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ARCHIV

DER

PHARMACIE

herausgegeben

Deutschen Apotheker-Verein

unter Redaction von

E, Schmidt und H. Beckurts.

Band 233. ne

BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker-Vereins. 1895.

ARCHIV

DER

PHARMACIE

herausgegeben

Deutschen Apotheker-Verein

unter Redaction von

Band 233. Heft 1.

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1 | E. Schmidt und H. Beeckurts. s

Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins.

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B

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BERLIN. | 1895. |

Ausgegeben den 10. März 189%.

INHALT.

Seite

G. Grützner, Ueber einen krystallisirbaren Bestandteil der Basa- nacantha spinosa var. ferox Schum. . 1

Ed. Schaer, Die Verflüssigung des Chloralhydrates mit Phenol und mit Stearoptenen, sowie der le'zteren unter sich . 5

W. Autenrieth, Ueber die Einwirkung von E hosphorpen up auf aromatische Aether . . E 26 W. Autenrieth, Tleber einen neuen Indikator: Luteol . . 43

Koch, Phytochemische Studien. Beiträge zur Kenntniss der mittel- europäischen Galläpfel, sowie der Scrofularia nodosa L. 48

Eingegangene Beiträge.

C. Boettinger, Zur Kenntniss der Glyoxylsäure, III. u. IV. Abthlg.

C. Boettinger, Ueber die Osazone der Zucker aus Sumach und Vallonen.

P. Zenetti, Das Vorkommen von Hesperidin in Folia Bucco und seine Krystallformen.

C. Hartwich, Ueber falsche Senega.

H. Pommerehne, Ueber die Alcaloide von Berberis aquifolium.

(Geschlossen den 25. Februar 1895.)

VEN NR N AN Di - i Te -

iese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Badenpteis 1 für den Jahrgang Mk. I2,—.

Alle Beiträge für das „Archiv‘‘ sind an die Archiv-Redaction Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder Herın Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig,

alle die Inserate u. s. w., überhaupt die Archiv-Verwaltung und die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den

Deutschen Apotheker-Verein

Berlin ©. 22, An der Spandauer Brücke 14 einzusenden.

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Anzeigen.

Dieselben werden mit 40 Pfg. für die durchgehende und mit 25 Pfg für die gespaltene Petitzeile oder deren Raum berechnet. Beilage-Gebühr für das ‘lausend der Auflage

z. Z. 3650 Mk. ıo. Für Beilagen, welche nicht dem Format des „Archiv“ entsprechen,

bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten

a u ihr erh. A.

2 fitteilung aus dem pharmaceutischen Institut der n Universität Breslau.

- Ueber einen krystallisierten Bestandteil der

Basanacantha spinosa var. ferox Schum. Von Dr. B. Grützner.

(Eingegangen den 20. Dezember 1894.)

i Im Verfolge seiner Arbeiten über brasilianische Nutz- und Heil- _ pflanzen hat der um die Erforschung der Flora und Pharmacognosie - von Brasilien hochverdiente Forscher Dr. Th. Peckolt, Apotheker = ‚in Rio de Janeiro kürzlich auch die Dasanacantha spinosa var. ferox Schum. (Flora Brasiliensis, Rubiac. pag. 378) in den Kreis seiner Untersuchungen gezogen.

3 Dieses dünnstämmige Bäumchen des Urwaldes, welches zufolge ‚seiner Frucht auch wilde Limone und wegen der wohlriechenden "Blüthen auch Jasmin do mato wilder Jasmin genannt wird, trägt an den Zweigen einen endständigen Blüthenstand, unterhalb _ dessen sich 4 spitze, kurze Stacheln befinden, von denen jedoch nach der Fruchtreife zwei verkümmern, während die beiden anderen als bleibende, grofse, scharfe Dornen sich gegenüberstehen. Die BE eeiblichen , rundlichen Früchte haben einen Durchmesser - bis zu drei Centimeter und sind mit dicht gedrängt liegenden, eckigen, wachsähnlichen Samen gefüllt, umgeben von einer sparsamen, gelben, sülsschmeckenden Pulpa, welche von den Einheimischen ge- mossen wird. Der Geschmack der Samen ist bitter. Sie werden ‚getrocknet und als Pulver theelöffelweise bei intermittierendem Fieber genossen. Blätter und Rinde dienen als Tonicum. Die beiden letzteren unterzog Peckolt einer eingehenden Unter- suchung. - Er fand in den lederartigen, wenig saftigen Blättern 58 Proz.

F 0 ‚8965 bei 25°, sowie eine krystallisierte Substanz nach folgendem Verfahren. Die frischen Blätter werden mit heilsem Alkohol vom S spez. Gew. 0,900 ausgezogen, nach dem Abdestillieren des Alkohols

wird das Extrakt in Wasser gelöst und solange als noch eine Arch. d. Pharın. CCXXXIII. Bäs. 1. Heft. 1

asser, ferner 0,418 Proz. eines fetten Oeles von dem spez. Gew.

2 Dr. B. Grützner: Ueber Basanacantha spinosa.

Trübung bemerkbar, mit neutraler Bleiacetat-Lösung gefällt. Das Filtrat wird mit Schwefelwasserstoff entbleit und bis zur Sirup- konsistenz abgedampft. Nach dem Erkalten erstarrt es zu einem Krystallbrei. Die getrennten und getrockneten Krystalle werden durch Umkrystallisieren aus siedendem Amylalkohol oder absolutem Alkohol gereinigt. Ein Kilo trockene Blätter liefert 20,232 g reins Krystalle. Aus den Bleipräzipitaten erhielt Peckolt eine krystalli- sierte organische Säure und zwar von einem Kilo trockenen Blättern 0,504 g.

Peckolt führte die Darstellung noch in anderer Weise aus. Frische gestolsene Blätter wurden zur Entfernung des Fettes zunächst mit Petroläther und hierauf mit Aether extrahiert. Das ätherische Extrakt wurde mit heifsem Wasser aufgenommen, mit Bleiacetat gefällt und weiter wie oben behandelt. Die Ausbeute an krystalli- sierter Substanz betrug nur 0,272 Proz.

Aus der trockenen Rinde wurden 2,23 Proz. reine Krystalle und 0,5 Proz. Säure erhalten.

Die aus Blättern und Rinde dargestellten Verbindungen ge- langten mit Ausnahme der organischen Säure, deren geringe Menge noch nicht zur Untersuchung hinreichte, in Jas pharmaceutische Institut hiesiger Universität behufs näherer Charakterisierung und hatte der Direktor desselben Herr Geh. Rat Prof. Dr. Th. Poleck die Güte mir die Untersuchung zu überlassen.

Die aus den Blättern durch Alkohol- Extraktion erhaltene Substanz bestand aus feinen, verfilzten, seidenglänzenden, kleinen Nadeln von fast weifser Farbe. Auf Platinblech vorsichtig erhitzt, schmelzen sie zu einer tarblosen Flüssigkeit, welche nach dem Er- kalten wieder krystallinisch erstarrt. Bei stärkerem Erhitzen ver- brennt der Körper ohne einen Rückstand zu hinterlassen. Stickstoff ist nicht vorhanden. In Wasser ist der Körper leicht, in Alkohol und Amylalkohol nur in der Siedehitze löslich. Aether, Benzol, Petroläther, Chloroform zeigen gar kein Lösungsvermögen. Die wässerige Lösung reagiert neutral und schmeckt süls. Sie wird weder durch Säuren, noch durch Ammoniak, kohlensaures Ammoniak, Aetzalkalien und Carbonate verändert. Fehling’sche Lösung wird nicht reduziert, auch trat die Pettenkofer’'sche Glykosid-Reaktion nicht ein, desgleichen waren Spaltungsversuche mit Säuren resultatlos.

Dr. B. Grützner: Ueber Basanacantha spinosa. 3

Es schien daher die Zugehörigkeit des Körpers in die Klasse der Alkaloide und Glykoside ausgeschlossen. Zur Bestimmung des Schmelzpunktes wurde die Substanz aus siedendem 94 prozentigem Alkohol umkrystallisiert, zunächst auf Thonplatten, dann bei 105° im Luftbade getrocknet. Das erhaltene Krystallmagma war schneeweiis und zeigte einen Schmelzpunkt von 165°, der sich nach nochmaligem Umkrystallisieren nicht mehr änderte. Die wässerige Lösung im Wild’schen Polaristrobometer geprüft, erwies sich als optisch inaktiv. Die Elementaranalyse der bei 1050 getrockneten Substanz ergab tolgende Zahlen:

0,2437 g Substanz gaben 0,1730 1,O = 7,85 Proz. H 0,3333.00,,.—39 55. nn 0,2949 g Substanz gaben 0,2048 ,0O = 782 „H

0227000, 3949.17 im Mittel: 7,85 Proz. H, 39,51 Proz. ©.

Aus diesen Werten ergiebt sich als eintachste Formel C, H; O;;: Verdoppelt man dieselbe, so gelangt man zur Zusammensetzung des Mannits C, Hy O;-

Gefunden i. M. 7,85 Proz. H berechnet für 0, H,, 05:7,70 Proz. H 39,51 ALS 39,56 set 59,64 .,.0 Bay Ho:

Nach dem gesamten chemischen und physikalischen Verhalten des fraglichen Pilanzenstoffes steht somit seine Identität mit dem in vielen Pflanzen vorkommenden Mannit aufser Zweifel. Auffallend ist die Reichhaltigkeit der tropischen Rubiaceen an Mannit; Basanacantha ist schon der vierte Vertreter dieser Familie, in welcher von Peckolt Mannit gefunden wurde.

Von der aus frischen Blättern durch Aether- Extraktion er- haltenen Substanz war zufolge ihrer Darstellungsweise von vorn- herein nicht gut anzunehmen, dafs sie sich als Mannit herausstellen würde, da dieser in Aether nnlöslich ist. Und doch zeigte der nach dem Umkrystallisieren vollkommen rein erhaltene Körper alle die Eigenschaften und Reaktionen, welche den Mannit charakterisieren, Der Schmelzpunkt lag bei 165°, der Kohlenstoffgehalt betrug 39,44 Proz., der des Wasserstofts 7,56 Proz. Die Erklärung für das Auffinden des Mannits nach obigem Verfahren ergiebt sich aus

dem Umstande, dals zur Extraktion wassergesättigter Aether an-

wendet wurde, denn die zum Ausziehen verwendeten frischen Blätter 1*

B Dr. B. Grützner: Ueber Basanacantha spinosa.

enthalten 58 Proz. Wasser und entsprechend dem Wassergehalt wird der Aether auch kleinere Mensen Mannit aufzunehmen ver- mögen. Die Ausbeute war auch eine sehr geringe (0,27 Proz.), während durch Alkohol-Extraktion fast die zehnfache Menge erhalten wurde.

Das dritte Präparat, die krystallisierte Substanz aus der Rinde, erwies sich gleichfalls als Mannit. Der Kohlenstoffgehalt betrug 39,49 Proz., der des Wasserstoffs 7,57 Proz., der Schmelzpunkt und das sonstige Verhalten zeigten keine Abweichungen von dem des Mannits.

Es ist somit das Vorkommen des Mannits in Blättern und Rinde von Dasanacantha spinosa var. ferox nachgewiesen.

Zum Schlusse sei mir gestattet, noch einmal auf das Verhalten des Mannits gegen Fehling’sche Lösung zurückzukommen. W. Kwasnikb), der einen krystallinischen Bestandteil der Genipa brasiliensis Mart. als Mannit identifizierte, fand, dals sein Untersuchungsmaterial trotz mehrmaligen Umkrystallisierens nach kurzem Kochen oder auch nur längerem Stehen mit heilser Fehling’scher Lösung eine, wenn auch nicht beträchtliche, so doch immerhin beachtenswerte Abscheidung von Kupferoxydul her- vorrief. Auch mit reinem Mannit anderer Herkunft erhielt er das- selbe Resultate. Kwasnik nimmt an, dafs schon das kurze Kochen mit einem Alkali genügt, um chemische Umsetzungen in dem Mannit hervorzurufen, welche dann zerlegend auf die Kupferlösung einwirken. Diese Beobachtung kann ich nicht bestätigen. Der aus Basanacantha spinosa var. ferox erhaltene Mannit gab selbst nach lebhaftem Aufkochen und längerem Stehen mit frisch bereiteter Fehling’scher Lösung keine Spur einer Reduktion. Auch im Handel bezogener reiner Mannit verhielt sich ebenso. Hingegen erhielt ich übereinstimmend mit Kwasnik durch ammoniakalische Silberlösung einen schönen Silberspiegel. E. Salkowski?) fand, dafs aufser Mannit auch Rohrzucker und die Glykoside diese Er- scheinung zeigen. Gleich der ammoniakalischen Silberlösung wurden auch Silberaeetat und Silberoxyd durch käuflichen und aus Basana-

1) Chem.-Ztg. 1892, 16, No. 8. 2, Salkowski, Dt. chem. Ges. 1850, p. 822.

Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat. 5

cantha dargestellten Mannit unter Bildung eines Silberspiegels reduziert, während neutrale Silbernitratlösung, Goldchlorid und Quecksilberchlorid selbst in der Siedhitze unverändert blieben, ein Verhalten, auf welches schon Hirzel!) und Favre?) aufmerksam

machten.

Mitteilungen aus dem pharmaceutischen Institut der Universität Strassburg.

Die Verilüssigung des Chloralhydrates mit Phenol und mit Stearoptenen, sowie der letzteren

unter sich. Von Ed. Schär. - (Eingegangen den 25. XII. 1894.)

Seit 20 Jahren weils man, dafs sich Chloralhydrat in sehr auf- fälliger Weise mit Kampher verflüssigt, und seit ungefähr 10 Jahren ist bekannt, dafs diese Erscheinung sich auch auf andere Stearoptene und auf Phenole ausdehnt und dafs verschiedene Substanzen aus den letztgenannten Körperklassen, in Mischungen unter sich, ein gleiches Verhalten zeigen.

Das Interesse, welches den in Rede stehenden Verbindungen als wichtigeren Arzneistoffen zukommt, und die Rücksicht auf die praktische Bedeutung jener physikalischen Eigenschaft bei deren gelegentlicher Anwendung in Gemengen, veranlafste mich, ganz ab- gesehen von mehr theoretischen Gesichtspunkten, schon im J. 1885 und 1889 eine Reihe ergänzender Beobachtungen über das Verhalten des Chloralhydrates zu verschiedenen Stearoptenen und Phenolen, sowie über die gegenseitige Einwirkung von Stearoptenen anzustellen, wobei der damalige Assistent am pharmaceutischen Laboratorium des Polytechnikums in Zürich, Herr Apotheker Fr. Steinfels, mich durch Anstellung der Versuche über das Verhalten des Chloral- alkoholates, des Butylchloralhydrates („Crotonchloral's“) und des Phenols unterstützte.

!) Hirzel, Ann. chem. pharm. 131, p. 50. 2) Favre, J. pr. chem. 32, p. 362.

6 Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat.

Nachdem in der Zwischenzeit manche Angaben früherer Autorer kontrolliert und zahlreiche eigene, vor mehreren Jahren gemachte Beobachtungen dem Kriterium öfterer Wiederholung unterworfen worden sind, ist es wohl statthaft, die Ergebnisse jener Versuche, unter Erwähnung wichtigerer früherer Daten, in übersichtlicher An- ordnung an dieser Stelle niederzulegen. Bieten doch die erwähnten Erscheinungen, sowohl für den Praktiker, wie für den Theoretiker mehrere bemerkenswerte Einzelheiten, deren näheres Studium Gegenstand der physikalischen Chemie bleiben mufs.

Da mir auf letztgenanntem Gebiete keinerlei Kompetenz zusteht, so begnüge ich mich mit der Wiedergabe der beobachteten That- sachen, es den besonderen Vertretern jenes Wissenschaftszweiges überlassend, zu entscheiden, in welchen Fällen die Erniedrisung des Schmelzpunktes, welche die Verflüssigung herbeiführt, beide Teile eines Gemisches betrifft, und in welchen anderen Fällen nur der eine Gemengteil diese Veränderung erfährt, um sodann in flüssigem Zustande sogleich als energisches Lösungsmittel des anderen Gemengteils zu wirken.

1. VerhaltendesChloralhydrates(und Chloralalkoholates) zu Stearoptenen und zu Phenol.

Bekanntlich verdanken wir, soweit aus der Fachlitteratur er- sichtlich ist, die erste Kenntnis einer Verflüssigung des Chloral- hydrates mit Stearoptenen bezw. mit gewöhnlichem Kampher einer Mitteilung von J. F. Brown), welcher angab, dafs Kampher und Chloralhydrat, zu gleichen Gewichtsmengen unter Reiben gemengt, flüssige Konsistenz annehmen, somit den Aggregatzustand ver- ändern. Der genannte Autor erwähnt dabei einer leichten Temperatur- erhöhung, eine irrtümliche Beobachtung, auf welche wir später zurückzukommen haben werden.

Nachdem diese ersten Beobachtungen, welche vermutlich ohne publiziert zu werden, schon früher von einzelnen praktischen Apo- thekern gemacht worden sind, in der pharmaceutischen Litteratur Eingang gefunden und die Chloral-Kamphergemenge schon arznei- liche Anwendung, z. B. in der Zahnheilkunde erlangt hatten, er- schienen im Laufe der nächsten Jahre über den Gegenstand ver-

1) Pharm. Journ. and Trans. (III) 4 (1874) 729.

Ed. Schär: Ueber Chloralbydrat. 7

schiedene kleinere Notizen und auch eingehendere Mitteilungen, unter welchen diejenigen von Saunders, sowie von Zeidler hier besondere Erwähnung finden sollen. Erstgenannter Autor!) beobachtete mehrere physikalische Eigenschaften der aus gleichen Gewichtsteilen Kampher und Chloralhydrat bestehenden verflüssigten Mischung, die der Einfachheit wegen im Weiteren als Chloral- Kampher bezeichnet werden mag. So fand er das spez. Gewicht za 1,243; die Löslichkeit in Wasser = 0, in Chloroform = 1:1,5 (wobei Zusatz gröfserer Chloroformmengen eine Ausscheidung bezw. Trübung verursacht), die Löslichkeit in Alkohol (0,937) = L:11, während Alkohol (0,3838), Aether, Schwefelkohlenstoff und fette Oele den Chloral-Kampher in jedem Verhältnisse lösen. Nachdem schon Brown (l. c.) gezeigt hatte, dals aus gewissen Lösungen des Chloral-Kamphers durch Wasser eine Ausscheidung von Kampfer bewirkt wird, sowie dals bei Einwirkung des Dampfes der einen Substanz auf die andere das Chloralhydrat trocken bleibt, dagegen Kampher flüssig wird, konstatierte Saunders das Verhalten des Chloral-Kamphers bei der Destillation und fand, dafs die Mischung zwischen Temperaturen von 107—206° C. ohne bleibende Zer- setzung der einzelnen Bestandteile übergeht; und zwar destilliert bei ca. 107° Chloralhydrat mit wenig Kampher, bei ca. 1490 Chloralhydrat mit derjenigen Menge Kampher, welche zur Verflüssigung des ersteren notwendig ist und endlich bei 200—2060 Kampher mit Spuren von Chloralhydrat.

OÖ. Zeidler?) untersuchte verflüssigte Mischungen der beiden Substanzen im Verhältnis ihrer Molekulargewichte, wobei unter Temperaturerniedrigung eine wasserhelle, mit Alkohol, Aether und Chloroform mischbare Flüssigkeit erhalten wurde, welche selbst bei 20° nicht erstarrte und sowohl durch Destillation, als durch Wasserzusatz teilweise in ihre Componenten zerlegt wurde. Das spez. Gewicht der genannten Mischung bestimmte Zeidler zu 1,2512, die spezifische Drehung [«]p = 33° 45.

Zugleich wurde gezeigt, dafs bei Erwärmung des Chloral- Kamphers in geschlossenem Rohre auf 150°, sowie bei Erhitzung

1) Pharm. Journ. and Transact. VII (1876) 89. 2) Ber. d. Wiener Akad. (2. Abthlg.) 76, 253; auch Fittica, J.ber. d. Chem. 1878, 645.

6) Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat.

mit alkohol. Kaliumhydrat tiefergehende Zersetzungen erfolgen. Es gelang dem genannten Beobachter nicht, analoge Verbindungen des Kamphers mit wasserfreiem Chloral, Butylehloralhydrat oder Benz- aldehyd herzustellen, wogegen Kampher und Chloralalkoholat sich in obenerwähntem Verhältnis gleichfalls zu einer bei 20% noch nicht festwerdenden Flüssigkeit von 1,177 spez. Gew. zerreiben liefsen. Endlich wird von Zeidler die auffallende Beobachtung erwähnt, wonach die Chloral-Kampher-Mischungen zu verschiedenen Zeiten nach ihrer Herstellung wechselnde Zusammensetzung auf- weisen, eine Erscheinung, welche seither nicht näher verfolgt worden ist, aber einer eingehenderen Prüfung wert wäre.

Die vorstehend erwähnten Daten über das Verhalten des Chloralhydrats zu Kampher und anderen Stearoptenen wurden im Jahre 1886 durch weitere Beobachtungen von Albright!) über Chloral-Kampher, und von Becker?) über Chloral-Menthol ergänzt. Aus den Mitteilungen des Ersteren mag als bemerkenswert erwähnt werden, dafs das durch Vermischen von gleichen Teilen Chloral- hydrat und Kampher entstehende Liquidum beim Schütteln mit ‘Wasser an Volum nicht abnimmt, sowie dafs eine Lösung von Chloral- hydrat im 5fachen Gewicht Wasser mit einer Lösung von Kampher im 5fachen Gewicht Alkohol klar mischbar ist; aus einer solchen Mischung wird durch Wasserzusatz öliger Chloral-Kampher ab- seschieden. Wenn an Stelle der alkoholischen Kampherlösung eine Chloroform-Kampher-Lösung mit der anderen Flüssigkeit zusammen- geschüttelt wird, so löst sich der sofort gebildete Chloral-Kampher in der Chloroformschicht, welche nach dem Abtrennen und Ein- dampfen einen öligen, flüssigen Rückstand liefert. Im Weitern fand Albright, dafs der Chloral-Kampher im Salmiakbade ohne Rück- stand destillierbar ist, sowie dafs er sich schon in 60 prozentigem Alkohol löst und aus dieser Lösung durch Wasser in unveränderter Beschaffenheit abgeschieden wird. Auch die klare Mischbarkeit von Chloralkampher mit konzentrierter Schwefelsäure wird konstatiert; diese Mischung färbt sich bald gelb, dann braun und zuletzt schwärz- lich und nimmt bald einen eigentümlich aromatischen Geruch an.

1) American. Journ. of Pharmacy 1886, 252 (Auszug aus einer These. 2) Ebendaselbst 1836, 283 (Referat über eine Inaug.-Dissert).

Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat. )

Endlich hat Albright auch zuerst darauf hingewiesen, dafs Chloralbydrat und Kampher nur innerhalb gewisser, relativ enger Grenzen der Gewichtsverhältnisse, am besten bei Mischung annähernd gleicher Teile, eine klare ölige Flüssigkeit liefern, während bei er- heblicher Vermehrung der einen oder anderen Substanz, z. B. von 1 auf 5 bis 7 Teile, entweder nur ein feucht bleibendes, pulveriges Gemenge entsteht oder aber die Abtrennung eines öligen Liquidums von einem körnigen Pulver erfolgt.

Aus den oben angeführten Beobachtungen des amerikanischen Autors erhellt jedenfalls, dafs es sich bei dem flüssigen, als Chloral- Kampher bezeichneten Gemisch nicht nur um eine, durch Erniedrigung der Schmelzpunkte zu Stande gekommene einfache Lösung der einen Substanz in der anderen, sondern um eine besondere Ver- bindung handelt, die, wenn auch lockerer Natur, immerhin so fest ist, dafs sie durch Kontakt mit guten Lösungsmitteln des einen oder anderen Bestandteils nicht aufgehoben wird. So allein erklärt es sich beispielsweise, dafs Chloralhydrat aus seiner wässerigen Lösung unter gewissen Bedingungen durch eine Kampherlösung in Chloroform ausgeschüttelt werden kann!

Was die schon angeführte Studie von Becker (l. s. ce.) über das Verhalten des Chloralhydrates zu Menthol betrifft, so möge, unter einfacher Verweisung auf das Original, lediglich hervorgehoben werden, dafs dieser Autor den relativ raschen, besonders durch leichte Erwärmung beschleunigten Uebergang gleicher Gewichts- mengen Menthol und Chloralhydrat in eine klare ölartige Mischung ver- mutlich zuerst beobachtet, jedenfalls aber als Erster dieselbe zu arzneilichen Zwecken empfohlen hat. Er ermittelte das spez. Gew. . der besagten Mischung zu 1,1984 und konstatierte die leichte Lös- lichkeit des Chloral-Menthols in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzin und Schwefelkohlenstoff.

Bei Behandlung des Gemenges mit gleichen Teilen reiner Schwefelsäure traten durchaus ähnliche gelbgrüne, hernach grün- blaue Färbungen auf, wie solche wiederholt bei Einwirkung von Chloral auf Oleum Menthae pip. beobachtet und beschrieben worden sind. Die tiefblaue Mischung löst sich nahezu farblos in Alkohol auf.

Bezüglich der seither in der pharmaceutischen und chemischen Litteratur erschienenen Angaben über die Verflüssigung mehrfach

10 Ed. Schär: Ueber Chioralhydrat.

erwähnter Körper soll, ohne allen allfälligen Notizen in zahlreichen Zeitschriften weiter nachzugehen, nur erwähnt werden, dafs in einer interessanten Mitteilung von Paschkis und Obermayer!) über Verflüssigung des Kamphers, sowie des Chloralhydrates mit zahlreichen anorganischen und organischen Substanzen irrtümlicher ‘Weise, wohi durch irgend ein Versehen, Thymol als ein Körper ge- nannt wird, der sich mit Chloralhydrat nicht verflüssigt, während in dem im gleichen Jahre erschienenen Handbuche der pharmaceutischen Chemie von Flückiger?) in zutreffender Weise nicht allein die unter Temperaturerniedrigung erfolgende Verflüssigung des im Ver- hältnis der Molekulargewichte mit Chloralhydrat gemischten Kamphers, sondern auch das übereinstimmende Verhalten der Mischungen der ersteren Verbindung mit Menthol, Phenol und Thymol an- gegeben wird.

Nach diesen Vorbemerkungen über die frühern Beobachtungen, welche die Einwirkung von Chloralhydrat auf Kampher betreffen und an welche sich alle seitherigen Erfahrungen über anderweitige flüssige Chloral-Stearoptene, sowie über Verflüssigung der Stearoptene unter sich anschlielsen, möge zu den Ergebnissen der vor einigen Jahren begonnenen und seither vervollständigten eigenen Versuche übergegangen werden. Es wurden zu denselben in erster Linie neben Phenol nachfolgende Stearoptene gewählt, unter denen ein- zelne bekanntlich in näheren Beziehungen zu Phenol und seinen Derivaten stehen und deshalb wohl auch als Phenole im weiteren Sinne betrachtet werden können.

1. Menthol aus Mentha piperita (in der Form des seit mehreren Jahren von der Firma Todd in Notawa U. S. A. als „Pipmenthol“ in den Handel gebrachten Produktes).

2. Laurus-Kampher (sowohl als raffinierter chines. und japan. Kampher, wie auch in der aus rohem Kampheröl in Europa isolierten Varietät).

3. Barus-Kampher, sogen. „Borneo - Kampher“, von Dryobalanops Camphora, in diversen mehr oder weniger vollständig gereinigten echten Proben aus Sumatra.

1) Pharm. Post 1888, No. 47. 2)]. c. Bd. II, 89, 334, 444.

Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat. 11

4. Borneol, künstlich aus gewöhnlichem Laurineen-Kampher bereitet.

5. Thymol, aus dem Oele der Umbellifere Ptychotis Ajowan.

6. Diosphenol aus Bukublättern.

7. Matico-Stearopten, aus äther. Matico-Oel.

8. Ngai-Kamphert), aus Blumea-Species in China ge- wonnen.

Diesen sämtlichen Kampherarten gegenüber zeigt nun Chloral- hydrat ein im wesentlichen übereinstimmendes Verhalten; d.h. es verflüssigt sich mit den genannten, einzelnen Stearoptenen, wenn es mit denselben im Verhältnisse gleicher Gewichtsmenge, beispiels- weise Il + 1 g, unter leichtem Druck oder auch unter Vermehrung des Kontaktes durch schüttelnde Bewegung, vermischt wird. Die Verflüssigung der Mischung erfolgt mehr oder weniger leicht bei gewöhnlicher Temperatur (10—20°), erheblich leichter und rascher in einer Digestionswärme von 25—35°. Von den Differenzen, welche sich bei diesem Verllüssigungsprozesse für die einzelnen Kampher- arten ergeben, möge hier nur insoweit die Rede sein, als speziell auf die sehr energische, schon bei gewöhnlichen Temperaturen relativ rasch erfolgende Veränderung des Aggregatzustandes bei der Mischung von Chloralhydrat mit Menthol, Laurus-Kampher, Borneol und Ngai-Kampher hingewiesen wird. In diesen Fällen entstehen vollkommen durchsichtige Liquida von öliger Konsistenz, während in den übrigen Fällen die Mischungen längere Zeit halbflüssig und trübe bleiben, um erst bei Temperaturerhöhung auf ca. 30° und Wiederabkühlung klar und flüssig zu werden oder überhaupt dauernd trübe zu bleiben.

In Bezug auf das Verhalten der Chloral-Stearoptenmischungen zu Wasser und anderen Lösungsmitteln weisen die entstehenden verflüssigten Gemenge in der Regel annähernd dieselben Eigen- schaften auf, wie solche schon von früheren Autoren für den Chloral- Kampher und das Chloral-Menthol (s. o.) erwähnt wurden, doch treten bei einzelnen Kampherarten Unterschiede zu Tage, deren

1) Bezüglich der Provenienz, sowie der physikal. chem. Eigen- schaften dieses und der vorgenannten Stearoptene vergl.u.a. Flückiger und Hanbury, Pharmakographia; Flückiger, pharm. Chem., terner E. Schmidt, Lehrb. d. pharm. Chemie.

12 Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat,

sorgfältige weitere Verfolgung wohl nicht ohne theoretisches Inter- esse sein dürfte.

Auch in anderer Richtung ist eine Analogie mit den bei Ver- mischung von Chloralhydrat und Lauruskampher bereits angedeuteten Erscheinungen bei jenen übrigen Gemengen zu bemerken. Wird nämlich die Quantität des einen oder anderen Bestandteils über das früher angegebene Verhältnis hinaus erhöht, so entsteht in gewissen Fällen bis zu gewissen Grenzen noch eine klar-flüssige Mischung; über diese Grenzen hinaus werden entweder trübe, flüssige Gemenge erhalten, welche zuweilen eine pulverige Ausscheidung zeigen, oder es bilden sich auch wohl halbflüssige, pastöse Massen, welche nach und nach eine dickliche Flüssigkeit vom Charakter des altbekannten Chloral-Kamphers absondern.

Bemerkenswert ist im weiteren auch die Thatsache, dafs die verfüssigten Gemische des Chloralhydrates mit den aufgeführten Stearoptenen farblos bleiben; einzig der Maticokampher nahm auch in den zur Verfügung stehenden, gut krystallisierten und anscheinend reinen Proben einige Zeit nach der Vermengung gelbbraune, zuletzt sogar sehr dunkelbraune Färbung an, was einigermafsen an die bei einigen anderen ätherischen Oelen, z. B. Mentha-Oelen, durch wasser- freies Chloral bewirkten Färbungen erinnert und auf eine intensivere chemische Einwirkung schliefsen lassen könnte.

Was das Verhalten des Chloralhydrates zu Phenol betrifft, so ist hier lediglich zu bemerken, dafs die leichte Verflüssigung dieser beiden Substanzen schon seit einer Reihe von Jahren bekannt und auch in neueren Pharmakopöen, wie z. B. in Pharm. helvetica III bereits in die Charakteristik des Chloralhydrates aufgenommen ist. Es tritt diese Verflüssigung des Chloral - Phenolgemenges naclı meinen Beobachtungen sowohl bei reinstem Theer-Phenol in losen Krystallen als bei synthetischem Phenol rasch und in derselben Weise ein, wenn entweder gleiche Gewichtsteile oder auch die den Molekulargewichten (94 und 165) entsprechenden Mengen beider Verbindungen durch leichtes Verreiben oder Schütteln gemischt werden.

Die beschriebene Einwirkung des Chloralhydrates auf Stearop- tene und Phenol legten es nahe, auch die bei Anwendung des Chloralalkoholates, sowie des s. Z. als Medikament eingeführten

Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat. 13

Butylchloralbydrates auftretenden Erscheinungen zu konstatieren, zu welchem Zwecke Versuchsreihen mit Laurus-Kampher, natürlichem und künstlichem Borneol, Menthol und Thymol angestellt wurden, und zwar in der Weise, dafs die den Molekulargewichten der ver- wendeten Stearoptene (150—156) entsprechenden Mengen (in Centi- grammen) mit den Molekulargewichtsmengen des Chloral-Alkoholates (193,5) und des Butylchloralhydrates (193,5) gemengt werden.

Hierbei ergab sich, dafs Chloralalkoholat mit Lauruskampher eine schnell flüssig und klar werdende Mischung bildet. Die Reak- tion tritt in diesem Falle so leicht ein, dafs kleinere Mengen (2—5 g) der beiden Substanzen, welche in besonderen Schälchen unter einer Exsikkatorglocke nebeneinander gestellt werden, schon durch den Kontakt des Dampfes mit den festen Krystallen nach relativ kurzer Zeit beiderseits Verflüssigung zeigen. In durchaus analoger Weise verhält sich das Menthol zu der Chloralverbindung, insofern auch hier nach der Mischung, namentlich wenn die Temperatur durch Eintauchen in lauwarmes Wasser leicht erhöht wird, sehr bald eine klare Flüssigkeit entsteht. Weniger rasch erfolgt dagegen die Ver- llüssigung mit natürlichem oder künstlichem Borneol, obwohl auch in diesem Falle nach längerem Kontakt der beiden Substanzen unter leichter Erwärmung eine durchsichtig-füssige Mischung entsteht.

Was das Verhalten des Thymols zu Chloralalkoholat betrifft, so ist die gegenseitige verflüssigende Wirkung eine merklich schwächere als bei den sonstigen Eigenschaften dieses Körpers zu erwarten wäre. Die Mischung bleibt bei gewöhnlicher Temperatur längere Zeit halbflüssig, d. h. breiig, um erst bei Erwärmung auf 300-350 ganz flüssig zu werden, wobei jedoch ein gewisser Teil des Gemenges sich nachträglich krystallinisch ausscheidet.

Wesentlich abweichend von der Wirkung des Chloralalkoholates ist diejenige des Butylchloralhydrates, insofern diese Substanz weder nit Lauruskampher noch mit Borneol, noch auch mit Thymol in irgend einem Grade Verflüssigung herbeiführt, was zu der Vermutung berechtigt, dafs sich die genannte Verbindung auch den weiteren oben angeführten Stearoptenen gegenüber indifferent verhalten dürfte. Unter den zum Versuche heigezogenen Kampherarten bewirkte einzig: das Menthol einen gewissen Grad von Verflüssigung, d. h. es nahm

14 Ed. Schär: Ueber Chloralbydrat.

die im Molekulargewichts-Verhältnis bereitete Mischung schon in der Kälte bleibend halbflüssige Konsistenz an.

Bemerkenswert ist endlich auch das Verhalten der beiden Chlorale za Phenol. Sowohl das Chloralalkoholat als das Butyl- chloralhydrat bewirkt relativ rasche Verflüssigung beigemengten reinsten krystallisierten Phenols, wobei im ersteren Falle ein voll- kommen flüssiges, farbloses und durchsichtiges Liquidum entsteht, während bei der zweiten Verbindung eine weilslich trübe, bei ge- linder Erwärmung sich merklich klärende Flüssigkeit gebildet wird. Man wird demnach die leichte und vollständige Verflüssigung der erwähnten drei Chloralverbindungen mit Phenol als eine besondere Eigentümlichkeit sowohl der ersteren Substanzen als auch des Monoxybenzols betrachten dürfen.

UI. Verhalten der Stearoptene unter sich.

Ueber die gegenseitige Verflüssigung von Stearoptenen sind im Laufe der letzten Jahre verschiedene Einzeibeobachtungen bekannt geworden, welche auf ein häufigeres Vorkommen dieser Erscheinung hindeuten. So hat u. A. schon im Jahre 1885 Flückiger!) an- läfslich der Frage der Verfälschung von Mentholstiften mit Thymol die Beobachtung mitgeteilt, dafs Menthol und Thymol, welche beide, wie schon erwähnt, die Eigenschaft der Verflüssigung mit Chloral- hydrat aufweisen, diese Erscheinung noch rascher zeigen, wenn sie zu gleichen Teilen, d. h. im ungefähren Verhältnis ihrer Molekular- gewichte (156 : 150) gemengt und leicht geschüttelt werden. Hierbei verändert zunächst das Menthol seinen Aggregatzustand, während das Thymol etwas langsamer zerfielst, falls nicht gröfsere Mengen des ersteren zugegeben werden. Später hat derselbe Autor in seiner „pharm. Chemie (Bd. II, p. 444 bei Thymol)?) gezeigt, dafs relativ kleine Zusätze von Thymol die Verflüssigung des Menthols herbei- führen.

1) Pharm. Zeitung 18385, No. 81. 2) An gleicher Stelle wird auch mitgeteilt, dafs getrennt auf- estellte Krystalle von Menthol und Thymol nach einiger Zeit durch gegenseitige Einwirkung ihrer Dämpfe ihre Form verändern und so- dann zu zerflie/sen beginnen, eine Erscheinung, die auch bei den von F. Steinfels angestellten Versuchen mit Lauruskampher und Chloral- ‚alkoholat beobachtet wurde und oben erwähnt ist.

Ed. Schär: Ueber Chlorallıydrat. 15

Es schien mir wünschenswert, das Verhalten einer etwas zrölseren Zahl teils offizineller, teils mit offizinellen ätherischen Oelen und Kamphern in nahen Beziehungen stehender Stearoptene kennen zu lernen, zu welchem Zwecke ich die schon oben angeführten, zu den Versuchen mit Chloralpräparaten verwendeten Kampherarten wählte, um das Verhalten derselben unter sich mit demjenigen zu Chloralhydrat und mit der noch zu erwähnenden Einwirkung auf Phenol vergleichen zu können.

Die Versuche wurden so ausgeführt, dafs ich in trockenen kleinen Cylindern je zwei der sorgfältig getrockneten Stearoptene zu gleichen Gewichtsteilen zunächst durch leichtes Schütteln oberflächlich mengte und sodann durch kurzes Umrühren mit einem Glasstäbchen etwas inniger vermischte. Die Versuche wurden für jedes einzelne Ge- misch unter etwas variierenden Bedingungen öfters wiederholt, wo- sei die obwaltenden Temperaturen zwischen 200°—-300 und die angewendeten Gewichtsmengen zwischen je 1 bis je 5 g schwankten. Die Ergebnisse dieser Versuchsreihen finden sich in nachstehender Tabelle, welche der Kürze halber an Stelle einer Aufzählung der Einzelversuche treten mag und im übrigen keiner weiteren Er- läuterung bedarf.

Wenn die hier tabellarisch zusammengestellten Resultate, welche bei der grofsen Zahl bekannt gewordener Stearoptene keineswegs auf Vollständigkeit Anspruch machen können, miteinander verglichen werden, so geht aus denselben zunächst hervor, dafs dem Menthol und ‚dem Thymolden anderen Kampherarten gegenüber das relativ intensivste Vermögen der Verflüssigung zukommt; in der That verhält sich nur Matico-Kampher gegen die beiden genannten Stearoptene indifierent, während alle übrigen Kampherarten in Kontakt mit Thymol und nahezu alle mit Menthol sich verfiüssigen. Am raschesten und stärksten macht sich die Veränderung des Aggregatzustandes geltend wenn Thymol und Menthol gemischt oder Lauruskampher mit dem einen oder anderen dieser Staroptene in Kontakt gebracht wird, wobei als bemerkenswert hervorgehoben werden soll, dafs Thymol und Menthol in manchen Fällen nicht nur gleiche Gewichtsteile, sondern auch erheblich gröfsere Mengen der beigemischten Kampher art, wenn auch nicht vollständig zu verflüssigen, doch zu weicher ‚oder halbflüssiger Konsistenz zu bringen vermögen.

Ueber Chloralbydrat.

Ed. Schär:

Laurus- | Barus-

Kampher| Kamphor

Bornool Dios-

Thymol (Kstl.)

phenol

x a sn m a en en nenn

Menthol

sehr rascheisehr raschelsebr er raschelkeine Verfl Ikeine Verflüssig. | Verflüssig. | Verflüssig. | Verflüssig.

Laurus-Kampheı keine Verfl.|keine Verfl.{sehr raschelkeine Verfl.|keine

intensive en AIRES FTE ö Verflüssig.

Matico-

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Kampher]Kampher

Verfl.| Verflüssig.

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Barus-Kampheı

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Borneool

keine Verf. (Kstl.)

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Verflüssig.

Thymol

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Vertlüssig.

Diosphenol

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Kampher, Borneol, Ngai-Kampher, Diosphenol und Matieo-Kampher,

Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat. 17

wobei die hier eingehaltene Reihenfolge zugleich der Tendenz dieser Stearoptene zur Verflüssigung mit anderen Kampherarten entspricht. Während z. B. Laurus-Kampher erwähntermalsen sich mit Thymol oder Menthol rasch vollständig verflüssigt, erfolgt diese Erscheinung unter gleichen Umständen bei dem Ngai-Kampher nur langsam oder unvollständig, und Matico-Kampher vermag mit keinem der übrigen, in dieser Abhandlung berücksichtigten Kampherarten flüssige Mischungen zu bilden.

Es bedarf kaum eines Hinweises darauf, dafs die mitgeteilten Beobachtungen, wie dieses schon von Flückiger hinsichtlich des Menthols und Thymols angedeutet wurde, dem praktischen Apotheker erwünschte Anhaltspunkte über die Möglichkeit, sowie über die Er- kennung von Verfälschungen gewisser Kampherarten durch ver- wandte andere Substanzen oder auch durch fremde Körper an die Hand geben, namentlich wenn in solchen Fällen gleichzeitig das Verhalten zu Chloralhydrat mit zu Rate gezogen wird.

UI. Verhalten der Stearoptene zu Phenol.

Das oben unter I besprochene Verhalten des Phenols zu Chloral- hydrat, welches u. A. auch in der neuesten Pharm. helv. III zur Charakterisierung des letztgenannten Präparates benützt worden ist, liefs es a priori wahrscheinlich erscheinen, dafs das Phenol im Kon- takt mit einzelnen Stearoptenen ein ähnliches Verhalten, d. h. eine mehr oder weniger weitgehende Verflüssigung zeigen werde, wie sie beim Vermischen verschiedener Kampherarten unter sich beobachtet und im Abschnitt II angegeben worden ist. Da andrerseits die ohne Zweifel nahe mit einander verwandten Stearoptene Laurus- kampher, Borneol und Ngaikampher, unter einander gemischt, die Erscheinung der Vertlüssigung nicht aufweisen, so lag die Ver- mutung nahe, dafs beispielsweise das in manchen Fällen energisch verflüssigende Thymol, welches dem Phenol chemisch so nahe steht, sich zu letzterem gleichfalls mehr oder weniger indifferent verhalten werde.

Es führte dies zu einer Reihe von Versuchen über die Ein- wirkung von Phenol (in den beiden Formen des Phenol. absolut. aus Theer und des Phenol. absolut. synthet.) auf die 4 Stearoptene,

welche das relativ stärkste Verflüssigungsvermögen, besonders mit Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bades. 1. Heft. 3

18 Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat.

Chloralhydrat und Alkoholat aufweisen, nämlich auf Thymol, Menthol, Lauruskampher und Borneol. Die betreffenden Beobachtungen er- gaben das Resultat, dafs das Phenol, wie es schon bei gewöhnlicher Temperatur oder bei leichtester Erwärmung auf ca. 250 mit den genannten beiden Chloralpräparaten nach kürzerem Kontakt flüssige Mischungen liefert, so auch bei sämtlichen eben aufgeführten Stea- roptenen unter diesen Bedingungen auffallend rasch durchsichtige oder halbdurchsichtige flüssige Gemenge bildet. Bei den hier in Frage kommenden Versuchen wurden Phenol und das jeweilen zu- gesetzte Stearopten im Verhältnisse der Molekulargewichte zusammen- gegeben: eine Abänderung dieses Verhältnisses bewirkt je nach Um- ständen Verlangsamung oder Beschleunigung des Verflüssigungs- prozesses und erhöht oder verringert die Durchsichtigkeit der sich bildenden flüssigen Mischung. Es scheint mir jedoch nicht geboten, an diesem Orte auf weitere diesbezügliche Detailbeobachtungen ein- zutreten; wohl aber mag die Bemerkung beigefügt werden, dafs die Erscheinung am augenfälligsten auftritt, wenn das Phenol in geeig- neter Weise mit Menthol oder Thymol vermischt wird.

Nachdem in vorstehenden Mitteilungen lediglich von der Ver- flüssigung der Mischungen genannter Substanzen die Rede gewesen ist, möge zum Schlusse noch einiger bei dieser Veränderung des Agsregatzustandes bemerkten Wärmeerscheinungen sowie gewisser die Löslichkeitsverhältnisse betreffender physikalischer Eigenschaften gedacht werden.

Aus naheliegenden Gründen physikalischer Natur, deren spezi- ellere Erörterung hier überflüssig erscheint, mufste erwartet werden, dals die Bildung halbflüssiger oder Hüssiger Mischungen bei der Vermengung der verschiedenen obengenannten Substanzen von mehr oder weniger erheblichen Temperatur-Erniedrigungen begleitet sein werde und dafs diese Erscheinung in den Fällen unmittelbar und deutlich nachweisbar sein müsse, in denen die Verflüssigung durch Mischung bei gewöhnlicher Temperatur eingeleitet und nicht durch leichte Wärmezufuhr von Aufsen beschleunigt wird. In der That ist schon wiederholt von verschiedenen Beobachtern, sowohl bei Ver- mischung von Chloralhydrat mit Kampherarten, als bei Kontakt von letzteren unter sich, z. B. von Menthol mit Thymol, Abkühlung konstatiert und in der Litteratur angegeben worden. Es schien mir

Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat. 19

wünschenswert, diese Verhältnisse bei den Versuchen mit den wich- tigsten Stearoptenen ebenfalls in Betracht zu ziehen, wobei sich einige Ergänzungen der bisher gelegentlich bekannt gewordenen Daten ergeben haben, welche vielleicht nicht ohne alles Interesse sind.

Die betreffenden Versuche wurden, da es sich bei dem kleineren Mafsstabe derselben nicht um erhebliche Temperaturveränderungen handeln konnte, selbstverständlich mit Utensilien und Materialien ausgeführt, welche, längere Zeit in dem Arbeitsraume stehend, dessen jeweilige Temperatur möglichst gleichmäfsig angenommen hatten. Zar Herstellung und Beobachtung der sich verflüssigenden Mischungen dienten kleinere, kurze Glascylinder von 25 bis 30 mm Weite, in welche jeweilen je 2 g der pulverisierten Substanzen gleichzeitig eingeschüttet, zuerst oberflächlich mittelst eines kleinen Glasstabes und sodann durch 1—2 Minuten lange leichte und langsame Rührbewegung mit dem Thermometer ge- mischt wurden. Die Mengen waren so bemessen, dafs nach der Verflüssigung die verwendeten kleinen, für Temperaturen von 0—50° justierten Thermometer mit der Quecksilberkugel und einem kürzeren Teile der Röhre innerhalb der verflüssigten Gemenge blieben.

Die mit dieser Anordnung angestellten Beobachtungen be- stätigten nicht allein einzelne schon vorhandene Angaben über Er- niedrigung der Temperatur bei den in Frage kommenden Ver- tlüssigungen, sondern zeigten, wie zu erwarten stand, dafs diese Er- seheinung eine mehr oder weniger durchgehende ist, wenn auch der Betrag der Abkühlung und deren Zeitdauer gewisse Differenzen auf- weisen. Speziell liefs sich die Temperatur-Erniedrigung in deutlicher Weise feststellen :

1. bei Chloralhydrat und Laurus-Kampher, Chloralhydrat und Menthol, Chloralhydrat und Phenol;

2. bei Chloralalkoholat und Laurus-Kampher, Alkoholat und Menthol, Alkoholat und Phenol;

3. bei Laurus-Kampher und Menthol, Laurus-Kampher und Thymol, Menthol und Thymol ;

4. bei Phenol und Menthol, Phenol und Thymol.

Was zunächst das Verhalten der Chloralpräparate betrifft, so wurde beim Vermischen von Chloralhydrat mit Laurus-Kampher die relativ geringste Abkühlung von 2—3°0 beobachtet, während bei An-

I

20 Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat.

wendung von Menthol die Erniedrigung der Temperatur zwischen 3—4° schwankt. Von gleichem Belange ist auch die Abkühlung bei Einwirkung des Chloralhydrates auf Phenol.

In noch auffälligerer Weise läfst sich die Temperaturerniedrigung bei Vermengung von Chloralalkoholat mit verschiedenen Stearoptenen bezw. Phenolen konstatieren. So tritt bei Mischung des genannten Präparates mit Phenol eine Abkühlung um 31/;—4° ein; bei Ein- wirkung auf Menthol beträgt dieselbe durchschnittlich 50 und noch gröfser, d. h. bis auf ansteigend ist dieselbe bei der Mischung des Chloralalkoholates mit Laurus-Kampher. Die beobachtete, etwas auftallende Erniedrigung der Temperatur, welche bei Vermischung des erwähnten Alkoholates mit verschiedenen Kampherarten eintritt, steht übrigens in vollem Einklange mit der bemerkenswerten Energie, mit welcher das Chloral-Alkoholat, in teilweiser Abweichung von dem Hydrate, die Verflüssigung von Stearoptenen und Phenol herbeiführt.

Innerhalb ähnlicher Grenzen, wie die Abkühlung bei den Mischungen der Chloralpräparate mit Stearoptenen, bewegt sich auch die Temperaturerniedrigung bei Vermischung der letzteren unter sich. So mag, um nur das Verhalten einiger pharmaceutisch besonders wichtiger Verbindungen ins Auge zu fassen, erwähnt werden, dafs die Abkühlung, welche durch Vermengung von Laurus- Kampher mit Menthol oder von Laurus-Kampher mit Thymol be- wirkt wird, nur auf 4—5° ansteigt, während dagegen bei Ein- wirkung von Tbymol auf Menthol die höchste bei diesen Versuchs- reihen konstatierte Abkühlung, nämlich eine solche von 10—11', zu beobachten ist.

Dieselbe Erscheinung tritt auch noch bei der hier zuletzt er- wähnten Vermischung von Phenol mit Stearoptenen auf, und zwar beträgt die Temperaturerniedrigung bei Vermischung von Phenol mit Menthol gleichfalls im Mittel 10%, während diejenige bei Kontakt von Phenol mit Thymol erheblich geringer ist und nur auf 4—50 an- steigt. - Nachdem bis jetzt nur von Abkühlungen die Rede war, die bei Berührung von Chloralpräparaten mit Phenol und mit Stearoptenen oder bei Vermengung der letzteren Substanzen unter sich eintreten, mu/s zum Schlusse auf eine unerwartete, für mich bis jetzt uner-

Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat. 21

klärliche Thatsache hingewiesen werden, welche zugleich eine War- nung vor den bei naturwissenschaftlichen Beobachtungen nicht selten beliebten aprioristischen Konstruktionen einschliefst.

Da das Thymol sowohl in Kontakt mit mehreren Kampherarten als mit Phenol Verflüssigung unter Temperatur-Erniedrigung bewirkt und da auch die letztgenannte, mit Thymol so nahe verwandte Ver- bindung bei der Vermischung mit Chloralpräparaten resp. Chloral- hydrat und Alkoholat unter Abkühlung sich verflüssigt (s. o.), so schien die Annahme berechtigt, dafs auch die Verflüssigung von Chloralhydrat und Thymol unter Abkühlung der Mischung vor sich gehen würde. Schon bei den vor ca. 5 Jahren angestellten Ver- suchen war jedoch das Gegenteil beobachtet worden, und ich fand damals, dafs die erwähnten beiden Substanzen, in Mengen von 1—2 g innig vermischt, zunächst weich und halbflüssig werden, dafs die Mischung sich hierbei um im Mittel erwärmt, um später bei etwas längerem Kontakt, rascher bei geringer Erwärmung, ganz flüssig zu werden.

Diese Erscheinung ist in der Zwischenzeit wiederholt bemerkt und auch neuestens bestätigt worden, und zwar ergaben auch diese neueren Versuche die gleiche schon im Jahre 1889 beobachtete durchschnittliche Temperatur-Erhöhung von 4°.

Es lag nunmehr nahe, auch das Chloralalkoholat hinsichtlich des Verhaltens zu Thymol zu prüfen, wobei sich unter gleichen Ver- suchsbedingungen fast genau dieselbe Erwärmung der Mischung um 40_—41/,0 zeigte. Diese abnorme Erscheinung, welche ich bis jetzt nur bei Kontakt der Chloralpräparate mit Thymol, dagegen bei keinem andern der in ziemlich grofser Zahl angestellten ander- weitigen Versuche beobachten konnte, liefs an die Möglichkeit denken, dafs die beim Vermischen der Substanzen aufgewendete mechanische Bewegung eine Fehlerquelle darstellen, mit andern Worten, dafs es sich bei Beobachtung einer Temperatur-Erhöhung um Reibungswärme handeln könnte. Letztere würde besonders leicht dann bemerkbar werden müssen, wenn das Thermometer selbst an Stelle eines Glasstabes oder anderer Utensilien als Rührapparat ver- wendet wird. Die angestellten Kontrollversuche bewiesen jedoch sofort, dafs wenn die verschiedenen zu den Versuchen dienenden Substanzen für sich allein in genau gleicher Weise und gleich

to 08

Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat.

alnge mit der 'Thermometerröhre umgerührt werden, wie die Sub- stanzgemenge bei den definitiven Versuchen, zwar wohl eine sehr geringe ablesbare Erwärmung eintrat, aber niemals höher als 1°, im Mittel 0,7—0,8° anstieg. Hieraus ergiebt sich, dafs die bei Ver- mengung der beiden Chloralpräparate mit Thymol auftretende Tempe- raturerhöhung immerhin auf mindestens 30 anzusetzen ist und im weiteren, dafs bei den Versuchen, bei denen Abkühlung beobachtet wurde, die Temperaturerniedrigung um ca. 10 bezw. um den Betrag höher zu bemessen wäre, welcher im einzelnen Falle durch die er- wähnte geringe Reibungswärme kompensiert wird.

Die Erwärmung der Mischungen von Chloralalkoholat oder -Hydrat und Thymol kann übrigens mehrmals nach einander beob- achtet werden, wenn lose Gemenge der beiden möglichst locker ge- pulverten Substanzen zeitweise mit dem Thermometer umgerührt werden, sodals Vermehrung des Kontaktes der Pulverteilchen erfolgt. In solchen Fällen pflegt die Verflüssigung nur sehr langsam vor sich zu gehen. Die ausnahmsweise Tempereratur - Erhöhung bei der Mischung der genannten Verbindungen, für welche ich vor der Hand noch keine Erklärung zu geben vermag, scheint immerhin darauf hinzudeuten, dafs es sich bei der gegenseitigen Einwirkung jener Stoffe nicht allein um physikalische, sondern auch um bestimmte chemische Wirkungen handelt, bei welchen chemische Energie als ‘Wärme frei wird und welche sonach zu den Zustandsveränderungen gehören, bei denen gewisse Atombewegungen aufgegeben werden.)

Scehliefslich soll noch auf eine charakteristische Eigentümlichkeit der flüssigen Mischungen von Ohloralhydrat und Kampher, wie auch von Thymol und Menthol, hingewiesen werden, welche auf deren Verhalten als Lösungsmittel Bezug hat. Schon durch die Versuche von Albright (s. o.) war bekannt, dafs das aus gleichen Teilen Kampher und Chloralhydrat gebildete ölige Gemisch beim Schütteln mit Wasser kaum merklich an Volumen abnimmt, sowie dafs aus einer Lösung des Choral-Kamphers in schwächerem Alkohol der erstere durch Wasserzusatz nahezu vollständig in ölartiger Form abgeschieden werden kann. Diese flüssige Mischung verhält sich sehr zahlreichen Substanzen gegenüber als Lösungsmittel; nament-

1) S u. a. Lothar Meyer's Grundzüge d. theor. Chemie, 2, Aufl. (1893) S. 155 uff.

Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat. 23

lich vermag dieselbe solche Stoffe in geringerem oder höherem Malse za lösen, welche auch in konzentrierten Lösungen des Chloral- hydrates in Wasser oder Alkohol löslich sind. Dazu sind u.a. viele Harze, organische Säuren, Alkaloide, Farbstoffe etc. zu zählen.

Zu den letztgenannten Substanzen gehört auch das Cyanin (auch Chinolinblau oder Jodeyanin genannt), welches nach seiner Auffindung und Einführung in die Technik vorübergehende Ver- wertung als Farbstoff fand, aber nach seinen physikalisch- chemischen Eigenschaften zu den interessantesten Verbindungen zu rechnen ist.

In einer an die Beobachtungen von C. F. Schönbein)) sich anschliefsenden Arbeit über chemische und physikalische Eigen- schaften des Cyanins?) babe ich s. Z. gezeigt, dals alle Lösungs- mittel, welche den Farbstoff Cyanin mit tiefblauer Farbe zu lösen vermögen, bei Zusatz zu den mit verdünnten Säuren entfärbten alkoholischen oder alkoholisch-wässerigen Uyaninlösungen eine Wieder- bläuung bewirken, vorausgesetzt, dals dieser Zusatz nicht zu gering bemessen wird. Es wurde ferner konstatiert, dafs unter diesen Cyanin Lösungsmitteln, von denen hier nur etwa Methyl-, Aethyl- und Amylalkohol, Aldehyd, Aceton, Aether, Chloroform, Glycerin, Bittermandelöl nebst anderen äther. Oelen erwähnt werden sollen, diejenigen Flüssigkeiten, welche in Wasser nur in beschränktem Mafse löslich sind (Aether, Amylalkohol, Chloroform) die Eigenschaft besitzen, beim Schütteln mit entfärbtem Cyanin-Wasser (Gemisch einer konzentrierteren alkoholischen Farbstofflösung mit dem 20- bis A0fachen Gewicht Wasser) unter starker Bläuung der aus dem Wasser sich abscheidenden Flüssigkeitsschicht der säurehaltigen farblosen Cyaninlösung einen geringeren oder grölseren Anteil des Farbstoffes zu entziehen, welcher mit allen seinen Eigenschaften in das zugeführte Lösungsmittel übergeht.

Es erfolgt dabei dieser Uebergang um so reichlicher, je schwächer die zur Entfärbung verwendete Säure und je geringer deren Menge war, wie denn auch durch die genannten Lösungsmittel dem blauen, säurefreien Cyaninwasser aller Farbstoff durch Aus- schütteln entzogen werden kann, Thatsachen, welche die Vermutung

1) Erdmann’s Journ. f. prakt. Chemie XCV, 385/464. 2) Wittstein’s V. J. S. f. prakt. Pharm. 1871, 1—24.

24 Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat.

nahelegen, dals es sich bei der Entfärbung der Oyaninlösungen durch verdünnte, selbst schwache Säuren, ähnlich wie bei der Bleichung von gewissen Pflanzenfarbstoffen durch schweflige oder hydroschweflige Säure, um die Entstehung lockerer Molekularver- bindungen handelt.

Der Umstand, dafs verschiedene flüssige ätherische Oele das Cyanin lösen und dafs dieser Farbstoff sich auch in einer kon- zentrierten wässerigen Chloralhydratlösung in merklicher Menge auf- löst, veranlafste eine Reihe von Beobachtungen über das Verhalten des Chloralkamphers, sowie einiger flüssiger Mischungen von Stearoptenen sowohl zu Cyaninwasser, als zu der durch Säure ent- färbten Cyaninlösung.

So zeigte sich, dafs die alkoholisch-wässerige Cyaninlösung (Cyanin-Wasser), welche !/, bis !/;, Proz. des Farbstoffs enthält, sowohl durch Schütteln mit fHüssigem Chloralhydrat-Kampher oder Chloralalkoholat - Kampher, als auch durch flüssige Stearopten- Mischungen, insbesondere durch das Menthol-Thymol nahezu voll- ständig entfärbt \verden kann, sodals das Cyanin bis auf Spuren, welche die wässerige Schicht kaum deutlich blau färben, in das ölige Ligquidum übergeht.

Dieselbe Erscheinung zeigt sich, wie vorauszusehen, auch dann, wenn entweder eine cyaninhaltige wässeri geChloralhydratlösung mit einer alkoholischen Kampherlösung oder aber eine wässerige Chloral- hydratlösung mit einer cyaninhaltigen alkoholischen Kampherlösung vermischt und sodann Wasser zugegeben und geschüttelt wird, während eine alkoholische Cyaninlösung mit überschüssigem Wasser unter Bildung eines tiefblau gefärbten Cyaninwassers mischbar ist.

Auffallender und im übrigen mit dem oben erwähnten Verhalten von Aether, Chloroform oder Amylalkohol übereinstimmend, ist die Einwirkung des Chloralkamphers und der flüssigen Stearopten- Mischungen auf entfärbtes, d. h. säurehaltiges Cyaninwasser. Wird beispielsweise das letztere mit 1/ı, bis "/, seines Volums Chloral- Kampher oder Menthol-Thymol versetzt und umgeschüttelt, so findet sogleich eine Blaufärbung der emulsionsartigen Mischung statt und nach kurzem Schütteln scheidet sich die Schicht der einen oder anderen ölartigen Flüssigkeit von der wässerigen Lösung mit mehr oder weniger tiefblauer Farbe ab, während ein gewisser, von den

Ed. Schär: Ueber Chloralhydrat. 25

Versuchsbedingungen abhängiger Teil des säurehaltigen Cyanins in der wässerigen Schicht gelöst bleibt, wie sich durch die schwächere oder stärkere Bläuung der letzteren bei Einwirkung von Alkalien deutlich nachweisen läfst.

Da in dem einen Falle, bei Chloralkampher, das spez. Gewicht über demjenigen des Wassers liegt (ca. 1,24 bei Mischung beider Substanzen in gleichen Gewichtsmengen oder 1,25 bei Anwendung der Mol.-Gewichte), im anderen Falle jedoch, bei Menthol mit Thymol, das flüssige Gemisch leichter als Wasser ist, so scheidet sich bei derartigen Versuchen mit entfärbtem Cyaninwasser die blaue ölartige Schicht bald unter, bald über der wässerigen Cyanin- lösung ab.

Im ersteren Falle entsteht, wenn die beiden Flüssigkeiten nicht zusammengeschüttelt, sondern einfach übereinander geschichtet werden, infolge der sofort eintretenden Diffusionswirkung, eine sehr deutliche Zonenfärbung an der Kontaktstelle, von der aus ein tiefblauer Ring sich allmählich über die ganze Chloralkampher- schicht ausbreitet; in analoger, wenn auch viel weniger auffälliger Weise, verhält sich z. B. eine auf dem entfärbten Cyaninwasser lagernde Menthol-Thymol-Schicht.

Es darf wohl darauf hingewiesen werden, dafs gerade diese Er- scheinungen sich recht gut zur Demonstration der Wirkungen der Diffusion, sowie der Dissociation von Molekularverbindungen eignen, sie sind überdies auch dazu angethan, die Aufmerksamkeit neuerdings auf die schon vor 25 Jahren in eingehender Weise beschriebenen eigentümlichen und theoretisch interessanten physikal.-chemischen Eigenschaften des Cyanins hinzulenken.

Mit dieser kleinen Abschweifung mögen die vorstehenden Beob- achtungen über Chloralpräparate, Phenole und Stearoptene für ein- mal abgeschlossen werden. Wenn dieselben auch in den ver- schiedensten Richtungen der Ergänzung und weitern Vertiefung bedürfen, so kann wenigstens zur Rechtfertigung ihrer Mitteilung der Versuch geltend gemacht werden, eine Anzahl typischer Er- scheinungen dem pharmaceutischen Interesse etwas näher zu rücken.

26 W. Autenrieth: Aromatische Aether u. POl,.

Ueber die Einwirkung von Phosphorpentachlorid auf aromatische Aether. Von Dr. W. Autenrieth. (Eingegangen den 6. Januar 1595.)

Das Phospherpentachlorid ist bekanntlich ein ausgezeichnetes Mittel, um in sauerstoffhaltigen Verbindungen Sauerstoff oder Hydroxyl durch Chlor zu ersetzen. Insbesondere die Reaktionen zwischen Phosphorpentachlorid und Alkoholen, Phenolen, Säuren, Aldehyden und Ketonen sind vielfach Gegenstand der Untersuchung gewesen, und gehören die- selben zu den wichtigsten und schon längst bekannten Prozessen der organischen Chemie. Es hat sich gezeigt, dafs das Phosphor- pentachlorid auf diese sauerstoffhaltigen Verbindungen stets so einwirkt, dafs organische Halogenderivate und Phosphor- oxychlorid entstehen. Die hierbei stattfindenden chemischen Vorgänge lassen sich durch folgende Gleichungen ausdrücken, wobei R einen Kohlenwasserstoffrest bedeuten soll:

I. R-OH + PC, =R--C1+HC1+POOCI], 7. R-07 7 + PCI, = R-CH CI, + POCI,

It. B>00 + PC,— E>CCl, + POO) IV. R-C0.OH + PC, =R-CO.Cl+POC,—+ HCl.

Auch mit anderen sauerstoffhaltigen Verbindungen tritt Phosphor- pentachlorid in gleicher Weise in Reaktion. Mit Säure- anhydriden liefert es Säurechloride und Phosphor- oxychlorid; aus Essigsäureanhydrid entsteht z.B., wie Ritter !) gefunden hat, Acetylchlorid :

Ho >0 + PC,=POC,+20,H,0.C1

In manchen Fällen wirkt Phosphorpentachlorid auf sauerstoff- haltige Substanzen als wasserabspaltendes Mittel; es führt z. B. Säureamide unter Wasserabspaltung in Nitrile über:

CH,—CO.NH, + PCl, = CH,—CN + POCL, +2 HCl

1) Ritter, Annalen der Chemie 95, 208.

W. Autenrieth: Aromatische Aether u. PO|,, 27

und manche Dicarbonsäuren, wie deAethylenbernstein- säure, in innere Säureanhydride: CH, -CO.OH CH,-CO_ | + POL, = | O+POC,+2HCI CH,—CO.OH CHz--C0/

Auch in diesen Fällen wird das Phosphorpentachlorid inOxycehlorid übergeführt.

Ueber die Einwirkung von Phosphorpentachlorid auf Nitro- und Sulfonsäurederivate liegen gleichfalls viele Versuche vor, welche ergeben haben, dafs in vielen Fällen die Nitro-, wie auch die Sulfonsäuregruppe leicht durch Chlor substituiert werden können unter gleichzeitiger Bildung von Phosphoroxy- chlorid. De Konink und Marquardt!) haben z. B. mit PC], «-Nitronaphtalin in «e-Chlornaphtalin verwandelt und Clöve°) hat aus Naphtalindisulfonsäuren mit PC], die entsprechenden Di- chlornaphtaline erhalten.

Ueber das Verhalten von Phosphorpentachlorid gegen Aether der aliphatischen Reihe liegen nur wenige Be- obachtungen vor. Beilstein bemerkt darüber in seinem „Hand- buch der organischen Chemie“, III. Auflage, I. Band, Seite 292: „Phosphorpentachlorid ist in der Kälte ohne Einwirkung auf Aether.“ Wie dasselbe in der Wärme auf Aether einwirkt, ist nicht an- gegeben. -— Bachmann’) hat aber aus Diäthylacetal und Methyi- äthylacetal also aus aliphatischen Aethern und PC], Mono- chloräther und Phosphoroxychlorid erhalten:

0C,H, 20 cl CH,.CH<oc: m? + POL, =POCh,+ CH. CH<Go,n, + a5 Cl Ferner wird nach Abeljanz*) 1,2 Dichloräther durch PC], in Aethylchlorid und Trichloräthan gespalten:

CH,0° ch a>0+PC, =POC, + &H,CI + %H,0); Obgleich kaum weitere Angaben über die Einwirkung von

Phosphorpentachlorid auf Aether in der Litteratur zu finden sind, so scheint doch die Ansicht der Chemiker allgemein dahin zu

1) Berichte der Deutschen chem. Ges. IX, 317 und 927.

2) Bulletin de la societ& chimique de Paris 26, 245.

3) Annalen der Chemie 218, 39.

4) Beilstein führt diese Angabe in seinem „Handbuch“ Seite 295 mit einem ? an.

28 W. Autenrieth: Aromatische Aether u. PC],.

gehen, dafs PC], die Aether so spalte, dafs Phosphoroxy- chlorid und Halogenalkyle entstehen. Anschütz be- merkt wenigstens in der neuesten Auflage der v. Richter’schen „Chemie der Kohlenstoffverbindungen.“ (Seite 138):

„Bei der Einwirkung von Phosphorpentachlorid zerfallen die Aether in Alkylchloride:

C,H | i Ca, >0+PC,=POC,+C,H,C1+CH,OL

Im Hinblick auf diese Verhältnisse war von vornherein anzu- nehmen, dafs Phosphorpentachlorid auf „gemischt-aromatische Aether“ (fett-aromatisch) analog einwirken würde, wie auf aliphatische, näm- lich unter Bildung von Phospkoroxychlorid, Halogen- alkyl und Halogenbenzol, z. B. auf Phenetol im Sinne folgender Gleichung:

C;3H,.0.0,H,+PCl,= C,H,C01-+- PO Cl +0C,H,C1.

Diese Annahme war umsomehr berechtigt, als nach den an- geführten Thatsachen Phosphorpentachlorid mit sauer- stoffhaltigen Verbindungen stets so reagiert, dalsesin Phoesphoroxychlorid verwandelt wird. Es schien da- her die Gesetzmälsigkeit zu bestehen, dafs das Phosphorpentachlorid leicht zwei Chloratome gegen ein Sauerstoffatom austausche und da- her mit allen sauerstoffhaltigen Substanzen in diesem Sinne reagiere.

Unter dieser Voraussetzung habe ich seinerzeit überschüssiges PC], auf m-Aethoxydioxychinoxalin

06,H

/N=C(08) GHZ IR

N=((0H)

einwirken lassen, in der Hoffnung, hierbei zu dem entsprechenden Trichlorchinoxalin zu gelangen. Versuche, die zu diesem Zwecke unter den verschiedenartigsten Bedingungen ausgeführt worden sind, haben aber ergeben, dafs hierbei stets ein Aethoxytrichlor- ehinoxalin sich bildet. Auf Grund dieser Beobachtung wurden die in der vorliegenden Arbeit beschriebenen Versuche mit ein- fachen Phenoläthern, mit $#-Naphtoläther und kompli- zierter zusammengesetzten Aethern der Chinoxalinreihe ausgeführt.

W. Autenrieth: Aromatische Aether u. PCI,, 29

Diese Untersuchungen haben bestimmt zu dem Resultate ge- führt, dafs Phosphorpentachlorid auf gemischt- aromatisch& Aether der Benzol-, Naphtalin- und Chinoxalinreihe stets chlorierend einwirkt, so dafsim Benzolkern chlorierte Aether neben Phos phortrichlorid und Chlorwasserstoff entstehen. Der dabei stattündende Prozels läfst sich in folgender Gleichung ausdrücken, wobei R ein Alkyl bedeuten soll:

GH;OR+POL=- GH, <ONr+POL,-+HOL

Henry?) hat seinerzeit PC], auf Anisol einwirken lassen und hierbei auch gefunden, dafs ein chlorierter Aether entsteht, und nicht Chlorbenzol, Aethylchlorid und Phosphoroxychlorid.

Die Einwirkung des Phosphorpentachlorids auf die aroma- tischen Aether erfolgt bei verhältnismäfsig niederen Temperaturen; die Reaktionen treten zwischen 30 und 70° ein, und zwar reagiert von den untersuchten Aethern der #-Naphtolmethyläther am leichtesten mit PC];,. Bringt man beide Substanzen in äqui- molekularen Mengen zusammen und erhitzt diese Mischung auf 30°, so findet eine ziemlich heftige Einwirkung statt: die Masse schmilzt unter reichlicher Chlorwasserstoffentwickelung zu einer dunkelrot gefärbten Flüssigkeit zusammen und zwischen 70—80° destilliert alles gebildete Phosphortrichlorid über.

Nach den vorliegenden Beobachtungen verlaufen diese Reaktionen niemals im Sinne der oben für die aliphatischen Aether ange- gebenen Gleichung, so dals eine Spaltung des Aethers eintritt und Phosphoroxychlorid sich bildet; auch wenn man einen bedeutenden Ueberschufs von PCl, anwendet, reagieren beide Stoffe, selbst bei höherer Temperatur, nur in dem angedeuteten Sinne. Ein Chinoxalinäther wurde bei einem Versuche mit viel überschüssigem Phosphorpentachlorid einige Zeit auf 180° erhitzt; es konnte hierbei eine Spaltung des Aethers nicht bewirkt werden; stets resul-

2) Berichte d. Deutsch. chem. Ges. DH. 710.

Nach Abschiufs der vorliegenden Arbeit kam mir diese kurze Mitteilung von Henry in die Hände. Da Henry über den Verlauf der Reaktion zwischen PC], und Anisol nichts näheres angiebt und auch über die Stellung des eingetretenen Chloratoms im Chloranisol keine Angaben macht, su lasse ich meine diesbezüglichen Versuche in dieser Arbeit kurz folgen.

30 W. Autenrieth: Aromatische Aether u. PC],.

tierte der monochlorierte Aether. Die aromatischen Aether sind somit gegen Phosphorpentachlorid bezüglich der Spaltung viel beständiger als die rein aliphatischen Aether. Die chlorierten Aether werden meist mit quantitativer Ausbeute erhalten. Das bei diesen Reaktionen gebildete Phosphortrichlorid wurde jeweils durch Siedepunktsbestimmung und durch den Nachweis der phosphorigen Säure, welche mit Wasser entsteht, als solches erkannt. Die phosphorige Säure wurde mit Quecksilberchlorid nachgewiesen. Das Chlor trat bei all’ den untersuchten Aethern in den Benzolkern und niemals in die Seitenkette; bei den einfachen Phenoläthern, Anisol und Phenetol, entstehen ausschlie(slich Parachlorderivate. Der Nachweis hiervon wurde durch Spaltung der chlorierten Aether mit konz. Salzsäure erbracht, wodurch p-Chlorphenol entstand. Zur Erkennung kleiner Mengen von p-Chlorphenol hat sich die Baumann- Schotten’sche Benzoylierungsmethode vorzüglich bewährt, indem das schön krystallisierende Benzoylderivat desselben leickt im reinen Zustande erhalten wird. Zum Vergleiche mit dem aus den chlorierten Phenoläthern erhaltenen Benzoylderivat wurden die in der Litteratur noch nicht verzeichneten Benzo&säureester des o- und p-Chlorphenols dargestellt, welche im Anhang dieser Arbeit beschrieben sind.

Bei dem #-Naphtolmethyläther tritt das Chloratom in die «e-Orthostellung zur Methoxylgruppe; dieser chlorierte Aether lieferte bei der Spaltung mit konz. Salzsäure dasjenige Monochlor- naphtol, welches Cleve!) und Zincke?) als a-Chlor-#Naphtol

= 1,2) erkannt haben.

Bemerkenswert ist, dafs bei den ausgeführten Reaktionen mit Phosphorpentachlorid niemals ein Dichlorderivat erhalten wurde, auch nicht, wenn man einen sehr zogen Ueberschufs von PÜ], auf den Aether einwirken liefs.

Das verschiedenartige Verhalten des Phosphorpentachlorids gegen aromatische Aether und gegen solche der aliphatischen Reihe, sowie gegen andere sauerstoffhaltige Substanzen findet ungezwungen seine Erklärung darin, dafs die Phenoläther, wie ja fast alle Benzol- derivate leicht chloriert werden und infolge dessen eine Zerlegung des Phosphorpentachlorids in Chlor und Phosphortrichlorid bewirken;

2) Berichte d. D. chem. Ges. XXI, 895. 2) Berichte d. D. chem. Ges. XXI, 3384.

W. Autenrieth: Aromatische Aether u. PÜl,. 3l

die betreffenden Reaktionstemperaturen liegen mehr als 1000 unterhalb der Dissoziationstemperatur des Phosphorpentachlorids (1600); es ist demnach die chlorierende Wirkung des Phosphorpenta- chlorids auf aromatische Aether nicht auf vorhergehende Dissoziation desselben durch Wärme und auf das hierbei frei werdende Chlor zurückzuführen. Hiermit ist freilich nicht erklärt, warum die Aetherbindung durch überschüssiges Phosphorpentachlorid selbst bei höherer Temperatur nicht gesprengt wird, obgleich doch anderer- seits die Phenoläther durch Salzsäure leichter gespalten werden, als die rein aliphatischen Aether.

Experimenteller Teil.

p-Chloranisol: GE <ocH,4

Trägt man Phosphorpentachlorid in Anisol, im Verhältnis gleicher Moleküle, so geht das erstere unter reichlicher Chlorwasserstoft- entwicklung mit roter Farbe gröfstenteils in Lösung; erhitzt man hierauf diese Mischung im Paraffinbade auf 70 bis 100%, so tritt ziemlich heftige Reaktion ein, und unter beständiger Entwicklung von HCl destilliert zwischen 75° und 90° Phosphortrichlorid über. Die Reaktion ist beendigt, wenn kein Phosphortrichlorid mehr übergeht. Giefst man jetzt den Destillationsrückstand in Wasser, so scheidet sich ein meist rötlich gefärbtes Oel aus, welches nach dem Trocknen über Chlorcaleium zum gröfsten Teil zwischen 195 und 1960 überdestilliert.. Die Analyse dieses Oels lieferte für ein Chloranisol übereinstimmende Werte. Die Ausbeute an Chloranisol ist nahezu quantitativ.

Analyse. I. 0,1426 g Substanz lieferten 0,3108 g CO, und 0,0652 g H,O, 1I. 0,255 g Substanz gaben 0,207 g AgCl.

Berechnet für: Gefunden: C.H-OC1 J. LI. C7=,58,94 59,30 H= 4% 5,07 GI=24,91 24,20

Das p-Chloranisol bildet ein farbloses Oel von aromatischem, nicht unangenehmem Geruche. Es ist in Wasser unlöslich, mit Alkohol, Aether und Chloroform in jedem Verhältnis mischbar. Es

32 W. Autenrieth: Aromatische Aether u. PCI,

-

siedet zwischen 195 bis 1960 nahezu unzersetzt und ist auch mit

Wasserdämpfen wenig flüchtig.

Stellungsnachweis des Chlors.

Um den sicheren Nachweis zu führen, ob bei der Einwirkung von PC], auf Anisol das Chlor in den Benzolkern oder in die Seiten- kette getreten war, wurde das erhaltene Oel durch Erhitzen mit konz. Salzsäure gespalten. Hierbei mufsten bei der ersten Annahme ein Chlorphenol und Methylchlorid, bei der letzteren Phenol und Methylenchlorid erhalten werden, wie aus folgenden Gleichungen zu

ersehen ist:

2 CHE ne Fre GER + CH, °C. IL. 0,4, 00,014 Hcl- 0,8, - OH CHR

Zum Zweck der Spaltung wurde das erhaltene Chloranisol mit konz. Salzsäure einige Stunden im geschlossenen Rohr auf 200° er- hitzt. Beim Oeffnen der Röhre entwich ein Gas, welches mit grün- licher Flamme verbrannte und sich dadurch als Methylchlorid zu erkennen gab. Der Röhreninhalt wurde in überschüssiger Natron- lauge aufgenommen, wobei sich geringe Mengen unveränderten Chlor- anisols abschieden; die davon getrennte wässerige alkalische Lösung wurde nach dem Uebersättigen mit Salzsäure der Destillation unter- worfen. Im Destillate, das stark den charakteristischen Geruch des p-Chlorphenols zeigte, schieden sich Oeltröpfchen aus. Da die Menge des Oels zu gering war, um durch Siedepunktbestimmung entscheiden zu können, welches Chlorphenol vorlag, so wurde das Destillat mit Natronlauge übersättigt und die entstandene klare Lösung mit Benzoylchlorid geschüttelt. Es resultierte hierbei ein Benzoylderivat, das nach dem Umkrystallisieren aus verdünntem Alkohol in perlmutterglänzenden Blättchen vom Schmelzpunkt 869 erhalten würde. Die Analyse dieser Substanz ergab, dafs eim benzoyliertes Chlorphenol vorlag und der Vergleich mit dem aus reinem p-Chlorphenol dargestellten Benzoylderivat (vergl. Anhang) lieferte den Beweis, dafs es das Paraderivat war. Durch diesen Spaltungsversuch mit konz. Salzsäure ist somit der un- zweideutige Nachweis erbracht, dafs das aus Anisol und PÜ], er- haltene Chlorderivat das Para-Chloranisol darstellt. Die Methoxy-

W. Autenrieth: Aromatische Aether u. PCI,. 33

gruppe orientiert somit das Chlor nur zur Parastellung; die gleich- zeitige Bildung des Orthoderivates wurde nicht beobachtet. Die Analyse des Benzoylderivates des aus dem Chloranisol er- haltenen Chlorphenols lieferte folgende Werte: 0,1559 g Substanz gaben 0,3852 g CO, und 0,0575 g H,O. Berechnet für: Gefunden:

HK Q(c0 C,H,) C = 67,09 67,38 ER —:3,88 4,09.

Das p-Chloranisol wurde zuerst von Beilstein und Kur- batow!) durch Methylieren von p-Chlorphenol dargestellt. Die- selben geben als Siedepunkt des p-Chloranisols 198 bis 2020 an, während mein Chlorderivat konstant bei 195 bis 196° überdestillierte. Wegen dieser Differenz habe ich den obigen Spaltungsversuch mit Salzsäure ausgeführt.

p-Chlorphenetol: Ba r

Phosphorpentachlorid wirkt auf Phenetol in gleicher Weise ein, wie auf Anisol; es entsteht ein Monochlorphenetol, welches durch einen Spaltungsversuch mit konz. Salzsäure und durch den Vergleich mit dem durch Aethylieren von p-Chlorphenol erhaltenen Derivat als p-Chlorphenetol erkannt worden ist. Die Temperatur der Reaktion zwischen Phenetol und PC], liegt zwischen 40 und 80°. Aus dem Reaktionsprodukte wurde das p-Chlorphenetol nach dem bei Chlor- anisol angegebenen Verfahren gewonnen. Der von 210 bis 215% überdestillierende Teil, ein farbloses Oel, bestand aus reinem p-Chlor- phenetol. Die Analyse dieses Oels lieferte folgende Werte:

1. 0,1278 g Substanz lieferten 0,29 g CO, und 0,0687 g H,0, U. 0,2192 g Substanz gaben 0,2024 g AgCl.

Berechnet für: Getunden: C;H,0Cl I. II. ee: 61,80 EN 35,05 5,99 Cl = 22,68 22,80

Das p-Chlorphenetol bildet ein farbloses, dickes Oel von intensiv- aromatischem, nicht unangenehmem Geruche. Es destillierte zwischen 212—215° über und ist mit Wasserdämpfen wenig flüchtig.

2) Annal, der Chem. 176, 30 Arch, d. Pharm. XXCCCII. Bäs. 1. Heft.

n

34 W. Autenrieth: Aromatische Asther u. PC],.

«-Chlor-3#-Naphtolmethyläther. (Ul=10CH, = 2.)

, N FEN

i 3

ie 8: Dee. Ds 00m, ci

Von den in den Kreis der Untersuchung gezogenen aromatischen Aethern reagiert der #- Naphtolmethyläther am leichtesten mit Phos- phorpentachlorid. Beide Stoffe wirken schon bei 300 auf einander ein. Zur Gewinnung des chlorierten Aetbers giefst man das noch Hüssige Reaktionsprodukt in viel Wasser, wobei es sofort zu einer blättrig-krystallinischen Masse erstarrt. Ein einmaliges Umkrystalli- sieren aus Alkohol genügt, um den Chlornaphtoläther völlig rein zu

erhalten. Ausbeute quantitativ. Analyse: I. 0,1968 g Substanz lieferten 0,4948 g CO, und 0,0842 g H.0, II. 0,1520 g Substanz gaben 0,1109 g AgCl.

Berechnet für: Gefunden: Cı,00: % 18L © = 68,56 68,59 H= 467 4,75 Gl = 18,37 18,17

Der «-Chlor-#-Naphtolmethyläther krystallisiert aus Alkohol in weilsen, perlmutterglänzenden Blättchen, die einen betäubenden Geruch haben. Der Aether ist in Wasser unlöslich, in den organi- schen Lösungsmitteln ziemlich leicht löslich und schmilzt bei 78%.

e-Chlor-#-Naphtol. (A=1 0H=3,) 6 | 3!

—0H1

U OH HE

\8 N 1 ä

cu Nach der Theorie müssen 7 Monochlor-2-Naphtole existieren, von welchen bis jetzt 4 dargestellt und in der Litteratur verzeichnet sind, nämlich das (2,1), (2,5), (2,6) und (2,8) Monochlor-(2)-naphtol.

W. Autenrioth: Aromatische Aether u. P Cl,. 35

Um zu entscheiden, ob »ei der Einwirkung von Phosphorpenta- chlorid auf den #-Naphtolmethyläther das Chloratom in die Seiten- kette oder in den Naphtalinkern eingetreten war und ob dann, falls letztere Annahme richtig ist, der dargestellte Chlornaphtoläther auf eines der bekannten Chlornaphtole zurückzuführen wäre, wurde die Spaltung mit konz. Salzsäure ausgeführt. Zur vollständigen Spaltung des Chlornaphtolmethyläthers war hierbei ein längeres Erhitzen im geschlossenen Rohre auf 200—250° notwendig. Beim Oeffnen der Röhre entwich ein Gas, das mit grünlicher Flamme verbrannte und sich hiernach als Methylchlorid zu erkennen gab. Zur Isolierung des Chlornaphtols wurde der Röhreninhalt mit überschüssiger Natronlauge ausgekocht, unverändert gebliebener Aether abültriert und das Filtrat mit verdünnter Salzsäure übersättigt. Das hierbei als weilser Niederschlag gefällte Chlornaphtol wurde entweder durch Umkrystalli- sieren aus Wasser oder Petroläther, oder durch Destillation mit Wasserdämpfen gereinigt.

Analyse: I. 0,1607 g Substanz lieferten 0,3926 g CO, und 0,0653 g H,O. II. 0,21 g Substanz gaben 0,1632 g Ag Cl.

Berechnet für: Gefunden: C.uH,00: 1% IT, C = 67,22 66,65 H=:33 4,35 Cl = 19,88 19,22

Das 1-Chlor-2-Naphtol krystallisiert aus Wasser in glänzenden, Yarblosen Blättchen und Nadeln, die beim Trocknen an der Luft oder im Exsiccator ihren Glanz vollständig verlieren. Es scheint somit, dafs das frisch krystallisierte Chlornaphtol Krystallwasser ent- hält, das schon beim Liegen an der Luft allmählich entweicht; es konnte aus diesem Grunde eine Wasserbestimmung nicht ausgeführt werden. Aus Petroläther krystallisiertt das Monochlornaphtol in schön ausgebildeten Prismen. Es zeigt einen aromatischen, nicht unangenehmen Geruch, ist ziemlich flüchtig und sublimiert beim Erhitzen unzersetzt; der Schmelzpunkt liegt bei 70%. Das Chlor- naphtol giebt mit Kali- und Natronlauge violett fluorescierende Lösungen. Auch in kalter Sodalösung ist es leicht löslich.

56 W. Autenrieth: Aromatische Aether u. PC],.

e-Chlor-Benzoösäure£-naphtolester. ee Zur näheren Charakterisierung des 1-Chlor-2-Naphtols und haupt- sächlich zum besseren Vergleiche mit dem von Zincke und Cleve beschriebenen Chlornaphtols wurde das Benzoylderivat dargestellt. Dieses wird leicht durch Benzoylierung des Chlornaphtols nach der Baumann-Schotten’schen Methode in nahezu berechneter

Menge erhalten.

Analyse: I. 0,1452 g Substanz lieferten 0,3818 g CO, und 0,0498 g H,O IT. 0,1192 g 5 . 0,0558 g Ag Ci Berechnet für Gefunden: C,H4 0901: I. I. A AN 71,71 HH, —,' 3,90 3.81 _ er Mal 11,72

Das Benzoylderivat des Chlornaphtols krystallisiert aus Alkohol in glänzenden, schön ausgebildeten Blättchen, die in Alkohol und Aether ziemlich leicht löslich sind und bei 101° schmelzen.

Stellungsnachweis des Chlors im Chlor-

2-Naphtol.

Von den in der Litteratur beschriebenen Monochlor-2-Naphtolen schmilzt das von Cl&ve!) und Zincke?) dargestellte Derivat bei 70—710. Es lag daher nahe, dafs dieses mit dem von mir dar- gestellten Chlor-2-Naphtol identisch wäre. Zum besseren Vergleiche wurde das 1-Chlor-2-Naphtol nach der Vorschrift von Zincke dar- gestellt.

Es wurde in die Auflösung des #-Naphtols in Eisessig die be- rechnete Menge Chlor unter Abkühlen eingeleitet, dann zur Reduktion von gleichzeitig gebildetem Dichlorketohydronaphtalin mit über- schüssigem Zinnchlorür versetzt. Diese Flüssigkeit wurde nach einigem Stehen in viel Wasser gegossen, wobei sich das 1-Chlor- 2-Naphtol in feinen Krystallnadeln abschied. Die noch stark zinn- haltigen Krystalle wurden mit verdünnter Salzsäure so lange digeriert und ausgewaschen, bis in der abfiltrierten Flüssigkeit mit Schwefel- wasserstoff kein Zinn mehr nachweisbar war. Zur weiteren Rei-

1) Berichte d. d. chem. Ges. XXI, 89. 2) Berichte d. d. chem. Ges. XXI, 3534.

W. Autenrieth: Aromatische Aether u. PCI,. 37

nigung wurde ein Teil der Krystalle mit Wasserdämpfen abdestilliert und ein zweiter Teil aus Petroläther umkrystallisiert. Das so ge- reinigte Chlornaphtol zeigte den von Zincke angegebenen Schmelr- punkt 70°; die Krystalle hatten dasselbe Aussehen, wie diejenigen des mit Hilfe der Phosphorpentachloridreaktion erhaltenen Chlor- naphtols und gaben auch mit den Alkalien fluoreszierende Lösungen. Ein Teil des Zincke’schen Chlornaphtols wurde durch Schütteln mit Benzoylchlorid und überschüssiger Natronlauge in das Benzoylderivat übergeführt, welches nach dem Umkrystallisieren aus Alkohol in farblosen, glänzenden Blättchen vom Schmelzpunkt 101° erhalten wurde. Ein weiterer Teil wurde methyliert, indem die methyl- alkoholische Lösung des Chlornaphtols mit der berechneten Menge Aetznatron und Methyljodid unter Rückflufs einige Stunden erhitzt wurde. Die Methylierung verlief hierbei glatt und vollständig. Der Methyläther schied sich beim Eingiefsen des Reaktionsproduktes in Wasser in Krystallen ab, die nach dem Umkrystallisieren aus Al- kohol glänzende Blättchen vom Schmelzpunkt 68° darstellten.

Durch diese Versuche ist in unzweideutiger Weise bestimmt nach- gewiesen, dals die beidenin Frage kommenden Mono- ehlornaphtole identisch sind; die Identität stützt sich auf folgende Thatsachen :

1. Beide Chlornaphtole schmelzen bei 70° und geben mit Al- kalien fuoreszierende Lösungen.

2. Die Benzoylderivate beider Chlornaphtole krystallisieren im glänzenden Blättchen, die scharf bei 101° schmelzen.

3. Der aus dem Zincke’schen Chlornaphtol dargestellte Methyläther ist mit dem aus #-Naphtolmethyläther und Phosphor- pentachlorid erhaltenen Derivat identisch; beide Aether schmelzen bei 680,

Cleve und Zincke (l. ce.) haben durch Ueberführen ihres Ohlornaphtols in das 1-, 2-Dichlornaphtalin mit PC]; den sichern Nachweis erbracht, dafs ihr Derivat das 1-Chlor-2-Naphtol ist. Aus dem Vorhergehenden ist somit zu ersehen, dafs bei dem #Naphtolmethyläther die Methoxylgruppe das Chlor zur «-Ortho- stellung orientiert, abweichend von den einfachen Phenoläthern. Dieses verschiedene Verhalten des 3-Naphtoläthers ist auf jeden Fall dadurch bedingt, dafs dieser Aether in demjenigen Benzol-

38 W. Autenrieth: Aromatische Aether u. PCI,.

kerne, welcher die Asthergruppe Ent eine freie Parastellung nicht mehr enthält: RR

) 2

—OR % OC, H, / ‚N=cc Aethoxytrichlorchinoxalin: CB, & | \\W=CC Nc1

Das m-Aethoxy-o-phenylendiamin kondensiert sich mit Oxal- säure, wie Autenrieth und Hinsber g!) gezeigt haben, leicht zu dem Aethoxydioxychinoxalin :

9% H; co. OH ! 9% H, NINE, ni ® = (C(0H)

Wird dieses Chinoxalin mit überschüssigem PC], (1 Mol. Chin. : 3 Mol. PC],) im Paraffinbade zusammengeschmolzen, so werden nicht nur die Hydroxylgruppen durch Chlor ersetzt, sondern es erfolgt auch gleichzeitig eine Substitution von Wasserstoff durch Chlor im Benzolkern unter Bildung von Aethoxytrichlor- chinoxalin. Durch öfteres Umkrystallisieren des meist braun gefärbten Reaktionsproduktes aus Alkohol wird das Chinoxalin im reinen Zustande erhalten. Die Analyse desselben lieferte für ein Aethoxytrichlorchinoxalin genau übereinstimmende Werte.

I. 0,1615 g Substanz gaben 0,258 g CO, und 0,045 g H;0. Il. 0,1055 g Substanz lieferten 0.164 g AgCl.

Berechnet für: Gefunden: C,H,N,0Cl, TE 1. 055 743.35 43,56 IH 2:50 3,09 Ci = 38,37 38,44.

Das Aethoxytrichlorchinoxalin krystallisiert aus Alkohol in feinen, seidenglänzenden Nädelchen, die auch nach öfterem Umkrystallisieren einen Stich ins Gelbliche behalten. Es ist in Wasser unlöslich, in Alkohol, Aether und Chloroform ziemlich leicht löslich und schmilzt bei 144°. Konz. Schwefelsäure löst das Chinoxalin mit gelbroter

I) Dieses Archiv 29, Heft 6.

W. Autenrieth: Aromatische Aether u. P C],. 39

Farbe auf; durch Wasser wird es aus dieser Lösung als gelblich- weilser Niederschlag wieder ausgefällt.

A o Blukenä BR A a ie xytrich orchınoxalın: (sg rar \

Su 5 0

Bei der Einwirkung von Phosphorpentachlorid auf das Aethoxy- dioxychinoxalin wurden zunächst die beiden Hydroxyle durch Chlor substituiert. Um zu bestimmen, wo das 3. Chloratom eingetreten war, ob in den Benzolkern oder in die Aethylgruppe, wurde der Chinoxalinäther in gleicher Weise, wie die schon beschriebenen ehlorierten Aether mit konz. Salzsäure gespalten. Hierbei mulste entweder Oxytrichlorchinoxalin und Aethylchlorid oder Oxydichlor- chinoxalin und Dichloräthan entstehen, wie folgende Gleichungen veranschaulichen :

9%; yo

ren N ,mazoufl Tıomu

© ON N 1 = \ |

6 \n=ca NN bc +6H;

Nc1 0C,H,Cl oH

Hd. GE, -N CO ı pa=c,H, N = CU, 08,01, N=-(Ca N-Col

Der Versuch mit Salzsäure hat ergeben, dafs hierbei Aethyl- ehlorid und Oxytrichlorchinoxalin als Spaltungsprodukte des Aethers sich bilden. Beim Oeffnen der Druckröhre entwich ein Gas, das mit grüner Flamme verbrannte und sich dadurch als Aethylchlorid zu erkennen gab. Der Röhreninhalt wurde zur Isolierung des gebildeten Oxychinoxalins in Natronlauge aufgenommen und hieraus mit ver- dünnter Salzsäure das Phenol als gelblicher Niederschlag getällt. Die Ausbeute an Oxytrichlorchinoxalin war immer eine sehr geringe, da bei der Reaktion mit konz. Salzsäure, zumal bei stärkerem Er- hitzen, weitergehende Zersetzungen des Aethoxyderivates eintraten. Während bei 140 bis 150° der Aether nicht gespalten wird, erhält man beim Erhitzen auf 2400 so gut wie kein Phenol mehr; es bilden sich hierbei stark braun gefärbte, amorphe, alkalilösliche Substanzen. Die Analyse des erhaltenen Phenols liefs erkennen, dafs in der That das Oxytrichlorchinoxalin vorlag.

40 W. Autenrieth: Aromatische Aether u. PC],.

0.2248 g Substanz gaben bei 150C und einem Barometerstand von 745 mm 23,3 ccm Stickstoff = 11,68 Proz. N.

Berechnet für: Gefunden: C,;H;N,OCl, NZ 21052 11,55 Cl = 42,68 43,21

Das Oxydichlorchinoxalin enthält dagegen 13,02 Proz- N. und nur 33,02 Proz. Chlor.

Das Oxytrichlorchinoxalin ist in Wasser, Alkohol, Aether, Chloroform und Eisessig nahezu unlöslich ; von den fixen Alkalien, von Ammoniak und von heifser Sodalösung wird es mit intensiv gelber Farbe zu den entsprechenden Salzen gelöst. In ver- dünnten Säuren ist es unlöslich, wird jedoch von konz. Salzsäure und Schwefelsäure mit geiber Farbe aufgelöst. Das Oxytrichlor- chinozalin hat also neben dem ausgesprochen sauren Charakter noch die Eigenschaften einer sehr schwachen Base. Durch den Eintritt von 3 Chloratomen in das Molekül des p-Oxychinoxalins?) ist der basische Charakter der Chinoxalingruppe beinahe aufgehoben; während das p-Oxychinoxalin mit verdünnten Säuren Salzbildung eingeht, ist das Trichlorderivat nur noch in konz. Mineralsäuren löslich.

Anhang. Das Benzoylchlorid bei Gegenwart von über- schüssiger Natronlauge d. h. die Benzoylierung nach Bau- mann-Schotten hat sich in sehr vielen Fällen als ein vor- zügliches Reagenz auf Alkohole, Phenole, primäre und sekundäre Amine erwiesen. Hierbei wird der typische Wasserstoff der Hydroxyl-, Amid-, bez. Imidgruppe durch Benzoyl (C, H, CO) ersetzt. Die resultierenden Benzoylderivate sind meistens in Wasser unlösliche und aus Alkohol krystallisierbare Substanzen. Die Benzoylierungsmethode eignet sich daher sehr gut, um kleine Mengen von Phenolen und Aminbasen nachzuweisen. E. Baumann und Udränszky?°) haben z. B. mit Hilfe der Benzoylierungs- methode die im Allgemeinen schwer isolierbaren Diamine, Cadaverin und Putrescin aus Faeces und Harn einesan Cystinurieleidenden Patienten leicht abscheiden und näher charakterisieren können. Auch Phenole lassen sich leicht benzoylieren: z. B. steht der Nachweis der Karbolsäure

1) Berichte d. deutschen chem. Ges. XXV, 495. 2) Zeitschrift für physiologische Chemie XIH, 562.

W. Autenrieth: Aromatische Aether u. PC|,. 4

durch Benzoylierung an Empfindlichkeit der Reaktion mit Bromwasser wenig nach. In dieser Hinsicht ausgeführte Versuche haben ergeben, dafs man im Destillate eines jeden normalen, mit Salzsäure an- gesäuerten menschlichen Harns geringe Mengen von Phenolen durch Benzoylierung nachweisen kann. Im Hinblick hierauf habe ich die Benzoylierung auf die Chlorphenole angewandt, um das bei der Spaltung des Chloranisols und Chlorphenetols erhaltene Chlorphenol näher eharakterisieren zu können. Es schien mir dies umsomehr geboten, als bei der Spaltung genannter Aether immer nur sehr geringe Mengen von Chlorphenol erhalten wurden, so dafs eine Siedepunktsbestimmung kaum ausgeführt werden konnte: zudem liegen die Siedepunkte der 3 Chlorphenole ziemlich nahe beisammen. Der Versuch hat nun ge- zeigt, dafs die Benzoylierung auch in diesem Falle vorzügliche Dienste leistet; man kann die kleinsten Mengen von p-Chlorphenol durch Benzoylierung nachweisen. Benzoäösäure-p-Chlorphenylester: Ga ee) Fi entsteht in berechneter Menge beim Schüttein der Lösung von p-Chlor- phenol in überschüssiger Natronlauge mit Benzoylchlorid. Das ab- geschiedene Benzoylderivat wird durch Umkrystallisieren aus Alkohol rein erhalten. 1. 0,1559 g Substanz lieferten 0,3852 g CO, und 0,0575 g H,O. II. 0,215 g Substanz gaben 0,1334 & AgCi.

Berechnet für Gefunden C,H,0; 01 % 11. C = 67,09 67,38 H= 3,87 4,09 Cl= 15,26 15,02.

Der Benzoösäure-p-Chlorphenylester krystallisiert aus Alkohol m farblosen, perlmutterglänzenden Blättchen, die bei 86° schmelzen. Der Ester ist in Wasser unlöslick, in Alkohol und Aether ziemlich leicht löslich.

Benzo&säure-o-Chlorphenylester: C,H,< "uk I

wird durch Benzoylierung von o-Chlorphenol mit quantitativer Aus- beute erhalten. Durch fraktionierte Destillation des Reaktions- produktes wird der Ester rein erhalten; der zwischen 314 bis 3169 überdestillierende Teil besteht aus reinem Benzoäsäure-o-chlor- phenpylester.

42 W. Autenrieth: Aromatische Acther u. PC]..

Analyse. 0,2174 g Substanz lieferten 0,5433 g CO, und 0,0826 g H,O. Berechnet für Gefunden: C,3H30; Cl er =467,09 67,99 re) 4,27.

Dieses Benzoylderivat stellt ein farbloses, das Licht stark brechendes Oel dar, welches auch in einer Kältemischung nicht zum Erstarren gebracht werden konnte. Es siedet zwischen 314 bis 316° fast unzersetzt.

Da das Chlorphenol, welches bei der Spaltung von Chloranisol und Ühlorphenetol entsteht, durch die Benzoylverbindung bestimmt als p-Chlorphenol erkannt worden war, so wurde die Benzoylierung

des schwerer erhältlichen m-Chlorphenols unterlassen. _OS0,0,H; 1. "Cl 4. O0. Hinsberg!) hat in sehr glücklicher Weise die Bau- mann-Schotten’sche Benzoylierungsmethode auf das Säure-

chlorid der Benzolsulfonsäure, C;,H,SO, . Cl ausgedehnt und gefunden,

Benzolsulfonsäure-p-Chlorphenylester: C,H,

dafs hierdurch in Phenolen, primären und sekundären Aminbasen der typische Wasserstoff leicht durch die Phenylsulfongruppe (C,H,SO,) ersetzt werden kann. Ich habe diese Reaktion mit dem p-Chlorphenol ausgeführt. Das p-Chlorphenol wurde in über- schüssiger Natronlauge gelöst, die Lösung zum Sieden erhitzt und unter Umschütteln allmählich die berechnete Menge Benzolsulfo- chlorid eingetragen; hierbei schied sich der Benzolsulfonsäure- p-Chlorphenylester als farbloses Oel ab.

Analyse: 0,1842 & Substanz gaben 0,3604 g CO, und 0,0613 g H30. Berechnet für Gefunden CaH,C1S0, C = 53,63 53,36 EL: 35 3.69

Der Benzolsulfonsäure-p-Chlorphenylester bildet ein farb- und geruchloses, dickes Oel, das auch bei niederen Temperaturen nicht erstarrt. Es ist in Wasser uniöslich, mit Alkohol und Aether aber in jedem Verhältnis mischbar.

Freiburg i. Brg., Dezember 1894.

Chemisches Univ.-Laboratorium (med. Fak.).

3) Berichte d. D. chem. Ges. XXIIL, 475.

W. Autenrieth: Ueber einen neuen Indikator. 43

Ueber einen neuen Indikator. Von Dr. W. Autenrieth.

(Eingegangen den 6. Januar 1895).

In der vorliegenden Arbeit ist ein mit Hilfe der Phosphor- pentachloridreaktion !) erhaltenes Chinoxalinderivat be- schrieben, welches als Indikator bei alkali- und acidimetrischen Be- stimmungen Verwendung finden kann. Diesem Chinoxalin wurde der Name „Luteol“ beigelegt, weil es ein Phenol ist und sich mit Alkalien intensiv gelb färbt.

Aethoxychlordiphenylchinoxalin:

73= 0-6) = == IR a4 N C (0, 5)

Erhitzt man die Mischung der alkoholischen Lösungen von m-Aethoxyphenylendiamin und Benzil zum Sieden, so bildet sich ein reichlicher krystallinischer Niederschlag von Aethoxydipheny!- chinoxalin:

/9%8, CO.0H, Re co .Cg H, N RN (C, H-)

das durch Uinkrysialliäieren aus Alkohol in feinen, schwach gelblich gefärbten Nädelchen vom Schmelzpunkt 150° gewonnen wird.

Wird dieses Chinoxalin mit Phosphorpentachlorid, im Verhältnis gleicher Moleküle, im Paraffinbade erhitzt, so tritt zwischen 70—90 Reaktion ein, die Masse schmilzt zusammen und unter reichlicher Chlorwasserstoffentwicklung destilliert Phosphortrichlorid über. Geht von letzterem nichts mehr über, so krystallisiert man den meist stark braun gefärbten Destillationsrückstand aus Alkohol um. Ein zwei- maliges Umkrystallisieren genügt, um das chlorierte Chinoxalin rein zu erhalten; dieses wird hierbei in nahezu berechneter Menge ge- wonnen.

Analyse. I. 0,1733 g Substanz lieferten 0,469 g CO, und 0,0799 g H,O.

II. 0,1899 g Substanz lieferten bei 26° C. und einem Barometer- stand von 741,5 mm 13,4 ccm N.

III. 0,1822 g Substanz gaben 0,0743 g AgCl.

1) Vergl. vorhergehende Abhandlung.

44 W. Autenrieth: Ueber einen neuen Indikator.

Berechnet für Gefunden:

03 Hr, N,0OC1: IR LI. TER 633 73,98 —_ H= 47 5,12 ar Be N= 7,76 7,61 _- elI=! 9,84 10,07

Das Aethoxychlordiphenylchinoxalin krystallisiert aus Alkohol in feinen, seidenglänzenden Nädelchen, welche auch nach öfterem Umkrystallisieren einen Stich ins Geibliche behalten; es schmilzt bei 146—1470 und ist in Wasser ganz unlöslich, in Alkohol und Aether ziemlich leicht löslich. Konzentrierte Schwefelsäure löst das Chinoxalin mit tiefroter Farbe auf; durch Wasser wird es aus dieser Lösung wieder als gelblichweifser Niederschlag gefällt.

Hinsichtlich der Stellung des Chloratoms im Molekül des Aethoxychlordiphenylchinoxalins nehme ich an, dafs das Chlor in denjenigen Benzolkern eingetreten ist, welcher die Aethoxylgruppe enthält, mdem diese ohne Zweifel orientierend auf das Chlor ein- wirkt. Zu Gunsten dieser Annahme spricht auch, dafs bei An- wendung von sehr viel PCl, niemals ein Dichlorderivat resultiert, was doch der Fall sein müfste, wenn die beiden gleichartig ge- bundenen C,H,- Gruppen beim Chlorieren beteiligt wären. Da eine Parastellung in dem äthoxylierten Benzolkern nicht mehr frei vor- handen ist, so wäre nach Analogie mit dem «-Chlor-#-Naphtolmethyl- äther nur noch die Orthostellung zum Aethoxyl in Betracht zu ziehen. Diese ist aber zweimal vorhanden und käme somit dem Aethoxylchordiphenylchinoxalin eine der beiden Formelausdrücke zu:

cl r. EN, II. N

SS EN EN DER: 7 Weg N— (C,H, CH.0 7, Se Sean

8; (C,H,

i 6% Br En a

.-

x - . j N

Ich möchte zunächst der ersten Formel den Vorzug geben.

OH /N=C(G3) Oxychlordiphenylchinoxalin: GH Luteol N

W. Autenrieth: Ueber einen neuen Indikator. 45

Wird das Aethoxychlordiphenylchinoxalin mit konz. Salzsäure einige Stunden im geschlossenen Rohre auf 180—200° erhitzt, so erfolgt Spaltung des Aethers; beim Oeffnen der Druckröhre ent- weicht Aethylchlorid und der Röhreninhalt ist dann in überschüssiger Natronlauge mit gelbbrauner Farbe löslich; aus dieser Lösung fällt verdünnte Essigsäure oder Salzsäure einen gelblichweifsen Nieder- schlag von Oxychlordiphenylchinoxalin, das durch öfteres Um- krystallisieren aus mälsig verdünntem Alkohol in reinem Zustande

gewonnen wird.

Analyse: I. 0,108 g Substanz lieferten 0,2863 g CO, und 0,046 & H20.

1I. 0,1283 g Substanz lieferten bei 24° C. und einem Barometer- stand von 738,5 mm 10 ccm N.

III. 0,1557 g Substanz gaben 0,0675 g AgCl.

Berechnet tür Gefunden;

C,H; ON; Cl: r 1. II. C= 72,18 72,29 —_ EI el 4,13 NE 0,842 8,48 = Er = 10,67 _ 10,72

Das Oxychlordipbenylchinoxalin oder Luteol krystallisiert aus Alkohol in feinen, wolligen, gelblich gefärbten Nädelchen, die bei 246 schmelzen und bei höherer Temperatur unzersetzt sublimieren. Es ist in Wasser unlöslich, in kaltem Alkohol schwer, in heilsem Alkohol und in Aether ziemlich leicht löslich. Von konz. Schwefelsäure wird es mit tiefroter Farbe gelöst und aus dieser Lösung durch viel Wasser wieder als gelblichweilser Niederschlag ausgefällt. In konz. Salzsäure ist es wenig löslich; in verdünnten kalten Mineralsäuren ist es aber vollkommen unlöslich. Das Luteol wird ferner leicht von Kali- oder Natronlauge, Ammoniak und von Alkalicarbonatenschonin der Kälte mit intensiv gelber Farbe zu den entsprechenden Salzen gelöst. Ueberschüssige verdünnte Säure entfärbt diese Lösungen vollständig und scheidet das Luteol als flockigen, weilslichen Nieder- schlag aus. Aus diesem Verhalten des Luteols ist zu ersehen, dafs der schwach basische Charakter des Oxydiphenylehinoxalins durch Eintritt eines Chloratoms in dessen Molekül beinahe völlig verschwunden ist. Während das Oxydiphenylchinoxalin!) gleichzeitig

1) Berichte d. d. chem. Ges. XXV, 495.

+6 W. Autenrieth: Ueber einen neuen Indikator.

die Eigenschaften eines Phenols und einer schwachen Base besitzt und dementsprechend auch in verdünnten Mineralsäuren zu Salzen löslich ist, wird dessen Chlorderivat nur noch von konz. Schwefelsäure reichlich gelöst. Andererseit ist der saure Charakter des Phenols durch Eintritt eines Chloratoms in das Molekül des Oxydiphenylchinoxalins bedeutend erhöht worden. Das Oxydiphenyl- chinoxalin ist in kalter Sodalösung vollkommen unlöslich, das Chlor- derivat hingegen wird hierbei mit gelber Farbe leicht aufgelöst. Das Luteol verhält sich somit wie eine ächte Säure, indem es schon in der Kälte aus Carbonaten Kohlensäure austreibt. Die Empfind- lichkeit des Luteols gegen freies Alkali ist aufserordentlich grofs; es färbt selbst sehr stark verdünnte Lösungen der Alkalien noch deutlich gelb. Bringt man z. B. einen Tropfen verdünnte Natronlauge, Ammoniakflüssigkeit oder konz. Soda- lösung in 1 Liter Wasser, mifst 5 bis 10 ccm von einer dieser Lösungen ab und fügt einige Tropfen einer alkoholischen Luteollösung hinzu, so tritt in derselben eine noch deutlich wahrnehmbare Gelbfärbung ein. Phenolphtalein und Tackmustinktur reagieren hierbei nicht mehr und auch das Nessler’sche Reagenz giebt mit 5 ccm obiger Ammoniakflüssig- keit erst nach einiger Zeit einen Niederschlag. Die grolse Em- pfindlichkeit des Luteols gegen freies Alkali hat mich veranlafst, dasselbe bei malsanalytischen Bestimmungen zu erproben. Eine teile von Versuchen hat ergeben, dafs das Luteol bei alkali- und acidimetrischen Bestimmungen als Indikator gute Dienste leistet. Der Farbenwechsel aus saurer Lösung in alkalische, oder umgekehrt, ist scharf und tritt auf den Tropfen ein, selbst bei Titrationen mit Yo Normallösungen. Zur Herstellung der Indikatorflüssigkeit löst man 1 g Luteol in 300 ccm reinem Alkohol auf; von dieser Lösung verwendet man bei Titrationen 3 bis höchstens 8 Tropfen. Das Luteol hat vor den sonst üblichen Indikatoren manche Vorzüge; es zeichnet sich vor dem Phenolphtalein dadurch aus, dafs man mit demselben als Indikator Ammoniak titrieren kann; vor Lackmus hat es den Vorzug zgrölserer Empfindlichkeit , ferner tritt bei Titrationen mit Luteol kein Farbenübergang auf, wie bei Lackmus von Blau nach Rot, sondern die gelbe Flüssigkeit entfärbt sich vollständig oder umgekehrt färbt sich die farblose Lösung

W, Autenrieth: Ueber einen neuen Indikator. 47

intensiv gelb. Für solche Farbenübergänge, wie für die, welche bei Titrationen mit Lackmus auftreten, sind aber bekanntlich manche, wenig geübte Augen nicht sehr empfindlich ; hierzu kommt noch, dals nicht ganz richtig hergestellte oder schon zum Teil zersetzte Lackmus- tinktur häufig zwischen Rot und Blau stehende Zwischenfarben giebt, welche die Genauigkeit der Titrationen sehr beinträchtigen. Das Luteol hat sich besonders bei den Stickstoffbestimmungen nach Kjeldahl als brauchbarer Indikator bewährt.

Das Luteol ist ein Abkömmling des Phenacetfins, zu dem es auch in naher Beziehung steht ; es wird durch folgende Zwischen- glieder aus dem Phenacetin dargestellt:

Phenacetin Nitrophenacetin Nitrophene- tidin m-Aethoxy-o-phenylendiamin!) Aeth- oxydiphenylchinoxalin Chloräthoxydiphenyl- ehinoxalin Chloroxydiphenylchinoxalin-Lu- teol

Zur weiteren ÜCharakterisierung des Luteols habe ich das Benzoyl- und Acetylderivat dargestellt. 0 COC,H,

BE Benzoylluteol: GB

N N=C(0,H,) cl wird durch Schütteln der alkalischen Lösung des Luteols mit Ben- zoylchlorid erhalten und durch Umkrystallisieren aus Alkohol im reinen Zustande gewonnen. Analyse: 0,1534 g Substanz lieferten 0,0485 g AgCl. Berechnet für: Befunden: Cz Hy, Na O0; Cl. Cl 8,1 1,39 Das Benzoylluteol krystallisiert aus Alkohol in weilsen, silber- glänzenden Blättchen, die bei 1920 schmelzen. Es ist in Wasser unlöslich, in kaltem Alkohol schwer, in heifsem Alkohol und in Aether ziemlich leicht löslich.

1) Nitrophenacetin, Nitrophenetidin und Aethoxyphenylendiamin sind in diesem Archiv 29 Heft 6 beschrieben. (Autenrieth u. Hinsberg: „Zur Kenntnis des Phenacetins“.

Es) F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel,

OCOCH,

u = u Acetylluteol: Er

N N=C(C;H,) Cl

Wird Luteol mit überschüssigem Essigsäureanhydrid, worin es leicht löslich ist, einige Zeit unter Rückflufs erhitzt, so bildet sich das Acetylderivat. Die Acetylierung ist beendigt, wenn eine heraus- genommene Probe sich mit Natronlauge nicht: mehr gelb färbt. Das Reaktionsprodukt wird dann in Wasser gegossen und das ausge- schiedene Acetylluteol aus verdünntem Alkohol umkrystallisiert. Die Ausbeute ist quantitativ.

Analyse: 0,205 g Substanz lieferten 0,074 g AgCl Berechnet für EN Cy5 Hs Na 05 Cl: Cl 9,37 8,92 Das Acetylluteol krystallisiert aus verdünntem Alkohol in flachen, glänzenden Nadeln, die in Wasser unlöslich, in Alkohol, Aether und Chloroform leicht löslich sind und die bei 1850 —186° schmelzen. Kalte Natronlauge wirkt auf das Acetylluteol nicht ein, heifse Lauge verseiit es ziemlich leicht; der Eintritt der Verseifung ist an der Gelbfärbung der Lauge zu erkennen. Freiburg i. Brg., Dezember 1894. Chem. Universit.-Laborator. d. med. Fak.

Beiträge zur Kenntnis der mitieleuropäischen

Galläpfel, sowie der Scrofularia nodosa L. Von F. Koch.

(Eingegangen am 14. Januar 1894. I. 6alläpfel.

Das zur vorliegenden Arbeit verwendete Material wurde mir in liebenswürdiger Weise von Herrn Professor Brunner zur Ver- fügung gestellt, welchem gelegentlich eines Aufenthaltes im Wallis (Siders) zu Beginn des Herbstes 1893 das aufserordentlich reichliche Auftreten von Galläpfeln an den dort heimischen Eichenarten : Quercus pubescens und Quercus sessilis aufgefallen war.

F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel. 49

Obwohl die Untersuchung von Galläpfeln ein schon oft und in den verschiedensten Richtungen behandeltes Thema ist, so erschien doch die nochmalige Aufnahme der Untersuchung in zweifacher Hinsicht gerechtfertigt:

Einesteils ergab sich bei der Durchsicht der mir zugänglichen Litteratur, dafs mitteleuropäische Gallen noch nicht der Gegenstand eingehender Untersuchungen gewesen, sind, denn die bisherige Kenntnis ihrer Bestandteile beschränkt sich auf den Nachweis von Gallussäure und Zucker und die allgemeine Annahme, eines nur geringen Gerbstoffgehaltes, der in den meisten Fällen zu 7 Proz. angegeben wird.

Andernteils erschien die Untersuchung des mir vorliegenden Materials noch dadurch besonders interessant, dass diese Gallen Ende September gesammelt und daher noch nicht völlig ausgereift, dem- nach im Zustande des kräftigsten Wachstums begriffen waren. Es war somit die Möglichkeit gegeben, einen etwa zwischen den Gerb- stoffen und anderen Pflanzenprodukten, z. B. den neben den ersteren vorkommenden Zuckerarten bestehenden Kausalnexus experimentell zu prüfen.

Vergleichsweise sei im Nachstehenden die Zusammensetzung der agiatischen Gallen wiedergegeben.

Husemann und Hilger!) führen als Bestandteile an: Gallus- gerbsäure, Gallussäure, Zucker, Ellagsäure, flüchtiges Oel, Harz und Stärke.

Nach Guibourt ?) ist die Zusammensetzung in Prozenten ausgedrückt tolgende:

Gerbeturen ins dere ER Gallussäure . . . RE) Bllag- und nteneallussune 0) Chlorophyll und Hüchtiges Oel . 0,7 Brauner Extraktivstoff . . . .. 25 Banminda. return Diärkaiyuidt sole BAR Holzfaser . .. . FE BR 5, De ne Be uigen 1.3 WVASSEL.... > SE a LIED Albumin "BETREUT OLE,

1) Husemann und Hilger, Päanzenstoffe, II. Aufl. 2) Pharmakognosie des Pflanzenreiches von Dr. Berg, IV. Aufl, Berlin 1863.

Arch. d. Pharm. COXXXIIL. Bis, 1. Heft. 4

50 F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel.

An Mineralbestandteilen sind vorhanden Kalium und Calcium, und zwar in Form folgender Salze:

Schwefelsaures Kalium, Chlorkaliurn,

Gallussaures Kalium und Calcium, Oxal- und phosphorsaures Calcium.

Annähernd die gleiche Zusammevsetzung giebt auch Hager!) von den asiatischen Gallen an, nur mit dem Unterschiede, dafs er 12 Proz. Holzfaser statt 1,5 Proz. anführt. Aulserdem erwähnt er noch einen Gehalt an ätherischem Oel von 0,5 Proz.

Hinsichtlich des Gehaltes an Ellagsäure scheint bis jetzt ein Be- weis des Vorkommens derselben in den Galläpfeln als präformierte nichr vorzuliegen. Husemann und Hilger?) lassen diese Frage wenigstens offen. Ich werde darauf weiter unten®) zu sprechen kommen.

Was den Gehalt an Stärke betrifft, so erkiärt Berg), dafs sich dieselbe blofs in den asiatischen Galläpfeln vorfinde. Thatsächlich ist es mir auch nicht gelungen, mikroskopisch den Nachweis der Stärke am Uutersuchungsmaterial zu führen.

Besondere Erwähnung verdient das völlige Fehlen von Magnesium- salzen in den asiatischen Gallen, ein Umstand, den ich auch für die von mir untersuchten Gallen bestätigt habe. 5)

Die mitteleuropäischen Galläpfel erreichen einen Durchmesser bis zu 1,8 cm und ein Gewicht bis zu 4,2 g im frischen und 0,6—0,8 g im getrockneten Zustande, bleiben demnach nach Gröfse und Ge- wicht, hinter den asiatischen zurück.

Die frischen sind kugelig, nicht gestielt, fettglänzend und zeigen auf der Oberfläche keine Stacheln, sondern sind eben. Wie im Folgenden nachgewiesen werden wird, bedingt das fettglänzende Aussehen ein neu aufgefundener wachsartiger Körper.

Die Farbe der frischen Gallen variiert vom blassesten Gelb, über- gehend zum Orange und Rosa, bis zum dunkeln Rot. Man kann mit Leichtigkeit auf der dem Licht zugewandten, dem Anheftepunkte gegenüberliegenden Seite, eine intensivere Rotfärbung konstatieren.

Das Flugloch befindet sich in der Mittelzone. Bei Abschlufs von Feuchtigkeit bewahren die frischen Gallen, auch nach dem Aus- fliegen der Wespe, ihre schöne Farbe noch längere Zeit hindurch.

1) Hager, Pharmac. Praxis, II. Band, Pag. 7.

2, Husemann und Hilger, Pflanzenstoffe, II. Aufl.

3) Ofr. Pag. 63.

4) Berg, Pharmakognosie des Pflanzenreiches, IV. Aufl., Pag. 70. 5) Cfr. Pag. 55.

F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel. 5l

Getrocknet zeigen sie eine hell- bis dunkelbraune Farbe, es treten Runzeln hervor und Falten durchziehen die Oberfläche. Sie lassen sich, wenn auch manchmal mit etwas Mühe, zwischen den Fingern noch zerdrücken, zeigen also nicht das Spröde der asiatischen Gallen ; ihr Bruch ist glänzend, gegen die Mitte zu strahlig. Frisch sowohl, wie getrocknet, schwimmen sie auf dem Wasser.

Der Querschnitt durch eine unreife Galle zeigt zunächst eine einzige Schicht von stark verdickten, englumigen Epidermiszellen, darunter liegen zwei bis drei Lagen kleinere, tangentialgestreckte Parenchymzellen, deren Wände starke Tüpfelung aufweisen und die im Zellsaft gelöst den Farbstoff enthalten. Weiter nach innen werden die Parenchymzellen isodiametrisch, dann radial gestreckt, dazwischen grofse Interzellularräume. Gefäfsbündel finden sich nur vereinzelt. Der radialgestreckten Parenchynischicht folgt eine Schicht von stark- verdickten schwachgelblichen Steinzellen und weiter nach innen eine, verhältnismälsig stark gerbstoffhaltige Schicht von Parenchymzellen, die sog. Nahrungsschicht. Die Gerbsäure findet sich hauptsächlich in der Auisenzelle den Parenchymzellen wo sie vereinzelt gelbliche Klümpchen bildet.

Bei der mikrochemischen Untersuchung probierte ich behufs Nachweis des Gerbstoffes, die bekannten in der Mikrochemie ange- wandten Gerbstoffreagentien durch. Zunächst gab Eisenchlorid in Mischung mit Alkohol und Aether eine blaue Färbung, die auf Zusatz von Sodalösung violett wurde. Ich habe diese Reagentien in ver- schiedenen Verdünnungen angewandt, stets auch um etwas ver- schiedene Nuancen erhalten; der Uebergang von Blau in Violett aut Zusatz von Sodalösung war jedoch zweifellos zu konstatieren.

Gorup-Besanez hat im Jahre 1871 bei der Untersuchung des wilden Weines!) mit Eisenchlorid Grün-Färbung erhalten und glaubte darzuthin, sowie gestützt auf das Verhalten gegen Kalkwasser auf das Vorhandensein von Brenzkatechin im wilden Wein schliefsen zu müssen. Preufse?) hat jedoch durch exakte Versuche nachgewiesen. dafs Brenz- katechin nicht vorhanden ist. Möller ?) hat diese Befunde geprüft

1) Ber. der deutsch. chem. Ges. IV. Pag. 905.

?) Zeitschr. f. physiol. Chemie II. Pag. 324. 3) Mitteilungen des naturw. Vereins f. Neu-Vorpommern u. Rügen 1877.

4 ae

52 F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel.

und kommt zu demselben Resultat wie Preufse. Er spricht sich dann dahin aus, dafs die Grünfärbung von einer von der Proto- catechusäure abzuleitenden Gerbsäure herrühre. Diese Reaktion: Grünfärbung mit Eisenchlorid und Uebergang des Grüns in Violett auf Zusatz von Sodalösung wird in den Lehrbüchern der Chemie!) als Reaktion auf Orthodioxyverbindungen angegeben. Hier haben wir nun den Fall, dafs eine eisenbläuende Orthodioxyverbindung mit Sodalösung violette Färbung giebt. Dieses Resultat hat mich bewogen weitere Versuche anzustellen, deren Resultat weiter unten folgt.?)

Die Gerbsäure führenden Zellen gaben ferner mit Kalium- bichromat einen rotbraunen Niederschlag, ebenso mit Kalkwasser.

Ferridammoniumeitrat, welches Möller lebhaft empfiehlt, weil es die Anwendung alkalischer Eisenlösungen gestattet, erzeugte eine violette Färbung.

Uebergehend zur Mitteilung meiner eignen Untersuchungsresultate, lasse ich zunächst die Ergebnisse der für Pflanzenstoffe gebräuch- lichen Gesamtanalyse folgen. Es wurden bestimmt:

I. Feuchtigkeit H. Rohfaser III. Stickstoff IV. Gesamtasche V. Zusammensetzung der Asche.

I. Bestimmung der Feuchtigkeit. Die in Scheiben geschnittenen frischen Gallen wurden im Trockenschrank bei 100° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. I. 5,042 g verloren 4,334 g 85,95 Proz. AL Au 2, 2. 14207 & > Byb2y II. 502g 4332g = 85557 Als Mittel aus diesen Bestimmungen ergiebt sich ein Wasser- gehalt von 85,71 Prozent.

I. Bestimmung der Rohfaser.

Zur Bestimmung der Rohfaser wurden 3 g der getrockneten, möglichst fein’ gepulverten Galläpfel auf dem Wasserbade während einer Stunde mit 200 ccm einer 1,25 prozentigen Schwefelsäure aus- gekocht, dann aut dem Filter mit kochendem Wasser nachgewaschen,

2) Richter, Chemie der C.-Verbindungen 6. Aufl. 1891 Pag. 747. 2) Cfir. Pag. 64 u. £

F. Koch: Ueber mittelewropäische Galläpfel. 53

bis die ablaufende Flüssigkeit keine Schwefelsäurereaktion mehr zeigte, hierauf in analoger Weise mit 200 ccm einer 1,25 prozentigen Kalilauge gekocht und dieselbe auf dem Filter durch Auswaschen entfernt. Der Rückstand wurde nun mit Alkohol, hierauf mit Aether gewaschen, bei 1000 getrocknet und gewogen. Nach dem Glühen wurde die Asche vom gefundenen Wert abgezogen.

Anpewandt . .,' . w, 52 50 153,000) 8 IE3000 g Hinterlielsen nach dem Ausziehen und Trocknen. . . . . . I 038085 I: 03828 g

Für Asche in Abzug zu bringen I. 0.0412 & II. 0,0410 g 103396 8 1.0318 8.

Als Mittel 0,3407 g woraus sich durch die Gleichung 3: 0,3407 100:x ein Gehalt von 11,39 Proz. Rohfaser ergiebt.:

Da die Galläpfel im botanischen Sinne als Hypertrophien d. h. als durch abnormen Wachstumsprozefs auf den Eichenblättern ent- stehende Neubildungen anzusehen sind, indem durch den Parasiten auf das von ihm befallene Zellgewebe ein Reiz, eine Anregung zu reichlicherer Nahrungszufuhr von den benachbarten Teilen und zu erhöhter Bildungsthätigkeit ausgeübt wird, so mulste eben dieser letztere Umstand es als wünschenswert erscheinen lassen, zu zeigen, ob dem Wirte gewisse Substanzen in gröfserer Menge entzogen werden. Hauptsächlich mufs es sich dabei um den quantitativen Nachweis des Stickstoftes und in zweiter Linie eines solchen der Mineralbestandteile durch Analyse der Asche handeln.

III. Bestimmung des Stickstoffes.

Zur Bestimmung des Stickstoffes bediente ich mich der Kjeldahl- schen Methode. Darnach wurden 2 g Substanz in einem Kölbchen mit 10 ccm eines Gemisches gleicher Volumina, konzentrierter engli- scher, und rauchender Schwefelsäure unter Zusatz von ca.2g wasserfreiem Kupfersulfat bis zur völligen Zerstörung der organischen Substanz bezw. bis zur Erzielung einer klaren Lösung erhitzt und schliefslich zur Vollendung der Oxydation übermangansaures Kali in kleinen Portionen bis zur bleibenden Grünfärbung zugegeben. Nach dem Erkalten wurde mit Wasser aufgefüllt, hierauf eine ca. 30 proz. Natronlauge (deren zur Neutralisation der Säure nötige Menge durch einen vorherigen, approximativen Versuch ermittelt worden) in ge- nügendem Ueberschufs zugefügt und schliefslich destilliert. Das

54 F. Koch: VUeber mitteleuropäische Galläpfel.

entweichende Ammoniak wurde in 20 cem Y, Normal-Schwefelsäure aufgefangen und nachher die freie Säure mit /; Norm.-Natronlauge zurücktitriert. Berechnung:

20 ccm Y, N.-H,SO, verbrauchten 19,8 ccm 1, N.-Na OH Zum Zurücktitrieren wurden verbraucht 18,9 ccm 1), N-Na0OH Für die Säuremischung sind für vorhandenen Stickstoff in Ab-

rechnung zu bringen 0,3 ccm NaOH 4. Der Stickstoffkoßffizient wurde zu 0.00707 berechnet. So ergiebt sich:

vun

Anpewändt.. Zt). - se D-cem; SO. 14... -—.. =198ccem Na0H Zurücktitriert . . . . . 189cem Biiferenze Eu. 1. 4 2.089 Für die Säure abzuziehen 0,3 Differenz. . . - - . . 0,6 X .0,00707 = 0,004242. Aus dem Ansatz 2: 0,004242 = 100: x ergiebt sich ein Gehalt von 0,2121 Proz Stickstoff. 22

Ausgehend von der Annahme, dals 16g Stickstoff 100g Protem liefern, dafs also im Protein 16 Proz. Stickstoff enthalten sind, er- giebt der Stickstoff auf Protein umgerechnet 0,2121 X 6,26 = 1,3256 Prozent Protein.

Dieses Resultat, d. h. der geringe Stickstoffgehalt ist insofern interessant, als dadurch der experimentelle Beweis geliefert wird, dafs durch die parasitische Bildung dem Wirte selbst kein Schaden erwächst, indem dadurch keine Entziehung von stickstoffhaltigen Nährstoffen verursacht wird, und damit läfst sich auch das ganz normale Aussehen der Eichenblätter erklären, obwohl auf den ein- zelnen Blättern häufig bis zehn solcher Galläpfel salsen.

IV. Bestimmung des Äschegehaltes. Nach Flückiger!) liefern

Aleppogallen . . . . . 1,5 Proz. Chinesische Gallen . . . 2,0 Asche.

Zur Bestimmung der Gesamtasche wurde das frische Materia! getrocknet und hierauf in offener Schale verascht. I. 5,062 g hinterlassen 0,106 g Asche = 0,209 Proz. II. 4,939 g i 0095 =012 II. 5,047 & bs 0,102 g rar u

1) Flückiger, Pharmakognosie des Pflanzenreiches. III. Aufl, p. 268.

F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel. 55

Als Mittel ergiebt sich sonach für die frischen Gallen ein Aschegehalt von 0,1977 Proz. oder unter Zugrundelegung des oben mitgeteilten Feuchtigkeitsgehaltes 0,1977 X 7 (Koeffiz. {. Trockensubstanz) ein solcher von 1,3839 Proz.

V. Zusammensetzung der Asche.

In der Asche wurden bestimmt:

Phosphorsäure, Schwefelsäure, Calcium, Magnesium, Kalium und Silikate und zwar in folgender Weise:

100 g des lufttrocknen Pulvers wurden in einer Platinschale verascht, die Asche mit Salzsäure mehrmals eingedampft und die Lösung filtriert, wobei die SiO, im Rückstande bleibt. Die Lösuug wurde hierauf auf 250 ccm aufgefüllt:

a) 150 ecm = 60 g Substanz wurden mit kohlensaurem Natron neutralisiert, mit Essigsäure angesäuert, dann Natriumacetat und Eisenchlorid zugesetzt, mit Ammoniak gefällt, und der die Phosphor- säure enthaltende Niederschlag abfiltriert:; in Salzsäure gelöst, wurde die Phosphorsäure mit molybdänsaurem Ammon gefällt, der Nieder- schlag in Ammoniak gelöst und als pyrophosphorsaure Magnesia ge- wogen.

Das Filtrat wurde auf 250 ccm aufgefüllt, und in 200 ccm —=48 g Substanz der Kalk mit oxalsaurem Ammon gefällt und als CaO bestimmt.

Im Filtrat konnte Magnesia nicht mehr nachgewiesen werden.

b) Aus 100 ecm der ursprünglichen Lösung = 40 g Substanz wurde die Schwefelsäure mit Baryumchlorid gefällt und als schwefel- saurer Baryt gewogen.

Aus dem Filtrate wurden Baryum und Calcium mit Ammoniak, kohlensaurem und oxalsaurem Ammonium gefällt und das Kalium als Kaliumplatiachlorid gewogen.

I. Aus 100 g Pulver. . . ıinaaa rar 0.053: 5,0% II. Aus 60 3 Pulver 0,0734 g ee P, 0, = 0,0469 g Pa 0;. II. Aus 48 g Pulver ... . 1.0: 006 E:Cal

IV. Aus 40 g Pulver 0,0700 g Ba s0,= . 0,0240 g SO;.

V. Aus 40 g Pulver 0,0776 g K, PiCl, = 0,01513 g K, 0.

VI. Magnesia nicht enthalten,

Hieraus ergaben sich für das lufttrockene Pulver folgende Prozentwerte:

56 F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel.

BLOG urn. P2O, 1.2.0. %,.0:07825, BOZEN OLD 30,2...‘ Ro er. oder folgende Aschenprozente: BSEOSWRRR IN 1 9eProz: BO oe DEN O Fl RA A SE Ra Er SO;.L: ... Sala Kuhn: re

Für die quantitative Bestimmung des Zucker- und Gerbstoft- gehaltes wurden Galläpfel verwendet, die zu verschiedenen Zeiten eingesammelt waren. Es geschah dies, da zu vermuten war, dafs Zucker und Gerbstoff in zwei verschiedenen Stadien des Wachstums hinsichtlich des prozentischen Gehaltes nicht konstant bleiben würden. Inwieweit diese Vermutung gerechtfertigt war, ergiebt sich aus den Resultaten der folgenden Untersuchungen.

Die unter No. I aufgeführten Daten beziehen sich auf die Ende September gesammelten, die unter No. II mitgeteilten, auf solche, welche nach der völligen Reife und dem Ausfliegen oder Absterben des Insektes gepflückt waren.

Bestimmung des Zuckers.

Zur Bestimmung des Zuckers wurde das Verfahren der Titrie- rung mit Fehling’scher Lösung eingeschlagen. 10 ccm dieser Lösung enthalten 0,39338 & CuSO, + 5 H,O entsprechend 0,0568 g Glykose.

Die Bereitung der Auszüge geschah in beiden Fällen in der Weise, dafs die zerkleinerten, frischen Galläpfel im Soxhlet’schen Apparate vollständig ausgezogen wurden. Die klare Lösung wurde behufs Fällung des Gerbstoffes zunächst mit neutralem, dann mit basischem Bleiacetat behandelt, das Filtrat mit Schwetelwasserstoft entbleit und eingedampft. Zum Zwecke der völligen Entfernung etwa noch vorhandener Pektinsubstanzen, wurde der Verdampfungs- rückstand mit Alkohol aufgenommen, der Alkohol wieder verjagt und mit Wasser verdünnt.

I. Aus 100 g Galläpfel wurden bereitet 1000 ccm Auszug (je 10 cem = 1 g Gallae).

F. Koch: DUeber mitteleuropäische Galläpfel. 57

Zur Fällung des in 10 ccm Fehling’scher Lösung enthaltenen Kupfers wurden bei der Titrierung verbraucht 18,5 cem = 1,85 g Gallae.

Daraus ergiebt sich:

1,85..::0,0568°= 100% x = 3,07 Proz. oder auf Trockensubstanz berechnet: 3,07 xX7 = 2149 Proz. Zucker II. Für die im Januar, ebenfalls in Siders (Wallis) gesammeiten Gallen ergab sich bei Bestimmung des Feuchtigkeitsgehaltes als Mittel aus drei Bestimmungen ein Gehalt von 70,1 Proz, der Coefficient für Trockensubstanz ist also 3,3.

Aus 100 g Galläpfeln wurden bereitet 900 cem Auszug (je 10 cem = 0,9 g Gallae).

Zur Fällung von 10 ccm Fehling'scher Lösung wurden verbraucht: 4 ccm = 0,36 g Gallae.

Daraus ergiebt sich:

0.36:0,0568: = 100 x. 15,7, Proz. oder auf Trockensubstanz berechnet: 192%. 34.3181 Proz-Zueker;

Bestimmung des Gerbsäuregehaltes.

Die Bereitung der Auszüge geschah in der Weise, dafs die zerkleinerten, frischen Galläpfel im Soxhlet’schen Apparat mit Wasser ausgezogen wurden. Diese Lösung wurde eingedampft, zur Ent- fernung der Pektinsubstanzen mit Alkohol aufgenommen, sodann mit Wasser mehrmals verdampft, bis die letzte Spur Alkohol be- seitigt war.

Die Bestimmung des Gerbstoffes wurde ausgeführt nach den drei, als beste anerkannten Methoden:

I. Verbesserte Löwenthal'sche Methode.

II. Risler-Bennat’sche Methode.

III. Hammer’sche Methode.

Für de Löwenthal’sche Methode wurde dargestellt:

A) Eine Kaliumpermanganatlösung, deren Wirkungswerth durch Titrieren mit einer Lösung von Mohr’schem Salz

(NH,) SO, + FeSO,+6H,0 festgestellt wurde, ausgehend von der Annahme, dafs 56 T. Eisen, 41,57 T. Tannin entsprechen. '

B) Eine Indigokarminlösung: 40 g indigo-schwefelsaures Natrium und 60 ccm Schwefelsäure zu 1 Liter gelöst und der Titer auf die C'hamäleonlösung eingestellt.

58 F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel.

C) Hautpulver.

I. Zunächst wurde mit der Lösung des Auszuges titriert, um zu erfahren, wieviel Kaliumpermanganat für Gerbstoft und Nichtgerb- stoff verbraucht wurden, dann aus der Lösung des Auszuges der Gerbstoff mit Hautpulver gefällt und mit der so erhaltenen Lösung wieder titriert und durch Subtraktion der beiden Resultate die Anzahl cem KMnO, erhalten, die für den Gerbstoff verbraucht wurden.

II. Nach Risler-Bennat wurden zwei Normalflüssigkeiten bereitet, von denen die eine im Liter genau 10 g reines Tannin, die andere im Liter genau 10 g reinste Hausenblase und 20 g Alaun gelöst enthielt und durch Titration der gegenseitige Wirkungswert festgestellt.

IH. Nach Hammer wurde das spez. Gewicht der Gerbstoff- lösung mittels Pyknometers bestimmt, der Gerbstoff durch Haut- pulver ausgefällt, und von neuem das spez. Gewicht bestimmt. Die Berechnung des Gerbstoffgehaltes wurde dann in der Weise aus- geführt, dafs das zweite spez. Gewicht als Einheit angenommen wurde und für je 0,0004, die bei der ersten Bestimmung mehr ge- funden, !/,, Proz. Gerbstoff mehr in Rechnung gebracht wurde.

Die einzelnen Bestimmungen ergaben folgende Resultate:

A. Löwenthal’sche Methode. I. Von der Extraktiösung entsprechen 10 ccm = 0,4 g Gallen. 20 ecm Indigocarmin eriordern 12,5 cem Kal. permang.

20 ccm Indigocarmin und 10 ccm Extraktlösung erfordern 25,9 ce..: Kal. permang.

Nach dem Ausfällen: 20 cem Indigolösung und 10 ccm Extraktlösung erfordern 13,5 een: Kal. permang. Gerbstoff und Nichtgerbstoff verlangen also 13,4ccm Kal. permang. Für Oxydation des Gerbstoffes sind nötig 12,4 cem Kal. permang. 10 ccm Kal. permang.-Lösung entsprechen 0,00707 g Tannin, 12,4 ccm Kal. permanganat-Lösung entsprechen 0,0087668,& Tannir. Woraus sich ergiebt: 0,4 :0,0087668 = 100: x = 2,19 Proz. Gerbstoff

U. 10 cem Extraktlösung entsprechen 0,54 g Gallen. 10 ccm Indigocarminlösung erfordern 6.5 ccm Kal. permang. 10 ccm Indigocarminlösung und 10 ccm Extraktlösung erfordern 26,8 ccm Kal. permang.

F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel. 59

Nach dem Fällen: 10 ccm Indigocarminlösung und 10 cem Extraktlösung erfordern 10 cem Kal. permang. Gerbstoff und Nichtgerbstoft verlangen also 20,3 ccm Kal. permang. Für Oxydation des Gerbstoffes sind nötig 16,3 ccm. 10 cem Kal. permang.-Lösung entsprechen 0,0131316 g Tannin. 16,5 com Kal. permang.-Lösung entsprechen 0,022061 g Tannin. Woraus sich berechnet: 0,54 :0,022061 —= 100: x = 4,08 Proz. Gerbstoff.

B. Risler-Bennat'sche Methode. I. 10 ccm Extraktlösung entsprechen 10 g Gallen. 10 ccm Tanninlösung (= 0,1 g Tannin) brauchen 9ccm der Hausen- blaselösung zur Fällung. ccm der Extraktlösung brauchen davon 22,5 ccm. Daraus berechnet sich: 9:0,1= 223,5: x= 0,25 in 10 g oder 2,5 Proz. Gerbstoff. li. 10 ccm Extraktlösung entsprechen 5 g Gallen. 10 ccm Tanninlösung (= 0,1 Tannin) brauchen 9 ce:ın der Hausen- blaselösung zur Fällung. 10 cem der Extraktlösung brauchen davon 21,2 cem. 9:0.1 = 21,2: x= 0,235 in 5 g oder 4,69 Proz. Gerbstoft.

C. Hammer’sche Methode.

_—

1t

I. Spez. Gewicht der Extraktlösung vor dem Fällen . . . . 1,9190

® $ 5 % nach dem Fällen . . . 1,0087

Benz) naked kai he SUR” >04 elao entsprechend 2,56 Proz. Gerbstofi.

II. Spez. Gewicht der Extraktlösung vor dem Fällen . . . . 1,0282

R e & a nach dem Fällen . . . 1,0092

Differenz: . .-.. EEE ee AARON

entsprechend 4,75 Proz. Gerbstoft. Sonach ergeben sich folgende Gerbstoffgehalte: NEL EN ERLERNTE bi Rena ae 288 oder als Mittelwerte für I. 2,41 Proz. für I. 4,50 Proz. Auf Trockensubstanz berechnet: I. 241 X 7 = 16,87 Proz. Gerbstofi II. 4,50 X 33 14,85 Proz. ® Stellen wir nun dieser Bestimmung des Gerbstofigehaltes in den Galläpfeln die Zuckerbestimmung in den halbreifen und ausgereiften gegenüber, so kommen wir zu einem überraschenden Resultate: Während nämlich der Zuckergehalt von 21 auf 51 Proz. gestiegen, sich also um das 2l/jsfache ver-

60 F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel.

mehrt hat, ist der Gerbstoffgehalt vor der Reife und bei erlangter Reife derselbe geblieben; denn die sich aus obiger Berechnung ergebende Differerz bez. Abnahme des Gerbstoffes, dürfte wohl eher auf Rechnung der Unzulänglich- keit der heutigen Gerbstofbestimmungsmethoden zu setzen sein, als auf eine thatsächliche Veränderung des Gerbstofigehaltes.

Um sich diese Thatsache des wechselnden Prozentgehaltes von Gerbstoff und Zucker zu erklären, dürfte vielleicht eine Beleuchtung dieser Pflanzenstoffe von der physiologischen Seite nicht uninteressant sein.

Obwohl die Menge der Gerbsäure in den Pflanzen schliefsen läfst, dafs ihre Entstehung resp. Umsetzung im Stoffwechsel der Pflanze zu den wichtigsten Prozessen chemischer .Art in Verbindung steht, so ist doch bis auf den heutigen Tag eins durchgreifende Theorie nicht vorhanden.

Hartwig!) zählt die Gerbstoffe zu den Reservestoffen; Wigand 2) teilt ihnen eine aktive Rolle zu und hält sie unter anderem auch für Chromogene, ein Punkt, auf den auch Wiesner?) zu sprechen kommt,

Wiesner #) und FranchimontÖ) schliefsen aus ihren Untersuchungen auf einen ursprünglichen Zusammenhang zwischen den Gerbstoffen und den Harzen.

Flückiger®) stellt sich auf den Standpunkt Streckers und spricht die Ansicht aus, dafs der Zucker wohl ursprünglich in Form einer Verbindung mit der Gerbsäure von den Pflanzen gebildet wird, etwa in Form eines Glykosides; Beilstein”) giebt diesem Glykotannin die Formel C;, Has; Os.

Strecker) drückte die Zusammensetzung desselben durch die Formel C,, Has O,, aus.

Westermaier®) kommt auf Grund seiner Beobachtungen und einiger physiologischer Versuche zu der Ansicht, dafs der Gerbstoff als näheres

ı) Botan. Zeit. 1865, pag. 53 und pag. 237.

2) A. Wigand: Sitz der China-Alkaloide und Sätze über die physio- logische Bedeut. des Gerbstoffes, Bot. Zeit. XX. 121 u. 137.

3) Wiesner, Betracht. über Gerbstoffe und Farbst. d. Blumen. Bot. Zeit XX. p. 389.

4) Wiesner, Entstehung des Harzes. Sitzb. der Akad. Wies. Wien LII. p. 118.

5) Franchimont 1871: Entstehung des Harzes Flora XXIX. p. 225.

6) Flückiger: Pharmakognosie des Pflanzenreiches. III. Aufl. 91 Pag. 267.

”n Beilstein: Org. Chemie. II B. Pag. 1320. 3) Ann. 90, 340, - 9) Sitzb. d. Akad. der Wissensch. Berlin 1887 N. 5. St. 64.

F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpftel. 61

oder entfernteres Produkt der Assimilation entstehe, dals es gleich der Stärke ein Reservestofl' und wahrscheinlich für die Eiweiflsbildung von Bedeutung sei und entweder neben der Stärke in denselben Bahnen wandere oder ein Uebergang des einen Stoffes in den andern stattfinde.

Unter anderen Arbeiten ist die von Kraus!) aufzuführen, worin er seine Ausicht über die Rolle, die die Gerhstofie spielen veröffentlicht. Er findet:

1. dafs der Gerbstoff nicht schlechthin Exkret, sondern augen- scheinlich in sehr vielen Fällen ein im Leben der Pflanze hochbedeutendes Glied ist;

2. dals der Gerbstofi quantitativ wandelbar ist und seine Erzeugung zu dem Lichte in näherer Beziehung stehe, während

3. die physiologische Funktion desselben noch zweifelhaft sei.

In letzterer Zeit hat Möller?) die Ergebnisse einer Reihe von Versuchen veröftentlicht, die er zur Erforschung der Funktion der Gerbstoffe angestellt, und kommt dabei zu folgenden Resultaten. Angesichts der Thatsache sagt er dals man häufig Zucker mit der Fehling’schen Lösung oder auch mit der Löwe’schen nicht nach- weisen kann, obwohlman sicher ist, Kohlehydrate auf der Wanderung vor sich zu haben, mufs man von der alten Theorie, dafs die Kohle- hydrate in allen Fällen als Zucker wandern, abgehen; dann kommt er auf die Funktion der Gerbstoffe als Glykosegenide d. h. solche Stoäie, welche mit den Zuckerarten bezw. anderen Kohlehydraten leicht zer- setzliche, sehr lösliche und diffundierende, chemische Verbindungen bilden, zu sprechen. Die Gerbsäuren fährt er dann fort entstehen durch Oxdydation unter Mitwirkung des Protoplasmas aus den Kohle- hyiraten. Wo ein Hemmnis in der Wanderung der Verbindung der Kohlebydrate mit den Gerbsäuren eintritt, oder ein Verbrauch von ‚Kohlebydraten stattfindet, erfolgt eine Zersetzung, wobei die Gerbsäure ausgeschieden und Stärke abgelagert oder Cellulose gebildet wird. Durch Reduktionsprozesse können die Gerbsäuren wieder in Kohle- hydrate übergeführt werden und daher aus dem Stoffwechsel verschwinden.

Wie lassen sich nun diese Hypothesen in Uebereinstimmung bringen mit dem auffallenden Resultate der obigen Gerbstoff- und Zuckerbestimmung ? Zunächst sind bei der Bildung der Gerbstof- glykoside zwei getrennt verlaufende Prozesse auseinanderzuhalten. Der erste besteht in der mittels Oxydation erfolgenden Bildung der Gerbsäure, der zweite in der Bildung des Glykosides. Solange nun vor der Reife, also in der Zeit September bis Oktober die Licht-

1) Sitzb. der naturf. Gesellsch. zu Halle. Nov. 1584. #2, Mitteil. des Naturw. Ver. von Neu Vorpommern u. Rügen 1387 IX. Jabrg.

62 F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel.

menge, sowie die Temperatur es gestatten wird eine gleichmäfsige Oxydation der Kohlehydrate und Bildung der Glykosegenide statt- tinden. Anders jedoch bei niederer Temperatur und gröfserem Licht- ımangel. Es wird bei geringerer Atmungs- resp. Oxydationsthätigkeit die Menge der gebildeten Gerbsäure nicht im Stande sein, alles Kohlehydrat abzuleiten, es wird sich dasselbe anhäufen, so dals es sich zur Zeit der Reife in einer im Vergleich zur Gerbsäure in keinem Verhältnis stehenden Menge vorfindet.

Ein anderer annehmbarer Fall wäre auch der, dafs zwar Zucker infolge der Bildung des Gerbstoffglykosides und dessen Zersetzung von jeher im Ueberschufs vorhanden war, dafs dieser Ueberschußs jedoch der Fliege als Nahrung diente, während er nach dem Aus- liegen derselben bezw. ihrem Tode zur Zeit der Reife einfach ab- gelagert wird.

Sehr wohl lälst sich der Prozefs auch vereinbaren mit den von Brunner und Chuard !) gegebenen Auiklärungen über das Nachreifen der Früchte. Die grün gepflückten Fıüchte enthalten noch unzer- setztes Glykosid; beim Lagern derselben spaltet sich mit der Zeit das Glykosid durch Fermentwirkung, Enzyme, in Säure und Zucker der sülse Geschmack tritt dann erst deutlich hervor.

Nachdem ich mich somit in hinreichender Weise über die nor- malen Gallenbestandteile orientiert hatte, erschien es interessant, eine weitere systematische Untersuchung der Galläpfel in der für Pflanzenstoffe üblichen Weise vorzunehmen. Ich befolgte hierbei den von Dragendorf?) empfohlenen Gang, nur dafs ich an Stelle der achttägigen Maceration die Extraktion auf heilsem Wege vor- nahm. Dazu bediente ich mich eines nach dem Tscherniak’schen Muster konstruierten Apparates, um auch mit gröfseren Mengen konstant ausziehen zu können.

Die nach einander in Anwendung gebrachten Lösungsmittel waren: Petroläther, Aether, Alkohol und Wasser.

Die nach dem Abdestillieren des Aethers und Petroläthers bleibenden Rückstände wurden vereinigt, wobei eine gelbe, amorphe Masse resultiertee Zur Reinigung wurde diese Masse in heifsem Alkohol gelöst, mit Tierkohle so lange erhitzt, bis Entfärbung ein-

1).B. B. 19, Pag. 619. 2) Dragendorf, Anleitung zur Untersuchung von Pilanzenstoffen.

F. Koch: Usber mitteleuropäische Galläpfel. 63

getreten war und das Filtrat der freiwilligen Verdunstung über- lassen. Auf diese Weise wurde ein weilser Körper erhalten, der über Schwefelsäure getrocknet, ein weilses Pulver gab.

Der Verdampfungsrückstand des alkoholischen Auszuges wurde zunächst mit heifsem Wasser aufgenommen und die filtrierte wässrige Lösung mit neutralem Bleiacetat gefällt. In der nach dem Zer- setzen dieser so gewonnenen Bleiniederschläge resultierenden Lösung konnte lediglich nachgewiesen werden: Tannin, durch Blaufärbung mit Eisenchlorid, sowie die Kaliumdichromatreaktion und Gallus- säure durch die Sydney -Joung’sche Reaktion Versetzen mit Cyankalium, wobei Purpurfärbung auftritt, die nach einiger Zeit wieder verschwindet, beim Schütteln jedoch wieder hervortritt sowie durch die Rottärbung beim Versetzen mit Natriumsulfat und Jod.

Das Filtrat der Bleifällung wurde durch Schwefelwasserstoff entbleit und eingedampft. Es hinterblieb ein brauner, nach Melasse viechender, sirupöser Rückstand, der zum gröfsten Teil aus einer Fehling’sche Lösung reduzierenden Zuckerart bestand.

Im wässrigen Auszuge konnte auflser Spuren der vorerwähnten Körper, sowie den Pektinsubstanzen keine charakteristische Ver- bindung nachgewiesen werden.

Das Vorkommen sonstiger Pflanzenstoffe in den Galläpfeln be- schränkt sich somit auf die Gegenwart des im ätherischen Auszuge enthaltenen weilsen Körpers. -

Nach Braconnot !) soll m den Galläpfeln Ellagsäure vorkommen, doch wurde stets bezweifelt, dafs sie fertiggebildet sich vor- finde. Obige Analyse bestätigt, dals dies thatsächlich nicht der Fall ist, sie scheint sich also erst bei Gegenwart von Wasser durch einen Gährungs- oder Spaltungsproze(s zu bilden, was wohl in besonders feuchten Sommern eintreten mag. Dagegen wurde eine wässrige Extraktlösung schimmeln lassen und konnte nach einigen Wochen eine ansehnliche Menge Ellagsäure isoliert und durch die Grielsmayer'sche Reaktion . blutrote Färbung auf Zu- satz von salpetrige Säure haltiger Salpetersäure identifiziert werden.

Hier seien auch die Resultate einiger kolorimetrischer Versuche angeführt, die im Anschlufs an die bereits oben?) erwähnte, bei

ı) Husemann und Hilger, Ptlanzenstoffe, II. Bd., 461. a) Cfr. Pag. 52,

64 F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel.

Zusatz von Natriumcarbonat zu den mit Eisenchlorid versetzten Schnitten auftretende Violettfärbung unternommen wurden.

In all den mir zur Verfügung stehenden Lehr- und Nachschlagse- büchern der Chemie werden als allgemeine Reaktionen für Gallus- säure folgende angegeben : !)

1. Mit Ferrichlorid giebt Gallussäurelösung eine blaue Flüssig- keit, die mehr violett ausfällt, wenn man eine Spur Natriumacetat zusetzt.

2. Werden Substanzen von alkalischer Reaktion mit Gallussäure zusammengebracht, so entstehen meist Färbungen. 2 ccm der ge- sättigten Lösung geben mit 3 ccm Kalkwasser blasse Grünfärbung.

1. Mit Ferrichlorid giebt Gerbsäure die bei Gallussäure an- gegebenen Reaktionen. Kalkwasser erzeugt bläulich grauen Nieder- schlag. Es wird nirgends bei der Reaktion mit Ferrichlorid einer auf Zusatz von Natriumbicarbonat eintretenden Färbung von Blau in Violett Erwähnung gethan. Ich sah mich daher veranlafst über das Verhalten einiger, hier in Betracht kommenden Substanzen, im Ver- gleich mit Gallussäure und Tannin, gegen Ferrichlorid und Natrium- bicarbonat Versuche anzustellen, und hierbei ergab sich, dafs in be- stimmten Verdünnungen, sowohl bei Brenzkatechin und Protocatechu- säure als auch Tannin und Gallussäure ein Uebergang bei den ersten, wie bekannt von Grün nach Violett, bei den letzteren von Blau nach Violett stattfindet und als Endresultat bei allen vieren ein gleichmälsiger Uebergang in Kirschroth zu verzeichnen ist.

Zur Prütung wurden folgende Substanzen herangezogen und zwar in 1 prozentiger Lösung:

1. Protocatechusäure. 2. Pyrocatechin.

3. Gallussäure.

4. Tannin.

Als Reagentien dienten !/s, 1, 2 und 4 Proz. Ferrichloridlösung und 1/, 1, 2, 4 und 8 Proz. Natriumbicarbonatlösung. Die in der nachstehenden Tabelle referierten Versuche wurden derart ausgeführt, dafs zur Erzeugung der Reaktion in allen Fällen ein Tropfen der

1) Flückiger, Reaktionen, 1892, Berlin.

ie)

Ueber mitteleuropäische Galläpfel.

F. Koch:

betr. Ferrichloridlösung und hierauf tropfenweise, bis zur vollständigen

Färbung !/;, Proz. Natriumbicarbonatlösung in Anwendung gebracht

wurde.

Farben

i/, Proz.| ver- [ Proz.2]|. Ver- 2 Proz, I vor 4 Proz. |], Ver- Ferri- länderung| Ferri- änderung Ferri- änderung Ferri- änderung ohlorid | durch | chlorid | dureh | ohloria | durch | ohloria | durch

Proto- catechu- säure

Sträker Violett- Blau

Blau mit Spur- Violett

Hellblau: grün

Russisch- Grün

Bläulich [Blaugrün Blaugrün Blau

Vioiott © Dunkel- mit

Spur-Rot grasgrün

Blau- Violett

Pyro- catechin

Hellgras- grün

Rot- violett

Violett [Grasgrün

Blau mit Spur Violett

Violett- blau

Unvar- ändert

Schwach Graublau

Schwach | Waver- Graublau| ändert

Gallus- säure

Violett

ae Dunkel- Blau mit | Blau mit oje Tannin Br | Rotgrau | Violett | Violett Blau Spur- Spur- a ee Violett | Violet |

grau

Bei Zusatz von mehr Natriumbicarbonat und Ferrichlorid findet

Um eine einheitliche Uebersicht zu er- langen, wurden die verschiedenen Nuancen nach der „Radde’schen

Internationalen Farlıenskala“ geprüft: das Resultat dieser Prüfung ist

Uebergang in Kirschro: statt. die folgends Tabelle.

De}

1. Hefi.

Bad.

Arch. d. Pharm CCXXXIM.

66 F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel.

| 1 Proz. Proto- | 1 Proz. Pyro- | 1 Proz. Gallus- |

r i E 1 Proz. Tannin catechusäure catechin säure

a) 1 Tropfen !/, Proz: Ferrichloridlösung

16 0 | 15 r | 39 c | 39 a b) 1 Tropfen 1 Proz. Ferrichloridlösung 16 g 14h 39 b 40 b c) 1 Tropfen 2 Proz. Ferrichloridlösung 16 f | 13 k 19 d | 21c d) 1 Tropfen 4 Proz. Ferrichloridlösung 16 f | 1ark 21 1 21 c «) 1 Tropfen V/, Proz. Natriumbicarbonatlösung a) Bleibt 22 f | Bleibt | 41h b) x 22 f | 4 23 b CIUROIE, ' Unverändert 3 Unverändert #) 1 Tropfen 1 Proz. Natriumbicarbonatlösung a) Unverändert | 22 h | Unverändert | 24 © b) ; 19 b ; | 23. c) R 16 d | 21d | Unverändert d) | 16 d | 2 d | Pr ») 1 Tropfen 2 Proz. Natriumbicarbonatlösung a) Unverändert | 22 c | Unverändert | 23 k b) 16 k ZT | 4 | 23T c) 17 e | 21 e 21d | 236 d) 7 e | 21 e 2l'e | 22 £ d) 1 Tropfen 4 Proz. Natriumbicarbonatlösung a) Unverändert | 23 d | Unverändert | 23 0 b) IE ar | 22 f | 5 23 f ce) Ike ae | 23 e 22 d | 23 f d) ie | 21 e | 22 c | 23 f e) 2 Tropten S Proz. Natriumbicarbonatlösung a) 18 k 24 k Unverändert | 25 0 b) 19 d | 24 k 21 c | 25 g e) 19 g 24 e | 22 d 27h d) 19 f 23 | 22'd 24 c

Bei Zusatz von mehr Na HCO;3lösung findet bei b, c, d Uebergang nach 26 h statt.

Ich habe auch die Einwirkung von Kalkwasser auf die ver- schiedenen Lösungen durchprobiert und wird

1. 1 Proz. Protocatechusäurelösung nicht verändert

2. 1 Proz. Pyrocatechinlösung wird grasgrün; die Färbung ver- schwindet mit der Zeit und tritt beim Umschütteln wieder stärker hervor.

3. 1 Proz. Gallussäurelösung erscheint im auffallenden Lichte

blau, im durchscheinenden grünblau gefärbt. Auf Zusatz von mehr Kalkwasser entsteht ein blauer Niederschlag. Beim Verdünnen geht

F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel. 67

auf Zusatz einiger Tropfen Wasserstoffsuperoxyd die blaue Färbung in Russischgrün über.

4. Ebenso wird 1Proz. Tanninlösung im aufiallenden Lichte blau, im durchscheinenden grünblau gefärbt, durch Zusatz von mehr Kalkwasser entsteht ein blaugrauer Niederschlag.

Im weiteren Verlauf der Untersuchung des im alkoholischen - Auszuge gewonnenen, braunen Sirups, wurde zunächst eine möglichste Reinigung des Körpers nach folgenden Methoden angestrebt.

Die Substanz wurde zunächt in Alkohol gelöst und mit Tier- kohle wiederholt behandelt. Beim Eindampfen des Filtrates wurde jedoch wiederum ein noch braun gefärbter Sirup erhalten.

Eine konzentrierte Lösung von Natriumsulfat wurde, mit dem Sirap gemischt, der Krystallisation überlassen, jedoch ohne Erfolg, da die Krystalle stets etwas der braungefärbten sirupösen Masse einschlossen. Nach Stromeyer !} wurden dargestellt:

a) ein Baryumsaccharat. 50 g des Sirups und 450 g Wasser wurden mit einer Lösung von 20g Barythydrat in 100 g Wasser aufgekocht. Beim Erkalten schied sich das Saccharat ab.

b) ein Caleinmsaccharat: Der Mischung von 505g des Sirups und 450 5 Wasser wurden unter fortwährendem Umrühren 5g frisch zeglühtes CaO zugegeben, das Gelöste vom Ungelösten abfiltriert und die Lösung mit Alkohol zur Abscheidung des Saccharates versetzt.

In beiden Fällen resultierten bei der Zersetzung der Saccharata selbgefärbte Massen, die nicht rein zu bekommen waren.

Es wurde dieser braune Sirup daher der Ruhe überlassen. Nach Ablauf von vier Monaten begann der Zucker in Krystallen sich abzuscheiden und nach 7 Monaten konnte ich durch Absaugen eine genügende Menge davon isolieren um die folgenden, die Gly- kosen charakterisierenden, Versuche durchzuführen.

l. Mit krystallisierter Galle versetzt und über konzentrierte Schwefelsäure geschichtet entstand die nach H. Brunner?) auch für die Glykoside charakteristische Pettenkofer'sche Zonenbildung,

lt) Stromeyer, Ueber einige Saccharate, Archiv f. Ph. 37 P. 229. 2) Fresenius, Zeitschrift für anal. Chemie XII. 346.

68 F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel.

2. Die Lösung mit Kalilauge erhitzt, tritt Braunfärbung ein (Moore-Heller’sche Reaktion).

3. Beim Erwärmen mit alkalischer Wismutlösung entstand ein schwarzer Niederschlag (Böttger-Nylandersche Reaktion).

4. Mit Pikrinsäure in alkalischer Lösung entstand Rotfärbuug Johnson-Thierry’sche Reaktion).

5. a-Naphto! in 20 Proz. Lösung in Verbindung mit konzentr Schwefelsäure erzeugte eine dunkelviolette Zone; auf Zusatz von Wasser entstand ein blauer Niederschlag (Reaktion von Molisch).

6. Thymol unter denselben Bedingungen bewirkte eine karmin- rote Zone (R. v. Molisch).

7. Nach der von E. Fischer gegebenen Vorschrift wurde ein aus verdünntem Alkohol in gelben Nadeln krystallisierendes Glykosa- zon erhalten, dessen Schmelzpunkt bei 204 lag.

Eine Probe des Zuckers wurde mit Hefe versetzt und erwies sich durch Trübung des vorgelegten Barytwassers als direkt gährungsfähig.

Die wälsrige Lösung im Polarisationsapparat geprüft, erwies sich als rechtsdrehend.

Hiernach war also das aufgefundene Kohlehydrat in befriedigender Weise als Dextrose charakterisiert, während man früher den in

den Galläpfeln gefundenen Zucker für nicht krystallisations- fähig hielt. Gallo-Cerin.

Der aus den vereinigten Petroläther und Aetherauszügen ge- wonnene Körper stellt zerrieben ein Pulver von körniger, harzartig anzufühlender Beschaffenheit dar.

Er ist löslich in heilsem Alkohol, Aether, Aceton, Benzol, Chloroform und Eisessig, doch scheidet er sich aus diesen Lösungs- mitteln beim Erkalten zum gröfsten Teil wieder aus. Schön krystallisiert erhält man ihn beim Verdunstenlassen der alkoholischen Tösung in “Form von federartigen, zu Büscheln vereinigten

Krystallen. Er beginnt bei 172° zusammenzusintern und schmilzt bei 173 (unkorrigiert). Bei 176° färbt er sich unter Zersetzung gelb. Mit konzentrierter Schwefelsäure färbt er sich schön kirschrot. I. Mit Natrium geglüht, konnte darin Stickstoff nicht nachgewiesen

werden.

Xu

F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel. 69

II. Bei der Elementaranalyse lieferte der über H,SO, getrocknete Körper folgende Werte:

I. 0,2571 g Substanz gaben 0,7318 g CO, und 0,2623 g H,O.

II. 0,2155 g Substanz gaben 0,6117 g CO, und 0,2173 g H,O.

III. 0,2155 g Substanz gaben 0,6139 g CO, und 0,2112 g H,O.

IV. 0,2123 g Substanz gaben 0,6036 g CO, und 0,2096 5 H,O.

Daraus ergiebt sich folgende prozentische Zusammensetzung:

C H 16) E.1007759 11,33 11,08 IT: 77,40 11,20 11,40 ID. 77,63 10,89 11,48 IV. 77,54 10,97 11,49 Als Mittel berechnet sich: G =.,17,54 Proz. IT Ar LH Ouler, TR 5

welcher Prozentgehalt einer Formel C,9 Hz, O;. demnach ein Kohlen- stoffatom mehr als die Oelsäure, entspricht, oder auch Cs Hz, O;, welche Formel insofern Wahrscheinlichkeit hat, als die Fette be- kanntlich meistens paare Kohlenstotf-Atomzahlen haben.

Berechnet für C,g Hz4 O5 Gefunden: D —=,.#153 Brez; 77,54 Proz. Einen > IE DI A0ERU 5 5 52 Digg

Berechnet für C,H; O3 EZ HT7T9, Pro®: H sul ; OA ZE04a 5

Um das Molekulargewicht des Körpers zu bestimmen, benutzte ich die Raoult’sche, von Beckmann *) verbesserte Methode, welche auf der Erhöhung des Siedepunktes verschiedener Flüssigkeiten. durch Hinzufügen kleiner abgewogener Mengen der Substanz basiert Die Gefriermethode konnte nicht benutzt werden, da die Substanz in Eisessig gelöst, sich beim Erkalten, auch in kleinen Quantitäten stets wieder ausschied. Daher benutzte ich die Siedepunktsbestim- mung mit Eisessig. Es gelang mir jedoch nicht nach Eintragen der Substanz eine konstante Temperatur zu bekommen, während die

*) Beckmann über die Methode der M.-G.-Best. durch Gefrierpunkt- erniedrigung. Zeitschr. f. phys. Ch. IL. 9/10.

Beckmann, Studien über die Praxis der Best. des Mol,-G. aus Dampfdruckerniedrigungen. Zeitschr. f. ph. Ch. IV. V. 1389.

‚0 F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel.

Kontrolle mit andern Körpern, schon nach 3 Minuten konstante Temperaturen lieferte. Das Maximum der Siedepunktserhöhung zeigt, folgendes Resultat: Eisessig Substanz Erhöhung 34,15 g 0,1904 0,18 0 Daraus ergäbe sich ein Molekulargewicht von 78,28. Um zu versuchen, ob andere Lösungsmittel bessere Resultate lieferten, führte ich zunächst eine Bestimmung mit Aceton, sodann eine solche mit Benzol aus. Erstere lieferte folgende Werte:

Aceton Substanz Erhöhung [L. 28,09 g 0,2010 g 0,1100 II. 28,09 g 0,1892 g 0,100 0

Aus der ersten resultiert ein Mol.-Gew. 108,08.

Aus der zweiten resultiert ein Mol.-Gew. 112,47.

Mit Benzol:

Benzol Substanz Erhöhung 33,26 g 0,1468 8 0,1400 woraus sich ein M.-G. von 84,15 ergiebt.

Da wohl ausgeschlossen ist, dafs ein Körper von obiger prozen- tischer Zusammensetzung ein so niedriges Molekulargewicht habe, so muls man annehmen, dafs die obige Methode, so vorzügliche Resultate im allgemeinen sie auch liefert, bei manchen Substanzen eben doch im Stiche läfst, zumal die verschiedenen Lösungsmittel unter sich so abweichende Resultate ergeben haben. Da mir jedoch aufgefallen war, dafs bei der Bestimmung mit Benzol, die Queck- silbersäule bei einer wenig über dem Ausgangspunkt liegenden Temperatur längere Zeit stehen geblieben und dann regelmälsig weiter gestiegen war, so versuchte ich noch eine Bestimmung mit Benzol und beobachtete, dafs das Thermometer bei der unten an- gegebenen Erhöhung während 4 Minuten konstant‘ blieb, um damn wieder weiterzusteigen. Eigentümlicherweise nähern sich, nimmt man diese Temperatur als konstante an, die Werte aufserordentlich dem für die obige Formel berechneten Molekulargewicht, doch kann es natürlich nicht angehen, aus diesen Werten das Molekulargewicht des Körpers iestzusetzen.

Benzol Substanz Erhöhung 31.07 0,1986 0,060 Berechnet für C,9 Hz O5 Gefunden:

294 284.43

F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel. 71

Um die Natur der Substanz zu studieren, wurden fulgende Reaktionen ausgeführt: I. Einwirkung von Brom.

Zur Darstellung des Bromderivates wurden 3 g der Substanz in absolutem Alkohol gelöst, mit Brom bis zur bleibenden Rot- färbung versetzt und auf dem Wasserbade am Rückflufskühler während 6 Stunden erhitzt: die klare Flüssigkeit wurde in Wasser gegossen, wobei sich das Bromderivat als gelbe, anf «em Wasser schwimmende Masse ausschied. Durch mehrmaliges Aufnehmen mit Alkohol und Eingiefsen in Wasser gereinigt, wurde die alkoholische Lösung der freiwilligen Verdunstung überlassen, wobei das Brom- derivat in Form einer amorphen Masse zurückblieb, die sich harzig anfühlte. Bei 800 getrocknet, färbte sich d’e Substanz dunkelbraun, und sprang schliefslich in glänzenden Blättchen vom Glas ab.

Die nach Carius ausgeführte Brombestimmung lieterte folgende

Werte: I. 0,2060 g Substanz gaben 0,1192 g Ag'Br.

II. 0,2542 g 3 0,1484 g AgBr. Aus I. ergiebt sich ein Bromgehalt von 24,71 Proz. 11. 24,98

Im Sauerstoffstrom mit vorgelegter Silberspirale verbrannt erhielt

ich aus 0,2248 g Substanz 0,496 g CO, und 0,1570 g H,O,

woraus sich berechnen: Br 24,82 Proz. C = 60,18 Proz. H = 7,74: Proz.

Da sieh diese Werte nur schwer mit der Formel Cjg Hz, Br O, oder O9, Hz, Br O, in Uebereinstimmung bringen lassen, versuchte ch die Bromierung unter Vermeidung jeglicher Erwärmung, indem ich die Substanz in Chloroform löste, Brom bis zur Sättigung zu- fügte und die Lösung der freiwilligen Verdunstung überliels. Das überschüssige Brom wurde durch eine stark verdünnte Natrium- carbonatlösung entfernt, das Reaktionsprodukt mit Aether aut- genommen und schliefslich über Schwefelsäure bis zur Gewichts- konstanz getrocknet. Ich erhielt dabei zwar einen fast farblosen Körper, der jedoch, nach Carius analysiert, denselben Bromgehalt wie das erst erhaltene Produkt aufwies.

0,3828 g Substanz gaben 0,2242 g AgBr = 24,92 Proz, Br.

2 F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel.

II. Acetylierungs- und Benzoylierungsversuche.

Zur Darstellung des Acetylderivates wurde der Körper mit Essigsäureanhydrid und Natriumacetat während 6 Stunden am Rück- Aufskühler erhitzt und die so erhaltene Lösung in Wasser gegossen, wobei sich ein weifser Körper ausschied, der, getrocknet, den Schmelzpunkt der Ausgangssubstanz 1740 zeigte.

Ich wechselte daher die Methode und benutzte Chloracetyl, in- dem ich die Substanz damit während 3 Stunden am Rückflufskühler erhitzte. Das in Wasser sich ausscheidende Reaktionsprodukt wurde mit Alkohol gelöst und krystallisierte dasselbe daraus in Form dendritisch verzweigter Krystalle, die getrocknet, sich jedoch als unveränderte Substanz erwiesen.

Auch durch mehrstündiges Erhitzen der Substanz mit Chlor- acetyl im geschlossenen Rohre bei 100° konnte ich zu keinem Acetylderivat gelangen.

Da gewisse Substanzen häufig kein Acetylderivat, wohl aber ein Benzoylderivat geben, versuchte ich dasselbe darzustellen, indem ich die Substanz mit gleichen Teilen Benzoesäureanhydrid mengte und im Schwefelsäurebade während 6 Stunden auf 1750 erwärmte, wobei sich eine dunkelbraune, homogene Masse bildete. In Wasser gegossen, setzte sich das Reaktionsprodukt in Form von rotbraunen Tropfen auf dem Boden des Gefäfses ab, die beim Erkalten eine feste, amorphe Masse bildeten. Zur weiteren Reinigung in Alkohol aufgenommen, blieb ein Teil ungelöst. Beim Eingieflsen der alko- holischen Lösung in Wasser schied sich ein weilser Körper aus, der, über Schwefelsäure getrocknet, den Schmelzpunkt 1740 zeigte.

II. Einwirkung von Alkalien.

Um zu sehen, ob der Körper durch Alkalien verändert wirds versetzte ich seine alkoholische Lösung mit Ammoniak und ver- dampfte das überschüssige Ammoniak. Beim Erkalten schied sich ein Teil der Substanz aus, doch verursachte Silberlösung im Filtrate eine schwache Fällung. Es war also eine partielle Einwirkung erfolgt.

Sodann versuchte ich die Einwirkung von schmelzendem Kali- hydrat.

Es wurde 1 g der Substanz im Nickeltiegel geschmolzen mit 5 g Kalihydrat und während 10 Minuten im Schmelzen erhalten.

F. Koch. Ueber mitteleuropäische Galläpfel. 73

Es tvat dabei eine sofortige Bräunung der Substanz unter Entwick- lung von stark riechenden Kohlenwasserstoffen ein.

Beim Eingiefsen in Wasser zeigte sich eine nur minimale Trübung, während jedoch auf Zusatz von Salzsäure”eine reichliche, Hlockige Ausscheidung eines braunen Körpers eintrat. Demnach hatte also eine Einwirkung stattgefunden, die auftretenden Dämpfe liefsen jedoch schliefsen, dafs das eine Zersetzungsprodukt sich ver- Nüchtigt hatte.

Um dies zu vermeiden resp. die Einwirkung des Kalihydrats milder zu gestalten, wurden 3 g der Substanz mit einer 50 prozen- tigen alkoholischen Kalilauge am Rückflufskühler zum Sieden erhitzt und darin während 6 Stunden erhalten.

Beim Eingielsen in Wasser trat jetzt eine starke Ausscheidung eines schwach gelblich gefärbten Körpers auf, während das Filtrat aut Zusatz von Salzsäure einen ebenfalls noch schwach gelblichen Körper fallen liefs. Beide Substanzen wurden durch mehrmaliges Anuflösen in Alkohol und Eingiefsen in Wasser gereinigt und bis zur Gewichtskonstanz über Schwetelsäure getrocknet.

Der erstere repräsentierte ein weilses Pulver von saurer Reaktion.

Der Körper ist löslich in Alkohol, Aether und Chloroform. Er beginnt bei 165° sich gelb zu färben, sintert bei 2000 zusammen und schmilzt glatt bei 220°.

Im Sauerstofistrom im offenen Rohre verbrannt, lieferte die Substanz folgende Werte: I. 0,2300 g Substanz gaben 0,6440 g CO, und 0,2110 g H,O.

IH. 0,2120 g 4 „0,5912 g CO, und 0,1884 g H,O. In Prozenten ausgedrückt: I. C 76,08 H 10,19 11.0 76.06 H 9,88 Diese Werte würden einer Formel C,, Hs, OÖ» entsprechen. Berechnet für C,; Ha, O5: Gefunden: GC 176,27. Proz. C 76,07 Proz. #3.410,17). ; B4110,03.,. 4

Der durch Salzsäure ausgefällte Körper wurde nochmals in Kali- lauge aufgenommen, mit viel Wasser gemischt und durch Salzsäure ausgefällt. Abfiltriert und ausgewaschen, bis das Filtrat nicht mehr sauer reagierte, wurde der Körper über Schwefelsäure getrocknet,

74 F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel.

nochmals in Aether gelöst, filtriert und die Lösung der freiwilligen Verdunstung überlassen.

Es hinterblieb so ein schwach gelblich gefärbter, harzig sich anfühlender Körper. Derselbe ist löslich in Alkohol und Aether, un- löslieh in Wasser.

Er schmilzt bei 162°, nachdem er bei 140 0 begonnen sich braun zu färben.

Der Körper reagiert sauer. Im Sauerstoffstrom verbrannt lietert er folgende Werte:

I. 0,2110 g Substanz gaben 0,5673 g CO, und 0,1858 g H,0,

I. 0,1707'8 R „0,4606 g CO, und 0,1542 g H,0, oder in Prozenten:

EROTEI3 31 ‚B. 868 Proz: IL. .u0,,43,59 H 10,04 Als Mittel ergiebt sich daraus

.’

H 986.

Zur Darstellung des Silbersalzes wurden 05 g der Substanz in Alkohol gelöst und die Lösung mit Ammoniak versetzt. Nach Verjagung des überschüssigen Ammoniaks wurde die neutrale Lösung mit Wasser verdünnt und mit salpetersaurem Silber versetzt. Es entstand ein rein weilser, flockiger Niederschlag, der rasch auf dem Filter ausgewaschen und über Schwefelsäure bis zur Gewichts- konstanz getrocknet wurde.

Die Bestimmung des Silbergehaltes gab folgende Resultate:

I. 0,1002 g des Salzes gaben 0,0098 g Ag = 9,78 Proz.

11. 0,0032 is 3 0003L Er .„ „Ah

IV. Aethyläthern.

Zur Gewinnung dieses Aethers löste ich 1 g der Substanz in Aethylalkohol und kochte diese Flüssigkeit während einer Stunde mit alkoholischer Kalilauge (15 Proz.) und einem Ueberschufls von Aethyljodid. Das Filtrat wurde in Wasser gegossen, wobei jedoch nur eine geringe Trübung eintrat. Sobald man jedoch nur eine Spur Salzsäure zusetzte schieden sich sofort gelbe Flocken ab, die aus- gewaschen und in Alkohol gelöst wurden. Diese Lösung wurde in salz- säurehaltiges Wasser gegossen. Der Niederschlag wurde über Schwefel-äure bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Der Schmelz- punkt dieses Körpers liegt zwischen 276—280° indem er bei 276° beginnt harzartig zusammenzusintern.

F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel. 75 Die Elementaranalyse gab folgendes Resultat: 0,1552 g Substanz gaben 0,4354 g CO, und 0,1340 H,O

entsprechend einem Prozentgehalt von 76,49 Proz. C und 9,59 Proz. H.

Da ein Aethyläther der oben aufgestellten Formel andere Werte verlangt, so glaubte ich noch einen Versuch wit der Darstellung des Aethers machen zu müssen, erhielt dabei aber keine besseren Resultate. 2 g der Substanz wurden in absolutem Alkohol gelöst und in diese Lösung Chlerwasserstoff bis zur Sättigung eingeleitet. Beim Eingielsen dieser Lösung in Wasser schied sich die Substanz rein weils aus. Ausgewaschen und bei 100 ° getrocknet, schmolz die Substanz glatt bei 274°.

Die Elementaranalyse ergab folgendes Resultat:

0,1794 g Substanz gaben 0,4992 5 CO, und 0,1532 H,O entsprechend einem Prozentgehalt von C = 16,78 Proz. H = 9,49 Proz. V. Verhalten gegen Phosphorpentachlorid.

Beim Erwärmen der Substanz mit Phosphorpentachlorid und Eingiefsen in Wasser wurde eine braune, schmierige Masse erhalten, die durch Auflösen in Alkohol und Eingielsen in Wasser nicht rein zu bekommen war. Ich versuchte dann das Erwärmen zu vermeiden, es gelang mir aber trotzdem nicht, ein farbloses Reaktionsprodukt zu erzielen. Der Schmelzpunkt des Körpers liegt über 250°.

VI Verhalten gegen Hydroxylamin.

1 g der Substanz wurden in 30 g Alkohol gelöst und mit salz- saurem Hydroxylamin einige Stunden am Rückflufskübler erhitzt. Nach dem Erkalten wurde die Lösung in Wasser gegossen, der aus- fallende, weilse, flockige Körper gut ausgewaschen und über Schwefelsäure getrocknet.

Um zu untersuchen, ob ein Oxim gebildet worden sei, glühte ich eme Probe der Substanz mit metallischem Kali, konnte in der Schmelze jedoch keinen Stickstoff nachweisen. Auch beim Glühen der Sabstanz mit Natronkalk gelang es mir ebensowenig Stickstoff nachzuweisen, en Oxim war also nicht gebildet worden. Der Schmelzpunkt der Substanz lag jedoch bedeutend höher als der der Grundsubstanz (bei 274°).

VO. Verhalten gegen Salpetersäure.

In konzentrierte Salpetersäure eingetragen, löste sich die

Substanz beim Erwärmen auf unter Entwicklung von Untersalpeter-

76 F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel.

säure. Beim Eingiefsen der gelben Lösung in Wasser schieden sich Flocken ab, die, ausgewaschen bis das abfliefsende Wasser keine Reaktion mit Diphenylamin mehr gab, und getrocknet, ein schwach gelblich gefärbtes Pulver vorstellten. Löslich in Alkohol, Aether und Chloroform. Nach der gewöhnlichen Methode mit metallischem Kali geglüht, konnte kein Stickstoff darin nachgewiesen werden. Der Körper gab weder Pikrinsäure, noch Oxalsäurereaktion.

VII. Verhalten gegen Zinkstaub.

Mit Zinkstaub im Glühröhrchen erhitzt, entweichen leicht ent- zündliche, mit leuchtender Flamme brennbare Kohlenwasserstofie, während sich an den oberen Teilen des Glases ein gelbes Oel an- setzte, das beim Erkalten erstarrte.

IX. Verhalten gegen Jodwasserstoff.

In der Hoffnung durch Ueberführung des Körpers in seinen Kohlenwasserstoff etwa Aufklärung über seine Konstitution zu er- halten, erhitzte ich 2 g desselben mit S g HJ u. amorphem Phosphor im geschlossenen Rohre während 4 Stunden auf 250° Beim Oeffnen der Capillare fand eine solche Detonation statt, dals das Rohr zer- plittert wurde und das Reaktionsprodukt verloren ging.

Nach diesen Resultaten zeigt sich der Körper als höchst indifferent gegen chemische Agentien.

Ein Körper von ähnlichen Eigenschaften findet sich unter dem Namen Cerint) beschrieben. Seine Eigenschaften sind nach John, der ihn aus dem Bienenwachs isolierte, folgende: Weifs, hart wie Wachs, P. S, 0,969; löslich in 16 Teilen kochenden Alkohols, woraus er sich beim Eıkalten wieder ausscheidet. Der Schmelzpunkt wird nach Brudet und Boissenot bei 62° angegeben. Durch Kali wird es teilweise verseift.

Chevreul?) hat diesen Körper aus der Korkrinde von Quercus suber durch Behandeln derselben mit heilsem Alkohol erhalten.

Wittstein®) hat denselben später aus der korkartigen Wurzelrinde von Aristolochia antidysenterica Mart. isoliert. Nach demselben Autor giebt das Cerin_ beim Behandeln mit HNO, neben andern Produkten Oxalsäure. Seine Zusammensetzung ist nach Doepping Cy; Hz, O, ent- sprechend einem Prozentgehalt von 0 75,00 H = 10,500 = 14,50. Bei

1) Vollst. allgm. chem. Handwörterb. v. Dr. Wittstein, München 1847. 2), Annal. d. Chemie Nov. 1815, 3) Repert. t. d. Ph. I, VII. 152.

=] u |

F. Koch: Ueber Scrophularia nodosa.

Fehling!) finden sich ferner folgende Eigenschaften: Das Korkwachs wird in kochendem Wasser weich und backt zusammen, es wird von Kalilauge nicht verseift und giebt bei der trocknen Destillation eine grolse Menge beim Erkalten erstarrenden Fettes und hinterläfst Kohle

Die Aehnlichkeit zwischen diesem Cerin und dem von mir aus den Galläpfeln abgeschiedenem Körper ist so augenfällig, dafs Herr Professor Brunner und ich denselben als Gallocerin bezeichnen wollen. Auch der Ursprung der Substanz rechtfertigt den Namen, da Chevreul sein Cerin aus der Rinde der Korkeiche erhielt und dürfte das Gallocerin aus der Rinde der Eiche in die Galläpfel wandern.

IH. Serophularia nodesa.

Von der Gattung Scrophularia sind über 100 Arten teils Kräuter oder Stauden in Europa sowie in den aulisertropischen Gegenden Asiens, Afrikas und Amerikas verbreitet. Da die Blätter und Wurzeln der Scrophularia nodosaL. (auch wohl der Scrophul. Ehrhart i. Stev.) früher medizinisch verwendet wurden, so schien es interessant eine Untersuchung dieser Pflanze in chemischer Hinsicht zu unternehmer, um so mehr als dieses Thema nur einmal bis jetzt behandelt worden ist; Walz hatte die Pflanze einer Untersuchung unterworfen im Jahre 1853, jedoch in einer Art und Weise, die mit den Fortschritten, die die Chemie in diesen 40 Jahren gemacht, durchaus nicht mehr in Einklang zu bringen ist. Ich werde unten auf die Resultate dieser Untersuchung zu sprechen kommen.

Vorher mögen hier einige Daten über die Geschichte der Scro- phularia, soweit mir die diesbezügliche Litteratur zu Gebote stand, Platz finden.

Dem Werke: Dorvault2) entuehme ich folgendes:

Serofulaire, Serophular. aquat. et nodosa, Braunwurz, Kreuznessel, Herbe aux &cruelles; herke du Siege; Betonie d’eau. Ües pla: tes etaient employees jadis contre les affections scrofuleuses; elles ont &te la base de plusieurs onguents. Leurs propri&'&s therapeutiques furent mises en lumiere par suite du manque de vuln£raires qui survintpen dant le siege de la Rochelle sous Louis VIII.

Chez les Arabes de l’Algerie le decoct& de Serofulaire est usite en tisane dans les fi6vres intermittentes. Dans ces derniers temps la Serofulaire a &te preconisde comme antidote Ju virus rabique.

4) Neues Handwörterbuch der Chemie II. Aufl, 2) Dorvault: L’offiecine XII. edition 1889 Pag. 877.

1 [0]

F. Koch: Ueber Scrophularia nodosa.

Elle contient un principe amorphe (Scrofuliue-Joron) analogue & la Digitaline et un autre principe cristallin en tres minime proportion.

Scrophularia!) Kropfwurzel, Skrophelkraut. Die Pflanze erhielt hren Namen nach der Form der Wurzel, in der man auch der Gestalt wegen ein Heilmittel gegen Halsgeschwülste gefunden zu haben glaubte. Man wandte sie sowohl innerlich in Abkochung und äufserlich gegen Kröpte, Drüsen u. 8. w. an.

Heute üudet die Scrophularia nur noch in der Homöopathie Ver- wendung.

Für alle in der Litteratur erwähnten Mitteilungen bildet die Arbeit von Walz die Basis, über die ich jedoch nur ein Referat zur Hand hatte?). Ich lasse dasselbe hier folgen:

Die frischblühende Pflanze von Scrophularia nodosa gab bei der Dampfdestillation erst ein neutrales, dann ein saures Destillat. in welch letzterem Propionsäure neben wenig Essigsäure enthaltenist. Ein stearoptenartiger Körper und mehr Essigsäure fanden sich in dem stärker sauren Destillate von länger aufbewahrten Pflanzen. Walz bezeichnet den stearoptenartigen Körper mit Scrophularosmin. Nach der Destillation wurde das Kraut mit heilsem Wasser aus- gezogen und das stark sauer reagierende, bitter braune Infusum mit neutralem, essigsaurem Bleioxyd gefällt. Im grüngelben Nieder- schlage waren an Bleioxyd gebunden aulser anorgauischen Säuren Weinsäure, Citronensäure, Acpfelsäure eine eisengrüuende Gerbsäure, Chloropbyllharz, und ein in Aether unlösliches, gelbrotes Harz. Das Tjltrat gab mit basisch essigsaurem Bleioxyd einen gelben Nieder- schlag, worin aufser den angeführten Säuren: Gummi, Stärkemehl und Pektin sich fanden. Nach dem Ausfällen des Bleioxydes mit Natrium- varbonat gab das Filtrat mit Gerbsäure einen starken, flockigen, weilsen Niederschlag, der sich in Weingeist teilweise löste. Die weingeistige Lösung gab nach dem andauernden Digerieren mit seschlämmtem Bleioxyd, welches die Gerbsäure entzog, eine gelb- ‚raune Tinktur, die bei freiwilligem Verdunsten krystallinische Schuppen eines in Wasser löslichen, bitteren, als Scrophularin bezeichneten Körpers ausschied. Die irisch getrocknete Pilanze nebst Wurzel gab 7,5 Proz. Asche.

Bei ähnlicher Behandlung der Scrophularia aquatica fand Walz, dals die flüchtige Säure eine eigentümliche sei und in dem Gerb- stoffniederschlage unterscheidet er neben Scrophularin eine in Aether lösliche, harzartige Verbindung als Serophularaerin.

1) Handb. d. rein. u. angew. Ohemie, Dr. Fehling, Braunschweig 1859, WTB. :

2) J. B. über Fortschr. d. Ch. 1853, pag. 367.

F. Koch: Teber Scrophularia nodosa. 9

Dem bereits oben erwähnten Werke Fehling's!) entuehme ich nach- folgenden Passus:

Die frisch getrocknete Pflanze, im Dampfapparat mit Wasser destilliert, gab ein saures Destillat, auf dem eine fettartige Haut schwamm, die, mit Aether behandelt, Scrophularosmin gab. Wird die mit Wasser ausgekochte Pflanze getrocknet, dann mit Alkohol aus- gezogen und das Filtrat verdampft, so bleibt eine grün-braune, harz- artige Masse zurück von bitterem Geschmack, die sich nur teilweis» in Wasser löst: der darin unlösliche Teil löst sich zum Teil in Alkohol, Die alkoholische Lösung mit Bleizucker gefällt und dann mit H,S behandelt, giebt nach dem Filtrieren und Abdampfen ein bräun. liches Pulver, dem Wasser geringe Mengen Scroplularin entzogen. Aus dem Rückstande löste Aether ein Harz mit goldgelber Farbe, das beim Ver- dampfen der ätherischen Lösung teils in Form gelblich-weilser Krystalle, teils als bräunlich gelbe, schmierige Masse zurückbleibt; die letztere wird bei längerem Stehen auch krystallinisch. Das Harz ist löslich in Wein- geist wiein Aether, aber unlöslich in Wasser; es schmilzt beim Erhitzen.

Die Asche der Scroplularia nodosa hat nach demselben Werke die folgende prozentische Zusammensetzung:

TE LAT NAUOnRE EN RE NEN A EG, Magnesia 7 124.9 er 1831 Bisenssyd sul ‚er Chiomatrium 72.22.7762 Schwefelsäure . . .. 3,41 Phosphorsäure . . . . 13,0 Kohlensäure: . > „m 12 Kieselsäure . . .... 45 Kohle und Sand . . . 08

Loyd 2) will in der in Nordamerika wachsenden Scrophularia nodosa Spuren eines Alkaloides und ein Harz von pfefferartigem Geschmack gefunden haben.

F.F. Mayer) hat einige chemische Bemerkungen über die Familie

der Scrophulariaceae zusammengestellt, wobei er sich auf die Walz’sche Arbeit stützt.

Ebenso beziehen sich die im Handwörterbuch 4) sowie bei Beil-

stein) gemachten Bemerkungen über Scrophularin und Scrophularosınin lediglich aut die Walz’sche Arbeit.

1) Cfr. pag, 78. 2) Pharmac. Zeit., Berlin 1887, No. 69, S. 483. 3) Americ. Journ. of Pharm. 35 (1865).

4, Neues Handwörterbuch d. Ch. Dr. Hell, 1573. Lief. B. VL Liet. VL Braunschweig 1893.

5) Handbuch der organ. Chemie, II. Aufl., III. B., 1590, Pag. 329.

Dar

Eichler!) fand, dafs in der Scerophularia nodosa Duleit ent} a sei. Er isolierte denselben, indem er einen wässrigen Abs Pflanze mit Kalkmilch bis zur alkalischen Reaktion versetzte, auf- kochte, filtrierte, stark konzentrierte und mit Salzsäure übersättigte. ER „Aus dieser Lösung krystallisierte der Duleit aus. ®

>

Nach der vorliegenden Litteratur wären in der Serophularia nodosa e E

also gefunden: 1. Ein eisengrünender Gerbstoff.

i = Mn 2. Ein Bitterstoff Serophularin-Walz. E Wi. 3. Ein stearoptenartiger Körper Scrophularosmin-Walz. 5; 3 4. Duleit. e 5 Es liegt auf der Hand, dafs Körper, wie die oben angegebenen

nach Walz’scher Vorschrift gewonnenen, ohne Angabe jeglicher näherer Eigenschaften als der des äufseren Ansehens und ihres Ge- schmackes, einen Anspruch auf den Namen eines chemischen Indi- viduums an und für sich schon nicht machen können. Auffallend Ri: 3a aber ist es, dafs Walz erstens aus einem ursprünglich weilsen®) | b M Niederschlage eine braune Tinktur erhält, die das Scrophularin einschlie(st und zweitens, dals er dieses Scrophularin in der 2 Scrophularia nodosa in dem Filtrat von den Bleiniederschlägen findet, in der Scrophularia aquatica jedoch in den Bleiniederschlägen selbst.

| » Die zur Untersuchung verwendeten Auszüge der Scrophularia a nodosa stammten aus der Fabrik der Firma Siegfried in Zofingen, Er

_ und zwar lagen vor: SR De. a) ein ätherischer, 5 DR 3 b) ein alkoholischer, - Br c) ein wälsriger, je von Kraut und Wurzel. E

' Asche.

+ In Hinsicht auf die frühere medizinische Verwendung schien es R _ _gicht uninteressant, eine Untersuchung der Asche auf Halogene ke; N spez. Brom und Jod, sowie auf Lithium vorzunehmen. Doch hat EN

j diese Analyse die völlige Abwesenheit dieser Elemente ergeben. Er

100 & Extrakt aus der Wurzel lieferten 4,75 g einer gelben Asche.

Bi 1) Husemann und Hilger, Pflanzenstoffe, S. 1227. Br u) ‚Cfr. Pag: 78.

ARCHIV

DER

PHARMACIE

herausgegeben

vom

Deutschen Apotheker-Verein unter Redaction von

E. Schmidt und H. Beckurts.

Band 233. Heft 2.

| BERLIN.

Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 1895.

Ausgegeben den 30. März 1895.

INHALT.

Seite

Koch, Phytochemische Studien. Beiträge zur Kenntniss der mittel- europäischen Galläpfel, sowie der Scrofularia nodosa L. 81

C. Boettinger, Zur Kenntniss der Glyoxylsäure, III. Abteilung . 100 P. Zenetti, Das Vorkommen von en in Folia Bueco und seine Krystallformen . . .. 104 C. Boettinger, Zur Kenntniss der Giyosyleäure, 1 Iv. Abreise EB: .. C. Hartwich, Ueber falsche Senega.. . . 118 C. Boettinger, Ueber die Osazone der Fer aus u Sud Nallonen“... .>; gu | H. Pommerehne, Ueber die e von en .. BE 57)

Eingegangene Beiträge.

. Rössler, Cultivirung von Crenothrix polyspora auf festem Nährboden. . Schmidt, Ueber das Scopolamin.

se)

(Geschlossen den 20. März 1895.)

802

Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,—.

Alle Beiträge für das „Archiv‘‘ sind an die Archiv-Redaction Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder Herın Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig, alle die Inserate u. s. w., überhaupt die Archiv-Verwaltung und die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den Deutschen Apotheker-Verein

Berlin €. 22, An der Spandauer Brücke 14 einzusenden.

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Ueber Scrophularia nodosa. 81

100 g Extrakt aus dem Kraute lieferten 16,2 g rein weilse Asche. Es finden sich darin: Kalium, Natrium, Calcium, Magnesium, Eisen, Chlor, Phosphor- säure, Kieselsäure. Aulserdem weist die Asche der Wurzel einen reichlichen Gehalt an Mangan auf.

l. Untersuchung des alkoholischen Auszuges.

Der Auszug des Krautes zeigte eine lebhaft grüne Färbung, der der Wurzel eine braune. Es war zu erwarten, dafs die von Walz isolierten Körper sich in diesem Auszug finden würden und war zu- nächst die Richtigkeit seiner Untersuchungsresultate zu kontrollieren resp. der Nachweis der in den Bleiniederschlägen von ihm au‘- gefundenen Säuren, sowie hauptsächlich des Scrophularins zu führen.

Zu diesem Zwecke wurden zuerst die Lösungen der Auszüge in der von ihm angegebenen Weise behandelt. Dabei stellte sich jedoch ein in denselben enthaltenes Harz als die Fällungen ver- unreinigend in den Weg und schlug ich, um dasselbe möglichst zu entfernen, folgenden Weg ein:

500 g des Auszuges wurden mit 750g Alkohol auf dem Dampf- bade behandelt, absitzen lassen und filtriert. Der in Alkohol un- lösliche Teil gelangte beim wässrigen Auszug mit zur Verarbeitung. Der klaren Lösung wurde ein Dritteil Chloroform zugegeben und das Ganze mit einer grölseren Menge Wasser gut ausgeschüttelt. Längere Zeit der Ruhe überlassen, trennte sich die Flüssigkeit in zwei Schichten, eine obere gelbbraune und eine untere grüne, das Harz enthaltende.

A) Untersuchung der Chloroformschicht. Zimmtsäure.

Von der Flüssigkeit wurde zunächst durch Destillation das Chloroform entfernt, der letzte Rest auf dem Wasserbade verjagt und die restierende Masse mit Alkohol aufgenommen. Tierkohle entzog dieser Lösung beim Erhitzen am Rückflufskühler das Chloro- phyll, sodafs eine gelbbraune Flüssigkeit resultierte. Nach dem Ab- destillieren des Alkohols hinterblieb eine elastische, goldglänzende, unter Wasser sich in Fäden ziehende Masse. Durch nochmaliges

Arch. d. Pharm. CCXXXIL. Bds. 2. Heft. [6]

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82 F. Koch: Ueber Scerophularia nodosa.

Behandeln mit Tierkohle war eine weitere Entfärbung nicht zu er- zielen, ebensowenig durch Versetzen der Lösung in Chloroform und Alkohol mit Wasser, da sich eine Emulsion bildete. Es wurde da- her zur Trockne verdampft, wobei die Masse dunkelbraune Farbe annahm. Zerrieben stellt die Substanz ein hellbraunes Pulver dar,

Sie ist löslich in Alkohol und Chloroform, teilweise in Aether und Benzol.

Die Substanz löst sich leicht in verdünnten Alkalien, wobei stets ein Geruch nach Fruchtäther auftritt.

Löst man das Harz in Alkohol und giebt ein Stückchen me- tallisches Natrium zu, so entsteht ein gelber Niederschlag.

Abfiltriert und zwischen Papier getrocknet, zeigt derselbe stark hygroskopische Eigenschaft; er riecht stark nach Apfeläther.

Bleiacetat verursacht in der alkoholischen Lösung eine grau- weilse Fällung.

Mit Wasser erwärmt schmilzt das Harz.

Da ich in dem Harz einen Ester einer aromatischen Säure ver- mutete, suchte ich durch Verseifen denselben zu zerlegen.

20 g des Harzes wurden in 100g 25prozentiger Kalilauge unter Erwärmen gelöst und die klare Lösung mit Wasser verdünnt. Da eine Trübung dabei nicht eintrat, schüttelte ich die Lösung mehr- mals mit Aether aus, erhielt jedoch beim Verdunsten desselben nur einen minimalen Rückstand. der gleichzeitig vanille- und pfefferartig roch. Bei der Destillation im Dampfstrom erhielt ich eine neutral reagierende, geruch- und geschmacklose Flüssigkeit, die auf das Chromsäuregemisch keinerlei Einwirkung zeigte.

Zur weiteren Behandlung wurde die Lösung mit Salzsäure ver- setzt, wobei ein graubrauner Niederschlag entstand, der, in kaltem Wasser so gut wie unlöslich, solange nachgewaschen wurde, bis die ablaufende Flüssigkeit keine Chlorreaktion mehr gab. Da der Niederschlag in heifsem Wasser vollständig löslich war, wurde diese Lösung solange mit Tierkohle erhitzt, bis vollständige Entfärbung eingetreten war, die Flüssigkeit heils filtriert und Erkalten lassen. Dabei schieden sich farblose Krystallnadeln aus, die auf einem Filter gesammelt, mit kaltem Wasser nachgewaschen wurden.

Durch weiteres Eindampfen der Mutterlauge wurde eine neue Ausbeute von Kıystallen erzielt. Durch Absaugen zwischen Filtrier-

F. Koch: Ueber Scerophularia nodosa. 83

papier von der anhaftenden Flüssigkeit zum gröfsten Teil befreit, wurden dieselben über Schwefelsäure bis zur Gewichtskonstanz ge- getrocknet.

Die aus tarblosen Nadeln bestehende Krystallmasse löst sich schwer in kaltem, leicht in heilsem Wasser, in Alkohol, sowie in Alkalien. Die wässrige Lösung reagiert sauer.

Auf dem Platinblech erhitzt, hinterlassen sie keinerlei Rück- stand.

Mit Natrium geglüht, konnte in der Schmelze Stickstoff nicht nachgewiesen werden.

Der Schmelzpunkt der Substanz liegt bei 133°.

Dieselbe zeigt folgende Reaktionen: Mit Kaliumpermanganat erwärmt, tritt starker Geruch nach Benzaldehyd auf; ebenso beim Erwärmen mit verdünnter Salpetersäure.

In der Lösung des Ammoniumsalzes erzeugte:

Eisenchlorid einen flockigen, gelben Niederschlag, der sich in Salzsäure löste.

Bleiessig einen rein weilsen Niederschlag, löslich im Ueberschufs des’ Fällungsmittels ;

Silberlösung weifse Fällung ; löslich in Ammoniak ;

Quecksilbernitrat weifse Fällung ; löslich in Salpetersäure;

Kupfersulfat einen blauweilsen Niederschlag.

Die vorliegenden Reaktionen, sowie der Schmelzpunkt stimmen mit den Identitätsreaktionen der Zimmtsäure überein.

Bei der Verbrennung im Sauerstoffstrome lieferte die Substanz folgende Werte:

0,2090 g Substanz gaben 0,5570 g CO, und 0,0948 g H,O.

Berechnet für C, H,O, Gefunden: 0 —=.12,91 Proz. 72,67 Proz. Eee: OR E

Das Filtrat wurde wie oben gefällt: 0,1642 g desselben lieferten 0,0692 g Ag = 42,15 Proz. Berechnet für C,H, O0, Ag Gefunden: Ag = 42,35 Proz. 42,15 Proz.

Wie ich bereits oben erwähnt, war mir nach dem Verseifen des Harzes und Ausziehen mit Aether der aromatische Geruch der hinter- bleibenden Substanz aufgefallen. Leider gestattete die Menge nicht, dieselbe rein darzustellen.

6*

34 F. Koch: Ueber Scrophularia nodosa.

Es erhellt somit aus der Untersuchung des Harzes, dafs die Zimmtsäure wohl frei vorkommt, wesentlich aber ein Zersetzungs- produkt des Harzes ist.

B. Urtersuchung der wässerigen Schicht.

Nach dem Gange der Walz’schen Untersuchungsmethode mulste sich in dieser Schicht der Gerbstoff, sowie das von ihm isolierte Serophularin finden.

Thatsächlich erzeugte Eisenchlorid in dieser Lösung eine grüne Färbung. Um den Gerbstoff zu entfernen, wurde, wie unten be- schrieben, mit Bleiacetat gefällt, das Filtrat durch Schwefelwasser- stoft entbleit und nach dem Verjagen desselben mit Tierkohle be- handelt. Eine vollständige Entfärbung konnte nicht erzielt werden, sondern es hinterblieb auch nach mehrmaligem Erhitzen mit Kohle und Eiweifs eine dunkelbraune Flüssigkeit.

Um daraus das Walz’sche Scrophularin zu erhalten, versetzte ich die Lösung mit einer wässerigen Lösung von Tannin und erhielt dabei einen schwachen, braungefärbten Niederschlag, der sich als in Alkohol teilweise löslich erwies. Einen Teil dieser Lösung behandelte ich nun mit Bleioxyd, einen andern mit frisch gefälltem Bleihydroxyd, um das Tannin zu entfernen.

Das Filtrat wurde sodann der freiwilligen Verdunstung über- lassen, wobei ein brauner Sirup hinterblieb, aus dem sich nach längerer Zeit ein krystallinischer Körper ausschied, aber in ganz geringer Menge, so dafs es mir unmöglich war, eine weitere Reini- gung desselben vorzunehmen, oder eine Analyse anzustellen. Die wässerige Lösung gab weder mit Qwuecksilberchlorid, noch mit Phosphormolybdänsäure, sowie den übrigen Alkaloid-Reagentien Fälllungen, es dürfte dieser Körper, den Walz vorzeitig, ohne jeg- liche nähere Untersuchung mit dem Namen Scrophularin belegt hat, das nicht sein, was man versucht ist hinter derartigen Namen zu suchen. :

Das Filtrat der Fällung mit Tannin wurde durch Bleihydroxyd von Tannin befreit. Cholin.

Als ich diese Lösung mit Kaliummercurijodid prüfte, entstand

noch ein bedeutender, leuchtend citronengelber Alkaloidmercurijodid-

F. Koch: Ueber Scrophularia nodosa. 85

niederschlag. Es lag demnach noch eine in Wasser lösliche Base vor.

Zur Fällung dieser Base diente eine nach der von Böhm empfohlenen Vorschrift bereitete höchst konzentrierte Lösung von Kaliummercurijodid mit Ueberschufs von Mercurijodid, in welcher Verdünnen mit Wasser sofortige Abscheidung von rotem Merecuri- jodid erzeugt. Der schön hochgelbgefürbte Niederschlag wurde auf einem Filter gesammelt, durch Abpressen möglichst von der Flüssigkeit befreit und noch feucht durch Verreiben mit frisch ge- fälltem Silberoxyd zersetzt. Hierbei trat ein deutlicher Geruch nach Trimethylamin auf. Nun wurde von dem gleichmäfsig grau gefärbten Niederschlage abfiltriert und bis zum Verschwinden der alkalischen Reaktion des Filtrates nachgewaschen. Die genau mit Salzsäure neutralisierten Filtrate wurden durch Einleiten von Schwefelwasser- stoff von etwa noch gelöstem Silber und Quecksilber befreit, filtriert und zum dünnen Sirup eingedampft.

Der letzte Rest wurde schliefslich im Exikkator verdunstet. Durch wiederholtes Umkrystallisieren aus Alkohol erhielt ich das Chlorhylrat der Base in Form harter, farbloser, äufserst hygrosko- pischer, in Wasser und Alkohol leicht löslicher Krystalle, die beim Erhitzen auf Platinblech unter Entwickelung von Trimethylamin ver- kohlten.

Zur weiteren Untersuchung der Base stellte ich das Platin- doppelsalz dar. Das in wässriger Lösung durch Platinchlorid nicht fällbare Chlorhydrat giebt in weingeistiger Lösung mit alkoholischer Platinchloridlösung einen schwach rötlich-gelben, mikrokrystallinischen Niederschlag, der nach dem Auswaschen bei 80° getrocknet wurde.

Die Gesamtheit der angeführten Eigenschaften besonders aber der sowohl beim Zersetzen mit Silberoxyd, als auch beim Erhitzen der sirupösen Base auftretende charakteristische Trimethylamingeruch, liefsen in dem vorliegenden Körper Üholin vermuten.

Ich glaubte mich daher bezüglich der Analyse des Platinsalzes auf die Ermittelung des Platingehaltes beschränken zu dürfen. Beim Glühen des Platinsalzes trat wieder sehr deutlich der Trimethylamin- geruch auf.

0,2694 des Salzes hinterlielsen beim Glühen 0,0846 g = 31,40 Proz. Pt

56 F. Koch: Ueber Scrophularia nodosa.

Vergleicht man diese Werte mit dem für Cholinplatinchlorid

berechneten Prozentgehalt an Platin, so erhält man: Berechnet für: (C, H,, NOCI,PEC], Gefunden: 31,53 Broz.Bt: 31,40 Proz Pt.

Das Vorhandensein des Cholins in der Scrophularia ist somit bewiesen.

Da ich das Cholin im alkoholischen Extrakt als freies vor- gefunden, dasselbe jedoch in den Pflanzen bekanntermalsen aus den Lecithinen durch Spaltung, sei es bei der Bereitung der Auszüge, sei es in der Pflanze selbst, entsteht, so mulste es als höchst inter- teressant erscheinen, wenn es gelang, das Lecithin als solches nach- zuweisen. Zu dieser Vermutung, das Lecithin noch als solches in dem Auszug zu finden, berechtigte der Nachweis von Palmitinsäure und Oelsäure aus dem Fette der Scrophularia, den ich weiter unten geführt.

Auf Anregung von Herrn Prof. Dr. Brunner suchte ich nun auf folgende Weise das Vorhandensein des Palmitin-Olein-Leeithin zu konstatieren.

Es wurde 1 Teil des aus dem ätherischen Auszuge erhaltenen Fettes mit Natriumearbonat und Salpeter verpufit; in Wasser auf- genommen, gab die Lösung mit Ammoniummolybdat sowohl als mit Magnesiamixtur Phosphorsäure-Reaktion.

Ein Teil des Fettes wurde nach der von Brunner!) angegebenen Methode mit Natronlauge verseift, mit Salzsäure neutralisiert, ein- gedampft, mit wenig Wasser aufgenommen und mit Böhm’schem Reagens versetzt. Es trat der für Cholin charakteristische gelbs Niederschlag auf, womit die Gegenwart von Lecithin nachgewiesen ist, da das Leeithin sich bekanntlich durch Verseifen folgendermafsen zersetzt:

0 C,;H;, 0 N 0; H,;-0 C,Hz > N =Y—N (CH le

N mm Palmitin—-Olein—Leeithin

OH Cs Hz 0, + Cs Hy 0, + 03H; \ OPdIom, 1) Schweiz. Wochenschr. f. Ph. 1892.

F. Koch: Ueber Serophularia nodosa. 87

Palmitinsäure —Oelsäure—Glycerinpho sphorsäure N: CH,/ \GH,OH Cholin. Zucker.

Das Filtrat der Cholinfällung wurde durch Schütteln mit Queck- silber von Jod, sodann durch Schwefelwasserstoff von Quecksilber befreit, der Schwefelwasserstoff verjagt und die Lösung nochmals mit Koble und Eiweils behandelt. Beim Eindampfen hinterblieb eine hell gelbe Masse von der Konsistenz des Honigs, in deren Lösung durch Fehling'sche Lösung reduzierender Zucker nachgewiesen wurde. Die Lösung zeigte alle auf Seite 33 angeführten Reaktionen der Glykose- gruppe und lieferte ein, aus Alkohol umkrystalliert, in weichen gelben Nadeln sich abscheidendes Glykosazon dessen Schmelzpunkt bei 205° liegt.

Nach der Stromsyerschen!) Vorschrift lieferte der Zucker mit Barythydrat ein gelbes Saccharat.

Eine Lösung des Zuckers wurde mit Hefe versetzt und erwies sich durch Trübung des vorgelegten Barytwassers als direkt gährungsfähig.

Interessant war das Resultat der polarimetrischen Unter- suchung: Die Zuckerart der Scrophularia erwies sich als inaktiv. Da es mir jedoch nicht gelang den Zucker krystallisiert zu be- kommen weder durch Behandeln mit gesättigter Natriumsulfat- lösung noch durch Ueberführen in Caleium und Strontiumsaccharate und Zersetzung derselben der Schmelzpunkt des Glykosazons direkt auf Dextrose hinweist, so dürfte der in der Scrophularia vor- kommende Zucker mit ziemlicher Sicherheit als Dextrose anzu- sprechen sein, umsomehr als die Erfahrung mit dem Gallenzucker mich anfangs in einen ähnlichen Irrtum verfallen liels, indem die nicht völlig farblose Lösung optisch inaktiv war.

Die durch Behandeln der wässerigen Flüssigkeitsschicht mit Bleiacetat, wie oben erwähnt, erhaltenen Niederschläge waren auf die von Walz aufgefundenen organischen Säuren zu untersuchen.

Es wurde dabei der Gang der Brunner’schen ?) Methode ein- geschlagen.

"2 Chir. Pag. 67. 2) H. Brunner, Guide pour l’analiyse qualitative, Lausanne.

38 F. Koch: Ueber Scrophularia nodosa.

Nach Entfernen des Bleis durch Schwefelwasserstoff, wurde die wässrige Lösung schwach ammoniakalisch gemacht, wobei sich die ursprünglich gelbe Lösung dunkler färbt. Auf Zusatz von Chlor- ammon, und Chlorcaleium entsteht ein schwacher Niederschlag, der mit Wasser gewaschen in Natronlauge gelöst und gekocht wurde. Dabei trat keine Abscheidung auf.

Mit Kaliumacetat entstand kein Niederschlag Wein- säure frei.

Die Lösung in Natronlauge wurde mit Alkohol versetzt, wobei keine Trübung entstand.

Die Niederschläge sind also auch frei von Citronen- und Aepfelsäure.

Untersuchung des Gerbstoffes.

Zum Zwecke der Reindarstellung des Gerbstoffes schlug ich den Weg der fraktionierten Fällung mit Bleiacetat ein und zwar habe ich gefunden, dafs man am besten zum Ziele kommt, wenn man folgende Methode betolst:

Als die Bleiniederschläge verunreinigend traten immer noch Spuren von Harz, das mit in Lösung gegangen war, in den Weg. Um diesen Uebelstand zu beseitigen, fällte ich die Gerbstofflösung wit neutralem Bleiacetat, bis kein Niederschlag mehr entstand. Diese Niederschläge waren von brauner Farbe und wurden zurück- gestellt. Dem Filtrate dieser Fällungen gab ich nun tropfenweise eine 2 bis 3 prozentige Ammoniaklösung zu, bis zur Neutralisation. Dabei fiel das, durch die überschüssige Säure in Lösung gehaltene Bleisalz, als schön citronengelber Niederschlag aus. |

Aus den durch neutrales Bleiacetat ausgefällten Niederschlägen habe ich durch wiederholtes Auflösen in Essigsäure und Fällen mit Ammoniak schliefslich auch das Harz vollständig entfernen können und so rein gelbe Niederschläge erhalten.

Die so gewonnenen Bleiniederschläge wurden auf dem Filter solange mit Wasser nachgewaschen, bis die ablaufende Flüssigkeit alkalische Kupferlösung nicht mehr reduzierte, freier Zucker also nicht mehr vorhanden war. Durch Aufschlämmen wurden dieselben in Wasser suspendiert, durch Einleiten von Schwefelwasserstoff zersetzt, die Gerbstofflösung vom Schwefelblei abfiltriert, der Schwefelwasserstoff durch Erwärmen verjagt, und die Lösung ein-

F. Koch: Ueber Scrophularia nodosa. 89

gedampft. Es trat dabei der Uebelstand auf, dafs der Gerbstoff sich, wahrscheinlich unter Zersetzung dunkler tärbte.e Um ein ana- lysenreines Präparat zu bekommen, strich ich die zur Sirupdicke eingedampfte Masse auf Glasplatten und liefs sie bei 60 bis 70° vollständig trocknen. Nach dem Abnehmen von den Glasplatten entzog ich mit Aether die darin löslichen Zersetzungsprodukte und trocknete über Schwefelsäure bis zur Gewichtskonstanz.

Der so gewonnene Gerbstoff ist in dünnen Lagen von brauner, in diekeren Lagen von braunschwarzer Farbe. Zerrieben stellt er ein hellbraunes Pulver vor.

Derselbe ist äufserst hygroskopisch und zersetzt sich bei längerem Stehen an der Luft.

Sein Geschmack ist bitter, kratzend. Die wässrige Lösung des Gerbstoffes reagiert schwach sauer und giebt folgende Reaktionen:

Leim- sowie Eiweilslösungen werden nicht gefällt.

Ferrichlorid erzeugt in den verdünnten wässrigen Lösungen eine russisch-grüne Färbung. in konzentrierten einen dunklen Niederschlag, Das Filtrat davon giebt mit Ferrieyankalium starke Eisenoxydul- reaktion, es wird also ein Teil des Ferrichlorides zu Ferrosalz reduziert.

Zusatz von Alkalien zur wässrigen Lösung ruft Dunkelfärbung hervor.

Bleiacetat erzeugt amorphe, hochgelbe, in verdünnten, auch organi- sehen Säuren leicht lösliche Niederschläge.

Quecksilberchlorid in salzsaurer Lösung wird nicht reduziert.

Mit Kupfersulfat entsteht ein gelblich-grüner, mit neutraiem Kupferacetat ein grau-grüner Niederschlag.

Fehling’sche Lösung wird beim Erwärmen reduziert.

Kaliumbichromat erzeugt dunkelbrauns Färbung.

Silbernitrat erzeugt in konzentrierten Lösungen einen gelblichen Niederschlag, beim Erwärmen tritt Reduktion unter Spiegelbildung ein.

Ammoniakalische Silberlösung wird schon in der Kälte reduziert.

Sämtliche Reaktionen, speziell noch die Nichtfällbarkeit durch Leim- und Eiweifslösung, sind die für die Kaffeegerbsäure bekannten, wie dies aus den Arbeiten von Rochleder!), Pfaff?), Payen?), Graham- Stinhoux und Campbell*), Hlasiwetz?) Kunz-Krause®) hervorgeht.

1) Jahresber. 1547 und 1848 Pag. 525.

2) Schweigger’s Journal f. prakt. Chemie B. 61 u. 62.

3) Journal pharm. X. 266. Annal. Chim. et phys. 26. 108. 4) Chemic. Soc. Quart. Journ. 9. a

5) Annal. der Chem. u. Ph. 142.

6,.Arch. d. Ph. 1893. Ilex ee

% F. Koch: Ueber Serophularia nodosa.

Bei der Elementaranalyse lieferte der über Schwefelsäure ge- trocknete Gerbstoff folgende Resultate:

I. 0,3178 g Gerbstoff gaben 0,6257 g CO, und 0,1746 g H,O

H. 0,2470 g 3 & 0,4872 g CO, und 0,1294 g H,O oder in Prozenten:

1.0. = 53,89'Proz. 1.16 79 PIE 1 e (Ei 116:82 5

Als Mittel aus beiden Analysen ergiebt sich: C = 53,74 Proz. H = 6,02 Proz.

Weiter wurden untersucht das Kupfer- und Bleisalz des Gerb- stoffes.

Kupfersalz.

Zur Bestimmung wurde der durch neutrales essigsaures Kupier entstandene Niederschlag über Schwefelsäure getrocknet und dann geglüht:

0,1254 g lieferten 0,0172 g CuO = 10,97 Proz.

Bleisalz.

Zur Bleibestimmung wurde der reine Gerbstoff mit neutralem Bleiacetat gefällt, der Niederschlag über Schwefelsäure getrocknet, mit Schwefelsäure behandelt und das erhaltene Bleisulfat geglüht.

0,1844 g des Salzes lieferten 0,0796 g PbSO, = 283,26 Proz. Pb.

Zur Kontrolle wurde das bei der Verbrennung restierende PbO in HNO, gelöst, mit H, SO, unter Zugabe von Alkohol ausgetällt und nach dem Trocknen geglüht.

0,2034 g des Salzes gaben 0,0867 g PbSO, = 28,40 Proz. PO.

Die Elementaranalyse des Bleisalzes ergab folgendes Resultat:

0,2034 g lieferten 0, 2504 g CO, und 0,0662 g H,O entsprechend C 33,58 Proz., H = 3,61 Proz.

Das erhaltene Bleisalz hatte also die folgende prozentische Zu- sammensetzung:

23338 H= 361 26’ 28,33 O = 34,48

Spaltung der Kaffeegerbsäure.

Zur Darstellung der im Gerbstoff enthaltenen reinen Säure wurde das zuerst von Hlasiwetz!) angegebene Verfahren verfolgt. 20 g des Gerbstoffes wurden in einer Lösung von 20 g festem Aetz-

1) Annal. d. Chem. u. Pharm. 142. 357,

F. Koch: Ueber Scerophularia nodosa. 91

kali in 50 g Wasser gelöst und diese Lösung im Kolben am Ritick- Aufskühler während einer Stunde im starken Sieden erhalten. Hierani wurde die dunkelgefärbte Flüssigkeit mit ebensoviel Wasser ver- dünnt, mit verdünnter Schwefelsäure übersättigt und dreimal mit Aether ausgeschüttet. Die ätherische Lösung wurde durch Destillation vom Aether befreit, der Destillationsrückstand in heiflsem Wasser gelöst, mit Kohle behandelt und der so gewonnenen wässerigen Lösung mit Aether die Säure entzogen. Die ätherische Lösung hinterliefs beim Verdunsten einen hellbraun gefärbten Rück- stand. Zur weiteren Reinigung wurde die wässerige Lösung mit neutralem Bleiacetat fraktioniert gefällt; die letzten, citronengelben, voluminösen Niederschläge wurden mit Schwetelwasserstoff zersetzt, vom Bleisulfid abfiltriert und die nach dem Verjagen des Schwefel- wasserstoffes und nochmaligem Behandeln mit Kohle erhaltene, schwach gelb gefärbte Lösung eingedampft. Aus dieser Lösuns schiefsen beim Erkalten hellgelbe Krystalle, zu Drusen vereinigt, an. Beim Trocknen färben sie sich allmählich etwas dunkler und zeigen schliefslich eine hellrehbraune Farbe. Dieselben sind schwer löslich in Wasser, leicht dagegen in Alkohol und Aether. Die Lösungen sind von saurer Reaktion. Die nachfo'genden, der Katree- säure charakteristischen Reaktionen zeigt die wässerige Lösung der Krystalle:

Wasserstoffsuperoxyd bewirkt Aufheilung der wässerigen Lösung, nach einiger Zeit entsteht ein hellbrauner Niederschlag. Konzen- trierte Salpetersäure löst die Krystalle unter Entwickelung von sal- petriger Säure zu einer klaren, schön rotgelb gefärbten Flüssigkeit.

