplatte, sehr stark vergrössert. Fig. 10. Maxillarfuss der linken Seite. Vergrösserung wie Fig. 9. Fig. 11. Das erste (1B) und zweite Bein (2B), Putzfuss der rechten Seite, unter derselben Vergrösserung. ; Fig. 11‘. Das Endstück mit der Zange und den Haken am distalen Zangen- nerven, stärker vergrössert. Buchstabenbezeichnung wie auf Taf. 5. Fig. 12. Die Furcalglieder nebst rechtsseitiger Chitinstütze und Chitinrahmen, von der rechten Seite dargestellt. CH Chitinleiste, DM Dorsalmuskeln, VM Ventral- muskeln (Camerazeichnung, Hart. Syst. II, ausg. Tub., 90:1). Taf. VIII. Fig. 1. Vorderrand der linken Schale von Acanthocypris bicuspis. ZR Tuberkelreihe an der Aussenseite (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., 150: 1). (212) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 67 Fig. 2. Die mittlere Partie des Ventralrandes der linken Schale. Vergrösserung wie Fig. 1. Fig. 3. Linksseitige zweite Antenne derselben Form (Camerazeichnung, Hartn. Syst. II, ausg. Tub., 90:1). Cx Coxa, Tr Trochanter, Fe Femur, 7b Tibia. Fig. 4. Die distalen Glieder der Antenne, von der Medialseite dargestellt (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., 150: 1). Fig. 4’. Dieselben von der Lateralseite gesehen, mit freiliegendem Tarsalglied und Hakenklauen ohne die Gruppe der Schwimmborsten. Vergrösserung wie Fig. 4. Fig. 5. Die Endglieder des Mandibeltasters derselben Form. Fig. 6. Ende des Abdomens mit dem Ansatz des Furcalgliedes (FG), von der vorderen oder ventralen Seite dargesellt. Ym Ventralmuskeln, Chl Chitinleiste. Fig. 6. Dasselbe von der hinteren oder dorsalen Seite. DM Dorsalmuskeln. Fig. 7. Pachycypris incisa unter starker Lupenvergrösserung, in seit- licher Lage. Fig. 8. Dieselbe Form von der Rückenseite dargestellt. Fig. 9. Vorderrand der linken Schale, von der Innenseite betrachtet, mit weit vorspringender Aussenlippe (Camerazeichnung, Hartn. Syst. II, eing. Tub., 65:1). Fig. 10. Vorderrand der rechten Schale in gleicher Lage, unter derselben Ver- grösserung dargestellt. CS Cuticularsaum, welcher die innere Randlippe (i R) begleitet. Fig. 11. Oberlippe und Stirn nebst Vormagen (Vm) derselben Art (Camera- zeichnung, Hartn. Syst. II, ausg. Tub., 90:1). Fig. 12. Hypostom. Vergrösserung wie Fig. 11. Fig. 13. Femur, Tibia und Tarsus des Putzfusses (Camerazeichnung wie Fig. 11). Fig. 14. Das obere Endstück der Tibia nebst dem Tarsalglied und dessen Haken- und Borstenanhängen, stärker vergrössert. Buchstabenbezeichnung wie früher. Fig. 15. Die Furcalglieder (Camerazeichnung wie Fig. 11). Taf. IX. Fig. 1. Pachycypris Leuckarti von Cördoba, unter starker Lupenver- grösserung in seitlieher Darstellung. Fig. 2. Dieselbe Form von der Rückenseite aus dargestellt. Fig. 3. Vorderrand der linken Schale derselben Form, von der Innenseite gesehen (Camerazeichnung wie Fig. 4). Fig. 4. Vorderrand der rechten Schale in derselben Lage. CS Cuticularsaum an der inneren Randlippe (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., 150: 1). Fig. 5. Die vordere linksseitige Antenne derselben Form. « die langen Fieder- borsten des zweiten, £ die des dritten, y die des vierten, ö die des fünften Geissel- gliedes (Camerazeichnung, Hartn. Syst. II, eing. Tub. 65:1). Fig. 6. Zweite Antenne der linken Seite. FH Höckerwulst am Vorderrande des wohlbegrenzten Basalgliedes. Dieselbe Vergrösserung wie Fig. 5. Fig. 6°. Die terminalen Hakenklauen der Tibia und des Tarsus, stärker ver- grössert und von der medialen Seite der Antenne gesehen. «a die Hauptklaue, £ die Nebenklaue des Tarsalgliedes, m m’ die untere und obere mediale, 7 die laterale Haken- klaue am Distalrande der Tibia. Fig. 7. Der Mandibeltaster, von der lateralen (äusseren) Seite gesehen. Ver- grösserung wie 5 und 6. Fig. 7°. Die grosse Fiederborste des basalen Tastergliedes, stärker vergrössert. Fig. 8. Endstück der Tibia und des Tarsus. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. X, Heft 2. 15 (213) 68 0. Claus: Taf, 2. Fig. 1. Oberlippe von Pachyceypris Leuckarti mit dem Leistengestell und dem an demselben haftenden rechenförmigen Organ in schräg ventraler Lage, etwas gedrückt (Camerazeichnung, Hartn. Syst. II, ausg. Tub., 90:1). Fig. 2. Hypostom in seitlicher Lage mit dem Lager grosser Zellen dicht gefüllt. Dieselbe Vergrösserung. Fig. 3. Oberlippe und Hypostom, von der Bauchseite schräg betrachtet. An der einen Seite sind der Mandibeltaster und Laden nebst Taster der Maxille, beiderseits die dem Hypostom aufliegenden Maxillarfüsse dargestellt. Das Atrium ist weit geöffnet, man sieht die beiden in demselben liegenden Mandibelladen und den vom Hypopharynx mit den rechenförmigen Organen gebildeten Boden des Atriums in ganzer Länge (Camerazeichnung, Hartn. Syst. II, eing. Tub., 65:1). Fig. 4. Die linksseitige Maxille mit den 3 Laden, dem zweigliederigen Taster und der exopodialen Fächerplatte, von der medialen Fläche dargestellt (Camera- zeichnung, Hartn. Syst. II., eing. Tub., 65:1). Fig. 4. Die Bezahnung des Kaurandes der dritten Lade. Unter den Borsten treten 3 starke Zahndornen, von denen der mittlere zweiseitig bestachelt ist, durch Stärke hervor (Camerazeichnung, Hartn. Syst. V, eing. Tub., 260: 1). Fig. 5. Rechtsseitiger Maxillarfuss, von der Medialfläche dargestellt (Camera- zeichnung, wie Fig. 3). Fig. 6. Vorderes Bein der linken Seite. a Coxa, 5 Trochanter, Fe Femur, 7 Tibia, Ts Tarsus (Camerazeichnung wie Fig. 3). Fig. 7. Putzfuss der linken Seite (Camerazeichnung wie Fig. 3). Fig. 8. Der obere Zangenarm am Putzfuss (Tarsalglied), von der unteren Seite dargestellt, sehr stark vergrössert. | Fig. 9. Abdomen und Furcalglieder nebst Chitinstützen und den an - denselben befestigten Muskeln. Gw Genitalwulst (Camerazeichnung, Hartn. Syst. II, eing. 7ub.,.65:1), Taf. XI. Fig. 1. Acanthocypris bicuspis var. mucronata. Rechte Schale von der inneren Seite dargestellt. SD Schalendrüse, L Leber, Ov Ovarialschlauch, M Muskelansätze an der äusseren Schalendecke, Kn Chitinknopf vor den Impressionen des Schalenschliessers, PS? proximale Schalenlinie am inneren Schalenblatte. Die Buchstaben a, b, c, d bezeigen die Stellen, denen die unter stärkerer Vergrösserung in den Fig. 2, 3, 4, 5 dargestellten Partien des Schalenrandes entsprechen (Camera- zeichnung, Hartn. Syst. II, eing. Tub., 65: 1). r , Fig. 2 und 3. Partien vom vorderen Schalenrande, von der inneren Seite dar- gestellt. _4el äussere Randlippe, /2 innere Randlippe, P blaues Pigment. Fig. 4. Uebergangsstelle des ventralen in den hinteren Rand (der Stelle ce, Fig. 1 entsprechend), von der Aussenseite gesehen. Chl Chitinleiste, welcher die Randborsten- reihe an der Grenze der auf die Schalendecke gerückten flachen Aussenlippe entspricht, Il Innenlippe,,. Rb Randborte derselben mit den Porencanälen für die Randborsten, Cs Cuticularsaum derselben. Fig. 5. Partie des Hinterrandes, von der Innenseite gesehen (der Stelle d ent- sprechend). /! die vom Rande entfernte Innenlippe mit Porencanälen für die kurzen Randborsten, Ael Aussenlippe mit Borte, Cuticularsaum und Porencanälen. Fig. 6. Partie vom hinteren Ende des ventralen Randes der rechten Schale, von der inneren Seite aus dargestellt. Z55 inneres Schalenblatt mit der für das derb- (214) Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. 69 häutige Zwischenfeld charakteristischen Felderung, SD Schalendecke, Ael äussere Lippe mit der Porenreihe für die oberen Randborsten, Chl Chitinleiste, welche dieselbe ab- .grenzt, &b Randborde der inneren Lippe mit den Porencanälen für die derselben zugehörigen Randborsten, Cs Cuticularsaum (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, ausg. Tab., 220: 1). Fig.7. Linke Schale von Acanthocypris bicuspis var. mucronata, von der Innenseite dargestellte Vergrösserung wie Fig. 1. SDr Schalendrüse, Nerven- äste des vorderen Schalennerven mit den traubigen Zellenhaufen, von denen.nach den Rand- borsten feine Fäden ausstrahlen, 7r Tuberkelreihe der äusseren Decke nahe dem Rande. Fig. 8. Partie des vorderen Schalenrandes, der Stelled in Fig. 7 entsprechend, stärker vergrössert, von der inneren Seite dargestellt. Il innere Randlippe, Cs QCuti- cularsaum derselben. Fig. 9. Partie des vorderen Schalenrandes, von der Aussenseite der Schale dar- gestellt, mit der an der Chitinhaut der Decke hervortretenden polygonalen Felderung. Hp Hypodermus-Epithel (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., 150: 1). Fig. 10. Partie der Einbuchtung des ventralen Schalenrandes (bei ce in Fig. 7), von der Innenseite gesehen. 7d Tuberkelreihe mit der Chitinleiste.e Die Poren und Borsten der flachen, auf die Schädeldecke gerückten Aussenlippe sind angedeutet. Fig. 41. Be: des vorderen Schädelrandes s Stelle & in Fig. 7 entsprechend) stärker vergrössert. Fig. 12. Vorderrand der linken Schale, von der Innenseite aus dargestellt. Das innere Schalenblatt 5b ist längs der tuberkeltragenden Leiste abgesprengt, I! innere Randlippe, Ael äussere Randlippe etwas am Rande vorspringend (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, ausg. Tub., 220: 1). Fig. 13. Sculptur des Zwischenfeldes vom inneren Schalenblatte. Camerazeich- nung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., 150: 1. Fig. 14. Ein Zweig des vorderen Schalennerven mit seinen Verästellungen, birn- förmigen Gruppen kleiner Zellen und von denselben zu den Randborsten ausstrahlenden Fäden von Cypris pubera, circa l40fach vergrössert, Fig. 14°. Nervenästchen mit zwei anliegenden Haufen kleiner Zellen und von denselben ausstrahlenden Fäden, circa 300fach vergrössert. Taf. XII. Fig. 1. Rechte Schale von Cypris virens, von der inneren Seite dar- gestellt. Man sieht die Muskeleindrücke und die RL einmernden Poren der Schalen- decke, pS7 proximale Schalenlinie, «, 8, y, 8, &, { die.sechs Eindrücke des Schliessmuskels der Schale, «, b die beiden in schwachen Halbbogen vor jenen gelegenen Schalenflecken, bedingt durch den Ansatz kurzer dichter Sehnenfasern, welche das innere Schalen- blatt und die divergirenden Enden der in demselben liegenden Chitinleisten des Mandibels fixiren. Dazu kommen dorsalwärts die Eindrücke der absteigenden Glied- massenmuskeln (Camerazeichnung, Hartn. Syst. II, eing. Tub., 65:1). Fig. 2. Die etwas grössere linke Schale desselben Thieres von der Innenseite gesehen. Vergrösserung wie Fig. 1. Die Poren der Schalendecke sind nicht dargestellt. Fig. 3. Rechte Schale des Männchens von Heterocypris incongruens von der Innenseite gesehen. Camerazeichnung, 65:1. Fig. 4. Linke Schale desselben Thieres. Die vier Hodenschläuche sind aus- gezeichnet, dagegen fehlen die dorsalen Muskeleindrücke. Vergrösserung wie Fig. 3. Fig.5. Linke Schale von Cyclocypris ovum von der Aussenseite gesehen. Die Muskeleindrücke des Schalenschliessers dicht zusammengedrängt (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, eing. Tub., 150: 1). (215) Br > a a. = a 0 C. Claus: Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. Fig. 5’. Die sechs Muskeleindrücke von Cypria punctata. Fig. 6. Muskeleindrücke des Schalenschliessers von Notodromas. Zwischen denselben Poren (Camerazeichnung, 150: 1). Fig. 7. Sagittalschnitt durch die linke Schale von Herpetocypris strigata. Der Abschnitt « 5 Chl ist aus drei aufeinander folgenden Schnitten entlehnt, um das Verhältniss der letzteren zu den beiden Flecken (a,b) der Schalendecke und den Chitinleisten (Chl) des Innenblattes zu zeigen, M oberes Ende des Manubriums der Mandibel. Camerazeichnung, 150: 1. Fig. 8. Die Schaleneindrücke des Schliessmuskels von Cypris pubera. Dazwischen Poren der Schalendecke (Camerazeichnung wie Fig. 7). Fig. 9. Transversalschnitt durch die Schale von Pachycypris Leuckarti (var. pallida). Man sieht, wie die Hypodermislagen beider Blätter durch Stützfasern verbunden sind, welche den Schalenraum in ein Netzwerk von Lacunen abtheilen. Sz die Schicht grosskerniger Subdermalzellen, welche der Hypodermis des inneren Blattes anliegen (Camerazeichnung, Hartn. Syst. IV, ausg. Tub., 220: ]). Fig. 10. Isolirte Subdermalzellen derselben Art im Begriffe der Kernvermehrung, circa 360fach vergrössert. Fig. 11. Ein Stück des im Schalenraum enthaltenen Ovarialschlauches von Herpetocypris strigata. E normale wachsende Eizellen, AbE Abortiveier mit vergrössertem, in der Theilung begriffenem Kerne, beziehungsweise zwei und mehreren Kernen und deren verbrauchter Plasmaschicht. Fig. 11‘. Eine abortive Eizelle mit Kernbrut gefüllt, stärker vergrössert (Camera- zeichnung wie Fig. 9, 220: 1). Fig. 12. Eier und abortive Eizellen aus dem Ovarialschlauch von Cy pris pubera. Die Kerne der letzteren stark vergrössert, beziehungsweise in Theilung be- griffen, die Plasmaschicht verbraucht. (216) Druck von Gottlieb G@istel & Comp, in Wien, I., Augustinersirasse 12. Arbeiten aus dem Zoolog. Institut zu Wien. BAN Het. TakVH, EI | \ | Will \ \ \ ig 7 il Mi | EEE A nn nn nn nn nn C.Grobben del Wien, Verlag v. A.Hölder.kf Jaf!. C.Orobben, Bau von Cuspidarta. ‚Universitäts-Buchhändler. khardt, Leipzig. m ai wii Lith.Anst. Julius F E In u. 0 Arbeiten aus dem Zoolog Institut zu Wien BANN Heft U Taf IM. C.Grobben del. Wien, Verlag v. A.Hölder,Kulf Lith Anst. Julius Klinkhardt, Leipzig C. Grobben, Bau von Cuspidarta. Tafd. Universitäts-Buchhändler. > Arbeiten aus dem Zoolog. Jnstiut zu Wien. Bd. N Heft H Iak IN. Mh En ee N E BEE» '.Grobben del. Wien, Verlag v. A.Hölder K.uMi C.Grobben, Bau von Cuspidara. Taf IH. Universitäts-Buchhändler. Lith. Anst. Julius Klinkhardt, Leipzig. j | dm iM e vo "Oo {=} © Es) ‚Do {0} & 16) 1) .. C. Grobben, Bau von Cuspidaria. Taf IV. 7 20. Lith Anst. Julius Klinkhardt Leipzig. due = > zZ So = = a AN 2 Mies 2 er ale m u ZT Een \ \ a u EEE en — 1 ‚S = PETE N\ | 1,1 g. Institut zu Wien. Ba.X, Heft Irbeiten aus dem zoolo F 4 C. Claus del. [ 0° 2:5 x A u an 2er S [2 Claus, Beiträge zur Kenntniss der Susswasser-Ostracoden I. Taf. I. 2 Zu Lilk.Anst.v. Werner & Winter Frankfurt $M EEE I Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien Bd.xX, Heft I, Taf! XI. Lu ai % ö C.Claus, Beiträge zur Kenntniss der Süss Ostracoden I. Taf I. . wasser Zith. Anst.v. Werner & Winter Frankfurt®M > SER Arbeiten aus dem zoolog Zu SE Sa FE Te Tas Verlag von. Alfred Hölder W var laf! MW. C. Claus, Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden T. \> % 5) Ss = STARTEN ES 8 357 ai Pi 23 af) li | ie 5 «ins EngE> I Bachhändler in Won “ 5.2 Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien. Bd.X. Heft I, Taf XIV. 1———— Verlag v Alfred Pr e “ €. Claus, Beiträge zur Kenntniss der Stisswasser Ostracoden I. Taf IV | — - - P a — 2 wen a under in Wien Lith. Änst Werner Wirt » Frankfürt$M. BGH 1 Zu > u SR, Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien. Bd.X, Heft IL Taf XV. rn f % (eK (K Kf ht SC BB Verlag v AlfsedR Jith. Anst. v Werner a Winter, Frankfurt ®M. id D LS Br n ._ en ö 2 Er w Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien Dad. VHeft IL Ta£X. 3 Be 2 | ee gg ee De > De ; Some ee r Bu a [ze hi „e nz K is ea RR REN 2 Ta a 2 Verlag wAlfred Hölden 1 €: Claus, Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser- Ostracoden I. Taf: VT. fübs-Buchhändler ın Wen, Lith. Anst. v Werner Winter Frankfurt? M. u aa Arbeiten aus dem zoolog, Institut zu Wien. Ba.\, Heft, Te FAST ITSEI TOT Y WERPITTET INRUTEE) TLTETTIITEEER aus T r’ 15, Beiträge zur Kenniniss der Süsswasser Ostracoden I. Taf! VI. Be nic ) lith. Anst.v.Werner gWinten Frankfurt *M. ER u j nr: vr. vu...“ Arbeiten aus dem zoolog. Instiut zu Wien. Ba.x, Heft I, Taf XVIH. Y C.Clans del Verlag w Alfred Hölder ki C. Claus, Beitrage zur Kenntniss der Susswasser Ostracoden I. Taf: VI. 3 L rt WI LE #4. 4/7 ik » Irf „ter Era WE aM“ Lith. Anst.v. Werner \ {1 Ä r vAlfred H Verlag ER - . Bd.Xx, Heft II, Taf XIX. en Arbeiten aus dem zoolog, Institut zu Wi NR a Taf. IX. IIAND \ U RR RRNRURNN NARTII & c Claus, Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser Ostracoden 1. D » ler ar x = N a | ,. “ 2) h ”. “> Bo INTER BOEXETT ..* n_ sKaf bin ın Frankfur' ı Wink rl Juh, Anst.uv Werne 4 Borkhimdier in Wim. Pe u ud “ - ea Ba | - Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien Ba.X, Heft I, Taf.XX. i en RE Verlag v. Alfred Hölder.kk. “Buchhändler in Win 4 — To \ TEE FEN mFE an # Winter, Frax a tut zulWien. Bd_X. Heft 11 Imst cz > SQ e.2 B, S R I B:3 ® EB: * x Erlaus de Irbei Pr | ee Tar x. Kenntniss der Susswasser.Ostracoden T. äge zur >; ” . er f ne AR F r ıs. Be Be rlaus, B . N v SD . N = DAL h 22 ee Ze 7 d N eT e Te EREREEE er SSSSS ER LIEFERTE ae aus, en “s. IHronticgiceekeN er ERRETTTTTU NUN N Chl. ” un Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien. Bd.x. Heft IE Taf: 3 X. t Verlag wAlfred Rölder, kh.H IN ur: & TI AIR 1} ! ats-Buchhandler ın Wien. ARBEITEN AUS DEM ZOOLOGISCHEN INSTITUTE DER UNIVERSITÄT WIEN ZVOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. HERAUSGEGEBEN VON DELECLANS, 0. Ö, PROFESSOR DER UNIVERSITÄT UND VORSTAND DES ZOOLO@ISCH-VERGL.-ANATOMISCHEN INSTITUTS IN WIEN, DIRECTOR DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIEST, TOM. X, II. Heft. Mit 15 Tafeln und 1 Holzschnitt. WIEN, 1893. ALFRED HÖLDER, K.U.K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, Rothenthurmstrasse 15. Alle Rechte vorbehalten. Sn nun u TEE BEN, 2 See ; y. f » ARBEITEN AUS DEM ZÖOLOGISCHEN INSTITUTE DER UNIVERSITÄT WIEN ZVOLOGISCHEN STATION IN TRIEST. HERAUSGEGEBEN VoN MU CLAUS, 0. Ö. PROFESSOR DER UNIVERSITÄT UND VORSTAND DES ZOOLOGISCH-VERGL.-ANATOMISCHEN INSTITUTS IN WIEN, DIRECTOR DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIES!T. TOM.X. Mit 37 Tafeln und 4 in den Text gedruckten Holzschnitten. WIEN, 1893. ALFRED HÖLDER, K.U.K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, Rothenthurmstrasse 15. s Kar TLTIBINTENA 18 An 3 Alle Rechte or Ba ru ‘ BARON DARAN BAT WE RB ANrym AS TE HE HE mat. yalk PiYmaaumer a j van EA TER str o E ers Fri < Men] 7 OR ‚ans, 16% \ FE Ur BER h 1 | KU R TAROT A lt 2 AN WOTRSB RS E & A De REN FrerBand. Inhalt. Claus, C,, Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylo- rhiza, Aureliaund Chrysaora,sowieüberdiesystematische Stellung der Scyphomedusen. II. Mit 3 Tafeln . Haller, B,DieAnatomie von Siphonariagigas Less. eines opistho- branchen Gasteropoden. Mit 3 Tafeln Grobben, Prof. Dr. Carl in Wien, Beiträge zur Kenntniss desBaues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi, nebst Betrachtungen über das System der Lamellibranchiaten. Mit 4 Tafeln . Claus, C., Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. I. Mit 12 Tafeln und 3 Holzschnitten Claus, C., Ueberdiesogenannten Bauchwirbelamintegumentalen Skelet der ÜCopepoden und die medianen Zwischenplatten der Ruderfusspaare. Mit 3 Tafeln EDLER 1ER Claus, C., Ueber dieEntwicklung und das System der Pontelliden. (Zugleich ein Beitrag zur Nomenclaturfrage.) Mit 5 Tafeln OR Claus, C., Neue Beobachtungen über die Organisation und Ent- wicklung von Cyclops. Ein Beitrag zur Systematik der Cyclopiden. Mit 7 Tafeln und einem Holzschnitt . Generalregister über die Bände I—X. I. Chronologisches Register ENTE EN II. Register in der alphabetischen Reihenfolge der Autoren . Seite ya 101 147 . 307 . 363 Itasın nt). ds mwuisben 12’ Bu Be eo 3 5 I j % ‘ \ “a3 ER EEE mi, SITE ı G A ’ teile , ‘ Ed; i 4 ! v r A - y 3 u ‘ N ’ j 5 % f » F H 3 r / N ; re Er R 4 ki? f r | nn y \ | 1 12 OR r£ x R “ u, . uf ii». \ 4 ‘ arh i i 1,5% % 4, f . Hat; 255 « g By % wi Au ‘ 7 vis Hs . x La f a en I “> “ £ ni oh ea2, th ran 9 j ‚#42 i % ” 7 Hr f ‘48% ‘r fi nd . f 2 x j E das k u eL dr h H F 4 v4 YE \ WaitiE En { 3 >47 y ; ” ü nn ‘ ri ti “oh u ı B Ueber die sogenannten Bauchwirbel am integumentalen Skelet der Copepoden und die medianen Zwischenplatten der Ruderfusspaare. Von C. Claus. Mit 3 Tafeln. Unter den Körpertheilen der Copepoden, welche am wenigsten leicht zu untersuchen und zu deuten sind, verdienen vornehmlich die sogenannten Bauchwirbel nebst den an denselben befestigten Zwischenplatten der Ruderfüsse eine eingehendere Verfolgung. Ich habe dieselben zwar in meinem Gopepodenwerke !) und früher schon in der Abhandlung „Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Copepoden (1858)* nach ihrer allgemeinen Gestaltung beschrieben, jedoch keineswegs ausreichend und vollständig genug dargestellt. il Auch die kürzlich publieirte Arbeit von Hartog?), die einzige, die seit jener Zeit auf den Gegenstand näher Bezug nimmt, hat unser Verständniss dieser Bildungen nicht erheblich gefördert. Bekanntlich hatte W.Zenker) die Verdickungen am ventralen Integument der Thoracalsegmente mit den Zwischenplatten der Fuss- . paare als zusammengehörige einheitliche Gebilde aufgefasst und als „Bauchwirbel“ bezeichnet; indessen schon in der citirten . ı) C. Claus, Die frei lebenden Copepoden. Leipzig 1863, pag. 31. ”) Marcus M. Hartog, The Morphology of Cyclops and the Relations of the Copepoda. Transact. of the Lin. Soc. London 1888, pag. 6. ”) W, Zenker, Anatomische Studien über Krebsthiere. Archiv für Naturg., 1854, XX, pag. 90. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 3. 16 17) 2 C., Claus: Abhandlung, welche Hartog nicht näher bekannt geworden zu sein scheint, wies ich nach (pag. 11, 12), dass beiderlei Bildungen von einander scharf zu trennen sind und dass es sich nicht aus- schliesslich um wirbelähnliche Verdickungen des Integumentes, sondern auch um zierlich geformte, auf jenen sich erhebende selbst- ständige Chitinplatten handelt, welche zwischen den Basalgliedern der zu einem Paare gehörigen Ruderfüsse ausgespannt sind und die gleichzeitige und gleichgerichtete Bewegung derselben veranlassen. Später gab ich in dem grösseren Copepodenwerke folgende Beschreibungen dieser Gebilde: „Zwischen den Basalgliedern zweier zu einem Paare gehöriger Ruderfüsse tritt noch eine eigenthümliche‘ Skeletbildung hinzu, welche beide Extremitäten miteinander ver- bindet und wohl keine andere Bedeutung hat, als die Bewegung der beiden Ruder gleichzeitig und in gleicher Richtung erfolgen zu lassen. Zenker hielt diese Zwischenplatten für integrirende Theile der Bauchschienen und beschrieb sie mit eigenthümlichen Zapfen der letzteren im Zusammenhang als „Bauchwirbel- körper“. In der That bieten die zwischen den 'Thoracalfüssen be- findlichen Chitinbildungen ein regelmässig gegliedertes, zuweilen wirbelähnliches Bild, welches übrigens nach den einzelnen Gattungen äusserst mannigfach wechselt. Unter !) dem Vorderrande eines Segmentes liegt im Skelete ein verdiekter medianer Zapfen, umgeben von zwei vorne vereinigten Chitinstäben. Ersterer ver- mittelt mit seinem unteren Theile die Einlenkung der Zwischen- platte, welche mit dem zugehörigen Ruderfusse um diesen Stütz- punkt leicht nach vorne und hinten gedreht wird. In letzterer- Stellung?) wird der: Zapfen am Skelete sichtbar, in der ersteren ?) dagegen bleibt er von der Basis der umgeschlagenen Zwischenplatte bedeckt. Die Platte selbst ist der Länge nach rinnenförmig gekrümmt und zeigt fast regelmässig zwei Längswülste, welche den seitlichen, eylindrisch umgebogenen Rändern entsprechen, ihre Basis nimmt zur festeren Verbindung einen stark verdickten Zapfen *) der Fuss- glieder auf.“ Wenn nun Hartog von seiner späteren Beschreibung die Meinung hegt, dass sie von der Darstellung früherer Beobachter be- deutend abweiche, weil Zenker’s Bericht so vollständig irrig ge- wesen sei, und dass die von Anderen später gegebenen Correcturen in !) Besser würde es heissen „hinter dem Vorderrande*“. ?) Vergl. diese Abhandlung, Taf. III, Fig. 25mZ, Fig. 29m 2°. 3) Taf. III, Fig. 24m Z, 26m Z, Fig. 27. %) Taf, IIL; Fig. 24 282, 2 (218) Po 1 ’ 2 f Mn: n 1 vs : af Ueber die sog. Bauchwirbel am integumentalen Skelet der Copepoden etc. 3 den Gegenstand nur Verwirrung gebracht hätten, so hat er offenbar meine Darstellung nicht verstanden.) Thatsächlich reicht die Beschrei- bung, welche der englische Autor von derin Frage stehenden Bildung gibt, weder über das seither bekannt gewordene hinaus, noch kann dieselbe als eine wesentlich abweichende, das Verhältniss erst zur Klärung bringende Darstellung in Frage kommen. Abweichend von meiner Auffassung ist die völlige Verwerfung des Begriffes „Bauch- wirbel“, dessen Gestaltung Hartog unbekannt blieb, aber diese Correctur ist keine Klärung, sondern ein Rückschritt zu nennen. Und mit dem Ausdruck „coupler“, welchen Hartog für die Zwischen- platte vorschlägt, sagt derselbe nichts Neues, da ich der von dem vermeintlichen BauchwirbelZenker’s wohl unterschiedenen Zwischen- platte bereits die gleiche Function zugeschrieben hatte, die Func- tion, die gleichzeitige und gleichgerichtete Bewegung der zu einem Paare gehörigen Ruderfüsse zu vermitteln. Von der Richtigkeit meiner früheren Darstellung habe ich mich aber durch genauere Untersuchung der betreffenden Bildungen von Neuem überzeugen und dieselbe durch eine Reihe detaillirter Befunde ergänzen können, welche geeignet sind, den schwierig zu deutenden Gegenstand zu besserem Verständniss, wenn auch nicht zu vollem Abschlusse, zu bringen, insofern die Gestaltungen in den einzelnen Gruppen und Familien vielfache Abänderungen erfahren, und diese noch in manchen auch für die Systematik nicht bedeutungs- losen Einzelheiten festzustellen sind. Mit vollem Rechte habe ich die Zenker’'sche Bezeichnung Bauchwirbel nicht verworfen, sondern für die unterliegenden Ver- diekungen und Chitin-Einlagerungen, welche nach Entfernung der die Coxalglieder der Extremität verbindenden Zwischenplatten am Integumente der Bauchschienen zurückbleiben und sehr wohl mit Wirbelkörpern verglichen werden können, beibehalten. An der Bauchseite eines jeden Segmentes springen in der Regel zwei mediane, abgestumpft kegelförmige Erhebungen vor, zwischen denen in be- deutender Einsenkung die Verbindungsplatte des Beinpaares ent- springt. Die hintere Erhebung des vorausgehenden und die vordere !) Hartog sagt: „The description of the anterior thoracic region which I am about to give differs greatly from that of previous observers, for the reason that Zenkers original account was so completely erroneus that the partial corrections made by others have only left the matter perplexed“. „Zenker called this a „Bauch- wirbel“ or abdominal vertebra, in complete misapprehension of its structure and functions; and subsequent observers have retained the name. A convenient designation is that of coupler*“. | 16* 19) BP 4 C. Claus: des nachfolgenden Segmentes sind meist durch die transversale Trennungscontur beider Segmente abgegrenzt und repräsentiren in ihrem schwach beweglichen, oder auch ganz festen Verbande den intersegmentalen Bauchwirbel. Am besten erkennt man denselben an genügend aufgehellten Objeeten, an welchen zwei benachbarten Seg- menten zugehörige Beinpaare in entgegengesetzte Lage gebracht, das vordere nach vorne, das nachfolgende nach hinten geschlagen wurde (Taf. I, Fig. 5, Taf. II, Fig. 11), und ceontrolirt nun die nicht ganz leicht zu deutenden, bei verschiedener Einstellung des Tubus wech- selnden Bilder mit Hilfe von Schnittpräparaten. Bei tiefster Einstellung sowie an transversalen Schnitten (Fig. 1), welche unmittelbar auf die Bauchkette folgen, erscheinen beide Stücke des intersegmentalen Wirbels ausserordentlich breit. Die jene trennende, glänzend contu- rirte Querlinie bezeichnet den medianen Theil des Hinterrandes des vorderen Segmentes. Der Hinterrand des vorderen Median- stückes wird jederseits noch durch zwei Chitinleisten gestützt, welche in entgegengesetzter Richtung, das eine Paar (2) schräg seitlich nach vorne, das zweite (/‘) schräg, nahezu transversal nach hinten divergirt (Fig. 11). Am Ende des ersteren bewegt sich ein Chitinfortsatz des Coxalgliedes des zum Segmente gehörigen Fusspaares. Auf mehr oberflächlich, etwa in dem Insertionsniveau der Zwischenplatten geführten Transversalschnitten (Fig. 2) erscheinen die Wirbelstücke beträchtlich verschmälert, dagegen die zu ihren Seiten befindlichen Ausschnitte zwischen den Insertionsflächen der Fusspaare in gleichem Masse vergrössert. Die Grenzen der Segmente sind nur an den Seiten des Leibes und median in der doppelten Querlinie, welche die intersegmentale. wirbelähnliche Verdiekung durchsetzt, getroffen. Man würde an diesen Schnitten — ohne Rück- sichtnahme des Bildes, wie sie die Ventralfläche des unzergliederten Thieres bietet — das Hinterstück des vorausgehenden mit dem Vorderstücke des nachfolgenden intersegmentalen Wirbels passender als Wirbelkörper des Segmentes bezeichnen und die Sockel (S), auf denen die Basalglieder des zugehörigen Fusspaares entspringen, mit den Querfortsätzen eines solchen vergleichen können. Beide Betrach- tungsweisen erscheinen vergleichsweise gerechtfertigt und beweisen ausreichend, dass W. Zenker, obwohl er die Zwischenplatte als integrirenden Theil des Wirbels aufgefasst hatte, mit seiner Angabe des Vorhandenseins einer Art von „Bauchwirbelsäule* keineswegs in dem Masse gefehlt hat, dass man demselben ein vollständiges Missverständniss der fraglichen, zum Schutze des Nervensystems und zur Stütze der seitlich eingelenkten Gliedmassen dienenden (220) nn Ueber die sog. Bauchwirbel am integumentalen Skelet der Copepoden etc. 5 Bildungen vorzuwerfen und spätere Beobachter wegen der Beibehaltung des Namens zu tadeln berechtigt wäre. Auf noch weiter oberflächlich geführten Schnitten werden Abschnitte der Zwischenplatten und Coxal- _ glieder der Fusspaare getroffen. Hierdurch werden die Bilder in der mittleren Region der Segmente complicirter. Die verdickten Median- stücke derselben erscheinen, da sie keilförmig nach der Bauchseite vor- springen, noch mehr verschmälert (Fig. 3) und ähnlich gestaltet, wie sie bereits von Zenker, wenn auch in abweichendem Grössen- verhältniss, für Cycelops') abgebildet, aber unzutreffend beschrieben wurden. Zenker hat beide Stücke des intersegmentalen Wirbels als den hinteren Abschnitt eines Bauchwirbels gedeutet und wenig glück- lich als trapezoide Fläche bezeichnet, welche in zwei parallel aus- laufenden Zapfen endet, zwischen denen in der Verbindungshaut des nächsten Wirbels ein unpaarer beweglicher Zapfen liegt. In der That läuft das hintere Stück des intersegmentalen Wirbels in zwei nach hinten gerichtete Zacken aus, in deren Einbuchtung ein griffel- förmiger, mit zwei Gelenksköpfehen beginnender Zapfen eingefügt ist (Fig. 3, 4mZ). Dieses gehört jedoch als vorderes Medianstück dem folgenden Segmente an und die weiche Haut, welcher der Zapfen angehört, erstreckt sich bis in die mittlere Region des Segmentes. Dieselbe erscheint den beiden stark vorspringenden Medianstücken des Segmentes gegenüber tief eingesenkt, und dementsprechend hat auch, wie man sich an Sagittalschnitten überzeugt, der griffel- förmige Zapfen keine horizontale, sondern schräg dorsalwärts nach hinten gerichtete Lage. Das hintere, verbreiterte und in drei Gelenks- höckern auslaufende Ende desselben liegt demgemäss am tiefsten und bezeichnet die Stelle, an welcher die Zwischenplatte des zum Segmente gehörigen Fusspaares entspringt (Taf. II, Fig. 12, 15, 17). Diese be- wegt sich somit in einer nischenförmigen Vertiefung des Segmentes, deren zarthäutige Hinterwand schräg nach dem hinteren Median- stücke des Segmentes, dem vorderen des nachfolgenden intersegmentalen Wirbels, emporsteigt. Die dünne, in Falten gelegte Membran, welche ich in meiner früheren Abhandlung als basale Theile der rinnen- förmigen Chitinplatte auffasste, entspricht theilweise auch der bei dem Rückschlage des Fusspaares sich faltenden Hinterwand der Nische. Der in der Vorderwand derselben eingelagerte, von den vorspringenden Gabelzinken des Wirbels geschützte Zapfen (m Z) repräsentirt den Hebel, an dessen gelenkigem Hinterende die Basis der Zwischen- platte eingelenkt ist. Der Zweck der Einrichtung liegt offenbar in t) Vergl. W, Zenker.l.c., Taf. VI, Fig. 11. (221) BP; 6 C. Claus: der Herstellung eines hinreichend festen und zugleich elastischen, gewissermassen federnden Stützapparates, welcher die Fusspaare in raschem Wechsel bewegt, nach vorne und hinten die in Sprüngen fort- schreitende Locomotion ermöglichen. Bei den Pontellen, welche sich auch über die Oberfläche des Wassers emporschnellen können, erreicht dieselbe vielleicht den höchsten Grad der Ausbildung. Die Bauchwirbel verhalten sich nicht an allen Segmenten gleich. Die grösste Länge besitzt der erste, zwischen den Kiefer- füssen und dem Segmente des ersten Fusspaares gelegene Inter- segmentalwirbel, dessen vorderer Abschnitt kurz bleibt, aber sich oberflächlich, wenigstens bei den Pontelliden und vielen Cala- niden, nach vorne in einen langen hohen Kiel auszieht (Fig. 5K). Der hintere, breit beginnende und nach hinten verschmälerte Ab- schnitt ist ausserordentlich lang und springt in gleicher Weise kiel- förmig nach aussen (Fig. 5, 10, 17) vor. Dem Hinterende desselben schliesst sich, in die weichhäutige Vorderwand der Nische des Seg- mentes eingelagert, ein langer Chitinzapfen an. Die gabelförmig vorstehenden Zinken fehlen, vielleicht im Zusammenhang mit der schwächeren Entwicklung des ersten Beinpaares und der grösseren Festigkeit, welche an sich das Skelet des vorderen Körperabschnittes bietet (Taf. II, Fig. 17). Der Grösse nach bedeutend reducirt stellt sich der letzte, zur Stütze des fünften Fusspaares dienende Wirbel dar (Fig. 7). Der Zapfen bleibt kurz und die Zwischenplatte, welche sich am hinteren Gelenkskopfe desselben bewegt, ist eine schmale, vereinfachte Querleiste.e Die Zwischenplatten der vier Ruderfusspaare verhalten sich weit complieirter, als die seitherigen Darstellungen vermuthen lassen und bieten überaus zierliche und schwer zu deutende Bilder, welche bisher keineswegs in zufrieden- stellender Weise beschrieben und beurtheilt wurden. Ich habe die Zwischenplatte als eine flach rinnenförmige Chitinlamelle aufgefasst und die seitlichen Längswülste derselben, welche mit dem Basal- gliede der Ruderfüsse in fester Verbindung stehen, als die ein- gebogenen, den Anschein zweier Längswülste bietenden Ränder jener gedeutet. In Wahrheit aber handelt es sich um eine Integument- duplicatur mit seitlichen, als Längswülste sich darstellenden Er- weiterungen, und Hartog hat in diesem Punkte die richtige Correcetur gegeben und gezeigt, dass die Cavität der Hohlplatte basalwärts in die Leibeshöhle und seitlich in die Cavität der basalen Fussglieder sich öffne. Man überzeugt sich auch alsbald, dass jeder Chitin- lamelle eine dünne, zellige Hypodermisschicht anliegt, welche vor- nehmlich in den jugendlichen, Häutungen unterliegenden Stadien (222) w ia: 5 Ueber die sog. Bauchwirbel am integumentalen Skelet der Copepoden etc. 7 gut entwickelt ist (Taf. I, Fig. 8, 9, 10). Es wäre auch nicht er- sichtlich, wie eine so mächtig vorstehende, complicirt gestaltete Platte als einfache Chitinlamelle vor jeder Häutung von Neuem er- zeugt werden könnte. Die seitlichen, schon von W. Zenker als Wülste beschriebenen Auftreibungen sind aber nicht, wie sie Hartog beschreibt, einfache „half eylindrical ridges“, sondern zeigen drei von Fortsätzen der Chitinhaut begrenzte Abschnitte, welche sich an der rinnenförmig gebogenen medianen Platte wiederholen. Der basale Abschnitt (a) beginnt mit median eingebuchteter Basis und verbreitert sich seitlich nach dem Mittelstücke (db) zu; von diesem wird er durch eine transversale Querspange abgegrenzt, deren etwas ausgebogene Seiten sich durch je einen dreiseitigen Chitinring (r) in den Hohlwulst fortsetzen. Die Cavität des letzteren ist länglich- oval (Fig. 6, 125) und medial von starken Chitinleisten begrenzt, welche an der Vorderwand die Seiten der rinnenförmigen,, beide Wülste verbindenden Lamelle begrenzen. Für diese erscheint das Vorhandensein einer medianen Doppelleiste charakteristisch, welche distalwärts an jeder Seite in eine quere Spange umbiegt, so dass in dem Mittelabschnitt der Platte eine T-förmige Figur entsteht, deren beide Arme sich über die Seitenwülste fortsetzen und in die lateralen Leisten derselben übergehen. Der distale Abschnitt der Platte wird nach dem freien Rande zu ein wenig breiter und erscheint seitlich wie in einen Ausschnitt des Coxalgliedes eingesenkt, an dessen Anfang der bereits von mir erwähnte Zapfen des Gliedes in den Seitenwulst einspringt (Fig. 12, 142). Die bei senkrechter Stellung des Fusspaares nach vorne gerichtete Fläche der Hohl- platte ist der Länge nach schwach rinnenförmig gebogen, und an dieser Fläche springen auch die Seitenwülste vornehmlich als Er- hebungen vor. An der entgegengesetzten, nach hinten gekehrten Fläche erweist sich die Platte schwach convex, was man leicht an Guerschnitten, aber auch am unversehrten Thiere constatiren kann. Liegen die Fusspaare nach hinten umgeschlagen dem Bauchskelete an, so erscheinen die Rinnen dem Beobachter zugewendet. Der freie Rand der Zwischenplatte ist dann nach hinten gekehrt und der mediane, griffelförmige Hebel des Bauchwirbels liegt vor der Median- leiste des Mittelstückes der Platte (Fig. 5 #p®, 11 #p*). Wird das Fusspaar nach vorne umgeschlagen, so sieht der Beobachter auf die schwach convexe Hinterfläche der Platte, die rinnenförmige Fläche liegt jetzt dem Bauchskelete an, und die Medianleiste des Mittelstückes bedeckt einen Theil des längeren griffelförmigen Hebels, an dessen Hinterende die in dieser Lage nach hinten ge- (223) 3 C. Claus: kehrte Basis der Zwischenplatte eingelenkt ist (Fig. 5 #p!, 11 Fps, Fig. 28, 29). Das beschriebene Verhalten sowohl der die Ruderfüsse ver- bindenden Zwischenplatten, als der dieselben stützenden wirbel- ähnlichen Verdickungen des Bauchskelets kehrt bei den von mir näher untersuchten Calaniden, wie Cetochilus (Fig. 18, 19), Candace (Fig. 20), Centropages, in wesentlich gleicher Weise unter Formmodificationen der einzelne Abschnitte wieder. Bei Cetochilus, dessen fünftes Fusspaar in beiden Geschlechtern den vorausgehenden Ruderfüssen gleich vollständig ausgebildet ist, zeigt auch die Zwischenplatte keine besonders auffallende Reduction ihrer Theile (Fig. 19), doch treten hier die seitlichen Wülste fast ganz zurück und auch die T-förmige Chitinleiste der Platte ist nicht erhalten. Bei anderen Calaniden, wie insbesondere der Gattung Diaptomus und ebenso bei den Cyclopiden, ist das Chitin- gestell des Bauchwirbels und die Gestaltung der Zwischenplatte des Ruderfusspaares zwar ganz ähnlich, jedoch schwächer aus- gebildet und vereinfacht. Die bezüglichen, in meiner Abhandlung zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Copepoden (1858) gegebenen, Hartog, wie es scheint, unbekannt gebliebenen Ab- bildungen (Taf. I, Fig. 19, 20), in welchen ein Fusspaar von Cyelops und ein solches von Diaptomus nach vorne umgeschlagen darge- stellt ist — wie man aus der Lage des stiftförmigen Zapfens und der Gabelzinken des Wirbels zum freien Distalrande der Mittel- platte erkennt — lassen auch bereits die dreifache Gliederung der Seitenwülste, sowie die zapfenförmigen Chitinfortsätze der Coxal- glieder erkennen. Im Besonderen treten natürlich nach den Gattungen mancherlei Modificationen auf. Beispielsweise sind bei Diaptomus die stiftförmigen Zapfen breiter und kürzer, die Basalabschnitte der Zwischenplatten breiter und umfangreicher, auch die Chitinstützen schwächer entwickelt (Taf. III, Fig. 22, 23), der vorderste, zwischen den Kieferfüssen und dem Segmente des ersten Ruderfusspaares entwickelte Wirbel (Fig. 21) ist viel kürzer und minder prominirend als bei vielen Pontelliden, wie überhaupt bei denjenigen Cala- niden, deren erstes Brustsegment von dem Kopfe nicht gesondert ist, unbeweglich in den Cephalothorax aufgenommen. Bei Cycelops (Taf. III, Fig. 24—29) sind die Zwischenwirbel verhältnissmässig schwach entwickelt, die Gabelzinken kurz, die Zapfen breit, kolbig, und die Zwischenplatten nehmen die ganze Länge des kurzen, aber sehr breiten Coxalgliedes ein, dessen Medialborste (2) dem freien Rande (224) Ueber die sog. Bauchwirbel am integumentalen Skelet der Copepoden etc. 9 der Zwischenplatte unmittelbar folgt. Diese ist bei manchen Arten an ihrer hinteren, beim Umschlagen des Fusspaares nach vorne, dem Beobachter zugewendeten Fläche mit einer oder zwei Quer- reihen feiner Spitzen besetzt, welche als längere Wimpern auch am Distalrande des vierten Fusspaares oder nur an dem der Wülste der vorausgehenden Füsse wiederkehren. Beispielsweise zeichnet dieser Besatz die Zwischenplatte des vierten Fusspaares von C. coronatus!) und tenuicornis aus. Bei der ersteren Art !) Jüngere Beobachter, welche sich bei specieller Verfolgung systematisch- descriptiver Aufgaben zum Ziele setzten, die überaus complieirte und zum Theil ver- worrene Nomenclatur der Cyclopsarten in’s Reine zu bringen, sind in dem Streben, Bezeichnungen der älteren Autoren aufzunehmen, viel zu weit gegangen. Da, wo die Charaktere zum Wiedererkennen unzureichend sind, wird durch solche Uebertreibung der Interpretationskunst Thür und Thor geöffnet und die subjective Meinung tritt an Stelle des sicheren Thatbestandes. Noch verkehrter ist es aber, Namen von Farben- varietäten älterer Autoren, welche gar nicht als Arten beschrieben und überhaupt nach keinem anderen Merkmal als dem der Farbe unterschieden worden sind, zur Bezeichnung der Art zu substituiren. Wenn auch die Farbenvarietät zugleich im Hinblick auf eine Abbildung derselben mit der später als solcher erkannten und zureichend beschriebenen Art als identisch betrachtet werden sollte, so kann sie doch unmöglich einem Autor, der dieselbe gar nicht als Art erkannte und nur der Farbe nach als Varietät unterschied, demnach morphologisch gar nicht weiter charakterisirte, zugeschrieben werden und als von diesem aufgestellt in Frage kommen. Ist die Farbenvarietät des älteren Autors mit Wahrscheinlichkeit mit einer später aufgestellten und als solche ausreichend charakterisirten Art iden- tifieirt, so gehört sie in die Rubrik der Synonyme. Wenn mir daher der neueste Bearbeiter von Deutschlands freilebenden Süsswassercopepoden zum Vorwurf macht, dass ich die beiden von Jurine aufgestellten Varietäten fuscus und prasinus als Synonyma des Cycelops coronatus erkannt und es dennoch unterlassen habe, meine Bezeichnung zu Gunsten der älteren Jurine’s zu streichen, so weise ich diesen Vorwurf nicht nur aus dem angeführten Grunde, sondern auch desshalb als doppelt ungereimt zurück, weil ich ja mit dem gleichen Rechte auch die Bezeichnung „prasinus“ hätte in Anwendung bringen müssen. Der Vorwurf wiederholt sich für die Bezeichnung „albidus“, welche an Stelle von „tenuicornis“ gesetzt werden soll; auch hier wird die gleiche Unterlassung gerügt und bemerkt, „das die Substi- tuirung des alten Varietätennamens albidus hier absolut nothwendig sei“. Noth- wendig? Aus welchem Grunde? Etwa nach den von dem internationalen Congress in Paris oder der deutschen zoologischen Gesellschaft kürzlich in Vorschlag gebrachten Regeln der Nomenclatur? Gewiss nieht. Weder in dem einen noch in dem anderen Ent- wurfe wird die Forderung gestellt, den älteren Namen einer als Varietät aufgefassten und nicht einmal näher beschriebenen Form an Stelle des später von dem Autor der Art eingeführten Namens zu substituiren. Würde es aber nicht ein geradezu unlogisches Verfahren sein — und hierzu bekennt sich der Verfasser des Copepodenbuches als ge- zwungen —, wenn man den Autor einer Varietät, deren Charakterisirung kaum über die Farbenbesonderheit und Grösse hinausreicht, als Autor der Art betrachtet, die er gar nicht als solche in Anspruch nahm, und wenn man demselben die Priorität vor dem (225) 10 0, Claus: treten an derselben noch zwei Querreihen von Spitzen, an der des dritten Paares eine solche Querreihe auf (Fig. 27), bei tenui- cornis ist eine einfache Querreihe für das vierte Paar charak- teristisch (Fig. 26). Bei C. brevicornis ist dieselbe auch vor- handen, doch sind die Spitzen viel spärlicher und stehen in weiteren Intervallen (Fig. 24). So werden sich wahrscheinlich noch für viele Cyelopsarten Besonderheiten an den Zwischenplatten der einzelnen Fusspaare als Charaktere nachweisen lassen, und es ist auffallend, dass der jüngste Bearbeiter der deutschen Cyelopiden, welcher alle Körper- theile und Gliedmassen auf die feinsten Details der äusseren Ge- staltung, auf minutiöse Einzelheiten im Besatze von Spitzen, Dornen und Höckerchen unter starken Vergrösserungen untersucht und die in dieser Hinsicht unvollständigen Angaben früherer Autoren, welche unter schwächeren Vergrösserungen gearbeitet, daher schon aus diesem Grunde auf solche untergeordnete und unwichtige Details keine Rück- sicht nehmen konnten, bei jeder Gelegenheit als ungenau und un- richtig tadelt, auf die Gestaltung der Zwischenplatten so gut als keine Rücksicht genommen, ja sich gar nicht einmal bemüht hat, dieselben näher zu analysiren und zu verstehen. Viele Harpacticiden schliessen sich den Cyelopiden an; sowohl Wirbel als Zwischenplatten zeigen bei kräftigerem Chitin- wahren Autor der Art, der dieselbe zuerst erkannt und unzweideutig charakterisirt hat, zugeschrieben werden könnte. Beide Entwürfe stellen vielmehr eine präcise und unzwei- deutige Charakterisirung als Bedingung zur Anerkennung der Priorität und Aufnahme der Bezeichnung. Im 8. 7 des vom Pariser internationalen Zoologencongresse gut ge- heissenen Entwurfes heisst es ausdrücklich: „A la condition que ce nom aura &t& clairement et suffisemment defini“, und im Entwurfe der deutschen Zoologen wird im 8.4 mit Recht verlangt, dass eine nicht misszudeutende Kennzeichnung gegeben sei. Freilich ist hier die letztere Bestimmung durch die Einschaltung (Beschreibung oder Abbildung) wieder abgeschwächt. Eine Abbildung, wenn man an ihr auch die Idendität der Art mit grösserer oder geringerer Wahrscheinlichkeit wiedererkennt, hat richt den Werth einer durch bestimmte Charaktere präcisirten Beschreibung, sie kann auch von einem geschickten Maler und Zeichner ohne Verständniss des Baues und der Besonderheiten, welche die Artmerkmale repräsentiren, entworfen sein und es sollte daher consequenter Weise heissen: „Beschreibung mit oder ohne Abbildung“, aber nicht „Abbildung ohne Beschreibung.“ Sieht man von einer präcisen Fassung der für das Prioritätsgesetz massgebenden Bestimmung ab, so wird die conjecturale Deutung in der Weise in den Vordergrund vreten, dass eine immer grössere und verworrenere Complication der Synonymie die unausbleibliche Folge sein muss. Die betreffende Bestimmung sollte daher heissen: die Priorität des Autors und die Aufnahme seiner Artbezeichnung ist an die Bedingung geknüpft, dass die Art als solche erkannt und in ausreichender, jeden Zweifel ausschliessender Weise beschrieben wurde, so dass die Benennung der Art nicht von der subjeetiven Auffassung des jeweilig interpretirenden Zoologen abhängt. (226) Ueber die sog, Bauchwirbel am integumentalen Skelet der Copepoden etc. 11 skelete die gleiche Gliederung. Dasselbe gilt für die Ascomy- zontiden und viele Lichomolgiden. Bei den Sapphirinen und wahrscheinlich vielen anderen Corycaeiden vereinfachen sich die Zwischenplatten und deren Stützen noch weiter, indem nicht nur die T-förmige Chitinleiste des Mittelstückes ausfällt, sondern auch die medianen Einlenkungsspangen fehlen (Fig. 30, 31). Dabei zeigen sich die seitlichen, weite Cavitäten einschliessenden Wülste, sowie ihre sehr langgezogen dreiseitigen, median zusammenfliessenden Oeffnungen in dem Basalabschnitt mächtig entwickelt. Unter den Peltidien macht die Reduction der Zwischenplatten, welche bei geringerer Höhe und grösserer Vereinfachung zu breiten Platten sich erweitern, Fortschritte (Seutellidium)!'), bis dieselben endlich (Porcellidium, Oniscidium, Alteutha etc) zu ganz niedrigen, aber sehr breit gezogenen Hohlleisten werden, welche die zu einem Paare gehörigen Ruderfüsse verbinden. So verhält es sich auch bei Setella und Miracia?2), deren Wirbel mächtig ent- wickelt, als ansehnliehe Verdickungen des Bauchskelets hervortreten, in deren Zwischenräumen, in tiefere Nischen eingesenkt, die nie- drigen Querschienen liegen. ?) Nach Drucklegung der vorliegenden Abhandlung wurde ich Anfang Februar mit der grossen Öopepodenmonographie W. Gies- brecht’s, „Systematik und Faunistik der pelagischen UÜopepoden des Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeresabschnitte, Berlin 1892“ bekannt. Ich war gespannt auf die Behandlung der in Frage stehenden Bildungen und auf die eventuelle Verwerthung der Modih- cationen, welche die sogenannten Wirbel des Bauchskelets, sowie die Zwischenplatten der Ruderfüsse darbieten, in der Systematik bei Dar- stellung der Familien und Gattungsmerkmale. Zu meiner grossen Ueber- raschung fand ich jedoch diese Gebilde gar nicht berücksichtigt, und soweit ich den Inhalt des umfangreichen Werkes zu überblicken ver- mochte, überhaupt nicht erwähnt, ja von der schwach vergrösserten, ganz allgemein gehaltenen Habitusfigur (Taf. VI, Fig.6) von Calanus (Cetochilus) hyperboreus abgesehen, auf keiner der 54 Tafeln abgebildet. Desgleichen vermisste ich auch ein anderes Mediangebilde der Bauchseite, den aus Oberlippe und Hypostom nebst Paragnathen bestehenden Mundaufsatz mit seinen mannigfachen, in den Familien und 1) C, Claus, Copepodenstudien, I. Peltidien. Wien 1889. Taf. IX, Fig. 12, 13, 17. ?) Ebendaselbst. Taf. VII, Fig. 17. ») C. Claus, Ueber die Gattung Miracia etc. Arbeiten des zoologischen Institutes. Wien 1891. Bd. IX, Taf. I, Fig. 12, 13, 15, Taf. II, Fig. 18. (227) 32 C. Claus: Gattungen oft auffallend verschiedenen Differenzirungen bei der Charakterisirung jener berücksichtigt. So sehr ich auch die ausser- ordentliche Bereicherung anerkenne, welche durch jenes mit staunens- werthem Fleisse, grosser Geduld und Subtilität durchgeführte, von musterhaften Abbildungen begleitete Werk die Formenkenntniss und Diagnostik auf dem Gebiete der pelagischen Copepoden erfahren hat, so befremdend musste mir die vollständige Vernachlässigung jener unpaaren Körpertheile erscheinen, zumal bei der minutiösen, in alle Einzelheiten eingehenden Detaildarstellung, welehe den Antennen, Mundgliedmassen und Fusspaaren mit ihren Borstenanhängen ge- widmet ist. Zu den Mundwerkzeugen haben aber die besondere Gestaltung der Ober- und Unterlippe die nächste und wichtigste Beziehung, wie in gleicher Weise das Bild des Ruderfusspaares erst durch die Gestalt der Zwischenplatte seine unerlässliche Er- gänzung erhält. So ergibt sich denn in der Verwerthung der auf die äusseren Körpertheile bezüglichen Formverschiedenheiten, auf welche sich die detaillirte Unterscheidung der Arten und Gattungen stützt, eine auffallende Lücke, die umso mehr bemerkbar werden muss, als im Uebrigen auf minutiöse und scheinbar bedeutungslose Einzelheiten, wie z.B. bei Ruderfusspaaren auf die Innenrandborste des 1., be- ziehungsweise auch 2. Schaftgliedes, sowie die Aussenrandborste des 2. Schaftgliedes und auf die Borstenzahl der einzelnen Glieder die genaueste Rücksicht genommen wird, und solche Detailangaben sogar bei der Aufzählung der Gattungsmerkmale mit aufgenommen worden sind, als ferner von Seiten des Autors seinen Vorgängern, welche naturgemäss unter schwacher Vergrösserung arbeiteten und erst die allgemeine Grundlage der Formverschiedenheiten zu entwerfen hatten, daher auf viele Details gar nicht ihr Augenmerk richten konnten, die Nichtberücksichtigung derselben oft als Uebersehen und Un- genauigkeit vorgeworfen wird. Ich werde am Schlusse einer im Drucke befindlichen Arbeit über die Familie der Pontelliden auf Giesbrecht’s Copepodenwerk eingehender zu sprechen kommen und insbesondere die in demselben zur Anwendung gebrachten Grundsätze der Nomenclatur, welche zu den von mir seit vielen Jahren befolgten Prineipien in directem Gegensatze stehen, einer näheren Kritik unterziehen und den Nachweis führen, zu welcher Unsicherheit, Complication und Verwirrung der Nomenclatur die Anwendung solcher pseudo-conservativer, in Wahr- heit aber ultra-radicaler Grundsätze führen muss. (228) mar i oe Ueber die sog. Bauchwirbel am integumentalen Skelet der Copepoden etc. 15 Erklärung der Abbildungen. Die Buchstaben bedeuten: Zp Zwischenplatte, die als Index beige- fügte Zahl bezeichnet — und Gleiches gilt für die Wirbel und medianen Zapfen — die Zahl des zugehörigen Fusspaares, beziehungsweise Brustsegmentes. Sw Seitenwulst der Zwischenplatte. a Basalstück. b Mittelstück. ce Distalstück der Platte, beziehungsweise deren Seitenwäülste. r Chitinring, dessen Lumen die Communi- cation zwischen der Cavität des Basal- stückes und der Seitenwülste vermittelt. Cx Coxalglied des Ruderfusses. 