Silberlösung wird bei gelindem Erwärmen unter Spiegelbildung reduziert.

Fehling’sche Lösung wird nicht reduziert. Ferrichloridlösung erzeugt eine grasgrüne Färbung, die auf Zusatz von Natriumcarbonat in violett übergeht.

Natronlauge bewirkt eine grüngelbe Färbung der Flüssigkeit.

Bis zur Gewichtskonstanz über Schwefelsäure getrocknet ergab die Säure, im Sauerstofistrom verbrannt, folgende Werte:

0,1278 g lieferten 0,2826 g CO, und 0,0570 g H,O oder in Prozenten u 60,30 Proz. H = 4,92 Proz.

92 F. Koch: Ueber Scrophularia nodosa.

Berechnet für: C,H,0, Gefunden: C = 60,00 C = 60,30 H= 444 Ba

Hlasiwetz!) giebt für Kaffeegerbsäure die Formel C,; H,, 0, an und konstatierte, dals dieselbe laut dieser Zusammensetzung sich in Kaffeesäure und einen sirupförmigen Zucker von der Formel 0, H,o O4 spalte. Ist dem so, so liefse sich dies nur dadu:ch erklären, dafs in der Kaffeegerbsäure nicht Glykose, sondern Glykosan, das erste Anhydrid der Glykose vorhanden wäre. Diese Zusammensetzung der Kaffeegerbsäure entspricht einem Prozentgehalt von 55,2 Proz. C. und 5,5 Proz. H.

Ist aber, wie gelegentlich des aus dem Gerbstoife erhaltenen Zuckers noch erwähnt werden soll, der sich daraus abspaltende Zucker Dextrose, so würde der Kaffeegerbsäure die Formel C;; Hjg O3 zukommen und dieselbe sich folgendermalsen in Dextrose und Kaffee- siure spalten -

C, H, 0, C,H, (OB, +H,0= 0H,0, + 6GH,0(0H), Kaffeesäure Dextrose 0, H,O, Dieser Formel entspricht eine prozentische Zusammensetzung von G=-52341 Pro H- 534.

Die von mir erhaltenen analytischen Werte liegen zwischen beiden in der Mitte.

Dafs keine genaueren Zahlen erhalten wurden, ist einerseits bei der äufserst leichten Zersetzbarkeit des Gerbstoffes, andererseits bei dem Mangel jeglichen Kriteriums seiner Reinheit leicht verständlich.

Hinsichtlich der Bleisalze glaubt Mulder,?) dafs die Salze

(CC; H150 3) Pb und (C,; Hy, Og)z Pb, oder auch häufig Gemenge beider erhalten werden. „Die Nieder- schläge, sagt er, zeigen je nach ihrer Fällung verschiedene Zu- sammensetzung.“

Pohl?) hat Bleisalze erhalten mit

3,4 810 und 15 Pb —_—— u un. m un auf I Mol. 3 Mol. 4 Mol. Kaffeegerbsäure,

1) Beilstein, Org. Chemie III. Bd. 2) Neues Handwörterbuch der Ch. v. Fehling II. Ausg. 3) ibidem.

F. Koch: Ueber Scrophularia nodosa. 93

‘ebenso mit Kupfer. Weder die einen noch die anderen zeigen konstante Zusammensetzung.

Spaltung mit Salzsäure.

Eine Lösung von 10 g Gerbstoff in 50 g Wasser wurden mit 1 Proz. Salzsäure versetzt unä während 3 Stunden am Rückfluls- kühler auf dem Wasserbade zum Sieden erhitzt, sodann die erkaltete Lösung mit Aether so lange ausgeschüttelt, bis derselbe nichts mehr aufnahm. Nach dem Abdestillieren des Aethers hinterblieb eine schön gelbe, ölige Flüssigkeit, die, der freiwilligen Verdunstung über- lassen, zu haufenförmig zu Büscheln vereinigten Krystallnadeln erstarrte.

Die wässerige Lösung dieser Krystalle gab mit Ferrichlorid eine intensiv grüne Färbung, die durch Natriumcarbonat in Violett und schliefslich in Rot übergeht.

Aufserdem zeigt die Substanz mit Schwefelsäure verrieben, die von Tiemann und Will!) für Hesperetol als charakteristisch bezeich- nete karminrote Färbung. Die Ausbeute war leider eine zu geringe, um eine Elementaranalyse anstellen zu können.

Einwirkung von Brom auf Kaffeegerbsäure.

Versetzt man wässrige Lösung des Gerbstoffes mit Bromwasser, so wird, wie zuerst Hlasiwetz beobachtete, zunächst Brom absorbiert, dann tritt Dunkelfärbung der Flüssigkeit ein, und schliefslich besteht ein amorpher hellrot-brauner Niederschlag. Das Filtrat reduziert Fehling'sche Lösung.

Der Niederschlag wurde reichlicher beimErwärmen auf dem Wasserbade. Nach dem Erkalten wurde der Niederschlag abfiltriert, der Rückstand solange nachgewaschen, bis das abfliefsende Wasser nicht mehr sauer reagierte, dann über Schwefelsäure bis zur Gewichts- konstanz getrocknet. Das in Alkohol lösliche Bromderivat hinterbleibt dabei in Form einer hellrot-braunen, amorphen Masse, die ein rot- gelbes Pulver liefert. Die nach Carius ausgeführte Brombestimmung lieferte folgende Werte:

0,2920 g über Schwefelsäure getrocknete Substanz gaben 0,1858 g AsBr = 27,22 Br.

1) B.B. 14, 1, 953.

94 F. Koch: Ueber Scerophularia nodosa,

Diese sich einer Monobromkaffeesäure nähernde Zahl bestätigt die von Kunz Krause!) gemachte Beobachtung, dafs die Einwirkung von Brom auf Kaffeesäure nicht zu einer glatten Reak- tion führt,

Im Filtrate vom Bromderivate war eine Fehling’sche Lösung reduzierende Substanz enthalten. Es wurde daher diese Lösung mit Ammoniak versetzt, bis sie nur mehr schwach sauer reagierte und dann auf dem Wasserbade eingedampft. In alkoholischer Lösung mit Kohle längere Zeit erhitzt, dann nach dem Filtrieren der frei- willigen Verdunstung überlassen, hinterblieb eine gelbliche Masse, die neben der Reduktion der Fehling’schen Lösung auch die Brunner- sche Gallensäure Reaktion, sowie die Naphtolreaktion der Glykose- gruppe zeigte. Nach Vorschrift E. Fischer’s wurde daraus ein gelbes (lykosazon erhalten, dessen Schmelzpunkt bei 204° lag. Das zweite Spaltungsprodukt des Gerbstotfes ist also ein zur Glykosegruppe gehöriger Zucker und zwar wie bereits oben?) erwähnt wurde wahr- scheinlich Dextrose.

Einwirkung von salpetriger Säure.

Nach einer Notiz bei Kolbe?) tritt beim Behandeln der Kaffee- serbsäure mit salpetriger Säure neben Oxalsäure viel Blausäure auf. Dieselbe Reaktion erhielt Kunz Krause®) mit Liebermann's Reagens. Es war daher interessant das Verhalten des von mir isolierten Gerb- stoffes in dieser Richtung zu konstatieren. Zu dem Zwecke wurde der Gerbstoff in wässriger Lösung unter sorgfältigem Kühlen mit Jiebermann’s Reagens versetzt. wobei unter Entwicklung von Unter- salpetersäure ein rotbrauner Niederschlag entstand. Nach einigen Tagen trat ein intensiver Geruch nach Benzaldehyd auf und wurde durch die Bläuung des eingeführten Kupfer-Guajakpapieres die Gegenwart von Blausäure konstatiert.

Der Versuch durch Destillation die Blausäure ins Destillat über- zuführen milslang, da beim Erhitzen wahrscheinlich eine weiter- srehende Spaltung eingetreten war. Daher wiederholte ich den Ver- such. indem ich eine Lösung des Gerbstoffes-mit verdünnter Salpeter-

1) Arch. d. Ph. 1893, Pag 637.

2) Cfr. Pag. 92.

3) Kolbe, Ausf. Lehrb. der org. Ch. 1578, Bd. III, p. 156. 4, Arch. d. Ph. 1893, S. 638.

F. Koch: Ueber Scrophularia nodosa. 95

säure destillierte.e Es gingen dabei reichliche Mengen Blausäure in das Destillat über. Nachgewiesen wurde dieselbe

1. Durch Blaufärbung des Kupfer-Guayakpapieres;

2. Durch Bildung von Berliner Blau;

3. Durch Bildung von Rhodanwasserstotfsäure;

4. Durch direktes Ausfällen mit Silbernitrat, Trocknen des ge- wonnenen ÖOyansilbers und Erhitzen im Probierrohr. Unter Hinter- lassung von metallischem Silber entwickelt sich dabei mit pfirsich- blütroter Flamme brennendes Uyangas.

Aus dem Destillationsrückstand wurde durch Ausziehen mit Aether und Fällen mit Chlorcaleium Oxalsäure nachgewiesen.

Wie bereits oben erwähnt, zersetzt sich der Gerbstoff mit der Zeit unter Dunkelfärbung. Ich glaubte einigen Aufschlufs über das Zersetzungsprodukt gewinnen zu müssen und zog daher solchen Gerbstoft, der längere Zeit an der Luft gestanden, mit Aether aus. Dabei erhielt ich jedoch nur eine geringe Menge einer gelben Masse, die mit Kaliumpermanganat in wässeriger Lösung geschüttelt, Benz- aldehydgeruch entwickelte, was auf das Vorhandensein von Zimmt- säure hinweist und ist dieselbe zweifellos durch Reduktion der Kaffeesäure, welche bekanntlich eine Dioxyzimmtsäure ist, entstanden

C,H, < L C HB;

CH OH

OH OH

COOH Co OH Kaffeesäure. Zimmtsäure.

Wie aus der Analyse des in der Scrophularia enthaltenen Harzes hervorgeht findet sich die Zimmtsäure ir demselben.

Es ist in der letzten Zeit häufig die Vermutung ausgesprochen worden, dafs die Harze in direkter Beziehung zu den Gerbstotten stehen. So hat besonders Tschirch darauf hingewiesen, dals die Harze wahrscheinlich aus den Gerbstoffen entstehen. Der Beweis für diese Hypothese wurde noch nicht erbracht.

Das gleichzeitige Vorhandensein der Kaffeegerbsäure und der Zimmtsäure als Zersetzurgsprodukt des Harzes dürfte dieser Hypo- these zur Stütze dienen.

96 F. Koch: Ueber Scrophularia nodosa.

Untersuchung des wässerigen Auszuges.

In dem wässerigen Auszuge konnte aulser Gerbstoff, Zucker, Spuren des Harzes und Pektinstoffen kein anderer Pflanzenstoff nachgewiesen werden.

Da Eichler“) in einem wässerigen Absud der Pflanze Duleit ge- funden zu haben glaubte, behandelte ich 100 g des Auszuges nach der von ihm angegebenen Methode. Es gelang mir jedoch nicht nach Entfernung des Zuckers noch Duleit nachzuweisen. Da mir Kraut zur Bereitung eines frischen Absudes nicht zur Verfügung stand, muls ich diese Frage noch offen lassen.

Untersuchung des ätherischen Auszuges.

Da nach den Untersuchungsresultaten des alkoholischen Aus- zuges sich die Zimmtsäure teils frei vorgefunden hatte, so war voraus- zusehen, dafs sie sich auch im ätherischen Extrakt als solche vor- finden würde. Um dies zu konstatieren und, um gleichzeitig Rück- sicht auf etwa vorhandene flüchtige Substanzen zu nehmen, destillierte ich 100 g des ätherischen Auszuges im Dampfstrom.

Das Destillat war farblos, von schwach saurer Reaktion.

Zur Abscheidung der Säure wurde das Filtrat mit Natrium- bicarbonat neutralisiert und eingedampft. Mit heifsem Wasser auf- genommen krystallisierte das Salz daraus in Nadeln, die in Wasser und Alkohol leicht löslich waren. Dasselbe zeigte folgende Reak- tionen :

1. Mit arseniger Säure erhitzt beobachtete ich Kakodylgeruch.

2. Die alkoholische Lösung roch beim Erhitzen mit Schwefel- säure nach Fruchtäther.

3. Beim Versetzen der wässerigen Lösung mit Säure trat starker Geruch nach Buttersäure auf.

4. Dieselbe Lösung gab mit neutralem essigsaurem Kupfer einen krystallinischen Niederschlag.

5. Basisches Bleiacetat erzeugt einen weifsen Niederschlag.

6. Ebenso salpetersaures Silber.

Die vorliegenden Krystalle waren demnach Natrium- butyrat.

a\lCE. Pag! 80.

F. Koch: Ueber Serophularia nodosa. 97

Die im Kolben zurückbleibende Flüssigkeit wurde heils ab- filtriert, das Filtrat mit Kohle vollständig entfärbt und Erkalten lassen. Dabei schied sich eine reinweilse Krystallmasse aus, die die oben!) erwähnten Reaktionen der Zimmtsäure gab.

Nachdem durch Destillation einer Probe des im Kolben befind- lichen Rückstandes mit Kalilauge die Abwesenheit von flüchtigen Basen konstatiert worden, behandelte ich den Rückstand in alko- holischer l.ösung mit Kohle.

Es hinterblieb so nach dem Verdampfen des Alkohols eine hell- braune, in dickeren Schichten dunkelbraune, sauer reagierende, fett- artige Flüssigkeit.

Mit Kalilauge behandelt und mit Salzsäure übersättigt schied sich eine krystallinische Substanz neben einer öligen ab.

Die erstere wurde durch wiederholtes Auflösen und Um- krystallisieren aus Alkohol farblos erhalten und über Schwefelsäure getrocknet.

Ihr Schmelzpunkt lag bei 62°.

Die Elementaranalyse des Körpers ergab folgendes Resultat:

0,1310 g Substanz gaben 0,3597 gCO;, und 0,1515 g Hs0, oder in Prozenten ausgedrückt:

14,32 Proz. C und 12,54 Proz. H.

Berechnet für C,g Ha O2: Gefunden: C 75,00 C 74,82 H 12,50 H 12,84

Vorliegende Substanz erwies sich somit ala Palmitinsäure.

Die gleichzeitg abgeschiedene fettartige Masse war auch durch wiederholtes Behandeln mit Tierkohle nicht farblos zu erhalten. Bei gewöhnlicher Temperatur flüssig, erstarrte der Körper über frischem Wasser. Seine Reaktion war sauer. Die ammoniakalische Lösung gab mit salpetersaurem Silber einen gelblich weilsen Niederschlag, der nach dem Auswaschen und Trocknen über Schwefelsäure folgen- den Silbergehalt aufwies :

0,3214 g Substanz gaben 0,0792 g Ag = 24,64 Proz.

Bei der Verbrennung der reinen Substanz im Sauerstoffstrom erhielt ich folgendes Resultat:

0,4002 g Substanz gaben 1,1199 g CO, und 0,4282 H,O.

1) Cfr. Pag. 83. Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bds. 2. Heft. 7

983 F. Koch: Ueber mitteleuropäische Galläpfel,

Berechnet für C,, Hay O5: Gefunden: C.76,59 C 76,32 H 12,05 H 11,8

Vorliegende Substanz war also Oelsäure, was durch das Silber- salz bestätigt wird.

Berechnet für C,; Ha; 02 Ag: Gefunden; Ag 25,19 Proz. Ag 24,64 Proz.

Ich versuchte noch die Ueberführung in Elaidinsäure, indem ich die flüssige Säure mit Salpetersäure und Kupfer versetzte. Nach einiger Zeit erstarrte die Masse und nach dem Auflösen in Alkohol, krystallisierte die Elaidinsäure beim Verdunsten des Alkohols aus, die durch Bestimmung des Schmelzpunktes (450) als genügend iden- difiziert erachtet werden dürite.

Wie oben angeführt, sind die Palmitin- und Oelsäure als Zer setzungsprodukte des in der Scrophularia enthaltenen Leeithins auf-

zufassen.

Zum Schlusse tasse ich die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit kurz zusammen:

A. Galläptel.

1. Der Tanningehalt der mitteleuropäischen Galläpfel ist ca. 16 Proz.

2. Wiührend der Zuckergehalt sich um das 2!/,fache vermehrt, bleibt der Gerbstoffgehalt vor der Reife und beierlangter Reife derselbe.

3. Der in den Galläpfeln enthaltene Zucker ist krystallisierbar und Dextrose.

4. Ellagsäure findet sich nicht präformiert.

5. Tannin und Gallussäure zeigen ebenfalls den Uebergang der durch Eisenchlorid erzeugten Färbung in Violett und Rot.

6. Aufser den normalen bis jetzt bekannten Bestandteilen, ent- halten die Galläpfel noch einen harzartigen Körper, das Gallocerin EEE RER

a) Derselbe liefert amorphe, bromierte Derivate.

b) Acetylierungs- sowie Benzoylierungsversuche verliefen negativ; ebenso die Darstellung des Aethyläthers.

c) Er verhält sich indifferent gegen Salpetersäure und Hydroxylamin.

d) Durch Jodwasserstoff scheint heftige Einwirkung stattzufinden.

F. Koch. Ueber Scrophularia nodosa. 93

B. Scerophularia nodosa.

Das ätherische Extrakt enthält:

1. Leeithin : als Bestandteile desselben nachgewiesen : Palmitinsäure Cjg Ha5 O3

Oelsäure Cs Hai

Phosphorsäure H, PO,

Cholin CH; OH CH IN

2. Freie Zimmtsäure (C,H; O,.

3. Buttersäure C,H; O,..

Das alkoholische Extrakt enthält:

1. Kaffeegerbsäure, die sich in Kaffeesäure einerseits und Zucker, wahrscheinlich Dextrose, spalten läfst.

2. Der in der Scrophularia vorkommende Zucker, bis jetzt noch nicht krystallisiert erhalten, ist höchst wahrscheinlich Dextrose.

3. Ein Harz, aus dem sich Zimmtsäure abspalten läfst.

4. Das Walz’sche Scrophularin existiert nicht.

5. Das Walz’sche Scrophularosmin ist Palmitinsäure.

6. Das Walz’sche durch Bleifällung aus der Scrophularia aquatica isolierte Scrophularacrin dürfte Zimmtsäure sein.

Vorliegende Arbeit dürfte in zweierlei Hinsicht ein weiteres, allgemeines Interesse in Anspruch nehmen.

Erstens ist es von Bedeutung, dafs es mir gelungen ist, in einer Pflanze, wie der Scrophularia nodosa, die im mitteleuropäischen Klima vegetiert, Substanzen nachgewiesen zu haben, die eben bis jetzt nur in tropischen Gewächsen aufgefunden worden sind. Ich erinnere dabei an die Zimmtsäure, die bis jetzt nur in der Benzoe, im Tolu- und Perubalsam nachgewiesen, sowie an die Kaffeesäure, die bis jetzt blos als Spaltungsprodukt aus dem im Thee, Kaffee und Mate befindlichen, eisengrünendem Gerbstoffe isoliert worden war.

Zweitens war ich mit dem Studium des Gallocerins wieder einem Körper näher getreten, dessen Kenntnis aus verhältnismäfsig alter Zeit datiert.

Ist es mir auch nicht gelungen, seine Konstitution völlig klar zu legen, so hoffe ich doch, dafs mir im weiteren Verlaufe der Arbeit über diesen Körper erfolgreichere Resultate nicht werden vorenthalten sein.

100 Dr. Carl Boettinger: Ueber Giyoxylsäure.

Zur Kenntnis der Glyoxylsäure. II. Abteilung. Von Dr. Carl Boettinger.

Glyoxylsäure und Paratoluidin. (Eingegangen, den 2. II. 1895.)

Es sind nun nahezu achtzehn Jahre verflossen, seit ich die Selbstzersetzung der Anilbrenztraubensäure und der Anilglyoxylsäure beim Aufbewahren beobachtete. Diese Substanzen verwandelten sich im Laufe der Zeit in zusammengefrittete, stark riechende, dunkelgefärbte Massen.

Das von der Brenztraubensäure stammende Produkt zeigte sich stark durchsetzt mit intensiv rotgelb gefärbten dreieckigen Blättchen, welche mechanisch ausgelesen werden mufsten, da sie sieh nicht anders isolieren liefsen. Auch der Glyoxylsäurekörper lieferte eine intensiv rotgelb gefärbte krystallisierte Substanz, jedoch in viel kleinerer Menge. Ich vermutete, dafs diese Krystalle in Beziehung stehen möchten zum Isatin und prüfte sie demgemäfls, erhielt aber die Indopheninreaktion nicht, weil ich krystallisiertes Benzol in dem Versuch verwendete. An eine Analyse war bei der geringen Menge der Krystalle nicht zu denken. Versuche, sie direkt aus der Brenz- traubensäure resp. Glyoxylsäure zu erhalten, hatten keinen Erfolg (Berichte d. d. chem. Ges. 1883, 1924). Meine Auffassung erhielt eine Stütze durch die Beobachtung von P. J. Meyer. Derselbe zeigte, dafs die Dichloressigsäure mit Paratoluidin in ganz einzig dastehender Weise unter Wasserstoffabspaltung ziemlich glatt zu einem substituierten Isatin, dem p- Toluyl - p - methylimesatin, Cs Hıı NO zusammentritt (Berichte d. d. chem. Ges. 1883, 926 und 2261) und C. Duisberg fand später (Berichte d. d chem, Ges. 1885, 190), dafs dieser Körper vermöge der oxydierenden Wirkung des Luftsauerstoffs aus dem p-Toluylamido-p-methyloxindol C;; Hj; NO hervorgeht. Die beiden Forscher vermochten weder eine p-Diamido- essigsäure, welche beim Orthotoluidin das Ende der Reaktion dar- stellt, noch Dichloracet-p toluid zu erhalten und haben ihre Beob- achtungen auch nicht auf die Glyoxylsäure ausgedehnt. Ich habe diese Lücke auszufüllen gesucht und Glyoxyl»säure mit Paratoluidin

Dr. Carl Boettinger: Ueber Glyoxylsäure. 101

zur Reaktion gebracht und gefunden, dafs diese Körper unter nach- verzeichneten Versuchsbedingungen im wesentlichen zu Paratoluidin- essigsäureparatoluid zusammentreten. In viel kleinerer Menge ent- steht Paratoluidinessigsäure und in sehr kleiner Menge p-Toluyl- p-methylimesatin, sowie eine Substanz, welche aus Alkohol in kleinen farblosen Nädelchen krystallisiert, sich mit vorübergehend blutroter Farbe in alkoholischem Kali löst, welche aber so zersetzlich ist, dafs ich sie nicht genauer zu definieren vermochte, endlich ein gelber verschmierter Körper. Nach meinen Erfahrungen ist es mir zur un- umstöfslichen Gewilsheit geworden, dafs die Eingangs dieses Ar- tikels erwähnten Substanzen dem p-Toluyl-p-methylimesatin nahe verwandt sind und es scheint nicht unwahrscheinlich zu sein, dafs der natürliche Indigo ein Derivat der Glyoxylsäure ist.

Werden gleiche Gewichtsmengen Paratoluidin und Glyoxylsäure vom spez. Gew. 1,32 in einem Reagiercylinder zusammengebracht, so schmilzt die Base alsbald zu einer dicken Masse zusammen, welche von Wasser überdeckt ist. Erwärmt man im Wasserbade, so färbt sich die Masse grün und sie steigt dann unter so starker Gasentwicklung nach oben, dafs zwei Gramm der Mischung einen geräumigen Reagiercylinder ausfüllen. Nach längerem Erwärmen macht der grüne Farbenton einer rotbraunen Farbe Platz, die Masse fällt in sich zusammen und bildet schliefslich eine dicke Flüssigkeit, welche beim Abkühlen zu einem rotbraunen, in absolutem Alkohol leicht löslichen Harz erstarrt. Da die Reaktion in dem Verfahren zu energisch verläuft, operierte ich mit verdünnten Lösungen bei gewöhnlicher Temperatur.

16 & reines Paratoluidin wurden in 120 ccm absoluten Alkohols gelöst, die Lösung mit 80 ccm Asther verdünnt und in die Mischung unter Umrühren mit einer Bürette 12ccm Glyoxylsäure vom spez. Gew. 1.32 allmählich eingetragen. Die Fiüssigkeit bleibt zunächst farb- los, wird aber schon nach kurzem Stehen rot und scheidet sehr kleine Mengen oxalsauren Paratoluidins aus. Dasselbe dürfte von der Spur Oxalsäure abstammen, welche in meiner Glyoxylsäure enthalten war. Die über Nacht gestandene, dunkelrot gewordene Flüssigkeit wurde danach auf dem Wasserbade verdampft und nach dem Abtreiben des Aethers und eines Teils des Alkohols mit Wasser versetzt, wo- durch ein gelb gefärbter Teig abgeschieden wurde. Durch an-

102 Dr. Carl Boettinger: Ueber Glyoxylsäura.

haltendes Digerieren mit kaltem Wasser verwandelte sich derselbe in ein Pulver, welches abfiltriert und mit Wasser ausgewaschen, hierauf mit Ammoniak übergossen wurde. Hierdurch verwandelt sich das Pulver wieder in eine teigige Masse, welche deshalb auf mechanischem Wege gründlich mit Ammoniak und dann mit Wasser durchgearbeitet werden mulste. Ungelöst blieb p-Toluidinessigsäureparatoluid, ver- unreinigt mit Paratoluidin und dem farblosen kleinkrystallinischen Körper, sowie einer gelben verschmierten Substanz, welche mit Aether extrahiert wurden; es lösten sich auf p-Toluidinessigsäure und p-Toluyl-p-methylimesatin, welche mittelst Aether voneinander ge- trennt wurden. Die letzterwähnte Substanz ist zwar im reinen Zu- stand in wässrigem Ammoniak unlöslich und sollte demzufolge dem p-Toluidinessigsäureparatoluid beigemengt sein. Sie liels sich aber nur aus dem erwähnten Auszug isolieren und zwar unter Benutzung des eben erwähnten Verhaltens gegen wässriges Ammoniak.

p-Toluidinessigsäureparatolud HE=N C,H, p. | (6/6) NH . C, H, P-

Diese mit dem p-Toluylamidoparamethyloxindol isomere Substanz wird gereinigt durch Lösen in Benzol, Abtreiben desselben, Auf- nehmen des Rückstands in absolutem Alkohol und Fällen durch kaltes Wasser. Die Temperatur soll hierbei 60° nicht überschreiten. Der Körper bildet ein hellrötliches, in Ammoniak und verdünnter Natron- lauge unlösliches Pulver, welches unter Abspaltung von Paratoluidin löslich ist in kalter konzentrierter Schwefelsäure. Beim Erwärmen mit Ammoniak spaltet er langsam Paratoluidin ab, ebenso wenn auch schwieriger beim Erwärmen mit Wasser und giebt dabei eine Lösung, welche mit Salzsäure einen in Benzol unlöslichen Niederschlag liefert. Das Toluid löst sich sehr leicht in Alkohol und Benzol. Diese Lösungsmittel hinterlassen dasselbe beim Verdunsten in der Form eines durchsichtigen rotbraunen spröden Harzes, welches schon unter 1000 schmilzt und dabei widerlich fäkalen Geruch verbreitet. Beim Erhitzen in einer Retorte zersetzt sich die Substanz. Zunächst geht ein intensiv nach Isonitril riechender Körper, dann Paratoluidin und p-Toluidinharnstoff über, während eine kohlige Materie in der Retorte hinterbleibt. Durch Behandeln des Destillats mit Aether isoliert man den darin fast unlöslichen p-Toluidinharnstoff. Das

Dr. Carl Boettinger: Ueber Glyoxylsäure. 103

Paratoluidin läfst sich aus der ätherischen Lösung ebenso leicht mit Oxalsäure wie mit Salzsäure entfernen. Dagegen konnte der intensiv nach Isonitril riechende Körper nicht genauer charakterisiert werden, wie sich denn auch die Beimengung eines Indols mittelst Pikrin- säure*) nicht feststellen liefs. Besser wie durch Umkrystallisieren aus kochendem absolutem Alkohol reinigt man den in Wasser und Natron- lauge unlöslichen Paratoluidinharnstoff durch Sublimieren. Man ge- winnt ihn dabei in der Form lebhaft irisierender Nadeln, welche bei 261° schmelzen. Bekanntlich habe ich das niedere Homologe, das Carbanilid, unter den Destillationsprodukten des rohen anilglyoxyl- sauren Anilins, welchem Anilid beigemischt gewesen sein mag, auf- gefunden. (Liebig’s Annalen 198, 226.)

Zur Analyse wurde das p-Toluidinessigsäureparatoluid im exsiccatortrocknen Zustand angewendet.

0,2287 g Substanz lieferten 0,6377 g CO, und 0,1347 g H,O.

Barechnet: Gefunden: CH N,0 C = 76,19 Proz. C = 76,05 Proz. Ee—706.35 ar 16:94 x p-Toluidinessigsäure= HC = N.C,H,p und | COOH

CH; p | p-Toluyl-p-methylimesatin = C,H,N = C—-(,H;

CO-NH

Die p-Toluidinoessigsäure ist in Aether und Benzol fast ganz unlöslich. Sie löst sich sehr schwer in Wasser, leicht in Ammoniak und verdünnten Alkalien. Aus ihrer Lösung in Schwefelsäure von 1,84 spez. Gew. wird sie von Wasser in hellgelben Flocken nieder- geschlagen. In rauchender Schwefelsäure löst sie sich unter tief- greifender Veränderung mit brauner Farbe; Wasserzusatz bewirkt keine Fällung mehr. Sie löst sich leicht in absolutem Alkohol und wird aus dieser Lösung durch Weasserzusatz als nahezu weilses Krystallpulver niedergeschlagen, welches bei 193° unter starkem Aufblähen eine rotgelbe Schmelze bildet. Die p-Toluidinoessigsäure schmeckt ähnlich wie Chinin. Bei längerem Erhitzen auf 100° ver-

*) Dieselbe lieferte ein sehr leicht lösliches Product.

104 Dr. P. Zenetti: Ueber Hesperidin.

liert die exsiccatortrockne Substanz 5,29 Proz. Wasser, färbt sich dabei stark gelb und büfst die Löslichkeit in wässrigem Ammoniak ein. Die Analyse der exsiccatortrocknen Säure, welche isomer mit der Anilbrenztraubensäure ist, ergab folgendes Resultat:

0,2207 g Substanz lieferten 0,536 g CO, und 0,1185 H,O.

Berechnet: Gefunden: C,H, NO, C = 66,25 Proz. C=—66,23 Proz. Ed H= 59 /

Das p-Toluyl-p-methylimesatin wurde aus heifsem Alkohol um- krystallisiert. Es löst sich schwer in Benzol. Es krystallisiert in goldgelben bei 259° schmelzenden Blättchen, welche sich in kon- zentrierter Salzsäure mit tief brauner Farba auflösen. Die Farbe dieser Lösung verblafst bald; sie erstarrt nach längerem Stehen zu einer hochrotgetärbten Krystallmasse, aus welcher p - Methylisatin leicht isoliert werden konnte.

Darmstadt, 1. Februar 1895.

Chemisch-Techn. Laboratorium (Privat).

Mitteilungen aus dem pharmaceutischen Institute der Universität Strassburg.

Das Vorkommen von Hesperidin in Folia Bucco und seine Krystalliormen. Von Dr. P. Zenetti.

(Eingeg. 25. 1. 95.)

Im vorigen Jahre brachte L. Braemer in der Association fran- caise pour l’avancement des sciences, Congres de Besangon, eine Mitteilung über „les reactions histochimiques de l’'Hesperidine“. In- dem er das Verhalten dieses Körpers zu den verschiedensten Rea- gentien schildert, beschränkt er sich bezüglich der botanischen Seite auf die Litteraturangabe und die eigene Untersuchung der Epidermis von Folia Buceo; letzteres jedoch nur insofern, als er an abgezogenen Epidermisstücken mit und ohne Zuhilfenahme chemischer Agentien

Dr. P. Zenetti. Ueber Hesperidin. 105

die Hesperidinkrystalle beobachtete. Besonders gab ihm 50 prozent. Alkohol, dem 5 Proz. Schwefelsäure zugesetzt waren, schöne, farnblatt- ähnliche Krystalle. Die anatomischen Verhältnisse der Buccoblätter sind von ihm nicht weiter untersucht worden. Dies war schon früher in einer Arbeit Flückiger’s „Ueber die Bukublätter* in der Schweizer Wochenschrift für Pharmacie 1873, p. 435 seq, allerdings wenig de- tailliert, geschehen; ausführlicher von Shimoyama in „Beiträge zur Kenntnis der Bukublätter“ in Archiv 1888, 26. Bd. p. 64 seq., welch’ letzterer zum Studium der schleimgebenden Schicht auch frisches Material des im Stralsburger botanischen Garten gehaltenen Diosma alba benutzte.

Noch unabhängig von dieser letzten Arbeit hatte auch ich frische Blätter von Diosma alba zum Vergleich herangezogen; die hier und bei der sich daran anschliefsenden Untersuchung trockener Blätter von Diosma betulina und crenata des Handels gewonnenen Resultate schienen mir hinreichend interessant, um das Folgende als Ergänzung der obenstehenden Arbeiten mitzuteilen.

Auf den ersten Blick scheint es fast, als ob die Vornahme der kleinen, nadelförmigen Blättchen von Diosma alba als Vergleichungs- objekt für die Buccoblätter nicht einwandsfrei sei. Doch liegt die Verschiedenheit hauptsächlich nur in der äufseren Form, während der anatomische Bau gröfste Uebereinstimmung aufweist.

Der @xerschnitt des Blattes von Diosma alba zeigt in der Me- diane ein Gefäfsbündel der gewöhnlichen Art (Fig. 1), einen Holzteil mit in radialen Reihen stehenden Elementen, darunter einen Siebteil, beides von nicht sehr deutlichen Markstrahlen durchzogen; es folgt ein halbmondförmiger Sklerenchymbelag auf der Unterseite, ein kleinerer auf der Oberseite; eine einschichtige Parenchymscheide umschliefst das Ganze.

Das Grundgewebe des Blattes besteht aus Pallisaden- und Schwammgewebe, in welch’ letzterem grofse, kugelige Oelräume ein- gebettet liegen. Das Pallisadengewebe, welches als ununterbrochene Schicht die ganze Oberseite überzieht, ist auch auf der Unterseite vorhanden und hier nur da unterbrochen, wo das Schwammparenchym in direkter Verbindung mit den Spaltöffnungen steht; auch unterhalb der Oelräume ist es auf eine kurze Strecke verdrängt. Es besteht aus einer einzigen Zellschicht, ist aber ober- und unterhalb

106 Dr. P. Zenetti: Ueber Hesperidin.

des Gefäfsbündels mehrschichtig und füllt hier den ganzen Raum zwischen den Epidermen und dem Bündel aus. Ein Collemchym- gewebe, wie es an dieser Stelle so allgemein in den Blättern vor- kommt, fehlt hier also. Die isodiametrischen Zellen der im übrigen Teile des Blattes auf die Pallisaden zunächst folgenden Schicht schliefsen auch eng aneinander und enthalten Oxalatdrusen. Letzteres gilt auch für das Gewebe in der Umgebung des Gefälsbündels.

Das Schwammparenchym ist in seiner oberen Hälfte von häufigen Bündelzweigen durchzogen, welch’ letztere Elemente sämtlicher Teile des Hauptstranges enthalten und ebenso wie dort von einer (auf Längsschnitten deutlicher hervortretenden) Parenchymscheide umgeben werden. In diesem Schwammparenchym liegen, wie schon erwähnt, mächtige Oelräume von kugeliger Gestalt, eingefalst von einer Schicht seitlich gestreckter Sekretionszellen. An der Peripherie einer solchen Oelkugel kann man mitunter schöne, strahlige Krystalle erblicken.

Die das Blattgewebe nach aufsen abschlielsende Epidermis ist es nun aber, die uns hier am meisten interessiert. An Stelle einer einfachen, einschichtigen Haut finden wir zwei Zelllagen, deren Ele- mente genau radial voreinander liegen und dadurch ihren Ursprung aus derselben Mutterschicht dokumentieren. Dieser letztere Umstand berechtigt uns, auch die innere der beiden Schichten als zur Epidermis gehörig zu bezeichnen. Während nun die tangentiale Ausdehnung der voreinander stehenden Zellen der beiden Epidermisschichten genau übereinstimmt, ist in ihrer radialen Dimension ein grolser Unterschied. Die Zellen der äufseren Schicht sind flach und werden von denen der inneren um das 3—5fache überragt. Beiderlei Ele- mente besitzen, unter Wasser betrachtet, eine dünne, farblose Membran und einen gleichfalls farblosen Inhalt. Sie schliefsen eng aneinander; nur an der Blattunterseite, in Verbindung mit dem Schwammparenchym, stehen Spaltöffnungen. Hauptsächlich an dieser Stelle ist auch die Zweiteilung der Epidermis unterblieben; des- gleichen finden wir auch ober- und unterhalb des Bündels und unter- halb der Oelräume häufig ungeteilte Epidermiszellen. Die Cuticula ist an der Oberseite rechts und links ausgebildet, der Mittellinie am schwächsten, an allen übrigen Stellen dringen ziemlich stark, cutisierte Leisten zwischen die Epidermiszellen nach innen und auch nach

Dr. P. Zenetti: Ueber Hesperidin. 107

aulsen ragen ebensolche hervor. Oberhalb des Gefälsbündels endigen zahlreiche Zellen in ein kurzes, mit Höckerchen besetztes, einseitig gekrümmtes Haar; diese Zellen sind dann schmäler als die übrigen und bleiben gleichfalls ungeteilt. Sonst finden wir nirgends Haare, ausgenommen am Blattrande, wo die Endzellen in ähnliche Dorn- fortsätze auslaufen.

Bringt man nun die Querschnitte in Quellung bewirkende Flüssigkeiten (Chloralhydratlösung, Glycerin), so wird die äufsere Epidermisschicht der oberen Blattseite zu beiden Seiten der Mediane fast in der ganzen Breite abgehoben (Fig. 1); nur über dem Gefäls- bündel bleibt der Zusammenhang erhalten. Die äulseren Epidermis- zellen bleiben dabei unversehrt, während die Längswände der inneren reilsen, so zwar, dals die stehen bleibenden Partien sich etwas ge- tältelt zusammenziehen. Der ganze so entstehende Zwischenraum zwischen den auseinanderweichenden Epidermisschichten ist mit gelblich weilsem Schleime erfüllt. In allen übrigen Teilen bleibt der Zusammenhang bestehen.

Diese am frischen Material von Diosma alba ohne besondere Schwierigkeit gewonnenen Resultate kehren nun in den wesentlichen Punkten in den Buccoblättern von Diosma betulina und crenata der Handelsware wieder wenn wir absehen von der sgrölseren Flächenausdehnung der Blätter, der stärkeren Ausbildung des Gefäls- bündelnetzes, dem Vorhandensein eines Collenchymgewebes in der Umgebung der Gefälsbündel —, so dafs es nicht nötig ist, bier anf die anatomischen Verhältnisse noch näher einzugehen.

Aber es drängt sich bei der Untersuchung der getrockneten Handelsware eine neue Erscheinung auf, nämlich das massenhafte Auftreten von Hesperidin, was bei gleicher Behandlungsweise der {rischen Blätter von Diosma alba nicht zu erreichen war.

Ehenso wie bei letzterer Art findet in den Buccoblättern beim Einlegen der Querschnitte in irgend eine Flüssigkeit Quellung und Loslösung der äufseren Epidermisschicht von der inneren statt, und zwar in demselben Umfange wie dort, nämlich rechts und links der Mittelrippe bis an den Rand, wobei auch vor den Seitennerven mit- unter der Zusammenhang erhalten bleibt. Und nun zeigt sich, dafs der ganze Raum zwischen den beiden getrennten Epidermisschichten, den gelblich-weilser Schleim erfüllt, mit Hesperidin von undeutlich

108 Dr. P. Zenetti: Ueber Hesperidin.

krystallinischer Struktur durchsetzt wird (Vergl. die schematische Fig. 2). Wir treffen bäumchen- oder strauchähnliche Formen, jedoch meist klumpig geballt, häufig so langgestreckt, dafs sie die ganze Höhe des Zwischenraumes erreichen. In Schnitten, in welchen sich aber die äulsere Hautschicht minder weit von der inneren entfernt hat, da treffen wir wiederum ein anderes Aussehen des Hesperidins (Fig. 3). Mitunter von der an die Pallisaden angrenzenden Quer- wand der Schleimzellen aus, häufiger aber von der gegenüberliegen- den, mit der äufseren Schicht sich ablösenden Wand ragen farnblatt-, fächerähnliche Gebilde in den Schleim hinein. Immer sind diese Hesperidinmassen von gelbbrauner Farbe.

Aber auch die Zellen der äufseren Epidermisschicht sind mit Hesperidin erfüllt. Der flachen, gedrückten Gestalt dieser Zellen entsprechend sind es hier Sphärokrystalle, und seltsam, sowohl der Krystall in der äufseren, wie der in dem mitabgehobenen Teile der inneren Epidermiszelle sitzt in seiner Zelle an dem gleichen Platze und entspricht auch im Gröfsenverhältnis etwas seinem Gegenüber, wie Fig. 3 veranschaulicht.

Es ist klar, dais sich diese Sphärokrystalle der äufseren Epi- dermisschicht besser im Flächenbild an Epidermisstücken studieren lassen, die man, gleichgiltig ob von der oberen oder unteren Seite eingelegter Blätter mittels Nadel und Pincette mit Leichtigkeit ab- zieht. Da liegt nun in jeder Zelle Hesperidin, in einem Falle (Fig. &) als dichte, gerundete Platten, von denen wieder mehrere sich zu einer grölseren vereinigen können, wobei häufig die Umrisse der einzelnen Teilkrystalle noch recht deutlich erkannt werden. In anderen Fällen unterscheiden wir an diesen Sphärokrystallen einen dichten, von radialen Klüften durchsetzten Kern, der von einem minder dichten Strahlenkranze umgeben ist. Und wieder einmal (Fig. 5) besitzen sie schön blätteriges, gezacktes Gefüge, oft über die ganze Fläche des Zellenraumes sich ausdehnend, während in anderen Zellen dasselbe Hesperidin zu dichten Klümpchen und knollenförmigen Gebilden geballt erscheint.

Diese farnblattähnlichen Hesperidinkrystalle erhält man wohl am sichersten nach der von Braemer (s. oben) angegebenen Methode durch vorheriges Einlegen der Epidermisstücke oder der ganzen Blätter in schwefelsäurehaltigen, verdünnten Alkohol. Indes mufs

Dr. P. Zenetti: Ueber Hesperidin. 109

ich hervorheben, dafs man das Hervorrufen einer bestimmten Krystall- form hier nicht ganz sicher in der Hand hat. Ich habe nach dieser Braemer'schen Vorschrift mitunter auch dichtere Sphärokrystalle von der Form Fig. 4 erhalten, während umgekehrt schon beim Ein- legen in Wasser, Chloralhydratlösung oder Glycerin auch tarnblatt- ähnliche oder Zwischenformen erschienen, in manchen Fällen sogar alle diese Fälle in einem und demselben Präparate nebeneinander vorkamen.

Wir sahen somit im Vorstehenden schon eine Reihe von unter- schiedlichen Krystallgebilden. Die Mannigfaltigkeit dieser Formen wird indes noch sehr bereichert, wenn man anstatt der Rohdroge das rein gewonnene Hesperidin selbst in Untersuchung zieht.

In den gewöhnlichen Lösungsmitteln unlöslich, ist reines Hesperidin mit gelber Farbe leicht löslich in Wasser, dem wenig Natronlauge zugefügt ist. Aus dieser alkalischen Flüssigkeit ist es wieder durch irgend eine Säure abzuscheiden. Es bildet sich hierbei zuerst ein gelbliches Häutchen an der Oberfläche der Flüssigkeit. Unter dem Mikroskop betrachtet vergl. im Folgenden Fig. 6 erscheint dieses Häutchen zusammengesetzt aus einer Unzahl zu- sammenhängender, schöner Sphärokrystalle mit einem dichten, hell- glänzenden Kern von gelber Farbe und einer mehr oder minder dichten Umhüllung zarter, spitzer Nadeln. Nach und nach trübt sich die Flüssigkeit und es fällt das übrige Hesperidin als hellgelber, pulveriger Satz zu Boden. Dieser Niederschlag zeigt uns die ver- schiedensten Formen meist vereinzelter Krystalle. Betrachten wir hierzu Fig. 6. Wir finden ganz dünne oder dickere Garben ge- kreuzter Nadeln; diese Garben liegen wiederum zu zweien oder dreien bald zu einem noch deutlichen, gleicharmigen Kreuz zusammen, bald verwischt sich dieser letztere Charakter fast völlig, so dafs nur noch mehr oder minder scharf markierte Radien in dem nun fast kreisscheibenförmigen Gebilde den Zusammenhang mit der vorigen Modifikation dokumentieren. Wenn bei solchen Formen immerhin die Zusammensetzung aus einzelnen Nadeln noch recht deutlich er- kannt werden kann, so geht schliefslich mit steigender Dichtigkeit auch dieses Moment verloren, zuerst bei Garbenkreuzen, die bei dichtem, massigem Centrum noch einen Strahlenkranz von Nadel- spitzchen besitzen; schliefslich fällt auch dies noch fort uud wir

110 Dr. P. Zenetti: Ueber Hesperidin.

finden näpfchenförmige, in der Mitte etwas eingesenkte Scheiben von grölster Dichtigkeit und stark glänzender, gelber Farbe, wobei wieder Formen auftreten, bei denen zwei, drei Kreisscheibchen mit scharfen Kanten zusammenlagern. Damit wären wir aber bei Er- scheinungsformen angelangt, die mit den geschilderten Vorkomm- nissen in der Epidermis der Buccoblätter (Fig. 4) grolse Ueberein- stimmung zeigen.

Aber auch hier möchte ich wieder hervorheben, dals es nicht möglich war, durch gewisse Reagentien oder Manipulationen die eine oder die andere Krystallform zu erzielen. Zumeist kann man in einem und demselben Bodensatze alle die beschriebenen Ge- staltungen oder doch mehrere davon zusammen vorfinden.

Erläuterungen zu den Abbildungen.

Fig. 1. Querschnitt eines frischen Blattes von Diosma alba nach dem Einlegen in Glycerin. Die Epidermis der Oberseite ist durch Quellung des Schleimes und Sprengung der Längswände der schleim- gebenden Schicht auseinandergewichen.

Fig. 2. Schematische Abbildung des Querschnittes eines trockenen Blattes von Diosma crenata nach dem Einlegen in Glycerin. Zwischen den durch Quellung getrennten Epidermisschichten der Oberseite ist der Schleim mit ausgeschiedenem Hesperidin durchsetzt.

Fig. 3. Teil der Epidermis eines trockenen Blattes von Diosma hetulina nach dem Einlegen in Chloralhydratlösung. Die äuflsere Epidermisschicht ist weniger weit abgehoben wie in Fig. 2. Ihre Zellen enthalten je einen Sphärokrystall von Hesperidin, dem ein fächerförmiger in der entsprechenden verquollenen inneren Epidermis- zelle korrespondiert.

Fig. 4 Stück der abgezogenen äulseren Epidermisschicht von Diosma betulina in Wasser.

Fig. 5. Desgleichen nach Behandlung mit schwefelsäurehaltigem Alkohol.

Fig. 6. Zusammenstellung von Abbildungen der aus einer alkali- schen Hesperidinlösung durch Fällung mit Säuren erhaltenen Krystalle. (Linke, grölsere Hälfte durch Salzsäure gefällt, rechte, kleinere durch Essigsäure.)

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Dr. Carl Boettinger: Ueber Glyoxylsäure. 111

Zur Kenntniss der Glyoxylsäure. IV. Abteilung.

Kondensation mit aromatischen Kohlenwasserstoffen. Von Dr. Carl Boettinger.

(Eingegangen den 23. I. 95.)

Zu einem eben so unerwarteten, wie interessanten Resultat hat das genauere Studium der Kondensationsprodukte der Glyoxylsäure mit aromatischen Kohlenwasserstoffen geführt, welche bei Betolgung der Methode A.v. Baeyer's, also durch Vermittelung konzentrierter Schwefelsäure entstehen. Ich habe Glyoxylsäure auf Benzol nach diesem Verfahren schon im Jahre 1881 einwirken lassen, und zwar im Anschlusse an meine Untersuchungen über die Kondensationen der Bibrombrenztraubensäure und Brenztraubensäure mit aroma- tischen Kohlenwasserstoffen und Nitrilen und in einer Fufsnote, Bericht d. d. chem. Gesellschaft 1881, 1240 erwähnt, Diphenylessig- säure erhalten zu haben. Diese Säure geht thatsächlich aus der Reaktion hervor, aber in so geringer Menge, dafs ihre Isolierung und Reinigung erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Der Schmelz- punkt der von mir gewonnenen Säure liegt bei 1450. Sie verhält sich gegen Lösungsmittel, also kaltes und heifses Wasser, Alkohol, Aether, Chloroform, Essigsäure, konzentrierte Schwefelsäure, wie die nach anderen Methoden gewonnene Säure. Bei stärkerem Erhitzen ist sie so gut wie unzersetzt flüchtig. Ihr Baryumsalz löst sich in Alkohol.

Die Hauptmasse des Kondensationsproduktes löst sich aber so gut wie gar nicht in kochendem Wasser und besteht, wie ich im folgenden zeigen werde, aus Abkömmlingen der Benzilsäure, d. h. Diphenylglycolsäure.

In der Hofinung, leichter wie die Diphenylessigsäure die homo- loge Ditolylessigsäure gewinnen zu können, liefs ich 1884 Toluol auf in konzentrierter Schwefelsäure gelöste Glyoxylsäure einwirken. Ich konstatierte allerdings die Kondensationsfähigkeit der beiden Körper, fand aber unter den Reaktionsprodukten nur eine sehr kleine Menge wasserlöslicher Substanz. Gerade so leicht wie das Toluol tritt auch das Aethylbenzol mit der Glyoxylsäure in Reaktion.

112 Dr. Carl Boettinger: Ueber Glyoxylsäure.

Die Kondensationsprodukte entstehen, wenn die mit über- schüssigem Kohlenwasserstoff überdeckte konzentrierte Schwefelsäure (d. = 1,84) mit Schnee gekühlt, die Glyoxylsäure allmählich eingetragen und dann audauernd unter fortwährendem Kühlen geschüttelt wird. Sie scheiden sich auf einmal an den Gefäfswänden und an der Ober- fläche der Schwefelsäure in Gestalt dicker, weilser Massen ab.

Wird die Glyoxylsäure mit dem gleichen Volumen Eisessig oder Essigsäureanhydrid vermischt, dann Kohlenwasserstoff aufgeschichtet, konzentrierte Schwefelsäure eingetragen und geschüttelt, so ent- stehen Kondensationsprodukte in ganz geringfügiger Menge. Hieraus geht hervor, dafs eine bestimmte Wassermenge erforderlich ist, da- mit die Reaktion zu stande kommt. Nach deren Beendigung, etwa nach Ablauf von 4 Stunden, wurde der Kolbeninhalt in lebhaft bewegtes, mit Eis versetztes Wasser eingetragen.

Es schieden sich dicke, klumpige Massen ab, welche von der wässrigen Flüssigkeit durch Filtration getrennt wurden. Die Filtrate wurden einmal mit Aether durchgeschüttelt, der Auszug verdunstet. Der Rückstand wurde in etwas Ammoniak gelöst. Die auf dem Filter gesammelten Hauptprodukte wurden ebenfalls in Ammoniak gelöst. Die Lösungen wurden vereinigt und zur Entfernung trüben- den Kohlenwasserstofis mit Aether geschüttelt. Nachdem sie klar geworden waren, wurden sie von dem ätherischen Auszug abgezogen, zur Verjagung gelösten Aethers auf dem Wasserbade einige Zeit erwärmt, dann mit Salzsäure übersättigt. Dasselbe geschah mit den ammoniakalisch-wässerigen Ausschüttelungen der Aetherextrakte. Die ausgefällten organischen Säuren wurden in Aether gelöst und zu dieser Lösung etwas niedrig siedender Petroläther gesetzt, um Wasser und schmierige Bestandteile niederzuschlagen. Die abgegossene, klare, ätherische Lösung hinterläfst nach dem Verdunsten einen dicken, zähen Rückstand. Nur beim Benzolderivat zeigt derselbe nach langem Stehen einen Anflug von Krystallisation. Durch Auskochen mit Wasser wurde dem letzteren Diphenylessigsäure entzogen, welche dann in zweck- entsprechender Weise, durch wiederholtes Umkrystallisieren aus Wasser gereinigt werden mulste. Der Rückstand des Toluolproduktes giebt an kochendes Wasser zwar auch etwas, aber nur wenig Sub- stanz ab. Aus derselben vermochte ich keine Ditolylessigsäure ab- zuscheiden.

Dr. Carl Boettinger: Ueber Glyoxylsäure.

Die Rückstände wurden nunmehr mit einer zur Auflösung un- genügenden Menge Ammoniak übergossen und ohne weiteres mit Aether geschüttelt. Derselbe nahm Substanz auf, welche beim Ver- dunsten des Lösungsmittels auskrystallisierte. Dieselbe läfst sich farblos und rein gewinnen, wenn der ätherischen Lösung Petroläther bis zur bleibenden Trübung zugesetzt, gekleppert und die klare Flüssigkeit von der erst fiockigen, dann schmierigen Abscheidung ab- gegossen wird. Durch mehrfaches Wiederholen dieses Verfahrens gewinnt man den Benzolabkömmling in durchsichtigen Kryställchen, den Toluolabkömmling in flachen Tafeln, welche eine stumpfpyramidale Begrenzung zeigen. Die Verbindungen sind. wie vorgreifend erwähnt sein mag, Diphenylglycolid resp. Ditolylglycolid.

Die von den eben erwähnten Körpern befreite ammoniakalische Lösung wurde angesäuert und es wurden die organischen Säuren, nachdem sie trocken geworden waren, mit Chloroform extrahiert, die Auszüge verdunstet und die Rückstände längere Zeit auf dem Wasser- bade erhitzt, da ihnen Chloroform hartnäckig anhaftet. Nach dem Abtreiben desselben wurden dieselben mit Wasser übergossen, auf dem Wasserbade erwärmt und succesive gesättigtes Barytwasser zugegeben. Durch diese Behandlungsweise wurde das Benzolprodukt bis auf einen ziemlich kleinen Rest in Lösung gebracht, während das Toluolprodvkt einen ziemlich beträchtlichen Rückstand hinterliefs, welcher auch nicht nach dem Erkalten der überstehenden Flüssigkeit verschwand und zur Isolierung der Ditolylsäure, von der später die Rede sein wird, verwendet wurde. Die Barytsalzlösung ‘hat nämlich die Eigenschaft beim Erwärmen trübe zu werden und Salz abzuscheiden, welches nach dem Abkühlen von der überstehenden Flüssigkeit teilweise aufgelöst wird. Darum fällt auch beim Auf- kochen der mit Kohlensäure gesättigten, sehr verdünnten Salzlösungen mit dem kohlensauren Baryt auch etwas Salz von organischer Säure aus.

Der Barytgehalt der bei 120% getrockneten, wasserhaltigen Ab- scheidungen, welche beim Verdampfen der Lösungen nach und nach ausgesoggt wurden, überschritt stets die Menge des Baryts, welchen dibenzilsaures resp. ditolylsaures Baryum verlangt und nahm zu mit dem Grade der Verdunstung der Lösung, ohne dafs diese darum ihre neutrale Reaktion verändert hätte. Offenbar enthalten die Ab-

Arch. d. Pharm. CCXXXII. Bäs. 2. Heft. 8

114 Dr. Carl Boettinger: Ueber Glyoxylsäure.

scheidungen basische Salze, welche von Kohlensäure nicht zersetzt wurden. So wurden beispielsweise in den getrockneten Abschei- dungen des Benzolkörpers gefunden: 29,05 Proz. Ba und 29,13 Proz. Ba, in denen des Toluolkörpers dagegen 23,46 Proz. Ba, 25,43 Proz. Ba, 25,94 Proz. Ba, 26,97 Proz. Ba, 27,21 Proz. Ba. Dibenzilsaures Baryum verlangt, 23,91 Proz. Ba, ditolylsaures Baryum 21,78 Proz. Ba. Die Barytsalze wurden mit kaltem Wasser übergossen, die Lösungen von den Rückständen abfiltriert und mit einer solchen Menge Salz- säure gefällt, dafs mehr wie die Hälfte der organischen Säuren in Lösung blieb. Die abgeschiedenen Säuren wurden mit zur Auf- lösung ungenügenden Mengen Ammoniaks übergossen und die Mischung mit Aether geschüttelt. So gelingt, es noch mehr des Diphenylglycolides resp. Ditolylglycolides zu gewinnen.

Diese Substanzen stellen aber keineswegs die Hauptmasse der Kondensationsprodukte dar. Letztere müssen zum Teil aus den Salzlösungen, zum Teil aus den in kaltem Wasser nicht löslichen Salzen abgeschieden werden. Die Säuren lösen sich leicht in Alkohol, Chloroferm und in Aether, krystallisieren aber nicht aus diesem aus, sondern hinterbleiben als zerreibliche Massen, welche in kochendem Wasser ganz unlöslich sind.

Die Analyse der aus dem schwer löslichen Barytsalz des Toluol- derivats abgeschiedenen Säure ergab Werte, welche auf Ditolyl- säure, ein Homologon der Dibenzilsäure stimmen. Durch anhaltendes Kochen der Lösung der Dibenzilsäure resp. Ditolylsäure in über- schüssiger Natronlauge entstehen Säuren, welche sich in heilsem Wasser lösen. Aus dem Benzolderivat entsteht eine Säure, welche sich wie die Benzilsäure in Vitriolöl mit ähnlicher, wenn auch nicht übereinstimmender Färbung löst, die Farbe der Vitriollösung der aus der Ditolylsäure, welche Säure hervorgeht, ist tief rot.

Es wirft sich nun die Frage auf, in welcher Weise die er- wähnten Produkte aus der Glyoxylsäure entstehen, welche doch normaler Weise substituierte Essigsäuren oder Mandelsäure und deren Homologe liefern sollte. Da bei ihrer Erzeugung keine schweflige Säure auftritt, so kann nur geschlossen werden, die kon- zentrierte Schwefelsäure spalte ein Molekül Wasser und führe dessen Bestandteile der Glyoxylsäure zu. Diese sollte darım in Glycol-

Dr, Carl Boettinger: Ueber Glyoxylsäure. 115

säure und Öxalsäure übergehen. Aus letzterer mülsten dann die Kondensationsprodukte entstehen. Nun ist ja bekannt, dafs der Oxaläther sehr leicht in Glycolsäurederivate übergeführt werden kann, von der Oxalsäure selbst kennt man bislang keinen derartigen Uebergang. Die Bildung der Kondensationsprodukte ist in mehr- facher Hinsicht bedeutungsvoll. Es wirft sich beispielsweise die Frage auf, welches Sauerstoffatom, das der Aldebydgruppe oder des Wassers, den Kohlenwasserstoffen Wasserstoff entzieht und sie in Radikale verwandelt. Wäre es der Aldehydsauerstoft der Glyoxyl- säure, so sollten doch lediglich Essigsäurederivate entstehen. Uebt aber der aus dem Wasser abgespaltene Sauerstoff die Wirkung aus, so muls das in der Glyoxylsäure isoliert stehende Wasserstoffatom den benachbarten Aldehydsauerstoff reduzieren und vorübergehend ein ungesättigter tertiärer Alkohol entstehen.

Folgende schematische Darstellung veranschaulicht diese Vor- stellung.

nn 2 HC; Done een, HH \ C,H, TE | |

Nach dieser Auffassung sollten substituierte Glycolsäuren ent- stehen. Es werden aber nicht diese selbst, sondern ihre Anhydride erzeugt. Andererseits sollte, da wie erwähnt keine Oxydation durch die Schwefelsäure und auch nicht durch den Luftsauerstoff bewirkt wird, die Hälfte der Glyoxylsäure in Glycolsäure übergehen. Da das Resultat des Versuches nicht vorauszusehen war, habe ich leider versäumt, das Auftreten dieser Säure nachzuweisen. Zu Gunsten meiner Ansicht spricht aber die Menge der aus dem Versuch her- vorgehenden chloroformlöslichen Kondensationsprodukte, denn dieselbe entspricht bei weitem nicht der angewendeten Glyoxylsäure.

D=Diphenylelyeolıd.

Das Diphenylglyeolid ist unlöslich in kaltem und heilsem Wasser. Es löst sich leicht in Alkohol, Chloroform und in Aether. Aus letz- terem krystallisiert es in kleinen, farblosen Gebilden. In kalter kon- zentrierter Schwefelsäure von 1,84 spez. Gew. löst es sich nicht.

5”

116 Dr. Carl Boettinger: Ueber Glyoxylsäure.

Beim Erwärmen löst es sich leicht darin auf und erzeugt eine gelb gefärbte Flüssigkeit. Ist die Schwefelsäure etwas wasserhaltig, so schmilzt es beim Erwärmen auf derselben zu einem farblosen Oel. Die Lösurg in kalter, rauchender Schwefelsäure ist gelb gefärbt. Es ist leicht löslich in wässerigem Ammoniak, bildet aber erst nach und nach Salz. Von kaltem Barytwasser wird es erst nach längerer Digestion gelöst. Es schmilzt bei 140%. Bei starkem Erhitzen ver- Rüchtigt sich die Substanz unter geringer Zersetzung, denn das Destillat bildet mit Ammoniak eine weißsliche, trübe Lösung.

0,187 g Substanz lieferten 0,5477 g Kohlensäure und 0,039 g Wasser.

Berechnet: N e,,0, Gefunden: C 8u,00 Proz. C 79,88 Proz. H 4,76 H 5,29

I. Ditolylglycolid.

Das Ditolylglycolid löst sich nicht in kaltem und heilsem Wasser, leicht in Alkohol, Chloroform und Aether. Aus letzterem scheidet es sich in grofsen, breiten, dünnen Tafeln aus, welchen eine ungleich- seitige, stumpfe Pyramide aufgesetzt ist. Wie sein niederes Homologe hält es Chloroform fest. Es zeigt gegen Schwefelsäure verschiedener Konzentration das Verhalten des Diphenylglycolides.. Es löst sich leicht in wässerigem Ammoniak, läfst sich aber aus der frisch be- reiteten Lösung teilweise noch mit Aether ausschütteln. In kaltem Barytwasser ist es erst nach längerer Digestion löslich. Es schmilzt bei 131--132%. In hoher Temperatur verflüchtigt es sich nahezu unzersetzt.

0,1543 g Substanz lieferten 0,4559 g Kohlensäure und 0,087 g Wasser. Berechnet:

EEE Gefunden: C 80,67 Pıoz. C 80,58 Proz. H 5,88 H DO

lll. Ditolylsäure oder Anhydroditolylglycolsäure.

Die Substanz wurde aus dem Barytsalz durch Schütteln mit wässriger Salzsäure und Aether abgeschieden. Aus der Lösung ihres Ammoniaksalzes wird sie durch Mineralsäuren in weifsen Flocken niedergeschlagen, welche in kaltem und heilsem Wasser ganz unlös- lich sind. Die Ditolylsäure löst sich leicht in Aether, Alkohol und in Chloroform, welches sie hartnäckig zurückhält.e. Um dieses ab- zutreiben muls der Verdunstungsrückstand längere Zeit auf dem Wasserbade erhitzt werden. Das in entsprechender Weise isolierte:

Dr. Carl Boettinger: Ueber Glyoxylsäure, 117

Benzolderivat zeigt dasselbe Verhalten. Die Ditolylsäure vermochte ich nicht in krystallisierter Form zu erhalten. Ihre ätherische Lösung hinterlälst einen weilsen, leicht zerreiblichen Rückstand, welcher beim Erhitzen auf 100° zu einer blasigen Masse wird. In hoher Temperatur schmilzt die Säure zu einem dunkelrotbraunen Oel, welches Dümpfe ausgiebt, dann verkohlt und schliefslich ohne Rückstand zu hinterlassen verbrennt. Die Säure ist in kalter kon- zentrierter Schwefelsäure nicht löslich. Beim Erwärmen mit nicht ganz konzentrierter Schwefelsäure schmilzt sie zu einer blasigen Masse, welche sich nach dem Abkühlen zu einem sandartigen Pulver zerreiben lälst. Dagegen wird sie von warmer konzentrierter Schwefelsäure gelöst und es entsteht eine satt braungelb gefärbte Flüssigkeit. Kalte rauchende Schwefelsäure bildet mit ihr eine rote Lösung. Die Ditolylsäure ist eine starke Säure, daher leicht löslich unter Salzbildung in Ammoniak. Sie löst sich leicht in kaltem Barytwasser. Beim Aufkochen scheidet die Lösung Salz aus, welches beim Abkühlen der Flüssigkeit teilweise gelöst wird. Bei langdauerndem Kochen ihrer Lösung in überschüssiger Natronlauge verwandelt sie sich in Säure, welche in heilsem Wasser löslich ist

und mit Vitriol eine tiefrotgefärbte Lösung giebt. 0,1827 g Substanz lieferten 0,5192 g Kohlensäure und 0,102 g Wasser,

Berechnet: Gefunden: C = 177,13 Proz. C = 77,50 Proz. EI OT; H4=4:6.26, 17%

Im Anschlusse möchte ich noch über ein Doppelsalz der Glyoxyl- säure berichten. Versetzt man die farblose neutrale konzentrierte Lösung von glyoxylsaurem Natrium oder Kalium (beim Ueberschreiten der Neutralität färbt sich die Lösung gelb) mit Chlorcalcium oder Chlorbaryum, so findet nur geringe Umsetzung in der Weise statt, dals glyoxylsaures Calcium resp. glyoxylsaures Baryum abgeschieden werden. Es entstehen vielmehr in Wasser leicht lösliche Doppel- resp. Torpolsalze. So bildet sich aus glyoxylsaurem Natrium und Chlorcalcium ein farbloses, schön krystallisierendes, in heilsem Wasser leicht, in kaltem Wasser schwer lösliches Salz von der Zusammen- setzung (C;, H; NaO,+ C;H;ca0,). Das Salz wird bei 115° schwach gelb, verliert aber bei dieser Temperatur kein Wasser.

h 0,1036 g trockenes Salz lieferten 0,0370 g Schmelzrückstand oder 35,12 Proz, und darin 0,0132 g Kalk oder 9,1 Proz. Calcium.

118 C. Hartwich: Falsche Senegawurzel

0,2066 g trockenes Salz lieferten 0,0735 Schmelzrückstand oder 35,58 Proz. und darin 0,0260 g Kalk oder 9,02 Calcium.

Für ein Salz der angegebenen Zusammensetzung berechnet sich 36 Proz. Glührückstand und 8,88 Proz. Calcium.

Aus der Mutterlauge von diesem Salz krystallisiert ein Doppel- salz aus, dessen Bestandteile glyoxylsaures Natrium und Chlor- natrium sind.

Die mit Chlorcaleium versetzte Lösung von glyoxylsaurem Kalium liefert ein einheitlich aussehendes, in kaltem Wasser leicht lösliches Salz, dessen Bestandteile glyoxylsaures Calcium, glyoxyl- saures Kalium und Chlorkalium sind. Die Analyse des wasserhaltigen und darum bei 100° getrockneten Salzes wies aber auf ein Gemenge hin, denn es wurden bei 54,19 Proz. Glührückstand 8,3 Proz. ChloF und 7,2 Proz. Calcium gefunden.

Darmstadt, 22. Januar 1895.

Chem. Tech. Laboratorium (Privat).

‚Mitteilungen aus der pharmazeutischen Abteilung des Eidgenössischen Polytechnikums in Zürich.

III. Ueber eine neue Verfälschung der Senegawurzel. Von C. Hartwich. (Eingegangen am 10. 2. 95.)

Zu Anfang des Jahres 1894 machte Herr Apotheker Ad, Andree in Hannover!) aufmerksam auf eine interessante Verfälschung einer aus New-York in den Handel gebrachten Senegawurzel, die in einer fremden Wurzel bestand. Die Menge der fremden Wurzel war eine sehr erhebliche, wie mir Herr Andree freundlichst mitteilt, betrug sie fast 25 Proz. der Droge. Derselbe glaubte in der Verfälschung die Wurzel von Richardsonia scabra St. Hil. die als Radix Ipecacuanhae farinosa bekannt ist, zu erkennen.

Da Berührungen zwischen der nordamerikanischen Senega und der südamerikanischen Ipecacuanha auch sonst vorgekommen sind, so soll man unter Senega die Wurzeln des südamerikanischen Joni- dium Ipecacuanha, die ebenfalls als Substitution der Ipeca- cuanha vorkommen, gefunden haben, so interessierte mich die Sache besonders weil die Verhältnisse hier ähnlich zu liegen schienen. 1) Apotheker-Zeitung 189+, No. 12, pag. 23.

C. Hartwich: Falsche Senegawurzel. 119

Richardsonia ist bekanntlich in einem grofsen Teile von Südamerika heimisch, geht aber nördlich nur bis Mexiko; beide Pflanzen (Richard- sonia und Polygala Senega) können also nicht zusammen vor- kommen, so dafs ein Mitsammeln der Richardsonia aus Nachlässig- keit ausgeschlossen schien und eine absichtliche Verfälschung an- genommen werden mulste.

Herr Andre&e hatte auf meine Bitte die grolse Freundlich- keit, mir ein Muster der betreffenden Wurzel zu senden. Eine Untersuchung zeigte nun freilich bald, dafs beide Wurzeln allerdings äufserlich recht ähnlich waren, sich aber im Bau sehr wesentlich unterschieden, so dafs Richardsonia ausgeschlossen erschien. Ich will nur erwähnen, dafs die Stärkekörnchen in beiden von einander abwichen, und dafs Richardsonia Oxalat in Raphiden enthält, die fragliche Wurzel aber in kleinen Drusen. Ebenso konnte ich sie mit keiner der anderen, mir zu Gebote stehenden falschen Ipeca- cuanhasorten identifizieren.

Damit war ich leider vorläufig zu Ende, eine Bestimmung der interessanten Droge gelang mir nicht. Da schenkte mir Herr Hotrat Professor Dr. Vogl in Wien bei Gelegenheit der Naturforscher- versammlung 1894 eine Anzahl neuer Drogen und darunter die Wurzel der Caprifoliacee Triosteum perfoliatum L., die neuerdings auch als Ipecacuanha vorkommt. Eine Vergleichung dieser Wurzel mit der Andree’schen zeigte die grolse Aehnlichkeit und eine mikroskopische und chemische Prüfung wies die Identität beiler nach. Es liegt also hier der interessante Fall vor, ähnlich wie bei dem erwähnten Jonidium, dafs dieselbe Wurzel als Sub- stitution der Ipecacuanha und als Verfälschung der Senega vorkommt.

Die Gattung Triosteum umfalst 5 Arten, von denen eine im Himalaya, zwei in China und Japan und zwei in Nordamerika vor- kommen. Triosteum perfoliatum findet sich besonders in den östlichen und südöstlichen Staaten der Union, könnte also wohl mit der Senega zusammen vorkommen und gesammelt werden trotz des recht verschiedenen Aussehens beider Pflanzen, wenn man nicht eine absichtliche und betrügerische Beimergurg der vielleicht unverkäuflichen Triosteumwurzel annehmen will. Die Pflanze ist eine Stande, die aus dem dicken, knorrigen Rhizom ein oder mehrere Stengel eutsendet, die fast 1 m hoch werden können. Die sitzenden,

120 C. Hartwich: Falsche Senegawurzel.

ganzrandigen, gegenständigen, etwa 8 cm langen, in der Mitte etwa 3 cm breiten Blätter sind am Grunde mit einander verwachsen, unterseits flaumhaarig oder filzig. Die fünfteiligen, etwas zygo- morphen Blüten stehen in Wirteln, die zuweilen eine kurze terminale Aehre bilden. Die Kelchblätter sind schmal, abstehend, am Rande gewimpert, meist parpurrötlich, von Länge der Üorolle. Letztere purpurrot, am Grunde ausgesackt, Zipfel kurz, aufrecht. Die Frucht ist eine lederige, 3—5fächrige, 3—5samige Beere von purpur-schar- lachroter Farbe. (Abbildung der Pflanze in: Monet de La Mark, Illustration des genres, 1791, Tafel 150. Die Pflanze führt in Amerika eine Anzahl heimischer Namen, die z. T. auf ihre Verwendung hin- weisen: Tinkers Weed, Wild Fever Root, Feverwort, Horsegentian, Bastard Ipecac, Wild Coffee.

Diese Verwendung ist eine ziemlich ausgedeknte: das Rhizom mit den Wurzeln dient als Fiebermittel und Purgans, in stärkeren Dosen als Emetikum, in Georgia benutzt man es gegen Rheumatismus, die harten Samen sollen ein Kaffeesurrogat liefern.

Das Rbizom und die Wurzeln waren früher in Nordamerika offieinell, die neueste Auflage der Pharmacopoeia of the United States of Amerika von 1893 hat die Droge nicht mehr.

Die mir vorliegende Droge besteht aus einem gelbbraunen bis dunkelbraunen Wurzelstock, der in den meisten Fällen aufserordent- lich verbogen und knorrig, etwa 9 cm lang wird und auf der Ober- seite Reste der bis 1 em dicken Stengel erkennen läfst. Von den Seiten und nach unten gehen vom Wurzelstock in ziemlicher Menge Wurzeln ab, die bis 1,2 cm dick werden. meist aber nicht mehr wis 1/, cm im Durchmesser haben, oft auch viel dünner sind. Die Wurzeln sind an meinem Muster nicht länger wie 12 cm, aber natür- lich abgebrochen. Ihre Farbe ist ein gelb'iches Graubraun, im All- gemeinen etwas heller wie beim Wurzelstock. Sie sind zart längs- runzlich und zeigen hier und da Querrisse. Zuweilen ist auf kürzere Strecken die Rinde abgesprungen, so dafs hier der dünne Holz- körper zum Vorschein kommt. (Fig. 1). Die ganze äulsere Erschei- nung zeigt allerdings grofse Aehnlichkeit mit manchen falschen Ipecacuanhasorten, speziell der Richardsonia. Dagegen ist an eine Verwechslung mit der echten Ipecacuanhı, die viel dunkler gefärbt ist und die bekannten Einschnürungen zeigt, nicht zu denken. In

C. Hartwich: Falsche Senegawurzel, 121

der That ist meines Wissens auch eine Verfälschung der Ipecacuanha mit Triosteum nicht bekannt geworden, vielmehr geht die letztere als besondere selbständige Sorte.

Anders ist es mit der Senega. Hier ist die Aehnlichkeit auf den ersten Blick gar keine geringe, die Farbe ist ziemlich überein- stimmend, ebenso die Stärke der meisten Wurzeln und die Längs- runzelung, manche Wurzeln sind auch ziemlich regelmälsig hin- und hergebogen. Natürlich fehlt aber der für Senega so charakteristische Kiel, wie ja selbstverständlich bei genauerer Betrachtung der Unter- schied beider deutlich in die Augen springt. Immerhin ist die Aehnlichkeit eine so grolse, dafs man offenbar die Triosteum-Wurzel in der Senega meist übersehen haben wird. Es läfst sich doch nicht annehmen, dafs die verfälschte Droge nur in die Hände des Herrn Andree gelangt ist, aber nur seiner Sorgfalt gelang es, die Ver- fälschung sofort zu erkennen. Soviel ich weils, ist wenigstens ihr Auftreten sonst nirgends berichtet worden.

Auf dem Querschnitt durch den Wurzelstock erkennt man schon mit der Lupe eine relativ dünne Rinde, die in der schmäleren äufseren Partie heller, nach innen dunkler braun ist, dann einen hellen Holzkörper von strahligem Bau und ein ansehnliches Mark.

Ein Stück der trocknen Wurzel, die 5 mm dick ist, hat eine Rinde von 3 mm und einen Holzkörper von 2 mm; wie man sieht, ist die Dicke der Rinde recht erheblich, steht aber doch in keinem Vergleich zu der der Ipecacuanla. Viel gröfser ist die Differenz bei der in Wasser aufgequollenen Wurzel, sie quillt dann etwa auf das Doppelte, eine solche Wurzel zeigte dann z. B. eine Rinde von 2,2 mm und einen Holzkörper von nur 0,8 mm. Selbstverständlich ist es fast die Rinde allein, die quillt.

Auf dem Querschnitt durch die Wurzel (Fig. 2) erkennt man ebenfalls einen strahligen Holzkörper, natürlich ohne Mark. In der Rinde hebt sich sehr deutlich, wie beim Rhizom, eine diinnere, hellere, äufsere Partie von der dunkleren inneren Rinde ab. (Fig. 2a).

Der mikroskopische Bau ist recht charakteristisch und ermöglicht besonders, die Droge sowohl von der Senega wie von der Ipecacuanha mit Leichtigkeit zu unterscheiden.

Die äufsere Korkbedeckung ist dünn, ihre Zellen flach, sie zeigen nichts Charakteristisches. Darauf folgt eine Schicht ziemlich

122 C. Hartwich: Falsche Senegawurzel.

grolser, zusammengeprelster Zellen, die hier und da eine Oxalat- druse enthalten, sonst aber leer sind (die primäre Rinde). Zwischen dieser Schicht und der sekundären Rinde liegt eine zweite, 4—5 Zelireihen starke Schicht von Korkzellen, die sich sehr eigentümlich verhalten. Die Zellen der am weitesten nach aufsen liegenden Reihe strecken sich aufserordentlich stark radial (Fig. 4a), so dals sie später fast den Eindruck von Trichomen machen, oder an die be- kannten tonnenförmigen Zellen auf der Samenschäle der Mandel er- innern (Fig. 5a). Sie sind dann verholzt. Infolge dieser starken Streckung ist, wie soeben erwähnt, die primäre Rinde in radialer Richtung so stark zusammengeprelst. Offenbar haben diese sich streckenden Zellen die Funktion, das Abwerfen der aufserhalb der- selben gelegenen Partieen zu erleichtern. Man kann auf Quer- schnitten deutlich sehen, dafs diese Zellen sich sehr ungleichmälsig ausbilden, zwischen ganz langgestreckten kommen kürzere Formen vor, oft fehlen sie auf kürzere Strecken, da nicht alle Zellen sich in der geschilderten Weise strecken, immer aber sieht man dann die darüber liegenden Gewebe emporgehoben. Mir ist ein gleiches Vorkommnis nicht bekannt geworden. Eine gewisse Analogie bietet die Bildung des interessanten Aerenchyms bei Wasserpflanzen, dessen Function aber selbstverständlich eine ganz andere ist. (Vgl. Schenck, Jahrbücher f. wissensch. Botanik XX, p. 526.

Ich habe erwähnt, dafs diese Zellen die äufseren Partieen ab- heben oder ihr Abwerfen befördern, und in der That findet man an den meisten Stücken der Droge die Peripherie begrenzt durch die innere Korkschicht, von der die lockeren Zellen natürlich leicht ab- brechen. Man könnte auf den ersten Blick dann zweifeln, ob man überhaupt dieselbe Droge vor sich hat. Indessen gelingt es ge- wöhnlich, wenn man die Schnitte in Natronlauge stark quellen lälst wenigstens einige der Zellen noch aufzufinden.

In der sekundären Rinde sind Mark- und Baststrahlen ohne weiteres nicht zu unterscheiden, man erkennt sie aber mit Deutlich- keit wenigstens in der Nähe des Kambiums, wenn man die Stärke mit Chloralhydrat teilweise löst und dann mit Jod färbt, es heben sich dann die schmalen Baststrahlen von den breiten Markstrahlen sehr deutlich ab. Die Rinde enthält reichlich Oxalat in kleinen Drusen und Stärke. Die letztere besteht aus einzelnen oder zu

C. Hartwich: Falsche Senegawurzel. 123

zweien und dreien zusammengesetzten Körnchen, sie sind rundlich, länglich, auch wohl nierenförmig, bis 15 « grols und mit einem Spalt versehen. Schichtung ist nicht zu erkennen. (Fig. 3.)

Der Holzkörper zeigt ebenfalls einige Eigentümlichkeiten. Er besteht aus 1—5 Zellreihen breiten Markstrahlen, deren Zellen radial gestreckt und deutlich getüpfelt sind und ebenso breiten Holzstrahlen, die aus Tüpfelgefälsen, mälsig stark verdickten Fasern und spärlichem Holzparenchym bestehen. Sehr charakteristisch ist es nun, dals bei den Fasern nur die Mittelmembran sich mit Phloro- gluein und Salzsäure rot fürbt, die Verdickungsschichten dagegen nicht, sie fürben sich mit Chlorzinkjod deutlich, wenn auch nicht eben stark, violett, sind also nicht verholzt. Dagegen sind die Markstrahlen durchweg verholzt. Das Holzparenchym verhält sich wie die Fasern, die dünne Innenmembran ist nicht verholzt. (Fig. 6.) Das Rhizom ist ebenso gebaut, läfst aber, wie schon gesagt, ein deutliches Mark erkennen. Die Rinde ist verhältnismälsig dünn.

Ferner machte Herr Andree darauf aufmerksam, dafs die von ihm gefundene Wurzel ein Alkaloid enthalte, welches er für Emetin hielt. Gelegentlich unserer Korrespondenz teilte er mir dann mit, dals er sich dabei wesentlich auf die Blaufärbung stützte, die mit einer Lösung von Ammonium-Molybdat in konzentrierter Schwefelsäure und Zusatz eines Tröpfchens konzentrierter Salzsäure eintrat, wo- gegen die Orangefärbung mit konzentrierter Salzsäure und Chlorkalk resp. Kaliumchlorat weniger sicher eintrat. Selbstverständlich war die Frage von sehr grolsem Interesse, ob in der Triosteum-Droge Emetin vorkommt. An und für sich mufste man bei der sehr nahen Verwandtschaft der Caprifoliaceen, zu denen Triosteum gehört, mit den Rubiaceen, zu denen die Ipecacuanha gehört, die Möglichkeit zugeben.

Zur Darstellung /des Alkaloids wurde die gepulverte Droge mit Alkohol erschöpft, der Alkohol abdestilliert, der Rückstand zur Extraktkonsistenz eingedampft, mit Wasser aufgenommen und mit Ammoniak alkalisch gemacht,

Diese ammoniakalische Lösung war anfangs braun, wurde aber bald schön grün. Sie wurde mit Aether ausgeschüttelt, die ätherische Lösung sauer gemacht, mit Wasser ausgeschüttelt, diese Operationen wiederholt und der Aether schliefslich verdunstet. Das zurück-

124 C. Hartwich: Falsche Senegawurzel.

bleibende Alkaloid war noch etwas gelblich gefärbt, aber deutlich in Nadeln krystallisiert. Es betrug 0,029 Proz. der Droge und gab deutliche Niederschläge mit Meyer’s Reagens, Phosphorwolframsäure, Phosphormolybdänsäure und Pikrinsäure.

Bei der Reaktion, wie sie Herr Andree ausgeführt hatte, erhielt ich zuerst beim Behandeln mit der Lösung von Ammoniummolybdat in Schwefelsäure eine braune Färbung, die auf Zusatz von Salzsäure blau oder blaugrün und nach 24 Stunden rein grün wurde.

Vier verschiedene daneben untersuchte Sorten von Emetin ver- hielten sich genau ebenso.

Ein geringer Unterschied zwischen dem Triosteumalkaloid und dem Emetin zeigte sich, wenn ich eine Lösung von Phosphormolyb- dänsäure in Schwefelsäure verwendete, die Emetine lösten sich rot- braun, das Triosteumalkaloid mehr grau, auf Zusatz eines Tröpfehens Salzsäure wurden die Emetine schnell grün, das andere zunächst bräunlich ; nach 6 Stunden war alles blau, nach 24 Stunden alles grünlich blau.

Ich will indessen gestehen, dafs ich auf diesen Unterschied vor- läufig kein grofses Gewicht legen möchte, da, wie gesagt, das neue Alkaloid nicht völlig rein war.

Anders war es mit der zweiten, für den Nachweis von Emetin besonders entscheidenden Reaktion. Ich habe den Versuch nach dem Deutschen Arzneibuch und nach Pharmacopoea Helvetica III. gemacht, also neben Salzsäure Chlorkalk resp. Kaliumchlorat ver- wendet. In keinem Falle trat dabei eine orangerote, sondern nur eine rein gelbe Färbung auf, wie sie das Reagenz allein eben- falls zeigt.

Das Alkaloid von Triosteum perfoliatum ist danach sicher kein Emetin, sondern dürfte der Pflanze eigentümlich sein, man wird ihm den ihm zukommenden Namen: Triostein geben müssen. Meines Wissens ist es das erste in einer Caprifoliacee aufgefundene Alkaloid. Zu einer weiteren Untersuchung reichten die wenigen mir zu Gebote stehenden Centigramm leider nicht aus.

Erklärung der Figuren. 1. Ein Stück der Wurzel in natürlicher Grölse mit teilweise abge- sprungener Rinde. Querschnitt durch die Wurzel. a) primäre Rinde; b) sekundäre Rinde: c) Holzkörper.

I)

on

Dr. Carl Boettinger: Ueber Glukosazon. 12:

3. Stärkekörnchen.

4. Querschnitt durch die Grenzzone zwischen primärer und sekun- därer Rinde. a) die sich stark streckende äulsers:e Lage der inneren Korkzone; bc) primäre Rinde: d) sekundäre Rinde.

5. Querschnitt wie Fig. 4 einer älteren Wurzel; abed wie bei Fig. 4.

6. Querschnitt durch das Holz. 2) Markstrahlen: b) Holzstrahlen ; c) Gefälse.

Ueber Glukosazon aus Sumach und Yallonen. Von Dr. Carl Boettinger. (Eingegangen den 22. II. 1895.)

Im 259. Bande, Seite 125 von Liebig’s Annalen habe ich eine Studie über die Einwirkung von Phenylhydrazin auf Gerbeextrakte veröffentlicht, in der sich auch Angaben über die Osazone des in dem Sumach und den Vallonen vorkommenden Zuckers vorfinden. Dieselben beziehen sich auf die Abscheidung und die Eigenschaften der Osazone, also auf Löslichkeits- und Zersetzlichkeitsverhältnisse und den Schmelzpunkt. Aus den in der bezeichneten Abhandlung erwähnten Rindenextrakten vermochte ich das Osazon des in den- selben enthaltenen Zuckers nicht in reinem Zustand zu isolieren.

Dies gelang auch nicht, als der Gerbstoff daraus in Form der in Wasser nicht löslichen Acetverbindung abgeschieden und das Filtrat hernach mit Phenylhydrazin gekocht wurde. Dagegen habe ich neuerdings wieder das ÖOsazon des Zuckers aus Sumach und Vallonen isoliert und analysiert. Die beiden Verbindungen erwiesen sich in jeder Beziehung identisch mit einander und mit dem Osazon des Traubenzuckers. Sie schmelzen bei 206%. Um sie aber in dem Zustande vollkommener Reinheit zu gewinnen, mu[s man zuerst aus Methylalkohol und dann aus Aceton umkrystallisieren. Die feder- fahnenähnlichen Ausblühungen sind für sie besonders charakteristisch. Nur so gelingt es eine dem Glukosazon offenbar nahestehenden, bei 223° sinternden Bestandteil des Rohosazons aus Sumach zu ent- fernen, welcher für sich in kochendem Alkohol und Aceton aufserordent- lich schwer löslich, in salzsäurehaltigem Alkohol dagegen leicht löslich ist. Die gereinigten Körper sind von dem aus Traubenzucker dar- gestellten Glukosazon nicht zu unterscheiden und besitzen auch die chemischen Eigenschaften. desselben.

126 Dr. Carl Boettinger: Ueber Glukosazon.

Die Analyse des Glukosazons aus Sumach ergab folgende Werte:

I. 0,188 g Substanz lieferten 0,4144 g Kohlensäure oder 60,12 Proz. C und 0.1102 g Wasser oder 6,51 Pıoz. H.

Die Analyse des Glukosazons aus Vallonen ergab folgende Werte:

II. 0,1772 g Substanz lieferten 0,3924 Kohlensäure oder 60,39 Proz. C und 0,1031 g Wasser oder 6,46 Proz. H.'

Ber ER: : Gefunden: = en Proz. EC = 60,127 60,39 Broz H= 6,14 5 H= 6, Fr 6,46

Bei dieser Gelegenheit will ich erwähnen, dafs die Glyoxyl- säure mit Traubenzucker zu einer leicht zersetzlichen, acetal- artigen Verbindung zusammentritt. Ich habe aber bislang noch kein Mittel gefunden, diese Substanz in reinem Zustand zu isolieren. Wird ein Gemisch von 2 g wasserfreiem, sogenanntem chemisch reinen Traubenzucker und 2 g Glyoxylsäure von 1,32 spez. Gewicht gelinde erwärmt, so erfolgt nach kurzer Zeit Auflösung. Der dicke Sirup wird ganz leicht aufgenommen von Wasser, absolutem Alkohol, Methylalkohol und Aceton. Durch Zusatz von Aether zur alkoholi- schen Lösung beseitigt man eine Verunreinigung des Trauben- zuckers, welche sich flockig abscheidet. Die wässerige Lösung der Substanz reagiert sauer und trocknet im Exsikkator zu einem farblosen Glasse aus. Wird sie in einer Porzellanschale schwach mit Ammoniak übersättigt und dann erwärmt, so färbt sie sich in charakteristischer Weise erst gelb, dann dunkelorange. Diese Reaktion beweist, dafs die Lösung eine eigenartige Verbindung enthalten muls, denn weder der Traubenzucker, noch die Glyoxylsäure liefern unter diesen Bedingungen eine entsprechende Färbung. Die mit Chlorcaleium und Ammoniak versetzte wässerige Lösung wird beim Erhitzen rostfarben und scheidet feine, bräunliche, in ver- dünnter Essigsäure vollkommen lösliche Kryställchen ab. Die mit Ammoniak nahezu neutralisierte Lösung bleibt beim Versetzen mit Bleiacetat klar. Beim Aufkochen wird sie rotbraun und sie scheidet ein ebenso gefärbtes Salz aus. Die Substanz reduziert Kupferoxyd in alkalischer Lösung. Wird ihre Lösung mit Phenylhydrazin und Essigsäure versetzt und längere Zeit im Wasserbade erwärmt, so scheiden sich erst bald erstarrende Oeltropfen und alsdann Nadeln von der Form des Glukosazons aus. Die Abscheidung wird von kochender stark verdünnter Natronlauge zerlegt in unlösliches Glu-

Dr. H Pommerehne: Ueber Alkaloide von Berbh. aquif. er

kosazon und eine lösliche Verbindung, welche aus der Lösung durch Salzsäure abgeschieden werden kann.

Ich gedenke mich noch weiter mit der Verbindung zu beschäf- tigen und werde auch andere Zuckerarten in den Kreis dieser Unter- suchung ziehen, demnächst aber eine schon nahezu fertig gestellta Untersuchung über die Kondensationsprodukte der Glyoxylsäure mit Glyeocoll unddendriAmidobenzoesäuren mitteilen.

Darmstadt, 20. Februar 1895.

Chem. Tech. Laboratorium (Privat).

Mitteilungen aus dem pharmaceutisch-chemischen Institute der Universität Marburg

58. Beiträge zur Kenntnis der Alkaloide von Berberis aquifolium. Von Dr. H. Pommerehne. (Eingegangen den 15. XII. 1894.)

Bereits ziemlich früh ist das Vorhandensein von Berberin in ‚den beiden Hauptvertretern der Familie der Berberideen Derberis vulgaris und Berberis aquifolhum konstatiert, die Base daraus dar- gestellt und nach den verschiedensten Richtungen hin untersucht worden. Indessen war es bei der Gewinnung des Berberins aus den Wurzeln obiger Pflanzen zunächst unbemerkt geblieben, dafs dieselben noch weitere Alkaloide enthielten. Erst Wacker!) war es vorbehalten, darauf aufmerksam zu machen, dafs in der Wurzel von Berberis vulgaris, aulser Berberin, noch ein weiteres Alkaloid enthalten ist. welches von ihm als Oxyacanthin bezeichnet wurde. Später wies jedoch Hesse?) nach, dafs in der bei der Berberin_ darstellung verbleibenden Mutterlauge durch kohlensaures Natrium ein Niederschlag entsteht, welcher noch zwei Alkaloide enthält, von denen er das eine, durch gesättigte Natriumsulfatlösung fällbare, als Oxyacanthin bezeichnete, das andere, aus der Mutterlauge des Oxyacanthins durch Zusatz gesättigter Natriumnitratlösung abscheid- bare, Berbamin benannte. Für ersteres Alkaloid stellte Hesse zunächst die Formel C,, Hs, NO, auf, jedoch entschloß er sich später,

1) Chem Centralblatt 1561, p. 332. 2) Berichts der deutsch.-chem. Gesel!sch. 1886, p. 1172.

128 Dr. H. Pommerehne: Ueber Alkaloide. von Berb. aquif.

auf Grund der von ihm ausgeführten Elementaranalysen, die von ihm für das Berbamin acceptierte Formel C,H}, NO;, auch für das Öxyacanthin anzunehmen.

Von weiteren Arbeiten über die Alkaloide dieser Wurzeln, namentlich die von Derberis agwyfolum, sind die von Stubbeh) und von Rüdel?) zu erwähnen. Von diesen Autoren wies ersterer nach, dafs sich nach der von Hesse angegebenen Methode auch aus der Wurzel von Derberis aqufolium aulser Berberin noch zwei Alkaloide isolieren lassen und gab beiden die Formel C,s Hg NO;. Stubbe nahm somit mit Hesse an, dals die beiden Alkaloide isomer seien. Rüdel dagegen, dessen Arbeit die Identität der Alkaloide der Wurzel von Derberis vulgarıs und aquifolium zum Gegenstande hatte, konstatierte auf Grund der für das Oxyacanthin gefundenen Werte, dafs diesem Alkaloide die Formel C,9 Hs, NO, zuzuerteilen, und dafs letzteres somit mit dem Berbamin nicht als isomer, sondern wahrscheinlich als homolog zu betrachten ist.

Da somit in betreff der dem Oxyacanthin zukommenden Formel die Ansichten der verschiedenen Autoren auseinandergehen, so unter- nahm ich es, auf Veranlassung meines hochverehrten Lehrers, des Herrn Geh. Rat Prof. E. Schmidt, die Alkaloide dieser Wurzel, insbesondere das Oxyacanthin, zum Gegenstande einer erneuten Unter- suchung zu machen, um hierdurch weitere Aufschlüsse über die Zu- sammensetzung und Eigenschaften dieser Base zu erhalten.

Als Ausgangsmaterial dienten mir etwa 80 g rohes schwefel- saures Oxyacanthin, die Herr Dr. OÖ. Hesse aus den Mutterlaugen von der Berberindarstellung gesammelt hatte, aus dessen Händen ich sie durch Vermittelung von Herrn Geh. Rat Prof. Schmidt zur weiteren Verarbeitung erhielt. Es sei mir gestattet, Herrn Dr. OÖ. Hesse für diese Liberalität auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Aulserdem gelangte ich noch in den Besitz von 10 kg zerschnittener Wurzel von Derb. aquifol.,.. am daraus selbst noch einmal die darin enthaltenen Basen darzu- stellen. Da aufserdem E. Merck in Darmstadt in letzter Zeit ein krystallisiertes Oxyacantlin in den Handel bringt, habe ich auch

1) Inaug.-Dissert. Marburg 1890. 2, Inaug.-Dissert. Marburg 1891.

Dr. H. Pommerehne: Ueber Alkaloide von Berb. aquif. 129

dieses Präparat, zum Vergleich mit den selbst dargestellten Alkaloiden, herangezogen.

Darstellung der Alkaloide aus der Wurzel von Berb’’gurfor,

Ich bediente mich bei der Gewinnung derselben im wesentlichen des von Hesse angegebenen Verfahrens, indem ich zunächst las zer- kleinerte Material mit essigsäurehaltigem Wasser wiederholt aus- kochte, bis dasselbe völlig erschöpft war. Die gesammelten Auszüge wurden auf ein kleines Volum eingedampft und einige Tage zum Ab- setzen bei Seite gestellt. Von dem dabei ausgeschiedenen, meist aus Berberinacetat und Extraktivstoffen bestshenden Bodensatze, filtrierte ich den flüssig gebliebenen Teil ab, behandelte den Rückstand noch einmal mit essigsäurehaltigem Wasser und versetzte alsdann das Filtrat mit Natriumcarbonatlösung, bis keine Abscheidung mehr dirch dieselbe erfolgte. Den brauuschwarz gefärbten Niederschlag saugte ich ab und wusch ihn so lange mit Wasser nach, bis das Ablaufende nur noch schwach gelb gefärbt war. Zur weitern Reinigung löste ich diesen Niederschlag in verdünnter Salzsäure und fällte letztere Lösung nochmals mit Natriumcarbonat. Da der Niederschlag indessen trotz wiederholter Fällung immer noch eine dunkelbraune Farbe hatte, so versuchte ich die noch vorhandenen Farbstoffe möglichst dadurch ab- zuscheiden, da/s ich den Niederschlag wieder in essigsäurehaltigem Wasser löste und die neutrale Lösung mit Bleiacetat im Ueberschuls versetzte. Nach dem Abfiltrieren des durch Einleiten von Schwetel- wasserstoff ausgefallenen Schwefelbleies, verblieb eine rötlich gelb gefärbte Flüssigkeit, aus der beim abermaligen Fällen mit Nairium- carbonat ein Niederschlag von grauweilser Farbe sich abschied, so dals die stark färbenden Stoffe auf diese Weise grölstenteils entfernt waren.

In diesem Zustande benutzte ich jenas Alkaloidgemisch zur weitern Trennung des in demselben enthaltenen Oxyacanthins und Berbamins, indem ich dasselbe in salzsäurehaltigem Wasser löste und der gelinde erwärmten Flüssigkeit soviel Natriumsulfat zufügte, dafs nach dem Erkalten sich ein Teil letzteren Salzes wieder ausschied. Von den Natriumsulfatkrystallen und dem mitausgeschiedenen Oxya- canthin filtrierte ich den flüssig gebliebenen Teil ab und fügte zu letzterem nochmals etwas Natriumsulfat zu, wodurch aufs neue eine Fällung entstand. Es zeigte sich nun, dafs wenn ich die jedesmal abfiltrierte Flüssigkeit in gleicher Weise mit Natriumsulfat behandelte, stets noch Fällungen erfolgten, so dals eine scharfe Trennung des Oxyacanthins vom Berbamin sich auf diese Weise wohl nicht bewerk- stelligen läfst. Die gesamten durch Natriumsuifat erhaltenen Nieder- schläge löste ich hierauf, nachdem ich sie durch Auswaschen mit

Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bas. 2. Heft. {e)

130 Dr. H. Pommerehne: Ueber Alkaloide von Berb. aquif.

wenig kaltem Wasser von dem grölsten Teile des Natriumsulfats be- freit hatte, in salzsäurehaltigem Wasser, fällte aus dieser Lösung die treie Base aufs neue mit Natriumcarbonat, wusch den entstandenen Niederschlag gut mit Wasser nach, um ihn dann unter Erwärmen wiederum mit verdünnter Salzsäure in Lösung zu bringen. Beim Er- kalten dieser Lösung schied sich bereits ein Teil des Oxyacanthin- hydrochlorids in kleinen weilsen Warzen ab, die ich auf einem Saug- filter sammelte, um dann die etwas eingedampfte Mutterlauge aufs neue der Krystallisation zu überlassen. Ich erhielt jedoch aus letzterer nur noch verhältnismälsig wenig Krystalle‘ und mu/ste daher ver- suchen, das noch in Lösung befindliche Alkaloid auf andere Weise zu isolieren. Zu diesem Zwecke fügte ich den nicht mehr kry:tallisier- baren Mutterlaugen Platinchloridlösung im Ueberschuls zu, wodurch noch ein beträchtlicher, lehmgelber Niederschlag entstand, den ich sammelte, durch Auswaschen von der anhaftenden Mutterlauge mög- lichst befreite, um ihn alsdann, nachdem ich ihn in Wasser suspen- diert hatte, unter gelindem Erwärmen mit Schwefelwasserstoff zu zer- legen. Sobald die überstehende Flüssigkeit sich geklärt hatte, filtrierte ich das ausgeschiedene Schwefelplatin ab und dampfte die erhaltene Flüssigkeit auf ein kleines Volum ein. Es krystallisierte jetzt zwar abermals ein kleiner Teil des salzsauren Oxyacanthins aus, indessen blieb noch immer ein beträchtlicher Teil der Alkaloide in Lösung. Letztern Teil versuchte ich im krystallisierten Zustande dadurch zu erhalten, dafs ich die Mutterlauge, die nicht mehr zum Krystallisieren zu bringen war, mit Natriumcarbonat abermals ausfällte, den aus- gewaschenen braunen Niederschlag trocknete und mit Aether im Soxhlet'schen Apparate extrahierte. Hierbei verblieb nach dem Ver- dunsten des Aethers eine fast rein weilse Masse, die ich alsdann gleichfalls in das salzsaure Salz überführte. Die so erhaltenen Krystallisationen reinigte ich schliefslich durch Tierkohle, bis sie völlig weils waren und erhielt auf diese Weise etwa 6 g reines salz- saures Oxyacanthin.

Die vom Natriumsulfatniederschlage getrennte Flüssigkeit neu- tralisierte ich mit verdünnter Natronlauge, um sie unter gelindem Er- wärmen mit Natriumnitrat zu sättigen. Es schied sich dabei ein schmutzig gelber Niederschlag aus, den ich nach weiterm Reinigen durch wiederholtes Ausfällen mit Natriumearbonat schlielslich in salz- säurehaltigem_Wasser löste. Indessen schieden sich aus dieser Lösung selbst bei längerm Stehen über Schwefelsäure keine Krystalle ab, vielmehr trocknete die Flüssigkeit nur zu einer rotbraunen, firnis- artigen Masse ein. Erst nach Ueberführung in das Platinsalz und Zerleg>n desselben mit Schwefelwasserstoff begann die Lösung zu krystallisieren. Indessen war die Ausbeute an reinem Hydrochlorid eine sehr geringe, indem ich nur etwa 9,6 g davon erhielt. Auch ick

Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin. 131

konnte somit die bereits von Hesse und Stubbe beobachtete Thatsache bestätigen, dals die Darstellung des Oxyacanthins und Berbamins mit grolsem Verluste verknüpft ist, da stets ein nicht un- beträchtlicher Teil der Alkaloide in den stark braun gefärbten Mutter- laugen verbleibt, die sich jeder erfolgreichen Behandlung entziehen.

Aulfser diesen aus der Wurzel von Berberis aquifol. darge- stellten Alkaloiden verwendete ich, wie bereits erwähnt, noch zur Untersuchung 80 g rohes schwefelsaures Oxyacanthin von Hesse. Letzteres behandelte ich zur Trennung des Oxyacanthins von noch etwa beigemenstem Berbamin ebenfalls mit gesättigter Natriumsulfat- lösung und die von dem hierdurch entstandenen Niederschlage ab» filtrierte Flüssigkeit mit Natriumnitrat.

Ich erhielt durch letzteres Salz jedoch nur noch eine geringe Fällung.

Dis auf diese Weise getrennten Basen führte ich abermals in Hydrochloride über und reinigte die ausgeschiedenen Krystalle durch wiederholtes Umkrystallisieren, unter Zusatz von Tierkohle, so lange. bis sie rein weils erschienen und sich zur Analyse verwenden liefsen. Da mir das auf diese Weise völlig reinerhaltene salzsaure Oxyacanthin als Ausgangsmaterial für die Darstellung der freien Base, sowie der

übrigen Verbindungen derselben diente, so sei dessen in folgendem Erwähnung gethan.

I. Oxyacanthin.

a) Salzsaures Oxyacanthin, C,4.Hsı NO;, HEI 7258, 0.

Dieses Salz wurde bereits von Wacker und Hesse aus der Wurzel von Berberis vulgaris, von Rüdel aufserdem noch aus der Wurzel von Berberis aquifolium dargestellt. Von diesem Hydrochlorid giebt Wacker an, dafs dasselbe 4 Moleküle Krystall- wasser enthalte, während Hesse und Rüdel mur 2 Moleküle fanden. Zur Aufklärung dieser Differenz unterwarf ich dieses Salz noch einmal der Analyse. Dasselbe hatte sich sowohl bei Anwen- dung des von mir aus der Wurzel von Berb. aquifol. isolierten Oxyacanthins, als auch bei Benutzung des von Hesse erhaltenen Materials in glänzend weilsen, zu Büscheln gruppierten Nadeln, aus- geschieden. Eine Verschiedenheit in den Krystallformen dieser beiden Hydrochloride, wie sie Rüdel bemerkt zu haben glaubt, habe ich nicht konstatieren können.

132 Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin.

[4

Die Bestimmung des Schmelzpunktes liefs sich nicht ausführen, da das Salz bei stärkerem Erhitzen, ohne zu schmelzen verkohlte. In Uebereinstimmung mit Hesse und Rüdel fand auch ich 2 Moleküle Krystallwasser. Das Trocknen nahm ich in einem ver- schlie(sbaren Gläschen vor, da das Salz an der Luft leicht wieder etwas Feuchtigkeit anzog und infolgedessen schwer ein konstantes Gewicht zu erzielen war. Wie es scheint, giebt auch das Salz bei 100° das Wasser völlig nicht ab; daher trocknete ich zunächst bis 100° und schliefslich noch bei 105%. Dabei verloren:

I. 0,3242 g Subst. 0,0304 g H,O = 9,37 Proz. H,O.

II. 024649 0,0234 7 7,7 = >

Ta. 0 2022U 5 7, 00.0228 Eee

Bei längerem Liegen an der Luft giebt das Salz durch Ver- witterung etwas Wasser ab, wenigstens fiel bei einer Reihe von Wasserbestimmungen von Salz, welches längere Zeit an der Luft aufbewahrt war, der Wassergehalt etwas zu niedrig aus. So

verloren: I. 0,3560 g Subst. bei 100—105° 0,0310 H, O = 8,70 Proz. H,O 11.=03172:8, A = 0,0232 ;„ =83372 ei 702 1109er 5 * 0.0920 N ou Gefunden bei Salz, welches verwittert war: I. 8,70 Proz. H,O. Berechnet für C,9H,, NO,HC1+2H,0: IT.7 3,880, » 9,38 Proz. H,O. HT1.W68297 7; *

Die Chlorbestimmung führte ich durch direktes Fällen mit Silbernitrat in salpetersaurer Lösung aus. Man darf indessen nicht zu stark mit Salpetersäure ansäuern und nicht zu stark damit er- hitzen, da sonst das in Lösung befindliche Oxyacanthinnitrat unter Bildung von harzartigen Produkten eine Zersetzung erleidet, die sich alsdann mit abscheiden und dem Chlorsilber beimischen. Ich erhielt

dabei folgende Resultate:

I. 0,3004 bei 100—1050 getrockneter Subst. ergaben 0,12135 AgCl = 9,99 Proz. Cl.

II. 0,2890 bei 1950 getrockneter Subst. 0,1195 AgCl —= 10,23 Proz ee

III. 0,3118 lufttrockner Subst. 0,11615 AgCl = 9,20 Proz. Cl.

Da bei den Elementaranalysen des salzsauren Salzes die Werte für den Kohlenstoff anfangs stets zu niedrig ausfielen, so dafs ich vermutete, dem Oxyacanthin könnte doch die Formel Cs His NOz

Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin. 133

zukommen, so suchte ich durch möglichst genaue Bestimmung des Chlorgehalts einen Anhaltspunkt für die Molekulargröfse des Oxy- acanthins zu gewinnen und denselben vielleicht durch Titration er-

mitteln zu können.

Bei Anwendung von Y,, N. KOH und Phenolphtalein war in- dessen die Endreaktion keine scharfe, so da[s die Werte immer etwas zu hoch ausfielen im Vergleich zu den auf gewichtsanalytischem Wege ermittelten:

0,2890 bei 100—105° getrockn. Subst. erforderten 8,9 ccm.

1/oö N- KOH = 0,031595 Cl = 10,93 Proz. Cl.

Besser anwendbar scheint dagegen die Titration mit !/,, N. Silber-

lösung unter Zusatz von Kal. chrom. als Indikator zu sein. Hiermit riert, wurden für 0,3250 bei 100-1050 getrockn. Subst. 9,5 ccm 1/, Ag NO, verbraucht, die 0,03372 g Cl = 10,37 Proz. Cl entsprachen.

Eine weitere Probe versetzte ich mit 1/,, N. Silberlösung im Ueberschufs, titrierte den Ueberschuls der letzteren mit Y. N. Rhodanammonlösung zurück und fand, da/s zur Fällung des Chlors aus 0,2890 bei 100-1050 getrockn. Subst. 8,2 ccm Y/„ Ag NO, ver- braucht waren = 0,02911 g Cl = 10,07 Proz. Cl.

Auch nach Carius führte ich noch eine Chlorbestimmung aus; diese ergab aus 0,1980 bei 100-1050 getrockn. Subst. 0,0771 Ag Cl —= 10,119 Proz. Cl.

Gefunden: I. durch Titrat. mit Y/,, N. AgNO, u. Kal. chrom. = 10,37 Proz. Cl. II. durch Titrat. mit !/, N. AgNO, u. Rhodanammon = 10,07 Proz. Cl. III. nach Carius 10.49 Proz. Cl. Berechnet: für C,9 H,, NO;, HCl = 10,21 Proz. Cl.

Bei der Elementaranalyse lieferten mit Bleichromat und vor-

gelegter reduzierter Kupferspirale verbrannt: I. 0,2938 getrockn. Subst. 0,1609 H,O = 6,08 Proz. H. 0,6976 CO, = 64,75 Proz. C. II. 0,2872 getrockn. Subst. 0,1600 H,O = 6,16 Proz. H. 0,6818 CO, = 64,78 Proz. C. III. 0,3683 lufttrockner Subst. 0,2146 H,O = 6,47 Proz. H. 0,7858 CO, = 58,78 Proz. C.

Da die Wasser- und Chlorbestimmungen auf Werte hinwiesen, welche der Formel C,, Hs; NO, entsprachen, so mulste ich annehmen, dafs die Substanz, die an und für sich sehr schwer verbrannte, nicht völlig verbrannt war, zumal im Schiffehen immer ein schwarzer Hauch von Kohle zurückblieb, der selbst im Sauerstoffstrome nicht zum Verbrennen zu bringen war. Auch ein Bestreuen der Substanz im Schiffehen mit gepulvertem Bleichromat war ohne Erfolg. - Ich

134 Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin.

verbrannte daher die Substanz nochmals im Liebig'schen Schnabel- rohre, nachdem dieselbe mit viel frisch ausgeglühtem Kupferoxyd angeschüttelt war. I. 0,2316 lufttrockner Subst. ergaben 0,1463 H,O = {,1l Proz. H. 0,5008 CO, = 58,97 Proz. C. II. 0,2200 bei 105° getrockn. Subst. ergaben 0,1324 H,0 = 6,68 Proz. H. 0,5258 CO, = 65,18 Proz. C.

Gefunden bei lufttrockner Substauz :

ıE 14: Ill. IV. Yi VI. H,0 = 9,37 9,49 9,35 _ =: Cl 9,20 H u 6,47 TA C = 58,78 58,97 Berechnet für C9H5, NO, HCI + 2H,0 C3H,NO, HCIi + 2H,0 H,0 = 9,35 Proz. H,0 =. 9,74 ‚Proz. Gi 79728 = GIER 39:60 ei Ha2 8 60 EEE er 59.1510 Or ya: Gefunden bei 100—105% getrockneter Substanz T; 1. DE IV. V: Cl. = 9,99 10,23 31, 0,0 = 6,08 6,16 6,68 Of == 64,75 64,75 65,18 Berechnet für C,9 Hz, NO,, HCl C;H,N0,;, HCl Ci = 10,21 Proz. Ci = 10,64 Proz. IE 54635 > Hr 25:99 5 G Zub HE 2 - FGANonmE Gefunden von Rüdel: 1. Er H,0 —= 9,24 9,u5 Bee 0 H == 6,59 @ et ge 65,25 Gefunden von Hesse: il IE HT: 07 79,43 H = 637 6,45 6,43 6; —= 64,54 64,98 64,48

Da die Differenz im Chlorgehalt zwischen den beiden Formeln C;o H;ı NO,, HC] und Us H,o NO;, HCl nur gering ist, so versuchte ich weiter das brom- und jodwasser-

Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin. 135

stoffsaure Salz darzustellen, da in diesen Salzen die Werte für den Brom- und Jodgehalt weit grölsere Unterschiede zeigen.

b) Bromwasserstoffsaures Oxyacanthin: C,9 Ha, NO,. HBr + 2H,0.

Ueber dieses Salz finden sich in der Litteratur bisher keine Angaben. Ich erhielt dasselbe, indem ich die freie, aus dem reinen salzsauren Salz dargestellte Base fein zerıiieben in Wasser suspen- dierte und unter gelindem Erwärmen soviel verdünnte Bromwasser- stoffsäure zufügte, bis die Base gelöst war und die Flüssigkeit eine schwach saure Reaktion zeigte. Die Lösung darf nicht zu sauer sein, da sonst leicht eine Zersetzung und Braunfärbung unter Ab- scheidung von Brom eintritt. Beim Erkalten der Lösung schied sich das Salz in weilsen, seidenglänzenden zu Drusen gruppierten, Nadeln aus, die dem salzsauren Salze in ihrem Aussehen ganz älın- lich waren. Bei der Wasserbestimmung verloren bei 100°:

I. 0,1833 Subst. 0,0157 H,O —= 8,56 Proz. H,O.

II. 0,0832 Subst. 0,0074 H,O = 8,39 Proz. H,O.

Die Brombestimmung wurde in gleicher Weise wie die Chlor- bestimmung durch direktes Ausfällen mit Silbernitrat ausgeführt und dabei folgende Werte erhalten:

I. 0,0808 getrockneter Subst. ergaben 0,0396 Ag Br = 20,19 Proz. Pr. 11. 0,3912 lufttrockner Subst. ergaben 0,17235 Ag Br = 18,79 Proz. Br.

Gefunden: Bei 100% getrockneter Substanz bei lufttrockner Substanz 1. IE H,0 = 8,39 8,56 7,0 = _

Br = 20,19 —_ Br = 18,79 Proz. Berechnet für CasH,NO,,HBr+2H,0 Cs Hja NO; , HBr + 2H,0 H,0 = 8,41 Proz. H,0 = 8,64 Proz. Bing Briı== 1982 in,

Berechnet für Cs H;,; NO, ,H Br C,H NO; , HBr Br = 20,40 Proz. Br = 21,16 Proz.

c) Jodwasserstoffsaures Oxyacantbhin: Cs Hz; NO;,,HJ + 2H,0. Auch über die Zusammensetzung und die Eigenschaften dieses Salzes sind in der Litteratur bisher keine Angaben vorhanden. Ich stellte dasselbe in der Weise dar, dals ich die freie Base mit

136 Dr. H, Pommerehne: Ueber Oxyacanthin,

soviel verdünnter, völlig farbloser HJ versetzte, bis bei gelindem Erwärmen Lösung eintrat und nur eine schwach saure Reaktion vorwaltete. Ich fügte alsdann noch ein wenig Alkohol, sowie einige Tropfen schwefliger Säure zu, um die durch ausgeschiedenes Jod verursachte schwache Gelbfärbung wieder fortzunehmen, und stellte dann die Lösung, vor Licht möglichst geschützt, zur Krystallisation zur Seite. Hierbei schied sich das Salz in ganz kleinen, weilsen Warzen ab, die indessen nicht so gut ausgebildet waren, wie die Krystalle der beiden andern halogenwasserstoffsauren Salze. Auch besals dals Oxyacanthinhydrojodid, trotz aller angewandten Vorsichts- malsregeln, eine schwach gelbliche Farbe, die indessen für die weitere Verwendung desselben zur Analyse ohne Belang war. Es ist dieses Salz weit weniger beständig, wie das entsprechende Hydro- chlorid und Hydrobromid, da schon bei der Darstellung desselben eine Gelbfärbung eintritt, die sich beim Stehen an der Luft und am Licht noch derartig vermehrt, dafs schliefslich die ganze Flüssigkeit stark gefärbt erscheint; gleichzeitig tritt auch eine Abscheidung dunkel gefärbter Produkte ein, die selbst durch Zusatz von schwefliger Säure nicht wieder zu entfernen sind. Aus der Mutterlauge noch weitere Krystalle zu erzielen, gelang mir nicht, obwohl ich dieselbe bei völligem Lichtabschlufs langsam über Schwefelsäure verdunsten lies, da unter starker Bräunung Zersestzung eintrat. Das Oxy- acanthinbydrojodid ist in kaltem Wasser verhältnismäfsig schwer löslich, leichter in heifsem Wasser und verdünntem Alkohol. Der bei der Wasserbestimmung gefundene Wert entsprach 2 Molekülen Krystallwasser. I. 0,3050 Substanz verloren bei 1009 0,0226 H,O = 7,40 Proz. H,0- Das durch Fällung mittelst Silbernitrat erhaltene Jodsilber be trug aus

I. 0,2824 bei 100° getrockneter Substanz 0,1517 Ag J = 29,02 Proz. J. 11. 0,2018 lufttrockner Substanz 0,0999 AgJ = 26,74 Proz J.

Gefunden bei

getrockneter Substanz lufttrockner Substanz H,0 = 7,40 Proz. H,0 = we 3 2902 I .; = 126, 174@Proz: Berechnet für C,9 Ha; NO,, HJ + 2H,0 C,H NO; , HJ + 2H,0 #0. —= "7,30 eroz. 3,0 = EU: Pi 26,710 , 3a aha

Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin, 137

Berechnet für Cy9 Hz, NO, H.) Cs Hı9a NO, HJ HO= HO= 3) —= 28,92 Proz. J —= 29,33 Proz. Den Schmelzpunkt des getrockneten Salzes fand ich zwischen 256— 258.

d) Schwefelsaures Oxyacanthin: (Cj9 Ha, NO,); H, SO, + 4 H,0.

Zur weitern Charakterisierung des Oxyacanthins analysierte ich auch das schwefelsaure Salz noch einmal. Es ist dasselbe bereits von Stubbe und von Rüdel untersucht, und von ersterem ein Krystallwassergehalt von 2 Molekülen, von letzterem ein solcher von 4 Molekülen angegeben worden. Zur Darstellung dieses Sulfats löste ich die reine Base unter Erwärmen in schwefel- säurehaltisem Wasser auf; schon beim Erkalten schied sich das Salz gröfstenteils in Krusten aus, die sich bei näherer Betrachtung als aus lauter kleinen würfelähnlichen, harten Krystallen bestehend erwiesen. Nur an den Wandungen des Gefäfses hatten sich auch einige Einzelkrystalle, die etwas besser ausgebildet waren, ab- geschieden. Es scheint indessen, als ob dieses Salz in ver- schiedenen Krystallformen auftritt, wenigstens erhielt ich aus den Mutterlaugen weiche, seidenglänzende Krystalle in Gestalt von Nadeln, die im Aussehen von ersteren völlig verschieden waren.

Eine Schmelzpunktbestimmung war nicht ausführbar, da das Salz zusammensinterte und schliefslich, ohne zu schmelzen, verkohlte. Bei Bestimmung des Wassergehaltes fand ich übereinstimmend mit Rüde] 4 Moleküle; es verloren bei 110—115°

I. 0,3066 Substanz 0,0290 H,O = 9,45 Proz. H,O. TEN WatgDe OPRRSO enge? El, Dar DRBINNGT III. 0,3431 = 0,0298. 22/2 7808 2% = Auch ich machte beim Trocknen dieses Salzes die Beobach- tung, dals bei 100° das Wasser noch nicht völlig abgegeben wurde; erst beim Steigern der Temperatur auf 110—115° wurde alles Wasser ausgetrieben. Hierbei färbte sich die Substanz ein wenig gelb, in- dessen war dieses ohne Bedeutung für die weitere Verwendung der- selben zur Schwefelsäurebestimmung und Elementaranalyse.

138 Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin.

Die Schwefelsäure bestimmte ich durch Fällen der mit HCI stark angesäuerten Lösung der Substanz mittelst Chlorbaryum und gelangte dabei zu folgenden Werten:

I. 0,4145 lufttrockene Subst. ergaben 0,1218 Ba SO, = 10,087 SO;.

II. 0,2754 bis zum konstanten Gewicht getrockne Substanz ergaben 0,0915 Ba SO, = 11,34 Proz. SO;.

Auch durch Titration mittelst Y N.KÖOH unter Zusatz von Phenolphtalein suchte ich die Schwefelsäure zu bestimmen, indessen fielen die dabei gefundenen Werte gegen die auf gewichtsanalytischem Wege erhaltenen stets etwas zu hoch aus, was wohl daraus sich

erklärt, dafs die Endreaktion keine scharfe ist. Es erforderten: I. 0,2148 lufttrockener Substanz 5,7 ccm !/,;, KOH = 10,61 Proz. SO,. II. 0,3062 lufttrockner Substanz 8,2 cem Y/,, KOH = 16,71 Proz. SO;. III. 0,2754 bei 1150 getrockn. Subst. 7,9 ccm Y,, KOH = 11,47 Proz. SO;,

Die Elementaranalysen lieferten folgende Daten:

I. 0,2776 bei 110—115° getr. Subst. ergab 0,1500 H,O = 6,00 Proz. H- 0,6407 CO, = 62,93 Proz. C’ II. 0,1984 0,1076 H,O = 6,02 Proz. =

»

III. 0,2344 lufttrockener ee 0,1432 H,O = 6,78 Proz. H. 0,4964 CO, 57,57 Proz. C.

Gefunden bei lufttrockener Substanz:

1 11. Bi IV. V:

H,O —= 9,45 Proz. 8,85 Proz. 8,68 Proz.

3,0 —- Br 10,08 Proz. H = = 6,78 Proz. (a ar Be L —_ 57,97 Proz.

Berechnet für:

4,07 —2:9097Pro2: H,0 = 9,42 Proz. SO, = 10,10 , SO, = 1047 3 Hr: BR BG 554,52, u re Gerunden bei 110—115° getrockneter Substanz: T. II. III. SO, = 11,34 Proz. = —— Ei 6,02 Proz. 6,00 Proz. C= 63,23 Proz. 62,93 Proz. Berechnet für: (Cs Hz NO3), H, SO, (Cs Hı9 NOz) H,O, SO, = 11,11 SO, = 11,56 Proz. FH, 2611 H “ae

GI Er PER

Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin. 139

Gefunden von Rüdel:

I. IT. IH. IV.

H,0 = 9,% En 8,98 9,16 SO, = 10,97°°_ 10,99 = _ ENsenet ae 6.38 u 5 EEE H 63,06 =

e) Salpetersaures Oxyacantbhin: Cyg Hsı NO, HNO, +2H,0.

Zur Gewinnung dieses bisher nicht dargestellten Salzes suspen- dierte ich die freie, aus dem salzsauren Salze erhaltene reine Base in viel Wasser, fügte zunächst in der Kälte soviel verdünnte Salpetersäure zu, dals die Lösung ganz schwach sauer reagierte und erwärmte darauf gelinde, indem ich noch tropfenweise soviel Salpetersäure zufügte, bis die Base in Lösung gegangen war. Es ist nötig, hierbei eine möglichst verdünnte Salpetersäure anzuwenden und nicht zu lange zu erwärmen, da andernfalls sich sehr leicht gelbe, harzartige Zersetzungsprodukte bilden. Beim Erkalten schied sich das Salz in kleinen, glänzend weilsen Warzen aus. Die von der ersten Krystallisation abfiltrierte Mutterlauge suchte ich weiter einzudampfen, indessen wirkte hierbei die Salpetersäure unter Gelb- färbung etwas zersetzend ein. Da das Salz in kaltem Wasser ziem- lich schwer löslich ist, leichter dagegen sich in heilsem Wasser löst, so hatte sich mit der ersten Krystallisation bereits fast die ganze Menge desselben ausgeschieden. Auch bei diesem Salz war eine Schmelzpunktbestimmung nicht ausführbar, da dasselbe zusammen- sinterte und bei 195— 200° verkohlte.

Bei der Wasserbestimmung verloren:

I. 0,3417 Substanz bei 1000 0,0302 H,O = 8,83 Proz. H,O. Il. 0,2516 5 r 2.20.0224 7 5: 78:90 E

Diese Werte würden einem Krystallwassergehalt’”von 2 Molekülen entsprechen, da die Formel C,a Hz; NO, HNO, +2H,0 8,78 Proz. H,O verlangt.

Man darf dieses Salz nicht zu lange trocknen und auch nicht über 100° erhitzen, da es sich sonst sehr stark gelb färbt, und an- scheinend eine Zersetzung dabei erleidet. Bei der Verbrennung im offenen Rohre ergaben:

1. 0,3034 bei 1000 getrockneter Substanz 0,1610 H,O = 5,79 Proz. H- 0,6834 CO, = 60,43 Proz. C. II. 0,2206 lufttrockener Substanz 0,1262 H,O = 6,35 Proz. H. 0,4446 CO, = 54,96 Proz. C.

140 Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin.

Da diese Werte im Vergleich zu den für die Formel Cj9 Hzı NO,, HNO,

berechneten etwas zu gering ausgefallen waren, so führte ich noch- mals eine Verbrennung der mit frisch ausgeglühtem Kupferoxyd angeschüttelten Substanz in Liebig schen Schnabelrohre aus und erhielt folgendes Resultat: III. 0,2190 lufttrockener Substanz ergaben 0,1290 H,O = 6,54 Proz. H.

0,4444 CO, = 55,34 Proz. C.

Gefunden bei lufttrockener Substanz: 8,83 Proz. 8,90 Proz. _- 6,35 Proz. 6,54 Proz. —_ 54,96 Proz. 55,34 Proz. Berechnet für: CaHzı NO,HNO,;, + 2H,O C,H; NO3H NO; +2H,0.

H,

aHOo III

H,0 = 8,18 Proz. H,0 = 9,09 Proz. H= 6,43 = H = 6,06 C= 5560 C= 545

Gefunden bei 100° getrockneter Substanz: Hr. 9,19 Proz.

C = 60437 , Berechnet für: C,9 Hsı NO,, HNO; Cıg Hı9g NO, HNO, H = 5,88 Proz. H = 5,55 Proz. C = 609 C = 60,00

Da für die Ermittelung der Molekulargröfse der Pflanzenbasen sich die Platin und Goldsalze derselben in der Regel als sehr ge- eignet erweisen, so stellte ich diese auch vom Oxyacanthin dar. Beide Salze sind bereits von Stubbe und von Rüdel analysiert worden, indessen stimmen die Angaben derselben über die dem Oxyacanthin danach zukommende Formel, sowie über den Wasser- gehalt wenig überein, so dals es aus letzterm Grunde wünschens- wert erschien, diese Salze nochmals der Analyse zu unterwerfen.

f) Platinsalz des Oxyacanthins: (Cj9 Hzı NO, , HCl, Pt Cl, + 5H;0.

Zur Darstellung desselben löste ich das reine salzsaure Oxy- acanthin in Wasser, welches mit verdünnter Salzsäure angesäuert war und versetzte diese Lösung so lange mit Platinchlorid, bis keine Fällung mehr erfolgte. Den flockigen, gelblich weilsen Nieder- schlag sammelte ich nach dem Absetzen auf einem Saugfilter, wusch ihn mit wenig Wasser nach, um ihn alsdann zwischen Fliefspapier lufttrocken werden zu lassen. Es gelang auch mir, ebensowenig

Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin. 142

wie Stubbe und Rüdel, nicht, dieses Salz krystallinisch zu er- halten, da dasselbe beim Umkrystallisieren aus Alkohol sich zer- setzte. Ich verwendete daher den amorphen lufttrockenen Nieder- schlag zur Analyse. Die Gewichtsabnahme des bei 100° bis zum konstanten Gewicht getrockneten Niederschlages betrug von

I. 0,2139 Substanz 0,0180 H,O = 8,41 Proz. H,O. 1I. 0,2876 F 0,0240 = 8,34 III. 0,3154 0,0256 = 8ll

n

Diese Werte würden einem Wassergehalte von 5 Molekülen ent- sprechen, welcher 8,02 Proz. H,O verlangt. Die Platinbesiimmung ergab aus

I. 0,2636 bei 100° getrockneter Substanz 0,0500 Pt = 18,96 Proz. Pt.

'II. 0,9898 , x Be ET III. 0,2139 lufttrockner a OA BEI 16,30 FU EER IV. 0,2097 h 2 0,0359 Pb 17,11 ', Pt.

Die Elementaranalyse unter Anwendung von Bleichromat und reduzierter Kupferspirale ausgeführt, ergab folgende Zahlen: 0,2124 lufttrockner Substanz ergaben 0,0936 H,O = 4,89 Proz. H 0,3200:.005 41,030, C Zurück blieben im Schiffchen 0,0367 Pt = 17,28 Proz. Pt. Gefunden für lufttrockne Substanz:

je II. III. Pt = 16,87 Proz. 17,11 Proz. 17,28 Proz. H= 489 5 A. = 2 41.05. 9%

Berechnet für: (Cjg Hja NO; HCl), PL Cl, +5 H,0 (Cs E49 NO; HC]), Pt Cl, +5 H,0 Pt

EN SSPETOZ: Pt W460 Eroz SE ie re u —HABOBN 7 = 390

Gefunden von bei 100° getrockneter Substanz:

I II. III.

H,0 = ,841 Proz. 834 Proz... 81 Proz.

P = _ 18,90... > III =;

Berechnet für: (Cj9 Ha, NO, HCI, Pt Cl, (Cs Hı9 NO; HC], Pt Cl,

H,0 = 8,02 Proz. 0: = 824 Pro2. PIE 1885, Pt, s=1PSU.5 Gefunden von Stubbe: von Rüdel: 1 108 PIR

H,0 = 6,45 Proz. H,0 = 7,43 Proz. 7,64 Pıoz. 7,87 Proz. Pt.‘ 1922, PR = Zum 18.5370 18.657 25 RR 5 H —= 489 -- AN C =264 O E37, = 44,03

»

142 Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin.

g) Oxyacanthingoldehlorid: (Cjg Haı NO; , HCl) Au Cl, + 4H3;0.

Die Darstellung des Oxyacanthingoldsalzes geschah in gleicher Weise wie die des Platinsalzes. Die Versuche, diesen amorphen, rötlich-gelb gefärbten Niederschlag krystallisiert zu erhalten, waren ebenfalls vergeblich, da derselbe sich beim Umkrystallisieren noch jeichter zersetzte, wie das Platinsalz. Daher verwendete ich auch den amorphen Niederschlag zur Analyse. Bei der Wasserbestimmung verloren bei 100°

I. 0,2175 Substanz 0,0213 H,O = 9,79 Proz. H,O. II. 0,2784 2 0,0380. , 5 = 410,72 3

Dieser Wasserverlust würde einem Krystallwassergehalt von 4 Molekülen entsprechen, welcher 9,90 Proz. H,O verlangt. Es ist sehr schwierig, bei der Wasserbestimmung dieses Salzes ein kon- stantes Gewicht zu erzielen, da dasselbe sehr labiler Natur zu sein scheint. Man mufs die Temperatur daher nur langsam steigern, sie stets etwas unter 100° halten und auch das Salz nicht allzu lange im Trockenzustande belassen, da dasselbe sonst beständig an Ge- wieht abnimmt, indem es, wie der zu hohe Goldgehalt nicht der- artig getrockneter Präparate beweist, unter Salzsäureabspaltung eine Zersetzung erleidet. Bei der Goldbestimmung fand ich folgende Werte: I. 0,1962 getrockneter Substanz ergaben 0,0598 Au = 30,47 Proz. Au. II. 0,2484 = s; 0,0770 Au = 30,99 Au. III. 0,6062 lufttrocknen Salzes > 0,1660 Au = 27,38 Au

Bei der Verbrennung erhielt ich aus 0,2160 lufttrockner Substanz 0,0890 H,O —= 4,57 Proz. H

0,2532 60,’ 31,992, = Gefunden bei lufttrockner Suastanz: T- II. Au = 27,38 Proz. il, = = 4,57 Proz. = _ BE35 73

Berechnet für: {Cjg Ho; NOz3 HC]) Au C,+4H,0 (Ca H»NO; HC AuCc, +4H,0

Au = 27,16 Proz. Au = 27,70 Proz. H =. 41575, H = 39 OS —eslsanesee: 0. —=1304 375

Gefunden bei 100° getrockneter Substanz: 32,0:=1.9,19. Proz; 10,74 Proz. DS Ser ES PER 30,99 475

Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin. 143

Berechnet für: CC, Hy; NO,HC1AuCl, +4H,0 Cs H,9 NO, HCI Au Ol], -- 4H,0O

H,0 = 9,% Proz. H,O = 10,16 Proz. Au =9017 5 Au = 3083 Gefunden von Stubbe: von Rüdel: 17 II. III.

2.0 —=,,7,86 ‚Proz. H,0 =. 9,76, Proz... 9,63/Proz.. ' 8,95 Proz. At 253077, .. NT. 30;1282,,, 3092, H NL H = DOT: BD 5 Ü = == ar 35,5

h) Darstellung der freien Base.

Zur Darstellung des freien Oxyacanthins benutzte ich das reine salzsaure Salz, aus welchem ich mittelst kohlensaurem Natron die Base füllte. Dieselbe schied sich als ein weilser, voluminöser Niederschlag ab, den ich auf einem Saugfilter sammelte, mit Wasser auswusch, alsdann zwischen Thontellern möglichst abprefste und nun lufttrocken werden liefs. Die fein zerriebene, trockne Base suchte ich jetzt aus verschiedenen Lösungsmitteln zu krystallisieren. Aus Chloroform und Essigäther, in denen sie sich sehr leicht löste, schied sie sich jedoch stets nur als amorphe, glasige Masse ab, selbst wenn die Lösungsmittel auch ganz langsam verdunsteten. Nicht ganz so leicht wie in obigen Lösungsmitteln löste sich die Base in 90 Proz. Alkohol. Ich versuchte daher die Base aus diesem in der Weise zu krystallisieren, dafs ich sie in 90 Proz. Alkohol löste, dieser Lösung Wasser bis zur eben noch verschwindenden Trübung zusetzte und dieselbe dann der freiwilligen Verdunstung überliefs. Hierbei schieden sich in der That ganz kleine Warzen, bestehend aus sehr feinen Nadeln, ab; indessen, als ich den Ver- such mit einer grölsern Menge Material in gleicher Weise ausführte, wollte es mir nicht wieder gelingen, Krystalle zu erzielen. Auch Aether und Benzol, in denen die Base etwas schwerer löslich ist, erwiesen sich als unbrauchbar zur Umkrystallisatin. Da das Oxyacanthin in Ligroin sehr schwer löslich ist, versuchte ich das- selbe hieraus zu krystallisieren. Allein beim Kochen mit diesem Lösungsmittel machte ich die Beobachtung, dals nur ein Teil der Base gelöst wurde, während ein anderer geringerer Teil ungelöst blieb. Durch diese Löslichkeit bezw. Nichtlöslichkeit in Ligroin glaubte ich einen Weg gefunden zu haben, das Berbamin, welches

144 Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin.

vielleicht dem Oxyacanthin noch beigemischt sein könnte, davon zu trennen. Ich filtrierte daher das in heifsem Ligroin gelöste von dem ungelöst gebliebenen Teile ab und bestimmte den Schmelzpunkt beider. Ich fand denselben bei ersterem zwischen 194-2000, bei letzterem zwischen 188—196°. Zur weitern Charakterisierung der Identität bezw. Verschiedenheit dieser beiden Teile, führte ich sie wieder in das salzsaure Salz über, um dieses dann zu analysieren.

I. In heifsem Ligroin gelöster Teil. I. 0,2881 Substanz verloren bei 100° 0,0276 H,O —= 9,58 Proz. H,O.

II. 0,0683 e 5 I ne 3. -- » III. 0,2881 lufttrockner Substanz ergaben 0,1067 AgCl = 9,16 Proz. Cl IV. 0,0683 . 5 0055 5 =

V. 0,2293 H a e 0,1362 E00 ZI

0,4935 CO; = 8697,77 C

II. In heifsem Ligroin ungelöster Teil.

I. 0,2480 Substanz verloren bei 105° 0,0238 H,O = 9,51 Proz. H,O

II. 0,2508 = ». 2r7.0,0241 57 Se EI 0250 = 2 en Pros, IV. 0,2764 lufttrockner Substanz ergaben 0,10185 AgCl= 9,11 Proz. Cl V. 0,2508 5 E; = 009225. 1, 2/= AUS Tre VI. 0,2580 R: £ an "0.095153: 0.5) = Oder un VI. 0,2266 > e“ 2 0,1400; H,0 = 686 7 225

0,4878 CO, =58107 , &

Berechnet sind für C,H; NO,HCI+2H,0 CH}, NO0;HC1+2H,0.

H,0 = 9,38 Proz. H,0 = 9,74 Proz. BI m EI, OWEN BO Fe re NE Hi ro C = AI C —+0B43 %

Nach diesen Werten zu urteilen, scheint es sich nicht um ver- schiedene Körper zu handeln, da dieselben sich in dem äufseren und in den Löslichkeitsverhältnissen nicht von einander unter- schieden, und unter Berücksichtigung des Umstandes, dafs die Elementaranalysen im offenen Rohre ausgeführt wurden, in der Zu- sammensetzung in ziemlicher Annäherung der Formel C,; Hz, NO,, HCl +2H,0 entsprechen. Die geringe Verschiedenheit im Schmelzpunkt ist vielleicht darauf zurückzuführen, dafs das in Ligroin gelöste Oxyacanthin, welches sich teilweise krystallinisch, teilweise amorph

Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin. 145

ausgeschieden hatte, eine grölsere Menge krystallisierten Oxyacan- thins enthielt, als das in Ligroin ungelöst gebliebene.

Auch bei dem Versuche, die Base aus Alkohol, welcher mit Ligroin geschichtet war, zu krystallisieren, schied sich stets nur eine gelblich gefärbte, glasige Masse ab.

Erst alsfich zum weitern Vergleich mit der selbst dargestellten Base eine kleine Probe krystallisierten Oxyacanthins von Merck erhalten hatte, nahm ich die Versuche, die Base aus Alkohol zu krystallisieren "wieder auf, indem ich der Lösung der Base in 90 Proz. Alkohol, welcher noch mit Wasser soweit verdünnt war, dafs eine eben auftretende Trübung beim Umschütteln wieder ver- schwand, eine ganz kleine Menge krystallisierten Oxyacanthins zu- fügte und dann diese Flüssigkeit der freiwilligen Verdunstung über- liefs. Hierbei schieden sich in der That sehr bald kleine, harte, würfelähnliche Krystalle, die denen des schwefelsauren Salzes ähnlich waren, in reichlicher Menge ab, indessen begann auch hier die Lösung, sobald eine gewisse Menge Alkohol verdunstet war, sich unter Abscheidung eines amorpken Niederschlages zu trüben. Ich wendete daher bei einem weitern Versuche 90 Proz. Alkohol, ohne Wasserzusatz, an und erhielt hieraus die Base in denselben kleinen harten Krystallen, ohne Beimengung amorpher Base. Ich machte bei der Krystallisation der freien Base aus Alkohol die Beobachtung, dafs sowohl die abgeschiedene Base, wie auch die Lösung bei längerem Stehen mit dem Alkohol eine rötliche Farbe annahm, indem wahrscheinlich das Licht oder der Sauerstoff der Luft verändernd darauf einwirkt. Zur Erzielung farbloser Krystalle, mus man daher die Lösung stets vor Licht geschützt krystallisieren lassen, und so- bald sich ein Teil Krystalle farblos abgeschieden hat, diese sogleich sammeln, ehe die Rotfärbung eintritt, da letztere sich nicht wieder entfernen lälst.

Den Schmelzpunkt der bei 100° getrockneten Base fand ich bei 208—210. Den gleichen Schmelzpunkt besals auch die von Merck bezogene krystallisierte Base. Dieses würde dem Schmelz- punkt, der von Hesse für die von ihm krystallisiert gewonnene Base angegeben worden ist, nahe kommen, indem dieser Forscher denselben als zwischen 208S—214° liegend ermittelte. Die amorphe Base schmilzt weit niedriger, zwischen 150—1600 (Hesse 138—1500)

Arch. d. Pharm. COXXXIU. Bäs. 2. Heft. 10

146 Dr. H. Pommerehne: VÜeber Oxyacanthin. Beim Trockzen bei 100° erwies sich die Base als wasserfrei. Die Verbrennungen der bei 100° zuvor getrockneten Base lieferten folgende Zahlen: A. Im offenen Rohre, I. Die von Merck bezogene Base:

1. 0,2490 Substanz ergaben 6,1466 H,O 6.35 Proz. H

0,6610 CO, = 72,39 ©

2. 0,2138 N R 0,1266 RO 0,5708,C0, 1 HB Sant

II. Die selbst dargestellte krystallisierte Base:

1. 0,2464 Substanz ergaben 0,1444 H,O = 6,50 Proz. H 0,6542 00, 7240 7726

offenen Rohr der Kohlen- Vergleich mit dem für die Formel C;;9 Hsı NO, berechneten Werte, so führte ich noch eine

Da bei diesen Verbrennungen im stoffgehalt etwas zu niedrig ausfiel, im

Reihe Verbrennungen im Liebig 'schen Schnabelrohre aus, deren Resultate folgende waren:

B. Im Schnabelrohre., I. Die von Merck bezogene Base:

1. 0,1928 Substanz ergaben 0,1220 H,O

7.022ProZ@EN

0,5200,C03.,—..78,53 7 54. 2. 0,1966 e B 0,1220.B, 0 6,78 Zr 0,5390 00; —. 73,64 etc 3. 0,1908 Subst. ergaben 0,1180 H,O= 6,57 Proz. H. 0,5114 CO, = 73.09 C. 4. 0,2107 0;134378,0 7.07 Wan auaEle 0,5672.C0, i73 37H Yu eb

II. Die selbst dargestellte Base: 1. 0,2758 Subst. ergaben 0,1702 H,O = 6,85 Proz.H. 0,7416 CO, = 173,33 C. Bei der Stickstoffbestimmung nach Will-Varrentrapp verbraucht® das aus 0,2558 g Subst. gebildete Ammoniak 8,00 cem Y,, N.HCl1 zur Sättigung, entsprechend 0,0112 g N = 4,37 Proz. N.

Gefunden: Verbrg. i. offenen Rohr: im Schnabelrohr: 1l 108 INS ETy: 1b Tre TE IV. Ve EN, 653 "0,56. 1650 er 7,02 )).6,78. 06,87. ROTE 6 01272397 72,51 2272,40 13.25.1173,64& 73,09, 7332 77233 SEC. RER RL 437 Se TREE hi Berechnet für: CaH5,NO; CH NO;. H 776.79. Proz E17 6392PR02 CE in GL TEE N 4:50: 19, N Asch 185

Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin. 147

Gefunden von:

A. Rüdel. B. Hesse.

H 6,39 HB 1 6,87,75,6,807 56:63. 2..8.96 Belle 6,66 Proz. C 73,19 C 73,26 73,13 72,62 72,88 72,75 7286 N N 4,52.

Ich glaube somit auf Grund der Werte, die ich sowohl beim Verbrennen der Salze des Oxyacanthins, als auch der freien Base, namentlich im Schnabelrohr, ermittelte, annehmen zu dürfen, dals die vonRüdel für das Öxyacanthin aufgestellte Formel, C,g Hs, NO;, die richtige ist, zumal auch die bei den nachfolgenden Analysen ge- fundenen Zahlen gut mit dieser Formel im Einklang stehen.

Was das Verhalten der freien Base gegen die allgemeinen Alkaloidreagentien anlangt, so ist keine dieser Reaktionen besonders charakteristisch.

Ich führte dieselben sowohl mit der von mir selbst darge- stellten, wie mit der von Merck erhaltenen Base aus, und machte dabei ziemlich dieselben Beobachtungen wie Rüdel. Das Verhalten war folgendes:

1. Konz. HNO,: Gelbbraune Färbung, auf Zusatz von konz. H, SO, unverändert, schliefslich hellgelb.

2. Konz. H,SO,: Farblos, auf Zusatz von konz. HNO, an- fangs schwach gelb, dann rötlich braun, schliefslich rötlich gelb.

3. Erdmann’s Reag.: Schwach rötlich gelb.

4. Froehde’s Reag.: Anfangs stark violett, dann schmutzig

grün; hierauf wird die Färbung schwächer und geht schliefslich in eine schwach gelbe über.

5. Vanadinschwefelsäure: Schwach schmutzig violett, dann rötlich violett.

6. Zinnchlorür erzeugt mit der freien Base zusammengebracht, keine Fällung, dagegen mit den Salzen sofort eine stark weilse Fällung.

7. HgÜl, verhält sich ebenso.

8. Chlorwasser löst die Base unter Erzeugung einer ganz schwach gelblichen Färbung; fügt man dann einen Tropfen Kal. dichrom. sol. zu, so entsteht sofort eine starke gelbe Fällung.

9. Bromwasser erzeugt eine gelbe Fällung.

Die Eigenschaft des Oxyacanthins, reduzierend zu wirken, konnte ich gleichfalls bestätigen, indem

10*

148 Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin.

a) aus einer Lösung |von jodsaurem Kalium in verdünnter Schwefelsäure Jod frei gemacht wurde, welches sowohl an Geruch wie an der Violettfärbung von Schwefelkohlenstoff zu erkennen war.

b) Beim Eintragen von etwas bas. Wismutnitrat in eine Lösung von Oxyacanthin in konz. H, SO, trat sehr bald eine Dunkel- färbung des bas. Wismutnitrats ein.

c) Wurde Oxyacanthin zu einer verdünnten Lösung von Ferıicyankallum in FeCl, zugesetzt, so färbt sich letztere bald blau.

Oxyacanthin und Acetylchlorid.

Um zunächst Aufschlufs darüber zu gewinnen, in welcher Bindung sich die im Oxyacantlin vorhandenen Sauerstoffatome be- finden, liefs ich Säurechloride auf dasselbe einwirken. Zu diesem Zweck kochte ich 1 g fein zerriebenes, bei 100% zuvor getrocknetes, salzsaures Oxyacanthin mit überschüssigem Acetylchlorid in einem mit Rückflulskühler versehenen Siedekölbchen etwa eine Stunde lang. Hierbei löste sich das Salz zu einer grünlich gefärbten Flüssigkeit auf, ohne jedoch beim Erkalten, auch nachdem das überschüssige Acetylchlorid verjagt war, eine krystallinische Substanz abzu- scheiden. Durch Wasser wurde in der Flüssigkeit eine weilse Fällung erzeugt, die auf Zusatz von verdünnter Salzsäure sich noch, vermehrte, jedoch durch Alkohol wieder verschwand. Als ich in- dessen die ganze Menge des Einwirkungsproduktes in obiger Weise behandelte und die erzielte Lösung hierauf über Schwefelsäure ver- dunsten liefs, schieden sich nach einigem Stehen keine Krystalle, sondern nur gelbe ölige Tropfen ab. Ich verwandelte daher das Einwirkungsprodukt, um es in eine analysierbare Form zu bringen, in das Platinsalz, indem ich die in der Schale zurückgebliebene ölige Masse in Alkohol und Wasser unter Zusatz einiger Tropfen Salz säure löste und diese Lösung mit Platinchlorid fällte. Bei der Platin- bestimmung des bei 100° getrockneten Niederschlages konstatierte: ich jedoch einen Gehalt an Platin, welcher nur etwa die Hälfte von dem für die Formel (C}9 Hz, (CH, . CO) NO,, HCl), Pt Cl, berechnetem Werte betrug, woraus hervorgeht, dafs unter obigen Bedingungen jedenfalls kein acetyliertes Produkt entstanden war.

Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin. 149

Oxyacanthinund Essigsäureanhydrid.

Da die Behandlung des Oxyacanthins mit Acetylchlorid kein Produkt geliefert hatte, aus dessen Zusammensetzung ein Schlufs auf etwa in der Base vorhandene Hydroxylgruppen gezogen werden konnte, so liefs ich auf eine andere Probe Essigsäureanhydrid, unter Zusatz einer kleinen Menge wasserfreien Natriumacetats, einwirken. Es resultierte dabei, nachdem ich das Gemisch etwa eine Stunde lang gekocht hatte, eine gelbe Lösung. Ich verdunstete alsdann das überschüssige Essigsäureanhydrid, um hierauf den Rückstand in verdünntem Alkohol zu lösen und die Lösung der freiwilligen Ver- dunstung zu überlassen. Hierbei trocknete dieselbe jedoch nur zu einer amorphen, firnisartigen gelblichen Masse ein. Da sich auf diese Weise das Einwirkungsprodukt nicht in analysierbare Form überführen liefs, so versuchte ich aus einem Teile desselben das Platinsalz darzustellen, indem ich die mit etwas Salzsäure angesäuerte Lösung mit Platinchlorid versetzte. Hierbei erfolgte jedoch nur eine ganz geringe Fällung. Eine Platinbestimmung aus 0,1644 der bei 100° zuvor getrockneten Substanz ergab 0,0068 Pt = 4,13 Proz. Pt. Berechnet sind für (Cjg Hz, (CH, CO) NO,, HC]),PtCl, = 17,42 Proz.Pt. Es beweist dieser viel zu geringe Platingehalt, dafs auch auf diese Weise der Nachweis von etwa eingetretenen Acetylgruppen nicht möglich ist. Auch ein Versuch, die Acetylgruppen durch Verseifen mit !/,o N. KOH zu bestimmen, führte zu keinem Resultat, da der hierbei gefundene Wert 6,63 Proz. CH,.CO nur die Hälfte des für eine Acetylgruppe berechneten = 11,03 Proz. CH, CO betrug. Nach den Eigenschaften der durch Einwirkung von Acetylchlorid und von Essigsäureanhydrid auf Oxyacanthin erhaltenen Produkte gewinnt es den Anschein, als ob diese Agentien mehr wasserabspaltend als acetylierend auf Oxyacanthin einwirken.

Oxyacanthin und Benzoylchlorid.

Der negative Ausfall der im Vorstehenden beschriebenen Ver- suche veranlalste mich, das Oxyacanthin mit Benzoylchlorid in Reaktion zu bringen, Ich versetzte zu diesem Zwecke lg zuvor bei 100° getrocknetes salzsaures Salz mit etwa 5 g Benzoylchlorid und erhitzte dieses Gemisch 2 Stunden lang in einem mit Trichter verschlossenen Kolben auf dem Wasserbade. Hierbei färbte sich die Substanz

150 Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin.

gelb, ohne sich jedoch zu lösen. Nach dem Verdunsten des über- schüssigen Benzoylchlorids verblieb ein bräunlicher Rückstand, den ich zur Entfernung der in reichlicher Menge mit ausgeschiedenen Benzoösäure mit Aether auswusch, um ihn alsdann in Alkohol zu lösen. Aus der alkoholischen, rotgelb gefärbten Lösung, schied sich beim Versetzen mit Wasser ein gelblich weifser, voluminöser Nieder- schlag aus; ich fügte daher soviel Alkohol zu, bis sich der Nieder- schlag wieder gelöst hatte, säuerte diese Lösung mit Salzsäure an, um sie dann der Krystallisation zu überlassen. Obschon dieselbe bis auf ein sehr kleines Volum verdunstet war, schieden sich doch keine Krystalle daraus ab. Ich stellte daher das entsprechende Platin und Golddoppelsalz daraus dar.

a), P Latı.n.s,a la: [C;g Hao (Cg H, CO) NO, HCl, PL C, +8H3,0.

Ein Teil dieser mit Alkohol und Wasser wieder verdünnten Lösung wurde mit Platinchlorid versetzt; hierdurch bildete sich eine reichliche Menge eines flockigen, gelblich weifsen Niederschlages, den ich nach dem Absetzen durch Absaugen von der Mutterlauge trennte, mit wenig verdünntem Alkohol nachwusch und ihn dann lufttrocken zur Analyse verwendete. Die Wasserbestimmung ergab folgendes Resultat:

I. 0,2126 Subst. verloren bei 100° 0,0216 H,O = 10,15 Proz. H,O 1I1.0.29600.5 $ 11.009, 0.0230, 11244 2— LO Diese Werte würden einem Krystallwassergehalt von 8 Molekülem entsprechen, dem die Formel [C,g Ha, (C,H, CO) NO; H Cl] z„Pt C, +8H,0 verlangt 10,40 Proz. H;0. Bei der Platinbestimmung blieben zurück aus I. 0,1910 bei 1000 getrk. Subst. 0,0300 Pi. = 15,70 Proz. Pt.

1720,20307252 1000723 5.n40:0320.1E,,, = a6, ge 4 Gefunden: Berechnet: IL IR H,0 = 10,15, Proz. 10,17. Proz. H,O = 10,40 Proz. Pre =1540, 7%, NL a a N

b) Goldsalz: [Cıo Hao (C, H, CO) NO, H Cl} AuC, + 2H, 0. Den andern Teil der verdünnten alkoholischen Lösung des obigen Reaktionsproduktes versetzte ich mit Goldchlorid in geringem Ueberschufs. Hierbei fiel ein rötlich gelb gefärbter Niederschlag

Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin. 151

aus, den ich gleichfalls absaugte und mit wenig verdünntem Alkohol nachwusch. Das Goldsalz löste sich beim Erhitzen in Alkohol au:, schied sich jedoch beim Erkalten stets wieder in amorphen Flocken: ab. Ich verwendete dasselbe daher direkt zur Analyse. Bei vor- sichtigem Trocknen bis auf nahezu 1000 verloren

I. 0,2830 Subst. 0,0166 H, O = 5,86 Proz. H, O

II. 0,3052 0,0138 —4,52

Aus diesem Wasserverlust ergiebt sich ein Gehalt von 2 Mole-

külen Wasser, denn die Formel [C,g Ha, (C,H; CO)NO,H Cl] Au Cl, +2 H,O verlangt 4,55 Proz. H,O.

Bei der Goldbestimmung hinterlielsen : I. 0,2664 getrk. Subst. 0,0690 Au = 25,90 Proz. Au.

» »

II. 0,2194 _ °„ em P.0720, 21 = 2024.) ; x Berechnetsind für [C,, Ha, (C,H, CO) NO, H C]] Au Cl, 26,06 Proz. Au. Gefunden: Berechnet:

I; I; H,O = 5,86 Proz. 4,52 Proz. H,0 = 455 Proz, Ark 123.902 3 Sn 2644 u Au = 26,06 =

Aus diesen Daten geht jedenfalls hervor, dals im Oxyacanthin ein Sauerstoffatom in Form einer Hydroxy!gruppe vorhanden ist, deren Wasserstoffatom durch Benzoyl ersetzt werden kann.

Methoxylbestimmungenim Oxyacanthin.

Zur Entscheidung der Frage, ob im Oxyacanthin eine oder mehrere Methoxylgruppen : O.CH,, enthalten sind, bediente ich mich der von Zeiselt!) angegebenen Methode, nach welcher durch Ein- wirkung von konz. Jodwasserstoffsäure (Siedep. 1270) auf die be- treffenden freien Basen oder deren salzsaure Salze, die in den Methoxylgruppen vorhandenen Methylgruppen in Gestalt von Jod- methyl abgespalten werden, welches dann mit alkoholischer Silber- nitratlösung zu Jodsilber umgesetzt wird. Aus dem Gewichte dieses Jodsilbers läfst sich dann ein Rückschlufs auf die Zahl der vor- handenen Methylgruppen ziehen. Diese Bestimmungen lieferten folgende Daten:

Il. Salzsaures Oxyaec.; lufttrocken. 1. 0,3130 Subst. ergab 0,3001 Ag J = 12,68 Proz.O.CH.,. 2.0.2170 ,.; Sr Ba 5, 13,22

» >

1) s. Monatshefte für Chemie 1355 p. 95%.

152 Dr. H. Pommerehne: TDeber Oxyacanthin.

Berechnet sind für die Formel C,9 Ha, NO, HC1+2H,0 für eine Methoxylgruppe 8,08 Proz.O.CH;.. Zwei 4 16.1002, a Il. Salzs. Oxyac. bei 100--1050 getrocknet. 1. 0,1942 Subst. ergaben 0,20515 Ag J = 13,93 Proz. O.CH,. Berechnet sind für C,9 H,, NO,. HCl für eine Methoxylgruppe = 8,92 Proz.O.CH,. zwei 5 —WSLnn » III Oxyacanthin, freie Base.

0,2365 Subst. ergaben 0,27255 Ag J = 15,20 Proz. 0. CH;. Der in Ligroin unlösliche Teil der freien Base lieferte bei der Methoxylbestimmung das gleiche Resultat.

IV. Oxyacanthin freie Base von Mersk.

0,2308 Subst. ergaben 0,2786 Ag J = 15,73 Proz. O. CH;. Berechnet sind für O9 Hz, NO;. für eine Methoxylgruppe = 9.96 Proz. O.CH,. zwei e 19,937, »

Nach den vorstehenden Resultaten kann es wohl kaum zweifel- hatt sein, dals in dem Öxyacanthin thatsächlich Methoxylgruppen vorhanden sind, ob es sich dabei jedoch um eine oder zwei derartiger Gruppen handelt, lassen die gefundenen Werte unentschieden. Die ermittelten Werte weisen jedoch mehr auf zwei Methoxylgruppen hin. ‘Worin indessen der Grund zu suchen ist, dafs ich trotz der Ein- heitlichkeit des angewendeten Oxyacanthins die für zwei Methoxyl- gruppen berechneten Werte nicht erhalten konnte, vermag ich nicht zu entscheiden. Die erzielten Daten würden bei Annahme der ver- doppelten Oxyacanthinformel C3g H, N; O0, auf einen Gehalt von 30.CH;, hinweisen. Zu einer derartigen Verdoppelung der Formel des Oxyacanthins liegt jedoch sonst keine Veranlassung vor, ebenso- wenig wie zu der Annahme, dafs das analysierte Oxyacanthin aus einem Gemisch von zwei isomeren Basen, von denen die eine zwei, die andere nur eine O.CH;-Gruppe enthält, bestanden habe.

EinwirkungvonJodmethylauf Oxyacanthin. Um weiter über die Natur des Stickstoffatoms im Oxyacanthin Aufschlufs zu gewinnen, prüfte ich das Verhalten desselben gegen Jodalkyle. Ich brachte zu diesem Zwecke 1 g reines bei 100% zuvor getrocknetes Oxyacanthin mit überschüssigem Jodmethyl in einer Druckflasche zusammen, und erhitzte das Gemisch 4—5 Stunden lang

Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin. 153

im Wasserbade. Hierbei resultierte eine gelblich weilse Masse, die ich nach dem Verdunsten des überschüssigen Jodmethyls in ver- dünntem Alkohol löste, um dann die klare, gelblich gefärbte Lösung dem freiwilligen Verdunsten zu überlassen. Sobald die Lösung kon- zentrierter wurde, schieden sich einzelne, aus kleinen feinen Nadeln bestehende Drusen ab, jedoch trat zugleich auch eine Abscheidung reichlicher Mengen von öligen Tropfen ein. Ich löste daher den Rückstand nochmals in Alkohol und liefs wieder verdunsten. Jetzt schied sich eine beträchtliche Menge kleiner harter, gelblich ge- färbter Krystalle ab, welche ich sammelte, um sie zur weiteren Reinigung nochmals aus verdünntem Alkohol umzukrystallisieren Da indessen die schwach gelbe Farbe sich nicht verlor, so trennte ich die Krystalle durch Absaugen von der Mutterlauge, um sie schliefslich zwischen Fliefspapier zu trocknen.

Bei der Wasserbestimmung des zerriebenen Salzes fand ich einen Gehalt an Krystallwasser, der zwei Molekülen entsprach. Denn es verloren bei 110°:

0,2216 Subst. 0,0164 H,O = 7,40 Proz. H,O.

Berechnet sind für

C,H, NO, CH, J + 2H,O = 7,36 Proz. H, 0. Cu 85, NO;,HJ +2 H,O = TRDN H,O.

Hierbei machte ich die Beobachtung, dals das Wasser, ab- weichend von dem jodwasserstoffsauren Oxyacanthin, welches mög- licherweise hier hätte mit in Frage kommen können, bei 100° noch nicht vollständig abgegeben wird. Denn bei der ersten Probe, die ich trocknete, verloren

0,1968 Subst. bis 100% 0,0976 H,O 3,86 Proz. H,0, also nur die Hälfte des Wassergehaltes.. Ich erhitzte daher die Substanz bis auf 110%, wobei nochmals Wasser abgegeben wurde, ohne dafs sich indessen das Aussehen der Substanz dabei änderte.

Bei der Jodbestimmung nach Carius ergaben

0,1963 wasserhaltiger Subst. 0,0937 AgJ = 25,73 Proz. J.

Berechnet sind für

C,H; NO,CH,J+2H,0 = 25,97 Proz. J. GEHN HI +03, T.

Der Schmelzpunkt der getrockneten Substanz lag ziemlich hoch. Ich fand denselben bei 248—250°.

Aus diesen Daten geht hervor, dafs sich bei der Einwirkung des Jodmethyls auf Oxyacanthin ein Additionsprodukt gebildet hatte.

154 Dr. H. Pommerehne: Ueber Oxyacanthin.

Ich suchte jetzt durch Behandeln mit Silberoxyd die entsprechende Ammoniumbase des Oxyacanthins zu isolieren.

Zu diesem Zwecke löste ich das Oxyacanthinmethyljodid in Alkohol, dem etwas Wasser zugesetzt war, auf und fügte zu der gelinde erwärmten Lösung soviel frisch gefälltes Silberoxyd, bis in einer abfiltrierten Probe keine Jodreaktion mehr zu erkennen war. Das Silberoxyd wirkte in folgender Weise ein:

2 (0, Hs NO, CH, J) + Ag 0 + H,0 = 2(C,,H; NO,CH,OH) + 2Agl.

Aus dem Reaktionsprodukte versuchte ich, nachdem dasselbe durch Filtration von dem Jodsilber und dem überschüssigem Silber- oxyd befreit und bis auf ein kleines Volum eingedampft war, Krystalle zu erzielen. Ich erhielt jedoch nur eine rötlich gefärbte, sirupartige Masse, welche stark alkalisch reagierte und reichlich Kohlensäure absorbiert hatte. Denn beim Uebergiefsen derselben mit verdünnter Salzsäure trat eine deutliche Kohlensäureentwicklung ein. Da nun die gebildete Ammoniumbase nicht zur Kıystallation zu bringen war, so stellte ich, um sie analysieren zu können, ein Platin und Goldsalz daraus dar.

a) Platinsalz: (CO Hs, NO, CH; Ch; PC, +5H3,0.

Ich versetzte einen Teil der mit Wasser verdünnten und mit Salzsäure angesäuerten Lösung mit Platinchlorid. Sofort schied sick ein reichlicher, flockiger Niederschlag aus, welchen ich durch Ab- saugen von der Mutterlauge trennte und zwischen Fliefspapier luft- trocken werden liefs. Bei der Wasserbestimmung verloren, bei 100° bis zum konstanten Gewicht getrocknet,

0,3151 Subst. 0,0255 H,O = 8,09 Proz. H, 0.

Dieser Wert würde 5 Molekülen Krystallwasser entsprechen. Denn die Formel (C,g Hs, NO, CH, CD, Pt Cl, + 5H, O0 verlangt 7,83 Proz. H,O.

Bei der Platinbestimmung ergaben 0,2896 wasserfreie Substanz

0,0530 Pt = 18,30 Proz. Pt. Berechnet sind für (Ci; Hz, NO; CH, Cl), Pt Ol, = 18,35 Proz. Pt. b) Goldsalz: (Ci Hs, NO;, CH; Cl) Au C, + H, 0.

Dieses Doppelsalz stellte ich analog dem Platinsalz durch Fällen der salzsauren Lösung der Ammoniumbase mit Goldchlorid dar. Hierbei fiel ein gelbroter Niederschlag aus, den ich gleichfalls im amorphen Zustande zur Analyse verwendete. Das Trocknen mulste, ebenso wie bei den früher beschriebenen Goldsalzen, sehr

Dr. H Pommerehne: Ueber Oxyacanthin. 155

vorsichtig ausgeführt werden, da sonst leicht etwas Chlorwasserstoff abgespalten wird und infolgedessen der Goldgehalt dann viel zu hoch ausfällt. In dieser Weise getrocknet, verloren 0,2458 Subst. 0,0052 H,O = 2,11 Proz. H,O. Dieser Wert entspricht einem Moleküle Wasser, denn die Formel

(Co Hz; NO, CH; Cl) Au Cl; + H,O verlangt 2,63 Proz. H,O.

Bei der Goldbestimmung hinterlie[sen 0,2406 wasserfreier Subst. 0,0712 Au = 29,59 Proz. Au.

Berechnet sind für (Cj9 Ha; NO; CH, Cl) Au Cl, = 29,53 Proz. Au.

Es zeigen diese Werte weiter, dafs aus dem Additionsprodukt von Oxyacanthin und Jodmethyl durch Behandeln mit Silberoxyd eine entsprechende Ammoniumbase gebildet wird und das Oxyacanthin somit als tertiäre Base anzusprechen ist.

Drehungsvermögen des Oxyacanthins.

Das Oxyacanthin ist wie die meisten Alkaloide optisch aktiv, und zwar lenkt dasselbe die Schwingungsebene des polarisierten Licht- strahls stark nach rechts ab. Um das spezifische Drehungsvermögen zu bestimmen, löste ich 0,3754 reiner, trockner Base in 27,3966 g Alkohol (0,8895 spez. Gew. b. 20°). Das Gewicht der Lösung be- trug 27,7720 g, das spez. Gew. derselben 0,8920 Der polarisierte Lichtstrahl wurde bei einer 2 dm langen Flüssigkeitssäule um 40 13° (Mittel von 6 vorgenommenen Ablesungen) nach rechts abgelenkt. Die Temperatur betrug 20°. Als Lichtquelle wurde die Chlornatrium- flamme benutzt, die beobachtete Drehung ist daher für das Gelb- orange der Frauenhofer’schen Linie D. bestimmt. Das spez. Drehungs-

Y 100. vermögen berechnet sich nach der Formel [«]p = BEE ER

Es ist « der beobachtete Ablenkungswinkel, d das spez. Gew. der Lösung, 1 die Länge der Flüssigkeitssäule und p der prozentische Gehalt der Lösung an optisch aktiver Substanz. Demnach ergiebt sich für

l«p= + 1749 bei 20°,

Da die Base stark nach rechts drehte, so liefs sich erwarten, dals die sehr häufig gemachte Beobachtung, nach der optisch aktive Basen mit entgegengesetzt drehenden Säuren krystallisierbare Salze liefern, sich auch beim Oxyacanthin bestätigen werde. Ich neu- tralisierte daher eine Probe der Base in alkoholischer Lösung mit Links-Weinsäure und überliefs diese Lösung der freiwilligen Ver-

156 Dr. H Pommerehne: DUeber Berbamin.

dunstung. Hierbei schieden sich auch nach genügender Konzentra- tion schöne warzenförmige Krystalle, welche aus seidenglänzenden Nadeln bestanden und im Aussehen ganz dem salzsauren Salze glichen, ab, während die Base in gleicher Weise mit Rechts- Wein- säure behandelt, keine Krystalle lieferte, sondern nur eine firnisartige Masse bildete.

Wie das Oxyacanthin scheinen sich auch die Salze desselben bezüglich des Drehungsvermögens zu verhalten. Das salzsaure Salz lenkte in gleicher Weise die Ebene des polarisierten Lichtstrahls stark nach rechts ab und ergab sich bei Bestimmung des spezifischen Drehungsvermögens [«]p = + 163° 49, wenn in der Formel

EN

[«]p = en der beobachtete Ablankungswinkel « = 26’, die Länge des Rohres d = 2 dm, der Prozentgehalt p der Lösung von 0,5258 g lufttrocknen Salzes in 19,9020 g Wasser bei 20° = 2,5738 g betrugen.

II. Ueber das aus der Wurzel von Berberis aquifolium dargestellte Berbamin.

Aufser dem ÖOxyacanthin habe ich, ebenso wie Hesse, Stubbe und Rüdel, noch ein zweites Alkaloid aus der Wurzel von Berberis aquifolum erhalten, indem ich die Mutterlauge des durch Natriumsulfat entstandenen, das Oxyacanthin enthaltenden, Niederschlages abfiltrierte und diese mit gesättigter Natriumnitrat- lösung versetzte.

Den hierdurch gebildeten Niederschlag führte ich nach weiterer Reinigung in das salzsaure Salz über. Ich erhielt jedoch nur eine sehr geringe Ausbeute, so dafs ich mich auf die Analyse des salz- sauren Salzes, sowie des Platindoppelsalzes beschränken mulste.

Salzsaures Berbamin: C,H, NO; HC + 2H, 0.

Dieses Salz ist von Stubbe und Rüdel noch nicht dar- gestellt worden.

Ich erhielt dasselbe in kleinen ıveilsen Warzen, die denen des entsprechenden Oxyacanthinsalzes sehr ähnlich waren, jedoch nicht aus so deutlich ausgebildeten Nadeln bestanden.

Bei der Wasserbestimmung verloren bei 100—105° getrocknet 0,2490 Subst. 0,0241 H,O = 9,51 Proz. H,O.

Dr. H. Pommerehne: Ueber Berbamin. 157

Dieser Wasserverlust entspricht einem Krystallwassergehalt von 2 Molekülen, denn die Formel C,gH„aNO;HCI + 2H,0O verlangt 9,74 Proz. H,O.

Die Chlorbestimmung, die ich durch Ausfällen der stark mit Wasser verdünnten und mit Salpetersäure angesäuerten Lösung mit Silbernitrat ausführte, ergab aus 0,2249 getrockneter Subst. 0,09595 Ag Ol —= 1055 Proz. Cl.

Berechnet sind für Ojg Hjg NO;, HCl = 10,64 Proz. Cl.

Die Elementaranalyse der bei 100—1050 getrockneten Substanz lieferte folgende Zahlen:

0,2498 Subst. ergaben 0,1400 H,O = 6,24 Proz. H.

0,5918 CO, =64,65 „ı C.

Gefunden: Berechnet für: Cs H;9a NO, HCl + 2H20. H,0= 9,71 Proz. H,0= 9,74 Proz. DREH 05 CR INEN , EI pe: ee Beeies , C =66

Ich benutzte ferner einen Teil des reinen salzsauren Salzes zur Methoxylbestimmung (nach Zeisel). Hierbei ergaben: 0,3194 lufttrockter Subst. 0,3261 AgJ = 13,46 Proz. O.CH;. Berechnet für C,H, NO; HC +2 H,0: für eine O.CH, Gruppe = 8,39 Proz. O.CH,,

I. ZWEI # lH BDEE z Dieses Resultat erinnert an das, welches bei der Methoxyl- bestimmung des Oxyacanthins erhalten wurde, indem der für 2 Meth- oxylgruppen berechnete Wert nicht völlig erreicht worden ist. Aus: diesem eigentümlichen Verhalten dürfte jedoch hervorgehen, dafs die beiden Alkaloide einander sehr nahe stehen.

Berbaminplatinchlorid: (C,H1NO;HCH,PtC, +5 H,O.

Da ich nur über wenig Berbamin verfügte, so stellte ich aufser dem salzsauren Salze nur noch das Platinsalz des- selben dar.

Ich verfuhr dabei in der Weise, dafs ich die mit Salzsäure angesäuerte Lösung des salzsauren Salzes mit Platinchlorid in ge- ringem Ueberschuls versetzte, den entstandenen, schwach gelblich gefärbten Niederschlag durch Absaugen von der Mutterlauge trennte, und nur mit wenig Wasser nachwusch, um dem Niederschlage kein Platinchlorid wieder zu entziehen. Von der bei 100° bis zum kon- stanten Gewicht getrockneten Substanz erlitten:

158 Dr. H. Pommerehne: Veber Berberin.

I. 0,2220 einen Verlust von 0,0176 H,O = 7,92 Proz. H,O.

IT 02216: ,, x or a

Diese Zahlen würden einem Gehalte von 5 Molekülen Krystall- wasser entsprechen ; denn die Formel (C,; H;g NO,HCI, PtCl, +5H, 0 werlangt:

8,20 Proz. H,O.

Bei der Platinbestimmung hinterlieisen:

I. 0,2044 bei 1000 getrockneter Subst. 0,0386 Pt = 18,88 Proz. Pt.

31.5.0:,2034/ 1 5 5 0,03905 1917

Die Formel (C,; Hy NO3HC1, Pt Cl, verlangt:

19,38 Proz. Pt.

Jr fl Ge ee Berechnet: 9, 01.92 ,8,21,. Proz: H,0 = 8,20 Proz.

PEN MSBEr Ps 2 oa Nach den bei der Analyse des salzsauren Salzes und des Platinsalzes gefundenen Daten würde dem Berbamin die Formel O3 Hıg NO, zuzuerteilen sein. Leider war es mir wegen Mangels an Material nicht möglich, entsprechend den Angaben von Hesse. Stubbe und Rüdel, die Richtigkeit dieser Formel noch durch

Analysierung anderer Salze, sowie der freien Base weiter bestätigen zu können.

Ill. Berberin.

Die Identität des in der Wurzel von Derberis aquıfol. und von Berberis vulg. vorkommenden Berberins mit dem Berberin anderer Provenienz ist bereits von Stubbe und von Rüdel bewiesen worden. Ich habe mich daher darauf beschränkt, nur einige er- gänzende Versuche über das bisher unbekannte neutrale Berberin- sulfat, über das wenig studierte Berberincarbonat und Berberin- hydrocyanid, sowie endlich über das noch immer bezweifelte addierende Verhalten der Jodalkyle gegen Berberin auszuführen.

Neutrales Berberinsulfat: (Os, Hy, NO,) H, SO, +3 H,0.

Das gewöhnlich als Sulfat bezeichnete Salz des Berberins, welches sich beim Lösen des reinen Berberins in schwefelsäure- haltigem Wasser bildet, ist ein krystallwasserfreies, saures Salz, dem nach den bisher darüber angestellten Untersuchungen die Formel C;, H;;, NO,) H, SO, zuzuerteilen ist. Dasselbe krystallisiert in schönen, hellgelben Nadeln und ist ziemlich schwer in Wasser lös- lich. In der Neuzeit wird jedoch von Merck in Darmstadt ein schwefelsaures Salz des Berberins in Form eines hellgelben Pulvers

Dr. H. Pommerehne: Ueber Berberin. 159

in den Handel gebracht, welches von ihm als neutrales Salz be- zeichnet wird. Dasselbe verhält sich, abgesehen von seiner anderen Zusammensetzung, auch insofern abweichend von dem sauren Salz, als es in Wasser weit leichter löslich ist. Ich analysierte ein solches, direkt von Merck bezogenes, neutrales Berberinsulfat und fand dabei folgende Daten:

Beim Trocknen bis zu 1000 verloren: I. 0,3029 Substanz 0,0214 H,O = 7,06 Proz. H,O.

BT 0,2272 0,0170 2) == 7,47 III. ne = 0,0151 „.—=1408 5 IV. 0,372 = 0,0266, Ar N 5

Diese Werte a einem Gehalte von 3 Molekülen Wasser ent- sprechen, denn die Formel (Oz, H;, NO,)s H, SO, +3 H,O verlangt 6,56 Proz. H,O.

Die Schwefelsäurebestimmung führte ich in der Weise aus, dafs ich die Substanz mit konz. Salpetersäure zerstörte und aus dieser, mit Wasser stark verdünnten Lösung die Schwefelsäure mit salpetersaurem Baryum fällte.e Das so erhaltene Ba SO, wurde nach dem Glühen nochmals mit Salzsäure ausgezogen, um es von etwa beigemengtem salpetersaurem Baryum zu befreien und hierauf wiederum geglüht. In dieser Weise behandelt erhielt ich aus:

I. 0,4223 bei 1000 getrockn. Subst. 0,12835 BaSO, = 10,43 Proz. SO;. 1l. 0,5831 bei 1000 getrockn. Subst. 0,17315 Ba SO, = 10,18 Proz. so,

Berechnet sind für (C4, H;, NO,» H,SO, 10,41 Proz. SO;. Diese Werte zeigen, dafs in dem Merck’schen Präparate ae ein neutrales Salz vorliegt; denn ein saures Salz von der Zusammen- stellung (Ca, Hı, NO,)H, SO, verlangt 18,47 Proz. SO;.

Ich versuchte, obiges Salz nun auch selbst darzustellen, indem ich 1 g reines, saures Berberincarbonat von Merck in wenig Wasser löste und mit der zur Bildung des neutralen Salzes erforderlichen Menge Normal-Schwefelsäure versetzte.

Die klare Lösung dampfte ich auf dem Wasserbade bis zu einem dünnen Sirup ein, um letzteren dann erkalten zu lassen. Das hierbei ausgeschiedene Salz sammelte ich auf einem Filter, prefste es behufs Entfernung der noch anhaftenden Mutterlauge gut zwischen Fliefspapier ab und liefs es lufttrocken werden. Dasselbe bildete gleichfalls ein hellgelbes Pulver, welches sich in Wasser leicht löste.

Bei der Wasserbestimmung verloren bei 100°: 0,2783 Substanz 0,0207 H,O = 7,48 Proz. H,O.

.160 Dr. H.Pommerehne: Ueber Berberin. Die Schwefelsäurebestimmung, in gleicher Weise wie oben aus- geführt, ergab aus: | ne

0,2576 wasserfreier Subst. 0,0778 Ba SO, = 0,0267 SO, = 10,36 Proz. SO,

Beim Verdunsten der etwas verdünnteren Lösung im Exsiccator

über Schwefelsäure scheint ein Gemisch aus saurem und neutralem‘

Salz gebildet zu werden, wenigstens ergab eine aus derartig behan- delter Lösung gewonnene Substanz aus: 0,1775 g bei 100° getrockn. Subst. 0,0063 H,O = 3,54 Proz. H,O. 0,1712 g getrockn. Subst. 0,07855 SO; = 15,74 Proz. SO;. Berechnet: 6,56 Proz. H,O. 10,41%... 808

Saures Berberincarbonat. Ca, Hı, NO,.H;, CO, + 2 H;0.

Schreiber!) erwähnt in seiner Arbeit, dafs es ihm ge- lungen sei, durch Behandeln des reinen Berberins mit Kohlensäure ein Carbonat von der Zusammensetzung Cs, H;, NO, H, CO, + 5 H,O zu erhalten, und giebt weiter auf Grund der CO, und H,O Be- stimmungen an, dals diesem Präparate eine konstante Zusammen- setzung zukommen, somit in demselben ein wirkliches kohlensaures Salz vorliege. Stubbe?) versuchte später, in der gleichen Weise wie Schreiber dieses Carbonat darzustellen, erhielt jedoch bei den CO, und H,O Bestimmungen Werte, die so von einander ab- wichen, dafs er zu der Annahme geführt wurde, es handle sich bei diesem Präparat nicht um eine konstant zusammengesetzte Ver- bindung des Berberins, ein Berberincarbonat, sondern nur um ein Gemisch von sehr kohlensäurehaltigem Berberin mit reinem Berberin. Um weitere Aufschlüsse über die Zusammensetzung dieser Verbindung zu erhalten, analysierte ich ein von Merck be- zogenes, als krystallisiertes Berberincarbonat in den Handel ge-

brachtes Präparat, indem ich dasselbe in einem Liebig schen

Trockenrohre unter beständigem Hindurchleiten von Wasserstoff bei 100° bis zum konstanten Gewicht trocknete, das dabei abgegebene Wasser und die Kohlensäure in geeigneter Weise auffing und zur Wägung brachte. Hierbei verloren:

1) Dissertation, Marburg 1888. 2) Dissertation, Marburg 1890. Fortsetzung im Heft HI.

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ARCHIV

DER

| PHARMACIE |

: herausgegeben ® vom

Deutschen Apotheker-Verein unter Redaction von SE me: |

E. Sehmidt und H. Beekurts.

Band 233. Heft 3

BERLIN. | - Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. un u nn gg, Ser ne

INHALT.

Seite

H. Pommerehne, Ueber die Alcaloide von Berberis aquifolium . 161 E. Gildemeister, Beiträge zur Kenntnis der ätherischen Oele von Citrus Limetta und Origanum smyrn.. . 174 O. Rössler, Ueber Cultivirung von Crenothrix polyspora auf festem Nährboden - . 189 O. Helm, Ueber den Gedanit, "Suceinit und eine Abart des letzteren, den sogenannten mürben Bernstein . . . . 191 C. Boettinger, Zur Kenntniss der Glyoxylsäure . . . . . . ..19 A. Baur, Ueber das Burseraceen-Opoponax . . .. 209 Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der Upiversität Bern. ch Nachttae. 2 2... 0. 220.05 0802 2 vr Re cine) Gere

Eingegangene Beiträge.

M. Hohenadel, Ueber das Sagapen.

0. Chimani, Untersuchungen über den Bau der Milchröhren, mit be- sonderer Berücksichtigung der Kautschuck und Guttapercha liefernden Pflanzen.

A. Partheil, Ueber die Bestimmung des Glycerins im Weine etc.

B%- Th. Hallström, Anatomische Studien über den Samen der Myristi- caceen und ihre Arillen.

(Geschlossen den 3. Mai 1895.)

Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,—.

Alle Beiträge für das „Archiv‘‘ sind an die Archiv-Redaction Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder Herın Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig, alle die Inserate u. s. w., überhaupt die Archiv-Verwaltung und die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den Deutschen Apotheker-Verein Berlin C. 22, An der Spandauer Brücke 14 einzusenden.

Anzeigen.

= “Dieselben werden mit 40 Pfg. für die durchgehende und mit 25; Pfg für die gespal ne Petitzeile oder deren Raum berechnet. Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage -

02.2. 3650 Mk.ıo. Für Beilagen, welche nicht dem Format des „Archiv“ en

SE 22 bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten. X

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Dr. H. Pomm br ehne: Ueber Berberin. 161

I. 0,2816 Subst. 0,0367 H,O = 13,03 Proz. H,O 0,0292 CO,’= 1036 CO, ‘II. 1,0065 0,12371,0=1229 H,O 0,1025 CO, =10,18 CO, Diese gefundenen Werte würden der Formel (O5, Hı, NO,) H, CO, + 2H,0 entsprechen, welche folgende Zahlen verlangt:

12,47 Proz. H,O

19,46, .21,.2005

Das bis zum konstanten Gewicht getrocknete Salz hatte eine fast schwarze Farbe angenommen und zeigte beim Uebergiefsen mit Säuren keine Kohlensäureentwicklung mehr.

Zum weitern Nachweise, dafs dem untersuchten Carbonate obige Formel zuzuerteilen sei, verbrannte ich das lufttrockene Salz mit Kupferoxyd und vorgelegter reduzierter Kupferspirale und er- hielt dabei folgende Werte:

0,2094 lufttrockenes Salz ergaben 0,0983 H,O u. 0,4449 CO,

Gefunden Berechnet für 12 LI. III. CyH,, NO,H,; CO, + 2H,0 H,0= 13,03 Proz. 12,29 Proz. == H,0 = 12,47 Proz. CO; =10,36 0 _ EI eye H= = St Proz. H = 5,31 = = Dog Ge

Nach diesen Daten ist das von Merck dargestellte Präparat ‚ohne Zweifel als eine Verbindung von konstanter Zusammensetzung anzusehen und somit erwiesen, dals abweichend von der grolsen Mehrzahl der Alkaloide, das Berberin mit CO, in der That ein kohlensaures Salz zu bilden vermag.

Cyanwasserstoffsaures Berberin. Ca, H;, NO, HCN.

Das Berberin, welches ausgezeichnet ist durch das eben er- wähnte höchst eigentümliche Verhalten gegen Kohlensäure, zeigt noch eine weitere sehr bemerkenswerte Eigenschaft, die nur noch wenigen der bisher bekannten Alkaloide zukommt, nämlich mit

. .Cyanwasserstoff eine Verbindung einzugehen. Hierüber berichtete

zuerst Henry in seinen Untersuchungen über das Berberin. Der- selbe stellte das cyanwasserstoffsaure Berberin in der Weise dar, dafs.er eine Lösung von salzsaurem Berberin mit Cyankalium fällte

1) Annalen der Chemie u. Pharmac. Bd. 115 p. 136. Arch. d. Pharo. CCXXXIIL Bäs. 3. Heft. 11

162 Dr. H Pommerehne: DUeber Berberin.

und den erhaltenen Niederschlag aus Alkohol ymkrystallisierte. Er ‚gab demselben auf Grund der bei den Verbrennungen gefundenen Werte die Formel CO,» H;g NO,, HCN. Später ist die Existenz einer derartigen Verbindung des Berberins von Flückiger!) wieder in Abrede gestellt worden. Nach einer im Chem. pharm. Centralblatte ‘1872 p. 741 sich findenden Notiz von Flückiger über blausaure Alkaloide, hat dieser Forscher in diesem Niederschlage schon nach kurzem Auswaschen kein Cyan mehr finden können. Auch durch » Verteilung von frisch gefälltem Berberin in Wasser und Einleiten von Cyanwasserstoff konnte er diese Verbindung nicht gewinnen. Des- halb glaubte Flückiger, dafs diese Verbindung überhaupt nicht existierte. Auch die blausauren Salze des Chinins, Cinchonins, Strychnins und Morphins sollen nach Untersuchung von Flückiger nicht existieren. , Um zu erfahren, ob sich die Angaben Flückiger’s be- stätigten, versuchte ich noch einmal dieses Salz darzustellen. Ich verfuhr dabei nach der Vorschrift von Henry, indem ich salz- saures Berberin in einer reichlichen Menge heilsen Wassers löste, die Lösung dann etwas abkühlen liefs und nun solange eine konz. Cyankaliumlösung zufügte, als dadurch noch eine Fällung entstand. Den schmutzig. gelben, flockigen Niederschlag liefs ich absetzen, be- freite ihn sodann durch Absaugen möglichst von der Mutterlauge und wusch ihn mit wenig Wasser nach, um ihn dann aus einem Gemisch von 2 Teilen Alkohol (90 Proz.) und 1 Teil Wasser um- zukrystallisieren. Derselbe löste sich indessen sehr schwer auf, so dafs selbst nach wiederholtem Anfgiefsen neuer Mengen Alkohols, noch immer ein Teil des Niederschlages ungelöst blieb. Das Un- gelöste verwandelte sich jedoch bei, diesem Kochen in eine aus sehr kleinen Krystallen bestehende gelbbräunliche Masse, die gleichfalls, wie die qualitative Prüfung ergab aus cyanwasserstoffsaurem Berberin bestand. . Das aus Alkohol umkrystallisierte Salz bildete ein bräunlich gelbes, krystallinisches Pulver. Verdünnte Säuren

wirkten in der Kälte nur langsam darauf ein. Beim Erwärmen Er

“dagegen konnte man sehr bald den Geruch nach Blausäure wahr- nehmen, während sich dabei unter völliger Austreibung des Cyan- wasserstoffs die Salze des Berberins mit jenen Säuren bildeten. .

1) Auszug aus dem N. Jahrb. d. Pharm. 33 p. 138.

Dr. H. Pommerehne: Ueber Berberin. 163

Bei. 1000 getrocknet, färbte sich die Substanz stark dunkel- braun, ohne indessen dabei an Gewicht zu verlieren. Wasser war also nicht darin vorhanden. Die Verbrennung mit Kupferoxyd und, reduzierter Kupferspirale ergab aus:

0,2820 Subst. 0,1334 H,O = 5,18 Proz. H.

0,7150 CO, = 69,15 Proz. .C.

Berechnet sind für C%, H;, NO, HCN

H = 4,97 Proz. 0: = ‚69,61, Proz.

Eine Stickstoffbestimmung, nach Dumas ausgeführt, ergab aus 0,2948 Subst. 21 cem N. bei 19,60 ©. und 757 mm Barometer- stand —= 8,12 Proz. N.

Berechnet sind für C,H}; NO,CHN = 7,72 Proz. N.

Die Cyanbestimmung führte ich zunächst nach der Methode von Carius aus, erhielt jedoch keine Abscheidung von Cyansilber, sondern eine vollkommen klare Flüssigkeit, sodals dabei die Cyan- verbindung jedenfalls gänzlich zersetzt worden ist. Hierauf versuchte ich das Cyan in der Weise zu bestimmen, dafs ich zu der alkoho- lischen Lösung des blausauren Berberins Silbernitratlösung im Ueberschuls zufügte und hierauf mit Salpetersäure ansäuerte. Es schied sich dabei auch ein beträchtlicher Niederschlag von Cyan- silber ab, den ich aus der heifsen Lösung abfiltrierte, (da beim Er- kalten sonst Berberinnitrat auskrystallisierte), mit einem Gemisch aus Alkohol und Wasser zur Entfernung des überschüssigen Silber- . nitrats nachwusch und bei 100° auf einem gewogenen Filter trock- nete. Hierbei ergaben:

0,2665 Subst. 0,0662 AgCN = 5,00 Proz. HCN,

Berechnet sind für die Formel

Ca, Hı, NO, HCN = 7,45 Proz. HCN. Ich fand .also auf Jiese Weise über 2 Proz. HCN zu wenig, so dafs es scheint, als ob ähnlich wie das Ag Cl bei der Bestimmung des Chlors :im salzsauren Berberin auch das AgCN durch das Berberinnitrat zum Teil in Lösung gehalten wird.

Ich verfuhr daher bei einer neuen Cyanbestimmung in der Weise, dafs ich zunächst versuchte, den Cyanwasserstoff aus’ dem Berberinhydrocyanid freizumachen und erst dann mit Silbernitrat zu

_ fällen. Ich suspendierte zu diesem Zwecke eine gewogene Menge

der Substanz in Wasser, säuerte stark mit verdünnter Schwefel- \ 11*

164 Dr. H. Pommerehne: Ueber Berberin.

säure an, destillierte die Flüssigkeit bis auf ein kleines Volumen ab und fing den übergehenden Cyanwasserstoff in vorgelegtem Am- moniak auf. Diese ammoniakalische Lösung versetzte ich alsdann mit überschüssiger Silbernitratlösung und säuerte sie schliefslich mit Salpetersäure an. Hierbei schied sich sofort ein reichlicher weilser Niederschlag von AgCN ab, den ich nach dem Absetzen auf einem gewogenen Filter sammelte und bei 100° trocknete. In dieser Weise behandelt ergaben 0,3360 Subst. 0,1220 Ag CN = 7,31 Proz. HCN. Berechnet sind 745 HCN.

Durch Rücktitration der überschüssig zugesetzen Y,„N. Silber- nitratlösung mit 1 N. Rhodanammoniumlösung fand ich, dals 9,0 ccm Y/,„ N. Silberlösung verbraucht waren zur Ausfällung des Cyan- wasserstofis = 0,0243 8 HCN = 7,23 Proz. H. CN.

Es zeigte sich somit, dafs bei der Destillation mit verdünnter Schwefelsäure der Cyanwasserstoff vollständig ausgetrieben wird, und diese Methode sich daher am besten zu dessen Bestimmung eignet.

Gefunden: Berechnet für O5, H;;, NO,HCN: H. = 5,18 Proz. H. = 4,97 Proz. Bar 69.15... DIL —BI0L m BER 12), ee. HCN 731: , HCN= 7,45

Bei Untersuchung des Destillationsrückstandes zeigte es sich, dals sich saures Berberinsulfat gebildet hatte. Das Salz war wasser- frei und ergab aus

0,4466 g Subst. 0,24195 Ba SO, = 18,60 Proz. SO;.

Berechnet sind für (C%y, H;, NO H, SO, = 18,47 Proz. SO;.

Aus den angeführten Untersuchungen geht also hervor, dafs die Angaben Henry’s sich bestätigen und ein cyanwasserstoff- saures Salz des Berberins thatsächlich existiert. Die Existenz eines gut charakterisierten cyanwasserstoffsauren Salzes des Berberins erscheint mir im Hinblick daraut um so beachtenswerter, als cyan- wasserstoffsaure Salze von nur wenigen Alkaloiden bekannt sind.

Nach den weitern Angaben Henry's sollte sich bei Ein- wirkung von konz. Salpetersäure auf cyanwasserstoffsaures Berberin eine dunkelrote in Wasser und Alkohol ziemlich leicht lösliche Substanz in mikroskopisch kleinen Nadeln bilden, die er für blau- saures Nitroberberin hielt. Auch ich versuchte die Darstellung dieses Körpers, dem ichin in der Kälte blausaures Berberin mit konz.

Dr. H. Pommerehne: Ueber Berberin. 165

Salpetersäure zusammenbrachte. Dieselbe wirkte unter Entwicklung einer reichlichen Menge braunroter Dämpfe auch sehr lebhaft darauf ein, so dafs sich nach einigem Stehen eine völlig klare Lösung von intensiv roter Farbe bildete. Ich teilte diese Lösung in 2 Teile; den einen versetzte ich mit Wasser, wodurch sich ein hellroter flockiger Niederschlag abschied, den ich abfiltrierte und in Alkohol wieder löste. Aus dieser Lösung schied sich bei freiwilligem Ver- dunsten jedoch nur eine amorphe, dunkelbraune, fast schwarze Masse ab, die keine Cyanreaktion mehr gab. Das Filtrat von dem durch Wasserzusatz abgeschiedenen Niederschlage liefs ich alsdann eben- falls freiwillig verdunsten. Hierbei erhielt ich zwar Krystalle, die sich jedoch nur als Oxalsäure erwiesen. Auch beim Verdunsten der direkt durch Einwirkung von konz. Salpetersäure auf blausaures Berberin erhaltenen Lösung schied sich nur eine blauschwarze, amorphe, cyanwasserstofffreie Masse ab, so dals wohl anzunehmen ist, dafs bei der Einwirkung der konz. Salpetersäure auf Berberin- hydrocyanid eine tiefergreifende Zersetzung desselben, ohne Bildung eines charakterisierbaren Nitroproduktes, stattgefunden hat.

Verhalten der Jodalkylegegen Berberin.

Die Salze des Berberins, welche alle leicht und gut krystallisiert erhalten werden können, sind bereits erschöpfend in der Litteratur behandelt worden, so dafs es nicht im Plane dieser Arbeit liegen konnte, dieselben einer erneuten Untersuchung zu unterziehen. Nur das Verhalten des Berberins gegen Jodalkyle, über welches die Angaben in der Litteratur bisher sehr widersprechend sind, habe ich nochmals einer Prüfung unterwofen.

a) Jodmethyl und Berberin.

Perrins und Jörgensen!) berichten, dals bei der Be- handlung des Berberins mit Jodmethyl nur ein jodwasserstoffsaures Salz entstände. Dieser Ansicht schliefst sich auch Perkin?) jr. an, welcher bei der Untersuchung des Verhaltens von Berberin gegen Jod- methyl fand, dafs das Alkaloid mit diesem Agens kein Additionsprodukt lieferte. Ich wiederholte diesen Versuch und verfuhr dabei in folgender Weise: Zur Verwendung gelangte reines kohlensaures Berberin von Merck, welches ich zunächst in die freie Base

1) Annal. Chem. u. Pharm. Supp. 2 p. 183. 2) C.-Bl,:1889 I. p.'77.

166 Dr. H Pommerehne: Ueber Berberin.

überführte, indem ich es in einem Liebig schen Trockenapparate unter Hindurchleiten von Wasserstoff so lange im Wasserbade er- hitzte, bis keine Kohlensäure und kein Wasser mehr entwich. Hier- bei färbte sich die anfangs gelb-braun aussehende Substanz dunkel- braun. Da die Kohlensäure erst bei längerem Trocknen völlig aus- getrieben wird, hierbei aber die Substanz unter starker Dunkel- bis Schwarzfärbung anscheinend eine geringe Zersetzung erleidet, wenigstens war die Ausbeute aus derartig verwendetem Materiale ziemlich gering im Vergleich mit der aus solchem Materiale, welches nur kurze Zeit, bis auf die Anwesenheit von nur noch geringen Mengen CO, getrocknet war, so ist es zweckmälsig ein allzu langes und starkes Trocknen zu vermeiden. Dafs in letzterem Falle eine teilweise Zersetzung des Alkaloids eintritt, beweist auch der Umstand, dafs derartiges Berberin sich nicht mehr völlig in Alkohol und auch nicht in Salzsäure löst.

Von dem so erhaltenen reinen Berberin brachte ich etwa 2 g in einer Druckflasche mit überschüssigem Jodmethyl zusammen und erhitzte dieses Gemisch etwa 3—4 Stunden im Wasserbade. Das Reaktionsprodukt befreite ich durch Erwärmen von dem Ueberschuls des Jodmethyls. Hierbei hinterblieb eine gelb-braun gefärbte Masse, welche ich in kochendem Alkohol zu lösen suchte. Indessen blieb dabei stets ein Teil ungelöst, welcher weder mit starkem noch ver- dünntem Alkohol zum Lösen zu bringen war. Aus der Lösung schieden sich nach einigem Stehen kleine grünlich-gelb-gefärbte, lockere Nadeln ab, die ich, als sie sich nicht mehr vermehrten, sammelte und lufttrocken werden liefs. Ich erhielt diesen Körper jedoch nur in geringer Menge, etwa 0,2 g aus 2 g Substanz. Beim Trocknen erwiesen sich diese Krystalle als wasserfrei. Bei der Jod- bestimmung nach Carius machte ich indessen die überraschende Beobachtung, dafs diese Substanz überhaupt kein Jod enthielt. Um aus der Mutterlauge noch mehr von diesem jodfreien Körper zu er- halten, dampfte ich dieselbe ein und stellte sie zur Krystallisation bei Seite. Es schieden sich hierbei zwar wieder Krystalle aus, die jedoch nicht die lockere Beschaffenheit der früher erhaltenen zeigten und eine gelbbraune Farbe besalsen. Bei einer qualitativen Prüfung auf Jod zeigte es sich ferner, dals letztere Krystalle stark jod- haltig waren.

Dr. H. Pommerehne: Ueber Berberin. 167

0,1942 bei 1000 getrock. Subst. ergaben nach Carius 0,0945 AgJ = 26,09 Proz, J.

Gefunden: Berechnet für: CyH;,NO, CH,J, CyH7,NO, HJ. 26,09 Proz. J. 26,62 Proz. J. 27,40 Proz. J.

Nach dem Jodgehalte zu urteilen, würde die untersuchte Substanz als ein Additionsprodukt von Berberin mit Jodmethyl an- zusprechen sein. Zur weiteren Charakterisierung dieser Krystalle als Berberinmethyijodid, suchte ich den Rest derselben in das ent- sprechende Chlorid überzuführen, indem ich dieselben in verdünntem Alkohol löste und diese Lösung mit Ag Cl und einigen Tropfen Salz- säure auf dem Dampfbade eine Zeit lang erwärmte. Nach dem Eindampfen der von dem gebildeten Jodsilber abfiltrierten Lösung schieden sich lockere, hellgelbe, nadelförmige, wasserhaltige Krystalle

ab. Bei 100° getrocknet verloren 0,2784 Subst. 0,0450 H,O = 16,16 Proz. H,O.

Gefunden: Berechnet für: Ca, H,; NO,CH,C1+4H,0. C9 H,, NO,HC1+4H;0. 16,16 Proz. H,O 15,73 Proz. H,O. 16,23 Proz. H,O.

Da der Wassergehalt dieses vermeintlichen Berberinmethyl- chlorids auf ein gebildetes salzsaures Berberin hinwies, so suchte ich zur weiteren Kennzeichnung desselben das Goldsalz daraus dar- zustellen. Ich löste zu diesem Zwecke die fragliche Substanz in verdünntem Alkohol und versetzte diese Lösung mit Goldchlorid im Ueberschufs. Hierbei schied sich ein brauner, amorpher, flockiger Niederschlag ab, den ich nach dem Absaugen aus reinem Alkohol umkrystallisierte. Schon beim Erkalten der alkoholischen Lösung schied sich das betreffende Goldsalz in den für das Berberin-Gold- chlorid charakteristischen braun-roten Nadeln ab. Dieselben ent- hielten kein Wasser. Bei der Goldbestimmung hinterlielsen

0,2278 getrockneter Substanz 0,0666 Au = 29,23 Proz. Au

Gefunden: Berechnet für: (Ca, H;, NO,, HCl) Au Cl, (Cy, H;, NO,CH; CI) Au C], 29,23 Proz. Au 29,10 Proz. Au 28,50 Proz. Au

Diese Analysen beweisen, dals sich bei der Umsetzung des Jod- methyladditionsproduktes in das entsprechende Chlorid, nicht dieses, sondern unter Abspaltung der anfänglich addierten Methylgruppe das salzsaure Salz des Berberins gebildet war. Da nun bei der ersten Einwirkung des Jodmethyls auf Berberin sich offenbar kein

168 Dr. H. Pommerehne: Ueber Berberin.

einheitlicher Körper gebildet hatte, so wiederholte ich diesen Ver- such, um etwas mehr von dem jodfreien Körper zu erhalten. Aus dem aus Alkohol umkrystallisierten Reaktionsprodukte schieden sich jedoch in diesem Falle direkt kleine kompakte, gelbbraune Krystalle ab, die sich als jodhaltig erwiesen. Bei der”Jodbestimmung erhielt

ich aus 3J. 0,1880 bei 100° getrockneter Substanz 0,0533 AgJ = 15,38 Proz. J. IN OR2EB „.., 8 & 0.0650 = 1552 De

Bei einem dritten Einwirkungsprodukt erhielt ich ebenfalls

direkt wieder einen jodhaltigen Körper, welcher aus I. 0,2538 Substanz 0,0963 Ag.J = 20,50 Proz. J lieferte.

Gefunden bei Einwirkungsprodukt: I; II. 1Bh a) kein Jod a), 15,358 Proz. J 20,50 Proz. J b) 26,06 Proz. J b)13,82. Proz.)

Nach diesen Daten scheint sich somit bei dem zweiten und dritten Versuche entweder ein Gemisch aus einem jodfreien und jod- haltigen Körper gebildet zu haben, die sich durch Umkrystallisieren nur schwer trennen lassen, oder das ursprünglich gebildete Additions- produkt ist so labiler Natur, dafs schon beim Umkrystallisieren eine teilweise Zersetzung desselben eintritt.

Aus den vorstehenden Beobachtungen dürfte somit hervor- gehen, dafs das Jodmethyl, wenn es überhaupt addierend auf das Berberin einwirkt, nicht in der glatten Weise reagiert, wie es sonst bei tertiären Basen der Fall ist.

a) Jodmethyl und kohlensaures Berberin.

Da das saure kohlensaure Berberin schon bei 100° die CO, vollständig abgiebt, schien es mir nicht uninteressant, zu erfahren, ob Jodmethyl bei dieser Temperatur auf kohlensaures Berberin in gleicher Weise reagiere, wielauf reines 'Berberin. Ich erhitzte daher 1 g ‘des Salzes mit Jodmethyleinige Stunden bei 100% Hierbei resultierte eine gelbbraun gefärbte, mikrokrystallinische |Masse, welche sich beim Kochen mit Alkohol vollständig löste "und "schon beim Erkalten der Lösung zum gröfsten Teil wieder in lockern, hellgelben, 'nadelförmigen Krystallen abschied. Es !unterschieden sich diese Krystalle schon in der Form wesentlich von den früher bei der Einwirkung von Jodmethyl auf reines Berberin erhaltenen, und liefs daher das Aussehen sowie die Farbe derselben bereits

Dr. H. Pommerehne: Ueber Berberin. 169

vermuten, dafs sich nur ein jodwasserstoffsaures Salz gebildet habe, Eine Jodbestimmung bestätigte dieses auch, denn

0,2318 bei 10009 getrockneter Substanz ergaben nach Carius 0,1160 AgJ = 27,04 Proz. J.

Gefunden: Berechnet für Ca, Hız NO,, CH, J Ca Hi, NO, , HJ 27,04 Proz. .J 26,62 Proz. J 27,40 Proz. J

Es ist demnach die Einwirkung des Jodmethyls eine ganz verschiedene, je nachdem man reines oder kohlensaures Berberin damit zusammenbringt, obwohl letzteres bei 100° die CO, bereits vollständig abgiebt.

b) Jodäthyl und Berberin.

Ueber die Einwirkung von Jodäthyl auf Berberin fist schon mehrfach berichtet worden, indessen weichen die bezüglichen An- gaben sehr von einander ab. Henry), der zuerst die Ein- wirkung von Jodäthyl auf Berberin untersuchte, giebt an, dabei ein Berberinäthyljodid erhalten zu haben. Ebenso erhielten Boeringer?) sowie später Schreiber?°) und Stubbe#) diese Verbindung.

Perrins und Jörgensen’) hingegen berichten, dafs bei der Behandlung des Berberins mit Jodäthyl nur ein jodwasserstoff- saures Salz entsteht, welcher Ansicht sich Court®) ebenfalls an- schlielst.

Auch nach Perkin’s?) Angabe soll hierbei kein Additions- produkt entstehen.

Um einen Beitrag zur Entscheidung dieser Frage zu liefern, liefs ich auf reines, aus Berberincarbonat dargestelltes Berberin, Jodäthyl in gleicher Weise, wie das Jodmethyl, einwirken. Das Reaktionsprodukt krystallisierte ich nach dem Verjagen des tiber- schüssigen Jodäthyls aus heilsem Alkohol, dem etwas Wasser zu- gesetzt war, um. Dieses Produkt schien sich leichter in verdünntem Alkohol zu lösen als das entsprechende Jodmethylat. Aus dieser Lösung schieden sich kleine, gelbbraune Krystalle ab. Beim Trock-

1) Annal. Chem. u. Pharm. 115, p. 132.

2) Ber. d. d. chem. Gesellsch. 1885.

3) Inaug.-Dissertat. Marburg 1888.

4) Arch. d. Pharm. 1890, p. 629.

5) Annal. Chem. u. Pharm. Supp. 2, p. 133. 6) Inaug.-Dissert. Freiburg, p. 13.

%) C.-Bl. 1889 I, p. 77.

170 Dr. H. Pommerehne: Ueber Berberin.

‚nen verlor diese Verbindung nichts an Gewicht. Der Jodgehalt nach Carius bestimmt, ergab aus: I. 0,1952 bei 1000 getrockn. Substanz 0,0925 AgJ =: 25,60 Proz. J.

1..020225,.,7,, a ® 0,0958 Ag J = 25,563. „UT IT. 02492 „. u a 0,1210 AgJ = 26217 7% Gefunden: Berechnet für: T.. 25.60 1Pro62. J. Ca Hı, NO, C,H, J. C5, H;, NO, HJ. 100 al 25,83 Proz. J. 27,40 Proz. J.

II7.7726,21. te.

Hieraus geht hervor, dafs sich in der That ein Additions- produkt von Berberin und Jodäthyl bei dieser Einwirkung ge- bildet hatte.

Zum weiteren Nachweise, dafs es sich bei dieser Verbindung um ein Additionsprodukt handelte, suchte ich daraus das ent- sprechende Goldsalz darzustellen. Ich löste zu diesem Zwecke die- selbe in verdünntem Alkohol, fügte zu dieser Lösung überschüssiges AgCl und einige Tropfen HCl, und erwärmte das Gemisch eine Zeit lang gelinde.e Aus dem eingedampften Filtrat schieden sich beim Erkalten lockere, hellgelbe Nadeln ab. Beim Trocknen verloren:

0,4734 dieser Substanz 0,0772 H;O = 16,277 H30.

Gefunden: Berechnet für: Ca, H;, NO,C, H,C1l+4H,0 CyH7,NO,HCI+4H,O 16,29 Proz. H,O. 15,26 Proz. H,O. 16,23 Proz. H,O.

Nach der Krystallform und dem Wassergehalte zu urteilen, hatte sich auch bei dieser Umsetzung nur Berberinhydrochlorid ge- bildet. Zur ferneren Bestätigung dieser Annahme stellte ich daraus das Goldsalz dar. Ich erhielt dasselbe wieder in den für Berberin- goldchlorid charakteristischen Krystallen, die sich bei der Analyse auch thatsächlich als solches herausstellten. Es hinterliefsen :

I. 0,2638 bei 1000 getrockneter Substanz 0,0768 Au 29,11 Proz.,Au.

TR 021060 & V(,,; h 1 0,0610 Au = 28,96 „Au. Gefunden: Berechnet für:

I. 29,11 Proz. Au. (C9H,,N0,0,H,Cl) AuQ], (C49H;,;, NO,HCIAuCl,

I1..28;91: 4 Au 27,94 Proz. Au. 29,10 Proz. Au.

Es hatte sich somit auch aus dem Berberinäthyljodid beim Ueberführen in das entsprechende Chlorid, in analoger Weise, wie ich es bereits beim Berberinmethyljodid beobachtet hatte, unter Ab- spaltung der addierten Aethylgruppe, salzsaures Berberin gebildet.

Dr. H. Pommerehne: Ueber Berberin. 171

Aus den vorstehenden Beobachtungen geht hervor, dals in Uebereinstimmung mit den Angaben von Henry, Boeringer, Schreiber und Stubbe, das Berberin, entsprechend seinem Charakter als tertiäre Base, sich mit Jodäthyl zu Berberinäthyljodid vereinigt. Die Beständigkeit dieser Verbindung ist jedoch eine viel -geringere, als die der sonstigen quaternären Ammoniumjodide, da schon bei der Einwirkung von AgÜl salzsaures Berberin ge- bildet wird.

Jodäthyl und Berberincarbonat.

Das verschiedene Verhalten, welches Jodmethyl gegen reines Berberin und kohlensaures Berberin gezeigt hatte, veranlafste mich, auch beim Jodäthyl zu untersuchen, wie dieses auf kohlensaures Berberin reagieren würde. Ich erhitzte zu diesem Zwecke eine Probe letzteren Salzes mit Jodäthyl einige Stunden in einer Druck- flasche bei 100° und krystallisierte die dabei erhaltene gelbbraune Masse aus verdünntem Alkohol um. Aus dieser Lösung schieden sich kleine kompakte, rötlich-gelbe Krystalle ab, die denen des oben beschriebenen Additionsproduktes in Form und Aussehen sehr ähn- lich waren. Dieselben waren ebenfalls wasserfrei. Bei der Jod- bestimmung nach Carius erhielt ich aus:

0,2474 Substanz 0,1201 AgJ = 26,23 Proz. J.

Gefunden: Berechnet für: Cy, H,, NO, C,H, J. On Br NO 26.23 Proz. J. © 95,83 Proz. 37,40 Proz. J.

Es scheint somit Jodäthyl auf kohlensaures Berberin in gleicher Weise einzuwirken wie auf reines Berberin.

c) Jodamyl und Berberin.

Die Einwirkung von Jodamyl auf Berberin ist bereits von Schreiber (l. c.) studiert worden. Nach den betreffenden Angaben soll hierbei ein Additionsprodukt gebildet werden. Im Anschlufs an die vorstehenden Versuche schien es nicht ohne Interesse zu sein, auch diesen Versuch zu wiederholen, da das hierbei zu erwartende Additionsprodukt einen noch gröfseren Unterschied im Jodgehalte gegen das Berberinhydrojodid zeigen mulste, wie dieses beim Ber- berinäthyljodid der Fall ist.

Ich liefs zu diesem Zweck Jodamyl auf reines Berberin 4—5 Stunden einwirken, wusch die dabei erhaltene braune, gefärbte Masse

172 Dr. H. Pommerehne: Ueber Berberin.

zunächst in der Kälte mit etwas Alkohol aus, um das überschüssige Jodamyl, sowie die Perjodide gröfstenteils zu entfernen, und kry- stallisierte den Rückstand schlie[slich aus heilsem, verdünntem Alkohol um. Aus dieser Lösung schieden sich nach einigem Stehen ganz kleine, gelbbraun gefärbte Krystalle ab, welche beim Trocknen sich als wasserfrei erwiesen. Aus der Mutterlauge erhielt ich durch Ein- dampfen nur noch eine geringe Menge derselben Krystalle, indem sich sehr bald, ebenso wie ich es beim Eindampfen der Mutterlaugen des Berberinäthyljodids beobachtet hatte, braune, harzartige Massen mit abschieden, die zur Analyse nicht mehr geeignet waren. Bei der Jodbestimmung ergaben; I. 0,1908 bei 1000 getrockn. Subst. 0,0851 Ag J = 24,05 Proz. J.

EROSION ei r 0,085 = 24,96 4

1172002883. = ... 0,1304 2 =—=2398 =

IV. 0,2084 + 0,0915 MN 3372 n Gefunden: Berechnet für:

1. 24.050 Proz. J. CO. H,, NO, C;, HJ. Ca Hız NO, HJ. II. 24,96 us 23,80 Proz. J. 27,40 Proz. J. III. 23,92 ® IV. 23,72 x

Es war also hier, wie diese Daten zeigen, unzweifelhaft ein Additionsprodukt von Jodamyl und Berberin gebildet. Einen Teil der erhaltenen Krystalle verwendete ich dazu, sie mittelst Ag Cl in das entstehende Chlorid umzusetzen, hierbei erhielt ich wieder die für das Berberinhydrochlorid charakteristischen hellgelben, nadel- förmigen Krystalle. Auch der Wassergehalt sprach für ein derartig

gebildetes Salz. Es verloren bei 100% getrocknet! 0,3694 Substanz 0,0602 H, O = 16,26 Proz. H3,0.

Gefunden: Berechnet für: Ca, H„7 NO,HC1+4H;,0. 16,26 Proz. H,O. 16,23 Proz. H,O.

Das hieraus dargestellte Goldsalz krystallisierte aus Alkohol in schönen rotbraunen, wasserfreien Nadeln, die durchaus denen des Berberingoldchlorids glichen. Es hinterliefsen:

I. 0,3476 g dieses Salzes 0,1010 Au = 29,05 Proz. Au.

I. 0,3126 g > 5 0,0906 28,98 ,„ y II. 0262 " 0,0769), 0 E28 Gefunden: Berechnet für; I. 29,05 Proz. Au. (CO, H,, NO, C,H,,Cl)Au Cl C„H NO,HCI AuCl, 11.2898 se Proz au, Me I

In1.188,88'0 ;,,

Dr. H. Pommerehne: Ueber Berberin. 173

Bei einem Ueberblick über das Verhalten der Jodalkyle gegen Berberin ergiebt sich also, dafs in allen drei Fällen jedentalls ein Additionsprodukt des Berberins mit dem betreffenden Jodalkyle entsteht, welches indessen bei der Ueberführung in das entsprechende Chlorid, beim Umsetzen mit Ag Ol, unter Abspaltung der anfänglich addierten Alkylgruppen, sich in Berberinhydrochlorid verwandelt. Von den in den Bereich der Untersuchung gezogenen Alkyljodiden reagiert am wenigsten glatt das Jodmethyl.

Zusammenstellung der erzielten Resultate.

1. Dem Oxyacanthin kommt die Formel C,g H;ı NO, zu, und zwar auf Grund der Werte, welche die Analysen der freien Base, sowie folgende Salze derselben lieferten:

a) das salzsaure Salz: Cj9g Hs; NO;,, HC1+2H,0.

b) das bromwasserstoffsaure Salz: CjHs; NO, HBr+2H, 0. c) das jodwasserstoffsaure Salz: Cj9g Hs; NO, HJ +2H,0. d) das schwefelsaure Salz: (Cjg Hsı NO3)) H, SO, +4H;,0.

e) das salpetersaure Salz: Cjg Hs; NO, HNO, +2H,0.

f) das Platindoppelsalz: (Cjg Hzı NO;,, HCl, PtC,+5H,0. g) das Golddoppelsalz: (Co Hsı NO;, HC) AuCl, +4H;,0.

2. Im Molekül des Oxyacanthins ist ein Sauerstoffatom in Form einer Hydroxylgruppe und die beiden anderen wahrscheinlich in Gestalt von Methoxylgruppen vorhanden.

3. Das Oxyacanthin liefert mit Jodmethyl ein Additionsprodukt, welches durch Behandeln mit Ag, O in eine Ammoniumbase über- geht. Das Oxyacanthin ist somit als tertiäre Base anzusehen.

4. Das Oxyacanthin ist optisch aktiv und lenkt den polari- sierten Lichtstrahl stark nach rechts ab.

5. Dem Berbamin ist nach den für das Hydrochlorid und Platinsalz gefundenen Werten die Formel C,s Hıg NO, zuzuerteilen.

6. Vom Berberin existiert aufser dem sauren schwefelsauren Salz noch ein neutrales Sulfat: (Ca9 Hı, NO,) Hs SO, +3 H, 0.

7. Das Berberin liefert bei geeigneter Behandlung mit CO, ein wirkliches Bicarbonat: O3, H;, NO,H CO, +2H; 0.

8. Das Berberin ist im Stande, mit HCN ein gut charakteri- siertes Salz: Cy9 Hız NO, HCN, zu bilden.

174 E. Gildemeister: Ueber Limettöl.

9. Bei der Einwirkung von Jodalkylen auf Berberin bildet sich ein Additionsprodukt.

10. Die Jodalkyladditionsprodukte des Berberins zeigen eine geringere Beständigkeit als die sonstigen Jodide quaternärer Ammo- niumbasen.

Mitteilungen aus dem Laboratorium von Schimmel & Co. in Leipzig.

Beiträge zur Kenntnis der ätherischen Oele. Von Eduard Gildemeister. (Eingegangen den 21. III. 1895.)

I. Ueber Limettöl.

Als Limetten bezeichnet man die Früchte von zwei ganz ver- schiedenen Pflanzen, und zwar unterscheidet man die westindische und die südeuropäische Limette.

Die westindische Limette, Citrus medica L. var. acıda Brands }) (lime), wird wegen ihres sauren Saftes hauptsächlich auf Montserrat, Dominica und Jamaica kultiviert. Ihre kleinen eiförmigen Früchte sind von schwefelgelber Farbe und mit einer nur schwach ausgebildeten Zitze versehen. Der an Citronensäure reiche Saft bildet einen ziemlich bedeutenden Handelsartikel und kommt entweder als „Raw lime juice“ auf den Londoner Markt, von wo er in die Citronen- säurefabriken wandert, oder er wird, nachdem er eingedampft ist, als „Concenirated lime juice“ meist nach Nord-Amerika verschifft, um dort zur Limonadefabrikation zu dienen. Das aus der Frucht- schale geprefste Oel, im Handel als „Oil of limette“ bezeichnet, ent- hält sehr viel Citral und ist, abgesehen von seiner grölseren In- tensität, im Geruch von Citronenöl kaum zu unterscheiden.

Ganz verschieden von dem geprelfsten ist das destillierte Oel, welches als Nebenprodukt beim Eindampfen des Saftes gewonnen wird und unter der Bezeichnung „Oil of limes“ geht. Es hat einen unangenehmen Geruch, der gar nicht mehr an Citral erinnert. Ver-

1) Bulletin of miscelaneous information, Royal gardens Kew, 1894, p. 113.

E. Gildemeister: Ueber Limeittöl. 175

mutlich wird dieser Aldehyd beim Einkochen der sauren Flüssigkeit vollständig zerstört. Die Eigenschaften mehrerer von mir untersuchter Oele waren folgende: Destillierte Oele. Beide von Dominica. No. 1. Spez. Gew. 0,868 bei 15%. Drehungswinkel (100 mm) + 380 35’. Siedete zwischen 175 und 220°, No. 2. Spez. Gew. 0,867 bei 15°.

Gepre[ste Oele.

No. 1 von Montserrat. Spez. Gew. 0,882 bei 15%. Drehungs- winkel + 350 40’.

No. 2 von Dominica. Spez. Gew. 0,882 bei 15%. Drehungs- winkel + 370 55,

Die Früchte der südeuropäischen Limette, Citrus Limetta Risso !) (Citrus Limetta vulgarıs, Lima dulcıs Volcam., Lima di Spagna dolce Tanar., Limettier ordinaire.) unterscheiden sich von der west- indischen am auffallendsten durch ihren sülsen Saft. Der Limett- baum heifst in Calabrien ?) arancıo oder limoncello di Spagna, seine Früchte arancı oder limi di Spagna. Früher wurden die Limett- pflanzen dort in grofser Menge kultiviert, weil auf sie die Bergamotte gepfropft wurde, da aber ihre Wurzeln häufig von der sogenannten Gummikrankheit befallen wurden, so pflegt man jetzt die Bergamotten auf den widerstandsfähigeren Bitterorangenbaum zu pfropfen.

Die Blütezeit, wo der Baum rein weilse Blüten trägt, fällt in den Mai, die Fruchtreife in den Dezember bis Januar. Die Früchte gleichen im Aussehen den Citronen, nur nähert sich ihre Gestalt etwas der Kugelform, aulserdem ist die stark entwickelte Zitze mehr wie bei diesen in die Breite gedrückt.

Die Limetten sind essbar, haben jedoch einen faden und allzu aromatischen Geschmack. Ehe man sie genielst, muls man die dünnen Häutchen, welche die Scheidewände der einzelnen Fächer bilden, wegen ihres bitteren Geschmacks entfernen.

1) Risso et Poiteau. Histoire et culture des Orangers.

2) Herrn N. Siles in Reggio bin ich für eine Sendung von Limettfrüchten, sowie für die darauf bezüglichen brieflichen Mit- teilungen zu grolsem Danke verpflichtet.

176 E. Gildemeister: Ueber Limettöl.

Die Farbe der Fruchtschale, welche das sehr angenehm riechende ätherische Oel enthält, ist im reifen Zustande bräunlich gelb. Zur Oelgewinnung läfst man die Früchte nicht vollständig reifen, sondern prelst sie solange sie noch grün sind, weil dann die Ausbeute eine grölsere ist.

Die Aurantiaceenfrüchte haben unter pflanzlichen wie tierischen Schmarotzern, welche nicht selten die Ernte zu Grunde richten, zu leiden. Von beiden Arten waren auf den mir gesandten Limetten Vertreter zu finden. So hatten sich auf einigen der Früchte, als weilse Pünktchen sichtbare Pilzkolonien angesiedelt, eine Krankheit, die mar in Calabrien „bianco“ nennt. Sie befällt vorzugsweise die Citronen, welche dann ein Oel von schlechtem Geruch und in geringer Menge liefern. Ein anderer Teil der Früchte wies zahlreiche braune Flecke auf, die sich bei näherer Betrachtung als Läuse „prdoechi“ (Coccus cıtri?) zu erkennen gaben. Sie finden sich auf Zweigen, Blättern und Früchten und richten bisweilen grofsen Schaden an; so wurde beispielsweise vor mehreren Jahren die Bergamotternte durch diese Tierchen um die Hälfte verringert.

Die Gewinnung des Limettöles geschieht auf die bei den übrigen Anrantiaceenölen, Bergamottöl, Citronenöl und Pomeranzenöl übliche Weise, durch Auspressen der Fruchtschalen mit der Hand, wie es seiner Zeit von Flückiger!) ausführlich beschrieben worden ist. Seine Produktion ist nur sehr unbedeutend und dem- entsprechend hat das Oel praktisch nur geringes Interesse.

Versuche zu einer wissenschaftlichen Untersuchung des Oeles sind schon mehrere gemacht worden, die aber alle in eine Zeit fallen, wo die Kenntnis der Terpene und der damit zusammenhängenden Körper eine noch recht mangelhafte war.

M. S. Luca?) bezeichnet zwar in einer 1860 erschienenen Abhandlung als Stammpflanze des von ihm untersuchten Oeles Citrus Lumna, ich glaube aber doch aus der Uebereinstimmung sowohl der Beschreibung, als auch der italienischen Bezeichnung der Früchte mit den Limetten, sowie aus dem Untersuchungsresultat schliefsen zu müssen, dafs seiner Arbeit dasselbe Oel wie meiner zu Grunde gelegen hat. Es wird nämlich in der zitierten Abhandlung gesagt, dais die Früchte,

1) Archiv der Pharmacie 227, 1065. 2) „Recherches surl’essencede Citrus Lumia“ Comptes rendus5l, 258.

ri

E. Gildemeister: Ueber Limettöl. 177

aus denen das Oel gewonnen wurde, in ihrem Aeulseren einer Citrone ähnlich seien, sich jedoch durch ihren sülsen Saft und bergamott- artigen Geruch von dieser unterschieden. Ferner wird erwähnt, dafs sie m Calabrien „Limi di Spagna“ genannt würden. Bei der Destillation des optisch rechtsdrehenden Oeles über freiem Feuer bemerkte Luca Eintreten von Zersetzung bei 200°, eine Erscheinung, die sich durch Abspaltung von Essigsäure erklärt. Als Hauptbestand- teil erhielt er eine bei ca. 1800 siedende Fraktion von spez. Gewicht 0,853, deren Analyse auf ein Terpen C,, Hıs stimmende Zahlen gab, und aus welcher durch Einleiten von Salzsäure ein Dichlorhydrat Co Hıs 2 HCl erhalten wurde. Alle diese Beobachtungen kann ich als durchaus richtig bestätigen.