2 Zapfenförmiger Fortsatz des Coxalgliedes zwischen Chitinverdickungen des Seiten- wulstes. b Mediale Borste am Coxalgliedes. M Muskel. N Nervenstrang m Z Medianer Zapfen. x Vorderstück des intersegmentalen Wirbels. y Hinterstück desselben mit den Gabelfort- sätzen, freien Rande des zwischen welchen der mediane Zapfen eingelenkt ist. 2 Vordere Leiste des Wirbelstückes x zur Stütze des Fusspaares. !’ Hintere Leiste desselben. Fp'—F'p° die fünf Fusspaare. Tat. T. Fig. 1. Horizontalschnitt durch den Thorax einer weiblichen Pontellina Lobiancoi Canu, etwas ventralwärts unter der Ganglienkette geführt. Die als Wirbel zu bezeichnenden Verdickungen des ventralen Integumentskeletes in der Tiefe ge- roffen. 1S5—5 5 die fünf Segmente des Thorax, x, y die beiden Stücke des vorderen intersegmentalen Wirbels zwischen Kieferfüssen und erstem Fusspaare, 5 fp fünftes Fusspaar. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. 2, eing. Tub., Vergrösserung: 60:1. Fig. 2. Weiter nach der Oberfläche hin geführter Horizontalschnitt unter der- selben Vergrösserung. S Flügelförmige Seitenstücke der verschmälerten Segment- verdickungen, welche gewissermassen als Sockel zur Insertion der Coxalglieder der Füsse dienen. In der Mitte der Segmente sieht man die eingefügten Zwischenplatten der Fusspaare Zp, am ersten Segment die Zwischenplatte in Verbindung mit den Coxalgliedern im Querschnitt getroffen. Fig. 3. Weiter oberflächliche Horizontalansicht des ventralen Integumentes der Segmente eines Männchens derselben Art, unter gleicher Vergrösserung wie Fig. 1 und 2. Constructionsbild aus drei aufeinanderfolgenden Horizontalschnitten, unter der Camera gezeichnet; x’y’ die beiden Stücke des zweiten intersegmentalen Wirbels zwischen dem ersten und zweiten Fusspaar. Die medialen Zapfen mZ sind aus der schrägen Stellung in die Horizontale projieirt. (229) 14 ©. CiHus Fig. 4. Die Mittelstücke des zweiten und dritten Brustsegmentes derselben Forın mit den medianen Zapfen und den Gabelzinken der Wirbelabschnitte. Die Zwischen- platten und Coxalglieder der Füsse sind in transversalem Jängsschnitt getroffen. Hartn. Syst. IV, eing. Tubus, Vergrösserung: 150: 1. Fig. 5. Die beiden vorderen Fusspaare mit den zugehörigen Zwischenplatten einer Pontellina mediterranea, Vergrösserung wie Fig. 4, von der Ventralseite gesehen, das vordere Paar nach vorne, das hintere nach hinten umgeschlagen; x vorderer, y hinterer Abschnitt des ersten intersegmentalen Wirbels zwischen Kieferfüssen und vorderem Fusspaar; 4 keilförmige Erhebung des ersteren; x‘y‘ die entsprechenden Stücke des nachfolgenden Wirbels; = zapfenförmiger Fortsatz der Coxalglieder: m Z' medianer Zapfen des ersten Segmentes, von der Zwischenplatte bedeckt. Fig. 6. Zwischenplatte des dritten nach hinten geschlagenen Fusspaares der- selben Form, von der Ventralseite betrachtet; (x Coxalglied des Fusses; B Borste am Medialrande desselben; z zapfenförmige Einsenkung des Gliedes in die Zwischen- platte; «be die drei Abschnitte der letzteren; ” dreiseitiger Chitinring. Fig. 7. Die Zwischenplatte des fünften Fusspaares eines Pontellinaweibchens nebst dem Medianzapfen und den Gabelzinken des Wirbelstückes. Fig. S. Schnitt durch die Coxalglieder nebst Seitenwülsten der Zwischenplatte des zweiten Fusspaares. Fig. 9. Ein solcher Schnitt durch das vordere Fusspaar. Man sieht wie in Fig. 8 die Communication der von der Hypodermis des Coxalgliedes und der Seitenwülste, sowie der mittleren Platte begrenzten Cavitäten. Fig. 10. Querschnitt durch Wirbelstück und vorderes Fusspaar derselben Form, N Ganglion der Bauchkette. af: IT. Fig. 11. Die Zwischenplatten des dritten und vierten Ruderfusspaares von Pontellina mediterranea nebstCoxalgliedern und intersegmentalem Wirbel, von der Bauchseite betrachtet. Camera-Zeichnung. Hartn Syst. IV, eing. Tubus, Vergrösserung: 150:1. Das dritte Beinpaar nach vorne geschlagen, das vierte nach hinten gewendet; ! die aufsteigende Chitinleiste des Wirbels zur Stütze der Gliedmasse; /’ die schräg absteigende Chitinleiste. Fig. 12. Die Zwischenplatte des dritten nach hinten umgeschlagenen Fuss- paares derselben Form isolirt. Vergrösserung wie Fig. 11. Fig. 13. Etwas schräg geführter transversaler Längsschnitt durch Zwischen- platte und Coxalglieder des zweiten Fusspaares, in natürlicher Lagenbeziehung zu dem ebenfalls getroffenen intersegmentalen Wirbel. Der Basalabschnitt der Zwischenplatte ist durch den Schnitt entfernt und nur der Mittelabschnitt 5 und Distalabschnitt e sind erhalten. Man sieht auf die rinnenförmige Vorderseite der Platte; 2 zapfen- förmiger Chitinfortsatz des Coxalgliedes, welcher sich zwischen entsprechende Chitin- verdickungen und Fortsätze des Seitenwulstes einfügt. Die mediane, in Querspangen ausgezogene Stützleiste des Mittelstückes tritt scharf hervor. Fig. 14. Entsprechender Schnitt durch die Zwischenplatte des dritten Fuss- paares, stärker vergrössert. Basalabschnitt (@) unvollständig. Die mediane, scheinbar einfache Längsspange des Mittelstückes mit centraler Cavität, die sich basalwärts er- weitert und in dem Raum des Basalstückes öffnet (oe). Fig. 15. Sagittaler, nahe der Medianlinie geführter Längsschnitt durch die Brustsegmente und deren Wirbel von Pontellina mediterranea. m Z’—m Z* die (230) ey Ueber die sog. Bauchwirbel am integumentalen Skelet der Copepoden etc. 15 schräg eingefügten medianen Zapfen der betreffenden Segmente; Zp'—Zp* die ent- sprechenden Zwischenplatten der entsprechenden Fusspaare; @/:. Ganglienkette. Fig. 16. Sagittaler Schnitt durch eine Zwischenplatte unter stärkerer Ver- grösserung. Fig. 17. Der erste im Cephalothorax gelegene Zwischenwirbel in seitlicher Lage, nebst anschliessendem medianen Zapfen und vorderem, nach hinten umgeschlagenen Fusspaare von Pontellina Lobiancoj. Hartn. Syst. II, eing. Tubus, Vergrösse- rung: 60:1. Fig. 18. Wirbel und Zwischenplatte des zweiten nach hinten umgeschlagenen Fusspaares von Calanus (Cetochilus). Hartn. Syst. IV, eing. Tubus, Vergrösse- _ une: 150 :1. Fig. 19. Zwischenplatten des vierten und fünften Fusspaares derselben Form unter derselben Vergrösserung. Das vierte ist nach vorne, das fünfte nach hinten geschlagen, und man sieht die intersegmentalen Wirbel. Vergrösserung wie Fig. 18. Fig. 20. Die Zwischenplatten zweier aufeinander folgender Fusspaare von Candace melanopus. Das vordere Fusspaar ist nach vorne, das hintere nach hinten geschlagen, so dass der intersegmentale Wirbel nebst medianem Zapfen freiliegt. Vergrösserung wie Fig. 19. Taf. III. Fig. 21. Erster Intersegmentalwirbel von Diaptomusamblyodon, Vorder- stück, y Hinterstück desselben; IX f Insertion des inneren Kieferfusses. Hartn, Syst. II, eing. Tubus, 60fach vergrössert. Fig. 22. Die Zwischenplatte sammt viertem Fusspaar derselben Form nach vorne geschlagen, wodurch der letzte intersegmentale Wirbel (x) freigelegt erscheint. Hartn. Syst. IV, eing. Tubus, Vergrösserung: 150: 1. Fig. 23. Zwischenplatte des vierten und fünften Fusspaares derselben Art. Beide Fusspaare nach hinten umgeschlagen, m Z* Medianzapfen des vierten, m Z? des fünften Fusses; xy die zugehörigen Wirbelstücke des Bauchskeletes; abe die drei Abschnitte der Zwischenplatte; Chr Chitinring an der Grenze des basalen und Mittel- abschnittes im Umkreis der Eingangsöffnung in den Innenraum des Seitenwulstes. Vergrösserung wie Fig. 22. Die nachfolgenden, auf Cyclops bezüglichen Abbildungen sind unter Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus, gezeichnet. Vergrösserung: 220: 1. Fig. 24. Zwischenplatte des dritten und vierten Ruderfusspaares von Cyclops brevicornis. Die Füsse sind nach vorne geschlagen; 2 die zapfenförmigen Fort- sätze der Coxalglieder. Die Zwischenplatte des vierten Fusspaares ist an der dem Beobachter zugewendeten Hinterfläche mit einer Querreihe von Spitzen (jederseits 8) besetzt. Fig. 25. Zwischenplatte des ersten und zweiten Ruderfusspaares von Cyclops tenuicornis. Die Füsse sind nach hinten geschlagen, so dass die vordere Fläche der Platte dem Beobachter zugekehrt liegt. Fig. 26. Zwischenplatte des vierten Ruderfusspaares, nach vorne gewendet, mit der Querreihe von Spitzen; xy die Stücke des Wirbels. Fig. 27. Die Zwischenplatten des dritten und vierten Ruderfusspaares von Cyclops coronatus, nach vorne geschlagen, daher von der hinteren Fläche mit (231) 16 €. Claus: Ueber die sog. Bauchwirbel am integument. Skelet der Copepoden etc. den Querreihen von Spitzen dargestellt; #'p° rudimentäres Füsschen mit der einfachen Zwischenschiene; 5,5 Segment desselben; xy Wirbel des vorausgehenden Segmentes. Fig. 28. Zwischenplatten des ersten und zweiten Fusspaares derselben Form, die erstere nach vorne, die letztere nach hinten geschlagen und der intersegmentale Wirbel (x’ y‘) freigelegt. Fig. 29. Zwischenplatten des zweiten und dritten Fusspaares derselben Form, die erstere nach vorne, die letztere nach hinten geschlagen und der intersegmentale Wirbel freigelegt. Fig. 30. Zwischenplatte des vierten Fusspaares von Sapphirina Gegen- bauri E.H., in schräger Haltung nach hinten gewendet. Man sieht im optischen Querschnitt die grosse Cavität der Seitenwülste und deren Mündung in den basalen Abschnitt. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus, Vergrösserung: 220 ::1. Fig. 31. Dieselbe des ersten Fusspaares derselben Art von der Bauchseite gesehen. Hartn. Syst. IV, eing. Tubus; » Chitinring, dessen Lumen in die Cavität der Seiten- wülste führt. Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. (Zugleich ein Beitrag zur Nomenclaturfrage.) Von C. Claus. (Mit 5 Tafeln.) Durch die vor mehreren Jahren ausgeführte Untersuchung über das Medianauge der Crustaceen wurde meine Aufmerksamkeit wieder den Pontelliden zugewendet, einer Copepodenfamilie, welche nicht nur durch den Augenbau, sondern mit Rücksicht auf manche andere Besonderheiten der hochentwickelten Organisation unser Interesse in vollem Masse in Anspruch nimmt, trotzdem aber verhältnissmässig unvollständig erforscht worden ist. Selbst die Systematik derselben ist im Vergleiche zu anderen Copepodengruppen zurückgeblieben und die zu unterscheidenden Gattungen sind im Wesentlichen die von mir vor 30 Jahren aufgestellten. Zwar hat inzwischen G. S. Brady!) eine Reihe von neuen Arten beschrieben, welche dem Materiale der Challenger-Expedition entlehnt sind, gleichwohl bezeichnet seine Schrift keinen Fortschritt und hat zur weiteren Aufklärung des Systemes nicht beigetragen. Seit Jahren schon hatte ich den Wunsch, die in meiner Cope- poden-Monographie (Nr. 8) verbliebene Lücke zu ergänzen, leider war es mir aber trotz aller Bemühungen unmöglich, ein reicheres und wohlconservirtes Material von Pontelliden zu erhalten, und so entschloss ich mich endlich im Herbste 1891 an den wenigen in Triest vorkommenden Arten der Gattungen Pontellina und Anomalocera meine Beobachtungen wieder aufzunehmen und in der Richtung der postembryonalen Entwicklung zu vertiefen, um an dieselben die Untersuchung des im Laufe der Jahre gesammelten, grösstentheils käuflich erworbenen Materiales in Weingeist conser- virter Exemplare anzuknüpfen. Erst in allerjüngster Zeit erhielt 1) G.S. Brady, Report of the Challenger-Copepoda. 18833. Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. X, Heft 3. 17 (233) 2 ©, Claus: ich noch durch die Zuvorkommenheit des Herrn Inspector Meinert in Kopenhagen die Pontelliden des dortigen Museums nebst den Originalexemplaren der Kroyer’schen Arten, sowie von Herrn &. S. Brady zwei seiner Ühallengerformen (Ö. Kroyeri und elephas) übersandt, wodurch ich in den Stand gesetzt wurde, meine Untersuchungen nach mehrfacher Richtung zu vervoll- ständigen. In der vorliegenden Publication habe ich nur einen kleinen Theil meiner Beobachtungen aufnehmen können. Zunächst betreffen dieselben die specielle Gestaltung der vorderen Antennen bei den Arten der Gattung Pontellina, von welcher ich ausgegangen war. Es schien mir von besonderem Interesse, das Gesetzmässige und allen Pontelliden Gemeinsame im Bau und in der Entwicklung festzustellen, und insbesondere auch die Umgestaltungen der Greifantennen und die bei den Gattungen und Arten auftretenden Modifieationen aus der Entwicklung abzuleiten. Eine kurze übersichtliche Beschreibung dieser Abänderungen habe ich bereits veröffentlicht und werde auf dieselben erst in einer demnächst als zweites Heft der Copepoden- studien erscheinenden mehr systematischen Behandlung der Pontelliden ausführlicher eingehen. Anknüpfend an die Entwicklung der Vorder- antennen bei Pontellina soll in dem zweiten Abschnitte der gesammte Körperbau der fünf Stadien der Cyclopidreihe besonders mit Rücksicht auf die Merkmale zur Erkennung derselben dar- gestellt werden. Im dritten Abschnitte werde ich einige Ergebnisse über die systematische Gliederung der Pontelliden, über die Unterschei- dung von Unterfamilien und Untergattungen folgen lassen und im Anschlusse die für die Bezeichnung der Gattungen und Arten mass- gebenden Nomenclatur-Regeln, welche in dem jüngst erschienenen Werke von Giesbrecht (Nr. 165) in einseitiger Weise missver- standen wurden, in der meiner Meinung nach correeten und logisch richtigen Fassung zur Anwendung bringen. I. Die Antennen und ihre Entwicklung. ') Schon in meiner Copepoden-Monographie (Nr. 8, pag. 22) habe ich versucht, die abweichende Gliederung und die Besonderheiten der männlichen Greifantenne aus der normal gestalteten weiblichen abzuleiten und bin bei diesem Versuche von der 2ögliedrigen Cala- '), Vergl. C. Claus, Die Antennen der Pontelliden und das Gestaltungsgesetz der männlichen Greifantenne. Vorgelegt in der Sitzung am 9. December 1892. Sitzungsber. d. kais, Akad. d. Wissensch. Wien, math.-naturw. Classe, Abth. I, Dec. 1892. (254) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 3 niden-Antenne, als der vollzählig gegliederten Form, ausgegangen. Zutreffend hatte ich schon damals die Geniculation als zwischen dem 18. und 19. Gliede gelegen bestimmt und die Verschmelzung des 19., 20. und 21. Gliedes zu dem im geniculirenden Gelenke proximalwärts einschlagbaren Abschnitt erkannt. Die einheitliche Durchführung wurde jedoch dadurch gestört, dass ich für die Antennen mit weit vorgeschrittener Umgestaltung (wie die von Ichthyophorba und der Pontellen) der Ansicht war, dass hier die Geniculation in die Mitte des 19. Gliedes fallen könne, indem der untere Theil des letzteren mit dem 18. Gliede zu einem lang- gestreckten gezähnelten Abschnitte, der obere Theil aber mit dem 20. und 21. Gliede zu einem ebensolchen Stücke verschmelze. Diese für die Beschreibung der Antennen Seitens späterer Autoren nicht ohne Einfluss gebliebene Deutung hat sich nach genauerer Unter- suchung als nicht zutreffend erwiesen. Die Heranziehung jugendlicher Stadien, sowie die eingehendere Berücksichtigung der Insertions- stellen aller Borstenanhänge und Spürschläuche (blassen Kolben) führte nunmehr zu sicheren Ergebnissen auch in allen Einzelheiten und gestattete eine Vervollständigung unserer Kenntniss dieser als Art- und Gattungscharaktere wichtigen Körperanhänge, zu einer Ver- vollständigung, welche für die Beurtheilung der Verwandtschafts- beziehungen der Copepodengruppen von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Bei vielen Calaniden und auch bei sämmtlichen Pontel- liden reducirt sich das 25. Glied zu einem längeren oder kürzeren Höcker am Ende des 24. Gliedes, so dass die Zahl der Antennen- glieder um eines vermindert erscheint. Indessen entspricht auch das zweite Antennenglied, wie man aus dessen Grösse und vermehrtem Borstenbesatz schliessen darf, wenigstens zwei nicht zur Trennung gelangten Gliedern. Auch das einem Einlenkungsfortsatz der Stirn aufsitzende Grundglied, welches mit dem langgestreckten zweiten Gliede verschmolzen sein kann (Calaniden), dürfte nach der Borstenzahl die Anlagen von wenigstens zwei Gliedern enthalten. Da jedoch diese Abschnitte in keinem mir bislang bekannt gewordenen Falle getrennte Glieder entstehen lassen, dürfen sie für unsere Ab- leitung als einfach gelten. Um die Umformung der Greifantenne der männlichen Pon- telliden richtig zu beurtheilen, werden wir von der normal gestalteten 24gliedrigen Antenne des Weibchens ausgehen und vor Allem der Beschaffenheit, Form, Zahl und Stellung der Cuticular- anhänge eingehende Aufmerksamkeit zu schenken haben. 17* (235) 4 C. Claus: Schon J. Lubbock (Nr. 19”, pag. 159) erkannte die Bedeutung der Anhänge für das Verständniss der Antennenform und versuchte mit Hilfe derselben die geniculirende Greifantenne auf die des Weib- chens zurückzuführen. Vollkommen zutreffend bestimmte er die nor- male Anordnung in dem Vorhandensein von drei Cutieularanhängen an der inneren !) Seite jedes Gliedes und glaubte fünf) verschiedene Formen von Haaren unterscheiden zu können. Auch betonte dieser Forscher bereits, dass eine derselben, die lancettförmigen Haare (die- selben entsprechen unseren blassen Kolben oder Spürschläuchen), keine Uebergänge zu den anderen Haarformen gestatte und dass an allen Gliedern mit normaler Zahl von Anhängen einer derselben am Distalende des Gliedes sich erhebt und ein lancettförmiger ist; dass ferner die drei apicalen Glieder insoferne von der Norm abweichen, als das letzte derselben sieben Haare, ein jedes der beiden voraus- gehenden nahe dem Distalrande zwei Haare, nämlich ein geringeltes auf der inneren (vorderen), ein gefiedertes gegenüber auf der äusseren (hinteren) Seite trägt. Es ist nöthig hinzuzufügen, dass von den sieben Borstenanhängen des letzten Gliedes fünf und unter diesen ein lancettförmiger dem Terminalhöcker, welcher dem 25. Gliede entspricht, aufsitzen und somit nur die beiden anderen Borsten dem 24. Gliede angehören, an dessen Distalrande sie die Stellung der beiden Borsten des 23. und 22. Gliedes wiederholen. Neben der nach vorne gewendeten Borste des 23. Gliedes sitzt überall noch ein niemals fehlender blasser Spürschlauch. Am 21. und 20. Gliede erhebt sich je nur eine Borste, und zwar nahe dem Distalrande an der 1) Die haartragende Seite .wurde von J. Lubbock als innere, die glatt- randige als äussere, von mir später umgekehrt jene als äussere, diese als innere bezeichnet. Wenn man sich die Antenne nach vorne in der Richtung der Längsaxe des Thieres ausgestreckt denkt, trifft die Lubbock’sche Bezeichnung, wenn man sich die- selbe umgewendet und der Seite des Körpers anliegend denkt, die meinige zu. G.O.Sars und andere Autoren haben die haartragende Seite als vordere, die glattrandige als hintere unterschieden, offenbar mit Rücksicht auf die beim Schwimmen des Thieres rechtwinkelig nach der Seite gekehrte Haltung der Antenne. Mir scheint diese Bezeichnung wegen der hier in Betracht gezogenen natürlichen Lage dieser Gliedmasse am zutreffendsten, und werde ich mich derselben im Anschluss an Sars in Zukunft bedienen. ?) Die erste derselben, als „short down“ bezeichnet, bezieht sich auf den cuti- cularen Wimpernbesatz an der äusseren (hinteren) Seite der Basalglieder, die übrigen auf Cuticularanhänge mit selbständigem Matricalgewebe, welche auf Poren der Haut aufsitzen. Von diesen entsprechen die „flattened lanceolate hairs“ unseren blassen Kolben oder Spürschläuchen, die anderen drei Kategorien: „cylindrical tapering hairs“, „transversaly wrinkled hairs“, „plumose hairs“, sind nicht scharf abzugrenzen und haben die Bedeutung theils von Tasthaaren, theils von Schwimmborsten. (236) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. A, Vorderseite!) (Taf. III, Fig. 6, 5 20, 5 21). Die Modificationen, welche Zahl und Stellung der Haare an der proximalen Antennen- hälfte erfahren und besonders für die basalen Glieder charakteristisch sind, hat Lubbock wohl wegen der Schwierigkeit, welche die Bestimmung der Gliederzahl bietet, nicht weiter verfolgt und dadurch eine bedeutende Lücke zurückgelassen, die ihm das volle Verständniss der Antennengestaltung unmöglich machte. Nur die Umgestaltungen der oberen Antennenhälfte zum geniculirenden Greiforgan fanden Berücksichtigung und wurden von der Spitze der Antenne aus nach- gewiesen, deren Endglied (24.) Lubbock als das erste betrachtete und von dem aus er proximalwärts noch etwa zehn Glieder weiter verfolgte. Am besten erkennt man die typische Anordnung der drei Borsten an den langgestreckten Mittelgliedern der Antenne, an denen sie in grösserem Abstande von einander entspringen. Zwei derselben inse- riren nahe dem Distalende und von diesen ist die mehr ventral ?) entspringende der lancettförmige Spürschlauch, die dritte entspringt ziemlich in der Mitte der Vorderseite und wird somit im Gegensatze zur distalen Borste (d) als proximale (p) zu bezeichnen sein (Taf. III, Fig. 3). Vergleicht man die proximalwärts allmälig kürzer werdenden Glieder etwa vom 14. Gliede an, dessen distale Borste überall durch ihre besondere Stärke hervortritt und an der genieulirenden Antenne des Männchens zu der schon von Lubbock unterschiedenen, am äussersten Ende hakig gebogenen Fangborste (a) wird, so findet man, dass die Distalborste (d) mehr auf die Dorsalseite, die proximale (p) weiter ventralwärts von dem Rande abrückt und sich den beiden distalen Anhängen mehr nähert erat III, Fig. 2). Bei den Arten der Gattung Pontellina?) Cls, die den Ausgang unserer Betrachtung bilden, erscheinen die Borstenanhänge der Antennenbasis (Taf. Ill, Fig. 1) vom Vorderrand mehr auf die ventrale Seite gerückt und sind in grösserer Zahl vorhanden, indem das basale Glied (1) vier Borsten und unter denselben einen Spür- schlauch (1 55) trägt, das zweite Glied (2) mit fünf Borsten besetzt ist, welche in der Weise inserirt sind, dass die drei der proximalen Hälfte zugehörigen (2 p‘, 2 d’ und 2 52), unter denen sich ein Spürschlauch (2 50) befindet, mit der Anordnung der drei zu einem ') Als ventrale und dorsale Seite der Antenne werden die Breitseiten derselben zu bezeichnen sein, von denen jene bei normaler Lage der Bauchfläche, diese der Rückenfläche des Thieres parallel liegt. °) Die Gattung Pontellina in der von mir begründeten Fassung als natür- liche Arten-Gruppe (Nr. 8, pag. 210). (237) 6 0. Dlans: Gliede gehörigen Borsten übereinstimmen und die zwei distalen den Borstenanhängen (2 p“, 2d”) eines Gliedes entsprechen, welchem der Spürschlauch fehlt. Demnach machen die beiden basalen Glieder, zumal im Hinblick auf jüngere Entwicklungszustände der Antenne, den Eindruck, als wäre an denselben die Trennung in je zwei Glieder zwar vorbereitet, aber unterblieben. Auch an den beiden nachfolgenden Gliedern (3. und 4.) zeigt die Borstenstellung bemerkenswerthe Besonderheiten. An dem kurzen dritten Gliede sind die drei zugehörigen Borsten in schräger Quer- reihe angeordnet (3 p, 382, 3 d), an dem vierten, jenem eng anschliessenden Gliede, fehlt der Spürschlauch, und die beiden Fiederborsten folgen dicht aufeinander von der Fläche nach dem Rande gerückt, die etwas mehr dorsalwärts stehende Distalborste (4 d) hakig gekrümmt, die längere ventrale gerade gestreckt und schräg nach vorne gerichtet (4 p). Die nachfolgenden, etwas höher werdenden Glieder verhalten sich bis auf das 7. rücksichtlich der Form ihrer proximalen und distalen Borsten in gleicher Weise, die Distalborste besonders des 7., dann auch die des 9. Gliedes ist besonders lang, die des 8., 10., 11. und 12. Gliedes ganz kurz und hakig, beziehungsweise S-förmig gekrümmt. Alle diese Borsten sind ebenso wie die längeren, schräg nach oben und vorne gerichteten Proximal- borsten zweiseitig gefiedert, das heisst mit zwei Reihen dicht gestellten langen Cutieularwimpern besetzt, denselben Wimpern, die Lubbock irriger Weise als besondere Haarform unterschied. Ebenso wie am 4. Gliede fehlt auch am 6., 8. und 10. Gliede der lancettförmige Spürschlauch, von dem bereits bemerkt wurde, dass er auch an dem 20., 21. und 22., resp. 24. Gliede (wenn man den Höcker als 25. Glied zählt) vermisst wird. Bei P. Lobiancoi ist derselbe jedoch am 4., 6., S. und 10. Gliede, wenn auch winzig klein, vorhanden, aber erst mit der letzten Häutung hervorgetreten. Das dargestellte Verhalten der Borstenanhänge konnte für die weiblichen Antennen von P. Lobiancoi und P. mediter- ranea übereinstimmend constatirt werden, und hat dasselbe nicht nur für alle Pontellina-Arten, sondern unter im Ein- zelnen festzustellenden Modificationen für sämmtliche Pontelliden Geltung. Von besonderem Interesse ist es, dass die sechs Endglieder (Taf. I, Fig. 7) schon an den Jugendformen mit genau demselben Borstenbesatze vorhanden sind und somit in der Entwicklung zuerst zur Sonderung gelangen. In dem jüngsten Stadium der Cyelopidreihe, welches dem ersten Cycelopidstadium mit nur zwei (238) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 7 zweiästigen Beinpaaren und noch ungegliederten Aesten derselben entspricht, besitzen die Antennen 9 Glieder und einen auffallend grossen als 10. Glied zu betrachtenden Terminalhöcker mit den be- schriebenen 5 Borstenanhängen; die 6 noch ziemlich gedrungenen distalen Glieder zeigen bereits eine vollständige Uebereinstimmung im Borstenbesatze mit dem 19. bis 24. (25.) Gliede der ausgebildeten Antenne, nur dass die proximale Borste in der Mitte des sechst- letzten, des späteren 19. Gliedes, noch nicht gebildet ist. An diesem apicalen Abschnitt, welcher zwei Drittel der Antennenlänge einnimmt, finden sich schon die Spürschläuche der betreffenden Glieder der ausgebildeten Antenne (SD,, Sb,,, Sb,,,). Der nur halb so lange proxi- male Abschnitt, aus welchem mit fortschreitender Entwicklung die Glieder 1 bis 18 hervorgehen, besteht aus drei langgestreckten Gliedern, von denen sich nur am 2. ein Spürschlauch (52) findet. Die Distalborste des 3. Gliedes macht sich durch ansehnliche Stärke bemerkbar und erinnert durch ihre hakig gebogene Spitze an die Distalborste des 14. Antennengliedes, der sie freilich nicht ent- sprechen kann. Zweifellos erfolgt demnach die Zunahme der Glieder durch fortgesetzte Theilung der drei vorhandenen, mit dem Wachs- thum sich verlängernden und bei jeder Häutung neue Borstenanhänge entwickelnden basalen Glieder. Auf dem nächstfolgenden Stadium, welches drei zweiästige Beinpaare mit bereits zweigliederigem Aussenaste der beiden vor- deren Paare und ein viertes schon zweitheiliges Beinstummelpaar besitzt, reichen die vorderen Antennen wenig über den hinteren Grenzrand des ersten 'Thoracalsegmentes hinaus. Die 6 distalen Glieder haben sich nicht verändert, während der proximale, früher dreigliederige Abschnitt eine Vermehrung seiner Gliederzahl auf 5 oder wenn man mehr oder minder bestimmt ausgeprägte Quer- contouren innerhalb des dritten und fünften Gliedes berücksichtigt, auf 7 bis 8 Glieder erfahren hat (Taf. I, Fig. 7, 8). Zur Orientirung leistet in erster Linie die Lage der Spürschläuche gute Dienste, von denen der distale schon im früheren Stadium am distalen Rande des zweiten Gliedes vorhanden war, die beiden proximalen aber am zweiten Gliede neugebildet sind. Jener beweist uns, dass das 4. und 5. oder, wenn man 8 Glieder zählt, das 6., 7. und 8. Glied aus dem dritten Gliede des früheren Stadiums entstanden sind, während die Glieder 1 und 2 auf Theilung des ersten oder basalen, die nachfolgenden 3, 4, 5 auf Theilung des zweiten Gliedes zurück- zuführen sind. Die Zahl und Stellung der übrigen Borsten ist aus den Abbildungen zu entnehmen. (239) 8 0. Claus: Im dritten Cyclopidstadium, in welchem die drei vorderen Ruderfusspaare bereits zweigliederige Aussenäste tragen, während die Aeste des vierten Paares und ebenso die inneren Aeste der voraus- gehenden Paare (mit Ausnahme des ersten zweigliederigen) noch un- gegliedert sind, auch der 5. Fuss schon als Rudiment hervortritt, haben die vorderen Antennen, ohne ihre Länge merklich zu ver- grössern, 5 neue Glieder gewonnen. Die 6 distalen Glieder wiederholen genau die der früheren Altersstufe, nur ist am sechstletzten (späteren 19.) Gliede auch die proximale Borste vorgewachsen. Die Vermehrung der Glieder erfolgte somit an dem proximalen An- tennenabschnitt, welcher den distalen etwa um den vierten Theil seiner Länge übertrifft (Taf. I, Fig. 1) und nunmehr aus 13 Gliedern zusammengesetzt ist. Aus dem Vergleiche des Längenverhältnisses der einzelnen Glieder und der Insertion der Spürschläuche folgt mit Sicherheit, dass das 13. Glied dem 8. des früheren Stadiums, das 12. dem 7., das 11. und 10. dem 6., das 9. dem 5. entspricht. Glied }) 9° und 5“ tragen den identischen Spürschlauch. Die 8 proxi- malen Glieder müssen also durch Theilung aus den vier proximalen Gliedern der früheren Jugendform hervorgegangen sein. Diese besass nun aber lediglich am 2. Gliede 2 Spürschläuche, während nunmehr von den 8 Gliedern das 1.‘, 2., 3. und 5.“ Glied je einen Spürschlauch tragen. Der des 1. Gliedes ist sicher eine Neu- bildung, wahrscheinlich auch der des 2. Gliedes (Taf. II, Fig. 1). Somit würde sich das Basalglied 1‘ getbeilt und 1‘ und 2° er- zeugt haben, während aus dem 2. Gliede die Glieder 3, 4, 5 hervorgegangen und das 3.‘ Glied 6° und 7‘ geliefert haben muss, 4° also 8°“ entspricht. Wäre nämlich das Basalglied (1°) ungetheilt geblieben, und hätte 2° nur 2° und 3‘“ erzeugt, so hätten die verhältnissmässig kurzen Glieder 3° und 4” durch Theilung die 5 Glieder 4“ und 5 mit dem Spürschlauch, sowie 6‘, 7° und 8‘ bilden müssen, was den Grössenverhältnissen nach im höchsten Grade unwahr- scheinlich ist. Im vierten Stadium, dessen vier Ruderfusspaare noch um je 1 Glied des inneren und äusseren Astes hinter dem ausgebildeten Thiere zurückstehen, beginnt in der Gestaltung sowohl der rechten Antenne als des d. zweiästig gewordenen Fusspaares die Divergenz der Sexualcharaktere sich vorzubereiten. Die vordere Antenne erreicht, !) Der abgekürzten und übersichtlichen Darstellung halber habe ich durch den der Zahl des Gliedes zugefügten Index das betreffende Cyclopidstadium zum Ausdruck gebracht. (240) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 9) wenn sie dem Körper seitlich anliegt, etwa den hinteren Grenzrand des 2. Thoracalsegmentes und enthält bereits sämmtliche Glieder der ausgebildeten Form; doch sind die Glieder der proximalen Hälfte vom 3. bis zum 11. Gliede ganz kurze, aber deutlich geson- derte Ringe mit je nur einem der Distalborste entsprechenden Borstenanhang. Vom 12. Gliede an aufwärts finden sich bereits auch die proximalen Borsten und am 14. Gliede hebt sich die kräftige Distalborste von der benachbarten durch ihre Stärke ab. Dagegen sind jetzt erst 11 Spürschläuche, und zwar je einer an den Gliedern 1., 2., 3., 5., 9., 12., 14., 16., 19., 23., 24., (25.) vorhanden. Die männliche Form erkennt man alsbald an der relativen Kürze und Breite des 19., 20. und 21. Gliedes der rechten Antenne, also derjenigen Glieder, welche im ausgebildeten Zustande der Greif- antenne zu dem gemeinsamen Stücke oberhalb der Geniculation ver- schmolzen sind. Um die neugebildeten Glieder auf Theilungsabschnitte von Gliedern des dritten Cycelopidstadiums zurückzuführen, hat man wiederum in der Insertion der Spürschläuche den besten Anhalts- punkt. Da die 6 distalen Glieder unverändert geblieben sind, handelt es sich lediglich um die proximale von 13 auf 18 Glieder vermehrte Region, welche fast zwei Dritttheile der ganzen Antennenlänge einnimmt. Der Spürschlauch des 16. Gliedes dürfte seiner Lage nach ein neugebildeter sein, während der des 14. Gliedes dem schon früher am 9.“ Gliede vorhandenen entspricht. Dann würden die Glieder 10° bis 13‘ den etwas länger gestreckten Gliedern 15 bis 18 entsprechen, an welchen inzwischen auch die proximalen Borsten gebildet sind, während die Distalborste des 18. Gliedes ihre frühere Stärke verloren und in der entsprechend gestalteten Distalborste des 14. Gliedes einen Ersatz erhalten hat. Ist diese Ableitung zu- treffend — und es kann aus leicht ersichtlichem!) Grunde der Spürschlauch des 12. Gliedes nicht dem des 9.’ Gliedes entsprechen — so würde der Spürschlauch des 5.‘ Gliedes der des 9. geworden sein, und die Glieder 6.', 7.', 8., 9.‘ würden dem 10., 11., 12., 13. und 14. Gliede der vollzählig gegliederten Antenne entsprechen. Dem- gemäss würden 5” =8+9; 4"=6 +17; 3" =5; 2"=2+3+4; 1°” —=1 sein, und vornehmlich die basalen Glieder der Antenne durch Theilung die neuen Glieder geliefert haben. !) Entspräche der Spürschlauch des 9.‘ Gliedes dem des 12. Gliedes , so würden an der Antenne des 4. Stadiums basalwärts nur 2 spürschlauchfreie Glieder folgen, während zwischen 9° und 5°“ 3 solche Glieder liegen. (241) 10 ©. Claus: Im fünften Jugendstadium, nach dessen Häutung die Ge- schlechtsform zur Erscheinung tritt, ist nicht nur die volle Gliede- rung, sondern auch der vollständige Borstenbesatz der Antenne ausgebildet. Am 14. Gliede erscheint bereits die mehr dorsalwärts gerückte starke Distalborste von denen der benachbarten Glieder bestimmt markirt, während am 4., 6., 8. und 10. Gliede der Spür- schlauch fehlt. Auch die früher fehlenden Spürschläuche an >= Ds an _ oo an _ na un Er ot N _ 0) der Glieder 7., 11., 13., ( It 3 1. 1; l« Ze; . 2. A 15,41,17.,1,18./osindi, ge- | 9m) gi ü ii ‘ bildet und es trägt der \ | " 2 R A hintere Rand der 13pro- Fi zug 5, 5, 5, ximalen Glieder schon | ul gu ER - 6 6 6. die charakteristische Be- ) 7 7 iR iR kleidung acht langer ste- | Sp | 8 8 8 d. = . .. 9, 9, 9, 9 hender Wimperhärchen. Eon 10 10 * Die nebenstehende 2.7 3° ungen a Tabelle!) wird von der | 4" gu 12. 1 a Entwicklungsweise der | 3 uf 123.130 az 13.) \ ee . (14 Antennen - Gliederung ’ N Mae Hi 14.) nebst den in den aufein- ( 62 Hrn Re 15. | U.11% "6,06 ander folgenden Cyclo- 3 ya Jg pidstadien auftretenden ( ge 18 18: Spürschläuchen einüber- #-‘ 9.” :14.“ , 19.517190 Spese sichtliches Bild geben. y a in 5 120) Die Entwicklungs- I le ra a (21 ) weise der weiblichen 7 EL 22 . & 8 ) 1 ae Fans ech = = 23. 23. 23. Antenne gilt auch für 9 14“ 19 24 24 24 24 die Antennen des jugend- (10). (15.”) 0.) (8) (25). (25). (@5.)) lichen Männchens, von denen die linksseitige von der des jugendlichen Weibehens nicht verschieden ist, die der rechten Seite (Taf. III, Fig. 6, 7) dagegen durch die Anschwellung und den engeren gegenseitigen Anschluss der Glieder 13 bis 16, sowie durch die gedrungene Form und Kürze der Glieder 19 bis 21 die geniculirende Greifantenne vorbereitet. Auch ist an diesem (19.) und dem vorausgehenden (18.) Gliede die !) Der zur Zahl des Gliedes beigesetzte Index bezeichnet das Entwicklungs- stadium, der Punkt das Vorhandensein eines Spürschlauchs, die Verbindungsstriche ( ) die Concrescenz der betreffenden Glieder, der Doppelstrich —= die Stelle der Geniculation, der einfache Strich — das Gelenk der Terminalgeissel. (242) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 11 Gestalt einzelner Borsten modificirt, indem die distale Borste des 19. als langer Stachel (d 19) und dicht unter derselben die proxi- male (p 19) als schwach gebogene Hakenborste bemerkbar wird. In beide strahlen Fortsätze der Hypodermis ein, und es unterliegt keinem Zweifel, dass es sich um die Anlage der beiden oberen gezähnten Leisten (y,d) (Taf. IV, Fig. 4, 6) handelt, welche dem einschlagbaren, durch Verschmelzung des 19., 20. und 21. Gliedes entstandenen Ab- schnitte oberhalb des genieulirenden Gelenkes angehören. Auch an den beiden vorausgehenden Gliedern erscheinen zwei Borsten etwas ver- “ändert, und zwar am 18. Gliede die proximale (p /8), am 17. die distale Borste (d 17); es sind die Anlagen zu den beiden unteren ge- zähnten oder glatten Leisten (ß und «), welche am 18. und 17. Gliede unterhalb des genieulirenden Gelenkes inseriren. Wir werden mit Rücksicht auf ihre Entstehung aus Borsten diese vier bei allen Pontelliden wie auch bei den Calaniden auf- tretenden, nach Form, Grösse und Bewaffnung in den einzelnen Gattungen und Arten überaus verschiedenen, meist doppelt ge- zähnelten Leisten als Borstenleisten bezeichnen können. Wenn die versuchte Zurückführung richtig ist, so werden am 17. und 18. Gliede der genieulirenden Antenne je nur eine Borste und ein Spürschlauch vorhanden sein können, an dem aus der Ver- schmelzung von drei Gliedern hervorgegangenen oberen Theile des genieulirenden Abschnittes aber der Spürschlauch des 19. Gliedes (86 19) und die obere Borste des 20. /D 20) und 21. Gliedes (PD 21) bemerkbar sein, eine Folgerung, welche thatsächlich für die Greif- antenneder Pontellina-Arten zutrifft. Es findet sich aber noch nahe dem Distalende des 21. Gliedes eine hakenförmige Erhebung (%), welche einem einfachen Fortsatze entsprechen dürfte. Die anscheinend so bedeutenden Umgestaltungen der rechten männlichen Antenne lassen sich auf diese Weise mit Zuhilfenahme des letzten Jugendstadiums), in welchem die beiden Antennen des noch nicht geschlechtsreifen Männchens die gleiche Gliederzahl mit der weiblichen besitzen, auf ihren Ursprung zurückführen und befriedigend aufklären. Auch für Pontellina Lobiancoi hat dieses Gestaltungsgesetz volle Geltung und es ist nicht, wie E.Canu (Nr. 3) meinte, das 11., 12. und 13., sondern das 13., 14., 15. und 16. Glied, welche den angeschwollenen Abschnitt der Antenne bilden, dann folgen die Glieder 17 und 18 mit den Borstenleisten («, 8), das geniculirende Gelenk zwischen dem 18. Gliede und den mit den ‘) Dasselbe wurde von Brady für eine besondere Art gehalten und als Pontella inermis beschrieben. (243) 12 0. OTaus: Borstenleisten (y, d) bewaffneten, zu einem Stücke verschmolzenen Gliedern 19, 20, 21. Das geniculirende Gelenk hat also auch hier nicht, wie Canu (Nr. 5) angibt, zwischen dem 15. und 16. Gliede, sondern zwischen dem 18. und 19. Gliede seine Lage. Auch über die Umgestaltung, welche die untere (proximale) Hälfte der geniculirenden Pontelliden-Antenne erfährt, habe ich bereits in meinem Copepodenwerke allgemein gehaltene, bislang nicht weiter beachtete Befunde mitgetheilt, welche ich als voll- kommen zutreffend bestätigen und durch speciellere Angaben ver- vollständigen kann. Ich bemerkte (Nr. 8, pag. 23): „Die Umformungen des unteren Abschnittes (erster bis zwölfter Ring), den wir gewissermassen als den Träger oder Stiel des Fang- apparates ansehen können ete., finden sich am schärfsten bei den Pontelliden und Diaptomus ausgeprägt. Im Wesentlichen bestehen dieselben aus einer Verkürzung der oberen Ringe, die ein- zeln zwar nur geringe seitliche Verschiebungen gestatten, aber in ihrer Gesammtheit einen um die Längsaxe drehbaren Stiel dar- stellen, der die einseitige Wirkung des Fangapparates auf jede Richtung überträgt.“ J. Lubbock, welcher bereits das Gesetzmässige an der Gliederung des oberen Abschnittes der geniculirenden Antennen der Pontelliden erkannt und für sechs von ihm untersuchte Formen: Labidocera Darwinii, Ivella patagoniensis, Iva magna, Pontella Bairdii, Monops grandis und Anomalocera Patersonii nachgewiesen hatte, musste sich bei seinem Versuche auf die 12 distalen Glieder der Antennen beschränken, da es ihm nicht geglückt war, für die untere Hälfte !) derselben mitihren verkürzten und mehrfach verschmolzenen Ringen Orientirung zu gewinnen und eine Gemeinsamkeit des Baues im Anschluss an den Typus der weib- lichen Antenne nachzuweisen. Unter solchen Umständen war Lub- bock gezwungen, die Glieder von der Spitze anstatt von der Basis aus zu zählen, wobei er ganz richtig überall die Greniculation zwischen dem sechsten und siebenten Glied bestimmte und die grosse (reif- und Fangborste (a) als dem elften Gliede zugehörig erkannte. 1) Nr. 20, pag.161. We have now therefore reduced the twelve anterior segments of the prehensile and non prehensile antennae in the two sexes to the same type, and no doubt the same might be done with the basal portion; here, however the joints are much more indistinet, and differ with age; I have not therefore thaught it worth while to devote to this inquiry the time which would be necessary to work it out satisfactorily, but will content myself with a description of the apical portion especially dwelling on the law which has evidently presided over the arrangement of the hairs. (244) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 13 Bei den Pontellinaarten, die ich vergleichen konnte, ver- halten sich auch die Umformungen des, Stieles, ebenso wie die des aufgetriebenen Mittelabschnittes (Glied 13—16), des geniculirenden Abschnittes (Glied 17—21)und der Terminalgeissel (Glied 22—24+ 25) vollkommen übereinstimmend (Taf. IV, Fig. 1, 2). Die drei oberen Glieder (10—12) erscheinen zu einem verengten Zwischenstücke ver- einigt, welches eine Art Drehung des Mittelabschnittes nebst geni- culirendem Abschnitte um die Längsaxe vermittelt. Auch das achte und neunte Glied schliessen in engerem Verbande aneinander und sind schärfer von dem breiten basalen Theile des Stieles ab- gesetzt, dessen sieben Glieder mit Ausnahme des Grundgliedes ihre scharfen Trennungsconturen nach der Borstenseite hin verloren haben Ta 3V, Fig. 1). Diese Gliederungsform des Antennenstieles ist von der An- ordnung der Längsmuskulatur im Innern der Gliedmassen abhängig. Das umfangreichste Bündel von Längsfasern (M‘), welches der hin- teren Seite am nächsten verläuft, endet schon am siebenten Gliede und bedingt offenbar den engeren Zusammenschluss des basalen Gliedercomplexes. Ein zweites (M) und drittes (M’') schmächtiges Bündel von Längsfasern durchsetzen die Mitte des Antennenstieles und heften sich im unteren, aus den verschmolzenen Gliedern 13 und 14 entstandenen Stücke des aufgetriebenen Mittelabschnittes, jenes an der ventralen Fläche ausstrahlend, dieses ınehr der vorderen Seite zugekehrt, am Integumente an. Dazu kommt noch ein viertes Bündel von Längsfasern, welches dorsalwärts vom dritten Bündel verläuft und schon am fünften Gliede sein Ende erreicht, sowie am Basalgliede ein dorsales Bündel kurzer, schräg verlaufender Fasern, welche sich schon am proximalen Rande des zweiten Antennen- gliedes inseriren. Der mächtige Beugemuskel des einschlagbaren Abschnittes entspringt an der vorspringenden Auftreibung des 13. Gliedes unterhalb der diesem zugehörigen Borstengruppe, durchsetzt den aufgetriebenen Mittelabschnitt und setzt sich im 18. Gliede in eine lange Sehne fort, welche über einen langgestreckten Chitinzapfen im Innern dieses Gliedes läuft, dann am geniculirenden Gelenke nach aussen tritt, um über einem Gelenkvorsprung des 19. Gliedes in einem nischenförmigen Einschnitt des letzteren zu enden. In dem aufgetriebenen Abschnitt, welcher die bei allen Pontelliden ver- schmolzenen Glieder 13 und 14, sowie die Glieder 15 und 16 umfasst, erscheint dieser Muskel noch durch ein dem hinteren Rande zuge- wendetes zweites Muskelbündel verstärkt (3 M’), dessen Sehne durch (24%) 14 C. Claus: die Länge des 17. Gliedes zu verfolgen ist. Endlich findet sich auch in dem einschlagbaren, aus der Verschmelzung des 19., 20. und 21. Gliedes hervorgegangenen Abschnitte ein schräg dasselbe durch- setzender Muskel (M), welcher die Terminalgeissel gegen jenen beugt. Die Borstenanhänge verhalten sich mit denen der betreffenden (lieder der weiblichen Antenne nahezu gleich, doch sind auch am 6., 8., 10. Gliede Spürschläuche vorhanden, und zwar erst mit der letzten Häutung hervorgetreten. So vollkommen nun aber die Greifantennen zunächst der drei adriatischen Pontellinaarten in der Art der Gliederung überein- stimmen, so ergeben sich doch bei genauerem Vergleiche vornehmlich in dem geniculirenden, mit Zahnleisten bewaffneten Abschnitte Besonderheiten, welche zur Bestimmung der Art dienen können. Bei P. Lobianeoi, dessen Antenne durch grössere Gedrungenheit und Kürze der Glieder ausgezeichnet ist (Taf. IV, Fig. 1—4), erscheint die untere dem 17. Gliede angehörige Borstenleiste (d) fast beilförmig in einen oberen und unteren Hakenfortsatz aus- gezogen (Fig. 3) und entbehrt der Zähnelung des scharfen glatten Randes. Sodann erstreckt sich längs der Dorsalseite der doppelt gezähnten Leiste des 18. Gliedes eine scharfe Längskante, welche in der Mitte ihres Verlaufes einen vorspringenden Fortsatz bildet. Bei P. mediterranea sind sämmtliche Borstenleisten mit Doppel- reihen kräftiger Zahnkerben bewaffnet (Taf. IV, Fig. 5—7), an den (rreifantennen einer dritten, kleineren adriatischen Art, welche bis- lang nicht beschrieben und von mir als P. elegans (Taf. V, Fig. 1—4) bezeichnet wurde, erscheint die apicale Borstenleiste (6) glattrandig (Taf. V, Fig. 1—2), während sich die vorausgehenden wie bei jener Art verhalten. An der Antenne der in der männ- lichen Form von Lubbock als Iva magna unterschiedenen Pontellina, deren Weibchen ich als P. gigantea beschrieben hatte, treten sämmtliche Borstenleisten durch ıhre bedeutende Grösse und starke Zahnkerbung (Taf. V, Fig. 5) hervor, die des hier auf- fallend kurzen 17. Gliedes ist proximalwärts in einen langen, über den Vorderrand des 16. Gliedes herabreichenden Fortsatz aus- gezogen und gewinnt hierdurch die Form einer fast beilförmigen Lamelle. Auch die feinbezähnelte Borstenleiste des 18. Gliedes läuft proximalwärts in einen Fortsatz aus, wie er auch an einzelnen Pontellaarten (z.B. P. Bairdii Lubk. = acutifrons Dana) auf- tritt, die aus diesem Grunde von Lubbock zu seiner auf das Vorhandensein dieses Fortsatzes gegründeten Gattung Labidocera gestellt worden waren. Dazu kommt endlich noch (246) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 15 als weiterer Charakter der Greifantennen von Pontellina magna die ausserordentliche Grösse und Stärke der am 14. Gliede entspringenden Fangborste. Die Gliederung und der Borstenbesatz beider Antennenformen von P.magna stimmt mit den beschriebenen vonP.mediterranea so vollständig überein, dass lediglich die Besonderheiten in der Form und Bewaffnungsweise der vier Borstenleisten des geniculirenden Abschnittes eine nähere Beschreibung erforderlich machen. Die blassen Spürschläuche finden sich an denselben Gliedern wie bei P. Lobianecoi Canu, also auch am 4., 6., 8. und 10. Gliede, an welchem sie im weiblichen Geschlechte von P. mediterranea fehlen. Sämmtliche Borstenleisten sind sehr kräftig entwickelt und mit doppelten Zahnreihen bewaffnet, die des 17. Gliedes proximal- wärts in einen ansehnlichen Fortsatz verlängert, welcher fast über die ganze Länge des 16. Gliedes herabgreift. So gewinnt diese Borstenleiste die Form einer hohen, fast dreiseitigen Lamelle mit sägeartig gezähntem freien Rande (Taf. V, Fig. 5«). Auch die fein- gezahnte Borstenleiste des 18. Gliedes läuft proximalwärts in einen an der Dorsalseite über das Vorderende der Zahnplatte « hinaus- ragenden Fortsatz aus. Dazu kommt noch als weiterer Species- charakter der Greifantenne die Grösse des Hakenfortsatzes (h) am Ende des 21. Gliedes und die ausserordentliche Stärke der Fang- borste (a) am 14. Gliede. Die drei Glieder der Terminalgeissel sind wie bei den früheren Arten verschmolzen und mit einer stark vor- tretenden Crista versehen. Bedeutender differirt die Greifantenne der grossen, auch zu Pontellina zu stellenden P. seeurifer Brady, an deren geni- eulirendem Abschnitte (Taf. V, Fig. 6) die Bewaffnung eine ganz andere Form zeigt. Die Borstenleiste des überaus kurzen 17. Gliedes fehlt hier vollständig, die kräftig bezahnte Borstenleiste des 18. Seg- mentes ist dagegen von ausserordentlicher Grösse, indem der proxi- male Fortsatz derselben sich über den vorderen Rand des 17. und 16. Gliedes fast bis zur Borstengruppe des 15. Gliedes erstreckt. Die distale Hälfte des sehr langgestreckten 18. Gliedes bleibt unbewaffnet, ebenso die Basis des auf das Gelenk folgenden geniculirenden Stückes, welches aus der Verschmelzung des 19., 20. und 21. Gliedes entstanden ist. Die Proximalleiste (y) dieses Abschnittes bildet einen ansehnlich vorspringenden, aber kurzen, mit mehreren starken Zähnen bewaffneten Höcker, auf welchem die langgezogene, dicht bezahnte Distalleiste (Ö) folgt, deren oberer Fortsatz längs der ver- schmolzenen, sehr kurzen Glieder 20 und 21 verläuft. Die beiden (247) 16 C. Claus; diesen Gliedern zugehörigen Borsten folgen dicht aufeinander, neben der beträchtlich kürzeren distalen Borste erhebt sich ein ansehnlicher Hakenfortsatz. In der Gestaltung der Terminalgeissel, deren Glieder unbeweglich verschmolzen sind, stimmt die Antenne ebenso wie in dem Borstenbesatz mit den Greifantennen der vorher besprochenen P on- tellinaarten überein. Immerhin sind die beschriebenen Besonder- heiten so beträchtlich, dass, zumal im Zusammenhange mit anderen Eigenthümlichkeiten des Körper- und Gliedmassenbaues jenen Arten gegenüber, P. securifer in eine besondere Untergattung zu stellen sein wird. Während es im Hinblick auf die schon von Lubbock erkannte Bewaffnungsform der Greifantenne von P.magna, welche jenen Forscher zur Aufstellung der Untergattung Iva Anlass gab, gerechtfertigt sein dürfte, diese Bezeichnung als Untergattung aufrecht zu erhalten, mag die durch die Antennenform der P.securifer bezeichnete Untergattung, in die wahrscheinlich noch mehrere der von Giesbrecht aufgezählten Arten aufzunehmen sein werden, als Eupontellina unterschieden werden. Ohne Zweifel gehört als dritte Untergattung die für P. patagoniensis von Lubbock aufgestellte Untergattung Ivella zuPontellina. Für diese Zugehörigkeit spricht, falls die Beschrei- bung jenes Autorsrichtig ist, dasV erhalten der einfachen ungegliederten Terminalgeissel, sowie die Form und Gliederung des unteren Kiefer- fusses. Dem überaus kurzen 17. Gliede der Greifantenne gehört eine stark vorspringende, mit einem kräftigen Zahnhaken bewaffnete Borstenleiste (@) an. Ebenso gestaltet ist die Borstenleiste (%) an der Basis des langgestreckten 18. Gliedes und am Distalende des oberen geniculirenden Abschnittes. In der Abbildung Lubbock's ist die letztere dem durch eine (uercontour abgegrenzten fünftletzten, also dem 20. Gliede zu- geschrieben, indessen ist diese Quercontour, wie aus dem oberhalb derselben ebenfalls am 20. Gliede abgebildeten, ganz sicher aber dem 19. Gliede angehörigen Spürschlauch hervorgeht, wahrscheinlich gar nicht vorhanden, ebensowenig wie die @uercontour zwischen dem 20. und 21. Gliede, und die vorspringenden Zahnzinken sind auf den Distalfortsatz der Borstenleiste y oder d des 19. Gliedes zu beziehen. 