Eine neuere Untersuchung des Oels von Citrus Limetta liegt von Wright und Piesse!) vor. Sie gewannen aus ihrem Oel, welches ein spez. Gewicht von 0,90516 bei 15,5 besafs, durch frak- tionierte Destillation ein bei 176° siedendes Terpen, von dem sie be- merken, dals es dem aus Pomeranzenöl sehr ähnlich sei.

Das von mir untersuchte Limettöl war von bräunlich-gelber Farbe, hatte ein spezifisches Gewicht von 0,872 bei 15° und drehte den polarisierten Lichtstrahl bei 100 mm Rohrlänge bei 150 um 58° 19’ nach rechts. [«]n bei 150° = + 66° 52°. Wie alle geprefsten Auran- tiaceenöle, besonders im frischen Zustande, setzt es einen reichlichen gelblich weilsen Bodensatz ab. Sein Geruch ist sehr angenehm und erinnert stark an Bergamottöl beziehungsweise dessen Hauptbestand- teil, das Linalylacetat. Die Gegenwart von Estern wurde durch eine Verseifung, bei welcher 2,01 g Oel, 0,1512 g KOH verbrauchten, dar- gethan. Dies entspricht auf Linalylacetat, dessen Anwesenheit durch den weiteren Verlauf der Untersuchung festgestellt wurde, berechnet, einem Gehalt von 26,3 Proz.

Da nun erfahrungsgemäls bei der fraktionierten Destillation über freiem Feuer die Ester meist durch Abspaltung ihres sauren Komponenten zersetzt werden, und hierdurch nicht nur der Gang der Fraktionierung gestört wird, sondern auch die Säure verändernd auf andere Bestandteile einwirken kann, so ist es in einem solchen Falle, wenn man nicht die ganze Fraktionierung im Vakuum vor-

1) Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 10. 1601. Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bde. 3. Heft. 12

178 E. Gildemeister: Ueber Limettöl

nehmen will, am geratensten, den Ester vorher durch Verseifen zu zerlegen.

Es wurden daher 300 g Oel mit 50 g Kali, das in 200 g Alkohol gelöst war, mehrere Stunden auf dem Wasserbade erhitzt, und nach dem Erkalten mit Wasser versetzt. Nach Trennung der wässerigen Flüssigkeit von dem aufschwimmenden Oele, wurde dies noch mehr- mals mit Wasser ausgewaschen und zur Entfernung von Verharzungs- produkten mit Wasserdampf übergetrieben, hierauf mit entwässertem Natriumsulfat getrocknet und unter Anwendung eines Kugelaufsatzes der fraktionierten Destillation unterworfen. Zunächst fing ich das bis 1900 Uebergehende auf, und stellte das Höhersiedende, zur weiteren Verarbeitung im Vakuum, vorläufig bei Seite.

Nach mehrmaliger sorgfältiger Fraktionierung des die Terpene enthaltenden Anteils, zuletzt über metallischem Natrium, wurde dieser in 3 Teile mit folgenden Eigenschaften zerlegt:

1. Sdp. ca. 170—1750 spez. Gew. 0,3847 b. 150 Drehungswinkel (100 mm) + 649 33° bei 150. Sdp. 175—176°% spez. Gew. 0,848 Drehungswinkel + 800 32 bei 150. 3. Sdp. 176—1780 spez. Gew. 0,848 Drehungswinkel + 810 45‘ bei 150,

Was die Grölse der einzelnen Fraktionen anbetrifft, so war

No. 1 die kleinste und ihre Menge betrug vielleicht '/;, von jeder

[89]

der folgenden, die etwa gleich grofs waren.

Der Siedepunkt der ersten Fraktion deutete aut Phellandren hin. Bei der Behandlung mit Natriumnitrit und Eisessig wurde auch eine undeutliche Phellandrenreaktion wahrgenommen, es gelang jedoch nicht, das krystallinische Pbellandremnitrit zu isolieren, so dals es zweifelhaft bleiben mufs, ob hier wirklich Phellandren vorliegt. Jedenfalls wäre die Quantität nur eine äulserst minimale. Siedepunkt, spezifisches Gewicht und Drehung der beiden folgenden Fraktionen liefsen die Gegenwart von Limonen wahrscheinlich erscheinen. Es wurden daher 10 ccm der Fraktion 2, in 40 cem alkoholhaltigem Eisessig gelöst, im Kältegemisch gut abgekühlt und hierzu tropfen- weise Brom zugesetzt, bis die rote Farbe nicht mehr verschwand. Jeder Tropfen einfallenden Broms verursachte die Ausscheidung von krystallinischem Tetrabromid, eine Erscheinung, die nur dann eintritt, wenn man das Terpen im Zustande grofser Reinheit anwendet.

E. Gildemeister: Ueber Limettöl. 179

Gewöhnlich erhält man anfangs ein dickes Oel, das erst nach einiger Zeit krystallinisch erstarrt.

Nach zweimaligem Umkrystallisieren, zuerst aus Essigäther und dann aus Alkohol, zeigte das Bromid den für Limonentetrabromid charakteristischen Schmelzpunkt 105°.

Zur Vervollständigung des Nachweises von Limonen wurde noch das sowohl zu Limonen, wie zu Dipenten gehörige Dichlor- hydrat vom Schmp. 50° dargestellt, welches, wie wir gesehen haben, auch schon Luca in Händen hatte. Man erhält den Körper auf eine bequeme Weise aus Jlimonen- oder dipenten- haltigen Fraktionen, indem man diese mit einer überschüssigen Menge alkoholischer Salzsäure vermischt und unter häufigem Umschütteln im verschlossenen Gefälse stehen läfst. Zuerst schwimmt das Terpen obenauf, sinkt aber, nachdem es sich mit Salzsäure gesättigt hat, zu Boden, wird allmählich dicker und erstarrt schliefslich zu einer krystallinischen Masse. Nach zweimaligem Umkrystallisieren aus Alkohol wurde der Schmelzpunkt des aus Fraktion 176—1780 ge- wonnenen Dichlorhydrats bei 50—51° gefunden.

Es besteht also der zwischen 175 und 178° siedende Kohlen- wasserstoff des Limettöles aus Rechts-Limonen.

Denjenigen Teil des Oeles, der bei der Destillation bis 190° nicht übergegangen war, fraktionierte ich zweimal im Vakuum. Die Hauptfraktion zeichnete sich durch reinen Linaloolgeruch aus, siedete bei 13 mm Druck von 88,3—89,5° und bei Atmosphärendruck (B = 760 mm) von 198—199", Spez. Gewicht 0,870 bei 15°, Drehungs- winkel bei 15° (100 mm Rohr) 17,37° [a]p = 200 bei 15°, Brechungsexponent nn 1,4668 bei 200. Diese Eigenschaften stehen mit denen des Linalools aus anderen Quellen, von denen die wichtigsten in der nächsten Abhandlung zum Vergleich zusammengestellt sind, in guter Uebereinstimmung.

Zum Nachweis des Linalools auf chemischem Wege fehlt es bisher noch an einer charakteristischen Verbindung, man ist vielmehr einzig undallein auf die Identifizierungdeshauptsächlichsten Oxydations- produktes, des Citrals angewiesen, was aber durch die Darstellung der von Doebnert) entdeckten Citryl-#-naphtocinchoninsäure keine Schwierigkeiten macht.

1) Berichte d. Deutsch. chem. Gesellschaft 27, 352, Archiv. d. Pharm. 232, 688.

12*

130 E. Gildemeister: Ueber Limettöl.

Zur Ausführung der Oxydation wurden 6 g der Linaloolfraktion mit einer Lösung von 15 g Kaliumbichromat in 70 g Wasser und 10 g Schwefelsäure geschüttelt, wobei sich die Flüssigkeit stark er- wärmte. Nach Beendigung der Reaktion wurde das im Scheidetrichter abgeschiedene und durch Waschen mit Wasser von Säure befreite Oel im Wasserdampfstrom überdestillier. Das intensiv nach Citral riechende Oel wurde in Alkohol gelöst und mit gleichen Molekülen Brenztraubensäure und # Naphtylamin mehrere Stunden lang auf dem Wasserbade erwärmt. Nach dem Erkalten schied sich eine in Blätt- chen krystallisierende citronengelbe Verbindung ab, deren Schmelz- punkt nach Umkrystallisieren aus Alkohol bei 198—1990 gefunden wurde. Nach Doebner (l.c.) schmilzt die Citryl-#-Naphtocinchonin- säure bei 1970. Hieraus und aus der Uebereinstimmung der physi- kalischen Konstanten ist zu schlie[sen, dafs die von 198—-199 siedende Fraktion des Limettöls aus Links-Linalool besteht.

Es blieb nunmehr noch die Säure zu ermitteln, als deren Ester das Linalool ursprünglich m dem Oele vorhanden gewesen war. Zu dem Zwecke wurde die bei der Verseifung erhaltene alkalische Lauge auf ein kleines Volumen eingedampft, und mit überschüssiger Schwefelsäure versetzt. Aus der sauren Flüssigkeit wurde die flüüchtige organische Säure durch Wasserdampf abdestilliert und das Destillat nach Neutralisation mit kohlensaurem Natron eingedampft. Beim Erkalten schieden sich derbe Krystalle ab, die in Wasser sehr leicht löslich waren und beim Erwärmen mit verdünnter Schwefelsäure und Alkohol einen ganz reinen Essigäthergeruch entwickelten.

Aus einem Teile der Mutterlauge wurde durch Umsetzung mit Silbernitrat das Silbersalz der Säure dargestellt, das aus heilsem Wasser in zarten Nädelchen krystallisierte und, wie die Analyse zeigte, aus essigsaurem Silber bestand.

0,4620 g Silbersalz hinterliels beim Glühen 0,2986 g Silber. Berechnet für CH, COO Ag. Gefunden 64,67 Proz. 64,63 Proz.

Der im Limettöl enthaltene Ester ist also Linalylacetat.

Da ich inzwischen die Beobachtung gemacht hatte, dals bei der Darstellung von Linalylacetat nach dem Bertram’schen !) Ver- fahren mit Eisessig und Schwefelsäure, aus Links - Linalool der

1) Deutsches Reichspatent No. 80711.

E. Gildemeister: DUeber Limettöl. 181

rechtsdrehende Essigester entsteht, und da bis jetzt noch Angaben über das Drehungsvermögen des natürlich vorkommenden Linalylacetats fehlen, die Möglichkeit also nicht ausgeschlossen war, dafs der zum Links-Linalool gehörige Ester rechtsdrehend sein könnte, so war es geboten diesen als solchen aus dem Oele zu isolieren. Hierzu mulste aus den anfangs angegebenen Gründen die ganze Destillation im Vakuum vorgenommen werden, und es wurden zu dem Zweck 200 g Oel in Arbeit genommen.

Nach dreimaliger sehr langsam ausgeführter Fraktionierung wurde aufser den nicht mehr weiter berücksichtigten Terpenen, eine bei 13 mm Druck zwischen 101 und 103° siedende Hauptfraktion gewonnen, deren spezif. Gewicht bei 15°, 0,898 betrug. Die optische Drehung (100 mm) war 52’ bei 15°, das Ester drehte also in demselben Sinne wie das daraus abgeschiedene Linalool.

Wie eine Esterbestimmung ergab, bestand diese Fraktion aber noch keineswegs aus reinem Linalylacetat.

1. 2,01 g verbrauchten 0,4760 $ KOH entsprechend 82,6 Proz. Ester. 2. 2,06 x verbrauchten 0,4886 $ KOH entsprechend 82,95 Proz. Ester.

Es waren also noch 17 Proz. Verunreinigungen vorhanden, vermutlich Linalool, ohne welche der Siedepunkt wahrscheinlich etwas höher gefunden worden wäre.

Zum Nachweise alkoholischer Bestandteile in ätherischen Oelen ist schon mehrfach !) mit Erfolg so verfahren worden, dafs man das Oel vor und nach der Behandlung mit Essigsäureanhydrid einer Verseifung unterwarf. Bei Anwesenheit von Körpern alko- holischer Natur findet man dann im acetylierten Oele einen höheren Estergehalt, als im ursprünglichen. 20 g Oel wurden mit 20 g Acetanhydrid und 3 g wasserfreiem Natriumacetat in einem Kölbchen, das mit einem eingeschliffenen, als Rückflufskühler dienenden Glas- rohr versehen war, eine Stunde lang im Sieden erhalten. Nachdem das überschüssige Essigsäureanhydrid durch Digestion mit Wasser auf dem Wasserbade zerstört war, wurde das von der wässerigen Flüssigkeit getrennte Oel mehrere Male mit Soda ausgewaschen und darauf mit wasserfreiem Natriumsultat getrocknet.

1) Bertram und Walbaum Journ. f. pr. Ch. N. F.45, 594. Bertram

und Gildemeister ebendaselbst 49,183. Power und Kleber Arch. d. Pharm. 232, 652.

182 E. Gilde meister: Ueber Origanumöl.

Bei der Verseifung wurden folgende Resultate erhalten:

1. 2,01 g acetyliertes Oel verbrauchte 0,1722 g KOH, entsprechend 29,75 Proz. Linalylacetat.

2. 2,03 g verbrauchte 0,1722 & KOH, entsprechend 29,4 Proz. Lin- alylacetat.

Der Gehalt an Linalylacetat war also bei dem acetylierten Oele um 3 Proz. höher als bei dem ursprünglichen Oele. Da ein anderer Alkohol bei der Untersuchung nicht autgefunden war, so kann der freie Alkohol nur Linalool sein. Auf die vorhandene Menge läfst sich aber aus der Bestimmung in diesem Falle ein Schluls nicht ziehen, da bekanntlich die Acetylierung bei Linalool durchaus nicht quantitativ verläuft, sondern ein erheblicher Teil des Linalools durch Wasserabspaltung in Dipenten, Terpinen und polymere Ter- pene umgewandelt wird.

Wie im Vorstehenden gezeigt worden ist, setzt sich das ätherische Oel der sülsen Limette, Citrus Limetta Rısso, aus Rechts- Limonen, Links-Linalool und Links-Linalylacetat zusammen. Wenn auch das Limonen der Menge nach den Hauptbestandteil bildet, so sind an der Hervorbringung des charakteristischen Geruchs wesent- lich nur Linalylacetat und Linalool beteiligt.

Es gleicht also in seiner Zusammensetzung dem Bergamottöl, in welchem aufser diesen drei Körpern noch Dipenten vorkommt.

I. Ueber Smyrnaer Origanumöl.

Unsere Kenntnis von der chemischen Zusammensetzung der Oele der verschiedenen Origanumarten, welche im Handel den Namen Spanisch Hopfenöl oder Kretisch Dostenöl führen, verdanken wir einer interessanten Studie von E. Jahns.?) Dieser fand bei sieben verschiedenen, teils in Deutschland destillierten, teils von Triest oder aus Kleinasien importierten Oelen als Hauptbestandteil Carvacrol CioHıs 0, ein Phenol, welches bis dahin noch in keinem Pflanzen- produkte autgefunden, künstlich jedoch schon auf verschiedene Weise dargestellt worden war. Später wies Jahns denselben Körper noch in

1) Bericht von Schimmel & Co., April 1893, 38.

2) Ueber das ätherische Oel von Origanum hirtum Link. und das Kretisch Dostenöl des Handels. Arch. d. Ph. 215 (1879) 1.

E. Gildemeister: Ueber Origanumöl. 183

den Oelen von Satureja hortensist), Origanum vul- gare und Thymus Serpyllum?) nach. Carvacrol ist ferner, wie Haller?) zeigte, im Oele von Satureja montana enthalten. Endlich findet es sich in spanischen Thymianölen in grofser Menge (50—60 Proz.) und neben Thymol in manchen deutschen und fran- zösischen Thymianölen.

Aufser Carvacrol stellte Jahns im Kretisch Dostenöl die Anwesenheit geringer Mengen eines zweiten Phenols fest, welches mit Eisenchlorid eine violette Färbung annahm und sich dadurch von ersterem, welches durch dasselbe Reagens grün gefärbt wird, unterscheidet. In den von 172—176° siedenden Bestandteilen des Oeles vermutete er Öymol, ohne jedoch diesen Kohlenwasserstoff mit Sicherheit zu identifizieren.

Da das Spanisch Hopfenöl häufig verfälscht zu werden pflegt, und zweifelsohne das Carvacrol sein wertvollster Bestandteil ist, und da dieser als direkter Wertmesser für die Güte des Oeles angesehen werden muls, so prüft man das Oel, indem man seinen Gehalt an Phenol annähernd quantitativ bestimmt. Hierbei verfährt man, wie ich bereits im Hager ’schen Kommentar zur III. Auflage des Deutschen Arzneibuches unter Thymianöl ausgeführt habe, zweck- mälsig so, dals man in einer Bürette von mindestens 60 ccm Inhalt 10 cem des zu prüfenden Oeles bringt, mit 5 prozentiger Natron- lauge bis zum Nullstrich auffüllt, und kräftig durchschüttelt. Die Bestandteile nicht phenolartiger Natur setzen sich nach längerem Stehen an der Oberfläche der Flüssigkeit ab, und ihre Menge kann an der Skala direkt abgelesen werden. Ist die Bestimmung auch keineswegs ganz genau, so genügt sie doch, um sich über den Wert eines Oeles zu orientieren, vollkommen.

Oele, bei denen ein niedriger Phenolgehalt, d.h. unter 50 Proz., gefunden wird, sind in der Regel mit Terpentinöl verfälscht, und lösen sich dann meistens nicht klar in 3 Teilen 70 Proz, Alkohol auf. Nun kamen mir in jüngster Zeit verschiedene Oele kleinasiatischer Herkunft unter die Hände, die trotz ihres niedrigen Phenolgehaltes dennoch mit 70 Proz. Alkohol vollkommen klare

I) Ber. d. D. chem. Ges. 15, 816.

2) Arch. d. Ph. 216, 277. 3) Comptes rendus 94 (1882) 132.

184 E. Gildemeister: Ueber Origanumöl.

Lösungen gaben. Sie waren von hellerer Farbe als die Triester Oele, im Geruch milder und erinnerten dabei etwas an Linaloeöl, bezw. Linalool, was besonders deutlich hervortrat, nachdem das Carvacrol durch Alkali entfernt worden war.

Da im Thymianöl, welches sowohl seiner botanischen Ab- stammung, als auch seiner chemischen Zusammensetzung nach, als nächster Verwandter des Spanisch Hopfenöles gelten kann, schon Linalool nachgewiesen ist,!) so war es naheliegend, die Kretisch Dostenöle kleinasiatischen Ursprungs auf diesen Körper hin zu untersuchen. Hierzu lagen vier verschiedene Oele vor, sämtlich von demselben Charakter und aus derselben Quelle aus Smyrna bezogen.

No. 1. Spezifisches Gewicht 0,930 bei 150 Drehungswinkel 70 52° bei 180 (100 mm Rohr). Löslich in 2!/, Teilen 70 (Volum.) Prozent Alkohol Phenolgehalt 45 Proz.

No. 2. Spez. Gew. 0,916 bei 15%. Die optische Drehung war wegen zu dunkler Farbe nicht bestimmbar. Löslichkeit wie No. 1. Phenolgehalt 32 Proz.

No. 3. Spez. Gew. 0,918 bei 15%. Drehung wegen der dunklen Farbe nicht bestimmbar. Löslichkeit wie No. 1. Phenolgehalt 34 Proz.

No. 4. Spez. Gew. 0,932 bei 15%. Drehungswinkel 80 44 bei 15°. Löslichkeit wie No. 1. Phenolgehalt 47 Proz.

Zu der nachstehenden Untersuchung verwendete ich dasOel No. 1.

Nachdem die Phenole durch Ausschütteln mit dünner Natron- lauge entfernt worden waren, wurde das in Alkali Lösliche mit Wasserdampf destilliert und in mehreren Fraktionen aufgefangen. Von diesen wurde dann die erste unter Anwendung eines Kugel- aufsatzes fraktioniert, und nachdem dies fünfmal wiederholt worden war, folgende Fraktionen aufgefangen:

1. 155 —163 9. 2. 163—1709. 3. 170—175°. 4. 175—180°. 5. 180—183°.

Das höher Siedende liefs ich vor der Hand unberücksichtigt. Fraktion 1 vom Siedepunkt 155—163° und einem Drehungs- winkel von 30 28° bei 150 (100 mm Rohr) war durch das auf-

1) Bericht von Schimmel & Co., Oktober 1894, 58.

E. Gildemeister: Ueber Origanumöl. 135

fallend niedrige spezifische Gewicht 0,826 bei 150 ausgezeichnet. Hierdurch war die Gegenwart gröfserer Mengen von Pinen (spez. Gew. 0,860), welches man nach dem Siedepunkt und der optischen Drehung hätte erwarten können, ausgeschlossen. Von einer näheren Untersuchung mulste abgesehen werden, da die Quantität eine zu kleine war, und ich kann daher nur die Vermutung aussprechen, dafs es sich hier vielleicht um eins der aliphatischen Terpene Semmler’'s!) handelt. In jüngster Zeit sind übrigens auch im Hopfenöl (von Aumulus Lupulus) Kohlenwasserstoffe von sehr niedrigen spez. Gewichte und einem sehr ähnlichen Siedepunkte von Chapmann?) aufgefunden worden, welcher ebenfalls die Arsicht äufsert, dals sie möglicherweise in Beziehungen zu denSemmler- schen Körpern stehen könnten.

Mit Fraktion 4 Siedepunkt 175—180° wurden Versuche zur Darstellung von Dipententetrabromid angestellt, die aber ohne Erfolg blieben, weil nur ölförmige Produkte erhalten wurden.

Phellandren und Terpinen waren weder in Fraktion 3 noch in 4 nachweisbar.

Der ausgesprochene Cymol-Geruch dieser beiden Fraktionen ver- anlalste mich auf diesen Kohlenwasserstoff zu prüfen.

Da Uymol vou kalter Kaliumpermanganatlösung kaum ange- griffen wird, die Terpene aber leicht zerstört werden, so wurden die wieder vereinigten Fraktionen 3 und 4 mehrere Stunden lang auf der Schüttelmaschine mit einer 2, prozentigen Kaliumpermanganat- lösung durchgeschüttelt, um Verunreinigungen möglichst zu beseitigen.

Dem nicht angegriffenen Oele mulsten wegen seines niedrigen spez. Gewichtes, 0,845 bei 15% noch andere Körper beigemengt sein, es wurde deshalb noch zweimal über metallisches Natrium fraktioniert und in folgenden Intervallen aufgefangen.

1. 168—1720. 2. 172—174°. 3. 174—176°.

Aber auch so konnte ein annähernd reines Oymol nicht er- halten werden, da Fraktion 3 das spez. Gewicht 0,852 bei 15° hatte, während dem Cymol im reinen Zustande nach Oskar Widman?) ein solches von 0,8602 bei 150 zukommt.

1) Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 24, 682. 2, Essential oil of hops. Journ. ot the chem. Society 67 (1894), 54. 3) Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 24, 552.

186 E. Gildemeister: Ueber Origanumöl.

Zum Nachweis von Cymol in ätherischen Oelen ist von Wallach!) die Ueberführung desselben in Oxypropylbenzo&säure durch Oxydation, und Umwandlung dieser in Isopropenylbenzo&säure empfohlen worden.

Es wurden deshalb 10 g der Fraktion 3 mit einer Kalium- permanganatlösung von 60 g in 1650 g Wasser auf dem Wasser- bade unter häufigem Umschütteln solange erhitzt, bis Entfärbung eingetreten war, worauf die vom Manganschlamm abfiltrierte Flüssig- keit zur Trockne verdampft und der Rückstand mit Alkohol extrahiert wurde. Die auf ein kleines Volumen eingeengte alkoholische Lösung liefs auf Zusatz von Schwefelsäure eine Säure ausfallen, welche aus Alkohoi umkrystallisiert bei 156—158° schmolz, also den Schmelz- punkt der Oxypropylbenzo&säure zeigte.

Nach Richard Meyer’s?) Angabe wurde diese durch Kochen mit rauchender Salzsäure (spez. Gew. 1,19) in die Iso- propenylbenzoösäure übergeführt. Der Schmelzpunkt der aus Alkohol umkrystallisierten Säure, der auch nach nochmaligem Um- krystallisieren konstant blieb, wurdebei25 7—262° gefunden. R. Meyer giebt 255 —260° an.

Nach diesem Befund ist also Cymol ein Bestandteil des Smyr- naer Origanumöles. Seine Menge ist jedoch unbedeutend und dürfte wenige Prozente kaum übersteigen.

Die nächste durch Wasserdampfdestillation erhaltene Fraktion ging bei der Destillation über freiem Feuer innerhalb weniger Grade über und siedete nach mehrmaligem Fraktionieren fast vollständig zwischen 197,8 und 199° (B=752 mm). Spez. Gewicht 0,8704 bei 15°.

Drehungswinkel im 100 mm Rohr bei 15% 15° 56 [ln = 180 18° bei 15°.

Brechungsindex np 1,46337 bei 20°.

Im Geruche war diese Fraktion von Linalool anderer Her- kunft nicht nicht zu unterscheiden.

Da man, wie in der vorigen Abhandlung erwähnt wurde, zur Kennzeichnung des Linalools, abgesehen von seiner Ueberführung in Citral, mangels einer charakteristischen krystallinischen Verbindung,

1) Liebig’s Annalen 264, 10. 2) Liebig’s Annalen 219, 282.

187

Ueber Origanumöl.

E Gildemeister

auf die Vergleichung der physikalischen Eigenschaften beschränkt ist, so habe ich diese von Linalool aus verschiedenen Quellen der

bequemen Uebersicht halber in tabellarischer Form aufgeführt.

Siedepunkt

Spez.-Gewicht

Brechungs-

index np

' Lavendelöl Bertram u. Walbaumt)

197199

Drehungs-

winkel (100 mm)

100 35’

Linalool aus:

Linaloeöl Bertram u Walbaum!)

197 2000

0,877 bei 15"

1,4630 bei 200

_. 90

Bergamottöl Bertram u, Walbaum?)

Linaloeöl Semmler>)

197— 199

0,372 bei 150

1,4629 bei 180

160

195—199

1,4695 bei 20%

Limettöl Smyrnaer Gilde- Origanumöl

meister!) Gildemeister

198—1990 | 197,8— 199 9

B = 760 mm | B = 752mm

0,870 0,3704 bei 150 bei 150 1,4668 1,4635 bei 200 bei 200 179737 150559’ bei 150 bei 150

1) Journ. f. pract. Chem. N. F. 45, 597. Seite 603.

3) Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 24, 207.

4) Vorige Abhandlung.

2) Ebendaselbst.

188 E. Gildemeister: Ueber Origanumöl.

Die Uebereinstimmung ist, abgesehen von dem Rotationsver- mögen eine so gute, wie man es von einem Körper welcher nur durch fraktionierte Destillation zu reinigen ist, überhaupt erwartet werden kann.

Die Oxydation des Linalools zu Citral wurde in der bei Limettöl (vorige Abhandlung) beschriebenen Weise ausgeführt. Da mir hier mehr Material zur Verfügung stand, so gelangten 60 & Linalool zur Anwendung, wodurch soviel Citral erhalten wurde, dafs es durch Ueberführung in die Natriumbisulfitverbindung ge- reinigt werden konnte. Die daraus dargestellte Citryl - #- Naphtoein- choninsäure schmolz bei 198—199°%. Links -Linalool ist also ein wesentlicher Bestandteil des Smyrnaer Origanumöls.

Zur Untersuchung des Phenols im Smyrnaer Origanumöl wurde die anfangs erwähnte alkalische Lauge mit verdünnter Schwefelsäure bis zur sauren Reaktion versetzt, und die an der Oberfläche sich abscheidende ölige Flüssigkeit von der wässerigen getrennt. Bei der darauf folgenden Destillation im Vakuum sing die Hauptmenge bei 100 mm Druck zwischen 114 und 115° über. In 1 Proz. Kali- lauge löste sich das Destillat klar auf.

Zum Nachweis von Öarvacrol wird von Goldschmidt!) die gut krystallisierende Verbindung mit Phenyl -Isocyanat vor- geschlagen, deren Schmelzpunkt er bei 134—1350 fand.

Der Schmelzpunkt des durch Erwärmen gleicher Teile Phenyl- isocyanat und meines Phenols unter Zusatz von etwas Aluminium- chlorid erhaltenen Körpers lag jedoch, nachdem er einmal aus Petrol- äther und einmal aus Alkohol umkrystallisiert war, höher, nämlich bei 140°. Bei der zum Vergleich aus Carvon-Carvacrol hergestellten, und zur Reinigung einmal aus Alkohol umkrystallisierten Verbindung wurde der Schmelzpunkt ebenfalls bei 140% gefunden.

Die physikalischen Konstanten der Carvacrole verschiedenen Ursprungs sind nahezu die gleichen :

Carvacrol aus Carvon aus Smyrna Origanumöl Spez. Gewicht. 0,983 bei 150 0,980 bei 15° 0,979 bei 200 0,976 bei 200 Siedepunkt 236— 236,5 9 235,5— 236,20 B = 742 mm; np bei 200 1,52295 1,52338 Schmelzpunkt -+0,5' + 0,50

1) Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 26, 2086.

O0. Rölsler: Ueber Crenothrix polyspora. 189

Ein Unterschied war nur im Verhalten gegen Eisenchlorid be- merkbar. Während aus Carvon hergestelltes Carvacrol mit diesem eine rein grüne Färbung gab, wurde bei Zusatz einer sehr ver- dünnten Eisenchloridlösung zu Origanum-Carvacrol zuerst eine violette Färbung beobachtet, die erst nach weiterem Zusatz von Eisenchlorid in Grün überging.

Demnach ist das Phenol des Smyrnaer Origanumöles nicht als reines Carvacrol anzusehen, sondern es sind auch hier Spuren des schon von Jahns erwähnten zweiten Phenols zugegen.

Die Untersuchung hat somit ergeben, dafs dasSmyrnaer Origanumöl zum grölsten Teile aus Links-Linalool besteht. Im Vorlaufe findet sich Cymol und sehr wenig eines noch nicht näher untersuchten Körpers, dessen spezifisches Gewicht niedriger ist, als das der be- kannten Terpene. Der sich mit Alkalien verbindende Anteil ist Carvacrol, mit geringen Mengen eines Eisenchlorid violett färben- den Phenols.

Interessant ist das gemeinsame Vorkommen der gewils in gene- tischer Beziehung stehenden Körper, Cymol, Linalool und Carvacrol.

Ueber die botanische Abstammung des Oeles bin ich leider nicht in der Lage Mitteilungen machen zu können. Wegen der teilweise abweichenden chemischen Zusammensetzung ist es aber wahrscheinlich, dafs das Smyrnaer Oel von einer anderen Origanum- art, (vielleicht von Orıganum smyrnaicum L.) herkommt, als das von Jahn’s untersuchte, aus dem Kraute von Origanum hirtum Link. destillierte Oel.

Leipzig, im März 1895.

Ueber Kultivierung von Crenothrix polyspora auf festem Nährboden. Von Dr. Oskar Rölsler- Baden-Baden. (Eingegangen den 13. III. 1895.

Crenothrix polyspora Cohn ist ein fadenförmiger Spaltpilz, dessen Kultivierung auf festem Nährboden bis jetzt noch nicht ge- lungen war. Die Crenothrixarten bestehen aus Fäden mit deutlichem

u

190 O Rölsler: Ueber Crenothrix polyspora.

Gegensatz von Basis und Spitze, sind also höhere Spaltpilze. Sie bilden keine Endosporen ; die Fäden sinl mit sogenannten Scheiden versehen, unverzweigt und deutlich gegliedert. Crenothrix polyspora bildet makroskopische, dunkelbraune Flöckchen ; die braune Farbe rührt von Eisenoxydhydrat resp. basischem kohlensaurem Eisenoxyd- hydrat her, das sich in die Scheiden einlagert. Die Pflanze gedeiht nur in eisenhaltigen Wässern, für die sie charakteristisch ist und deren Eisenoxydulsalze sie durch den Assimilationsprozel[s in Eisen- oxydsalze überführt. Die Fäden sind unten dünn, oben dicker und unverzweigt mit deutlichen, unten langgestreckten, oben breiten kurzen Gliedern. Die oberen scheibenförmigen Glieder können zu kleinen Teilstücken zerfallen, die als Sporen funktionieren. Diese werden frei, oder sie wachsen in der Mutterpflanze zu Fäden aus.

im Juni 1893 hatte ich Gelegenheit, einen Teil einer Kanalbaute zu sehen, deren 25 cm dicke Ziegelsteinwände innerhalb von 3 Jahren vollständig von diesem Pilz durchwachsen waren. Die Techniker glaubten zuerst an einen Fehler der Steine und versuchten vergebens den braunen Ueberzug des Mauerwerks zu entfernen: alles Reinigen half nichts, nach kurzer Zeit war der braune Belag wieder da. Meine mikroskopische Untersuchung ergab ‘als Ursache das vollständige Durchwachsen der Steine durch Crenothrix polyspora. Ich versuchte nun die Crenothrix weiter zu züchten und nahm als Nährboden denjenigen, den sie sich in vorliegendem Falle selbst ge- wählt hatte: ein Stück eines Ziegelsteins.. Der Versuch gelang. Als Nährsalz setzte ich dem Wasser stets etwas Eisenvitriol zu (in eisenfreiem Wasser gedeiht der Pilz nicht), der durch den Lebens- proze[s der Pflanze bei kräftigem Wachstum stets in Oxyd über- geführt wurde. Auf der Oberfläche des Wassers zeigten sich, nach- dem sich die Crenothrix sehr kräftig entwickelt hatte, weilse Punkte, die sich unter dem Mikroskop als Krystalle erwiesen. Leider gelang es mir nicht, eine mikrochemische Untersuchung dieser Krystalle durchzuführen, vielleicht wird es durch eine Messung der Winkel dieser Krystalle möglich sein, Schlüsse auf deren chemische Be- schaffenheit zu ziehen. Seit bald 2 Jahren züchte ich bei gewöhn- licher Zimmertemperatur diesen Pilz mit bestem Erfolg, dessen Reinkultur unschwer zu erhalten ist, da Ziegelstückchen durch Ausglühen leicht steril zu erhalten sind.

O. Helm: Ueber Gedanit, Succinit etc. 191

Meine berufliche Thätigkeit hält mich davon ab, diesen Spaltpilz weiter in seiner Entwicklung zu verfolgen und hoffe ich durch diese Veröffentlichung berufenere Kräfte auf dieses Pflänzchen aufmerk- sam gemacht zu haben.

Crenothrix polyspora soll ein unschuldiger Spaltpilz sein; ich habe aber von mehreren Seiten gehört, dafs Wasser in dem er massenhaft enthalten ist und das in chemischer wie bakteriologischer Beziehung zu keiner Beanstandung Anlafs giebt, in heifsen Sommer- monaten Durchfall erzeuge. Schon aus diesem Grunde wäre eine nähere Untersuchung der Lebensthätigkeit dieses Spaltpilzes wünschenswert.

Ueber den Gedanit, Suceimit und eine Abart des

letzteren, den sogenannten mürben Bernstein. Von Otto Helm, Danzig.

(Eingegangen, den 2. IV. 1395.)

Aus dem pharmaceutischen Institute der Universität Bern wurde von Herrn E. Aweng in dieser Zeitschrift, 1894, 9. Heft, eine Reihe von chemischen Untersuchungen über den Succinit und einige ihm verwandte fossile Harze veröffentlicht. Bei dieser Gelegenheit wurde auch ein fossiles Harz untersucht, welches unter dem Bern- stein der Ostseeküste vorkommt und von mir als Gedanit beschrieben wurde. Das Harz unterscheidet sich von dem eigentlichen Bern- stein, dem Suceinit, u. a. dadurch, dals es frei von Bernstein- säure ist. Meine darauf bezüglichen Untersuchungen befinden sich in dieser Zeitschrift, Jahrgang 1877, VIII. Band, 3. Heft und 1878, X. Band, 6.Heft. Entgegen meinen Angaben fandnunhier Aweng in dem Gedanit Bernsteinsäure. Zur Aufklärung dieses Widerspruchs bringe ich nachstehend einen Vortrag zum Abdruck, welchen ich im November vorigen Jahres in der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig hielt und welcher darauf hinweist, dafs häufig eine Ver- wechselung des Gedanits mit einer Modifikation des Suceinits statt- findet, welche im Handei als „mürber Bernstein“ geführt wird und welche Bernsteinsäure enthält. Ich bin überzeugt, dals Herr Aweng durch Herrn Bernsteinhändler Jantzen diesen Bernstein als „Ge-

192 0. Helm: Ueber Gedanit, Suceinit ete.

danit“ erhalten und urtersucht hat. Mein obenerwähnter Vortrag, welcher zugleich eine Fortsetzung meiner Abhandlung in dieser Zeit- schrift vom Jahre 1878 bildet, hat folgenden Inhalt:

Der weitem gröfste Teil des in den Ostseeländern vorkommen- den Bernsteins besteht aus dem bernsteinsäurehaltigen Suceinit. Nur in sehr geringer Menge finden sich andere fossile Harze darunter, so der bernsteinsäurefreie Gedanit, der weiche Krantzit, der hell- braune Glessit, der braunkohlenfarbige Beckerit, der glänzend schwarze Stantinit. Diese fremden Harze unterscheiden sich schon äufserlich vom Sucecinit, und dem Bernsteinsortierer wird es nicht schwer, sie auf den ersten Blick zu erkennen und auszusondern. Schwieriger wird es ihm schon, die Stücke des Succinit selbst nach ihrer Güte und ihrem Werte zu sortieren. Sie sind aufserordentlich verschieden, sowohl in Farbe und Gewicht, wie auch in ihrer Struktur und Härte. Ich komme auf die Entstehung und Bildung dieser zahlreichen Ab- arten später zurück. Von den Abarten des Sucecinits interessiert den Fachmann besonders eine, welche gewöhnlich als „mürber Bern- stein“ bezeichnet wird. Der mürbe Bernstein befindet sich sowohl unter dem aus der Tertiärformation des Samlandes gegrabenen, wie auch unter dem in der Ostsee und im Diluvium vorkommenden Bern- stein. Seinen Namen haben ihm die Bernstein-Händler und -Drechsler gegeben, weil er äufseren Einwirkungen gegenüber weniger wider- standsfähig ist, namentlich den Werkzeugen zu seiner Verarbeitung gegenüber sich bedeutend weicher erweist, als der eigentliche Suceinit. Er ist deshalb zur Anfertigung von Schmuck- und Gebrauchsgegen- ständen wenig geeignet. Auch der Gedanit wird von den Bernstein- händlern als „mürber Bernstein“ bezeichnet und wie der vorgenannte zu den Abfällen geworfen, welche zur Lackfabrikation dienen. Beide Gedanit und mürber Bernstein sind auch sonst sehr ähnlich und schwierig von einander zu unterscheiden. Mineralogen und Sammler verwechseln sie gewöhnlich mit einander. Iclı habe deshalb die chemischen und physikalischen Eigenschaften beider nochmals ge- nauer festgestellt und lasse meine Untersuchungen hierüber nach- stehend folgen. Zum Vergleiche führe ich die Merkmale des eigent- lichen Suceinits hier ebenfalls an. Der mürbe Succinit besitzt eine Härte von 11/;—2 Graden. Von derselben Härte ist der Gedanit, Suceinit hat eine Härte von 2 —2!/, Graden.

O0. Helm: Ueber Gedanit, Sucecinit ete. 193

Die Farbe des mürben Succinits ist hellweingelb bis rotgelb, seltener dunkelgelb oder milsfarbig. Er ist für gewöhnlich klar oder halbdurchsichtig, selten undurchsichtig. Der Gedanit sieht für ge- wöhnlich hellweingelb bis goldgelb aus, seltener dunkler; er ist eben- falls durchsichtig und klar, selten halbdurchsichtig. Die Farbe des eigentlichen Succinits wechselt aufserordentlich; man findet unter ihm Stücke vom hellsten Weingelb bis zum Örangerot in allen Ab- stufungen, grünliche, blaue, braune und gelbbraune Stücke und solche, welche andere Mischfarben tragen. Aufser klaren Stücken sind alle Uebergänge der Durchsichtigkeit und Undurchsichtigkeit bei dem Suceinit vertreten. Auch beobachtet man unter ihm Stücke, welche fluoreszieren, eine Eigentümlichkeit, welche ich beim mürben Suceinit und Gedanit vermilste. Durch Reiben werden alle Bernsteinsorten gleichmälsig negativ elektrisch. Als spezifisches Gewicht fand ich das des mürben Suceinits 1,060—1,066, das des Gedanits 1,058 bis 1,068. Das spezifische Gewicht des Succinits bewegt sich in den weiten Zwischenräumen von 1,050—1,096. Es giebt von dem letzteren ferner eine Abart, welche so leicht ist, dafs sie auf dem Wasser schwimmt.

Der mürbe Suceinit schmilzt bei einer Temperatur, welche zwischen 280° und 287° C. liegt. Gedanit schmilzt bei 260° bis 27000. Charakteristisch ist beim Gedanit, dafs er sich schon lange vor seinem Schmelzpunkte, bei einer Temperatur von 140° bis 1800 C. stark aufbläht und dabei eine elastische Beschaffenheit annimmt. Der eigentliche Succinit schmilzt bei einer Temperatur von 287 bis nahezu 300° C.

Der mürbe Suceinit enthält wie der eigentliche Suceinit Bern- steinsäure; doch ist er im allgemeinen nicht reich daran, was sich schon dadurch kund giebt, dafs er beim Erhitzen keine so heftig zum Husten reizende Dämpfe ausstölst wie der eigentliche Suceinit. Ich fand in einem schönen goldgelben klaren Stücke 1,13 Proz., in einem anderen 1,70 Proz. Bernsteinsäure, während ich bei den vielen trockenen Destillationen, welche ich mit dem eigentlichen Suceinit vornahm, niemals unter 3 Proz. fand, sondern stets mehr, bis zu 8 Proz. Gedanit giebt bei der trockenen Destillation keine Bern- steinsäure aus.

Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bäs. 3. Heft. 13

194 O0. Helm: DUeber Gedanit, Sucecinit etc.

Das Verhalten des mürben Suceinits gegen Lösungsmittel er- mittelte ich mit einem der Stücke, welche zur Bernsteinsäure- bestimmung dienten. Gleichzeitig nahm ich zu demselben Zwecke ein klares hellgelbes Stück Gedanit in Arbeit. Ich lasse die Er- mittelungen hier folgen:

Des Verhalten des eigentlichen Suceinits gegen Lösungsmittel stelle ich daneben:

Es lösen sich: vom mürben Suceinit Gedanit: ee uceinit: In#AIkoholi 2 9.22..27.308Eroz2 42 Proz. 20—25 Proz. ERRÄNOTNOT». FREE DI ER ba 18—23 Sa.Chloroformee Mr, ENES3TRE a 20,6 hr »uiBenzol oa Ei 00381. AED 9,8 na Schwefelkohlenstoff . 39 „, Bar, 24 Br Nerpentindl, . „41.588... 58 u.mehr Proz. 23 » NEMO En ren DBL se 100 Proz. 18

Hiernach steht der mürbe Suceinit hinsichtlich seines Verhaltens zu Lösungsmitteln zwischen dem eigentlichen Succinit und dem Ge- danit. Die Ermittelungen der Löslichkeit fanden mit den fein zer- stolsenen Harzen und bei Siedetemperatur des betreffenden Lösungs- mittels statt. Ich bemerke hier noch, dafs das Verhaltens des Ge- danits zum Terpentinöl recht charakteristisch ist. Die darin unlös- lichen Teile quellen nach dem Kochen mit Terpentinöl gallertartig auf und sind dann durch das Auge in der Lösung nur schwierig zu erkennen. Die davon abgegossene klare heilse Lösung scheidet während des Erkaltens einen Teil des Gelösten wieder ab.

Im Aschengehalt besteht kein Unterschied zwischen den drei genannten fossilen Harzen; ebenso in ihrem Verhalten zu starken Mineralsäuren.

Mit Olivenöl allmählich bis zum Sieden erhitzt, verhält sich der mürbe Succinit ebenso wie der harte Suceinit, beide erweichen ein wenig, das Oel durchdringt sie, die trüben Sorten werden da- durch klar, indem die die Trübung bedingenden freien Hohlräume sich mit Oel anfüllen, resp. sich schliefsen. Je härter und wider- standsfähiger der Succinit ist, desto weniger greift ihn das zum Sieden erhitzte Oel an. Der Gedanit verhält sich gegen das Oel anders, er quillt in dem heifs werdenden Oele allmählich, noch bevor dasselbe die Siedetemperatur erreicht hat, schwammartig auf, das

O0. Helm: Teber Gedanit, Suceinit ete. 195

Oel wirkt auf alle seine Teile lösend ein. Nach fortgesetztem Sieden bleibt im Olivenöl nur eine geringe gallertartige Masse von ihm zu- rück; Leinöl löst den Gedanit nach längerem Erhitzen vollständig auf. Ich teile hier noch die chemische Elementaranalyse des Suc- cinits und Gedanits mit, welche ich in den Jahren 1878 und 1882 ermittelte (Berichte der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig, neue Folge IV. Band, 3. Heft, S. 215 und V. Band, 3. Heft, S. 9). Darnach besteht der Suceinit aus: 78,63 Proz. Kohlenstoff,

104830 5 Wasserstoftt, 10,4% 9% Sauerstoff, 0,42 , Schwefel.

ee

Der Gedanit besteht aus: 81,01 Proz. Kohlenstoft,

IALES: Wasserstoff, 1330005 Sauerstoft, 0:25 4 Seh wefel.

EZ

Nach den vorstehenden Untersuchungen unterscheidet sich die mürbe Abart des Suceinits von dem eigentlichen Succinit, abgesehen von seiner äufseren Erscheinung, durch geringere Widerstands- fähigkeit gegen Lösungsmittel, durch geringere Härte und einen geringeren Gehalt an Bernsteinsäure.

Diese Unterschiede sind jedoch nicht so ins Gewicht fallend, um in diesem fossilen Harze ein vom Suceinit wesentlich verschiedenes zu erkennen. Ob diese Abart auch von einer anderen Pflanzenart stammt, als die, welche den harten Suceinit erzeugte, oder ob nur andere äufsere Einflüsse und Einwirkungen hier ein ähnliches Produkt erzeugten, kann ich nicht entscheiden. Pflanzenteile, auf welche sich eine besondere Species gründen könnte, sind bis jetzt in dem mürben Suceinit nicht entdeckt worden.

Anders liegt es bei dem Gedanit. Wenngleich auch in ihm keine Pflanzenreste gefunden wurden, welche auf eine besondere Stammpflanze schliefsen lassen, so sind doch die chemischen und physikalischen Eigenschaften dieses fossilen Harzes so wesentlich andere, dafs eine Abtrennung vom Suceinit gerechtfertigt erscheint. Der Gedanit ist, Lösungsmitteln gegenüber, noch weniger wider- standsfähig als der mürbe Sucecinit, ja eines derselben, das Leinöl,

13*

196 O0. Helm: Ueber Gedanit, Succinit etc.

löst ihn völlig auf. Beim Erhitzen bläht er sich schon lange vor seinem Schmelzpunkte stark auf und nimmt eine elastische Beschaffen- heit an. Auch beim Erhitzen in Oel tritt dieses Aufblähen ein. Der Gedanit enthält ferner keine Bernsteinsäure und eine geringere Menge Sauerstoff als der Suceinit.

Alle diese recht wesentlichen Unterschiede führen zu der An- nahme, dafs hier ein eigentümliches fossiles Harz vorliegt, und wenn solches der Fall ist, so mufs auch angenommen werden, dafs es einst von einer anderen Stammpflanze erzeugt wurde, als von der, welche den Suceinit hervorbrachte. Schon das Fehlen eines so wesentlichen Bestandteils, als es die Bernsteinsäure ist, muls entscheidend sein, um den Gedanit als ein vom Suceinit verschiedenes fossiles Harz anzusehen.

Was die Insekteneinschlüsse anbelangt, welche in den be- zeichneten Bernsteinsorten gefunden werden, so habe ich keinen Unterschied entdecken können zwischen denen des Suceinits und denen, welche im Gedanit und in dem mürben Succinit vorkommen. Die Einschlüsse im Gedanit sind überdies äufserst selten; ich be- sitze nur eine Hymenoptere (/Pferomalus), eine kleine Spinne, einige Dipteren und eine schön erhaltene Mikrolepidoptere. Diese Ein- schlüsse konnte ich nicht, wie ich es mit denen des Suceinits halte, in verdünntem Alkohol aufbewahren, weil selbst ein mit 90 Proz. Wasser verdünnter Alkohol den Gedanit noch angreift, seine Ober- fläche erweicht, weils färbt und nach dem Austrocknen rissig macht.

Der Bernsteinwald, welcher die im Eingange dieses Berichtes erwähnten fossilen Harze einst erzeugte, hat ohne Zweifel sehr lange Zeit, wahrscheinlich Jahrtausende hindurch, bestanden. Im Laufe dieser Zeit wechselten Generationen von Bäumen, sie starben ab, sie erneuerten sich, viele stürzten durch Windbruch, viele durch den Strahl des Blitzes oder durch Wasserfluten, die über grofse Bestände des Waldes hinbrausten. Alle so untergegangenen Bäume ver- moderten, während das von ihnen erzeugte Harz der Fäulnis und Zerstörung widerstand und in grofser Menge den Boden des Waldes durchsetzte. Eine lange Reihe solcher Neubildungen von Wald und teilweisen Zerstörungen mag stattgefunden haben, bis endlich eine umfangreiche Katastrophe, durch Wasserfluten hervorgerufen (nach Zaddach), ihn von der Bildfläche fortfegte und mit zertrümmertem

O0. Helm: VUeber Gedanit, Suceinit etc. 197

Gestein, einem grünlichen thonhaltigen Sande, dem Glaukonit, über- schüttete. Das geschah zur Zeit des Unteroligocäns. Einzelne Be- stände des Waldes mögen wohl noch verschont geblieben sein, vielleicht lange Zeit hindurch, bis endlich auch sie den heran- brausenden Fluten zum Opfer fielen und verschüttet wurden. Wie lange der Wald bestanden, wissen wir nicht; das aber wissen wir, dafs das aus den älteren Zeiten des Waldes stammende Harz sich in physikalischer Beziehung mehr verändert haben mufs, als das aus jüngeren Zeiten hervorgegangene; denn die in dem Waldboden stattgehabten terrestrischen und die atmosphärischen Einwirkungen können nicht ohne grolsen Einflufs auf die in ihm lagernden Harze geblieben sein. Es erklären sich hierdurch manche Veränderungen, welche das Harz durchgemacht hat. Zu diesen frühzeitig statt- gefundenen Einwirkungen treten dann noch die späteren in der gemeinsamen sekundären Lagerstätte, welche den Bernstein nicht allein physikalisch sondern auch chemisch veränderten.

Zu den chemischen Einwirkungen rechne ich namentlich die durch schwefelvitriolhaltige und andere stark zersetzend wirkende Wässer,

Ebenfalls von wesentlichem Einflusse auf die Beschaffenheit des Harzes waren ohne Zweifel Temperatur und Jahreszeit, während welcher das Harz ausflofs und erhärtete, ferner seine Herkunft aus den verschiedenen Teilen des Baumes, selbst krankhafte Erschei- nungen, und andere lokale Einflüsse, wie sie Conwentz in seiner Monographie der Bernsteinbäume treffend beschrieben hat. Doch können alle diese Einwirkungen und Einflüsse meiner Ansicht nach nicht so verschiedenartige Produkte erzeugt haben, wie sie heute u. a. zwischen Succinit und Gedanit bestehen. Auch der mürbe Suceinit unterscheidet sich nicht unwesentlich von dem eigentlichen Suceinit. Man geht deshalb nicht fehl, wenn man annimmt, dafs verschiedene, wenn auch nahe verwandte Pflanzen einst den Bern- stein erzeugten. Sie wuchsen nebeneinander oder getrennt in einzelnen Beständen auf einem gemeinsamen Landstriche. Vorwiegend befand sich darin die eigentliche, den Suceinit erzeugende Coniferenart, dann in kleineren Beständen andere harzführende Bäume, welche unter anderem den Gedanit hervorbrachten.

Alle Forscher, welche sich mit der mikroskopischen Unter- suchung der im Bernstein vorhandenen Pflanzenreste beschäftigten,

193 OÖ. Helm : Ueber Gedanit, Suceinit etc.

teilen auch die Ansicht, dafs der in den Ostseeländern vorkommende Bernstein nicht das Produkt einer einzigen Stammpflanze ist, sondern dafs mehrere dabei beteiligt waren. Von Botanikern sprach zuerst G. H. Berendt (Organische Reste im Bernstein von Goeppert und Berendt, 1845, 1. Band, 1. Abt., S. 28) die Ansicht aus, dafs noch andere Abietineen, als die von ihm aus den Holzresten beschriebene Prnites succinifer Goepp. u. Berendt an der Produktion des Bernsteins teilnahmen. Er schlofs solches namentlich aus dem Umstande, dafs vier verschiedene Blätter von Nadelhölzern, im Bern- stein eingeschlossen, gefunden wurden.

H. R. Goeppert (Die Flora des Bernsteins, Danzig 1883) erkennt unter den im Bernstein vorkommenden Holzpartikeln fünf verschiedene Arten von Abietineen und eine Taxacee, welche Ge- wächse nach seiner Ansicht den Bernstein erzeugten. Von ihnen beschreibt er als die beiden bemerkenswertesten die Pinites succinifer und siroboides. H. Conwentz (Monographie der baltischen Bern- steinbäume, Danzig 1890, S. 15) kann diese Ansicht Goepperts nicht aufrecht erhalten; er konnte in diesen verschiedenen Holzresten nur eine zu den Abietineen gehörige Art anerkennen, welche er Pinus succinifera nennt und als die Stammpflanze des Suceinits im engeren Sinne des Wortes bezeichnet. Doch giebt er die Möglich- keit zu (ebendas. S. 61), dafs noch andere Baumarten als die be- zeichnete darunter vertreten sein können; er giebt ferner zu, dafs die neben dem Suceinit vorkommenden Harze, so der Gedanit, ihren Ursprung von anderen Pflanzenspecies ableiten. Im Gedanit fand er wohl kleine Holz- und Rindensplitter. jedoch konnte er daraus keine Präparate gewinnen, welche eine genaue Bestimmung der Stamm- pflanze ermöglicht hätten.

Auch andere Sachverständige auf dem Gebiete der Kenntnis alter Pflanzen teilen die Ansicht der vorgenannten Forscher. Meine chemischen Untersuchungen weisen noch entschiedener darauf hin, dafs der Bernstein der Ostseeländer nicht von einer Baumart er- zeugt wurde, sondern dafs, wenn auch in beschränktem Malse, andere Pflanzen daran beteiligt waren, dafs namentlich die Stamm- pflanze des Gedanits eine von Pinus succinifera Conwentz’ ver- schiedene gewesen sein mufs. Leiten doch auch unsere heutigen Coniferenharze ihren Ursprung nicht von einer Art ab, sondern von

C. Boettinger: Zur Kenntnis der Glyoxylsäure. 199

verschiedenen Arten dieser grolsen Familie. Diese recenten Harze aber unterscheiden sich chemisch und physikalisch nicht mehr von einander, als die verschiedenen Sorten von Bernstein.

Dafs die im Eingange dieser Abhandlung erwähnten fremd- artigen fossilen Harze, Glessit, Stantienit, Beckerit und Kranzit, welche neben dem Succinit gefunden werden, und welche schon äulserlich von letzterem völlig verschieden sind, von anderen Pflanzen staramen als der Succinit, unterliegt keinem Zweifel.

Zur Kenntnis der Glyoxylsäure. V. Abteilung. Kondensation mit Amidosäuren.

Von Dr. Carl Boettinger. (Eingegangen den 27. III. 1895.)

In meiner Abhandlung, Beitrag zur Kenntnis der Brenztrauben- säure, Annalen der Chemie 188 Band, Seite 344, habe ich unter anderem ein Kondensationsprodukt der Brenztraubensäure mit Anthranilsäure, welche von mir aus Indigo dargestellt worden war, Ber. d. d. chem. Gesellschaft 1877, 269, beschrieben. Obwohl die analytische Untersuchung der nach einer etwas gewaltsamen Me- thode dargestellten Substanz, Werte ergab, welche nicht gut mit der Formel C,, Hg NO, übereinstimmen, unterliegt es doch, wie auch die Ergebnisse der Analyse des Barytsalzes zeigen, keinem Zweifel, dafs der beschriebene Körper im wesentlichen aus der Säure

GH, -N=C<coöH

| COOH

bestand, deren Zersetzlichkeit in der erwähnten Abhandlung ja auch hervorgehoben worden ist. Nur ist dieselbe vor der Analyse nicht, wie darin infolge eines Druckfehlers zu lesen ist, bei 135°, sondern bei 105° getrocknet worden.

Das Studium des Kondensationsvorgangs der Glyoxylsäure mit den drei Amidobenzoesäuren hat nun thatsächlich ergeben, da/s die vorsichtig geleitete Reaktion der Hauptsache nach gemäls der Gleichung verläuft:

200 C. Boettinger: Zur Kenntnis der Glyoxylsäure.

0,H,0,;,+(, Bea = 0 a +BH,0, COOH dafs aber neben den Dikarbonsäuren selbst, Salze derselben ent- stehen. Meine in der oben erwähnten Abhandlung veröffentlichten Resultate lassen es als fast gewils ansehen, dafs das Kondensations- produkt der Brenztraubensäure mit der Anthranilsäure auch ein Anthranilsäuresalz enthält.

Die drei Amidobenzoesäuren werden von Glyoxylsäure nicht mit der gleichen Energie angegriffen. Uebergiefst man z. B. Meta- amidobenzoesäure mit Glyoxylsäure von 1,32 spez. Gewicht, so er- folgt schon bei gewöhnlicher Temperatur eine mit beträchtlicher Kohlensäureentwickelung begleitete sehr lebhafte Reaktion, welche durch Beigabe von Alkohol in den Schranken gehalten werden muls. Wird die alkoholische Lösung der beiden Substanzen auch nur eine Stunde auf dem Wasserbade gekocht, so erhält man zwar Konden- sationsprodukte, welche aber nur zu einem sehr kleinen Teil aus der gewünschten Säure bestehen. Es sind vielmehr nicht mit den schönsten physikalischen Eigenschaften ausgestattete Abkömmlinge derselben, welche daher durch längeres Kochen der schwach alkalischen Lösung in die Säure zurückverwandelt werden können. Da nun während des Kochens jener alkoholischen Mischung an- dauernd Kohlensäure entweicht, verringert sich die Ausbeute an Kondensationsprodukten nicht unerheblich.

Glykokoll. Bis zu einem gewissen Grade läfst sich das Verhalten der Metaamidobenzoesäure gegen Glyoxylsäure vergleichen mit der Reaktion dieser Säure auf Glykokoll, welches gemäfs den Angaben von Curtius erst bei 235° unter starkem Aufschäumen schmilzt und aus einer mit Aether versetzten Lösung in wasser- haltigem Alkohol in zolllangen seideglänzenden Nadeln krystallisiert. Das Glykokoll löst sich in Glyoxylsäure von 1,32 spez. Ge- wicht schon bei gewöhnlicher Temperatur ohne alle Erhitzung sehr l:icht auf. Die Lösung färbt sich allmählich intensiv gelb. Sie scheidet auch bei langem Stehen an der freien Luft nichts ab, sondern wird nur dicker und zähflüssiger. Bei gelindem Erwärmen, z. B. wenn sie in die Sonne gestellt wird, entwickelt sie unter starkem Schäumen Kohlensäure. In noch ausgiebigerer Weise wird das (ras entbunden, wenn die Mischung einen Augenblick der Wärme

C. Boettinger: Zur Kenntnis der Glyoxylsäure. 201

des kochenden Wasserbades ausgesetzt wird. Dabei bläht sich die- selbe stark auf. Die Gasentwickelung wird nur gemälsigt, jedoch keineswegs ganz aufgehoben beim Abkühlen und nach Zusatz von kaltem Wasser. Dabei übersättigt sich die ruhig stehende, klare, gelbe Flüssigkeit mit dem Gas. Darum schäumt sie anhaltend beim Umrühren mit dem Glasstab unter Abgabe von Kohlensäure. Der Zersetzung fällt im wesentlichen die Glyoxylsäure anheim, denn es läfst sich aus der Lösung ohne weiteres durch geeignete Behandlung mit Alkohol und Aether ein erheblicher Teil des Glykokolls wieder- gewinnen. In der Lösung ist wahrscheinlich eine salzartige Ver- bindung des Glykokolls mit der Glyoxylsäure enthalten, denn sie giebt auf Zusatz von essigsaurem Blei einen weilsen, in Wasser und verdünnter Essigsäure nicht, in Ammoniak und Alkali leicht lös- lichen, stickstoffhaltigen Niederschlag, welcher sich beim Erhitzen auf 100° schwach gelb färbt und dann 55,4 Proz. Blei enthält. Der Niederschlag wird auch von Bleiacetatlösung aufgenommen. Es findet sich darum in dem von ihm getrennten Filtrat nicht allein Glykokoll, welches nach dem Entbleien mit Schwefelwasserstoff, Ver- dampfen der Lösung und Extrahieren des Rückstands mit heilsem Alkohol gewonnen werden kann, sondern auch eine Substanz vor, welche im Exsikkator zu einem Firnis austrocknet, in Wasser zer- fliefst, in absolutem Alkohol ganz unlöslich ist und wie die ursprüng- liche Mischung ein weilses, in Wasser schwer lösliches Bleisalz bildet.

Der vorhin erwähnte, in Wasser suspendierte Niederschlag wurde mit Schwefelwasserstoff zerlegt, die aufgekochte Lösung vom Schwefelblei getrennt und verdunstet. Beim Behandeln des Rück- stands mit Alkohol blieb ein unlöslicher Stoff, der beim Verreiben mit absolutem Alkohol zwar pulverig und filtrierbar wurde, aber so hygroskopisch war, dafs von seiner Untersuchung Abstand ge- nommen wurde. Der nach dem Verdunsten des alkoholischen Aus- zugs bleibende Rückstand lieferte beim Behandeln mit Phenylhydrazin und Essigsäure noch das Phenylhydrazon der Glyoxylsäure.

Dafs das Glykokollsalz der Glyoxylsäure ein stickstoffhaltiges Bleisalz liefert, kann nicht befremden, denn das aus der mit Ammoniak neutralisierten Glyoxylsäurelösung abgeschiedene Bleisalz ist auch ammoniakhaltig.

202 C. Boettinger: Zur Kenntnis der Glyoxylsäure.

Eine bei weitem bessere Ausbeute an Kondensationsprodukt wie die Metaamidobenzoesäure gewähren die Orthoamidobenzoesäure und die Paraamidobenzoesäure. Dabei schadet auch einstündiges schwaches Kochen der alkoholischen Lösung der Komponenten nicht besonders. Die aus diesen Isomeren hervorgehenden Derivate stehen sich auch in der äufseren Beschaffenheit näher. Doch ist der Ab- kömmling der Anthranilsäure die interessantere Substanz, denn sie wird, wie durch mälsiges Erhitzen, so auch schon durch direktes Sonnenlicht in der Färbung beeinflulst, was bei dem strohfarbenen Paraderivat nicht der Fall ist. Die Erstere hat einige Aehnlichkeit mit der von J. Mauthner und W. Suida in den Monatsheften für Chemie 9, 727, beschriebenen, aus Monochloressigsäure und Anthranil- säure dargestellten Säure COOH C, H, NH CH,.COOH, welche ein gelbes, bei 207° unter Schäumen schmelzendes Krystallpulver darstellt. Jedoch ist diese Säure durch ihre Löslichkeit in Aether scharf unterschieden von meinem Körper.

Die zu meinen Versuchen verwendete Anthranilsäure wurde von mir teils aus Indigo dargestellt, teils gekauft. Die aus Indigo bereitete Säure ist schwach gelb gefärbt, ihre alkoholiche Lösung Huoresziert etwas stärker blau wie die Lösung der käuflichen Säure. Die beiden Substanzen haben aber den gleichen Schmelzpunkt. Die oxalsaure Anthranilsäure ist in heilsem Alkohol verhältnismäfsig leicht löslich. Sie unterscheidet sich in dieser Eigenschaft von den in Alkohol sehr schwer löslichen Oxalaten der Paraamidobenzoesäure und Metaamidobenzoesäure. Das sehr allmählich abgeschiedene Anthranilsäureoxalat bildet derbe, harte, geschichtete Krystalle, welche erst oberhalb 270° schmelzen.

Paraamidobenzoesäureoxalat. Die Paraamido- benzoesäure ist aufser durch den sehr schönen Niederschlag von der Zusammensetzung

0,H,0,

C,H,NO, welchen Bleiacetat in ihrer Lösung erzeugt, leicht auch durch das Öxalat zu charakterisieren. Zu seiner Darstellung wurden beispiels- weise 0,5 g Paraamidobenzoesäure in vier ccm kochendem Alkohol gelöst und die Flüssigkeit mit einer Auflösung von 0,4 g krystalli- sierter Oxalsäure in I—2 ccm heifsem Alkohol versetzt. Schon bei

_ Pb,

C. Boettinger: Zur Kenntnis der Glyoxylsäure. 203

mälsigem Abkühlen fallen aus der erkaltenden Flüssigkeit breite Nadeln aus, deren Menge so rasch zunimmt, dafs das Ganze zu einem dicken Krystallbrei erstarrt. Derselbe wurde auf dem Saug- filter abgesaugt und mit etwas kaltem absolutem Alkohol nachge- waschen. Das trockne Salz schmilzt noch nicht bei 260°. Es besitzt die Zusammensetzung (C, H, NO,), C, H, O,, wie die Bestimmung der Öxalsäure ergab. Zur Analyse wurde das exsikkatortrockne Salz mit Wasser und etwas Ammoniak übergossen, die Flüssigkeit bis zur Auflösung des Salzes auf dem Wasserbade erwärmt, dann mit Chlorcaleium und so viel Essigsäure versetzt, dals die Flüssigkeit ganz schwach sauer reagierte. Nach längerem Stehen in mäfsiger Wärme wurde das abgeschiedene Calciumoxalat auf einem Filter gesammelt, ausgewaschen, getrocknet und geglüht.

0,3247 g exsikkatortrocknes Salz lieferten 0,0509 g Kalk ent- sprechend 25,14 Proz. Oxalsäure. Die Formel (CO, H, NO3), C, Hy O, ver- langt 24,72 Proz. Oxalsäure.

Metaamidobenzoesäureoxalat. Noch vielschwerer löslich in Alkohol wie das eben beschriebene Salz ist das Oxalat der Metaamidobenzoesäure. Dasselbe fällt sofort als weilses krystal- linisches Pulver aus, wenn die alkoholischen Lösungen von einem Teil Metaamidobenzoesäure und 0,8 Teilen krystallisierter Oxalsäure mit einander vermischt werden. Das sich oberhalb 2900 schwärzende, aber erst in höherer Temperatur schmelzende, ein gelbes Destillat liefernde Salz besitzt, der Analyse zufolge, welche in der vor- hin beschriebenen Weise ausgeführt wurde, die Zusammensetzung (0, H, NO,), 0, H, O,.

0,1955 g exsikkatortrocknes Salz lieferten 0,0304 g Kalk, ent-

sprechend 24,99 Proz. Oxalsäure, während die angegebene Formel 24,72 Proz. Oxalsäure verlangt.

I, Glyoxylsäure und Anthranilsäure.

Obwohl die beiden Säuren schon in kalter alkoholischer Lösung kondensierend aufeinander einwirken und eine intensiv gelb gefärbte Flüssigkeit bilden, verläuft die gewünschte Reaktion doch besser, wenn die Lösung im Wasserbade gelinde gekocht wird. Dabei stellt sich allerdings eine schwache Entwickelung von Kohlensäure ein. Auf 5,6 g Anthranilsäure wurden 4 ccm Glyoxylsäure von 1,32 spezifischem Gewicht und 60 cem absoluter Alkohol angewendet

204 C. Boettinger: Zur Kenntnis der Glyoxylsäure.

und eine Stunde auf dem Wasserbade am Rückflufsrohre er- wärmt. Dann wurde die intensiv gelb gefärbte Flüssigkeit in eine Porzellanschale verbracht und auf dem Wasserbade verdampft. Es hinterblieb eine dicke, zähflüssige Masse, welche mit Wasser angerührt wurde. Hierdurch schied sich ein gelber Klumpen ab, welcher bei längerem Kneten unter Wasser in ein gelbes Pulver zerfiel. Dasselbe wurde abfiltriert, in Wasser suspendiert und so lange mit Aether durchgeschüttelt bis sich dieser kaum mehr färbte. Durch diese Operation verwandelte es sich in eine dickflüssige Masse, welche in Ammoniak gelöst wurde. Die Lösung wurde einige Zeit auf dem Wasserbade erwärmt und darauf mit einem kleinen Ueberschufs von Salzsäure gefällt. Die herausgefallenen körnigen Flocken wurden auf dem Filter gesammelt und mit kaltem Wasser ausgewaschen. Nach dem Trocknen wurde die Substanz, welche nunmehr beim Uebergiefsen mit Aether ihre pulverige Form bei- behält und nichts an denselben abgiebt, zur weiteren Reinigung in Eisessig gelöst. Nachdem aus dieser Lösung durch Zusatz von etwas Aether Flocken abgeschieden und durch Filtrieren beseitigt waren, wurde, da die Eisessiglösung beim Austrocknen nur Schuppen hinterläfst, der Aether verdampft und darauf das Kondensations- produkt durch Wasserzusatz ausgefällt.

Eine weitere Menge desselben Körpers läfst sich aus dem vor- hin erwähnten gelben ätherischen Auszug gewinnen, wenn der Rück- stand desselben längere Zeit mit etwas wässriger Salzsäure ver- rieben, dann Wasser zugefügt und filtriert wird. Die auf dem Filter gesammelte Substanz mu[s nach dem Trocknen nochmals mit Aether extrahiert werden zur Beseitigung einer der Menge nach un- beträchlichen Beimengung. Das Unlösliche wird dann in wässrigem Ammoniak aufgenommen und die Lösung längere Zeit auf dem Wasserbade erwärmt. Hernach wird die durch Salzsäure aus dieser Lösung abgeschiedene organische Säure mit Eisessig aufgenommen und durch Wasserzusatz wieder abgeschieden.

Das Kondensationsprodukt der Anthranilsäure bildet im trocknen Zustand ein sattgelbes krystaliinisches Pulver, welches erst weit über 260° schmilzt. Wie in Eisessig löst es sich leicht in konzentrierten Mineralsäuren und auch in Alkohol. Dagegen ist esin Benzol und Aethyläther ganz unlöslich. Wird es auf 100° erhitzt,

C. Boettinger: Zur Kenntnis der Glyoxylsäure. 205

so nehmen die oberflächlichen Schichten eine tiefere aber trübere Färbung an. Auch wenn man die auf Papier lagernde Substanz dem Sonnenlicht aussetzt, nehmen die oberflächlichen Schichten einen satten, körperhaften, ins Grüne hinüberziehenden Ton an, der deutlich erkennen lälst, dafs bei der Sonnenbestrahlung nicht allein Wärme- sondern auch chemische Schwingungen wirksam werden.

Das Kondensationsprodukt ist eine ziemlich starke Säure, leicht löslich in Ammoniak und unter Austreiben von Kohlensäure in kalter verdünnter wässriger Soda. Aus diesen Lösungen wird es von Salzsäure wieder abgeschieden. Da es selbst in Salzsäure löslich ist, mufs ein stärkerer Ueberschufs derselben bei der Ausfällung vermieden werden. Die Färbung der Abscheidung ist verschieden, je nachdem diese im Dunklen oder im direkten Sonnenlicht erfolgt, Im letzteren Fall wird ein sattgelbes, in wässriger Suspension eine lebhaft grüne Fluorescenz entwickelndes, im ersteren Falle ein lichtergelbes Pulver gewonnen. Die gelbe alkalische Lösung wird beim Kochen mit Zinkstaub nicht entfärbt und das Kondensationsprodukt nicht verändert. Dieses wird von der wässrigen Lösung von Natrium- nitrit aufgenommen und es entsteht eine, insbesondere in der Wärme intensiv gelbrote Lösung, aus welcher Salzsäure voluminöse rotgelbe Flocken abscheidet, welche aber nichts anderes sind, wie die an- gewendete Substanz. Dieselbe bildet mit kalter rauchender Schwefel- säure eine rotgelbe Lösung, welche die Färbung lange beibehält. Beim Schmelzen mit Aetzkali entsteht kein Indigo.

Nach dem Ergebnis der Analyse besitzt das Kondensations- produkt die Zusammensetzung C, H, NO,.

0,1921 g Substanz lieferten 0,3933 g Kohlensäure und 0,0720 g Wasser.

Berechnet: Gefunden: C,H,NO, C = 55,96 Proz. 59,83 Proz. I an e 216

Die ammoniakalische Lösung des Kondensationsproduktes giebt auf Zusatz von Chlorbaryum einen Niederschlag. Dasselbe löst sich auch schwer in Barytwasser, leicht dagegen in überschüsssigem Ammoniak zu einer verhältnismäfsig schwach gelb gefärbten Flüssig- keit. Wird diese aber auf dem Wasserbade verdampft. so ver- flüchtigt sich aus der allmählich intensiv gelb werdenden Flüssigkeit

206 C. Boettinger: Zur Kenntnis der Glyoxylsäure.

auch gebundenes Ammoniak und es stellt sich stark saure Reaktion ein. Auf Zusatz von salpetersaurem Silber zu der sauren Lösung entsteht eine lichtempfindliche, tief gelb gefärbte Fällung, welche nach dem Trocknen und Glühen weniger Silber hinterläfst wie das normale Salz verlangt. Bei diesem Glühen entweichen aber neben anderen prachtvoll gelb gefärbte Dämpfe, welche man nicht wahr- nimmt, wenn das Silbersalz abgeschieden wurde aus der mit Am- moniak so weit versetzten Lösung, dafs Curcumapapier eben ge- bräunt wird.

A. Aus der sauer gewordenen Lösung abgeschiedenes Silbersalz.

0,2626 g Substanz lieferten 0,1239 g Silber oder 47,18 Proz. Silber.

B. Aus der ganz schwach alkalischen Lösung abgeschiedene Silbersalze.

1. 0,1957 g Substanz lieferten 0,1035 g Silber oder 52,33 Proz.

Silber. 2. 0,196 g Substanz lieferten 0,1040 g Silber oder 53,06 Proz. Silber. Berechnet: Gefunden: C,H,Ag,NO, B, B, Nor 53.07 52,88 Proz. 53,06 Proz.

U. Glyoxylsäure und Paraamidobenzoesäure.

5,6 & Paraamidobenzoesäure wurden mit 50 ccm absolutem Alkohol übergossen und 4 ccm Glyoxylsäure von 1,32 spez. Gewicht zugesetzt, welche die Auflösung jener Säure in dem Alkohol wesent- lich beschleunigt. Danach wurde eine Stunde auf dem gelinde siedenden Wasserbade am Rückflulsrohre erwärmt. Dasselbe war in geeigneter Weise mit einem U-röhrchen verbunden, welches Baryt- wasser enthielt, somit die stattfindende schwache Kohlensäureent- wickelung erkennen liels.

Nach Ablauf der angegebenen Zeit wurde die Lösung in eine Porzellanschale gegossen und verdampft. Es hinterblieb eine dicke gelbe Flüssigkeit, welche beim Anrühren mit Wasser eine hellrot- braune etwas klebrige Masse abschied, die sich aber nach einigem Kneten unter Wasser in ein filtrierbares gelbes Pulver verwandelt. Dasselbe wurde nach dem Trocknen zunächst mit Aether extrahiert, daun in Ammoniak gelöst. Nachdem diese Lösung unter Ersatz des verdunstenden Wassers und entweichenden Ammoniaks einige Zeit auf dem Wasserbade erwärmt worden war, wurde das Konden-

C. Boettinger: Zur Kenntnis der Glyoxylsäure 207

sationsprodukt durch Zusatz von Salzsäure abgeschieden, abfiltriert und ausgewaschen. Wegen der Löslichkeit des ersteren in der Salzsäure darf bei der Fällung kein zu grolser Ueberschufs von dieser genommen werden. Die lufttrockene Substanz wurde alsdann in Eisessig gelöst. Auf Zusatz von etwas Aether zu dieser Lösung wurde eine Verunreinigung niedergeschlagen, welche durch Filtrieren beseitigt wurde. Dann wurde der Aether verdampft und das Kon- densationsprodukt durch Wasserzusatz aus der Eisessiglösung nieder- geschlagen. Dasselbe bildet nach dem Trocknen ein hellstrohgelbes Pulver, welches seine Färbung weder beim Erwärmen auf 100°, noch bei Bestrahlung durch direktes Sonnenlicht ändert. Es besitzt saure Eigenschaften, ist demnach leicht löslich in wässrigem Am- moniak und unter Austreiben von Kohlensäure in verdünnter Soda- lösung. Die alkalischen Lösungen sind gelb gefärbt, besitzen aber im konzentrierten Zustand lange nicht die satte Färbung der ent- sprechenden Lösungen des Orthoderivats. Die Paraverbindung löst sich kaum in Wasser, Aether oder Benzol, leicht in Alkohol, Eis- essig und konzentrierten Mineralsäuren. Die Lösung in rauchender Schwefelsäure ist anfangs hellgelb gefärbt, verblalst aber beim Er- wärmen oder längerem Stehen an der Luft. Das Kondensations- produkt wird von einer wässrigen Lösung von Natriumnitrit mit gelber Farbe aufgenommen. Diese Lösung färbt sich zwar beim Er- wärmen rotgelb, scheidet aber beim folgenden Ansäuern mit Salz- säure die organische Säure unverändert in Form hellgelber Flocken ab. Die Paraverbindung löst sich leicht in Barytwasser. Die am- moniakalische Lösung derselben giebt beim Eindampfen auf dem Wasserbade gebundenes Ammoniak ab und reagiert dann sauer. Wie bei der Orthoverbindung ist auch diese saure Lösung intensiver gelb gefärbt, wie die mit Ammoniak übersättigte. Sie giebt mit Silber- salpeter einen gelben Niederschlag, welcher nach dem Trocknen weniger Silber enthält, wie dem normalen Salz entspricht, dafür aber die Eigenschaft besitzt, beim Glühen neben anderen gelb gefärbte Dämpfe auszugeben. Die Erscheinung "erinnert" an das Verhalten . ‚der entsprechenden Orthoverbindung, istaber bei weitem nicht so brillant. Die Paraverbindung beginnt von 226° ab zusammenzubacken

und steigt alsdann im Schmelzröhrchen. Sie besitzt die Zusammen- setzung C, H, NO,.

208 C. Boettinger: Zur Kenntnis der Glyoxylsäure.

0,2393 g Substanz lieferten 0,4888 g Kohlensäure und 0,0925 g Wasser.

Berechnet: Gefunden: C 55,96 Proz. 55,71 Proz. 154 Su rplagrs 4,29 »

Das Silbersalz des Parakörpers wurde durch Versetzen der gegen ÖCurcumapapier schwach ammoniakalisch reagierenden Lösung mit salpetersaurem Silber in Form eines gelben, flockigen, in Am- moniak löslichen Niederschlags gewonnen, welcher nach dem Trocknen verglüht wurde.

0,2502 g Silbersalz lieferten 0,1319 g Silber.

Berechnet für C,H, Ag, NO, Gefunden : Ag = 53,07 Proz. 52,72 Proz.

II. Glyoxylsäure und Metaamidobenzoesäure.

Zur Darstellung des Kondensationsproduktes wurden 4,5 g Metaamidobenzoesäure mit 3,5 ccm. Glyoxylsäure von 1,32 spez. Gew. übergossen. Da aus der sich schnell verflüssigenden und gelb werdenden Mischung ziemlich reichlich Kohlensäure entweicht, wurde Alkohol zugesetzt und über Nacht bei gewöhnlicher Temperatur stehen gelassen. Danach wurde die gelbe Flüssigkeit von der kleinen Menge oxalsaurer Metaamidobenzoesäure, welche sich abge- schieden hatte, abfiltriert und rasch auf dem Wasserbade verdampft. Der dicke gelbe Rückstand wurde mit Wasser verrührt und so eine Substanz in halbflüssiger Form abgeschieden, welche sich nach einigem Durcharbeiten mit Wasser in ein filtrierbares Pulver um- wandelte. Dasselbe wurde in Ammoniak aufgelöst und die Lösung längere Zeit hindurch unter Ersatz des verdunstenden Wassers und Ammoniaks auf dem Wasserbade erwärmt, um salzartig gebundene Metaamidobenzoesäure abzuspalten, hernach mit etwas überschüssiger Salzsäure versetzt. Das in Form eines gelben, flockigen Pulvers ab- geschiedene Kondensationsprodukt wurde abfiltriert, mit Wasser ausgewaschen und getrocknet. Die weitere Reinigung der Säure erfolgte in der bei den Isomeren angegebenen Weise. Sie ist in Wasser, Aether, Benzol so gut wie unlöslich. Dagegen löst sie sich leicht in Alkohol und Eisessig, sehr leicht in wässrigem Ammoniak, in Sodalösung, sowie in einer verdünnten wässrigen Lösung von salpetrigsaurem Natron. Sie löst sich auch leicht in konzentrierten Mineralsäuren. Die Lösung in rauchender Schwefelsäure ist gelb

A. Baur: Ueber Opoponax. 209

gefärbt und behält diese Färbung lange Zeit bei. Die Säure backt beim Erhitzen im Schmelzröhrchen von 215 0 ab zusammen und steist in die Höhe. Ihre Verbrennung führte zu Werten, welche der Formel C, H, NO, entsprechen.

0,2326 Substanz lieferten 0,4791 g Kohlensäure und 0,0854 g Wasser.

Berechnet: Gefunden: C,H,NO, C = 55,96 Proz. 56.17 Proz. H= 368 408

Die Netasäure ist in Barytwasser leicht löslich. Ihre am- moniakalische Lösung wird beim Verdampfen auf dem Wasserbade unter Verlust von Ammoniak sauer. Die Lösung giebt beim Ver- setzen mit Silbersalpeter einen gelben Niederschlag, welcher unähn- lich den Silberverbindungen der isomeren Säuren, beim Erhitzen unter starkem Aufblähen schmilzt. Dabei entweichen keine gelben Dämpfe. Aber sowohl die aus der sauren Lösung, wie auch die aus der mit Ammoniak gerade übersättigten Lösung durch Versetzen mit Höllensteinlösung abgeschiedenen, in der Hitze ebenfalls unter starkem Aufblähen schmelzenden, silberreicheren Salze hinterlassen beim Glühen weniger Silber wie der Formel des normalen Salzes entspricht. Es dürfte also zwecklos sein, wenn ich den Silbergehalt von vier Salzen verschiedener Darstellung hier anführen wollte.

Darmstadt, 25. März 1895.

Chemisch-Technisches Laboratorium (Privat).

Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institute der Universität Bern.

Untersuchungen über die Sekrete. Mitgeteilt von A. Tschirch.

12. Ueber das Burseraceen-Opoponax. Von A. Baur. (Eingegangen am 27. März 1895.)

Einleitung. Ueber die Herkunft des schon im Altertum hochgeschätzten Opoponax - Gummiharzes haben von jeher ebenso verschiedene An- sichten bestanden, wie über die Stammpflanze desselben. Gewöhnlich

nahm man an, dals dasselbe von einer perennierenden persischen Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bd. 3. Heft. 14

210 A. Baur: DVeber Opoponax.

Umbellifere stamme und den aus der Wurzel, sei es freiwillig oder nach Anschneiden, ausflie[senden, an der Luft erhärteten Milchsaft vorstellt. Als Namen der Stammpflanze finden sich: Opopanax Chi- ronium Koch, Ferula opopanax L., Laserpitium Chironium L., Pastinaca Opopanax etc. BeiTheophrast heilst die Pflanze MTavazes Xeıpoviov, bei Dioscorides Wuvaxes n„odzAsıov. Dals das Opoponax schon im Altertum als Medikament eine hohe Bedeutung erlangt hatte, beweist die Zusammensetzung seines Namens aus önos Saft, r&v alles und @xos Heilmittel.

Was die chemischen Untersuchungen des Opoponaxgummiharzes anbelangt, so stellte Johnston!) daraus ein rotgelbes, bei 500 schmelzendes, in Aether und Alkohol leichı lösliches Harz dar, das von Alkalien mit roter Farbe gelöst und von Säuren wieder in gelben Flocken gefällt wurde.

Verschiedene Proben dieses Harzes hat er, nachdem er sie jeweilen einige Stunden aut mehr oder weniger hohe Temperaturen erhitzt hatte, zur Verbrennung gebracht und hierbei ziemlich überein- stimmende Resultate erhalten, woraus er für das Harz die Formel Co Ha; O,, berechnete.

Pelletier?) machte eine quantitative Untersuchung der Droge und fand, dafs dieselbe bestand aus: Harz 42, Wachs 0,3 Proz., Spuren von Kautschuk, Gummi 33,4, Stärke 4,2, Apfelsäure 2,8, bittere Extraktiv- stoffe 1,6, holzige Beimengungen 9,8, äther. Oel, Wasser und Verlust 5,9 Proz.

Hlasiwetz und Barth?) führten die Kalischmelze aus und fanden, dals dabei Protocatechusäure und etwas Brenzcatechin entstehen.

Vigiert) untersuchte das ätherische Oel, von dem er im Mittel etwa 3,25 Proz. erhielt. Es besitzt eine hellgelbe Farbe, geht bei der Destillation zum gröfsten Teil gegen 250° über, dann steigt das Thermometer rasch auf 320°, wobei ein schön smaragdgrün gefärbtes Oel übergeht. Das bei 250° destillierende ist farblos, flüssig, ohne Wirkung auf das polarisierte Licht, vom spez. Gew. 0,974 bei 16%. Es enthält 81—81,4 Proz. Kohlenstoff und 11,1—11,3 Proz. Wasserstoff und färbt sich mit Eisenchlorür grün. Schwefelsäure, Brom und Salpeter- säure verharzen es.

Przeciszewsky?°) löste das ursprüngliche Gummiharz in Aether und schüttelte mit Alkali, wobei er zwei wesentliche An- teile erhielt: einerseits ein sogenanntes indifferentes Harz

1) Johnston, Phil.Mag. 1840 p. 147, 352. J. pr. Chem. [1] 26. S. 145. 2) Ann. chim. [1] 80 p. 38; Schweigg. J. 5. S. 245.

3) Ann. Chem 139. S. 81.

4) Vigier, These de l’&cole de Pharm. Paris 1869.

5) Dissert. Dorpat 186i.

A. Baur: Ueber Opoponax. 211

neben dem üätherischn Oel und auf der anderen Seite ein sogenanntes saures Harz. Aus dem vom Aether befreiten ersten Anteil, der zähflüssig war, erhielt er beim längeren Stehen spärliche Krystalle, die jedoch nicht weiter untersucht wurden. Das Oel trennte er durch Destillation im Oelbad ab und gelangte so eben- falls zu einem grünen Anteil. Hierbei war mit Bleipapier Schwefel- wasserstoff nachzuweisen, jedoch bekam er nachher mit dem ab- getrennten Oel keine Reaktion auf Schwefel mehr, wohl aber mit dem Harz bei der trockenen Destillation, auch bei der Oxydation mit Salpetersäure. Das sogenannte saure Harz gab, in Alkali gelöst, mit Chlorammonium einen in Wasser löslichen Niederschlag, der ebenfalls nicht päher untersucht wurde. Beim Fällen der alkalischer Lösung mit Salzsäure entwickelte sich der Geruch nach einer flüchtigen organischen Säure. Bei der trockenen Destillation gab auch dieses Harz Schwefelreaktionen, nicht aber bei der Oxydation mit Salpeter- säure. Verfasser nahm somit an, dals zwar das Oel nicht schwefel- haltig sei, wohl aber die beiden von ihm dargestellten Harze. Ich will gleich hier bemerken, dals mir dies unwahrscheinlich vorkommt, und dals jedenfalls die mit den Harzen erhaltenen Schwefelreaktionen noch darin enthaltenem Oel zuzuschreiben sind, ebenso wie der Geruch nach einer Fettsäure jedenfalls von der Verseifung eines Esters des Oeles durch das angewandte Alkali herrühren dürfte, da bei den bis dahin im pharmaceutischen Institut untersuchten persischen Umbelli- ferenharzen schwefelfreie Harze, dagegen schwefelhaltige Oele ge- funden worden sind und letztere beim Behandeln mit Kali Fettsäuren geliefert haben. Das Gummi hat Przeciszewsky nicht näher untersucht, dagegen hat er einige Versuche mit den Harzen in chemisch-physiologischer Hinsicht gemacht.

Sommer!) hat bei seinen Untersuchungen über das Vorkommen des Umbelliferons durch trockene Destillation des Opoponax, ohne dals blaues Oel überging, eine geringe Menge eines bei 2400 schmelzenden Körpers erhalten, der die Reaktionen des Umbelliferons zeigte, jedoch nicht zur Verbrennung gebracht wurde.

Hirschsohn?) hatneben Galbanum, Ammoniakum und Sagapen auch Opoponax untersucht und vergleichende Löslichkeitsbestimmungen verschiedener Sorten gemacht. Er fand, dafs in Petroläther 1,00 bis 2,97 Proz. Harz und 1,04—5,97 Proz. Oel gehen, in Aether 14,81 bis 38,385, in Alkohol 10,39—16,66, in Wasser 11,00—33,45 Proz. während er den Rückstand zu 16,35—57,91 und den Feuchtigkeitsgehalt zu 0,67—3,99 Proz. berechnete. Er konnte weder Schwefel noch Umbelli- feron nachweisen. Im alkoholischen Auszug fand er Zucker und einen

1) Archiv der Pharm. 1859, Bd, 148, S. 12.

2) Parm. Zeitschr. f. Rufsland, Jahrg. 14. Jahresber. d. Pharm. 1875, S. 120.

14*

212 A. Baur: Ueber Opoponax.

gallussäureähnlichen Körper. An Wasser gab das Harzgemenge eine bitter schmeckende Substanz ab und erteilte demselben saure Reaktion. Das Oel wurde mit Schwefelsäure gelb und später schwach rötlich, Salzsäure, Salpetersäure, Chlorkalk, Chloral gaben keine Farben- reaktionen.

In neuerer Zeit hat der Opoponax seine Bedeutung als Heil- mittel fast vollständig verloren, dagegen hat ein unter dem Namen Opoponax in den Handel gebrachtes Produkt eine gewisse Bedeutung dadurch erlangt, dafs das aus ihm dargestellte ätherische Oel im Gro[sen zu Parfümeriezwecken verwendet wird. Da nun äber das frühere Gummiharz, nach verschiedenen Angaben, nicht nur keinen angenehmen, sondern sogar widerlichen, an Liebstöckel und Ammoniakum erinnernden Geruch besitzen soll, so ist es nicht zu verwundern, wenn man dazu gekommen ist, das gegenwärtig im Handel befindliche, an- genehm riechende Gummiharz von einer anderen Stammpilanze her- zaleiten.

Holmes!) giebt an, dals das echte Opoponaxharz, dessen Stammpfianze übrigens noch unbekannt sei, fast ganz aus dem Handel verschwunden ist, und dafs das jetzt im Handel befindliche, aus dem das ätherische Oel destilliert wird, von Balsamodendron Kafal stammt. In den Sammlungen chinesischer Drogen .„ndet sich das Harz ge- wöhnlich unter der Bezeichnung ‚„myrrh.“ Es ist möglich, dafs es sich hier um die Myrrhe der heiligen Schrift handelt. Ich werde auf diese Ansicht von Holmes speziell im botanischen Teil meiner Arbeit zurückkommen. Bezüglich des von ihm angegebenen Namens Balsamodendron Kafal sei hier bemerkt, was Schweinfurth in seiner Mitteilung „Ueber Balsam und Myrrhe‘‘ 2, angiebt, dals noch heute das Holz von Commiphora Opobalsamum, des echten Balsambaumes, unter dem Namen „gafal“ von den arabischen Küstenländern des roten Meeres ausgeführt wird. Er ist der Ansicht, dals sich die Myrrhe der Bibel auf den Mekkabalsam bezieht.

Aus den Berichten von Schimmel & Cie.?) geht hervor, dals ihr Opoponax, das die Firma für zweifellos echt erklärt, aus Syrien geliefert wird. Das daraus gewonnene Oel hat ein spez. Gew. von 0,860 0,910 resp. 0,901. Es siedet zwischen 200 und 300%. Die Aus- beute beträgt 6,5 8,5 Proz. Der Bericht sagt ferner, dals ver- schiedene Proben eines aus Persien zugeführten Opoponaxharzes vor- gelegen haben, die in Faris und London verhältnismälsig hohe Preise erzielten. Das Parfum derselben, wenn überhaupt von einem solchen gesprochen werden kann, war von demjenigen des türkischen Harzes

1) Pharmaceutical Journ. and Transact. 1891. S. 838. 2) Ber. d. Pharm. Ges. 1893. S. 225/26.

3) April 1890. S. 34; April 1891. S. 35: April 1892. S. 29; Oct. 1893. S. 30/31.

A. Baur: Ueber Opoponax. 21:

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verschieden, denn der Geruch war nichts weniger als angenehm. Es war weich wie Elemiharz und im Geruch demselben ähnlich. Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich annehme, dals es sich hierbei wieder um einen Posten des echten, d. h. früher im Handel befind- lichen, wahrscheinlich von einer persischen Umbellifere stammenden Gummiharzes gehandelt haben dürfte.

Aus obenstehenden Litteraturangaben ist zu ersehen, dals über Stammpflanze und Herkunft des Opoponaxgummiharzes zur Zeit noch keine sicheren Anhaltspunkte vorliegen, und dafs über die Bestand- teile, aulser einigen Angaben über das Aussehen und die Löslichkeits- verhältnisse derselben, wenig bekannt geworden ist.

1. Chemischer Teil.

Zur Untersuchung gelangten die rohen Gummiharze, einesteils bezogen von ©. Haaf in Bern, andernteils vnSchimmelu. Cie. in Leipzig. Nach den Angaben letzterer Firma handelte es sich um sicher bestimmtes Gummi opoponax. Vergleichende Reaktionen beider Produkte ergaben die vollständige Identität derselben und lassen auf ein und dieselbe Herkunft schliefsen.

Die Droge stellte gröfsere, braungelbe Stücke dar, in die stellenweise hellere Gummikörner, teilweise völlig durchsichtig, bis zu Haselnulsgröfse erreichend, eingestreut waren, neben völlig weilsen kleineren Körnern, die sich in Salzsäure unter Aufbrausen lösten und sich als Calciumcarbonat erwiesen. Aufserdem fanden sich in gröfserer Menge Pflanzenreste, namentlich Holz- und Rindenstücke, die zur mikroskopischen Untersuchung bei Seite gesetzt wurden, neben andern, mehr zufälligen Verunreinigungen.

Auf Papier hinterliefs das Gummiharz reichliche Fettflecke, herrührend vom ätherischen Oel. Sein Geruch war eigenartig, an- genehm , übereinstimmend mit demjenigen zweier Schimmel'scher Proben Opoponaxöl aus den Sammlungen des pharmaceutischen In- stituts. Aeltere Proben Gummiharz, den Sammlungen entnommen, zeigten eine etwas dunklere Farbe und weniger angenehmen, mehr an Sumbul erinnernden Geruch. Der Geschmack war scharf brennend, etwas kratzend und bitterlich.

Das von mir untersuchte Material setzte sich zusammen aus: Harz 19 Proz., Aether. Oel 6,5 Proz., Gummi, Pflanzenreste etc. (Rückstand beim Extrahieren mit Alkohol) 70 Proz. Feuchtigkeit und Verlust 4,5 Proz.

214 A. Baur: Ueber Opoponax.

Da bei der Untersuchung im hiesigen pharm. Institut sowohl von Galbanum als von Sagapen Umbelliferon als Bestandteil gefunden worden war, und man annahm, dafs Gummi Opoponax ebenfalls ven einer Umbellifere stamme, so versuchte ich vor allem das Umbelliferon nachzuweisen, da es sich nach den Angaben Sommers!) darin findet. Aber es gelang mir weder durch trockene Destillation, noch durch Sublimieren zwischen Uhrgläsern, wie ja das bei anderen Gummiharzen bekanntlich sehr leicht gelingt, einesteils mehrerer Proben entölter Rohgummiharze, anderenteils gereinigter Harze, irgendwelche Krystalle zu erhalten. Aufserdem war die für das Umbelliferon so charakteristische blaue Fluorescenz in neutraler oder ammoniakalischer Lösung niemals zu bemerken, weder bei Versuchen mit dem Rohgummiharz, noch mit den gereinigten Harzen auch wenn dieselben der verseifenden Behandlung mit Alkalien oder Schwefelsäure unterworfen worden waren. Es ist somit anzunehmen, dafs die von Sommer untersuchte Droge anderer Abstammung war.

Ebensowenig gelang es mir jemals, weder in der Rohdroge, noch in den einzelnen Bestandteilen derselben, Schwefel nachzu- weisen, obwohl die Versuche wiederholt gemacht wurden und zwar sowohl mit der Nitroprussidreaktion als auch durch die Oxydation mit Salpetersäure. Es liegt somit auch hierin eine Abweichung von den bei den Umbelliferen-Gummiharzen meist vorkommenden Ver- hältnissen vor.

A. Die Harze. a) Darstellung der Reinharze aus der Rohdroge und Untersuchung derselben.

Das Rohgummiharz wurde so gut als möglich gepulvert, nach- dem aus demselben die grölsern Stücke der Pflanzenreste ausgelesen waren und dann am Rückflulskühler mehrere Tage mit Petroläther behandelt, wobei sich derselbe schön gelb färbte. Beim Abziehen des Petroläthers resultierte ein rotgelbes, schmieriges Harz vom Geruch der ursprünglichen Droge, das ziemlich viel ätherisches Oel neben Petroläther enthielt. Da eine Trennung von Oel und Harz durch Lösungsmittel nicht bewirkt werden konnte, wurde das Ge- misch der Destillation mit Wasserdampf unterworfen. Das vom

1) Archiv d. Pharm. 1859. Bd. 148. S. 12.

A. Baur: Ueber Opoponax. 215

übergegangenen Oel getrennte Destillationswasser hatte eine schwach gelbliche Farbe und rötete blaues Lackmuspapier. Sein Geruch war aromatisch, der Geschmack etwas bitterlich. Da ich vermutete, dals durch den Wasserdampf eine Verseifung der Oel- oder Harzester bewirkt worden sei, neutralisierte ich das ganze Destillat mit Kali und dampfte auf dem Wasserbad ein. Es hinterblieb eine braune, schmierige Masse von bitterem Geschmack, die nicht weiter gereinigt werden konnte. Mit Salzsäure angesäuert, lie[s sie den Geruch nach einer Fettsäure erkennen. Auch das Ausschütteln der Masse hatte kein Resultat.

Das während der Destillation mit Wasser vermengte Harz war im Anfang fast rein weils, nahm aber, je mehr das Oel aus demselben entfernt wurde, immer dunklere Farbe an, so dafs es über Gelb allmählich in Braungelb überging. Es wurde zur weiteren Untersuchung bei Seite gesetzt.

Das nach der Extraktion mit Petroläther resultierende Roh- gummiharz wurde nun, ebenfalls am Rückflufskühler, mit Aether er- schöpft, wobei dieser braunrote Farbe annahm. Der Aether wurde mit verdünntem Ammoniak geschüttelt, wobei sich die Lösung trübte und sich allmählich eine tiefbraunrote Schicht vom gelbrot gefärbten Aether trennte.

Der Aether wurde abgezogen und es hinterblieb ein braun- rotes schmieriges Harz, das ebenfalls noch ziemlich viel ätherisches Oel enthielt. Wie der Petrolätherauszug, so wurde auch dieser Aetherauszug der Destillation mit Wasserdampf unterworfen, wobei sich wiederum ein hellgelb gefärbtes Oel von dem Destillat ab- trennen liefs. Das Wasser zeigte auch hier schwach saure Reaktion und verhielt sich im übrigen analog demjenigen, das beim Destillieren des Petrolätherauszuges erhalten worden. Auf gleiche Weise wie dieses behandelt, ergab es dasselbe negative Resultat. Das re- sultierende braunrote Harz wurde ebenfalls zu weiterer Untersuchung aufgehoben.

Der an Ammoniak gegängene Anteil wurde durch Eindampfen von diesem befreit und dann mit heilsem Wasser längere Zeit digeriert. Er war von schön brauner Farbe, stellenweise Kupfer- glanz zeigend und vollständig geruchlos.

216 A. Baur: Ueber Opoponax.

Der nach Extraktion mit Aether resultierende, immer noch eigentümlich riechende Rückstand der Rohdroge wurde am Rück- flufskühler mit Alkohol erschöpft, wobei dieser braune Farbe und eigentümlichen Geruch annahm, der übrigens auch dem abdestillierten Alkohol anhaftete..e Die zurückbleibende, schwarzbraune Harz- schmiere wurde in heilses Wasser gegossen und damit längere Zeit digeriert, wobei die Masse allmählich erhärtete, während das Wasser unter Gelbfärbung stark bitteren Geschmack annahm, also einen Bitterstoff aufgenommen hatte (s. unten unter Bitterstoff).

Durch die successive Behandlung der Rohdroge mit Petrol- äther, Aether und Ammoniak und schliefslich Alkohol war ich somit zu vier Harzen gelangt, die weiter zu untersuchen waren.

Leider ist die Ausbeute an einzelnen derselben, im Vergleich mit anderen Gummiharzen, eine äufserst geringe, während die Rück- stände, hauptsächlich aus Gummi, Pflanzenresten und anorganischen Verunreinigungen bestehend, die Hauptsache der Droge ausmachen. Diese Rückstände zeigten nur schwachen Geruch, sodafls anzunehmen ist, dafs durch die bisherige Behandlung so ziemlich alles ätherische Oel daraus entfernt worden war.

Im Anschlufs an die im Pharmaceutischen Institut ausgeführten Harzuntersuchungen, welche für die Harze die Form von Estern er- geben hatten, versuchte ich ebenfalls, durch die Verseifung mit Alkali oder Schwefelsäure Zerlegung zu bewirken. Alle vier durch die successive Extraktion des Rohgummiharzes erhaltenen Harze wurden vor jeder anderen Untersuchung auf Uebereinstimmung und Identität untereinander der Einwirkung verseifender Mittel unter- worten.

Jedoch gelang es mir weder mit Hilfe konzentrierten oder ver- dünnten, wässerigen oder alkoholischen Alkalis, noch mit Schwefel- säure von-verschiedenem Verdünnungsgrade, in offener Schale so- wohl wie am Rückflufskühler, selbst bei langer Dauer der Einwir- kung zu einem-Resultate zu gelangen. Die mit Schwefelsäure be- handelten Produkte wurden jeweilen direkt, die mit Alkali behan- delten nach dem Ansäuern mit verdünnter Schwefelsäure, mit Aether geschüttelt, niemals jedoch war, aufser Spuren einer Fettsäure, offenbar entstanden durch Verseifung des immer noch dem Harze anhaftenden Oeles, etwas in Aether übergegangen; eine Zerlegung in

A. Baur: Ueber Opoponax. 217

eine Säure und in einen Alkohol, wie sie bei den bisher untersuchten Harzen stattgefunden hatte, schien somit nicht eingetreten zu sein. Extraktionen der Flüssigkeiten mit Chloroform führten ebenfalls nicht zum Ziele.

Um zu konstatieren, ob nicht etwa bei der Behandlung mit Schwefelsäure eine in Aether oder Chloroform unlösliche Sulfover- bindung entstanden sei, wurde mit Baryumcarbonat übersättigt und nun versucht, eine eventuell entstandene Baryumverbindung in Lösung zu bringen, ein Verfahren, das ja häufig zur Trennung von Sulfosäuren von überschüssiger Schwefelsäure dient.

Aber weder mit Wasser, noch mit Alkohol, Chloroform oder Aether war der getrockneten weilsen Masse etwas zu entziehen. Das Gemisch von Baryumsulfat mit überschüssigem Carbonat wurde nun wieder mit Schwefelsäure zersetzt und neuerdings mit ver- schiedenen Lösungsmitteln behandelt, ohne das dieselben jedoch etwas aufgenommen hätten.

Verseifungsversuche mit Alkali sowohl als mit Schwefelsäure, die im geschlossenen Rohr vorgenommen wurden, führten ebenfalls zu keinem Resultat.

Es ist somit mit Sicherheit anzunehmen, dals bei Gummi Opoponax die Verhältnisse anders liegen als bei den bis dahin im pharmaceutischen Institut untersuchten Harzen.

Das nach der Behandlung mit Wasserdampf resultierende Harz aus dem Petrolätherauszug wurde zur Reinigung wiederholt in Aether gelöst und die Lösung mit Petroläther versetzt. Im Anfang schied sich etwas schmieriges, gelbrotes Harz an den Wänden des Kolbens ab, das durch Abgielsen der Flüssigkeit entfernt wurde. Alsdann wurde mehrmals in Alkohol gelöst und nach dem Filtrieren mit salz- säurehaltigem Wasser versetzt, wobei das Harz als krümlige, gelbliche Masse sich abschied. Mit Wasser ausgewaschen zur Ent- fernung der Salzsäure, resultierte nach dem Trocknen ein gelbliches Pulver, das, in heifses Wasser gebracht, zu einer gelbbraunen Masse zusammenschmolz und sich leicht pulvern liefs. Ich werde dasselbe mit dem Namen «-Panax-Resen bezeichnen.

Es war geruch- und geschmacklos und erweichte beim Kauen. In Wasser erwärmt liefs es sich zu gelben, glänzenden Fäden aus- ziehen. Es löste sich in Alkohol mit neutraler Reaktion, ferner in

218 A. Baur: Ueber Opoponax.

Aether, Petroläther, Eisessig, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Benzol und Toluol. Dagegen war es unlöslich sowohl in verdünnten als in konzentrierten Alkalien, in der Kälte sowohl als beim Erwärmen. Beim Reiben war es elektrisch. Versuche, den Körper aus einem seiner Lösungsmittel krystallisiert zu erhalten, schlugen immer fehl. Schwefel und Stickstoff waren darin nicht nachweisbar. Da es nicht möglich gewesen war, dieses «a-Resen durch Verseifung in seine Komponenten zu zerlegen, so wurde es so zur Verbrennung gebracht. Die Elementaranalyse der über Schwefelsäure getrockneten Substanz, mit Kupferoxyd im Sauerstoffstrome ausgeführt, ergab folgende Zahlen : 1. 0,1308 g Substanz verbrannten zu 0,3679 g CO, u. 0,1285 g H,O.

1104510 85, |, : 0,4238 CO, u. 0,1473 H,O. Gefunden: Berechnet für C, H,, O,: 17276.710'Proz. ©: IT 1694 Proz. ©: 76,49 Proz. ©. 199774 ER inBarerı MT 10.737 See

Es käme somit diesem «a-Resen die Formel C,, H,, O, zu, was mit derjenigen für den aus den Destillationsrückständen (s. unten) dargestellten Körper übereinstimmt.

Der durch Destillation mit Wasserdampf vom Oel befreite Aetherauszug wurde zu weiterer Reinigung wieder in Aether gelöst, und wiederholt mit verdünntem Ammoniak geschüttelt, bis dieses nicht mehr gefärbt erschien. Sodann wurde die Lösung durch Ab- ziehen eines Teils des Aethers eingeengt und mit viel Petroläther versetzt. Es fiel eine schmierige Harzmasse, während die über- stehende Flüssigkeit schwach gelbliche Farbe zeigte. Durch wieder- holtes Lösen und Fällen gelang es, die letzten Reste des «-Resens und des ätherischen Oeles daraus zu entfernen. Alsdann wurde noch wiederholt in Alkohol gelöst und daraus durch salzsäurehaltiges Wasser gefällt. Es resultierte schliefslich ein gepulvert gelbbrauner, geschmolzen rotgelber, durchsichtiger, spröder Körper, der ebenfalls in glänzende Fäden ausgezogen werden konnte. Ich bezeichne den- selben mit ß- Panax-Resen. Dasselbe war geruchlos, erweichte beim Kauen und besals schwach bittern Geschmack. Die alkoholische Lösung reagierte neutral. Der Körper war löslich in Alkohol, Aether, Chloroform, Eisessig Benzol, Toluol, schwer in Schwefel- kohlenstoff, unlöslich dagegen in verdünnten und konzentrierten Alkalien und ebenso in Petroläther. Beim Reiben war er nicht

A. Baur: Ueber Opoponax. 219

elektrisch. Auch bei diesem #-Resen fielen Versuche, dasselbe aus seinen Lösungsmitteln krystallisiert zu erhalten, negativ aus. Stick- stoff und Schwefel waren darin nicht nachzuweisen. Die Elementar- analyse des über Schwefelsäure getrockneten Körpers ergab folgende Zahlen :

I. 0,2296 g Substanz verbrannten zu 0,6252 g CO, und 0,2104 g H,O. Il. 0,1930 g 5 E 0,5270 g CO, und 0,1707 g Hs0. Gefunden: Berechnet für C, H;s 0; I. i% 74,26 Proz. C. 74,47 Proz. C. 74,41 Proz. C. I0RlSe Proz. H. 9,82 Proz. H. 10,07 Proz. H.

Auch bei dieser Formel C,, H, O, ergab sich Uebereinstirm- mung mit derjenigsn des bei der Untersuchung der Destillations- rückstände erhaltenen #-Resens. (S. unten).

Der durch Schütteln mit Ammoniak aus dem Aetherauszug der Rohdroge und Verdunsten des Ammoniaks erhaltene Körper erwies sich bei der näheren Untersuchung als mit dem durch Extrahieren mit Alkohol erhaltenen identisch und wurde die auf Analogie der Löslichkeitsverhältnisse ete. gestützte Annahme durch die Elementar- analyse bestätigt; seine nähere Beschreibung findet sich somit beim Pana-Resinotannol.

Der beim Extrahieren der Rohdroge mit Alkohol erhaltene Körper wurde, zur Entfernung allfällig noch vorhandenen Oels, ebenfalls mit Wasserdampf behandelt. Es gingen aber nur geringe Mengen Oel über. Durch wiederholtes Lösen in Alkohol und Fällen mit salzsäurehaltigem Wasser, nachdem längere Zeit mit Wasser digeriert war, wurde der Körper gereinigt. Da derselbe die Reak- tionen der von Tschirch!) unter dem Namen Resinotannole zu- sammengefalsten Harzalkohole zeigte, so erhielt er den Namen Pana-Resinotanno|.

Geschmolzen liefs sich dasselbe in goldgelbe und glänzende Fäden ausziehen. Es war fast geruchlos, nach längerem Auskochen mit Wasser nur noch wenig bitter. Seine Lösung in Alkohol reagierte neutral. Es war ferner leicht löslich in Chloroform und Eisessig, schwerer in siedendem Aether, Benzol und Toluol, unlöslich dagegen in Petroläther und Schwefelkohlenstoff. Beim Reiben war

lt) Archiv der Pharmacie 1893 und Pringsh. Jahrb.1893, S. 371.

220 A. Baur: TDUeber Opoponax.

es nicht elektrisch. Krystallisiert konnte es aus keinem seiner Lösungsmittel erhalten werden ; Schwefel und Stickstoff waren darin nicht nachzuweisen. Die Elementaranalyse der über Schwefelsäure getrockneten Substanz ergab folgende Zahlen: I. 0,2198 & des aus der Aetherlösung in Ammoniak gegangenen Körpers verbrannten zu 0,5627 g CO; und 0,1816 g H,O. II. 0,1593 g des aus der Aetherlösung in Ammoniak gegangenen Körpers verbrannten zu 0,4104 & CO, und 0,1304 g H,O. III. 0,1908 g des mit Alkohol aus der Droge extrahierten Körpers ver- brannten zu 0,4854 g 00, und 0,1517 g H;0. IV. 0,1585 g des mit Alkokol aus der Droge extrahierten Körpers ver- brannten zu 0,4065 g CO, und 0,1236 & H;0.

V. 0,2031 g des mit Alkohol aus der Droge extrahierten Körpers ver-

brannten zu 0,5202 g CO, und 0,1606 g H,O. Gefunden: Berechnet für Cy, H;o Oz I. 11. 1% IV. V. C. 69,81 70.26 69,37 69,94 69,55 69,62 H. 9,18 9,09 8,83 8,66 8,78 8,53

Auch beim Vergleich dieser Formel, C;, H;, O,, erkennt man die Identität mit derjenigen für das aus den Destillationsrückständen dargestellte Tannol (s. unten.).

Mit dem «- u. #-Resen und dem Resinotannol wurden nun eine Reihe vergleichender Versuche angestellt.

Reduktionsversuche: DieKörper wurden in Eisessig gelöst, etwas Zinkstaub zugesetzt und am Rückflufskühler mehrere Stunden behandelt. Sodann wurde filtriert, das Filtrat in Wasser gegossen und die ausgeschiedenen Körper nach dem Auswaschen geprüft. Alle drei Körper erwiesen sich als unverändert.

Die Versuche wurden nun in der Weise abgeändert, dafs die Reduktion mit metallischem Natrium in alkoholischer Lösung aus- geführt wurde. Das Reaktionsgemisch wurde in Wasser gegossen, wobei beiallen drei Versuchen ein schmieriger Niederschlag entstand. a- u. #-Resen waren in der Farbe etwas dunkler geworden. Beim Frwärmen der wässerigen Flüssigkeit verteilte sich die vorher schmierige Masse sehr fein im Wasser und liefs sich durch Zusetzen

A. Baur: Ueber Opoponax. 221

von einem Tropfen Salzsäure flockig ausfällen. Nach dem Auswaschen erwiesen sich die drei Körper ebenfalls als unverändert, denn sie besafsen noch die vorherigen Löslichkeitsverhältnisse und es ergab ihre Elementaranalyse die Zahlen der ursprünglichen Substanzen. Mit dem Tannol wurde noch ein Reduktionsversuch mit Zink- staub in ammoniakalischer Lösung gemacht, aber ebenfalls ohne Erfolg. Verhalten gegen konz. Salpetersäure. Die ge- pulverten Substanzen wurden in Salpetersäure eingetragen und er- wärmt. Nach einiger Zeit trat bei allen eine ziemlich heftige Reaktion ein unter Bildung roter Dämpfe von Stickstoffdioxyd. Die Flüssigkeit färbte sich intensiv gelb und zeigte die Reaktionen der Pikrinsäure während die Körper voluminöse, schwammige Massen bildeten, die in der Wärme weich waren und sich in helle, glänzende Fäden aus- ziehen lielsen, beim Eintragen in kaltes Wasser hart und bröcklich wurden und sich in gelbe Pulver zerreiben liefsen. Nach dem Aus- waschen mit Wasser wurde jeweilen in Aether gelöst, wobei sich tast alles löste, dann etwas Alkohol zugesetzt und verdunstet. Es waren aber keine Krystalle zu erhalten. Nach der Lassaigne’schen Methode war in allen drei Proben, die sich vollständig gleich ver- halten hatten, Stickstoff nachzuweisen, was auf eine Nitrierbarkeit der drei Körper schliefsen läfst. Weiter mit kochender Salpetersäure behandelt, löste sich schliefslich alles in derselben auf. Verhalten gegen schmelzendes Kali. Auch hier verhielten sich die drei Körper gleich. In geschmolzenes Kali wurden sie in einer Silberschale nach dem Pulvern in kleinen Mengen eingetragen ; sie lösten sich hierbei auf und es resultierten farblose Flüssigkeiten, die noch einige Zeit im ruhigen Flufs erhalten wurden. Nach dem Erkalten wurde in Wasser gelöst, angesäuert, mit Aether geschüttelt und schliefslich dieser verdampft. Er hinterliefs in allen drei Fällen nur Spuren von Fettsäuren die durch den Geruch nicht näher cherakterisiert werden konnten, während feste Körper nicht zurückblieben.!)

1) Um zu konstatieren, ob nicht vielleicht durch die zu hohe Temperatur der Kalischmelze eine zu weitgehende Zersetzung einge- treten sei, wurde der Versuch im Oelbad wiederholt und die Temperatur zwischen 290 u. 3000 erhalten. Aber auch hierbei war das Resultat dasselbe, ebenso wie bei der in gleicher Weise vorgenommenen Natronschmelze.

[647 [89] ID

A. Baur: Teber Opoponax.

Zur Unterstützung der Ansicht, dafs das Harz des Alkohol- auszuges zu den Resinotannolen gehöre, somit Alkoholcharakter be- sitze, wurden mit demselben Benzoylierungs- und Acetylierungs- versuche gemacht.

Acetylierungsversuche: Der Körper wurde in Essig- säureanhydrid gelöst und dann am Rückflufskühler längere Zeit gekocht. Hierauf wurde in heilses Wasser eingetragen, wobei sich ein äufserst fein verteilter Niederschlag bildete, der auf Zusatz von etwas Salzsäure Hockig wurde. Er wurde abfiltriert und mit heifsem Wasser ausgewaschen. Um den letzten Rest ungebundener Essig- säure zu entfernen, wurde in Aether gelöst, mit einer verdünnten wässerigen Natriumcarbonatlösung geschüttelt und wieder mit Wasser gewaschen. Es resultierte schliefslich ein graubraunes, geruch- und geschmackloses Pulver, das aus seinen Lösungsmitteln nichtkrystallisiert erhalten werden konnte. Obschon beim Erhitzen mit Arsenigsäure- anhydrid Kakodylgeruch auftrat, somit Essigsäure in die Verbindung eingetreten sein mulste, so stimmten doch die mit dem Körper aus- geführten zahlreichen Elementaranalysen nicht mit den Berechnungen überein.)

Benzoylierungsversuch: Derselbe wurde in der Weise ausgeführt, dafs das Tannol in verdünnter Kalilauge gelöst und dieser Lösung Benzoylchlorid in geringem Ueberschufs zugesetzt wurde. Es trat eine ziemlich starke Erwärmung ein, während sich die klare Lösung trübte und eine braunschwarze, schmierige Masse fallen liefs, die beim Erkalten erhärtete, während die überstehende Flüssigkeit klar und farblos geworden war. Es wurde abgegossen, gepulvert und wiederholt mit warmem Wasser ausgewaschen, dann in Alkohol gelöst und mit salzsäurehaltigem Wasser daraus wieder gefällt. Auch hier resultierte ein graubraunes Pulver, das nicht krystallisiert erhalten werden konnte und dessen Elementaranalyse leider ebenfalls nicht die erhofften Resultate lieferte, obschon beim Kochen mit Kali und nachherigem Ansäuern mit Salzsäure ein weilser Niederschlag von Benzoesäure entstand.)

1) Acetylierungsversuche, die mit Essigsäureanhydrid im ge- schlossenen Rohre (6 Stunden Erhitzen auf 170— 1800) ausgeführt wurden, führten ebenfalls nicht zu einem einheitlichen Körper.

2) Eine Anzahl untereinander übereinstimmender Elementar- analysen ergab für den Körper als Mittel 73,85 Proz. C und 8,96 Proz. H, Zahlen, die aufkein Benzoylderivat des ursprünglichen Tannols stimmen, das letztere scheint also bei der Benzoylierung auch eine anderweitige Veränderung zu erfahren.

A. Baur: Ueber Opoponax. 223

Obschon nun die mit dem Pana-Resinotannol gemachten Versuche bis dahin noch nicht zu positiven Resultaten geführt haben, so glaube ich doch, für dasselbe Alkoholcharakter annehmen zu können und hoffe ich später noch, bei veränderter Versuchsanordnung zum Ziele gelangen und genauere Mitteilung hierüber machen zu können.

Als was die beiden Resene aufzufassen sind, kann vorläufig nicht gesagt werden. Dafs wir es nicht mit Estern zu thun haben, beweist ihre Unvarseifbarkeit, und ihre Unlöslichkeit in Alkalien scheint es auszuschlielsen, dafs sie Alkohole oder Säuren sind. Man kann sie vorläufig nur zu den sogenannten ‚„indifferenten‘“ Harzen rechnen, mit welchem Namen man von jeher diejenigen bezeichnet hat, die sich nicht in Alkalien lösten und für die Tschirch den

Namen Resene vorgeschlagen hat.

b) Untersuchung der Rückstände der VDeld estill'at ron.» Chrromel

Da sich meine Untersuchungen über das Opoponax haupt- sächlich auf das in demselben enthaltene Harz erstrecken sollten, wandte ich mich an die Firma Schimmel u. Cie. in Leipzig, die mir denn auch in bereitwilligster Weise einige Kilogramm ihrer Rück- stände der Oeldestillation des Opoponax überliefs. Nach den An- gaben der Firma wird das rohe Gummiharz, ohne weiteren Zusatz, der Einwirkung gespannter Wasserdämpfe ausgesetzt, um aus dem Destillat das Oel abzutrennen.

Diese Rückstände bildeten eine braunschwarze, durch bei- gemengtes Wasser schmierige Masse von bitter aromatischem Ge- schmack und dem Geruch nach Karamel.

Die Masse wurde zuerst, durch Digerieren auf dem Damptbad, möglichst getrocknet, wobei sie zu braunen, gepulvert grauen Stücken erhärtet, und dann mit Aether extrahiert. Der ätherische Auszug wurde mit verdünntem Ammoniak geschüttelt, wobei ein Teil des extrahierten Harzes mit brauner Farbe an dasselbe ging. Nach dem Erschöpfen mit Aether wurde mit Alkohol behandelt, wobei ein in Alkali löslicher, brauner Körper resultierte.

Der ätherische, mit Ammoniak geschüttelte Auszug zeigte braungelbe Farbe und hinterliefs beim Abziehen des Aethers eine braune, harzartige Substanz. Dieselbe wurde in Alkohol gelöst und

224 A. Baur TVeber Opoponax.

mit Wasser versetzt; hierbei setzte sich eine gelbe Masse ab, zu der neuerdings Alkohol gegeben wurde, wobei sich die harzartige Substanz löste, während die vorher schmierige Masse krümelig ge- worden war. Nach dem Auswaschen mit Alkohol, wobei sie weilse Farbe annahm, konnte sie durch Lösen in Aether und Zusetzen von etwas Alkohol beim Verdunsten krystallisiert erhalten werden. Der Alkohol, der zum Waschen der weilsen Masse verwendet worden war, wurde zum ursprünglichen Aetherrückstand zurückgegeben und daraus durch öfteres Fällen mit Wasser und Lösen in Alkohol neue Mengen des Körpers erhalten.

Da sich aus den folgenden Untersuchungen ergab, dafs dem krystallisierten Körper die Natur eines Alkohols zukommt, wurde demselben, im Einklang mit der neuen Nomenklatur und in An- lehnung an den Namen der früher vermuteten Stammpflanze des Gummi Opoponax, Opoponax Chironium, der Name Chironol beigelegt.

Chironol.

Um dasselbe analysenrein zu erhalten, wurde es wiederholt in Aether gelöst und nach dem Filtrieren nach Zusatz von etwas Alkohol, zur Krystallisation gebracht. Es bildete so eine schnee- weilse Krystallmasse ohne Geruch und Geschmack, von geringem Gewicht, beim Reiben nicht elektrisch. Es ist in der Kälte leicht löslich in Aether, Chloroform, Benzol, Petroläther und Aceton, beim Erwärmen in Alkohol, Eisessig, Phenol, Essigsäureanhydrid ohne Veränderung und durch Wasser daraus wieder fällbar oder beim Er- kalten daraus krystallisierend.. Aus Essigsäureanhydrid wird es krystallinisch gefällt. Unilöslich ist das Chironol in wässerigen Alkalien, die farblose Lösung desselben in Alkohol reagiert neutral. In Schwefelsäure löst sich das Chironol mit gelbroter, allmählich dunkler werdender Farbe, unter Entwicklung von schwefliger Säure. Die Lösung zeigt grüne Fluorescenz. Auf Zusatz von Wasser lälst sie einen grauweilsen, amorphen Niederschlag fallen, der durch das Filter geht.

Die Lösung in Schwefelsäure wurde nach der von Tschirch !) angegebenen Methode auf ihr spektralanalytisches Verhalten geprüft. Beobachtung in direkter Sonne: Dünne Schichten, im durchfallenden

1) Archiv d. Pharm. 1884, S. 136.

A. Baur: Teber Opoponax. 225

Licht hellgelb erscheinend, absorbieren nur Violett. Bei wachsender Schichtendicke rückt die Endabsorption der blauen Spektrumshälfte immer weiter gegen Gelb vor, so dafs dickere Schichten, die im durchfallenden Lichte tief orange erscheinen, nur Rot und Gelb durchlassen.

Das Chironol krystallisiert aus allen seinen Lösungsmitteln in seidenglänzenden Nadeln, oft von der Länge bis zu !/, cm, zuweilen zu fächerförmigen Drusen vereinigt. Erwärmt, schmilzt es zu einer schwach gelblichen Flüssigkeit und sublimiert dann nach dem Schmelzen in feinen weilsen Nadeln, die, in gröfserer Menge ver- einigt, ein watteartiges Aussehen besitzen.

Der Schmelzpunkt des krystallisierten sowohl als des subli- mierten Ohironols liegt bei 176° (unkorr.), nachdem dasselbe bei 1730 anfängt zu erweichen. Eisenchlorid verändert eine alkoholische Lösung von Chironol nicht. Mit Natrium geglüht, konnte darin weder Stickstoff noch Schwefel nachgewiesen werden. Auf Platin- blech erhitzt, schmilzt es zuerst und verbrennt dann unter Aus- stolsung weilser Dämpfe vom Geruch verbrennender Harze, ohne einen Rückstand zu hinterlassen.

Die Elementaranalysen, sowohl krystallisierten als sublimierten

Chironols, im Sauerstoffstrom mit Kupferoxyd ausgeführt, ergaben:

I. 0,1344 g Substanz (sublimiert) verbrannten zu 0,4136 g CO, und 0,1458 g H,O.

II. 0,1184 g Substanz (krystallisiert) verbrannten zu 9,3645 g CO, und 0,1273 g H,O.

III. 0,1255 g Substanz (sublimiert) verbrannten zu 0,3873 g CO, und 0,1325 g H,0.

IV. 0,1513 g Substanz (krystallisiert) verbrannten zu 0,4671 g CO, und

0,1613 g H3,0. Gefunden : Berechnet für Ca; H,O R EL2% 1, AHEL.F> EV C 83,92 83,90 84,16 84,19 84,0 H:4.12,05, 11,94,.11,.73...11,84 12,0

Die farblose Löslichkeit des Chironols in Phenol ermöglichte Molekulargewichtsbestimmungen nach der Raoult’schen Methode, beruhend aut der Depression des Erstarrungspunktes des reinen Phenols durch Zusetzen kleiner, abgewogener Mengen der Substanz:

Phenol Substanz Depression I 2548 0,4282 g 0,304 11. 23,908 0,2593 g 0,204

Arch. d. Pharm, CCXXXIII. Bds. 3. Heft. 15

226 A. Baur: Ueber Opoponax.

Aus Bestimmung I resultiert das Molekulargewicht von 421, aus II dasjenige von 404. Es kann somit mit Sicherheit für das Chironol die einfache Formel C,; H,O angenommen werden, ent- sprechend einem Molekulargewicht von 400.

Acetylierungs-Versuch: Um zu sehen, ob dem Chironol, das eine Hydroxylgruppe enthält, der Charakter eines Alkohols zukommt, wurde dasselbe der Acetylierung ausgesetzt.

Zuerst wurde Chironol einige Minuten im Reagenzglas mit Essigsäureanhydrid gekocht und dann sofort in heifses Wasser ge- gossen. Es schied sich ein voluminöser, krystallinischer Nieder- schlag aus, der, ausgewaschen und getrocknet, nach dem Verseifen mit Kali keine Essigätherreaktion zeigte und ebensowenig beim Er- hitzen mit arseniger Säure den Kakodylgeruch gab; der Schmelz- punkt war ebenfalls unverändert.

Mit Essigsäureanhydrid längere Zeit am Rückflufskühler ge- kocht, liefs sich ebenfalls keine Veränderung des Chironols kon- statieren.

Ein dritter Versuch führte zu einem besseren Resultat. Chironol wurde in Essigsäureanhydrid gelöst und während 15 Stunden im geschlossenen Rohr auf 170° erhitzt. Beim Herausnehmen des Rohres hatten sich aus der Flüssigkeit weifse, verfilzte Nadeln aus- geschieden. Der Inhalt wurde in heifses Wasser ausgegossen, mit heifsern und dann mit kaltem Wasser ausgewaschen, getrocknet und aus Aetheralkohol umkrystallisiert. Die Krystalle waren von rein weilser Farbe, geruch- und geschmacklos, nadelförmig und zu fächer- törmigen Büscheln vereinigt. Mit arseniger Säure erhitzt lieferten sie Kakodylgeruch. Der Schmelzpunkt lag bei 196° (unkorr.). Die Löslichkeitsverhältnisse waren von denen des reinen Chironols nicht verschieden. Auf dem Platinblech erhitzt, hinterliefs es keinen Rückstand.

Die Elementaranalyse der über Schwefelsäure getrockneten Sub- stanz ergab: - I. 0,1194 g Subst. verbrannten zu 0,3566 g CO, und 0,1240 g H,O

IE ERENTO , 5 zu 0,3631 g CO und 0,1247 g 3,6 Gefunden: Berechnet T: I. für O3 H,, 0 (CH, CO) C 81,45 81,77 s1,44

H 114,53 11,43 11,31

A. Baur: Ueber Opoponax. 227

Die Formel Cs; H,, O (CH, CO) beweist die Richtigkeit der An- nahme der Formel Cs; H;; O mit einer Hydroxylgruppe.

Benzoylierungsversuch: Da es gelungen war, eine Acetylgruppe in das Chironol einzuführen, so machte ich nun auch den Versuch, dasselbe zu benzoylieren und wurde dieser Versuch schliefslich folgendermalsen ausgeführt. Chironol wurde im Reagens- eylinder in Benzoylchlorid eingetragen und etwas erwärmt. Es trat sofort, unter starker Wärmeentwickelung und Ausstolsung von Salz- säuredämpfen eine heftige Reaktion ein, die durch Erwärmen unter- stützt wurde. Die klare Lösung war tiefbraun geworden. Sie wurde noch heifs in Wasser gegossen und die sich abscheidende braune Schmiere mit kochendem Wasser zur Entfernung der Benzoesäure gewaschen. Die resultierende gelbe Masse wurde in Aether gelöst und aus Aetheralkohol öfters umkrystallisiert, zum Schlufs noch mehrmals mit Alkohol gewaschen, um sicher zu sein, dafs keine freie Benzoesäure vorhanden. Jedoch war es nicht möglich, dieselbe rein weils zu erhalten: sie zeigte immer einen Stich ins Graue, was beim Arbeiten mit Benzoylchlorid häufig der Fall ist, da sich die ent- stehenden Nebenprodukte nur sehr schwer vollständig entfernen lassen.

Die Krystalle hatten nicht nur ihre Form (sie bildeten mehr Blättchen, keine Nadeln), sondern auch ihren Schmelzpunkt verändert. Derselbe lag bei 186° (unkorr.). Die Löslichkeitsverhältnisse des Derivats waren von denen des Chironols nicht verschieden. Beim Erhitzen auf Platinblech hinterblieb kein Rückstand.

Die Elementaranalyse der über Schwefelsäure getrockneten Substanz ergab folgende Zahlen:

I. 0,1535 g Substanz verbrannten zu 0,4679 CO, n. 0,1465 g H, 0.

IE. 0,1228 , a a -10,3750,,.,.00, n..0,1165, „.. H,0. Gefunden: Berechnet 12 TE für Os, Hy, O (C,H, CO) C 83,13 83,28 83,33 H 10,60 10,54 10,31

Es zeigt diese Formel Cy, H,, O (C,H, CO) ebenfalls das Vor- handensein einer alkoholischen Hydroxylgruppe im Chironol an. Versuche der Darstellung einer Kaliumver- bindung: Im Anschlufs an die Acetylierungs- und Benzoylierungs- versuche suchte ich nun auch eine Kaliumverbindung des Chironoles 15*

228 A. Baur: TUeber Opoponax.

darzustellen. Da dasselbe in wässerigen Alkalien, verdünnten so- wohl als konzentrierten, unlöslich ist, so wurde es in konzentrierter alkoholischer Kalilauge gelöst, einige Zeit gekocht und dann das Ganze in Wasser gegossen. Es schied sich ein amorpher volumi- nöser Niederschlag aus, der mit Wasser ausgewaschen wurde, bis das Filtrat keine alkalische Reaktion mehr zeigte. Nach dem Trocknen wurde in Aether gelöst, aus Aetheralkohol umkrystallisiert, die Kry- stalle mit Alkohol gewaschen und über Schwefelsäure getrocknet. Die Krystallform war diejenige des ursprünglichen Chironols, die Löslichkeitsverhältnisse unverändert, der Schmelzpunkt lag noch bei 1760. Beim Glühen auf Platinblech hinterblieb kein Rückstand; es war somit kein Kali in die Verbindung eingetreten, wenn nicht viel- leicht die Verhältnisse hier ebenso liegen wie bei dem von Lüdy?) aus der Benzoe dargestellten Bezoresinol, welches zwar eine Kalium- verbindung bildet, die aber schon beim Auswaschen und dann beim Trocknen wieder in Benzoresinol und Kali zerfällt.

Reduktionsversuch: Der Versuch, das Chironol zu reduzieren, wurde in folgender Weise ausgeführt: Es wurde in Eis- essig gelöst, der Lösung Zinkstaub zugesetzt und während mehrerer Stunden am Rückflulskühler erwärmt. Die Flüssigkeit wurde vom Rückstand abfiltriert, in Wasser gegossen und der abgeschiedene amorphe Niederschlag nach dem Trocknen in Aether gelöst und aus Aetheralkohol umkrystallisiert. Der Schmelzpunkt der Substanz lag bei 170° (unkorr... Es schien somit eine Veränderung eingetreten zu sein. Löslichkeitsverhältnisse und Krystallform waren von denen des Chironols nicht wesentlich verschieden.

Die Elementaranalyse der über Schwefelsäure getrockneten Substanz ergab folgende Zahlen: I. 0,0811 g Substanz verbrannten zu 0,2458 g CO, u. 0,0924 g H,O. I. 0,0871, » 5 0,2631 g CO, u. 0,0976g H20. III. 0,859 g Subst. verbr. zu 0,2601 gr CO, und 0,0962 g H,O.

Gefunden: Berechnet für ’B IT, III. C3Hn0: C 82,66 82,38 82,57 82,50 H 12,66 12,44 12,44 12,50

1) Archiv 1893, S. 64.

A. Baur: Ueber Opoponax. 229

Die Formel Cs, H,, O differiert von derjenigen des Chironols um C,H;, eine Erscheinung, für die vorläufig eine Erklärung noch nicht vorhanden ist.

Ein fernerer Reduktionsversuch wurde mit metallischem Natrium gemacht. Chironol wurde in Alkohol gelöst und unter Er- wärmen metallisches Natrium zugesetzt. Nach einiger Zeit wurde in Wasser ausgegossen, ausgewaschen und der amorphe Niederschlag getrocknet. Sodann wurde in Aetheralkohol gelöst. Es krystalli- sierte daraus ein Körper in weilsen Drusen, dessen Schmelzpunkt bei 175° (unkorr.) lag. Das Chironol war somit nicht verändert worden.

Bromierungsversuch: Chironol wurde in Chloroform gelöst und tropfenweise Brom zugesetzt bis zur rötlichen Färbung. Beim Erwärmen entwickelten sich Ströme von Bromwasserstoff ; beim Verdunsten der Lösung hinterblieb eine amorphe, bröcklige, braune Masse, die sich nur zum Teil in Alkohol löste, während ein gelbes, amorphes Pulver zurückblieb. Die alkoholische Lösung, in Wasser gegossen, liefs gelblich-weilse Flocken fallen, die in Aether, Chloroform und Alkohol löslich waren, aber aus keinem der Lösungs- mittel krystallisiert erhalten werden konnten.

Der in Alkohol unlösliche gelbe Rückstand löste sich ebenfalls in Chloroform, war aber auch nicht krystallinisch daraus zu er- halten. Mit Kalk geglüht, war Brom in beiden nachzuweisen.

OÖxydationsversuch,Chironolsäure: Da Chironol in Schwefelsäure ohne Zersetzung nicht löslich ist, so konnte nicht Kaliumbichromat als Oxydationsmittel verwendet werden. Der Versuch wurde in folgender Weise ausgeführt: Chironol wurde in Eisessig gelöst und nach dem Erkalten in kleinen Portionen eine Lösung von Chromsäure in Eisessig zugesetzt. Es trat eine, nament- lich beim Erwärmen ziemlich heftige Reaktion ein. Das Ganze wurde in Wasser gegossen, wobei sich ein Niederschlag von weils- licher Farbe in geringer Menge bildete, was auf eine zu heftige Einwirkung der Chromsäure schliefsen lies. Der schmierige Nieder- schlag wurde mit Wasser und kaltem Alkohol gewaschen, in Aether gelöst, filtriert und etwas Alkohol zugesetzt. Auch nach wochen- langem Stehen schieden sich aus der immer noch grünlich ge- färbten Lösung keine Krystalle ab. Auch bei Anwendung anderer

230 A. Baur: Teber Opoponax.

Mengenverhältnisse und Temperaturen war zu keinem Resultate zu gelangen. Ebensowenig war aus der vom Niederschlag abgetrennten, tiefgrünen Flüssigkeit durch Schütteln mit Aether etwas zu er- halten.

Ein anderer Oxydationsversuch wurde mit verdünnter Sal- petersäure gemacht. Chironol wurde gepulvert mit ziemlich ver- dünnter Salpetersäure einige Zeit gekocht. Die Flüssigkeit nahm schwach gelbe Farbe an, gab aber auf Zusatz von mehr Wasser keinen Niederschlag, ebenso nicht nach dem Uebersättigen mit Alkali. Das Chironol dagegen ballte sich zu einer gelblichen spröden Masse zusammen, die mit Wasser ausgewaschen und in Aetheralkohol gelöst wurde. Nach dem Verdunsten des Aethers schieden sich aus der gelbgefärbten Flüssigkeit weilse Nadeln aus, die, mit Alkohol gewaschen und getrocknet, sich als unverändertes Chironol erwiesen.

Ich änderte nun den Versuch in der Weise an, dafs ich ge- pulvertes Chironol im Reagensglase mit rauchender Salpetersäure übergofs und kurze Zeit erwärmte. Es trat sofort die Bildung von Untersalpetersäure auf, während das Chironol sich zu einer dunkel- gelben Masse zusammenballte. Diese wurde mit Wasser gewaschen (bis zum Ausbleiben der Diphenylaminreaktion) und dann in Aether, gelöst. Beim Verdunsten schieden sich gelbe Flocken, aber keine Krystalle ab. Auch aus Chloroform, Alkohol und Eisessig, in denen sich das Reaktionsprodukt löste, war es nicht möglich, Krystalle zu erhalten.

Ich versuchte nun, mit Permanganat zum Ziele zu gelangen. Zu einer Lösung von Chirouol in Eisessig wurde nach dem Erkalten in kleinen Portionen eine Lösung von Kaliumpermanganat in Eis- essig zugefügt. Die Flüssigkeit entfärbte sich unter Abscheidung von Manganoxydull. Das Ganze wurde sodann mit Aether ge- schüttelt, dieser abgetrennt, verdunstet und der rein weilse Rück- stand aus Aetheralkohol krystallisiert. Die Krystalle waren nadel- förmig und filzig wie die des reinen Chironols, der Schmelzpunkt war unverändert und eine Verbrennung stimmte wieder auf die ur- sprüngliche Substanz.

Da eine Permanganatlösung, kalt angewendet, nicht zum Ziele geführt hatte, wurde der Versuch in der Wärme gemacht. Eine

A. Baur: Ueber Opoponax. 231

heils bereitete Lösung von Chironol in Eisessig wurde sofort mit einer Lösung von Kaliumpermanganat in Eisessig versetzt. Es trat unter Gasentwickelung eine stürmische Reaktion ein unter Ent- färbung des Permanganats. Nach dem Erkalten wurde die Flüssig- keit mit Aether geschüttelt; der Aether hinterliefs nach dem Ver- dunsten eine gelbbraune, etwas schmierige Masse, die wiederum mit Aether aufgenommen wurde. Nach Zusatz von etwas Alkohol er- gaben sich nach dem Verdunsten keine Krystalle. Ebensowenig waren aus Chloroform und Eisessig solche erhältlich. Um das Pro- dukt zu reinigen, wurde es wiederholt in Eisessig gelöst und mit Wasser gefällt. Nach dem Auswaschen mit Wasser war es schliefs- lich rein weils, ohne krystallinische Struktur. Die alkoholische Lösung dieses Oxydationsproduktes rötete blaues Lackmuspapier und war in verdünnten Alkalien beim Erwärmen löslich. Durch Säuren wurden aus diesen Lösungen wieder weilse Flocken gefällt. Im Anschluls an den Namen Chironol, aus dem er dargestellt worden, erhielt der wie eine Säure sich verhaltende Körper den Namen Chironolsäure.

Dieselbe war löslich: sehr leicht in kaltem Alkohol, während Chironol sich darin erst beim Erwärmen löst, ferner in Aether, Eis- essig, Chloroform, Benzol, Schwefelkohlenstoff, Aceton, sehr wenig dagegen und unter Zusammenbacken in Petroläther, in dem sich das Chironol hingegen schon in der Kälte leicht löst. Erwärmt fing der Körper bei 100° (unkorr.) an zusammenzusintern und war bei 108° (unkorr.) zu einer gelblichen Flüssigkeit zusammengeschmolzen.

Die Elementaranalyse der über Schwefelsäure getrockneten Substanz ergab folgende Zahlen:

I. 0,0733 g Subst. verbr. zu 0,2020 g CO, und 0,0700 g H,O

lI. 0,0947 g x » 0,2607 g CO, 0,0901 g H,0 Gefunden: Berechnet 1. II, für Ca H;g O4 Ga 75,08 75,00 H 10,61 10,57 1971

Es kommt somit diesem Oxydationsprodukt die Formel Cyg H,; 0, zu.

Einwirkung von schmelzendem Alkali auf Chironol: Chironol wurde in kleinen Portionen zu in einer Silber- schale schmelzendem Kali zugesetzt. Es blähte sich anfangs stark

232 A. Baur: Ueber Opoponax.

auf und färbte sich dunkel, löste sich aber allmählich farblos in der Schmelze. Nachdem alles gelöst war, wurde die Masse noch kurze Zeit in ruhigem Flufs erhalten und nach dem Erkalten in Wasser gelöst. Die farblose Lösung wurde mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert und wiederholt mit Aetlıer geschüttelt, dieser abgetrennt und vorsichtig verdunstet: es hinterblieb nichts als einige Krystalle von Kaliumsulfat. Ein charakteristischer Geruch, der auf Fettsäuren oder andere riechende Produkte hätte schliefsen lassen, war nicht zu bemerken. Weitere Versuche mit längerer oder kürzerer Ein- wirkung des schmelzenden Kali hatten dasselbe negative Resultat. Somit ist anzunehmen, dafls das Chironol durch die Kalischmelze vollständig zerstört wird.

Um zu sehen, ob und inwieweit die Destillation mit gespanntem Wasserdampf die Resene und das Resinotannol verändert habe, suchte ich dieselben auch aus den Destillationsrückständen darzu- stellen.

Dies wurde in folgender Weise ausgeführt:

Nachdem vom Aetherauszug der getrockneten Rückstände der Aether abgezogen und daraus durch wiederholtes Lösen in wenig verdünntem Alkohol und Ausfällen mit Wasser alles Chironol entfernt worden war, wurde der Rückstand, nach dem Trocknen, in Aether gelöst und mit viel Petroläther gefällt. Es fiel eine braune, schmierige Harzmasse, die abgetrennt wurde. Die überstehende Flüssigkeit wurde destilliert, ihr Rückstand nochmals in Aether ge- löst und mit Petroläther gefällt u. s. w., bis der Petroläther keine Trübung mehr hervorrief. Die resultierenden Auszüge wurden ver- einigt, der Petroläther abgezogen und der Rückstand getrocknet. Es resultierte so ein Körper, dessen Löslichkeitsverhältnisse sowohl als Aussehen mit denjenigen des aus der ursprünglichen Rohdroge dargestellten «-Resens übereinstimmten.

Eine Veränderung durch den Destillationsprozels schien somit hier nicht eingetreten zu sein. Die Elementaranalyse des über Schwefelsäure getrockneten Körpers ergab folgende Resultate :

I. 0,1413 g Substanz verbrannten zu 0,3952 g CO, u. 0,1348 g H,O,

I. 035g E „06505 n0aBer II. 0,1870 g E 5 „052585 2.078273

A. Baur: Ueber Opoponax. 233

Gefunden: Berechnet L LE LER für 079 H, 0, 5 (a 76.27 76,41 76,68 76,49 H 10,59 10,59 10,63 10,75

Vergleicht man mit obigen Zahlen die für das aus der ursprüng- lichen Droge dargestellte «-Resen gefundenen Zahlen:

% TE BU) 7 70,20 76,54 Proz. H 10,91 10,83

so ergiebt sich hieraus die Identität der beiden Körper und die gleiche Formel C,, H;, O,.

Die beim Fällen des Aetherauszuges mit Petroläther hinter- bleibende Masse wurde mit Petroläther digeriert und nach dem Ab- gielsen des letzteren durch wiederholtes Lösen in Alkohol und Fällen daraus gereinigt. Sodann wurde in Aether gelöst und dieser mehr- mals mit Ammoniak geschüttelt, wobei ein Teil mit brauner Farbe an das Ammoniak ging. Nach der Trennung der Schichten wurde der Aether verdampft. Der resultierende Körper stimmte in allen seinen Eigenschaften mit dem aus der Rohdroge durch Extraktion mit Aether erhaltenen #-Resen überein, was ebenfalls eine Ver- änderung durch den Wasserdampf ausschliefst. Die Elementar- analyse ergab folgende Zahlen:

I. 0,1776 g Substanz verbrannten zu 0,4866 g CO, u. 0,1621 g H,O.

I. 0,2190 g = I »:0,5990 8; ı 7. u. 0,2023, 05 IT 02111 g = > 05 gg. a Eimizeme Gefunden: Berechnet T II. III. für Ca Hz O5: C 74,12 74,59 74,63 7441 H 10,4 10,27 10,28 10,07

Obige Zahlen, verglichen mit denjenigen, die für das aus der Rohdroge dargestellte #-Resen gefunden wurden, nämlich :

I. I. C 74,26 74,47 Proz. H 10,8 9,82 ergeben die Identität der beiden Körper und die gleiche Formel

0 Hz O;.

Nach dem Extrahieren mit Aether wurden die Rückstände mit Alkohol erschöpft und mit der resultierenden braunschwarzen Lösung auch die vom Aether abgetrennte Ammoniakschicht vereinigt. Nach dem Eindampfen hinterblieb eine schwarzgefärbte, etwas schmierige

234 A. Baur: Ueber Opoponax.

Masse von bitterem Geschmack. Zur Reinigung wurde wiederholt in Alkohol gelöst, filtriert und mit salzsäurehaltigem Wasser gefällt. wobei sich eine körnige Masse abschied. Sodann wurde mit Ammoniak digeriert, wobei sich nicht alles löste, hieraus wieder mit Salzsäure gefällt, wobei die überstehende Flüssigkeit braune Farbe annahm, und, um schliefslich ein aschefreies Produkt zu erhalten, mit Blei- essig niedergeschlagen. Der Niederschlag wurde mit heilsem Wasser und Alkohol gewaschen, in Alkohol suspendiert und Schwefelwasser- stoff eingeleitet. Nach dem Abfiltrieren des Schwefelbleis wurde die alkoholische Harzlösung wieder mit salzsäurehaltigem Wasser gefällt und damit solange fortgefahren, bis das Produkt aschefrei geworden war. Es resultierte ein braunes Pulver, dessen Eigen- schaften übereinstimmten mit denjenigen des Pana-Resinotannols und das, zur Verbrennung gebracht, folgende Zahlen ergab: I. 0,1107 g Subst. verbr. zu 0,2826 g CO, und 0,0867 g H,O.

II. 0,2048 g r ® 0,5226. 5 00, 015820 IH. 017568 ». » 04459 & CO, 0,1865 & 350. Gefunden:

C 69,62 69,59 69,25 Hi, 870 8,61 8,63 Berechnet für O3, H;, O5:

69,62 8,93

Vergleicht man diese Zahlen mit denjenigen, die die Elementar- analyse des aus der Rohdroge dargestellten Tannols ergeben hatte,

nämlich: 11176937 Broz.:C: IV. 69,94 Proz. C V. 69,85 Proz. C. 883, JEMEN 866. SSp0 EN 878.10

so ergiebt sich auch hier die Identität der beiden Körper und es scheint somit auch hier durch den Wasserdampf der Destillation eine Veränderung nicht eingetreten zu sein.

c) Versuche der Darstellung des Chironols aus h der Rohdroge.

Um zu konstatieren, ob das aus den Rückständen der Destilla- tion mit gespanntem Wasserdampf erhaltene Chironol schon im ur- sprünglichen Gummiharz vorhanden oder ob dasselbe als ein Zer- setzungsprodukt aufzufassen sei, untersuchte ich zuerst den Petrol- ätherauszug der Rohdroge. Wäre Chironol in derselben vorgebildet, so müsste dasselbe, da es sich in siedendem Petroläther leicht löst,

A. Baur: Ueber Opoponax. 235

bei der Extraktion am Rückflufskühler in denselben übergegangen sein. Verschiedene Versuche, die mit dem Rückstand dieser Extrak- tion gemacht wurden, führten niemals zu Chironol, so dals als sicher anzunehmen ist, dals dasselbe im Opoponax nicht vorgebildet ist. Auch in den andern Auszügen war es nicht nachzuweisen.

Bei längerem Destillieren der Rohdroge mit gewöhnlichem Wasserdampf wurde Chironol aus den Rückständen nicht erhalten, es scheint somit gespannter Dampf von hoher Temperatur notwendig zu sein, um die Zersetzung herbeizuführen.

Trotzdem die Harze sich beim Kochen gegen Schwefelsäure und Alkali als resistent erwiesen hatten, wurde dennoch versucht, dieselben durch gespannten und überhitzten Wasserdampf einzeln zu zerlegen. Aber auch diese Versuche führten zu keinem Resultat, Chironol war daraus nicht erhältlich. Da sich aufserdem die übrigen aus den Destillationsrückständen dargestellten Körper als mit den- jenigen der Robdroge identisch erwiesen hatten, so ist nicht daran zu zweifeln, dafs das Chironol nicht ein Zersetzungsprodukt der Harze darstellt.

B. Das ätherische Oel.

Obgleich eine eigentliche Untarsuchung des Opoponaxöles nicht im Programm vorliegender Arbeit lag, so wurden gleichwohl einige Versuche mit demselben gemacht.

Der Petrolätherauszug des ursprünglichen Gummiharzes ent- hielt auch die Hauptmasse des Oeles. Um dasselbe von ebenfalls gelöstem Harz zu befreien, versuchte ich es zu fraktionieren. Im Anfang ging noch Petroläther über, aber bald begann sich die gelbe Flüssigkeit im Kolben grün zu färben und das Destillat von schwach gelber Farbe zeigte starken Geruch nach Zersetzungsprodukten. Bei weiterem Erhitzen, und zwar schon unter 170%, wurde das Destillat immer dunkler gelb gefärbt, während der Kolbeninhalt schliefslich schwarzgrüne Farbe zeigte und beim Erkalten fest wurde. Destillat sowohl, wie Rückstand rochen stark empyreumatisch.

Um die Destillation bei niedrigerer Temperatur vornehmen zu können, wurde der Fraktionierapparat an die Luftpumpe ange- schlossen. Obschon ich hierbei nicht über 130° erhitzte, so zeigten sich gleichwohl wieder Zersetzungsprodakte, die auch beim Versuche

236 A. Baur: Ueber Opoponax.

einer Trennung von Harz und Oel durch Fraktionieren im Kohlen- säurestrom auftraten. Es blieb, da auch durch Lösungsmittel eine Trennung nicht möglich war, nichts übrig, als mit Hilte von Wasser- dampf das Oel zu entfernen. (s. oben.)

Der zuerst übergehende Anteil, der noch ziemlich viel Petrol- äther enthielt, war beinahe farblos. Beim Stehen über Wasser schied er allmählich eine weilse Haut ab, die sich unter Gelb- färbung am Boden des Kolbens absetzte und sich als, wahrschein- lich durch den Sauerstoff der Luft verharztes, Oel erwies. Das überstehende Oel wurde abgetrennt und durch vorsichtiges Er- wärmen möglichst vom Petroläther befreit.

Nach dem Trocknen über Chlorcalcium versuchte ich, es zu fraktionieren: zuerst destillierte reiner Petroläther; von ca. 900 ab nahm das Destillat aromatischen Geruch an und der Hauptanteil ging zwischen 105 u. 1200 über. Bis 1500 war dann das Destillat noch dünnflüssig und farblos, von 1500 an wurde es gelb und nahm dabei mehr die Konsistenz eines hellen Oeles an. Leider war es mir nun nicht möglich, diese farblosen Fraktionen zur Verbrennung zu bringen, da dieselben immer noch Petroläther enthielten und dieser bekanntlich kaum zu entfernen ist. Weder ein Redestillieren mit Wasserdampf, noch Durchsaugen von Luft, die das Oel mit samt dem Petroläther fortrifs, führten zum Ziele. Immerhin glaube ich vermuten zu können, dals es sich hier eher um Terpene handelt, während dann die gleich zu besprechenden Fraktionen eher die esterartigen Anteile darstellen würden.

Die nach dem Vorigen übergehende Partie des ätherischen Oeles war nun hellgelb gefärbt und in Aussehen und Konsistenz eher einem fetten Oele ähnlic. Der Geschmack war scharf brennend, der Geruch angenehm und aromatisch. Es war nicht mischbar mit wässerigen Alkalien, löslich dagegen in Alkohol, Aether und Petroläther.

Ein Versuch, dieses Oel in verschiedene Fraktionen zu zer- legen, ergab ein negatives Resultat insofern, als bald, auch bei An- wendung des Vacuums, wieder der Geruch nach Zersetzungsprodukten auftrat.

Da in letzter Zeit durch eine Reihe von Arbeiten das Vor- handensein von Estern in einer grofsen Anzahl von ätherischen Oelen

A. Baur: Ueber Opoponax. 237

nachgewiesen worden, so machte ich mit diesem Anteil des Opoponax- öles Verseifungsversuche. Ein Teil derselben wurde zuerst mit einer 3 prozentigen, wässerigen Kalilauge am Rückflufskühler gekocht. Es trat aber so heftiges Stolsen ein, dafs der Versuch unterbrochen werden mulste. Beim Kochen mit 3 prozentigem alkoholischem Kali war das Stolsen geringer. Nach mehrtägiger Einwirkung wurde das immer noch in zwei Schichten getrennte Reaktionsgemisch in Wasser gegossen und dann mit Aether geschüttelt. Die Schichten trennten sich nur schwierig, wobei der Aether braune Farbe annahm, wahrscheinlich herrührend von braunem Aldehydharz aus Kalilauge und Alkohol. Der Aether wurde verdunstet und die resultierende braune, etwas dickliche Flüssigkeit nach dem Trocknen über frisch geglühtem Kalicarbonat fraktioniert. Die Hauptsache ging zwischen 220 und 255° über. Es war dies eine farblose, lichtbrechende Flüssigkeit von sehr angenehmen, an Anis erinnerndem, Geruch und scharf brennendem Geschmack. Die alkalische Flüssigkeit wurde mit Schwefelsäure angesäuert und mit Aether ausgeschüttelt. Nach dem Verdunsten des Aethers hinterblieb etwas Wasser, das den unangenehmen Geruch einer Fettsäure, deren Identität durch den Geruch nicht genau zu bestimmen war, besafs und deutlich sauer reagierte. Dieser Geruch stimmte überein mit demjenigen, der bei den Verseifungsversuchen mit den Harzen aufgetreten war. Eine nochmalige Destillation dieser Flüssigkeit mit Wasserdampf führte zu einem Destillat von denselben Eigenschaften. Leider ist es mir nicht gelungen, genügende Mengen von dieser Säure zu erhalten, um deren Siedepunkt bestimmen oder sie zur Verbrennung bringen zu können, jedoch läfst der charakteristische Geruch die Anwesenheit einer Fettsäure aulser Zweifel.

Der Verseifungsversuch wurde nun, um die Oelschicht von der wässerigen, alkalischen besser trennen zu können, dahin abgeändert, dafs die, bei der Verseifung resultierende Flüssigkeit durch Destillieren mit Wasserdampf abgetrennt wurde. Die zurückbleibende alkalische Lösung verhielt sich beim Ansäuern inbezug auf die auf- tretende Fettsäure gleich wie beim vorigen Versuch, dagegen ent- hielt sie noch eine harzartige, braune schmierige Masse, aus der das Alkali entfernt wurde. Dieselbe wurde successive mit Petroläther, Aether und Ammoniak und schliefslich Alkohol behandelt, wobei

238 A. Baur: Ueber Opoponax.

alle Lösungsmittel etwas aufnehmen, genau wie beim ursprünglichen Gummiharz. Auch bei diesem Verseifungsversuch konnte aus der vom Wasser abgetrennten und getrockneten Oelschicht wieder der zwischen 220 und 255 0 übergehende Hauptanteil erhalten werden. Derselbe wurde durch fraktionierte Destillation in einzelne Anteile zerlegt, deren Geruch mit Zunahme des Siedepunktes allmählich ab- nahm, so dafs z. B. eine zwischen 250 und 255° (unkorr.) über- gehende Fraktion nur noch geringen Geruch zeigte. Ueber 255 färbte sich die Flüssigkeit gelb und roch dann unangenehm. Die Fraktion zwischen 250 und 255, die vollständig farblos war, wurde zur Verbrennung gebracht, nachdem sie über frisch geglühtem Kali- carbonat getrocknet worden. Es ergaben sich folgende Zahlen:

I. 0,1539 g verbrannten zu 0,4834 g CO, und 0,1672 g H,O

II. 0,1086 g d 0,3418 g CO, 0,1209 & H,O II. 0,1074 g z 0,3369 g CO, 0,1154 g H,H Gefunden: Berechnet für 0,, H,O T. iR 1, C. 85,66 85,91 85,99 85,71 H4412,07. 12,36 11,93 12,24

Vergleicht man diese Formel C,,; Hg, mit derjenigen des Chironols, Os, Hjs O, so erkennt man, letztere verdoppelt, dals sie sich von derjenigen der Oelfraktion durch einen Mehrgehalt von einem Atom Sauerstoff unterscheidet. Da nun die Resene durch Destillation mit gespanntem Wasserdampf nicht verändert zu werden scheinen, so ist nicht ausgeschlossen, dafs das Chironol aus dem Oel gebildet wird, was noch zu untersuchen wäre.

Dafs durch Alkali eine Verseifung von Estern stattfindet, beweist nicht nur das Auftreten des Geruches nach Fettsäuren, sondern auch das Verhalten des vom Alkali abdestillierten Oeles, das, mit Benzoylchlorid versetzt, beim gelinden Erwärmen unter lebhaftem Kochen, eine stürmische Reaktion lieterte. Die resultierende braun- schwarze Schmiere war aber leider nicht zu reinigen, so dals eine krystallisierte Verbindung nicht erhalten werden konnte. Immerhin lälst die eingetretene Reaktion auf eine Benzoylierung und so- mit auf das Vorhandensein von Oelalkoholen (sog. Oleolen) im Oel- anteil schliefsen.

Mit konzentrierter Salpetersäure erwärmt schäumte das Oel zuerst stark auf und ging dann beim Erkalten in eine feste, harz-

A. Baur: Ueber Opoponax. 239

artige Masse von grofser Brüchigkeit über. Sie war unlöslich in Petroläther, löslich dagegen zum Teil in Aether, zum anderen Teil in Alkohol. Die restierende, nicht mehr ölige Flüssigkeit war intensiv gelb gefärbt und zeigte die Reaktionen der Pikrinsäure. Mit kon- zentrierter Salpetersäure weiter erhitzt ging dann auch die harzartige Masse allmählich vollständig in Lösung.

C. Der Bitterstoff.

Das beim Auskochen des Alkoholauszuges der Rohdroge, resp. des Resinotannols resultierende Wasser besals stark bitteren Ge- schmack und versuchte ich defshalb, den Bitterstoff daraus darzu- stellen. Beim Eindampfen resultierte eine braunschwarze Flüssigkeit, aus der auch bei längerem Stehen keine Krystalle erhältlich waren, während beim Verdampfen eine braune Schmiere, die anorganische Stoffe enthielt, zurückblieb. Um den Bitterstoff rein zu erhalten, wurde das Wasser mit Tierkohle digeriert und dann versucht, ihn der Tierkohle durch Extraktion mit Alkohol zu entziehen, was auch gelang, denn der Alkohol zeigte stark bitteren Geschmack. Aber auch jetzt war zu einem krystallisierten Körper trotz monatelangen Stehens nicht zu gelangen.

Da sich aus der wässerigen Lösung durch Zusatz von Blei- essig ein brauner Niederschlag abschied, versuchte ich die Reinigung in der Weise, dafs ich mit Bleiessig fällte, von der überstehenden braunen Flüssigkeit abtrennte, mit Wasser auswusch und hernach darin suspendierte. Es wurde nun Schwefelwasserstoft eingeleitet und vom gebildeten Schwetelblei abfiltriert. Die resultierende, schwach gelblich gefärbte Flüssigkeit besals bitteren Geschmack. Es war aber auch jetzt weder ein krystallisierter Körper, noch ein reiner amorpher, nicht erhältlich. Mit Eisenchlorid färbte sich die gelbe wässerige Lösung dunkler.

D. Das Gummi.

Das in teilweise sehr schönen, durchsichtigen und fast weilsen Körnern aus der Droge ausgelesene Gummi, das die Hauptsache der Droge ausmachte, löste sich in heilsem Wasser und war daraus durch öfteres Fällen mit Alkohol fast rein weils zu erhalten. Eine Untersuchung desselben wurde nicht vorgenommen und sei hier auf eine eingehende Untersuchung eines anderen Burseraceengummis,

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der Myrrhe, mit dem sich Köhler!) beschäftigte, verwiesen.

Anhang. Mekkabalsam. Da, wie sich aus dem botanischen Teil vorliegender Arbeit ergiebt, das von mir untersuchte Opoponax von einer Burseracee stammt, so will ich gleich hier einiger Beobachtungen, die ich mit

einem andern Burseraceenharz, nämlich dem Mekkabalsam ge-

macht habe, Erwähnung thun. Die Stammpflanze des schon im Altertum als Heilmittel und

Wohlgeruch hochgeschätzten, auch in ger Bibel mehrfach erwähnten Fortsetzung im Heft IV.

Nachtrag zu der Arbeit von F. Koch: Beiträge zur Kenntnis der mitteleuropäischen 6alläpfel, sowie der Serofularia nodosa L.

Diese Arbeit ist auf Veranlassung von Herrn Professor Dr.

H. Brunner im chemischen Laboratorium der Uni-

versität Lausanne ausgeführt und spreche ich ihm für die mir

erwiesene Unterstützung und Förderung dieser Untersuchungen meinen wärmsten Dank aus. Was das Gallocerin in den Gallen, sowie den Nachweis von Lecithin, Cholin, Palmitinsäure, Oelsäure, Phosphor- säure und Kaffeegerbsäure in Scrofularia nodosa anbetrifft, so hat Herr Professor Brunner darüber im Juli 1894 in der „Societe

vaudoise des sciences naturelles“ in unsern beiden Namen referiert

und ist danach dieser Teil als von uns Beiden publiziert aufzufassen.

München, den 30. März 1895. F. Koch.

Berichtigungen.

1. Zu ie Abhandlung vonDoebner: „Ueber Chinolin im Braun-

kohlentheer“, Bd. 232, Seite 693, Zeile 16 statt „Siedepunkt 2300“ lies. Siedepunkt 9370.

2. Zu der Abhandlung desselben über Brucinpolysulfid ibidem

Seite 695, Zeile 14 statt C 52,02 Proz. lies C 51,02 Proz.

1) Archiv der Pharm. 1890. S. 293.

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ARCHIV

DER

PHARMACIE

herausgegeben

vom

Deutschen Apotheker-Verein unter Redaction von

E. Schmidt und H. Beeckurts.

Band 233. Heft 4

BERLIN.

Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. ; z

1895.

INHALT.

A. Baur, Ueber ‘das Burseraceen-Opoponax . . 241

OÖ. Chimani, Untersuchungen über den Bau der Milchröhren, mit besonderer Berücksichtigung der Kautschuck und REN percha liefernden Pflanzen . . . 253

M. Hohenadel, Ueber das Sagapen . . 259 Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der Ubi- versität Bern.

C. Boettinger, Zur Kenntniss der Glyoxylsäure . . 286

Dr.P.C. Plugge. Ueber die Identität von Baptitoxin und Cytisin 294 Untersuchungen aus dem pharmaceutischen Laboratorium der Universität Groningen.

H. Kiliani. Ueber ERS puz Du ‚sermanig und Digital

num verum . )', - - Ueber #8 Digitoxin . En e

Eingegangene Beiträge.

A. Partheil, Ueber die Bestimmung des Glycerins im Weine etc.

K. Th. Hallström, Anatomische Studien über den Samen der Myristi- caceen und ihre Arillen.

E. Winterstein, Chemische Zusammensetzung von Pachyma Cocos und Mylitta lapidescens.

H. Beckurts, Zur Kenntnis der Angostura-Alcaloide.

H. Beckurts und H. Seiler, Ueber Fettuntersuchungen. mit dem Refractometer.

H. Beckurts und F. Oelze, Zur Kenntnis des Hirschtalgs.

P. C. Plugge, Ueber das Vorkommen von Cytisin in verschiedenen Papilionaceen.

(Geschlossen den 21. Juni 1895.)

Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,—.

Alle Beiträge für das „Archiv‘‘ sind an die Archiv-Redaction

Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder Herrn Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig,

alle die Inserate u. s. w., überhaupt die Archiv-Verwaltung und die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den

Deutschen Apotheker-Verein

Berlin ©. 22, An der Spandauer Brücke 14 einzusenden.

Anzeigen.

Dieselben werden mit 40 Pfg. für. die durchgehende und mit 25; Pfg für die gespaltene

Seite

Petitzeile oder deren Raum berechnet, Beilage-Gehühr für das Tausend der Auflage 53 z.Z. 3650 Mk. ıo. Für Beilagen, welche nicht dem Format des „Archiv“ entsprechen, A

bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten

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A. Baur: Ueber Opoponax. 241

4 Mekkabalsam führt verschiedene Namen. Erwähnt seien hier: = Balsamodendron gileadense Kunth, Amyris Opobalsamum Forsk und Berg, Amyris gileadense, Balsamodendron Ehrenbergianum, Commi- phora Opobalsamum Engler u. s. w. | Nach Angabe verschiedener Autoren soll der gewöhnliche Mekkabalsam dargestellt werden durch Auskochen der Blätter und Zweigspitzen des Balsamstrauches und dürfte somit ein wenig reines Produkt vorstellen, während der im Orient ziemlich hoch im Preise stehende Balsam eher die auf den Zweigen ausgeschwitzten Tröpfehen darstellen dürfte.!) Chemische Untersuchungen des Mekkabalsams sind ansgeführt worden von Trommsdorftf?, und Bonastre?°). Hier kurz die Ergebnisse der Analysen:

Trommsdorff: Bonastre: Aether. Oel 30,0. Aether. Oel 10,0. Hartes Harz 64,0. Lösl. klebendes Harz 70,0. Klebendes Harz 4,0. Unlösl. Harz (Burserin) 12,0. Bittere, färbende Subst. 0,4. Bitteres Extrakt 4,0. Saure Subst. u. fremde Beimengungen 1,0. Beim Vergleich der Resultate erkennt man, dafs dieselben wenig r

mit einander übereinstimmen.

Mit dem Mekkabalsam haben sich ferner beschättigt:

Vauquelin, Hirschsohn, Kreme)), Fristedt®), Heyd’), Nicolai?).

Der Balsam, der mir zur Untersuchung diente, stammte von Gehe u. Cie. und trug die Bezeichnung „naturale“.

1) Vergl. Schweinfurth: „Ueber Balsam u. Myrrhe“. Ber. d. pharm. Ges. 1893. S. 226.

2) Neues Journ., Bd. 16, S. 62 u. f. 1828.

3) Journ. de Pharm. 1832, XVIII. 94, 333.

4, Archiv, 1877, Bd. 8, 160. 1878, Bd. 10, 514.

5) Archiv, 1886, Bd. 24, 854.

6) Pharm. Handelsblatt, Bunzlau, 16. Aug. 76.

Upsala Läkareforen Fört. Bd. 11, H. 7 u. 8, pag. 657. -

7) Geschichte d. Levantehandels im Mittelalter II. 1879, 566—72.

8) Balsamum de Mecca, Dissertatio medico-physica. Wittenberg1726.

Vergl. ferner: Husemann-Hilger, Pflanzenstoffe S. 865. Wiesner, Rohstoffe S. 103. Henkel, Pharmakognosie S. 452. Wiggers, Pharma- kognosie S. 620. Wigand, Pharmakognosie $S. 362. Wittstein, Hand- wörterbuch d. Pharmakognosie S. 533. Guibourt, Drogues simples 2 III. 505. Henkel, Waarenkunde S. 11. Fehling, Handwörterbuch II. 622. De; Beilstein, org. Chemie II. 1795. Berzelius, Jahresbericht S. 13. 299, 4, Museum Museorum S. 402. Annalen d. Chemie u. Pharm. Bd. III- 147.

Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bds. 4. Heft, 16

242 A. Baur: Ueber Opoponax.

Er war dickflüssig, von braungelber Farbe, wenig trübe und reagierte schwach sauer.

Sein Geruch war angenehm aromatisch und erinnerte an den- jenigen der Koniferenharze, wie dies auch Schweinfurth angiebt der Geschmack war bitterlich kratzend und etwas brennend. Der Balsam war löslich: klar in Aether, Aether-Alkohol, Aceton und Essigsäure, trübe in Alkohol, Petroläther, Benzol, Chloroform, Toluol, ebenso in Schwefelkohlenstoff, wobei sich oben eine braun- gelbe Schicht abschied.

Da eine Trennung des ätherischen Oeles vom Harz durch Lösungs- mittel nicht zu erreichen war, wurde der Mekkabalsam der Destillation mit Wasserdämpfen unterworfen, wobei mit dem Wasser eine beträcht- liche Menge eines am Anfang farblosen, später gelblich werdenden Oeles von aromatischem, an Terpentinöl erinnerndem Geruch und hrennendem Geschmack überging, das vom Wasser abgetrennt wurde. Dieses Wasser reagierte sauer. Schüttelte man dasselbe mit Aether, so hinterlie(s dieser beim Verdampfen Spuren einer un- angenehm riechenden Fettsäure, deren Geruch demjenigen der Buttersäure zunächst kommt. Leider war es bei der geringen Menge, die ich erhielt, nicht möglich, dieselbe näher zu charakterisieren. Immerhin beweist ihr Auftreten, dafs auch im Oele des Mekkabalsams Ester von Fettsäuren vorkommen, die durch verseifende Mittel, wie z. B. Wasserdampf, zerlegt werden.

Ein Versuch, das Oel durch fraktionierte Destillation in einzelne Anteile zu zerlegen, hatte insofern keinen Erfolg, als das Thermo- meter zwischen 140 und 170°, wo fast alles Oel übergeht, keinen konstanten Siedepunkt zeigte. Jedoch sei bemerkt, dafs der Haupt- anteil zwischen 153 u. 1570 (unkorr.) übergeht. Dieser Anteil ist farblos, dünnflüssig und besitzt den ausgesprochenen Geruch nach Terpentinöl, mit dem es übrigens auch den Siedepunkt (gegen 160°) gemein hat.

Die folgenden Fraktionen nahmen allmählich gelbliche Farbe an, wurden etwas dickflüssiger und verloren den Terpentinölgeruch, sodals sie bei 160° (unkorr.) z. B. fast geruchlos waren, während eine Fraktion zwischen 160 und 170° mehr den Geruch nach gelben Rüben zeigte.

A. Baur: Ueber Opoponax. 243

Das bei der Destillation des ursprünglichen Balsams mit Wasserdampf über dem Harz stehende Wasser hinterlieis beim Ver- dampfen einen braunen, schmierigen Rückstand von stark bitterem Geschmack.

Behandelt man das resultierende braunrote Harz in der Wärme mit verdünnter Natronlauge, so scheidet sich beim Erkalten ein schmieriger, einer Harzseife ähnlicher Körper ab, der an der Luft langsam erhärtet. Mit 1Oprozentiger Natronlauge enststeht beim Er- wärmen ein dem vorigen ähnlicher, fester Körper; bei einem Ueber- schufs’ von Balsam wird dagegen Seife nicht abgeschieden. Beide waren löslich in Wasser, Alkohol (daraus weilse Flocken absetzend), teilweise in Aether und Petroläther. Mit alkoholischem Kali entsteht keine feste Seife, mit Natriumcarbonat wird dieselbe ebenfalls schmierig.

In Ammoniak ist der Balsam nicht vollständig löslich, bildet nur teilweise flüssige Seife und setzt einen harzartigen Körper ab. Aus den Lösungen der Seifen, die stark schäumen, läfst sich das Harz durch Säuren wieder ausfällen. Extrahiert man die Seifen mit Aether, so nimmt derselbe ein braunrotes Harz daraus auf, das sich mit Alkali nicht zu verbinden und mit den Seifen emulgiert zu sein scheint.

Obiges Verhalten läfst es als wahrscheinlich erscheinen, dafs auch beim Mekkabalsam, wie bei den anderen untersuchten Bursera- ceenharzen (Opoponax, Myrrha)!) die Harze nicht Ester vorstellen, sondern eher in Form einer oder mehrerer Harzsäuren oder Alko- hole (Tannole), d. h. dem in Alkalien löslichen Anteil, neben gegen Alkali indifferenten Harzen vorhanden sind, welch letzteren ich den Namen Resene beigelegt habe. Was mich die Anwesenheit von Harz- säuren ebenfalls vermuten läfst, ist die Fälibarkeit der alkoholischen Lösungen der aus Alkali mit Säuren abgeschiedenen Harze durch Metallverbindungen, wie z. B. Baryumhydroxyd und Bleiacetat.

Ich war leider durch äufsere Umstände genötigt, diese Arbeit vorläufig zu unterbrechen, glaubte aber doch, diese wenigen Re- sultate zur Vervollständigung der Kenntnis der Burseraceenharze an-

führen zu sollen.

) Köhler: Archiv. d. Pharm. 18%, S. 313. 16*

244 A. Baur: Ueber Opoponax.

II. Botanischer Teil. 1. Opoponax.

Es war möglich, eine grölsere Anzahl von Pfianzenresten aus der im Handel befindlichen Droge auszulesen. Dieselben bestanden aus ziemlich grofsen und bisweilen eine Dicke von 6 mm erreichen- den Rindenstücken, die teils mit dem Korke bedeckt, teils von dem- selben befreit waren. Daneben fanden sich Korkbänder, teils papier- dünn, teils dick und von hornartiger Beschaffenbeit. Auch Holzstücke waren darin zu finden. z

In der Rinde waren lysigene Gummiharzhöhlen zu beobachten. Es unterliegt somit keinem Zweifel, dafs das Opoponax ein Produkt der Rinde ist. Ob das Gummiharz auch im Holzkörper sich bilden kann, ist nicht ganz sicher. An einigen beigemengten Holzstücken war die Bildung von mit Gummiharz erfüllten Räumen, die deutlich den OÖharakter typischer Gummiharzlücken trugen, aulser Zweifel.

Die Gefäfse des auffallend dünnwandigen Holzkörpers hatten eine Weite von 136—221 « und zeigten sehr starke Thyllenbildung.

Die Markstrahlen besalsen eine Breite von 2—3 Zellen. Die Markstrahlzellen sind auffallend radial gestreckt. Im Holzparenchym findet sich Stärke.

Von den beigemengten Rindenstücken blättert der Kork aufserordentlich leicht ab, indem er sich in der Phellogen- schicht loslöst. Die Korkzone besteht aus sehr zahlreichen Kork- zeilreihen und ist infolge Auftretens von Korktrennungsschichten in dünne Lamellen gespalten, so dafs man sie nickt selten in vier und mehr dünne Blätter mechanisch zerlegen kann. Die Korkzellen be- sitzen eine dünne Suberinlamelle und innerhalb derselben eine breite Celluloseauflagerung. Diese Schicht färbt sich daher mit Jod- Schwefelsäure blau. Sie ist so stark, dafs oft nur ein spalten- förmiges Lumen übrig bleibt. Bisweilen ist noch die haartragende Epidermis dem Kork aufsen aufliegend erhalten.

Innerhalb der Korkschicht folgt die parenchymatische primäre Rinde, welche reichlich mit Phlobaphenen erfüllt und daher braun gefärbt ist. In zahlreichen Zellen finden sich wohlausgebildete klinorhombische Kalkoxalatkrystalle.

Dann folgt der gemischte Ring, der schon auf dem Lupenbild als helle Zone sich zeigt. Er besteht vorwiegend aus stark ver-

A. Baur: Ueber Opoponax. 245

dickten Sklereiden, zwischen denen man nur vereinzelte Bastfasern erkennt und ist häufig gesprengt und in einzelne Gruppen aufgelöst.

Die sekundäre Rinde läfst aut dem Querschnitt die mehrere Zellen breiten Rindenstrahlen nur undeutlich erkennen, besser an mit Schultze’'scher Macerationsflüssigkeit behandelten Präparaten, ist aber infolge von Tangentialreihen charakteristischer Sekretbehälter tangential gezont. Es wechseln nämlich schmale Phloömparenchym- bänder, deren Zellen einen braunen Inhalt führen und zwischen welchen man reichlich Sekretbehälter findet, mit sehr breiten Sieb- streifen ab, die charakteristische Obliteration der Siebelemente in hervorragendem Malse zeigen, so dafs hier neben wenigen, meist krystallführenden Phloömparenchymzellen (Phloimparenchymzellen) aufserordentlich zahlreiche Keratenehymbänder, d.h. Streifen oblite- rierter Siebelemente, angetroffen werden. Auch in diesem Teil der Rinde sind die Kalkoxalatkrystalle sehr zahlreich und in weitaus der überwiegenden Zahl der Fälle vortrefflich ausgebildet. Sowohl auf dem Querschvritt als auch auf dem radialen Längsschnitt sind die Keratenchymbänder sehr schön zu sehen und nur in der an das Cambium angrenzenden Partie ist die Obliteration der Siebbänder noch nicht bemerkbar. Auch in der sekundären Rinde tritt Sklerose auf und da und dort beobachtet man Sklereidennester.

Die Sekretbehälter, deren Entwicklungsgeschichte freilich an dem vorliegenden, nur älteren Rinden angehörenden Material nicht verfolgt werden konnte, scheinen, soweit man Schlüsse aus dem tertigen Zustand ziehen kann, schizogenen Ursprungs zu sein. !) Sie sind mehr oder weniger in die Länge gestreckt und zeigen eine auffallend breite resinogene Schicht,?) die hier als kontinuierliche Schleimmembran entwickelt ist und eine deutliche innere Haut?) als Abgrenzung gegen die Kanalmitte hin zeigt und sich bisweilen von den sezernierenden Zellen faltig abhebt. Von diesen Sekretbehältern scheint die Bildung grofser, demnach schizolysigener*) Sekretlücken auszugehen, denn man beobachtet bisweilen, dafs dort, wo die

l) vergl. auch die Abbildungen von Burseraceengängen in Tschirch's angew. Anatomie S. 480, 481, 498.

2) Tschirch: Pringsh. Jahrb. für wissenschaftl Bot. Bd. XXV Heft 3 R. 375.

3) Tschirch : ebenda S. 375.

4) Tschirch: Angew. Pflanzenanatomie S. 477.

246 A. Baur: Ueber Opoponax.

Sekretbehälter normaler Weise zu suchen wären, d. h. zwischen den Keratenchymstreifen, mehr oder weniger grofse Gummiharzlücken, deren Randzellen in Auflösung begriffen sind, vorkommen. In diesen Gummiharzlücken geht offenbar die Erzeugung des gummi- reichen Sekretes vor sich.

Die Bildung schizolysigener Sekretbehälter ist für die Familien der Terebinthinengruppe charakteristisch.!)

Der ganze Bau dieser aus der Droge ausgelesenen Rinden- stücke läfst erkennen, dafs wires keinesfalls mit einer Umbellifere hier zuthun haben und macht es mehr wie wahrscheinlich, dafs eine Pflanze vorliegt, weche zu den Burseraceen und zwar zur Gattung Balsamodendron gehört, wie ja denn auch schon Holmes ?), ohne jedoch irgend welche Gründe hierfür anzugeben, den jetzt im Handel befindlichen Opoponax von Bal- samodendron Kafal ableitet. Zur Erhärtung dieser Ansicht sei die Anatomie der Rinde von Balsamodendron geleadense und Bal- samodendron (Balsamea) Myrrha beschrieben.

2. Balsamodendron gileadense.

Zur Untersuchung lag vor ein sicher bestimmtes Stammstück, von Dr. Schweinfurth an Ort und Stelle gesammelt und von ihm mit folgender Aufschrift versehen :

Balsamodendron gileadense Kth. (Amyris Opobalsamum Forsk. u. Berg) in Vorbergen des Bebel Schellal am Cap Elba an der nubischen Küste. Niedere Bäumchen mit trauerweidenähnlichen Rutenzweigen, häufig an der nubischen Küste.

bega: Ajokt, Ajäb, Majäk, Ssuit, die echte Myrrhe der Alten.

Das Stück hatte eine Länge von 20 cm und einen Durch- messer von 5 cm und war vollständig mit dem leicht ablätternden hellgelben Kork bedeckt. Die Rinde besafs einen Durchmesser von 1l1/; bis 2 mm.

Der papierdünne, durch zahlreiche Korktrennungsschichten in einzelne Blätter sich lösende Kork, der die Oberfläche der Rinde dieser Pflanze bedeckt, ist gleich gebaut wie der Kork des oben be- schriebenen Balsamodendron Kafal, d. h. er wird gebildet von 1) W.Sieck: „Untersuchungen über trop. Heilpflanzen“ Archiv 1894.

S. 309 2, Pharm. Journ. 1891. S. 838.

A. Baur: Ueber Opoponax. 247

Korkzellen mit dünner Suberinlamelle und breiter Celluloseschicht. Die Korkschichten sind dünner als bei der Opoponaxpflanze. Die Zellen sind auffallend stark tangential gestreckt. Der innerhalb der primären Rinde auftretende gemischte Ring ist schmal und besteht hauptsächlich aus Sklereiden. Er ist oft gesprengt.

In der sekundären Rinde beobachtet man zahlreiche Gruppen von Bastfasern, die, wie der Tangentialschnitt lehrt, mit einander anastomosieren und von Krystallkammerfasern begleitet werden. Diese Gruppen sind schon mit blofsem Auge auf dem Querschnitt als helle Inseln zu bemerken.

Auch bei diesem Balsamodendron wechseln schmale, die ovalen, wenig gestreckten Sekretbehälter führende Phloömparenchymbänder mit braunem Inhalt mit Keratenchymstreifen ab, doch sind beide hier schmaler als bei der Opoponaxpflanze.

Auch hier sind wohlausgebildete Kalkoxalatkrystalle im Phlo&m- parenchym sehr häufig. Die Sekretbehälter mit dicker resinogener Schicht gleichen denen der Opoponaxpflanze.. Die innere Haut ist meist vortrefflich zu sehen.

Es diente ferner zur Untersuchung ein dünner Zweig mit der Aufschrift: Balsamodendron Opobalsamum Kth. (myrıs Opo- balsamum 1L.), aus dem Herbar des botanischen Instituts der Uni- versität Bern stammend. Der äufsere Habitus stimmte mit dem- jenigen des im Berg-Schmidt’schen Atlas abgebildeten Dalsamoden- dron Ehrenbergianum Bg = Balsamodendron Gileadense Kth. über- ein, ebenso mit den Beschreibungen Schweinfurth's’).

Die mikroskopische Untersuchung zeigte ebenfalls einen infolge zahlreicher Trennungsschichten abblätternden Kork. An der innern Grenze der primären Rinde folgt ein schmaler gemischter Ring, bei dem Gruppen von Bastzellen und Sklereiden ziemlich regelmälsig mit einander abwechseln. Inder sekundären Rinde findet man zahl- reiche schizogene Sekretbehälter mit aufserordentlich deutlichem, hyalinem resinogenem Beleg, der schon in Wasser quillt. Zahlreiche Zellen des Phlöeimparenchyms enthalten die oben erwähnten wohl- ausgebildeten Kalkoxalatkrystalle.e Auch Keratenchymbänder sind vorhanden.

7) „Ueber Balsam u. Myırhe“: Ber. d. Pharm. Ges. 1893. S. 218.

248 A. Baur: Teber Opoponax.

Dagegen stimmt der Bau der Blätter mit demjenigen der aus dem Opoponax ausgelesenen, übrigens viel gröfseren Blattes nicht überein, während die Aehnlichkeit im Bau der Rinde von Bals. Gilead. und der Opoponaxpflanze in die Augen springend ist.

3. Balsamodendron Myrrha.

Der Bau der sekundären Rinde von Balsamea Myrrha ist bereits von Tschirch beschrieben und abgebildet.!)

Mir lagen zur Untersuchung vor: Holz und Rindenstücke, die aus der Droge ausgelesen waren und eine Dicke bis zu 6 mm er- reichten ; aufserdem einige Korklamellen, ebenfalls aus der Droge stammend.

Der Kork gleicht dem der beiden beschriebenen Pflanzen. Die einzeinen Blätter, in welche er sich spaltet, sind sehr dünn. Auch an den mir vorliegenden Stücken war innerhalb desunterbrochenen Bastzellringes (Anatomie. fig. 399 St.) eine Alternanz von auffallend breiten Phloömparenchymbändern, die zwischen je zwei Rinden- strahlen in ihrer Mitte je einen Sekretbehälter führen, und relativ schmalen Keratenchymbändern deutlich zu beobachten. Auch Borke- bildung war nachzuweisen.

Auf@Grund vorstehender, vergleichend-ana- tomischer Untersuchungen ist man berechtigt, eine zur Gattung Balsamodendron gehörige Pflanze als Stammpflanze desjetztim Handel befindlichen Opoponaxanzunehmen.

Da es mir gelungen war, aufser den oben beschriebenen grölseren Stücken auch einige kleinere von jüngeren Sprossen, sowie ein Stück eines Blattes mit daransitzendem Blattstiel aus der Droge auszulesen, so versuchte ich mit Hilfe derselben eine nähere Identi- fizierung der Stammpflanze.

Durch die Güte des Herrn E. Autran, Konservator des ‚„Herbier Barbey-Boissier“ in Genf, stand mir das in jenem Herbar vorhandene Materiel an Balsamodendron und verwandten Arten zur Verfügung und habe ich dann zum Vergleich folgende Pflanzen herbeigezogen :

1. Commiphora Opobalsamum, von Schweinfurth gesammelt. Aelteres

Rindenstück.,

I) Tschirch: Angew. Pflanzenanat. fig. 399.

A. Baur: Ueber Opoponax. 249

2. Hemprichia Kataf (Fk.) Schf. Nomen vern.: Kafal.

3. Balsamodendron Kafal, Kunth ? von Schimper.

4. Balsamodendron Kafal. Kunth. Kotschyi iter etc.

5. Hemprichia erythraea Ehrbg. (Balsam. Kafal F.?) Schf.

6. Balsamodendron abyssinic. Hochst. (B. Kafal, A. Richmon

Ktlı.), Schimper.

7. Amvris Opobals. Forsk. A. Deflers: Iter arab. II. 8. Balsamodendron Opobals. Knuth.

Bei der mikroskopischen Untersuchung sowohl der jüngeren Sprosse als der Blattstiele der aus der Droge ausgelesenen Stücke hatte es sich gezeigt, dafs dieselben mit charakteristischen Haaren bekleidet waren und suchte ich zuerst, diese beim Vergleichsmaterial wiederzufinden. Es zeigte sich aber, dafs nur Hemprichia Kataf (No. 2), Balsamodendr. Kafal Kth. (No.4) und Hemprichia erythraea (No.5) solche Haare besaf:en, während die andern Arten kahl waren.

Nachstehend folgen die Beobachtungen an jungen Sprossen und Blattstielen :

No. 1. Ausder Droge ausgelesen: Blattstiel: Nieren- förmiges Centralbündel mit fast ringsumlaufendem Bastzellbeleg. Im Siebteil keine Sekretbehälter, dagegen liegen aufserhalb des Bastzellringes zahlreiche Sekretbehälter, wie es scheint Sekretzellen. Gerade und gekrümmte Haare mit sehr stark verdickter Membran, 50—200 lang, ca. 20 « breit.

Stengel: Strahlenförmiger Holzkörper; in der Rinde grolse Sekretgänge und kontinuierlicher, wellenförmig verlaufender Bastzell- beleg. Gerade und schwach gekrümmte Haare mit relativ weitem Lumen, kegelförmiger oder selten hakenförmig gekrümmter Spitze. Kutiknlarwarzen selten oder fehlend. Länge der Haare 8S0—220 u. Breite 20 «.

No.2. Hemprichia Kataf. Blattstiel: Gestreckt nieren- förmige Bündel; im Siebteil ca. 11 Sekretbehälter; um das Ganze wellenförmig herumlaufend der Bastbeleg. Haare dünnwandig, ohne deutliche Kutikularwarzen, gerade oder schwach umgekrümmt, 65—205 lang, 20 « breit.

Haartragende Sprosse dieser Pflanze standen mir leider nicht zur Verfügung.

No. 4 Balsamodendron Kafal Kunth: Blattstiel: sternförmiges Bündel; Mark und Rinde reich an wohlausgebildeten

250 A. Baur: Ueber Opoponax.

Kalkoxalatkrystallen. Haare dünnwandig mit deutlichen Kutikular- warzen, meist in breitem Bogen stark hakenförmig umgekrümmt, 85—205 « lang, 20 « breit.

Sprofs: Bastzellring bogenförmig ringsumlaufend, bereits zer- sprengt. Haare dickwandiger als beim Blattstiel, mit sehr deutlichen Kutikularwarzen und starker, bogenförmiger Umkrümmung, 85—250 4 lang, 20 « breit.

No. 5. Hemprichia erythraea Ehrenbg. Blattstiel: Bündel nierenförmig. Im Siebteil in regelmäfsiger Anordnung meist acht Sekretbehälter. Um das Ganze wellenförmig herumlaufend der Bastzellbeleg. Zahlreiche, sehr lange, oft mehrzellige, dünnwandige gerade oder wenig gekrümmte Haare mit sehr zarten Kutikular- wärzchen. Länge der Haare 280—510 „, Breite 20 «.

Sprofs: Sekretbehälter und Bastzellring wie bei No. 4. Haare dünnwandig, häufig hakenförmig umgekrümmt, mit deutlichen Kutikularwarzen. Epidermis mit den Haaren noch oft erhalten, trotzdem darunter schon Kork erzeugt wurde. Länge der Haare 85—280 «, Breite 20 «.

Die Querschnitte durch Sprosse und Blattstiele von No. 3 Balsamodendr. Kafal Kunth? No. 6 Balsamodendr. abyssinic. und No. 7 Amyris Opobalsamum Forsk. waren im Typus derjenigen von No.22, 4 u. 5.

Aus dem Vergleich der Anatomie der Blattstiele des aus der Droge ausgelesenen Materials mit den Blattstielen von Balsamoden dronarten ergiebt sich, dafs die aus der Droge ausgelesenen Blatt stiele keinem Balsamodendron angehören können. Die Anatomie der ausgelesenen Sprosse dagegen zeigt, dafs wir es in der That mit einem Balsamodendron zu thun haben. Mit keinem der oben beschriebenen stimmt jedoch der Bau der Haare völlig überein, am meisten noch glichen sie No. 4, Balsamodendron Kafal Kunth, so dafs also die Vermutung, dals dies die Stammpflanze des gegen- wärtig im Handel befindlichen Opoponax sei, auch durch die Anatomie einige Unterstützung findet.

Neuerdings hat Holmes!) statt Balsamodendron Kafal Kunth den Namen Commiphora Kataf, unter welchem Engler Amyris,

Y, Pharmaceutical Journal 1394, S. 521.

A. Baur: Ueber Opoponax. 251

Balsamodendron und Balsamophloeos anderer Autoren zusammenfalst, gewählt.

Die Ergebnisse vorliegender Arbeit kurz zusammengefalst, sind gestützt auf:

1. das Ergebnis der botanischen Untersuchung, 2. die Unverseifbarkeit der Harze,

3. das Fehlen von Umbelliferon, das Sommer in allen Um- belliferenharzen, mit Ausnahme des Ammoniakums, nach- gewiesen,

4. das Fehlen von Schwefel, der ein integrierender Bestand- teil der Oele der persischen Umbelliferen zu sein scheint,

kann behauptet werden, dafs der gegenwärtig im Handel befindliche, zur Oeldestillation zu Zwecken der Parfumerie benutzte und auch von mir untersuchte Opoponax nicht von einer persischen Umbellifere stammt, sondern von einer zu der Familie der Burseraceen ge- hörenden Balsamodendron-Art, und zwar wahrscheinlich von Balsamodendron Katal.

Das Burseraceen-Opopanax besteht in der Hauptsache aus Gummi mit Verunreinigungen, Harz und ätherischem Oel. Das Harz läfst sich in folgende drei Körper zerlegen:

1. das «-Panax-Resen von der Formel C3, Hz, O,,

2. das 3-Panax-Resen von der Formel Os; Hzs O;,

3. das Pana-Resinotannol:! Cy; H;o O3:

Aus letzterer Formel geht hervor, dafs das Pana-Resinotannol

nicht zu derjenigen Klasse von Resinotannolen gehört, deren Molekül 6 C-Atome, resp. ein Multiplum davon enthält.!)

Beim Vergleich der Formeln untereinander zeigt es sich, dafs das $-Resen ein Oxydationsprodukt des a-Resens zu sein scheint. Sie unterscheiden sich dadurch, dafs «-Resen in Petroläther löslich, #-Resen dagegen darin unlöslich ist.

Schreibt man die Formel des Panaresinotannols—= C35 H,,; 05. (CH )a, so kann dasselbe eventuell als ein Dimethyloxydationsprodukt der

I) Tschirch: Ueber Sekrete und Sekretbildung. Vortrag, ge- halten auf der Naturforscherversammlung. Wien 1894.

10) or IN

A. Baur: Ueber Opoponax.

beiden andern Körper aufgefalst werden. Es unterscheidet sich von denselben durch seine Löslichkeit in Alkalien.

Die drei Körper stellen keine Ester vor, da es nicht möglich war, dieselben durch Einwirkung verseifender Mittel (Alkali, Schwefel- säure, gespannter Wasserdampf) zu zerlegen. In we'che Klasse die Resene einzureihen sind, ist vorläufig nicht ermittelt, sie scheinen keine Säuren oder Alkohole zu sein, da sie sich nicht in Alkalien lösen und sich nicht acetylieren lassen. Das Resinotannol zeigt Alkoholcharakter.

Das Oel enthält Ester, die durch verseifende Mittel in Alkohole (Oleole) und Fettsäuren (Buttersäure?) zerlegt werden.

Das Opoponax enthält ferner einen Bitterstoff, der nicht krystallisiert oder rein erhalten werden konnte.

Behandelt man das Opoponax bei ca. 100° mit gespanntem Wasserdampf, so wird dadurch das schön krystallisierende Chironol gebildet. Aus was dasselbe entsteht, ist nicht bekannt. Möglich ist es, dafs es aus dem Oel gebildet wird, da es aus den Harzen nicht zu stammen scheint. Sicher ist, dals es ein Zersetzungsprodukt dar- stellt, da es aus der Rohdroge ohne Einwirkung von Wasserdampf nicht erhalten werden konnte. Es ist ein Alkohol von der Formel Cy3 Hj; 0, der sich benzoylieren und acetylieren läfst, dagegen die Bildung eines Kalisalzes nicht ermöglichte und durch Oxydation mit Permanganat in der Wärme in einen Körper von der Formel C;g H,g O, übergeht, der eine Säure zu sein scheint und vorläufig den Namen Chironolsäure erhielt.

Die Verhältnisse liegen somit beim Opoponax (und auch bei den andern untersuchten Burseraceengummiharzen) anders, als bei den bis dahin im pharmaceutischen Institut untersuchten Harzen. Sie bilden die dritte Gruppe der Harze.

OÖ. Chimani: Bau der \ilchröhren. 253

Arbeiten aus dem pharmaceutischen Institut der Universität Bern.

Untersuchungen über die Sekrete. Mitgeteilt von A. Tschirch.

13. Untersuchungen über Bau und Anordnung der Milchröhren mit besonderer Berücksichtigung der Guttapercha und Kautschuk liefernden Pflanzen. Von Otto Chimani. (Eingegangen den 20. III. 1895.)

Die Litteratur über Milchsaftgefäfse (bis 1894) habe ich meiner im botan. Centralblatt veröffentlichten Arbeit als Einleitung voraus- geschickt. Es geschah dies in der Hoffnung, denjenigen einen Dienst zu leisten, welche über dies noch wenig aufgeklärte Kapitel der Milchsäfte weiter arbeiten wollen. Diese Zusammenstellung uınfalst gegen 100 Autoren. Im folgenden gebe ich eine kurze Uebersicht. Als Entdecker der Milchsaftgefäfse werden Theophrast und M.Lister genannt; M. Malphighi hat dieselben zuerst anatomisch dargestellt und N. Grew teilte sie bereits in 4 Gruppen ein. Diese „eigentümlichen Gefälse‘“ führten Forscher wie Moldenhauer, Treviranus, Zenker und Mayer insofern irre, als dieselben mit C. H. Schultz-Schultzenstein mehr oder weniger darin übereinstimmten, dafs in ihnen der Lebenssaft der Pflanze enthalten sei. Selbst Tr&cul teilte diese Ansicht, während Meyen und Unger dieselbe bereits lebhaft bestritten. Hierauf erklärte Schleiden den Milchsaft als Inhalt der Interzellularräume, welcher später eine eigene Hauterhalte.e. Eine anonyme Verfasserin, Mohl und Henfrey nahmen diese Theorie beifällig auf. Andere Phytotomen damaliger Zeit wie Schacht, Mirbel und Meyen sahen darin „nicht selten verzweigte Bastzellen‘. David präzisierte genauer den Unterschied zwischen gegliederten und ungeglielerten Milchröhren, was J. Vesque bestätigte. Vogl sah sie damals übereinstimmend mit Hartig als mit Milchsaft gefüllte Siebröhren an, was später Schmitz und andere wiederlegten. Zu erwähnen sind noch die Untersuchungen von Schmalhausen, welcher die

254 OÖ. Chimani: Bau der Milchröhren.

gegliederten Milchröhren mit Pilzhyphen vergleicht, dann die Arbeiten von Scott, Nägeli und die interessanten meist physiologischen Versuche von M. E. Faivre. Haberlandt suchte den Milch- saft in Beziehung mit dem Assimilationsgewebe zu bringen. Schullerus erklärte ihn für Bildungssaft, der meist aus den Blättern stamme. Pirotta und Marcatili unterschieden je nach den Wechselbeziehungen zwischen Milchröhren und Assimila- tionssystem zwei Typen. Schwendener glaubt, dafs der Milch- saft durch Bildung einer Emulsion einen Ausgleich zwischen den leichteren Oeltröpfchen und den schwereren Stärkekörnern herbeiführe. Treub schliefst sich dieser Ansicht an. Sachs und de Vries sehen in demselben ein Mittel zum Wundverschlufs, was A. Tschirch bei den Umbelliferen experimentell bewiesen hat. Mit der Frage, ob der Milchsaitt zu den Sekreten oder Exkreten zu rechnen sei, be- schäftigten sich aufser den zuletzt genannten Forschern Frank, Wieler undA.Leblois. Eine reiche Fundquelle ist auf diesem Gebiete De Bary’s „Vergleichende Anatomie“. Er hat auch eine Zusammenstellung der Ergebnisse der Untersuchungen bis zum Jahre 1877 gegeben. Er beschreibt zuerst die Sapotaceen nach eigenen Forschungen und denen von K. Wilhelm. Kny beschäftigte sich mit der Untersuchung der Milchsafthaare der Cichoriaceen, welche vor ihm Tre&cul, Carradori, Delpino und Picceioli an Lactucaarten beobachteten. Kny fand diese Er- scheinung den Cichoriaceen überhaupt eigentümlich. Das Vorkommen von Milchsaft in den Tracheen erklären Höhnel und Micha- lowski durch den negativen D:uck der Gefäfsluft. Die Beob- tung Tr&cul’s, dafs die Milchsaftgefäfse bei Euphorbiaceen und Lobeliaceen mit den Gefäfsen des Holzes in offene Kommunikation treten, wiederlegten in einer Preisschrift gleichzeitig Hanstein und Dippel.

Sowohl im Wandbeleg als auch in den Haarzellen zahlreicher Apocyneen fand Berthold milchsaftähnliche Tröpfehen. Er stimmt mit Schmidt, Kallen und Arth. Meyer zum Teil damit überein, dafs der Milchsaft dem Zellsaft entspreche und sich in diesem bilde. Mit Faivre und Schullerus erkennt er dem Milchsaft eine Rolle im Chemismus der Pflanze zu. Leger hält mit Battandier die Fumariaceen-Idioblasten den Milchsaftbehältern der

O. Chimani: Bau der Milchröhren. 255

Papaveraceen verwandt, indem sie gleiche Reaktionen zeigen. Zopf fand diese Ansicht nicht bestätigt. Physiologisch hat die Papaveraceen zuerst Meurisse untersucht. Dehmel suchte aus den anatomischen Lagerungsverhältnissen einen Schlufs auf die Funktionen der Milch- saftbehälter zu ziehen und sieht mitStahl und Tschirch in dem Milchsaft ein Mittel zum Schutze gegen die Feinde der Pflanze und zum Wundverschlufs. A. Tschirch fafst in seiner „angewandten Anatomie“, gestützt auf die Litteratur und eigene Beobachtungen seine Ansicht über die Funktion der Milchröhren in den Worten zusammen: „Die Milchröhren mögen leitende Organe sein, sie sind aber sicher auch Exkretbehälter. Mehr spricht freilich z. B. da- für, dafs sie leitende Organe sind und hierin mag denn wohl ihre Hauptfunktion liegen“ (l. c. p. 520). Er bezeichnet den Milchsaft als den Sitz vieler Alkaloide. Weils, Istvanffy und Olsen haben sich mit den Milchröhren der Pilze beschäftigt. Die Milch- saftbehälter schizogenen Ursprungs wurden eingehend von A. B. Frank, €. Müller und entwicklungsgeschichtlich von A. Tschirch untersucht.

Was die Litteratur über Kautschuk und Guttapercha liefernde Pflanzen betrifft, so habe ich, was bis jetzt bekannt ist, den betreffen- den Kapiteln vorausgeschickt.

Das Untersuchungsmaterial, welches ich benutzte, stammt aus der Tschirch’schen Sammlung.

Die Schnitte wurden anfangs mit Schultze’scher Macerations- flüssigkeit behandelt. Da dieses Verfahren nicht für alle Fälle aus- reicht, so war mir auch die Aufgabe gestellt worden, eine Tinctions- methode für den Milchsaft zu suchen. Nach mühevollen Versuchen habe ich in der Alkannin-Essigsäure ein Mittel gefunden, um damit den Inhalt der Milchschläuche haltbar zu färben. Die Methode besteht darin, dafs das käufliche Extr. Alkannae zuerst mit Aether von dem beigemengten braunen Farbstoff gereinigt wird. Nach dem Eindampfen der Flüssigkeit bleibt eine schmierige Masse zurück, welcher durch 45 prozentige Essigsäure der Farbstoff ziemlich rein entzogen werden kann. Nach weiterem mälsigem Kon- zentrieren der zuletzt gewonnenen Flüssigkeit ist die Prozedur be- endigt und die Schnitte resp. die Inhalte der Milchschläuche können nun direkt, unter Beobachtung der Kautelen, die ich in meiner

256 O0. Chimani: Bau der Milchröhren.

Arbeit im botanischen Centralblatt, ausführlich erwähnt habe, ge- färbt werden. Die Methode bewährte sich nicht allein bei trockenem Materiale und bei frischen Pflanzen (nach dem Härten in Alkohol), sondern sie ist auch ein vorzügliches Unterscheidungsmittel der oft ähnlich gefärbten Gerbstoffschläuche und besonders der Inhalte der Siebröhren.

Von den Guttapercha liefernden Pflanzen wurden fol- gende untersucht: Palagwium Gutta, P. oblongifohum, P. borneense, P. Treubii, P. argentatum, Bassıa firma, P. rostratum, Payena Leeri, Pavena suringiana, Payena rubro-pedicellata, Achras Sapota, Sideroxylon Urbani und Mimusops Balata. Diese Arten gehören der Familie der Sapotaceen an. Den ersten Bericht über diese Familie führt De Bary in seiner Anatomie von K. Wilhelm an. Ausführliches ist auch in den Werken von Flückiger, Wiesner, Burcek,Tschirch,Beauvisage, Heckel und Schlagdenhauffen u. A. zu fnden. Oesterle hat zuletzt die Guttapercha eingehender chemisch untersucht.

Die erzielten Resultate kann ich in folgende Sätze zusammen- fassen:

1. Die Milchröhren derSapotaceen gehören zu den ungegliederten Milchröhren.

2. Die Milchschläuche bilden in den Knoten kurze unregel- mäfsige Milchzellreihen neben längeren Gliedern.

3. Die in gröfseren Intervallen segmentierten Schläuche zeigen schiefe Querwände, welche zum Teil nebeneinander verschoben sind. Für die Palagquinum und Payena-Arten kann diese Form als Typus gelten.

4. In den Internodien sind auch Schläuche anzutreffen, die in gröfseren Zwischenräumen segmentiert sind; sie zeigen horizontale Querwände. Die Enden der einzelnen Segmente zeigen Knochenform und sind nicht nebeneinander verschoben.

5. Bei Achras Sapota ist die Querwand der kurzen Milchzell- reihen bis auf ein dünnes Häutchen resorbiert; dasselbe zerreilst an einer bestimmten Stelle und der Inhalt fliefst zu einer Masse zu- sammen.

O Chimani: Bau der Milchröhren. 257

6. Die Milchschläuehe zeigen folgende Weite:

(Sapotaceen)

Payena Leerii 2 mm dicke Zweigstücke 20 —32,5 u 5 suringiana 1,5905 fr 3 20 —25 ® rubro-pedicull. 35 E = 12,5—15

Palaquium Gutta er A 2 12,6—39

R oblongifol. 4 4 N AL 22,5—45 5 75

E borneense 45 5 R 20 —25 25 —50

= Treubii 5 = = 2 25 —40 A argentatum 9 > = s 22, 95—375 A rostratum 45 B e 20 —25

Bassia firma BE = > 22,530

Achras Sapota starre 5 x 33 —50

Mimusops Balata 9 4 2 32,5—34,5

Sideroxylon Urbani 2 = = = 25 —30

Queranastomosen, wie sie Lewschin abgebildet hat, konnte ich bei aller Sorgfalt, welche ich seit Beginn meiner Untersuchungen gerade dieser Frage widmete, nicht finden.

Ueber Kautschuk liefernde Pflanzen sind die Schriften von Basvyre, De.Bary,. Wiesner, Henriqnes, Seott, Calvert, Faraday, Thomson, Schuhmann und Chapel zu erwähnen.

Diese Arbeiten sind teils chemischer, teils physiologischer Natur und behandeln nur wenige Arten. Folgende Pflanzen wurden von mir untersucht: Familie: Moraceen: Castıloa elastıca, Brosimum alicastrum, Fıcus elastıca, F. religiosa, Cecropia peltata. Familie: Euphorbiaceen: Flevea guyanensıs, FH. brasiliensis, Fl. spruceana. Manihot Glaziovi. Familie: Apocynaceen: Cleghornia sp. ıg., Cl. cymosa. Landolphia florrda, L. Heudelotii, L. Kirkii, L. mada- gascariensis, L. ovariensis, L. Petersiana u. L. Watsonii. Hancornıa speciosa, Parameria glandulifera, Urceola elastıca, Willughbeia Jjavanica.

Die kautschukführenden Pflanzen haben folgendes eigen- tümlich :

1. Die Moraceen, Apocynaceen und Euphorbiaceen haben unge- gliederte Milchröhren. Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bde. 4. Heft. 17

258 O. Chimani: Bau der Milchröhren.

2. Die Milchschläuche sind segmentiert. Sie bilden kürzere und längere Glieder, deren Enden stets genau aufeinanderpassen, manchmal an der Berührungsstelle eingeschnürt sind, aber niemals nebeneinander verschoben sind.

3. Die Landolphia-Arten und Hancornia-Arten zeigen eine partielle Obliteration der Milchschläuche.

4. Die Markscheide zeigt hier grofse, eigentümliche Lücken, um welche die obliterierten Milchsaftschläuche sich herumziehen.

5. Bei Urceola elastica fand eine solche Obliteration durch das Auswachsen zweier Steinzellen statt.

6. In den Haaren von Castiloa elastica, Cecropia peltata und Manihot Glaziovii habe ich mittelst meiner Färbemethode Milchsafttröpfehen nachgewiesen.

7. Nachfolgende Zusammenstellung zeigt die Weite der Milch- schläuche der hier untersuchten Arten:

Moraceen: Castiloa elastica 12,5 mm dicke Zweigstücke 12,5—25 u Brosimum alicastrum EEE > 175—20 u Ficus elastica au 5 5 12,5—25 u Urostigma Vogelii SHEBIOFN R 17,5—20 u Cecropia peltata N: b 20—25 u Euphorbiaceen: Hevea guyanensis 17 a 5 15—20 x

5 brasiliensis 89, x 15—17,5 u

5 spruceana 8 N = 15—17,5 u

Manihot Glaziovii SR = 12,5—15 u Apocynaceen:

b 2 525 u Cleghornia sp. ig. 6, * 5 a 10-12 u Cleghornia cymosa 1,5 mm dickes Rindenstück 28,4—35,5

12,5:40

Landolphia-florida 3 es Zweigst. | 17,5:42 u 30

5 Heudeilotii 3 ne 2 2 17,5—10

» Kirkii 3,9 » » 5—7,5—10 2 NEE madagascariens. 3 58 e a 75 u

r ovariensis Wital $ N | 33375 u

1.2125

*) Wo nur eine Zahl angegeben, ist der längste Durchmesser

gemeint.

M. Hoheradel: Ueber das Sagapen. 259

Landolphia-Petersiana 2 A r I 2,5—5-7,5 u " Watsonii S, % g n 15:20 17,5:55 u Hancornia spec. 3 4 e i 25:50 « 125525, Parameria glandulifera 2 a 8 j 15—25 u Urceola elastica 4 R R ii 12,5—15 u Willughbeia jav. 5 1 FF R 20—22,5—25 u

Eine von 2 Tafeln begleitete ausführliche Abhandlung über diese Untersuchungen erscheint im botanischen Centralblatt.

Arbeiten aus dem pharmaceutischen Institute der Universität Bern.

Untersuchungen über die Sekrete,

mitgeteilt von A. Tschirch.

14. Ueber das Sagapen von M. Hohenadel. (Eingegangen den 20. III. 1895.) Einleitung.

Zu denjenigen Drogen, die schon im Altertum Verwendung fanden, im Mittelalter noch sehr wohl bekannt waren, in unserer Zeit aber fast der Vergessenheit anheimgefallen sind, gehört auch das Sagapenum. Neben der Bezeichnung Sagapenum findet man in älteren Schriften noch Serapinum und Sacopinum.

Dragendorfft) sagt in seiner Abhandlung über Volksmedizin von Turkestan: „Sakbinatsch ist das aus Indien (Persien?) importierte Sagapen. Es wirdauch in Arabien und Hindostan so genannt, daneben auch Kundel (nach dem Sanser). Schon bei Ebn Baithar ist diese Droge erwähnt.“

Flückiger?) sagt: „Iayarnvov wird von Dioscorides als aus Media (Nordpersien) kommend und zwischen Chalbane und Silphion in der Mitte stehend bezeichnet. Auch Plinius führt Sagapenum

an, wie nicht minder die spätrömischen Aerzte und die Araber z. B. Serapion Damascinus und Ebn Baithar, ferner die Schule von Salerno,

Im mittelalterlichen Handelsverkehr wird Sagapen öfter genannt als Asa foetida, aber bei weitem nicht so häufig wie Galbanum. Valerius Cordus hob hervor, dals die Benennung Serapinum aus Sagapinum verdorben sei.“

1) Buchners Repert. d. Pharm. 1873, Bd. XXII, p. 218. 2) Pharmacognosie d. Pfl., 1891, p. 68.

>

250 M. Hohenadel: Ueber das Sagapen.

Ueber die Stammpflanze von Sagapenum haben wir bislang keine genau bestimmten Anhaltspunkte. Husemann-Hilger!j nennen Ferula Scowitsiana Dec.; ebenso Wiggers?) Daneben findet man Ferula persica angegeben; aber ebenso oft wie diese Stammpflanze angenommen, wird sie auch in Zweifel gezogen. Flückiger?) meint, dals Sagapen möglicherweise auch von einer Ferula Persiens abstammen könne. Siller®) erwähnt, dafs wahrscheinlich eine Ferulaart die Mutterpflanze sei, dals es jedoch nicht Ferula persica sein könne, deren Milchsaft ganz deutlich wie Stinkasant, nicht wie Sagapen rieche. Guibourt) giebt ebenfalls zu, dals die Frage über die Stammpflanze von Sagapen noch ungelöst sei, wenn er sagt „Le Sagapenum a ete attribue par quelques auteurs au ferula persica Willd... Mais rien ne prouve que cette ombellifere soit en effet l'origine de sagapenum, et dans l’etat actuel de nos connaissances nous ne pouvons affirmer rien de positif ä& ce sujet.“ Diesem schliefst sich Pelletier®) an mit den Worten: „... on ne connait pas posi- tivement la plante qui le produit, on croit cependant que c'est le ferula persica.“ Und Hanbury’) sagt kurz: „The botanical origin of the drug is unknown.“ Noch deutlicher als in seiner Pharmacognosi. spricht sich Wiggers®) an einer anderen Stelle aus: „jedenfalls kann Ferula persica nicht das sogenannte Sagapen liefern, wie man in neuerer Zeit anzunehmen geneigt war und über dessen Ableitung wir also gegenwärtig keinen sicheren Anhaltspunkt mehr haben.“

Wenngleich über die Stammpflanze von Sagapen auch nichts Genaues angegeben wird, so sind doch sämtliche Autoren darüber einig dafs dasStammland der Droge Persien sei. Nach Stoilze und Andreas°) wird es in den Gebirgen von Luristaun und Tschähan Malles gesammelt und kommt von da wohl hauptsächlich nach Bombay, Als zweiten Stapelplatz nennt Göbel!) Petersburg; fügt aber hinzu, dals Sagapen nicht als solches nach Rulsland eingeführt werde, sondern als Verfälschung dem Galbanum beigefügt sei, so dals unter einer Menge von 20—30 Ballen Galbanum oft 3—4 Kolli vorkommen, die kein Galbanum, sondern statt dessen Sagapen enthalten. Oft sollen Galbanum und Sagapenum in einem Kolli sich zusammenfinden. Des- wegen wurden in Petersburg alle Kolii des Galbanums geöffnet und dieses vom Sagapen getrennt.

U. Bd. 1884, p. 967 2, Pharmacogn. 1864, 462. °) Pharmacogn. 1891, 62. 4) Lehrbuch d. Pharmac. 1850, 641. 5) Histoire naturelle des Droges simples. Paris 1876, Bd. III, 242. 6) Bulletin de Pharmaeie, p. 431, Novbre, 1811. ?) Pharmacographia 1874, p. 291. 8) Jahresber. über die Fortschritte d. Pharmac. 1861. p. 49. °) Flückiger Pharmacogn. p. 62. 19) Liebigs Annal. Bd. 42, p. 331.

M. Hohenadel: Ueber das Sagapen. 261

Während das Sagapen hier also als Verfälschungsmittel dient, scheint es in England öfter direkt gefälscht vorzukommenl.) Nach Southall (Pharm. Journ. 1843, 722) ist es dort schwer echt zu er- halten und man findet dafür eine Komposition aus Asa foetida, Oliba- num und Galbanum.

Welcher Teil der Pflanze zur Gewinnung des Sagapens haupt- sächlich verwendet wird, ist nicht definitiv festgestellt. Siller?) sagt: „Das Gummiharz soll in ähnlicher Weise wie der Stinkasant aus der Wurzel gewonnen werden, was jedoch noch sehr der Bestätigung be- darf, da noch kein Beweis gegen die Gewinnung aus dem Stengel vor- liegt.“ Diesem kann ich nur beipflichten. Denn der Umstand, dals ch im Rohharz Frucht- und Stengelteile zu finden Gel ogenheit hatte läfst vermuten, dals die Wurzel allein nicht zur Harzgewinnung heran- gezogen wird.

Im Handel unterscheidet man hauptsächlich zwei Sorten: 3)

a) Sagapenum persicum s. in massis. Weiche, zähe, klebrige, braun- gelbe Massen, die sich schwer pulvern lassen und mit Wasser sich unvollkommen emulgieren. Schmilzt leicht und vollständig und ver- brennt mit russender Flamme. Riecht nach Knoblauch und schmeckt brennend pfefferartig.

b) Sagapenum levanticum s. in lacrimis. Hirse- bis nulsgrolse eckige oder abgerundete Körner oder daraus zusammengebackene Massen. Gewöhnlich gelb oder rotbraun, im Innern heller. Auf dem Bruch matt oder wenig glänzend, leicht pulverisierbar; giebt mit Wasser eine Emulsion aus der sich ein Teil des Harzes wieder abscheidet. Schmilzt unvollständig, riecht schwach nach Knoblauch, schmeckt bitter, etwas kratzend, knoblauchartig.

Die medizinische Verwendung von Sagapen war früher teils äufserlich, teilsinnerlich. Aeufserlich gegen „grindige Augbrawen“#) gegen Schmerzen des Rückens, des Rückgrats und der Lenden; ferner als „Hauptstück eines magnetischen Pflasters, das Pfeile und anderes dergleichen aus dem Leib ziehet.“5) Innerlich wurde es gegeben gegen Brust- und Lungenkrankheiten, Husten, Milzsucht, Frost und Erkäl- tung. Ferner gegen Wassersucht, Zittern der Glieder und Nieren- entzündung.6)

In der Pharmacopoea helvetica vom Jahre 1771 ist es noch in die Materia medica eingereiht. Die betreffende Pharmacopoe sagt pag. 153 wörtlich folgendes:

1) Jahresber. d. Pharmac. 1843, p. 180.

2) Lehrbuch der Pharmacie 1850, p. 641.

3) Wiggers, Pharmacogn. p. 462.

4) Theodor Tabers Kräuterbuch, Basel 1664.

5) Museum Museorum v. M. B. Valentin, Frankfurt a. M. 1704.

6) Joh. Schröder’s „höchst kostbarer Artzeneyschatz“, Nürn- berg 1636.

262 M. Hohenadel: Ueber das Sagapen.

„Est Gumi-resina modo guttis magnis constant, modo in glebas compacta, extus rufescens, intus cornei coloris, mordaci et acri sapore, odore viroso et gravi, inter assam foetidam et Galbanum medio.

Ex Persia et Oriente nobis affertur, sed planta ex qua stillat hactenus incognita est.

Vires aperientes, attenuantes, abstergentes, emmenagogas; in affectibus thoracis mucosis, obstructionibus viscerum, morbis nervorum, spasimo, tremore, paralysi, malo hysterico etc. commendatur.“

Sagapen findet sich noch aufgenommen in folgenden Pharmaco- poeen : Pharmacopoea Wirtenbergica 1741; Ph. Borussica 1830; Französ. Ph. 1839; Londoner Ph. 1836; Dubliner Ph. 1826; Edinburgh New Dispensatory 1813.

Der erste, der Sagapen näher untersuchte, war J. Pelletier.!) Er reinigte das Rohharz durch Extraktion mit Alkohol, nahm aus den ungelösten Rückständen das Gummi mit Wasser auf, destillierte das ätherische Oel mit Wasserdämpfen ab und erhielt aus 50 g Rohharz:

HATZ 2. = na a Zee Gum 2. ae male Unlösl. Körper . . . 0808 Saur. apfelsauer. Kalk 0208 Ather WEL. wa. aan 23908

Eine genauere Untersuchung stellte 1818 Rud. Brandes?) an In seiner Einleitung sagt er, dafs auch Braconnot und Neu- mann3) denselben Gegenstand bearbeitet hätten. Braudes behandelte sowohl das Harz mit Alkohol wie mit Aether und nennt die in Aether unlöslichen Anteile: „Halbharz“. In Abteilung C seiner Arbeit erwähnt er eine Farbenveränderung durch Salzsäure. Das ätherische Oel destillierte er mit Wasser ab und fand 3,73 Proz. Er kommt zu folgenden Schlüssen:

„Das eigentümliche und charakteristische des Sagapens scheint hauptsächlich von dem ätherischen Oel herzurühren, denn dieses wirkte am ausgezeichnetsten sowohl auf die Geruchs- als Geschmacksorgane.‘‘

„Das Harz zeichnet sich vor allen anderen Harzen anf eine sehr charakteristische Weise durch sein Verhalten gegen Salzsäure aus. In einigen Eigenschaften stimmt es mit dem Guajakharz überein, in anderen weicht es davon ab.“

„Das Harz ist gegen das Gummi im Sagapen der überwiegende Anteil.“

1) Bulletin de Pharmacie 1811 Novbre, p. 481. 2) Trommsdorfs N. Journal d. Pharm. 1818. 3) Pfaff’s materia medica, Bd. III, p. 297.

M. Hohenadel: TUeber das Sagapen. 263

Die Resultate der Untersuchung sind folgende: 500 Teile Sagapen enthielten:

ASthern Veen... an ans 719,007 Eigentümliches Harz . . . 2.2 2.2..2...239,550 Halbhbarz. . . EN le‘ Gummi mit Kalksalzen. De 5 anal, Tragant . . „SER 328° 0) ) Apfel- und ee Kalk EIN 2, 00

Phosphorsaurer Kalk mit einerSpur Tragant 1,375 Apfelsaurer und schwefelsaurer Kalk mit

etwaseGummıe Terme Ba ER N 2,250 Wasser . . a ER a de a Fa, Fremde ee ae SAN 2 9216730

James F. W. Johnston!) fand die Zusammensetzung des

alkohollöslichen Harzes nach folgenden Proportionen: 6470,03. 70.832 10,78 H 8551 , 865 8,38

Er giebt ihm die Formel: C,, Hag O9

Fr. Przeciszewski?) unterscheidet zwischen indifferentem und sauerem Harz. Das dem indifferenten Harze anhattende ätherische Oel sucht er durch Fraktionieren im Oelbade, späterhin durch Kochen mit Wasser zu entfernen. Sein Oel fing bei 1530 an zu destillieren und färbte sich bei 280° grünlich. Jedenfalls war es dem Verfasser nicht gelungen, das Harz ölfrei zu erhalten, da er letzteres als Schwefel enthaltend angiebt. Durch trockene Destillation des in- differenten Harzes erhielt er ein blaues Oel und einen Körper, der in büschelförmigen Nadeln sublimierte; er hält ihn für Benzoesäure. Das sauere Harz versuchte er vergeblich krystallinisch zu erhalten. Genauere Untersuchungen und Angaben von Mengenverhältnissen fehlen vollständig.

Hirschsohn?) giebt an, dals beim Befeuchten mit Alkohoj und Uebergielsen mit konzentrierter Schwefelsäure sich alle Sorten von Sagapen mit dunkelbrauner Farbe auflösen; bisweilen wird die Lösung an den Rändern karminrot, auf Zusatz von Alkohol geht die Farbe in violett, bisweilen in blau über. Salzsäure, den mit Alkohol befeuchteten Sagapenproben zugesetzt, bewirkt gelbrote, bisweilen rosenrote, in violett, ja selbst in blau übergehende Färbung. Durch Destillation mit Wasserdampf erhält er 7,5 Proz. eines schwefelhaltigen Oeles. Petroläther löst vom Sagapen mehr als vom Galbanum, das Gelöste besteht aus ätherischem Oel und Harz und ist schwefelhaltig.

1) Phil. Transact, 1840, p. 361.

2) Inauguraldissertat., Dorpat 1861

3) Liebig und Kopp, Jahresber. der Chemie 1875, p. 860. Pharmaceut. Zeitschrift tür Rufsland 1875, p. 395.

264 M. Hohenadel: Ueber das Sagapen.

Die einzelnen Handelssorten will Hirschsohn!) durch

folgende Reaktionen unterscheiden:

„Salzsäure färbt den Verdunstungsrückstand des Petroleumäther- auszuges gelbrot, Chloralreagens färbt grün: persisches Sagapen.