2. Die Naupliuslarven und Cyclopidstadien. Die Verfolgung des Entwicklungsganges der Antenne gab mir Anlass, die Jugendzustände der Triester Pontellinen auf ihre Körper- gliederung und die dieser entsprechenden Zahl- und Gestaltungs- verhältnisse der Gliedmassen näher zu untersuchen und mit den (248) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 17 dureh frühere Untersuchungen bekannt gewordenen Stadien der Cyelopidreihe unserer Süsswasser-Copepoden zu vergleichen. Gelegentlich traf ich unter diesen Jugendstadien, welche sich sowohl an dem Gesammthabitus der Körperform, als auch an dem Augen- bau auf den ersten Blick als junge Pontelliden erkennen lassen, sehr schmale, Setella-ähnlich gestreckte, in einen sehr langen, seit- lich bedornten Schwanzstachel auslaufende Naupliusformen an, dieich aus verschiedenen Gründen als zuPontellina zugehörig be- trachten muss. Schon vor vielen Jahren!) hatte ich eine ganz ähn- lich gestaltete Larve in Nizza angetroffen und vermuthungsweise auf die Gattung Calanella bezogen. Vielleicht gehört auch diese einer Pontellide an, obwohl die Möglichkeit nicht aus- geschlossen ist, dass verwandte Calaniden solche Larvenformen durchlaufen. Da ich lediglich jüngere und ältere Metanauplius- stadien, die letzteren mit den Anlagen nicht nur sämmtlicher Mundes- gliedmassen, sondern auch der zwei vorderen Beinpaare beobachtete, so erhält die Annahme einige Wahrscheinlichkeit, dass die grossen, niemals in Eiersäckehen umhergetragenen, sondern wie bei den ver- wandten Calaniden isolirt abgelegten und im Meere flottirenden Pontellen-Eier eine vollständigere embryonale Entwicklung durch- laufen und dass die Embryonen möglicherweise schon als Metanauplien die Eihülle verlassen. Was mich bestimmt, diese schon von Dana abgebildeten und für junge Setellen gehaltenen Larven auf Pontellina zu beziehen, ist nicht nur das Vorkommen derselben in den pelagischen Schwärmen dieser Copepoden, sondern die Rücksichtnahme anf einige Besonder- heiten, wie vornehmlich die gerundete, vorspringende Stirn, welche, wie auch im folgenden Stadium, ventralwärts in eine mediane, leisten- förmige Erhebung sich fortsetzt. Dazu kommt das ähnliche Colorit, das Vorhandensein rothbrauner Pigmentstreifen und die Füllung des Darmes mit denselben Oelkugeln, wie man sie im Darme der jüngsten Cyelopidstadien der Pontellen findet. Von den dorsalen Seitenaugen ist noch keine Spur vorhanden, wohl aber erscheint das dreitheilige Median- auge mit seinen drei lichtbrechenden Körpern unterhalb der Stirn- wölbung ansehnlich entwickelt. An der sehr langgestreckten Oberlippe macht sich eine schwach gewölbte Erhebung bemerkbar, in welche mit der nachfolgenden Häutung das Medianauge vorrückt. Die grösseren Larven (Taf. I, Fig. 1, 2) sind inclusive des Schwanzstachels, welcher beinahe der Körperlänge gleichkommt, ') C. Claus, Die Copepodenfauna von Nizza. 1866, pag. 9, Taf. IX, Fig. 22. Clans, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute ete. Tom. X, Heft 3. 18 (249) 18 C. Claus: 1’7—2 Mm. lang. Der stark verjüngte Abschnitt des Leibes, welcher auf die Afteröffnung folgt, ist an seinem äussersten Ende der Länge nach gespalten, und an seinem viel breiteren linken Theil über einer kürzeren Dornborste mit einem langen bedornten Stachel, an dem schmäleren, aber weiter vorstehenden rechten Theil mit zwei, einer ventralen und grösseren dorsalen Dornborste besetzt. Offenbar ist durch die Spaltung schon die Anlage der Furca angedeutet, deren Aeste sich auch an günstigen Objeeten unterhalb des Integu- ments abheben. Die drei vorderen, den beiden Antennenpaaren und Mandibeln entsprechenden Gliedmassenpaare schliessen sich im Bau den bekannten Larvengliedmassen von Diaptomus, Calanus (Cetochilus) und anderen Calaniden an. Die Besonderheiten derselben werden aus den Abbildungen ersichtlich. Der distale, Schwimmborsten tragende Abschnitt des vorderen Paares dürfte mit der Häutung die sechs Endglieder, das basale Stammglied die drei proximalen Glieder der Vorderantennen des ersten Cyelopid-Stadiums hervor- gehen lassen. Das zweite Gliedmassenpaar mit seinen drei Fang- borsten an der Basis des Schaftes lässt bereits deutlich die Ge- staltung des zweiten Antennenpaares erkennen, wie auch das dritte Paar in seinem unter die Oberlippe vorragenden Ladenfortsatz bereits die Kaulade der Mandibel, sowie deren zweiästigen Taster zum Ausdruck bringt. Bemerkenswerth ist die Lage der Gliedmassen in weitem Ab- stande vom hinteren Rande der sehr gestreckten Oberlippe, deren Kuppel sich durch eine quere Contour abhebt und die Anlage des bereits im nächsten Stadium wulstförmig vorspringenden Epi- labrums) markirt. Der Abstand der Insertion dieser Gliedmassen vom Munde ist so beträchtlich, dass die Lade mit ihrer Längsachse schräge nach vorne gerichtet sein muss, um noch unter die Ober- lippe zu reichen, ein Verhältniss, welches auch bei den Larven mancher Calaniden, z. B. Cetochilus, sich wiederholt und auf die ursprüngliche Beziehung der vorausgehenden Gliedmassen zur Nahrungszufuhr hinweist. Die Anlagen der Maxillen werden durch zwei niedrige, zackige Vorsprünge angedeutet. Ansehnlicher treten die zackigen Erhebungen hervor, welche dem Doppelpaare der Maxillarfüsse entsprechen, und wie aus dem Vergleiche mit den viel längeren, wulstförmig vor- !) Wie ich den medianen oberhalb der Oberlippe prominirenden Wulst be- zeichne. (250) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 19 stehenden Erhebungen, den Anlagen der beiden zweiästigen Ruderfuss- paare (1#p, 2Fp), ersichtlich wird, eine Verschiebung des dem vorderen Maxillarfusse entsprechenden Aussenastes erfahren haben (Fig. 4 Maf.e = o Mxf.). Als bemerkenswerth verdient darauf hingewiesen zu werden, dass die Anlagen des dritten Fusspaares, welche im nachfolgenden ersten Stadium der Cyclopidreihe auf- treten, die Anlagen der beiden vorderen Ruderfusspaare im Meta- naupliusstadium genau wiederholen. Von Bedeutung für die Beurtheilung der systematischen Be- ziehung, in welcher die Pontelliden zu den Calaniden stehen, ins- besondere für die Beantwortung der Frage, ob die ersteren nach der von mir vertretenen Auffassung als Familie zu trennen sind, erscheint das Verhalten der dorsalen Seitenaugen, welche trotz meines Nachweises ihrer Selbstständigkeit noch immer von mancher Seite als die seitlichen zur Sonderung gelangten Abschnitte des dreitheiligen Medianauges betrachtet werden. Bekanntlich hat schon vor vielen Jahren ©. @Grobben!) in seiner schönen Arbeit über die Entwicklung von Cetochilus septentrionalis gezeigt, dass das Gehirn der Naupliuslarve an jeder Seite mit einer Ectoderm- verdickung im Zusammenhange steht, welche neben dem Nauplius- auge beginnt und sich weit auf den Rücken erstreckt. Er betrachtet dieselbe im Anschluss an das Verhalten des Seitenauges der Bran- chipuslarve und im vollen Einklange mit meinen theoretischen Erörterungen über die phylogenetische Ableitung der Copepoden als Ueberrest des nicht mehr zur Ausbildung gelangenden Seitenauges und dessen Ganglion. Später und in dem jüngsten Stadium der Cyelopidreihe ist diese Ecetodermverdickung rückgebildet und die Querbrücke zur Haut vollkommen verschwunden. In der Meta- naupliuslarvenform der Pontelliden, die ich leider versäumt habe, lebend auf die entsprechende Bildung zu untersuchen, bleibt die- selbe, wie noch an den in Weingeist conservirten Exemplaren zu constatiren ist, bestehen und enthält bereits die Elemente zu dem seitlichen Augenpaare ?), welches nach der Abstreifung der Haut im jüngsten Stadium der Cyelopidreihe eine ansehnliche Grösse erlangt !) C. Grobben, Die Entwicklungsgeschichte von ÜCetochilus septentrionalis Goodsir (pag. 20, Fig. 25, 27, 29sgh). Arbeiten aus dem zoologischen Institute der Universität Wien und der zoologischen Station zu Triest. 1881, Bd. II. ?) Diese Beobachtung schliesst somit jeden Zweifel an der Selbstständigkeit des Dorsalauges aus und beweist, was schon aus anderen Gründen sicher steht, dass dieselben mit den seitlichen Augenbechern des Medianauges morphologisch nicht zu verwechseln sind. 18* 51) PAU) C. Claus: hat und mit Ausnahme der noch fehlenden Linse wohl alle Elemente dieses nur in der Pontellidengruppe erhaltenen Augen- paares in sich einschliesst. Wenn ich die auf die Naupliusreihe folgenden, durch Häutungen von einander abgegrenzten Stadien der Cyelopidreihe eingehender verfolge und von denselben eine grössere Summe von Einzelheiten zur Darstellung bringe, als es wohl Manchem erforderlich erscheinen möchte, so geschieht dies, weil wir noch von keinem Calaniden die Entwicklungsphasen in der relativen Vollständigkeit kennen, wie ich dieselben seinerzeit für die Cyelopiden !) beschrieben habe, die Calaniden aber einen so wesentlichen Factor des marinen, das Nahrungsmaterial grösserer Seethiere bildenden Auftriebes aus- machen, dass bei der näheren quantitativen und qualitativen Be- stimmung des Copepodenmateriales die Unkenntniss der Larven- phasen und Jugendzustände empfindliche Lücken, ja selbst störende Irrungen veranlassen kann. Allerdings wird die Metamorphose zu- nächst nur für Pontellina mediterranea näher bekannt, in- dessen dürfte dieselbe nicht nur für die Pontelliden überhaupt Geltung haben, sondern sich auch unter nur unwesentlichen Modificationen bei den meisten Calaniden wiederholen. Im ersten Stadium der Cyelopidreihe, in welches der Setella-ähnliche Metanauplius mit der Abstreifung seiner Haut eintritt, erscheint bereits die Pontellenform so ausgeprägt, dass die Zugehörigkeit zu dieser Copepodengruppe nicht leicht ver- kannt werden kann. Zwar fehlen der eirca 1 Mm. langen Larve noch die Gabelzinken der Stirn, welche in hoher Wölbung ab- gerundet vorspringt, — ein Charakter, der auch für das gleichalterige Stadium von Calanus (Cetochilus) und wahrscheinlich vieler anderer Calaniden Geltung hat; aber schon die Duplicität der Augen lässt über die Zurückführung dieser Larven nicht im Zweifel. Das Medianauge ist in die halbkugelig vorstehende Wölbung zwischen dem ersten Antennenpaare eingerückt und die Elemente der beiden Dorsalaugen treten als Gruppen von Zellen mit lichtbrechenden Einlagerungen . rechts und links an der Rückenseite hervor. Die Cornealinse des Rückenauges ist noch nicht vor- handen. In der Gliederung des Leibes und der Zahl der Glied- massenpaare wiederholt die jugendliche Pontellina das entsprechende Stadium der Gattung Cyelops, jedoch mit dem Unterschiede, dass ') C. Claus, Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Copepoden. Arch. f. Naturgeschichte, 1858. (252) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. al schon jetzt das erste Thoracalsegment durch eine Quercontour vom Kopfe gesondert ist (Taf. II, Fig. 1). Auf das erste folgt noch ein zweites und drittes Thoracalsegment, jenes in gleicher Weise wie das erste Segment mit einem zweiästigen Ruderfusspaare, das dritte mit der Anlage eines Gliedmassenpaares, welches die Form des ersten und zweiten Fusspaares des Metanauplius wiederholt. Der nun folgende stark verjüngte Hinterkörper besteht aus einem kurzen vorderen Segmente und einem sehr gestreckten, hinter der Analöffnung gespaltenen Abschnitt, welchem sich die beiden Furcal- glieder anschliessen. Von den fünf Furcalborsten ist die zweite (zweitinnere) die längste und die laterale, etwas emporgerückte durch einen kurzen Dorn vertreten. Die Vorderantennen besitzen etwa die halbe Länge des Körpers und bestehen aus den bereits früher besprochenen neun Gliedern. Am zweiten, noch ziemlich gedrungenen Antennenpaare fällt die relative Länge des Neben- astes auf, welcher der Länge des Hauptastes fast gleichkommt. Öber- lippe und Hypostom zeigen bereits — und Gleiches gilt für die Mundesgliedmassen — eine ähnliche Gestaltung wie am ausge- bildeten 'Thiere. Der vordere Theil der Oberlippe hat sich als Epilabrum gesondert und bildet einen ansehnlich vorstehenden, am freien Rande mit zarten Borsten besetzten Lobus. An den Seiten des Hypostoms erheben sich die Paragnathen. Mandibeln, Maxillen und vordere Maxillarfüsse lassen alle wesentlichen Abschnitte er- kennen; die letzteren stimmen sogar bis auf die Zahl der bedornten Hakenborsten mit dem ausgebildeten Thiere überein. Dagegen ist die Ausbildung des Endabschnittes der hinteren oder inneren Maxillarfüsse, welche auch nach den Gattungen Verschiedenheiten zeigt, noch höchst unvollständig. Während am basalen Abschnitte die drei für die Pontellen charakteristischen, kegelförmig vorsprin- genden, mit Hakenborsten bewaffneten Zapfen schon vorhanden sind, erscheint der dritte oder apicale Abschnitt noch einfach und von einem kurzen, mit zarten Borsten besetzten Endgliede abgesehen, wie beider Gattung A cartia nicht weiter gegliedert (Taf. II, Fig. 2). Die beiden Fusspaare, welche dem ersten und zweiten Thoracal- segmente angehören, besitzen bereits die Gestaltung des Copepoden- fusses und mit dieser auch die charakteristische Zwischenplatte, entbehren aber noch der Gliederung ihrer Aeste, doch erscheint im Vergleiche zu dem späteren Verhalten das erste Fusspaar länger und in der Entwicklung vorgeschrittener als das zweite Paar. Der kürzere Innenast trägt am Medialrande 6, der äussere 3 Borsten, sowie eine kürzere Apicalborste und ist am lateralen Rande mit (253) 22 C. Claus: vier Dornen besetzt. Das nachfolgende zweite Fusspaar wiederholt bei geringerer Länge die Form des ersten, an jedem Ast ist der Verkürzung entsprechend die Zahl der Borsten, beziehungsweise der Dornen um eine vermindert. Die apicale Borste hebt sich aber durch bedeutendere Stärke und durch seitliche Bezähnelung von den Innen- randborsten schärfer ab. Im zweiten Stadium der Cyclopidreihe von etwa 1'3 Mm. Körperlänge hat sich die Zahl der Körpersegmente und der zwei- ästigen Ruderfusspaare um eines vermehrt. Die drei vorderen Thoracal- segmente tragen je ein Ruderfusspaar, und das noch kurze vierte Seg- ment besitzt ein wulstig vorspringendes Gliedmassenrudiment, welches sich wie die Anlage des dritten Ruderfusspaares an dem ähnlich gestalteten kurzen Segmente des vorausgegangenen Larvenstadiums verhält. Der Abdomen-ähnliche hintere Körpertheil besteht in gleicher _ Weise wie dort aus einem kurzen vorderen Segmente und dem langgestreckten Endabschnitt mit der Afteröffnung und den beiden Furcalgliedern, deren Borsten sich nicht verändert haben. Das kurze vordere Segment entspricht dem fünften Thoracalsegment, der End- abschnitt dem noch ungegliederten Abdomen. An der im frühen Alter kugelig vorspringenden Stirn tritt der Schnabelfortsatz mit seinen beiden Gabelfort- sätzen hervor, und jedes der beiden Dorsalaugen hat seine eutieulare Linse erhalten (Fig. 3). Von den Mundesgliedmassen nehmen die unteren Kieferfüsse unsere Aufmerksamkeit in Anspruch, insofern der apicale Ab- schnitt derselben nunmehr durch Theilung seines proximalen Gliedes dreigliederig geworden ist, ein Verhalten, welches bei den Gattungen Pontella, Monops, Pseudopontella persistirt. An den beiden vorderen Ruderfusspaaren besteht der Aussen- ast bereits aus zwei Gliedern, von denen das erste basale kurz und nur mit einer Innenrandborste, das zweite Glied mit vier Innenrandborsten und einer am lateralen Rande fein gesägten Terminalborste besetzt ist. Der Aussenrand ist am ersten Gliede mit einer, am zweiten Gliede des ersten Fusspaares mit drei, des zweiten Fusspaares mit nur zwei Dornen bewaffnet. Der innere Ast des ersten Fusspaares ist schon in zwei Glieder getheilt und trägt am kurzen ersten Gliede eine, am zweiten sechs Innenrand- borsten, zu denen noch eine zarte Borste am äusseren Rande hinzu- kommt. Der innere Ast des zweiten Fusspaares ist noch ungetheilt und mit sechs Innenrandborsten, sowie einer Borste nahe am Ende des Aussenrandes besetzt. Die Aeste des dritten Fusspaares sind (254) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 23 beide noch ungetheilt, an dem sehr umfangreichen äusseren Aste finden sich drei Innenrandborsten, die gesägte Terminalborste und drei Dornen des Aussenrandes, am schmächtigen inneren Aste fünf Innenrandborsten und eine Borste nahe am Ende des Aussen- randes. | Im dritten Stadium der Cyelopidreihe (Fig. 4—7) besitzt der Körper bei einer Länge von 1'6 Mm. (mit Einschluss der Furcal- borsten) vier zweiästige Ruderfusspaare. Sämmtliche Thoracalseg- mente sind vorhanden, und an dem fünften sehr kurzen Segmente findet sich das fünfte Fusspaar in ähnlicher Form, wie das vierte Fusspaar im vorausgehenden Stadium, als wulstig vorspringende, in Spitzen auslaufende Erhebung angelegt. Auf den nunmehr voll- zählig segmentirten Vorderleib folgt das zweigliederige Abdomen mit kurzem ersten Segment und langgestrecktem Hinterabschnitt, welcher hinter der Afteröffnung der Länge nach gespalten ist und sich in die langen Furcaläste fortsetzt. Von den fünf Furcalborsten hat sich auch die äussere, welche bisher die Form eines kurzen Stachels besass, zu einer mässig langen Fiederborste umgestaltet. Schnabel und Augen haben sich nicht verändert und auch die hinteren Antennen und Mundesgliedmassen wiederholen die Form und Gliederung des früheren Alters, mit Ausnahme der hinteren oder inneren Kieferfüsse, deren Endabschnitt viergliederig ge- worden ist. Die vorderen Antennen haben, ohne ihre relative Länge merk- lich zu vergrössern, fünf Glieder gewonnen (Fig. 7). Die sechs distalen Glieder wiederholen die des früheren Alters, nur ist an dem sechstletzten (später 19.) Gliede auch die proximale Borste hervorgetreten. Die Vermehrung der Glieder erfolgte somit an der proximalen Region der Antenne, welche die distale etwa um den vierten Theil der Länge übertrifft, während sie im früheren Alter mit jener gleich lang war und jetzt aus 13 Gliedern besteht. Aus dem Vergleiche des Längenverhältnisses der Glieder und der Insertion der Spürschläuche lässt sich nun, wie ich bereits oben ausführte, nachweisen, aus welchen Theilungen von Antennen- gliedern des frühern Stadiums die vermehrte Gliederzahl abzuleiten ist. Was die Gliederung und den Borstenbesatz der vier zwei- ästigen Ruderfusspaare betrifft, so bestehen die äusseren Aeste mit Ausnahme des vierten Paares aus zwei Gliedern, dieses ist noch eingliederig (Fig. 6) und mit drei Innenrandborsten, einer gesägten Terminalborste und drei Dornen am Aussenrande besetzt. Der innere Ast ist nur am ersten Paare zweigliederig, an den übrigen (255) 24 C. Claus: eingliederig und etwa von halber Länge des Aussenastes (Fig. 5). Die Zahl der Innenrandborsten steigt vom vierten zum ersten Paare, von fünf Borsten um je eine Borste, so dass das vordere Fusspaar acht Innenrandborsten trägt, von denen die proximale an dem ersten kurzen Gliede inserirt. Dazu kommen am ersten und letzten Fusspaare je eine, an dem zweiten und dritten je zwei Aussenrandborsten. An den äusseren Aesten beträgt die Zahl der Randdornen am ersten und zweiten Paare 1, 3, am dritten 1, 2, am vierten 3, die Zahl der Innenrandborsten am ersten und dritten Paare je 4, am zweiten Paare 5, am vierten Paare 3 Borsten, zu denen noch je eine lateral gesägte Terminalborste hinzukommt. Gestalt und Borstenbesatz des vierten Fusspaares wiederholen also genau die des dritten Paares im früheren Stadium. Erst mit dem vierten Stadium der Cyclopidreihe wird die Divergenz der Sexualcharaktere vorbereitet, und zwar durch sehr geringe, erst nach sorgfältiger Vergleichung bemerkbare Ab- weichungen in der Gestaltung der rechten Antenne und des fünften Fusspaares. In der Gliederzahl und Form der Abdominal- segmente besteht noch für männliche und weibliche Jugendformen vollkommene Uebereinstimmung, desgleichen in der Gestalt der symmetrischen Furcaläste und deren befiederten Borstenanhängen. Bei männlichen und weiblichen Formen besteht das Abdomen aus drei Segmenten (Fig. 12), von denen das dritte sehr langgestreckt ist und fast die doppelte Länge jedes der vorausgehenden Segmente besitzt. Die Zahl der Antennenglieder ist bereits die des ausgebildeten Thieres, wenn sich auch die Glieder 3 bis 11 noch als ausserordentlich kurze Ringe darstellen und einen noch unvollständigen Besatz mit Borsten und Spürschläuchen tragen. Ebenso sind die inneren oder unteren Kieferfüsse vollzählig gegliedert, während die Aeste der vier Ruderfüsse noch um je ein Glied zurückstehen. Der Ruderfuss des vorderen Paares besitzt einen zweigliederigen Innenast mit einer Innenrandborste am ersten und sieben Innen- randborsten am zweiten Gliede, wozu noch eine in geringem Ab- stande vom Distalrande inserirte zarte Borste des Aussenrandes hinzukommt. Der ebenfalls zweigliederige, wohl doppelt so lange Aussenast ist am ersten Gliede mit einer, am zweiten mit vier Innenrandborsten und einer gesägten Terminalborste, am Aussen- rande des ersten mit einem, am Aussenrande des zweiten Gliedes mit drei Dornen besetzt. Die drei nachfolgenden Fusspaare ver- halten sich, obwohl an Umfang verschieden, im Borstenbesatze des Aussenastes übereinstimmend. Am ersten Gliede desselben in- (256) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 25 serirt eine Innenrandborste und ein Dorn, während am zweiten Gliede desselben fünf Innenrandborsten, eine lateral gesägte Ter- minalborste und drei Dornen entspringen. Für den Innenast des ‘zweiten Fusspaares sind acht, für den des dritten sieben, für den des vierten sechs Innenrandborsten charakteristisch, zu denen stets noch zwei zarte Aussenrandborsten hinzukommen. Am fünften Fusspaare (Fig. 10) erhebt sich auf dem zwei- gliederigen Stamme ein umfangreicher, aber nur eingliederiger Aussen- ast nebst dem Rudimente eines Innenastes. Das Basalglied ist mit dem der anderen Seite durch eine schmale Querbrücke verbunden, auf der hinteren Fläche des zweiten Stammgliedes sitzt die charakte- ristische, auch den vorausgehenden Ruderfüssen nicht fehlende gabel- förmig gekrümmte Borste auf. Während nun aber bei den weib- lichen Formen beide Füsse symmetrisch gestaltet sind, erscheinen die verhältnissmässig gestreckteren Fussäste der männlichen Form unsymmetrisch, der Aussenast des rechtsseitigen Fusses noch mehr in die Länge ausgezogen ; auch zeigen die papillenförmigen Rudimente des inneren Astes an beiden Füssen eine geringere Grösse und an vor- geschritteneren, vor der Häutung stehenden Exemplaren überzeugt man sich, dass kein Fortsatz der von der Cutieula zurückgezogenen Glied- masse in die warzenförmige Erhebung desInnenastes eindringt, während sich bei den Weibchen ein solcher von ansehnlicher Grösse findet. Die männliche Form erkennt man an der relativen Kürze und Breite des 19., 20. und 21. Gliedes der rechten Antenne, also derjenigen Glieder, welche im ausgebildeten Zustand der Greif- antenne zu dem gemeinsamen Stücke oberhalb der Geniculation verschmolzen sind. Leichter als das vierte lässt sich das fünfte oder letzte Jugendstadium der Cyelopidreihe nach den schon weiter aus- geprägten Sexualcharakteren als männliche oder weibliche Jugend- form bestimmen. Die letztere hat eine Körperlänge von 2'2 Mm., jene von kaum 1 Mm., exclusive der Furcalborsten. Die männliche Form zeigt die Auftreibung des Mittelabschnittes der rechten Antenne und die weiteren schon früher dargestellten Modifiecationen an den Gliedern 17 bis 21, durch welche die Um- gestaltung zur geniculirenden Antenne vorbereitet wird. Die Linsen der Dorsalaugen sind von relativ bedeutenderer Grösse und die median nahe zusammengerückten Füsse des 5. Paares, deren Innenast hinweggefallen ist, unsymmetrisch entwickelt (Fig. 15). Der äussere Ast des rechtsseitigen Fusses ist besonders lang- gestreckt und etwa um ein Drittel länger als der ebenfalls (257) 26 C. Claus: gestreckte, schmale linksseitige Fuss, besitzt aber die gleiche Zahl von Zahnvorsprüngen am Aussenrande und an dem zugespitzten Ende. Die Basalglieder des Stammes sind median durch eine Quer- brücke verbunden und an der hinteren Fläche des zweiten Stamm- gliedes findet sich die schon im früheren Stadium vorhandene Säbel- borste erhalten, welche auch an derselben Stelle des vierten Ruder- fusspaares auftritt. Das Abdomen hat durch Theilung des langgestreckten End- abschnittes der früheren Jugendform ein Segment gewonnen und er- scheint jetzt in der bekannten viergliederigen Form. Das weibliche Thier wird an der übereinstimmenden Gestalt beider Vorderantennen und beider Füsse des 5. Paares, sowie an dem dreigliederigen Abdomen erkannt (Fig. 13). Die 24 (25) gliede- rige Antenne besitzt sämmtliche Borsten und Spürschläuche des ausgebildeten geschlechtsreifen Thieres, indem die früher noch ver- missten proximalen Borsten des 3. bis 11. Ringes, sowie die Spür- schläuche an den Gliedern 7, 11, 13, 15, 17, 18 hervorgetreten sind. Auch trägt bereits der hintere Rand der proximalen Antennen- glieder den charakteristischen Besatz dichtstehender Wimperhärchen. Die beiden symmetrisch gestalteten Füsse des 5. Paares haben den Innenast, wenn auch in rudimentärer Form, bewahrt und am äusseren Aste ausser den fünf Vorsprüngen des lateralen Randes eines ver- jüngten Distalrandes zwei ansehnliche Zahnvorsprünge des medialen Randes erhalten (Fig. 14). Von besonderem Interesse erscheint das Verhalten des Abdomens, dessen drei Segmente keineswegs denen des 4. Stadiums entsprechen. Das dritte langgestreckte Segment des letzteren hat sich in zwei ziemlich gleich lange getheilt, die dem 3. und 4. Segmente des Abdomens der männlichen Jugend- form entsprechen. Dagegen sind die beiden vorderen Segmente des früheren Stadiums zu einem langen Segmente vereint, welches jedes der nachfolgenden fast um das Doppelte an Länge übertrifft und an dessen hinterer Hälfte sich der Genitalwulst mit den erst bei der nächsten Häutung zum Durchbruche gelangenden Geschlechts- öffnungen anlegt. Auch wird die so auffallend hervortretende Asymmetrie des weiblichen Abdomens schon in diesem Alter durch die etwas bedeutendere Grösse des linksseitigen Furcalastes und der linksseitigen Hälfte des Aftersegmentes vorbereitet. Die Ruderfusspaare haben mit Ausnahme des vorderen Paares sowohl am äusseren wie am inneren Aste durch Sonderung des proximalen Abschnittes des Endgliedes je ein neues Glied ge- wonnen und stimmen auch in der Zahl ihrer Schwimmborsten (258) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 27 und Dornen mit dem geschlechtsreifen Thiere überein. Im Ver- gleiche zu den Ruderfüssen des vorausgehenden Stadiums hat sich die Gesammtzahl der Borsten an jedem Fusspaare vermehrt und die Borstenzahl des 2., 3. und 4. Paares egalisirt. Jedes derselben ist am Aussenaste mit 1, 1, 5 Innenrandborsten, einer gesägten Terminalborste und 1, 1, 3 Dornen besetzt, während der innere viel kürzere und schmächtigere Ast am ersten Gliede 3, am zweiten 6 Innenrandborsten, sowie zwei sehr zarte Borsten am äusseren Rande trägt. Das vordere, viel kürzere Ruderfusspaar besitzt am äusseren Äste nur 1, 1, 4 Innenrandborsten nebst schwacher ge- sägter Terminalborste und 1, 1, 2 Dornen, am inneren Äste 1, 2,5 Innenrandborsten und eine äussere Randborste. 3. Zur Nomenclatur und Systematik. Dana hat das unbestreitbare Verdienst, in seinem grossen Werke („Ihe Crustacea of the United State Exploring Expedition ete., Philadelphia 1853, Bd. II) die Grundlage zur Kenntniss der marinen Copepoden und des Systemes derselben gegeben zu haben. Dieser Forscher unterschied innerhalb der Familie der Calaniden mehrere Unterfamilien und als eine solche die Pontelliden, deren Charaktere er in dem häufigen Vorkommen eines zweiten unteren Auges und in dem Vorhandensein einer rechtsseitigen geniculirenden Antenne des Männchens bestimmen zu können glaubte. Diese viel zu weit und unbestimmt gehaltene Definition brachte es mit sich, dass Gattungen, wie Diaptomus, Hemicalanus, Candace, ferner Catopia, Acartia (Dias) und Calanopia zu den Pontel- liden gestellt wurden, Gattungen, die des vornehmlichsten Charakters der Pontelliden, des Besitzes eines dorsalen Augenpaaresund eines ven- tralen, kugelig vortretenden Medianauges entbehren. Schon in meiner Copepoden-Monographie (Nr. 8, pag. 202, 203) bewies ich die Unhalt- barkeit von Dana’s Definition, und genügt es an diesem Orte, auf die dort gegebene Begründung zu verweisen. Wenn wir den Bau der Augen als wichtigstes Merkmal der Pontelliden betrachten, so bleibt von Dana’s Gattungen lediglich Pontella (von der noch immer nicht genügend bekannten Calanopia elliptica abgesehen) als zur Unterfamilie der Pontelliden gehörig zurück. Ich legte damals und — wie durch die spätere Abhandlung über das Medianauge bewiesen wurde — mit Recht auf die Besonderheiten des Augenbaues den grössten Werth und stellte auf Grund desselben die Pontelliden den Calaniden als Familie gegenüber, als deren vornehmlicher Cha- (259) 23 C. Claus: rakter das Vorhandensein eines paarigen Auges und eines gewisser- massen gestielten und in Gestalt einer Kugel unterhalb des Schnabels vorspringenden Medianauges betrachtet wurde (Nr. 9, pag. 93). Die Dana’sche Gattung Pontella fiel mit der M. Edwards’schen Pontia zusammen, deren Namen, weil schon früher für eine Lepidop- terengattung vergeben, entfallen musste, und entsprach, von der Dana unbekannt gebliebenen, schon 1837 aufgestellten Anomalo- cera Templeton’s abgesehen, unter der angedeuteten Restrietion im Wesentlichen der von mir aufgestellten Familie. Während aber M. Edwards nur wenige Arten von Pontia unterscheiden konnte, war Dana mit einem ausserordentlich reichen Formenmaterial bekannt geworden und ordnete in seinem grossen Reisewerke die zahlreichen Arten dieser Gattung nach dem Vorhandensein oder Fehlen zweier Kopfhaken in zwei Reihen, denen er irr- thümlich den Werth von Untergattungen mit den Be- zeichnungen als Pontella und Pontellina beilegte. Dieser gänzlich irrelevante Unterschied konnte aber unmöglich natürliche systematische Kategorien begründen, da, wie ich zeigte, nächst- verwandte Arten, die ın allen wesentlichen Charakteren überein- stimmen und zu derselben engeren Kategorie gehören, die einen Haken besitzen (P.helgolandica= Wollastoni), die anderen (P.setosa) desselben entbehren. Damit war bewiesen, dass jene zwei Kategorien nicht einmal als Untergattungen, geschweige denn als Gattungen zu unterscheiden sind und dass, wenn neue systematische Kategorien aufgestellt werden, wohl auf die Gattungsbezeichnung Pontella, nichtaber auf die Namen der vermeintlichen Untergattungen Rücksicht zu nehmen war. Bereits J.Lubbock!) hat dementsprechend verfahren, als er im Jahre 1853 der Dana’schen Gattung Pontella gegenüber zwei Gattungen als Labidocera und Monops aufstellen zu können glaubte. Indessen auch Lubbock’s Versuch, die Pontelliden in Gattungen zu trennen, scheiterte an einseitigen und überdies auf unrichtige Befunde ge- stützten Unterscheidungen und daher unhaltbaren Diagnosen. Für Labidocera sollte neben Merkmalen, welche für fast alle Calanıden giltig sind, der Mangel ein Augenkugeler unteren und die Bewaff- !) Vergl. J. Lubbock, Description of a new genus of Calanidae. Ann. and Mag. nat. hist. Tom. XI, 1853, pag. 252, Taf. I, Fig. 1—11. Die Diagnose von Labidocera lautet: Rostrum furcatum, antenna antica maris dextra geniculans, tumida, articulo quarto et quinto magna serrata lamella instructis. Oculisuperiores duo, magni distantes. Oculi inferiores nulli. Cephalothorax 7 articulatus. Maxillipedes externi grandes setis longis setulosis. Pes posticus maris dexter crassus prehensilis. (260) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 29 nung der beiden genieulirenden Glieder der Greifantennen mit je einer gesägten Lamelle charakteristisch sein. Wenn ich bereits in meiner Copepoden-Monographie das auf den Mangel des unteren Auges bezügliche Unterscheidungsmerkmal als unrichtig in Zweifel zog und dem Vorhandensein einer bezahnten Lamelle am viert- letzten und fünftletzten Gliede der Greifantenne den Werth eines Gattungsmerkmales absprach, so haben die inzwischen gewonnenen Erfahrungen das Zutreffende meines Urtheils vollauf erhärtet. In- dessen Lubbock selbst hatte bereits in dem zweiten Theile seiner eigenen im Jahre 1853 veröffentlichten Schrift?) den Werth des letzteren Charakters als generischen aufgegeben und auf den einer Untergattung herabgedrückt, nachdem er zwei wegen des vermeint- lichen Mangels der unteren Augenkugel ebenfalls zu Labidocera gestellte Pontelliden kennen gelernt hatte, von denen die eine noch mit einer dritten, die zweite mit einer dritten und vierten gezahnten Lamelle an den geniculirenden Gliedern der Greifantenne behaftet war. Er erkannte jetzt das Vorhandensein zweier Zahnlamellen nicht mehr als Gattungscharakter an, sondern beschränkte den Werth desselben ebenso wie des Besitzes von drei und von vier Zalınlamellen auf den eines Unterscheidungsmerkmales von Untergattungen, als welche er innerhalb seiner nunmehr lediglich durch den Mangel eines unteren Auges charakterisirten, also überhaupt mit diesem Charakter nicht aufrecht zu erhaltenden Gattung Labidocera die Unter- gattungen Labidocera (Darwinii) mitzwei, Iva (magna)mit drei, Ivella(patagoniensis) mit vier gezahnten Lamellen an den geniceulirenden Gliedern der Greifantennen unterschied. Aber noch mehr! In einer nachfolgenden Schrift?) beschrieb derselbe Autor seine mit Dana’s Pontella acutifrons identische P. Bairdii und stellte dieselbe trotz der mit Labidocera Darwinii überein- stimmenden Bewaffnung der Greifantennen wegen des Besitzes eines unteren Auges zu Dana’s Pontella. Lubbock hatte also das für die Untergattung Labidocera charakteristische Merkmal auch bei einer Pontellaart wieder gefunden und konnte dasselbe einige Zeit bald auch an einer zweiten Art derselben Gattung, die er als P. Wollastoni?) beschrieb, constatiren. Und wie bezüglich des 1) J. Lubbock, On two new Subgenera of Calanidae. Ebenda, pag. 202 bis 209, Taf. X. ?) J. Lubbock, On two new species of Calanidae etc. Ann. and Mag. of nat. hist. Tom. XII, 1853, pag. 115, Taf. V, pag. 159, Taf. VII. ®) J.Lubock, Onnew species of Entomostraca. Ebenda, Tom. XX, 1857, pag. 406, Taf. XI, Fig. 9-11 und 18. (261) 30 C. Claus: zur Begründung seiner Gattung Monops verwertheten irrthüm- lichen Charakters, des Mangels von oberen Augen, bezweifelte Lubbock nunmehr selbst auch das Vorhandensein des für die Gattung Labidocera verwertheten Charakters und zog damit selbst die Gattung als unberechtigt in Zweifel mit den Worten: „It may be doubted, however, whether these are really of generic value; for instance, Monops grandis and Patersonii, both of which i have very carefully examined, have been placed in different genera, because the former has no superior eyes, and the latter has four; in all other respect however, at least as far as regards their external anatomy they agree very closely. The same may be said of Labidocera Darwinii and P. Bairdii.“ In der That sind die drei von Lubbock beschriebenen als L. Darwinii, P. Bairdii und P. Wollastoni Formen nahe verwandte Arten derselben Gattung, welche Dana’s Pontella entspricht, und der Zweifel Lubbock’s an dem Gegensatze seiner Labidocera und Dana’s Pontella hat sich als begründet erwiesen. Es existirt keine Gattung Labidocera im Sinne Lubbock’, und ich war vollkommen im Recht, wenn ich auf Grund dieses Sachverhaltes die Meinung aussprach, „dass wir so- wohl Labidocera als Monops solange als Gattungen unberück- sichtigt lassen müssen, bis wir durch erneute detaillirte Unter- suchungen der Augen, Gliedmassen und Mundtheile über ihr Ver- hältniss aufgeklärt sind“. So lagen die Dinge, als mir die Aufgabe oblag, auf Grund eines spärlichen Untersuchungsmaterials von nur wenigen Pontelliden- arten neben der bereits dem Augenbau nach sicher charakterisirten Gattung Anomalocera Templ. (Irenaeus Goods.) innerhalb der Dana’schen Gruppe Pontella die natürlichen Gattungen zu finden. Im Anschluss an jene Gattung, für welche J. Lubbock den Be- sitz von vier Dorsallinsen und einer ventralen Augenkugel fest- gestellt hatte, verwerthete ich in erster Linie die Gestaltung der Augen, insbesondere die Zahl und Lage der Linsen, sodann die relative Grösse des Nebenastes der hinteren Antenne, die Gliede- rung des hinteren Maxillarfusses, sowie des Innenastes des ersten Ruderfusspaares, um die Dana’sche Gattung Pontella in drei Gattungen aufzulösen. Für eine derselben, und zwar die Gattung, in welche ich mehrere von Lubbock als Pontellaarten be- schriebene Formen!) (P. Bairdii, P. setosa) einordnen konnte, !) Als dritte Art beschrieb ich die in Helgoland beobachtete Pontella hel- solandica. Dass ich die Identität derselben mit der von Lubbock bereits be- (262) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 3l bewahrte ich den von Dana anstatt Pontia eingeführten Namen Pontella und verfuhr somit nach dem Grundsatze, welcher auch im $.6 des deutschen Nomenclatur-Entwurfes als Regel ausgesprochen ist, dass bei engerer Fassung der Charaktere des Gattungsbegriffes die Beibehaltung des bisher für den Gattungsbegriff gebrauchten Namens als zulässig anzusehen sei. Für die zweite Gattung wählte ich den von Dana einer vermeintlichen, thatsächlich aber nicht existirenden Untergattung beigelegten, somit freigewordenen NamenPontellina, und zwar, wie ich ausdrücklich hervorhob (l. ce. pag. 210), „um die schon so verwickelte Nomencelatur nicht durch einen neuen nicht nothwendigen Namen zu bereichern“. Eine dritte, als Calanops bezeichnete Gattung wurde durch die geringe Grösse des Ventralauges, den Mangel der Linsen des dorsalen Augenpaares, sowie die kurze kugelige Form des Körpers und die besondere Gestalt der Maxillarfüsse charakterisirt. Dass ich trotz des spärlichen Materials das Richtige getroffen und nach schriebenen P. Wollastoni nicht erkannte, wird Jeder begreifen, der die ganz un- vollständige Darstellung Lubbock'’s vergleicht. Der Cephalothorax wird als sieben- gliederig bezeichnet, obwohl das fünfte mit dem vierten Thoracalsegment verschmolzen ist. Das Abdomen des Männchens soll viergliederig, der Innenast des ersten Ruder- fusspaares dreigliederig sein. Die Beschreibung aller übrigen Merkmale ist so unbe- stimmt und allgemein gehalten, dass sich über die Art nichts aussagen liess, Nur die Abbildung des im Texte gar nicht beschriebenen fünften männlichen Fusspaares würde einen Anhaltspunkt zur Erkennung geben, wenn dasselbe nicht in ganz ähnlicher Gestaltung auch bei LabidoceraDarwinii vorhanden wäre. Ich hätte nach diesem schlechterdings nicht die Identität bestimmen können. Nun hat später G. S. Brady Gelegenheit gehabt, Exemplare der von Lubbock bei Weymouth gefischten und in Weingeist aufbewahrten P. Wollastoni zu vergleichen und hält darnach die Identität mit der von mir beschriebenen P. helgolandica für sicher, gibt aber anstatt der erwarteten (Nr. ], pag. 73, 74, Fig. 1A) auf eine nähere Untersuchung jenes Materiales gestützten Beschreibung nebst Abbildungen lediglich eine freie Um- schreibung meiner Darstellung, sowie eine Copie meiner sämmtlichen Abbildungen. Die Angabe Giesbrecht’s (Nr. 165, pag.447), dass Brady’s Beschreibung und Zeich- nungen Copien von Lubbock und Claus seien, ist unrichtig und mag wohl auf der Voraussetzung beruhen, dass solches zum Beweise der Identität erforderlich gewesen wäre. Brady hat lediglich Copien der Abbildungen von P. helgolandica repro- ducirt und auch in der Beschreibung gar nicht den Versuch gemacht, die spärlichen Angaben Lubbock’s mit jenen in Einklang zu bringen. Er hat sich vielmehr darauf beschränkt, die Uebereinstimmung ohne Beweis schlechthin zu be- haupten. Nachdem ich selbst inzwischen durch I. C. Thompson in Liverpool ge- fischte Pontellen dieser Art erhalten und genau verglichen habe, scheint mir allerdings die Identität der Helgolander Form mit der britischen Wollastoni unzweifelhaft. Nur fragt es sich, welcher Name zur Bezeichnung der Art giltig sein wird? Nach $.4, Bemerkung 40 des deutschen Nomenclatur-Entwurfes (pag. 9) würde die Art als P. helgolandica zu bezeichnen sein, (263) 32 C. Claus: - glücklichen Combinationen unterscheidender Merkmale neben Ano- malocera die natürlichen Gattungen gefunden hatte, dafür spricht am besten das Zeugniss @iesbrecht’s, welcher in der günstigen Lage war, ausser den im Golfe von Neapel vorkommenden Pon- telliden das reiche, auf der mehrjährigen Reise der Corvette „Vittore Pisani* gesammelte und vortrefflich conservirte Pontelliden- material eingehend zu vergleichen. Derselbe äusserte sich (Nr. 16, pag. 464 und 465): „dass mit Ausnahme etwa von Anomalocera vor dem „Jahre 1863 keines der Pontellidengenera mit hin- reichender Schärfe charakterisirt und begrenzt war“ ete. und fährt alsdann fort: „In seiner Monographie stellte nun Claus vier Genera auf: Irenaeus Goodsir (Anomalocera), Pontella, Pontellina und Calanops und grenzte dieselben von einander ab nach der Zahl und Lage der Augenlinsen, der relativen Länge des Neben- astes der hinteren Antennen, der Zahl der Glieder der Maxillipeden und der Segmentirung des Thorax. Dadurch erhielt die Syste- matik der Pontelliden zum erstenmal eine sichere Basis und die Grenzen zwischen diesen vier Genera sind ein- für allemal bezeichnet.* So werthvoll und für die Autorschaft der drei Gattungen Pontella, Pontellina und Calanops be- weisend dieses Zeugniss eines Beobachters ist, welcher sich länger als ein Decennium eingehend mit dem Studium der Copepoden befasst und das umfassende Formengebiet derselben bis in alle Einzelnheiten der Gestaltung auf das Genaueste untersucht hat, ebenso unbegründet, und, weil jene Autorschaft wieder aufhebend, unlogisch, muss die sogleich folgende Bemerkung desselben Autors erscheinen: „Nur vergriff sich Claus in der Wahl der Namen ete.“ Eine solche Behauptung hätte nur dann einen Sinn, wenn die drei von Giesbrecht als Gattungen in Anspruch genommenen Unter- gattungen Dana’ und Lubbock’s, Pontella, Pontellina und Labidocera, den ihnen zugeschriebenen Charakteren nach als haltbare natürliche Kategorien berechtigt gewesen wären, eine Voraussetzung, deren Unrichtigkeit durch die oben gegebene Dar- legung des Sachverhaltes nachgewiesen wurde. Eine durch den Besitz der Kopfbewaffnung charakterisirte Gattung Pontella existirt ebensowenig wie eine durch den Mangel der Kopfbewaff- nung bezeichnete Gattung Pontellina. Und ganz dasselbe ist von Lubbock’s Labidocera auszusagen. Es war daher eine in gleicher Weise unbegründete als geradezu ungereimte Aende- rung Giesbrecht’s, für die von mir in beschränkter Fassung (264) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden, % u aufrecht erhaltene Gattung Pontella die Lubbock'’sche Bezeich- nung Labidocera zu substituiren und die von mir als Pon- tellina bezeichnete Gattung Pontella zu benennen, endlich die Bezeichnung Calanops mit Pontellina zu vertauschen, somit die Autorschaft der von mir begründeten Gattungen Autoren zuzuschreiben, denen die Autorschaft gar nicht zukommt, und an Stelle der von mir mit voller Berechtigung eingeführten Bezeich- nungen Namen zu setzen, welche von jenen Autoren der Zeit nach zwar früher, aber als natürliche Kategorien überhaupt nicht existirenden vermeintlichen Untergattungen beigelegt worden waren. Nicht ich habe mich in der Wahl der Namen vergriffen, die ich . nach Lage des Sachverhaltes im Einklang mit den neuerdings normirten Forderungen des deutschen wie französischen Nomen - elatur-Entwurfes gegeben hatte, sondern Giesbrecht hat eine von irrthümlicher Basis!) aus begründete, unberechtigte und deshalb ungiltige Aenderung einführen wollen, mit welcher sich die seither schon so complieirte Nomenelatur nur noch com- ‘) Nun gehören, sagt Giesbrecht, thatsächlich die Arten von Pontellina Claus zu Pontella s. str. Dana (d.h. doch wohl zu der Rubrik a von Pontella- arten mit Seitenhaken am Kopfe!), „Pontella Claus fällt hingegen mit ihren drei Arten ganz unter Dana’s Subgenus Pontellina“* (d.h. zu der Rubrik 5 von Pontella- arten ohne Seitenhaken am Kopfe!), „eine Verwirrung, die sich daraus erklärt, dass zufällig die einzige von Claus selbst untersuchte Species seines Genus Pontella (helgolandica = Wollastoni Lubbock) Seitenhaken am Kopfe hat, d. h. gerade das Merkmal, welches Dana als wesentlich für sein Genus Pontella“ (soll doch wohl anstatt Genus Pontella heissen: für die irrthümlich als Untergattung in An- spruch genommene Rubrik @ von Pontellaarten!) „hingestellt hatte, während es im Genus Pontella nur bei wenigen Arten vorkommt“. Ich bemerke hierzu, dass ich auf den Besitz oder Mangel der Seitenhaken überhaupt keinen Werth legte und denke, wenn in der von mir als natürliche Gattung „ein- für allemal festgestellten“ Kategorie, mag diese nun benannt sein wie sie wolle, eine Art mit Seitenhaken und zwei Arten ohne solche als nächste Verwandte enthalten sind, damit eben erwiesen war, dass dieses Merkmal als generisches nicht in Betracht gezogen werden kann, und dass da- mit der Irrthum aufgedeckt gewesen wäre, den Dana begangen haben würde, wenn er dieses Merkmal „als wesentlich für sein Genus „Pontella“ hingestellt hätte“. Indessen hat Dana dasselbe gar nicht als Charakter, geschweige denn als wesentlichen Charakter für sein Genus Pontella hervorgehoben, sondern als Unterscheidungsmerkmal einer Reihe von Pontellaarten, die er, wie ich zeigte, irr- thümlich wegen dieses Merkmals als natürliche Abtheilung vom Werthe einer Untergattung betrachtete, welche thatsächlich nur eine Rubrik von Pontella- arten bezeichnet. Ausser P. helgolandica —= Wollastoni werden von Gies- breeht noch P.Kroyeri und P. minuta als mit Seitenhaken versehen aufgeführt, Arten, die also sämmtlich zu Dana’s Untergattung Pontella gehören würden, wenn der Besitz dieser Haken als Differentialcharakter natürlicher Kategorien Geltung hätte und nicht zu den Unterscheidungsmerkmalen von Species verschiedener Gattungen gehörte. Clans, Arbeiten aus dem Zoologischen Institnte ete. Tom. X, Heft 3. 19 (265) 34 C. Claus: plieirter und verworrener gestalten würde. Wenn Giesbrecht also von einer Verwirrung redet, die durch die Vertauschung der Benennungen Pontella und Pontellina entstanden, so hat er selbst durch seine unberechtigte Umkehrung dieselbe zu Stande gebracht. Von einer durch die Verwerthung der Seitenhaken entstandenen Verwirrung kann also gar nicht die Rede sein, wohl aber von einer Verwirrung, welche dadurch veranlasst wurde, dass Giesbrecht für meine Gattungsnamen neue wählte und dieselben theilweise umkehrte, wie denn auch in Folge dieser unberechtigten Aenderung Canu alsbald bestimmt wurde, die ganz richtig meiner Gattung Pontella subsumirten L.Darwinii, P.Wollastoni, P.laevidentata und P.Kroyerinun- mehr als Arten von Lubbock’s (als Gattung gar nicht bestehenden) Labidocera zu betrachten und umgekehrt, die zuPontellina Claus gehörigen Arten P. magna, patagoniensis, elephas, securifer als zu Pontella gehörig (im Sinne der durch Seitenhaken charakterisirten Rubrik 5 Dana’s) aufzufassen. Eine solche Verwirrung wird durch die einseitig übertriebene, missverstandene Anwendung des neuen Nomenclatur-Entwurfes hervorgerufen, und ich kann hierin nur eine Bestätigung dessen finden, worauf ich bereits mehrfach hingewiesen habe, dass zur Anerkennung der Autor- schaft einer Art oder Gattung „als unerlässliche Bedingung die Sicherheit des Wieder- erkennens auf Grund ausreichender Anhaltspunkte der gegebenen Be- schreibung gefordert werden muss“. Auch kann der $. 4 des Entwurfes der deutschen zoologischen Gesellschaft: „Ein wissenschaftlicher Name ist nur dann zulässig, wenn er in Begleitung einer nicht misszudeutenden Kennzeichnung etc. veröffentlicht wurde“, keinen anderen Sinn haben, wie denn auch der $. 7 der vom I. internationalen zoologischen Congresse in Paris angenommenen Regeln der Nomenclatur bestimmt: „Le nom attribue a chaque genre et a chaque espece ne peut &tre que celui sous le quel ils ont &t@ le plus anciennement desigenes a la condition que ce nom etc. aura ete clairement et suffisamment defini.“ Die Kritik, welche Giesbrecht an meiner gewiss richtigen Auffassung dieser Bestimmung übt (Giesbrecht Nr. 162, pag. 567), ist nur ein Beweis für die Nothwendigkeit dieses Grundsatzes, ohne welchen die Interpretationskunst üppige, die Verwicklung der Nomenclatur steigernde und ver- wirrende Früchte tragen muss. Die Qualität der Untersuchung und Beschreibung ist die erste und vor- nehmlichste Anforderung zur Prioritätsbegründung, nicht aber die KRücksicht- nahnıe „auf andere Angaben, z.B. über Fundorte, Häufigkeit etc. und auf mancherlei Nebenumstände, wie die subjectiven Eigenthümlichkeiten des Autors, seine technischen Hilfsmittel, die Beschaffenheit des Materiales und andere Dinge“ und alles Aehnliche, wofür Giesbrecht plaidirt. Will man sich im Sinne des genannten Autors durch die letztere bestimmen lassen, so wird eben der subjectiven Meinung und Deutung Thür und Thor geöffnet, die conjecturale Deutung tritt in den Vordergrund und das, was man vermeiden wollte, wird nur gefördert, eine sich immer weiter steigernde Complication und Verwirrung der Synonymie wird zur unausbleiblichen Folge. Gerade die Rücksichtnahme auf solche Nebenumstände soll und muss vermieden werden, und dies ist auch offenbar die Absicht der neuen Nomenclatur-Entwürfe, wie ja die Bestimmung 40 unter den Bemerkungen des deutschen Entwurfes lautet: „Ein Artname, welcher nicht nach der ihn begleitenden Beschreibung oder Kennzeichnung allein mit Sicherheit auf eine bestimmte Art bezogen werden kann, ist nach 8.4 (266) — Or Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. Systematische Uebersicht der Gattungen und Arten. Im Gegensatze zu Dana stellte ich die Pontelliden in viel enger begrenzter, vornehmlich auf die Gestaltung der Augen beschränkter Fassung als Familie neben die Calaniden. Wenn spätere Autoren, wie A. Boeck und G. S. Brady, wiederum der Auffassung Dana’s zustimmten, so haben dieselben nicht nur das Unzulängliche seiner Definition übersehen, sondern Argumente gegen meine Auffassung verwerthet, welche für den mit den Prin- eipien der Descendenzlehre und der auf dieselbe gestützten Syste- matik vertrauten Forscher keiner Zurückweisung bedürfen. Ueber- gänge existiren ebensogut zwischen Unterfamilien als Familien. Wenn Brady darauf hinweist, dass ich ja selbst für die Calaniden- gattung Centropages (Ichthyophorba) einen Uebergang im Augenbaue anerkannt und in der Gestaltung der Antennen und Maxillarfüsse die nahe Verwandtschaft der Pontellidengattungen mit Centropages, Acartia (Dias) und Temora betont habe, so wurde hiermit nicht das Geringste gegen meine Auffassung, welche die Calanıden und Pontelliden sondert, bewiesen. Ueberdies sifd die Begriffe von Unterfamilie und Familie wie der nächst- stehenden Abstufungen der systematischen Kategorien überhaupt nicht in scharfem Gegensatze zu definiren und wir sehen unzählige Male, wie mit dem Fortschritt der Erfahrungen und der Zunahme des bekannt gewordenen Formenmateriales Gattungen zu Familien erhoben wurden. Es kommt aber in erster Linie — ganz abgesehen von dem Reichthum des zu ordnenden Formenmateriales — auf die zur Begriffsbestimmung zu verwerthenden Charaktere an, als deren vornehmlichsten ich neben dem kugelig vortretenden Medianauge das Vorhandensein eines dorsalen Augenpaares, sodann die Gestaltung ungiltig , selbst wenn noch vorhandene Originalexemplare zu einer nachträglichen ge- nügenden Beschreibung verwendet werden könnten.“ Solche Bestimmungen widerlegen die von Giesbrecht beliebte Auslegung unzweideutig und es wäre auch schlimm um den Entwurf bestellt, wenn die in demselben vorgeschlagenen Regeln eine solche Missdeutung gestatteten. Ich gehe hier nicht näher auf die zahlreichen anderen in gleicher Weise un- berechtigten Aenderungen von Gattungs- und Speciesnamen im Giesbrecht’schen Copepoden-Werke ein, hoffe aber demnächst auf dieselben zurückzukommen, um auf eine Reihe ähnlicher Fälle, als Beispiele der pseudoconservativen Methode der Namen- Veränderung, die Aufmerksamkeit richten zu können. Es genügt, an diesem Orte das Unstatthafte der Aufnahme ungenügend charakterisirter Species älterer Autoren an den 3 Kroyer'schen Pontelliden zu beleuchten, deren Originalexemplare ich unter- suchen konnte. Dieselben entsprechen ganz anderen Arten, ja sogar einer anderen Gattung, als diejenigen, auf welche sie von Giesbrecht zürückgeführt wurden. 19* (269) 36 C. Claus: der Greifantennen und Maxillarfüsse verwerthete (Nr. 8, pag. 93, 166). Für die Berechtigung, den Augenbau zur Begründung einer syste- matischen Kategorie vom Werthe einer Familie zu verwenden, habe ich jedoch erst in der jüngsten Zeit durch die genauere Kenntniss vom Baue des Medianauges der Crustaceen den Beweis erbracht; denn während bislang der Möglichkeit Rechnung getragen werden musste, dass die dorsalen Augen der Pontelliden den beiden auseinander gerückten seitlichen Theilen des dreitheiligen Medianauges entsprächen und die ventrale Augenkugel lediglich der ventrale Augenbecher des letzteren sei, wurde jetzt erst nachgewiesen, dass die letztere den dreitheiligen Bau des Medianauges besitzt und für sich alleın dieses repräsentirt, und dass die beiden dorsalen Augen Ueber- reste eines zusammengesetzten dorsalen Augenpaares sind, welches sich wie bei den Phyllopoden so auch in einzelnen Familien der Ostracoden und im Larvenleben der Cirripedien erhalten hat. Der erst in der jüngsten Zeit (Nr. 11) näher bekannt gewordene Augenbau würde für sich allein ausreichen, der Pontellidengruppe den Werth einer Familie zu sichern. Auch Giesbrecht (Nr. 165, pag. 68) hat die Pontellid’en als Familie unterschieden, indessen dem Augenbau keine besondere Beachtung geschenkt und die Begrenzung der Gruppe in einem ganz anderen Sinne und in einem viel zu weiten Umfange be- stimmt. Unter den Charakteren, durch welche nach Giesbrecht die Pontellinen begrenzt werden, spielt das Auge überhaupt keine Rolle und findet nur insoweit Berücksichtigung, als dasselbe im Allgemeinen als gross und zuweilen mit paarigen oder einer un- paaren Cuticularlinse versehen bezeichnet wird. Dagegen treten Besonderheiten anderer Körpertheile, vor Allem die unteren Kiefer- füsse, in den Vordergrund, um innerhalb der „heterarthranden Calaniden“ zur Charakterisirung verwerthet zu werden. In dieser Determinirung werden die Pontelliden den Familien der Centro- pagiden und Candaciden gegenübergestellt, und innerhalb jener die Unterfamilien der Pontellinen und Parapontel- linen unterschieden. Die ersteren entsprechen ihrer Begrenzung nach genau meiner Familie der Pontelliden, die letzteren, für deren Augen lediglich der Mangel dorsaler Linsen hervorgehoben wird, enthalten die Gattungen der Acartiagruppe: Acartia (Dias), Corynura und Parapontella. Ob mit dieser Veränderung die natürlichen Verwandtschafts- beziehungen zu richtigerem Ausdruck gelangt sind, mögen urtheils- berechtigte Forscher entscheiden. Nach meinem Dafürhalten stehen (268) ii Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 7 die Pontelliden nach dem Baue der Antennen, Mundesgliedmassen und vorderen Kieferfüsse in viel näherer Beziehung zu CGentro- pages und dessen Verwandten, wie ja auch Giesbrecht selbst die Uebereinstimmung in der Gestaltung der Mandibeln und vorderen Kieferfüsse mit den Centropagiden unter den Charakteren aus- drücklich hervorhebt. Gewiss steht Acartia (Dias) den Pon- telliden nicht näher als Centropages, und wenn es berechtigt sein sollte, Centropages nun gar in so bunter Gesellschaft mit Temora, Leuckartia, Heterochaeta zu einer Familie zu vereinen und für die Gattung Candace eine besondere Familie aufzustellen, so dürfte auch die Acartiagruppe neben den Uen- tropagiden und Candaciden verdienen, zum Range einer Familie erhoben zu werden, jedenfalls aber die Familie der Pontel- liden in dem von mir gefassten, vornehmlich durch den Augenbau begrenzten Sinne ihre Berechtigung haben. Ueberdies sind gegen- wärtig mehr als 30 zu den Pontelliden gehörige, auf 5 bis 6 Gattungen zu vertheilende Arten ausreichend bekannt geworden, um mit hinlänglicher Sicherheit als solche unterschieden werden zu können und um auf Grund augenfälliger, nach zwei Richtungen divergirender Merkmale die Aufstellung zweier Unterfamilien zu rechtfertigen. Die Charaktere der Pontelliden würden in gedrängter Fassung folgende sein: Körperform in der Regel gedrungen, oft massig, mit stark verjüngtem, im weiblichen Geschlechte auffal- lend verkürztem Abdomen. Kopf vom Thorax gesondert, mit querer Abgrenzung des Vorderkopfes.. Viertes und fünftes Thoracalsegment meist verschmolzen. Abdomen des Männchens fünf- gliederig mit kurzem Endgliede und gestreckten symmetrischen Furcalästen, des Weibchens drei-, zwei-, bis eingliederig, meist un- symmetrisch, oft mit kegelförmigen oder stachelähnlichen Aus- wüchsen, mit verbreiterten Furcalästen und dichtbefiederten, oft fächer- förmig ausgespreizten Furcalborsten. Das dreitheilige Medianauge unterhalb des Ro- strums kugelig vorspringend. Zweidorsale, meistmit Cornealinsen versehene Augen vorhanden. Vordere Antennen 24(Öd)gliederig, oft jedoch durch Verschmelzung bestimmter Glieder der basalen Hälfte auf eine geringere Gliederzahl reducirt. Die rechte des Männchens ist Greif- antenne, meist mit stark angeschwollenem Mittel- (269%) 38 C., Claus: absehnitte (15—16[17] Gliede) und vier!) glatten oder be- zahnten Borstenleisten der geniculirenden Glieder. Neben- ast der hinteren Antenne redueirt, ohne Zwischen- glieder, mit kurzen Terminalgliedern. Mandibel mit kräftig bezahnter Lade und zweiästigem Taster. Maxille mit verkümmerter dritter Lade, langgezogenem niedrigen Epipodial- fächer, kurzen, gedrungenen Innen- und Aussenaste. Vorderer Maxillarfuss sehr umfangreich, mit kräftig bedornten Hakenborsten. Das Basalstück des hinteren Maxil- larfusses umfangreich, mit drei fingerförmigen, je zwei bedornte Borsten tragenden Lappen des Innenrandes, stark verjüngtem ein- fachem Zwischengliede und 3—Ögliederigem Endabschnitte. Innenast der vier Schwimmfusspaare kurz und schmächtig, zweigliederig, des ersten Paares auch dreigliederig. Fünftes Fusspaar des Weibehens symmetrisch mit ganz rudimentärem Innenaste, des Männchens rechtsseitig mit Greifzange, linksseitig mit hakig ge- bogenem Terminalgliede. Unterfamilie Eupontellinae. Medianauge und dorsales Augenpaar von ansehnlicher Grösse, beide mit mächtigen Cuticularlinsen. Nebenast der hinteren Antenne wohl entwickelt, meist beträchtlich kürzer als der Innenast. Die beiden Laden der Maxillen ziemlich gleichmässig vorstehend und mit gleich starken Dornen bewaffnet. Antennen, von der zuweilen auftretenden Verschmelzung des 6. und 7. Gliedes abgesehen, meist vollzählig gegliedert. Greifantennen mit langgestrecktem Mittelabschnitt, dessen 16. Glied nicht mit dem 17. verschmolzen ist. 1. Gattung Pontella Dana (Pontella Dana pr. p., Labidocera Lubk. pr. p., Pontella Lubk. pr. p., Pontella Brady). Ventralauge kugelig vortretend, im männlichen Geschlechte stärker entwickelt. Eine Cornealinse des Rostrums fehlt. Dorsal- augen genähert, beim Männchen median fast zusammenstossend, von bedeutenderer Grösse mit je einer Linse. !) Die eine oder andere dieser vier Borstenleisten kann rückgebildet oder durch eine Borste vertreten sein. Auch Giesbrecht hat die vier Borstenleisten beob- achtet und als Reibleisten oder Leisten mit Reibungskämmen bezeichnet, die distale aber irrthümlich auf das 20 Antennenglied bezogen, Für die blassen Kolben oder Spürschläuche, welche als „Aesthetasken“ bezeichnet werden, hat Giesbrecht Zahl und Stellung vollkommen richtig bestimmt. (279) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 39 Vordere Antenne 24-, 23- oder 22gliederig. Greifantennen langgestreckt, am Mittelabschnitt verhältnissmässig nur wenig auf- getrieben, mit einfacher verlängerter Borste am 14. Gliede und je einer Borstenleiste am 17., 18. und 19. Gliede, mit beweglich ge- sonderten Gliedern der Terminalgeissel. Nebenast der hinteren Antenne von ansehnlicher Grösse, dem Hauptast nur wenig an Länge nachstehend. Endabschnitt des hinteren Kieferfusses dreigliederig. Innenast der 4 Ruderfusspaare zweigliederig. Greiffuss der rechten Seite mit kräftiger Zange, der linken Seite mit zweigliederigem Aussenaste. Abdomen des Weibcehens zwei- oder dreigliederig. 1. Unterg. Labidocera Lukk. (Pontella pr. p. Lubk.). Greifantenne mit kurzer hakenförmiger, nach vorn gekrümmter Borstenleiste (2) des 17. und langen gezahnten, in einen ansehnlichen Zangenfortsatz ausgezogenen Borstenleisten (%, y), des 18. und 19. Gliedes, das proximale Glied der Terminalgeissel in einen langen Dorn ausgezogen. Der linksseitige Fuss des fünften Paares im männ- lichen Geschlechte mit rudimentärem Innenast (Geissel oder Fortsatz). Pontella Darwinii Lubk. (Labidocera Lubbockii Griesbrecht). Pontella acutifrons Dana!) (PontellaBairdii Lubk.). Pontella brunescens (z. Pontella Wollastoni Lubk., mit Kopfstachel (Pontella Wollastoni Lubk. = Pontella helgolandica (]s.). Pontella Kroyeri Brady, mit Kopfstachel (Pontella Kroyeri Brady). 2. Unterg. Eupontella (ls. Greifantenne mit warzenförmiger oder als Borste gestalteter Borstenleiste (z) des 17. Gliedes. Die Borstenleiste des 13. Gliedes (ß) bildet nur einen ganz kurzen proximalen Zangenfortsatz, ebenso ') Giesbrecht führt unter dnSynonymen mit Dana’s acutifrons auch Pontia Edwardsii Kroyeran. Wäre Kroyer’s Arbeit ein Jahr früher publieirt, so würde die Art als Edwardsii bezeichnet worden sein und Kroyer als Autor der Art gelten. Die Untersuchung von Kroyer’s Originalexemplaren hat mir nun aber ergeben, dass sich dieselben nicht einmal auf Giesbrecht’s Labidocera beziehen, sondern zur Gattung Monops gehören, mit P.acutifrons also nichts zu thun haben. Kann es einen schlagenderen Beleg für die Richtigkeit des von mir ver- tretenen Principes in der Nomenclatur geben, nach welchem die Charakterisirung der Art über jeden Zweifel sichergestellt sein muss, wenn dem Autor derselben die Priorität zugeschrieben und dessen Bezeichnung bestehen soll! Was für Irrungen mögen nach den Kroyer's Originalexemplaren entlehnten Pröbchen noch in der Synonymik des Gies- brecht’schenWerkes enthalten sein. | (271) 40 C. Claus: die des 19. Gliedes (y) einen nur kurzen distalen Ausläufer, welcher nicht bis zum Ende des oberen geniculirenden Stückes reicht. Pro- ximalglied der Terminalleiste mit dornförmigem Ausläufer. Der linksseitige Fuss des 5. Paares im männlichen Geschlechte ohne Rudiment eines Innenastes. Pontella acuta Dana (Pontella acuta Dana, Brady Labidocera acutum Giesbhr.). Pontella minuta!) Giesbr., mit Kopfstachel (Labido- cera minutum Giesbr.). Pontella laevidentata Brady. Mit Kopfstachel (La- bidocera laevidentatum Giesbr.). 3. Unterg. Hemipontella Cls. Greifantenne mit wenig erweitertem Mittelabschnitt, ‚lang- gestreckter, den Innenrand des 17. Gliedes begleitender Borsten- leiste (x) und schwach bezahnten Borstenleisten (6, y) des 18. und 19. Gliedes, von denen jene (£) des Zangenfortsatzes entbehrt, diese (y) distalwärts einen geraden Ausläufer bildet. Das 22. @lied ohne distalen Dornausläufer. Rechtsseitiger Greiffuss mit langgezogener Zange, links- seitiger Fuss ohne Rest eines Innenastes. Pontella setosa Lubk.?2) (Pontella setosa Lubkk. Hemipontella rotundifrons Üls.). Pontella detruncata Dana (Pontella detruncata Dana). ?) 2. Gattung. Pontellina Uls. (Pontella Dana pr.p. Labido- cer&a Lubk. pr.p., Iva Lubk. pr. p., Ivella Lukk. pr. p., Pon- tella Brady pr. p., Pontella Giesbr.). !) Für die von Giesbrecht als Labidocera euchaeta, pavo und. Orsinii unterschiedenen Formen sind die Männchen nicht bekannt geworden, und die Bestimmung wie Einordnung nach den Beschreibungen des Autors nicht ausführbar. Von Dana wurden eine Reihe von Cyclopidstadien irrthümlich als Arten beschrieben. Von diesen gehören P. frivola (mit Seitenhaken des Kopfes) wahrscheinlich, P. agilis und crispata sicher zu Pontella. Dieselben sind sämmtlich junge Männchen im 5. Cyclopidstadium. P. media und exigua sind der Gliederung nach Jugendformen im 3., P. simplex im 2. Cyclopidstadium und gehören ebenfalls zu Pontella (Nr.12, pag. 7 und 8). °)Kroyer's PontiaNerii kann nicht mit Sicherheit mitP. setosa identifieirt und daher auch die Art nicht als Nerii Kroyer bezeichnet werden. Leider sind die Öriginalexemplare nicht mehr vorhanden. Die Beschreibung ist zur Erkennung der Art nicht ausreichend und da die ganz ungenügenden Abbildungen des 5. Fusses von Ö und Q Fig. 13 gar nicht zutreffen, nicht entscheidend. ®) Giesbrecht hat mit dieser Art Kroyer's Pontia brachyura als (fraglich) identisch bezeichnet, dieselbe fällt aber mit P. securifer Brady zusammen, wie ich aus dem Vergleiche von Kroyer's Originalexemplaren constatiren konnte. (272) lie ui a Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 41 Ventralauge von bedeutender Grösse, vordere Uuticularlinse kugelig vortretend. Rostrale Doppellinse vorhanden. Die beiden Dorsalaugen in ansehnlichem Abstand, lateralwärts gerückt, mit je einer Linse. Antenne vollzählig gegliedert, relativ kurz und gedrungen. Greifantenne meist mit stark erweitertem Mittelabschnitt, mit Fang- borste am 14. Gliede und mit 4 oder 3 verschieden gestalteten Borsten- leisten am genieulirenden Abschnitte. Glieder der Terminalgeissel fast stets verschmolzen. Nebenast der hinteren Antenne von ansehnlicher Stärke, fast so dick als der beträchtlich längere Hauptast derselben. Endabschnitt des unteren Maxillarfusses 5gliederig. Innenast des vorderen Ruderfusspaares 3gliederig, der nachfolgenden Paare 2gliederig. Abdomen des Weibchens symmetrisch oder doch nur wenig asymmetrisch, 2- oder 3gliederig. 1. Unterg. Eupontellina Üls. Greifantenne mit 4 Borstenleisten, von denen nur die des 18. Gliedes bezahnt und ansehnlich entwickelt ist: die des 17. (x) und des 18. Gliedes (y, 8) bleiben rudimentär. Pontellina fera Dana (Pontella fera Dana Giesbr.). Pontellina tenuiremis Giesbr. (Pontella tenuiremis Griesbr.). 2. Unterg. Iva Lubb. (Pontella Dana pr. p., Pontella Giesbhr.). Greifantenne mit 4 wohl entwickelten bezahnten oder theilweise glatten Borstenleisten, von denen die des kurzen 17. Gliedes in einen proximalen Zangenfortsatz ausläuft. Pontellina magna!) Lubk. (Labidocera magna Lubk., Pontellina gigantea Uls, Pontella magna Brady. Pon- tella atlantieca Giesbr.). Pontellina princeps Dana (Pontella princeps Dana, Griesbr.). Pontellina Lobiancoi Camu (Pontella Lobiancoi Giesbr. Canu). Pontellina mediterranea Üls (Pontella mediter- ranea Thomps. Giesbr.). Pontellina elegans Üls. !) Nach Giesbrecht ist die bisher nur im weiblichen Geschlechte bekannt gewordene Pontellina spinipes Giesbr. (Pontella spinipes Giesbr.) nahe verwandt. In diesem Falle würde dieselbe auch nach der Gestaltung der Greifantenne zu Iva zu beziehen sein. (273) 42 C. Claus: 3. Unterg. Ivella Lubk. Greifantenne mit nur drei kurzen, stark prominirenden, kräftig bezahnten Borstenleisten an dem kurzen 17. Gliede und den sehr langgestreckten 18. und 19. Gliedern. Fünfter Fuss des Weibchens ohne Innenast. Pontellina patagoniensis') Lubk. (Ivella pata- goniensis Lubk., Labidocera patagoniensis Lubk.). 4. Unterg. Ivellina Cls. (Pontella Brady, Giesbr.). (rreifantenne mit drei bezahnten Leisten, von denen die beil- förmige Borstenleiste des 18. Gliedes (8) in einen proximalen, die obere des 19. Gliedes (8) in einen distalen Zangenfortsatz ausläuft. Die Borstenleiste (x) des 17. Gliedes fehlt. Pontellina securifer Brady (Pontia brachyura Kr., Pontella seceurifer Brady, Giesbr.). Pontellina Chierchiae Giesbr. (Pontella Chierchiae Giesbr.). Pontellina Danae Giesbr. (Pontella Danae Giesbr.). 5. Unterg. Ivellopsis Cls. (Pontella Brady, Giesbr.). Die 5 Endglieder der Greifantenne nicht verschmolzen. Oberes Stück des genieulirenden Abschnittes kurz, mit zwei kurzen hakigen Borstenleisten. Borstenleiste des 18. Gliedes langgestreckt, bezahnt, des 17. Gliedes kurz, hakig vorstehend. Je eine der Borsten des 16. und 15. Gliedes fingerförmig aufgetrieben. Pontellina elephas Brady (Pontella elephas Brady, Griesbr..). Die Aufstellung einer besonderen Untergattung für P.elephas Brady scheint mir unumgänglich, für eine Form, deren Kenntniss, soweit sie aufdie von ihrem Autor vorgelegte Beschreibung gegründet ist, keinen vollständigen Einblick in die Besonderheiten gestattet. Ich selbst war in der Lage, durch Untersuchung eines mässig gut conservirten weiblichen Thieres und mehrerer leider zu stark auf- gehellter mikroskopischer Präparate männlicher Thiere, an welchen lediglich das Chitingerüst zu verfolgen war, die Beschreibung !) Giesbrecht zählt Ivella patagoniensis Lubk. zu den unbestimm- baren Species, gewiss mit Unrecht, da die Eigenthümlichkeiten der Greifantenne zumal bei der ausführlich en Beschreibung sofort zur Wiedererkennung führen werden. Die von Dana als P. detonsa und argentea beschriebenen Formen sind als jugendliche Weibchen im 5. Cycelopidstadium, beziehungsweise Männchen im 4. Oyclopidstadium (P. detonsa, Fig. 12) auf Pontellina zu beziehen, Brady’s Pontella inermis ist ein junges Ponteklina-Männchen im 5. Cyelopid- stadium. (Nr. 12, pag. 7.) (274) - Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 43 Brady’s in einigen Punkten zu ergänzen, ohne jedoch zu einem vollkommenen Verständniss aller Eigenthümlichkeiten zu gelangen. Giesbrechthat P.elephas zu Pontellina Üls., welche er in die Bezeichnung Pontella im Sinne der vermeintlichen Unter- gattung Dana’s umänderte, gestellt, und zwar wegen der Kürze der vorderen Antennen und der Gliederzahl des Endabschnittes der hinteren Maxillarfüsse, jedoch die Bemerkung hinzugefügt (Nr. 16, pag. 466): „Dagegen spricht allerdings die Viergliedrigkeit des Endabschnittes der rechten Antenne des Männchens, aber das mag ein Fehler der Zeichnung sein.“ Nun ergibt die Untersuchung, dass in der Zeichnung Form und Zahl der Glieder am apicalen Theile der Greifantenne ganz richtig dargestellt worden sind, und dass der Fehler auf der Deutung Giesbrecht’s beruht. Der End- abschnitt der Greifantenne, die Terminalgeissel nach meiner Be- zeichnungsweise, ist wie bei allen Pontelliden dreigliederig, und das von Giesbrecht auf denselben bezogene viertletzte Glied ent- spricht dem aus dem 19.—21. Gliede hervorgegangenen Abschnitt oberhalb der Genieulation, dessen Besonderheit auf seiner auffallenden Kürze beruht. Dieser Abschnitt (Nr. 2, Taf. XXXVIIL Fig. 9) ist kaum so lang als das drittletzte Glied der Terminalgeissel und kommt etwa einem Dritttheil der Länge des vorausgehenden 18. Gliedes gleich, dessen langgestreckte Borstenleiste (%) in ihrem apicalen Theile als mit Zahnkerben bewaffneter Fortsatz vorsteht. Eine Ab- weichung von allen mir bekannt gewordenen Arten der Gattung Pontellina beruht auf der unterbliebenen Concrescenz der drei Endglieder, welche, wie bei den Pontella-Arten, getrennt erhalten sind. Von den vier Borstenleisten ist ausschliesslich die langgestreckte des 18. Gliedes mit Zahnkerben bewaffnet, die drei anderen (x, y, 9) erscheinen am Grunde bauchig aufgetrieben und nach dem Ende spitz zulaufend, sehr schwach hakenförmig gebogen, die des 17. Gliedes mit einer feinen Härchengruppe besetzt, auch am 16. und 15. Grliede ist je eine der beiden Borsten als bauchig aufgetriebener, finger- förmiger Schlauch umgestaltet, wodurch die Greifantenne ein höchst charakteristisches, von allen anderen Pontelliden abweichendes Aussehen erhält. Die untere Hälfte des Antennenstiels erscheint verhältnissmässig dick, Glied 2 bis 8 verschmolzen. Zwischen dem 9. und 10. Glied liegt die zur Drehung des Mittelabschnittes in Be- ziehung stehende Einschnürung. Die Antenne des Weibchens ist nicht 23gliederig, wie Brady angibt, sondern nur 22gliederig, indem das 2. bis 4. Glied zu einem Abschnitt verschmolzen sind. An den Maxillen fällt die geringe Grösse der zweiten Lade auf, welche die (275) AA GC, Claus: kleine dritte Lade nur wenig an Umfang übertrifft, während die- selbe bei anderen Pontellinen fast die Grösse der proximalen Lade erreicht. Die Zange des rechtsseitigen Greiffusses entbehrt kürzerer dorn- oder griffelförmiger Fortsätze und umspannt mit ihrem langen rechtwinklig gekrümmten Endgliede, welches sich gegen einen halb so langen, rechtwinklig abstehenden Index einschlägt, eine fast quadratische Fläche. Das Abdomen des Weibchens ist auf zwei Segmente reducirt, von denen das langgestreckte Genitalsegment an Umfang bedeutend überwiegt, das distale, die Furcalglieder tragende Segment an der Bauchseite fast in ganzer Länge gespalten ist. Das erstere ist durch zwei, mehr an der Rückenseite entspringende, ungleich grosse Wülste ausgezeichnet. 3. Gattung Anomalocera Templ. (Irenaeus Goods, Cls., Pontia M. Edw.. Kroyer, Baird; Anomalocera Baird, Lubk., Brady, Thomps., Giesbr.) Körperform ungewöhnlich schlank und gestreckt, 4. und 5. Thoracalsegment getrennt. Ventralauge kugelförmig prominirend, beim Männchen wie gestielt, mit walzenförmig verlängerter Linse. Dorsalaugen je mit 2 Cornealinsen. Antennen 20gliederig (Glieder 6—8, 9—11, verschmolzen). Greifantenne an der Basis stark verdickt, mit mächtiger Fangborste am 14. Gliede und 4 Borstenleisten am geniculirenden Abschnitte, von denen die distale ($) der Zähnelung entbehrt. Die 3 Glieder der Terminalgeissel unbeweglich verschmolzen. Hintere Antennen diek und gedrungen, Nebenast derselben überaus kurz und schmächtig. Die distale Kaulade der Maxille von bedeutender Grösse, die proximale Lade helmförmig überragend. Endabschnitt des unteren Kieferfusses 5gliederig, Innenast des ersten Ruderfusspaares 3gliederig. der nachfolgenden Paare 2gliederig. Aussenast des 5. weiblichen Fusspaares stabförmig verlängert, 2glie- derig, mit kurzem Endgliede. Abdomen des Weibchens dreigliederig. Anomalocera Patersonii Templ. (Irenaeus splen- didus Goods., Pontella Eugeniae R. Lkt., Irenaeus Patersonii Cls, Anomalocera Patersonii Brady.) 2. Subfamilie Pseudopontellinae. Augen ungleichmässig entwickelt, Medianauge oder dorsale Augen reducirt, letztere ohne Cornealinse. Antennen langgestreckt, durch unterbliebene Trennung der Glieder 2—5, 6—8, eventuell auch 9—11, 19- oder 17gliederig. Greifantenne mit stark ver- kürztem, aber mächtig erweitertem Mittelabschnitt und verschmolzenem (276) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 45 16. und 17. Gliede. Nebenast der hinteren Antenne von geringer Grösse. Hypostom mit einer Querreihe von Zahnkerben besetzt. Distale Lade der Maxillen von ansehnlicher Grösse, über die proxi- male Lade hinausragend, mit kräftigen längern Hakenborsten bewaffnet, Taster (Aussen- und Innenast) klein und schmächtig. Basalstück des hinteren (inneren) Maxillarfusses mächtig entwickelt, mit umfang- reichem distalwärts sich verbreiterndem, in die drei fingerförmigen Lappen auslaufendem Fortsatz. Endabschnitt schmächtig, 3gliederig. 1. Gattung Monops Lubk. (Pontellopsis Brady). Ventralauge kugelig vorgewölbt, mit lang gestreckter grosser Linse, im männlichen Geschlechte besonders umfangreich. Dorsal- augen klein ohne Cornealinsen. Rostrum mit dünnen Gabelzinken. Antennen 17gliederig (ausnahmsweise bei hinzugetretener Con- erescenz des 13. und 14. Gliedes 16gliederig), mit verbreitertem und zackig vorspringendem 14. Gliede. Greifantenne mit kurzer kräftiger Fangborste am 14. Gliede. Von den 4 Borstenleisten ist die obere (9) glatt spiessförmig ausgezogen, die vorausgehende (y) kurz, bogen- förmig gekrümmt und mit wenigen langen Zinken bewaffnet, die unterhalb des Gelenkes liegenden Borstenleisten (z, 5) bezahnt. Glieder der Terminalgeissel unbeweglich verschmolzen. Die hinteren Antennen mit schlankem, sehr langgestrecktem Hauptaste und kleinem schmalen Nebenaste, welcher etwa dem vierten Theil der Länge des Hauptastes gleich kommt. Distale Kaulade der Maxille von der Grösse der proximalen Lade, mit langen kräftigen Hakenborsten bewaffnet, Taster (Aussen- und Innenast) überaus klein und schmächtig. Endabschnitt des inneren (hinteren) Maxillarfusses 3gliederig. Innenast des vorderen Ruderfusspaares 3gliederig, der nach- folgenden Paare 2gliederig. Abdomen des Männchens mit quergestelltem dorn- oder kegel- förmigen Fortsatze am 2. oder 3. Segmente, des Weibchens zwei- oder dreigliederig, im ersteren Falle mit stark erweiterten und enger zusammengetretenen 1. und 2. Segmente, mit seitlichen Fortsätzen und verlängertem Analdeckel, mehr oder minder asymmetrisch. Monops grandis Lubk. (Monops regalis Dana? Mo- nops regalis Giesbr. Monops strenuus Gieshr.). Monops Edwardsii Kroyer. (Pontia Edwardsii Kroyer, Pontellopsis villosa Brady, Thomps.. Monops pilosus Giesbr., Monops villosus Giesbr., Monops brevis Giesbr. Monops perspicax Dana. (277) > A u 46 C., Claus: Monops armatus Giesbr. Monops tenuicauda Giesbr. Monops Lubbocki Giesbr. 2.Gatt.PseudopontellaCls.(PontellaDana, Calanops') Uls., Pseudopontia Uls.. Pontellina Gieshbr.) Ventralauge überaus klein, kaum prominirend, Dorsalaugen klein, nahe zusammengerückt, beim Männchen mit je einer Linse unterhalb des Integumentes. Antennen überaus lang, mit reducirter Gliederzahl, ähnlich wie bei Monops mit verschmolzenen 2.—5., 6.—3., beziehungsweise oft auch 9.—11. Gliede, daher 17 bis 19gliederig. Die 9 apicalen Glieder dünn und sehr langgestreckt. Die Borsten der Antennen, sowie der Taster der Mandibeln und Maxillen, besonders im weiblichen Geschlechte, sehr lang und lang befiedert. Greifantennen ähnlich wie bei Monops gestaltet. Nebenast des zweiten Antennenpaares von geringer Grösse, kaum halb so lang als der langgestreckte Hauptast. Endabschnitt des unteren Maxillarfusses 3gliederig. Innenast des vorderen Ruderfusspaares 3gliederig, der nachfolgenden Paare 2gliederig. Abdomen des Weibchens 2gliederig bis auf die Furcaläste, von denen nur der linke vom Segmente abgegliedert ist, symmetrisch. Pseudopontella®) plumata Dana (Pontella plu- mata Dana, turgida Dana, Calanops messinensis Cls., Pon- tella plumata Brady, Thomps., Pontellina plumata Giesbr.) Für die Gattung Calonopia (elliptica) wird wahrschein- lich eine dritte Unterfamilie (Calanopinae) aufzustellen sein. Leider ist es mir bislang nicht möglich gewesen, weder Männchen, noch Weibchen derselben zu untersuchen und den Bau der Augen !) Der Name Calanops, welchen ich dieser Pontellidengattung beilegte, kann nicht bestehen bleiben, da die Dana’sche Gattung Calanopia nicht, wie ich damals glaubte, in beiden Arten mit Centropages (Ichthyophorba) zusammenfällt, sondern Calanopia elliptica einer besonderen Gattung entspricht. Ich schlug daher die Bezeichnung Pseudopontia vor, welche aber, wie ich jetzt sehe, schon für eine Lepidopteren-Gattung vergeben worden ist, daher in Pseudopontella zu verändern sein dürfte. ?) Wahrscheinlich ist auch Pontella curta Dana als junges, vor der letzten Häutung stehendes Männchen zu dieser Art zu beziehen. Dana’s P. protensa ist das Männchen, P. contracta das Weibchen einer Monops-Art. P. emerita und rubescens sind wahrscheinlich Jugendformen von Monops-Arten. P.pulchra Dana scheint ein jugendliches Männchen von M. perspicax zu sein, (278) Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 47 kennen zu lernen. Da auch die Beschreibung der männlichen Form Seitens Giesbrecht’s unvollständig geblieben ist, so ziehe ich vor, an diesem Orte nicht näher auf dieselbe einzugehen. Verzeichniss der benützten Literatur. .G. F. Brady: A Monograph of the free and semiparasitic Copepoda of the British Islands. London, vol. I, II, III, 1878—188&. . Derselbe: Report of the Challenger Copepoda. 1833. . E. Canu: Les Copepodes libres marins du Boulonnais. Bulletin scientifique de la France et de la Belgique. Paris, vol. I-IV, 1889—1890. . Derselbe: Les Copepodes du Boulonnais. Morphologie, Embryologie, Taxonomie. Lille 1892. . C. Claus: Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Copepoden. Archiv für Naturgeschichte. Bd. XXIV, 1858. . Derselbe: Ueber die blassen Kolben und Cylinder an den Antennen der Copepoden und Ostracoden. Würzburg. naturw. Zeitschrift. Bd. I, 1860. . Derselbe: Untersuchungen über die Organisation und Verwandtschaft der Cope- poden. Würzburg. naturw. Zeitschrift. Bd. III, 1862. . Derselbe: Die frei lebenden Copepoden. Leipzig 1863. . Derselbe: Ueber die Gattungen Temora und Temorella nebst den zugehörigen Arten. Sitzungsber. der kais. Akad. der Wissenschaft. Wien (Sitz. 12. Mai) 1881. . Derselbe: Neue Beiträge zur Kenntniss der Copepoden. Arbeiten aus dem Zool. Institute der Universität Wien. Bd. III, 1881. . Derselbe: Das Medianauge der Crustaceen. Ebenda. Bd. IX, 1891. . Derselbe: Die Antennen der Pontelliden und das Gestaltungsgesetz der männ- lichen Greifantenne. Sitzungsber. der kais. Akad. der Wissenschaft. Wien 1892. . Dana: Conspectus Crustaceorum etc. Proceed. of the Amer. Ac. 1847. . Derselbe: The Crustacea of the United States Exploring Expedition during the years 1838—1842. Philadelphia 1853. . W. Giesbrecht: Die frei lebenden Copepoden der Kieler Föhrde, Kiel 1831. 16. a Derselbe: Elenco dei Copepodi pelagiei raccolti dal Tenente di vascello Gaetano Chierchia durante il viaggio della Corvetta „Vittore Pisani“ negli anni 1832—1885 ete. Roma 1889. .b Derselbe: Systematik und Faunistik der pelagischen Copepoden des Golfes von Neapel. Berlin 1892. . ©Ö.E. Imhof: Ueber die blassen Kolben an den vorderen Antennen der Süss- wassercopepoden. Zool. Anzeiger. Bd. VIII, 1885. .‚ Kroyer: Kareinologiske Bidrag, Slaegter Calanus, Pontia etc. Naturhistor. Tidssk,. Nye Raekke. Bd. II, 1848—1849. .d J. Lubbock: Description of a new genus of Calanidae (Labidocera). Ann. and Magaz. of nat. hist. 2. ser., vol. XI, 1853 (pag. 25—29). .b Derselbe: On two new subgenera of Calanidae (Labidocera, Iva, Ivella). Ebenda (pag. 202—209). . Derselbe: On two new species of Calanidae with observations on the spermatic tubes of Pontella, Diaptomus etc. Ebenda, vol. XII. 1853 (pag. 115—124, 159— 165). Derselbe: On some arctic species of Calanidae. Ebenda, vol. XIV, 1554. (279) 48 GYOTEUu8: 22. Derselbe: On some Entomostraca collected by Dr. Sutherland in the Atlant. Ocean. Transact. Entom, Soc. London, vol. IV, part. 2, pag. 8—39, 1856. 25. Derselbe: Description on eight new species of Entomostraca, Ebenda, vol. XX, 1859, 24. Derselbe: On some Oceanie Entomostraca collected by Capt. Toynbee, Transact. Linn. Soc., vol. XXIII, 1860. 25. S.A.Poppe: Ueber eine neue Art der Calaniden-Gattung Temora. Abh. Nat.-Ver, Bremen. Bd. VII, 1880. 26. Derselbe: Die frei lebenden Copepoden des Jahdebusens. Ebenda, Bd. IX, 1885. 27. G@. OÖ. Sars: Oversigt af indenlandske Ferskvands-Copepoder, Forh. Vid. Selsk. Christiania 1862. 28. J.C. Thompson: On some Copepoda, new to Britain found in Liverpool Bay. Proceedings Liverp. Biol. Soc. I, 1881. 29. Derselbe: Report on the Copepoda collected in Maltese seas by David Bruce etc. Ebenda, tom. II, 1888. Erklärung der Abbildungen. Taf. I. Fig. 1. Metanaupliuslarve von Pontellina mediterranea (ls. in seitlicher Ansicht. Camera-Zeichnung. Md Mandibel, Mx Maxille, Mxf Maxillarfüsse, 71 Fp, 2 Fp die Anlagen der beiden vorderen Ruderfusspaare, Af Afteröffnung. Fig. 2. Dieselbe vom Rücken aus dargestellt (Stachelborste der Furca nicht ausgeführt). A’ A“ die vorderen und hinteren Antennen. Fig. 3. Rostrum-Anlage (A), Oberlippe (Obl) und Mandibeln (Md) von der Ventralseite gesehen. Fig. 4. Die nachfolgenden Gliedmassenanlagen in derselber Lage. Unter den Vorsprüngen des Integumentes, welche die Anlagen der Maxillarfüsse darstellen, liegen bereits der vordere oder laterale (Mxfe) und hintere oder mediale (Mxfi) Maxillar- fuss des Cyelopidstadiums. Fig. 5. Das hintere Körperende, die Furca-Anlage mit den Borsten und der langen linksseitigen Stachelborste, von letzterer nur das basale Stück dargestellt, von der ventralen Seite gesehen. Fig. 6. Die vordere Antenne von der Fläche dargestellt. Fig. 7. Antenne des ersten Cyelopidstadiums derselben Art. Sb Spürborste = Spürschlauch. 55, Spürschlauch des Endgliedes. Sdb,, der des vorletzten Gliedes. Sb,,, Spürschlauch des späteren 19. Gliedes (79). Die drei ersten Glieder repräsentiren die Gliederreihe 1—1S der ausgebildeten Antenne, die apicalen Glieder die Glieder 19 —24, 25 derselben. Fig. 8. Antenne des zweiten Cyclopidstadiums.. Die 3 basalen Glieder des früheren Stadiums haben sich in 8 Glieder getheilt. Taf. II. Fig. 1. Jüngstes (1.) Cyelopidstadium von Pontellina mediterranea in seitlicher Lage dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV. eing. Tubus. 150fach vergrössert. Fig. 2. Hinterer Maxillarfuss desselben. Fig. 3. Kopfende mit dem bereits gabeligen Rostrum und dem Dorsalauge nebst vorderer Antenne des 2, Cyclopidstadiums in derselben Vergrösserung. Fig. 4. Hinterer Thoracalabschnitt und Abdomen nebst Furcalborsten des 3. Cyclo- pidstadiums. As Abdominalsegment, 5 F' Rudimentärer Fuss. (280) EWR, Ta + Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. 49 Fig. 5. Ruderfuss des dritten Paares desselben Stadiums. Fig. 6. Ruderfuss des vierten Paares. Fig. 7. Kopfende mit Dorsalauge, Ventralauge und vorderer Antenne, deren proximaler Abschnitt 13gliederig geworden ist. Hartn. Syst. IV. eing. Tubus. 150fach vergrössert. Fig. 8. Das 19., 20. und 21. Glied der vorderen Antenne eines weiblichen Thieres im 4. Cyclopidstadium. Fig. 9. Der apicale Theil einer männlichen Antenne desselben Alters. Hartn. Syst. IV., ausg. Tubus. 220fach vergrössert. Fig. 10. Fünftes Fusspaar der weiblichen Form desselben Alters unter derselben Vergrösserung. Fig. 11. Dasselbe der männlichen Form im 4. Cyelopidstadium. Vergrösserung wie Fig. 10. Fig. 12. Abdomen der männlichen Form im 4. Cyclopidstadium. Die Befiederung der Borsten ist nicht gezeichnet. 150fach vergrössert. Fig. 13. Abdomen des Weibchens im 5. Cyclopidstadium. Hartn. Syst. II, ausg. Tubus. 90fach vergrössert. Fig. 14. Fünftes Fusspaar des Weibchens im 5. Cyelopidstadium. Hartn. Syst. IV, eing. Tubus. 150fach vergrössert. Fig. 15. Fünftes Fusspaar des Weibchens im 5. Cyclopidstadium. Camera- Zeichnung wie Fig. 11. Taf. III. Fig. 1. Die 8 proximalen Glieder der weiblichen Antenne von Pontellina mediterranea Cls. von der ventralen Seite unter dem Drucke des Deckgläschens etwas zu breit dargestellt. Die eingeklammerten Zahlen bezeichnen die Glieder. 1 Sb bis 5 5b die denselben zugehörigen Spürborsten oder Spürschläuche, d die distalen, p die proximalen Borstenanhänge der Glieder. \ Fig. 2. 9.—12. Glied derselben Antenne mit den zugehörigen Borsten und Spürschläuchen, von der ventralen Seite dargestellt. Fig. 3. 13.—19. Glied derselben Antenne mit den zugehörigen Borsten und Spürschläuchen, von der ventralen Seite dargestellt. Fig. 4. Apicale Hälfte der linken Antenne eines adulten Männchens vom 13. Gliede an dargestellt. « die starke Borste am 17. Gliede. Fig. 5. Die Glieder 9, 10 und 11 derselben Antenne. Fig. 6. Die rechte Antenne eines jugendlichen, noch nicht geschlechtsreifen Männchens von P. mediterranea vor der letzten Häutung, von der ventralen Seite dargestellt. Es fehlen die Spürborsten an den Gliedern 4, 6, 8, 10, 20, 21, 22 (respec- tive 24, wenn man den Terminalhöcker als 25. Glied zählt). B 20 B 21 die Borsten des 20. und 21. Gliedes. Fig. 7. Die Glieder 12 bis 18 derselben Antenne von der dorsalen Seite dar- gestellt. Sämmtliche Figuren sind mit Hilfe der Camera gezeichnet. rkaf. LV. Fig. ]. Stiel und Mittelabschnitt der Greifantenne von P. Lobiancoi Canu, von der ventralen Seite dargestellt, die Gliederfolge durch Zahlen bezeichnet. M’, M', M'" die Muskelgruppen des Stiels, von denen die beiden letzteren in das verschmolzene 13. und 14. Glied des aufgetriebenen Mittelabschnittes eintreten. BM, BM’ Beuge- Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 3. 20 (81) TISBIRPER? Bu 50 C. Claus: Ueber die Entwicklung und das System der Pontelliden. muskeln des einschlagbaren Abschnittes (19—21), N Nerv an der Hinterseite verlaufend, « Hakenborste am 14. Gliede; 5b“ Spürschlauch am 2. Gliede, Fig. 2. Die Glieder 8—13 derselben Antenne von der dorsalen Seite dargestellt. 7d—13d die distalen Borsten dieser Glieder. Fig. 3. Der geniceulirende Abschnitt derselben Antenne von der dorsalen Seite dargestellt, unter stärkerer Vergrösserung. & Borstenleiste des 17. Gliedes; ß dieselbe des 18. Gliedes; y die proximale Borstenleiste des 19. Gliedes. Der Spürschlauch des 19. Gliedes verdeckt. S Sehne der Beugemuskeln; M Beugemuskel der Terminalgeissel- glieder 22, 23, 24 (25). Fig. 4. Abschnitt oberhalb der Geniculation mit den beiden gezahnten Borsten- leisten des 19. Gliedes (y, 5), von der ventralen Seite dargestellt. Sämmtliche Figuren sind mit Hilfe der Camera ausgeführt. Fig. 5. Der geniculirende Abschnitt der Greifantenne von Pontellina medi- terranea Cls. von der Borsten tragenden Schmalseite (Vorderseite) dargestellt. «, ß, y, © die vier bezahnten Borstenleisten; 4 Hakenfortsatz des 2]. Gliedes; L Leiste, die über das 22. Glied bis zur Antennenspitze verläuft; Proximalborste (p 16); distale Borste des 16. Gliedes (d 16). Fig. 6. Abschnitt oberhalb der Geniculation von der ventralen Seite dargestellt. Fig. 7. Terminalgeissel der männlichen Antenne von P. mediterranea mit der hyalinen Leiste (L) längs der verschmolzenen 3 Glieder. Taf. V. Fig. 1. Endabschnitt der Greifantenne von Pontellina gracilis Cls. von der ventralen Seite gesehen. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus. Fig. 2. Derselbe ohne das terminale Stück von der dorsalen Seite gesehen. Fig. 3. Rechter Fuss des 5. Paares derselben Art. Fig. 4. Linker Fuss desselben. Fig. 5. Greifantenne von Pontellina magna Dana, vom 8. Gliede an dar- gestellt. x, ß, y, ° die vier Borstenleisten am geniculirenden Abschnitte, % Haken- fortsatz am 21. Gliede; « die grosse Fangborste am 14. Gliede; L Leiste längs der Terminalgeissel. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. II, eing. Tubus. 60—6öfach vergrössert. Fig. 6. Greifantenne von Pontellina securifer Brady. Camera-Zeichnung wie Fig. 5. Die Borstengruppen der Basalglieder sind nicht eingezeichnet. (282) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. Ein Beitrag zur Systematik der Cyelopiden. Von C. Claus. Mit 7 Tafeln und einem Holzschnitt. Das Verhalten der 6 apicalen Glieder der Pontelliden- antenne, welches auch für zahlreiche Calanidengattungen Geltung hat, rief mir die Entwicklung der Antennen von Uyelops in's Gedächtniss zurück, welche ich vor vielen Jahren verfolgt und in einer meiner frühesten Arbeiten (Nr. 6, pag. 69—73, Fig. 27—33) beschrieben habe. Für manche in dieser Arbeit zurückgebliebene Lücke schien eine Ergänzung wünschenswerth, da die neueren Publieationen, welche sämmtlich mehr auf Nomenclatur und Synonymie der Arten als auf den Organismus der Cyclopiden und dessen Entwicklung Bezug nehmen, zur Ausfüllung derselben wenig beigetragen haben. Ausser anderen Schriften gab mir besonders die umfangreiche Abhandlung Schmeil’s über die Süsswassercopepoden Deutschlands Anlass. ein- zelne Körpertheile von Cyclops von Neuem einer genauen Unter- suchung zu unterwerfen. Denn wenn auch diese Abhandlung in erster Linie die Unterscheidung und Benennung der Arten, sowie die zu derselben zu verwerthenden äusseren Merkmale zum Gegen- stande der Behandlung hat, so enthält dieselbe doch gar manche auf ungenügende Beobachtungen gestützte Urtheile über den Bau einzelner Organe und Körpertheile, welche gesicherte 'Thatsachen unberücksichtigt liessen oder in Frage stellten. Ich hoffe durch die neuen, vornehmlich auf die Cyclopiden der Umgebung Wiens bezüglichen Beobachtungen nicht nur unberechtigte Ausstellungen ZU” (283) 2 ©. Claus: und vermeintliche Berichtigungen in’s rechte Licht zu setzen, sondern die Verwandtschaftsabstufungen der Artengruppen fester begründen und damit auch einen Beitrag zur Systematik der Arten- gruppen geben zu können. Im jüngsten Cyelopidstadium bestehen die Antennen nur aus 5 (Grliedern, deren sehr langgestrecktes Basalglied sich meist durch eine quere Abgrenzung in zwei Glieder sondert, so dass die Zahl der Antennenglieder auf 6 steigt. Diese 6gliederige Antenne bildete den Ausgangspunkt für die Verfolgung der weiteren Umgestaltungen in beiden Greschlechtern, und ich konnte den Nachweis führen, dass die vier apicalen Glieder durch alle Stadien hindurch verharren und zu den vier, bei den 17- und 14gliederigen Antennen in Folge Dreitheilung des viertletzten Gliedes zu den sechs Endgliedern der ausgebildeten Antenne werden, und dass die Stelle, an welcher die (renieulation der männlichen Greifantenne entsteht, durch die (arenze des zweiten und dritten, also viertletzten Gliedes der ögliederigen Larvenantenne bezeichnet ist. Die mit der fortschrei- tenden (Grössenzunahme eintretende Vermehrung der Antennen- glieder erfolgt also auch hier durch Längenwachsthum mit nach- tolgender Quertheilung an der Antennenbasis; ich glaubte, diese Ver- mehrung für die 17gliederigen Antennen mit Ausnahme der erst . bei der letzten Häutung erfolgenden Viertheilung des zweiten Gliedes ausschliesslich auf das basale Glied der Ögliederigen Larvenantenne beziehen zu können. (Siehe Nr. 6, Taf. II, Fig. 27.) Nun hatte ich schon vorher in der Abhandlung (Nr. 4 und 5) über das Genus Cyelops und seine einheimischen Arten, von denen mir damals freilich nur ein Theil bekannt geworden war, den Nachweis geführt (pag. 14 und pag. 210), dass die Antennen mit 14 und 17 Gliedern in der Anordnung der Glieder mit den 12gliederigen Antennen übereinstimmen und von diesen nur dadurch abweichen, dass bei der letzten Häutung die 11lgliederigen Antennen des fünften Cyelopidstadiums nicht nur wie die ersteren an der Basis ein neues (slied gewinnen, sondern auch das langgestreckte viertletzte Glied in 3, beziehungsweise zugleich das fünftletzte in 4 Glieder getheilt werden. Als ich später (Nr. 7) eine Cyelops-Art mit 11gliederigen Antennen, den wohl mit ©. diaphanus Fischer identischen C. mi- nutus, kennen lernte, trug ich kein Bedenken, dieselben im Hinblick auf das übereinstimmende Verhältniss ihrer Glieder mit denen der !1gliederigen Antenne der Jugendform als persistent gebliebenen Zu- stand zu betrachten, welcher vorübergehend in der Entwicklung jener Arten durchlaufen wird, und Gleiches auch für die 10-, 8- und ögliede- (284) ' Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Üyclops. 3 rigen Fühlhörner der bekannt gewordenen Cyelops-Arten zu behaupten.) Wenn ich damals auf den Vergleich der weniggliede- rigen Fühlhörner geschlechtsreifer Cyclopiden mit den jugendlichen Stadien gleicher Gliederzahl nicht näher einging, so war dies theils in dem Umfang des in jenem Werke zu behandelnden Stoffes, theils und vornehmlich in dem Umstand begründet, dass das Grössenverhältniss der Glieder der von mir ausschliesslich untersuchten 10gliederigen Antennen von C. canthocarpoides mit den 10gliederigen Jugend- stadien nicht vollständig übereinstimmten und ferner die von 6- und 8gliederigen Arten vorliegenden Abbildungen keine ausreichende Garantie für die Richtigkeit des beschriebenen Grössenverhältnisses der einzelnen Glieder gewährten. Ueberdies zeigte die von mir selbst verfolgte Reihe der auf einander folgenden Entwicklungsphasen keine vollkommene Gleichmässigkeit, wohl in Folge des Umstandes, dass die Jugendformen zu verschiedenen, in diesen Stadien nicht sicher zu bestimmenden Arten gehörten, und es war wohl die Reihenfolge der zur Sonderung gelangenden Glieder, nicht aber der Ursprung eines jeden neu auftretenden Gliedes mit Sicherheit zu bestimmen gewesen. Endlich hatten sich schon an den neun- und zehngliederigen Antennen Unterschiede bemerkbar gemacht, welche auf den Gegensatz in der Antennengestaltung beider Geschlechter hinwiesen (1. ec. Fig. 30, 31, 33, 34) und die Schwierigkeit der Zurückführung vergrösserten. Meine in jüngster Zeit angestellten Beobachtungen über die Ent- stehungsweise der Greifantenne von Pontellina und Verwandten gab mir Anlass, auch die Cyclopiden auf die Bildung der Greif- antennen und deren Verhältniss zu den weiblichen Antennen von Neuem zu untersuchen und die früheren Befunde über die Entwick- lung der weiblichen und männlichen Antennen durch Ausfüllung der zurückgebliebenen Lücken zu ergänzen. Nur auf diesem Wege, nicht aber ausschliesslich durch den Vergleich der ausgebildeten Antennen konnte es möglich werden, die Zurückführung der wenig- gliederigen Antennen einzelner Uyclops-Arten sicher zu begründen. Die fünf von mir unterschiedenen Entwicklungszustände der Cyclopidreihe beginnen mit fünfgliederigen Formen, deren Ruder- füsse auf die beiden vorderen Paare beschränkt sind und noch ein- fache Aeste tragen. Die folgenden, durch eine jedesmalige Häutung ') Nr. 7, pag. 96. „Die eilf-, zehn-, acht- und sechsgliederigen Fühlhörner re_ präsentiren in ähnlicher Weise persistente Entwicklungszustände, welche von den ersteren (12-, 14-, 17gliederigen Fühlhörnern) während der freien Metamorphose durch- laufen werden.“ (285) 4 C. Claus: aus den nächst früheren hervorgegangenen Jugendstadien sind der Reihenfolge nach je um 1 Segment vergrössert, so dass das zweite Stadium durch 6, das dritte durch 7, das vierte durch 8, das fünfte und letzte Jugendstadium durch 9 Körpersegmente charakterisirt wird, von denen das vordere dem Cephalothorax, d. h. dem Kopf und dem von diesem nicht abgetheilten vorderen Brustsegmente mit dem ersten Ruderfusspaare entspricht. Die Zahl der Segmente bietet in der That den besten Anhaltspunkt, um sofort das Alter der Jugend- form bestimmen zu können. Diesem auf die Körpergestalt bezüg- lichen Charakter entspricht eine bestimmte Zahl und Gliederungs- form der Ruderfusspaare, wie aus der schon in der Copepoden- monographie enthaltenen tabellarischen Uebersicht!) zu ersehen ist. In den ersten drei Jugendstadien trifft die Coineidenz bei den Formen mit 17gliederigen Antennen unter normalen Verhältnissen ausnahmslos zu, und es besitzt das zweite Stadium mit 6gliederigem Körper stets 3 Ruderfusspaare, von denen die beiden vorderen 2gliederige Aeste tragen, während die des dritten Paares noch ungegliedert sind. Im dritten Stadium mit 7gliederigem Körper sind schon die 4 Ruderfusspaare vorhanden, und zwar die 3 vorderen mit ?gliederigen, das vierte mit noch ungegliederten Aesten. Erst im vierten Stadium mit 8gliederigem Körper treten Unregelmässig- keiten auf, insofern die Ruderfüsse in der Regel zwar sämmtlich 2gliederige Aeste besitzen, jedoch auch auf der Stufe des früheren Alters zurückgeblieben sein können. Ebenso können im fünften Stadium die 3gliederig gewordenen Ruderfüsse sämmtlich 2gliederig geblieben sein, ein Verhalten, welches bei einigen Arten der Unter- gattung Mikrocyelops?) auch im geschlechtsreifen Alter zugleich mit der entsprechenden (11) Gliederung der Antennen persistent geblieben ist. Das rudimentäre Füsschen erscheint schon im 4. Sta- dium in einer dem ausgebildeten Thiere nahestehenden Gestaltung, und ist in diesem Alter auch am ersten Segment des Sgliederigen Abdomens ein ähnliches einfaches Gliedmassenrudiment vorhanden, das sich zum Genitalhöcker umgestaltet. Bei der neuerlichen nochmaligen Verfolgung der 5 aufeinander folgenden, durch Häutungen getrennten Jugendstadien habe ich noch einzelne bisher unbekannt gebliebene Besonderheiten beobachtet, welche, weil sie von morphologischer und systematischer Bedeutung 1) Nr. 7, Pag. 82. ?) Es sind C. diaphanus Fisch. (minutus Cls.), gracilis Lillj. und bicolor G. OÖ. Sars, wozu wahrscheinlich auch C. varicans G. 0. Sars, letztere mit ]2gliederigen Antennen, hinzukommt. (286) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. > sind, einer kurzen Beschreibung werth erscheinen dürften. Im ersten Stadium der Cyelopidreihe, in welches die Larve nach Abstreifung der Metanaupliushülle eintritt, weichen die hinteren Antennen und ebenso auch die Mandibeln von der späteren, die Charaktere der Gattung bestimmenden Gestaltung insoferne ab, als am Schaft- gliede der noch 5gliederigen hinteren Antenne ein Rudiment des Exopoditen vorhanden ist (Taf. I, Fig. 1), und der Borsten tragende Höcker der Mandibel, welchen man mit Recht als Rest des Mandibeltasters in Anspruch nahm, noch durch einen rudimentären 2ästigen Anhang vertreten wird (Taf. I, Fig. 2). Es ist dies Verhalten der jugendlichen An- tenne und Mandibel deshalb von besonderem Interesse, weil sich bei den Cyelopiden-Gattungen Oithona, Cyelopina und Cy- elopella!) ein kurzer zweiästiger Mandibelpalpus erhalten hat. Die Maxillen und Maxillarfüsse weichen, so weit meine Beobachtungen reichen, vom Geschlechtsthiere nicht ab, auch sind schon die Zwischenplatten der Ruderfüsse vollkommen entwickelt. Am dritten Segmente hebt sich die Anlage des dritten Ruder- fusspaares als mächtig vorspringender, am freien Ende der Länge nach getheilter Wulst ab, dessen Lappen in distale Zahnfortsätze und Borsten auslaufen. Dieselbe ist eine Wiederholung der am Metanauplius auftretenden Anlagen der beiden vorderen Ruder- fusspaare und kehrt auch im nachfolgenden Stadium für das vierte Ruderfusspaar (Fig. 4, 5) in übereinstimmender Form wieder. Auch die Anlage dieses letzteren ist jetzt schon am vierten Segmente als wulstförmige, mit scharfer Kante spitz vorspringende Erhebung nachweisbar und tritt in ganz gleicher Weise im nächsten Stadium für das rudimentäre Fusspaar auf (Fig. 4, 5). Das nachfolgende sehr lang gestreckte Aftersegment, von dem sich bei der nächsten Häutung der vordere Theil als fünftes Segment abgliedert, trägt die beiden Furcalglieder, deren Terminalborsten nach Form und Grösse für dieses Alter ganz charakteristische Eigenthümlichkeiten zeigen. Es ist nämlich die innere (mediale) der vier Terminalborsten, welche an Umfang am meisten hervorragt (Fig. 1), ohne jedoch die im späteren Alter für die beiden mittleren Terminalborsten charak- teristische basale Differenzirung zu zeigen. Die kurze laterale und längere Dorsalborste sind jetzt schon vorhanden. !) Von Brady aufgestellt und als Lophophorus bezeichnet, ein Name, der längst in der Ornithologie verwendet war und daher durch einen neuen ersetzt werden muss. (287) 6 C. Claus: Im zweiten Cyelopidstadium mit 6gliederigem Körper und gewöhnlich 7gliederigen Antennen ist an den hinteren Antennen das Rudiment des Nebenastes geschwunden, und auch die Mandibeln haben den 2ästigen Tasterrest bis auf den borstentragenden Höcker verloren. Die vier distalen Furcalborsten zeigen ein ganz verändertes Grössen- verhältniss, indem es jetzt die zweitinnere Borste ist, welche die übrigen an Umfang sehr bedeutend übertrifft, während die mediale Borste (C. strenuus, Fig. 4) etwa die Länge der dritten Borste besitzt oder diese noch merklich überragt (C.tenuicornis, Fig. 5). Auch kann die lange Borste bereits jene basale Cuticularver- diekung zeigen, welche den Eindruck einer Abgliederung macht. Die vierte oder laterale der Furcalborsten tritt an Länge beträchtlich zurück. Ich bemerke, dass ich dieses charakteristische Grössenverhält- niss schon früher beobachtet und für das 2. Stadium von C. ean- thocarpoides auch abgebildet habe (Copepoden 1863, Taf. IV. Fig. 4), ohne demselben jedoch die verdiente Beachtung geschenkt zu haben. !) Im nachfolgenden dritten Stadium, welches meist schon Ogliederige Antennen besitzt, hat sich das normale Grössenverhältniss der vier Furcalborsten hergestellt, indem auch die dritte Borste eine beträchtliche Länge entwickelt und in der Regel schon die basale Differenzirung gewonnen hat (Fig. 6). Auf die vier Ruderfusspaare, deren Aeste mit Ausnahme des letzten Paares zweigliederig ge- worden sind, folgt am 5. Segmente die Erhebung des rudimentären Fusses und am 6. die Anlage eines 6. rudimentären Füsschens, welche genau die des 5. im vorausgehenden Stadium wiederholt. Aus denselben entwickeln sich, wie wir sehen werden, die borsten- tragenden Höcker der männlichen und weiblichen Genitalklappen. !) Die merkwürdige Hemmungsbildung eines Eiersäckchen tragenden Cy- clopsweibchens mit nur 3 Ruderfusspaaren, deren Aeste zweigliederig geblieben sind, mit 11gliederiger Vorderantenne und einfachem rudimentären Füsschen am vierten Thoracalsegment (vergl. C. Claus, Zur Morphologie der Copepoden. ]|. Zur Hemmungs- bildung von Cycelops. Würzburger Naturw. Zeitschr. 