„Salzsäure färbt blauviolett, Chloralreagens rosenrot, in Himbeer- rot und violett: levantinisches Sagapen.“

Vigier?) suchte in seiner Dissertation die offizinellen Gummi- harze durch Kochen mit Kalkmilch zu unterscheiden. Dabei bringt Sagapen eine weilse Masse hervor, die fade riecht, hineingestelltes Silber schwärzt, beim Trocknen unmerklich gefärbten Rückstand hinter- lälst und beim Filtrieren ein fast farbloses Filtrat giebt, worin Salz- säure einen weilsen Niederschlag erzeugt.

Flückiger?) giebtan, dals Sagapen Umbelliferon enthält und schon in der Kälte sofort blaue Farbe annimmt, wenn auch nur das kleinste Splitterchen mit Salzsäure geschüttelt wird. Schwefel enthält Sagapen nicht.

Nach den bisherigen Untersuchungen ist, abgesehen von den Reaktionen von Hirschsohn, festgestellt:

1. Das Harz enthält 3 bis 7 Proz. eines schwefelhaltigen äthe- rischen Oeles; 2. 50 bis 65 Proz. Harz; 3. Umbelliferon ; 4. ca. 30 Proz. Gummi; 5. ca. 5 Proz. Wasser; 6. 2 bis 5 Proz. Verunreinigungen. Die trockene Destillation liefert blaues Oel und Umbelliferon.

Wenngleich die Stammpflanze nicht bekannt ist, so ist doch sonder Zweifel, dals wir es bei Sagapen mit dem Secret einer per- sischen Umbellifere zu thun haben. Die Bildung unseres Harzes erfolgt jedenfalls auch in schizogenen Sekretbehältern wie Tschirch‘$) bei anderen persischen Umbelliferen nachgewiesen hat.

I. Chemischer Teil. Darstellung des Reinharzes.

Als Untersuchungsmaterial diente mir Sagapenharz bezogen von C. Haaf, Bern. Dasselbe zeigte in dunkelbrauner Grundmasse zahlreiche weilsgelbe Mandeln ; die Konsistenz war schwach spröde, aber schon durch die Handwärme wurde es geschmeidig und knet- bar. Der Geruch erinnerte schwach an Galbanum, näherte sich aber bedeutend mehr dem des Asa-foetidaharzes.

Ein kleiner Teil mit verdünnter Salzsäure übergossen verlieh letzterer nach einiger Zeit violette Färbung ; dieselbe trat rascher

1) Zeitschrift für analyt. Chemie 17, p. 263.

2) Jahresber. d. Pharmacie, V, 1870, 132.

3) Pharmakognosie, 1891, p. 68. 4) Archiv d. Pharmacie 1886, p. 831.

M. Hohenadel: Ueber das Sagapen. 265

und deutlicher auf durch Erwärmen und Zusatz von etwas Alkohol. Die ätherische Lösung des Harzes, mit Salzsäure versetzt, zeigte violett-rötliche Farbe.

Mit Schwefelsäure erwärmt, löste sich das Harz mit dunkel- rotbrauner Farbe. Nach dem Verdünnen mit Wasser zeigte das Filtrat durch überschüssiges Ammoniak schön blaue Fluorescenz.

Ich fand ätherlösliches Harz 56,8 Proz., ätherisches Oel 5,8 Proz., Wasser 3,5 Proz., Gummi 23,3 Proz., Verunreinigungen 10,6 Proz. Löslich war das Harz in Aether, Alkohol, Schwefelsäure und Alkalien. Das Gummi wurde nicht näher untersucht.

Meine zunächstliegende Aufgabe war, das Harz vom ätherischen Oele zu befreien. Ich versuchte eine Trennung mit Petroläther zu- erst auf kaltem Wege ohne nennenswerten Erfolg. Auch durch Ex- traktion im Soxhlet'schen Apparate kam ich nur langsam und unvoll- kommen zum Ziel. Dagegen erwies sich folgende Methode als brauchbar: Das Rohharz wurde in Aether gelöst, um von vorn- herein gleich das Gummi abzuscheiden, die fitrierte ätherische Lösung aber in viel Petroläther gegossen, wiederholt anhaltend damit geschüttelt und im Scheidetrichter getrennt. Die Ausschüttelungen mit Petroläther wurden so oft wiederholt, bis eine Harzprobe nach dem Verdunsten des Aethers geruchlos zu sein schien. Die hierbei erhaltene Menge ätherischen Oeles 19,2 Proz. liefs vermuten, dafs im Oel auch noch Harz gelöst sei, was späterhin bestätigt wurde (s. äther. Oel). Aber trotz der wiederholten Behandlung mit Petroläther war nach völligem Verdunsten des Aethers doch noch ein schwacher Geruch bemerkbar, der für Anwesenheit geringer Mengen ätherischen Oeles sprach. Um letzteres vollständig zu ent- fernen wurde das Harz in einem Kolben aufs Wasserbad gebracht und durch das erweichte Sagapen Wasserdämpfe durchgeleitet. Das Destillat zeigte deutlichen Sagapengeruch, reagierte schwach sauer und wurde täglich mit Aether ausgeschüttelt. Dadurch erhielt ich ca. 2 g eines schmutziggrünen Oeles, das nach längerem Stehen braune Farbe annahm.

Das über dem Harz im Kolben sich sammelnde Wasser fluorescierte schwach blau und reagierte ebenfalls sauer; doch war der Geruch nicht so intensiv wie beim Destillat. Zur Gewinnung der Säure wurde ebenfalls mit Aether geschüttelt, aber kaum ein

266 M. Hohenadel: Ueber das Sagapen.

Tröpfehen einer braungelben Flüssigkeit, die stark nach Baldrian- säure roch, resultierte aus ca. 5 Litern des Kondensationswassers. Wahrscheinlich hatte durch das langandauernde Dampfeinleiten eine Zersetzung des ätherischen Oeles stattgefunden und die Baldrian- säure war wohl ein Spaltungsprodukt desselben. Mit welcher Hart- näckigkeit übrigens das Oel dem Harze anhaftete, ist daraus zu ersehen, dafs ich fast 4 Wochen lang genötigt war, das Harz mit Dampf zu behandeln, bis endlich das Destillat und damit auch das Harz völlig geruchlos wurde.

Das ölfreie Harz war hart und spröde, erweichte leicht in heilsem Wasser und liefs sich in weilsglänzende Bänder ausziehen. Die Farbe ist gelbbraun, Geruch und Geschmack nicht mehr vor- handen. Es löste sich leicht in Aether, Chloroform, Ammoniak, Kali- lauge, weniger leicht in Alkohol, gar nicht in Petroläther. Schwefel- säure nahm es unter braunroter Farbe auf, die Lösung gab nach dem Verdünnen mit Wasser und nach dem Filtrieren auf Zusatz von Ammoniak schön blaue Fluorescenz. Der Schmelzpunkt war zwischen 74 und 76°. Mit Salzsäure übergossen trat keinerlei Violettfärbung auf, da diese offenbar wie beim Galbanum!) durch das ätherische Oel bedingt ist. Ebenso konnte ich im ölfreien Harz Schwefel nicht nachweisen. Zwischen zwei Uhrgläsern erwärmt, sublimierte ein Gewirr von langen Nadeln, die sich als Umbelliferon erwiesen.

Nachweis des freien Umbelliferons.

Der oben erwähnte Umstand, dafs bei der Dampfeinleitung das über dem Harz sich sammelnde Wasser blau fluorescierte, liels vermuten, dals auch im Sagapen freies Umbelliferon vorkomme. Zum Nachweis desselben wurden 10 g Harz in konzentrierter Natrium- salieylatlösung?) (1 +4 1) gelöst und mit Wasser versetzt, wobei das Harz gelblich weils ausfiel. Sobald es genügend ausge- waschen war, wurden die vereinigten Waschwässer mit verdünnter Schwefelsäure versetzt. Die dadurch gefällte Salicylsäure wurde so- lange mit kaltem Wasser ausgewaschen, bis das Filtrat auf Zusatz von Ammoniak keine blaue Fluorescenz mehr gab. Das saure Filtrat wurde nunmehr eingeengt, mit Kalilauge genau neutralisiert und mit

1) Tschirch und Conrady, Arch. d. Pharm. 1894. 2) Conrady, Archiv d. Pharm, 1894.

M. Hohenadel: Ueber das Sagapen. 267

Alkohol versetzt, teils um das anorganische Salz abzuscheiden, teils um das freie Umbelliferon in Lösung zu bringen. Die letzten Reste des Kaliumsulfates wurden mit absolutem Alkohol ausgeschieden, das freie Umbelliferon mit Tierkohle gereinigt und umkrystallisiert. Ich erhielt so 0,11 Proz. Umbelliferon.

Bringt man einige Krystalle reinen Umbelliferons in konzen- trierte Schwefelsäure, so zeigt letztere eine prächtige Fluorescenz, die aber gegenüber der mit Ammoniak mehr einen Stich ins Rötlich- Violette hat. Fast dieselbe Reaktion tritt auf beim Lösen des Rein- harzes in konzentrierter Schwefelsäure. Um zu sehen, ob die Fluorescenz durch das freie Umbelliferon hervorgerufen wird, löste ich wieder 10 g Harz in Schwefelsäure, gols die Lösung vorsichtig in Wasser, filtrierte das in braunen Flocken ausfallende Harz ab und wusch gut aus. Das Filtrat wurde ebenfalls genau neutralisiert, das Kaliumsalz durch Alkohol gefällt wie vorhin beschrieben. Nach dem Umkrystallisieren erhielt ich hier 0,14 Proz. freies Umbelliferon.

Dafs wirklich Umbelliferon vorlag, zeigte der Schmelzpunkt von 224°, die prächtig blaue Fluorescenz in ammoniakalischer Lösung und die Grünfärbung durch Kochen mit Kalilauge und Zusatz von Chloroform.)

Prüfung aufAldehyde.

Die nahen Beziehungen des Sagapens zur Asa foetida legten den Gedanken nahe, dafs auch in ihm Vanillin enthalten sei, das E. Schmidt?) im Stinkasant nachgewiesen hatte. 100 g einer äthe- rischen Rohharzlösung wurden mit verdünnter Natronlauge ge- schüttelt, die alkalische Flüssigkeit angesäuert und mit Aether be- handelt. Nach der Trennung im Scheidetrichter wurde der ätherische Auszug mit Natriumbisulfitlösung anhaltend geschüttelt und die Sulfitlaugen mit einem Gemisch von 3 Volumteilen konzentrierter Schwefelsäure und 5 Volumteilen Wasser versetzt. Die sich ent- wickelnde schweflige Säure wurde auf dem Wasserbad vollends aus- getrieben, die Lauge aber nach dem Erkalten wiederholt ausge- schüttelt doch konnte ich weder Vanillin noch einen anderen Aldehyd nachweisen.

!) Tschirch und Conrady, Arch. d. Pharm. 1894

= 2) Archiv d. Parmac. 224, 1886. -—— Jahresber. der Chemie 1885, p- 324.

268 M. Hohenadel: Ueber das Sagapen.

Verseifung des Reiüharzes.

Die Verwandtschaft des Sagapens zu Galbanum gab mir einen Fingerzeig bezüglich der Art der Verseifung. Denn da Tschireh und Conrady bei Zerlegung des Galbanums einer- seits wässerige und alkoholische Kalilauge, andererseits Salzsäure und Natriumäthylat ohne grofsen Erfolg versucht, dagegen Schwefel, säure mit befriedigendem Ergebnis verwendet hatten, erhitzte ich eine Probe Harz mit Schwefelsäure, und da ganz analoge Erscheinungen auftraten, wie bei Verseifung des Galbanums, zögerte ich nicht, auch das Sagapenharz mit dieser Säure zu zerlegen, zumal Umbelliferon selbst von konzentrierter Schwefelsäure unzersetzt aufgenommen wird. Es wurde deshalb das ölfreie Harz mit verdünnter Schwefelsäure (1:5) übergossen und über freiem Feuer unter Ergänzung des ver- dampften Wassers erhitzt. Schon nach kurzer Zeit nahm das Harz dunkelbraune Farbe an. Während es antangs leicht in der heilsen Verseifungsflüssigkeit erweichte, geschah dies nach einigen Wochen immer erst dann, wenn ein grofser Teil des Wassers abgedampft war, die Verseifungsflüssigkeit also eine gewisse Konzentration er- reicht hatte. Infolgedessen wurde bei fortschreitender Verseifung Schwefelsäure und Wasser im Verhältnis von 1:3 verwendet. Das Harz wurde mehr und mehr spröde, ballte sich in der Kälte schliels- lich nicht mehr zusammen, sondern bildete leicht zerreibliche Massen, die auch in kochendem Wasser nicht mehr zusammenschmolzen.

Die Verseifungsflüssigkeit nahm stets braunrote Farbe an und wurde alle 2 bis 3 Tage erneuert. Das in ihr gelöste Harz wurde durch Zusatz von Wasser gefällt, das Filtrat aber auf Umbelliferon verarbeitet. Letzteres schied sich nicht in der Menge ab, wie beim Galbanum, und auch der gefundene Prozentgehalt 15,7 ist bei weitem geringer wie bei jenem Harz allerdings sind die Verluste nicht mit inbegriffen. Die Verseifung, die über 4 Monate gedauert hatte, wurde für beendet betrachtet, als eine Probe ausgewaschenen Harzes in konzentrierter Schwefelsäure gelöst und vorsichtig mit Wasser versetzt im Filtrat keine Umbelliferonreaktion mehr gab.

Umbelliferon.

Aus der erkalteten Verseifungsflüssigkeit schied sich täglich eine grölsere oder geringere Menge von braungefärbten Krystallen ab, die sorgfältig gesammelt wurden. Zur Reinigung war wieder-

M. Hohenadel: Ueber das Sagapen. 269

holtes Auflösen und Umkrystallisieren vonnöten; schliefslich erhielt ich feine weilse Nadeln, die nach dem Trocknen durch ihr wirres Durcheinanderliegen dem Ganzen ein verfilztes Aussehen verliehen.

Um das übrige in der Verseifungsflüssigkeit gelöste Umbelli- feron zu erhalten, stumpfte ich erstere mit Kalilauge bis zur schwach sauren Reaktion ab, liefs das Kaliumsalz auskrystallisieren, entfernte die letzten Reste desselben mit Alkohol und reinigte das mit dem Alkohol aufgenommene Umbelliferon durch Umkrystallisieren und Be- handeln mit Tierkohle.

Dals sich Umbelliferon direkt aus dem Harz durch Sublimation gewinnen läfst, ist oben schon erwähnt. Ich stellte mir auf diese Weise noch eine kleine Menge her; die anfangs gelb sublimierenden Krystalle wurden durch zweimaliges Umsublimieren fast völlig weils.

Das auf diese ganz verschiedene Weise gewonnene Umbelliferon zeigte ganz gleiches Verhalten: in wässeriger Lösung gab es auf Zusatz von Ammoniak prachtvolle blaue Fluoreszenz; mit Kalilauge erhitzt verlieh es zugesetztem Chloroform dunkelgrüne Farbe; der Schmelzpunkt lag stets zwischen 224 u. 225°.

Die Elementaranalyse lieferte folgende Resultate:

I. Direkt aus dem Harz sublimiertes Umbelliferon über Schwefel- säure aufbewahrt: 0,0471 g Substanz ergaben 0,1150 g CO, und 0,0157 g H,0. II. Aus der Verseifungsflüssigkeit gewonnenes Produkt über Schwefelsäure getrocknet: 0,0932 g Substanz ergaben 0,2276 g CO, und 0,0311 g H,O.

Berechnet für C,H, 03: Gefunden: C 66,67 Proz. I. 66,63 II. 66,61 Proz. 2. 270 Bas. AL, SP

Die Menge des bei der Verseifung erhaltenen Umbelliferons betrug 15,7 Proz., die Verluste nicht mit eingerechnet.

Beim Auswaschen des verseiften Harzes beobachtete ich, dals die letzten Spuren von Umbelliferon schwer zu entfernen waren. Da ich aus dem Filtrat weder mit Brom eine Fällung, noch nach dem Eindampfen Krystalle erhielt, dagegen immer aut Zusatz von Ammo- niak blaue Fluorescenz auftrat, so suchte ich festzustellen, in welcher Verdünnung Umbelliferon noch deutlich fluoresciert. Zu diesem Zweck löste ich 0,01 g Umbelliferon in 1000,0 Wasser; die Lösung Hluorescierte schön blau, auch nach dem Verdünnen auf 1000 000

270 M. Hohenadel; Weber das Sagapen.

sah man, namentlich in direktem Sonnenlicht deutliche Fluorescenz. Dieselbe trat auf Zusatz von etwas Ammoniak sofort kräftig hervor. Bei einer Verdünnung von 1:10000000 war die Fluorescenz nur noch bemerkbar in dem mit einer Loupe in die Lösung geworfenen Lichtkegel; bei weiterer Verdünnung verschwand die Fluorescenz vollständig.

E. Posen!) giebt eine Methode zur Darstellung von Tribrom- umbelliferon. Ich arbeitete genau nach diesen Angaben mit reinem Umbelliferon und fand, dafs es mit Brom quantitativ fällbar ist. Der Niederschlag nahm bald, wohl infolge eines Ueberschusses von Brom, braunrote Farbe an. Zur Reinigung wurde der Körper vom über- schüssigen Brom befreit, alsdann aus verdünntem Alkohol wiederholt umkrystallisiert. Die alkoholische Lösung zeigte deutlich grünliche Fluorescenz. Nach längerem Stehen erhielt ich kleine Nadeln, die einen Schmelzpunkt von 194° zeigten.

In ganz ähnlicher Weise behandelte ich nun auch einen Teil meiner Verseifungsflüssigkeit mit Bromwasser. Das Produkt wider- setzte sich hartnäckig allen Reinigungsversuchen, so dals ich es schliefslich trocknete und der Sublimatien unterwarf. Dabei erhielt ich schwach gelb gefärbte Krystalle, in denen nach dem Schmelzen mit Kali leicht Brom nachzuweisen war. Da ich hoffte, durch Zer- legung des Körpers wieder reines Umbelliferon abspalten zu können, aber stets auf Hydroumbellsäure stie[s, nahm ich von einer genaueren Untersuchung Abstand.

Der Harzalkohol.

Sagaresinotannol.

Da der bei der Zerlegung mit Schwefelsäure resultierende braune Rückstand in der Asche noch Kalk aufwies, löste ich das Harz zu seiner weiteren Reinigung wieder in kalter konzentrierter Schwefelsäure, fällte vorsichtig mit Wasser, wusch den Niederschlag aus ohne aber ein aschefreies Produkt zu erhalten. Auch wieder- holtes Auflösen in Kalilauge und fällen mit Salzsäure lieferte kein befriedigendes Resultat. Erst nachdem ich nacheinander in Ammo- niak und Alkohol gelöst und mit Salzsäure wieder gefällt hatte, er- hielt ich den Körper aschefrei. Eine Aenderung der Farbe und der

1, Berliner Berichte XIV, 2746.

M. Hohenadel: Ueber das Sagapen. 271

Lösungsverhältnisse war durch diese Manipulationen nicht eingetreten. Der verseifte Harzkörper hatte nach dem Auswaschen und Trocknen dunkelbraune Farbe, war leicht zerreiblich zwischen den Fingern und reagierte neutral. Er löste sich leicht in Kalilauge, Ammoniak, Schwefelsäure und Eisessig, weniger leicht in Alkohol, Aether und Aceton, garnicht in Petroläther, Chloroform, Benzol, Schwefelkohlen- stoff. Aus seinen Lösungsmitteln fiel er teils durch Verdünnen mit Wasser, teils durch Zusatz von etwas Salzsäure in braunen Flocken aus. In alkoholischer Lösung erzeugten Eisenchlorid sofort, Kalium- bichromat nach einiger Zeit deutliche Fällungen, was auf seine Gerb- stoffnatur hinweist. Mit metallischem Natrium geglüht, konnte Stick- stoff nicht nachgewiesen werden. Es lag die Vermutung nahe, dafs mein Verseifungsprodukt, wie bei der Benzoe, beim Perubalsam und Galbanum in die Reihe der Harzalkohole zu stellen sei, die Tschirch!) wit dem Namen Resinole belegt. Die Resinotannolreaktion, die darin besteht, dals das Resinotannol in alkoholischer Lösung durch alkoholische Kalilauge als brauner Niederschlag ausgefällt wird, der sich an der Luft schwarz färbt und zerflie[st, wobei sich durch die Kohlensäure der Luft wieder freies Resinotannol abspaltet gab mein Harz sehr deutlich und ich nannte es deshalb Sagaresino- tannol. Die Elementaranalysen, im Sauerstoffstrom ausgeführt, er- gaben folgende Resultate:

I. 0,1472 g Substanz, über Schwefelsäure getrocknet, ergaben 0,3918 g CO, und 0,0926 & H,O. II. 0,1552 g Substanz ergaben 0,4137 g CO, und 0,1016 g H,O

IH. 0,1238 »„ 0,3384 g CO, 0,0804 g H,O IV.0131g » 0,3574 g CO, 0,0879 g H,O V. 0,1468 g » » 0,3912 g CO, 0,0951 g H,O Gefunden: Berechnet für E IE 1727 »Ey: V. C;, Hag 0; ee = 7259 72,69 72,49 72,68 72,67 @ PE72272 HN = 72T ET PTR EI H => 7,07

Aus diesen Prozentzahlen wurde für das Sagaresinotannol die Formel Cs, Ha; O, berechnet. Acetylierung des Sagaresinotannols. Ausgehend von der Annahme, dafs mein zerlegtes Harz ebenso Alkoholnatur besitze, wie andere auf Veranlassung von Professor

1) Pringsheim’s Jahrb. XXV, H. 3.

272 M. Hohenadel: Ueber das Sagapen.

Tschirch untersuchte Harze, versuchte ich zuerst die Acety- lierung. Zu diesem Zwecke wurde ein Teil des Sagaresinotannols in Essigsäureanhydrid gelöst und einige Tage am Rückflufskühler erhitzt. Eine Aenderung der Farbe trat hierbei nicht auf. Nach dem Eingiefsen in Wasser schied sich ein braunes Pulver aus, das gut ausgewaschen und getrocknet wurde. Das Produkt ergab deut- liche Kakodylreaktion und lieferte bei der Verseifung Essigsäure, wobei Sagaresinotannol sich wieder abschied. Das Präparat löste sich leicht in Natronlauge, Schwefelsäure und Chloroform, schwer in Alkohol und Aether, gar nicht in Petroläther.

Die Elementaranalyse des über Schwefelsäure getrockneten

Körpers ergab folgende Zahlen: I. 0,0561 & Substanz ergaben 0,1465 g CO, und 0,0347 g H,O

II. 0,0058 „0,2493 g CO, 0,0598 g H,O Berechnet für die Formel: Gefunden: Q;, Hs, 0; CH, CO T. IT. 027° —2277]23 71,22 71,19 H = 68 6,87 6,95

Die Zahlen stimmen für eine Monoacetylverbindung des Saga- resinotannols nach der Formel C,, Hz, 0, CH; CO.

Benzoylierung des Sagaresinotannols.

Dasselbe wurde in verdünnter Kalilauge gelöst und soviel Benzoylchlorid zugesetzt, dafs von letzterem ein kleiner Ueberschuls vorhanden war. Die Reaktion trat sofort unter Erwärmen ein: die klare Lösung trübte sich und nach kurzer Zeit schied sich eine braune Masse aus, die sich auf der Flüssigkeit zu einem Kuchen vereinigte. Letzterer wurde abgenommen, zerkleinert, mit heilsem Wasser erstmals, späterhin mit kaltem ausgewaschen.

Während der Körper in der Wärme weich, zäh und knetbar war, wurde er nach völligem Erkalten hart und spröde. Zur Ent- fernung der letzten Spuren von Benzoylchlorid wurde in Alkohol gelöst und mit Wasser gefällt. Es fiel ein braungelbes, amorphes Pulver, das bis zum Verschwinden der Chlorreaktion ausgewaschen wurde. Nach dem Trocknen stellte der Körper ein hellbraunes Pulver dar, das sich leicht in Chloroform und Schwefelsäure löste ; Natronlauge nahm nur wenig auf, in Alkohol und Aether löste es

sich langsam.

M. Hohenadel: Ueber das Sagapen. 273

Durch Verseifen konnte der Körper leicht in seine Kompo nenten gespalten werden: nach dem Erhitzen mit Kalilauge und Versetzen mit Salzsäure im Ueberschufs schied sich der Harzalkohol wieder ab, während sich aus dem Filtrat nach dem Erkalten kleine Krystalle ausschieden, die nach dem Umkrystallisieren und Trocknen einen Schmelzpunkt von 121° zeigten. Die Anwesenheit von Benzoe- säure konnte ich übrigens schon durch blofses Erwärmen des benzoylierten Harzes zwischen 2 Uhrgläsern nachweisen. Nach einiger Zeit nämlich bedeckte sich das obere Glas mit feinen weilsen Krystallblättchen, die ebenfalls einen Schmelzpunkt von 1219 auf- wiesen.

Die Elementaranalyse des über Schwefelsäure getrockneten Körpers ergab folgende Zahlen:

I. 0,1718 g Substanz ergaben 0,4688 g CO, und 0,0992 g H,O. 1I. 0,1662 g h. = 0,4535 g CO, 0.0953 g H20. III. 0,1271 g 4 D 0,3467 g CO, 0,0728 g H,0.

Berechnet für C,, Hz, 0; C,H; CO. C = 74,40 Proz. ER 2,640, Broz

Gefunden: il; 18 Tr: BZ 73,42 441 14.39 re 6,37 6,36

Die Zahlen stimmen für eine Monobenzoylverbindung von der Formel C,, Hz, 0,.C;, H,CO.

Durch den Acetyl- und Benzoylester des Sagaresinotannols ist erwiesen, dafs mein Harz ebenfalls Alkoholnatur besitzt und min- destens eine Hydroxylgruppe enthält, also ein weiteres Glied der „Resinole“ bez. „Resinotannole“!) ist.

Verhalten gegen Brom und Jod.

Die Einwirkung dieser beiden Reagentien bot keinerlei auf- fallende Erscheinungen. Die Bromierung wurde in der Weise vor- genommen, dafs Brom in kleinen Portionen in das mit Wasser auf- geschwemmte Sagaresinotannol eingetragen wurde. Das Reaktions- produkt war ein amorpher brauner Körper, der gut ausgewaschen und getrocknet wurde. Er löste sich in Säuren, Alkalien und

1) Tschirch, Archiv d. Pharmac. 1893. Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bds. 4. Heft. 18

274 M. Hohenadel: Ueber das Sagapen.

Alkohol, fast gar nicht in Aether, Schwefelkohlenstoff und Petrol- äther. Die Anwesenheit von Brom war qualitativ leicht nach- zuweisen.

Zur Jodierung stellte ich mir eine alkoholische Harzlösung dar, in die Jod eingetragen wurde. Durch Fällen mit Wasser erhielt ich wiederum einen amorphen Körper, der nach dem Auswaschen mit verdünnter Jodkaliumlösung und nach dem Trocknen dunkel- braune Farbe hatte. Als Lösungsmittel erwiesen sich Schwefelsäure, Natronlauge, Alkohol brauchbar, dagegen war in Petroläther, Chloroform Aether, Benzol, Schwefelkohlenstoff fast nichts löslich. Jod war qualitativ nachweisbar. Von einer quantitativen Jod- und Brom- bestimmung wurde abgesehen, da bei früheren Untersuchungen von Harzverbindungen im pharmac. Institut Bern die Erfahrung gemacht wurde, dafs sie meist keine einheitlichen Produkte darstellen.

Oxydation des Sagaresinotannols.

Während Tschirch und Lüdyt!) bei der Oxydation des Benzoeharzes direkt Pikrinsäure erhalten hatten, stie(senSchwanert?), Tscehirch und Conrady°) bei der Oxydation des Galbanums auch auf Kamphersäure. Es war nicht ausgeschlossen, dafs auch bei meinem Harz Kamphersäure auftreten könnte, deshalb arbeitete ich genau nach den Angaben Conrady’s: 40 g Sagapenharz wurden mit 700 & Salpetersäure vom spez. Gew. 1,27 auf dem Wasserbade so lange erwärmt, bis alles in Lösung gegangen war, was nach einigen Tagen der Fall war. Die gelbbraune Lösung wurde ein- gedampft, bis sich weilse Dämpfe entwickelten, der Rückstand mit Wasser aufgenommen, filtriert, das Filtrat wieder eingeengt und dann mit Aether geschüttelt. Nach dem Verdampfen des Aethers fanden sich aber keine Krystalle, sondern eine klare 'citronengelbe Harzschmiere, die sich in heilsem Wasser mit intensiv gelber Farbe löste. Die Lösung wurde wieder mit Salpetersäure versetzt und solange erhitzt, bis die Harzschmiere verschwunden war. Es schied sich nach einiger Zeit ein zartes schwach gelbes Pulver ab, das sich unter dem Mikroskop als krystallinisch erwies. Die Lösung des Pulvers hatte bitter adstringierenden Geschmack und glaubte ich

1) Arch. d. Pharm. 1893.

2) Annal. d. Chem. u. Pharmac. 128. 122. 3) Archiv d, Pharmac. 1894. 232,

M. Hohenadel: Ueber das Sagapen. 275

anfangs Pikrinsäure vor mir zu haben, zumal auch die Haut dauernd gelb gefärbt wurde. Da ich aber niemals mit Cyankalium die Isopurpursäurereaktion erhielt, mufste wohl ein anderer Körper vor- liegen. Die Krystalle wurden sorgfältig gesammelt und umkrystallisiert, sie zeigten einen Schmelzpunkt von 175,50. Letzterer und die oben beschriebenen Eigenschaften lassen mit Sicherheit erkennen, dals das Oxydationsprodukt Oxypikrinsäure oder Styphnin- säure sei. Kamphersäure scheint sich bei der Oxydation nicht zu bilden.

In dem „Handwörterbuch der reinen und angewandten Chemie?) findet sich der Verlauf einer Oxydation von Stinkasant genau so ge- schildert, wie ich ihn bei Sagapen zu beobachten Gelegenheit hatte und ist dort ferner darauf hingewiesen, dafs diese Säure sich bilde durch Einwirkung von Salpetersäure auf verschiedene Gummiharze wie Ammoniak, Galbanum, Asa foetida, sowie auf Fernambukextrakt, Sandelholz und Gelbholzextrakt.

Die Styphninsäure C,H (NO,); (OH), ist von Böttger und Will 1846 und gleichzeitig von Erdmann rein dargestellt worden ; schon 1808 hatte Chevreul sie erhalten und als „künstliches Bitter“ bezeichnet, indem er ihre Beziehung zum Welter’schen Bitter (Pikrinsäure) erkannte. Will und Böttger nannten die Säure Styphninsäure (von origvos) ihres zusammenzichenden herben Geschmackes wegen. Erdmann nannte die Säure Oxypikrinsäure, weil sie sich als das höhere Glied derjenigen Reihe, welcher die Pikrinsäure angehört, betrachten läfst, worauf schon Böttger und Will hingewiesen haben.

Aus dem Umstande, dafs bei Verseifung des Sagapenharzes durch Schwefelsäure auf der einen Seite Umbelliferon, auf der andern ein Harzalkohol das Sagaresinotannol auftrat, ist man berech- tigt den Schlufs zu ziehen, dafs das Harz ein Umbelliferon- Sagaresinotannoläther ist.

Das ätherische Oel.

Wie schon oben erwähnt, wurde zur Gewinnung des ätherischen Oeles die konzentrierte ätherische Harzlösung wiederholt mit Petrol- äther geschüttelt und letzterer nach der Trennung auf dem Wasser-

4) Liebig, Poggendorf und Wöhler 1851. 18*

276 M. Hohenadel: Ueber das Sagapen.

bade abgezogen. Das resultierende Oel deutete schon durch seine Konsistenz und seine Menge über 19 Proz. auf einen Gehalt an Harz hin. In der That gelang es mir auch durch wiederholtes Schütteln mit Petroläther noch Harz abzuscheiden. Das nunmehr gereinigte Oel hatte nach dem Verdunsten des Petroläthers rein gelbe Farbe und den charakteristischen Geruch des Sagapens; sein spez. Gewicht war 0,980. Der fraktionierten Destillation unterworfen zeigte sich folgendes: Die ersten Anteile unter 100 I waren farblos und enthielten Petroläther. Zwischen 1000 und 110° ging Wasser über von üblem Geruch und saurer Reaktion. Zwischen 110° und 135° zeigte sich ein hellgelbes ekelhaft riechendes Oel ebenfalls sauer reagierend.. Bei 1500 nahm das Oel im Kolben dunklere Farbe an, es destillierten einige ccm Oel von grünlicher Farbe über. Zwischen 160° und 210° war das Destillat hellblau, die Temperatur stieg aber bald bis 270° und schwankte alsdann zwischen 220° und 2700 selbst bis 300° steigend. Die bei diesen Graden übergehenden Anteile hatten ‘schöne kornblumenblaue Farbe ohne den widerlichen Geruch des gelben Oeles. Die letzten Anteile waren schmutzigblau. Die Destillation mulste unterbrochen werden, weil Krystalle auf- traten, die das Abflufsrohr zu verstopfen drohten. Die Krystalle erwiesen sich bei näherer Untersuchung als Umbelliferon. Das Oel war demnach trotz sorgfältiger Reinigung noch harzhaltig. Dies be- stätigte auch der braungrüne Rückstand im Kolben, der nach dem Erkalten vollständig erstarrte.

Da meine Bemühungen ein absolut harz- und wasserfreies Oel mit Petroläther zu erhalten ohne Erfolg geblieben waren, wandte ich die bekannte Methode der Oelgewinnung mittels Wasserdämpfen an. Zu diesem Zweck behandelte ich 100 g gereinigten Harzes mit Dampf. Das Destillat war anfangs milchigtrübe, doch trat bald eine Trennung und Klärung ein, indem das Oel sich an der Oberfläche sammelte. Dasselbe wurde im Scheidetrichter getrennt, mit Chlor- caleium entwässert und filtriert. Ich erhielt hier 5,8 g ätherisches Oel. Auch den Rest des mit Petroläther gewonnenen harzhaltigen Oeles trennte ich auf diese Weise.

Das harzfreie Oel war von gelber Farbe, aber etwas heller als das harzhaltige, zeigte reinen Geruch nach Sagapen, ein spezifisches Gewicht von 0,905 und gab mit metallischem Natrium geglüht deut-

M. Hohenadel: Ueber das Sagapen. 277

liche Schwefelreaktion. Den Gehalt an Schwefel fand ich zu 9,7 Proz. Es löste sich leicht in Aether, Petroläther, Eisessig, Chloroform, Benzol, Aceton, weniger leicht in Essigäther und Alkohol. Mit etwas Alkohol angeschüttelt zeigte sich auf Zusatz von:

Salzsäure schön violette Färbung schon in der Kälte.

Schwefelsäure (verdünnt) anfangs schmutzig violett, nach Erwärmen und längerem Stehen purpurrot; es schieden sich weilse Flocken ab.

Schwefelsäure (konzentriert) sofort braunrot, nach längerem Stehen tief violett, ohne Flockenabscheidung.

Salpetersäure (konzentriert) anfangs gelbbraun, später braunrot, in dünneren Schichten violett, nach längerem Stehen tief- violett.

Ammoniak gab milchige Trübung, die sich nach dem Erwärmen klärte unter Abscheidung weilser Flocken.

Natronlauge ähnlich wie bei Ammoniak.

Bei der Fraktionierung dieses harzfreien Oeles traten ganz äbnlichke Erscheinungen auf wie bei dem harzhaltigen: zwischen 1000 und 110° einige Tropfen Wasser, zwischen 115° und 150° gelb- grünes, saures Destillat, zwischen 150° und 180° grünes Oel, zwischen 180° und 210° blaues Oel, zwischen 210° und 240° dunkelblaues Oel, zwischen 240° und 270° (300°) tiefblaues dickflüssiges Destillat. Der Rückstand war grünbraun, dickflüssig.

Der zwischen 1500 und 1800 übergegangene Anteil wurde mit Chlorcaleium behandelt und mit aller Vorsicht reiraktioniert. Dabei erhielt ich einige Tropfen eines hellgelben Oeles von widerlichem Geruch, das zwischen 118% und 123% übergegangen war; es reagierte neutral und gab mit Salzsäure keine Reaktion. Die Quantität war leider zu gering um nähere Untersuchungen anstellen zu können.

Der Umstand, dafs bei dem mit Wasserdämpfen gewonnenen Oele bei der Fraktionierung Umbelliferon nicht auftrat, beweist, dafs das bei der Fraktionierung des mit Petroläther extrahierten Oels auftretende Umbelliferon in der That einer Verunreinigung dieses letzteren Oeles mit Harz seine Entstehung verdankt und dafs Um- belliteron also in diesem Falle nicht etwa aus dem Oele abgespalten wurde.

[86] -] [0 >]

M. Hohenadel: Ueber das Sagapen.

Die sauer reagierenden Anteile der Fraktion verdünnte ich mit Wasser, setzte Zinkoxyd bis zur Neutralisation zu, erwärmte längere Zeit auf dem Wasserbade und setzte die Flüssigkeit nach dem Filtrieren zur Krystallisation weg. Aber selbst nach wochenlangem Stehen schieden sich keine Krystalle aus. Um doch eventuell zu der Säure zu gelangen, erhitzte ich den letzten Rest meines Oeles mit Kalilauge am Rückflufskühler mehrere Tage lang, das Oel nahm dabei dunkelbraune Farbe an. Nachdem die Verseifung beendet schien, wurde mit Wasser versetzt, mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert und mit Aether ausgeschüttelt. Dabei erhielt ich kaum zwei bis drei Tropfen einer gelbbraun gefärbten Flüssigkeit, die einen intensiven Geruch nach Valeriansäure hatte. Leider gelang es mir auch hier nicht ein Salz darzustellen. Es mögen ganz ähnliche Verhältnisse beim Sagapenöl obwalten wie beim -Galbanumöl, bei dem Conrady vermutet, dals es ein flüssiger Ester sei, der möglicherweise grofsenteils aus Bornylvalerianat besteht, während das Terpen darin gelöst enthalten ist. Wir dürften es hier ebenfalls mit dem Ester eines Oelalkohols zu thun haben, die Tschirch!) mit dem Namen Oleole belegt.

Es lag nahe, Vergleichungen anzustellen zwischen den hoch- siedenden blauen Anteilen des Sagapenöles und denen anderer Oele wie Galbanum, Asa foetida, Chamillen etc. Zu diesem Zweck stellte ich mir dar: Blauöl von Asa foetida durch trockene Destillation des Harzes, ferner solches von Valeriana officinelis und Inula Helenium durch Fraktionierung der Handelsöle Zur Verfügung stand mir: Blaues Galbanumöl aus der Sammlung des Pharmac. Institutes Bern. (Das Oel war gewonnen durch trockene Destillation des Harzes und schon über 21 Jahre in zugeschmolzenem Glasrohr aufbewahrt.) Sodann blaues japanisches Baldrianöl, Blauöl von Artemisia Absynthium und Achrllea Millefolium, die letzteren durch die Güte von Schimme & Comp. erhalten.

Dafs diese blauen Oele in naher Beziehung zu einander stehen, ist schon ersichtlich aus den Temperaturen, bei denen sie über- destillieren.

1) Pringsheim’s Jahrb. 1893 No. 373.

[89 be)

M. Hohenadel: Ueber das Sagapen.

Blauöl von Sagapen zwischen 2100 und 2709 # Valerian. office. 2100 ,„ 2650 r Asa foetida a 230 „2800 (3000) n Inula Helen. 2100 2600 2200 „3000 (Küchler)

e Galbanum ni

Ganz besonders tritt die Verwandtschaft namentlich der rekti- fizierten Blauöle zu Tage bei der spektralanalytischen Untersuchung. Apparat und Methode wurden angewendet wie sie Tschirch im Archiv der Pharmacie 1884 beschrieben hat.

Da das auf kaltem Wege extrahierte Oel von Sagapen niemals die alsbald zu beschreibenden spektralanalytischen Reaktionen giebt, so unterliegt es keinem Zweifel, dafs das blaue Oel ein pyrogenes Zersetzungsprodukt ist.

Sämtliche Beobachtungen wurden vorgenommen in direktem Sonnenlicht.

Das blaue Sagapenöl zeigt bei einer Schichtendicke von 7 mm ein schmales Band in Rot zwischen 4 = 0,645 « und A = 0,660 u, ein etwas breiteres verwaschenes Band zwischen 4 = 0,583 « und 4 = 0,610 «, ein mattes in seiner Lage nicht genau festzustellendes bei A = 0,550 und 4 = 0,570 «. Rot, Blau und Violett werden durchgelassen.

Bei 12 mm Schichtendicke erscheint ein neues Band im Rot bei 4 = 0,720 « A = 0,740 «. Das erste oben erwähnte Band im Rot ist jetzt dunkel und scharf konturiert und liegt zwischen 4 = 0,645 und A = 0,665 „«. Das Band im Gelb ist mit dem Band im Grüngelb verschmolzen und bildet nunmehr ein breites gegen Grün verwaschenes, um 4 = 0,600 « am dunkelsten er- scheinendes Band zwischen 4 = 0,615 «x und 4 = 0,550 a. Bei dieser Schichtendicke wird Rot, Grün, Blau und Violett noch durch- gelassen ; im durchfallenden Lichte tiefblau.

Bei 19 mm Schichtendicke hebt sich das Band im Rot, welches nunmehr eine grölsere Breite bekommen hat, kräftiger hervor zwischen 4 = 0,720 « und A} = 0,750 «. Das zweite Band im Rot ist mit den Bändern im Gelb und Gelbgrün zu einem breiten Band verschmolzen, ist gegen grün verwaschen und liegt ungefähr zwischen

280 M. Hohenadel: Ueber das Sagapen.

, = 0,530 « und 4 = 0,675 «. Rot, Grün, Blau, Violett werden noch durchgelassen ; im durchfallenden Lichte tiefblau.

Bei 28 mm Schichtendicke sieht man aufser dem Bande rechts neben Fraunhofer A nur ein breites Absorptionsband zwischen 4 = 0,690 « und ca. 4 = 0,510 «. Bei höheren Schichtendicken verschmilzt auch das Band im Rot zwischen 4 = 0,750 « und 4 = 0,720 « mit den übrigen Bändern. Bei direkter Sonne wird Ultrarot und etwas Blau durchgelassen etwa zwischen 4 = 0,440 u and 0.470.

Japanisches Baldrianöl (von Schimmel u. Co.) ist lichtgraublau, im durchfallenden Lichte grauviolett; zeigt die gleichen Bänder an der gleichen Stelle wie Sagapenöl. Bei 55 mm Schichten- dieke liegt Band 1 zwischen 4 = 0,720 « und 4 = 0,740 «, Band 2 zwischen / = 0,645 « und 4 = 0,665 «, Band 3 zwischen 4 = 0,585 « und4=0,613 a. Diese drei Bänder sind deutlich und scharf konturiert, Band 4 undeutlich begrenzt bei 4 = 0,550 « und 4 = 0,570 «. Bei 115 mm Schichtendicke wird nur Rot durchgelassen zwischen ) = 0,670 « und 4 = 0,780 «. Band 1 deutlich und scharf.

Wermutöl (von Schimmel u. Co.) zeigt braungraues Aus- sehen mit einem Stich ins Grüne; das Spektrum weniger deutlich: Bei 4 mm Schichtendicke zeigt sich Absorption des Violett und Blau bis gegen 4 == 0,500 «. Band 1 hebt sich nur undeutlich von der Endabsorption des Rot ab. Band 2 zwischen 4 = 0,650 « und , = 0,665 „« sehr deutlich. Band 3 undeutlich begrenzt um » = 0,600 u.

Bei 8 mm Schichtendicke erscheint es im durchfallenden Lichte orange. Band 1 deutlich, Band 2 und 3 zu einem undeutlich be- grenzten Bande zasammengeflossen. Die Endabsorption reicht bis

= 0,530 «. Band 4 nicht deutlich. Noch dickere Schichten lassen nur Ultrarot durch.

Oleum Millefolii (von Schimmel u. Co.) hat grüngelbe Farbe, erscheint im durchfallenden Lichte schön grün. Bei einer Schichtendicke von 20 mm hebt sich Band 1 von der Endabsorption kaum ab zwischen } = 0,710 « uud A = 0,740 «a. Band 2 zwischen 4 = 0,645 « bis 4 = 0,665 «a. Band 3 liegt um 4 = 0,600 «, etwa

M. Hohenadel: Ueber das Sagapen. 281

zwischen # = 0,580 «= und 4 = 0,605 «. Blau und Violett werden bis 4 = 0,460 « absorbiert.

Auch bei einer Schichtendicke von 30 mm, wobei das Oel iın durchfallenden Lichte gelbgrün erscheint, ist Band 4 noch nicht deutlich, oder doch nur als ein Schatten von Band 3 gegen das stärker gebrochene Spektrumsende hin sichtbar. Band 2 ist mit 3 verschmolzen, Band 1 relativ scharf konturiert. Die Endabsorption ist bis gegen 4 = 0,500 « vorgerückt. Es werden nur grün und rot durchgelassen, bei noch höheren Schichten nurmehr rot.

Blauöl von Asa-foetida, erhalten durch trockene Destillation des Harzes und Fraktionierung des Destillationsproduktes. Zur Untersuchung wurden verwendet die zwischen 200° und 220° übergegangenen Anteile. Bei einer Schichtendicke von 6 mm zeigt das tiefblau gefärbte Oel Band 1 von 4 = 0,720 « bis 4 = 0,750 deutlich und dunkel, Band 2 von 4 = 0,650 « bis 4 = 0,675 a, gegen gelb verwaschen ; Band 3 von 4 = 0,620 « bis = 0,580 «; Band 4 undeutlich und verwaschen, mit Band 3 verschmolzen und als ein Schatten erscheinend etwa bei 4 = 0,560 «, verschmilzt später voll- ständig mit 3. Bei dieser Schichtendicke wird violett noch durch- gelassen. Bei höherer Schichtendicke verschmilzt zunächst Band 3 mit 4 und dann auch Band 2 mit 3 und 4.

Blaues Galbanumöl. Schichtendicke 4 mm, Farbe tief- blau. Band 1 von 4 = 0,720 » bis 4 = 0,740 a; Band 2 von 4 = 0,645 a bis = 6,665 “; Band 3 undeutlich und verwaschen, bereits mit Band 4 zu einem breiten Band verschmolzen ungefähr zwischen 4 = 0,545 und 4 = 0,620 a. Immerhin ist das Band um 4 = 0,600 entschieden dunkler. Dicke Schichten (von 8 mm) lassen nur Ultrarot über = 0,750 und Blau zwischen 4 = 0,440 » und „= 0,470 » durch, doch hebt sich Band 1 noch gut von dem Uebrigen ab.

Grüngelbes Oel von Inula Helenium. Fraktion von 210° bis 260°. Das Oel fluoresziert deutlich blau. Bei einer Schichtendicke von 32 mm erscheint das Oel im durchfallenden Lichte orange, absorbiert blau und violett bis = 0,490 «, zeigt ein un- deutliches, mattes, an den Rändern verwaschenes Band zwischen 4 = 0,610 und 4 = 0,550 », welches dem Bande 3 und 4 entsprechen würde. Von Band I und 2 ist nichts zu sehen.

282 M. Hohenadel: Ueber das Sagapen.

Blaugrünes Oel von Valeriana officinalis. Fraktion zwischen 210° und 265°. Schichtendicke 20 mm. Band 1 hebt sich von der Endabsorption noch nicht deutlich ab, doch ist es zwischen 4 = 0,720 « und 4 = 0,750 « zu sehen; Band 2 ist dunkel, hebt sich gut ab zwischen A = 0,650 « und 4 = 0,670 „a; Band 3 ist gut diffe- renziert aber matt zwischen # = 0,590 «x und 4 = 0,610 «. Band 4 zwischen 7 =0,555 « und y = 575 « sehr matt, undeutlich begrenzt. Violett wird absorbiert. Bei einer Schichtendicke von 27 mm reicht die Endabsorption des Blau bis 4 = 0,455 «; Band 3 ist mit Band 4 verschmolzen. Band 1 und 2 treten deutlich und kräftig hervor.

Blaugrünes Oel von Matricaria Chamomilla. (unfraktioniert. Schimmel u. Co.). Bei 4 mm Schichtendicke er- scheint ein breites verwaschenes Band zwischen 4 = 0,550 « und 4 = 0,700 «. Die Endabsorption ist bis 4 = 450 « vorgerückt. Rot wird nur wenig durchgelassen; das von der Flüssigkeit durch- gelassene Licht ist blaugrün. —, fast nur Blau und Grün werden durchgelassen. Das breite Band scheint aus mehreren zusammen- geflossen zu sein.

Es möge hier angefügt sein das Spektrum des gelben Sagapen- öles, das mit Alkohol angeschüttelt und mit einigen Tropfen Salpeter- säure versetzt war. Die Farbe ist rein violett. Einige Tropfen zeigten ein dunkles gut begrenztes Band zwischen 4 = 0,540 « und 4 = 0,560 «, welches bei steigender Schichtendicke dunkler und breiter wird. Steigert man die Schichtendicke, so liegt dasselbe als ein breites schwarzes Band zwischen 4 = 0,538 « und 4 = 0,562 .. Das Maximum der Absorption liegt bei A = 0,550 «. Daneben ist ein zweites mattes Band erschienen zwischen 4} = 0,590 «x und A= 0,610 «. Violett und Blau werden durchgelassen. Bei noch höherer Schichtendicke liegt das erstgenannte Band gegen Gelb gut abgegrenzt, gegen Grün verwaschen zwischen 4 = 0,568 und i = 0,530 «. Das zweite Band hat sich ein wenig verbreitert, es liegt zwischen 4= 0,588 « und 4 = 0,612 „. Bei noch höherer Schichtdicke verschmelzen die beiden Bänder zu einem, welches zwischen } = 0,612 «x und 4 = 0,500 a liegt. Die Flüssigkeit er- scheint hier im durchfallenden Licht fuchsinrot. Dicke Schichten lassen Blau, Blaugrün und Rot durch.

M. Hohenadel: Ueber das Sagapen. 283

Zusammenstellung:

Schichten- rer 3 Blaues Oel von dicke. Absorptionsbänder. Sagapen 12 mm 1A = 0720 x A = 0,740 u 2 = 0,685 u ) = 0,665 12 34 = 0615 u 0,550 # Japan. Baldrianöl. 55 mm I 2.0202 2 020 21 = 0,685 u 1 = 0,665 u Be 1 ee 1 77 4.4 = 0550 I II Ol. Millefolii 20 mm 1A Walz NN a 2 ı = 0,645 «u 4 = 0,665 u 34 = 0,580 «x A = 0,605 u 4 undeutlich. Asa foetida 6 mm li —0,/20 2a —I W504 24 = 0,650 « 4 = 0,675 u 34 = 0,620 u -- A = 0,580 u 4 undeutlich. Galbanum 4 mm 1A = 0,720 vu A = 0,740 u N 0,6415 2 1 —- Vom 3) 2 0,545 u 4f verwaschen , _ 06% u Valeriana 20 mm IT A= 02027 > 00er offieinalis 2A = 0,650 u A = 0,670 u = 050 a 20610 4A = 0555 « A = 0,575 matt.. Ol. Absynthü 4 mm 1 undeutlich

24 =0650 u. —-— A = 0665 u 34 = 0,600 « (ca.) 4 verwaschen.

Ueber das blaue Chamillenöl berichtet J. Kachler:), be- schreibt die Rektifikation desselben und vergleicht die hochsiedenden Anteile desselben mit denen des blauen Galbanumöles, das Mössmer?) untersuchte. Kachler findet eine grolse Aehnlichkeit

1) Bericht der chem. Gesellsch. Bd. IV. 36. 1871. 2) Annalen der Chemie OXIX. 257.

284 M. Hohenadel : Ueber das Sagapen.

bezüglich des Geruches, doch einen beträchtlichen Unterschied was

ihre Zusammensetzung betrifft:

Blaues Chamillenöl Blaues Galbanumöl 281— 2890 289 —290%9 n. Mössmer

Me = 79,25 83,74 Mittel H 10.40 11.43 Mittel

Auch ©. Wolff!) arbeitete über das blaue Chamillenöl und untersuchte dasselbe spektroskopisch. Seine Messungen ergaben für die alkoholische Lösung des Oeles für die drei Absorptionsmaxima im prismatischen Spektrum: a3lB, B23C—C8D, C60D-—.D.

K. Hock?) untersuchte ebenfalls verschiedene blaue Oele mit dem Spektralapparat und fand, dafs alle die nämlichen Absorptions- bänder geben. Ertolgert daraus, dafs alle einen gemeinsamen blauen Farbstoff Azulen besitzen. Er glaubt ferner, dafs dieser blaue Körper manchmal schon in der Pflanze vorgebildet ist, oder doch bei der Destillation mit Wasser erzeugt wird, während man ihn in anderen Fällen erst durch Zersetzung bei höherer Temperatur er- hält. Hock weist dann noch darauf hin, dafs der blaue Farbstoff an der Luft sehr unbeständig ist, da die Färbung bald in ein schmutziges Braun übergeht.

Durch meine Untersuchungen dürfte abgesehen von einer genaueren spektralanalytischen Charakterisierung des Azulens fest- gestellt sein, dafs das letztere nicht in den Oelen vorgebildet ist, wohl aber ein sehr regelmälfsig bei den verschiedensten Oelen auf- tretendes meist pyrogenes oder schon bei der Destillation mit Wasser- dampf entstehendes Zersetzungsprodukt einer bisher unbekannten Muttersubstanz ist.

Il. Botanischer Teil.

Aus der Droge wurden mehrere Stücke ausgelesen, die leicht als Stengelorgane erkannt werden konnten. Anatomisch untersucht zeigten dieselben einen Bau, wie er bei Umbelliferen häufig vor- kommt: Auf eine ziemlich grofszellige Epidermis folgt ein breiter Kollenchymring von verschiedener Dicke, in den die zahlreichen schizogenen Sekretbehälter halb eingebettet sind. Der Kollenchym- panzer ist am dicksten in den Längsleisten, die in dem Stengel vor-

1) Pharmac. Ztg. No. 82. 1378, 2 Archiv d. Pharmacie 1883. 17.

M. Hohenadel: Ueber das Sagapen. 285

handen sind, und fehlt oft ganz in den Rinnen. Die Sekretbehälter erreichen einen aufserordentlichen Durchmesser, sind langgestreckt, liegen ziemlich dicht nebeneinander, folgen überhaupt im Bau dem Typus der Umbelliferen. Dann folgt ein lockerer Ring grolser Gefälsbündel, die aufsen mit einem enormen Bastzellbeleg versehen sind, der nicht selten eine Tiefe von 8 Zellen und eine Breite von 25 Zellen besitzt. Der Siebteil der Bündel ist fast regelmälsig stark obliteriert; der Gefäfsteil besteht vornehmlich aus zahlreichen, ziem- lich weiten Gefälsen, die grölsten Bündel liegen unter den Längs- rippen des Stengels. Hier folgt also aufeinander von aufsen nach innen: ein breiter Kollenchymbeleg, ein grofser Sekretgang, Bast- beleg, Siebteil und Gefälsteil. Im Innern des Stengels finden sich zahlreiche isolierte Gefäfsbündel, von denen die meisten einen zarten Bastzellbeleg am Siebteil und rechts und links davon, dem Siebteil angelagert, je einen grolsen schizogenen Sekretgang führen. Dieser Bau läfst keinen Zweifel darüber, dafs wir es mit dem Stengel einer Umbellifere zu thun haben und zwar wahrscheinlich mit einer Ferula.t)

Aulser den Stengelteilen fanden sich in der Droge auch noch einige Früchte, die ebenfalls zweifellos zu einer Umbellifere gehören wie sowohl die morphologische als anatomische Untersuchung zeigte. Besonders der Bau der Aleuronkörner liefsen einen Zweifel an der Zugehörigkeit zu einer Umbellifere nicht aufkommen.

Das Gleiche gilt von den ebenfalls ausgelesenen Blüthenstand- axen. Alle aus der Droge gesammelten Organe sind also sämtlich oberirdisch, so dafs eine Gewinnung des Sagapens aus der Wurzel nicht wahrscheinlich erscheint.

Eine vergleichend morphologisch - anatomische Untersuchung der aus der Droge ausgelesenen Pflanzenreste mit Herbarmaterial von Ferula persica und Ferula Scovitziana aus dem Herbier Boissier, Genf, die bezeichnet waren mit „Ferula persica Willd. Persia. Dr. Buflse 1847 und Zerula Szovitsiana, Nakitschiwan, Szovits und die ich Herrn Konservator Autrand verdanke ergab als einziges sicheres Resultat, dals die im Sagapen vor- kommenden Pflanzenreste zweifellos zu einer Ferula gehören. Der Bau der Vegetationsorgane, besonders des Stengels, sowie der Frucht-

it) Dgl. Tschirch, Angew. Anatomie 478 u. Arch. d, Pharm, 1886.

286 M. Hohenadel: Ueber das Sagapen.

schale (besonders der Querzellenschicht) liefsen hierüber keinen Zweitel. Jedoch stimmte der Bau des Stengels weder vollständig mit dem von Ferula persica nach dem von ZFerula Szovitsiana über- ein. Da die aus der Droge ausgelesenen Früchte sämtlich stark beschädigt waren, liefs sich nicht mehr entscheiden, ob dieselben einen breiten Flügel, der für die Früchte von Ferula Szovıtsiana charakteristisch ist, besessen haben, oder nicht. Die Frage, ob Ferula Szovıtsiana wirklich die Stammpflanze ist, wäre gelöst, wenn sich in der Droge die breitgeflügelten Früchte dieser Pflanze vor- fänden. Die Ergebnisse vorliegender Arbeit sind folgende: Sagapen enthält 56,8 Proz. ätherlösliches Harz

233°, "Gummi

35 Wasser

10,6 Verunreinigungen,

5,8 ätherisches Oel.

Im Reinharz fanden sich ca. 15,7 Proz. gebundenes Umbelliferon 0,11—0,15 Proz. freies Umbelliferon 40 Proz. Sagaresinotannol. Ca, Has O;.

Im ätherischen Oele konnte ich 9,7 Proz. Schwefel nachweisen.

Das Harz ist ein Aether und zwar ein Umbelliferon-Sagaresino- tannoläther. Denn bei der Verseifung mit Schwefelsäure wurde einerseits Umbelliferon frei, das durch Reaktionen, Schmelzpunkt und Verbrennungen als solches festgestellt wurde; andererseits resultierte das Sagaresinotannol, das Gerbstoffreaktion gab und im Stande war, sowohl Benzoyl- als Acetylverbindungen einzugehen.

Infolge dieser Eigenschaften ist Sagaresinotannol als Alkohol anzusehen und seine Verbindung mit Umbelliferon muls äther- artig sein.

Die Behandlung des Sagaresinotannols mit Salpetersäure lieferte keine Kampfersäure, sondern Oxypikrinsäure . C; H (NO,); (OH)3.

Dr. ©. Boettinger: Ueber Kohlenhydrate. 287

Zur Kenntnis der Glyoxylsäure. VI. Abteilung.

Verhalten gegen Kohlenhydrate. Von Dr. Carl Boettinger. (Eingegangen den 15. 5. 1895.)

Vor kurzem habe ich in diesem Archiv 1895, 233. 125 einige Andeutungen über das Verhalten der Glyoxylsäure gegen Trauben- zucker mitgeteilt. Auf den folgenden Blättern erlaube ich mir diesen Bericht zu vervollständigen und weitere Beobachtungen an- zuführen, von welchen ich glaube, dafs sie einiges Interesse bean- spruchen dürften. Aufser auf Traubenzucker, erstrecken sich die Versuche auf Stärke, Rohrzucker, Lävulose und Galactose; andre Zuckerarten vermochte ich nicht in den Kreis meiner Untersuchung zu ziehen, weil ich dieselben nicht erhalten konnte.

I. Glyoxylsäure und Stärke.

(Die invertirende Eigenschaft der Glyoxylsäure).

Wenn fein zerriebene Stärke mit dem gleichen Gewicht Glyoxyl- säure von 1.32 spec. Gew. übergossen wird, so verwandelt sie sich in eine ganz schwach gelb gefärbte, durchscheinende, knollige Masse, welche auf Zusatz von einigen ccm Wasser in eine weiche, lichtgelbe, homogene Gallerte übergeht, auf welcher die wässrige Flüssigkeit steht. Wird die Masse nunmehr auf dem Wasserbade erwärmt, so löst sich die Gallerte nach kurzer Zeit bis auf einige Häute auf und es entsteht eine klare Lösung von löslicher Stärke, welche in verdünntem Zustand von Jodlösung blau gefärbt wird. In der Lösung findet sich auch eine Zuckerart vor, welche wie der Trauben- zucker von Fehling’scher Lösung reduziert wird. Es wirkt also die Glyoxylsäure im Sinne einer Mineralsäure auf die Stärke ein.

Es wurden z. B. 0,5505 g zerriebene Stärke mit 0,4823 g Glyoxylsäure von 1,32 spec. Gew. und sechs ccm Wasser auf dem schwachdampfenden Wasserbade mit einander erwärmt. Nach Ablauf von 15 Minuten war die Stärke aufgelöst und eine Flüssigkeit gebildet, welche von einigen Häuten weilslich getrübt war. Es wurde nun

288 Dr. ©. Boettinger: Ueber Kohlenhydrate.

noch 3/, Stunden erwärmt, hierauf die Lösung durch Zusatz von Wasser auf 100 cem gebracht und mit 50 ccm der weilsen opalisierenden Flüssigkeit, welche auf Zusatz von Ammoniak oder Natronlauge klar wird, das Reduktionsvermögen von Fehlin g’scher Lösung bestimmt. Es wurden gefunden 0,127 g Kupferoxyd, ent- sprechend 0,1014 g Kupter. Diese Kupfermenge entspricht nach der Tabelle von Alliın 0,0516 g Traubenzucker, welcher aus 0,2752 g Stärke unter den angegebenen Bedingungen erzeugt worden ist.

Ich habe in diesem Falle, wie überhaupt, das Kupferoxydul in der Spitze eines gemessenen Filters gesammelt, getrocknet und hernach durch längeres Glühen in Kupferoxyd übergeführt. Nach Befeuchten des letzteren mit rauchender Salpetersäura und erneuertem Glühen fand keine Gewichtsveränderung statt. Es sind also die Resultate ebenso genau, als wenn das Kupferoxydul im Asbestülter- röhrchen im Wasserstoffstrom zu Kupfer reduziert worden wäre.

Wenn Stärke mit überschüssiger Glyoxylsäure und ganz wenig Wasser auf dem Wasserbade erwärmt wird, so scheint sie noch eine weitere Veränderung zu erleiden, denn wenn man die Masse dann mit Wasser übergielst und zu der eine ziemliche Menge einer weilsen, in Wasser unlöslichen Substanz enthaltenden Flüssig- keit Jod setzt, so entsteht keine Färbung. Setzt man aber erst überschüssige Natronlauge, dann zur klar gwordenen Lösung Jod und hierauf Essigsäure, so stellt sich Violettfärbung ein. Demnach dürfte unter diesen Umständen wahrscheinlich ein Ester der Stärke gebildet worden sein.

II. Glyoxylsäure und Rohrzucker.

Glyoxylsäure von 1,32 spez. Gew. löst schon bei gewöhnlicher Temperatur eine beträchtliche Menge gepulverten Rohrzucker auf. Wird 1 g Rohrzucker mit 0,7 g Glyoxylsäure der angegebenen Concentration übergossen und die Mischung auf dem Wasserbade erwärmt, so entsteht nach kurzer Zeit eine farblose, dicke Auflösung, die aber jetzt Zucker enthält, welche Fehling’sche Lösung reduzieren. In einem besonderen Falle wurde die erwähnte Mischung etwa eine Stunde auf dem Wasserbade erwärmt, dann durch Wasserzusatz auf 100 ccm verdünnt. Von 50 cem der klaren, farblosen Lösung wurde mit Fehlingscher Lösung das Reduktionsvermögen bestimmt. Es wurden gefunden 0,8378 g Kupferoxyd, was etwa der Invertierung

Dr. C. Boettinger: Ueber Kohlenhydrate. 289

von 70 Prozent des Rohrzuckers entspricht. Die Lösung verändert sich auf Zusatz von Ammoniak bei gewöhnlicher Temperatur zunächst nicht, nimmt aber nach einigem Stehen eine gelbliche Färbung an. Die letztere tritt mit rotgelbem Ton in grofser Intensität auf, wenn erwärmt wird.

Bevor ich das Verhalten der Glyoxylsäure gegen T’rauben- zucker erörtere, scheint esmir passend an dieser Stelle, einer andern Eigenschaft der Glyoxylsäure zu gedenken.

IH. Die gährungshemmende Eigeuschaft der Glyoxylsäure.

Wie der Formaldehyd ist die Glyoxylsäure, welche ja als Carbonsäure dieses Aldehydes betrachtet werden kann, ein starkes Gift für Hefe. Nach meinen Beobachtungen beeinträchtigt der Zusatz von Glyoxylsäure zu einem wässrigen Gemisch von Prefshefe oder von Bierhefe und Traubenzucker die Gährung, vorhindert sie aber nicht vollkommen. Wird aber Glyoxylsäure zu einer wässrigen Suspension von Hefe gesetzt und nach einer Stunde Traubenzucker zugefügt, so wird derselbe so gut wie nicht angegriffen. Nach Ablauf von 36 Stunden stellt sich wieder eine geringfügige Zer- setzung ein. Da die von einem Bäcker erworbene Prefshefe zufälligerweise die Gährung selbst nicht sonderlich förderte, habe ich an ihrer statt die vielfach energischer wirkende Bierhefe verwendet. Auf Zusatz von Glyoxylsäure zur wässrigen Suspension der Bierhefe wird diese niedergeschlagen, so dafs sie lange Zeit hindurch ohne jede sichtbare Bewegung auf dem Boden des Gefälses lagert. Von den verschiedenen auf den Gegenstand bezüglichen Versuchen sei der folgende angeführt.

Zu 11g Bierhefe wurden um 11 Uhr 31 g destilliertes Wasser , und 0,2 g Glyoxylsäure von 1,32 spez. Gew. gesetzt. Um 12 Uhr 30 Minuten wurden 2 g Traubenzucker eingetragen und die Ver- bindung des Zersetzungsgefälses mit abgewognen Auffangapparaten

hergestellt. Nach betrug die 24 Stunden, Gew:chtszunahme des Kalirohrs 0,0200 g; nach weiteren Bun.’ f x & 0,0125 & Det y, r L ß 0,0373 g as, E n Hi 0,0482 g Bee E R 0,0465 &

oder in 116 Stunden 0,1445 e (Kohlensäure). Arch. d. Pharm CCXXXIII. Bd. 4. Heft. 19

290 Dr. C. Boettinger: Ueber Kohlenhydrate.

Dieser Versuch zeigt, dals die Glyoxylsäure schon in einer Konzentration von 0,5 Proz. ein sehr energisch wirkendes Hefe- gitt ist.

IV. Glyoxylsäure und Traubenzucker.

Es ist mir nicht gelungen ein krystallinisches Derivat des Traubenzuckers zu gewinnen. Dennoch glaube ich über meine Ver- suche berichten zu dürfen, da ich ein Reaktionsprodukt habe isolieren können, welches konstante Zusammensetzung besitzt.

5 g Traubenzucker wurden mit ebenpsoviel Glyoxylsäure auf dem schwach dampfenden Wasserbade erwärmt, bis vollkommene Auflösung erzielt war und der beilsende Geruch des Formaldehyds bemerkbar wurde. Hierauf wurde Methylalkohol zugesetzt und aus der klaren Lösung durch Zufügen von Aceton weilse, leicht ver- schmierende Flocken ausgefällt. Diese wurden abältriert, das Filtrat auf dem Wasserbade bis zum dicken Sirup verdunstet, in welchen alsdann Aceton eingerührt wurde. Es entstand eine zähe, weilse» hygroskopische Abscheidung, welche dreimal mit frischem Aceton durchgearbeitet, dann bis zum Vertreiben des anhaftenden Acetons aut dem Wasserbade erwärmt wurde. Hierauf wurde der Rückstand in der eben erforderlichen Menge kalten Wassers aufgelöst und die Lösung im kalten Exsiccator verdunstet. Sie hinterlie/s einen fast farb- losen, zähen, in kaltem Wasser sehr leicht löslichen, hygroskopischen Sirup, welcher nicht die geringste Tendenz zum Krystallisieren wahrnehmen liefs. Die wässrige Lösung desselben reagiert schwach sauer. Wird sie auf dem Wasserbade erwärmt, so nimmt die saure Reaktion aulserordentlich rasch und stark zu, besonders wenn sie hin und wieder durch Eintröpfeln von Ammoniak autgehoben worden ist, offenbar weil sich ein in der Flüssigkeit befindlicher Ester in seine Komponenten spaltet. Auf Zusatz von Ammoniak färbt sich die kalte wässrige Lösung der Substanz zunächst nicht, sie wird aber allmählich schwach gelb. Beim Erwärmen tritt eine starke rotgelbe Färbung auf. Versuche, die Substanz in salzartige Verbindungen von einheitlichem Charakter überzuführen, scheiterten an ihrer Spalt- barkeit. Von der Beschreibung der Versuche nehme ich Abstand. Den Analysen zufolge kommt dem Sirup die Zusammensetzung

08,0% +0 = ,H»9, +0%H,0;+H,0 zu, bei 85° wird er wasserfrei.

Dr. ©. Boettinger: Ueber Kohlenhydrate. 291

1. 0,4307 g Substanz verloren bei 850 0,0300 g H,O oder 6,96 Proz. 0,4007 g entwässerte Subst. lieferten 0,5508 g CO, u. 0,218 gH, 0, 0,315 g Substanz verloren bei 850 0,0231 g H,O oder 7,26 Proz. 0,2949 g entwässerte Subst. lieferten 0,4089 g CO; u. 0,1668 g H,O. 3. 0,3167 g Substanz verloren bei 850 0,0217 g H,O oder 6,85 Proz.

0,295 g entwässerte Subst. lieferten 0,4095 g CO, u. 0,1643 g H,O.

15

Berechnet: Gefunden: C,H, 0, + H,0 1: 2. a für H,O = 6,61 Proz. 6,96 Proz. 7,26 Proz. 6,85 Proz. Berechnet Cg Hy, 09 0 = 37,79 Proz. 3749. 7. 37,82 37.30.2435 H= 551 ER 6,28 6,19%

Die aus vorstehenden analytischen Bestimmungen abgeleitete Zusammensetzung der Substanz entspricht auch deren Reduktions- vermögen gegen Fehling’sche Lösung.

Es wurden 0,3434 g bei 850 entwässerte Substanz in 100 ccm Wasser aufgelöst. 30ccm Lösung enthaltend 0,10302g Substanz lieferten 0,1715g Kupferoxyd. 7004 h „0.240388 n „0,3958 h

Die Resultate ergeben nach der Tabelle von Allihn um- gerechnet 67,9 Proz., resp. 69,2 Proz. Traubenzucker, während die Zusammensetzung der Substanz Oz H,, Og = 70,9 Proz. Traubenzucker verlangt.

Die acetonhaltige Mutterlauge von dem beschriebenen Körper hinterläfst nach dem Vertreiben des Acetons einen Sirup, dessen wässerige Lösung beim Erwärmen mit verdünntem Ammoniak eine aulserordentlich intensiv rotgelbe Färbung giebt. Dieser Sirup, welcher bei 85° 14,65 Proc. Wasser verlor, mufs der Bereitungs- weise entsprechend in 100 Teilen mehr Glyoxylsäure, demnach weniger Traubenzucker enthalten, wie die oben erwähnte Substanz, deren Menge er bei weitem nicht erreicht, Dies gelangt auch bei der Bestimmung des Reduktionsvermögens des bei 85° ent- wässerten Sirups zum Ausdruck, denn es lieferten 0,2242 g trockene Substanz 0,2401 g Kupferoxyd, welche nach der Tabelle von Allihn 0,100 g Traubenzucker oder 44,6 Proz. Traubenzucker entsprechen. Nun verlangt eine Substanz von der Zusammensetzung

0; H3;2 0, + 20, H, 0,:55,5 Proz. Traubenzucker, eine nach C,H, 0, +30,H, 0, zusammengesstzte 45,4 Proz. Traubenzucker. 19*

292 Dr. ©. Boettinger: Ueber Kohlenhydrate.

V. Glyoxylsäure und Lävulose und Galaktose.

Von Lävulose gelangte ein sirupförmiges Präparat für mikros- kopische Zwecke der Firma E. Merck zur Verwendung, welches sich ohne weiteres mit Glyoxylsäure vermischen liefs. Dabei trat keine Temperaturerhöhung ein. Die farblose Mischung blieb auch nach monatelangem Stehen flüssig. Sie wurde darum auf dem schwach dampfenden Wasserbade längere Zeit erwärmt und schliefslich mit Aceton durchgearbeitet, welches einen zähen Stoff zur Abscheidung brachte, welcher wiederholt mit frischem Aceton durchgearbeitet wurde. Die Abscheidung ist in Wasser leicht löslich. Die Lösung wird beim Erwärmen mit Ammoniak gelb, aber erlangt bei weitem nicht die Farbenintensität wie die Lösung des Traubenzucker- resp. Galaktose- derivats. Auch der in Aceton leicht lösliche Anteil des Produktes giebt beim Erwärmen seiner wässerigen Lösung nur eine gelb- gefärbte Flüssigkeit.

Ich habe den von Aceton abgeschiedenen Teil bei 85° getrocknet und dann sein Reduktionsvermögen festgestellt. Es lieferten 0,2312 g trockene Substanz 0,295 g Kupferoxyd, welche gemäls der Tabelle von Allihn 0,1234 g Traubenzucker oder 53,8 Proz. entsprechen.

Nach diesem Resultat scheint dem getrockneten Lävulose- derivat die Zusammensetzung ©, H,s 0, + 2C,H, 0, zuzukommen, denn für dieselbe berechnet sich 55,5 Proz. Traubenzucker.

Die Galaktose ist bei weitem nicht so leicht in Glyoxylsäure löslich, wie der Traubenzucker. Erst bei längerem gelinden Er- wärmen verwandelte sich die Mischung in einen zähen Sirup, welcher beim Einrühren von etwas Methylalkohol dünnflüssig wurde und dann bei langem Stehen etwas unveränderte Galaktose auskrystallisieren liefs, von welcher die überstehende Lösung abgegossen wurde. Beim Einrühren von Aceton in dieselbe erfolgte erst Mischung und dann Abscheidung einer in Wasser und Methylalkohol ganz leicht lös- lichen teigigen Masse, welche bei andauerndem Durcharbeiten mit frischem Aceton fadenziehend wurde. Die Abscheidung löste ich in Methylalkohol, filtrierte einige weilse Flocken ab und verdampfte in gelinder Wärme. Es hinterblieb ein farbloser, zäher Sirup, welcher nicht zum Krystallisieren gebracht werden konnte. Die farblose wässerige Lösung desselben erlangt auf Zusatz von Ammoniak schon einen schwach gelben Stich und wird beim Erwären intensiv gelb

a

Dr. C. Boettinger: Ueber Kohlenhydrate. 293

gefärbt. Die Stärke dieser Färbung wird noch übertroffen von der, welche der Rückstand des Acetonauszuges bei gleicher Behand- lung liefert. 0,2037 g bei 850 entwässerte Substanz lieferten 0,2893 g Kupferoxyd. Wenn man der Berechnung die von Soxhlet ermittelten Werte zu Grunde legt, nämlich dafs ein Molekül Galaktose bei Ver- wendung normaler Fehling'scher Lösung 4,9 Moleküle Kupfer- oxyd reduziert, so würde dies aut einen Gehalt von 65,7 Proz. Galaktose in der untersuchten Substanz hinweisen, wonach also die Substanz in der Zusammensetzung mit dem Traubenzuckerderivat übereinstimmen würde.

Schlufs.

Gemäls den im Vorstehenden beschriebenen Resultaten müssen wir der Glyoxylsäure eine bedeutende Rolle im Haushalte der organi- schen Natur zuschreiben. Wir sehen diese Säure der Stärke und dem Rohrzucker gegenüber ausgestattet mit dem Charakter einer Mineralsäure; aber noch mehr, das Produkt der Invertierung wird durch die gährungsfeindliche Eigenschaft derselben Säure vor der Zerstörung geschützt und gelangt dank der lösenden Eigenschaft der Säure in eine Beschaffenheit, dafs es überall hin mit der gröfsten Leichtigkeit transportiert werden kann. Sonach drängt sich die Ver- mutung auf, die Glyoxylsäure möchte im Lebensproze[s aus der Kohlensäure entstehen. Wir können sie ja auch betrachten als Formaldehyd, in welchem ein Wasserstoffatom durch den Carboxylrest ersetzt ist, und in der That zerfällt die Säure leicht in Kohlensäure und den genannten Aldehyd, welchen ja von Baeyer als das erste Reduktionsprodukt der Kohlensäure betrachtet und dessen Konden- sationsfähigkeit die Forschungen der letzten Jahre haben erkennen lassen. Im Sinne der Hypothese von v. Baeyer würde die Glyoxyl- säure das erste Kondensationsprodukt des Formaldehyds mit Kohlen- säure sein, die Mesoxalsäure dagegen das zweite Kondensations- produkt derselben Faktoren. Dafs aber die Kohlensäure unter Ab- gabe von Sauerstoff, vielleicht in der Form von Wasserstoffsuperoxyd, in Formaldehyd übergeht, mufs noch ebenso bewiesen werden, wie die in folgenden Zeichen versinnlichte Annahme, welche sich keines- wegs deckt mit der Vorstellung von Liebig:

294 P.C. Plugge: Baptitoxin.

| + H,0 = Oxalsäure und Glykolsäure.

| | o A

Darmstadt, 14. Mai 1895. Chem. Technisches Laboratorium (Privat).

Untersuchungen aus dem pharmaceutischen Laboratorium der Universität in Gröningen.

Ueber die Identität von Baptitoxin und Cytisin. Von Dr. P. C. Plugge. (Eingegangen den 25. Mai 1895).

Die Baplisia tinctoria R. Br., die nach Dr. v. Schroeder!) das vorerwähnte Alkaloid in seiner Wurzel enthält, ist eine perennierende, gewürzartige Pflanze aus der Familie der Leguminosae Paptlionaceae, Serie der Podalyriae, die in den Vereinigten Staaten Nord-Amerikas vorkommt und dort unter dem Namen „wild Indigo“ als Arzneimittel angewandt wird.

Der Teil der in der Arzneikunde verwendeten Pflanze ist die Wurzel, die aufser zur Bereitung eines Absuds auch noch zur Verfertigung eines Fluid extract of wild Indigo und eines s. 8. Concentration-Baptısin benutzt wird.

Das Fluidextract wird bereitet durch Auszug der Wurzel mit 50prozentigem Alkohol und durch Eindünstung zu einer derartigen Konzentration, dals 1 cem des Fluidextracts übereinstimmt mit 1 g Wurzel.

Das Baptisin gehört zu der Gruppe der Arzneimittel, welche namentlich in Amerika unter dem Namen „Concentrations“ bekannt

1) Revue des Sciences medicales 1886. Chem. Ztg. Oktober 1885. Dujardin-Beaumetz et Egalse P. 7.

P. C. Plugge: ZBaptitoxin. 295

sind, wozu u.a. das Chimaphilin, Evonymin, Cimifugin oder Maerotin, aber auch ein Gelsemin, Aconitin, Atropin und viele andere gehören, welche nach einem sehr zu mifsbilligendem Gebrauch diese für die Alkaloide und Glukoside üblichen Namen führen, trotzdem dafs sie davon in der Zusammen- setzung und an pharmacodynamischem Werte sehr verschieden sind. Sind doch die „Concentrations“ Mischungen wirksamer und unwirk- samer Pflanzenstoffe, welche nicht nur sehr verschieden sind von den reinen Prineipia activa der Pflanzen, sondern auch unter dem- selben Namen je nach den angewandten Bereitungsweisen, sehr von einander abweichen,

Dujardin - Beaumetz und Egafse!) nennen das Baptisin „un remede eclectique dont la composition varie beaucoup et: que l’on obtient en precipitant par l’eau la solution alcoolique.“ Während diese Bereitungsweise in der That für das amerikanische Baptisin angewandt wird, erhielt ich von E. Merck in Darmstadt ein Baptisin, über dessen Bereitung er also berichtet: „Die Wurzel von Baptisia tinctoria wird mit heilsem Weingeist ausgekocht, der Weingeist abdestilliert und das Extrakt mit Wasser verdünnt. Das Baptisin wird mit Tannin gefällt, und der Niederschlag mit Bleioxyd zersetzt.“

Was den therapeutischen Gebrauch dieser Heilmittel betrifft, so wird erwähnt, dafs sie die Wurzel in der Form eines Decoctums 60—600, das Fluidextract in Gaben von 5—15 Minims und das Baptisin in Dosen von 1—4 Gran (0,065—0,260) sowohl aus-, als inwendig als Tonica, Antiseptica, Purgantia, Emetica, Emmena- goga etc. mit gutem Erfolg wider viele Krankheiten eingegeben sind, als Skarlatia, Febris typhoidea, Dysenterie, Erysipelas, Rheu- matismus und Geschwüre.

Parke, Davis and Co. erwähnen den wilden Indigo in folgender Weise in ihrem „Descriptive Catalogue 1894. P. 223: Baptisıa tinctoria R. Brown. Purgative, emetic, astringent, antiseptic; used principally on account of the latter virtue. Employed in atonic diseases, in scarlatina, typhus and all cases where there is a ten- dency to septicaemia; externally as a wash, or ointment for ill conditioned ulcers.“

1) Les plantes medicinales. P. 89,

296 P.C. Plugge: Baptitoxin.

Dafs ein so hoch gelobtes Heilmittel auch schon mehrmals einer chemischen Untersuchung unterworfen wurde, liegt auf der Hand.

B. L. Smedley!) behauptete, dals er daraus ein Alkaloid isoliert habe, dessen Sulfat „yielded perfectly transparent crystals, in plates similar to those of potassie chlorate.* Doch J. A. Warner,?) der die Untersuchung nach der Beschreibung Smed- ley’s wiederholte, kam zu der Folgerung, dafs das krystallinische Sulfat des letztgenannten Forschers nur Gips sein könne. Warner selbst will ein Alkaloid daraus abgeschieden haben mittels Jodkalium- Jodquecksilbers und Schwefelwasserstoff.

Von Husemann - Hilger wird erwähnt, dafs E. v. Greene?) ein Alkaloid aus der Wurzel von 2. tinctoria isoliert hat durch Aus- zug der mit Soda befeuchteten Wurzel mittelst Aether, welcher bei Verdunstung ein amorphes Alkaloid zurückliefs, löslich in Aether, Wasser, Alkohol, unlöslich in Benzol und Chloroform.

Die jüngste Untersuchung ist, insofern ich habe nachgehen können, die schon vorerwähnte Untersuchung Dr. v. Schroeder’s. Nach diesem Forscher kommen drei wichtige Bestandteile in der Wurzel vor:

1. Baptisin, ein bitteres, in Wasser lösliches Glukosid,

2. Baptin, ein in Nädelchen krystallisierendes und in Wasser lösliches Glukosid, das schwach purgierende Eigenschaften besitzt, und

3. Baptitoxin, ein giftiges Alkaloid.

In den zahlreichen Referaten über diese Arbeit v. Schroe- der’s, welche ich nachschlagen konnte, habe ich nichts über Be- reitung, Eigenschaften und Zusammensetzung der drei genannten Stoffe gefunden. Nur fand ich in dem Werk von Dujardin- Beaumetz und Egasse folgendes über die Wirkung des Alkaloids erwähnt:

„Baptitoxine, alcaloide toxique m&me ä petites doses, agissant sur les grenouilles en abolissant les mouvements respiratoires et paralysant, chez les animaux & sang chaud il abaisse la respiration et augmente Tirritabilite rellexe de la moelle.“

1) G. J. Smedley. Americ. Journ. of Pharmacy 1862, P. 311.

2) Ino A. Warner, ibid 1871, P. 251. 3) Francis v. Greene Pharm. Journ. and Trans (3) 60, 534.

P. C. Plugge: Baptitoxin. 297

Diese Angabe über die physiologische Wirkung des Alkaloids, in Verbindung mit dem Umstande, dals Baptısia lincoria R. Br. auch als Podalyria tincloria Mich. und Sophora tinctoria L. bekannt ist, lie(s mich vermuten, dafs das sog. Baptitoxin v.Schroeder’s wirklich Cytisin (Sophorin) sein würde.

Da nun im allgemeinen die Samen der Sophora einen grölsern Alkaloidgehalt haben als die Wurzeln, beschlofs ich, meine Unter- suchung mit erstgenannten Pflanzenteilen anzufangen und bestellte dazu bei der Firma Haage und Schmidt in Erfurt kleine Quantitäten der Samen von D. tincloria und B. australis. Zur Aus- scheidung des Alkaloids wurden 10 g zermahlenen Samens mit 10 & 12 g frisch gelöschten Kalks gemischt und diese Mischung in einem Soxhlet’schen Apparat mit Chloroform ausgezogen. Der Rückstand, welcher nach der Abdestillierung des Chloroforms zurück- blieb, wurde zur Reinigung vom Fett wiederholt mit Wasser be- handelt, die so erhaltene Lösung auf dem Wasserbade verdunstet, der trockene Rest in absolutem Alkohol aufgenommen und diese Lösung, zu schwach saurer Reaktion, mit starker Salpetersäure ge- mischt. Nach einigem Stehen zeigten sich in beiden Auszügen zier- liche Krystallbündel, von denen bei näherer Untersuchung sich zeigte, dals sie nichts anderes als Cytisinnitrat waren. Wir fanden, dafs

1. das freie Alkaloid leicht löslich ist in Wasser zu einer Flüssigkeit, welche Lackmuspapier stark blau, aber Phenolphtalein nicht rot färbt, mit Eisenchlorid: rotfarbig;

ID

3. van de Moers- Reagens (Fe, Ol, und H, O,): positives Resultat;

4. Bromwasser ein anfangs weilses, dann rotes Präzipitat wie bei Cytisin.

5. Dittmars-Reagens: negatives Verhalten, wodurch, wie wir früher nachwiesen, das Cytisin sich von sehr vielen Alkaloiden unterscheidet. j

6. Vollkommene Uebereinstimmung im Verhalten dieses Alkaloids und des Oytisins gegenüber einer grolsen Anzahl anderer Reagentien, wie PtC1,,Au Ol, Jod—KJ, Phosphor- wolframsäure, Phosphormolybdänsäureete.

298 P.C. Plugge: Baptitoxin.

Durch Fällen einer schwach sauer reagierenden Lösung des Alkaloids in Salzsäure mit einer Lösung von Goldchlorid wurde ein Doppelsalz erhalten, das in Farbe und Form mit demjenigen des Cytisins übereinstimmte und bei der Bestimmung des Goldgehaltes das folgende Resultat lieferte: 0,5085 g der bei 100° Celsius zu konstantem Gewichte getrockneten Verbindung lieferten durch Ver- brennung einen Rest an Gold, der 0,1885 g wog. Deshalb wurden gefunden 37,07 Proz. Au in der Doppelverbindung.

Die berechnete Quantität für die Cytisingoldverbindung H}a N; OH Cl, Au Cl], beträgt 37,11 Proz. Au.

Auch die Resultate einiger Tierversuche (Frösche und Ka- ninchen) sprechen für die Identität von Baptitoxin und Oytisin. Ebenso wie bei unseren früheren Untersuchungen mit Cytisin und Sophorin, sahen wir auch durch dieses Alkaloid, bei Fröschen, fast direkte Verlangsamung oder sogar Stillstand der Atemholung und die charakteristische, sich von vorn nach hinten fortpflanzende Paralysis des zentralen Nervensystems eintreten, während die Wirksamkeit des Herzens wenig oder gar nicht gestört wurde.

In Verbindung mit meinen früheren Untersuchungen über Sophorin (Cytisin) genügten mir die erwähnten chemischen und physiologischen Reaktionen, um folgern zu können, dafs das Alkaloid aus den Samen von Baßtisia tinctoria und Baplisia australis Cytisin ist.

Eine quantitative Bestimmung des Alkaloidgehalts in den Samen von Baptısia australis, auf die früher bei Sophorin erwähnte Weise, nämlich durch Titrieren mit ”/joo H>SO,, und Lackmus als Indikator ausgeführt erwies, dals diese Samen den beziehungsweise sehr hohen Gehalt von 2,85 Proz. Cytisin enthalten. Von B. tinctoria hatte ich zu wenig Samen erhalten können, um auch davon noch eine quantitative Bestimmung ausführen zu können, doch das Faktum, dafs die Darstellungen aus gleichen Quantitäten der Samen auch ungefähr dieselben Quantitäten Nitrat lieferten, macht es höchst wahrscheinlich, dafs auch der Cytisingehalt der Samen von B. linctoria von der vorerwähnten Ziffer wenig verschieden sein wird.

Obschon nun die Baptisia-Samen sich als cytisinhaltig er- wiesen, mulste auch noch nachgewiesen werden, dafs das Alkaloid

H. Kiliani: Ueber Digitalinum. 299

der Wurzel, dem der Name Baptitoxin gegeben war, kein anderes als das der Samen ist.

Mit grofsem Wohlwollen, wofür ich hier nochmals meinen herzlichen Dank abstatte, stellte die bekannte Firma Parke, Davis & Co. in Detroit Mich. U. S. mir das zu diesem Teil meiner Untersuchung erforderliche Material zur Verfügung, d.h. eine reichliche Quantität Radır Daptısiae lincloriae, fluid Extract of wild Indigo und das Concentration-Baptısin. Weiter bestellte ich noch ein Baptisin (Concentration) bei Merck in Darmstadt.

Die Untersuchung all dieser Stoffe zeigte, dafs sie in der That alkaloidhaltig sind, wenn auch in geringerm Mafse als die Samen. Weiter wurde noch nachgewiesen, dafs wie wir schon auf Grund der angewandten Bereitungsweisen vermuteten das Baptisin von Merck mehr Alkaloid enthält als das gleichnamige Präparat aus Amerika.

Dafs das Alkaloid aus der Wurzel und der daraus bereiteten Präparate in der That Cytisin war und wir also zu dem Urteil, dafs das Baptitoxin identisch sei mit Cytisin, berechtigt sind, wurde für dieses Alkaloid aut die nämliche Weise nachge- wiesen als für das aus den Samen erhaltene.

Eine nähere Untersuchung der Glukoside, welche nach v. Schroeder in dieser Wurzel vorkommen, lag aufserhalb meines jetzigen Planes, doch wird dieselbe von meinem Assistenten Herrn K. Gorter ausgeführt und später veröffentlicht werden.

Ueber Digitalinum pur. pulv. germanie. und über die Darstellung von Digitalinum verum. Von.H. Kylranı.

(Eingegangen den 9. VI. 1895.)

Als ich vor nunmehr sieben Jahren die Untersuchung der pharmakologisch wichtigen Digitalisstoffe begann, fand ich in den früheren Publikationen über diesen Gegenstand äufserst zahlreiche, sich gegenseitig widersprechende Angaben vor. Mein ursprüng- licher Plan, behufs Isolierung der wirksamen Stoffe im chemisch reinen Zustande direkt von den Organen der Pflanze, den Samen

300 H. Kiliani: Ueber Digitalinum.

bezw. Blättern, auszugehen, mufste deshalb bald als vorläufig aus- sichtslos aufgegeben werden. Vorher war offenbar die enger be- grenzte Aufgabe zu lösen, aus den Digitalinsorten des Handels be- stimmte chemische Individuen abzuscheiden und deren Eigenschaften zu studieren. Erst wenn dies geschehen war, konnte man mit besserer Hoffnung auf Erfolg die Erledigung des genannten Haupi- problems in Angriff nehmen. Da ferner vorauszusehen war, dals bei der Schwierigkeit der Sache die betreffenden Versuche ziemlich grolse Quantitäten von Substanz absorbieren würden, wählte ich als Ausgangsmaterial das Digitalinum pur. pulv. germanic., welches seit langer Zeit fabrikmälsig aus den Samen der Digitalis purpurea gewonnen wird, also leicht in grölseren Mengen zu beschaffen war. Das Digitalinum pur. pulv., welches ich ver- arbeitete, stammte ausschliefslich aus der Fabrik von E. Merck in Darmstadt und wurde mir von der Firma C. F. Boehringer u. Söhne in Waldhof gütigst zur Verfügung gestellt. Die Unter- suchung desselben führte, wie schon früher mitgeteilt wurde !), zur Entdeckung der Krystallisierbarkeit des Digitonins und zur Auf- findung einer praktisch brauchbaren Methode für die Darstellung vonSchmiedeberg'sDigitalin, welches dann vonBoehringer unter der Bezeichnung „Digrtalinum verum“ in den Handel gebracht wurde. Durch das freundliche Entgegenkommen der genannten Firma bin ich jetzt in der Lage, meine gesamte Durchforschung des Digitalinum pur. pulv., also der aus Samen gewonnenen Digitalis- glykoside, sowie das Lierbei ausgearbeitete Verfahren zur Gewinnung von Digitalinum verum zu veröffentlichen.

Zunächst mufste ich paturgemäfs an die Arbeit vonSchmiede- berg?) anknüpfen, welcher ebenfalls von den Samenglykosiden aus- gegangen war. Nach Schmiedeberg kann man zur Trennung der Glykoside zwei Methoden benutzen: Will man nur das unwirk- same Digitonin, den Hauptbestandteil des Rohmaterials gewinnen, so wird dasselbe durch gesättigtes Barytwasser als schwer lösliche Baryumverbindung gefällt und aus dieser in bekannter Weise regeneriert. Handelt es sich aber um die gleichzeitige Gewinnung sämtlicher Gemengteile, so soll man das teste Digılalımum Pur.

1) Ber. chem. Ges. XXIV, 339. Dieses Archiv Bd. 230. 251. 2) Archiv experim. Pathologie Bd. 3, 16.

ee

H. Kiliani: Ueber Digitalinum. 301

pulv. zuerst mit Aether und dann mit absolutem Alkohol ausziehen. Letzterer nimmt nach Schmiedeberg hauptsächlich nur das Digitalöin und das Digitalin auf, während das Digitonin ungelöst bleibt. ‚Die gewonnene alkoholische Lösung versetzt man mit 1/,—!/, ihres Volums Aether, wodurch noch gelöstes Digitonin und etwas Digitalöin gefällt werden, während das Digitalin neben reich- lichen Mengen von Digitalöin fast vollständig in Lösung bleibt. Nach dem Abdestillieren des Aethers scheidet sich aus der alkoholischen Lösung, die man vorher mit Wasser versetzen muls, beim Ver- dunsten des Alkohols in gelinder Wärme das Digitalin, meist ver- unreinigt mit etwas Digitonäin, in Form einer feinflockigen, fast gallertartigen Masse aus, die man durch Filtrieren und Auswaschen mit Wasser von dem Digital&in befreit.“

Schon beim ersten Versuche, die Barytmethode Schmiede- berg’s anzuwenden, beobachtete ich, dals die Lösung sich sehr rasch stark gelb färbt. Offenbar trat also irgend eine chemische Zersetzung ein und ich verliefs deshalb diesen Weg für immer in der Ueberzeugung, dafs hier jedes Reagens prinzipiell auszuschliefsen sei, welches auch nur die geringste chemische Veränderung des Materials bedingen könnte.

Aber auch das Alkohol-Aether-Verfahren in der Form, wie es Schmiedeberg vorschreibt, ist ganz unzulänglich, einerseits weil präzise Angaben über die anzuwendenden Mengenverhältnisse fehlen und andererseits ganz besonders deshalb, weil die Rohglykoside, wie Schmiedeberg selbst hervorhebt, beim Uebergiefsen mit Aether und dann mit absolutem Alkohol begierig Wasser aus der Luft anziehen und sich in eine zähe klebrige Masse verwandeln, bei welcher natürlich von einer auch nur annähernd vollkommenen Extraktion einzelner Bestandteile durch jene Lösungsmittel keine Rede mehr sein kann.

Will man eine glatte Trennung durchführen, so mufs man zweifellos den absoluten Alkohol bezw. den Aether in anderer Weise zur Anwendung bringen. Vor allem aber war zu erproben, ob es nicht doch möglich wäre, den einen oder anderen Bestandteil des Rohmaterials direkt in krystallisierter Form abzuscheiden, vielleicht durch Benutzung anderer Lösungsmittel.

302 H. Kiliani: Ueber Digitalinum.

Zahlreiche Versuche, welche ich in letzterer Richtung anstellte, führten anfangs durchweg zu negativen Resultaten, sie wurden aber doch von ausschlaggebender Bedeutung für den Erfolg der ganzen Arbeit, insoferne sie zur klaren Erkenntnis führten, dafs man bei derartigen Substanzen niemals auf eine zufällige Krystallisation bei freiwilliger, wenn auch noch so langsamer Verdunstung rechnen dürfe, sondern dafs man sich unbedingt von vornherein eine über- sättigte Lösung bereiten müsse, welche durch gute Verkorkung des Gefälses sowohl vor Verdunstung als vor dem Zutritte von Luft- feuchtigkeit zu schützen ist. Uebersättigte Lösungen kann man sich aber bei solchen ursprünglich amorphen Gemengen nicht blos auf dem allgemein üblichen Wege der EKrhitzung mit möglichst wenig Lösungsmittel bereiten, sondern auch dadurch, dafs man jene mit letzteren bei gewöhnlicher Temperatur in gut verschlossenem Ge- fälse langsam zu einem Syrup zerlaufen lälst; denn die amorphe Modifikation einer Substanz ist in einem derartigen Falle immer be- deutend leichter löslich, als es die entsprechenden Krystalle sind, Hat man dann das richtige Lösungsmittel gefunden, was natürlich durch eine ganze Reihe von Parallelversuchen mit demselben trockenen Ausgangsmaterial und verschiedenartigen Flüssigkeiten zu ermitteln ist, so erfolgt, wenn überhaupt ein krystallisationsfähiger Körper vorhanden ist, in der Regel in sehr kurzer Zeit die Krystallbildung. Nur durch konsequente Durchführung dieser „Krystallisationsmethode* war es möglich, in dem Labyrinte der Digitalisstoffe die richtigen Pfade ausfindig zu machen.

Schliefslich gelang es so, in einem mälfsig verdünnten Alkohol dasjenige Lösungsmittel aufzufinden, aus welchem der Hauptbestand- teil der Samenglycoside, das Digitonin, krystallisiert erhalten werden kann. Die Art und Weise, wie ich zu diesem Resultate gelangte, ist nicht uninteressant und mag deshalb hier Erwähnung finden:

Wiederholt war beobachtet worden, dals einerseits wässrige Lösungen des Merck’schen Digitalins mit starkem Alkohol, umgekehrt aber auch alkoholische Lösungen mit Wasser Trübungen gaben. Ich löste nun einige Deeigramme Digitalinum pur. pulv. in der gerade absolut nötigen Menge von Wasser, wovon 2 Gew.-Teile er- forderlich waren, und setzte dann tropfenweise absoluten Alkohol hinzu, bis eine ganz leichte Trübung entstand. Die verbrauchte

H. Kiliani: Ueber Digitalinum. 303

Quantität Alkohol wurde durch genaue Wägung festgestellt. Nach 12 Stunden fand ich in der Flüssigkeit vereinzelte Krystallnadeln, welche sich innerhalb 2 Tagen wesentlich vermehrten, und eine einfache Berechnung führte zu dem Resultate, dals Wasser und Alkohol genau in dem Verhältnisse 15:85 mit einander vermischt worden waren. Nach diesem Befunde brauchte nur noch ermittelt zu werden, in welcher Minimalmenge von S85prozentigem Alkohol man die Rohglycoside auflösen müsse, um das Maximum der Krystal- lisation zu erzielen. Jenes Minimum ergab sich zu 4 Teilen Lösungs- mittel auf 1,T. Glycoside und zugleich wurde gefunden, dafs man auf diesem einfachen Wege durch eine einzige Operation sofort 43—45 Prozent des Gesamtmaterials in Form des schön krystalli- sierenden, aber nicht zu den Herzgiften gehörigen Digitonins ent- fernen könne, wodurch überhaupt der Schlüssel zur Lösung des ganzen Problems gegeben war. })

Die Mutterlauge jener ersten Krystallisation wurde nun im Vacuum völlig eingetrocknet. Der Rückstand erwies sich jetzt als so arm an Digitonin, dafs die erneute Auflösung desselben im Minimum von kochendem S5prozentigem Alkohol selbst nach An- regung mit Kryställchen keine weitere Abscheidung des gleichen Glycosids mehr lieferte. Dagegen erhält man noch eine zweite Krystallisation von Digitonin, wenn man jenen Rückstand entweder in 3 Teilen warmen 85 prozentigen Alkohols löst und dazu nach dem Erkalten Cloroform (!/; vom Gewichte der Lösung) giebt oder wenn man ihn durch Erhitzen mit der gleichen Gewichtsmenge Wasser in einen Syrup verwandelt, dem dann auf 100 Teile Wasser 22 Teile Amylalkohol beigemischt werden. Die erste Methode ist die bessere, weil die Trennung der Krystalle von der Mutterlauge weit besser gelingt als im zweiten Falle.

Alle Versuche, aus dem Verdunstungsrückstande dieser zweiten Mutterlauge irgendwie direkt eine krystallisierte oder wenigstens

1) Schmiedeberg hat entschieden auch mehrmals das obige Verhältnis von Wasser und Alkohol zufällig getroffen; denn in seiner Bemerkung (l. c. 8.19.) „wobei sich zuweilen Krystalle von Digitin ausscheiden“, ist das Wort „Digitin* sicher durch „Digitonin“ zu er- setzen. Letzteres krystallisieri nämlich gerade bei Gegenwart einer gewissen Menge von Aether, dessen Anwendung Schmiedeberg l. ec. erwähnt, besonders leicht aus 85 Proz. Alkohol.

304 H. Kiliani: TUeber Digitalinum.

zweifellos einheitliche Substanz abzuscheiden, blieben erfolglos. Da aber beobachtet wurde, dafs das jetzt noch vorliegende Glycosid- gemenge sehr reich ist an einer in kaltem absoluten Alkohol unlöslichen und überdies sehr stark gefärbten Substanz, wurde zur weiteren Trennung dieses Lösungsmittel in der Weise zur Anwendung gebracht, dafs das völlig trockene Material im Minimum (6 Gew.-Teile) von kochendem absolutem Alkohol ganz aufgelöst wurde. Beim Erkalten uud Stehenlassen bildet sich ein reichlicher, dunkler, am Boden festklebender Niederschlag I, von dem nach 12 Stunden die bedeutend hellere Lösung glatt abgegossen werden konnte. Versetzt man diese direkt mit Aether (0,72), so entsteht ein fein flockiger Niederschlag, welcher von der Flüssigkeit nur durch Filtration getrennt werden konnte, wobei er aber nach und nach schmierig wird und infoigedessen teils die Poren des Filters verstopft, teils allmählich wieder in Lösung geht. Hier läfst sich jedoch leicht helfen: die vom Niederschlag I abgegossene, absolut alkoholische Lösung wird gewogen, zuerst mit 4 Proz. ihres Ge- wichtes Wasser und dann mit ihrem gleichen Gewichte Aether (0,72) versetzt. Die kleine Menge Wasser genügt, um den anfangs flockigen Niederschlag II innerhalb 12—24 Stunden am Glase fest zu legen, so dals einfaches Abgiefsen möglich wird. Durch dieses Verfahren war nun eine sehr günstige Zerlegung der Gemengteile erzielt worden. Zunächst gab sich dies schon durch die Beobachtung zu erkennen, dafs der Niederschlag I jetzt, nach möglichster Beseitigung der lös- lichen Stoffe, selbst in kochendem absolutem Alkohol nahezu unlös- lieh geworden war. Der Niederschlag II erwies sich nach dem Austrocknen als ziemlich reich an einem in absolutem Alkohol schwer löslichen Körper, der Verdunstungsrückstand der alkoholisch-ätheri- schen Lösung (III) dagegen wurde vom gleichen Reagens schon bei gewöhnlicher Temperatur äufserst leicht aufgenommen. Besonders scharfe Unterschiede ergaben aber die von Herrn Prof. Boehm in Leipzig gütigst ausgeführten Versuche an Fröschen (Rana esculenta):

I erzeugte selbst zu 10 mg noch nicht die typische Digitalis-

Vollwirkung; II veranlafste Vollwirkung bei Anwendung von 3—5 mg;

III aber schon bei einer Dosis von nur 1 mg.

H. Kiliani: Ueber Digitalinum. 305

Demnach kam für die Gewinnung des wirksamen Glycosids nahezu ausschliefslich die Fraktion III in Betracht. Trotzdem wurden auch die übrigen untersucht.

Der Niederschlag I besteht in seiner Hauptmasse aus völlig amorphen, in Wasser leicht, in starkem Alkohol sehr wenig löslichen Substanzen, höchst wahrscheinlich Zersetzungsprodukten der ursprünglichen Glycoside. Nur in minimaler Menge enthält er eine krystallisiorbare und vielleicht in pharmakologischer Hinsicht inter- essante Substanz. Löst man nämlich den im Vakuum völlig aus- getrockneten Niederschlag in der doppelten Menge 50prozentigen Wasser-Acetons, so beginnt nach kurzer Zeit die Abscheidung von mikroskopischen, aber sehr regelmälsig ausgebildeten, tafelförmigen Kryställchen. Die Gesamtmenge derselben bleibt jedoch immer nur so gering, dafs man aus 1 kg Digitalinum pur. pulv. vielleicht einige Decigramme davon erhält. Die Krystalle sind, sobald ihre Mutter- lauge abgetropft ist, in Wasser so gut wie unlöslich; sie enthalten neben sehr viel organischer Substanz regelmäfsig Calcium und Ka- lium.!) Löst man sie in kochender 50prozentiger Essigsäure, so scheidet sich beim Erkalten der gröfste Teil der organischen Sub- stanz wieder ab in hübschen, zu Rosetten vereinigten Blättchen, während die beiden Metalle als Acetate gelöst bleiben. Für die ur- sprünglichen Krystalle, deren Kaliumgehalt allerdings damals noch nicht erkannt war, stellte Herr Prof. Boehm bei Fröschen stark toxische Eigenschaften fest. Weitere Versuche wurden wegen Mangel an Material noch richt ausgeführt.

Niederschlag II sollte nun hauptsächlich aus Schmiedeberg’s Digitalöin, d.h. einem in Wasser leicht löslichen spezifischen Herzgifte bestehen. Löst man ihn aber im trockenen Zustande im Minimum von kochendem absolutem Alkohol auf, so überzeugt man sich leicht, dafs er hierdurch wieder zerlegt werden kann ir einen schwer und in einen leicht löslichen Anteil, von denen der erstere in seinen Eigenschaften ungefähr der Fraktion I, der letztere aber III ent- spricht. Von dem Vorwiegen eines bestimmten chemischen Indi- viduums kann keine Rede sein.

1) Die Digitalis purpwrea scheint überhaupt eine ausgeprägte Kali- pflanze zu sein: in den Blättern habe ich sehr gro/se Mengen Chlor- kalium gefunden.

Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bds. 4. Heft. 20

306 H. Kiliani: Ueber Digitalinum.

Die Fraktion III enthält dagegen in r:!-hlicher Menge einen an und für sich in Wasser schwer löslichen Körper, dessen Gegenwart und Ausscheidung vorher nur durch die gleichzeitig vor- handenen leicht löslichen Stoffe verdeckt bezw. verhindert wurde. Die Gewinnung kleiner Quantitäten dieser Substanz war deshalb sofort leicht möglich. Herr Prof. Boehm ermittelte, dafs schon 0,5 bis 0,7mg des noch nicht völlig reinen Materials bei Rana esculenta kompleten systolischen Herzstillstand hervorrufen und demnach konnte kein Zweifel mehr bestehen, dals hier die wirksame Substanz der Samenglycoside vorlag, während die Eigenschaften derselben alsbald die Identität mit Schmiedeberg's Digitalin verrieten. Obwohl dieses bisher niemals wirklich krystallisiert erhalten wurde, so besitzt es doch wenigstens die charakteristische Eigentümlichkeit, dafs es sich aus übersättigten Lösungen in Form von „Körnern“ abscheidet; dieser Umstand ermöglichte es, die oben geschilderte „Krystallisations- methode‘ auch auf Fraktion III anzuwenden, wobei testgestellt wurde, dafs man das Maximum der Körnerausscheidung erzielt, wenn die trockene Fraktion III mit der dreifachen Gewichtsmenge 20 prozentigen Alkohols angerührt und die so erhaltene konzentrierte Lösung unter Schutz vor Verdunstung 24 Stunden stehen gelassen wird. Da aber in der Fraktion III aufser dem Digitalin auch noch eine geringe Menge eines anderen, in Wasser schwer löslichen, ölig-harzigen Körpers steckt, erwies es sich als zweckmälsig, vor Allem den letzteren zu beseitigen, was leicht durch Schütteln der bereits von Körnern erfüllten Mischung mit Aether zu bewerkstelligen ist. Nach Ent- fernung des Aethers bringt man die Körner auf eine relativ grolse Nutsche, so dals sie auf derselben nur eine dünne Schicht bilden, läfst gut abtropfen und kann hierauf, sobald in dieser Weise die Hauptmenge der leicht löslichen Stoffe entfernt ist, ohne nennens- werten Verlust das rohe Digitalin zuerst mit 10 prozentigem Alkohol und schliefslich mit Wasser auswaschen. Das zunächst auf Thon- platten, dann im Vakuum getrocknete Roh-Digitalin läfst sich ohne jede Schwierigkeit aus kochendem 95 prozentigem Alkohol, nötigen- falls unter Anwendung von Blutkohle „umkrystallisieren“. Die heifs gesättigten Lösungen erstarren bald nach dem Erkalten zu einem dieken Brei der charakteristischen Körner, zu deren Trennung von der Mutterlauge jetzt zweckmälsig Nutsche und Saugapparat benutzt

-H. Kiliani: Ueber Digitalinum. 307

werden. Die Eigenschaften des reinen Digılalınum verum wurden bereits früher ausführlich beschrieben.

Trocknet man das Filtrat vom rohen Digitalinum verum im Vakuum völlig ein, löst den Rückstand in 3 T. 95prozentigen Alkohols und fällt mit dem gleichen Volumen Aether, so lassen sich aus der abgegossenen alkoholisch-ätherischen Lösung in ganz gleicher Weise wie aus der ursprünglichen Fraktion III noch weitere Mengen von Digitalin gewinnen. Diese Beobachtungen, sowie die oben be- züglich des Niederschlages II mitgeteilten Thatsachen, lassen es mir höchst fraglich erscheinen, ob in den Samenglycosiden wirklich ein in Wasser leicht lösliches, besonderes Herzgift, ein Digitalöin, vor- handen ist. Ich halte es für wahrscheinlicher, dafs die an ver- schiedenen leicht löslichen Präparaten beobachtete Herzwirkung ein- fach einem wechselnden Gehalte an Digitalinum verum zuzuschreiben ist, dessen letzte Reste aus der grolsen Masse der Nebenstoffe naturgemäfs nur unvollständig abzutrennen sind und dessen Löslich- keitsverhältnisse in ganz aufsergewöhnlichem Mafse von der Quantität der leichtlöslichen Beimengungen beeinflufst werden.

Die vorstehend beschriebene Methode zur Untersuchung des Digitalinum pur. pulv. germanic. führte also zu folgendem End- resultate:

Die aus dem Samen der Digials purpurea ge- wonnenen Glycoside bestehen mindestens zur Hälfte aus dem leicht krystallisierbaren Digi- tonin. Sie enthalten als wesentlichen, für die Herzwirkung wahrscheinlich allein in Betracht kommenden Bestandteil das Dıigsalnum verum, wäh- rend die Existenz des Digitaläöins mindestens fraglichist. Aufserdem findetsich in minimaler Menge einehübschkrystallisierende organische Caleium - Kalium -Verbindung. Digitonin und Digitalınum verum sind beide im reinen Zustande in Wasser sehr schwer löslich. Die Leichtlöslich- keit des gesamten Glycosidgemenges [(Digilahnum pur. pub) wird lediglich durch die gleichzeitige Gegenwart von schmierigen, absolut amorphen Körpern bedingt. Digitogenin wurde im Merck-

20*

303 H. Kiliani: Ueber Digitalinum.

schen Fabrikate niemals aufgefunden. Die Krystalle, welche Schmiedeberg für Digitin an- sprach, waren sicher nur Digitonin.

Nachdem über diese Punkte durch die geschilderten umfang- reichen Versuche volle Klarheit erlangt war, handelte es sich weiter darum, eine praktisch brauchbare und zugleich möglichst ausgiebige Methode für die Abscheidung des Digitalınum verum ausfindig zu machen. Das obige Verfahren war natürlich hierzu unbrauchbar, denn es hätte folgende Operationen bedingt:

1. Auflösung der Rohglycoside in 4 Gewichtsteilen 85 prozentigen

Alkohols,

2. Absaugen des auskrystallisierten Digitonins, . Völlige Eintrocknung des Filtrats, Auflösung des Trocken-Rückstandes in der sechsfachen Ge- wichtsmenge kochenden absoluten Alkohols, Fällung der alkoholischen Lösung durch Aether, Eintrocknung der alkoholisch-ätherischen Lösung, Behandlung des Rückstandes mit der dreifachen Gewichts- menge 20prozentigen Alkohols,

8. Filtration des Rohdigitalins,

9. „Umkrystallisieren“ desselben.

Bedenkt man nun, dafs das Merck’sche Digıtalinum pur. pulv. germanic., wenigstens zu der Zeit, als ich meine Versuche begann, nach gütiger Mitteilung des Herrn Prof. Boehm bei Rana esculenta erst nach Applikation von 8—10 mg Vollwirkung hervor- rief, während das Digıtalinum verum den gleichen Effekt schon zu 0,5 mg erzeugt, so folgt, dafs das rohe Glycosidgemenge höchstens 5,5 Proz. Digitahnum verum enthielt, deren Isolierung aber bei jenem komplizierten Verfahren absolut unrentabel gewesen wäre.

Die Ausarbeitung einer bequemeren und billigeren Methode bot jedoch keine Schwierigkeit auf Grund folgender Erwägungen:

Pr @

SEIN

Das Digitonin und die amorphen Nebenstoffe werden aus ihren alkoholischen Lösungen durch Aether leicht gefällt, das erstere nahezu quantitativ, die letzteren wenigstens zum grölsten Teile. Das Digitalinum verum besitzt zwar an und für sich die gleiche Eigen- schaft. Da es aber in den Rohglykosiden nur in einem so geringen Prozeutsatze vorkommt, befindet es sich, wenn ursprünglich die

H. Kiliani: Ueber Digitalinum. 309

gesamten Rohglykoside in Alkohol gelöst werden, in so stark verdünnter alkoholischer Lösung, dals es durch Aether, wenn dieser im richtigen Verhältnisse angewendet wird, nicht zur Ausfällung ge- langt. Man würde also auf diese Weise sofort eine alkoholisch- ätherische Lösung gewinnen, welche der früher besprochenen Fraktion III entspricht. War dies richtig, so brauchte nur noch die für den Fabrikbetrieb lästige völlige Eintrocknung dieser Lösung umgangen zu werden, um ein praktisch brauchbares Verfahren zu erhalten. Auch das ist leicht möglich. Bestimmt man nämlich in passender einfacher Weise das Gewicht oder das Volumen jener alkoholisch - ätherischen Lösung, ermittelt man hierauf in einer kleinen abgewogenen oder abgemessenen Probe derselben ihren Gehalt an Trockensubstanz, welcher nach Umrechnung auf das Ganze mit A (Gramm oder Kilo) bezeichnet werden möge, und macht man ferner die Annahme, dafs, falls ursprünglich 96 prozentiger Alkohol verwendet wurde, dieser bei der Destillation seinen geringen Wasser- gehalt kaum wesentlich ändern wird, so führt eine kurze Be- rechnung zu dem Schlusse, dafs man einfach die alkoholisch-ätherische Lösung abzudestillieren hat, bis sie noch 1,6.A Gramm oder Kilo wiegt, um durch darauffolgende Beimischung von 2,4.A Gramm oder Kilo Wasser dafür zu sorgen, dafs auf 1 T. Trockensubstanz gerade die dreifache Gewichtsmenge 20 prozentigen Alkohols d. h. das für die völlige Abscheidung des Digitalinum verum günstigste Verhält- nis dieses Lösungsmittels trifft. Der Versuch bestätigte die Richtig- keit dieser Kalkulation und ferner zeigte sich, dafs für die Dar- stellung im Grofsen das früher erwähnte Schütteln mit Aether vor der Filtration des rohen Digitalinum verum erspart werden kann, weil die ölig-harzigen Stoffe, welche sich bei Weglassung des Aethers natürlich dem Rohdigitalin beimengen, beim „Umkrystalli- sieren“ des letzteren im Alkohol gelöst bleiben.

So ergab sich denn schliefslich folgende einfache Methode zur Darstellung des Digilahnum verum:

Man löst 1 T. Digitalinum pur. pulv. germanic. in 4 Gew.-T. 95 prozentigen Alkohols, wozu nur schwache Erwärmung erforderlich ist. Nach dem Erkalten fügt man unter Umrühren oder Schütteln allmählich 5 Gew.-T. Aether (0,72) hinzu und läfst unter Schutz vor Verdunstung 24 Stunden ruhig stehen. Die alkoholisch-ätherische

310 H. Kiliani: Ueher 3-Digitoxin.

Lösung wird dann abgehoben oder abgegossen, hierauf gewogen oder gemessen und ihr Gehalt an Trockensubstanz (= A) mittels einer Probe bestimmt. Sodann destilliert man (am besten im Vakuum) den Aether und den gröfsten Teil des Alkohols ab, bis das Gewicht des Rückstandes nur mehr gleich ist 1,6.A. Diesen vermischt man mit 2,4.A Wasser, läfst 24 Stunden vor Verdunstung geschützt stehen, bringt das ausgeschiedene Rohdigitalin in nicht zu dicker Schicht auf eine Nutsche, läfst abtropfen, ohne zu saugen, wäscht mit 10 prozentigem Alkohol und zum Schlusse mit Wasser aus und trocknet endlich das Produkt auf Thon- oder Gips-Platten bezw. im Vakuum. Das trockene Rohprodukt wird aus kochendem 95 prozen- tigem Alkohol unter Anwendung von Blutkohle „umkrystallisiert.“

Höchst wahrscheinlich wird man sogar in der Vereinfachung noch einen Schritt weiter gehen können. Bekanntlich werden die Rohglykoside aus dem entsprechend vorbereiteten Extrakte der Samen durch Gerbsäure gefällt; der gewaschene Niederschlag wird mit Bleioxyd oder Zinkoxyd verrieben, das Gemenge getrocknet und mit starkem Alkohol extrahiert. Statt nun, wie dies bisher geschah, die alkoholische Lösung ganz einzudampfen und die Glykoside erst zu trocknen, wird man voraussichtlich auf dieselbe die obige Methode der Gehaltsbestimmung anwenden können, sie dann nur soweit ein- dampfen, dafs auf 1 T. feste Substanz gerade noch 4 T. Alkohol treffen und hierauf direkt mit Aether fällen u. s. w.

Der Aether - Niederschlag ist natürlich äufserst reich an Digitonin und kann sehr leicht auf dieses Glykosid verarbeitet werden.

Die vorstehenden Ausführungen dürften genügend klarlegen, dafs die in mehreren neueren Publikationen enthaltene Bemerkung „Das Digitahnum verum wird jetzt nach Schmiedeberg'’s Verfahren fabrikmäfsig hergestellt“, keineswegs den Thatsachen entspricht.

H. Kiliani: Ueber #-Digitoxin. 311

Ueber ?-Digitoxin. Von H. Kiliani. (Eingegangen den 9. VI. 1895.)

Das reine Digitalinum verum zeichnet sich vor allen bisher in den Handel gebrachten Digitalispräparaten nach den Versuchen des Herrn Prof. Boehm dadurch aus, dafs es nur die typische Wirkung auf das Herz, aber keinerlei schädliche Nebenwirkung ver- anlalst. Trotz dieses grolsen Vorzuges vermochte es bisher nicht recht Eingang in die ärztliche Praxis zu gewinnen, weil von klinischer Seite wiederholt Mitteilungen gemacht wurden, wonach sich mit dem Digitalinum verum doch nicht immer die gleichen Heilerfolge er- zielen lassen wie mit dem althergebrachten /nfusum Digitalis. Herr Prof. Boehm sprach deshalb mir gegenüber die Vermutung aus, dafs in den Blättern der Digitalis purpurea noch irgend ein be- sonderes Herzgift stecken müsse, und er veranlafste mich, auch die pharmakologisch wichtigen Bestandteile der Blätter einer erneuten Untersuchung zu unterwerfen, indem er sich zugleich bereit erklärte, die nötig werdenden Tierversuche auszuführen. Für diese An- regung sowie für die äulserst wertvolle Förderung der Arbeit durch zahlreiche pharmakologische Experimente bin ich Herrn Prof. Boehm zu lebhattestem Danke verpflichtet, denn die Untersuchung führte mehrfach zu sehr überraschenden Ergebnissen, vor allem aber zu dem wichtigen Hauptresultate, dafs die aus den Blättern gewonnenen Glykoside völlig ver- schieden sind vonjenenausden Samen. Das Digi- fonin, welches sichin letzteren so reichlich vor- tindet, konnte bisher in den Blättern überhaupt nichtaufgefunden werden,ebensowenig das Digi- talinum verum. Andererseits aber enthalten die in üblicher Weise dargestellten Samenglykoside kein Digitoxin.

Heute soll nur über einen Teil der bisher erhaltenen Resultate berichtet werden und zwar über die Gewinnung und die Eigenschaften eines Herzgiftes, welches entweder identisch oder zum mindesten nahe verwandt ist mit Se hmiedeberg'’s Digitoxin.

312 H. Kiliani: Ueber 2-Digitoxin.

Da ich von vornherein bei der Untersuchung der Blätter einen möglichst vollständigen Ueberblick über alle Extraktivstoffe ge- winnen wollte, wurden die grob zerstofsenen Blätter zuerst zweimal mit Wasser extrahiert, dann wieder möglichst rasch an der Luft getrocknet und hierauf mit 50prozentigem Alkohol ausgezogen. Jeder der beiden so gewonnenen Extrakte wurde für sich untersucht.

Die mit Wasser befeuchteten Blätter besitzen bekanntlich aulserst grolse Neigung zur Schimmelbildung; ich habe deshalb an- fangs das Wasser vor seiner Verwendung mit Chloroform geschüttelt, aber bald gefunden, das dies nicht immer hilft. Dagegen kann jenem Uebelstande leicht und sicher dadurch abgeholfen werden, dafs man das Wasser mit 5 Proz. seines Gewichtes 95prozentigen Alkohols versetzt. Man nimmt auf 1 Teil Blätter 3 Teile dieses Extraktions- mittels, sorgt für gleichmälsige Mischung und läfst 12 Stunden unter Schutz vor Verdunstung stehen. Selbst bei zweitägiger Digestion gehen, wie besondere Versuche lehrten, nicht mehr Extraktiv- stoffe in Lösung als innerhalb jener kurzen Zeit. Durch Auspressen der Masse wurden aus 1 kg Blätter regelmäfsig 2400 bis 2500 g rotbraunen Extrakts gewonnen. Der Rückstand wird zum zweiten Male mit der gleichen Menge Lösungsmittel behandelt, das zweite, äufserst verdünnte Extrakt aber nur zum Ansetzen neuer Blätter verwendet. Der erste Extrakt wurde in Flaschen gegossen, ca. 3 Stunden ruhig stehen gelassen, damit der beim Eingielsen ent- standene starke Schaum verschwindet und nun die Flasche völlig mit Aether aufgefüllt. Schüttelt man dann mehrmals um, so findet infolge der Absorption von Aether durch das Wasser eine Volumen- abnahme statt, welche durch neuen Aetherzusatz wieder ausgeglichen wird, und auf diese Weise d. h. durch möglichsten Ausschlufs der Luft ist es möglich, die bei Gegenwart von Luft aufserordentlich zum Schäumen und zur Emulsion geneigte wässrige Lösung ohne Schwierigkeit mit Aether zu extrahieren. Dieser färbt sich tief grün; man wiederholt die Operation 3—4 mal, bis der letzte Auszug nur mehr schwach grün erscheint. Von der Untersuchung der ver- bleibenden wässrigen Lösung wird in einer späteren Abhandlung die Rede sein; hier soll nur über den Aether-Auszug berichtet werden.

Destilliertt man den Aether direkt ab, so erhält man einen tiefgrünen Sirup, aus dem auf keinerlei Weise eine Krystallisation

H. Kiliani: Ueber 3-Digitoxin. 313

zu erzielen ist. Schüttelt man aber die ätherische Lösung zuvor mit sehr verdünnter Sodalösung, so nimmt diese unter starker Rot- färbung eine ziemlich grofse Menge von organischer Substanz zu- gleich mit dem gröfsten Teile des in den Aether übergegangenen Alkohols (aus dem Extraktionsmittel stammend) auf, und läfst man dann den Aether nach sorgfältiger Trennung von der alkalischen Flüssigkeit 12—24 Stunden im bedeckten Gefälse stehen, so bilden sich an den Gefäfswänden, namentlich beim Reiben, kleine grün- weilse Wärzchen, welche an und für sich in reinem Aether so gut wie unlöslich sind und in den Aetherauszug nur durch die Ver- mittlung der grofsen Menge harziger Substanz und des Alkohols übergegangen waren. Der von denselben abgegossene Aether wird nun destilliert, wobei sich allmählich immer mehr von jener Substanz in Krusten ablagert. Die aus 1 kg Blätter gewonnene ätherische Lösung wird bis zu einem Volumen von ca. 10 ccm konzentriert, dann einige Stunden, geschützt vor Verdunstung, stehen gelassen und endlich von der Kruste abgegossen.!) Letztere wäscht man zweimal durch Decantieren mit Aether. Aus 1 kg Blätter erhält man so regelmäfsig 0,15 g Rohprodukt. In weit reichlicherer Menge ist der Körper aus dem mittels 50 prozentigem Alkohol bereiteten Extrakte der vorher mit Wasser erschöpften und wieder lufttrocken gewordenen Blätter in folgender Weise zu gewinnen:

Je 1 kg dieses Materials wird mit 3 kg 50 prozent. Alkohol 12 Stunden digeriert, das abgeprefste stark grüne Extrakt unter energischem Umrühren mit 0,4 kg Liquor Plumbi subacet. versetzt und nach ca. 2 Stunden filtriert. Der äufserst voluminöse schleimige Niederschlag schliefst auch nach vollständigem Abtropfenlassen auf dem Filter noch sehr erhebliche Mengen von Extrakt ein, welche man leicht durch Abnutschen gewinnen kann, wenn man dabei die Niederschlagsschichte auf der Nutsche immer nur mäfsig dick werden läfst, d. h. von Zeit zu Zeit den bereits ausgesaugten Niederschlag entfernt. Das Filtrat wird nun durch Verdampfung im Vakuum ?)

!) Diese Mutterlauge enthält minimale Mengen eines zweiten, gut krystallisierenden Körpers, dessen Gewinnung aber nur bei Ver- arbeitung von mindestens 40 kg Blättern möglich ist.

2) Zum raschen Eindampfen grölserer Quantitäten von Lösungen, welche leicht zersetzliche Substanzen enthalten, eignet sich ganz vor-

züglich der Apparat von Soxhlet (Chem. Ztg. 1894, I, 721), den ich nach vielfältiger Erprobung allen Fachgenossen auf's Wärmste em-

314 H. Kiliani: Ueber #-Digitoxin.

vom grölsten Teile des Alkohols befreit, bis das schliefslich auf- tretende äulserst starke Schäumen die Fortsetzung der Operation unmöglich macht. Die konz. Lösung wird sodann in gleicher Weise wie das wässrige Extrakt 3—4 mal mit Aether und dieser behufs ' Befreiung von Alkohol nur mit Wasser (nicht mit Soda) geschüttelt. Die gewonnene ätherische Lösung ist in diesem Falle so reich an der krystallisierbaren Substanz, dafs häufig sofort nach ihrer Be- handlung mit Wasser die Abscheidung der grünweilsen Krusten be- ginnt, ganz besonders wenn man sie niedriger Temperatur aussetzt. Man giefst dann ab, destilliert, wobei immer stärkere Krustenbildung erfolgt, und läfst die von den Krystallen abgegossene, konzentrierte, tief grüne Lösung noch etwas in flacher Schale verdunsten, um innerhalb mehrerer Tage eine weitere Krystallisation zu erhalten, die allerdings zumeist selbst stark grün gefärbt ist, aber noch ein bedeutendes Gewicht repräsentiert, so dafs man auf diesem Wege im ganzen aus 1 kg Blättern bei aufeinanderfolgender Behandlung derselben mit Wasser und 50 prozentigem Alkohol nahezu 1 g dieser leicht krystallisierbaren Substanz gewinnt.

Nachdem dies festgestellt war, lag es nahe zu versuchen, ob man nicht das gleiche Resultat erhalten könnte, wenn man die Blätter direkt mit 50 prozentigem Alkohol extrahiert. Dabei stellt sich aber, wohl in Folge der grofsen Masse von ölig-harzıgen Stoffen, welche sofort in die Lösung und dann in den Aether übergehen und in diesem gröfstenteils verbleiben, auch wenn man mit Soda

pfehlen kann. Namentlich wenn man die Vorlage durch Eis oder Kältemischung energisch kühlt, erfolgt die äulserst rasch vorsich- gehende Verdampfung nahezu bei Zimmertemperatur. Das von Soxhlet benutzte Quecksilbermanometer habe ich an meinem Apparate mit Vorteil durch ein direktan der Körting'schen Pumpe befestigtes Metallmanometer ersetzt.

Während man im Allgemeinen bei der Benutzung des Apparates die einzudampfende Lösung kontinuierlich in denselben einsaugen lälst, in demselben Malse als die Verdampfung fortschreitet, ist dies speziell bei den 50 Proz. alkoholischen Digitalisextrakten unmöglich. Sobald nämlich deren Alkoholgehalt durch die Destillation unter eine gewisse Grenze gesunken ist, beginnt ein so starkes Schäumen, dals ein Flüssig- keitsvolumen von ca. 500 ccm einen Raum von 7—8 Litern mit grolsen Blasen erfüllt. Man bringt deshalb in diesem besonderen Falle sofort mehrere Liter Extrakt in den Kolben, stellt in diesen zur Erleichterung der Dampfblasenentwicklung einen feinen Holzstab und destilliert bis zu der onen angebenen Grenze.

H. Kiliani: Ueber 3-Digitoxin. 315

schüttelt, die Ausbeute wesentlich niedriger, sie beträgt aber immer- hin noch ca. 0,5 g pro 1 kg Blätter.

Zur Reinigung des Rohproduktes kann man zwei Wege ein- schlagen :

Entweder löst man es bei gewöhnlicher Temperatur in einem Gemisch gleicher Volumina Methylalkohol und Chloroform (35 Gew.-T. Methylalkohol und 65 Gew.-T. Chloroform) und setzt dann Aether (0,72) hinzu, bis höchstens ein leichtes Opalisieren, keinenfalls aber ein bleibender Niederschlag entsteht, wozu etwa das halbe Gewicht des Methylalkohol-Chloroforms genügt. Nach kurzer Zeit beginnen sich hübsche kleine Prismen in dichten Krusten abzuscheiden, welche in gleicher Weise weiter gereinigt werden können, wobei ein Schütteln der ursprünglichen Methylalkohol-Chloroform-Lösurg mit Blutkoble sehr förderlich wirkt.

Oder man verwendet als Lösungsmittel 85 prozentigen Alkohol und zwar 5 Gewichts-Teile auf 1 Teil Rohprodukt. Bei anhaltendem Kochen erfolgt vollständige Lösung, welche man hier durch Kochen mit Blutkohle reinigt. Beim Erkalten bilden sich langsam weilse und sobald die Substanz wirklich rein ist, ganz farblose Warzen von blättrigen Krystallen. Das Umkrystallisieren mufs nach gleichem Prinzip mehrmals wiederholt werden unter allmählicher Steigerung der Menge des Lösungsmittels bis auf 10 Gewichts-Teile pro 1 Teil lufttrockene Substanz.

Die aus Methylalkohol-Chloroform gewonnenen Krystalle sind wasserfrei, die aus der 85 prozentigen alkoholischen Lösung abge- schiedenen enthalten Krystallwasser. Recht merkwürdig ist die Be- obachtung, dafs die ersteren bei 240 ° noch fest oder höchstens schwach gesintert sind, wogegen die letzteren immer zwischen 145 und 150 0 erweichen. Durch Auflösung in kochendem 85 prozentigemn Alkohol lassen sich aber die wasserfreien Krystalle sofort wieder in wasser- haltige von der Erweichungstemperatur 145—150 ° verwandeln.

In Wasser ist die reine Substanz nur spurenweise löslich. Bringt man einige Stäubchen davon in ca. 10 cem englische Schwefel- säure, so tritt allmählich eine charakteristische Rotfärbung ein, welche man etwa mit der sog. „weinroten“ Färbung der Lackmustinktur durch Kohlensäure vergleichen könnte; die Färburg wird durch Zusatz eines Tropfens verdünnten Bromwassers verstärkt, steht aber

316 H. Kiliani: Ueber #-Digitoxin.

bezüglich ihrer Intensität weit zurück gegen die analoge Farben- reaktion des Digitalinum verum. In konz. Salzsäure löst sich die Substanz zunächst mit gelber Farbe, dann tritt ein ganz charakteris- tisches Opalisieren ein und allmählich wird die Lösung intensiv grün.

Die Analysen des mittelst 85 prozentigem Alkohol gereinigten Materials gaben folgende Werte:

I. 0,3756 g lufttrockener Substanz verloren im Vakuum sehr rasch 0,0483 g und dann bei 1050 noch 0,0061 g, im Ganzen 0,0544 & H,O.

Il. 0,1404 g bei 105° getrockneter Substanz lieferten 0,3195 g CO, und 0,1096 g H,O.

1II. 0,1621 g ebenso 0,3672 g CO, und 0,1230 g H,O.

Berechnet für Ca Hy, 00» +5 Ha 0: Gefunden: H,O 14,24 14,48 Berechnet für Os H,g On: Gefunden: I. BElE C 61,99 62,06 61,78 H 8,49 867 8,43

Nachdem das gleiche Material S Tage lang an der Luft ge- legen hatte, fand ich nurmehr 12,3 Proz. Wasser, es scheint also ganz langsame Verwitterung stattzufinden.

Die beschriebene Substanzist ein Glykosid: Erhitzt man sie nur wenige Minuten mit verdünnter Salzsäure in kochendem Wasser, so entsteht ein gelbes Harz und die von diesem abfiltrierte L'sung verursacht reichliche Reduktion von Fehling's Reagens.

Alle diese Beobachtungen sowie auch die ersten Versuche, welche Herr Prof. Boehm (schon im April 1894) mit meinen „Krystallen aus Aether“ ausführte, schienen anzudeuten, dafs letztere mit keinem der bisher bekannten Digitalisabkömmlinge identisch seien. Herr Prof. Boehm schrieb mir am 20. April 1894 sogar direkt: „Sie haben also ohne Frage ein neues Digitalisglykosid ent- deckt.“ Erst als es mir trotz aller Mühe und Sorgtalt absolut nicht gelingen wollte, aus den Blättern einen Körper zu isolieren, welcher keinGlykosid war und zugleich die Eigenschaften vonSchmiede- berg’s Digitoxin gezeigt hätte, tauchten in jener Richtung Zweifel auf. Ich bezog dann von E. Merck in Darmstadt eine kleine Quantität Digitoxin, welches laut Mitteilung jener Firma „zwar nach

H. Kiliani: Ueber #-Digitoxin. 817

den Angaben Schmiedeberzg's dargestellt ist, dessen Schmelz- punkt jedoch nicht damit übereinstimmt“. Zunächst stellte ich fest, dafs auch das Merck'sche Präparat beim Erhitzen mit Säure Zucker abspaltet; die Erweichungstemperatur wurde ebenso wie bei meinen „Krystallen aus Aether‘ zu annähernd 145° gefunden. Gegen englische Schwefelsäure verhält sich das Merck’sche Digitoxin etwas anders als meine reine Substanz, es giebt nämlich eine sehr schmutzige rote Färbung. Jedenfalls aber ist Merck’s Präparat noch nicht ganz einheitlich bezw. rein. Denn wenn man esin IOT. kochenden S5prozentigen Alkohols auflöst, erhält man eine gelbe Flüssigkeit und beim Erkalten scheiden sich deutlich zweierlei Krystalle aus, zuerst weilse kleine Wärzchen und dann kommen unverkennbar dieselben schönen farblosen Krystallblätter wie bei meinen reinen „Krystallen aus Aether“. Ich habe dieses Gemisch von weilsen und farblosen Krystallen direkt analysiert und folgende Werte erhalten:

I. 0,4565 g verloren im Vakuum rasch 0,0682 g, dann bei 1059 noch 0,0056 g, im ganzen 0,0738 g H,O.

I. 0,1611 g bei 105% getrockneter Substanz gaben 0,373 g CO, und 0,1259 g H,O.

Gefunden : 16,16 Proz. H,0, 63,14 Proz. C, 8,68 Proz. H Schmiedeberg fand: 63:60-'1,. sr Sn De

Schmiedeberg hatte seine Substanz aus absolutem Alkohol bezw. Chloroformalkohol gewonnen, also natürlich wasserfreies Material bekommen, was ich ja auch an meinen „Krystallen aus Aether“ be- obachtete..e Ueber die Identität von Merck's Präparat mit Schmiedeberg's Digitoxin scheint mir nun nach obigem kein Zweifel zu bestehen, so dafs jedenfalls die Schlufsfolgerung be- rechtigt sein dürfte, dafs auch Schmiedeberg's Digitoxin ein Glykosid war. Dagegen läfst sich vorläufig nicht mit voller Bestimmtheit behaupten, dafs auch meine „Krystalle aus Aether“ identisch sind mit Schmiedeberg’s Digitoxin. Ich vermute zwar, dals letzteres ebensowenig wie das Merck'sche Präparat eine völlig einheitliche Substanz war. Denn Schmiedeberg's Darstellungsmethode, welche sich einfach auf die Schwerlöslichkeit des Digitoxins in Wasser gründet, macht die Wahrscheinlichkeit der Beimengung anderer schwer löslicher Stoffe jedenfalls weit

318 M. Kiliani: Ueber 4-Digitoxin.

grölser als mein Aether-Extraktions-Verfahren, bei welchem nach allen meinen Beobachtungen nur dieses eine Glykosid in den Aether übergeht. Um aber jede neue Verwirrung in der Digitalis- Litteratur zu vermeiden, möchte ich vorschlagen, bis zur späteren völligen Aufklärung des Sachverhaltes das Schmiedeberg'sche Präparat als «a-Digitoxin, meine „Krystalle aus Aether“ dagegen als 3-Digitoxin zu bezeichnen. Stellt sich dann in Zukunft heraus, dafs Schmiedeberg's Produkt als wesentlichen Bestandteil wirklich nur das von mir dargestellte chemische Individuum enthält, so macht es keine Schwierigkeit, die Präfixa « und 3 zu beseitigen. Ueber die pharmakologische Unter- suchung des #-Digitoxins wird Herr Prof. Boehm selbst be- richten.

Die Spaltung des 4-Digitoxins lälst sich mit Leichtigkeit schon bei gewöhnlicher Temperatur bewerkstelligen in tolgender Weise:

Man übergiefst 1 Teil lufttrockenes 3-Digitoxin mit 10 Teilen eines Gemisches von 8 Teilen 50 prozentigem Alkohol und 2 Teilen konz. Salzsäure (1,19). Bei feifsigem Umschwenken der vor Ver- dunstung geschützten Mischung löst sich das Glykosid in 1-2 Stunden völlig auf. Nach 24 Stunden, innerhalb welcher Zeit manchmal ohnedies schon eine geringe Abscheidung von Krystallen zu beobachten ist, versetzt man die nur schwach gelbe Flüssigkeit mit Wasser bis zum leichten Opalisieren, woraufalsbald eine reichliche Krystallisation entsteht. Zur Vollendung derselben läfst man 12 Stunden im kalten Raum stehen und saugt dann ab unter Benutzung von zuerst 20, dann 10 prozentigem Alkohol als Waschflüssigkeit. Das Filtrat wird mit Wasser verdünnt und drei mal mit Chloroform ge- schüttelt, bei dessen Verdunstung zunächst ein Sirup verbleibt. Dieser verwandelt sich aber durch kurzes Erwärmen mit wenig 50 prozentigem Alkohol ebenfalls in einen dicken Brei der schon erwähnten Krystalle.

Zur endgiltigen Reinigung des so gewonnenen #-Digitoxi- genins genügt einmalige Auflösung in 5 Teilen warmen 95pro- zentigen Alkohols, Schütteln der Lösung mit etwas Blutkohle und vorsichtige Sättigung des völlig farblosen Filtrates mit Wasser. Man

H. Kiliani: Ueber #-Digitoxin. 319

erhält auf diese Weise prächtige, relativ grolse Prismen (sehr häufig Durchkreuzungszwillinge).

Die reinen Krystalle geben keine Farbenreaktion mit Eisen- chlorid, ebensowenig mit englischer Schwefelsäure oder mit konz. Salzsäure und unterscheiden sich dadurch wesentlich vom #-Digitoxin. Sie reagieren neutral und sind unlöslich in Natriumcarbonat. Mischt man die Krystalle mit letzterem Reagens und giebt Kaliumpermanganat hinzu so erfolgt wenigstens innerhalb kurzer Zeit keine Reduktion.

Das Digitoxigenin enthält kein Krystallwasser und ist bei 220° noch fest.

0,1257 g vakuumtrockene Substanz lieferten 0,3355 g CO, und 0,1023 g H30.

Berechnet für C,, Ha» 0;: Gefunden: C 72,41 72,68 H 9,19 9,04

Die weitere Untersuchung des sowohl chemisch als pharma- kologisch interessanten Körpers werde ich möglichst bald in Angriff nehmen.

Zum Nachweise des bei der Spaltung entstandenen Zuckers wurde die mit Chloroform extrahierte, ganz farblose wässerige Lösung mittelst Silberoxyd von der Salzsäure befreit und im Vakuum über Schwefelsäure bis zum Sirup verdunstet. Dieser verwandelte sich nach krättigem Umrühren über Nacht in einen dicken Brei von relativ grofsen Krystallen, deren ganzer Habitus sofort erkennen liefs, dafs keinenialls ein dem allgemeinen Typus C, H,, O, angehöriger Zucker vorlag. Zufällig war ich durch andere Arbeiten verhindert» die Masse augenblicklich zu verarbeiten und liefs sie deshalb im Exsikkator über Schwefelsäure stehen. Alsich sienach ca. 14 Tagen wieder vornahm, war zu meiner unliebsamen Ueberraschung ein wesentlicher Anteil der Krystalle unter Gelbfärbung schmierig geworden; es hatte also eine Zersetzung stattgefunden, deren Grund mir bisher unbekannt ist. Durch sofortiges Anrühren mit wenig Methylalkohol konnte ich deshalb leider nurmehr einen kleinen Teil der ursprünglichen Krystalle retten, was um so bedauerlicher ist, als die einzige Elementaranalyse, welche ich aus obigem Grunde auszuführen vermochte, ein recht merkwürdiges Resultat ergab.

320 H. Kiliani: Ueber /-Digitoxin.

0,1888 g vakuumtrockener Substanz lisferten 0,3386 8 CO, und 0,1452 g H,0.

Berechnet für C,H, 0;: Gefunden: © 48,65 48,91 H 8,11 8,54

Hieraus kann man vorläufig nur schliefsen, dals bei der Spaltung des #-Digitoxins ein eigenartiger Zucker, die Digitoxose entsteht, deren Formel aber entschieden noch genauer kontrolliert werden muls.

Der Zucker ist in Wasser leicht löslich; ein mittels Wasser bereiteter Sirup desselben liefert langsam grofse, schön ausgebildete Prismen. Die Digitoxose löst sich reichlich in Aceton; aus ihren alkoholischen Lösungen wird sie nur, wenn jene ganz konzentriert sind, durch Aether gefällt und zwar regelmälsig direkt als Krystall- mehl. Diese Eigenschaften deuten auch schon darauf hin, dafs die Digitoxose weniger Sauerstoff enthält als der allgemeinen Formel C, Han On entspricht.

Zum Schlusse sei noch bemerkt, dafs die Untersuchung der übrigen aus den Digitalisblättern gewinnbaren Glykoside schon ziemlich weit vorgeschritten ist und dafs ich z. B. schon seit einiger Zeit im Besitze von gut krystallisierten Glykosiden bin, deren Herz- wirkung etwa viermal so stark ist als jene des #-Digitoxins. Ich hoffe hierüber in Bälde berichten zu können.

ARCHIV | PHARMACIE

Deutschen Apotheker-Verein unter Redaction von

E. Sehmidt und H. Beckurts. Band 233., Heft 5.

BERLIN.

Selbstverlag des Deutschen Apotheker-Vereins. 1895.

5. Ausgegeben den 31. Juli 1895.

>

INHALT.

Friedrich August Flückiger, Nekrolog

Eingegangene Beiträge. B., =

A. Partheil, Ueber die Bestimmung des Glycerins im Weine etc. K. Th. Hallström, Anatomische Studien über den Samen der Myristi- caceen und ihre Arillen.

E. Winterstein, Chemische Zusammensetzung von Pachyma Cocos und Mylitta lapidescens.

. Beckurts, Zur Kenntnis der Angostura-Alcaloide.

Beckurts und H. Seiler, Ueber Fettuntersuchungen mit dem Refractometer.

Beckurts und F. Oelze, Zur Kenntnis des Hirschtalgs.

C. Plugge, Ueber das Vorkommen von Cytisin in verschiedenen Papilionaceen.

C. Plugge, Ueber das Matrin, das Alcaloid der Sophora augustifolia.

Kassner, Untersuchungen über Orthoplumbate der Erdalkalien.

. Mankiewicz, Ueber eine forensische Strychninuntersuchung.

. Luz, Ueber das Ammoniacum.

. Gorter, Ueber die van der Moor'sche Reaction und die Erınittelung des Oytisins.

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nn | (Geschlossen den 20. VII. 1895.)

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_ Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,—.

Alle Beiträge für das „Archiv‘‘ sind an die Archiv-Redaction

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Friedrich August Flückiger. 321

Friedrich August Flückiger. (1828—1894.)

„Et gaudium et solatium in literis, nihilque tam laetum, 'quod his laetius, nihil tam triste, quod non per has sit minus triste.“ (Plinius, Epist.)

Das Jahr 1894 hat eine nicht geringe Zahl hervorragender Vertreter der Naturwissenschaften, sowie anderer gelehrter Fächer dahingerafft; unter den ersteren findet sich mit einer Ausnahme (Hermann Helmholtz) keiner, dem auf seinem Gebiete so unbestrittener Masfen die erste Stelle zuerkannt werden dürfte, wie derjenige, dem dieses Gedenkblatt gewidmet wird und den in später Abendstunde des 11. Dezember in der Hauptstadt seiner geliebten schweizerischen Heimat der Tod aus einem längeren Leben emsigster Arbeit und gewissenhafter Pflichterfüllung abgerufen hat.

Friedrich August Flückiger, so werden es in allen Landen die Vertreter der Pharmacie dankbar bezeugen, welche im Geiste trauernd an seiner frischen Gruft stehen hat durch seine Thätigkeit als Lehrer, Forscher und Schriftsteller neben einer Anzahl gleichgesinnter Mitarbeiter mit in erster Linie das Ansehen der wissenschaftlichen Pharmacie gehoben und vor allem durch seine eigenen Leistungen und die von ihm ausgehenden Anregungen das für den praktischen Apotheker so wichtige Fach der Pharmakognosie zu der Bedeutung und Würde einer eigenen selbständigen Disziplin erhöht, welche in seinem Sinne weiter zu pflegen und zu fördern Aufgabe seiner zahlreichen Schüler und Freunde in der ganzen ge- bildeten Welt bleiben mufs.

So durften denn die wissenschaftliche und die praktische Phar- macie, die dem Verewigten beide so viel zu danken haben, zumal in dem Lande, in dem er die besten und fruchtbringendsten Jahre seines Lebens verbracht hat, wohl erwarten, dafs auch in der Zeit- schrift, welche die Mehrzahl seiner wissenschaftlichen Abhandlungen beherbergt, ein Lebensbildl, dem hingegangenen Meister und Lehrer zum ehrenden Andenken, den Zeitgenossen und Nachkommen zur Ermutigung seine Stelle finden werde.

Wer sich aber anschickt, dieser schönsten moralischen Pflicht dankbarer Pietät nachzukommen und den Nekrolog des verdientesten

Arch. d. Pharm. CCXXXIM. Bäs. 5. Heft. 21

322 Friedrich August Flückiger.

unter den Nestoren der wissenschaftlichen Pharmacie unserer Zeit zu schreiben, der wird an der Schwelle solchen Versuches den Kon- flikt mit der in pharmaceutischen Kreisen und nicht weniger aulser- halb derselben wohlbekannten Anspruchslosigkeit und Bescheidenheit des hingeschiedenen Gelehrten und Lehrers zu bestehen und nach bestem Wissen und Gewissen zu schlichten haben. Diese Charakter- eigenschaften, keineswegs unvereinbar mit einem tiefinnersten Gefühl des Wertes der eigenen Leistungen, über welche bei keinem Anlasse das leiseste Selbstlob über seine Lippen kam, waren echt, niemals an die Blöfsen jenes bekannten Mantels erinnernd, und mulsten des- halb berücksichtigt werden. Wohl konnte sich der Verstorbene ge- legentlich über biographische Arbeiten unserer Tage freuen, so u.a. über die meisterhaft redigierten Nekrologe, welche ein A. W. von Hofmann seinen wissenschaltlichen Freunden, wie Graham, Magnus, Dumas, Würtz u. s. w. widmete, oder über treff- liche Lebensbilder vaterländischer Gelehrter, wie des Geologen Escher v. d. Linth oder des Botanikers Oswald Heer. Er bewunderte die ungewöhnlich geschickte Anordnung des Stoffes, den höchst anziehenden und anregenden, oft geradezu klassischen Styl, er freute sich des bleibenden Ruhmes und der ehrenvollen Würdigung, welche jenen Gelehrten in solchen biographischen Denkmälern zu teil wurde, wie er ja denn selbst in seinen Aufsätzen über Brun- tels, über Scheele, über De Vrij u. A. die biographisch- historische Richtung in so gediegener Weise gepflegt hat; aber wie wenig fiel es ihm ein, sich selbst in die Reihen solcher Männer stellen zu wollen, wie peinlich vermied er jede Parallele, welche die Deutung zugelassen hätte, dals er selbst dereinst gleichbeschaffene, grölsere, die persönlicken Erlebnisse von der Wiege bis zum Grabe umfassende Nekrologe beanspruche! Wenn dreifsigjährige Bekannt- schaft und damit verknüpfter mündlicher und schriftlicher Verkehr uns über Anschauungen und Wünsche eines verehrten Freundes be- lehren kann, so muls sich der Verfasser dieses Nekrologes sagen, dals derselbe, eine keineswegs leichte Aufgabe sich der grölsten Diskretion und strengsten Sachlichkeit zu befleißsigen hat, um dem Sinne und Wunsche des gefeierten Todten zu entsprechen. Diese Vorbemerkung möge zugleich andeuten, dals hier mancherlei Beiwerk wegzubleiben hat, welches gelegentlich bei Artikeln biographischen

Friedrich August Flückiger. 323

Inhaltes eher zur Unterhaltung, als zu historischer Belehrung auf- genommen zu werden pflegt.

Flückiger's Wiege lag in dem als Oberaargau bezeichneten tebiete des Schweizerischen Kantons Bern. Dort wurde er am 15. Mai 1828 in dem seit jener Zeit kommerziell wie industriell mehr und mehr aufblühenden Flecken Langenthal als Sohn des Kaufmarns Fıiedrich Flückiger geboren und erhielt in der Taufe die Namen Friedrich August, welche dereinst in der ganzen pharmaceutischen Welt als „F. A. F.“ so guten Klang bekommen sollten. Die Mutter, geborene Anna Maria Gygax, gehörte einer seit langer Zeit im Oberaargau ansässigen Familie an, welche, wie übrigens auch diejenige des Vaters, noch heute in zahlreichen äweigen in diesen Teilen der Schweiz vertreten ist. Wenn dem alten spanischen Spruche „Hombre del lugar en que nace muchas ordenes hace“ (Der Mensch entnimmt seiner Geburtsstätte manche Lebensregel) einige Wahrheit innewohnen sollte, so würde der junge Langenthaler Bürger neben ernster Lebensauffassung die in poli- tischen wie in religiösen Dingen liberale Richtung und den offenen, auf weitere Ziele gerichteten Sinn, wie sie jener Landesgegend eigen geblieben sind, als Angebinde für das Leben erhalten haben. Nebenbei wurde ihm, den Verhältnissen des elterlichen Hauses ent- sprechend, eine gute Erziehung zu tell. Schon frühe zur späteren Uebernahme der gutgeführten und prosperierenden väterlichen Eisen- handlung bestimmt, sollte Friedrich August zunächst in einer guten Schule eine befriedigende Vorbildung erhalten und wurde deshalb mit dem 10. Jahre dem schon damals unter ausgezeichneter Leitung stehenden Progymnasium des benachbarten, am Ausgange des Emmenthales freundlich und reizend gelegenen bernischen Städtchens Burgdorf anvertraut. Hier verbrachte er, von seinen Lehrern seines gewissenhaften Fleilses und seines redlichen Strebens halber hochgeschätzt und bei verschiedenen Anlässen ausgezeichnet, mehrere Jahre, bis im Herbst 1843 eine länger andauernde hartnäckige Krankheit den lernbegierigen Schüler zwang, den weiteren Besuch der Anstalt aufzugeben, deren Unterricht nach einer späteren auto- biographischen Notiz die Vorliebe für Studien in ihm geweckt hatte. Inzwischen war auch allzu frühzeitig Flückiger's Vater aus dem

Leben geschieden, und es trat an den Sohn die durch Familien- 21*

324 Friedrich August Flückiger.

verhältnisse und die Pietät gegen die Eltern gebotene Aufgabe heran, sich durch geeigneten, baldigen Abschlufs der Ausbildung zur späteren Fortsetzung des väterlichen Berufes vorzubereiten. Sein Vormund, der bernische Amtsrichter Grim m in Burgdorf, der dem jungen Flückiger Jahre lang ein väterlicher Freund blieb, hatte zu diesem Zwecke, im Einverständnisse mit den nächsten Ver- wandten, die über die Grenzen Deutschlands hinaus wohlbekannte Handelslehranstalt von K. Noback in Berlin in Aussicht ge- nommen, und als endlich die Gesundheitsverhältnisse die Wieder- aufnahme der abgebrochenen Schulstudien gestatteten, siedelte der Junge Schweizer im Frühjahr 1845 nach Berlin über, um seine Vor- bildung in der genannten Anstalt zu gutem Ende zu führen. Wenn nun auch Flückiger in der Folge von der kaufmännischen Lauibahn Umgang nahm, um sich jenem Berufe zu widmen, in welchem ihm eine Lorbeerkrone winkte, so stellt sich doch dem Biographen der Eintritt in die Berliner Lehranstalt wie eine providentielle Fügung dar, denn nicht allein wurde damit der trefflich begabte und streb- same Schüler nach einem Oentrum geistigen Lebens und vielfältigster Anregung versetzt, sondern es stand das genannte Institut, welchem hervorragende Gelehrte, wie Alex. vv. Humboldt u. A. ihr Interesse zugewandt hatten, mit der Berliner Hochschule wenn auch nicht in offizieller, so doch in indirekter Verbindung, insofern Dozenten der Universität in der Noback’schen Handelslehranstalt Unterricht erteilten. Zu diesen gehörte u. A. auch der bekannte Chemiker K. F. Rammelsberg, der damals an der Hochschule Berlin als Privatdozent wirkte und noch während Flückigers Au- wesenheit zum professor extraordinarius befördert wurde. Dieser treffliche Gelehrte und Forscher, dem die Chemie eine Anzahl sehr bemerkenswerter Schriften verdankt und dessen Vorträge, wie der Verf. dieser Zeilen noch 25 Jabre später bei dem Besuch seiner Vorlesungen bezeugen konnte, an Uebersichtlichkeit und Klarheit ihres Gleichen suchten, war ganz dazu angethan, gleichzeitig mit E. Mitscherlich, dem durch zahlreiche Arbeiten bekannten Forscher und Verfasser eines der ersten Lehrbücher der Chemie, den wissensdurstigen Zögling der Handelslebranstalt in das Gebiet der Chemie einzutühren und damit seinem Geiste jene Richtung zu geben, die ihn später, unter Verzichtleistung auf den ursprünglich

Friedrich August Flückiger. 325

naheliegenden kommerziellen Beruf, dem mit Chemie so nahe ver- wandten Fache der Pharmacie zuführen sollte. Dem einsichtigen Leiter der Anstalt konnte weder Flückiger's erheblich über das Mittelmals hinausgehende Begabung noch sein ernstliches Streben nach Erweiterung seiner Kenntnisse in wissenschaftlicher Richtung entgehen, und er nahm deshalb keinen Anstand, ihm in uneigennütziger Weise den Uebertritt aus seinem Institute an die Hochschule nahe zu legen. Im Einverständnisse mit seiner Familie verliefs Flückiger im Spät- herbst 1845 die Noback’sche Anstalt, mit einem sehr gut lautenden Ab- gangszeugnisse versehen, , um sich für das Wintersemester 1845/46 an der Universität immatrikulieren zu lassen und neben den Vor- trägen der schon erwähnten Chemiker noch anderweitige Vorlesungen naturwissenschaftlichen und philosophisch-historischen Inhaltes anzu- hören. Die Persönlichkeiten, mit denen er hier als Schüler in Be- ziehung trat, wie Rose, Ehrenberg, Grimm, Lachmann, Schelling,Schubart u.a., lassen uns ermessen, welchen Schatz an neuem Wissen und vielseitigster Anregung der damals kaum 18 jährige Jüngling von diesem wenn auch nur kurzen Aufenthalt an der Berliner Hochschule mit nach Hause brachte. Er verliels die zu jener Zeit noch keineswegs alle Vor- und Nachteile der Grolsstadt vereinigende preulsische Kapitale im Frühjahr 1846, um sich, nach kurzem Aufenthalt im elterlichen Hause, wo die inter- essanten brieflichen Berichte aus Berlin durch mündliche Schilderung zu ergänzen waren, an die Berner Hochschule zu begeben und dort die begonnenen naturwissenschaftlichen Studien fortzusetzen. Die zwei Semester, welche Flückiger daselbst zubrachte, waren in noch höherem Malse als die in Berlin verlebte Zeit als ein Arbeits- jahr zu betrachten, in welchem er einen ersten solider Grund seiner ungewöhnlich vollständigen wissenschaftlichen Bildung legte. In dem ruhigeren Geleise einer kleineren Universität sich bewegend, konzentrierte er sein Interesse in erster Linie auf chemische und geologisch - mineralogische Studien, welch letztere ihn noch für ge- raume Zeit ins praktische Leben begleiteten und in manchen späteren Publikationen ihren Ausdruck finden. Die Vertreter der beiden Disziplinen, alt angesessenen Berner Familien zugehörig, hatten in der Wissenschaft einen guten Klang, ersterer, Carl Brunner, ursprünglich Pharmaceut, dann Professor der Chemie,

326 Friedrich August Flückiger.

durch seine Methode zur Kaliumbereitung und seine Arbeiten über Eisen-, Mangan-, Aluminium- und Silberverbindungen, letzterer, Bernhard Studer, durch seine wertvollen Untersuchungen über Geologie und physikalische Geographie der Schweiz. Mögen auch die Vorlesungen dieser Gelehrten hinsichtlich des demonstrativen Teiles heutigen Anforderungen nicht immer entsprochen haben, so kann doch kein Zweifel darüber bestehen, dafs beide Lehrer den strebsamen und lernbegierigen Studenten wesentlich förderten und dals namentlich der Geologe B. Studer, eine expansivere Natur, über tiefgründige Kenntnisse in den Hauptgebieten der Naturforschung gebietend und mit zahlreichen naturwissenschaftlichen Koryphaeen, wie A.w.-Humboldt, Leopold v. Bach, Ch ZEy2BE Wöhler, Chevreul, Marignac, A. de Candolle etc. persönlich bekannt und befreundet, dem ihm sympathisch gewordenen jungen Landsmanne mannigfache Anregung geboten und zu bleibender Erweiterung seines Gesichtskreises beigetragen hat.

In das Berner Universitätsjahr fällt denn auch der für Flückiger’s späteren Lebensgang so folgenschwere und wohl kaum ohne Bedenken und sorgfältige Erwägungen gefalste, wenn auch von den Angehörigen gebilligte Entschlufs, die unter früheren Verhält- nissen sich aufdrängende kaufmännische Laufbahn gegen den pharmaceutischen Beruf zu vertauschen. Mafsgebend mag bei dieser Entschliefsung zunächst die immer fühlbarer gewordene Vorliebe für die naturwissenschaftlichen Fächer, wie für die wissenschaftlichen Studien überhaupt gewesen sein, sodann auch die Hoffnung, in der Pharmacie einen Lebensberuf zu finden, welcher steten Kontakt mit einer Anzahl naturwissenschaftlicher Gebiete bedingt, andererseits auch, seinem gewerblichen Charakter entsprechend, in höherem Malse als manche gelehrte Berufsarten, Aussicht auf gesichertes Auskommen gewährt.

Um dem gesetzlich vorgeschriebenen, wenn auch zu jener Zeit wesentlich einfacheren Curriculum pharmaceuticum nachzuleben, trat der junge Mann, der schon in so ausgiebiger Weise aus dem Borne der Wissenschaft geschöpft hatte, nach Beendigung des zweiten Semesters in Bern (Winter 1846—47) an die etwas prosaischere Aufgabe der Absolvierung seiner pharmaceutischen Lehrzeit heran, welche er im Mai 1847 begann und im Dezember 1849 beendigte.

Friedrich August Flückiger. 327

Es war zu diesem Behufe die gut frequentierte und unter trefflicher Leitung ihres Besitzers W. Pfaehler stehende Schlangenapotheke inSolothurn gewählt worden. Mufsten auch, wie aus den noch vorhandenen Briefen Flückigers aus jener Zeit hervor- geht, einem Inzipienten, der schon in den Hallen und Hör- sälen zweier Hochschulen heimisch geworden war, die mit dem Stadium des Apothekerlehrlings unweigerlich verknüpften, vielfach in rein mechanischen Geschäften bestehenden Obliegenheiten manche Augenblicke der Enttäuschung bereiten, so lag andrerseits in der tüchtigen fachmännischen Bildung und dem wissenschaftlichen Sinne des Prinzipals eine Gewähr dafür, dafs der angehende Pharmaceut iu regelrechter Weise in die verschiedenen Seiten des Berufes eingeführt und auch zur Pflege der Hilfswissenschaften, so namentlich der Botanik ermuntert wurde. Auch hat Flückiger lange Jahre, nachdem er, mit einem sehr günstigen Zeugnisse über seine Lehrzeit versehen, Solothurn verlafsen hatte, anlälsliich des früh- zeitigen Todes seines Lehrherrn, demselben, gemeinschaftlich mit einem andern frühern Lehrlinge, dem bekannten und verdienten schweizer. Geologen Franz Lang, einen ehrenden Nachruf gewidmet. (s. Anhang.) Während der 21, jährigen Beschäftigung mit praktischer Apothekerkunst war in dem geistig regsamen und vorwärtsstrebenden Jünger der Pharmacie die alte Sehnsucht nach der Pflege der Wissenschaft erwacht, und es wurde beschlossen, vor der Fortsetzung der praktischen Laufbahn die erste Hälfte des Jahres 1850 in Genf zuzubringen und vorwiegend auf botanische Studien zu verwenden, wozu sich die seit langem in dieser Univer- sitätsstadt vereinigten grolsen und berühmten Herbarien uud zuge- hörigen litterarischen Hilfsmittel in ganz besonderer Weise eigneten, ganz abgesehen davon, dals es in dieser Gelehrtenrepublik, in der zumal die Botanik durch altangesehene Familiennamen wie De Candolle, Boissier, Micheli vertreten ist, an Gelegenheit zu verschiedentlicher geistiger Anregung und Förderung nicht fehlen konnte. Die späteren Arbeiten des damaligen Pharmaceuten auf dem Gebiete der Pharmakognosie lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, dals er jenes Semester botanischer Studien gewissenhaft ausgenützt hat. Allein auch in allgemein menschlicher Beziehung brachte ihm diese Zeit insofern Gewinn, als sie, in die glückliche

328 Friedrich August Flückiger.

Periode der Jugendfreundschaften fallend, ihn mit gleichstrebenden Genossen zusammenführte, welche späterhin Freunde für das Leben wurden.

Durch den Aufenthalt in Genf in sprachlicher Richtung ge- nügend vorbereitet, wendete sich Flückiger für die zweite Hälfte des Jahres 1850 nach dem Elsafs, um dort in der Storchenapotheke in Strafsburg bei Herrn Jannesson (heutiger Besitzer: E. Reeb) die pharmaceutische Condition oder sog. Gehülfenzeit zu verbringen.

Wie oft hat er sich später bei gelegentlichen Gesprächen über seine Erlebnisse dahin geäufsert, dafs es ihm damals kaum im Traume hätte einfallen können, dafs er dereinst in den Räumen der Ecole superieure de pharmacie, in denen in jenem Jahre ein Pasteur, Bechamp und Oppermann Chemie lehrten, als Direktor des pharmaceutischen Institutes der Universität die Stätte einer lang- jährigen, und wir dürfen hinzusetzen ruhmvollen und segensreichen Wirksamkeit finden würde!

Zwischen dieser spätern Periode und seinem ersten Aufenthalte in der alten Reichsstadt im Elsals lagen allerdings reichlich zwei Dezennien, in welche seine Thätigkeit als praktischer Apotheker, sowie die erste Zeit seiner intensiveren wissenschaftlichen Bethätigung hineinfallen. Zunächst aber haben wir Flückiger nach dem Orte zu begleiten, der für die Absolvierung seiner akademischen Studien gewählt worden war, nämlich nach Heidelberg. Wenn auch diese alte Universitätsstadt, das klassische Urbild einer „alma mater“, schon damals wie heute noch unwiderstehliche Anziehungskraft übte und überdies durch mälsige Entiernung von der Heimat einen weitern Vorteil aufwies, so hat doch, wie der Verstorbene wiederholt bemerkte, in erster Linie die damalige vorteffliche Besetzung der für den studierenden Pharmaceuten wichtigsten Fächer, namentlich der Chemie, und die so ermöglichte nachhaltige Förderung die dankbare Erinnerung befestigt, welche Flückiger seiner Studienzeit in Heidelberg zeitlebens bewahrte. Im Januar 1851 in der „feinen, an Ehren reichen“ Neckarstadt eintreffend, um sich zu orientieren und für den Besuch des Sommersemesters vorzubereiten, traf er auf verschiedenen Lehr- stühlen hervorragende Dozenten, welche z. Th. schon damals als Meister in ihren Fächern anerkannt waren, so die Chemiker Gmelin

Friedrich August Flückiger. 329

undDelffs, den Anatomen Henle, den Physiologen Tiedemanr, und, als dessen jüngern Fachgenossen, auch Jakob Moleschott, der damals noch als Privatdozent wirkte und nach dessen Verzicht- leistung auf das Lehramt in Heidelberg, im Jahre 1854, kein Geringerer als Hermann Helmholtz auf den Lehrstuhl der Physiologie berufen wurde.

Unter den Hochschullehrern Heidelbergs, zu denen Flückiger damals in nähere Beziehung trat, ist vor allem der Professor der Chemie Friedr. Wilh. Hermann Delffs (geb. 1812) zu nennen, dessen spezieller Schüler und nachheriger Assistent geworden zu sein er stets als besonders glückliche Fügung betrachtet hat. In der That stimmen die Zeugnisse aller derer, welche diesen akademischen Lehrer als Schüler oder Kollegen kennen gelernt haben, in dem Urteile überein, dafs diesem Gelehrten sowohl in seinen Vorträgen, wie im Laboratoriumsverkehr eine ganz seltene Lehrgabe und ein ungewöhnliches Vermögen, die Zuhörer und Schüler anzu- regen und zu fesseln, innewohnte. Kein Wunder also, dafs auch unser Flückiger, die Gunst des Augenblicks erhaschend, aus solchen Eigenschaften den gröfsten Vorteil zu ziehen wulste und bald einer der eifrigsten Schüler des Meisters wurde. Deltfs, welcher da- mals in den besten Jahren seiner Thätigkeit stand und sich nicht allein durch eine Reihe von Arbeiten über seltenere Metalle und über organische Verbindungen, sondern überdiefs durch ein s. Z. sehr geschätztes kurzes Lehrbuch der reinen Chemie einen Namen gemacht hatte, war selbstverständlich bei seinem schweizerischen Schüler sehr bald darüber orientiert, wels Geistes Kind er vor sich habe, und es ist deshalb nicht zu verwundern, dafs er ihm schon im zweiten Semester eine Assistentenstelle übertrug, welche natürlich den strebsamen Jünger der Pharmacie in noch nähern geistigen Kontakt mit dem ausgezeichneten Lehrer bringen mufste. Auf Ver- anlassung des Letzteren hin unternahm er eine Anzahl von Spezial- untersuchungen. Zwei derselben finden sich im Jahrgange 1852 der Poggendorff’schen Annalen der Physik und Chemie veröffentlicht (s. Anhang); die eine über „neutrales molybdänsaures Ammoniak“, die andere über „Fluorsalze des Antimons“. Letztere Arbeit bildete zugleich den Inhalt seiner Doktor-Disser- tation, die bei genauerer Durchsicht unschwer die charakteristische

330 Friedrich August Flückiger.

Sorgfalt, Gründlichkeit und Objektivität erkennen läfst, welche die späteren Publikationen des Gelehrten kennzeichnen. Die Promotion als „doctor philosophiae et magister liberalium artium“ erfolgte „examine rigoroso summa cum laude superato“ am 4. Juli 1852. Mit dem Sommersemester 1852 schlofs Flückiger sein Studium in Heidelberg ab und damit zugleich seine Thätigkeit als chemischer Assistent, über welche sich im Nachlasse ein sehr günstig lautendes und das ungewöhnliche Talent F. betonendes Attest seines damaligen Vorgesetzten und Lehrers vorfindet.

Nicht zutrieden mit der Erlangung der Doktorwürde, welche so Vielen als unwiderruflich letzte Endstation des akademischen Studiums vorschwebt, sehnte sich der junge, 24 jährige Gelehrte nach einem ergänzenden Abschlusse in einem grölseren Centrum des Geisteslebens, ähnlich demjenigen, welches ihm vor Jahren am Schlusse seiner Schulzeit geboten worden war. Doch sollte es diesmal die französische Hauptstadt sein, welche im Winter 1852—53 den neu kreierten „Doktor der Philosophie und Magister der freien Künste“ in die goldenen Fesseln geistiger Eindrücke der verschiedensten Art zu legen vermochte. Wie hätte er auch einen Aufenthalt in jenem Paris nicht anstreben sollen, wo sich gerade um die Mitte des Jahrhunderts eine Elite von Kapazitäten und hervorragenden Lehrern und Forschern sowohl auf naturwissenschatt- lichem Gebiete, als in den Geisteswissenschatten zusammenfanden und aufserdem Sammlungen und Institute einziger Art dem Bedürf- nils nach Belehrung und Vertiefung in Wissenschaften und Künsten jede denkbare Unterstützung liehen! Mit guten Empfehlungen namentlich seitens schweizerischer Gelehrter wohl versehen, hatte Flückiger, als er im Herbst 1852 in Paris einrückte, bald die er- wünschten Anknüpfungspunkte gefunden, und eine rationelle Zeit- einteilung ermöglichte es ihm, sich ebensowohl mit dem Theater und der Oper als mit den übrigen musikalischen Aufführungen, mit den grolsen öffentlichen Vorträgen, wie mit den Parlaments-Debatten, mit den Kunstsammlungen, wie mit den wissenschaftlichen Anstalten bekannt und vertraut zu machen. Seine aus jenem Jahre datierenden Briefe an die Verwandten, insbesondere an seine ihm geistig sehr nahe stehende Schwester, enthalten eine Fülle von interessanten Berichten über Gesehenes und Gehörtes, über Sachen und Personen

Friedrich August Flückiger. 331

und dürften, wenn auch selbstverständlich nicht zur Wiedergabe an solcher Stelle geeignet, der Objektivität des Beobachters wegen manche bemerkenswerte Einblicke gewähren.

Obwohl aber die Seinestadt nach so verschiedenen Seiten das Interesse in Anspruch nehmen mulste, so hatte sich doch Flückiger neben dem spezielleren Studium einer Anzahl wissenschaftlich er Institute und Sammlungen, wie z. B. derjenigen des „Jardin des plantes“, der „Ecole de pharmacie“, des „Conservatoire des arts et metiers“, der „Ecole des mines“ etc. noch besondere Zwecke gesetzt, vor Allem die weitere Ausbildung in chemischen Arbeiten durch den Besuch des chemischen Laboratoriums von Professor Ch. Ad olphe Wurtz (geb. 1817) in der Ecole de medecine, welcher neben dem späteren Minister und Senator M. Berthelot, dem damals schon bejahrten Chevreul undH. St. Claire Deville, dem Freunde und Mitarbeiter Wöhlers, sowie J. B. A. Dumas, seinem Amts- vorgänger an der Ecole de medecine, als der bedeutendste Chemiker Frankreichs geschätzt war. Wer s. Z. die von A. W. v. Hofmann verfalste vortreffliche Biographie von Wurtz gelesen hat, wird zu würdigen wissen, welcher Gewinn sich aus dem anregenden Um- gange mit diesem reichbegabten und vielseitigen Gelehrten ergeben mulste, dessen Vaterstadt später der Ort langjähriger fruchtbarer Thätigkeit seines Schülers werden sollte. Ohne Zweifel hatte sich Flückiger, angeregt durch die genialen Arbeiten von W urtz über die substituierten Ammoniake, schon in Paris mit einschlagenden Untersuchungen beschäftigt. Eine hierauf bezügliche Mitteilung, „Versuche über Thimethaldin und Thiäthaldin, zwei künstliche dem Thialdin homologe Basen“, welche er später als praktischer Apotheker in Burgdorf im Jahre 1855 in der Berner naturforschenden Gesellschaft vortrug (s. Anhang), schlofs mit der Bemerkung: „Eine Wiederaufnahme dieser unglaub- lich mühsamen und zeitraubenden Versuche ist mir leider gegen- wärtig versagt, so sehr wünschbar es auch wäre, irgend eine gut charakterisierte krystallisierte Verbindung dieser interessanten Basen zu bereiten und deren Zusammensetzung analytisch zu verifizieren.“ Es darf hieraus doch wohl geschlossen werden, dals in diesem Vor- trage die Ergebnisse einer früher im Wurtz’schen Laboratorium in Paris ausgeführten Arbeit zusammengefalst wurden.

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Mit diesem für Flückiger so denkwürdig abgelaufenen Winter- semester 1852/53, welchem sich ein kürzerer, später öfters wieder- holter Besuch der wichtigsten Sehenswürdigkeiten und wissen- schaftlichen Institute Londons anschlofs, war nunmehr die Periode des quasi „offiziellen“ Lernens, denn, wenn je Einer, so ist er bis an sein Lebensende bewulster Weise „Schüler“ geblieben zu endgiltigem Abschlusse gekommen, und wir finden ihn im Früh- sommer des Jahres 1853 bereits in die praktisch-pharmaceutische Laufbahn eingetreten als Besitzer des im Volksmunde als „grolse Apotheke“ bekannten Apotheken- und Drogengeschäftes in dem- selben Städichen Burgdorf, in dem er 15 Jahre zuvor als Schüler in das Progymnasium eingetreten war. Durch Vertrag mit dem gleichzeitigen Besitzer und Socius, Friedr. Lüdy, wurde vereinbart, dafs das Geschäft vom September dieses Jahres an unter der Firma „Flückiger & Comp.“ geführt werden und dabei Flückiger die verantwortliche Leitung der Apotheke, dem Mitbesitzer aber die Leitung der damit verbundenen Drogenhandlung zukommen solle. Diese Malsregel mulste sich in der Folge nach verschiedenen Richtungen bewähren und hat wohl das ihrige zur Entwicklung des weitern Lebensganges Flückiger's beigetragen; denn schwerlich hätte der damals erst 25 Jahre alte, an Kenntnissen zwar reiche, aber der praktischen Lebenserfahrungen noch entbehrende Apotheken- besitzer bei alleiniger Führung eines ziemlich ausgedehnten Doppel- geschäftes noch die nötige Sammlung, Lust und Zeit gefunden, um die wissenschaftliche Pharmacie zu pflegen und einschlagende Arbeiten auszuführen !

Die siebenjährige Periode, welche unser Lehrer und Freund in Burgdorf verlebte, wurde für ihn vor allem dadurch zum erfreulichen Wendepunkt, dafs er in die Lage kam, im August 1857 seine Lebens- gefährtin Luise Frey, die Tochter einer angesehenen Familie der zürcherischen Industrie- und Handelsstadt Winterthur, heimzuführen. In einem glücklichen, auf gegenseitiger Liebe und Achtung fulsenden Ehebunde, der bis zu seinem Tode andauerte, hatte ihm seine Gattin 3 Söhne und 3 Töchter geschenkt. welche mit den Eltern in trautem Familienleben verbunden blieben, wenn auch zum wieder- holten Male der Tod eine Lücke rils und das Familienglück zu trüben drohte.

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Dals Flückiger seine Apotheke in gewissenhafter und muster- giltiger Weise verwaltete, bedart nach dem schon Gesagten keiner besonderen Darlegung; erwähnenswerter und bezeichnend für den ihm innewohnenden Forschertrieb und den ihn beherrs chenden Drang, die Pharmacie wissenschaftlich zu fördern, ist die Thatsache, dafs er, obwohl ohne Verkehr mit einer größseren Zahl von Kollegen oder mit einem anderweitigen grölseren Kreise wissenschaftlich Ge- bildeter und hinsichtlich litterarischer und sonstiger wissenschaftlicher Hilfsmittel auf seine in Entstehung begriffene Priva tbibliothek und die Utensilien des Apotheken-Laboratoriums angewies en, doch schon in Burgdorf die grofse Reihe seiner wissenscha itlichen Abhandlungeu mit nicht weniger als etwa 20 Aufsätzen inaugurierte und nebenbei intensive Vorstudien und Vorarbeiten für die späterhin vorzugsweise unter seiner Leitung und Mitarbeit geschaffene Pharma ce opoea helvetica betrieb.

Da im weiteren Verlaufe dieses Lebensbildes in erster Linie von den wissenschaftlichen Leistungen des geschiedenen Lehrers und Forschers die Rede sein wird, so mögen, um allfälligen Mifs- deutungen vorzubeugen, an dieser Stelle zwei Bemerkungen voraus- geschickt werden. In erster Linie konnte nicht davon die Rede sein, in einem für eine Zeitschrift bestimmten Nekrologe neben den grölseren, in Buchform erschienenen Schriften sämtliche wissen- schaftliche Abhandlungen zu besprechen oder auch nur namhaft zu machen; dagegen wurde es für erspriefslich und wünschenswert gehalten, im Anhange ein möglichst sorgfältig revidiertes und voll- ständiges Verzeichnis der in Fachschriften erschienenen wissen- schaftlichen Publikationen Flückiger’s beizugeben und auf diese Weise die Benutzung derselben, wie überhaupt die nähere Einsicht in dessen grofse litterarische Thätigkeit zu erleichtern. Der ver- storbene Autor hat dies selbst dadurch ermöglicht und nahegelegt, dafs er der in 7 Bänden vereinigten Sammlung von Sep.-Abdrücken der Mehrzahl seiner Abhandlungen und Aufsätze eine durch einen Zeitraum von 40 Jahren fortgeführte Liste mit Angabe der Publikations- orte beigeheitet hat!

Sodann ist a priori davon Umgang zu nehmen, in dieser Denk- schrift alle in engeren oder weiteren Kreisen bekanuten und nach den verschiedensten Richtungen hervorragenden Persönlichkeiten zu

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nennen, mit denen Flückiger teils in schriftlichem, teils in persönlichem Verkehr gestanden hat oder spezieller befreundet gewesen ist. Staunend versenkt sich immer wieder der Blick in seine, im Nach- lasse vorgefundene Korrespondenz, die sich über reichlich 40 Jahre erstreckt und die uns klar macht, wie er, im Interesse der wissen- schaftlichen Pharmacie bald fragend und nehmend, bald auch, und zwar häufiger, anregend und gebend, allmählich hervorragende praktische Apotheker, Besitzer grofser Drogenhandlungen und Import- häuser, Leiter weltbekannter chemischer Fabriken, pharmakologisch gebildete Aerzte, Konsuln und Staatsbeamte in fremden Ländern, vor Allem auch seine Kollegen, die Lehrer der Pharmacie und pharmaceutischer Disciplinen, kurz Alle, denen die Förderung seiner Lieblingsfächer am Herzen lag, aus allen Weitteilen als Korrespondenten heranzuziehen und sich in freundliche, lehrreiche Beziehung mit ihnen zu setzen wulste.e Nur in sehr beschränkter Zahl werden alle diese Bekannten und Freunde in den nachfolgenden Blättern zu nennen sein, wie es sich aus gelegentlicher Besprechung wichtigerer Arbeiten und Werke ergiebt, ohne Andere übersehen oder weniger würdigen zu wollen. Wer mit dem liebenswürdigen, bescheidenen und stets hilfsbereiten Meister der Pharmacie in kürzerem oder längerem Verkehr gestanden hat, wird letzteren auch ohne öffent- liche Erwähnung zeitlebens als erfreuliche Erinnerung zu schätzen wissen !

Unter den Arbeiten der Burgdorfer Periode mag in erster Linie die Abhandlung: „Ueber das Templinöl“ (Beitrag zur Kenntnis der Terebene) hervorgehoben werden, weil dieselbe die frühzeitige Beschäftigung des Autors mit dem interessanten Gebiete der ätherischen Oele dokumentiert und als Anfangsglied einer Reihe späterer experimenteller und historischer Studien über diverse flüchtige Oele der materia medica gelten kann. Die mono- graphische Behandlung dieses im Kanton Bern früher in grölseren Mengen dargestellten und als Panacee geltenden Oeles, welches be- züglich seiner Abstammung und seiner physikal.-chemischen Eigen- schaften, sowie in verschiedenen seiner Derivate genauer untersucht wird, darf wohl im Hinblick auf die vor 40 Jahren (1855) für das Studium organischer Verbindungen disponiblen Hilfsmittel als muster- giltig bezeichnet werden und erinnert, mutatis mutandis, an die viel

Ne)

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w

späteren klassischen Arbeiten Wallach’s über die Terpene, an denen sich Flückiger jeweilen erfreute. Erwähnenswert ist ein am Schlufse des Aufsatzes genanntes, aus dem Samen der Weilstanne durch Pressen erhaltenes, balsamartiges Sekret, welches damals als Surrogat des Copaivabalsams unter dem Namen „oleum seminis Abietis pectinatae expressum“ versuchsweise ärztliche Anwendung fand. Eine Probe des aus dieser Untersuchung stammenden rekti- fizierten Templinöls, in einem Fläschchen mit der denkwürdigen Signatur „Flückiger & Komp. in Burgdorf“, ist s. Z. bei dem Um- zuge Flückiger's in das pharmaceutische Institut Strafsburg gelangt; das nunmehr 40 jährige Oel hat sich inzwischen, wie hier nebenbei bemerkt werden mag, reichlich mit ozonisiertem Sauerstoff beladen, welcher nach Schönbein's Beobachtungen sehr lange in besonderer Bindung mit dem äther. Oele zu bestehen vermag, so dals sieh be- sagte Probe vorzüglich zur Demonstration dieser, auch in jener Ab- handlung besprochenen Eigenschaft eignet.

Von weiteren, in Burgdorf abgeschlossenen Studien chemi- schen Inhalts verdient, neben einigen kleineren Mitteilungen über Kalisesquicarbonat, phosphorsaures Stickoxyd, Prüfung der fetten Oele und Prüfung der Milch, noch eine Arbeit über Reduktion der Eisenoxydsalze Erwähnung, insofern hier zum ersten Male das Verhalten einer gröfseren Zahl anorganischer und organischer Substanzen zu den wichtigsten Ferrisalzen untersucht und erörtert wird. Es finden sich darin u. a. über die Einwirkung des Morphins auf Ferrichlorid und auf Ferricyankalium einige Beobachtungen mitgeteilt, welche dem Verfasser dieser Zeilen nicht bekannt waren, als er 1894 in Wien über eine eingehendere Untersuchung jener Reaktion referierte. Zu den dieser ersten Periode angehörenden Abhandlungen chemischen Inhalts, welche einem besonderen Interesse für geognostische und physikal-geographische Fragen entsprungen sind, gehören die Mit- teilung über Bittersalzefflorescenz am Matterhorn, die kritischen Erörterungen über Ozonometrie und die Unter- suchung von Koprolithen aus Basel-Land.

Doch auch Flückiger’s späteres Hauptarbeitsgebiet, die wissen- schaftliche pharmaceutische Warenkunde, welche wir heute mit dem kürzeren Namen „Pharmakognosie“* bezeichnen, hatte schon damals

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in einigen Mitteilungen über die Droge Pengawar Djambi und in einer kleineren Studie über das Antjar-Pfeilgift Be- rücksichtigung gefunden, Arbeiten, in denen, wie übrigens auch in den erwähnten Bemerkungen über Eisenoxydsalze, in unverkennbarer Weise die feine Beobachtungsgabe, der kritische Sinn und das Streben nach erschöpfender Behandlung des Gegenstandes her- vortreten.

Endlich sind die Burgdorfer Jahre auch deshalb von be- sonderem, wenn auch vielleicht dem Heimatlande Flückiger’s näher liegendem Interesse, weil aus mehreren schriftlichen Elaborationen jener Zeit, so namentlich aus einem an die eidgenössische Behörde gerichteten Gutachten über eine Pharmacopoea helvetica die intensive damalige und spätere Beteiligung an der Förderung der schweizerischen Pharmacie und speziell an der Ausarbeitung der ersten schweizerischen Pharmakopöe hervorgeht. Da aber diese Verkältnisse in einem kürzeren Nekrologe') schon eingehender dar- gelegt worden sind, so dürfen wir uns in dieser biographischen Denkschrift auf wenige Bemerkungen beschränken.

Das Jahr 1857, in welchem Flückiger seinen Ehebund schlols, war zugleich auch dasjenige, in welchem er durch das Vertrauen seiner Kollegen zum Präsidenten des Schweizerischen Apotheker- vereins gewählt worden war, weiches Amt er, mit einer kürzeren Unterbrechung, volle 9 Jahre bekleidete.

Da es zu jener Zeit in der Schweiz an einer centralen Medizinalbehörde fellte, welche erst in den letzten Jahren in Form eines vorzugsweise mit hygienischen und statistischen Aufgaben be- trauten „Gesundheitsamtes“, doch ohne direkte Vertretung der Pharmacie, eingesetzt worden ist, so lag es jenem Fachvereine als moralische Pflicht ob, die im Interesse des Berufes und seiner Be- ziehungen zur salus publica liegenden Mafsnahmen anzubahnen und vorzubereiten. Zu diesen letzteren gehörte unter vielen anderen Dingen, welche zum Teil noch ihrer Verwirklichung harren, auch die Aufstellung eines einheitlichen schweizerischen Arzneibuches, welches in seinen Anfängen auf die Jahre zurückgeht, in denen Flückiger noch nicht an der Spitze des Apothekervereins stand. Schon vorher, aber insbesondere von letzterem Zeitpunkte an, hatte er sich in

1) Schweiz. Wochenschr. f. Chem. u. Pharm. 1895 No.7 (15. Febr.).

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intensiver Weise an der Bearbeitung des Textes beteiligt, und es war seinem Eifer und seiner Sachkenntnis, wie auch der Energie seines Vorgängers im Amte, Apotheker Roder, vorzugsweise zu verdanken, dafs bei seinem Abgange von Burgdorf (1860) der fertige Text zur ersten Ausgabe der vom genannten Vereine publizierten Pharmacopoea helvetica vorlag, welche allerdings wegen unfreiwilliger Verzögerung der Uebertragung in die lateinische Sprache erst 1865 die Presse verliefs. Wenn bedacht wird, dafs nach einer im Jahre 1860 beendigten schweiz. pharmaceutischen Statistik des Vorstands- mitgliedes Ringk in Schaffhausen während der 50er Jahre in den schweizerischen Kantonen noch sechs verschiedene Pharmakopoeen, worunter vorwiegend die preufsische, zu Kraft bestanden, während in vier Kantonen eine gesetzliche Pharmakopoe überhaupt fehlte, so wird klar, dafs der damalige Vorsitzende des Vereins mit etwelcher Genugthuung auf diesen ersten Vorläufer einer Landespharmakopoe hinblicken durfte, zumal das Werk auch im Auslande Beachtung und mehrfache günstige Beurteilung fand. Und doch hatte die Be- teiligung an dieser Aufgabe und mehr noch an der Bearbeitung der zweiten Auflage, welche in die Jahre 1869—1871 fiel, für Flückiger noch eine besondere persönliche Bedeutung; denn in ihr lag nach unserer Ueberzeugung die erfolgreichste Anregung zu jener Periode intensivster pharmakognostischer Studien des Decenniums 1860—70, deren Ergebnisse im „Lehrbuche der Pharmakognosie“ und inder späteren „Pharmacographia“ niedergelegt wurden. Und dafs auch dem Autor dieser Zusammenhang bewulst war, er- hellt wohl aus dem Umstande, dafs das erstgenannte Buch, ein erster kühner Wurf, die Widmung trug: „Dem schweizerischen Apotheker- Vereine zum Danke für vielfache Anregung von seinem langjährigen Präsidenten“, eine Dedikation, die, wie mir wohl bekannt ist, keineswegs höflicher Rücksicht, sondern innerem Bedürfnisse ent- sprang.

Doch berühren wir mit dieser Bemerkung ein Faktum, das bereits einer späteren Periode angehört. Im Jahre 1859 war in Bern der Vorsteher und Verwalter der sogen. „Staatsapotheke“, Sprüngli, gestorben und es handelte sich um die Wiederbesetzung der Stelle. Zweck des genannten Instituts, welches in anderen Teilen der Schweiz auch als „Kantonsapotheke“ bezeichnet wird, ist

Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bds. 5. Hefis 22

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die Versorgung der Spitalkliniken, sowie anderer öffentlicher An- stalten mit Medikamenten, sowie die Lieferung von Chemikalien an Universitätsinstitute; aufserdem war mit dieser Stellung der Sitz in dem kantonalen Sanitätskollegium, sowie die Beteiligung an den forensischen Analysen und übungsgemäls auch die Mitgliedschaft in der pharmaceutischen Prüfungskommission verbunden. Es erforderte deshalb dieses Amt einen vollkommen fachkundigen, gewissenhaften, möglichst vielseitig gebildeten, gewiegten Apotheker. Bald genug richteten sich die Blicke der Behörden und Kollegen auf den Apo- theker und Doktor in dem benachbarten Burgdorf; er wurde in An- frage gesetzt, entschlols sich nach kürzerer Bedenkzeit zur Ueber- nahme der Stellung und erhielt, nachdem er sich für die durch Aus- schreibung zu besetzende Stelle gemeldet, seine Ernennung als bernischer Staatsapotheker im März d. J. 13860. Die Uebersiedlung und Uebernahme der Geschäfte erfolgte in den ersten Tagen des Juni; er sollte dieses Amt während der längeren Zeitdauer von nahe- zu 13 Jahren versehen.

Die Motive, welche den Apothekenbesitzer in Burgdorf bewegen konnten, seine Stellung mit derjenigen eines Staatsbeamten zu ver- tauschen; das Zurücktreten kommerzieller Bethätigung und direkter Beschäftigung in der Apotheke und der daraus sich ergebende Zeit- gewinn für Studien und Laboratoriumsarbeiten, die leichtere Möglich- keit der Stundeneinteilung, die Gelegenheit zu viel häufigerem Ver- kehr mit wissenschaftlich geschulten Vertretern verschiedenster Fächer und die Erleichterung der Benutzung der Bibliotheken und sonstigen Hilfsmittel der Hochschulanstalten, mögen, in Verbindung mit einer instinktiven Erkenntnis der Befähigung zum Lehrberufe, den eben in’s Amt getretenen Staatsapotheker auch veranlafst haben schon im darauffolgenden Jahre 1861 an der Berner Univer- sität um die venia docendi als Privatdozent für pharmaceutische Fächer, insbesondere „Pharmakognosie“ nachzusuchen. Er habilitierte sich in dieser Stellung noch in demselben Jahre und hat dieselbe 9 Jahre lang, d. h. bis zu seiner Beförderung zum Professor inne gehabt. Mit dem Eifer der Begeisterung für die allmählig zum Lieblingsfache und zur Lebensaufgabe heranwachsende Disziplin be- treibt der nicht mehr ganz jugendliche, in praktischen Erfahrungen schon gereifte Dozent neben seinen Berufspflichten als Leiter der

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Staatsapotheke die Vorlesungen über Pharmakognosie, und zahlreiche spätere schweizerische Apotheker hören bei ihm mit wachsendem Interesse dieses in neuem und originellem Gewande vorgetragene Fach, zunächst in einem kleineren Raume der Anatomie, später in einem geräumigeren Lokale im Gebäude der Staatsapotheke, welches, heute noch bestehend, in Kürze der Ausdehnung des Bundesrats- hauses wird weichen müssen. Das neben der Offizin gelegene Schreibzimmer mit nur einem Fenster und anstofsendem Tisch und Stehpult wird zum Studier- und Mikroskopierzimmer, ein dahinter gelegener relativ dunkler Raum zum Privatlaboratorium, während im Laufe der Jahre im Laboratorium der Apotheke und einem Annexe desselben allmählich eine kleinere Zahl von Arbeitsplätzen entstehen, welche die Aufnahme einzelner, unter Flückigers Leitung mehr oder weniger selbständig arbeitender Schüler ermöglichen, Alles in Allem die ersten primitiven Anfänge eines pharmaceutischen Institutes, welches später unter seinem Nachfolger wesentlich erweitert und in seiner Ausstattung ergänzt werden konnte, nunmehr aber in eigenen, zweckdienlichen und neuen Anforderungen entprechenden Räumen nach wesentlich anderem Mafsstabe untergebracht ist.

Und doch, wie einst in seiner bescheidenen Apothekerküche inKöping amMälarse Carl WilhelmScheele alle Büchsen und Gläser seines Magazins zu jenen cbemischen Versuchen heran- zog; welche den Untergang der von ihm selbst noch festgehaltenen Phlogistontheorie anbahnten und andererseits die ersten Schritte einer organischen Chemie darstellten, so haben jene kleinen Arbeits- räume an einer stillen Berner-Gasse, dem Hause schräg gegenüber, das einst Albrecht von Haller als bernischer Staatsmann be- wohnte, eine neue pharmakognostische Schule und als deren Aus- gangspunkt und Grundlage ein damals noch bescheiden ausgestattetes Buch entstehen sehen, das mit einem Schlage den Ruf seines Ver- fassers begründen sollte!

So mögen denn diesem Werke, dessen spätere, der neueren Generation vorwiegend bekannte Auflagen als klassische Er- weiterung, Vertiefung und Umarbeitung der ersten, oftmals noch tastend vorgehenden Autlage gelten können, an diesem Orte einige Worte gewidmet werden. Eine Beschränkung solcher Darlegung erscheint um so eher geboten, als schon an anderer Stelle von kom-

22*

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petenter Seite der status quo der pharmaceutischen Warenkunde geschildert wurde, welcher vor dem Erscheinen der „Pharmakognosie“ Flückiger’s bestanden hatte und, bei vollster Anerkennung ver- schiedener vortrefflicher und reformatorischer Leistungen, doch auf die Dauer weder dem Inhalte noch namentlich der Form nach be- friedigen konnte, vielmehr als ein Entwicklungsstadium zu wür- digerer Stellung und höheren Aufgaben dieser Disziplin zu be- trachten war.

Der Vorbereitung und Ausarbeitung der ersten Auflage des „Lehrbuches“ war die erste Hälfte der Berner Epoche voll und ganz gewidmet. Flückiger hatte aber in der stillen Studierstube in Burgdorf, ja wohl schon während seiner pharmaceutischen Lehr- und Wanderjahre erkannt, dafs erkleckliche Leistungen, intensivere Förderung und damit auch gröfserer praktischer Nutzen der Phar- makognosie nur dann zu erwarten seien, wenn dieses Fach nicht mehr sub titulo „Beschreibung pharmaceutischer oder medizinischer Drogen“ oder „pharmaceutische Warenkunde“, wie fast überall in Europa, am wenigsten freilich in Deutschland, als eine Art An- hängsel, Einschaltung oder Supplement der pharmaceutischen Botanik, der pharmaceutischen Chemie oder der sog. Pharmacie be- handelt, sondern zum Range einer der wichtigeren angewandten Wissenschaften, wie etwa der Geographie oder Geologie erhoben werde. Und er erkannte im Weiteren, dals eine Erhöhung der Dignität und damit auch der praktischen Tragweite der Pharmakognosie nur dadurch zu erreichen sei, dafs im Gegensatze zu einer öfters vor- kommenden einseitig chemischen oder botanischen Behandlung oder einer Beschränkung auf äufsere, vielfach zufällige Merkmale der arzneilichen Rohstoffe eine monographische, alle bedeutsameren Gesichtspunkte würdigende, somit auf zahlreichen Hilfsdisziplinen fufsende Bearbeitung Platz greife.

„In hoc signo vinces‘‘ wurde seine wissenschaftliche Parole; erhatgesiegt und zwar namentlich‘auch deshalb gesiegt, weil er, kritisch einschneidend woesNotthat, imübrigen jedoch reformierend, revidierend, Gegensätze versöhnend, sich auf die Schultern der Vorgänger stellte, von da aus weiterbaute, mit einem Worte „ex ungue leonem !“ den historischen Zusammenhang der Wissen- schaft wahrte.

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Und dennoch hatte er sich für einen Zeitraum von wenigen Jahren eine Riesenaufgabe gestellt. Handelte es sich doch um die kritische Durcharbeitung des ganzen Materials über Drogen des Pflanzenreiches, um ungezählte Wiederholungen, Verifizierungen analytischer Daten, mikroskopischer Beobachtungen und physika- lischer Bestimmungen, um zahlreichste Ergänzungen oder meist neue Erhebungen auf den beiden ihm besonders am Herzen liegenden Gebieten der geographisch-statistischen und geschichtlichen Er- örterung der Arzneistoffe.. In diese Periode fallen auch die An- fänge jener mehr und mehr ausgedehnten fachwissenschaftlichen Correspondenz und jenes allmählich über den Erdkreis sich ver- breitenden Verkehrs, welcher Flückigers Lehrbücher der Pharma- kognosie in so günstiger Weise beeinflufst und denselben, bei allen Unvollkommenheiten menschlicher Werke der Hände oder des Geistes, jenen hohen Grad von Gründlichkeit, Vollständigkeit und Zuverlässigkeit verliehen hat. Doch würde es ein Irrtum sein, die eben erwähnten Eigenschaften ausschlielslich auf die weite Aus- dehnung der Hilfsmittel zurückführen zu wollen, denn das gröfsere Erstlingswerk verrät in hohem Grade jene in dem kleinen Städtchen Burgdorf ermöglichte geistige Sammlung und Konzentration, die der Verfasser im Jahre seines Erscheinens in der brieflichen Bemerkung andeutet: „Inzwischen sind einfachere Lebensverhältnisse doch auch wieder innerlicher Vertiefung und Verständigung günstig und ihr Wert stellt sich gewöhnlich später erst recht deutlich heraus, wenn man mit gröfserer Reife auch an gröfsere Aufgaben herantritt, sofern eben letztere schliefslich noch eine andere als die akademische Reife erheischen.“

Bei der Ausarbeitung seines Buches verwertete Flückiger neben den Mitteilungen zahlreicher Correspondenten namentlich den Rat einiger Berner Professoren, wie des scharfsinnigen, vielseitig be- lesenen Physiologen Valentin, des Orientalisten Sprenger und seines Jugendfreundes, des hochgeachteten Botanikers L. von Fischer, der, gleichfalls aus der Pharmacie hervorgegangen, den Hingang seines berühmten früheren Fachgenossen betrauert. Er versicherte sich aber auch der Hilfe verschiedener Besitzer grölserer privater Drogensammlungen, wie der Apotheker Kindt in Bremen, Oberdöffer in Hamburg, Dittrich in Prag und verschaffte

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sich in dem damals so schwierigen und ausgedehnten Kapitel der Chinarinden vielfache Belehrung durch die Besitzer und Leiter der damaligen Chininfabriken Jobst und Zimmer.

Das „Lehrbuch der Pharmakognosie des Pflanzenreiches“ erschien im Laufe des Jahres 1867 im R. Gaertner’schen Verlage in Berlin, und dieses Erscheinen war für die im pharmaceutischen Studium so vielfach vernachlässigte und zur Seite gedrängte Disziplin eine Art Erlösung, es bedeutete über- dies eine entschiedene Erhöhung der Stellung der wissenschaftlichen Pharmacie, namentlich auch in den Augen der Medizin, welche ja später den Autor wiederholt der Ernennung zum Ehrendoktor ge- würdigt hat. Die zwei weiteren Auflagen aber, die wir später an ihrem Orte anzuführen haben werden, ohne hier auf den Inhalt dieser Werke eingehen zu dürfen, erscheinen uns als eine organische Entwicklung und als eine mit bewundernswertem Geschick ausge- führte Umarbeitung dieses ersten Lehrbuches, in dem mit fester Hand die Grundprinzipien der neuen Pharmakognosie und die Grundlinien der Stoffbehandlung für die neueren Lehrbücher dieser Wissenschaft niedergelegt waren.

Der bald genug laut werdenden lobenden Beurteilung antwortete damals der Verfasser mit dem bescheidenen Ausdrucke der Hoff- nung, das noch lückenhafte Werk später emendieren zu können; so, wenn er im November 1867 einem Rezensenten bemerkt: „Der Verleger hat mir aus der Bunzlauer Zeitung die Rezension meines Buches zukommen lassen, welche mich in ebenso wohlwollender als einseitiger Weise ihrem Leserkreise empfiehlt. Ich stehe nicht an, Ihnen darüber meine Freude auszudrücken, obwohl gewils niemand so sehr auch der Lücken und Mängel des Werkes bewulst ist, als ich. Aus der freundlichen Anerkennung, welche dasselbe dennoch da und dort gefunden, schöpfe ich den Mut, Schritt für Schritt zu bessern und zu vervollständigen, soweit Einsicht und Kraft reichen.“ In wie ungeahnter Weise sollte sich im Laufe des nächsten Viertel- jahrhunderts diese Hoffnung noch erfüllen !

Die denkwürdige Periode der Ausarbeitung des in seiner Art klassischen Buches blieb aber keineswegs auf diese litterarische Leistung beschränkt; wir finden vielmehr in der pharmaceutischen Litteratur der sechziger Jahre eine gröfsere Zahl von Arbeiten, die

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uns zeigen, dals Flückiger schon in diefer, wie in der späteren Zeit nebeneinander pharmakognostische, chemische und historische Themata in Behandlung zog und die Pharmacie in mehr denn einer Richtung zu fördern suchte. Unter den pharmakognostischen Aufsätzen seien als einige der wichtigsten hervorgehoben die Abhandlungen: Quillaja Saponaria, Kamala und eine neue Art Kamala, Weihrauchbaum, Sesamsamen, zur Ana- tomie der Chinarinden, Erdnuf[s und Gummi und Bdellium vom Senegal. Mit Kamala hat sich Flückiger wiederholt beschäftigt; in der ersten Abhandlung, die als Festgabe zur Apotheker-Versammlung in Neuchätel (1864) erschien, lieferte er eine der besten monographischen Beschreibungen dieser dazumal neuen Droge mit Darlegung der anatomischen und chemischen Ver- hältnisse, sowie der Verwechslungen und Verunreinigungen, während in der zweiten Mitteilung die mikroskopisch abweichende Droge be- schrieben wurde, die sich später als das „Wars“ der Araber heraus- stellte und als drüsige Bedeckung auf einer Leguminosenfrucht (Flemingia) vorkommt. Verschiedene vollkommen neue Gesichts- punkte und Anschauungen, welche treilich im Laufe der Zeit weiter modifiziert wurden, brachte die von einer Abbildung begleitete Arbeit über den Weihrauch und seine Abstammung, welche bei späterem Anlasse durch eine Studie über ein eigentliches Boswellia-Harz, das „Luban Mati“ ergänzt wurde, wie denn überhaupt für den Förderer der historischen Pharmakognosie die beiden Drogen Weih- rauch und Myrrhe von besonderer Anziehungskraft waren und zu mehrfachen Untersuchungen Anlals gaben. In dem bemerkens- werten Beitrag zur Anatomie der Chinarinden, einer der Arbeiten, zu welchen die Redaktion des Lehrbuches speziellere An- regung gegeben hatte, wurde die Zellwandsubstanz der China- Bastfasern mit der sogen. Glucodrupose der Birmen-Konkretionen verglichen und zugleich die wichtige Frage nach dem Sitze der Alkaloide in den Chinarinden durch zweckmälsige Versuche geprüft, deren Ergebnisse die früher bestrittene, nunmehr allgemein acceptierte Ansicht der Einlagerung der Chinabasen in den Zellen des Paren- chyms bestätigten. Endlick wurden auch in dem Artikel Gummi und Bdellium auf Grund scharfsinniger Erörterungen diverse traditionell gewordene irrtümliche Ansichten rektifiziert und nament-

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lich de Acacia Verek G. u. P. (A. Senegal Willd.) unter Bei- gabe einer guten Abbildung als Hauptstammpflanze des gesamten afrikanischen Gummis festgestellt.

Von chemisch interessanten Abhandlungen aus jener Zeit mögen nur die Arbeiten über den geologisch merkwürdigen vulkani- schen Salzsäurebach Sungi-Pait in Ostjava, über die Löslichkeit der Stärke, das Lerp-Amylum, den Carragheen-Schleim, ferner über Chininreaktionen, den Narcotingehalt desindischen Opiums, über das Euphorbon und über das Buxin genannt werden.

Die erwähnten Arbeiten über Stärke und Schleim gehören zu einer gröfseren Reihe von Studien über die Natur der Kohlenhydrate in verschiedenen offizinellen und nicht offizinellen Drogen, namentlich einigen Manna-Arten, bei welchem‘Anlafse unter Anderm jene eigent- tümliche als Lerp-Amylum benannte Stärkemodifikation in einer australischen, von Insekten erzeugten sog. Manna aufgefunden wurde. In der ebensowohl historischen wie chemischen Studie über Buxin wurde auf Grund einläfslicher Vergleichungen die Identität dieser Pflanzenbase mit dem Bibirin dercort. Bibiru und demPelosin der Rad. Pareirae konstatiert und die weitere Uebereinstimmung mit dem Paricin gewisser Chinarinden wahrscheinlich gemacht.

Bedeutsamer jedoch, als die obigen, nur in ihrer kleinen Minderzahl angeführten Publikationen sind vielleicht diejenigen ge- schichtlichen Inhalts, wie z. B. die Beiträge zur Geschichte der bernischen Pharmacie, sowie zur Geschichte des Moschus und zur Geschichte des Kamphers. Be- weisen dieselben doch Flückiger’s relativ frühzeitige eingehendere Beschäftigung mit Geschichte der Drogen und Geschichte der Pharmacie, als mit jenem Gebiete, welches in der Folge mehr und mehr zu einem Lieblingsgegenstande seiner Forschung wurde und bei dem er auch nach Niederlegung seiner akademischen Thätigkeit noch stehen blieb, wohl nicht ohne die Hoffnung, eine letzte speziell auf Drogengeschichte bezügliche litterarische Leistung gewisser- malsen als letzte Gabe seines unermüdlichen und phänomenalen Gelehrtenfleifses bieten zu können. Die ersterwähnte Arbeit, eine sorgfältige Zusammenstellung der aus bernischen Archiven über die

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frühern Zustände des dortigen Medizinalwesens extrahierten Nach- richten ist als ein Vorläufer der später zu nennenden „Dokumente“ zu betrachten, während die beiden andern Abhandlungen, wenn auch mit noch ungenügenden litterarischen Hilfsmitteln bearbeitet, doch schon in typischer Weise seine spezifische Anlage zur Quellen- forchung verraten und jene historische Vertiefung darlegen, welche er der neuern Pharmakognosie beizugeben trachtete. Wir begegnen ihren Spuren fast auf jeder Seite seiner „Pharmakognosie“, 'ns- besondere in ihren zwei späteren Auflagen, wo er die Quintessenz ungezählter, fast alle wichtigeren Drogen betreffender historischer Untersuchungen niederlegte, um auf diese Weise zu weiterer Forschung anzuregen.

Unter den litterarischen Erzeugnissen der ersten Berner Periode finden wir endlich unter dem Titel „Pharmaceutische Reise- eindrücke“ einen gröfsern, vortreftlich redigierten Aufsatz, der für seinen Autor noch eine besonders wertvolle persönliche Er- innerung einschlofs. Er war im Spätsommer 1867 zunächst nach London, von da als schweizerischer Deputierter nach der Pariser Weltausstellung und an den dort abgehaltenen internationalen pharmaceutischen Kongrels gereist und hatte seine Eindrücke und Erfahrungen über die botanischen Sammlungen Englands, wie über die Schätze der Pariser-Ausstellung in jenem lehrreichen und an- ziehenden Rückblick wiedergegeben. Im erstgenannten Orte, in London, hatte er die seit seiner Arbeit über den Weihrauchbaum längst erwünschte persönliche Bekanntschaft seines bisherigen Correspondenten, des Apothekers Daniel Hanbury, Mitinhabers der altbekannten Firma Allen & Hanbury’s in Plough Court, Lombard street, gemacht und damit den ersten Knoten zu einer Association geschürzt, welcher später die pharmaceutischen Kreise des englischen Sprachgebietes die „Pharmacographia“ zu verdanken hatten. Dieser Besuch, den der neugewonnene Freund bald darauf in Bern erwiderte und der sich später mehrmals wieder- holte, fiel in das Jahr der Herausgabe des ‚„Lehrbuches“ und aus einem nach der Rückkehr aus London geschriebenen Briefe ergiebt sich, dafs damals Verhandlungen mit einem dortigen Verleger über eine englische Uebersetzung stattfanden, so dafs wohl ohne Zweifel bei jenem Anlasse von den beiden gelehrten Fachgenossen der

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erste Plan zur Ausarbeitung des englischen Handbuches gefafst worden ist.

Das Jahr 1870 brachte Flückiger die Ernennung zum Professor extraordinarius für Pharmacie und Pharmakognosie mit offiziellem Lehrauftrage für das letztere Fach an der philosophischen Fakultät, beides wohl eine mittelbare Folge und, nach der Meinung einzelner Freunde, etwas verspätete Anerkennung seiner litterarischen Leistungen, welehe ihn namentlich aus dem Grunde hoch erfreute, weil durch diese Beförderung die Pharmacie als Lehrfach an der Berner Hoch- sehule öffentlich anerkannt wurde. Die neue Stellung sollte er freilich nur noch während weniger Jahre bekleiden; aber die erhaltene Genugthuung mochte ihn zu Erweiterung seiner Lehrthätigkeit und zu neuen fachwissenschaftlichen Aufgaben angespornt haben, denn es sind uns gerade aus dem Zeitraume 1870 1873. zahlreiche Arbeiten erhalten.

In seinem Beitrage zur Kenntnis der Aconit- Alkaloide, dessen Inhalt ja selbstverständlich durch die neueren Arbeiten mancherlei Modifikationen erfahren mulste, bietet Flückiger ein klares, übersichtliches Referat über die Natur der damaligen Aconitin-Präparate und führt die erste genauere Vergleichung des Aconitins mit dem aus indischen Aconitumkn ollen stammenden „Pseuda- conitin“ aus, welches zu so vielfachen Widersprüchen Anlals gegeben hatte. Die Beiträge zur Prüfung der Oele enthalten vor allem Beobachtungen über die Einwirkung von Säuren und Säure- gemischen auf fette und ätherische Oele, mit welchem Gegenstande er sich wiederholt einlässlicher beschäftigte; hier finden wir auch die erste Erwähnung des verschiedenen Verhaltens der ätherischen Oele von Copaifera und Dipterocarpus zu salpetersäurehaltiger Schwefel- säure, eine Farbenreaktion, welche nur dann unsichere Resultate geben kann, wenn sie ohne Isolierung des Oeles aus den Balsamen angestellt wird. Dieselbe wurde zuerst in die Pharmacographia auf- genommen, nachdem sie auch von Hanbury!) bestätigt und acceptiert worden war. Eine Arbeit von besonderer pbarmakognosti-

1) Die noch vorhandene briefliche Notiz vom 27. Januar 1874 lautet: „I have been much pleased in repeating your remarkable test for distinguishing Copaiba from wood oil. Itis quite easy to deteet wood oil when mixed with 7, even with 9 volumes of Copaiba, and using only one drop of the acid mixture.“

Friedrich August Flückiger. 347

scher Bedeutung und von praktischem Werte für deutsch redende Kreise war die in verschiedenen Richtungen erweiterte Uebertragung von H. A. Weddell’s „Notes sur les quinguinas“, deren Publi- kation in die noch so vielfach verworrene Abstammungsfrage bei vielen Rinden Klarheit gebracht hat. Das Verdienst dieser durch Flückiger’s Bearbeitung besonders zugänglich gemachten Schrift er- hellt aus der Bemerkung im Vorworte des Uebersetzers: „Die Ueber- sicht Weddell’s ruht auf der gesamten Masse des bis jetzt angehäuften Wissens über die Cinchonen, welches uns, seinem Gehalte nach, hier zum ersten Male festgegliedert vollständig entgegentritt. Die beigegebenen Bemerkungen enthalten nicht nur die Begründung der leitenden Grundsätze, sondern auch zahlreichste Aufschlüsse der verschiedensten Art und lassen aufserdem eine Reihe noch uner- ledigter Einzelheiten hervortreten, um sie künftiger Forschung zu empfehlen.“ Anschliefsend an diese Abhandlung möge, weil gleich- falls die Cinchonologie betreffend, die Arbeit: Beiträge zur Kenntnis der sogen. falschen Chinarinden Erwäh- nung finden, in welcher er, veranlafst durch Mitteilungen von O0. Hesse über den Chiningehalt einer ungewöhnlichen Rinde, zu- erst (1871) die damals, wie auch schon früher (1857) auf dem Londoner Markte erschienene, von ihm als „China cuprea“ bezeichnete Droge näher charakterisierte.e Es ist bekannt, dals gerade diese, nicht dem Genus Cinchona angehörigse Rinde, deren Chiningehalt die lange Zeit dogmatisch festgehaltene Ansicht über die Beschränkung der eigentlichen Chinaalkaloide auf die botanisch echten, von jener Pflanzengattung gelieferten Rinden umstürzen mulste, in späteren Jahren, d. h. 1880—1885 in sehr namhaften Mengen auf Chinin ver- arbeitet worden ist. Doch selbst zu dieser Zeit war deren Provenienz noch keineswegs aufgeklärt. So schreibt im Februar 1880 der be- kannte John Eliot Howard, welchem Flückiger nächst Weddell, Markham, De Vry, vanGorkom, Moens und den schon genannten Fabrikdirektoren die zuverläfsigsten Daten über Chinarinden verdankte, nach Stralsburg: „I have been wishing to inform you, that your „china cuprea“ is assuming some commer- cial importance. A quantity was sold in the last days at 3 sh. to 3 sh. 6 p. pound, of which our firm bought some and the German houses were eager buyers. From this you will conceive, that the

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contents in Quinine are satisfactory. I understand besides, that 300 or 400 serons are coming. I hope to find some pieces with epidemis for you and in other ways to obtain some more satisfactory information about this curious bark, which Ithink you were the first to describe. I wish, we could get atits botanical origin.“

Eine interessante Studie über einen Gegenstand, der neben Flückiger besonders auch einige englische Forscher beschäftigte, ist die Abhandlung „The erystalline principlesin Aloes“, in welcher das von ihm in der südafrikanischen Natal-Alo& aufge- fundene besondere Aloin (Natal-Aloin) in seinen physikalisch-chemi- schen Merkmalen beschrieben und mit dem Aloin der übrigen Aloe- sorten von Barbadoes, Sokotra und Zanzibar verglichen wird. Es war diese Arbeit zugleich Veranlassung zur Erhebung zuverläfsiger Nachrichten über die Produktionsweise und Provenienz der ver- schiedenen süd- und ostafrikanischen Alo&arten, welche erstere später in der Pharmacographia und in der neuen Auflage der Pharmaco- gnosie ihre Verwertung fanden.

Als eine Frucht der letzten in Bern an die Hand genommenen Arbeiten müssen endlich noch mehrere Mitteilungen historischen Charakters besonders angeführt werden, weil dieselben, wenigstens teilweise, |mit den später in Strafsburg vorgenommenen geschicht- lichen Forschungen in Beziehung stehen und uns insoweit wie eine Vorahnung seiner bald bevorstehenden Thätigkeit auf dem Boden des Deutschen Reiches anmuten. Es sind diefs die Studie: - Zur Geschichte des Wortes Apotheke und die Publikation: „Die Frankfurter Liste; Beitrag zur mittelalterlichen Ge- schichte der Pharmacie, bei Gelegenheit des Erscheinens der Pharma- copoea Germanica“. In diesen letzteren, vorzugsweise der Geschichte der Drogen gewidmeten und mit Kommentar versehenen Widergabe eines interessanten pharmaceutischen Dokumentes können wir von neuem die spezifische Begabung des Autors zu geschichtlichen Unter- suchungen bestätigen, und wenn wir überdies die beiden ersten im jagendlichen Alter von 18—19 Jahren verfafsten Arbeiten!) durch-

1) I. Mitteilungen über die Geschichte Langenthals und der Um- gegend bis zur Reformation von F. A. F. stud. phil. Mitglied des histor. Vereins des Kantons Bern. Laugenthal, Juni 1847. II. Ge- schichte des Amtes Aarwangen (Umarbeitung des Aufs. I) Abhandlgn. d. histor. Ver. d. Kant. Bern 1848 (Nachrichten über die von F. im Langen- thaler Hardt untersuchten Grabhügel enthaltend).

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gehen, welche während seiner pharmaceutischen Lehre gedruckt wurden und dem Gebiete der politischen Geschichte angehören, so werden wir unwillkürlich zu der Vermutung geführt, dafs Flückiger vielleicht als Historiker vom Fach nicht weniger hervorragendes ge- leistet haben würde, zumal ihm hinsichtlich des Styles in hohem Grade die Gabe fesselnder, leicht fliefsender Diktion eigen war.

Wir stehen bei der Schilderung seines Lebensganges in der für die neuere Völkergeschichte so bedeutsamen Epoche der Jahre 1870—1872, welche auch für sein curriculum vitae einen Wendepunkt bringen und ihn aus seinem Vaterlande an eine Hochschule des neubegründeten Deutschen Reiches führen sollte. Ende April 1872 war durch kaiserliches Dekret die Universität Stralsburg im Elsafs zum andern Male gegründet worden und die Behörden des Reichslandes bemühten sich, an die neue Hochschule, welche a priori mit reichen Hilfsmitteln ausgestattet worden war, die besten damals erhältlichen Lehrkräfte zu berufen. Nachdem im Herbst 1872 durch besondern offiziellen Akt die hisherigen Lehrinstitute „Ecole de medecine“ und „Ecole superieure de pharmacie‘“ aufgelöst worden waren, in der Meinung, dafs dieselben ihre Fortsetzung in der neuen Universität, bezw. in deren medicinischer und mathemat.-naturwissen- schaftlicher Fakultät finden sollten, erfolgten im Winter 1872/73 die Berufungen für die noch vakanten Lehrstühle Für das Ordinariat der Pharmacie (Pharmakognosie und pharmaceutische Chemie), ver- bunden mit der Leitung des in den Räumen der trüheren „Ecole superieure de pharmacie“ fortzuführenden pharmaceutischen Uni- versitätsinstitutes, war sehr bald die Wahl aut den gelehrten Pharmaceuten in Bern gefallen, der sich nicht nur durch sein Lehr- buch, sondern durch zahlreiche wissenschaftliche Publikationen einen Namen erworben hatte. Seine Berufung erfolgte zu Ende des Jahres 1872, nachdem Flückiger zuvor auf einer Rückreise von London in Strafsburg mit dem ersten Rektor der neuen Hochschule, dem Botaniker Anton De Bary und andern Kollegen verhandelt hatte. Flückiger erklärte am 22. Januar 1873 die Annahme der Berufung, wurde auf Ende des Wintersemesters aus seinen Stellungen in Bern unter ehrenvoller Verdankung der langjährigen geleisteten Dienste entlassen und begann in den ersten Tagen des Monats Mai

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1873 seine neue akademische Thätigkeit, die er bekanntlich bis zum Sommer-Semester 1892 fortgesetzt hat.

Eine eingehendere Schilderung der zwanzigjährigen Periode seines Wirkens in Strafsburg, in der Flückiger seine andauerndste und reichste wissenschaftliche und litterarische Thätigkeit entfaltet hat, würde weit über den Rahmen aieser Zeitschrift hinausgehen. Dieselbe steht überdies als relativ neuerer Zeitabschnitt mehr im Gedächtnisse der Mitlebenden, und wir dürfen uns deshalb darauf beschränken, einige der wichtigsten Momente herauszuheben und über die Bedeutung des hingegangenen Meisters als pharmaceutischer Schriftsteller einige Bemerkungen beizufügen.

Das die Loslösung von dem Heimatland und von einer bereits mit Erfolg gekrönten und durch längere Gewöhnung vertraut ge- wordenen Wirksamkeit nicht ohne einen Kampf vor sich gegangen war, liegt auf der Hand; mafsgebend für seine Entschliefsung mochte wohl in erster Linie die Aussicht gewesen sein, durch Uebernahme einer ungeteilten, nicht mehr mit der verantwortungsvollen Leitung und Verwaltung einer gröfsern Spitalapotheke verbundenen aka- demischen Stellung ireiere Verfügung über seine Zeit und damit gröfsern Spielraum für die immer mehr an’s Herz gewachsene wissenschaftliche Bethätigung zu erlangen, aufserdem aber auch hinsichtlich seiner Lehrthätigkeit in einen gröfssern Wirkungskreis einzutreten. In beiden Erwartungen hatte er sich im wesentlichen nicht getäuscht. Es ist vielleicht nicht ohne Interesse, zu hören, wie er selbst, im 2. Semester der neuen Thätigkeit stehend, die Verhältnisse schildert. In einem Briefe vom Dezember 1873 schreibt er: „Das Fach ist hier nicht nur äufserlich vollberechtigt hingestellt, sondern ich finde auch dafür bei meinen Kollegen von der Physik, Botanik, Chemie volles Interesse. Und andererseits habe ich nicht nötig, in Gebiete einzugreifen, die mir nicht am Herzen liegen, so dals ich mich in meinem Elemente fühle. Der Umgang mit jenen Kollegen ist mir in der That von grofsem Werte und ein Ersatz für manche angenehme Beziehungen vergangener Zeit. So ist besonders De Bary in erster Linie mir nicht nur als Botaniker ersten Ranges willkommen, sondern auch durch sein vielseitiges, geistreiches Wesen anziehend. ...... Und so giebt es unter den Kollegen überhaupt eine gute Zahl trefflicher Männer, mit denen wir ansprechenden Um-

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gang pflegen. Das pharmaceutische Institut ist nun mit einem guten Laboratorium ausgestattet, Sammlung und Bibliothek noch der Um- ordnung und Ergänzung harrend, während das Auditorium 27 Zu- hörer aufgenommen hat. Als Facit darf ich nur aussprechen, dafs ich zufrieden bin, und in mancher Hinsicht ist es mir gerade inter- essant, die Zustände erst im Entstehen gefunden zu haben. Doch Sie wundern sich mit Recht, mich noch nicht über meine Arbeiten sprechen zu hören. Leider fange ich erst jetzt an, zu arbeiten, denn eine solche Uebersiedlung wirkt ja auf lange sehr störend. Endlich, anfangs dieses Monats, habe ich mir soweit Luft gemacht, dafs ich das Studium des Kosins in Angriff nehmen konnte, eines Körpers, der sehr bedeutend von Bedall’s Koussin abweicht und erst das Kennzeichen eines reinen Körpers an sich trägt.“

Derselbe Brief schliefst freilich mit einer pessimistischen Be- merkung, die hier noch beigefügt werden mag: „Haben Sie wohl die Prognose gelesen, welche Hlasiwetz in der Zeitschrift des österr. Apothekervereins vom 20. Dezember der Pharmacie steilt? Sie lautet nicht eben ermutigend für uns, die wir dem Berute seine wissenschaftliche Haltung nicht nur wahren, sondern sogar mehren möchten, und doch ist die Darstellung des trefflichen Chemikers teilweise nur zu sehr aus dem Leben gegriffen. Auch manche andere Erscheinungen stimmen zu diesem Bilde; wie kommt es z. B., dafs mit dem 1. Januar 1874 gleichzeitig Wittstein’s V.J. Schrift und Vorwerk's Neues Jahrbuch eingehen? Es ist mir darüber nichts näheres bekannt; es mag ein zufälliges Zusammentreffen sein, doch hat das sang- und klanglose Aufhören zweier nicht unansehn- licher Organe etwas befremdendes. Ueberflufs an Lesern und Zu- drang an Mitarbeitern können nicht tötlich gewirkt haben!“

Im Hinblick auf die schon so achtunggebietende Zahl seiner Arbeiten durfte sich Flückiger damals wohl das Zeugnis geben, dafs er an diesen Erscheinungen keine Schuld trage, wie ja denn auch in der Zukunft eine Anzahl neuerer, gediegener pharma- ceutischer Zeitschriitten den Beweis leisteten, dafs bei jenen Vor- kommnissen noch andere Faktoren, als blofse Indifferenz gegenüber der wissenschaftlichen Pharmacie mitgewirkt haben müssen.

Die Befriedigung, welcher der oben excerpierte Brief Aus- druck giebt, wurde im Laufe der Jahre auch durch die Thatsache

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noch vermehrt, dafs nicht allein eine im Vergleich mit früheren Ver- hältnissen ansehnliche, wenn auch an und für sich keineswegs über- grolse Zahl von Schülern, teils aus dem Reichslande, teils aus Alt- deutschland das pharmaceutische Institut frequentierten, sondern dafs auch aus anderen Ländern, zum Teil aus weiterer Entfernung, so aus den Vereinigten Staaten, England, Belgien, Galizien, Skandi- navien, Dänemark, Finnland und Japan absolvierte Pharmaceuten zur Ergänzung ihrer Studien, vielfach behufs Ausführung selb- ständiger pharmakognostischer oder pharmaceutisch - chemischer Ar- beiten sich nach Strafsburg begaben. Manche dahin gehörige Namen werden aus dem Verzeichnisse seiner Schriften zu er- sehen sein.

Allen diesen jüngeren oder vorgerückteren Schülern ist Flückiger während der zwei Decennien seines Wirkens in Strafsburg nicht nur Lehrer, sondern, wofern nicht ostentative Indifferenz jede An- näherung überflüssig machte, immer auch väterlicher Freund ge- wesen. Im Laufe der Jahre hat sich namentlich in Elsafs - Loth- ringen eine stattliche Gemeinde früherer Schüler herangebildet; sie würden alle bereit sein, zu bestätigen, in welch gewissenhafter Weise der in allen Fächern gleich anregende Lehrer nicht allein seine reichen Kenntnisse, sondern auch alle irgendwie zu Gebote stehenden mikroskopischen, physikalisch - chemischen und litterarischen Hilfs- mittel in weiser Beschränkung zu seinen Zwecken verwendete, ebenso sehr in seinen Vorlesungen, in denen der Verzicht auf die Ehre, durch Rhetorik als akademischer Lehrer zu glänzen, seine Mit- teilungen nicht weniger interessant machte, wie in den pharma- ceutisch-chemischen oder pharmakognostischen Uebungen im Labora- torium, wo er in sorgfältiger Auswahl der Manipulationen mit be- scheidensten Mitteln wichtige Dinge demonstrierte, um seine Schüler in diese gerade tür den Pharmaceuten unbezahlbare Kunst ein- zuführen.

Neben solcher Lehrthätigkeit ging aber die eigene Forschung und schriftstellerische Thätigkeit Hand in Hand. Wenn wir die Periode seiner Wirksamkeit in der Strafsburger Hochschule in zwei Decennien, 1873—1882 und 1883—1892 abteilen, in deren Mitte zu- gleich die Herausgabe der wesentlich erweiterten 2. Auflage seiner Pharmakognosie fällt, so treten uns unter den bemerkenswertesten

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Publikationen der ersten Jahre zunächst entgegen: die kurze Zeit nach dem Amtsantritte erschienenen Grundlagen der pharma- ceutischen Warenkunde (Berlin, J. Springer), ein mit treff- lichen Holzschnitten, einem kurzen Abrifs über Drogengeschichte und einer Uebersicht der litterarischen Hilfsmittel ausgestattetes Hilfsbuch zur Einführung in das Studium der Pharmakognosie, welches sich allgemein eingebürgert hat und daher einer besonderen Besprechung nicht bedarf; ferner die 15 Jahre später von Shi- moyama aus Tokio ergänzte Arbeit über die Bukublätter und deren anatomische Verhältnisse, welch letztere schon 2 De- cennien früher von Oudemans!) einer Untersuchung unterworfen worden waren; die Beiträge zur Kenntnis einiger Kampherarten,insbesondere des Ngai-Kamphers (anter Beteiligung von D. Hanbury), die in Gemeinschaft mit Dr. Eugen Buri vorgenommene Untersuchung über das Kosin, welche schon oben brieflich erwähnt wird, und die Ab- handlung ‚on the chemistry of Elemi“. Die zweitgenannte, wie die letzte Arbeit, bewegt sich auf dem von Flückiger mit unverkennbarer Vorliebe kultivierten Gebiete der Pflanzensekrete. Während die erstere, einer Reihe von Untersuchungen über aetherische Oele zuge- hörend, speziellere Daten über einige seltenere Stearoptene vorführt, denen sich später ähnliche experimentelle Ergebnisse über ander- weitige Kampherarten, wie Safrol, Thymol, Diosphenol, Menthol anschlossen, bringt die letztere Abhandlung eine wesentliche Be- reicherung und Klärung unserer Kenntnisse über das Elemiharz, in welchem als eigentümliche Bestandteile die inder frühern Untersuchung des „Arbol a Brea“-harzes durch den waadtländischen Apotheker S. Baup signalisierten Substanzen Amyrin und Bryoidin festgestellt und näher beschrieben werden. Durch E. Buri sind 2 Jahre später im Strafsburger Institute einzelne Elemi- Körper, so das genannte Amyrin und die Elemisäure auf ihre Zusammensetzung und ihre chemischen Beziehungen näher geprüft worden.

Noch viel näher aber, als die Beschäftigung mit den erwähnten und manchen anderen Untersuchungen, lag Flückiger nach seiner Uebersiedelung die Förderung der schon mehrere Jahre zuvor mit

1) Aanteekeningen op de Pharmacopoea Neerlandica. Rotter- dam 1854/56. p. 548.

Arch. d. Pharm. CCXXXIII Bas. 5. Heft. 23

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dem Freunde Daniel Hanbury geplanten englischen Pharma- kognosie, eines Werkes, welches, wie es sein Titel näher besagt eine Naturgeschichte der vegetabilischen, in Grofsbritannien und Britisch- Indien verwendeten arzneilichen Drogen darstellen sollte, somit der 1867 erschienenen Pharmakognosie gegenüber einen nicht unwesentlich er- weiterten Inhalt bieten mufste. Die Vorarbeiten, bei denen Flückiger in erster Linie die chemische und die morphologisch-anatomische Charakteristik, Hanbury die übrigen pharmakognostischen Merkmale und die geographisch-kommerziellen Hinweisungen, beide Autoren gemeinsamdie historischen Darlegungen übernommen hatten, waren noch in Bern begonnen worden und fanden hauptsächlich in den Jahren 1873 und 1874 ihre Erledigung, nachdem in der Zwischenzeit die beiden Freunde, vor allem der durch weitverzweigte Geschäftsverbindungen n der Weltstadt besonders begünstigte D. Hanbury, in einer Korrespondenz von staunenswertem Umfange die zur Klarstellung zahlreicher Fragen notwendigen Materialien sich gesichert hatten.

Eine wesentliche Förderung dieser gemeinsamen Arbeiten brachten aber die kürzeren oder längeren Besuche, welche Flückiger drei Mal, zuletzt 1873 bei seinem Freunde in London abstattete und welche der gemeinsamen Benutzung der Bibliotheken und Samm- lungen Londons gewidmet waren. Am besten und anschaulichsten hat dies Flückiger selbst in seinem späteren Nachrufe an den vor- zeitig geschiedenen Fachgenossen geschildert. Er sagt darin:

„Hanbury schied 1870 von dem Geschäfte in Plough Court und lebte nun fast ausschliefslich dieser gemeinschaftlichen Arbeit. Die Sammlungen und Bibliotheken von London, Kew und Paris, die Waarenlager der Londoner Docks, was die Auctionen der Drogen- makler in der City zur Anschauung gelangen liefsen, wurde von den beiden Genossen wiederholt gemeinsam ausgebeutet, besprochen und mit den beiderseitigen Erfahrungen und Eindrücken verglichen. Belangreiche Hilfsmittel sind hierbei schwerlich übersehen worden: war Hanbury schon durch längst erworbene Erfahrung in London gut orientiert, so bot er jetzt vollends allen Scharfsinn auf, um immer in jedem Punkte die zuverlässigste Belehrung in praktischer, wie in litterarischer Hinsicht herbeizuziehen, welche nur irgend in dem unerschöpflichen Reichtum der Weltstadt zu finden war. Wie weit das oft ging, zeigt der Fall von Sir Robert Talbor,

Friedrich August Flückiger. 355

dessen Testament von 1681 im „Will office‘ des Erzbischofs von Canterbury in Doctors Commons, unweit St. Pauls, nachgeschlagen werden mulste, um genauer bekannt zu werden mit diesem sonder- baren, um die Einführung der Chinarinde verdienten Manne, über den die sonst überreiche Litteratur der Chinarinden nur mangel- hafte Auskunft giebt. So wurde in London und auf dem Continent geforscht und gearbeitet und das Werk endlich 1874 abgeschlofsen.“

Die Pharmacographia erschien im Herbst des genannten Jahres im Verlage von Mac Millan & Co. in London und war, in einem weitbekannten Verlage des Centralpunktes des Welthandels herausgegeben, wohl dazu angethan, den Namen ihrer Autoren in alle Lande zu verbreiten. Dieses Werk, welches im Gegensatze zu dem deutschen „Lehrbuche‘ die Drogen an der Hand eines natür- lichen Pflanzensystems und nicht in geschlossenen Monographien, sondern in übersichtlich geordneten Abschnitten behandelte, fand im englischen Sprachgebiete und darüber hinaus!) bald allgemeine Anerkennung und erntete damit den wohlverdienten Lohn einer gewilsenhaft durchgeführten, tiefgründigen Arbeit. Von Flückiger aber durfte man in vollem Malse dasselbe sagen, was er in seinem Nekrologe von dem Freunde bemerkt hat: ‚Die Anerkennung, am welche er in keiner andern Weise als durch die Leistung der Arbeit selbst warb, blieb nicht aus, und in gleichem Malse er- weiterten sich die ihm zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Verbindungen und Hilfsmittel.“

Leider wurde für ihn die berechtigte Freude an einem glück- lich absolvierten Werke wenige Monate später durch den frühzeitigen Hinschied (24. März 1875) seines Genossen und Mitarbeiters getrübt. Er widmete demselben einen warmempfundenen, gerechten und schlichten Nachruf,?) welcher nur dem unvergelslichen Freunde galt und dem Verfasser dieses Nekrologs mafsgebend vorgeschwebt hat.

In die Epoche von 1875—1879, welch letzteres Jahr wiederum zwei grölsere litterarische Produktionen aufweist, fallen als wichtigste

!) Es ist bekannt, dals im Jahre 1878 das Werk unter dem Titel: „Histoire des drogues d’origine vegetale“ in einer französischen Bear- beitung durch Dr. J. L. de Lanessan herausgegeben und damit der neuern Auffassung der Pharmakognosie auch in Frankreich der Weg

geebnet wurde. 2) Buchner’s Rep. f. Pharm. XXIV, Heft 6 (1875) p. 363—384.

23*

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Arbeiten zunächst die pharmakognostischen Mitteilungen über Luban Matiund Olibanum, über de Gewinnung des Peru- balsam’s, über dass Drehungsvermögen der äthe- rischen Oele und vor allem die, mit einer ungewöhnlichen Fülle interessanter Daten und Betrachtungen ausgestattete Pharma- kognostische Umschauin der Pariser Ausstellung (1878) und in den Londoner Sammlungen. Von Ab- handlungen chemischen Inhaltes seien diejenigen über Carvol, Irisöl, Safrol, Thymusölund Sarsaparilla-Saponin erwähnt; wichtiger jedoch, weil von bleibenderem Werte, sind einige historische Arbeiten, welche in diese selbe Periode fallen. Vor allem nennen wir de Dokumente zur Geschichte der Pharmacie, welchen sich etwas später die Publikation des „Nördlinger Registers“, einer Ergänzung der Frank- furter Liste anschlofs. Diese ausführlichen, teilweise als Sep.- Abdruck publizierten Arbeiten waren die Frucht seiner ausgedehnten Nachforschungen über ältere Apotheken-Taxen, Apotheken-Inventare und analoge Dokumente in Städten des deutschen Reiches und ver- folgten als Hauptziel die Klarstellung der Geschichte wichtigerer pharmaceutischer Drogen; den aus jenen archivalischen Materialien excerpierten Texten sind in Form von Anmerkungen erläuternde Kommentare beigegeben, die ihrerseits wiederum auf einläfslichen Studien in der Litteratur der Drogengeschichte fufsen. Die Ergeb- nisse dieser „Ausgrabungen“ auf geschichtlichem Gebiete haben be- kanntlich später volle Verwertung in der 2. und 3. Auflage der Pharmakognosie gefunden und diesen Werken noch auf lange Zeit hinaus den Stempel origineller Quellenforschung aufgedrückt.

In etwas anderer Richtung bewegen sich die beiden biographi- schen Abhandlungen über Garcia da Orta, den portugiesischen Arzt in Goa, der uns im XVI. Jahrhundert in seinen „Colloquios“ eines der ersten Kompendien über ostindische Pflanzenprodukte, tierische und mineralische Drogen schenkte, sowie über den Bo- taniker und Arzt Otto Brunfels, dessen Schriften auch biblio- graphisches Interesse aufweisen und dessen Bedeutung für die systematische und medizinische Botanik, wie für die Pharmacie nicht zum wenigsten durch Flückiger's sorgfältige Studie der Beachtung auf Seite der Historiker etwas näher gerückt worden ist.

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Nicht unerwähnt darf bei diesem Anlasse ein litterarisches Produkt aus seiner Feder bleiben, welches mit einigen analogen späteren Arbeiten in besonderem Grade die auffallende schrift- stellerische Befähigung unseres Gelehrten darlegt, der Aufsatz Österterien in Ligurien, in welchem eine im Frühjahr 1876 an den sonnigen Gestaden der „Riviera di ponente“ in lehr- reicher Beobachtung und wohlthuender Betrachtung verlebte Ferien- zeit geschildert und namentlich der botanische Reichtum des berühmt gewordenen Gartens des nunmehrigen Commendatore Thomas Hanbury (Bruder von D. Hanbury 7) in Mortola bei Ventimiglia in ansprechendster Weise und mit zahlreichen historischen Exkursen erörtert wird. Bekanntlich hat der Besitzer des „Palazzo Orengo“ in Mortola, welcher s. Z. unter der beratenden und thatkräftigen Mithilfe seines von ihm hochverehrten Bruders Arznei- und Nutz- pflanzen aller Weltteile in seinem Parke vereinigte, vor 2 Jahren anlälslich der Kolumbusfeier die Stadt Genua mit einem sehr zweck- mälsig ausgestatteten botanischen Museum nebst zugehörigem Be- triebsfond bedacht, ein sprechender Beweis des erfreulichen Ein- flusses intensiver wissenschaftlicber Anregung! Aber auch in späteren Jahren hat Hanbury’s Freund noch Reiseberichte ähnlichen Charakters geliefert, wie z. B. unter dem Titel „Osterferien im Süden“, die Beschreibung einer lehr- und genulsreichen Reise nach Sicilien, die er im Frühling 1889 mit Familienangehörigen unternommen hatte. Auch hier erkennen wir, in fast noch höherem Grade als in seinen rein wissenschaftlichen Abhandlungen, den Meister des Styls, und wenn der bekannte Ausspruch: „Le style c’est ’homme“ mit etwelcher Beschränkung auch auf den sinnlich wirksamen Träger desselben angewendet werden darf, so möge, jetzt da wir bei Durchsicht des Nachlasses zahlreiche Briefe der beiden Freunde vor uns liegen sehen, auch der feinen und deutlichen, oft bis zu minutiöser Zierlichkeit sich verkleinernden Handschrift Flückiger's gedacht werden, welche ebenso sympathisch berührte, wie die kräftigeren, ästhetisch schönen Schriftzüge seines englichen Mit- arbeiters.

In noch höherem Malse als durch die erwähnten Arbeiten war aber in den siebziger Jahren Flückigers Interesse durch die Vor- bereitung seiner „pharmaceutischen Chemie“ in Anspruch

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genommen, zu deren Ausarbeitung ihn der Wunsch nach einer litterarischen Ergänzung seiner darauf bezüglichen Vorlesungen und zugleich die Ueberzeugung geführt hatte, dafs dem studierenden Pharmaceuten neben den zur Einführung in die allgemeine Chemie dienlichen Vorträgen über Experimentalchemie seitens eines aus dem pharmaceutischen Stande hervorgegangenen Fachmannes speziellere Darlegungen der offizinellen chemischen Rohstoffe und Präparate, namentlich ihrer Bereitungsweise und ihrer Prüfung auf Identität und Verfälschungen geboten werden sollen. Die Ueberlegungen, die erin dieser Beziehung an seine eigenen Vorträge anknüpfte, verdienen es wohl, an dieser Stelle in Form eines Briefauszuges aus dem Jahre 1874 wiedergegeben zu werden:

„Oft hätte ich Sie hergewünscht, um manche Fragen zu be- sprechen, die uns in gleichem Mafse naheliegen und verschiedener Auffassung fähig sind. Ich meine die pharmaceutische Chemie, die ich mir hier in gründlicherer Weise zurechtzulegen hatte, als ehedem in Bern. Es ist ja freilich nicht leicht, eine Disziplin lehren zu sollen, deren Abgrenzung und Inhalt nicht durch innere Gründe gegeben ist, die also fortwährend in Gefahr ist, sich in die Unend- lichkeit der chemischen Thatsachen und Spekulationen zu ver- lieren oder aber zu versinken in den stillen Ozean, das richtige mare serenitatis oberflächlicher Geschwätzigkeit. Gerade darin liegt aber ein grosser Reiz, den wahren befruchtenden Golfstrom aufzu- suchen, welcher durch diese Unendlichkeit doch zum Ziele führt. Die Beschränkung auf das richtige Mals, die sorgfältige Auswahl der Thatsachen und Anschauungen erfordern schon einige Ueber- legung, mehr noch dann die Aufgabe, solche Seiten des chemischen Wissens und Körnens den Pharmaceuten vorzuführen, welche für sie von Wichtigkeit sind, aber von der allgemeinen Chemie nicht be- rücksichtigt werden. Dergleichen giebt es ja besonders in der or- ganischen Chemie genug. Hier namentlich scheint es mir, lassen uns die modernen Ansichten einen prächtigen Spielraum; sie lietern den bewundernswerten Rahmen, der sich vor unsern Augen mehr und mehr festigt, und unsere pharmaceutische Aufgabe ist es nun, in demselben einen würdigen Inbalt anzubringen. Diese Gedanken haben mich in der That mit der Zuversicht erfüllt, auf solche Grund- sätze ein Haus zu bauen, das sich sehen lassen darf und des Be-

Friedrich August Flückiger. 359 suches wert ist..... Sicherlich kann es nur einem aus der Apo- theke hervorgegangenen Lehrer gegeben sein, den Stoff so zu be- handeln und so zu wählen, wie er mir vorschwebt, und darin liegt, wie ich meine, eine hohe Befriedigung für uns, die wir andrerseits doch wohl auch gelegentlich fühlen, wie viel kostbare Zeit am Rezeptiertische anscheinend verloren geht.“

Die pharmaceutische ÖÜhemie erschien im Jahre 1879 im Verlage von R. Gaertner in Berlin, begleitet von einem kurzen Anhang mit gedrängten biographischen Angaben über die namentlich in den historischen Bemerkungen zu den einzelnen Uhemikalien ge- nannten Chemiker und Pharmaceuten. Vor Ablauf eines Dezenniums, im Jahre 1888, wurde eine zweite, mit der bekannten Sorgfalt und Gründlichkeit des Autors erweiterte und revidierte Auflage heraus- gegeben, welcher der Verleger ein etwas grölseres Format und eine noch gewähltere typographische Ausstattung angedeihen liefs.

Die Frage aber, in wie weit der Verfasser dieser beiden Werke den von ihm gefafsten idealen Plänen damit nahe gekommen ist, kann in objektiver Weise von den zahlreichen Fachgenossen beant- wortet werden, die sich im Besitze jener Kompendien befinden und daraus weitere Anregungen geschöpft haben.

Das Dezennium der achtziger Jahre sollte sich jedoch noch in anderen Richtungen als höchst fruchtbar erweisen, nachdem im gleichen Jahre mit der pharmaceutischen Chemie auch die zweite Auflage der von Flückiger nach dem Tode Hanbury’s allein über- arbeiteten und ergänzten Pharmacographia im früheren Lon- doner Verlage erschienen war. Als Ergebnis einer seit Herausgabe des „Lehrbuches“ im Jahre 1867 während eines Zeitraumes von 15 Jahren unausgesetztfortbetriebenen Revisions- und Ergänzungsarbeit, bei der nicht allein die zahlreichen Resultate eigener experimenteller und historischer Forschung, sondern in einziger Weise auch die ganze einschlagende Litteratur beiezogen wurde, erfolgte im Jahre 1883 die Herausgabe der 2. Auflage des früheren „Lehrbuches“ unter dem einfachenTitel: Pharmakognosie desPflanzen- reiches, bereichert durch einen bibliographisch - biographischen Anhang, der eine grofse Reihe quellenmälsig eruierter Nachrichten über älteste und ältere Autoren und deren Werke enthält und des-

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halb mit Recht als eine werthvolle Beigabe dieser wie auch der neuesten Auflage (1891) geschätzt wird.!)

Wenn bei Erwähnung des Lehrbuches von 1867 angedeutet werden durfte, dafs dasselbe als wesentliche Stütze der neueren phar- makognostischen Schule gelten dürfe und die wissenschaftliche Selb- ständigkeit dieser Di:ziplin mitbegründen half, so kann dies in ebenso hohem Grade auch noch von diesem Buche gelten; doch mag es der Zukunft vorbehalten bleiben, voll und ganz zu ermessen, in welchem Grade die drei, in einer Periode von 25 Jahren von unserem Autor herausgegebenen Auflagen dieses Werkes epochemachend geworden sind!

Ein Jahr später liefs Flückiger den „Grundrifs der Pharma- kognosie erscheinen, ein kleineres, kompendiöses Buch mit dem Charakter eines Leitfadens oder Repetitoriums, recht eigentlich aus dem Bedürfnisse des akademischen Lehrers hervorgegangen, den Zuhörern zur Wiederholung und Befestigung des in den Vorlesungen gehörten die Quintessenz des Wissenswerten über jede einzelne Droge zu bieten und der Schwierigkeit in der Benützung der gröfseren Lehrbücher vorzubeugen. Wenn irgend je, so hatte der Verfasser damit einen glücklichen Griff gethan; denn dieses ‚rekti- fizierte Destillat“ aus der Hand des Meisters vom Fache sicherte letzterem die Dankbarkeit sowohl der Schüler als der Lehrer und, fügen wir es bei, auch derjenigen Examinatoren, welche auf gerechte und humane Weise in Pharmakognosie zu prüfen bestrebt sind.

Wie die Bearbeitung der Pharmakognosie von 1883 den Ge- danken der Zusammenstellung des Grundrisses nahegelegt hatte, so führte sie auch zu dem Wunsche, die inzwischen ver- griffenen Grundlagen in einer neuen Auflage durch sorgfältigere, dem Standpunkte der neuen Botanik entsprechende Behandlung der pflanzenanatomischen Abschnitte noch brauchbarer zu gestalten. Zu diesem Ende verband sich Flückiger mit dem damals als eifriger jüngerer Botaniker in Berlin lebenden Dr. Alexander Tschirch,

1) Als eine Ueberarbeitung und Erweiterung des in dieser 2. Auf- lage enthaltenen Artikels über Cort. Chinae ist die mit 8 Tafeln ver- sehene Schrift „Chinarinden“ zu betrachten, die in demselben

Jahre erschien und als treftliche Monographie die längst ersehnte Ver- einfachung und Klarheit in jenes verworrene Gebiet gebracht hat.

Friedrich August Flückiger. 361

dem späteren Verfasser der „Angewandten Pflanzenanatomie“ und des „Anatomischen Atlas“; es ist kaum notwendig, hier daran zu erinnern, dals derselbe, der ihm anvertrauten Aufgabe durchaus gewachsen, sich ihrer so entledigte, dals die 1885 erschienene, in den übrigen Teilen von Flückiger revidierte 2. Auflage als ein voll- kommen zeitgemälses Hilfsbuch bei pharmakognostischen Studien gelten durfte‘).

Von den in der ersten Hälfte des Dezenniums 1880 —1890 in Zeitschriften publizierten Abhandlungen soll hier. aufser den historischen Aufsätzen über Alexander Trallianus, über die Entstehung des Wortes „Droge“ und einigen kleineren chemischen Mitteilungen über das Cananga-Oel, das Mastix- Oel und das Senf-Oel, besonders die spezifisch pharmaceutische Arbeit über Opiumprüfung genannt werden, an welche sich einige Jahre später eine weitere Besprechung anschlofs, welche als Bericht an die Pharmacopöe - Kommission des deutschen Apotheker- Vereins abgefalst wurde (1885). Wenn auch die hier vorgeschlagene Methode der Morphinbestimmung durch Behandlung des Opiumauszuges mit Alkohol, Aether und Arcmoniak nicht Aufnahme in die neue Auflage des deutschen Arzneibuches gefunden hat, so haben doch die bezüglichen Erörterungen zu einläfslicher Diskussion und weiterer Prüfung der wichtigen Frage geführt und damit einen relativ befriedigenden Ab- schlufs ermöglicht. Wie wenig übrigens der Pharmakognost in solchen mehr chemischen Streitfragen sich für unfehlbar hielt, be- weist die in der Sammlung seiner Abhandlungen auf dem Artikel des Jahres 1879 angebrachte lakonische Notiz: „Ergänzt durch meinen späteren Aufsatz (1885) und überholt durch zahlreiche Arbeiten von anderer Seite.“

Das Jahr 1887 sollte in das im übrigen so glückliche Familien- leben Flückiger's einen tiefen Schatten werfen. Im Laufe der Jahre hatte sich der Kreis erweitert; mehrere Söhne und Töchter belebten das trauliche Heim und umgaben, neben der musikalisch hoch-

!) Zu dem durch diese gemeinschaftliche litterarische Production gegebenen Verhältnisse trat bekanntlich später die weitere Beziehung, dafs der Mitarbeiter die s.Z. von Flückiger in Bern innegehabte Pro- fessur für Pharmacie übernahm, welche inzwischen während der Haupt- periode der Thätigkeit in Stralsburg von dem ailzufrüh aus dem Leben

geschiedenen Staatsapotheker und Professor Paul Perrenoud (7 1889) bekleidet worden war.

362 Friedrich August Flückiger.

begabten Mutter das Wirken des Familienhauptes mit Verständnis verfolgend, dasselbe mit liebender Sorgfalt, während sein vielseitig gebildeter Geist es niemals an Anregungen zum Studium der Kunst- und Kulturgeschichte in Schrift und Wort fehlen lies. Nachdem schon früher ein liebenswürdiges Töchterchen in jugendlichem Alter einer unheilbaren Krankheit erlegen war, raffte der Tod im Herbst 1887 einen hoffnungsvollen und reichbegabten Sohn dahin, der nach absolviertem medizinischen Studium Anwartschaft auf eine geachtete Stellung als Arzt beanspruchen durfte. Flückiger hat sich von diesem Schieksalsschlage wohl niemals erholt; sein ganzes Leid falste er im Oktober jenes Jahres in die wenigen Worte zusammen: „Lieber armer Freund nennen Sie mich, und in der That, Liebe bedarf ich und ärmer bin ich geworden, wenigstens um eine vollberechtigte Hoffnung ärmer. Der Spätherbst the fall haust in den Blättern und von meinem Lebensbaume fällt vorzeitig die schönste Frucht.“

Aber auch andere, auf seinen Lebensberuf sich beziehende Enttäuschungen sind ihm nicht ganz erspart geblieben. Wenn er auch in seinen Anforderungen an die ihm zur Verfügung stehenden Räume und Hilfsmittel nie über das Mals der Bescheidenheit hinaus- ging und in hohem Grade die Kunst verstand, mit einfachem Hand- werkszeuge die Wissenschaft zu fördern, so lag ihm doch zu einer Zeit, wo sich um die Hochschule in stattlicher Zahl allmählich die ganze Reihe der zugehörigen neuerbauten Anstalten gruppierte, die Errichtung eines der Pharmacie würdigen, mit allen nötigen Hilfsmitteln ausgestatteten Institutes anı Herzen, umsomehr, als er sich sagen mulste, dafs schon zur Zeit der Uebernahme der Lokalitäten der Ecole de pharmacie die innere Einrichtung und Ausstattung mit Apparaten den neueren Anforderungen nicht mehr konform war und die ganze Anstalt auf längere Dauer der Dignität der Universität im ihrem neuen Bestande kaum mehr entsprechen konnte. Er sollte eine Er- füllung dieses Wunsches nicht mehr erleben. Es ist selbstverständ- lich nicht Sache des Biographen und noch weniger des Amts- nachfolgers, die Verhältnisse zu ermitteln, welche jenen stetigen Auf- schub bedingt haben; wohl aber ist es Pflicht des Sachverständigen, in diesem Nachrufe wahrheitsgemäfs anzudeuten, dafs der Strals- burger Hochschule ein unersetzlicher Verlust erwachsen ist; denn

Friedrich August Flückiger. 363

der langjährige Lehrer der Pharmacie würde bei Gewährung der nötigen Räume und Mittel in der Periode seiner besten Jahre in der Lage gewesen sein, auf Grund seiner weitverzweigten Verbindungen und seines grolsen Ansehens in den pharmaceutischen, industriellen und kommerziellen Kreisen des In- und Auslandes ein pharma- ceutisches Institut ersten Ranges zu schaffen, dessen Lehrmittel und Sammlungen mit denjenigen der entsprechenden Lehranstalten in Paris und London hätten verglichen werden dürfen.

Solcher keineswegs beabsichtigten, weil unverdienten, aber de facto bestehenden Zurücksetzung gegenüber hat Flückiger, wie in anderem Ungemach des Lebens, stets die vermehrte und vertiefte wissenschaftliche Arbeit als Genugthuung und trostreichste Stütze empfunden und jenem altklassischen Spruche gehuldigt, welcher, im Jahre 1872 auf ein Ehrengeschenk des Schweizer Apotheker-Vereins eingegraben, gewissermalsen als Lebensmotto an die Spitze dieser Gedenkschrift gesetzt worden ist.!)

So haben die Jahre 1885—1892, das letzte Stadium seines Wirkens in Strafsburg, noch eine ansehnliche Reihe bemerkenswerter Arbeiten gezeitigt. Nur einige wenige mögen hier noch Erwähnung finden. Vor allem ist neben mehreren historischen Abhandlungen über Geschichte der Pharmacie in England und Italien, neben pharmaceutisch-chemischen Arbeiten über flores Cinae und Santoninbestimmung, über Strychnos- Drogen und ihre Bestandteile, sowie über Atropin- und Cocain-Reaktionen und sonstige Eigenschaften dieser Basen, der in weiten Kreisen beachtete Aufsatz über den pharma- ceutischen Unterricht in Deutschland zu nennen, dessen auf voller Beherrschung des Stoffes beruhender Inhalt vom deutschen Apotheker -Verein in geeigneter Weise Verwertung ge- funden hat?), ohne dafs freilich bis jetzt die so berechtigten An-

1) Die erwähnten Umstände haben F. nicht verhindert, der ihm durch langjährigen Aufenthalt, insonderheit auch durch ihre reiche Bibliothek liebgewordenen Stätte seiner Wirksamkeit den fachwissen- schattlichen Teil seines Nachlasses zuzuwenden. Ueber den Verbleib desselben und die zum Andenken Flückiger's in Aussicht genommene historische Abteilung der Stralsburger Institutsbibliothek soll an dieser Stelle bei späterem Anlasse berichter werden.

2) Denkschrift des D. A.-V. „Ueber die Notwendigkeit einer Reform der pharm. Ausbildung“. (Verf. von Apoth. Th. Pusch und 1889 dem Reichskanzleramte eingereicht.)

364 Friedrich August Flückiger.

regungen jenes Berichtes Verwirklichung in legislatorischer Hinsicht gefunden hätten.

Als ein Dankestribut an den bedeutendsten Apotheker aller Jahrhunderte ist die im hundertsten Todesjahre von Carl Wilhelm Scheele (+ 1786) verfalste Denkschrift zu betrachten, welche eine trefiliche Zusammenstellung der vielen chemischen Uniter- suchungen dieses experimentellen Heroen enthält und das Verdienst beanspruchen darf, die Aufmerksamkeit pharmaceutischer Kreise, namentlich unter den jüngeren Zeitgenossen, von Neuem auf jene vorbildliche Erscheinung in unserem Berufe hingelenkt zu haben.

Unter den chemischen und pharmakognostischen Arbeiten der letzten, in Strafsburg verlebten Jahre mögen als typische Repräsen- tanten des Charakters seiner Untersuchungen nur zwei Aufsätze ge- nannt werden, nämlich derjenige über Arsennachweis und die Studie über Weilse Seifenwurzel. Ersterer enthält eine mustergültige, auf experimenteller Prüfung fulsende vergleichende Kritik wichtigerer Methoden zum Arsennachweis und hat bekannt- lich ergeben, dafs die Gutzeit’sche Reaktion die übrigen Verfahren an Schärfe zum Teil weit übertrifft und deshalb z. B. für Pharma- kopoe-Präparate nicht allgemein verwendbar ist. Die zweitgenannte, in die pharmaceutische Botanik einschlagende Arbeit entscheidet, auf Gruud frisch gesammelten Materials, welches der Autor auf der oben erwähnten Reise in Sicilien beschafft hatte, die bisher durch- aus unsichere Abstammung der Rad. Saponar. alb. s. levantic. und untersucht die historische Frage des Zusammenhanges des „Struthion“ der Alten mit der neueren südeuropäischen und kleinasiatischen Seifenwurzel. Mehr und mehr fühlte sich Flückiger in den letzten Zeiten seiner litterarischen Thätigkeit zu Unter- suchungen aus dem Gebiete der Drogengeschichte oder zu biographi- schen Studien über berühmte, in die Pharmacie eingreifende Gelehrte älterer Zeit hingezogen, wie denn eine seiner letzten Mitteilungen dieser Art sich aut Theophrastus Paracelsus bezieht, der bekanntlich in neuerer Zeit Gegenstand einläfßslicher Quellenstudien geworden ist. Nicht unerwähnt darf neben den litterarischen Leistungen Flückiger’s seine rege Beteiligung an der Redaktion des deutschen Arzneibuches gelassen werden. Wie ihm s. Z. die Ueber- nahme seiner Stellung in Strafsburg den Vorsitz in der pharmaceu-

Friedrich August Flückiger. 365

tischen Prüfungsbehörde für das Reichsland gebracht hatte, so führte ihn das Ansehen, das er als Vertreter der wissenschaftlichen Pharmacie genois, bald auch in die Pharmakopoe-Kommission des deutschen Apothekervereins und in die ständige Reichs-Kommission. Als Mitglied derselben hat er in intensiver Weise bei der Aus- arbeitung der beiden letzten Ausgaben des Arzneibuches mitgewirkt und insbesondere der Redaktion der Rohstoffe und gewisser pharma- ceutisch-chemischer Präparate sich gewidmet. Seitens seiner Kollegen aber ist ihm später bei dem Rücktritte aus seiner Stellung Aner- kennung und freundschaftliche Gesinnung in einem kunstvoll aus- gestatteten Dokumente ausgesprochen worden, welches ihm, wie er wiederholt versicherte, gröfsere Freude, als manche andere sehr wohlgemeinte Ehrungen, bereitet hat.

Seine schriftstellerische Wirksamkeit in Deutschland endigte im Jahre 1892 mit der Publikation der kleinen Schrift „Reak- tionen“, welche als eine Art Ergänzung der pharmaceutischen Chemie gelten durfte und in kompendiöser Weise, als Ergebnisse eigener Beobachtung und Kontrole, die bemerkenswertesten Reak- tionen zur Identificierung arzneilicher organischer Substanzen beschreibt.

Den weitaus wichtigsten Schlufsstein seiner Thätigkeit als pharmaceutischer Autor legte er aber im Jahre 1891 durch die Herausgabe der dritten Auflage seiner Pharmakognosie. Von diesem Werke, in welchem mehr als in allen vorhergehenden die Resul- tate eigener Beobachtung, mündlicher und brieflicher Belehrung und litterarischer Studien in kaum glaublicher Zahl gehäuft sind und welches, weil Quellenangaben enthaltend, auf lange Zeit hinaus den Wert eines Quellenwerkes behalter muls, läfst sich nur sagen: Es wird dasselberechteigentlich sein, „nonumentum aere perennius“ werden und eswürdefür sichallein genügen, um seinen Autor alseinen der mächtig- stenFördererder Pharmakognosieund damit der wissenschaftlichen Pharmacie überhaupt er- scheinen zulassen.

Doch auch bei ihm wollte es allmählich Abend werden! Nach- dem er, obwohl nicht von besonders kräftiger Konstitution, doch längere Jahre hindurch sich relativ guter Gesundheit erfreut hatte, stellte sich, wenn auch keineswegs in der geistigen Sphäre, doch im

366 Friedrich August Flückiger.

körperlichen Befinden eine gewisse Debilität ein, die ihn im Beginn des Jahres 1892 veranlafste, den Wünschen seiner Angehörigen ent- sprechend, auf seinen Rücktritt aus der akademischen Stellung Be- dacht zu nehmen und auf den Herbst desselben Jahres um die Emeritierung nachzusuchen. Ein nach langjähriger ununterbrochener Wirksamkeit an der Hochschule bereitwillig gewährter mehrmonat- licher Urlaub schaffte ihm die Möglichkeit, sich im Frühsommer 1892 nach Bern zurückzuzieben, wo er noch einen mehrjährigen Lebensabend in stiller Beschäftigung mitseinenLieblingsstudien erhoffte.

Wenige Wochen nach seinem Einzuge in Bern wurde ihm in einer festlichen Zusammenkunft in seinem Hause, am 9. Juli 1892, die freudige Ueberraschung der Ueberreichung der „Flückiger- Stiftung“ zu Teil. Uebergabe und Bedeutung der letztern sind da- mals in der pharmaceutischen Presse besprochen worden und be- dürfen deshalb keiner weiteren Krörterung.

Dafs Flückiger auch als „professor emeritus“ nicht müssig bleiben werde, war a priori zu erwarten, und in der That erschien noch in seinem Todesjahre, mit einem im Februar 1894 datierten Vorworte, die zweite Auflage seines „arundrisses“.

Mehr als 40 seit seinem Rücktritte in die Heimat verfalste Aufsätze, vornehmlich litterarische Besprechungen, zeugen aulserdem dafür, wie er sein „otium cum dignitate“ auffafste. Wir erinnern u. a. nur an den anziehend geschriebenen Text zu dem Pracht- album der Firma Schimmelu.Comp. in Leipzig, sowie an die historischen Artikel: Bernische Beiträge zur Ge- schichte der Pharmacie (in der Jubil.-Schrift d. Schweiz. Apoth.-Vereins pro 1893) und „Die historisch-pharm. Aus- stellung des Apoth. B. Reberin Genf“).

Einer öfter wiederholten Einladung seines Freundes Dr. E. R. Squibb inBrooklyn-N.-York folgend, reiste Flückiger

1) Diese-beiden Aufsätze mögen speziell genannt sein, um zu- gleich einevielleicht bestehende, nicht ganzrichtigeMeinung zu beseitigen. Flückiger hat in seinen historischen Arbeiten stets in erster Linie die Drogengeschichte, sowie die Klarstellung des Lebens und Wirkens bedeutender Persönlichkeiten ins Auge gefalst. Demgemäls hatte er zwar für spätere Jahre die eventuelle Herausgabe einer Geschichte der pharmaceutischen Drogen, niemals aber diejenige einer sogenannten pragmatischen Geschichte der Pharmacie und des Apothekenwesens geplant, vielmehr sich letzterer Aufgabe gegenüber stets ablehnend verhalten. In dem vieljährigen zwischen ihm und dem Verf. dieser

Friedrich August Flückiger. 367

im Mai 1894, von seiner Familie begleitet, nach der neuen Welt und kehrte von da, nach einem in jeder Richtung genufsreichen Aufenthalt, über den seine Briefe den interessantesten Aufschlufs geben, in den ersten Oktobertagen in sein wohnliches Heim in Bern zurück. Da trat, nachdem sich schon in Amerika Anzeichen körper- licher Störungen eingestellt hatten, eine schrittweise, aber sehr rapide Verschlimmerung eines wahrscheinlich seit einiger Zeit latenten Unterleibsleidens ein, welchem er, sorgfältigster ärztlicher Bemühungen und treuester Pflege durch die Seinigen ungeachtet, nach kaum 2 Monaten erlag; in der Nacht des 11. Dezember erlöste ibn der Tod von weiteren Leiden. Die Nachmittagsstunde des 14. Dezember, in der seine sterblichen Ueberreste, unter dem Scheidegrulse der Abendsonne und dem Geleite der Verwandten, Kollegen, Schüler und Freunde mit akademischen Ehren zur letzten Ruhestätte in heimatlicher Erde geführt wurden, war eine Trauer- stunde der wissenschaftlichen Pharmacie aller Lande!

So ist er dahingegangen, der gottbegnadete Meister, treffliche Lehrer und edle Mensch, der nicht allein den Seinigen, sondern vielen andern väterlicher Freund war, der durch wissenschaftlichen Rat und geistige Anregung wohl ebenso viel, wie im offiziellen Lehramt gewirkt, der unentwegt, von hervorragenden Geistesgaben unterstützt, mit eiserner Beharrlichkeit und rastlosem Fleilse seine Lebensaufgabe durchgeführt hat! Er wirkte, so lange es Tag war, und wenn auch, seinem bescheidenen Sinne entsprechend, sich nie- mals und nirgendwo ein Denkmal von Künstlerhand erheben sollte, so würde das klassische Distichon für ihn zutreffen:

„Saxa premunt Licinum; levat altum fama Catonem, Pompejium tituli; credimus esse deos.“

Ihm bleibt die Ehre, zu den gröfsten Förderern seines Berufes gezählt zu werden; ihm bleibt der Dank der wissenschaftlichen Pharmacie!

Er ruhe in Frieden!

Strafsburg, im März 1895. Ed. Schär.

Zeilen gepflogenen Austausch von Gedanken und Materialien zur Ge- schichte der Pharmacie und der Drogen pflegte er stets diesen Stand- punkt zu betonen und an der Vereinbarung festzuhalten, dafs in dem schon frühe besprochenen Doppelwerke ihm die Drogengeschichte, seinem Korrespondenten die ardere Seite des Gebietes zu speziellerer Bearbeitung zufallen solle. Ob die gefafsten Pläne verwirklicht werden können, wird von Zeitumständen, Leben und Gesundheit abhängen.

368

Anhang.

Friedrich August Flückiger.

I. Chronologisches Verzeichnis der Abhandlungen und Schriften von F. A. Flückiger.')

Abkürzungen.

Apotheker-Zeitung, Berlin . Archiv der Pharmacie SIETIRERE IR) LS0R, Berichte der deutschen chem. Ges., Berlin Buchner’s N. Repertorium der Pharmacie Fresenius, Ztschr. f. analyt. Chemie . Jahresbericht der Chemie . raten ee Jahresbericht der Pharmacie (ehemals Canstatt;seher Ber.) .-;. 1. =... Journal d. Pharmacie von Elsals-Lothringen Mittheilungen der naturforschenden Ges. in Bern EIERN, SS ERENEREN Mittheilungen des Schweizer. Apoth.-Vereins Pharmaceutical Journal and Transactions, London Killsutnir. 5 Pharmaceutische Zeitung, Berlin Pharmaceutische Zeitung, Handelsblatt Poggendorff’s Annalen der Physik u. Chemie Schweizer. Wochenschrift {. Pharmacie. Schweizer. Zeitschrift f. Pharmacie Vorwerk’s Neues Jahrbuch der Pharmacie Wittstein’s Vierteljahrsschrift f. prakt. Pharmacie \

1. Ueber neutrales molybdänsaures Am- moniak IE T 2. Fluorsalze des Antimons, Doktor- dissertation, Heidelberg 1852, . 3. Phosphorsaures Stickoxyd Serophularia Hoppi. . . . 5. Thimethaldin u. Thiaethaldin

m

Ap.-Ztg. AUSPh.

Ber.

Buchner, Rep. Fresenius, Z, JaBch:

J- B, Ph: J. Ph. E.-L.

Nat. G. Bern. M. Schw. A.-V.

Ph:.. J;,..& Tr, Ph. Z.

Ph. Z.2H. Pogg. Ann. Sch.’ W. Ph: Schw. Z. Ph. N. J. Pharm.

V. J. S. pr. Ph.

Pogg. Ann. 86 (1852).

Pogg. Ann. 87 245 (1852).

M. Schw. A.-V. 1854, 33—35. M. Schw. A.-V. 1854, 145-148. Nat. G. Bern, 6. Jan. 1855.

1) Behufs compendiöseren Druckes dieses Verzeichnisses sind die Originaltitel mancher Aufsätze und Abhandlungen hier nicht voll-

ständig wiedergsgeben, sondern abgekürzt worden.

Die in Cursiv

schrift gedruckten Ordnungszahlen beziehen sich nicht auf Original- arbeiten, sondern auf grölsere litterarische Besprechungen. DieOrdnungs- zahlen entsprechen der von F. selbst aufgestellten Liste, in welcher ursprünglich mehrere der grölseren Schriften nicht erwähnt waren.

(8.)

39.

Friedrich August Flückiger.

Templinöl

Kalisesquicarbonat Bittersalzefflorescenz am Mattarhosi Mangostan-Essig . Dr

Zur Prüfung fetter Oele .

Pengawar Pengawar

Djambi Djambi

Gefärbte Butter

Bemerkungen

und Versuche. über

Ozonometrie Koprolithen aus Basplland \ Antjar-Pfeilgift - . Pharmacopoea Helvetica . Milchprüfung x E Statistik des Schw. noeh ne \ Troptengewicht

Reduktion

der dal

Löslichkeit der Stärke .

Praesidialrede

bei der Jahresver-

sammlung d. schweiz. A.-V. Chinarinden (Chininreaction) Cedrela febrifuga Blume (Rinde) . Löslichkeit von Harz, Gummi und

Zucker

Salzsäurebach er Pait.

Quillaja Saponaria

Chinin-Reaktion (nur Fluorescenz) . {

Beiträga Pharm.

zur ältern Geschichte d. in Bern .

Malzextrakt (Gegen Hoff) Mehlprüfung ; Anwendung des er Vermeintliche Gypskrystalle

Einwirkung des Schwefels auf Am-

moniak Kamala

nn Ben a

Weihrauchbaum

Storax u. Mastix . r Fruktificierendes in ODE

Arch. d, Pharm. CCXXXIII. Bd. 4. Heft.

3. ZePh:

369

Nat. G. Bern, Juni 1855. Schw. Z. Ph. 1856, 6—8. Schw. Z. Ph. 1856, 117—120- Schw. Z. Ph. 1856, 155— 159. Schw. Z. Ph. 1856, 24—27. Schw. Z. Ph. 1856, 108—109. Schw. W. Ph. 1857, 43. Schw. W. Ph. 1858, 56—57

Nat. G. Bern, Febr. 1857.

Schw. Z. Ph. 1858, 189—294. Schw. Z. Pb. 1859, 31—41. Schw. Z. Ph. 1859, 80-84. Schw. Z. Ph. 1859, 103—1(:9, Ebenda, 115—122.

Schw. Z. Ph. 1860, Schw. Z. Ph. 1860, Schw. Z. Ph. 1860,

48. 37. 185.

Schw. Schw. Schw.

„PB: PH. Eh.

1860, 1861, 1861,

193. 65—66. 124,

Schw.

4: Ph,

Nat. G. Bern

1861, 233. 1862, Jan. 1862, 13—21. J. B. Chem. 1863. 611. IsBsEh21863,6%

Schw. Z. Ph. 1862, 28. Fresenius Z. I, 373.

Schw.

‚Schw. Schw.

Z. Ph. 1862.

Z. Ph. 1862, 133—135. Z. Ph. 1862, 136—137. Schw. Z. Ph. 1862, 221 —236. Schw. W. Ph. 1863, 57, 60 u. 65—69. Schw. W. Ph. 1863, 173 bis 177 u. 181—185. Schw. W. Ph. 1864, 233. Schw. W. Ph. 1864, 33. Schw. W. Ph. 1864, 128. Schw. W. Ph. 1865, 25—29. Schw. W.Ph, 1865, 129—132, 24

os 1

39b. Krystalle in. Extr. Secalis cornuti

Friedrich August Flückiger.

a J.B.. Ph.”1865, 193.395 > JS. pr. Ph. XXIV 71885)

373. Conessin (Wrightia antidiyssenterica) Bee Ph. 1865, 173—176. Berg, Chinarinden (Recension) .. . Schw. W. Ph. 1865, 76. Cornaz, Recension . . 0. ‚Schw. W. Ph. 1865, 225. . Nekrolog von W. Pfähler. 20 =. Schw:uW. Phr A865 T27 Renward Cysat, Lebensbild eines Schw. Apothekers . . . . . .„ Schw. W. Ph. 1866, 153, fSchw. W. Ph. 1866, 283. Sesamsamen . . - + - + * * \V.J.S.pr. Ph. XVI(1867)42.

Zur Anatomie der Chinarinden . . Schw. W. Ph, 1866, 361.

[Von Howard übersetzt in: Quinology of the East Indian Plantations 1869, Fol. 33 u. 34.]

Geschichte des Moschus . . . . . Schw. W.Ph. 1867, 37—40 u. 45—49.

Copaivabalsam . . . „=, "Sch;2W., Ph Töoy Er

Indisches Opium, Nereotingehält . . Sch. W. Ph. 1867, 181—182.

Spez. Gew. des Amylums. . . . . Fresenius Z. V (1866) 302.

Geschichte des Camphers . . . . Schw. W. Ph. 1867, 301.

Pharmaceutische Reiseeindrücke . . Schw. W. Ph. 1867, 325.

. LehrbuchderPharmakognosie

des Pflanzenreiches . . Berlin, R. Gaertner 1867.

24. On a new kind of Kamala . . . . Ph. J. & Tr. IX (1867) 279. 2b. Cypripedium in kaeufl. Senega . . Schw. W. Ph. (1867) No. 50,

Pag. 392—394.

Euphorbou . . Yo. 2... WJ.S. pr: PRAVIERBETEE Lerp (Stärke: Ay wa e VID pE ERS ee 161. . Copaivabalsam von Trinidad (Copai- Fin. DE. DE nz J. B. Ph. (1868) 140. Carrageen-Schleim . . . . . . . Schw. W. Ph. 1868, 87. Bosendl Hi wit... 2 JMEIDERTFE DI ERBE Opium . . - BE: nl u Ph. BTEIEEER Strychnos en „2. Nat. Ges. Bern 1869, I.

(Sitzungsberichte.) Z. Gesch. d. südamerik. Chinarinden-

geschäfts. . - . : 2.2... N. J. Ph. XXXT (1869) 15. AuETRIIS, So Pe ın +, Ar Ph II paar Notizen über Meipehtin BEE N. J. Ph. XXXI (1869) 73. Gummi und Bdellium vom Bönkpal Schw. W. Ph. 1869, 41. Zur Geschichte des Buxins.. :. .. :. N. J. Ph. XXXI (1869) 257

‚bis 276.

On african Tragacantı . .. . . . Ph. J. & Tr. X (1869) 641.

64h. Referat

65. 66.

67. 68.

69. 70.

71.

72.

73.

74. 75. 76.

77.

-78.

79.

82.

E&

Friedrich August Flückiger,

über die Bereitungsvor- schriften z. d. chem. Präparaten .

Ueber die Ratanhia aus Parä . Ueber die Pharmakopöa Helvetica .

Notiz über Ophelia Chirata . - Recension von Howard’s Quinology of the East Indian Plantations

Zur Kenntnis der Aconit-Alkaloide . Reinigung des Chloralhydrates

Ueber einige Reaktionen des Wasser- glases .

Zur Prüfung des Bittermandelöls u. Nelkenöles Be Da

Rezension von Miquels „De Cin- chonae speciebus ete. .

Beiträge zur Prüfung der Oele

Zur Kenntnis der Argemone mexicana

Uebersichtder Cinchonen. (Deutsche Bearbeitung von Wed- dell’s „Notes sur les Quinquinas).

Ueber Stärke und Cellulose .

Magnificent fluorescence of pepper- mint oil

Ueber schwefelsaures Ammoniak aus Losuchtgas . Ueber Baumwollsamen .

Praktische Betrachtungen über das Senföl . een Nigella seeds or black cummin

The erystalline principles in Aloes . Wild rue or Harmala seed .

371

Acta der „Pharmacop. Europaea“ 1869, fol. 147 bis 151.

Schw. W.Ph. 1869, 227—231,

Schw. W. Ph. 1869 No. 41 u. 42.

A. Ph. 190 (1869) 229.

V.J.S. pr. Ph. XIX (1870) 127—133.

A.Ph. CXCI (1870) 196— 215.

N. J. B. Ph. XXXIII (1870) 200— 203,

Buchner Rep. XIX (1870) 257 —267.

Schw. W. Ph, 1870. 196.

A. Ph. 193 (1870) 88—93. Sch. W. Ph. 1870 (34) 261. A. Ph. 195 (1871) 51-56.

Schaffhausen. Brodtmann- sche Buchhandlg. 1871. A. Ph. 196 (1871) 7—31, auch

Nat. G. Bern. 1871 p. 4.

Ph. J. & Tr. 1871, Febr. 682. Ph. J. & Tr. 1871, Aug. 714. Amer. Journ. Ph. 1871, 164. J. B. Ph. 1871, 395.

Nat. G. Bern. 1871, XV. N. J. Pharm. XXXV (1871) 257-— 272.

A. Ph. 196 (1871) 214—220. Ph. J. & Tr. IL. (1871) 161. J. B. Pb. 1871, 100.

Ph. J. & Tr. IL (1871) 193.

Ph. J. & Tr. I. (1871) 229 24*

883.

83b.

89.

9.

90h. 90 e. 90d.

90e,

90 f.

91. 92,

93. 94.

9. 96.

97.

97a.

98.

Friedrich August Flückiger.

Chinese peppermintoil . Fortschritte der Chinakultur

Beiträge zur Kenntnis falschen Chinarinden

(Auszug: Nat. G. Bern. 1871, p. XXVD.

Ueber das Vorkommen des catechins in Kino SEE.

Uebersicht der in der Natur vor- kommenden Alkaloide der Papa- veraceen und einiger künstlich daraus dargestellter Abkömmlinge

Ueber einige Reaktionen des Chinins und des Morphins

der sogen.

Pyro-

Notiz über die Eichenmanna von Kurdistan

Creasote and carbolie acid

Motherplant of wormseed

Rezension von „Vogl, Nahrungs- und Genussmittel aus dem Pflanzen- reiche .

Rezension von Were Eabrıka- tion der ätherischen Oele

Schweizer Medizinalwesen und die Pharmacopoea helvetica .

Erörterungen zur Pharm. helvetic (1. Kamala, Lupulin, Lycopodium)

Die Koloquinthe als Nährpflanze .

Notiz über blausaure Alkaloide

On the occurrence of manganese in plants . \

Erörterungen zur nn: helv. ca. Zimmt)

Erörterung zur Pharm: haky. (IIT. Ha kalium)

Zucker und Zuckerarten ,

Zur Geschichte des Wortes Apotheke

Die Frankfurter Liste; Beitrag zur mittelalterlichen Geschichte der Pharmacie

1 Ph. J. & Tr. I. (1871) 32

N.J. Pharm. XXXVL (1371) 193— 208.

N. J. Pharm. XXXVI. (1871) 291—302.

Ber. V. (1872) 1.

Schw. W.Ph. 1872, 93.

N. J. Pharm. 37 (1872) 136— 143.

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Friedrich August Flückiger.

Rezension von Hager's Kommentar zur Pharm. German.

Inventaire d’une pharmacie de Dijon en 1439

Zur Nachweisung des Curarins

Erörterungen zur Pharm. helvet. (IV. Kreosot und Phenol) :

Notiz über das krystallisierte Digi- talin

Ueber die Bukublätter . -

Ueber das Muskatstearopten

Grundlagenderpharmaceut. Warenkunde.

Harzgewinnung im badisch. a walde .

Bedenken German.

in Betreff der Pharm.

Zur Prüfung des Pfefferminzöles

Experiments on some varieties of Camphor . :

Uebersetzung von No. 107

Ausfuhrprodukte Smyrnas und Syriens

Beiträge zur Kenntnis des Kosins

Die Stellung der Warenkunde in der Wissenschaft

Ueber das Bergamottöl i

Der pharmaceut. Unterricht an Als Universität Stralsburg

Note onProcter's reaction ofgallie BEN

On a substance called myristiein

Pharmacographia, mit D. Han- bury. (Franz. Bearbtg. von J.L. de Lanessan) L. :; Br

On the Chemistry of Elemi .

On a new seat of send education in Germany.

Selbstbesprechung der graphia“ . :

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Friedrich August Flückiger.

Referat über Pharmaceutische Bo- tanik e

Artikel für Eehling® Nee Hand. wörterbuch der Chemie; Cail-cedra, Cajeputöl, Calabar, Castoreum, Castorin, Canadabalsam, Canella, Canthariden, Cantharidin, Carda- mome, Cassia, Cascarilla, Cassave

Recensionen für Zarncke’s Littera- risches Centralblatt: a) Hager, Commentar zur Pharm. Germ. b) Dragendorff, Wertbestimmung. c) Wiggers -Husemann, Jahres- bericht d. Pharm. f.1873. d) Fre- derking, Geschichte d. Pharm.

Nekrolog von Daniel Hanbury Recension von Markhams Lady Ana de Osorio

Examination of some specimens of Opium. :

Neue Reaktion auf Bruein !

Notiz über die Ratanhia von Cearä.

Ueber Urnenharz . 5

Review of Planchon’s ‚Trait6 ra que de la determination des dro- gues simplies“ .

Notiz über den Meisgueia- Pfeifen

Notiz über die Löslichkeit des Bitter- mandelöles in Wasser .

Harzgewinnung im Bernischen ns

Note on Hing of the Bombay Market, the so-called „Nauseous Asa- foetida*“

Dokumente zur Geschichte der Pharmacie

Zersetzung des weilsen Praecipitats durch Jod 2

Bemerkungen über Ehabarbor er Rheum offieinale.

Just’s botan. J. Ber. f. 1874.

März, April 1875.

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Friedrich August Flückiger.

Note on Luban Mati and Olibanum (with map.) .

Anzeige von „Bentley & Trimen, Medieinal Plants.“

Quiniretin

Oel von Thymus Serpyllum .

Otto Brunfels, Fragment zur Ge- schichte der Botanik u. Pharm. . Gewinnung des Perubalsams

Rezension von O.Kuntze’s „Cinchona* Pharmaceutische Chemie.

Pharmakognostische Umschau in der Pariser Ausstellung und in den Londoner Sammlungen

Copaifera Langsdorffi .

. Pharmacographia Il. Ed.

Opium- Prüfung

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Referat über pharmaceutische und technische Botanik .

Besprechung von Luerssen, Med.- PRaxni. Botanik". . . 0%

über

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Anzeige von A. Poehl’s Schrift Pilocarpus (Jaborandi)

Pharmakognostische Notizen aus

Alexander Trallianus . Are Artikel „Jaborandi* für Fehling’s N. H.W.B. der Chemie 5 The effeet of intense cold on Cherry- Laurel.

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. Deutsche

Friedrich August Flückiger.

Erläuterungen zu Meister Diether's „des artztes rat der appoteken halp“

Notes on the essential oil of Buchu leaves . ne SE RE,

Notes on the constituents of peppermintoil (mit Dr. Fr. Power)

Prüfung des Senföles .

. Notes on Chian Turpentine .

Ueber das Cananga-Oel oder Tue Jlang-Oel Inh it

Das Glait zu Aarau . ;

Haarspaltereien zur Pheiekoner Revision .

Prüfung des en leane

Cortex Chinae der Pharmacopoea Germanica

Geographische Sternanis .

Artikel Kamala, Ka, Gambir, es in Fehling’s N. H.W.B. d. Chem.

Notes on the fruit of Strychnos Ignatii (mit Dr. Arthur Meyer)

Bearbeitung des Auf- satzes 170

Zur Geschichte des ee De

Ueber das ätherische Oel der Mastiche Note on the early history of Canada balsam

Notizen über den

Referat über „Pharmaceutische und technische Botanik“ ;

Zur Kenntnis des a nen Storax .

Ueber den sneinchen Zune

Die älteste Pharmakopoe in Deutsch- land

Zur Prüfung der Resina Jalapae . . Kaliumcarbonat

I. Paraffioum liquidum der Phesn. Ger

manica

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Corresp.-Blatt f. Schweizer Aerzte 1830, 313.

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Amer. Journ. Ph. 53 (1881) 593— 594. Ph. J. a. Tr. XII (1881) 544.

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Friedrich August Flückiger.

II. Parafänpräparate der Pharm. Ger- manica

III. Unguentum Parafäni = en Fortschritte der P.-Industrie

Nochmals das Dispensatorium des Valerius Cordus .

Referat über „Pharmaceut und dei Botanik“ . .

Pharmakognosie a. Pen: reichs, I. Aufl.

Chinarinden (VUeberarbeiteter Kade zug aus No. 180b) mit 8 Tafeln .

Rezension von Christy, New. Com- merciai plants and drugs

Rezension von Karsten’s eier Flora

Bemerkungen über Er eh: Nomenklatur der Ph. Germ.

Grundri[s der Pharmakog- nosie (Italien. Bearbeitung von P. Giacosa) . Stück

Indische Pharmakognosie.

Zur Kenntnis des Kümmelöles

Besprechung von Sigismund „Die Aromata“

Prüfung des Jodoforms ; Die Industrie der ätherischen Oele in Grasse

Bemerkungen über das Phenolphtalein

Notiz über die Wurmsamenpflanze .

Rezension von Ficalho, Plantas uteis da Africa portugueza, Lisboa 1834

Referat über „Pharm. und technische Botanik“.

Stammpflanze der Kertakel ; in Near Amerika .

Grolse Kirschlorbeerbäume .

Der englische er a sein Sitz in Edinburg

Bemerkungen über die Rinden von Remijia ;

Zur Prüfung des bsendls 5

Ebenda 335.

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Ph. Z. I. Beilage zu No. 44 (31. Mai 1884) 377

Ph. Z. No. 47 (11. Juni 1884) 402.

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Friedrich August Flückiger.

Note sur la Vaseline

Handbuch der nutzbaren Rohprodukte Indiens

Bestimmung Opium

des a ERRER im

Der pharmaceutische Unterricht in Deutschland

Grundlagen der Pharma- kognosie. II. Aufl. (gemein- schäftlich mit Dr. Tschirch in Berlin). Ne EN

Uebersetzung des Aufsatzes 183 (Matiere medicale des Indes bri- tanniques)

Bemerkungen über a Bier

Vorträge an der Naturforscher-Ver- sammlung zu Stralsburg (Pharma- ceutische Sektion, 17. bis 22. Sep- tember 1885)

Referat über nasgrhe ad technische Botanik .

Mit Thymol gefälschte Mentholstifte

Rezention von H. M. Wilder’s „List of tests“

Edmund Boissier . 1

Zur Geschichte der a -

Umrifs der Geschichte der Pharmacie- schule in Stralsburg

Bestand einer Apotheke in Strafsburg im Jahre 1643. :

Zur Geschichte der Gewürznelken

Strychnin-Reaktion

ZurWertbestimmungder Ipecacuanha Ueber den Wurmsamen und die quan-

titative Bestimmung des Santonins The tests for atropine .

Manganese, occurrence in plants.

379

J. Ph. E.-L. 1885. Ph, Z. 1885, 8. April, No. 28, 266.

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Just’s Bot. J. Ber. f. 1882. Ph. A. No: ;81,.747. Ph. Z. Beilage No. 84, 807,

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J. Ph. E. L. Novbr. 1885, 312 —315.

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Ph. Z. 13. Jan. 1886, 30.

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Ph. J. & Tr. XVI (January 16, 1886) 601.

Ph. J. & Tr. XVI (Jan. 23, 1886) 621.

380

207b.

Friedrich August Flückiger.

Besprechung von: Fehling’s Neues Handwörterbuch der Chemie IV. Lieferung 51: (Oxybenzonitrile- Palladium- Wasserstoff

207 e. Hellfrisch's Vaselinpräparate

208.

216 b.

216 c.

217.

218.

218 b.

La Mortola. Der Garten des Herrn Thomas Hanbury

[Englische Uebersetzung von Mifs P. Sharpe.]

Helene

Note on Cocaine and Atropine

Notiz über das erste sauerstofffreie . feste Alkaloid und dieArariba Rinde Note on Quinine Hy.rate

Zur Erinnerung an Scheele, ein Jahr- hundert nach seinem Ableben .

. Die Scheelefeier in Köping .

Gegenwärtiger Stand der eneksch: chinesischen Opiumfrage

. Notiz zur Geschichte des Kamphers

Referat über pharmaceutische und technische Botanik .

Daspharmaceutische InstitutinZürich

Zur Geschichte der ältesten Bezieh- ungen zwischen Ostasien und dem Abenalande . a HE REEENEE

Rezension von Piugge's „Die wichtig- sten Heilmittel“ (übersetzt von Ed. Schär) m LER

Anzeige der a eapden Fennica ed IV .

Rezension von Hirsch’ ‚Uhiverad: Pharmacopöe .

Rezension von Peters: „Aus phar- maceutischer Vorzeit in Bild und Wort“ .

Reaktion der Thiosulfate.. Rezension von Godfrin & Noel

Ph. Z. 1886, 102. Ph: Z. No. 8, 30. Jan. 1886.

Stralsburg 1886. Deutsche Gartenztg.I (1886) 345, 356, 367.

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Ph. Z. 28. Juli 1886, No. 59,

443, A. Ph. 224 (1886) 625.

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(Gedruckt 1886.) Ph. Z. 30. Okt. 1886, 664.

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A. Ph. 224 (1886) 988—991. A. Ph. 224 (1886)1078— 1079

Lit. ©. Blatt, 1886, No. 51, 11. Dzbr. 1755 —1757.

Lit. C. Blatt, 1887, 5. Febr. 180—183.

No. 6,

eh. Z Febr 1

218 c.

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232..

Friedrich August Flückiger.

Rezension von Engler und Prantl: „Die natürlichen Pflanzenfamilien“ Heft1.

Bemerkungen Cocain

über das salzsaure

Rezension von F.v.Hoehnel: „Mikros- kopie der technisch verwendeten Faserstofie“ .

Referat über Pharm. u. techn. Botanik

Zur Geschichte des Tabaschir .

The distribution of Safrol

Rezension von Tschirch’s „China- rinden und Cinchona“ (Real-Ency- elop. d. Pharm.) .

Contributions to the History of Wars

Bemerkungen über das Lithiumcar- bonät . N ELIA ER

Nachweisung des Jods in Laminaria

Couat Ficalhös History of Garcia da Orta and his Time

Italienische Beiträge zur Geschichte der Pharmacie und Botanik Strychnos Ignatii (mit Ed. Schär)

Contributions to the knowledge of Catha leaves (mit J. E. Gerock)

Bemerkungen über die Verbreitung des Berketiher : |. Ein medizinischer Bundesgenosse der Pharmacie Ds re Nachweisung des Acetanilids (Anti- IR. EEE OR a 2 Bemerkungen über das Morphinacetat

381

Ph. Z. 2. April 1887.

Zeitsch. d. allg. öster. A.-V. No. 11, Wien, 10. April 1887, 173—175.

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Ph. J. & Tr. XVII (1837) 989 —9%0.

Bot. 1854,

Ph. Z. No. 45, 4. Juni 1837, 317—318.

Ph. TriVol: XVII Juni 18, 1887.

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Ph. Z. & Tr. XVIII 1887, 49—51.

A. Ph. 225 (1887) 672—689.

A. Ph. 225 (1887) 765773.

Th. J. a. Tr. XVII 1887, 221—224.

Yearbook of Ph. London 1887, 430— 441.

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242 c.

Friedrich August Flückiger.

Pharmaceutische Chemie. Zweite Auflage. (Italien. Bearbei- tung durch T. Gigli)

Besprechung von J.J. Reins’ „Japan“ (Bd. II)

Bemerkungen über Schinus molle

Uebercyanwasserstoffsaures Morphin

Englische Beiträge zur Geschichte der Pharmacie und Botanik Zur Kenntnis des Lithiumcarbonates

Referat über „pharmaceut. u. techn. Botanik für 1835“ ;

Ueber Aschenbestimmung . , :

Illieium verum, der Sternanisbaum .

Angewandte Pflanzenanatomie von Tschirch; Besprechung

Neue Beiträge zur Geschichte der Pharm. in Italien Die Insel Socotra.

Universität oder Fachschulen .

Besprechung von Bertolotti, Notizie

e documenti sulla storia della Farmacia e dell’empirismoinRoma

Notiz über die Darstellung der Vul- pinsäure und Pulvinsäure Nachweis kleinster Arsen . O’Shaughnessy . Strychnos Ignatiü .

Mengen von

Ein zweckmälsiger Nxtraktions- ADDAaral Dr.

Zur Kenntnis des Copals ,

Styrax liquidus Arsennachweis .

Berlin, Heyfelder 1888.

Litterat. Blatt zur Ztschrift für wissensch. Geogr. Bd. 6. Weimar 1887.

Ph22 No. Hl-u1885%

Ph. Z. .No. 48..16. Jam 1838. 357.

A. Ph. 226 (1888) 521—529. A. Ph. 225 (1888) 543.

Just. bot. J. Ber. Sept. 1888. Fresenius Z. 1888. 637. A. Ph. 226 (1338) 893—897.

Ph. Z. No. 87. 31. Okt. 1888, 652.

A.Ph. 226 (1888) 1017—1023. A. Ph. 226 (1888) 1024-1027

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Chem. Ztg,, Cöthen 1888, No. 90, Nov. 1494.

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Ztschr (. allg. östr. A.-V. 1889. +44,

Ph. Z. 12°9. N0:.445,)340.

Ap.-Ztg. No, 55. 8.725,

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25le.

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Friedrich August Flückiger. 383

Bestimmung des Morphingehaltes des

Opiums . .'. ,„ WanbarT VB 2PbF227:(1880) 721—732. Besprechung der Pharmacographia

india von Dymock, Hooper

& Warden I. Teil . . . . . Ph. 2. 1889. No. 72, 547. Bestimmung des Morphingehaltes des i

Opiums (Nachtrag zu No. 249) . A. Pb. 227 (1889) 769—772.

Le Progres. Genf 1889, No. 18, 325—328.

Jalape und Jalapenharz . . . . . BR T. & De WE dat 1890) 546. Osterierien im Süden . . . . . .„ 4. Ph. 227 (1013—1037) und

(1057— 1074.) Besprechung von Schroff’s histor. Studie über Paris quadrifolia . . A. Ph. 227, 1101. Besprechung von Kobert's: „Arbeiten des pharmacologischen Institutes in Dorpat“, Heft III u. historische Studien, HetI . . . .... . Chem. Ztg. Cöthen 1889, No. 102, 1689 und No, 13 (1889), 1637. Gegenwärtiger Stand unserer Kennt- nis des Ourare

.„ A. Ph 228 (1890) 73—84. Zur Kenntnis der ailasıp) Seifen-

A. Ph. 228 (1890) 193—203.

wurzel 13, 4 Besprechung der Pina

andien, UL TÄAR: ..-.\cr; Ph. Z. 1890 No. 35, 269. Aeuflserliche Betrachtungen über en

Arzneibuch . Ph. Z. 1890 No. 9% 705.

. Besprechung der Alena {rom the Records of the Government of India, Revenue & Agricultural

Departement“, by G. Watt. . . Ap.-Ztg. 1890 No. 102 u. 103. . Suberin und die Zellen des Korkes. A. Ph. 228 (1890) 691—-700. Cocainreaktion . . . Eh 18979720

Catalogne des Theses, ae En vant l’Ecole sup. de Pharm. de

Paris 1815—1889 . ... 2... 00» Ph. Z. 1891,73: Bemerkungen über Lycopersicum . Chem. Ztg., Cöthen 1891, No. 13, 206. rt Henry Grovess, -. -. -. ... .. .. -Ap.-Ztg. 11. März 1891, 142, ESTER des Aboä..! „gr; A. Ph,.229 (1891) .121.,

Pharmakognosiedes Pflan- I -.I8 zenreiches, III Aufl. . . . Berlin, H. Hayfelder 1891.

384

266. 267.

267 b. 268.

269. 270.

270b. 271.

271b.

2rle.

271d. 272,

5b. Besprechung von er

Friedrich August Flückiger.

Besprechung von G. Watt’s „Dictio- nary of the Economic Products of India“

Zur Gene Theophzasks Hohenheim (Paracelsus) .

von

I. Tho technolögical Museum of New South Wales; II. Maiden, useful plants of Australia including Tas- mania .

. Friedrich Hosche s heische enden.

Ba. 1 ER RI ae 2 „Reaktionen.“ (Englische Be- arbeitung durch J. B. Nagelvoort.) Bemerkungen über Kamala und Waras Schwarzer Phosphor Zur Geschichte Venedig

der Phaimacie in

Be di

Chimica medico - farmaceutica, Parte organica 2

j Dr. med. William ornark (Nachruf)

Asche der Kamäla (nachträgliche Be- merkung zu No. 263) .

Jalapurgin and Orizabin .

Zur Kulturgeschi.hte des a &

Gummi der Acacia Farnesiana. Benutzung von Eisendraht zum Het- ten des Papieres.

Zur Kenntnis des Chinpilins

Verbreitung der Alkaloide in den Strychnos-Arten . en oe

Besprechung der Festschrift der

Holländ. Gesellsch. für die Entw. d. Pharın.

Besprechung von C. Hartwich's „Be- deutung der Entdeckung von Amerika für die Drogenkunde“

Javanische Chinarinden } Ueber die Einführung und u breitung der Maispflanze in Europa

Ph. Z. No. 59 u. 50, 1891.

Schw. W. Ph. 1891, No. 37, 355.

Ap.-Ztg. 1891, No. 37, 259. Ph. Z. No, 6, 1892, 48,

Berlin, H. Heyfelder, 1892. A. Ph. 230 (1892) 2—9, A. Ph. 230 (1892) 159—168.

Ph. Z. 1892, No.31, 245— 247.

Ap.-Ztg. No. 38, 1892, 243 Ph. Z. 43, 1892, 336.

A. Ph. 230 (1892).

Ph.J.u. Tr. XXII, 1060, 1892.

Leipz. Ztg. 30. Juni 1892, 309—312.

Ap.-Ztg. No. 66, 1892, 415.

Chem. Ztg.No.66, 1892, 1197. Ap.-Ztg. No. 69, 436, 1892.

A. Ph. 231 (1692) 343—352 Ap.-Ztg. No. 71, 1892, 441

bis 443, und No. 72, 450 bis 451.

Schw. W. Ph. No. 40, 395, 1892. Chem. Ztg. XVI, 1892, 1470.

Chem.-Ztg. XVI, 1892, 1559.

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Arch. d. Pharm. CCXXXIII, Bds,

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Friedrich August Flückiger.

I.Pitayo-Chinarinde von Cinchonapita- yensis auf Java. II. Zersetzung der Oxalsäure-Lösung

die in Kaiserl. Verord-

nungen zur Zeit Karl's d. Grol[sen

genannt werden“.

Professor Alfonso Corradi (Nachruf)

Die Alkaloide, hauptsächlich nach der Monographie von Guareschi

. Neue Gummisorten Australiens

Neue Kino-Sorten in Australien . Wintersrinde und Cotorinde

a) Entstehung des Peer (nach Guignard) . N

b) Alkaloidgehalt des Borken, Java- nischer Chinarinden (nach P. van Leersum) :

Eigentümliches Verhalten des Chloro- forms .

. Manna von Myoporum ..

. Zur Kenntnis der venezianischen Ge-

sundheitspflege im Mittelalter. Spielmann, Jacob Reinboid .

. Dr. Joh. Eliza de Vrij, C. I. E. zum

31. Januar 1893 er;

E. Bretschneider’s „Botanicon Sini- eum“ 4

Uebersetzung des ee ‚Hiher fundamentorum Pharmacologiae* aus dem X. Jahrhundert; mediz. u. pharm. Leistungen der Univer- sität Dorpat seit 1802. N

Besprechung von G. Ch. Sawer, Odorographia I. 2

Der Jahresbericht der Ba = Deutschen Apotheker-Vereins .

Der botanische Garten in Montpellier

Dragon’s Blood

4. Heft.

385

Ap.-Ztg. No. 92, 1892, 5853.

Ap.-Ztg. No. 95, 1892, 606.

Ph. Z3N04100774,, 1892: Ap.-Zig. N.103, 1892, 651-653. N.105,1892,663-665. No. 1, 1893, 4—6. Post, Wien, 1892,

Pharm.

1237. Pharm. Post 1892, 1332. Ap.-Ztg. No. 5, 1893, 28.

Zeitsch.d. österr. A. V.No.36 (1892) 821.

Zeitsch. d. österr. A.V. No. 1 (1893) 1.

Schw. W. Ph. No. 3, 1893, 17—18.

Schw. W. Ph.No. 7, 1893, 57.

Ap.-Ztg. No. 7, 1893, 39.

Ph.Post, Wien, No.1,1893,1. Allg. deutsche Biogr. 35, 1893, 171—173.

Ap.-Ztg. No. 9, 1893, 49.

&. No. 14, 1893, 80.

. 1893, No. No. 27, No.

152, 157. 163.

E33 ,

Pharm. Post No.20(1893) 247.

Ap.-Ztg. No. 42, 1893, 247..

An.-Ztg. 1893, 296.

Ph. J. & Tr. LIII. (1893) 108 25

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298 b.

Friedrich August Flückiger.

Bernische Beiträge zur Geschichte

der Pharmacie. . (Beit:ag zur Jubil. © Restschriik SL. er Apoth. -Vereins.)

Johan Eliza de Vrij

(Gallerie hervorragender Therapentiker und Phar- makognosten von Apoth. B. Reber in Genf.)

Besprechung der Schrift von Oskar

Loew: Kin natürl. System der Giftwirkungen . !

Die neuePharmacopoe der ve ehe Staaten

Text zu dem Peschlniliem- ‚Die Ce: schäfts- und Fabrikstellen von Schimmel & Co., Leipzig-Prag und Fritzsche BrothersN.York-Garfield

Ein Blick auf das Dispensatorium des Valerius Cordus .

Zum Fischfange dienliche Pflanzen Die Schweizerische Pharmakopoe

Richard Spruca (Nachruf) Rezensionen diverser Schriften

. Palladino’s Coffearin

Bruysman’s hortus plantarum dia- phoricarum . >

Joh. Mich. Maisch (Nachruf)

Tschirch u. Oesterle’s, Anatom. Atlas d. Pharmakognosie u. nn mittelkunde . R

Mikroskopische iterschiedes zwi- schen Catechu u. Gambir (nach E. Gilson) R

Zur chemischen orenkdapir i

Zur Geschichte des Chloroforms .

Bericht und Rezensionen diverser Schriften .

Afrikanische Copaivabäume und das

Zürich, Orell Füssli 1893.

1893. Lfg. IX. No.41 195-212.

Ap.-Ztg. 1893, 408 u, 418.

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Chem. Ztg. Cöthen 1894.

Ap.-Ztg. 1893, No. 72,

Wien 1899,

Ap.-Ztg. Ap.-Ztg.

1893, No. 73. 1893, 407.

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nosie II. Aufl. . VRR Bolton’s Bibliographie der Chemie .

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‘Die historische pharm.

Friedrich August Flückiger.

I. Robert Bentley

I. E. Strohl f

Aconitum Srlgskaneih von Tone dahl. ; }

Vanille-Kultur in DR

medizin. Sammlung des Apothekers Burk- hard Reber in Genf

I. Heckel’s Monographie der Globu- larien Sagen seine, EURE,

II. Sawer, Odorographia, second series .

The National en | I. Zur Geschichte der Kola.

II. Neuere Berichte über Theekultur in China, Ceylon und Java.

Der Vater des Chinins Englische Arbeiten in Indien

Anzeige von Lay, Note on the opium question etc.

Australische Manna .

R. Kobert’s Compendium der a tischen Toxikologie.

Zur Kenntnis der Gerbstoffe; Litt. Bespr. von Braemer, Tannoide und Trimble, Tannins. (10. Mai in Bern verfalst).

Die Glasmodelle des botanischen Museums der Harvard University (19. August in Brooklyn verfalst). : ABER TEE

337

1894, 37. 1394, 40.

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Ap.-Ztg. 1894, 112. „Forschungs- Berichte“. München 1894, I. 82/83.

Ap.-Ztg. 1894. 2839, 297, 305. "315, '325.

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Pharm. Post, Wien 1894, 139.

Ap.-Ztg. 1894. 258.

„Forschungs - Berichte“. (München 1894) 169.

„Forschungs - Berichte“. (München 1894) 196.

Schw. W. Ph. 1894. 77—78.

Allg. Ztg. München 1894, Beil. 95 und 96.

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Pharm. Rundsch. N.-York XII (1894) 202.

abgedr. in J. Ph. E.L. XXI (1894) 421,

25*

388

Friedrich August Flückiger.

Il. Chronologische Zusammenstellung

der Ernennungen Flückiger’s zum Ehren-Mitgliede

1860, 1864, 1867, 1868, 1868, 1868, 1869, 1871, 1872, 1872, 1872, 1873, 1875, 1876, 1879, 1880, 1881,

1883,

1883, 1854,

1854, 1854,

1884,

1886, 1888, 1888, 1888,

1888,

1890, 1891,

verschiedener Gesellschaften ete.

22. August 3./15. November 12. März April.

6. Mai

11. September 11. Oktober 10. August Saft >

17. Oktober 27. Dezember 12. August

7. April.

15. Januar

3. Juli

5. Dezember . 2. August .

12. Juli.

10. September 15. Februar

10, März Juli

4. August.

1. März. 13. Januar . 4. Februar 11. Juni

13. Juni

6. September. 29. Mai.

Societe medicale de Neuchätel

Pharmaeeut. Gesellschaft in St. Petersburg.

Verein studierender Pharmaceuten inMünchen.

Colegio de farmaceuticos de Madrid.

Societe de pharmacie A Paris.

American Pharmaceutical Association.

Allgem. österreichischer Apothekerverein.

Massachusetts College of Pharmacy.

Pharmaceutical Society of Great Britain.

New-York College of Pharmacy.

Philadelphia College of Pharmacy.

Schweizerischer Apothekerverein.

Societe royale de pharmacie, Bruxelles.

Naturforschende Gesellschaft in Moskau.

Naturforschende Gesellschaft in Halle a, S.

Societe royale de botanique de Belgique.

Zuerkennung der „Hanbury Medal“ am intern. pharm. Kongrel[s in London.

Societe des sciences me&dicales et naturelles de Bruxelles.

Danmarks Apotheker Forening.

Apotbeker-Gesellschaft von Galizien in Lem- berg.

Deutscher Apotheker-Verein.

Akademischer pharmakognostischer Verein, Berlin.

Ernennungzum „doctor medicinae h.c.* der Universität Bern.

Stralsburger Apotheker-Verein.

Verleihung des Roten Adlerordens IV. Kl.

Finnländische medizinische Gesellschaft.

Physikalisch - medizinische Societät zu Er- langen.

Ernennung zum „doctor medicinae h. ce.“ der Universität Bologna.

Schweizerische botanische Gesellschaft,

Apothekerverein des Kantons Bern.

Friedrich August Fiückiger. 389

1892, 17. Februar

1892, 4. März. 1892, 12. März

1892, April.

1892, 10. Mai. 1892, 20. August

1892, 27. August

1892, 7. September.

Verleihung des Roten Adlerordens III. Kl. mit der Schleife.

Pharmaceutische Gesellschaft in Warschau.

Adresse der Pharmakopos-Kommission dass Deutschen Reiches.

Ernennurgzum „doctor philosophiae h. ec.“ der Universität Erlangen.

Pharmaceutische Gesellschaft zu Charkow.

Nederlandsche Maatschappy tot Bevordering der Pharmacie.

Academie royale de medecine de Bruxelles.

Oesterreichische pharmaceutische Gesellschaft in Wien.

ZNAGEIV

DER

PHARMACIE

herausgegeben

vom

Deutschen Apotheker-Verein unter Redaction von

E. Schmidt und H. Beckurts.

Band 233. Heft 6.

BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker-Vereins. 1895.

SE)

Ausgegeben den 10. September 1895.

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A. Partheil, Ueber die Bestimmung des Glycerins im Weine ete. E. Winterstein, Chemische Zusammensetzung von Pachyma Cocos und Mylitta lapidescens.

H. Beckurts, Zur Kenntnis der Angostura-Alcaloide. 'H. Beckurts und H. Seiler, Ueber Fettuntersuchungen mit dem

H

Refractometer. 423.3 . Beckurts und F. Oelze, Zur Kenntnis des Hirschtalgs. 429 P. C. Plugge, Ueber das Vorkommen von Cytisin in verschie- denen Papilionaceen. 430 P. C. Plugge, Ueber das Matrin, das Alcaloid der Sophora augusti- folia. 441 K. Th. Hallström, Anatomische Studien über den Samen der Myristi- caceen und ihre Arillen. 443

Eingegangene Beiträge.

G. Kassner, Untersuchungen über Orthoplumbate der Erdalkalien.

Dr. Mankiewicz, Ueber eine forensische Strychninuntersuchung.

H. Luz, Ueber das Ammoniacum.

K. Gorter, Ueber die van der Moor’sche Reaction und die Erznittelung des Cytisins.

-B. Grützner u. M. Höhnel, Zur Kenntnis der Metaplumbate der Erd- alkalien.

L. Moeser, Zur Kenntniss der eisensauren Salze.

A. Pinner, Ueber das Nicotin (II).

H. Dragendorff, Beiträge zur gerichtlichen Chemie.

Dr. Mjöen, Beiträge zur mikroskopischen Kenntniss des Opiums,

(Geschlossen den 30. VIII. 1895.)

Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,—.

Alle Beiträge für das „Archiv‘‘ sind an die Archiv-Redaction

Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder Herın Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig,

alle die Inserate u. s. w., überhaupt die Archiv-Verwaltung und die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den

Deutschen Apotheker-Verein

Berlin ©. 22, An der Spandauer Brücke 14

einzusenden.

Petitzeile oder deren Raum RER Beilage-Gebühr für das Tausend der A 2. Z. 3650 Mk. ıo. Für Beilagen, welche nicht dem Format des „Archiv“ ent: h bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten

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Dr. A. Partheil: Ueber Glycerin. 391

Mitteilungen aus dem pharmaceutisch-chemischen Institute der Universität Marburg.

59. Ueber die Bestimmung des Glycerins in

Wein und Bier. Von Dr. A. Partheil (Eingegangen den 1. Mai 1895.)

Die allseitig anerkannte Unzulänglichkeit der sogenannten Reichsmethode“ zur Bestimmung des Glyceringehaltes in Wein und Bier gab die Veranlassung zu einer Reihe von Untersuchungen über deren Ergebnisse im Folgenden berichtet werden soll.

Man muls bei der Glycerinbestimmung in jenen Getränken die Isolierung des Glycerins einerseits und die Gewichtsbestimmung desselben andererseits auseinanderhalten. Da man bei der Kritik der Methoden der Isolierung des Glycerins in der Lage sein muls, die Menge desselben bestimmen zu können, so mögen zunächst die für den letzteren Zweck bekannten Methoden betrachtet werden.

Die Reichsmethode schreibt, nach dem Vorgange von Reichardt,) Clausnitzer,?) Pasteur?°) und anderen vor, das Glycerin als solches zu wägen. Wie schwierig es ist, dals bei dieser Operation übereinstimmende Zahlen von Seiten verschiedener Untersucher erhalten werden, bedarf nicht erst der Begründung.

Sehr exakte Resultate liefert dagegen die Methode von Legler,* welche auf der Oxydation des Glycerins mittels Kalium- dichromat und Schwefelsäure zu Kohlensäure una Wasser, sowie Wägung der gebildeten CO, beruht. Leider ist dieselbe jedoch nur verwendbar zur Bestimmung von Reinglycerinen ; die gleichzeitige Gegenwart fremder organischer Verbindungen schliefst ihre An- wendbarkeit aus. Dasselbe gilt für die von Planchon?°) em- pfohlene Oxydation des Giycerins mittels Kaliumpermanganat in saurer Lösung und Wägung der gebildeten Kohlensäure.

1) Arch. Pharm. 10, 408, 11, 242.

2) Zeitschr. f. analyt. Cliem. 20, 58.

3) Annal. de chim. et de phys. (3), 58, 330. 4, R-p. der anal. Chem. 6, 631.

5) Compt. rend. 107, 246.

Arch. d. Pharm. CCXXXII. Bds. 6. Heft. 26

392 Dr. A. Partheil: Ueber Glycerin,

Dietz!) führt das Glycerin nach der Methode von Bau- mann?) in ein Gemisch des Di- und Tribenzoats über, welches zur Wägung gebracht wird. Das Verhältnis, in dem die beiden Glycerinester entstehen, ist indessen bei verschiedenen Konzen- trationsverhältnissen ein etwas wechselndes, sodals durch diesen Umstand die an sich bestechende Methode ihre Genauigkeit verliert. Es liegt auf der Hand, dafs die nach der Benzoylierungsmethode erhaltenen Werte dadurch nicht exakter werden können, dafs man, nach dem Vorschlage von Suhr,?) die Wägung des Estergemisches durch eine Titration ersetzt. Wenn Suhr bei der Titration besser stimmende Resultate erhielt, so :st der Grund hierfür mir nicht ersichtlich, da doch die Fehlerquelle, die wechselnde Zusammen- setzung des Estergemisches, bestehen blieb.

Die Oxydation des Glycerins mit !/;o N- Chamäleonlösung, in siedendheifser, schwefelsaurer Lösung, wie dieselbe vonOlivera und Spica*) empfohlen wurde, ist eine wenig angenehme ÖOpe- ration, bei welcher überdies die Endreaktion nicht scharf zu er- kennen ist.

Während das Glycerin in schwach alkalischer Lösung von Kaliumpermanganat in komplizierter Weise angegriffen wird, verläuft die Oxydationin stark alkalischer Lösung glatt nach der Gleichung:

C; H; O3, + 60 = (0, +H,0+[%H,0,+2H,0]

Diese, vnFox und Wanklyn?) für die Glycerinbestimmung verwertete, vnBenedikt und Zsigmondy?) fürdie Fettanalyse empfohlene Reaktion reduziert mithin die Bestimmung des Glycerins auf die der Oxalsäure. Namentlich in der von Baumert und Schaumann’) angewendeten Form liefert die Methode äulserst exakte Resultate, sodafs ich dieselbe angelegentlichst empfehlen kann und sie auch für die weiterhin zu beschreibende Bestimmungmethode des Glycerins in Wein und Bier zur Anwendung ziehe.

1) Zeitschr. f. physiol. Chem. 11, 472.

2) Ber. 19, 3221.

3) Arch. f. Hyg. 14, 305.

4) Gaz. chim. ital. 20, 777.

5) Z. f. analyt. Chem. 25, 587.

6) Chem. Zeitg. 9, 975.

?) Zeitschr. f. Naturw. 64, 270: dieses Archiv 230, 324.

Dr. A. Partheil: Ueber Glycerin. 393

Die refraktometrische Bestimmung des Glycerins, welche Skalweit!) empfahl, und für welche Lenz?) bereits früher Tabellen ausgearbeitet hatte, scheint wenig Eingang in die Praxis gefunden zu haben und setzt auch chemisch reine Glycerinlösungen voraus.

Die Isolierung des Glycerins aus den Getränken kann entweder durch Extraktion oder durch Destillation bewerkstelligt werden. Für alle Extraktionsmethoden dürfte dasselbe gelten, was kürzlich P. Kulisch?) über die Reichsmethode urteilte, welche ebenfalls das Glycerin auf dem Wege der Extraktion gewinnen lälst. „Jeder“ sagt dieser Forscher, „der dieselbe häufiger zu streng wissenschaft- lichen Untersuchungen benutzt hat, wird diese Mängel schmerzlich empfunden haben. Ich kann mich jetzt der Ueberzeugung nicht mehr verschliefsen, dafs sie hierfür fast gar keinen Wert besitzt; auch für praktische Zwecke kann ich ihr nur eine ganz unter- geordnete Bedeutung zuerkennen.“ Diesem, allerdings harten Urteil muls ich mich voll und ganz anschlielsen.

Baumert und Schaumann schlagen (l. c.) vor, das Glycerin aus dem zuvor unter Zusatz von etwas ÜÖalciumcarbonat entgeisteten Bier durch Destillation mit überhitzten Wasserdämpfen zu gewinnen. Die günstigen Resultate, welche jene Autoren hierbei erzielten, habe ich indessen niemals, selbst nicht bei der Destillation reiner, wässeriger Glycerinlösungen erhalten können, obgleich ich sowohl hinsichtlich des Apparates, als der Ausführung alle Einzelheiten auf das peinlichste berücksichtigte. Stets befanden sich, auch wenn die Menge des Destillates auf das fünffache des von Baumert und Schaumann vorgeschriebenen Volumens getrieben wurde, noch sehr beträchtliche Glycerinmengen im Destillationsgefälse. Es dürfte daher ein vollständiges Uebertreiben des Glycerins aus den Wein- extrakten mittels überhitzten Wasserdampfes kaum ausführbar sein.

Das Prinzip, das Glycerin durch Destillation im Vakuum zu isolieren, wurde zuerst vom H. v. Törring*) verwendet. Er destilliert die glycerinhaltige Flüssigkeit aus einer circa 100 ccm fassenden Tubulatretorte, welche in einem passenden kleinen Luft-

1) Rp. d. analyt. Chem. 1886, 183.

2) Zeitschr. f. analyt. Chem. 19, 302.

3) Forschungsberichte über Nahrungsmittel etc. 1894, 280. 4) Landw. Vers.-Stat. 1889, 89; Zeitschr. für angew. Chemie 1889, 362. 26*

394 Dr. A. Partheil: Ueber Glycerin.

bade aus Eisenblech ruht. Der Retortenhals steht mit Hilfe eines kleinen Liebig’schen Kühlers mit einer Saugflasche in Verbindung, welche als Vorlage dient und mit Manometer und Luftpumpe in Kommunikation steht. Der Tubus der Retorte wird mit einem weichen, durchbohrten Kork geschlossen, welcher in der Bohrung ein mit Vaselin gefettetes zugespitztes Glasstäbchen trägt. Zunächst wird bei gewöhnlichem Luftdruck das Wasser bei i50—1709 Luft- badtemperatur überdestilliert, dann möglichst evakuiert und bei 190--210° das Glycerin übergetrieben. Um im Retortenhalse hängen gebliebene Anteile des Glycerins in die Vorlage zu befördern, werden schliefslich noch bei gewöhnlichem Luftdruck einige Cubikcentimeter Wasser überdestilliert, welche man nach dem Erkalten des Apparates durch die Bohrung des Pfroptens eingeführt hat. Bei dieser letzteren Operation wird nicht gekühlt.

Zur Ausführung meiner Untersuchung hatte ich mir zunächst eine Lösung hergestellt, welche 17,5919 g reines Glycerin im Liter enthält. Der Gehalt des verwendeten Glycerins war durch Be- stimmung des spez. Gewichtes und des Brechungsexponenten fest- stellt. Das Glycerin zeigte ein spez. Gewicht = 1,2328 g bei 120

n(n) = 1,45591 g bei 12,50, Demnach besals dasselbe einen Gehalt von 86,3 Proz. Von diesem Glycerin waren 20,3846 g zum Liter gelöst worden, entsprechend 17,5919 &g C,H, (OH),.

Je 10 ccm dieser Lösung, entsprechend 0,1759 g C, H, (OH); wurden nach Baumert-Schaumann oxydiert und die gebildete Oxalsäure bestimmt. Es wurden gefunden:

T. TT. III.

0,1749 ; 0,1761; 0,1752 & C,H, (OH),. Folglich liefert die Bestimmung des Glycerins als Oxalsäure in der angewendeten Art und Weise sehr gut stimmende Werte.

Ich unterwarf nunmehr wiederum 10 ccm meiner Glycerin- lösung nach der Methode von Törring der Destillation im Vakuum in dem von jenem Forscher beschriebenen Apparate. Im Destillat wurden gefunden

0,14328 g C, H, (OH), statt 0,1759 g.

Ein zweiter Versuch lieferte 0,1317 g Glycerin. In der Re-

torte war kein Glycerin mehr nachzuweisen, es mufste also der

Dr. A. Partheil: Ueber Glycerin. 395

fehlende Teil desselben bei der Operation selbst verloren gegangen sein. Da bei Beginn des Evakuierens die auf 150—170° erhitzte Retorte mit Dämpfen von wasserhaltigem Glycerin angefüllt sein muls, so glaubte ich, dafs durch das Auspumpen selbst jener Verlust entstände, indem Anteile dieser Glycerindämpte in die Pumpe ge- sogen würden. Diese Vermutung erwies sich als richtig, denn es gelang mir, durch eine geringe Abänderung des Destillationsapparates und dadurch, dafs ich die Retorte abkühlen liefs, bevor ich die Luft- pumpe in Thätigkeit setzte und erst nach Erzielung des Vakuums wieder erhitzte, einen Verlust an Glycerin zu vermeiden. Demnach verfahre ich nunmehr folgendermalsen :

50 ccm Wein oder Bier werden nach Zusatz einer Messer- spitze voll Caleiumearbonat bis auf 10—15 ccm eingedampft, die Flüssigkeit dann durch ein kleines Filter in eine tubulierte, etwa 100 ecm fassende Retorte a filtriert und das Filtrum mit wenig Wasser nachgewaschen. Den Tubus der Retorte verschlieist man zweckmäfsig nach v. Törring’s Angabe mit einem weichen Kork, durch dessen Bohrung man einen mit etwas Vaselin bestrichenen Glasstab schiebt. Die Retorte wird hierauf mit einer Kugelvorlage d, in deren zweiter Oeffnung ein Kühler eingepalst ist, luftdicht in Verbindung gebracht. Die Retorte plaziert man in ein Luftbadt welches aus einem Eisenblech als Boden besteht; die Seitenwände werden aus mit Wasserglas zusammengeklebter Asbestpappe gebilde, und ein Stück Abestpappe dient als Deckel. Die Vorder- und Rück- wand des Luftbades versieht man zweckmälfsig mit Fenstern aus Glimmerplatten, die eine Seitenwand mit einem Ausschnitt zur Auf- nahme des Retortenhalses. Der Boden der Retorte sei etwa 2—3 cm von der Eisenplatte entfernt. In dem abnehmbaren Deckel des Luft- bades ist ein Thermometer befestigt. Man destilliert nun zunächst bei gewöhnlichem Luftdruck bis fast zur Trockne, indem man das Luftbad aut 1200 erhitzt. Steigert man die Temperatur höher, so findet leicht ein Ueberspritzen des Retorteninhaltes statt, das ver- mieden werden muß. Während der Destillation ist die Vor- lage d durch das aus dem Kühler e abfliefsende Wasser zu kühlen. Das Kühlwasser fliefst von der Oberfläche von d in einen untergesetzten Trichter und wird von diesem aus weg- geleitet.

396 Dr. A. Partheil: Ueber Glycerin.

Ist die erste Destillation bei 120° beendet, das heilst, das Wasser bis auf Spuren übergegangen, so läfst man die Retorte auf etwa 60° abkühlen, evakuiert den Apparat durch eine Wasserstrahl- luftpumpe, welche mit Manometer m und Rückschlagventil r versehen sein sollte. Ist fast bis auf die Tension des Wasserdampfes evakuiert, so erhöht man die Temperatur des Luftbades auf 180° C. und setzt hierbei, unter einem Druck von 25—-30 mm, die Destillation noch 11/, Stunden fort. Hierauf läfst man, unter Aufhebung der Druckverminderung abkühlen, bringt durch die Bohrung des Stopfens ca. 10 ccm Wasser in die Retorte und destilliert nochmals bei 120° und gewöhnlichem Luftdruck soweit als möglich ab. Das Glycerin befindet sich alsdann vollständig in der Vorlage d. Sollte das Destillat infolge Ueberspritzens gefärbt sein, was bei extraktreicheren Flüssigkeiten meist der Fall ist, so ist dasselbe in demselben Appa- rate, und zwar unter den gleichen Bedingungen, noch einmal der Destillation zu unterwerfen.

Das glycerinhaltige Destillat wird nunmehr in einen etwa 1/, Liter fassenden weithalsigen Erlenmeyer’schen Kolben gespült, Vorlage und Kühler nachgespült und die gesamte Flüssigkeit auf etwa 200 ccm verdünnt. In derselben löst man sodann etwa 8 bis 10 g festes Natronhydrat, versetzt die kalte Lösung mit Kalium- permanganatlösung von 5 Proz., bis die anfänglich grüne Färbung in ein bleibendes Blauschwarz übergegangen ist, und erwärmt sodann eine Stunde auf dem Wasserbade. Alsdann leitet man in die heifse Mischung gasförmiges Schwefligsäureanhydrid eine, bis ein völlig wasserklare Lösung erzielt ist. Zur Darstellung des Schwefeldioxyds empfiehlt sich ein mit technischer Natriumbisulfitlösung und eng- lischer Schwefelsäure beschickter Thiele scher!) Gasentwicklungs- apparat. Man fügt nun der mit SO, behandelten Flüssigkeit 20 cem Eisessig zu, erhitzt auf dem Wasserbade in einer Porzellanschale bis zur vollständigen Verjagung der schwefligen Säure und fällt schliefslich die‘ gebildete Oxalsäure mit Chlorcaleiumlösung aus der wieder auf ungefähr 200 cem verdünnten essigsauren Flüssigkeit aus. Neben dem Calciumoxalat scheiden sich reichliche Mengen Calciumsulfat aus. Den gesamten Niederschlag sammelt man nach dem Absetzen am besten auf einem Asbestfilter, wäscht aus, bis das

1) Annal. d. Chem.

Dr. A. Partheil: Ueber Glycerin. 397

ablaufende Waschwasser gegen Kaliumpermanganatlösung indifferent ist und bestimmt die vorhandene Oxalsäure mit titrierter Chamaseleon- lösung (etwa 5: 1000). Zu diesem Zwecke spült man den Trichter samt dem Asbest in einen Titrierkolben, löst das Calciumoxalat auf dem Wasserbade in verdünnter Schwefelsäure auf und titriert diese heilse Lösung mit Kaliumpermanganatlösung (etwa 5 : 1000) von be- kanntem Gehalt. Nach den beiden Gleichungen : C,H, (OH), + 60 = [C,H, 0, + 2H,0] + CO, + H2O0

92 126 460 630. 5[C, H50,+2H,0] + K,Mn,0; + 3H, SO, K,SO,-+ 2MnSO, 630 316.

+10C0,+ 18H, 0 entsprechen je 316 Teile bei letzterer Titration verbrauchten Kalium- permanganats je 460 Teilen Glycerin in den angewendeten 50 ccm Wein oder Bier. Die in obiger Weise bei der Oxydation des er- zielten Destillates gebildete Oxalsäure entstammt ausschliefslich dem vorhandenen Glycerin. Die sonstigen Bestandteile von unter Zusatz von Ca CO, entgeistetem Bier und Wein liefern, wie bereits Bau- mert und Schaumann (|. c.) nachwiesen, bei 180° keinerlei flüchtige Verbindungen, welche durch Kaliumpermanganat in stark alkalischer Lösung zu Oxalsäure oxydiert werden. Indirekt ergiebt sich letzteres auch aus folgendem Versuche: 50 ccm eines, einer hiesigen Handlung entnommenen Weifsweines lieterten, in der an- gegebenen Weise behandelt, 0,207 g Glycerin,

50 ccm desselben Weines lieferten nach Zusatz von 10 ccm Glycerinlösung (enthaltend 0,1759 g C,H, (OH);) 0,3822 g Glycerin, wogegen 0,3829 g zu erwarten waren. Andererseits beweist dieser Versuch, dafs auch der volle Gehalt des Weines an Glycerin zur Bestimmung gelangt ist.

Die Exaktheit der beschriebenen Methode ist somit erwiesen. Die Ausführung der letzteren erfordert einige Uebung. Scheinbar ist dieselbe für praktische Zwecke zu kompliziert. Aber so lange nicht eine einfachere und dabei gleich gute Methode der Glycerin- bestimmung bekannt ist, dürfte die von mir angegebene vor den sonstigen dennoch den Vorzug verdienen; im grölseren Betriebe fällt auch die scheinbar lange Zeit weg, ein Hinderungsgrund für die

398 E. Winterstein: Ueber Pachyma Cocos.

Ausführung der Glycerinbestimmung nach meiner Methode zu sein, da die einzelnen Operationen eine fortwährende Beaufsichtigung nicht verlangen und ein geübter Analytiker recht wohl mehrere Bestimmungen gleichzeitig nebeneinander ausführen kann.

Nach der gegebenen Vorschrift werden in der Abteilung des hiesigen pharmaceutisch-chemischen Instituts für Nahrungsmittel- untersuchungen die Glycerinbestimmungen nunmehr seit etwa drei Jahren ausgeführt. Von der Mitteilung der analytischen Werte, welche bei der Untersuchung von Bieren und \Veinen nach meiner Methode erhalten wurden, glaube ich Abstand nehmen zu können, da die Mehrzahl der verwendeten Proben billige Handelsmarken, bezüglich Flaschenbiere waren.

Ob bei der Bestimmung des Glycerins nach meiner Methode für die Beurteilung der Getränke ein anderes Verhältnis zwischen Alkohol und Glycerin, als das bisher übliche anzunehmen ist, läfst sich noch nicht sicher beurteilen. Im allgemeinen fallen die Werte für das Glycerin etwas niedriger aus, als nach der Reichsmethode. Es wird einer gröfseren Zahl von Untersuchungen notorisch reiner Weine der verschiedensten Herkunft, sowie regelrecht entnommener Fafsbierproben bedürfen, um über die letztberührte Frage ein end- gültiges Urteil abgeben zu köunen.

Marburg a. L., im April 1895.

Ueber die chemische Zusammensetzung von

Pachyma Cocos und Mylitia lapidescens. Von E. Winterstein. (Aus dem agrikultur-chemischen Laboratorium des Polytechnikums in Zürich.) (Eingegangen d. 11. 6. 1895.)

Pachyma Cocos ist schon der Gegenstand wiederholter Unter- suchungen seitens der Botaniker gewesen, doch herrschen noch in manchen Punkten Zweifel über die Natur dieser eigentümlichen, knollenförmigen Pilzbildung. Eine Arbeit neueren Datums verdanken wir Ed. Fischer.!) Derselbe gelangt auf Grund einer eingehen-

1) Beiträge zur Kenntnis exotischer Pilze. Hedwigia 1891. Heft 2 S. 61-79.

E. Winterstein: Ueber Pachyma Cocos. 399

den mikroskopischen Prüfung, die er mit Objekten verschiedener Herkunft angestellt hat, zur Ansicht, dass das Pachyma (Cocos eine einheitliche Pilzbildung, höchstwahrscheinlich ein Sclerotium darstelle, und dass es ein holzzerstörender Parasit sei. Die Resultate dieser Untersuchung stimmen mit der Ansicht von Fries,!) welcher sich auch Prillieux?) anschliesst, überein. Zu wesentlich anderen Ergeb- nissen gelangten Öurrey und Hanbury,?) dieselben halten die licht- brechenden Körper, welche die Hauptmasse der Innensubstanz bilden, für ein Umwandlungsprodukt der Holzelemente der Wurzeln, auf welchen der Pilz wuchert.

Soweit ich die mir zugängliche Litteratur überblicken konnte, liegen nur unvollständige chemische Untersuchungen von Pachyma Cocos vor.

Champignonf) hat wohl zuerst aus Pachyma Cocos eine in Wasser und Kupferoxydammoniak unlösliche Substanz isoliert, welche beim Behandeln mit Mineralsäuren eine die Fehling’sche Lösung reduzierende Substanz liefert; dieselbe ist mit dem Namen Pachy- mose?°) belegt worden und soll nach Pellet®) die Formel Co Hyg Os; besitzen. Eine Untersuchung über die quantitative Zu- sammensetzung von Pachyma ist von L. Keller”) ausgeführt worden. Nach S. Gore) soll Pectinsäure der Hauptbestand- teil der Pachyma Cocos sein.

Von Herrn Prof. Ed. Schär in Strassburg auf die Wünsch- barkeit einer erneuten Untersuchung dieses Gegenstandes aufmerksam gemacht, habe ich zwei Proben von Pachyma Cocos verschiedener Herkunft und zugleich auch ein ähnliches Gebilde Mylıtta lapıdescens?)

1) Vergl. die zitierte Arbeit von Ed. Fischer. 8. 64.

2 Le Pachyma Cocos en france. Bulletin de la societ& botanique de France T. 36 1889 p. 433.

3) Science papers by D. Hanbury, London 1876 p. 9.

4) Husemann. Die Pflanzenstoffe Bd. I. p. 285.

5) Ob die Bezeichnung von Champignon herrührt, habe ich aus den Litteraturangaben nicht ersehen können.

6) Husemann. Die Pflanzenstoffe Bd. I. p. 285.

?) Chemical examination of Füh. Ling. American Journal of Pharmacy 1876 p. 553-—558.

8) Annual Report of the Board of the Smithsonian Institution for the year 1881 p. 687— 701.

9) Eine kleine Probe von Pachyma Cocos, welche ich nur für die quantitative Untersuchung benutzte, wie eine solche von Mylitta

lapidescens verdanke ich der Freundlichkeit des Herrn Prof. Dr. Hartwich in Zürich.

400 E. Winterstein: Ueber Pachyma Cocos.

untersucht. Da Kohlenhydrate die Hauptmenge der genannten Untersuchungsobjekte ausmachen, konnte ich, wegen Mangel an Material, die stickstoffhaltigen Substanzen nicht in genügenden Quantitäten isolieren, um dieselben einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen.

Im folgenden teile ich nun zunächst die Resultate mit, welche bei der qualitativen Untersuchung von Pachvma Cocos erhalten wurden. Eine grössere Quantität (ca. 500 g) des Untersuchungs- materials wurde mir in Gestalt einer grossen und mehrerer kleiner Knollen von Th. Schuchardt m Görlitz geliefert, dasselbe wurde zuvörderst in folgender Weise behandelt. Die Knollen wurden von der schwarzen, runzligen, dünnen Rinde befreit, dann mittels einer Reibe zerrieben und endlich aut einer Mühle fein gemahlen. Dieses Pulver verwendete ich sowohl für die qualitative, als auch quantitative Untersuchung.

Zunächst stellte ich mir die von Champignon aufgefundene Pachymose dar und untersuchte die bei Hydrolyse derselben mit Schwefelsäure entstehenden Produkte. Ich verfuhr hierbei in folgen- der Weise. 100 g des in beschriebener Weise vorbereiteten Pulvers wurden, behufs Entfernung der Eiweilsstoffe, mit verdünntem (circa 1/, proz.) Ammoniak in der Kälte behandelt, der Rückstand nach dem Auswaschen des Ammoniaks längere Zeit mit circa 1 1 kalter 5 proz. Natronlauge digeriert, die alkalische Lösung vom Ungelösten durch Glaswolle abfiltriert und in das mit Wasser verdünnte Filtrat unter tüchtigem Umschütteln ) Kohlensäure eingeleitet; hierbei scheidet sich eine voluminöse, durchsichtige Gallerte aus; dieselbe sammelte ich auf einem Filter, wusch zuerst bis zum Verschwinden der alkalischen Reaktion mit Wasser und daun, um die Salze voll- ständig zu entfernen, mit sehr verdünnter Essigsäure aus; die vom Wasser durch Abpressen zwischen Fliesspapier möglichst befreite Masse wurde sodann unter absoluten Alkohol gebracht, schliefslich mit Aether behandelt und im Exsikkator über konzentrierter Schwetel- säure getrocknet. Aut diese Weise erhielt ich eine weilse, amorphe in Wasser, kalten verdünnten Säuren und konzentriertem Ammoniak

1) Durch das Umschütteln vermeidet man die Ausscheidung von

grossen Knollen, welche nach dem Trocknen hart werden und sehr schwer pulverisierbar sind.

E. Winterstein: Ueber Pachyma Cocos. 401

unlösliche Substanz, welche von konzentrierten Säuren und verdünnten fixen Alkalien allmählich gelöst wird. Aus der alkalischen Lösung wird die Pachymose durch verdünnte Säuren, Alkohol, Chlorcaleium, Chlorammonium und Magnesiumphosphat ausgefällt. Durch Be- handeln mit Schulze’schem oder Hoffmeister'schen Reagenz und darauffolgendem Behandeln mit verdünntem Ammoniak wird die Pachymose vollständig zerstört; von Jod oder Jod und Schwefel- säure wird sie gelb gefärbt. Ob die alkalische Lösung der Pachymose optisch aktiv ist vermochte ich nicht mit Sicherheit festzustellen, da eine 5proz. Lösung keine deutliche Ablenkung zeigt und Lösungen höherer Konzentration zu stark gefärbt sind, um sie untersuchen zu können.

Die Inversion wurde in folgender Weise ausgeführt: 20g Pachymose rührte ich mit 30 cem cirka 70 proz. Schwefelsäure zu einem Brei an; nachdem die Masse sich verflüssigt hatte, verdünnte ich mit 1!/,1 Wasser und kochte die Flüssigkeit 21/, Sunden am Rückflufskühler; die noch warme Lösung wurde hierauf mit pulveri- siertem Barythydrat nahezu neutralisiert und vom ausgeschiedenen Baryumsulfat abfiltriert. Die tarblose, schwach saure Lösung dunstete ich bei gelinder Wärme zum Syrup ein, letzteren extrahierte ich mit heifsem Alkohol; die weingeistige Lösung wurde im Ex- sikkatorr der Verdunstung überlassen. Nach mehreren Tagen hatten sich warzenförmige Krystalle ausgeschieden, welche noch einmal aus Methylalkohol umkrystallisiert wurden. Das gewonnene Produkt stimmte in seinem Verhalten und seinen Eigenschaften mit Traubenzucker (d-Glukose) überein, wie aus folgendem zu ersehen ist. Eine wässerige Lösung der Krystalle, welche in 10 cm1g Trockensubstanz enthielt, drehte nach 24 stündigem Stehen im 200 mm Rohr im Solsil-Ventzke’schen Apparat + 30,50; daraus berechnet sich (a)p = + 52,76%?) 5g der erhaltenen Krystalle wurden mit Salpetersäure vom spez. Gewicht 1,15 nach den Vor- schriften von Gans und Tollens°) oxydiert, das Reaktions-

!) Das Drehungsvermögen war nach dem Auflösen höher, es war also Birotation vorhanden.

2) Nach Tollens (Handbuch der Kohlenhydrate S. 45) beträgt das spezif. Drehungsvermögen reinen Traubenzuckers in 1U proz. Lösung für («)p = + 52,749.

3) Ann. d. Chem. u. Pharm. 249, S. 218.

402 E. Winterstein: Ueber Pachyma Cocos.

gemisch mit Kaliumearbonat neutralisiert und das erhaltene Kalium- salz in das Silbersalz übergeführt. Die Silberbestimmung im letzteren gab folgendes Resultat: 0,1794 g Substanz gaben 0,0918 g Silber. Daraus berechnet sich ein Gehalt von 51,15 Proz. Ag. Diese Zahl stimmt gut auf zuckersaures Silber; dasselbe enthält 50,94 Proz. Ag. Die Glukose liefert also bei der Oxydation Zuckersäure.

Ich prüfte nun ferner noch das Verhalten des umkrystallisierten Produktes gegen Hefe, und zwar nach der von Stone und Tollens1!) gegebenen Vorschrift. 0,1 g gaben 18,5 ccm Gas, während aus der gleichen Menge Traubenzucker unter gleichen Ver- suchsbedingungen 21 ccm erhalten wurden. Schliefslich wurde noch das Osazon durch Erhitzen der wässrigen Glukoselösung mit der an- gemessenen Menge essigsauren Phenylhydrazins dargestellt; das aus- geschiedene gelbe Produkt, nach dem Abfiltrieren, aus kochendem S0 proz. Weingeist umkrystallisiert. Dasselbe schmolz bei raschem Erhitzen bei 201°.

Die im Vorigen mitgeteilten Versuchsergebnisse machen es zweifellos, dafs bei der Hydrolyse der Pachymose Trauben- zucker (d-Glukose) entstanden war. Die Prüfung auf andere Glukosen gab ein negatives Resultat.

Nach diesem Befund schien es noch von Interesse, festzustellen, wie viel Glukose die Pachymose bei der Inversion liefert.

Zu diesem Zweck wurden 2 g aschenfreier Trockensubstanz mit 6 cem konzentr. Schwefelsäure gelöst; die Lösung auf 200 ccm auf- gefüllt und 100 cem dieser Flüssigkeit 6 Stunden lang am Rückflufs- kühler gekocht und nach dem Neutralisieren mit Natronlauge die Glukose nach Allihn bestimmt. Ich erhielt hierbei folgende Resultate: I. 20 cem gaben 0,3660 g Cu = 0,1934 g Dextrose. II. Die gleiche Menge Flüssigkeit gab 0,3680 g Cu = 0,1946 g Dextrose. Also gaben 100 Teile Pachymose nach sechsstündigem Kochen 97,00 Teile Glukose.2)

Zur Ermittelung der Elementarzusammensetzung der Pachymose, verbrannte ich die bei 101—102° im Soxhlet’schen Trocken-

schrank getrocknete Substanz im beiderseitig offenen Rohr mit

1) Ann. d. Chem. u. Pharm. 249, S. 259.

2) Nach den von mir ausgeführten Untersuchungen giebt die Baumwollen-Cellulose bei der Inversion 102,67 Proz. Glukose, andere in dieser Riehtung untersuchten Kohlenhydrate gaben weniger Glukose. Landwirtschaftliche Versuchsstation Bd. 41, p. 375—334.

E. Winterstein: Ueber Pachyma Cocos. 403

Kupferoxyd im Luft-, beziehungsweise Sauerstoffstrom. Ich erhielt

folgende Resultate:

1. 0,1300 g Substanz gaben 0,1960 g CO, und 0,0842 g H30. 2. 0,2256 g Substanz gaben 0,3395 g CO, und 0,1420 g H,O. Aus diesen Daten berechnet sich folgender C- und H-Gehalt:

Il; 2 Mittel C 411 41.04 41,07 15 ae) 6,99 7,09

Aus den im vorigen mitgeteilten Versuchsergebnissen ist er- sichtlich, dafs die Pachymose ein Anhydrid des Traubenzuckers ist; sie hat zweifellos Aehnlichkeit mit dem von mir früher beschriebenen Paradextran und Paraisodextran;t) von der gewöhnlichen Cellulose unterscheidet sie sich dadurch, dafs sie in verdünnten Laugen löslich ist und von Jod und Schwefelsäure gelb gefärbt wird.

Aufser dem durch Lauge in Lösung zu bringenden Kohlen- hydrat, der Pachymose, findet sich in Pachyma Cocos ein anderes, in Wasser lösliches Kohlenhydrat vor, welches sich bei näherer Untersuchung als Traubenzucker erwies. Die Isolierung und Iden- tifizierung desselben geschah in folgender Weise. 300 g entfettetes Pulver von Pachyma wurden in einer geräumigen Schale mit Wasser angerührt und, um die Masse vollständig zu durchfeuchten, auf freier Flamme stark gekocht; die Lösung wurde vom Rückstand abfiltriert und das Filtrat vorsichtig zu Syrup eingedunstet; nach einiger Zeit schieden sich Krystalle aus, welche aus Methylalkohol umkrystallisiert wurden. Dieselben besalsen folgende Eigenschaften. Eine wässrige Lösung derselben, welche in 10 ccm 0,9280 g enthielt, drehte nach 24stündigem Stehen im 200 mm Rohr + 27958. V. Daraus be- rechnet sich («a)p = + 50,30?) Bei der Gährung gab 0,1 g der Substanz 18 ccm Gas, reiner Traubenzucker lieferte unter gleichen Versuchsbedingungen 21 cbm. Das in bekannter Weise durch Er- hitzen mit essigsaurem Phenylhydrazin dargestellte Osazon schmolz bei 204%. Diese Resultate machen es zweifellos, dafs der durch Wasser in Lösung gegangene Zucker Dextrose (d-Glukose) war.

1, Ber. d. Chem. Gesellsch. Bd. 26, S. 3098. Bd. 28, S. 774,

2) Das spezifische Drehungsvermögen reiner Dextrosa beträgt für (a)p + 52,74%. Doch erhält man ganz. reine Dextrose erst nach wiederholtem Umkrystallisieren aus Methylalkohol. Wegen der ge- ringen Ausbeute an Substanz habe ich aber von einer wiederholten Krystallisation absehen müssen.

404 E. Winterstein: Ueber Pachyma Cocos.

Nach J. L. Keller!) enthält Pachyma Cocos nahezu 3 Proz. Gummi.

Als ich einen wässrigen Auszug von Pachyma auf ein kleines Volumen eindunstete, schied sich eine weilse, amorphe, klebrige Masse aus; eine nähere Untersuchung dieser Substanz habe ich wegen der geringen Quantitäten derselben nicht ausgeführt.

Das Vorhandensein stickstoffhaltiger Stoffe habe ich durch Verbrennen einer grölseren Quantität des Pulvers mit Schwefelsäure und Abdestillieren des gebildeten Ammoniaks mit Lauge nachweisen können; das Destillat gab mit Nessler’schem Reagens eine rot- braune Lösung, die Quantität des vorhandenen Stickstoffs war dem- nach eine geringe.) Ein wässriger Auszug, welchen ich aus circa 10 g Material dargestellt hatte, war völlig stickstofffrei. Es dürfte also der Stickstoffgehalt auf die Anwesenheit von Proteinstoffen und einer dem Ühitin verwandten oder demselben nahestehenden Stoff zurückgeführt werden.?) Das letzteres in der That der Fall ist, be- weist folgender von mir ausgeführter Versuch. 20 g Pachyma wurden mit 80 g Natronhydrat eine Stunde auf 180° erhitzt, das Reaktions- produkt nach dem Erkalten mit Wasser verdünnt, der Rückstand gut ausgewaschen und dann mit Aether und Alkohol behandelt; derselbe war stickstoffhaltig, er löste sich zum Teil in verdünnter Salzsäure, diese Lösung gab auf Zusatz von konzentrierter Salz- säure eine schwache Trübung.

1) loc. cit.

2) Vergl. die Resultate der quant. Untersuchung.

®2) Nach meinen Untersuchungen sind die aus verschiedenen Pilzen nach verschiedenen Methoden dargestellten Pilzcellulosepräparate stickstoffhaltig. (Der Stickstoffgehalt schwankte von 0,5— 3,89 Proz. Da der Gehalt an Stickstoff nicht auf die Anwesenheit von Protein- stoffen, Plastin oder Nuclein zurückzuführen ist und die Pilzcellulose- präparate bei der Spaltung mit Salzsäure die gleichen Spaltungsprodukte wie das Chitin nämlich salzsaures Glukosamin und Essig- säure liefern, so scheint die Schlulsfolgerung berechtigt, dals die Membranen der Pilze einen mit dem Chitin entweder identischen oder demselben sehr nahestehenden Körper einschlielsen. Vergl. Ber. d. deutsch. chem. Gesellsch. Bd. 27, S. 3113 ebenda Bd. 28, S. 168; Bericht d. deutsch. botanischen Gesellsch. Bd. XI, S. 441; ebenda Bd. XIII S. 65.

E. Winterstein: Ueber Pachyma Cocos. 405

Extrahiert man Pachyma mit wasserfreiem Aether, so hinter- bleibt nach Verdunsten des Aethers eine geringe Menge einer weilsen, nahezu geruchlosen Substanz; die Chloroformlösung der- selben giebt mit Essigsäureanhydrid und Schwefelsäure eine schwache Grünfärbung; es scheint also, dafs der ätherische Auszug geringe Quantitäten von Cholesterin einschlols. Eine weitere Prüfung konnte wegen der geringen Ausbeute nicht vorgenommen werden.

Nach den Ergebnissen der oben angeführten Versuche enthält Pachyma Cocos folgende Bestandteile:

Pachymose, Traubenzucker, Gummi, Pilzcellulose, Proteinstoffe, Fett, Cholesterin.

Der Aschengehalt des von mir untersuchten Materials ist aulserordentlich gering.!) Mit Hilfe der mikrochemischen Reaktionen konnte ich in der Asche die Anwesenheit von Kalium, Natrium, Calcium, Magnesium nachweisen; Phosphorsäure, Schwefelsäure und Salzsäure liefsen sich makrochemisch in der Asche nachweisen.

Im Nachfolgenden beschreibe ich nun die bei der quantitativen Analyse von Pachyma Cocos und Mylıtta lapidescens angewendeten Methoden, und lasse dann am Ende die Resultate dieser Analyse folgen.

Die Trockensubstanz und Asche wurde in bekannter Weise durch Trocknen einer abgewogenen Menge Substanz bei 102° im Soxhlet’schen Apparat bestimmt und der Rückstand verascht. Den Aetherextrakt bestimmte ich durch Extraktion einer grölseren Quantität des Pulvers mit wasserfreiem Aether im Soxhlet'’schen Apparat, Eindunsten der ätherischen Lösung und Wägen des einige Zeit bei 100° getrockneten Rückstandes.

Um die Menge der Proteinstoffe und die Quantität der in den Membranen enthaltenen chitinähnlichen Substanz zu ermitteln, be- stimmte ich zunächst den Gesamtstickstoff nach Kjeldahl. Den Gehalt an chitinähnlicher Substanz ermittelte ich annähernd in folgender Weise: eine abgewogene Menge Substanz digerierte ich mit verdünnter (ca. 21/, Proz.) Natronlauge bei ca. 40° einige Zeit auf dem Wasserbade, entfernte die Lösung durch Dekantation vom Rückstand, wusch denselben auf dem Filter vollständig aus und bestimmte den Stickstoffgehalt dieses Rückstandes nach Kjeldahl.

1) Vergl. die Resultate der quantitativen Analyse.

406 E. Winterstein: Ueber Pachyma Cocos.

Da die Proteinstoffe bei dieser Behandlung gelöst werden, so ist die Annahme, dafs der in dieser Weise gefundene Stickstoff auf die chitinähnliche Substanz entfällt, wohl berechtigt. Die Menge dieser Substanz berechnete ich aus dem Stickstoffgehalt durch Multiplikation mit dem Faktor 16,64.) Zieht man vom Gesamtstickstoff die Menge des auf Chitin entfallenden Stickstoffs ab, so erhält man den Protein- stickstoff; durch Multiplikation der gefundenen Zahl mit dem Faktor 6,25 erhielt ich die Menge der Proteinstoffe.

Den Gehalt an Cellulose (Rohfaser) ermittelte ich in folgender Weise: Abgewogene Mengen des Pulvers wurden 1, Stunde mit 11/4 proz. Kalilauge und, nach dem Entfernen der Lauge durch Decantation, !/; Stunde mit 11/, proz. Schwefelsäure in der Wärme behandelt, der Rückstand auf ein gewogenes und getrocknetes Filter gebracht, vollständig durch Auswaschen von der Säure befreit und dann mit Alkohol und zuletzt mit Aether übergossen und getrocknet.

Den Gehalt an Pachymose ermittelte ich wie folgt: Eine ab- gewogene Menge Substanz wurde mit kalter 21/, proz. Natronlauge übergossen und das Gemisch unter öfterem Umschütteln einige Stunden stehen gelassen, darauf wurde mit Wasser verdünnt und die alkalische Lösung zuerst durch Decantation und endlich durch Filtrieren vom Rückstand getrennt; die alkalische Lösung neutralisierte ich sodann mit verdünnter Salzsäure, brachte den Niederschlag auf ein Filter, wusch zunächst vollständig mit Wasser, sodann mit Alkohol und Aether aus, trocknete und wog.

Die Menge des Traubenzuckers wurdein folgender Weise bestimmt: Eine abgewogene Menge Substanz wurde mit Wasser ausgekocht, die Lösung abfiltriert, der Rückstand auf dem Filter ausgewaschen, die vereinigten Flüssigkeiten wurden auf ein kleines Volumen ein- gedampft und die Glukose in der Lösung nach Allihn bestimmt,

Im Folgenden gebe ich nun eine Zusammenstellung der bei der quantitativen Analyse gefundenen Zahlen?) :

1) Diesen Factor habe ich unter Zuhilfenahme der von Schmiedeberg für das Chitin aufgestellten Formel C,; Hz, Na O;s berechnet. Arch. f. experim. Pathologie u. Pharmacologie, Bd. 28, S 385. Vergl.auch T. Araki, Zeitschrift f. physiol. Chem., Bd. 20, S. 501.

2) Die erhaltenen Zahlen ergänzen sich nicht auf 100 Proz.; es ist dies wohl darauf zurückzuführen, dals Pachyma Cocos neben den

aufgeführten Substanzen noch andere nicht bestiimmbare Stoffe in geringer Menge enthält.

E. Winterstein: Ueber Pachyma Cocos. 407

Pachyma Cocos TI,

Proteinstoßi: ii. 49.5474, 2%. 002, 2225 50,56: Po; Chitinähnliche Substanz. . . . . 0,60 Aotheraxtrakt;. 2. 0... 20 Eigen AScHaWt?t 2 PRIV SE BREI NE WEaSser..i ı Aullklumie- Sinn sietslotsun: 5 Draubenzucker 4... Isis. lnlene LAUNE Beiizeallaloner .. ..'.. 00,1% 72 Sean Pachymose . . . . - Da Eee Cocos II. Proteinstoffe . . . . uk ON Proz: Chitinähnliche RR le). ar SRRTHEFBZLTART Me. oem 07 lee Maae SATTE 1 Ascher AUEN WR, Ur, DAERE 02587, Wasserisie. wi 50% De ZN Praubenancker., Sir sarse ach 2. SI BEnlzeelluloseas u FDA: BAcHymoSe, 4: =... main USE Mylıtta EEE 0) Proteinstoffe . . . z m222736#Broz: Chitinähnliche en Fe te Aetkerextrakb un: Ze, era PilNinE EOTONIE ABchHey, AN UNTER HSZRr Ener IE Missser tu steel „Palzeellulosetits ...n...5 25% 4 2804.E, Saceharoceolleide Zu 222 88, gs

Vergleicht man die erhaltenen Resultate der quantitativen Analyse mit den zahlreichen Analysen anderer pflanzlicher Objekte so fällt zunächst der aufserordentlich geringe Gehalt an Asche und Proteinstoffen auf. Dieser geringe Gehalt an Proteinstoffen bedingt aber einen sehr geringen Gehalt an protoplasmatischer Substanz; es erscheint daher die schon von Currey und Hanbury ausge- sprochene Ansicht wohl nicht ganz unberechtigt, dafs das Pachyma

1) Mylitta lapidescens enthält kein in verdünnter kalter Lauge lösliches Kohlenhydrat; erst nach längerem Digerieren mit warmer verdünnter Lauge habe ich aus genanntem Objekt eine schleimige Masse isolieren können, welche, soweit ich konstatieren konnte, zu denjenigen Kohlenhydraten gerechnet werden darf, welche Tollens mit dem Namen Saccharocolloide bezeichnet. Die Quantität dieser Substanz habe ich, nach Abzug der in der Pilzcellulose ent- haltenen chitinähnlichen Substanz aus der Differenz berechnet.

Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bäs. 6. Heft. 97

408 E. Winterstein: Ueber Pachyma Cocos.

Cocos keine einheitliche Pilzbildung ist; es wäre denkbar, dafs die in so grolser Menge vorhandene Pachymose aus den Wurzeln des Substrats durch die Wucherung des Pilzes gebildet ist, wobei aller- dings eine tiefgreifende chemische Veränderung eingetreten sein muls.

In einer in der Chemiker-Zeitung Bd. 15 S. 117 veröffent- lichten Untersuchung spricht sich Prof. Hartwich auf Grund der mikroskopischen Untersuchung von Pachyma Cocos folgender- malsen aus: „Das Vorkommen eines Pilzes in Fuh-ling (Pachyma Cocos) ist danach zweifellos, aber ebensowenig zweifelhaft erscheint es mir, dafs nicht der ganze Körper aus einem Pilze besteht, sondern dafs die Coniterenwurzel an seiner Bildung sehr wesentlich beteiligt ist, denn die braunen Stellen sind doch wohl Reste der Rinde und ebenso gehören die beschriebenen, an Tragantzellen erinnernden Zellen der Wurzel an. Wahrscheinlich sind die grofsen Körner, die in Kalilauge löslich sind, ebenfalls solche in Pachymose oder Pectose umgewandelten Zellen, worauf auch die in einigen beobachtete Höhlung schlielsen läfst. Man wird demnach die Fuh-ling vielleicht als eine durch einen Pilz erzeugte kolossale Wucherung der Coni- ferenwurzel bezeichnen können. Es sei schliefslich noch darauf hin- gewiesen, dals ein sehr reichliches Auftreten von Pectinstoffen bezw. Umwandlung von Cellulose in solche auch sonst beobachtet ist, so besteht der Tragant zum grolsen Teil aus Pectinsäure. Die jetzt von Herrn Prof. Hartwich ausgeführte mikroskopische Untersuchung eines Objektes von Pachyma Cocos, welches ich für meine Versuche verwendet habe, führten ihn zu gleichen Ergeb- nissen. Es stimmt also meine oben ausgesprochene, auf Grund chemischer Prüfung gewonnene Ansicht mit der Anschauung über- ein, die auf Grund mikroskopischer Untersuchung erhalten worden ist.

Analytische Belege.

Vorbemerkung. Das beim Verbrennen mit Schwetelsäure nach der Methode von Kjeldahl erhaltene Ammoniak wurde in ver- dünnter, titrierter Säure aufgefangen und der Ueberschufs an letzterer mit Ammoniak zurücktitriert.

Pachyma Cocos 1.

Gesamtstickstoff: a) 2 g Substanz gaben 0,00182 x N (= 1,3 cem 1/,n Norm NH;,), b) 2 g Substanz gaben 0,00182 g N (= 1,3cem I/,ö Norm NH;3).

E. Winterstein: Ueber Pachyma Cocos. 409

Stickstoff in chitinähnlicher Substanz a) 5 g Substanz gaben 0,00252 g N (= 1,8 ccm Y/,, Norm NH3,), b) 5 g Substanz gaben 0,0028 g N (= 2 ccm !/,, Norm NB;3).

Aeth erextrakt 17,116 g gaben 0,06 g Extrakt,

Asche 1 g Substanz gab 0,0006 g Asche,

Wasser 1 1 »4 0,1686%;, H20.

Traubenzucker 2 g Substanz gaben 0,0542 g Cu = 0,028 g Dextrose.

Pilzcellulose a) 2 g Substanz gaben 0,041 g Cellulose, 2) 2 g Substanz gaben 0,049 g Cellulose.

Pachymose 1 g Substanz gab 0,7621 g Pachymose.

Pachyma Cocos II.

Gesamtstickstoff a) 1 g Substanz gab 0,0014g N (= 1 ccm I/ö Norm NH,), b) 1 g Sulstanz gab 0,00182 g N (= 1,3 ccm 1/,) Norm NH,3).

Stickstoff in chitinäh: licher Substanz 2 g Substanz gaben 0,00126 g N (= 0,9 ccm Y/,, Norm NH;3).

Aetherextrakt 10 g Substanz gaben 0,042 g Extrakt,

Asche 1 gab 0,0025 Asche,

Wasser 1 gr Substauz gab 0,1209 gr H,O,

Pilzcellulose 1 g Substanz gab 0,0324 g Cellulose,

Traubenzucker 1 g Substanz gab 0,0220 g Cu = 0,01132 g Dextrose.

Myhita lapidescens.

Gesamtstickstofft 1 g Substanz gab 0,0078 g N (= 2,7 ccm 1/oö Norm NH,).

Stickstoff in chitinähnlicher Substanz 2 g Substanz gaben 0,0011 g N (= 0,8 ccm Y/,, Norm NH;3).

Aetherextrakt 10 g Substanz gaben 0,010 g Extrakt,

Asche I 5% = gab 0,0020 Asche, Wasser 7 2 , 00456 ; 420, Pilzcellulose Enak B- n 0,0280 ,„ Cellulose.

27%

410 H. Beckurts: Ueber Angosturaalkaloide,

Mitteilungen aus dem chem.-pharm. Laboratorium der technischen Hochschule in Braunschweig.

Zur Kenntnis der Angosturaalkaloide. Von H. Beckurts. (2. Mitteilung.*) (Eingegangen den 13. VI. 1895.)

I. Cusparin.

Vor kurzem habe ich nachgewiesen, dafs in der Rinde von Cusparia trifoliata Engler (Galipea officinalis Hancock), der Angosturarinde, mindestens vier Alkaloide enthalten sind, welche mit den Namen: Cusparin, Cusparidin, Galipin und Galipidin bezeichnet sind. Diese Alkaloide sind in der Rinde zum gröfseren Teil im freien Zustande und nur zu einem kleineren Teile in Form von Salzen enthalten. Die Isolierung der im freien Zustande vorhandenen Alkaloide geschah durch Perkolation mit Aether. Dieselbe wurde diesmal auf meinen Wunsch bereitwilligst von Herrn E. Dieterich in Helfanberg im Aetherextrakteur aus- geführt, welchem ich für diese freundliche Unterstützung auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank sage. Das nach dem Abdestillieren des Aethers vom ätherischen Auszuge verbleibende Extrakt aus 50 kg Angosturarinde wog 2,58 kg und bestand aus ätherischem Oel, Harz, Wachs und Alkaloide. Um aus dem grünlich- braun gefärbten Extrakt die Basen zu isolieren, wurde dasselbe in der doppelten Menge Aether gelöst, und die erhaltene ätherische Lösung mit der vielfachen Menge schwefelsäurehaltigen Wassers wiederholt ausgeschüttelt, wodurch eine durch Abscheidung eines grünlichgelben Salzes getrübte, tiefgelb gefärbte wässerige Lösung und eine braune, wesentlich das ätherische Oel enthaltende ätherische Schicht erhalten, wurde. Die trübe wässerige Lösung wurde von der ätherischen Schicht getrennt, und letztere noch so oft mit schwefel- säurehaltigem Wasser ausgeschüttelt, als dies noch gefärbt war. Darauf wurden die vereinigten, durch ausgeschiedenes schwefel- saures Alkaloid getrübten wässerigen Auszüge auf dem Wasserbade

*) Vergl. Ueber die Bestandteile der Angostura- rinde von H. Beckurts und P. Nehring D. Zeitsch. 1892, 41.

H, Beckurts: Ueber Angosturaalkaloide. 411

unter Zusatz der erforderlichen Menge Wasser erwärmt, bis alles Salz in Lösung gegangen war. Von dem sich abscheidenden Harz und Wachs wurde filtriert, und dadurch die die spätere Krystallisation der Alkaloide erschwerenden Verunreinigungen beseitigt. Das aus den Filtraten beim Erkalten sich abscheidende Salz wurde abfiltriert, die Mutterlaugen wurden eingeengt, und das aus denselben auf diese Weise gewonnene Salz mit den erstausgeschiedenen vereinigt. Das Alkaloidsalzgemenge wurde durch oftmals wiederholtes Umkrystalli- sieren aus Wasser in ein tiefgelb gefärbtes und ein gelblich weilses, sowie ein fast rein weilses Salz zerlegt. Die letzten Anteile der Mutterlaugen konnten nicht zur Krystallisation gebracht werden, es schieden sich aus den concentrierten wässerigen Lösungen nur braun gefärbte Oele ab, die in mehr Wasser zu wenig gefärbten Flüssigkeiten löslich waren. Aus diesen Lösungen schied sich auf Zusatz überschüssiger starker Salzsäure in reichlicher Menge kry- stallinisches Hydrochlorid ab. Dieses wurde gesammelt, mit wenig Wasser gewaschen und mit Natronlauge zerlegt. Durch Aus- schütteln mit Aether wurde jetzt ein in glänzenden Blättchen krystallisierendes Alkaloid erhalten, welches nach dem Umkrystalli- sieren aus einer Mischung von Petroläther und Ligroin bei 111° schmolz und sich mit dem Galipidin als identisch erwies.

Auch die in oben beschriebener Weise isolierten krystallinischen schwefelsauren Salze wurden mit Natronlauge zerlegt, und darauf durch Ausschütteln mit Aether die freigemachten Alkaloide dem Gemische entzogen. Von den ätherischen Lösungen wurde der Aether abdestilliert und der Rückstand aus einer Mischung von Petroläther und Ligroin umkrystallisiert. Nach sehr mühsamem Um- krystallisieren gelang es, die Alkaloidgemische in die vier Basen: Cusparin (Sm. 890), Cusparidin (Sm. 780), Galipin (Sm. 1150) und Galipidin (111° C. Sm.) zu zerlegen. Das

Cusparin

O2 HNO, läfst sich nur schwer von den begleitenden Basen vollständig be- freien. Sehr kleine Mengen Galipin haften selbst den glatt bei 89 schmelzenden Anteilen des Basengemisches hartnäckig an und sind nur durch wiederholtes Umkrystallisieren aus einer Mischung von ‚„ Ligroin-Petroläther in sehr verdünnter Lösung zu entfernen. Das

412 H. Becekurts: Ueber Angosturaalkaloide.

Cusparin ist als rein anzusehen, wenn es bei 89° schmilzt und mit Säuren vollkommen farblose Salze giebt.

Aus verdünnten Lösungen in Petroläther-Ligroin krystallisiert das Cusparin in kompakten, warzenförmigen Gebilden. Aus kon- zentrierten Lösungen krystallisiert es in feinen, federartig oder stern- förmig vereinigten Nadeln. Dieselben sind in Alkohol, Aether, Chloroform, Aceton und Benzol sehr leicht löslich. Mit Säuren liefert das Cusparin in Wasser schwer lösliche farblose Salze.

Konzentrierte reine Schwefelsäure löst das Alkaloid sofort mit schmutzigroter Farbe. Diese geht bald in Kirschrot über und gleicht dann der Färbung. welche Veratrin mit Schwefelsäure giebt.

Rauchende Salpetersäure löst das Alkaloid mit gelber Farbe. Verdunstet man die Lösung zur Trockne und durchtränkt den Rück- stand mit alkoholischer Kalilauge, so färbt sich die Mischung orange.

In Fröhde’s Reagens löst sich das Cusparin zunächst mit brauner Farbe, welche bald in eineviolette, blaugrüne und schliefslich in eine tief- blaueübergeht. Erwärmen beschleunigt die Bildung dertiefblauenLösung.

Konzentriertes Fröhde’s Reagens löst Cusparin sogleich mit prachtvoll tiefblauer Farbe.

In Titansäure enthaltender Schwefelsäure löst sich die Base mit rotbrauner, in Furfurol enthaltenderSchwefelsäure mit braunroter Farbe. Zusammensetzung.

1. 0,1925 g lieferten im offenen Rohr mit Kupferoxyd unter Vor- legen reduzierter Kupferspiralen verbrannt 0,5365 g CO, und 0,0934 g H,O, entsprechend 74,9 Proz. C und 5,3 Proz. H.

2. 0,1655 g lieferten unter denselben Bedingungen 0,4501 g CO, und 0,0863g H,O, entsprechend 74,9 P:oz. C und 5,6 Proz. H.

3. 0,2366 g lieferten unter denselben Bedingungen 0,6530 g CO, und 0,1186g H,O, entsprechend 75,2 Proz. C und 5,6 Proz. H.

4. 0,4398 g gaben im Kohlensäurestrome mit Kupferoxyd unter Vorlegen von reduzierten Kupfersp'ralen verbrannt bei 753 mm Druck und bei 200 18 ccm N =4,7 Proz.

5. 0,4588 g gaben unter denselben Bedingungen bei 754mm Druck und bei 20° C. 19 ccm N=4,7 Proz.

Berechnet für

die Formel: Gefunden:

Ca, Hıg NO5 IE IHR III. 18% Wi. —= 74,8 74,9 74,9 75,2 _

H= 5,9 5.3 5,6 5,56

N= 44 Hi = NT 47

O = 14,9 = _

H. Beckurts: Ueber Angosturaalkaloide. 413

Bei der Bestimmung der Oxmethylgruppen nach der Methode von Zeisel wurden die folgenden Werthe erhalten.

a. 0,4055 g des über Schwefelsäure getrockneten Cusparins lieferten 0,3075 g AgJ.

b. 0,3545 g des über OOH WEIBLBABTE getrockneten Cusparins lieferten 0,2685 g Ag). Bei dem Vorhandensein einer Oxymethylgruppe (OCH?®) müssten

0,2968 g bzw. 0,2702 g Ag.J gebildet sein.

Salze des Cusparins. Cusparinhydrochlorid. Cao Hıg NO, HCl + 3 H,O.

Das in kaltem Wasser schwer lösliche Salz wird durch Zusatz von Salzsäure zu dem in heilsem Wasser suspendierten fein zer- riebenen Cusparin bis zur schwachsauren Reaktion und Kochen bis zu vollständiger Lösung und Umkrystallisieren des beim Erkalten ausgeschiedenen Reaktionsproduktes aus heilsem Wasser dargestellt.

Farblose, bitter schmeckende, glänzende Nadeln, dieselben sind schwer in Wasser löslich und verlieren bei 100° ihr Krystall-

wasser. Die Analyse des Salzes führte zu den folgenden Ergebnissen.

Berechnet für Gefunden:

die Formel O3, Hjg NO, HCI + 3H, O I II

H,0 = 13,5 Proz. 13,1

HCI=1W2 105. Cusparinhydrobromid.

Oz, Hıs NO, .H Br.

Das in analoger Weise wie das Hydrochlorid dargestellte Salz bildet lange, farblose, bitter schmeckende Nadeln, welche beim Er- hitzen auf 105° kein Krystallwasser verlieren. Die Analyse des in Wasser und Alkohol schwer löslichen Salzes führte zu dem folgenden

Ergebnis. Berechnet für Ca, Hjg NO,.H. Br. Gefunden : H Br = 20,14 Proz. 20,7 Proz.

Einwirkung vonBrom auf Cusparinhydrobromid.

Die wässerige Lösung des Cusparinhydrobromids trübt sich auf Zusatz von überschüssigem Bromwasser unter Abscheidung eines gelben flockigen Niederschlages.

414 H. Beckurts: Ueber Angosturaalkaloide.

Derselbe bildet im trocknen Zustande ein hellgelbes, amorphes in kaltem Spiritus mit gelber Farbe lösliches Pulver. Dasselbe schmilzt ohne Zersetzung bei 171° und gab bei der Analyse die folgenden für die Zusammensetzung eines bromwasserstoffsauren Cusparindibromids Ca, Hıg NO; HBrBr, stimmenden Werte.

0,3063 g der bei 70—80°C. getrockneten Substanz geben 0,3057 g Ag Br = 42,4 Proz.

Berechnet für C50 H,g NO, H Br Br, Gefunden: Br = 42,64 Proz. 42,4 Proz.

Aus der in mäfsiger Wärme bereiteten alkoholischen Lösung scheiden sich nach dem Erkalten harte, gelbe, prismatische Nadeln ab, welche bei 236° schmelzen. Die Zusammensetzung der noch näher zu untersuchenden Verbindung entspricht derjenigen eines Cusparindibromids.

0,2592 gaben 0,2144 g Ag Br entsprechend 0,091234 g = 35,2 %/, Br. 0,4102 gaben 0,3365 Ag Br entsprechend 0,14319g 34,9), Br. Die Formel C?° H19 NO3. Br? verlangt 33,30), Br.

Cusparinsulfat (Cy, H,g NO5): H, SO, + 7H3 0. Cusparin wurde fein zerrieben, in heiflsem Wasser suspendiert und genau mit verdünnter Schwefelsäure neutralisiert. Der beim Erkalten sich ausscheidende Krystallbri wurde abfiltriert, mit wenig Wasser gewaschen und aus heilsem Wasser umkrystallisiert. Weilse, prismatische, sehr bitter schmeckende harte Nadeln. Dieselben waren in Wasser schwer löslich und lieferten bei der Analyse die folgenden Werte.

Gefunden: Berechnet für die Formel H3 O= 23,4 Proz. (Cry Hj9 NO,) 2 Ha so, + 7Ha, (0) H,S0, = 122 H,O = 23,6 Proz.

H, SO, = 11,5 Cusparingoldchlorid C,H; NO;.HC1. Au Q];.

Beim Vermischen einer wässerigen Lösung des Cusparin- hydrochlorids mit überschüssigem Goldchlorid schied sich das Gold- doppelsalz zunächst als hellbraunes, voluminöses, mikrokrystallinisches Pulver ab, welches in reinem Wasser so gut wie unlöslich war. Aus mit rauchender Salzsäure stark angesäuertem Alkohol konnte das- selbe umkrystallisiertt werden und wurde so das Cusparingoldchlorid

H. Beckurts: Ueber Angosturaalkaloide. 415

in Form feiner, gelbroter, glänzaender Nadeln erhalten. Dieselben waren wasserfrei und schmolzen bei 190°,

Die Goldbestimmung des bei 100° getrockneten Doppelsalzes ergab die folgenden Werte.

0,21 g des Salzes lieferten 0,063 g Au = 30,1 Proz. Gefunden: Berechnet: Au = 30,1 Proz. Au = 29,9 Proz.

Cusparinplatinchlorid. (Cao Hjg NO, H Cl, PtC, +6 H,0.

Durch Vermischen einer wässerigen Lösung des Cusparin- hydrochlorids mit überschüssiger Platinchloridlösung wurde das Platindoppelsalz als ein tief gelbes, aus mikrokrystallinischen Nadeln bestehendes voluminöses Pulver erhalten.

Durch Umkrystallisieren desselben aus mit rauchender Salz- säure stark angesäuertem Alkohol wurde das Platindoppelsalz in gelben, glänzenden Nädelchen erhalten. Dieselben schmelzen bei 179° und enthalten & Moleküle Krystallwasser. Bei der Analyse wurden die folgenden Werte erhalten.

0,2128 g verloren bei 105° 0,0117 = 8,83 Proz. H,O,

0,2011 desbei 1050 getrockneten Salzeslieferten 0,0377 g = 18,7%,Pt.

Berechnet für die Formel (Co9 Hy NO; HC], Pt Cy, - 6 H,0 Gefunden:

H,0. = 9,1 Proz. 8,836 Proz. Berechuet für die Formel (Ca) Hs NO, HC], Pt C], Gefunden: DEE 1887 EroZ 18,7 Proz.

Einwirkung von Jodmethyl auf Cusparin. Cusparinmethyljodid Ca, Hıs NO,.. CH, J.

Fein zerriebenes Cusparin wurde in einer Druckflasche mit überschüssigem Jodmethyl übergossen und sechs Stunden im kochenden Wasserbade erhitzt. Von dem Inhalt des Fläschchens wurde das überschüssige Jodmethyl durch Abdestillieren entfernt, und der zurückbleibende mit braunen Jodadditionsprodukten durch- setzte gelbe Krystallbrei aus heifsem Wasser, in welchem das Jodadditionsprodukt unlöslich war, umkrystallisiert.

416 H. Beckurts: Ueber Ängosturaalkaloide.

Das so gewonnene Cusparinmethyljodid bildet gelbe, glänzende Nadeln, welche sich am Lichte unter Einflufs der Luft bald dunkler färben, wasserfrei sind, intensiv bitter schmecken und bei 186° C. schmelzen.

Die Analyse ergab die folgenden Werte:

1. 0,249 g der bei 105° getrockneten Substanz gaben 0,129 g Jodsilber = 27,3 Proz. Jod. 0,3518 g der bei 105° getrockneten Substanz gaben 0,1554 g H,O und 0,6979 g CO, entsprechend 4,9 Proz. H und 54,1 Proz. C.

ww

Berechnet für die Formel Gefunden: Osg H;g NO; CH; J I. TE. GE —ZEHE2 54,1 Proz. ee. - > ie 37,208 27,3 1

Die Bildung dieses Additionsproduktes beweist den Charakter des Cusparins als tertiäre Base.

Cusparinmethylchlorid C;0 Hıs NO, CH; Cl.

Zur Darstellung dieser Verbindung wurden 3 g des Cusparin- methyljodids in heifsem Wasser gelöst, die heifse Lösung mit über- schüssigem, frisch gefälltem Chlorsilber versetzt und erwärmt. So- bald eine abfiltrierte Probe keine Jodreaktion mehr gab, wurde filtriert, und das zurückbleibende Jodsilber und Chlorsilber gut aus- gewaschen. Filtrat und Waschwasser wurden auf dem Wasserbade eingedampft, bis eine Krystallhaut erschien und die konzentrierte Lösung im Exsikkator erkalten gelassen. Das nach zwölf Stunden ausgeschiedene hellgelb gefärbte Chlorid wurde abfiltriert, mit wenig Wasser ausgewaschen und auf einer Thonplatte getrocknet.

Das so erhaltene Cusparinmethylchlorid bildete in Wasser und Alkohol leicht lösliche eitronengelbe Nadeln. Dieselben sind wasser- rei und schmelzen bei 190°.

Analyse. 0,3820 g der bei 100° getrockneten Substanz gaben 0,1445 g Ag Cl 9,36 Proz. Cl. Berechnet für Cy9g Hıg NO, . CH, Cl Gefunden: C1:=: 9,55 ‚Proz. Cl = 9,36 Proz.

H. Beckurts: Ueber Angosturaalkaloide. 417

Aus den Mutterlaugen der zuerst erhaltenen Krystalle schied sich auf Zusatz concentrierter Salzsäure ein dicker, gelber Krystall- brei aus. Da die Vermutung nahe lag, dafs derselbe ein Additions- produkt von Cusparinmethylchlorid und Salzsäure enthielt, so wurde derselbe abfiltriert, mit wenig Wasser gewaschen und zuerst auf einer Thonplatte, dann über Schwefelsäure getrocknet.

0,4578 g dieses Körpers gaben bei der Analyse

0,1752 g AgCl= 9,44%, Cl.

Da die Verbindung C2° H!? NO®CH3Cl 9.45°/, Cl enthält, so fand die obige Annahme somit ihre Bestätigung nicht.

Platindoppelsalz des Cusparinmethylchlorids. (C2 H19 NO®. CH3CI, PtCi%.

Dasselbe wurde aus der wässerigen Lösung des Cusparinmethyl-

chlorids durch Fällen mit Platinchloridlösung im Ueberschuss darge-

stellt. Der sich ausscheidende gelbe flockige Niederschlag wurde

abfiltriert und ausgewaschen und sodann aus stark salzsäurehaltigem

Weingeist umkrystallisiert.

Das so gewonnene Salz bildete goldgelbe, leichte glänzende Nadeln, welche bei 2100 schmelzen.

Analyse. Berechnet: Gefunden:

Pt—18,10%, Pt=18.0% Golddoppelsalz des Cusparin methylchlorids. C®H2 NOS:CH3Au CE.

Der durch Vermischen wässeriger Lösungen des Cusparin- methylchlorids mit Goldchloridlösung erhaltene rotbraune voluminöse Niederschlag wurde aus stark Salzsäure enthaltenden Weingeist um- krystallisiert. Das so dargestellte Golddoppelsalz bildete rotbraune, wollige Nadeln, welche bei 152—153° schmelzen.

Analyse. Berechnet: Gefunden: Au= 28.70, Au=28.90%/,. Cusparinwethylammoniumhydroxyd. (20. H2.N0?.CH3:OH.

Cuspariummethyljodid wurde in so viel heissem Wasser gelöst, dass die auf etwa 500 abgekühlte wässerige Lösung noch nichts ab- schied, und zu derselben so viel feuchtes Silberoxyd gefügt, bis eine

418 H. Beekurts: Ueber Angosturaalkaloide.

abfiltrierte Probe keine Reaktion auf Jod mehr gab. Dann wurde von dem Silberoxyd und dem gebildeten Jodsilber filtriert, der Rück- stand auf dem Filter gut ausgewaschen und das Filtrat nebst Wasch- wasser bei mässiger Temperatur im Wasserbade auf einkleines Volumen eingedunstet. Die dann in den Essiccator überSchwefelsäure gebrachte Lösung trocknete allmählich vomRandeauszu einerviolettund schliesslich bräunlich getärbten Masse ein, aus welcher auch durch Behandlung mit Aceton, Spiritus oder Chloroform die Ammoniumbase nicht iso- liert werden konnte. Es wurden nur farblose, glänzende Blättchen erhalten, welche sich bei der näheren Untersuchung nicht als das gewünschte Cusparinmethylhydroxyd, sondern als Methyleusparin erwiesen. Dasselbe ist nach der Formel H1 (CH3) NO®+'Y H2 O zusammengesetzt und aus dem Cusparinmethylhydroxyd unter Ab- spaltung von Wasser gebildet: 6% H23 NO° CH3 OH =H20 + 0% H% (CH3) NO!

Die Krystalle schmolzen bei 190° und gaben bei der Analyse die folgenden Werte:

0,3180 g der über Schwefelsäure getrockneten Substanz gaben

0,1751.8 H,;0 und 0,8512 g CO, entsprechend 73,0 Proz. C und 6,1 Proz. H.

Berechnet für die Formel

Ca = Se NO; + Y, H,O Gefunden: 79,2 Proz. 73,0 Proz. = = 6,4 ”„ 6,1 E23} Methylcusparin.

O2 His (CH) NO, + 1/7, H50.

Das Cusparinmethyljodid zeigt ein analoges Verhalten, wie das Hydrastinäthyljodidd und -methyljodid, welche sich, wie E. Schmidt gezeigt hat, durch eine äquivalente Menge Kalihydrat unter Abscheidung von Jodkalium und Bildung neuer Basen, Methyl bezw. Aethylhydrastin zersetzen.

Zur Darstellung des Methylcusparins wurden 5 g ÜCusparin- methyljodid in heilsem Wasser gelöst, und diese Lösung mit Normal- Kalilauge bis zur schwach alkalischen Reaktion versetzt. Dabei wurde die gelbe Lösung entfärbt und getrübt, die sich anfangs ölig, später pulvrig abscheidende Masse wurde gesammelt, mit Wasser

H. Becekurts: Ueber Angosturaalkaloide, 419

bis zum Verschwinden der alkalischen Reaktion im Waschwasser gewaschen und aus verdünntem Alkohol umkrystallisiert.

Das Produkt bildete weilse, bei 190° schmelzende Nadeln, welche sich leicht in Alkohol, Essigäther und Aether, schwer in Wasser lösen. Aus Wasser krystallisiert es in weilsen perlmutter- glänzenden Blättchen.

Die Bildung des Methylcusparins ist im Sinne der Gleichung: Cyo Hı9 NO, CH, J + NaOH = NaJ + H,O + C„H;s (CH,) NO, erfolgt.

Die Analyse führte zu den folgenden Ergebnissen :

1. 0,3877 g gaben bei der Verbrennung 1,0362 g CO, und 0,2129 g H,O entsprechend 72,9 Proz. C und 6,1 Proz. H.

2. 0,2429 g gaben 0,6505 g CO, und 0,1355 g H,O entsprechend 73,0 Proz. C und 6,2 Proz. H,O.

Berechnet für die Formel

C.9H;s (CH,) NO, + !/, H,O Gefunden: L; 2.

C = 73,2 Proz. 72,9 73,0

5 6,1 6,2

Bromwasserstoffsaures Methylcusparin C’9, H,s (CH,)NO,.HBr + 10 H,O.

Das Salz wird durch Neutralisation von Methyleusparin mit Bromwasserstoffsäure erhalten. Aus Wasser umkrystallisiert bildet es nicht schwer lösliche gelblichgrünliche, feine glänzende Blättchen.

0,2204 g des lufttrockenen Salzes verloren bei 1050 0,069 g H;0 = 31,0 Proz.

Die Formel O,, H,s (CH;) NO;,. HBr + 10 H,O verlangt 30,3 Proz. H,O.

0,2222 g des bei 105° getrockneten Salzes gaben (0,0992 g Ag Br = 19,0 Proz. Br.

Berechnet für die Formel C;0 Hıs (CH,) NO, HBr Gefunden: Br = 19,2 Proz. 19,0 Proz.

Methylcusparinhydrochlorid C»H;s(CH,) NO,.HC1 + 2,5 H,O. Durch Neutralisation des Methyleusparins mit Salzsäure er-

halten. Feine weifse Nadeln, welche in Wasser leicht löslich sind.

Aus verdünnten wässerigen Lösungen bildet es harte, sternförmig vereinigte Nadeln.

420 H. Beckurts: Ueber Angosturaalkaloide.

1. 0,3508 g verloren bei 1020 0,039 g = 11,12 Proz. H,O.

Die Formel Cy%, Hjg {CH;) NO,. HCl + 2,5 H,O verlangt 10,9 Proz. H,O.

2. 0,2919 g des bei 102° getrockneten Salzes lieferten O,ll g

AsCl 9,31 Proz. Cl.

Das durch Fällen der wässerigen Lösung des Hydrochlorids mit überschüssigem Platinchlorid und Umkrystallisieren des volumi- nösen gelblichweilsen Niederschlages aus salzsäurehaltigem Wein- geist erhaltene Methylcusparin platinchlorid,

(Ca, Hy (CH,) NO, HCl, HC, bildet goldgelbe, glänzende Nadeln und Blättchen, die bei 210° schmelzen.

Einwirkung von Jodmethyl auf Methylcusparin. Methylcusparinmethyljodid.

Cyo Hıs (CH,) NO,. CH3 J.

Um die Frage zu entscheiden, ob dem Methylcusparin der Charakter einer primären, sekundären oder tertiären Base zukommt, wurden 2 g des Methylcusparins in einer Druckflasche mit über- schüssigem Jodmethyl vier Stunden lang im Wasserbade erhitzt. Nach dieser Zeit wurde vom Inhalt des Fläschchens das überschüssige Jodmethyl abdestilliert, und die zurückbleibende gelbe krystallinische Masse aus heilsem Wasser umkrystallisiert.

Es schied sich der gebildete Körper in feinen, gelben glänzenden Nadeln ab. Dieselben färben sich am Lichte dunkler, schmecken intensiv bitter, sind schwer in Wasser, leicht in Spiritus löslich. Der Schmelzpunkt der wassertreien Verbindung liegt bei 185°.

Die Elementaranalyse der bei 100° getrockneten Substanz führte zu folgenden Zahlen:

0,2542 g lieferten 0,5132 g CO, und 0,1110 g H,O entsprechend 55,1 Proz. C und 4,9 Proz. H.

Berechnet für die Formel Gefunden: Cy H;s (CH,) NO,.CH;. C = 55,3 Proz. C = 55,1 Proz. Wera Hs Ag

Darnach ist das Methylcusparin analog dem Cusparin als eine tertiäre Base anzusehen, wenn gleich es auch hier nicht gelungen ist, die dem Methyleusparinmethyljodid entsprechende Ammoniumhase rein darzustellen.

H Beckurts: DÜeber Angosturaalkalcide, 421

Einwirkung von Jodäthyl auf Cusparin. Cusparinäthyljodid. Cu H,N0,.0, HJ.

Zur Darstellung dieser Verbindung wurden 10 g fein zer- riebenes Cusparin mit überschüssigem Jodäthyl in einer Druck- flasche im Wasserbade während vier Stunden erhitzt. Der Ueber- schuls an Jodäthyl wurde abdestilliert, und das Reaktionsprodukt aus heilsem Wasser umkrystallisiert.

Das auf diese Weise erhaltene und durch wiederholtes Um- krystallisieren aus Wasser gereinigte Cusparinäthyljodid bildet gelbe, glänzende Nadeln, welche schwer in heilsem Wasser mit gelber Farbe, fast gar nicht in kaltem Wasser, leicht in Weingeist löslich sind. Sie färbten sich an der Luft dunkler und schmolzen bei 201°. Sie enthalten kein Krystallwasser.

Analyse. 0,2394 g des bei 1050 getrockneten Salzes gaben bei der Ver-

brennung mit Bleichromat im Sauerstoffstrom 0,4823g CO, und 0,109 g H20 entsprechend 55 Proz. C und 5 Proz. H.

Berechnet für die Formel: Gefunden: CH,3N0;C5H,J er 55.3/Ero2! 55,0 Proz. Hi —,33.0'Broz 5,0 Proz.

Cusparinaethylchlorid. Ca, Hıs NO; C, H, Cl.

Um Cusparinaethylchlorid darzustellen, wurden 2 g des Cusparin- aethyljodids in heilsem Wasser gelöst, die Lösung wurde mit über- schüssigem Chlorsilber versetzt und erwärmt, bis eine abfiltrierte Probe keine Jodreaktion mehr gab. Nun wurde filtriert, und das zurück- bleibende Chlor- und Jodsilber gut ausgewaschen. Filtrat und Waschwasser wurden auf ein kleines Volumen eingedampft. Die sich nun ausscheidenden Krystalle wurden gesammelt, mit wenig Wasser gewaschen und auf der Thonplatte an der Luft getrocknet.

Das so gewonnene Cusparinaethylchlorid bildet citronengelbe, in Wasser und Alkohol leicht lösliche Nadeln, welche kein Krystall-

wasser enthalten und bei 1560 schmelzen. Berechnet für die Formel: Gefunden: Ca, H;9g NO, C, H, Cl Cl= 9,2 Proz. 9,0 Proz.

422 H. Beekurts: Ueber Angosturaalkaloide,

Platindoppelsalz des Cusparinaethylcehlorids. (Cao Hıg NO; C, H, Cl), Pt Cl,

Die bei der Darstellung des Cusparinaethylchlorids gewonnenen Mutterlaugen wurden mit überschüssiger Platinchloridlösung versetzt. Der entstandene voluminöse, hellgelbe Niederschlag wurde aus stark salzsäurehaltigem Weingeist umkrystallisiertt. Das so gewonnene Salz bildete goldgelbe, derbe, sternförmig vereinigte rhombische Prismen, welche bei 1780 schmelzen.

Analyse. Berechnet für die Formel: Gefunden: (Ca9 Hıg NO; C, H, Cl), Pt Cl, Pt = 20.4 Proz. 20. 1 Proz.

Cusparinaethylammoniumhydroxyd. Ca, Hıs NO, C, H, OH.

2,3 g Cusparinaethyljodid wurden in viel heissem Wasser ge löst, die auf etwa 500 abgekühlte Lösung wurde mit so viel feuchtem Silberoxyd nach und nach versetzt, bis eine abfiltrierte Probe keine Reaction auf Jod mehr galı. Darauf wurde von dem Jodsilber und Silberoxyd abfiltriert, letztere gut ausgewaschen und Filtrat und Waschwasser bei niederer Temperatur auf dem Wasserbade auf ein kleines Volumen eingedampft. Hierbei schieden sich sehr volu- minöse, glänzende Krystallblättchen ab. Dieselben schmolzen be 114—1150 C. und waren identisch mit dem Aethylcusparinhydrat C;0 Hıs (Ca H,) NO; H,0. Die von diesen abtiltrierte Flüssigkeit wurde in den Exsiccator über Schwefelsäure gestellt. Hier schieden sich eine geringe Menge farbloser harter rhombischer Prismen ab, dieselben schmolzen bei 190—1910 C. und dürften wohl Aethylcusparin repräsentieren, während die Hauptmenge der Flüssigkeit zu einer rotvioletten Masse eintrocknete.

Aethylcusparin Co Hs (C> H,) NO;.

Nachdem es sich gezeigt hatte, dafs Cusparinmethyljodid durch Einwirkung von 1 Aeg. Aetznatron unter Bildung von Methyleus- parin zersetzt wird, hatte es Interesse zu erfahren, ob das Cusparin- äthyljodid eine analoge Zersetzung unter Bildung von Methyleusparin

erleidet.

H. Becekurts: Ueber Fettuntersuchungen. 423

Der Versuch hat gelehrt, dals auch Cusparinäthyljodid eine Zersetzung gemäls der Gleichung:

Cy, H;9s NO; C,H, J + NaOH = NaJ + H,O + Cap Hıs (0, H,) NO, d. h. unter Bildung von Aethylcurparin erleidet. 3 g Cusparin- äthyljodid wurden in heilsem Wasser gelöst, und diese Lösung mit 6,4 ccm Normal-Natronlauge bis zur eben alkalischen Reaktion ver- setzt. Die gelbe wässerige Lösung wurde entfärbt und gleichzeitig getrübt. Die in der Ruhe sich absetzende anfangs ölige, später pulverige Masse wurde abfiltriert, mit Wasser gewaschen und aus Spiritus umkrystallisiert.

Das Produkt bestand aus weilsen, durchsichtigen, prismatischen Krystallen dieselben schmolzen bei 190—191° und gaben bei der Analyse die folgenden auf Aethyleusparin stimmenden Werte.

Berechnet für die Formel;

CH Hjs (Ca H,) NO, Gefunden ° Ce 2736 Ce 3 H= 66 Ice 23055

(Fortsetzung folgt.)

Ueber Fettuntersuchungen mit dem Refraktometer. Von H. Beckurts und H. Heiler.

(Eingegangen den 13. VI. 1895.)

Seitdem die lichtbrechenden Eigenschaft verschiedener Körper durch Einführung des aufserordentlich einfach eingerichteten und bequemzuhandhaben den Z ei [s ’schen Butterrefraktometer verhältnis- mässig leicht in der Analyse benutzt werden kann, ist dieselbe zur Prüfung der Butter und anderer Fette auf Reinheit mehrfach be- nutzt worden. Wir verdanken Wollny, unter dessen Mit- wirkung der Apparat entstanden ist, ferner Mansfeld)!, Hetel- mann?) und Halenke?) Mitteilungen über die Erfahrungen,

I) XII. Vers. Bayer. Vertreter der angew. Chemie 1893, 21. 2) Pharm. Centraihalle 1894, 467. 3) XIII. Vers. Bayer. Vertreter der angew. Chemie 1894, 44.

Arch. d, Pharm. CCXXXIII. Bds. 6. Heft. 28

424 H. Beckurts: Ueber Fettuntersuchungen.

welche bei dem Gebrauche des Zei[s’schen Retractometers ge- macht sind.

Der Umstand, dafs die bisher vorliegenden Angaben über die Bedeutung des Apparates noch vielfach abweichende sind, und es wünschenswert sein muls, möglichst zahlreiche Beobachtungen und Untersuchungen kennen zu lernen, ist die Veranlassung die nach- stehend aufgezeichneten Beobachtungen schon jetzt bekannt zu

geben. 2 Der Apparat besteht bekanntlich aus zwei durch Bajonett- verschluls zusammendrückbaren Prismen, zwischen welchen einige Tropfen des flüssigen oder geschmolzenen Fettes gebracht werden Umgeben sind die Prismen von einer Warmwasserheizvorrichtung deren Temperatur geregelt und an einem Thermometer abgelesen werden kann. Diese Warmwasserheizvorrichtung ist die charakteristische Eigentümlichkeit des Zei[s'schen Refraktometer, wodurch sich der- selbe von anderen früheren Instrumenten unterscheidet, und welche ermöglicht auch die Untersuchung fester Fette vornehmen zu können. Auf die Prismen gelangt durch einen Spiegel der Lichtstrahl und er- leidet hier je nach der Natur der Fette eine Ablenkung, wodurch die Grenzlinie der totalen Reflektion eine Verschiebung erieidet, welche an einer in 100 Teile geteilten Mikrometerscala durch ein Okular ab- gelesen und gleichzeitig die Beschaffenheit der Grenzlinie beobachtet werden kann, welche infolge der Konstruktion der Prismen je nach dem Dispensionsvermögen der Fette für Butter farblos, für Fetts mit grölserem Lichtbrechungsvermögen blau, für solche mit geringerem Brechungsvermögen rotgelb erscheint. Somit ist das Auftreten eines blauen Randes an sich schon geeignet, Margarine von Naturbutter zu unterscheiden, da erstere ein grölseres Lichtbrechungsvermögen wie Butter besitzt.

Wir haben zunächst den Einflufs der Temperatur auf das Brechungsvermögen verschiedener fester und flüssiger Fette festgestellt und Untersuchungen über den Parallelismus zwischen Refractionund Gehaltan flüchtigen Säurenund zwischen Refraetion und Jodadditionsvermögen ausgeführt, deren Ergebnisse in dem Folgenden kurz mitgeteilt werden sollen.

Von grösster Bedeutung ist der Einflufs der Temperatur auf die Ablenkung der verschiedenen Fette. Die Differenz der Re- fraction für reines Butterfett wird von Wollny, Mansfeld, Halenke u.a. für 19 Temperaturerhöhung auf 0,53, für Margarine auf 0,56 Scalenteile angegeben.

H. Beckurts: Ueber Fettuntersuchungen. 425

Nach unseren sehr zahlreichen Beobachtungen dürfte eine Ver- schiebung der Grenzlinie nach links bei einer Naturbutter durch- schnittiich um 0,54-0,58 Scalenteile stattfinden. Von kürzlich untersuchten 17 Butterproben zeigten nämlich nur zwei Proben eine Differenz von 0,52 Skalentheilen. Die Differenz war um so grösser, je höher die Reichert-Meifsel’sche Zahl war. So betrug z. B.:

Die Verschiebung der Grenzlinie bei der Differenz von 5 zu 5°C. Skalenteile:

2,6 27

2,65 28,5 75 29,59 29,3 6 29,4 7 29,5

und die Reichert-Meihsel’sche Zahl

—1

8 30,86 85 31,6 ‚9 31,8 9 31,8 9 31,2

Für Margarine fanden wir die Differenz für 1°C zu 0,56 Skalenteile in Uebereinstimmung mit Wollny und abweichen- den Mansfeld u. Halenke, welche die Differenz nur zu 0,52 Skalenteilen ermittelten.

Das Aussehen der Grenzlinie wurde auch bei reiner Butter nicht immer farblos gefunden. Bei niederer Temperatur ist bei hochbrechenden Fetten die Grenzlinie bisweilen blau, so dafs das Auftreten einer blauen Grenzlinie nicht ohne weiteres auf Margarin hinweist.

Drei Butterproben, welche bei 25° eine Refraktion von 52,7, 52,8 und 53 Skalenteilen besalsen, zeigten eine blaue Grenzlinie, wie Margarine, bestanden aber nach Ausfall der chemischen Untersuchung aus reiner Naturbutter.

Für Olivenöl, Sesamöl, Baumwollensamenöl, Erdnufsöl, Mandelöl, Aprikosenkernöl, Pfirsichkernöl, Sonnenblumensamenöl wurden die folgenden Ablenkungen und Differenzen für je C. gefunden (s. Tabelle).

28*

426 H. Beekurts: Ueber Fettuntersuchungen. Olivenöl Sesamöl Baumwollen- Erdnuflsöl = samenöl 8 8 R 5 2 : SEE Differenz pt Differenz ah Difarenz: & Differenz =] für 19. für 19. für 19. für 10, fan lenk- | Spaten- |1e0E- | Skalen. |1OE- | Seaten- | RE | Sealen- ung.| "teile RE teile "Er teile re 30 59,0 _ 65,6 65,0 _ 63,3 —— 29 59,6 0.6 66,3 0,7 65,5 0,5 63,9 0,6 23 | 6002| 06 | 8670| 07 66,1 06 I 6425| 086 27 60,8 0,6 67,7 0,7 66,6 0,5 65,2 0,7 26 61,4 0,6 68,3 0,6 67,2 0,6 65,9 0,7 25 62,0 0,6 69,0 0,7 | 67,8 | 0,6 66,5 0,6 % Mandelöl Aprikosenöl Pfirsichkernöl Sonnenblumen- 3 samenöl E Differenz Differenz Differenz | Differenz & Ab- für 10 N) Ab- für 10 B für 10 8 |lenk- | Skaten- |lenk-| Skaten. |1enk- | Skaten. |1RE- | Sralen- Uns teile Rn teile anB teile Lu teile 30 62,2 62,6 63,11 _- | 69,5 29 |627| 05 6332| 04 63,7| 086 7001 05 28 63,2 0,5 63,8 0,6 64,3 0,6 70,5 0,5 27 63,8 0,6 64,4 0,6 64,9 0,6 alsı! 0,6 26 64,3 0,5 65 0,6 65,5 0,6 71,6 0,5 25 64,8 0,5 65,6 0,6 | 66,1 0,6 72.2 0,6

Mansteld (l. c.) fand für unzweifelhaft echte Butterproben eine mittlere Ablenkung von 51 Skalenteilen und die Schwankungen zwischen 49,6 und 52,4 bei 25%. Wir fanden: für reine Butterproben Ablenkungen bis zu 53 Skalentheilen, und zwar waren dies solche Butterproben, welche hohe Reichert-Meiss’sche Zahlen von 31.79, 31.85, 31.6 gaben. Auch Halenke (I. c.) fand einige wenige Butterproben, welche bei der Refraktion zwischen 51.5—53 Skalenteile zeigen, die eine normale Reichert-Meiss’sche Zahl lieferten, doch erreicht keine dieser Butterproben die Refraktion von 53 Skalentheilen.

Ein Parallelismus zwischen der Refraktion und Reichert-Meissl’scher Zahl wurde auch von uns

H. Beckurts: Ueber Fettuntersuchungen. 427

nicht beobachtet. Zwanzig von uns auf dem Markt zu verschiedenen Zeiten aufgekaufte Butterproben ergaben in dieser Beziehung die folgenden Werte:

No. Refraktometerzahl Reichert-Meissl'sche bei 250 C. Zahl 1 48.1 27 2 48.8 30.86 3 49.8 31.8 4 49.9 30.42 5 49.8 30.25 6 49.9 29.59 7 49.8 29.48 8 49.6 30.26 9 49.6 28.60 10 50.0 30.36 1l 50 30,8 12 50,3 31,2 13 51 26,0 14 3155 27,0 15 50,1 29,3 16 50 29,4 17 532.7 31,79 18 52,8 31,85 19 52,6 24,0 20 53,0 31,6

Die Refraction für Olivenöl wurde bei 25% C. zu 620 ge- funden. Die zur Verfälschung des Olivenöls dienenden Oele zeigten alle eine höhere Refraction, so dafs durch Zusatz solcher zu Olivenöl die Refraction erhöht wird.

Es betrug die Rerraction bei 250 C.

für SERBEABES. alt, So. 0000008 „Baumwollssmenöh .,.. .. : .-.„.. 648 (Brdamlinaben. -ı8 -ernermun. v2 an. VERNEREUE ORT ER PT. ES EEE NEBEN SEITEN ESG „. Aprikasenkernölly 3X. 20412707 21656 „’ PersphErraas ar Be. 20802 su: Mir a a ee: Soda Bar Sonnenblamenskmmt in, 1, 8 722

Die bei Untersuchung des Olivenöls und einiger seiner Verfälschungen beobachtete Ablenkung und gefundenen Jodzahlen

428 H. Beckurts: Ueber Fettuntersuchungen.

zeigen einen gewissen Parallelismus der Refraction mit dem Jodadditionsvermögen, indem die Refraction mit dem Jodadditionsvermögen steigt. Es wurden gefunden:

Refraktion b. 250 C. Jodzahl.

1: OBTEBSIN ET IB 83 2. Mandel" 7. „=. "7648 98 3. Pfirsichkernöl . . . 66.1 99.5 4. Aprikosenkernöl . . 65.6 100.1 5: Branulsole 2... P= 1 669 101 6. Baumwollesamenöl . 67,8 103 VRESCHEN te re ne 106 8-Mahräl 25: 2 #22 92 133 9. Sonnenblumensamenöl 72.2 134

Analog verhielten sich einige feste Fette, es wurden nämlich

gefunden: Refraction b. 40° C. Jodzahl.

ISKokonoler. 7.2207 78335 9 2. Palmkernöl”. . .. . 365 12.3 3:3Butterge Em. u... 408 33 4 Tale E Bean: 2 38 5. Schweinefett . . . 50 53 6. Margarine . . . . 504 59

Giebt somit die Refraction in alle den untersuchten Fetten gleich der Jodzahl als ein Maas für den Gehalt an ungesättigten Fettsäuren ab, so trifft dies bei einem anderen Fette, dem Hirschtalg nicht zu, welcher fast das gleiche Refractionsvermögen, wie Rinder- und Hammeltalg zeigt, aber nur eine Jodzahl besitzt, welche halb so grols ist, wie diejenige des Rinder- und Hammeltalgs.

Die Verwendbarkeit des Refractometers für Butter, Schmalz und Olivenöl steht für viele Fälle, peinlichste Berücksichtigung der Temperatur vorausgesetzt, aulser allem Zweifel. Abschliefsende Urteile über die Grenzen der Verwendbarkeit können aber erst auf Grund weiterer Untersuchungen, über welche demnächst berichtet werden soll, gefällt werden.

H. Beckurts: Zur Kenntnis des Hirschtalgs. 429

Zur Kenntnis des Hirschtalgs. Von H. Beckurts und F. Oelze. (Eingegaugen den 13. VI. 1895.)

Vor kurzem hatten wir Gelegenheit, echtes Hirschtalg, welches uns durch die Herren Dr. Weppen und Lüders in Blanken- burg a. H. zugestellt war, zu untersuchen. Es wurde dabei ge- funden, dafs Hirschtalg von dem Rinder- und Hammeltalg in einigen seiner Eigenschaften wesentliche Verschiedenheiten zeigt, auf die bisher noch nicht aufmerksam gemacht ist.

Zunächst liegen die Schmelzpunkte und Erstarrungs- punkte des Fettes und der Fettsäuren höher als bei Rinder- und Hammeltalg.

Während nämlich Rindertalg nach unseren Untersuchungen bei 43 —44,50 schmilzt, bei 37% erstarrt, Hammeltalg bei 44 bis 45,50 schmilzt und bei 32—36° erstarrt, liegt der Schmelzpunkt des Hirschtalges bei 49—49,5°, der Erstarrungspunkt bei 48°.

Die aus dem Rindertalg abgeschiedenen Fettsäuren schmelzen nach unseren Beobachtungen bei 44,5—46°, diejenigen des Hammeltalgs bei 45—470, während die aus dem Hirschtalg ab- geschiedenen Fettsäuren erst bei 49,50 schmelzen.

Der wesentlichste Unterschied liegt aber in der Höhe der Jodzahl.

Die Jodzahl wurde für Rindertalg zu 40 (Hübl), 43,3 bis 44 (Wilson), 35,4 —36,4 (Filsinger), 35,6—38,9 (Dieterich) er- mittelt, und fürrHammeltalg auf 45,2—-46,2 (Wilson), 34,8—37,7 (Dieterich), 32,7 (Thörner) festgestellt.

Wir fanden nach zahlreichen Untersuchungen die Jodzahl für Rindertalg im Durchschnitt = 38, diejenige des Hammeltalgs = 36. Auffallender Weise aber für Hirschtalg erheblich niedriger, nämlich zu

7 Lu. HEN V. VI. 19,8 20,7 20,57 20,8 21,0° 20,73 Es ist dies ein Umstand, auf welchen hingewiesen zu werden verdient, und der durch Untersuchung der Fettsäuren des Hirsch- talges noch aufgeklärt werden soll.

430 Dr. P. C. Plugge: Ueber das Vorkommen von Cytisin.

Im Zeiss’schen Refraktometer wurde zwischen den drei Talgsorten nur ein geringfügiger Unterschied bemerkt. Der Brechungsexponent betrug bei 40° für Rindertalg 45, für Hammel- talg 46 und für Hirschtalg 44,5 Skalenteille.e Es ist dies um so bemerkenswerter, weil nach Hefelmann *) ein Parallelismus zwischen Refraktion und Jodadditionsvermögen vorhanden ist, so dals wie die Hübl’sche Jodzahl auch die Refraktion der Fette ein Mafs für den Gehalt an ungesättigten Fettsäuren abgeben kann. Dies trifft nach unseren Untersuchungen an den Talgsorten nicht zu, welche bei annähernd gleicher Refraktion ein sehr verschiedenes Jodadditionsvermögen besitzen.

Untersuchungen aus dem pharmaceutischen Laboratorium der Reichsuniversität zu Gröningen.

Ueber das Vorkommen

von Cytisin in verschiedenen Papilionaceae. Von Dr. P. C. Plugge. (Eingegangen den 19. Juni 1895).

Untersuchungen der letzten Zeit haben gelehrt, dafs das Oytisin, aulser im Goldregen und in vielen anderen Arten des Geschlechtes Cytisus auch in einigen Arten der Geschlechter Genısia, Ulex, Sophora und Baptisia vorkommt. Es schien mir in mehr als einer Hinsicht interessant, die Untersuchung nach dem Vorkommen und der Verbreitung dieses Alkaloids in der Familie der Papilionaceae fortzusetzen. Von pharmacologischem und toxikologischem Interesse ist eine derartige Untersuchung, weil sie Licht verbreitet über die Ursache des einigen noch wenig bekannten Papilionaceae zuerkannten bedeutenden pharmacodynamischen Wertes resp. giftiger Wirkung. Wahrscheinlich ist sie auch in botanischer Hinsicht einigermalsen von Interesse. Wenn wir nämlich in Betracht ziehen, dafs, abgesehen von verschiedenen Ausnahmen, bestimmte Pflanzenstoffe, wie Alka- loide, Glukoside, ätherische Oele, Harze u. s. w., namentlich oder

*) Pharm. Centralh. 1894, 467.

Dr. P. C. Plugge: Ueber das Vorkommen von Cytisin. 431

sogar ausschlie(slich in Pflanzen einer bestimmten Familie sich vor- finden,’ fist es nicht zu leugnen, dafs bei Pflanzen mit überein- stimmenden morphologischen Kennzeichen auch bestimmte physiolo- gische Beziehungen vorhanden sind, oder dafs zwischen der Form der, !Pflanzen, welche ihre systematische Stellung oder Einteilung bestimmte, und dem Chemismus derselben irgend welcher Zusammen- hang bestehen muls.

Dem Botaniker müssen wir es überlassen, auszumachen, ob innigerer morphologischer Verband nachweislich sei zwischen den Andromedotoxin-haltigen Ericaceae, wie: Andromeda, Ca/sandra, Aszalea, Rhododendron, Kalmia und Pieris einerseits und den Andro- medotoxin-freien Geschlechtern wie: Zrica, Calluna, Arbutus, Ledum, Gaultheria, Chimaphila und Clethra andererseits, ihm müssen wir die Antwort auf die Frage überlassen, ob die Ausnahme, welche das Andromedotoxin-freie Rhododendron hirsictum unter allen übrigen Andromedotoxin-haltigen Species dieses Geschlechtes macht, auch begleitet ist von bestimmten morphologischen oder anatomischen Abweichungen. So entsteht hier auch die Frage, stehen die vor- genannten Geschlechter der Papilionaceae, worin Cytisin gefunden ist, auch in systematischer Hinsicht sich nicht näher, als man blofs auf Grund morphologischer Kennzeichen angenommen hat? Mufs die Baptısia tinctoria R. Br. nicht mit grölserem Recht mit ihrem früheren Namen Sophora tinctoria L. bezeichnet werden? Weicht die gift- freie, glukosidbildende Sophora japonica Dec. (Styphnolobium) nicht mehr ab von den cytisinbildenden Arten, wie Sophora lomentosa

S. speciosa ete., als diese untereinander und von den Baptısıa’s verschieden sind ?

Die Thatsache, dafs die 7empletonia glauca Sims sehr giftig ist, während die 7empletonia retusa R. Br. (syn. Rafnia Vent.) fast nicht giftig ist, dafs weiter die Sophora japonıca vollkommen un- schuldig ist, während die Sophora secundiflora Lagasca (Vırgılia secundiflora Cav.) staık giftig wirkt, hat auch schon Cornevin:) zur Frage veranlafst: „pourquoi cette difference de venosite entre deux especes aussi voisines?“ Cornevin beantwortet diese Frage mit den Worten: „Je ne saurais, pour mon compte, apporter le

1) L. Henry. Revue borticole Paris 1893. 402.

432 Dr. P. C. Plugge: Ueber das Vorkommen von Cytisin.

moindre element & la solution de ce probleme, mais il m’a paru in- teressant de la signaler & l’attention des chercheurs.“

In der That ist die Antwort auf derartige Fragen, bei dem noch so mangelhaften Zustand unserer Kenntnis des Chemismus in der Pflanze, höchst schwer oder selbst noch unmöglich, doch es will mich bedünken, dals diese Fragen sich uns stets mehr aufnötigen und dafs die Untersuchung nach der Verbreitung charakteristischer chemischer Pflanzenbestandteile innerhalb einer bestimmten Pflanzen- familie eins der Mittel ist, zu einer eventuellen Beantwortung der- artiger Fragen kommen zu können.

Diese Erwägung war einer der Gründe, infolge welcher ich mich zu einer fortgesetzten Untersuchung der Verbreitung des Cytisins in der Familie der Papilionaceae entschlofs. Bis jetzt wurden fol- gende Pflanzen untersucht:

Sophora speciosa. Benth.

Die Untersuchung dieser in Texas und Mexico vorkom- menden Giftpflanze, deren schön rote Samen unter dem Namen „poison beans“ bekannt sind, interessierte mich besonders, weil Wood gerade aus diesen Samen das Alkaloid bereitete, das er mit dem Namen Sophorin bezeichnete. Ich hatte nämlich bei einer früher mitgeteilten Untersuchung 1) der Samen von Sophora tomentosa L. gefunden, dafs diese Cytisin enthalten und, einstweilen annehmend, dals Sophora lomentosa und Sophora speciosa dasselbe Alkaloid, Wood’s Sophorin, enthalten sollten, kam ich zum Urteil, dafs „S o- phorin und Cytisinindentisch sind.“

Obgleich für diese vorausgesetzte Aehnlichkeit der Basen sehr viele Gründe anzuführen waren, so konnte dennoch das vorhin er wähnte Urteil erst dann als vollkommen berechtigt betrachtet werden, wenn nachgewiesen war, dafs auch das Alkaloid von Sophora spe- ciosa in der That Cytisin ist.

Durch di6 freundliche Vermittlung der Herren Parke, Da- vis& Co. zu Detroit, Mich. U. S., denen ich dafür meinen herzlichen Dank abstatte, empfing ich eine geringe Quantität Samen von Sophora speciosa. Auf die früher, bei Sophorin, erwähnte Weise, nämlich durch Ausziehung einer Mischung des Pulvers der Samen

1) P.C. Plugge. Archiv der Pharm. 1884. 444,

Dr. P. C. Plugge: Ueber das Vorkommen von Cytisin. 433

und frisch gelöschten Kalks in einem Soxhlet’schen Apparat mit Chloroform, isolierte ich die giftige Basis,

Sowohl aus der chemischen, als auch der toxikologischen Unter- suchung, welche ich zur Vermeidung von Wiederholungen hier nicht näher beschreiben werde, ergab sich, dals auch diese Basis Cytisin ist und deshalb das Urteil: „Sophorin und Cytisin sind identisch“ vollkommen berechtigt ist.

Die quantitative Bestimmung des Alkaloidgehaltes zeigte, dafs diese Samen 3,23 pCt. Cytisin enthalten. Dieser hohe Cytisingehalt erklärt denn auch die grolse Giftigkeit dieser Pflanzen.

Dujardin-Beaumetz und Egalse!) erwähnen, dafs eine halbe Bohne Delirien und darnach tiefen Schlaf verursucht, und dafs eine einzige Bohne genügen würde, einen Menschen zu töten. Eine einzige Bohne enthält 26,97 Mgrm. Cytisin, wie aus dem ge- fundenen Prozentgehalt Cytisin = 3,23 und dem durchschnittlichen Gewicht einer Bohne oder eines Samens = 0,835 g. berechnet werden kann.

Da die Wirkung des Jnfus der Samen und die desCyti- sins völlig mit einander übereinstimmen, ist das Vorkommen eines zweiten Giftes in den Samen von Sophora speciosa nicht wahrscheinlich.

20 Sophora secundiflora Lagasca (Virgilia secundıflora Cad.)

Von dieser Pflanze gab The pharmacentical Journal 1892/93, P. 264 folgende, dem Kew Bulletin LXIX, 216 ent- nommene Beschreibung: „The Sophora secundiflora is a small tree or shrub of Matagorda Bay, Texas and forms dense thik- kets on the borders of streams. Its wood is heavy, hard, close- grained, and of an orange colour, streaked with red. The leaves and seeds are said so produce tetanus in animals eating them, and a whole pod to be sufficient to killa man. The seeds which are stated to contain an exceedingly poisonous alkaloid, sophorin, are used by Indians in the neighbourhood of San Antonio to pro- duce intoxication, half a seed producing exhilaration, which is folle- wed by sleep lasting two or three days.“

l) Dujardin-Beaumetz und Egalse. Lesplantes medi- einales. P. 678.

434 Dr. P.C. Plugge: Ueber das Vorkommen von Cytisin.

Eins bedeutende Quantität der Samen dieser Pflanze verdanke ich wiederum dem Wohlwollen der Herren Parke, Davisund Co. Die Trennung und die Untersuchung des Alkaloids geschahen auf die schon beschriebene Weise; dieselben bewiesen, dals auch dieses Alkaloid Cytisin ist. Die quantitative Bestimmung lehrte, dafs diese Samen 3,47 pCt. Cytisin enthalten, bezüglich bei einem durch- schnittlichen Gewicht von 0,795 für einen Samen, 27,58 Mgrm. pro Samen, der an Farbe und äufserer Erscheinung dem der Sophora speciosa vollkommen gleicht.

Ob die zwei hier erwähnten Species in der That verschiedene Arten sind, oder ob unter S. specrosa und S. secundiflora ein und dieselbe Pflanze verstanden werden mufs, scheint mir nicht fest aus- gemacht. Von einer Identität dieser zwei Arten zeugen u. a. die vollkommen übereinstimmenden Angaben über die Gegend, wo sie wächst, den Habitus der Pflanze und die Giftigkeit der Samen, die, wie wir schon bemerkten, auch an Farbe, Form und Gröfse gänz- lich gleich sind. Auch hinsichtlich des feineren Baus stimmen diese Samen, wie mein Kollege Prof. Moll so freundlich war zu kon- statieren, vollständig überein. Da Prof. Moll von beiden Samen- arten einige aussäen liels, werden wir später wahrscheinlich die Gelegenheit haben, diese botanische Frage näher zu beleuchten.

30 Sophora Japonica De. (Styphnolobium).

Diese Pflanze, deren Blätter nach einigen Angaben pur- gierend wirken, und die nach Dr. Greshoffs „Eerste Ver- slag P. 27“, in ihrer Heimat wider Kolik und Diarrhoea angewandt wird, ist als nicht giftig bekannt.

Ihre Blumen enthalten einen gelben Farbstoff: mai-fa der Chinesen. P. Foerster (Ber. 1882 P. 214) hat aus dieser Pflanze ein Glukosid erhalten, dem er den Namen Sophorin gab, und das sich bei Behandlung mit verdünnter Schwefelsäure in 57,56 Pzt. Isoduleit und 46,84 Pzt. Sophoretin spaltet. _ Letztge- nannter Stoff zeigt grolse Aehnlichkeit mit Quercetin, dennoch ist er damit, nach Foerster, nicht identisch, wie mit Unrecht von Stein (Journ. f. prakt. Chemie 58, 399; 85, 351; 88, 280) behauptet worden ist.

Dr. P. C. Plugge: Ueber das Vorkommen von Cytisin. 435

Wie wir schon früher mitteilten, erwies sich, dafs die Samen dieser Pflanze kein Cytisin enthielten.

Nunder Name Sophorin für das Alkaloid von Wood weg- fällt, kann also der Name für das Glukosid von Foerster er- halten bleiben.t)

40 Sophora japonıca pendula.

Die Samen dieser Pflanze lieferten uns kein Cytisin.

50 Sophora affınıs.

Es zeigte sich, dafs diese, ebenso wie die vorige, cytisinfreie, Samen enthielt. 6. Sophora tomentosa. Die Untersuchung dieser Pflanze, die 2,065 Pzt. Cytisin in ihrem Samen enthielt, haben wir schon ausführlich beschrieben.

Euchresta Horsfieldii Benn.

Ueber diese zu den Leguminosae-Paptlionaceae, tribus Dal- bergicae gehörige Pflanze, und besonders über ihre schwarzen, ein- samigen Früchte, werden viele Einzelheiten von Dr. W.G.Boorsma in seinem neulich erschienenen: „Eerste resultaten van hetonderzoek naar deplantenstoffen van Neder- landsch-Indie.Batavia’s Gravenhage 1894.“ mitgeteilt Nach seiner Beschreibung besitzt man in diesen Früchten das hoch- gerühmte javanische Heilmittel, dem die Eingeborenen den Namen „Pränädjiwä“ d. bh. Trost der Seele gegeben haben, einen Namen, mit dem man aber auch die zur Familie der Sterculiaceen gehörigen Sterculia Javanıca R. Br. bezeichnet.

Schon vor einiger Jahren wurde mir von einem aus Ost-Indien zurückgekehrten Offizier eine Quantität der Angabe nach von. Euchresta Horsfieldii herkom mende Samen zugeschickt, mit der Bitte, dieses unfehlbare Mittel gegen Phthisis zu untersuchen. Meine Untersuchung wies nach, dafs die Samen keine Alkaloid oder

1) Nach neueren Untersuchungen von Ed. Schunck (Journ. chem. Fol. 1095, 1. 30—32) ist das GlucosidvonSophora Japonica, entgegen der Annahme Foersters, identisch mit den Rutin, dem Glucosid der Gartenraute. (Ber. 1895 Ref. 302).

Der Name Sophorin kann also auch für das Glueosid weg- fallen.

436 Dr. P.C. Plugge: Ueber das Vorkommen von Cytisin.

Glukosid enthielten, dafs sie so ziemlich geschmacklos waren und bei Versuchen an Tieren nicht die geringste Wirkung hervor- brachten. Ich antwortete dem Absender denn auch, dafs diese Samen vielleicht nach Art der Ervalenta oder Revalenta einige Be- deutung haben könnten, dafs die Untersuchung aber keinen einzigen Beweis für die angeblich heilkräftige Wirkung ermittelt habe.

Die heute erschienene Mitteilung von Dr. Boorsma macht es nun höchst wahrscheinlich, dafs wir damals die unechten Pränädjiwä, die Samen der Sterculia javanıca zugeschickt worden sind. Jedenfalls stimmten sie nicht überein mit den mir jetzt von Boorsma zugeschickten echten Pränädjiwä, den Samen von Zuchiesta Horsfeldii.

Letzterwähnte Samen, die einen bittern Geschmack haben, enthalten nach Boorsmamehrals 1,5 Pzt. Alkaloid, das er aus den von Fett befreitenSamendurch Ausziehung mit Spiritus Aufnahme des spirituosen Extrakts mit Wasser, Reinigung mit basischem Bleiacetat u. s. w., und schliefslichem Ausschütteln mit Chloroform isolierte. Die Beschreibung, welche Boorsma von diesem Euchresta-Alkaloid gab, lautet wie folgt: „Das Alkaloid ist in Wasser leicht löslich zu einer alkalischen Flüssigkeit. Der Geschmack ist widerlich bitter. Mit starken Säuren erhält man keine spezifischen Reaktionen; Salpetersäure: schwach gelb, Schwefelsäure und Salzsäure: schwach rotgelb, Schwefelsäure mit Kaliumbichromat oder mit molybd. Ammon.: nichts besonderes.“ Weiter erwähnt er noch das Verhalten dieser Basis gegenüber all- gemeinen Alkaloidreagentien, nebst einigen wenigen Versuchen an Kröten und Hühnern. Elementar-Analysen und Bestimmungen des Molekulargewichts wurden nicht ausgeführt, sodals die Art und Zu- sammensetzung dieses Alkaloids, dem der Verfasser denn auch keinen besonderen Namen gab, im Dunkeln blieben. Ein Teil dieses Alka- loids wurde mir von Dr. Boorsma zum Studium seiner physiolo- gischen Wirkung zugeschickt. Er bestand aus (11,62 g) einer grün- braun gefärbten alkoholischen Lösung, worin nach der Angabe ca. 4 g Alkaloid enthalten war. Mit dieser Flüssigkeit führte ich fol- gende Untersuchung aus:

1%. Durch Eindunstung und Erhitzung des trockenen Restes fand vollkommene Verbrennung statt: die Flüssigkeit enthielt des- halb keine anorganischen, unverbrennbaren Stoffe.

Dr. P. C. Plugge: Ueber das Vorkommen von Cytisin. 437

2°, Ein wenig von der alkoholischen Lösung färbte, nach Verdünnung mit Wasser, Lackmus blau, liefs aber die Phenolphtalein- lösung unverändert (Kennzeichen von Alkaloiden).

30, In verschiedenen Uhrgläsern wurden kleine Quantitäten der alkoholischen Flüssigkeit mit ein wenig Säure gemischt (HNO®, H? SO#, C2 H* O? oder H Cl und dann in einen Exsicator gesetzt. Bald zeigten sich schöne Krystallbündel eines Nitrats, feine Nadeln von Acetat und Salzsäureverbindung, während die mit Schwefelsäure vermischte Lösung amorph blieb.

4%. Durch Vermischung der alkoholischen Flüssigkeit mit Chloroform präzipitierte sich allmälich ein wenig von einer weilsen krystallinischen Masse, jedoch zu wenig für eine nähere Unter- suchung.

5%, Die Flüssigkeit, welche von dem sub erwähnten Stoff durch Filtration befreit worden war, wurde nun auf dem Wasserbad verdunstet, der Rest wiederum in stark sauer gemachtem Wasser aufgenommen, durch Natronlauge alkalisch gemacht und nun mit Chloroform ausgeschüttelt. Mit dem Verdunstungsrückstande der so erhaltenen Lösung in Chloroform wurden folgende Versuche angestellt:

a. konzent. Schwefelsäure färbt einen Rest schwach gelb.

b. 5 ® und Kaliumbichromat: nichts Besonderes.

c. - e molybd. Ammon: nichts Besonderes.

d. = ® Er vanadins Ammon. nichts Besonderes.

e. x a R Ceriumoxydul: färbt

einen Rest vorübergehend schwach pfirsichblüterot. f. 3 E x Kaliumpermanganat giebt eine schön violettrote Farbe, die allmählich mehr violett bis blau wird. g- ri » - Ba (U H)2, KC103, K$ Fe? Cy!2, Rohbrzucker oder Furfurol geben nichts. h. Die Lösung in sauergemachtem Wasser wird präzipitiert durch die allgemeinen Alkaloid-Reagentien Jodjodkalium, Jodkalium- Jodquecksilber, Jodkalium-Jodwismut,Phosphor molybdänsäure, Phosphorwolframsäure u.s. w.

438 Dr. P.C. Plugge: Ueber das Vorkommen von Cytisin.

i. Dittmar’s Reagens (Chlorjod) präzipitierte diese Lösung nicht.

J- Konzent. Salpetersäure färbt einen Rest schwach gelb.

k. Eisenchloridlösung färbt einen Rest blutrot.

l. van de Moers Reagens (Fe? C1# + H?O? und danach NH3 und verdünnt H? SO%) gab mit diesem Euchresta-Alkaloid vollkommen gleichen Farbenwechsel, wie mit Cytisin.

Die Löslichkeit des Alkaloids in Wasser, demzufolge die Nicht- fällbarkeit durch Alkalien, das negative Verhalten gegen Ditt- mar’s Reagens, die Rotfärbung mit Eisenchlorid und vor Allem das Verhalten gegen v.d. Moers’schen Reagens, deuten darauf, dafs das Euchresta-Alkaloid Cytisin ist.

Wenn dies wirklich der Fall war, so mulste aber auch das Alkaloid des Goldregens was früher nicht probiert war mit konzent. Schwefelsäure und Kaliumpermanga- nat die oben beschriebene Farbereaktion geben. Bei Wieder- holung dieses Versuchs mit reinem Cytisin zeigte sich, dals dies in der That der Fall war, so dafs wir durch die Untersuchung des Euchresta-Alkaloids nun auch eine neue Reaktion auf Oytisin ge- funden hatten.

m. Einige Versuche an Fröschen (Rana temporaria) lieterten Resultate, welche vollkommen übereinstimmten mit denen, welche wir bei Cytisin wahrgenommen hatten.

Nachdem durch diese qualitativen chemischen und physiologischen Versuche mit grofser Wahrscheinlichkeit ermittelt war, dafs das Euchresta-Alkaloid Cytisin ist, werden jetzt auch einige quantitative Bestimmungen ausgeführt. Dazu wurde ein Teil der Lösung in Chloroform verdunstet, der Rest in Wasser, das durch Salzsäure sauer gemacht war, aufgenommen, die so erhaltene schwach saure Lösung in zwei Teile (I und II) geteilt und (IT) mit Goldchlorid und (II) Platinchlorid präzipitiert. Die so erhaltenen Gold- und Platin- doppelverbindungen wurden zu constantem Gewicht getrocknet und dann darin durch Verbrennung einer abgewogenen Quantität, der Gold- resp. Platingehalt bestimmt. Dabei erzielte ich folgende Resultate:

I. Goldbestimmung. a. 0.250 g Golddoppelverbindung lieferte 0.091 g oder 36.40 Pzt. Au. BEUABSEZ" ", A c L 0.129 „’ SI@u ZUR während die Berechnung fordert für: CU H“UN2O. HAuCc# 37.11

Dr. P. C. Plugge: Ueber das Vorkommen von Cytisin. 439

I. Platinbestimmung. 0.140 g Platindoppelverbindung lieferte 0.026 g oder 25.00 Pzt. Pt. während die Berechnung fordert für: (CH! H14 N2 O)2H2Pr Cl6 24.64

Auch die quantitativen Bestimmungen deuten entschieden auf Cytisin hin, und wir stehen daher auch auf Grund dieser Unter- suchungen nicht an, zu folgern, dafs das Alkaloid der Samen von Euchresta Horsfieldii Benn. Cytisin ist.

Auf Grund der vorerwähnten Untersuchungen in Verbindung mit andern, hat sich bezüglich des Vorkommens von Cytisin in der

Familie der Papilionaceae Folgendes herausgestellt. A. Cytisinhaltig sind:

1. Cytisus LaburnumZL(Laburnum vulgare Grisebach), nachgewiesen von Husemann & Marm&,

2. Cytisusalpinus Mill, 3. C.supinus Jacq., nachgewiesen von Husemann & Marm&,

4. Cytisuselongatus W.u. K,5.C. Weldinii Vis, nach- gewiesen von Husemann & Marme&,

6. Cytisus sessifoliusL,., 7.C. hirsutus ZL., nachgewiesen von Husemann & Marme,

8 CytisusbiflorusL'her., 9. C. Alschingeri Vis, nachge- wiesen von Cornevin,

10. CytisusnigricansL,11l. C.proliferus ZL.fil., nachge- wiesen von Cornevin,

12. Cytisus Adami Poit., 13. C. ratisbonensis 3 minor Schäf. nachgewiesen von Radziwillowicz,

14. Cytisus ratisbonensis Schäf. 15 C. polytrichus M. B., nachgewiesen von Radziwillowicz,

16. Genistaracemosus Marnoch, 14.G. ramosissimus Ten, nach- gewiesen von van de Moer,

18. Genista Spicatusl), nachgewiesen von van de Moer,

19. Ulexeuropaeus_L. (Ulexin von Gerrard), nachge- wiesen von van de Moer, Partheil,

20. Sophora speciosa (Sophorin von Wood), nachge- wiesen von Plugge,

21. Sophoratomentosa,22.S.secundiflora Lagasca, nach- gewiesen von Plugge,

23. Baptisia tinctoria R. Br. (Baptitoxin von v.Schroeder), nachgewiesen von Plugge,

1, Die unter 16, 17 und 18 erwähnten Genista's werden auch wohl als Cytisus species erwähnt.

Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bds. 6. Heft. 29

440 Dr. P. C. Plugge: Ueber das Vorkommen von Cytisin.

N) rm

Baptisia australis, nachgewiesen von Plugge, EuchrestaHorsfieldii Benn., nachgewiesen von Plugge.

ID er

B. Als Cytisinfreierwiesen sich:

1. Cytisus nigricans!), nachgewiesen von Husemann&

Marme6,

Cytisussessilifolius_L,3.C.argenteus L. nachge-

wiesen von Cornevin,

Cytisus capitatus Jacq,, nachgewiesen von Cornevin,

4. Genistatinctoria L,5. G. pilosa L., nachgewiesen von vandeMoer,

6. Genistaanglical.,7.G.germanica, nachgewiesen von vandeMoer,

8 SophorajaponicaDec,9. S.japonicapendula, nach- gewiesen von Plugge,

9. Sophora affinis, nachgewiesen von Plugge.

I)

=

Aus dem Mitgeteilten erhellt, dafs das Cytisin in vielen Pflanzen der Familie der Papilionaceae vorkommt. Namentlich das Faktum, dafs unter diesen Pflanzen einige vorkommen, die entweder in Nord- Amerika oder in Ost-Indien zu den wertvollsten Heilmitteln gerechnet werden, machte es unseres Erachtens erwünscht, die Aufmerksamkeit der Therapeuten auf das Oytisin zu lenken.

Von der Sophora, dem „Pharmacum magnum“ sagt Dr. Greshoffin seinem mehr genannten „Eerste Verslag“: „Es giebt wenig indische Pflanzen, die als Arzneimittel sich einer so grolsen Berühmtheit erfreut haben als die Sophora.“

Dals die Zuchresta Horsfieldi Benn, die „Pränädjiwa“ oder „Trost der Seele“ nicht weniger hoch geschätzt sind, als die vorige Pflanze, kann man aus den „Mededeelingen“ von Dr. Boorsma erfahren. Dafs endlich die Baptısıa tincloria R. Br. noch in ver- schiedenen Formen in Amerika Anwendung findet, habe ich schon in einer vorigen Mitteilung erwähnt.

Da nun einige der angeblichen therapeutischen Effekte dieser Pflanzen sehr wohl übereinstimmen mit den erzielten Resultaten der physiologischen Untersuchung über Cytisin, ist es meines Erachtens auch empfehlenswert, dieses nun leicht zu erhaltende Alkaloid noch einmal einer genauen therapeutischen Untersuchung zu unterwerfen. Den de Moer ermittelte in Uebereinstimmung mit

Cornevin, also abweichend von Husemann & Marme, Cytisin in Oytisus nigricans.

Dr. P. C. Plugge: Ueber Matrin. 441

Wir beabsichtigen die Untersuchung über das Vorkommen und die Verbreitung von Cytisin in giftigen Papilionaceen fortzusetzen. Diejenigen, welche uns möglicherweise dazu (wenigstens 10 Gramm) Samen noch nicht untersuchter Papilionaceen zusenden können, würden uns dadurch zu besonderm Dank verpflichten.

Matrin, das Alkaloid von Sophora angustifolia. Von Dr. P. C. Plugge. (Eingegangen den 6. VII. 1895.)

Im Verfolg meiner vorigen Mitteilung über verschiedene Sophora- species möchte ich hier noch etwas über Sophora angustifohla mit- teilen.

Die sehr bitter schmeckende Wurzel dieser Pflanze, welche in Chiva unter den Namen Kusham oder Kuisiu, in Japan unter den von Maiari bekannt ist, wird in den genannten Ländern als Heilmittel gebraucht.

Zutolge einer kurzen Mitteilung vonDujardin-Beaumetz und E gasse wurde die Wurzel schon von Petit untersucht, der nach seiner Behauptung darin ein neues Alkaloid nachwies, mit welchem aber von ihm nicht weiter experimentiert ist. Um zu unter- suchen, ob das Alkaloid auch Sophorin (Cytisin) sein könnte, bemühte ich mich, die Wurzel oder auch den Samen aus Japan zu erhalten. Gerade als ich meine vorige Mitteilung über das Vor- kommen von Cytisin in verschiedenen Papilionaceen an die Redaktion dieses Archivs gesandt hatte, empfing ich Bericht aus Japan, dals dort Prof. Nagai sich mit der Untersuchung dieser Wurzel be- schäftigt und ein Alkaloid daraus abgeschieden hätte, welchem er den Namen: Matrin gab.

Prof. Nagai hatte die grofse Freundlichkeit, wofür ich ihm meinen herzlichen Dank abstatte, mir ein wenig von dem gut krystallisierten Alkaloid, zusammen mit einer japanisch gedruckten Abhandlung über die Pflanzenbasis zuzusenden. Zu meinem grolsen Bedauern mufs der Inhalt dieser japanischen Abhandlung zum grölsten Teil ein Geheimnis für mich bleiben. Nur die zwischen dem Text vorkommenden Formeln konnten mich belehren, dafs das

29*

442 Dr. P.C. Plugge: Ueber Matrin.

durch Prof. Nagai mit dem Namen Matrin bezeichnete Alkaloid bestimmt verschieden ist von dem Sophorin (Cytisin. NachNagai ist Matrin eine bei + 800 ©. schmelzende Basis von der Zusammen- setzung : O4; H3, Nz0 = 248, deren Gold- und Platindoppelverbindungen, gemäls der gelieferten Menge Au (33,39 Proz.) und Pt (29,85 Proz.) die folgende Zusammensetzungen haben: Cj; Hs, NsO,H AuCl, und C,; Hz, Ns0 , H, Pt C1e. %)

Obgleich aus diesen und mehreren anderen Formeln in der Brochüre von Nagai schon deutlich hervorging, dafs Matrin und Cytisin von einander verschieden sind, habe ich doch das mir zugeschickte Matrin für einige vorläufige Versuche benutzt, wo- durch die Uebereinstimmung oder Verschiedenheit auch in den Eigenschaften und in der Wirkung dieses Alkaloids und des Oytisins konnte bewiesen werden. Ich fand dabei folgendes:

Matrin ist leicht löslich in Wasser, zu einer alkalisch reagieren- den Solution, welche die Polarisationsebene nach rechts dreht. Die durch Salzsäure sauer gemachte Lösung wird von den ver- schiedenen allgemeinen Alkaloidreagentien und auch durch Brom- wasser, Quecksilberchlorid, Goldchlorid und gelbes Blutlaugensalz, zu vielfach schön krystallisierten Verbindungen präzipitiert.

Von den zwei letztgenannten Verbindungen wurden grölsere Mengen bereitet, vollkommen abgewaschen, bei 110°C. zu konstantem Gewichte getrocknet und danach zu quantitativen Bestimmungen ver- wendet.

0,3312 g Golddoppelverbindung lieferte bei Verbrennung 0,1117 g Rückstand, was auf einen Goldgehalt der Verbindung weist von 33,12 Proz.

Für die Formel: O,, Hs, N,O, H Au Cl, berechnen wir 33,44 Proz. Au.

Durch Verbrennen des ferrocyanwasserstoffsauren Matrins er- hielten wir das folgende Resultat:

0,714 g lieferte 0,115 g oder 16,1 Proz. Eisenoxyd. Für die

Formel (C,; Hy, N50),H,FeCy;, berechnen wir 11,26 Proz. und für [077 H;, N;0, H, Fe Oy 11:31 Proz. Fe O5.

1) Oyusin O4, H,4N50 = 190, hat ein Schmelzpunkt von 152 bis 1530 C., bildet eine Golddoppelverbindung Cy, H4N;0,H AuCl, mit 37.11 Proz. Au, und zwei Platindoppelverbindungen (C,, H,4 Na0), H, Pt Cl, und C,, Hı4 NO, Hz Pt Cl, mit 24,64 resp. 32,44 Proz. Pt.

K. T. Hallström: Myristicaceen. 443

Aus der Lösung des Matrins in absolatem Alkohol wird durch Salpetersäure kein Nitrat abgeschieden, wogegen ÖOytisin unter diesen Umständen beinahe vollkommen präzipitiert wird.

Auch einige Versuche an Fröschen bewiesen, dafs die physio- logischen Wirkungen des Matrins und Cytisins verschieden sind, dafs in quantitativer Hinsicht, d. h. im Mafse der Giftigkeit, Cytisin weit über dem Matrin steht.

Da Prof. Nagai die Güte hatte, mir mehr Material für eine vollständigere physiologische Untersuchung zuzusagen, so werde ich wahrscheinlich später darüber ausführlicher berichten.

Jetzt war nur der Zweck dieser Untersuchung, festzustellen, ob Sophora angustifolia, ebenso wie viele andere Sophora-Spezies, Cytisin enthält. Der Beweis ist geliefert, dafs das Alkaloid aus der Wurzel von Kusham eine andere Basis ist.

Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institute der Universität Bern.

Indische Fragmente Mitgeteilt von A. Tschirch.

2. Vergleichend- anatomische Studien über die Samen der NMyristicaceen und ihre Arillen. Von K. Th. Hallström.

(Eingegangen am 3. Mai 1895.)

Schon seit langer Zeit ist der Muskatbaum als Heil- und Nutz- pflanze bekannt. Unsicher ist, ob die Römer die Muskatnüsse und die Macis kannten. Der mit Maecis ähnlich klingende Ausdruck Macin, . den Plinius.d.Ä, in seiner „historia naturalis“ erwähnt, bezeichnet „die dunkelgelbe oder rötliche stark riechende Rinde der grossen Wurzeln eines gleichnamigen Baumes, ua'yns des Dioscorides; er findet sich noch jetzt auf der Malabarküste und heilst dort „macre.“ VonMasu- dis Zeiten an (900-957 n. Ch.) kannten die Araber die Heimat der Muskatnu[ls und der Macis, welche erstgenannte als ein beliebtes Räuchermittel gebraucht wurde; und in Mesue des Jüngeren (gest.1057n.Ch.) Antidotarium medicaminum compositum

1) Beren des, Die Pharmacie bei den alten Kulturvölkern II S. 42

444 K. T. Hallström: Myristicaceen.

oder Grabaddin werden beide als Bestandteile der Electuarien er- wähnt.!) Am Ende des 12. und im Anfang des 13. Jahrhunderts wendet man schon in Deutschland und im Norden die Muskatnüsse zu pbarmaceutischen und kosmetischen Zwecken an. Doch erst nach der Entdeckung des Seeweges nach Indien erhält man nähere Notizen über den Muskatbaum. Die traurige Rolle, die derselbe wie auch der Gewürznelkenbaum in den blutigen Grausamkeiten, den schreienden Ungerechtigkeiten und dem Vandalismus, die die ostindische Handels- compagnie an den Eingeborenen im 17. und 18. Jahrhundert aus- übte, gespielt hat, sind allzu bekannt, um hier näher erwähnt zu werden.2) Eigentlich erst von dieser Zeit an werden die Muskatnüsse und die Macis geschätzte Handelsartikel und kommen immer mehr in Gebrauch, sowohl als Arzneimittel als auch als Gewürze. Auch findet man sie nunmehr regelmälsig in Kräuterbüchern dieser Zeit erwähnt.

Je nachdem die Kommunikationen zwischen Europa und Indien lebhafter und die Nachfrage nach den Produkten des Orients grösser wurden, musste selbstverständlich die Zufuhr von den nachgefragten Waaren vermehrt werden, um dem Bedürfnis zu entsprechen. Aller tyranischen Malsregeln ungeachtet, die den Muskatbaum wie auch den Gewürznelkenbaum auf ein kleines Gebiet zu beschränken beab- sichtigten, um eine strenge Kontrole zu Frommen des Monopolhandels ausüben und die Ueberproduktion und das darauf folgende Fallen der Preise verhindern zu können, sorgten einige Taubenarten, die die Ver- bote ungestraft übertreten durften, für die Verbreitung der Samen. In solcher Weise wurden die gewinngierigen Anstrengungen vernichtet und neue Muskatbäume wuchsen auf Inseln auf, wo man schon glaubte die Bäume ausgerottet zu haben.

Auch die strengste Ueberwachung konnte nicht das Ueberbringen der Muskatbäume aus ihrer engbegrenzten Heimat, den Bandainseln und den südlich gelegenen Ceram, Damme und Nila nach fernen Ländern verhindern. So gelang es z. B. Poivre im Jahre 1769 die Muskatpflanze nach Mauritius und Bourbon?) und nach den Antillen zu bringen, von wo sie sich nach Guyana) verbreitete. Während der englischen Okkupation der Molucken im Jahre 1795 wurden siv nach den englischen Besitzungen aufSumatra übergeführt. 1883 hatte man Plantagen aulserhalb der Molucken auf Java, Sumatra, Malacca, Penang, Singapore, Borneo und in Bengalen, dazunoch in Westindien, Guyana,

l) Berendes,a.a.O. II.S, 144. Vergleiche auch Flückiger, Pharmakognosie des Pflanzenreichs S. 137—140.

2) Vergl. Semler Tropische Agrikultur 1886, vanGorkom, de ostindische Cultures 1884, Tschirch Indische Heil- und Nutz- Pflanzen 1892.

3) Flückiger, Pharmakognosie S. 1040, 2 u. 3.

4) Tschirch, Indische Heil- und Nutzpflanzen S. 106.

K. T. Hallström: Myristicaceen. 445

S.O.-Afrika, Reunion, Brasilien und Birma.) Auf den nördlichen Molucken, Ternate, Halmabeira und Batjan, wo der Muskatbaum noch in wildem Zustande anzutreffen ist, werden die Früchte von wild- wachsenden Bäumen gesammelt, sonst erhält man die Handels- ware aus Plantagen, von welchen die auf den Bandainseln die besten Produkte liefern. Aulserhalb den Molucken ist die Muskatkultur ohne grölsere Bedeutung.

In den ältesten Arbeiten, die über die Muskatnüsse geschrieben sind, werden diese fast ausschlielslich aus dem Gesichtspunkte des Handels erwähnt. Später aber, je mehr die Muskatnuls nicht nur als Gewürz geschätzt wurde, sondern auch als Droge eine weitere Verwendung fand, erschienen auch mehr oder weniger ausführliche Beschreibungen, in denen diese aus botanischen Gesichts- punkten betrachtet wurde, woueben alle ihre Eigenschaften und Wirkungen als Heilmittel eine möglichst eingehende Darstellung erfuhren.

Obgleich alle diese Notizen hauptsächlich die noch heute wichtigste echte Muskatnul[s angehen, werden doch daneben auch andere Arten erwähnt. Die unvollständige Kenntnis der Stammpflanzen der verschiedenen Arten und ihrer Produkte verursachte schon früh Schwierigkeiten und Verwechselungen beim Unterscheiden der echten und unechten, als Gewürze und zu medizinischen Zwecken nicht verwend- baren Nüsse. Jenachdem neue Artenin den Handel gekommen sind, in dem gleichen Mafse ist auch die Gelegenheit zur Verwechselung der- selben gröfser geworden, und der Käufer ist gezwungen worden, Mittel und Wege zu suchen, um den richtigen Wert der Ware bestimmen zu können und sich so gegen Ankauf von absichtlich oder unab- sichtlich gefälsehter Ware zu schützen.

Es ist nicht immer genügend den Wert der Handelsware auf Grund der äulseren Kennzeichen zu beurtheilen, sie muls in zweifel- haften Fällen einer eingreifenderen Untersuchung unterworfen werden. in der mikrochemischen und mikroskopischen Untersuchung hat der praktische Pharmazeut Hilfsmittel erhalten, mit welchen er im Standeist, auch schwerzu erkennendeVerfälschungen zu entdecken. Um diese Hülfsmittel benutzen zu können, ist aber eine genaue Kenntnis des anatomischen Baus nicht nur der echten Droge sondern auch ihrer Vertälschungen nötig.

Von den vielen nutzbaren Früchten der Myristicaceen sind bis jetzt nur einige anatomisch näher untersucht, in erster Linie natürlich Myr. fragrans schon von Berg?).

In seiner 1885 publizierten Dissertation beschreibt Alb. Voigt „den Bau und die Entwickelung des Samens und des Samenmantels von

1) ebenda. 2) Berg anatomischer Atlas der pharmaz. Warenkunde Taf. 48.

446 K. T. Hallström: Myristicaceen.

Myr. fragrans Houtt. und 1880 hat J. Moeller!) eine genaue Beschreibung des Baues des Samens der Myr. offieinalis Mart. Myr. sebifera, Sw., Mur. tomentosa Thbg., und Myr. punctata Spruce gegeben. Fritz Müller beschrieb die Keimung der Bieuibaa) Tschirch?) hat Myr. surinamensis beschrieben und den Nachweis geführt, dals die Inhaltskörper der Arillen von Myristica fragrans aus Amylodextrinstärke bestehen.3) Der- selbe hat dann auch die Keimungsgeschichte der Muskatnuls studirt.4) O0. Warburgs Arbeit „Ueber die nutzbaren Muskatnüsse“5) ist noch von Aufsätzen späterer Zeit zu nennen. Obgleich er nur im Vorbei- gehen die Anatomie einiger Muskatnüsse berührt, ist der Aufsatz zur Kenntnis derselben von grosser Bedeutung. Von Warburg, dem besten Kenner der Myristicaceen, erscheint demnächst eine Monogra- graphie der Familiee Warburg hat auch die nutzbaren von den keine Handelsbedeutung besitzenden getrennt. Als nutzbar sind jetzt zu nennen: Aufser Myristica fragrans. Myr. fatua, Myr. subalu- lata, Myr. malabarica, Virola surinamensis, V. sebifera, V. guatemalensis Y. Bicuhyba. In den letzten Jahren ist die Aufmerksamkeit hauptsäch- lich auf die Untersuchung der echten und der als Verfälschung be- nützten unechten Macis bes. der Bombay-Macis6), gerichtet gewesen.