1860, Bd. I, pag. 20, Taf. I, Fig. 1 und 2) ist von mir seinerzeit schon der Entstehungsweise nach zu erklären versucht worden und möchte ich hinzufügen, dass wir es mit einer Mikrocyclops-ähnlichen Form .mit um ] verminderter Zahl der Segmente und Ruderfusspaare zu thun haben. Wahrscheinlich verhielt sich im 2. Cyclopsstadium die Anlage des vierten Fusspaares wie die des rudimentären Füsschens am nachfolgenden Segmente, und ver- lief die weitere Entwicklung für das Abdomen normal. Diese nur einmal von mir ge- fundene Abnormität, die ich lange Jahre als Glycerinpräparaät bewahrte, scheint seit- her nicht wieder beobachtet zu sein. Schmeil, der die Variationen von Üyclops- arten bis in alle Einzelheiten bespricht, erwähnt derselben mit keinem Worte, sei es, dass er meine in der Würzburger Zeitschrift veröffentlichten Arbeiten über Copepoden (288) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. ji Im Vergleich zu dem zweispaltigen Wulste eines Ruderfusspaares erscheint die Erhebung des rudimentären Fusses vereinfacht und von der Medianlinie nach den Seiten weit abgerückt; man sieht, es ist nur für die Entstehung eines Astes, und zwar des Exopo- diten, gesorgt, dessen Anlage in eine lange äussere Borste und einen kurzen medialen Dorn ausläuft. Im vierten Stadium besitzt der junge Uyclops bereits ein ögliederiges Abdomen. Die vorderen Antennen sind in der Regel 10gliederig. Die Aeste der 4 Ruderfusspaare sind 2gliederig und der rudimentäre Fuss zeigt meist schon die charakteristische Form des ausgebildeten Thieres, so dass bereits Anhaltspunkte vor- handen sind, welche die Bestimmung der Art möglich machen. Die Gliedmassenstummel am vorderen Abdominalsegmente, die späteren Genitalhöcker, haben sich zu kleinen mit einer äusseren Borste und einem inneren Dorne besetzten Erhebungen entwickelt, welche die Form und Bewaffnung des eingliederigen Höckers, den das fünfte Füsschen im dritten Stadium darstellt, genau wiederholen. Einen Unterschied in Lage und Gestaltung derselben nach dem (reschlechte habe ich nicht bemerkt, ein solcher tritt erst im nachfolgenden letzten Jugendstadium hervor; dagegen sind es die vorderen Antennen, welche jetzt schon beide Geschlechter mit Sicherheit zu unterscheiden gestatten. An den zu Greifarmen sich entwickelnden Antennen der Jugendform ist die Gliederung des dritten Gliedes unterdrückt, die Antennen sind also wie im früheren Stadium 9gliederig geblieben, auch sind das 5. und 6. Glied, zwischen welche später die Geniculation fällt, an der relativen Stärke, sowie an Besonderheiten der Borstenbekleidung erkennbar, auf die wir später bei der Betrachtung der Antennen specieller zurückkommen werden. Das vierte Stadium verdient deshalb noch überhaupt nicht kannte, sei es, dass er im Verlaufe seiner scharfsinnigen Auslegung über die von mir beschriebene Form als Cyclops spinulosus zu der gleichen Ansicht wie hier gelangte, nach welcher diese Art von mir „construirt“ worden sei. Ich halte es für überflüssig, über solche Auslegungen weitere Worte zu verlieren. Hemmungsbildungen in der Gliederung scheinen besonders an den vorderen Antennen bei einzelnen Arten gelegentlich aufzutreten, z. B. bei C. bicuspidatus, an der auch ich 1l6gliederige Antennen antraf (in Folge unterbliebener Abgliederung des kurzen dritten Abschnittes vom vierten Gliede); häufiger wurden l4gliederige Antennen dieser Art beobachtet, zuerst wohl von Rehberg, welcher diese Varietäten als C. helgolandicus unterschied ! Dieselben wurden von Schmankewitsch in salzigem Gewässer gefunden und als C.odessanus beschrieben. Eine starke Missdeutung aber war es, wenn Rehberg die Hemmungsbildung sogleich als Atavismus (!) erklärte und Schmeil diese Deutung ohne Einwand acceptirte (1. c. pag. 52). (239) g C. Claus: besondere Beachtung, weil einzelne Arten in der Gliederung der Ruderfussäste über dasselbe nicht hinausschreiten. Diese auch in der Ausbildung der Vorderantenne und des rudimentären Fusses zurückgebliebenen Arten von geringer Körpergrösse verdienen zu einer besonderen Untergattung, für dieich den NamenMikrocyelops in Vorschlag bringe, vereinigt zu werden. ') Die I1gliederigen An- tennen dieser Artengruppe weisen auf das nächste fünfte Entwick- lungsstadium hin, die Gestaltung des rudimentären Füsschens aber auf das dritte zurück, in welchem das Basalglied des Fusses noch nicht vom Segment gesondert ist. Die später hervorwachsende Aussenborste des Basalgliedes entspringt daher bei allen diesen Arten am Aussenrande des Segmentes. Das fünfte und letzte Entwicklungsstadium, mit dessen Häutung die geschlechtsreife Form zur Erscheinung tritt, divergirt bereits nach beiden Geschlechtern so auffallend, dass die Unter- scheidung derselben, wie das auch für das gleiche Alter der Cala- niden, Pontelliden und wohl aller Copepoden-Familien gilt, keine Schwierigkeiten bietet. Die Aeste der 4 Ruderfusspaare sind: jetzt mit seltenen Ausnahmen in der Gliederung zurückgebliebener Exem- plare 3gliederig, die vorderen Antennen 11gliederig und bei den männlichen Formen 10gliederig, überdies mit deutlicher Anlage des geniculirenden Gelenkes und der den geniculirenden Gliedstücken eigenthümlichen Borstenleisten. Das rudimentäre Füsschen zeigt die für das ausgebildete Geschlechtsthier charakteristische, in beiden (seschlechtern übereinstimmende Gestaltung. Dagegen verhält sich die zweite rudimentäre Grliedmasse, das Füsschen des Genitalseg- mentes, nach Lage und Form bei männlichen und weiblichen Indi- viduen verschieden, so dass nicht nur die Vorderantennen, sondern auch die Gliedmassenstummel des Genitalsegmentes zur Bestimmung !) Diese von mir bei C. minutus erkannte Besonderheit gab jüngst Schmeil, welcher meine Erklärung adoptirte, zu einer Correctur Anlass, indem er zu meiner Angabe, „das rudimentäre Füsschen besteht aus einem kurzen, einfachen, borstentragenden Stummel und einer Borste, welche, getrennt von der ersteren, un- mittelbar am Panzer entspringt“, die belehrende Bemerkung macht: „Die am Panzer entspringende Borste gehört aber nicht, wie Claus meint, zum rudimentären Füsschen, obwohl sie der Borste an der Aussenseite des Basalsegmentes bei 2gliederigen Füsschen morphologisch gleichzusetzen ist, wie bereits pag. 29 erwähnt wurde.“ Was hat eine solche Ausstellung an meinen Worten, die doch nichts anderes als diese morpholo- gische Gleichwerthigkeit aussagen, für einen Sinn ? Sollte dieselbe etwa dazu dienen, seiner auf pag. 29 gegebenen Darstellung, bei welcher meiner dasselbe besagenden Erklärung der am Panzer entspringenden Borste nicht Erwähnung geschieht, den Schein eines Gegensatzes zu der meinigen und dieser den eines Irrthumes zu verleihen ? (290) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Üyclops. 9 des Geschlechtes ausreichende Anhaltspunkte bieten. In beiden Formen besteht das Abdomen aus 4 Segmenten, von denen das letzte, die Furea tragende Segment mit der Abstreifung der Haut beim Uebergang in das geschlechtsreife Stadium in zwei zerfällt. Die rudimentäre Gliedmasse des Genitalsegmentes der männ- - liehen Form ist viel ansehnlicher entwickelt und von der Median- linie minder weit entfernt, mit dem rudimentären Fusse des fünften Thoracalsegmentes in gleicher Transversalebene gelegen. Seinem Baue nach erscheint dasselbe als genaue Wiederholung des voraus- gehenden Füsschens, nur ist dasselbe kürzer und der Quere nach nicht in zwei Glieder abgegrenzt, obwohl die Gestalt der Borstenanhänge darauf hinweist, dass die lange Aussenborste mit scharf abge- setzter Insertion der Aussenborste des Basalgliedes entspricht und der mediale kräftige Dorn, sowie die demselben seitlich folgende Borste die ähnlich gestalteten Borstenanhänge des distalen (Grliedes wiederholt (Fig. 9, 10 #5). Die Gleichwerthigkeit beider Füsschen- paare kann umsoweniger bezweifelt werden, als sich die formelle Uebereinstimmung derselben auf beide Entwicklungsphasen erstreckt, welche dieselben in zwei aufeinanderfolgenden Stadien durchlaufen (vergl. Fig. 6 #5, 8 F%), als ferner die rudimentären Füsschen in mehreren Gruppen von Öyclops-Arten auch am geschlechtsreifen Thiere der Gliederung entbehren und mit sehr niedrigen, breitgezogenen, mit der gleichen Zahl ähnlich gestalteten Borstenanhängen, wie die Gliedmassenstummel am männlichen Genitalsegment, besetzt sind. Dies gilt in erster Linie für C. canthocarpoides, dann auch für C.fimbriatus und affinis, sowie für C. serrulatus und Ver- wandte, deren rudimentäres Füsschen zwar länger und minder breit gezogen ist, aber dieselben drei Borstenanhänge besitzt. An der weiblichen Jugendform sind die Genitalhöcker !) oder Fussstummel des Genitalsegmentes, welches im Zustand der ge- ') Schon in meinen ersten Arbeiten habe ich die „Genitalhöcker* als Rudi- mente eines sechsten Fusspaares gedeutet (vergl. „Die morphologischen Beziehungen der Copepoden zu den verwandten Crustaceengruppen ete.* Würzburger Naturw. Zeitschr. 1862, Bd. III; ferner die „Copepoden-Monographie“, 1863, pag. 15) und habe dann in später folgenden Arbeiten die Richtigkeit dieser Deutung an zahlreichen Beispielen, zuletzt für die Peltidien, Goniopelte, Miracia etc. nachgewiesen. Diese That- sache scheint fast allen jüngeren Autoren über Cyclops unbekannt geblieben zu sein, und auch Schmeil ist das Verständniss dieser Bildungen, wohl deshalb, weil seine Studien nicht über die äusseren Charaktere und über die Nomenclatur hinausreichten und weil er die postembryonale Entwicklung gänzlich vernach- lässigte, völlig fremd geblieben. Er kennt weder die Genitalhöcker, noch die Bedeutung derselben als rudimentäres Füsschenpaar am Genitalsegmente, sondern (291) 10 C. Claus: schlechtsreifen Form mit dem nachfolgenden Segmente verschmolzen ist, lJateralwärts viel weiter bis zur Dorsalseite auseinandergerückt, so dass sie mit dem vorausgehenden Füsschen nicht mehr in die gleiche Transversalebene fallen (Fig. 11). Auch ist die Erhebung viel niedriger, und sind die drei Borstenanhänge mit Ausnahme der langen Lateralborste bedeutend schwächer. Diese abweichende Form und Lage steht zu der Entfernung der seitlichen, bis zur Rücken- fläche auseinandergerückten späteren weiblichen Genitalspalten, deren Vorderrand von dem Füsschenrudiment begleitet wird, in nothwendiger Beziehung. Im ausgebildeten geschlechtsreifen Alter erheben sich die Füsschenstummel am Rande der männlichen und weiblichen Genital- klappen, ohne in ihrer Form eine merkliche Veränderung erfahren zu haben. Die drei Borstenanhänge derselben zeigen nach Grösse und besonderer Form in einzelnen Arten so charakteristische Ver- schiedenheiten, dass sie unter die Merkmale zur Erkennung der Art aufgenommen werden können. Bemerkungen über das Integument und die Furcalborsten. Der cutieulare Panzer der Copepoden entbehrt bekanntlich der mannigfachen Sculpturen, welche bei den Cladoceren so häufig als polygonale Felderung und in Form regelmässiger Erhabenheiten, Höcker und Spitzen, hervortreten und auch unter den Merkmalen der Art Verwerthung finden. Indessen habe ich früher darauf hin- gewiesen (Nr. 9, pag. 33, 34), dass Andeutungen derselben keines- wegs überall fehlen, dass bei Leuckartia eine grossmaschige Felderung der Cuticula in das Auge fällt und bei vielen Harpac- tiden feine spitze Erhebungen der Oberfläche dieser ein fast hechelförmiges Ansehen verleihen. Bei Gyclopiden finden wir auch gelegentlich, von den Wimperhärchen abgesehen, welche reihen- weise die Borstenanhänge und in diehterer Anordnung als Härchen- saum manche Stellen der Oberfläche besetzen, kurze Spitzen und Stachelehen und dann stets in regelmässiger Anordnung, z. B. am Genitaldoppelsegmente von C. vernalis und sehr regelmässig eine Höckerreihe am Hinterrande der Abdominalsegmente zahlreicher Arten. Bei manchen Arten treten kleine Gruben und wirkliche Porencanälchen nur am männlichen Genitalsegmente jederseits eine mit drei Anhängen versehene kleine Chitinplatte (l. c, pag. 30), während er die entsprechende Bildung über der Geschlechts- öffnung des Weibchens im Texte überhaupt nicht erwähnt. Ueberdies verdienen diese kleinen Gebilde mit ihren nach den Arten in Form. und Grösse variirenden Borsten- anhängen auch bei der Charakterisirung der Arten Berücksichtigung. (292) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Üyclops. 11 auf, welche auch schon von Leydig!) bei einem grossen blauen Cyelops an der Bauchseite des Abdomens beobachtet wurden. Ich kann hinzufügen, dass dieser blaue Cyclops das Weibchen von Makrocyclops coronatussist, dessen Genitalsegment von grossen Porencanälen durchsetzt wird. Ich habe auch bereits hervorgehoben, dass die kleinen Gruben, welche bei C.brevicaudatus = strenuus und Leuckarti ausser am Abdomen besonders am Kopfbruststück und an den Basalgliedern der Antennen bemerkbar sind, keine constanten Charaktere der Art sind, sondern auch fehlen können, und dass es sich nicht um trichterförmige Poren, sondern um eylindrische, canalförmige, von einem äusseren Ringe wallartig umgebene Ver- tiefungen handelt. Dieselben umwallten Gruben kehren auch an den gleichen Körpertheilen von C. bicuspidatus und bisetosus wieder, wo sie bereits von Schmeil als napfförmige Vertiefungen erwähnt wurden (Nr. 24, pag. 16). Freilich scheint derselbe von den in meinem Copepodenwerke drei Decennien früher gemachten Beob- achtungen jener von den Porencanälchen Leydig’s unterschie- denen Gruben keine Kenntniss zu haben, im anderen Falle würde er sich wohl nicht auf Rehberg’s?) Angabe von der „Granulation des Körpers“ bezogen und die Bemerkung gemacht haben, dass diese napfförmigen Vertiefungen wahrscheinlich dasselbe seien, was Leydig mit den die Cuticula durchsetzenden Hautcanälen meine. Auch den verschiedenen übereinanderliegenden Cuticularschichten, die bei Copepoden auftreten, hatte ich in kurzen Worten Berücksichti- gung geschenkt und hervorgehoben, dass sich ausser den Spitzen, Ker- ben, Zähnen und Wimpern, welche im Gegensatze zu den auf Poren auf- gesetzten Borsten als unmittelbare Erhebungen der Cuticularsubstanz hervortreten, zusammenhängende helle Lagen von tieferen, als Stütz- leisten, Rahmen, Platten ete., verstärkte Chitinschichten abheben, und dass die Aussenschicht am verstärkten Rande, namentlich an den Rändern der Thoracalsegmente, hie und da einen blassen, oft hohen Saum bildet, welcher ein System feiner senkrechter Streifen als verkitteter, überaus zarter, Cilien vergleichbarer Härchen auf- ') Fr. Leydig, Bemerkungen über den Bau der Cyclopiden. Archiv für Natur- geschichte. 1859, pag. 195. ?) Eine der zahlreichen Balhornischen Correeturen, die sich in den kleinen Crusta- ceen-Schriften dieses Autors bemerkbar machen, bezieht sich auch auf die Deutung von Leydig’s die Cuticula eines grossen Cyclops durchsetzenden, ihm nicht „klar gewordenen“ Porencanäle, von denen er vermuthet, dass Leydig eine am leichtesten erkennbare Hautdrüse vor sich gehabt habe. (293) 12 ©. IBR8: weisen kann. Sowohl hyaline, als vertical gestreifte Säume, letztere dicht stehenden Reihen von Härchen oder Wimpern gleichwerthig, kommen beiCyclopidenauch an Gliedmassen vor, z.B. an den drei apicalen Gliedern der weiblichen Antenne von M. eoronatus und tenuicornis, deren hyalinen Saum ich zuerst beobachtete und als „Längsfirste* bezeichnete. Wenn nun auch die äussere Form dieser hyalinen Säume in jüngster Zeit, unter stärkeren Systemen untersucht, eine genauere Darstellung erfahren hat, so muss es doch als ein Rückschritt bezeichnet werden, diese Gebilde wegen ihrer grossen Uebereinstimmung in inrem Aussehen mit den Endabschnitten der drei Spürborsten oder Spürkolben als möglicherweise sensibel in Anspruch nehmen zu wollen (Nr. 24, pag. 22). An den Grabelästen der sogenannten Furca entspringen bei allen Cyelopsarten sechs Borsten, vier am äussersten Zinde, eine am lateralen Rande und eine auf der Dorsalseite, nahe dem Distalende. Diese Borsten kehren bei den frei schwimmenden Copepoden fast überall wieder und finden sich auch bei Calaniden und Pon- telliden in derselben Zahl. Doch erscheint hier die laterale Rand- borste, welche bei Cyclops und Verwandten auf einen kurzen Dorn reducirt und nach der Basis zu mehr oder minder emporgerückt ist, zu einer den vier 'Terminalborsten gleichgestalteten Schwimm- borste verlängert, so dass man, wenigstens im ausgebildeten Zustande, fünf Terminalborsten antrifft. In den beiden ersten Stadien der Cyclopid- Reihe hat aber auch hier die laterale Furcalborste die Form eines kurzen Dornes, die sie bei Cyelops stets bewahrt. Die dorsale Borste entspringt über der zweitinneren der vier Ter- minalborsten und ist haarförmig, aber bei vielen Arten auch wie bei jenen mit seitlichen Fiedern !) besetzt. Von den vier terminalen Furcalborsten sind die zwei mittleren stets durch bedeutendere Stärke und Länge hervorragend, von den- selben ist die mediale die längste. Auch ist für jede derselben eine eigenthümliche ringförmige Differenzirung am Basaltheil charakte- ristisch. Sowohl diese als das erwähnte Längenverhältniss der ter- minalen Borsten tritt aber erst während der Entwicklung, und zwar erst im dritten Stadium der Cyelopidreihe hervor. Im jüngsten Stadium überragt die innere oder mediale der vier Furcalborsten die drei anderen gleich schwachen Borsten um das Vielfache des Umfanges und im zweiten Stadium ist die nächst benachbarte zweite ') Die Angabe Schmeil’s, dass dieselbe ein unbefiedertes Haar sei, ist irr- thümlich. (294) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 13 Borste die längste, während die innere und die dritte Borste keine so bedeutenden Grössenunterschiede zeigen (Taf. I, Fig. 3, 5). Gleiches gilt für eine grosse Zahl verwandter parasitischer !) Gattungen. Erst im dritten Stadium tritt das für die beiden mitt- leren Borsten charakteristische Längenverhältniss und ebenso die basale Differenzirung hervor. Diese letztere und ebenso der Um- stand, dass die Basis dieser Borsten unter gewissen Verhältnissen den Schein einer Einziehung bietet, bedürfen, da sie zu irrthüm- lichen Deutungen Anlass geben, einer kurzen Erörterung. Rehberg’s?) Angabe, dass die Furcalborsten eine besondere Vorrichtung bis über den Einschnitt, soweit die Behaarung fehlt, besitzen, um eingezogen werden zu können, spricht in einem Satze vier Irrthümer aus. Erstens sind keine derartigen Vorrichtungen vor- handen und von Rehberg auch nicht beschrieben worden ; zweitens gibt es keinen Einschnitt an der Basis, vielmehr ist die helle, für einen Einschnitt gehaltene Stelle eine Verdünnung der Borstenwand ; drittens beginnt die Behaarung weiter distalwärts, und viertens kann die Borste überhaupt nicht eingezogen werden. Zwar schliessen sich auch Andere dieser letzteren Ansicht an, und Vosseler?°) behauptet sogar, dass dieses „von Rehberg beschriebene Einstülpen der Borste in ihrem ersten Drittel fast immer bei der Begattung ein- trete, vielleicht um sie steifer zu machen. Ob dabei ein Muskel thätig ist, sei nicht zu entscheiden gewesen, dagegen scheine die kleine Auftreibung an der Basis der Borste den Vorgang der Ein- stülpung zu erleichtern“. Es sind das in der That starke Irrungen, die jenen Autoren bei einiger Orientirung über den feineren Bau der Haut und die Vorgänge während der Häutung erspart geblieben wären. Aber auch Schmeil*) verfällt dem gleichen Irrthum, wenn er auch das Ausmass der Einstülpung geringer schätzt und die Beobachtung gemacht haben will, dass „die mittleren Borsten nur sehr wenig, ungefähr bis zu der hellen Stelle der Furca, eingezogen waren“. Schon Leydig'’s elassische Daphniden-Monographie (Taf. I. Fig. 10). deren Bekanntschaft wohl von Jedem, welcher über Cru- staceen Arbeiten publieirt, vorausgesetzt werden darf, hätte jene Autoren darüber belehren müssen, dass die Borsten in Matrical- ‘) Vergl. E.Canu, Les Copepodes du Boulonnais etc. Lille 1892. (Taf. X, Fig. 6, 7; Taf. XII; Taf. XII, Fig. 5, 6; Taf. XV, Fig. 5, 6.) *) H.Rehberg, Beiträge zur Naturgeschichte niederer Crustaceen. Inaug.- Dissert. (Jena). 1884, pag. 10. °) J. Vosseler, Die frei lebenden Copepoden Württembergs etc. 1886, pag. 173. *) 0.Schmeil, Deutschlands frei lebende Copepoden etc. 1392, pag. 18. (295) 14 C. O1ERE; schläuchen erzeugt werden, welche je nach der Länge jener mehr oder minder weit in das Innere des Leibes hineinragen. Die von Rehberg (l.e. Fig. 1) gegebene Abbildung betrifft einen während der Häutung oder unmittelbar nach derselben beobachteten C. stre- nuus, dessen neu erzeugte Borsten, an der Basis noch von Resten ihrer Matricalschläuche umgeben, nicht ganz aus den Furealgliedern hervorgetreten sind, während die Abbildung, auf welche sich Vosseler (l.c. Taf. VI, Fig. 18) bezieht, nur ein Weibchen un- mittelbar nach der Häutung betreffen kann, aus dessen Furcal- gliedern die beiden mittleren Borsten noch nicht vollständig her- vorgetreten waren. Schmeil hat seine Beobachtung über die geringe, etwa bis zu der „hellen Stelle“ reichende Einziehung der beiden mittleren Furcalborsten durch keine bildliche Darstellung erläutert, hebt aber den Angaben Rehberg’s und Vosseler’s gegenüber hervor, dass bei denjenigen Arten, deren Furca kürzer als der dritte Theil der Borsten sei, diese mehr oder weniger weit in das Abdomen hinein- ragen müssten, was er für unmöglich halte. Hätte er den Vorgang der Neubildung der Borsten gekannt und ein unmittelbar vor der letzten Häutung stehendes Jugendstadium, in welchem die neuge- bildeten Borsten bis in das drittletzte Abdominalsegment hinein- reichen, näher untersucht, so wäre ihm wohl für die Missdeutungen jener Beobachter die Erklärung nicht entgangen. Bezüglich der charakteristischen, schon von Fischer ge- kannten und als Glied bezeichneten Differenzirung an der Basis der beiden mittleren Borsten handelt es sich um eine stärkere Ent- wicklung der Chitinhaut an der Borstenbasis, welche hierdurch einem Sockel vergleichbar wird. Auf diese folgt eine ringförmig ver- dünnte Stelle der Borstenwand. Beide Differenzirungen fehlen stets an der langen inneren oder ersten Borste des ersten Cyclopidstadiums. An der langen zweiten Borste, welche für das zweite Cyclopid- stadium charakteristisch ist, wird sie unmittelbar nach der Häutung vermisst, tritt dagegen später wohl in Folge neu abgelagerter Chitin- substanz an der Wand der Borstenbasis auf. Dasselbe wiederholt sich für die dritte Terminalborste (die äussere der beiden mittleren Borsten) im dritten Stadium. Die dritte Borste kann anfangs noch die sockelähnliche Differenzirung ihrer Basis entbehren. Im vierten Stadium wird dieselbe an beiden Borsten niemals mehr vermisst. Die Verdiekung der basalen Chitinwand dürfte somit kaum anders als durch Ausscheidung von Chitinsubstanz aus den be- nachbarten Hypodermiszellen und Anlagerung jener an die Innen- (296) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops, 19 seite der Borstenwand zu erklären sein. Dass in der That in die Basis der hohlen Borste zu Chitin erhärtende Substanz in reichlichem Masse secernirt wird, ergibt sich aus den Befunden, welche in Folge von Verletzungen der Borste sehr häufig zur Beobachtung kommen. Die Borste bricht sehr leicht oberhalb des Sockels an der ring- förmig verdünnten Stelle ab; alsdann schliesst sich aber bald das Distalende des Borstensockels mittelst eines dicken, glänzenden Chitinpfropfes. Bei genauer Untersuchung überzeugt man sich auch — am besten an der abgeworfenen Chitinhaut —, dass die Wand des Sockels, was bereits Schmeil erkannte, aus zwei Lagen besteht, von denen die innere wie ein Röhrchen von der in die verdünnte Borstenwand sich fortsetzenden äusseren Chitinlage umfasst wird (Taf.I, Fig. 15, 16). Die auf den Sockel folgende verdünnte und deshalb heller erscheinende Stelle der Borstenwand ist eine Differen- zirung, die in ähnlicher Weise an den viel schwächeren geringelten Tastborsten (z. B. an der Terminalgeissel der Greifantenne) ober- halb eines kurzen dicken Basalringes wiederkehrt, und hat nichts mit der Invagination zu thun, welche nicht selten im Verlauf der Furcalborste beobachtet wird und auch schon an der langen inneren, der basalen Differenzirung noch gänzlich entbehrenden Borste des ersten Cycelopidstadiums auftreten kann. Offenbar wird durch die verdünnte biegsame Stelle oberhalb der Borstenbasis die Elastieität der beiden langen Furcalborsten erhöht. Das Receptaculum seminis und dessen Drüsenapparat zur Bildung der Eiersäckchen. Der bei den einzelnen Arten verschieden gestaltete Behälter in dem Medianfelde des Genitaldoppelsegmentes war schon Jurine bekannt und von demselben als dreifache Papille bezeichnet worden. Auch Fischer hat die Umrisse des Organes beobachtet und das- selbe als „Operculum vulvae“ gedeutet. W. Zenker glaubte die Function des Organes als die einer Kittdrüse zur Bildung der Eier- sackhüllen bestimmen zu können. Ich schloss mich dieser Deutung (Nr. 4) an und beschrieb mehrere Formen dieser Kittdrüse für einige Cyclops-Arten. In meiner später folgenden Abhandlung zur Ana- tomie der Copepoden (Nr.6, pag. 26) schrieb ich aber dem Organe noch eine zweite Function zu, indem ich dasselbe als Receptaculum seminis zur Aufnahme und Aufbewahrung der .Spermatozoen be- trachtete, eine Deutung, welche ich im Anschluss an die ähnlichen Organe mariner Copepoden in der Copepodenmonographie näher be- gründete. Ich äusserte mich damals: „Bei Cyelops ist es eine Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 3. 21 (297) 16 äh nn mediane Drüse mit deutlich zelliger Wandung, welche an ihrem oberen Theile rechts und links Ausläufer zu den Geschlechtsmün- dungen entsendet. Ihre Form wechselt nach den einzelnen Arten. zeigt aber für diese constante Verhältnisse, so dass sie mit zur Erkennung der Uyclops-Species benutzt wer- den kann. Diese Drüse steht aber noch durch einen sehr kurzen Gang mit dem äusseren Medium in direeter Verbindung (Nr. 9, Taf. IV, Fig. 570) und mündet in einen Porus auf der Medianlinie der Bauchfläche, an einer Stelle, an welcher regel- mässig während der Begattung die beiden Spermatophoren befestigt werden. Auf diese Weise dringt die Samenmasse nicht, wie Zenker glaubte, durch direete Einschiebung der Spermatophoren in die Vulva, sondern durch den erwähnten Porus in das Innere der Drüse ein.“ In dieser kurzen Darstellung war nicht nur die Function des Organes als Receptaculum seminis, sondern auch der Werth der- selben als Art-Merkmal erkannt und ausgesprochen. Alle späteren Autoren haben die Richtigkeit dieser Deutung bestätigt, dagegen sind über die zweite Function des Organes als Drüse zur Her- stellung der Eiersackhüllen Bedenken laut geworden. Gruber (Nr. 15) glaubte dieselbe sogar durch direete Beobachtungen zu Gunsten des Endabschnittes der Oviducte widerlegt zu haben, und es scheint fast, als wenn die Ansicht dieses Forschers bei den jün- geren Autoren allgemeine Aufnahme gefunden habe. Eine wieder- holte Prüfung des in Frage gestellten Verhältnisses gab mir jedoch den Beweis, dass meine alte Deutung nicht so einfach von der Hand zu weisen ist, vielmehr dem Sachverhalt entspricht und dass Gruber’s Correetur eine irrthümliche ist. Bei Calaniden, welche wie die Gattung Diaptomus (Cyelopsine) Eiersäckchen bilden, hatte ich selbst bereits erkannt, dass die kleinen, zur Erzeugung der Eiersackhülle dienenden Drüsen- zellen im Enndabschnitte der Oviducte enthalten sind. @ruber hat dieses Verhalten bestätigt und nachgewiesen (Nr. 15, pag. 430, 431), dass das Lumen beider Oviducte vor der Eierablage ein stark licht- brechendes Secret enthält, welches den unteren Abschnitt jener in grösseren und kleineren Klumpen erfüllt und bei der Eierablage die Eier umhüllend aus der Geschlechtsöffnung austritt. Das Drüsen- epithel der Oviductwand, welches die lichtbrechende Substanz ab- scheidet und zum Nachweise der Provenienz des Secretes dient, hat jener Autor nicht nachgewiesen, es verbleibt daher zur Bestimmung der- selben eine Lücke auszufüllen. Querschnitte durch das letzte Thoracal- segment, welches den Endabschnitt beider Oviducte einschliesst, lassen (298) nn u. Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Üyclops. 17 jedoch darüber keinen Zweifel, dass es in der That das Epithel der Oviductwand ist, von welchem die hellen Secretklumpen ausge- schieden werden (Taf. III, Fig. 16, 17). Nach diesem an Diaptomus constatirten Befunde ist es sehr wahrscheinlich, dass auch bei denjenigen Calaniden, welche Eier- säckehen bilden und wie jene Gattung eines Receptaculums ent- behren, die hinterste Partie der Oviductwand die Function über- nimmt, das die Eihülle bildende Secret abzusondern. Ob das gleiche Verhältniss auch für solche Calaniden zutrifft, welche ein Recepta- culum besitzen und die Eier in einem Säckchen mit sich umher tragen, ist bislang nicht mit Sicherheit erwiesen worden. Ueber- haupt erscheint es fraglich, ob solche Gattungen existiren, da bei denjenigen Calanidengattungen, welche ein Receptaculum besitzen, soweit bekannt, Eiersäckchen nicht gebildet werden. In diesen Fällen soll nun nach der Darstellung Gruber's der Inhalt der Recep- tacula nicht nur aus den eingetretenen Spermatozoen, sondern aus einer diese umgebenden lichtbrechenden Substanz bestehen, welche als der im Samenleiter abgesonderte Kittstoff zuerst aus der Spermatophore eingedrungen, theils im blinden Ende des Recepta- eulums. theils rings an der Wandung desselben sich lagerte. Die Richtigkeit dieses Verhältnisses vermag ich zur Zeit nicht zu be- streiten, da mir auf dasselbe bezügliche Beobachtungen fehlen. Eine andere Frage ist es, ob Gruber das Richtige getroffen hat, wenn derselbe meinen früheren Angaben gegenüber die bei Diaptomus nachgewiesenen Befunde auf dieCycelopiden, welche sämmtlich ein Receptaculum besitzen, überträgt und demgemäss auch hier die Abscheidung der zur Bildung der Eiersackhülle dienenden lichtbrechenden Substanz im Endabschnitt der Oviducte erfolgen lässt. Die zwei Versuche, welche Gruber als Argument verwerthet, dass der Drüsenapparat, welcher die Substanz secernirt, nicht dem Receptaculum angehören könne, haben jedenfalls keinen entscheidenden Werth, denn sie beweisen nur, dass die blassen polygonalen Gebilde im Innern des Receptaculums die Zoospermien sind, nicht aber, dass die in der Umgebung derselben angehäufte gelbe Substanz aus den Spermatophoren eingedrungener Kittstoff ist und dass das Secret somit wie bei Diaptomus in den Oviducten gebildet wird. Ich selbst habe diese polygonalen blassen Gebilde früher irrthümlich für das Drüsenepithel der Wand gehalten, und insofern erscheint allerdings @ruber's Correctur vollkommen be- rechtigt. Damit ist aber noch keineswegs die Frage erledigt, ob die in der Umgebung des Receptaculums angehäufte Substanz zugleich 21* (299) 18 C. Claus: mit den Samenkörperehen aus der Spermatophore eingedrungener Kittstoff des Männchens ist oder nicht schon ein vor dem Eintritte jener vorhandenes Drüsensecret des weiblichen Thieres darstellt. (Gruber scheint die Beantwortung der Frage im ersteren Sinne als selbstverständlich betrachtet zu haben, obwohl er bereits selbst, wenn auch nur in der Figurenerklärung, auf eine Beobachtung hinge- wiesen hat, welche ihn bei weiterer Verfolgung zu dem wahren Sachverhalt hätte hinleiten müssen. Gruber hat nämlich an der Vorderwand des Receptaculums von C. bieuspidatus (Nr. 15, pag. 6, Taf. XXVI, Fig. 12) eine dicke Substanzlage abgebildet, die er nicht auf eingetretenen Kittstoff bezieht, sondern, ohne uns über dieselbe im Texte Aufklärung zu geben, in der Erklärung der Ab- bildungen „als eine gelbe Substanz“ bezeichnet, „welche sich bei der vorliegenden Art stets an dieser Stelle findet“. Was diesem Beobachter aber entgangen war, ist das Vor- handensein einer besonderen Lage von Drüsenzellen, welche die gelbe Substanz ausscheiden, sowie der weitere Umstand, dass diese wie jene auch am Receptaculum aller übrigen Cyelops-Arten vor- handen sind, nur nach Lage und Form in verschiedenen Modifi- cationen und bald in grösserem, bald in geringerem Grade entwickelt auftreten. In der Regel ist die gelbe Substanz als ein schmaler oder auch breiter gelber Streifen dem Receptaculum aufgelagert, an manchen Stellen auch und insbesondere an dem seitlichen Aus- führungsgang desselben und unterhalb der Geschlechtsöffnung, in Form grösserer oder kleinerer Kugeln angehäuft, welche von den blassen polygonalen Samenkugeln, die den Inhalt des Recepta- culums bilden, nach Farbe und Lichtbrechung so verschieden sind, dass eine Verwechslung ausgeschlossen erscheint. Welches ist nun die Function dieses unter verschiedenen Ver- hältnissen auch bei derselben Art in ungleicher Weise entwickelten Drüsenapparates? Man könnte zunächst daran denken, dass derselbe, wie so häufig Drüsenanhänge am Receptaculum, die Bedeutung habe, durch sein Absonderungsproduct eine erhaltende Einwirkung auf die Zoospermien auszuüben. Einer solchen Deutung steht aber nicht nur die Beschaffenheit des Seceretes an sich, sondern vor Allem der Umstand entgegen, dass dasselbe mit den Samenkugeln über- haupt nicht in direete Berührung kommt, indem die Secretkugeln ausserhalb der cuticularen Wand des Receptaculums verbleiben und nicht, in das Innere dieser eintretend, mit jenen: vermengt liegen. Dagegen erscheint die Beschaffenheit des gelblichen Absonderungs- productes mit einer Verwendung desselben zur Bildung der Eier- (500) en? si Aa Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 19 sackhülle sehr wohl in Einklang zu bringen, und dürfte besonders dann jeder Zweifel behoben sein, wenn es sich herausstellen sollte, dass keine anderen Drüsensecrete vorhanden sind, welche zu diesem Zwecke in Betracht gezogen werden können. Man wird daher zunächst die Beschaffenheit des hintern Oviduct-Abschnittes näher zu untersuchen und mit dem Oviduct von Diaptomus zu vergleichen haben. Nach Gruber wird auch bei den Cyclopiden das Secret für die Eiersäckehen im Oviducte erzeugt, und soll das Lumen desselben „von der reifsten Eianlage an bis zur Geschlechtsöffnung“ als gelb- lich erscheinende zähe Substanz, aber nicht wie bei Diaptomus in Form mehrerer Ballen, sondern meist als ununterbrochener Streifen durchziehen. Dieser Angabe entspricht auch die Abbildung des Oviductes von C. bicuspidatus (Nr. 15, Taf. XX VII, Fig. 2 u. 5). Auch ich selbst habe das Vorhandensein eines solchen Secretes im Endabschnitt des Eileiters, wenn auch nicht in jenem Umfang, nach- weisen können. Indessen scheinen sich nicht alle Arten in dieser Hinsicht gleich zu verhalten. Querschnitte durch das letzte Thoracal- segment zeigen bei einzelnen Arten eine Beschaffenheit der Oviduct- wand, welche von der des vorausgehenden, Eier enthaltenden Theiles eben nicht abweicht und eines Belages höherer Drüsenzellen ent- behrt (Taf. III, Fig. 15 Oxd). In der Regel aber ist in dem hinteren Abschnitt an der medialen und ventralen Seite der Wand eine Be- kleidung höherer Zellen zu constatiren, welche bei manchen Arten, z. B. Ü. viridis, coronatus, in das hintere Thoracalsegment hinaufreichen (Fig. 15!) und es ist hier thatsächlich ein Secret ge- bildet, welches offenbar zur Umhüllung der Eier in Beziehung steht. Nun aber haben wir, was von Gruber nicht geschah, in Rücksicht zu ziehen, dass die Eier von Cyelops innerhalb der Eiersäckchen verschiedene Umhüllungen besitzen, zunächst eine Dottermembran, welche nach Ed. van Beneden!) von den Epithelzellen des Eileiters, nach meiner Meinung aus dem Dotter, eventuell als erhärtete Grenzschicht, abgeschieden sein soll; dann noch eine zartere oder derbere Kapsel, die schon vor dem Austritt des Eies aus der Geschlechtsöffnung als Seeretumhüllung vorhanden, und ein Absonderungsproduct des unteren Abschnittes der Eileiter- !) Ed. van Beneden, Recherches sur l’embryogenie des Crustaces. I—IV, Bull. de l’Acad. roy. des scienc. de Belg. 2. Ser. 1869— 1870. — Derselbe, Recherches sur la composition et la signification de l’oeuf bastes sur l’&tude de son mode de formation et des premiers phenomenes embryonnairs. Mem, cour. et des sav. £trang. publ. par l’Acad. roy. des science. de Belg. XXXIV. 1870. — Vergl. auch H. Ludwig, Ueber die Eibildung im Thierreiche. Gekrönte Preisschrift. Würzburg 1574. (301) 20 C.:Claus: wandung sein dürfte. Wir sehen also, dass das Vorhandensein eines Drüsensecretes im unteren Oviductabschnitte die Verwendung der die Samentasche und Seitengänge umlagernden Secretlagen zur Bildung der Eiersäckchenhülle keineswegs ausschliesst. Gerade das Vornandensein einer Chorionkapsel um jedes Ei, macht es schon an sich wahrscheinlich, dass das Ei vor dem Eintritt in die zur Sackhülle erstarrenden Secretschichte von einer ähnlichen, mit dieser nicht zusammenfliessenden Absonderung umlagert ist, welche nur im Endabschnitte des Oviductes gebildet sein kann. Und andererseits gibt die Verfolgung der wechselnden Form und (rössenverhältnisse des mit dem Receptaculum verbundenen Drüsen- apparates und seiner Secrete ausreichende Anhaltspunkte, um dar- zuthun, dass diese die Wand des Eiersackes erzeugen. Beweisend für die Absonderung eines so reichlichen Secretes in der Peripherie der Samentasche und für die Verschiedenheit des- selben sowohl von dem Kittstoff der Spermatophore, als von den blassen Spermakugeln, welche das Receptaculum nach dem Anheften der Spermatophoren erfüllen, ist ein sehr einfacher und von mir mehrfach wiederholter Versuch. Man isolirt das Cycelops-Weibchen im letzten Cyelopidstadium vor der Abstreifung der Haut und untersucht dasselbe nach erfolgter Häutung auf die Beschaffenheit des Receptaculums. Ein solches vollkommen geschlechtreifes, noch jungfräuliches Weibchen zeigt im Umkreis des zusammengefallenen, der Samenkörperchen entbehrenden Receptaculums (Rc) die Drüsen- zellenlage (Dr‘, Dr‘) nebst Secretschicht (S%kr) mächtig entwickelt (Taf. II, Fig. 6). Vornehmlich erscheint die Vorderwand des Recepta- culums von C. strenuus zu diesem Nachweise geeignet (Fig. ) Dr‘). Hier wird die Secretschicht, den Zellengrenzen entsprechend, von Streifen durchsetzt (S%kr), während das Secret bei C. viridis in glänzende Kugeln zerfallen ist, die über und unterhalb der zusammengefallenen, der Spermakugeln entbehrenden Samentaschen gehäuft liegen und den Seitengängen der letzteren nach den Ge- schlechtsöffnungen hin folgen. Wir haben demnach ausser den blassen, bei diehtem Aneinander- liegen ein polygonales Zellengewebe vortäuschenden Kugeln, welche aus den Spermatophoren in das Receptaculum eintreten und den aufgeblähten Samenkörpern entsprechen, noch die Anhäufungen stark liehtbrechender Kugeln wohl zu unterscheiden. Dieselben liegen der zarten Chitinwand der Samentasche von aussen an, breiten sich aber bis zu den Geschlechtsöffnungen hin aus, an deren Unter- seite sie bei vielen Arten grössere Anhäufungen bilden. Wenn es (302) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Üyelops. al an sich schon unwahrscheinlich ist, dass dieses vor der Eierablage so copiös abgeschiedene Secret eine andere Verwendung als zur Bildung der Säckchenhülle findet, so gestattet das veränderte Bild, welches der Drüsenapparat nach der Begattung und Ablage der Eier bietet, keine andere Deutung. Man sieht alsdann (Taf. II, Fig. 1, 2,4, 5ete.) das Receptaculum in einer für die Art charak- teristischen Form ausgedehnt und mit Sperma erfüllt, während das auflagernde Secret nebst dem Drüsenzellenbelag je nach der Zahl der Eierlagen mehr oder weniger verbraucht und rückgebildet er- scheint. Besonders überzeugend ist der allerdings selten vorkommende Fall, dass das Eiersäckchen nur an einer Seite des Körpers ge- bildet wurde (Taf. II, Fig. 7). An der entgegengesetzten Seite fand dann das Secret keine Verwendung und veranlasste eine entsprechend unsymmetrische Gestaltung des Receptaculums, dessen Wand sich an dieser Seite durch den Druck der angehäuften Seceretmasse nach dem Lumen hin einstülpte. Unter solchen Verhältnissen erscheint es denn auch vollkommen verständlich, dass der Drüsentheil der Samentasche, wie auch die Beschaffenheit seines aus Samenkörpern gebildeten Inhaltes je nach der Zahl der Eierlagen und dem Alter des weiblichen Geschlechtsthieres, welches keine weitere Häutung mehr erfährt, Veränderungen zeigt, die man nicht ausser Acht lassen darf, wenn man die Gestalt des Receptaculums etwa als Differential- charakter sehr nahe stehender Arten verwenden will (Taf. II, Fig. 5). Ich selbst habe bereits auf den hohen Werth, welchen die Form des Receptaculums als Artmerkmal besitzt '), mit Nachdruck hinge- wiesen und für mehrere Arten die besondere Gestaltung desselben zuerst beschrieben, jedoch ebensowenig wie die späteren Autoren, den mannigfachen, bei derselben Art auftretenden Variationen, welche einerseits durch den Verbrauch und die Neubildung des Drüsensecretes, andererseits durch den Verbrauch des Spermas bedingt werden, Rechnung zu tragen. Auch in dem jüngst erschienenen Werke von Schmeil ist der Drüsenapparat der Samentasche verkannt worden. Wenn der- selbe Autor bemerkt, dass das Receptaculum, in dem man früher ein drüsiges Organ zur Bereitung der die austretenden Eier ver- bindenden Kittsubstanz zu erkennen glaubte, bisher zum Zwecke der Systematik so gut wie ganz unbeachtet geblieben und von ihm selbst zum ersten Male in consequenter Weise für systematische Zwecke nutzbar gemacht worden sei, so ist in Erinnerung zu bringen, 1. €. Nr.9, pag.66. (303) Be 0 22 C. Claus: dass ich selbst auf die nach den einzelnen Arten wechselnden. aber für dieseeconstantenFormverhältnisse als zur Erkennung der Species verwerthbar, die Aufmerksamkeit gelenkt habe, und dass die von ihm für widerlegt gehaltene Bedeutung des zugehörigen Drüsenapparates für die Bereitung der Eiersäckehenhülle thatsäch- lich besteht und die innerhalb gewisser Grenzen bestehende Variabi- lität in der Form des Receptaculums bedingt, welche mich seiner- zeit trotz der für eine Anzahl von Arten beschriebenen Unter- schiele davon zurückgehalten haben dürfte, dasselbe unter die in erster Linie zu verwerthenden Speciescharaktere aufzunehmen. Man kann daher weder sagen, das Receptaculum sei bisher zum Zwecke der Systematik so gut als unbeachtet geblieben, noch bei den indi- viduellen, von Schmeil nicht in Betracht gezogenen Variationen behaupten, dasselbe sei das einfachste und sicherste Mittel zur Bestimmung der Arten, obwohl die Bedeutung als Bestimmungs- mittel nicht im Entferntesten bestritten werden soll. Unter solchen Verhältnissen erscheint es denn auch wohl fraglich, ob es Schmeil wirklich geglückt ist, in Fällen ausser- ordentlich schwieriger Synonymie mit Hilfe des Receptaculums die Entscheidung der Artverschiedenheit zu ermöglichen. Die Frage, ob C. bieuspidatus Cls. und ©. bisetosus @. O. Sars blos Ab- änderungen derselben Art oder specifisch verschieden sind, wird meines Dafürhaltens keineswegs durch die Differenzen in der Form des Receptaculums (auch nicht des fünften Füsschens) zu Gunsten der Artenverschiedenheit gelöst, denn jene beziehen sich vornehm- lich auf die Grösse und Form der Drüsenumlagerung !) des Recep- taculums (Nr. 24, Taf. II, Fig. 3 und 10). Dass in dem einen Falle der vordere, vor der Grenzlinie beider Abdominalsegmente gelegene = Theil des Receptaculum weniger ausgedehnt und mit Spermazellen gefüllt ist als im anderen, kann umsoweniger in Betracht kommen, als Schmeil selbst für das Receptaculum von C. languidus (Nr. 24, Taf. III, Fig. 15, 16, 17) drei Formzustände mit verschiedener Fül- lung des vorderen und des hinteren, unterhalb der Grenzlinie beider !) Uebrigens hat Schmeil die mächtige Drüsenschicht in der Circumferenz des Receptaculums von C. bisetosus als drüsiger Natur erkannt, während er die gleiche, aber minder entwickelte Secretschicht an der Samentasche von Ü. bicus- pidatns zwar abbildet, im Texte jedoch überhaupt nicht erwähnt. Für jene hebt er hervor: „Bei den meisten Individuen liessen sich zwei am oberen Theile des Re- ceptaculum entspringende, seitlich gerichtete, verschieden lange Hörnchen von unbe- kannter Function nachweisen. Umgeben wird die Samenblase von einem helleren, im oberen Theile des Segmentes zweiflügeligen Organe, das als Drüse zu deuten sein dürfte“ (1. c. pag. 96). = (304) Luna Va Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 23 Segmente gelegenen Abschnittes des Receptaculums abgebildet hat, die theilweise freilich auch auf Rechnung der fettglänzenden Secret- kugeln zu stellen sein dürfte. Wenn wir die verschiedenen Formen des Receptaculums, welche unter Rücksichtnahme auf die jeweilige Gestaltung des Drüsen- apparates und den Grad der Anfüllung mit Spermazellen immerhin als wichtiges Erkennungsmerkmal der Species in Frage kommen, vergleichend überschauen, so finden wir, dass dasselbe fast immer in einen vorderen und hinteren Abschnitt getheilt ist, von denen jener im ersten, der hintere im zweiten Abschnitt des Genital- doppelsegmentes gelegen ist; wir finden ferner, dass beide seitlich an der Grenze dieser Segmente durch einen gemeinsamen Gang (9) nach der Geschlechtsöffnung führen. Nach Form und Grösse verhalten sich nun beide Abschnitte der Samentasche nach den Arten über- aus verschieden und zeigen sogar innerhalb derselben Art indivi- duelle Variationen, die noch durch den Grad der Anfüllung mit Sperma verstärkt werden. Bei Mikrocyclops gracilis (und ähnlich bei Cyclops Leuckarti) bleibt der vordere Ab- schnitt im Vergleiche zum hinteren von nur geringem Umfange und erscheint median in zwei Schenkel getheilt, welche sich seit- lich in den Ausführungsgang fortsetzen (Taf. III. Fig. 4, 5). Da- gegen ist die Samenblase von M. varıcans bauchig aufgetrieben und ebenso wie der hintere Abschnitt sackförmig und ungetheilt (Taf. III, Fig. 7). Aehnlich verhalten sich C. strenuus (Taf. II. Fig. 7, 3), sodann C. bieuspidatus (Taf. II, Fig. 10; Taf. III, Fig. 1, 2) und dessen als C. bisetosus beschriebene Abänderung !), beziehungsweise Art (Taf. II, Fig. 11, 12; Taf. III, Fig. 3). Bei den Makrocyelops-Arten (Taf. I, Fig. 1 und 2) ist der hintere, in das zweite Genitalsegment fallende Abschnitt durch eine mediane Einbuchtung in zwei seitliche Flügel (M. tenui- cornis, Fig. I) oder vollständig in zwei Hälften getheilt (M. coro- natus, Fig. 2). Bei Eucyclops serrulatus und macrurus (Taf. II, Fig. 3, 4), C. viridis (Fig. 5, 6), Paracyclopscantho- ‘) Ich fand diese Form in den unterirdischen, von der Recca gespeisten Tümpeln des sogenannten Rudolfdoms von St. Canzian. Mit derselben vergesellschaftet fand sich in grösserer Menge C©. bicuspidatus, mehr vereinzelt C. vernalis mit lOgliederigen (für C. elongatus charakteristischen) Antennen und C. serrulatus. In dem aus Cisternen bei Divacca von Herrn Inspector Dr. Gräffe gefischten Materiale war besonders C. bicuspidatus, zumeist in kleinen Exemplaren mit (unvollzählig gegliederten) meist ]4gliederigen Antennen, ferner C. serrulatus und strenuus verbreitet. (305) Be‘ 24 0. G1a8; carpoides und Heterocycelops affinis schnürt sich zugleich auch der vordere Abschnitt median ein und bildet wie der hintere zwei seitliche Flügel. Dasselbe gilt auch für C. vernalis und dessen als CO. elon- gatus beschriebene Varietät (Taf. III, Fig. 8, 9), nur dass hier der hintere, sonst in das zweite Genitalsegment fallende Abschnitt rudi- mentär bleibt und nicht über die ventralwärts verbleibende Grenz- linie beider Segmente hinausrückt. Von besonderem Interesse ist end- lich die bei Ü.prasinus Fisch. (C.longicornis, Vernet!?) auf- tretende Modification, indem hier der in das vordere Segment fallende Abschnitt des Receptacnlums durch zwei lange, S-förmig gebogene Schläuche vertreten wird, während der hintere Abschnitt nach Schmeil aus zwei schräg nach aussen und unten gerichteten Säcken besteht. Leider habe ich E.prasinus nur in Weingeistexemplaren untersuchen können, es ist mir daher die richtige Deutung der Be- sonderheiten nur auf dem Wege conjecturaler Auslegung der von Vernet und Schmeil gegebenen, keineswegs vollkommen über- einstimmenden Beschreibung möglich, und erst die Untersuchung der lebenden Form wird später entscheiden, ob ich das Richtige ge- troften habe. Schmeil’s Darstellung ist vor Allem schon deshalb unzureichend, weil derselbe die Bedeutung des Drüsenapparates, welcher ohne Frage auch in unserem Falle vorhanden ist, nicht kennt und dessen glänzende Secretkugeln von den blassen, aufge- quollenen Spermakugeln nicht unterscheidet. Die Angabe dieses Autors über den Inhalt der unteren (hinteren) Säcke, welcher „aus grossen, stark lichtbrechenden Kugeln bestehe, die sich auf den ersten Blick als Spermatozoen zu erkennen geben“, gibt zugleich im Hinblick auf die drei für das Receptaculum von C. languidus beschriebenen Variationen (Taf. III, Fig. 15, 16, 17), bei deren Deutung auch die hellen, fettglänzenden Secretkugeln mit den kleinen blassen Samen- kugeln zusammengeworfen wurden, den Beweis für die Unrichtig- keit seiner Deutung, zumal ja der Inhalt des oberen Abschnittes, der S-förmig gekrümmten Canäle, als sehr feinkörnig gestrichelt be- schrieben und aus dicht gedrängten Samenelementen bestehend nachgewiesen wird, welche sich bei nicht so dichter Füllung zu gegenseitig sich abplattenden Kugeln ausdehnen. Diese sind also die blassen Samenkugeln und die beiden Canäle oder besser Schläuche ‘)H. Vernet, Observations anatomiques et physiologiques surle genreÜ yclops. Geneve 1871 (Fig. II). (5306) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyelops. 