Die vorliegende Arbeit, die auf Veranlassung von Herrn Prof. Dr. Tschirch gemacht ist, will ein kleiner Beitrag zur Kenntnis der Reproduktionsorgane der Myristicaceen, namentlich mit Rücksicht auf die Samenschale und den Arillus, sein.

Das Untersuchungsmaterial verdanke ich HerrnProf.Tschirch, der mir sowohl seine reiche Sammlung, die er teils selbst aus Java mitgebracht, teils aus den Sammlungen in Berlin, Wien und Graz zusammengebracht, als auch seine mikroskopischen Präparate und an Ort und Stelle gesammelten Beobachtungen zur Verfügung stellte.

1) J. Moeller. Ueber Muscatnüsse. Pharm. Centralhalle 1880 No. 51—53.

13) F. Müller Berichte d. deutsch. bot. Ges. 1887. S. 465.

2) Tschirch Archiv der Pharmacie 1887. S. 619.

3) Tschirch, Berichte der deutsch. bot. Ges. 1888. S.138. vergl. auch Tageblatt der Strafsburger Naturforscherversammlung 1885. Seite 88.

4 Tschirch Berichte der pharmazeut. Ges. 1894. S. 360. &

5) Warburg Ber. d. pharmaz. Ges. 1892. S. 211. Dort auch die ältere Literatur. Vergl. auch die Abbildungen in G. E. Rumpfii Herbarium amboinense (1743). II Taf. IV und in Blume’s Rumphia (1835). Tat. 55—64.

6) Die erste Notiz über diese Macis findet sich bei Tschirch Pharm. Zeit. 1881 No. 74, die spätere Litteratur siehe weiter unten,

K. T. Hallström: Mypyristicaceen. 447

Die etwa hundert Baumarten, die die Familieder Myristicaceae bilden gehören dem tropischen Asien und Amerika an. Nur einige Arten sind auf Madagascar und eine in Australien einheimisch. Sie sind Bäumel), seltener Sträucher mit 2-zeiligen, kurz gestielten, ganz- randigen, ungeteilten, lederartigen, fiedernervigen Blättern ohne Neben- blätter oder Scheiden. Die dioecischen Blüten sind einfach, ver- wachsenblättrig, dieklederartig, meist 3-lappig. Die Blütenstände ent- springen zuweilen etwas oberhalb der Achsel, sind selten endständig, die männlichen Blüten zu wenigblütigen, gestielten Trauben oder Trugdolden vereinigt, im Allgemeinen reicher verzweigt als die weib- lichen, deren Inflorescenzen oft einblütig, sehr selten 3-blütig sind. Die Staubgefälse, 3—18, sind mit einander zu einer Säule verwachsen, die Antheren nach aussen in Längsspalten aufspringend.. Der oberständige Stempel ist fast so lang als das Perigon. Der Frucht, knoten l-fächerig, mit einer grundständigen anatropen Samenknospe, Griffel sehr kurz mit schwach 2-lappiger Narbe. Die Frucht ist etwa birnenförmig, wirl feischig und springt an Rücken- und Bauchlinie auf, wenn der hartschalige Same, von einem fleischigen, geteilten oder ungeteilten Arillus umgeben, sichtbar wird.

Der Samenkern die Muskatnuls des Handels ist durch Ein- stülpungen der innersten Schicht der Samenschale und des Nucellus zerklüftet und hat ein marmorirtes Aussehen. Der Embryo liegt dicht am Nabel mit kurzem, dem Nabel zugekehrten Würzelchen uud zwei dünnen, becherartig zerschlitzten und krausrandigen Cotyledonar-. lappen.?)

I. Anatomie der männlichen Blüte.

a) Corolle. Die äulsere Epidermis ist von kleinen isodia- metrischen Zellen, bei denen die Aussenwand wie auch die Seiten- wände ungefähr in gleichem Mafse, die inneren Wände dagegen weniger verdickt sind, zusammengesetzt. Die Zwischenwände der subepidermalen Zellen sind auch etwas verdickt, übrigens gehen sie indasdünnwandige, die übrige Corollebiläendeparenchymatische Gewebe über. Die äus[ere Epidermis geht allmälich am inneren Rande des Perigons in die innere über. Diese besteht aus bedeutend grölseren Zellen, bei denen nur die Aufsenwände verdickt sind. (Fig. 1.) Nebst den meistens zarten Gefäfsbündeln (mit feinen Spiral- und Ringgefälsen) verlaufen in dem Parenchymgewebe in allen Richtungen

1) Exemplare von Myristica fragrans sind abgebildetinTschirch Indische Heil- und Nutzpflanzen Taf. 63—65,

2), Vergl. bes. Berg und Schmidt, Atlas und die Arbeit

Tschirch's über die Keimungsgeschichte von Myristica fragrans Houtt. Ber. der pharmaz. Ges. 1894.

448 K. T. Hallström: Myristicaceen.

milchröhrenartige Sekretbehälter, (Mi. Fig. 1) die teilsleer, teils mit homo- genem oder körnigem Inhalt gefüllt sind. Diese sind oft reich ver- zweigt, anastomosiren aber niemals. Der Inhalt dieser Sekretbehälter läfst sich mit Alkanna-Tinktur nicht färben; sie sind also keine echten Milchröhren 1). Chloroform, Alkohol und Aether lösen den Inhalt kaum. Hie und da kommen auch runde Oelzellen vor. Die Wände derSekretbehälter wie auch der Oelzellen sind gegen konc. Schwefel- säure resistent. An der äulseren Seite des Perigons befinden sich Astrosclereiden einzeln oder gruppenweis vereinigt. (Fig. 1. scl.) Die Wände dieser Sclereiden sind nicht besonders dick, die Schichtung ist undeutlich, die Poren rund oder oval. Der Inhalt der langen Sekretbehälter wie auch die Membranen des gesamten Gewebes, geben mit Fe, Ol, und K, Cr, OÖ, eine deutliche Gerbsäurereaktion.

b)Stamina. Wie schon oben gesagt, sind die Staubgefälse unter sich zu einer mittelständigen, keulenförmigen Säule verwachsen. Im Querschnitt sieht man die zu jedem Filament gehörenden Ge- fäfsbündel ich habe 8—10 gefunden und innerhalb des Sieb- teils wie auch aulserhalb desselben findet man lange, verzweigte, nicht anastomosierende, milchröhrenartige Sekretbehälter wie in der Corolle (Fig. 2.) Die Pollenkörner sind kugelig und mit einer Längsspalte versehen.

c) Blütenstiel. Die Epidermiszellen sind in radialer Richtung etwas gestreckt, die Aufsenwände sind stark, die Zwischenwände weniger verdickt. Die Parenchymzellen sind in der Längsrichtung des Blütenstiels langgestreckt, an der Peripherie kleiner, nach innen gröfser, ziemlich dickwandig, lückenlos mit einander vereinigt, da- gegen in dem Mark mit Intercellularen versehen. (Fig. 3.) Die rings um das Mark gestellten Gefäfsbündel bestehen aus Ring- und Spiralgefäfsen. Auch hier findet man die langen Sekretbehälter wie auch in dem Parenchym Oelzellen mit körnigem Inhalt. Aufserhalb jedes Siebteils befindet sich eine Gruppe kollenchymatisch verdickter Zellen. Die Astrosclereiden kommen auch hier reichlich, in den peripherischen Teilen meist einzeln, in dem Mark gruppenweise vor

i) Aehnliche Sekret führende Zellen, wenn auch kürzer und un’ verkorkt, findet man in der Rhiz. Curcumae und in Rhiz. Zingiberis, wo sie die Gefässe begleiten. (Vergl: Tschirch und Oesterle, Anat. Atlas S. 101 und 110.)

K. T. Hallström: Myristicaceen. 449

Sie sind mehr verdickt und deutlicher geschichtet, als die des Peri- gons und mit langen und stellenweise verzweigten Porenkanälen ver- sehen. In der Epidermis und den nächstfolgenden Zelllagen sind viel Calciumoxalat-Krystalle zu finden. Sie sind von verschiedener Form; auch kommen Drusen, die grölser sind, als die übrigen, vor,

I. Anatomie der weiblichen Blüte.

a) Corolle. Ist in allen Teilen mit der Anatomie der Corolle der männlichen Blüte übereinstimmend.

b) Gynaeceum.

Der Fruchtknoten enthält ein einziges, beinahe basal inseriertes anatropes Ovulum, das am Chalazaende etwas zugespitzt ist. In einer geschlossenen Blüte zeigt das Ovulum folgendes Aussehen. Die beiden Integumente sind ungefähr 'gleich dick. Das äufsere Integument, dessen Insertion sich dicht an der Chalaza befindet, umschliefst das Ovulum völlig und liegt locker dem innern Integu- ment resp. demNucellus an. Die Insertion des inneren Integumentes befin- det sich dagegen in halber Höhe zwischen Chalaza und Mikropyle. Von der kegelförmig zugespitzten Nucellusspitze abgesehen, ist das innere Integument mit dem Nucellus verwachsen. Weil die beiden Integumente in gleicher Höhe abschlielsen, ist die Mikro- pyle nur von dem inneren Integumente gebildet. Das äufsere Inte- gument ist an der Rapheseite mit dem Funiculus nicht bis zum Exostom verwachsen, sondern umfalst das Endostom frei. Der Em- bryosack ist in dem Nucellusoberteil gelegen und schliefst nach unten in der Höhe der Insertion des inneren Integumentes ab. Das ihn seitwärts und aufwärts umgebende Gewebe ist ungefähr ebenso dick wie das innere Integument. Das Embryosack ist ringsum von Dauer- gewebe umgeben. Der Nucellusunterteil, von Chalaza an bis unter- halb der Insertion des inneren Integumentes, besteht, mit Ausnahme von einer Dauergewebsschicht aufsen, die ungefähr die Stärke des inneren Integumentes hat, aus Meristem. Dieses findst sich auch, in Verbindung mit dem Meristem des Nucellusunterteils stehend, sowohl an der Innenseite des inneren Integumentes als auch an der Aussen- seite des Nucellusoberteils in Form einer dünnen sich schnell aus- keilenden Schicht. An der Chalaza geht das Meristem allmählich in das Raphegefäfsbündel über. Das unverzweigte Raphebündel be-

450 K. T. Hallström: Myristicaceen.

steht aus ganz jungen Gefäfsen und ist von milchröhrenartigen Sekretbehältern mit braunem Inhalt begleitet.

II. Entwickelungsgeschichte der Früchte und Samen von Myristica fragrans Houtt.

Voigt hat schon eingehend die Entwickelung der Samen der Myristica fragrans Houtt. untersucht und beschrieben.!) Obgleich meine Beobachtungen im ganzen mit den seinigen übereinstimmen, werde ich doch eine kurze Uebersicht von meinen Untersuchungen geben, besonders weil es dadurch leichter wird, den Bau der Samen- schale dieser Art zu verstehen. Denn mit dieser bis jetzt am ge- nauesten untersuchten Art sollen in dieser Arbeit die neu unter- suchten Arten verglichen werden.

Wenn wir aus dem unter „Gynaeceum“ beschriebenen Ent- wickelungsstadium ausgehen und den Zuwachs des Samens und die davon abhängende Verwandlung der verschiedenen Teile desselben verfolgen, finden wir, wie im gleichen Mafse mit dem Zuwachs des Nucellus der Funiculus und die Integumente mehr und mehr gegen den Nucellus zurücktreten. Der Nucellusoberteil und das innere Integument wachsen mehr in der Quer- als in der Längsrichtung, so dals die kegelförmig zugespitzte Nucellusspitze stumpfer, später, einer Anschwellung des inneren Integumentes entsprechend, etwas eingeschnürt wird. Der Nucellusunterteil dagegen wächst in allen Richtungen ziemlich stark, mehr in der Längs- als in der Querrichtung. Der Nucellusoberteil ist dadurch im reifen Samen auf ein äulserst kleines Gebiet an seiner Spitze beschränkt. Dieses ist an einem Ovulum von etwa 1,5—2,0 mm Durchmesser sehr auffällig bemerkbar.

Der Embryosack resorbiert die ihm benachbarten Zellen und wächst, dem Zuwachs des Nucellus folgend, in den verschiedenen Richtungen ungleich stark. „An der Spitze des Nucellusoberteils findet die Resorption der Zellen zwar äulserst langsam, doch stetig statt, und es wird daher, da hier kein Meristem für die Ersetzung der resorbierten Zellen sorgt, das den Embryosack vom inneren

l) Alb. Voigt: DÜUeber den Bau und die Entwicke- lung des Samens und des Samenmantels von Myr. fragrans, und Alb. Voigt: Untersuchung über Bau u. Entw. von Samen mit

ruminiertem Endosperm a. d. Fam. der Palmen, Myristicaceen u. Anonaceen. Annal. d. Jardin de Buitenzorg 1837, VII, S. 151.

K. T. Hallström: Myristicaceen. 451

Integumente trennende Gewebe, bis auf geringe, fast unkenntliche Reste aufgezehrt. Weiter abwärts im Nucellus-Oberteil sowohl, als auch im ganzen Nucellusunterteil, wird das Gewebe nicht vermin- dert, sondern beträchtlich vermehrt, indem die Meristem-Schicht nach aufsen und nach innen stets neues Dauergewebe erzeugt. Das nach aufsen abgegebene bleibt erhalten, während das andere successiv vom wachsenden Embryosack resorbiert wird.“ (Voigt a. a. O.)

Nun bildet also das Meristem im Nucellusunterteil eine dünne Schicht zwischen dem Embryosack und dem Integument, parallel mit diesem verlaufend. Schon in einem Ovulum von 2 mm Durchmesser beobachtet man von dieser Meristem-Schicht gebildete und gegen den Embryosack gerichtete flache und wellenförmige Einstülpungen die den ersten Anfang der später das Endosperm zerklüftenden Platten bilden. Die das äulsere Integument bekleidende Epidermis ist durch die Streckung der Zellen in radialer Richtung deutlich erkennbar und der des reifen Samens (Fig. 9.6 ep.) ähnlich, nur sind die Zellen weniger verdickt. (Fig. 4.e). Die subepidermalen Zellen sind in tangentialer Richtung gestreckt. Die die Spalte zwischen dem äufseren Integument und dem inneren Integument bekleidenden Epidermen bestehen aus prismatischen, in radialer Richtung etwas gestreckten Zellen. Die subepidermalen Zellreihen der beiden Epidermen unterscheiden sich auch von dem umgebenden Gewebe durch ibre mehr kubische Form. Von den Gefäfsbündeln ist nur das Raphebündel vollständig entwickelt; in den übrigen Gefäls- bündeln, sowohl in den des äufseren Integuments, als in dem, den Einstülpungen entsprechenden, sind die Gefäfse noch nicht deutlich differenziert ; die Bündel sind mehr als Procambiumstränge anzusehen. Die langen Sekretbehälter kommen im äufseren Integument vor, be- sonders ist das Raphebündel von vielen derselben umgeben.

Während der fortschreitenden Entwickelung des Samens werden allmählich die drei verschiedenen, die Testa bildenden Ge- websschichten des äufseren Integuments in folgender Weise bestimmter differenziert.

Die Aufsenschicht wird am wenigsten verändert. Sie wird aus dem äufseren Integument, ausgenommen dessen innere Epider- mis nebst ihrer subepidermalen Zelischicht (Fig. 4. 3 u. 4), gebildet, also aus den Schichten 5 und 6 (Fig. 4).- Die Epidermiszellen sind

452 K. T. Hallström: Myristicaceen.

polygonal oder platt. Nach innen wird die Aufsenschicht von einer Reihe lückenlos mit einander vereinigter, etwas in radialer Richtung gestreckter, prismatischer Zellen begrenzt. Das zwischenliegende, lockere Gewebe ist aus gewöhnlichen parenchymatischen, tangential gestreckten Elementen zusammengesetzt. Die Zellen sind entweder mit einem braunen Inhalt oder mit einfachen Stärkekörnern erfüllt. Das stark entwickelte Raphebündel ausgenommen, sind die Gefäls- bündel ziemlich klein und können deutlich auf der Aufsenseite des Samens als ein helleres Netzwerk bemerkt werden.

An der Bildung der Mittelschicht sind die subepider- male Zelllage der inneren Seite des äufseren Integumentes (Fig. 4.4) die innere Epidermis der äulseren (Fig. 4,3) und die äufsere Epidermis des inneren Integumentes bezw. Nucellus (Fig. 4.2), wie auch auf einem kleinen begrenzten Gebiete rings um die Chalaza die sube- pidermale Zelllage des Nucellus beteiligt.

Diese Gewebe entwickeln sich zu drei ganz verschiedenen Lagen. Die subepidermalen Zellen der inneren Epidermis des äulseren Integumentes bilden lange dünnwandige, gleich verdickte und dicht aneinander stehende Palissaden: die Aulsenpalissaden (Voigt’s Nebenpalissaden. Fig. 5—9 ap.), die der Regel nach nur eine Zelle hoch sind. Stellenweise stehen aber zwei oder mehrere kürzere über einander; diese sind durch Entwickelung von zwei oder mehreren Zellen, die einer subepidermalen Zelle entsprechen, ent- standen. An dem inneren Rande dieser Zellen sieht man ungleich weit von einander unregelmälsige, wellenförmige Vertiefungen, die von den entsprechenden Erhebungen der anstolsenden Lage aus- gefüllt sind. In diesen vertieften Stellen sind die Aufsenpalissaden kürzer und gewöhnlich mit braunem Zellinhalt erfüllt (Fig. 8 u. 9).

Die mittlere Schicht, die Innenpalissaden (Voigt’s Hauptpalissaden. Fig. 5—9 ip.), wird von der inneren Epidermis des äulseren Integumentes (Fig. 4.3) gebildete und besteht aus einer Reihe langer prismatischer, dicht zusammengedrängter Zellen. Die Zellwände sind stark verholzt, gelbbraun, sehr erheblich und ungleich verdickt. so dafs von ihrem Lumen meistens nur ein schmaler and enger Kanal mit Erweiterungen an den beiden Enden übrig ist Diese umschliefsen grolse Caleiumozalat-Krystalle (Fig. 9 Kr).

K. T. Hallström: Myristicaceen, 453

An die Aulsenpalissaden schliesst sich nach innen die Quer- faserschicht (Voigt’s Faserlage. Fig. 9.2 qfs), die von einer Reihe tangential zusammengedrückter Bastzellen gebildet wird. Die Zellen schliefsen lückenlos an einander. Die Wände sind stark ver- dickt und mit Poren oder mit gegen das Zelllumen sich erweiternden Porenkanälen versehen. Die Form ist wechselnd, sie geht von lang- gestreckten Bastzellen in unregelmälsige und polygonale Formen über (Fig. 10). Diese Lage (Fig. 9.2 qfs) wird von der äuferen Epi- dermis des inneren Integuments bezw. der den Nucellus bekleidenden Epidermis (Fig. 4.2 qfs) gebildet. In einer begrenzten, die Chalaza unmittelbar umgebenden Zone werden die epidermalen Elemente nicht in oben beschriebener Weise entwickelt, sondern bilden den Innenpalissaden ähnliche Zellen, woneben die subepidermale Zell- schicht derselben Zone in vollständig entwickeltem Zustande eine grolse Aehnlichkeit mit den Aufsenpalissaden hat. Oben gegen den Nucellus werden diese Zellen kürzer. Die erstgenannten gehen ziemlich rasch in die Querfaserschicht, die letzteren in die sub- epidermalen Zellen, die nicht mehr an der Bildung der Mittelschicht teilnehmen, über.

An der Chalaza und der Nucellusspitze ist die harte Mittel- schicht durchbrochen. Die kreisrunde Oeffnung an der Chalaza ist von dem aus der Raphe in den Nucellus eintretenden Gefäls- bündel ausgefüllt. An der Nucellusspitze liegt in der Innenpalissaden- schicht ein feiner runder Kanal, der später dem keimenden Embryo als Ausführgang dient.*)

Die Entwickelung dieser epidermalen und subepidermalen Zellen gehtnicht gleich schnellanallen Stellen desSamensvor sich. Am frühesten fängt sie an der Chalaza, am spätesten an der Samenspitze an. Die volle Entwickelung erreichen zuerst von allen die Aufsenpalissaden. In einem Ovulum von etwa 4 mm im Durchmesser kaun man schon eine beginnende Längsstreckung der die Palissaden bildenden Zellen beobachten. Ein Unterschied zwischen den Aulsen- und Innenpalissaden ist anfangs gar nicht zu bemerken. (Fig. 5.) Erst nachdem der Same gröfser geworden ist, wachsen die Innenpalissaden verhältnismälsig viel schneller als die Aufsenpalissaden (Fig. 5—8 ap. ip.),

*) Vergl. Tschirch, Keimungsgeschichte von Myristica fra- grans. a. a. 0.

454 K. T. Hallström: Myristicaceen,

woneben eine gleichmälsige und feine, wellenförmige Anschwellung in den noch ganz dünnen Wänden der Innenpalissaden bemerkbar wird. (Fig. 7, ip). Hierauf fängt die Verdickung der Wände durch Bildung von Leisten und localen Vorsprüngen an. (Fig. 8.) Bei fortgesetztem Zuwachs stofsen diese zusammen und verschmelzen in der Mitte der Zellen. So werden die oben besprochenen langen und schmalen Canäle wie auch die grofsen, die Calciumoxalat-Krystalle umschliefsenden Erweiterungen (Fig. 9) gebildet.

Zuletzt von allen erreichen die Bastzellen der Querfaserschicht ihre schliefsliche Form.

Die Entwickelung der verschiedenen Gewebe der Mittelschicht steht in keinem bestimmten Verhältnis zur Gröfse des Ovulums. In einem kleineren Ovulum können diese viel mehr fortgeschritten sein als in einem grölseren. Und dazu kann man in einem Samen viele verschiedene Entwickelungsstadien desselben Gewebes beobachten.

Das innere Integument bzw. der Nucellus bildet die innerste Lage der Samenschale: die Innenschicht. Diese besteht aus einer äulseren sekundären und einer inneren primären Dauergewebs- schicht. Beide sind zu verschiedenen Zeiten durch Zuwachs nach aufsen aus der Meristemschicht, die in dem jungen Ovulum zwischen den Embryosack und das Integument eingeschoben ist, entstanden. Auch nach innen bildet diese Meristemschicht Dauer- gewebe, das jedoch allmählich von dem Embryosack resorbirt wird. Die äufsere Lage besteht aus verhältnismälsig gro[sen, zusammen- gedrückten ungefärbten oder braungefärbten parenchymatischen Zellen und ist von Gefäfsbündeln frei. Die innere unterscheidet sich von der äusseren durch ihren viel dichteren Bau und durch die An- wesenheit zahlreicher, in tangentialer Richtung verlaufender Gefäfs- bündel. Durch localen Zuwachs entstehen aus dieser Lage nach innen gerichtete Vorsprünge (sog. Samenhautfalten.) In diese senden die in dem basalen Teil befindlichen Gefäfsbündel Zweige hinein. Beiderseits von diesen Zweigen sind, in das kleinzellige Gewebe grolse, runde, mit aetherischem Oele gefüllte Oelzellen eingebettet. (Fig. 29 oez.) Wenn der Same reif wird, und das Endosperm sich ent- wickelt, wird das Gewebe zwischen den Oelzellen zusammengedrückt, so dafs in einem ganz reifen Samen zwischen diesen nur ein stark obliteriertes Zellengewebe übrig ist.

K. T. Hallström: Myristicaceen. 455

In einem kleinen Gebiete an der Samenspitze fehlen diese Vor- sprünge vollständig, weil hier kein Meristem vorhanden war. Die innere Lage der Innenschicht wird hier aus’ dem inneren Integu- mente und zu einem geringen Teil aus der Nucellusspitze gebildet. Die Gefässbündel, die in der inneren Lage verlaufen, gehen hier in das innere Integument über.

Wenn diese Vorsprünge vollständig ausgebildet sind, hört das Meristem auf Dauergewebe nach innen zu bilden und der Embryo- sack dasselbe zu resorbieren. In einem reifen Samen sind die Reste des Dauergewebes zwischen den „Samenhautfalten“ und dem Endosperm als eine dünne, stark obliterierte Zellschicht, die mit dem Endosperm fest zusammengewachsen ist, zu sehen.

Die Oelzellen in den ‚„Samenhautfalten‘‘ werden verhältnismälsig früh ausgebildet. In einer jungen Samenanlage von etwa 8 mm im Querdurchmesser sind sie schon vollständig ausgebildet und ent- halten Oel. Sie sind echte Oelzellen mit verkorkten Wänden.

In einem unreifen Samen von ungefähr 20 mm im Querdurch- messer sieht man den kleinen fleischigen Keimling auf dem dicken polstrigen inneren Integumente. Die Innenpalissaden sind jetzt bei weitem noch nicht vollständig ausgebildet und erstrecken sich bei der Mikropyle noch nicht bis an einander heran, sondern lassen zwischen sich eine Oeffnung übrig. Da später mit dem fort- schreitenden Reifwerden die Innenpalissaden länger und fester werden, wird auch diese Oeffnung kleiner, die Ränder schliefsen sich dicht aneinander, so dafs sie schlie(slich nur einen sehr schmalen Kanal bilden. In demselben Verbältnis wächst das Endosperm, das innere Integument verliert seine Bedeutung als „Nährschicht“ !) und obliteriert. In einem reifen Samen liegt der Keimling also dicht an der harten Samenschale und an der Mündung des Kanals. Beim Keimen dringt die Radicula in diesen Kanal hinein; der Kanal er- weitert sich, den Keimling hermetisch umschliefsend, was für einen so langfam keimenden Samen, wie den des Muskatbaumes, von Be- deutung ist. ?)

1) Tschirch, Angewandte Pflanzenanatomie. S. 459, 2) Vergl. Tschirch, der Keimungsgeschichte von Myristica fragrans in Ber. d. pharmac. Ges. 1394 S. 260.

Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bds. 6. Heft. 30

456 K.T. Hallström: Myristicaceen.

In demselben Verhältnis verändert auch der Keimling seine Gestalt. Die dicken Cotyledonen vereinigen sich zu einem zweige- teilten becherförmigen Gebilde, während ihre Ränder dünner und krausrandig werden. Später teilen sich diese in zahlreiche schmale Lappen, die als Saugorgan fungieren. !)

Die Entwickelung des Endosperms fängt erst an, wenn die Ruminationsvorsprünge ihre vollständige Ausbildung erreicht haben. In einem fast reifen Samen ist es noch milchig oder geleeartig, erst in ganz reifen Samen bekommt es seine volle Festigkeit. Dieses erhärtete Endosperm, die Muskatnufs des Handels, hat in reifem Zu- stande eine braun-graue Farbe und ein durch die eindringenden „Samenhautfalten“ marmoriertes Aussehen. Mit blofsem Auge sind hier hellere Ringe und geschlängelte Linien, die in einiger Entfernung die Samenhautzapfen begleiten, zu sehen. In diesen sog. „Leitbahnen‘“,) die schon beim ruhenden Samen zu erkennen sind, dringen die zu Saugorganen ausgebildeten Cotyledonarzapfen durch den Samen bis an dessen anderes Ende vor. Die Zellen in diesen Ringen und Linien führen vornehmlich Stärke, selten Fett und Aleuron.

Während die Cotyledonarzapfen vorwärts in den Leitbahnen wachsen, benutzen sie die dort aufgespeicherten Stoffe für ihre Nah- rung, die entleerten Zellen weichen auf die Seite und obliterieren. Erst wenn sie in dieser Weise den ganzen Samen durchwachsen haben, fängt die Auflösung und Entleerung der in den übrigen Teilen des Samens befindlichen Reservestoffe an.

Schon im ruhenden Samen dringen die Cotyledonarzapfen in das Endosperm auf den Leitbahnen ein Stück weit vor, d. h. die allerersten Stadien des Keimungsprozesses beginnen schon während die Frucht am Baume hängt.

Die Bildung der Reservestoffe in dem Endosperm fängt erst an, nachdem der Same in jeder Beziehung seine volle Ausbildung er- reicht hat. Am frühesten wird die Stärke, die erst die Zellen aufserhalb und später innerhalb der Leitbahnen füllt, gebildet. Das Fett und die Aleuronkörner werden später gebildet. Die Aleuronkörner enthalten oft alle typischen Bestandteilegleichzeitig. Die Krystalloide werden bei Myristica fragrans nicht so gut ausgebildet,

1) Tschirch, ebenda S. 261. 2, Tschirch, ebenda S. 262.

K. T. Hallström: Mpyristicaceen. 457

sind auch nicht so zahlreich wie z. B. bei den Aleuronkörnern der Myr. surinamensis. Die am besten ausgebildeten wurden von mir in einem keimenden Samen gefunden, den Prof. Tschirch aus Java mitgebracht hatte.

Wie in vielen anderen tropischen Samen kommt Gerbstoff auch bei Myr. fragrans in der Fruchtschale, den „Samenhautzapfen“ und der Samenschale vor. In allen Entwickelungsstadien vom Frucht- knoten an bis zur reifen Frucht bekommt man die Gerbstoffreaktion. Auch der Inhalt der langen Sekretbehälter giebt diese Reaktion. Ohne Zweifel wirkt der Gerbstoff wie auch das ätherische Oel in den Samenhautzapfen wie ein Antiseptikum und sichert gewisser- malsen die Keimung des Samens, die sonst in den warmen und feuchten Tropen durch Fäulnisprozesse leicht gestört werden könnte.*)

Der Arillus tritt schon in einer ungeöffneten Blume, also ehe die Befruchtung eirgetreten ist, als eine äulserliche Gewebsan- schwellung zwischen Hilum und 'Exostom hervor. Der hintere Exostomrand ist diek und abgerundet, der vordere ist dünn. Diese Anschwellung verbreitet sich dann sowohl um das Hilum als um den jungen Exostomrand herum und bildet später erst an der hinteren Seite, dann ringsum einen die Spitze der Samenknospe umschlielsen- den Mantel. In einem Ovulum von 2 mm im Querdurchmesser sieht man den Rand dieses bis zur halben Höhe des Ovulums reichenden Mantels in lange Lappen zerschlitz. In einem etwas grölseren Ovulum von etwa 2,5 mm treffen die Lappen schon an der Chalaza zusammen und der Arillus hat fast das gleiche Aussehen wie im reifen Zustande. Die Exostomöffnung wächst allmälich zu- sammen, so dals im reifen Zustande nur eine flache längliche Höhle sichtbar ist.

In dem ein Ovulum von 3,0—3,5 mm im Durchmesser umgeben- den Arillus sind sowohl die Oelzellen als die Gefässbündel schon fertig ausgebildet. In etwas späterem Entwickelungsstadium waren, wenn auch ziemlich spärlich, wohlausgebildete Caleiumoxalatkrystalle sichtbar.

*) Vergl. Osenbrüg über d. Entwickelung des Samens von Areca Catechu ete. Dissertation Marburg 1894. Tschirch, Ber. d.

pharmac. Ges. 1894, S. 263, und Annales du jardin botanique de Buitenzorg IX, 1891, S. 143.

30*

458 K. T. Hallström: Myristicaceen.

Der fertige Arillus wird im Zusammenhang mit den anderen Arillen weiter unten näher behandelt werden.

Die Fruchtschale zeigt in allen Entwickelungsstadien fast dasselbe Aussehen. Auswendig ist sie mit Sternhaaren besetzt, Das Fruchtfleisch ist dicht von Gefässbündeln und milchröhren- ähnlichen Sekretbehältern durchzogen und führt reichlich dünn- wandige Oelzellen, die meist einen Oeltropfen enthalten. (Fig. 4.) Die resinogene Schicht der Oelzellen!) ist teilweise aulfser- ordentlich gut entwickelt. Dicht unter die Epidermis findet man zu Gruppen vereinigte Astrosclereiden. Die Fruchtschale giebt Gerbsäurereaktion.

IV. Vergleichende Anatomie der Samenschalen der Myristicaceen.

Myristica fatua Houtt. (Abbild. bei Warburg. Fig. 1—3.)

(Alkoholmaterial a. d. Tschirch’schen Sammlung vom bot. Garten in Buitenzorg.)

Ausser der Myristica fragrans waren schon früh auch andere Arten bekannt und werden in den ältesten Arbeiten, in welchen die Muskatnufs behandelt wird, neben der Myr. fragrans erwähnt. So werden besonders zwei verschiedene Nussarten, runde und aromatische die echte Nuls und längliche, weniger aromatische beschrieben. Diese letztere Art kommt in wissenschaftlichen Arbeiten im 17. Jahr- hundert unter dem Namen Nux myristica mas, Pala metsiri?) s. nux mas und Nux fructu oblongo vor. Die unzureichende Kenntnis der Stammpflanzen dieser verschiedenen Arten und die Ähnlichkeit der „länglichen“ Nüsse mit gleichgestalteten der Myristica fragrans?) und ihrer Varietäten, verursachten viele Ver- wechslungen, die sich durchaus nicht durch die Einteilung der Muskatnüsse von Rumphius auf Grund ihrer Form verminderten. „Er unterscheidet mehrere Varietäten oder besser gesagt wohl ab- norme Formen‘), die er als männliche Muskat der rundfrüchtigen,

1) Vergl. Tschirch in Ber. d. Deutsch. botan. Ges. 1893. * Ei Vergl. Warburg. a.a. 0.8.8.

3) Vo: dieser Art giebt es sowohl runde als längliche Nüsse. 4) Von Myr. fragrans.

K. T. Hallström: Myristicaceen. 459

weiblichen gegenüber stellt; über den Namen langfrüchtige Nüsse macht er keine Angabe, doch stellt er die ganze Species wieder der eigentlichen männlichen Muskat (unsere Myr. fatua Houtt)

. .. “ıi gegenüber.“ !)

Wenn dann die Nüsse der Myr. argentea Warb., die auch länglich sind, im Handel erschienen, wurde die Konfusion noch grölser, besonders weil diese im Handel unter dem Namen „long nutmeg“, der mit dem ähnlich klingenden „nux fructu oblongo“ ver- wechselt wurde, vorkamen. Diese männliche Muskatnufs der alten Schriftsteller ist identisch mit unserer Myr. fatua Houtt.

Was die Heimat der Myr. fatua betrifft, so sind die Angaben von einander abweichend gewesen. So ist z. B. Borneo ganz falsch als die Heimat dieser Art angegeben worden und auch Brasilien als ein Land, wo sie kultiviert werden soll, erwähnt. Dafs M. fatua nicht in Borneo, sondern auf den Molucken heimisch ist und dafs sie nicht in Brasilien kultiviert wird, sondern Buitenzorg der einzige Ort zu sein scheint, wo M. /atua im bot. Garten angepflanzt ist, soll nach Warburg aulser Zweifel sein.

Die Früchte der Myristica fatua Houtt (Synon. Myr. tomentosa, Thunb. = Myr. macrophylla, Roxb. = Myr. spadicea Bl.) sind rost- rot behaart, 55 mm lang, 32—35 mm breit. Das Pericarpium ist dick. Der Arillus, der in einige breitere Lacinien geteilt ist, bedeckt den Samen gröfstenteils. Zwischen den unbedeckten Stellen sieht man die dunkelbraune, glänzende, sehr harte und dicke (1—1,5 mm) Samen- schale. Der Same ist eckig und an den beiden Enden stumpf. Die Raphefurche ist durch eine tiefe Rinne zwischen Hilum und Chalaza bezeichnet. Die Arillusfurchen sind breit und aufserordent- lich tief. Bemerkenswert ist noch der Höcker unweit der Spitze an der Chalaza. Am Samenkern ist eine Vertiefung, der in der Samenschale verlaufenden Rinne entsprechend, sichtbar. Das Endosperm zeigt im Querschnitte viele dünne Ruminationsstreifen und ist von sehr schwachem Geruch, oft geruchlos.

1) Warburga.a. 0.8.8. Über den Namen „männliche Muskatnu[s“ siehe auch Tschirch: Ind. Heil- u. Nutzpfl. S. 111 und Warburg 8.7.

460 K. T. Hallström: Myristicaceen.

Die äulserste Lage der Samenschale stimmt in ihrem Bau mit den entsprechenden Teilen der Myr. fragrans überein. Die fest- sitzende Epidermis ist verhältnismäfsig sehr verdickt, besonders die äufseren und inneren Wände. In der folgenden dünnwandigen Parenchymschicht, deren Zellen nach innen in eine mehr prismatische Form übergehen (Fig. 19), sind die letzteren teils mit kleinen und runden Stärkekörnern, teils mit rotbraunem Sekret gefüllt. Daneben folgen die langen Sekretbehälter bald den Gefälsbündeln, bald ver- laufen sie allein. Auch die Aussen- und Innenpalissaden zeigen in ihrem Bau eine fast vollständige Uebereinstimmung mit den ent- sprechenden Teilen der Myr. fragrans. Die Aufsenpalissaden (Fig. 19 ap.) sind lang, dünnwandig, prismatisch zusammengedrückt (Länge 0,162—0,216 mm), die Innenpalissaden (Fig. 19 ip.) sehr stark verdickt, so dals stellenweise kein Lumen übrig ist, und gelb gefärbt (Länge = 0,94—1,16 mm). :. Auch bei dieser Art ist das Verhältnis der Aufsen- und Innenpalissaden dasselbe, wie bei Myr. fragrans, d. h. wo jene kürzer sind, sind diese länger. Also zeigt sich die Grenze zwischen beiden Palissadenlagen als eine wellenförmig gebogene Linie. Die die Querfaserschicht (Fig. 19 qfs.) bildenden kleinen, langgestreckten oder polygonalen, mit Vorsprüngen versehenen, getüpfelten Bastzellen sind denen der Myr. fragrans sehr ähnlich (Fig. 20).

Um die Löslichkeit des Sekrets zu prüfen, wurden Schnitte in Alkohol-Ammoniak (Liquor amm. caust. duplex + Alcoh. absol. gleiche Teile), Ammoniak, Aether, Alk.-Aether, Kalilauge(15 Proz.und 7 Proz., AlkoholundAlkohol-Kali eingelegt. Nach 48 Stunden war der Inhalt von Aether und Alkohol- Aether ein wenig, schon nach 24 Stunden von den übrigen besser gelöst. Von diesen Lösungsmitteln waren Ammoniak und Kalilauge die besten, dann der Alkohol. Kochen in Wasser löste gar nichts. Eisenchlorid und Kaliumbichromat geben die Gerb- säurereaktion. Konz. H,SO, löst den Farbstoff in den Samen- hautzapfen mit roter Farbe.

Das Endosperm ist reich an Fett, Stärke und Aleuron. Die Stärkekörner (0,013—0,027 mm) sind denjenigen der Myr. fragrans gleich und bestehen aus runden und zusammengesetzten Körnern mit einer runden oder länglichen Spalte in der Mitte des Korns.

K. T. Hallström: Myristicaceen. 461

Die gröfseren Aleuronkörner (0,054—0,067 mm) bestehen aus gut ausgebildeten Krystalloiden, Globoide und Calciumoxalatkrystalle fand ich nicht. Die kleineren (0,008—0,027 mm) sind mehr scheiben- förmig. Wie in Myr. fragrans giebt es auch hier „Leitbahnen“ für die Cotyledonarzapfen. Der Keimungsprozel[s ist auch in beiden übereinstimmend. ')

In seinem Aufsatze „Ueber Muskatnüsse“ hat J. Möller unter anderem Myristica tomentosa Thbg. beschrieben, die also mit dem oben beschriebenen M. fatua identisch sein mülste. Dafs hier aller Wahrscheinlichkeit nach eine Verwechselung vorliegt, und dafs die von Möller untersuchte Muskatnuls ein Same der Myristica argentea war, geht aus einer Vergleichung von Möller’'s Be- schreibung mit der hier oben gegebenen Darstellung der Myr. fatua und der unten folgenden von Myr. argentea und mit dem, was Warburg von diesen beiden Arten angeführt hat, her- vor. So fehlt Möller’s Myr. tomentosa und der von mir unter- suchten Myr. argentea die Querfaserschicht völlig, die bei allen an- deren Arten vorkommt. Der Bau der äufseren Partien der Samenschale ist bei beiden in allem übereinstimmend, aulserdem scheinen die Nüsse der Form und dem äuferen Aussehen nach einander völlig gleich zu sein. Dafs Möller’s Myr. tomentosa wirklich Myr. argentea gewesen ist, wird aufserdem durch das folgende be- stätigt. „Jetzt findet man“, sagt Warburg, „diese Nuls (Myr. argentea Warb.) in allen Museen Europas unter den verschiedensten

Damen als... ...: >. meist aber, als Myr. fatua Houtt. Dies letztere nun hat folgende Bewandtnis: ........ dafs im Jahre 1797 von Banda die Myristica tomentosa (...... = M.fatua

Houtt), unter dem Namen Neu-Guinea- oder lange Mus- kat eingesandt wurde. Also die nicht von Neu-Guinea stammende, nicht nutzbare M. fatua wurde als Neu -Guinea-Muskat (oder long nutmeg = M. argentea) eingehandelt; und so wurde denn von jener Zeit an auch umgekehrt stets die aromatische „long nutmeg“ mit M. tomentosa Thbg. M. fatua Houtt identifiziert und als solche bezeichnet.‘ ‘2)

ı) Vergl.: Techirch: Die Keimungsgeschichte von Myr. fragrans

Houtt. Ber. d. deutsch. pharm. Ges. 1894, S. 264. 2\\Warbiurg, 312. 0/8UB:

462 K. T. Hallström: Myristicaceen.

Myristica malabarica Lam. (Abbildung bei Warburg Fig. 4—7.)

(A. d. pharm. Sammlung in Wien und Bern.)

Das zur Untersuchung vorliegende Material besteht nur aus dem Samenkern. Die äufserste und die sklerenchymatisch verdickte Lage der Samenschale fehlen ganz, die innere Lage ist nur teil- weise da. Die die Nufs umgebende Testa ist hart. Bemerkens- wert sind die vielen sehr schmalen und scharf abgegrenzten tiefen Arillarfurchen und die kurze, schon nahe der Mitte des Samens in der Chalaza endende Raphefurche.t) Der dunkelbraunrote Arillus ist in viele lange und schmale Lappen, die oft sehr eng an einander gedrückt sind, zerschlitzt. An der Spitze der Nufs sind die Arillar- streifen zu einem konischen Gebilde verschlungen. Innen liegt ein dünnes Häutchen, das dem offiecinellen wie auch anderen Arillen fehlt, an.

Der 33 mm lange und 18 mm breite Samenkern wird gegen die beiden Enden gleichmäfsig schmäler. Einige Längsfurchen und Querrunzeln machen den Samen uneben. Zwischen der Chalaza und dem Hilum, die fast diametral entgegengesetzt an den beiden Enden des Samens liegen, verläuft eine der Raphefurche entsprechende rinnenförmige Vertiefung. Die Ruminationsstreifen, die stellen- weise sehr tief in das Endosperm dringen, sind in dem unteren Teil geringer an Zahl und regelmälsiger als nahe der Spitze, wo sie zart und unregelmäfsig sind. Die grau-braune Farbe des gar nicht aromatischen Endosperms wird von den reichlich in den Endospermzellen vorkommenden Gerbstoffklumpen verursacht. Diese werden von konc. H, SO, rot-braun gefärbt, welche Farbe allmälich in eine violette übergeht.

Wie bei Mr. fragrans und fatua sind auch in dieser Nuls „Leitbahnen“ für die eindringenden Cotyledonarzapfen vorhanden. Der Same keimt auch in derselben Weise wie die der beiden anderen. Betrachtet man die Schnitte des Endosperms im Wasser, so sieht man die Leitbahnen als helle Zonen, die beim Zufliefsen von Jod hellblau gefärbt werden. Die Zellen hier sind verhältnis- mälsig arm an Stärke. Die anderen Zellen enthalten viel mehr

1) Warburg,a.a. O.S. 18 (228).

K. T. Hallström: Myristicaceen. 463

Stärke und werden dunkler blau gefärbt, während die gelbbraunen Gerbsäureklumpen, die nicht innerhalb der Leitbahnen, auch nicht in den dieselben umgebenden Zellen zu finden sind, eine rotbraune Farbe bekommen. Fe, Cl, und K, Cr, O, geben in den Samen- hautzapfen, in den mit dem Kerne zusammenhängenden Resten der Samenschale wie auch in den oben erwähnten gelbbraunen Klumpen des Endosperms eine deutliche Gerbstoffreaktion. Die Stärke- körner sind rund, sie kommen meistens in aus 2—7 Einzelkörnern zu- sammengesetzten Körnern vor. Aleuronkörner findet man sehr spärlich, sie sind klein und bestehen nur aus Krystalloiden.

Die Oelzellen in den Samenhautzapfen sind mit gelbem, ver- harzten Oele gefüllt. Sie sind den Oelzellen und ihrem Inhalt in der Bombay-Macis ganz gleich. KOH und Chloralhydrat lösen den gelben Zellinhalt mit orangeroter, konc. H,SO, mit roter bis rotgelber Farbe Alkohol löst in Form kleiner Tröpfchen den Inhalt mit gelber Farbe, die allmälich sich in grün verändert.

Myristica argentea Warb. (Abbild. bei Warburg Fig 8—10.) (A. d. pharm. Sammlung in Bern und von Dr. Warburg.)

Diese Art wurde wahrscheinlich im Jahre 1666 zum ersten Male beobachtet und stammt von holländisch Neu-Guinea. Der Baum zeichnet sich durch seine grossen, unterseits silberfarbigen Blätter aus, wovon er seinen Namen hat. Schon seit der Mitte des 18. Jahrhunderts war die Nufs in Ostasien eine Handelsware, kam später sogar als Handelsartikel nach Europa und wurde der wichtigste Exportartikel Neu-Guineas.

Die Nufs der Myristica argentea kommt in den Museen Europas unter vielen verschiedenen Namen, wie Wild nutmeg, wild Papua nutmeg, long nutmeg, Nootmoschat von Nieuw-Guinea, wild nutmeg from the Gold-coast, Spice from Malacca vor. Die gewöhnlichste Benennung ist jedoch Myr. fatua Houtt, ein Irrtum, der durch die Aehnlichkeit des alten Namens der Myr. fatua „nux oblonga“ mit dem späteren Handelsnamen der Myr. argentea; „long nutmeg“ verursacht wurde.!)

1) O0. Warburg. Ueber die nutzbaren Muskatnüsse S. 212—217.

464 K. T. Hallström: Myristicaeeen.

Diese Nufs ist ohne Zweifel nach der der Myr. fragrans die wich- tigste Art und diejenige, die die beste Zukunft hat.

Der Export aus der Landschaft Onin an der Westküste Neu- Guineas ging früher über Banda, wo die Nüsse wie die echten be- handelt, sogar zuweilen als Verfälschung gebraucht wurden. Gegen- wärtig werden sie meistens direkt nach Macassar gebracht, wo sie wie die echten geschätzt und mit Kalk behandelt werden. (Warburg!)

Früher wurde die Nufs namentlich wegen der Billigkeit nur von den Eingeborenen im malayischen Archipel, auf der malayischen Halbinsel und auf den Philippinen gebraucht und kam nur aus- nahmsweise nach England und Holland. Jetzt werden sie über Amsterdam unter dem Namen Papua noten und Mannetjes noten van Nieuw-Guinea importiert; in England kommen sie im Handel unter dem Namen long nutmeg, in Deutschland als Pferdemuskat und Neu-Guinea-Muskat vor. Obgleich das Aroma, das sich sehr lange hält, nicht so fein ist, wie das der echten Nüsse, wird die Nuls doch gegenwärtig z. B. in England von der ärmeren Bevölkerung gebraucht.

Die Frucht ist 45—65 mm lang, 45—55 breit und fast kahl, das Perikarpium ist sehr dick (”—12 mm). Der Arillus, der ge- wöhnlich aus 4-5 breiteren Streifen besteht, ist oben und unten zusammengewachsen und hat eine schmutzig graue oder braunrote Farbe. Die Nufs unterscheidet sich von der echten durch ihre längere und schmälere Form (35—45 mm lang, 20—25 mm breit) und durch die seichten Arillusfurchen. Sie ist an der Basis am breitesten ; aufsen, wenn frisch, glänzend rotbraun, im Handel aber meist abgerieben und dann fein punktiert und gelbbraun (Warburg). Von dem Chalazaende verlaufen einige deutlich sicht- bare Gefälsbündel gegen die Samenspitze. Die Aufsenseite der Samenschale, die hart und dick (1,0—1,7 mm) ist, ist feinhöckerig. Dieses ist, wie aus dem Vergleichen der succedanen Flächenschnitte hervorgeht, von der verschiedenen Länge der Innenpalissaden ver- ursacht.

Bei den Samen, die zur Untersuchung vorlagen, war der Kern gröfstenteils verdorben ; ein übersichtliches Bild des

1) Herrn Dr. Warburg verdanke ich zahlreiche Bestimmungen zweifelhaften Materiales, Herrn Prof. Vogl gutes Material. Tschirch.

K. T. Hallström: Mypyristicaceen. 465

Endosperms war deshalb nicht zu erhalten. „Das Endosperm“, sagt Warburg, „enthält viel Stärke und die braunen Ruminations- streifen, die allein das Aroma enthalten, sind mehr zerstreut und gröber als bei der echten Nufs. Die Cotyledonen sind zu einer 5 mm im Durchmesser besitzenden am Rande gewellten Scheibe zusammengewachsen. Zu uns kommen meist nur die gekalkten Samenkerne, die häufig recht viel kleiner (manchmal nur 2 cm lang) und meist sehr abgerieben sind, wodurch sie eine etwas höckerige Oberfläche erhalten, doch zeigen auch diese noch die cylindrische oder cylindrisch-konische Form ziemlich deutlich“.!)

Wie oben erwähnt, ist die Samenschale der Myr. argentea sehr hart, so dafs Schnitte sehr schwer zu erhalten sind. Die flache Epidermis ist von dünnwandigen polygonalen Zellen gebildet; die Aufsenwand ist stark verdickt, die Innen- und Seitenwände unver- diekt, die Spaltöffnungen etwas unter das Niveau der Epidermis gedrückt. Die 2—3 subepidermalen Zelllagen ausgenommen, die aus ziemlich grofsen parenchymatischen Zellen mit grofsen Interzellularen bestehen, ist der äufsere Teil der Samenschale aus zusammenge- drückten kleinen parenchymatischen Zellen, die teils mit braunem In- halt gefüllt sind, aufgebaut. Hier findet man die langen Sekretbehälter, bald allein, bald die Gefäfsbündel begleitend. Die dünnwandigen, lan- gen, prismatischen Aufsenpalissaden gleichen denen der Myr. fragrans. Hie und da kommen in dieser Zelllage Lücken vor, die durch das Auseinanderweichen benachbarter Zellen entstanden sind. (Fig. 21 ap). Ohne Kenntnis der vorhandenen Entwickelungsstadien des Samens ist es unmöglich zu sagen, ob diese Lücken durch Schrumpfen des äufseren Teils der Samenschale entstanden, oder ob sie für den Bau dieser Zelllagen eigentümlich sind. Die stark verdickten Innenpalissaden bestehen aus ungleich langen Zellen; kleine Gruppen von diesen bilden nämlich stellenweise spitzige Erhebungen, die der Aulsenseite des getrockneten Samens das schon erwähnte höcker- artige Aussehen verleihen.

Durch das Fehlen der Querfaserschicht unterscheiden sich die Samen der Myr. argentea von allen untersuchten Myrıstica-

l) Warburga.a.O.S. 216.

466 K. T. Hallström: Myristicaceen.

Samen!). Dagegen schlielst sich direkt an die Palissaden eine 2—3 Reihen starke Lage von weitlumigen parenchymatischen Zellen (Fig. 21,,) und an diese dünnwandige, mit hellgelbem Inhalt gefüllte, in radialer Richtung zusammengefallene Zellen an, die die innerste Schicht der Samenschale bilden.

Das Endosperm ist dem der Myr. fragrans ähnlich. Die Stärke kommt hier nicht nur in der Form kleiner Körner (0,005 bis 0,040 mm) vor, sondern auch als eine homogene, gallertartige Masse, die durch Jod blaugefärbt wird. Die farblosen Aleuronkörner sind meist rund, doch kommen auch birnenförmige und längliche vor. Die gröfseren Körner haben ein rundes Globoid, selten zwei, die kleineren keines. ÜOalciumoxalatkrystalle fand ich nicht.

Myristica corticosa. Hook f. et Thoms. (Alkoholmaterial a. d. Tschirch’schen Sammlung a. d. bot. Garten

Buitenzorg und der Sammlung in Bern.)

Die leberbraune Frucht ist grofs und länglichrund, 65 mm lang 40 mm breit. Das Pericarpium ist diek und kahl. Der hellbraune, glatte, aromatisch riechende Arillus bedeckt ungefähr ein Drittel des Samens; an der Basis teilt er sich in 6—7 Lappen, die sich noch- mals teilen und an der Spitze sich vereinigen, ohne dieselbe zu decken.

Der Same ist 50 mm lang, 19 mm breit, lang und schmal mit deutlichen Arillusfurchen. Die Farbe ist kastanienbraun mit dunkleren Streifen. Die Samenschale ist weich und lälst sich leicht biegen, ohne zu brechen. Die Epidermis, deren äufsere Wand sehr verdickt ist, löst sich leicht. Die folgenden Zellreihen sind in rad. Richtung zusammengedrückt, die nahe an den Innenpalissaden stehenden Zellen sind prismatisch (nicht langgestreckt und schmal wie die ent- sprechenden Aufsenpalissaden der Myr. fragrans), reichlich mit braunem Inhalt gefüllt. Milchröhren ähnliche Sekretbehälter sind selten. Die Innenpalissaden sind nicht gleich lang (0,45—0,54 mm); Im Gegensatz zu den Samen der Myr. fragrans, falua und argentea ist bei dieser Art der innereRand der gesamten Palissadenschicht wellenförmig gebogen. Die Bastzellen der Querfaserschicht (Fig.

1) Vergl.: Möller, Ueber Muskatnüsse, Separatabdruck a. d. Ph. Centralhalle 1880 S. 7 und oben bei Myr. fatua.

K. T. Hallström: Myristicaceen. 457

23) sind von zwei verschiedenen Formen: lange, gerade oder etwas gebogene (0.297—0,540 mm lang) und kurze und breite (0,162—0,216 mm lang) beide mit linksschiefen Tüpfeln. Die lange Form ist zahlreicher vertreten.

Fe, Cl, und K, Cr, O, geben die Gerbsäurereaktion. H, SO, löst fast sogleich den Zellinhalt mit schöner purpurrother Farbe. Ammoniak und KOÖH färben die Samenhautzapfen und die äufseren Partien der Samenschale orangerot-schwarz, KOH löst nur äulserst wenig. Nach dem Kochen der Schnitte mit Wasser giebt H, SO, eine kirschrote und KOH eine braunrote Färbung. Stärke fehlt der Samenschale.

Das Endosperm ist weich und locker und schrumpft sehr schnell, sehr wahrscheinlich war der untersuchte Same noch nicht reif. Die Ruminationsstreifen sind kurz und nicht besonders zahlreich. In den Endospermzellen beobachtet man kleine runde ebenso wie grölsere runde und ovale, farblose Körner, die sich als Stärke und Aleuron erweisen. Globoide und Calciumoxalatkrystalle sind nicht zu sehen,

Myristica cahyba (Ucuhuba?). (Trockenes Material a. d. pharm. Sammlungen in Wien und Bern.)

Der Same ist 21 mm lang, 17—19 mm breit, von den Seiten etwas zugedrückt. Die Chalaza, die durch eine 2—3 mm hohe und 5 mm breite warzenförmige Erhebung ausgezeichnet ist, be- findet sich auf der einen Längsseite des Samens. Das Hilum ist als eine ovale Erhebung mit grauen Rändern zu bemerken. Die Samenschale, die keine Arillusfurchen hat, ist von der Farbe einer Eichel. Die in der äusseren Schicht der Samenschale verlaufenden Gefäfsbündel sind als hellere Streifen sichtbar.

Die Samenschale ist hart und 0,7—1,5 mm, an der Chalaza bis an 25 mm dick. Der anatomische Bau bietet nichts Be- merkenswertes dar. Die Innenpalissaden sind 0,62=2,065 mm lang. Die Bastzellen der Querfaserschicht sind 0,189—=0,378 mm lang, im Querschnitt rund (0,027=0,04 mm), stark verdickt und mit weiten Spaltentüpfeln versehen.

Das Endosperm ist hier ungleichmässig ruminiert; meist sind die Ruminationsstreifen klein, nicht selten aber reichen die Falten bis

468 K. T. Hallström: Myristicaceen.

an die gegenüberliegende Seite. Besonders grofse Streifen gehen von

der Raphe aus. Die braungraue Farbe des Endosperms ist von der Menge der Gerbstoffklumpen, die nebst dem Fett und Aleuron die Zellen ausfüllen, verursacht. Das Fett ist teilweise krystal-

linisch; erwärmt man einen Schnitt, so schmilzt es mit unange- nehmem Geruch. Alkohol löst es leicht. Die Aleuronkörner sind sehr grofs und wohl ausgebildet und enthalten alle typischen Bestand- teile.!) Stärke fehlt meist. Fe, Cl; und K, Cra O, zeigen wie bei allen anderen Nüssen das Vorhandensein von Gerbstoff an.

Myristica Bicuiba Schott. (Trockenes Material a. d. pharm. Sammlungen in Graz und Bern.)

Stimmt mit der vorhergehenden überein. Eine sehr schwache Stärkereaktion wurde jedoch erhalten.

Die Keimungsgeschichte der Myr. Bicuiba unterscheidet sich von derjenigen der Myr. fragrans, jatua nnd malabarıca Sie ist von Fritz Müller festgestellt worden.?)

Virola surinamensis (Rol.) Warb. (Myristica surina- mensis Rol.) (Abbildung bei Warburg Fig. 15).

(Trockenes Material a. d. pharm. Sammlung in Bern.)

Diese auf der Insel Cariba in Surinam einheimische Art ist von Tschirch?) beschrieben, besonders mit Rücksicht auf die aufserordentlich schön ausgebildeten Aleuronkörner. Doch mag der Bau der Samenschale kurz erwähnt werden, besonders weil diese Art durch die die Querfaserschicht bildenden Bastzellen sich von den übrigen hier erwähnten Arten unterscheidet. Die äufsere Schicht der Samenschale ist dünn und spröde und löst sich leichtab. Aufser der dickwandigen, platten Epidermis besteht sie aus 4—6 Reihen dünn- wandiger parenchymatischerZellen mit tangentialer Streckung (Fig. 17,;). Die Aufsenpalissaden sind kurz, dünnwandig, prismatisch, fast ohne Ausnahme mit braunem, zu Klumpen erhärtetem Inhalt gefüllt. Anstatt einer Zelle stehen oft zwei kürzere über einander (Fig. 17 ap). ° ) Vergl.: Tschirch. Archiv d, Pharmacie 1887 S. 628.

2) F. Müller, Keimung der Bicuiba. Ber. d. d. bot. Gesellsch. 1887 V. S. 468.

3) Archiv der Pharmacie 1887 $8. 619 und Angew. Pflanzenanatomie Fig. 37.

K. T. Hallström: Myristicaceen. 469

Die Hauptmasse der Testa wird aus den langen (0,945 mm) Innenpalissaden und der Querfaserschicht gebildet. Die Bastzellen dieser Schicht sind entweder spiralig verdickt mit linksschiefen Tüpfeln (Länge 0,594 mm) oder kurz und netzartig verdickt (0,229—0,405 mm) (Fig. 18). Stärke fehlt.

Virola guatemalensis. (Hemsl.) Warb. (Abbildung bei

Warburg Fig. 14). (Trockenes Material a. d. pharm. Sammlung in Bern und von Dr. Warburg.)

Im Handel kommt diese Art, wie auch Virola surinamensis (Rol.) Warb. unter dem Namen „African oil nut“ vor, welcher Name eigentlich der letzteren Art zukommt, und wird in ihrer Heimat Guatemala zur Bereitung von Fett benutzt. Das Pericarpium ist wie bei den amerikanischen Virola-Arten überhaupt dünn und also unbrauchbar.

Der Same, 20 mm lang, 14—15 mm breit, ist fast eiförmig, kaum gefurcht. Der kaum erhabene Chalazafleck in der Mitte der einen Längsseite ist auffallend grofs. Wo die äulserste Lage der papierdünnen und spröden Samenschale, die sich leicht in dünnen Splittern löst, nicht mehr erhalten ist, sieht man den harten Teil als eine schwarzbraune, glänzende Fläche mit wenigen kurzen, schief- längsverlaufenden Erhebungen. Die innere Seite der harten Samenschale ist von einem graubraunen Beleg bedeckt. Sie löst sich leicht beim Kratzen ab und besteht aus der Querfaserschicht und einigen Zellreihen der Samenhaut, deren gröfster Teil mit dem blosliegenden Samenkern vereinigt ist.

Der Bau der Samenschale bietet nichts bemerkenswertes dar. Die Calciumoxalatkrystalle in den Palissaden sind ungewöhnlich gro[s (0,027 —0,032 mm) (Fig. 25 Kr.), die Palissaden selbst sind ungleich lang (0,459—0,513 mm), so dafs der innere Rand derselben eine wellenförmige Linie bildet. Die Bastzellen der Querfaser- schicht dagegen treten im Querschnitt durch ihre unregelmälsige rechteckige Form mit abgerundeten Ecken und durch ihre weiten Lumina (0,027—0,067 mm) hervor (Fig. 25 qfs). Isoliert sind sie von verschiedener Grölse (0,216—0,945 mm) (Fig. 26).

470 K. T. Hallström: Mypyristicaceen.

Der Samenkern ist braungrau, von den Seiten etwas zu- sammengedrückt. Die Chalaza wird durch einen grofsen dunkel- braunen Fleck bezeichnet.

Von dem unteren Rande der Chalaza verläuft gegen das Hilum, an dessen Rande mit einer Erhebung aufhörend, eine rinnen- förmige Vertiefung. -—— Die Ruminationsstreifen sind teilweise grols und dringen in das Endosperm bis weit über die Hälfte des Samens vor.

Das Endosperm, dem der aromatische Geruch fehlt, besteht aus polygonalen Zellen. Schon beim ersten Anblick setzt die so- wohl in amorpher als in krystallinischer Form vorkommende Fettmasse, welche die Zellen füllt, in Erstaunen. Das Fett löst sich leicht in Alkohol. In das Fett eingebettet, bisweilen die ganze Zelle füllend, sind gröfsere und kleinere braungelbe und gelbe Klumpen verschiedener Form, die, wie auch die Membranen der Samenhaut- zapfen, mit Fe, Cl; und K, Cr, O, die Gerbsäurereaktion geben. Stärke fehlt.

Die Aleuronkörner sind aufserordentlich wohl ausgebildet. Neben den kleinen Körnern kommen auch grolse vor, die, wie in Myristica surinamensis Hüllmembran, Hüllmasse und Einschlüsse haben und die mit denen der Myristica surinamensis gut vergleich- bar sind. Dazu kommen hie und da in den Zellen isolierte oder mehrere zu Gruppen vereinigte Globoide mit eingeschlossenen Krystallen vor.

Virola sebifera Aubl. (Myristica sebifera Sw.) (Abbildung bei Warburg Fig. 12).

Der vorliegende Same(aus der pharm. Sammlung in Wien) hat kein Pericarpium, ist eirund und sowohl in Grölse als Farbe dem des Lor- beers ähnlich, 12—14 mm lang, 10—12 mm breit. Wo die Epidermis noch vorhanden ist, ist die Farbe graubraun mit längslaufenden helleren Streifen, den Gefälsbündeln ; wo sie dagegen zerstört ist, tritt die ebenholzgefärbte harte Palissadenlage hervor. Die Aufsen- fläche ist von meridional verlaufenden langen Runzeln und Erheb- ungen uneben. Die Raphefurche ist als eine seichte und schmale Rinne zwischen Hilum und der Samenspitze, wo sie mit einem spitzigen Höcker aufhört, sichtbar.

Fortsetzung im Heft VIl.

ARCHIV

DER

—_ PHARMACIE

herausgegeben

» di

vom

Deutschen Apotheker-Verein

unter Redaction von

E. Sehmidt und H. Beckurts.

Band 233. Heft 7.

BERLIN. re Selbstverlag des Deutschen Apotheker-Vereins, 1895. =

1895.

E

-K. Th. Hallström, Anatomische Studien über den ne der M

caceen und ihre Arillen.. . . = Zah

G. Kassner, Untersuchungen über Orthoplumbate nr Erdalkalien.

Dr. Mankiewicz, Ueber eine forensische Strychninuntersuchung.

Br. Grützner u. M. Höhnel, Zur Kenntnis der Metaplumbate der Erdalkalien.. . .

L. Moeser, Zur Kenntnis der eisensauren Be

K. Gorter, Ueber die van de Moer'sche Reaction und die Erzaitte- lung des Cytisins. . . . 2 er.

Dr. Mjöen, Beiträge zur nikenskopechrn Kon des Opiuzie

Era, TVeber das’ Ainmoniacum ;* ;.. ... u. Sr Ieene

Eingegangene Beiträge.

Pinner, Ueber das Nicotin (II).

Dragendorff, Beiträge zur gerichtlichen Chemie.

Gadamer, Ueber das Thiosinamin.

Virchow, Ueber Bau und Nervatur der Blattzähne und Blattspitzen

(Geschlossen den 19. IX 1895.)

DL & x

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K. T. Hallström: Myristicaceen. 471

Der Samenkern ist der Haselnufs täuschend ähnlich. Er ist fast kugelförmig mit einer tiefen Aushöhlung an der Chalaza; die Oberfläche ist grobrunzelig.

Die Testa ist papierdünn. Weil die äufsere Schicht der Samenschale stark geschrumpft und teilweise zerstört ist, ist eine Übersicht davon unmöglich zu erhalten. Möller sagt!): „An nicht vollkommen ausgereiften Samen ist sie (die Oberhaut) erhalten und diese Samen sind hellbraun, glatt und glänzend. Die Anord- nung der Schichten der Samenschale und die Ausbildung ihrer Elemente zeigt eine grolse Übereinstimmung mit Myr. officinalis?). Als Unterschiede sind hervorzuheben die unregelmäfsig polygonalen Plattenzellen der Epidermis und die unterhalb der Palissadenschicht gelegene einfache Reihe von Sclerenchym.* Die Zelllage nach aulsen von den Palissaden die Aufsenpalissadenschicht der Myr. fragrans besteht aus langgestreckten prismatischen, mit braunem Inhalt erfüllten Zellen (Fig. 27 ap.) Die Innenpalissaden sind kurz (0,27—0,32 mm). Die grolsen scheibenförmigen Caleiumoxalatkrystalle befinden sich fast ohne Ausnahme in einer Reihe in der Mitte der Zellen und nicht wie gewöhnlich bei den anderen in den Erweiter- ungen der beiden Enden (Fig. 27 Kr.) Die Bastzellen der Quer- faserschicht unterscheiden sich im Querschnitt von denjenigen aller anderen Arten durch ihre rechteckige Form (Fig. 27 qfs) und durch die Streckung in radialer Richtung, wie auch durch ihre grofsen Lumina. Höhe : 0,067—0,081 mm, Breite : 0,021—-0,031 mm. Isoliert treten zwei verschiedene Typen hervor (Fig. 28): kurze fast quadratische (0,04—0,08 mm breit und 0,21—0,37 mm lang) und sehr lange und schmale (1,21—1,75 mm lang, 0,067—0,108 mm breit), die hier praevalieren. Zwischen diesen giebt es auch Über- gangsformen.

Das Endosperm ist geschmack- und geruchlos, weich wie Wachs Die Ruminationsstreifen sind kurz und ziemlich weit von einander entfernt. Manchmal kommen gröfsere Samenhautzapfen, die von der Raphe ausgehend durch den ganzen Samenkern dringen, vor. Die Endospermzellen sind mit scholligen Fettklumpen gefüllt; innerhalb dieser sind grölsere und kleinere gelbgefärbte Klumpen

ı) Über Muskatnüsse S. 4. 2) Über Muskatnüsse Vergl. Myr. officinalis Mart.

Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bds. 7. Heft 31

472 K. T. Hallström; Myristicaceen.

zu sehen, die von Jod citronengelb gefärbt werden: Aleuronkörner. Daneben bekommt man eine schwache Stärkereaktion, man sieht spärliche, sehr kleine, fast unme(sbare Körner, daneben hie und da eine blaugefärbte gel&eartige Masse.

In einem Schnitt, bei dem das Fett durch Kochen mit Wasser geschmolzen worden ist, verursacht Alkohol keine Veränderungen. Läfst man aber Alkohol ohne vorhergehendes Aufwärmen zuflielsen, so löst sich das Fett teilweise, der ungelöste Teil bekommt eine unbestimmte krystallinische Struktur. KOH und Na OH verursachen keine Veränderungen. Fe, Öl, und K, Cr; O, geben die Gerbsäurereaktion in der Samenschale und den Ruminationsstreifen.

Die Aleuronkörner bestehen aus gröfseren Krystalloiden und kleineren runden Körnern. Sie bieten sonst nichts bemerkens- wertes dar.

Der Same aus der pharm. Sammlung in Graz war viel grölser (Länge 18 mm, Breite 15 mm) und mehr kugelrund als der oben genannte, sonst mit demselben übereinstimmend.

Ein Same (Virola sebifera Aubl.) aus der Sammlung Dr. War- burg’s ist viel kleiner als die beiden vorhergehenden, mit dem kaum 1 mm dünnen Pericarpium 13 mm lang, 11 mm breit. Der ana- tomische Bau ist wie bei den anderen; in der Querfaserschicht wurden nur lange Bastzellen beobachtet. In den Endospermzellen wurde keine Stärkereaktion erhalten.

Horsfieldia spec. ign. (wahrscheinlich glabra. (Bl.) Warb.)

(In Buitenzorg bezeichnet mit Myriıstica glabra.) (Alkoholmaterial aus der Tschirch’schen Sammlung a. d. bot. Garten in Buitenzorg.)

Die chokoladbraune Frucht ist 35—40 mm lang, 25—30 mm breit, eiförmig. Das Pericarpium ist 3—5mm dick und ziemlich locker. Der gelb-braune Arillus umhüllt die ganze Frucht sackförmig; nur rings um die Samenspitze ist er etwas offen, so dafs der Same sicht- bar wird, und in einige sehr kurze Lappen geteilt.

Der Same, der nur an der Chalaza einige seichte Arillus- furchen hat, ist übrigens ganz glatt, eitörmig und an dem Chalaza-

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ende spitzig. Die Grundfarbe ist braun, der Farbe einer Eichel sehr ähnlich, mit helleren, fast gelben Striemen, die unregelmälsig zwischen Hilum und Chalaza verlaufen. Die Epidermis, wie auch die ganze Aufsenschicht, die die Dicke einer Karte hat, löst sich leicht ab.

Die flache Epidermis ist aus polygonalen dünnwandigen Zellen, deren Ecken mehr oder weniger verdickt sind, zusammengesetzt. Die zahlreichen Spaltöffnungen sind ziemlich grofs. Die folgenden 20—25 Zelllagen sind in radialer Richtung zusammengedrückt, zum Teil mit braunem Inhalt gefüllt. Im Flächenschnitt sieht man die par- enchymatischen Zellen mit grofsen Intercellularen versehen, im Quer- schnitt dagegen zeigen sie sich ganz anders, die Zellwände sind scheinbar von Löchern durchgebohrt. (Fig. 11.) In dieser Schicht ver- laufen die Gefäfsbündel und die langen Sekretbehälter, deren Inhalt ebenso wenig wie der der parenchymatischen Zellen und der den Palissaden benachbarten Zellen sich in Alkohol, Aether, Chloroform oder Benzol löst. Die den Aufsenpalissaden der Myr. fragrans entsprechenden Zellen sind ein wenig in radialer Richtung gestreckt, zum Teil mit braunem Inhalt gefüllt. Hier und da enthalten sie gut ausgebildete Calciumoxalatdrusen. (Fig. 11 ap.)

Die sehr harten Innenpalissaden sind wie bei anderen Arten gebaut. Die der Querfaserschicht zugehörenden Zellen bestehen aus- schliefslich aus sclerenchymatisch verdickten Bastzellen mit links- schiefen Tüpfeln und abgerundeten oder schief abgeschnittenen Enden. (Fig. I1qgfs und 12, Fig. 13 im Querschnitt.) Zwischen diesen beiden Zelllagen kommen hie und da einzelne Gruppen von ungleich langen und dickwandigen Sklereiden, die fast wie aus den Palissaden abgeschnitten zu sein scheinen, vor. Wo diese Gruppen sich finden, sind die Palissaden kürzer. Ganz gleiche findet man bei Horsfieldia Iryaghedhi. Die Innenschicht der Samenschale ist sehr stark obliteriert. Der mittlere Teil derselben ist aus ganz gleichen, mit Intercellularen versehenen Zellen, wie die der Aufsenschicht, aufgebaut.

Das fettreiche Endosperm besteht aus unregelmälsig polygo- nalen Zellen, deren Wände mit Poren versehen eind. Das Fett zeigt sich als aufgeschwollene, amorphe Masse, die die Zellen vollständig ausfüllt. Das durch Erwärmen geschmolzene Fett bildet nach Zu- fliefsen von Alkohol Fettsäurekrystallgruppen, die Fettklumpen werden

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von sehr feinen und zarten Krystallnadeln umgeben. Die Aleuron- körner bestehen nur aus Krystalloiden und Hüllmembran und sind von wechselnder Gröfse und Form (0,013—0,085 im Durchmesser), -— Kleine Stärkekörner kommen sehr spärlich vor.

Horsfieldia Iryaghedhi, Wark. (Alkoholmaterial aus der Tschirch’schen Sammlung vom bot. Garten in Buitenzorg.)

Die dunkel chokoladenbraune Frucht ist 40 mm lang und 30 mm breit, besonders an der Basis steifhaarig. Auch der Fruchtstiel ist haarig. Die Fruchtschale ist ziemlich fest und 4--7 mm dick. Der ungeteilte, kastanienbraune Arillus schlie[st sich dieht an den Samen, so dafs er ganz eben, ohne Runzeln oder Faltungen ist. An der Spitze ist er wie eine Düte zusammengelegt. Der Same ist 283 mm lang, 19 mm breit, gleichförmig oval, kastanienbraun. Die Aulfsen- seite, deren Epidermis sich sehr leicht löst, ist, kleine warzen- förmige Erhebungen ausgenommen, ganz eben; nur an der Spitze sind einige seichte Arillusfurchen zu shen. Die Samenschale ist dünn und zerbrechlich. Der Samenkern zeigt tiefe zwischen Cha- laza und Hilum verlaufende Furchen mit kleineren seitwärts gehen- den Verzweigungen, die durch die tief in das Endosperm eindringen- den Samenhauttalten entstanden sind.

Die Epidermis ist aus polygonalen Plattenzellen zusammenge- setzt. Die Aufsenwand und die Ecken sind stark, die Seitenwände nicht verdickt (Fig. 15 ep). Die subepidermalen und die weiter nach innen folgenden Zelllagen bestehen aus ziemlich grofsen und unregelmäfsigen, mit Vorsprüngen versehenen parenchymatischen Zellen. (Fig. 16.) Näher den Palissaden (0,44—0,95 mm lang) werden diese regelmälsiger rund oder oval und haben Intercellularen. Die den Aufsenpalissaden entsprechenden Zellen sind in radialer Rich- tung etwas gestreckt, prismatisch, die Seitenwände mit Poren ver- sehen. (Fig.15 ap). Auch hier zeigen sich scheinbar Löcher in den Zellwänden. In der Aufsenschicht sind die Zellen sehr reichlich mit braunem Inhalt, der in den den Palissaden benachbarten Zellen harte Klumpen bildet, erfüllt. Die Bastzellen der Querfaserschicht sind derjenigen der oben beschriebenen Horsfieldia gleich. Auch hier kommen zwischen diesen beiden Gewebsschichten gleiche Gruppen

K. T. Hallström: Myristicaceen. 475

von sklerenchymatisch verdickten Zellen, wie bei Horsfieldia spec. ign. vor.

In den die Palissaden umgebenden Geweben sind die Zellen sehr stark mit braunem Inhalt oder mit harten Sekretklumpen erfüllt. Dazu finden sich in den Epidermiszellen reichlich Chromatophoren in Form brauner oder rotbrauner gelappter Scheiben und kleinerer oder grölserer Körner, die besonders in Flächenschnitte deutlich sichtbar sind. In den subepidermalen Zellen findet man kleine farb- lose Körner, runde, ovale, nierenförmige, die mit Jod eine deut- liche Stärkereaktion geben. Um die Löslichkeit des Zelleninhaltes zu untersuchen, wurden Schnitte auf dem Objektträger mit Alkohol- Chloroform, Aether und Alkohol - Aether (gl. Teile) behandelt, doch ohne Resultat. Nach 2 Tagen war eine Lösung der Inhaltsbestand- teile kaum bemerkbar, die Lösungsmittel aber waren (besonders der Alkohol) deutlich rotgetärbt. Durch Kochen der Schnitte mit den Lösungsmitteln wurde die Löslichkeit nicht grölser. Nach längerer Zeit vermag jedoch der Alkohol viel zu lösen, denn der Alkohol, in welchem das Material viele Monate nach einander aufbewahrt worden war, war tiefrot gefärbt. Lie(s man etwas von diesem abdunsten, so blieb eine spröde, harzartige und blättrige Masse übrig. Kam dieser gefärbte Alkohol in Berührung mit Wasser, so wurden braungraue klebrige Ballen gebildet. KOH löst die Chromotophoren mit schöner, orangeroter Farbe, H, SO, löst dieselben mit dunkel- orangerother-braunroter Farbe.

Das Endosperm ist wie bei der vorigen Art gebaut. Die Zellen sind von krystallinischem Fett erfüllt. Dasdurch Kochen in Wasser geschmolzene Fett krystallisiert beim Zufliefsen von Alkohol. Daneben findet man Aleuronkörner und länrgliche und runde Stärkekörner (0,005—0,032 mm lang und 0,005—0,013 mm breit.) KOH ver- seift das Fett und bildet Krystallnadeln. Der Farbstoff in den Samenhautzapfen wird mit bronzeroter Farbe gelöst. H,SO, giebt die- selbe Reaktion wie KOH, nur krystallisiert das Fett nicht so deutlich.

Horsfieldia macrosoma (Mig.) Warb. (Alkoholmaterial a. d. Tschirch’schen Sammlung vom bot. Garten in Buitenzorg).

Die Frucht ist 40 mm lang, 27 mm breit, graubraun, ganz glatt. Das Pericarpium 5—7 mm dick und test. Der hellbraune,

476 K. T. Hallström: Myristicaceen.

28 mm lange und 13 mm breite Samen ist von einem ungeteilten, den Samen sackartig umgebenden, leberbraunen Arillus umschlossen.

Der Bau der Samenschale ist in seinen einzelnen Teilen dem der Horsfieldia spec. ign. sehr ähnlich. Die Palissaden sind 0,37—0,43 mm lang. An der Rapheseite ist nach innen von den Palissaden eine zweite Palissadenschicht zu finden. Die Zellen in dieser inneren Schicht sind ganz gleich und fast überall auch gleich lang, wie in der äusseren Schicht und mit Calciumoxalatkrystallen versehen.

Die Endospermzellen sind mit scholligen Fettklumpen gefüllt. Die Samenhautzapfen sind meistens kurz und an Zahl gering, doch kommen auch einzelne grölsere, die sich sehr mächtig in dem Endosperm ausbreiten, vor. Die Stärkekörner sind klein, rund oder oval (0,002—0,018 mm), die Aleuronkörner klein und wenig entwickelte. KOH und Ammoniak verursachen eine Rotfärbung in dem Inhalt der Zellen, in der Samenschale und in den Samen- hautzapfen. H, SO, löst den Inhalt mit tief orangeroter Farbe. Fe, Cl; und K: Cr, O, geben Gerbstoffreaktion.

Horsfieldia glabra. (Bl.) Warb. (Alkoholmaterial a. d. Tschirch’schen Sammlung vom bot. Garten in Buitenzorg).

Die Frucht ist 32 mm lang, 20 mm breit, dunkel rotbraun, Das Pericarp ist dünn. Der blafs-graubraune Arillus ist an der Spitze in zwei Hauptlappen geteilt; grölstenteils ist der Same von demselben sackartig umgeben. Der Same ist 28 mm lang, 19 mm breit. Die Farbe ist etwas heller als die der Frucht.

Die Epidermis der Samenschale ist aus regelmäfsigen, im Querschnitt fast quadratischen, kleinen Zellen, die mit äufserst kleinen Stärkekörnern erfüllt sind, aufgebaut. Sonst ist die Aulsen- schicht wie bei Horsfieldia spec. ign. Die Zellen führen reichlich Calciumoxalatdrusen. Gruppen aus sklerenchymatisch verdickten, den Palissaden ähnlichen Zellen, wie bei Horsfieldia spec. ign. und A. Iryyghedhı kommen zwischen der Querfaserschicht und der Innenschicht vor. Fe, Cl, und K, Cr, O,, KOH und Ammoniak geben dieselben Reaktionen wie bei der vorigen.

Im Endosperm sind die Stärkekörner sehr klein; die Aleuron- körner sind nicht gut entwickelt und bestehen nur aus Krystalloiden.

K. T. Hallström: Myristicaceen. 477

Knemaintermedia (Bl) Warb. (Alkoholmaterial a. d. Tschirch’schen Sammlung vom bot. Garten in Buitenzorg).

Die eirunde Frucht ist 23—30 mm lang, 18 mm breit, choko- ladebraun und feinfilzig. Das Pericarp ist 3—5 mm dick und ziemlich fest. Der Arillus, von derselben Farbe wie die Frucht, ist grölstenteils ungeteilt und umschliefst den Samen sackartig. Die Arillarlappen, die kaum bis zur Hälfte des Samens sich er- strecken, schlie[sen sich dicht aneinander, so dafs der Same vollständig davon bedeckt ist. Der Same ist ohne Arillus 19 mm lang und 12 mm breit, gegen die Spitze sich stark verschmälernd. Die Farbe erinnert sehr an die der Haselnufs. Die dünne, kaum 0,5 mm dicke Samenschale ist ganz glatt, nur an der Chalaza sind einige flache Erhabungen sichtbar. Die hellbraune Aufsenfläche ist von dunkleren Striemen Gefäfsbündeln in kleine unregelmäfsige Felder geteilt.

Die Epidermis ist grolfszellig und ziemlich diekwandig. Inder Aufsenschicht, die nichts bemerkenswertes darbietet, kommen die langen Sekretbehälter nebst den Gefäfsbündeln vor. Besonders die innersten Zellreihen sind mit braunem Inhalt gefüllt. Die Innen- palissaden sind 0,37—0,45 mm lang. Im Längsschnitt der Querfaser- schicht sieht man hauptsächlich Janggestreckte Bastzellen. Isoliert man sie, so findet man zwei verschiedene Hauptformen, beide klein. Die langgestreckten sind überwiegend, die kurzen und breiteren seltener (Fig. 22).

Die Stärkekörner sind klein und rund und füllen besonders die subepidermalen Zellen fast ganz. Fe,Cl;, und K,Cr,0O, geben Gerbsäurereaktion. KOH und H, SO, lösen weder noch färben sie.

Das Endosperm ist spröd und zerfällt sehr leicht beim Schneiden. Das beim Kochen im Wasser geschmolzene Fett bildet beim Zu- fliefsen von Alkohol entweder lange, spitze Nadeln oder Klumpen, die von kleinen spitzen Krystallnadeln umgeben sind. Sonst ist das Endosperm sehr reich an Stärke und Aleuron, die die Zellen neben dem Fett ganz ausfüllen.

Die Stärkekörner sind wie in der Samenschale klein und rund, die Aleuronkörner führen nur selten Hüllmasse und Membran.

478 K. T. Hallström: Myristicaceen.

Globoide und Krystalle fand ich nicht. Die Krystalloide sind von KARTEN

verschiedener Gröfse (0,005—0,031 mm lang, 0,005—0,021 mm breit) und meistens regelmälsig ausgebildet.

Knema glauca (Bl.) Warb. (Alkoholmaterial a. d. Tschirch’schen Sammlung).

Die fast eirunde Frucht ist 32—34 mm lang, 20—22 mm breit, Pericarpium ist hart und dünn, rostbraun und dicht mit Stern- haaren, die der Frucht ein feinfilziges Aussehen geben, besetzt. Der früher den Samen sackartig umhüllende Arillus ist jetzt in zwei gleiche Teile geteilt, sehr dünn, an der Spitze mit einigen Zotten versehen und von rotbrauner Farbe. Bei durchfallendem Licht sieht man die parallel verlaufenden Gefäfsbündel als dunkle braune Striemen. Auf der Aufsenseite sind diese auch als leistenförmige Erhebungen sichtbar.

Der Same ist 23 mm lang, 18—20 mm breit. Die Samen- schale ist dünn und hellbraun. Der Samenkern hat an der Chalaza ein tiefes Grübchen, das einer Einstülpung der Samenschale ent- spricht.

In der Aufsenschicht der Samenschale sind die verschiedenen Gewebe den entsprechenden Teilen der Änema intermedia ganz ähn- lich, nur die subepidermale Zellschicht ausgenommen, die wie bei Horsfieldia Jryaghedhı gebaut ist (Fig. 16). Die Stärke besteht aus kleinen runden und länglichen Körnern. Die Palissaden sind 0,62 mm lang.

Die zur Querfaserschicht gehörenden Zellen unterscheiden sich von allen anderen durch ihre kurze und breite, drei- und viereckige Form (Fig. 24) (Länge 0,067—0,216 mm, Breite 0,027—0,067 mm). Auch kommen spärlich etwas längere Bastzellen vor. Aber alle sind sie wie bei Myristica surinamensis spiralig und netzartig ver- dickte Fasern (Vergl. Fig. 18). Fe Ol; und K, Cr; O0, geben eine schwache Gerbsäurereaktiin. KOH und H, SO, lösen nach kurzer Zeit ein wenig. Beim Behandeln mit H, SO, ist gleichzeitig eine Färbung des Inhalts bemerkbar. Sie geht von einer karmin- roten in eine violette und grüne Farbe über. Die grüne bleibt am längsten bis auch diese verschwindet, und der Zellinhalt bekommt dann eine fast schmutzigbraune Farbe.

K. T. Hallström: Myristicaceen. 479

Das Endosperm ist reich an Fett und weich. Die Ruminations- streifen liegen dicht neben einander und dringen tief in das Endo- sperm ein. Die Stärke hat dieselbe Form wie bei Änema_ inter- media. Aleuronkörner fand ich nicht.

Mondora-Myristica. (Kalabassen Muskatuf/s). (Trockenes Material a. d. pharm. Sammlung in Wien.)

Ueber Mondora-Myristica habe ich nur eine kurze Notiz ge- funden. Döbereiner!) sagt nämlich: „Mondora Myristica Dan. liefert die sogenannten amerikanischen oder jamaikanischen Muskatnüsse und werden dieselben dort häufig angewandt.“ Ob diese Benennung eine oder mehrere Arten umfalst, ist unmöglich zu sagen, wie auch ob die zur Untersuchung vorliegende Mondora Myristica mit der von Döbereiner erwähnten identisch, ob sie überhaupt eine Myristica-Nuls ist. Denn so sehr ist sie in Form und Aus- sehen, wie auch im anatomischen Bau den anderen Muskatnüssen un- ähnlich, dafs man letzteres kaum annehmen kann.

Der Same ist länglich, 20 mm lang, 10—12 mm breit, von den Seiten platt zusammengedrückt und etwas schief. Das eine Ende des Samens ist abgerundet, das andere ist schmäler und endigt in einer Spitze. Längs den schmalen Längsseiten verlaufen Wulste, die durch eine seichte, in dem abgerundeten Ende des Samens deutlich sichtbare rinnentörmige Vertiefung in die breitere Seite des Samens übergehen. Diese Wulste werden, wie der Querschnitt zeigt, von einer Verdickung in der sonst papierdünnen Texta verursacht.

Die innere Seite der Samenschale sendet in das Endosperm zahlreiche dünne, farblose Lamellen, die dasselbe in kleine Zapfen teilen. Das Endosperm, das also ruminiert ist, löst sich leicht aus der Samenschale und die Lamellen bleiben dabei fast unzerbrochen mit der Samenschale vereinigt.

Die Epidermis ist von platten, unregelmälsigen Zellen gebildet. Auf diese folgt eine Lage ungleich grolser, wenig verdickter und mit Spaltentüpfeln versehener Bastzellen, die in der Längsrichtung des Samens verlaufen. Die folgende Schicht ist auch aus Bastzellen zusammengesetzt, die jedoch schmäler und länger sind und eine den

l) Deutsches Apothekerbuch von Dr, J. W. Döbereiner und Dr. Franz Döbereiner. I. Stuttgart 1842, 3, 550.

480 K. T. Hallström: Myristicaceen.

vorigen entgegengesetzte Richtung haben. Nach innen ist die Samen- schale von einer dünnen 1—2 Zellreihen starken Schicht fast isodiametrischer, stark getüpfelter, parenchymatischer Zellen bekleidet. Hie und da sieht man im Querschnitt die I—2 innersten Zellreihen mit braunem Inhalt erfüllt. Diese erinnern etwas an die Innen- schicht der übrigen Myristica-Arten. Wo in der Samenschale die wulstigen Verdickungen sich finden, ist zwischen den beiden Bast- zellschichten eine dicke Lage parenchymatischer Zellen, die den in- wendig die Samenschale bekleidenden Zellen gleichen, eingeschoben, DieLamellen sind aus den zwei innerstenSchichten, den inneren Bast- zellen und den parenchymatischen Zellen aufgebaut. Die Bastzellen, die hier ausserordentlich lang und schmal sind, sind nicht lückenlos mit ein- ander vereinigt, sondern lassen zwischen sich grofse leere Räume, die von den parenchymatischen Zellen ausgefüllt sind. Nur ausnahmsweise sind in den Lamellen die Bastzellen, die sich in allen Richtungen verschlingen, mit Poren versehen. In der Samenschale sind keine Getäfsbündel, Sekretbehälter oder Oelzellen zu finden.

In dem Endosperm, das deutlich nach Elemi riecht, sind die Zapfen am meisten an den Rändern, aber auch nach innen reichlich mit runden Oelzellen, die mit braun-gelbem Oel gefüllt sind, besetzt. Diese verursachen die braune Farbe der Zapfen. Die ziemlich dick- wandigen, unregelmäfsigen Endospermzellen sind mit Fett, das sich leicht in Ammoniak löst, gefüllt. KOH und Ammoniak geben in den Oelzellen keine Reaktionen. Jod färbt den Inhalt etwas brauner. H, SO, löst denselben mit dunkel-orangeroter fast rotbrauner Farbe. Die übrigen Reagentien lassen den In- halt unverändert.

Myristica subalulata. Mig. (Trockenes Material a. d. Sammlung von Dr. Warburg.)

Die Frucht ist schmutzig hellbraun, nicht haarig, 25 mm lang, 15 mm breit. Die Samenschale ist von hellziegelbrauner Farbe, sehr uneben, mit Leisten zwischen den tiefen Arillusfurchen ; dazu (wie auch der rotbraune Arillus) mit warzenähnlichen Erhebungen dicht besetzt, die sich leicht beim Berühren lösen. Eine glatte Furche, die an der Chalaza mit einer sehr deutlichen Erhebung auf- hört, bezeichnet den Verlauf des Raphebündels.

K. T. Hallström: Myristicaceen. 481

Im Querschnitte zeigt die Samenschale denselben Bau wie bei Myr. fragrans, d. h. die Aufsenpalissaden sind zu dünnwandigen, langen prismatischen Zellen ausgewachsen. Das Endosperm ist zerstört wie auch die innerste Schicht der Samenschale.

Die warzenähnlichen Erhebungen scheinen aus langen nadel- förmigen Fettkrystallen zu bestehen.

Myristica Teysmanni Mig. (Alkoholmaterial a. d. Tschirch’schen Sammlung vom bot. Gart. in Buitenzorg.)

Die Frucht ist feinflzig und chokoladebraun, 50 mm lang, 45 mm breit. Der Arillus ist im Vergleich mit dem der anderen Arten besonders an der Basis aufserordentlich dick, bis 5 mm im Querdurchmesser. Er besteht aus 5 Hauptstreifen, die sich in viele dünnere zerschlitzen und sich um einander verschlingend die Spitze der Nufs bedecken. Der Geruch ist schwach aromatisch, die Farbe chokoladebraun. Die Schnittfläche ist ziegelrot und im Querschnitt sind die mächtig entwickelten, mittelständigen Gefäfsbündel schon mit blofsem Auge sichtbar.

Der regelmäfsig ovale Same, 38—40 mm lang, 30—33 mm breit, ist glänzend chokoladebraun, etwas dunkler als der Arillus von sehr tiefen Arillusfurchen eingekerbt. Die Samenschale ist meistens zerstört. Sie zeigt einen mit Myr. fragrans im allgemeinen übereinstimmenden Bau mit gut entwickelten Aufsenpalissaden. Der Samenkern war zerstört.

Der Bau der Fruchtschale der gesamten untersuchten Myristicaceen stimmt im grofsen und ganzen überein. Einige Früchte sind von, mit mehr oder weniger gegliedertem Stiel versehenen, Sternhaaren besetzt, andere sind kahl. Alle haben sie die langen Sekretbehälter und Oelzellen ebenso wie die Astrosklereiden, alle enthalten Gerbstoffe im Parenchym.

V. Vergleichende Anatomie der Arillen

der Myristicaceen.

Ehe ich den anatomischen Bau der Arillen der verschiedenen Myristicaceen beschreibe, will ich eine kurze Übersicht der hauptsäch- lichsten Litteratur geben, die die zwei bis jetzt untersuchten Myristica- arillen, die Banda- und Bombay-Macis, sowohl aus .anatomischen

482 K. T. Hallström: Myristicaceen.

Gesichtspunkten als auch mit Rücksicht auf die chemischen Identitäts- Reaktionen behandelt.

Zuerst sei erwähnt, dals bereits Bergl) die Banda-Macis gut und richtig beschreibt, dann ist die Untersuchung über Bombay-Maeis von Tschirch?) zu erwähnen. Er giebt eine genaue, von Abbildungen begleitete Beschreibung des anatomischen Baus und erwähnt „die mannigfach gestalteten Körner“, die von Jodjodkalium und Chlor- zinkjod violettbraun gefärbt werden und mit denen die Zellen des Parenchyms angefüllt sind. Einige Jahre später teilen R. Frühling und J. Schultz?) zwei zweckmälsige, durch viele Versuche erprobte Vorprüfungen mit, welche sie gebraucht haben beim Untersuchen der verfälschten pulverisierten Macis. Die eine beruht auf der Thatsache, dals die echte Macis niemals Stärke enthält, die andere berücksichtigt die Abwesenheit eines bestimmten in Alkohol löslichen Farbstoffes. Wird echtes Macispulver mit Alkohol geschüttelt, so bekommt man ein gelbgefärbtes Filtrat, dessen Farbstoff nicht von dem Flie/spapier aufgenommen wird. Ein mit Curcuma und Bombay- Macis gemischtes Macispulver giebt dagegen ein das Flie[spapier dauernd gelbfärbendes Filtrat. Wird dann das getrocknete gelbge- färbte Flie[fspapier mit KOH geprüft, so ist an einer Braunfärbung Curcuma, an einer blutroten Färbung Bombay-Macis zu erkennen.

Im Jahre 1837 behandelt T.F. Hanausekt) die unechte Macis, dieer für identisch mit dervon Tschirch beschriebenen Bombay-Maeis, welchenachTschirch,DymockundWarburg von Myr. malabarica Lam. abstammt, hält. Als bemerkenswert erwähnt er das Verhalten des Inhaltes der grolsen blasenartigen Zellen zu Laugen und Säuren, Seiner Verımutungnach enthalten dieseZellen nebst ätherischem Oel einen Farbstoff, der wenigstens zum Teil die Eigenschaften des Curcuma- Farbstoffes besitzt. In einer Mitteilung über falsche Macis?) fügt er bei, dafs der Mangel an jedem Aroma die Ableitung der Bombay-Macis von Myr. fatua Houtt., Myr. officinalis Mart. oder Myr. sylvestris Houtt. ausschlielst.

Tschirch$) beschreibt alsdann die Inhaltsstoffe der Zellen des Arillus von Myr. fragrans Houtt. und das Vorkommen von Amylo- dextrinstärke in Banda-Maecis, dessen eigentümliche Körnchen er auch in der Angewandten Anatomie (S. 100) abbildet.

1) Anatomischer Atlas. 2) Pharm. Zeitung 1831 S. 556. 3) Chemiker-Zeitung 1886 No. 34.

4) Jahresberichte der WienerHandelsakademie (Referat im Jahresber. der Pharmacognosie, Pharmacie und Toxi- cologie 1887. S. 109.)

5) Pharm. Zeitung 1886 S. 61—62, 6) Ber. d.d. bot. Gesellschaft. 1883. Band VI. Heft.

K. T. Hallström: NMyristicaceen. 433

Als das beste Kennzeichen für unechte Maeis bält T. F. Hanau- se kl)die Reaktionserscheinungen des Inhaltsstoffes der grolsen Oelzellen. Diese enthalten einen harzigen Körper. derin Alkohol mitsaffrangelber oder grüngelblicher Farbe sich löst,einkleinerTeil bleibt in Gestalt molekularer Körnchen (Tröpfchen ?) ungelöst. Tschirch hält diese Körnchen für den Rest der resinogenen Schicht.

Ein Jahr nachher erwäbnt Hefelmann?) Bleiessig als ein Reagens, mit dem er geringe Mengen beigemengter Bombay-Macis bei grolsem Ueberschu[s echter Macis noch erkennen konnte. Ein mit kochendem Alkohol hergestellter Auszug der echten Macis färbt beim Filtrieren das Papier schwach gelb, und giebt mit Bleiessig eine milchig weisse Trübung, der Bombay-Macis-Auszug färbt das Fliefspapier rot und giebt mit Bleiessig einen flockigen rothen Niederschlag.

Waage hatdanach die obenerwähnten Reagentien mit einander verglichen und ihre Anwendbarkeit beim Untersuchen der verfälschten Macis?) beurteilt. Was besondersdie „Böhm’sche Reaktion“, „wodurch der durch ein reinweilses Filter filtrierte alkoholische Auszug das Papier nur schwach gelb färben und durch namentlich vom Rande her beim Abtrocknen auftretende Rötung Bombay-Macis anzeigen sollte“ und Hefelmann's Methode betrifft, so geben diese nach dem ge- nannten Autor sehr oft zweifelhafte Resultate. Es giebt nämlich hellere, gelbe und dunklere, braune Bombay-Macis, weshalb es irre- führend ist, eine dunkle Macisprobe sofort für verdächtig anzusehen. Mit brauner Bombay-Macis gelingt die Hefelmann'sche Reaktion gut. Anders verhält sich die geibe, deren Sekretzellen zumeist einen eitronengelben Inhalt zeigen. Wenige erscheinen gelbrot, manche Quer- schnitte sind sogar ganz frei von letzteren. Bei solcher Ware lälst uns die Böh m’sche Reaktion im Zweifelund mitderHefelmann- schen Reaktion geht jeder charakteristische Unterschied verloren wenn man etwas Banda-Macis hinzusetzt.— Warburg'st) Angabe dals Bombay-Macis mitHCl1 od. H, SO,einegrünliche Färbung geben soll, fand Waage weder bei dunkler, noch bei heiler Bombay-Macis zutreffend ‘Als dassicherste Reagens empfiehlt erKaliumchromat. Der aeth. Auszug der Bombay-Macis giebt auf Zusatz von Kaliumchromat eine

1) Zeitschr. Nahrungsmittel - Untersuchung und Hygiene 189%. No. 4. S. 77.

2) Pharm. Zeitung 1891. S. 122.

3) Ber. d. pharm. Gesellsch. 1892 S. 229 und 1893 S. 164 und Pharm. Centralhalle 1892, S. 372.

4) Ueber die nutzbaren Muskatnüsss S. 14 (224). Auch mikroskopisch-anatomisch ist der Arillus leicht zu erkennen, nament- lich aber durch Schwefelsäure. „indem die Bombay-Macis beim Betupfen derselben mit der Säure eins grünliche Färbung annimmt.“

184 K. T. Hallström: Myristicaceen.

dunkelrotbraune Färbung, Banda-Macis nur eine Gelb- färbung.

Jüngst hat Hanausekl) die Einwirkungen dieser und mehrerer anderer Reagentien auf Alkoholauszüge der Banda- und Bombay-Maeis genauer verglichen.

Der Farbstoff der Bombay-Macis ist dann von Hilger?) dargestellt und untersucht worden. Eine dieser Arbeit beigegebene Tabelle giebt zahlreiche vergleichende Reactionen der Farbstoffe der Banda-Macis und der Bombay -Macis. Das Fett der Bombay - Macis ist nach Hilger ein Gemisch von Stearinsäure, Palmitinsäure und Oel= säure-Glycerinester. Dasselbe stimmt also qualitativ mit dem Fette der Banda-Macis überein, für welches Tschirch den Nachweis ge- führt hat, dals es die gleichen Ester enthält.

Amylodextrinstärke ist bei den Myristicaceen bisher nur bei dem Arillus der Myr. fragrans bekannt. Schon Henry beobachtete dafs Macis „eine stärke- und gummiartige, durch Jodtinktur purpur- farbig werdende Substanz enthält.“ Da diese Tatsache einige Zeit in Vergessenheit geraten war, wurden die Körner wieder zur Unter- suchung herangezogen (Vogl. Moeller), doch ohne Resultat, bis Tschirch sie als Amylodextrinstärke erkannte.3) Inde/sen hatte schon C. Nägeli undnach ihm einige andere in verschiedenen Pflanzen und Pflanzenteilen Stärkekörner, die sich mit Jod rot färbten, ge- funden. Heut zu Tage sind diese Fälle nicht mehr allzu selten. Nach A. Meyer) sind sie in den folgenden Familien gefunden: Iridaceae, Gramineae, Orchidaceae, Papaveraceae, Aceraceae, Ericaceae, Gentiana- ceae und Myristicaceae (Banda-Macis). Dazu kommt die Familie der Crueiferae, wo Tschirch?) sie in keimenden, stärkefreien Samen der Sinapis alba gefunden hat.

Myristica fragrans Houtt. Banda-Macis.

An den beiden Seiten ist der Arillus von einer einschichtigen Epidermis bedeckt. (Fig. 31). Nur bisweilen beobachtet man Hypo- dermbildung. Die Aufsenwand ist sehr stark, die Innen- und Seiten- wände weniger verdickt. In der dicken Aufsenwand, die aussen von einer Cuticula bedeckt ist, beobachtet man oft Schichtung. In heilsem

1) Zeitschr. für Nahrungsmittelunters. 1894, Nr. 1. 2) Forschungsberichte über Nahrungsmittel etc. 1394, S. 136. 3) Vergl. Döbereiner Deutsch. Apothekerbuch S. 512 und Tschirch, Pharm. Zeitung 1881 S. 556. 4) Ueber Stärkekörner, welche sich mit Jod rot färben. Ber. d. d. bot. Ges. 1886 S. 337. 5) Angewandte Pflanzenanatomie S. 100.

K. T. Hallström: Myristicaceen, 485

Wasser quillt sie sehr stark. Die Epidermiszellen sind lang und parallelwandig, durch schiefe Querwände von einander geschieden. Tüpfel an den Seitenwänden sind selten.

Das Gewebe zwischen den Epidermen besteht aus dünn- wandigen, fast isodiametrischen, parenchymatischen Zellen. Rings um die zahlreichen und kleinen Gefäfsbündel sind die Zellen gegen die Bündel hin etwas gestreckt. Aufser dem Fett, das in Alkohol und Aether leicht löslich ist, enthalten die Zellen sehr viel Amylodextrinstärke, die sich durch Jod rot färbt. Die Körner sind etwa 0,002 —0,010 mm grols, meistens knochen- und stäbchenförmig, wulstigverbogen!.)

Die zahlreichen runden Oelzellen kommen überall in dem Gewebe vor. Diese sind etwa 0,062—0,069 mm weit, mit einer verkorkten Membran versehen und mit gelbem oder gelbbräunlichem Oel, das in der Droge eine ölige und harzartige Masse bildet, mehr oder weniger vollständig erfüllt. Die resinogene Schicht?) dieser Oel- zellen ist oft sehr schön auch in der Droge enthalten. Der in diesen Zellen neben dem aeth. Oele vorkommende gelbe oder gelbbräunliche Farbstoff wird von Alkohol mit gelber Farbe gelöst. Stärke fehlt. Ammoniak färbt die resinogene Schicht, wo sie erhalten ist, und den Inhalt der Oelzellen rotbraun, (NH,) CO, und Na,CO, gelbbraun, KOH löst den Inhalt der Oelzellen mit gelber Farbe, die nicht von Filtrirpapier aufgenommen wird, die resinogene Schicht wird dabei rotbraun gefärbt. K,CrO, färbt anfangs gar nicht; betupft man aber vorher den Schnitt mit einem Tropfen Alkohol, so färbt sich der Inhalt und die resinogene Schicht ein wenig dunkler. K,Cr,0,, HCl, Chromalaun, Fe3Cl;,, Ba (NO,)s,, H,SO,, und Bleiacetat veranlassen keine Reaktionen.

Westindische Macis. (Trocknes Material aus Tschirch’s Sammlung.)

Sie gleicht vollständig der echten Banda-Macis. Der Geruch und Geschmack ist aber nicht ganz so aromatisch wie bei der echten. Sie besitzt einen etwas bitterlich-unangenehmen Nachgeschmack.

1) Vergl. Tschirch, Angew. Anat. S. 100.

2) Tschirch Ber. d. d. bot. Ges. 1893.S. 201 und Anatomischer Atlas, Tafel: Kalmus.

486 K. T. Hallström: Myristicaceen.

Der anatomische Bau ist ganz wie bei der Banda-Macis, so auch die Amylodextrinstärkekörner. Die mehr runden sind 0,008—0,016 mm, die längeren 0,005—0,021 mm grofs. Ammoniak und KÖOH lösen den Inhalt der Oelzellen mit orangegelber Farbe. H,SO, löst nur hie und da mit orangeroter Farbe.

Myristica malabarica Lam.

(Bombay-Macis. Trocknes Material aus der Berner Sammlung.)

Bombay-Macis unterscheidet sich schon habituell von anderen Arillen durch die reich zerschlitzten, dünnen Arillarstreifen und durch ihre dunkelbraunrote Farbe. Bei anatomischer Untersuchung beobachtet man vor allem die hohen, dickwandigen Epidermiszellen mit bald fast rechteckigem, bald (meistens) ungleich verengtem, schiefem Lumen (Fig. 32 ep). Die stark quellungsfähige Epidermis ist einschichtig, hie und da kommt eine Hypodermbildung vor, die Aulsenwand ist mit dünner Cuticula versehen. Die Epidermiszellen sind sehr lang und nicht so regelmälsig wie bei der Banda - Macis. Sie sind mit den zugespitzten Enden in einander eingefügt. (Fig. 39).

Nicht weniger bemerkenswert ist der aufserordentliche Reich- tum an grolsen, meist ovalen, mit verkorkten Membranen versehenen Oelzellen, die bandartig oder gruppenweise zusammensto/send an der Aulsen- und Innenseite des Arillus im Parenchym zerstreut sind, die Mittelschicht dagegen fast ganz frei lassen. Sie sind mit einem dunkelgelben, fast braungelben, meist; verharzten Oel, das die braun- rote Farbe des Arillus verursacht, erfüllt.

Das dünnwandige Parenchym ist braun gefärbt, mit Fett und mannigfach gestalteten Körnern erfüllt. Jod färbt diese Körner rotbraun, mit Wasser behandelt verändert sich die Farbe in rotviolet. Es ist also Amylodextrinstärke. Siesind wie bei der Banda-Macis von mannigfaltiger Form und 0,005—0,018 mm

grols. Stärke fehlt. Wenn Ammoniak in Berührung mit dem Inhalt der Oelzellen kommt, wird derselbe sogleich orange- rot gefärbt. Aber allmälic wird der Inhalt, Tropfen

oder eine körnige Masse bildend, mit grüner, schliefslich gras- grüner Farbe, gelöst. Gleichzeitig löst sich das Fett in den parenchymatischen Zellen und fliefst zu Tropfen zusammen. _ Die-

K. T. Hallström: Myristicaceen. 487

selben Reaktionen bekommt man mit Ammoniak von verschiedener Stärke, nur wirkt das verdünnte Ammoniak langsamer. Na, 00, und (NH,), CO, geben nach einer längeren Zeit eine schwache orange- rote Färbung. KOH löst sogleich mit schöner orangeroter Farbe; das Fliefspapier wird von dem gelösten Farbstoft braunrot wie bei „Kamala“ gefärbt. Diese Farbe geht mit Säuren sogleich in eine gelbe über. Die Oelzellen werden bei dieser Behandlung ganz leer. Konc. H, SO, färbt den Inhalt tief orangerot. Das umgebende Gewebe wird mit orangegelber Farbe, die allmälich dunkler wird, gelöst. Fe, Ol; färbt nach einer längeren Zeit die Ränder der verharzten Oelklumpen schbwachrotbraun. K, CrO, allein färbt kaum. Wird aber der Schnitt erst mit Alkohol be- tupft, so löst sich das Sekret ein wenig und wird dann gleich beim Zufliefsen von K, Cr O0, dunkel braunrot, fast braun- schwarz gefärbt. Ba (NO,), färbt nach längerer Zeit und nur theilweise den Inhalt schwach blutrot.

„Macis sylvestris“ aus d. pharmacol. Sammlung in Wien, erwiels sich als Bombay-Macis.

Myristica Teysmanni Miq. (Alkoholmaterial aus der Tschirch’schen Sammlung vom bot. Garten in Buitenzorg.)

Wie schon früher erwähnt, sieht man im Querschnitt schon mit blofsen Augen die grolsen, in eine Reihe gestellten, gut ent- wickelten Gefälsbündel. Sie haben einen central gestellten Gefälsteil, der von einem reichhaltigen Siebteil, der oft aus 3—4 von einander getrennten Partien besteht, nahezu vollständig umgeben ist (Fig. 37 gtb.). Die verhältnismäfsig kleinen Parenchymzellen sind dünnwandig, gelb-braun gefärbt und mit Fett und Amylodextrinstärke erfüllt. In diesem Gewebe finden sich die ziemlich grofsen, meist in radialer Richtung gestreckt ovalen Oelzellen, die fast ohne Ausnahme leer sind, überall zerstreut. (Fig. 37 oez.). Sie sind mit einer verkorkten Membran versehen. In die Augen fallend ist die ungewöhnlich mächtig ausgebildete Hypodermbildung, die oft bis 4 Zellreihen in Anspruch nimmt. Die Zellen sind hier von sehr verschiedener Gröfse und unregelmäfsig. Das gleiche gilt von den langen Epidermiszellen, deren äussere und innere Wand sehr erheblich, deren Seitenwände viel weniger verdickt sind.

Arch, d. Pharm. COXXXIII. Bas. 7. Heft 32

488 K. T. Hallström: Myristicaceen.

Jod giebt eine deutliche Amylodextrinstärkereaktion. Die Körner sind fast ohne Ausnahme rundlich, scheibenförmig.

Stärke fehlt. Ammoniak färbt die gelbbraunen Zellmembranen tief orangerot. N3,CO, und (NH,)» CO, geben dieselbe Reaktion, nur schwächer. KOH löst den von den Zellmembranen

aufgespeicherten Farbstoff mit derselben tieforangeroten Farbe wie Ammoniak. —- Verd. KOH wirkt in derselben Weise. H, SO, löst und färbt mit tieforangeroter Farbe. Fe, U], färbt alle Zellmembranen dunkelbraun, K,0r30, mehr gelbbraun. K, Cr O0, färbt die Zellmembraven rotbraun; in den Oelzellen, wo der Inhalt erhalten ist, wird dieser und besonders die Membranen dunkelbraun gefärbt. Ba(NO,), färbt die Zellmembranen ein wenig dunkler. Myristicascortüco0sar) (9 (Alkoholmaterial aus der Tschirch'’schen Sammlung vom bot. Garten in Buitenzorg.)

Auch bei dieser Art finden wir im Vergleich mit den früher erwähnten Arillen einen Unterschied hauptsächlich im Bau der Epidermis. Die beiden Epidermen sind ungleich. Die äulsere be- steht aus verhältnismälsig gleichverdickten, im Querschnitt hohen Zellen, die direkt in Verbindung mit dem Parenchym stehen. (Fig. 35 aep.). Dagegen ist zwischen der inneren Epidermis (iep) und dem Parenchym ein mehrschichtiges, nicht besonders diekwandiges Hypoderm zu finden. Ausserdem sind die Epidermiszellen (iep) hier viel höher und grölser als die der äulseren Epidermis. Die Oelzellen sind leer, oval oder rundlich und mit einer verkorkten Membran versehen. Meistens begleiten sie die beiden Epidermen und kommen nnr selten in der Mitte des ziemlich kleinzelligen und dünnwandigen Parenchyms vor.

Jod giebt eine sehr undeutliche Amylodextrinstärkereaktion. Die Körner sind nur hie und da zu sehen, aber kommen doch sicher vor. Die Zellinhaltsbestandteile scheinen noch nicht vollständig ent- wickelt zu sein. Der untersuchte Arillus ebenso wie der Same (siehe oben) hatte die volle Reife noch nicht erreicht. Stärke fehlt. Ammoniak, KOH, (NH,) CO, und Na, CO, verursachen keine, jedenfalls nur sehr undeutliche Reaktionen. Konc. H, SO, löst den Farbstoff der Zellmembranen mit schwacher weinroter

K. T. Hallström: Myristicaceen. 45)

Farbe. K;, Cr O, Fe; Cl, K, Cr, O, und Ba (N O,) rea-

gieren nicht. Myristica fatua Houtt.

(Alkoholmaterial aus der Tsschirch’schen Sammlung vom bot. Garten in Buitenzorg).

Der anatomische Bau des Arillus der Myr. fatua zeigt eine grofse Ähnlichkeit mit dem der Myr. glabra (Fig. 34). Der Samen- mantel von Myr. tomentosa Thbg. (Myr. fatua Houtt), den Moeller beschreibt, scheint die gleichen anatomischen Eigenschaften, wie der von mir untersuchte von Myr. falua zu besitzen. Die unregelmälsig gestalteten, den grolsen Intercellularen gleichenden Ölzellen sind bei den beiden ganz ähnlich. Dazu kommt, dafs die die Gefäis- bündel umgebenden Parenchymzellen gegen diese sehr langgestreckt und strahlig angeordnet sind. (Doch findet man die Gefäfsbündel auch wie bei Myr. fragrans Fig. 31). Die in das Parenchym ein- dringenden Epidermalfaltungen, die Moeller bei Myr. lomentosa gefunden hat, sind von keiner diagnostischen Bedeutung. Diese findet man hie und da auch bei anderen Arillen. Mit dem Arillus der Myr. argentea haben Myr. fatua und glabra die unregelmälsigen Ölzellen gemeinsam, dagegen sind bei Myr. argentea die Parenchym- Zellen viel diekwandiger, die Zellen rings um die Gefälsbündel nicht strahlig angeordnet und die Epidermis mehrschichtig. (Vergl. Figg. 33 und 34). Wie ist es wohl zu verstehen, dafs der Arillus der von Moeller beschriebenen Myr. tomentosa, dessen anatomischer Bau mit dem von mir untersuchten Arillus der Myr. fatua Houtt. übereinstimmt, zu einem Samen gehört, der mit aller Wahrschein- lichkeit als der Same der Myr. argentea Warb. anzusehen ist? (Vergl. oben, Myr. argentea, Seite 463).

Jod giebt eine deutliche Amylodextrinstärkereaktion. Die Körner sind teils scheibenförmig mit unregelmäfsigen Rändern wis bei Myr. glabra (Fig. 40); meistens sind sie jedoch ganz rund oder etwas eckig. Nur ausnahmsweise findet man längliche Körner (Fig. 43). Diese sind verhältnismälsig grofs (0,008—0,024 mm), Stärke fellt. Ammoniak und KOH lösen den hellgelben Inhalt der Ölzellen mit orangegelber, H,S O, mit orangeroter-rotbrauner Farbe. Die übrigen Reagentien geben keine deutlichen Reaktionen.

490 K. T. Hallström: Myristicaceen.

Myristica glabra. (Trocknes Material aus der Tschirch’schen Sammlung.)

Die Farbe ist etwas heller als die der Banda-Maeis, an die sie übrigens sehr erinnert, der Arillus hat keinen aromatischen Geruch oder Geschmack. Die innere Seite ist fettglänzend. Die Arillarstreifen sind teilweise ziemlich breit, an der Spitze des Samens in viele dünne und schmale in einander sich verschlingende, die Samenspitze bedeckende Streifen geteilt.

Die Zellen der einschichtigen Epidermis sind plattgedrückt und besitzen besonders aulsen sehr erheblich verdickte Wände. In der Flächenansicht sind die Epidermiszellen lange nicht so langgestreckt wie bei Myr. fragrans und malabarıca, sie sind mit schiefen und horizontalen Querwänden versehen. In dem zartwandigen Paren- chymgewebe sind die unregelmälsig gestalteten, mit verkorkten Membranen versehenen Ölzellen in allen Teilen des Gewebes zer- streut, meistens kommen sie jedoch längs der Ränder vor. Bei dem ersten Anblick scheinen sie mehr grofse Intercellularen oder Ölzellen zu sein. Rings um die Gefäfsbündel sind die pareuchymatischen Zellen strahlig angeordnet mit der Längsrichtung gegen die Gefäls- bündel (Fig. 34). Die Oelzellen sind leer.

Jod zeigt Amylodextrinstärke an. Die Körner sind meistens rundlich, von unregelmälsigem Umrifs oder buckeliger Form (0,005 0,018 mm); selten kommen krugförmige oder Zwillingskörner vor. Sonst wie bei Myr. fatua. Stärke fehlt.

Myristica argentea. Warb. (Trocknes Material aus der Warburg’schen Sammlung).

Das Parenchym bei diesem Arillus unterscheidet sich von dem der übrigen durch die verhältnismälsig grolse Dicke der Zellwände (Fig. 33). Die Ölzellen kommen spärlicher vor als gewöhnlich und sind, wie bei dem Arillus der Myr. glabra mehr grolsen Intercellularen als Ölzellen ähnlich. Sie sind unregelmäßig im Umrils, mit scharfen Einbuchtungen (Fig. 33 oez). Die Epidermen bestehen aus kleinen unregelmäfsigen Zellen. Die innere Epidermis, deren Aufsen- wand sehr stark verdickt ist, grenzt nachinnen an ein einschichtiges Hypoderm, die äufsere ist etwas weniger verdickt, hat aber ein mehrschichtiges Hypoderm. Die Gefäfsbündel sind klein.

K. T. Hallström: Myristicaceen, 491

Die Amylodextrinstärkekörner sind meistens knochenförmig, auch kommen runde und vicreckige vor (0,005— 0,013 mm). Die Reaktionen mit KOH, Ammoniak und H, SO, sind sehr undeutlich. Stärke fehlt.

Horstieldia Iryaghedhi.(Gärtn.) Warb. (Alkoholmaterial aus der Tsschirch’schen Sammlung vom bot. Garten in Buitenzorg.)

In ihrem anatomischen Bau zeigt diese Art einen weitgehenden Unterschied von allen bisher erwähnten Arillen der Myristicaceen. So besteht z. B. die Hauptmasse des Arillus aus radialgestreckten, ziemlich dickwandigen, mit Fett gefüllten Parenchymzellen, die 2 bis 5 Zellschichten dick nach aufsen und innen die beiden Flächen be- grnzen (Fig. 36). Die mittlere Schicht dagegen besteht aus ganz dünnwandigen, ziemlich kleinzelligen parenchymatischen Elementen. Hier verlaufen die meist zarten Gefälsbündel, auch führen die Zellen nicht selten Fett in Form von die Zellen ausfüllenden harten, amorphen Klumpen. Diese Schicht ist sehr reichlich mit ungleich grolsen, rundlichen und sowohl radial gestreckten, wie zusammengedrückten Oelzellen erfüllt (Fig. 36 oez). Die Membran der Oelzellen ist verkorkt. Die Zellen selbst sind mit verharztem Oele erfüllt. Schon mikroskopisch ist diese stark obliterierte Mittelschicht im Querschnitt von dem umgebenden Gewebe zu unterscheiden, indem sie sich als ein rötliches Band darstellt. Eine eigentliche Epidermis fehlt ganz; dagegen sind die Aufsenwände der Randzellen stärker verdickt und mit einer OCuticula versehen. Wie in der Epidermis der Aufsen- schicht der Samenschale sind auch hier die den beiden Aufsenpartien zugehörenden Zellen des Arillusgewebes reich mit roten, eckigen Farb- stofikörpern erfüllt.

Mit Ausnahme der lockeren Mittelschicht enthalten die Zellen Amylodextrinstärke (0,005—0,013 mm). Beim Zufliefsen von Ammoniak quillt die obliterierte Mittelschicht auf, der gelbbraune ‚Inhalt der Oelzellen wird teils orangerot gefärbt, teils aufgelöst, wie auch die Zellmembranen in dieser Schicht mit derselben Farbe ge- färbt werden. Ebenso werden die Farbstoftkörper in den äulseren Zellen (wenn auch unvollständig) mit orangeroter Farbe gelöst. Der ganze Schnitt hat alsbald diese Farbe angenommen. Das Fett in

492 K. T. Hallström: Mpyristicacsen.

der Mittelschicht wird von Ammoniak aufgelöst und flie(st in Tropfen aus. KOH giebt dieselbe Reaktion, löst aber mehr. (NH,), CO; und Na, CO, lösen fast nichts. Ks, Cr O, zeigt eine rotbraune Färbung der mittleren Schicht. Fe, Cl, und K, Cr, O, eine sehr schwache Braunfärbung. H, SO, löst allmälich mit klarer, wein- roter Farbe. Stärke fehlt.

Horsfieldia macrosoma (NMig.) Warb. (Alkoholmaterial aus der Tschirch’schen Sammlung.

Der Arillus dieser Art zeigt in seinem Bau eine vollständige Uebereinstimnmung mit dem Arillus der Horsfieldia Iryaghedhi, doch fehlen die Chromatophoren ebenso wie in der Samenschale. Nur H, SO, löst den Farbstoff der mittleren Schicht mit wein- rother Farbe. Die anderen Reagentien geben keine Reaktionen. Amylodextrinstärke und Stärke fehlt.

Horsfieldia glabra (Bl.) Warb. (Alkoholmaterial aus der Tschirch’schen Sammlung vom bot. Garten in Buitenzorg.)

Der Arillus ist wie der der Myristica-Arten gebaut. DieEpidermis ist sehr unregelmäfsig, die Zellen sind bald hoch, bald sehr breit und platt, meistens klein. Das Parenchym ist sehr dünnwandig. Die Oelzellen, mit hellgelbem, verharzten Oele gefüllt, sind am meisten längs der äusseren, die Gefälsbündel dagegen längs der inneren Seite angeordnet. Die Amylodextrinstärkekörner sind ausserordent- lich klein. Stärke fehlt. Der Inhalt der Oelzellen wird von H,SO, mit gelbroter Farbe gelöst. Die übrigen Reagentien ver- ursachen keine Reaktionen.

Horsfieldia spec. ign. (Alkoholmaterial aus der Tschirch'’schen Sammlung).

Der Bau dieses Arillus ist dem der /orsf. glabra sehr ähnlich. Er ist von sehr weicher Consistenz. Das Hauptgewebe ist aus sehr dünnwandigen parenchymatischen Zellen gebildet, das Ganze sieht

‚aus wie Gelee. Die hellgelbes, tast farbloses, verharztes Oel ent- haltenden Oelzellen liegen überall dicht bei einander, doch vielleicht etwas reichlicher an der nach aussen gewandten Seite. Die Epidermis ist einschichtig, die Zellen gleichen sehr denen des Arillus der Myr. malabarica Lam. Die äussere Epidermis besteht

K. T. Hallström: Myristicaceen, 493

aus langgestreckten Zellen. Jod giebt keine Stärke- und Amylodextrinstärkereaktion. Durch Ammoniak schwellen die Oelzellen etwas auf, zeigen aber sonst keine Veränderungen. KOH zeigt nur hie und da eine schwache orangegelbe Färbung des Inhalts der Oelzellen. Andere Reaktionen sind nicht zu

erhalten. Knema glauca (Bl) Warb.

(Alkoholmaterial aus der Tschirch’schen Sammlung vom bot. Garten in Buitenzorg.)

Die äussere Epidermis zeigt im Querschnitt eine sehr grolse Aehnlichkeit mit der der Bombay-Maecis, die innere ist aus grolsen platten Zellen zusammengesetzt. Die Aussenwand der Epidermiszellen ist sehr erheblich verdickt; beiderseits ist eine starke Hypodermbildung zu finden. Der Arillus ist aus grofsen dünnwandigen und unregelmälsigen Zellen, die sebr geschrumpft sind, aufgebaut. Bei dem vorliegenden Material scheint er nicht voll- ständig reif zu sein. Die Oelzellen sind anfangs nicht zu finden; erst nach der Behandlung mit KOH treten hie und da einige Zellen, die sich von den umgebenden parenchymatischen Zellen nicht unterscheiden und die teilweise einen fast farblosen Inhalt haben, hervor. Jod giebt keine Amylodextrinstärkereaktion. Von den übrigen Reagentien geben nur Fe,Cl, und K;Cr, OÖ, eine sehr schwache Gerbsäurereaktion. Stärke fehlt.

Knema intermedia. (Bl) Warb. (Alkoholmaterial aus der Tschirch’schen Sammlung vom bot. Garten in Buitenzorg.)

Die äussere Epidermis besteht aus kleinen Zellen, deren Aussenwand sehr stark, die Zwischenwände weniger verdickt sind. Im Querschnitt sind sie fast wie bei der Vorigen. Die inneren Epidermiszellen sind grofs, platt, mit 2—3 reihigem Hypoderm ver- sehen. Die unregelmäfsigen, runden, leeren Oelzellen sind längs der äusseren Seite angeordnet, die grolsen, mit reichhaltigem Sieb- teil versehenen Gefälsbündel folgen der inneren Seite. Sonst ist der Arillus sehr locker, die parenchymatischen Zellen sind sehr dünnwandig und in radialer Richtung gestreckt. Sie enthalten viel Caleiumoxalat- krystalle— Amylodextrinstärke und Stärke fehlt. Andere Reaktionen sind nicht zu erhalten.

Mvristicaceen.

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494

Uebersicht der Reaktionen bei

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ER Myristica Myristica 5 M an 43 Hors- fragrans A Myristica er Myristica Myristioa Mistiea fieldia (Banda- mer Hatum AarICa [argentea. corticosa. J°° Iryaghed- : Maeis. (Bombay manni 2 Macis.) Macs) hi. = ., |Löst den :In-|Löst den In-|Färbt sofort. 2 : Färbt die halt der Oel-halt der Oel-den Inh. der Färbtden In- Färbt den In- Löst en resinogene : E halt der Oelz. wenig und Am- Schicht zellen ein zellen ein Oelz. orange- söhr a halt und den) +. .pt mit moniak. wenig mit | wenig mit rot. Löst all- Schnitt tief| 5 schwach SE $ schwach : orangeroter ohren orangegelb. |orangegelb.| mälig mit en orangerot. Farbe Be Farbe. Farbe. |grünerFarbe. ES x Ei | Löst den Inh. | en um der Oelz. mit = . Oelz. mit Bee Löst den In- Nar fe) FR n Be ber abe, Löst den In: Löst den In-| Farbe. Das = u = a Fee Löst den In- Kali- : „8 halt der Oelz.!halt der Oelz, Fliefspapier | "na Ce! halt d. Oelz. Flie(spapier a B ; ; = 5 | Oelzellen stoffdesZell- ., lauge. | jcht, die | Mit orange- mit orange- |wird wis bei } h mernbr. mit | Mit orange- Sa gelber Farbe. gelber Farbe.|,Kamala“ge-"hwach rot- roter Farbe. resinugene farht Drwoh braun. orangeroter Sch. schwaclhı Sinren ud Farbe. zolbraun, d. Farbe gelb. Löst den In- halt d. Oelz.|Löst den In- Löst den In- mit heller, |haltder Oelz./Löst den In-/halt der Oelz., » : | er öst und en m orangeroter Mur hie und halt der mit tief Ferkt mi Löst und | Löst all- Kone. Farbe, die da mit |Oelzellen mitorangeroter heraeh färbt mit | mälig mit Schwefel. „halten jorangeroter| schwach | Farbe, die 2 Be Er tief orange-klarer, wein- Saure Ljeibt: Farbe: sonst|orangeroter| allmälich Wr roter Farbe.roter Farbe. bleibt; geht“ > Farbe. nicht m [mit orange-| Farbe. rotbraun rotbraun gelber. wird. über. |

495

Uebersicht der Reaktionen bei den Arillen.,

Myristicaceen.

T. Hallström

RB:

‚Myristica Myristioa FR Hors- en Be dische Myristica ae Myristica Myristica Ton fieldia (Bombay argentea. corbticosa, „anni. Pu % Mais.) j Färbt die Färbt lang- Ammon. | resinog. sam d. Inh. Färbt Färbt | Schicht der Oelz. schwach schwach | ch schwach n= orangerot. | orangerot, ı gelbbraun. orangerot. Natr. Car- do, do. bonat. do. a | Ailm. eine färbt die er mem | schw. blutr. Zellmembr. = a Färbung. etw. dklbr. SE. | Färbt d. Inh. Färbt die | Färbt sehr ori d.Oelz. schw. _ Zellmembr. | schwach aa rotbraun. dunkelbr, braun. m. | Färbt die | Färbt die Kalium u Zellmembr. | Zellmembr.

bichromat.

Färbt die Kalium- | resinogene chromat. Schicht etw.

Färbt nach Betupfen mit Alkohol den Inh. d. Oelz. dunkelrotbr, OhneBetupf. kaum eine

Färbung.

etw. gelbbr.

Färbt die Zellmembr. rotbraun.

schw. braun.

Färbt die Mittel- schicht rot- braun.

496 K. T. Hallström: Myristicaceen.

Stellen wir die Beobachtungen zusammen, so finden wir: I)derBauderFruchtschale der untersuchten Myristica- ceen ist nahezu übereinstimmend derselbe.

2) Die Aufsenschicht der Samenschale ist bei den Myristicaarten gleich gebaut; die Horsfieldia- und Knemaarten zeigen eine unter sich übereinstimmende, von den Myristicaarten ab- weichende Bauart.

3) Die langen, aneinander gedrückten prismatischen und gleich- verdickten Au[lsenpalissaden kommen bei Myristica fragrans, -fatua, -argentea, -subalulata und - Teysmanni vor. Etwas kürzere eine Zwischenform hat Virola sebifera. Den übrigen fehlen sie.

4) Die Innenpalissaden sind beiallen gleich oder doch ähnlich und führen Caleiumoxalatkrystalle an den beiden Enden. Nur Virola sebifera hat sie in einer Reihe in der Mitte der Palissaden.

5) Die die Querfaserschicht bildenden Bastzellen zeigen eine sehr mannigfaltige Form. Alle sind sie jedoch entweder spiralig oder netzartig verdickte Bastfasern mit linksschiefen Tüpfeln. Durch die Abwesenheit dieser Schicht unterscheidet sich Myr. argentea von allen anderen. Am meisten von einander abweichend und für die Art bezeichnend sind sie bei Virola sebifera (Fig. 28), Virola guatemalensis (Fig. 26) Knema glauca (Fig. 24) und Virola surinamensis (Fig. 17).

6) Die Innenschicht ist bei allen gleich gebaut.

7) Stärke kommt bei den meisten im Endosperm vor. Ganz fehlt sie denSamen von Myr.Cahyba, Virola surinamensis (meist) und V. guate- malensıs und der Mondora. Myristica,; sehr spärlich kommt sie in den Samen der Myr. Bicuiba, Virola sebifera und Horsfieldia spec ign. vore Die übrigen führen mehr oder weniger Stärke.

8) Die Aleuronkörner sind besonders gut in Virola surinamensis und gualemalensıs entwickelt. In den anderen sind sie mehr oder weniger gut entwickelt, sie fehlen ganz der Anema glauca und Mondora Myristica.

9) Die „Leitbahnen“ (Tschirch’s) findet man in Endosperm der Myr. fragrans, --fatua und -malabarica. Diese Samen keimen auch in derselben Weise.

10) Milchröhrenartige Sekretbehälter, reich verzweigt, niemals anastomosierend, sind zu finden: in dem Frucht-

K. T. Hallström: Mpyristicaceen. 497

fleisch, in der Audsenschicht der Samenschale, in den Cotyledonen, in der Corolle der männl. und weibl. Blüte und in dem Blütenstiel. Der braune Inhalt ist sehr schwer löslich, fast unlöslich in Chloro- form und Aether, besser, wenn auch langsam, in Alkohol und Al- kalien. Mit Fe, Cl, und K,Cr, O, giebt er die Gerbsäurereaktion.

11) Der gelbbraune-braunrote Inhalt der Zellen der Innen- und Aufsenschicht zeigt fast gleiche Lösungsverhältnisse wie der der Sekretbehälter und giebt, wie auch die braunrot ge- färbten Zellmembranen die Gerbsäurereaktion. Gerbsäure kommt in allen Pflanzenteilen, sogar im Endosperm einiger Samen (Myr. malabarıca, -Cahyba, Virola surinamensis) vor. Konz. Schwefel- säure, Kalilauge und Ammoniak verursachen in dem Zell- inhalt und in den Zellmembranen, die den Inhalt absorbiert haben, durchgehend hellere oder dunklere orangerote Färbungen. Wo der Inhalt der Oelzellen in den Samenhautzapfen noch vorhanden ist, geben auch sie diese Reaktionen.

12) DieArillen der untersuchten Myristicaceen zeigen zwei verschiedene Haupttypen. Entweder umschlielst der Arillus den Sarnen gänzlich, sackartig denselben umgebend und ist dann entweder voll- ständig ungeteilt (Horsjfieldia Iryaghedhi) oder nur an der Spitze in wenige kurze Lappen geteilt (Aorsfieldia spec. ign., macrosoma, glabra, Knema intermedia und glauca), oder derselbe ist schon von der Basis an in mehrere grössere oder kleinere Lappen, die siclı nicht überall dieht an einander schliessen, sondern Lücken zwischen sich lassen, gespalten.

Auch in dem anatomischen Baue dieser Arillen sind zwei Formen zu unterscheiden. Die meisten sind nach aussen und innen von einer mit oder ohne Hypodermbildung versehenen Epidermis begrenzt. In dem zwischenliegenden parenchymatischen Gewebe sind die dünn- wandigen, runden oder etwas gestreckten, mit verkorkten Membranen versehenen Oelzellen idioblastenartig überall zerstreut, oder treten längs den beiden Epidermen bandartig oder gruppenweise einander genähert auf (BDombay-Macis). Die Gefäfsbündel verlaufen in der Mitte des Arillus, nur bei Änema intermedia sind die Oelzellen mehr längs der äusseren, die Gefälsbündel längs der inneren Seite an- geordnet. Diesem Bau gegenüber zeigen Horsfieldia Iryaghedhi und smacrosoma Abweichungen. Diesen fehlt die Epidermis. Die

498 K. T. Hallström: Myristicaceen.

Hauptmasse ist aus dickwandigen parenchymatischen Zellen, die 2 bis 5 Zellschichten tief nach aussen und innen die beiden Flächen begrenzen, gebildet. In die sehr dünnwandige Mittelschicht sind die Oelzellen und Gefäfsbündel eingebettet.

13. Die Amylodextrinstärkekörner sind die Arillen der Horsfieldia macrosoma, Knema glauca und ıntermedıa ausgenommen in den Arillen aller Myristicaceen gefunden worden. Ihre Grölse schwankt zwischen 0,002 und 0,021 mm im Querdurch- messer. Stärke fehlt den Arillen ganz.

Um zu prüfen, wie verwendbar die durch Kalilauge, Ammoniak und konc. Schwetelsäure erhältlichen Reaktionen beim Untersuchen von pulverförmigen Mischungen verschiedener-Macisarten sind, machte ich mir Mischungen von Banda-Maeis und Bombay-Macis, sowie von den Arillen der Myr. Teysmannı und Horsfieldia Iryaghedhı, d.h. von den dunkel gefärbten Arillen, die die Rotfärbung mit obengenannten Rea- gentien deutlich gaben.

Da ich nur sehr kleine Mengen von jeder zur Verfügung hatte kann ich keine bestimmten Prozentzahlen des Geha'tes der Banda- Macis an diesen Beimischungen angeben. Jedenfalls waren sie nicht grofs. Nach mehreren Proben fand ich, dafs nach dem Zufliessen von H, SO,, KOH und NH, die Beimischungen durch das lösende und färbende Vermögen dieser Reagentien sofort sichtbar wurden. Von diesen Reagentien ist KOH das beste, da es nicht nur färbt, sondern auch löst, sowohl den Inhalt der Oelzellen als auch den Farbstoff der Zeilmembranen, nicht wie H, SO, die ganzen Pulverfragmente.

Was diese Reaktionen anbetrifft, so will ich noch hinzufügen, dafs ich nur eine helle Banda-Maeis und eine ziemlich dunkle Bom- bay-Macis zur Verfügung hatte, sowie auch, dafs mein Unter- suchungsmaterial im ganzen teils aus altem, trockenen Sammlungs- material, teils aus Samen und Früchten, die eine längere Zeit und gleich nach dem Pflücken in Alkohol bez. Alkoholdampf eingelegt waren, bestand.

Schliesslich mag erwähnt werden, dafs die Reaktionen mit KOH, NH, und verd. H, SO, den entsprechenden bei Rhiz. Curen- mae sehr ähnlich sind (siehe Tschirch und Oesterle: Ana- tomischer Atlas S. 93).

6.

K. T. Hallström: Myristicaseen. 499

Verzeichnis der Figuren und der benutzten Abkürzungen auf Taf. 1—3.

- Querschnitt der Corolle der männlichen Blüte von Myr. frag-

rans Houtt. Längsschnitt durch die Staubgefälsröhre der Myr. fragrans Houtt.

. Querschnitt des Blumenstiels v. Myr. fragrans Houtt. . Querschnitt der Fruchtschale und des Ovulums von Myr. frag-

rans Houtt.

5. Querschnitt aus einer Samenanlage d. Myr. fragrans Houtt.,

Frucht: 14 mm in Querdurchmesser.

7. 8. Querschnitte aus älteren Samenanlagen d.Myr. fragrans Houtt.

. Querschnitt der Samenschale eines reifen Samens d. Myr. frag-

rans Houtt.

). Isolierte Zellen aus d. Querfaserschicht d. Myr. fragrans

Houtt.

I. Radialer Längsschnitt der Samenschale d.Horsfieldiaspec.ign. 2. Isolierte Zellen d. Querfaserschicht d.. Horstieldia spec. ign. 3. Aus dem Querschnitt d. Samenschale d. Horsfieldia spec. ign. . Aus dem Querschnitt d. Samenschale d. Horsfieldia Iryag-

hedhi (Gärtn.) Warb.

. Radialer Längsschnitt d. Samenschale d. Horsfieldia Iryag-

hedhi (Gärtn.) Warb.

Bei den Figuren 15, 17, 19, 21, 25 sind die Innenpalissaden aus Raumersparniss nicht ausgezeichnet, sondern nur das äulsere und innere Ende angegeben.

. Subepidermale Zellen der Aussenschicht der Samenschale d.

HorsfieldiaIryaghedhi (Gärtn). Warb.

. Radialer Längsschnitt der Samenschale d. Virola surina-

mensis.

. Isolierte Zellen d. Querfaserschicht d.Virola surinamensis. . Aus dem radialen Längsschnitt d.Samenschale d.Myr.fatua Houtt. . Isolierte Zellen d. Querfaserschicht d. Myr. fatua Houtt.

. Querschnitt d. Samenschale d. Myr. argentea Warb.

. Isolierte Zeilen d. Querfaserschicht d.. Knema intermedia

(Bl.) Warb.

. Isolierte Zellen d. Querfaserschicht d. Myr. corticosa. . Isolierte Zellen d. Querfaserschichtd.Knema glauca (Bl.) Warb.

. Aus dem Querschnitt d.Samenschale d..Virola guatemalensis

(Hemsl) Warb.

. Isolierte Zellen d. Querfaserschichtd. Virola guatemalensis

(Hemsl) Wa.b.

500 K. T. Ha llström: Myristicaceen.

27. Aus dem Querschnitt d. Samenschale d. Virola sebifera Sw.

28. Isolierte Zellen d. Queifaserschicht d. Virola sebifera Sw.

29. Ein Samerhautzapfen einer Samenanlage, Frucht: 9mm im Durch- messer, von Myr. fragrans Houtt.

30. Aleuronkörner von Myr. fragrans Houtt.

31. Querschnitt d. Arillus d. Myr. fragrans Houtt.

32. 5, Pr d.Myr. malabarica Lam.

33. 8 Er d.Myr.argentea Warb.

34, 5 dy/Myr' ea bxra.

39. 3 9 d. My cortieosa,

36. y; h> d.Horsfieidialryaghedhi (Gärin). Warb.

37. Querschnitt d. Anillusd.Myr. Teysmanni.

38. Epidermis in Flächenansicht d. Arillus d. Myr. fragrans Houtt.

39. Epider mis in Flächenansicht d. Arillusd.Myr. malabarica Lam.

40. Amylodextrinstärke d. Myr. glabra.

41. rn d.Myr. malabarica Lam. 42. n d.Myr. argentea Warb. 43. b5 d. Myr. fatua Houtt.

ap. = Aeussere Palissaden. chro. = Chromatophoren. cut. = Outi- cula. ep. = Epidermis. Frs. = Fruchtschale Gfb. —= Gefälsbündel.

ia. = Aeusseres Iutegument. ii = Inneres Integument. ip. = Innere Palissaden. m = Mark, Mi. = Milchröhrenartigs Sekretbehälter. Oez. = Oelzelle. par. = Parenchym. qfs. = Querfaserschicht. rsg. = Resinogene Schicht, sb. = Siebtheil. scl. = Sclereiden. 1. = Pa- renchym d. inn. Integuments. 2, = Aeuss. Epidermis des inn. Inte- gumente. 3. = Inn. Epidermis d. äuss. Integuments. 4. = Subepider-

male Zellen d. inn. Seite d. äuss. Integuments, 5. = Parenchymzellen d. Suss. Integuments.

G. Kassner: Orthoplumbate der Erdalkalien. 501

Mittheilungen ‘aus der pharmaceutischen Abteilung des chemischen Instituts der Akademie Münster i. W.

Untersuchungen über die Orthoplumbate der Erdalkalien (Il). Von Georg Kalsner. (Eingegangen am 7. Juli 1895).

Die in meiner letzten Abhandlung im Archiv der Pharmacie (Band 232 Heft 5, S. 375—387) beschriebenen neuen Verbindungen, nämlich das krystallwasserhaltige Caleiumorthoplumbat (Ca, PbO, +4 H,;0) und das Calciumdiplumbat (Ca H, Pb, O,), sind inzwischen weiter von mir studiert worden.

Dabei hat es sich gezeigt, dafs man aus beiden Körpern durch verhältnismälsig einfache Behandlung leicht zu zwei neuen Körpern gelangen kann.

Bei Gelegenheit der Bestimmung des Wassergehaltes in der Verbindung Ca, PbO, + 4 H,O nahm ich wahr, dafs sich das Präparat während des Erhitzens tief braun färbte, sodafs ich ursprünglich auf den Gedanken kam, es finde eine Abspaltung von Bleisuperoxyd statt auf Grund einer ganz eigenartigen Konstitution dieser krystall- wasserhaltigen Verbindung. Das ist jedoch, wie unten gezeigt wird, nicht der Fall.

Die dunkelbraune Färbung tritt übrigens nur während der ersten Hälfte des Erhitzens auf und ist daher nur bei vorsichtiger Steigerung der Temperatur sichtbar. Bei stärkerer Erhitzung ver- schwindet die Farbe wieder und es bleibt alsdann das wasserfreie Calciumorthoplumbat von seinem natürlichen, fleischfarbenen Aus- sehen zurück.

Dieses Verhalten bestimmte mich, die Art der Wasserab- spaltung bei diesem Präparate etwas näher zu studieren. Zu diesem Zwecke wurden abgewogene Mengen der Verbindung, welche aus 97 prozentigem Orthoplumbat hergestellt worden war, in einem zu einer Kugel ausgezogenen Glühröhrchen und innerhalb eines Luit- trockenkastens von Nickel *) langsam einer allmälig gesteigerten

®) Derselbe war von der Firma Desaga in Heidelberg bezogen worden.

502 G. Kassner: ÖOrthoplumbate der Erdalkalien.

Temperatur unterworfen. Zum Messen der letzteren bediente ich mich eines mit komprimirter Kohlensäure über der Quecksilbertfüllung versehenen Thermometers, mit welchem Temperaturen bis zu 5609 ermittelt werden können.

In gewissen Intervallen wurde alsdann der Wasserverlust durch Wägen der im Exsiccator erkalteten Röhrchen bestimmt. Die Glühröhrchen wurden übrigens während der Erhitzung im Luftbade mit einem lose aufgesetzten Asbestpfropfen verschlossen, um mög- liehst das Eindringen kohlensäurehaltiger Luft zu verhüten, gegen welche das krystallwasserhaltige Ca, Pb O, sehr empfindlich ist; der Austritt des verdampfenden Wassers wird durch den losen Verschlufs dagegen nicht verhindert.

Wie ich schon früher!) bemerkt habe, ist bis zu 145° C ein Wasserverlust nicht zu konstatieren ; deutliche Mengen von Wasser gehen erst bei 1600 C und darüber hinweg. Die Erhitzung wurde bis 2509 © gesteigert und circa 10 Stunden um diese Temperatur herum (240—250) erhalten, bis eine weitere Gewichtsabnahme nicht mehr konstatiert werden konnte.

1,201 gr Substanz hatten verloren 014 H0 = 3%

1,9034 £ N e 023 AilLzN 151129, e F 0,1267... =ABR

im Mittel 11,8 °/, Verlust.

Da nun der Wassergehalt des reinen krystallisierten Ortho- plumbats 17,02 0/, beträgt, der des mit 3 °/, unverbundener Stoffe (Kalk und Bleioxyd) verunreinigten sich auf 16,5 °/, berechnet ich fand früher?) 16,42 %/, so ersieht man, dafs rund drei Viertel des Krystallwassers aus der Verbindung Ca,PbO, + 4 H,O beim Erhitzen derselben auf 250 0 C ausgetrieben worden sind.

Gefunden 11,8 % Berechnet für Y7prozentiges Präparat 12,36 9, 3 chemisch reines = 12,75 9%,

Das vierte Molekül Wasser ist somit noch in dem erhaltenen Produkt verblieben, welches einen Körper von lockerer Beschaffen- heit und zimmtbrauner Farbe darstellt. Indessen erwies sich derselbe als keine einheitliche Substanz.

1) Archiv d. Ph. Bd. 232 S. 378. an due:

G. Kassner: ÖOrthoplumbate der Erdalkalien. 503

Schon die Besichtigung unter dem Mikroskop zeigte, dals ein Gemenge zweier verschiedener Körper vorlag. Zwischen den brau- nen Partikelchen der Grundsubstanz lagen zahlreiche kleine, farblose Körnchen zerstreut. Wurde das Präparat zwischen gekreuzte Nicols gebracht, so leuchteten lediglich diese farblosen Körnchen hell auf.

Ihre Natur ergab die nachträgliche Behandlung mit kohlen- säurefreiem destilliertem Wasser, welches dieselben zur völligen Lösung und zum Verschwinden brachte, sodafs sich alsdann die braune Masse völlig gleichmässig zeigte. Das Wasser nahm stark alkalische Reaktion an und trübte sich beim Einblasen von Kohlen-

säure. Die farblosen Gebilde waren somit nichts anderes als Calcium-

hydrat, dessen Wassergehalt erst bei höherer Temperatur vertrieben werden kann.

Um die Menge des durch das Erhitzen des Ca, PbO,.4H,O auf 2500 C. gebildeten Calciumhydrats zu bestimmen, wurden abge- wogene (Quantitäten des erhitzten Präparats mit einem gemessenen und hinreichenden Volumen kohlensäurefreien destillierten Wassers geschüttelt und im Filtrat das gelöste Ca(OH), durch Titrieren

bestimmt. 1. für das Filtrat (in Summa 200 ccm) von 0,9862 gr. Substanz ver-

brauchte ich 60,5 cem = n. HCl, entsprechend also 0,169 gr. CaO = 17,1%,

2. für das Filtrat (200 ccm) von 0,4185 gr. Substanz verbrauchte ich 25,5 ccm = n. HCl, entsprechend 0,0712 gr. CaO = 17 %, Gefunden also im Mittel 17,05°%, Caleiumhydrat.

Berechnet für die Zusammensetzung Ca PbO, + Ca (OH),: 17,6%,

Das Filtrat enthielt übrigens bei der Prüfung mit Schwefel- wasserstoffwasser auch nicht die geringste Spur von Blei.

Es ist somit durch das blolse Erhitzen auf 2500 C. das kry- stallisierte Orthoplumbat gespalten worden in das bisher unbekannte Caleiummetaplumbat und in Calciumhydrat, sowie in sich verflüch- tigendes Wasser.

Ca, Pb0O,..4H,0 = Ca PbO, + Ca (OH, + 3 H,0.

Die etwaige Annahme, dals die Zersetzung erfolgt wäre unter Bildung einer Verbindung von PbO, mit Ca, PbO, etwa im Sinne der Gleichung

Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bds. 7. Heit. 35

504 G. Kassner: Orthoplumbate der Erdalkalien.

2 (Ca, PbO,.4H,0) = 2 Ca (OH, + hier + 6H,0

muss als der Ausdruck einer sehr unwahrscheinlichen Reaktion von vornherein ausgeschlossen werden.

Es bleibt daher nur obige Erklärung und es ist sehr inter- essant zu sehen, dafs bei niederen Temperaturen Calciummetaplum- hat (Ca PbO,) neben freiem Aetzkalk bez. Ca (OH), bestehen kann, während bei höheren Hitzegraden (500° C, und darüber) die An- lagerung des freien Kalks zu Orthoplumbat erfolgt.

OH Ca PbO, + Ca I0H) H,0-+Ca,PbO,.

Diese Reaktion ist der Gruud, dals man über 5000 C. durch direkte Oxydation eines Gemisches von Aetzkalk und Bleioxyd an der Luft kein Metaplumbat erhält. Dagegen ist es nicht unwahr- scheinlich, dafs man unterhalb 5000C. bei geeigneterBehandlung beider Componenten des Calciummetaplumbat direkt aus den Componenten Bleioxyd und Calciumoxyd unter Mitwirkung des Luftsauerstoffes erzeugen kann.

Versuche in dieser Richtung sollen darüber demnächst ange- stellt werden; auch über die Erzeugung des Metaplumbats auf nassem Wege, die, wie mir verschiedene Beobachtungen ergaben, durch Be- handlung des Orthoplumbats mit Alkali erfolgreich sein dürfte.

Das von überschüssigem Calciumbydrat befreite Calciummeta- plumbat nimmt bei längerem Stehen mit destilliertem Wasser solches unter Hellerwerden in sein Molekül auf (siehe unten) und stellt alsdann nach dem Trocknen bei gelinder Wärme ein lockeres, zartes Pulver von zimtbrauner Farbe dar. In Wasser ist das OaPbO, un- löslich und wird beim Glühen zerlegt nach der Gleichung

2 Ca PbO,;, = Ca, PbO, + PrO + 0.

Um die prozentische Zusammensetzung des Körpers festzu- stellen, an der ja nach Obigem kein Zweifel sein kann, schlug ich folgendes rasch ausführbare Verfahren ein.

Es wurden 0,2708 g des mit Wasser gut gewaschenen und über Schwefelsäure getrockneten Körpers mit verdünnter Essigsäure über-

gossen und mit Hilfe von reinem Wasserstoffsuperoxyd zur Lösung gebracht.

Durch Einleiten von H,S wurde jetzt das Blei als PbS abge- schieden und alscann nach dem Auflösen in Salpetersäure direkt mit

G. Kassner: Orthoplumbate der Erdalkalien. 505

Schwefelsäure in einer tarirten Platinschale abgeraucht, desgleichen das Filtrat von Schwefelblei, welches nur Calciumacetat enthielt.

Ich erhielt 0,2465 PbSO, = 0,1943 PbO, = 71,74%/,

und 0,1068 CaSO, = 0,0439 CaO = 16,210, zur Bestimmung des Wassergehaltes wurden 0,7480 g der Verbindung längere Zeit bis zur Gewichtsconstanz auf 300° ©. erhitzt, wobei 0,0836 g

Wasser abgegeben wurden = 11,1/,. Gefunden in Prozenten Berechnet für Analyse I Analyso II CaPbO, + H,O PbO, 71,74 72,1 Proz. CaO 16,21 _ 16,9 Proz. H,0 11,1 10,8 Proz.

Das durch Erhitzen bis 300 0 C. wasserfrei erhaltene Oalcium- metaplumbat ist ein Körper von hell chocoladenbrauner Farbe, also etwas dunkler als die wasserhaltige Verbindung Ca PbO,.;3H,0.

Im Anschuls an vorstehende Mitteilung über das Metaplumbat möchte ich noch des auffallenden Umstandes gedenken, dafs das inı Gemisch mit dem CaPbO, abgeschiedene Calciumhydrat sich im Polarisations - Mikroskope doppelt brechend zeigte, während das früher (Seite 379 Bd. 232) durch Druckerhitzung im wässrigen Brei bei 1500 C. abgespaltene Calciumhydrat bei gekreuzten Nicols dunkel blieb. Sollte hier nur die besondere Lage (etwa die Parallelität der Hauptaxe mit den Lichtstrahlen) der tafelförmig aus- gebildeten Krystalle die optische Inaktivität bedingt haben ?

Die in Obigem zur Benützung gelangte Methode, den Weggang des gebundenen Wassers bei gesteigerter Temperatur zu verfolgen, wurde nun auch auf das früher (Bd. 232 Seite 380 u. 386) be- schriebene Caleiumdiplumbat angewendet.

Dabei zeigte es sich, dals das in diesem Körper enthaltens Wasser hartnäckig zurückgehalten wird und vollständig erst bei circa 4000 C. fortgeht. Doch sind hier zwei Phasen der Wasser- abspaltung zu unterscheiden. In der ersten Phase wird genau di» Hälfte des gebundenen Wassers und zwar bei Temperaturen bis 310V ©. abgegeben, wobei es bemerkenswert ist, dafs dies ohne erhebliche Farbenänderung stattfindet; höchstens färbt sich dabei das gelblich olivgrüne CaH,Pb,O, einen Stich dunkler.

Wird indefs die zweite Hälfte des Wassers aus der Verbindung abgetreten, was vollständig etwa zwischen 380—4000 C. der Fall ist, so nimmt das Präpara‘ eine aschgraubraune Farbe an.

33%

505 G. Kassner: Orthoplumbate der Erdalkalien.

1. 0,6973 gr. CaH,Pb,0, verloren a) bis 315° C. 0,0112 gr. H,O = 1,6 Proz. b) 4000 CC. (berechnet aus dem Gesamtverlust von 3109APLOZ) ee ee BEER 1,49 Proz.

zusammen also 3,09 Proz. 2. 0,7076 gr CaH,Pb,O, verloren a) bis 3220 C 0,0120 = 1,69 Proz. b) „. 390%’/C’noch 0.0122 1,71 Proz

zusammen 3,4 Proz. Nach Erhitzen auf 5500 C. wurde das Präparat fleischfarben und betrug alsdann der Gesammtverlust (H,O +0) = 0,0408 gr = 5,76 %,. 3. 0,8167 gr. CaH,Pb, O, verloren a) bis 3000 ©. 0,0125 = 1,5%,- b) = e— Gefunden also im Mittel a) 1,57 %/,, b) 1,60 9.

zusammen 3,17 %9. Berechnet a) für 20aH,Pb,0, = H,0 + C,H, Pb, 0,;, = 16% b) für Ca, H, Pb, O, = H;0 + Ca, Pbs On = 16% zusammen 3,2 0/,.

Es zeigt sich also, dafs beim Erhitzen eine Kondensation des Diplumbats unter Wasserverlust eintritt, indem sich zunächst wasser- haltiges Tetraplumbat abspaltet, welches erst bei stärkerer Erhitzung sein Wasser verliert. Eine andere Erklärung dürfte sich für die beobachtete Erscheinung kaum finden lassen.

Das Caleiumtet:aplumbat Ca;H,Pb, O,, bildet ein dem Diplumbat ähnliches lockeres Pulver von gelblicher Farbe und ist ein durchaus einheitlicher Körper, sodafs an seiner Individualität nicht zu zweifeln ist. Seine Konstitution läfst sich am besten wie folgt ausdrücken, indem man annimmt, dafs 2 Moleküle Calciumdiplumbat unter Aus- tritt von einem Molekül Wasser mit einander verbunden sind:

OH OH PRO 0 No No PrLo, SPpri09/ 6) OFFICE Nph/0/ OH = Bun x 0 X / PRO 07 No “oa 07 NoNo NoH NoH

Caleiumdiplumbat. Calciumtetraplumbat.

G. Kassner: Orthoplambate der Erdalkalien. 507

Es wäre somit der Beweis geliefert, dafs sich auch auf trockenem Wege Üondensationsprodukte der Plumbate bilden lassen, deren Entstehung bisher nur auf nassem Wege unter Mitwirkung von Säuren von mir beobachtet wurde.

Wenn nun bereits das gelbliche mit einem Stich ins Dunkle erhaltene I’rodukt ein Tetraplumbat darstellt, so läfst sich annehmen, dafs die mit Säuren aus dem Diplumbat erhaltenen dunkelbraunen, fast schwarzen Körper die Salze noch complexerer Säuren darstellen. Ebenso dürfte dies mit dem vollständig wasserfreien, aschgrau- braunem Körper (Ca, Pb, O,,) der Fall sein, welcher daher wohl auch nur (Cag Pb, O,,) X zuschreibenist, worin X eineganze Zahl oder eine Zah]. mit einem Bruch bedeuten kann

Uebrigens möchte ich erwähnen, dafs ich bei Behandlung des aschgraubraunen Körpers (Ca; Pb, O,,) mit kohlensäurefreiem Wasser in einem Versuche nur einen geringen Betrag an Üaleiumoxyd, nämlich nur 0,90/, auswaschen konnte, während sich der Gesamt- betrag des Körpers daran auf 10,3%, beläuft.

Von einer Zerlegung des Tetraplumbats im Sinne der des krystallisierten Orthoplumbats (Casa PbO, + 4H,O), wie sie oben erörtert wurde, kann daher nicht die Rede sein; der Kalk bleibt gebunden und das Produkt der Erhitzung stellt daher wohl eher ein weiteres Kondensationsprodukt als ein blofs wasserfreies Teetraplumbat dar. Sicheren Schlufs über die Existenz und die Constitution der über das Tetraplumbat hinausgehenden complexen Verbindungen dürften wohl nur genaue thermochemische und anders subtile Bestimmungen physikalischer Natur gestatten.

Ich fasse die Ergebnisse vorstehender Untersuchungen dahin zusammen:

Die sorgsame Bestimmung der aus den Plumbaten beim Er- hitzen abgegebenen Wassermengen und die Beantwortung der Frage, wieviel von diesem Wasser bei jeweiligen Temperaturen abgespalten wird, bildet ein wichtiges Hiltsmittel für die Erkennung der Natur der gebildeten Körper. Diese Methode hat in vorliegendem Falls dazu geführt, zwei neue Verbindungen aufzufinden. Diese sind das

Calciummetaplumbat Ca PbO, bez. Ca PbO,. ,H,O und das wasserhaltige, d. i. saure Caleiumtetraplumbat Ca; H; Pb, O,.-

508 Dr. Mankiewicz: Strychnin-Untersuchung.

Ueber eine forensische Strychnin - Untersuchung.

Von Med, Assessor Dr. Mankiewicz in Posen. (Eingegangen den 16. VI. 1895.)

Die folgenden Mitteilungen sind für Gerichts - Chemiker von besonderem Interesse, und da ich direkt aufgefordert wurde, über diesen Streitfall ausführlich zu berichten, so komme ich dieser Auf- forderung um so eher nach, als der Prozefs nun endgültig entschie- den und kein Bedenken mehr vorliegt, den Thatbestand zu veröffent- lichen.

Im Oktober 1892 verstarb der Rittergutsbes. R. in O., nachdem er sich einige Jahre vorher mit 30,000 Mk. bei der Lebensversiche- rungsgesellschaft Janus in Hamburg versichert hatte. Der plötz- liche Tod erregte Aufsehen, und die Gesellschaft stellte im Novem- ber 1892 bei dem Amtsgericht zu S. den Antrag, die Leiche exhu- mieren und eine chemische Untersuchung der inneren Organe vornehmen zu lassen. Diesem Antrage wurde stattgegeben, und ich wohnte persönlich am 24. November 1892 der Sektion bei. Die Leiche hatte fast schon 5 Wochen in der Erde gelegen, die Fäul- nis war deshalb eine sehr erhebliche; aie Leichenteile wurden mir persönlich übergeben. Glaskrause No. I. enthielt Magen, Zwölt- fingerdarm, Mageninhalt und Speisesöhre, Glaskrause No. II. Teile der Milz, Nieren und Leber.

Das Ergebnis der chemischen Untersuchung war nach den bis- her bekannten und bewährten Untersuchungsmethoden, dafs Strych- nin mit Sicherheit nachgewiesen werden konnte. Zur Bestätigung wurden darauf physiologische Versuche unter Mitwirkung des Medi- zinalrathes Dr. K. bei Fröschen ausgeführt und zwar durch subeu- tane Applikation.

Allerdings zeigten sich erst nach ca. 30 Minuten deutlich teta- nische Wirkungen, nach mehreren Stunden trat erst der Tod ein. Der leiseste Reiz der Hautnerven indes, der unter normalen Ver- hältnissen noch keine Bewegung erzeugt, verbreitete reflektorische Zuckungen über den ganzen Körper. Auch bei dem Versuchsfrosch trat erst nach !/,; Stunde die tetanische Einwirkung ein, nachdem diesem Strychninsubcutaninjiziert war. Eswaren sehr grolse Frösche von ınindestens 50 Gramm Gewicht und lälst sich die langsame Wirkung

Dr. Mankiewicz: Strychnin-Untersuchung. 509

dadurch erklären, dafs die Frösche im Winter (es war im Monat Dezember) eine Art Winterschlaf durchmachen, also weniger empfindlich sind.

Einige Uhrgläschen mit durch Ausschüttelung gewonnenem In- halt der verschiedenen Organe überreichte ich zu den Akten. Auf Veranlassung und auf Antrag des gegnerischen Anwalts U. wurden ein Jahr später einige Uhrgläschen dem Prof. Dr. L. in B. über- geben, um zu konstatieren, ob das gefundene Resultat des Experten richtig sei. Am 3. Dezember 1893 erstattete Prof. Dr. L. das Gut- achten: 1. dafs die übersandte Masse frei von Strychnin sei, 2. dals die wichtigste Schwefelsäure - Chromreaktion nicht eintrat, 3. dafs der Froschversuch, doppelt angestellt, absolut negativ ausfiel, 4. dals ein bitterer Geschmack nicht vorhanden war.

Das Gutachten wurde mirzur Kenntnisnahmemitgeteilt. Ich unter- nahm sofort im Vereinmit Apotheker A. W.neue Untersuchungen mitnoch vorhandenenUhrgläschen undstellte dieThatsache fest,da[salle früher aus- geführten Reaktionen auch jetzt nach einem Jahre prompt eintraten. Ich führte in der Replik aus: 1. dafs die charakteristischen chemi- schen Reaktionen mit aller Bestimmtheit eintraten, 2. dals die phy- siologischen Versuche bei Fröschen die Thatsachen bestätigten, 3. dals der behandelnde Arzt sich unserem Gutachten völlig ange- schlossen und die beobachteten Krampfsymptome sich nach Ermit- telung des Giftes erst erklären konnte.

In Folge meiner Erklärung beschlofs das Landgericht zu P. darauf am 1. März 1894, um diesen Zwiespalt aufzuklären, die noch vorhandenen Uhrgläschen dem chemischen Institut der k. Universität in Berlin zur Untersuchung mit dem Auftrage zu übergeben, die Herren M. A. Dr. M. und Prof. Dr. L., die beiden Sachverständigen zur Ausführung der Untersuchungen auf Strychnin zuzuziehen.

Diese Prüfung des Inhalts der Uhrgläschen fand am 13. Oktober 1894 in Berlin statt und erstattete das chemische Institut nachfolgen- des Gutachten, das ich vollständig hiermit mitteile:

„Nach den Resultaten der ausgeführten Prüfungen kann kein Zweifel obwalten, dafs in dem Präparate, welches vorgelegen hatte, Strychnin enthalten ist.

Nicht nur die Kaliumdichromatprobe, sondern auch die charak- teristische Reaktion mit Ceroxyd hatten die Gegenwart dieses Kör-

510 Dr. Mankiewicz: Strychnin-Untersuchung.

pers dargethan, und es war demzufolge überflüssig, noch einen Froschvergiftungsversuch vorzunehmen.

Es handelt sich nunmehr um Aufklärung über it: Meuche weshalb bei der früher von Herrn Dr. M. ausgeführten Untersuchung sowie bei der jetzt vorgenommenen Strychnin nachgewiesen werden konnte, während dies Prof. L. nicht gelungen war. Ueber diese Frage dürften vielleicht folgende Punkte Aufschlufs geben:

Laut Obduktions-Protokoll vom 24. November 1892 wurden die der Leiche entnommenen Organe in zwei verschiedene Glaskrausen verteilt. Krause I enthielt den Magen, einen Teil des Dünndarms, den Inhalt des oberen Teiles des Dieckdarms und die Speiseröhre. In Krause II waren Milz, Leber und die Nieren gebracht worden. Bei der von Herrn Dr. M. ausgeführten Untersuchung hat derselbe zuerst den Inhalt der Glaskrause No. I in Arbeit genommen. Be- hufs Prüfung auf Alkaloide waren die nach bekannten Methoden Jargestellten Chloroformauszüge auf eine Anzahl von Uhrgläschen verdunsten gelassen worden, von welchen einige zu den Reaktionen dienten, während zwei reserviert und dem Gerichte übergeben wurden. In gleicher Weise verfuhr Dr. M. mit dem Inhalte der Glaskrause No. II; auch hier sind von den Uhrgläsern mit den Rückständen der Chloroform-Auszüge einige direkt zu den Proben verwandt und zwei reserviert worden. Die im Ganzen zu den Akten gegebenen vier Uhrgläschen hatten aber, wie es scheint, keine Be- zeichnung erhalten, welche erkennen liefs, ob sie von der Unter- suchung der Leichenteile aus Glaskrause No. I oder II herstammten.

Wenigstens besalsen die 2 Uhrgläser, die den mir zugestellten Akten beigelegen hatten, und von welchen eins zu der am 13. Ok- tober d. J. vorgenommenen gemeinschaftlichen Prüfung diente, kein solches Merkmal.

Herr M. A. Dr. M. hatte nun bei der von ihm vorgenommenen Untersuchung auf Alkaloide das Vorhandensein von Strychnin er- kennen können, und zwar durch die bekannten Proben mit Kalium- dichromat und Schwefelsäure, sowie Kaliumpermanganat und Schwe- felsäure. Er erhielt aber insofern abweichende Resultate, wie Fol. 59 bemerkt, als die Präparate aus Krause II die Reaktionen auf Strychnin noch viel deutlicher und intensiver gaben, als diejenigen aus Krause I.

0 Dr. Mankiewicz: Strychnin-Untersuchung. 5ll

FEER von den verschiedenen Uhrgläschen Prof. L.zuseinerspäteren Untersuchung erhalten hat, läfst sich nicht feststellen. In seinem Gutachten vom 3. Dezember 1893 schliefst er auf Abwesenheit von Strychnin, sagtaber: „Mit Schwefelsäure und Kaliumdichromat geprüft, ergab sich nach 4— 5 Minuten ein bei gutem Willen als rosafarben zu deutender farbiger AnfiuginderLösung. Beiderbetreffenden Reaktion tritt nun, wenn Strychnin vorhanden, zunächst die charakteristische blau-violette Färbung auf, aber dieselbe geht nachundnachin rosa über, welche Farbe sich längere Zeit erhält, und zuletzt in gelb umschlägt. Wenn Dr. L. in seinem Gutachten bemerkt, dafs sehr viele Stoffe pflanzlicher oder tierischer Herkunft eine Rosa- färbung geben, so ist dagegen zu bedenken, dafs die meisten solcher Körper, wie alle Eiweilsstoffe, nicht in Chloroform löslich sind, was in dem vorliegenden Falle erforderlich wäre, und uns über diesen Punkt zu wenige Erfahrungen vorliegen.

Es liegt nun die Vermutung nahe, dafs Prof. L. ein Präparat in die Hände bekommen hat, welches von den Leichenteilen aus Krause I stammte, und also zu denjenigen gehörte, die schon von Dr. M. als die schwächer reagierenden erkannt worden waren.

Das Präparat soll ferner aus einer gelben Schmiere bestanden haben, es war also nicht rein, und demzufolge ist es sehr wohl möglich, dafs die Kaliumdichromat-Reaktion kein klares Bild geben konnte.

Die Probe mit Ceroxyd, welche auch in unreinen strychnin- haltigen Massen die Gegenwart des Alkaloids bestimmt erkennen läfst, ist von Herrn Dr. L. nicht vorgenommen worden.

Bei der am 13. Oktober c. von mir in Gemeinschaft mit den Herren Dr. L. und M. vorgenommenen Prüfung wurde ein Uhrglas angewendet, welches eine feste klare, in dickeren Schichten schwach gelbliche Masse enthielt. Das Präparat besafs keine Anzeichen von Unreinheit und gab, wie erwähnt, sofort alle Reaktionen auf Stryehnin. Möglicherweise stammte es von dem Inhalte der Krause IT.

Somit darf die Vermutung aufgestellt werden, dafs bei der früher von Dr. L. vorgenommenen Prüfung und der jetzt ausge- führten verschiedene Präparate vorgelesen haben und dafs hieraus die Abweichung in den Resultaten sich erklärt.

512 B. Grützneru. M. Höhnel: Ueber ©

ki I Mitteilung aus dem pharmaceutischen a +; der Universität Breslau. de

Zur Kenntnis der Metaplıumbate der Erdalkalien. Von B. Grützner und M. Höhnel. (Eingegangen den 27. VII. 1895.)

Das Bleisuperoxyd wurde lange Zeit analog dem Mangansuper- oxyd als indifferentes Oxyd betrachtet, bis Fremy!) zeigte, dals das Bleisuperoxyd mit Kali und Natron krystallisierbare Verbindungen bildet. Nach der Analyse des Kaliumsalzes kommt demselben die Formel K,PbO, +3 H,O zu. Er nannte daher auch das Bleisuper- oxyd Bleisäure (acide plombique) und die Verbindungen desselben mit Metalloxyden Plumbate (plombates).. Nach Fremy soll die Dar- stellung bleisaurer Salze durch mälsiges Glühen von Bleioxyd mit anderen Metalloxyden, besonders leicht beim Erhitzen von Bleioxyd mit Kalk oder Baryt vor sich gehen, indem das Bleioxyd lebhaft Sauerstoff aufnimmt. Nähere Angaben über das chemische und physikalische Verhalten der Verbindungen, sowie Analysenresultate tehlen indefs. In seiner Inaugural-Dissertation: Ueber einige Ver- bindungen des Bleisuperoxyds (der Bileisäure), Breslau 1878, sagt Otto Seidel, dafs bei der Darstellung bleisaurer Salze nach den Angaben von Fremy das Einhalten einer sehr constanten Tempe- ratur erforderlich scheine, wie das z. B. bei der Darstellung der Mennige der Fall ist, denn beim Erhitzen bis zur schwachen Rotglut eines innigen Gemenges von Bleioxyd mit reiner Magnesia wurde kein Sauerstoff aufgenommen. Die Mengenverhältnisse waren so gewählt, dals in dem einen Falle auf eine Molekel Bleioxyd zwei Molekeln Magnesia und bsi einem zweiten Versuch gleiche Molekeln Bleioxyd und Magnesia gemischt und bis zur schwachen Rotglut erhitzt wur- den. Die beiden Gemenge änderten wohl die Farbe von der schmutziggelben zu einer schönen hellgelben, auf Zusatz von Salz- säure trat jedoch keine Chlor-Entwickelung ein. Es war also kein bleisaures Salz entstanden oder, und das scheint nach der von Seidel gemachten Beobachtung, dafs bleisaures Magnesium (durch

1) Ann.d. Chim. et de Phys. 3me Serie 12,490. Jou:n. de Phara. (3) 3,30 Compt. rend. 15 1109.

B. Grützner u. M. Höhnel: Ueber Erdalkalimetaplumbate. 513

Koche _ von Magnesia mit bleisaurem Kali erhalten) bei schwacher Rotglut Sauerstoff entwickelt, das wahrscheinlichere, die zuerst ge- bildete Verbindung war durch zu hohe Temperatur wieder zerlegt worden. Versuche, durch Erhitzen von Bleioxyd mit Kalk oder Baryt zu den entsprechenden Salzen zu gelangen, scheint Seidel nicht angestellt zu haben, wenigstens finden sich hierüber iu seiner Arbeit keine Angaben. Er erhielt jedoch durch Kochen von bleisaurem Kali mit in Kali unlöslichen Verbindungen wie Kalk, Baryt und Magnesia Verbindungen, welche er als bleisaure Salze anzusprechen sich berechtigt sah, da Salpetersäure leicht Bleisuper- oxyd abspaltete, während die Oxyd. in Lösung gingen. Nach seinen eigenen Angaben ergaben die Analysen jedoch nicht die Resultate, welche einer chemisch reinen Verbindung entsprochen hätten. Nach unseren Versuchen muls Seidel, wie es auch durch die Art der Darstellung hervorgeht, saure Verbindungen unter den Händen ge- habt haben. So erhält man z. B. ein graues, scheinbar saures Baryumplumbat, welches alls Reaktionen der Plumbate giebt, wenn man Baryumsuperoxyd mit Bleioxyd unter Wasserzusatz mälsig er- wärmt; analysenrein konnte indessen diese Verbindung nicht er- halten werden. Seidel erwähnt nur, dals die Verbindung von Bleisäure und Kalk als ein gelbbraunes, die Barytverbindung als ein graues und diejenige mit Magnesia als ein braunes Pulver er- halten wurden und dafs annähernd 1 Mol. Bleisäure an 1 Mol. Kalk oder Magnesia gebunden war.

In xeuerer Zeit gelang es G. Kassner!) durch Erhitzen der Carbonate oder Oxyde der Erdalkalien mit Bleioxyd bleisaure Salze der Erdalkalien darzustellen, welche ihrer Zusammensetzung nach aufzufassen sind als Derivate der Orth o bleisäure (Pb(OH),), in welcher die vier Wasserstoffatome der Hydroxylgruppen durch zwei Atome Calcium, Strontium oder Baryum ausgewechselt sind, mithin den Verbindungen die Formeln Ca, PbO,, Srz, PbO, und Ba, PbO, zukommen. Die Verbindungen der Metableisäure (H, PbO,) mit den Erdalkalien scheinen jedoch in reinem Zustande noch nicht dar- gestellt worden zu sein, denn abgesehen von den oben erwälnten Bemerkungen von Fremy und von Seidel konnien wir in der

1) Diese Zeitschr. 1390 Band 223. pag. 109.

514 B Grützneru. M. Höhnel: Ueber Erdalka ime

uns zugänglichen Litteratur keine weiteren diesbezüglichen An; finden. gg

Es gelang uns nun von dem Calciumorthoplumbat ausgehend durch Einwirkung von Natriumsuperoxyd oder Kalilauge das Oalcium- metaplumbat zu erhalten.

Darstellung des Caleciummetaplumbates.

Öalciumorthopiumbat, nach dem Verfahren von G. Kassner dargestellt, wurde durch Müllerseide gebeutelt, in einem Mörser mit Wasser angerührt und unter Umrühren in Portionen von 3—5 Gramm solange Natriumsuperoxyd zugesetzt, bis eine Probe des Breies, mit Wasser versetzt, einen rein weilsen Niederschlag gab. Hierauf wurde in einen Kolben gespült und bis zur neutralen Reaktion des Waschwassers durch Dekantieren ausgewaschen. In letzterem konnten nur Spuren Blei, hingegen erhebliche Mengen Kalk nach- gewiesen werden. Der ausgewaschene Niederschlag enthielt noch kleine Mengen eines rötlich- gelben Körpers, vermutlich von nicht umgesetztem Orthoplumbat herrührend, der inde/s durch Schlemmen init Wasser leicht zu trennen war. Nach dem Absaugen mit der Wasserstrahlpumpe wurde auf Thontellern, schliefslich über Schwefel- säure im Exsiccator getrocknet. Das auf diese Weise erhaltene Pulver war rein weils, unter dem Mikroskop deutlich würfelförmig

krystallisiert.

Chemisches Verhalten des Calciummeta-

plumbates.

Eine Probe mit Wasser angeschüttelt und mit Essigsäure ver- setzt, giebt nach dem Ausfällen des Bleis mit Schwefelwasserstoff ein Filtrat, welches nur Calcium und kein Natrium enthält. Kohlen- säure war nur in Spuren vorhanden. Beim Erhitzen im Glühröhr- chen macht sich Abscheidung von Wasser und Entwickelung von Sauerstoff bemerkbar. Der Rückstand ist gelb bis braun gefärbt. Durch Trocknen bei 1200 tritt kaum eine Gewichtsabnahme ein, es zeigt sich jedoch der Beginn der Zersetzung durch schwache Gelb- färbung an. Mit Salzsäure entwickelt sich reichlich Chlor unter Abscheidung von Chlorblei. Weder durch kaltes noch durch warmes Wasser war eine Veränderung des Präparates wahrzunehmen und unterscheidet sich hierdurch das Caleiumsalz vorteilhaft von dem

B. Grützner u, M. Höhnel: Ueber Erda.kalimetaplumbate. 515

Natriammetaplumbat. Wird dagegen dem Wasser etwas kohlen- saures Alkali zugesetzt, so scheidet sich beim Erwärmen Bleisuper- oxyd ab. Konzentrierte Schwefelsäure bewirkt Sauerstoffentwickelung unter Bildung von Bleisultfat. Verdünnte Essigsäure scheidet beim Kochen alles Blei als Superoxyd ab, im Filtrat ist nach sofortigem Filtrieren keine Spur Blei durch Schwetelwasserstoff, dagegen sind grolse Mengen von Kalk durch Ammonuvxalat nachweisbar. Salpeter- säure, sowie verdünnte Schwefelsäure bewirken die gleiche Um- setzung. Kohlensäure wirkt in der Kälte wenig, rascher beim Er- wärmen unter Bildung von Bleisuparoxyd ein.

Quantitative Bestimmung des Calciummeta- plumbates.

Die quantitative Analyse wurde in folgender Weise ausgeführt. Eine abgewogene Menge Substanz wurde mit Wasser übergossen, mit Essigsäure im Ueberschufs erwärmt und durch anhaltendes Ein- leiten von Schwefelwasserstoffgas alles Bleisuperoxyd in Schwefel- blei übergeführt. Das abfiltrierte und mit schwefelwasserstoffhal- tisem Wasser ausgewaschene Bleisulfid wurde nach dem Trocknen unter Beobachtung der notwendigen Vorsichtsmalsregeln im Porzellan- tiegel in Bleisulfat übergeführt und gewogen. Im Filtrat vom Blei- sulfid wurde Calcium als Oxalat gefällt und als Oxyd gewogen. Die Menge des Wassers aus dem Glühverluste zu berechnen, ist nicht angängig, da Versuche zeigten, dafs durch anhaltendes Erhitzen bei 60—70° 0,26, bei 1150 nur 1,01 Proz. Wasser fortgehen und bei höherer Temperatur Zersetzung der Substanz eintritt. Es wurde daher der Wassergehalt durch direkte Wägung des Wassers be- stimmt. Ein ca. 50 cm langes schwerschmelzbares Rohr wurde am Linteren Ende mit einem Reinigungs- und Trockenapparat, am vor- deren Ende mit einem Chlorcalciumrohr zur Absorption des Wassers, sowie mit einem zweiten Chlorcaleiumrohr zum Schutz des ersteren vor Feuchtigkeit der Atmosphäre verbunden, dann das Schiff- chen mit der Substanz hineingeschoben und das Rohr unter Ueberleiten von Sauerstoff in einem kurzen Verbrennungsofen nach Art einer Elementaranalyse erhitzt. Es zeigte sich hierbei, dals nach Ende der Operation das Schiffehen soviel an Gewicht verloren, als das Chlorcalcium-Rohr zugenommen hattte. Demnach konnte die

516 B. Grützner u. M. Höhnel: Ueber Erdalkalimetaplumbate.

Substanz nur Wasser verloren haben. Der Inhalt des Schiffehens nach dem Glühen war braun. Die Bestimmung der geringen Menge Kohlensäure, welche das Präparat als Caleinmcarbonat enthielt, wurde gewichtsanalytisch im Apparat von Fresenius vorge- nommen und die gefundene Kohlensäure auf Caleiumcarbonat um-

gerechnet. 0,7627 g. Subst. gaben 0,6243 g. PhSO, = 0,4924 g. PbO, = 64,56°%/, PbO, 0,5929 cr Br ABDE, * n =. 0,3806, ...... Gase 0,3689 R 2 0,7081 = 05989 „. —6r2g

0,7627 g. Subst. gabeı 0,1323 g. CaO = 17,41%, CaO

0,8504 n & 0,1462 ne em >

EYE ee _

045092, , „b 0,0808 EL0: 2 79,08

0,5548 n 4 0,0987 sera e

0,5564, 250087, pe

0,9234 5 a 0,0055 CO, = 0,596, C0,

1,350), CaCO, Gef, im Mittel: 64,33 0, PbO, 16,52 .,.Ca0 1,355 CaCO, 14,83. 150 auf Caleciumcarbonat freie Verbindung umgerechnet: gef. 65,19%/, PbO, 16,75 ,„ CaO 18,07... :H,0 berechnet für Ca PbO, + 4 H,O : 65,07 0/, PbO, 19:27, CaO 19,64 H>0 Aus den gefundenen Werten ergiebt sich ohne Zweifel, dals die vorliegende Verbindung aus Calciummetaplumbat bestand, welches wie das Natriummetaplambat!) mit 4 Mol. Krystallwasser krystallisiert und beim Trocknen im Vacuum bereits etwas Wasser

verloren hatte.

2. Art der Darstellung von Calcium- metaplumbat.

Wir versuchten nun, ob es nicht möglich wäre, schon durch Einwirkung von Aetzalkalien ohne Anwendung des Natriumsuper- oxydes das Orthoplumbat in das Metaplumbat überzuführen, indem wir Caleiumorthoplumbat, mit cr. 330%, Lauge erst bei gewöhnlicher

I) Diese Zeitschrift 1594, 224.

B. Grützner u. M. Höhnel: Ueber Erdalkalimetaplumbate. 517

Temperatur, dann in der Wärme des Wasserbades digerirten, jedoclı ohne Erfolg. Es war selbst nach mehrtägigem Erhitzen keine wahrnehmbar Veränderung eingetreten. Aber auch gegen Natriumsuperoxyd zeigte sich dieses, sowie ein zweites für diesen Versuch verwendetes Orthoplumbat wenig reaktionsfähig. Das Reaktionsprodukt war grau und mit viel unverändertem Ortho- plumbat vermischt. Von der Annalıme ausgehend, dafs durch zu starkes Glühen das Orthoplumbat in seiner Reaktionsfähigkeit ge- schwächt worden sei, wiederholten wir dıe Versuche mit einem nur bei mälsiger Rotglut dargestelltsm Caleiumorthoplumbat. Der Erfolg war ein überraschender. Schon nach wenigen Minuten des Digerirens mit Kalilauge bei gewöhnlicher Temperatur begann der Niederschlag voluminös und bald darauf krystallinisch zu werden, gleichzeitig ging die Farbe in eine weilse über, welche nach dem Auswaschen und Trocknen des Präparates kaum einen Stich ins Gelbe zeigte.

Gestützt auf obige Versuche, möchten wir uns der Ansicht zu- neigen, dafs für die gute Umsetzungsfähigkeit des Orthoplumbates zu hohe Temperatur bei der Darstellung zu vermeiden ist.

Analyse des durch Digestiin mit Kalilauge erhaltenen Calciummetaplumbates.

Die Bleibestimmung wurde hier folgendermalsen ausgeführt Das mit Wasser angeschlemmte Calciummetaplumbat wurde mit verdünnter Essigsäure übersäuert und bis zum Aufkochen erhitzt. Das abgeschiedene Bleisuperoxyd wurde sofort abfiltriert und nach dem Trocknen bei 1100 gewogen. Im Filtrat war Blei nicht mehr nachzuweisen.

Gefunden: 64,02 Proz. PbO,, 17,68 Proz. CaO, 16,88 Proz. H,0, 0,28 Proz. CO, 64,05 apa 12. Des apnue Meg Nach Umrechnung der Kohlensäure auf Caleiumcarbonat ergeben sich folgende Werte: i. M. 64,03 Proz. PbO, else CaO 063 CaCO, 16,95 -„.ı H,O für CaCO; freie Verbindung berechnet sich: 64,44 Proz. PbO, 1.49 8..7,2:630 14,06%. 5e0 HsO

518 B. Grützner u. M. Höhnel: Ueber Erdalkalimetaplumbate,

CaPbO, + 4 H,O verlangt: 65,07 Proz. PbO, 15.972 020 19,6kr7y 4 80)

Nach dengefundenen Werten liegt auch hier das mit 4 Mol. Wasser krystallisirte Metaplumbat des Calciums vor. Der nach beiden Darstellungsmethoden etwas zu hohe Kalkgehalt des Präparates läfst sich vielleicht durch die Annahme erklären, dals das Calcium- metaplumbat in frisch bereitetem Zustande Calciumoxyd gewisser- malsen fixirt, so dals letzteres nur sehr schwer durch Auswaschen vollständig entfernt werden kann.

Silbersalz der Metableisäure.,

Digeriert man gebeuteltes und mit Wasser angeschlemmtes metableisaures Calcium bei gewöhnlicher Temperatur mit über- schüssiger Silbernitrat-Lösung, so bemerkt man schon nach kurzer Zeit eine Veränderung. Das ursprünglich weilse Pulver wird bald milsfarbig, grau schliefsliich sammetschwarz und krystallinisch. Im Filtrat sind neben dem überschüssigen Silber beträchtliche Mengen Kalk, aber kein Blei nachzuweisen. Nach dem vollständigen Aus- waschen des Reaktionsproduktes mittels kaltem Wasser wurde ab- gesaugt und auf Thonplatten im Schwefelsäure-Exsiccator getrocknet. Das mikroskopische Bild zeigte deutlich würfelförmig ausgebildete Krystalle und war vollständig einheitlich. Mit Salpetersäure über- gossen schied sich Bleisuperoxyd ab, während im Filtrat neben Silber geringe Spuren Blei und wenig Kalk enthalten waren. Bei- dem Behandeln des Präparates mit Säuren konnte auch etwas Kohlensäure, die in Form von Caleiumcarbonat das Silbersalz ver- unreinigte, nachgewiesen werden. Bei 1200 getrocknet, verlor das Silbersalz 1,29 0/, HsO und nahm eine stahlgraue Farbe an.

Analyse des Silbersalzes.

Zur quantitativen Bestimmung wurde das bei 1200 getrocknete Präparat benutzt. Die Silberbestimmung wurde in der Weise aus- geführt, ‘dafs das mit Wasser angeschüttelte Pulver mit Salzsäure erwärmt wurde, wobei unter Chlor-Entwickelung sich Chlorsilber ab- schied, welches sich auch bald durch geringen Zusatz von Salpeter- säure zusammenballte und klar absetzte. Das mit kochendem Wasser ausgzewaschene Chlorsilber wurde in üblicher Weise als solches

B. Grützner u. M. Hölhnel: Ueber Erdalkalimetaplumbate. 519

bestimmt. Im Filtrat wurde Blei durch Schwefelwasserstoff gefällt und in Bleisulfat übergeführt. Zur Kalkbestimmung wurden 2—3 Gramm Substanz in Arbeit genommen und nach Entfernung des Silbers und des Bleies durch Ammonoxalat gefällt. Der ge- tundene Kalk wurde auf Caleiumcarbonat umgerechnet.

Gefunden: 53,340/, Ag,0, 42,830/, PbO,, 2,810, CaCO,

9arların r re 3.10% er,

im Mittel: 53,231,5 10,5 A303, 2,05:5,, 9

berechnet auf CaCO, freie Verbindung:

53,29 0%/, Ag50, 44,71%, PbO,. für metableisaures Silber (Ag,PbO,) berechnet sich! 49,31 Proz. Ag,O und 50,69 Proz. PbO,.

Es konnte demnach ein Salz obiger Zusammensetzung nicht vorliegen. Auffallend ist der hohe Silbergehalt der Verbindung. Es wurde daher nochmals und zwar etwas abweichend von der oben angegebenen Methode die Silberbestimmung vorgenommen. Statt mit Salzsäure wurde das Silbersalz mit Salpetersäure bis zum Sieden erhitzt und im Filtrat vom abgeschiedenen Bleisuperoxyd die Fällung des Silbers mit Chlornatrium vorgenommen. Wie zu erwarten, erwies sich das Chlorsilber vollständig bleifrei. Die gefundene Menge betrug 53,06 Prvz. auf Ag,O berechnet, während durch Zersetzung mit Salzsäure im Mittel 53,23 Proz. AggO gefunden wurde. Er- mittelt man durch Division mit den Molekulargewichten das einfachste Verhältnis von Silberoxyd zu Bleisuperoxyd, so gelangt man zu den Zahlen 0,237 Ag»O zu 0,187 PbO, oder 1,27Ags0 zu 1 PbO,, vervier- facht 5 AgO zu 4PbO, Es gewinnt den Anschein, als ob hier der seltene Fali eines basischen Silbersalzes vorliegt, dessen Zusammen- setzung sich vielleicht durch die Formel (Ag5Pb0,),Ag,0 zum Aus- druck bringen lielse.

Hierfür berechnet sich: gefunden: 54,71 Proz. Ag,O 59,29 Proz. Ag,O 45,28 ..;» 1..EbO, an 51h

Ein Salz von der Zusammensetzung (Ag, PbO,),Ag,0 enthält 10,94 Proz. Ag,O, welches nicht an Blei gebunden ist. Bei einem Versuch, durch Digerieren mit annähernd 5 Proz. Ammoniak diesen Gehalt an Silberoxyd zu bestimmen, wurden, auf caleiumcarbonatfreie Verbindung berechnet, 13,30 Proz. Ag30 gefunden. Allerdings waren hierbei auch kleine Mengen von bleisaurem Silber in Lösung gegangen,

Arch. d. Pharm. CCXXXIM. Bds. 7. Heft 34

520 B. Grützuer u. M. Höhnel: Ueber Erdalkalimetaplumbate,

wie Reaktionen auf Blei erkennen liefsen. Es erklärt sich hierdurch der zu hoch gefundene Silberoxydgehalt. Der Rückstand vom Digerieren mit Ammoniak zeigte nach dem Trocknen eine rein graue Farbe und unter dem Mikroskop deutlich würfelförmige Krystalle. Er bestand aus reinem metableisaurem Silber.

(Ag, Pb O;).

Bei den Versuchen nach oben beschriebenen Methoden Strontium- und Baryummetaplumbat darzustellen, zeigte es sich, dals die Orthoplumbate selbst nach wochenlangem Digerieren mit Kalilauge sich nicht umsetzen. Natriumsuperoxyd wirkte wohl ein, jedoch un- gleich schwerer als bei der Kalkverbindung. Es blieb immer noch ein nicht unbeträchtlicher Teil des Orthoplumbates dem Reaktions- produkt beigemischt und dieser konnte selbst durch wiederholtes Schlemmen nicht vollkommen getrennt werden. Bei dem Auswaschen des durch Umsetzung erhaltenen weilsen Bodensatzes mit Wasser macht sich alsbald eine Zersetzung durch Gelb- oder Orangefärbung bemerkbar, die auch nicht verhindert wird, wenn ein ca. 50 procentiger Alkohol als Waschflüssigkeit angewendet wird. Das Endprodukt war stets ein Gemisch, keine einheitliche Substanz. Das Blei war als Oxyd und als Superoxyd in wechselnden Mengen vorhanden. Es er- scheint daher ausgeschlossen, auf diesem Wege zu Verbindungen des Strontiums und Baryums zu gelangen, welche dem Metaplumbat des Caleiums entsprechen.

Durch Einwirkung von Baryumsuperoxyd auf Bleioxyd wurde ein graues Baryumplumbat erhalten; infolge der Zersetzbarkeit durch Wasser gelang es jedoch nicht, die Verbindung in reinem Zustande zu erhalten. Bleisuperoxyd und Baryumhydroxyd in wässeriger Lösung geben selbst bei längerem Kochen keine Veränderung. Wurde jedoch der Versuch unter Zusatz von Lauge ausgeführt, so verschwand das Bleisuperoxyd, und es entstand ein weilser Nieder- schlag, aus welchem sich beim Auswaschen mit Wasser kleine orangegelbe Krystalle ausschieden. Diese gelben Krystalle zeigten alle Reaktionen eines Plumbates, waren jedoch in kleiner Menge mit einem weilsen Körper gemischt, von dem sie nicht getrennt werden konnten. Dieselbe Reaktion mit Strontiumhydroxyd ausgeführt, führte zu keinem befriedigenden Resnltat.

Ludwig Moeser: Zur Kenntnis der eisensauren Salze. 521

Wenn es uns auch nicht gelungen ist, die Metaplumbate des Strontiums und Baryums zu erhalten, so glaubten wir doch von der Mitteilung dieser negativen Resultate umsoweniger Abstand nehmen zu müssen, als daraus hervorgeht, dafs die einfache Methode der Darstellung für das Calciumsalz nicht für die ihm so nahestehenden Verbindungen des Strontiums und Baryums zu verallgemeinern geht.

Mitteilung aus dem Universitätslaboratorium des Prof. Alex Naumann zu Giessen.

Zur Kenntnis der eisensauren Naize. Von Ludwig Moeser. (Eingegangen den 1. VIII. 1895.)

Schon um 17021) war die Thatsache bekannt, dals man beim Erhitzen von Eisenpulver mit Salpeter eine Schmelze erhält, welche sich in Wasser mit dunkelroter Farbe löst. Dafs die rote Farbe dieser Lösung von einem höheren Oxyde des Eisens, der Eisen- säure, herrührt, wurde zuerst von Fremy?) erkannt. Derselbe be- schäftigte sich eingehender mit der Untersuchung der Ferrate und zeigte, dals das denselben zu Grunde liegende Oxyd, Eisentrioxyd Fe O, ist. Diese Formel wurde durch wiederholte Untersuchungen von Rose°), Smith* und Mollins°) bestätigt. Die Eisensäure und ihr Anhydrid sind in freiem Zustande nicht bekannt, da sie bei einem Versuche zur Isolierung sofort in Sauerstoff und Eisenoxyd, bezw. Eisenhydroxyd zerfallen. Von ihren Salzen sind bisher nur eisensaures Kalium, Natrium und Baryum erhalten worden.

Kaliumferrat kann auf verschiedene Weise dargestellt werden. Die seither bekannten Methoden zu seiner Darstellung sind in Folgendem kurz abgehandelt.

1) Eisensaures Kalium entsteht beim Erhitzen von 1 Teil Eisenfeile mit 2 Teilen Salpeter®. Das Eisen verbrennt hierbei

1) Kopp’s Gesch. d. Chem. 1, 192.

2) Compt. rend. 1840—44, 12, 23; 14, 442; 15. 1106; 16, 187, 3) Pogg. Ann. 1843, 59, 321.

%) Phil. Mag. 1843, 23. 217.

5) Ber. deutsch. chem. Ges. 1871, 4, 626.

6) J. pr. Chem. 1845, 34, 101.

34*

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522 Ludwig Moeser: Zur Kenntnis der eisensauren Salze.

unter lebhaftem Erglühen teils zu Eisenoxyd, teils oxydiert es sich höher unter Bildung von Kaliumferrat. Die Lösung der Schmelze in Wasser ist sehr unbeständig und zersetzt sich infolge ihres Ge- haltes an Kaliumnitrit um so rascher, je concentrierter sie ist.

2) Kaliumferrat bildet sich ferner beim starken, anhaltenden Glühen von Eisenoxyd mit Aetzkali unter Luftzutritt oder im Sauer- stofistrom!). Das Eisenoxyd löst sich zunächst in dem geschmolzenen Aetzkali auf, unter Bildung von Kaliumferrit, wobei die rote Farbe des ersteren in die hellgrüne des letzteren übergeht. Das Ferrit wird durch das bei stärkerem Glühen des Kaliumhydroxyds an der Luft gebildete Kaliumsuperoxyd zu Ferrat oxydiert.

3) Sehr leicht erhält man eisensaures Kalium durch Erhitzen von 1 Teil Eisenoxyd mit 2 Teilen Kaliumsuperoxyd bis zum Schmelzen?.. Beim Auflösen in Wasser zersetzt sich das Produkt grölstenteils wieder, indem das Ferrat und das überschüssige Super- oxyd sich gegenseitig reducieren. Diese Bildungsweise erklärt auch das Entstehen von eisensaurem Salz beim Verbrennen von Kaliun- oder Natriummetall in eisernen Gefäfsen.

4) Durch Elektrolyse erhält man Kaliumferrat, wenn man den elektrischen Strom durch concentrierte Kalilauge gehen lässt und als Anode eine Eisenplatte verwendet?°).

5) Leitet man Chlorgas in concentrierte Kalilauge, welche Eisenhydroxyd suspendiert enthält, so bildet sich eine dunkelrote Lösung von eisensaurem Kali. Nach Merz) bringt man zu 26 Teilen concentrierter Kalilauge (5:8) 5 Teile zwischen Fliefispapier abgepresstes Eisenhydroxyd, oder man vermischt Kalilauge (5:8) mit 1/, ihres Volumens an Eisenchloridlösung von 1,13 spec. Gewicht und leitet in die Flüssigkeit einen mäfsig starken Chlorstrom. Die so erhaltene Lösung ist viel beständiger als die auf anderem Wege dargestellte. Um das Ferrat in fester Foım und in reinem Zustande zu erhalten, sättigte Fremy’) diese Lösung mit festem Aetzkali, wodurch das Kaliumferrat als schwarzrotes Pulver ausgeschieden wurde. Um dasselbe von gleichzeitig ausgeschiedenem Kaliumehlorid

1) J. pr. Chem. 1845, 34, 101.

2) J. pr. Chem. 1845, 34, 102.

3) Pogg. Ann. 1841, 54, 373; 1843, 59, 315. 4) J. pr. Chem. 1866, 101, 268.

©, Ann. chim phys. (3) 1844, 12, 369.

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Ludwig Moeser: Zur Kenntnis der eisensauren Salze. 523

und Kaliumchlorat zu trennen, löste er es wieder in Wasser und fällte es durch Sättigen mit festem Aetskali wieder aus; es gelang jedoch nicht, das Ferrat von diesen Beimengungen zu trennen. Zur Aufbewahrung trocknete er das erhaltene Präparat auf porösem Porzellan und schmolz es in eine Glasröhre ein. Es stellt ein erystallinisches, schwarzrotes Pulver dar, das sich in Wasser leicht mit dunkelroter Farbe löst und an der Luft rasch unter vollständiger Zersetzung zerflielst.

6. Ganz analog der letztgenannten Bildungsweise entsteht Kaliumferrat, wenn man Bromdampf in Eisenhydroxyd enthaltende konzentrierte Kalilauge einleitet oder wenn Eisenhydroxyd mit kon- zentrierter Kalilauge und Kaliumhypobromitlösung schwach erwärmt wird.!)

Natriumferrat bildet sich analog dem Kaliumsalz nach Bildungsweise 3, 4, 5 und 6, jedoch nicht nach 1 und 2, was in der weniger grolsen Glühbeständigkeit seine Ursache haben mag. Es verhält sich im allgemeinen wie die Kaliumverbindung und unter- scheidet sich von dieser nur durch seine Nichtfällbarkeit beim Sättigen seiner Lösung mit Aetznatron.

Baryumferrat erhält man als dunkelroten amorphen Nieder- schlag, wenn man die Lösung von Kalium- oder Natriumterrat mit Chlorbaryum versetzt.

Die vonFremy°’, Trommsdorff?), Wackenrodert) u. a. vorgeschlagenen Verfahren zur Kaliumferratdarstellung durch Verpuffen von Eisenfeile mit Salpeter leiden an dem Uebelstande, dafs man nur mit kleinen Portionen gute Resultate erhält, bei Anwendung grölserer Mengen dagegen infolge Ueberhitzung zersetztes Produkt. Um dies zu vermeiden und um ein gleichmälsiges, gehaltreiches Produkt zu erhalten, empfiehlt es sich, das innige Gemenge von 1 Teil feiner Eisenfeile mit 1,8 Teilen Salpeter auf eine Eisenplatte in 1 bis 2 cm hoher Schicht aufzutragen und dieselbe mit Hilfe einer am einen Ende angefügten Mischung von Eisenfeile mit wenig Salpeter anzuzünden. Die Glüherscheinung setzt sich unter Bildung dicker, weilser Dämpfe von verfiüchtigtem Kali von einem Ende zum andern

1) Bar. deutsch. chem. Ges, 1879, 12, 346; 1886, 19, 742.

2) J. pr. Chem. 1845, 34, 103.

3) Arch. Pharm. 1842, 29, 103. *) Arch. Pharm. 1843, 33, 41.

524 Ludwig Moeser: Zur Kenntnis der eisensauren Salze.

fort und es hinterbleibt eine schwarze geschmolzene Masse, die reichlich eisensaures Kalium enthält.

Zur Darstellung von möglichst reinem, mangan- freiem eisensaurem Kalium wurde folgendes auf Bildungs- weise 6 beruhende Verfahren ausgearbeitet:

80—90 g abgeprefstes, manganfreies Eisenhydroxyd wurden mit 80 g Wasser und 50 g gereinigtem festem Aetzkali angerührt; in Sie erkaltete Mischung wurden nach und nach 50 g Brom eingetragen, hierauf unter guter Kühlung festes Ätzkali bis zur Sättigung aufge- löst; nach nochmaligem Zusatz von etwa 20 g Kalihydrat wurde die Masse vorsichtig auf 60° erwärmt und nach einer halben Stunde er- kalten lassen. Erwärmen auf mindestens 50° ist zur vollständigen Umsetzung erforderlich, Erwärmen über 60° ist dagegen zu vermeiden, da sonst wieder Zersetzung des entstandenen Ferrates eintritt.

Die Umsetzung des Eisenhydroxyds in Kaliumferrat geht bei diesem Verfahren fast quantitativ vor sich, was man daran erkennt, dals eine Probe der schwarzen Masse in Wasser sich völlig klar aufiöst und innerhalb 5 Minuten keine Eisenhydroxydabscheidung erkennen lälst.

Nach dem Erkalten der Masse schöpft man das infolge an- hängender Gasbläschen meist an der Oberfläche ausgeschiedene eisensaure Kali auf poröse Porzellanplatten und läfst trocknen. Das erhaltene Präparat ist mit Aetzkali, Bromkalium und Kaliumbromat verunreinigt. Erstere Beimengung läfst sich durch Decantieren mit 96 prozentigem Alkokol leicht entfernen. Das ätzkalifreie Produkt kann durch weiteres Auswaschen mit Alkohol von Bromkalium nicht befreit werden. Die Trennung von Brormkalium gelingt, wenn man das mittelst Aether ausgewaschene und getrocknete eisensaure Kalium wieder in Wasser löst (50 g in 100-200 Wasser) und es aus der Lösung durch Eingiefsen derselben in überschüssigen 85 prozentigen Alkohol (etwa 3 Liter) wieder ausfällt, wobei das Bromkalium in dem verdünnten Alkohol vollständig gelöst bleibt.

Das so dargestellte, nur noch etwas Kaliumbromat enthaltende Kaliumferrat ist ein schwarzrotes, wenig hygroskopisches Pulver. In Wasser ist dasselbe leicht löslich; die konzentrierte Lösung erscheint undurchsichtig, rötlich schwarz, die verdünnte tief dunkelrot und zum Unterschied von Permanganatlösung ohne violetten Schein. Die kon-

Ludwig Moeser: Zur Kenntnis der eisensauren Salze. 525

zentrierte Lösung zersetzt sich äusserst rasch unter lebhafter Sauer- stoffentwickelung, während die stark verdünnte sich stundenlang un- zersetzt hält. In Aether, Chloroform und starkem Alkohol ist das Ferrat unlöslich und wird bei Abwesenheit von Wasser davon nicht zersetzt; stark verdünnter Alkohol wird sofort unter Bildung von Aldehyd oxydiert. Beim Erhitzen auf etwa 250° zerfällt das nach obiger Vorschrift dargestellte eisensaure Kalium unter Entwickelung von Sauerstoff und Hinterlassung eines blassgrünen Rückstandes von Kaliumferrit; dieser Rückstand zerflielst sehr bald an der Luft unter Braunwerden, indem das Kaliumferrit durch den Einflufs des Wassers in Kalihydrat und Ferrihydroxyd zerlegt wird.

Sofortige Zersetzung des eisensauren Kalis bewirken alle Säuren, auch Kohlensäure, ferner alle sauer reagierenden Salze, Ammoniak, Ammoniumsalze und Wasserstoffsuperoxyd.. Auch Schwefelwasserstoff wird sofort oxydiert unter Abscheidung von Schwefeleisen und Schwefel; bei Gegenwart von Aetzalkalien findet diese Zersetzung nicht statt, sondern man erhält eine nach dem Verdünnen mit Wasser tiefgrüne Lösung, die unzersetzt filtrierbar ist und selbst beim Kochen kein Schwefeleisen abscheidet. Beim Verdunsten dieser Lösung findet Zersetzung statt, es konnten daher bis jetzt keine Krystalle erhalten werden. Sehr wahrscheinlich liegt bier eine dem Kaliumferrat entsprechende Schwetelverbindung, das sulfoeisensaure Kalium, vor.

In der Lösung des reinen eisensauren Kalis bewirkt neutrales Silbernitrat einen anfangs tiefschwarzen Niederschlag von wahrschein- lich Silberferrit, wobei gleichzeitig Sauerstoff entwickelt wird. Der- selbe wird sehr bald grau und zerfällt dabei in seine Bestandteile, Silberoxyd und Eisenoxyd, bezw. Eisenhydroxyd.

Eisensauren Baryt erhält man durch Versetzen von Kaliumferratlösung mit Chlorbaryum als ziegelrotes bis dunkelcarmoisin- rotes amorphes Pulver. Dasselbe ist nach der seither gewöhnlichen Bereitungsweise mit mehr oder weniger iremden Körpern, besonders mit Baryumcarbonat, Baryumsulfat und Eisenhydroxyd verunreinigt. Zur Darstellung von reinem, eisensaurem Baryt ist ein Kaliumferrat erforderlich, welches keine durch Chlorbaryum fällbaren Salze ent- hält, wozu sich das mit Kaliumhypobromit dargestellte, von Aetzkali

526 Ludwig Moeser: Zur Kenntnis der eissnsauren Salze.

befreite Kaliumferrat eignet. Dasselbe wird mit überschüssiger Chlorbaryumlösung zusammengerieben, abfiltriert und ausgewaschen, bis eine Probe, in Salpetersäure gelöst, keine Bromreaktion mehr gibt, hierauf erst auf porösem Porzellan, dann im Luftbade bei 500 gatrocknet.

Der eisensaure Baryt lässt sich auch ohne Zuhilfenahme des Kaliumsalzes direkt erhalten. Er bildet sich, wenn Eisenhydroxyd bei Gegenwart von überschüssiger Baryumhydroxydlösung mit ge- eigneten Oxydationsmitteln behandelt wird, wie mit unterchlorigsauren oder unterbromigsauren Salzen.

Erhitzt man reines, frisch dargestelltes Eisenhydroxyd mit Barytwasser und Baryumhypochloritlösung bis nahe zum Sieden, so geht die anfangs gelbbraune Farbe des Eisenhydroxyds durch grau und schwarz in dunkelrot über, unter Bildung von Baryumferrat. Das Baryumhypochlorit lässt sich mit Vorteil durch Natrium- oder Kaliumhypochlorit ersetzen ; letztere müssen frei von Carbonat sein. Die Reaktion verläuft dann meist, wenn auch weniger glatt und voll- ständig, schon in der Kälte.

Der reine eisensaure Baryt ist ein dunkelearmoisinretes, amorphes, in Wasser unlösliches Pulver. In trocknem Zustande ist es beständig, unter Wasser zersetzt es sich langsam. Lässt man Baryumferrat einen Tag unter ausgekochtem destilliertem Wasser stehen und schüttelt es dann auf, so entweichen in beträchtlicher Menge Sauerstoffbläschen. Beim Erhitzen auf 200—300° zersetzt es sich grölstenteils, bei stärkerem Erhitzen vollständig unter Sauer- stoffentwickelung und Wasserabgabe mit Hinterlassung eines grün- lichen Rückstandes von Baryumferrit. Befeuchtet man diesen Rück- stand mit Wasser, so wird er braun, indem Zersetzung in Baryum- und Eisenhydroxyd eintritt. Durch Säuren wird der eisensaure Baryt sofort unter stürmischer Sauerstoffentwickelung zerstört unter Bildung von Baryum- und Ferrisalz; der entweichende Sauerstoff ist bei An- wendung von Salpetersäure oder Schwefelsäure stark ozonhaltig. Letztere wirkt nur wenig auf den eisensauren Baryt ein, weil das oberflächlich gebildete Baryumsulfat die fernere Einwirkung der Schwefelsäure hindert. Mit Essigsäure geht die Zersetzung weniger lebhaft vor sich, verläuft jedoch in ganz analoger Weise. Fr&emy’s Angabe, dafs das Baryumferrat in verdünnter Essigsäure ohne Zer-

[11 19 =!

K. Gorter: Ueber Ermittelung des Cytisins.

setzung mit dunkelroter Farbe löslich seil), konnte nicht bestätigt werden und dürfte wohl auf die Gegenwart von Mangan zurückzu- führen sein.

Erwärmt man Baryumferrat mit konzentrierter Alkalicarbonat- oder Alkalihydroxydlösung, so findet eine Umsetzung statt, indem eisensaures Alkali in Lösung geht und Baryumcarbonat oder Baryum- hydroxyd als Rückstand bleibt. Am vorteilhaftesten wirkt eine Mischung von konzentrierter Aetzlauge mit einer zur Umsetzung hinreichenden Menge von konzentrierter Carbonatlösung. Auf diese Weise können ausser Kalium- und Natriumferrat auch Rubidium- und Cäsiumferrat in Lösung erhalten werden. Sie werden mit Ausnahme von Natriumferrat durch Zusatz von überschüssigem absoluteın Alkohol als dunkelrote, mit Carbonat verunreinigte Pulver ausgefällt.

Andere eisensaure Salze konnten bis jetzt noch nicht darge- stellt werden. Die Angabe eines Forschers®), dafs eine rote Lösung von eisensaurem Calcium entstehe, wenn man Chlorkalk mit Wasser und etwas Eisenlösung kocht, beruht auf Irrtum und ist durch die Gegenwart von Mangan bedingt, denn bei Anwendung manganfreier Materialien tritt diese Rotfärbung niemals auf.?)

Veber die van de Moer’sche Reaktion und die

Ermittelung des Cytisins. Von K. Gorter, Assistent am pharmaceut. Laboratorium der Universität Groningen. (Eingegangen den 10. VII. 1895).

Noch vor Kurzem, das heilst vor dem Erscheinen der van de Moer’schen Dissertation 1890: „Over cytisine het vergitt van den Goudenregen en over de identiteit van cytisine en ulexine“, war es, in Ermangelung einer charakteristischen Farbenreaktion, sehr schwer, Cytisin nachzuweisen.

1) Ann, chim. phys. (3) 1844, 12, 374.

2) Ber. deutsch. chem. Ges. 1886, 19, 742.

3) Vergl.: Chem. Repert. 1893, 17, 117. Die Rosalärbung von Caleiumchloratflüssigkeit.

528 K. Gorter: Ueber Ermittelung des Oytisins.

Es gebührt van de Moer das Verdienst, eine Farben- reaktion für das Cytisin angegeben zu haben, welche es ermöglicht, dieses Alkaloid mitunter in sehr kleinen Quantitäten darzuthun. Er sagt darüber folgendes:

„Uebergielst man das freie Alkaloid oder eines seiner Salze mit einer Ferrisalzlösung, so entsteht eine rote Färbung. Fügt man dem rot gefärbten Cytisin einige Tropfen einer Wasserstoffsuper- oxydlösung hinzu, so verschwindet die Farbe und wird die Lösung beim Erwärmen auf dem Wasserbade blau. Mit Hilfe dieser Reaktion kann !/s, Milligr. Cytisin noch dargethan werden.“

Er fügt noch hinzu, dafs die blaue Lösung durch kaustisches Ammon rotviolett und dann durch Säurezusatz wieder blau gefärbt wird. Durch Kali- oder Natronlauge verschwindet dagegen die Blaufärbung und wird dieselbe durch Säuren nicht wieder her- gestellt.

Hinsichtlich der Beschaffenheit des gebildeten Farbstoffes ist die Meinung van de Moers die folgende:

„Es scheint, die hier auftretende Farbe komme einem Oxy- dationsprodukte des ÜOytisins zu, denn auch nach Erwärmen des Cytisins mit Chlor-, Brom- oder Jodwasser wird dieses Alkaloid durch Ferrisalze (jedoch weniger intensiv) blau gefärbt.“

Es stellte sich weiter heraus, dafs die folgenden Alkaloide, welche Benzol der alkalisch gemachten Flüssigkeit entzieht, die Reaktion nicht zeigen, nämlich: Strychnin, Brucin, Emetin, Chinin, Cinchonin, Atropin, Hyoscyamin, Physostigmin, Aconitin, Delphinin, Veratrin, Codein, Thebain und Narcein.

Auch die durch Chloroform oder Amylalkohol der alkalischen Lösung entzogenen Stoffe: Morfin, Solanin, Saponin und Salicin gaben keine Blaufärbung.

Zur Ermittelung des Öytisins schüttelt van de Moer die mit Salzsäure sauer gemachte Lösung nach Dragendortf nach- einander mit Petroleumäther, Benzol und Chloroform aus. Es ent- ziehe der sauren Lösung weder Benzol, noch Chloroform Alkaloid, dieses werde erst spurenweis von Benzol aus der alkalischen Flüssigkeit aufgenommen, leichter jedoch von Chlorotorm.

Eigner Erfahrung gemäfs erhält man durch Ausschütteln der sauren Lösung, es sei denn, dals diese durch eine anorganische

K. Gorter: Ueber Ermittelung des Cytisins. 529

Säure (Schwefelsäure) oder durch eine organische Säure (Weinsäure) angesäuert ist, mit Chloroform schon Cytisin in Lösung. Wenn die Untersuchung lehrt, man habe mutmalslich Cytisin durch Verdampfen dieser Chloroformlösung als Rückstand erhalten, so empfiehlt es sich, die alkalische Flüssigkeit nochmals mit Chloro- form auszuschütteln.

Ueber die van de Moer sche Farbenreaktion sagt Par- theil (Dr. A. Partheil. Ueber Cytisin und Ulexin. Arch. d. Pharmacie. Bd. 230. S. 461)... . „Indessen darf man nur sehr gelinde erwärmen, andernfalls verschwindet die Blaufärbung wieder oder bleibt gar ganz aus. Ich mufs mich daher Magelhaes’ Urteil über diese van de Moer’sche Cytisin - Reaktion an- schliefsen, dafs die Reaktion nicht sehr scharf ist“.

Van de Moer selbst behauptet, er könnte mit seiner Re- aktion noch !/;, Milligr. Cytisin darthun. Jedoch aus folgendem von ihm Gesagten ist ersichtlich, dafs bei solchen kleinen Quantitäten die Reaktion auch fehlschlagen kann:

„Handelt es sich darum, Spuren von Cytisin darzuthun, so ist es notwendig, nur wenig der Ferrisalzlösung hinzuzufügen, da sonst die Blaufärbung leicht durch den Ueberschufs an Ferriverbindung in grün verwandelt oder ganz verdeckt wird.“ Weiter sagt er in seiner Dissertation:

„Wenn die Quantität Oytisin sehr klein ist und man zu viel Wasserstoffsuperoxydlösung hinzugefügt hat, so kann die Blau- färbung sich nur momentan zeigen, um augenblicklich wisder zu verschwinden.“

Sowohl aus dem Urteil vonMagelhaesundvon Partheil, sowie aus den Angaben von van de Moer selbst über diese Re- aktion geht hervor, dafs für das Zustandekommen derselben gewisse Bedingungen einzuhalten sind, welche bisher nicht genügend be- kannt sind. Ich habe daher diese Reaktion näher studiert, um diese Bedingungen näher kennen zu lernen und das blaue Produkt für die chemische Untersuchung darzustellen. Zweifelsohne würde ein solches, für Cytisin characteristisches Produkt etwas beitragen können zur Kenntnis der Struktur dieses Alkaloids.

Mischte ich Cytisin, Eisenchlorid und \WVasserstoffsuperoxyd in verschiedenen Verhältnissen in Lösung mit einander und er-

550 K. Gorter: Ueber Ermittelung des Cytisins.

wärmte, so stellte sich bald heraus, dals die angewendeten Mengen- verhältnisse die Reaktion beeinflussen : zuviel Eisenchlorid, im Ver- gleich zu den andern Stoffen, kann das Auftreten der blauen Farbe hindern ; ebenso kann sie durch ein Uebermafs an Wasserstoff- superoxyd nur momentan erscheinen, um bald wieder zu ver- schwinden. Einige Beispiele dürften diese Erscheinung erklären: I. 1cc. Cytisinlösung + 0,2ccF&U],Jlösung-+ 0,5cc H,0,-Lösung. Isalee: 5 + 0,2cc n + 1,öce 5 II rec, A + 0,2cc = + Dee R Diese drei Mischungen wurden zu gleicher Zeit in dem- selben Wasserbade erwärmt. In I. wurde die Farbe gelbbraun, ohne jede Spur einer Blaufärbung, II und III zeigten schöne Blau- färbung und zwar III am intensivsten. Zahlreiche Versuche lehrten, dafs die Reaktion am stärksten auftritt, wenn man das unter III erörterte Verhältnis anwendet.

Die oben erwähnten Lösungen enthielten:

Oytisinlösung ». 2... 0.2000 Lee; = 7,74 Millier. Cr 1E3m Eisenchloridlösung . . . . 2.50%, FeaCl;, Wasserstoffsuperoxydlösung . . 0,05%, Hz20;.

Wurde der Alkaloidlösung zuvor eine Säure zugesetzt und dann Eisenchlorid und Wasserstofisuperoxyd, so zeigte sich, dals solches einen sehr störenden Einflufs auf die Reaktion ausübt, und dafs für anorganische Säuren dieser Einfuls gröfser ist als für organische.

Nachdem ich das gegenseitige Verhältnis der Stoffe in wäss- riger Lösung festgestellt hatte, reagierte ich noch mit Cytisinresten, welche durch Verdampfen einer Oytisinlösung in Chloroform er- halten waren. Ich konnte dabei bestätigen, dafs mit der van de Moer'schen Reaktion '/o Milligr. Cytisin, noch deutlich dargethan werden.kann, und dafs die Farbe auch beim Verdunsten der Lösung bestehen bleibt, wenn man für die Reagentien das geeignete Ver- hältnils gewählt hat. Ist dies jedoch nicht ungefähr der Fall, so schlägt die Reaktion fehl oder zeigt sich nur momentan und ver- schwindet bald. Dies giebt zugleich eine Erklärung der Angaben von Magelhaes und von Partheil, dafs die Reaktion nicht sehr scharf sei. Magelhaes fand eine neue Reaktion auf, näm- lich Erwärmen des Cytisins mit konzentrierter Schwefelsäure und

K. Gorter: Ueber Ermittelung des COytisins. 531

Thymol, wobei nacheinander gelbe, rote und bordeauxrote Farbe auftreten sollen. Diese Reaktion tritt jedoch, ebensowohl olıne, als auch mit Cytisin ein.

Aus den oben festgestellten Verhältnissen ist zu folgern: l ccm Cytisinlösung (= 7,74 mg Öytisin) bedarf 0,2 ccm Eisenchlorid- lösung (= 3,45 mg Fe.) und 5 ccm Wasserstoffsuperoxydlösung (= 1,2 mg. OÖ), oder ein Molekül Cytisin CuH4NsO (= 190) 1,5 Atome Fe und 1,5 Atome OÖ. Es wurde hiernach wahrscheinlich, dafs ein Molekül Cytisin ein Atom Eisen und zwei Atome Sauerstoff für das Entstehen der kräftigsten Farbenreaktion bedürfen würde, was auch durch zahlreiche Versuche mit folgenden verdünnten Lö- sungen von genau bekannter Konzentration als richtig erkannt

wurde. 1 ccm Cytieinlösung —= 19 mg Üytisin 1 cem Eisenchloridlösung 5,6 mg Fe. l ccm Wasserstoffsuperoxydlösung —= 1,6 mg O

(oder 3,4 mg H,0;)

Was den Farbstoff selbst anbelangt, so kann ich schon jetzt darüber mitteilen, dals die Lösung desselben durch Ammon violettrot wird, ohne jede Spur einer Trübung. Wendete ich mehr Eisen- chloridlösung an, als einem Atom Eisen auf ein Molekül Oytisin entsprach, so trübte sich die Lösung durch Ammon deutlich. Die violettrote Lösung wurde durch Säurezusatz von neuem blau gefärbt, durch ein grolses Uebermals verschwand jedoch die Farbe. Nach van de Moer verliert die blaue Lösung durch Kali- oder Natron- lauge ihre Farbe, welche dann auch durch Säuren nicht wieder her- gestellt werden kann. Es hat sich jedoch gezeigt, dals letzteres unrichtig ist; im Gegentheil, Natronlauge verhält sich wie Ammon: die violettrote Lösung wird also durch Säuren wieder blau gefärbt. Wie Natronlauge und Ammon verhält sich auch Kalkwasser.

Durch Natriumacetatlösung verschwand die blaue Farbe auch augenblicklich und wurde violettrot, jedoch durch wenig ver- dünnte Schwefelsäure wieder blau. Kochte ich jedoch die blaue Lösung mit einer Natriumacetatlösung, so wurde das Eisen als basisches essigsaures Eisenoxyd praecipitiert. Das vollkommen farblose Filtrat wurde alsdann durch Schwefelsäure nicht im geringsten wieder blau gefärbt. Eine geringe Menge Eisenchlorid genügte

532 K. Gorter: Ueber Ermittelung des Cytisins.

jedoch für die Entstehung der Blaufärbung. Das Eisen befand sich nur allein als Ferriverbindung in der Lösung.

Aus allem Gesagten scheint mir der blaue Farbstoff eine Ferriverbindung eines Oxydationsproduktes des Cytisins zu sein. Ich habe dargethan, dafs das geeignetste Verhältnis für das Zustande- kommen der Blaufärbung ein Molekül Cytisin auf ein Atom Eisen und zwei Atome Sauerstoff (zwei Moleküle Wasserstoffsuper- oxyd) ist. Es wäre daher möglich, dafs der Farbstoff ein Derivat eines Oxydationsproduktes C,H}, N; O0; des Cytisins wäre. Die Sauerstoffatome dürften alle als Hydroxylgruppen anwesend sein, weil dann drei Wasserstoffatome des Oxydationsproduktes eines Cytisinmoleküls durch Metali vertretbar sein würden. Die Grund- substanz wäre daun C,H}; Ns (OH), und der Farbstoff selbst (Cu H,ı N: O;)s Fe,. Das eine Cytisin-Sauerstoffatom mülste dann aber als OH. gebunden sein. Es gelang Partheil(Dr. A. Partheil Ueber Cytisin und Ulexin, Arch. d. Pharmacie. Bd. 230 S. 491) jedoch nicht, Methyleytisin zu acetylieren; dies macht die Existenz der OH-Gruppe unwahrscheinlich. Natürlich sollen weitere Unter- suchungen dieses Farbstoffes, worüber ich in Bälde zu berichten gedenke, lehren, ob diese oder eine ähnliche Betrachtung richtig sei.

Eigner Erfahrung gemäfs ist die van de Moer'sche Re- aktion für Cytisin charakteristisch. Jedoch will ich bemerken, dafs nach Plugge (Dr. P. C. Plugge. Nederl. Tydschr. vor Pharm. 1894. Seite 291; Arch. d. Pharm. 1894. S. 444.) auch die methylierte Basis eben so gut die Reaktion giebt wie die ursprüng- liche. Mit folgenden Stoffen, welche alle durch Chloroform schon der sauren Flüssigkeit entzogen werden, habe ich die Reaktion nicht er- halten können: Theobromin, Narcein, Narcotin, Papaverin, Cinchonin, Hydrastin, Aspidospermin, Chelidonin, Brucin, Physostigmin, Veratrin, Berberin, Pikrotoxin, Digitalin, Saponin und Delphinin.

Zum Schlufs über die Ausmittelung des Cytisins noch Folgendes: Die Alkaloidreste, die darch Verdampfen des Chloroforms, welches mit der sauren Flüssigkeit geschüttelt ist, erhalten werden, geben mit einer Lösung von Kaliumpermanganat in konzentrierter Schwetel- säure Violettfärbung, eine Reaktion, welche Cytisin mit vielen anderen Stoffen teilt. Zeigt es sich jedoch, dafs diese Reste weder mit kon-

Dr. Mjöen: Opium. 533

zentrierter Schwefelsäure, noch mit Erdmann's Reagens eine Färbung geben, so ist man auf 4 Alkaloide angewiesen, nämlich Cytisin, Theobromin, Aspidospermin und Cinchonin. Färbt Eisen- chlorid nun einen dieser Alkaloidreste rot, so liegt mutmaßslich Cytisin vor, was danach mit der van de Moer'’'schen Reaktion bestimmt nachgewiesen wird.

Arbeiten aus dem pharmaceutischen Institute der Universität Bern.

Untersuchungen über die Sekrete mitgeteilt von A. Tschirch.

16. Beiträge zur mikroskopischen Kenntnis des Opiums. Von Dr. Mjöen. (Eingegangen den 29. 3. 1395.)

In seinem Anatomischen Atlas der Pharmakognosie und Nah- rupgsmittelkunde macht Tschirch*) darauf aufmerksam, dafs bei der Gewinnung von Opium „durch das Abkratzen der Tropfen von der jungen, sehr weichen Kapsel fast immer ein kleines Stück der Fruchtschalepidermis von den Wundrändern mit abgerissen wird“. „Diese Fetzen der Fruchtschalepidermis“, sagt er weiter, „finden sich denn auch stets im Opium und sind selbst im Opiumpulver noch ohne Schwierigkeit aufzufinden. Sie bilden das charakteristische Element derselben.“ Dievon Tschirch untersuchten Opiumsorten stammten sämtlich aus Kleinasien.

Da dieses Vorhandezsein von Fetzen der Fruchtschalepidermis auf die Art und Weise der Gewinnung des Opiums zurückzuführen ist, und die Gewinnungsart von Opium z. B. in Persien und Indien von der in Kleinasien gebräuchlichen etwas verschieden ist, so geschieht beispielsweise das Anschneiden der Mohnkapseln in Persien und Indien durch einen senkrechten Schnitt, während in Kleinasien der Schnitt rings um die Kapsel geführt wird war es von Inter- esse, zu untersuchen, ob man diese Fetzen der Fruchtschalepidermis auch bei indischen, persischen und andern Opiumsorten findet.

*) Anatomischer Atlas der Pharmakognosie und Nahrungsmittel- kunde von A. Tschirch und O. Oesterle. S. 65, Taf. 17.

534 Dr. Mjöen: Opium.

Um die Fruchtwandreste zu finden, zieht man nach Flückiger eine Probe erst mit Weingeist und dann mit Wasser aus und legt den Rückstand in einer gesättigten, wässrigen Lösung von Chloralhydrat unter das Mikroskop. Diese Methode bietet kaum Vor- teile gegenüber der einfacheren: direkt auf dem Objektträger mit Chloralhydratlösungzubehandeln und, wennnötig, schwach zu erwärmen.

Beide Methoden wurden gebraucht, doch gebe ich der letzteren den Vorzug.

Stärke wurde in der üblichen Weise mit einer äufserst geringen Spur von Jodlösung nachgewiesen.

Stärke ist vorhanden als Verfälschung, —- sie kommt im Opium selbst nicht vor und dieses Verfälschung wird, wie es scheint, mit der Stärke der Cerealien (Fig. 4) und vielleicht ebenso oft mit Legumi- nosen-Stärke ausgeführt (Fig.5). Dafs diese Vertälschung einen ge- ringeren Gehalt von Morphin zur Folge hat, ist selbstverständlich. Sie verleilit aber auchdem Pulver ein helleres Aussehen, welches bei einer von den von mir untersuchten Proben so auffallend war, dafs man beim blofsen Ansehen schon vermuten mulste, dafs Stärke beigemengt war.

Krystalle von Alkaloiden (Fig. 6) oder richtiger deren schwefel- sauren und mekonsauren Salzen sind in persischem Opium häufig ge- funden worden.

Die Fruchtwandreste haben in älteren Stadien eine Form, die in Fig. 1 dargestellt ist, in jüngeren Stadien mehr wie Fig. 2, aber auch alle Zwischenstufen finden sich.

. Fruchtwandepidermis, . Jüngeres Stadium der Fruchtwandepidermis,

.r Stärke aus persischem Opium.

[> AS 0, a4 SuZ.

2 Krystalle der Alkaloidsalze.

Dr. Mjöen: Opium. 5835

Die Opiumsorten lassen sich dem mikroskopischen Befunde nach in 3 Gruppen einteilen:

1. Gruppe: Reste der Fruchtwandepidermis sind

vorhanden ca. 5 oder mehr im Hi 1 Gesichtsfelde in einer Probe mehr, \ an a Aue in ei : Saloniki, in einer anderen weniger.

Clermont

Keine Stärke.

2. Gruppe: Entweder keine oder sehr selten Reste der Fruchtwandepidermis. | Persische Sorten. Viel Stärke.

Malva

3. Gruppe: Keine Fruchtwandreste. | Patna [adidas Keine Stärke. Benares | Sorten. Punjab

Aus dieser Tabelle geht also hervor, dals wir kleinasiatische, persische und indische Opiumsorten mit Leichtigkeit bestimmen können nach dem Vorhandensein oder Fehlen von Fruchtwandresten und Stärke. Sind Reste der Fruchtwandepidermis zahlreich vor- handen, so können wir mit grofser Bestimmtheit sagen, dafs die Opiumsorte aus Kleinasien stammt. Fehlen diese Fruchtwandreste oder sind sie nur als Ausnahme da (zum Beispiel einzelne Fetzen in einer Probe) und ist gleichzeitig das Opium mit Stärke verfälscht, so kann man schlie(sen, dafs die Sorten aus Persien stammen. Es schien mir jedoch bedenklich, aus den 16 Sorten der Tschirch- schen Sammlung allein meine Schlüsse zu ziehen und so beschlofs ich, eine gröfsere Anzahl von ÖOpiumproben der mikroskopischen Analyse zu unterwerfen. Durch die Güte des Herrn Dieterich in Helfenberg wurden mir 43 weitere Opiumsorten, welche aus der pharmakologischen Sammlung des Professor Vo gl in Wien stammten zur Verfügung gestellt. Diese sind von Herrn Dieterich mor- phiumetrisch bestimmt worden *) und ich füge seine Zahlen bei.

*) Helfenberger Annalen 1894. S. 34. Arch. d. Pharm. CCXXXII. Bäs. 7. Heft. 35

536 Dr. Mjöen: Opium.

Opium aus der pharmakognostischen Sammlung des pharmaceutischen Institutes Bern.

Reste der \ Frucht- |; Kry- | Andere mikroskopische No. Sort Stärke & > BER wand- stalle, Befunde, Aussehen etc. epidermis mn nn nn nn m rs a nn nn m nn nn nn an au nn m mn m m en 1 Smyrna- Viele | Keine| Keine In Brodten. Opium 2 | Konstantinopel- * kg ch sn e re Opium | 3 | Salonici-Opium R s f 3 3; 4 Geiva-Opium f > "e > ; 5 ı Konstantinopel- = > % R. 2 Opium 6 Arachsas- ”» Opium 7 Persisches Keine Viel | Viele Opium 8 Persisches ö P A (1869) Opium 9 Persisches , ». In Stengeln. Opium 10 Persisches Ein ein-' 5 Sehr helles Pulver Opium zelnes gemengt mit Extrakt. Stück ge- Konische Kuchen funden in 3 Proben 11 Persisches Keine = Fr Kleine rote oder brauna Opium Blattreste beigemengt. 12 | Hilles of Kulu = Keine| Keine Hellgelbes Pulver mit Punjab anorganischen Bestand- teilen gemengt. 13 Malva a | 14 Patua 15 Benares 4 n 2 Unter dem Mikroskope | dicke zähe Klumpen. 16 Malva, N = 2 Kugeln. eben angekommen | | (Ende Juli 1895)

Dr. Mjöen: Opium. Opiumproben ausderSammlungdespharmacologischen Instituts in Wien.

5 ; ne orapıe 3 = S = ei No. Sorte |Fruchtwand-, & 7) Fr Befund idermis | @ RS u > nd z Aussehen etc. 17 Angora Viele Keine Keine) 10.57 Rotbraun, Körnig 18 5 | 2 er EEE .: 19 2 2 & »@|10.45,| 5 3 20 x z >. 110.42 | Etwas dunkler rotbr. 21 3 2 & 110.51 | Viele Gefässbündelr. 22 > Nichtsoviele ERS SLOSIOMS| 23 Koniah Nigde Viele > n 7.43 24! Koniah, | 25 |Nigde Bour- dour Seltener a = 9.73 Dunkler Be al Wale 3 ae 3) 26 Koniah : = 7 983 27 4 | & E ss 9.26 28 e 2 4 n 9.25 29 | Houdaven- Mehr gummiartig, dighiar 5 ve = .1.12.95 nicht so körnig. 30 ı Houdaven- dighiar Kutahye & = |1126 | Körnig, rothbraun. 31 | Houdaven- dighiar Simav = ge Mehr gummiartig. 32 | Houdaven- dighiar Orschak = * , 11.80 es 2 33 | Houdaven- dighiar Orschak . = » | 1159 = 34 | Houdaven- Kara Hissar, Sahib & r * 9.07 i 35 Se Tuggreger - OT 2 - 36 Aidin Seltener is MAN T217. 37 Ismit, Gheive Viele . s2l11.23 38 | Environs d’Ismit & 39 Sivas Keine Viel en 4.15 | Ganz helles Pulver. 40 | Diarbekir & Keine 6.37 41 Pizren Sehr selten| „. „11438 42 3 £ Bi » KIL22 Mehr gummiartig. 43 Sivas A ei 1.68

35*

538 Dr. Mjöen: Opium. S | | Reste der | o = = | Br S SIE=| No Sorte Fruchtwand- & 2 & Ei . . > [o} epidermis | a © = 44 | Persisches Keine Viel |Keine 5.60 Opium 45 | Persisches 2 Sehr 5 4,47 Opium wenig 46 | Persisches = Wenig | 9.77 Opium Stärke 47 | Persisches . Keine Viele Opium in Stangen 48| Bagdad a Etwas |Keine Stärke 49| Indisches = Keine 3.80 Opium, Be- nares 50| Indisches E 2 5, PT Opium, Kugeltorm 51| Flüssiges : 3 8.47 Opium ein- getrocknet. Hongkong. 52 |Chinesisches = e e 0.45 Opium, Tschandu

Ausserdem wurden untersucht: päische, zwei unbekannte und zwei

pharmaceutischen Institute in Bern:

Andere mikroskopische Befunde, Aussehen etc.

Dicke Klumpen

Gefälsbündelreste

Wie ein Extrakt

Dunkel. Tschandu ist ein gerösteter, aufge- löster und dann ein-

gedampfter Saft

eine abnormale, einige euro- ägyptische Sorten aus dem

| Reste der | © = Re Andere | Fi & NS 2 3 No Sorte Fruchtwand- & 5 An mikroskopische epidermis | & Sn = Befunde Se) 53 | Unbekannt Viele Keine|Keine 54 m Keine Viel 55 | Deutsches 4 Keine) Opium 56 |Französisch.| Wenige 5 n Gefälsbündelreste Opium von Clermont 57 | Bernisches Keine 5 R Opium 58 | Asgyptisch. Viele

Opium

Dr. Mjöen: Opium. 539

| | ©

| Reste dr 2 5 s3 Andere

No. Sorte ‚Fruchtwand- 4 © 2 = | mikroskopische | epidermis RK | a Befunde

59| Assinti | Viele | Viel Keine 6%, |

60/Aus Bagdad. Keine Keine Wie ein Ex- | trakt. | Es löst sich | beinahe alles | |in Wasser. |

Wenn wir die Opiumsorten aus der letzten Tabelle, welche auf dem Handelsmarkt keine Rolle spielen, ausser Acht lassen, finden wir unter 33 Opiumsorten aus Kleinasien nur 2, wo die Fruchtwandreste fehlen. Diese 2Sortenstammen derSignaturnach ausSiwasund Diarbekir.

Diarbekir liegt so nahe an der persischen Grenze wie z.B. auch Bagdad, dafs man ganz gut annehmen kann, dals die persische Ge- winnungsart und Verfälschungsmanier sich auf diese Distrikte über- tragen hat oder von vornherein schon vorhanden war. Was die Probe signiert „Siwas“ anbetrifft, so spricht die Tatsache, dafs gleich- zeitig Stärke vorhanden ist, für die Annahme, dafs hier eine Ver- wechslung oder Verfälschung vorliegt. Der abnorm niedrige Morphin- gehalt deutet auch darauf.

Es hat sich bei der Untersuchung von einem grölseren Material auch bestätigt, dafs den persischen Opiumsorten fast immer etwas und sehr häufig viel Stärke beigemengt ist, da aber in einigen Sorten gar keine Stärke nachgewiesen werden konnte, war es nicht möglich, in dieser Weise ein analytisches Merkmal zwischen persischen und indischen Sorten aufzustellen. Was man als Resultat dieser Unter- suchungen (wenn wir die europäischen und ägyptischen Opium- sorten ausser Acht lassen) aufstellen kann, ist:

1. Sind Fruchtiandreste vorhanden, so hat man kleinasiatisches

Opium vor sich,

2. sind keine Fruchtwandreste und viel Stärke nachweisbar, so stammt die Sorte aus Persien,

3. sind keine Fruchtwandreste und auch keine Stärke vorhanden, so haben wir es wahrscheinlich mit indischen oder chinesischen

Sorten zu thun.

| | |

540 Tschirch und Luz: Ammoniacum.

Das Vorhandensein der Fruchtwandreste im kleinasiatischen Opium und die Abwesenheit oder das seltene Auftreten derselben im persischen und indischen Opium lässt sich leicht aus der Gewinnungs- weise des Opiums erklären. In Kleinasien wird die Mohnkapsel ringsum angeschnitten und um den ausgeflossenen und einge- trockneten Saft gewinnen zu können, mufs man mit einem Schabeisen ebenfalls ringsum (die „Furche“ entlang) fahren. Dafs bei dieser Manipulation von der äufseren Epidermis der Kapsel leicht kleine Stücke mitgerissen werden, ist einleuchtend.

In Persien und Indien werden die Mohnkapseln senkrecht an- geschnitten. Der noch halbflüssige Saft wird in Pfannen ge- sammelt und eingedampft, dann entweder in Kapseln geknetet (Indien) oder auf Bretter gestrichen und weiter an der Sonne getrocknet (Persien). Bei dieser Behandlung (senkrechter Schnitt) fliesst der Milchsaft zu einem Tropfen am unteren Ende des Schnittes zu- sammen und kann ohne Kratzen abgetrennt werden; besonders, da er nicht, wie in Kleinasien, solange an der Kapsel selbst gelassen wird, bis er hart ist, sondern im halbflüssigen Zustand gesammelt wird. Bei dieser Manipulation kann nur ausnahmsweise etwas von der Fruchtwand mitgerissen werden.

Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der Universität Bern.

Untersuchungen über die Sekreite. Mitgeteilt von A. Tschirch.

15. Ueber das Ammoniacum. von H. Luz. (Eingegangen am 12, VII. 1895). Wie beim Galbanum, so wissen wir auch hier über das Ge- schichtliche wenig Sicheres und Zuverlässiges.

Martiny berichtet, dafs die erste Erwähnung des Ammoniaks bei Hippokratessich finde, während Borscow und Hamburg dem Dioscarides die erste Erwähnung des Ammoniaks zuschreiben. Dioscorides und Plinius erwähnen beide zwei Sorten des Am- moniaks; die bessere sei dem Olibanum ähnlich, rieche wie Castoreum, schmecke bitter und werde zu Räucheruugen gebraucht, die geringere und gewöhnliche:e Sorte habe ein harziges Ansehen und werde mit Steinen und Erde verfälscht.

Tschirch und Luz: Ammoniacum. 541

Nach Plinius stammt der Name Ammoniacum von dem Wort „Sand“, so benannt von dem sandigen Boden. auf dem die Mutterpflanze wächst. Auch wird behauptet, das Wort Ammoniacum sei mitunter Armeniacum geschrieben worden, was vielleicht auf Armenien als Vaterland oder Stapelplatz der Ware hindeuten könne.

Bezüglich der Abstammung meint Dioscorides, dals das Ammoniak von einer Ferulaart abstamme, mit Namen Agasyllis, welche bei Kyrene in Afrika wachse. Plinius dagegen nennt die Pflanze Metopion und giebt an, dals sie in Afrika in der Gegend des Jupiter- Ammontempels vorkommen soll.

Chardin, welcher sich von 1666 —1677 in Persien aufhielt, behauptet, dals die Pflanze, von den Persern Ouchay genannt, massen- weise an den südlichen Grenzen Partiens, d. h. südlich von Ispahan anzutreffen sei. Chaw und Jakson fanden die Mutterpflanze des Ammoniak im Kyrenischen Lybien und verglichen sie mit einer Fenchelart, die arabisch Feshook heilst.

Sichere Nachrichten über die Abstammung des Gummiharzes verdankt man Johnston, Hart und Wright). Johnston fand die Ammoniakpflanzs in gro/ser Menge in der Nähe von Isdekhast in steinigen Ebenen, während Hart die Pflanze in der Nähe von Jorda, Kaust und Kumischa in der Provinz Vauk antraf.

Der Engländer Don beschrieb zuerst im Jahre 1829 ausführlich eine der Ammoniakpflanzen, die von Lieutenant Wright in der persischen Provinz Irau-Adschani gesammelt worden waren und belegte sie mit dem Namen Dorema Ammoniacum.

Das von Karelin und Kirilow in der Songarei entdeckte Dorema paniculatum ist vach Borszcow identisch mit Dorema Am- moniacum. Dasselbe gilt von Dorema aureum.

Ausserdem werden noch zwei in Persien einheimische Arten gefunden; nämlich Dorema glabrum Fischer und Dorema Aucheri; doch kommen diese Sorten nicht in den Handel.

Nach Tschirch?2) fliefst das Ammoniacum als ein starker Strom von Milchsaft beim Verwunden der Sprosse hervor. Die Ver- wundung geschieht durch Insekten, welche bis jetzt nicht näher festgestellt werden konnten, und ist eine so gewaltige, dals Stamm und Blattstiele oft über und über mit Wundstellen bedeckt sind. Jeder Stich hat einen reichlichen Erguss von Milchsaft zur Folge. Der austretendo Milchsafttropfen vergrölsert sich durch Nachfluf[s-allmählich zu einer etwa erbsengrolsen Masse, erhärtet am Stamm selbst und verstopft wie ein Wundbalsam die Wunden.

1) Hirschsohn , Pharmaz. Zeitschr. für Rulsl. XIV. Jahrgang No.8. 2) Tschirch: Archiv d. Pharmac. 1836 S,. 834.

542 Tschirch und Luz: Ammoniacum.

Nach Flückiger!) wird das Gummi Ammoniacum in der Weise gewonnen, dafs man die freiwillig oder infolge von Insekten- stichen aus dem Stengel und den dicken Blattstielen der Ammoniacum- pflanzen, Dorema Ammoniacum Don und andern Doremaarten austreten- den und dort zu Gummiharz erhärtenden Milchsafttropfen (Ammoniacum in granis) oder aber das am Wurzelschopfe hervorquellende und er- härtende Gummiharz (Ammoniacum in massis) sammelt. Eine Bear- beitung (An- oder Durchschneiden) des Stengels oder der Wurzeln findet nicht statt.

Gewonnen wird das Gummiharz nach Janson?) durch Ein- schnitte in die Pflanze. welche selten die Höhe von 6-7‘, doch auch nicht unter 3‘ erreicht.

Johnston dagegen meint, dals der Stengel der Pflanze von einem Käfer durchbohrt werde und dals aus den so entstandenen Bohrlöchern das Gummiharz hervortrete und erhärte.

Nach Borszcow sind die jungen Wurzeln äulserst reich an Milchsaft, welcher bei anhaltender Glut des Bodens durch die in der Rinde entstandenen Risse in grolsen Tropfen ausfliefst und den um- gebenden Sand tränkt. Beim Erstarren entstehen sehr feste, braun- graue Massen, welche beim Ausgraben der Wurzeln oft zu Tage treten. Eine sehr reichliche Ausschwitzung des Saftes findet auch zwischen den Bastbündeln der Coma statt und dieses ist die braune, schlechtere, stark mit Sand verunreinigte Sorte des Ammoniaks, das sogenannte Gummi Ammoniacum in massis. Das in den Achseln der blumen- tragenden Aeste und an der Basis der kleinen Dolden, wie auch das am Stengel ausgeschwitzte Gummiharz ist milchweils, wachsweich und bildet gewöhnlich erbsen- bis nulsgrolse Tropfen, oft sogar Klümpchen. Längere Zeit der Luft ausgesetzt überziehen sich die Tropfen mit einer gelben, spröden Kruste.

Als Handelssorten unterscheidet man: Afrikanisches und Per- sisches Ammoniak, welch letzteres gegenwärtig nur im europäischen Handel erscheint.

Das Persische Ammoniak wird eingeteilt in:

a) Ammoniacum in granis, s. lacrimis, s. amygdaloides, Ammoniak in Körnern, Trähnen.

Es besteht aus einzelnen, hirsen- bis wallnulsgrolsen Stücken, die äulserlich eine blalsgelbe bis bräunlichgelbe Farbe zeigen. Sie sind mattglänzend, opalartig. Der Bruch ist weils bis bläulich-weils, an den Kanten durch- scheinend. Ein Sammlungsmuster des pharmazeutischen Instituts in Bern bildete einzelne Körner von verschiede-

1) Flückiger, Pharmakognosie. Dort und in der Pharmacographia die Literatur.| 2) Pharmaz. Zeitschr. für Rulsl. XIV. Jahrg. No. 3.

Tschirch und Luz: Ammoniacum. 543

ner Grölse:; äulserlich hellgelb bis bräunlich, auf dem Bruch weils bis bläulichweils, opalartig, ähnlich denjenigen, wie sie von Hirschsohn!) beschrieben wurden.

b) Ammoniacum in massis, 8. placentis, 3. panibus, Ammoniak in Massen, Kuchen oder Broten. Eine mehr oder weniger gleichförmige Masse bildend, mit eingesprengten Körnern, häufig vermischt mit Resten des Stengels oder der Früchte, von schmutzig duukelbrauner Farbe.

Das afrikanische Ammoniak, Ammoniacum Africanum, ist nach Lindley’'s Ansicht das von Ferula tingitana?) stammende Gummi- harz und bildet eine hellbräunliche, rötliche, stellenweise selbst bläu- liche Masse, die weich, nur leicht an den Fingern klebend, einen von dem persischen Ammoniak verschiedenen Geruch besitzt. Derselbe erinnert mehr an Aepfel und Lavendel. Dasselbe ist erst zweimal auf dem Londoner Markt erschienen. Die Zufuhr kam aus Mogadar, Aegypten und Arabien.

Die ersten chemischen Untersuchungen, und zwar des persischen Ammoniak, stammen von Carthäuser, Neumann und Löseke. Auch haben Braconnot, Buchholz, Calmeyer und Hagen sich chemisch mit dieser Droge beschäftigt. Sie fanden das Gummi- harz zusammengesetzt aus: Harz, Gummi, gummiartigen, in Wasser und Alkohol unlöslichen Stoffen und ätherischem Oel. Nach all diesen Autoren ist das Harz rötlich und schmilzt bei 45-54 ©. Es riecht wie das Gummibarz und ist geschmacklos.

Johnston fand das Harz zusammengesetzt nach der Formel C4Hz0;. Hlasiwetz und Barth?) behandelten das Ammoniacum, wie so viele audere Harze, mit schmelzendem Aetzkali und erhielten als Re- sultat dieser Kalischmelze neben einer wässrigen, nach flüchtigen Fettsäuren riechenden Flüssigkeit ein öliges, dickliches Produkt, aus welchem sich Krystalle ausschieden, die nach wiederholter Reinigung sich als Resorcin erwiesen.

Guido Goldschmidt?) nahm ebenfalls mit dem Harz einer aus Marokko bezegenen Handelssorte eine Kalischmelze vor und fand neben Resorcin einen Körper, welcher unter dem Mikroskop regel- mälsige, octaödrische Formen zeigte, dessen Schmelzpunkt unter Gas- entwicklung und Schwä g bei 265° lag, sehr schwer in kaltem Wasser sich löste, leichter dagegen in kochendem Alkohol und in Aether. Ausgezeichnet ist dieser Körper durch die prachtvoli rote (einen Stich ins violette zeigende) Farbe seiner wässrigen Lösung, wenn sie mit Eisenchlorid versetzt wird. Auf Zusatz von kohlen-

!) Pharmaz. Zeitschr. für Rufsl. XIV. Jahrg. No, 8.

2) Die Sekretgänge dieser Pflanze hatTschirch (Arch. d. Pharm. 1886) beschrieben

3) Annal. d. Chemie in Pharm. COXXX. 4) Berl. Ber. 1878. 850.

544 Tschireh und Luz: Ammoniacum.

saurem Natrium wird dieselbe mehr weinrot, Salzsäure entfärbt sie. Die ausgeführten Analysen stimmten auf die Formel C,H; O,.

Schwanert!) liefs auf Ammoniacum Salpetersäure einwirken und erhielt Styphninsäure und Camphresinsäure, welch letztere später als ein Gemisch von Kamphersäure und Kamphoronsäure erkannt wurde.

Will und Böttger?) erhielten bei Einwirkung von Salpeter- säure von 1,20 spez. Gew. auf Ammoniakgummi reichliche Mengen von Styphninsäure, ohne dals ein anderes Produkt, wie z. B. Pikrinsäure, Benzoösäure, Oxalsäure gleichzeitig mit aufgetreten wäre.

Nach einem Bericht in den Phil. Transact.®) ergab das mit Alkohol aus dem Ammoniakgummi ausgezogene Harz analysiert:

2 II. Kohlenstoff: 71.78 72,07 Wasserstoff: 7.93 1,63 Sauerstoff: 20,67 20,3)

weiche Zahlen der Formel C,, Ha, O entsprechen würden.

Pluggei) verwendete als Reaktion auf Ammoniacum eine Natriumhypobromidlösung und verwertete diese Reaktion zum quanti- tativen Nachweis von Ammoniacum. Aufserdem fand er, dals weder das Gummi, noch das ätherische Oel diese Reaktion gaben, sondern allein das Harz. Ebenso konstatierte er, dals die anderen Umbelli- ferenharze diese Reaktion nicht gaben.

Hirschsohn) fand bei Untersuchung des Amınoniacum, Jdals dasselbe enthält: ätherisches Oel, verschiedene Harze, Gummi, Zucker, Dextrin und Bassorin ähnliche Materien. Bei afrikanischem Ammoniak fand er Umbelliteron, bei dem persischen einen phloridzinartigen Körper; ebenso wird persisches Ammoniakgummi durch Chlorkalk- lösung orange gefärbt; afrikanisches bleibt ungefärbt.

Ciamician®) führte eine Kalischmelze aus und erhielt eben- falls Resorein.

Eine Zinkstaubreduktion wi: dem vom Gummi befreiten Harze ausgeführt, ergab aus 1 kg guinmifreien Harzes ungefähr 450 ccm eines braunen, aromatisch-äthrerisch riechenden Oeles, das aus einem Gemenge von aromatischen Kohlenwasserstoffen und einem sauerstoff- haltigen Körper bestand. Du:ch Destillation mit Wasserdampf wurden drei Fraktionen erhalten, wovon die mittlere zum grölsten Teil den sauerstoffhaltigen Körper enthielt, währemd#die beiden andern vor- nehmlich aus Kohlenwasserstoffen bestanden. Die mittlere Fraktion, welche zwischen 1800—200° ©. aufgefangen wurde, ergab eine geringe

1) Annalen d. Chem. und Pharm. 128. 122. 2) Annalen der Chem. und Pharm. 58. 272. 3) Philos. Transact. 1840. 350.

4) Archiv d. Pharm. 1883, 211. Band.

5) Jahresbericht der Chemie 1875, 859.

6) Berl. Ber. 12, 1658.

Tschirch und Luz: Ammoniacum. 545

Menge Flüssigkeit, die bei der Analyse die Formel C,H,O ergab. Diese Substanz wurde mit Kaliumhydroxyd verschmolzen, nach beendigter Operation die Flüssigkeit neutralisiert und mit Aether ausgeschüttelt. Aus diesem Aetherauszug wurden sehr geringe Mengen einer Säure erhalten, welche an Reaktionen und Schmelzpunkt als Salicylsäure erkannt werden konnten. Wird die Reaktion zu früh unterbrochen, so erhält man einen phenolartigen Körper, welcher nach gemachter Analyse die Formel C,H,,O ergab.

Die erste Fraktion ist ein Kohlenwasserstoft von der Formel C;H,, und gielt bei der Oxydation ein Gemenge von Iso- und Terephtalsäure.

Die höher siedende Fraktion hat die Formel C,H,, und giebt bei der Oxydation Isophtalsäure.

Die letzte Fraktion besitzt die Formel C,H, und giebt bei Oxydation mit chromsaurem Kali und Schwefelsäure neben harzigen Substanzen eine geringe Menge Benzoösäure, Essigsäure und vielleicht auch etwas Propionsäure.

Flückiger!) fand im Ammoniacum bis zu 70 Proz. Harz, welches, der trockenen Destillation unterworfen, braune Oele lieferte, die bei 2500 ungefähr zu sieden beginnen, bei der Rektifikation jedoch keinen blaugefärbten Anteil geben. Umbelliferon wurde nicht er- halten, mit Kalihydrat verschmolzen lieferte das Harz Resorein, der Zinkstaubdestillation unterworfen 40 Proz. aromatisches Oel. Neben dem Harz findet sich Gummi, sowie !/, Proz. ätherischen Oeles, kein Schwefel.

Preiszewski?) iand bei einer Untersuchung des Ammoniacum ein saures, hellbraunes Harz, ein indifferentes, schwarzbraun getärbtes schwefelhaltiges Harz, ein rötlich gefärbtes, nicht schwefelhaltiges ätherisches Oel und Gummi.

Kurz zusammengefalst wären die seitherigen Angaben über Ammoniacum und seine Bestandteile die Folgenden:

I. Das Harz enthält: !/, bis 3 Proz. eines ätherischen Oeles, das schweielfrei ist und keinen blauen Anteil liefert.

II. Der Harzgehalt beträgt 60—70 Proz., das Harz spaltet sich in ein saures, schwefelfreies und in ein indifferentes, schwefelhaltiges.

III. Gummi.

Die trockene D ion liefert braungefärbie Oele, welche bei 250% zu sieden beginnen und keinen blaugetärbten Anteil liefern; die Kalischmelze : neben Fettsäuren Resorecin, die Oxydation mit Salpeter- säure führt zu Styphninsäure, Kampher- und Kamphororsäure; die Zinkstaubreduktion ergiebt aus den höhersiedenden Partien des Roh- destillates einen hochinolekularen Kohlenwasserstoff der Benzolreihe

1, Pharmak. Ill. 2) Inaugur. Disr. Dorpat. 1892, 66.

546 Tschirch und Luz: Ammoniacum.

aus der mittleren Fraktion nach vollständigem Schmelzen mit Kalium- hydroxyd Salicylsäure, bei unvollständigem einen phenolartigen Körper,

Ichhabe nun dasAmmoniacum einer erneutenUntersuchung, nament- lich mit Rücksicht auf etwaig vorhandene Salicylsäure, unterworfen. Ich knüpfte dabei an Untersuchungen an, die schon vor längerer Zeit im pharmaceutischen Institut der Universität Bern von den Herren Dr. Oesterle und Lüdy begonnen und schon ein beträchtliches Stück gefördert waren. Die bis dahin erzielten Ergebnisse wurden mir von Herrn Dr. Oesterle auf das Entgegenkommendste zur Verfügung gestellt und spreche ich ihm an dieser Stelle meinen besten Dank aus.

I. Chemischer Teil.

Quantitative Untersuchung desAmmoniacum.

Als Untersuchungsmaterial benutzte ich ein von der Firma Dieterich in Helfenberg bezogenes Gummi Ammoniacum. Es stellte schwach durchscheinende Körner dar, von weilser, aussen hräunlicher oder gelber Farbe, wachsglänzend, in der Kälte spröde, beim Erwärmen in der Hand zusammenklebend, zwischen den Fingern erweichend, mit Wasser angerieben, eine Emulsion gebend.

i00 g dieses Gummi Ammoniacum wurden, nachdem es vorher möglichst fein zerrieben worden war, mit Aether übergossen, gut durchschüttelt und unter ötterem Umschütteln einen Tag bei Seite gestellt. Alsdann wurde der Aether abgegossen und der Rückstand wiederholt solange mit Aether behandelt, als derselbe noch eine gelbe Färbung zeigte. Nach vollständiger Erschöpfung wurden die Aether- auszüge, welche eine gelbrötliche Färbung zeigten und sauer reagier- ten, vereinigt, filtriert und das klare Filtrat auf dem Dampfbade ab- destilliert. Im Rückstand blieb ein schön goldgelb bis rötlichgelb gefärbtes Harz, dessen Ausbeute 69 °/, betrug. Dieses dickflielsende, zähe Harz löste sich in der doppelten ae Schwefelkohlenstoff, in Chloroform und Eisessig vollständig auf, in alkalischen Laugen sowie Ammoniak nur unvollständig. Mit Aetznatronlauge und Chlor- kalklösung befeuchtet, trat eine schön gelbe Farbe auf. Ein Teil der alkoholischen Lösung des Harzes mit Bromnatriumlauge (dar- gestellt aus 15,0 NaOH in Wasser, 10,0 Brom und mit Wasser verdünnt bis zu 500,0) versetzt, ergab eine schön rote Farbe. Eben- so entstand bei Zusatz von Natriumhypochloridlösung zu einem

Tschirch und Luz: Ammoniacum. 547

anderen Teil des alkoholischen Harzes eine schön violettrote Farbe, welche jedoch nicht beständig war und bald wieder verschwand. Auf Zusatz von Chlorwasser, Chromsäure und Salpetersäure trat keine Aenderung der alkoholischen Lösung ein. Mit Bleizucker und essig- saurem Kupfer entstanden Praecipitate. Mit Eisenchlorid versetzt trat in der alkoholischen Lösung eine rotviolette, mit Chlorkalklösung eine orangegelbe Färbung auf. Mit Wasser gekocht gab das Harz eine gelblich gefärbte Flüssigkeit, welche schwach sauer reagierte und mit Eisenchlorid violett wurde. Weder durch trockene Destil- lation, noch durch Behandeln mit Salzsäure konnte ich aus dem Harz Umbelliferon erhalten (Unterschied von Galbanum), ebensowenig ergab der alkoholische Auszug des Ammoniakgummi mit einigen Tropfen Natronlauge versetzt eine Fluorescenz. Bei der trockenen Destillation gingen braungefärbte Oele bei ungefähr 230— 2500 über. Diese zeigten einen stechenden Geruch, saure Reaktion, aber keinen blaugefärbten Anteil. Mit Eisenchlorid versetzt trat auch in sehr starker Verdünnung noch eine rote Farbe auf. Der in Aether ungelöst gebliebene Rückstand, welcher 26 gr. betrug, wurde nun so- lange wiederholt mit Wasser ausgeschüttelt, als das wässrige Fil- trat beim Abdampfen einer geringen Menge auf dem Wasserbade einen Rückstand hinterliefs. Alsdaun wurden die wässrigen Aus- züge vereinigt und filtriert. Das Filtrat zeigte eine schwach gelb- liche Farbe und hinterliefs nach dem Abdampfen eine Mucilago ähnliche, dicke Flüssigkeit von zäher Konsistenz und schwach saurer Reaktion. Diese zähe Flüssigkeit wurde alsdann in Wasser noch- mals gelöst, mit einigen Tropfen Salzsäure angesäuert und aus dieser Lösung das Gummi als teigartig zähe, gelblich-weilse Masse durch Alkohol ausgefällt. Diese Masse färbte sich an der Luft dunkler und hinterliefs beim Erhitzen auf dem Platinblech wenig Asche. Ein Teil des wässrige jauszuges gab auf Zusatz von Eisen- ehlorid eine gallertarti scheidung, aber keine Fällung.

Der in Aether und Wasser ungelöst gebliebene Rückstand wurde alsdann getrocınet und ergab nach vollständigem Trocknen ein Gewicht von 3,525 gr. Auf dem Platinblech erhitzt, verbrannte er mit starkrulsenderFlammeundunterHinterlassung einer grofsenMengeAsche.

Zur Bestimmung des Wassergehaltes wurden 2,0 Ammoniacum fein zerrieben und bis zum konstanten Gewicht im Exsiccator getrocknet.

548 Tschirch und Luz: Ammoniacum.

Nach ungefähr 3 Wochen betrug der Gewichtsverlust 0,390, somit betrug der Wassergehalt 4,45 ®/,.

Zusammengestellt ergab die quantitative Untersuchung folgen- des Resultat:

a ar RN: In Wasser lösliche Substanz 22:675 In Wasser unlösliche Substanz 3,525 Wassers. mu Dr 7 BAAR 7 6ART EEE) 99,650

Zum Vergleich möchte ich hier noch einige andere Analysen-

resultate*) anführen: Hirschsohn Plugge DBraconnot Moss Buchholz

Aetherisches Oel: 1,43—6,68 1,27 \og \ Wasser: 0,81 3,27, 5,10 1,2 ; 4 Asche: 2,0216,88 2,00 J j Harz: 47,12—69,22 65,55 70,0 68,6 72,0 Gummi: 11,85— 25,74 26,10 18,4 19,3 22,4 Zucker: 1,61—4,49 - _- _ Rest: 0,81—3,09 4,4 7,0 1,6

Dieser Rest wird von den einen als Bassorin, von den andern als Extractivstoff oder leimartige Stoffe bezeichnet.

Untersuchung auf freie Säure.

Zur Untersuchung auf etwaig vorhandene freie Säuren wurden verschiedene Methoden angewandt, von denen nur eine ein be- friedigendes Resultat ergab, und zwar die folgende:

Da das Ammoniacum feingepulvert und mit Wasser zerrieben trotz wiederholten Filtrierens keine klare Lösung gab, sondern milchig trüb und undurchsichtig blieb, so wurde längere Zeit mit Filtrierpapier geschüttelt und stehengelassen, olıne dafs jedoch eine Klärung erzielt werden konnte. Auch auf Zusatz von wenigen Tropfen Salzsäure oder Alkohol trat keine Aenderung ein. Ich be- handelte daher den feinzerkleinerten A

gummi so lange mit Wasserdämpfen, als das übergehende, ach sauer reagierende Destillat einen Geruch nach ätherischem Öel ‘erkennen liefs. Die über dem Ammoniakgummi stehende, wässrige Flüssigkeit war von weilser, milchigtrüber Farbe, zeigte stark saure Reaktion und gab mit Eisenchloridlösung behandelt, eine tief stahlgraue Färbung, mit Kaliumpermanganat erwärmt, trat keine Reaktion ein. Diese trübe,

*) Arch. d. Pharm. 1883, 21.

ann.

Tschirch und Luz: Ammoniacum. 549

wässrige Flüssigkeit wurde nun von dem zusammengebackenen Ammoniakgummi abgegossen, mit Aether gut durchschüttelt und einige Stunden bei Seite gestellt. Da weder nach dieser Zeit, noch auf weiteren Zusatz von Aether eine klare und deutliche Trennung zweier Schichten erfolgte, so machte ich mit Alkohol einen Versuch. Bald konnten zwei klar sich abscheidende Schichten er- kannt werden. Im Scheidetrichter wurde die obenstehende, rot- bräunlich gefärbte Aetherschicht von der Muceilago ähnlichen, trüb grau ge- tärbten, wässrigen Schicht getrennt. Der Aether wurde alsdann ab- destilliert und im Rückstand blieb eine geringe Menge eines rötlich- gelben Harzes von zäher Konsistenz und saurer Reaktion. Das Harz wurde nun wiederholt solange mit kochendem Wasser ausgewaschen, als das letztere saure Reaktion und, mit Eisenchlorid versetzt, violette Färbung zeigte. Die vereinigten wässrigen Auszüge wurden mit 30/, Natriumcarbonatlösung neutralisiert und auf dem \WVasserbade ein- gedampft. Trotz wiederholten Auflösens in Wasser und Ein- dampfens konnte der Verdampfungsrückstand nicht vollständig farb- los erhalten werden. Denselben neutralisierte ich sodann mit ver- dünnter Schwefelsäure und schüttelte das Filtrat mit Aether aus. Nach Abdestillierung des Aethers blieben einige gelbgefärbte Tropfen zurück, aus welchen sich nach kurzer Zeit wenige Krystalle in Form langer Nadeln ausschieden. Durch wiederholtes Um- krystallisieren aus Alkohol und kochendem Wasser wurden dieselben zuletzt als weilse, seidenglänzende Nadeln erhalten, deren Schmelzpunkt nach vollständigem Trocknen bei 157°lag und welche, mit Eisenchlorid versetzt, die für Salicylsäure charakteristische Reaktion gaben. Die Ausbeute war jedoch zu gering, um eine Verbrennung machen zu können.

Somit war sowohl durch den Schmelzpunkt, ala auch durch die Eisenchloridreaktioggedi säure erkannt worde

vorhandene freie Säure als Salieyl-

Das wässrige, riechende Destillat, sowie die wässrige, mit Aether ausgeschü Gummilösung wurden bei Untersuchung des ätherischen Oeles, sowie bei derjenigen des Gummis weiter be- rücksichtigt.

Prüfung auf Aldehyde.

Etwa 50 g des konz. Aetherauszuges von 1 Kilo Ammoniak-

gummi schüttelte ich mit 100 cem konzentr. Natriumbisulfitlösung

550 Tschirch und Luz: Ammoniacum.

während !/, Stunde im Scheidetrichter und versetzte nach Abzug der wässrigen Lauge den restierenden Aether nochmals mit 100 ccm Natriumbisulitlösung. Die vereinigten, wässrigen Laugen behandelte ich alsdann mit kalter, verdünnter Schwefelsäure (bestehend aus 3 T. konz. Schwefelsäure und 5 T. Wasser) und zwar mit soviel, dals auf 100 ccm Sulfitlösung 150 cem obiger, verdünnter Schwefel- säure kamen. Nachher wurde filtriert und das Filtrat zur Verjagung der schwefligen Säure auf dem Wasserbade erwärmt. Die voll- ständig erkaltete, saure Lösung wurde im Scheidetrichter 2—3 mal mit Aether ausgeschüttelt. Da der Aetherauszug keine Reaktion auf Aldehyde ergab, so wurde nach vollständigem Verjagen des Aethers der harzartige Rückstand der Destillation mit Wasserdämpfen unter- worfen, zeigte jedoch mit Silbernitrat keine Aldehydreaktion.

Ein anderes, von Gehe in Dresden bezogenes Gummi Ammo- niacum ergab, auf dieselbe Weise untersucht, ebenfalls keine Reaktion.

Das sogenannte indifferente Harz.

Die ätherischen Auszüge des Ammoniacum, welche von gelblich- roter Farbe waren, klebrige Beschaffenheit und schwach saure Reaktion zeigten, wurden filtriert und das Filtrat solange mit 5 proz. Kalilauge versetzt, bis sich nach gutem Durchschütteln deutlich zwei klare Schichten erkennen liefsen. Im Scheidetrichter getrennt zeigte die untenstehende, wässrige Schicht eine tief dunkelrote Farbe, die obere ätherische eine gelbrote. Um das Harz aus dem Aetherauszuge möglichst zu entfernen, werde derselbe solange mit 5 proz. Kali- lauge ausgeschüttelt, bis letztere keine gelbe Färbung mehr erkennen liefs und auf Zusatz von verdünnter Schwefelsäure nur noch schwache Opalisirung eintrat. Alsdann destillierte ich den Aether ab und im Rückstand blieb eine dickflielsende, aromatisch riechende und nicht sauer reagierende Masse von tiei dunkelbrauner Farbe. Diese wurde t, als das übergehende

ı

zunächst solange mit Wasserdämpfen Destillat einen Geruch von ätherisch rkennen liefs. Trotz wochenlangen Einleitens von Wasserd konnte kein festes Harz erzielt werden, sondern die Konsistenz blieb immer zäh und schmierig. Von dem anhängenden Wasser befreit, wurde diese zähflie(sende Masse einer näheren Untersuchung unterzogen. Die Farbe war tiefbraun mit einem Stich ins Grüre. Auf dem Platin-

blech erhitzt, verbrannte sie mit stark rulsender Flamme, ohne Rück- Fortsetzung im Heft Vili,

ARCHIV

PHARMACIE |

herausgegeben | Be

vom = Deutschen Apotheker-Verein _ unter Redaction von Be =

E. Schmidt und H. Beekurts.

Band 233. Heft 8.

BERLIN.

‚Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins.

INHALT.

Seite

H. Luz, Ueber das Ammoniacum . . . . 2 2 m. ud. 551 A. Pinner, Ueber das Nicotin (ID. . . . - ES G. Dragendorff, Beiträge zur gerichtlichen Ohahas 2

| Eingegangene Beiträge.

J. Gadamer, Ueber das Thiosinamin.

W. Göhlich, Ueber Morphin und Morphinhydrochlorid.

O0. Hesse, Ueber die Bestandteile von Aristolochia argentea.

G. Dragendorff, Beiträge zur gerichtlichen Chemie.

H. Virchow, Ueber Bau und Nervatur der Blattzähne und Blatt- spitzen.

(Geschlossen den 24. Oktober 1895.

Anzeigen.

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El

Tschireh und Luz: Ammoniacum. 551

stand zu hinterlassen. In konz. Kalilauge löste sich das Harz auch beim Erwärmen nur wenig auf mit schwach gelber Farbe, in kohlensauren Alkalien sowie in Ammoniak war keine Lösung zu erzielen, in konz. Schwefelsäure löste sich das Harz mit schön braunroter Farbe und wurde durch viel Wasser aus dieser Lösung wieder gefällt. In Salzsäure und Essigsäure löste es sich weder in der Kälte noch beim Erwärmen, leichter und klar in Aceton, Benzol, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Alkohol, Aether und Eisessig. Aus seinen Lösungen mit salzsäurehaltigem Wasser aus- getällt, schied sich weder ein fester oder pulverförmiger Körper ab, sondern dieselbe schmierige Masse von etwas hellerer Farbe. Ein Teil der alkoholischen Harzlösung mit Bromnatriumlauge (nach der oben erwähnten Methode dargestellt) versetzt, ergab keine Rot- färbung, sondern eine milchig trübe Flüssigkeit von weilser Farbe, aus welcher sich das Harz mit bräunlich-gelber Farbe ausschied.

Einen Teil dieses Harzes unterwarf ich der trockenen Destillation. Nachdem zuerst unter starkem Zischen und Schäumen etwas Wasser übergegangen war, destillierten zwischen 200—240° braungefärbte Oeltropfen, welche stark sauer reagierten und einen durchdringenden, säuerlich stechenden Geruch besalsen. Das übergehende Destillat untersuchte ich wiederholt mit einem in Bleinitrat getauchten Papier- streifen, konnte aber während der ganzen Destillation keinen Schwefel- gehalt nachweisen. Bei höherer Temperatur blähte sich die Masse unter Entwicklung weilslich-gelber Dämpfe auf und hinterliefs nach beendigter Destillation einen schwarzen, porösen Rückstand, der nach dem Erkalten sehr hart und glänzend war. Derselbe war jedenfalls zum grölsten Teil verkohlt und verbrannte auf dem Platinblech mit stark rufsender Flamme. Einen Teil der bei 2400 übergegangenen braunen Oele behandelte ich, zur Unter- suchung auf etwaig vorhandenen Schwefel längere Zeit mit kochender Salpetersäure; die Einwirkung war anfangs stark, später weniger energisch. Nach beendigter Einwirkung wurde die sauer reagierende, syrupdicke Flüssigkeit mit Wasser durchschüttelt, filtriert und das Filtrat mit Chlorbaryumlösung versetzt, wodurch weder eine Trübung, noch Fällung erfolgte. Es war also auch hierbei keine aus etwa vorhandenem Schwefel gebildete Schwefel- säure nachzuweisen.

Arch. d. Pharm. COXXXII. Bds. 8. Heft. 36

552 Tschirch und Luz: Ammoniacum.

Um sicher zu sein, unterzog ich das Harz selbst einer Prüfung auf Schwefel. Zu diesem Behufe dampfte ich das Harz möglichst vorsichtig zur Trockene ein, glühte den trockenen Rück- stand in einem Reagensrohr mit metallischem Natrium. Der Glüh- rückstand in Wasser aufgenommen, filtriert und mit Nitroprussid- natrium versetzt, ergab nicht die charakteristische Reaktion auf Schwefel.

Die übergegangenen, braunen Oele wurden nochmals rectificiert, ohne dafs hierbei ein blauer Anteil wahrgenommen werden konnte, und alsdann mit 30, Natriumcarbonatlösung neutralisiert. Mit Aether ausgeschüttelt und im Scheidetrichter getrennt, wurde die schwach gelb gefärbte Lauge mit verdünnter Schwefelsäure neutra- lisirt, filtriert und das Filtrat mit Aether ausgeschüttelt. Nach Trennung und Abdestillierung des Aethers blieben wenige gelbe Oel- tropfen im Rückstand, welche saure Reaktion besafsen und sich gegen Eisenchlorid indifferent verhielten. Zur Krystallisation bei Seite gestellt, erfolgte keine Ausscheidung.

Dasätherische Oel.

Die das aetherische Oel enthaltenden, wässrigen Destillate wurden wiederholt mit Aether ausgeschüttelt und der grünlich-gelb gefärbte Aetherauszug im Scheidetrichter von der klaren, farblosen Schicht getrennt. Nach Abdestillieren des Aethers blieben 5 gr. eines ätherischen Oeles von rotgelber Farbe und saurer Reaktion zurück. Zunächst untersuchte ich nach der oben angegebenen Weise mit Natriumcarbonatlösung, erhielt aber aus der mit Schwefelsäure ange- säuerten Lösung nach Ausschütteln mit Aether keine Krystallaus- scheidung.

Das ätherische Oel wurde nun durch Trocknen über Chlor- calcium möglichst von dem anhängenden Wasser befreit und als- dann der Fraktion unterworfen. Zwischen 155—1700 singen Tropfen eines schön goldgelben ätherischen Oeles über, während bei ge- steigerter Temperatur, bei etwa 2400 ein braunrotes Oel überging das einen stechend sauren Geruch besals. Das zwischen 155 —170° erhaltene Oel wurde nochmals fraktioniert und bei 1650 ein Oel er- halten von gelblich-grüner, an der Luft schnell gelbrot werdender Farbe. Der Geruch dieses Oeles war scharf aromatisch, der Ge- schmack bitter und stark brennend. Ein blauer Anteil konnte

Tschirch und Luz: Ammoniacum. 553

während der ganzen Destillation nicht wahrgenommen werden, mit Weingeist verdünntes Eisenchlorid zugefügt, wurde durch das Ammoniacumöl braunrot gefärbt. Mit dem hundertfachen Gewicht Schwefelkohlenstoff verdünnt, ergab 1 gr. Ammoniacumöl mit konz. Schwefelsäure oder rauchender Salpetersäure versetzt, eine nur schwach gelbliche Färbung, durch Bromdampf trat keine Veränderung ein. Ein Teil des ätherischen Oeles, mit Bromnatriumlauge (nach der bereits erwähnten Methode dargestellt) versetzt, gab keine vio- lettrote Färbung.

Ein weiterer Teil des Oeles nach Oxydation mit Salpetersäure auf Schwefelgehalt untersucht, ergab auf Zusatz von Chlorbaryum weder eine Trübung, noch einen Niederschlag. Das ätherische Oel, welches sich nur in geringer Menge vorfindet, ist somit frei von Schwefel und liefert fraktioniert keinen blauen Anteil. Eine Aus- scheidung von Terpenkrystallen war nicht za bekommen.

Verseifung des Harzes.

Die wässrige Kalilauge, welche, wie früher erwähnt, aus dem ätherischen Auszug des Ammoniakgummi durch Trennung im Scheide- trichter erhalten worden war, zeigte eine tief braunrote Farbe. Zur vollständigen Entfernung von etwa noch vorhandenem ätherischen Oel, schüttelte ich die Lauge wiederholt solange mit Aether aus, bis derselbe keinen Geruch, noch gelbe Färbung mehr erkennen liels. Nachdem der anhaftende Aether durch Abdampfen auf dem Dampf- bade verjagt war, wurde die Lauge filtriert und das Filtrat mit Salzsäure angesäuert. Unter ziemlich starkem Aufblähen fiel ein gelbrötliches Harz aus, welches sich an der Luft etwas dunkler färbte. Die obenstehende saure Flüssigkeit wurde von dem ausge- schiedenen Harz vorsichtig abgegossen und filtriert. Das Filtrat war von gelbroter Farbe und wurde mit Aether wiederholt solange aus- geschüttelt, bis letzterer keine gelbe Färbung mehr zeigte. Von den vereinigten Aetherauszügen wurde dann der Aether abdestilliert und im Rückstand blieb eine ölige, tief dunkelbraune Masse von saurer Reaktion und einem starken, an Baldriansäure erinnernden Geruch. Mit Eisenchlorid versetzt trat eine schwarzblaue Färbung ein, welche in sehr starker Verdünnung violettrot wurde. Nachdem der Aether vollständig abgedunstet war, schieden sich aus der ölartigen, zähen

36*

554 Tschirch und Luz: Ammoniacum.

Flüssigkeit braungefärbte Krystalle in langen Nadeln und Spielsen an den Wandungen des Becherglases aus.

Das Harz wurde nun öfters mit Wasser ausgewaschen, von neuem in 20%, Kalilauge gelöst und die Verseifung solange fort- gesetzt, bis aus der angesäuerten Lösung, nach Ausschütteln mit Aether und Abdestillieren desselben, keine Krystallausscheidung mehr erfolgte. Diese Methode des Fällens mit Salzsäure und Wiederauf- lösens in Kalilauge, wurde während 3 Monaten täglich, später 3mal in der Woche ausgeführt. Erst nach 6 Monaten war eine völlige Verseifung eingetreten.

Die erhaltenen, gelb gefärbten Nadeln krystallisierte ich wiederholt aus Aether und Alkohol um und befreite sie möglichst von der anhängenden Mutterlauge durch vorsichtiges Pressen zwischen Filtrierpapier. Zur vollständigen Reinigung löste ich die Krystalle in kochendem Wasser unter Anwendung von Tierkohle und filtrierte noch heifs. Aus der noch warmen Lösung schossen nach kurzer Zeit rein weilse, seidenglänzende Nadeln an, während die oben- stehende Mutterlauge klar und farblos war. Die Krystalle sammelte ich auf einem Trichter und brachte sie lufttrocken im Exsiccator über Schwefelsäure.

Der Schmelzpunkt lag bei 156°.

Die Elementaranalyse, im Sauerstoffstrom ausgeführt, ergab beim Verbrennen folgende Resultate:

I. 0,168 g Substanz ergaben 0,352 g CO, und 0,074 g H,O.

11.50,1637, 0,341, 37 2°... 9 KOT III. 0,145 3 N 0.300225 „',. 0,0bo ms IV. 0.181, 4 e W379: 295, SOSE Berechnet für Formel: Gefunden: C,H,0;,+1/,H, 0 T. 1I. III. IV. C = 57,14 Proz. ; 57,14 Proz, 57,05 Proz., 57,36 Proz., 57,11 Proz. H= 476 4,89 4,83 AT 08 BB.

Da die Analysen auf Salieylsäure + 1/; H,O stimmen würden, so stellte ich die weiteren Verbrennungen ein und sublimierte den Rest der gereinigten Krystalle.

Die erste Verbrennungsanalyse führte zu demselben Resultate, wie die vorhergehenden, ich sublimierte daher nochmals mit möglichst kleiner Flamme. Nach dem Trocknen im Exsiecator lag der Schmelz- punkt bei 157%. Die Verbrennung lieferte folgende Resultate:

or

Tschirch und Luz: Ammoniacum. 55

I. 0,181 g Substanz ergaben 0,400 g CO, und 0,033 H,O

II. 0,271 g S he 0,5050 Ti, ) DATO Ill. 0,357 g & r DTIL.E u u u 06 5 IV. 000g OR GE TE AUTLIENT Berechnet für Formel: Gefunden C,H,03 I II. III. IV.

C 60,87 Proz. 60,60 Proz. 60,10 Proz. 60,41 Proz. 60,68 Proz. H AS AD. 452, 454 4,16

Diese Zahlen stimmen somit auf Salicylsäure, ebenso die Reaktionen. Die Krystalle lösten sich in 500 T. kochenden Wassers und schieden sich beim Abkühlen der Lösung wieder aus. Leicht und schnell trat Lösung ein in Aether, Alkohol und Chloroform, von Schwefelkohlenstoff wurden sie nur spärlich gelöst. Auf Zusatz von Ferrichloridlösung trat bei sehr starker Verdünnung Violettfärbung ein, mit Kupfersulfat zeigte sich eine grüne Farbe. In Ammoniak gelöst, gaben die Krystalle auf Zusatz von Bromwasser keine Färbung.

Salpetersäure von 1,185 spez. Gewicht wirkte in der Kälte nicht auf die Krystalle ein, gelinde erwärmt trat eine Rotfärbung ein. Gekocht ging die Farbe in blafsgelb über und es schieden sich nach dem Erkalten wenige, gelbliche Nadeln von Nitrosalicylsäure aus, welche von Ammoniak mit roter Farbe aufgenommen wurden. Mit Ferrichloridlösung versetzt, gab die Nitrosalicylsäure keine violette, sondern eine weinrote Färbung. Die wässrige, gesättigte Lösung der Krystalle mischte sich ohne Färbung mit neutralem Bleiacetat, durch Bleiessig trat eine starke Fällung ein.

0,05 der Krystalle wurden mit 0,01 Natriumnitrit versetzt und mit 1 ccm Schwefelsäure übergossen. Nach ungefähr 3 Stunden trat eine rote Färbung ein, welche immer deutlicher hervortrat.

Die Krystalle bestanden demnach aus Salicylsäure.

Die flüchtigen Säuren.

Die bei der Verseifung erhaltenen und keine Krystalle mehr abscheidenden Mutterlaugen, welche von tief braunschwarzer Farbe und saurer Reaktion waren, wurden AÄlltriert und das Filtrat mehrere Tage hindurch so lange mit Wasserdämpfen behandelt, als das übergehende Destillat, welches einen angenehm aromatischen Geruch besafs, sauer reagierte. Im Rückstand blieb nach beendigter Destillation eine schwarze harzige Masse, welche beim Erhitzen auf dem Platinblech mit stark russender Flamme verbrannte und be-

556 Tschireh und Luz: Ammoniacum.

trächtlichen Aschengehalt hinterliefs. Diese Masse wurde in Kali- lauge gelöst und weiter verseift.

Das erhaltene wässrige Destillat war grünlichgelb gefärbt und zeigte an seiner Oberfläche ebensolche Oeltropfen. Gut mit Aether ausgeschüttelt, blieb nach Trennung im Scheidetrichter und nach Abdestillieren des Aethers eine schön rotgelbe, klare Flüssigkeit zurück von saurer Reaktion und einem stark an Baldrian- und Buttersäure erinnernden Geruch. Mit Eisenchloridlösung versetzt, trat keine Reaktion ein.

Einen Teil der gebildeten flüchtigen Säuren verwendete ich zur Darstellung der betreffenden Kalksalze, den andern zur Dar- stellung der Ester.

Die Eigenschaften der flüchtigen Fettsäuren und ihrer Kalk- salze stelle ich vorher hier systematisch zusammen :

Essigsäure: In Wasser löslich, ebenso das Kalksalz.

Propionsäure: In Wasser in allen Verhältnissen löslich, ebenso das Kalksalz in Wasser löslich.

Buttersäure: In Wasser löslich, wird durch Chlorcaleium wieder (normal) ausgeschieden, Kalksalz in Wasser löslich, bei 30° sich ausscheidend. Buttersäure: In Wasser weniger löslich, Kalksalz leicht löslich in (iso) Wasser. Valeriansäure: In Wasser leicht löslich, Kalksalz in Wasser löslich» (normal) bei 70° sich wieder ausscheidend. Valeriansäure: In 23 Teilen Wasser von 20° löslich, wird durch (iso) Chlorcaleium wieder ausgeschieden. Capronsäure: In Wasser unlöslich. (normal)

Die flüchtigen Säuren wurden nun zunächst mit Wasser aus- geschüttelt, die sich am Boden ausscheidenden, braungefärbten Harztropfen im Scheidetrichter abgezogen und letztere solange mit Wasser ausgewaschen, als dasselbe saure Reaktion und gelbe Färbung zeigte.

Die vereinigten, wässrigen Auszüge, an deren Oberfläche gelbe Oeltropfen schwammen, wurden mit 3 proz. Natriumcarbonatlösung alkalısch gemacht, die gelbrote Lauge etwas eingedampft und das Filtrat mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert. Nach Ausschütteln der sauren Lösung mit Aether und Abdestillieren desselben blieb eine klare, goldgelbe Flüssigkeit im Rückstand von stark saurer

Tschirch und Luz: Ammoniacum. 557

Reaktion. Diese wurde mit Kalkmilch im Ueberschufs versetzt und längere Zeit bei mälsiger Temperatur damit digeriert. Von dem abgeschiedenen Kalkhydrat wurde abfiltriert, mit Wasser von 15° gut nachgewaschen, die vereinigten und filtrierten, gelben Flüssig- keiten etwas eingedampft. Die Flüssigkeit, welche nach dem Er- kalten völlig klar blieb, wurde nun während einer halben Stunde auf dem Wasserbade bei 300 erwärmt, bald trat eine starke Färbung und nur geringe Ausscheidung eines weilsen Bodensatzes ein. Krystalle konnten daraus nicht erhalten werden. Die von dem ge- bildeten Bodensatz abfiltrierte Flüssigkeit wurde nun bis 70° er- wärmt, auch hier erfolgte eine starke Ausscheidung, aber keine Krystall- bildung. Wenn auch keine Krystallbildung erfolgte, so war doch die bei 30% und 700 C. erfolgte Ausscheidung ein Beweis für das Vorhandensein von Normal-Buttersäure und Normal-Baldriansäure.

Zur Darstellung der Ester wurde nun der andere Teil der flüchtigen Säuren mit der zehnfachen Menge absoluten Alkohols vermischt und in diese alkoholische Lösung solange Chlor- wasserstoffgas, das vorher durch Schwefelsäure und Chlorcaleium ge- trocknet war, eingeleitet, bis kein Gas mehr absorbiert wurde. Die Gaseinleitung hatte etwas über 2 Stunden in Anspruch genommen. Die gebildeten Aethylester, welche eine gelbrote Farbe zeigten, wurden mit Natriumcarbonatlösung entsäuert und die Lauge mit Aether gut durchschüttelt. Nach erfolgter Trennung im Scheide- trichter und Abdestillieren des Aethers blieb eine angenehm aroma- tisch riechende Flüssigkeit von neutraler Reaktion zurück. Nach dem Trocknen über Chlorcalcium wurde dieselbe der fraktionierten Destil- lation unterworfen und nach wiederholtem Rektifizieren folgendes

Resultat erhalten:

I. Fraktion: bis 80°, grünlich gefärbt, etwa 3,0 einer hauptsächlich aus Alkoholund Aether bestehenden, aromatischenFlüssigkeit.

II. Fraktior : bis 1100, beinahe farblos, wenige Tropfen einer aroma- tisch riechenden Flüssigkeit.

IIl. Fraktion: 110-1150, wenige, grüngefärbte Tropfen, die den charakt. Geruch des Euttersäureaethylesters besalsen.

IV, Fraktion: 115—1350, wenige Tropfen eines gelblich gefärbten Destillats, welches den Geruch des Baldriansäureaethyl- esters zeigte.

V. Fraktion: über 1350, bräunlich gefärbte Tropfen von stechendem, an Zersetzung erinnernden Geruch.

558 Tschirceh und Luz: Ammoniacum.

Dieser Geruch war während der ganzen Destillation zu beob- achten und trat besonders deutlich bei Zunahme der Temperatur auf, so dafs der Geruch der gebildeten Ester dadurch etwas beein- Hufst wurde. Doch war die Bildung von Baldrian- und Buttersäure- aethylester auch durch den Siedepunkt erwiesen, welcher bei Butter- säureaethylester nach Kopp bei 115°, (nach Fittig bei 119%, nach Linnemann bei 1210) liegt, während Baldriansäureaethylester bei 1340 siedet.

Noch deutlicher als durch die Ausscheidung der obenbe- schriebenen Kalksalze war somit durch die Bestimmung des Siede- punktes der Ester, der für den gebildeten Buttersäureaethylester bei 1150C. für den gebildeten Baldriansäureaethylester bei 1340 C. lag, er- wiesen, dals die vorhandenen flüchtigen Säuren aus Butter- und Baldrian- säure bestehen. Der während der ganzen Destillation und besonders gegen den Schlufs stark hervortretende, scharfe Geruch lälst aufser- dem auf entstandene Zersetzungsprodukte schliefsen. Die beiden Säuren sind wahrscheinlich durch die langdauernde Einwirkung der Kalilauge auf das Harz entstanden.

Der Harzalkohol|.

Den völlig säurefreien Rückstand der monatelangen, durch die tägliche Abscheidung, die mit Salzsäure erfolgte, sehr zeit- raubenden Verseifung mit Kalilauge, sammelte ich auf einem Colatorium und wusch ihn wiederholt solange mit Wasser aus, als derselbe sauer reagierte und mit Silbernitratlösung eine Trübung eintrat. Alsdann trocknete ich den Körper, der eine pulverige Beschaffenheit und gelbbräunliche Farbe besals, bei 1000. Die nach dem Erkalten spröde, tief braunrote Masse wurde nochmals verrieben, mit Wasser ausgewaschen und getrocknet. Eine Probe des Pulvers auf seinen Aschengehalt auf dem Platinblech untersucht, verbrannte mit leuchtender und rulsender Flamme unter Hinterlassung eines beträchtlichen Aschengehaltes.

Letzterer mit Ammoniumoxalat auf Kalk untersucht ergab nur eine schwache Trübung, bei der Flammenreaktion trat eine violette Färbung auf. Um einen analysenreinen Körper zu erhalten, löste ich den Harzalkohol zunächst in Ammoniak und fällte mit verdünnter Schwefelsäure wieder aus. Da nach wiederholtem Auflösen und Fällen kein aschefreier Körper zu bekommen war,

Tschirceh und Luz: Ammoniacum. 559

löste ich den gut ausgewaschenen Körper in Alkohol, filtrierte und fällte das Filtrat mit salzsäurehaltigem Wasser wieder aus. Je reiner der Körper wurde, desto heller wurde seine Farbe beim Eingielsen der alkoholischen Lösung in Wasser und um so weniger leicht ertolgte die Ausscheidung des in der Lösung suspendierten, hellgelben Pulvers. Um dasselbe vollständig auszuscheiden, mufste schwach erwärmt werden, worauf es sich als gelbrötliche, zusammenhängende Masse abschied. Nach dreimaligem Autlösen und Ausfällen hinterblieb beim Glühen kein Rückstand mehr. Den bei 100° getrockneten, fein zerriebenen Harzalkohol prüfte ich auf sein allgemeines Verhalten.

Seine Eigenschaften sind folgende: ein chocoladebraunes, geschmack- und geruchloses Pulver, an der Luft feucht werdend und sich dunkler färbend, von neutraler Reaktion und beim Reiben stark elektrisch. In kochendem Wasser sinkt es zu Boden und schmilzt nicht zusammen, hat somit den Charakter des Harzes verloren. Es löst sich mit braunroter Farbe klar und vollständig in Alkalien, Ammoniak, Aceton, Eisessig und Alkohol. Bei starkem Verdünnen mit Wasser fällt es aus letzteren Lösungen wieder aus. Spurenweise löst es sich in Aether, Chloro- form, Toluol undSchwefelkohlenstoff, garnicht in Petroläther und Benzol. Aus keinem dieser Lösungsmittel konnte es krystallinisch erhalten werden. In konz. Schwefelsäure löste es sich mit klarer, rotbrauner Farbe; beim Verdünnen mit Wasser schieden sich daraus braune Flocken ab, welche in Aether gelöst wurden. In konz. Salpeter- säure löste es sich beim Erwärmen unter Entwicklung von Stick- oxyddämpfen zu einer gelbroten, klaren Flüssigkeit. Mit konz. Salz- säure färbte es sich tief schwarz. Seine Gerbstoffnatur zeigte sich aulserdem bei tolgenden Reaktionen: Mit Eisenchlorid entstand in der alkoholischen Lösung, welche bis zur eintretenden Trübung mit Wasser versetzt war, ein rotbrauner flockiger Niederschlag, mit Blei- essig ein gelblichweilser, mit Kaliumpermanganat versetzt, bildete sich nach längerer Zeit ein geringer, brauner Bodensatz. Beim Er- hitzen sinterte es zusammen und zersetzte sich, so dals keine Schmelzpunktbestimmung ausgeführt werden konnte. Die Elementar- analyse des über Schwefelsäure bis zum konstanten Gewicht ge- trockneten Körpers ergab folgende Zahlen:

560 Tschirch und Luz: Ammoniacum.

I. 0,318 g Substanz ergaben 0,854 g CO, m. 0,261 g H,O

II. 0,249 g : " 0,6688... », D2lägız Im ers ge, 2 ODE . 6 IV. 0,178 g 2 5 04798 Vs V. 0,173 g n © 0,164 5 „NOTE VI. 0,143 g A 2 0,384 g „0,126 Bi Berechnet für Formel Gefunden: C;H,0 I II III IV V VL

C = 73,46 Y,; 73,24 0/9; 73,16 0/9; 73,38 V4; 73,39%; 73,15 %/,; 73,23 0, Be 710,207, 967... il 981, Geb, Ba Obige Zahlen stimmen aut die Formel C,H,,0. Das Ammo- resinotannol zeigt also die gleiche proz. Zusammensetzung wie Galba- resinotanno].”) Einwirkung von Hydroxylamin.

Ammoresinotannol wurde in Alkohol gelöst und mit der dop- pelten Menge salzsauren Hydroxylamins am Rückflufskühler unter Zugabe von etwas Natronlauge mehrere Stunden erhitzt. Nach dem Erkalten in Wasser gegossen, wurde ein brauner Niederschlag er- halten, der gut gewaschen und getrocknet, nach dem Trocknen mit metallischem Natrium geglüht, keine Stickstoffreaktion gab. Es hatte somit keine Oximbildung stattgefunden.

Einwirkung von Phenylhydrazin.

In verdünntem Alkohol gelöster Harzalkohol wurde mit salz- saurem Phenylhydrazin unter Zufügung von Natriumacetat in der Wärme behandelt. Der Kolbeninhalt wurde in Wasser gegossen, wodurch ein brauner Körper ausfiel, der jedoch keinen Stickstoff enthielt.

Verhalten von Ammoresinotannol gegen

Salpetersäure.

Ammoresinotannol wurde in einer Retorte mit Salpetersäure von 1,27 spez. Gew. unter häufigem Umschütteln auf dem Wasserbade erwärmt. Unter Entwicklung von roten Stickstoffoxyden löste sich der Harzalkohol nach mehreren Tagen zu einer gelben Flüssigkeit auf. Diese wurde auf dem Wasserbade ziemlich stark eingedampft, der Rückstand in Wasser aufgenommen, worin er sich leicht und klar löste, sodann wieder eingedampft und dieses so lange wiederholt,

*) Tschirch u. Conrady: Archiv d. Pharm. 1894.

Tschirch und Luz: Ammoniacum. 561

bis alle freie Säure abgedampft war. Dann wurde in Wasser gelöst, die citronengelbe Flüssigkeit filtriert und etwas eingedampft.

Da die Färbung der Lösung auf Pikrin- oder Styphninsäure schliefsen lies, so wurde zunächst daraufhin untersucht. Die saure Lösung zeigte keinen bitteren, sondern stark adstringierenden Ge- schmack. Wolle und Seide wurden durch die Lösung nicht gelb gefärbt, ebenso trat bei Zusatz von Cyankaliumlösung (1:2) und nach dem Abdampfen keine Rotfärbung ein, von isopurpursaurem Kalium herrührend.

Zur Untersuchung auf Oxalsäure wurde die ammoniakalische Lösung mit Chlorcaleium versetzt, ohne dafs eine Ausscheidung oder Trübung erfolgte.

Zur Untersuchung, ob Stickstoff eingetreten war, wurde ein Teil der eingedampften Lösung mit metallischem Natrium geglüht, der Glührückstand mit Wasser ausgezogen, filtriert und das Filtrat mit einer Lösung von Eisenvitriol in Eisenchlorid und wenig freier Salzsäure versetzt. Da sich hierbei ein blauer Niederschlag bildete, so war das Vorhandensein von Stickstoff erwiesen.

Die Lösung, welche weder Pikrin- noch Oxalsäure enthielt, wurde nun mit Aether ausgeschüttelt. Nach Abdestillieren desselben blieb eine schmierige Masse zurück, aus welcher sich keine Krystalle ausschieden. Um daraus Krystalle zu erhalten, löste ich diese dicke Masse in einer ziemlich grofsen Menge Wassers, erhitzte zum Sieden und setzte solange kohlensaures Kali hinzu, als ein Aufbrausen statt- fand. Nach erfolgter Filtration wurde verdampft und zur Krystallisation bei Seite gestellt. Das sich ausscheidende, schwer lösliche Kaliumsalz wurde von der Mutterlauge möglichst befreit und unter Anwendung von Tierkohle wiederholt umkrystallisiert. Das so gereinigte Kalisalz wurde in wenig Wasser gelöst, zum Sieden er- hitzt und Salpetersäure zugesetzt. Die Säure fiel nun in Gestalt eines gelben Pulvers aus. Nochmals aus Alkohol umkrystallisiert wurden dünne Blättchen erhalten, welche unter dem Mikroskop als hexagonale Prismen erkannt wurden.

Leider war die Ausbeute zu gering, um den Schmelzpunkt be- stimmen zu können. Diese Blättehen vorsichtig auf dem Platinblech erhitzt, schmolzen und erstarrten nach dem Erkalten zu einer strahlig krystallischen Masse. Bei stärkerem Erhitzen wurden Dämpfe aus-

562 Tschirch und Luz: Ammoniacum.

gestossen, welche sich bei Annäherung eines brennenden Körpers leicht entzündeten. Stärker erhitzt verbrannten sie mit heller Flamme, deren Saum orange gefärbt war.

Eine weingeistige Lösung der Blättchen mit Schwefelammo- nium erwärmt, veränderte die hellgelbe Farbe sogleich in eine dunkelrote.

Alle diese Reaktionen, sowie die erhaltene Krystallform, stimmen auf Styphninsäure.

Einwirkung von schmelzendem Kali auf Ammoresinotannol.

100,0 Kalihydrat wurden in einer Nickelschale unter Zugabe einer Kleinigkeit Wasser im Oelbade (bei 200°) geschmolzen. In diese Lösung wurden nach und nach unter Umrühren und in kleinen Portionen 10,0 gepulvertes Ammoresinotannol vorsichtig eingetragen, wobei die Mischung sich stark aufblähte und eine braune Farbe an- nahm. Die Temperatur wurde nun solange bei 2000 gehalten bis eine homogene Masse entstanden war und dann die Schmelze noch eine halbe Stunde in ruhigem Flusse erhalten. Nach dem Erkalten wurde dieselbe in Wasser gelöst, filtriert und das Filtrat mit ver- dünnter Schwefelsäure versetzt, wodurch sich eine geringe Menge einer schwarzen, schmierigen Masse abschied. Diese, sowie die saure braungefärbte Lösung wurden mit Aether ausgeschüttelt und der Aetherauszug zur Krystallisation bei Seite gestellt. Aus der braun- roten Mutterlauge schieden sich Krystalle aus, welche wiederholt aus Weingeist und dann aus Wasser umkrystallisiert wurden, unter Anwendung von Tierkohle. Im Exsiccator getrocknet, ergaben sie einen Schmelzpunkt von 110°. Um eine Verbrennung zu machen, war die Ausbeute zu gering. Die Krystalle waren Resorcin. Sie lösten sich leicht in Wasser, Alkohol und Aether; Chloroform und Schwefelkohlenstoff nahmen nur wenig davon auf. Auf Zusatz von Kalkwasser entstand eine blafslila Farbe, welche bald in hellgrün überging. Die Lösung in Natronlauge war anfangs lila, wurde aber bald grün. Ferrichlorid rief in der wässrigen Lösung eine Aunkelviolette Färbung hervor. Eine ganz geringe Menge mit wenig Natronlauge zusammengebracht, gab eine rosenrote Lösung. Auf Zusatz von Chloroform und Erwärmen auf 50%, nahm die Mischung eine feuer- rote Farbe an, auf Zusatz von Salpetersäure trat Entfärbung ein.

Tschireh und Luz: Ammoniacum. 563

Die wässrige Lösung wurde weder durch Ferrosultat, noch durch neutrales Bleiacetat verändert (Unterschied von Pyrogallol), durch Bleiessig aber gefällt. In wenig Wasser gelöst und vorsichtig mit Bromwasser versetzt, schied sich bald ein geringer breiartiger Niederschlag ab, ebenso wurden ammoniakalische Silberlösung, sowie Fehling'sche Lösung reduziert (Unterschied von Protocatechusäure). Der Schmelzpunkt, sowie die angeführten Reaktionen stimmen somit auf Resorcin.

Acetylierung des Ammoresinotannols.

Da die Vermutung nahe lag, dafs das Ammoresinotannol ein alkoholartiger Körper sei, so wurde die Acetylierung desselben vor- genommen.

Das Ammoresinotannol wurde feingepulvert, in Eisessig gelöst und unter Zugabe von einigen Stücken entwässerten Natriumacetats während mehrerer Tage am Rückflufskühler gekocht. Die anfangs braune Flüssigkeit wurde immer heller und zeigte nach beendigter Reaktion eine braungelbe Farbe. Nach dem Verdünnen mit Wasser schied sich ein braunes Pulver ab, das solange mit Alkohol aus- gewaschen wurde, bis keine Essigsäure mehr im Filtrat nachzuweisen war und alsdann im Exsiccator getrocknet.

Das Acetylderivat stellte ein braunes, elektrisch werdendes Pulver dar, das durch Verseifung einerseits Essigsäure lieferte, welche durch die gewöhnlichen Reaktionen (Kakodylreaktion, Essigäther- reaktion) nachgewiesen wurde, andererseits Ammoresinotannol ab- schied. Es löste sich nicht in Aether und kaltem Alkohol, teilweise in Benzol, leicht dagegen in Aceton, Chloroform, Eisessig und Essig- äther. Aus keinem dieser Lösungsmittel konnte es krystallisiert er- halten werden. Mit konz. Salzsäure gab es nicht die schwarze Färbung des Ammoresinotannols, d. h. die beim Harzalkohol erwähnte Gerbstoffnatur des Ammoresinotannols wurde durch den Eintritt der Acetylgruppe aufgehoben. Auch auf Zusatz von Eisenchlorid entstand keine Reaktion.

Die Elementaranalyse des über Schwefelsäure getrockneten Körpers ergab folgendes Resultat:

I. 0,294 g Substanz ergaben 0,767 g CO, und 0,243 H,O II. 0253 g 2 2 0,662 g CO, und 2,212 H,O

564 Tschirch und Luz‘ Ammoniacum.

Berechnet für Gefunden Cs Ha9g O; CH, CO I ie C = 71,42 Proz. aalomBxoz: 711,36 Proz. IHR, 20:52% 922, , 980728

Die vorstehend ausgeführten Analysen deuten darauf, dafs die Formel des Ammoresinotannols C; H,, O0 zu verdreifachen ist und dafs der Körper eine Hydroxylgruppe enthält: Cjg Hz9 O2 (OH), was gleichfalls mit dem Galbaresinotannol übereinstimmen würde.

Benzoylierung des Ammoresinotannols.

Zum weiteren Nachweis, dafs das Ammoresinotannol ein Alkohol ist, wurde auch die auf Bildung von Benzoesäureester beruhende Reaktion angewandt. Zu diesem Zweck wurde das Ammoresinotannol in verdünnter Kalilauge gelöst, filtriert und das Filtrat vorsichtig und unter Umschütteln mit einem ganz geringen Ueberschuss von Benzoylchlorid versetzt, so dafs das Gemisch nur schwach sauer re- agierte. Die Einwirkung war eine momentane; schon beim Zugielsen des Benzoylchlorids trat eine starke Erwärmung ein; die klare Lösung trübte sich sofort und bald schied sich eine braune zähe Masse ab, während die darüberstehende Flüssigkeit klar und farblos wurde. Nach der Filtration wurde der Niederschlag mit Alkohol, dann mit Wasser von nicht über 60° wiederholt ausgewaschen, um das Benzoyl- chlorid bez. die Benzoesäure zu entfernen und einen aschefreien Körper zu erhalten. Zur vollständigen Entfernung des erstern wurde die harzartige Masse nochmals in Alkohol gelöst und mit Wasser ausgefällt, worauf sich ein bräunlich gelbes, amorphes Pulver ab- schied, welches solange mit Wasser ausgewaschen wurde, bis Silbernitrat keine Trübung mehr ergab. Das Pulver welches an der Luft eine dunkle Farbe annahm und wieder zu einer zähen Masse zusammenflols, wurde im Exsiccator getrocknet und alsdann weiter untersucht.

Das Benzoylderivat stellte ein gelbbraunes, beim Reiben elektrisch werdendes Pulver dar, welches sich im Gegensatz zum Harzalkohol nicht mehr in kalter, sondern nur noch in heisser, konz, Kali- und Natronlauge löste und zwar mit tief braunroter Farbe, wie Harz. Beim Erhitzen mit konz. Kalilauge am Rückflulskühler schied sich das Ammoresinotannol wieder unverändert ab. Aus der heils- filtrierten Lösung fielen kleine weisse Krystallblättchen nach dem

Tschirch und Luz: Ammoniacum. 565

Erkalten aus. Dieselben wurden gesammelt, ausgewaschen und nach dem Trocknen zwischen zwei Uhrgläsern}sublimiert. Der Geruch liels Benzoesäure vermuten, der Schmelzpunkt ergab, dafs sie Benzoesäure waren, derselbe lag bei 121°. Mit konz. Salzsäure zeigte es nicht die schwarze Färbung wie das Ammoresinotannol d.h. die Gerbstoffnatur wird durch den Eintritt der Benzoylgruppe maskiert. In kaltem und heilsem Alkohol, sowie in Aether trat keine Lösung ein, leicht löste es sich in Aceton und Eisessig mit brauner Farbe, konnte aber aus keiner seiner Lösungen krystallinisch erhalten werden.

Der Schmelzpunkt des über Schwefelsäure getrockneten Körpers

lag bei 70%. Die Elementaranalyse ergab folgende Zahlen:

I. 0,132 g ergaben 0,366 CO, und 0,098 H,O, II. 0,174 g n 0,460 CO, 0,134 H,O.

Berechnet für Gefunden : C,g Hay O3; (C; H, CO). i [6 75,37 Proz. 27354 Proz. . ..1ı9.28. Proz: H= 854 Proz. 8,24 Proz. 8,55 Proz.

Auch diese Analysen deuten darauf hin, dafs der Körper eine Hydroxylgruppe enthält: C,g Hsg Oz (OH), was wiederum mit dem Galbaresinotannol übereinstimmen würde.

Verhalten von Ammoresinotannol gegen Brom.

In eine Lösung von Ammoresinotannol in Essigsäure, der einige Tropfen Wasser zugefügt wurden, wurde Brom eingetragen, wodurch eine starke Erwärmung der Mischung unter Entwicklung von Bromwasserstoff eintrat. Es wurde nun noch soviel Brom zugefügt, bis nach gehörigem Umschütteln die Bromdämpfe über der Flüssig- keit nicht mehr absorbiert wurden. Dann wurde auf dem Wasser- bade bis zur Trockene eingedampft, der Rückstand mit heifsem Alko- hol aufgenommen, filtriert und das Filtrat in Wasser gegossen Es schied sich ein braungelber Niederschlag aus, der gut ausgewaschen und getrocknet ein braungelbes Pulver bildete, welches sich voll- ständig in Alkohol und Chloroform, nur teilweise in Aceton, Aether und Essigsäure löste. Krystallisiert konnte der Körper nicht er- halten werden. Nach dem Glühen mit chlorfreiem Kalk konnte durch Silbernitrat ein starker Gehalt an Brom nachgewiesen werden.

Reduktionsversuche desAmmoresinotannols.

Ammoresinotannol wurde in Essigsäure unter Zugabe einiger

Tropfen konz. Salzsäure gelöst und auf dem Wasserbade am Rück-

566 Tschirch und Luz‘ Ammoniacum.

Hufskühler erwärmt, indem von Zeit zu Zeit Zinkstaub eingetragen wurde. Nach einigen Tagen trat eine kaum merkliche, hellere Färbung der anfangs braunen Flüssigkeit ein, indem sich am Boden der unzersetzte Zinkstaub, sowie eine zgelblich-braune Masse ab- schied. Der Rückstand wurde mit Wasser ausgelaugt, um das ge- bildete Zinkacetat zu entfernen, in Alkohol gelöst und von dem un- angegriffenen Zinkstaub abfiltriert. Auf Zusatz von Wasser zum Filtrat fielen gelbe Flocken aus, welche abfiltriert und ausgewaschen, keine Gerbstoftreaktion mehr gaben. Durch nochmaliges Auflösen und Fällen mit salzsäurehaltigem Wasser suchte ich den Körper aschefrei zu erhalten, wobei er sich jedoch immer dunkler färbte, ein Zeichen, dals wohl eine Reduktion eingetreten war, durch den Sauerstoff der Luft aber auch wieder eine Reoxydation.

Das Gummi desGummi-Ammoniacunm.

Da die Verseifung sehr lange Zeit (6 Monate) in Anspruch nahm, so unterzog ich inzwischen das Gummi einer näheren Prüfung. Vollständig harzfrei erhielt ich dasselbe durch mehrwöchentliches Ausziehen des Gummiharzes mit Alkohol in einem grolsen Soxhlet-, Apparat, wie ein solcher zu derartigen Versuchen in grolsem Styl im pharmaz. Institut in Bern in Benutzung ist. Als der Alkohol nichts mehr aufnahm, und der ausgezogene Rückstand nicht mehr klebrig anzufühlen war, wurde derselbe durch Erwärmen auf dem Wasser- bade von dem noch anhängenden Alkohol befreit. Die zurückge- bliebene, grobpulverige und graugefärbte Masse wurde nun solange mit Wasser erschöpft, als dasselbe beim Verdunsten noch einen Rückstand hinterliefs. Die erhaltenen wässrigen Auszüge, welche von Mucilago ähnlicher Farbe und Konsistenz waren, wurden filtriert und auf ihr Verhalten gegen Alkohol geprüft. Auf Zusatz desselben nahm die vorher vollständig klare Flüssigkeit eine milchig-weilse, undurchsichtige Beschaffenheit an, aus welcher sich im Verlauf einiger Tage ein gelbgefärbter, dicker Bodensatz abschied. Die über dem Bodensatze stehende milchig-trübe Flüssigkeit wurde nun mittels des Hebers abgezogen. Um eine vollständige Trennung und Klärung der milchig-trüben Flüssigkeit zu erzielen, wurden ver- schiedene Methoden angewandt. Mit Bleiessig trat in der alkoholischen Lösung nach kurzer Zeit eine Klärung ein unter Ab- scheidung eines starken Niederschlages, ebenso bei Zusatz weniger

Tschirch und Luz: Ammoniacum. 567

Tropfen Salzsäure. Versuche mit Benzol, Aceton, Chloroform und Petroläther bewirkten eine langsame Ausscheidung und keine voll- ständige Klärung. Auf Zusatz weniger Tropfen einer konz. Chlor- natriumlösung trat wohl eine Klärung, aber keine Abscheidung ein. Aether bewirkte, in beträchtlicher Menge zugesetzt, eine Klärung, in- dem das Gummi sich als klebrige Masse am Boden ansetzte.. Um die Beimischung von Säuren oder Salzlösungen zu vermeiden, zog ich die Methode mit Aether vor.

Die gesammelten Bodensätze löste ich nach vorsichtigem Ab- heben der alkoholisch-ätherischen Flüssigkeit in einer möglichst ge- ringen Menge Wasser und dampfte das braungefärbte Filtrat auf dem Wasserbade zur Trockene ein. Der Rückstand war von gelber bis röthlicher Farbe und spröder harter Konsistenz ; zerrieben stellte er ein feines hellgeibes Pulver dar.

Zunächst untersuchte ich dasselbe au? Kalk und Magnesia. Die wässrige, filtrierte Gummilösung machte ich mit Ammoniak schwach alkalisch und versetzte dann mit Ammoniumoxalatlösung, wodurch sich alsbald ein beträchtlicher Niederschlag von oxalsaurem Kalk bildete. Nach Absetzen und Filtrieren wurde das kalkfreie Filtrat mit phosphorsaurer Ammoniaknatronlösung auf Magnesia ge- prüft ohne dafs jedoch eine Trübung oder Ausscheidung erfolgte.

Zur Bestimmung des Aschen- und Kalkgehaltes trocknete ich nun einen Teil des ausgefällten Gummis bis zum konstanten Gewicht im Exsiecator, während ich den übrigen Teil wieder in wenig Wasser löste und aus dieser Lösung das Gummi wieder mit Alkohol und Aether ausfällte. Einen Teil dieser zweiten Fällung brachte ich wieder in den Exsiccator, den andern löste ich nochmals in Wasser, fällte nochmals mit Alkohol und Aether aus und brachte diese dritte Fällung ebenfalls in den Exsiceator.

Getrocknet, wurde das Gummi in einem Piatintiegel vorsichtig so lange geglüht, bis die Asche rein weils geworden war und das Ge- wicht des Tiegels nach dem Trocknen ein konstantes blieb.

Zur Bestimmung des Kalkgehaltes in der Asche löste ich diese in verdünnter Salzsäure, filtrierte und ergänzte das Filtrat auf 100 ccm Wasser. Die klare Flüssigkeit machte ich nun mit Am- moniak schwach alkalisch, erwärmte beinahe bis zum Kochen und

fügte anfangs tropfenweise und unter Umrühren Ammoniumoxalat Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bäs. 8. Heft. 37

568 Tschirch und Luz Ammoniacum.

in geringem Ueberschufs zu. Der Niederschlag fiel als schweres Pulver aus, die darüberstehende Flüssigkeit wurde nach einigen Stunden völlig klar. Nach Filtrieren und Auswaschen des Nieder- schlags brachte ich diesen ohne vorheriges Trocknen in einen ge- wogenen und unbedeckten Platintiegel und führte ihn unter vorsich- tigem Glühen zuerst in Calciumkarbonat und dann in Calcium- oxyd über. Nachdem die Entwicklung der Dämpfe aufgehört hatte, und die Kohle vollständig verbrannt war, wurde der weilse Rück- stand über dem Gebläse bis zum konstanten Gewicht geglüht, als- dann der Tiegel gut bedeckt, rasch in den Exsiccator gebracht und nach dem Trocknen bedeckt gewogen.

I. Der Aschen- und Kalkgehalt der ersten Fällung betrug bei 5,011 g angew. Gummis: 3,41 pCt. Asche; 1,16 pCt. Calciumoxyd.

II. Der Aschen- und Kalkgehalt der zweiten Fällung betrug bei 2,600 g angew. Gummis; 3,53 pCt. Asche: 1,23 pCt. Caleiumoxyd.

III. Der Aschen- und Kalkgehalt der dritten Fällung betrug bei 4,990 g angew. Gummis: 3,36 pCt. Asche; 1,14 pCt. Calciumoxyd.

Aus diesen Analysen ist ersichtlich, dafs der Aschen- und Kalkgehalt des Gummis durch die verschiedenen Fällungs- und Lösungsversuche keine wesentliche Aenderung erfahren hat.

Neben der Kalkbestimmung aus der Asche führte ich noch eine Kalkbestimmung direkt aus dem Gummi aus.

5,0 des aus der ersten Fällung erhaltenen Gummis löste ich zu diesem Zwecke in etwa 50,0 Wasser auf und versetzte das alkalisch gemachte Filtrat nach der bereits angegebenen Weise mit Am- moniumoxalat in geringem Ueberschufs. Trotz langen Stehens und Erwärmens war die über dem gebildeten Niederschlag stehende Flüssigkeit nicht klar zu bekommen. Der auf einem gewogenen Filter gesammelte Niederschlag wurde gut mit Wasser ausgewaschen und durch Glühen im Platintiegel in Caleiumoxyd übergeführt.

Die Analyse ergab

aus5 gr Gummi 0,94%, Caleiumoxyd.

Die Differenz zwischen der Kalkbestimmung aus dem Gummi und derjenigen aus der Asche rührt wohl daher, dafs die Gummi- lösung noch etwas Kalk zurückhielt, somit die Ausscheidung des Calciumoxalates keine vollständige war. Vergleicht man den ge- fundenen Aschen- und Kalkgehalt der einzelnen Fraktionen unter- einander, so ersieht man, dals weder der eine noch der andere eine

Bd

Tschirch und Luz: Ammoniacum. 569

wesentliche Aenderung erfahren hat und dafs somit das (wahrschein- lich) arabinsaure Kalksalz eine einheitliche und geschlossene Ver- bindung ist, genau so wie das im Gummi arabicum sich findende saure Caleiumarabinat, dessen proc. Aschen- und Kalkgehalt nach Neubauer!) 2,7—4°/, (Asche) und 1,90/, (Calcium) beträgt. Dafs bei dem Gummi aus Ammoniacum weniger Kalk gefunden wurde, dürfte darauf beruhen, dafs neben dem Calciumarabinat auch noch andere Arabinate zugegen sind. IH. Botanischer Teil.

In der Droge fanden sich zahlreiche Früchte. Dieselben wurden ausgelesen, mit Wasser- und Alkohol von dem anhängenden Gummi- harz befreit und in diesem Stadium zur Untersuchung heran- gezogen.

Das Schizocarpium zerfällt sehr leicht in die beiden Meri- carpien und findet man oft noch an der Berührungsfläche derselben das Carpophor, dem einen Mericarp ansitzend, in Form eines fädigen Anhängsels. Das Mericarp ist beiderseits schwach geflügelt, sehr flach, 1 mm dick und wird auf der Rückenfläche von drei Costalrippen durchzogen, die als zarte Leisten auch äufserlich hervortreten. An der Grenze des Flügels verläuft ebenfalls ein Bündel und in dem Flügel selbst ein oder zwei weitere, die nicht hervortreten, so dafs also auf der Rückenseite der Frucht 5 deutliche Costalrippen sich nach- weisen lassen, abgesehen von den Flügelbündeln.

Die Epidermis der Frucht ist ausserordentlich stark an der Aussenwand verdickt und besteht, von der Fläche gesehen, aus etwas gestreckten, polyedrischen Zellen. Die Cuticula ist schwach wellig gefaltet. Spaltöffnungen sind selten und mit eigentümlichen Anhängseln versehen. Das subepidermale Gewebe der Fruchtschale ist ein reich durchlüftetes Parenchym. Die beiden inneren Schichten der Fruchtschale sind von den übrigen differenziert und zwar in der Weise, dals die am weitesten gegen den Samen hin liegende Schicht aus auffallend grofsen, im Querschnitt quadratischen Zellen besteht, die in der tangentialen Flächenansicht das bekannte Bild der Querzellenschicht zeigen. ?) Die äufsere Schicht besteht aus im Querschnitt stark tangential gestreckten Zellen. Eingebettet in das

1) Annalen d. Chemie 1557. S. 105. 2) Tschirch u. Oesterle, Anatom. Atlas, Tafel 14, Fig. S und 16,

37*

570 Tschirch und Luz: Ammoniacum.

Aurchlüftete Parenchym der dünnen Fruchtschale findet man zunächst die oben erwähnten 3 Oostalbündel. Dieselben führen in ihrem Siebteil einen grofsen, schizogenen Secretgang, der das Bündel be- gleitet und bei dem man noch häufig die resinogene Schicht am Secernirungsepithel bemerkt. Im Gefäfsbündel finden sich zarte Spiralgefäfse.

Auch in den Partien, welche zwischen den Costalbündeln liegen, findet man einen oder mehrere schizogene Sekretstränge, zum Mindesten einen zwischen je zwei Costalbündeln. Auch auf der Commissuralseite finden sich meist 4—6 schizogene Gänge, je 2—3 beiderseits an der Ansatzstelle des Carpophors. Die Samenschale ist nur an der Commissuralseite mehrschichtig, an der Rückenseite besteht sie, abgesehen vou einer inneren, obliterirten Zone aus der stark gebräunten Epidermis des Integumentes. Die Zellen dieser Epidermis sind in der Richtung der Costalbündel gestreckt, an der Kommissuralfäche verläuft das Raphebündel. Das Endosperm ist erfült von den für die Umbelliferen charakteristischen Aleuron- körnern mit Kalkoxalatdrusen als Einschlüssen. Der Flügel der Frucht besteht aus ziemlich vielen sclerenchymatisch verdickten Zellen.

Vergleicht man die aus der Droge ausgelesenen Früchte mit sicher bestimmtem Sammlungsmaterial!), so stellt sich heraus, dafs im Allgemeinen der Bau übereinstimmt. Auch bei den in Deutsch- land erzogenen Früchten liegen auf der Rückenseite 3 Oostalbündel und zwischen den Rippen je ein grofser schizogener Gang. Auch hier führen die Costalbündel in ihrem Siebteil schizogene Gänge, die jedoch nicht die erhebliche Gröfse erreichen, wie bei dem aus der Droge ausgelesenen Material. Auch bei den in Baden-Baden er- zogenen Früchten sind in dem Flügel mehrere Bündel wahrzunehmen, von denen das eine oder andere sogar einen schizogenen Gang führt. Die Querzellenschicht ist bei dem Material aus Baden-Baden niedri- ger, die Zellen kleiner, als bei dem aus der Droge ausgelesenen Material. Auch auf dem tangentialen Flächenschnitt erscheinen die Querzellen nicht unerheblich kleiner. Trotz dieser übrigens geringen

!), Mir stand sicher bestimmtes Material von Früchten von Do- rema Ammoniacum aus der Sammlung des pharm. Iustitutes zur Ver- fügung, welche Früchte 1890 von Leichtlin in Baden-Baden erzielt wurden.

Tschirch und Luz: Ammoniacum. 571

Differenzen dürfte wohl kaum ein Zweifel darüber bestehen, dafs die aus der Droge ausgelesenen Früchte zu Dorema Am- moniacum gehören.

Stengel.

Die aus der Droge ausgelesenen Stengelreste zeigten in den Rippen die bekannten grofsen Collenchymbündel, in die von Innen her ein Kranz äufserer Sekretgänge eingebettet ist, sie scheinen regellos in das dünnwandige Grundparenchym eingebettet. Die Ge- fälsbündel zeigen einen breiten Bastzellenbeleg auf der Aulsenseite, einen schmalen, sichelförmigen Siebteil und, dem Holzteil eingelagert, 1—5 schizogene Sekretbehälter oder einen mechanischen Beleg}).

Diese Anordnung ist von Tschirchals fürrDorema Am- moniacum charakteristisch erkannt worden, so dals also ebenfalls kein Zweifel darüber besteht, dals auch die aus der Droge ausgelesenen Stengelteille zuDorema Ammoniacum gehören. Die Blattstiele, welche Herbarmaterial entstammten, das ich dem Flückiger’schen Her- barium im Botanischen Garten der Universität Bern verdanke, zeigten eine regellose Verteilung der zahlreichen Gefäfsbündel. Die Sekretbe- hälter lagen im Grundparenchym und waren auffallend klein. Ihre Lage zeigte gleichfalls Beziehungen zum Gefäfsteil, doch waren sie demselben nicht direkt eingelagert und auch in der Nähe der Sieb- teile fand sich da und dort ein Gang. Das Gummiharz entsteht, wie bereits Tschirch nachgewiesen hat, in den schizogenen Gängen und tritt wahrscheinlich infolge einer Verwundung aus.

Wurzelreste wurden in der Droge nicht ge- funden.

Ergebnisse der vorliegenden Arbeit:

Das Gummiharz besteht aus Harz, Gummi und ätherischem Oel. Daneben enthält es ca. 3,5 Proz. eines in Wasser und Alkohol unlöslichen Rückstandes. Der in Alkohol und Aether lösliche Teil des Ammoniacum ist ein Gemenge eines sog. „sauren“ und eines „indifferenten“ Harzes und beträgt 69 Proz., beide Harze sind schwefel frei, im Gegensatze zuPrciszewski, welcher letzteres als schwefel- haltig bezeichnet. Bei der Verseifung des sog. „sauren“ Harzes, erhielt ich Salicylsäure von der Zusammensetzung 0, H, OH CO OH

1) Tschirch, Archiv d. Pharmac. 1886. S. 137. Daselbst ist das Weitere nachzusehen.

502 A. Pinner: Ueber Nicotin.

und C,H,OH COOH + !/; H,O. Daneben flüchtige Säuren, be- stehend aus Baldrian- und Buttersäure, sowie einen Alkohol, der in die Reihe der Resinotannole gehört und dieselbe Formel besitzt wie das Galbaresinotannol: C,;, H,, ©. (resp. CjsH3003). Das Harz ist also ein Salicylsäure-Resinotannolester.

Ich habe von dem Resinotannol dargestellt:

Ein Acetylderivat von der Formel: Cj; Hay O3 CH, CO.

Ein Benzoylderivat von der Formel: Cjg Hay 03 C,H, CO.

Aus beiden ergiebt sich, dals die Formel des Am- moresinotannols: C,H,,O zu verdreifachen ist und dafs der Körper eine Hydroxylgruppe enthält C,; Hz94 Oz (OH), was gleichfalls mit dem Galbaresinotannol übereinstimmen würde.

Bei der Oxydation dieses Resinotannols mit Salpetersäure resultierte Styphninsäure, bei der Kalischmelze Resorein. Aetheri- sches Oel fand ich im Ammoniacum nur in geringer Menge. Das- selbe enthält kein Umbelliferon und ist frei von Schwefel. Aus dem rohen Ammoniacum erbielt ich Spuren einer freien Säure deren Schmelzpunkt sowie Eisenchloridreaktion auf Salicylsäure C,H,OH (COOH) hinweisen.

Das Gummi enthält:

circa 3,5 Proz. Asche E12 Caleiumoxyd und ist wahrscheinlich als ein dem Gummi Arabicum verwandtes, saures Calciumarabinat zu betrachten.

Ueber Nicotin. Von A, Pinner. II. Mitteilung.

Vor zwei Jahren habe ich im „Archiv“ eine grölsere Abhand- lung unter dem gleichen Titel veröffentlicht), in welcher auf Grund zahlreicher Versuche für das Alkaloid eine neue Konstitutionstormel aufgestellt wurde. Da ich jetzt meine Untersuchung über das Nicotin zu einem vorläufigen Abschlufs gebracht habe, möchte ich die weiteren Erfahrungen, welche ich über das chemische Verhalten dieser so interessanten Base zu sammeln Gelegenheit gehabt habe, hier mitteilen. Dabei will ich gleich vorausschicken, dafs alle neu aufgefundenen Thatsachen mit meiner damals aus-

1) Archiv, Bd. 231.

A. Pinner: Tjeber Nicotin. 573

gesprochenen Auffassung der Konstitution des Nicotins im besten Einklang sich befinden, so dafs auf Grundlage unserer heutigen An- schauungen über die Verkettung der Atome unter einander das Nicotin C,, Hıı Na fast mit Sicherheit als 2. Pyridyl-Methyl- pyrrolidin

H C AN HC C—CH-cCH, j n.* HHNCHE RU AH: Par“ N cH,CB:

anzusprechen ist. Meine weiteren Untersuchungen galten vornehmlich der Auf-

klärung einiger früher beobachteten und damals nicht weiter ver- folgten eigentümlichen Reaktionen des Nicotins, namentlich der Um- änderungen, welche das Alkaloid unter dem Einflufs von Wasser- stoffsuperoxyd und von Benzoylchlorid erleidet. Und hier hat die wissenschaftliche Diskussion wesentlich zur Förderung der Erkenntnis beigetragen. Denn nach dem Erscheinen meiner Arbeiten hat Herr Etard, welcher bereits früher namentlich in Gemeinschaft mit Cahours sich mit der Untersuchung des Nicotins eingehend be- schäftigt hat, in den Comptes Rendus zwei kurze Abhandlungen veröffentlicht, in welchen er seine frühere Auffassung der Konstitution des Nicotins

als ein (dem Naphtalin ähnlich) aus Pyridin und äthyliertem Hexahy- dropyridin zusammengeschweilstes Gebilde aufrecht zu erhalten und durch neue Thatsachen zu stützen versuchte.

Nach dieser Auffassung nämlich würde im Nicotin das eine der beiden Stickstoffatome noch mit Wasserstoff verbunden, als „Jmid“ im Molekül vorhanden sein, während alle bisher aufgetundenen, sicher ermittelten Thatsachen darauf hinweisen, dafs beide Stickstoffatome lediglich mit Kohlenstoff verbunden, in Nitrilform, vorhanden sind.

574 A. Pinner: TUeber Nicotin.

Herr Etard glaubte nun neuerdings aus dem Nicotin eine Acetyl- und eine Benzoylverbindung gewonnen zu haben. Da aber nur Jmid- nicht aber Nitrilstickstoff noch Säureradikale aufzunehmen vermögen, so würde diese Thatsache, falls sie sich bestätigt hätte, die früher von mir aufgestellte Konstitutionstormel des Nicotins sehr zweifelhaft gemacht haben, wenn auch die von Rtard vertheidigte Formel da- durch noch nicht bewiesen worden wäre. Denn der Auffassung von Etard steht vor allen Dingen entgegen, dals bei der Oxydation des Nicotins mit Kaliumpermanganat glatt und in fast: berechneter Ausbeute Nicotinsäure C,H,N.CO,H, d. h. Pyridincarbonsäure entsteht. Bei Annahme der Etard’schen Formel aber mülste Öxynicotincarbonsäure C,H, (OH)N. CO,;,H, oder allenfalls Amido- nicotincarbonsäure entstehen. Immerhin aber würde durch die Dar- stellbarkeit des Acetylnicotins und des Benzoylnicotins die Jmidnatur des einen Stickstoffatoms so gut wie erwiesen gewesen sein. Dem aber stand wiederum entgegen, dafs wie ich früher nachgewiesen habe und wie dann durch andere Forscher (Blau, Herzig) be- stätigt werden konnte, das eine der beiden Stickstoffatome mit Methyl verbunden ist. Folglich hätte dieses N als NHCH, im Nicotin vorhanden sein müssen, denn das andere Stickstoffatom mulste bei dem leichten Uebergang des Nicotins in Pyridincarbonsäure noth- wendig, ebenso wie im Pyridin, in Nitrilform vorhanden sein. Dem widersprechen aber die meisten übrigen Reaktionen des Nicotins. Nun waren aber die vermeintlichen Acetyl- und Benzoylver- bindungen entweder zu wenig charakterisirt oder in zu eigentüm- licher Weise dargestellt, um ohne Weiteres als genügendes Beweis- material zu irgend welcher Schlufsfolgerung dienen zu können. Ich habe deshalb die Etard’schen Versuche wiederholt, habe dieselben Erscheinungen beobachten können, wie er, habe aber bei genauerem Eingehen feststellen können, dals die vermeintlichen Acetyl-undBenzoyl- verbindungen gar nicht Verbindungen des Nicotins sind, sondern einer neuen, aus diesem entstehenden und mit ihm isomeren Base, welche ich als Metanicotin bezeichnet habe. Gerade die Versuche von Etard dienten schliefslich zurBestätigungmeiner Annahme. Etard hat zur Darstellung des sog. Acetylnicotins!) Nicotin mit Essigsäureanhydrid auf 1500 erhitzt, das Reaktionsprodukt ent-

1) Compt. rend. Bd. 117. 8. 170.

A. Pinner: Ueber Nicotin. 575

weder mit Soda neutralisiert oder im Vacuum destilliert und dann mit Platinchlorid fractioniert gefällt. So erhielt er amorphe Nieder- schläge, die er analysierte und deren Zusammensetzung er als C,H! N50;. HCl. PtCı, annahm. Eine derartige Zusammensetzung kannaberein einheitlicher aus Nicotin und Essigsäureanhydrid entstehender Körper gar nicht besitzen. Denn abgesehen davon, dafs alle Platindoppelsalze 2HÜl. PtCl, enthalten, kein einziges aber bekannt ist, welches HC1l.PtC], enthielte, würde die Base C,,H8,1NsO; sich zusammensetzen aus C,,H14N» (Nicotin) + C,H,O, (Essigsäure- anhydrid) + H. Derartige Reaktionen sind einfach unmöglich. Die Platinniederschläge, welche Etard untersuchte, waren mithin Ge- menge von irgend welchen Substanzen und somit zum Beweisen irgend einer Annahme durchaus nicht geeignet. Dazu kam, dals ich selbst bereits vor Jahren Essigsäureanhydrid auf Nicotin habe einwirken lassen und damals keine fafsbaren einheitlichen Verbin- dungen zu isolieren vermochte, sondern stets Gemenge erhielt, aus deren Analysen kein Schluls auf den Verlauf der Reaktion zu ziehen war. Ich habe deshalb damals diese Versuche in meinen Publikationen überhaupt nicht erwähnt. Somit brauchte ich diese Mitteilung von Etard nicht weiter zu berücksichtigen.

Allein kurz darauf erschien eine zweite Mitteilung!) von Etard, nach welcher durch Erhitzen von Nicotin mit Benzoylchlorid bis zum Kochen (also bis ca. 200°) Salzsäure sich abspaltet und „Benzoylnicotin“ von der Zusammensetzung C,,H13NsC-H,O entsteht, von welchem Etard freilich nur das Platinsalz analysierte. Aber dieses Platinsalz war als krystallinischer Niederschlag erhalten worden und gab in mehreren Analysen gut übereinstimmende Zahlen. Es konnte demnach an der richtigen Zusammensetzung des sog. Benzoylnicotins kaum gezweifelt werden.

Nun hatte ich bereits früher Benzoylchlorid auf Nicotin ein- wirken lassen und dabei eine Verbindung beider erhalten C,0H14Na. C,H,0C1, welche nicht etwa als salzsaures Benzoylnicotin (CoH13N:. C,H;0). HCl aufzufassen war, weil dieselbe durch Basen in der Kälte nicht zersetzt wurde und mit an- deren Säuren Salze gab, in denen die volle Verbindung

1) Compt. rend. Bd. 117. S. 278.

576 A. Pinner: DUeber Nicotin.

C,0H14Na. C;H,0C1 enthalten war.) Es lag deshalb die Vermutung nahe, dafs die von Etard erhaltene Verbindung das Zersetzungs- produkt der von mir früher dargestellten Substanz sei, und es stellte sich somit die Nothwendigkeit heraus, diese Reaktion eingehend zu studieren.

Das Ergebnis dieser Untersuchung war, dafs thatsächlich das sog. Benzoylnicotin das Zersetzungsprodukt des Additionsprodukts von Benzoylchlorid und Nicotin ist, dals aber das Nicotin durch Benzoylchlorid in der Weise verändert wird, dafs der Pyrrolidin- ring aufgespalten wird und bei der Abspaltung von Salzsäure, welche sowohl durch starkes Erhitzen, als auch durch Kochen mit Alkalien bewirkt werden kann, nicht wieder Ringschlielsung erfolgt, sondern ein Körper entsteht, welcher als Pyridyl-Methyl-Butylenamin zu be- zeichnen wäre, den ich kurz Metanicotin (d. h. verändertes Nicotin) genannt habe, wie aus folgenden Formeln hervorgeht:

Durch Anlagerung von Benzoylchlorid zum Nicotin bildet sich die Verbindung Be! .CH,.CH,-CH,-N (CH,): C, H, O=C,HuN, + C;H,0C1 x indem die Bindung zwischen CH und NCH, des Pyrrolidinringes gesprengt wird:

Ne CH-CH? /N_CHCI--CH, Oz Ind ICH, NG CHE ie abe BR NN CH: = N N—CH;, LER CH; CH, C,H,0

Wird nun aus dieser Verbindung Salzsäure abgespalten, so entsteht unter doppelter Bindung der beiden ersten C das Ben- zoyl-Metanicotin:

( Bien: | N | C,H,0 Aus diesem Benzoyl-Metanicotin läfst sich nun durch Er- hitzen mit Salzsäure leicht die Benzoylgruppe abspalten und durch

1) Vergl. Archiv a. a. O. S. 388.

A. Pinner: Teber Nicotin. 577

Wasserstoff ersetzen, man erhält so das Metanicotin selbst, welchem die Konstitution zukommt

/N—-CH-CH: CH,-CH,- NHCH, nf

Wenn man dagegen aus dem Additionsprodukt von Nicotin und Benzoylchlorid zuerst die Benzoylgruppe abspaltet, was leicht auch hier durch Erhitzen wässeriger mit Salzsäure gelingt, so entsteht zunächst die Verbindung

“N -CHC1-CH,

N 7 Pe N HN--CH, CH;

diese aber ist nicht beständig, sondern spaltet jetzt sogleich auch HC] ab, indem das H des NHCH, mit dem Cl des CHÜl sich vereinigt, und nun entsteht wieder Nicotin:

NICH "CH, | >>CB, Da N - CH,

Alle diese Reaktionen erfolgen leicht und quantitativ und sind, wie man sieht, ausgezeichnet zu erklären, wenn man die von mir aufgestellte Konstitutionstormel zu Grunde legt.

Aber noch mehr. Nach diesen Formeln ist das Metanicotin eine tertiär-sekundäre Base, im Gegensatz zu dem bitertiären Nicotin, enthält aulserdem am Stickstoff noch das Methyl und besitzt endlich eine doppelte Bindung in der Seitenkette. Alle diese Thatsachen sinddurch die verschiedenen Versuche im vollsten Mafse bestätigtworden.

Die sekundäre Natur des Metanicotins konnte konstatiert werden 1. durch Darstellung der Benzoylverbindung desselben mittels der Schotten-Baumann’schen Methode. Während das Nicotin in alkalischer Lösung mft Benzoylchlorid behandelt, keine Spur einer Benzoylverbindung liefert, giebt das Metanicotin bei gleicher Be- handlung sofort das Benzoylmetanicotin wieder, aus welchem es er- halten worden ist. Ferner vereinigt sich 2. das Nicotin mit 2. Mol. Jodmethyl zu einem quaternären Jodmethylat, dagegen reagiert das Metanicotin schon bei gewöhnlicher Temperatur mit Jodmethyl in

578 A. Pinner: Ueber Nicotin.

der Weise, dafs sich erst Methylmetanicotin bildet und dieses mit 2 Mol. Jodmethyl zu einem Jodmethylat zusammentritt: CoHuNs + 3CH, I = CoHnCH,N,.2CH,J 13 man erhält stets ein Jodmethylat von der Zusammensetzung: Ci Hay N, J>.

Dafs im Metanicotin das eins Stickstoffatom ebenso wie im Nicotin mit Methyl verbunden ist, konnte nicht nur nach der Herzig’schen Methode durch Abspaltung von Jodmethyl aus dem jodwasserstoffsauren Salz dargethan werden, sondern auch dadurch, dafs das Metanicotin im Gegensatz zum Nicotin verhältnismäfsig leicht Methylamin abzuspalten geneigt ist. Das ist aber zugleich ein Beweis dafür, dafs im Metanicotin das NCH; gleichsam expo- nierter, leichter durch chemische Agentien angreifbar sich befindet, als im Nicotin, was durch die obigen Formeln des Nicotins und des Metanicotins leicht seine Erklärung findet.

Das Vorhandensein einer doppelten Bindung im Metanicotin an einer Stelle, wo im Nicotin nur einfache Bindung ist, ist auf zwei völlig von einander verschiedenen Wegen dargethan worden. Durch den Vergleich der physikalischen Eigenschaften des Nicotins und des Metanicotins, welchen Herr Brühl vorzunehmen die Güte hatte, ist erwiesen, dals im Nicotin drei doppelte Bindungen (im Pyridin- ring) vorhanden sind, dagegen muls das Metanicotin mehr doppelte Bindungen besitzen, wie aus seinem spezifischen Gewicht und seinem Lichtbrechungsvermögen hervorgeht.

Ferner liefert das Nicotin mit Brom lediglich Substitutions- produkte, welche einen energischen Eingriff des Broms in das Molekül der Base voraussetzen und deshalb auch nur ganz allmählich entstehen. Dagegen vereinigt sich das Metanicotin sofort mit Brom zu einem Additionsprodukt genau in derselben Weise, wie irgend ein anderer ungesättigter Körper.

So ist die früher nicht erklärbare Bildung eines durch Basen in der Kälte nicht zersetzbaren Additiomsprodukts von Benzoyl- chlorid und Nicotin gerade durch die Entstehung von Benzoylmeta- nicotin aus demselben unter Annahme meiner Nicotinformel leicht erklärbar geworden.

Nachdem durch das Studium dieser Reaktion ein Einblick in die Art der Veränderung des Nicotins gewonnen war, konnte mit

A. Pinner: TDeber Nicotin. 579

Leichtigkeit durch Einwirkung von Essigsäureanhydrid auf Nicotin eine Acetylverbindung dargestellt und isoliert, zugleich aber gezeigt werden, dafs diese Verbindung Acetyl-Metanicotin ist.

Noch ein zweiter dunkler Punkt ist mit ziemlicher Sicherheit aufgeklärt worden, nämlich die Art der Wirkung : von Wasserstoff- superoxyd auf Nicotin. Wie in der ersten Mitteilung gezeigt worden ist, bildet sich beim Stehenlassen einer Mischung von Nicotin mit Wasserstoffsuperoxyd allmählich eine beim Verdampten der Lösung hinterbleibende, schwer krystallisierende, hygroskopische Substanz welche Oxynicotin genannt worden ist und sich als CH, ‚NO: zusammengesetzt erwies. Diese Substanz zeigte höchst eigentümliche Reaktionen. Durch Erhitzen mit Salzsäure verwandelte sie sich in eine isomere Verbindung, welche sich dadurch von ihr unterschied, dals sie mit Wasserdämpfen flüchtig sich erwies, nicht wie jene ammoniakalische Silberlösung reduzierte, auch stark basische Reaktion besafs, bei der Destillation tür sich unter Abspaltung von Wasser in C,oH1,N, überging und als Pseudonicotinoxyd vorläufig bezeichnet wurde Beim Erhitzen mit Barythydrat wurde das ÖOxynicotin ebenfalls zersetzt, hierbei aber damals lediglich Nicotin gewonnen. Beide Reaktionen waren damals in hohem Mafse auf- fallend, und es wurde auch beim Fehlen jeglicher Unterlage gar kein Erklärungsversuch gemacht, vielmehr lediglich die Thatsache mitgeteilt.

Etwas später zeigte Wolffenstein!) in einer schönen Unter-. suchung über die Einwirkung von Wasserstoffsuperoxyd auf Piperidin, dafs hierbei Amidovaleraldehyd entstehe, indem die Bindung zwischen NH und CH, des Piperidinringes gelöst und unter Addition von Wasser bei gleichzeitiger Oxydation der Aldehyd entstehe::

CH, CH, H,

en AN C or id aaa Fellage Tl AREA ET

Herde Dar Ran ah WA 7 ne H,O CH, BO (CHOMe a

a cC cCHo

NH SH,

H;

Da nun durch die früheren Untersuchungen es sehr wahr- scheinlich gemacht worden war, dafs das Nicotin Pyridyl-Methyl-

1) Berichte d. d. ch. G. 25. 2776.

580 A. Pinner: DUeber Nicotin.

Pyrrolidin ist, da ferner das Pyrrolidin sich dem Piperidin sehr

ähnlich verhält, so lag es nahe, anzunehmen, dafs die Wirkung des

Wasserstoffsuperoxyds auch beim Nicotin darin bestehe, dafs unter

Sprengung des Pyrrolidinringes sich ein Amidoaldehyd bilde. Als-

dann konnten auch die Reaktionen des Oxynicotins leicht erklärt

werden, wie aus folgenden Ueberlegungen sich ergiebt:

Das Nicotin

/N_CH—CH,—CH,

Mies ee

N CH |

wird durch Wasserstoffsuperoxyd zunächst in die Verbindung (I)

e CH. -0H,-08, RR | \Y NH CH (OH), NICH, D) übergeführt, welche unter Abspaltung von Wasser in Oxynicotin A SECH VCH; | er \yY MH CHO N A übergeht. A Allein durch die Wirkung der Salzsäure bei hoher Temperatur kann die Wasserabspaltung auch in der Weise erfolgen, dals das H des NHCH; mit einem der beiden OH des CH (OH), sich ver-

einigt und somit wieder Ringschlielsung eintritt ;

© 04 GH2 CH, esse sie

rl) | | | | H;0 RAUNE CHOH, \\/ N—CHOH IE; N CH; R CH;

So würde denn ein Alkohol von der Zusammensetzung C,,H14Ns0 entstehen, welcher selbstverständlich stark basische Eigenschaften besitzt. Dieser Alkohol spaltet aber bei der trockenen Destillation nochmals Wasser ab, indem das OH mit einem H des benachbarten CH; sich vereinigt, so dafs die Verbindung

ä Ron ou | | | u £ N N N CH

A. Pinner: Ueber Nicotin. 581

Co Hja entsteht, welche als Dehydronicotin bezeichnet worden ist.

Die Einwirkung von Barythydrat aber auf das Oxynicotin mulste in derselben Weise erfolgen wie auf alle Aldehyde, d. h. es mulste der Aldehyd zersetzt werden zur Hälfte in Alkohol, zur anderen Hälfte in Säure. Beispielsweise liefert Benzaldehyd beim Erwärmen mit Kali Benzylalkohol und Benzoösäure:

2C,H, CHO + H,0 = C,H, CH, OH + C,H, COOH.

So mulste auch das Oxynicotin zur Hälfte den zugehörigen

Alkohol, zur anderen Hälfte die Säure liefern:

BER or cn.-chH, CH OR: Br | ae | + N, NH CHO N NH CH, OH CH, CH,

© SCH CH, on,

rd |

N NH cCoOH

CH,

Der Alkohol mulste sofort unter Abspaltung von Wasser aus dem H des NHCH, und dem OH des CH, OH übergehen in Nicotin selbst:

a Ps

—CH—CH,-—-CH, —CH—CH,—CH, a ai oa | I +30, N NH CH,0H BEN BE CH; CH,

Die Säure aber konnte entweder für sich bestehen oder auch in gleicher Weise unter Abspaltung von Wasser sich verwandeln in

Co H, N;0 5 Reg bEeen, (N=2eH_enjlch, a Be | N NH COOH N N === -—- 06 CH, CH,

Dieses letztere würde aber identisch sein mit dem früher ander- weitig dargestellten Cotinin. Es handelte sich also darum, entweder die Säure C,, Hıı Na Oz oder das Ootinin Cjo Hz NO unter den Reak- tiousprodukten des Barythydrats auf das Oxynicotin aufzufinden. Es

582 A. Pinner: DUeber Nicotin. _

wurde deshalb diese Reaktion nochmals aufgenommen, dabei aber, wie hier gleich erwähnt sein mag, weder die Säure Cjo Hıs Na O3, noch das Cotinin Co Hı2 NO, noch eine dem Cotinin isomere Base isoliert. Gleichwohl aber gab die Untersuchung, welche aufser- ordentlich langwierig sich gestaltete, recht interessante Resultate.

Zunächst wurde nämlich konstatiert, dals beim Stehenlassen von Wasserstoffsuperoxyd mit Nicotin thatsächlich ein im Wasser leicht löslicher, bisher daraus in unverändertem Zustande nicht isolierbarer aldehydartiger Körper entsteht, welcher mit Wasserdämpfen leicht sich verflüchtigt, stark reduzierende Eigen- schaften besitzt, mit ammoniakalischer Silberlösung einen schönen Silberspiegel giebt, mit Phenylhydrazin in essigsaurer Lösung ein öliges Hydrazid liefert u. s. Dieser Aldehyd ist äulserst em- pfindlich gegen Säuren. Seine Lösung wird durch verdünnte Salz- säure sofort gelb gefärbt, und dampft man die angesäuerte Lösung ein, so erhält man neben etwas hygroskopischem und sehr leicht löslichem, salzsauren Nicotin lediglich rotbraune, unlösliche, amorphe, nicht analysierbare Massen.

Verdampft man die Lösung des Aldehyds vorsichtig, so bleibt das bereits in der ersten Mitteilung beschriebene Produkt zurück, welches als Polymerisationsprodukt des Aldehyds zu betrachten ist, da es mit Wasserdämpfen nicht mehr flüchtig ist. Bei versuchter Destillation zersetzt es sich auch im Vacuum bei ca. 1500 in eine grofse Zahl von Produkten, welche beim Aufbewahren sich schnell dunkel färben und nicht weiter untersucht worden sind.

Durch Erhitzen mit Bariumhydrat wurde wieder wie früher Nicotin erhalten, aufserdem aber, wenn auch in kleiner Menge, das dem ÖOxynicotin isomere Pseudonicotinoxyd CoH„Nz0, endlich eine Substanz, welche im Rohzustande analysiert werden mulste und Zahlen lieferte, welche zur Formel C,, H;, Na O2 passen. Diese Substanz zersetzte sich bei der Destillation im Vacuum bei ca. 1650 und lieferte ein zweites Isomeres des Oxynicotins, also Ci, Hıı Na 0, welches durch seine ohne Zersetzung erfolgende Destillierbarkeit sich leicht unterscheiden läfst von Oxynicotin und Pseudonicotinoxyd. Die Entstehung einer derartigen Verbindung lälst sich leicht erklären, wenn auch strikte Beweise für die hier zu entwickelnde Anschauung nicht geliefert werden können.

A. Pinner: Ueber Nicotin. 583

Wie man aus der Einwirkung von Benzoylchlorid und Essig- säureanhydrid auf Nicotin erkennt, kann der Pyrrolidinring leicht zwischen dem am Pyridin befindlichen Kohlenstoff und dem Stick- stoff aufgespalten werden. Andererseits kann aber, wie aus der Aldehydnatur des Oxynicotins erkennbar ist, der Pyrrolidin- ring auch zwischen dem Stickstoff und dem vierten Kohlen stoffatom gelöst werden; so dafs also im Nicotin zwei angreif- bare Stellen sich befinden, welche durch Punktierung erkenntlich gemacht sind.

7 \—CH-CH,-CH, \/ N—— CH,

Wenn man nun annimmt, dafs bei der hohen Temperatur das Bariumhydrat auf das Oxynicotin zum Teil analog wirkt wie Salz- säure und Pseudonicotinoxyd erzeugt, wie es ja thatsächlich der Fall ist und durch den Versuch nachgewiesen werden konnte, und dafs alsdann das Pseudonicotinoxyd in statu nascente zum Teil sofort unter Wiederaufspaltung des Ringes die Elemente des Wassers addiert, so würden die durch folgende Gleichungen anschaulich gemachten Vorgänge sich abspielen:

z nn e N_CH-CH2_CH? \yY NH | geht über in ee | N ı CHO N N-CH0H CH; | CH, {N-CH-CH,-CH, A Ee 3 | | | ern | | BE ST: | a N CHOH ) | nn HNCH;

Letztere Substanz, Co Hıs O,, würde die beim Erhitzen mit Bariumhydrat zunächst entstehende Verbindung sein. Bei der Destillation spaltete sie aber Wasser ab, indem die beiden OH auf einander reagieren und das übrig bleibende O die Bindung zwischen den beiden Kohlenstotfen übernimmt:

Arch. d. Pharm. CCXXXII. Bds. S. Heft 38

584 A. Pinner: Ueber Nicotin.

Zen lcH2äcH, /N—CH-CH2 CH: in aaa "aut | 4 YOH a re Wa N HOCH N | | NHCH, NHCH,

Es mag nicht unerwähnt bleiben, dafs vergebens versucht wurde, durch Zusatz von Benzoylchlorid zu einer alkalischen Lösung von Oxynicotin und von dieser Isomeren eine Benzoylverbindung darzustellen, da bei der Jmidnatur beider die leichtte Bildung einer solchen zu erwarten war. In gleicher Weise lieferte die Einwirkung von Jodmethyl auf Oxynicotin kein falsbares Resultat, es wurden lediglich braune Schmieren erhalten, aus denen keine analysierbare Substanz zu isolieren war. Jodmethylate der neuen Isomeren aber darzustellen war unmöglich, weil dieselbe stets mit Nicotin verunreinigt erhalten wurde und nur durch die verschiedene Löslichkeit der Pikrate von Nicotin getrennt werden konnte.

Der Annahme, das Nicotin sei die Pyridinverbindung eines Methylpyrrolidins, konnte vielleicht entgegengehalten werden, dafs bislang Pyrrolidin oder Methylpyrrolidinderivate unter den Pflanzenstoffen noch nicht aufgefunden worden seien. Auch dieser Ein- wurf ist in letzter Zeit beseitigt worden, da Liebermann gezeigt hat, dafs das sog. niedrig siedende Hygrin (aus den Nebenalkaloiden des Cocains) bei der Oxydation die Carbonsäure des Methylpyrroli- dins liefert, dals also diese Nebenalkaloide jedenfalls Abkömmlinge des Methylpyrrolidins sind.

Völlig unzweifelhaft ist endlich die von mir aufgestellte Kon- stitutionsformel geworden durch die schönen soeben veröffentlichten Untersuchungen von Am& Pictet, welcher gefunden hat, dafs das Jodmethylat des Pyridyl-Methylpyrrols, welches er synthetisch dar- gestellt hat, identisch ist mit dem Jodmethylat des durch Oxydation mittels Ferricyankalium etc. aus dem Nicotin gewonn:nen und ur- sprünglich als „Isodipyridin“ C,oHioNa, jetzt als „Nicotyrin“ be- zeichneten Produkts.

Auf den folgenden Seiten sollen zunächst das Metanicotia und seine Derivate, dann die Produkte der Zersetzung des Oxynicotins beschrieben werden.

A. Pinner: TDÜeber Nicotin. 585

Metanicotin.

Das Metanicotin kann nach drei Methoden gewonnen werden, aus Acetylmetanicotin, aus Benzoylchloridnicotin und aus Benzoyl- metanicotin.

Acetylmetanicotin. Man erhitzt Nicotin mit etwa der fünffachen Menge Essigsäureanhydrid 10—12 Stunden lang auf 1700, entfernt aus der dunkelbraunen Reaktionsmasse den gröfsten Teil des überschüssigen Anhydrids durch Destillation im Vakuum, versetzt den Rückstand mit etwas Wasser und fügt vorsichtig konzentrierte Pott- aschelösungbis zur alkalischen Reaktion hinzu. Alsdann schüttelt man die Flüssigkeit mit Aether aus. Das bei der Reaktion entstandene Acetylmetanicotin ist zwar schwer in Aether löslich, und man muls 10—12 mal die Ausschüttelung wiederholen, um alle Acetylverbin- dung in die ätherische Lösung zu bringen. Aber gleichwohl ist diese Methode für die Reinigung der Verbindung ganz ausgezeichnet, weil hier ebenso wie bei der Benzoylverbindung die durch tiefgreitende Zersetzung entstandenen schwarzen schmierigen Massen in Aether tast vollkommen unlöslich sind und somit entfernt werden können. Ueberhaupt hat sich bei vielen Nicotinderivaten die Lösung in Aether als vorzügliche Reinigungsmethode bewährt.

Nach dem Verdampfen des Aethers hinterbleibt die Acetyl- verbindung als dicker, gelber Honig, der keine Neigung zum Krystallisieren besitzt. Sie wurde ohne weitere Reinigung analysiert.

0,1592 & Substanz gaben 0,4064 g CO, und 0,1240 g H,O.

0,1658 g Substanz gaben 20,1 cem N bei 220 C. und 743 mm Bar.

Berechnet für C,, Hı3 N,. C, H,0: Gefunden: = =n059 69,62 Proz. 3 11,84 8.65 N = 13.12 13.51.74,

Auf Zusatz von Pikrinsäure zur wässerigen Lösung erhält man einen öligen, langsam zu amorphen Kügelchen erstarrenden gelben Niederschlag, der auch aus Lösungsmitteln (heilses Wasser, Alkohol) nicht krystallisiert erhalten werden konnte. Ebenso erhält man anf Zusatz von Platinchlorid zur salzsauren Lösung einen amorphen Niederschlag. Durch Erhitzen mit Salzsäure auf 100° oder mit Barytwasser auf 140° wird die Acetylverbindung nur schwer und unvollständig verseift. Dafs aber bei der Verseifung nicht Nicotin, sondern Metanicotin entsteht, wurde mit Sicherheit

38*

586 A. Pinner: TDeber Nicotin.

durch das später zu erwähnende charakteristische Pikrat nachge- wiesen.

Benzoylcehlorid-Nicotin C,, Hı4 Na. C, H, OCI. Diese schon in der ersten Mitteilung beschriebene Verbindung erhält man leicht, wenn man Nicotin mit ca. 2 Mol. frisch destilliertem Benzoyl- chlorid eine Viertelstunde auf dem Wasserbad erwärmt, das mit etwas Salzsäure versetzte Reaktionsprodukt mehrere Male mit Aether ausschüttelt, um das überschüssige Benzoylchlorid zu entfernen, die von Benzoylchlorid befreite saure wässerige Lösung mit verdünnter Natronlauge eben alkalisch macht und zur Sicherheit, um Spuren unveränderten Nicotins zu binden, mit einigen Tropfen Essigsäure schwach ansäuert und wiederholt mit Aether ausschüttelt. Beim Verdampfen der ätherischen Lösung hinterbleibt das Benzoylchlorid- Nieotin als etwas bräunliche, dieke, kaum noch fliefsende Masse, die unlöslich ist in Wasser, leicht löslich in Alkohol und in Mineral- säuren, schwer löslich in verdünnter Essigsäure und in Aether. Die salpetersaure Lösung bleibt auf Zusatz von Silbernitrat klar, es liegt also durchaus kein salzsaures Salz vor. Wird dagegen die Substanz mit Kalk geglüht, so giebt mit der nun zersetzten Masse nach dem Lösen in Salpetersäure Silbernitrat einen starken Niederschlag.

Die alkoholische Lösung polarisiert schwach nach links.

A) 0,948 g zu 10 cem in Alkohol gelöst gab eine Ablenkung von 0,40.

B) 1,0780 g zu lO ccm in Alkohol gelöst gab eine Ablenkung von (0,50.

Also an=&A) 4,75, B) 4,64, im Mittel 4,70.

Erhitzt man das Nicotin-Benzoylchlorid 6—8 Stunden mit kon- zentrierter Salzsäure im geschlossenen Rohr auf 100°, so wird es vollständig verseift. Der Röhreninhalt besteht nach dem Erkalten aus ausgeschiedener Benzoesäure und der salzsauren Lösung des Nicotins. Filtriert man die saure Flüssigkeit von der Benzoe- säure ab, verdampft sie, um den grofsen Überschuls von Salzsäure zu entfernen, und stellt aus dem Rückstand durch Auflösen in, Wasser und Versetzen mit Pikrinsäure das Pikrat dar, so erhält man das charakteristische, bei 2180 schmelzende Nicotinpikrat.

Bei der Zersetzung durch Salzsäure wird aus dem Benzoyl- chlorid-Nicotin, welchem die Konstitution

C,;H,N. CHCI. CH,. CH,. CH,. N (CH;). C, H,O

A. Pinner: TDUeber Nicotin. 587

zukommt, zunächst die Benzoylgruppe abgespalten. Es entsteht also das Zwischenprodukt C, H,N. CHCI. CH, CH, CH,. NH CH,, welches aber sofort Salzsäure abspaltet und in 0, H,N. CH. CH,. CH,. CH,. NCH,,

d. h. Nicotin, übergeht.

Kocht man das Benzoylchlorid am Rückflufskühler mit Natrium- alkoholat, so spaltet es nur Salzsäure ab und es entsteht Benzoyl- metanicotin, aus welchem dann das Metanicotin selbst ge-

wonnen werden kann.

Man verdampft die alkoholische Lösung, nimmt den Rückstand in verdünnter Salzsäure auf und versetzt mit Pikrinsäure, wodurch das gleich zu erwähnende Benzoylmetanicotinpikrat, welches bei 1280 schmilzt, als Niederschlag erhalten wird. Zum Überflufs ist in diesem Pikrat noch der Stickstoffgehalt bestimmt worden.

0,1284 x Subst. gaben 16,0 cem N bei 190 und 4758 mm Br.

Berechnet für C,Hj3N2. C,H,O. C,H; N; O;: Gefunden: N = 14,14. 14,28 Proz.

Benzoylmetanicotin C„HjsN;. C,H,0. Das Ben- zoylmetanicotin ist zuerst von Etard dargestellt worden, ohne von ihm erkannt zu werden. Die von Etard angegebene Methode namentlich der Reinigung der Substanz ist wenig zweckmälsig, es sei deshalb die Bereitung hier genauer angegeben.

Um das Nicotin in das Benzoylmetanicotin überzuführen, ist ein grölserer Überschufs von Benzoylchlorid erforderlich, sonst er- hält man nichts als schwarzes Pech. Man fügt zu in einem lang- halsigen, geräumigen Kolben befindlichem Nicotin die doppelte Ge- wichtsmenge Beuzoylchlorid und erhitzt die Masse über freiem Feuer. Bei etwa dem Kochpunkte des Benzoylchlorids tritt in der inzwischen tiefschwarz gewordenen Flüssigkeit unter Entweichen von Salzsäure- dämpfen ein Aufschäumen ein. Zur Vollendung der Reaktion erhitzt man noch etwa 15 Minuten, so dafs die Flüssigkeit in gelindem Sieden bleibt, läfst dann erkalten, übergielst das Produkt zur Ent- fernung von Benzoylchlorid mit Aether und fügt zu der dicken, schwarzen, theerähnlichen Masse etwa l5prozentige Salzsäure. In dieser ziemlich konzentrierten Salzsäure löst sich das Benzoylmeta- nicotin ziemlich leicht, während das Benzoylchlorid und seine etwa

588 A. Pinner: Ueber Niecotin.

schon entstandenen Zersetzungsprodukte (Benzoesäure, Benzoesäure- anhydrid) in dem Aether gelöst bleiben. Nach Entfernung des Aethers schüttelt man noch einmal die saure Flüssigkeit mit Aether aus.

Die so von den nicht basischen Stoffen befreite Lösung ist tiefschwarz gefärbt, kann aber leicht gereinigt werden, weil bei der Verdünnung und bei fraktionierter Neutralisation zuerst die pech- artigen Verunreinigungen niederfallen und durch Filtration der Lösung völlig entfernt werden können.

Man erspart so die von Etard benutzte unzweckmälsige Reini- gung der stark sauren Flüssigkeit mit Tierkoble. Man verdünnt deshalb die saure, vom Aether getrennte Lösung mit etwa dem doppelten Volum Wasser, filtriert vom abgeschiedenen Peach und fügt zum Filtrat vorsichtig und in kleinen Anteilen Natronlauge so lange hinzu, als noch schwarze, pechartige Fällungen dadurch hervorge- bracht werden. Sobald die Fällungen hellbraun werden, filtriert man wieder und setzt nun so lange Natronlauge hinzu, bis die Flüssig- keit nur noch schw.ch sauer reagiert oder neutral ist. Dadurch fällt das schwach basische Benzoyimetanicotin als honiggelbes, dickes Oel nieder und kann leicht im Scheidetrichter, in welehem zweck- mälsig diese Fällung vorgenommen wird, von der darüber stehenden dünnen Salzlösung getrennt werden. Es ist ein honiggelbes, dickes Oel, schwerer als Wasser und kaum löslich darin, schwer löslich in Aether, sehr leicht löslich in Alkohol und Aceton. Es besitzt nur schwach basische Eigenschaften, löst sich deshalb nur in etwas stärkerer Salzsäure und wird daraus so gut wie vollständig durch Alkalien gefällt, während die Flüssigkeit noch sauer bleibt.

Die Reinigung wird beschleunigt und die Ausbeute an reinem Material wesentlich vergrölsert, wenn man die von den nicht basi- schen Stoffen befreite stark saure Lösung mit der 4—5 fachen Menge Wasser verdünnt, von den pechartig ausgeschiedenen Stoffen filtriert, mit Aether überschichtet und vorsichtig mit Natronlauge abstumpft, so lange nach dem Umschütteln lediglich pechartige Massen sich abscheiden. Die Flüssigkeit wird abgegossen, der Aether von der wässerigen Lösung getrennt, die letztere wiederum mit Aether über- schichtet und mit Natronlauge abgestumpft und dieses Verfahren wiederholt, bis die Flüssigkeit kaum noch sauer reagiert. Aus den

A. Pinner: Ueber Nieotin. 589

ätherischen Lösungen, welche das Benzoylmetanicotin in fast reinem Zustande zurücklassen, wird der Aether abdestilliert und wieder benutzt. Das Benzoylmetanicotin ist zwar, wie erwähnt, in Aether schwer löslich, da aber die pechartigen Verunreinigungen so gut wie unlöslich darin sind, wird dadurch eine vorzügliche Reinigung erzielt

Das Benzoylmetanicotin ist auch im Vacuum nicht ohne Zer- setzung destillierbar. Es ist optisch inaktiv.

Um ein gut krystallisierendes Salz daraus zu gewinnen, habe ich nicht wie Etard das Platinsalz gewählt, sondern das Pikrat, weil die Platinsalze für Nicotin und dessen nächste Derivate weniger charakteristisch sind als die Pikrate.

Setzt man zur salzsauren Lösung des Benzoylinetanicotins eine kalte Pikrinsäurelösung, so fällt eiu gelbes, allmählich erstarrendes Oel nieder. Aus verdünntem Alkohol umkrystallisiert bildet das Benzoylmetanieotinpikrat CjoHısN2 . C7H;0 . C5H;3N30, zu Warzen ver- einigte, dünne flache Prismen, die bei 1230 schmelzen und kaum in kaltem, sehr schwer unter Schmelzung in heilsem Wasser, ziemlich leicht in Alkohol löslich sind.

0,2032 g Subst. gaben 0,4098 & CO, und 0,0823 g H,O 0,1529 g Subst. gaben 19,2 ccm N bei 19% C. und 757 mm Bar.

Berechnet für C3H3,,N,05: Gefunden: 0255418 55,00 Proz. el pi 4,52 = N = 1414 14,38

Verseifung des Benzoylmetanicotins.

Zur Zerlegung der Benzoylverbindung wird dieselbe mit der 4—5fachen Menge konzentrierter (25 proz.) Salzsäure in geschlossenem Rohr 12—24 Stunden lang auf 100° erhitzt. Das Reaktionsprodukt wird mit etwas Wasser verdünnt von der abgeschiedenen Benzo&- säure abgesaugt, verdampft und der dunkel gefärbte syrupöse Rück- stand mit Natronlauge alkalisch gemacht und mit Wasserdämpfen die treie Base übergetrieben. Da aber die Base nur äufßserst langsam übergeht (zum Uebertreiben von einigen Gramm muls man mehrere Tage destillieren), so kann man auch in folgender Weise verfahren. Man fügt einen groflsen Ueberschufs konzentrierter Natronlauge hinzu und schüttelt die Basc mit grofsen Mengen Aether aus.

590 A. Pinner: DUeber Niecotin.

Auch hier bewirkt der Aether gleichzeitig eine teilweise Reini- gung der Substanz, indem schwarze schmierige Produkte ungelöst bleiben. Der Zusatz eines grolsen Ueberschusses konzentrierter Natronlauge ist notwendig, weil die Base alsdann ölig sich abscheidet und leichter durch Aether aufgenommen werden kann. Sie ist nämlich äufserst leicht in Wasser, schwer in Aether, sehr schwer in konzen- trierter Natronlauge löslich, so dafs Aether einer wässerigen Lösung die Base kaum zu entziehen vermag.

Die nach Verjagung des Aethers erhaltene Rohbase wird am besten erst im Vacuum, dann bei gewöhnlichem Luftdruck de- stilliert.

Sie ist eine farblose ölige Flüssigkeit von schwachem, an Nieotin erinnernden, aber dock davon verschiedenen Geruch, siedet bei 2750 (uncorr.), entwickelt beim Erhitzen stark zum Husten reizende Dämpfe, ist giftig, doch nicht so stark wie das Nicotin, bringt aber alle charakteristischen physiologischen Wirkungen des Nicotins hervor. Die physiologischen Eigenschaften der Base hat Herr Prof. Falek in Kiel auf meine Bitte durch Herrn Ringhardtz feststellen lassen (s. unten).

0,1830 g Subst. gaben 0,4934 g CO, und 0,1532 g H,0. 0,1770 g Subst. gaben 26,3 ccm N bei 170 C. und 766 mm. Bar.

Berechnet für C,, Hy Na: Gefunden: C = 74,07 Proz. 173,33 Proz. H= 8,70 = 9,30 = N=.17.28, , rien

Das Chlorhydrat, Ci Na. 2HC1, wird durch Auflösen der Base in Salzsäure, Verdampfen der Lösung auf dem Wasserbad, Lösen des eingedampften und im Trockenraum allmählich erstarrten Rückstandes in wenig kaltem absolutem Alkohol und Fällen mit Aether dargestellt. Es ist eine weisse, hygroskopische, äusserst leicht in Wasser, leicht in Alkohol, nicht in Aether lösliche Krystall- masse.

0,1740 g Subst. gaben 0,2114 g AgCl.

Berechnet für 0,9, H44Ns.2H Cl: Gefunden:

Cl = 30,21 30,06 Proz.

Platindoppelsalz, CoHıuN:.H,PtCl;,. Setzt man zur wässrigen Lösung des Chlorhydrats Platinchlorid, so entsteht eine Trübung, welche beim Umrühren sich löst und nach kurzer Zeit

A. Pinner: TDeber Nicotin. 591

schöne, stark glänzende, dicke, flache, gelbrote Prismen aus- krystallisieren läfst. Das Salz ist wenig in Wasser löslich, be- ginnt oberhalb 2300 sich dunkler zu färben und zersetzt sich bei

ca. 255° unter starkem Aufblähen und unter teilweiser Schmelzung. 0,1722 g Subst. gaben 0,1332 &g CO, und 0,049 g H,0,

200. 0,0686 g Pt, 0,1529 g a „. 0,0921 e Et. Berechnet für CO, Hy Na - H, Pt Q];: Gefunden: C = 21,00 Proz. 21,09 Proz. 280 316 Pi 34,210) 34,12 34,07 Proz.

Zum Vergleich wurde auch das Platindoppelsalz des Nicotins dargestellt und auf sein Verhalten in der Hitze untersucht. Selbst- verständlich befanden sich beide Platinsalze an demselben Thermo- meter. Das Platindoppelsalz des Nicotins bildet auch gelbe Prismen, aber von anderem Aussehen, es beginnt erst bei 2550 sich dunkler zu färben und bei 275° unter Zersetzung zu schmelzen. Seine Rein-

heit wurde durch eine Platinbestimmung festgestellt. 0,1252 g Subst. gaben 0,0426 g Pt. Berechnet für Co Hya Ns: H, Pt O];: Gefunden: Pt = 34,21 Proz. 34,03 Proz.

Das Golddoppelsalz, CoHwuNs.2HAuC],, scheidet sich zunächst ölig, allmählich zu gelben kurzen, breiten, flachen Prismen erstarrend auf Zusatz von Goldchlorid zur wässrigen Lösung des Chlor- hydrats aus. Es ist schwer in Wasser löslich, leichter in heilsem Wasser und scheidet sich aus heilsem Wasser ebenfalls zunächst ölig ab. Es schmilzt glatt bei 1600 und zersetzt sich je nach schnellerem oder langsamerem Erhitzen bei 175—185.

0,1295 g Subst. gaben 0.0602 g Au.

Berechnet für O9 Ha Na -2 HAuQ]j;: Gefunden:

Au=46,79 Proz. 46,38 Proz.

Da das Golddoppelsalz des Niecotins noch nicht be- schrieben ist, so sei hier erwähnt, dafs dasselbe nicht ölig fällt, sondern einen hellgeiben, kaum krystallinischen Niederschlag dar- stellt, der in heilsem Wasser sich löst und daraus in kleinen un- ansehnlichen Warzen krystallisiert (nicht zuerst ölig sich abscheidet). Es färbt sich beim Erhitzen oberhalb 150° dunkler, wird allmählich ganz schwarz, und zersetzt sich oberhalb 180° unter teilweiser Schmelzung.

593 A. Pinner: TDUeber Nicotin.

0,1348 g Subst. gaben 0.0642 g Au. Berechnet für Co H4Na-2H AuQ];; Gefunden: 46,79 Proz. 47,63 Proz.

Metanicotinpikrat CjH4uN.s 2 C;H;3N,O;. Setzt man zur salzsauren Lösung des Metanicotins eine kalt gesättigte Pikrinsäure- lösung, so scheidet sich das Pikrat ölig aus. Allmählich erstarrt es zu grofsen Warzen, während zugleich aus der Mutterlauge lange, sehr dünne tadenförmige, in einander verschlungene Nadeln, die wie Alsenfäden aussehen, auskrystallisieren. In heilsem Wasser, noch mehr in heifsem Alkohol leicht löslich, zeigt es beim Erkalten namentlich der wässrigen Lösung dieselbe Erscheinung der erst öligen Abscheidung und nachherigen fadenförmigen Krystallisation. Es enthält 1 Mol. Wasser, welches es bei 80—80° verliert. Beim Erhitzen schmilzt das wasserhaltige Salz bei 114°, erstarrt allmählich, wenn man die Temperatur nicht schnell steigert, weil es Wasser verliert, und schmilzt dann erst bei 163%. Die eigentümliche Krystallform und das Verhalten beim Erhitzen sind sehr cha- rakteristisch für das Metanicotin.

Das Salz wurde nach dem Trocknen im Exsiccator analysiert: g Subst. gaben 0,2942 g CO, und 0,067 g H,O g Subst. gaben 0,2383 & CO, und 0,0612 g H,O 0,1815 g Subst. gaben 27,0 com N bei 170 C und 76+ mm Bar. 0,1903 g Subst. gaben 28,2 ccm N bei 130 C und 764 mm Bar. 0,5376 g Subst. verloren bei 90° 0,0156 g H,O.

je) ar DD DD He je

Berechnet für C;oH4sNs- 2C5H3N;0;. H30: Gefunden: C = 41,38 Proz. 41.70 Proz. 41,70 Proz. Er WIR IR; 3 asier So = ES 17,36: 14,06:005; EI 2,90

Das Metanicotin ist eine tertiär-sekundäre Base. Es vermag leicht ein Säureradikal aufzunehmen. So läßst es sich mit Leichtig- keit in de Benzoylverbindung überführen.

Wird das Metanicotin in Natronlauge gelöst und Benzoylchlorid hinzugefügt, so scheidet sich beim tüchtigen Durchschütteln unter beträchtlicher Erwärmung das Benzoylmetanicotin, Cj9HısNa . C-H;0, als dickes Oel ab. Zur Reinigung wurde es von der Lauge getrennt, mit Salzsäure versetzt und mit Aether geschüttelt, um beigemengtes Benzoösäureanhydrid zu entfernen, alsdann die saure Flüssigkeit

A. Pinner. Ueber Nieotin. 593

alkalisch gemacht, das abgeschiedene Oel in vielem Aether, in welchem es schwer löslich ist, aufgenommen und nach Verjagung des Aethers in Salzsäure wieder gelöst und in das Pikrat überge- führt. Es ist identisch mit dem aus dem Nicotin bereiteten, oben beschriebenen Benzoylkörper. Denn das Pikrat zeigte alle Eigen- schaften, welche die oben beschriebene Verbiudunsr besitzt. Es fiel zunächst ölig, erstarrte sehr langsam zu den charakteristischen Warzen, schmolz bei 128°, verhielt sich genau wie jenes inbezug auf seine Löslichkeit in Wasser und Alkohol und lieferte bei der Analyse recht gut stimmende Zahlen. 0,1770 g Substanz gaben 0,3615 g CO, und 0,0726 g H,O.

0,1384 g R S 16,7 cem N bei 120 und 762 mm Bar. Berechnet für Co His N, 8 C, H,O e 07 HB, N; 07 3 Gefunden 7 072-25554757Pr0Z 55.10, Proz 1 2 eye ne 7 De AROO NER Nie ee 14.356..8,

Die Entstehung der beschriebenen Benzoylverbindung auf dem hier angegebenen Wege ist ein vollgültiger Beweis nicht nur für die Imidnatur des Metanicotins gegenüber dem Nicotin, aus welchem bei gewöhnlicher Temperatur eine Benzoylverbindung in keiner Weise zu erhalten ist, sondern auch dafür, dals die bei 2000 aus Nicotin und Benzoylchlorid entstehende Verbindung nicht etwa Benzoyl- nicotin ist, welches bei der Zersetzung mit Salzsäure eine Ver- änderung erleidet, sondern Benzoylmetanieotin.

Wie man aus allen diesen Thatsachen erkennen kann, unter- scheidet sich das Matanicotin vom Nicotin hauptsächlich dürch seinen weit höhern Siedepunkt, durch seine weit geringere Flüchtigkeit mit Wasserdämpfen und seine geringere Löslichkeit in Aether. Zumeist aber dadurch, dals es eine sekundäre Base ist, denn es lälst sich, im Gegensatz zum Nicotin, in alkalischen Flüssigkeiten mittels Benzoylchlorid äufserst leicht in die Benzoylverbindung überführen. Dann ist sein Pikrat sehr leicht von dem des Nicotins zu unter- scheiden. Dasselbe kann bequem zur Charaktcrisierung der Base benutzt werden. Auch das Golddoppelsalz ist recht verschieden von dem des Nicotins. Der besseren Uebersicht wegen mögen die charakteristischen Unterschiede zwischen Nicotin und Metanicotin in einer kleinen Tabelle zusammengestellt sein.

A. Pinner:

Ueber Nicotin.

Niecotin

Metanicotin

1. Freie Base, | Bei 2450 siedendes Oel, in

Bei 275-2780 siedendes Oel,

CoHuNs. |reinem Wasser sehr leicht in reinem Wasser sehr leicht löslich, durch starke Lauge | löslich, durch starke Laugen aus wässriger Lösung ab- | aus wässriger Lösung ab- scheidbar, eigentümlich rie- | scheidbar, riecht schwächer chend, aus stark alkalischer | als Nicotin, aus stark alka- Flüssigkeit mit Aether leicht |lischer Flüssigkeit mit ausschüttelbar, mit Wasser- Aether sehr schwer aus- dämpfen ziemlich leicht |schüttelbar. mit Wasser- flüchtig, sehr stark links- | dämpfen sehr schwer flüch- drehend, liefert nach der tig, opisch inaktiv, lälst Schotten - Baumann’schen | sich nach der Methode von Methode keine Benzoylver- | Schotten - Baumann sehr bindung. | leicht benzoylieren.

2. Chlor- |Zertlie[slicheKrystallmasse, | Zerflielsliche Krystallmasse,

hydrat, die beim Eindampfen ihrer | die beim Abdampfen ihrer CH Na. Lösung unter Zerfall in die | Lösung sich nicht zu ver- 2 HCl. | Komponenten sich zum Teil | Hüchtigen scheint. verflüchtigt.

3. Platin- | Gelbe Prismen, die bei 2500 | Gelbrote Hache Prismen von doppelsalz, |sich dunkler zu färben be- | ganz anderem Habitus, fär-

CoHıuNs - ginnen und bei ca. 2750| ben sich schon bei ca. 2350 H, Pt C],. | unter Schmelzung sich zer- | dunkler und blähen sich bei setzen. ca. 2550 unter teilweiser

Schmelzung stark auf.

4. Gold- Kaum krystallinischer, hell- | Kurze dicke Prismen, tiefer doppelsalz, | geiber Niederschlag, beginnt | gelb gefärbt, schmilzt glatt 10 Hı4 Na - bei ca. 165° sich dunkler zu | bei 1600 zu einer gelbroten

2HAuCl], |färben und zersetzt sich | Flüssigkeit und zersetzt

unter teilweiser Schmelzung | sich bei ca. 1850 unter Auf- bei ca. 1900. schäumen.

5. Pikrat, |Gelbe, stark glänzende| Lange, fadenartig ge-

CoHuN:. kurze Prismen, wasserfrei, krümmte Nadeln, enthält 20,H;N,0,. [schmilzt glatt bei 2180.)1H,0, schmilzt wasser- Scheidet sich sofort auch | kaltigbei 1140, wasserfrei bei

aus heilsen Lösungen kry- stallinisch ab.

1630, scheidet sich aus heilser Lösung zunächst ölig ab.

Methylmetanicotin-Jodmethylat, Co Hız Na. CH, .2 CH, J.

Setzt man Jodmethyl zu Metanicotin, so findet eine üulserst heftige Reaktion statt. Dagegen erhält man leicht isolierbare Pro-

dukte, wenn man das Metanicotin mit etwa dem dreifachen Gewicht Holzgeist verdünnt, Jodmethyl (wenigstens je drei Moleküle auf 1 Mol. Metanicotin) hinzufügt und nach mehrtägigem Stehen die

klare Flüssigkeit im Vacuum verdunsten läfst.

Es krystallisiert das

A. Pinner: Teber Nicotin. 595

Jodmethylat und kann bequem aus absolutem Alkohol umkrystalli- siert werden.

Man erhält dieselbe Verbindung, wenn man Metanicotin in me- thylalkoholischer Lösung mit Jodmethyl in geschlossenen Röhren 24 Stunden lang auf 100° erhitzt.

Das Jodmethylat bildet farblose Nadeln, die nicht hygroskopisch sind, sehr leicht in Wasser, ziemlich schwer in kaltem Alkohol, nicht in Aether sich lösen und bei 1890 schmelzen. Seine Zusammen- setzung ist (Co Hıs N: . CH,) . 2CH3J.

0,1346 g Subst. gaben 0,1668 g CO, und 0,0756 g H,O 0,236 g Subst. gaben 0,2422 g AgJ 0.2038 g Subst. gaben 0,2076 g AgJ

Berechnet für C,3 Has Na J5: Gefunden: C = 33,91 Proz. 33,80 Proz. RE 624, 1 595,46 55,05 Proz.

Wie man sieht, entsteht sogleich das Jodid der quaternären Base:

Der Nachweis, dafs im Metanicotin eine doppelte Bindung ent- halten ist, welche sich gänzlich verschieden von den Doppelbindungen im Pyridinkern des Nicotins verhält, wurde durch die Art der Ein- wirkung von Brom auf die Base erbracht.

Einwirkung von Brom auf Metanicotin.

Wie nämlich trüher gezeigt worden ist!), entsteht bei der Einwirkung von Brom auf Nicotin in eisessigsaurer Lösung bei ge- wöhnlicher Temperatur das Perbromid des Dibrom- cotinins, C,, Hj, Bra N;O . HBr. Br,, und in bromwasserstoffsaurer Lösung bei 100° das Bromhydratdes Dibromticonins, Co H; Bra N, O,.HBr. Beide Verbindungen entstehen nur langsam. Fügt man hingegen Brom zu eisessigsaurer Lösung des Metanicotins, so scheidet sich unter starker Erwärmung ein gelbrotes, langsam krystallisierendes Oel ab, desgleichen wenn man zu einer brom- wasserstoffsauren Lösung der Base Brom hinzufügt. Setzt man aber zu dem Reakiionsprodukt einen Krystallsplitter der bereits erstarrten Substanz hinzu, so findet augenblicklich unter Erwärmung Krystalli-

1) Archiv a. a. O. S. 400.

"596 A. Pinner: Ueber Nicotin.

sation des Oe!s statt. Die Krystalle sind das Perbromid einer sauerstofffreien Base.

Die Krystalle, gelbrote Nadeln, sind sehwer in Wasser lös- lich, schmelzen bei 1700 zu einer dunkelroten Flüssigkeit und gleichen in ihrem Verhalten dem Perbromid des Dibromeotinins. Sie haben die Zusammensetzung Co Hıı Bra N, 2HBr. Br.

Da es bei der Analyse der durch Einwirkung von Brom aut Nicotin und dessen Derivate entstehenden gebromten Produkte zu- meist darauf ankommt, die Form, in welcher das Brom in der Sub- stanz vorhanden ist, mit Sicherheit festzustellen, ob es nämlich als HBr, oder als leicht zu HBr reduzierbares Br im Perbromid, oder endlich als integrierender Bestandteil der gebromten Base selbst ent- halten ist, habe ich, wie bereits in der ersten Mitteilung ausein- andergesetztist, mich dreier Methoden zurBestimmung desBroms bedient:

1. Reduzieren mit schwefliger Säure von bekanntem Gehalt an SO,, um das als Perbromid vorhandene Brom zu bestimmen,

2. Fällen der reduzierten Substanz mit Silbernitrat, um die Menge des als HBr und als Perbromid vorhandenen Broms zu ermitteln,

3. Glühen der Substanz mit Kalk und Fällen der in Salpeter- säure aufgenommenen Masse mit Silbernitrat, um die Gesammtmenge des Broms zu bestimmen.*)

*) Anmerkung. Wie notwendig eine derartige genauereBestimmung des Broms iu den t’rodukten der Einwirkung von Brom auf Nicotin und dessen Derivate ist, zeigte aufs Klarste eine vor Kurzem er- schienene Abhaudlung von Oliveri ın Gazzetta chimica XXV,59 u. f. „Su!la costruzione della nicotina“, in welcher unter andereu bereits von anderen Forschern ausgeführten Versuchen auch die Einwirkung von Brom auf Nicotin von Neuem studiert worden ist.

Herr Oliveri hat das Brom abweichend von früheren For-<chern in der Weise auf Nicotin einwirken lassen, dals er Brom zu ge- trocknetem bromwasserstoffsauren Nicotin hinzufügte, um wie er glaubte, dadurch die Umwandlung des Nicotins in sauerstoffhaltiga Derivate (Dibromcotinin und Dibromticonin) zu umgehen.

Gewogene Menge: Nicotin wurden iu das bromwasserstoffsaur® ‚Salz verwandelt, das Salz getrocknet und dann entweder mit je 2 Atomen Brom oder mir 4 atomen versetzt (auf l Teil Nicotin 1 oder 2 T. Brom). Im ersten Fall soll ohne Gasentwicklung eine rotbraune Masse entstehen, welche nach 5 Tagen zu rotbraunen Nadeln kry- stallisiert war. Die Krystalle ergaben 65.78 Proz. Brom, folglich, so schlielst Herr Oliveri, waren sie Co H4: Ns. HBr.HBr; zusammen- gesetzt, denn diese Formei entspricht eiuer Substanz mit 66,1 Proz. Brom. Herr Oliveri glaubt aus einer einzigen Brombestimmung die Zusammensetzung dieser komplizierten und so schwer in reinem

A. Pinner: Ueber Nicotin. 597

1. 0,6070 g Substanz brauchten so viel schwetflige Säure zur Entfärbung, als 19,9 ccm 1/,, Normal-Jodlösung entspricht = 0,1592 g Br.

2. 0,503 g Substauz wurden mittels SO, in Lösung gebracht und mit Silbernitrat gefällt. Erhalten 0,5954 g AgBr.

3. 0,1314 g Substanz mit Kalk geglüht etc. gaben 0,2295 g AgBr

Berechnet für C,, Hı4 Bra Na. 2 H Br. Brz: Gefunden: Br als Perbromid 24,84 Proz. 26,23 Proz, Br als HBr + Perbrowid = 49,68 „, 50,37 Br überhaupt —un 25 PR 14,422

Das bromwasserstoffsaure Metanicotinbromid selbst welches bei der Reduktion des Perbromics wit schwefliger Säure entsteht, die Zusammensetzung CH, BraNs.2HBr besitzt und im Gegensatz zum Dibromcotinin zweibasisch ist, ist wegen seiner Leichtlöslichkeit in analysierbarem Zustande nicht erhalten worden. Setzt man zu der Lösung des Salzes verdünnte Natronlauge, so scheidet sich ein mit Aether ausschüttelbares Oel ab, welches nicht destillierbar ist und sich schon beim Verdunsten des Aethers dunkel färbt. Um es zu analysieren, wurde es in das Pikrat übergeführt. Dabei stellte sich heraus, dafs durch die Natronlauge aus dem Dibromid ein Molekül HBr abgespalten wird und das Monobrom-

Zustande zu gewinnenden Substanzeu erschlielseu zu können. Bei- läufig sei erwähnt. dals denselben Bromgehalt Cahoursund Eta: , aulserdem Laiblin gefunden haben, trotzdem, wie ich früher nach- gewiesen habe, die ersteren unreines Dibromeotininperbromid, der letztere ein Gemisch dieses Körpers mit bro. wasserstoffsaurem Dibromticonin in Händen gehabt haben. Aber noch mehr. Diese Krystalle werden in zwei Teile geteilr, der eine Teil mitAmmoniak zersetzt, mit Aether ausgezogen und der Auszug destilliert und als un- verändertes Nicotin erkannt. Der zweite Teil wird erst auf 700 er- hitzt, dann mit verdünnter Kalilauge zersetzt (warum nicht mit Ammoniak ?), dabei ein öliger Nie iierschlag erhalten, der mit Wasser gewaschen, ın Salzsäure gelöst und mit Pikrinsäure gefällt wurde. Diese Fällung ist eine rorbraune Masse, also amorph. bei 1030 schmelzend, aus deren Brom- und Stickstoffbvestimmung Herr Oliveri die Zusammensetzung CHjsBr Ng.C,H,N,;0, erschliefst. Folglich würde nach Oliveri «urch das Erkitzen aut 70° zunächst dia Ver- bindung O5, Hj4 Bra Ng.2 H Br entstanden sein, welche durch Kalilauge Bromwasserstoff abspaltet und in O9 H,; BrN, übergeht. Es fällt so- fort aut, dafs dieses vermeintliche Bromnicotin nur mit einem Mol. Pikrinsäure verbunden ist, während das Nıcotin, das Metanicotin und das gebromte Metauicotin zweisäurige Basen sind. Aber aus der ein- maligen, nicht einmal vollständigen Analyse einer nicht reinen Sub- stanz (das Pıkrat war ja augeuscheinlich nicht rein) derartige Seulüsse zu ziehen, war mehr als gewagt.

Bei einer Wiederholung dieser Versuche habe ich auch that- sächlich andere Resultate erhaitev. Wenn man 2 Atome Brom zu gut

598 A. Pinner: Ueber Nicotin.

metanicotin, Ca H;3 BrN,, sich bildet: Cj, Hıı Bra N—HBr = C,, H,3 BrN,.

Das Pikrat C,H, BrN;,.20,H;,N; O, fällt als langsam er- starrender öliger Niederschlag, der aus heilsem Wasser, worin er ziemlich leicht löslich ist, bequem umkrystallisiert werden kann und dann gut ausgebildete, durchsichtige, bei 1900 unter Zersetzung schmelzende Prismen bildet. In Alkohol ist das Salz leicht löslich.

0,1540 g Subst. gaben 0,2144 g CO, und 0,0456 g H,O.

0,1320 g Subst. gaber 18,9 ccm N bei 200C. und 754 mm Bar.

0,2070 g Subst. mit Kalk verbrannt gaben 0,0558 g Ag Br.

Berechnet für Co Hı43 BrN3.20,H,N, O,: Gefunden; CH S717 Proe 37,97 Proz. ie NR 3,29 N, 16:02. 16 2300 Br=114 1147 MR

Es war von hohem Interesse, zu untersuchen, ob dieses. Monobromprodukt ein Derivat des Nicotins oder Metanicotins sei, denn es konnte das Brom sowohl mit Wasserstoff aus dem NHCH, als auch aus dem benachbarten CH Br als Bromwasserstoff austreten:

getrocknetem bromwasserstoffsauren Nicotin setzt, erhält man keine flüssige Masse, wie Herr Oliveri angiebt, sondern nur ein Teil des schnell gepulverten Salzes, welches bekanntlich äulserst hygroscopisch ist, bildet mit dem Brom eine dicke dunkelbraune halbflüssige Masse, während ein sehr erheblicher Teil fest bleibt und augenscheinlich an der Reaktion sich gar nicht beteiligt. Dieser Zustand ändert sich bei gewöhnlicher Temperatur nur wenig. Dagegen beobachtet man etwas Bromwasserstoffentwicklung, wenn das Reaktionsgefäls geöffnet wird. Die Bromwasserstoffentwicklung wird stärker, wenn das Gefäls in 70 Grad heilses Wasser eingesetzt wird. Ich habe diese Temperatur etwa 12—15 Stunden erhalten. Nach dem Erkalten ist die Masse fast fest und besteht aus einer von amorpher dunkler Substanz durch- setzten Krystallmasse, welche uuter der Lupe meist farblose Nadeln (bromwasserstoffsaures Nicotin) erkennen läfst Setzt man Wasser zu dieser Substanz, so bleibt eine dickflüssige, dunkelbraune Masse un- gelöst. Diese liefert beim Schütteln mit 5 proz. Natronlauge oder etwa 10 proz. Pottaschelösung ein kaum lösliches Harz, welches sehr viel Dibromcotinin enthält. und eine Flüssigkeit, die beim Ausäthern ein dunkles Oel liefert, das beim Stehen teilweise zu farblosen Nadeln erstarrt. Das Oel ist ein Gemisch von Nicotin und Dibromeotinin, CH Bra N;0. Mach meinen Erfahrungen verläuft also die Reaktion zwischen Brom und Nicotin unter diesen Umständen genau So, wie wenn eine wässrige oder eisessigsaure Lösung von Nicotin oder dessen Bromhydrat angewendet wird. Nur bleibt bei der zu geringen Menge von Brom der grölste Teil des Nicotins unverändert. Aber infolge der ungünstigen Bedingungen verharzt ein Teil der Substanz und er-

A. Pinner; Ueber Nicotin. 599

C;H,N.CHBr.CHBr CH,

CH,. NH CH, konnte geben entweder

C,H,N.CH— CHEr C,„H,N.CH=(CBr a: oder CH; CH, . N—— CH, CH,. NH CH,

im ersten Falle mufste Bromnicotin, im zweiten Brommetanicotin entstehen, die Entscheidung war mit Sicherheit durch Entbromung mittels Zink und Salzsäure herbeizuführen, im ersten Falle mufste Nicotin, im zweiten Metanicotin entstehen. Das Experiment entschied für den zweiten Fall. Wird das Brommetanicotin in Salzsäure ge- löst und Zinkstaub eingetragen, schwach erwärmt und das Filtrat in das Pikrat übergeführt, so erhält man das so charakteristische Pikrat des Metanicotins, keine Spur von Nicotin.

Endlich wurde noch versucht, ob vielleicht aus dem Meta- nicotindibromid C,, Hı, Bra N; durch Behandlung mit Zink und Salz- säure das Dihydrometanicotin C,, Hıs Na gewonnen werden könnte.

schwert die Reinigung. Soweit aus meinen Versuchen Schlüsse zu ziehen erlaubt ist, ist es mehr als zweifelhaft, ob durch das Erhitzen auf 70 Grad die Bildung des Dibromeotinins erfolgt, vielmehr scheint zunächst ledigiich Nicotinperbromid zu entstehen und erst durch den Zusatz verdünnter Natronlauge zu dem Nicotinperbromid. also durch die Entstehung des unterbromigsauren Salzes, die Reaktion zwischen Brom und Nicotin zu erfolgen. Ich habe nämlich gefunden, dafs, weun man das Rohmaterial mit Wasser zunächst auslaugt, um un- verändertes bromwasserstoffsaures Nicotin zu entfernen, dann die braunschwarze, dickflüssige Masse, welche usgelöst bleibt, in 2 Teile teilt, den einen erst mit schwefliger Säure versetzt, um das Perbromid zu reduzieren, und darn alkalisch macht, den andereu dagegen direkt mit ver‘ünnter Natronlauge alkalisch macht, man im ersten Teil ledig- lich Nicotin erhält, im zweiten Teil dagegen neben Nicotin das Dibromeotirin. Aber auch wenn man Nicotinbromhydrat, trocken oder in Lösung, mit Brom versetzt einige Zeit stehen lälst ohne zu er- hitzen, erhält man dieselben Resultate. Das würde auch im Einklang sich befinden mit den von mir früher beobachteten Erscheinungen, welche bei der Einwirkung von Brom auf Nicotin stattfinden. Zur Konstatierung der Produkte habe ich auch die pikrinsauren Salze an- gewendet, habe aber nicht aus Alkohol, sondern aus Wasser oder ganz verdünntem Spiritus wiederholt umkrystallisiert und dadurch die Verharzungsprodukte entfernt. Die bei verschiedenen Versuchen gewonnenen Pikrate schmolzen bei 178—180 Grad und besalsen aulser dem Schmelzpunkt die Krystallform, die Löslichkeit und endlich die Zusammensetzung des Dibromcotininpikrats.

Arch. d. Pharm. CCXXXIIL Bds. 8. Heft. 39

600 A. Pinner: TDUeber Nicotin.

Es wurde deshalb das durch schweflige Säure reduzierte Perbromid direkt mit Zink und Salzsäure längere Zeit bei gewöhnlicher Tem- peratur in Berührung gelassen, hierbei aber ebentalls ausschliefslich Metanicotin erhalten, wie durch das Pikrat und das Goldsalz fest- gestellt werden konnte.

Zersetzung des Metanicotins. Bei der Darstellung einer etwas grölseren Menge Metanicotin, wobei in der Weise ver- fahren wurde, dafs Benzoylmetanicotin mit starker Salzsäure bei 100% zersetzt, die von der abgeschiedenen Benzo&@säure abfiltrierte Lösung verdampft und der Rückstand zur Sicherheit, dafs sämtliche Benzoylverbindung zerlegt sei, einige Zeit mit Natronlauge gekocht und mit Aether ausgeschüttelt wurde, konnte die Beobachtung ge- macht werden, dals das nach dem Verjagen des Aethers verbleibende Oel nur zum gröfseren Teil bei 2750 destillierte und einen nicht ohne völlige Zersetzung bei weit höherer Temperatur destillierenden Rückstand lies. Auch als ein anderer Teil zuerst im Vakuum

1. 0,0993 g Subst. gaben 11,0 ccm N bei 220 ©. und 761.3 mm Bar. 0,1405 g Subst. gaben 0,0958 g Ag Br.

2. Von einer andern Darstellung gaben 0,1493 g Subst. 16,7 ccmN bei ?2° C. und 752 mm Bar. 0,1946 g Subst. 0,1335 g Ag Br. 0,1169 g Subst. 0,0788 & Ag Br.

Berechnet für C,, Hıo Bra N>0. C,H, N; 0,: Gefunden: N = 12,43 Proz. 12,56 Proz. 12,53 Proz. Br = 2842 29,01 .29,19—28,68 Proz.

Dann hat Herr Oliveri trockenes Nicotinbromhydrat mit 4 Atomen Brom versetzt und die halbflüssige dunkelrotbraune Masse nach l4tägigem Stehen mit Schwefelkohlenstoff gewaschen und eine Brombestimmung ausgeführt Aus dieser Brombestimmung der halb- tlüssigen schmierigen Masse berechnet Herr Oliveri eine Formel CoHıNsBr,. HBr.HBır,, obwohl eine solche Verbindung etwa 1,4 Proz. Brom mehr enthältals er gefunden. Woraus Herr Oliveri schlielst, dals ein einheitliches Produkt vorliegt und dals die 6 Atome Brom in der Verteilung sich befinden. wie durch die Formel ange- deutet ist, wird nicht mitgeteilt. Diese Masse zersetzt Herr Oliveri mit alkoholischer Kalilauge, also wieder in anderer Weise als vorher, ohne Begründung, warum die Abänderung der Versuche erfolgt, und findet, dafs ein grolser Teil verharzt, und nur von einem sehr kleinen Teil bereitet er ein Platinsalz, bestimmt den Platingehalt und glaubt nun, er hätte das Platinsalz des Dibromticonins in Händen. So viel aus der kurzen Beschreibung zu ersehen ist, scheint es das Platinsalz des Dibromeotinins gewesen zu sein, womit die einzige mitgeteilte Platinbestimmung auch vorzüglich übereinstimmt.

Es braucht kaum erwähntzu werden, dals die vonOliveri ge- wählten Bedingungen für die Gewinnung chemisch reiner Produkte so ungünstig wie möglich sind.

u I u.

A. Pinner: DUeber Nicotin. 601

destilliert wurde, hinterblieb ein solcher Rückstand, der zwar in Salzsäure, nicht aber in Wasser leicht löslich war. Es wurde ver- sucht, diesen Rückstand mit Quecksilberchlorid zu reinigen, wodurch zwar die färbenden Beimengungen entfernt, aber keine einheitliche Substanz gewonnen werden konnte. Bei der Analyse mehrerer solcher Rückstände wurde mehr Kohlenstoff und weniger Stickstoff und Wasserstoff gefunden, als Metanicotin enthält.

1. 0,1470 g Substanz gaben 18,0 ccm N bei 220 C und 764 mm Bar.

0,1620 g > 0,4502 g CO, und 0,119 g H,O. 2. 0,1250 g S A 14,0 cem N bei 210 C und 758 mm Bar Berechnet für O,, Hıs Na: Gefunden: T. 2. Ns 1.17.:28° Proz; 13,95 Proz. 12,72 Proz. U Ze N40T, 193138, ©; Eure: 816, =

Aber zugleich wurde beobachtet, dafs das zuerst übergehende Metanicotin ammoniakalisch roch, während reines Metanicotin ohne jede Zersetzung destilliert. Es wurde deshalb mit Erfolg versucht, das Metanicotin durch Erhitzen mit Basen zu zersetzen, und zwar wurde auch hier heils gesättigtes Barytwasser genommen und 10 bis 12 Stunden mit dem Alkaloid auf 1700 erhitzt. Dabei scheidet sich ein gelbes dickes Oel ab, während die Flüssigkeit deutlich den Ge- ruch nach flüchtigen Aminbasen annimmt. Man destilliert den Röhren- inhalt, um die Aminbasen zu entfernen und fängt das Destillat in Salzsäure auf.

Beim Abdampfen der salzsauren Lösung des Destillats hinter- bleibt ein in Alkohol leicht lösliches Salz, welches durch sein charakteristisches, bei ca. 2200 schmelzendes Platinsalz mit Sicher- heit als Methylaminsalz erkannt werden konnte. Der Destillations- rückstand wird ausgeäthert, die ätherische Lösung zur Entfernung von unverändertem Metanicotin mehrere Male mit stark verdünnter Essigsäure ausgeschüttelt und nach dem Trocknen verdampft. Es hinterbleibt eine durchsichtige, gelb gefärbte, beim Erwärmen leicht flüssig werdende Masse, welche wenig in Wasser sich löst, auch in stark verdürnter Essigsäure schwer, leicht in Salzsäure löslich ist. Die Substanz wurde direkt analysiert und gab Zahlen, aus denen sich die Formel C, H, N berechnen läfst, aber sie scheint etwas fest gebundenes Wasser (ca. 2 Proz.), vielleicht als

39*

602 A. Pinner: Ueber Nicotin.

C, H,, NO, zu enthalten. Dagegen gab das Pikrat gut stimmende Zahlen. 1. 0,1430 g Subst. gaben 13,3 ccm. N bei 240 C. und 760 mm Bar. 0,1340 g Subst. gaben 0,3954 g CO, und 0,0890 g H,O. Substanz anderer Darstellung. 2. 0,1660 g Subst. gaben 15,1 ccm N bei 22° C. und 757 mm Bar. 0,1364 g Subst. gaben 0,4010 g CO, und 0,090 & H,O.

Berechnet für CyH,N: Gefunden: 1. 2. N = 10,68 Proz. 10,43 Proz 10,26 Proz. BT —US2MaN 80,47 „, 80,17 ug 1381... 1,3%

Die Substanz war vor der Analyse bei ca. 90% getrocknet worden Wenn die Verbindung ca. 20 Proz. CgH,,NO enthielte, würde sie 80,2 Proz. C, 7,0 Proz. H. und 10,4 Proz. N verlangen.

Das Pikrat, C,H,N. C,H3N;0,, erhält man, wenn man zu der warmen Lösung der Base in sehr verdünnter Salzsäure eine warme Pikrinsäurelösung setzt und sogleich von dem ausgeschiedenen Harz filtriert. Aus dem Filtrat scheiden sich allmählich kleine gelbe Warzen aus, welche kaum in kaltem, ziemlich leicht in heifsem Wasser und in Spiritus sich lösen und glatt bei 1510 schmelzen.

0,1202 g Subst. gaben 16,6 ccm N bei 270 C. und 763 mm Bar. 0,2178 g Subst. gaben 0.4018 g CO, und 0,00738 g H,O.

Berechnet für C,H,N . C5H3N 30; : Gefunden: N = 15,55 Proz. 15,30 Proz. C 30:00: ; 50,3115'% 150 1 2} 5 ep 3u0n1%

Wie man aus dem Verhalten der Base gegen Essigsäure er- sieht, besitzt die Verbindung C;H;N nur schwach basische Eigen- schaften. Ihre physikalische Beschaffenheit zwingt zu der An- nahme, dafs ihr Molekül ein mehrfaches von C3H;N, vielleicht CjsH,sNa u. 8. w. ist.

Durch die Einwirkung von Alkalien zerfällt also das Metanicotin leicht in Methylamin und ein dem Styrol entsprechendes Pyridinderivat, welches unter den Bedingungen seiner Bildung sich polymerisiert und deshalb dem Distyrol vergleichbar ist. Unter gleichen Bedingungen ist Nieotin von Basen vollständig unangreifbar, wie Vergleichsver- suche mit Nicotin und Metanicotin ergeben haben. Es muls dem-

A. P inner: Ueber Nicotin. 603

nach im Metanicotin die ebenso wie im Nicotin vorhandene CH,- Gruppe gleichsam exponierter sich befinden, als in der isomeren Base. Das ist auch leicht verständlich, wenn das Metanicotin als C,H,N.CH=CH-CH,—CH,. NHCH, aufgefafst wird. Durch die Wirkung der Alkalien würde, ebenso wie bei den ungesättigten Fettsäuren mit Sicherheit nachgewiesen ist, die doppelte Bindung bis zum letzten Kohlenstoffatom vorrücken und nun kann leicht durch Abspaltung von Methylamin ringförmige Bindung eintreten, so dals dem polymeren C,H, N die Konstitution

C,H,N.CH,.CH—CH=CH | | zuzuschreiben wäre. C,;,H,N.CH,.CH— CH-CH

Im Anschlufs an die Besprechung der chemischen Umwand lungen des Metanicotins seierwähnt, dafs Herr Brühl das Brechungs- vermögen des Metanicotins neben dem des Nicotins zu untersuchen die Güte hatte und über das Ergebnis seiner Untersuchung Folgen- des mitteilt:

Nicotir: 1. Präparat eigener Sammlung: Ma DMixa My— Vie 159,7 48,65 48,97 1,87 2. Präparat von Pinner: 160,3 49.02 49,36 1,88 CH N HC CH» berechnet für | ah z Bea N CH, N CH, 48,77 49,24 1,83

Die Uebereinstimmung aller Konstanten ist eine so gute, dals die obige Strukturformel als optisch durchaus bestätigt gelten kann.

Metanicotin.

P ade Ma Mxa M,Nie 161,8 51,45 51,92 2,13

Die Konstanten sind also viel grölser als die enigen des Nicotins; während für die eventuelle, früher dem Nicotin selbst zugeschriebene Struktur

604 A. Pinner: Ueber Nicotin. CH CH(C,H,) HC L N ev N CH» | | annähernd dieselben Konstanten zu erwarten wären, HC er CH, Y NER

wie für die obige Konstitutionsformel des Nicotins. Keine derselben entspricht also dem spektrometrischen Verhalten des Metanicotins. Für die wahrscheinlichste Struktur dieses Körpers

/N.CH:CH.CH,.CH,.NH.CH,

we) INKL N lassen sich die optischen Konstanten gegenwärtig nicht genau, sondern nur näherungsweis berechnen ; sie müssen nämlich, wegen der Nach- barschaft einer Aethylengruppe und des Pyridinkerns, etwas grölser sein als die Werte: Ma Mina M,— Ma 50,29 50,60 2,01 welche einem Körper von der Struktur

Ver sun en

ee

N zukommen würden. In der That sind die gefundenen Konstanten des Metanicotins etwas grölser und damit ist die Pinner sche Struktur- formel optisch bestätigt.

Die Gegenwart eines Doppelringes im Nicotin, und eines ein- fachen mit Aethylenbindung in der Seitenkette beim Metanicotin, wird auch durch das Molekularvolumen = angezeigt. Denn da erfahrungsge- mä/s das Molekularvolum durch Ringschliefsung infolge von Wasser- stoffabspaltung mehr abnimmt als bei stawtfindender Aethylenbindung so muls das Molekularvolum des Nicotins kleiner sein als dasjenige des Metanicotins, wenu die resp. Strukturformeln von Pinner zu- treffen. Thatsächlich ist auch das Molecularvolum des Nicotins das Kleinere.

Somit finden jene Formeln durch das gesamte physikalische Ver- haiten eine Bestätigung. Insbesondere ist aber die Gegenwart einer Aethylenbindung in der Seitenkette des Metanicotins als vollkommen sichergestellt zu bezeichnen,

Schlie(slich seien noch die Resultate erwähnt, welche Dr. Ringhardtz bei seinen auf Veranlassung des Herrn Prof. Falck an Tieren ausgeführten Versuchen mit Metanicotin gewonnen hat.

Die Wirkung des Metanicotins ist an Fröschen, an Hunden und an

A. Pinner: DUÜeber Nicotin. 605

Tauben studiert worden. Herr Ringhardtz falst die Ergebnisse seiner Versuche in folgenden Sätzen zusammen :

1. Wirkung auf Frösche:

„Kleinste Mengen des Giftes wirken in der Weise auf das Tier ein, dals es nur schwer zum Sprunge veranlalst werden kann. Etwas grölsere Gaben lassen die Zeichen der Schwäche schon deutlicher hervortreten, bewirken aber fast gleichzeitig in der Haltung der Tiere eine auffallende Aenderuug: Die Tiere sitzen meist mit stark nach oben gerichtetem Kopfe unbeweglich da; sieht man genau zu, so be- merkt man, dals die Hinterbeine fast ruckweise stärker und stärker an den Körper derart herangezogen werden, dals die Enden der Unter- schenkel sich in der Mittellinie des Rückens mehr und mehr nähern und über einander geschlagen werden. Die Arme sind über der Brust gekreuzt. Werden in diesem Stadium die Beine von dem Körper ab- gezogen, was nicht sehr leicht ausführbar, so werden sie sofort wieder nach dem Nachlafls der Kraft in die vorhergehende Stellung zurück- gebracht. Nach einiger Zeit bleiben aber die Beine von dem Körper ab liegen und werden erst später herangezogen; doch auch dies ge- schieht nicht immer. Die Tiere liegen schlaff da. Auf den Rücken gelegt, bemerkt man, dals die Arme längere Zeit, in jede beliebige Stellung gebracht, steif in dieser verharren.

Ist die Gabe grols genug gewesen, dann treten an dem sonst lang gestreckt liegenden Tiere jetzt krampfige Bewegungen hervor, Streck- ungen, die mehriach dem Öpisthotonus entsprachen, auch wie der Strychnintetanus wiederholt spoutan, resp. nach Reizen hervortraten. Dann aber macht die krampfige Erscheinung der Lähmung Platz: Die Tiere liegen völlig regungs- und reaktionslos da. Der Herz- schlag ist zunächst noch durch die Brustwand wahrnehmbar, später ergiebt die Oefinung der Brust starke Verlangsamung und schlielslich Stillstand, meist in stark kontrahiertem Zustande, während die Nerven und auch die Muskeln direkt gereizt sich noch erregbar erwiesen.

Vergleicht man das vorstehend Mitgeteilte mit den zahlreichen Angaben, die in der Litteratur über die Nicotinwirkuug gemacht wor- den sind, dann kommt man mehr und mehr zu der Ueberzeugung, dals die Wirkung des Metanicotins mit der Wirkung seiner Muttersubstanz qualitativ übereinstimmt. Ganz besonders tritt dieses gleiche Verhalten hervor bezüglich der typischen Körperhaltung des nicotinisierten Frosches, wie sie schon 1848 von Falck geschildert worden ist, sowie der Katalepsie der Vorderarme, auf die zuerst vonAnrep 1879 beson- ders aufmerksam gemacht hat. Auch die erwähnten Krämpfe und tlimmernden Zuckungen in der Beinmuskulatur sind mehrfach bei Nicotin vergifteten Fröschen beobachtet worden.

Wie oben bereits erwähnt, trat bei der grolsen Zahl der Frösche von einer bestimmten Gabe an ein tetanusähnlicher Krampf auf, teta-

606 A. Pinner: TUeber Niecotin.

nische Streckungen der Hinterbeine, die gro/se Aehnlichkeit mit der entsprechenden Wirkung des Strychnins hatten.“

„Vergleicht man das, was wir an den Säugetieren feststellen konnten, mit den in der Litteratur niedergelegten Angaben über die Wirkung des Nicotin, dan kommt man zu der Ueberzeugung, dafs beide Gifte im grofsen und ganzen in der gleichen Weise einwirken ; die Hypersekretionen, die klorischen Krämpfe, die mit tonischen wechseln, die beobachtete Myose, all das wurde auch oft genug während des Verlaufes der Nicotinwirkung beobachtet.“

Wirkung auf Tauben:

„Kleinste, eben noch wirksame Gaben des Giftes brachten bald nach der Applikation eine ziemlich erhebliche Beschleunigung der tmungszahl, sowie Zeichen der Schwäche (schlaffes Herabhängen des Kopfes, unsicheres Stehen, Einnahme der sitzenden Stellung). Eine geringe Steigerung der Gabe füste dann zu diesen Erscheinungen den typischen Brechanfall hinzu, der bei verschiedenen Versuchen vielfach sogar beobachtet werden konnte. Inzwischen hat die Wirkung des Metanicotin auch noch derart eine Steigerung erlitten. dafs die Tiere zeitweilig auf Hals und Kopf gelagert und unfähig waren, zu dem Brechakt sich aufzurichten. Erst eine erhebliche Vergrölserung der Giftmenge fügte krampfige Affektionen dem Symptomenkomplex zu. Die krampfigen Bewegungen wurden ganz besonders stark an dem Hinterteil des Körpers, an den Beinen wahrgenommen, die krampfig steif nach hinten gestreckt, somit dem Willen des Tieres entzogen waren, während die Brust- und Flügelmuskulatur noch regelrecht zum Fluge gebraucht werden konnte.

Mit Benutzung der Tötungsgabe traten zu diesem sogenannten Beinkrampf noch andere krampfige Bewegungen des Körpers hinzu, bauptsächlich gegen Ende der Vergiftung ; meist konnte nachgewiesen werden, dafs die krampfigen Bewegungen, Flügelschlagen, Zuckungen des Schwanzes, gleichzeitig erfolgten mit den sehr verlangsamten und erschwerten Inspirationen. Dem Tode girg meist ein etwas stärkerer Krampf kurz vorher. Auffallend war der ungemein rasche Eintritt de Totenstarre.

Vergleichen wir das hier Mitgeteilte mit dem, was uns über die Einwirkung des Nicotin auf die Taube von anderen Experimentatoren angegeben wird, so finden wir, dals beide Gifte in gleichem Mafse durch kleinste Gaben nur Atembeschleunigung hervorrufen, dafs dann zu den Zeichen der Schwäche, sowie zu dem Erbrechen der Beinkrampf sich hinzugesellt und dafs schliefslich dem Leben des Tieres durch Stillstaud der Atmung ein Ende gesetzt wird.*

In Bezug auf die Intensität der Wirkung äufsert sich Herr

Ringshardtz:

A. Pinuner: Ueber Nicotin. 607

„Bei der früher mitgeteilten Versuchsweisse wurde ge- funden, dals 4,58 mg Nicotin genügen, um für 1000 g Körper- gewicht der Taube subceutan beizebracht, das Tier in ca. 12 bis 131/, Minuten zu töten. Wir fanden jetzt, dafs man von dem Metanicotin entsprechend 37,4705 mg beibringen mul[s, und dafs alsdann der Tod in 20 Min. später erfolgte. Beide Werte in Vergleich gestellt ergeben, dafs das Nicotin 8,185 mal so stark wirkt,alsdas Metanicotin.

Das Ergebnis aller Versuche ist, dafs das Metanicotin qualitativ genau so wirkt, wie seine Mutter- substanz,da[sesaber quantitativ ganz erheblich

hinterder Wirkung des Nieotins zurücksteht“

Vom chemischen Standpunkt aus würde also der Schlufs er- laubt sein, dafs durch die Oeffnung des Pyrrolidinringes im Nicotin zwar die charakteristische physiologische Wirkung des Alkaloids noch erhalten bleibt, aber doch erheblich abgeschwächt wird.

Zersetzung des Oxynicotins.

Zur Zersetzung des Oxynicotins mittels Barythydrats erhitzt man dasselbe mit aus zwei Teilen Hydrat bereitetem heils gesättigtem Barytwasser S—10 Stunden auf 140°, destilliert alsdann das Re- aktionsprodukt mit Wasserdampf, so lange noch das Destillat basisch reagiert, und fällt aus der zurückbleibenden dunkelbraunen Flüssig- keit das Barium mit Kohlensäure aus. Das Filtrat wird zum Trocknen verdampft, der schwarze schmierige Rückstand in möglichst wenig absolutem Alkohol gelöst, wobei in geringer Menge ein organisches Bariumsalz zurückbleibt, und die Lösung mit etwa der achtfachen Menge Aether versetzt. Dadurch werden die schmierigen Verunreini- gungen zum grölsten Teil gefällt. Die ätherische Lösung hinterläfst einen etwas gelb gefärbten geruchlosen Syrup, welcher direct analysiert wurde. Er gab Zahlen, aus welchen sich die Zusammensetzung Co Hıs Na O; berechnen liefs:

0,1448 g Subst. gaben 0,3028 g CO, und 0,1060 g H,O.

or 12,3 ccm N bei 170 C. und 762 mm Bar. Berechnet für O,, His Na O3: Ä Gefunden: C = 56,08 Proz. 57,03 Proz. Tepe Pr 8.1972

N—=1308 8 12,717 4,

608 A. Piuner: Ueber Nicotin.

Die Substanz konnte sowohl C,,Hıs N 02 + Hz 0 als auch CoHuN0O+ 2 H, O zusammengesetzt sein. Dafs jedoch that- sächlich das Erstere der Fall ist, beweist die Geruchlosigkeit des Syrups, die Leichtlöslichkeit des Pikrats und die vollständig neu- trale Reaktion derselben. Erhitzt man aber die Substanz im Vacuum, so tritt bei ca. 1650 (unter 50 mm Druck) Zersetzung ein, die Masse schäumt stark auf und anscheinend unter Selbsterhitzung geht bei 180—200% ein nach Pyridinbasen intensiv riechendes Oel über, welches in Wasser leicht löslich ist und stark basisch reagiert.

Dieses Oel konnte nun auch bei gewöhnlichem Luftdruck ohne Zersetzung destilliert werden und sott bei ca. 253%. Da die Menge zur Reinigung mittels fraktionierter Destillation zu gering war, wurde zu- nächst das destillierte Oel direct analysiert und folgende Zahlen erhalten:

0,145 g Subst. gaben 21,6 ccm N bei 21.600. und 760 mm Bar.

01372 8. % „..21,5 cem N bei 200 C. und 764 mm Bar. DLTIE En, »„ 27.7 ccm N bei 190 CO. und 752 mm "Bar. 022608 0,586 g CO, und 0,1772 g H,O.

0,1830 »„ 04722 g CO, und 0, 1446 8 H,O.

0.2426 g 0,631 g CO, und 0,1876 g en

Bei einer en Darstelluag wurden im destillierten Rohöl folgende Mengenverhältnisse der Bestandteile gefunden:

0,1412 g Subst. gaben 21,0 cem N bei 240 C. und 756 mm Bar. IS Fu 0,3440 g CO, und 0.0796 g H,O.

Daraus berechnen sich die Prozentzahlen:

C = 70,71 Proz. 70,38 Proz. 70,93 Proz. 71,07 Proz. He 12870, 8:07.77, 8.58.1005 6.20.1053 N ne 13:02 .% 17510: ,-05 16.60 28

Aus diesen Analysen lie[s sich schlielsen, dafs das Substanzen- gemisch zwar sauerstoffhaltig war, jedoch das Atomverhältnis C:H: N=5:7:1, d.h. dasselbe wie im Nicotin selbst war. Da eine Trennung des Gemisches durch teilweise Neutralisation mit Salz- säure und Ausziehen des frei gebliebenen basischen Anteils mit Aether zu keinem brauchbaren Resultat führte, wurde eine Trennung der Pikrate mit Erfolg durchgeführt. Im Gegensatz nämlich zu dem nicht destillierten Oel, welches auf Zusatz von Pikrinsäure völlig klar bleibt, giebt das destillierte Oel mit der Säure einen starken Niederschlag, der durch heilses Wasser sehr leicht in zwei verschiedene Verbindungen zerlegt werden konnte. In heilsem Wasser ist nämlich das Pikrat der einen recht leicht, das der anderen recht schwer löslich. Es wurde deshalb das Basengemenge in sehr

A. Pinner: Teber Nicotin. 609

verdünnter Essigsäure gelöst und zur heilsen Lösung in einzelnen Anteilen Pikrinsäure hinzugefügt, sofort filtriert, bis auf weiteren Zusatz der Säure keine Fällung eintrat. Das letzte Filtrat lieferte beim Erkalten gelbe Warzen, welche sich sofort als verschieden von den schönen Prismen, in welchen das andere Pikrat krystallisierte, zu erkennen gaben. Es wurden sowohl die verschiedenen Fällungen als auch die letzte Krystallisation wiederholt umkrystallisiert und sehr bald konstante Schmelzpunkte erreicht, die durch weiteres Um- krystallisieren nicht mehr verändert wurden.

Das schwer lösliche Pikrat zeigte sich durch seinen Schmelz- punkt (2180), durch sein Aussehen und sein ganzes Verhalten iden- tisch mit Nicotinpikrat.

Das leichter lösliche Pikrat ist ziemlich schwer in kaltem, ziemlich leicht in heilsem Wasser löslich, bildet kleine charakteristische Wärzchen und schmilzt bei 184°,

Präparate zweier verschiedener Darstellungen gaben Zahlen, welche nur auf ein Pikrat der Zusainmensetzung 0), H14Na30.2C,H; N30, gedeutet werden können.

1. 0,1544 g Substanz gaben 0,2366 g CO, und 0,0582 g H,O 2. 0,2354 g Bi „0,3584 g CO, und 0,0786 g H,O 3. 0,1620 £ R » 0,2480 g CO, und 0,0510 g ER 4. 0,1604 g 5 5 24,4 ccm N bei 190°C. und 760 mm Bar. 5. 0,1563. 8 E % 23,3 ccm N bei 180 C. und 760 mm Bar. 6. 0,1480 g x 22,4 ccm N bei 170 ©. und 771 mu Bar. Berechnet für 0, Hy NO. C,H;,N3;0;: Gefunden: 027 7.41.90 Proz 41,755 41,79 41,52 Proz. ir DR as] AU: 4,18 3,71 3 iur e Non ÜiBLinr 17,49: 17, 53915 NAB2 un

Diese Verbindung ist die dritte Isomere, welche direkt oder indirekt aus dem Nicotin bisher erhalten worden ist. Sie ist mit Sicherheit, wie unten in der Tabelle angegeben, von dem Oxynicotin und Pseudonicotinoxyd zu unterscheiden.

Das bei der Einwirkung von Baryt aut Oxynicotin entstehende Nieotin wird, wie oben erwähnt, aus der alkalischen Lösung durch Wasserdampf abgetrieben. Säuert man das Destillat mit Salzsäure an und verdampft völlig zur Trockne, so zerflieist beim Stehen an der Luft das Nicotinsalz in kurzer Zeit. Hierbei kann man mit Leichtigkeit beobachten, dals ein Teil des Salzes, schöne, lange, farblose Nadeln, nicht zerfliefsen, wenn man nicht zu lange stehen läfst. Dieser Teil ist das Chlorhydrat des Pseudonicotin-

610 A. Pinner: DUeber Nicotin,

oxyds. Er wurde von dem zerflossenen Nicotinchlorhydrat scharf abgesaugt und abgeprefst und aus absolutem Alkohol umkrystallisiert. Nun zeigte das Salz den früher angegebenen Schmelzpunkt des Chlorhydrats dieser Base (192%, ebenso schmolz das daraus darge- stellte Quecksilbersalz bei 212°, endlich wurde noch der Chlorgehalt des Salzes bestimmt.

0,1056 g Substanz gaben 0,1212 g AgCl.

Berechnet für C,0H44N50. 2HC1: Gefunden:

Cl = 28,29 Proz. 28,39 Proz.

Da also unzweifelhaft jetzt drei gleich zusammengesetzte und auseinander entstehende Verbindungen C,,H,,Nz0 bekannt sind, deren Konstitution ebenfalls, wenn auch nicht mit aller Sicherheit, erschlossen ist, so mögen sie wenigstens vorläufig unterscheidende Das ÖOxynicotin, welches ein Aldehyd ist, heilfse Nicotal, das Pseudonicotinoxyd, welches ein Alkohol ist,

Nicotol, das jetzt beschriebene dritte Isomere, welches äthylen-

Benennungen erhalten.

oxydartig gebundenen Sauerstoff enthält, heifse Nicoton:

@ SCH CH, /N-CHcH /N—-CH--CH, tal | | | | | | NINE CH, U EN CH; A Si N | N | N j | CH, CHO N——CH (OH) 0O—-CH | | CE; NHOH;, Nicotal (Oxynicotin.) Nicotol Nicoton.

(Pseudonicotinoxyd.)

Der gröfseren Uebersichtlichkeit wegen mögen die Eigen- schaften der drei Isomeren in folgender kleinen Tabelle nebeneinander

gestellt werden:

Oxynicotin:

Fest, an der Luft leicht zerflie[slich, zer- zetzt sich bei 1500 in eine grolse Zahl von Produkten ; besitzt schwach basische Ei- genschaften, reduziert ammoniakalische Sil- berlösung, giebt ein schwer lösliches, bei 1540 schmelzendes Pi- kr il.

Pseudonicotin- |

oxyd:

Farbloses Oel, inrei- nem Wasser leicht lös- lich, durch starke Lauge aus der Lösung abscheidbar, zersetzt sich bei der Destilla- tion oberhalb 2500 unter Abspaltung von Wasser in Dehydro- nicotin, besitzt stark basische Eigenschaf- ten, reduziert nicht, giebt kein schwer lös- liches Pikrat.

Nicoton:

Farbloses Oel, in rei- nem Wasser leicht lös- lich, durch starke Lauge aus der Lösung abscheidbar, destilliert ohn= Zersetzung bei ca. 2530, besitzt stark basische Eigenschat- ten, reduziert nicht, giebt ein in der Kälte schwer, in der Hitze leicht lösliches, bei 1840 schmelzendes Pi- krat.

A. Pinner: Ueber Nicotin. 611

Zum Schlufs seien noch einige Versuche erwähnt, welche nicht zu reinen Produkten geführt haben, jedoch wegen der unglatten Reaktion nicht weiter verfolgt werden konnten.

Das Cotinin C,oHıs N, O ist, wie in der ersten Mitteilung angegeben ist,

C,H, N—CH—CH— CB Me ul gg CH, konstituiert. Durch energische Hydrierung konnte dasselbe entweder inC,H,N.CH.CH3.CH,.CO.NHCH; oder in C;H,oN.CH.CH,.CH,.CHOH.NHCH,

übergehen. Es wurde deshalb in kochender alkoholischer Lösung mit Natrium behandelt. Hierbei zeigte sich, dafs Ammoniak, nicht Methylamin, wie durch besondere Versuche konstatiert wurde, ent- wich. Es wird also ein Teil der Substanz völlig zerstört. Nach Beendigung der Reduktion wurde die Masse mit etwas Wasser ver- setzt, der Alkohol aus dem Wasserbad abdestilliert, das Destillat, welches durch seinen Geruch die Gegenwart von Ammoniak verriet, mit Salzsäure angesäuert, verdampft, und der Rückstand in das Pla- tindoppelsalz verwandelt. De: Niederschlag besals das charakte- ristische Aussehen des Platinsalmiaks und gab 43,67 Proz. Platin, statt der berechneten 43,85 Proz. (0,1708 g Subst. gaben 0,0746 g Pt). Die nach Verjagung des Alkohols hinterbleibende wässerige Lauge wurde mit Chloroform ausgezogen, der Auszug verdampft und der Rückstand im Vacuum destilliert. Dabei zersetzte er sich ziemlich stark, indem er zum grölsten Teil bei ca. 2200 (bei 50 mm. Druck) überging. Das Destillat ist ein dicker in Wasser löslicher Syrup von eigentümlichem Geruch, von welchem analysirbare Salze nicht erhalten wurden. Das salzsaure Salz ist eine harzige Masse, das Platinsalz ein amorpher Niederschlag. Es wurde deshalb die Base direkt analysiert und dabei Zahlen erhalten, welche auf eine Zu- sammensetzung Co Hısg NO hindeuten.

0,1872 g Subst. gaben 0,4461 g CU, und 0,1624 g H,O. 0,2060 g Subst. gaben 26,5 cem N bei 200 C. und 753 mm Bar.

Berechnet für Cj9 Hjg N50: Gefunden: C= 65,93 Proz. 64,99 Proz. H—,9887774 9,03,

Ni 15,88H\" 7, 14,58

»

612 G. Dragendorfif: Beiträge zur gerichtlichen Chemie.

Die Ausbeute ist recht mangelhaft.

Dann wurde aus dem ÖOctohydronicotin Cjg Ha Na durch Brom das Perbromid dargestellt. Es bildet sich sofort, wenn Brom zur bromwasserstoffsauren Lösung der Base hinzugefügt wird und krystallisiert in roten körnigen Massen. Es ist C,H2Ns.2HBr; zusammengesetzt.

Durch schweflige Säuren reduzierbares Brom gefunden 48,3 und 49,9 Proz., berechnet für 4 Br 49,2 Proz.

Beim Liegen an der Luft hauchen die Krystalle sehr langsam Brom aus und werden gelb. Es scheint nur die Hälfte der 4 Br fortzugehen. Beim Erhitzen auf 1000 im geschlossenen Rohr scheint das Brom substituierend oder oxydierend zu wirken. Es wurden jedoch keine fafsbaren Produkte erhalten. f

Berlin, Juli 1895.

Beiträge zur gerichtlichen Chemie. Von G. Dragendorff£f. (Eingegangen den 27. Juli 1895.)

Den in früheren Jahren unter obigem Titel veröffentlichten Mitteilungen über den Nachweis organischer Gifte!) lasse ich eine neue Serie solcher Untersuchungen folgen, welche ich durch meine Schüler in den letzten Jahren ausführen liefs und deren Ergebnisse ich kurz bei Abfassung der vierten Auflage meiner „Ermittelung von Giften“ verwertet habe.) Hier möge etwas ausführlicher wie dort über die betr. Arbeiten referiert werden. Dieselben hatten einmal die Aufgabe, für eine Reihe neu in den Arzneischatz einge- führter starkwirkender Medikamente, neu entdeckter Pflanzengifte, Alkaloide etc. den Modus der Isolierung aus komplizierteren Misch- ungen Speisebrei, Körperteilen, Blut, Harn ete. festzustellen dann aber auch den Nachweis derselben durch Kontrole schon bekannter, durch Aufsuchung neuer Reaktionen möglichst sicher zu

1) Vergl. Beitr. z. ger. Chem. einzelner org. Gifte. 1872, Vanden- hoeck & Ruprecht, Göttingen, ferner Pharm. Ztschr. f. Rulsland, Jg. 1882, 1884 und 1886.

2) Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 1895.

G. Dragendorff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie. 613

machen. Zu letzterem Zweck habe ich besonders darauf Gewicht gelegt, dals bei den besseren Farbenreaktionen, die mit Hilfe des Spektroskopes erkennbaren Eigentümlichkeiten untersucht wurden, deren Ausnutzung in dem Sinne, dals

1. das Spektrum der besonders charakteristischen Färbung und

2. die allmählich bei Farbenübergängen eintretenten Veränder- ungen des Spektrums Berücksichtigung finden, für den Nachweis organischer Gifte von bedeutendem praktischen Wert ist.

Indem ich den Gang der Untersuchung auf organische Gifte so wie ich ihn eingeführt habe die Art der Vorbereitung kom- plizierter Mischungen, das Ausschütteln mit Petroläther, Benzol, Chloroform, Amylalkohol etc. -— als bekannt voraussetze, resp. in- betreff derselben auf meine „Ermittelung von Giften“ verweise), bemerke ich, dals bei Bearbeitung von Mischungen von Giften ete. mit Speisebrei, Blut, Harn etc. im Allgemeinen nach Anleitung dieser verfahren wurde, dals ich deshalb in Folgendem nur dort auf solche Operationen eingehen werde, wo sich eine Abweichung von dem gewöhnlichen Modus als notwendig herausstellte. Die Ausdrücke „Ausschüttelung aus saurer, aus alkalischer, wässriger Lösung“ werde ich im Hinblick auf obiges Werk und meine früheren Publikationen wohl nicht weiter zu erklären brauchen; nur darauf sei auch bei dieser Gelegenheit hingewiesen, dafs das Ansäuern der dem Aus- schüttelprozeis zu unterwerfenden Mischungen stets mit verd. Schwefelsäure, das Alkalischmachen derselben stets mit Ammoniak erfolgte.

Esterdes Guajakols, Naphthols, Kresols etc.)

Die Mehrzahl dieser Verbindungen ist in den letzten Jahren als Medikament empfohlen. Ihr Nachweis in Organen, Körperteilen etc. macht, so lange sie unzersetzt sind, keine grolsen Schwierig- keiten, da sie, wenn sie in saurer, wässriger Flüssigkeit verteilt oder gelöst vorliegen, meistens schon durch Petroläther und noch leichter durch Benzol ausgeschüttelt werden können. Unbequem ist, dafs

ı) Vierte Aufl. pag. 149—153. ®, Die Mehrzahl dieser Substanzen sind von Dr. Melch. Leuziunger

bearbeitet, vergl. dessen Dissertation „Beitr. z. ger. chem. Nachw. neuerer Arzneimittel“, Dorpat, 1894.

614 G. Dragendorff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie.

die Mehrzahl dieser Verbindungen in säurehalt. Wasser schwer löslich ist. Wenn nun auch bei gerichtlich chemischen Analysen aus Organen etc. nach meiner Methode immer wohl ein Teil dieser Ester ausgezogen und später isoliert wird, so mag es doch in sol- chen Fällen, in denen man die betr. Substanz möglichst vollständig ausscheiden will, besser sein, wie ich es für die Untersuchung von Blut, Leber, Faecalsubstanz etc. empfohlen habe, zu verfahren ı, d. h. gleich nach dem Zerkleinern und Ansäuern mit verd. Schwefel- säure mit 4—5 Raumteilen Alkohol zu mischen, 12—24 Stunden da- mit zu mazerieren, dann zu filtrieren und den Alkohol wieder durch Destillation zu entfernen. Der Destillationsrückstand ist vor dem Ausschüttelnnichtnochmals zu filtrieren. Ueber die einzelnen hier- her gehörigen Substanzen wäre Folgendes zu sagen:

Benzosol (Benzoylguajakol, Guajakolbenzoat), das neuer- dings als milde wirkender Ersatz von Guajakol u. a. auch bei Dia- betes mellitus angewendet wurde, wird durch den Magensaft lang- sam in Guajakol und Benzoesäure zerlegt ?), leichter durch Alkalien, am besten in Alkohollösung in analoger Weise gespalten. Nach einer Gabe von 2,5 g wurde bei einem Diabetiker von v. Jaksch Medizinalvergiftung Diarrhoe, Ikterus, Herzschwäche, Beschleuni- gung des Pulses ete. beobachtet, bei welcher grofse Mengen von Sulfosäuren neben Hippursäure durch den Harn ausgeschieden wur- den. Letzterer kann noch die Reaktion des Guajakols geben, er wirkt nach Jolles linksdrehend (Benzosol ist opt. inaktiv.).

Benzosol ist nach Bongartz fast unlöslich in Wasser; es löst sich aber leicht in warmem Alkohol, in Aether und Chloroform. Nach Leuzinger lälst es sich leicht durch Petroläther aus saurer wässriger Flüssigkeit ausschütteln.. Die farblosen Krystalle des B. schmelzen bei 59 (Thoms).

Reaktionen: Benzosol giebt nach dem Durchfeuchten mit SO*H? bei Einwirkung von Acetondämpfen oder von einer Mischung aus Aceton und Alkohol prachtvoll kirsch- bis purpurrote Färbung, die noch bei Anwendung von 1 Milligramm erkannt wird (Salol giebt nur Gelbfärbung).

1) Vergl. „Ermittel. v. G.“, 4. Aufl. p. 149 Anmerk. 2) Nach Einführung von Benzosol per os kann schon nach etwa !/, Stunde Gwajakol im Harn und Speichel aufgefunden werden.

G. Dragendorff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie. 615

Die Mischung des B. mit SO*H? wird mit Eisenchloridlösung violett, grün und blau gestreift, sie wird nach Zugabe einer Spur NHO, orange und grün, nach Zusatz von Kaliumnitrit grün, violett und gelb, von Amylnitrit in Alkohollösung grün. Rohr- und Trauben- zucker färben die Mischung mit SO, H, hochrot. Fröhde’s Reagens nimmt anfangs mit violetter, dann roter Färbung auf, später wird die Mischung grün (1: 60 000).

Vanadinschwefelsäure wird mit B. grün, setzt man das Reagens zu einer Mischung von B. mit SO, Hs, so entstehen violette, grüne und blaue Streifen (1: 90 000).

Guajakolsalol (Guajakolsalicylat), bei Phtisikern und zur Desinfektion des Darmes angewendet, wird nach Bovet besonders im Darm und in Fänlnisgemengen in Guajakol und Salicylsäure ge- spalten. Auch durch alkoholische Kalilauge wird es in seine Kom- ponenten zerlegt.

Es bildet farblose, nadelföürmige Krystalle, geschmack- und geruchlos, in Wasser schwer, in Alkohol, Aether, Chloroform leicht löslich ; in Petroläther und Benzol geht es aus saurer Wassermischung leicht über. Es schmilzt bei 65 °.

Reaktionen: In Alkohollösung wird G. durch Eisenchlorid violett gefärbt, durch nicht zu viel konz. SO, H, hellrot. Giebt man zu dieser SO, H»-Mischung NHO,, so wird sie grün, dann violett und weinrot. Auch mit Alkohol verdünntes Amylnitrit macht die mit SO,H: gemischte Alkohol - Solution rötlich und später bleibend

Mischt man gepulvertes G. mit SO,H,, so bewirkt ein Zusatz von Kaliumnitrit grüne, blaue, dann rot werdende Streifen und allmählich wird die ganze Mischung weinrot (1:60000). Aceton- dampf oder Alkohol-Aceton-Mischung machen das mit SO,H, durch- teuchtete @. hochrot (1:7200); also auch hier wie beim Benzosol ein Unterschied mit Salol.

Vanadinschwefelsäure giebt beim Mischen mit gepulvertem G. grüne, dann blauschwarze Färbung, Fröhde’s Reagens giebt anfangs violette Streifungen, die später einer smaragdgrünen Färbung weichen (1:80000). Mengt man zur alkoholischen Lösung des G. Vanadin- schwefelsäure, so tritt grüne, später bläulichke Färbung ein (1: 180.000).

Arch. dä. Pharm. CCXXXIII. Bds. 8. Hefi 40

616 G. Dragendorff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie.

Styrakol (Cinnamylguajakol, Guajakoleinnamat) wurde als Antiseptikum, innerlich bei Blasenkatarrh, Gonorrhoe, Tuberkulose, empfohlen. Beim Durchgang durch den Körper wird es, wenigstens teilweise, zersetzt; nach Anwendung von 0,5 g St. konnte aus dem Harn reichlich Guajakol gewonnen werden.

Styrakol geht bedeutend schwerer wie Benzosol und Guajakol- salol aus saurer wässriger Mischung in Petroläther über. Leicht und vollständig läfst es sich durch Benzol ausschütteln. In Wasser ist es sehr schwer löslich ; seine farblosen nadelförmigen Krystalle schmelzen bei 130°.

Reaktionen: Konz. SO, H, löst reines St. mit gelber Farbe; diese Mischung wird auf Zusatz von NO,H orange, mit Kaliumnitrit violett und grün gestreift. Auch mit Acetondampf resp. Aceton-Alkohol wird sie violett gestreift.

Ebenso bewirkt St. in Vanadinschwefelsäure und Fröhde’s Reagens violette und grüne Streifungen.

Zum Unterschied von Benzosol und Guajakolsalol kann neben dem Verhalten gegen Petroläther namentlich dasjenige gegen warme Natronlauge und Hypermanganat benutzt werden. Der Geruch nach Bittermandelöl konnte mit 0,05 g Styrakol erlangt werden.

Da die drei bisher besprochenen Ester im Körper grölsere oder geringere Mengen von Guajakol als Zersetzurgsprodukt liefern, so mag es nicht überflüssig sein, hier einige Worte über den Nachweis desselben anzuschliefsen. Bekanntlich ist dieses G. im Handel in verschiedenen Graden der Reinheit zu- gänglich: während das reinste, synthetisch erhaltene, Präparat farblose Krystalle bildet, kommt daneben ein zwar als „absolut rein“ be- zeichnetes G. vor, das aber flüssig ist und in der That oft an 50 Proz. fremde Substarzen (Kreosol etc.) enthält. Je nachdem das eine oder andere Präparat bei Anfertigung von Estern verbraucht wurde, mufs das im Körper entstehende Guajakol gleichfalls in einem Falle rein, im andern mit Kreosol etc. verunreinigt erhalten werden. Da nun beide Produkte in ihren Eigenschaften verschieden sind, mögen diese hier neben einander "vorgeführt werden. Zunächst sei nur noch bemerkt, dals beide Handelssorten aus saurer wässriger Lösung durch Petrolaether ausgeschüttelt werden.

@. Dragendorff:

Schwefelsäure

Schwefelsäure + wenig NO,H

Schwefelsäure + einer Spur Kalium- nitrit Schwefelsäure + Eisenchlorid Schwefelsäure (140) + selensaurem Kali (,) Vanadinschwefelsäure

Fröhde’s Reagens

Eisenchlorid (in alkoh. Lös.d. G.angewendet)

Wenig HCl und Ka- liumhypermanganat iu Wasserlösung d.G.)

Kıyst. Guajakol. löst farblos

löst rot, beim Er- hitzen braun

geben violette und grüne Streifungen

geben grüne, blaue, violette Streifen lösen grün (Styrakol gelb) giebt blaue, grüne und violette Strei- fungen giebt anfangs grüne und violette Streif., dann blau-grüne Mischung färbt bei Spuren von Fe,Cl, blau und smaragdgrün, beimmehr gleich schön grün (Thoms) färbt kirschrot, dann bräunlich (Thoms)

Beiträge zur gerichtlichen Chemie. 617

Flüssiges Guajakol. löst anfangs blals purpurfarben oder gelb löst tiefbraun, dann rotbraun (bei mehr NO,;H orange) wie das krystallisierte

ebenso lösen schmutzig grün-

braun, dann violett löst olivengrün

anfangs violette und grüne Zonen, dann schön violetteFärbung

wie das krystallisierte

färben gleich bräunlich.

In Wasserlösung wird Guajakol durch Eisenchlorid gleichfalls

grün und man kann dann nach Untersuchung meines Schülers Mesing spektroskopisch eine Absorption in Roth und Orange von 654—610 „, eine schwache Beschattung bei 595 « und geringe Absorption in Violett und Indigo bis 450 « nachweisen.

ist bei Abdominal- Es scheint im

Alphol (Salicylsäure- « Naphtylester) typhus, Dysenterie und Cholera empfohlen worden. Körper z. T. zu « Naphtol resp. Sulfosäure desselben umgesetzt zu werden, von denen ersteres stärker antiseptisch und weniger giftig wie # Naphtol sein soll.

Alphol ist farblos krystallinisch, in Wasser schwer, in Alkohol leichter löslich. Es kann aus sauren wässerigen Mischungen mit

40*

618 G. Dragendorff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie.

Petroläther ausgeschüttelt werden; aus Harn- und Blutmischungen liefs es sich nach meinem Untersuchungsverfahren leicht abscheiden.

Reaktionen: Konz. SO,H, löst mit gelber Farbe (1: 60 000). NO?H oder Salpeter machen diese Lösung blau, dann sofort grün (bei sehr kleinen Mengen 1:120000 gleich grün). Später wird die grüne Mischung von einem roten Hof umgeben und geht endlich in braun über. Auch mit Kaliumnitrit erhält man in ähnlicher Weise schöne Grüntärbung (1:120000). Diese Reaktion kann auch umgekehrt zum Nachweis von Salpetersäure und salpetriger Säure benutzt werden. Als Leuzinger einige Tropfen 1 prozent. alkohol Lösung von Alphol zu einer wässrigen Sol. von NO;H oder KNO, setzte und mit reiner konz. SO, H, unterschichtete, trat schöne grüne Zonenfärbung ein und das Reagens erwies sich als fast noch einmal so empfindlich als Brucin. Im Spektrum der Mischung mit SO,H, und NO,;,H oder KNO, sah v. Bunge!) Absorption von Violett bis Grün (500 «) und ein Band in Rot (680—650 u).

In der Mischung des A. mit konz. SO®H? tritt nach Zusatz von Furfurolwasser (2 Tropfen Furfurol auf 1 ccm Wasser) Purpur- Violettfärbung ein. Das Spektrum zeigt dabei einen Streifen in Gelbgrün (570—540 «, oder bei gröfserer Konzentration 570—500 ; dann ein Dunkelheitsmaximum von 560—540 «). Setzt man zu der Mischung mit SO,H, Rohrzucker, so sieht man schön kirschrote Färb- ung?), verfolgt man den Eintritt derselben mittelst des Spektroskopes, so zeigt sich anfangs in Gelborange ein Band (590—565 «), nach 1 bis 2 Minuten ein zweiter schwächerer Streifen in Gelb (550—535 «), das sich später mit ersterem vereinigt (600—530 «). Giebt man zu der Zuckermischung Ammoniak, so wird sie blau und die Spektral- Streifen schwinden.

Eisenchlorid macht die Mischung des Alphols mit SO,H, smaragdgrün, dann oliven- und hellgrün, Acetondampf färbt sie gelb. Erhitzt man A. mit SO4 Hs und Jodoform, so sieht man die Mischung in grün fluorescieren. Fröhde’s Reagens färbt sich mit A grün (1:80 000). Das Spektrum der Mischung gleicht dem derjenigen mit SO,H, und NO,H. Vanadinschwefelsäure wird durch A. grün, dann olivengrün und nach Zusatz von wenig Wasser rotbraun..

1) Beitr. z. Spektroskopie einzelner Gifte: Diss. Dorpat 1894. 2) Traubenzucker und Lactose machen viol-tt.

G. Dragendorff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie. 619

Schwefelsäure (2 cem) + uransaures Ammon (0,1 g) werden durch A. grün, beim Erwärmen graubraun (s. später beim Beto]).

Alkoholische Lösung von A. wird mit verd. Lösung von Eisenchlorid violett (1:2000), mit alkohol. Natronlauge und Chloroform färbt sie sich erst beim Erwärmen blau.

Betol(Salieylsäure-# Naphthylesther, Naphthalol, Salinaphthol) wird bei Ischias, Blasenkatarrhen, gonorrhoischer Oystitis und als Ersatz des Salols empfohlen. Es wird wie dieses durch den Pan- kreas aber auch durch Fermente der Dünndarm- und oberen Dick- darmschleimhaut in seine Komponenten zerlegt (Kobert). Da #Naphtol besser vom Darm vertragen wird wie das Phenol, so be- fürwortet Kobert den Gebrauch des Betols anstatt den des Salols. Im Harn findet man nach innerlichem Gebrauch von Betol Salieyl- und Salicylursäure neben Naphtylschwefelsäure, welche letztere durch Erhitzen mit verd. Säuren zu Naphtol und SO,H, zerfällt. Betol bildet gleichfalls farblose Krystalle, die selbst in heifsem Wasser schwerlöslich sind, die aber von warmem Alkohol, von Aether und Benzol leicht gelöst werden und sich durch Petrolaether aus saurer wässriger Mischung ausschütteln lassen. Die Isolierung nach meiner Methode aus Harn, Blut ete. macht keine Schwierigkeiten. Für den Nachweis sind namentlich folgende Reactionen zu beachten:

Konz. SO, H, löst gelb, diese Mischung wird mit wenig NO,H olivengrün (Salol nicht).