25 des vorderen Abschnittes sind Behälter des Samens, welche dem auch bei den verwandten Eucyclops-Arten (serrulatus und macrurus) mächtig entwickelten vorderen Abschnitte des Recep- taculums entsprechen. Diese Deutung steht mit der vollständigeren Beschreibung Vernets, nach welcher von der Basis jener die seitlichen Ausführungsgänge entspringen (vgl. Vernet, l.c. Taf. Ill. Fig. 9), im besten Einklange. Unterhalb der letzteren wurde von Vernetnoch eines Paares niedriger, langgestreckter Querschläuche (7) als troisieme paire, des capsules Erwähnung gethan, von Schmeil aber nicht gesehen und deshalb als auf einem „entschiedenen Irrthum“ beruhend zurückgewiesen. Bei der genauen Darstellung des Samen- behälters Seitens Vernet’s ist an dem Vorhandensein derselben nicht zu zweifeln, sie entsprechen den beiden ebenfalls niedrigen, im zweiten Genitalsegmente gelegenen, auch bei E. serrulatus und macrurusähnlich gestalteten Flügeln des hinteren Abschnittes und dürften in gleicher Weise wie die vorderen (Vernet’s Capsules superieures de la glande des sacs ovigeres) mit Samenelementen ge- füllt sein. Was ist nun aber die Bedeutung der unteren, seitlich nach hinten divergirenden, mit glänzenden vermeintlichen Sperma- kugeln (Schmeil) gefüllten Säcke, welche Vernet's mit glänzen- den Kugeln gefüllten „Capsules inferieures“ (f) entsprechen? Ich glaube, zumal im Hinblick auf die auch bei ©. serrulatus an der unteren Grenze des Receptaculums und wie bei so zahlreichen Arten seitlich nach den Geschlechtsöffnungen hin massenhaft, fast beutel- förmig gehäuften Secretkugeln (Taf. Il, Fig. 3, 4 Dr“ Skr), nicht zu irren, diese in Schmeil’s Abbildung die hinteren Flügeln des Receptaculums verdeckenden Säcke als den mächtig entwickelten hinteren Theil des Drüsenapparates betrachten zu können. Eine bisher überhaupt noch gar nicht aufgeworfene Frage betrifft die Entstehungsweise des Receptaculums. Man erwartet die Beantwortung derselben mit Hilfe des letzen Cyelopidstadiums, in welchem an der ventralen Grenze beider noch völlig getrennten Genitalsegmente die Anlage desselben und seines Drüsenapparates aufzusuchen ist. Da der mediane Porus der Samentasche im ge- schlechtsreifen Zustande dicht unter dem leistenförmig vorspringen- den (srenzeontour beider Segmente, welcher an der Bauchseite und bis zum Füsschenhöcker der Geschlechtsöffnung jederseits persistirt, seine Lage hat, die intersegmentale zarte Verbindungshaut zwischen jener dem hinteren Rande des vorderen Genitalsegmentes ent- sprechenden Grenzleiste und dem ebenfalls nicht mehr nachweis- baren Vorderrande des zweiten Genitalsegmentes hinweggefallen ist, (307) VETTee u R 26 C. Claus: so liegt der Gedanke nahe, dass die Samentasche durch eine mediane Einstülpung der Zwischenhaut entstanden ist und die seitlichen Ausführungsgänge derselben nach den beiden Geschlechtsöffnungen hin aus der rinnenartig in die Tiefe eingezogenen Verbindungshaut hervorgegangen sind. Ich habe jedoch keine sicheren Anhaltspunkte für diese Entstehungsweise auffinden können. Schon in dem letzten Cyelopidstadium erscheint der zur Grenz- leiste werdende Rand des vorderen Segmentes hinter dem durch drei Borsten tragende Höcker bezeichneten Genitalfüsschen unterbrochen und seitlich, da wo die @eschlechtsöffnung zum Durchbruch kommt, von dem dorsalen Theile des hinteren Randes getrennt (Taf. I, Fig. 11 £°). Man beobachtet nun zwar eine ausgedehnte Zellenwucherung an der Ventralseite längs der Grenzleiste beider Segmente, nicht aber irgend welche Einstülpung und Einziehung der Verbindungshaut, ebensowenig weiter hinten liegende Zellenwucherungen, aus denen der hintere Abschnitt der Samentasche nebst zugehörigen Drüsen hervorgegangen wäre. Wahrscheinlich handelt es sich um einen abgekürzten vereinfachten Entwicklungsvorgang, der sich unterhalb des Integuments versteckt, in raschem Verlaufe vollzieht. Der feinere Bau und die Entwicklung der Antennen, Die vorderen Antennen bestehen im ersten Cyclopidstadium seltener aus 5, meist aus 6 Gliedern (Taf. IV, Fig. 1). Im ersteren Falle ist die Theilung des sehr langgestreckten Basalabschnittes in 2 Glieder noch nicht erfolgt. Wahrscheinlich sind die drei apıi- calen Glieder aus dem umfangreichen, mit zahlreichen Borsten be- setzten Endgliede der Metanaupliusform hervorgegangen. Es kann wohl kein Zweifel darüber bestehen, dass die 3 api- calen Glieder der normal entwickelten Antennen von Cyelops und Verwandten den 3 Endgliedern der 24gliederigen Antennen der Calaniden und Pontelliden entsprechen, und dass das voraus- gehende viertletzte Glied der Cyelops-Antennen dem 19., 20. und 21. Gliede der letzteren entspricht. Die Richtigkeit dieser Zurück- führung wird sich mit Hilfe der Insertion der Spürschläuche aus der Entwicklung der Greifantenne im Verlaufe der folgenden Dar- stellung ungezwungen nachweisen lassen. Schon im jüngsten Stadium inseriren am Distalrande des Endgliedes 7 Borsten, und zwar in zwei Gruppen von drei und vier Borsten vertheilt. Die ersteren erheben sich nahe dem Hinterrand und sind von ziemlich gleicher Länge. Zwischer dieser Gruppe von Tastborsten und der zweiten, nahe dem Vorderrande entspringenden Borstengruppe findet sich (308) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 27 eine terminale Erhebung, deren Form und Grösse bei den ver- schiedenen Arten wechselt und als Anhaltspunkt zur Bestim- mung der Jugendform dient. Bei C. strenuus ist dieselbe bei- spielsweise flach und langgezogen, bei C. coronatus conisch und etwas gekrümmt, von ansehnlicher Höhe (Taf. IV, Fig.7, 9, 11). In der zweiten, aus 4 Borsten bestehenden Gruppe bleibt eine sehr kurz, während eine andere an Stärke und Länge bedeutend hervorragt. Neben der dritten, merklich kürzeren Borste inserirt dieser oft dicht angelehnt die ganz kurz gestielte blasse Spür- borste, welche dem terminalen Spürschlauch oder Spürkolben an der Pontelliden-Antenne (S5,) entspricht. Viel unansehnlicher und oft schwer nachweisbar, weil von der viel stärkeren Nachbarborste verdeckt, ist der blasse Borstenanhang (S2,,) des vorletzten Gliedes» welcher auch schon im ersten Cyclopidstadium auftritt, während der meist längere und als gestielter blasser Kolben gestaltete Spürschlauch am viertletzten Gliede erst mit der nachfolgenden Häutung zum Vor- schein kommt (Fig. 3 $,,,). Es ist derselbe Borstenanhang, den ich schon in der Arbeit über die blassen Kolben etc. (Nr. 8, Taf. VII, Fig.5) und dem Copepodenwerke (pag.53) am 12. Gliede der 17gliede- rıgen Antennen als lanzetförmigen, auf engem, dunkel conturirtem Stiele sitzenden blassen Zapfen beschrieben und (Nr. 9, Taf. IV, Fig. 11) abgebildet habe. Auch noch im zweiten Stadium bleiben die Vorderantennen nicht selten 6gliederig, sind jedoch häufiger durch Theilung des zweiten Gliedes in 2 gleich grosse Glieder 7gliederig geworden und be- sitzen dann auch schon am viertletzten Gliede den blassen Spürschlauch (Fig. 3). Im dritten Stadium findet man in der Regel schon 9gliede- rige Antennen (Taf. IV, Fig. 5, 6, 7), die aus den 7gliederigen durch Theilung des basalen Gliedes in zwei langgestreckte und des nach- folgenden zweiten in zwei kürzere Glieder abzuleiten sind. Folgt die letztere Theilung später, so treten Sgliederige Antennen auf. Indem mit der nachfolgenden Häutung eine Theilung des dritten Gliedes in zwei kurze Glieder erfolgt, erhalten wir die für das 4. Cyclopidstadium charakteristische 10gliederige Antennenform (Fig. 8). In den zu männ- lichen Thieren sich entwickelnden Jugendformen dieses Alters ist jedoch diese Theilung in der Regel unterdrückt oder doch nur an der Dorsalfläche durch eine Quercontur angedeutet (Fig. 9). Ein kleines Borstenhäkchen (Ph) am dritten Absatze des 5. Gliedes und ein eben- solches am nächstfolgenden 6. oder viertletzten Gliede ist ein weiterer sicherer Anhaltspunkt für die Gestaltung der Antenne zur (reifantenne. Es sind diese kleinen Gebilde, die im 5. Stadium zu (309) = i C. Claus: bedeutenderem Umfang gelangen, die Anlagen von Borstenleisten (1) der beiden geniculirenden Antennenstücke. Im weiblichen Geschlechte würden diese Borstenabhänge, wenn solche überhaupt zur Entwick- lung gelangten, dem 10. und 13. Gliede (der 17gliederigen Antennen) angehören, welche jedoch der Borsten ganz entbehren. Nach aber- maliger Häutung ist die Antenne 11gliederig geworden, indem sich der proximale Theil des zweiten Grliedes durch eine Quercontur ab- getrennt hat (Taf. IV, Fig. 11). Die für das 5. Cyelopidstadium charakteristische 11gliederige Antenne persistirt in dieser Form mit dem noch nieht vollzählig gewordenen Borstenbesatz bei einer Reihe kleiner Arten, welche auch in der Gliederung der Ruderäste zurück- geblieben sind und in dieser das vorausgehende dritte Stadium mit 2gliederigen Ruderästen wiederholen. Da für diese Arten auch in der Bildung des eingliederigen rudimentären Füsschens eine auf unvollständiger Differenzirung beruhende Besonderheit besteht, so werden dieselben als eigene Gattung, für die ich den Namen Mikro- cyclops in Vorschlag bringe, zu trennen sein. Mit dem Uebergang in das geschlechtsreife Stadium ist nicht nur der proximale Ab- schnitt des dritten Gliedes als kurzes Glied gesondert, sondern auch das viertletzte Glied in drei Glieder (14gliederige Antennen), eventuell zugleich auch das diesem vorausgehende Glied in vier Glieder (17gliederige Antenne) zerfallen. 12gliederige Antennen sind unter den Cyclops- und Makro- ceyclops-Arten nicht bekannt geworden, da bei Theilung des 3. Gliedes der 11gliederigen Antenne gleichzeitig auch Theilungen des 8.') Gliedes in drei (14gliederige Antenne) und des 7. Gliedes in vier Glieder (17gliederige Antenne) erfolgen. Möglicherweise wird eine solche Art mit 12gliederiger unter normaler Folge der Gliedertheilungen gebildeter Antenne noch gefunden werden, und !) Die Meinung Schmeil’s, dass seine Angaben über die Theilung des 8. und 9, Gliedes der 12gliederigen, oder richtiger des 7. und 8. Gliedes der 11gliederigen Antennen — denn eine ]2gliederige Form ist in der Entwicklungsreihe der 14- und 17gliederigen Antenne noch nicht beobachtet worden — mit meiner früheren Dar- stellung nicht übereinstimmen, beruht auf einem Irrthum. Freilich beruft sich S. an- statt auf die im Jahre 1857 (Nr. 4, pag. 19, Nr. 5, pag. 210) und 1858 (Nr. 6, Taf. II, Fig. 27) publieirten Untersuchungen über Cyclops auf eine Stelle der 5 Jahre später erschienenen Copepodenmonographie (Nr. 7, pag. 96). Das grössere Werk enthält aber gar keine neuen Untersuchungen über Entwicklung der Cyclops-Antenne, sondern verweist an jener Stelle auf die früheren Schriften, wobei durch ein auf einem Lapsus calami beruhendes Versehen nur die Zahlen 3 und 4 vertauscht wurden. Sollte der Hin- weis auf meine früheren Schriften, ebenso wie der Inhalt derselben Schmeil entgangen sein, um die vermeintliche Differenz auf ihre sehr einfache Ursache zurückzuführen ? (310) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 29 wir können dann für die Entwicklung der 11-, 12-. 14-, 17- (16-, 18-) gliederigen Antennen folgende Tabelle aufstellen: 5gliederige Jugendform im 1. Cyclopidstadium ... 1 2 00. Du) 6gliederige Jugendform im m 1. Cyelopidstadium ... 1 2 3 ud Tgliederige Jugendform im 2. Cyelopidstadium ... 1 2 3 - RN | Sgliederige Jugendform (sehr ——— a... . 1 2 3 4 5 Br Igliederige Jugendform im 3. ———— und 4. Cyclopidstadium . . 1 2 3 4 > 6 1.849 10Ogliederige Jugendform im m—— 4. Cyelopidstadium ll 23 45 6 ; 8 9.10 llgliederige Jugendform im 5. Cyclopidstadium (Antenne Ei? von Mikrocyclops) .. 12 3 456 7 6) 9:30:11 12gliederige Antenne (noch _— ze nr. ..12 34567 3 9 197111. 12 14gliederige Antenne... .. 1234567 S Io 1213 14 17gliederige Antenne... . 123456789 W IL 2 131415 16 17 Abnormer Weise kann bei Arten mit I7gliederigen Antennen noch das 7. Glied getheilt erscheinen, und dann die Antenne 1Sgliede- rig werden (C. vernalis var. elongatus), oder die Gliederzahl durch Unterbleiben der Theilungen des 8. Gliedes auf 16. 15 oder 14 redueirt sein (©. bicuspidatus, Cisternenvarietät, Helgoland, Divacca, Brackwasserform). Von der normalen ') Entwicklung, wie ich die für dieMikro- eyelops-, Cycelops- und Makrocycelops-Arten dargestellte (Grliederungsfolge bezeichne, weicht die Entwicklung der 12gliederigen Antennen der zu Eucyclops gehörenden Arten schon mit der Theilung des 2. Gliedes der 6gliederigen jugendlichen Antenne ab, indem die beiden Theilungsabschnitte dieses Gliedes. durch deren Sonderung die Antenne 7gliederig wird, in beiden Fällen nicht ‘ gleichwerthig sind. Damit begirnt die Divergenz. welche mit der erst später bei der Häutung des letzten Cyelopidstadiums erfolgen- den Trennung des 7. und 8. Gliedes der 12gliederigen Antenne ab- schliesst. In der normalen Entwicklungsreihe ist das dem 7. Gliede der 12gliederigen Antenne entsprechende Theilstück in dem zweiten Gliede der Tgliederigen Jugendform enthalten und wird schon mit dem Ueber- gang der Sgliederigen in die 9gliederige Antenne als Glied getrennt, !) Vergl. ©. Claus, Ueber die Antennen der Cyelopiden und die Auflösung der Gattung Cyclops in Gattungen und Untergattungen. Akad. Anzeiger. Wien 1893, Nr. IX, ferner Nr. XIII. (311) 30 C. Claus: während das dritte Glied schon jetzt das spätere 8. Glied repräsentirt. welches sich (17gliederige Antenne) wieder in 4 Glieder sondern kann. Schon in einer früheren Arbeit (Nr. 6) hatte ich auf die ab- weichende Entwicklung in der Gliederfolge bei E. serrulatus hingewiesen und eine 9gliederige und 10gliederige Antenne des vierten und fünften Cyelopidstadiums abgebildet. Die Richtigkeit meiner früheren Angaben vermochte ich erst jetzt durch Beobachtungen, welche neben den weiblichen auch die männlichen Antennen berücksichtigen, in näherer Ausführung zu bestätigen (Taf. VII, Fig. 4, 5, 6). Mit Hilfe der Borstenstellung gelang es, die Abwei- chungen auf die Theilungsfolge der einzelnen Glieder für beide Ge- schlechter (Taf. VII, Fig. 7, 9, 10) zurückzuführen, wie die nach- folgende Tabelle des Näheren zeigt. ögliederige Jugendtorm . . 1 2 3 Ark Tgliederige Jugendform . : l FRE 4 5 7 Sgliederige Antenne, Q im 7 Rare 71110: Re N 3 4 5 ur et; Ogliederige Antenne. ... 1 2 34 h) 6 1 l0gliederige Antenne, Q© im RR DE te EL TR SE ) 7 87910 l2gliederige Antenne © ... 12 5.4586 TUR 9 10;:14-12 (I7gliederige CyclopsantenneO 1234567 89101 12 123 14 15.4649) bgliederige Jugendform . . 1 2 a a 8gliederige Jugendform (Ö ——— a — im4tBtadsmart 2737 Ann ocH 2 ) 4 DIR 9gliederige Jugendform (OÖ m— im: 5, Stada... 2A 92 3 4 5 LE (17gliederige Antenne O.. 12 a 78 9m 112 13 14 15 16 17) Wie verhalten sich nun die Arten mit 10-, S-, 6gliederigen Antennen, sowie die abweichend gestaltete 11gliederige Antenne von C. affinis zu den Jugendformen mit normaler Entwicklungs- reihe, eventuell zu denen der Eucyelops-Gruppe? Es ist klar, dass wir diese Frage nicht in der von Schmeil versuchten Weise beantworten können, welche sich, ohne jene Entwicklungsreihen untersucht zu haben, einfach auf das Grössenverhältniss und den Borstenbesatz der Glieder der ausgebildeten Antenne stützt. | Allerdings ist es auf diesem Wege möglich, das Verhältniss der ausgebildeten Antennen zu einander, welches ja für die 11- bis 17gliederigen Antennen längst von mir nachgewiesen worden war, zu bestimmen, nicht aber ohne Weiteres das der weniggliederigen Antennen zu denen der jüngeren Cyelopidstadien. So ıst denn auch (312) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyelops. 3l die Beurtheilung der 10- und Sgliederigen Antennen von Ü. fim- briatusund canthocarpoides im Vergleiche zu den jugendlichen Antennen gleicher Gliederzahl aus der Entwicklungsreihe von Mikro- eyelops, Cyelops und Makrocyclops unrichtig ausgefallen, indem die Trennung des 7. und 8. Gliedes wohl, wie ich jetzt gezeigt habe, für die Jugendformen von Eucyelops, nicht aber für die jener Gattungen mit 11-, 14- und 17gliederigen Antennen Geltung hat. Eine eonsequente Durchführung der von mir früher dargelegten !) genetischen Beziehungen, welche nicht, wie Schmeil sich ausdrückt, blos als Ansicht ausgesprochen, sondern durch Ver- folgung der Entwicklungsreihe begründet waren, hat daher auch Schmeil nicht zu geben vermocht, nicht nur weil er von der 6gliederigen Antenne des C.aequoreus gänzlich abstrahiren musste und die I1gliederige von C. affinis, wie ich zeigen werde, falsch beurtheilte, sondern weil er die Entwicklungsfolge der Antennen- gliederung nicht in Rücksicht zog und lediglich die S- und 10gliedrigen Antennen nach dem Grössenverhältniss des Gliedes mit den mehr- gliedrigen in Parallele stellte (Nr. 24, pag. 19). Die als C. canthocarpoides und ©. fimbriatus beschriebenen Arten stehen in der Antennengliederung, wie überhaupt in einer Reihe von Merkmalen der Eucyclops-Gruppe viel näher als den Formen mit normaler Entwieklungsfolge der Antennenglieder. Die- selben haben auch mit einander die auffallende Kürze des viert- letzten Antennengliedes, sowie die persistent bleibende Vereinigung der beiden, dem 7. und 8. Gliede der 12gliederigen Antenne von E. serrulatus entsprechenden Abschnitte in dem fünftletzten Gliede gemeinsam und wurden mit Recht als engere Gruppe zusammen- gestellt, welche ich als Paracycelops bezeichnete. Die mir erst jetzt ermöglichte nähere Untersuchung beider Formen, von denen ich C. fimbriatus der Güte des Herrn @. S. Brady verdanke, gestattete die unmittelbare Zurückführung der 10gliederigen (Taf. V, Fig. 14) und 8gliederigen (Taf. V, Fig.12) Antennen derselben auf die jugendlichen Antennen gleicher Gliederzahl von E. serrulatus. Sgliederige Jugendform vonE. serrulatusO und 8gliederige Antennne v. P. fimbriatusOQ 1 2 3 4 > ) 7 5 lOgliederige Jugendform und . . — in lOgliederige Antenne von = bis = " P. canthocarpoids O0 .. 1 2 3 45 ) it er ‚vi 2310 l2gliederige Antenne von Ü. m — BerBlatte O;. .. ...... en BE a ar 7710.01; 12 !) Vergl. Nr. 6, pag. 70—73, Taf. II, Fig. 27—38. Claus, Arbeiten aus dem Zonlogischen Institute etc. Tom. X, Heft 3. ER 32 C. Claus: Schwieriger ist die Zurückführung der 11gliederigen Antenne von C. affinis, deren proximale Hälfte die Gliederung der Antenne von E. serrulatus wiederholt, von der sie in der distalen Hälfte nach Schmeil dadurch abweichen soll, dass die Theilung des 7. und 8. Gliedes unterblieben sei. Nun erscheint aber in der von dem genannten Autor gegebenen Abbildung das fünftletzte Glied, in welchem beide (lieder enthalten sein müssten, so kurz und die Borstenzahl desselben so gering, dass ich die Richtigkeit dieser Deutung sehr bezweifelte und bei der vermehrten Borstenzahl des länger gestreckten dritt- letzten Gliedes, welches bei allen mir bekannten Cyclopiden nur zwei Borsten am Distalrande trägt, hier aber noch mit zwei weiteren, seitlich inserirten Borsten behaftet ist, der Annahme geneigt war, dieses Glied als aus zwei verschmolzenen Gliedern gebildet zu be- trachten und auf diese Concrescenz die Verminderung der Glieder- zahl zurückzuführen. SE i N SE m N u —_— 709) nn (7) Bi ir | DR, / gr DS Antenne von Ü. affinis. Inzwischen ist mir nun auch die Untersuchung eines C. affinis- Weibehens, welches mir Herr Dr. Vosseler zu übersenden die Gefälligkeit hatte, ermöglicht worden und ich kann durch dieselbe meine auf die Abbildung Schmeil’s gegründete Zurückführung als vollkommen zutreffend bestätigen. Das kurze viertletzte Antennen- glied entspricht gar nicht dem viertletzten Gliede der Arten mit I1- und 12gliederigen Antennen, sondern dem fünftletzten Gliede, während das drittletzte Glied — und es steht dies Verhalten unter den bislang bekannt gewordenen Arten einzig da— dem nicht zur Trennung gelangten drittletzten und viertletzten Gliede entspricht (siehe Holz- schnitt). Da die Trennung der beiden Glieder bei allen anderen Arten schon an den 5gliederigen Antennen des jüngsten Cyclopidstadiums besteht, so muss dieselbe bei C. affinis unterblieben sein, und müssen die entsprechenden Jugendformen unserer Art eine nur 4gliederige Antenne besitzen. Mit dieser Folgerung steht die AngabeRehberg's, welche die Verification meiner Zurückführung enthält, im vollen (314) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 33 Einklang, dass C. affinis, „nachdem er aus dem sogenannten Naupliusstadium heraustritt, am bedeutendsten vom Jugendstadium der übrigen Arten abweicht. Während die meisten Arten zu Anfang Sgliederige Antennen zeigen, hat diese nur 4gliederige“. Auch soll das vordere Fusspaar bereits 2gliederig sein, eine Abweichung, welche mit jener der Antennengliederung — und es werden bei ge- nauerer Untersuchung wahrscheinlich auch noch andere Besonder- heiten hinzukommen — die generische Abtrennung jener Form von Para- eyelops unter der Bezeichnung Heterocyelops rechtfertigen dürfte. Beim Vergleich der 11 Glieder der Antenne von H. affinis mit denen der I1gliederigen Antenne von Mikrocycelops und der 12gliederigen von Eucyclops stellt sich das folgende Verhältniss heraus: l1gliederige Antenne von H. et NT 2)", ag ae 8 9 10.771 1lgliederige Antenne von nn — —— Mikrocyeöis!. ,. . . Der2 3 ar Ltr In 12gliederige Antenne von rn BocrcoB - -..... 19 26,17. 12 Am bedeutendsten weicht von allen bisher besprochenen An- tennenformen die 6gliederige Antenne des C. aequoreus Fisch. ab, deren nähere Untersuchung mir durch die Gefälligkeit des Herrn G. S. Brady in Sunderland und E. Canu in Boulogne ermöglicht wurde (Taf. III, Fig. 11). Das Endglied dieser kurzen gedrungenen Antenne (Fig. 12) entspricht dem ungetheilt gebliebenen Terminal- stück der Nauplius-Antenne und vertritt somit die drei apicalen Glieder der Antennen aller anderen Cycelops-Arten. Das vorletzte Glied ist dem viertletzten Gliede derselben gleichwerthig, während die vier proximalen Glieder, von denen das obere ausserordentlich langgestreckt ist und dem nicht zur Trennung gelangten 7. und 8. Gliede der 12gliederigen Antenne entspricht, direct auf das 8gliederige Jugendstadium der Eucyelops-Arten zurückgeführt wird. Folgende Formel gibt einen übersichtlichen Ausdruck dieser Verhältnisse: Ögliederige Antenne von C. Beaudreus..i.. 2.0... 1 2 3 4 5 6 8gliederige Jugendform von Ti Bearrulattuauı,. nis.. 1 2 3 4 5 ER ) u un u vn mn un m men ligliederigeCyclops-Antenne. 12345678910 11 12 13 14 15 16 17 Von dieser Eigenthümlichkeit der vorderen Antenne abge- sehen, bieten auch die hinteren Antennen und das rudimentäre Fuss- 22* (315) 34 ©. Claus: paar bemerkenswerthe Besonderheiten, welche über den Werth specifischer Merkmale hinausgreifen und die Aufstellung einer besonderen Untergattung erforderlich machen. Die hinteren An- tennen bewahren die Form des jüngsten Cyelopidstadiums und bleiben 3gliederig, indem die Theilung des Endgliedes unterbleibt. Das rudimentäre Füsschen stellt eine breite, mit vier Borsten be- setzte Platte von ansehnlicher Grösse dar und erinnert an die Form der entsprechenden Grliedmassen der Harpactiden. Doch ist das sehr breit gezogene Basalglied mit seinem lateralen, eine lange Borste tragenden Ausläufer von dem Integumente des 5. Brust- segmentes nicht gesondert, so dass ganz ähnlich wie bei den Mikro- cyclops-Arten die laterale Borste auf einem dorsalwärts gerückten Vorsprung des Segmentrandes zu entspringen scheint. Leider konnte ich kein männliches Exemplar untersuchen, dessen Greifantennen vielleicht weitere Anhaltspunkte zur Stütze der generischen Tren- nung bieten. Nach E. Canu sollen dieselben nur 12gliederig sein, indessen reicht die von diesem Autor gegebene kurze Beschreibung nicht aus, um die Besonderheiten der Greifantennen bestimmen zu können. Die Verminderung der Gliederzahl würde im Gegensatze zu allen anderen bisher genau untersuchten Greifantennen stehen, die überall I7gliederig befunden wurde und dürfte vorläufig um so weniger gesichert erscheinen, als E. Canu auch für die Greif- antenne von C. Lubbockii, welche ich bei näherer Untersuchung als 17gliederig befunden habe, eine geringere Zahl, nämlich 15 Glieder, angibt. Somit dürfte vorläufig die von jenem Autor beschriebene Eigenthümlichkeit nicht unter den Charakteren dieser Gattung, für welche ich den Namen Hemicyelops in Vorschlag bringe, zu verwerthen sein. Der feinere Bau und die Entwicklung der Greifantenne, Abweichend von der Entwicklung der weiblichen Antenne ver- hält sich die der männlichen Greifantenne, deren Bau und Gliede- rung ich vor vielen Jahren eingehend beschrieben habe. Ich darf wohl diese Darstellung '), sowie den später?) gegebenen Nachweis zweier Formen von Spürschläuchen, die ich als „blasse Kolben und Cylinder“ bezeichnete, in Erinnerung bringen, zumal ohne dieselbe ')C. Claus, Das Genus Oyclops ete. Archiv für Naturg. 1857 (pag. 15—17). — Copepoden-Monographie. 1863, pag. 53, 54, Taf. IV, Fig. 12, 13. °®) Derselbe, Ueber die blassen Kolben und Cylinder an den Antennen der Copepoden und ÖOstracoden. Würzburger naturw, Zeitschr. 1860, Bd. I, Taf. VII, Fig..1,.248, (316) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 35 die besondere Gestaltung der jugendlichen Antennenformen nicht verständlich wird. In erster Linie verdient die schon in der ersten Abhandlung in den Vordergrund gestellte und von späteren Beobachtern be- stätigte Thatsache hervorgehoben zu werden, dass auch bei den Cyelops-Arten mit weniggliederigen Antennen die Zahl der Glieder an der Greifantenne die gleiche ist und überall 17 beträgt. Auf ein langes, cylindrisches, kräftiges, mit zahlreichen Borsten besetztes Basalglied folgen zwei kürzere , ebenfalls mit Borstenan- hängen besetzte, in ansehnlichen Verbindungshäuten bewegliche Glieder, denen sich drei sehr kurze, im Zustande starker Contraction wie ineinander gelegte und durch den Besatz sehr langer Borsten aus- gezeichnete Glieder anschliessen. „Die zwei nächsten Glieder haben einen viel bedeutenderen Umfang und stellen mit Hilfe ihrer sehr ausgedehnten Verbindungshäute eine knieförmige Beugung her, ver- mittelst derer die Gesammtheit der folgenden Ringe gegen die vor: hergehenden eingeschlagen werden kann. Das nächste kurze Glied dient zur unmittelbaren Verbindung des unteren und mittleren Ab- schnittes und kann ebensowohl als das letzte Glied des unteren, wie auch als das erste des mittleren Abschnittes betrachtet werden. Sodann folgt ein Glied von glockenförmiger Gestalt !), das zu einer förmlichen Rotation geschickt ist und das nächste lied fast ganz in sich einschliesst, dasselbe bald mehr, bald weniger überdeckend. Letzteres?) ist ausserordentlich aufgetrieben und trägt am inneren Rande einen mit zwei Borsten besetzten Vorsprung. Die zwei fol- genden kürzeren Ringe entbehren der bauchigen Auftreibung des vorhergehenden Gliedes, sind dafür aber an der inneren Seite mit kurzen Anhängen dicht besetzt. Das letzte?) Glied des mittleren Abschnittes endlich ist eylindrisch, von bedeutender Länge und macht durch seine rollenförmige Abstutzung gegen den folgenden Ring das Einschlagen des letzten Abschnittes in ginglymischer Be- wegung möglich. Zu diesem Zwecke befindet sich im mittleren und unteren Theile der Antenne ein sehr starker Muskel, dessen sehniger Theil über die Rolle des besagten Gliedes hinläuft und sich am ersten Gliede des letzten Abschnittes befestigt. Bei jeder Contrac- tion dieses Muskels wird natürlich der nachgebende letzte Theil der Antenne gegen den mittleren eingeschlagen. Der dritte Ab- schnitt besteht aus einem schmalen, langen, ceylindrischen Gliede, ‘) 10. Glied. ?) 11. Glied. ) 14. Glied. 36 C. Claus: } das am oberen Ende eine lange und mehrere kurze Borsten trägt, sowie ferner aus einem spitzen Eindtheil, der gleichfalls bis zu einem bestimmten Grade eingeschlagen werden kann, so dass man strenge genommen an der männlichen Antenne drei Gelenkbewegungen zu unterscheiden hat. Er wird aus zwei Gliedern gebildet, die den drei letzten Ringen der weiblichen Antenne gleichwerthig, bei. einigen Arten vollkommen getrennt sind, bei C. canthocarpoi- des Fisch. jedoch mehr oder weniger miteinander verwachsen. Auf der Dorsalseite trägt ein jedes dieser Glieder ein kurzes Büschel zum Theil gegliederter Borsten.“ Die blassen Sinnesanhänge habe ich erst mehrere Jahre später aufgefunden und durch Darstellung derselben, sowie durch Be- schreibung der Muskeln und Nerven unsere Kenntniss von der Antennengestaltung nicht unwesentlich ergänzt. ©) Hinsichtlich der als Spürorgane gedeuteten Anhänge unterschied ich zweierlei Formen als blasse Kolben und als blasse, mit einer Härchenkrone besetzte Cylinder und beschrieb die ersteren an der Greifantenne einer Art mit 17gliederigen Antennen (C. viridis = brevicornis), die letzteren an denen von Eucyelops serrulatus. | Blasse Kolben fand ich in sechsfacher Zahl, und zwar stets drei am Grundglied, je einen am vierten und neunten Gliede, sowie den kleineren schmächtigen Kolben am zweiten Antennenabschnitte unterhalb des geniculirenden Gelenkes.. Auch der blasse Faden am Endgliede war mir nicht entgangen und in die Kategorie der Spüranhänge gestellt. Im Gegensatze zu den blassen Kolben beschrieb ich als zweite Form der Spüranhänge die blassen Cylinder der Greifantenne von E. serrulatus. Leider kannte ich die gleichwerthigen, viel stärker contourirten Anhänge der Greifantennen von C.coronatus und . tenuicornis nicht, da ich die Männchen dieser Arten in Würz- burg nicht untersuchte; im anderen Falle wären mir sicher schon damals die Unterschiede in Form und Zahl derselben, die mir jetzt erst bekannt geworden sind, nicht entgangen. Bezüglich der betreffenden Anhänge an der Greifantenne von E.serrulatus kann ich nach neuerlicher nochmaliger Untersuchung meine frühere Darstellung als vollkommen correet und zutreffend (Taf. VI, Fig. 9, 10, 11) bestätigen. Die Ausstellungen, welche spätere Beobachter (Vosseler, Schmeil) an derselben gemacht haben, be- ruhen theils auf ungenügender Beobachtung, theils auf Correcturen, 6) C, Claus; l.c. 1860, pag, 234 (Taf. VIE Fig. T und 2) (318) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 37 welche nach Anhaltspunkten von Befunden an ©. (Makrocyelops) coronatus und tenuicornis gemacht wurden und irrthümlich sind. Ich hatte zwei verschiedene Formen von blassen Anhängen unterschieden: lange haarförmige Fäden, wie wir sie an der Spitze (Endglied) der besprochenen Antenne von C. viridis finden, und breite Cylinder, welche mit den Stielen abgestorbener Vorticellinen eine gewisse Aehnlichkeit besitzen und bei oberflächlicher Betrach- tung ebenso mit diesen verwechselt werden können, wie man die Kolben an den Antennen von C. viridis, namentlich wenn ihr Inhalt ein kleinblasiges getrübtes Ansehen gewonnen hat, für „para- sitische Schläuche“ halten kann. Während die Basis dieser Cylinder ohne Verengerung und Verdickung der Membran unmittelbar der Antennenfläche aufsitzt, tritt am freien Ende zuweilen ein glänzendes Knöpfchen auf, in dessen Umkreis ein zierlicher Kranz sehr feiner, aber ungleicher Fäden aus der Substanz des Cylinders hervorstrahlt. Auch an der Seite der letzteren, nicht weit vom Ende, setzen sich reihenweise feine Fasern an, die aber, schärfer contourirt, nichts als Anhänge der Membran zu sein scheinen und von den zahlreichen dichtstehenden Endfädchen in ihrer Bedeutung verschieden sind. Die letzteren haben jedenfalls eine Beziehung zum Nerven und sind vielleicht vergleichbar mit den Endfädchen des Olfactorius. Ihre Substanz, die sich in den Inhalt des Oylinders fortsetzt, ist äusserst zart und empfindlich; auf Zusatz von saurem chromsaurem Kali und ebenso von Essigsäure bildet sie einen Körnchenhaufen, der sich allmälig von dem Anhang abhebt und verschwindet, während, mit Chromsäure behandelt, die Fäden sich gleichsam zu einem Kelche zusammenlegen und Körnchenreihen dar- stellen, deren Zusammenhang mit dem ebenfalls feinkörnig ge- wordenen Inhalt des Cylinders sehr leicht in die Augen fällt.“ Vosseler (Die frei lebenden Copepoden Wartenbergs ete. 1886) hat offenbar in meine mehr als 25 Jahre vor der Publication seiner Arbeit geschriebene Abhandlung nicht nähere Einsicht ge- nommen, wenn er, ohne auf die in derselben betonten Unterschiede in der Substanz der Fadenkrone und der Querreihen von Härchen einzugehen, beiderlei Gebilde zusammenwirft und mich durch die Angabe corrigiren zu können vermeint, dass die Fädchen nicht nur dem Ende, sondern mindestens der halben Länge des Cylinders an- gehörten, auch nicht unregelmässig, sondern vierzeilig angeordnet seien. Er hat die Fädchenkrone überhaupt nicht gesehen und die in Frage stehenden Cylinder gar richtan C. (Eucycelops) serrulatus, sondern an’. coronatusundtenuicornis beobachtet. Es geht dies (319) 38 C. Claus: nicht nur aus den von Vosseler mitgetheilten, ausschliesslich auf diese beidenArten bezüglichen Abbildungen (Nr. 26. Taf. IV, Fig. 5, 10), sondern aus der Zahlenangabe hervor, nach welcher 8 solche An- hänge vorhanden sein sollten, während die Greifantenne von €. ser- rulatus nur 6, und zwar 2 am Basalgliede, je einen am 2., 3,, 4. und 5. Gliede trägt (Taf. VII, Fig. 9, 10), wie ich bereits früher vollkommen richtig dargestellt hatte. Freilich ist auch die auf die beiden abgebildeten Arten bezügliche Angabe unrichtig, insofern der am 8, Gliede entspringende Cylinder übersehen wurde und daher die Anzahl der letzteren anstatt auf 9 auf 8 bemessen wurde. Ferner sind die 3 sehr langen blassen Fäden, welche wie bei C. serru- latus auch hier am 1., 4. und 9. Gliede inseriren, trotz meiner früheren Beschreibung übersehen worden. Als noch mangelhafter muss die Beschreibung !), welche der Bau der Greifantennen in Schmeil’s Copepodenwerk gefunden hat '!) Für die Beschreibung, welche Schmeil von den Greifantennen gegeben hat, ist es bezeichnend, dass er über meine ältere Darstellung nichts weiter zu sagen weiss, als dieselbe mit zwei berichtigenden Bemerkungen in kurzer Fussnote ab- zuthun, wie wenn sie als antiquirt einem längst überwundenen Standpunkte angehörte und solchen Fehlern gegenüber keine weitere Berücksichtigung verdiente. Diese beiden Berichtigungen lauten: „Claus glaubt irrthümlich, dass bei allen Arten mit 17gliederigen Antennen Sinneskolben an den Greifantennen auftreten (Frei lebende Copepoden, pag. 53).“ Schlägt man nun die Stelle nach, so heisst es „an den männ- lichen Greifarmen der Cyclops-Arten mit 17gliederigen Antennen“. Nach allen sucht man vergebens, denn es ist nur von den mir zur Untersuchung gelangten Arten die Rede. Unter denselben waren aber weder die Männchen von C. coronatus, noch C.tenuicornis inbegriffen, da ich diese nach meiner ersten Arbeit nicht wieder zu Gesichte bekam. Im anderen Falle hätte mir das Vorhandensein der Sinnescylinder, die ich ja an den Antennen von C.serrulatus entdeckt hatte, sowie deren bedeu- tende Abweichungen von C. serrulatus gar nicht entgehen können. Hätte ich aber auch wirklich den Fehler einer übereilten Generalisation begangen, den Schmeilin meine Worte hinein interpretirt, indem er statt „den“ „allen“ setzt, so wäre doch seine Bemerkung lediglich eine höchst kleinliche , nichts besagende Correctur zu nennen. Die zweite, ebenso irrthümliche Berichtigung lautet: „Claus kannte Sinnescylinder nur bei C. serrulatus, übersah aber auch den des 9. Segmentes.“ Was soll man aber zu einer so leichtfertig die Zuverlässigkeit meiner Angaben herab- setzenden Behauptung sagen, wenn es sich nun herausstellt, dass Schmeil die Greifantenne von C. serrulatus gar nicht gekannt hat und seine Behauptung lediglich auf den übereilten Schluss stützt, es müsse der Sinnescylinder, welchen die von ihm flüchtig untersuchte Greifantenne von C, tenuicornis am 9. Gliede trägt, auch an der Antenne von ÜÖ.serrulatus vorhanden sein. Hätte Sch meil die letztere selbst untersucht, so wäre ihm schwerlich die geringere Anzahl der Sinneseylinder und der Mangel eines solchen am 9. Gliede entgangen. Zu solchen Verbesserungen führt die Interpretationskunst der gründlich revidirenden Systematiker, welchen die Eruirung „der Wahrheit als einziges Ziel“ vorschwebt. (5320) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Üyclops. 39 (Nr. 24, pag. 22—25, Taf. I, Fig. 11, 18 ete.), bezeichnet ‚werden. Nur soweit sich dieselbe an meine Darstellung anschliesst, kann sie als zutreffend gelten. in allen mit derselben nicht übereinstimmenden Punkten ist dieselbe unrichtig. Eine verfehlte Aenderung ist die Abgrenzung des ersten und zweiten Antennenabschnittes. Während ich von dem kurzen neunten Gliede bemerkt hatte, dass dasselbe sowohl als Endglied des Basalabschnittes wie als Anfangsglied des Mittel- abschnittes in Anspruch genommen werden könne, behauptet solches Schmeil vom achten Gliede, das mit dem siebenten die knie- förmige Beugung herstellt, welchem der aufgetriebene Mittelabschnitt folgt. Zur Begründung dieser irrthümlichen Verbesserung wird nichts weiter angeführt. Aber schon ein einfacher Blick auf die Antenne hätte genügt, um zu beweisen, dass beide (lieder zusammen- gehören, zumal die Anheftung sowohl des Adductors des mittleren Antennenabschnittes, als der Ursprung des mächtigen, diesen durch- setzenden Beugemuskels, welcher den oberen Antennenabschnitt im geniculirenden Gelenke gegen den mittleren einschlägt, an einer scharf markirten Verdickung des neunten Ringes liegt. Schmeil hat aber die Musculatur der Greifantenne, über die er sich sowohl aus meinen Abbildungen, als durch die spätere Abhandlung Har- tog'’s hätte informiren können, missverstanden und falsch beschrieben. Irrthümlich ist seine Angabe, dass sich die Chitinsehne des den Mittelabschnitt durchsetzenden mächtigen Beugemuskels im End- abschnitte zum Theil an die Wandung ansetze und zum Theil wieder mit einem kürzeren und schwächeren Muskel vereinige, der sich weiter nach dem Ende der Antenne zu befestige. Weder die An- satzstelle des vom vierten bis zum neunten Gliede ziehenden Ad- ductors, den er (Taf. VI, Fig. 1,2 Ma) unrichtiger Weise in den mächtigen Beugemuskel übergehen lässt, noch den Ursprung dieses letzteren am neunten Gliede hat er gekannt. Im anderen Falle würde er den Irrthum seiner das achte Antennenglied betreffenden Angabe schwerlich aufrecht erhalten und erkannt haben, dass es das neunte Glied ist, welches die Grenze beider Antennenabschnitte bestimmt und am besten wohl als Proximalglied des Mittelabschnittes in Anspruch zu nehmen ist. Endlich würde ihm auch nicht das Vorhandensein des langen, vom 4. bis zum 13. Gliede verlaufenden Extensors (Mel) entgangen sein. Dieser Muskel wird bei Betrach- tung der ventralen!) Antennenfläche grösstentheils von dem mäch- ‘) Als ventrale bezeichne ich die bei seitlicher Lage der Antenne der Bauch- fläche des Thieres, als dorsale die der Rückenfläche entsprechende Seite der Antenne. (321) 40 0. OIaas tigen Beugemuskel und dem proximalwärts folgenden Adductor verdeckt und tritt erst bei Umkehrung der Antenne unter der dor- salen Seite in seiner ganzen Länge hervor (Taf. IV, Fig. 4 Mel). Bezüglich der Borstenanhänge finden sich an den Antennen beiderlei Geschlechtes die gleicheZahl kräftig eontourirter, theilweise durch besondereMuskeln bewegbarer Tast- borsten, auch Poren eingelenkt, so dass man in dem Borstenbesatz einen wichtigen Anhaltspunkt besitzt, die gleichwerthigen Glieder, beziehungsweise Theile von Gliedern für männliche und weibliche Antennen nachzuweisen. Sicherer noch gibt die Entwicklungsfolge der Glieder in dem vorletzten (vierten) und letzten (fünften) Cy- elopidstadium über die Zurückführung der Greifantenne auf die gleichmässig gestaltete Antenne des Weibehens Aufschluss und das Zahlen- und Lagenverhältniss der Borsten dient zur Controle der. Richtigkeit der entwicklungsgeschichtlich festgestellten Ableitung. Nur die als blasse Kolben und Fäden unterschiedenen Spürschläuche sind im Stadium der Geschlechtsreife an der Greifantenne in be- trächtlich grösserer Zahl vorhanden. Die am letzten, vorletzten und viertletzten Gliede (beziehungs- weise bei Dreigliederung des viertletzten Gliedes am 12. Gliede) vorhandenen blassen Spüranhänge (modifieirte Kolben) haben sich auch an der Greifantenne erhalten. Am unteren und mittleren Ab- schnitte der letzteren treten aber bei zwei Artengruppen, Cyelops und Mikrocyelops, erst im Stadium der Geschlechtsreife sechs blasse Kolben auf, die an der weiblichen Antenne nicht etwa durch andere Borsten vertreten sind, sondern gänzlich fehlen. Und zwar gehören stets drei dieser blassen Kolben dem Grundgliede, je einer dem 4.!) und 9. Gliede an, während der sechste, stets schwächere Kolben am Distalrande des 13. Gliedes aufsitzt (Taf. VI, Fig.4). Andere Gruppen von Cyclops-Arten tragen an dem proxi- malen und mittleren Antennenabschnitte die mit Härchenreihen be- setzten Cylinder, und zwar die Greifantenne der mit C. serru- latus nächst verwandten Artengruppe (Eucycelops) in sechsfacher Zahl an den bereits oben näher bezeichneten Gliedern, die zuMakro- Die erstere wird häufig auch als untere, die letztere als obere unterschieden. Die Vorderseite (äusserer Rand) ist die mit Borsten besetzte, die hintere (innere Rand) die nackte und an den 3 Endringen borstentragende Seite. !) Schmeil’s Angabe, nach welcher der 4. Kolben dem 5., der 6. dem 14. Ringe angehöre, ist irrthümlich. Dagegen hat Hartog die Insertionen in Ueberein- stimmung mit meiner vor 33 Jahren gegebenen Darstellung und Abbildung (Taf. VII, Fig. 1) richtig bestimmt. (322) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Üyclops. 41 eyclops gehörigen C.coronatus und tenuicornis in neun- facher Zahl, indem hier auch noch am 6., 8. und 9. Gliede je ein solcher eylindrischer Anhang vorhanden ist. Wie sich diese Cylinder nach Zahl und Lage bei den Cyelops-Arten mit weniggliederigen Antennen (C. affinis, canthocarpoides, fimbriatus) verhalten, vermag ich zur Zeit nicht zu sagen, da es mir seither nicht möglich war, die Männchen derselben zu untersuchen. Die wiederholte Untersuchung sowohl der (Greifantennen von Ö.serrulatus, als von C. coronatus hat mich nicht nur con- statiren lassen, dass die Sinneseylinder an der letzteren in grösserer Zahl auftreten, indem zwei am 1., je einer am 2., 3., 4., 5., 6., 8. und 9. Gliede inseriren, sondern hat zu dem Ergebniss geführt, dass beiderlei Gebilde, Kolben und Cylinder, morpholo- gisch nieht in die gleiche Kategorie zu stellen sind, und dass nicht etwa die einen an Stelle der anderen treten (von den drei gleichwerthigen Spuranhängen (SD, Sb,, Sb,,,) am distalen Ab- schnitte der Antennen abgesehen). Die sechs Spürkolben, von denen drei dem 1., je einer dem 4., 9. und 13. Antennengliede angehören, finden an der weiblichen Antenne in anderen Borstenanhängen keine Aequi- valente und treten erst mit der letzten Häutung ausschliess- lichan der @reifantenne hervor. Zum Beweise diene der Borsten- besatz des 1. Antennengliedes, welcher im fünften Cyclopidstadium an beiderlei Antennen aus 7 übereinstimmend angeordneten, theil- weise quergerieften Fiederborsten !) besteht (Taf. IV, Fig.11, Taf. V, Fig.1,6). Die gleiche Zahl und Anordnung dieser Borste findet sie an den Antennen derjenigen Arten, deren Männchen Spürcylinder tragen Taf. VII, Fig. 6, 7). Doch sind zwei dieser Borsten an der männ- lichen Antenne in eigenthümlicher Weise umgestaltet (Taf. VII, Fig. 1, 2), indem sich der basale Theil derselben distalwärts bauchig erweitert, dann wieder verschmälert und in einen langen Ausläufer übergeht. Die Borste ist an dem basalen Theile dunkler contourirt und mit zwei Härchenreihen besetzt, die sich auf den verjüngten ‘) Ich lege auf den Unterschied keinen Werth, ob die Borsten glatt oder quer gerieft (geringelt), ob sie mit zwei Reihen von Härchen, die entweder gegenüber an der glatten Wand oder in den Furchen der Querriefen entspringen, besetzt, also glatte oder geriefte Fiederborsten sind oder ob sie der Härchen entbehren. Die Abgrenzung dieser Borstenformen ist auch oft recht schwer, da die Härchen theilweise oder gänz- lich abfallen und an scheinbar nackten Borsten erst mit Hilfe stärkster Systeme nachgewiesen werden. Wichtiger erscheint es, ob die Borste an der Basis oberhalb des cuticularen Porus ringförmig abgesetzt und durch einen kurzen, schräg verlaufen- den Muskel bewegt wird. 42 C. Claus: langen Distalabschnitt fortsetzen (Taf. VII, Fig. 7‘). Diese beiden an den weiblichen Antennen durch gewöhnliche Fiederborsten ver- tretenen Borsten werden mit der nachfolgenden Häutung zu den beiden Spüreylindern am Basalgliedee Am 2. Gliede ist eine der vier Borsten, am 3. Gliede sind fünf Borsten, am 4. Gliede zwei Borsten in gleicher Weise umgestaltet, sie liefern die Cylinder vom 2. bis 9. Gliede der Greifantenne, bieten also zugleich einen treff- lichen, als Controle verwendbaren Anhaltspunkt für die Zurück- führung jener acht Glieder auf das 2. und auf T'heilstücke des 3. und 4. Gliedes der 10gliederigen Antenne der männlichen Jugend- form. Am Basalglied der ausgebildeten Antenne ist im Vergleiche zu dem der letzteren noch eine achte Borste hinzugekommen, in voller Uebereinstimmung mit der Zahl und Anordnung der Borsten am entsprechenden Antennengliede derjenigen Arten, deren Männchen Spürkolben besitzen. Nur sind die drei Spürkolben des Basalgliedes als selbstständige Gebilde zwischen jenen acht Borsten, und zwar der distale an der Gelenkhaut (zwischen Borste 7 und 8) hervor- getreten, während die beiden Spürcylinder zwei jener Borsten ent- sprechen. Und Gleiches gilt für den Gegensatz der Spürceylinder und Spürkolben an den aufwärts folgenden Gliedern, deren Borsten im Falle vorhandener Spürkolben im Vergleiche zu den Antennen- gliedern, welche Spürcylinder tragen, als eine um die Zahl dieser letzteren vermehrte erscheint. Indessen sind drei den Spürkolben äquivalente und genau an denentsprechenden Insertionsstellen dieser entspringende blasse Sinnesanhänge auch an den Greif- antennen mit Spüreylindern vorhanden, es sind dies die drei langen blassen, an der Basıs dunkel contourirten Fäden, welche ich schon an der Antenne von Ü. serrulatus beschrieben und genau ihren Inser- tionen entsprechend abgebildet habe (Nr. 8, 1860, Taf. VII, Fig. lb). Der proximale Faden entspringt zwischen Borste 7 und 8 des Basal- gliedes und entspricht dem dritten Spürkolben, die zweite inserirt am vierten, die dritte am neunten Gliede und entspricht dem Sinneskolben des betreffenden Gliedes (Taf. VII, Fig.3, 10). Diese drei Spürfäden finden sich in gleicher Weise an der Greifantenne von C. coronatus und sicherauch von Ö.tenuicornis und sind sowohl von Vosseler alsvonSchmeil trotz meiner früheren Beschreibung übersehen worden. Den Sinneskolben des 12.Gliedes habe ich an den Greifantennen mit Spüreylindern nicht beobachtet, ohne jedoch das Vorhandensein in Ab- rede stellen zu wollen. Dagegen ist der Spürkolben an dem vorletzten Gliede des Endabschnittes ansehnlich entwickelt. Die drei langen (324) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 45 Spürfäden sind auch schon vor der letzten Häutung im fünften COyelopidstadium an der jugendlichen Antenne als ganz kurze, mit breiter Basis beginnende Borsten nachweisbar. Hätte ich die Sinneseylinder von C.coronatus zur Zeit meiner früheren Arbeiten über die Spürschläuche der Copepoden ‚gekannt, so würde ich dieselben schwerlich als blasse Gylinder bezeichnet haben, da die Chitinwand derselben wie die der dunkel- contourirten Borsten beschaffen ist und durch unregelmässig quere Ver- dickungen quergerieft oder quergerippt erscheint, auch fast in ganzer Länge bis zum freien Distalrande lange Fiederhaare in zweizeiliger Anordnung trägt. Die Gebilde machen ganz den Eindruck von proxi- malen Abschnitten abgebrochener Fiederborsten und würden auch für solche zu halten sein, wenn nicht am freien Ende ein Pfropf von blasser feinkörniger Substanz, welche in Körnchen und Faden- ausläufer ausstrahlt, in die Augen fiele (Taf. VII, Fig. 12). Offenbar ist es dieselbe Substanz, welche an den viel blasseren Cylindern von der Greifantenne von C. serrulatus durch die Strahlenkrone langer Plasmafäden hervortritt und sich in den blassen, die Achse füllenden Strang fortsetzt. Auch sind diese mir früher ausschliesslich bekannt gewordenen Cylinder mehr oder minder gebogen und nur nahe dem Distalende mit wenigen, einreihig angeordneten Cuticular- härchen besetzt (Taf. VII, Fig. 9, 10, 11). Die Verbesserung, welche zunächst Vosseler in meine voll- kommen zutreffende Beschreibung und Abbildung — nach an C.tenui- ceornis gemachten mangelhaften Beobachtungen — hineincorrigiren zu können glaubte, ist eine irrthümliche und insofern ein Rück- schritt, als er gar nicht den von mir hervorgehobenen Gegensatz der terminal hervortretenden Substanz blasser feiner Fäden und der scharf contourirten Cutieularhärchen der Wand erkannt hat (Nr. 26, pag. 178, Taf. IV, Fig. 5, 10). Ebenso unrichtig sind die Angaben dieses Autors über die vermeintlich beobachteten Uebergänge von Fiederborsten zu Cylindern an der fertigen Greifantenne von Ü. tennicornis. Nicht nur, dass die zum Beweise seiner Ansicht näher bezeichnete (Nr. 26, Taf. IV, Fig. 10) Borste eine gewöhn- liche Fiederborste des Basalgliedes ist, welche schon ihrer Lage nach zu den Cylindern desselben keine Beziehung hat, es sind auch schon beide Cylinder am Basalgliede vorhanden und überdies vollzieht sich eine solche Umgestaltung nicht an der Greifantenne des adulten Thieres, welches überhaupt keine Häutung mehr er- fährt, sondern während des Häutungsvorganges des letzten Uyclopid- stadiums. Uebrigens hat Vosseler an den Greifantennen beider (325) 44 0, Claus: Arten nur einen der neun Üylinder, nämlich den des achten Antennen- gliedes, übersehen, während Schmeil, welcher Vosseler’s ver- meintliche Berichtigungen acceptirt, auch noch den Cylinder am dritten Antennengliede übersieht und so die Zahl derselben von neun auf sieben herabsetzt. Wenn es schon nach dem Befunde gegenseitiger Vertretung keinem Zweifel unterliegen kann, dass die Kolben und blassen Fäden und ebenso die schon im Larvenleben vorhandenen drei blassen An- hänge der vier apicalen Glieder die gleiche Funetion besorgen, so könnte solches für die Spüreylinder, die streng genommen doch nichts Anderes als die Stiele starkwandiger Fiederborsten sind, be- zweifelt werden. Wenn wir aber der blassen feinkörnigen Strahlen- krone Rechnung tragen, welche am freien Ende der Cylinder her- vortritt, so dürften wir wohl in der Arbeitsleistung dieser das Aegqui- valent der auf einem meist kurzen, dunkelcontourirten Stiele sich er- hebenden zartwandigen blassen Kolben oder Fäden zu sehen haben. Die Function selbst aber wird sich trotz der verschiedenen neuen Namen, die man auch diesen Borstenanhängen seither gegeben hat, kaum anders beurtheilen lassen, als ich es in dem Copepodenwerke mit den Worten that: „Morphologisch möchten unsere blassen Organe allerdings den dunkelcontourirten Haaren und Borsten entsprechen, deren Function sich wohl auf Vermittlung der Tastfunction !) beschränkt, physio- logisch aber darf man aus der zarten Beschaffenheit der Hülle, aus dem Zusammenhange mit Nerven und Ganglienzellen, aus der reicheren Entfaltung im männlichen Geschlechte schliessen, dass es nicht ein einfacher mechanischer Eindruck ist, welchen die Thiere durch die blassen Fäden percipiren, sondern eine specifische Empfindung von der Beschaffenheit des äusseren Mediums. Die Organe stehen sicher in gleicher Linie mit den Fäden und Schläuchen, die auch an den Antennen der Amphipoden, Asseln und Decapoden ete. auf- treten und haben wahrscheinlich geringe qualitative Veränderungen des Wassers fühlbar zu machen und somit eine dem Geschmackssinn, beziehungsweise dem Geruchssinn analoge Function auszuüben.“ Man hat solche ihrer Function „nach bestimmter definirbare Sinne „Uebergangssinne“ genannt, und ich glaube nicht zu fehlen, wenn ich schon seit Jahren für die blassen Antennenanhänge verschiedener Form die für die Sonderempfindung nichts präjudieirende Bezeich- nung „Spürschlauch“ in Anwendung bringe. !) Insoferne Nerven an sie herantreten, denn beim Mangel solcher würde es sich nur um Schwimmborsten handeln. (326) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyelops. 45 Die dunkel contourirten,, stets in gesetzmässiger Zahl an be- stimmter Stelle inserirten Borstenanhänge sind grösstentheils Fieder- borsten, d. h. seitlich mit Cutieularhärchen in zweizeiliger An- ordnung besetzt. Unter starken Systemen sieht die Wand derselben bei Einstellung des Seitenrandes in Folge unregelmässiger Ver- diekungen wie granulirt aus), und da sich diese über die Flächen der Wand fortsetzen, so entsteht bei Einstellung der letzteren das Bild schräger Querlinien, welche mit breiteren hellen Streifen an den dünneren Stellen der Wand alterniren. Sind die Streifen regelmässig. so kann die Wand wie geringelt sich ausnehmen, wie auch solche Borsten der Calaniden-Antennen von Lubbock als „ringed* unter- schieden wurden. Zutreffender dürfte die Bezeichnung „unregelmässig quergerieft* sein (Taf. VI, Fig.7, 10). Vollkommen glatt und ohne Structur habe ich auch die schwächeren und kürzeren der dunkel con- tourirten Borsten nicht gefunden, sobald ich dieselben unter starken Systemen und schliesslich mit Hilfe der stärksten Immersionslinsen untersuchte. Auf die vielen Einzelheiten in Zahl, Gestaltung und Insertion der den einzelnen Gliedern zugehörigen Borsten glaube ich nicht näher eingehen zu sollen, sondern halte es für ausreichend, auf die zahlreichen, möglichst genau dargestellten Abbildungen zu ver- weisen, nur auf besonders bemerkenswerthe Details in der Gestal- tung und Lage einiger Borsten des Mittel- und Endabschnittes der Greifantenne möchte ich die Aufmerksamkeit des Lesers lenken. Mit Ausnahme des basalen und zweiten Gliedes gehören jedem Gliede in der Regel zwei Borsten an, von denen die an den drei kurzen Gliedern 4—6 besonders stark und lang sind, die Borsten der beiden folgenden, durch knieförmig auseinandertretende Gelenke verbundenen Glieder dagegen recht kurz bleiben. An dem kurzen neunten Gliede, dessen Chitindecke an der ventralen Seite bedeutend ver- stärkt und mit einem zur Muskelinsertion dienenden Vorsprung ver- sehen ist, entspringt über dem Spürkolben (S%k*) eine lange und dicht neben dieser eine kurze, mit breiter Basis beginnende Borste, welche wohl dem am 9. Gliede der Greifantennen von Ü. coro- natus und tenuicornis aufsitzenden Spürceylinder morphologisch ‘) Darnach ist die Angabe Schmeil’s (pag. 23) zu corrigiren, nach welcher „der Inhalt einiger längerer Borsten fein granulirt erscheine, ein Umstand, welcher auf grössere Annäherung derselben an eigentliche Sinnenborsten hindeute“. Die feine Granulirung der glashellen Spürkolben, auf die ich schon in früheren Arbeiten hin- gewiesen habe, hat mit jener äusseren Granulation der dunkelcontourirten Borsten gar nichts zu thun und betrifft den sich verändernden, im intacten Zustande blassen und homogenen Inhalt. 