Wenn nach Flückiger eine Mischung von SO,H, (2 ccm.) mit Betol (0,2) und Chloralhydrat (0,1) beim Schütteln sich braunrot färbt, so läfst sich diese Reaction nach Leuziger dadurch verbessern, dafs man erst Betol in SO,H; löst, dann ein Krystall von Chloral- hydrat zusetzt; die Mischung wird nach einander orange, dann rot- violett und rot mit grüner Fluorescenz (1:1500). Im Spektrum der Orange-Mischung findet sich, wie von Bunge feststellte, ein Streiten in Grün (520—490 «der auch nach dem Uebergang in violett und rot bleibt). Bromalhydrat färbt ziegelrot, dann violett. Furfurolwasser erzeugt in der Mischung von B. mit SO,H; rosa, dann rot, rot-vio- lette, endlich schöne Violetttärbung (1:12000). Auch Rohrzucker wacht die Mischung rot und violett und auch hier zeigt sich im

620 G. Dragendortfft: Beiträge zur gerichtlichen Chemie.

Spektrum der Streifen in Grün (520—490 „). Auch Lactose giebt die Violettfärbung (Traubenzucker schmutzig-violette, später grüne).

Eisenchlorid macht die Mischung m't SO, H, violett, dann rot- braun (im Spektrum nur ein Schatten in Blau (500—490 „). Natrium- nitrit färbt sie, wie schon Flückiger sah, rotbraun und beim Erwär- men violett. Macht man erst die Mischung mit SO,H, warm (Grün- färbung) und mischt zur wiedererkalteten Flüssigkeit Nitrit, so sieht man blutrote Färbung und allmälich verschieden gefärbte rosa, gelbe Ringe. Erwärmt man die Mischung mit SO,H, mit einer Spur Jodoform, so wird die später erkaltete Flüssigkeit grün.

Vanadinschwetelsäure, zur SO, H,-Mischung des Betols gesetzt, verursacht grüne, blaue, auch violette Streifen (0,00005 g).

Nach dem Kochen von Betol mit konzentrierter Kalilauge färbt Chloroform schön blau. In alkoholischer Lösung giebt Betol mit Eisenchlorid violette Färbung.

Benzonaphthol (Benzoesäure - 3- Naphtholesther) soll eben so stark antiseptisch wie #-Naphthol wirken, aber nicht die unangenehmen Nebenwirkungen dieses besitzen. Man empfiehlt es, da es stark diuretisch wirkt, wo man bei antiseptischer Behandlung des Darmes zugleich Diurese erzielen will. Im Darme zerfällt auch dieser Ester in seine Komponenten, von denen die Benzoäsäure als Hippursäure durch den Harn ausgeschieden wird. Behauptet wird, dafs das Naphthol im Darm verbleibe, was wohl nur für einen Teil desselben gelten kann, da andere Naphthylester nach der Darm- spaltung Naphthylschwefelsäure in den Harn liefern. Beim Kochen mit Kalilauge zerfällt Benzonaphthol zu Kaliumbenzoat und #-Naphtol. Benzonaphthol bildet farblose Krystalle, deren Löslichkeitsverhältnisse denen des Betols gleichen. Wie dieses kann es aus saurer wässriger Flüssigkeit durch Petrolaether ausgeschüttelt werden.

Reaktionen: Von konz. SO,Hs wird Benzonaphthol gelb, beim Erwärmen violett gelöst, wobei Fluorescenz in Grün be- obachtet wird.

In der Mischung mit SO,H, bewirken Salpeter oder NO;3H schwarzbraune, Kaliumnitrit violette, später in Rot und Blau über- gehende Färbung. Eisenchlorid macht sie violett, dann rot (1:30 000), Zusatz von Ammoniummolybdat blauviolett, rot, dann grün und blau

G. Dragendorff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie. 621

(1:60000). Auch Fröhde's Reagens färbt die Lösung in SO,H, violett (1:20 000) und Vanadinschwefelsäure macht dieselbe violett. dann rot, später blau (1:30000). Chloralhydrat färbt die Lösung in SO,H, grünlich, dann orange (1:60 000), Bromalhydrat gleich orange.

Giebt man zu der Schwefelsäuremischung Furfurolwasser, so tritt Purpur-, später Violettfärbung ein (1:1000). Rohrzucker macht die Mischung mit SO,H, rotviolett, Traubenzucker violett, später blau. Giebt man zu der Mischung mit SO,)Hs eine 20 prozentige, alkoholische Acetonlösuug, so tritt Gelbfärbung ein. Benzonaphthol giebt, erst nachdem es mit alkoholischer Natronlauge erhitzt wurde, mit Chloroform Blaufärbung (3-Naphtol!), auch ohne dafs erhitzt wurde.

83 Naphtholcarbonat (Kohlensäure-# Naphthylester) wird als Darmantiseptikum empfohlen, welches weniger reizend als das 3 Naphthol wirkt. Im Darm wird es zu CO? und Naphthol zerlegt.

3 Naphtholearbonat bildet glänzende Krystallblättchen, bei 1760 schmelzend, in Wasser schwer, in heilsem Alkohol leichter löslich ; von Petrolaether wird es schwer, leicht aber von Benzol aus saurer wässriger Mischung aufgenommen. Mittelst Benzol kann es bei Bearbeitung nach meiner Methode aus Harn, Blut etc. isoliert werden.

Reaktionen: Nach dem Lösen in konz, SO? H? färben Salpeter oder NO®H gelb, Kaliumnitrit violett (nach Wasserzusatz braunrot), Vanadinschwefelsäure?) hellviolett, bald rotbraun, Fröhde’s Reagens®) violett, dann schwarzblau (nach Wasserzusatz grün), Chloralhydrat schmutzig gelbbraun mit grüner Fluorescenz, Jodotorm (nochmals erhitzen) grün, gleichfalls mit starker Fluorescenz in Grün, Furfurolwasser rosarot, Rohrzucker (gelinde erwärmen) grün; Traubenzucker veranlalst carmoisinrote und grüne Streifungen, dann

I) Freies 3#-Naphthol erkennt man auch an derkirschroten Färbung, welche eine mit gl. Vol, NO®H versetzte Alkohollösung mit Queck- silbernitrat annimmt.

?®) Die hier und in vielen Fällen besser tropfenweise zur Mischung mit SO4 H? zugesetzt wird. 3) Ebenso.

622 G. Dragendorff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie.

olivengrüne Mischung und nach neuem Erhitzen smaragdgrüne Färbung, Lactose braune, beim Erwärmen olivengrüne Färbung.

Erwärmt man mit alkoh. Natronlauge, so zeigt sielı Fluorescenz in Blau, giebt man dann nach Verdünnen mit Wasser Chloroform hinzu, so tritt mitunter eine grünblaue Färbung ein. Will man die inten- sive Blautärbung mit Chloroform haben, wie sie 3 Naphthol geben soll, so mufs man mit starker Kalilauge das Naphtholkarbonat kochen, nach dem Ahkühlen Chloroform zusetzen und nun nochmals etwas erwärmen.

Da die zuletzt besprochenen Ester im Körper zu Naphthol zersetzt werden, so wird es mitunter nicht möglich sein, erstere selber nachzuweisen !), sondern man wird sich bequemen müssen, das Naphthol resp. (im Harn) Naphtholschwefelsäure oder Naphtol- glycuronsäure aufzusuchen. Letztere werden durch Kochen des betr. Harnes mit Salzsäure zerlegt und es kann dann das Naphthol durch Aether oder Petroläther ausgeschüttelt werden. Zur Unter- scheidung des « und #3 Naphthols kann man folgende Reaktionen verwenden:

aNaphthol färbt sich in ca. löprozentiger alkoholischer- Lösung nach Zusatz von etwas Rohzucker mit 2 Vol. SO®H? tief violett, es giebt mit einem Tropfen einer Mischung aus 1 Th. K2CrO„ 10 T. Wasser und 1 T. konzentriert NO®H schwarzen Niederschlag (Aymonier), es wird in Lösung mit verdünnter Natronlauge (0,04 Naphthol, 0,5 cem Normalnatron, 1—2 ccm Wasser) durch Zusatz einer Mischung aus 0,05 Sulfanilsäure, gelöst in 5 ccm Normalnatron, sowie 0,02 Natrium- nitrit, gelöst in 5 cem Normalschwefelsäure, dunkelblutrot und nach Zugabe von mehr verdünnter SO,H, braun (Richardson). Endlich soll «-Naphthol nach Flückiger, wenn 0,2 g des Naphthols mit 0,2 g HgCl,, 0,1 g NaNO,;, und 10 ccm Wasser bei 100° zusammen- geschüttelt werden, nur geringe Menge eines scharlachroten Absatzes liefern.

5#-Naphthol teilt die Reaktion mit Zucker und SO,H, und K;, Cr, 0, + NO;H nicht, es giebt bei der Probe Richardsons nur eine rötlichgelbe Färbung, die aber auch nach Zusatz verdünnter

1) Namentlich wenn sie bereits den Magen, in dem sie unzersetzt bleiben, passiert haben.

G. Dragendortff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie. 623

SO, H; bleibt; bei der Flückiger’'schen Reaktion giebt es reichliche Mengen eines amorphen rotbraunen Absatzes. Es liefert endlich bei schwachem Erwärmen mit starker Kalilauge und Chloroform oder Chloralhydrat die bekannte Blaufärbung, auf welche Lustgarten zuerst aufmerksam machte (0,016 g).

Kresolsalole. Alle drei Kresolsalole sind neuerdings dargestellt und zu medizinischem Gebrauch empfohlen. Meta- und Parakresolsalol sollen nach Bircher bei der Wundbehandlung als ungiftiger und geruchloser Ersatz des Jodoforms gute Dienste leisten, Orthokresolsalol wurde von Neisse als Ersatz des Natriumsalieylates und als Antiseptikum für den Darmkanal und die Harnwege empfohlen.

Alle drei Verbindungen sind farblos, krystallinisch, in Wasser schwer, in Alkohol und Aether leichter löslich. Durch Petroläther können sie aus saurer wässriger Mischung leicht ausgeschüttelt werden. Alle drei werden durch Kochen mit Natronlauge in Salicyl säure und das entsprechende Kresol zerlegt; auch im Darme er- fahren sie eine analoge Spaltung. Orthokresolsalol schmilzt bei 350, Metakresolsalol bei 73—74°, Parakresolsalol bei 390. Beim stärkeren Erhitzen ihrer Lösungen in Petroläther sollen die Ortho- und Para- verbindung, die auch beim Verdunsten leicht etwas Lösungsmittel zurückhalten und flüssig bleiben, teilweise zersetzt werden.

Reaktionen: Alle drei Kresolsalole werden in Alkohollösung durch wenig Eisenchlorid violett gefärbt (1: 10000); Zusatz von HCl hebt die Färbung auf.

Metakresalol soll nach dem Schmelzen und Zersetzen mit Natronlauge beim Erwärmen mit NH; und Einwirkung von Brom- dampf Grün- und Blaufärbung zeigen.

Das in SO, Ha gelöste M. wird durch Kaliumnitrit orange, braun und grün gefärbt. Im Spektrum sieht man einen Streifen in Orange von 650—620 «.

Fröhde’s Reagens soll das M. mit blauer, später grüner, zu- letzt blauschwarzer Farbe lösen. In der grün gewordenen Mischung sah v. Bunge ein Spektralband in Orange (640—600 «) und eine Endabsorption etwa bis 500 «. Auch nach Zusatz von Vanadin- schwefelsäure zur Lösung in SO,H; tritt blaue, grüne, endlich grün-

624 G. Dragendortff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie.

braune Färbung ein (im Spektr. Absorpt. in Rot von 700-650 « und bedeutende Verdunkelung am violetten Ende).

Parakresalol wirdnach dem Verteilen in konz. SO,H» durch NO,H rotbraun, dann kirschrot, durch Salpeter gelb, durch Kaliumnitrit rotbraun, dann grün, durch K,Cr, 0, grün, durch F urfurolwasser orange, durch Vanadinschwefelsäure grün, dann blau und rotviolett (1:50000), durch Fröhde’s Reagens blau, dann violett, zuletzt rotbraun (1 : 6000) gefärbt.

Bei diesen Reaktionen sieht man, wie von Bunge festgestellt hat, folgende Spektra. Bei SO,H, und KNO, erst nach Eintritt der Grünfärbung einen Streifen in Rot von 700-660 „und Absorption von Violett ete. bis 480, bei Vanadinschwefelsäure, erst nachdem die kirschrote Färbung eingetreten, Band in Grün von 530—490 «, mit Fröhde’s Reagens anfangs einen ähnlichen Streifen ‚später einen zweiten in Orange von 650—600 «, dann Verdunkelung des ganzen Spek- trums namentlich von Violett aus, mit Furfurol Streifen in Grün von 490-475 «, nicht charakteristisch, da auch Furfurol mit SO,H, allein ein ähnliches Band giebt.

Orthokresalol, in SO,H, gelöst, giebt mit NO;H hell- gelbe, dann schöne grüne und endlich orange Färbung, mit Kalium- nitrit rotbraune, dann smaragdgrüne, weiter blaue, später rosa oder violett gerandete Färbung, mit Fröhde’s Reagens wird obige Misch- ung violett gestreift, dann blaugrün, endlich smaragdgrün, mit Vanadinschwefelsäure olivengrün, auch mit SO,H, und K,Crs0, orange und olivengrün. Furfurolwasser macht in der SO,Hs,-Mischung orange und heilviolett. Nur die Mischung mit Kaliumnitrit giebt ein charakteristisches Spektrum Band in Rot vorn 700—650 «.

Bei Untersuchung des aus Harn- und Blutmischungen isolierten Orthokresalols sind diese Farbenreaktionen durch Beimengungen etwas gestört.

Benzoparakresol! (Benzoesäure -p-Kresylester) soll gleichfalls antiseptisch wirken.

Es bildet farblose Krystalle, die bei 70—71° schmelzen, in Wasser sehr schwer löslich, in heilsem Alkohol, Aether, Chloroform leicht löslich sind und aus saurer wässriger Mischung durch Petrol- aether und Benzol isoliert werden können.

G. Dragendorff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie. 625

Reaktionen: In Mischung mit SO,H, wird B. durch NO,H oder Salpeter orange (1:1000), durch Kaliumnitrit dunkelrotbraun, später kirschrot gefärbt (1:6000), durch Ammoniummolybdat grün, blau und violett gestreift, später längere Zeit gleichmälsig blau. Auch Fröhde's Reagens färbt sich mit B. intensiv blau, dann grün und zuletzt braun (1:30000), während Vanadinschwefelsäure rosa- violette, schnell in rotbraun übergehende Tinktion erzeugt.

Methylsalol (Parakresotinsäure-Phenylester) wird als Er- satz des Salols empfohlen. Es bildet farblose Nadeln, fast unlöslich in Wasser, leicht löslich in heilsem Alkohol, in Aether, Benzol und Chloroform. Auch dieser Ester kann durch Petrolaether aus saueren Wassermischungen gewonnen werden. Er läfst sich nach meiner Methode gut isolieren.

Reaktionen: In Mischung mit SO,H, wird M. durch NO;H orange gefärbt (1:5000), durch Zusatz von wenig Kaliumnitrit rot- braun, dann smaragdgrün, später dunkelblau mit rosa und ziegelroter Umrandung, endlich tritt violett und blutrote Färbung her- vor, die durch Zusatz von etwas Wasser schneller erlangt werden kann (1 : 3000). Giebt man zu der Mischung mit SO,H» eine Spur Ammoniummolybdat so erhält man schön himmelblaue Färbung (1:12000). Fröhde's Reagens löst mit blauer Farbe, schnell in olivengrün übergehend (1:60000). Vanadinschwefelsäure färbt die Mischung mit SO, H; violett, dann olivengrün (1: 100000), selensaures Kali (1:140) macht sie gelb, später schön grün, selenige Säure aber macht die Mischung mit SO, H, violett und (beim Erhitzen) rotbraun. Ammoniumsulfuranat !) löst mit grünblauer Farbe.

In Alkohollösung wird M. durch wenig Fe]; violett ge- färbt (1: 4000).

Salacetol (Acetosalicylsäureester) ist gleichfalls als Ersatz des Salols in Vorschlag gekommen, dessen Giftigkeit es nicht be- sitzt und dessen Wirkung im Darm und bei Krankheiten der Harn- wege es teilen soll. Nach innerlichem Gebrauch wird es im Darme zerlegt und die dabei abgespaltene Salicylsäure kann im Harn nach- gewiesen werden. Auch durch Einwirkung verdünnter Alkalilösungen wird es zu Salieylsäure und Acetonalkohol zerlegt.

1) Vergl. beim Alphol.

626 G. Dragendorff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie.

S. krystallisiert in feinen Nadeln, die bei 710 schmelzen, auch in heilsem Wasser schwer löslich, in heifsem Alkohol, Aether, Petrol- äther, Benzol, Chloroform, Schwetelkohlenstoff aber leicht löslich sind. Durch Petroläther kann er aus sauren wässrigen Mischungen gut ausgeschüttelt werden.

Reaktionen: In SO,H; gelöst, wirdS. durch Kaliumnitrit car- moisinrot gefärbt (1:4000), mit Ammoniummolybdat schön lasurblau. Fröhde’s Reagens löst violett, später rötlich werdend (1: 6000), Vanadinschwefelsäure smaragdgrün (1:100000), SO, Hs + K, Cr 0; braun, dann grün, Ammoniumsulfuranat rosa, beim Erwärmen violett. Resorein färbt in Lösung mit SO,H, orange (1: 15000).

In Alkohollösung wird S. durch Fe Cl; violett (1:30000); HCl entfärbt die Mischung.

Salacetol reduziert nach dem Lösen in verdünnter Natronlauge Fehling’sche Solution.

Amidische Verbindungen.

Salophen (Acetylparamidophenolsalicylsäureester, Salicyl- acetylparamidophenol) soll bei Gelenkrheumatismus vor dem Salol den Vorteil haben, geschmacklos und weniger giftig zu sein. Auch bei Cephalalgie, Hemicranie und verwandten Neurosen soll es Nutzen gewähren. Zu bemerken ist, dafs S., welches zwar im Körper durch Pancreasferment in Salicylsäure und Acetylparamidophenol gespalten wird und dessen Komponenten dann im Harn nachweisbar sind, teil- weise auch unzersetzt durch die Haut und mit dem Schweifs den Körper verläfst.

Salophen bildet farblose Krystallblättchen, neutralreagierend, schwer löslich in Wasser, leicht löslich in Alkohol und Aether. Durch Petroläther wird es nicht, leicht aber durch Benzol aus saurer wässriger Mischung nach meiner Methode ausgeschüttelt. Es schmilzt bei 187—1880,

Reaktionen: Salophen wird schon in der Kälte von Alkali- lauge aufgelöst; kocht man es mit Natronlauge?), so färbt sich diese anfangs blau, dann gelbrot. Schüttelt man diese erkaltete Lösung mit Luft, so wird sie wieder dunkelblau, versetzt man sie mit Jod- jodkalum. Bromwasser oder Chlorkalksolution, so färbt sie sich grün

1) Auch beim Kochen mit Barytwasser tritt Blaufärbung ein.

G. Dragenäorff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie. 627

1:330) oder bei wenig Chlorkalk (kaltbereitete Lösung in Natron) violett.

In alkoholischer Lösung des S. bewirkt Fe, Ol, Violettfärbung (1:15 000), dagegen Salophen (in wenig Alkohol gelöst) in wässe- riger Lösung von Fe, Cl, gelbe Färbung.

Kocht man S. mit HCl, so entsteht nach dem Erkalten durch wenig Phenol und frisch filtrierte Chlorkalklösung rote, nach Zusatz von NH, blaue Färbung (Indopheno)).

Kocht man S. mit wenig Alkohol und einigen Tropfen SO,H,, so bemerkt man den Geruch nach Essigäther.

S. löst sich in konz. SO,H, farblos, beim Erwärmen rotbraun. Giebt man zur wieder erkalteten Lösung Bromwasser, so scheiden sich Krystalle aus. K, Cr, O, macht grün. Mischt man SO,H, mit wenig Kaliumchlorat und setzt Salophen hinzu, so sieht man Braunfärbung und grüne Streifungen in der Mischung.

Salocoll (Phenocollsalieylat) soll in sich die Wirkungen des Phenocolls und der Salicylsäure vereinigen; es hat vor ersterem den Vorzug, leichter löslich zu sein. Bei seiner Anwendung als Anti- pyreticum sollen schädliche Nebenwirkungen nicht eintreten; als Antineuralgiecum soll es nach Cohnheim weniger wertvoll sein. Grofs ist nach Balzer der Einfluls des Mittels auf die Stickstoffaus- scheidung, die es bedeutend vermehrt.

Salocoll ist in kaltem Wasser schwer, in warmem Wasser leicht löslich ; es krystallisiert aus letzterer Lösung in Prismen und Nadeln. Sehr beachtenswert ist es, dafs Salocoll in Wasserlösung auch durch verdünnte Säuren schon zersetzt wird zu Salicylsäure und Phenocoll. Man wird also im Körper und zwar schon im Mageninhalte -— das Präparat meistens nicht mehr unzersetzt antreffen, sondern sich mit dem Nachweis seiner Komponenten begnügen müssen. Von diesen wird Salicylsäure bekanntlich aus saurer, wässeriger Mischung durch Petroläther und besser durch Benzol ausgeschüttelt, während Phenocoll erst aus den ammoniakalisch gemachten Flüssigkeiten durch Petroläther und reichlicher durch Benzol zu gewinnen ist. Nur wenn der Mageninhalt sehr wenig treie Säure enthielte, könnte sich in ihm Salocoll unzersetzt finden. Dann sollteman bei der Vorbereitung für die Ausschüttelungen jeden Zusatz von SO,Hs vermeiden. Nach der Vorbereitung mit Alkohol

6285 G. Dragendorff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie.

etc. würde man Salocoll durch Petroläther nicht ausschütteln können. In Benzol und leichter noch in Chloroform geht es aus neutraler, wässeriger Lösung über.

Reaktionen: S. giebtin alkoholischer und wässriger Lösung die Salicylsäurereaktion mit Eisenchlorid (1:80 000), aber mit Kupfer- sulfat keine Grünfärbung. Mit Bromwasser giebt die wässrige Solution des S. weilsen Niederschlag ; das Filtrat von demselben wird mit NH, braun unter Abscheidung nadelförmiger Krystalle. Nach Zusatz von Phenol wird die wässrige Lösung des S. mit Kaliumhypochlorit blau oder violett (später grün. Mit dem Hypochlorit allein wird die Lösung des S. rot (mit Ueberschufs des ersteren farblos und dann mit NH, orange).

Die Mischung des S. mit SOsH, färbt sich mit Salpeter rot, dann orange und gelbgrün, mit Kaliumnitrit rot, mit Ammonium- molybdat orange, grün und blau.

Verreibt man S. mit Fröhde’s Reagens, so färbt sich dieses orange (auch mit Phenocoll allein Salicylsäure würde dunkel- violett und später blau machen) In der anfangs orange Mischung bilden sich dann nach ca. 1 Stunde grüne und blaue Ringe und zu- letzt wird die ganze Mischung schön grün.

Vanadinschwefelsäure giebt mit der Mischung des S. mit SO,H, rote, gelbe, grüne und blaue Färbung.

Tolysal (Tolypyrinsalicylat) soll als Antirheumaticum und Antipyreticum auch als Antisepticum brauchbar sein.

Es bildet farblose Krystalle, bei 101—-102° schmelzend, in Wasser wenig, in Alkohol und in Essigäther leicht löslich. Durch Petroläther kann esnicht, durch Benzol wohl ausgeschüttelt werden. Aber auch hier hat man zu bemerken, dafs Tolysal durch verdünnte Säuren zu Tolypyrinsulfat und Salicylsäure zersetzt wird wenn es auch nicht so leicht und vollständig wie das Salocoll in seine Komponenten zerfällt. Es ist demnach möglich, dafs bei Unter- suchung eines Mageninhaltes das Tolysal zum Teil noch unzersetzt wieder isoliert wird, daneben wird man aber doch auch schon Tolypyrin und Salicylsäure antreffen und diese werden in anderen Organen allein oder doch vorzugsweise erkannt werden. Jedenfalls empfiehlt es sich auch hier, bei der Abscheidung aus Körperteilen die beim Salocoll angegebenen Modifikationen meines Verfahrens

G. Dragendorff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie. 629

eintreten zu lassen. Tolysal wird am Besten durch Benzol aus wenig saurer Mischung ausgeschüttelt, Tolypyrin wird erst aus ammoniakalisch gemachter Solution durch Benzol, Salicylsäure, wie schon gesagt, aus saurer Mischung durch Petroläther und besser Benzol isoliert.

Reaktionen: Eisenchlorid bewirktin wässriger und alkoholi- scher Lösung des T. violette Färbung!), die auf Zusatz von SO,H, schwindet (1:30 000). Tolypyrin selbst wird durch Fe,C], rot.

Jodjodkalium giebt rotgelben Niederschlag, löslich beim Er- wärmen und in NH,. Kaliumquecksilberjodid, Quecksilberchlorid, Zinnchlorür und Tannin fällen gelbweilse oder weilse Niederschläge.

Erhitzt man mit 25 prozentiger NO, H, so tritt weinrote, nach Zusatz vonNH, gelbeFärbungein (ebenso beiAntipyrin und Tolypyrin). Im Spektrum sieht man bei allen 3 Absorptionen in Grün von 580 bis 490 u.

Erwärmt man mit konzentrierterer NO, H auf dem Uhrgläschen, so ist die Färbung blutrot (1:3000) und nach dem Verdampfen blau (Antipyrin gelb). Der Rückstand wird durch NH, gelb, durch Natron braunrot.

Salpetrige Säure (2—3 Tropfen starke Salpetersäure mit wenig As,0,;, oder Kaliumnitrit + Essigsäure) färbt sich mit T. grün (1:2000) und nach Zusatz von mehr rauchender Säure blutrot unter Abscheidung einer purpurfarbenen, in Chloroform löslichen Masse (Antipyrin und Tolypyrin ebenso). Spektroskopiert man die grüne Mischung, so sieht man, wie Brasche?) schon beim Artipyrin und v. Bunge auch beim Tolypyrin und Orthotolypyrin beobachteten, bei geringer Konzentration nur eine Verdunkelung in Violett etc. bis 429 „, bei stärkerer einen intensiven Streifen in Orange von 650 bis 580 „. In Mischung mit SO, H, bewirkt Kaliumnitrit orange Färbung (1:2000), die durch NH, noch verdunkelt wird (ebenso Antipyrin und Tolypyrin).

Vanadinschwefelsäure färbt sich mit T. olivengrün (1:60 000), ohne dals ein charakteristisches Spektrum beobachtet würde. Auch

1) Bei dieser Reaktion der Salicylsäure wird ein charakteristisches

Spektrum nicht beobachtet. 2) Verwendbarkeit d. Spektroskopiez. Untersch. d,Farbenreaktionen

d. Gifte ete. Diss. Dorpar 1891.

630 G. Dragendorff: Beiträge zur gerichtlichen Chemie.

mit Fröhde’s Reagens und Furfurolschwefelsäure wurden von v. Bunge keine charakterische Spektra erhalten.

Agathin (Salicylaldehyd - Methylphenylhydracin) soll als Antineuralgicum von Nutzen sein und dabei die so sehr unangenehmen Wirkungen des Phenylhydracins und einiger aus ihm hergestellter Kombinationen (Antithermin und Pyrodin) nicht teilen.

Es ist in Wasser kaum, in Alkohol, Aether, Benzol ziemlich leicht löslich. Seine farblosen Krystalle schmelzen bei 74°. Durch Kochen mit HCl wird es zersetzt. Durch Petroläther wird es aus saurer wässriger Flüssigkeit leicht ausgeschüttelt und aus Harn, Blut ete. kann es nach meiner Methode abgeschieden werden.

Reaktion. Konz. SO, H, löst A. mitrotgelber Farbe, Zusatz einer Spur NO,;H macht blau und dann grün (1:20000, kein charakt. Spektr.), Wasserstoffsuperoxyd (1:240 000), Natriumsuper- oxyd (1:500000), Fröhde’s Reagens (1:60 000), Vanadinschwefel- (1:150 000), Kaliumbichromat (1:400000) und Kaliumnitrit (1:60000) färben alle die Mischung mit SO,H, violett und überall zeigt das Spektroskop ein Band in Grün von 550 510 «. Giebt man zur Mischung mit SO, H, Resorein oder Pyrogallol, so tritt schöne ÖOrangefärbung ein, ebenso mit Brenzcatechin und ÖOrcin, bei welchen beiden letzteren später eine mehr rote Färbung beobachtet wurde. In allen jenen Orange- Mischungen sieht man ein ähnliches Band wie bei den früher er- wähnten violetten, nur scheint dasselbe (die Ränder sind sehr ver- waschen) etwas mehr nach Blau gerückt. Giebt man Agathin zu einer Lösung von Orcin oder Phlorogluein in Salzsäure, so entsteht bei ersterem, namentlich beim Erwärmen, Rotfärbung (1:20 000), bei letzterem Orangefärbung. Thymol bewirkt in der Schwefel- säurelösung des A. purpurrote Färbungen (bis 1: 300 000), während Ammoniumsulfuranat (1 g Ammonuranat in 20 CC SO,H,) A. zu blutroter, beim Erwärmen grüngestreifter Lösung aufnimmt.

a

ARGHIW:

DER

PHARMACIE

herausgegeben

vom

| - Deutschen Apotheker-Verein

unter Redaction von

E. Sehmidt und H. Beekurts.

Ve x

Band 233. Heft 9. (Schluss des Bandes.)

BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereir RER 10050

INHALT.

'W. Göhlich, Ueber Morphin und Morphinhydrochlorid.. . . . 631 J. Gadamer, Ueber das Thiosinamin. . . a: O. Hesse, Ueber die Bestandteile von Aristelochien ronahe „7 BO H. Kiliani, Zur Kenntnis des Digitalinum verum. . . . 2... 6% ; kannusverzeichnis . .. - .. „2... 20... 02 Deo

Eingegangene Beiträge.

G. Dragendorff, Beiträge zur gerichtlichen Chemie.

H. Virchow, Ueber Bau und Nervyatur der Blattzähne und Blatt- spitzen.

J. Gadamer, Ueber das Thiosinamin II. e

C. Boettinger, Ueber einige Abkömmlinge der Sulfometabrombenzo&- säure.

(Geschlossen den 25. XI, 1895.

Anzeigen.

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ERNST

3

Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlorid. 631

Mitteilungen aus dem pharmaceutisch-chemischen Institut der Universität Marburg

von Ernst Schmidt.

60. Ueber den Krystallwassergehalt des Morphin-

hydrochlorids und des Morphins

von Dr. Wilhelm Göhlich. (Eingegangen am 1. VIII. 1895.)

Die Veranlassung zur vorliegenden Arbeit bildete die Aufgabe mit welcher mich vor längerer Zeit Herr Geheimrat Prof. Dr. E. Schmidt betraute, die in der Sammlung des Instituts vorhandenen Sorten des Morphinhydrochlorids einer Untersuchung bezüglich ihres Verhaltens gegen reine konzentrierte Schwefelsäure und ihres Krystall- wassergehaltes zu unterwerfen. Als Kriterium grölster Reinheit des salzsauren Morphins hat, wie bekannt, das Deutsche Reichs- arzneibuch das Verhalten gegen reine konz. Schwefelsäure aut- genommen. Ein reines Präparat soll durch die konz. Schwefelsäure nicht verändert werden und beim Zusammenreiben mit derselben auch diese nicht färben. Von dem Krystallwassergehalte sagt das Deutsche Arzneibuch, dafs Morphinum hydrochloricum durch Trocknen bei 100° 14,5 Proz. an Gewicht verlieren solle. Regnault*) ist einer der ersten gewesen, welcher sich mit der Untersuchung des Morphins sowohl, als auch mit der des salzsauren Salzes dieser Base beschäftigte. Das von ihm untersuchte Hydrochlorid schildert er als in sehr weilsen, seidenartigen Fasern krystallisiert. Zur Be- stimmung des Krystallwassergehalts trocknete er das zerriebene Salz bei 130°; es erlitt dabei einen Verlust von 14,23 Proz.; ein weiteres Steigern der Temperatur bis auf 160° vermehrte diesen Verlust nicht mehr. Die Formel des Morphinhydrochlorids C,H1NO;, HC1-+ 3H,;0 verlangt einen Wassergehalt von 14,38 Proz. Die französische Pharmacopoe hat diesen theoretischen Krystallwassergehalt acceptiert; ein ihren Anforderungen entsprechen- des Salz soll durch Trocknen bei 130 ® 14,38 Proz. an Gewicht einbülsen, während die amerikanischePharmacopoe bei derselben

*), Regnault. Annalen der Chemie u. Pharm. 26, 24. Arch. d. Pharm. CCXXXIH. Bds. 9. Heft. 41

632 Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlorid.

Temperatur einSchwanken des Verlusteszwischen 14,5 Proz. und 15 Proz. gestattet. Die Pharm.Germ. ed. II hatte den Krystallwassergehalt gleichfalls auf 14,5—15 Proz. normiert, liefs denselben aber durch Trocknen bei 100° ermitteln.

In der Sammlung des pharm. chem. Instituts zu Marburg be- finden sich zwei mit eingeriebenen Glasstöpseln verschliefsbare Ge- fälse für Morphinhydrochlorid, von denen das eine das Salz in Würfeln, in der im Handel jetzt eingebürgerten Form, das andere feines Pulver, aus Würfeln durch Zerreiben dargestellt, für Vorle- sungszwecke enthält, Bei der Untersuchung der beiden Präparate machte ich die Beobachtung, dafs dieselben beim Zusammenreiben mit reiner absolut salpetersäurefreier konzentrierter Schwefelsäure !) oder beim Daraufstreuen auf die Säure unter Aufbrausen von ent- weichender Salzsäure Färbungen in der konzentrierten Schwetelsäure erzeugten, und zwar erschien zuerst ein rötlicher Farbenton, welcher am besten beim Aufstreuen des Morphinsalzes auf die Schwefelsäure als Zone wahrnehmbar war und der allmählich verblafste, um einem schmutzigen Violett, welches sich dann durch die ganze Säuremenge hinzog, Platz zu machen. Diese letztere Farbe war ziemlich be- ständig, noch nach 10—12 Stunden war sie mit einem Stich ins Rötliche deutlich zu sehen. Diese Beobachtung der Farben- erscheinungen beim Zusammenbringen des Morphinhydrochlorids mit konzentrierter reiner Schwefelsäure steht im Einklang mit den An- gaben, welche sich schon in der Litteratur darüber vorfinden, so im Handelsbericht von Gehe 1891 und in der Pharm. COentralhalle: 32. Jahrgang S. 231, G. Vulpius „Zur Prüfung des Morphins“. Die Anforderungen des Deutschen Reichsarzneibuches bezüglich dieser Probe vermochten beide obige Präparate demnach nicht zu erfüllen.

Zur Bestimmung des Krystallwassergehaltes wurde eine kleine Menge der vorliegenden Würfel frisch zerrieben ; 0,3555 g des er- haltenen Pulvers verloren durch lang anhaltendes Trocknen bei 1009 0,048 g Wasser = 13,50 Proz.; 0,3612 g der schan vor damals ca. !/, Jahre zerriebenen und als Pulver in der Sammlung auf- bewahrten früheren Würfel verloren bei 100° 0,0471 g Wasser —= 13,04 Proz. Beide Proben hatten durch das Trocknen einen

1) Die bei all den beschriebenen Reaktionen angewendete konz, Schwefelsäure war mit Diphenylamin auf Salpetersäure geprüft worden.

Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlorid. 633

Stich ins Gelbe angenommen. (regen den berechneten, bezw. von dem Deutschen Arzneibuche geforderten Krystallwassergehalt, blieben die gefundenen um 1 bezüglich um 1,5 Proz. zurück. Wegen des zu niedrig erhaltenen Krystallwassergehaltes bestimmte ich in dem als Pulver vorrätig gehaltenen Präparate den Gehalt an Chlor und zwar sowohl im wasserhaltigen, als auch im wasser- freien. Bei dieser und den später folgenden Chlorbestimmungen der Handelspräparate verfuhr ich in der folgenden Weise. Die be- treffende Menge des salzsauren Morphins wurde im 200 ccm Mals- kolben gelöst und 100 ccm dieser Lösung gelangten direkt unter Zusatz von Kaliumchromatlösung als Indikator zur Titration. In den anderen 100 cem der Lösung wurde dasChlor nach der Volhard’schen Chlorbestimmungsmethode in der Weise ermittelt, dafs zu den 100 em Lösung ein überschüssiges Volumen Y,, N. Silberlösung zu- gegeben und der Ueberschufs der Silberlösung nach dem Ansäuern mit Salpetersäure und Zusatz von Eisenalaun als Indikator durch Rücktitration mit Y/,, N. Rhodankaliumlösung ermittelt wurde. Ich bin bei diesen doppelten Bestimmungsarten zu sehr gut überein- stimmenden Zahlen gelangt. Die durch direkte oder indirekte Titration ermittelten Mengen der Y/,, N. Silberlösung stimmten meist völlig miteinander überein, nur in seltenen Fällen differierten sie um 1/j) ecem. Bei der direkten Titration war der Farbenumschlag und so- mit die Endreaktion nicht gerade leicht zu erkennen, da die Lö- sungen meist etwas gelb gefärbt erschienen, wenn durch das Trocknen bei 130 % gelb gewordene Morphinhydrochloride zur Titration gelangten.

I. 0,6025 g des zerrieben vorrätig gehaltenen Sammlungs-Prä- parates erforderten zur Bindung des Chlors 16,6 ccm !/,„ N. Silberlösung = 9,78 Proz. Cl. Berechnet wäre für Chlor, die gefundene Wasser- menge von 13,04 Proz. hierbei zu Grunde gelegt, 9,58 Proz. Cl.

II. 0,2456 g desselben bei 100° getrockneten Präparates ver- brauchten 7,6 ccm Y,, N. Silberlösung = 10,98 Proz. Cl. Die Formel des wasserfreien Morphinhydrochlorids C,H NO;, HC1l verlangt Cl = 11,04 Proz.

Man sollte vermuten, dafs bei der aufserordentlichen Schwer- löslichkeit des freien Morphins in Wasser (1: 5000) eine Bestimmung der Säuren in den Salzen dieser Base durch direkte Titration mit 1/jö oder Yo N. Kalilauge zu sehr guten Resultaten führen müsse

41*

634 Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlorid.

Doch ist dem nicht so. Ich versuchte Lösungen, die je 0,1709 g krystallisierten Morphinhydrochlorids enthielten, mit !/„ N. Kalilauge, sowohl unter Zusatz von Rosolsäure (des käuflichen Korallins), als auch nach Zusatz von Phenolphtalein als Indikatoren zu titrieren. Bei Anwendung von Rosolsäure brauchte ich nur 0,2 cem !y N. Kalilauge, um eine bleibende Rotfärbung der Flüssigkeit zu erzielen; bei Benutzung des Phenolphtaleins als Indikator 2,8 cem Yo N. Kalilauge, eine Menge, welche einem Gehalt von 5,81 Proz. Chlor entsprechen würde, während die Formel C;, Hıg NO,, HCl + 3H,;0

9,45 Proz. Chlor verlangt.

Die oben mitgeteilten zu niedrig gefundenen Krystallwasser- werte der Sammlungspräparate konnten ihren Grund in einer Ver- witterung der betreffenden Morphinhydrochloride haben; um diese Möglichkeit zu beseitigen und um ferner möglichst die die konz. Schwefelsäure färbenden Verunreinigungen zu entfernen, krystalli- sierte ich zu einer neuen Untersuchung eine beliebige Menge des zerriebenen Präparates wiederholt aus 50 Proz. Alkohol um, saugte die rein weilsen seidenglänzenden, zarten Nadeln ab und bestimmte, nachdem dieselben lufttrocken geworden waren, den Krystallwasser- gehalt zunächst durch Trocknen bei 100%. 0,6861 g verloren 0,0918 g Wasser = 13,38 Proz. ; nach weiterem Trocknen bis 1300 betrug der schliefsliche Gesamtverlust 0,0932 g = 13,58 Proz. Das Verhalten des zerriebenen Salzes gegen reine konzentrierte Schwefelsäure war das gleiche geblieben. Aus diesem Grunde und da auch hier trotz der angewandten Reinigungsmetode zu niedrige Werte gefunden worden waren, löste ich eine neue Menge des Sammlungspräparates diesmal in Wasser und schied das Salz zur Entfernung aller die Färbung der Schwefelsäure bedingenden Beimengungen durch Zusatz von rauchender Salzsäure aus. Die gebildeten feinen Nadeln wurden dann mehrmals aus Wasser umkrystallisiert und schliefslich, wie schon oben geschildert, behandelt. 1,0348 g der zerriebenen Nadeln verloren bei 1000 0,1370 g = 13,23 Proz. Wasser; bei 1300 ins- gesamt 0,1392 g = 13,45 Proz. Diese Probe erlitt wegen Spuren noch oberflächlich den Krystallen anhattender Salzsäure beim Trocknen eine bedeutend stärkere Gelbfärbung, als die beiden vorigen. Auf konzentrierte Schwetelsäure gestreut, erzeugte eine kleine Menge der

Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlorid. 635

Substanz dieselben Färbungen, wie das ursprüngliche Sammlungs- präparat. Letzteres wurde zu einem weiteren Versuche nunmehr nur mehrmals aus Wasser umkrystallisiert und bei der Untersuchung dieser Proben wurden günstigere Werte gefunden, als bei allen vorhergehenden. 0,6993 g verloren bei 1000 0,0990 g Wasser 14,14 Proz. und 0,4226 g erlitten einen Verlust von 0,0592 g be- 1000 14,00 Proz. Beide Proben waren sehr lange im Wasser- dampftrockenschranke getrocknet, und erlitten bei weiterem Trocknen bei 1300 einen Verlust nicht mehr. In dem Verhalten gegen konzentrierte Schwefelsäure war eine Veränderung nicht zu kon- statieren.

Zur Selbstdarstellung von absolut reinem salzsauren Morphin wurde mir von Herrn Geheimrat Schmidt „chemisch“ reines Morphin in liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellt. Die Base selbst stammte aus einer bekannten deutschen Alkaloidfabrik und stellte weilsliche, ziemlich derbe Nadeln dar. Um mich von ihrer Reinheit zu überzeugen, bestimmte ich den Krystallwasserge- halt, den Schmelzpunkt des wasserfreien Präparates und beobachtete das Verhalten der zerriebenen Krystalle gegen reine konzentrierte Schwefelsäure. Beim Trocknen bei 100° machte ich die Beob- achtung, dafs hierdurch die formelgemälse Krystallwassermenge (1 Molekül = 5,94 Proz.) nicht zu entfernen war. 5,3937 g ver- loren bei 1000 nämlich nur 0,1368 g Wasser 2,53 Proz. und erst beim Trocknen bei 1200 trat unter oberflächlicher, gelblichbrauner Färbung der Substanz ein Verlust von 0,3188 g = 5,91 Proz. Wasser ein.

Diese Wahrnehmung steht im Widerspruche zu den Be- obachtungen, welche D.A. Dott (Pharm. Journal. Transact. Ser. III Nr. 722. p. 900 durch Arch. für Pharmacie 1888, p. 325) mitteilt und welche Dieterich (Helfenberger Annalen 1888) bestätigt. Dott giebt an, dafs Morphin, sowohl mit Ammoniak aus. Morphin- salzen gefälltes, als auch aus Alkohol umkrystallisiertes schon unter 1000 (bei 900) sein Gesamtkrystallwasser verlieren solle und dafs bei 1200 bei 10 von ihm untersuchten Proben im Mittel ein Verlust von 6,56 Proz. eingetreten sei; Dieterich fand bei zwei mehrmals aus Alkohol umkrystallisierten und zuvor 8 Tage bei 25—30° getrockneten Proben einen Wasserverlust nach zwölfstündigem

636 Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlorid.

Trocknen bis 100° von 6,19 Proz. und nach fünfzehnstündigem Trocknen bei 120° einen solchen von insgesamt 6,39 Proz., wogegen Hesse (Pharm. Zeitung 1888, S. 478) bei Wiederholung seiner Versuche zu dem Resultat gelangte, dafs nach 48 stündigem Trocknen bei 110° sein Uatersuchungsobjekt nur 5,99 Proz. und bei 48 stündigem Trocknen bei 120° nur 5,91 Proz. Verlust an Krystall- wasser erlitt. Ich bin auch dieser durch die widersprechenden Angaben der zitierten Autoren immer noch offenen Frage näher ge- treten, indem ich den Krystallwassergehalt des unter verschiedenen Bedingungen erhaltenen Morphins bestimmte. Da Dott in seiner Arbeit die Meinung vertritt, dafs das Morphin zum Zwecke der Wasserbestimmung nicht zerrieben werden dürfe, da die durch das Zerreiben erzeugte Wärme durch Verdunsten den Wassergehalt herabdrücken könne, Hesse undDieterich dagegen bezweifeln, dals die Reibungswärme eine solche Höhe erreichen könne, chemisch gebundenes Wasser zum Verdampfen zu bringen, so habe ich von demselben käuflichen Morphin, von dem oben die Rede war, ungefähr ein Jahr nach der ersten Untersuchung eine Wasserbestimmung, sowohl im unzerriebenen, als auch im zerriebenen Zustande aus- geführt. 0,5741 g des käuflichen in derben Krystallen vorliegenden Präparates verloren nach einstündigem Trocknen bei 100° 0,001 g Wasser, eine Vermehrung dieses Verlustes war auch nach weiterem vierzehnstündigen Trocknen bei 100° nicht zu konstatieren. Der Verlust würde auf Prozente berechnet 0,17 Proz. betragen. Beim Trocknen bei 110° betrug nach Verlauf von zwei Tagen der Ge- samtverlust 0,0358 g = 6,23 Proz. und nach abermaligem zwei- tägigem Trocknen bei 120° 0,0360 g = 6,27 Proz. 0,4362 g desselben nur zerriebenen Präparates bei 100° eine Stunde getrocknet, hatten 0,0808 g an Gewicht 0,18 Proz. verloren, eine weitere Abnahme trat auch nach 14 stündigem Trocknen nicht mehr ein. Nach zwei- tägigem Trocknen bei 110° verlor obige Menge 0,0242 g Wasser gleich 5,54 Proz. und nach weiterem zweitägigen Trocknen bei 1200 0,0257 g = 5,89 Proz. Die Wasserabgabe des Präparates beim Trocknen bei 100° war demnach wesentlich geringer geworden, (0,17—0,18 Proz), als vor Jahresfrist (2,53 Proz.), und bei 120° hatte die nicht zerriebene Substanz mehr Wasser verloren (6,27 Proz.), als die zerriebene (5,89 Proz.). Zur weiteren Untersuchung wurde

Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlorid. 637

eine beliebige Menge salzsauren käuflichen Morphins in Wasser gelöst und die treie Base durch vorsichtigen Zusatz von NH, ab- geschieden. Nach zweitägigem Stehen war der anfangs amorphe Niederschlag krystallinisch geworden ; er wurde abgesaugt, gut mit Wasser ausgewaschen, vollständig lufttrocken werden gelassen, zer- rieben und von der Substanz 0,3034 g bei 1000 bis zum konstanten Gewicht getrocknet; der Verlust betrug 0,0024 g = 0,79 Proz. Nach weiterem Trocknen bei 120° bis zum konstanten Gewicht hatte die obige Menge 0,0192 g = 6,34 Proz. verloren. Das nicht zur Wasserbestimmung verwendete Morphin wurde wiederum in’s Hydro- chlorid verwandelt und abermals mit Ammoniak ausgefällt und, wie oben geschildert, weiter behandelt. 0,3682 g verloren bei 1009 0,0034 g = 0,89 Proz. und bei 1200 0,0228 g = 6,19 Proz. Dieses zweimal mit Ammoniak ausgeschiedene Morphin wurde zu einem neuen Versuche mehrmals aus Alkohol umkrystallisiert. Von den zerriebenen Krystallen verloren 0,4308 g bei 100° 0,0012 g = 0,27 Proz. und bei 120° 0,0268 & = 6,21 Proz. an Gewicht,

Diese von mir gemachten und soeben beschriebenen Be- obachtungen stehen mit keiner der Angaben der genannten Autoren im Einklange; am allerwenigsten mit derjenigen von Dott (I. e), dafs das Morphin schon beim Trocknen unter 100° sein Ge- sammtkrystallwasser verlieren solle. Nach meinen Beobachtungen findet eine vollständige Entwässerung des Morphins erst bei 120° statt.

Der Schmelzpunkt der wasserfreien käuflichen Base lag bei 230°. Beim Aufstreuen der zerriebenen lufttrockenen Krystalle auf konz. reine Schwefelsäuretraten auch hierbei die Farbenreaktionen auf, von welchen schon oben die Rede war. Zur Darstellung des salzsauren Salzes wurde die fein zerriebene freie Base mit Salzsäure genau neutralisiert und die Lösung zur Krystallisation eingedampft. Die erhaltenen Kry- stalle wurden mehrfach aus Wasser umkrystallisiert, schliefslich ab- gesaugt und aus der lufttrockenen Substanz nach dem Zerreiben der Krystaliwassergehalt bestimmt. 0,7144 g des salzsauren Salzes ver- loren bei 100° 0,1020 g Wasser (Trocknen im Wasserdampftrocken- schrank) = 14,27%, und 0,3983 g des Salzes einer anderen Dar- stellung unter denselben Bedingungen 0,0562 g Wasser = 14,11%. Ein weiterer Verlust von Wasser durch Trocknen bei 130° wurde

638 Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlerid.

nicht mehr konstatiert. Da das Verhalten des salzsauren Salzes gegen konzentrierte reine Schwefelsäure ein anderes immer noch nicht geworden war, unternahm ich es, die freie Base durch mehr- faches Umkrystallisieren aus heilsem 96%/, Alkohol einer Reinigung zu unterwerfen und erst nach derselben durch genaues Neutrali- sieren mit reiner Salzsäure das salzsaure Morphin darzustellen. Das erhaltene Hydrochlorid wurde dann noch zweimal aus Wasser um- krystallisiert. 0,4486 g desselben verloren bei 100% 0,0628 g Wasser gleich 13,99%, und bei 130° insgesamt 0,0632 g = 14,09%). Eine zweite Menge verlor bei 100° 0,0516 & = 13,91%), und bei 1300 0,0518 g = 13,97°/, an Gewicht. Das Verhalten gegen konz. Schwefel- säure war bei dieser Probe in so fern anders, als die Substanz beim Aufstreuen auf Schwefelsäure eine nicht mehr so stark rötliche Färbung erzeugte, wie die vorher geschilderten Proben. Die Resul- tate der Krystallwasserbestimmungen mufsten einigermafsen über- raschen, da die zur Untersuchung gelangten Salze in sorgfältig ge- reinigtem Zustande vorlagen und doch gleichwohl der berechnete Krystallwassergehalt von 14,35°/, nicht gefunden wurde.

Prof. Plugge in Groningen veröffentlichte im Archiv der Pharmacie 1887, pag. 348 ein Verfahren, um Morphin von allen anderen im Opium gleichfalls vorkommenden Basen quantitativ zu trennen, welches demnach ermöglichen mufste, zu einem wirklich chemisch reinen Morphin zu gelangen. Diese Methode wandte auch ich an, da die Färbungen, welche konzentrierte Schwefelsäure beim Zusammenbringen mit den untersuchten Morphin- hydrochloriden annahm, von geringen Mengen den Morphinsalzen beigemengter anderer Opiumalkaloide (Codein, Narkotin) herrühren konnten. Zum Zwecke der Reinigung des Morphinhydrochlorids nach dem Plugge’schen Verfahren löste ich eine gröfsere Menge des käuflichen Präparates in Wasser auf und versetzte diese Lösung mit einer der Konzentration der angewendeten Morphinlösung entsprechend starken Rhodankaliumlösung und liefs dann die gemischten Flüssig- keiten einige Tage lang bei gewöhnlicher Temperatur stehen. Bei Gegenwart von Codein in Morphinsalzlösungen scheidet sich nach Plugge bei der befolgten Behandlungsweise erstere Base in Gestalt ihres gut krystallisierenden rhodanwasserstoffsauren Salzes aus, während Morphin nahezu quantitativ in Lösung bleibt. In dem vor-

Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlorid. 639

liegenden Falle schieden sich Krystalle nicht ab, noch trübte sich die Lösung überhaupt durch irgend welche Ausscheidungen, obwohl ich mich bezüglich der Konzentration derselben an die Angaben von Plugge gehalten hatte. Aus der vollständig klar gebliebenen Lösung, welche nach dem genannten Forscher immerhin noch kleinste Mengen von Codein erhalten konnte, gelangte das Morphin als freie Base so zur Abscheidung, dafs die betreffende Lösung mit Ammoniak in geringem Ueberschusse versetzt und die Flüssigkeit zum Abdunsten des Ammoniaks in einem nur lose be- deckten, geräumigen Becherglase ruhig stehen gelassen wurde. Die sogleich durch den Ammoniakzusatz bewirkte amorphe Ausscheidung des Morphins hatte sich nach der Verflüchtigung des Ammoniaks bedeutend vermehrt und war zudem krystallinisch geworden. Aus diesen Krystallen wurde darauf nach dem Absaugen, Abwaschen, Trocknen und Zerreiben derselben durch genaue Sättigung mit Salz- säure reines salzsauresMorphin dargestellt und dieses nach mehrmaligem Umkrystallisieren aus Wasser der Untersuchung unterzogen. In dem Verhalten gegen konzentrierte reine Schwefelsäure zeigte dieses Salz schwächere Farbentönungen, als die früher untersuchten Präparate. Die Bestimmung des Krystallwassers ergab folgendes Resultat: 0,7243 g verloren im Dampftrockenschrank 0,0962 g Wasser und bei 130° noch 0,0028 g, zusammen also 0,0990 g; demnach in Prozenten bei 1000 13,28 und bei 1300 13,68. Wegen dieses unerwarteten Befundes wurde das Hydrochlorid nochmals aus Wasser und Alkohol umkrystallisiert. 0,3228 g der erhaltenen zerriebenen Krystalle ver- loren bei 100° 0,0412 = 12,76 Proz. und bei 130° insgesamt 0,0440 = 13,63. Proz. Wasser. Der Krystallwasserverlust war also bei diesem Präparate bei 1000 sogar noch um 0,5 Proz. geringer ausgefallen, während er bei 1300 annähernd der gleiche geblieben war, wie bei dem vorigen. Ich löste daher die Gesamtmenge des vorhandenen salzsauren Salzes noch einmal in Wasser und schied die freie Base wiederum durch vorsichtigen Zusatz von Ammoniak aus, um nach dem Verdunsten des Ammoniaks von neuem aus ersterer mit Hülfe von Salzsäure das Hydrochlorid zu erzeugen. Nach mebhr- maligem Umkrystallisieren aus Wasser wurden von den lufttrockenen, zerriebenen Krystallen 0,5658 g zur Wasserbestimmung verwendet. Bei 100° verloren dieselben 0,0752 g an Gewicht = 13,29 Proz., bei

640 Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlorid.

1300 im Ganzen 0,0780g = 13,78 Proz., trotzdeseingeschlagenen neuen Reinigungsweges annähernd die gleichen Prozentzahlen, wie ich die- selben schon oben erhalten hatte, gegen den theoretisch berechneten Wassergehalt um ca. 0,54 Proz. zurückbleibend. Ich krystallisierte nunmehr das obige Hydrochlorid nochmals aus stark salzsäurehaltigem und schliefslich wohl zehn- bis zwölfmal aus reinem Wasser um. Die mit den auf diese Weise gewonnenen Krystallen ausgeführten Wasser- bestimmungen lieferten folgende Daten: I. 0,9374 g des Salzes einer ersten Krystallisation verloren im Wasserdampftrockenschrank 0,1236 Wasser = 13,180/, und bei 130°, im Ganzen 0,1279 g= 13,64 %,. II. 0,8225 g des Salzes einer anderen Krystallisation verloren bei 1000 0,1080 g= 13,13 %/, und bei 130 ® insgesamt 0,1090 g = 13,24 %/, Wasser. III. 0,5194 g des Hydrochlorids einer dritten Krystallisa- tion erlitten bei 100 0 einen Verlust von 0,0683 g= 13,14 °/, und bei 1300 0,0723 g=13,920%/, Wasser. Auch gegen konzentrierte, reine Schwefelsäure zeigten die Salze dieser drei Krystallisationen annähernd das gleiche schon oben erwähnte Verhalten.

Um nun endlich noch einen letzten Versuch zu machen, schied ich noch einmal das schon mehrfach nach der Plugge’schen Methode gereinigte Morphinhydrochlorid mit rauchender Salzsäure aus seiner Lösung aus und krystallisierte die gewonnenen Krystalle so lange aus Alkohol und Wasser um, bis dieselben, auf angefeuch- tetes, aulserordentlich empfindliches Lacmuspapier gelegt, keine Spur einer sauren Reaktion mehr zeigten; im Ganzen war hierzu ein zwölf- bis fünfzehnmaliges Umkrystallisieren erforderlich. Die so erhaltenen Krystalle zeigten mit reiner konz. Schwetelsäure zu- sammengebracht nur noch Spuren von Färbungen, namentlich war die zuerst auftretende Rotfärbung sehr schwach, oft kaum bemerk- bar, dagegen trat das schmutzige Violett nach zwei- bis dreistündi- gem Stehen noch immer deutlich auf. Bei der Bestimmung des Wassergehaltes verloren 0,6668 g der fein zerriebenen Krystall- nadeln im Wasserdampftrockenschrank 0,0878 g= 13,160, und bei 1300 0,0894 g= 13,40 %/, Wasser, das bedeutet gegen die be- rechnete Menge von 14,38%, eine Differenz bei 100° von 1,220/, und bei 130° eine solche von 0,98°%,. Welche Ursache diese anormalen Befunde bei einem so sorgfältig gereinigten und behandelten Präparate haben mögen, bin ich nicht im Stande, zu

Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlorid. 641

erklären ; jedenfalls stehen dieselben im Widerspruch mit allen mir bekannten Litteraturangaben über den Wassergehalt des Morphin- hydrochlorids. Nach E. Schmidt, Lehrbuch für pharmazeutische Chemie, II. Band, Organische Chemie, II. Auflage Seite 1213 soll Morphinhydrochlorid bei 1000 bis zum konstanten Gewicht getrock- net höchstens 14,50 0/, Wasserverlust erleiden, das getrocknete Salz soll auch bei 1300 eine Färbung nicht annehmen. Flückiger sagt in seiner pharmazeutischen Chemie 1879, S. 380 vom Morphinum hydrochloricum : „seine weilsen Krystallnadeln geben erst bei 1309 ihren Wassergehalt vollständig ab“ und Tausch (Archiv der Pharmazie 1880, 287), welcher sich gleichfalls eingehend mit der Untersuchung des salzsauren Morphins beschäftigt hat, stellt gerade- zu die Behauptung auf. dafs „bei anhaltendem Trocknen bis zu 100° das salzsaure Morphin nicht nur mechanisch anhaftende Salzsäure, sondern auch sein gesamtes Krystallwasser, also 14,38 %/,, verlöre“ und fordert ferner, dafs „das reine Präparat bei 130 0 eine Veränderung bezüglich der Farbe überhaupt nicht erleide.“ Dem Letzteren gegenüber mufs ich einwenden, dafs auch diejenigen von mir untersuchten, vorher mehrfach nach den beschriebenen Methoden gereinigten und vieltach umkrystallisierten Präparate bei 130 stets, wenn auch nur einen schwachen Stich ins Gelbliche an- genommen haben.

Dafs ein oberflächliches Verwittern der Morphinhydrochlorid- krystalle nicht etwa die Ursache des stets zu gering gefundenen Krystallwassergehaltes sei, wie man am ersten wohl annehmen konnte, habe ich in folgender Weise zu beweisen versucht. Morphin- hydrochloride verschiedener eigenen Darstellungsmethoden und auch eines aus dem Handel wurden in zerriebenem Zustande in gewöhn- liche Porzellantiegel gebracht und vor Staub geschützt in dem grolsen Wägezimmer des hiesigen Instituts in dem oberen Gefach eines Schrankes über ein Jahr lang bei ziemlich gleicher Temperatur (15—20 %) und, wegen der Aufbewahrung in den nur lose verschlos- senen Porzellantiegeln unter günstigen Verwitterungsbedingungen stehen gelassen. Während dieser ganzen Zeit verlor Probe I. 0,6261 g nur 0,0003 g an Gewicht = 0,05 %/,, Probe II. 0,5815 g ebenfalls 0,0003 g = 0,06 %/, und Probe II. 0,7973 g 0,0006 g= 0,08%, an Gewicht. Angesichts dieser Daten erscheint die

642 Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlorid.

Annahme einer Verwitterung hinfällig; ob ein anderes das Morphinhydrochlorid verunreinigendes Alkaloid, welches auch die Schuld an den auftretenden Färbungen der konzentrierten Schwefel- säure tragen mülste, den Krystallwassergehalt des salzsauren Morphins um 1—1,5 Proz. herunterzudrücken vermag, weil das Hydrochlorid des beigemengten Alkaloids einen erheblich niedrigeren Wassergehalt besitzt, kann ich nicht für wahrscheinlich halten; es müfste bei den vielfach von mir eingeschlagenen Reinigungsmethoden das verunreinigende Alkaloid entweder entfernt oder mir zu Gesicht gekommen sein. Nach der erfolgten Reinigung des Morphins mulste dann der Wassergehalt des sogleich dargestellten Hydrochlorids der normale geworden sein; indessen thun aber gerade die zuletzt ge- fundenen Zahlen dar, dafs auch nach den verschiedenen Reinigungs- prozessen der Krystallwassergehalt zu gering erhalten wurde. Schliefslich erübrigt es noch auf die Möglichkeit hinzuweisen, dafs das Morphinhydrochlorid in zwei in ihrem Krystallwassergehalte verschiedenen Modifikationen krystallisiere, vielleicht in einer solchen mit zwei und einer anderen mit drei Molekülen Krystallwasser. Das Morphinhydrobromid krystallisiert nach E. Schmidt!) mit nur zwei Molekülen Wasser, während das Morphinhydrojodid nach An- gabe von H. R. Bauer?) drei Moleküle Wasser enthalten soll E.Schmidt?) fand dagegen bei Morphinhydrojodiden verschiedener Darstellungen entgegen obigen Angaben stets nur zwei Moleküle Wasser, so dafs, die Richtigkeit der Bauer schen Angaben voraus- gesetzt, die Annahme gerechtfertigt erscheint, dafs das Morphin- hydrojodid je nach der Verschiedenheit der Darstellungsbe- dingungen mit zwei oder drei Molekülen Wasser zu krystallisieren vermag.

Die Formel für salzsaures Morphin C,7 H;g NO, HCl + 2H,0 verlangt 10,06 Proz. Wasser, während dieselbe mit 3 H,O, wie schon erwähnt, 14,38 Proz. Wasser erfordert. Nach der in obigem an- gedeuteten Annahme mülste dann das mit nur zwei Molekülen Wasser krystallisierende Hydrochlorid stets mit dem drei Moleküle Wasser enthaltenden zusammen krystallisiert sein und das erstere wegen

1) E. Schmidt, dieses Archiv 211, S. 42. 2), H. R. Bauer, dieses Archiv 205, S. 303. 3) E. Schmidt, dieses Archiv 211, S. 42 u. £.

Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlorid. 643

seines geringeren Wassergehaltes auch den Wassergehalt des krystall- wasserreicheren herabgedrückt haben.

Da eine Vergleichung der von mir ermittelten Wassergehalts- prozentzahlen mit dem Wassergehalte der im Handel befindlichen Sorten des Morphinum hydrochloricum interessant erschien, so habe ich, soweit mir nur irgend erreichbar, Morphinhydrochloride des Handels gleichfalls untersucht. Unter denselben dürften sich wohl Repräsentanten der Mehrzahl der in Deutschland und England dar- gestellten Präparate befinden. Letztere stammen aus Apotheken und Drogenhandlungen aller Gegenden Deutschlands, und ich verdanke die verschiedenen Sorten zum Teil der Güte der betreffenden Herren Geschäftsbesitzer, zum Teil der Liebenswürdigkeit der Herren Kommilitonen, welche in vorigen Semestern im hiesigen Institute gearbeitet haben und welche mir die Präparate durch ihre früheren Beziehungen zu Apotheken besorgen konnten. An dieser Stelle möchte ich nochmals allen jenen Herren, welche mich mit Untersuchungsmaterial unterstützten, meinen besten Dank aus- sprechen.

In dem Verhalten gegen reine konzentrierte Schwefelsäure waren sämtliche Handelspräparate, die zur Untersuchung kamen, gleich. Beim Aufstreuen des feinen Pulvers auf dieselbe trat unter Aufbrausen der Salzsäure ein schwach rötlicher Schaum auf, der nach dem Zusammenfallen einen ebenso rötlichen Ring hinterliels, welcher allmählich erblafste.

Nach zwei bis drei Stunden langem Stehen hatte die dann ent- stehende zuerst schwache, dann stärker werdende schmutzig violette Farbe ihren Intensitätspunkt erreicht und begann dann in eine schmutzig rot-violette und dann rötliche Färbung über- zugehen.

Die beifolgende Tabelle giebt in den einzelnen Rubriken die Resultate der ausgeführten Untersuchungen in laufenden Nummern an.

Die Formel C,, H;g NO,, HCl + 3H,O erfordert H,O : 14,38 Proz; Cl: 9,45 Proz.

Die Formel C,, H;s NO;, HCI erfordert Cl: 11,04 Proz.

644 Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlorid.

Wie lange

Lan. | das Morph, Wasserverlust Farbe | Chlorgehalt in Prozent

as hydrochl. in Prozenten |nach dem berechnet auf

ze ano bei Trock- | wasserhaltige | wasserfreie

- | aufbewahrt nen. ne 1000 1300 Substanz 1 ? 13,03 13,03 gelb 9,42 11,01 2 | Frisch zer-

rieben 14,20 14,20 % 9,38 10,98 3 1/, Jahr 14,19 14,19 | gelblich 9,47 11,05 4 IE 12,98 13,23 ® 9,53 11,12 B) ZU 0, 13,10 13510 & 9,52 11,04 BR. 13,39 13,39 ß 9,36 11,10 TE ne 13,46 13,46 5 9,39 11,10 8 10 Tage 13,58 13,64 , 9,52 11,02 9 | 5 Wochen 13,24 13,87 gelb 9.45 11,07 10 | 14 Tage 13,25 13,25 t 9,60 11,01 Malle spp 13,67 | 13,78 a 9,58 10,99 12 Sim 13,46 13,67 gelblich 9,41 10,92 13 1 Jahr 13,54 13.54 3 9,57 11,13 14 ? 12,99 13,23 9,63 11,12 15 8 Tage 13,80 14,01 9,43 10,96 16 ? 13,49 13,68 gelb 9,61 11,21 17 2 Jahr 14,02 14,02 gelblich 9,62 11,18 18 6 Monate 13,83 13,92 u 9,56 10,99 19 1!1/, Jahr 13,86 13,86 n 9,48 11,06 20 | 11a Jahr | 13,43 13,86 gelb 9,68 11,21 21 1 Tag 13,72 14,22 9,40 10,92 22 | 3/, Jahr 13,39 13,88 & 9,45 10,98 23 1 Woche 13,91 13,97 9,57 11,10 24 2 Wochen 13,43 13,75 = 9,53 11,10 25 ? 13,99 14,15 gelblich 9,69 11,26 26 4 Wochen 13,41 13,68 = 9,26 10,70 27 8 5 13,72 13,92 5 9,43 10,98 28 1 Jahr 13,38 13,80 B 9,58 11,02 29 4 Monate 13,94 14,21 n 9,45 11,00 30 11/, Jahr 14,02 14,11 n 9,43 10,99 si | 12, Jahr | , 13,00 13,29 a 9,57 11,18 Sp an » 13,71 14,08 S 9,62 11,21 33 oil, 13,98 13,98 gelb 9,72 11,14 34 ? 14,17 14,35 ü 9,44 10,99 35 2 Jahre 13,39 13,77 e 9,68 11,03 36 1 Woche 13,23 13,57 2 9,72 ‚hab 37 6 Wochen 14,02 14,12 | gelblich 9,04 10,42 38 ? 13,40 13,90 = 9,26 10,83 39 ? 13,29 13,74 » 9,56 11,11 40 4 Wochen 13,95 14,07 gelb 9,65 11,02 41 ? 14,05 14,14 | gelblich 9,36 10,97 42 21/, Jahre 13,67 14,03 5 9,28 10,89 43 ? 14,16 14,16 = 9,46 10,90 44 6 Wochen 13,07 13,56 2 9,72 11,31 45 1!/, Jahre 13,04 13,63 gelb 9,35 10,87 46 US, 13,.1° 1.13.93 > 9,27 10,73

Dr. Wilhelm Göhlich: Ueber Morphinhydrochlorid. 645

Wie lange Wasserverlust Chlorgehalt in Lau- | das Morph i Farbe fende | hydrochl. wer) in Prozenten a Proz.,berechnet auf Is rieben aufbe- bei Trock wasserhalt, | wasserfreie No. | wahrt wurde 1000 1300 ge = Substanz 47 14 Tage 13,40 13,85 gelb 9,32 11,11 48 3 Monate 13,54 14,06 gelblich 9,30 10,84 49 | 21, Jahre | 13.13 13,77 h 9,54 10,78 50 Us 14,05 14,20 3 9,43 11,08 Sl er 13,18 SH gelb 9,38 11,01 52 7 13,32 13,67 stark gelb 0,46 12,12

Von den zur Untersuchung gelangten 52 Präparaten des Handels erreicht nur eins (Nr. 34) den nach der Formel berechneten Wassergehalt, allerdings erst nach dem Trocknen bei 1300. Sechs- zehn Präparate weisen den Gehalt von 14 Proz. Wasser auf be- ziehungsweise überschreiten denselben, während 35 Präparate zum Teil mit bis zu 1,3 Proz. unter dem ertorderlichen Wassergehalte zurückbleiben. Die letzte Nummer zeigt insofern noch besondere Eigenschaften, dafs einmal das Präparat sich beim Trocknen auf- fallend stark gelb färbte und sein Chlorgehalt ein anormal hoher war. Ich vermute, dafs dieses Morphinhydrochlorid aus seiner wässrigen Lösung mit rauchender Salzsäure ausgeschieden und dann nicht häufig genug umkrystallisiert wurde, um die letzten anhaftenden Spuren der treien Salzsäure zu entfernen.

Diese letzten Untersuchungen beweisen, dafs die Handels- präparate den Anforderungen des deutschen Arzneibuches be- züglich ihres Verhaltens gegen reine konzentrierte Schwefelsäure nicht gerecht zu werden vermögen, und dals der vom Arzneibuch vorgeschriebene Krystallwassergehalt nur in den seltensten Fällen von denselben ‘erreicht wird.

Eine bündige Erklärung dieses sonderbaren Verhaltens des Morphinhydrochlorids zu geben bin ich, wie ich schon oben ausein- andersetzte, trotz der ausgeführten eigenen Untersuchungen leider nicht im Stande, vielmehr mu/s ich mich mit der Feststellung der Thatsache begnügen.

646 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin.

Mitteilungen aus dem pharmaceutisch-chemischen Institut der Universität Marburg

von Ernst Schmidt.

61. Ueber das Thiosinamin und seine Halogen- additionsprodukte

von Dr. J. Gadamer.

(Eingegangen den 2. August 1895.)

Nachdem das Thiosinamin zuerst von Dumas und Pelouze durch Einwirkung von starkem Ammoniak auf Senföl dargestellt worden war, wurde dasselbe Gegenstand einer Reihe von Arbeiten, die sich teils mit seinen Verbindungen, teils mit der Ergründung seiner Konstitution beschäftigten. Dumas und Pelouze!) selbst scheinen sich nicht eingehender mit dem neuentdeckten Körper be- schäftigt zu haben, da sie sich eines endgültigen Urteils über seine Eigenschaften enthalten und denselben nach seinen Komponenten einfach als Senfölammoniak bezeichnen. Will kam dann auf Grund seiner Analysen zu der Bezeichnung Thiosinamin, da seiner Ansicht nach diese Verbindung in jeder Hinsicht als organische Base zu betrachten ist. Er wurde hierzu durch den Umstand ge- führt, dafs das „Thiosinamin“ mit gewissen Metallchloriden und gas- förmiger Salzsäure Verbindungen eingeht. ?)

Aschoff?°) machte alsdann die Wahrnehmung, dafs Thiosinamin auf Zusatz von Brom e’nen weilsen Niederschlag lieferte, während die von Brom herrührende B:aunfärbung gleichzeitig verschwand.

Diese Angabe wird von Malyt) in der Weise berichtigt, dals reinem Thiosinamin diese Reaktion nicht zukomme, dals aber allerdings Brom addiert werde unter Bildung eines Körpers, den er

7) Ann. f. Ch. u. Phy. 53, 181. 2) Ann. f. Ch. u. Pharm. 52, 9. 3) Journ. f. pr. Chem. 4, 314.

4) Zeitschr. f. Chem. 1867, 42.

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 647

Thiosinamindibromür nennt. Maly weist dabei auf die Verschieden- heit der beiden addierten Bromatome hin und charakterisiert die Verbindung als ein bromwasserstoffsaures Salz. Derselbe Forscher berichtet zwei Jahre später über die entsprechende Jodverbindung..)

Das auffällige Verhalten der beiden Bromatome, sowie der Um- stand, dafs man inzwischen das Thiosinamin als Allylthioharnstoff charkterisiert hatte, veranlalsten Falke, die Konstitution des Thiosinamins auf Anregung von Herrn Prof. E. Schmidt näher zu studieren.

Für den Thioharnstoff sind zwei Formeln, eine symmetrische NR, NE os und eine unsymmetrische ds H, aufgestellt, und nach den Reak- I

| | NH, NH,

tionen und Verbindungen, welche derselbe zu liefern imstande ist, mu[s man annehmen, dafs ihm beide Formeln zukommen, dals er also ein Beispiel der Tautomerie sei.?) Es war daher zu erwarten, dafs bei dem Allylderivate des Thioharnstoffs, dem Thilosinamin, ähnliche Verhältnisse vorliegen würden.)

Der Umstand ferner, dafs das Thiosinamin mit rauchender Salzsäure erhitzt einen isomeren Körper, den Propylen » thioharnstoff Gabriel’s?) liefert, legt es nahe, die Maly’sche Additions- produkte mit ersterem zu vergleichen, und zu konstatieren, ob den beiden Körpern dieselbe Konstitution zukomme, oder ob auch hier Verschiedenheiten vorlägen. Seine Untersuchungen hierüber hat Falke in seiner 1893 erschienenen Dissertationsschrift niedergelegt. Da jedoch Falke’s Arbeit noch so manches unentschieden lälst, anderes von Wichtigkeit überhaupt nicht behandelt, so unternahm ich es auf Veranlassung von Herrn Geheimrat Professor Dr. E Schmidt, die Arbeit Falke’s fortzusetzen und zu er- gänzen. Die Aufgabe zerfällt, wie aus Obigem erhellt, in zwei Hauptpunkte::

1. Untersuchungen über die Konstitution des Thiosinamin’s,

1) Zeitschr. f. Chem. 1869, 258. 2\ Maly, Monatsb. f. Chem. XI. 277; Storch, ebendaselbst 458; Rathke, Ber. 1884, I., 297. 3) Ber. 1889, 2986. Arch. d. Pharm. CCXXXI. Bas. 9. Heft. 49

648 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin.

2. Untersuchungen über die Konstitution des Maly’schen Brom- und Jodadditionsproduktes.

il In seinen Untersuchungen über die Konstitution des Thiosin- amins kommt Falke zu dem Schlußs, dafs auch diesem Allylderivat des Thioharnstoffs die beiden tautomeren Struktur-

formeln : NH, NH | l OS und CSH | | NHC,H, NH

zuzuschreiben seien. Für die erstere sprächen vor allem die Additionsprodukte des Thiosinamins mit salpetersaurem Silber und mit Chlorsilber, sowie das Verhalten gegen Quecksilber- und Blei- oxyd (eintretende Entschwefelung); für die letztere hingegen die Doppelsalze mit Kupfer- und Platinchlorid.

Um zu konstatieren, ob die Ansicht Falke’s den Thatsachen entsprächen, stellte ich sowohl die oben genannten Verbindungen, wie auch einige neue dar, und studierte deren Verhalten.

Einwirkung von Silbernitrat auf Thiosinamin.

Loewig und Weidmann!) haben durch Einwirkung von konzentrierter wässeriger Silbernitratlösung auf eine ebensolche Thiosinaminlösung ein Thiosinaminsilbernitrat erhalten, in welchem ein Molekül Silbernitrat mit einem Molekül Thiosinamin verbunden ist. Nach den Angaben Falke’s giebt auch eine nicht allzu- konzentrierte alkoholische Thiosinaminlösung, mit Silbernitrat im Ueberschu/s versetzt, ein weilses, voluminöses Salz, das sich an der Luft mit einer grauen Schicht überzieht. Dieses Präparat enthielt 38,8 Proz. Silber. In der That erhält man nach Falke's Vor- schrift ein derartiges Präparat, wie meine bezüglichen Versuche lehrten ; die Zusammensetzung dieses Doppelsalzes entspricht jedoch nicht der von Falke irrtümlich angegebenen Kormel C,H; NS + 2 AgNO,;, sondern vielmehr einer Verbindung von gleichen Mole- külen Thiosinamin und Silbernitrat, welche 37,76 Proz. Ag. verlangt. Somit ist der von Falke aus mälsig konzentrierter alkoholischer

1) Journ. f. pr. Chem. 19,218.

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 649

Lösung dargestellte Körper identisch mit dem von Loewig und Weidmann beschriebenen.

Verschiedene, in veränderter Konzentration gefällte Salze (nach Falke'’s Vorschrift) hatten einen Gehalt von 39,2 und 41,2 Proz. Silber, so dafs dieselben wohl als ein Gemisch der Verbindungen C,H; N S+AgNO,und C,H; N,;S +2 Ag NO; in wechselndem Ver- hältnis aufzufassen sein dürften. Aufserdem zeichnen sich diese Präparate nicht durch grofse Beständigkeit aus, vielmehr erleiden dieselben schon bei der Darstellung, anscheinend infolge Bildung von Schwefelsilber, eine Graufärbung.

Hingegen gelang es mir eine reine, haltbare Verbindung von der Formel C,H, S-+2 AgNO, auf folgende Weise zu erhalten:

Eine Lösung von 1 g Thiosinamin in 10 g Wasser versetzte ich mit einem Tropfen Salpetersäure und fügte dann so lange zehn- prozentige wässerige Silbernitratlösung zu, bis der zuerst entstehende Niederschlag sich wieder auflöste und überhaupt ein Ueberschufs an Silbernitrat vorhanden war. Die klare Flüssigkeit schied nach etwa halbstündigem Stehen eine reichliche Menge grauglänzender, derber, nadelförmiger Krystalle aus, welche ich durch Absaugen von der Mutterlauge trennte und mit wenig salpetersaurem Wasser nachwusch.

Den Silbergehalt bestimmte ich durch direktes Glühen, schliels-

lich im Wasserstoffstrome. Selbst bei vorsichtigem Erhitzen verpuffte die Verbindung, und es blieb sofort rein weilses Silber zurück.

0,2808 g hinterliefsen 0,1332 g Silber = 47,43 Proz. Silber, wäh- rend 47,37 Proz. für 0,H,N,S+2AgNO, berechnet sind.

Da in dieser Verbindung Schwefel und Silber in äquivalenten Mengen vorhanden sind, so mulste auch folgender Versuch zu einem brauchbaren Resultate führen: Ich versetzte eine gewogene Menge mit Ammoniak und erwärmte einige Minuten. Das dabei sich ab- scheidende Schwefelsilber wurde gesammelt und im Wasserstoffstrom geglüht. Ich fand auf diese Weise 46,97 Proz. Das Filtrat vom Schwefelsilber teilte ich in zwei Teile und erwärmte den einen mit ammoniakalischer Silberlösung; es fand keine Abscheidung von As,S statt; den andern prüfte ich mit Salzsäure auf Silbernitrat. Da auch hier kein Niederschlag entstand, mu/ste auch das Silber vollständig ausgefallen und somit Silber und Schwefel in den berechneten Mengen vorhanden sein.

42*

650 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin.

Es gelang mir ferner auch, aus alkoholischer Lösung eine Ver- bindung von gleicher Zusammensetzung zu erhalten. Eine alkoho- lische Lösung von Thiosinamin, etwa 1:400, säuerte ich mit einem Tropten Salpetersäure an und setzte dazu tropfenweise eine wässerige Silbernitratlösung. Es entstand auch hier zunächst eine milchige Trübung, welche bei weiterem Zusatz wieder verschwand. Beim ruhigen Stehen schieden sich seidenglänzende, weilse Flocken ab, die sich von dem aus wässeriger Lösung dargestellten Präparat durch die weilsere Farbe und geringere Derbheit unterschieden. Die Ana- lyse ergab jedoch, dafs ich es mit derselben Verbindung zu thun hatte.

0,1581 g hinterliefsen beim Glühen im Wasserstoffstrome

0,0749 g Silber = 47,375 Proz., berechnet für 0, H, NS +

2 Ag NO, = 47,37.

Das in derben Krystallen aus wässeriger Lösung erhaltene Präparat versuchte ich durch Umkrystallisieren aus heilsem Wasser zu reinigen. Loewig und Weidmann berichten von ihrem Präparat, dafs es getrocknet von grünlich-weilser Farbe und ziemlich lichtbeständig sei. Beim Umkrystallisieren aus lauwarmem Wasser sei es unverändert geblieben, durch heilses oder kochendes Wasser habe es sich unter Bildung von Ag,S zersetzt. Letztere Wahr- nehmung konnte ich auch an meinem Präparat bestätigen, jedoch wurde eine weitere Zersetzung durch Zusatz von einem Tropfen Salpetersäure verhindert. Beim Erkalten schied sich aus dem Filtrat eine weilse, aus langen, seidenartigglänzenden Krystallnadeln bestehende Masse aus, die nach dem Absaugen und Trocknen einen Gehalt von 38,13 Proz. Silber aufwies.

0,2536 g hinterlie[sen beim Glühen 0,0967 g Gef. Ber. für C,H, NS + AgNO,

Ag. 38,13 37,76.

Ein anderes, ebenfalls aus Wasser umkrystallisiertes Präparat, welches sich im Pharm.-chem. Institut zu Marburg vorfand, enthielt

38,42 Proz. Ag. 0,2634 g hinterliefsen beim Glühen 0,1012 g.

Hieraus ist ersichtlich, dafs die ursprünglich mit zwei Mole- külen Silbernitrat krystallisierte Verbindung des Thiosinamins durch Umkrystallisieren in die mit einem Molekül AgNO, übergegangen ist. Um zu konstatieren, ob diese Veränderung durch die teilweise

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 651

Zersetzung bedingt worden sei, versuchte ich eine andere Menge des derb krystallisierten Körpers aus’heilsem Wasser, welches mit einem Tropfen Salpetersäure angesäuert war, umzukrystallisieren. Die Lösung ging ohne Schwefelsilberabscheidung von statten und war beinahe völlig beendet, als plötzlich die gesamte Flüssigkeit zu einem Krystallbrei erstarrte, der erst auf Zusatz von viel heilsem Wasser sich wieder auflöste. Das beim Erkalten auskrystallisierte Präparat erwies sich bei der Analyse als die Verbindung von gleichen Molekülen Thiosinamin und Silbernitrat.

Ein Versuch, aus ganz verdünnter alkoholischer Lösung (1:2000) die Silberverbindung darzustellen, mifslang, da in dieser Verdünnung der zunächst entstehende voluminöse Niederschlag sich sofort schwärzte.

Aus alledem scheint mit Sicherheit hervorzugehen, dafs für die Gewinnung der Verbindung C,H; NS +2 AgNO; nicht die Art und die Konzentration des Lösungsmittels in Betracht kommen, sondern vor allem die Gegenwart geringer Mengen freier Salpetersäure, sowie ferner ein Ueberschu(s an Silbernitrat und endlich die Tem- peraturr. Ob die von Loewig und Weidmann dargestellte Verbindung, in welcher sie 36,58 Proz. Silber fanden, nicht doch ursprünglich die silberreichere gewesen ist, welche durch Um- krystallisieren in die silberärmere übergegangen, vermag ich nicht zu konstatieren, da die Verfasser nicht angeben, welches Präparat sie der Analyse unterworfen haben.

Einwirkung von Quecksilberchlorid auf Thiosinamin.

Nach Will!) entsteht beim Versetzen einer salzsauren Lösung des Thiosinamins mit Quecksilberchlorid ein weilser, käsiger, in Essigsäure löslicher Niederschlag, der, zur Vermeidung einer Zer- setzung, nur mit wenig kaltem Wasser ausgewaschen werden darf. Die Zusammensetzung dieser Verbindung soll der Formel C,H3N5S + 2HgCl, entsprechen. Ich benutzte zur Darstellung dieser Ver- bindung zunächst eine wässerige, nicht salzsaure Lösung des Thiosin- amins; auf Zusatz von fünfprozentiger Quecksilberchloridlösung entstand aus konzentrierter Lösung ein durchsichtiger, zäher, in

l) Ann. f. Chem. u. Pharm. 52, 13.

652 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin.

allen Lösungsmitteln unlöslicher Körper, der zur weiteren Unter- suchung nicht geeignet war; aus verdünnter Lösung erhielt ich da- gegen einen weilsen, käsigen Niederschlag, den ich, nach dem Ab- saugen, bei gewöhnlicher Temperatur trocknete und darauf unter- suchte.

In verdünnter Essigsäure war die Verbindung unlöslich, löslich hingegen nach längerem Kochen in Eisessig. Eine derartige essig- saure Lösung benutzte ich zur Analyse, indem ich das Queck- silber als Schwefelquecksilber durch H35S fällte.

Gef. Ber. für 0,H;N,S + 2HgOl, Hg 60,67 60,8.

Das Filtrat vom abgeschiedenen HgS sollte zur Bestimmung des Chlorgehaltes dienen, erwies sich aber als untauglich hierzu, da es mit grolser Hartnäckigkeit Schwefelwasserstoff zurückhielt. Des- halb glühte ich eine neue Menge des Präparates mit entwässertem, chlorfreiem Natriumearbonat uud fällte aus der zuvor Äfiltrierten und salpetersauren Lösung das Chlor mit Silbernitrat.

0,7210 g lieferten hierbei 0,6277 g AgCl. Gef.: Ber. tür C,H,3N:S + 2HgÜC], 6421,53 21,58.

Ich habe demnach durch Fällen mit Quecksilberchlorid aus verdünnter wässeriger Lösung des Thiosinamin’s dieselbe Verbindung erhalten, die Will aus salzsaurer Lösung dargestellt hat. Die Gegenwart der freien Säure ist somit für das Zustandekommen der Verbindung nicht von Belang.

Einwirkung von Quecksilberchlorür auf Thiosinamin.

Verreibt man Thiosinamin in wässeriger Lösung mitpräzipitiertem Calomel und erwärmt nach 24 Stunden, so scheiden sich nach dem Erkalten im Filtrat weilse Krystalle aus. Auf dem Filter ver- bleibt etwas Schwefelquecksilber und metallisches Quecksilber. Das Filtrat reagiert alkalisch. Auf tropfenweisen Zusatz von Salzsäure entsteht ein Niederschlag, der sich aber immer wieder auflöst, bis bei weiterem Zusatz eine flockige Abscheidung stattfindet. Auf Zusatz von Ammoniak entsteht ebenfalls eine weifse Fällung, die aber im Ueberschufs des Fällungsmittels nicht wieder löslich ist. Die Mutterlaugen scheiden beim längeren Stehen noch weitere

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 653

Mengen schön ausgebildeter, grölserer Krystalle aus, die die Eigen- tümlichkeit zeigen, dals in scharfer Abgrenzung die eine Hälfte voll- ständig klar und durchsichtig, die andere hingegen trübe ist. Die Grenze liegt anscheinend ungefähr in der Längsaxe.

Die Verbindung ist krystallwasserfrei und zersetzt sich schon im Wassertrockenschranke.

1. 0,3782 g, mit Ammoniak erwärmt, schieden 0,1412 g HgS ab; das Filtrat enthielt kein Quecksilber mehr.

2. 0,6105 g gaben 0,2870 g Ag Cl.

Zieht man aus den für Hg und Cl. gefundenen Werten die Quotienten, so findet man, dafs Hg:Cl im Verhältnis 1:2 steht, dals

also eine Oxydverbindung vorliegt. Die Formel berechnet sich auf (C,H, N.S), HgÜl,

Gef. Ber.

I IE Hg 32,18 3219 Er BES 11.47

Zu einer Verbindung von demselben Aeulsern gelangte ich beim Erwärmen der Verbindung C,H;3NS-+2HgCl, mit über- schüssiger Thiosinaminlösung. Es resultierte dabei eine klare Lösung, dieselbe reagierte alkalisch und zeigte dieselben Eigenschaften, wie das Filtrat obigen Einwirkungsproduktes von Quecksilberchlorür aut Thiosinamin. Beim Erkalten krystallisierte eine Verbindung von genau derselben Form aus. Zum Nachweis der Identität bestimmte ich den Queksilbergehalt,

0,375 g des über Schwefelsäure getrockneten Salzes, mit Ammoniak gekocht, gaben 0,1405 g HgS, entsprechend 32,29 Proz. Hg; berechnet sind 32,15 Proz.

Einwirkungvon Quecksilbercyanid auf

Thiosinamin.

Eine wässerige Thiosinaminlösung nimmt, versetzt mit einer Lösung von Quecksilbereyanid, alkalische Reaktion an. Nach mehr- stündigem Stehen scheiden sich prachtvoll glänzende, weilse Krystalle von bedeutender Gröfse aus, die in ihrer Krystallform der des Quecksilbercyanids ähneln. Aufserdem aber entstehen noch grau- getärbte, kleinkrystallinische Massen. Die gut ausgebildeten, weilsen Krystalle wurden ausgelesen und analysiert. Bei 1000 getrocknet, zersetzten sie sich unter Schwarzfärbung ; über Schwefelsäure ge- trocknet, gaben sie nichts ab, waren also wasserfrei.

654 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosiaamin.

0,3305 g wurden in Wasser gelöst und mit Ammoniak gekocht, und das ausgeschiedene Schwefelquecksilber auf einem gewogenen Filter gesammelt. Das Filtrat vom HgS wurde mit Silbernitrat ver- setzt, um den überschüssigen Schwefel zu bestimmen, und gekocht. Das ausgeschiedene Schwefelsilber wurde gesammelt und im Wasser- stoffstrome geglüht. Im Filtrat endlich von Schwefelsilber wurde Cyan, nach dem Ansäuren mit Salpetersäure, durch Silbernitrat aus- gefällt und das ausgeschiedene Cyansilber im Weasserstoffstrome geglüht.

0,3395 g gaben 1. 0,0918 HgS = 23,94 Hg 2 & 2 BlRE AR uns 3. 0,0727 gAg = 4,26 Cy.

Diese Daten lassen sich auf keine Formel vereinigen. Denn

während der für Hg gefundene Wert auf eine Formel

(C, H; N, 8), Hg Cy hinweisen würde, setzt der ermittelte Schwefelgehalt eine Ver- bindung von der Formel (C,H; N; S);, + HgCy, voraus. Der für Cy gefundene Wert endlich würde der ersten Formel entsprechen, wenn man eine Oyanürverbindung annehmen würde, da die tür Hg und Cy berechneten Quotienten sich wie 1:1 verhalten.

Bei weiterer Prütung stellte sich jedoch heraus, dafs sich im Filtrat von Cyansilber sowohl Hg. als auch Cy noch nachweisen liefs, obwohl ich bei deren Bestimmung die betreffenden Reagen- tien im starken Ueberschuls angewandt hatte.

Nach dem Gegebenen schien es mir erforderlich, den Gehalt an Hg und S erst nach Zerstörung der organischen Substanz zu be- stimmen. Zu diesem Zweck erhitzte ich 0,1835 g mit Salpetersäure- hydrat drei Stunden im zugeschmolzenen Rohr auf 180°. In dem stark verdünnten Reaktionsprodukt wurde Hg als HgS und S als Baryumsulfat bestimmt. 0,1835 g lieferten 0,08785 g HgS und 0,1731 g Ba SO,.

Gef. Ber. für (C,H; N, S), Hg (CN), Hg ALaTı% 41,32 S 13,42 13,23.

Einwirkung von Kupferchlorür auf Thiosinamin.

Durch Fällen einer konzentrierten Thiosinaminlösung mit mög- lichst neutraler Kupferchloridlösung erhielt Falke eine weilse, unlösliche Verbindung, der er auf Grund seiner Analysen die em- pirische Formel C,H; N;S- Cu Cl + 1/; H,O zuschreibt.

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 655

Aus den Mutterlaugen hat Falke keine anders zusammenge- setzten Verbindungen erhalten; trotzdem hat er nie die quantitative Ausbeute erhalten, und er erklärt dies durch eine Gleichung, welche er, analog der von Rathkel) für die entsprechende Thioharnstoff- verbindung angegebenen Formel, aufstellt:

I. 2CSN,H, C,H, + Cu Cl,— CSN,H,C, H;-Cu Cl + CSN, HB, C,H,-Cl. IL 2CSN,H, C,H, CI=CSN,H,G,H, +CN,H0C,A,+S+2HCL

Im Anschlufs hieran habe ich folgende Beobachtungen ge- macht:

Verreibt man fein verteiltes Kupferchlorür (dargestellt durch Fällen einer salzsauren Lösung durch viel Wasser) mit Thiosin- aminlösung, so entsteht eine voluminöse Verbindung (A). Mit dem Zusatz von Thiosinamin mufs man so lange fortfahren, bis die über dem Niederschlage stehende Flüssigkeit eine schwach- blaue Färbung behält, Saugt man den Niederschlag alsdann ab, so scheiden sich im Filtrat nach einigem Stehen weilse, gläuzende Krystalle aus. In reichlichen Mengen erhält man dieselben, wenn man den Niederschlag mit Thiosinaminlösung nachwäscht oder von vornherein einen Ueberschufs des letzteren zum Kupferchlorür zu- zetzt. Wie ich unten nachweisen werde, sind diese beiden Körper verschieden zusammengesetzt. Einen mit letzterer Verbindung identi- schen Körper (B) erhielt ich durch Verreiben völlig neutralen Kupfer- chlorürs mit überschüssigem Thiosinamin. Das Kupferchlorür löst sich dabei nahezu vollständig auf, das Filtrat reagiert alkalisch und giebt, mit Salzsäure tropfenweise versetzt, einen sich immer wieder auflösenden Niederschlag. Hört man mit weiterem Zusatz von Salz- säure auf, sobald der entstehende Niederschlag sich nur noch schwierig auflöst, so scheiden sich nach etwa viertelstündigem Stehen reichliche Mengen kleiner, glänzender Krystalle aus. Durch gleiches Behandeln können in dem Filtrat weitere Krystallisationen erzielt werden. Bleiben diese Krystalle längere Zeit mit den Mutterlaugen in Berührung, so verwandeln sie sich allmählich in zähe durch- scheinende Massen, die aber allmählich wieder krystallinisch erhärten. Nicht unerwähnt soll bleiben, dafs obige, alkalisch reagierende Lösung von Kupferchlorür in Thiosinamin auch mit Ammoniak einen weilsen Niederschlag giebt, der sich aber nicht wisder auflöst.

1) Ber. 1884, 297 ff.

656 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin.

Der erstere, in Wasser unlösliche Körper (A) war nach dem Trocknen schwach blau gefärbt.

0,4956 & verloren weder im Exsiccator über Schwefelsäure, noch bei 1000, noch endlich bei 105° getrocknet etwas an Gewicht. Diese Menge im Wasserstoffstrome mit Schwefel geglüht hinterliels 0,1845 g Cu,S, was einem Gehalt von 29,6%, Cu entsprechen würde.

Falke fand 28,2 und 28,60%, Cu und berechnete hieraus die Formel (C,H; N; S), Cu; Cl, + H,O. Dafs der von mir dargestellte Körper identisch mit dem Falke’s ist, unterliegt bei den sonst völlig gleichen Eigenschatten keinem Zweifel. Der Umstand, dals ich ca. 10/, Cu mehr gefunden habe, konnte seinen Grund darin haben, dafs dem Thiosinaminkupferchlorür eine geringe Menge un- verändertes Kupferchlorür beigemengt war. Da aber andererseits der von mir für Kupfer gefundene Wert genau mit dem auf die wasserfreie Verbindung berechneten übereinstimmt (gef. 29,6 ber. 29,53), so liegt die Vermutung nahe, dafs der von Falke durch Einwirkung von Kupterchlorid- auf Thiosinaminlösung dargestellte Körper kein einheitlicher gewesen, sondern ein Gemenge aus wasser- ireiem Thiosinaminkupferchlorür und der durch Einwirkung über- schüssigen Thiosinamins auf Thiosinaminkupferchlorür entstandenen Verbindung, deren Beschreibung und Analysen folgen, gewesen sei. Um dies zu konstatieren, stellte ich mir eine Quantität obiger Ver- bindung genau nach den Angaben Falke’s dar und bestimmte darin den Kupfer-, Chlor- und Schwefelgehalt.

1. 0,3346 g der bei 1000 getrockneten Substanz hinterlielsen beim Glüben mit Schwefel im Wasserstoffstrome 0,1160 g.

2. : 0.5785 g lieferten 0,3529 g AgCl.

3. 0,3245 g, mit Salpetersäurehydrat drei Stunden auf 2200 er- hitzt, gaben 0,3496 g Baryumsulfat.

Gef. Falke I II 1881 Cu 27,66 _ 28,2— 28,6 [01 15,09 15,2 Se 2 14,79 14,1

Wenn die für Ca und Cl gefundenen Werte auch annähernd mit den von Falke gefundenen übereinstimmen und somit die An- nahme Falke’s zu bestätigen scheinen, weist doch der von mir für Schwefel gefundene Wert mit Notwendigkeit auf eine wasser- freie Verbindung hin, die mit der weiter unten beschriebenen thio-

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 657

sinaminreicheren Verbindung (B) verunreinigt ist. Dafs letztere sich leicht wird beimengen können, kann man aus Folgendem entnehmen:

Bei der Darstellung des Thiosinaminkupferchlorürs wird Thio- sinamin im Ueberschufs angewandt. Dasselbe wird also leicht die in Wasser lösliche thiosinaminreichere Verbindung (B) liefern können. Gleichzeitig wird bei der Einwirkung von Thiosinamin auf Kupfer- chlorid freie Salzsäure abgespalten. Letztere scheidet aber, wie oben erwähnt, die thiosinaminreichere Verbindung zum Teil aus ihren Lösungen ab.

War diese Annahme richtig, so mulste durch Versetzen einer Kupferchloridlösung mit ungenügendem Thiosinamin eine von diesem Körper freie Verbindung entstehen. Ein in dieser Weise dagestelltes Salz zeigte in der That vollständig dieselben Eigenschaften, wie das Falke's, erwies sich aber als wasserfrei.

0,3452g gaben nach dem Trocknen über Schwefelsäure weder bei 100 noch bei 1100 etwas ab. Das durch Ammoniak abgeschiedense mit S im Wasserstofistrom geglühte Cu,S wog 0,1261 g = 29,15 Proz. Be- rechnet sind für (C,H, N,S.CuCl), 29,53 Proz.

Das obige, gut krystallisierte Salz B war von rein weilser Farbe und veränderte sich selbst nach wochenlangem Liegen an der Luft nicht im geringsten. Es verlor ebenfalls, weder über Schwefel- säure, noch bei 100° und 1050 getrocknet, etwas an Gewicht, so dals es also frei von Krystallwasser zu bezeichnen ist.

1. 0,3956 g hinterlielsen 0,1167 & CuaS.

2. 0,2937 g, bei 105—110° getrocknet, verloren 0,0009 g an Gewicht.

3. 0,2928 g wurden mit Ammoniak gekocht. Das abgeschiedene Schwefelkupfer betrug nach dem Glühen im Wasserstoffstrome mit Schwetel 0,0843.

4. Das Filtrat von Analyse 3 wurde mit Silbernitrat gekocht. Der Niederschlag von Ag, S, im Wasserstoffstrom geglüht, hinterliefs 0,2114 g Ag.

Aus Analyse 2 und 4 berechnet sich der Gesamtgehalt an Schwetel.

5. 0,328 g lieferten 0,1724 g AgCl.

Berechnet für

Gef. (C, H; N, S)z Cu, Cl I II III IV V Cu 2354 23,32 _ 23,18 EEE Tr REES DEREN Ö Ser Bil ya 16,51 17.6

Cl —_— 13,0 13,02

658 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin.

Der zu geringe Befund an Schwefel erklärt sich daraus, dals eine kleine Menge, bei Analyse 3, als CuS mit Ammoniak ausfällt, welche nachher als Cu,S zur Wägung kommt.

Diese Verbindung stellt sich in der Zusammensetzung der aus

Thiosinamin und Quecksilberchlorür dargestellten Quecksilberverbin- dung zur Seite. Bemerkenswert ist jedoch die verschiedenartige Wirkung, welche das Thiosinamin auf die Chlorverbindungen dieser beiden so nahe verwandten Metalle ausübt. Denn während die Oxy- dulverbindung des Quecksilbers durch Thiosinamin unter Abschei- dung von metallischem Quecksilber in die Oxydverbindung überge- führt wird, verwandelt sich umgekehrt die Oxydverbindung des Kupfers durch Einwirkung von Tbhiosinamin unter Salzsäureabspal- tung in die Oxydulverbindung.

Verhalten der Thiosinamin-Schwermetallsalz- Verbindungen gegen Reagentien.

Alle vorher beschriebenen Metallsalzverbindungen des Thio- sinamins zeigen ein wesentlich anderes Verhalten, als das Thiosinamin selbst. Während Thiosinaminlösungen vollständig neutral reagieren und auf Zusatz von Pikrinsäure, Phosphomolybdän- und Phospho- woltramsäure keine Niederschläge geben, wohl aber mit den übrigen sogenannten allgemeinen Alkaloidreagentien, mit Ausnahme der Gerb- säure, reagieren die Metallsalzverbindungen, soweit sie wasserlöslich sind, schwach alkalisch auf Lackmus und geben, selbst in den grölsten Verdünnungen, mit allen Alkaloidreagentien, mit Ausnahme der Gerbsäure, voluminöse Niederschläge. Durch eine einfache Doppel- salzbildung dürfte sich dieses eigentümliche Verhalten kaum er- klären lassen.

Von Wert für die Erkennung der Konstitution der im Vor- stehenden beschriebenen Verbindungen scheint mir ferner das Ver- halten derselben gegen Schwefelwasserstoff zu sein.

Loewig und Weidmann!) berichten hierüber folgendes:

„Wird die in Wasser verteilte Verbindung des Thiosinamin- silbernitrats durch Schwefelwasserstoff zersetzt, so enthält die von Schwefelsilber getrennte Flüssigkeit Salpetersäure und Senf- ölammoniak aufgelöst. Wird die saure Lösung mit Natriumkarbonat gesättigt und dann eingedampft, so bleibt ein salzartiger Rückstand,

1) Journ. f. pr. Chem. 19, 220.

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 659

aus welchem Aether unverändertes Senfölammoniak auszieht. Wird jedoch die saure Flüssigkeit ohne vorhergegangene Neutralisation abgedampft, so bleibt eine gelbliche, zerfliefsliche Masse zurück, welche durch zersetzende Wirkung der Salpetersäure auf das Senf- ölammoniak entstanden ist.“ Meine Versuche hierüber haben fol- gende Thatsachen ergeben:

Schwefelwasserstoff scheidet allerdings aus den Metallsalz- verbindungen Schwefelmetall ab, jedoch gelingt es selbst durch tagelanges Einleiten von HzS nicht, sämtliches Metall zu elimi- nieren, vielmehr verbleibt immer eine metallhaltige, wasserhelle Flüssigkeit, die auf Zusatz von Pikrinsäure, Phosphomolybdän- und Phosphowolframsäure Niederschläge giebt, also nicht blos aus Thio- sinaminlösung bestehen kann. Dabei konnte ich bemerken, dals z. B. aus Thiosinaminchlorsilber ausgeschiedenes Schwetfelsilber heim Erwärmen (um das Schwefelsilber kompakter zu machen) sich wieder auflöste; dafs das Quecksilber aus seinen Verbindungen als schwarzes Schwefelquecksilber äusfällt, beim weiteren Einleiten von Schwefelwasserstoff allmählich braun, schliefslich zinnoberrot wird; dafs das mit Schwefelwasserstoff gesättigte, farblose Filtrat von Thiosinamin-Kupferchlorür auf Zusatz von destilliertem Wasser sich bräunt, also eine weitere Menge von Schwefelkupfer abscheidet. In allen Fällen aber bleibt, wie schon gesagt, Metall in Lösung und kann erst durch Zusatz von Schwefelammonium bis zur alkalischen Reaktion abgeschieden werden.

Beim Eindampfen der so metallfrei dargestellten Lösung aus Thiosinaminkupferchlorür schieden sich weilse, glänzende Krystalle aus, deren Schmelzpunkt, nach dem Trocknen über Schwefelsäure bei 69—700 lag. Die aus Alkohol umkrystallisierte Verbindung schmolz bei 72°, difterierte also mit dem in der Litteratur ange- gebenen Schmelzpunkt um 2%. Dafs aber der erhaltene Körper mit Thiosinamin identisch war, ersah ich aus dem Verhalten gegen Blei- und Quecksilberoxyd. Durch letztere Agentien wurde nämlich der Verbindung beim Kochen, unter Bildung von Schwefelmetall, der Schwefel entzogen, das Filtrat reagierte alkalisch, gab mit Pikrin- säure Fällungen und bestand aus Allylcyanamid. Zum Vergleich wurde auch gleichzeitig der Schmelzpunkt von reinem Thiosinamin bestimmt. Beide Substanzen schmolzen genau bei derselben

660 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin.

Temperatur, bei 720. Auch das Verhalten gegen Pikrinsäure, Phosphomolybdän- und Phosphowolframsäure war vollständig gleich.

Es bestätigt sich somit die Angabe Loewig und Weid- mann's, dals durch Schwefelwasserstoff Thiosinamin zurückge- wonnen werden kann, nur ist eben dabei die Kautele zu beachten, dafs nach dem Einleiten von Schwefelwasserstoff noch Schwefel- ammonium zugesetzt werden muls. Loewig und Weidmann haben dasselbe Resultat durch den Zusatz von Natriumcarbonat er- reicht. Durch selbiges ist jedenfalls das noch in Lösung befindliche Silber ebenfalls abgeschieden worden.

Die Konstitution der Metallsalzverbindungen des Thiosinaminse.

Die verhältnismäfsig grofse Schwierigkeit, welche es bietet, sämtliches Metall aus den Verbindungen zu eliminieren, legt, wie Rathket!) bei den analogen Thioharnstoffmetallverbindungen aus- führt, die Annahme nahe, dafs das Metall direkt an den Schwefel des Thiosinamins gebunden ist; denn naturgemäls wird dasselbe, bereits an Schwefel gebunden, keine allzugrofse Neigung haben, sich von einem Schwefelatom loszureilsen, um mit einem andern in Ver- bindung zu treten. Den Beweis für diese Annahme führte Rathke in der Weise, dafs er auf die Silberverbindung Jodaethyl einwirken lies. Dadurch erhielt Rathke eine Verbindung, welche das Metall gegen Aethyl ausgetauscht hat.

Ganz analog verhält sich auch das Thiosinamin. Behandelt man Thiosinaminchlorsilber mit überschüssigem Jodaethyl in einer Druckflasche bei 100°, so erhält man eine gelbgefärbte Verbindung, die in allen Lösungsmitteln unlöslich ist und aller Wahrscheinlichkeit nach ebenso zusammengesetzt ist, als dasnach Rathke intermediär entstehende

CSNH, AgJ + CSNH,.%H,Cl; es unterscheidet sich von letzterem jedoch dadurch, dafs man das Thiosinaminaethylcehlorid nicht zu isolieren vermag. Dals aber die Einwirkung in dem angegebenen Sinne stattfindet, dafür spricht das Verhalten von Thiosinaminjodaethyl gegen Chlorsilber. Es resultiert dabei eine Verbindung, die vollständig identisch mit der durch Ein- wirkung von Jodaethyl auf Thiosinaminchlorsilber entstandenen ist. Das Thiosinaminjodaethyl entsteht beim Verdunsten einer alkoholischen

1) Ber 1884, I. 308.

Dr. J). Gadamer: Ueber Thiosinamin. 661

Thiosinaminlösung mit überschüssigem Jodaethyl in weilsen, grolsen Krystallen, die in Wasser und Alkohol äufserst leicht löslich sind. 0,4140 g verbrauchten 15,29 ccm !/,, N. Silberlösung. Gefunden: Ber. für 0,H,;,N5S.C,H,J J = 46,63 46,68. Der Verlauf bei Bildung der Metallverbindungen dürfte dem- nach etwa folgender sein:

NH | NH ( I TR

CSH +M= CSM ıH | |

NHC,H, NHO.H,

Der dabei frei werdende Wasserstoff kann sich nun entweder mit dem vom Metall abgespaltenen Säureradikal zu einer Säure ver- einigen, welch’ letztere dann mit der metallhaltigen Base eine salz- artige Verbindung eingeht, wie es Rathke für die Thioharnstoff- metallverbindungen annimmt, oder aber man kann, nach dem Vor- gange von Falke, den Reaktionsverlauf dadurch erklären, dafs, bei der Einwirkung von Metallsalzen, das Schwefelatom des Thiosinamins aus der Zweiwertigkeit in die Vierwertigkeit übergeht, und dafs die beiden Komponenten des Metallsalzes sich direkt an den Schwefel nach folgendem Schema anlegen:

NH NH

| Erz

| DB Yan:

CB EMR- CigNn I

| | N:

NHC;H, NHC,H,.

I I M bedeutet ein einwertiges Metall, R ein einwertiges Säureradikal.

Für letztere Annahme spricht vor allem der Umstand, dafs sämtliche Metallsalzverbindungen schwach alkalisch reagieren, was sich kaum durch die Annahme einer Salzbildung nach Rathke er- klären lälst, um so weniger, da das Thiosinamin selbst keine Salze zu bilden vermag, und die Harnstoffsalze von saurer Reaktion sind. Dals der Eintritt [des Metalles für Wasserstoff die Basieität in dem Mafse erhöhen sollte, dafs die Salze schwach alkalisch rea- gieren, ist, wenn auch möglich, doch an sich nicht recht wahrschein- lich; man mülste denn annehmen, dafs die Neutralität des Thiosin- amins durch eine Sättigung der basischen Stickstoffgruppen gegen die

662 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin.

Säurecharakter tragende SH-Gruppe bedingt sei, durch Sättigung der elektronegativen SH-Gruppe mit Metall aber die Basicität der NH- resp. NHC,H,-Gruppe wieder zur Geltung kommen. Erstere könnte dann durch die Säure des Metallsalzes gesättigt werden, während der schwach basische Charakter der Verbindungen seine Erklärung in der Gruppe NH.C,H, finden würde.

Erklärlich wird diese Hypothese durch folgende Thatsachen:

1. Der Harnstoff ist trotz seiner zwei Amidgruppen eine schwache einsäurige Base und geht mit einbasischen Säuren salz- artige Verbindungen von saurer Reaktion ein. Die Einsäurigkeit ist bedingt durch Sättigung einer Amidgruppe durch die Carbonyl- gruppe.

2. Der Aliylthioharnstoff ist neutral und ist nicht imstande, mit Säuren salzartige Verbindungen zu liefern. Der basische Charakter der beiden Stickstoffgruppen wird neutralisiert durch die elektro- negative SH-Gruppe. Wird nun die SH-Gruppe durch Metall ge- sättigt, so gelangen die beiden Stickstoffgruppen, wie oben erörtert, in ihrem basischen Charakter wieder zur Geltung, und es resultiert eine Verbindung, die als schwache Base aufzufassen ist.

Unterstützt wird die Annahme salzartiger Verbindungen durch das Verhalten vorbeschriebener Körper gegen Pikrinsäure und die Zusammensetzung dieser Pikrate. Näher untersucht habe ich die Reaktionsprodukte von Pikrinsäure auf die beiden Thiosinaminsilber- nitrate.

Eine stark verdünnte Lösung der Verbindung C4H3N:S + 2AgNO, wurde mit wässeriger Pikrinsäurelösung versetzt. Dadurch entstand ein flockiger Niederschlag, der sich anfänglich immer wieder auflöste, bis er auf weiteren Zusatz von Pikrinsäure bestehen blieb. Nach eintägigem Stehen war der zunächst amorph erscheinende Niederschlag zum gröfsten Teil in schön gelbe, glänzende Nadeln übergegangen. ‘Aus heilsem Wasser liefs sich die Verbindung nicht umkrystallisieren.

Die über Schwefelsäure getrocknete und zerriebene Substanz wurde zunächst für sich, dann im Wasserstoffstrome bis zum kon- stanten Gewicht geglüht. Die Substanz mus anfänglich sehr vor- sichtig erhitzt werden, da sonst durch die eintretende schwache Verpuffung metallisches Silber mit fortgerissen wird.

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 663

1. 0,2568 g hinterlielsen 0,0888 g mı«tallisches Silber. 2. 0,11068 derselben Substanz lieferten 0,0383 g.

Gef. Ber. für C0,H,N,S Ag. C,H, OH (NO,); + AgNO, I. II. Ag 34,58 34,63 34,72.

Eine sehr verdünnte Lösung der Verbindung C,H,N,;S+ AgNO;, mit Hilfe einiger Tropfen Salpetersäure in lauwarmem Wasser hergestellt, verhielt sich auf Zusatz wälsriger Pikrinsäure ebenso, wie vorige Verbindung, nur ging sie auch nach tagelangem Stehen nicht in eine krystallisierte Form über, vielmehr resultierte sie als grünlichgelbe Krusten, die nach dem Zerreiben und Trocknen über Schwefelsäure in gleicher Weise, wie vorige Verbindung, ana- lysiert wurden.

1. 0,3587 g hinterlielsen beim Glühen 0,0841 g 2. 0,2058 g lieferten 0,0486 g Ag.

Gef. Ber. für C,H, N,SAg. C,H, OH (NO,), 1. I Ag 2345 23,62 23,89.

Hieraus geht hervor, dafs erstere Verbindung als Doppelsalz von Thiosinaminsilberpikrat und Silbernitrat, letztere als Thiosin- aminsilberpikrat aufzufassen ist. In beiden Fällen tritt Pikrin- säure unter Abspaltung eines Moleküles Salpetersäure in die Ver- bindung ein. Ferner folgt daraus, dafs die Verbindung von einem Molekül Thiosinamin mit zwei Molekülen Silbernitrat eine Doppel- verbindung von Thiosinaminsilbernitrat mit Silbernitrat ist. Dafür spricht auch der Umstand, dals diese Verbindung sehr labiler Natur ist, indem sie bereits beim Erwärmen in diese beiden Komponenten zerfällt.

Die Abspaltung von Salpetersäure durch Pikrinsäure lälst, wie bereits angedeutet, die Konstitution der Verbindung nach

Rathke wahrscheinlich erscheinen: NH NH

I I

NH 0, H,, HNO, HC,H,, C,H, (NO,), OH. Jedoch läfst sich diese Abspaltung auch mit der von Falke vorgeschlagenen Konstitutionsformel vereinigen. Der Reaktions-

verlauf würde dann durch folgende Gleichung seinen Ausdruck finden:

Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bds. 9. H: ft. 43

664 Dr. J, Gadamer: Ueber Thiosinamin.

NH H NH H

I I

| IR NO, | 5 0C;H; (NO,);. NH C,H, NHC, H,

Demnach würden sich für die in der Arbeit näher be- schriebenen Verbindungen, sowie für das von Will!) und Falke?) dargestellte Thiosinaminchlorsilber folgende Formeln aufstellen lassen:

1. yH, NS + AgNO,

NH NH ‚H | 1 a) CS Ag b) CS-Ag | N NH C,H,, HNO, DS NO, NH C,H, 2. C,H, N,8S + Ag0l NH NH H | 1 a) OS Ag b) CS—Ag | NHC,H,,HCl | Naı 3. C,H, N,8 +2 AgNO,. NH er en l 19 a) COSAg AgNO;. b) COSAg.AgNO, - “NV NH 0, H,, HNO, NHC,H, 4, 2C,H,S+4HgCl.. NH HN ll ll a) | O—S—Hg—S—C (Hg Clo)g

NHC,H, H,C,.HN,2HCl

NH EH HN b) | C-8—-Hg -8—-C |(Hg Cly; PERS nr INHC,H, H,C,HN

1) Ann. f. Chem. n. Pharm. 52, 14. 2) Falke, Disserta’ ionsschrift 14.

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin, 665

5. (C,H, N, S), Hg Cl, "NH HN Il II a) A C,‚H,N, 8 NHC,H, H,C,NH,2HCl

NH pH HN

In“:

nI0S— Hg SCI, MN; | Na c/

NHC,H, H,GH

6. (C,H, N, 8), Hg (CN).

NH HN ee re Se NHC, H, H, C, HN, 2HCN Be N ar 7. (C4 H, N, 8), Cu; C],. NH BIN \ HH ie a)C—S— Cu—Cu— SC p) CE —8 Cu— CuI—Ü 0,H. #,0,HN2Ho0l | en re 8. (C,H, N, 8), Cu, C},. NH HN a) ea en C,H,N,& NHO,H, H,C, HN,2HC1 SE. = b) RR > C,H,N,8 | Naı a7

NHC,H, H,O; a Diese Verbindungen lassen se wie man aus obigem leicht ersehen kann, leicht in drei Gruppen einteilen:

1. Verbindungen von äquivalenten Mengen Thiosinamin und Metallsalz. Hierzu gehören die sub 1, 2,6 und 7 Mar ee Dieselben sind in Wasser ziemlich schwer löslich.

43*

666 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin.

3. Verbindungen von Thiosinamin mit überschülfsigem Metall- salz. 3 u. 4. Sie sind nahezu unlöslich in allen Lösungsmitteln.

3. Verbindungen von überschüssigem Thiosinamin mit Metall- salz. 5 u. 8. Sie lösen sich verhältnifsmälsig leicht in Wasser.

Einwirkung von metallischem Quecksilber, Silberund Kupfer auf Thiosinamin.

Die grolse Reaktionstähigkeit des Thiosinamins mit Metall- salzen legte es nahe, zu untersuchen, ob und inwiefern Tbiosinamin auf die Metalle selbst einwirke.

Verreibt man Thiosinamin mit metallischem Quecksilber unter Zusatz einiger Tropfen Alkohol, so bemerkt man schon nach kurzer Zeit, dals das Reaktionsgemisch alkalische Reaktion annimmt und Schwefelquecksilber abscheidet. Ein wässeriger Auszug giebt mit Pikrinsäure einen Niederschlag und läfst beim Erwärmen mit Am- moniak reichliche Mengen von Schwefelquecksilber erkennen. Beim weiteren Verreiben wird die Masse allmählich zähe, und sie verliert die Fähigkeit, sich leicht in Alkohol oder Wasser zu lösen. Nach mehrwöchentlicher Einwirkung wurde dieselbe mit heilsem ver- dünnten Alkohol extrahiert. Das Filtrat von stark alkalischer Reaktion schied beim freiwilligen Verdunsten reichliche Krystall- mengen aus, die sich durch ihren Schmelzpunkt als unverändertes Thiosinamin erwiesen.

Gleichzeitig hinterblieb eine schwachgelbliche, firnilsartige Masse, die ich von anhaftendem Thiosinamin durch Abwaschen mit kaltem verdünnten Alkohol, worin die zähe Masse nur wenig löslich war, möglichst befreite. Beim Trocknen über Schwefelsäure wurde die Masse fest und spröde, ohne ihre Durchsichtigkeit zu verlieren. Die fein zerriebene Verbindung schmilzt bei 79—800 und schwärzt sich bei weiterem Erwärmen infolge Abscheidung von Schwefel- quecksilber. In Wasser und Alkohol i-t sie unlöslich. Zur Er-

mittelung der Zusammensetzung bestimmte ich den Gehalt an Queck- silber und Schwefel.

1. 0,3119 g, nach Carius 3 Stunden auf 1800 erhitzt, zeigten, dafs noch richt sämtlicher Schwefel oxydiert war, da beim Lösen in Wasser ein gelber, amorpher Rückstand blieb.

Das Filtrat gab 0,1093 g HgS und 0,361 g Ba SO,.

2. 0,2219 g, nach Carius3 Stunden auf 200—2100 erhitzt, waren vollständig oxydiert und lieferten 0,0602 g HgS und 0,2840 g Ba SO,.

Dr. J.. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 667

I II Hg 30,21 31,08 BramS 17,51.

Berechnet man aus diesen Werten die Quotienten, so findet man für Quecksilber und Schwefel das Verhältnis 2:7. Eine Ver- bindung von 2 Atomen Quecksilber mit 7 Molekülen Thiosinamin würde jedoch einen bei weitem höheren Quecksilber- und Schwetel- gehalt erfordern, nämlich 33 Proz. Hg und 18,48 Proz. S.

Nun scheidet sich aber, wie oben erwähnt, beim Verreiben des Thiosinamins mit Quecksilber Schwefelquecksilber ab, es findet also eine teilweise Entschwefelung statt; ferner giebt die analysierte Verbindung beim gelinden Erwärmen mit verdünnter Salzsäure Schwefelwasserstoff ab, eine Eigenschaft, die dem Thiosinamin nicht zukommt; endlich passen die für Hg und S gefundenen Werte auf eine Verbindung von 2 Atomen Quecksilber mit 8 Mole- külen Thiosinamin minus einem Molekül H> S. Diese drei Momente legen die Vermutung nahe, dafs fragliche Verbindung vielleicht aus 2 At. Quecksilber, 6 Mol. Thiosinamin und einer aus 2 Mol. Thiosinamin durch H,S-Abspaltung entstandenen neuen Verbindung bestehe.

Gef. Ber.

T. 1. Hg 30,21 31,08 30,89 S 17,51 17,31

Allerdings ist eine Entwickelung von Wasserstoff nicht wahr- nehmbar, jedoch ist dies bei dem langsamen Verlauf der Reaktion nicht zu verwundern. Andererseits kann die Verbindung kaum aus Thiosinamin und einer Quecksilberverbindung des Allyleyanamids be- stehen, da nach der Analyse auf 2 Atome Quecksilber nur 1 Mol. Allylceyanamid kommen würde. Versuche, mit Allyleyanamid und met. Quecksilber ausgeführt, haben insofern kein Resultat geliefert, als es mir nicht gelungen ist, ein von Thiosinamin freies Allyleyanamid zu erhalten.

Ebenso wie das Quecksilber verbindet sich auch fein ver- teiltes, sogenanntes molekulares Silber und fein verteiltes Kupfer, erhalten durch Fällung einer Kupfersulfatlösung mit met. Eisen, schon bei gewöhnlicher Temperatur, durch einfaches Zusammenreiben, bei Gegenwart von Alkohol oder Wasser, zu alkalisch reagierenden Körpern, unter gleichzeitiger Bildung von Schwetfelmetall.

668 Dr. J. Gadamer: TDUeber Thiosinamin.

Die Silberverbindung, mit heifsem verdünnten Alkohol extrahiert, schied beim Verdunsten über Schwefelsäure zunächst Krystalle von unverändertem Thiosinamin ab. Die letzten Mutterlaugen wurden allmählich sirupförmig und erstarrten dann zu einer fast farblosen Krystallmasse. Dieselbe war ziemlich weich und liels sich daher nicht zerreiben. Ich beschränkte mich daher auf eine Bestimmung des Silbergehaltes.

0,3003 g, im Wasserstoffstrome geglüht, hinterliefsen 0,0151 g met. Silber, entsprechend einem Gehalt von 5,03 Proz. Eine Formel läfst sich für diesen Körper nicht aufstellen; jedenfalls besteht er in der Hauptsache aus unverändertem Thiosinamin und Allyleyanamid. Dafs aber ein obiger Quecksilberverbindung nahestehender Körper entstanden, läfst sich aus dem völlig gleichen Verhalten gegen Pikrin- säure und verdünnte Salzsäure schlielsen.

Die Kupferverbindung war, selbst nach monatelangem Stehen über Schwefelsäure, nicht krystallinisch erstarrt; vielmehr resultierte sie als ein schwach bräunlicher, vollkommen klarer, dicker Sirup. Eine Ausscheidung von unverändertem Thiosinamin war nicht wahr- zunehmen. Im übrigen verhielt sie sich in derselben Weise, wie die Quecksilber- und Silberverbindung.

0,761 g, mit Ammoniak längere Zeit zum Kochen erhitzt, schieden schwarzes Schwefelkupfer ab. Nach dem Glühen im Wasserstoff- strome, unter Zusatz von Schwefel, betrug dasselbe 0,0152 g CuzS, ent- sprechend 1,653 Proz. Cu.

Alle in vorstehendem beschriebenen Verbindungen weisen, meiner Ansicht nach, auf die unsymmetrische Formel des Thiosin- amins hin. Auch die Entschwefelung mit Quecksilber- und Blei- oxyd spricht ebensowohl für die unsymmetrische Formel, wie für die symmetrische. Die Einwirkung des Quecksilberoxyds z. B. lälst sich von der unsymmetrischen Formel ebenso ungezw ungen ableiten.

‘NH NH ÖsH 1 H80 60H + HgS NHc:H, NHOH,

NH N

ob# N + H,0

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinauin. 669

oder NH, NH, cs CHg0= 60 + HgS | NHC,H, NHC,H, NH, N Ill co = Ö + H,0

NHC,H, NHC,H,

Da auf Grund dieser Versuche keine endgiltige Entscheidung getroffen werden kann, welcher von beiden Formeln der Vorzug zu geben sei, so mulste ein anderer Weg gesucht werden. Derselbe ergab sich aus der Bildungsweise des Tbiosinamins selbst. Das Thiosinamin entsteht durch direkte Vereinigung von Allylsenföl mit Ammoniak. Die drei Wasserstoffatome des Ammoniaks sind offenbar gleichwertig; ebenso auch die Wasserstoffatome des Thioharnstoffs und seiner Derivate, so lange wir demselben die symmetrische Formel zuschreiben. Da nun die Wasserstoffatome des Ammoniaks sich durch Alkyle ersetzen lassen, und die daraus entstehenden Ver- bindungen dieselben basischen Eisenschaften, wie das Ammoniak, besitzen, so werden diese Aminbasen mit Allylsenföl alkylierte Thiosinamine liefern müssen, und zwar die primären und sekundären Aminbasen ohne weiteres, ob nun dem Thiosinamin die symmetrische Formel oder nicht zukommt, die tertiären aber voraussichtlich nur dann, wenn das Thiosinamin auch die symmetrische Konstitution be- sitzen kann, da nur in diesem Falle die drei vertretbaren H-Atome an Stickstoff gebunden sind. Es mulste daher meine Aufgabe sein, die Einwirkungsprodukte von primären, sekundären und tertiären Monaminen auf Allylsenföl zu untersuchen. Ueber solche primärer und sekundärer Monamine finden sich in der Litteratur zahlreiche Angaben, nicht jedoch über die tertiärer Monamine. Ich wählte die Methylamine zur Anstellung meiner Versuche, da von diesen bisher nur die Einwirkung der primären Base untersucht ist.

Monomethylthiosinamin.

Das Monomethylthiosinamin ist bereits von Avenarius!) dargestellt.

1) Ber. 1891, 261.

670 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin.

Werden 10 g Allylsenföl mit 10 g absolutem Alkohol ver- dünnt und mit 10 g einer 33prozentigen Methylaminlösung in Alkohol versetzt, so verschwindet unter lebhafter FEr- wärmung der Geruch nach Senföül; es findet Addition statt, indem sich Methylthiosinamin, neben geringen Mengen von rhodanwasserstoffsaurem Methylamin, bildet. Beim Erkalten scheiden sich keine Krystalle ab, erst nach längerem Stehen über Schwefelsäure erstarrt die ganze Masse krystallinisch. Ein Ver- such, die Verbindung aus Ligroin, unter Zusatz von Alkohol umzu- krystallisieren, milslang, da sich das Methylthiosinamin aus diesem Lösungsmittel beim Erkalten als öliges Liquidum abschied, welches erst durch Zusatz eines Krystalles des Rohproduktes erstarrte. Ich begnügte mich daher damit, das ursprüngliche Einwirkungsprodukt durch Abpressen zwischen Fliefspapier zu reinigen. Dafs ich da- durch ein hinreichend reines Produkt erhalten hatte, bewies mir der Schmelzpunkt, der, übereinstimmend mit dem von Avenarius an- gegebenen, bei 460lag. Das Methylthiosinamin ist in Wasser schwer, in Alkohol und Aether leicht löslich.

Einwirkung von Brom auf Methylthio- sinamin.

Auf eine alkoholische Lösung des Methylthiosinamins liefs ich unter Abkühlung mit dem gleichen Vol. Alkohol verdünntes Brom tropfenweise einwirken. Dasselbe wurde sofort absorbiert, bis end- lich eine schwache Gelbfärbung bestehen blieb. Beim freiwilligen Verdunsten schieden sich völlig weilse, gro[fse Krystalle aus, deren Schmelzpunkt bei 145—146° lag. Mit Pikrinsäure versetzt, gab die wässerige Lösung einen Niederschlag, der sich beim Erwärmen löste, beim Erkalten krystallinisch wieder ausschied. Der Schmelzpunkt der Pikrates lag bei 181—182%. In Wasser ist die Verbindung leicht löslich.

Die Analysen, welche ich von diesem Körper ausführt», lieferten folgende Daten:

1. 0,1852 g lieferten 0,1377 g CO, und 0,0604 g H30.

2. 0,3312 gaben (,2482 g CO, und 0,1018 g H,O.

3, 0,6765 g, mit überschüssigem Silbernitrat in wässeriger Lösung erhitzt, schieden 0,575 g Bromsilber ab.

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 671

Gef. Ber. für 0, H,, N,S Br, I I III

020982 20,68

a. 3,01. 3,45

DE 16 8, 101] 55,04 55,17

Hieraus ergiebt sich, dafs das Bromid durch Adäition zweier Bromatome in analoger Weise entstanden ist, wie Maly’'s Thiosin- aminbromid. Durch Erhitzen mit Silbernitrat war es mir gelungen, sämtliches Brom als Bromsilber zu eliminieren. Es war nun die Frage, wie sich das Methylthiosinaminbromid in der Kälte gegen Silbernitrat verhalten würde.

1. 0,6655 g, mit überschüssigem Silbernitrat nur in der Kälte behandelt, lieferten nach dreitägigem Stehen 0,5837 g Ag Br.

2. 0,5509 g, in derselben Weise zwei Tage behandelt, gaben 0,4111 g AgBı.

Gef. Ber. für 1 Atom Brom E II Br22737:32. 31575 27,59

Hieraus kann man entnehmen, dafs in der Kälte zunächst nur ein Atom Brom eliminiert wird, dafs aber, je nach der Einwirkungs- dauer, auch mehr oder weniger des zweiten Atoms ausgeschieden wird.

Einwirkung von Chlorsilber auf das Methyl- thiosinaminbromid.

Beim Behandeln einer wässerigen Lösung des Methylthiosinamin- bromids mit Chlorsilber geht ersteres ebenso, wie das Thiosinamin- bromid, durch Austausch eines Atomes Brom gegen Chlor in das Bromochlorid über. Dasselbe ist in Wasser leicht löslich und krystallisiert aus demselben erst nach dem völligen Verdunsten.

Der Schmelzpunkt des über Schwefelsäure getrockneten Salzes liegt bei 120—23 °,

Zur Bestimmung des Chlorgehaltes löste ich 0,579 g zu 50 cem auf. 20 cem dieser Lösung versetzte ich mit Kaliumchromat als Indi- kator und titrierte mit 1/,, N.Silberlösung. Es trat bald eine Schwärz- ung des abgeschiedenen Chlorsilbers ein, so dafs die Endreaktion nicht zu erkennen war. Weitere 20 ccm säuerte ich mit einiger Tropfen Salpetersäure an, setzte 20 cem 1/,, N.Silberlösung zu und titrierte den Ueberschuls mit Rhodanammonlösung, unter Zusatz von Eisen- alaun, zurück. Bis zur eintretenden Rotfärbung (die Endreaktion ist scharf, verschwindet aber nach einigen Augenblicken) wurden 10,7 ccm

672 Dr. J. Gadamer: Ueber Tbiosinamin.

Rhodanlösung verbraucht, so dals zur Abscheidung des Chlors 9,3 ccm Silberlösung erforderlich gewesen wären Gef. Ber. Cl. 14,25 14,05 Aulserdem stellte ich noch das Gold- und Platinsalz der Ver- bindung dar. Als ich die wässerige, mit Salzsäure angesäuerte Lösung des Bromochlorids mit Platinchlorid versetzte, schieden sich zunächst nur geringe Mengen eines gelben, amorphen Salzes aus, das offenbar von einer Verunreinigung herrührte. Im Filtrat schied sich nach einiger Zeit über Schwefelsäure das Platinsalz in grolfsen, gelbroten, warzenförmigen Krystallmassen ab. Dieselben wurden bei 100° ge- trocknet und der Analyse unterworten. 0,2882 g hinterlielsen beim Glühen 0,0687 g Pt. Gef. Ber. für [C,H,N,SBr-H Cl, PıC,, Pt. 23,83 23,50 Das Goldsalz krystallisiert und ist schwer löslich; es schmilzt bei 80°. 0,2393 g hinterlielsen beim Glühen 0,0861 g Au. Gef. Ber. für C,H,BrN;S-HCl.AuCl], Au 35,98 35,83

Dimethylthiosinamin.

In derselben Weise, wie das Methylthiosinamin, stellte ich auch die Dimethylverbindung dar. 10 g Senföl, mit dem gleichen Vol. absoluten Alkohols verdünnt, versetzte ich allmählich mit 14 g 33 0/,iger alkoholischer Dimethylaminlösung. Die Einwirkung war eine so heftige, dafs sich die Flüssigkeit bis zum Sieden erhitzte. Das Reaktionsgemisch liefs ich über Schwefelsäure verdunsten, aber selbst nach Monaten fand keine Krystallisation statt, vielmehr ver- blieb ein dünner, schwach braun gefärbter Sirup, der ebenfalls eine deutliche Rhodanreaktion gab. In einer Kältemischung (feste Kohlen- säure und Aether) erstarrte allmählich die ganze Masse zu gut aus- gebildeten Krystallen, die sich aber bei gewöhnlicher Temperatur wieder zu einem Sirup verflüssigten. Das Dimethylthiosinamin ist also bei gewöhnlicher Temperatur flüssig.

Einwirkung von Brom auf Dimethylthiosinamin.

Ich löste nun einen Teil obigen Präparates in Alkohol und tröpfelte unter Kühlung ein Gemisch aus gleichen Teilen Brom und

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 673

Alkohol zu, bis eine schwache Gelbfärbung bestehen blieb. Beim ruhigen Stehen krystallisierte die grölste Menge des gebildeten Bromadditionsproduktes schon nach einigen Stunden aus, ohne dals es erforderlich gewesen wäre, die Lösung zu konzentrieren. Die Krystalle waren vollkommen weils und erwiesen sich als derbe, ca, 5—8 mm lange Nadeln vom Schmelzpunkt 207,5—208°, die sofort analysenrein waren. In Wasser ist die Verbindung leicht löslich, schwerer in Alkohol.

Ich beschränkte mich auf eine Bestimmung des Bromgehaltes, iv dem ich Silbernitratlösung sowohl in der Kälte als auch in der Siede- hitze einwirken liels.

0,4084 g, mit überschüssigem Silbernitrat einige Tage in der Kälte behandelt, schieden 0,259 g AgBr ab.

Gef. Ber. für den Austritt 1. At. Brom Br 26,99 26,32

Es war also nur ein Atom Brom durch Silbernitrat eliminiert worden.

0,361 g, mit überschüssigem Silbernitrat unter Zusatz einiger T:opten Salpetersäure gekocht, gaben 0,4453 g Ag Br.

Gef. Ber. für C,H, NS Br, Br 52,48 52,63.

Einwirkung von Chlorsilber auf das Dimethylthiosinaminbromid.

Auch aus dem Dimethylthiosinaminbromid wird durch Chlor- silber ein Atom Brom gegen Chlor ausgetauscht. Das vom Brom- silber abfiltrierte Bromochlorid krystallisiert über Schwefelsäure in rein weilsen, durchsichtigen, grofsen Krystallen, die in Wasser leicht löslich sind. Ihr Schmelzpunkt liegt bei 191—192°. Den Gehalt an Chlor bestimmte ich durch direkte Titration.

0,6325 g wurden zu 50 ccm aufgelöst. Davon wurden 20 ccm mit 1/o N -Silberlösung, unter Zusatz von Kaliumchromat als Indikator, titriertt. Bis zum Eintritt der Endreaktion wurden 9,9 ccm verbraucht. Weitere 20 ccm, in derselben Weise behandelt, erforderten 9,85 ccm. Die Endreaktion ist scharf zu sehen, verschwindet aber ziemlich rasch, indem allmählich auch ein Teil des Brom in Reaktion tritt. Eine Verdeckung der Endreaktion durch Schwärzung des Chlorsilbers trat hierbei nicht ein.

Gef. Ber. für CO, H,ı Br N;3S.HOCI I II ' C113,88 13,82 13,68.

674 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin.

Zur weiteren Charakterisierung der Verbindung stellte ich das Gold- und Platinsalz dar.

Das Goldsalz ist schwer löslich und mu([s aus sehr verdünnten Lösungen abgeschieden werden, da es sich sonst als rote, ölige Flüssigkeit zu Boden setzt, die beim Umkrystallisieren aus warmem Wasser Gold abscheidet. Ich versetzte daher eine stark verdünnte, wässerige Lösung nach dem Ansäuern mit Salzsäure, mit Goldchlorid, es trat sofort eine Trübung ein. Beim Stehen über Schwefelsäure schied sich dann nach kurzer Zeit das Goldsalz in strahligen Krystall- aggregaten ab, die nach dem Trocknen über Schwetelsäure bei 70° schmolzen.

0,503 dieses Salzes hinterlie[sen beim Glühen 0,1762 g Au.

Gef. Ber. für C,H,,BrN,;,S.HCl. AuCl, Au 34,69 34,93

Dieselbe Verbindung erhielt ich, als ich das silberfreie Filtrat des mit Silbernitrat in der Kälte behandelten Dimethylthiosinamin- bromids mit Goldchlorid versetzte. Der Schmelzpunkt der lutt- trocknen Substanz lag auch hier bei 70%. Der Goldgehalt betrug 34,78 Proz.

Das Platinsalz ist ziemlich leicht löslich und scheidet sich beim Verdunsten über Schwefelsäure in schönen, glänzenden, orangegelben Nadeln von ca. 4—5 mm Länge ab.

0,179 g hinterliefsen beim Glühen 0,0405 g Pt. Gef. Ber. für (0, H,, BrN,S. HCi), PtCl, Pt 22,62 22,73. Einwirkung von alkoholischer Trimethylamin- lösung auf Allylsenföl.

Während Mono- und Dimethylamin mit aufserordentlicher Heftigkeit auf Allylsenföl einwirken, unter Bildung von Methyl- resp. Dimethylthiosinamin, wirkt Trimethylamin weder in der Kälte, noch beim Erwärmen im Dampfbade ein. Es kann diese Verschiedenheit nur seinen Grund in der Konstitution des Thiosinamins haben. Es schien mir aber von Wichtigkeit zu sein, zu ergründen, ob das Trimethylamin überhaupt nicht auf Allylsenföl addierend einzuwirken vermöchte; ich brachte infolgedessen die Base unter Druck mit dem Senföl zusammen.

Allylsenföl wurde mit überschüssiger 30°/,iger alkoholischer Trimethylaminlösung in einer Druckflasche mehrere Stunden auf

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 675

1000 erhitzt. Die Flüssigkeit färbte sich dadurch intensiv dunkel- braun, so dafs sie das Licht nicht mehr durchfallen liefs. Der Geruch nach Senföl war fast völlig verschwunden und hatte einem un- angenehm lauchartigen Platz gemacht. Mit viel Wasser versetzt, schied sich eine schwarze, ölige Flüssigkeit ab; das Wasser selbst blieb fast farblos und gab eine starke Rhodanreaktion. Die ölige Flüssigkeit war so dunkel gefärbt, dafs ich sie zu weiteren Versuchen für unbrauchbar hielt.

Besseren Erfolg hatte ich beim Erhitzen im zugeschmolzenen Glasrohr auf 150— 160°:

Einige Gramm Senföl wurden in einem starkwandigen Kaliglas- rohr mit Trimethylamin im Ueberschufs versetzt, so dafs die Flüssig- keit reichlich ein Drittel des Rohres einnahm, und nach dem Zu- schmelzen im Bombenofen auf etwa 1500 zwei Stunden lang erhitzt. Der Röhreninhalt bestand nach dem Erkalten aus gut ausgebildeten, grolsen Krystallen, die in eine hellbraune, klare Flüssigkeit einge- bettet waren. Beim Oeffnen des Rohres entwichen brennbare Dämpfe, die anfangs deutlich den Geruch nach Schwefelkohlenstoff erkennen liefsen, bald aber nur noch einen sehr intensiven, unangenehmen Geruch zeigten, der an den des Phosphorwasserstoffs erinnerte. Die Krystalle wurden von der braunen Flüssigkeit durch Filtrieren ge- trennt und zwischen Fliefspapier geprelst. Sie waren völlig weils, geruchlos und leicht löslich in Wasser; bei 240° schmolzen sie noch nicht, roch auch veränderten sie ihre Farbe. Mit Natronlauge er- wärmt, entwickelte sich ein deutlicher Geruch nach Trimethylamin. Mit Eisenchlorid gaben sie eine intensive Rhodanreaktion. Die Krystalle waren demnach als rhodanwasserstoffsaures Trimethylamin anzusprechen.

Die alkoholische Flüssigkeit des Röhreninhalts versetzte ich mit viel Wasser ; es schieden sich dabei einige Tropfen eines bräun- lichen Oeles aus, welche durch mehrmaliges Ausschütteln mit Wasser von beigemengtem Trimethylaminrhodanid befreitund schliefslich mit Aether aufgenommen wurden. Die nach dem Verdunsten des Aethers hinterbleibende, ölige Flüssigkeit roch eigentümlich, aber nicht un- angenehm, lauchartig.

Eine alkoholische Lösung derselben versetzte ich tropfenweise mit Brom, welches sofort absorbiert wurde, bis Brom im geringen

676 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin.

Ueberschufs vorhanden war, und dampfte dann dieselbe bei mälsiger Wärme auf ein kleines Volum ein. Da zunächst keine Ausscheidung eines festen Körpers zu bemerken war, verdünnte ich mit Wasser. Die dadurch entstehende Trübung verschwand auf Zusatz von Alko- hol. Letztere Lösung in verdünntem Alkohol wurde mit Chlorsilber behandelt, und das Filtrat mit Platinchlorid versetzt. Es schied sich sofort ein hellgelbes, amorphes Platinsalz in solchen Mengen aus, dafs ich davon eine Platin- und eine Brom-Chlorbestimmung aus- führen konnte. l. 0,1885 g hinterlie[sen beim Glühen 0,036 Proz.

2. 0,3609 g gaben 0,536 g Chlor- und Bromsilber, 0,4623 g davon verloren beim schwachen Glühen im Chlorstrom 0,0523 g.

Gef. Ber. für I 74 [C5 Hja NS Br,. HCl, PtC1, Pt 19,09 18,60 ie eos 20,37 Br 30,22 30,61

Diese Werte führen zu der Annahme, dafs der analy- sierte Körper das Platinsalz eines Trimethylthiosinaminbromid gewesen ist. Man sieht ferner daraus, dafs Chlorsilber dem Bromadditionsprodukt des Trimethylthiosinamis kein Brom zu entziehen vermag, dals sich also hier nicht, wie beim Thiosinamin, Methyl- und Dimethylthiosinamin, durch Abspaltung von Brom- wasserstoff und Ringschliefsung, ein bromwasserstoffsaures Salz bildet, sondern dafs Brom durch Aufhebung der doppelten Bindung in der Allylgruppe ein einfaches Additionsprodukt liefert:

C, H,, NaS + 2 Br = C, H,, NS Br;.

Um jedoch das Trimethyl-Thiosinaminbromid selbst in seinen Eigenschaften studieren, respektive den exakten Identitätsnachweis liefern zu können, stellte ich nun grölsere Mengen Trimethylthiosin- amin nach der oben angegebenen Methode dar. Die in der näm- lichen Weise gereinigte Verbindung wurde in Alkohol gelöst, mit Brom gesättigt und über Schwefelsäure verdunstet. Nach längerem Stehen schied sich ein etwas bräunlich gefärbter, fester Körper aus, der jedoch keine scharfen Krystallformen erkennen liefs, sondern von ungleichmälsigen Konturen begrenzt war. Die ausgeschiedene und abgepreiste Verbindung war nunmehr in Alkohol fast unlöslich.

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 677

Bei 230 Grad schmolz dieselbe nicht, sondern färbte sich nur dunkler.

Eine Analyse des direkten Ausscheidungsproduktes gab un- genügende Resultate, da dasselbe offenbar durch anhaftende Mutter- lauge, welche viel Bromwasserstoff enthielt, verunreinigt war. Ich fand hierbei 52,29 Proz. Brom. Ich benutzte daher die Schwer- löslichkeit des Körpers in Alkohol, um ihn von den beigemengten Verunreinigungen zu befreien, indem ich ihn so lange mit Alkohol auswusch, bis er nur noch schwach gefärbt war. Eine Analyse des gereinigten, bei 100 Grad getrockneten Präparates gab folgende Daten:

0,2353 g lieferten nach Carius 0,2766 g AgBr und 0,1717 g Ba SO,.

Gef. Ber. für C, H., Br, N,S Br 50,02 50,31 S 10,02 10,07.

Somit war es gelungen, das Trimethylthiosinamin, resp. dessen Bromid darzustellen. Wie erwartet, wird dem Brom-Additionsprodukt durch Chlorsilber kein Brom entzogen.

Die Konstitution des Thiosinamins und seiner homologen Verbindungen.

Nimmt man die von Falke für das Thiosinamin aufgestellten beiden Formeln (s. S. 648) an, so wird man nicht zweifeln können, dafs dem Thiosinamin für gewöhnlich die unsymmetrische Form zu- kommt. Denn nur so läfst es sich erklären, dafs die Bromadditions- produkte des Thiosinamins, des Methyl- und Dimethylthiosinamins durch Abspaltung von Bromwasserstoff unter Ringbildung in brom- wasserstoffsaure Salze übergehen, wie es Falke in seiner Disser- tation für das Thiosinaminbromid ausführt. Dem Trimetbylthiosinamin jedoch werden wir, bei Acceptierung der Falke’schen Formeln, nur die symmetrische zuerkennen können. Die schwierige Dar- stellung desselben würde darauf hinweisen, dafs dem Thiosinamin nur unter besonderen Verhältnissen die letztere Konstitution eigen- tümlich sei.

Bei Annahme der Falke’schen Formeln mufste der Vorgang der Thiosinaminbildung sich folgendermalsen abspielen:

| NH--C;H,

678 Dr. J. Gadamer: Teber Thiosinamin.

c=S NH, II. || + NH, = | N—C;, 5 C = Ss | NHC3H,.

Weiter dürfte jedoch die Bildung des Tbiosinamins auch durch folgende Gleichung zum Ausdruck kommen :

IT. | Bi Pe N N C,H, ' NO,H;

Das Resultat dieser Gleichung ist ebenfalls eine unsymmetrische Formel; alle Verbindungen. welche bisher erwähnt sind, finden durch dieselbe ihre Erklärung ebenso gut, wie durch die Falke’sche un- symmetrische Formel.

Gegen obige Thiosinaminformel (III) spricht jedoch erstens der Umstand, dals Falke durch Einwirkung von Salpetrigsäureanhydrid auf Thiosinaminbromochlorid eine Nitrosoverbindung erhalten hat. Da jedoch diese Verbindung in keine analysierbare Form zu bringen war, die Zusammensetzung somit unbekannt geblieben ist, so möchte ich dem nicht allzuviel Wert beimessen ; denn bei der leichten Zer- setzbarkeit des Thiosinamins kann durch Einwirkung eines so stark reagierenden Körpers, wie das Salpetrigsäureanhydrid, leicht eine Umlagerung eintreten.

Schwerer dürfte das Verhalten des Thiosinamins gegen Queck- silber- und BJeioxyd in’s Gewicht fallen, da bei Abnahme der Formel III dem durch Schwefelwasserstoffabspaltung gebildeten Allyleyanamid, wenn man von einer hierbei eintretenden molekularen Umlagerung absieht, nicht die Formel

N NH

Il

Ü sondern C

| I H—N—C;zH, N—C;H,

zukommen mülste. Nun existiert allerdings das Cyanamid in zwei isomeren rezp. tautomeren Former, welche obigen beiden Formeln entsprechen.

In ähnlicher Weise verhält sich auch der von Gabriel dar- gestellte Propylen thioharnstof. Auch diesem Körper kommen zwei verschiedene Konstitutionsformeln zu, je nachdem, ob von dem-

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 679

selben alkylsubstituierte Verbindungen durch Einwirkung von Jodalkyl auf die freie Base, oder durch Umlagerung substituierter Thiosin- amine dargestellt werden. Im ersteren Falle kommt dem Propylen y thioharnstoff die Formel!)

CH, . CH—S\ | SO—NEH, in 7 CH,—NR im letzteren hingegen die Formel ?) CH,.CH—S | \C-NHR CH,—N

zu, wo R ein Alkohol-Radikal bedeutet. Erstere Verbindung würde sich leicht von dem unsymmetrischen Thiosinamin Falke’s (D, letztere von der unsymmetrischen Thiosinaminformel ableiten, die ich oben als III. aufgestellt habe. Prager leitet allerdings letztere Verbindung von einem symmetrischen alkylsubstituierten Thiosinamin ab; jedoch erscheint mir seine Ableitung gezwungen und weniger natürlich als die meine. Zum Vergleich stelle ich die beiden Re- aktionsgleichungen neben einander:

1. Nach Prager.

NHC,H, NHC,H, | 6=3 Hor=7607—25 | | NH—CH,—CH = CH, NH—CH,—CHCl—CH, NHC,H, = (0-5 + HCl Ii...258 2. nach Formel III NCH, . CH—CH, NHC,H, ee C—S—H + HCi= C0-S-H I I N—CH,—CH = CH, NCH,—CHCI—CH, NH—C,H, = 0-5 + HCl

Nom. CH-—-CH,

I) Gabriel, Ber. 1889, II 2984 ff. 2) Prager, Ber. 1889, II 2991 ff. Arch. d. Pharm. CCXXXIII. Bds. 9. Heft.

680 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin.

Auf Grund vorstehender Thatsachen möchte ich den Schlufs für gerechtfertigt halten, dafs dem Thiosinamin bei obigen Reaktionen immer eine unsymmetrische Formel zukommt, und zwar bald die von Falke (I), bald die von mir aufgestellte (III). Die symmetrische möchte ich für ausgeschlossen halten, denn selbst das Trimethyl- thiosinamin kann sich von der von mir aufgestellten unsymmetrischen Formel ableiten.

N(CH;3), C=S N(CH;), | I + | = 0SCH, NC;H, CH; | NC,H;

Dadurch findet, meiner Ansicht nach, der Umstand seine Er- klärung, dafs es verhältnismäfsig schwer fällt, diese Verbindung darzustellen. Allerdings könnte dies auch dadurch bedingt sein (bei Annalıme einer symmetrischen Formel), dafs die Methylpruppen un- gleich fester am Stickstoff sitzen, als die Wasserstoffatome.

Eine weitere Stütze für die unsymmetrische Formel

liefert das Verhalten des Dimethylthiosinamins beim Erhitzen mit konzentrierten Säuren auf hohe Temperatur unter Druck, und das Verhalten gegen Schwermetallsalze.

Beim Erhitzen von Bromthiosinamin mit konzentrierter H Br spaltet dasselbe aus 2 Molekülen ein Molekül NH, ab. Ich schlofs daraus, wie ich weiter unten zeigen werde, dafs sich dasselbe vom symmetrischen Thiosinamin ableiten müsse. Ferner ist durch die Arbeiten von Avenarius!) erwiesen, dals bei dem Diaethylthiosi- amin die beiden Aethylgruppen an dasselbe Stickstoffatom gebunden sind. Durch Umlagerung mit konzentrieter Salzsäure liefert dasselbe einen Diaethyl - # Methyläthylen - y -Thioharnstoff. Trotzdem legt Avenarius diesem Diaethylthiosinamin die symmetrische Formel zu Grunde und nimmt an, dafs die unsymmetrische Form erst beim Erhitzen mit Salzsäure gebildet werde.

Das Dimethylthiosinamin wird zweifellos dem Diaethylthiosin- amin analog konstituiert sein. Hingegen kann ich mich der Ansicht,

1) Ber. 24. 1. 264.

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 681

dals demselben die symmetrische Formel zukomme, keineswegs unbedingt anschliefsen.

In diesem Falle würde zu erwarten sein, dafs es sich beim Er- hitzen mit Säuren analog dem Bromthiosinamin verhalten und aus zwei Molekülen ein Molekül Trimethylamin abspalten werde. Meine Versuche haben aber ergeben, dafs dies nicht der Fall ist, sondern dafs, wie beim Diaethylthiosinamin eine Umlagerung nach Gabriel stattfindet.

Das Dimethylthiosinamin wurde mit HC] auf 160 und 2000 und mit konzentrierter Schwefelsäure auf 1000 erhitzt. In allen 3 Fällen ging beim Destillieren mit Natronlauge eine alkalische Flüssigkeit über, die nach dem Neutralisieren mit Salzsäure mit Platinchlorid ein schön krystallisierendes Doppelsalz lieterte.e Die davon ausge- führten Platinbestimmungen haben folgende Resultate ergeben:

1. 0,1594 g hinterlielsen 0,0442 g Pt.

2. 0,2380 g 0,0664 g Pt. 3. 0,1698 g " 0,0472 g Pt. Gef. Ber. für I II III (C,H) NS. HC1, Pt Ci, Pb 22,23 22.90 27,80 27,89 Proz.

Trimethylamin konnte in keirem Falle nachgewiesen werden. Glatt und leicht läfst sich dies aus der unsymmetrischen Formel N(CH;),

erklären.

Allerdings könnte durch Einwirkung der konzentrierten Säuren bei hoher Temperatur eine Umlagerung stattfinden, wie sie Avenarius annimmt, doch veranlaist mich das Verhalten des Dimethylthiosinamins gegen Silbernitrat und andere Metallsalze an- zunehmen, dafsihm von vornherein die obige unsymmetrische Formel zukommt. Das Dimethylthiosinamin liefert nämlich bereits in der Kälte mit Silbernitrat eine Doppelverbindung, die in schönen Nadeln krystallisiiert und sich in allen Eigenschaften durchaus dem Thiosinaminsilbernitrat zur Seite stellt. Sie besteht aus gleichen Molekülen Dimethylthiosinamin und Silbernitrat, scheidet beim Er-

44*

682 Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin.

wärmen mit Ammoniak Schwefelsilber ab und giebt mit Pikrinsäure eine schön krystallisierende schwerlösliche Verbindung, ein Beweis, dafs nicht ein einfaches Doppelsalz, sondern eine salzartige Verbindung vorliegt (cfr. Thiosinamin). Das Dimethylthiosinamin selbst giebt ebensowenig wie das Thiosinamin mit Pikrinsäure einen Niederschlag.

0,3337 g des Silbersalzes hinterlie[sen beim Glühen im Wasser- stoffstrome 0,1148 g Silber.

Gef. Ber. für C,H» N;5S. Ag NO, Ag 34,40 34,40

Auch mit Kupferchlorür verbindet sich das Dimethylthiosinamin in ganz analoger Weise, wie das Thiosinamin. Versetzt man eine verdünnt alkoholische Lösung desselben mit wässriger Kupferchlorid- lösung, so entsteht zunächst eine intensiv violettrote Farbe, die aber sofort wieder verschwindet. Beim weiteren Zusatz wieder- holen sich diese Farbenerscheinungen, bis eine genügende Menge Kupferchlorid zugesetzt ist; alsdann scheidet sich das Dimethyl- thiosinamin-Kupferchlorür in sehr schwach bräunlich gefärbten, kleinen Krystallen aus. Die Mutterlauge reagiert infolge der Abspaltung von Salzsäure stark sauer. Das getrocknete Salz löst sich in Am- moniak fast farblos auf (Cupro-Verb.) und scheidet beim Erwärmen erst nach längerer Zeit Schwefelkupfer aus, unterscheidet sich also ‚hierin wesentlich von der Thiosinamin-Verbindung. Doch ist dieses verschiedene Verhalten durchaus nicht zu verwundern, wenn man bedenkt, dafs sich beim Dimethylthiosinamin kein Allyleyanamid- derivat bilden kann.

Gegen Schwetelwasserstoff ist das Verhalten insofern etwas abweichend, als das Dimethylthiosinamin-Kupferchlorür leicht den gesamten Kupfergehalt abgiebt. Dafs trotzdem die Verbindung entsprechend dem Thiosinamin-Kupferchlorür zusammengesetzt ist, lehrt die Bestimmung des Kupfergehaltes :

0,4182 g hinterliefsen beim Glühen mit Schwefel im Wasserstoff. strome 0,1377 g CusS.

Gef. Ber. für C,H,5NsS Cu Ol Cu 26,27 26,04.

Quecksilberchlorid verursacht in der verdünnt - alkoholischen Lösung des Dimethylthiosinamins ebenfalls zunächst eine weilse Fällung, die sich aber anfänglich immer wieder auflöst, wie dies auch beim Thiosinamin der Fall ist. Bei genügendem Zusatz entsteht, je

Dr. J. Gadamer: Ueber Thiosinamin. 683

nach der Konzentration, eine zähe weilse Masse oder ein teiner, voluminöser Niederschlag. (cfr. Thiosinamin.)

Diese Angaben mögen genügen, um die analoge Konstitution des Dimethylthiosinamins und des Thiosinamins in ihren Metallsalzen zu beweisen. Wie ich bei den .Metallsalzen des letzteren ausein- andergesetzt habe, erklären sich dieselben nur aus der unsym- metrischen Formel, sei es nun die von Falke oder die von mir aufgestellte. Beim Dimethylthiosinamin hingegen bleibt nur die zweite, von mir aufgestellte Formel übrig.

Wenn es somit keinem Zweifel unterliegen kann, wie die Thiosinamine in ihren salzartigen Verbindungen konstituiert sind kann. die Frage für die Thiosinamine selbst nicht unbedingt gelöst erscheinen. Denn nach der Theorie vonHeinrich Goldschmidt und Aloys Meissler!) erklärt sich deren Zustandekommen sehr gut aus der symmetrischen Formel. Obige Forscher stellen das Gesetz auf, dafs die Tautomerie stickstoffhaltiger Verbindungen durch die auf sie in Lösung einwirkenden Verbindungen hervorgerufen würde, welche nicht als solche, sondern als freie Jonen auf die- selben einwirkten.

Danach würde sich für das Silbersalz folgende Gleichung auf- stellen lassen :

CH ad ae] [na a C=S + Ag = C-SAz |} NO, \ NH C,H, NC, H,, HNO,.

Für das Thiosinamin jedoch glaubte ich, wegen seiner Fähig- keit metallisches Quecksilber aufzulösen, annehmen zu müssen, dafs es eine SH Gruppe enthalte. Denn nur einem merkaptanartigen Körper kann man von vornherein eine derartige Eigenschaft zu- schreiben. Enthielt das Dimethylthiosinamin gleichfalls eine SH- Gruppe, so durfte man von ihm die gleiche Fähigkeit erwarten. Diese Erwartung hat durch das Experiment ihre volle Bestätigung gefunden: Durch Baryumsulfat fein verteiltes Quecksilber wurde mit Dimethylthiosinamin unter Zusatz von etwas Alkohol etwa eine

1) Ber. 23, 257.

684 O. Hesse: TUeber Aristolochia argentina.

halbe Stunde lang verrieben. Es machte sich dabei eine geringe Bildung von Schwefelquecksilber bemerklich; in dem Filtrat war Quecksilber sowohl durch Schwefelwasserstofft und Zinnchlorür in stark saurer Lösung, als durch das Verhalten auf einer Goldmünze unzweifelhaft nachzuweisen.

Ich halte es daher für im hoben Grade wahrscheinlich, dafs dem Dimethylthiosinamin die unsymmetrische Formel

zukommt.

Ueber die Wurzel von Aristolochia argentina. Von O. Hesse. (Eingegangen den 21. Oktober 1895.)

Mehrere Aristolochiaarten sind bis vor etwa 20 Jahren chemisch untersucht worden, ohne dafs eine gut definierbare Substanz dabei zu Tage gefördert wurde. In der Regel handelte es sich um ein gelbes, bitter oder kratzend schmeckendes, amorphes Harz und um den Namen. So hat Walz!) verschiedenen Bestandteilen der Wurzel von Aristolochia Clematıtis Namen gegeben, ohne sie rein dargestellt oder einigermalsen näher untersucht zu haben, wie z. B. die Aristolochinsäure, welche nach C,H, 0; und des Clematitin, das nach C,H,, 0, zusammengesetzt sein soll. Letzteres ist vielleicht mit dem Serpentarin oder Aristo- lochiun von Chevallier?) identisch, welches dieser Chemiker aus der Wurzel von Aristolochia Serpentaria darstellte und die toxische Wirkung dieser Wurzel bedingen soll. Späterhin gelang es allerdings Friekinger°), aus den jungen unterirdischen Trieben der Aristolochia Clematitis eine Substanz in kleinen bernstein- gelben Nadeln zu gewinnen, welche als Aristolochiagelbange- sprochen wurden, allein die betreffenden Angaben lassen es unent-

1) Jahrbuch für praktische Pharmacie 24, 65; 26, 65. 2) Journal de Pharmacie (II) 5. 565. 3) Repertorium für Pharmacie (3) 7, 1.

O0. Hesse: Ueber Aristolochia argentina. 685

schieden, ob in diesen Nadeln wirklich eine reine Substanz vorlag. Unlängst haben dann Dymock und Warden!) die Aristolochia indica untersucht und in dieser Pflanze aulser gelblichen oder braunen Harzen eine Substanz von basischem Charakter gefunden.

Die Mitteilung von Dymock und Warden war es nun welche mich ?2) bestimmte, sofort meine Untersuchung über die Wurzel von Aristolochia argentina bekannt zu geben, so weit die kleine Probe dieser Droge, welche ich Herrn Th. Stuckert in Cordöba, Argentinien, verdankte, überhaupt eine Untersuchung ge- stattete. Diese Untersuchung ergab 1. einen Ester, wahrscheinlich Palmitylphytosterin, 2. ein Alkaloid und 3. einen gelben, krystallisierten Körper. Das Alkaloid wurde von mir Aristo- lochin, letzterer Körper Aristin genannt. Kurz vorher war jedoch, was mir leider entging, von Pohl?) eine Mitteilung über eine Untersuchung verschiedener Species des Genus Aristolochia er- schienen, in welcher eine hübsch krystallisierte gelbe Substanz unter dem Namen Aristolochin beschrieben wurde. Jedoch sagt Pohl, dafs er diesen Namen aus nebensächlichen Gründen für diese Substanz gewählt habe, anstatt der sonst näher liegenden Bezeichnung „Aristolochiasäure“. Da sich aber diese Substanz thatsächlich wie eine Säure verhält, so dürfte es sich empfehlen, dieselbe auch Aristolochiasäure zu nennen, um so eine Verwechselung mit dem Alkaloid Aristolochin auszu- schlie[sen.

Inzwischen war es mir möglich, diese Untersuchung mit grölseren Mengen Material vorzunehmen, und erlaube ich mir nun, das Resultat derselben im Folgenden mitzuteilen.

1. Aristoloehin.

Wird die zerkleinerte Wurzel mit Aether ausgezogen, so gehen Spuren von dem basischen Aristolochin in diesen über, welche dem- selben durch Weinsäure entzogen werden können. Die Hauptmenge

1) Pharmaceutical Journal and Transactions (3) 22,245. 2) Daselbst (3) 22, 551. Ze FE, Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie

686 O0. Hesse: Ueber Aristolochia argentina.

des Alkaloids bleibt aber in der Wurzel zurück. Man behandelt diese nun mit genügend Soda und unterwirft die Wurzel einer neuen Extraktion mit Aether, oder zieht dieselbe direkt mit heilsem Alkohol aus. Im letzteren Falle hinterbleibt nach der Destillation des Alkohols ein bedeutender Rückstand eines braunen Harzes, das man alsdann mit einer konzentrierten Lösung von kohlensaurem Natron tüchtig bearbeitet und hierauf mit Aether extrahiert. Letzterer giebt dann an verdünnte Salzsäure oder Schwefelsäure, besser Wein- säure, dasAlkaloid ab. Die saure Lösung ist gelb gefärbt, jedochlälst sie sich bei einiger Vorsicht mit Tierkohle entfärben, ohne einen er- heblichen Verlust an Alkaloid befürchten zu müssen. Die Auf- lösungen des Aristolochins in verdünnter Säure zeigen weder Farbe noch Fluoreszens; sie geben mit Ammoniak, Kalilauge oder Soda weilse flockige Niederschläge von Aristolochin, das sich wenig in Petroläther, leicht in Alkohol, Chloroform, Benzol und Aether löst. Die letztere Lösung giebt beim langsamen Verdunsten einen farb- losen Rückstand, der deutlich Neigung zum Krystallisieren zeigt. Das Aristolochin bläut in alkoholischer Lösung rotes Lackmuspapier und neutralisiert Salzsäure und Schwefelsäure vollständig, jedoch wurden die mit den genannten Säuren erhaltenen Salze nur amorph, firnisartig, erhalten. Setzt man zur Auflösung des salzsauren Aristolochins Jodkaliumsolution oder Rhodankaliumlösung, so wird im ersteren Falle das jodwasserstoffsaure, im anderen das rhodan- wasserstoffsaure Aristolochin in Form von amorphen Flocken er- halten. Auch das Platinsalz ist amorph und wird als ein blafsgelber flockiger Niederschlag erhalten.

Von konzentrierter Schwefelsäure wird das Aristolochin dunkel- grün gelöst; die Farbe wird blaugrün, wenn ganz wenig Eisenchlorid hinzugebracht wird.

Das Aristolochin schmeckt sowohl für sich bitter, wie in seinen Auflösungen in verdünnten Säuren.

Leider mufste ich von einer Analyse und weiteren Unter- suchung des Aristolochins absehen, da dasselbe irrtümlich mit einer anderen Substanz vermengt wurde, deren vollständige Beseitigung aus der geringen Menge Aristolochin, welche überhaupt erhalten wurde, mir nicht gelang.

O0. Hesse: Ueber Aristolochia argentina. 687

2. Indifferente Stoffe.

Wird die zerkleinerte Wurzel mit Aether ausgezogen und durch diese Lösung ammoniakhaltige Luft!) geleitet, so erfolgt zunächst gelbe Trübung der Lösung und dann die Abscheidung einer roten krystallinischen Masse. Nachdem eine Vermehrung dieser Ab- scheidung nicht mehr bemerkt wird, behandelt man den vom Nieder- schlag getrennten Aether mit einer Säure, um das überschüssig vor- handene Ammoniak sowohl, wie etwa Spuren von Aristolochin weg- zunehmen, und destilliert hierauf den Aether ab. Hierbei bleibt eine ölige grünlichbraune Masse zurück, aus welcher sich beim starken Abkühlen eine reichliche Krystallisation von indifferenten Körpern abscheidet, die nach einiger Zeit gesammelt wird. Die nunmehrige ölige Mutterlauge scheidet bei ihrer Abkühlung auf etwa 6% kaum noch etwas ab. Dieselbe giebt, der Destillation unter- worfen, zunächst etwas Alkohol ab, der offenbar vom angewandten Aether herrührt, dann geht aber bei ziemlich hoher Temperatur ein stark lichtbrechendes, farbloses Oel über, das einen eigentümlichen, höchst unangenehmen Geruch besitzt.

Die oben erwähnte Krystallisation von indifferenten Stoffen wurde wiederholt zwischen Fliefspapier ausgebreitet, um die ihr hartnäckig anhaftende Mutterlaugs möglichst zu beseitigen und dann aus heifsem Alkohol umkrystallisiert, wobei eine krümliche Masse erhalten wurde, während harzige, grünlichbraun gefärbte Substanzen gelöst blieben. Durch wiederholte Krystallisation dieser Masse aus heifsem Alkohol, unter Zusatz von etwas Tierkohle, wurde dieselbe schlie(slich farblos erhalten und bestand dann in der Hauptsache aus farblosen kleinen Schuppen, die sich lösten, als die Masse in der Kälte mit Petroläther behandelt wurde. Durch Verdunsten der Petrolätherlösung wurde diese Substanz zurückerhalten, die nun nach einmaligem Umkrystallisieren aus heifsem Alkohol vollkommen rein war. Diese Substanz ist nun nichts anderes als Palmityl- phytosterin.

0,1735 g bei 1100 geschmolzen gaben 0,522 CO, und 0,1915 H,O

I) Erhalten in der Art, dafs die Luft, ehe sie den Aether passiert, durch starkes Ammoniak geleitet wird.

688 O0. Hesse: Ueber Aristolochia argentina.

Berechnet für Gefunden CaH,03

C 82,62 82,05

H 1213 12,26

Dasselbe bildet kleine weilse Schuppen, welche bei 820 (nicht 84%, wie früher irrtümlich angegeben wurde) schmelzen.

In höherer Temperatur verflüchtigt es sich unzersetzt.

In Chloroform gelöst zeigt es Linksdrehung und zwar betrug bei p=3, t= 15° [alp = 15,80.

Dieser Ester löst sich leicht in Aether, Chloroform, Petroläther und heilsem Alkohol, wenig dagegen in kaltem Alkohol, nicht in Kalilauge oder Kaliumcarbonat. Wird derselbe mit alkoholischer Kalilösung erwärmt, so erfolgt rasch Spaltung desselben in Palmitin- säure und Phytosterin. Dafs diese Spaltungssäure thatsächlich Pal- mitinsäure war, wurde nicht nur an ihrer Eigenschaft erkannt, sondern auch durch die Analyse.

0,1433 g Säure gaben 0,3945 CO, und 0,1615 H,O = 75,08 Proz. C und 12,51 Proz. H, während Palmitinsäure Cjg Hz O, 75,00 Proz. C und 12,50 Proz. H verlangt.

Das zweite Spaltungsprodukt erwies sich nach seinen Eigen- schaften als identisch mit dem Phytosterin. Zum Ueberflusse wurde noch der Essigsäureester davon dargestellt, der in hübschen atlas- glänzenden Blättchen krystallisierte.

0,0762 g gaben 0,2275 CO, und 0,0795 H,O.

Berechnet für Gefunden. C2g H43 (0, H30) O C 81,15 81,42 H nl 11,57

Das Palmitylphytosterin wird in der obengenannten Krystall- masse von einem Körper begleitet, der in Petroläther sich sehr schwer löst und daher leicht getrennt werden kann. Zu seiner Reinigung genügt ein zweimaliges Umkrystallisieren desselben aus heilsem Alkohol. Dieser Körper wird in solcher Art in weilsen, aus mikroskopisch kleinen Nadeln bestehenden kugligen Aggregaten erhalten. Derselbe löst sich kaum in kaltem Alkohol, nicht in kaltem Petroläther, leicht in Aether und heilsem Alkohol, etwas in warmem Petroläther. Auch in heifser Natronlauge löst er sich etwas und krystallisiert daraus unverändert beim Erkalten. In Wasser ist der- selbe unlöslich, ebenso in konzentrierter Schwefelsäure; beim Er-

O0. Hesse: Ueber Aristolochia argentina. 689

hitzen färbt er aber diese Säure dunkel, während er selbst als eine geschmolzene Masse auf derselben schwimmt. Sein Schmelzpunkt liegt bei 265°, bei welcher Temperatur zugleich Schwärzung der Substanz eintritt.

Durch alkoholische Kalilösung wird dieser Körper beim Kochen nicht verändert; allein beim Schmelzen mit Kalihydrat entwickeln sich kleine Mengen von Ammoniak. Der Körper enthäit somit Stickstoff, dessen Menge (0,66 Proz. N) indels so gering ist, dals derselbe nur einer Beimengung zukommen kann. Bei der Analyse wurde daher die obenbezeichnete Menge N in Abzug gebracht. Darnach gaben

0,1433 g bis 1000 getrocknete Substanz 0,3665 CO, und 0,141 H,O. Hieraus folgt für diesen Körper die Formel C,; Hag O;.

Berechnet: Gefunden: C 70,31 69,75 150 10,93 10,93.

Ich schlage vor, diesen Körper Aristolin zu nennen. Der- selbe dürfte ein Alkohol sein, jedoch war es mir wegen Mangel an Material nicht möglich, diesen Punkt noch aufzuklären.

3. Aristinsäure.

Dieselbe wird aus der Aetherlösung durch Ammoniak (siehe S. 683) in Form des Ammoniumsalzes, gemengt mit aristidinsaurem und aristolsaurem Ammonium, als ein roter Niederschlag erhalten, in welchem das aristinsaure Ammonium den Hauptanteil ausmacht. Löst man dieses Gemenge in kochendem Eisessig, so krystallisiert beim Erkalten die Aristinsäure, während die beiden anderen Säuren vor- zugsweise in der Mutterlauge bleiben. Durch wiederholte Krystalli- sation der ausgeschiedenen Säure aus heilsem Eisessig lälst sie sich rein erhalten. Zweckmälsig hat sich im Laufe der Untersuchung die Reindarstellung der fraglichen Säure mittelst ihres Kaliumsalzes erwiesen. Zu dem Zwecke wird die rote Masse in verdünnter Kali- lauge gelöst, die Lösung klar filtriert und in der Wärme mit einem kleinen Ueberschufs von Kalilauge versetzt, wobei nun das aristin- saure Kalium ausfält, während die Kaliumsalze der beiden andern Säuren gelöst bleiben. Zur schliefslichen Reinigung wird das aristinsaure Kalium noch in wenig heifsem Wasser gelöst, die Lösung erkalten gelassen, nach 24 Stunden die Mutter- lauge abgesaugt und die zurückbleibende Krystallmasse im Saug-

690 O0. Hesee: Ueber Aristolochia argentina.

apparat mit wenig starkem Alkohol nachgewaschen. Dieses Um- krystallisieren ete. wird, wenn es sich um das absolut reine Kalium- salz handelt, zwei oder drei Mal wiederholt, während zur Darstellung der Aristinsäure es schon genügt, das Kaliumsalz einmal aus Wasser umzukrystallisieren. Das fragliche Salz wird alsdann in heilsem Wasser gelöst, mit Salz- oder Essigsäure die Säure ausgefällt, gut: mit Wasser ausgewaschen und schliefslich aus kochendem Eisessig umkrystallisiert.

Die Aristinsäure enthält Stickstoff und krystallisiert wasser- frei; ihre Analyse bietet insofern besondere Schwierigkeiten dar, als sich diese Substanz im Sauerstoffstrome fast explosionsartig zersetzt. Verfährt man aber in der Art, dafs man zunächst in einem Luft- strome erhitzt und dann erst Sauerstoff hinzutreten läfst, wenn die Verpuffung vorüber ist, so gelingt die Verbrennung auch im offenen Rohre. Die Substanz wurde vor der Analyse bei 100— 1200 getrocknet.

I. 0,2015 g Substanz gaben 0,4445 CO, und 0,066 H,O. IH. 0,2390 g 5 0,5308 CO, ,„ 0,0765 H50.

II. 0,305 g Y 0,0105583 N. IV. 0,3575 g 3 0,0122046 N. V. 0,2955 g 2 0,011385 N.

Mit Bezng auf die nachfolgenden Bestimmungen leite ich für die Aristinsäure aus diesen Resultaten die Formel C,; H, NO, ab.

Berechnet Gefunden m nenn ji II III IV V 6) 60,34 60,16 60,57 == H 3,66 3083 _ N 3,94 3,46 3,41 3,85.

Die Aristinsäure bildet, aus Eisessig krystallisiert, kleine grün- lichgelbe Blättchen und Nadeln, welche bei etwa 2750 unter Zer- setzung schmelzen. Letztere geht bei einer nur wenig höheren Temperatur rasch von statten, wobei sich gelbe Dämpfe bilden. welche sich an kälteren Stellen zu einem gelben Sublimat verdichten. Die Säure schmeckt ekelbaft bitter und rötet in alkoholischer Lösung deutlich blaues Lakmuspapier.!) In Aether, Chloroform, Benzin und heifsem Alkohol löst sie sich wenig und scheidet sich daraus in

li) Diese Reaktion, welche man erst an dem getrockneten Lak- muspapier scharf bemerkt, wurde durch die Gelbfärbung. welche das Lakmuspapier zunächst annimmt, früher übersehen, die Substanz als neutral reagierend angesehen und in Folge dessen Aristin genannt.

O0. Hesse Ueber Aristolochia argentina. 691

Krystallen ab. In Ammoniak, verdünnter Kali- oder Natronlauge, sowie in den wässerigen Lösungen der kohlensauren Alkalien löst sie sich mit gelbbrauner Farbe, welche beim Verdünnen mit Wasser in Hellgelb übergeht. Salzsäure, Schwefelsäure oder Essigsäure er- zeugen in diesen Lösungen gelbe flockige Niederschläge, welche bald krystallinisch werden. namentlich wenn die Fällung in der Wärme stattfand. In kaltem Wasser ist die Säure fast unlöslich, sehr wenig löslich in kochendem Wasser, wenig löslich in kochender -konzentrierter Salpetersäure, aus welcher sie sich beim Erkalten in ‘gelben, kurzen Prismen anscheinend unverändert wieder abscheidet. Konzentrierte Schwefelsäure läst sie allmählich mit schön grüner Farbe; wird die Lösung schwach erwärmt, so färbt sich dieselbe alsbald prächtig dunkelgrün. Letztere Reaktion tritt rascher ein, wenn anstatt reiner Schwefelsäure eisenoxyd- oder molybdänsäure- haltige Säure angewandt wird.

Wird die Säure mit konzentrierter Kalilauge gekocht, so ent- wickelt sich keine Spur von Ammoniak. In dem Mafse aber als diese Lösung konzentrierter wird, scheidet sich das Kaliumsalz als eine carmoisinrote Masse ab. Erst dann, wenn die Temperatur auf die von schmelzendem Kalihydrat kommt, entwickelt sich unter Braunfärbung Ammoniak. Wird andernfalls die konzentrierte Lösung 12 Stunden lang im geschlossenen Rohr auf 140° erhitzt, so ist die Masse zwar dunkelbraunrot geworden und scheidet auf Zusatz von Säuren braune Flocken ab, allein diese Flocken enthalten noch ge- wisse Mengen von unveränderter Aristinsäure, welche durch Aether “derselben entzogen werden kann.

Aristinsäure verwandelt sich beim Erhitzen mit Essigsäure- anhydrid in eine braune, amorphe Masse, welche nicht näher unter- sucht wurde. Wird in die Eisessiglösung der Säure Zinkstaub ein- getragen, so entfärbt sich zwar die Lösung etwas, allein eine voll- kommene Entfärbung war nicht zu erzielen. Die hellgelbe Lösung schied beim Verdunsten einen gelblichen amorphen Körper ab. Bei der Behandlung mit Jodwasserstoffsäure von 1,7 spez. Gew. nach Zeisel’s Verfahren bilden sich nur kleine Mengen von AgJ, welche einem Gehalt der Säure an Methoxyl bis zu 1,5 Proz. ent- sprechen, welche wohl von einer Beimengung bedingt sind, die nach

692 O. Hesse: Ueber Aristolochia argentina.

obigem Verfahren der Darstellung nicht beseitigt werden konnte. Indefs liefs sich irgend welche Beimengung unter dem Mikroskop nicht nachweisen.

Die Aristinsäure, obgleich eine schwache Säure, bildet gleich- wohl zwei Reihen von Salzen, nämlich neutrale und basische ; letztere konnten inde(s nicht rein erhalten werden. Die neutralen Salze ver- ändern weder rotes noch blaues Lakmuspapier.

Als Ausgangspunkt für die Darstellung der neutralen Salze diente das Kaliumsalz, dessen Darstellung schon oben ange- führt wurde. Dasselbe bildet kleine morgenrote Nadeln, welche beim Erhitzen auf 100—120° unter Verlust des Krystallwassers gelb werden. Beim Erhitzen in höherer Temperatur verpufft es bisweilen, häufiger bildet es jedoch momentan lange wurmförmige Gebilde.

I. 0,2155 g lufttrockene Subst. gaben bei 1200 0,0175 H,O,

sowie beim Verbrennen 0,0435 SO, K II. 0,2045 g lufttrockene Subst. gaben bei 1200 0,0165 H,O, sowie beim Verbrennen 0,0400 SO, Ka III. 0,2085 g lufttrockene Subst. gaben bei 1200 0.0180 H,O, sowie beim Verbrennen 0,0405 SO, Ka Berechnet für Gefunden: C,H; NO,K + 2H,0 I IL 0 K 9,13 9,07 8,79 8,73 2H,0 8,38 8,12 8,06 8,63,

Das Natriumsalz durch Auflösen der Säure in verdünnter Natronlauge erhalten krystallisiert in kleinen, morgenroten Nadeln, die sich ziemlich leicht in Wasser, wenig in Natronlauge lösen.

Das Ammoniumsalz wird in schönen, roten Nadeln er- halten, wenn in die ätherische Lösung der Säure Ammoniakgas ge- leitet wird.

Das Baryumsalz wird durch Wechselzersetzung von Kaliumsalz und Chlorbaryum in heifser wässeriger Lösung in kleinen orangefarbenen Nadeln erhalten, welche sich wenig in Wasser

lösen und bei 1200 unter Gelbfärbung ihr Krystallwasser verlieren. 0, 2162 g lufttrockene Subst. gaben bei 120% 0,0086 H,O

und beim Verbrennen 0,056 SO, Ba 0,1875 g lufttrockene Subst. gaben bei 1200 0,0078 H,O und beim Verbrennen 0,0492 SO, Ba

Das Baryumsalz ist somit nach (Cjg Hs NO,)a, Ba + 2H;0 zu- sammengesetzt.

O0. Hesse: Ueber Aristolochia argentina. 693

Berechnet: Gefunden: Ba 15,55 15,22 15,32 2H,0 4,08 3,83 4,16

Das Calciumsalz, in ähnlicher Weise dargestellt wie das Baryumsalz, bildet ebenfalls kleine, orangefarbene Nadeln, welche sich sehr schwer in Wasser lösen und bei 120° gelb werden.

0,309 g Subst. gaben bei 1200 0,0245 H,O und beim Verbrennen 0,0492 SO, Ca.

Berechnet für Gefunden: (Cyg Hıa NO,)z Ca + 4 H,O Ca 4,37 4,68 4H,0 8,71 7,91

Das Kupfersalz, in analoger Art wie die beiden vorge- nannten Salze erhalten, ist ein grünlich gelber, amorpher Niederschlag, welcher sich bald in kleine Nadeln umsetzt. Es ist unlöslich in Wasser und färbt sich bei 130 9 gelbbraun.

0,3142 g gaben bei 130° 0,0195 H,O und beim Verbrennen 0,0307 CuO.

Seine Zusammensetzung entspricht demnach der Formel (C,H45N0,),Cu En 3H30.

Berechnet: Gefunden: CuO 9,62 Gr 3H,0 6,54 6,20

Das Bleisalz, ebenfalls durch Doppelzersetzung erhalten, ist ein orangefarbener, aus kleinen Nadeln bestehender Niederschlag, unlöslich in Wasser. Bei 120° verliert es sein Krystallwasser und wird dabei gelb.

0,3415 g gaben bei 1200 0,013 H,O und beim Verbrennen 0,1125 SO,Pb. BB it 50,007 ©: 0,1635 g 2 * 0,0065 H,O.

Formel: (C,H NO,), Pb + 2H,0

Berechnet: Gefunden: Pb 21,76 9950 4. Be 2H,0 3,78 3,71 3,36 3,97

Das Silbersalz, in ähnlicher Art gewonnen, ist ein mennig- roter, krystallinischer Niederschlag, der kein Krystallwasser enthält und ziemlich lichtempfindlich ist.

0,3137 g bei 120° getrocknet gaben 0.0724 Ag. Berechnet für Gefunden: 05H NO7Ag

Ag 23,16 23,08

694 OÖ. Hesse: Ueber Aristolochia argentina.

Der Methyläther wird durch Behandlung des Silbersalzes mit Jodmethyl erhalten und krystallisiert aus kochendem Eisessig, worin er sich sehr schwer löst, in zarten gelben Nadeln, welche gegen 250 schmelzen.

Während aber die vorgenannten Salze beim Erhitzen mehr oder weniger stark, namentlich im Sauerstoff, verpuffen, verbrennt der

Methyläther ganz ruhig. 0,1611 g bei 100° getrocknet gaben 0,3605 CO, und 0,0555 HO.

Berechnet für . Gefunden: C,sH173NO,CH;

0) 61,78 61,03

H 4,06 3,83

Die Methoxylbestimmung ergab 11,2 Proz. OCH,, während 8,73 Proz. verlangt werden. Dieses Mehr dürfte zum Teil dadurch bedingt sein, dafs die angewandte Aristinsäure selbst etwas OCH, ent- hält, worauf die betreffenden Versuche, wie oben angeführt, hindeuten.

4, Aristidinsäure.

Diese Säure bleibt teils in der essigsauren Mutterlauge, wenn die Roh-Aristinsäure in heilsem Eisessig gelöst wird, theils in der alkalischen Lösung, aus welcher das aristinsaure Kalium gefällt wurde. Durch weiteren Zusatz von Kalilauge wird dann das aristidinsaure Kalium abgeschieden. Die aus der essigsauren Mutter- lauge erhaltene Rohsubstanz wird ebenfalls in Kalilauge gelöst und mit Kalilauge fraktioniert, wobei zuerst etwas aristinsaures Kalium, dann das aristidinsaure Salz ausfällt. Das Rohsalz wird dann in wässeriger Lösung nochmals durch Kalilauge fraktioniert, wobei die ersten Fällungen, so lange sie noch Krystallpartien (aristinsaures Kalium) zeigen, beseitigt werden. Von dem Punkte ab, dafs die Fällungen amorph sind und es auch bleiben, werden dieselben für sich gesammelt, dann in heilsem Weingeist ge- löst und wird nun aus der klar filtrierten Lösung die Aristidinsäure durch Essigsäure ausgefällt, welche als ein gelber, krystallinischer, Hlockiger Niederschlag resultiert. Durch Umkrystallisieren aus kochendem Eisessig wird dieselbe in kleinen, grünlich gelben Nadeln erhalten, die sich gegen 230° zu schwärzen beginnen, aber erst be etwa 260° schmelzen. Wird diese Säure höher erhitzt, so zersetzt sie sich eben so rasch wie die Aristinsäure.

O. Hesse: Ueber Aristolochia argentina. 695

0,210 g bei 120° getrocknet gaben 0,4705 CO, und 0,076 H,O. 0,215 g „. 120 a 0.007828 N. Die Aristidinsäure hat somit dieselbe prozentische Zusammen- setzung wie die Aristinsäure und kommt ihr ohne Zweifel dieselbe empirische Formel zu, nämlich C,s H,; NO,.

Berechnet: Gefunden: C 60,54 60.81

H. 366 4,00

N 3,94 3,64

Dagegen enthält die Aristidinsäure eine Methoxylgruppe, indem 0,140 g bei 120° getrocknet nach Zeisel’s Methode 0,0665 AgJ entsprechend 6,26 Proz. OCH, gaben. Dieser Befund bleibt zwar gegen die Berechnung (8,73 Proz.) etwas zurück, allein dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dafs es nach der angegebenen Art der Trennung nicht gelingen dürfte, einen Rückhalt von Aristinsäure ganz zu beseitigen.

Die Aristidinsäure löst sich etwas leichter in heilsem Eisessig und in heilsem Alkohol als die Aristinsäure; letztere Lösung reagiert deutlich sauer. In Aether löst sie sich ziemlich leicht und krystallisiert daraus in kleinen Nadeln. Von konzentrierter Schwetel- säure wird sie beim schwachen Erwärmen mit dunkelgrüner Farbe gelöst.

In verdünnter Kalilauge löst sich die Aristinsäure mit gelb- brauner Farbe, welche Lösung auf Zusatz von konzentrierter Kali- lauge das Kaliumsalz als eine dunkelrote, amorphe Fällung giebt Die wässrige Lösung des Kaliumsalzes giebt mit Chlorbaryum, Chlor ealcium, Kupfersulfat und Silbernitrat orangefarbene, flockige, amorphe Niederschläge, welche jedoch nicht weiter untersucht wurden.

5. Aristolsäure.

Aus der alkalischen Lösung, aus welcher die Kaliumsalze der Aristinsäure und Aristidinsäure durch Kalilauge möglichst vollständig ausgefällt worden sind, wird durch Salzsäure ein gelber, flockiger Niederschlag abgeschieden, welcher mit Aether ausgeschüttelt wird. Bei der Destillation des Aethers bleibt dann ein dunkelgelber, krystallinischer Rückstand, welcher zur Beseitigung eines etwaigen Rückhaltes von Aristia- und Aristidinsäure mit Kalkmilch erwärmt wird, wobei eine dunkelrote Lösung resultiert. Dieselbe wird filtriert,

Arch. d. Pharm. CCXXXIIl. Bds. 9. Heft 45

696 O. Hesse: Ueber Aristolochia argentina.

mit Salzsäure übersättigt und ausgeäthert. Bei der Destillation des Aethers hinterbleibt nun ein orangeroter krystallinischer Rückstand, welcher in heilsem Alkohol gelöst, beim Erkalten kleine, orangerote Nadeln giebt. Dieselben enthalten kein Krystallwasser, färben sich bei 2200 dunkel, schmelzen aber erst zwischen 260 und 2700, Beim Erhitzen auf höherer Temperatur findet keine Verpuffung statt.

Die Aristolsäure, wie ich diese Substanz nennen möchte, löst sich leicht in heifsem Alkohol und erteilt demselben saure Reaktion. In heifsem Eisessig löst sie sich leicht, auch gut in Aether. In ver- dünnter Kali- oder Natronlauge löst sie sich mit dunkelroter Farbe, ohne daraus durch konzentrierte Lauge gefällt zu werden. Mit der gleichen Farbe löst sie sich auch in Baryt-, Strontian- oder Kalkwasser. Wird die Auflösung in Barytwasser bei mäfsiger Temperatur kon- zentriert, so hinterbleibt ein amorpher dunkelroter Rückstand, In konzentrierter Schwefelsäure löst sie sich beim schwachen Erwärmen gleich wie die Aristin- und Aristidinsäure mit dunkelgrüner Farbe.

0,1124 g bei 100° gaben 0,2315 CO, und 0,0395 H,O. 0,130 00, 0,005730 N.

Diese Werte lassen es unentschieden, ob der Aristolsäure die Formel C,;H,ı NO, oder C,;, H,; NO, zukommt.

Berechnet für Gefunden: CH N0, CH NO,

C 56,78 56,44 56,17 H 3,47 4,08 3,91 N 14,41 4,37 4,39

Aus dem Mitgeteilten ist nun ersichtlich, dafs das Aristolochin und die Aristin-, Aristidin- und Aristolsäure durchgehends mit kon- zentrierter Schwefelsäure dunkelgrüne Lösungen geben und dadurch nicht nur ihre chemische Beziehung zu einander erkennen lassen, sondern auch zu der Aristolochiasäure oder dem Aristolochin von Pohl, welche Substanz das gleiche Verhalten zeigt. Am meisten nähert sich aber die Aristolochiasäure der Aristin- und Aristidin- säure. Nimmt man für die Aristolochiasäure anstatt der Formel C3; Hz, NO,,, welche ohne jede Kontrolle Pohl dafür aufstellte, die Formel C;, H,ı NO, an, zu welcher die von Pohl erhaltenen Werte mindestens recht gut passen, wie aus Folgendem ersichtlich ist:

O. Hesse: Ueber Aristolochia argentina. 697

Berechnet für Pohl fand

——— C,H, NO, I II III IV C 59,82 60,25 59,94 59,93 59,32 EB 392 358: 348. 384 _— N 21 4,39 4,35 423

so würden sich diese drei Säuren wie folgt aneinanderreihen: Aristinsäure CO, H,; NO, Aristolochiasäure C,, H,ı NO, Aristidinsäure C,, H,o (CH;) NO,.

Aristolochiasäure würde danach zu Aristinsäure homolog, Aristidinsäure Methylaristolochiasäure sein.

Es ist sehr wahrscheinlich, dals das Clematitin von Walz und das Aristolochin oder Serpentarin von Chevallier nichts anderes als unreine Aristolochiasäure waren, dagegen dürfte das krystallisierte Aristolochiagelb von Frickinger- welches bernsteingelbe Prismen bildete, verschieden davon sein, wie auch von den obigen Säuren da dieselben intensiver gelb gefärbt sind, als der Bezeichnung „bernsteingelb“ entspricht.

Wie ich an anderem Orte schon angeführt habe, enthält die Wurzel von Artstolochha argentina eine erhebliche Menge Stärkemehl, sodals die Bestandteile derselben, welche von mir darin nachgewiesen wurden, folgende sind: Stärkemehl, Harz (in gröfseren Mengen, wurde aber nicht weiter untersucht), hoch- siedendes ätherisches Oel (ebenfalls nicht weiter untersucht), Palmityl- phytosterin CO, H,; O,, Aristolin C,; Has O,;, Aristin- und Aristidin- säure C,s H;; NO,, Aristolsäure C,, H,, NO, oder C,;H,; NO, und das Alkaloid Aristolochin. Man wird wohl annehmen können, dals sich diese Körper mehr oder weniger noch in anderen Arten des artenreichen Genus Aristolochia vorfinden und habe ich dies bezüglich des Aristolochins und der Aristinsäure schon früher!) für Aristolochia in- dica als sehr wahrscheinlich bezeichnet. Von besonderem Interesse war für mich, dieses Alkaloid noch in anderen Aristolochiaarten aufzu- suchen und habe ich dazu zunächst die mir leicht zugängliche Wurzel von Arıistolochra longa gewählt, jedoch in dieser Wurzel weder das Alkaloid Aristolochin noch sonst ein Alkaloid auffinden können, noch Aristin-, Aristidin- oder Aristolsäure.

1) Pharmaceutical-Journal and Transactions (3) 22, 551.

45*

698 H. Kiliani: Ueber Digitalinum verum.

Zur Kenntnis des Digitalinum verum Von H.-Kılıanı (Eingegangen am 11. XI. 1895.)

Die charakteristische Eigentümlichkeit des Digitalinum verum, sich aus gesättigten Lösungen in „Körnern“ abzuscheiden, hatte in mir schon längst Jie Ueberzeugung gefestigt, dafs diesem Glycoside die Krystallisationsfähigkeit unmöglich vollständig fehlen könne. Da jene „Körner“, welche in der Regel aus Alkohol oder Wasser- Alkohol gewonnen werden, beim Trocknen aulserordentlich an Gewicht und Volumen verlieren, also grolse Mengen jener Lösungsmittel ein- schlie(sen, schien der nächstliegende Weg zur Gewinnung von krystallisiertem Material darin zu bestehen, dals man ein anderes passendes Lösungsmittel zur Anwendung bringt, welches keine Neigung besitzt, dem Glycosid so hartnäckig anzuhaften. Alle Ver- suche nach dieser Richtung fielen aber negativ aus. Dagegen ge- lingt es ohne Schwierigkeit, das Digitalinum verum in krystallisierter Form zu erhalten, wenn man dessen Abscheidung bei höherer Temperatur eintreten läfst, wodurch die mechanische Bindung von Alkohol bezw. Wasser verhindert wird. Als bestes Lösungsmittel hierfür erwies sich 85 prozentiger Methylalkohol. Man nimmt auf 1 Teil völlig oder nahezu reines Digitalinum verum 2 Teile von jenem, erzeugt durch Kochen am Rückflufskühler im Wasserbade vollständige Lösung, läfst dann die Temperatur des Bades langsam auf 450 sinken und erhält sie schliefslich mehrere Stunden lang auf dieser Höhe. Hierbei scheiden sich (scheinbar in reichlicher Menge) hübsche weilse Nädelchen, teils isoliert, teils zu Wärzchen vereinigt ab. Während- nun die gleiche Methode bei der Reinigung des Digitonins vortreffliche Dienste leistet!), erweist sie sich beim Digitalinum verum in praktischer Beziehung leider als bedeutungslos. Denn 1. beträgt die Gesamtmenge des so abgeschiedenen Glycosids im günstigsten Falle !/; des in Lösung gebrachten Materials, 2. ge- sellen sich bei weiterer Abkühlung zu den Krystallen wieder die bekannten „Körner“, 3. verwandeln sich die Krystalle selbst bei ge-

!) Dieses Archiv 1893. 460.

H. Kiliani: Ueber Digitalinum verum. 699

wöhnlicher Temperatur durch Aufsaugung von Alkohol aus der Mutterlauge in „Körner“, 4. werden sie beim 'Absaugen oder Filtrieren durch Wasseranziehung äufserst rasch klebrig und end- lich 5. gelingt bei unreinem Material die Krystallisation überhaupt schlecht.)

Bereitet man sich eine weit verdünntere Lösung, indem 1 Teil reines Glycosid in 10 Teilen kochendem 85 prozentigen Methylalkohol gelöst wird, so bildet sich bei langsamer Abkühlung auf gewöhnliche Temperatur ebenfalls eine sehr hübsche Krystallisation, welche hier ausschliefslich aus Wärzchen (sternförmig gruppierten Nadeln) be- steht. Aber die Menge derselben ist eine verschwindend geringe und kann auch durch Einstellen der Lösung in eine Kältemischung nicht wesentlich vermehrt werden. Sättigt man aber eine solche Lösung mit Aether, so erhält man nur „Körner“, und freiwillige Verdunstung führt zu einem Gemenge von krystallisierter und amorpher Substanz.

Für die Reinigung des rohen Digitalinum verum muls also die frühere Methode der Auflösung im Minimum von kochendem 95 prozentigen Alkohol beibehalten werden. Immerhin ist aber die Thatsache von Interesse, dals das Glycosid unter bestimmten Be- dingungen eine ausgesprochene Krystallisationsfähigkeit besitzt.

2) Die Beobachtung unter 3. erscheint insofern wichtig, als sie

deutlich beweist, dals nicht etwa ein Gemenge von krystallisierbarer und amorpher Substanz vorliegt.

Verzeichnis über Band 233 des Archivs der Pharmacie (Jahrgang 1895).

l. Autorenverzeichnis.

A. Autenrieth, W. Einwirkung von Phosphorpentachlorid auf aromatische Aether 26.

Ein neuer Indikator: Luteol 43.

B. Baur, A., Burseraceen-Opoponax 209.

Siehe Tschirch, A. Beckurts, H., Angostura-Alka- loide 410, Derselbe u.Heiler, H.,Fett- untersuchungen mit dem Refrac- tometer 423. Derselbeu.Oelze,F., Hirsch- talg 429, Boettinger, C., Zur Kenntnis der Glyoxylsäure III 100. Zur Kenntnis der Glyoxyl-

säure IV 113 ÖOsazone des Zuckers aus Sumarh und Vallonen 125.

Zur Kenntnis der Glyoxylsäure

199, 287. Brunner, H., Siehe Koch, F. 240.

©.

Chimani, O., Bau der Milch- röhren, bes. der Kautschuk und Guttapercha liefernden Pflanzen

258. Siehe Tschirch, A.

D.

Dragendorff, G. Beiträge zur gerichtlichen Chemie 612.

&.

Gadamer, J., Thiosinamin und seine Halogenadditions - Pro- dukte 646.

Gildemeister,E., Aetherische Oele von Citrus Limetta und ÖOriganum smyrn. 174.

Goehlich, W.. Krystallwasser- gehalt des Morphinbydrochlorids und des Morphins 631.

Gorter, K, Die v.d. Moer’sche Reaktion und die Ermittelung des Cytisins 527.

Grützner, B, DUeber einen krystallisierten Bestandteil der Basanacantha spinosa var ferox

1% Derselbe u Höhnel’M, Metaplumbate der Erdalkalien

512.

H. Hallstroem, K. Th, Samen der Myristicaceen und ihre Arillen 443.

Siehe auch Tschirch, A. Hartwich, C. Falsche Senega 118. Heiler, H., Siehe Beckurts, H. u. Heiler, H. Helm, O., Gedanit, Suceinit und mürber Bernstein 191. Hesse, O., Ueber die Wurzel von Aristolochia argentina 684. Hoehnel, M. Siehe Grützner B. und Hoehnel, N. Hohenadel, M., Sagapen 259. Siehe Tschirch, A

Autorenverzeichnis. 701

K.

Kassner, G. Untersuchungen über die Orthoplumbate der Erd- alkalien 501.

Kiliani, H., Digitalinum pur. pulv. germanic. und Digitalinam verum 299.

#-Digitoxin Sl.

Digitalinum verum. 698.

Koch, F.,PhytochemischeStudien. Mitteleuropäische Galläpfel. Serophularia nodosa 48.

Nachtrag dazu 240. L. Luz, H, Ammoniacum 540. Siehe Tschirch, A. M. Mankiewicz, torensische

Strychnin- Untersuchung 508. Mjöen, Mikroskopische Kennt-

nis des Opiums 533. Siehe Tschirch, A. Moeser, L. Eisensaure Salze

521.

R. Naumann, A. Siehe Moeser, L.

0.

Oelze, F., Siehe Beckurts, H. u. Oelze, F.

P.

Partheil, A., Bestimmung des Glycerins in Wein und Bier 391.

Pinner, A., Nicotin (II) 572. Plugge, P. C.. Identität von Baptitoxin und Oytisin 294.

Vorkommen von Cytisin in ver- schiedenen Papilionaceen 430. Matrin, das Alkaloid von So-

phora angustifolia 441.

Pommerehue, H. Alkaloide

von Berberis aquifolium 127. R.

Roessler, O. Kultivierung von Crenothrix polyspora auf festem Nährboden 189,

S. Schaer, E, Verflüssigung des Chloralhydrates mit Phenol und Stearoptenen, sowie der letzteren

unter sich >. F. A Flückiger, Nekrolog 321.

Schmidt, E, Siehe Pomme- rehne, H., 127. Partheil, A., 391. Goehlich, W., 631. Gadamer, J.

646.

T. Tschirch, A., Untersuchungen

über die Secrete 209, 253, 259, 533, 540.

Indische Fragmente 443. Siehe auch Baur, A. Chimani,

O. Hohenadel, M. Mjöen. Lenz, H. Hallstroem, K, Th.

W. Winterstein. E. Zusammen- setzung von Pachyma Cocos und Mylitta lapidescens 398.

2. Zenetti, P., Vorkommen von Hesperidin in Folia Bucco und seine Krystallform 104.

Sachverzeichnis.

II. Sachverzeichnis.

702 A. Acetosalicylsäureester 625. Acetylammoresinotannol 563 Acetylluteol 48. Acetylmetanicotin 585.

Acetylparaamidophenol- salicylsäureester 626. Aether, aromatische, Verhalten gegen Phosphorpentachlorid 26. Avthoxychlordiphenyl- chinoxalin 43. Aethoxydiphenylchin- oxalin 43. Aethoxytrichlorchinoxa-

lin 38. Aethylcusparin 422. Agathin 630.

Alkaloid von Sophora angusti-

folia (Matrin) 441. Alkaloide aus Berberis aqui- folium 127. der Angosturarinde 410.

der Papilionaceen, Vorkommen von Cytisin in denselben 430. Ammoniacum 540. Quantita- tive Untersuchung 546. Unter- suchung auf freie Säure 548. Prüfung auf Aldehyde 549. Das sog. indiffereute Harz 550. Das ätherische Oel 552. Verseifung des Harzes 553. Die flüchtigen Säuren 555. Der Harzalkohol, Ammoresinotannol 558. Ver- halten desselben gegen Hydr oxylamin, Phenylhydrazin u. Sal- petersäure 560. Einwirkung von schmelzendem Kali auf Ammo- resinotannol 562. Acetylammo- resinotannol 563. Benzoylammo- resinotannol 564. Verhalten des Ammoresinotannols gegen Brom und Reduktionsmittel 565. Dis Gummi des Ammoniacum 566. Botanischer Teil 569. Ammoresinotannol Siehe auch Ammoniacum. Angosturaalkaloide 410. Siebe auch Cusparin. Anhydroditolylglycol- säure 116.

558.

Aristidinsäure 694. Aristinsäure 689. Aristolin 639.

Aristolochia argentina Wurzel derselben 684. Aristo- lochin 685. Indifferente Stoffe 687. Palmitylphytosterin 687, Aristolin 689. Aristinsäure 689. Kaliumsalz 692. Natriumsalz 692. Ammoniumsalz 69. Baryum- salz 692. Caleiumsalz 693. Kupfer- salz 693. Bleisalz 693. Silber- salz 693. Methyläther 694. Aris- tidinsäure 694. Aristolsäure 69.

Aristolsäure 695. B. Baptitoxin, Identität des-

selben mit Oytisin 294.

Basanacantha spinosa, krys- tallisiert-r Bestandteil derselb-n 1. Mannit 3. Eigenschaften des Mannits 4, Benzoösäure-p-Kresyl- ester 624. Benzoäösäure-#-Naphtol- ester 620. Benzoäösäure - o - Chlor-

phenylester 41. Benzoösäure - p- Chlor- phenylester 41. Benzolsulfonsäure - p- Chlorphenylester 42, Benzonaphthol 620. Benzoparakresol 624. Benzosol 614.

Benzoylammoresinotan- nol 964 Benzoylchloridnikotin

586. Benzoylguajakol 614. Benzoylluteol 47.

Benzoylmetanikotin 58.

Berbamin 156. Siehe auch Ber- beris aquifolium.

Berberin 158. Siehe auch Ber- beris aquifolium.

Berberis aquifolium, Bei- träge zur Kenntnis der Alkaloide derselben 127. Darstellung der Alkaloide 129. Oxyacanthin 131.

Sachverzeichnis.

Salzsaures Oxyacanthin 131. Hy- drobromid 135. Hydrojodid 135. Sulfat 137. Nitrat 139. Platin- salz 140. Oxyacanthingoldchlo- rid 142. Freie Base 143. Ver- halten des Oxyacanthins gegen Acetylchlorid 148, gegen Essig- säureanhydrid 149, gegen Ben- zoylchlorid 149. Platin-und Gold- doppelsalzee des Beuzoyloxya- canthins 159. Methoxylbestim- mungen im ÖOxyacanthin 151. Verhalten gegen Jodmethyl 152. Platin- und Goldsalz des Jod- methylates 154. Drehungsver- mögen des Oxyacanthins 155. Berbamin 156. Salzsaures Ber- bamin 156. DBerbaminplatin- chlorid 157. Berberin 158. Neu- trales Berberinsulfat 153. Saures Berberincarbonat 160. Cyan- wasserstoffsaures Berberin 161. Verhalten des Berberins gegen Jodalkyle 165. Jodmethyi und Berberin 165. Jodmethyl und kohlensaures Berberin 163. Jod- aethyl und Berberin 169. Jod- aethyl und Berberincarbonat 171. Jodamyl und Berberin 171.

Bernstein, mürber 191. Burseraceen-Opoponax 209. Chemischer Teil 213. Die Harze 214. Darstellung und

Untersuchung der Reinharze 214. a - Panax - Resen 217. 3- Panax- Resen 218. Pana-Resinotannol 219. Reduktionsversuche 220. Verhalten gegen konz. Salpeter- säure und gegen schmelzendes Kali221. Acetylierungs- und Ben- zoylierungs -Versuch 222. Unter- suchung der Rückstände der Oel- destillaiion 223 Chironol 224, Acetylchironol 226. Benzoyl- chironol 227. Ve:such zur Dar- stellung einer Kaliumverbindung 227. Reduktionsversuch 228. Bromierungsversuch 229. Oxy- dationsversuch: Chironolsäure 229; 231. Verhalten gegen schmelzendes Kali 231. Dar- stellung der Resene und des Resinotanxuols 232. Darstellung des Chironols aus der Rohdroge 234. Das ätherische Oel 235.

703

Der Bitterstoff 239. Das Gummi 239. Meccabalsam 240. Bota- nischer Teil 244. Opoponax 244. Balsamodendron gil»adense 246. Balsamodendron Myrrhu 248.

C. Calciummetaplumbat 503, 514. Calciumtetraplumbav 506. Carvacro] aus ÖOrganumöl

1883. Carvacrole verschiedener Herkunft, physikalische Con- stanten 139. Chironol 224. Chironolsäure 2,31.

Chloralhydrat, Verflüssigung desselben mit Phenol und mit Stearoptenen, sowie der letzteren unter sich 5. Verhalten des Chloralhydrates und Chloral- alkoholates zu Stearoptenen und Phenol 6. Verhalten der Stearoptene unter sich 14. Ver- halten der Stearoptene zu Phe- no! 17. Verhalten gegen Cyanin- lösungen 23.

p-Chloranisol 31.

a-Chlorbenzoäösäure-?- Naphtolester 36.

a-Chlor-3-Naphtol 34.

a-Chlor-3-Naphtolmethyl- äther 34

p-Chlorphenetol 33. Cinnamylguajakol 616. Crenothrix polyspora,

Kultivierung auf festem Nähr- boden 189. Cusparin 410, 411. Cusparin- hydrochlorid 413. Hydrobromid 413. Einwirkung von Brom auf das Hydrobromid 413. Cusparin- sulfat 414. Cusparingoldchiorid 414. Cusparinplatinchlorid 415. Cusparinmethyljodid 415. Cus- parinmethylchlorid 416. Pilatin- und Golddoppelsalz desselben 417. Cusparinmethylammonium- hydroxyd 417. Methylcusparin 418. Bromwasserstoffsaures Me- thylcusparin 419. Hydrochlorid desselben 419. Methylcusparin- methyljodid 420. Cusparinäthyl- jodid 421. Cusparinäthylchlorid 421. Platindoppelsalz des Cus-

704

parinäthylchlorids 422. Cusparin- äthylammoniumhydroxyd 422. Aethyleusparin 422. Cyanin, Verhalten seiner Lösung gegen Chloralkampher 23. Cytisin, Identität mit Bapti- toxin 294. Vorkommen in ver- schiedenen Papilionaceen 430. Ermittelung desselben 527. v.d. Moer’sche Reaktion 527.

D, Digitalinum pur. pulv. ger- manic. und die Darstellung von Digitalinum verum 299, 698.

8-Digitoxigenin 318. 8-Digitoxin 311. Digitoxose 320.

Dimethylthiosinamin 672.

Diphenylglycolid 115. Ditolylglycolid 116. Ditolylsäure 116. E. Eisensaure Salze 521. Ka- liumferrat 524. Baryumferrat

525. Rubidiumferrat 527. Cae-

siumferrat 527.

Erdalkalien, Orthoplumbate

derselben 501.

Metaplumbate 512, F.

Fettuntersuchungen mit dem Refraktometer 423. Flückiger, Friedrich August.

Nekrolog 321. Folia Bucco, Vorkommen von Hesperidin 104. Fragmente, indische 443.

mer

&.

Galläpfel, Beiträge zur Kennt- nis der mitteleuropäischen, so- wie der Scrofularia nodosa 48, 240. Galläpfel 48. Bestimmung der Feuchtigkeit 52, der Roh- faser 52, des Stickstoffgehaltes 53, des Aschegehaltes 54, Zu- sammensetzung der Asche 55. Bestimmung des Zuckers 56, der Gerbsäure 57. Nachweis von Dextrose 68. Gallocerin 68.

Sachverzeichnis.

Verhalten gegen Brom 71. Ace- tylierungs- und Benzoylierungs- versuche 72. Verhalten gegen Alkalien 72. Aethyläther 74. Verhalten gegen Phosphorpenta- chlorid, Hydroxylamin, Salpeter- säure 75, gegen Zinkstaub und Jodwasserstoff 76. Scrofularia nodosa 17 Gallocerin, siehe Galläpfel.

Gedanit, Suceinit und eine Abart desselben, der sog. mürbe Bernstein 198:

Gerichtliche Chemie, Bei- träge zu derselben 612. Ester des Guajakols, Naphtols, Kre- sols etc. 613. Benzosol 6l4. Guajakolsalol 615. Styrakol 616. Guajakol 616. Alphol 617. Betol 619. Benzonaphtol 620. 3-Naph- tolcarbonat 621. «-Naphtol 622. #-Naphtol 622. Kresol- salole 623. Metakresalol 623. Parakresalol 624. Orthokresalol 624. Benzoparakresol 624. Me-

thylsalol 625. Salacetol 625. Amidische Verbindungen 626. Salophen 626. Salocoll 627. Tolysal 628. Agathin 630

Glycerin, Bestimmung dessel- | ben in Wein und Bier 391 Glyoxylsäure, zur Kenntnis derselben 100, 111, 199, 287. Ver- halten gegen Paratoluidin 100. p - Toluidinessigsäureparatoluid 102. p- Toluidinessigsäure 103. p -Toluyl-p-methylimesatin 103. Kondensation mit aromatischen Kohlenwasserstoffen 111. Di- phenylglycolid 115. Ditolylgly- colid 116. Ditolylsäure oder An- hydroditolylglycolsäure 116. Ver- halten gegen Traubenzucker 126. Kondensation mit Amidosäuren 199. Glyoxylsäure und Anthra- nilsäure 203. Glyoxylsäure und Paraamidobenzoesäure 206. Gly- oxylsäure und Metaamidobenzoe- säure 208. Verhalten gegen Kohlenhydrate 287. Glyoxyl- säure und Stärke 287. Glyoxyl- und Rohrzucker 288. Gährungs- hemmende Eigenschaft der Gly- oxylsäure 289. Glyoxylsäure und Traubenzucker 290.

Sachverzeichnis. 705

Glukosazon aus Sumach und

Vallonen 125. Guajakolbenzoat 614 Guajakolcinnamat 616 Guajakolsalicylat 615. Guajakolsalol 615.

H. Hesperidin, Vorkommen in Folia Bucco und seine Krystall- iorm 104. Hirschtalg, zur Kenntnis des-

selben 429, I.

Indikator, ein neuer 43. Lu-

teol 43. Aethoxychlordiphenyl-

chinoxalin 43. Aethoxydiphenyl- chinoxalin 43. Oxychlordiphenyl: chinoxalin (Luteol) 44. Benzoyl- luteol 47. Acetylluteol 48. Indische Fragmente 443

K. Kaffeegerbsäure, Nachweis in Strofularia nodosa 89 Kohlensäure-3-Naphtyl- ester 621 Kresolsalole 623. Krystallwassergehaltdes Morphinhydrochlorids und des Morphins 631

L. Limettöl 174 Rechts-Limonen

179. Links -Linalool 179, 180. Links-Linalylacetat 181. Limonen aus Limettöl 179.

Linalool aus Limettöl 179, aus Origanumöl 186. Eigenschaften der Linaloole verschiedener Her- kunft 187.

Linalylacetat aus Limettöl

131.

Luteol, ein neuer Indikator 43

M. Mannit aus Basanacantha spi- nosa 3 Matrin, das Älkaloid von So-

phora angustifolia 441. Meccabalsam 240. Metakresalo] 623.

Metanicotin 585. Siehe auch Nieotin.

Metaplumbate der Erdalka- lien 512. Darstellung des Cal- ciummetaplumbates 514. Che- misches Verhalten desselben 514. Quantitative Bestimmung des- selben 515. Art der Darstellung desselben 516. Silbersalz der Metableisäure 518

Methylcusparin 418. Siehe auch Cusparin.

Methylmetanicotinjod- methylat 594.

Methylsalol 625.

Milchröhren, Bau u. Anord- nung der elben, besonders bei den Kautschuk und Guttapercha liefernden Pflanzen 253

v. de Moer’sche Reaktion und Ermittelung des Cytisins 527.

Monomethylthiosinamin

669

Morphinhydrochlorid,Kry-

stallwassergehalt desselben und des Morphins 631. Mylitta lapidescens, Zu- Saumensetzung 398, 407. Myristicaceen, Samen und Arillen derselben 443. Anatomie der männlichen Blüte 447. Der weiblichen Blüte 449. Entwick- lungsgeschichte der Früchte und Samen der Myr. fragrans 450. Vergleichende Anatomie der Samenschalen der Myristicaceen 458. Vergleichende Anatcmie der Arillen der Myristicaceen 481. Uebersicht der Reaktionen bei den Arillen 494.

N.

Nährboden, fester zur Kulti- vierung von Crenothrixpolyspora

189.

Naphtalol 619. a-Naphtol 622. #Naphtol 622. 8Naphtolcarbonat 621. Nicotin II. Mitteilung 572. Metavicotin 585. Acetylmeta- nicotin 585. Benzoylchlorid-

Nicotin 586. Benzoylmetanicotin 587. Verseifung desselben 589, Eigenschaften und Wirkung des

106

Metanicotins 590. Salzsaures Metanicotin 590. Metanicotin- platinchlorid 590. Metanicotin- goldeblorid 591. Niecotingold- chlorid 591. Metanicotinpikrat 592. Benzoylmetanicotin 592. Unterschiede zwischen Nicotin und Metanicotin 594. Methyl- metanicotinjodmethylat 594. Ein- wirkung von Brom auf Meta- nicotin 595. Perbromid des brom- wasserstoffsauren Metanicotin- bromids 597. Bromwasserstoff- saures Metanicotinbromid 597. Monobrommetanicotin 597. Pik- rat desselben 599. Versuch zur Darstellung von Dihydrometa- nicotin 599. Zersetzung des Metanicotins 600. Metbylamin 601. Base C,H,N 601. Pıkrat derselben 602. Brechungsver- mögen des Nicotins und Meta- nicotins 603. Physiologische Wirkung des Metanicotins 604 Zersetzung des Oxynicotins 607 Unterschiede von ÖOxynicotin, Pseudonieotinoxyd und Nicotin 610. Hydrirung des Cotinins 611. Perbromid des Octohydronico-

ins 612 Nicotal 610. Nicotol 610. Nicoton 610.

®. O el, ätherisches aus Burseraceen- Opoponax 235, aus Sagapen 275. Oele, ätherische, Beiträge zur Kenntnis derselben 174. Limett-

öl 174. Smyrnaer Origauumöl 182.

blaugefärbte 279. Opium, Beiträge zur mikros- kopischen Kenntnis derselben 933.

Opoponax. Siehe Burseraceen- Opoponax 209.

Origanumöl, Smyrnaer 182. Cymol 186. Linalool 186. Car- vacrol 188.

Orthokresalol 624.

Orthoplumbate der Erdal-

kalien 501. Calciummetaplum- bat 503. Calciumtetraplumbat 506.

Sachverzeichnis.

Oxyacanthin 131. Siehe auch Berberis aquifolium.

Oxycehlordiphenylchin- oxalin (Luteol) +t

Oxynicotin 607, 610.

OÖxytrichlorchinoxalin 39.

P.

Pachyma Cocosu.Mylitta lapidescens, chemische Zu- sammensetzung derselben 398. Pachyma Cocos 400. Darstellung der Pachymose 400. Inversion derselben 401. Traubenzucker aus Pachymose 402. Trauben- ‚ucker aus Pachyma Cocos 403. Gummi, Pilizcellulose, Protein- stoffe 404. Fett, Cholesterin 405. Methoden der Quantitativen Untersuchung 405. Zusammen- setzung von Pachyma Cocos und Mylitta lapidescens 407. Bildung von Pachyma .Cocos 407. Analytische Belege 408.

Pachymose 400. Palmitylphytosterin 697. a-Pana-Resen 217.

8-Pana-Resen 218. Pana-Resinotannol 219. Parakresalol 624. Parakresotinsäure- phenylester 625.

Paratoluidin, Verhalten gegen Glyoxylsäure 10 Phenocollsalicylat 627. Phenol, Verhalten gegen Chlo- ralhydrat 6.

Phosphorpentachlorid,

Einwirkung auf aromatische Aether 26. p-Chloranisol 31. Stellungsnachweis des Chlors 32. p-Chlorphenetol 33. «-Chlor-3- Naphtolmethyläther 34. a-Chlor- #Naphtol 34. a-Chlor-Benzo&- säure3-Naphtolester36. Aetboxy- trichlorchinoxalin 38. Oxytri- chlorchinoxalin 39. Benzo&- säure-p-Chlorphenylester41. Ben- zo&ösäure-o-Chlorphenylester #1. Benzolsulfonsäure - p - Chlorpbe- nylester 42.

Pseudonicotinoxyd 6M.

Sachverzeichn is.

BR.

Refraktometer, suchungen mit demselben

Fettunter- 423.

S.

Sagapen 259. Chemischer Teil 264. Darstellung des Reinharzes 264. Nachweis von freiem Um- belliferon 266. Prüfung auf Aldehyde 267. Verseifung des Reinharzes 268. Umbelliferon 268. Der Harzalkohol: Sagıre- sinotannol 270. Acetylierung des- selben 271. Benzoylierung 272. Verhalten gegen Brom und Jod 273. Oxydation desselb-n 274. Das ätherische Oel 275. Ver- gleich blaugefärbter ätherischer Oele 279. Botanischer Teil 284,

Sagaresinotannol. Siehe Sagapen.

Salacetol 625.

Salicylacetylparamido- phenol 626.

Salicylaldehyd -Methyl- pheuylhydrazin 630.

Salicylsäure-a- uatrT

ester 617 Salicylsäure- ß- Nanly

ester 619. BE inaphtoi 619. Salocoll 627. Salophen 626. Serofularia nodosa 77;

240. Asche 80. Untersuchung

des alkoholischen Auszuges 81. Untersuchung der Chlorotorm- schicht 81. Zimmtsäure 82; 83. Untersuchung der wässerigen Schicht 84. Cholin 84. Leeithin 86. Zucker 87. Abwesenheit von Zitronensäure, Weinsäure, Aepfelsäure 88. Untersuchung des Gerbstoffs 88. Kaffvegerb- säure 89. Kupfersalz, Bleisalz 90. Spaltung der Kaffeegerb- säure 90. Spaltung mit »alz- säure 93. Einwirkung von Brom auf Kaffeegerbsäure 93. Ein- wirkung von salpetriger Säure 94. Untersuchung des wässe- rigen und ätherischen Auszuges 96. Buttersäure 96. Palmitin- säure 97. Oelsäure 98.

707

Secrete, Untersuchungen über dieselben 209: 253 ; 259; 533 ; 540.

Senegawurzel, neue Ver- fälschung derselben 118. Trios- tein 124.

Stearoptene, Verhalten gegen Chloralhydrat 6. Verhalten der- selben unter sich 14. Verhalten zu Phenol 17.

Strychnin-Untersuchun , fo- rensische 908. Suceinit 191.

Sumach,Glycosazon daraus 125.

T. Thiosinamin und seine Halo- genadditionsprodukte 646. Unter- suchungen über die Konstitu- tion des Thiosinamins 648. Ein- wirkung von Silbernitrat auf Thiosinamin 648. Einwirkung von Quecksilberchlorid auf Thio- sinamin 651. Einwirkung von Quecksilberchlorür auf Thios.n- amin 652. Einwirkung von Quecksilberceyanid auf dasselve 653. Eiuwirkung von Kupfter- chlorür auf Thiosinamin 654. Verhalten der Thio>inamin- Schwermetallsalz -Verbindungen gegen Reagentien 658. Konsti- tution der Metallsalzverbiun- dungen des Thiosinamins 660. Einwirkung von metallischem Quecksilber, Silber und Kupfer auf Thiosinamin 666. Monomethylthiosinamin 669 Ein- wirkung von Brom auf Methyl- thiosinamin 670. Einwirkung von Chlorsilber auf das Methyl- thiosinaminbromid 671. Platin- u. Goldsalz des Bromchlorids 672. Dimethylthiosinamin 672. Ein- wirkung von Brom aut dasselbe 672. Einwirkung von Chlor- silber auf das Dimethylthiosin- aminbromid 673. Gold- und Platinsalz des Dimethylthiosin- aminchlorobromids 674. Einwir- kung von alkoholischer Tri- merhylaminlösung aut Allyl- senföl 674. Rhodanwasserstoff- saures Trimetbylamin 675. Trimethylthiosinaminbromid 676. Platinsalz desselben 676. Kon-

5 % Ei SL Ylkır KAge

De - ı erg >> n ENVSEr £

seiner homologen en 677

p-Toluidin, Verhalten gegen Glyoxylsäure 100. p-Toluidinessigsäure 103 p-Toluidinessigsäure- paratoluid 102. p - Toluyl-p - methylime-

satin 103. 3 Tolypyrinsalicylat 628. F Tolysal 628.

Traubenzuckeraus Pachyma Cocos 403. Als Produkt der

: Inversion von Pachymose 402. ; Trimethylthiosinamin- bromid 676. Triostein 124,

stitution des Thiosinamins und | - es Umbelliferon 206; be

v. Vallonen, Glukosazon dar

WW.

Wurzel von Aristolochia argen- tina 634. SieheauchAristolochiaargentina.

Z.

Zimmtsäure, Nachweis Serotularia nodosa

ge er

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