46 C40Olaus: entspricht. Von den beiden Borsten, welche an der vorspringenden Erhebung des 11. Gliedes inseriren, erscheint die dem Vorderrande genäherte S-förmig gekriimmt. Unter schwacher Vergrösserung be- trachtet, macht dieselbe den Eindruck, als sei sie mit nur einer Reihe kurzer Seitenstacheln besetzt. Wendet man jedoch ein starkes Immersionssystem an, so findet man auch die zweite, wenngleich nicht genau gegenüberstehende Seitenreihe (Taf. VI, Fig. 7, 8, 3‘, Fig. 10a). Für das 12. Glied ist der Besitz eines kräftigen beweglichen Dornes (D), der rechtwinkelig vorspringen kann, sowie eine mehr proximalwärts inserirte, etwas nach vorne gebogene dünnere Borste charakteristisch. Distalwärts folgen am Vorderrande des Mittel- abschnittes noch drei in derselben Weise gekrümmte Borsten, von denen zwei (2‘,2) dem 13. Gliede angehören, die distale (3), an dem langgestreckten 14. Gliede, welches aus der Verschmelzung zweier (lieder hervorgegangen ist, entspringt. Die proximale Borste des 13. Gliedes ist kräftig und wieder scheinbar einseitig befiedert, die distale (2) sitzt unmittelbar vor dem Spürkölbchen /S5%‘) am Distal- rande auf. Diese charakteristisch gebogenen Haarborsten waren bereits Vosseler bekannt, welcher am 10.—13. Gliede eine mit feiner Cutieula ausgekleidete Rinne zu finden vermeinte, in welcher neben dem blassen Spürkölbcehen drei bis vier mit scharfer Bie- gung nach vorne gerichtete Borsten liegen sollten. Nun kann von einer Rinne gewiss nicht die Rede sein, ebensowenig wie diese drei oder vier Borsten als Sinnesborsten von den übrigen Antennen- borsten unterscheidbar sind, wohl aber kann jener Eindruck wenig- stens für die distale, mit dem dreizehnten Gliede beginnende Partie des mittleren Antennenabschnittes durch die mächtig vorspringende Borstenleiste (2/‘) vorgetäuscht werden, welche als scharfe Kante nach der Dorsalseite hin oberhalb der zwei letzten dieser Borsten (2, 3) nebst Sinneskölbehen (S%®) hervorragt (Taf. VI, Fig.7.51). | Auch an den Greifantennen der Üycelopiden findet sich also die Borstenleiste am geniculirenden Abschnitte wieder, deren besondere Gestaltung bei den Pontelliden und Calaniden ein wichtiger Charakter von generischem oder doch specifischem Werthe ist. Die Borstenleiste entspringt mit langgezogener Ansatzstelle, setzt sich distalwärts in einen langen spiessförmigen Ausläufer fort, während sie proximalwärts einen über den Distalrand des voraus- gehenden 13. Gliedes greifenden, hakig gebogenen Ausläufer ent- sendet. Auch oberhalb der Geniculation an dem proximalen Stücke des dritten Antennenabschnittes, in welchem der Beuger des undeutlich (328) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 47 2gliederigen oder der Gliederung überhaupt entbehrenden Terminal- geissel verläuft, finden sich am Vorderrande der dorsalen Fläche zwei ähnlich gestaltete Borstenleisten (Taf. VI, Fig. 9 Bi Br), welche wahrscheinlich den beiden (mit y und $ bezeichneten) Borsten- leisten des entsprechenden Abschnittes der Pontelliden und Cala- niden homolog und als solche aus der proximalen und distalen Borste des sechstletzten Antennengliedes hervorgegangen sind. Für die Richtigkeit dieser Deutung spricht auch die Lage des diesem Gliede zugehörigen Spürkölbehens, welches sich neben der Insertion der proximalen Borstenleiste wiederfindet (an der weiblichen 17glie- derigen Antenne dem 12., also sechstletzten Gliede angehört). Für die distale Leiste ist es freilich möglich, dass sie aus der Umge- staltung der dem nachfolgenden in das gemeinsame Stück einge- schmolzenen Gliede angehörenden Borste entstanden ist, wie sich ja auch die Borste des dritten in dasselbe aufgenommenen Gliedes auf dem Distalrande als mächtige Riefborste erhalten hat. Ebenso wie die grosse Borstenleiste des 14. Gliedes sind auch die des 15. Gliedes glattrandig und entbehren der Zahnkerben, welche bei den Pontel- liden unter so mannigfachen Modificationen auftreten. Das fingerförmige, durch einen besonderen Beugemuskel (Mfl br) bewegbare Endstück fasst die drei Glieder der 'Terminalgeissel in sich, obwohl in der Regel nur zwei derselben gesondert sind. Wie die Insertion der Borsten darthut, entspricht das proximale Glied dem vereinigten vorletzten und drittletzten Antennengliede. Auch das Spürkölbehen des vorletzten Gliedes ist mehr oder minder deut- lich nachweisbar und bei C.serrulatus von ungewöhnlicher Grösse (Taf.V, Fig. 10 85,,). Die Borsten des Endgliedes, unter denen sich die terminale Spürborste (55,) befindet, entsprechen ebenso wie der conische Endhöcker den gleichgestalteten Gebilden der weiblichen Antenne. Wie schon früher hervorgehoben wurde, sind es vornehmlich die beiden letzten Stadien der Cyelopidreihe, an deren Antennen sich die Umgestaltung zur Greifantenne vorbereitet, so dass man schon in diesem Alter an der Antennenform sichere Anhaltspunkte zur Erkennung des männlichen Geschlechtes findet. Im vierten Stadium scheint nämlich die Antenne des männlichen Thieres um ein (Glied zurückgeblieben, indem die Sonderung des3.und 4. Gliedes, durch welche die weibliche Antenne 10gliederig geworden ist, unterdrückt oder doch nur an der Dorsalseite unvollständig erfolgt ist (Taf. IV, Fig. 9, 10). Dazu kommt oft die verhältnissmässig bedeutende Stärke und Gedrungenheit des 5. und 6. Gliedes, an deren Grenze später die Geniculation entsteht, sowie das Vorhandensein je einer kleineren Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 3. 23 (329) 48 C. Claus: hakenförmigen Erhebung, welche an der weiblichen Antenne fehlt und den Distalrand des 10. und des 13. Gliedes der späteren 17glie- derigen weiblichen Antenne bezeichnen, welcher hier stets borstenlos bleibt. Es sind diese Häkchen die Anlagen zweier Borstenleisten, die sich schon in diesem Alter bemerklich machen (Taf. IV, Fig.9 BR). Bedeutend stärker treten dieselben im fünften Stadium hervor, in welchem die männliche Antenne durch Abgliederung des kurzen proximalen Abschnittes des langgestreckten zweiten Gliedes 10gliederig geworden ist (Taf. V, Fig. 1,3, 7; Taf. VII, Fig. 1), indessen auch durch mehr oder minder deutliche Abhebung der beiden früher un- vollständig getrennt gebliebenen kurzen Glieder 11gliederig ee kann (Taf. V, Fig. 6). Auf en vor der letzten Häutung befindlichen Entwicklungs- stufe sind uns sowohl durch die Zahl und Stellung der Borsten, als durch die gelegentlich schon unter der abzustreifenden Haut nach- weisbare Neugliederung sämmtliche Anhaltspunkte gegeben, um diel7 Glieder der@reifantenne aus der 10gliederigen Jugendform abzuleiten und zugleich auf die 11- oder 12-, beziehungsweise 14- und 17gliederige Antenne des Weibchens, sowie mit gleicher Sicherheit auf die weniggliederigen weiblichen Antennen zurückzu- führen. Man findet alsdann, dass das 1. und 2. Glied unmittelbar in die entsprechenden Glieder der Greifantenne übergehen, während das 3. Glied nicht nur das 3., sondern auch die drei ganz kurzen folgenden Glieder, das 4. Glied die Glieder 7, 8, 9, das 5. die Glieder 10 und 11, das langgestreckte 6. Glied, welches sich im weiblichen Geschlecht in vier Glieder theilen kann, die Glieder 12 bis 14 liefert, während das 7. Glied, das im weiblichen Ge- schlecht in drei Glieder zerfallen kann, ungetheilt bleibt und das Stück oberhalb der Genieulation mit zwei Borstenleisten 31” und 51“ liefert. Von den beiden durch ihre Umgestaltung besonders interes- santen Gliedern 6 und 7 zeigte das 6. bei Vergleichung seiner Borsten- anhänge (Taf. V, Fig. 3, Taf. VI, Fig. 7) mit denen der ausgebil- deten Antenne, dass noch nicht sämmtliche Borsten entwickelt sind, wie ja auch an dem Basalglied das fünfte Cyelopidstadium in beiden (reschlechtern nur 7 und nicht wie im ausgebildeten Zustand 8 Borsten trägt. In der Flächenansicht der Vorderseite gewinnt man leicht ein übersichtliches Bild, um die wichtigsten der Borsten- anhänge aufeinander beziehen zu können. Auch für das meist zweigliederige Terminalstück ergibt sich die Beziehung auf die drei apicalen Glieder der Jugendform, welche (330) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 49 bei vielen Pontelliden auch an der Greifantenne gesondert bleiben und dort als Terminalgeissel bezeichnet wurden, aus Zahl und Stellung der Borsten unmittelbar; das 16. Glied geht durch Con- crescenz von 8 und 9 hervor, das 17. entspricht dem 10. Gliede der 10gliederigen Jugendform. Das Verhältniss der 17gliederigen Greifantenne zu der 17gliede- rigen Antenne des Weibchens und den 10- und 11gliederigen Jugend- formen würde also (vergl. auch Taf. V, Fig. 1) in folgender Ueber- sicht zum Ausdruck kommen: Banemne .. ...:.% . 45575910: 11 12.13 14 15 19.017 10gliederige Jugendform nn gen I tele a Be en des5.Cyclopidstadiums(O) 1 2 3 4 5 6 7 8>73E 10 11gliederige Jugendform rm des5.Cyclopidstadiums(O) 1 2 3 4 5 6 7 8 3 lOrLl Ben Aue 7 .,..12 3 4 5% Eurer. 72 112 19,210, 1% u nn — m nn ey Brasmewme .. .. ... 3255753 10111213: 14 15 IorasE2 Die Entwicklungsweise der Greifantennen im Vergleiche zu den 17gliederigen Antennen des Weibchens lehrt uns somit, dass in den proximalen 7 Gliedern der letzteren 11 Glieder der männ- lichen Antenne enthalten sind, deren 6 apicale Glieder wiederum durch 10 Glieder jener vertreten sind. Wir erhalten also eine An- tennengrundform von 21 Gliedern, aus welcher durch Concrescenz bestimmter, aber in beiden Geschlechtern verschiedener Glieder die 17gliederige Greifantenne sowohl, wie die weiblichen Antennen gleicher, beziehungsweise geringerer Gliederzahl abzuleiten sind. Nun gibt es eine zuerst von Ax. Boeck beschriebene Cyelopidengattung, Thorellia, deren weibliche Antenne der normal gegliederten Greifantenne gegenüber 21gliederig ist. Vielleicht liegt in derselben eine Grundform vor, welche immerhin noch im Vergleiche zur Ca- laniden- und Pontelliden- Antenne eine um 3 Glieder reducirte ist. Wenn wir nun in Erwägung ziehen, dass der distale Abschnitt der Greifantennen der Cyelopiden dieselbe Gliederzahl wie der entsprechende der Calaniden enthält, dass die Geniculation an der gleichen Stelle liest und die geniculirenden Stücke ein nahe übereinstimmendes Verhalten zeigen, wenn wir ferner be- rücksichtigen, dass es Calaniden des süssen Wassers mit redu- eirter Zahl der Antennenglieder gibt, welche (Schmackeria) wie Cycelops 2 Eiersäckchen bilden, dass eine Anzahl von Gattungen bekannt geworden sind, welche im Bau der hinteren Antennen und der Mundwerkzeuge zwischen Calaniden und Cyelopiden stehen, 23* (331) 50 C, Claus: einen noch zweigliederigen Mandibulartaster und rudimentären Exo- poditen der hinteren Antennen tragen, dass auch das jüngste Cyelopidstadium von Cycelops noch Rudimente des Antennenexopoditen und zweigliederigen Mandibel- tasters besitzt, so werden wir zu dem Schlusse berechtigt sein, dass die Familie der Cyelopiden auf vereinfachte und rückge- bildete Copepoden vom Typus der Calaniden zurückzuführen ist. Die reducirte Gliederzahl der vorderen Antenne würde sich der Borstenzahl entsprechend aus unterbliebenen Abgliederungen des basalen und des zweiten Äntennengliedes erklären lassen, von denen das letztere zwei, das basale wenigstens drei Glieder in sich fasst. Und diese phylogenetische, aus dem Baue der Antenne und Mundesgliedmassen folgende Ableitung steht im voll- kommenen Einklang mit der von mir seit Jahren vertretenen, durch die Ergebnisse zahlreicher auf verschiedene Crustaceengruppen aus- gedehnter Untersuchungen bestätigten Anschauung, nach welcher die im Körperbau und Organisation tiefer stehenden Formenreihen nicht als die ältesten und ursprünglichen, sondern als secundär ver- einfachte Gruppen zu betrachten sind, und dass es auch für die Cope- poden die höchst organisirten Typen mit Herz (Calaniden) und Ueberresten des paarigen Dorsalauges (Pontelliden) sind, welche den Protocopepoden am nächsten standen. Ich stelle mir diese als langgestreckte Calanus- (Cetochilus-) ähnliche Formen mit fünf zweiästigen Ruderfusspaaren und Resten seitlicher Dorsalaugen, noch ohne Greifantennen im männlichen Geschlechte, dagegen mit Rudimenten eines sechsten zum @enitalsegmente gehörigen Fusspaares vor, welches dann in höher organisirten Typen im Zu- sammenhange mit der Gestaltung des Genitalsegmentes mehr oder minder vollständig rückgebildet wurde, während sich dasselbe bei den Cycelopiden und deren Descendenten an den Genitalklappen als Rudiment erhielt. Den Einwurf, welchen man gegen diese aus dem Zusammenhang!) einer grossen Reihe morphologischer Befunde unabweisbare Ableitung erhoben hat, den Einwurf nämlich, nach welchem der Mangel eines 6. Gliedmassenrudimentes am Genital- segmente der Calaniden und Pontelliden an sich allein zur Widerlegung meiner Anschauung ausreiche, halte ich für gänzlich irrelevant. Die auf das Vorhandensein oder den Mangel eines Genital- füsschens gestützte Eintheilung der Copepoden (Giesbrecht) m !) C. Claus, Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grundlage des Crustaceensystems ete. Wien 1876, pag. 83. (352) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyelops. 51 Podopleoden und Gymnopleoden!) würde selbst, wenn er- wiesen wäre, dass diese Rudimente überall fehlten (was nicht der Fall ist, z. B. Mesophria), eine wenig glückliche sein, da sich dieselbe auf ein höchst untergeordnetes Merkmal stützt. Wer mit E. Canu?) den dieser Eintheilung zu Grunde liegenden Gegensatz als Argument gegen meine auf die Ergebnisse so zahlreicher Unter- suchungen gestützte Anschauung verwerthen zu können glaubt, übersieht, dass die Calanıden der Jetztzeit nicht sämmtliche Charak- tere der hoch organisirten Stammformen bewahrt haben müssen, vielmehr ebenso wie in dem Verluste des dorsalen Augenpaares, so auch in dem des sechsten Fussrudimentes Abänderungen erfahren haben können, und verfällt dem so oft begangenen Fehler, jetzt lebende Typen schlechthin als Ausgangsformen phylogenetischer Ableitung heranzuziehen, ohne der Veränderungen Rechnung zu tragen, welche diese selbst erfahren haben. Und somit ist es nur eine weitere Con- sequenz jener irrthümlichen Auffassung, wenn E. Canu unter Auf- rechterhaltung der Missdeutung des Pontellen-Auges zur Aufstel- lung eines seiner Grundlage nach verfehlten Stammbaumes der Copepoden gelangt, in welchem die Harpactiden-Gattung Longi- pedia als dieden Protocopepoden nächststehende Gattung den Ausgang bildet. Ein näheres Eingehen auf die Ausführungen dieses Autors halte ich für um so weniger erforderlich, als derselbe gar nicht versucht hat, die aus dem Zusammenhange meiner zahlreichen Untersuchungen sich ergebende gegentheilige Auffassung zu wider- legen, und das einzige hervorgehobene Argument auf einem Miss- verständniss beruht. Ueber die Nomenclatur der Cyclops-Arten. Seit den verdienstvollen Arbeiten S. Fischer’s und meiner etwas später veröffentlichten Schrift über das Genus Cyclops und ‘) Ich möchte doch bei diesem Anlasse darauf hinweisen, dass es nicht nur überflüssig, sondern unzulässig erscheint, den als Kopfbrust und Abdomen bezeich- neten Regionen, welche mit Vorderleib und Hinterleib identisch sind, die beiden letzteren, wie es Giesbrecht thut, in einem anderen Sinne gegenüber zu stellen; als ob der Mangel von Füssen für den Begriff „Abdomen“ nothwendig wäre und die Malacostraken nicht an sämmtlichen Abdominalsegmenten Fusspaare, die Pleopoden trügen, und nicht gerade die Bezeichnung Gymnopleoden und Podopleoden auf die Pleopoden zurückwiesen. Oder sollten auch die Malacostraken einen Hinterleib und kein Abdomen besitzen? ?) E. Canu, Les Copepodes du Boulonnais. Morphologie, Embryologie, Taxo- nomie. Lille 1892, pag. 133, 137. (333) 52 0, Claus: seine einheimischen Arten haben sich zahlreiche Beobachter, besonders in Scandinavien, England, Frankreich und Deutschland mit Süss- wasser Copepoden beschäftigt, welche ein ebenso anziehendes, als ver- hältnissmässig leicht zu studirendes Untersuchungsobject bilden. Es wurden eine grosse Zahl neuer Arten beschrieben, sehr häufig aber zum Wiedererkennen so unzureichend dargestellt, dass es sehr schwer, ja oft unmöglich ist, die Arten der jüngeren Autoren mit Sicherheit aufeinander und auf die der älteren Autoren zu beziehen. : Dazu kommt eine gewisse und bei manchen Formen recht bedeu- tende Variabilität in Grösse, Färbung und selbst in der Gestaltung einzelner Körpertheile, durch welche die Schwierigkeit der Bestim- mung und Zurückführung ausserordentlich vergrössert wird, und endlich das an sich gewiss zu billigende Streben, den Prioritätsan- sprüchen möglichst gerecht zu werden und die Autorschaft der Art möglichst weit zurückzuverlegen. Unter solchen Verhältnissen ist es nur zu natürlich, dass nicht nur über die Selbstständigkeit, sondern auch über die Identificirung mancher Arten grosse Meinungsverschieden- heiten bestehen und dass ebenso über die Autorschaft derselben und demgemäss über die Benennung die Ansichten weit auseinandergehen. Die ersteren Fragen sind nicht so einfach und leicht zu beant- worten, ja meines Erachtens überhaupt nicht zu einer vollkommen be- friedigenden und sicheren Lösung zu bringen. Ueber die letzte Frage, diein Folge der bestehenden Meinungsverschiedenheiten über Prioritäts- berechtigung zu einer grossen Complication und nicht geringeren Verwirrung der Nomenclatur geführt hat, will ich im Nach- folgenden mein vielleicht für die Zukunft zu einer Klärung bei- tragendes Urtheil nicht zurückhalten. Dass wir die Arten des dänischen Naturforschers O0. F. Müller, des Autors der Gattung Cyclops, mit der freilich noch Cantho- . ceamptus und Diaptomus vereinigt wurden, nicht zu bestimmen vermögen, dürfte wohl von keiner ernst zu nehmenden Seite!) be- !) Gleichwohl haben einzelne jüngere Autoren verschiedene Arten auf O. FE. Müller zurückführen wollen. Rehberg substituirt deun auch für den wohl cha- rakterisirten Canthocamptus staphylinus Jurine’s den alten Müller’schen Namen C. minutus und macht es hierdurch möglich, die kleine von mir entdeckte und als minutus unterschiedene Art neu zu bezeichnen und als C. lucidulus Rehberg einzuführen. Er motivirt sein Verfahren durch die Worte: „Claus ver- wirft den Müller’schen Namen „minutus“, weil diese Art die grösste im Genus ist. Das ist jedoch kein Grund, den ältesten Namen nicht zu gebrauchen.“ Diese Be- lehrung hätte sich Rehberg ersparen können, da er mir eine Begründung unterge- schoben hat, die seine eigene Erfindung ist. Schlägt man die betreffende Stelle in meinem Copepodenwerke (pag.121) nach, so heisst es da: „Unter den einheimischen (334) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Üyclops. or stritten werden und stimme ich der Meinung Schmeil’s vollkommen bei, dass es unmöglich sei, auch nur in einer dieser Formen eine der später unterschiedenen und sicher charakterisirten Arten wieder- zuerkennen. Ich habe dieselbe Ansicht ja schon in meinen ersten Arbeiten über Cyelops ausgesprochen. Anders steht es mit der Beurtheilung der fünf von Jurine als Farbenvarietäten unterschiedenen Uyclops-Formen. Von diesen wurden in jüngerer Zeit C. quadricornis fuscus, albidus und viridis mit den später aufgestellten drei Arten C. corona- tus Cls,, tenuicornis Üls., viridis Fisch. (C. brevicornisÜls.) für identisch erklärt und Jurine die Autorschaft der Art vindicirt. Bezüglich der Farbenvarietäten rubens und prasinus gingen die Meinungen auseinander, obwohl die Identifieirung mit C. stre- nuus Fisch. und prasinus Fisch. mit denselben Argumenten hätte begründet werden können. Nun bin ich selbst weit entfernt, die Wahrscheinlichkeit der Identität der fünf genannten Arten mit den fünf als Farbenvarietäten unterschiedenen Formen Jurine's in Frage zu stellen, glaube sogar einer der Ersten gewesen zu sein, welcher auf dieselbe hingewiesen hat. Folgerichtig nahm ich die Jurine'schen Formen mit ihren vom Autor gewählten Bezeich- nungen in die Rubrik der Synonyma der sicher charakterisirten Arten auf. Jurine die Autorschaft der Arten zuzuschreiben und für dieselben die Benennungen seiner Farbenvarietäten einzuführen, wäre ein geradezu unlogisches Verfahren gewesen, da J urine dieselbe weder als Arten erkannt, noch als solche charakterisirt hat. Die Angaben dieses Autors über die Art, wie die Eiersäckchen getragen werden, sind ausser der überdies wechselnden Farbe der einzige Anhaltspunkt zur Unterscheidung, können aber unmöglich als zur sicheren Erkennung ausreichende morphologische Charaktere in Frage kommen. Die Angaben über Grösse und Form des Körpers kommen nicht in Betracht, da die ersteren sich innerhalb geringer Grenzen ('/; und 1 Linie) bewegen, welche in noch grösserem Masse auch für Varietäten derselben Art wiederkehren (C. viridis, gigas), Canthocampten konnte ich zwei Arten unterscheiden, von denen ich die grössere als (, staphylinus bezeichne, weil sie sicherlich dem von Jurine beobachteten Monoculus staphylinus entspricht, Für die kleinere Art behalte ich die Bezeich- nung C. minutus bei, wie O. F. Müller seine Art bezeichnete, obwohl die Identität derselben nicht wahrscheinlich ist.“ Aus diesen Worten hat sich Rehberg seine un- richtige, den Sinn meiner Begründung entstellende Angabe construirt, um daran noch die weitere Belehrung für mich zu knüpfen: „Die Claus’sche Bezeichnung „Cyelops gigas“ würde dann noch viel weniger passend sein,“ (335) 54 C. Claus: die letzteren aber viel zu unbestimmt!) sind, als dass sie überhaupt verwerthet werden könnten. Zuerst war es Koch, welcher den C. quadricornis in Arten auflöste und eine ganze Reihe von Arten unterschied und deter- minirte. Indessen waren die Beschreibungen, welche er von den- selben gab, so oberflächlich und zum Bestimmen so gänzlich unzu- reichend, dass wir Koch die Autorschaft keiner einzigen Art zu- schreiben können. In der Kenntniss des gesammten Baues, der Glied- massengestaltung, Organisation und Entwicklung blieb Koch hinter Jurine weit zurück, und so waren es nur unwesentliche Merkmale, die er neben den von Jurine verwendeten, der Färbung und Grösse des Körpers, sowie Haltung der Eiersäckchen, in Betracht zog. Unbestimmte Angaben über die Fühlerlänge, sowie der Furcaläste und ihrer Hauptborsten sind ausschliesslich die als Charaktere be- nützten morphologischen Anhaltspunkte. Weder Zahl und Grössen- verhältniss der Antennenglieder, noch die Gestaltung des rudimen- tären Fusses, noch die Form des Receptaculums waren als Merkmale verwerthet. Wenn ich daher mit vollem Rechte gleich in meiner ersten Arbeit von der lediglich durch zierliche Abbildungen unterstützten, aber wissenschaftlich völlig unbrauchbaren Arbeit Koch’s abstra- birte, so geschah es auch, um von vorneherein einer unberechtigten und unsicheren Nomenclatur vorzubeugen, die sich mit der Zeit — bei der Möglichkeit einer überaus verschiedenen Interpretation — immer complieirter und verworrener hätte gestalten müssen. Ueber- dies kann es nicht die Aufgabe des wissenschaftlich arbeitenden Zoologen sein, sich mit der Deutung und Auslegung unsicherer Unterscheidungen aus flüchtigen und unwissenschaftlichen Abhand- lungen früherer Autoren zu beschäftigen und mit steriler Arbeit werthloser Interpretationen die Zeit zu vergeuden. Leider sind viele der späteren Autoren abweichender Ansicht gewesen und haben eine grössere oder geringere Zahl der Koch’schen Arten, der eine diese, der andere jene, wieder zu erkennen geglaubt und dann die Benennungen derselben an Stelle der später zutreffend beschriebenen Arten substituirt. Schon G. O.Sars ist mit gutem Beispiel vorangegangen und hat nicht weniger als 5 der 12 Koch- schen Arten acceptirt. Eine ganze Zahl jüngerer Beschreiber ist ihm alsdann gefolgt, so dass schliesslich wohl für sämmtliche Cyclops- Arten Koch’'s ein Unterkommen gefunden wurde Rehberg, !) Z.B. la forme est plus arrondie, le corps decrit un ovale presque parfait, d’ une forme ovale allongee etc. (336) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 55 Vosseler, Daday, Lande, Herrick, Sostarid, Thall- witz. de@uerne und Richard nehmen der Eine diese, der Andere jene Art an und beweisen den Fortschritt, welchen die Nomenclatur der Systematik bringt, wenn anatomische und entwicklungsgeschicht- liche Arbeiten in den Hintergrund treten. Es zeigt sich aber auch, - welchen Hindernissen bei der Ueberwucherung der Nomenclaturbestre- bungen in der sogenannten descriptiven Systematik die wissenschaft- liche Zoologie ausgesetzt ist und in Zukunft in noch höherem Grade ausgesetzt sein wird. Es ist vielleicht nicht überflüssig, eine kleine Blumenlese zu halten, um an dem Beispiele der Koch’schen Uyclops-Arten die Verwirrung zu demonstriren, welche die Artbezeichnung erfährt. wenn subjeetive Meinung anstatt des von mir befolgten und, wie ich glaube, auch in den citirten Paragraphen der deutschen und französischen Nomenclaturentwürfe ausgesprochenen Principes mass- gebend ist. Cyelops luceidulus Koch wird von G. O.Sars an Stelle von C. vernalis Fisch. = elongatusÜls. als Art aufgenommen, weil es keine Art des Koch’schen Werkes gebe, auf welche seine Form eher zu beziehen sei. Rehberg, Herrick, Daday, So- Starid folgen nach. Ersterer erkennt Ü. lucidulus mit voller Sicherheit. Schmeil sagt dagegen, dass es unmöglich sei, von jener Diagnose einen nur einigermassen richtigen Schluss auf die Artzuge- hörigkeit der Thiere zu machen, welche Koch bei der Beschreibung seines lucidulus vorlagen. C.pulehellus Koch. @. ©. Sars nimmt die Koch’sche Art an Stelle des C. bicuspidatus Cls. an und überträgt die letztere Bezeichnung auf eine nahe verwandte Art oder Varietät, die später Rehberg auf Grund nicht stichhältiger Modificationen der Fuss- bedornung als bisetosus unterschied. Es folgen ihm Rehberg, Vejdovsky, Daday, Vosseler, SoStarid, Thallwitz, Lande. Schmeil weist dagegen nach, dass es unmöglich sei, an- zugeben, welche Species Koch vorgelegen habe und nimmt C. bi- cuspidatus als berechtigt auf. C.agilis Koch. G. O. Sars vleibt im Zweifel, ob die Ko ch’sche Form mit ©. serrulatus Fisch. identisch ist und sieht daher von der Acceptirung jener Bezeichnung ab. Für Rehberg steht die Identität fest, weil sich die Form der Eiersäckchen nicht verkennen lasse (!), er kennt daher Koch als Autor an, und seine Neuerung acceptiren wie eine neue Entdeckung Daday, Vosseler, So- s$taric, Thallwitz, Lande. Dahingegen sagt Schmeil, der (337) 56 C. Claus: die Nomenclaturfrage in den Vordergrund seiner Beschreibungen stellt und bis in alle Einzelheiten prüft: „Angenommen, die Form der Eiballen spräche für eine Identität, alleanderen Angaben Koch’s sprechen nicht dafür.“ Und dies wird denn auch im Einzelnen an jedem der nichtssagenden Sätze der Beschreibung nach- gewiesen. „Es ist vollkommen überflüssig,“ meint Schmeil, „einer solchen Beschreibung noch ein weiteres Wort hinzuzufügen.“ C.pietus Koch wird von G. O.Sars für identisch mit C. strenuus Fisch. (breviecaudatus Cls.) erklärt. Rehberg ist der gleichen Ansicht, Daday und Sostari halten die Identität für gesichert, Herricek für zweifelhaft, während Schmeil der Ansicht ist, dass die Diagnose und Abbildung von Koch’s C. pie- tus gar keinen Anhalt dafür bieten, dass die Form mit Ö. stre- nuus zusammenfällt. Auf C. vulgaris Koch glauben Rehberg, Herrick, Da- day, Lande und Sostarid Fischer's C. viridis beziehen zu können. Dagegen äussert sich Sehmeil. Ob C. viridis wirklich K och vorgelegen hat oder nicht, lässt sich durchaus nicht bestimmen, da weder die mangelhafte Beschreibung, noch Abbildung Koch’s irgend einen Anhaltspunkt für die Beurtheilung seiner Art bietet. Und ähnlich divergiren die Meinungen über Koch’sC.annulicornis, quadricornis, obsoletus, dievon Schmeil ebenso entschieden wie die früheren Arten als unbestimmbar verworfen werden. „Mit demselben Rechte,“ sagt dieser Autor (Nr.24, pag.5), „mit dem man diese oder jene Koch’sche Art mit einer gut beschriebenen Form identificirte, könne man auch dieselbe K och’sche Art einer zweiten oder dritten ete. ausreichend charakterisirten Species eines anderen Forschers gleichstellen. Koch’s Diagnosen sind — abgesehen von den Fehlern und Ungenauigkeiten — ebenso dehnbar, dass sie sich meist auf eine ganze Zahl von Arten beziehen können. Und ich halte es für durchaus nothwendig, überall da, wo die Identität irgend einer Art mit einer Koch’schen Form nicht absolut sicher- gestellt ist, die Koch’sche Bezeichnung auszuschliessen. Ein solches entschiedenes Vorgehen ist nothwendig, um die Confusion, die in der Nomenclatur speciell der Copepoden herrscht, nicht noch zu ver- grössern.“ Man hätte nun erwarten sollen, dass Schmeil ebenso ent- schieden, als ich vor Jahren Koch’s Arten zurückwies, vorgehen und in Uebereinstimmung mit mir consequenter Weise die Aufnahme der Koch’schen Arten und ihrer Bezeichnungen überhaupt zurück- weisen würde, indessen bleibt er auf halbem Wege stehen und erklärt, (358) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Üyclops. 57 dass seiner Meinung nach drei der Cyclops-Arten wirklich wieder zu erkennen seien, von denen zwei Jurine’s Farbenvarietäten entsprächen, eine Species aber, der mitC. canthocarpoides Fisch. identische C. phaleratus, neu sei, daher der Name derselben zu Rechte bestehen müsse. Es ist jedoch kein anderer als ein subjectiver, im Glauben des Wiedererkennens gelegener Grund vorhanden, der letztgenannten Art den Formen gegenüber, welche Schmeil als unbestimmbar verwirft, andere Beobachter dagegen als berechtigt anerkennen und aufnehmen, einen Vorzug zu geben. Vergebens sucht man in der Beschreibung nach einem als sicheren Charakter ver- wertheten morphologischen Anhaltspunkt, und es scheint neben der Länge der Ovarien in der Koch’schen Abbildung die Angabe, dass das „nette Thierchen stets unruhig sei, gerne, während man es beob- achtet, aus dem Tropfen Wasser steige und sich geschwind und ge- schickt an dem Uhrglase auch aus dem Wasser fortbewegen könne“, für Sehmeil den Ausschlag gegeben zu haben, zumal die Ab- bildung Koch’s ebensowenig wie die der übrigen Arten ein Wieder- erkennen ermöglicht. Gestatten wir aber unserer Ansicht zu liebe in einem Falle eine Ausnahme, so haben wir kein Recht, die indi- viduelle Meinung Anderer über die Zulässigkeit einer zweiten, dritten und xten Form zu bestreiten und machen uns zu Mitschuldigen der wachsenden Confusion der Nomenclatur. Deshalb muss eine prä- cise und unzweideutige morphologische Charakteri- sirung als unerlässliche Bedingung zur Anerkennung des Art- Autors und zur Aufnahme seiner Benennung ausser Frage stehen. Mit Recht glaube ich daher schon in meiner ersten Arbeit über Cyelops (1857) sämmtliche von Koch beschriebenen und benannten Arten mit Rücksicht auf die unwissenschaftliche und unzu- reichende Darstellung des Autors als zur Aufnahme in die Wissen- schaft unberechtigt ausgeschlossen zu haben. Es beruht daher auf einem Irrthum Schmeil’s, wenn er meint, ich habe mit anderen Autoren die Identität von C. canthocarpoides mit C. phale- ratus Koch übersehen. Schmeil’s subjectiver Meinung nach mögen die oben citirten Angaben zur Anerkennung und Aufnahme der Koch’schen Art ausreichend sein, den meinerseits an die Sicher- heit der Wiedererkennung auf Grund morphologisch zureichender Merkmale zu stellenden Ansprüchen genügen sie nicht; ich habe daher die Artidentität nicht übersehen, sondern als unsicher verworfen. Der gleiche Grund dürfte vielleicht auch für andere Autoren, wie Lilljeborg und Lubbock, bestimmend ge- wesen sein. Sars war der Erste, welcher C. phaleratus als Art (339) 58 C. Claus: aufnahm und die von Ko ch hervorgehobene Kriechbewegung als Be- weis für die Identität mit C. canthocarpoides betrachtete. Ihm folgte die grosse Mehrzahl der jüngeren Autoren, unter ihnen auch Schmeil, obwohl der Letztere (Nr. 24, pag. 171) gegen Sars’ Beweisgrund geltend machte, dass dieselbe für sich allein nicht als untrügliches Wiedererkennungszeichen gelten könne, da diese Loco- motionsart auch anderen Oyclopiden eigenthümlich sei. Dagegen be- trachtete er die in der Koch’schen Abbildung weit in das Abdomen hineinreichenden Oviducte als ausschlaggebend. Dem gegenüber be- merke ich, dass die Oviducte überall an den Genitalöffnungen ihr Ende haben, dagegen zu den queren, mit Eiern erfüllten Schläuchen des Ovariums, die gewöhnlich in drei- oder vierfacher Zahl an jeder Seite des Thorax auftreten, auch noch ein mehr mediales, der Länge nach verlaufendes Paar hinzukommt, welches mehr oder minder weit nach hinten vorwachsen und sich dann wie bei C. canthocar- poides mehr oder minder weit in das Abdomen erstrecken kann. Wenn nun dieses Paar von Ovarialschläuchen auch bei C. cantho- carpoides die in Frage stehende Länge erreicht, so wird man diesem in der Abbildung hervortretenden Merkmale umsoweniger die in Anspruch genommene Bedeutung beilegen dürfen, als es weder erwiesen ist, dass dasselbe nicht auch bei verwandten Formen, wie fimbriatus und affinis, zu gleicher Ausbildung gelangen kann, noch auch der Entwicklungsstufe der Ovarien — ebensowenig wie Form, Farbe und Grösse der Eiersäckchen — als von wechselnden Be- dingungen abhängig und daher variabel ohne Heranziehung morpho- logischer Charaktere, wie Körperform, Gliederzahl der Antennen, Gestaltung des rudimentären Füsschens, der Furca und deren Borsten, der Form des Receptaculums für sich allein als Artcharakter gelten kann. Daher wird Koch’s C. phaleratus höchstens unter den Synonymen der zuerst von Fischer sicher charakterisirten Art auf- zunehmen sein. (ranz anders verhält es sich mit den von 8. Fischer (Nr. 12, Nr. 13, Nr.14) beschriebenen Cyclops-Arten, von denen ein Theil sicher zu erkennen und daher nach den Bezeichnungen jenes Autors aufzunehmen ist. In erster Linie gilt dies von C. serrulatus und C. canthocarpoides, Arten, welche auch alsbald sowohl Lilljeborg als ich selbst in unseren Darstellungen aufnahmen. Dagegen vermochten wir weder den C. strenuus noch viridis mit Sicherheit wieder zu erkennen, deren Beschreibung hinter jener der erst genannten Arten zurücksteht und welche mir keineswegs mit Ü.brevicaudatus und brevieornis zusammenzufallen schienen. (340) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 59 Auch Lilljeborg erkannte nicht die Identität des ersteren mit seinem C. quadricornis, welcher wahrscheinlich auch jene zweite sehr verbreitete Art einschliesst, welche Lilljeborg nicht als speci- fisch verschieden betrachtete und daher auch auf ©. quadricornis bezog. Fischer verwerthete zuerst ausser der Körperform und Fär- bung, sowie dem Längenverhältniss der Furcalborsten einige zur Art- unterscheidung wichtige Merkmale, vor Allem die Länge und Glieder- zahl der vorderen Antennen und die Gestalt des rudimentären Fusses. Dagegen kannte er noch nicht das seiner Form nach überaus wech- selnde und als charakteristisches Unterscheidungsmerkmal verwerthbare Receptaculum, auch das Grössenverhältniss und die bestimmte auf gesetzmässiger Entwicklung beruhende Gruppirung der Antennen- glieder war ihm unbekannt, so dass die auf dasselbe bezüglichen Abbildungen (z. B. die Antennen von C. strenuus, Taf. IX, Fig. 20, mit vertauschtem 7. und 8. Gliede) in Verbindung mit den ungenauen und unrichtigen Längenangaben der Furcalborsten die Bestimmung unsicher machen, indem sie für die Möglichkeit sprachen, dass es sich, zumal bei der entfernten Lage des Fundortes, um verwandte, aber nicht identische Arten handle. Und bei dieser Möglichkeit musste vor drei bis vier Decennien, zu einer Zeit, wo noch nicht so zahlreiche Arten dieser weit verbreiteten Gattung auf- gefunden und beschrieben waren, ein ganz anderer Massstab als gegenwärtig an den Nachweis der Artidentität angelegt werden, nach- dem nicht nur die Zahl der beschriebenen Arten beträchtlich vermehrt, sondern auch an vielen Orten Deutschlands, Scandinaviens, Frankreichs und der Schweiz die Gewässer, sowie kleinere und grössere Seen durchforscht worden sind. Auf die übrigen Fischer’schen Formen brauche ich ausser dem in der Fussnote berücksichtigten C.diaphanus nicht weiter einzugehen, da keine derselben als mit einer von mir beschriebenen Art identisch in Betracht kommt und es dürfte das Gesagte zur Erklärung, weshalbichnur C.serrulatus undceantho- carpoides aufnahm, vollkommen genügen. !) !) Es scheint daher gänzlich unbegründet, wenn mir jüngere Beobachter zum Vorwurf machen wollen — was sie selbst in viel ausgiebigerer Weise gethan —, be- kannte Oyclops-Arten als neu beschrieben zu haben, und wenn einer derselben den systematischen Werth meiner Arbeiten deshalb herabsetzt, weil ich zwar die Arbeiten von Koch und Fischer gekannt, dieselben jedoch nicht berücksichtigt hätte, weil ich Arten als neu dargestellt, die bereits von Fischer hinlänglich beschrieben und abge- bildet seien. Als Beispiel wird C. diaphanus Fisch. und C. minutus Cls. angeführt. Abgesehen von der Unwahrheit der Angabe, dass ich Fischer nicht berücksichtigt habe, verräth es gewiss wenig Reife des Urtheils, den systematischen Werth nach der untergeordneten Nomenclaturfrage zu bestimmen , auch ist das Beispiel von C.dia- (341) 60 C. Olaus: Für die Richtigkeit des von mir in der Nomenclatur geübten Prineipes gibt es keine bessere Rechtfertigung als der Inhalt der zahlreichen, seit Veröffentlichung meiner Copepodenmonographie er- schienenen Arbeiten über Cyelops. Welch buntes wechselvolles Durch- einander in der Deutung älterer Formen, welch divergirende An- sichten in der Auslegung der älteren Beschreibungen, in der Zu- rückführung der Arten verschiedener Autoren und in der Aufnahme bald dieser, bald jener unbestimmt und ungenügend charakteri- sirten Art! Ein Blick auf die zuletzt erschienene umfangreiche Schrift Schmeil’s, welcher sich speciell zur Aufgabe gestellt hat, die überaus complieirte und verworrene Nomenelatur der Cyelops- Arten in's Reine zu bringen, überhebt mich jeder weiteren Ausein- andersetzung. Die grosse Zahl der in den letzten Decennien als neu be- schriebenen Arten, durch welche die von Fischer, mir selbst und G. OÖ. Sars unterschiedenen Arten um mehr als das Doppelte er- höht sein würde, erscheint nach O. Schmeil’s vergleichenden Er- örterungen auf einen Bruchtheil redueirt, indem nicht nur Jugend- formen, sondern auch mehr oder minder ausgeprägte Varietäten für selbstständige Arten gehalten wurden. Eine Reihe der als neu beschrie- benen Arten sind auf bereits bekannte Arten zurückgeführt worden, andere mögen neuen entsprechen, sind leider aber so unvollständig phanus schlecht gewählt. Fischer hat diese Form so unzureichend und unvoll- ständig dargestellt, dass ich mehr geneigt war, C. spinulosus als CO. minutus auf dieselbe — freilich nur als überaus fraglich — zu beziehen. Weder die 2gliederige Beschaffenheit der Aeste sämmtlicher Ruderfüsse, noch die charakteristische Gestalt des rudimentären Fusses, dessen Grundglied mit seiner Borste in das Segment aufgenommen ist, wird im Texte erwähnt. Die Abbildung des Füsschens (Fig. 8) stellt dasselbe 2gliederig dar, und die 2gliederigen Aeste des ersten Ruderfusspaares, welche in Fig. 9 abgebildet sind, beweisen nichts für die Beschaffenheit der nach- folgenden Paare. (Vergl. C. Janguidus G. O. Sars.) Auch hat G. O. Sars die Identität (beziehungsweise nahe Uebereinstimmung) von C. diaphanus Fisch. mit seiner als ©. bicolor beschriebenen Art nicht erkannt, dagegen eine der letzteren nächst- stehende Form mit 12 Antennengliedern als C. varicans beschrieben. Ich setzte Fischer’s Form als fraglich synonym mit C. spinulosus, dessen Antennen wie ©. varicans 12 Glieder besitzt, was Rehberg zu dem Vorwurf eines nicht verzeihlichen (!) Irrthums Anlass gab. Was soll man zu solchen unüberlegten Aus- stellungen sagen, die freilich noch überboten werden durch Schmeil’s Auslassung, nach welcher ©. spinulosus überhaupt keiner Art entspreche, sondern von mir irrthüm- licher Weise nach einigen Charakteren zweier Arten combinirt und als neue Species construirt worden sei! Der Umstand, dass die kleine, durch ihre feine Bestachelung charakterisirte, allerdings unzureichend beschriebene Form bislang von Schmeil nicht aufgefunden wurde, gibt gewiss zu einer solchen Deutung keine Berechtigung. (342) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Üyclops. 61 dargestellt, dass man dieselben, zumal bei der inzwischen bekannt gewordenen grossen Variabilität der Arten, bis zur Vorlage ausrei- chender Beschreibungen zur Zeit nicht unter die gesicherten Arten aufnehmen kann. Als Jugendformen des letzten oder gar vorletzten Cyclopid- stadiums, in welchem die rudimentären Füsschen schon die Form des ausgebildeten Thieres besitzen und somit neben der Körpergrösse und Gliederungsweise der 11- oder 10gliederigen Antennen einen An- haltspunkt zur Erkennung der Art, auf die sie sich beziehen, liefern, betrachte ichKaufmanni (Poggenp.) Brady, C.ornatus Poggenp., C. Helleri Brady und C. Clausii!) Hell. Die erste und letzte Form gehören zu €. viridis, jene als jugendliches Weibchen im 4., diese als ebensolches im 5. Cyelopidstadium. Zwar hat Heller?) das Vorhandensein zweier schief gestellter Eiersäckchen angegeben, aber nicht abgebildet, wie denn überhaupt die dem letzten Jugend- stadium der Zeichnung nach genau entsprechende Gestaltung des Abdomens sowohl das Vorhandensein des Receptaculum als der Eiersäckchen ausschliesst. ©. ornatus bezieht sich wahrscheinlich auf eine Jugendform einer Euceyclops-Art, C. Helleri Brady auf einen jugendlichen ©. strenuus. Uebrigens will ich auf die Möglichkeit hinweisen — und der von mir vor langer Zeit beschriebene (Nr. 7), als Abnormität erkannte und daher auch nicht als Art bezeichnete Cyclops mit um 1 vermin- derten Thoracalsegmenten und Beinpaaren begründet dieselbe —, dass gelegentlich am geschlechtsreifen, Eiersäckehen tragenden Weibchen die Antennen 10- oder I1gliederig bleiben und auch das Abdomen durch Unterbleiben einer Segmenttheilung um 1 Segment vermindert erscheint. Das Genitaldoppelsegment wird aber in solchen Fällen seine typische Ausgestaltung erhalten haben. Auch hat überzählige Theilung oder unterbliebene Theilung von Gliedern der Vorderan- tennen, wenn dieselbe unter bestimmten Lebensbedingungen zur Norm wurde, die Aufstellung besonderer Arten veranlasst, welche, obwohl in sehr verschiedenen, oft weit entfernt liegenden Oertlichkeiten in gleicher Gestaltung beobachtet, doch nur als Abarten in Frage kommen können. Die von mir als ©. elongatus beschriebene Form mit 18gliederigen Antennen ist, wie Schmeil nachgewiesen hat. lediglich eine Varietät von Fischer's Ö. vernalis, deren 17glie- ‘) €. Clausii Lubb, ist wohl mit C. strenuus, (, Clausii Poggenp. mit C. tenuicornis identisch. °) C. Heller, Untersuchungen über die Crustaceen Tirols. Berichte des med.- naturw. Vereins. Innsbruck 1871. Taf. I, Fig. 1, 2. (543) 62 C. Claus: derige Antennen durch (an der Greifantenne überall eintretende) Zweitheilung des 7. Gliedes 18gliederig geworden sind. Ich selbst habe diese Form unter den bei St. Canzian gefischten Cyelopiden, und zwar mit 17gliederigen auf ©. vernalis zu beziehenden, sonst völlig übereinstimmenden Formen vergesellschaftet aufgefunden. Auch von anderen sehr variabeln Arten, wie ©. strenuus und ‚bieuspidatus, scheint die 18gliederige elongatus-Varietät schon beobachtet worden zu sein. Durch Ausbleiben mehrerer Theilungen eines bestimmten Antennengliedes (Daday, Vosseler) ist die sehr verbreitete Varietät von C. bieuspidatus mit 14gliederiger Antenne ent- standen, welche Schmankewitsch auf den Einfluss salzhaltigen Wassers zurückgeführt und als C. odessanus bezeichnet hat. Mit derselben ist die in salzhaltigen Brunnen Helgolands angetroffene und ebenfalls für eine besondere Art gehaltene und als C. helgolandi- cus beschriebene Varıietät identisch, die seither nun auch an vielen anderen Orten in Cisternen, Brunnen und kleinen unterirdischen Ge- wässern von Fritsch, Poppe u. A. gefunden wurde. Ich selbst kenne dieselbe aus dem Cisternenwasser von Divacca und fand unter kleinen, etwa 1'6 Mm. (inclusive Furcalborsten) langen Exemplaren auch solche mit unvollständiger Quertheilung des betreffenden An- tennengliedes. Auch Brady’s C. Lubbockii, den ich in beiden (Geschlechtern zu untersuchen Gelegenheit hatte, und zwar an Exem- plaren, welche E. Canu im Brackwasser bei Boulogne fand und mir zu übersenden die @üte hatte, ist die gleiche zu C.bicuspidatus gehörige Abänderung, an deren Thoracalgliedern und Antennen ich auch die bei unserer Art vorkommende, durch umwallte Gruben veranlasste Granulirung wiederfand. So mag im Laufe der Zeit für einzelne Formen die Verein- fachung der Antennengliederung unter bestimmten Ernährungs- und Lebensbedingungen Norm geworden sein und zugleich mit Abände- rungen in der Gestaltung und Gliederung anderer Körpertheile zur Bil- dung von Varietäten, welche in weiter vorgeschrittener Divergenz zu Arten wurden, Anlass gegeben haben. In dieser Weise ist vielleicht die Entstehung von €. languidus zu erklären, einer kleinen, dem C. bieuspidatus nahe stehenden Art mit 16gliederigen Antennen und verminderter Gliederung des ersten und zweiten Ruderfuss- paares. Die 16gliederigen Antennen derselben sind durch Ausbleiben der Theilung des dritten Gliedes aus den 17gliederigen abzuleiten ; zugleich sind aber beide Aeste des ersten, sowie der Innenast des zweiten Ruderfusspaares 2gliederig geblieben, indem die 'Theilung (344) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyelops. 63 des zweiten (rliedes beim Uebergang in das geschlechtsreife Stadium unterblieb. Andere Formen haben morphologisch in einer Reihe von Merkmalen frühere Stadien der Entwicklung nicht überschritten, wie die zu einer besonderen Untergattung Mikrocyelops zu stellenden Arten mit 11gliederigen Antennen und 2gliederigen Aesten sämmtlicher Ruderfüsse zur Norm gewordenen Hemmungsbildungen zu erklären sind, nicht aber als atavistische Formen, wie man auch Varietäten wie C. helgolandicus etc. wnrichtigerweise ge- deutet hat. In jenem Sinne dürfte sich auch die Entstehung anderer Arten und Artengruppen, deren Antennen grössere Abweichungen in der Gestalt, Zahl und Entwicklungsweise der Glieder zeigen, im Laufe der Zeit vollzogen haben. Ueber die Classification der Cyclops-Arten. Schon von mehreren Seiten wurde der Versuch gemacht, die Arten der Gattung Cyelops, welche früher nach der Zahl der An- tennenglieder geordnet wurden, nach ihrer engeren Verwandtschaft zu gruppiren. Rehberg unterschied drei Gruppen, von denen die erste freilich nur eine Art C. affınis G. O. Sars, die zweite zwei Arten C. canthocarpoides und fimbriatus, die dritte alle übrigen Arten umfasst. Vosseler findet die erste derselben etwas gekünstelt und beschränkt sich auf die Unterscheidung von nur 2 Artengruppen, von denen er die eine Art mit 3 Borsten und Dornen am Ende des einfachen oder zweigliederigen rudimentären Füsschens und mit 17-, 12-, 11-, 10- und Sgliederigen Antennen, die andere Art mit zwei Borsten oder Dornen am Ende des stets 2gliederigen rudimentären Füsschens mit 18-, 17-, 16-, 14- (selten 11-)gliederigen Antennen aufnahm. Zu der ersteren, deren Greif- antennen lediglich blasse Cylinder als besondere Sinnesorgane be- sitzen sollten, stellte er: C. coronatus Uls. (signatus Koch), tenuicornis Cls., serrulatus Fisch. (agilis Koch), C. pra- sinus (pentagonus Voss), C. affinıs G. O. Sars, C. fim- briatus Fisch.; zu der zweiten, deren Greifantennen etwa 6 blasse Kolben tragen sollten: C. Leuckarti Uls. (C. simplex Poggpl.), C. strenuus Fisch. (bodamicus Voss, lucidulus Koch), ©. bieuspidatus Ols. (pulchellus Koch) und C. viri- dis Fisch. ©. Schmeil classificirte (Nr. 24, pag. 36) nach dem- selben (Gesichtspunkte, stellte aber innerhalb jeder Abtheilung die enger zusammengehörigen Arten wiederum in Gruppen zusammen, deren er im Ganzen acht unterschied. Dieselben sind jedoch keines- wegs sämmtlich von gleichem Werthe, bieten aber zum Theil bereits Claus, Arbeiten ans dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 3. 2A (345) 64 0.0108 die erforderlichen Anhaltspunkte zu einer natürlichen Classification der auf ungefähr zwei Dutzend!) sich belaufenden Cyelops-Arten Deutschlands und der angrenzenden Ländergebiete Europas. Die drei ersten auf ganz untergeordnete Unterschiede gegründeten Gruppen scheinen mir — und Gleiches gilt für die vierte und fünfte Gruppe — in keinem systematisch verwerthbaren Gegensatze zu stehen, wie andererseits auch die zur Aufstellung der beiden Haupt- theilungen benutzte Uebereinstimmung von Unterscheidungsmerk- malen nur zur Uebersicht der natürlichen Artengruppen dienen kann. Zur Aufstellung dieser aber wurde ein wesentliches Moment, welchem ein höherer Werth als der des Besitzes von Spüreylindern oder Spürkolben (welche letztere, wenn auch in der Modification als Spürfaden, stets vorhanden sind) beizulegen ist , übersehen: die in der Entwicklung begründete Folge der Antennengliederung, sowie die von jener theilweise abhängigen, durch unterbliebene Theilungen bedingten Modificationen in der Zahl der Antennenglieder. Indem wir jenen eine hervorragende Bedeutung beilegen und mit denselben die grossentheils bereits bekannten Combinationen von Merkmalen verbinden, erhalten wir gesicherte Anhaltspunkte, um eine Reihe von gut charakterisirten, wenn auch nicht völlig gleich- werthigen Gruppen als Untergattungen aufzustellen, die später theil- weise?) wohl als Gattungen zu trennen sein dürften, wenn das Arten- material der neben Gyclops stehenden grossentheils marinen Gat- tungen innerhalb der Familie der Cyelopiden, nämlich Oithona, Cyelopina, Thorellia ete., besser und vollständiger erforscht und vielleicht durch neue, seither noch unbekannt gebliebene Gattungen vermehrt sein wird. ') Fast sämmtliche von Schmeil als sichere Arten aufgenommene Formen sind mir durch eigene Untersuchung bekannt geworden und habe ich den grössten Theil derselben in der Umgebung Wiens wiedergefunden, nämlich C. coro- natus, tenuicornis, viridis (brevicornis), strenuus (brevicaudatus), bicuspidatus, bisetosus, Leuckarti, vernalis (elongatus), insignis, diaphanus (minutus), varicans, gracilis, serrulatus, canthocar- poides. In der Umgebung Triests dürften dieselben Arten verbreitet sein. Ich fand in dem mir zugesandten, aus Lachen in der Nähe des Lazaretto gefischten Materiale ©. viridis, strenuus und bicuspidatus. In den unterirdischen Gewässern von St. Canzian fanden sich C. vernalis und bicuspidatus, im Cisternenwasser bei Divacca C. biecuspidatus var. odessana, bisetosus und strenuus. 2) In den vorläufigen Mittheilungen des Akad. Anzeigers, Wien 1893, Nr. IX und XIII habe ich diese Gruppen zum grössten Theile als Gattungen betrachtet, halte es jedoch aus dem oben erwähnten Grunde zur Zeit für richtiger, denselben nur den Werth von Untergattungen beizulegen. (346) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von ÜÖyclops. 65 Cyelops OÖ. F. Mull. Kopf und erstes Thoracalsegment ver- schmolzen. Vordere Antennen 6—L1i- (18-)gliederig. Hintere An- tenne ohne Nebenast, meist 4gliederig. Mandibeln mit 2 bis 3 Borsten an Stelle des Tasters. Maxillartaster rudimentär. 5 Füsschen rudi- mentär, 1- oder 2gliederig. Abdomen aus 5 Segmenten gebildet, von denen die beiden vorderen im weiblichen Geschlechte vereinigt sind. Zwei Eiersäckchen. 1. Subg. Cyelops s. str. Antenne 14—17- (16-, 1S-)gliederig, mit normaler Entwicklung der Gliederfolge. Greifantenne mit Spür- kolben und Spürfäden. Die Aeste der vier Ruderfusspaare 3gliederig (ausnahmsweise kann das erste und zweite Paar in der Gliederung beider Aeste oder nur eines Astes zurückgeblieben sein). Rudimentärer Fuss 2gliederig, mit 2 Borstenanhängen, einer endständigen Borste und einem medialen Dorne, am 2. Grliede. . strenuus Fisch. (brevicaudatus Üls.) . insignis Üls. . oithonoides”!) G. ©. Sars. . Dybowskii” Lande. . Leuckarti Cls. (simplex Poggp.) bicuspidatus Cls. vernalis Fisch. (elongatus Üls.) bisetosus Rehbg. . viridis Fisch. (brevicornis Cls.) . languidus” G. ©. Sars. 2.Subg. Makrocycelops. Antenne 17gliederig, mit normaler Entwicklung der Gliederfolge. Greifantenne mit (9) Spüreylindern und Spürfäden. Aeste der Ruderfüsse dreigliederig. Rudimentärer Fuss gross, das 2. Glied mit 3 Borsten besetzt. M. coronatus Cls. (quadricornis var. fuscus Jur.) M. tenuicornis Cls. (quadricornis var. albidus Jur.) 3.Subg. Mikrocycelops. Antenne 11gliederig, mit normaler Entwicklung der Gliederfolge. Greifantenne mit Spürkolben und Spürfäden. Aeste der Ruderfüsse zweigliederig. Rudimentärer Fuss scheinbar eingliederig, das Basalglied in das Segment aufgenommen, mit langer seitlicher Borste, die am Rande des Segmentes entspringt. C. gracilis Lil]). C. diaphanus Fisch. (C. minutus (]s.). C. varicans G@. O. Sars. C. bicolor @. O. Sars. anti anen ) Die mit * bezeichneten Arten kenne ich nicht aus eigener Anschauung. 24 (347) 66 ©. Claus: 4. Subg. Eueyelops, Antenne 12gliederig, mit abweichender Entwicklung der Gliederfolge. Greifantenne mit (6) Spüreylindern und Spürfäden. Aeste der Ruderfüsse dreigliederig. Rudimentärer . Fuss eingliederig, mit drei Borstenanhängen. E. serrulatus Fisch. E. prasinus Fisch. (pentagonus Voss.). E. macrurus @.O. Sars. 5. Subg. Paracyclops. Körper etwas dorsoventral zusammen- gedrückt. Antennen gedrungen, 10- oder Sgliederig, mit kurzem viert- letztem Gliede und abweichender Entwicklung der Gliederfolge. Greifantenne mit Spüreylindern und Spürfäden. Aeste der Ruder- 'füsse dreigliederig. Rudimentärer Fuss eingliederig, mit drei Borsten- anhängen. P. canthocarpoides Fisch. (phaleratus Koch?). P. fimbriatus Fisch. (erassicornis Brady). 6. Subg. Heterocycelops. Körper schmal und langgestreckt, etwas dorsoventral zusammengedrückt. Antenne 1i1gliederig, mit abweichender Entwicklung der Gliederfolge. Das vorletzte Antennen- glied entspricht dem verschmolzenen zweitletzten und drittletzten Antennengliede der übrigen Arten. Greifantenne mit Spürcylindern und Spürfäden. Aeste der Ruderfüsse dreigliederig. Rudimentärer Fuss eingliederig mit drei Borstenanhängen. HB. affını1s.G..0,;Bars. 7. Subg. Hemicyelops. Kopf und Thorax aufgetrieben. Antenne 6gliederig. Das Endglied der Antenne entspricht den drei letzten Antennengliedern der übrigen Arten. Hintere Antennen ögliederig. Aeste der Ruderfüsse 3gliederig. Rudimentärer Fuss scheinbar 1gliederig; das Basalglied desselben in das Segment auf- genommen, mit langer Borste, das freie Glied umfangreich lamellen- förmig und mit vier Borsten besetzt. H. aequoreus Fisch. (In Deutschland bislang noch nicht gefunden.) bi 1 11. Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 67 Literatur über Cyclopiden, . W. Baird: The natural history of the British Entomostraca. Roy. Society 1849. London 1850. .G. S. Brady: A Monograph of the free and semiparasitic Copepoda of the British Island. 1878. Vol. I. 1876. Roy. Society. . E. Canu: Les Copepodes du Boulonnais. Lille 1892. . €. Claus: Das Genus Cyclops und seine einheimischen Arten. Archiv für Natur- geschichte. 1857, Bd. XXIII, Taf. I—-II, pag. 1—40. . Derselbe: Weitere Mittheilungen über die einheimischen Cyclopiden. Ebenda. Taf. XI, pag. 205—211. . Derselbe: Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Copepoden. Ebenda, 1858, Bd. XXIV, Taf. I-III, pag. 1—76. . Derselbe: Zur Morphologie der Copepoden. Eine Hemmungsbildung von Cyclops. Würzburger naturw. Zeitschr. 1860, Bd. I, Taf. I. . Derselbe: Ueber die blassen Kolben und Cylinder an den Antennen der Cope- poden und Östracoden. Ebenda. Taf. VII. . Derselbe: Die freilebenden Copepoden. Leipzig 1863. 10. Derselbe: Ueber die Antennen der Cyclopiden und die Auflösung der Gattung Cyclops in Gattungen und Untergattungen. Akad. Anzeiger. Wien 18953. Nr. IX, sowie weitere Mittheilungen über die Antennengliederung und die Gattungen der Cyelopiden. Ebenda. 1893. Nr. XIII. Derselbe: Ueber die Bildung der Greifantenne der Cyclopiden und ihre Zurück- führung auf die weiblichen Antennen und auf die der Calaniden. Zoologischer An- zeiger. 1393. Nr. 423 und 424. . 8. Fischer: Beiträge zur Kenntniss der in der Umgebung von St. Petersburg sich findenden Cyclopiden. Bull. de la soc. imp. des Naturalistes de Moscou. 1851. Tom. XXIV, Taf. IX u. X, pag. 409—438. . Derselbe: Beiträge zur Kenntniss der in der Umgebung von St. Petersburg sich findenden Cyclopiden. Ebenda. 1853, Tom. XXVI, Taf. II u. III, pag. 74— 100. . Derselbe: Beiträge zur Kenntniss der Entomostraceen. Abh.d.k. bayerisch. Akad. d. Wissensch. Bd. VIII, Abth. III, Taf. XX—XXI, pag. 645—682. .‚ A. Gruber: Beiträge zur Kenntniss der Generationsorgane der frei lebenden Copepoden. Zeitschr, f. wissensch, Zool. 1879, Bd. XXXVI, Taf. XXIV—XXVI, pag. 407 — 442. . P. P, C. Hock: Zur Kenntniss der frei lebenden Süsswasser-Copepoden der nieder- ländischen Fauna. Niederl. Archiv für Zoologie. 18705, Taf. VII—IX. . L. Jurine: Histoire des Monocles, qui se trouvent aux environs de Gen£ve. Geneve et Paris 1320. . C. L. Koch: Deutschlands Crustaceen, Myriopoden und Arachniden. Regensburg 1835—1841, Heft XXI—-XXXV, (349) 27- ee, | | C. Claus: s . W. Lilljeborg: De Crustaceis ex ordinibus tribus: Cladocera, Ostracoda et Copepoda in Scania ocearenteba. 1853, Bd. V. . Al. Mräzek: Ueber abnorme Vermehrung der Sinneskolben an dem Vorderfühler des Weibchens der Cyclopiden und die morphologische Bedeutung derselben. Zoologi- scher Anzeiger. 1893, Nr. 417. . H. Rehberg: Beitrag zur Kenntniss der frei lebenden Süsswasser-Copepoden. Abh. Naturw. Ver. Bremen. Bd. VI, Taf. VI, pag. 533—554; sowie weitere Be- merkungen etc. Ebenda. Bd. VII, Taf. IV, pag. 61—67. .J. Richard: Recherches sur le systöme glandulaire et sur le syst&öme nerveux des Copepodes livres d’eau douce suivies d’une revision des especes de ce groupe que vivent en France. Ann. science. nat. Zool. 1891, VII. Ser., Tom. XII, Taf. 5—8, pag. 113—270. . G. O0. Sars: Oversigt af de indelandske Ferskvands copepoder. Forhandlinger Vidensk. Selskabet. Christiania for 1862—1863, pag. 212—262. . 0. Schmeil: Deutschlands freilebende Süsswasser-Copepoden. I. Cyelopiden. Cassel 1892. . H. Vernet: ÖObservations anatomiques et physiologiques sur le genre Üyclops. Gen®ve 1871. ). J. Vosseler: Die frei lebenden Copepoden Würtembergs und angrenzender Gegenden. Jahreshefte des Vereins für vaterl. Naturk. in Württemberg. Jahr- gang 42. 1886, Taf. IV—VI, pag. 167 —204. Derselbe: Die Copepodenfauna des Eifelmaare. Archiv für Naturgeschichte. Bd. LV, Taf. VI, pag. 117—124. (350) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 59 Erklärung der Abbildungen. Taf. I. Fig. ]. Zweite Antenne des ersten Cyclopidstadiums von Ü. strenuus Fisch. Das dem Schafte entsprechende Basalglied trägt noch das Rudiment eines Exopoditen, von dem später nur eine Borste zurückbleibt. 3. und 4. Glied noch nicht gesondert. Fig. 2. Mandibel mit dem Rudiment des zweiästigen Tasters desselben Jugend- stadiums. Fig. 3. Furcalglied derselben Jugendform mit der mächtig entwickelten inneren oder ersten der vier Terminalborsten. Aussenranddorn und dorsale Borste schon vorhanden. Fig. 3°. Dasselbe mit Invagination eines Theiles der Wand der Innenborste, Fig. 4. Abdomen und Furca des zweiten Cycelopidstadiums derselben Art. F° Anlage des rudimentären Fusses. Ab Abdomen, noch ungetheilt. Von den vier Terminalborsten ist jetzt die zweite oder innere der beiden Mittelborsten die bei weitem längste. Afterdarm. Fig.5. Hintere Körperhälfte des zweiten Öyclopidstadiums von Makrocyclops eoronatus Cls. Die Antennen sind 7gliederig. Endglied mit Crista. F* Viertes, noch ungefiedertes, aber 2lappiges Fusspaar. /#” Anlage des rudimentären Fusspaares. Von den vier Terminalborsten der Furca ist jetzt die zweite oder innere der beiden Mittelborsten die längste und an der Basis schon abgetheilt. Fig.6. Hinterer Körpertheil des dritten Cyclopidstadiums von C. strenuus Fisch. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus. F° Rudimentärer Fuss des 5. Thoracalsegmentes. F® Anlage des rudimentären Fusses am ]. Abdominal- oder Genitalsegment (1 Ab ds). 2—5 Abds 2.—5. Abdominalsegment. Fig. 7. Fünftes Thoracalsegment und Abdomen des vierten Cyelopidstadiums von ©. strenuus, unter derselben Vergrösserung, von der Bauchseite dargestellt. Weibliche Form. Fig. 8. Fünftes Füsschen (F?) und Genitalsegment nebst Füsschen (F”) des- selben Thieres in seitlicher Ansicht, Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tubus. Fig.9. Fünftes Thoracalsegment und Abdomen des fünften Cyelopidstadiums eines Männchens von €. biecuspidatus Cls. Camera-Zeichnung wie Fig.7, von der Bauchseite dargestellt. Fig. 10. Rudimentäres Füsschenpaar und Genitalsegment des achten Cyelopid- stadiums eines Männchens von C.insignis Cls., von der Bauchseite dargestellt. Camera-Zeichnung wie Fig. 9. Fig. 11. Letztes Thoracalsegment nebst Abdomen des fünften Cyelopidstadiums von C. viridis Fisch. (brevieornis Cls.) in seitlicher Ansicht. Camera-Zeichnung. 65°, @5' die beiden Genitalsegmente. Hartn. Syst. IV, eing. Tubus, 150fach vergrössert. Fig. 12. Genitalsegment eines geschlechtsreifen Männchens von ©. viridis Fisch. mit den Genitalklappen (@%k) und den diesen zugehörigen Füsschen (F®). Ver- grösserung wie Fig. 11. (351) R SR 4 e F) u » er R 0 C. Claus: Fig. 13. Genitalsegment des Weibchens derselben Art, von der Seite dargestellt mit dem Drüsenapparat (Dr) Receptaculum (Re) und Füsschen der Genitalklappe (Gk). Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus, 220fach vergrössert. Fig. 14. Fünftes Thoracalsegment nebst Füsschenpaar und Genitalsegment eines weiblichen Mikrocyclops minutus (ls., halb schräg dargestellt unter derselben Vergrösserung. Receptaculum nebst dem zur Genitalöffnung führenden Samengang mit Samenzellen gefüllt. Dr Drüsenapparat. Fig. 15. Die Basalstücke der zwei mittleren Furcalborsten mit verstärkter Wand, das eine derselben nach abgebrochener Borste mit geschlossener Oeffnung. Fig. 1b. Basalstück der medialen Mittelborste und darüber inserirter Dorsal- borste von ©. viridis Fisch. (viertes Cyclopidstadium). Taf. II. Fig.1. Genitaldoppelsegment eines weiblichenMakrocyclops tenuicornis(ls. nebst Fusspaar (F”), von der Bauchseite betrachtet. A Randcontour, welche die Grenze des vorderen und hinteren Abschnittes des Doppelsegmentes bezeichnet. Re Receptaculum nebst Drüsenapparat. D»“‘ Seitliche Drüsen mit Secretkugeln. Camera- Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus, 220fach vergrössert. Fig.2. Fünftes Thoracalsegment nebst Füsschenpaar (F?) und Genitaldoppel- segment von Makrocycelops coronatus Cls., in derselben Weise dargestellt. Man sieht die Gruben am Integument. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, eing. Tubus, 150fach vergrössert. Fig. 3. Dieselben Körpertheile von Eucyclops serrulatus Fisch. Recepta- culum ohne Sperma. Drüsenapparat mächtig entwickelt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tubus. Fig. 4. Dieselben Körpertheile eines zweiten Exemplares derselben Art mit ge- fülltem Receptaculum. Sg Seitlicher Ausführungsgang nach der Geschlechtsöftnung. P Porus für die einzuführenden Spermatozoen. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, ausg. Tubus. Fig.5. Genitaldoppelsegment von C. viridis Fisch. (brevicornis (ls.) Skr Secretkugeln der Drüse (Dr‘) an der Vorderwand des Receptaculums. D +‘ Drüse an der hinteren Seite und unterhalb des seitlichen Ausführungsganges. Camera-Zeich- nung. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus. Fig. 6. Dasselbe nebst rudimentärem Füsschenpaar (F”) eines unbegatteten Weibchens. Drüsenapparat mächtig entwickelt und mit stark lichtbrechenden Secret- kugeln dicht erfüllt. Receptaculum (Zc) leer, eingefaltet. Fig. 7. Genitaldoppelsegment eines C. strenuus Fisch. mit nur linksseitigem Eiersäckchen und demgemäss im symmetrisch gestalteten Drüsenapparat. @% Um- wallte Gruben des Integumentes. Camera-Zeichnung. Fig. 8. Dasselbe eines CO. stremuus-Weibchens ohne Eiersäckchen unter der gleichen Vergrösserung. Fig. 9. Drüsenzellenlage und Secretschicht derselben von der Vorderwand des Receptaculums eines noch unbegatteten Weibchens derselben Art. Fig. 10. Fünftes Thoralcalsegment mit Füsschenpaar (F”) und Genitaldoppel- segment von ©. bieuspidatus Cls. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, eing. Tubus. Fig. 11. Dieselben Körpertheile von C. bisetosus Rehbg. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus. Fig. 12. Drüsenapparat nebst Receptaculum derselben Art, stärker vergrössert, Buchstabenbezeichnung wie in den früheren Figuren. > % Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. ni Taf. III. Fig. 1. Fünftes Thoracalsegment mit Füsschenpaar (F?) und Genitaldoppel- segment von C. bicuspidatus Cls. Der untere Abschnitt des Receptaculums mit zweitem hinteren Sack. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus. Fig. 2. Dieselben Körpertheile eines zweiten Exemplares derselben Art mit der am häufigsten auftretenden Form des Receptaculums. Vergrösserung wie Fig. 1. Fig. 3. Dieselben Körpertheile von C. bisetosus in einer Ü. bicuspidatus sich annähernden Abänderung. Fig. 3°. Füsschen des 5. Thoracalsegmentes derselben, stärker vergrössert. Fig. 4. Genitaldoppelsegment nebst Füsschen (F®) von Mikrocyclops gra- cilis G. ©. Sars in seitlicher Lage. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, ausg. Tubus. Das Füsschen der Genitalklappe mit nur zwei Borsten. Fig.5. Dieselben Körpertheile von der Bauchseite dargestellt unter gleicher Vergrösserung. Fig. 6. Basalglied der Greifantenne von M. gracilis, von der ventralen Seite dargestellt. Sk!—S%°. Die drei Spürkolben in ihrer natürlichen Lage zwischen den acht Borsten. Vergrösserung wie Fig. 4 und 5. Fig.7. Fünftes Thoracalsegment mit Füsschenpaar (F”) und Genitaldoppel- segment von Mikrocyclops varicans, von der Bauchfläche dargestellt. Camera- Zeichnung. Hartn. Syst. IV, eing. Tubus. Fig.8. Dieselben Körpertheile von ©. vernalis Fisch. Var. elongatus Üls. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus. Fig. 9. Receptaculum eines zweiten Exemplares derselben Form, stärker vergrössert. Fig. 9%. Rudimentäres Füsschen desselben. Fig. 10. Receptaculum mit Drüsenapparat, Ausführungsgang und Genitalklappe von C, viridis Fisch. in seitlicher Ansicht. Camera-Zeichnung. Fig. 11. Hemicyclops aequoreus Fisch., Weibchen, von der Rückenseite aus dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, eing. Tubus. Fig. 12. Vordere Antenne derselben von der Ventralseite gesehen. Camera- Zeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tubus. Fig. 13. Hintere Antenne derselben. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus. Fig. 14. Fünftes Füsschen derselben. Vergrösserung wie Fig. 12. Fig. 15. Querschnitt durch das 5. Thoracalsegment von Cyclops- Weibchen. Ovd Oviduct. DM Dorsalmuskeln. VM Ventralmuskeln. F® Basis des 5. Füsschens. D Darm. 5 Septum. Fig. 15‘. Querschnitt durch den hinteren Theil des Oviductes von C. viridis Fisch. mit Drüsenzellen der medianen /m) und der ventralen (v) Wand. Fig. 16. Querschnitt durch das 4. Thoracalsegment eines weiblichen Diapto- mus. Ovd Oviduct mit Drüsensecret. N Nervenstrang. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus, 220fach vergrössert. Fig. 17. Ein solcher durch den oberen Theil des Genitalsegmentes. af. IV. Fig.1. Antenne des ersten Cyclopidstadiums von Ö. strenuus, von der Ven- tralseite gesehen. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus. Fig.2. Antenne derselben Art, stärker vergrössert. Hartn. Syst. V, ausg. Tubus. Fig.3. Antenne im zweiten Cyclopidstadium. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus. Sb, Sb,, Sb,,, Die drei Spürborsten der apicalen Glieder. (353) >». Bei, en 12 0. OlauE: Fig. 4. Antenne einer grösseren Cyclops-Art im zweiten Öyelopidstadium. Camera- Zeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tubus. | Fig. 5. Ygliederige Antenne von Ü. strenuus Fisch. im dritten Cyclopidstadium. Hartn. Syst. V, ausg. Tubus. Fig. 6. Ygliederige Antenne von ©, viridis Fisch. im dritten Cyelopidstadium, unter derselben Vergrösserung. Fig. 7. Ygliederige Antenne eines Weibchens von Eueyelops coronatus(ls. im vierten Oyclopidstadium. Hartn. Syst. V, ausg. Tubus. Fig. 8. 10gliederige Antenne eines Weibchens von ©. strenuusFisch. im vierten yelopidstadium. Hartn. Syst. V, eing. Tubus. Fig. 9. Ygliederige Antenne eines Männchens von Eueyelops coronatus (ls. im vierten Uyclopidstadium. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus. Fig. 9°. Das Endglied derselben stärker vergrössert mit dem charakteristischen Kamme. Sb, Terminale Spürborste. Fig. 10. Ygliederige Antenne eines Männchens von CO. bieuspidatus (ls. im vierten Cyclopidstadium, Vergrösserung wie Fig. 9. Fig. 11. 11lgliederige Antenne eines Weibchens von C. viridis im vierten Oy- elopidstadium, von der ventralen Seite dargestellt. Hartn. Syst. IV, ausg. Tubus. Fig. 12. Vorletztes Glied derselben mit der Spürborste Sb,, stärker vergrössert. Taf. V. Fig. 1. lUgliederige Antenne eines männlichen C. strenuus Fisch., im fünften Cyclopidstadium, von der ventralen Seite dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tubus. Fig.2. Hakenborste (spätere Borstenleiste) (Dh) und Spürborste ($ 5‘) des 7. Gliedes, stärker vergrössert. Fig. 3. Die Glieder 5, 6, 7 derselben Antenne, von der Borstenseite aus ge- sehen, stärker vergrössert. Bl’, BI“, Bl‘ Die späteren 3 Borstenleisten. Sbd,, Die drittletzte Spürborste. Fig. 4. Basalglied der Greifantenne von EC. bicuspidatus Cls. mit den acht Borsten und den 5 Spürkolben, von der ventralen Seite dargestellt. @r Gruben des Integuments. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, ausg. Tubus. Fig. 5. Das Basalglied der weiblichen Antenne mit denselben 8 Borsten. Hartn. Syst. V, eing. Tubus. Fig. 6. 11gliederige Antenne eines männlichen C. bicuspidatus (ls. im fünften Cyclopidstadium, von der ventralen Seite dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, ausg. Tubus. Fig. 7. IOgliederige Antenne eines männlichen Mikrocyclops varicans im fünften Cyelopidstadium, von der ventralen Seite dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, ausg. Tubus. Fig. 8. Greifantenne von derselben Form, von der ventralen Seite dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, ausg. Tubus. Fig. 9. Dieselbe von der dorsalen Seite gesehen. S%? S%k° 5. und 6. Spürkolben. Camera-Zeichnnng gleicher Vergrösserung. Fig. 10. Endabschnitt der Greifantenne von E. serrulatus Fisch. Camera- Zeichnung. Hartn. Syst. VII, ausg. Tubus. Fig. 11. Basalglied uud 2. Glied der Greifantenne von ©. viridis Fisch., von der ventralen Seite gesehen. Ausser den 8 Borsten sind die 3 Spürkolben des Basal- gliedes dargestellt. Camera-Zeichnung. (354) Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Cyclops. 13 Fig. 12. Antenne von Hemicyclops fimbriatus Fisch., von der ventralen Seite dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, ausg. Tubus. Fig. 13. Fünftes Füsschen derselben Art. Fig. 14. Antenne von Paracyclops canthocarpoides Fisch., von der ventralen Seite gesehen. Camera-Zeichnung. Taf. VL. Fig.1. Greifantenne von C.viridis, von der ventralen Seite dargestellt. Mflm Der grosse Beugemuskel des oberen geniculirenden Abschnittes. Ma Adductor des Mittelabschnittes.. Mel Der lange Strecker desselben. S%'—S%k®? Die Spür- kolben des Basalgliedes. 5%* Spürkolben des 4. Gliedes. Die Haltung der Antenne ist etwas verzerrt, um den langen Streckmuskel in seinem ganzen Verlaufe zu übersehen, da er bei normaler Haltung von dem Adductor in seiner proximalen Hälfte verdeckt wird. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tubus. Fig.2. Mittel- und Endabschnitt derselben Antenne im gestreckten Zustande, von der ventralen Seite aus gesehen, unter der gleichen Vergrösserung. Bl’ Bl‘ Bl‘ Die 3 Borstenleisten der geniculirenden Stücke (14, 15), aus Hl Hl“ Hl“, der jugend- lichen Antenne hervorgegangen. Sk? Spürkolben des 9. Gliedes. D Stacheldorn des 12. Gliedes. B° B“ Die beiden S-förmig gebogenen, mit starken seitlichen Spitzen besetzten Borsten des ]l. und 12. Gliedes. 123 Die 3 dünnen, hakig gebogenen Borsten (vgl. Taf. V, Fig. 3). Fig. 3. Terminalgeissel mit den zugehörigen Borsten und deren Muskeln (M), stärker vergrössert. N Nervenfibrillen. Fig.4. Die Greifantenne von C, viridis, von der dorsalen Seiten dargestellt, unter derselben Vergrösserung. Mflbr Der kurze Beuger der Terminalgeissel (16, 17). Me: Der untere Streckmuskel, welcher längst des Hinterrandes der 3 proximalen - Glieder verläuft. $%® Spürkolben am Distalrande des 13. Gliedes. Die übrigen Buch- \ \ Ef EN staben haben die Bedeutung wie in Fig. 1. Fig. 5. Mittel- und Endabschnitt der Greifantenne von Ü.strenuus im ge- gebeugten Zustande des letzteren, mit den 5 kurzen Spürkolben. Camera-Zeichnung wie Fig. 1. Fig.6. Basalschnitt der Greifantenne derselben Art, von der Ventralseite dar- gestellt. M fli Flexor inferior. Ebenfalls Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tubus. Fig. 7. Die Glieder 9—14 derselben Antenne mit ihren Borstenanhängen, von der Ventralseite dargestellt. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, ausg. Tubus. 77’ Die Borstenleiste des 14. Gliedes. Fig.8. Die Borstengruppen der Glieder 11—14 in etwas anderer Lage, stärker vergrössert. Fig.9. Das obere geniculirende Stück (Glied 15, aus 3 Gliedern entstanden, den Gliedern 12, 13, 14 der weiblichen 17gliederigen Antenne entsprechend) mit den Borstenleisten B/' und B!’“ nebst Spürborste ($b,,,) der Antenne von C. strenuus unter derselben Vergrösserung. Fig.10. d Die Borste B‘ der Fig. 7 und 8. Db Die Basis der nebenstehenden langen Ringelborste, stärker vergrössert. Taf. VII. Fig. ]. Greifantenne des jungen Männchens von Makrocyclops coronatusCls. im fünften Cyclopidstadium, mit den Ykolbig erweiterten Haarborsten, aus welchen die 9 Spürceylinder der Greifantenne hervorgehen, von der Ventralseite gesehen. Die (355) p N N a u“ 74 C. Claus: Neue Beobachtungen über die Organisation etc. beiden Haarborsten des Basalgliedes entsprechen der 3. und 6. Borste desselben. BY‘, BI“, Bl‘ die späteren Borstenleisten. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, ausg. Tubus. Fig. 2. Die Glieder mit den 9 Borsten (1—9) derselben Form. 5b‘ Anlage der Spürborste des Basalgliedes. Fig. 3. Die Greifantenne des entwickelten Männchens derselben Art mit Spür- cylindern. Die zwei letzten derselben des 7. und 9. Gliedes liegen verdeckt und werden erst bei tiefer Einstellung bemerkbar. Camera-Zeichnung von der Ventralseite ausge- führt. Hartn. Syst. IV, eing. Tubus. Fig. 4. Antenne eines jungen Eucyclops serrulatus Fisch. des dritten Cyclopidstadiums. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tubus. Fig. 5. Eine solche des vierten Cyelopidstadiums, in derselben Weise darge- stellt. Die Glieder bezogen auf die 12 Glieder der ausgebildeten Antenne, Fig. 6. Weibliche Antenne des fünften Cyclopidstadiums derselben Art, von der Ventralseite dargestellt. Camera-Zeichnung wie Fig. 4 und 5. Fig.7. Antenne eines jungen Männchens derselben Art im fünften Cyclopid- stadium mit den 6 kolbig aufgetriebenen Borsten (I—6), von der Ventralseite aus dargestellt. Camera-Zeichnung wie die der früheren Figuren. Fig. 7‘. Eine der kolbig aufgetriebenen Haarborsten stärker vergrössert. Fig.8. Das fünfte (5 7) und sechste Füsschenpaar (des Genitalsegmentes) (6 F') in etwas schräger Lage der Segmente. Fig. 9. Basalabschnitt der Greifantenne von E. serrulatus mit den 6 Spür- eylindern und den Spürborsten Sb! 55°, S Sockel. Camera-Zeichnung. Hartn. Syst. V, eing. Tubus. Fig 10. Antenne derselben, im geniculirenden Gelenke eingeschlagen, von der Ventralseite aus gesehen, mit den 6 Spürcylindern und 3 Spürborsten des ]., 4. und 9. Gliedes, unter derselben Vergrösserung dargestellt. Fig. 11. Spüreylinder « 5 und Spürborste von E. serrulatus Fisch., stärker vergrössert. Fig. 12. Spürcylinder von Makrocyclops coronatus (ls. (356) reneralregister über die Bände I—X. I. Chronologisches Register. Die hier angegebenen Seitenzahlen correspondiren mit den im Texte unten rechts befindlichen. I. Band. Seite I. Heft. Mit 12 lithogr. Tafeln (I—XII). 1878. Inhalt: 1. Dr. €. Claus. Ueber Halistemma Tergestinum n. sp., nebst Bemerkungen über den feineren Bau der Physophoriden. Mit 5 Tafeln . ... 1 2. Dr. ©. Grobben. Beiträge zur Kenntniss der männlichen Geschlechts organe der Decapoden nebst vergleichenden Bemerkungen über die der übrigen Thoracostraken. Mit 6 Tafeln. . . . . 3; 3. Josef Vietor Rohon. Ueber den Ursprung des u Yard bei lachen mit Berücksichtigung der Lobi electrici von Torpedo. Mit 1 Tafel . . . 151 II. Heft. Mit 10 lithogr. Tafeln (XIII—XXI). 1878. Inhalt: 4. Emil Berger. Untersuchungen über den Bau des Gehirns und der Retina der Arthropoden. Mit 5 Tafen. . . . RT N 5. Dr. ©. Claus. Untersuchungen über Dayyidea en Mit 5 Tafeln . 22 N Gh) P- III. Heft. Mit 11 lithogr. Tafeln (XXIII—XXXIII). 1878. Inhalt: 6. Dr. Berth. Hatschek. Studien über Entwicklungsgeschichte der Anneliden. BeeTsen . ,.. I 7. Ludwig Lorenz. Ueber ir a Bit iaden A u Mikro- eötyles Mit 3 Tafeln . .. . hr er 8. Emil Berger. Nachtrag zu den ne über 2 Ben des Gehirns ee Akthronodmaäl. WI... 2 nennt ner 5437 II. Band. I. Heft. Mit 10 lithogr. Tafeln (I—X). 1879. Inhalt: 1. J. V. Rohon. Untersuchungen über den Bau eines Mikrocephalenhirnes. er a A SR Ma a eK E | 2. Dr. ©. Claus. Der Organismus der Phronimiden. Mit S Tafeln . . .. 59 (357) er. , 2 Generalregister über die Bände I—X. II. Heft. Mit 8 lithogr. Tafeln (XI—XVIII) und 2 Holzschnitten. Seite Inhalt: . Dr. C. Claus. Die Gattungen und Arten der Platysceliden in systematischer Uebersicht . .. . De 4. — — Agalmopsis Derionlärie, 1 neue Siphonophore des Mittelmeeres. hg Mn 3 2: Mi "199 - 5. Dr. C. Grobben. Die Entw iüklungrr ER Monk rockt N ein Beitrag zur Kenntniss der Anatomie der Phyllopoden. Mit 7 Tafeln . 203 III. Heft. Mit 5 lithogr. Tafeln (XIX—XXIM). 1879. Inhalt: 6. Carl Heider. Die Gattung Lernanthropus. Mit 5 Tafeln. . . . ....%269 III. Band. I. Heft. Mit 9 lithogr. Tafeln (I—IX). 1880. Inhalt: l. Dr. B. Hatschek. Ueber Entwicklungsgeschichte von Teredo. Mit 3 Tafeln 1 2. — — Ueber Entwicklungsgeschichte von Echiurus und die systematische Stellung der Echiuridae (Gephyrei chaetiferi). Mit 3 Tafeln. .....45 3. — — Protodrilus Leuckartii. Eine neue Gattung der Archianneliden. Mit a Tafelaı! a f N 4. Dr. C. Grobben. Die RE 1 9 har Or Mit 1 Tatel 2 re II. Heft. Mit 9 Tafeln (X—XVII. 1880. Inhalt: 5. Otmar Nebeski. Beiträge zur Kenntniss der Amphipoden der Adria. Mit4 Tafeln... 20.000000 6. Th. Pintner. Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers mit besonderer Berücksichtigung der Tetrabothrien und Tetrarhynchen. Mit 5 Wafeln . . 2.20 2 konn ee — — ‚Nachtrag . . . ee N RER Er III. Heft. Mit 7 Tafeln (XIX—XXV) und 2 Holzschnitten. 1881. Inhalt: 7. Dr. C.Grobben. Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septentrionalis Goodsir. Mit 4 Tafeln und 2 Holzschnitten . . . . . 243 8. Dr. C. Claus. Ueber Aequorea Forskalea Esch. als PER. ER se Meeres, zugleich eine Kritik von E. Häckel’s Aequoridensystem . . .283 9. — — Neue Beiträge zur Kenntniss der Copepoden unter besonderer Berück- sichtigung der Triester Fauna. Mit 3 Tafeln . .. . a 10. Dr. Eduard Graeffe. Uebersicht der Seethierfauna 3 ER von 1 Triest nebst Notizen über Vorkommen, Lebensweise, Erscheinungs- und Fort- pflanzungszeit der einzelnen Arten. I. Die Echinodermen . . .....333 IV. Band. I. Heft. Mit 13 Tafeln (I— XIII). 1881. Inhalt: 1. Dr. B. Hatschek. Studien über Entwicklung des Amphioxus. Mit 9 Tafeln 1 2. Dr. C. Claus. Beiträge zur Kenntniss der Geryonopsiden- und Eucopiden- Entwicklung. Mit 4 Tafeln. .. . . inc J ‚u 3. Th. Pintner. Zu den Pechadiinneee uber das Wasserzefänsiehi PR Bandwürmer';' .; 1a ablttängli- al wel WE (358) I. Chronologisches Register. 3 I. Heft. Mit 9 Tafeln (XIV— XXI) und 2 Holzschnitten. 1882. Seite Inhalt: 4. Rudolf Walz. Ueber die Familie der Bopyriden mit besonderer Berück- sichtigung der Fauna der Adria. Mit 4 Tafeln . .. . en >; 5. Dr.C. Grobben. Doliolum und sein Generationswechsel lee een über den Generationswechsel der Acalephen, Cestoden und Trematoden. Mit 5 Tafeln und 2 Holzschnitten . . . e . 201 6. Dr. C. Claus. Zur Wahrung der en meiner nimmer über Charybdea als Abwehr gegen den Häckelismus . . . . 299 7. Dr. Ed. Graeffe. Uebersicht der Seethierfauna des Golfes von Triest ua t Notizen über Vorkommen, Lebensweise, Erscheinungs- und Fortpflanzungs- zeit der einzelnen Arten. II. Coelenteraten (Spongien). . . . ER | Y III. Heft. Mit 11 Tafeln (XXIII—XXXII) und 2 Holzschnitten. 1882. Inhalt: Br: Bela Haller. Die Organisation der Chitonen der Adria. Mit S Tafeln und 2 Holzschnitten . . . Tr © 9. Dr. Eman. Witlaczil. Zur RAR Be iin. Mit 3 Tafeln u V. Band. I. Heft. Mit 12 Tafeln (I—XII) und 1 Holschnitt. 1883. Inhalt: 1. Dr. C. Claus. Die Kreislaufsorgane und Blutbewegung der Stomatopoden. Bee... ... - ER ae 2. — — Ueber das Verhältniss ' von BERNIE zu den Diphyiden, sowie über den phylogenetischen Entwicklungsgang der Siphonophoren . . . . BE: 3. Dr. Bela Haller. Die Organisation der Chitonen der Adria. (Bihisheäne: } Bel. . ... . ee 4. Dr. B. Hatschek. Höher lriektüne: von ei en Mit 6 Tafeln ad I Eobsehnitt . ...... . AR li | U. Heft. Mit 7 lithogr. Tafeln re XIX) und 3 Holzschnitten. 1883. Inhalt: 5. Dr. Elias Metschnikoff. Untersuchungen über die intracelluläre Ver- dauung bei wirbellosen Thieren. Mit 2 Tafeln . .. . . 141 6. Dr. €. Claus. Die Ephyren von Cotylorhiza und Biiunlamn, na kr Entwicklung zu achtarmigen Medusen. Mit 2 Tafeln . . . .......169 7. Dr. C. Grobben. Morphologische Studien über den Harn- und une apparat. sowie die Leibeshöhle der Cephalopoden. Mit 3 Tafeln und 3 Holz- schnitten . . . . e x N nee DES III. Heft. Mit 12 ee; Tafeln (XX— XXX]. 1884. Inhalt: 8. Dr. Bela Haller. Beiträge zur Kenntniss der Nerven im Peritoneum von ee Enkel in an ar nr 2 9. Dr. C. Claus. Zur Kenntniss der At ir ea der Schizopoden und Decapoden. Mit 3 Tafeln .. . x „a 10. — — Ueber Apseudes Latreillii Edw. na die ae Mit, 2 Tafeln . „319 ll. Dr. Ed. Graeffe. Uebersicht der Seethierfauna des Golfes von Triest nebst Notizen über Vorkommen, Lebensweise, Erscheinungs- und Fort- pflanzungszeit der einzelnen Arten. III. Coelenteraten . . . . .....333 (559 4 (eneralregister über die Bände I—X, % VI. Band. Seite I. Heft. Mit 13 Tafeln (I— XIII). 1885. Inhalt: 1. Dr. ©. Claus. Neue Beiträge zur Morphologie der Crustaceen. Mit 7 Tafeln 1 2. “ B. Hatschek. Zur Entwicklung des Kopfes von Polygordius. Mit 1 Tafel 109 3. — — Entwicklung der Trochophora von Eupomatus uncinatus, Philippi (Serpula uncinata). Mit5 Tafen . . . 2... Fe II. Heft. Mit 10 Tafeln (XTV— XXIII). 1886. Inhalt: 4. Dr. William Patten. The Embryology of Patella. With 5 plates . . . .149 = Dr. Carl Heider. Zur Metamorphose der Oscarella lobularis O. Schm. Mit Balaton: ı.. . 0 re 6. Ed. Metschnikoff. blinder Mittheilungen. Mit 2 Tafeln NET III. Heft. Mit 12 Tafeln (XXIV—XXXV). 1886. Inhalt: Dr. ©. Claus. Untersuchungen über die Organisation und Entwicklung von Branchipus und Artemia nebst vergleichenden Bemerkungen über andere Phyliopoden. Mit 12 Tafeln: . . .uı2 „ur woL 2. ee, ss VII. Band. I. Heft. Mit 4 Tafeln (I—IV), 4 Zinkographien und 5 Holzschnitten. 1886. Inhalt: 1. Dr. J. Niemiec. Untersuchungen über das Nervensystem der Cestoden. Mit 2 Tafeln... 1 2. Dr. C. Grobben. Zar Ber Morikalagıs Ga en Vera verhältnisse der Cephalopoden. Mit 4 Holzschnitten . . . 61 3. Dr. C. Claus. Ueber Deiopea kaloktenota Chun als RR dee Ad ie Bemerkungen über die Architektonik der Rippenquallen. Mit 1 Tafel 83 4. — — Ueber die Classification der Medusen, mit Rücksicht auf die Stellung der sogenannten Peromedusen, der Periphylliden und Pericolpiden. Mit 4 Zinkographien . ... oo eu 5. Willibald Winkler. Das Herz der Acarinen, nebst vergleichenden Bemer- kungen über das Herz der Phalangiiden und Chernetiden. Mit 1] Tafel und 1. Holzschnnt .v. .."\ 2 6. Dr. C, Claus. Prof. E., Ray TankastuN Artikel „Limulus an Arachnid“ und die auf denselben gegründeten Prätensionen und Anschuldigungen . . 119 MH Heft. Mit 13 Tafeln (V—XVI) und 2 Holzschnitten. 1887. Inhalt: 7. Dr. C. Claus. Schlusswort zu Prof. E. Ray Lankester’s Artikel „Limulus an Arachnid“ und die auf denselben gegründeten Prätensionen und An- schuldigungen . . . 138 8. — — Ueber Apseudes Latreillii a aa die Tahlitlen? IT. Mit 7 Tafeln . 139 9, Dr. €. Grobben. Zur Morphologie des Fusses der Heteropoden. Mit 1 Holzackaftt "UN, BL 10. Rud. Dewoletzky. ee EN, de ne Mit 2 Tafeln und 1 Holzschnitt. 0:20 2 ll. Dr. ©. Claus. Ueber Lernaeascus nematoxys Cls. und die Familie der Philichthyden. - Mit 4 Tafeln 1. Te ee ee (360) J: Chronologisches Register. 5 III. Heft. Mit t12 Tafeln (XVII —-XXIX). 1888. Seite Inhalt: 12. Willibald Winkler. Anatomie der Gamasiden. Mit 5 Tafeln. . . . . .5317 13. Dr. C. Grobben. Die Pericardialdrüse der Lamellibranchiaten. Ein Beitrag zur Kenntniss der Anatomie dieser Molluskenclasse. Mit 6 Tafeln . . . .355 l4. Dr. Ed. Graeffe. Uebersicht der Seethierfauna des Golfes von Triest nebst Notizen über Vorkommen, Lebensweise, Erscheinungs- und Fortpflanzungs- zeit der einzelnen Arten. IV. Pisces (Fische). Mit 1 Tafel. . .....445 VIII. Band. I. Heft. Mit 15 Tafeln (I—-XV). 1888. # 2. Inhalt: Dr. ©. Claus. Ueber den Organismus der Nebaliden und die systematische Bienumedler Beptostraken. Mit 15 Tafeln . .. ... 222200200 1 — — Bemerkungen über marine Ostracoden aus den Familien der Öypiidinen und Halocypriden . . . ET EN . Dr. €. Grobben. Zur ehiaite Er Pierönmlenkör; pers tl HRS II. Heft, Mit 5 Tafeln (XVI—XX) und 4 Holzschnitten. 1889. 4. 5. 6. Inhalt: Dr. ©. Claus. Zur Beurtheilung des Organismus der Siphonophoren und deren phylogenetischer Ableitung. Eine Kritik von E. Häckel’s sogenannter Medusomtheorie . . . 44159 B. Haller. Beiträge zur Beine de Textur der Cethinehsiehentein höherer Würmer. Mit 5 Tafeln: und 4 Holzschnitten . - . . . . ..2..1% III. Heft. Mit 10 Tafeln (XXI— XXX). 1889. Inhalt: Dr. C. Claus. Zur morphologischen und phylogenetischen Beurtheilung des Bandwurmkörpers . . ... I st. re — 12 . — — Ueber neue oder wenig bokanite li aragitisehier ee ins- besondere der Lichomolgiden- und Ascomyzontidengruppe. Mit 7 Tafeln . 327 . Dr. Th. Pintner. Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurm- körpers. I. Zur Kenntniss der Gattung Echinobothrium. Mit 3 Tafeln . . . 571 IX. Band. I. Heft. Mit 6 Tafeln (I— VI). 1890. Inhalt: Dr. ©. Claus. Die Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Halocypriden nebst Bemerkungen über die Organisation derselben... . 1 . Dr. ©. Grobben. Die Pericardialdrüse der Gastropoden. Mit 1 Tafel. . 35 U Dr. Th. Pintner. Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. 11. en nee een DV . Dr. ©. Claus. Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza, Aurelia und Chrysaora, sowie über die systematische Stellung der Scypho- Tafeln 2.0.2, 021 ee mn ae II. Heft. Mit 7 Tafeln (VII--XII). 1891. Inhalt: . Rud. Sturany. Die Coxaldrüsen der Arachnoideen. Mit 2 Tateln. . . . 129 So Ot 8. . Dr. ©, Claus. Ueber Goniopelte gracilis, eine neue Peltidie. Mit 2 Tateln . 151 . Dr. C. Grobben. Ueber den Bulbus arteriosus und die Aortenklappen der Lamellibranchiaten. Mit 1 Tafel . . . . En FR 5, Dr. ©. C. Schneider. Untersuchungen Aa die Zelle. Mit 9 Tafeln ES Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institute etc. Tom. X, Heft 3. 25 (361) 6 Generalregister über die Bände I—X. II. Heft. Mit 8 Tafeln (XIV—XXD. 1891. Seite Inhalt: 9, Dr. C. Claus. Das Medianauge der Orustaceen. Mit 4 Tafeln. . . . 2.225 10. — — Ueber die Gattung Miracia Dana mit besonderer Berücksichtigung ihres Augenbaues. Mit 3 Tafeln . . . . PRRLROT 11. Dr. Th. Pintner. Ueber Cercaria Clausii Monticelli, Mit i Tafel . RED X. Band. I. Heft. Mit 6 Tafeln (I—VI). 1892. Inhalt: l. Dr. ©. Claus. Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza, Aurelia und Chrysaora, sowie über die systematische Stellung der Seypho- medusen. II.. Mit 3 Tafeln! ‚uno ale en 1 . B. Haller. Die Anatomie von RR gigas Less, eines opiech Rear Mit 3 Tafeln -. : . BT ee Il. Heft. Mit 16 Tafeln (VII—XXII) und 3 Holdschnittens 1892. Inhalt: 3. Dr. Carl Grobben. Beiträge zur Kenntniss des Baues von Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi, nebst Betrachtungen über das System der Lamelli- branchiaten. Mit 4 Tafeln . . . . ES RA. 03 4. Dr. C. Claus. Beiträge zur RE a Süsswasser- Or 1. Mit 12 Tafeln und 3 Holzschnitten . . . AT III. Heft. Mit 15 Tafeln (XXIII—-XXXVI) und 1 Hölischkitie: 1898, Inhalt: 5. Dr. C. Claus. Ueber die sogenannten Bauchwirbel am integumentalen Skelet der Copepoden und die medianen Zwischenplatten der Ruderfuss- paare: Mit n Tafeln en ar Me 6. — — Ueber die Entwicklung ab ünd user ai Pontaiiiaiit re ein Beitrag zur Nomenclaturfrage.) Mit 5 Tafeln . . . . . 233 7. — — Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von Ga Ein Beitrag zur Systematik der Cyclopiden. Mit 7 Tafeln und 1. Holzschnitt . . ... 2 So SB KT: . 2.026 22 (362) II. Register in der alphabetischen Reihenfolge der Antoren. Die Bände sind mit fetten römischen, die Hefte mit gewöhnlichen römischen, die Seitenzahlen mit arabischen Ziffern bezeichnet. Die hier angegebenen Seitenzahlen correspondiren mit den im Texte unten rechts befindlichen. Berger, Emil. Arthropoden, Untersuchungen über den Bau des Ge- ndder Retina der. Mit 5 Tafeln. . . . .. 2.2.0. 1:8: 3173. — — Naehtrag .. BRIRNELIRITEN ©, KA. 437: Claus, Dr. €. Aequorea Forakalea: Esch. , Alekren als Aequorid® des adriatischen Meeres, zugleich eine Kritik von E. Häckel’s Aequoridensystem . . . } > EN ET. 283: - — Agalmopsis utricularia. Eine neue ‚Siphonophore d dä Hiktelnidlreg: Meran. .. .. | II. I. 19. — — Apseudes Latreillii Edw. u die EN Weber 1. Mit 2 Tafeln vV. IH. 319. — — — — H. Mit 7 Tafeln .... UYVERHOEE 159: Pi are, Zur REIN. er Boerse Beurtheilung des . . . . ‚SWIIR-T. 313. - — Branchipus und Artemia, EEE über ‚die N und Entwicklung von, nebst vergleichenden Bemerkungen über andere Phyllopoden. Mit 12 Tafeln... ..... BR TUISREIN: 267: — — Charybdea Marsupialis, Untersuchungen über Mit 5 Tafeln . EmBL. 227. — — Charybdea, Zur Wahrung der Ergebnisse meiner Untersuchungen über, als Abwehr gegen den Häckelismus . . . . .:. 2... TV. I 29. - — Copepoden, Neue Beiträge zur Kenntniss der, unter BER RN Berücksichtigung der Triester Fauna. Mit 3 Tafeln ...... IM. I. 313. — — Copepoden, Ueber neue oder wenig bekannte halbparasitische, insbesondere der Lichomolgiden und Ascomyzontiden-Gruppe. Meralen |... . VHS si. 327: ae Copepoden, Ueber die en arbenchwichel am IR runeumerfialen Skelet der, und die medianen Zwischenplatten der Ruderfusspaare. ma Teich... . . ai nal, 217. - — Cotylorhiza und ER Die one von, “ae ze en Ent. wicklung zu achtarmigen Medusen. Mit 2 Tafeln . . . . 7:3: 468: — — Lotylorhiza, Aurelia und Chrysaora, Ueber die Entwicklung hen Scyphostoma von, sowie über die systematische Stellung der BerURompGmBeR N 3 Datteln a2! uandewan. Albin! IR L 185: ee nn na Kl 1. IX or © wo 8 Generalregister über die Bände I—X., Claus, Dr. €. Crustaceen, Neue Beiträge zur Morphologie der. Mit Taten re u a De Das EIERN 4 ie Mit A Tafeln. a IX. Cyclops, Neue Beobachtungen über die Organisation und Ent- wicklung von. Ein Beitrag zur Systematik der Cyclopiden. Mit 7 Tafeln und 1] Holzschnitt . . .. . X, Deiopea kaloktenota Chun, Ueber, als Ole “ Si Nebst Bemerkungen über die Architektonik der Rippenquallen. Mr Ditel 0, a YIL Geryonopsiden- und Eucopiden- ‚Entwicklung, Baltzkaie zur Ron niss der. Mit 4 Tafeln .....% .. u. es Goniopelte gracilis, Ueber, eine neue Peltidie. Mit 2 Tafeln IX. Halistemma Tergestinum n. sp., Ueber, nebst Bemerkungen über den feineren Bau der Physophoriden. Mit 5 Tafeln... . . l. Halocypriden, Die Gattungen und Arten der mediterranen Bet atlantischen, nebst Bemerkungen über die Organisation derselben IX. - Lankester’s, Prof. E. Ray, Artikel „Limulus an Arachnid*“ und die auf denselben gegründeten Prätensionen und Anschuldigungen VII, Schlusswort -. . . ... „ulolal .11 1 m a Lernaeascus nematoxys Cls., Ueber, und die Familie der Philich- thyden, Mit:4 Pafelnaı „ei. lila Bunter eh v1. Medusen, Ueber die Classification der, mit Rücksicht auf die Stellung der sogenannten Peromedusen, der Periphylliden und Pericolpiden. Mit 4 Zinkographien . . . vi. - Miracia Dana, Ueber die Gattung, mit SEHR: Be ek ihres Augenbaues. Mit 3 Tafeln . . . . En? - Monophyes, Ueber das Verhältniss von, zu Ne sowie über den phylogenetischen Entwicklungsgang der Siphonophoren V. Nebaliden, Ueber den Organismus der, und die systematische Stellung der Leptostraken. Mit 15 Tafeln . . ....... VI Ostracoden, Bemerkungen über marine, aus den Familien der Cypridinen und Halocypriden . . . en: . Phronimiden, Der Organismus der. Mit g Tafeln METER 1. Platysceliden, Die Gattungen und Arten der, in RERRU. Webefächt ... % 11. Pontelliden, Ueber die ntwidklane en de m, Er En gleich ein Beitrag zur Nomenclaturfrage.) Mit 5 Tafeln ... X, - Schizopoden und Decapoden, Zur Kenntniss der Kreislaufs- organe der "Mi "Taler" N, PIE RER Rn Ya Siphonophoren, Zur Beurtheilung des Organismus der, und deren phylogenetischer Ableitung. Eine Kritik von E. Häckel’s so- genannter “"Medusomtheorie . ..... 0.0 a Stomatopoden, Die Kreislaufsorgane und Blutbewegung der. Mit 3 Tafeln. 2.8. nme We en ae el ie Be y Süsswasser-Ostracoden, Beiträge zur Kenntniss der. 1. Mit 12 Tafeln und 3 Holzschnitten . .. . Ta 2 a Dewoletzky, Rudolf. Nemertinen, Das Seitenorgan der. Mit 2 Tafeln (364) und‘1 Hölzschnitt . . 7... 00. 2.50 ne er Kr 111. 11. 11. iM. 2 U. Ill. IL II: II. Register in der alphabetischen Reihenfolge der Autoren. Graeffe, Dr. Ed. Seethierfauna, Uebersicht der, des Golfes von Triest. Nebst Notizen über Vorkommen, Lebensweise, Erscheinungs- und Fortpflanzungszeit der einzelnen Arten. I. Die Echinodermen — — — — IH. Die Coelenteraten (Spongien) -- — — — LI Coelenteraten 3 — — — — W. Pisces (Fische). Mit 1 Tafel 3 @robben, Dr. Carl. Cephalopoden, Morphologische Studien über er Harn- und Geschlechtsapparat, sowie die Leibeshöhle der. Mit 3 Tafeln und 3 Holzschnitten — — Cephalopoden, Zur Kenntniss der BsPpÄRlogie Fn der Zei: wandtschaftsverhältnisse der. Mit 4 Holzschnitten . — — Cetochilus septentrionalis Goodsir, Die Bi iekfabgteksillächte von. Mit 4 Tafeln und 2 Holzschnitten. . — — Crustaceen, Die Antennendrüse der. Mit 1 Tafel . 18% — — Cuspidaria (Neaera) cuspidata Olivi, Beiträge zur Kenntniss des Baues von, nebst Betrachtungen über das System der Lamelli- branchiaten. Mit 4 Tafeln . — — Decapoden. Beiträge zur Kenntniss de enkieikei Enöhkeifie: organe der, nebst vergleichenden Bemerkungen über die der übrigen Thoracostraken. Mit 6 Tafeln Sera rg? — — Doliolum und sein Generationswechsel, nebst anregen über den Generationswechsel der Acalephen, Cestoden und Trematoden. Mit 5 Tafeln und 2 Holzschnitten 3 h — — 6astropoden, Die Pericardialdrüse der. Mit 1 Tafel ö — — Heteropoden, Zur Morphologie des Fusses der. Mit ] Holzschnitt — — Lamellibranchiaten, Die Pericardialdrüse der. Ein Beitrag zur Kenntniss der Anatomie dieser Molluskenclasse. Mit 6 Tafeln — — Lamellibranchiaten, Ueber den Bulbus arteriosus und die Aortenklappen der. Mit 1 Tafel — —- Moina rectirestris, Die Entwicklungs BETEN nen Zugleich ein Beitrag zur Kenntniss der Anatomie der Phyllopoden. Mit 7 Tafeln — — Pteropodenkörpers, Ba ehäleeie 2 i Haller, B. Centralnervensystems höherer Würmer, Beiträge z zur she niss der Textur des. Mit 5 Tafeln und 4 Holzschnitten — — — — Chitonen der Adria, Die Organisation der. I. Theil. Mit S Tafeln und 2 Holzschnitten — — I. Theil. Mit 3 Tafeln . — —- Doris tuberculata Lam., Beiträge zur ihre = im Peritoneum von. Mit 1 Tafel — — Siphonaria gigas Less., Die Anatomie von, eines I intilndehen Gasteropoden. Mit 3 Tafeln Hatschek, Dr. B. Amphioxus, Studien über Bilivieklung Mit 9 Tafeln -- — Anneliden, Studien über ee lokunssseneliichte = Ein De zur Morphologie der Bilaterien. Mit 8 Tafeln . DE: — — Echiurus, Ueber Entwicklungsgeschichte von, und die syste- matische Stellung der Echiuridae (Gephyrei chaetiferi). Mit 3 Tafeln Claus, Arbeiten aus dem Zoologischen Institnte ete. Tom. X, Heft 3. II. IV. v VII. III. 11. VII VII. III. III. 243. ar Ir A101: 133080. 11.208 E35, 12:23]. III. 355. MH. 163. IH, 203. E--1:38. K1:4178. 11175323. NDR: TE 207. I. : 45 26 (365) 10 Generalregister über die Bände I—X. Hatschek, Dr. B. Eupomatus uncinatus Philippi (Serpula uneinata). Entwicklung der Trochophora ven. Mit 5 Tafeln — — Polygordius, Zur Entwicklung des Kopfes von. Mit 1 Tafel { — — Protodrilus Leuckartii. Eine neue Gattung der Archianneliden Mit 2 Tafeln a NOERS -—— — Sipunculus nudus, Ueber Entwicklung von..Mit 6 Tafeln und ]l Holzschnitt — — Teredo, Ueber Eintwilkluiiniren te von, it 3 Taten Heider, Dr. Karl. Lernanthropus, Die Gattung. Mit 5 Tafeln. . — — Oscareila lobularis 0. Schm., Zur Metamorphose der. Mit 3 Tafeln Lorenz, Ludwig. Axine und Mikrocotyle, Ueber die Organisation der Gattungen. Mit 3 Tafeln . i Metschnikoff, Dr. Elias. Medusologische Mittheilungen. Mit 9 Tafeln — — Intracelluläre Verdauung bei wirbellosen Thieren, Untersuchungen über die. Mit 2 Tafeln > Nebeski, Otmar. Amphipoden der Adria, Beiträge zur Kontviniie Di Mit 4 Tafeln Niemiec, Dr. J. Cestoden, ORT über das N IRRERABREN: dem Mit 2 Tafeln . . ; Patten, William. Patella, The EEE of. "With 5 Plates > Pintner, Theodor. Bandwurmkörpers, Untersuchungen über den Bau des, mit besonderer Berücksichtigung der Tetrabothrien und Tetrarhynchen. Mit 5 Tafeln . — — — -— Nachtrag . — — Bandwürmer, Zu den Bere über Du Wasserkeiue system der s 3 — — Bandwurmkörpers, Ne RER über En Ban) Aueh I. Mit 3 Tafeln — — Bandwurmkörpers, Neue Beiträge x zur Köinliie des. 1. — — Cercaria Clausii Monticelli, Ueber. Mit 1 Tafel . Rohon, Jos. Victor. Mikrocephalenhirnes, Untersuchungen über en Bau eines. Mit 2 Tafeln. A — — Selachiern, Ueber den Ursprung a ge vagus ER mit Berücksichtigung der Lobi eleetrici von Torpedo. Mit 1] Tafel Schneider, Dr. Carl Camillo. no Untersuchungen über die. Mit 2 Tafeln Sturany, Rudolf. Arachnoideen, Dis Versi ge Mit 2 Tafeln Walz, Rudolf. Bopyriden, Ueber die Familie der, mit besonderer Be- rücksichtigung der Fauna der Adria, Mit 4 Tafeln j Winkler, Willibald. Acarinen, Das Herz der, nebst are een Bemerkungen über das Herz der Phalangiiden und Chernetiden. Mit ] Tafel und ] Holzschnitt u — — Gamasiden, Anatomie der. Mit 5 Tafeln . . . . Witlaczil, Dr. Emanuel. Aphiden, Zur Anatomie der. Mit 3 Tafeln. ran (366) Druck von Gottlieb Gistel & Comp. in Wien, I., Augustinerstrasse 12, Io vIm 1ı VIL II. IV. ıl. 125. 1li. 317. 39%. Arbeiten aus dem zoolog. Jnstilut zu Wien Ba.X, Heft m Taf XXI. - — A — . —— —————n — — | Claus dei | Verlag w Alfred Holder, KH Ei | Bauchwirbel und Zwischenplatten der Copepoden Taf- T. Pe Jith. Anst. wWerner & Winter, Frankfart ?M. dä h = | S S < S RN S S RS N 3 S N IS S Bi N I S S R N SI Verlag vw Alfred Hölder, k k.Ho m EN 8 S 3 N S EN an u XD Ä u N = & 8 3 Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien ba.X, Heft MTafXı Bu - 1 N ed ung N AN eo . Clans del, ET Verlag v Alfred Hölder, k-R-HO Fi a; ’ (Claus, Bauchwirbel und Zwischenplatten der Copepoden. Taf IH. 31. | Jith. Änst. Werner «Winter. Frankfurt FM. are [u > u a ‘32 Lo PEN —_ S 1 > Ss >, SS ’ —r Clans, Entwicklung und System der Pontetliden. Taf ı a IN Iith.Anst.vWerner &Winter, Frankfurt ®M. ei ‚Irbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien. Bd. X, Heft M, Taf xXVn. E Br L Be ‚ver 5 R = = E L % Igzraresunm Errttettr Taf: I. C Claus, Entwicklung und System der Pontelliden. iversitäts-Buchhandler in Wien. er Frankfurt”? M. vWerner aWint Ih. Anst. Ce. Claus del. Verlag w Alfred Hölder, Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien. Bd.X, Heft 1, Taf. AN. u | | | | er a ni z* Ä | Claus, Entwicklung und System der Pontelliden. Taf m. ae Lith. Anst.wWerner&Winter Frankfurt #M. gr 0 Eee R h Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien Ba.X, Heft I, Taf XXIX r men | su 0. RER“ » er.) - £ ‚ j n uU u Re REBEL = or A a ARE se Ss. ae 7 > 2000 Verlag w.Älfred Hölder, kclaka Taf: W. MN | S SÄÜUU st \ N u \ \ - I > IT \ \ a N RN N C: Claus, Entwicklung und System der Pontelliden. bersitäts-Bachhändler in Wien. Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien. Bd.x, Heft I, Taf XXX. Verlan w Alfred öl h z Entwicklung und System der Pontelliden. Taf: V. een —J ET Liih, Aust nWernershönten, Frackfmt HM .. a a An 9 A ‚ Ä ® Arbeiten aus.dem zoolog. Institut zu Wien. Bd.x, Hefi I, en . ia: 2 EN —; a ae Id (‚Claus del. AT Der Tin ‚ Nene Beobachtungen über Cyelons. TufI. en 8 9 | | | | | Zih. Anst.v Werner & Winter, Frankfurt =M. Gi | Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien. Bd.X, Heft IM, TaEXXMM. ‚ re Dee nun ae u u 0 TEEN ET ET ME EI > Fan ESSSIIIE L. Claus del ss U ne 20% Caß IH Iith. Anst. Werner &Winter Frankfurt? M. TI rm u Au) N [® IOx ze 1 EEE nr Ja nn; er Arbeiten aus dem zoolog. Jnstitut zu Wien. Bd.X, Heft IN, Taf‘ YYH. a De‘ „: _ Be N z,,, Au F PFLEINN A A fd = ld h 'tım R | Un EER An a £. Claus del. Verlag v. Alfved Holder, kl ber Cyclons. Taf! W. ungen ü (Claus, Neue Beobacht Lith. Anst. v. Werner aWinter, Frankfurt ?M. | wo Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien. Bd.X, Heft IH, Tal XXXIV. ER = ® “: in BC7; 5 F Verlag v. Alfred Höl ie, C.Claus del, L Jith.Anst.v.Werner &Winter, Frankfurt ®. 2.4 E Arbeiten aus dem zoolog, Institut zu Wien. Bd.X, Heft IL Ta XXX. m a ee ae engen nn ng a u Verlag v. Alfred Holder k.k. Hi C Claus, Neue Beobachtungen über Cyclons. Bar V. I | | Iıth. Anst.v. Werner &Winter, Frankfurt *M. RN By’ e « TE } RN eh ea re N er j Kan ua j 4.2 > f =. ® ’ FR „i Pen IF j A 4. Zn . = ; L - u Arbeiten aus dem zoolog. Institut zu Wien Bd.X, Heft U, Taf‘ NXKUT. am \ Verlag v-Alfred Hölder, k.k Hafl C. Claus del. TU k, E ED Jith. Anst.u Werner &Winter, Frankfurt =M. id Fe Te ge Verlag vAlfred Hölder, kA Be, | 5 1 bu ui ö 3 3 “ x“ Claus, Neue Beobachtungen über Cycons. Taf. ee | 3, ith.Anst. v Werner gWinter, Frankfurt #M. FEN ir an. ) Kir SAN 3 j NR; sl Im he) f h* L ‘3 N rer